= ö HARVARD UNIVERSITY. DIBRARYV .OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY 12.678 B 6 ugbr Il Ib . JUL 261929 Jahrbuch Hamburgischen _ Wissenschaftlichen Anstalten. X. Jahrgang. BKrste Hälfte. 1532. Nebst einem Beiheft in 4°, Hamburg 1893. Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern, Br E23 eh Eid NDOIGOS SIE09 aus ’ rue ‚8 % < r “ Inhaltsverzeichniss. Wissenschaftliche Abhandlungen. I. Mittheilungen aus dem Naturhistorischen Museum. il 2. W. Fischer. Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunenlus indieus Peters. Mit einer Tafel. F. Koenike. Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Hydrachniden des Hamburger Naturhistorischen Museums. Mit 3 Tafeln. Georg Pfeffer. Ostafrikanische Reptilien und Amphibien, gesammelt von "Herrn Dr. F. Stuhlmann im Jahre 1888 und 1889. Mit 2 Tafeln Abbildungen. Anton Reichenow. Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika «esammelten Vögel. II. Beiheft in 4° mit einer Karte, 2 Textliguren und 7 Tafeln: 4A. Voller. Das Grund- wasser in Hamburg. 1. Heft. a 5 Eye r ü . En 47% Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus indieus Peters. Von Dr. W. Fischer in Bergedorf. Mit einer Tafel. ine 2) L j ® Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten IX 2. veröffentlichte ich in der Uebersicht der von Herrn Dr. Stuhlmann auf Sansibar gesammelten Gephyreen Angaben über die gröbere Anatomie des Sipunculus indicus Peters; ich bin jetzt in der Lage, genauere Aufschlüsse über diese und die Histologie dieses Wurmes zu liefern. Betreffs der äußeren Körperform habe ich den Angaben von Keferstein und Selenka nichts hinzuzufügen. Erwähnen will ich nur, daß ich nach dem Vorgange Andreae’s als Rüssel nur den papillen- tragenden, im Leben allein einstülpbaren Teil bezeichne, während Keferstein denselben bis zur Afteröffnung rechnet und so einen vorderen papillentragenden und hinteren papillenlosen Rüsselteil zu unterscheiden gezwungen ist. Wird die erste Ansicht zu Grunde gelegt, so ist der Rüssel von "is, die zweite, so ist er von "ıo Körperlänge. Selenka, der der Kefersteinschen Bezeichnung folgt, giebt in seiner Monographie der Sipunculiden die Länge desselben als '/ (?) der Körperlänge, also zu lang an. Die Haut besteht aus Cuticula, Hypodermis und Cutis. Die Cuticula ist eine dünne glashelle Membran mit atlasartigem Glanze. Ihre Dicke wechselt in den verschiedenen Regionen, am eigentlichen Körper ist sie am dünnsten, etwa 0,068 mm, am stärksten ist sie in der Eichel, dort oft bis 0,32 mm stark. Sie löst sich mit der ihr anhaftenden Hypodermis sehr leicht von den unter dieser befindlichen Geweben. Oft sieht man schon an Tieren, die in Alkohol von 75 % konserviert wurden, die Haut sich hier und da blasenartig von dem Muskelschlauch abheben, noch leichter ist dies beim Einlegen der Würmer in Wasser zu erreichen. Die Cuticula zeigt, von der Fläche betrachtet, in derselben Weise wie die des Sipunculus nudus L. zwei sich fast rechtwinkelig kreuzende Streifensysteme, die unter einem Winkel von 45° gegen die Längsachse des Körpers geneigt sind. In den Kreuzungspunkten finden sich häufig, meist zu mehreren bei einander, kleine runde 1* 4 - Dr. W. Fischer. Öffnungen, wie sie auch bei Oligochaeten und anderen Anneliden vor- kommen. Neben diesen sind aber größere, unregelmäßig im der Haut zerstreute Öffnungen, von Andreae „Hautporen“ genannt, zu bemerken. Im Vorderkörper haben sie eine runde bis ovale Gestalt, in der Eichel sind dieselben sehr groß und in die Länge gezogen, fast spalt- förmig (Fig. 1). An abpräparierten Hautstücken kann man sie hier schon mit bloßem Auge deutlich sehen. Auf Querschnitten zeigt die Cuticula deutlich geschichteten Bau; am besten tritt derselbe auf Querschnitten durch die äußerst dicke Haut der Eichel hervor. Es sind hier aber nicht bloß sehr feine Längs-, sondern auch ebensolche Querstreifen zu sehen (Fig. 5c). Präparate, die mit Hämatoxylin gefärbt waren, zeigten diese Streifung besonders schön. Mit der Cuticula innig verbunden sind ferner noch Bindegewebs- fasern, die von den eingezogenen Rändern der Integumentalfelder aus- gehend nach der schiefen Muskelschicht verlaufen. Diese Fasern, die ich als „Haftfasern“ bezeichnen will, sind sowohl auf Querschnitten (Fig. 2), wie auf abpräparierten Hautstücken, auf letzteren schon mit bloßem Auge deutlich sichtbar. Ähnliche Fasern zeigt auch Sipunculus nudus, den ich daraufhin studierte, nur sind sie dort bedeutend zarter und dünner und deshalb schwerer innerhalb der Längsmuskelschicht zu erkennen. Die an den Querfurchen der Integumentalfelder sitzenden Fasern sind größer als die an den Längsfurchen. An der äußeren Ansatzstelle sind sie am stärksten, dort auch häufig verästelt, nach innen zu werden sie schmäler. Sie finden sich nicht m der Haut des Rüssels, beginnen aber dicht hinter diesem; hier sind sie kleiner, aber zahlreicher als am übrigen Körper, wo sie überall anzutreffen sind. Im hinteren Teile desselben werden sie allmählig spärlicher und ver- schwinden in der Eichel ganz. Die Hypodermis gleicht in der Form der Zellen und der Lage der Kerne der von Andreae bei Sipunculus nudus!) beschriebenen vollständig. Im Mittelkörper sind die Zellen fast quadratisch, (Fig. 4 hp.) im Rüssel und in der Eichel sind sie rechteckig (Fig. 2 u. 5hp.) Die größte Längenausdehnung besitzen sie in der Eichel. Die Cutis, welche in den Papillen des Rüssels, in der Haut- partie vom Ende des Rüssels bis zur Afteröffnung und besonders in der Eichel sehr stark entwickelt ist, besteht aus emer bindegewebsartigen Grundsubstanz, die von vielen langen, dünnen, sich nach verschiedenen Richtungen kreuzenden Fasern durchzogen ist. In der Eichel verlaufen diese Fasern zum größten Teile radiär und zwar sind sie hier nach 1!) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. 36, p. 208. Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus indieus Peters. 5 der Ringmuskelschicht zu schlängelig gebogen, in der entgegengesetzten Richtung vielfach verästelt (Fig. 5 ct.); ihre letzten Zweige setzen sich an und zwischen den Hypodermiszellen fest. Die Cutis- unseres Wurmes ist also der von Andreae bei Sipunculus nudus beschriebenen sehr ähnlich. Sluiter?) behauptet, die Cutis desselben bestehe aus einem Netz von ausserordentlich dicken Fibrillen, welche so gut wie gar keinen Raum zwischen sich ließen. Ich begreife nicht, wo er solche Fasern gesehen haben will, sie kommen nirgends vor. Was nun die in die Grundsubstanz eingelagerten Elemente betrifft, von denen Andreae dreierlei beschreibt: ‚Große ovale, durch- sichtige Zellen, Zellen von unbestimmter Gestalt mit körnigem Inhalt und Zellkerne“‘, so finden sich wohl hin und wieder die ovalen durch- sichtigen Zellen und die Zellkerne, die zweite Art der Zellen indessen vermochte ich nicht zu entdecken. Ich studirte zum Vergleiche Quer- . schnitte von Sipunculus nudus und Sipunculus robustus und fand dort die großen hellen Zellen und die Kerne weit massenhafter vor, auch ihre Größe übertraf die des vorliegenden Wurmes bedeutend. Die größten hellen Zellen besitzt von den beiden erwähnten Würmern der letzte. Der Cutis eingelagert sind zweizellige und mehrzellige Drüsen, sowie periphere Nervenendigungen, Pigmentballen fehlen unserem Wurme gänzlich. Hier muß ich wiederum mit Sluiter rechten, (2. p. 478) welcher behauptet, daß die Pigmentballen an einigen Stellen spärlich, öfters aber massenhaft vorhanden wären, z. B. im Mittelkörper, wo sie eine kontinuirliche Schicht bilden sollen, er behauptet, sie liegen dem Epithel dicht an, fehlten aber den tieferen Schichten der Cutis gänzlich. Ich verglich, um diese Pigmentkörner näher kennen zu lernen, Querschnitte von Sıpunculus indicus mit solchen von Sipun- culus nudus, welche beide durch Alaunkarmin tingiert waren. Dieses Farbmittel leistet, wie schon Andreae hervorhebt und ich von neuem bestätigen kann, in der That ausgezeichnete Dienste beim Studium der Elemente der Haut. Ich fand, wie Andreae behauptet hat, daß die Pigmentkörner des Sipunculus nudus durch Alaunkarmin sich oft gar nicht oder doch nur sehr wenig färbten und daß die Ballen von einer gemeinsamen Hülle umgeben waren. Solche Ballen trifft man bei Sipunculus indicus nirgends an. Was Sluiter für Pigmentballen hält, sind Klumpen von Blutkörpern, die sich durch Alaunkarmin sehr schön färben und als Zellen mit deutlichen Kernen überall in den fast den ganzen Wurm durchziehenden Integumentalhöhlen (Fig. 3. 4, 5 Ith), die sich im Bereich der Cutis finden, sichtbar sind. Auch von 2) Natuurk, Tijdskrift voor Nederl.-Indie, Bd. 43, p. 478, 6 Dr. W. Fischer. einer diese Klumpen umgebenden gemeinsamen Hülle ist nirgends etwas ‘zu sehen. Auf die Integumentalhöhlen, die von dem erwähnten Autor merkwürdigerweise ganz übersehen worden sind, werde ich noch später zurückkommen. Was nun die in die Cutis eingelagerten Drüsen betrifft, so finden sich auch bei unserer Art zweizellige und mehrzellige. Die letzteren sind von ähnlichem Bau wie sie Andreae und in neuester Zeit auch Jourdan ®) bei Sipunculus nudus gefunden hat. Letzterer unterscheidet allerdings je nach dem Inhalte drei verschiedene Arten dieser vielzelligen Drüsen, er beschreibt auch Kerne im Grunde der- selben, die von Andreae nicht gesehen worden sind. Vogt und Jung ‘) behaupten dagegen, daß alle Hautdrüsen einzellig seien und ihr ver- schiedenes Aussehen nur durch Modifikationen des Inhalts bedingt sei. Hiervon habe ich mich nicht überzeugen können. Die vielzelligen Drüsen unseres Wurmes sind kaum halb so groß wie beim Sipunculus nudus und überall von gleicher Gestalt. (Fig. 3 u. 5 dr.), ihr Inhalt ist granuliert, hell und durchsichtig; bis- weilen setzen sich Nervenfäden an ihr unteres Ende an, wie dies gleichfalls Andreae bei der erwähnten Art nachgewiesen hat. Sie sind im Rüssel selten, häufiger schon im Körper, besonders in dem vom Ende des Rüssels bis zur Afteröffnung reichenden Körperteile. Am häufigsten finden sie sich in der Eichel. Die von Andreae beschriebenen zweizelligen Drüsen kommen in gleicher Gestalt auch bei unserem Wurm vor. Querschnitte durch die Rüsselpapillen zeigen diese in großer Menge. (Fig. 2 dr’) Hier besonders tritt ihre Zweizelligkeit zur Evidenz hervor. °) Von ziem- licher Größe finden sie sich ım hinteren Teile der Eichel, ein Ver- halten, in dem Sipunculus indieus von Sipunculus nudus wesentlich abweicht, da letzterem die zweizelligen Drüsen in der Eichel nach Andreae vollständig fehlen sollen. Auch beobachtete ich in den hier befindlichen Drüsen innerhalb des bauchig erweiterten Hohlraumes, der beide Zellen scheidet, deutlich granulierten Inhalt (Fig. 6 gr.), also das Abscheidungsprodukt der beiden Drüsenzellen. Jourdan nennt diese Drüsen bei Sipunculus nudus ‚unicellulaires“‘; er zeichnet zwar den bauchig erweiterten Hohlraum zwischen den Zellen, aber nicht 3) Annales des sciences naturelles Tome XII 1891, p. 1. 4) Vogt und Jung: Lehrbuch der practischen vergleichenden Anatomie, Bd. 1. 5) Auch bei einer im Besitz des naturhistorischen Museums befindlichen afrikanischen (von Acra) Varietät des Sipunculus titubans Sel & Bülow habe ich zweizellige Drüsen von genau derselben Form wie bei der vor- liegenden Art an Hauptpräparaten und Querschnitten gefunden. Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus indieus Peters. 7 den diese trennenden Spalt. Ich habe ähnliche Schnitte, wie sie Jourdan zeichnet, auch häufig bei Sipunculus indicus erhalten (Fig. 6 dr?), bei der vorliegenden Art waren dies aber meist schiefe Schnitte etwa in der Richtung ss’.; auch hat Jourdan in dem Hohlraum zwischen den Zellen keinerlei Inhalt gesehen. Er sagt ausdrücklich: „Les elements glandulaires ne vont pas se vider chez les Siponcles dans cet espace commun comme dans la lumiere d’un vaisseau excereteur.‘“‘ Die zweizelligen Drüsen finden sich bei unserem Wurme in allen Teilen des Körpers, auch in der Eichel; am häufigsten sind sie am Grunde der Papillen. Was nun endlich die, wie Andreae behauptet, aus verlängerten Epidermiszellen zusammengesetzten peripheren Nervenendigungen an- betrifft, so habe ich ähnliche Gebilde wohl auch auf Querschnitten des Sipunculus indicus bemerkt, aber nie Nerven an ihr unteres Ende herantreten sehen. Ihre nervöse Natur wird von Vogt und Jung geleugnet; auch mir scheint sie sehr zweifelhaft zu sein. Jourdan, von diesem Zweifel ausgehend, suchte andere und fand denn auch periphere Nervenendigungen von ähnlicher Form wie sie Andreae in der Eichel des Sipunculus nudus beschreibt, im ganzen Körper dieser Art. Solche tief in die Guticula eingesenkte Nervenendigungen, wie sie Jourdan beschreibt, habe auch ich in der ganzen Körperhaut des Sipunculus indicus gefunden. Besonders häufig und von ziemlicher Größe waren sie in den Rüsselpapillen, am deutlichsten indessen waren die Elemente derselben bei unserem Wurme in der Eichel zu unterscheiden; sie schienen ohne besondere Hüllmembran zu sein. In der Mitte derselben erkennt man die vom eben erwähnten Autor beschriebenen (3. p. 6) zarten fibrillären Zellen, die dieser den Riechstäbchen oder zentralen Zellen der Geschmacksknospen der _ Wirbeltiere gleichstellt. Nach oben zu setzen sich diese in der Mitte der Sinnesorgane bündelweise angeordneten Zellen als feine Fäden bis zur Cuticula fort, dort nur durch eine sehr feine Haut von der Außenwelt getrennt (Fig. 2, 3, 5 pn.). Bei den im Rüssel und ın dem bis zur Afteröffnung reichenden Körperteile vorhandenen Nerven- endigungen führt ein bald ziemlich enger, bald etwas weiterer Gang von außen her durch die Cuticula bis zu diesen Organen. In nächster Nähe dieses Ganges ist diese verdickt und über die äußere Öffnung etwas herübergewölbt. (Fig. 2 Wı. u. We, wobei W:. einen schiefen Schnitt durch Gang und Wölbung vorstellt.) In der Eichel dagegen führen von außen her breite trichterförmige Vertiefungen bis zu den Sinnesorganen. (Fig. 5 pn.) fo) Dr. W. Fischer. In diesen Vertiefungen nun hat Jourdan bei der von ihm unter- suchten Art Sinneshaare gefunden. Ähnliche Gebilde habe ich zwar an Flächenpräparaten der Rüsselhaut des Sipunculus indicus innerhalb der Papillen desselben auch gesehen, will aber, da ich sie auf Quer- schnitten nicht bemerken konnte, deren Existenz nicht behaupten. Jourdan hatte Gelegenheit, seine Beobachtungen an frisch getöteten Tieren zu machen, mir standen nur Spiritusexemplare zur Verfügung. Um die fibrillären, die Mitte der Sinneskörper einnehmenden Zellen lagern sich, wie es gleichfalls der eben erwähnte Autor be- schreibt, keulenförmige Drüsenzellen, die aber bei Sipunculus indieus nicht von braungelber Farbe, sondern hell und durchsichtig sind. In. der Eichel sind diese Zellen schwerer zu sehen als im Rüssel (Fig. 2 dız.). Die Nervenäste, die an diese Organe von unten herantreten, sind vielfach verzweigt; einmal sah ich eine Anschwellung derselben (Fig. 5ne.) in den tieferen Lagen der Cutis. Die mit den Sinnesorganen zusammenhängenden Cuticular- einstülpungen sind, wie man auf Flächenpräparaten der Rüsselhaut deutlich sehen kann, die sogenannten Hautporen, die ja von der Fläche gesehen als 2 konzentrische Kreise erscheinen. Im Rüssel wird der innere Kreis gebildet von dem Rande des in die Cuticula eingesenkten eylindrischen Ganges, der äußere ist die Grenze der diese Mündung umgebenden Wölbung der Cutieula. Der Ring zwischen beiden, die Cutieularerhebung, ist hell. In der Eichel liegt die Sache etwas anders. (Fig. 1.) Der äußere Ring ist hier der Rand der trichter- förmigen Einstülpung, der innere dunkle Kreis ist das durch die Hautlamelle durchscheinende Ende des Sinnesorgans, der helle Rıng der Trichtergang. Es entsprechen also die Ausführungsgänge der Sinnesorgane im Rüssel und im übrigen Körper den Hautporen Andreaes. Übereinstimmend damit finden sich auch in der Eichel, wo, wie Fig. 5 zeigt, der äußere Rand der trichterförmigen Einstülpung einen ziemlichen Umfang hat, sehr große, schon mit dem bloßen Auge an Hautpräparaten sichtbare Hautporen. Dem entsprechend münden also die zweizelligen und vielzelligen Drüsen, die beide einen sehr engen und schmalen Ausführungsgang besitzen (Fig. 3u. 5 dr. u. dr'.), durch die kleinen punktförmigen Öffnungen in den Kreuzungspunkten der Streifensysteme aus. Die Cutis schließt ferner noch überall in unserem Wurm Inte- gumentalhöhlen ein. DBetreffs der Entstehung derselben und der Integumentalfelder sagt Andreae:%) „Die Integumentalfelder entstehen 6) Zeitschrift für wissensch, Zoologie, Bd. 36, p. 241, Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus indieus Peters. 9 dadurch, daß die Haut oberhalb eines jeden Längsmuskels der Ring- muskulatur dicht angewachsen, dazwischen aber vollkommeu frei und emporgewölbt ist, und nur wieder in den Zwischenräumen der Ring- muskulatur stark nach innen eingesenkt ist, ohne jedoch mit den Muskeln zu verwachsen. Die Folge davon ist, daß zwischen der Haut und der äußeren Muskelschicht kleine längliche rechteckige oben gewölbte Hohlräume entstehen, welche ich Integumentalhöhlen nennen will.“ Er- wähnt habe ich schon (p. 4), daß die feste Verbindung der Haut mit der Muskulatur an den Furchen der Felder bei Sipunculus indieus durch die sog. „Haftfasern“ vermittelt wird. Die Integumentalhöhlen, welche eigene Wandungen besitzen, finden sich bei unserer Art überall, selbst im Rüssel vor. Im Mittelkörper sind sie besonders groß (Fig. 2 Ith.) und nehmen dort fast die ganze Breite der Felder ein; sie sind dick mit Blutkörperchen, deutlichen Zellen mit sich durch Alaunkarmin schön dunkel färbenden Kernen, angefüllt. In der Eichel sind sie meist verzweigt (Fig. 5 Ith.); dort sind auch häufiger Eier in ihnen anzu- treffen. Man kann die Höhlen hier bisweilen durch Ring- und schiefe Muskulatur bis zur Längsmuskulatur verfolgen. Sie sind offenbar, wie auch Vogt und Jung behaupten, Ausstülpungen der allgemeinen Leibeshöhle.’) Merkwürdig ist, daß die nach außen strebenden Zweige derselben sich häufig an die Nervenendorgane anlegen. Wenn, wie Andreae behauptet, den Integumentalhöhlen eine respiratorische Thätig- keit zuzusprechen ist, was er nicht für unmöglich hält, da die Haut an diesen Stellen dünn genug sei, um einen Gasaustausch zwischen der Leibesflüssigkeit und dem Meerwasser zu vermitteln, so würden vielleicht bei unserem Wurme die neben den fibrillären Zellen liegenden Drüsenzellen diesen Austausch vermitteln können. Die Integumentalhöhlen habe ich fast bis in die äußerste Spitze der Eichel hinab verfolgen können. Die Muskulatur zerfällt in Ringmuskulatur, schiefe und Längs- muskulatur. Die erste erreicht besonders in der Eichel eine bedeutende Dicke. Die Bündel lagern hier eng an einander, nur noch getrennt durch eine dünne Lage von Bindesubstanz, während im übrigen Körper die einzelnen Bündel durch Zwischenräume getrennt sind, die meist so breit sind wie die Bündel selbst. Mächtiger als im eigent- lichen Körper ist sie auch in dem vom Ende des Rüssels bis zum After reichenden Körperteile; sie hilft dort jedenfalls die Einstülpung 7) In gleicher Weise zeigt die Anm. 5 erwähnte Varietät des Sipuneulus titubans sowie Sipunculus australis Kef. große Integumentalhöhlen, die man auf Querschnitten leicht konstatieren kann, so daß diese für die Gattung Sipunculus typisch zu sein scheinen, 10 Dr. W. Fischer. des Rüssels vermitteln. Im Rüssel selbst nımmt sie an Dicke all- mählich nach dem vorderen Ende hin mehr und mehr ab. Die Elemente derselben bestehen aus breiten bis 0,6 mm dicken Fasern. Längsmuskelbündel sind meist 41 vorhanden. Anastomosen finden sich im Körper und in der Eichel nicht. Die Elemente der Fasern sind fast von derselben Dicke wie die der Ringmuskulatur. In der Diagonalschicht ist das Bindegewebe ziemlich stark entwickelt, so:-daß die Muskelfasern nicht dicht an einander lagern, sondern durch maschenartige Zwischenräume dieses Gewebes getrennt sind. Von der Längsmuskulatur nehmen die 4 Retraktoren des Rüssels ihren Ursprung. Ihre Ansatzstelle an derselben ist bei weitem nicht so breit und fest, wie bei anderen Sipunculusarten. Sie sind deshalb bei den meisten Exemplaren mit einge- stülptem vorderem Körperteil — bei den Spiritusexemplaren, die ich untersuchen konnte, war nämlich nicht nur der Rüssel, sondern auch ein großer Teil des Vorderkörpers mit eingestülpt — fast alle ab- gerissen; das einzige Exemplar mit ausgestülptem Rüssel wollte ich nicht verletzen, zumal da ich bei einem der anderen Tiere die An- satzstellen der ventralen Retractoren deutlich sehen konnte. Sie setzten am 3. und 4. Längsmuskelbündel ungefähr 10 mm hinter dem Ende der Segmentalorgane an. Die Ansatzstelle der dorsalen Retrac- toren schien tiefer zu liegen. Ein Spindelmuskel ist vorhanden; seine obere Ansatzstelle konnte ich nicht beobachten. Die Darmspirale ist in ihrem ganzen Verlaufe durch ziemlich breite Befestiger an die Körperwand geheftet; besonders zahlreich sind diese in der Eichel. (Zool. Jahrb. IX 2, Fig. 7.) Das Nervensystem ist dem des Sipunculus nudus sehr analog gebaut. Der Bauchstrang verläuft m der Mittellinie des Körpers, ist durch Seitenzweige mit der Muskulatur verbunden, löst sich aber sehr leicht von dieser ab. In der Eichel verdickt er sich, spaltet sich in 2 Aeste und zeigt hier dieselbe Gestalt wie bei Sipunculus nudus. Im vorderen Teile des Körpers ist der Nervenstrang wie bei der er- wähnten Art von der eigentlichen Körperwandung abgehoben, das Oberschlundganglian gleicht in der Gestalt dem dieser Art, ist aber verhältnismäßig kleiner und am vorderen Rande flacher; es ist mit vielen sich vielfach verzweigenden fingerförmigen Fortsätzen besetzt, die nicht hohl sind. Andreae mutmaßt dies betreffs der von ihm be- schriebenen Art. Die Commissuren mit den sie begleitenden Muskeln sind breiter als bei Sipunculus nudus, beide zusammen haben ungefähr die Breite des Oberschlundganglians.. Von den Commissuren gehen 7 Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus indieus Peters. 11 breitere Nervenäste aus, außerdem finden sich noch hinter diesem 4 feinere Zweige. Für die Untersuchung des feineren Baues des Nervensystems zeigten sich die Spiritusexemplare nicht geeignet, erkennen konnte ich indess, daß im Gehirn die Fasern und Ganglian- zellen unregelmäßig zerstreut, nicht schichtenweise wie sonstwohl bei Anneliden liegen. Betreffs des Darmes will ich noch bemerken, daß sich ein kleines Divertikel 35 mm vor dem After, wie Sluiter angiebt und ich bestätigen kann, findet und ferner daß der Oesophagus zweifellos zwei und nicht nach älteren Angaben nur einen kontraktilen Schlauch besitzt. 12 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 6. Dr. W. Fischer, Figuren-Erklärung. Haut der Eichel. Querschnitt durch eine Papille des Rüssels. ec. = Üuticula, hp. = Hypodermis, ct. — Cutis, dr’. = zweizellige Drüsen, drz. — Drüsenzellen der Nervenendorgane, pn. = Periphere Nervenendorgane, Wı. u. Ws. = Wölbung der Cutieula über den Nervenendorganen. Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch des Rüssels bis zur Afteröffnung reichenden Körperteils. ce. — Cuticula, hp. = Hypodermis, et — Ontis, dr. = vielzellige Drüsen, pn. — Nervenendorgane, Ith. = Integumentalhöhle. Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch des eigentlichen Körpers. c. = Cuticula, hp. = Hypodermis, Ith. = Integumentalhöhle mit Blutkörperchen (bl.). Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch der Eichel. c. — Üuticula, hp. = Hypodermis, ct. = Cutis, dr. — vielzellige Drüsen, pn. = Nervenendorgane, ne. = Nery. Ith. = Integumentalhöhle, eis br Längsschnitte durch zweizellige Drüsen der Eichel. dri. = gerader Schnitt, gr. ausgetretener granulierter Inhalt, ss’. Schnittrichtung der Fig. dr?., dr?. — schiefer Schnitt. | I EEE == Jahrbuch der Hamb. wissenschaftl. Anstalten X, 1. E.Stender hth Druck v.l.ütcke & Wulff. Fischer del. D" Fischer: Uber Sipunculus indicus. Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Hydrachniden des Hamburger naturhistorischen Museums. Von F. Koenike in Bremen. Mit drei Tafeln. Be EL ER ER 2 y ri Wr ” A En PET a or - " b RG u - NL ‚ e 7 72 = Er ee E04 u id u Br & Pr. wr u “ie ® BET . .. ek In KR au 4 a u . i j = u 0 = u - e R B . 2 i A Pa Be. f . = 2 pP u o = A u W; a1 # 2 i > “- sr u a6 GE ö x ER zn: ae 5 DE ® Ka Das Herr Dr. Franz Stuhlmann bei seinem wissenschaftlichen Sammeln in Afrika sein Augenmerk auch auf die Wassermilben richtete, ist um so dankenswerter, als die Kenntnis dieser Tiergruppe bezüglich des genannten Erdteils noch völlig im Argen liegt. Zwar sind gelegentlich durch Lucas!) vier Arten aus Nordafrika bekannt geworden, doch dürften dieselben trotz ausführlicher Beschreibung und mehrfacher Abbildung kaum je mit Sicherheit wieder erkannt werden, da das äußere Geschlechtsorgan, das zur Kennzeichnung der Arten ganz besonders zuverlässige Unterscheidungsmerkmale darbietet, bei Lucas keine Beachtung findet. Er stellt alle vier Arten in die Gattung Hydrachna. Ihre Namen sind: Hydrachna erythrina Luc., Hydr., cyanipes Luc., Hydr. rostrata Luc. und Hydr. tomentosa Luc. Es sind Vertreter von vier Gattungen. Als echte Hydrachna-Species ist Hydr. rostrata durch den Besitz eines Rüssels und scherenförmiger Palpen in Figur Te auf Taf. 22 gekennzeichnet. In Hydr. erythrina haben wir’s mit einer Eylais-Art zu thun, worauf bereits Moniez hingewiesen hat.) Hydr. cyanipes ist, wie aus Figur Sc auf Taf. 22 hervorgeht, ein Arrenurus, und zwar ein Weibchen, denn es fehlt ein Körperanhang (vergl. Fig. 8). Nach Fig. 9b erweist sich Hydr. tomentosa Luc. als eine Hydryphantes-Species, denn ein derart ge- staltetes Rückenschild, wie es die Abbildung zeigt, ist nur dieser Gattung eigen. Unter Hydryphantes C. L. Koch verstehe ich das Genus, das bisher nach dem Vorgehen von C. J. Neuman mit Hydro- droma €. L. Koch bezeichnet worden ist.) Der schwedische Milben- forscher erklärt in seiner Hydrachniden-Monographie, Hydryphantes Koch und Hydrodroma Koch nicht unterscheiden zu können. Koch 1) H. Lucas, Histoire naturelle des animaux articules. Exploration scientifique de l’Algerie pendant les anndes. 1840—1842. Zoologie I. 1849. S. 313—315. Taf, 22, Fig. 6—9. 2) B. Moniez, Note sur l’Eylais erythrina Lucas. Revue biologique du Nord de la France. 1889. No. 9. S. 355. 3) C. J. Neuman, Om Sveriges Hydrachnider. Sonderabdr. aus Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar 1880. Bd. 17. S. 112. 3 16 F. Koenike. bewies indes trotz seiner oberflächlichen und mangelhaften Unter- suchungsweise immerhin ein richtiges Verständnis für Gruppierung der Wassermilben nach Gattungen. Und ich behaupte, daß er auch in unserm Falle richtig unterschieden hat. Die beiden genannten Koch- schen Gattungen sind keineswegs einander gleich, sondern wie ich aus seinen bezüglichen Gattungs-Diagnosen in der Übersicht des Arachniden- Systems!) zweifelloe erkenne, meint er mit Hydrodroma die Gattung Diplodontus Dugös, die er in der Übersicht (S. 24—25) zwar leidlich gekennzeichnet, aber dennoch falsch begriffen hat, wie aus der Liste der dazu gerechneten Arten deutlich zu ersehen ist. Hingegen sind alle vier von ihm aufgezählten Hydrodroma-Arten (S. 32—33), die in Wirklichkeit wohl nur eine einzige Species (Diplodontus despiciens OÖ. F. Müller) darstellen, mit Sicherheit auf Diplodontus Duges zu beziehen. Von den fünf durch Koch aufgeführten Hydryphantes-Arten geben sich drei bestimmt als zu der Gattung Hydrodroma Neuman gehörend zu erkennen, während -eme (Hydryphantes hilaris Koch) fraglich erscheint. Die fünfte Form (Hydryph. despiciens O. F. Müller) kommt wegen Kochs irrtümlicher Deutung gar nicht im Betracht. Von den durch Koch in semen beiden Gattungs-Diagnosen bezeichneten Unterschieden verweise ich in Kürze einmal auf die Länge des Rüssels, ferner auf die Lagerung der Hüftplatten nebst der Größe der letzten Epimere und besonders auf die Eigentümlichkeit der Hydryphantes- Species, sich aus dem Wasser zu entfernen und auf einer trocknen Unterlage „nicht ohne Gewandtheit“ fortzukriechen, was ich mehrfach bei Hydryphantes ruber de Geer (= Hydrodroma rubra Neuman), nicht aber bei Diplodontus despiciens OÖ. F. Müller beobachtet habe. Ich berührte diesen Gegenstand schon kurz in einem Aufsatze (Zwei neue Hydrachniden-Gattungen aus dem Rhätikon), der in den Druck gegeben wurde. Da derselbe indes noch nicht erschienen ist, so war es nicht zu vermeiden, auch an dieser Stelle die Sache zu erörtern. Der ausgezeichnete Milbenkenner A. D. Michael wies für Algerien 43 Oribatiden-Species nach,?) worunter nicht weniger als 25 auch in Großbritannien einheimisch sind. Noch eine beträchtlich größere Zahl gemeinsamer Arten besitzen Nordafrika und unser ganzer Continent. Vielleicht bietet sich bezüglich der Hydrachniden ein ähnliches Verhältnis dar. Südafrika scheint aber eine von der 1) C.L.Koch, Übersicht des Arachnidensystems. Nürnberg, 1842. S. 30—32. 2) A. D. Michael, On a collection of Acarina formed in Algeria. Proceed. of the Zoological Society of London. 1890. S. 414—425. Taf. XXXVI u. XXXVIIN. 4 Ostafrikanische Hydrachniden. 17 europäischen durchaus abweichende Hydrachniden-Fauna zu haben, denn unter den von mir bestimmten durch Dr. Stuhlmann erbeuteten 14 Arten sind 13 bislang unbekannte Formen, während eine auch bei uns vorkommt, das ist Eylais extendens ©. F. Müller, eine auf unserm Erdballe wahrschemlich nirgends fehlende Wassermilbe; für drei Erd- teile ist ihr Vorkommen jetzt sicher festgestellt. Für den eigen- artigen Wassermilben-Bestand Südafrikas spricht auch die Hydrachniden- Fauna Madagaskars, die mir in zahlreichen Vertretern durch die Güte des Herrn Dr. A. Voeltzkow bekannt wurde, der schon selbst in großen Zügen die genannte Fauna sehilderte.) Außer Eylais extendens O. F. Müller haben beide Afrika-Forscher noch eine zweite gleiche Form entdeckt, nämlich Arrenurus pectinatus nov. spec., die mir von Madagaskar in beiden Geschlechtern zuging, während Dr. Stuhlmann nur ein Weibchen auffand. Die 14 Stuhlmannschen Arten verteilen sich auf sieben Gattungen: Arrenurus, Atax, Curvipes, Hydryphantes, Hydrachna, Bargena und Eylais, von denen ein Genus von mir hat aufgestellt werden müssen (Bargena). Am besten ist das Genus Arrenurus ver- treten, nämlich in 5 Arten nebst einer Nymphe, die nicht hat bestimmt werden können. Atax, Curvipes und Hydryphantes umfassen je zwei Formen, die übrigen nur eine. Das Material lag in Alkohol, eine für Hydrachniden ungeeignete Konservierungsflüssigkeit, wodurch die Untersuchung wesentlich er- schwert wurde. Dazu kommt, daß die meisten Arten nur in einem Exemplare vorlagen. Auch mußten die Sachen möglichst geschont werden, so daß die Beschreibung lückenhaft und in manchen Punkten vielleicht ungenau erfolgt. Es wird somit ein späterer Beobachter Gelegenheit haben, erweiternde und berichtigende Nachträge zu liefern. Ich habe von den Stuhlmannschen Hydrachniden eine größere Reihe mikroskopischer Dauerpräparate angefertigt (als Einschlußmasse wurde Brady’s Glycerin-Gallerte verwendet), die nebst dem losen Material an das Hamburger naturhistorische Museum zurückgehen. l. Arrenurus Stuhlmanni nov. spec. (Taf I, Fig, 7’uN2). Die nachstehenden Angaben beziehen sich auf ein Männchen, denn nur dieses ist von obiger Art in einem einzigen Individuum durch Herrn Dr. Stuhlmann entdeckt und von ihm in verschiedenen Skizzen ı) A. Voeltzkow, Vorläufiger Bericht über die Ergebnisse einer Unter- suchung der Süßwasserfauna Madagaskars.. Zool. Anzeiger. 1891. No. 366. S. 214—217. No. 367. S. 221—230. 5 2 18 F. Koenike. kenntlich dargestellt worden. Ich glaubte dem Verdienste des Forschers um die Entdeckung einer Reihe afrikanischer Hydrachniden am besten dadurch gerecht werden zn können, wenn ich ihm gerade die vorliegende Species widme, da sie anscheinend sein besonderes Interesse erregte. Größe. Arrenurus Stuhlmanni gehört zu den kleineren Arten; die Körperlänge — mit dem Anhange, doch ohne den Petiolus — zwischen den zwei letzten beträgt 0,55 mm, die größte Körperbreite Fußpaaren — 0,47 mm. Der Körper ist von beträchtlicher Dieke, die im vorderen Teile 0,45 mm mißt. Färbung. Der Körper ist schön dunkel blaugrün gefärbt, die Füße und Palpen heller; die Bauchseite zeigt größtenteils eine grünlich gelbe Färbung. Körpergestalt. In Rücken- oder Bauchlage (Fig. 1) gleicht der Körperumriß — ohne Körperanhang — einer an beiden Enden abgeschnittenen Ellipse mit kurzer Längsachse. Der Vorderrand des Körpers ist merklich ausgebuchtet, wodurch stark vortretende Schulter- ecken hervorgerufen werden. Die Ausbuchtung erstreckt sich auch ziemlich weit auf den Rücken. In der Seitenlage des Tieres gleicht der Körperumriß annähernd einem Trapez. Man gewahrt auf dem Rücken vier Höcker, von denen die zwei niederen unmittelbar vor dem Körperanhange und die zwei höhern im vordern Drittel neben einander gelegen sind. Der Körperanhang ist bei bedeutender Breite (0,3 mm) und Dicke (0,26 mm) von nur geringer Kürze (0,1 mm). Hinsichtlich der Gestalt erinnert er an den von Ärrenurus maculator ©. F. Müller und Arr. aftınis Koenike 7, indem dort wie hier seine Hinterrandsecken kaum merklich hervortreten. Diese sind mit zwei kurzen Haaren besetzt; außerdem stehen am Hinterrande noch zwei Paar längere Borsten, von denen die auswärts befindliche die bei weitem längste ist. Auf der Unterseite des Anhangs, etwa in der Mitte ist der Petiolus eingelenkt, der durch seine eigentümliche Gestaltung am meisten an denjenigen von Arrenurus abbreviator A. Berlese') erinnert. Er besteht zunächst aus einem langen stielförmigen Mittelstücke (Fig. 2 st) von schmutzig gelber Färbung, das am Basalende ellipsoidisch verdickt (Fig. 2e) und am freien Ende gabelig gestaltet ist. Unter dem Mittel- stücke befindet sich in der Mittellinie eine scharfkantige Leiste (Fig. 1]), die nach dem freien Ende des Petiolus zu allmählich höher wird. Jederseits des Basalendes bemerkt man neben der ellipsoiden Ver- dieckung und zwar an der Oberseite einen langgestreckten Haarwall ) A. Berlese, Acari, Myriopoda et Scorpiones hucusque in Italia reperta. Bay Heit-51, No. 3: 6 Östafrikanische Hydrachniden. 19 (Fig. 2 w), der mit je einer kräftigen Borste besetzt ist. Diese beiden Borsten sind dem Mittelstücke zugebogen und berühren das letztere kurz vor der Gabelung. Zwischen Haarwall und Mittelstück ist auf beiden Seiten eine schmale wasserhelle Membran (Fig. 2 m!) ausgespannt, die an der Längsseite des Mittelstücks angeheftet ist und kurz vor der Gabelung endigt. Ein zweites Paar großer wasserheller Häute (Fig. 2m?) geht gleichfalls vor dem Winkel zwischen Haarwall und Mittelstück aus und zwar unterhalb der vorhin beschriebenen Haut- gebilde. Anfänglich sehr schmal verbreitert sich die große Membran plötzlich bedeutend und erreicht bei einer weitern allerdings geringen Zunahme an Breite kurz vor der Gabelung ihren Abschluß. Auffallend ist noch eine ab- und einwärts erfolgende Umbiegung, die sich so weit erstreckt, daß auch der andere Seitenrand der Membran an dem Mittelstücke angewachsen ist, so daß dadurch ein tutenförmiges Gebilde erzeugt wird. Haut. Die Haut entspricht dem Arrenurus-Charakter. Die Panzerporen besitzen eine 0,007 mm messende äußere Öffnung, während diese auf den Hüftplatten, Palpen und Füßen weit kleiner ist und hier bei schwacher Vergrößerung als Körnelung erscheint. Der Rücken- bogen befindet sich auf den zwei hintern Dritteln des Körpers. Er ist vorn geschlossen, hinten jedoch offen und hat annähernd die Form des großen Omega. Die frei auslaufenden Enden entschwinden dem Auge am Körperumrisse auf der Grenze zwischen Rumpf und Körper- anhang und laufen vermuthlich noch ein Stück an den Seiten des letztern herunter. Auge. Die beiden Pigmentkörper eines Doppelauges sind nahe an einander gerückt und scheinbar zu einem Stücke verschmolzen. Ich erkenne nur eine Linse, die sich hinten und etwas außen befindet; sie umgreift auf einer ausgedehnten Strecke den schwarzen Pigment- körper. Die Augenpaare sind 0,17mm von einander und 0,04 mm von den Schulterecken des Körpers entfernt. Mundteile. Das Maxillarorgan ist sehr klein und zeigt von unten betrachtet einen birnförmigen Umriß (Fig. 1). Die große ellip- tische Mundöffnung liegt vorn auf der Maxillarplatte; der Vorderrand der letztern ist nach der Mundöffnung zu durchbrochen. Palpen. Die Taster tragen die Kennzeichen der echten Arrenurus-Palpe. Ueber eigenartige Merkmale, insonderheit über die 3eborstung am Vorderrande des vorletzten Gliedes vermag ich keine zuverlässigen Angaben zu machen, da es sich wie eingangs bemerkt wurde, um nur ein einziges Individuum handelt, das zwecks besserer Untersuchung nicht zerzupft werden darf. 7 2* 20 F. Koenike. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet (Fig. 1) zeigt im ganzen die für das Arrenurus-Genus bekannten Eigentümlichkeiten. Die zwei vordern Paare sind zu einer Gruppe vereinigt, während die beiden letzten jederseits eine zweite und dritte Gruppe bilden. Die beiden ersten Hüftplatten sind völlig mit einander verschmolzen. Vorn lassen dieselben eine tiefe glockenförmige Bucht frei für das Maxillarorgan. Die vordere Außenecke der zwei ersten Epimerenpaare tritt in einem scharfzackigen Fortsatze vor. Auch die dritte Hüftplatte besitzt an der ersten Außenecke einen stark seitwärts ragenden Vorsprung, der indes stumpf endigt. Die letzte Epimere ist annähernd rechteckig und am größten. Füße. Die drei vordern Fußpaare erreichen die Länge des Rumpfes nicht, während der letzte Fuß denselben etwas übertrifft. Der erste Fuß weist nur kurze Borsten auf; der zweite und dritte besitzen dagegen außer kürzeren auch vereinzelte Schwimmhaare an den mittleren Gliedern, besonders am zweiten. Beim letzten Fuße zeichnet sich das vierte Glied durch eine ungewöhnliche Länge aus; es fehlt ihm aber der vielfach daran auftretende Fortsatz oder Sporn. Die vier mittleren Glieder des in Rede stehenden Fußes sind mit zahlreichen Schwimmhaaren ausgestattet. Die Krallen sind sehr winzig und infolge der Alkohol-Conservierung sämmtlich zurückgezogen, so daß ich über ihre Gestalt nicht berichten kann. Figur 1 wurde nach dem bezüglichen mikroskopischen Dauerpraeparate naturgetreu dargestellt, woher sich’s erklärt, daß die Füße teilweise nur fünf- gliedrig erscheinen ; infolge gekrümmter Lage ist das Grundglied versteckt. (Geschlechtshof. Die Geschlechtsöffnung ist nur 0,045 mm lang. Sie ist von schmalen Lefzen umgeben, an die sich seitwärts verlaufende schmale flügelartige Geschlechtsplatten anschließen, die nicht nur bis an den Seitenrand des Körpers reichen, sondern noch nach den Seiten umgreifen, am Körperumriß auf der Grenze zwischen Rumpf und Anhang einen deutlichen Wulst hervorrufend. (Fig. 1). Die Geschlechtsnäpfe zeigen den Panzerporen gegenüber keinen äußeren Unterschied. Fundort. Kibueni, Sumpf bei Sansibar; 2. Mai 1888. 2. Arrenurus gibbus nov. spec. (Taf. I, Fig. 3-6). Diese Art liegt nur in zwei weiblichen Exemplaren vor. Sie ist durch Rückenhöcker gekennzeichnet, was bei der Benennung zum Ausdruck kam. Östafrikanische Hydrachniden. 31 Größe. Arrenurus gibbus ist eine größere Art. Die Körperlänge beträgt bei dem größeren Exemplare etwa 1,5 mm, die Breite kurz hinter der Einlenkungsstelle des letzten Fußpaares 1,3 mm und die Dicke gut 1 mm ohne die Rückenhöcker. Färbung. Die Farbe ist dunkelgrün, die Füße sind heller; unten ist der Körper, besonders das Hüftplattengebiet, gelblich. Körperge stalt. Der Körperumriß ist bei Rückenlage eine Ellipse mit etwas abgeflachten Enden (Fig. 3). 0,3 mm von dem flachen Hinternde entfernt hebt sich jederseits am Rande des Körpers ein starker, höckerartiger Vorsprung ab, der die Bedeutung eines mächtig entwickelten Haarwalles hat, denn es ist thatsächlich eine lange schwimmhaarartige Borste darauf eingelenkt. Durch diesen Haarwall erhält die Milbe in der Rücken- oder Bauchansicht eine kennzeich- nende Form. Man ist auf den ersten Blick anzunehmen geneigt, es handle sich um ein Männchen, indem das über die Haarwälle hinaus- ragende Stück des Hinterleibes als Körperanhang erscheint. Ohne diesen scheinbaren Abdommalanhang würde sich em Körperumriß ergeben, wie er bei Weibchen bekannter Arten beobachtet worden ist, beispielsweise bei Arrenurus affınis Koenike. Die vorliegende Spesies neigt sehr zu starker Höckerbildung. So befindet sich auch auf der Unterseite rechts und links neben der Afteröffnung ziemlich nahe am Hinterrand ein beachtenswerter Höcker mit langer weit über den Hinterrand hinausragender Borste. Außerordentlich stark sind zwei auf dem Rücken vorhandene Erhebungen, die bei der ohnehin bedeutenden Höhe des Körpers es ohne Hülfsmittel fast unmöglich machen, das Tier auf den Rücken oder Bauch zu legen; es fällt bei solchen Ver- suchen fast regelmäßig auf die Seite. In der Seitenlage erweist sich der Körperumriß beinahe alsrhomboidal (Fig. 5); die Ecken sind mehr oder weniger abgerundet. Der Vorderrand ist schräg nach obenund vorn gerichtet und der Hinterrand läuft diesem parallel. Das hintere Rückenhöckerpaar erscheint in der Seitenlage des Tieres an der obern Rhombusecke der Hinterkante und ist schräg rückwärts gerichtet. Diese Höcker gleichen in der Gestalt einem abgeschrägten Kegelstumpfe. Ihr gegenseitiger Abstand beträgt 0,5 mm, während ihre Entfernung vom Hinterrande in der Rückenansicht (Fig. 4) 0,2 mm ausmacht. Auch diese Höcker sind mit emem Haare von bedeutender Länge bewehrt. Am massigsten ist das vordere Paar der Rückenhöcker. Diese zeigen bei einer gegen- seitigen Entfernung von 0,73 mm einen 0,3 mm weiten Abstand vom Vorderrande des Körpers, während die beiden Paare ungefähr 1 mm auseinander stehen. Die zwei vordern Erhebungen des Rückens sind schräg auswärts gerichtet und durch einen brückenartigen Damm mit 9 99 F. Koenike. einander verbunden. (Fig. 4). Auf dem Gipfel tragen sie einen deutlichen eigenartigen Fleck, vermutlich die Einlenkungsstelle einer Borste. Es war jedoch bei keinem der beiden mir zur Beschreibung vorliegenden Individuen eine solche wahrzunehmen. In der Vorder- ansicht zeigt der Körper eine apfelartige Gestalt. Haut. Die Porenöffnungen des Hautpanzers sind von beträcht- licher Weite. Bei den Epimeren, Palpen und Gliedmaßen erkennt man sie nur bei starker Vergrößerung. Der Rückenbogen ist voll- kommen geschlossen und kurz eiförmig, mit dem schmalen Ende nach vorn gekehrt. Er beginnt unmittelbar hinter der Verbindungsbrücke der vordern Rückenhöcker und endigt zwischen dem Körperrande und den andern Rückenhöckern, diese einschließend. (Fig. 4). Auge. Die Augen liegen 0,4 mm aus einander, hart am Körperrande und sind auch bei der Bauchansicht der Milbe sichtbar. (Fig. 4). Während in der Seitenlage bei einem Doppelauge zwei schwarze Pigmentkörper deutlich erkennbar sind (Fig. 5), so zeigt die Rückenansicht nur einen umfangreichen Pigmentkörper (Fig. 4), der auf der Innenseite eine große Linse aufweist. Zwischen den Augen stehen die beiden antenniformen Haare, die nur die geringe Länge von 0,03 mm haben. Mundteile. Das Maxillarorgan ist klein und in seinem zu Tage tretenden Teile schildartig. (Fig. 3). Palpen. Im Verhältniß zur Größe des ganzen Tieres sind die Maxsillartaster recht klein. Ihr zweites Glied ist äußerst kräftig und besitzt den reichsten Haarbesatz, bestehend aus drei starken, mäßig langen Borsten am Vorderrande der Innenseite (Fig. 6.) Zwei sind unmittelbar auf dem Rande emgelenkt, während die dritte etwas weiter zurücksteht. Bei der der Beugeseite am nächsten stehenden erkannte ich Betiederung. Ferner befindet sich noch eine kurze, breite und dicht gefiederte Borste auf der Außenseite desselben Palpen- gliedes. Das vierte Glied ist auffallend dünn; sein zum Endgliede den Antagonisten bildender Teil ist scharfeckig ausgezogen. Das zwei- spitzige Krallenglied zeigt eine äußerst geringe Krümmung und trägt im Grunddrittel die der Arrenurus-Palpe eigenthümliche, der Spitze des Krallengliedes zugebogene Borste. Auch fehlt die breite Schwert- borste auf der Innenseite «des Antagonisten nicht. Nahe der Spitze des letztern gewahrt man ein nicht gebogenes Härchen. Im übrigen vermag ich keine Angaben über die Borstenbewehrung des Vorder- randes am vorletzten Gliede zu machen. Hüftplatten. Die Epimeren bedecken die vordere Bauch- hälfte (Fig. 3). Die einzelnen Platten sind nur von geringer Größe, 10 Östafrikanische Hydrachniden. 23 die letzte nicht ausgenommen, wenngleich sie die übrigen an Raum- ausdehnung übertrifft. Namentlich ist sie nicht unwesentlich länger als die vorhergehende, trotz des an der vorderen Außenecke der letztern befindlichen ungewöhnlich grossen Vorsprunges, der dem dritten Fuße als Einlenkungsstelle dient. Die zwei vorderen Paare sind ganz besonders schmal und vorn mit spitzen Fortsätzen wie bei Arrenurus Stuhlmanni versehen. Das erste Paar ist augenscheinlich nur in der Mitte auf kurzer Strecke mit einander verwachsen, während hinten eine deutliche Trennung wahrzunehmen ist. Die letzte Hüft- platte besitzt nicht bloß auf der Außenseite, sondern auch in der Mitte der Hinterkante eine vorstehende Ecke. Füße. Die Gliedmaßen bleiben sämmtlich hinter der Körper- länge zurück. Der Vorderfuß ist bei weitem am kürzesten, indem er nur wenig mehr als die Hälfte des letzten erreicht, der etwa 5% der Körperlänge beträgt. Der Haarbesatz ist äußerst reich; besonders zeichnen sich die zwei letzten Fußpaare in ihren mittleren Gliedern durch den Besitz zahlreicher Schwimmborsten aus. Hervorgehoben zu werden verdient das Auftreten eines kräftigen Haarbüschels am Grund- sliede des Hinterfußes. Die Krallenbewafinung der Gliedmaßen ist als kräftig zu bezeichnen. Am schwächsten ist die Doppelkralle des letzten Fußes, während die der übrigen wohl üunter einander von gleicher Größe sein dürften. In der Gestalt gleicht die Kralle der der Gattung Curvipes, mdem außer einem blattartigen Grundteile zwei Zinken vorhanden sind; die Hauptzinke ist von hervorragender Größe. Geschlechtshof. Das äußere (eschlechtsorgan liegt im der weiten, durch das letzte Hüftplattenpaar gebildeten Bucht (Fig. 3). Die Geschlechtsöffnung ist ungemein kurz; sie mißt nicht mehr als 0,13 mm. Die sie umgebenden Genitallefzen bilden gemeinsam nahezu einen Kreis und entsenden vom hintern Ende aus je eine ungewöhn- lich schmale Geschlechtsplatte in der Richtung nach den Eimgangs erwähnten Seitenrand-Höckern. Sie sind auf der Bauchfläche schwach markiert und ihre freie Enden stark zurückgebogen. Die zahlreichen (eschlechtsnäpfe haben nur geringe Größe; sie sind ungefähr nur halb so groß wie die Hautpanzer-Poren. Fundort. Insel Muemba bei Sansibar; 28. Septbr. 1889. 3. Arrenurus concavus nov spec. (Taf. I, Fig. 7-10). Es gelangt hier das Weibchen zur Beschreibung, denn nur dieses liegt unter dem Stuhlmann’schen Material in einem Exemplar zur Beobachtung vor. Indes bin ich im Besitze eines zweiten weib- * 24 F. Koenike. lichen Tieres gleicher Art von Madagaskar (Reissee bei Amparangidro). Stuhlimann’s Exemplar zeigte bei anfänglicher Untersuchung eine derartig überraschende Aehnlichkeit mit Arrenurus globator O. F. Müller, daß ich trotz der schon gleich zu Anfang beobachteten Vertiefung auf dem Rücken (Fig. 7 und 8), die ich für Schrumpfung hielt, von vornherein willens war, es auf die genannte Müller’sche Species zu beziehen. Doch das später durch die Gefälligkeit des Herrn Dr. A. Voeltzkow in meinen Besitz gelangte andere Individuum belehrte mich dahin, daß es sich in der That um eine selbständige Art handelt. Größe. Die Körperlänge beträgt 0,59 mm (beide Exem- plare sind genau von gleicher Größe), die größte Körperbreite — in der Gegend des Geschlechtsfeldes — 0,553 mm, die Höhe 0,5 mm. oO ) ) ’ Die angegebene Länge wird von Arrenurus globator ? vereinzelt gleich- falls erreicht, doch bleibt das letztere in der Breite beträchtlich zurück. Färbung. Die Farbe ist bei beiden afrikanischen Indivi- duen trotz der Konservierung in verschiedenen Mitteln übereinstimmend, nämlich gelblich grün, was der Naturfarbe entsprechen dürfte. Körpergestalt. In Rücken- oder Bauchlage erweist der Körper sich kurz eiförmig, mit der größten Breitenachse in der Genitalgegend, wo der Körperumriß einen ansehnlichen Wulst besitzt. Einen schwächeren Wulst nimmt man in der Höhe des dritten Epimeren- paares wahr. Ferner treten am Hinterrande noch vier deutliche Wülste auf, wodurch der Hinterleib in seinem Umriß ein eckiges Ansehen bekommt (Fig. 9). Am Vorderrande ist der Körper kaum merklich ausgebuchtet. In der Seitenlage (Fig. 7) erkennt man, daß der Vorderkörper weit über die Mundteile hinausragt, einen großen freien Zwischenraum zwischen diesen und jenem lassend. Bei gleicher Lage des Tieres gewahrt man auf dem Rücken eine Vertiefung (Fig. 7 g), die in der Mitte desselben flach beginnend, bis an den Hinterrand des Hinterleibes reicht, sich nach und nach vertiefend bis zu 0,06 mm am hintern Ende (Fig. 8g). Die Seitenränder dieser Rückengrube erscheinen flach wellig, erzeugt durch drei darauf befindliche Höcker, von denen der vordere (Fig. Sh') und mittlere (Fig. Sh®) sich bei Stirnlage des Tieres als recht bedeutend erweisen. In gleicher Lage tritt an der Bauchseite eine flache Erhebung hervor (Fig. Se), deren Seiten schräg aufsteigen; sie nimmt etwa zwei Drittel der ganzen Breite des Tieres ein. So groß auch im übrigen die Aehnlichkeit mit Arrenurus globator ist, so nötigen schon die hier dargelegten Verhältnisse zur Aufstellung einer besonderen Art. Anlaß zur Benennung gab die kennzeichnende Rückengrube. 12 Östafrikanische Hydrachniden. 35 Mr Haut. Die äußeren Oefinungen der Hautpanzerporen, welche dicht gedrängt beisammen liegen, haben eine beträchtliche Weite (0,02 mm). Derartig große Porenöffnungen trifft man innerhalb anderer Arrenurus-Arten wohl nach der dem reifen Stadium voraufgegangenen Häutung, während dieselben bei vollständig erhärteten Individuen meist von wesentlich geringerem Durchmesser zu sein pflegen. Ich habe Grund anzunehmen, daß es sich bei beiden mir vorliegenden Weibchen um vollkommen ausgewachsene und erhärtete Tiere handelt; besonders spricht dafür die in der Mittellinie des mit einander verwachsenen ersten Epimerenpaars befindliche Senkung. Bei jugendlichen Weibchen von Arrenurus globator fehlt die bezeichnete Senkung, während sie bei alten Indivuduen vorhanden ist. Auf den Hüftplatten, dem Maxillarorgan und deren Anhängen sind die Porenöffnungen nennens- wert kleiner und liegen auch mehr zerstreut. Der Rückenbogen giebt annähernd die Form des Körperumrisses wieder. Er ist an beiden Enden geschlossen und endigt nahe am hintern Körperrande, vorn einen Abstand von einem Viertel der Körperlänge freilassend. Es möge noch erwähnt werden, daß der Rückenbogen (Fig. 5b) über den vordern, auf dem Seitenrande der Rückengrube befindlichen Höcker läuft (Fig. 85h !), wohingegen die beiden letztern durch ihn umringt werden. Auf dem hintersten Höcker (Fig. 7h?) ist eine lange Borste eingelenkt, die bei Bauchlage des Tieres am Hinterrande des Körpers nur mäßig lang erscheint. Außer- dem besitzt der Hinterrand noch zwei Paar lange schwimmborsten- artige Haare, deren Stellung sich aus den Abbildungen 7 und 9 ergiebt. Die antenniformen, an den Vorderrandsecken eingelenkten Haare sind von ziemlicher Länge und Dicke und endigen stumpf. Bei der Bauchansicht des Tieres bemerkt man auf der innern Seite der erst erwähnten Haargebilde noch ein feines Härchen von etwa gleicher Länge (Fig. 9), das indes beträchtlich höher emgelenkt ist (Fig. 7). Augen. Die zwei Doppelaugen sind bei einem gegenseitigen 0,2858 mm weiten Abstande 0,048 mm von der Einlenkungsstelle der antenniformen Haare entfernt und nahe am Seitenrande gelegen. Die beiden annähernd gleich großen schwarzen Pigmentkörper sind neben einander gelagert, der innere um ein wenig mehr vorgerückt. Vor den Pigmentkörpern befinden sich die ein gleiches Lagerungs- und Größen-Verhältnis zeigenden Linsen. Das Sehorgan liegt auch hier, wie das ohne Schwierigkeit bei irgend welcher Arrenurus-Species zu beobachten ist, unter dem dicken porösen Hautpanzer. Die Beobachtung wurde bei Stuhlmann’s Exemplar durch den Umstand wesentlich er- leichtert, als der Panzer über dem linken Auge gebrochen ist. 13 36 F. Koenike. Mundteile Das Maxillarorgan (Fig. 9) ist von geringer Größe. Die freiliegende Maxillarplatte hat annähernd eine birnförmige Gestalt. Während das betreffende Gebilde bei Arrenurus globator zwei scharf vortretende Seitenecken am Vorderrande besitzt, so sind bei der neuen Art diese Ecken nur wenig bemerkbar. Auch springt bei dieser der Vorderrand stärker und breiter vor als bei jener. Dann kommt noch der Größenunterschied des in Rede stehenden Körperteils hinzu, denn bei Arrenurus globator beträgt die Längen- ausdehnung (ohne den hintern Fortsatz gemessen) 0,1 mm, bei Arre- nurus concavus hingegen nur 0,06 mm. Palpen. Der Maxillartaster (Figur 10) gleicht dem des Arrenurus globator (Fig. 11), von geringen Unterschieden abgesehen, in ganz auffallender Weise. Zunächst ist den Palpen beider Species ein gleichgestalteter Fortsatz am Vorderrande (Antagonist) des vierten Gliedes eigen. Dieser mit dem krallenförmigen Endgliede die Zange bildende Vorsprung ist nämlich dadurch eigentümlich, daß er unge- wöhnlich weit vorragt und breit abgerundet ist. Das Krallenglied besteht bei beiden Arten aus einem stark abwärts gebogenen chitinösen Haupthaken, der auf der Streckseite noch einen m der Mitte sich abzweigenden schwächern Nebenhaken besitzt. Auf der Innenseite des Haupthakens steht eine nach seiner Spitze zugebogene steife Borste. Auf der Oberseite des vorletzten Gliedes, unweit der Einlenkungsstelle des Krallengliedes befindet sich ein Paar kurzer und feiner Härchen. Die Borstenbewehrung des zweiten und dritten Gliedes zeigt kaum einen wahrnehmbaren Unterschied. Die Haare stimmen hier ım Zahl und Stellung fast genau überein. Das dritte Glied trägt auf der Streckseite, etwa m der Mitte, eine ziemlich lange, mäßıg große Borste. Das kräftige zweite Glied ıst am reichsten behaart; zunächst sıtzen auf dem Vorderrande der Innenseite drei Borsten, von denen die oberste gefiedert ist. Ferner befindet sich in der Mitte der Oberseite desselben Gliedes noch eine kürzere gekrümmte Borste, die dem Arrenurus globator zu fehlen schemt. In der Mitte zwischen dieser und dem Vorderrande bemerkt man eine lange gefiederte Borste, die beiden Arten eigen ist. Die Fiederung ist indes bei der neuen Art merklich schwächer. In übereinstimmender Weise hat das Grundglied der Palpe auf der Oberseite eine steife krumme Borste. Erwähnens- wert erscheint mir noch besonders wegen der sich darbietenden Ab- weichungen der vielfach kennzeichnende Haarbesatz am Vorderrande des vierten Tastergliedes. Eimmal ist die jede Arrenurus-Palpe aus- zeichnende kräftige Schwertborste auf der Innenseite des Fortsatzes bei Arrenurus concavus etwas länger und doppelt gekrümmt, während 14 ÖOstafrikanische Hydrachniden. 37 7 sie bei der Vergleichsart außer einer kräftigen Beschaffenheit eine einfache Krümmung aufweist. Den Hauptunterschied zeigt aber das Borstenpärchen am Vorderrande des Fortsatzes, wobei das innere, dem Krallengliede am nächsten stehende gabelig ist, wie ich’s bei Arrenurus maculator ©. F. Müller beschrieben und abgebildet habe, ') nur -ist der äußere Gabelast wesentlich kürzer als der innere. Dem entsprechenden Haargebilde des Arrenurus globator mangelt dieses Merkmal. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet der neuen Art (Fig. 9) gleicht vollkommen demjenigen von Arrenurus globator. Das der letztern Species findet sich in C. J. Neumans großer Hydrachniden- Monographie auf Taf. X in Fig. 2b und 3b bei beiden Geschlechtern bildlich dargestellt, doch bezüglich des ersten Hüftplattenpaares recht ungenau. Die betreffenden Platten sollen völlig von einander getrennt sein, während dieselben in Wirklichkeit zu einem Stücke verwachsen sind. Hierüber kann man sich am sichersten überzeugen bei solchen Individuen, die kurz vorher die letzte Häutung überstanden haben. Bei vollkommen entwickelten Tieren tritt allerdings eine derartige Veränderung des in Frage kommenden Epimerenpaares ein, daß ein Beobachtungsfehler, wie er ın den bezeichneten Neuman’chen Ab- bildungen Ausdruck gefunden hat, erklärlich ist. In der Mitte bildet sich nämlich im Laufe der Erhärtung eine flache Senkung heraus, die bis an den Hinterrand reicht und sich in der Richtung nach diesem ein wenig vertieft. An den seitlichen Grenzen der Senkung scheint je eine Längsleiste durch, die bei flüchtiger Betrachtung als Innengrenze der Hüftplatte angesehen werden kann. Genau so verhält sich das gleiche Epimerenpaar bei Ärrenurus concavus. Die vordere der zwei Außenecken der vier ersten Hüftplatten ist in eine ziemlich scharfe Spitze ausgezogen, welche die Einlenkungsstelle für den Fuß bildet. Dasselbe Merkmal besitzt auch die dritte Epimere, nur mit dem Unterschiede, daß der Vorsprung nicht spitz, sondern abgerundet ist. Die letzte Platte hat die größte Raumausdehnung. Ihr Seiten- and bietet dem letzten Fuße zur Einlenkung im der Mitte einen kleinen abgerundeten Fortsatz. Der Hinterrand tritt in einer breiten und stumpfen Ecke vor. Geschlechtshof. Im allgememen bietet das äußere Ge- schlechtsorgan in der Form durchaus keinen Unterschied gegenüber demjenigen von Arrenurus globator ?. Die Größe weicht nur insofern !) F. Koenike. Eine neue Hydrachnide aus dem Karrasch-See bei Deutsch- Eylau. Sonderabdr. aus den Schriften der naturf. Gesellsch. zu Danzig. N. F. Baeviteizkeit: S.4. Taf, I, Fig.’9. 15 28 F. Koenike. ab, als das Geschlechtsfeld der neuen Art in der Richtung der Breite des ganzen Tieres dieser entsprechend eine stärkere Entwicklung auf- weist (Fig. 9). Im übrigen stellen sich jedoch einige kennzeichnende Abweichungen heraus. Müllers Art besitzt vorn auf den Genitallefzen einen breiten, hinten einen schmaleren dunkeln Querstr.ifen. In Figur 12 bringe ich dieses für das Arrenurus globator $ zuverlässige Kennzeichen zu bildlicher Darstellung, da der Geschlechtshof im ©. J. Neuman’s bezüglicher Abbildung (l. ec. Taf. X, Fig. 3b) recht ungenau (die Querstreifung auf den Lefzen findet gar keine Beachtung) wieder- gegeben ist.) Ferner sind bei der Vergleichsart die Geschlechtsplatten am Hinterrande mit einer Reihe mäßig langer Haare ausgestattet; und drei solche stehen jederseits vorn auf den gleichen Platten nahe an den Genitallefzen. Diese Merkmale habe ich bei der afrikanischen Art nicht erkannt. Übrigens sind bei Stuhlmann’s Exemplar die Genitallefzen zerstört. In der Voraussetzung, daß ein dem weiblichen Geschlechte von Arrenurus globator so sehr nahe stehendes Weibchen einem Männchen angehöre, welches im der äußern Körpergestalt dem Arrenurus globator 2 gleiche, habe ich einen mir durch die Güte des Herrn Dr. v. Ihering aus Südamerika zugegangenen männlichen Arrenurus, der dem Arrenurus globator sehr nahe steht, darauf hin geprüft, ob er mit dem afrıkanıischen Weibchen dieselbe Species bilde. Doch ergab die Untersuchung, daß es sich um zwei durchaus verschiedene Arten handelt. Fundort. Bagamoyo (Sumpf nördlich der Stadt); 29. April 1888. 4. Arrenurus plenipalpis »ov. spec. (Taf. T, Rıg. 13 u. 1A). Mit diesem Namen bezeichne ich eine Arrenurus-Species, die in einem weiblichen Exemplare in Stuhlmann’s Sammlung vorhanden ist. Größe. Die Körperlänge beträgt 0,75 mm, die größte Breite — in der Gegend „der Emlenkungsstelle des letzten Fusspaares — 0,65 mm. Färbung. Der ganze Körper ist nebst den Füßen grünlich weiß, fast durchscheinend, wie man’s bei jugendlichen Individuen, welche die letzte Häutung eben überstanden haben, beobachtet. Gestalt. Die Körpergestalt erweist sich in der Rücken- lage (Fig. 13) breit eiförmig mit abgeplattetem Vorderende. Die Eiform zeigt sich auch in der Seitenlage des Tieres, D) A. Berlese (l. c. Hft. II, No. 6, Fig. 2a) nimmt zwar Notiz von der Querstreifung, doch stellt er sie unrichtig dar. 16 Östafrikanische Hydrachniden. 99 doch befindet sich hier die größte Breitenachse vorn, unmittelbar hinter den Augen, etwa 0,5 mm betragend, welches Maß also auch die größte Höhe angiebt. Das zu untersuchende Exemplar besitzt auf dem Rücken eine große unregelmäßige geformte Senkung, die ich als Schrumpfung anzusehen geneigt bin. Haut. Der Hautpanzer fällt durch seine großlöcherige Be- schaffenheit in die Augen. Der Durchmesser der länglich runden Porenöffnungen mist nicht weniger als 0,023 mm. Die Porengänge liegen von einander getrennt im Panzer, vereinigen sich demnach nicht, wie das leicht bei vielen Arrenurus-Arten beobachtet werden kann, beispielsweise bei Arrenurus globator O. F. Müller im ausgewachsenen Zustande, während Individuen mit noch nicht erhärtetem Panzer die gleiche Beschaffenheit der Panzerporen zeigen wie das vorhin bei der neuen Art angegeben wurde. Die Porengestalt sowie die oben bezeich- nete Schrumpfung nebst der hellen Hautfarbe des hier beschriebenen Tieres lassen mich gewiß mit Recht annehmen, daß es sich darin um ein jugendliches, noch nicht völlig ausgewachsenes Weibchen handelt. Der Rückenbogen ist wegen der Schrumpfung schwer zu er- kennen. Wenn meine Beobachtung keiner Täuschung unterworfen war, so ist derselbe vollständig geschlossen und lang eiförmig, das breite Ende nach vorn gekehrt. Sein vorderer Abstand vom Körperrande mißt 0,148 mm, hinten etwa die Hälfte. Die antenniformen Borsten sind ziemlich lang. Auf der Außen- seite derselben bemerkt man m der Rückenlage des Tieres noch ein kürzeres feineres Haar, das indes, wie die Seitenlage erkennen läßt, sehr viel höher eingelenkt ist. Am Hinterrande des Körpers stehen seitlich je zwei Borsten von Schwimmhaarlänge (Fig. 13). Augen. Die beiden unter dem Panzer gelegenen Augenpaare befinden sich bei einem gegenseitigen Abstande von 0,2 mm sehr nahe am Körperrande. Mundteile. Das Maxillarorgan ist für eine Arrenurus-Art als groß zu bezeichnen. Sein Vorderrand schließt gerade ab. Palpen. Die Maxillartaster sind für die Art besonders kenn- zeichend. Sie fallen durch ungewöhnliche Größe und Stärke auf (Fig. 14), was bei der Benennung zum Ausdruck kam. Während der Totaleindruck des ganzen Tieres aufeine nahe Verwandschaft mit Arrenurus globator schließen läßt, so bietet die Palpe nicht leicht zu übersehende Unterschiede dar. Zunächst sind die Tasterporen ungemein groß, wo- ı) P. Kramer, Beitrag zur Naturgeschichte der Hydrachniden. Wiegm. Arch. f. Naturgesch. 1875. Bd. I, S. 265. 17 30 F. Koenike rauf ich kein Gewicht legen will, da man sie annähernd ebenso bei nicht voll entwickelten Tieren von Arrenurus globator antrifft (Fig. 11). Die größten besitzen eine 0,006 mm messende Öffnung. Diese ist übrigens nicht durchgehends rund wie die äußere Porenmündung der Körperhaut, sondern meist unregelmäßig eckig. Das Grundglied der Palpe ist außerordentlich lang. Das nächste zeigt nicht die Dicke, wie man es bei einer Arrenurus-Palpe gewohnt ist; es hat auf der Innenseite drei mäßig lange und kräftige Borsten, deren Stellung sich aus der Abbildung (Fig. 14) ergiebt. Das dritte Tasterglied ist sehr kurz und ohne Haarbesatz. Das vorletzte Glied verleiht der Palpe die eigenartige Gestalt und zwar durch seinen äußerst kräftigen Bau; besonders zeigt das Vorderende eine ungewöhnliche Verbreiterung, die auf der Innen- und Beugeseite seitlich zusammen gedrückt ist. Auf dieser platten Erweiterung, dem Antagonisten des Krallengliedes, nimmt man keine Porenöffnungen wahr. Die auf derselben stehende große Schwertborste ist gerade und ragt ein wenig über den Vorder- rand des Antagonisten hinaus. Letzterer ist mit den zwei üblichen Härchen besetzt, die gegen das Krallenglied gekrümmt und von gleicher Gestalt sind. Das krallenartige fünfte Glied ist mäßig gebogen und zweispitzig, indem der Haupthaken vorn einen borstenähnlichen dicht anliegenden Chitinteil aussendet. Es mangelt dem Gliede auch die auf der Beugeseite abstehende Borste nicht. Hüftplatten. Die Epimeren zeigen Porenöffnungen in regel- mässiger Anordnung, indem sie in schrägen, quer über die Platten ziehenden Reihen gruppiert sind. Sie haben gleiche Größe und eine kreisrunde Form mit einem Durchmesser von 0,0056 mm. Der Ab- stand zwischen Epimeralgebiet und Vorderrand des Körpers ist recht groß; es erstreckt sich deshalb weiter nach hinten, als das in der Regel bei Arenurus-Weibchen der Fall ist. Das erste Hüftplattenpaar ist ansehnlich groß, in der Mittellinie mit einander verwachsen und von latzartiger Gestalt. Vorn findet sich eine tiefe glockenförmige Aus- buchtung für das Maxillarorgan, dessen freiliegende Platte fast halb- kreisrund ist. Am Hinterrande desselben Plattenpaares bemerkt man einen m der Mitte unterbrochenen Chitinrand, dessen freien Enden nach vorn etwas umgebogen sind. Die an dem glockenförmigen Aus- schnitte befindliche Ecke der ersten Platte ist lang und scharfspitzig ausgezogen. Ebenso springt, wenn auch weniger scharf, die entsprechende Ecke der zweiten Epimere vor. Die dritte Platte, die jederseits dicht mit der letzten zusammen liegt, hat bei mäßiger Längenausdehnung eme Breite, die der der vierten nahezu gleichkommt. Die vordere Außenecke der vorletzten Hüftplatte springt gleichfalls fortsatzartig 18 ÖOstafrikanische Hydrachniden. 3] vor, doch mit abgerundeter Spitze. Bis zu diesem Fortsatze greift die letzte Epimere in ziemlicher Breite um die vorhergehende herum. In der Mitte der Bauchfläche lassen die beiden letzten Epimerenpaare einen Raum von 0,1 mm Breite frei. An der Hinterkante läßt die letzte Platte mehr auswärts einen breiten und stumpfen Vorsprung vortreten, innen eine große flache Bucht bildend. Füße. Der letzte Fuß ist wie gewöhnlich am längsten, reichlich von Körperlänge, während die übrigen nach vorn zu allmählich kürzer werden. Der Vorderfuß beträgt kaum ”s des letzten. Wie die Epimeren, so sind auch die Füße dicht mit Porenöffnungen besät; sie sind von geringer Weite und länglich rund. Schwimmhaare finden sich nur an den mittleren Gliedern der drei letzten Fußpaare. Starke Büschel solcher Haare tragen das vierte Glied des zweiten und dritten Fußes und das dritte, vierte und fünfte des letzten Fußes. Außerdem sind sämmtliche Füße vereinzelt oder gruppenweise mit steifen Borsten von halber Länge der Schwimmhaare bewehrt. Daneben finden sich auch zahlreiche sehr kurze Haargebilde; eine ganze Reihe solcher auf der Innenseite am Endgliede des vierten Fußes. Das dritte Glied des letzten und das vierte des vorletzten Fußes sind an der hintern Innenecke mit einem dolchartigen Haargebilde versehen. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan ist in der Mitte des Hinterleibes gelegen und hat eine Breitenausdehnung von 0,4 mm. Die Geschlechtsöffnung ist 0,1 mm lang und von zwei breiten Genitallefzen umgeben. Diese sind derb chitinös und offenbar nicht fest mit der Bauchwand verwachsen, denn bei dem mir vorliegenden Weibchen hat sich die rechte Lefze glatt abgelöst und sich ins Bauch- innere verschoben. Erwähnenswert ist ferner, daß die Lefzen fein porös sind. Um dieselben greifen, was als besonders kennzeichnendes Merkmal hervorgehoben zu werden verdient, die Geschlechtsplatten vollständig herum. Die letztern erstrecken sich in gerader Richtung nach dem Seitenrande des Körpers zu, denselben fast erreichend. Die Geschlechtsnäpfe sind von der Größe der Epimerenporen (0,0056 mm) und treten nicht dicht an die Genitallefzen hinan, sondern lassen eine ziemlich breite Zone frei. Diese ist mit zahlreichen, weit kleineren Porenöffnungen (sie sind gleich den Lefzenporen nur etwa ein Drittel so gross wie die Geschlechtsnäpfe) besetzt, und ebenso finden sich solche zwischen den Geschlechtsnäpfen eingestreut. Zwischen der Geschlechtsplatte und der letzten Epimere bemerkt man jederseits eine große Drüsenmündung, die innenseits von einem feinen Haare be- gleitet wird. Fundort. Quilimane (Sumpf Litololi-tukuli) ; 10. Januar 1889. 19 32 F. Koenike. 9. Arrenurus pectinatus »ov. spec. (Taf. T, Fig. 15). Diese durch die Palpen auffallend gekennzeichnete Art ist unter Stuhlmann’s Hydrachniden auch nur in einem Weibchen vertreten. Größe. Die Körperlänge beträgt 0,85 mm, doch messe ich bei einem weiblichen Exemplar von Madagaskar reichlich 1 mm, die größte Körperbreite in der Gegend des Geschlechtsfeldes 0,75 bis 0,9 mm. “ärbung. Dr. Stuhlmann bezeichnet die Körperfarbe als srün; die madagassischen Individuen sind dunkel grün mit grünlich selbem Hinterrande. Beim Männchen zeigt der ganze Körperanhang die zuletzt angegebene Färbung. (restalt. Der Körperumriß ähnelt bei Rückenlage (Fig. 15) demjenigen von Arrenurus gibbus. Diese Aehnlichkeit wird namentlich durch den bei beiden Arten an gleicher Stelle, nämlich seitlich am Hinterleibe, stark vortretenden Wulst bewirkt, der bei Arrenurus pec- tinatus ein mäßig langes Haar trägt. Ueber dieses Höckerpaar ragt der Körper auch bei dieser Art noch ein Stück hinaus, das allerdings nicht das anhangartige Aussehen wie bei der Vergleichsart hat. Die erwähnten Wülste abgerechnet ist der Körperumriß eiförmig, vorn recht schmal auslaufend. In der Vorder- und Hinteransicht bildet der Körperumriß ein Trapez mit abgerundeten Ecken und etwas auswärts gebogenen Linien. Die am stärksten gekrümmte Rückenlinie ist die längste und zeigt nahe an jedem Ende einen äußerst starken Höcker, der unter der hückenlinie stehend, doch ein gutes Stück über dieselbe hinausragt. In der Seitenlage des Tieres tritt dieses Höckerpaar ın der Mitte der Rückenlinie auf. Es ist mit je einem kurzen Härchen auf jedem Höcker besetzt, und die letztern sind 0,44 mm von em- ander entfernt. Außerdem findet sich am Stirnende noch ein Paar Wülste, in denen die beiden Augenpaare angebracht sind und die deshalb passend als Augenwülste bezeichnet werden mögen. Diese erscheinen bei Seisenlage als Hörnchen am Stirnende. Beim Männ- chen erreichen diese Wülste eine viel beträchtlichere Größe als beim Weibchen. Haut. Die äußern Mündungen der Panzerporen, mit denen die Haut dicht übersät ist, sind von beträchtlicher Weite (0,025 mm). Der kückenbogen beginnt bei einem 0,2 mm messenden Abstande vom Stirnrande und ist hinten merkwürdigerweise nicht geschlossen, welches Merkmal sonst nur den meisten Arrenurus- Männchen eigen- tümlich ist. Die freien Bogenenden erkennt man nur bei Stirnlage des Weibekens. Sie sind einander zugebogen und bleiben 0,3 mm von einander entferat. Außer dem eingangs erwähnten Borstenhaare auf 20 Ostafrikanische Hydrachniden. 33 den Hinterrandshöckern treten noch zwei lange schwimmborstenartige Haare am Abdominalumrisse in der Nähe der Mittellinie des Körpers auf, Bei Bauchlage bemerkt man am Stirnrande einwärts der Augen- paare zwei kurze steife antenniforme Borsten, die stumpf endigen und eine mäßige Neigung nach der Mittellinie des Körpers zu aufweisen. Auf der Außenseite werden sie von einem feinen Haare von doppelter Länge begleitet. Augen. Die beiden Doppelaugen sind in der Rückenansicht nahe am Vorderrande gelegen und 0,24 mm von einander entfernt. Die beiden schwarzen Pigmentkörper liegen hart zusammen, so daß sie als ein emziger zum Ausdruck kommen. Von den zwei großen Linsen jedes Sehorgans liegt die größere vor, die kleinere hinter ihrem Pigmentkörper. Palpen. Die Maxillartaster sind für die Art besonders kennzeichnend, indem sie ein auffallend gestaltetes zweites Glied be- sitzen. Dieses ist stark fortsatzartig nach der Innenseite erweitert und trägt an der Vorderkante dieses Vorsprunges kurze, dicke Haargebilde, die nach der Palpe zu allmählich etwas an Länge zunehmen und kammartig zur Geltung kommen, welches Merkmal der Benennung zu Grunde gelest wurde. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet trägt im ganzen den Arrenurus-Charakter. Das erste Paar ist derart mit einander ver- wachsen, daß keine Grenzlinie mehr erkennbar ist. Die zweite Hüft- platte legt sich unmittelbar an die erste an und ist wie gewöhnlich nur reeht schmal. Ihre vordere Außenrandsecke sowie die gleich ge- legene der ersten Platte sind scharfspitzig ausgezogen. Die zwei letzten Epimeren liegen jederseits gleichfalls dicht zusammen. Die dritte ist nur wenig breiter als die zweite und hat eine breite und stumpfe äußere Vorderrandsecke. Bei der vierten tritt hingegen die hintere Außenecke lang fortsatzartig heraus und hat ebenso keine scharfe Spitze. Sie ist nur von geringer Breite und schließt hinten ohne deut- liche Kante ab. Das ganze Hüftplattengebiet bedeckt kaum die vordere Bauchhälfte (Fig. 15). Füße. Die Gliedmaßen sind von geringer Länge und unter den Außenrandsvorsprüngen der Hüftplatten eingelenkt. Der erste Fuß ist bei weitem kürzer als der Körper; selbst der letzte bleibt noch etwas hinter dessen Länge zurück. Die beiden mittleren Gliedmaßen sind ungefähr gleich lang, aber viel kürzer als der letzte Fuß. Die Fußbehaarung ist ziemlich reich. An den mittleren Gliedern der drei letzten Paare finden sich Schwimmhaarbüschel. Außerdem sind alle Gliedmaßen mit mehr oder weniger kurzen und kräftigen Borsten be- 2l 3 34 F. Koenike. wehrt. Erwähnenswert sind noch am Vorderende der vier mittleren Fußglieder auftretende dolchartige Haargebilde, die besonders beim letzten Fuße recht kräftig entwickelt sind. Die Fußbewaffnung trägt die Kennzeichen derjenigen bei dem Genus Curvipes, indem jede Kralle mit zwei Zinken versehen ist, die beim zweiten Fuße außerordentlich lang sind. Haupt- und Neben- haken sind dem blattartigen Grundteile zugezogen. Es sei noch bemerkt, daß bei dem mir zur Untersuchung vorliegenden Stuhlmann- schen Individuum dem ersten Fuße rechter Seite die Doppelkralle fehlt, während der Gegenfuß regelrecht gebildet ist. An Stelle der üblichen Bewaffnung ist das regelwidrig gestaltete Fußende in eine schwach gekrümmte Hornspitze umgewandelt. Geschlechtshof. Das unmittelbar hinter dem Epimeralgebiet beginnende und sich sehr weit rückwärts erstreckende Geschlechtsfeld ist, wenn es auch im allgemeinen in seiner Anordnung nicht von einem weiblichen Genitalorgan abweicht, eigenartig durch die Lage der Geschlechtsnapfplatten, die nicht, wie das in der Regel der Fall ist, seitwärts gerichtet sind, sondern eine auffallend starke Neigung nach hinten zeigen. Die äußerst zahlreichen Geschlechtsnäpfe sind sehr viel kleiner als die Panzerporen und beginnen nicht unmittelbar an den Genitallefzen, sondern lassen eine schmale Zone frei. Die vorn und hinten durch ein Chitingebilde begrenzte Geschlechtsspalte hat eine Länge von 0,128 mm. Männchen. Dem Körperanhange nach gehört das Männchen zu der Gruppe, die typisch durch Arrenurus integrator O. F. Müller vertreten wird, denn derselbe ist sehr massig und entbehrt des Petiolus. Von oben oder unten gesehen, hat sein Umriß die Form eines Trapezes mit abgerundeten Hinterrandsecken und kurzer ziemlich stark aus- gebuchteter Hinterrandslinie, die 0,25 mm mißt, während die Breite am Grunde 0,48 mm beträgt. Die Länge des Körperanhangs kommt seiner hintern Breite annähernd gleich. Der Körperumriß ohne Anhang erscheint dem Auge in der Rückenansicht nahezu halbkreisförmig. Die Längsachse mißt 0,57” mm und die Breitenachse an den stark vortretenden Hinterrandsecken 0,75 mm. Die Augenwülste treten, wie oben bereits gesagt wurde, außerordentlich stark vor. Beim letzten Fuße fällt das Endglied durch eine einwärts erfolgende sichelförmige Biegung auf. Am Vorderende besitzt dasselbe eine kurze, durch ihre Krümmung merkwürdige Borste. j Das Geschlechtsfeld liegt hart auf der Grenze zwischen Körper und Anhang. Seine Napfplatten erstrecken sich genau seitwärts nach dem Seitenrande. 22 Ostafrikanische Hydrachniden. 35 Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich das hier in Kürze be- schriebene Männchen dem vorher eingehend geschilderten Weibchen zuerteile. Ich stütze mich dabei besonders auf die völlig übereinstimmend gestalteten Palpen. Fundort: Sansibar (Sumpf südlich links von der Chaussee, Höhe der Kaffeehäuser); 12. Juli 1888. 6. Atax spinifer nov. spec. (Taf. II, Fig. 16—18.) Diese Art liest im vier weiblichen Exemplaren zur Be- schreibung vor. Größe. Die Körperlänge beträgt 0,9 mm. Färbung. Über die Farbe vermag ich keine zuverlässigen Angaben zu machen. Nach den grünlichen Gliedmaßen zu schließen, ist die Hautfarbe etwas dunkler als bei Atax crassipes O0. F. Müller, doch heller als die sehr dunkeln mir vorliegenden Individuen. Hell- farbige Ataciden pflegen in Alkohol dunkel zu werden. Gestalt. Der Körperumriß ist bei Rückenlage lang eiförmig (Fig. 16). Die größte Breitenachse liegt unmittelbar hinter dem letzten Epimerenpaare. In der Seitenlage erweist. sich der Umriß nahezu elliptisch, mit geringem Vortreten der obern Vorderrands- und der untern Hinterrandsecke. Haut. Atax spinifer ist derbhäutiger als Atax crassipes 0. F. Müller, vielleicht nähert sich die Art in dieser Beziehung dem At. spinipes O. F. Müller. Unter der glatten Oberhaut liegt eine Schieht von zelligem Aussehen, worin wir es mutmaßlich mit einem sich entwickelnden Hautpanzer zu thun haben. Es ist das keine auf- fallende Erscheinung, da wir bereits einen südamerikanischen Ataciden (Atax perforatus Koenike) mit Panzerbildung kennen.) Einen Borsten- besatz auf der Körperhaut habe ich bei keinem der vier Exemplare beobachtet. Auch vermisse ich die antenniformen Borsten. Augen. Die beiden Doppelaugen haben einen gegenseitigen Abstand von 0,2 mm und sind vom Vorderrande des Körpers 0,03 mm entfernt. Die zwei schwarzen Pigmentkörper eines Augenpaars liegen neben einander. Der innere ist der größere und. besitzt seine große kugelrunde Linse vorn, während sich die zweite gleich gestaltete, aber kleinere Linse auf der Außenseite ihres Pigmentkörpers befindet. Mundteile. Das Maxillarorgan zeigt im allgemeinen dieselbe Gestalt wie bei den bekannten Atax-Species. Die rückwärts ragenden Fortsätze besitzen indes an ihren hintern Außenecken keine Vorsprünge. 1) Koenike, Südamerikanische, auf Muscheltieren schmarotzende Atax- Species. Zool. Anzeiger. 1890. Nr. 341. 23 3“ 36 F. Koenike. Palpen. Die Maxillartaster sind von mehr als halber Körper- länge und durch ihr Endglied kennzeichnend für die Art. Dasselbe erscheint nämlich dadurch scherenförmig, daß seine hornartige Spitze auf der Streckseite eine kürzere scharfspitzige Klaue besitzt (Fig. 17). Eine zweispitzige Tasterendigung beobachtete ich innerhalb der Atax- Gattung nur noch bei Atax ampullariae Koenike, während sie in der Regel dreispitzig ist. Das vierte Tasterglied, das in der Länge den drei Grundgliedern gleichkommt, hat vorn auf der Beugeseite einen schräg vorwärts gerichteten Zapfen, der 0,02 mm lang ist und an seinem abgerundeten freien Ende einen kurzen Chitinstift trägt. Jeder- seits des Zapfens ein wenig zurück liegt ein flacher Haarwall mit einer kurzen Borste. Auch das Endglied zeigt ein auf der Unterseite nach der Tasterspitze zu gekrümmtes Haar. Eine kurze, aber kräftige Borste besitzt das dritte Glied auf der Außenseite und das zweite auf dem innern Vorderrande ein äußerst kurzes und dickes Haargebilde. Hüftplatten. Die Epimeren bilden vier Gruppen; je zwei liegen auf jeder Seite unmittelbar an emander. Das Epimeralgebiet entspricht nach Anordnung und Gestalt, namentlich in betreff des letzten Paars, durchaus dem der Gattung Atax. Die beiden ersten Hüftplatten entsenden einen breiten gemeinsamen Fortsatz nach hinten, der von dreieckiger Form ist und mit der Spitze unter die dritte Hüftplatte greift. Die letztere ist von ungewöhnlicher Breite, die auf der Außenseite derjenigen der vierten völlig gleichkommt; und nur innen ist sie ein wenig schmaler als diese. Die letzte Epimere ist rechteckig. An der Außenseite befindet sich in der Mitte ein zackiger Vorsprung, der dem vierten Fuße zur Einlenkung dient. An dem geraden Endrande sitzt nahe der hintern Innenecke ein kurzer abge- rundeter Fortsatz (Fig. 16). Füße. Die Gliedmaßen sind von mäßiger Länge, doch selbst die kürzesten immerhin etwas länger als der Körper. Es ver- dient besonders hervorgehoben zu werden, daß hier nicht der dritte Fuß in der Länge gegen die andern zurücksteht, wie das bei einer - Reihe von Ataciden der Fall ist (Atax ypsilophorus Bonz, At. vernalis OÖ. F. Müller, At. aculeatus Koenike, At. intermedius Koenike u. a.). Er ist ebenso lang wie jeder der beiden vorderen Füße. Stark ent- wickelten Haarwällen, wie man sie am ersten Fuße von Atax crassipes OÖ. F. Müller und At. aculeatus Koenike beobachtet, begegnen wir hier nicht. Während, wie vorhin angeführt wurde, der Haarbesatz der Palpen nur dürftig ıst, so muß der der Gliedmaßen als reich bezeichnet werden. Vor allem zeichnet sich der letzte Fuß außer zahlreichen kurzen und längeren steifen Borsten durch den Besitz 24 Östafrikanische Hydrachniden. 37 starker Schwimmhaarbüschel an den vier Endgliedern aus. Auch der dritte Fuß besitzt noch solche, wenn auch weniger dicht, am dritten, vierten und fünften Gliede. Den zwei ersten Gliedmaßen mangeln Schwimmhaare. Besonders eigenartig für At. spinifer ist das Endglied des letzten Fußes, das nämlich die Krallenbewaffnung vollständig ein- gebüßt hat. An deren Stelle findet sich ein 0,01 mm langer Stachel (Fig, 18), der mir Anlaß zur Benennung der Art gab. Es liegt die Frage nahe, welche Bedeutung dieser Stechapparat habe. Es ist be- kannt, daß die weiblichen Individuen vieler Ataciden-Arten eine Stechborsten-Vorrichtung an der Geschlechtsöffnung besitzen. Bei den schmarotzenden Species nimmt man wohl mit Sicherheit an, daß die erwähnte Vorrichtung bei der Eiablage insoweit dient, als mit Hülfe derselben die Eier im das Gewebe des Wirtes gebracht werden. Bei den freilebenden Ataciden wird die Vorrichtung, wenn solche vorhanden ist, wie bei dem weiblichen Geschlechte von Atax crassipes O. F. Müller und Atax figuralis C. L. Koch, gleichem Zwecke dienen, denn es ist sehr wahrscheilich, daß die Larven dieser Arten gleichfalls schmarotzen. Da nun dem weiblichen Gesehlechtsorgane von Atax spinifer die Stech- borsten fehlen, so liegt die Annahme nahe, daß der Stachel des vierten Fußes ebenso bei der Eiablage Verwendung findet. An den drei Paar Vorderfüßen ist die Krallenbewaffnung normal, denn jeder besitzt zwei Krallen, die die einfache sichelförmige Gestalt der Hydryphantes-Kralle haben, wie sie auch innerhalb der Atax- Gattung hei At. spinipes, At. vernalis und At. perforatus beobachtet werden kann. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan (Fig. 16) ist in doppelter Hinsicht eigenartig, einmal durch die ungewöhnlich lange Geschlechtsöffnung (0,176 mm), die mehr als ein Fünftel der Körper- länge beträgt; und dann durch die zerstreute Lage der Geschlechts- näpfe. Diese liegen von der Mitte der Geschlechtsspalte an bis zu deren hinterm Ende und quer über die Bauchfläche fast bis zum Seitenrande des Körpers. Sie sind bei zerstreuter Lage nicht sehr zahlreich (jederseits etwa 1 Dutzend) und von verschiedener Größe. Eine Geschlechtsnapfplatte ist nicht erkennbar. Fundort. Sansibar (kleines Wasserloch ohne grüne Vege- tation dicht am Wasserleitungsbache); 31. Mai 1888. 1. Atax simulans nov. spec. (Taf. II, Fig. 19 u. 20). Diese Art steht Atax spinipes O. F. Müller so sehr nahe (es erklärt sich daher die Benennung), daß ich anfänglich der Meinung war, sie auf diese Art beziehen zu müssen; doch lehrte eine ein- 25 38 F. Koenike. gehende Betrachtung und Vergleichung des einen mir vorliegenden weiblichen Exemplars, daß eine specifische Trennung nicht zu um- gehen ist. Größe. Die Körperlänge beträgt 0,85 mm, die größte Breite (Emlenkungsstelle des letzten Fußpaares) 0,72 mm. Haut. Der Oberhaut mangelt die Auszeichnung des A. spi- nipes, wo sie wie auch bei A. vernalis OÖ. F. Müller mit zahlreichen Spitzen dicht besetzt ist. Unter der Epidermis lagert bei A. simulans wie bei A. spinipes eime Zellschicht, wodurch die ganze Haut em derbes Gefüge erhält. | Gestalt. Die Körpergestalt bietet im Vergleich zu A. spi- nipes keinen Unterschied dar (Fig. 19). Augen. Ebenso zeigen die beiden Doppelaugen gleichen Bau wie bei der Vergleichsart. Sie sind 0,27 mm von emander ent- fernt und liegen ziemlich nahe am Vorderrande des Körpers. Ihre beiden schwarzen Pigmentkörper, die sich gegenseitig berühren, sind neben einander gelegen, der äußere etwas mehr zurück. Der innere ist der größere und hat vorn seine starke kugelige Linse, während das kleinere Auge die Linse außen besitzt. Das antenniforme Borstenpaar ist von ungewöhnlicher Kürze, nur 0,016 mm lang, während es bei A. spinipes 0,064 mm mißt. Mundteile. Das Maxillarorgan‘ (Fig. 19) ist nennenswert kürzer und breiter als bei der Vergleichsart. Im übrigen weicht es hinsichtlich der Gestalt von dem betreffenden Körperteile der Ataciden insofern ab, als ihm die Vorsprünge am Vorderrande mangeln, die bei Atax spinipes in ansehnlicher Länge vorhanden sind. Die runde Mundöffnung befindet sich dicht am Vorderrande. Palpen. Die Taster betragen reichlich ein Drittel der Körperlänge und stimmen m den Größenverhältnissen mit denen von A. spinipes nicht ganz überem. Bei dieser Art ist das fünfte Glied länger, während A. simulans ein längeres drittes Glied besitzt. Folgende Tabelle bringt die Längenmaße der fünf Palpenglieder zur Anschauung. Glied. Atax simulans n. sp. Atax spinipes OF. Müller. Denn 0,028 mm 2. 0,084 „, DS 0,084 „, Br 3 0,056 „ 0,042 4. 0,1197, 0,112 5, Der = DOSE 26 Ostafrikanische Hydrachniden. 39 Den Hauptunterschied weist jedoch das vierte Palpenglied auf (Fig. 20). An seinem Vorderende auf der Beugeseite findet sich bei A. spinipes ein Wulst mit zwei ungleich großen spitzen Chitin- zapfen, von denen der kleinere vorn steht. Bei A. simulans hingegen ist an derselben Stelle nur ein breiter, hornartig verhärteter und oben flacher Höcker ohne Zapfen vorhanden. Ferner ist dem in Rede stehenden Gliede der neuen Art auf gleicher Seite und auswärts ein mäßig starker Haarwall eigen, der 0,04 mm vom Vorderende des Gliedes entfernt und mit einer kurzen Borste versehen ist. Genau solcher Haarwall mit Borste findet sich dem eben bezeichneten gegen- über, also innen, doch etwas mehr nach vorn gerückt. Ebenso fehlen auch Atax spinipes diese beiden Haarwälle nicht, doch ist hier im Gegensatze der äußere Höcker weiter vorn gelegen. Bei Seitenlage der Palpen zeigen außerdem die zwei Haarwälle einen größeren gegen- seitigen Abstand (0,0168 mm, von Borste zu Borste gemessen) als bei Atax simulans (0,0056 mm). Selbst wenn Figur 20 die Borsten- ausstattung der Palpe nur lückenhaft darstellt, so zeigen sich neben einiger Gleichheit doch auch mancherlei Abweichungen. Das Grund- glied trägt bei At. spinipes auf der Streckseite nahe am Vorderende eine kurze der Palpe zugebogene Borste, die deutlich gefiedert ist. Bei At. simulans habe ich eine solche nicht gesehen, sie könnte indeß verloren gegangen sein. Das zweite Glied besitzt bei Müller’s Art am Vorderende auf der Streckseite zwei gefiederte Borsten, die bei gleicher Länge etwas über den Vorderrand des folgenden Gliedes hinausragen. Die beiden entsprechenden Borsten der neuen Art sind von ungleicher Länge, ungefiedert uud anders gestellt. Sie stehen zwar gleichfalls auf der Streckseite, doch nur eine auf dem Vorder- rande, während die andere sich sehr viel weiter nach hinten befindet; obgleich sie die größere ist, bleibt sie doch hinter der Länge des dritten Gliedes zurück, während die kleine kaum halb so lang ist. Außerdem gewahrt man in der Mitte der Außenseite des zweiten Gliedes eine äußerst kurze Borste, die den Tastern beider Arten eigen ist. Auch trägt das dritte Glied in übereinstimmender Weise bei beiden Species auf der Streckseite am Vorderende zwei große kräftige Borsten, von denen die größere auswärts steht und bei Atax spinipes beträchtlich länger ist als das vierte Glied, während die gleiche Borste der neuen Art die Länge des betreffenden Palpenteils nicht erreicht. Außerdem ist das in Frage kommende Borstenpaar bei Müller’s Art deutlich gefiedert, was ich bei Atax simulans nicht habe erkennen können. Atax spinipes besitzt an der Streckseite des vorletzten Tastergliedes entlang drei feine Haare in gleichen Abständen, was bei 27 40 F. Koenike. der neuen Art nicht der Fall ist. Am Vorderrande desselben Gliedes steht ein feines Haar, das bei Atax simulans ganz wesentlich länger ist. Beachtenswert schemt nur noch die Bewaffnung des Endgliedes zu sein, die übereinstimmend aus drei Krallen besteht, die aber bei At. spinipes kräftiger entwickelt sind. Hüftplatten. Das Epimerengebiet, sowie die ganze Bauch- seite schemt beim ersten Anblick im Vergleich mit At. spinipes durch- aus keine Unterschiede darzubieten. Die sämtlichen Platten sind hier wie dort deutlich maschenartig gefeldert. Die zwei vorderen Epimerenpaare besitzen dieselben ungewöhnlich langen rückwärts ragenden Fortsätze, die fast den Hinterrand der letzten Hüftplatte erreichen (Fig. 19). Selbst der Geschlechtshof zeigt die gleiche Ge- staltung und Gruppierung der Näpfe. Im einzelnen finden sich indes auch hier beachtenswerte Abweichungen. At. spinipes hat außen zwischen den zwei ersten Epimeren einen ziemlich tiefen Einschnitt, während die der neuen Art ihrer ganzen Länge nach dicht an ein- ander liegen. Den Hauptunterschied bietet indes die letzte Epimere, die bei Atax simulans hinten fast gerade abschließt, sodaß sie beinahe ein Rechteck bildet, während sie bei der Vergleichsart von der hintern Innenecke nach der vordern Außenecke zu abgerundet ist. Nahe an dieser ist der letzte Fuß eingelenkt, wohingegen sich die bezügliche Einlenkungsstelle des At. simulans an der hintern Außenecke befindet. Füße. Die Füße der zu vergleichenden Arten unterscheiden sich nur bezüglich der Länge. Während nämlich bei A. simulans die drei ersten Fußpaare annähernd gleich lang sind, so ist bei Müller’s Art der dritte Fuß, was vielfach, wie bekannt, bei Ataciden der Fall ist, am kürzesten. Im übrigen ist mir’s nicht gelungen, irgend welche erwähnenswerten Unterschiede zu entdecken. Den zwei Vorderpaaren sind die gleichen auf kräftigen Höckern eingelenkten Schwertborsten eigen. Auch der dritte Fuß kennzeichnet sich übereinstimmend durch ein breites, stark gefiedertes Haargebilde am Außenende des vorletzten Gliedes. Gleiche Borsten stehen ebenso an derselben Stelle des dritten bis fünften Gliedes am vierten Fuße. Die Fußkralle zeigt keine Abweichung von der der Vergleichs- art; sie ist gleichfalls sichelförmig ohne Nebenhaken. Geschlechtshof. Das Geschlechtsfeld unterscheidet sich nicht einmal durch seine Lage von demjenigen des At. spinipes; bei beiden Species, liegt es in der Mitte zwischen dem letzten Epimeren- paare und dem Hinterrande des Körpers. Seine Gestalt ist völlig übereinstimmend. At. simulans hat auch seitlich in mäßig großem Abstande von der großen Geschlechtsöffnung (Länge der letztern 28 Ostafrikanische Hydrachniden. 41 0,14 mm) je eine Geschlechtsnapfplatte von annähernd halbkreisförmiger Gestalt, mit der geraden Seite die Genitallefze berührend. Die Platten sind mit zahlreichen. dicht gestellten Näpfen besetzt. » Als Unterschied wäre noch zu erwähnen, daß bei At. spinipes in beiden Geschlechtern hinten auf der Innenseite jeder Geschlechtsnapfplatte zwei ziemlich lange Haare stehen, die bisher von den Beobachtern der Art an- scheinend übersehen worden sind. Bei At. simulans habe ich diesen Haarbesatz nicht erkannt. Die Analöffnung sowie mehrere Abdominaldrüsenmündungen sind an den gleichen Stellen gelegen, wie Kramer es bildlich bei Atax coeruleus Kramer (= A. spinipes OÖ. F. Müller $) darstellt (es TaL VIE Pig.25)) Fundort. Quilimane (Sumpf). 8. Curvipes forcipatus nov. spec. (Taf. II, Fig. 21-25). Es stehen nur drei Exemplare (2 co‘ und 1 2) für die Be- schreibung zu Gebote. Größe. In der Größe kommt vorliegende Art etwa dem Curvipes variabilis C. L. Koch gleich, womit sie auch im übrigen, namentlich in betreff des 9, eine nicht zu verkennende Ähnlichkeit hat. Gestalt. Inwieweit die Abbildungen 21 und 24 die Körper- gestalt wiedergeben, ist fraglich, da die Curvipes-Species infolge ihrer Weichhäutigkeit bei Alkohol- Aufbewahrung meistens beträchtlich schrumpfen. Haut. Die Haut ist weich, glatt und bietet keine unterschied- lichen Merkmale. Ein antenniformes Borstenpaar habe ich bei keinem der drei Individuen auffinden können. Augen. Die beiden schwarzen, weit von einander entfernten Doppelaugen fallen durch ihre beträchtliche Größe auf. Innen ist ein ungemein umfangreicher Pigmentkörper gelegen, der schräg vor- und auswärts gerichtet ist und vorn seine größte Breite hat. An ıhn lehnt sich außen ein weit kleinerer Pigmentkörper an. Jedem Auge eines Paares ist eine kugelförmige Linse vorgelagert, die in der Größe dem zugehörigen Pigmentkörper nur um wenig nachsteht. Mundteile. Das verwachsene Maxillenpaar ist einschließlich der hintern Fortsätze 0,16 mm lang und zeigt in seinen freiliegenden Teilen die für die Gattung bekannte Gestalt (Fig. 21 und 24). Die Maxillarplatte ist glockenförmig und besitzt die Mundöffnung am 29 42 F. Koenike. Außenende, etwas von dem Vorderrande entfernt. Nach diesem geht von der Mundöffnung aus ein Spalt, an dem die beiden Ecken fort- satzartig vortreten. Palpen. Die Taster betragen kaum ein Drittel der Körper- länge (Fig. 21 u. 24). Ihr zweites Glied ist wie gewöhnlich am kräftigsten und ebenso lang wie das vorletzte, das mithin nicht be- sonders schlank erscheint (Fig. 25). Das letztere besitzt auf der Beugeseite etwa in der Mitte zwei Zapfen mit je einer kurzen Borste (Fig. 22). Auf dem Vorderrande desselben gleichfalls unten steht eine kurze nicht sehr scharfe Chitinspitze. Das Endglied ist mit vier ver- schieden langen Hornhaken bewehrt, von denen der an der Streckseite am längsten ist. Wenn ich diesen als ersten bezeichnen darf, so be- finden sich der dritte und vierte neben einander, während sie sonst hinter einander gestellt zu sein pflegen. Die Palpenbehaarung ist äußerst spärlich. Außer den beiden vorhin erwähnten Haaren besitzt das Endglied einige feine Härchen. Ferner bemerkt man auf der Streckseite am Außenende des kurzen dritten Gliedes eine sehr kurze dicke Borste und hinter derselben eine schwächere. Das zweite Glied trägt auf gleicher Seite vorn auch ein paar feine Härchen. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet weist im großen ganzen die der Gattung Curvipes eigenen Merkmale auf (Fig. 21 u. 24). Als specifische Figentümlichkeiten der vorliegenden Art mögen folgende Punkte erwähnt werden. Bei den drei ersten Hüftplattenpaaren ist die vordere Außenrandsecke merklich ausgezogen, während die ‚hintere namentlich beim ersten und dritten Paare flach abgerundet zurücktritt. Zwischen der ersten und zweiten Epimere findet sich em von vorn nach hinten tief eingreifender Ausschnitt. Die zweite Hüftplatte be- sitzt am Innenende emen kurzen nach himten gerichteten Fortsatz. Die dritte Platte ragt außen ungemem weit über die letzte hinaus, was dem ganzen Epimeralgebiete eine eigenartige schöne Form verleiht. Die vierte Epimere ist hinten in eine Spitze ausgezogen und sendet über diese noch einen kurzen unter der Haut befindlichen Fort- satz hinaus. Füße. Die Gliedmaßen sind in allen vier Paaren fast gleich lang und etwa von Körperlänge (Fig. 21 u. 24). Die drei vorderen Paare sind an den vorspringenden Außenrandsecken ihrer Epimeren eingelenkt, während der letzte Fuß seinen Platz an der hintern Ecke findet. Der Haarbesatz ist sehr reichlich. Es besitzen sämtliche Gliedmaßen meist kräftige Schwimmhaarbüschel. Zwischen den Schwimm- borsten stehen viele, meist nach den freien Fußenden zu allmählich länger werdende steife Borsten. Die Doppelkralle aller Füße ist 30 Östafrikanische Hydrachniden. 43 außerordentlich groß und besitzt die für die Gattung Curvipes kenn- zeichnende Gestalt. Bei mäßiger Länge der beiden Zinken ist der blattartige Grundteil ungemein lang ausgezogen und ziemlich schmal. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan reicht bis nahe an die hintern Innenecken der letzten Epimere hinan, liegt dem- nach zu einem guten Teile in der Bucht, welche durch die vorgezogene Hinterrandsspitze des letzten Plattenpaares gebildet wird. Man zählt jederseits der Geschlechtsöffnung auf einer ziemlich weit seitwärts sich erstreckenden Platte bis zu 11 Geschlechtsnäpfen, die nach Zahl und Anordnung denen von Curvipes veriabilis C. L. Koch täuschend ähn- lich sind. Männchen. Das größere der beiden männlichen Tiere mißt 0,85 mm in der Länge und 0,62 in der Breite (in der Mitte des Körpers). Die Augen sind 0,2 mm von einander entfernt. Die größte Ausdehnung eines Doppelauges — einschließlich der großen Linse — beträgt 0,096 mm, die Breite 0,08 mm. Der Maxillartaster zeigt an seinem freien Ende eine innerhalb der Gattung Curvipes bis jetzt bei keiner der bekannten Arten beobachtete Gestaltung. Auf den ersten Blick glaubt man eine Arrenurus-Palpe vor sich zu haben, indem die Endigung zangenartig gebildet ist (Fig. 22), was Anlaß zur Benennung gegeben hat. Doch kann kem Zweifel obwalten, daß wirs hier mit einem völlig anders gebauten Organ zu thun haben. Die Abweichung von dem Arrenurus-Taster besteht eben darin, daß die Zangenbildung nicht durch die beiden letzten Glieder erfolgt, sondern mit Hülfe eines beweglich eingelenkten und stark verlängerten Hornhakens am freien Ende des fünften Gliedes. Der zweite Haken, der beim Weibchen eine ansehnliche Länge hat, ist beim Männchen verkümmert. Der dritte und vierte Haken bilden das Gegenstück der Zange, sind neben einander gerückt, kurz, kegelförmig und recht kräftig. Über die mutmaßliche physiologische Bedeutung dieser seltsam gestalteten männlichen Palpe möge später ein Wort gesagt werden. Das Epimeralgebiet ist weit nach hinten gerückt, so daß vorn ein ausgedehnter Raum der Bauchseite unbedeckt bleibt (Fig. 21). Die zwei letzten Hüftplattenpaare treten in der Mittellinie des Körpers recht nahe zusammen, nur einen Abstand von 0,04 mm zwischen sich lassend. Die Hinterrandsspitze der letzten Epimere ist nur kurz. In betreff der Füße erregt beim Männchen zumeist der Samen- überträger, das Endglied des dritten Fußes, die Aufmerksamkeit des Beobachters.. Er besitzt am freien Ende einen 0,04 mm langen Stachel, der äußerst kräftig gestaltet und schwach gebogen ist. Ferner gewahrt man dort noch ein fast ebenso langes, aber an der Spitze stark hakig 3l 44 F. Koenike. umgebogenes und am Grunde dickes Haargebilde und daneben zwei bedeutend schwächere Borsten (Fig. 23). Das in dieser Weise aus- sestattete Fußglied ist nur mäßig verkürzt und etwa in der Mitte — etwas mehr nach dem bewaffneten Ende zu — merklich verdünnt; die beiderseitigen Grenzen dieser Verdünnung sind wulstartig verdickt. Die Krallen des letzten Fußpaares sind zwar denen der beiden ersten Füße gleich gestaltet, aber nur halb so groß. Dem vierten Gliede des letzten Fußes fehlt die das Curvipes S'! kennzeichnende Krümmung nicht, doch ist sie nur schwach und der ganze Fußteil weniger kräftig entwickelt, als das bei den bisher beobachteten Männchen gleicher Gattung der Fall ist (Fig. 21). Auch ist der Borstenbesatz an der Krümmung nur spärlich. Das Glied wird infolgedessen allein vielleicht nicht ausreichend sein, bei der Begattung zum Festhalten des Weibchens zu dienen.') Vermutlich müssen auch die zangenartigen Taster dabei hülfeleistend eintreten. Der Geschlechtshof zeigt hinsichtlich der Gestalt große Ähnlichkeit mit dem von Curvipes variabilis 9, nur sind bei diesen die Geschlechts- näpfe, die in der Zahl nicht abweichen, nennenswert größer. Auch ist die Geschlechtsöffnung (0,032 mm lang) kürzer und der sie um- gebende Bogen weniger deutlich und eckig als bei der Vergleichsart. Der After ist 0,125 mm von der Geschlechtsspalte entfernt. Weibchen. Die Körperlänge beträgt 0,96 mm. Die beiden Augenpaare sind 0,144 mm von einander entfernt. In der Länge mißt ein Doppelauge 0,112 mm und in der Breite 0,096 mm. Erwähnenswert ist, daß die Augen weiter nach hinten gerückt sind als beim Männchen. Das fünfte Palpenglied besitzt am freien Ende eime Verhornung, die namentlich auf der Streckseite weit nach hinten reicht (Fig. 25). Vorn weist die chitinisierte Palpenspitze vier abwärts gekrümmte Horn- haken auf, wovon der dritte und vierte an der Beugeseite neben ein- ander stehen, während die ersten zwei sich hinter einander befinden und ziemlich lang sind. Der erste Haken ist im Gegensatze zu dem des o' nicht beweglich eingelenkt. Das Hüftplattengebiet beginnt unmittelbar am Vorderrande der Bauchfläche und umfaßt mehr als deren vordere Hälfte. Zwischen den beiderseitigen, aus der dritten und vierten Epimere gebildeten Gruppe ist ein Abstand, der das Dreifache von dem des Männchens ausmacht. Die letzte weibliche Hüftplatte zeigt eine größere Aus- dehnung von vorn nach hinten als die männliche, besonders ist ihre Hinterrandsspitze außerordentlich weit ausgezogen. D) m Koenike, Seltsame Begattung unter den Hydrachniden. Zool. Anzeiger. 1891. No. 369. 32 Ostafrikanische Hydrachniden. 45 In dem großen Geschlechtshofe fällt die lange Geschlechtsspalte auf, die nicht weniger als 0,16 mm mißt. Die ungefähr zu 20 vor- handenen Geschlechtsnäpfe haben nur einen geringen Durchmesser und sind auf den zwei jederseits der breiten Genitallefzen befindlichen flügelartigen Platten gruppiert, die schräg seit- und rückwärts ragen und am freien Ende abgerundet sind. Vorn findet sich je ein Napf auf jeder Platte; die übrigen liegen in nicht regelmäßiger Anordnung hinten auf denselben. Auch hier wird man unwillkürlich an das Weibchen von Curvipes variabilis erinnert, wo der Geschlechtshof eine ganz Ähnliche Beschaffenheit aufweist. Die großen kugeligen Eier haben einen Durchmesser, der dem Längenmaße der Geschlechtsöffnung gleichkommt. Die Lage der Afteröffnung ließ sich nicht feststellen, da das eine mir vorliegende Weibchen am Hinterende verletzt ist. Fundort. Bagamoyo (Sumpf nördlich der Stadt); 29. April 1888. 9. Curvipes clathratus nov. spec. (Taf III, Fig. 26-29.) Nachstehende Beschreibung gilt dem Weibchen, das mir in zwei Exemplaren bekannt geworden ist. Die Art erimnert in mehr- facher Hinsicht an C. rotundus Kramer, womit sie bei flüchtiger Be- trachtuug leicht verwechselt werden kann. Größe. Das größere Individuum mißt 0,55 mm. Kramer giebt die Körperlänge der Vergleichsart mit 0,9 mm an. Die Körper- breite beträgt bei C. clathratus in der Mitte 0,59 mm und die. größte Körperhöhe (gleichfalls m der Mitte) 0,56 mm. Färbung. Die afrikanische Form ist vielleicht rot gefärbt (vergl. die Notiz unter „Färbung“ bei Bargena mirifica, S. 33 dieses Aufsatzes). Gestalt. Im Körperumriß weichen beide Arten von einander ab, denn während bei C. rotundus bei Rückenlage ein kurzer runder Umriß zum Ausdruck kommt, so ist derselbe bei der neuen Art lang- elliptisch. In der Seitenlage ist bei beiden Species der Körper eiförmig, doch zeigt sich der Unterschied, daß bei C. clathratus das Vorder- ende des Körpers weiter über das verwachsene Maxillenpaar hinaus- ragt; das überstehende Stück beträgt nämlich 0,1 mm, das der Ver- gleichsart nur 0,06 mm. Haut. Die Körperhaut erscheint deutlich gegittert. Die Maschen sind von unregelmässiger Gestalt und ungleicher Größe (Fig. 27). Es handelt sich darin um die Queransicht von Zellen, aus denen ein unter der Haut befindliches Gewebe zusammen- 33 46 F. Koenike. gesetzt ist. Wir haben es offenbar in diesem Unterhautgewebe mit einem sich ausbildenden Hautpanzer zu thun. Die Oberhaut ist durchsichtig und läßt keine besondere Auszeichnung erkennen. Bei C. rotundus hingegen ist die Oberhaut mit einer zierlichen Linien- zeichnung versehen, während die Gitterung fehlt. Das antenniforme Borstenpaar am Vorderrande des Körpers ist 0,18 mm von einander entfernt und ungemein kurz (0,016 mm). Augen. Die zwei Doppelaugen haben einen gegenseitigen Abstand von 0,19 mm und liegen ziemlich nahe am Körperumriß. Sie sind von gewöhnlicher Größe (größte Länge 0,064 mm, Breite 0,048 mm). Der größere der beiden Pigmentkörper liegt innen, ist schräg auswärts nach vorn gerichtet und besitzt seme große kugel- förmige Linse an der Vorderseite, während der klemere außen gelegene Pigmentkörper die Linse am Hinterende hat. ©. rotundus besitzt bei sonstiger Übereinstimmung in der Gestalt des Sehorgans die kleinere Linse seitlich am kleinen Pigmentkörper. Mundteile. Das Maxillarorgan (Fig. 26) zeigt von unten gesehen die für die Gattung bekannte Glockengestalt mit den üblichen zwei abgerundeten Vorsprüngen am Vorderrande jederseits des Spalts, der von jenem bis zur Mundöffnung die Maxillarplatte teilt. Die beiden hintern Fortsätze des verwachsenen Maxillarpaares sind unge- mein breit und entbehren am freien Ende der nach auswärts umge- bogenen Ecken. Palpen. Die Palpe (Fig. 28) bleibt noch etwas hinter der halben Körperlänge zurück, während sie bei Curvipes rotundus darüber hinausragt. Das Längenverhältnis der einzelnen Tasterglieder der ausländischen Art ist im ganzen normal. Der C. rotundus-Palpe gegenüber wäre vielleicht nur auf das verkürzte Grund- und Endglied (0,05 mm) hinzuweisen. (©. clathratus besitzt am Ende des fünften Tastergliedes vier Hornhaken, wovon die drei kräftigsten hinter ein- ander emgelenkt sind; der vierte ist winzig und steht auswärts neben dem auf der Beugeseite. Diese Hakenbewaffnung ist bei der Ver- gleichsart merklich schwächer. Den Hauptunterschied giebt indes das schlanke vorletzte Glied zu erkennen, das bei C. clathratus in der Mitte der Beugeseite und zwar außen einen sehr niedrigen Höcker hat, auf dem eine mäßig lange Borste steht. Zwischen diesem Höcker und dem Außenende des Gliedes bemerkt man noch zwei Paar auf winzigen Tüpfeln stehende Härchen. Außerdem gewahrt man ein fenes Haar auf der Streckseite desselben Gliedes. C. rotundus hat an Stelle des erwähnten niedrigen Höckers deren zwei, die neben einander stehen und vor allem außerordentlich viel höher und weiter 34 Östafrikanische Hydrachniden. 47 nach vorn gerückt sind.) C. rotundus besitzt am Vorderende des vorletzten Gliedes gleichfalls auf der Beugeseite einen kräftigen Chitin- zapfen, der bereits in der unten stehenden Anmerkung Erwähnung fand. Dies Gebilde mangelt dem C. clathratus. Die drei Grundglieder sind auf der Streckseite mit kurzen steifen Borsten bewehrt, die zum Teil eine Fiederung aufweisen und nach Stellung kaum bemerkenswerte Unterschiede der zwei zu vergleichenden Arten ergeben dürften, doch sind sie bei C. rotundus durch bedeutendere Länge ausgezeichnet. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet (Fig. 26) läßt vorn einen 0,1 mm langen Vorraum frei und zeigt in der Gestaltung die Eigen- tümlichkeiten der Gattung. Die erste Hüftplatte ist leistenartig schmal und krümmt sich hinten nach innen, die hintern Fortsätze des Maxillarorgans bedeckend. Von gleich geringer Breite wie die erste sind auch die zweite und dritte Epimere. Die beiden vorderen Paare entsenden einen nach hinten gerichteten kurzen Fortsatz. Die letzte Platte ist bei weitem am größten und mit einer stark vortretenden Spitze am Hinterrande versehen, dadurch in der Mitte der Bauch- fläche eine tiefe Bucht hervorrufend. Ein Vergleich mit dem Epimeral- gebiete von C. rotundus ergiebt nur wenige Unterschiede. Zunächst vermißt man bei Kramer’s Art den freien Vorraum, da hier das Hüft- plattengebiet hart an den Vorderrand des Körpers herantritt. Sodann ist der hinten von den zwei ersten Epimerenpaaren ausgehende Vor- sprung länger und unterschiedlich stark hakig auswärts gekrümmt. Weiter ist die Hinterrandsecke der letzten Platte sehr viel kürzer und stumpfer. ') Man vergleiche Fig. 7b auf Taf. I von Wiegm. Arch. 1879. Bd. I], (P. Kramer, Neue Acariden). Der daselbst dargestellte Taster gehört zwar Nesaea pachydermis Kram. 5 an, worin ich aber mit Bestimmtheit Curvipes rotundus Kram. / zu erkennen glaube. Die bezügliche Kramer’sche Beschreibung (S. 12 u. 13) ist zwar etwas knapp — beispielsweise erwähnt sie des Endgliedes vom dritten Fuße, des Samenüberträgers, nicht — und die zwei beigegebenen Abbildungen (Taf. I, Fig. 7a u. 7b) sind nur skizzenhaft, doch läßt sich immerhin an der Hand der Beschreibung und Abbildung die behauptete Gleichartigkeit zweifellos nachweisen. Ich stütze mich bei meiner Behauptung in erster Linie auf das Vorhandensein von drei Erhebungen — 1 Chitinzapfen am Außenende und 2 etwas nach hinten neben einander liegenden Höckern — auf der Beugeseite des vorletzten Palpengliedes, welches Merkmal in übereinstimmender Weise bei Curvipes pachydermis Kram. und C.rotundus Kram. auftritt. Dann kemmt ferner hinzu, daß mir beide Kramer’sche Arten einige Male als pelagische Ausbeute aus größeren Seen (es war sonst keine Curvipes-Form dabei) zugesandt wurden, so daß über ihre specifische Gleichheit durchaus kein Zweifel obwalten kann. Wir werden in Zukunft Nesaea pachydermis Kram. mithin als Synonym zu Curvipes rotundus Kramer führen müssen. 35 48 F. Koenike. Füße. Zur Vergleichung der Längenverhältnisse der vier Fuß- paare bei den zwei verwandten Arten diene folgende kleine Tabelle: I. | 2... |, | | ; C. clathratus n. sp. 2... . . |0,74mm | 0,78 mm | 0,82 mm | 0,85 mm A en = m „ rotundus Kramer 9.2... 10,98 „ 11,077, 11422 po Die Maße der Vergleichsart beziehen sich auf ein aus dem Plöner See stammendes Exemplar, dessen Körperlänge 0,78 mm betrug. Es erhellt erstens aus der Tabelle, daß die Gliedmaßen der auslän- dischen Art außerordentlich viel kürzer sind, als bei C. rotundus; zweitens, daß bei dieser Form sämmtliche Gliedmaßen länger als der Körper sind, während jene nur ein die Körperlänge übertreffendes Fußpaar besitzt, und drittens, daß die Füße des C. clathratus weniger in der Länge von einander abweichen als die des C. rotundus. Die Borstenbewehrung ist bei C. clathratus an vier Fußpaaren fast gleichmäßig. Es treten durchgehends am vierten und fünften Gliede schwache Schwimmhaarbüschel auf. Außerdem nimmt man überall kurze und mittellange steife Borsten wahr. Die Krallenbewaffnung zeigt dasselbe Verhältniß wie bei C. rotundus. Auffallend klein ist die Kralle des letzten Fußes, während sie an den übrigen Gliedmaßen von mittlerer Größe ist, bei weitem kleimer als bei C. foreipatus nov. spec. In der Form gleicht sie durchaus der typischen Cur- vipes-Kralle. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan wölbt sich in der Seitenlage des Tieres über die Bauch-Kontur vor und stellt sich in Herzform dar, deren abgestumpfte Spitze nach vorn gerichtet ist und durch den chitinösen Abschluss der Geschlechtsspalte gebildet wird. Die hinten befindliche größte Breitenachse der Herzfläche be- trägt 0,29 mm. Die Herzgestalt wird durch dieht an einander ge- reihte 0,014 mm große Geschlechtsnäpfe erzeugt. Während hinten die Näpfe an dem die Geschlechtsspalte abschließenden Chitinstücke beginnen, so reichen sie vorn nicht völlig hinan. Innerhalb der Herz- fläche sind noch emige zerstreut liegende Näpfe vorhanden, die zum Teil größer (0,022 mm) sind, als die Konturnäpfe. Diese sind auf einem hornig erhärteten Streifen gelesen, der in seinem Hinterende und im vorderen Teile auf der Innenseite eine Erweiterung erfährt, die je zwei Näpfe trägt, während die übrigen auf der innern Herz- fläche eingestreuten Näpfe frei in die Körperhaut eingebettet sind (Fig, 29). Das Vorder- und Hinterende des Kontur-Streifens ist mit mehreren feinen Härchen besetzt. Die Geschlechtsspalte mißt 0,154 mm 36 Östafrikanische Hydrachniden. 49 und weist außer den an beiden Enden vorhandenen noch jederseits in der Mitte ein kleines als dunkler Punkt sich darstellendes Chitin- stück auf. Ein Vergleich des soeben beschriebenen Geschlechtsfeldes mit dem von (. rotundus ergiebt fast eine völlige Uebereinstimmung nicht nur bezüglich der Gruppierung der Näpfe, sondern auch der Maße, die bis auf die größte Breitenachse der Herzfläche, die hier nennenswerth größer ist (0,37 mm), kaum beachtenswerthe Unterschiede aufweisen. Es fehlen beispielsweise auch die vorhin erwähnten Här- chen an den gleichen Stellen des Napfstreifens nicht, die Kramer un- beachtet gelassen hat (l. c. Taf. I, Fig. 6). After. Die Afteröffnung liegt in einer Entfernung von 0,08 mm von der Geschlechtsspalte. Der Analhof ist elliptisch und die Spalte mißt 0,03 mm. Fundort. Sansibar (Sumpf südlich links der Chaussee, Höhe der Kaffeehäuser); 12. April 1888. 10. Hydryphantes Schaubi nov. spec. (Tafel III, Figur 30.) Zur Beschreibung liegen drei ausgewachsene Individuen (1 £ u2 99) vor. Es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß diese Art schon allein auf Grund des Rückenschildes von Hydry- phantes tomentosus Lucas genügend unterschieden ist. Ich widme sie dem um die Hydryphantes-Anatomie verdienten Forscher von Schaub. Größe. Hydr. Schaubi erreicht nicht ganz die Größe des H. ruber de Geer, übertrifft aber H. flexuosus Koenike etwas. Färbung. Die Farbe ist bei den mir vorliegenden Exem- plare nicht erhalten, doch wird sie ebenfalls rot sein wie die der be- kannten Hydryphantes-Species. Gestalt. In der Körpergestalt gleicht die neue Art dem H. ruber de Geer. Haut. Die Oberhaut zeigt die für die Gattung kenn- zeichnende gekörnelte Beschaffenheit, indes sind die äußerst dicht stehenden Tüpfelchen merklich niedriger als bei H. ruber de Geer, H. dispar v. Schaub und H. flexuosus Koenike, bei denen der Haut- besatz keinen Unterschied aufweist. Das bei den bekannten Formen dieser Gattung zwischen den Augen befindliche Rückenschild, das durch seine Gestalt zuverlässig unterscheidende Artmerkmale dar- bietet, fehlt den drei mir zur Untersuchung überwiesenen Individuen. 3% 4 50 F. Koenike. Der Borstenbesatz der Körperhaut ist recht spärlich und die einzelnen Haare nur klein und schwach. So ist auch die auf der Innenseite jedes Doppelauges über dem Vorderrande des Körpers stehende antenni- forme Borste sehr kurz und dünn. Auge. In der Bauchlage sind die beiden mit schwarzen Pigmentkörpern versehenen Augenpaare randständig und weit (0,64 mm) aus einander gelegen. Das innere kaum größere Auge besitzt eine mächtige Linse, die stark über den Vordergrund hinausragt. Beim andern Auge, das im Gegensatze zu andern Hydryphantes-Formen nicht hinter, sondern auswärts neben dem ersten erscheint, ist die Linse aufliegend und nur bei Seitenlage des Tieres, wo die zwei Augen genau über einander gelegen sind, zu erkennen. In der zuletzt bezeichneten Ansicht tritt das Doppelauge in der Mitte des vorderen Körperrandes auf, etwas mehr nach oben zu und ist 0,05 mm von diesem entfernt. Nur hier kommt die scharf abgegrenzte dunkle läng- lich runde Horneinfassung des Augenpaares zur Geltung, wie wir das bei Hydryphantes kennen, während im der Rückenansicht im Gegen- satze zu den bekannten Arten ein von innen nach außen sich er- weiterndes und dunkles Horngebilde (Augenkapsel) bemerkt wird. Die Einrichtung begünstigt bei H. Schaubi das seitswärts gerichtete Sehen, macht aber das nach oben gerichtete zur Unmöglichkeit, oder erschwert’s doch zum mindesten. Das bei den Hydryphantes- Species im Rückenschilde gelegene fünfte unpaare Auge fehlt auch dem H. Schaubi nicht, doch liegt es frei in der Haut und giebt sich durch zwei schwarze neben einander befindliche Pigmentkörperchen zu erkennen. Mundteile. Wie aus Fig. 30 hervorgeht, hat das Maxillar- organ von unten gesehen die bei den Hydryphantes- Formen übliche Gestalt. Vorn trägt es einen kurzen dicken Rüssel, der vor- und schwach abwärts geneigt ist und vorn mit einer kreisrunden Endfläche abschließt, die in der Mitte die Mundöffnung trägt und an deren Peripherie sich vier kurze Borsten befinden. Den Rüssel abgerechnet hat die Maxillarplatte nahezu eine rechteckige Form mit einer nach hinten zu eintretenden schwachen Verschmälerung. Die vier Ecken sind abgerundet, und die Hinterkante ist ein wenig ausgeschweift und zeigt hier in der Mitte einen kurzen abgerundeten Zapfen, der als das Hinterende der Pharynx zu deuten sein wird. Die Maxillarplatte ist fein siebartig durchbrochen; die betreffenden Porenöffnungen haben einen 0,004 mm messenden Durchmesser. Palpen. Die Maxillartaster sind sehr kurz, kaum ein Viertel der Körperlänge. Im Bau gleichen sie der Palpe der bekannten 38 Östafrikanische Hydrachniden. 51 Hydryphantes-Arten. Der Chitinzapfen auf der Streckseite am Vorder- ende des vierten Gliedes ist sehr spitz, reichlich halb so lang wie das Endglied und diesem, das nur 0,025 mm lang ist, etwas zugebogen. Der Haarbesatz ist spärlicher als bei der Palpe von H. ruber und H. dispar. Das Grundglied besitzt auf der Streckseite eine kurze Borste. An den beiden folgenden Gliedern gewahrt man auf gleicher Seite deren zwei noch etwas kürzere. Besonders kennzeichnend ist ein Paar mäßig langer Borsten, die auf der Innenseite am Vorderende des zweiten Gliedes stehen, ungemein kräftig und mit nur wenigen starken Fiedern ausgestattet sind. Außerdem stehen noch einige kurze sefiederte Haargebilde daneben. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet (Fig. 30) zeigt die Gattungs- kennzeichen. Die zwei ersten Plattenpaare besitzen einen gemeinsamen breiten, rückwärts ragenden Fortsatz, der am Grunde geknickt ist, sich der Mittellinie des Körpers zuwendend. Ebenso entsenden auch die beiden letzten Hüftplattenpaare auf der Innenseite einen gemein- schaftlichen noch breitern, aber kürzern Fortsatz. Die vierte Epimere ist im Vergleich zu den bekannten Arten weiter nach hinten verlängert und besitzt auf der Innenseite eine deutliche Ausbuchtung. Sämtliche Hüftplatten sind siebartig durchlöchert und besitzen an den Ecken der Außenseite eine schwache Behaarung. Füße. Auch die Gliedmaßen weichen vom Gattungs-Charakter nicht ab. Der letzte Fuß erreicht nicht ganz die Körperlänge, während die übrigen noch entsprechend kürzer sind. Schwimmhaare finden sich in steigender Menge am fünften Gliede des zweiten Fußes, am vierten und fünften Gliede des dritten und am dritten, vierten und fünften Gliede des letzten Fußes. Im übrigen gewahrt man überall, besonders rund um das Außenende der Glieder, kurze steife Borsten, die teil- weise gefiedert sind. Die Fußkralle ist sichelförmig gekrümmt und ohne Nebenhaken. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan bietet das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal gegenüber den gut bekannten Arten. In der Lagerung weicht es zwar nicht ab, indem es gleich- falls teilweise in die weite flache, durch das letzte Hüftplattenpaar gebildete Bucht hinein geschohen ist. Doch während das Geschlechts- feld der übrigen Formen eine beträchtliche Längenausdehnung auf- weist, so hat das der neuen Art bei nur geringer Länge hinten eine ungewöhnliche Breite; diese verhält sich zu jener wie 1,5 zu 1. Größere Geschlechtsnäpfe neben kleineren, wie sie die meisten der bekannten Formen dieser Gattung besitzen, fehlen gänzlich, vielmehr 39 4° 52 F. Koenike. sind beide Geschlechtsplatten gleich denen des Hydr. helveticus Haller mit sehr zahlreichen und winzigen Näpfen (0,008 mm im Dürchmesser) übersät. After. Die kleine Afteröffnung liest etwa in der Mitte zwischen (reschlechtshof und Himterrand des Körpers und unmittelbar dahinter die sehr viel größere Mündung des Excretionsorgans. Geschlecht. Außer dem nicht unbedingt zuverlässigen Merkmale des Größenunterschieds ( — 1,2 mm, # —= 1,7 mm) besitzt das Männchen keine im die Augen fallenden Abweichungen im äußern Körperbau. Einen sicheren Anhalt hat man daher nur in dem Penis- gerüst, von dem beim Männchen in der Mitte der Genitalspalte die Spitzen zweier Chitinteile durchscheinen. Die Länge des männlichen Geschlechtsfeldes mißt 0,16 mm, die Breite 0,25 mm, während beim 2 die entsprechenden Maße 0,2 mm und 0,3 mm betragen. Fundort. @Quilimane (Sumpf Litololitukuli); 16. Jan. 1889. ll. Hydryphantes incertus »ov. spec. (Taf. II CBiEN SL) Es liegt nur die Nymphe in einem Exemplare vor. Anfangs neigte ich der Ansicht zu, es möchte dieses Entwicklungs-Stadium der vorhergehenden Art angehören, doch führte mich eine genauere Be- trachtung desselben dahin, zu glauben, dass es unvermeidlich sei, eine neue Art darauf zu begründen. Die Ungewißheit über diese Form hat auch im Namen derselben Ausdruck gefunden. Größe. Die Körperlänge mißt 0,92 mm, die nur ein wenig geringere Breite 0,54 mm. Gestalt. Der Körperumriß ist nahezu kreisrund. Haut. Die gesamte Oberhaut trägt das Gattungsmerkmal, bei der neuen Form in dicht gestellten Tüpfelchen bestehend, die etwas höher sind als bei Hydr. Schaubi, und deren Spitze ein wenig rück- wärts gerichtet ist. Das zuverlässigste Merkmal bietet indes das an gewohnter Stelle gelegene und durch eine eigenartige Gestalt ausge- gezeichnete Rückenschild (Fig. 31). Es besteht in einem Gebilde, das den Namen Schild nicht verdient. Von einem leistenartig schmalen Querteile, der in der Mitte eine nach vorn gehende geringe Erweiterung hat, zweigen sich an seinen beiden Enden je zwei Arme ab: ein kurzer mit etwas verdicktem Vorderende nach vorn und ein mehr als doppelt so langer, dessen freies Ende gleichfalls verdickt ist, nach hinten. Alle vier Arme haben eine auswärts geneigte Richtung. Die Vorderarme treten dicht an den Körperrand himan. 40 Östafrikanische Hydrachniden. 53 Die recht kurzen antenniformen Borsten stehen im Gegensatze zu H. Schaubi unmittelbar am Vorderrande, sind am Grunde recht kräftig und laufen scharfspitzig aus. Auge. Die beiden Augenpaare unterscheiden sich ganz wesentlich von denen des H. Schaubi. Sie liegen außerhalb der ver- diekten Enden der kurzen Vorderarme des Rückenschildes, zwar recht nahe am Körperrande, doch sind sie nicht randständig,. Auch haben sie einen verhältnismäßig sehr viel geringern Abstand von einander, der nur 0,24 mm mißt, während der des H. Schaubi bei einer Körperbreite von 1,4 mm (dies Maß bezieht sich auf em 1,7 mm langes 2) 0,64 mm beträgt. Der Hauptunterschied ist indes in folgenden Angaben zu finden. Die Doppelaugen stellen sich in der Rückenansicht nicht wie die des H. Schaubi dar, sondern wie beispiels- weise bei H. ruber de Geer, indem ihre beiden Pigmentkörper nicht wie dort neben, sondern wie hier hinter einander gelegen sind. Außerdem ist jedes Augenpaar wie bei de Geer’s Art mit emem dunkel chitinisierten Augenrande (Seitenwand der Augenkapsel) von 0,08 mm Länge in schwach nierenförmiger Gestalt (die Ausbuchtung befindet sich auf der Außenseite) umgeben. Unterschiedliich dem H. Schaubi gegenüber sind auch die beiden schwarzen Pigmentkörper, die außer der bereits bekannten abweichenden Lagerung in der Größe beträchtlich abweichen. ‘Wenn der hinten gelegene auch nicht als klein bezeichnet werden kann (bei rundlicher Form ist sein Durchmesser 0,024 mm), so ist der vordere bei kaum größerer Breite beträchtlich länger, nämlich 0,04 mm. Dazu fällt dieser durch seine merkwürdige Form auf, indem er in der Mitte gekniet ıst, so daß das vordere Ende, dem eine große Linse vorgelagert ist, nach auswärts abneigt. Man gewinnt dadurch den Eindruck, als ob das jederseitige Sehorgan drei Pigmentkörper besitze. Für eine ungemein starke Entwicklung der lichtempfindenden Sinnesorgane des H. incertus spricht vorzüglich das unpaare fünfte Auge, das seine Lage im der Erweiterung des Querteils vom Rücken- schilde gefunden hat (Fig. 3la). Seine Gestalt ist elliptisch und es schneidet mit seiner Längsachse die mittlere Körperlinie rechtwinklig und besitzt etwa zehn rundliche schwarze Pigmentkörperchen. Mundteile. Soweit das nicht heraus präparierte Maxillar- organ einen Vergleich zuläßt, zeigt es gegenüber dem des H. Schaubi keinen Unterschied von Belang. Palpe. Die Maxillartaster sind recht kurz, reichlich ein Viertel der Körperlänge messend und besitzen noch keme wahrnehmbaren Porenöffnungen. Bei der Nymphe von H. ruber habe ich übrigens poröse Palpen beobachtet. Die drei Grundglieder sind äußerst dick; 41 54 F. Koenike. das erste Glied ist auffallend kurz. Die eigenartig gestaltete Palpen- endigung fällt sofort ins Auge, indem nämlich der Chitinzapfen am Vorderrande des vorletzten Gliedes mit dem fünften Gliede gleiche Länge besitzt. Der Haarbesatz ist merklich reicher als bei H. Schaubi, namentlich am dritten Gliede, das auf der Innenseite drei lange Borsten trägt, von denen die am weitesten zurück stehende deutlich gefiedert ist; an der Streckseite gewahrt man ferner noch drei Haare von mäßiger Länge. Auf gleicher Seite des zweiten Gliedes stehen drei kurze steife Borsten und auf der Außenseite eine solche mit Fiederung von ziemlicher Länge; auf der Innenseite besitzt das Glied außer- dem noch zwei Haare. Fast eine vollständig übereinstimmende Borsten- bewehrung desselben Tastergliedes hat die Nymphe des H. ruber, nur mit dem Unterschiede, daß auf seiner Außenseite noch eine zweite Borste steht. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet weicht vom Gattungs- Charakter nicht ab. Die einzelnen Platten sind porös und ähnlich wie bei H. ruber (als Nymphe und Imago) mit zahlreichen langen Haaren bewehrt, nicht allein an den Ecken, sondern auf der gesamten Fläche. Füße. Die Gliedmaßen lassen im Vergleich mit H. Schaubi keine bemerkenswerten Unterschiede erkennen. Geschlechtshof. In der weiten durch das letzte Hüftplatten- paar gebildeten Bucht liegen vier 0,032 mm große kreisrunde Ge- schlechtsnäpfe in Rechtecksform. Das vordere Paar ist um Napfgröße von dem hintern entfernt. Die Nymphe des H. ruber hat jederseits zwischen einem vordern und hintern Napfe eine nach einwärts sich gering erweiternde schmale Platte, die porös durchbrochen und auf der Außenseite mit vereinzelten Härchen versehen ist. Diese Geschlechts- platten habe ich bei der hier beschriebenen Nymphe nicht wahrge- nommen. Eine Geschlechtsspalte fehlt selbstredend. Fundort. Quilimane (Sumpf Litololi-tukuli); 10. Januar 1889. Nachschrift. Trotz des vorhandenen Rückenschildes glaubte ich zuerst, es handle sich in dem ausführlich beschriebenen Tiere um die Nymphe zu dem schildlosen H. Schaubi, indem ich annahm, es könnte das bei der Jugendform verkümmerte Rückenschild gelegent- lich der letzten Verwandlung (Häutung) ganz verschwinden. Diese Mutmaßung wurde erzeugt und bestärkt durch einen entsprechenden Befund bei Hydrachna globosa de Geer, wo die schmarotzende Larve auf der Oberseite des Körpers einen großen porösen Panzer trägt, der bei den Nymphen und ausgewachsenen Individuen nur noch in ver- kümmerter Form auftritt. Die erwähnte Vermutung schien gestützt zu werden durch den gemeinsamen Fundort von H. Schaubi und H. incertus 42 Östafrikanische Hydrachniden. 55 sowie durch eine Reihe übereinstimmender Merkmale; ‚doch drängten sich die abweichenden Kennzeichen derart gewichtig in den Vorder- grund, daß ich mich in die Zwangslage versetzt glaubte, in der be- schriebenen Nymphe den Vertreter einer besondern Art zu betrachten. Aus der Reihe der Unterschiede will ich zum Schlusse noch auf zwei Punkte zurückkommen. Auf die Ungleichheit im der Größe der Ge- schlechtsnäpfe kann weniger Gewicht gelegt werden, weil es nicht unwahrscheinlich ist, daß die Nymphen sämtlicher Hydryphantes-Species durch vier große Geschlechtsnäpfe, in Rechtecksform liegend, gekenn- zeichnet sind. Es kommt sonst auch in der That vor, daß eine mit kleinen Näpfen ausgestattete Hydrachnide eine großnapfige Nymphe besitzt. Ich erinnere beispielsweise an Diplodontus despiciens O. F. Müller, dessen entsprechende Jugendform vier große Näpfe hat (nicht sechs, wie A. Berlese das bildlich darstellt) ). Bei H.ruber besitzen Nymphe und Imago ein gleichgestaltetes Rückenschild. Es ist deshalb anzu- nehmen, daß das im Genus Hydryphantes Regel ist; mithin würde die unter der Bezeichnung H. incertus bekannt gemachte Jugendform auch nicht die Nymphe zu H. Schaubi sein können. 12. Hydrachna spinosa »ov. spec. (Taf. III, Fig. 32-33). Diese Art ist in einem männlichen Exemplare vertreten. Sie steht der Hydrachna globosa de Geer äußerst nahe. Größe. Die Körperlänge beträgt 2,5 mm. Gestalt. Das Tier ist stark geschrumpft, so daß sich die Körpergestalt nicht genau beschreiben läßt. Dieselbe scheint wie bei der Vergleichsart kugelig zu sein. Haut. Die Oberhaut ist mit verhältnismäßig großen dornartigen Zapfen besetzt”), die weitläufig angeordnet und mit der Spitze rück- wärts gerichtet sind (Fig. 33). Es ist dies eins der wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale gegenüber der Hydrachna globosa, deren entsprechenden Hautaufsätze sehr niedrig und ohne Spitze sind und außerordentlich dicht beisammen stehen (Fig. 34). Das Paar Rückenschilder, welches uns Duges bei Hydr. globosa in Wort und Bild kennen lehrte?) vermisse ich bei H. spinosa. Auge. Jedes der beiden Doppelaugen hat eine Länge von 0,2 mm und ist schwach nierenförmig mit der Ausbuchtung an der 1) A. Berlese, 1. c. Heft. III, No. 7, Fig. 8. 2) Daher erklärt sich die Benennung. 3) Duges, Remarques sur la famille des Hydrachnös. Ann. science, nat. Zoologie, 1834, II. Ser., Bd. I, S. 163, Taf. 11, Fig. 45. 43 56 F. Koenike. Hinterseite. Das Außenende ist etwas breiter als das innere. In der Mitte befindet sich ein, großer lang gestreckter Pigmentkörper von schwarzer Färbung mit einer kleinen vorgelagerten Linse in runder Gestalt. Am breiten Ende des Doppelauges bemerkt man einen kleinen Pigmentkörper, der die Linse auf der Außenseite zeigt. Über dem Auge wölbt sich die Körperhaut stark vor und ist hier wie im ganzen mit den Zapfen versehen, während bei Hydr. globosa an gleicher Stelle die Hauttüpfel nicht erkennbar sind. Der kräftige Hornrand, wie ihn das Sehorgan der Vergleichsart besitzt, ist bei der neuen Art nicht vorhanden. Der gegenseitige Abstand der beiden Doppelaugen beträgt 0,25 mm. Ihre Lage zum Körperrande läßt sich wegen der Schrumpfung nicht sicher feststellen. In der Mitte zwischen den zwei Augenpaaren, ein wenig nach vorn zu, findet sich eine kreisrunde Zeichnung in der Haut, die Duges bei H. globosa nebst je einem auf der Innenseite des Doppelauges befindlichen Hautmerkmal als Stigmen deutet (l. c. S. 134. Taf. 11, Fig. 45). Duges irrt indes, denn die beiden zuletzt erwähnten Gebilde sind Haarwälle, auf denen je eine Borste steht (diese Borsten fehlen auch bei H. spinosa nicht), und in dem zuerst angegebenen Hautmerkmal kann sich’s schon deshalb um kein Stigma handeln, weil es keine Öffnung enthält. Es wird durch einen Hornring abgegrenzt, in dessen Mitte ein rundliches Körperchen erkennbar ist, um das herum mehrere schwarze Pigmentkörperchen gelagert sind. Wir haben es hier ohne Frage mit demselben Organe zu thun, das R. v. Schaub bei Hydryphantes dispar v. Schaub entdeckte und als ein fünftes Auge deutete.) Das Stigmenpaar befindet sich bei H. globosa an der Stelle, wo es bei andern Hydrachniden liegt, nämlich auf den Oberkiefern, nur mit dem Unterschiede, daß es bei genannter Art auffallend weit nach vorn seinen Platz gefunden hat. Mundteile. Das verwachsene Maxillenpaar bietet, soweit es, nicht herauspräpariert, einen Vergleich zulässt, abgesehen von einer schwächeren Krümmung des Rüssels, keine beachtenswerten Unter- schiede gegenüber demjenigen der Vergleichsart (Fig. 32). Palpen. Die Maxillartaster sind sehr kurz, denn sie reichen nicht über die Spitze des Rostrums hinaus. Schon aus diesem Grunde ist die Gleichartigkeit vorliegenden Tieres mit Hydr. rostrata Lucas ausgeschlossen, da bei dieser Form die Palpen annähernd von doppelter Länge des Rüssels sind (Lucas 1. c. Taf. 22, Fig. 7c). Das zweite I) R. v. Schaub, Ueber die Anatomie von Hydrodroma (C. L. Koch). Sonderabdr. aus d. Sitzungsber. d. Kaiser. Akad. d. Wissensch. in Wien. Mathem.-naturw. Bl. Bd, 97, 1888. S. 36. Taf. II. Fig. 7 u. Taf. V. Fig. 5. 44 Östafrikanische Hydrachniden. 57 Tasterglied besitzt am Vorderende der Streckseite eine ungewöhnlich dicke Borste von geringer Länge; das dritte ist das längste, am Hinterende der Beugeseite leicht eingeschnürt und fast gänzlich ohne Haarbesatz. Die beiden Endglieder sind sehr kurz. Der schwach gekrümmte Hornhaken auf der Streckseite am Aussenende des vor- letzten Gliedes ist von gleicher Länge des letzten. Hüftplatten. Das Epimeralgebiet bedeckt kaum zwei Fünftel der Bauchseite. Die Platten zeigen die der Gattung eigentümliche Gestaltung (Fig. 32). Die zwei ersten Paare verhalten sich genau wie bei H. globosa, während die dritte Platte dadurch abweicht, daß bei der neuen Form die vordere Innenecke weniger ausgezogen ist als bei der Vergleichsart. Sie zeigt etwa die gleiche Form wie die der H. geographica O. F. Müller; sie sendet einen nach rückwärts ragenden Fortsatz, der in eine Spitze ausläuft und bis unter die Geschlechtsplatte greift. Die letzte Platte, die am größten ist, hat eine weniger vortretende hintere Innenecke als H. globosa und H. geographica. Füße. Die Ghedmaßen kennzeichnen sich durch. eine ungewöhnliche Kürze des ersten Fußes, der nur 0,9 mm mißt, also nennenswert weniger als die halbe Körperlänge. Selbst das letzte Paar als das längste bleibt noch um nahezu 0,5 mm hinter der Körperlänge zurück. Das dritte Glied der drei ersten Fußpaare ist, wie das bei Hydrachna-Formen allgemein beobachtet werden kann, stark verkürzt. Der dritte Fuß ist im zweiten Gliede gleichfalls merklich verdickt. Die Borstenbewehrung der Gliedmaßen ist äußerst reich, mit Ausnahme des ersten Paares, das nur verhältnismäßig wenige kürzere Haargebilde trägt. Die drei letzten Paare besitzen an den mittleren Gliedern — namentlich am vierten und fünften — zahlreiche halblange Borsten, welche beiderseits eine kräftige Fiederung besitzen. Außerdem sind die beiden vorletzten Glieder derselben Füße durch kräftige Schwimmhaarbüschel ausgezeichnet. Die Bewaffnung der Fußenden besteht aus zwei schwach sichelförmig sekrümmten Krallen wie bei Hydr. globosa. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan hat die beim Genus Hydrachna übliche Lage, indem es gleichfalls zwischen die zwei letzten Epimerenpaare weit nach vorn vorgeschoben ist (Fig. 32). Es zeigt eine lang gestreckte, gut ausgeprägte Herzform, deren Spitze nach hinten gerichtet ist. Seine Länge beträgt nicht weniger als 0,64 mm, die größte Breite 0,54 mm. Die Herzspitze ist auf einer Strecke von 0,2 mm gespalten. In diesem Spalt befindet sich die Geschlechtsöffnung, die noch etwas über die Herzspitze nach hinten 45 58 F. Koenike. hinausragt. Bei Hydr. globosa ist durch den Spalt nicht wie bei H. spinosa die Herzspitze völlig geteilt, sondern die Geschlechtsplatten zeigen hier einen schmalen Zusammenhang. Die Geschlechtsplatten der neuen Art sind auf dem zugespitzten Hinterende bis an das Vorderende des Spalts mit vielen feinen Härchen besetzt. Im übrigen sind sie mit außerordentlich zahlreichen und winzigen Geschlechts- näpfen versehen. Da durch das äußere Geschlechtsorgan das Penis- gerüst hindurchscheint, so unterliegt es keinem Zweifel, daß es sich in dem hier beschriebenen Tiere um ein Männchen handelt. Es besitzt ja auch eine ähnliche Gestaltung des Geschlechtsfeldes wie das männ- liche Geschlecht von Hydr. globosa und H. geographica, das übrigens meines Wissens bisher von keinem Forscher erkannt worden ist. Dasselbe zeichnet sich innerhalb der mir bekannten Arten vor dem weiblichen Geschlechte durch einen länger gestreckten Geschlechtshof aus, der allemal die Herzform besser erkennen läßt als das andere (Geschlecht. Der bei H. spinosa bezeichnete Spalt ist auch den andern Hydrachna-Männchen eigen, doch ist er nach den Arten ungleich tief und von verschiedener Form. Während beim männlichen Geschlechte die Geschlechtsplatten ihrer ganzen Länge nach der Bauchwand auf- gewachsen sind, so haften sie bei den Weibehen nur vorn daran, wo- hingegen sie hinten frei aufliegen und die Geschlechtsöffnung verdecken. After: Die Afteröffnung liegt 0,2 mm von dem Geschlechts- hofe entfernt. Fundort. Sansibar (Sumpf bei Mathews). 30. Okt. 1888. Nachschrift. Es lag nahe, die hier beschriebene neue Hydrachna-Species mit H. rostrata Lucas sorgsam zu vergleichen, weil beide Formen demselben Erdteile angehören, weshalb mit der Möglichkeit der Identität gerechnet werden musste. Doch wenn Lucas seine Art auch unzureichend durch Wort und Bild gekennzeichnet hat, so ist sie doch nicht leicht mit H. spinosa zu verwechseln. Ein- mal überragen, worauf bereits hingewiesen wurde, bei Lucas’ Form die Taster den Rüssel ganz bedeutend. Dann weichen auch die Augen auffallend von einander ab. Ferner ist die Haut der H. rostrata nicht wie bei H. spinosa mit weitläufig gestellten dornartigen Zapfen, sondern wie bei H. globosa mit dicht stehenden Tüpfelchen besetzt: „vue ä un fort grossissement, son epiderme est couvert de points releves, ä sommet rouge, tres-rapproches les un des autres“. 46 Östafrikanische Hydrachniden. 59 Bargena ') nov. gen. Körper gepanzert und mit Rückenbogen. Bauch- seite mit Längsfurche in der Richtung der Mittellinie. Öberhaut warzig. Die beiden Augenpaare weit aus emander und randständig; jedes Doppelauge in einem lang ovalen Durchbruche des Hautpanzers gelegen und erhaben; das größere Auge hinten liegend, näher der Mittellinie als das kleinere; kein fünftes Auge. Maxillar- organ ohne rüsselförmige Verlängerung; Mundöffnung in der Maxillar- platte. Palpen wie beim Genus Hydrachna, also scherenartig und mit großem Grundgliede. Hüftplatten nach Anordnung und Gestalt gleichfalls wie bei Hydrachna. Auch bezüglich der Füße nebst Krallenbewaffnung und des Geschlechtshofes von dieser Gattung nicht verschieden. Das in vorstehenden Merkmalen gekennzeichnete neue Genus ist mit keinem der bekannten Hydrachniden-Geschlechtern zu ver- einigen. Am meisten nähert es sich der Gattung Hydrachna, der es in den Palpen und Füßen, in dem Epimeralgebiete und Geschlechts- felde täuschend ähnelt; doch bieten sich in dem Hautpanzer nebst Rückenbogen, sowie in der Bauchfurche, in dem Mangel eines fünften Auges und in der Gestaltung des Maxillarorgans und der Augen hin- reichende Unterschiede, um die Begründung einer besondern Gattung notwendig zu machen. 13. Bargena mirifica rov. spec. (Taf. III, Fig. 35—41.) Der nachfolgenden Beschreibung liegt ein Exemplar zu Grunde. Größe. Die Körperlänge beträgt reichlich 1 mm, die größte Körperbreite (Eimlenkung des letzten Fußpaares) 0,88 mm, die Körper- höhe 0,65 mm. Färbung. Barg. mirifica hat wahrscheinlich eine rote Körper- farbe. Dr. Stuhlmann notierte zu dem Inhalte des Praeparatenglases, das diese Art enthielt: „l spec. rot, die andere grün“. Nun handelt sichs allerdings um drei Formen, außer der hier zu beschreibenden noch um Curvipes clathratus und Arrenurus pectinatus, von denen diese grün gefärbt ist. Es ist daher wohl anzunehmen, daß die übrigen Individuen, die Dr. Stuhlmann vermutlich als eine einzige Art be- trachtete, von roter Körperfarbe waren. !) Bargeni = ein Volksstamm in Afrika in terra troglodytica. 47 60 F. Koenike. Haut. Die Oberhaut ist mit äußerst niedrigen und dicht ge- häuften Warzen oder Tüpfeln besetzt (Fig. 41). Unter derselben lagert ein spröder Chitinpanzer, der eine außerordentlich feme sieb- artige Durchlöcherung aufweist; die Poren haben nur einen Durch- messer von 0,001 mm. Der Rückenbogen befindet sich auf der hintern Hälfte der Oberseite und ist vorn offen (Fig. 36). Hinten entsendet er, was in ähnlicher Weise noch bei keiner bekannten Hy- drachnide beobachtet wurde, zwei Ausläufer, die, anfänglich 0,25 mm von emander entfernt, sich allmählich einander nähern, indem sie sich am Hinterende des Körpers herabziehen, um beim Umbiegen nach der Bauchseite zusammen zu treffen (Fig. 38a). Sie begrenzen mit dem dazu gehörigen Teile des Rückenbogens ein glockenförmiges Stück des Hautpanzers (Fig. 388g). (Gestalt. Bei Rücken- oder Bauchlage zeigt der Körper einen kurz ovalen Umriß, vorn ein wenig breiter als hinten (Fig. 35). In der Mitte des Hinterrandes nimmt man eme kurze Ausbuchtung wahr. In der Seitenlage (Fig. 39) erscheint die Bauchseite ziemlich flach, die Rückenseite stark gewölbt. An der Stelle, wo die oben beschriebenen Ausläufer vom Rückenbogen abgehen, tritt jederseits eine abgerundete scke hervor (Fig. 59e). Auch überzeugt man sich, daß das durch die Ausläufer abgetrennte glockenförmige Stück des Hautpanzers (Fig. 388) nach innen gerückt ist, die Ausbuchtung am Hinterrande in der Rückenlage erzeugend. In der Stirmansicht (Fig. 57) zeigt das Tier eine seltsame Gestalt. Es zieht sich nämlich über die ganze Unter- seite des Körpers in der Mittellinie eine tiefe Furche, die vorn eine derartige Breite besitzt, daß die Mundteile und die drei ersten Fuß- paare darın Platz finden. Ueber den genannten Körperteilen schließt die Bauchfurche vorn in einem weiten flachen Bogen scharfkantig ab. Nach hinten zu verengt sich die Furche (Fig. 35), anfangs allmählich und hinter dem Geschlechtshofe plötzlich, um auf dem Hinterleibe nur noch eine schmale Rille zu bilden. Das zurücktretende glocken- förmige Stück des Hautpanzers ist als Fortsetzung der Bauchfurche zu betrachten. Auge. R. v. Schaub behauptet: „Die beiden Augen einer Seite sind aber stets von ungleicher Größe und liest immer das srößere Auge vor dem kleineren und näher der Medianebene als dieses“ (l. c. 8. 34.) Wir haben indes in Bargena mirifica ein Bei- spiel, wo das gerade Gegenteil der Fall ist. Man überzeugt sich in der Seitenlage des Tieres, wo das Doppelauge in seiner ungewöhn- lichen Größe zur Geltung kommt (Fig. 41), daß das hintere Auge (Fig. 41 p 2) außerordentlich viel größer ist als das vordere (Fig. 41 p 1.) 48 Östafrikanische Hydrachniden. 61 Der Schluß des v. Schaub’schen Satzes, daß das größere Auge der Medianebene stets näher liege, behält bezüglich B. mirifica seine Richtigkeit. Es wird dadurch eine Schrägstellung der Doppelaugen hervorgerufen, die der sonst beobachteten entgegengesetzt ist (Fig. 36). Noch in anderer Hinsicht sind hier die Sehorgane unterschiedlich eingerichtet. Sie liegen nämlich nicht, wie das bei den gepanzerten Hydrachniden Regel ist, unter dem Hautpanzer, sondern dieser zeigt daselbst einen lang ovalen, 0,112 mm messenden Durchbruch, aus dem das Doppelauge stark hervorsteht. Die Pigmentkörper sind von schwarzer Farbe; der kleinere liegt vollkommen frei und ist rundlich, während der hintere eine annähernd menschenfußartige Gestalt besitzt; er ist scheinbar aus zwei Körpern zusammen gesetzt und größtenteils unter dem Hautpanzer versteckt. Auf der Außenseite der beiden Pigmentkörper lagern zwei lange schwach nierenförmige Körper von weißlichem, etwas getrübtem Aussehen; sie liegen teilweise überein- ander. Ob dieselben als Linsen zu deuten sind, wage ich nicht zu behaupten. Gegen diese Deutung spricht der Umstand, daß vor dem kleinen Pigmentkörper ein glashelles Gebilde wahrnehmbar ist, das wohl mit Sicherheit als Linse in Anspruch genommen werden darf. Der gegenseitige Abstand der beiden Augenpaare beträgt 0,26 mm. Auf der Innenseite derselben steht ein feines Haar. Das Paar der antenniformen Borsten steht etwas über der vordern Bogenkante der Bauchfurche und ist ungefähr so weit von einander entfernt wie die zwei Augenpaare (Fig. 37). Mundteile. Das Maxillarorgan ist klein. Ueber die Gestalt der Maxillarplatte habe ich keine völlige Klarheit erlangen können, nur steht soviel fest, daß daran keine rüsselförmige Verlängerung vor- handen ist, und daß die Mundöffnung sich nicht am Vorderende be- befindet, sondern auf der Maxillarplatte ziemlich weit vom Vorderrande. Die Mandibeln habe ich nicht ganz gesehen, doch nach der bedeutenden Länge der aus der Mundöffnung herauragenden Teile derselben zu schließen (Fig. 37m), dürften sie einen ähnlichen Bau wie die Hydrachna-Mandibel aufweisen. Palpen. Der Maxillartaster (Fig. 40) zeigt bei geringer Länge den gleichen Bau wie die Hydrachna-Palpe, nebst emem großen Grundgliede auch Scherenbildung, indem das vorletzte Glied auf der Streckseite mit einem langen, schwach abwärts gekrümmten Horn- haken ausgestattet ist, der mit dem Endgliede die Schere bildet. Der Borstenbesatz ist äußerst spärlich; man bemerkt vereinzelte kurze Haare auf der Streckseite des zweiten Gliedes, während ich an den drei Außengliedern kein einziges Haargebilde habe auffinden können. 49 62 F. Koenike. Hüftplatten. Die Epimeren (Fig. 35) zeigen die bekannte Verteilung in vier Gruppen. In ihrer Form erinnern sie auffallend an die Hydrachna-Epimeren, namentlich in betreff der beiden letzten Paare, indem die dritte, annähernd rechteckig gestaltete Platte mit der innern Vorderecke stark der Mittellinie des Körpers zuneigt, und die letzte Epimere in ihrer hintern Innenecke ausgezogen ist. Das letztere Merkmal ist für B. mirifica dadurch kennzeichnend, daß die Ecke ungemein stark vorsteht und scharfspitzig endigt. Die hintere Außenecke derselben Platte steht ebenfalls, wenn auch schwächer, vor, ist abgerundet und dient dem vierten Fuße zur Einlenkung. Durch die doppelte Eckenerweiterung gewinnt die letzte Epimere bedeutend an Flächenraum, so daß sie trotz der nicht hervorragenden Breite beträchtlich größer ist als jede der andern, die durch ihre Kürze auftallen. Füße. Der letzte Fuß erreicht annähernd die Körperlänge, während die drei vordern Paare, besonders das erste, erheblich kürzer sind. Als ein weiteres, nicht zu übersehendes Moment, das für eine nahe Verwandtschaft mit den Hydrachna-Formen spricht, ist die Ver- kürzung des dritten Gliedes der drei ersten Fußpaare. Der Borsten- besatz ist wie bei den Hydrachna-Species reich. Besonders zeichnet sich der letzte Fuß durch den Besitz starker Schwimmhaarbüschel aus. Dem ersten Fuße sind außer mittellangen und kurzen Borsten keine Schwimmhaare eigen. Die mittellangen steifen Haargebilde an allen Gliedmaßen sind vielfach gefiedert. Die Fußkralle ist einfach sichelförmig ohne Nebenhaken. Geschlechtshof. Das äußere Geschlechtsorgan (Fig. 35) befindet sich wie bei den Hydrachna-Formen zwischen den zwei letzten Epimerenpaaren, diese seitlich fast berührend. Dasselbe ist gleich demjenigen der Hydrachna - Männchen deutlich herzförmig, mit der abgerundeten Spitze nach hinten gekehrt. Das ganze Geschlechtsfeld hat eine Länge von 0,2 mm, die bis zur Herzspitze, aber nicht bis an’s Vorderende reichende Geschlechtsspalte 0,16 mm. Der ganze Greschlechtshof ist mit zahlreichen kleinen bis zu 0,008 mm im Durch- messer betragenden Näpfen besetzt, zwischen denen man bei genügender Vergrößerung feine eingestreute Härchen bemerkt. Die Ueberein- stimmung von B. mirifica mit den Hydrachna-Arten bezüglich der Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern vorausgesetzt, müßte es sich in der hier beschriebenen Form um ein Männchen handeln, denn die Geschlechtsplatten sind in ihrer ganzen Ausdehnung mit der Bauch- wand fest verwachsen. 50 Ostafrikanische Hydrachniden. 63 After. Die Afteröffnung beziehungsweise Mündung des Excretionsorgans aufzufinden, ist mir nicht gelungen; wahrschemlich liegt dieselbe in der Bauchrille verborgen. Fundort. Sansibar (Sumpf südlich links der Chaussee, Höhe der Kaffeehäuser); 12. Juli 1888. 14. Eylais extendens ©. F. Müller. Fundort. Quilimane (Sumpf Litololi-tukuli), 16. I. 1889. Cairo (Tümpel im Nilthal), 20. III. 1888. Unter den Stuhlmannschen Hydrachniden ist dies die einzige Form, die sich halbwegs auf eine europäische beziehen läßt. Die Unterschiede, die ich habe auffinden können, sind so unbedeutend, daß sie zur Aufstellung einer besondern Art nicht berechtigen. Die Palpenendigung der afrikanischen Form ist ein wenig spitzer als die der einheimischen. Ferner ist bei jener das letste Tasterglied mehr behaart, und die Borsten auf der Erweiterung des dritten Gliedes sind länger als bei dieser. Da ich im Besitze eines sehr ausgiebigen ein- schlägigen Untersuchungsmaterials von Madagaskar bin, so werde ich Gelegenheit haben, die Frage der Identität nochmals eingehend zu prüfen. In meiner Identificierung werde ich durch den Umstand bestärkt, daß A. Berlese in einer von ihm untersuchten Eylais-Form aus Süd-Amerika (Buenos-Aires) ebenfalls nur eine Varietät zu Eylais extendens zu erkennen vermochte (E. extendens Müll., var. protendens A. Berlese).') In der durch H. Lucas bekannt gewordenen afrikanischen (Algerien) Form (Eylais erythrinus Lucas) glaubte ich ursprünglich eine sichere Art erblicken zu müssen, da dieselbe nach Fig. 6 auf Taf. 22 des eingangs dieses Aufsatzes bezeichneten Lucasschen Werkes ein mit dichten Schwimmhaarbüscheln ausgestattetes viertes Fußpaar besitzt. Indes wird dieses in Wirklichkeit gar nicht vorhandene Merkmal durch R. Moniez (l. c. p. 355), der typische Exemplare von Lucas’ Art untersuchte, auf einen Fehler des Zeichners zurückgeführt. Es ist mir nunmehr zweifelhaft geworden, ob E. erythrinus als Art aufrecht zu halten ist. Dies müßte allerdings geschehen, wenn sich eine von Moniez nicht erwähnte Eigentümlichkeit als richtig heraus- stellte, falls nämlich das Epimeralgebiet der algerischen Form in der That jederseits aus nur einer einzelnen Gruppe bestände, was nicht allein in Fig. 6c auf Taf. 22 zu bildlicher Anschauung gebracht wird, I!) A. Berlese, Acari austro-americani. Sonderabdr. aus Bull. Soc. Ent. Ital. 1888. S. 49. 51 64 F. Koenike. sondern was Lucas auch in der Beschreibung mit folgenden Worten darstellt (l. ec. S. 313—314): „Dans cette espece, les hanches de quatre pattes laterales sont conjointes & leur base, c’est-A-dire-qu’elles ne forment pas deux groupes separes, l’un pour les anterieures et l’autre pour les posterieures; elles laissent au milieu un sternum tres-etroit.“ Wie ich bereits in den einleitenden Bemerkungen dieses Auf- satzes angab, haben wir’s in E. extendens mit einer weit verbreiteten Hydrachnide zu thun. Als weiterer Beleg dafür möge hier noch er- wähnt werden, daß sie außer in Süd-Amerika auch in Nord-Amerika nachgewiesen wurde (Harrinston, Fletcher und Tyrrell, Report of the entomological branch for the season of 1883. Ottawa Field-Naturalists’ Club, Transactions. Nr. 5. Bd. II. 1884. 5. 140). 52 Östafrikanische Hydrachniden, > Erklärung der Abbildungen. Die Untersuchung wurde mit Hülfe eines großen Leitz’schen und eines kleinen Zeiss’schen Mikroskops ausgeführt. Als Zeichenapparat diente eine Camera lucida. Die Abbildungen wurden auf einer Zeichenfläche in verschiedener Höhe skizziert und die jedesmalige Vergrösserung von Fall zu Fall berechnet. Tafel 1. Arrenurus Stuhlmanni nov. spec. '. Fig. 1. Bauchansicht. 1 = Leiste auf der Unterseite des Petiolus., Vergr. = Fig. 2. Petiolus von oben gesehen. st = Mittelstück, e = ellipsoide Ver- diekung des Basalendes, w — Haarwall, b = krumme Borste, ä 22 m! = schmale Membran, m? = tutenartige Membran. Vergr. 7, Arrenurus gibbus nov. spec. ?. 25 Fig. 3. Bauchseite. Vergr. = Fig. 4. Rückenseite. Vergr. n. Fig. 5. Seitenansicht. Vergr. n Fig. 6. Rechte Palpe. Vergr. ”. Arrenurus concavus nov. spec. 2. Fig 7. Seitenansicht. g = Rückengrube, h!, h? u. h?= drei Seitenrand- 2 N 35 höcker der Rückengrube. Vergr. 7. Fig. 8. Hinteransicht (Stirnlage). b = Rückenbogen, & = Rückengrube, ht = der vordere und h? = der mittlere Seitenrandhöcker der # S e c = 35 Rückengrube, e = flache Erhebung auf dem Hinterleibe. Vergr. | ® £ R n 2 40 Fig. 9, Bauchansicht mit den Füßen rechter Seite. Vergr. T: h ; 19 Fig. 10. Linke Palpe. Vergr. 2 Arrenurus globator 0. F. Müller. 2. Fig. 11. Rechte Palpe (gezeichnet nach einem jugendlichen 2 mit noch großen Panzerporen). Vergr. Fig. 12. Geschlechtsfeld. Vergr. = 53 5 % 66 F. Koenike. Arrenurus plenipalpis nor. spec. 2. i ; : die ; R 2 44 Fig. 13. Bauchansicht mit den Füßen linker Seite. Vergr. 7. Nm > ) D 107 Fig. 14. Rechte Palpe. Vergr. T- Arrenurus pectinatus nov. spec. 2. a e 2 n 4 Fig. 15. Bauchausicht. Vergr. T. Tafel I. Atax spinifer nov. spec. 2. Fig. 16. Bauchansicht mit den vier Füßen und der Palpe rechter Seite. V . 45 ergr. 7» 25 ” : 3 = 9 Fig. 17. Linke Palpe. Vergr. 7. m en - a: S e 640 Fig. 18. Freies Ende des sechsten Gliedes vom letzten Fuße. Vergr. —. Atax simulans nov. spec. 2. Fig. 19. Bauchansicht mit den vier Füßen und der Palpe linker Seite. £ 43 3 Ze TRUE N : er Vergr. T- 38 = 1: Fig. 20. Linke Palpe. Vergr. T- Curvipes forceipatus nov. spec. Fig. 21. Bauchansicht des mit den vier. Füßen und der.Palpe linker ER 44 Seite. Vergr. 7- = . - = 2 220 Fig. 22. Die beiden Endglieder der rechten Palpe des J. Vergr. 7 - =g = 5 5 R : \ Ye 225 Fig. 23. Endglied des dritten männlichen Fußes rechter Seite. Vergr. T- Fig. 24. Bauchansicht des 2 mit den vier Füßen und der Palpe rechter a : 42 Seite. Vergr. T-. ee R 150 Fig. 25. Rechte Palpe des 2. Vergr. = Tafel III. Curvipes clathratus nov. spec. 9. IL & 5 c ee 5 : 41 Fig. 26. Bauchansicht mit den vier Füßen linker Seite. Vergr. T. RER, i & a 190 Fig. 27. Ansicht des Unterhautgewebes. Vergr. T. i 140 Fig. 28. Rechte Palpe. Vergr. T-. 5 t : un de E 90 Fig. 29. Geschlechtsöffnung mit den Näpfen rechter Seite, Vergr. . D4 Ostafrikanische Hydrachniden, 67 Hydryphantes Schaubi nov. spec. Ya Sfe Fig. 30. Epimeralgebiet mit Maxillarorgan und Geschlechtshof. Vergr. = Hydryphantes incertus nov. spec. 2. .. . r > Fig. 31. Rückenschild der Nymphe. a = unpaares Auge, Vergr. E Hydrachna spinosa nov. spec. ‘. . Q a > . N 5 15 Fig. 32. Epimeralgebiet mit Maxillarorgan und Geschlechtshof. Vergr. Fig. 33. Oberhautzapfen. Veregr. m Hydrachna globosa de @Geer. J. Fig. 34. Oberhauttüpfel. Vergr. m, Bargena mirifica nov. spec. RR 36 Fig. 35. Bauchansicht. Vergr. T- Fig. 36. Rückenansicht. r = Rückenbogen, a = Ausläufer vom Rücken- 23 bogen. Vergr. 7. ae e i 36 Fig. 37, Vorderansicht. m = Mandibel. Vergr. 7. Fig. 38. Hinteransicht. r = Rückenbogen, a = Ausläufer vom Rücken- RE Ri 32 bogen, g = glockenförmiges Stück des Hautpanzers. Vergr. —E Fig. 39. Seitenansicht. r — Rückenbogen, e —= abgerundete Ecke hinter n 1 40 dem Rückenbogen, m = Mandibel. Vergr. |. T N 225 Fig. 40. Drei Endglieder der rechten Palpe. Vergr. T- Fig. 41. Rechtes Augenpaar (in der Seitenlage des Tieres gezeichnet). 158 p! = der vordere und p? = der hintere Pigmentkörper. Vergr. —» ß = er ü j . - u + E 2 FR e Es ent oe E “ E D v ” 4 EN P. “ ee Re TATEN 7 erg DIET NEN j f i ar NE rn ü L Pe Jahrbuch der Hamburg. wissenseh.Anstalten X.1. Taf. ]. F. Koenike gez. B.Stender lith. F. Koenike, Afrikanische Hydrachniden. _ Jahrbuch der Hamburg. wissensch Anstalten X1. Taf ll. Et 2) Be Org Bi AA Dr SA GL PR) [CH £ Fl > gr Fi Er ED ©.0 > zn, / Ser as S I DS SI ana, Sax A IN SEIEN 28 Sr ER J = a En. EI F. Koenike Sez. : E.Stender lith. F, Koenike, Afrikanische Hydrachniden. = jet DE BR ' Rn n urg.wissensch. Anstalten X. Lig. 30 > 7 Fig:.27 R A\ s ER \ f N c\ SI EN fr Fr Fig 38 SS hi F. Koenike gez. i E.Stender li th. ie F. Koenike, Afrikanische Hydrachniden. mr er Br A RE nd Ostafrikanische Reptilien und Amphibien, gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann im Jahre 1888 und 1889. Von Dr. Georg Pfeffer. Mit zwei Tafeln Abbildungen. 17) Pu we ir ea im Jahre 1889 gab ich ein „Verzeichnis der von Herrn Dr. Franz Stuhlmann in Aegypten, auf Sansibar und dem gegenüber- liegenden Festlande gesammelten Reptilien, Amphibien, Fische, Mollusken und Krebse.“ Die nunmehr folgende ausführliche Bearbeitung bringt zunächst eine Uebersicht der im Jahre 1888 und 1889 gesammelten Reptilien und Amphibien. i Von der Litteratur ist verhältnismäßig wenig aufgeführt, doch ergeben die angeführten Stellen stets den Schlüssel für die gesamte Litteratur und Synonymik; dagegen ist die ostafrikanische Litteratur, soweit sie vorlag, vollständig angegeben worden. Die Titel der häufig vorkommenden Werke sind stark abgekürzt worden, so: Savieny, Audouin et Geoffroy St. Hilaire, Description de l’Egypte Paris 1828—29. (Abgekürzt: Deser. Eg. : Smith, A., Illustrations of the Zoology of South Africa. London 1849. (Abgekürzt: Smith Il. S. Afr.) Peters, W., Naturwissenschaftliche Reise in Mossambique; Zoologie III Amphibien, Berlin 1882. (Abgekürzt: Peters, Moss.) C. v. d. Decken, Reisen in Ostafrika. III. Bd. Amphibien, bearbeitet von W. Peters. (Abgekürzt: Peters, Ost-Afrika.) Pfeffer, G. Verzeichnis der von Herrn Dr. F. Stuhlmann etc. gesammelten Reptilien etc. Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Tom. VI. (Abgekürzt: Pfeffer, Stuhlmann). i Die von Boulenger geschriebenen Cataloge des British Museum sind stets „Boulenger Cat.“ abgekürzt. Sauria. Ptyodactylus lobatus Geoffroy. ua "Deser. Eg. Rept. p. 32, pl. V, f. 5; Suppl. p. 104. — Boulenger, Cat. I, p. 110. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5. No. 33. Cairo, 19. III. 1888. 3 79 Dr. Georg Pfeffer. Hemidactylus mabouya Moreau de Jonncs. Peters, Mossambique, Amph. p. 27, Taf. V, Fig. 3. — Boulenger, Cat. I, p. 122. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5. No. 98. Sansibar, 2. V. 1888. No. 859. Sansibar, 7. VIII. 1888. No. 380. Pongud, Usegua; 24. VIII. 1888; 6 Stücke, meist schlecht. No. ? Kihengo, 12. IX. 1888. No. 774. Quilimane, 16. I. 1889. Ohne No. Embryonen, Sansibar. Ohne No. Vier junge Stücke. Lygodactylus picturatus Peters. Monatsber. Ak. Berl. 1870, p. 115; Ostafrika, p. 13, Taf. II. — Boulenger, Cat. I. p. 161. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5. No. CXXM. Korogwe am Rufu, 22. IX. 1888. No. CXXV. Lewa, Usambaa, 25. IX.. 1888. Lygodactylus capensis Smith. 11. S. Africa. pl. LXXV, fig. 3. — Peters, Mossambique, Amph. p. 28. Ohne No. Wahrscheinlich Quilimane, zwei Stücke. No. CLXXXXVI. Quilimane, 16. I. 1889. Tarentola annularis Gcoffroyy. Deser. Eg. Rept. p. 32, pl. V, fie. 6, 7. — Boulenger, Cat. I, p. 197. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5. Gecko Savignyi Audouin, id. op. Suppl. p. 101, pl. I, fie. 1. No. 36. Cairo. Agama mossambica Zefers. Peters, Mossambique, p. 38, Taf. VII, Fig. 1. — Fischer, Jahrb. Hamb. Wissensch. Anst. I (1884), p. 21, Taf. II, Fig. 6. — Boulenger, Cat. 1, p- 353. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5. No. 397. Mbusini (Usegua), 28. VIII. 1888. No. 759. 760. Mossambique. 10. I. 1889. Drei Stücke. Agama armata Gray. Boulenger, Cat. I, p. 351, pl. XXH, fig. 1. — Peters, Mossambique, p. 42, Taf. VII, Fig. 2. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 5 (als A. mossambica). No. 452. Kihengo (Ungtw), 12. IX. 1888. Agama planiceps Fiters. Peters, Monatsber. Ak. Berl. 1865, p. 15. — Boulenger, Cat. I, p. 358. No. 465. Mhonda, Une; 6. IX. 1888. Varanus niloticus Z/. Boulenger, Cat. II, p. 317. — Peters, Mossambique, p. 23, Taf. IV, Fig. 2. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 6. No. 197. Sansibar, Kibueni, 23. V. 1888. Acanthodactylus Boskianus Danudin. Audouin, Deser. Eg. Rept. Suppl. p. 173, pl. I, fig. 9. — Boulenger, Cat. III, p. 59. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 6. No. 35. Cairo, j 4 Reptilien und Amphibien, ig © Eremias Spekei Günther. Ann. Mag. Nat. Hist., (4) IX. (1872), p. 381. — Boulenger, Cat. p. 84, DI, Idol E. rugiceps Peters, MB. Ak. Berl., 1878, p. 202, Taf. II, Fig. 1. No. 407. Mbusini, 29. VIII. 1888. Zonurus frenatus Pfeffer, (Taf. I, Fie. 1, 2). Pfeffer, Stuhlmann, p. 6. Kopf beträchtlich länger als breit. Kopfschilder sehr stark skulpiert, Frontonasale viel länger als breit, die vorderen seitlichen Ränder bedeutend länger als die hinteren; mit dem Rostrale spitz zusammen stoßend, die Nasalia trennend; diese nicht aufgetrieben; Nasloch in der hinteren Ecke desselben; die mittlere Naht der Praefrontalia von mehr als halber Länge der letzteren. Frontale sechseckig, nach vorn verbreitert. Frontoparietalia breiter als lang. Interparietale klein, mitten in den Parietalia eingeschlossen; deren hinteres Paar länger und breiter als das vordere; 4 sehr grob gestreifte spitzige Oceipitalschilder, von gleicher Gestalt, die äußern etwas srößer. 6 Reihen Temporalia, die 5. aus 2, die 6. aus 1 Schild bestehend, alle sehr grob skulpiert, keine Stacheln bildend. 4 Supra- ocularia, das 1. am längsten, das 2. am breitesten. 3 Superciliarıa, Augenlid opak, beschuppt. Zügelschild klein, an das Nasloch stossend; Praeoculare sehr groß. 2 Infraorbitalia. 7 Labialia superiora, das letzte ganz klein, nächst diesem ist das 1. das kleinste ; das 5. viel höher als die vorangehenden; die drei letzten viel stärker skulpiert als die übrigen. Unterer Rostrale-Rand dreimal so lang wie die Höhe des Schildes. Labialia inferiora 6 (5); die daneben liegende Reihe be- steht aus 5 Schildern, das 4. bei weitem das größte; zwischen dem 1. Paar ein medianes Unterkinnschild. Die Kehlschilder sind schwach gekielt, der Mittelkiel der Halsschilder zu einem kurzen Dorn ausge- zogen. Die Seitenschilder des Halses und Leibes richten ihre distalen Spitzen stark auf, sind jedoch nicht stärker stachelförmig ausgeprägt als bei Z. cordylus. Die Rückenschilder haben starke Längsskulptur und einen starken Längskiel, der in eine kleine, kaum ausgezogene Spitze endigt; 20 Längs- und 26 Querreihen. Bauchschilder in 14 Längsreihen, die der drei äußeren Reihen mit schrägem Längskiel und in kurze Spitzen ausgezogen. Gliedmaßen außen mit stark gekielten, innen mit schwach gekielten Schuppen. 7 Schenkelporen. 2 große Praeanal- schilder neben der Mittellinie. Schwanzschuppen sehr stark, unten in kräftige, oben in sehr starke Dornen ausgezogen, D Y4 Dr. Georg Pfeffer. Farbe braun, mit dunkelbrauner und schwärzlicher und hell- brauner unregelmäßiger Zeichnung; unten hell. Vom Ohr läuft die Seiten entlang eine schwarzbraune, am Halse undeutlich heller ein- gefaßte Binde. Kopf 27 mm. Rumpf 70 mm. Schwanz 87 mm. No. 477. Mhonda; 6. IX. 1888. Boulenger legt (Zoological Record 1889 Reptilia and Betrachia p. 8) nahe, daß die vorbeschriebene Art = Z. tropidosternum Cope sein könnte; doch hat mich ein nochmaliges genaues Studium von ihrer Selbständigkeit als Art überzeugt. Gerrhosaurus major A. Dumeril. Cat. meth. Rept. p. 39. — Peters, Decken, p. 15; Mossambique p. 58. — Boulenger, Cat. III, p. 121. G. zanzibariceus Pfeffer, Stuhlmann, p. 7. Boulenger hat im Zoological Record 1889, Rept. p. 8, durch- aus Recht, wenn er den früher von mir als eigene Art beschriebenen G. zanzibaricus zu G. major zieht. Wenn ich die vorhandenen Be- schreibungen nicht sorgfältig genug gelesen hatte, so kam das daher, daß im der von Boulenger gebrachten Synopsis of species unsere Art versehentlich unter die Arten mit 8 Reihen von Bauchschildern geraten war, und ich mich daher schon bei der allerersten Bestimmung auf falschem Wege befand. No. 123. Sansibar, Kibueni, 12. V. 1888. No. 249. Sansibar, 9. XI. 1888. Ein Kopf. Ohne Nummer und Fundort: ein Stück. Gerrhosaurus nigrolineatus Hallowell. Proc. Ac. Phil: 1887, p. 49. — DBoulenger, Cat. III, p. 12%. — Pfeffer Stuhlmann, p. 8. No. 379. Pongu£&, Usegua; 24. VIII. 1888. Gerrhosaurus flavigularis Wiegmann. 3oulenger. Cat. Ill, p. 122. — Smith, Ill. S. Afr. Rept. pls 37 u. 42, fig. 1—4. — Peters, Mossambique, p. 57. No. 758, Quilimane, 15. I. 1889. Ohne Nummer und Fundort, ein Stück. Mabuia striata Peters. Peters, Mossambique, p. 67, (Euprepes). — Boulenger, Cat. III, p. 204. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 8. Euprepes punctatissimus Smith, Il. Zool. S. Afr. Rept. pl. 30, f. 1. Mabuia varia Peters; Pfeffer, Stuhlmann, p. 8. No. 154. Sansibar, auf dem Dache; 22. II. 1888. No. 349. Sansibar, 18. VII. 1888; drei Stücke. Ohne No. Sansibar. No. CXXII. Lewa, Usambäa, %6. IX. 1888. Ohne No. Mhonda. Reptilien und Amphibien. —r (St Lygosoma Sundevallii Peters. Peters, Mossambique, p. 75, Taf. XI, Fig. 2 — Boulenger, Cat. III, p. 307. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 8. No. 179. Sansibar. Insel Baui, in faulem Palmenholz, 20. V. 1888. No. 1218. Ebendaher, 7, VII. 1889. „mjusi islam.“ No. 1728. Kokotoni, 24. IX. 1889. No. 1774. Pangani, 28. Xl. 1889. No. 1827. Bagamoyo, Febr. 1890. Ablepharus Boutonii Desjardins. Boulenger, Cat. III, p. 346. — Peters, Decken, p. 15; Mossambique, p. 77. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 8. No. 93. Sansibar, Insel Changu; 19. IV. 1888. Ablepharus Wahlbergii Smith. Il. Zool. S. Afr. Rept. App. p. 10. — Peters. Mossambique, p. 77 Taf. XI, Fig. 3. No. CIV. Mhonda; 6. IX. 1888. Vier Stücke. Ohne No. Quilimane. Scincus offieinalis Laurenti. Audouin, Deser. Eg. Rept. Suppl. p. 130, pl. II, f.8. — Boulenger, Cat. III, p. 391. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 8. No. 34. Cairo. Chalcides ocellatus Forskal. Audouin Deser. Be. Rept. Suppl. p. 129.91..11, £. — Boulenger, Cat, IIl, p. 400. No. 37. Cairo. Chalcides sepoides Audowsn. Deser. Eg. Rept. Suppl., p- 132, pl. I, f. 9. — Boulenger, Cat. III, p. 407. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 9. | No. 38. Cairo. Chamaeleo dilepis Leach (emend. Boulenger). Boulenger, Cat. II, p. 451, pl. 39, f£. 6. No. 263. Sansibar; 19. VI. 1888. No. 881. Mbasi, Pongu&, 24. VIII. 1888. Drei Stücke. No. 758. Quilimane; 15. I. 1889. Zwei Stücke. Ohne No. Sansibar. Vierzehn Stücke. Ohne No. Bagamoyo. Ohne No. und Fundort. Vier junge Stücke. Rhampholeo Kerstenii Peters. . Peters, MB. Berl. Ak. 1868, p. 449; Öst-Afrika, p. 12, Tat. I Ki. 1. Günther Ann. N.H. (5) VI (1880), p. 238 fig. — Fischer Abh. Naturw. Ver. Hamb. VIII (1884), p. 7, Taf. VII, Fig. 2 No. 410 und 528. Mbusini, Aug. 1888. Ein erößeres Stück (von der Schnauzenspitze bis zum After 68 mm) und drei kleine; die letzteren angetrocknet. rn d 76 Dr. Georg Pfeffer. Rhampholeo Boettgerii nov. spec. (Taf. I, Fig. 6, 7). Finger wie bei Rh. Kerstenii. Kopf mit kleinen Höckerschuppen und größeren ganz flachen Tuberkeln. Von der Schnauze, kurz vor der Spitze, steiet den Canthus entlang je eme mäßige Kante bis über die Augen; die Tuberkeln dieser Kante sind schwach konisch und springen alle gleich weit vor. Der Raum auf dem Scheitel zwischen beiden Kanten ist mit großen flachen Schuppen gepflastert. Von einer Parietalkante ist keine Spur vorhanden. Die Schläfenkante ist jeder- seits durch etwa fünf höckerförmige Tuberkeln angedeutet. Die Granu- lierung der Körperhaut ist viel feiner, als bei Rh. Kerstenii und die Granula fast nur im hinteren Teile des Körpers sternförmig. Diese Merkmale werden genügen, die neue Art zu unterscheiden. Ich gebe nunmehr die Beschreibung des emzigen Stückes, welches noch eine ganze Menge sehr eigenartiger Kennzeichen darbietet. Die Körperhaut ist mit klemen platten Granulis dicht bedeckt, die fast nur auf dem hinteren Teile, und auch da m schwächerer Ausbildung die bezeichnende Sternförmigkeit der Granula von Rh. Ker- stenii aufweisen. Über den ganzen Körper zerstreut finden sich etwas größere Höcker, die stumpf hervorragen, aber sich nie zu spitzen, konischen Gebilden entwickeln. - Selbst die Höckerbildungen auf den Kanten des Kopfes ragen nur schwach hervor, sodaß die starken Unterbrechungen der Profilkante von der Augenhöhe bis zur Schnauze, wie sie bei Rh. Kerstenii auffallen, hier überhaupt nicht zu bemerken sind. Die Farbe des Tieres ist vorn dunkelbraun, hinten schmutzig milchig violetweiß. An den Seiten breitet sich die dunkle Farbe bis über die Schulter hinaus, auf den Rücken hin über zwei Drittel der Rückenlänge aus. Die dunklen Tuberkeln sind ganz ohne sternförmige Jacken, die helleren dagegen zeigen dieselben. Der Schädel ist schmutzig hellviolett und zwar findet sich auf dem Scheitel die helle Farbe als ein nach hinten spitz zulaufender Fleck, welcher grade den Raum einnimmt, der bei Rh. Kerstenii von den Parietalkanten eingeschlossen wird; des ferneren dehnt sich die helle Farbe bis zu einem Streifen hinter dem Auge und von da die Schläfenkante entlang aus; hinter dem Mund- winkel schließt die helle Farbe mit einem Fleck ab. Im Ganzen ent- spricht diese Färbung völlig der von Rh. Kerstenii, wie sie Peters 1. c. darstellt. Vom Auge verläuft die Körperseiten entlang bis etwa” zur Mitte des Tieres ein von einer einzigen Körnchenreihe gebildeter Strich ; ein ähnlicher aber viel kürzerer läuft von der Schulter nach hinten. Da das Tier, von der Schnauzenspitze über die Rückenkante hinweg bis zur Spitze des sehr kurzen Schwanzes noch nicht 50 mm mißt, so könnte man versucht sem, irgend eines der von Rh. Kerstenii ab- S Reptilien und Amphibien. 7. weichenden Merkmale als Jugend-Charaktere aufzufassen; doch liegt mir ein Stück von Rh. Kerstenii vor, welches noch nicht die Größe des Stückes der neuen Art erreicht, aber dennoch die starke Skulpierung der Art auf das allerausgeprägteste aufweist. Sehr viel Ähnlichkeit hat dagegen die neue Art mit dem kleinsten mir vorliegenden Stücke von Rh. Kerstenii (von der Schnauzenspitze bis zum After 24 mm). Bei diesem sind die Unebenheiten der Kopfoberfläche viel schwächer, als bei den erwachsenen Stücken, doch sind sie in allen Teilen zu erkennen. Jene scharfen, die Augen weit überragenden Kanten sind auch hier schon entwickelt und entsprechend dieser Bildung weichen die Kanten auf der Höhe des Schädels viel weiter aus einander; ebenso wird durch das Vorspringen der Ober-Augenkanten das Profil etwas konkav und sehr viel steiler als bei der neuen Art. Das einzige Stück ist sehr stark eingekrümmt, doch kann man durch Ausmessen des Rückens ersehen, daß es in normalem Zustande etwa 50 mm lang ist; von der Afterspalte bis zur Schwanzspitze sind nur. 6 mm. Bagamoyo 1890. Ein Stück. Ophidia. Onychocephalus coecus A. Dumeril. | A. Dume£ril. Revue de Zoologie, Oct. 1856, p. 462. — Jan, Ieonogr. livr. 2 Bla IVERV, 1 7E 2 Stücke, ohne genauere Fundortsangabe. Stenostoma conjunctum Jan. Arch. Zool. I, p. 189; Iconogr. livr. 2, pl. V, VI, £. 9. 1 Stück, Korogwe. Calamelaps unicolor Reinhardt. Calamaria unicolor Reinh. Dansk. Vid. Afh. X. (1843), p. 4 (Sonder- abzug), Tab. I, Fig. 1—3. Amblyodipsas unicolor Jan, Prodromo II Calamaridae p. 41. Calamelaps unicolor Günther Ann. Mag. Nat. Hist. XVIII, (1866), p. 26. No. 1821. Bagamoyo, Febr. 1890. Ein Stück. Gattung Ligonirostra Cope. Bull. Unit. Stat. Nat. Mus. No. 32 (1887) p. 52. Temnorhynchus Smith, Ill. Zool. South Afr. App., p. 17. Cope hat den Smith’schen Namen geändert, weil Temnorhynchus bereits als Name für einen Käfer vergeben war. In der Diagnose stimmen beide Autoren darin nicht überein, daß Smith em doppeltes, Cope ein einfaches Internasale angiebt. Die Peters’sche Art (T. lineatus, Monatsb. Berl. 1871 p. 568) hat zwei, die neue Art L. Stuhlmanni ein einfaches Internasale. 18 Dr. Georg Pfeffer. L. Stuhlmannii nov. spec. (Taf. I, Fig. 8, 9, 10). Internasale einfach, ein Praeoculare, zwei Postocularia, Tempo- ralia 1. 2. Das 3. und 4. Supralabiale tritt an das Auge. Drei Infra- labialia berühren die Kinnfurchen-Schilder. 15 Schuppenreihen. 133 bis 136 Ventralia, 1 ungeteiltes Anale, 51—32 doppelte Subcaudalia. Farbe oberseits dunkel graublau, mit 2 Längsreihen klemer weißer Punkte, welche, von der Mittellinie des Rückens aus gerechnet, auf der Grenze der zweiten und dritten Schuppe liegen. Der Kopf ist ganz schwach abgesetzt, das Profil ziemlich stark parabolisch nach unten und vorn gewandt. Das Rostralende reicht weit über das Ende des Unterkiefers hinaus und: bildet auf seiner Unterseite eine große mit einem queren halbmondförmigen Eindruck versehene Platte. Das Rostrale ist außerordentlich breit; seine seit- lichen Ecken reichen nach hinten fast so weit wie das Nasale. Das Nasale zeigt eine das Nasloch mit dem Hinterrande verbindende Furche. Das Internasale hat einen geraden queren Vorder- und Hinterrand; es verbreitert sich trapezisch nach hinten, seine Länge beträgt etwa ein Drittel der Breite. Das gemeinsame Praefrontale hat etwa dieselbe Gestalt; es ist sehr breit und reicht mit seinen etwas ausgezogenen hinteren Ecken fast bis an das Auge; sein Vorderrand hat einen graden Vorlauf, der Hinterrand ist im der Mitte rundlich nach hinten ausgebuchtet. Das Frontale ist dreieckig, so breit wie lang, mit schwach konvexen Seitenrändern; sein spitzwinkliges Hinterende schiebt sich weit zwischen die Parietalia. Die Parietalia sind so lang wie das Frontale; ihre gemeinschaftliche Naht noch nicht gleich ihrer halben Länge; ihre Form ist trapezisch, insofern der vordere innere und der äußere hintere Rand annähernd parallel verlaufen; der Vorderrand stößt an das Supraoculare und die Postocularia. Das Fernale ist länger als hoch; das Praeoculare eine schmale hochstehende Platte; das Supraoeulare groß, vorn fast spitz beginnend, nach hinten sich stark verbreiternd. Von den Postocularia ist das untere höher. Die Supra- labialia wachsen nach hinten an Höhe; das 3. und 4. tritt an das Auge. Das Temporale der ersteren Reihe keilt sich zwischen das untere Postoculare und den Vorderrand des 5. Supralabiale ein und berührt den Oberrand des 4. Supralabiale. Die zweite Reihe der Temporalia besteht aus zwei Schildern. Das Kinnschild ist klein, das erste Paar der Unterlippenschilder in der Kehlfurche zusammenstossend ; ihre Hinterränder bilden eine gerade quere Linie; das einzige Paar der Kinnfurchenschilder stößt an zwei Unterlippenschilder. Von den acht Unterlippenschildern ist das 2. und 3. ziemlich niedrig, das 4. und 5. plötzlich sehr hoch, die drei folgenden ganz niedrig. Die erste 10 Reptilien und Amphibien. 79 der beiden Reihen der Kehlschuppen besteht aus einer medianen, sich zwischen die auseinander stehenden Hinterenden der Kinnfurchenschilder einschiebenden großen Schuppe und zwei seitlichen, welche die Länge der großen Kinnfurchenschilder haben. Die zweite Reihe der Kehl- schuppen setzt sich aus zweien zusammen. Das Internasale und Praefrontale trägt nahe dem Hinterrande und das Frontale nahe den Seitenrändern eine Reihe feiner eingedrückter Punkte. Auch die übrigen Schilder sind, wenn auch nicht so regel- mäßig, punktiert. Die Rückenschuppen sind sehr glänzend, sechseckig, nicht deckend, vor dem Ende mit einem eingedrückten Punkt versehen. Der Schwanz endigt in einer großen, mit harter Endspitze versehenen dornigen Spitze. Jede einzelne Schuppe ist von einem hellen Graublau, die Ränder dagegen sehr dunkel und breit graublau umzogen. Die bereits beschriebenen kleinen weißen Punkte ergeben eine sehr saubere Zeichnung. Die Bauchschilder zeigen eine weißgraue Farbe mit ganz schwach anftretender (bei dem einen Stück fast fehlender) Marmorierung. Länge etwa 200 mm. No. 521—522. Usambäa, Sept. 1888. Zwei Stücke. Coronella olivacea Peters. Peters, Monatsb. Berl. 1854, p. 622; Moss., p. 114, Taf. XVII, Fig. 1. — Günther, Cat. Col. p. 39. — Mocquard, Bull. soc. phil., (7) XI (1887), p. 66. — Böttger, Ber. Senck. 1887/88, p. 48. — Pfeffer, -Stuhlmann, p. 9. — Fischer, Jahrb. Hamb. Wiss. Anst. I, p. 6. Neusterophis atratus Peters, Monatsh. Berl. 1877, p. 614, Fig. 1. Wenn man die Art in der Weite annimmt, wie es sich aus den Beschreibungen und Besprechungen von Peters, Günther und Böttger zusammen ergiebt — eine Auffassung, zu der das mir vorliegende Material gleichfalls drängt — so ergiebt sich eine ganz außerordent- liche Variationsweite. Feststehend für alle Stücke ist die dunkle Um- randung des Vorderrandes und der vorderen Seitenränder jeder Schuppe und die punktförmig hell und dunkle Marmorierung des übrigen Teiles jeder einzelnen Schuppe; ferner die dunkle Umrandung der Oberlippen- Schilder. Bezeichnend ist auch das Übergreifen der Farbe des Rückens auf die Bauchschilder, doch tritt dies Merkmal in verschieden starkem Maße auf. Die Farbe des Rückens ist großer Veränderung unter- worfen; sie geht von einem ziemlich lebhaften Braun bis zu einem mit violetem Anflug versehenen Braunschwarz. Die des öfteren bereits beschriebenen dunkleren Längsstreifen, die auf ganz bestimmten Schuppen verlaufen, haben eine große Beständigkeit, sind aber bei eimem vor- liegenden sehr dunklen Stück nicht zu erkennen. Zu bemerken ist noch, 11 80 Dr. Georg Pfeffer. daß der Raum zwischen den beiden dorsalen Längsbändern mit diesen zu einem einzigen, nur in der Mittellinie etwas helleren, dunklen Dorsal- bande verfließen kann, ebenso, daß die lateralen Längsbinden sich nach der Bauchseite zu etwas verbreitern können. Auch im der be- sonderen Beschilderung des Kopfes tritt eine starke Veränderungs- fähigkeit auf, insofern die — freilich ja überhaupt sehr variablen — Kinnfurchenschilder unregelmäßige Bildungen zeigen; ferner können die beiden neben dem Parietale liegenden Schläfenschilder zu einem einzigen verschmelzen. Das Loreale kann in zwei übereinander liegende Stücke zerfallen, ebenso das sehr bezeichnende, unten schmale oben breite Praeoculare. Schließlich hegt ein Fall vor, m dem die beiden oberen von den drei Postocularen verschmelzen. Daß bei einer so hoch gesteigerten Veränderungs-Fähigkeit der Kopfschilder auch die Längen- und Breitenverhältnisse des Frontale schwanken, erscheint nicht weiter auffällig. Der Umstand, daß diese Unregelmäßigkeiten meist nur auf einer Seite auftreten, sichert ihre Deutung als solche. Die sonderbarste an der Art auftretende Variation betrifft den Schwanz. Böttger macht 1. c. bereits darauf aufmerksam, daß Schwanzver- letzungen hier nicht selten auftreten. Von den mir vorliegenden acht Stücken von Ost- und Westafrika besitzen vier, also die Hälfte aller, eime nicht regelmäßige Ausbildung der dornförmigen Endschuppe des Schwanzes; emes zeigt eine ganz frische Bruchstelle. Böttger tolgert daraus, daß der kurzschwänzige, von Peters beschriebene Neusterophis atratus ein Stück mit verstümmelt gewesenem, später wieder mit regel- mäßiger Spitze versehenem Schwanze ist. Dieser Auffassung möchte ich mich nicht anschließen, da unter den mir vorliegenden lang- wie kurzschwänzigen Formen sowohl solche mit regelmäßiger als auch solche mit mehr oder weniger unregelmäßiger Endschuppe anzutreffen sind. Vielmehr dürfte die in der That vorliegende Leicht - Verletzlichkeit des Schwanzes auf eine schwache Ausbildungs-Energie der Schwanz- spitze schließen lassen, welche schließlich zu einer völligen Unterdrückung des ursprünglichen Schwanzendes führt. Es wären demnach die kurz- schwänzigen Formen nicht verstümmelte, sondern bereits mit kurzem Schwanz geborene Tiere. Eine ganze Reihe von entsprechenden Fällen habe ich — wenn auch an einer ganz anderen Tiergruppe — bereits im Jahre 1880 besprochen. (Die Pteropoden des Hamburger Museums. Abh. Naturw. Verein Hamburg VII 1880.) Es wurde hier nachge- wiesen, daß sowohl am Vorder- wie am Hinterteile der Schale die schwache Ausbildungs-Energie sich zunächst in Verstümmelungen zeigt, die schließlich die Regel werden, sodaß die betreffenden Teile schließlich gar nicht mehr auftreten. Reptilien und Amphibien. 81 Die folgenden Stücke, mit Ausnahme des unter 3) aufgeführten, stammen wahrschemlich von Quilimane. 1) 2 Stücke. Ein junges 175 mm langes Stück, ziemlich ein- farbig dunkelbraun, jedoch mit Andeutung der Binden und der sie begrenzenden hellen Fleckenreihen; hinter der Schläfengegend je ein zıemlich großer hellerer Fleck. Langschwänzig, 58 Subcaudalia ; eine im Verhältnis außerordentlich schlanke, 2,5 mm lange Endschuppe. Auf der linken Seite nur ein einziges Temporale längs dem Parietale. — Ein großes Stück, violetschwärzlich, ohne wahrnehmbare Längsbinden- Bildung, Bauch hellgelb; Kopfschilder regelmäßig außer den Schläfen- schildern, von denen links 2, rechts 3 neben dem Rande des Parietale ausgebildet sind. Kurzschwänzig, 32 Subcaudalia, mit wohl ausge- bildeter, mäßig schlanker, dornförmiger Schwanzschuppe von 6 mm Länge. Dies Stück entspricht — abgesehen von der Bildung des Praeoculare, völlig dem Neusterophis atratus Peters. 2) Quilimane. Ganz dunkel, doch mit deutlicher Bindenbildung, ohne helle Begrenzungs-Flecke. Bauch äußerst lebhaft gelb. Auf der linken Seite nur zwei Postocularia, indem das unterste mit dem 6. Supralabiale verschmolzen ist. Kurzschwänzig, 39 Subcaudalia, die Endschuppe stumpf, kurz und etwas unregelmäßig gebildet. 3) Glas L. Sansibar. 3. VI. 1888. Ganz dunkel, ohne Spur von Bändern und Fleckchen. Langschwänzig, 59 Subcaudalia, das Ende ver- stümmelt und nicht geheilt; eine schlecht geheilte Verwundung einiger Schuppen vor dem Ende. 4) Braun mit dunklen Längsbändern ohne Flecken. Die dunkle Farbe reicht nur in ganz kleinem Maße auf die Bauchschilder. Jeder- seits nur zwei Postocularia, indem die beiden ursprünglich oberen ver- schmolzen sind. Außerdem liest von Ost- Afrika noch vor ein Stück, von Dr. G. A. Fischer bei Aruscha gesammelt. Seitdem Dr. J. G. Fischer dies Stück erwähnt hat, sind die Längsbinden besonders vorn etwas kräftiger hervorgetreten; die weißen mit schwarz gegliederten Begrenzungs-Flecken sind sehr schön zu bemerken. Schwanz lang, Subcaudalia 54; die End- spitze stumpf, kurz und unregelmäßig ausgebildet. Zum Schluß seien erwähnt zwei Stücke des Hamburger Museums von Klein Popo, das eine mit vier Reihen weißer Pünktchen, das andre mit den Pünktchen auf jeder Schuppe. Beide langschwänzig, das eine Stück mit verstümmeltem und sehr schlecht geheiltem Schwanz- 13 6 32 Dr. Geore Pfeffer. 0,3; Ä ( ende. Die Stücke werden des näheren bei der Bearbeitung der westafrikanischen Sammlungen des Hamburger Museums beschrieben werden.”) Philothamnus heterolepidotus Günther. Günther, Ann. N. H. (3) XI (1863), p. 286 (Ahaetulla). — Barboza du Bocage Jorn. Acad. Lisboa IX (1882) p. 3 u. 8. — Böttger, Ber. Senekenb. 1887/88, p. 60. Ph. lagoensis Gthr., Ann. N. H. IX (1872), p. 26. — Bocagel. c.,p. 3 u. 6. Abaetulla eracillima Gthr, Ann. N. H. (6) I (1888), p. 326. Nimmt man nach Bocages sorgfältigen Vergleichungen einer orößeren Zahl von Stücken dieser Art an, daß die von Günther be- schriebenen Stücke in der Beschilderung der Oberlippe nicht normal gebildet waren, eine Ansicht, welche das Böttger’sche Exemplar auch bestätigt, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die drei vorliegenden Stücke zu der Günther’schen Art gehören. Die Beschilderung des Kopfes, besonders hinsichtlich des breiten Frontale und der hinten breit und gerade abgeschnittenen Parietalia, wie sie Bocage abgebildet, ergeben gute und scharfe Merkmale. Wesentlich ist der Nachtrag, den Böttger hinsichtlich der Färbung der Art geliefert hat, daß näm- lich die Oberfläche des Kopfes einen bräunlichen Anflug hat und die Temporalgegend viel dunkler blau ist als die Frenalgegend. Ich möchte dazu noch bemerken, daß die braune Farbe die ganze Ober- fläche des Kopfes bedeckt mit Ausnahme der äußern Teile der Parie- talia; ferner daß das dunkle Blau der Schläfengegend ganz besonders tief und schön ist. Der bräunliche Anflug auf dem Rücken, den Böttger beobachtet hat, findet sich nur bei dem kleinsten Stücke wohl ausgeprägt; den beiden großen fehlt er. Diese zeigen über das ganze vordere Drittel bez. die Hälfte des Rumpf-Rückens viele große schwarze Flecke, welche zu mehr oder weniger deutlichen queren oder etwas schrägen Querbändern zusammen laufen. Die Günther’sche Ahaetulla gracillima gehört gleichfalls hierher; bei dem kleinsten der mir vor- liegenden Stücke ist von Kielen der Ventralia nicht mehr zu reden, die Zahl 9 der Supralabialia ist auch für Ph. heterolepidotus die Regel; demnach bleibt für A. gracillima kem positives Merkmal mehr übrig. Das eine der beiden großen Stücke, deren artliche Zusammen- sehöriekeit auf Grund der Uebereinstimmung sämtlicher übrigen Merkmale nicht im geringsten bezweifelt werden kann, zeigt auf beiden Seiten für die Temporalia die Formel 1 + = d.h. es entspricht dem *) Ebenso mehre andere, während des Druckes der vorliegenden Arbeit eingelaufene Stücke, 14 Reptilien und Amphibien, 83 Ph. lagoensis Günther. Da Günther nur ein Stück vorlag, also nicht mehr als mir, ferner die Färbung, wie die vorliegende Stücke beweisen, abändern kann, im übrigen aber Günthers Beschreibung kein Merkmal enthält, welches nicht zugleich auf Ph. heterolepidotus paßt, so glaube ich Ph. lagoensis in den Kreis dieser Art ziehen zu müßen. No. 953—961. Glas CCLVI. 3 Stücke. Njama Kette, Quilimane. Philothamnus punctatus ZXters. Monatsber. Ak. Berl. 1866, p. 889; Ostafr., p. 16, Taf. I, Fig.2A,B, C; Mossambique, p. 129, Taf. 19 A, Fig. 1.— Barboza du Bocage, 1. e., p. 14. Ph. irregularis Leach. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 9. No. 469. Lewa (Usambäa), 28. IX. 1889. No. 854. 29. I. 1889. Quilimane. Rechts stoßen zwei, links drei Supralabialia an das Auge. No. 855. 29. I. 1889. Quilimane. Drei Supralabialia berühren das Auge. No. 867. 7. II. 1889. Quilimane. Zwei Supralabialia berühren das Auge. Die zweite Reihe der Temporalia besteht nur aus einem Schilde, welcher in- folgedessen vom Parietale bis zum 8. Supralabiale reicht. No. 871. 7. II. 1889. Quilimane. Zwei Supraocularia berühren das Auge; rechts besteht die zweite Reihe der Temporalia nur aus einem Schilde, No. 909. 12. IT. 1889. Quilimane. Das 4. Supralabiale reicht rechts mit einem Punkte, links überhaupt nicht an das Auge. No. 911. 12. II. 1889. Quilimane. Zwei Supralabialia berühren das Auge. Var. sansibaricus nov. Von den vorerwähnten typischen Stücken unterscheiden sich fünf von verschiedenen Fundorten auf Sansibar stammende Stücke erheblich, wenngleich die Unterschiede zu einer artlichen Abtrennung nicht ausreichen dürften. Allen fehlen die schwarzen Flecke, dagegen sind die schwarzen Ränder der Körperschuppen ganz besonders scharf und sauber ausgeprägt. Die Kiele auf den Bauchschildern sind nicht bräunlich, sondern grünlich oder bläulich. Der Kopf erscheint nach vorn ein wenig stumpfer, das Frontale und die Parietalia ein wenig kürzer als bei den typischen Stücken. Die Anzahl der Ventralia und Subcaudalia entspricht den typischen Stücken, ebenso die Beschilderung des Kopfes im allgemeinen und die Form der einzelnen Kopfschilder im besonderen. Die Strichelung der Rückenschuppen ist stärker als bei den Stücken von Quilimane, außerdem zeigen sie kurz vor dem Über- gang in den Schwanz schwache aber deutliche Mittelkiele. Bei dem einen der typischen Stücke ist dies letztere Verhältnis, wenn auch schwach, ebenfalls angedeutet; es muß aber hervorgehoben werden, daß sich die Stücke von Sansibar in einem weit besseren Erhaltungs- zustande befinden, als die sehr weich gewordenen von Quilimane. Besonderheiten in der Beschilderung des Kopfes werden unten bei der Aufzählung der einzelnen Stücke angeführt. 15 6* S4 Dr. Georg Pfeffer. No. 516, 517; Aug. bis Nov. 1888; 3 Stücke. Bei allen treten zwei Supralabialia an das Auge, bei einem Stücke kann man auf der einen Seite des Kopfes von einer punktförmigen Berührung durch ein drittes Supralabiale reden. Ein Stück zeigt für die Schläfenschilder 5 1 die regelmäßige Formel 2+2 +2, das zweite I+-1+ Tr und 1 + 1 1 1 1 - + - ; das dritte +1 und 1 + 7 ie 1° No. CXIV. 2 Supralabialia berühren das Auge. Ohne No., östl. Teil der Insel bei Jambiani, VI. 1889. Drei Supra- labialia reichen an das Auge. Temporalia links I+ 0: rechts 1 + 1 as Philothamnus punctatus /’eers var. thomensis Barboza du Bocage spec. Ein Stück von Jambiani, welches durchaus zu den vorigen Stücken gehört, ist von Ph. thomensis Barb. (l. e. p.11) nicht zu unterscheiden. Philothamnus neglectus ters. Peters, Monatsb. 1366 p. 890: Mossambique p. 130, Taf. 19 A, Fie.2. — Barboza du Bocage l. c., p. 4 und 17, 18. Es liegen 16 Stücke vor, welche im allgemeinen gut auf die 3eschreibungen von Peters passen; da diesem aber nur zwei Stücke zugänglich waren, so ergiebt sich nunmehr eme größere Variationsweite der Art. Die Schilder des Kopfes sind sehr einheitlich ausgebildet; nur die Oberlippenschilder ändern stark ab. Das 1. Supralabiale berührt durchaus nicht immer das Frenale, wie Peters angiebt. Nur fünf von den vorliegenden Stücken zeigen dies Verhältnis, bei zwei anderen kann man sagen, daß die Schilder sich im einem Punkte berühren; bei den andern sind sie aber weit von einander getrennt. Bei einem Stück (Nr. 851) schiebt sich das 8. Supralabiale bis an die Parietalia und trennt die Temporalia. Einige Stücke zeigen keine Spur einer Kielung der Bauchschilder; bei andern aber ist eine Kante und ein feiner weißer oder bläulicher Strich an dieser Stelle ausgebildet. Die vorliegenden Stücke stimmen m einem auffallenden Merk- male überein mit der Beschreibung, welche Barboza du Bocage 1. ce. von Ph. hoplogaster Günther giebt, indem dieser Autor sagt: „pas de petites taches blanches sur les bords des &cailles.“ Da nun Günther bei der Origmalbeschreibung von A, hoplogaster im Gegensatz dazu angiebt: „each scale with a withe spot en the basal half of its outer margin“, ferner Peters und schließlich Bocage selber (l. ec. p. 15 Zeile 3 von oben) sagt, daß sich Ph. neglectus von Ph. hoplogaster durch den Mangel der weißen Flecke unterscheidet, so 16 Reptilien und Amphibien. 85 dürfte die Bezeichnung ‚pas de petites taches blanches‘“‘ versehentlich in die Beschreibung von Ph. hoplogaster bei Bocage hinein geraten sein. Das Vorkommen bez. Fehlen dieser weißen Flecke scheint im übrigen ein recht festes Merkmal zu sein, sodaß trotz dem auch bei Ph. neglectus auftretenden Schwunde der Kiele und der Verschiedenheit in der Ausbildung des ersten Supralabiale die Günther’sche Art Ahae- tulla hoplogaster aufrecht erhalten werden muß. No. 521. Usambäa, Sept. 1888, 5 Stücke, wahrscheinlich von Dr. H. Meyer's Expedition stammend. Die folgenden Stücke sind alle von Quilimane. No. 808, 851, 852. 25. I. 1889. No. 853. 29. I. 1889. No. 858, 861, 862. 1. II. 89. No. 864, 2. II. 89. No. 868, 7. II. 89. Bei dem Stück No.851 trennt das 8. Supraoculare die Temporalia und reicht bis an das Parietale, Philothamnus Güntheri nov spec. (Taf. I, Fig. 3, 4, 5). Kopf kräftig abgesetzt. Körper sehr schlank, Schwanz längst nicht ein Drittel der Körperlänge ausmachend. Frontale nach hinten kaum verschmälert, mit kaum bemerkbarer Konkavität der Seitenränder. Parietalia vorn breit, hinten ziemlich schmal, mit gerundeter Hinter- ecke und kräftig geschwungenen Seitenrändern. Frenale außerordentlich kurz, sem Hinterrand so lang wie sein Oberrand. 1 Praeoculare, 2 Posto- cularia, 9 Supralabialia, das 4., 5. und 6. berühren das Auge, das 9. nur halb so hoch, wie das 7.und8.; Temporalial + ne Ventralia nicht gekielt; die Kiellinie als schwacher, bläulicher Streifen erkennbar, 158 Schilder. Anale geteilt. Subcaudalia 109, völlig ungekielt. Farbe oberseits grün, mit queren schwarzen Bändern auf der vorderen Hälfte und einzelnen schwarzen Flecken auf der hinteren Hälfte des Rumpfes. Die einzelnen Schuppen ohne weisse Flecke, dagegen an ihrer Basis mit schön blauer oder blaugrüner Färbung versehen. Die vordere Schläfengegend ist schön blau, die Bauchseite und die Lippen ganz hell grünbläulich. Trotzdem nur ein Stück vorliegt, so unterscheidet es sich doch dermaßen von allen übrigen Arten, daß die Aufstellung einer neuen Art notwendig ist. Am meisten nähert sie sich dem Ph. ornatus Bocage in der Bildung des Frenale und der Frontale, ebenso in der geringen Zahl der Subcaudalia; sie unterscheidet sich aber durch die Ver- hältnisse der Lippen- und Schläfenschilder, ferner ganz besonders durch den Charakter der Färbung. No. 816. Quilimane, 27. I. 89. Ein Stück. In 86 Dr. Georg Pfeffer. Bucephalus typus @melin. Dumeril et Bibron, Erp. gen. VII, p. 878. B. capensis Smith 1. c., pl. 3, pl. 10—13. — Günther, Col. Snakes, p. 143. (Hier auch die Litteratur). — Böttger, Sitzb. Senckenb. 1877/78, p. 65. No. 863. 2. II. 1889. No. 870. 7. 11. 1889. \ Quilimane. No. 938. 15. 11.1889: Ein Stück ohne Fundort. Dıyophis Kirtlandii Hallowwell. Proc. Acad. Philad. 1844, p. 62 (Leptophis). — Böttger, Sitzb. Senckenb. 1877/78. p. 65. (Hier die ausführliche Litteratur). — Peters, Mossambique, p. 131, Taf. XIX, Fig. 2 (Thelotornis). No. 907. 12. II. 1889. Quilimane. Pasammophis sibilans Zinne. Günther, Colubr. Snakes, p. 136. — Peters, Mossambique, 121. -— Böttger, Ber. Senckenb. 1885/86, p. 5; 1886/87 p. 159. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 9. 414. Msere, Usegua, 2. IX. 1888. Ein Stück. 518. Sansibar, Kumbuni. Schwamm durch einen Meereskreek. Aug. bis Nov. 1888. Zwei Stücke ohne genaueren Fundort. Ps. sibilans L. var. intermedius Fischer. Fischer, Jahrb. Hamb. I. (1884), p. 14. (Juilimane. Ein Stück. Bagamoyo. Ein Stück. Simocephalus poensis Smith. Bocage, Journ. Lisb. 1873, p. 218. Heterolepis biearinatus Schl. Günther, Col. Snakes p. 194. — Sauvage, Bull. soc. phil. (7) VII. p. 145. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 9. No. 476. Lewa, Usambäa, 28. IX. 1888. No. 1453. Kokotoni, 21. VIII. 1889. Ferner zwei Stücke ohne näheren Fundort. Boodon quadrilineatus Dum. Bibr. Lycodon geometricus Smith, Ill. South Afr. Rept., pl. 22 (non Schlegel) Boaedon*) quadrilineatus**) Dum. Bibr. Erp. gen, p. 365, 364. — A. Dumeril, Arch. Mus. X, p. 193, pl. XV, f. 3, 4. — Jan Elenco, p- 95; Icon. 36. livr., pl. 11, fig. 2, 3, 4 — Fischer, Jahrb. Hamb. Wissens. Anst. I (1884), p. 10. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 10. Boaedon capense, Dum. Bibr. (non Smith), Erp. gen. p. 304. — A. Du- meril ]l. c. Boodon lineatus, Günther, Cat. Col. p. 199. — Böttger, Ber. Senck. 1888/89, p. 294. *®) Die Original-Stelle giebt „Boaedon“; wir schreiben die richtig gebildete Form „Boodon“; ebenso gebrauchen wir das Wort richtiger männlich. ==) Dumeril u. Bibron nennen die Schlange „Boedon quatre-raies, Boaedon lineatum Nobis“ doch ist „lineatum“, wie aus der französischen Übersetzung „quatre-raies* und dem nachfolgenden Text hervorgeht, ein Druckfehler. 18 Reptilien und Amphibien. 7 No. 451. Kihengo, Ungüu, 12. IX. 1888, mit einer Agama in Schlund und Magen. No. 470. 473. Lewa, Usambäa, 26. IX. 1888. No. 811. Quilimane, 26. I. 1889. Zwei Stücke, sehr groß, das dunklere mit ziemlich schwacher, das hellere mit fast durchaus verschwundener Kopt- zeichnung. Beide Stücke haben zwei Anteocularia. No. 859. Quilimane, 1. Il. 1889. No. 892. Quilimane, 22. I. 1889. Ein Stück braun mit ziemlich undeutlicher Zeichnung, das andere dunkelbraun mit besonders deutlicher Zeichnung. No. 1662. Kokotoni, 10. IX. 1889. Braun mit deutlicher an auf dem Kopfe; 2 Anteocularia. Ohne No. Zwei Stücke; braun mit deutlicher Zeichnung. Ohne No. Dunkelbraun, ohne Zeichnung. Lycophidion capense Smith. South African Quart. Journal 1831 No. 5, p. 18; Illustr. S. Afr. pl. 5. — Böttger, Ber. Senck. 1877/78, p. 67. — Peters, Mossambique, p. 134. L. Horstokii Schlegel, Essay pl. 4., fig. 10, 11. — Günther, Col. Snakes p- 197. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 9. No. 434. Mhonda, Ungüu, 6. IX. 1888. No. 1821. Bagamoyo, Febr. 1890. Ohne No. Bagamoyo, Febr. 1890, 2 Stücke. No. CX. Usambäa, Sept. 1888, wahrscheinlich von Dr. H. Meyer’s Ex- pedition stammend. Grotaphopeltis rufescens Gmelin. Die umfangreiche Synonymik s. Günther, Col. Snakes p. 165 und Böttger, Ber. Senck. 1877/78 p. 72; ferner Peters, Mossambique p. 126 sub Crotaphopeltis hitamboeia ar Peters, Ost-Afr. p. 17. No. 440. Matamondo, Ungüu, 9. IX. 1888. No. 757, 773, 807, 817, 856, 860, 866, 908, 910. Quilimane, Januar und Februar 1889; neun Stücke. Ohne No.; Nas Kelta, Quilimane, 1—4. III. 89. Ohne 0; fünf Stück, Usambäa, wahrscheinlich von Dr. H. Meyer’s Expedition stammend. Nur einige der Stücke von Quilimane zeigen die bekannte Flecken- Zeichnung, die übrigen sind einfarbig. Im übrigen zeigen sich kleine Abweichungen nur in der Begrenzung der Kehlfurche und in der Stärke der Kiele auf den Rückenschuppen. Die Stücke sind zum Teil größer als die bisher gemessenen, nämlich bis 650 mm. Atractaspis irregularis Reinhardt. Elaps irregularis Reinh., Kgl. Dansk. Vid. Afh., X. (1843), p. 264, Tab. III, Fig. 1-3. — Atractaspis irregularis Günther, Col. Sn. p. 239. A. Bibronii Smith, Il. S. Afr. pl. 71. — Dum. Bibr., p. 1303. — Bocage, J. Lisb. III. (1867), p. 227. — Peters, Moss., p. 142. A. corpulentus Hallowell, P. Ac. Phil. 1854 p. 99 und 1857 p. 70. — Günther, Col. Sn., p. 239. — Ann. N. H. XVIII (1866), p. 29. — Id. op. IX. (1872), p. 36, pl. 3, fig. F. — Mocquard, Bull. soc. phil. (7) XI. 9.937. 19 88 Dr. Georg Pfeffer. A. aterrima Gthr., Ann. N. H., XII (1863), p. 16. — Bocage, J. Lisb. IV, (1873), p. 223. A. microlepidota Gthr., Ann. N. H. XVII, (1866), p. 29, pl. VI, Fig. C. A. fallax Peters, Monatsb. Berl. 1866, p. 890. — Peters, Ost-Afr., p. 17, Taf. I, Fig. 3. A. rostrata Gthr., Ann. N. H. I. (1868), p. 429, pl. XIX, fig. J. A. micropholis Gthr., Ann. N. H. IX. (1872), p- 36, pl. 3, fig. E. A. congica Peters, Monatsb. Berl. 1877, p. 616, Fig. 2. — Bocage, J. Lisb. X (1887), p. 187. A. Hildebrandti Peters, 1. c., p. 616, Fig. 3. A. natalensis Peters 1. c., p. 616, Fig. 4. A. leucura Mocquard, Bull. soc. phil. (7) X, p. 14, (Sonder-Abzug p. 1), pl- V..tg. ac. A. dahomeyensis Bocage, J. Lisb. X (1887), p. 106. Sämtliche bisher beschriebenen 13 Arten unterscheiden sich in viel wesentlicheren Merkmalen von eimander, als man es bei Schlangen- Arten gewohnt ist; nichts desto weniger zeigt das ganz außerordentliche metamerische und antimerische Schwanken wichtigerer Merkmale an demselben Individuum, daß wir es hier mit einer jener noch im völligen Fluß, in einem plastischen Artbildungszustande begriffenen Gruppe zu thun haben, wie es z. B. bei den Schnecken-Gattungen Amphidromus, Achatinella und Orthalicus, Gruppe Zebra, gleichfalls zu bemerken ist. Peters giebt in den Berliner Monatsberichten von 1877 in der Anmerkung p. 616, 617 und 618 eine besonders lehr- reiche Zusammenstellung der ganz eigenartigen Schwankungs-Verhältnisse. Bereits in den Monatsberichten 1866 p. 890 hat Peters die Ansicht ausgesprochen, daß den beschriebenen Formen nicht der Wert einer sogenannten Art zukomme; in den Monatsberichten von 1877 p. 618 und in der Reise nach Mossambique p. 142 wiederholt er diese Ansicht. Ich schließe mich der Meinung von Peters durchaus an, weil ich aus anderen Abteilungen des Tierreiches eine ganze Anzahl gleicher Ver- hältnisse kenne, die freilich ihrerseits auch eine verschiedene Deutung erfahren haben. Reinhardt fand in einem von ıhm untersuchten Stück die Reste einer Maus; Peters eine junge Ratte von 11 cm Länge; das eine der mir vorliegenden Stücke hatte im Magen ein unversehrtes Reptilien-Ei von über 22 mm Länge und 14 mm Breite. Es liegen zwei Stücke vor, welche sich nur in ganz unterge- ordneten Merkmalen unterscheiden. Sie haben 5 Supralabialia, von denen 3 und 4 an das Auge stößt. Das Schläfenschild der ersten Reihe keilt sich nach unten sehr kräftig zwischen das 4. und 5. Supra- labiale ein. Das 3. Infralabiale ist sehr lang. Anale ungeteilt. Sub- caudalia einreihig. 20 Reptilien und Amphibien. 89 Es unterliegt nach den angeführten Merkmalen der Beschilderung des Kopfes keinem Zweifel, daß die von Peters als A. congica be- schriebene Form den vorliegenden Stücken am meisten entspricht; .die Oberlippenschilder, das Schläfenschild der ersten Reihe, das große Infralabiale entsprechen sich durchaus; durch das ungeteilte Anale und die ungeteilten Subcaudalia unterscheiden sie sich dagegen scharf. Ferner ist zu erwähnen, daß das Stück von Bagamoyo vorn 21, dann 23, in der Mitte des Körpers und dahinter wieder 21 Schuppenreihen besitzt, während das Stück von Quilimane die Zahlen 21, 23, 25, 21 ergiebt. Letzteres Stück hat jederseits zwischen dem hinteren Nasale, dem Internasale und Praefrontale ein kleines überzähliges Schildchen. Nr. 1824. 1 Stück, unversehrt, Bagamoyo Februar 1890. Nr. 906. Quilimane 12. Februar 1889. Vipera superciliaris Peters. Peters, Monatsb. 1854, p. 625; Mossambique, p. 144, Taf. XXI. — Strauch, Synopsis der Viperiden, M&em. Ac. Petersb. (7) XTV (1869), p. 84. Zu der ausführlichen von Peters gegebenen Darstellung ist für das vorliegende Stück Folgendes nachzutragen. Das Rostrale stößt mit seinem oberen Rande nicht an drei, sondernnuran eine Internasalschuppe; vonden Supralabialia wird das 4. und 8. am höchsten. Die Farbe des Tieres ist oberhalb bräunlich. Die braunschwarze Zeichnung auf dem Kopfe zeigt folgende Merkmale: Auf der Schnauze, vor und unter den Naslöchern, stehen zwei symmetrische in der Medianen durch einen gelben Strich getrennte Flecke. Zwischen und vor den Augen verläuft ein breiter Strich, der durch das Auge geht und, sich verbreiternd, schräg nach hinten laufend, auf dem 3. 4. 5. und 6. Supralabiale endigt. Ein zweiter Querstreifen verläuft über die Frontalgegend, von da hinter dem Auge weg schräg nach den hintersten Oberlippen-Schildern zu. Von oben gesehen erschemen diese Zeichnungen in Form eines V; dicht hinter der zweiten, in der Mittellinie mit ihr verschmolzen, liegt auf dem Hinterhaupte noch ein zweischenkliger Fleck. No. 865. 2. II. 1889. Quilimane. 1 Stück. Echis frenata Dumeril et Bibron. Erpetol. gen. VI. p. 1449 pl. 81 bis fig. 1, 2. No. 60. Atak-Berg, Suez. Bitis arietans Merrem. Dumeril et Bibron, Eıpet. gen. VII. p. 1425, pl. 79 bis f. 1. — Strauch, Synopsis der Viperiden, Mem. Ac. Petersb. (7) XIV (1869) p. 93 (Vipera). Böttger, Ber. Senck. 1887/88 p. 89; Abh. Senck. IX. p. 163. — Peters, Ost-Afr., p. 17. No. 522. Usambäa, Sept. 1888, wahrscheinlich von Dr. H. Meyer’s Fx- pedition herstammend. 21 90 Dr. Georg Pfeffer. Batrachia. Rana mascareniensis Dumeril et Bibron. Günther, Cat. pp. 18 u. 132 pl. I. f. B. — Boulenger Cat. p. 52, 53. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 10. R. mossambica Peters, Moss. p. 150, Taf. XXII, Fig. 1. No. 16, 17. Alexandria, 9. III. 1888. Zwei Stücke. No. 350. Sansibar, Insel. Ein Stück. No. 354. Ebendaher, 7. VIII. 1888. Viele junge schlechte Stücke. No. CXXI. Korogwe am Rufu; 22. IX. 1888. Ein Stück. Rana oxyrhyncha Sundevall. Smith, Il. S. Afr. Rept. pl. 77, f. 2. — Günther, Cat. p. 19. — Bou- lenger, Cat. p.51. — Peters, Moss. p. 147. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 10. No. 369. Kikoko, Useramo, 18. VIII. 1888 Ein Stück. No. 458. Korogwe am Rufu, 22. IX. 88. Zwei Stücke. Rana aspersa T'schudi. Smith, Ill. S. Afr. pl. 49 (Pyxicephalus). — Günther, Cat. p. 7 (Tomo- ptera). — Boulenger, Cat. p. 33. Pyxicephalus edulis Peters, Moss. p. 152, Taf. XXIII, Fig. I, Taf. XXVIJ, Kıe. 1. Wahrscheinlich Quilimane; fünf Stücke. Rana trinodis Böttger var. Böttger, Abh. Senck. XH, p. 414, Taf. 1, Fig.2. — Boulenger, Cat., p. 32. Das vorliegende Stück unterscheidet sich von der Böttger’schen Originalbeschreibung und dem dazu gehörigen Bilde durch seine viel größere Schlankheit. Auch die Stücke, welche Boulenger vorlagen, waren nach der Beschreibung viel schlanker, trotzdem sie aus derselben (regend (Senegambien) stammten. Darum ist es wohl geraten, auch das vorliegende Stück zu der Art zu ziehen. Bezeichnend für dieselbe ist: der schlanke Körperbau, der sehr spitze Kopf, die acht Längsfalten des Rückens, die beiden Metatarsalhöcker und der Höcker an der Ferse. Der wesentlichste Unterschied des vorliegenden Stückes gegenüber den bisher beschriebenen liest darin, daß die Schwimmhäute der Zehen viel schwächer entwickelt sind; sie lassen von der sehr langen vierten Zehe drei Glieder völlig frei, vom dritten und fünften mehr als ein Glied; zwischen der ersten und zweiten Zehe fehlt die Schwimmhaut so gut wie ganz. Sollten die besonderen Merkmale der Schwimmhaut eme artliche Abscheidung nötig machen, so würde ich den Namen R. Böttgeri vorschlagen. Im Folgenden gebe ich die fernere Beschreibung des Stückes. oO Do Reptilien und Amphibien. 9] Vomerzähne in zwei klemen schrägen Häufchen, die von der vorderen inneren Ecke der Choanen beginnen. Kopf sehr lang- und spitzschnauzig, mit undeutlichem Canthus rostralis. Interorbitalraum schmaler als das obere Augenlid. Trommelfell sehr ausgeprägt, sein Quer-Durchmesser nur wenig größer als der halbe Augendurchmesser. Vorderbeine schlank und kurz, aber länger als bei den typischen Stücken. Finger schlank mit sehr deutlichen Subartikular-Höckern und drei länglichen Höckern am Grunde der Handfläche. Der lange erste Finger überragt, neben den zweiten gelegt, denselben nicht. Die Zehen sind lang und schlank, besonders die vierte. Schwimmhäute s. oben. Subartikular-Höcker außerordentlich kräftig, fast papillenförmig. Ein innerer scharfer und ein äußerer flacher Metatarsal-Höcker, beide mäßig entwickelt; ein kleiner Höcker am Fersengelenk. Das nach vorn gelegte Hinterbein reicht mit dem Fersengelenk fast mittwegs zwischen Aüge und Schnauzenspitze. Haut glatt, mit acht fadenförmigen Rückenfalten und einer ganz besonders stark entwickelten Hautfalte von der Schulter bis zur Weiche. Farbe im Spiritus grünlichgrau; die Mittellinie zeigt ein breites gelbes Band, die seitlichen Rückenfalten sind breite gelbliche Streifen. Die Zwischenräume zwischen diesen drei hellen Streifen zeigen etwas unregelmäßige quere schwarze Flecke. Vom Auge zur Schnauzenspitze läuft ein schwarzer Streifen, unter dem Auge bis zur Schulter ein gelblicher. Die Unterkiefer-Ränder sind schwärzlich gefleckt. Arme, Schenkel, Unterschenkel und Tarsus sind quer gebändert; außen an den Unterschenkeln verläuft ein feiner, scharfer, gelber Strich. Die Sohle von Tarsus und Fuß ist schwärzlich, gelb gerändert, sämtliche Tuberkel-Bildungen des Fußes schön gelb. No. 683. Wahrscheimlich von Quilimane. Ein Stück. Chiromantis xerampelina Peters. Peters, Moss. p. 170, Taf. XXIV, Fig.1, Taf. XXVI, Fig. 8. — Boulenger, Cat. p. 93. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 11. Polypedates rufescens, Günther, Proc. Zool. Soc. 1868, p. 468. — Boulenger, Cat., p. 92, pl. IX, Fig. 2 (Chiromantis). Ch. guineensis Peters Monatsb. Akad. Berl. 1875, p. 203. Die vorliegenden Stücke schließen sich am meisten an Ch. xerampelina Peters an, weisen jedoch eine Anzahl von Merkmalen auf, die von Boulenger als bezeichnende Kennzeichen von Ch. rufescens zum Teil auch von Ch. Petersii angegeben werden. Ich bringe deshalb eine genauere Beschreibung der Stücke. Zwischen den Choanen finden sich Zähne am Vomer. Kopf breiter als lang. Schnauze verschieden spitz, länger als der Augen- Durchmesser, mit wenig ausgeprägten Canthus rostralis. Zügelgegend 23 92 Dr. Georg Pfeffer. mit Längseindruck. Naslöcher ziemlich dicht vor der Schnauzenspitze, bei dem Stück von Quilimane weiter zurück. Der knochige Interorbi- talraum gleich dem Längsdurchmesser des Auges. Die Schwimmhaut zwischen dem 3. und 4. Finger reicht deutlich bis an die Haftscheibe des 4. Fingers, dagegen reicht sie am 3. Finger des großen Stückes von Lewa und des Stückes von Quilimane viel weiter nach vorn als bei dem dritten Stück. Zehen mit fast völlig ausgebildeter Schwimm- haut. Ein kleiner innerer Metatarsal-Tuberkel. Das Tibio-Tarsal- Gelenk des nach vorn gestreckten Beines reicht über das Schnauzen-Ende hinaus. Haut im allgemeinen glatt, mit Tuberkeln besonders auf dem Kopf und an den Seiten. Der aufgeworfene Rand des oberen Augen- lides setzt sich als körnige Hautleiste den oberen Rand des Trommel- felles entlang bis gegen die Axelhöhle fort. Die Farbe des großen Stückes von Lewa ist in Spiritus oben grau mit dem Anfluge eines etwas wärmeren Tones; das kleinere Stück ist in Spiritus graurot mit sehr hübscher schwarzer Marmorierung. An dem Schnauzenende, vor und zwischen den Augen, findet sich ein schwarzes Querband; ein ferneres läuft vom Auge über das Trommelfell bis auf den Oberarm. Auf der Mitte des Rückens findet sich eine dunkle wappenartige Figur und andere nicht so regelmäßige Färbungen. Arme und Beine außen schwarz, quer gebändert, innen und unten gelb. Kehle und Bauch farblos. Bei dem großen Stücke von Lewa finden sich mit Ausnahme der Färbung des Bauches und der gelben Stellen an den Beinen nur geringe Abweichungen von seiner sonstigen Einfarbigkeit. Das Stück von Quilimane ist weißgrau; die Oberseite vom Kopf, Nacken und Kreuz purpurschwärzlich; an den Beinen mit schwacher Zeichnung. No. CCLXH. Quilimane, auf Stuhlmanns Hof gefangen, März 1889. Ein Stück. No. 471. Lewa. Usambäa, 26. IX. 1889. Zwei Stücke, Phrynobatrachus acridieides Cope. Cope, Journ. Ac. Philad. 1867, VI, p. 198. — Boulenger, Cat. p. 113. — Ph. natalensis Smith. Pfeffer, Stuhlmann, p. 10. Das seit der ersten Bearbeitung hinzu gekommene Stück No. 147 belehrt mich, daß ich im Unrecht war, das Stück No. 214 zu Ph. nata- lensis zu ziehen. Die eigentümlichen Drüsenfalten des Nackens, die verbreiterten Fingerenden und die außerordentlich charakteristische Zeichnung der Hinterschenkel scheinen feste und gute Merkmale zu sein. Es sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß Phrynobatrachus mon- ticola Fischer (Jahrb. Hamb. I) zu Rana tuberculosa Boulenger (= Pyxicephalus rugosus Günther) zu ziehen ist. Der Zustand starker r4 Reptilien und Amphibien. 93 Eintrocknung, der die Beobachtung der Vomer-Zähne sehr erschwerte, hatte den Autor bei der Bestimmung irre geleitet. No. 214. Sansibar. Ein Stück. | No. 147. Ebendaher, Sumpf beim Club. Ein Stück. Arthroleptis stenodactylus nov. spec. (Taf. I Fig. 11.) Kopf von gewöhnlicher Größe. Trommelfell deutlich, längst nicht der Hälfte des Augen-Durchmessers gleichkommend. Dritter Finger von noch nicht anderthalbfacher Länge des zweiten. Keine Verbreiterungen an den Finger-Enden. Die Subartikular- Tuberkel außerordentlich kräftig, papillenartig vorspringend. Das nach vorn gestreckte Hinterbein reicht mit dem Tibio-Tarsal-Gelenk an das Auge. Haut warzig; die Warzen selber klein. Wenn die Haut schrumpft, so ordnen sich die Warzen auf diesen geschrumpften Längsfalten. Zwischen der Achsel- und der Steiß-Gegend je eine kräftige Hautfalte. Farbe hell graugrünlich mit dunkel olivenfarbiger Wölkung. Ein dunkler Längsfleck über dem Trommelfell, dahinter noch einige kleine, runde Tropf-Flecken, anschemend einer regelmäßig über dem Ursprung des Armes, ein anderer in der Weichen-Gegend. Unterschenkel mit einigen queren Strichen. Unterlippe Schachbrett-artig hell und dunkel abwechselnd. No. CXVU. Kihengo, 12. IX. 1888. Ein Stück. Gattung Rappia Günther. Ein Überblick über die bisher beschriebenen Arten der Gattung erweist, daß mit Ausnahme weniger besonders häufiger und gut bekannter Arten die meisten nur ein einziges Mal gefunden und nur in einem oder wenigen Stücken in Museen vorhanden sind. Das zeigt entweder, daß es ungeheuer viel Arten dieser Gattung giebt, oder aber, daß die eigentlichen, zusammen fassenden Artmerkmale für die meisten Formen noch nicht gefunden sind, sodaß jede Variation als Art beschrieben ist. Wahrscheinlich ist wohl das letztere der Fall; denn die Merkmale, welche die einzelnen sogenannten Formen unter- scheiden, sind nicht sehr mannigfaltig und ändern außerdem bei sicher zusammen gehörigen, weil zusammen gefundenen Stücken ab. So hat sich denn die vorliegende Arbeit auch nicht frei von dem Vorwurf halten können, eine Anzahl von Arten m die Welt zu setzen, die vielleicht diese Bezeichnung nicht verdienen. Aber das recht ansehn- liche vorliegende Material, teils aus der Stuhlmann’schen Ausbeute, teils aus dem Hamburger Museum, gab immerhin einige Sicherheit; besonders ließ die außerordentlich leicht ausführbare mikroskopische Prüfung der Färbungs-Verhältnisse der Rückenhaut einige recht brauch- bare Merkmale erkennen. Wenn eine derartige Prüfung der bisher 25 94 Dr. Georg Pfefter. beschriebenen Arten nach den Origimal-Stücken durchgeführt werden würde, ließe sich vielleicht die Synonymie der Gattung in befriedigender Weise feststellen. Rappia marmorata app. tapp, Arch. Nature. 1842, p.289, Taf. 6 (Hyperolius). — Boulenger, p. 121. Ich bin nicht im Stande, zu ersehen, ob all die von Boulenger zu den Synonymen gezogenen Formen hierher gehören, wie es mir andrerseits scheint, daß eme Anzahl der bei Boulenger aufgeführten Arten recht gut zu dieser ungemem veränderlichen Art gezogen werden könnten. Nach der Untersuchung sehr vieler Stücke glaube ich folgende Artmerkmale geben zu können. Der Leib ist im der Brustgegend ebenso breit oder breiter als der Kopf und in den Hüften ziemlich stark, wodurch em Bombimator- artiger Habitus entsteht, der diese Art von der Mehrzahl der Gattungs- (ienossen sofort unterscheidet. Recht bezeichnend ferner ist die schwefelgelbe, bez. weıß werdende Färbung einzelner meist als Längsbänder ausgebildeter Stellen des Rückens. Unter einer schwachen mikroskopischen Ver- erößerung sieht man, daß die gelben Farbstoft-Elemente als Plättchen ausgebildet sind, während dazwischen zerstreut dunkeleraue, kleine, runde, etwas erhabene Flecke liegen. Diese letzteren sind schon mit der Lupe klar zu erkennen. Die schwarze bez. braune Farbe dagegen, welche die Bänder oder netzförmige Zeichnung des Rückens bilden hilft, liegt m großen Chromatophoren, welche niemals eine zart-stern- förmige Bildung erkennen lassen, sondern rundliche Flecke darstellen, deren jeder wiederum aus emer größeren Anzahl rundlicher Flecke zusammen gesetzt ist. Zwischen den kleineren und größeren Flecken kann die helle Grundfarbe zum Vorschein treten, oder aber die Farbenflecke liegen so dicht, daß eine emheitliche schwarze Färbung erzielt wird. Am bezeichnendsten und am leichtesten festzustellen ist wohl die grauliche Punktierung der gelben Stellen und die bereits im früheren Beschreibungen hervor gehobene Farblosigkeit der Oberschenkel. Von den bisher gelieferten Abbildungen sind zwei so charakteristisch, daß sie ohne weiteres zur vorliegenden Art gezogen werden können, nämlich Euchnemis viridiflavus Bibron bei Bianconi, Spec. Mossamb. Taf. V, Fig. 3, 3a, pag. 15; ferner Hyperolius taeniatus Peters. Moss. p. 166, Taf. XXU, Fig. 7. Die Abbildungen von Bianconi entsprechen durch- aus der Masse der vorliegenden Stücke und geben etliche Ausdrücke der ungeheuren Variationsweite der Art. 26 Reptilien und Amphibien. 95 Die typische Farbenzeichnung des Rückens sind vier schwarze Bänder, zwischen denen drei hellgelbe liegen. Im Einzelnen stellt sich das Verhältnis folgendergestalt: Kurz hinter der Schnauzenspitze liest ein n-förmiger schwarzer Fleck. Die Schenkel dieses Fleckes setzen sich als schwarze Bänder, zwischen beiden Augenlidern verlaufend, nach hinten fort bis gegen das Hinterende des Tieres. Eben vor dem Auge entsendet der n-förmige Fleck nach außen ein breites schwarzes Band, welches nach hinten umwendend, über dem oberen Augenlide verläuft und sich in je em den bisher besprochenen Rändern paralleles Band fortsetzt. Außerdem befinden sich an den Seiten des Tieres einige schwarze Flecke, welche Rudimente des Bandes sind, welches bei Fröschen häufig durch das Auge hindurch nach den Weichen verläuft. Bezeichnend ist schließlich ein dünner schwarzer Streifen, der auf der Außenfläche des Unterschenkels verläuft und einige rechtwinklig dazu stehende quere strichförmige Bälkchen abeiebt. Eine große Menge von Farben-Abänderungen entstehen nun dadurch, daß sich zwischen den schwarzen Längsstreifen des Rückens Querverbindungen bilden, wodurch die hellen Zwischenräume in rundliche oder längliche helle Flecke zerfallen. Ferner können die beiden äußeren Längsbänder, und zwar von hinten beginnend, allmählich immer heller werden und fast verschwinden. Schließlich werden auch die mittleren Bänder undeutlich. Zu einem völligen Verschwinden kommt es aber nicht. | Dieser Beschreibung entsprechen die achtzig vorliegenden Stücke von Quilimane, ebenso ein Dutzend Stücke aus No. 750— 754 (Quilimane?), die sich aber dadurch unterscheiden, daß das Gelb der Rückenfläche spärliche dunkle Chromatophoren enthält. Eine Varietät (No. 572 Quilimane, 1 Stück) scheint mit Hyperolius reticulatus Günther (Proc. Zool. Soc. 1864, p. 482, pl.33; Boulenger Cat. p. 125) identisch zu sein. Man kann die Spuren der schwarzen Längsbalken in der Rückenzeichnung überall schwach erkennen; doch ist dasSchwarz zu einem Netzwerk verflossen; ebenso treten helle Flecke innerhalb der schwarzen Balken auf, sodaß die ganze Rückenfläche des Tieres von hellen, rundlichen, nicht regelmäßig stehenden, etwa Trommelfell-großen Flecken eingenommen wird, welche durch ein Netzwerk der schwarzen Farbe getrennt sind. Das Gelb der Rücken-Oberfläche zeigt dieselben dunkelgrauen Punkte, wie die Hauptform, außerdem aber noch zer- streute, sehr kleine, dunkle Chromatophoren, wie die vorige Form, Das Trommelfell ist ziemlich undeutlich., 27 96 Dr. Georg Pfeffer. Die Stücke 750—754 (Quilimane?) führen zu einer ganz besonderen Form, indem innerhalb der dunklen (hier allmählich von schwarz zu braun werdenden) Farbe zunächst ganz schwache Spuren gelber Längsstreifen auftreten. Bei einem Stück mit sonst ganz typischer Zeichnung findet sich, über dem Auge beginnend, ein Längsstrich, der bis zur Weiche geht, ferner ein solcher auf der Außenseite der Unterschenkel. Außer- dem treten auf dem Kopfe einige undeutliche, mehr fleckige, gelbe Zeichnungen auf. — Bei einem Stücke schließlich geht der gelbe Strich über das Auge hinweg bis zur Schnauzenspitze; ferner sind die mittleren dunklen Streifen und weiter nach hinten auch die seitlichen dicht neben ihren Seitenrändern mit je einem gelben Strich gesäumt. Die Schenkel sind bis auf den gelben Längsstrich fast ganz ein- farbig braun geworden. Ungefähr demselben Typus entsprechen zwei zusammen gefundene Stücke ohne nähere Fundorts-Angabe. Das eme davon zeigt die "ärbung des Rückens ganz hellbraun abgeblaßt, die Unterschiede der hellen und dunklen Färbung fast ganz aufgehoben; der helle Streifen vom Augenlid zur Weiche ist aber intensiver gefärbt; außer- halb von diesen Streifen verläuft von der Schnauzenspitze bis zur Weiche ein kräftig brauner breiter Streifen und außerhalb von diesem wieder ein hellgelber. Man kann diese Streifen in ihrer Entstehung und allmählich immer kräftiger werdenden Ausbildung auch bei den Stücken 750—754 überall finden, wie sie überhaupt in Andeutungen auch schon beim Typus auftreten. Der Strich auf den Unterschenkeln wird undeutlich. Ein Stück (aus 872, Quilimane) entspricht dem Hyperolius Hor- stockii Schlegel (Boulenger Cat. p. 120), indem der Rücken fast einfarbig braun geworden ist, nur hinten an den Seiten etwas dunkler. Jedoch finden sich überall auf dem Rücken, besonders auf dem Kopfe, kleine, runde, gelbe Flecke. Rappia platycephala nov. spec. (Taf. II Fig. 2). Kopf platt, breit und sehr niedrig. Schnauze durch die Breite des Kopfes kurz erschemend, immerhin aber beträchtlich länger, als der Augen-Durchmesser. Canthus rostralis nicht ausgeprägt, rundlich ; die Schnauze fällt von den Nasenlöchern aus fast senkrecht ab. Trommelfell nicht sehr deutlich, ein Drittel des Augen-Durchmessers. Finger nur am Grunde mit Schwimmhaut, Zehen mit Ausnahme der großen vierten Zehe fast ganz geheftet. Die Ferse des nach vorn ge- streckten Hinterbeines reicht etwas über die Schnauzenspitze hinweg. Haut oberseits glatt, unterseits von der Achselhöhle bis zu den 28 Reptilien und Amphibien. 9% Weichen mit außerordentlich kräftigen, platten Granulis bedeckt. Unterseite der Oberschenkel völlig glatt. Oben violet-bräunlich. Genauer gesprochen ist die Farbe am Spiritus-Stücke ein ganz helles Braun, welches mit außerordentlich vielen, kleinen, runden, braunen Pünktchen bedeckt ist. Ab und zu bleiben kleine, hellere Flecke frei, die dann in der Mitte meist einen etwas größeren braunen Punkt haben, ferner finden sich einige anscheinend symmetrische größere helle Flecke. Die Oberschenkel sind ungefärbt, die Unterschenkel wie der Rücken. Auf der Schnauzenspitze steht ein heller, dunkel gesäumter Augenfleck, von dem ein dunkelbrauner Streifen zum Auge zieht. Das obere Augenlid ist schwarzbraun, sehr deutlich und schön am freien Rande weiß gesäumt. Hinter dem Trommelfell en dunkel ge- ränderter Augenfleck von etwa halbem Durchmesser des Auges. Unter- seite des Bauches ganz hell ockergelb. Das junge Tier hat auf dem Rücken viel weniger Chromatophoren; sie stehen ganz zerstreut. Die Schnauze ist dunkler. Von dem Auge nach den Weichen ein heller Streifen. Aus 750—754. Quilimane. Ein altes und ein junges Stück. Rappia sansibarica nov. spec. (Taf. I Fig. 4). Habitus ziemlich kräftig, der Nacken am breitesten, die Hüften von mäßiger Schlankheit. Schnauze vorn gerundet, von anderthalb- facher Länge des Augen-Durchmessers. Trommelfell versteckt. Finger ohne Schwimmhaut, Zehen halb geheftet. Das nach vorn gestreckte Hinterbein reicht mit der Ferse über die halbe Schnauzenlänge. Haut oberseits glatt, auf dem Kopfe mit zerstreuten dunklen Tuber- keln und unregelmäßigen feinen Gruben; die Gegend zwischen Auge und Schulter ganz ausgesprochen warzig. Kehle glatt. Bauch und Unterseite der Oberschenkel mit regelmäßigen platten Körnelungen (wie die Außenfläche von Fischrogen). Eine starke quere Falte über die Kehle. Farbe hell rötlichgrau. Unter dem Mikroskop bemerkt man überall liegende weiße und silberne Plättchen, zwischen diesen die fast durchgängig einzeln stehenden braunen Chromatophoren. — Auf dem Kopfe finden sich kleine erhabene braunviolete Flecke und außerdem auf dem Scheitel ein undeutlicher, etwa augengroßer, braun- violet umrandeter Augenfleck. Von der Schnauzenspitze zum Auge findet sich die Andeutung eines dunklen Streifens, der sich noch ein Stück über das Auge hinaus fortsetzt. Die Außenseite der Hinter- schenkel ist farblos; im übrigen sind Arme und Beine einfarbig nach Art des Rückens. — Da nur ein einziges Stück vorliegt, so werden wahrscheinlich eine größere Anzahl der hier gegebenen Merkmale 29 7 98 Dr. Georg Pfeffer. individuell sem. — Im Habitus und besonders in der Warzigkeit der Gegend um die Mundwinkel stimmt die vorliegende Art mit Hyperolius citrinus Günther (Proc. Zoo]. Soc. 1864 p. 311 pl. XXVII f. 2); doch passen andere Merkmale garnicht, besonders wenn man nach Boulenger’s Vorgange (Cat. p. 126) die Art mit R. einetiventris Cope und glandieolor Peters zusammenzieht. Ohne No., Sansibar. Ein Stück. Rappia flavoviridis Peters. R. flavoviridis et tettensis Peters, Moss. p. 163, Taf. XXII, Fig. 4, 5. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 11. Die beiden vorliegenden Stücke sind gedrückt, sodaß der Habitus des ganzen Tieres nicht gut zu beschreiben ist. Von oben gesehen oleicht die Schnauze der von R. mamorata. Die Haut des Rückens enthält außerordentlich viel, zum Teil ganz dicht stehende weißlich- silberige Blättchen. Die dunklen Chromatophoren sind klein und stehen ganz vereinzelt, dichter auf dem Kopfe; längs der Mittellinie des Rückens bilden sie einen aus feinen Punkten bestehenden Strich; außerdem stehen sie etwas dichter zu beiden Seiten des silberfarbigen Randstriches, der von der Schnauzenspitze durch das obere Augenlid bis zur Weiche verläuft; unterhalb desselben auf der Schnauze ein nicht besonders deutlicher dunkler Streifen. Öhne No. Korogwe am Rufu. Ein Stück, fleischfarbig. No. 873. Quilimane, Sumpf; 3. II. 1889. Hellgrünlich, wie die Original-Ab- bildung von Peters. Rappia vermiculata nov. spec. (Taf. 1, Fig. 12). Habitus schlank. Vom Kopf aus verdünnt sich der Leib all- mählich bis zu den sehr schlanken Hüften. Schnauze von mittlerer Schlankheit, fast von anderthalbfacher Länge des Augen-Durchmessers, vorn kurz dreieckig abgeschrägt. Trommelfell versteckt. Finger ohne Schwimmhäute, Zehen halb geheftet. Nach vorn gelegt, reicht das Hinterbein mit der Hacke bis auf die Mitte des Auges. Die Haut des Rückens ist, besonders auf Kopf und Nacken und den oberen Augenlidern, grubig, wie ausgefressen. Der Bauch ist völlig von sehr sroßen, runden, platten Granulationen bedeckt. Oben schön braun mit außerordenttich vielen, kleinen gelben Flecken. Vom Auge zur Schnauzenspitze ein etwas dunkleres Band. Augenlider sehr dunkel mit dünnem gelblichen Rande. Schenkel sehr dicht mit kleinen braunen Punkten bedeckt. Unterschenkel und Tarsen dicht und fen braun und weiß marmoriert. Die beiden vorliegenden Stücke ohne jede Sack- oder Faltenbildung an der Kehle. No. 352. Sansibar, Insel; 6. VII. 1888. Zwei Stücke. 50 Reptilien und Amphibien. 99 Rappia puncticulata nov. spec. (Taf. II, Fig. 2). Habitus sehr schlank, Kopf ziemlich spitz, Schnauze von anderthalbfacher Länge des Augen-Durchmessers. Der ganze Habitus ähnelt ganz außerordentlich dem der vorigen Art. Die ganze Oberseite samt Armen und Beinen (auch die Oberschenkel) mit feinsten braunen Pünktchen übersäet, die auf dem Kopfe und zu beiden Seiten des silbernen Seitenstriches dichter stehen. Dieser beginnt an der Schnauzen- spitze und geht über das Augenlid bis zur Weiche. Unter und über ihm findet sich von der Schnauzenspitze bis zum Auge eine dichtere Ansammlung von Pünktchen, sodaß dadurch schwache braune Streifen entstehen. Haut auf dem Rücken glatt, Kehle glatt; Haftscheibe und Kehlsack. Bauch mit kräftiger Granulation, Unterseite der Oberschenkel scheinbar ohne Körnelung. Finger ohne Schwimmhaut, Zehen halb geheftet. Das nach vorn gestreckte Hinterbein reicht mit der Ferse eben über das Auge hinweg. No. 157. 17.V.1888. Sansibar, hinter dem deutschen Clubhause. Ein Stück. Megalixalus Fornasinii Diancon:. Bianconi, Spee. Mossamb. Rept., t. 5, f. 1. (Eucnemis). — Boulenger, Cat. p. 130. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 10. Hyperolius dorsalis Schlegel. Peters, Monatsber. Akad. Berl. 1875, p. 206, Narr, Big. 2. No. 367. Kingani, große Fähre; 18. VIII. 1888. Ein Stück, typisch gefärbt. No. CXVIH. Mhonda, Ungüu; 7. IX. 1888. Ein Stück. Der braune Bereich auf dem Rücken ist ganz verschwunden, sodaß der ganze Rücken bis auf die braunen Seiten hell gefärbt erscheint. Megalixalus Stuhlmannii nov. spec. Allgememe Gestalt, ebenso die Bildung des Kopfes, gleich der von M. Fornasini. Zunge kräftig ausgeschnitten, wenn auch lange nicht so stark, wie bei den beiden vorliegenden Stücken von M. For- nasinii. Die Tiefe des Ausschnittes variiert bei den vorliegenden Stücken; dasselbe schemt bei der andern Art der Fall zu sein, denn Boulenger sagt von M. Fornasiniüi (l. e. p. 130): Tongue heart-shaped, was auf die mir vorliegenden Stücke kaum paßt. Trommelfell versteckt. Finger ohne Schwimmhäute, Zehen halb geheftet. Die Ferse des nach vorn gestreckten Hinterbeines erreicht eben das Auge. Haut ganz glatt, ohne jede Spur von Tuberkeln. Die den Tuberkeln der anderen Art entsprechenden Bildungen sind farblose, eingesunkene, runde Drüsen- öffnungen; sie sind ganz klein, nur mit einer scharfen Lupe oder unter dem Mikroskope zu erkennen und stehen außerordentlich viel dichter, als bei der andern Art. Die Färbung ist ganz außerordentlich ver- schieden. Die Grundfarbe ist ein helles Braun, oder bräunliches Weiß, öl ir 100 Dr. Geore Pfeffer. bedeckt mit mehr oder weniger zahlreichen, punktförmigen, braunen Chromatophoren. Von der Schnauzenspitze durch das Auge und die Körperseiten entlang ist stets ein dunkles braunes Band zu bemerken. Außerdem finden sich fast stets entweder als mehr oder weniger deutliche Andeutungen, oder aber gut ausgebildet, zwei braune Längs- streifen über den Rücken. Ab und zu verschmelzen sie zu einem einzigen Median-Streifen oder sie lösen sich in Flecke auf; auch finden sich weißliche und schön silberglänzende, wenn auch nie ganz scharf aus- eebildete Bänder zwischen den dunkleren Längsbändern, häufig findet sich auch ein fast ganz einförmig violetbrauner Rücken, Die Ober- schenkel sind stets mit vielen Chromatophoren bedeckt: Unterschenkel braun und weiß marmoriert, manchmal fast rein braun. No. 351. Sansibar, Insel; 6. VIII. 1888. Sechsundzwanzig Stücke. Hylambates maculatus A. Dumerzl. A. Dumeril, Ann. Se. Nat. (8) XIX., p. 165, pl. 7, fig, 1, la, 1b, 4. — Boulenger, Cat. p. 134. — Peters, Moss. p. 159. Taf. XXVI, Fig. 6. No. 350. Sansibar; 6. VIII. 1888. Vier Stücke. No. 1040. Sansibar; 15. VI. 1888. Ein Stück. Hylambates argenteus »ov. spec. (Taf. Il, Fig. 3). Vomerzähne in zwei kleinen Gruppen zwischen den außerordentlich weit von einander entfernten Choanen. Kopf ganz besonders groß und breit; Leib allmählich sich verschmälernd bis zu den sehr schlanken Hüften. Trommelfell von halbem Augen -Durchmesser. Schnauze ziemlich stumpf, die Spitze kurz dreieckig abgeschrägt. Vom deutlichen Canthus rostralis ab fällt die Zügelgegend gegen den Mundrand zu schräg herab; ebenso bildet das Profil an dem Nasloche einen scharf ausgesprochenen Winkel und fällt von hier nach der Schnauzenspitze zu schräg und gradlinig ab. Finger ohne Schwimmhaut, Zehen nur am Grunde geheftet. Hand- und Fußsohlen warzig, Subartikular-Höcker sehr deutlich. Ein innerer, deutlich hochstehender Metatarsal-Höcker. Scheiben an den Finger- und Zehen-Enden ziemlich kräftig ausgebildet. Das nach vorn gestreckte Hinterbein reicht mit der Ferse an den Vorderrand des Auges. Haut auf den Augenlidern und an den Seiten grubig angefressen, sonst elatt. Unterseite von der Unterkiefer-Spitze bis auf die Oberschenkel mit dichten, flachen, großen Granulis bedeckt. Die Grundfarbe des Rückens ist beim Spiritus-Stück eine bräunliche Silberfarbe. Die Mittellinie entlang läuft ein brauner, dünner Strich. Über den oberen Augenlidern beginnend bis zum Hinterende des Leibes je ein braunes Band; ein gleiches jederseits von der Schnauzenspitze durch das Auge über das deutliche Trommelfell bis zur Weiche. Der 32 Reptilien und Amphibien. 101 ganze Rücken ist silberig, die hellen Teile weißlich, die dunklen srünlich schimmernd. Die Granula der Bauchfläche sind silberig, die Gruben zwischen ihnen deutliche braune Striche, sodaß dadurch eine ganz besonders schöne und auffallende Zeichnung entsteht. No. 287. Sumpf südlich der Stadt Bagamoyo; 28. VI. 1888. Ein Stück. Phrynopsis nov. gen. Ranidarum. Pupille horizontal. Zunge dick, frei, hinten schwach herzförmig ausgeschnitten. Zähne am Vomer. Trommelfell deutlich. Finger frei, Zehen mit schwachen Schwimmhäuten; äußere Metatarsalia fest verbunden. Omosternum und Sternum knorplig. Gestalt Kröten-artig. Die im der Diagnose gesperrt gedruckten Merkmale unterscheiden die neue Gattung von der Gattung Rana, mit der sie außerdem im Habitus wenig Ähnlichkeit hat. Wieweit fernere Kennzeichen der vorliegenden Stücke noch in die Gattungs-Diagnose gehören, ist vor- läufig nicht zu sagen. Es sei noch bemerkt, daß das ganze Brustbein, vielleicht mit Ausnahme einer medianen Stelle auf dem Epicoracoid, knorplig entwickelt ist; auch Clavieula und Coracoid sind nur schwach verknöchert. Phrynopsis Boulengerii nov. spec. (Taf. II, Fig. 5, 6). Vomer-Zähne in zwei kleinen, schräg nach hinten konvergieren- den Gruppen; ihr Vorderende liegt etwas hinter der Verbindungslinie der Vorderränder der Choanen. Kopf ziemlich groß, oben flach; vom Hinterhaupt bis zu den Naslöchern fällt das Profil, schwach gebogen, in schwachem Winkel ab, an den Naslöchern macht es einen ausge- sprochenen Winkel und fällt dann ziemlich steil und fast gradlinig bis zur Schnauzenspitze ab. Die Schnauze ist, von oben betrachtet, ziemlich spitz, ein Canthus rostralis ist nicht vorhanden; die Zügel- gegend ist konvex eingesunken. Das Nasloch liegt außerordentlich weit von der Schnauzenspitze entfernt, sodaß die Entfernung vom Nasloch bis zum vorderen Winkel des Augenlides nur zwei Drittel der Entfernung des Nasloches von der Schnauzenspitze beträgt. Breite der festen Brücke des Interorbital-Raumes ist zwei Drittel der Breite der Augenlider. Das obere und untere Augenlid bilden vorn wie hinten eine ausgesprochene Ecke. Trommelfell deutlich, so hoch wie breit; sein Durchmesser höchstens halb so lang wie der des Auges. Zähne des Oberkiefers verhältnismäßig lang und stark. Unterkiefer über der Symphyse und jederseits neben derselben mit je einem kräftigen, hoch- stehenden Höcker. Diesen drei Höckern entsprechen drei Gruben im Oberkiefer. Finger ohne jede Spur von Schwimmhäuten, von mittlerer 33 102 Dr. Georg Pfeffer. Länge, an den Enden zylindrisch; die Subartikular-Höcker zwischen den Metakarpalien und proximalen Fingergliedern sehr groß und platt, die übrigen kaum angedeutet, Ein eiförmiger Metakarpal-Tuberkel unter dem Innenfinger und ein anderer größerer aber viel flacherer unter der Handfläche. Der Innenfinger ist länger als der zweite und dieser ein wenig länger als der Außenfinger; der dritte Finger ist bei weitem der längste. An den Zehen sind nur die proximalen Glieder geheftet, die Hand zwischen je zwei Zehen außerdem eingeschnitten. Subartikular-Höcker an den Zehen fehlen völlig; der innere Metatarsal- Höcker ist kräftig, schaufelförmig, hochstehend. Die äußeren Meta- tarsalia sind fest verbunden. Vierte Zehe sehr lang; die äußere Zehe reicht kaum bis an das distale Ende der proximalen Phalange der großen Zehe. Die Mittelzehe reicht etwas weiter als die Außenzehe; die zweite über die Hälfte der proximalen Phalange der Mittelzehe. Die Innenzehe ist ganz klem. Die Hinterbeine sind kurz; nach vorn gewendet reichen sie mit der großen Zehe etwa bis ans Nasloch. Die Haut ist glatt, nur im der Nähe des Afters etwas höckerig. Die Ober- fläche des Rückens, der Arme und Beine ist schwarz, mit außer- ordentlich vielen, sehr kleinen grauweißen Pünktchen bespritzt. In der Mittellinie stehen die weißen Punkte sehr dicht, sodaß sich hier ein graues Längsband ergiebt, welches von der Schnauzenspitze bis zum After reicht. Außerdem finden sich einige weißliche Flecke an den Seiten und auf der Oberlippe, davon ein regelmäßig auftretender an der Schnauzenspitze und je einer dicht daneben; ferner einer über dem After und je ein bräunlich umrandeter Augenfleck auf den hinteren Außenflächen der Schenkel. Das Stück 750—754 zeigt feine weißliche und schwärzliche Längsstreifen auf dem Rücken und eine Anzahl heller, dunkel umrandeter Augenflecken an den Körperseiten. No. 750—754. Quilimane ; 8—10. I. 1889. Ein Stück. No. 905. Quilimane; 12. II. 1889. Drei Stücke. Phrynomantis bifasciata Smzth. Smith, Illustr. Zool. S. Afr. Rept. pl. 65 (Brachymerus). — Boulenger, Cat. p. 172. — Peters, Moss., p. 172, Taf. XXVI, Fig. 9. Dendrobates inhambanensis Bianconi Spec. Moss., p. 26, Taf. V., Fig. 4. No. 1622. Kokotoni; 29. VIII. 1889. Ein Stück der Var. A. Boulenger, mit zwei rötlich-gelben Längsbändern und ebenso gefärbtem Steißfleck. No. 1722. Kokotoni; 24. IX. 1889. Zwei Stücke der Var. B, Boulenger, bei denen der Charakter der schwarz-und-weißen Längsstreifung nicht gut zu erkennen ist. | Ohne No. Ein Stück der Var. B, Boulenger, mit ausgesprochener schwarz- und-weißer Längsbänderung zwischen den beiden Hauptbändern. Diese Zeichnung entsteht dadurch, daß vom Nacken bis zum Steißfleck zwei breite Längsbänder ziehen, die in sich schwarz liniiert sind, 34 SE Reptilien und Amphibien. 103 Hemisus sudanensis Stendachner. Steindachner, Sitzungsber., Ak. Wien, XLVII, p. 191, Taf. 1, Fig. 10—13 (Kakophryrus). — Boulenger, Cat. p. 179. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 12. No. 480. Kihengo, Ost-Ungün; 12. IX. 1888. Vier Stücke. No. 883. Quilimane unter Schutt; 9. II. 1889. Drei Stücke. Ohne Fundort. Vier Stücke, davon zwei mit ausgesprochen dunkelbrauner Färbung des Kinnes und der benachbarten Kehlgegend. Bufo viridis Laurent:. Boulenger, Cat. p. 297. Bufo arabieus, Rüppel, Reise nördl. Afr. Rept. p. 20, Taf. V, Fig. 2. No. 15. Alexandria. Ein kleines und drei ganz junge Stücke. Bufo regularis Keuf. Geoffroy Deser. de l’Egypte, pl. 4 f. 1, 2. — Peters, Moss., p. 178. — Boulenger, Cat. p. 298. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 12. No. 393. Usegua, am Ufer des Rukagura; 27. VIII. 1888. No. 775. Quilimane; 16. I. 1889. No. CIV. Mhonda; 6. IX. 1888. Drei Stücke. Wahrscheinlich Quilimane. Zwei Stücke. Bufo Steindachnerii nov. spec. (Taf. II, Fig. 8.) Gestalt verhältnißmäßig sehr schlank. Kopf ohne Knochen- leisten. Schnauze vorspringend, vorn breit zugerundet, mit schwachem Canthus rostralis; die Zügelgegend fällt fast vertikal ab. Interorbital- raum, in der Mitte der Augenlider gemessen, gleich vier Fünfteln der Länge des oberen Augenlides, flach, ebenso wie die ganze Oberfläche des Kopfes. Trommelfell sehr deutlich, etwas höher als breit, nicht ganz von halbem Augen-Durchmesser. Finger schlank; der erste reicht, neben den zweiten gelegt, nicht ganz so weit wie dieser. Unter der Handfläche ein großer Tuberkel. Die Subartikular-Höcker unter dem drittletzten Gelenk des dritten und vierten Fingers und unter dem vorletzten Gelenk des zweiten Fingers groß, schaufelförmig, mit aus- gehöhltem Rande; die übrigen einfach, stark, höckerförmig vor- springend.. Am Grunde des ersten Fingers findet sich eine längere Schwiele, auf den beiden folgenden Gelenken je ein Mittelhöcker; neben der Schwiele und neben den beiden Subartikular-Höckern noch je ein kleinerer (doch ist dies Verhältnis auf beiden Seiten nicht mit gleicher Regelmäßigkeit ausgebildet). Der Höcker unter dem vorletzten Ge- lenk wie beim zweiten Finger, doch am freien Rande meist stärker ausgehöhlt, sodaß er fast den Anschein der Verwachsung aus zweien erweckt. Von Schwimmhäuten ist an den Fingern keine Spur vor- handen. Die Hinterbeine sind schlank, wenn auch nicht lang; nach vorn gelegt, reichen sie mit dem äußeren Metatarsalhöcker bis an 39 104 Dr. Georg Pfeffer. die vordere Ecke des oberen Augenlides. Schwimmhaut nur ganz wenig entwickelt. Vierte Zehe sehr lang. Ein höckerförmiger innerer und äußerer Metatarsal-Tuberkel. Einfache Tuberkeln unter dem Metatarsus und den Zehen; emige zerstreute kleine Höcker auf dem Tarsus. — Oberseite überall mit punktförmigen Gruben. Die Parotiden machen sich nur dadurch bemerkbar, daß ihr Hinterende über der Schulter etwas aus dem Körperumriß heraus tritt. Unterseite hinten grob warzig, in der Mitte mit ganz feinen, nach vorn mit gröberen Stichpunkten. — Farbe oberseits grau. Auf dem Kopf, oben auf den Augenlidern beginnend und mit der Spitze bis gegen den -Nacken reichend, eine dunkele, balkenartige V-förmige Figur. Auf dem Rücken ist eine dunklere rhomboidale Figur ausgeprägt, deren vordere kürzere Seiten im Nacken beginnen, während die hinteren längeren im der Steißgegend etwas undeutlich endigen. Die Ränder dieser Figur sind von dunkelbraunen breiten Streifen gebildet. Innerhalb dieser Figur auf der Höhe der Kreuzwirbel dicht neben der Mittellinie stehen zwei kleine schwarze Flecke. Der Raum von den Augenlidern bis zu den Weichen, außerhalb der rhomboidalen Figur, hellgrau, nach unten von einem breiten schwarzen Streifen begrenzt, der, von dem Auge beginnend, bis an die Weichen läuft. Beine undeutlich quer gebändert. Bauch mit unregelmäßigen schwarzen Flecken. Kehle etwas dunkel gewölkt. No. CXVII. Kihengo; 12. IX. 1888. Ein Stück. Xenopus Mülleri Peters. Boulenger, Cat. p. 457. — Peters, Moss., p. 120, Taf. XXV, Fig. 3 Taf. XXVI, Fig. 12. — Pfeffer, Stuhlmann p. 12. No. 106. Sumpf bei Kibueni, Sansibar, 2. V.1880. Sechs ganz junge Stücke. No. 211. Sansibar, 27. V. 1888. Siebzehn Larven. No. 323. Sansibar; 12. VII. 1888. Ein Stück. No. 350. Sansibar, Insel; 6. VIII. 1888. No. 354. Sansibar, Insel; 6. VIII. 1888. Sieben Larven. No. 367. Kingani, große Fähre; 18. VIII. 1888. Ein Stück. D No. 553. Sansibar, Sumpf; 20. XI. 1888. Drei Larven. No. 848. Quilimane, 30. I. 1889. Viele ganz junge Stücke. No. 887. Quilimane; 22.1. 1889; mit Laich. Bemerkung: Zusammengehörig- keit fraglich. No. 1040. Sansibar, 15. VI. 1889. Zwölf Larven. No. 1041. Sansibar, 15. VI. 1889. Ein Stück. No. 1350. Bueni-Riff, südlich Sansibar; 3. VIII. 1889. Vier Stücke. No. XXXIX. Sansibar; 27. V. 1888. Sechs Larven. No. XLIV, Sansibar, Tümpel bei der Wasserleitung; 31. V. 1888. Zwei Stücke. $) 96 Fig Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Reptilien und Amphibien. 105 Figuren-Erklärung. Tafel 1. .1, 2. Zonurus frenatus Pfeffer. 1N/g:1. 3, 4, 5. Philothamnus Güntheri Pfeffer. 2:1. 6, 7. Rhampholeo Boettgerii Pfeffer. 2:1. 8, 9, 10. Ligonirostra Stuhlmannii Pfeffer. 2:1. 11. Arthroleptes stenodaetylus Pfeffer. 12:1. 12. Rappia vermiculata Pfeffer. 1/2: 1. Tafel II. Rappia platycephala Pfeffer. 11/2: 1. — punctieulata Pfeffer. 1\g:1. Hylambates argenteus Pfeffer. 1lyg:1. Rappia sansibarica Pfeffer. 12:1. Phrynopsis Boulengerii Pfeffer. 11/2:1. Kopf von der Seite. 11/2:1. Brustbein derselben Art. 3:1. Bufo Steindachnerü Pfeffer.» 12:1. op p Hm 37 Tafel 1. Jahrbuch der Hamburg. wissensch. Anstalten X, 1. Druck v. Lütcke & Wulff E. Stender del.et lith G. Pfeffer, Ostafrikanische Reptilien und Amphibien. \ “ Jahrbuch der Hamburg. wissensch. Anstalten X.1. Tafel II. Druck v. Lütcke & Wulff E. Stender del et lith G. Pfeffer, Ostafrikanische Reptilien und Amphibien. Ei u u x Der . Er . 5 u) . " ‚ E ‘ Br ® Br l . in ei . m R 1 Ar eg - i = - 5 Ba 7 a ar 2 °+% FE San Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Vögel. Von Dr. Anton Reichenow. un en a un a I: Vogelsammlung, welche Herr Dr. F. Stuhlmann *) während seiner Reisen in den Jahren 1888 und 1859 auf Sansibar, dem gegenüberliegenden Küstengebiet von Deutsch-Ostafrika und am Quilimane in Mossambik zusammengebracht hat, umfaßt gegen 800 Stück m 170 Arten. Wenngleich die Kollektion einem Gebiet ent- stammt, in welchem vordem schon vielfach ornithologisch gesammelt worden ist, so liefert dieselbe doch nicht allein wertvolle Nachweise für die Verbreitung mancher afrikanischen Vogelart, sondern enthält auch mehrere bisher noch nicht bekannte oder für: den Osten Afrikas noch nicht nachgewiesene Arten. Ostafrika, als zoologische Provinz, bildet nach des Referenten Ansicht zusammen mit dem Süden und Nordosten des Kontinents und dem Senegal-Distrikt im äußersten Nordwesten ein einheitlich aufzu- fassendes Faunengebiet, welches als „Östlich-südliches Steppengebiet‘‘ dem „Westlichen Waldgebiet‘, das ist Westafrika vom Gambia bis zur Wasserscheide zwischen Quanza und Katumbella, etwa 12° 50’ südl. Br., und ostwärts bis zu den zentralafrikanischen Seeen, gegen- überzustellen ist. Für letzteres sind die Gattungen Psittacus, Cory- thaeola, Musophaga, Trachylaemus, Malimbus u. a. bezeichnende Vogelformen, für ersteres ist besonders der Strauß der Charaktervogel, demnächst Serpentarius, Gyps, Trachyphonus, Corvultur und andere mehr der Steppe und gemischten Steppenlandschaft angehörende Vogelarten. Von den vier Provinzen, in welche das Östlich-südliche Steppen- gebiet zerfällt: Senegal. Nordosten, Osten und Süden, dürfte der Osten als der artenreichste Distrikt sich herausstellen. Es hat dies seinen Grund einmal in der bedeutenderen Breiten-Ausdehnung gegenüber den anderen Provinzen, ferner in der äquatorialen Lage und endlich darin, daß sowohl im Süden rein südafrikanische, als im Norden nordöstliche Formen in das Gebiet übergreifen. Wir rechnen zur ostafrikanischen *) Referent hat bereits im Journal für Ornithologie 1889 eine Übersicht der nachstehend behandelten Sammlungen gegeben. Der Wunsch, die zahlreichen und mannigfachen wissenschaftlichen Ergebnisse der Reisen Dr. Stuhlmann’s zu vereinigen, ist die Veranlassung zu der vorliegenden -Neubearbeitung, 3 110 Dr. Anton Reichenow. Provinz gegenwärtig den über mehr als 30 Breitengrade sich erstrecken- den Landstrich von Kap Gardafui im Norden bis zum Sambesi im Süden. Die nördliche Begrenzung ist noch als eine vorwiegend hypothetische zu bezeichnen, da unsere Kenntnis von der Fauna der Somali- und Galla-Länder noch eine sehr dürftige ist. Im Süden reicht das ostafrikanische Gebiet nicht über den Sambesi himaus. Referent möchte das Mündungsland dieses Flusses als die Grenze zwischen der östlichen und südlichen Provimz betrachten, so daß der Distrikt Quilimane noch der ersteren zuzurechnen wäre. Dagegen haben die neuesten englischen Forschungen im südlichen Njassalande dargethan, daß das Flußgebiet des Shire einen überwiegend südlichen Faunencharakter zeigt. Die Grenze zwischen Süden und Osten würde danach durch eme Linie zu bezeichnen sein, welche von der Mündung des Sambesi über den Schirwa-See zur Südostspitze des Njassa-Sees läuft. Ob die Fauna des nördlichen Njassa-Landes, im Westen des Njassa-Sees, auch noch ein vorherrschend südliches Gepräge hat, «larüber werden voraussichtlich die neuesten englischen Forschungen im jenen Gebieten Aufklärung schaffen. Außerordentlich scharf und in ihrem größeren Verlauf genau festgestellt ist die Grenze zwischen der östlichen Provinz und dem westlichen Waldgebiet. Durch die Forschungen Böhm’s, Fischer ’s, Emin’s und Stuhlmann’s ist jetzt bekannt, daß das ostafrikanische Faunengebiet bis an das Ostufer des Tanganjika und bis an das süd- liche Gestade des Victoria Njansa sich erstreckt. Die Provinz Ost-Afrika läßt sich, soweit unsere gegenwärtigen Kenntnisse ein Urteil in dieser Beziehung gestatten, wieder in drei, in ihrem faunistischen Charakter sich von einander unterscheidende Unter- Provinzen sondern und zwar in Mossambik, das Gebiet zwischen Sambesi und Rovuma, Deutsch-Ostafrika vom Rovuma bis Pangani nebst Sansibar, und Witu-Somaliland nördlich des Pangani. In Mossambik finden sich schon manche südafrikanische Formen, im Witu- Somali-Gebiet treten nordöstliche Vögel auf, während Deutsch-Ostafrika das Gepräge der ostafrikanischen Fauna am reinsten zeigt. Dr. Stuhlmann’s nachstehend aufgezeichnete Sammlung be- trifft die beiden Unterprovinzen Mossambik und Deutsch-Ostafrika. In der folgenden Übersicht sind die Bemerkungen des Sammlers auf den Begleitzetteln der einzelnen Stücke, soweit dieselben allgemeine Wichtig- keit für die Kenntnis der Arten haben, in eckigen Klammern wieder- gegeben. Die mit Anführungsstrichen versehenen Namen sind die bei. den Eingeborenen üblichen Bezeichnungen für die betreffenden Arten und zwar, wo nichts beigemerkt wurde, solche in der Suahelisprache. 4 Östafrikanische Vögel. hl Colymbidae. 1. Colymbus minor /. [,,Bata-siüa.“ — Auf Sansibar am 13. und 22. November, jüngere Exemplare am 14. Juli und 28. Oktober gesammelt. Schnabel ganz schwarz oder an der Basis schmutzig gelbbraun, Füße schwarz- grau, Iris braun oder braungrau. | Laridae. 2. Larus phaeocephalus Sws. Larus hartlaubi Zechw. |nec Bruch.] Journ. Orn. 1889, 264. Diese Art ist oft mit der in Süd- und Südwest-Afrika heimischen Larus hartlaubi (Bruch.), welche der L. phaeocephalus im Winter- kleide sehr ähnlich sieht, verwechselt worden. Ein gutes Unter- scheidungsmerkmal ist die 7. Schwinge, welche bei L. hartlaubi rein grau ist, mit schwärzlichem Innensaum, während sie bei L. phaeoce- phalus eine schwarze Binde vor dem Ende zeigt. L. hartlaubi hat zu keiner Jahreszeit einen grauen Kopf. |Am Quilimane am 8. Februar erlest. | Sternidae. 3 Sterna media Horsf. Diese Seeschwalbe, eine Bewohnerin der Küsten des Indischen Oceans, ist bis jetzt an den verschiedensten Punkten der Ostküste Afrikas, von der Bucht von Aden bis Mossambik nachgewiesen. [Quilimane am 12. II., auf Sansibar am 27. und 28. XI. ge- sammelt. Schnabel ockergelb, Füße schwarz, Iris braun. | Phalacrocoracidae. 4. Plotus levaillanti Leht. [,Muöndo“ (Kaffernsprache). — Quaquafluß 16. II.] Anatidae. 5. Thalassiornis leuconota (A. Sm.) [,„„Battinu“. — Quilimane 17. I. Schnabel schwarz, gelb ge- fleckt, Füße schmutziggrau, Schwimmhäute schwarz, Iris rotbraun. | 6. Dendrocygna viduata personata Wüürtt. [,, Namulili“. — Bei Quilimane Ende Februar erlegt.| d 112 Dr. Anton Reichenow. Charadriidae. Die unter No. 7 bis 11 aufgeführten Regenpfeifer sind Wanderer aus dem Norden und Nordosten (geoffroyi und mongolicus asiatisch), welche die Gestade Östafrikas als Winterherberge benutzen. Nur Ch. trieollaris dürfte im Gebiet brüten. 7. Charadrius squatarola (Z.) [,„,Kituitui““. — Auf Sansibar am 11., 26. und 29. XI. Schnabel schwarz, Füße dunkelgrau, Iris braun. | 8. Charadrius hiaticola Z. [,,Kituitui‘‘. — Auf Sansibar am 11., 24. und 28. XI. Schnabel schwarz mit rotbrauner Basis, Füße ockergelb, Iris braun. | 9. Charadrius geoffroyi Wagl. [„Kituitui“. — Sansibar 11., 24., 27. und 29. XI. Schnabel schwarz mit bräunlicher Unterkieferbasis, Füße schmutzig graugelb, Iris braun. | 10. Charadrius mongolicus Pall. [„Rituitui.“ — Sansibar 11., 26. und 27. XI. Schnabel schwarz, Füße bleigrau, Iris braun. | ll. Charadrius alexandrinus 7. [Quilimane 25. I. Schnabel schwarz, Füße grau, Iris braun. ] 12. Charadrius tricollaris Vieill. [„Kituitui.“ — Sansibar 28. X. Schnabelspitze schwarz, Basis rotbraun, am Unterkiefer heller, fast orange, Füße schmutzig grau- braun, Iris graubraun. | 13. Vanellus leucopterus Ach. Rehw. Journ. Orn. 1889 S. 265. — Vanellus crassirostris Seeh. Inec Fil.| Geogr. Distr. Charadrüdae S. 214. Diese vom Referenten unter vorstehendem Namen unterschiedene Form weicht von dem typischen Vanellus crassirostris Fl. dadurch ab, daß alle Schwingen, mit Ausnahme der drei ersten Handschwingen, welche schwarz sind, und der vier graubräunlichen Schulterfedern, rein weiß sind, während bei dem typischen V. erassirostris nur die Arm- schwingen weiße Basis zeigen. H. Seebohm (l. e.) hat unter dem Namen V. crassirostris die vorstehende Form beschrieben, vermutlich nach einem südafrikanischen Stück. V. leucopterus scheint den nord- östlichen V. erassirostris in Südostafrika zu vertreten. [Quilimane 17. I. Schnabel kirschrot, Spitze schwarz, Füße schwarz, hinten braunrot, Iris kirschrot. | 14. Oedienemus vermiculatus (Cab. [„Mruru“ (Kaffernsprache). — Quaquafluß 20. II. Iris hellgelb.] 6 Östafrikanische Vögel. 113 Scolopacidae. 15. Tringa subarcuata (Güld.) [Sansibar 27. XI.] 16. Calidris arenaria (/.) [„Kituitui.“ — Auf Sansibar am 11. und 27. XI. erlegt.] 17. Totanus hypoleucus (Z.) [,„Kituitui.“ — Auf Sansibar am 11., 23. und 29. XI. und 11. II. erlegt. Füße blaugrau, Iris braun. ] 18. Totanus littoreus (ZL.) [„Namruru.“ — Quilimane 21. H., Sansibar 29. XI. Schnabel schwarzbraun, Füße schmutzig grüngrau, Iris braun.] 19. Totanus glareola (L.) [„Kidjodjo-ndjo.“ — Quilimane 6. u. 16. II.] 20. Totanus stagnatilis Behst. [„Kido-djonjo.“ — Quilimane 26. I. Schnabel schwarz, an der Basis des Unterkiefers olivenfarben, Füße olivenbraun, Iris braun. ] 21. Numenius arcuatus (7.) [„Korongo.“ — Sansibar 20. VII. und 26. X1.] 22. Numenius phaeopus (L.) [„Korongo“ — „Mruru“ (Kaffernsprache). — Sansibar 26. XI., Quilimane 21. U. Schnabel schwarzbraun, Basis des Unterkiefers fleischfarben, Füße bleigrau, Iris braun. ] 23. Gallinago major (Gm.) [„Kidjodjo-ndjo.“ — Sansibar 14. XU., Quilimane Ende Februar und März. Füße grünlich graubraun, Iris braun. ] 24. Rhynchaea capensis (L.) [Sansibar 21. XI. Füße schmutzig grünlichgrau, Iris braun. ] Rallidae. 25. Ortygometra nigra (G@'m.) [„Kukusina“, „Kru&“. — Sansibar 14. VII, 14. und 22. XL; Quilimane 28. I. Schnabel hellgelb oder grüngelb, Füße korallrot oder rotbraun, Augenrand rot, Iris orangerot.| 26. Porphyrio alleni (Thomps.) [„Kukusina“. — Sansibar 28. X., 13., 14., 21.—23. XI. Schnabel korallrot, beim jüngeren braunrot, Füße braunrot, Iris gelb, beim Jüngeren Vogel graubraun. | = [e + 114 Dr. Anton Reichenow. 27. Porphyrio smaragdonotus Tem. [„Kuruelle“ — „Kukumasi“ (am Quilimane). — Quilimane Ende Februar und 16. März. Schnabel braunrot, Füße hellrosa, Stirn- platte zinnoberrot. ] 28. Parra africana Gm. [„Mombo“, „Kukusina“. — Sansibar 13. XI, Quilimane 17., 20. u. 22. L, 9. und 16. I. Schnabel bleigrau, beim jungen Vogel bräunlich grau, Füße dunkel eisengrau, beim jüngeren bleigrau, Stirn- platte bleigrau, beim jungen grünlich, Iris schwarzbraun, beim jungen Vogel graubraun. | 29. Microparra capensis (A. Sm.) [„Mombo“. — Am Quilimane am 28. I. erlegt. Schnabel braunschwarz, Füße eisengrau, Iris braun. | Ciconiidae. 30. Anastomus lamelligerus Tem. |„Nansa Korroboe“ (Kaffernsprache),. — Am Quaqua-Fluß 19. II. erlegt.] Ardeidae. 31. Nycticorax nycticorax (L.) [„Mombo“ (Kaffernsprache) — „Namägala* (Quilimane) — (Quaqua-Fluß 18. u. 19. II., Quilimane 21. II. Iris korallrot.| 32. Ardetta pusilla (Viexll.) [„Korongo“. — Sansibar 28. u. 29. X., 15., 20. und 21. XI. Iris gelb. | 33. Ardeola rufiventris (Sund.) r i r a .7, EC Pi |,Mombo“ (Kaffernsprache) — „Vidöle“ (Quilimane). — Qui- limane, 1. u. 3. II., S. II. — Schnabel schwärzlich, Basis des Unter- kiefers gelbgrün, Füße schmutzig hornbraun und blaßgelblich. | 34. Butorides atricapilla (A/zel.) |,„Mombo“, „Kidomoi“ — uilimane 4. und 16. I. Nackte Augengegend gelb.| 35. Ardea purpurea /. [.Idos“ — Quaquatluß 20. U. Iris hellgelb.] 36. Herodias gularis (Bosc.) |. Korongo* — Sansibar 11. XI. Iris weißgelb, Schnabel schwarz, Schnabelwinkel gelb, Zügelhaut blaugrau, Füße schwarz, Zehen gelb.] 8 Östafrikanische Vögel, 115 Von Dr. Fischer wurde nur die Form eineracea (ab. auf San- sibar gefunden, das von Dr. Stuhlmann gesammelte Stück ist aber ein typisches. Exemplar von gularis, hat dieselbe dunkle Schieferfarbe wie westliche Stücke, nur sind die Maße um weniges kleiner: Flügel 240, Schnabel von d. Stirn 77, vom Schnabelwinkel 94, Lauf 80 mm. Außer dem vorgenannten Stück sammelte Dr. Stuhlmann mehrere Exemplare der Varietät eineracea (ab. [Sansibar 18. und 20. VII. Schnabel schwarz, bei den Nasen- löchern gelb, Unterkiefer bisweilen hornbraun, Füße schmutzig gelb, Iris hellgelb.] R 37. Herodias garzetta (ZL.) [„Kakoa“ (Kaffernsprache) — Quilimane 14., 15. und 21. 1. Iris hellgelb.]| Columbidae. 38. Treron delalandei (2p.) [„Ninga“. — In Msere (Usegua) am 7. IX. und Lewa (Usam- bara) am 25. IX. erlegt. Schnabel grau, Schnabelbasis, Augenring und Füße korallrot, Iris weiß. | 39. Turtur semitorquatus (kipp.) [„Djoua“, „Hua“. — In Mbusini (Usegua) 30. VIlI., Gubuini (Usegua) 17. IX. und Lewa (Usambara) 25. IX. erlegt. Schnabel schwarz, nackte Haut um das Auge karminrot, Iris orange, Füße schmutzig kirschrot]. 40. Turtur capicola damarensis Finsch Hartl. [1 Ndjio.““ — „Djivoa“ (Sansibar). — „Jvague‘ (Quilimane) — Quaquafluß 19. II. Quilimane 8. und 13. IL] | Bezüglich der Unterschiede von T. damarensis und decipiens sei auf die Ausführungen des “Referenten im Journ. f. Ornith. 1892 S. 14—15 verwiesen. 41. Chalcopelia afra. (L.) x [„Pugi.“ — In Korogwe am 21. IX.,. auf Sansibar am 4., T., 16. und 23. November erlegt. Schnabel kirschrot, Spitze rosa, Füße schmutzig kirschrot, Iris braun oder graubraun. | Neben dieser Form wurde auch die Varietät chalcospila (Wagl.) auf Sansibar gesammelt. [Schnabel schwarz, Füße schmutzig karmin- rot, Iris dunkelbraun. | 42. Peristera tympanistria (Tem.) [„Udjivoa.“ — Sansibar 8. und 17. XI. Schnabel schwarz, am Grunde rötlich schimmernd oder schmutzig karminrot, Füße schmutzig karminrot, Iris dunkelbraun. | 9 9“ 116 Dr. Anton Reichenow. Perdicidae. 43. Numida coronata Gray [„Kanga.“ — Kihengo (Ost-Unguru) 11. IX. Iris graubraun. Schnabel grauolivenbraun, an der Spitze heller, am Schnabelwinkel rot. Füße schwarzbraun. Ober- und Hinterkopf rot, Horn hell horn- braun, an der Basis in’s Rötliche übergehend. Ring um das Auge, Kopf- und Halsseiten hellblau; Vorder- und Hinterhals grau. Schnabel- lappen hellblau mit roter Spitze. 44. Francolinus kirki Hartl. [„Quale.“ — Mbusini (Usegua) 27. und 51. VIH.] 45, Francolinus subtorquatus stuhlmanni Aehw. Journ. Ornith. 1889. 8. 270. |„Tetere.“ — Pongue (Usegua) 24. VIII. Schnabel hornbraun, am Schnabelwinkel und Basis des Unterkieters gelb, Füße gelb, Iris rotbraun. | Von dem typischen Francolinus subtorquatus Südafrikas unter- scheidet sich diese Form durch einfarbig rostgelbe, nicht gebänderte Unterschwanzdecken und durch geringere Größe. Neuerdings sind jedoch dem Referenten Exemplare aus Ost-Afrika zugegangen, welche deutliche Bänderung auf den Unterschwanzdecken zeigen. Es schemt das angegebene Kennzeichen somit kein constantes zu sein und nur eine subspecifische Sonderung zu gestatten. 46. Pternistes nudicollis (@m.) [„Quare.“ — Mbusini (Usegeua) 27. VII., Quilimane 23. und 27. I., 1. und 10. I. Schnabel, nackte Kehle und Füße korallrot, Iris dunkelbraun. ] Falconidae. 47. Polyboroides typicus A. Sm. |„Kipanga.“ — In Kikoko (Usaramo) im 18. VIII. erleet. Wachshaut gelb, Iris olivenbraun. Im Magen Oelnüsse. Soll den Hühnern nachstellen. | 48. Circus ranivorus (Daud.) [„Tangue* (Quilimane). — Quilimane 8. III. Füße blaßgelb. | 49. Circus aeruginosus (Z.) [„Kipanga* (Sansibar) — „Tangue“ (Quilimane). — Quilimane Ss. II. Füße gelb, Krallen schwarz.] Das vorliegende Stück wurde mit der vorhergehenden, nahe verwandten Art an demselben Orte und demselben Tage erlest. 10 Ostafrikanische Vögel. 117 50. Astur polyzonoides (A. Sm.) [„Jvabue“ (Quilimane). — Quilimane 16. III] 51. Asturinula monogrammica (Tem.) [Quilimane 8. IL. Schnabel schwarz, Schnabelrand, Wachs- haut und Füße rötlich orangegelb.] 52. Spizaötus oceipitalis (Daud.) [„Usumbira“ (Kaffernsprache) — „Fune-Fune.“ — Im Mekakalla- Thal (Ost-Unguru) am 14. IX., am Quaquafluß am 19. II. erlegt. Schnabel grau, an der Spitze fast schwarz, Wachshaut gelb, Füße gelb, Iris gelb oder orange. | 53. Milvus aegyptius (G'm.) [,Mo&o&“. — Kilindi (Öst-Unguru) 13. IX., Quadigassa (Usegua) 15. IX. Schnabel weißgelb, Füße hellgelb, Iris hellbraun oder graubraun. | 54. Pernis apivorus (ZL.) [„Tangue“. — Quilimane 2. II. und 10. III. Schnabel schwarz, Schnabelwinkel und Wachshaut gelbgrau, Füsse orange, Krallen schwarz, Iris zitronengelb. ] 55. Elanus caeruleus (Desf.) [„Kipanga“ — „Sumbira* (Quilimane). — Auf Sansibar am 16. u. 17. XI., am Quilimane am 30. I, Ende Februar und 7. II. erlegt. Schnabel schwarz, Schnabelwinkel und Wachshaut dunkel- zitronengelb, Füße dunkelzitronengelb oder orangegelb, Iris hellgelb.] 56. Falco peregrinus Tunst. [„Ivage“ (Quilimane). — In Quilimane am 1. HI. erlegt.]| Das gesammelte Exemplar ist auf dem Rücken sehr hell (hellgrau) gefärbt. 57. Falco ruficollis Sws. [„Njakali-uanje (Kaffernsprache) — „Sumbira“ (Quilimane) — „Mevoe“ auf Sansibar. — Am Quaquafluß 19. II., in Quilimane am 7. III. erlegt. Wachshaut, Augenring und Füße lebhaft orangegelb. | Psittacidae. 58. Poeocephalus fuseicapillus ( Verr.) [„Quaru“, „Kamsalari“ — „Moro“ (Kaffernsprache). — Mbusini (Usegua) 28. VIII., Msere (Usegua), Quilimane 2. II. erlegt. Iris gelb oder gelbbraun, Schnabel oben dunkelgrau, unten weißlich, Füße schwarzgrau.] Musophagidae. 59. Gallirex chlorochlamys Shell. [„Kurukuru“ — „Guruguru“ (Kaffernsprache). — Kilindi-Berg (Ost-Unguru) 14. IX., Quilimane 4. II., Malianga (Usegua) 16. IX. Augenrand rot, Füße dunkelgrau. | 11 118 Dr. Anton Reichenow. Coliidae. 80. Colius affinis Shell. Colius leuceotis Rchw. Journ. Orn. 1889 p. 272. [Mekakallafluß 14. IX. Iris graubraun, Füße korallrot.| . el. Colius striatus Gm. [.Pausa“. — Quilimane 19. I. Iris karminrot, Füße bräunlich kirschrot. | Cuculidae. 62. Centropus monachus Riipp. [.Mokotta“. — Quilimane 20. und 22. I. Iris korallrot.] 63. Centropus nigrorufus ((uv.) | |,„Mkuta“, „Mkuta-Dambo“ (Quilimane). — In Quilimane am 6. und 16. Ill. erlegt. Iris schwarz. ] 64. Centropus supereiliosus Hempr. Ehr. [„Tippi-Tip.“ — Lewa (Usambara) 25. IX. Sansibar 26. X., 10. und 17. XI. Iris rot, Füße grauschwarz oder dunkel bleigrau. 65. Ceuthmochares australis Sharpe | [„Msani.“ — Sansibar 7., 14., 16., 20. und 22. XI. Iris kar- moisinrot, Schnabel gummigutt- oder orangegelb, Füße schwarz. ] Es sind nunmehr 4 Arten der Gattung Ceuthmochares in Afrika bekannt: flavirostris Sws. Bewohnt Ober-Guinea. aereus Vieill. In Nieder-Guinea, von Kamerun bis Angola. intermedius Sharpe. UGentral-Afrika (Niamniam-Land, Bukoba am Victoria Njansa). australis Sharpe. Bewohnt Ost-Afrika südwärts bis Natal. 66. Cuculus heuglini Cab. Heine [„Lunebe.“ (Quilimane) — Bei Quilimane am 6. III. erlegt.] 67. Chrysococcyx cupreus (bodd.) [„Mtschune® — Sansibar 7., 9., 10., 23., 28. und 30. XI., jüngere, noch nicht ausgefärbte Stücke am 9., 10., 15., und 21. XI. erlest, Quilimane 29. I. und 7. III. — Iris rot oder gelbrot, bei jüngeren braun, Augenrand rot, Schnabel schwarz, an der Basis des Unterkiefers graubraun. | Indicatoridae. 68. Indicator variegatus Less. |„Mlembe.“ — Haluquembe (Usegua) 18. IX., Lewa (Usambara) 25. IX. Füße bleigrau.] 12 Östafrikanische Vögel. 119 Während das eine der beiden gesammelten Stücke durchaus die typische Färbung der Art zeigt, weicht das andere durch den grüneren Ton der Oberseite, schneeweiße (sonst bräunlich weiße) Unterflügeldecken und Innensäume der Schwingen sowie dadurch auf- fallend ab, daß die Kehlfedern anstatt des mattschwarzen Mittelstrichs, welcher bis zum Rande der Feder reicht, einen in der Mitte der Feder befindlichen Tropfenfleck zeigen. Weiteres Material wird entscheiden, ob nur eine individuelle Abweichung oder eine Abart vorliegt. Referent hat die Abweichung im Journ. f. Orn. 1889 S. 274 als var. virescens vorläufig unterschieden. 69. Indicator minor (Steph.) [„Usserere.* — Quilimane 7. IIL.] Capitonidae. 70. Pogonorhynchus melanopterus (Ptrs.) [„Suakulu.“ — Haluquembe (Usegua) 18. IX., Lewa (Usam- bara) 25. IX., Iris dunkelbraun. ] 71. Pogonorhynchus irroratus (Cab. [„Djuakulu“. — Korogwe 21. IX., Lewa (Usambara) 25. IX.] 72. Tricholaema lacrymosa Cab. [„Kongrole“. — Pongue (Usegua) 24. VIII. Iris rotbraun. | 73. Trachyphonus suahelicus Rchw. [„Vangana“. — Mbusini (Usegua) 31. VIII, Matomondo (Un- guru) 9. IX. Iris rotbraun, Schnabel an der Basis grüngelb, an der Spitze horngrau, Füße horngrau.] Picidae. 74. Mesopicus namaquus (Lcht.) [„Kongota“. — Kivugo (Ukuehre) 21. VIII, Kihengo (Ost- Unguru) 12. IX. Iris kirschrot, Schnabel und Füße dunkelgrau. | 75. Campothera nubica (Gm.) [„Kongota“ — Sansibar 15., 20. und 23. XI] 76. Campothera mombassica Fschr. Rchw. [„Kongota* — Mbusini (Usegua) 31. VIII. Iris rotbraun. Schnabel horngrau. Füße schmutzig grüngrau]. Campothera mombassica ist eine von C. abingoni gut unter- schiedene Form. Bei den vorliegenden Stücken ist die Färbung der Kehle fast rein weiß, nur wenige schwarze Flecke sind bemerkbar. Auch in dieser Eigenschaft scheint ein Unterscheidungsmerkmal von C. abingoni zu liegen, bei welcher, wenigstens die Männchen. dicht schwarz gefleckte Kehle haben. 15 120 Dr. Anton Reichenow. 77. Dendropicus hartlaubi Mall. Dendropicus hemprichi |non Hempr. Ehr.] Rehw. Journ. Orn. 1889 S. 274. [.Kongota®“ — Mbusini (Usegua) 30. VIH., Sansibar, 16. IX. Iris rot oder gelb. | Bucerotidae. 78. Lophoceros melanoleucus (Lcht.) |„Quembe“, „Mombo* (Kaffernsprache) — Rosako (Usaramo) 19. VII, Quilimane 1. I. Iris hellgelb, Schnabel hellrot, Füße schwarzbraun. | j 79. Lophoceros deckeni ((ab.) [„Quembe“. — Masungu (Usegua) 1. IX. Iris rotbraun. | 80. Bucorax cafer (Schleg.) [Pangani 29. VII] Alcedinidae. 81. Haleyon chelicuti (Stanl.) [„Mkumburu*. — Sansibar 10., 16., 21. und 23. XI, Quili- mane 29. und 31.:L., Anf. IIl., Mbusini (Usegua) 29. VII. Füße oberseits braun, unterseits hellrot, Iris braun. ] 82. Halcyon irroratus Jichb. [„Ischerule“. — Quilimane 23.1., 11. II. Schnabel rot, Füße schwärzlich kirschrot, Iris braun. | 83. Halcyon orientalis Pfrs. [„Mukumburu“, „Tscherule*. — Mbusini (Usegua) 29. VIH., (Quilimane 23. I, jung am 1. II. Füße und Schnabel rot, letzterer mit dunkler Spitze, Iris braun. ] 84. Corythornis cyanostigma (Rüpp.) Alcedo cristata [non L.] Rchw. Journ. Orn. 1889 8. 275. [„Kumburu“*. — Sansibar 26. L, 29. X., 15., 16., 20. und 24. XI. Schnabel und Füße korallrot, beim jungen Vogel schwarz mit rötlichem Schein, Iris dunkelbraun. | 85. Ispidina pieta (Bodd.) [„Kumburu“. — Korogwe 21. IX. Schnabel und Füße mennig- rot, Iris dunkelbraun. 86. Ceryle rudis (L.) [„Kituitui“. — Bagamojo 13. VII., Sansibar 3. XI., Quilimane 8. und 15. U. Iris dunkelbraun. ] 17 Ostafrikanische Vögel. 12} Meropidae. 87. Merops superciliosus L. [„Tschinega“, „Msengo“, „Tonscho“ (Kaffernsprache) — „Ki- kumburi“ (Sansibar). — Sansibar 14. VII, Kikoko (Usaramo) 18. VII., Quilimane 19. und 25. L, 10. und 11. II., III. Iris karminrot, Füße braungrau.] 88. Melittophagus bullockoides A. Sm. [„Kinega“. — Msere (Usegua) 3. IX. Schnabel schwarz, Füße schwärzlich, Iris braun. | 89. Melittophagus cyanostietus (ub. [„Giombamvua“, „Vinega“. — Mbusini (Usegua) 29. VIIL, Haliboma (Usegua) 19. IX., Quilimane 25.1. Füße grauschwarz, beim jungen Vogel dunkelgrau, Iris rot, beim jungen Vogel bräunlich rot.] Upupidae. 90. Irrisor viridis (Lcht. sen.) Irrisor erythrorhynchus [non Lath.] Rehw. Journ. Orn. 1889 S. 276. [„Gore-gore“. — Sansibar 16. VII, Pongue (Usegua) 23. VII. Schnabel korallrot, Füße etwas heller, Iris grau oder dunkelbraun. | 91. Rhinopomastus cyanomelas (Vieill.) [„Serele“* (Kaffernsprache). — Quilimane 1. 11.] 92. Upupa decorata Hartl. [„Kijjogo“. — Mbusini (Usegua) 30. VIII. Iris braun.] U. decorata wird für das Weibchen von U. africana Bchst. gehalten. Abgesehen von der schwarzen Binde quer über die Basis der Armschwingen ist die Färbung von Kopf und Rücken wesentlich blasser, die Unterseite blasser, der Bauch undeutlich gestrichelt, ferner sind die Unterschwanzdecken rein weiß. Das vorliegende. Stück ist vom Sammler als Weibchen bezeichnet. Coraciidae. 93. Coracias spatulata Trim. [„Guambu.“ — Msere (Usegua) 2. IX. Iris hellbraun, Füße graubraun. | Das gesammelte Exemplar zeigt die typische Färbung der Species. 94. Coracias garrula Z. [Quilimane 10. II.] 199 Dr. Anton Reichenow. 95. Eurystomus afer (Lath.) [,Kullo“, „Marö“ (Kaffernsprache) — Kikoka (Usaramo 18. VIII, Quilimane 1. II. Schnabel hellgelb, beim jungen Vogel schmutzig gelb, Füße grau, beim jungen Vogel schwarzbraun]. uneuilen 96. Eurystomus glaucurus (Sf. Mill.) | [.Mdelu.“ — Quilimane 1. III. Schnabel orangegelb, Füße | schwarzgrau. | Caprimulgidae. 97. Caprimulgus europaeus (Z.) [.Maro&.“ (Kaffernsprache) — Quilimane Februar.] 98. Caprimulgus fossii Hartl. [„Ischiwew“, „Marabattu.“ — Sansibar 26. und 29. XL, Quilimane 21. und 25. I. Iris braun. | Hirundinidae. 99. Psalidoprocne orientalis Rchw. Psalidoprocne petiti orientalis Achw. Journ. Ornith. 1889 S. 277. [„Mbarra-uöja“ — Lewa (Usambara) 25. IX.] Diese vom Referenten zuerst nur subspecifisch unterschiedene Form wird jetzt als gut characterisierte selbständige Species aufgefaßt, nachdem durch später gesammelte Stücke die Beständigkeit des Unter- scheidungsmerkmals von P. petiti sich erwiesen hat. P. orientalis ist von der letztgenannten Art, welche fast mattschwarzes Gefieder hat, durch ein stahlgrünglänzendes Schwarz der Befiederung unter- schieden. 100. Hirundo rustica ZL. [Quilimane 19. I.] 101. Hirundo smithi Leach [„Tschiriko*. — Sansibar 29. X1.| 102. Hirundo puella. Tem. Schleg. [Nestjunges bei Mbusini (Usegua) am 28. VIII. gesammelt.] Campophagidae. 103. Campophaga nigra Vieill. [Quilimane Anf. Februar. | Muscicapidae. 104. Muscicapa grisola /. [Sansibar 3., 20. und 24. XL] 16 Ostafrikanische Vögel. 123 105. Bradyornis pallidus v. Mill. [Quilimane 30. 1.] 106. Melanopepla tropicalis (ab. [„Mramba“, „Mru&“ (Kaffernsprache) — Quilimane, 30. I, Mbusini (Usegua) 27. VII.] 107. Terpsiphone perspicillata (Sts.) Terpsiphone ferreti Rchw. Journ. Orn. 1889 S. 278. [„Jamtambe“, „Kumboe“ — Sansibar 30. X. und 23. XL, Korogwe am Rufufluß 21. IX., Quilimane, 23. I.]| Die von Dr. Stuhlmann eingesandten Exemplare haben Ge- legenheit zu einer Revision der von Böhm, Fischer und Hildebrandt in Ost-Afrıka gesammelten Paradiesfliegenfänger geboten und zu dem Ergebnis geführt, daß die früheren Angaben über das Vorkommen von T. cristata (melanogastra, ferreti) im östlichen Afrika irrige sind, vielmehr sämmtlich auf T. perspicillata bezogen werden müssen. Auch in Angola und Loango wurde die letztere Art von Falkenstein und von Mechow gesammelt. Desgleichen gehören die von Bocage (Orn. Angola 8. 191) als T. eristata aus Benguella erwähnten Exemplare der T. perspicillata an, wie aus der Beschreibung ersichtlich ist. Es ist aber zu beachten, daß die ostafrikanischen Exemplare ebenso wie die von Loango und Angola (dem Referenten liegen einige 40 vor), verglichen mit solchen aus dem südöstlichen Afrika (Kaffernland) dadurch sich unterscheiden, daß der Kopf bei alten Individuen nicht stahlgrün glänzt, sondern dunkler ist, geringeren und mehr stahlblauen Glanz zeigt. Auch sind die Unterschwanzdecken häufig rostfarben verwaschen, bei südlichen Stücken (wenigstens übereinstimmend bei den dem Referenten vorliegenden) rein weiß. Endlich kommt in Ost-Afrika ein weißes Altersstadium vor, während solches in Südafrika noch nicht gefunden ist. Es möchte sich somit die östliche und Angola-Form als ständig abweichende Subspecies herausstellen. Nachfolgende Stellen sind auf T. perspicillata und zwar auf die beschriebene Abweichung zu beziehen: Terpsiphone cristata Finsch Hartl. O. Afr. 1870, 304 |[deser. hab. part.] — Boc. Angola I. 1877, 191. — Fschr. J. 0. 1877, 172, 179. — Shell. P. Z. S. 1881, 577 [?] — Böhm O. C. 1882, 135 — Shell. P. Z. 8. 1889, 360 [?] — Shell. Ibis 1888, 292, 299 [?] Tchitrea ferreti Bianc. Sp. Mos. 1850, 321 [?]. Terpsiphone ferreti Cab. J. O. 1878, 223. — Fschr. J. O. 1878, 273. — Fschr. Rcehw. J. O0. 1878, 258. — Fschr. J. O0. 1879, 277. — Fschr, Rchw. J. O0. 1879, 345. — Fschr. O0. C. 1882, 105. — Schal, 17 124 Dr. Anton Reichenow. J. 0. 1883, 353. — Böhm J. 0. 1883, 179. — Fschr. Z. g. 0.-1884, 353. — Fschr. J. 0. 1885, 129. — Rchw. J. 0. 1887, 63. — Rochw. J. 0. 1889, 278. Terpsiphone melanogastra Fschr. J. ©. 1579, 278, 288, 300, 303. — Böhm ‘J. 0. 1883, 179. — Matsch. & 0.1887. 153 Terpsiphone sp. Böhm J. O. 1886, 413. 108. Bias musicus Veill. [„Schore-Koko“, „Sotende“. — Mbusini (Usegua) 30. VII., Lewa (Usambara) 25. IX.]. 109. Batis puella Achw. n. sp. Platystira pririt Fschr. J. ©. en 274. — Fschr. Rehw. J. 0.-1878, 257.. — Fschr. J. 0. 1879, 288.. — FEschr. Rehw.J0: 1879, 346. — Böhm 0. C. 1882, ne — Schal. J. 0. 1883, 353. — Böhm J. O. 1883, 179. — a 2:0, 02 1884-0552, Batis pririt Fschr. J. O. 1885, 129. — Rchw. J. O. 1887, 63 [?]. — Rchw. J. OÖ. 1889, 278. — Emin J. O. 1891, 59. — Emin J. ©. 1891, 340. — Rchw. J. O. 1892, 35. Pachyprora molitor Shell. P. Z. S. 1882, 302. [„Mrabbo“. — Quilimane 29. 1.] € In der früheren Übersicht (Journ. Orn. 1889 8. 278) ist diese Art als B. pririt aufgeführt worden. Weiteres dem Referenten zuge- gangenes Material hat Gelegenheit zu erneuter Untersuchung geboten und dem Referenten die Ueberzeugung verschafft, daß sowohl die von Dr. Stuhlmann gesammelten Vögel, wie die gleichartigen, früher von Böhm, Hildebrandt, Fischer und später von Emin Pascha in Ostafrika erbeuteten Exemplare (wozu vermutlich auch der von Thomson am Rovuma erleste Vogel zu zählen ist) einer besonderen Art angehören, welche die südliche Batis molitor in Ostafrika vertritt und von dieser durch geringere Größe und schmalere Brustbinde unter- schieden ist. Dieselbe würde folgendermaßen zu diagnosticieren sein: Speciei B. molitor dictae simillima, sed minor (alis caudaque brevioribus), fascia pectorali angustiore. Iride flava, vel annulo exteriore sordide viridi, rostro et pedibus nigris. Der weisse Superciliarstreif reicht bald kaum bis zum Auge, bald zieht er sich bis auf die Schläfen hin, besonders bei den Weibchen. Der Oberkopf ist grau, bisweilen schwarzgrau. Nachstehend eine ver- eleichende Übersicht der Maße beider Formen: Batis molitor: g': a. im 61—68, c. 43—53, r. 13, t. 17—19 mm [nach 8 Exempl.] 9: a. ım 63, c. 50, r.. 135, t. 17.mm [nach 3 Exempl.] 18 Östafrikanische Vögel. 125 Batis puella: fg a. im 51—60, c. 36—43, r. 11 [nach 6 Exempl.] 9: a. im 52—58, c. 36—43, r. 12—13, t. 16—17 mm [nach 12 Exempl.] 13, t.. 16—15 mm Die Verbreitung der B. puella erstreckt sich nach unserer gegenwätigen Kenntnis von Quilimane bis zum Tanafluß und Victoria Njansa. Specielle Fundorte sind: Quilimane 29. I., Sansibar 3. XI. (Stuhlmann) — Sansibar 29. III., Mombassa 26. VL, Pangani 23. VII, Bondei 6. I., Groß Aruscha 16. VII, Loeru, Ndutian [?], Tanafluß (Fischer) — Ndi in Teita (Hildebrandt) — Simbareni 10. VIII, Kakoma %. IV., 29. VII, 1. IX., Ugalla (Böhm) — Mpapwa 17. VI., Bussisi 30. IX., 16. X., Butumbi 28. IV. (Emin) — Rovumafluß (Thomson) [?]. Laniidae. 110. Dryoscopus major (Hartl.) [„Ng0“, „Mkeue“, „Mrio“. — Quadigassa (Grenze von Unguru und Usegua) 15. IX., Gubuini (Usegua) 17. IX., Quilimane 24.,1., 6. II. Iris rotbraun, kaffeebraun und graubraun, Füße grauschwarz und bleigrau.| Durch die vorliegenden Stücke konnte Referent sich üherzeugen, daß die Form Dryoscopus major mossambicus Rchw. nicht aufrecht zu erhalten ist. In gleicher Weise scheinen aber auch die anderen, auf Grund der Anzahl weißgesäumter Schwingen, der weißen Schwanz- spitzen, isabellfarben angeflogenen Unterseite u. a. unterschiedenen Abarten auf individuelle Abweichungen und Jugendzustände sich zu- rückführen zu lassen. Die weiße Flügelbinde wird gebildet von den rein weißen mittleren Deckfedern mehrerer größtenteils oder nur auf der Außenfahne weißer Federn der letzten großen Armdecken und den weißen Außensäumen von zweien oder dreien der inneren Arm- schwingen. Bocage gründet einen specifischen Unterschied auf das Vorhandensein der weißen Säume an zwei (major) oder drei (neglectus) Armschwingen. Es scheinen jedoch nur individuelle Abweichungen zu Grunde zu liegen, denn unter eine Reihe von Individuen von Loango und Angola, welche dem Referenten vorliegen, haben einige drei, andere zwei Armschwingen weiß gesäumt”), eines zeigt nur auf *) Büttikofer erwähnt eines Exemplars von der Goldküste mit 3 weiß- gesäumten Armschwingen (Notes Leyden Mus. 1889 S. 72). 19 126 Dr. Anton Reichenow. einem Flügel eine dritte Feder weiß gesäumt, wieder andere auf einem zwei, auf dem anderen nur eine und endlich mehrere auf jedem Flügel nur eine weißgesäumte Armschwinge. Die Form guttatus Hartl. mit größeren weißen Flecken auf den Bürzelfedern bezieht sich offenbar auf ältere Individuen. Die weißen Spitzen an den Schwanz- federn, worauf die Formen finschi u. stieturus begründet sind, scheinen im Jugendkleid stets vorhanden zu sein und öfter bis ms Alterskleid sich zu erhalten. Die Größenverhältniße schwanken unter Individuen derselben Gegend ebenfalls sehr bedeutend, die darauf begründeten Arten picatus und mossambicus sind nicht aufrecht zu erhalten. Endlich zeigen sowohl südliche wie östliche und westliche Stücke oft einen mehr oder minder starken, rosig isabellfarbenen Anflug auf der Unterseite, was zu der Sonderung von casatii Hartl. (= albofasciatus Sharpe) Veranlassung gegeben hat. Nachfolgend eine Übersicht der verschiedenen Varietäten: 1) Drei Armschwingen mit weißen Außensäumen (negleetus Boc.) — Benguella (Boc.), Loango, Angola, Damara (Berliner Museum). 2) Zwei Armschwingen mit weißen Außensäumen (typ. major Harti.) — Westafrika (Hartl.) — Goldküste, Niger, Loango, Angola, Bukoba am Victoria Njansa, Mossambique (B. M.) 3) Auf einem Flügel zwei, auf dem anderen eine Armschwinge mit weißem Außensaum. — Loangoküste (B. M.) 4) Eine Armschwinge mit weißem Außensaum. — Loangoküste (B. M.) 5) Tropfenflecke auf den Bürzelfedern auffallend groß (guttatus Hartl.) — Benguella (Hartl.) — Niger, Loango, Angola (B. M.) 6) Spitze der äußersten Schwanzfeder jederseits weiß (finschi Boc.) — Angola (Boe.) — Goldküste, Loango, Angola, Mossambique (B.M.) 7) Spitze der beiden äußersten Schwanzfedern jederseits weiß (stieturus Finsch Hartl.) — Ngami See, Sambesi (Finsch. Hartl.) — Loango, Mossambique (B. M.) [Das typische Exemplar hat auf beiden Flügeln je drei Armschwingen breit weiß gesäumt, das Stück von Loango, ein jüngerer Vogel, hat auf einem Flügel zwei, auf dem anderen eine Armschwinge weiß gesäumt; das Stück von Mossam- bique hat zwei Armschwingen auf jedem Flügel weiß gesäumt, zeigt sehr geringe Größe und ist auf der Unterseite sehr stark rosig isabellfarben angeflogen. S) Von auffallend geringer Größe, Flügel S7— 88 mm. (pieatus Hartl., mossambicus Rchw.) — Gabun (Hartl.) — Mossambique (B. M.) 20 Östafrikanische Vögel. 197 9) Unterseite sehr intensiv isabellfarben angeflogen (casatii Hartl, hierzu vermutlich albofasciatus Sharpe) — Aequatoria (Hartl.) — Niamniam (Sharpe) — Im B. M. zeigen Stücke von Bukoba, Niger, Angola und Mossambique mehr oder minder starken rosig isabellfarbenen Anflug, insbesondere das schon unter 7 erwähnte Exemplar vom Quilimane in. Mossambique. Das von Dr. Stuhlmann am Quilimane gesammelte Stück zeigt am Grunde der Innenfahnen der Schwingen weißliche Säume, wie solche von Gadow (Cat. Br. Mus. VIII. 5.131 und 136) als Merkmal für D. sticturus angegeben wird. Auch diese weißen Innensäume möchte ich auf individuelle Variation zurückführen, jedenfalls sind dieselben nicht ein Kennzeichen für D. sticturus wie von Gadow irrtümlich angenommen wird, denn das typische Exemplar der letzteren Art, welches Referent Dank dem freundlichen Entgegenkommen des Direktors der Bremer Sammlung, Herrn Dr. Schauinsland, untersuchen konnte, hat einfarbig schwarze Schwingen. 111. Dryoscopus affinis (Gray) Sansibar 26:.%2,,95 15517. 215,723.,: 24.-u0d 130. XI: Iris rot, Füße bleigrau.] 112. Dryoscopus cubla (Shaw) [„Mribba“, „Mungo“. — Kikengo (Ost-Unguru) 12. IX., Qui- limane 24. I. und 9. I., Korogwe am Rufufluß 23. IX. Iris braun. ] 113. Laniarius poliocephalus approximans ((ab.) w Laniarius poliocephalus Rchw. Journ. Orn, 1889 S. 279. [„Kubuirro“. — „Morio“ (Kaffernsprache). — Mbusini (Usegua) 30. VIII, Quilimane Anf. Februar. Iris gelb, Füße horngrau. | Die vorliegenden Stücke zeigen den typischen Färbungscharakter der süd- und ostafrikanischen Exemplare, welche durch dunklere, gold- braune Färbung auf Kropf- und Oberbrust und durch geringere Flügel- und Schwanzlänge von westafrikanischen Individuen sich unterscheiden. Die subspecifische Sonderung der westlichen und südlich-östlichen Form scheint dem Referenten nach Untersuchung eines zahlreichen Materials gerechtfertigt. 114. Prionops talacoma A. Sm. [„Nianda“, „Melandugu“ (Suaheli) — „Tschiwewe“ (Kaffern- sprache). — Pongue (Usegna) 24. VII., Kikengo (Ost-Unguru) 12. IX, Quilimane Anf. Februar. Iris gelb, Augenrand gelb, Schnabel schwarz, Füße orange. ] 21 138 Dr. Anton Reichenow. 115. Sigmodus trieolor (Gray) Prionops graculinus Rchw. Journ. Orn. 1889 8. 279. [„Kakaka“. — Msiri (Usegua) 3. IX., Kikengo (Öst-Unguru) 11. IX., Lewa (Usambara) 25. und 29. IX. Iris gelb, Schnabel rot, an der Spitze gelblich, Füße und Augenrand korallrot.] Die Form graculinus, welche sich durch Fehlen der weißen, über die Handschwingen verlaufenden Binde unterscheidet, kann nicht als besondere Art, sondern nur als individuelle Abweichung aufgefaßt werden, da einmal beide Formen (mit und ohne Binde) neben einander an denselben Örtlichkeiten vorkommen, ferner Individuen mit undeut- licher, lückenhafter Binde zu finden sind. 116. Telephonus senegalus (L.) [„Muakijo“. — Mhonda (Unguru) 5. IX., Heluquembe (Usegua), Quilimane Anf. Februar u. 30. Febr. Iris graubraun, Füße bleigrau. | 117. Telephonus australis minor KRehw. [Heluquembe (Usegua) 18. IX. Iris braun, Füße bleigrau, Schnabel oben schwarzgrau, unten bleigrau.] Das vorliegende Stück bestätigt die ständige Abweichung der östlichen Form des Telephonus australis (A. Sm.) von der südlichen und westlichen (ussheri Sharpe). T. minor ist kleiner als australis, die Unterseite weißer, Kehle, Mitte des Unterkörpers und Flügelrand rein weiß. T. ussheri unterscheidet sich dagegen dadurch, daß Ohr- gegend, Kropf, Brust und Körperseiten grau sind, nicht ockergelblich. 118. Lanius collurio Z/. [Quilimane 17. III] Dicruridae. 119. Buchanga assimilis (Bchst.) Dicrurus divarieatus Rchw. Journ. Orn. 1889 8. 280. [„Mramba“ — Pongue (Usegua) 24. VII., Sansibar 3., 17., 21., 22. XI. Iris karminrot.] Corvidae. 120. Corvus scapulatus Daud. [„Kunguru“ (Sansibar) — „Njakungu“ (Kaffernsprache) — San- sibar 14. VII. und 16. XI., Quilimane 24. U. Iris graubraun.] 121. Corvultur albicollis (Lath.) [„Kunguru“ — Matomondo (Unguru) 10. IX. Iris graubraun, Schnabel schwarz mit weißer Spitze. ] 22 Östafrikanische Vöeel. 129 Sturnidae. 122. Amydrus morio (/.) [.Monda“ (Unguru) 6. IX. Iris rot.] Das vorliegende Stück stimmt m Größe und Färbung mit Exemplaren aus Südafrika durchaus überein. 123. Lamprocolius melanogaster (Sıws.) [.Mbrüe* — Quilimane 24. I. Iris gelb, beim jungen Vogel braun. | 124. Lamprocolius sycobius Hartl. [„Kusi“ — Mbusini (Usegua) 29. VIII. Iris gelb. | 125. Buphaga erythrorhyncha (Stanl.) [„Tschassi“ — Korogwe 23. IX. Augenrand orange. Sitzt auf Rindern. | Oriolidae. 126. Oriolus rolleti Salvad. [|„Kubuiru“ — Mbusini (Usegua) 28. VIll., Mekakalla-Thal (0. Unguru), 14. IX., Quilimane 26. I. und 9. II. Iris korallrot, beim jungen Vogel dunkelbraun, Schnabel schmutzig orange-tleischfarben, beim jungen Vogel schwarz, Füße dunkel bleigrau. | 127. Oriolus notatus Pfrs. [..Kubuiru.“ — Heluquemba (Usegua) 18. IX., Mekakalla-Thal (Ost-Unguru) 14. IN. Iris korallrot, beim jungen Vogel dunkelbraun, Schnabel bräunlich Fleischfarben, Füße bleigrau. | Ploceidae. 128. Anaplectes rubriceps (Sund.) |„Gongo.*“ — Mbusini (Usegua) 30. X. Iris rotbraun, Schnabel mennigrot, Füße graubraun. | Diese Art wurde bisher noch nicht so weit nördlich beobachtet. 129. Symplectes kersteni Finsch Hartl. [Sansibar 10., 21. und 24. XI. Schnabel erünlichbleigrau, Füße tleischfarben, Irıs karminrot. | 130. Symplectes stictifrons Fschr. Rech. [Quilimane 8. U. Schnabel eisengrau, Füße gelblich fleischtarben. 131. Symplectes ocularius crocatus Hartl. [.Korombisa“, „Neuja.* — Korogwe am Rufufluß 21. IX., Lewa (Usambara) 15. IX.] 132. Ploceus xanthopterus (Finsch u. Hartl.) [„Muganu“. — Quilimane 20. I. Schnabel schwarz, Füße hornbraun]. 23 ) 130 Dr. Anton Reichenow. Durch die gesammelten Exemplare scheint der Beweis geliefert zu sein, daß P. xanthopterus eine von P. castaneigula (ab. ständig unter- schiedene Art ist. welche durch rem gelbe Oberseite, blaßgelbe, nur auf der Außenfahne und an der Spitze olivenbräunlich verwaschene Schwanzfedern und die größtenteils reingelben, nur an der Spitze und längs der Mitte der Außenfahne braunen Schwingen sich unterscheidet, Die Armschwingen haben die ganze Außenfahne mit Ausnahme des Saumes braun. Bisher ist die Form nur aus dem Sambesi-Gebiet bekannt. 133. Ploceus nigriceps (Lary.) |„Gugumira.“ — .„jogo* und .„djogoro* (Kaffernsprache) — Lewa (Usambhara) 25. IX., Quilimane 19., 21., 242 und 30. L., 272 1. III. und 2. IV. Iris orangegelb, bem jungen Vogel braun, Füße hornbraungelb oder bräunlich Heischfarben. Am 24. Januar brütend gefunden. | 134. Ploceus aureoflavus A. Sm. [„Mnana.“ — Sansibar 17. VIL, 27. u. 29. X. 1. und 14. XT. Iris dunkel karminrot oder orange, beim jungen Vogel braun, Schnabel hornbraun mit dunkler Spitze, Füße fleischfarben. | 135. Amblyospiza unicolor (Kchw.) |„Ngoma msindo.“ — Korogwe am Rufufluss 22. IX. Ins braun, Schnabel schmutzig gelb, Firste grau, Füße dunkelgrau. | 136. Pyromelana flammiceps (Sıs.) [.Mnana“, „Baniani“ — „Mribba* (Quilimane) — Sansibar 16. VIL, Quilimane Anf. III, Mbusini (Usegua) 29. VII. Heluquemba (Usegua) 18. und 19. IX. Iris braun.] 137. Pyromelana nigriventris ((ass.) [„Baniani“ und „Ndaeji baniani* — Sansibar 7., 15., 17., 21. und 26. XI., Quilimane 20., 29. u. 31.1., u. 1.IHI., Mbusini (Usesua) 31. VIE 2 ]ris"braun.] 138. Urobrachya axillaris (A. Sm.) [.Mribba“ -- Quilimane 20. I., 4., 10. und 16. März, Korogwe 23. IX., Iris braun, Schnabel bleigrau, Füße schwarz. | 139. Vidua prineipalis (/L.) [„Schore-Kok“ -—- Sansibar 30..X%., 4., 9. 20. und 2425 Iris braun, Schnabel zinnoberrot, Füße dunkelgrau. | Alle vorliegenden Stücke gehören der Form mit weißem Kmn an. 140. Amauresthes fringilloides (Lafr.) |„Tongo“. “Tscheketschea* — Sansibar 9. und 17. XL Iris braun, Oberschnabel schwarz, Unterschnabel blaugrau. | 24 Ostafrikanische Vögel. 131 141. Spermestes scutata Heugl. Spermestes cucullatus Ächw. Journ. Orn. 1889 S. 283. „Kongo — Sansibar ’23.. IX., 23. und 30. X., 24. XI] 142. Oryzornis oryzivora (L.) [„Suardi* — Sansibar 29. X., 14. XI. Schnabel fleischfarben mit brauner Spitze, Iris braunrot. | 143. Pytelia afra (G@m.) [,„ Torondo“. „Kitorondo* — Sansibar 10. XL, Mbusini (Usegua) 30. VI.] 144. Hypargus niveiguttatus (P’rs.) [„Natondolia“ — Quilimane 24. I. und 29. I. Iris braun, Schnabel schwärzlich bleigrau. | 145. Estrilda minor (ib. Estrilda astrild Rchw. Journ. Orn. 1889 8. 284. [,,Mrie* (Quilimane) — „Tongo* (Sansibar) — Quilimane Anf. März.| Fringillidae. 146. Passer diffusus (A. Sm.) [„Kuja“. — Sansibar 27. und 30. X., 1., 3. und 24. X1] 147. Serinus ieterus (Bonn. Vieill.) |Quilimane 29. 1.] 148. Emberiza orientalis (Shell.) [|Lewa (Usambara) 26. IX. Schnabel oben schwarz, unten grau- braun, Füße horngraubraun. | 149. Emberiza flaviventris (Donn. Vieill.) Emberiza flavigaster Rchw. Journ. Orn. 1859 S. 284. |„Haliboma (Usegua) 17. IX., Korogwe am Rufufluß 21. IX. Schnabel oben graubraun, unten tleischfarben, Füße graubraun, Iris braun. ] Motacillidae. 150. Macronyx croceus ( Viezll.) [„Djogore“, „Mreo“. — Quilimane 19., 25., 26., 27. u. 29.1, 9. und 28. H., Anf. März. Iris braun, Schnabel oben braunschwarz, unten bleigrau, Füße bräunlich gelb oder ockergelh. | 151. Anthus raalteni Tem. [„Schore-uanda“. — Korogwe am Rufufluß 21. IX., Sansibar 1, 2T. und 30. XI. Iris.braun:] 152. Budytes campestris (Fall.) [„Djiriko“. — Quilimane 6. II. Diese Art ist hiermit zum ersten Male für Ost-Afrika nach- gewiesen. oO wi 132 Dr. Anton Reichenow. Pyenonotidae. 153. Pycenonotus layardi Gurn. [„Schore“. — Sansibar 7. XL, Quilimane 2. II.] 154. Andropadus flavescens Hartl. |.Schore“. — Mhonda (Unguru) 6. IX. Iris braun. Zosteropinae. 155. Zosterops flavilateralis Rchw. Journ. Orn. 1892 S. 192. — Zosterops tenella Rcehw. Journ. Orn. 1889 8. 285. [„Tschiliko“. — Quilimane 29. I. Iris gelbbraun, Füße grau- bräunlich.| Diese Art vertritt die Z. senegalensis Pp.. auf welche sie bisher mit Unrecht stets bezogen ist, m Ost-Afrika. Sie unterscheidet sich durch die deutlich von dem grüneren Oberkopf sich abhebende Stirnbinde, während bei Z. senegalensis der Oberkopf im ganzen nach der Stirn zu gelblicher wird, aber keine sich deutlich abhebende Binde vorhanden ıst. Nectariniidae. 156. Cinnyris gutturalis (/.) [„Tschori*. — Matungu (Usegua) 1. IX., Korogwe am Rufu- Huß 21T. IX., Sansibar 23. und 26. X., 4. und 10. XI, Quilimane 26. 7] 157. Cinnyris mierorhyncha Shell. |.Tschori“. — Mbusini (Usegua) 29. VIU.] 158. Anthothreptes orientalis Hartl. [Msere (Usegua) 4. IX.] 159. Anthodiaeta zambesiana (Shell.) [Sansibar 3. XI.] Paridae. 160. Parus pallidiventris Ach. [„Kamsalavi“, „Quaru.* — Pungue (Usegua) 24. VIII, Msere (Usegua) 4. IX., Quilimane 31. I. Iris kaffeehraun, gelbbraun oder eelb.| Timeliidae. 161. Crateropus kirki Shell. Crateropus hypostictus Rchw. Jourm. Orn. 1389, S. 285. [„Mkeue“ — Quilimane 23. und 29. 1., 8. II., 12. und 16. IM. Iris rot, Füße dunkelgrau. | 26 Ostafrikanische Vögel. 133 Nach der dem Reterenten vorliegenden Reihe von Exemplaren, welche durch Dr. Stuhlmanns Sammlung wesentlich ergänzt worden ist, scheint die Angola-Form, Crateropus hypostictus (ab. Rehw., von der ostafrikanischen, €. kirki Shell., subspecifisch unterschieden zu sein, insbesondere durch einen heller gefärbten. gelbbräunlich ver- waschenen Unterkörper abzuweichen. 162. Calamoeichla leptorhyncha Kechw. Turdirostris leptorhynchus Kchw. Journ. Orn. 1889, S. 285. [Sansıbar 27. X, 20. XI. Iris braun.] 163. Cisticola erythrops (Hartl.) [„Manindi“, „Tondolia.* — Quilimane 23. braun, Füße bräunlich fleischfarben, Schnabel schwarzgrau, unten und 29. I. Iris reh- hellgrau. ] 164. Cisticola strangei (Fras.) Cisticola fortirostris Kchw. Journ. Orn. 1589 S. 286. [„Kudja“ — Korogwe am Rufufluss 22. IX.]| 165. Cisticola eisticola (Tem.) Cisticola terrestris [non A. Sm.| Rehw. Journ. Orn. 1889 5. 286. [Sansibar 24. XI. Iris hellgraubraun. | Das vorliegende, schlecht erhaltene Stück war vom Referenten irrtümlich als ©. terrestris bestimmt und in der angeführten Übersicht unter letzterem Namen aufgezählt worden, welcher Fehler hiermit be- richtigt sei. 166. Cisticola lugubris Rüpp. Cisticola haematocephala Rchw. Journ. Orn. 1889 S. 256. [,.Mrabbo“. — Quilimane 29. und 31. I. Iris weiß.] 167. Cossypha heuglini Hartl. [„Ndelu“. — Quilimane 24. 1., 5. III, Lewa (Usambara) 25. IX. Iris braun, Füße bräunlichgrau. | Sylviidae. 168. Acrocephalus streperus ( Vieill.) [Sansibar 26. XL] 169. Myrmecoeichla shelleyi (Sharpe) [„Mana sakkaue“. — Msere 2. IX.] Sowohl die typische Form wie die Varietät leucolaema Jichw. wurde von Dr. Stuhlmann gesammelt. 170. Turdus tropicalis Pfrs. [„Tschutschusi“, „Bandabanda“, „Kibandabanda*“. — Mato- mondo (Unguru) 9. IX., Mbusini (Usegua) 31. VIII. Ins graubraun, Schnabel mennigrot, Füße schmutzig rötlichgelb, Augenrand mennigrot. | 27 10 Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. X. Jahrgang. Zweite Hälfte. 1892. Hamburg 1893. Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H, Senats Buchdruckern, u u 10. 1ulr Inhaltsverzeichniss. Jahresberichte der Wissenschaftlichen Anstalten für das Jahr 1892. Seite Stadtbibliothek ee : III — VII IBotanıscher2 Garten en ee R— X DEELTLWATTE RE ee Dee XI — XVI Museum für Kunst und Gewerbe ................ XVO — XLII Chemisches Staats-Laboraterum .... ............. XLII — LXIV Physikalisches Staats-Laboratorium............... LXV — LXVI Naturhistorisches Museum... .22......02.. 22.2... LXVII — LXXVI NMnseumstor Vioölkerkunde. u. 2220 0. An ee. LXXVII— LXXVII Sammlung vorgeschichtlicher Alterthümer ...... : LXXIX— LXXXI Sammlung Hamburgischer Alterthümer ........... LXXXII Botanisches Museum und Laboratorium für Waaren- EEE Or Re See nie s LXXXII — LXXXVIU Uebersicht der im Jahre 1892 gehaltenen \ITR BEL re Mr U Reh XCIV III. Wissenschaftliche Abhandlungen. Mittheilungen aus dem botanischen Museum. Seite l. Prof. Dr. R. Sadebeck. Die parasitischen Exoasceen. Eine Monoeraphiez4 Mit 3 Tatelnı... rn sn rare 1—110 2. Dr. ©. Brick. Über Nectria einnabarina (Tode) Fr............ 111—124 3. Dr. F. W. Klatt. Berichtigungen zu einigen von C. G. Pringle in Mexıkor Sesammelten Bompositen.. „22.2. eine 125 —128 Mittheilungen aus dem naturhistorischen Museum. 1. Dr. Georg Pfeffer. Ostafrikanische Fische, gesammelt von Herrn Dr. Fr. Stublmann im Jahre 1888 und 1889. Mit 3 Tafeln ... 129—177 2. Franz Friedr. Kohl in Wien. Hymenopteren von Herrn Dr. Brostuhlmannsın. Ostafrika. gesammelt. ....2..,. „ussssenee. 178—191 3. Dr. Gustav Mayr. Formiciden von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in N TIkapBrsatumeh De a an ee aa . 193—201 4. V.v. Röder, Hoym in Anhalt. Dipteren von Horn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika EEE ee ST NEE EN RER 203— 206 5. Dr. Arnold Pagenstecher in Wiesbaden. Lepidopteren, gesammelt in Ostafrika 1888/89 von Dr. Franz Stuhlmann .........:..... 207 —262 6. Dr. Alexander Tornquist in Strassburg. Fragmente einer Oxford- fauna von Mtaru in Deutsch-Ostafrika, nach dem von Dr. Stuhlmann zesasauielven Material Mit 3 Tafeln ...n.........2.20.u0nr004 263— 288 Prof. Dr. Adolf Wohlwill, Hamburg während der Pestjahre el San ar A A Er e 289— 406 Jahresberichte | der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten für das Jahr 1892. 1 Stadtbibliothek Berieht des Directors Professors Dr Eyssenhardt Da nach $2 des Gesetzes vom 21 Mai 1553 dem Director der Stadtbibliothek, „namentlich auch um bei der Anschaffung von Büchern mitzuwirken, eine von der Oberschulbehörde zu ernennende, aus Vertretern der hauptsächlichen wissenschaftlichen Fächern be- stehende Commission“ beigeordnet ist, so erliess die erste Section der Oberschulbehörde im März des Berichtjahres folgende Bestimmungen betreffend die Bibliothek-Gommission 81 Die Bibliotheks-Commission besteht aus mindestens zwei von der I Seetion der Oberschulbehörde entsendeten Mitgliedern — von welchen eines den Vorsitz führt — und drei von der I Section der Oberschulbehörde gewählten Mitgliedern. Die letzteren werden auf drei Jahre gewählt. Alljährlich scheidet das der Amtsdauer nach älteste Mitglied aus; unter gleichalterigen entscheidet das Loos. Eine Wiederwahl ist zulässig. Der Director der Stadtbibliothek tritt der Commission mit Stimmrecht bei. 2 UN Die Oberschulbehörde ernennt auf Vorschlag der Bibliotheks- Commission aus dem Kreise der hiesigen Gelehrten eine Reihe von Sachverständigen, welche als Vertreter der verschiedenen für die Stadt- a* IV Stadtbibliothek bibliothek in Betracht kommenden Wissenszweige, soweit es der 3ibliotheks-Commission erforderlich erschemt, zu den die Ergänzung und Vermehrung der Bibliothek betreffenden Verhandlungen der Bibliotheks-Commission hinzugezogen werden. Die Bibliotheks-Commission hat im Allgemeinen die Aufgabe, die Zwecke der Bibliothek und deren Gedeihen zu fördern. Sie hat den Director mit ıhrem Rathe zu unterstützen, die von demselben ausgehenden Vorschläge zu prüfen, sowie ihrerseits Vorschläge zur Ausbildung der Bibliothek oder zur Verbesserung der Eimrichtungen derselben zu machen. 4 UN Die Commission hat die Instruction für die Angestellten, sowie die Regulative für die Nutzbarmachung der Bibliothek zu entwerfen und der I Section der Oberschulbehörde zur Beschlussfassung vorzu- legen. Sie hat ferner das Rechnungswesen zu überwachen und die der Oberschulbehörde zu übergebende ‚Jahresrechnung, für das ab- gelaufene Jahr, sowie die Voranschläge für das Budget des folgenden Jahres zu prüfen. Sie sorgt für die bestimmungsgemässe Verwendung der der Bibliothek zufallenden Geschenke. 8 5 Die Commission wählt alljährlich zwei kevisoren, welche das Rechnungswesen controliren und befugt sind, zu jeder Zeit die von den Director und den ihm unterstellten Beamten geführten Bücher und Rechnungen zu prüfen und mit dem Bestande zu vergleichen. un 6 Die Commission hat sich durch Revision, soweit den Umständen nach möglich, von dem Vorhandensein der m den Catalogen einge- tragenen Werke, der richtigen Catalogisirung der Neuanschaffungen und der genauen Durchführung und Beobachtung der Verwaltungs- vorschriften zu überzeugen. Solche Revisionen finden in der Regel durch zwei Mitglieder der Commission statt. Stadtbibliothek V S 7 Die Commission beschliesst über Abhaltung ihrer ordentlichen Sitzungen, welche in der Regel alle drei Monate stattfinden. Der Vorsitzende kann, wenn es ihm erforderlich erscheint, eine ausser- ordentliche Sitzung der Commission anberaumen. un ie) In jeder ordentliehen Sitzung der Commission hat der Director über die Benutzung der Bibliothek, die Thätigkeit der Beamten der- selben und die erfolgten Neuanschaffungen und Zuwendungen Bericht zu erstatten. un 9 Der Director hat der Commission rechtzeitig den Entwurf des von ihm der I Section der Oberschulbehörde einzureichenden Jahres- berichts und etwaiger sonstiger seitens der Oberschulbehörde von ıhm eingeforderter Berichte zur Genehmigung, sowie Vorschläge bezüglich der von ihm nach $ 5 des Gesetzes vom 21 Mai 1553 zu veran- staltenden Publicationen zur Kenntnissnahme vorzulegen. Hat die Commission wegen emer beabsichtigten Publication Bedenken, so hat sie Einspruch dagegen zu erheben und die Sache der I Section der Oberschulbehörde zur Entscheidung vorzulegen. S 10 Neuanschaffungen für die Bibliothek, bei denen es sich um eine Aufwendung von mehr als # 300 (sei es für ein einzelnes Werk, sei es für eine Mehrzahl zusammen gehöriger Werke) handelt, bedürfen der Genehmigung der Commission. un Pr | Die Sachverständigen sind ferner befugt, aus eigener Initiative jederzeit auf ihr Specialfach oder die Ergänzung der Bibliothek im Allgemeinen bezügliche Anträge an die Commission zu richten. Zur Orientierung der Sachverständigen werden denselben von den Beamten der Bibliothek die Cataloge vorgelegt. Auch wird ihnen, wenn sie es wünschen, der gegenwärtige Bestand an Ort und Stelle gezeigt. j VI Stadtbibliothek Am Ende eines jeden Jahres giebt die Commission die Gesichts- punkte an, nach welchen im nächsten Jahre Neuanschaffungen vor- zunehmen sind. Die vorgesetzte Behörde führte diese Bestimmungen in der Weise aus, dass sie Herrn Syndicus Dr. von Melle zum Vorsitzenden, sowie die Herren Dr. H. B. Levy, Senatssecretär Dr. Hagedorn, Pastor Dr. Bertheau, Dr. E. Wohlwill und den Berichterstatter zu Mitgliedern ernannte. Das Sachverständigencollegium bilden die Herren Director Dr. Sehultess, Schulrath Mahraun, Director Dr. Riümker, Director Dr. Brinckmann, Director Dr. Wibel, Director Dr. Voller, Director Dr. Kraepelin, Director Dr. Sadebeck und Professor Dr. Wohlwill. In das Personal der Stadtbibliothek trat bei Beginn des Berichtjahrs Herr Dr. F. Burg als Hülfsarbeiter ein. Durch ausserordentliche Hülfsleistung machte sich auch im Jahre 1592 Herr Dr. Chrysander um die Stadtbibliothek dadurch verdient, dass er die Einordnung einer grossen Anzahl musikalischer Werke m den Catalog übernahm. Der bBücherbestand wurde, abgesehen von den Zeitschriften, aus den budgetmässigen Mitteln, sowie durch einzelne Geschenke um 6402 Nummern vermehrt. Die Zahl der jetzt gehaltenen periodischen Schriften beträgt 381. Geschenke erhielten wir — in chronologischer Ordnung — von nem Hohen Senate, Herrn Geh. Admiralitätsrath Dr. Neumayer, der Oberschulbehörde, der Biblioteca nazionale (Magliabechiana) in Florenz, den Herren Pastor @. Ritter, Senator Hesse in Altona, Geh. Finanzrath Balck in Schwerin, Freiherrn von Kberstein in Berlin, Oberlehrer W. Hübbe, Regierungsrath Liidemann in Bromberg, der Verlags- buchhandlung Wilh. Gottl. Korn in Breslau, der Norddeutschen Bank, dem Naturwissenschaftlichen Vereine Hamburg-Altona, der Gesellschaft Harmonie, der Volksbank, Herrn Consul Id. Weber, Frau E. Oppen- heim, den Herren Landrichter Dr. Amsinck, Steuerrath Schneider in Hildesheim, Sr. Excellenz dem Reichskanzler Gräfen von Caprivi, den Herren von Speyr & Co. in Basel, der Kaiserlichen Leopoldinisch- Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher, der Biblioteca Vittorio Emamnele in Rom, der Smithsonian Institution in Washington, Stadtbibliothek Vf « den Herren Professor Dr. Adler m Wien, Generalarzt Dr. Grasnick in Berlin, Präsident Dr. Sieveking, Th. Tilemann, A. Eplinius, der Bürgermeister Kellinghusen-Stiftung, dem Magistrat der Stadt Danzig, den Herren Dr. (€. Graf Landberg in Kairo, Professor Dr. Rumpf, der Chamber of Commerce ın Cimeinnati, der J. M. L. Pickenpack- stiftung, den Herren Director Dr. Drinckmann, der Commerzbibliothek, den Herren Dr. Alfr. Möller, P. Ch. Martens, Dr. Richter in Leipzig, den Grundeigenthümerverein, den Herren Kavasji Edalji Kanga Noolla Feeroz in Madressa-Fort (Bombay), @. T’homalen in Leipzig, dem statistischen Bureau der Stewerdeputation, der Königlichen Bibliothek in Berlin, den Herren Baudireetor Zimmermann, der Biblioteca nacional in Buenos-Aires, den Herren Dr. Kuno Meyer in Liverpool, Louvier, Noble in Washington, Wilhelm Grallert, Edward Gottschalk und dem Berichterstatter. Aus dem Nachlasse des Musikdirectors @. D. Otten fiel uns eine bedeutende Bücher- und Musikaliensammlung zu. Ebenso ergab eine Auswahl aus «der Bibliothek des verstorbenen Herrn William Kalisch eine erwünschte Vermehrung auf verschiedenen Gebieten, besonders dem der Philosophie und der Englischen Litteratur. Für alle diese Gaben spricht der Berichterstatter Namens der Bibliothek hiermit seinen wärmsten Dank aus. Nicht aufgeführt unter den Geschenken sind die uns im Tausch- verein zugehenden Werke; betrefis der in Hamburg erscheinenden Verlagsartikel ist zu bemerken, dass die im Laufe eines Jahres verlegten Schriften grösstentheils im Beginne des nächsten Jahres zur Ablieferung gelangen; es sind demnach von den 372 Hamburger Verlagsartikeln des Jahres 1591 im Ganzen 214 eingeliefert und mit Dank entgegen genommen worden. Im Lesezimmer wurden 11381 Werke — darunter 67 Hand- schriften — von 3581 Personen benutzt. Ausgeliehen wurden 7269 Bände an 563 Personen, darunter 25 Handschriften; von diesen gingen 15 nach Friedrichshagen, 3 nach Eddigehausen und je eine nach Erlangen, Gent, Groningen, Heidelberg, Kiel, Lützen und München. Ausserdem wurden nach 32 auswärtigen Orten 240 Bände versandt. Die Eintragung der Standortsbezeichnungen nach dem Real- catalog in den Nominalcatalog wurde von den sechs wissenschaftlich gebildeten Beamten der Bibliothek in der Weise gefördert, dass ein Theil von PBI, etwa 100 Seiten von MC und KB (Lubecensia) über- tragen wurden. Da theils die Anlage der Cataloge der Abtheilung K, VII Stadtbibliothek theils die Beschaffenheit der in dieser Abtheilung untergebrachten, meist sehr kleinen und wenig umfangreichen Schriften ihr Aufsuchen im alphabetischen Catalog und auch im Realcatalog — selbst bei guter Kenntniss des letzteren — sehr erschwert, so ist für diese Abtheilung probeweise ein Stichworteatalog auf Zetteln angefertigt worden, dem jedoch — bei etwaiger Fortführung für die andere Abtheilunge von K — nur eine subsidiäre Geltung zufallen würde. Ebenfalls übertragen wurde der Rest von DFal, DFall ganz und von DFalV: Folio und Quart (bis auf einige Quart- Kapseln), sowie PPIV bis PPVIN (also P zu Ende) und OAI nebst den ersten 5 Bänden von HA. Ausserdem wurden catalogısirt der Often’sche Nachlass und die Neuanschaffungen in deutscher Litteratur, deutscher Litteraturgeschichte und deutschem Altherthum, fortgeführt wurde der neuangelegte Catalog SCaXll, neu eimgerichtet endlich ein Register zum Schiller- Catalog SCaXl Supplement. Das Neubinden der Bücher des älteren Bestandes konnte erheblich gefördert werden: diese Arbeit wurde erledigt für die Abtheiluüngen DA—DE von D; der Rest (DF—DH) wurde einst- weilen übergangen, um nicht mit der Uebertragung in Collision zu gerathen, ferner die Abtheilungen E (Naturwissenschaft), F (Natur- geschichte), G@ (Medicin) und die Abtheilungen NA—ND von N. 3otanischer Garten. IX 2. Botanischer Garten. Die Aufsicht über die Verwaltung des Botanischen Gartens wurde auch im verflossenen Jahre von der zu diesem Zwecke gebildeten und in ihrer Zusammensetzung unverändert gebliebenen Kommission weitergeführt. In dem Personale der Beamten und Angestellten des Gartens haben Veränderungen nicht stattgefunden. Die Gewächshäuser 5, 6 und 7 wurden wiederhergestellt und gemalt. Einer durchgreifenderen Reparatur behufs Abstellung dring- licher Übelstände würde von Anfang November an das Vietoria-Haus unterzogen, das Bassin gedichtet, die Rinnen ausgebessert, das Mauerwerk unterfangen und, wie der ganze Dachstuhl, gerichtet, auch das Rahmenwerk und die Verglasung der Fenster zum Teil erneuert. Die baufällig gewordene hölzerne Wasserrohr-Brücke über den Stadtgraben wurde im Monat April durch die Verwaltung der Stadt- Wasserkunst weggeräumt. Die etwas östlich von ihrer Stelle neuer- baute Fußgängerbrücke sammt den sich an sie anschließenden Wege- anlagen konnte bereits am 26. Mai für den Verkehr des Publikums freigegeben werden. Das Areal des sogenannten Mittelgartens wurde neu in Beete eingeteilt, in diese die für den Bedarf der Schulen wichtigen Pflanzen zusammengestellt und die Bestände derselben durch Aussaaten und durch Einreihung von Pflanzen vervollständigt, welche zu dem Zwecke in dem hiesigen Florengebiete gesammelt worden waren. Auch im „System“ wurden neue .Anpflanzungen vorgenommen, nachdem aus demselben einzelne in überreichlicher Menge vorhandene, namentlich den Gattungen Calamus, Funkia, Hemerocallis, Iris und Polygonum angehörige Pflanzen je nach ihrer Eigenart teils auf den Rasenplätzen vor den Gehölzgruppen, teils am Stadtgraben ausgepflanzt worden waren. ‘Die auch im vergangenen ‘Sommer. sehr kräftig entwickelte Vietoria regia hat.vom 15. Juli an mit’ einer einwöchentlichen Unter- brechung prächtig geblüht, bis am 29. Oktober die Rücksicht auf die vorzunehmende Reparatur des Hauses die Räumung des Bassins nötig machte. Während der Blütezeit war das Haus täglich vormittags 2, nachmittags 2 bis 3 Stunden den Besuchern geöffnet. — Von dem X Botanischer Garten. Samenertrage dieser Pflanze wurden zahlreiche Portionen im Tausch- verkehre abgegeben; Exemplare von den im hiesigen Garten gezogenen Samenpflanzen wurden den botanischen Gärten zu Kiel, Berlin und Straßburg und der Kaiserlichen Hofgärtnerei zu Schönbrunn ım Tausche gegen andere Wasserpflanzen überlassen. Während der Sommermonate fand wie ım Vorjahre in dem Kalthause 3/4 eine Schaustellung geeigneter blühender Topfpflanzen statt, welche dem Publikum in den Besuchsstunden des Gartens geöffnet war. Auch die Fenster der Pförtnerhäuser wurden in der üblichen Weise zu Ausstellungen benutzt, an den Abenden des 17. Juli und 18. August den Vorübergehenden auch Gelegenheit geboten, bei künstlicher Beleuchtung die „Königin der Nacht“, CGereus erandiflorus, in Blüte zu sehen. Für Unterrichtszwecke wurden 237 700 Pflanzen bezw. Teile derselben abgegeben, welche 262 Gattungen und 340 Arten angehörten. Der Rückgang in der Zahl der ‚gelieferten Exemplare gegen das Vorjahr um mehr als 60000 erklärt sich aus den infolge der Cholera- Epidemie den Schulen auferlegten unfreiwilligen Ferien. Die Revision der Freilandgewächse und des Herbars wurde weitergeführt. Die Erneuerung, Berichtigung und Vervollständigung der Etiketten, die Zusammenstellung und Versendung der Samenkataloge, sowie der Tauschverkehr mit verwandten Instituten erfolgten in der üblichen Weise. An Geschenken erhielt der Garten im Verlaufe des Berichts- jahres: von Herrn Schiftsingenieur Zinne Zwiebeln von Seilla maritima; von Herrn H. Ahrens eine starke Aloöpflanze; von Herrn Kedenburg in Wandsbeck 1 Vanda sp. und 4 Eria sp.; von Herrn E. Wahncau Samen von Latania rubra, Latania borbonica, Cocos Weddeliana und Caryota urens; von Herrn E. Strebel Samen von Leguminosen aus Mexico. Im Tausche erhielt der Garten: von Herrn Obergärtner Burckhard 1 Vitis pterophora; von Herrn Thuer in Neustadt in Mecklenburg verschiedene Stauden; vom botanischen Garten in Innsbruck verschiedene Alpenpflanzen; vom botanischen Garten in Berlin Nelumbium, Nymphaea, Villarsıa. Gekauft wurden außer den alljährlich erforderlichen Sämereien von den Herren: F. L. Stüchen und Johs. von Ehren Coniferen, Rhododendron und verschiedene Gehölzpflanzen; F. L. Stieben Rosen und Pelargonien; Ernst & von Spreckelsen, Peter Smith & Co. und Id. Havenecker Nachfg. Blumenzwiebeln. Sternwarte. XI 3. Sternwarte. Bericht des Direktors Professor Dr. Geor g e Rümker. Die Witterung des Jahres 1592 war der beobachtenden Thätigkeit der Sternwarte, namentlich während der ersten Hälfte desselben, ausser- ordentlich günstig, so dass an 211 Nächten, häufig allerdmgs nur für kürzere Zeit, Beobachtungen angestellt werden konnten. Die den Be- obachtungen günstigen Nächte vertheilten sich auf die einzelnen Monate wie folet: Im Januar hatten wir 17 theilweise heitere Nächte, im Februar 21, März 20, April 23, Mai 21, Juni 15, Juli 20, August 19, September 14, October 17, November 12 und December 12. An den Meridianinstrumenten wurden neben den für den aus- gedehnten Zeitdienst der Sternwarte erforderlichen Zeitbestimmungen genaue Positionsbestimmungen einer Anzahl von Sternen ausgeführt, die bei den Beobachtungen am Aequatoreal als Vergleichsterne benutzt worden waren. Ausserdem wurden Positionsbestimmungen des im Januar im Sternbilde des Fuhrmanns plötzlich erschienenen neuen veränderlichen Sterns, der „Nova Aurigae“, angestellt, sowie von dem Assistenten am Chronometer-Prüfungs-Institute der Seewarte, Herrn Dr. Stechert, eine Reihe von Mondculmiationen beobachtet. Am Passageninstrument wurde ausserdem von dem Hülfsarbeiter der Stern- warte, Herrn Dr. Hänig, nach dem Vorgang von Herm Professor Kapteyn in Groningen, eine Beobachtungsreihe begonnen, welche die Be- stimmung der Parallaxen einer grösseren Anzahl von Sternen mit merk- licher Eigenbewegung vom ersten und dritten Spectraltypus bezweckt, um eine eventuelle Beziehung zwischen der Grösse der Parallaxe und dem Spectraltypus feststellen zu können. Am Aequatoreal wurden, zuerst von Herrn Observator Dr. Luther und später von Herrn Dr. Schorr, vorwiegend die erschienenen Kometen, sowie eine Anzahl der schwächeren kleinen Planeten, soweit die optische Kraft des Fernrohrs dieses sestattete, beobachtet, und ausserdem Positionsbestimmungen und Grössenschätzungen der „Nova Aurigae“ ausgeführt. Ferner wurden sowohl am Aequatoreal wie am Kometensucher und den kleineren Instrumenten eine Anzahl von Sternbedeckungen durch den Mond X Sternwarte. beobachtet. Von den Finsternissen des Jahres 1892 konnte hier nur die partielle Mondfinsterniss vom 11. Mai beobachtet werden, und auch diese Beobachtung wurde durch die Ungunst der Witterung stark beeinträchtigt. Im Jahre 1592 smd 28 neue Asteroiden hinzugekommen, welche von den Herrn Charlois in Nizza, Palisa in Wien, Wolf und Staus in Heidelberg entdeckt wurden; die Anzahl der uns bekannten kleinen Planeten der Gruppe zwischen Mars und Jupiter stieg dadurch am Schlusse des Jahres auf 551. Die im verflossenen Jahre erhaltenen Beobachtungen der kleinen Planeten, 87 an Zahl, vertheilten sich auf die einzelnen Himmelskörper wie folgt: Planet (17) Thetis eine Beob- achtung, (26) Proserpina 2, (28) Bellona 1, (37) Fides 2, (47) Aglaja 3, (53) Kalypso 2, (57) Mnemosyne 4, (58) Concordia 1, (61) Dana& 1, (65) Cybele 4, (68) Leto 4, (84) Klio 5, (90) Antiope 5, (108) Hecuba 6, (150) Elektra 4, (241) Germania 10, (247) Eukrate 1, (287) Nephthys 3, (306) Unitas 4, (324) — 5, (325) Heidelberga 1,(326) Tamara 1, (329) Svea 10, (337) — 2, (344) — 1, (351) — 4 Beobachtungen. Der in unserem vorjährigen Jahresberichte aufgeführte periodische Komet Wolf, der im seiner zweiten Erschemung am 1. Mai 1891 von Herrn Spitaler m Wien aufgefunden worden war, konnte in diesem Jahre noch bis zum 24. Februar beobachtet werden, worauf er für unser Fernrohr zu lichtschwach wurde. Ferner brachte uns das ver- gangene Jahr sechs neue Kometen und die Rückkehr des periodischen Kometen Winnecke. Der erste dieser Kometen wurde im Sternbilde des Schützen von Herrn Swzft in Rochester U. S. am 6. März entdeckt, konnte jedoch wegen seiner südlichen Himmelsstellung erst am 29. März, nachdem er sich mehr nach Norden beweet hatte, hier beobachtet werden. Indem er sich von Tag zu Tag mehr über den Osthorizont erhob, zeigte er bald einen glänzenden Kern, der an Helligkeit einem Stern 4. Grösse gleichkam, umgeben von einer dichten Coma mit eimem mehrere Grade langen Schweif, so dass er auch mit blossem Auge wahrgenommen werden konnte. Seine grösste Helliskeit erreichte er Mitte April, von da nahm er stetig an Lichtstärke ab, doch konnte er hier bis zum 22. December fortlaufend beobachtet werden. Den Rechnungen zufolge scheint sich dieser Komet in elliptischer Bahn mit emer Umlaufszeit von beiläufig zweitausend Jahren um die Sonne zu bewegen. Der zweite Komet wurde von Herrn Denning in Bristol am 18. März im Sternbilde des Cepheus entdeckt. Trotz seiner grossen Lichtschwäche, er glich einem von einer sehr blassen Nebelmasse um- gebenen Stern 11. bis 12. Grösse, konnte er hier vom 19. März bis 23. Mai beobachtet werden, worauf er zunächst in der Abenddämmerung Sternwarte. XI verschwand. Am 27. Juli wurde er am Morgenhimmel wieder auf- gefunden und von da ab bis zum 26. October weiter verfolgt, worauf seine fortschreitende Helligkeitsabnahme und die Ungunst der Witterung eine fernere Beobachtung unmöglich machten. Der Berechnung zufolge zeigt die Bahn dieses Kometen keine merkliche Abweichung von der Parabel. Der dritte Komet war der periodische von Winnecke mit einer Umlaufszeit von 5,8 Jahren, welcher am 18. März von Herrn Spitaler in Wien, genau an der durch die Vorausbereehnung von Herrn v. Haerdt! am Himmel angegebenen Stelle, aufgefunden wurde. Der- selbe war anfangs für unser Fernrohr zu lichtschwach, doch konnte er vom 15. April bis 27. Juni hier beobachtet werden, alsdann ver- schwand er in den Sonnenstrahlen. Der vierte Komet wurde am 25. August von Herrn Brooks in Geneva U, S. im Sternbilde des Fuhrmanns, in ziemlich bedeutender Entfernung von der Sonne und der Erde, vier Monate vor seiner Sonnennähe, entdeckt. Derselbe konnte hier bis zum 26. November beobachtet werden, worauf er infolge seiner schnellen Bewegung nach Süden für uns unsichtbar wurde. Auf der südlichen Halbkugel ist er dann noch als ein helles mit emem Schweifansatze versehenes Objeet mehrere Monate weiter verfolgt worden. Eime merkliche Abweichung von der Parabel scheint die Bahn dieses Kometen nicht zu besitzen. Der fünfte Komet wurde von Herrn Darnard auf der Lick-Sternwarte, Mount Hamilton, Californien, am 12. October auf photographischem Wege entdeckt; es ıst dieses die erste Kometenentdeckung, welche bisher durch Aufnahme von Sterngegenden auf dazu präparirten photographischen Platten gelungen ist. Wegen seiner ausserordentlichen Lichtschwäche konnte er nur an wenigen Orten bis Ende November beobachtet werden. Hier gelangen uns Positionsbestimmungen am 17. und 18. October. Den Rechnungen zufolge ist dieser Komet ein periodischer, der sich in einer Ellipse mit 6,3 Jahren Umlaufszeit um die Sonne bewegt. Der sechste Komet sehörte zu den interessantesten Himmelserscheinungen der letzten Jahre. Derselbe wurde am 6. November von Herrn Holmes in London in der Andromeda, in der Nähe des bekannten Nebeltlecks in diesem Sternbilde, entdeckt und war zur Zeit seiner Auftmdung ein auffallend helles Object, das auch mit blossem Auge wahrgenommen werden konnte. Er zeigte damals einen länglichen Kern von der Helligkeit eines Sterns 7. Grösse, umgeben von emer dichten Nebelhülle, nahm aber sehr schnell an Lichtstärke ab, so dass er am 22. December bei seiner letzten vorjährigen Beobachtung hier nur noch mit grosser Mühe als eine äusserst schwache und schlecht definirte Nebelmasse zu erkennen war. Um so auffallender war es, dass der Komet, trotz XV Sternwarte. seiner stetig zunehmenden Entfernung von der Erde und der Sonne, gegen den 16. Januar d. J. eine plötzliche Gestaltsveränderung zeigte und für wenige Tage das Aussehen eines Fixsternes 7.8 Grösse um- geben von einer zarten Coma darbot; allerdings war diese unerwartete Helliekeitssteigerung nur von kurzer Dauer, seine Lichtintensität nahm abermals rapide ab, und bei der letzten Beobachtung, die uns hier, am 16. Februar, gelang, hatte er wieder dieselbe äussere Erscheinung wie in der letzten Hälfte des December angenommen. Dieser plötzliche Liehtausbruch und die Formveränderungen, welche der Komet zeigte, lassen auf gewaltige Störungen in der ihn bildenden Materie schliessen und machen es erklärlich, dass der Komet erst so spät nach seiner Sonnennähe (Mitte April 1592) wahrgenommen wurde; ohne Zweifel hatte wenige Tage vor semer Entdeckung ein ähnlicher Lichtausbruch auf demselben stattgefunden, durch welchen er überhaupt erst für uns sichtbar wurde und seine Helligkeit so schnell stieg, dass sich seine Erscheinung sogar dem blossen Auge verriet. Der Komet wurde, da er im der Nähe des Ortes gefunden wurde, an welchem für den November 1592 die Wiederkehr des seit 1852 nicht mehr gesehenen periodischen Kometen Biela erwartet werden «durfte, anfangs mit diesem in Zusammenhang gebracht; die Berechnung hat jedoch ergeben, dass derselbe mit dem Kometen Biela nicht in Verbimdung steht, aber ebenfalls ein periodischer Komet mit emer Umlaufszeit von beiläufig i Jahren ist. Der letzte Komet des verflossenen Jahres wurde am 19. November von Herrn Brooks in Geneva U. S. im Sternbilde des Bootes entdeckt; derselbe erschien als em ziemlich heller ven einer rundlichen Coma umgebener Nebelstern 11. Grösse und konnte hier bis Ende Februar d. J. verfolgt werden. Die Berechnungen lassen eine Abweichung der Bahn dieses Kometen von der Parabel nicht erkennen. Im Ganzen wurden im vorigen Jahre 200 Kometenbeobachtungen am Aequatoreal angestellt, welche sich auf die emzelnen Objecte wie folgt vertheilen: Komet Wolf 16 Beobachtungen, Swift SS, Denning 39, Winnecke 21, Brooks I 10, Barnard 3, Holmes 13 und Komet Brooks II 10 Beobachtungen. Eine Anzahl dieser Beobachtungen ist bereits in den „Astronomischen Nachrichten“ veröffentlicht worden, die definitive Zusammenstellung sämmtlicher im verflossenen Jahre ermittelten Planeten- und Kometenpositionen wird gegenwärtig für den Druck vorbereitet. Die Thätigkeit des der Direction der Sternwarte unterstellten Chronometer-Prüfungs-Instituts der Deutschen Seewarte, Abtheilung IV derselben, war auch im verflossenen Jahre eine sehr umfangreiche. Ausser den laufenden Arbeiten, der Prüfung der Schiffschronometer Sternwarte. XV und Präcisionstaschenuhren, sowie der alljährlich auf dem Institute abzuhaltenden Chronometer- Konkurrenz -Prüfung, wurde die Hiülfe der Abtheilung von wissenschaftlichen Anstalten und Forschungs- Expeditionen stark in Anspruch genommen. Ueber die Ergebnisse der letzten 15. Konkurrenzprüfung ist im Julihefte des Jahrganges XIX der „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“ ein eingehender Bericht veröffentlicht worden; von den 32 geprüften Chronometern wurden 4 seitens der Admiralität prämirt und 6 von der Admiralität, sowie 2 für geographische Forschungs-Expeditionen angekauft. Da das im Jahre 1876 für das Institut im Garten der Sternwarte errichtete Gebäude den stetig wachsenden Bedürfnissen nach räumlicher Aus- dehnung nicht mehr genügte, und die Terrainverhältnisse einen Anbau im Garten nicht verstatteten, so ist im verflossenen Jahre auf Verfügung des Herrn Staatssecretairs des Reichs-Marme-Amts ein neues, erheblich grösseres, Dienstgebäude für das Chronometer-Prüfungs-Institut innerhalb des Areals der Seewarte, unmittelbar neben dem Hauptgebäude, auf dem Stintfang errichtet worden. Die Uebersiedlung der Abtheilung nach demselben erfolgte im October v. J., und es ist eine telegraphische Verbindung zwischen der Sternwarte und dem neuen Institutsgebäude, zum Zwecke der Zeitsignalübertragung und der Uhrenvergleichung auf chronographischem Wege, hergestellt worden. Der auf dem Thurme des Quaispeichers aufgestellte Zeitball ist im vergangenen Jahre nur bis zum 1. April in Betrieb gewesen, indem eine am 2. April ausgebrochene Feuersbrunst das Gebäude wie auch den mechanischen Apparat zum Theil zerstörte. Die Wiederherstellung der erforderlichen Einrichtungen hat erst in diesem Jahre bewirkt werden können. Während der Zeit,. in welcher der Ball in Betrieb war, hat derselbe befriedigend funktionirt, doch haben Leitungsstörungen, die namentlich im Januar auf der Strecke Brookthor-Quaispeicher wiederholt auftraten, mehrfach eine Auslösung des Balles mittelst der Hand an Ort und Stelle nothwendig gemacht; dreimal hat der Ball wegen Eisbildung an der Auslösungsscheere oder Versagens des mechanischen Theils des Apparats nicht fallen können. Von den 732 Signalen des Zeitballs m Cuxhaven haben 2 wegen Reparatur des Apparats und 4 wegen Eisbildung nicht gegeben werden können; ausserdem waren 4 Fehlsignale zu verzeichnen. Bei dem Zeitballe in Bremerhaven haben 18 Signale wegen Reparaturen, störungen und 2 wegen Eisbildung an der Scheere nicht erfolgen können, die übrigen 705 Signale sind richtig gegeben worden. Die an der Börse befindliche sympathetische Uhr ist, abgesehen von 7 Tagen im Januar, wo infolge eines heftigen Schneesturms die ef ‘ wegen Leitungs- XVI Sternwarte. eleetrische Verbindung mit der Sternwarte unterbrochen war, beständig in Uebereinstimmung mit der ihren Gang regulierenden Uhr auf der Sternwarte gewesen, ebenso die zweite am Eingange zur Sternwarte aufgestellte sympathetische Uhr, mit Ausnahme dreier Wochen im November, wo dieselbe, bei Gelegenheit ihrer Ueberführung in den Vorbau des Osttlügels des Gebäudes, einer umfassenden Reparatur und Ab- änderung unterzogen wurde. Im verflossenen Jahre wurde auch der dringende -Wunsch der Sternwarte nach Erweiterung ihrer Arbeits- und Aufstellungsräume seitens der Behörde durch Ueberweisung des Ostflügels des Gebäudes an die Anstalt in zweckmässiger, den wissenschaftlichen wie dienst- lichen Bedürfnissen der Sternwarte entsprechender Weise erfüllt. Nach- dem im Spätherbst die erforderlichen baulichen Umänderungen voll- endet waren, wurde mit der Uebersiedlung und der Aufstellung der Bibliothek, der Instrumentensammlung, der Uhren, Chronographen und Telegraphenapparate, sowie der electrischen Batterien im den neuen Räumen begonnen, und gegen Schluss des Jahres auch die daselbst hergerichteten Bureauzimmer bezogen. Der Instrumentenbestand der Sternwarte wurde durch ein Schaltbrett für die electrische Verbindung der Uhren und Tastervor- richtungen der Sternwarte und der Seewarte mit den Chronographen- apparaten, wie ferner durch eine Vorrichtung zur genauen Ablesung der Zeitsignale auf den Chronographenstreifen vermehrt. Auch die Bibliothek hat durch Ankäufe wie durch Eingang ihr von auswärtigen Anstalten gewordener Geschenke eine erwünschte Bereicherung erhalten, doch musste ein grosser Theil der der Sternwarte für das verflossene Jahr zur Verfügung gestellten Geldmittel auf Reparaturen und auf Abänderungen an den Uhren und kleineren Instrumenten, welche deren Neuaufstellung nothwendig gemacht hatte, verwendet werden. Im Mai des Jahres schied Herr Dr. W. Luther infolge seiner Berufung zum Adjunkten an der Sternwarte in Düsseldorf aus seiner Stelle als Observator an der Sternwarte aus. Unser Dank für seine langjährige und für die Anstalt höchst werthvolle Thätigkeit, wie unsere besten Wünsche geleiteten ihn. An seine Stelle ist Herr Dr: A. Schorr, zuletzt Assistent am Königlichen Astronomischen Recheninstitute ın Berlin, getreten. Ferner ist Herr Dr. (€. Hüänig, bisher Astronom an der Sternwarte zu Leipzig, als Hülfsarbeiter an der Sternwarte angestellt worden. Intarsia-Füllung von einem indisch-portugiesischen Schrank, ca. 1600. Länge 40cm. 4. Museum für Kunst und Gewerbe. Bericht des Direetors Professor Dr. Justus Brinekmann. Die Verwaltung. Im Jahre 1892 gehörten der technischen Commission des Museums für Kunst und Gewerbe dieselben Herren an, wie beim Ablauf des Vorjahres: die Herren Senator Stammann Dr., Präses der Öberschulbehörde, Vorsitzender, @. R. Köchter, Tischlermeister, als Mitglied der Oberschulbehörde, die Herren Carl Eggert, Kaufmann, Heinrich Föhring Dr., Landgerichts-Director, Welhelm Hauers, Architekt, Carl Popert, Kaufmann, ‘H. J. Eduard Schmidt, Schlossermeister, E. J. A. Stuhlmann Dr., Director der Allgemeinen Gewerbeschule, E. @. Vivie, Bildhauer. Als freiwilliger Hülfsarbeiter für die wissenschaftlichen Aufgaben der Anstalt trat Herr Dr. Fr. Deneken am 1. April d. J. ein. Die von Senat und Bürgerschaft für die Verwaltung bewilligten budgetmässigen Geldmittel beliefen sich im Jahre 1891 auf .4 26 660 für Gehalte, 4 11200 für die allgemeinen Verwaltungskosten. Letzere vertheilten sich folgendermassen: NS RN EN ot ne ER ER NH 908, — FEN ESEHTI See nn na che 11.264,50 Destaunrunesyngdr Ausstellune 4:2 . -.. 0.2.2 020% an0enn 2 337,91 REN en re ER NEIRP Ren 6: EEE 1 509,99 Bricht ande erpackuno.... .....2 2.24.42 22 ee en 335,58 Drucksachen, Buchbinderarbeiten ete.............: „2.019,09 Fer blarıg unde Inserates... un 2 3 Has anne E 118,55 Porto und kleine Bureauausgaben... .......:...- »71,18 Be ee een Een Allen ae u We Nothwendige und kleine Ausgaben. ............-- N 7111,29 Zusammen 4 :11.200;— XVII Museum für Kunst und Gewerbe. 702 Hängeschränkchen von der Insel Alsen. Eichenholz mit Bemalung. Höhe 79 cm. Die Vermehrung der Sammlungen. Vermächtnisse und Schenkungen. Aus Vermächtnissen und Schenkungen sind im Jahre 1892 den Sammlungen nur wenige Altsachen von Bedeutung zugeflossen. Hervorzuheben ist en Pokal aus geschnittenem Glas, welchen wir der Güte eines ungenannten Freundes verdanken, der als X. Y. Z. schon manches kostbare Stück der Sammlung überwiesen hat. Sowohl als eines der grössten und reichsten Glasgefässe, welche aus der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Potsdam betriebenen königlich preussischen Glashütte hervorgesangen sind, wie durch seine geschichtliche Bedeutung ist dieser Pokal von hohem Werthe. Er ist angefertigt anlässlich der Heirath Friedrichs I. von Preussen mit seiner dritten Gemahlin, Sophie Luise von Mecklenburg i. J. 1708. Die Initialen beider Fürsten unter Kronen, allegorische Figuren und Hermen als Vertreter der Jahreszeit sind durch reiches Laub- und Sandelwerk zu einem wirkungsvollen, den Becher umkleidenden Ornament verbunden. Museum für Kunst und Gewerbe. XIX Herr O. Patow überwies der Sammlung eine Flügelthür der Rococo-Zeit aus dem Geschäftshause seiner Firma D. A. Cords Söhne in der Catharinenstrasse Nr. 10. Ursprünglich war diese aus Föhren- holz gearbeitete, beiderseits reich geschnitzte Thür auf der Innenseite weiss und golden, auf der Aussenseite in zwei Tönen von Grün mit Gold bemalt. Sie stimmt so völlig mit den schönen Thüren der grossen Michaeliskirche überein, dass sie aus derselben Werkstatt hervorgegangen gelten darf. Ein ungenannter Freund des Museums schenkte eine mit gepressten Örnamenten und Inschriften aufs reichste verzierte Corsettstange aus Fischbein. Sie ist besonders in culturgeschichtlicher Hinsicht von Werth, denn sie zeigt auf’s deutlichste, wie weit die höheren Kreise der Gesellschaft zur Zeit ihrer Anfertigung in der Verfeinerung und künstlerischen Verzierung eines jeden Gebrauchsgegenstandes gingen. Auf der einen Seite der Corsettstange liest man inmitten von Blumen- und Blattornament folgende Verse: Je suis ce beau busc curieux, De qui chacun est amoureux. L’on me baise, on me caresse, Je sers de divertissement Et ma place ordinairement Est sur le coeur de ma maitresse. Die andere Seite ist mit Ornamenten, Namenszügen, Büsten und Figuren mit Beischriften geziert. Da sieht man z. B. Amor als Berg- mann mit einer Hacke sich den Weg zum Herzen bahnen und darunter die Inschrift: „Avec le temps“. Unter der Portraitbüste Ludwigs XIV., der hier mit Schnurrbart erscheint, liest man: „Soyez moy bons sulets, je vous seray bon prince.“ Unter dem Portrait seiner Gemahlin Maria Theresia heisst es: „Vertu, bonte, sagesse, suivent cette princesse.“ In dem aus L und D verschlungenen Namenszug des Königs ist das D auf Desire, d. h. „der Ersehnte“ zu deuten. Aus dem Nachlass der Frau N. H. Plambeck Wwe. wurde auf deren letztwillige Verfügung dem Museum ein mit ornamentalen Ein- lagen. reich verzierter Tisch überwiesen, ein ausgezeichnetes Werk unseres ©. F. H. Plambeck, des Meisters der Sakristeithür der St. Nicolai-Kirche, zu welcher die Werkzeichnungen des Meisters nebst den ihnen zu Grunde liegenden Skizzen der englischen Künstler sich schon seit längerer Zeit im Besitz des Museums befinden. Dank einer letztwilligen Verfügung des Herrn Heinr. Gorgas überwies dessen Wittwe dem Museum den stattlichen Gewehrschrank, welchen der „Verein deutscher Reserve- und Landwehr-Offieiere in B* ROTE Museum für Kunst und Gewerbe. Stuttgart“ als Ehrengabe für das fünfte deutsche Bundesschiessen zu Stuttgart i. J. 1875 gestiftet und Herr Gorgas damals als einen der höchsten Preise dieses Schiessens errungen hatte. Der keramischen Sammlung überwies Frau Heinrich Schön Wwe. eine grosse Meissener Schüssel mit einem in bunten Farben gemalten Eisvogel aus der Mitte des 18. Jahrhunderts; Frau Franz Langefeldt eine Berliner Schüssel mit feinen Blumenmalereien vom Ende des 18. Jahrhunderts; Herr Dr. Darmstaedter in Berlin eine Vase aus schwarzer Basaltmasse mit der Darstellung des Herakles bei den Hesperiden, ein neuzeitiges, unter Benutzung der alten Formen hergestelltes Erzeugniss der noch heute fortgeführten altberühmten Fabrik der Wedgwood in Etruria, Staffordshire. Ankäufe aus den budgetmässigen Mitteln. Die Verwendung der budgetmässig bewilligten 20 000 Mark zur Vermehrung der Sammlungen im Jahre 1892 erhellt aus der neben- stehenden Uebersicht. Die Möbel und Holzschnitzereinen, welchen im diesem Jahre nicht so reichliche Mittel aus privaten Beiträgen zuflossen, wie im Vorjahre, nahmen wieder mit einer Ausgabe von #4 3536,62 die bevorzugte Stelle ein, welche ihnen im Hinblick auf das wichtigste der hamburgischen Kunstgewerbe gebührt. Ihnen zunächst folgen die Bronzen und die Arbeiten aus Kupfer, Zinn u. s. w. mit # 2965. Auch die Edelmetallarbeiten, welche bisher ım Vergleich mit den sonstigen Metallarbeiten zurückgeblieben waren, ‘wurden mit .# 1540 und die Arbeiten aus Schmiedeeisen mit # 1327 bedacht, so dass unter Hinzurechnung der # 357 für japanische Schwertornamente im Ganzen .# 6189 für Metallarbeiten verausgabt wurden. Für Porzellane wurden # 2182, für Steinzeug und Steingut 4 2051, für Fayencen .4# 1917,43, somit für keramische Arbeiten im Ganzen 4 6150,43 verausgabt. Die Summe von 4 1495 kam den Gläsern zu Gute, welchen bisher stets nur geringfügige Summen zugewendet werden konnten. Der Rest vertheilte sich in kleineren Beträgen auf die übrigen Abtheilungen. Für diejenige der Gewebe und Stickereien wurde nur der Betrag von #4 536,73 verwendet, weil denselben in den voraufgegangenen Jahren erhebliche Aufwendungen zu Gute gekommen waren, In der Uebersicht nach geschichtlichen Gruppen steht dieses Mal das 18. Jahrhundert mit .£ 6421,68 an erster Stelle; ihm zunächst das 16. Jahrhundert mit #4 5294,30. Erzeugnisse des mittelalterlichen Museum für Kunst und Gewerbe. Uebersicht der Ankäufe XXI für das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe aus dem Budget des Jahres 1892. I. Nach technischen Gruppen. Stück Preis 4 Stück Preis .% DENE ee ee 1 10,18 DÜCkeRelenan N ae Feteatye BUS ae 12 526,55 Dextil-ArheitenkımGamzener ee ee 13 536,73 2 Bucheinbande und lederarbeiten ..: ....: ..: 2.3.8: :.ner. 2.0. 9 592,22 BEE ANENGEN A ee ne 14 1917,43 Borzellanesene Mu Ne ee iekalorete 23 2182, — STEINZEUS, DLEMEUh Ele... 2. arena nee li 2051,— Kerammsche Arbeiten IM Ganzen :. u. 0....0 une ndele 48 6 150,43 BE DEI u er N a N LA 8 1 495, — I NE ee EEE 7 2142,32 EIOImachoiizereien wach eu een ale euren ale ) 849,30 Bantischlerarbeitene sa nee in 2 545, — Holzarbeiteneim2 Ganzen. vs a nee 18 3 536,62 beoBilfenhemschnitzereientete.r 2... een 6 500, -— ea ac Kar electro ee 2 450, — nme ee DE nr tg 6 1 327, — a RR ee en Re Re ee 10 2 965, — IOsRBdeimetallarbeitenvertee 2. re. ee ee 3 1 540, — Kir Japanische Schwertornamenter. „4... neo. enearnie 11 357,— ER manl arbeiten ee nen 2 435, — DENK EIDENGEL AU ER N ers 3 85, — lEEKochilechtäncbeibene wert cher en Arne ee ee Bee Deren 1 5, — IS. Werseiniedlaniekie war ae 1 23, — imeGanzeneere 141 20000, — II. Nach geschichtlichen Gruppen. Stück Preis 4 Abendland: 1. Prähistorisches .......: 22222205. EINE RR GER — _ u N en ER SSRe 1 400, — a @lassisches, Alterthum "nz.2a Senat Jar. ee 1 100, — BE Rs lahrhnnderie Co... 2. anne hen — _- RI NVer alirhundert #2. ee che ee une 10 2 308,18 DERSVIETahchunderti ee 11 5 294,30 DEERSVIIS Talhrhundertee 0 een ere hae nyare . 11 1 968, — SERVER Tahrhundertes ee ee ee hen 69 6 421,68 N altchunderti 3n so. al age 5 1 443,84 RL SD Os N N 1 35,— un REN ee ne RE BR RE RAR re — _ nee N TIL, 769, — a EEE ee EN RE IREE SERRG 25 1 260, — u EREK, 2 ee eS UNE RE La RE — - im Ganzen..... 141 20 000, — Durchschnitts- preise der an- gekauften Alt- sachen. XXI Museum für Kunst und Gewerbe. Kunstgewerbes, welches in der Sammlung bis jetzt nur ungenügend vertreten ist, konnten nach längerer Pause wieder im Werthe von 4 2308,18 angekauft werden. An vierter Stelle, seiner geringeren Bedeutung entsprechend, steht das 17. Jahrhundert mit 4 1968. Die 4 1443,84 für das 19. Jahrhundert erklären sich nicht durch den Ankauf neuzeitiger Arbeiten, sondern von solchen der ersten Jahr- zehnte unseres Jahrhunderts, dessen Geschmacksrichtung nach längerer Missachtung in unseren Tagen wieder Einfluss auf das Mobiliar gewonnen hat. Ein Vergleich des Durchschnittspreises der in den zehn vorauf- gehenden Jahren aus budgetmässigen Mitteln angekauften Gegenstände ergiebt ein ziemlich gleichmässiges Steigen desselben. Scheiden wir die Jahre 1884, 1885, 1887 aus, welche in Folge des Ankaufes zahlreicher kleiner japanischer Metallarbeiten von geringem Einzelpreise den Ver- gleich nicht gestatten, und sehen wir vom Jahre 1891 ab, welches aus verwandten Gründen ebenfalls nicht massgebend ist, so ergiebt sich, dass der Durchschnittspreis der angekauften Stücke betrug i. J. 1882 4 60,50, i. J. 1883 4 71,43, i. J. 1886 4 74,26, i. J. 1888 4 716,14, i. I. 1889 4 74,07, i. J. 1890 4 78,43. Für das Jahr 1892 verdoppelt sich nahezu der Durchschnittspreis, indem er bei 141 angekauften Stücken ‚#4 141,84 beträgt. Das Steigen der Durchschnittspreise oder, was dasselbe bedeutet, das Sinken der Stückzahl der in jedem Jahre angekauften Gegenstände aus dem Steigen aller Preise auf dem Antiquitätenmarkt zu erklären, liegt nahe. Diese Deutung trifft jedoch nur theilweise zu, da die günstigen Umstände, unter welchen die Verwaltung an der Vermehrung der Sammlungen zu arbeiten in der Lage ist, sie in gewissem Sinne unabhängig macht von der Unterwerfung unter die Verhältnisse, welche die Preise der Altsachen vorschreiben. Von gewichtigerem Einfluss sind vielmehr zwei andere Thatsachen, erstens, dass auf vielen Gebieten die Sammlungen jetzt mit denjenigen Gegenständen versehen sind, welche in Folge ihres häufigen Vorkommens bisher noch immer zu mässigen Preisen zu erhalten waren, zu Preisen, welche in den meisten Fällen weit unter denjenigen stehen, welche man für neuzeitige, in gleicher Technik gewissenhaft ausgeführte Nachbildungen solcher Gegen- stände zahlen müsste; zweitens, dass an die Sammlungen nunmehr die Aufgabe herantritt, ihr Niveau zu erhöhen, und, soweit es möglich ist, auf allen Gebieten einzelne Stücke zu erwerben, welche den Höhe- punkt bezeichnen, der in Hinsicht des Geschmackes und der technischen Vollkommenheit je erreicht worden ist. Wenngleich auch für diese Aufgabe immer noch aufGelegenheitskäufe gezählt werden darf, wie solche Museum für Kunst und Gewerbe. KAEIH bisher die Bereicherung der Sammlungen gefördert haben, so werden doch im Allgemeinen die sehr hohen Preise, welche Altsachen von hervorragender Schönheit bedingen, sich m den Durchschnittswerthen unserer Ankäufe fühlbar machen, wie solches schon im verflossenen Jahre der Fall gewesen ist. Im Einzelnen sind als wichtigere Ankäufe die folgenden zu erwähnen. In diesem Jahre ist uns endlich der Ankauf einer guten spät- gothischen Truhe mit Flachornamenten in ausgestochenem und bemaltem Grunde gelungen. Der Untersatz ist auf seimer vorderen Fläche, die Truhe selbst auf schmalen lisenenartig angewendeten Feldern und am Rande des Deckels mit Blumen und Laubwerk spät- gothischen Stiles verziert. Das Ornament bewahrt bei aller Freiheit der Bewegung in den verschlungenen Zweigen und Blättern doch den Flächen-Charakter und wird durch schwarze Tönung des vertieften Grundes wirkungsvoll gehoben. Besonders hübsch ist der untere Fries mit dem in einem Weimfass wurzelnden Rebengerank. Die grosse Vorderfläche aus Ahornmaserholz wird durch jederseits angebrachte, geschnitzte Maasswerkstreifen verkleinert, welche wohl ursprünglich eine farbige Unterlage hatten. Derartige Gegensätze des naturalistisch be- wegten Pflanzenwerkes neben geometrischem Maasswerk waren in der süddeutschen Spätgothik beliebt, wie dies auch an den in der Samm- lung ausgehängten Abbildungen spätgothischer Schränke aus dem bayerischen National-Museum auffällt. Angekauft wurde ferner en Kabinet von jener als portu- giesisch-indische Arbeit des 16. bis 17. Jahrhunderts an- gesprochenen Art, welche sich durch Beschläge aus vergoldetem Kupfer auf den Stützen, auf dem Rahmenwerk, an den Schlössern und Handhaben der Schubfächer, und durch eimgelegste Holz- ornamente auf den Wänden des Kastens und den Schauflächen der Schubladen auszeichnet. Unser aus Sevilla stammendes Kabinet ist eines der allerreichsten dieser Art; zierlich durchbrochene Metall- leisten überkleiden völlig das Ebenholz des Rahmenwerkes; die grossen Rosetten, in welchen fast alle Griffe befestigt sind, verhüllen fast die schön gezeichneten Ranken, welche aus Ebenholz in das mahagonı- farbene Grundholz eingelegt sind und durch Elfenbein-Augen gehoben werden; selbst die als grosse Papageien in strenger. alterthümlicher Stilisirung gebildeten Stützen sind mit durchbrochenen Metallplatten umpanzert. Indischer Geschmack und indisch geduldige Arbeit mischen sich hier mit europäischen Ansprüchen. (Ein Fries dieses Cabinets abgebildet Seite XVII). * Ankäufe: Möbel, Gothische Truhe. Portugiesisch- indisches Kabinet. Ankäufe: Renaissance- Stubenthür. Schränkchen von 1703. Lütticher Dielenuhr. Spinnrad. Holz- schnitzereien. XXIV Museum für Kunst und Gewerbe. in gutes Beispiel süddeutscher Spätrenaissance bietet sich in einer vollständig mit den grossen geätzten Angelbändern und dem geätzten Schlosse erhaltenen Stubenthür aus Ulm, deren Füllungen der Schauseite mit flachem Rollwerk, aus schwarzem Holze in helles eingelegt, geschmückt und deren Rahmenwerk und Kehrseite mit verschiedenfarbigen Hölzern nach Art der süddeutschen Möbel jenes Stiles fournirt sind. Einer weit jüngeren Zeit, obwohl demselben Stile, entstammt das auf S. 4 abgebildete Wandschränkchen von der Insel Alsen. An Stelle der Jahrzahl 1703 würde man ein um hundert Jahre höheres Alter dieses gefälligen Möbels vermuthen. Ebenso, wie sich nördlich der Elbe gothische Motive in der bäuerischen Schreimerei bis tief in das 16. Jahrhundert, ja bis zu dessen Ablauf erhielten, bewahrten hier die Motive der Spätrenaissance unbeeinflusst von den Geschmackswandelungen der Städter ihre ursprüngliche Frische bis in das 18. Jahrhundert und das Rococo seine volle Kraft bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Von den aus Eichenholz geschnitzten Möbeln, in welchen sich die Schreiner der belgischen Stadt Lüttich durch das ganze 18. Jahr- hundert, von der Spätzeit des Stiles Ludwig XIV. bis zum Stile Ludwig XVI. so auszeichneten, dass man von einer eigenen Schule der „Meubles de Liege“ reden darf, gelangte im verflossenen Jahr das erste Beispiel in unsere Sammlung, die auf Seite 9 abgebildete, in Antwerpen angekaufte Dielenuhr. Ihrem Ornament nach gehört sie noch dem ersten Viertel des Jahrhunderts an, ehe das Ornament das Rococo sich voll entwickelt hatte. Auch die Bezeichnung des Uhrwerkes mit Jacque Wampe ä Liege deutet auf Lüttich als den Entstehungsort. (Abgebildet S. XXV.) Einer jüngeren Zeit, in welcher schon antikisirende Motive das Muschelwerk des Rococo verdrängt hatten, entstammt ein in München erworbenes Spinnrad nebst zugehöriger Garnhaspel; beide Stücke sind aus Nussholz mit besonderer Zierlichkeit gedrechselt. Unter den Holzschnitzereien ist ein grosses Rund mit von Löwen gehaltenen Wappen hervorzuheben, eine schweizerische Arbeit vom Ende des 16. Jahrhunderts, deren Meister sich mit M. L. be- zeichnet hat. Sie bildete früher das Mittelstück in der Balkendecke eines Saales im Rathhause der Stadt Bremgarten in der Schweiz. — Ferner eine kleine Thür, welche ein Fach im Sockel der Rückseite eines Flügelaltares schloss, mit der h. Barbara in der ursprünglichen Fassung, eine Augsburger Arbeit vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Unter den Aufgaben, welche für die folgenden Jahre bei dem Ausbau der Sammlungen nächst der stets im Vordergrunde des Museum für Kunst und Gewerbe, Interesses stehenden Möbel - Abtheilung vorzugsweise berücksichtigt werden müssen, steht an erster Stelle die figür- liche Plastik, soweit sie inden Rahmen unserer Anstalt fällt. Die Terrakotten und Bronzen des klassischen Alterthums, die deutschen und französischen Elfen- beinschnitzwerke des 11. bis 14. Jahr- hunderts, die deutschen und nieder- ländischen Holzsculpturen des 15. und 16. Jahrhunderts, die bemalten und emaillirten Terrakotten und Bronzen der italienischen Renaissance, die deutschen und französischen Porzellan-Figuren des 18. Jahrhunderts bieten hier ein weites Arbeitsfeld. Wenn zunächst den Er- zeugnissen des letzten Jahrhunderts er- höhte Aufmerksamkeit gewidmet wurde, so erklärt sich dies aus der Möglichkeit, auf diesem Gebiete auch jetzt noch planmässig mit verhältnissmässig be- scheidenen Mitteln voranschreiten zu können, während die künstlerisch-werth- vollen Erzeugnisse der früheren Jahr- hunderte ihres selteneren Vorkommens und ihrer grösseren Kostbarkeit halber nur bei ausserordentlichen Gelegenheiten erworben werden können. Die Ankäufe von Porzellanen be- ziehen sich vorzugsweise auf plastische Arbeiten deutscher Manufacturen. Ueber- strahlt auch der historische Ruhm Meissens als der Ausgangsstätte der gesammten Industrie des Hart-Porzellans das An- sehen der übrigen Manufacturen, so wett- eifern doch manche derselben, wenn nicht durch die Fülle und Manmnigfaltig- keit ihrer plastischen Erzeugnisse, ‘so doch durch die künstlerische Vollendung derselben mit denjenigen Meissens. Dieses selbst ist unter den Ankäufen des Vor- XXV Lütticher Dielenuhr, Eichenholz, ca. 1735. Höhe 2m 70 cm, Ankäufe: Arbeiten der Klein-Plastik. Ankäufe: Porzellan- Figuren. XXVI Museum für Kunst und Gewerbe. jahres durch eine schon dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts angehörige Gruppe von höchster Vollendung vertreten. Als „die zer- brochenen Eier“ wird sie im Kunsthandel bezeichnet; als Gegenstück findet sich in der Dresdener Sammlung eine als „die gebrochene Rosen- brücke“ bezeichnete Gruppe. Offenbar hat sie, obwohl im Costüm ihrer Zeit durchgeführt, einen allegorischen Beigeschmack, auf welchen ein neben dem umgestürzten Eierkorb knieender Amor deutet. Die reiche Tracht der jungen Dame, welche, mit Rosenketten umwunden, sich von der kauernden Alten verschämt abwendet, ist auf das zarteste durchgeführt; die plastischen Feinheiten, vor Allem der Hände, treten auf das klarste hervor, da diese Gruppe nicht bemalt ist. Die noch wenig bekannte Manufactur von Kassel wird durch die ebenfalls unbemalte Gruppe eines Pferdebändigers vertreten, zu welcher das Urbild aus Sandstein gemeisselt im Augarten zu Kassel steht. Es gilt als ein Werk des Bildhauers Joh. August Nahl, welcher sich 1755 daselbst niedergelassen und dort auch die Marmorstatue des Landgrafen Friedrich U. auf dem Friedrichsplatz geschaffen hat. Nahl’s Pferdebändiger sind freie Nachbildungen der bekannten Kolosse in Rom; in der Tracht und mit den Attributen hat er sich in un- historischer Weise von denselben entfernt. Die Frankenthaler Manufactur ist durch eine schlafende Venus von grosser Schönheit und zartem Kolorit vertreten, die braunschweigische Manufactur zu Fürstenberg durch zwei kleme Figuren, einen Schmied und einen Böttcher, aus der Folge der durch Knaben betriebenen Gewerbe, die Fabrik des Fürstbischofs zu Fulda durch emen eleganten Kavalier. Unter den Porzellangefässen sind zwei ausgezeichnete Teller der Meissener Manufactur zu beachten. Der eine vertritt das in der Fabrik als Brühl’sches Muster geführte Modell, bei welchem der Rand in drei Feldern verschiedene Durchbruchmuster zeigt, welche mit durchbrochenen Blumenzweigen wechseln; dem reichen Modell entspricht auch die Bemalung sowohl des Randes mit Gold und Farben, wie der Fläche mit Früchten und Blumen in einer Einfassung von srünem Mosaikmuster. Der andere vertritt das schon in der Meissener Preisliste von 1765 aufgeführte „Marseille-Muster“, bei welchem der Rand drei durch flacherhabenes Pflanzenornament eingefasste längliche Felder zeigt. Bei unserem Teller sind diese mit mehrfarbige Blümchen bestreut. Den Spiegel füllt in bläulichem Roth fein gemaltes Geflügel, als „purpur Federvieh“ in jener Liste aufgeführt. Auch einige ausgezeichnete chinesische Porzellane wurden angekauft aus der Zahl jener, welche vor etlichen Jahrzehnten als Doubletten der königlich sächsischen Porzellan-Sammlung im japanischen - Museum für Kunst und Gewerbe. xXXVIo Palais verkauft worden sind und seitdem hie und da im Handel auf- tauchen, kenntlich an den auf der Unterseite mit dem Rade in das Porzellan geschnittenen alten Inventar-Nummern der Sammlung und beigefügten, auf ihre Herkunft deutenden Zeichen. Das schönste Stück abgebildete ist die hier Schale mit Päonien, Rosen und Chrysanthemum- blüthen in dickaufliegenden Emailfarben über schwarz gemalter Umriss- zeichnung. Die Farben entsprechen denjenigen der Porzellane, welche Flache Schale von Porzellan mit blühenden Stauden in hochaufliegenden Emailfarben. China, Anfang d. 18. Jahrhdts. Durchm. 31 cm, nach Jacquemart’s Eintheilung der chinesischen Porzellane als „rosen- rothe Familie“ bezeichnet zu werden pflegen, obwohl dieser Gruppirung weder eine historische Thatsache zu Grunde liegt, noch auch für alle Porzellane dieser Gruppe das Merkmal der rosenrothen Emailfarbe zutrifft, welche bei unserem Teller in einigen der Blüthen angewendet erscheint. Aus den sonstigen Erwerbungen für die keramische Abtheilung ist hervorzuheben eine Majolika-Schüssel, deren geformte, an Ankäufe: Chinesische Porzellane. Ankäufe: Majolika Schüssel. Fayencen. Böttger- Steinzeug. XXVIH Museum für Kunst und Gewerbe. setriebene Metallarbeit erinnernde Buckeln abwechselnd dunkelblau, gelb und grün glasirt und mit weissen, gelb gehöhten, weissen, blau schattirten und citrongelben, ockergelb gehöhten Grottesken bemalt sind. Die Schüsseln dieser Art, welche niemals bezeichnet vorkommen, werden in der Regel der Stadt Faenza zugeschrieben, einer der ältesten Stätten, wo in Italien Fayence, welche auch von ihr den Namen ableitet, angefertigt worden ist. Nachdem jedoch Argagni’s Scherbenfunde in Faenza kein Stück dieser Waare zu Tage gefördert haben, ist man geneigt, dieselbe nach Gastel Durante zu verweisen, wo nach Picolpassi’s ı. J. 1548 verfasstem Buche damals derartige geformte Buckelschalen angefertigt wurden. Den Delfter Fayencen kam ein Teller hinzu, welcher weniger durch seine Kunst, als durch den zeitgeschichtlichen Inhalt von Interesse ist. Er zeigt emen mit Früchten reich behangenen Orangenbaum — em Sinnbild der Oranier —, welchen ein Herr in der Zeittracht einer Frau zeigt, die soeben eme der Früchte gepflückt hat; darunter steht „Vivat Oranje 1747“. Dies bezieht sich dar- auf, dass das Volk sich i. J. 1747 in Holland und Zeeland empörte, die aristöokratischen Magistrate vertrieb und am 2. Mai den Prinzen Wilhelm von Oranien aus der Limie Nassau-Dietz zum Stadthalter ausrief. Von deutschen Fayencen ist ein Blumenkasten aus der in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts zu Stockelsdorff vor den Thoren Lübecks, aber auf holstemischem Boden betriebenen Fabrik des kgl. dänischen Etats-Rathes G. N. Lübbers zu erwähnen. Die guten Landschaftsmalereien dieses Kastens sind ein weiterer Beweis für die Leistungsfähigkeit dieser schon durch andere vortreffliche Fayencen in der Sammlung vertretenen Fabrik, welche sich trotz unablässiger Befehdung durch die Meister des Lübeckischen Töpferamtes, unter dem von Kiel übergesiedelten Direktor Buchwald und dem vorher eben- falls in Kiel beschäftigten Abraham Leihamer zu einer Bedeutung aufgeschwungen hatte, die von keiner der gleichzeitigen deutschen Fayencereien erreicht wurde. Unter den keramischen Erwerbungen ist auch hervorzuheben ein Teller aus rothem Steinzeug mit braunschwarzer glänzender Glasur und feinster Silbermalerei, in der Mitte mit einem sechsstrahligen Ordens- kreuz, im Rande zwischen reichem Laub- und Bandelwerk gekrönte, F abwechselnd mit preussischen Adlern. Dieses ausgezeichnete Stück ist vorläufig 'noch em Räthsel hinsichtlich seiner Herkunft. Auf den ersten Blick möchte man es dem Steinzeug Böttgers, des Erfinders des Hart-Porzellans in Europa anreihen; die preussischen Insignien Museum für Kunst und Gewerbe. TRAX würden zu der Vermuthung führen, dass in‘diesem Teller ein Erzeugniss der noch räthselhaften preussischen Steinzeug-Fabrik zu Plauen an der Havel vorliege; am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass wir es hier mit einem Erzeugniss der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch einen Ueberläufer aus Meissen in Bayreuth eingerichteten Fabrik rothen Steinzeuges zu thun haben, von welcher wir freilich bis jetzt nicht mehr wissen, als von der Plaueschen Fabrik. Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Markgrafen von Bayreuth zum preussischen Fürsten- haus finden auch sonst öfters Ausdruck im keramischen Arbeiten mit Wappen und Initialen von Fürsten. Die Sammlung besitzt schon länger eine grosse Fayence-Schüssel mit dem Allianzwappen von Ost- friesland und Brandenburg in Blaumalerei, bestimmt für Sophie Wilhelmine von Brandenburg-Culmbach, die Gemahlin Karl Edzard’s, des letzten Regenten von Ostfriedland, sowie zwei Teller mit dem FW der Markgräfin Friederike Wilhelmine von Bayreuth, Schwester Friedrich des Grossen. Diesen Fayencen dürfte sich der neuerworbene schöne Steinzeug-Teller hinsichtlich seiner Herkunft und Bestimmung für Friedrich II. anreihen. Ein ebenfalls ı. J. 1592 angekaufter Theetopf von rothbraunem Steinzeug mit schwarzer Glasur ist mit tiefeingeschnittenen Laub- und Bandelwerk-Grottesken verziert. Der Vergleich mit den gleichzeitigen Arbeiten der Glasschneider legt die Vermuthung nahe, dass dieses Stück seine Verzierungen in derselben Glasschneiderei erhalten habe, in welcher der unter den Geschenken dieses Jahres erwähnte grosse Glaspokal aus der Potsdamer Hütte geschnitten worden ist. Träfe dies zu, so würde der Theetopf als ein Erzeugniss der kgl. preussischen Steinzeug-Fahrik in Plaue an der Havel anzusprechen sein. Ueber- haupt wird man sich daran gewöhnen müssen, einen sehr grossen Theil des bisher m den Sammlungen und Handbüchern Böttger zuge- schriebenen Steinzeuges nach anderen Werkstätten zu verweisen. Ein i. J. 1891 erworbener Theetopf von rothem Steinzeug mit erhabenen, buntemaillirten Blumen trägt z. B. jenen in den deutschen Hand- büchern noch immer Böttger zugeschriebenen Stempel mit dem springenden Pferd (oder Fuchs?) und dem Namen Ary de Milde’s, eines der vielen holländischen Töpfer, welche ungefähr gleichzeitig, vielleicht gar früher als Böttger, rothes Steinzeug herstellten. Auch dem niederrheinischen Steinzeug konnten wieder zwei vortreffliche Stücke hinzugefügt werden, der S. 16 abgebildete blau- graue Schnabelkrug, eine Raerener oder Nassauer Arbeit vom Ende des 16. Jahrhunderts und eine feine Siegburger Schnelle mit der Jahrzahl 1573 und grossen Wappen, dem deutschen Reichsadler, im Ankäufe: Böttger- Steinzeug. Rheinisches Steinzeug. Ankäufe: Rheinisches Steinzeug. NXX Museum für Kunst und Gewerbe. Herzschild das Familien-Wappen Maximilian II. (Oesterreich und Castilien vereint), sowie den vereinigten Wappen von Berg, Cleve, Jülich, Ravensberg und Mark. Im Jahre 1742 ist diese Schnelle mit einem reichen Beschlag aus vergoldetem Kupfer versehen worden, auf Kanne von grauem Steinzeug, theilweis blau glasirt. Niederrhein. Ende des 16. Jahrhdts. Höhe 283 cm. welchem das Wappen der gräflich Krickaw’schen Familie aus Schlesien, die Jahrzahl 1630 mit J. K. und 1742 mit M. J.K., sowie der Name seines Verfertigers, des bürgerlichen Gürtlermeisters Johann Zechetner eingravirt ist. Museum für Kunst und Gewerbe. XXXI Von den Erwerbungen für die Abtheilung der Gläser ist eine chinesische Flasche hervorzuheben, eine Arbeit aus der Zeit des Kaisers Kien-lung (18. Jahrhundert), welche auf gelblich weissem Grunde einen mit dem Rade aus einer Schicht blassrothen Ueber- fangglases geschnittenen Drachen über Wellen und Fledermäuse in Wolken zeigt. — Ferner ein Trinkglas in Römerform, welches das Monogramm G. S. des berühmten Glasschneiders Georg Schwan- hardt (1601—1667) und die Jahrzahl 1660 trägt. Der Fuss ist mit vergoldeter Metallfassung versehen. Die Gravierung zeigt eine Ver- bindung von Radarbeit mit -Diamantritzung. Mit dem Rade sind die schön geschwungenen Ornamente des Fusses und unten am Kelche hergestellt. Dieser zeigt eine Alpenlandschaft:. mit hohen Bergen, Jägern und Gemsen in zartester Aufführung, sowie eine am Ufer eines durch Schiffe belebten Gewässers belegene Stadt mit Waldung und Buschwerk, wobei die Staffage mit dem Diamanten gravirt, die übrige Darstellung mit dem Rade geschnitten ist. Die vertieften Gebirge wirken, als ob sie erhaben auf dem Glase lägen, was in.einer früheren Beschreibung dieses interessanten Stückes (E. v. Czihak, Schlesische Gläser, wo unser Römer, Tafel V, abgebildet ist), zu der irrigen Annahme geführt hat, sie seien durch Abschleifen des Grundes hervorgebracht. Ein drittes Glas vertritt die in Schlesien zu Anfang des 18. Jahr- hunderts vielgeübte feine Technik der Pauschmal- oder Gold- Zwischengläser, bei welchen eine dünne, durch Auskratzen mit Zeichnungen versehene Goldschicht durch ein über das bemalte Glas geschobenes und wie dieses kantig geschliffenes Schutzglas vor der Abnutzung gesichert wird. Dargestellt ist eine Gesellschaft ver- schiedener Alterstufen bei häuslicher Musik, wozu die Moral durch die Inschrift „Was die Alten sungen, Pfiffen auch die Jungen“ gegeben wird. — Ein viertes, ein kleines Kelchglas ist mit einer noch nicht gedeuteten historischen Allegorie — einer unter einem Baldachin auf einem von Löwen gezogenen Siegeswagen sitzenden Frau, welcher ein Adler voranfliest, — in jener nach Joh. Schaper’s Arbeiten dieser Art benannten feinen Schwarzmalerei verziert. Mehrere fein geschliffene und gravierte Gläser sind schlesische Arbeiten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Damals entwickelte sich die Glasschneiderei im Hirschberger Thal zu bedeutender Blüthe. Eine grosse Anzahl von Kräften widmete sich in Warmbrunn und den benachbarten Orten dieser Kunst. Viele schöne, bisher als böhmische Arbeiten angesprochene Glasschnitt-Arbeiten sind heute als solche schlesischer Werkstätten nachgewiesen, deren Stärke die feine Gravierung mittelst des Rades war. Ankäufe: Gläser. Ankäufe: Bronze, Kirchen- geräthe. Empire- Leuchter. XXXI Museum für Kunst und Gewerbe. Der älteste der angekauften ° Metall- oeoenstände und zu- gleich eines der älte- sten Stücke unserer Sammlungen über- haupt ist der hier ab- gebildete Sperber, eine alt-ägyptische Bronze aus guter Zeit. Wie die alten Aegypter Naturformen meister- lich zu stilisiren ver- standen, zeigt dieser schlichte, des über- flüssigen Details ent- behrende, aber lebens- voll _ charakterisirte kleine Raubvogel. Besonders zu beachten sind auch ; zwei mittelalter- liche Kirchengeräthe. Das eine ist eine grosse Monstranz aus Sperber, alt-ägyptische Bronze, Höhe 23 cm. vergoldetem Kupfer. Sie ist in den reichsten Formen der spätgothischen Baukunst durchgeführt; sogar der Knauf des Ständers ist kapellenartig gestaltet. Ursprünglich war diese süddeutsche Arbeit eine Reliquien- monstranz; sie ist aber im 18. Jahrhundert zu einer Hostienmonstranz umgeändert worden, indem an Stelle des hohlen Cylinders von Berg- kristall eine flache, verglaste Büchse mit Strahlenkranz eingefügt wurde. Das zweite Kirchengeräth ist ein messingenes Salbölbüchschen der Spätgothik. Drei walzenförmige Behälter sind auf gemeinsamem Ständer verbunden; sie dienten, wie Inschriften besagen, für die drei heiligen Oele, das Heilöl, oleum catechumenorum, das Krankenöl, oleum in- firmorum, und das Salböl, chrisma. Ferner ein Paar, prächtiger Leuchter aus dem Anfang unseres Jahrhunderts. Sie vertreten den für die Zeit des ersten Napoleon bezeichnenden und nach ihm „Empire-Stil“ benannten Geschmack, welcher jedoch keineswegs gleich nach dem Sturze des Kaiserreiches verfiel, sondern dasselbe um mehrere Jahrzehnte überdauerte und noch zu Anfang der Regierungszeit Louis Philippe’s in Uebung war. Die sieben vergoldeten Arme unserer Leuchter entwachsen ‘einem ampel- Museum für Kunst und Gewerbe, förmigen Fuss, welchen eine geflügelte Frauengestalt mit empor- gehobenen Händen über ihrem Haupte hält. Fast schwebend, nur mit den Fussspitzen steht diese, einer antiken Siegesgöttin nachgebildete und in dunkelolivgrünem Bronzeton gehaltene Gestalt auf einer goldenen, von Wolken umgebenen und von geflügelten Engelsköpfen umflatterten Kugel, welche auf einer vergoldeten vierseitigen, vorn mit Attributen Apollos und der Liebe geschmückten Basis ruht, Unter den Metall-Geräthen ist der hier abgebildete Schlüssel aus vergoldetem Gelbguss ein gutes Beispiel jener an den deutschen Höfen des 18. Jahrhunderts als Abzeichen der Kammerherrenwürde üblich gewesenen Schlüssel. Wappen und Initialen deuten auf einen der berühmtesten Kirchenfürsten des 18. Jahrhunderts, Franz Ludwig von Erthal, Fürstbischof von Würz- burg und Bamberg (1779—1795). Für den Guss des Schlüssels wurde offenbar ein älteres Modell benutzt. Zum Ankauf einer hervor- ragenden Silberarbeit gab die Ver- steigerung der Sammlung desStock- holmer Juweliers Christzan Hammer in Köln Gelegenheit. In vorzüg- licher Ausführung ist die dort erworbene Kaffee-Kanne mit Ro- coco-Voluten verziert, zwischen welche sich Blumen und beblätterte Zweige drängen. Allerlei beziehungs- volles Beiwerk ist dazwischen an- gebracht; Kelch, Bibel, Leuchter, Schreibgeräth und das durch strah- lende Wolken schauende Auge (Gottes erscheinen als Sinnbilder ' der theologischen Wissenschaft; ein Merkurstab, ein versiegelter Brief, ein Füllhorn und ein wohl- gefüllter Geldbeutel beziehen sich auf den Handelstand. Kleine Bildchen deuten auf Jagdliebhaberei und Kammerherrnschlüssel aus vergoldetem Gelbguss, 18. Jahrhundert. Länge 16!/, cm, C XXXIIN Ankäufe: Leuchter. Schlüssel. Silberarbeiten. Ankäufe: Silberarbeiten Schmiedeeisen- arbeiten, RX XIV Museum für Kunst und Gewerbe. Bienenzucht. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Anspielungen, welche sich aus den Persönlichkeiten der unbekannten Besteller und Besitzer erklären würden. Auf den Zweck der Kanne weist ein Häufchen Kaffeebohnen auf dem Knauf des Deckels. Die vier Stempel des prächtigen Gefässes bieten 1. die 3 Kronen des schwedischen Wappens als Staatskontrollzeichen, 2. das aus einem G mit angelehn- tem B gebildete Beschauzeichen der Stadt Gothenburg, 3. das Meisterzeichen J. C. J und 4. den Jahresbuchstaben Q@, welcher dem Jahr 1774 entspricht. Endlich wurden auch einige treffliche Schmiede-Arbeiten süddeutscher Herkunft angekauft. Ein Oberlichtgitter mit einem grossen, aus Eisen getriebenen Doppeladler, früher an einem Hause der Frauenstrasse zu Ulm; ein Wandarm, welcher zum Aufhängen Schmiedeiserner Fensterkorb, Bayern, Ende des 17. Jahrhunderts. Breite im 16cm. Tiefe Om 50 cm. eines Weihwasserkessels in einem Kloster bei Donauwörth gedient haben soll; der oben abgebildete Fensterkorb vom Ende des 17. Jahr- hunderts, in welchem sich grosse Renaissance-bBlumen mit dem jüngeren Blattwerk. wirkungsvoll verbinden. Museum für Kunst und Gewerbe. XXXV Der Besuch der Sammlungen im "Jahre 1892. EST en RE een N N ER 3 031 ee Be N el 3534 A U NIE. 3 804 ee ER EN 20 364 a 24 869 ee ee SE TER VIE SREER 5173 Dane N EN ee SA ed 3 654 SR a a a a sn EHRE. 3 009 September a. TR 358 Weioberuer un I. Er 42936 Nav inbeme tale: u LT UN 2186 Decemilenf ur, Bo Seen 16 422 zusammen ..... 85 640 Personen, von welchen 31 059 auf die Sonntage kamen. Der starke Besuch im April erklärt sich durch die Oster-Ausstellung der Lehrlingsarbeiten, ebenso im Mai durch die Ausstellung von Erinnerungen an den grossen Brand. Im September blieb das Museum der Cholera wegen für das grosse Publikum geschlossen. Im December fand eine vom Kunst- gewerbeverein veranstaltete Ausstellung von Erzeugnissen des ham- burgischen Kunstgewerbes statt, welche mit einer Verloosung verbunden wurde, um den durch: die Epidemie in ihrem Gewerbe beeinträchtigten Kunsthandwerkern einigen Ersatz zu bieten. Die Bibliothek. Der Besuch des Lesezimmers im Jahre 1892 ergiebt sich aus der folgenden Uebersicht: ERIe AR DA 1 EEE RE Ne 2388 rn N 5 288 BESTELLEN ee Heer I 187 Pl a ee A REN 172 A ae A 194 2 ae ee ee re Een 134 EEE ee ARD 123 STETS FIrDeRe 30 LE Bo TER SR 111 Me N, a 171 ee N. ER 157 gegen 2 075 im Jahre 1891. KV Museum für Kunst und Gewerbe. Diese 2104 Personen benutzten 1608 Bände, deren Vertheilung über die verschiedenen Fächer sich aus der folgenden Uebersicht ergiebt: ISuleurgeschichte 2.2... 122 u en 46 Kumstgeschichte., -.. :.- .... -...... NT 178 Dadlunst ee Ar N ee 84 Bildhauerkunst .2....00...:... 0. ee 13 Alalerer und .Deeoration .... ... 2... 202 ne 455 Kunstgewerbe im Allgemeinen ............ 142 Bostinnweschichte 22... %......:2 ae. ke 21 Gewebe nnd Stickerei... 2... .20.2200 29 Möbel- und Holzschnitzerei .......... Br! Metallarbeiten — Eisen, Bronze, Edelmetalle 43 ANeussere Buchausstattung. .... . nase 15 Glasmaleren. 2.2.2... >22 120 ee 4 leraldıe®t.....0 2.2.2. 22.222 2 ee Schrift und Monogramme .\... „ u ee. 5l Z00locie und Anatomie... .. an 17 Pflanzen, naturalistische und stilisirte........ 152 Niustrierte Werke aller Art.....-..... 2»... 54 Nerkesrüber Japan ...2...2. 2 Me 36 Japanische Bilderbücher... 2.2.02... 11 Derschiedsnes .: u... 2.2.2 00h ee 54 zusammen...... 1608 Bände gegen 1511 Bände im Jahre 1891. Die Sammlung der Gelegenheits- blätter wurde in 72 Fällen benutzt. Die Benutzung der im Lesezimmer aufliegenden Zeitschriften sowie der Vorbilder-Sammlung steht jedem Besucher des Lesezimmers ohne Ausfüllung eines Verlangzettels frei; daher bleibt die Zahl der benutzten Bände hinter derjenigen der Besucher zurück. Im Lesezimmer gezeichnet wurden: 8 Stickereien, 3 Gewebe, 38 Fayencen und Porzellane, 1 Holzschnitzerei, 2 Bronzearbeiten, zusammen 52 Gegenstände. Ueber diejenigen Gegenstände, welche ohne Entfernung von ihrem Aufstellungsort in der Sammlung gezeichnet werden, findet keine Kontrolle statt. Ausgeliehen wurden im Jahre 1892 408 Bände gegen 356 im Jahre 1891. Ihrem Inhalte nach vertheilen sich dieselben folgender- massen: Kulargeselichte 20a es a RT 47 Kunstgeschichte paper ee a 68 Museum für Kunst und Gewerbe. XXXVI Nortrag! :. 115 Baukunst. 2... 2% EN NIEREN 2, ; 13 Baahamerkanet 2 AAN INER 7 Mealerer und Deeoraion de. 2.12... 7.7. 25 Kunstgewerbe im Allgemeinen ............. 56 Bosuumeeschichie mern ee ee 7 Gewebe und Stickereien. 1.2. uns 2er! 13 Möbel und Holzschnitzereien............... 37 Kerle ern: ee RR ET 6 Den en a N REN Ü Lederarbeiten und Bucheimbände ........... 3 Uhrstmerte Werken. ıneccv. 2... SER: it Schziit und Monogramme. :.. . 2.2.2... 2:2.% 10 Pflanzen, naturalistische und stilisirte..... ... 11 SEHE LES N ER On VE VL SE air 2 3 29 Werkerüber Japan 2... Nat Er 15 dapanısehe Bilderbücher: ... ....7%......7:.2 17 Merseliellenes. ran a 17 zusammen...... 408 Bände Ausserdem 358 Blätter der Vorbilder- Sammlung, 44 Photo- graphien, 7 Zeichnungen, 16 Ornamentstiche und 24 Blätter aus der Hamburgensien-Sammlung, zusammen 449 Einzelblätter gegen 602 im Vorjahre. Entleiher dieser Bücher und Blätter waren 115 verschiedene Personen, welche sich ihren Berufen nach folgendermassen vertheilten : ’ oO Zeichner für das Kunstgewerbe............. 7 Archttekteies 2 2.2%2%: NER a RE WB Dilhamere Er a ee 4 Maler und. Malerınnem. .: 2......2..25... 220% 7 Beearansusmalen se a onen af 14 TE re EN EUER 13 a NEN ENTE 4 EEE SEINEN 8 Möbelfabrikanten und Tapeziere ........... 10 Ledertechniker und Buchbinder ...........- 7 Lithographen und Buchdrucker ...........: 3 FRE HOLBEINDEN .... 2 ee sera. c Hhniaeiinee 4 Verschiedene Berufe ........ Be a 26 zusammen......115 Personen RKXVIH Museum für Kunst und Gewerbe. Ferner wurden zur Benutzung ausserhalb der Anstalt entliehen 152 Gegenstände der Sammlung, welche sich folgendermassen ver- theilten: Stickereien 27, Gewebe 11, Keramische Arbeiten 38, Gläser 3, Möbel und Holzschnitzereien 15, Arbeiten aus unedlen Metallen 31, Edelmetallarbeiten 12, Bucheinbände und Lederarbeiten 7, Japanische Körbe 8. Nicht inbegriffen hierin sind die für den Zeichenunterricht in den gewerblichen Lehranstalten entliehenen Gegenstände. Die Allgemeine Gewerbeschule entlieh: 1 Stickerei, 3 Gewebe, 12 keramische Arbeiten, 8 Möbel und Holzschnitzereien, 14 Eisenarbeiten, 11 Arbeiten aus Bronze, Zinn u. dgl., zusammen 49 Gegenstände. Die Gewerbeschule für Mädchen entlieh: 11 Stickereien, 12 Gewebe, 9 Stücke Porzellan, $S Fayencen und andere Thonarbeiten, >) 1 Holzschnitzerei, 12 Metallarbeiten, 3 japanische Körbe, zusammen 55 Gegenstände. Die Sammlung von Gelegenheitsblättern und die Sammlung: ikonographischer Hamburgensien. Das verflossene Jahr hat diesen mit der Bibliothek verbundenen Sammlungen reichen Zuwachs gebracht, welchen wir nahezu ausnahmslos den Geschenken der Freunde unserer Anstalt verdanken. Anregung zu diesen Gaben boten die wechselnden Ausstellungen, in welchen die Blätter dieser Sammlungen gruppenweise zur Schau gestellt wurden. Eine dieser Ausstellungen enthielt nur Plakate, vorzugsweise Werke der Franzosen Cheret und Grasset, welche verstanden haben, für derartige Blätter einen neuen Stil, den wahren „Plakatstil“ zu treffen, wie er durch den augenfälligen, vorübergehenden Zweck dieser Art von Kunstwerken angezeigt erscheint. Bald mit grosser, markiger Zeichnung, mit festen Umrissen, wie eine alte Glasmalerei, bald mit flott hingestrichenen Pinselzügen, wie bei einer Augenblicks- eingebung gehen sie ihrem Gegenstand zu Leibe, sicher, so die Augen aller Welt zu packen und zu fesseln. Etwas von der Weiträumigkeit und dem glanzvollen rauschenden Leben der Boulevards weht aus diesen Plakaten den Beschauer an. Cheret hat überdies für seine Plakate eine eigene Technik erfunden, bei welcher er sich keiner schwarzen Strichplatte bedient, nur drei oder vier lithographische ‚Museum für Kunst und Gewerbe. REIIE Farbenplatten übereinander druckt, auf welchen die Zeichnung durch das Spritzverfahren hervorgebracht ist. Zum Vergleich wurden die besten deutschen Plakate der letzten Jahre daneben ausgestellt, Werke E. Doeplers des Jüngeren, C. Brümmers, Arth. Fitgers, von Rud. Seitz und: Anderen. Eine zweite Ausstellung war einer hamburgischen Specialität, den Weihnachtswünschen gewidmet, für welche viele hamburgische Künstler Einfassungen und Kopfleistungen entworfen und gestochen, später auch auf den Stein gezeichnet haben, im 18. Jahrhundert der Schreibmeister ©. D. Westphalen, der ältere und der jüngere Pingeling, zu Anfang des 19. Jahrhunderts Hagemann, Stöttrup, dann Erwin und Otto Speckter. Eine dritte Ausstellung bot Wandkalender und Neujahrs- wünsche vom 17. Jahrhundert bis auf unsere Tage, sowie japanische, zu Neujahrswünschen bestimmte Farbendrucke, sog. Surimono. Eine vierte enthielt sämmtliche für die Stiftungsfeste und Aus- flüge des hamburgischen Kunstgewerbe-Vereins seit seiner Stiftung vor 5 Jahren gedruckte Gelegenheitsblätter. Eine fünfte hamburgische Vordrucke für Urkunden und Diplome von dem ältesten Blatt dieser Art, dem von der hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe ausgegebenen Diplom, dessen Ein- fassung von (©. M. Möller, dem Mitarbeiter Sonnins bei der Aus- schmückung der Grossen St. Michaeliskirche und emem der Haupt- meister unter den hamburgischen Ofenmalern der Rococozeit, entworfen ist, bis zu den mannigfachen Urkunden-Vordrucken unserer Tage: Arbeiten von Ed. Ritter, Rud. Koch, Hermann Schmidt, Mihlmeister & Johler, Wilhelm Weimar und Anderen. Eine sechste ausschliesslich Drucke der bedeutenden Buch- und Kunstdruckerei von Dr. M. Huttler Konrad Fischer) in München. Die inhaltreichste und bedeutendste Ausstellung war der Erinnerung an den Grossen Brand unserer Stadt im Mai des Jahres 1842 gewidmet und wurde am 5. Mai, an welchem Tage vor 50 Jahren jener Brand ausgebrochen war, eröffnet. Da die eigene Hamburgensien-Sammlung des Museums noch nicht ausreichte, alle zur Veranschaulichung des Zustandes unserer Stadt in den Jahren vor dem Brande und während desselben sowie der Hauptphasen des Neu- baues nothwendigen Blätter vorzuführen, hatten das Archiv, die Kunst- halle, der Künstler-Verein, sowie unsere bedeutendsten Hamburgensien- Sammler zur Vervollständigung der Ausstellung freundlich beigetragen. In dem ersten der drei für diese eingeräumten Säle waren alte Bilder und Pläne ausgestellt, welche das Gesammtbild der Stadt in dem XL Museum für Kunst nnd Gewerbe. halben Jahrhundert vor dem Brande veranschaulichten, darunter drei grosse Suhr’sche Prospeete. Der zweite Saal war ausschliesslich den Ereignissen des grossen Brandes, in drei Abtheilungen, je für einen der drei Tage, an welchen die Feuersbrunst wüthete, sowie den Ruinenbildern, der Hülfeleistung und den Dankes - Urkunden unserer Stadt an die Fürsten und Städte gewidmet. Den Ansichten vom Brande der Kirchen, des Rathhauses und anderer öffentlichen Gebäude waren Bilder beigegeben, welche diese Gebäude in ihrem unversehrten Zustande darstellten. Der dritte Saal endlich war den Plänen für den Wiederaufbau, den bedeutendsten Neubauten, insbesondere der Kirchen und den mit deren Grundsteinlegung, Kranzweihe und Einweihung verbundenen Festlichkeiten gewidmet. Der Besuch der Ausstellung war ein ausserordentlich zahlreicher, besonders von Seiten der höheren Lehranstalten und vieler Volksschulen, für deren Schüler der Direktor mehrere. Wochen hindurch täglich erläuternde Vorträge zu den aus- gestellten Karten und Bildern hielt. Die Sammlungs-Inventare. Dank der Mitarbeiterschaft des Herrn Dr. Deneken konnte ein schon seit Jahren vorbereiteter, theilweis schon ausgeführter Plan für die Vervollständigung der Inventare unserer kunstgewerblichen Samm- Jungen wieder aufgenommen und wesentlich gefördert werden. Den Inventaren liegt das Zuwachsverzeichniss zu Grunde, in welches alle aus budgetmässigen Mitteln angekauften Gegenstände, sowie von sonstigen Erwerbungen die dauernder Bewahrung würdig erachteten Stücke eingetragen werden. Die Beschreibung jedes einzelnen Gegenstandes soll nicht nur gestatten, denselben auch ohne seine Nummer sicher zu identificiren, sondern in knapper Form unser Wissen von seiner örtlichen und zeitlichen Herkunft, seiner Technik und etwa nachweisbaren persönlichen oder geschichtlichen Beziehungen erschöpfen. In manchen Fällen erfordert daher die Eintragung besondere Vor- studien und Vergleiche, z. B. wenn es dabei die Feststellung von Marken und Stempeln, die Bestimmung von Wappen, die Uebersetzung von Inschriften einer fremden Sprache gilt, nicht selten auch, wenn es sich um orientalische oder ostasiatische Sprachen handelt, die Beihülfe von Fachgelehrten. Soweit sich bei wichtigen Stücken ohne sonderlichen Aufenthalt ein bedeutsamer Vorbesitz, die Zugehörigkeit zu einer bekannten Sammlung, die Erwähnung oder Abbildung in einem gedruckten Werke nachweisen lässt, werden diese Hinweise der Beschreibung sofort hinzugefügt. Ebenso regelmässig die Art der Erwerbung, der Preis Museum für Kunst und Gewerbe. XIF bezw. der Geldwerth. Die Eintragung beginnt jedes Jahr mit der Nummer Eins; bei der Auszeichnung am Gegenstande selbst wird der Nummer die Jahreszahl, unter welcher die Eintragung erfolgt ist, vor- gesetzt. Zusammengehörige Gegenstände, z. B. die einzelnen Gefässe eines Service, die einzelnen Geräthe eines Besteckes erhalten nur eine Nummer und werden durch dieser beigefügte Buchstaben unterschieden. Letzteres Verfahren erklärt die Thatsache, dass unser Museum hin- sichtlich der Stückzahl hinter mancher viel unbedeutenderen Anstalt zurückbleibt, welche jedem einzelnen Stück eine besondere Nummer giebt. Von den Eintragungen in das Zuwachs-Verzeichniss werden zwei Abschriften auf lose Zettel genommen. Die eine dieser Abschriften, geordnet nach Jahrgängen und Nummern, wird im feuersicheren Schrank im Amtszimmer verwahrt, die andere Abschrift, geordnet nach den Standörtern der Gegenstände in den Sammlungsräumen, dient der weiteren Ausarbeitung des Inventars. Auf den Zetteln dieser zweiten Abschrift werden alle nachträglichen Ermittelungen über die Herkunft und Bedeutung der Gegenstände, Angaben über wissenschaftliche Besprechungen oder veröffentlichte Abbildungen nachgetragen. Diese zweite Zettelabschrift soll, wenn dem Museum die Hülfskräfte zur Bewältigung dieser umfangreichen und stets weiterzuführenden Arbeit zur Verfügung stehen, so weitergeführt werden, dass sie einen voll- ständigen, dem Stande unseres jeweiligen Wissens entsprechenden Fach- katalog der Sammlungen ergiebt, welcher, wenn sich in späteren Jahren das Bedürfniss einer Veröffentlichung desselben herausstellen sollte, dem Drucke zu Grunde gelegt werden könnte ohne andere Bearbeitung, als die Ausmerzung etwaiger Wiederholungen. Vervollständigt wird dieser Fachkatalog durch die Bilder-Zettel, mit welchen der Zeichner des Museums, Herr Wiihelm Wermar, schon weit vorgeschritten war, als die Aufnahmen für unseren illustrierten Führer seine Zeit in Anspruch nahmen. Jede, in verkleimertem, aber für verwandte Gegenstände gleichem Massstabe gezeichnete oder gemalte Abbildung trägt die Inventar-Nummer des Gegenstandes und wird dem Inventar-Zettel der- selben Nummer beigelegt. In klemen Mappen nach Sammlungsräumen und Schränken, somit bei der Art unserer Aufstellung zugleich sachlich, theils nach technischen, theils nach kulturgeschichtlichen Gruppen geordnet, wird unser Inventar für alle an unsere Sammlungen an- knüpfenden Arbeiten ein leicht zugängliches Hülfsmittel darbieten. Um die Vollständigkeit der überarbeiteten und in Gebrauch befindlichen Zettel zu sichern, sollen die Nachtragungen auf denselben von Zeit zu Zeit auf die im feuersicheren Schrank verwahrten Zettel übertragen werden. Bei besonders wichtigen Nachträgen erfolgt auch ein kurzer d XLH Museum für Kunst und Gewerbe. Vermerk in dem gebundenen Zuwachsverzeichniss. Sind wir auch noch weit entfernt davon, unseren Plan nach allen Richtungen hin durch- geführt zu haben, so bringt uns doch jedes Jahr dem Ziele näher, indem jetzt schon stets die erste Eintragung so vorgenommen wird, dass das spätere Ueberarbeiten in der Regel nicht mehr erforderlich ist. Die Vorträge. Wie im vorigen Winter so hielt auch im Winterhalbjahr 1892/93 der Director zwei Reihen von Vorträgen, deren eine Sonntags von 11—12 stattfand und für einen engeren Kreis ausübender Künstler und Kunsthandwerker berechnet war, während die zweite Reihe der Vorträge, welche Montags von 212—3"2 gehalten wurde, sich an einen weiteren Kreis kunstliebender Zuhörer wandte. Die erstgenannten Vorträge verfolgten den Zweck, die Zuhörer in die Sammlungen der Ornamentstiche, der Gelegenheits- blätter und der Hamburgensien einzuführen. In vier Vorträgen wurde, anknüpfend an den Ursprung des Kupferstichs, die Entwickelung der als Vorlage für das Kunsthandwerk anfänglich meist als Einzel- blätter, später in Folgen veröffentlichten Ornamentstiche in Italien, Frankreich und Deutschland dargelegt unter steter Vorführung der Originalstiche oder — soweit solche noch nicht in der Sammlung ver- treten — von guten Reproduetionen nach den Werken der hervor- ragendsten Ornamentisten. Bei der Auswahl und Besprechung der Gelegenheitsblätter handelte es sich neben der Würdigung der künst- lerischen Ausführung und dem historischen Verfolg ihrer Entstehung namentlich um die Hervorhebung von Blättern, die durch sinnvolle Illustration eines Zeitereignisses belehrend waren. Auch die in drei Vorträgen behandelte Hamburgensien- Sammlung konnte nur in be- schränkter Auswahl vorgeführt werden. Nach einer orientierenden Uebersicht über Anlage und Inhalt dieser Sammlung wurde haupt- sächlich bei denjenigen blättern verweilt, welche nach Inhalt und Aus- führung für das heutige hamburgische Kunstgewerbe bedeutsam erschienen. Die Geschichte der metallotechnischen Künste war das Thema der Montagsvorträge. Dieselben behandelten die Gold- schmiedekunst mit ihren Hülfstechniken, dem Email, dem Niello, dem sog. „Email brun“ und der Tauschierarbeit, ferner den Erzguss m seinen verschiedenen Verfahren und endlich die Schmiedearbeiten. Die zur Erläuterung der Techniken aus den Sammlungen des Museums vorgezeigten Metallarbeiten boten dabei Gelegenheit, auf die Geschichte der Geräthformen, der Schmuckgegenstände u. s. w. einzugehen. Chemisches Staats-Laboratorium. RLIM 5. Chemisches Staats-Laboratorium. Bericht des Direktors Professor Dr. F. Wibel. Ueber die allgemeine Verwaltung des Institutes ist zu berichten, dass der Unterzeichnete am 1. Juli des Berichtsjahres bei dem Vor- sitzenden der Ersten Section der Oberschulbehörde sein Gesuch um Entlassung aus seinem Amte zum 1. Januar 1893 eingereicht hat. Mit Ausbruch der Cholera erklärte derselbe sich auf Wunsch der Ober- schulbehörde bereit, das Amt bis 1. April 1893 fortzuführen. Die auch in dem Berichtsjahre fortgesetzten Bemühungen zur Förderung des Neubaues gaben zu verschiedenen Gutachten Veranlassung, so namentlich über die Verwendbarkeit der m Vorschlag gebrachten Plätze und speciell der Räume der Zollvereins-Niederlage. Für letztere konnte nur unter Voraussetzung sehr durchgreifender und kostspieliger Umbauten die Möglichkeit einer Verwendung anerkannt werden. Die dem Institut zur Verfügung stehenden Geldmittel werden hauptsächlich von den laufenden Betriebsausgaben beansprucht, so dass oO ) für eigentliche neue Erwerbungen nur geringe Beträge verfügbar bleiben. Die in 1892 verausgabten Summen für neue Apparate und Geräthschaften vertheilen sich auf folgende Gruppen: 1. Zu allgemein-chemischen Arbeiten ...... AM 115.— 2. für die chemische Analyse im Allgememen „ 55.— 3. für allgemeine und specielle Gas-Analyse „ 76.— 4. für die Untersuchung von Nahrungsmitteln undaZellsachen: Haas. Mu 114750 See a A RN RE Eee „18. 4 408.50 An Geschenken, für welche hiemit der verbindlichste Dank des Institutes ausgesprochen wird, gingen ein: 1. für die Bibliothek: Jahrbuch der Wissenschaftlichen Anstalten Jahrg. IX. von der 8. T. Ersten Section der Oberschulbehörde; Mittheilungen aus der Stadt- bibliothek VIII 1892 von der Direetion derselben; American Chemical d* Allgemeine Verwaltung. Bauliches. Neu- anschaffungen. Geschenke, Thätigkeit im Allgemeinen. XIV Chemisches Staats-Laboratorium, Journal XIII von der Direction des Naturhistorischen Museums; Ham- burgs Handel und Schifffahrt in 1891 von dem Handelsstatistischen jureau; Aus dem Archiv der deutschen Seewarte XIV (1892) von deren Director, Herrn Geheimrath Prof. Dr. Neumayer ; diverse Broschüren und Monographien von den Herren Director Dr. €. Bottler, Director Boysen, Dr. ©. Enoch und Dr. Chr. Hundt. 2. für die Sammlungen: eine Probe des erhärteten Schlammes aus den Ablagerungsbassins der Färberei von J. ©. Karstadt, durch Herrn Dr. M. Richter. Die Gesammtthätigkeit der Anstalt, wie sie durch das Ausgangs- Journal veranschaulicht wird, wobei also eine Reihe von Nebenaufgaben (Amtliche Nahrungsmittel-Controlle u. s. w.) nicht berücksichtigt ıst, zeigte laut umstehender Uebersicht eine Zunahme von 125 Nummern gegen das Vorjahr. oO ine ganz besondere Reihe von Aufgaben trat mit dem Aus- bruche der Cholera an das Institut heran. Abgesehen von vielen kleineren Untersuchungen sind die folgenden hervorzuheben: 1) Die zweckmässige Herstellung der ofticiellen Desinfeetions-Mischungen durch Laien und eine darauf gegründete, auch im Druck verbreitete Anleitung; 2) die Verwendbarkeit chemischer Agentien zur Desinfeetion des von der Stadtwasserkunst gelieferten Wassers und des Röhrennetzes unserer ? Leitung; 3) die Einwirkungen von Aetzkalk-Lösungen auf Bleiröhren und deren eventuelle Gesundheitsschädlichkeit; 4) die Absorption von Aetzkalk aus Lösungen durch Kohlenfilter; 5) die Trinkbarmachung des aus den Damptfkesseln des Central - Schlachthofes gelieferten gekochten Wassers; 6) fortgesetzte Untersuchungen über den Chlor- gehalt des Elbwassers u. s. w. Chemisches Staats-Laboratorium. Uebersicht XLV über die Seitens des Chemischen Staats-Laboratoriums in 1892 ausgeführten Untersuchungen, abgestatteten Gutachten, U. III. IV. vr VI v1. VII. ber} au © Berichte etc. Allgemeine Verwaltung: Motivirte Eingaben, Berichte u. Ss. w. ..........rr..fe. 0... Untersuehungen und Gutachten für Gerichte: Mord, Körperverletzung, Sittenverbrechen, verdächtige Todesursachen (Gifte, Flecken u. 8. w.) ..-......- Brandstiftung, Explosionen u. Ss. w................. Medieinalpfuscherei, Nahrungsmittelverfälschung, Be- trug, Schriftvergleichung, Sachbeschädigung, u. s. w. Verhandlungen vor den Gerichten .......-..-e.--nne fern. Verhandlungen vor dem Untersuchungsgerichte und damit verbundene Untersuchungen, Ausgrabungen, Sectionen und Gorrespondenz u. 8. W......ereeeeefer ee Untersuchungen, Gutachten und Berichte für Medieinal- bureau, Polizei- und andere Behörden: Verdächtige Todesursache, fragliche Vergiftung u. s. w. Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände.........- Fabriken und gewerbliche Anlagen ...............- Allgemeine sanitäre Untersuchungen .......-......- Diverse andere Untersuchungen und Gutachten...... Untersuchungen, Gutachten u. s. w. in Zoll-Sachen .. 6 189 | Besichtigungen von Fabriken, gewerblichen Anlagen Gonferenzen und Commissionen mit anderen Behörden Untersuchungen aus eigener Initiative ...-...--rereeefe ee. Zusammen. 140 gegen 567 Nummern in 1891. XLVI Chemisches Staats-Laboratorium. 1. Untersuchungen und Gutachten für Gerichte. Journal. Zusammen- No. 32. setzung eines vermeintlich gesundheits- schädlichen Pulvers. Vergehen gegen das Margarine- Gesetz. ran Ozalin, ein Des- infeetionsmittel. 45. Gehalt der „Krater- schlangen“ und „Cholera- männchen“ an Quecksilber. ” Mit Talg ver- r 58 fälschte „garantirt reine“ Cacaobutter. Corrosion von Kleidungs- stücken durch Schwefelsäure. soil: Blutflecken. =. 202, (Uebersicht unter II.) ‘all B. Körperverletzung. Das in dieser Sache zur Unter- suchung überwiesene Pulver erwies sich als eine Mischung von 50 % Weizenmehl und 50” alten resp. erschöpften Moschus. Die ärztlicher Seits vermuthete Gegenwart von Phosphor wurde durch die chemische Prüfung ausgeschlossen. ‘all W. Für die betreffende als „Margarine“ verkaufte Waare wurde die Meissl-Zahl 11,0 gefunden. Es lag also der relativ seltene Fall vor, dass von dem Beklagten eine thatsächliche Mischbutter als „Margarine“ verkauft wurde, was gesetzlich ebenso verboten ist. Fall M. & Co. Vermeintlicher Betrug. über die richtige Beschaffenheit dieses Desinfeetionsmittels Entstandene Zweifel erwiesen als Haupt-Bestandtheile desselben die Sulfate und Carbonate des Kalks, Magnesia und Eisens neben Aetzkalk und Magnesia, und widerlegten damit den entstandenen Verdacht. und 50. Fälle H. und G. Erneute, auf die Frage der Gesundheitsschädlichkeit dieser „Spielwaaren“ gegründete Anklagen machten die betr. Analysen nothwendig. 1 Stück enthielten die „Kraterschlangen“ im Mittel 0,2 grm., die „Choleramännchen“ theils 0,094, theils 0,156 grm. Queck- silber, wovon sich beim Abbrennen etwas mehr als die Hälfte Für je verflüchtiste. Fall M. Die als erwies eimen Gehalt von annähernd 40 Yo Talg, so dass der „garantirt rein“ angepriesene Cacaobutter Betrug erwiesen war. Fall F. geb. B. sich zeigenden Corrosionen waren durch Schwefelsäure hervor- Körperverletzung. Die an einer Nachtjacke gerufen, deren Stärke sich auf Grund der Vergleichsprüfungen auf ca. 41—45 ° Baume feststellen liess. 219, 236, 356, 364. Anklagen Bei einer Reihe von Fällen, denen die auf Mord, Todschlag und Kindesmord zu Grunde lag, liessensich in den vorhandenen Flecken Spuren von Blut nicht nachweisen oder die Flecken auf andere Substanzen (Eisenrost, Farbe) zurückführen. In einem Falle dagegen war an den betr. Asservaten (Scheere, Holzspan) das Vorhandensein von Blut nach allen Reactionen sicher festzustellen und auch die relativ frische Entstehung der Flecken auszusprechen. Journal. Nr. 211. Fall W. Auf Grund auswärtiger Anzeige wurden die von Verdächtige ” ” 250. 331. Chemisches Staats-Laboratorium. XLVUI > 6% de 2 1: | . Schmalzproben. einem hiesigen Kaufmann gelieferten Schmalzsorten einer "P Untersuchung bedürftige. Das „Pure Lard“ erwies sich dabei oO oO ” als rein, das „Refined Lard“ dagegen als mit Cottonöl versetzt. Fall G. c/a B. Der entstandene Zweifel, ob die gelieferte Waare Gehalt von Reisfuttermehl . * an Protein und besässe, bildete den Gegenstand des Streites, der dadurch Fett und dessen Veränderung durch längere Chemiker s. Z. den betrefienden Gehalt auf 28,3 % angegeben Lagerung. den garantirten Gehalt von 27° Protein und Fett wirklich ein noch erhöhtes Interesse gewann, als ein hiesiger Handels- hatte und als sich daran die weitere Frage kmüpfte, ob und in welchem Umfange sich jener Gehalt im Laufe der Zeit etwa geändert hat. Die diesseits ausgeführten Analysen ergaben als Extreme der untersuchten Proben an Protein 4 rl 11,17—11,44 °; an, Betlue:. za 6: 10,75—11,31 „ 75’. Die von mehreren auswärtigen Chemikern vor etwa 3 Monaten zusammen 21,92—22, in denselben Proben gefundenen Gesammtmengen waren 23,0— 23,9 %o. Wie nach diesem Befunde der erhobene Zweifel als berechtigt sich offenbarte und die Angabe des hiesigen Handels-Chemikers mit denselben unvereinbar sich erwies, so kann andererseits allerdings auch eme geringe Abnahme des Gesammtgehaltes an Protein und Fett mit der Zeit nicht wohl verkannt werden, welche sich in diesem Falle auf ca. 1% für 3 Monate berechnet. Fall F. Die von dem Beschuldigten unter der Etikette Brauselimonade „Grand vin de Champagne. Fleur de Sillery. A. Montieny "" Ben e a Avize“ und „Charlier & Co. Reims Carte d’or“ verkauften Sorten Champagner erwiesen sich bei der Untersuchung als eigentliche, mit etwas Alkohol (5,9— 6,7 °o) und in einem Falle auch mit etwas Wein versetzte, Brauselimonade, welches Ergebniss durch das Eingeständniss des Betreffenden seine Bestätigung fand. Fall B. c/a K. In diesem interessanten. Falle handelte es Ursache des sich um die Frage, wodurch von den nach Lima versandten Teekwerdens R verzinnter Eisen- 40 Gefässen (Drums) aus verzinntem Eisenblech mit reinem Drums mit Salmiakgeist (0,890 oder 28° B.) etwa 24 leck geworden A sein können. Die bisher vernommenen Sachverständigen 230 B, auf der hatten theils äussere Zufälligkeiten, theils eine übermässige Reise nach Lima. Füllung der Drums neben einer nicht hinreichenden Wider- standskraft als Ursachen angenommen, indem, sei es durch XLVII Chemisches Staats-Laboratorium. die Ausdehnung der Flüssigkeit selbst, sei es durch die Tension der Ammoniak-Dämpfe eine Sprengung der Drums herbeigeführt worden wäre. Wenn auch kemes der Original- oefässe zur Prüfung und Untersuchung vorlag, so konnte doch ein genau nachgefertigtes Stück der diesseitigen Be- eutachtung unterzogen und gleichzeitig der Nachweis erbracht werden, dass die damaligen Gefässe einer Druckprobe von 3 Atmosphären genügt hatten. Die Nachmessung des Raum- inhaltes des Gefässes zeigte sofort, dass an eine Zersprengung durch Ausdehnung der eingefüllten 25 Kıl. Salmiakgeist auch bei einer Temperatursteigerung bis zu 50° GC. nicht zu denken sei. Ebenso ergaben die besonderen Bestimmungen der Tension der Ammoniak-Flüssigkeit genannter Concentration bis zu 57° C. nur einen Druck von 2,54 Atm., so dass a auch hierin nicht die Ursache eefunden werden kann. Da- eeeen wich der Verschluss der verwendeten Drums von dem üblichen (eingelöthete Fisenhülse mit konischem Schrauben- eewinde und konischem Schraubenstöpsel) sehr erheblich ab; er bestand aus einer eingelötheten Messinghülse mit äusserem Schraubengewinde, aufgelegten und mit Mennig-Glycerin-Kitt eedichteten Bleiplatte und übergeschraubter Zink-Kappe. Es stellte sich nun bei den weiteren Untersuchungen heraus, dass sowohl Messing als Zink stark von Salmiakgeist (28° B.) angegriffen werden, sobald gleichzeitig Luft zu- gegen ist, was ja in den absichtlich nicht ganz gefüllten Drums der Fall war. Besonders kräftig tritt diese Corrosion dann ein, wenn gleichzeitig Zimk. und Messing in metallischer Berührung sich befinden, wie im vorliegenden Falle eleich- falls geschehen war. So verlor z. B. eine mit einer Messing- platte in Berührung stehende Zinkplatte, die in einem Ge- fässe mit Ammoniak (28° B.) und Luft sich befand und täglich eimige Male geschüttelt wurde, in 14 Tagen nicht weniger als So ihres Gewichtes. Darnach musste entgegen den bisherigen Beeutachtern die Ursache des Leckwerdens in dem unzweckmässigen Verschlusse der Drums erkannt werden. Da wo Bleiplatte und Kitt die Berührung der Messinghülse und Zinkkappe mit der durch die Schiffs- bewegung umhergeschleuderten Ammoniak-Flüssigkeit nicht absolut hinderten, war eme allmählich fortschreitende Cor- rosion unvermeidlich, welche, sobald einmal eine geringe Undichtigkeit ein Austreten der Ammoniak - Flüssigkeit Chemisches Staats-Laboratorium. XLUIX Journal. gestattete, nun von Aussen noch viel stärker sich geltend machen musste. Wo dagegen jener Verschluss mit Bleiplatte und Kitt ein besonders sorgfältiger gewesen war, trat jene Corrosion gar nicht oder in nicht bemerkbarer Weise ein. - Damit erklärt sich auch die Thatsache, dass nicht sämmtliche 40 Drums, sondern nur ein Theil derselben zerfressen und mehr oder minder leer in Lima ankam. No. 348. Fall Sch. - Bei dem Beschuldigten war ein falsches 1 .4-Stück Münzverbrechen, gefunden und sollte durch diesseitige chemische Prüfung festgestellt werden, ob 30 Stück anderweitig eingelieferte Falsifikate mit jenem identisch wären. Der Untersuchung zufolge gehörten die sämmtlichen Asservate ihren Haupt- und charakteristischen Bestandtheilen nach drei Gruppen an: l. Zmn, Antimon, und zwar 77,2—87,0 °% Zinn neben 10,55 — 19,81 Yo Antimon; 2. Zinn, Antimon und 5,0 Y Kupfer; 3. Zinn, Antimon und ca. 5 % Zink nebst Cadmium. Die erste Gruppe enthielt das bei Sch. beschlagnahmte und 27 andere Falsıfikate, so dass für diese die chemische Gleichartigkeit und damit die Möglichkeit einer Herstellung durch Sch. erwiesen war. 365. Fall R. Der unter auffälligen Erscheinungen erfolgte Tod Keating’s 2 = N E R Cough-Lozenges ae 1% ve kun ya ; : BR 5 des R. liess die Untersuchung der von ihm benutzten Keating's ode Ba ” Cough Lozenges nöthig erscheinen und zwar wurde speciell _ pastillen. nach Opium, Lactucarium, Morphium gefragt. Zufolge der Analyse sind im den Pastillen Zucker, Lakritzen, Salmiak und ca. 0,002 erm. Morphium hydrochlorat. pr. Stück enthalten. Kaffein ist nicht vorhanden; ob Lactucarium zugegen, blieb zweifelhaft, da die als Lactucon anzusprechende, bei der Analyse gewonnene Substanz nicht hinreichend Controll- } reactionen gewährt. 382, 518, 530. 584. Fälle Schw., G., Ue., B. In einer Reihe Spermatozoen. dieser Fälle konnten die Spermatozoen m den Flecken der Asservate mit Sicherheit nachgewiesen werden. 385. Fall K. In dieser Sache handelte es sich um die Lieferung Mit Talk ver- von Cremor tartarı (Weinstein), der nach diesseitiger Analyse EL ERT mit 27—25 % Talk versetzt und zum Preise von # 1,65 pr. kg verkauft war. Die Behauptung, ein solcher Zusatz sei in Handelskreisen Usance, musste ebenso bezweifelt werden, wie andererseits zuzugestehen war, dass man diese Waare nicht als „Nahrungs- oder Genussmittel“ betrachten könne, weileseventuell und in geringem Umfange beim Backen Verwendung findet. Färbung von Wurst mit Carmin und Safran. Schriftprüfung eines Üassen- buches. Unbegründeter Verdacht einer Weinfälschung. Vermeintliche fahrlässige Tödtung durch arsenhaltige Medicamente. L Journal. No. ” 511. HAA. 594, Öhemisches Staats-Laboratorium. FallM. Auf auswärtige Requisition wurde in dieser während der letzten Jahre mehrfach vorgelegten Frage über die künstliche Färbung von Wurst mit Carmin u. s. w. die Unter- suchung einer grösseren Zahl von Asservaten und eine um- fassende Begutachtung gefordert. Die Thatsache der Färbung stand ausser Zweifel, und wurde auch der früher vertretene Standpunkt der Ungehörigkeit dieser Behandlung aufs Neue entwickelt und begründet. Die Entscheidung des Gerichtes erfolgte in entgegengesetztem Sinne und erklärte eine solche “ärbung mit unschädlichen Stoffen für zulässig. Fall Bl. In dieser auf Meineid lautenden Sache kam die ausgedehnte Prüfung der sämmtlichen Einträge in ein Uassen- buch in Betracht, zumal mit Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfange eine datenweise oder fortlaufende Ein- tragung stattgefunden habe und welcher zeitliche Unterschied sich für die verschiedenen Einträge feststellen lasse. Es konnten dem Gerichte auf Grund der angestellten zahlreichen Prüfungen folgende sichere Anhaltspunkte für die Entscheidung gegeben werden. Die Dinte ist durchweg dieselbe, nämlich eine eisenarme Blauholzdinte. Die Gesammtheit der Ein- tragungen zerfällt in zwei Theile, deren jeder für sich nicht datenweise, sondern fortlaufend, und deren letzter nicht unerheblich später als der erste eingeschrieben worden ist. Daneben treten auch in einer Columne einzelne datenweise Eintragungen auf, die aber hinsichtlich ihrer Zeit nicht den in ihnen angegebenen Daten entsprechen, sondern theils in die Zwischenzeit der beiden erwähnten Theile, theils vielleicht noch nach der Einschrift des letzten Theiles erfolgt sind. Fall St. Zwei Proben Wein, welche auf Grund der Unter- suchung eines auswärtigen Untersuchungsamtes als verdächtig und den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufend erklärt worden waren, mussten auf Grund der diesseitigen Analysen als ganz unverdächtig beurtheilt werden. Fall P. Die von P. verabreichten arsenhaltigen Medicamente sollten dem Verdachte zufolge den Tod der Frau M. dadurch verursacht haben, dass sie an sich nach Vorschrift oder durch irrthümliche Dosirung in der Apotheke zu grosse Mengen Arsenik enthielten. Die Analyse stellte fest, dass in dem einen Pulver Arsenik überhaupt nicht, sondern als wirksamer Bestandtheil 0,0025 erm. Chlorbarium, in den beiden anderen Chemisches Staats-Laboratorium, LI Journal. neben Milchzucker je 0,0025 grm. arsenige Säure vorhanden waren. Da nun Frau M. nur zwei dieser Pulver, im Ganzen also nur 0,005 grm. arsenige Säure bekommen hat, was der erlaubten Maximal-Einzelgabe entspricht, so musste der erhobene Verdacht als unbegründet zurückgewiesen werden. No. 631. FallA. In der von A. verkauften, nach seiner Angabe durch Wassergehalt „Zusammenpacken“ (Vermischen) von amerikanischer und Rem hiesiger Meiereibutter hergestellten Butter sind 28° Wasser nachgewiesen. Dieser Gehalt wurde als ein unzulässig hoher bezeichnet und der A. dafür verantwortlich erklärt, zumal die betr. Meiereibutter nur 10 % Wasser enthielt, somit also die amerikanische, von welcher Restproben nicht mehr zur Untersuchung vorlagen, einen ganz abnormen Wassergehalt gehabt haben müsste. „ 634. Fall Schm. e/a Dr. S. Der Vorwurf gegen den auswärtigen Ungenügende Analyse eines auswärtigen hergestellten Präparates, des „Sternbindemittels“, veröffentlicht Chemikers. Chemiker Dr. S., eine ungenügende Analyse eines durch Schm. und dadurch die Fabrik geschädigt zu haben, hatte eine Beleidigungsklage zur Folge, in welcher auf auswärtige Requi- sition ein diesseitiges Gutachten über die Berechtigung jenes Vorwurfes erfordert wurde. Auf Grund der Analyse des ge- nannten Präparates und der sich daran anknüpfenden weiteren Untersuchungen im Vergleiche mit den Angaben des Dr. S. musste diesseits die Berechtigung des Vorwurfes voll anerkannt werden. 2. Untersuchungen und Gutachten für andere Behörden und Verwaltungen. (Uebersicht unter V.) Die Requisitionen ergingen von: Oberschulbehörde, Mediemal- bureau, Polizeibehörde, Baupolizei, Verwaltung des Feuerlöschwesens, Deputation für Handel und Schifffahrt, Bau-Deputation, Finanz- Deputation, Berathungsbehörde für das Zollwesen, Zollverwaltung, Direction der Hamburgischen Münzstätte. Journal. No. 5, 37, 38, 56, 57, 104 u.s. w. Bei der in diesem Jahre fort- Wassergehalt gesetzten Vigilirung auf den Wassergehalt der Butter hat een S sich bei den diesseitigen wiederholten Untersuchungen die früher ausgesprochene Ansicht bestätigt, dass im hiesigen Gesammt- Schwefel und Kohlensäure im hies. Leuchtgase. Zinkgehalt getrockneter amerikanischer Aepftel. Verdächtige Fruchtsäfte. Weine oder Spirituosen? Beurtheilung von Trink wässern. LII Journal. No. 25, 40, br] 47, „62, S6, Chemisches Staats-Laboratorium. “ Detailhandel vielfach Butter mit unzulässig hohem Wasser- gehalt vorkommt. Ungefähr die Hälfte der untersuchten Proben bewegte sich zwischen 7— 21%, der Rest zeigte zwischen 25—35 °/o, in einem offenbar aber ganz ausser- gewöhnlichen Falle sogar 60—65 %o Wasser. Unzweifelhaft ist diese Erscheinung m vielen Fällen darauf zurückzuführen, dass der Kleinhändler selbst Mischungen verschiedener Butter- sorten unter Anwendung von warmem Wasser ausführt und dann ein genügendes Auskneten der Mischung, sei es bewusster, sei es fahrlässiger Weise, unterlässt. 26, 70, 71 u. s. w. Monatlich ausgeführte Bestimmungen des Gehaltes unseres hiesigen Leuchtgases an Gesammt- Schwefel und an Kohlensäure. 41, 88, 92, 109, 111, 120, 161. Die in gegebener Veran- lassung ausgeführten zahlreichen Untersuchungen getrockneter amerikanischer Aepfel sowohl in Scheiben als in ganzer Erhaltung mit ausgestossenen Kernen (Hohläpfel) erwiesen einen Gehalt an Zinkoxyd, der sich in den weiten Grenzen von 0,0065—0,0918 grm. auf 100 grm. der Origmalsubstanz beweste. 131. Eine grössere Anzahl von Fruchtsäften ergab bei der Prüfung, dass mehrere derselben, namentlich Erdbeer- und Johannisbeersaft, gar keime natürlichen Farbstoffe enthielten, sondern lediglich mit Orseille gefärbt und mit Fruchtäthern aromatisirt, also reine Kunstproducte sind. Die anderen, wie namentlich Himbeer- und Kirschsaft, zeigten zwar die natürlichen Farbstoffe, aber doch zugleich eine starke Auf- färbung mit Orseille neben theilweise künstlicher Aromatisirung. 6: Schankberechtigung zu umgehen, haben den Verkauf ver- ‚ 113, 618, 619. Die Versuche, die Bestimmungen der schiedener Getränke unter der Flagge Wein, besonders als „Gold- oder Silber-Sherry“, zur Folge gehabt, die sich bei der Untersuchung schon durch ihren hohen Alkoholgehalt (33 33—50 Vol. %) als verkappte Spirituosen offenbarten. 169, 259, 409 u. s. w. Unter den zahlreichen Analysen und Begutachtungen über die Verwendbarkeit von Wasser zu Genusszwecken ist hier nur eine erwähnenswerth. Dieselbe betrifft das auf einem Schiffe bei seiner Rückreise von Autofagasta verwendete Trinkwasser, welchem ein Einfluss Journal. £2 122, 145 Chemisches Staats-Laboratorium. LIII auf die an Bord vorgekommenen Skorbuterkrankungen zu- geschrieben wurde. Dasselbe enthielt auf 100 000 Thle. Gesammtrückstand . . .... 406,6 Thle. Salpetersaures Natron ..... IB, Chlschamrımmmr ie. ur 98,8: neben wenig Kalk und Schwefelsäure, aber ziemlich viel -Magnesia und koklensauren Salzen. Verschiedene Gesichtspunkte haben den hiesigen technischen Behörden Veranlassung gegeben, die Widerstandsfähigkeit von Uement (Beton) und künstlichen Cementgüssen (Treppen u. dgl.) gegen Hitze einer Prüfung zu unterwerfen. Direkte Versuche mit besonders hergestellten Betonplatten (ca. 1 Gew.-Theil Cement auf 3—5 Gew.-Theile groben Kies) zeigten, dass dieselben bei emer Hitze, wie sie für ein grösseres Feuer vor- ausgesetzt werden kann, vollständig brüchig und zerbrechlich werden, ohne Spuren eimer Sinterung oder Schmelzung zu zeigen. Die diesseitige Betheiligung bei diesen Prüfungen hatte nun den Hauptzweck, die Ursache dieser Veränderung chemisch festzustellen. Das Ergebniss der Untersuchungen lautet kurz dahin, dass die Veränderung jener Betonplatten durch das Brennen auf einer völligen Zersetzung der Masse des Cementes beruht, insofern als das in den Platten abge- bundene Hydrosilikat gewissermassen wieder in seinen ursprüng- lichen Zustand zurückgeführt wird. Auch ergab sich, dass in der Verwendung des groben Kieses eine mitwirkende Ursache nicht vorliegt, da auch Platten aus reinem Cement und mittelgrobem Sand im der Mischung 1:3 sich ganz ? gleich verhielten. 123, 655. Bei einer vorliegenden Butterprobe ergab sich ein Zusatz von ca. 4—5 ° Kartoffelstärke. Eine andere, deren Meissl’-Zahl = 24 den gegründeten Verdacht auf Margarın- Zusatz erweckte, musste in dieser Hinsicht unbeanstandet bleiben, da sie einen hohen Grad von Rancidität (11,6 Kött- storfer), weisse Farbe, käseartigen Geruch und talgartige Consistenz zeigte; sie war dagegen zumal mit Rücksicht auf den Preis als „verdorben“ zu behandeln. 367, 388. Die verschiedenen zur Prüfung übersandten Proben Wurst waren theils frei von künstlichen Farbenzusätzen, theils mit Garmin (Cochenillefarbstoff) gefärbt. So bedauerlich diese künstliche Färbung im allgemeinen Interesse ist, weil Widerstands- fähigkeit von Cementgüssen gegen Hitze. Verschiedene Butter- fälschungen bezw. Verdacht auf dieselben. Künstliche Färbung von Wurst. LIV Journal. Welchen Wasser- No, gehalt darf Mar- garine besitzen ? 3eschaffenheit der Grund wässer auf dem Central- Friedhof zu Ohlsdorf. 1a. 154, Chemisches Staats-Laboratorium. sie die Verwendung minderwerthigen und schlechten Fleisch- materiales zu verdecken geeignet ist, so lässt sich doch nicht verkennen, dass sie in immer grösserem, auch durch die Concurrenz gesteigertem Umfange zunimmt und also mehr und mehr zu einer gewerblichen Usance wird, der gegenüber man darauf zu verzichten haben wird, solche Waare zu beanstanden. Eine Probe Margarine, welche übrigens schon deshalb gegen das betreffende Gesetz vom 12. Juli 1887 verstiess, weil sie etwa doppelt so viel Butterfett enthielt, als dieses Gesetz im Maximum erlaubt, offenbarte einen Wassergehalt von 20,5 %o. Es wurde deshalb ein diesseitiges Gutachten erfordert, ob dieser Gehalt die erlaubte Grenze überschritte. Da eine Verarbeitung von Margarın mit Milch oder Rahm innerhalb bestimmter Mengenverhältnisse gestattet ist und dann die Margarine darstellt, so ist, weil Milch wie Rahm grosse Mengen Wasser enthalten, ein gesteigerter Wassergehalt der Margarine gegenüber dem verwendeten Margarın selbstver- ständlich zu erwarten. Es wird eben nur von dem Umfang des nachherigen Ausknetens abhängen, wie viel von dem Wasser darin bleibt. Hierüber lässt sich eme theore- tische Grenzzahl gar nicht geben, und wie sich bei der Butter selbst nur auf erfahrungsmässigem Wege em einigermassen zutreffender Anhaltspunkt hat gewinnen lassen, so wird man auch für die Margarine warten müssen, wie hoch sich bei ordnungsmässiger und nicht von gewinnsüchtigen Motiven beherrschter Herstellung derselben deren Wassergehalt ergiebt. Da diesseits Erfahrungen darüber nicht bekannt sind, so musste auch der Gehalt von 20,5 %» in der vorliegenden Probe als ein solcher bezeichnet werden, der zunächst wenigstens eine Beanstandung nicht rechtfertigt. 506. Die fortgesetzte Untersuchung der Grundwässer des Central-Friedhofes zu Ohlsdorf hat für die Winter-Periode 1891/92 wie für die Sommer-Periode 1892 überemstimmend das Resultat ergeben, «dass eine merkliche Verunreinigung derselben durch die fortschreitende Belegung nicht zu be- merken ist. Da die letztuntersuchten Proben grade noch kurz vor dem Ausbruche der Cholera entnommen wurden, so werden die nächstfolgenden Untersuchungen eventuell er- kennen lassen, ob und in welchem Umfange die so massen- Journal. 258. Chemisches Staats-Laboratorium. ILV haft wie plötzlich gesteigerte Belegung des Friedhofes sich in einer grösseren Verunremigung jener Gewässer kundgiebt. Das vielbenutzte Conservirungsmittel „The real australian Das Conser- virungsmittel „The real lösung von Saurem Schwefligsaurem Kalk mit unwesentlichen australian meat preserve.“ meat preserve“ von H. Reich in Magdeburg ist eine Auf- Beimengungen von Schwefelsaurem Kalk, etwas Magnesia und Eisenoxyd. Aus 100 CC. der Flüssigkeit wurden im Ganzen 9,81 grm. Schweflige Säure entwickelt. Mit der Anwendung dieses Mittels in der Praxis wird man immerhin vorsichtig sen müssen, da Zorster vor Kurzem über einen dadurch bewirkten Vergiftungsfall berichtet hat. Bei vielen der hiesigen Dampfspritzen, denen aus einem Vor- Ueber die Ursache der Corrosion der falle schneller in Thätigkeit treten zu können, hat sich eine Siederöhren bei den Dampf- spritzen. wärmer angewärmtes Wasser zugeführt wird, um im Bedürfniss- eigenartige, von Innen heraus erfolgende und namentlich an der unteren Innenfläche hervortretende Corrosion gezeigt. Die emgehende Besichtigung der Einrichtungen sowie die chemische Prüfung der Speisewässer und der Incrustationen hat diesseits zu der Ansicht geführt, dass jene Erscheinung vermuthlich auf zwei Ursachen zurückzuführen sein dürfte. Einmal nimmt das Wasser in dem eisernen Vorwärmer, wo es nur auf 75—85° GC. erwärmt wird, vielleicht zu viel Luft auf und bewirkt schon hier die thatsächlich beobachtete Bildung von Rostflocken, die sich dann in den Siederöhren ablagern und nun unter Mitwirkung der noch vorhandenen Luft eine fortschreitende Oxydation der Röhrenwandungen herbeiführen. Andererseits findet die Ueberleitung des Wassers aus dem Vorwärmer in die Siederöhren mittelst Schläuchen aus vulkani- sirtem Kautschuk statt und es ist daher ein Mitreissen des in letzterem enthaltenen Schwefels und dessen Ablagerung in jenen keineswegs ausgeschlossen, so dass dadurch eine Corro- sion wohl begreitlich werden könnte. Die auf Grund dieser Vermuthungen empfohlenen Maassregeln (Vorwärmen unter möglichstem Ausschluss von Luft und Benutzung anderer Zuleitungsschläuche) werden ja, wenn durchgeführt, ergeben, ob mit der diesseitigen Ansicht das Richtige getroffen wurde. Gegenüber dem Verbote, in gewissen Speicherräumen Petroleum- Unerlaubter Gebrauch einer Kugellaterne mit auf den Gedanken gekommen, die controllirenden Beamten einer Mischung von Rüböl und Petroleum. lampen zur Verwendung zu bringen, war ein findiger Kopf dadurch zu täuschen, dass er in der betr. Kugellaterne LVI Journal. Das „Erhaltungs- No pulver“ von i Dr.H,Oppermann. Die Ursachen der auf Benzin- und Petroleum- Motor-Barkassen entstandenen Brände, I60. 34l. Chemisches Staats-Laboratorium. thatsächlich fettes Oel. (Rüböl) nachwies. Nur der auffällige Geruch nach Petroleum erweckte Verdacht und veranlasste die nähere diesseitige Prüfung. Dabei erwies sich zunächst die Construction der Laterne selbst als ganz unbrauchbar für Speisung mit fetten Oelen; sie war nur für Petroleum verwendbar. Dagegen zeigten die Versuche, dass bei An- wendung emer Mischung von 1 Theil Rüböl mit 3 Theilen Petro- leum und bei zuvoriger Tränkung des Dochtes mit Petroleum die Laterne vollständig gut (mehr als 2 Stunden) functionirt, indem dann ledielich das Petroleum aufgesogen wird und verbrennt, während das fette Oel zurückbleibt. So erklären sich die auch in der betr. Lampe noch vorhandenen 75 GC. fetten Oeles. Dass die Feuersgefährlichkeit einer derartigen Laterne für die in Betracht kommenden Verhältnisse so gut wie gleich- bedeutend mit einer reinen Petroleumlampe ist, kann nicht bezweifelt werden. Das „Erhaltungspulver“ von Dr. ZZ. Oppermann, em eben- falls viel verwendetes Conservirungsmittel, hat der diesseitigen Analyse zufolge nachstehende Zusammensetzung: Feuchtigkeit bis 120° ..... Le 270 Chlornaterum 22 39.2, Salpetersaures Natrium... ...2,8 ,, freie Borsäure . ee HE 101,0 % Daneben noch geringfügige und unwesentliche Verunremigungen an Schwefelsäure, Kalk u. s. w. Wiederholte, auf den neuerdings sich immer mehr einbürgern- den Benzin- und Petroleum-Motor-Barkassen vorgekommene Brände, von «denen einige recht bedenklich sich gestalteten, haben die diesseitige Prüfung der Einrichtung und der etwaigen Ursachen veranlasst. Es konnte constatirt werden, dass eine Explosion der eigentlichen Maschine, speciell des Dampf- entwicklers, niemals eingetreten ist. Dagegen liess sich eine Reihe von erheblichen Mängeln und Uebelständen an der Gesammtemrichtung nachweisen, mit welcher eme Leckage, sei es überhaupt, sei es unter besonderen Umständen, ver- knüpft sein musste. Da sich diese zum Theil unter oder über der Bodenverschaalung des Schiffes ansammelt, so können dann ganz germgfügige Vorfälle (Revision und Wieder- anzünden der Heizflammen, Wegwerfen eines brennenden Journal. No. ” ” Aal. Chemisches Staats-Laboratorium. LVII Streichholzes u. dgl.) ein Feuer veranlassen, das sich über das ganze Schiff erstreckt. Die wünschenswerth erscheinenden Abänderungen sowie allgemeine Sicherheitsmassregeln wurden näher begründet und entwickelt. Die fortgesetzte Untersuchung der von der Irrenanstalt Friedrichsberg in die Wandse ablaufenden Rieselwässer zeigte eine mindergünstige Beschaffenheit derselben, so dass eine durchgreifende Besserung der Anlage empfohlen werden musste. Eine Reihe von Cementproben, die zur Aufführung öffent- licher Gebäude verwendet werden sollten, wurde der üblichen Normal-Prüfung unterworfen. Sie entsprachen derselben im Ganzen gut; nur konnte ihr relativ hoher Gehalt an Schwefelsaurem Kalk (2,57 — 3,69 ®) nicht unbeanstandet bleiben, da er geeignet ist, gewisse nachtheilige Erscheinungen (Treiben, Ausschwitzen) zu befördern. 515, 569. In wiederholten Untersuchungen handelte es sich um den analytischen Entscheid über die für die hiesigen Ausprägungen emgelieferten Nickel-Schrötlinge nach Maass- gabe der gesetzlich erlaubten Abweichungserenzen. 553, 557 u. s. w. In Folge der durch die Cholera hervor- gerufenen Beängstigung haben zahlreiche Hausstände vorge- zogen, ihr Brot selbst zu backen. Da dies nun gar keine so einfache Sache ist, so misslang der Versuch häufig und es wurde dann der Grund dafür nicht in der mangelnden Kenntniss und Uebung, sondern in der vermemtlich schlechten Beschaffenheit oder gar Verfälschung des Mehles, der Hefe u. s. w. gesucht und eine polizeiliche Anzeige erstattet. In allen entsprechenden Fällen drehte es sich natürlich besonders um schlecht aufgegangene oder schliffig gebliebene schwere und ungeniessbare Producte; in keinem derselben konnte aber nach den diesseitigen Prüfungen das Mehl oder die Hefe dafür verantwortlich gemacht werden. In einer Klagesache war behauptet worden, der Verkauf von Mischungen für bengalische Flammen falle nicht unter den Begriff des Verkaufs von Feuerwerk, als welches nur die fertig hergestellten. „Feuerwerkskörper“, also die mit den „Feuerwerkssätzen“ gefüllten Papier- oder Papphülsen anzu- sehen seien. Das diesseitig erforderte Gutachten konnte sich dieser Auffassung vom sachverständigen und praktischen Stand- punkte aus nicht anschliessen, da die Entzündlichkeit und e Rieselwässer der Irrenanstalt Friedrichsberg. Cement- Prüfungen, Nickel-Münz- plättehen für die hiesige Münzstätte. Ungesundes Brot. Der Begriff des Feuerwerkes im Sinne des Straf- gesetzbuches,. LVIJI Chemisches Staats-Laboratorium. Journal. eventuelle Explosivität auch den „Sätzen“ zukommt und da die Gefährlichkeit im Verkehr und Gebrauche in gewissem Sinne sogar noch erhöht wird, wenn man derartige Mischungen lose verkäuft und dem Käufer überlässt, sie in besondere Formen zu bringen. Auch erscheinen im Strafgesetzbuche keineswegs nur „Feuerwerkskörper“ ($ 567, 8), sondern auch einfach ‘ „Feuerwerk“ (8 367,5 und $ 368, 7). ern No. 498, 551, 610. Die Ausführung der neuen Alsterschleuse an der Alsterschleuse. Schleusenbrücke forderte eine Druckflüssigkeit, welche neben möglichst geringer und doch wieder nicht zu geringer Viscosität die Eigenschaften besässe, nicht zu verdunsten, nicht zu ge- frieren, keinerlei Oxydation der Metalle zu bewirken und dabei möglichst billig zu sein. Die diesseits erbetenen Gut- achten bezogen sich nun theils auf die Prüfung verschiedener in Vorschlag gebrachter oder auch schon verwendeter Flüssigkeits- semische, theils auf die Empfehlung anderer neuer. Nach Sachlage konnte, da die ersterwähnten sich nicht günstig be- urtheilen liessen oder auch nicht bewährt hatten, einstweilen nur der Vorschlag gemacht werden, «die Versuche mit reinstem, absolut Säure- und Salzfreiem Glycerin oder mit einer Mischung desselben mit reinem Spriet zu machen. Glacialn, ein 529. Das besonders von England hier eingeführte und speciell bei Conservirungs- © Milchleuten beliebte Conservirungsmittel Glacıalin erwies sich mittel. fe 2 0/ bei der diesseitigen Analyse lediglich als Borax mit ca. 2—3 % freier Borsäure, während in der Literatur seit vielen Jahren unter demselben Namen ein Präparat figurirt, das ausser jenen bBestandtheilen noch Zucker und Glycerin enthalten haben soll. Bei der sehr abweichenden Beurtheilung über die sanitäre Bedeutung der Borsäure und borsauren Salze schemt es immerhin sgerathen, in der Anwendung jenes Conservirungsmittels sehr vorsichtig zu sein. Quecksilber- 552 nitrat-Lösung als Versilbe- rungsflüssigkeit. geprellt, welche beim Auftragen auf Metallgesenstände die- selben mit einem Silberüberzuge versehen sollen. Den dies- ‚580. Im Hausirhandel unserer Stadt wird das Publicum in unglaublicher Weise mit sogen. Versilberungstlüssigkeiten seitigen Prüfungen gemäss drehte es sich in allen diesen Fällen nur um Auflösungen von salpetersaurem Quecksilber, die sich die Händler natürlich selbst bereiten. Die Concentration der Flüssigkeit schwankte zwischen 1,9 und 3,7 % Gehalt an Journal. No. 563. 596. Chemisches Staats-Laboratorium. KIX metallischem Quecksilber. Beider Giftigkeit der betr. Flüssigkeiten konnte ein polizeiliches Einschreiten nur befürwortet werden. Zur Begutachtung stand die Frage, ob das Leitungswasser Die Gesundheits- und die aus ihm hergestellten Selters- oder Sodawässer und Brauselimonade als „verdorbene und gesundheitsschädliche Nahrungsmittel“ anzusehen seien. Hervorgerufen war diese Frage durch die zur Zeit des Ausbruches der Cholera herr- schende Ansicht, dass das Elbwasser durch Cholerakeime infieirt sei, und durch die Thatsache, dass mehrere Fabri- kanten jener Genussmittel sich zu deren Herstellung des gewöhnlichen Leitungswassers bedient hatten. Musste an- erkannt werden, dass in den technischen Kreisen schon längst die Ueberzeugung sich geltend gemacht hat und von den besseren Fabriken auch zur Durchführung gebracht wird, jene Wässer nur aus absolut reinen Tiefquellen oder aus destillirtem Wasser zu bereiten, so war damit die positive Beantwortung der Frage dennoch nicht dargeboten. Vielmehr musste an der Hand der eingehenden Prüfung der bisher durch die bacteriologische Forschung festgestellten Thatsachen Jene Frage verneint werden, weil die Gegenwart der grossen Menge Kohlensäure in den unter hohem Druck damit imprägnirten Wässern speciell den Cholerabacillus in kurzer Zeit völlig abtödtet. Die bei einem öffentlichen Bau zur Verwendung gelangenden Farben nebst Leinöl wurden der diesseitigen Controllprüfung überwiesen. Während das letztere als tadelfrei sich ergab, bestanden die ersteren nicht aus reinem Bleiweiss, sondern ent- hielten daneben 9,0— 10,8% Kreide und 1,1— 2,8 % Kienruss. Der wegen seiner eventuellen Feuersgefährlichkeit verdäch- tigte Twist enthielt nur ca. 1% an fettigen Stoffen und selbst diese bestanden weit überwiegend aus nicht verseif- baren Oelen, offenbar Resten von Mineralschmierölen. Es konnte deshalb jegliche Gefahr in genannter Richtung als ausgeschlossen anerkannt werden. 640, 657, 665, 666. Eine grössere Zahl von Untersuchungen hier verkauften amerikanischen Schmalzes, die allerdings meist auf dieselbe Bezugsquelle zurückzuführen sein dürften, zeigte ganz überwiegend eine Verfälschung mit fetten Oelen und zwar höchst wahrscheinlich von Cottonöl an. Die Hübl’sche Jodzahl lag zwischen 70,0— 81,2, die Mau- mendsche Reaction (Erhitzen mit Schwefelsäure) gab Sr schädlichkeit der mit hiesigem Leitungswasser hergestellten Selters- oder Soda-Wässer etc, Controllirende Prüfung von Oelfarben. Fragliche Feuersgefähr- lichkeit eines Twistes, Amerikanisches Schmalz. LX Journal. Chemisches Staats-Laboratorium. 43 —48° C., mit Salpetersäure (1,37), Phosphormolybdänsäure (Welmans) und Silbernitrat (Deeehi) traten sämmtliche Färbungen (braun und grün) kräftig und charakteristisch ein. Eine Probe von entschieden anderer Herkunft zeigte eine Jodzahl = 64,4—61,8, bei der Maumene’schen Reac- tion eine Erhitzung auf 39,5° und bei allen übrigen Reac- tionen keinerlei, nur mit Salpetersäure eme schwach bräun- liche Färbung. Sie musste also unbeanstandet bleiben. Untersuchungen Die in Zollsachen ausgeführten Untersuchungen und abge- und Gutachten in Zollsachen. Journal. No. 28, 36: 96. 1:57. 249, 256. 213. 254. gebenen Gutachten bezogen sich auf folgende Gegenstände und Fragen: 43, 174, 186, 262, 369, 432, 480, 535, 558, 643. Brannt- wein-Denaturirungsmittel: Holzgeist, Pyridinbasen, Rosmarinöl. Taritirung von Schmierfetten. Tarıfirung von gebranntem resp. getrocknetem Roggen. Tarifirung von im Wasser eingeriebenem Gyps. Tarıtırung von Kleiebrot. Taritirung von Weizenkleie. Prüfung einer als „Bergtheer“ bezeichneten Waare. (Gutachten betr. 1) die Instruction über die zolltechnische Charakterisirung der Kerzenstoffe und der schmalzartigen Konsistenz der Fette, 2) Abänderungen des Amtl. Waaren- Verzeichnisses zu dem Artikel „Fette“ u. s. w. Taritirung einer Probe Benzin und die Nothwendigkeit einer Aenderung der im A. W. V. p. 274 Anm. b vorgeschriebenen Löslichkeitsprobe. Untersuchung und Begutachtung eines aus England einzu- führenden Desinfectionsmittels. Die amtliche Petroleum-Controlle im Jahre 1892. Die Ergebnisse der amtlichen Petroleum-Controlle in 1892 waren folgende: l. Getestet wurden ım Laboratorium 1885 S61 Proben in 1715 Bestimmungen 1886° ss 5936 i 1887 220 „ 4030 A 1888. 1971, 0 3866 . 18897 10236 O2 97 : 1890 ° a7 , „1408 R 18910 ser n 1892 509 966 Chemisches Staats-Laboratorium., 2. Aus Tanks waren entnommen 1889 111 Proben = 10,9 % 1590 132 SE 18:0, Pal aan, %e,.275 ; same". 2938, 3. Unter den Proben befanden sich Russisches 1885 10, mal; — "1,2. % 1886 Ber 1887 Bee. 1888 a 1889 Se WE 1590 87 4 88.5; 1891 ee 1892 Bee 4. Bei den Testungen beobachtungen: zeigte sich LXI Petroleum eine Differenz der Einzel- von !'»°C. 1885 bei 116 Proben = 13,5 '% 1886 „ 273 a —=.19,8, „ I U U ae a 1888: „UV Sa. ne 434 Em Do 5, Rau An 1831, 19 „ — 41, Ba a a ; von 1°C. und mehr 1885 — 1892 keinmal. 5. Von den 509 Proben . des Jahres 1592 hatten Reduc. Entflammungspunkt ODE DE a 8 A — 33,50 Inner oo. „3: ae 66 Due. as — RER EL: 2 N eo) 30°C. u. daruber. 57 = 509 13,0 95,1 15,0 12,6 29,5 11,2 = 100,0 Speecif. Gewicht Mena... er... 1 E10 Ge een... SE ... 3 Ben... NEN Un sense: BE press 0,5808 u. mehr..... Unbestimmt beist».2:@, 2 — 42,0%; 1= 1,4 „ Zee 1 94019)., —. a—y, _- oe —,„ Fr Koi W3r zu za 6 1,273 De, 10,405 509 = 100,0 % RX] Chemisches Staats-Laboratorium. 6. Mithin wurden mindertestige, d.h. unter 21 ° C. entflammbare Proben gefunden: i8e52 mals 1.028 71886 11 mal 70527 Bee vera. 1888 — A, 00 iss ae» 1890 = Sr sans a 09... ea re Die gemäss dem Gebühren-Tarif ($ 9) des neuen Petroleum- Regulativs dem Chemischen Staats-Laboratorium zufallenden und ihm von der Hauptstaatscasse gutzuschreibenden Gebühren betrugen in 1892 die Summe von # 1018. Die Controlle der Nahrungs- und Genussmittel sowie der Gebrauchsgegenstände :nach dem Gesetze vom 14. Mai 1879. Thätig waren auf diesem Gebiete die schon im vorigen Jahres- berichte genannten 7 Polizeibeamten. Jedoch muss bemerkt werden, dass mit dem Ausbruche der Cholera die Arbeitskraft dieser Beamten so vollständig von den plötzlich und neu herantretenden Aufgaben beansprucht wurde, dass ihre Thätigkeit für die Nahrungsmittel- Controlle fast ganz eingestellt werden musste. Nach den eingegangenen Berichten sind nachstehende Waaren untersucht worden: Anzahl der Proben davon beanstandet 1.“Butter (auf“Rremdfette) 1132 ...... mia tn: 137 =J0M 20 24 Marsarıne’ (auf Butter) "43 .u..... 2. 22 an.eekeme 3. Butter (auf Wasser) Vunsan. See ee eh 4. Milch DAI - 2. Re 72 — 30,988 5. Mehl Se Re keine 6. Brot Ban er ee B) 7. Kaffee URAN N ART; 1 S. Chocolade ne. ee keine 9, Amerikan. scheibenäpfeh 4 „urn: 0. san 1 10. Pfefter | ea ER Se keine 11. Fleisch RER TERE 1 12. Wasser RR Elan &.- 1 zUusaınmn enemlAzSee ee 223 Chemisches Staats-Laboratorium. TUN 3. Die Unterrichtsthätigkeit u. s. w. Im verflossenen Jahre arbeiteten im Laboratorium: Januar-Ostern Sommer ; nr 2 . bis ult. Dee. überhaupt 7 7 8 fe) Ihrem Berufe nach waren dieselben: Chemiker > wre 2: | Eohzeibeamie. 2. er... 7. 8 Die Gesammtzahl der bisherigen Practikanten und Zuhörer beträst 155. An Honorar, Gebühren u. s. w. wurden in 1892 vereinnahmt 4 367,30, abgesehen von den direct im die Hauptstaatscasse abge- führten Gebühren für die Petroleum-Prüfung. Die zur Ertheilung von Rath und Auskunft in chemischen Fragen bestimmten amtlichen Sprechstunden (10—12 Uhr) sind wie immer lebhaft benutzt worden. 4. Die Ausführung von Untersuchungen aus eigener Initiative. (Uebersicht unter VIII.) Dieselben betrafen ausser den bereits früher namhaft gemachten durch die Cholera veranlassten die folgenden Fragen, die theils in unmittel- barer Anlehnung an amtliche Untersuchungen, theils auf Anregung hiesiger Verwaltungen zur Behandlung kamen. l) Untersuchung verschiedener Mineralien. 2) Ueber eine vereinfachte Bestimmungsmethode des Wassers in der Butter. 3) Die Tension des Ammoniaks bezw. der wässrigen Lösungen starker Concentration bei verschiedener Temperatur. 4) Fettbestimmung verschiedener Filterpapiere. 5) Ueber den Werth der Desarsenirung des Schwefelwasserstofis durch Jod (nach Jacobsen) für forensische Untersuchungen. 6) Directe Controllbestimmungen der Meissl-Zahl für Buttermischungen im Vergleiche mit denen der Componenten. 7) Bestimmung des Alkaligehaltes verschiedener Arten gebrannten Kalkes. ) Untersuchung der Cocosnussbutter. 9) Vergleichende Aciditätsbestimmungen der Butter, der Cocosnuss- butter, des Schmalzes und des Leberthrans. LXIV Chemisches Staats-Laboratorium. 10) 11) Ueber die Entzündbarkeit und Explosivität Schellackhaltiger Feuer- werkssätze. Vergleichende Untersuchungen verschiedener Flüssigkeiten hinsicht- lich ihrer capillaren Steishöhe in Filterpapieren und ihrer Vis- cosität im Zngler’schen Apparat. Ueber die chemische Nachweisbarkeit emer Mischung von amerikanischem und russischem Petroleum. Das Verhalten verschiedener Petroleum-Arten bei niederen Tem- peraturen. Die Bestimmung des Caffeins nach dem alten Extractionsverfahren und nach der neuerdings vorgeschlagenen Fällungsmethode (Allen). Dr. F. Wibel. Physikalisches Staats-Laboratorium. EXV 6. Physikalisches Staats-Laboratorium. Bericht des Direktors Professor Dr. A. Voller. Die Thätigkeit des physikalischen Staats-Laboratoriums während des Jahres 1592 hat sich gemäss den dieser Anstalt gestellten Auf- gaben in gewohnter Weise vollzogen und weiter entwickelt. Während die rein wissenschaftliche Arbeit sich nicht auf einzelne Theile der Physik beschränken kann, war auf praktisch-wissenschaftlichem Gebiete die Thätigkeit des Direktors vorwiegend emerseits durch die Vorbereitung der Versorgung Hamburgs mit elektrischer Energie, anderseits durch die Organisation der Beobachtung der Hamburgischen Grundwasser- verhältnisse und die erstmalige Bearbeitung der bis zum Schlusse des Jahres 1892 gewonnenen Resultate in Anspruch genommen. Der Verkehr der Anstalt mit den wissenschaftlichen Vertretern der Physik in unserer Stadt war, wie gewöhnlich, ein lebhafter; ebenso wurden die täglichen Sprechstunden des Direktors viel benutzt. Auch die Benutzung unserer Bibliothek, welche naturgemäss wesentlich die neuere physikalische Literatur enthält, seitens der physikalischen Kreise war eine starke; insgesammt wurden in 112 Fällen Bücher ausgeliehen. Die wissenschaftliche Lehrthätigkeit des Direktors von Ostern 1892 bis Ostern 1593 umfasste folgende öffentliche Vorlesungen, die regel- mässig an den Freitag Abenden stattfanden: Im Sommer 1592: Grundzüge der neueren Elektrieitätslehre, II. Theil. Im Winter 1892/93: Ueber die Beziehungen zwischen Licht, Wärme und Elektrieität. Der erste Cursus wurde von 57 Hörern besucht; für den letzteren musste, wie gewöhnlich im Winter, die Kartenausgabe sehr bald ge- schlossen werden, da des beschränkten Raumes wegen nicht mehr als 80 Theilnehmer zugelassen werden können. — Der Hörsaal des Labora- torıums wurde ausserdem von den Herren Prof. Dr. Schubert und Ober- lehrer Dr. Hoppe zu ihren, im Auftrage der Oberschulbehörde gehältenen Vorlesungen benutzt. Die Anzahl der auf Grund der Bestimmungen der Gebühren- Ordnung vom 27. December 1887 für Private ausgeführten Prüfungs- arbeiten und sonstigen physikalisch-technischen Untersuchungen betrug während des letzten Jahres 69. Hierbei handelte es sich in 55 Fällen EXVI Physikalisches Staats-Laboratorium. um die Prüfung von zusammen 673 Thermometern, in 10 Fällen um elektrische Untersuchungen und in 4 Fällen um sonstige Arbeiten. Die für diese Arbeiten eingegangenen Gebühren betrugen 4 872,50. Aus den zur Vervollständigung des Instrumentenbestandes gemachten Anschaffungen können als die wichtigeren die folgenden hervorgehoben werden: Ein Kohlrausch’sches erdmagnetisches Intensitätsvariometer von Hartmann & Braun ın Bockenheim, verschiedene Dekadenwiderstände, ein Ohmmeter und Ablesefernrohre von Edelmann in München, ein Öompensationsapparat nach Construction der physikalisch-technischen Reichsanstalt von ©. Wolff in Berlin, verschiedene Demonstrationsapparate für die Drehstrom-Vorgänge, ein Zersetzungsapparat für elektrolytische Zwecke, em Weber’sches Photometer von Schmidt & Haensch in Berlin, em Assmann’sches Aspirationspsychrometer von R. Fuess in Berlin, em Siedepunkts- apparat für höhere Temperaturen, eine neuere Quecksilberluftpumpe von Geißler in Bonn u. s. w. Eine Anzahl älterer Apparate z. B. Spectralapparate, Photometer etc. wurden mehr oder weniger mit neueren Ergänzungen versehen. Insgesammt wurden für Neuanschaffung und Unterhaltung von Instrumenten # 6007,17, für die Vermehrung und Unterhaltung der Bibliothek .# 1491,70 ausgegeben. Ueber die gutachtliche und sonstige Thätigkeit des Laboratoriums für Hamburgische Behörden ist Folgendes zu erwähnen. Die sehr viel Zeit und Arbeit erfordernde Vorbereitung der Versorgung Hamburgs mit elektrischer Energie, bezw. die Beurtheilung der von verschiedenen Bewerbern eingegangenen . Projekte und deren Berathung mnerhalb der von der Finanz-Deputation hierfür eingesetzten Commission kam, nach einer durch die Cholera- epidemie verursachten Verzögerung, im Berichtsjahre im Wesentlichen zum Abschluss, so dass der von der Finanz-Deputation mit der Commandlit- gesellschaft Schuckert & Co. abgeschlossene Vertrag E. H. Senate und der Bürgerschaft zur Genehmigung vorgelegt werden konnte. Letztere ist inzwischen erfolgt. Von sonstigen amtlich eingeforderten Gutachten sind zu nennen: Vorschläge betr. eine Blitzableiteranlage für die Jakobi- kirche, sowie solche für die Schutzdächer der öffentlichen Kinderspielplätze und für das Pulverlager am Stintfang, ein vom gewerblichen Schiedsgericht erbetenes Obergutachten über die Gefährlichkeit des Dampf-Windenbetriebes beim Entlöschen von Getreideladungen, sowie ein gemeinsam mit Herrn Betriebsingenieur von Gaisberg und Herrn Bauinspector Vermehren der Finanz- Physikalisches Staats-Laboratorium. IXVII Deputation erstattetes Gutachten über die Anwendung blanker Mittel- leiter bei elektrischen Anlagen und deren Einwirkung auf den Fernsprechbetrieb. Von der Feuer-Casse wurden 8 Blitzschlagfälle zur Anzeige gebracht und näher untersucht. Die im Vorjahre bereits erwähnten, auf Veranlassung der Medicinalbehörde in Angriff genommenen Grundwasseruntersuchungen konnten vom 3. Juni 1892 ab regelmässig ausgeführt werden. Ueber die bisherigen Ergebnisse dieser Beobachtungen ist in der als Beiheft zum vorliegenden Bande des Jahrbuchs erschienenen Arbeit des Berichterstatters: „Das Grundwasser in Hamburg“ ausführlichere Mittheilung gemacht worden. Museums- Commission. Personal. RVM Naturhistorisches Museum. ‘. Naturhistorisches Museum. Bericht des Direktors Professor Dr. Kraepelin. Den Vorsitz in der Kommission für das Naturhistorische Museum führte bis zum März des Jahres Herr Senator Dr. Stammann, sodann Herr Syndieus Dr. von Melle. Im Uebrigen bestand die Kommission aus den Herren Direktor Dr. Dolau, Dr. J. Israel, Dr. H. B. Levy, @. H. Martens, F. G. Ulex und dem Direktor. Von den wıssenschaftlichen Beamten wurde Herr Dr. Michaelsen Ende Juli auf ein Jahr von seiner Thätiekeit am Museum entbunden, um eme wissenschaftliche Forschungsreise nach der Südspitze Amerikas zu unternehmen, zu welcher von hiesigen Gönnern und Freunden des Museums in dankenswertester Weise die Mittel zur Verfügung sestellt waren. Seme Obliegenheiten übernahm in Ver- tretung Herr Dr. phil. Z. Reh aus Darmstadt. Als zeitweilige Hülfs- kräfte waren außerdem thätie die Herren Dr. Rehberg, Dr. Ruland und Dr. Schäffer. Durch freiwillige Hülfsarbeit erfreuten uns die Herren Stud. Bolau, Stud. Cansh-St. Andrews, ©. Semper-Altona, Stud. Sokolowsky, Stud. Steinhaus, Dr. Tornguwist und Stud. Wibel. Herr Professor Noack- Braunschweig arbeitete während eines mehrwöchentlichen Aufenthaltes an dem Spiritusmaterial der Nagetiere, während Herr Baron von Berlepsch-Münden die Bestimmung einiger Hundert Vogelbälge der Rockstroh’schen Sammlung übernahm. Allen diesen Herren sei für ihre ausgiebige Hülfe auch an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen. | Aus der Reihe der technischen Beamten schied mit dem 1. April der Präparatorgehülfe &. Lampe, um einem Rufe als Prä- parator an das Polytechnikum in Karlsruhe zu folgen. Der Präparator- lehrling D. Kuhl musste mit Begmn des Sommers wegen - Lungen- krankheit beurlaubt werden und erlag am 25. Oktober d. J. seinem Leiden. — Das Aufsichtspersonal wurde durch Anstellung eines Haus- dieners und eines Nachtwächters vervollständigt. Naturhistorisches Museum. ERIX Die Bibliothek des Museums hat im Laufe des Jahres um 1072 Nummern zugenommen, von denen 179 durch Kauf, S93 durch Tausch oder Geschenk erworben wurden. Unter den Ankäufen, deren Wert sich auf rund .# 2500,— beziffert, sind namentlich emige größere Reisewerke zu nennen, wie Voyage of the „Beagle“ round the world 1832—36, Kongl. Svenska Fregatten „Eugenies“ Resa, Udbytte af Kanonenbäden „Hauchs“ Togter 1883—86, Weber, Zoologische Ergebnisse einer Reise in Niederl.-Ostindien 1890—93, Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt-Stiftung etc. Der Wert der getauschten und geschenkten Bücher beträgt «#4 5944,—. Unter den Geschenken sind hervorzuheben: 25 Bände des Cabanis’schen Journals für Ornithologie von Herrn @. H. Martens, Ergebnisse der deutschen Polarexpeditionen 1882/53 von Heırmm . Stender, Jahresberichte der ornithologischen Beobachtungsstationen im Königreich Sachsen Jahrgang 1 bis 6 von Herrn Hofrat A. D. Meyer, die zoologische Bibliothek des Herrn Dr. med. ©. Gottsche sen. von Fräulein Welhelmine Gottsche. Ein Schriftenaustausch wurde neu verembart mit dem Australian Museum in Sydney, dem Zoologischen Museum in Dundee, der Fysio- graphiske Forening in Christiania und der Kommission für die Landes- durchforschung Böhmens. An Instrumenten wurden neben einer größeren Zahl anatomischer Instrumente und Werkzeuge drei Demonstrationsmikroskope von Klönne und Müller in Berlin, sowie einige Diamanten für technische Zwecke angekauft. Aus dem Nachlasse ihres Vaters überwies uns Fräulein W. Gottsche drei wertvolle Mikroskope und ein Simplex. In der zoologischen Abteilung ist ein Gesamt-Zuwachs von 5513 Nummern im etwa der dreifachen Anzahl von Exemplaren zu verzeichnen. Der bei weitem größte Teil derselben — 4799 Nummern — ist dem Museum als Geschenk, im Werte von ungefähr #4 8624,—, zugegangen; 580 Nummern wurden durch Kauf, 134 durch Tausch erworben. Der Gesamtwert der zoologischen Eingänge beziffert sich auf # 11 200,—. Von größeren Ankäufen seien erwähnt: 700 Stück Mikro- lepidopteren, 500 Ichneumoniden, 400 Landschnecken, größere Kollektionen von Orthopteren, Somalisäugetieren, Paradiesvögeln, durchsichtigen Meerestieren aus Neapel, biologischen Präparaten, eine Sammlung von Ceylontieren, ein seltener Hai der Nordsee (Laemargus borealis), ein riesiger Rhinocerosmagen. Für die Geschenke ist in den Tageblättern bereits der gebührende Dank abgestattet worden. Hier mögen nur die wichtigsten derselben kurz erwähnt werden: Bibliothek. Instrumente. Vermehrung der Sammlungen. RX Naturhistorisches Museum. Vom Auswärtigen Amt in Berlin 83 Vogelbälge, Eidechsen, Mollusken, 152 Insekten aus deutschen Schutzgebieten; von dem Kgl. Zoologischen Museum in Berlin 67 Vogeldoubletten der Stuhlmann’schen Sammlungen und 104 Bälge der Emin-Expeldition ; von Herrn Direktor Ch. Bock-Mona bei Portorico eine umfangreiche und wertvolle Sammelausbeute mariner Tiere von dort; von Herrn C. Bosse Sammelausbeute (Vogelbälge, Insekten, Spinnen, Skorpione, Würmer) von Nossibe; von Herrn Dr. med. H#. Brauns, Teil der Sammelausbeute seiner wiederholten Reisen nach Westafrika, darunter circa 250 Insekten, prächtige Termitenbauten und etwa 90 weitere biologische Präparate, Myriopoden, Spinnen, Krebse, Würmer, Fische, Reptilien ete.; von Herrn H. W. Dieckmann jun. ein Balg des seltenen Canis alpinus Pall. aus dem Amurlande und zahlreiche Insekten eben- daher; von Herrn Fr. Dömmling marine Sammelausbeute von Kellen- husen an der Ostsee, sowie mehrere Hundert Insekten, Schnecken, Krebse ete. aus Kissingen; von Herrn Dr. H. Driesch 44 Polychaeten von Ceylon; von Sr. Exellenz Dr. Emin Pascha verschiedene Vogel- bälge aus Ostafrika; von Hermm Dr. W. Fischer-Bergedorf Amphipoden und Tunikaten der Kieler Bucht; von Herrn Henry Fischer-Wanı, Westafrika, 2 Gläser mit Insekten, Spinnen und Tausendfüßen vom Forcados River; von Herrn Kapitän Fokkes 1 vorzügliches Exemplar von Septaria gigantea; von Herrn 4. Fockelmann zwei seltene Steiß- hühner, eine Springmaus; von Herrn W. Framhein Sammelausbeute von Zanzibar; von Herrn (€. Freesen 147 einheimische Rhynchoten; von Herrn H. Friese-Oppenau 12 Rubusstengel mit Bienennestern; von Herrn L. Graeser 28 ostsibirische und zentralasiatische Insekten; von Herrn J. H. F. Grimm 2 weiße Seehunde von Grönland; von Herrn @. F. Guttery 24 Vögel von Südafrika; von Herrn F. W. Hagan eine reichhaltige Sammlung (525 Arten in 1018 Exemplaren) Insekten von Venezuela; von Fräulein Chr. Hagenbeck 3 Papageien; von Herrn Konsul F. Hernsheim 115 Käfer von Neubritannien; von Herrn Kapitän J. G. von Holten 3 Tintenfische; von Herrn J. /tzerodt einheimische Säuger, Vögel, Nester und junge Vögel; von Herrn A. Keitel 15 gut präparierte Vogelbälge aus Mexiko; von Herm Dr. med. Fr. Koch 32 Insekten und Spinnen vom Congo; von Herrn Fr. Koentike-Bremen 19 wertvolle Präparate von Wassermilben; von Herrn Kapitän A. Krech Sammelausbeuten seiner Reisen nach Westindien; von Herrn Professor Dr. W. Kükenthal ein vollständiger Satz der Molluskenausbeute seiner Expedition nach Ost-Spitzbergen; von Herm F\ Laeisz 5 Säugetierfelle von Guatemala; von Herrn Kapitän Langerhannsz Sammelausbeuten seiner Reisen nach Südamerika; von Herrn Tuisco Lenz 265 vorzüglich Naturhistorisches Museum. TEXT präparierte Repräsentanten der Vogelfauna von Japan; von Herrn Maschinist Zuke zahlreiche Insekten, Reptilien etc. von Westafrika; von Herrn Dr. Zutz-Honolulu interessante Sammelausbeute marimer Tiere von den Sandwichinseln; von Herrn @. H. Martens zahlreiche Conchylien von den Normannischen Inseln; von Herın Zd. Lorenz Meyer Comatuliden, Alcyoniden, Krebse etc. von Kwala Cassai auf Malakka; von Herrn John A. Meyer Haut und Skelett eines 14-tägigen Walfisches, eim weißer Seehund; von Herrn ©. Ochlerking Sammel- ausbeute von Zanzibar; von Herrn Graf von Oeynhausen-Brahlstorf alte und junge Wildkanmehen, verschiedene Raubvögel; von Herrn Max O’Swald verschiedene Seetiere und Insekten von Westindien; von Herrn Schiffsoftizier Paeßler außergewöhnlich reiche Sammelausbeute seiner Reise nach Südamerika; von Herrn @G. Platzmann ein Seewolf aus der Nordsee; von Herrn Pohlmann wirbellose Tiere von Mada- gaskar; von Herrn L. Roediger und Dr. R. Schütt eine große Anzahl Regenwürmer von Funchal; von Herrn A. Sauber 680 einheimische Insekten, vornehmlich Rhynchoten und Hymenopteren; von Herrn H. de Saufure-Genf 10 Typen semer Orthopterensammlung aus Afrika; von Herrn J. Schedel 25 Borstenwürmer aus Südjapan; von Herın A. L. Schrader 240 Insekten und einige Gorgoniden von Australien und Shanghai; von Herrn James Scott 9 ausgestopfte, bei Hamburg ge- schossene, seltene Schwimmvögel; von Herrn E. Stender 22 Entwicklungs- stufen von hana arvalıs, 2 heimische Vögel; von Herrn A. Strebel 9 Vogelbälge aus Mexiko; von Herrn Dr. Studentkowsky Reptilien, Krebse, Tausendfüße aus Afrika; von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann die Reptilien, Amphibien, Neuropteren und Rynchoten seiner zweijährigen Forschungsreise in Ostafrika, mit vielen neuen Arten; von Herrn J. Timm ein im Fleeth beim Klingberg gefangener Seehund; von Herrn E. Unbehagen ein Seeadler von Island; von Herrn Dr. ©. Warburg 17 Vogelbälge, 2 Marder von Java; von Herrn H. Westphal ein Bau von Meliponen; von Herrn Inspektor W. Wiechmann 4 prächtige Antilopengehörne, ein Hippopotamus-Schädel; von Herrn FÜ Wiengreen ein Gürteltier; von Herrn &. Wiese anatomische Präparate vom Finn- wal und Kabljau; von Herrn O. Wiesener Bienen, Wespen und deren Nester vom Congo; von Herrn ©. Woermann ein Gorilla; von der Zoologischen Gesellschaft durch Herrn Direktor 7. Bolau 61 Säuge- tiere, 41 Vögel, 13 niedere Wirbeltiere, S Gliedertiere und Würmer. Die mineralogische Abteilung erhielt einen Gesamtzuwachs von 2243 Nummern, von denen 158 durch Kauf, 1420 durch Geschenk, 665 durch Sammeln erworben wurden. Der Wert der Zugänge be- ziffert sich auf 3950 4, wovon 2068 # auf die Geschenke entfallen. Inventar. RI Naturhistorisches Museum. Von den Ankäufen sind eine Sammlung von chilenischen und bolivianischen Silbererzen, eme Anzahl silurischer Gigantostraken von der Insel Oesel, sowie die Erwerbung einzelner wertvoller hiesiger Lokalsuiten hervorzuheben. Von der Reihe der Geschenke seien erwähnt: Von Herrn Ricardo Bahr 13 chilenische Erze; von Herren Brand und Ancker eine größere Anzahl wertvoller Tertiärgeschiebe; von Herren Desenißk und Jacobi zahlreiche Bohrproben von Eimsbüttel, Winterhude, Rothenburgsort und Nienstedten; von Herrn H. W. Dieckmann jr. Gold aus dem Amurlande, sowie eine größere Anzahl wertvoller Versteinerungen aus der oberen Kreide vom Kap Din auf Sachalin, welche derselbe auf unsere Bitte daselbst hat sammeln lassen; von Herrn Apotheker Frucht- Ahrensburg zahlreiche Geschiebe aus dortiger Gegend; von Herrn Dr. Gilbert wertvolle Mineralien aus Chile, Argentinien und Kanada, sowie Versteinerungen von Lüneburg; von Herrn J. Gdllis-Petersburg russische Chromerze und Kaliumehromat; von Herrn €. J. Hackmack 5 Stücke versteinertes Holz und einige Mastodon-Reste aus Mexiko; von Herrn J. Hadenfeld-Beringstedt zahlreiche Litorina litorea aus dem dortigen Diluvium; von Herrn Dr. Kindt-Ahrensburg ein trefflich erhaltener Ammonit aus einer Liaskugel; von Herrn Dr. Moberg-Lund 3 Olenellusreste aus Schonen; von Herrn Amtsgerichtsrat Mäller-Kiel 2 Platten eines Eocängeschiebes von Ellerbeck; von Herrn Stud. phil. Oetling-Leipzig 50 Versteinerungen aus dem Zechstein von Gera; von Herrn Direktor Paul 14 Mineralien und Versteinerungen; von Herrn E. Rickmann schöne Granaten im Granulit von Lysekil; von Herrn Pastor Schroeder-Itzehoe eine große Zahl auserlesener Versteimerungen aus Kreide und Tertiär von Lägerdorf und Itzehoe; von Herrn Dr. med. Sprengell-Lüneburg Belemnites minmmus aus dem Gault vom Zeltberge; von Herrn J. H. Statlam eine Sammlung von 600 Verstemerungen aus allen Formationen; von Herrn Lehrer Steusloff-Neubrandenburg 20 Geschiebe aus dortiger Gegend; von Herrn Th. Tietz-Hamburger Wald eme große Lias-Kugel von Ahrensburg; von Herrn T’rummer jr. eine größere Sammlung seltener Versteinerungen von Langenfelde; von Herrn Dr. ©. Weber-Hohenwestedt zahlreiche Cratopleurasamen aus interglacialem Torf bei Grünthal, 5 Erdarten aus Westholstein; von Herrn F. Wiengreen Kupfer vom Oberen See, sowie versteinertes Holz und ein Mastodonzahn aus Argentinien; von Herrn Ferd. Worlee 9 diverse Mineralien. Zum Zwecke der Feuerversicherung wurde im Laufe des Jahres eine vollständige Neuabschätzung des gesamten Inventars und Mobiliars Naturhistorisches Museum. LAXRIII des Museums vorgenommen. Als Endwerte derselben ergaben sich für den 31. Dezember 1892 folgende Zahlen: Wert: 1. Zoologische Abteilung........ 4 7122 90%, — 2. Mineralogische Abteilung .... „ 98 027, — Se iibliothek a ne 5 68 736,— 4. Sonstiges Inventar........-.. 3 18 681,— 5 MobINars sr „379 465,— Summa... 4 1287 811,— Die Zahl der Besucher des Museums während des verflossenen Benutzung des Jahres während der einzelnen Monate ergiebt sich aus folgender Übersicht: Val nu En PA EEE RE 14 205 Bebruan.. S..., 4... 16 250 MEZ er 3 965 ApmaR = 02... 20.780 NE re 15785 I 18 515 A 15 365 ANEOUSLE re che 10 957 Deptember.....:: 52... 665 Oktober. 70 Re Se November. 25.27. 9 950 Dezember ..2...::... 7 480 Summa ... 156 172 Personen. Unter Zurechnung der Besucher des Eröffnungsquartals 1591 haben demnach in den ersten fünf Vierteljjahren rund 253 000 Personen das Museum in Augenschein genommen. Von 53 auswärtigen Gelehrten, welche im Laufe des Jahres das Museum besuchten, benutzten 9 auf längere oder kürzere Zeit die Räume desselben zu speziellen Studienzwecken. Außerdem erhielten 4 einheimische Herren die Erlaubnis zum Arbeiten im Museum. Der hiesigen Gewerbeschule wurde, wie früher, an Sonntagen die Benutzung des kleinen Hörsales und der Museumsobjekte für den Zeichenunter- richt gestattet. Außerdem sind die Hörsäle dem Naturwissenschaft- lichen Verein für seine botanischen und zoologischen Gruppensitzungen, sowie dem Hamburgischen Bezirksverein der deutschen Gesellschaft für angewandte Chemie für seine wissenschaftlichen Sitzungen zur Ver- fügung gestellt. Museums, Verkehr mit auswärtigen Instituten und Gelehrten. Arbeiten im Museum. IDOXTV Naturhistorisches Museum. Den Herren Baron von Berlepsch-Münden, Dr. Dürger-Göttingen, Dr. Brandes-Halle, Professor Chun-Breslau, Geheimrat Zhlers- Göttingen, Professor von Graff-Graz, F. Koenike-Bremen, F. Kohl- Wien, Dr. von Linstow-Göttingen, P. Matschie-Berlin, Sanitätsrat Dr. Pagenstecher-Wiesbaden, A. Poppe-Vegesak, V. von Foeder-Hoym, Dr. Seidlitz-Berlin, B. Sharpe-London, Professor Dr. Spengel-Gießen, Dr. Weltner-Berlin wurden Sammlungsteile zur Bestimmung oder zu wissenschaftlichen Arbeiten übersandt. Ein Tauschverkehr fand statt mit den Museen zu Kopenhagen und Stockholm, sowie mit verschiedenen Privaten. Zur Bestimmung resp. wissenschaftlichen Bearbeitung gingen ein die Skorpione der Museen zu Dresden, Leyden und München, sowie Sammlungsteile der Emin Pascha-Expedition vom Kgl. Museum zu Berlin. Letzteres erhielt bestimmungsgemäß die Reptilien- und Amphibiendoubletten der Stuhlmann’schen Reiseausbeute. Sammelkisten wurden ausgegeben an die Herren Direktor Ch. Bock-Mona, Dr. Drauns, Lehrer Crystaller-Kamerun, BR. Glaeser- Baranquilla, Z. von Jeß-Maracaibo, Klemmer, Dr. Kohlhaas, Maschinist Luke, Dr. Michaelsen, Schiflsoftizier Paeßler, H. Pechner, Dr. Kehberg- Callao, Dr. Roeder, Protessor Sievers, Ad. Wrechmann. In der Schausammlung wurde zunächst die Revision eines eroßen Teiles der Etiketten durchgeführt, die anatomische Sammlung, wie die Nord- und Ostseefauna nach Möglichkeit ergänzt und die Be- setzung vier neuer Schauschränke mit Zusammenstellungen über nütz- liche und schädliche Tiere, über Entwicklung, Symbiose, Schutzmittel und Variation der Tiere in Angriff genommen. Auch eine Sammlung von Hühner- und Taubenrassen wurde begonnen und erfreute sich lebhafter Unterstützung seitens der hiesigen Züchter. Als Hauptaufgabe des laufenden Jahres mußte indeß die end- gültige Aufstellung der wissenschaftlichen Hauptsammlung an- gesehen werden, an deren Ordnung seit den Tagen des Umzuges, wo für die Unterbringung lediglich der gerade verfügbare Raum maß- sebend gewesen, nicht wieder hatte gearbeitet werden können. Neben diesen großen Umstellungsarbeiten, welche unter anderen das gesamte Spiritusmaterial des Zwischengeschosses betrafen, erforderte namentlich die Neuabschätzung des Wertes der nach Hunderttausenden von Ob- jekten zählenden Sammlung während der letzten Monate des Jahres einen nicht unerheblichen Zeitaufwand. Was die Arbeiten an den einzelnen Tiergruppen anlangt, so wurde bei den Säugetieren der vor- handene Katalog ergänzt, und das umfangreiche Spiritusmaterial neu etikettiert übersichtlich im Zwischengeschoß aufgestellt. Von der Hauptsammlung der Vögel wurden etwa 4000 Nummern in ihren Be- Naturhistorisches Museunn. EEXV stimmungen revidiert und mit neuen, der Nomenclatur des Britischen Katalogs entsprechenden Etiketten versehen. Dasselbe geschah mit einem Teil — 4200 Nummern — der Vogelbälge, für welche außer- dem ein bis zum 20. Bande des Britischen Katalogs reichender Konzept- katalog angefertigt werden konnte. Von niederen Wirbeltieren sind gegen 900 Nummern neu be- stimmt, katalogisiert und in die Sammlungen eingeordnet, von dem Spiritusmaterial der wirbellosen Tiere über 6000 Nummern der Vor- räte in Einzelgläser verteilt, nach Familien und Gattungen vorläufig bestimmt und der Hauptsammlung eingereiht. Die mehrere Tausend Nummern umfassenden Semper’schen Landmollusken wurden ebenfalls eingereiht, die bis dahin bearbeiteten Würmer katalogisiert. In der Abteilung der Insekten sind weitere 525 Schiebladen mit Lepidopteren in die Normalaufstellung gebracht, gegen 70 Kästen mit Hymenopteren von Schimmel gereinigt, etwa 3000 Insekten neu gespießt und gespannt. Das Spiritusmaterial der Insekten wurde neu geordnet, die Sammlungen der Acridier und Mikrolepidopteren mit zahlreichen neuen Bestimmungen versehen und eine größere heihe von Präparaten für Vorlesungszwecke fertig gestellt. Vom technischen Personal sind außerdem 93 Säuger und 71 Vögel ausgestopft oder zu Balg gemacht, 65 anatomische Präparate, 25 Skelette und 31 Schädel fertig gestellt, sowie zahlreiche Säugetiere auf neue Postamente gesetzt. An wissenschaftlichen Publikationen seitens der Beamten sind erschienen: Kraepelin, K.: Die deutschen Süßwasserbryozöen. Eine Mono- graphie. II. Entwicklungsgeschichtlicher Teil, mit 5 Doppel- tafeln, in den Abhandl. d. Naturw. Vereins-Hamburg Bd. XI. Pfeffer, @.: Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika ge- sammelten Reptilien und Amphibien, mit 2 Tafeln, im Jahrbuch der Hamb. wissensch. Anstalten Jahrg. X Heft 1. Michaelsen, W.: Terricolen der Berliner Zoologischen Sammlung, I und H, mit 2 Tafeln, im Arch. f. Naturgesch., Jahrg. 1591 — 92. Außerdem wurden über das Material des Museums folgende Arbeiten veröffentlicht: Fischer, W.: Übersicht der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann auf Zanzibar und an der gegenüberliegenden Festlandsküste gesammelten Gephyreen, mit 1 Tafel, im Jahrb. d. Hamb. wissensch. Anstalten IX, 2. Fischer, W.: Über Sipuneulus indieus, mit 1 Tafel, ebenda X, 1. f* Mineralogische Abteilung. IDOSOMI Naturhistorisches Museum. Koenike, F.: Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann etc. gesammelten Hydrachniden, mit 3 Tafeln, im Jahrb. d. Hamb. wissensch. Anst. X, 1. v. Linstow: Helminthen von Südgeorgien, mit 3 Tafeln. Ebenda IX. 2. v. Roeder, V.: Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann etc. gesammelten Dipteren. Ebenda X, 1. Die öffentlichen, zahlreich besuchten Vorlesungen des Direktors handelten im Sommersemester über Anatomie und Systematik der Vögel, im Winter über die luftathmenden Gliedertiere, die des Kustos für Zoologie im Sommer über Amphibien und Fische, im Winter über Krebse und Mollusken. In einem Kriminalfalle wurden der Staatsanwaltschaft zwei (Gutachten erstattet. In der mineralogischen Abteilung sind die Krebse und Wirbel- tiere der Schausammlung fertig gestellt. Die wissenschaftliche Haupt- sammlung der Mineralien und teilweise der heimischen Lokalsuiten wurde in die Schubladenreihen unter den Schauvitrnen eingeordnet, der Gesamtwert der Abteilung zum Zwecke der Feuerversicherung neu oeschätzt. Die Cephalopoden der paläontologischen Sammlung erfuhren eine Revision im ihren Bestimmungen. Zahlreiche Geschiebe wurden auf 15 Exkursionen des Kustos in der näheren und weiteren Umgebung Hamburgs emgesammelt. Auf Requisition der Baubehörde untersuchte der Kustos für Mineralogie die Thonlager zu Havelberg, Itzehoe, Glinde, Brunsbüttel, Wischenbruch, Lauenburg, Weethe und Assel auf ihre Beschaffenheit und wahrschemliche Ergiebigkeit; auch wurde derselbe mit der Ober- aufsicht und Revision der gesamten, während des 3. und 4. Quartals in Angriff genommenen staatsseitigen Brunnenbohrungen betraut. Zu wissenschaftlichen Untersuchungen im Auftrage der Geographischen Gesellschaft ist dem Kustos ein dreimonatlicher Urlaub seitens der Behörde gewährt worden. Die Vorlesungen des Wintersemesters handeln über fossile Mollusken. Museum für Völkerkunde. BXXVI 8. Museum für Völkerkunde. Bericht des Vorstehers C. W. Lüders. Trotz der im verflossenen Jahre so störend einwirkenden Calamität der Cholera-Epidemie, wo das Museum für geraume Zeit gänzlich geschlossen war, können wir doch noch über eim gutes Fortschreiten der Sammlung berichten, indem ca. 490 neue Erwerbungen für dieselbe gemacht wurden und zwar durch Geschenke: von Afrıka . ...... 154 Nummern ER EN M Ss Amerika... . 40 Zi " Vceament-..0.. 8] n BULODa Re ae oe) 5 306 Nummern und durch Ankauf: von Afrıka .......: 38 Nrn. im Werthe von 4 407,— er Astenae 2... ao, n SAU „ , Amerika...» x: TER Ne f: Re 69, — a 0ceanien...... ... De R A 38, — N Ruropa 2.0... ae 2 65 BORER 5,— 183 Nm. AM 2086,40 Demnach stellt sich der Bestand am Ende des Jahres wie folgt: Adrıka nl: 1812 Nummern IISIEN 2.970 = Amerika ..... 2557 2 Oceanien ..... 2434 R Bimopa ..2,.; 140 B 9913 Nummern. Ueber die Geschenke ist s. Zt. schon durch die Tagesblätter berichtet und der Dank dafür ausgesprochen worden, doch möchte ich noch als ganz besonders darunter hervorheben die reichen Ueber- weisungen des Herrn Dr. Heinr. Traun (21 Nummern) interessanter IXXVIl Museum für Völkerkunde. Gegenstände der Bissagos von Senegambien. Ferner von Frau ZimpelWwe. (75 Nummern) von Neu-Guinea und nächstgelegenen Inseln. Dann von Herrn @. T. Guttery, Altona (ca. 90 Nummern) vom ‚Caplande Afrikas. Und endlich von dem Herrn /7. Schipmann (ca. 52 Nummern) von Madagascar. In Betreff der Ankäufe sind wir so glücklich gewesen, Asien ganz bedeutend vervollständigen zu können, indem von Hinter-Indien, namentlich von den Philippinen und Sulu-Inseln, Celebes, Flores, und ferner von Ostindien ganz ausserordentlich gute Sachen erworben sind. Von Afrika sind gleichfalls aus Dahomey einige seltene Stücke angeschafft worden. — Der Besuch im Museum an den Eröffnungstagen, namentlich an den Sonntagen, ist ein stetig reger gewesen. Die Benutzung von Gegenständen behufs Demonstrirung bei Vorträgen ist verschiedentlich in Anspruch genommen, so wie auch zeitweilig einzelne Sachen an die Gewerbeschulen zum Abzeichnen ausgeliehen wurden. Mit der Aufstellung von kleineren Schaukasten auf dem Gelände der Lichteinschnitte, um die grösseren Schränke etwas zu entlasten, ist der Anfang bei Afrika gemacht worden, und wird hoffentlich successive weiter damit fortgeschritten werden können, — Durch photographische Aufnahmen von einzelnen hervorragenden Stücken des Museums, und mit begleitender kurzer Beschreibung hat Berichterstatter begonnen, in der Zeitschrift „Globus“ die Schätze unseres Museums weiteren Kreisen bekannt zu machen. — Hamburg, Januar 1893. C©. W. Lütders. Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. ERXIX 9. Sammlung: vorgeschichtlicher Altertümer. Bericht von Dr. K. Hagen. Die Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer ist im Jahre 1892 um 309 Katalognummern mit etwa 600 Gegenständen vermehrt worden. Als Geschenke gingen ein: von der löbl. Baudeputation ein bei den Arbeiten für die Dammerhöhung der Eisenbahnstrecke Hamburg- Bergedorf gefundener Federsteindolch; von Herrn Dr. Fick Bruchstück eines großen Flintsteinmeißels aus Timmendorf; von Herrn ©. Rautenberg in Schönweide bei Plön eine besonders schöne kleine, schmale Feuer- steinaxt mit noch völlig scharfer Schneide sowie einige klemere Stem- messer; von Herrn Lehrer Zreimers in Oxstedt (Amt Ritzebüttel) eine ‚große, rauhe Urne der La Tene-Zeit, sowie eine schöne Bronzeziernadel mit scheibenförmigem Kopfe; von Herrn Dölle (Altenwalde bei Cux- haven) ein auf dessen Grundstück gefundener römischer Ringschlüssel aus Bronze, das dritte und schönste Exemplar dieser Gattung in unserer Saminlung. (Ein ähnlicher, aber einfacherer stammt aus Buxtehude; ein etwas größerer, im Prinzip den großen, eisernen Schlüsseln aus Altenwalde gleichender, aus Girgenti auf Sizilien wurde 1591 erworben.) Ganz besondere Hervorhebung verdient das wertvolle Geschenk der Gefängnisverwaltung in Fuhlsbüttel, welche die Güte hatte, durch Herrn Obermspektor Lentz die gesammte Ausbeute der 1591 gefundenen Urnen (etwa 60 Stück) samt den sehr reichen Beigaben der Samm- lung vorgeschichtlicher Altertümer zu überweisen. Die älteren Funde auf dem Fuhlsbütteler Urnenfriedhof werden hierdurch in wünschens- werter Weise ergänzt. Die 1592 gehobenen Urnen gehören sämtlich der römischen Zeit an und entsprechen in ihren Formen, Ornamenten und Beigaben denjenigen des Darzauer Urnenfriedhofes; jedoch ist zu bemerken, daß sich unter den Fuhlsbütteler Funden eine große Anzahl interessanter, neuer Formen befindet. Als Beigaben sind zu erwähnen: Glättesteme, Spinnwirbel aus Thon und Stem, Knochen- und Bronze- nadeln, römische Provinzialfibeln in großer Formenmannigfaltigkeit, eiserne Schnallen einfachster Art (wie Darzau), kleinere eiserne Gürtel- haken (wie Darzau), große eiserne Fibeln, unter denen solche mit EXXX Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. einzelnen Teilen oder Einlagen aus Bronze, Eisennadeln, halbmond- förmige Eisenmesser zum Teil mit Geweberesten, Eisenbeschläge und Eisennieten. Als Beigaben, die nur in einem oder wenigen Exemplaren vertreten sind, mögen noch verzeichnet werden: eine Riemenzunge aus Bronze (Form etwa wie die bei Voß, Vorgesch. Alt. d. Mark Branden- burg, Abt. V, Taf. 13, 37a abgebildete aus Eisen gefertigte), kleine Bronzepincette, Bronzering mit umgebogenen Enden, grosse eiserne Scheere, Bruchstück des Bügels einer silbernen Fibula (2 tadellos erhaltene dieser Art von der Form Darzau Taf. VII, 4 befinden sich bereits in der Sammlung), Kopfende einer Bronzehaarnadel (gleich Darzau XI, 5—8). Den gütigen Geschenkgebern sei auch an dieser Stelle herzlicher Dank ausgesprochen. Durch Ankauf wurde die Sammlung zunächst um eine Sammlung von Bronzegegenständen aus der Krim bereichert. Es sind dies Armringe und Schnallen verschiedener Form, eine Fibula, ein glocken- förmiges Anhängsel und ein Riemenbeschlag, sämtlich als Vergleichs- objekte von Wichtigkeit. Sodann ist ein Bronzefund von selten schöner ‘rhaltung durch Kauf im den Besitz der Sammlung übergegangen. Derselbe besteht aus 2 großen Fibeln, und zwar einer großen Spiral- fibel mit flachem, spitzovalen Bügel und einer Plattenfibel vom nordischen Typus, sowie 2 verschieden geformten, prachtvoll patinierten ornamentierten Bronzearmbändern und einem eroßen Halsringe. Als Fundort ist angegeben der Mendelfitzer Grund bei Hitzacker, Prov. Hannover. Die Sammlung der Pfahlbaufunde wurde durch drei typische Stücke vermehrt: ein kleines Nephritäxtchen, eine Pfeilspitze und Nadel mit umgebogenem Kopfende und darin befestistem Ringe aus Bronze. Eine weitere wichtige Erwerbung durch Ankauf sind die bei /weedorf bei Büchen beim Kiesabfahren gefundenen etwa 40 Urnen der jüngeren La Tene-Zeit nebst Beigaben, sowie zahlreiche Gegen- stände aus zerstörten Urnen. Besondere Erwähnung verdient eine große römische Armbrustfibula mit emailartiger Patina. Auf dem jügel befand sich ursprünglich eine Einlage von rotem Email in der Form emer römischen I, die nur leider noch in Spuren erhalten ist. Ausgrabungen wurden in diesem Jahre zunächst veranstaltet in 3ereusch, Amt Ritzebüttel, woselbst gelegentliche Funde im vorigen Jahre die Anwesenheit eines Friedhofes mit Kolosalurnen dargethan hatten und von denen schon im vorigen Jahre 2 Exemplare erworben werden konnten. Geöffnet wurden etwa 25 Hügel, die je eine grosse, meist mit Deckel versehene, Urne von durchschnittlich 50 em Höhe Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. TRXKXT enthielten. Die Beigaben deuten auf die La Tene-Zeit und bestehen meist in einem großen, eisernen Gürtelhaken, eisernen Gürtelringen und Bronzefibula oder Eisennadel mit konischem Bronzeknopf (vergl. Jahrb. III, Taf. 4 No. 56). Ferner wurden vom technischen Hülfsarbeiter und Herrn W. Andresen vorgeschichtliche Wohnstätten bei Rembeck untersucht. Die Funde bestehen in Resten großer Kochgefäße, Mahlsteinen und Fragmenten vom Wandbewurf aus gebranntem Lehm, wie sie deren die Sammlung schon von Ohlsdorf und aus den Schweizer Pfahlbauten aufzuweisen hat. Zur Veranschaulichung der Fundstelle wurden zwei Photographien genommen. Die Bibliothek wurde um 51 Nummern durch Geschenke und Ankäufe vermehrt und zählt jetzt 515 Nummern. Die Anthropologische Gesellschaft, Gruppe Hamburg-Altona hat auch in diesem Jahre die von ihr angeschafften und bei ihr einlaufenden Schriften der Sammlung freundlichst überwiesen. OR Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 10. Sammlung Hamburgischer Alterthümer. Bericht von Dr. W. H. Mielck, i. V. des Vorsitzenden der Kommission. Die Sammlung blieb auch im Sommer des Berichtsjahres geschlossen. Die Gefahr des Verderbens, welche den Eisensachen der Sammlung durch Rosten drohte, erlaubte nicht, dieselben ferner in den Räumen, wie sie zur Zeit waren, zur Schaustellung zu bringen. Die Mehrzahl der metallenen Gegenstände ward im Laufe des Sommers einer Reinigung unterzogen und nach dieser im westlichen Drittel des dermalen leerstehenden Erdgeschosses untergebracht. In der Aussicht, dass die Pläne, das ganze Kellergeschoss des Gebäudes der Sammlung zu überweisen und durch einen Umbau dem- selben Licht und Trockenheit zu verschaffen, zur Annahme und Aus- führung kommen würden, ward im Herbste mit der Leerung der Räume begonnen und alle leichteren Stücke in dem erwähnten Raume, theils freistehend, theils in Kästen sicher verpackt, aufgestellt. Es wurden in der Hoffnung auf eine Neuaufstellung im besseren Räumen bereits einige bedeutendere Renovirungen vorgenommen, welche fortzusetzen eine der Hauptaufgaben der Kommission für die nächsten Jahre bleiben wird. Zu erwähnenswerthen Ankäufen bot sich keine Gelegenheit. Während der Monate Mai und Juni hat im Erdgeschosse des Gymnasialgebäudes eime Ausstellung zur Erinnerung an den Brand von 1842 statteefunden, welche vom Museumsverein ins Leben gerufen war. Die Sammlung Hamburgischer Alterthümer hat zu dieser Aus- stellung in hervorragendem Maasse beigesteuert, indem die Kommission aus den reichen, im Keller fast verborgenen Vorräthen die trans- portablen, geeigneten Stücke zur Aufstellung brachte. Diese besonders liehen der Ausstellung ihr charakteristisches Gepräge und trugen zu dem Erfolge bei, welchen die Brandausstellung bei der Bevölkerung errang. Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. LXXXII 11. Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. Bericht des Direktors Professor Dr. Sadebeck. Die Vorlesungen und das Praktikum waren im Ganzen von 11 Zuhörern besucht, die Betheiligung an den Excursionen war eine noch grössere. Die Museumsbibliothek wurde von Fremden an Ort und Stelle 109 mal benutzt; ausgeliehen wurden 148 Bände. Im Ganzen arbeiteten 7 Gelehrte, darunter 5 Auswärtige, meist längere Zeit in dem Museum, wobei fast alle Theile der Sammlungen in Benutzung kamen. Wissenschaftliche Arbeiten des Direktors wurden z. Th. in einer Monographie über die parasitischen Exoasceen, solehe des Herrn Dr. Brick in einer Arbeit über die durch Neetria- Arten erzeugten Pflanzenkrankheiten niedergelegt (man vergl. dieses Jahrbuch). Herr Dr. Schober veröffentlichte eme im Museum aus- geführte Arbeit über die Seerete der Xanthorrhoea-Arten im Botanischen Centralblatt. Ausserdem wurden einzelne Stücke der Sammlungen fast in jeder Sitzung der Gesellschaft für Botanik besprochen; bei 8 grösseren Vorträgen, welche in den Sitzungen der genannten Gesellschaft gehalten wurden, bildeten Theile der Sammlungen und Neuerwerbungen des Museums das Demonstrationsmaterial. Dubletten wurden nur einmal abgegeben, 8 mal dagegen Theile der Sammlungen nach auswärts verliehen. Die museologischen Arbeiten nahmen ihren gewohnten Fortgang; ausserdem wurde die Durchsicht der Sammlungen des Godefroy-Museums zu Ende geführt, desgl. auch das Einordnen in das Herbarium generale, vorbehaltlich spezieller Bearbeitungen Seitens der Monographen. Die Vermehrung und Erweiterung der Sammlungen erfolgte während des Berichtsjahres in folgender Weise: I. Folgende Geschenke, für welche bereits in den Tage- blättern der Dank ausgesprochen worden ist wurden dem Museum LXXXIV Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. zugewendet: 1) Zwei Stück „Chocho“, (Sechium edule Sw.) aus Madeira und „Lima“ (Citrus Limetta Risso var.) von Herrn J. Heimerdinger. — 2) Ein ca. 1VYs Meter hoher entrindeter Stamm der Cactusfeige, Opuntia Fieus indiea Mill. und deren isolirte Jahreslagen, welche als pP gen, Holzkorallen“ in den Handel gebracht werden, von Herrn ” fe) ’ A. Pistoll. — 3) Mehrere Handstücke westafrikanischen Mahagonıs, Khaya senegalensis Juss., von Herrn E. Grund. — 4) Früchte von Piper Cubeba var. aus Südwestafrika, von Herrn E. H. Worlee & Co. — 5) Die durch den Reiz eines parasitirenden Zoranthus spec. auf der Wirths- pflanze durch Ueberwallung entstandenen Becher, sog. Holzrosen, aus Mexico, und 2 Stück Zyecoperdon spec., welche von den südamerikanischen Indianern als Feuerschwamm benutzt werden, von Herrn Museums- vorsteher Lüders. — 6) Ein Packet Tabak aus Neu-Guinea, von Frau W. Zimpel Wwe. — 7) Einige Exemplare des Endosperms von I 8 Metroxylon amicarım Wendl., aus Australien; „Kawa-Kawa“, die Wurzeln von Piper methysticum Forst, von den Fidji-Inseln; Kauri- Kopal von Agathis australis Salisb., ein mehrere Pfund schweres Stück einer dunklen Sorte, aus Neu-Seeland; mehrere Stücke Fidji- Kopal unbekannter Abstammung; ein Bund neuseeländischen Flachses; „Manava“, d. s. Beutel aus natürlichem Fasergeflechte mit Kräutern unbekannter Abstammung, welche als Thee gekocht, von den Fidji-Insulanern gegen Kopfschmerz benutzt werden; „Nahilo-Oel“, ein dunkelgrünes Oel unbekannter Abstammung (ob von Aleurites moluceana?) welches auf den Fidji-Inseln gegen Rheumatismus gebraucht wird. Sämmtliche unter No. 7 bezeichnete Gegenstände von Herrn E. Helmeke. — 8) Bauhinia-Stämme, besetzt mit Prlostyles Blanchetiüi Eichl. und volles Bambusrohr, besetzt mit den Stromata und Perithecien von Phyllachora graminis (Pers.) Fchl., von Herrn Ernesto Ule in Rio de Janeiro. — 9) Eine kleine Sammlung von Flechten und Moosen aus Patagonien; von Herrn Dr. F. Ahlborn. — 10) Acht Proben mit Samen von Phytelephas macrocarpa R. & P.; 11 Cacao- proben aus Ecuador; eine Smilax spec. rad. (als Sarsaparilla- Probe); eme Orseille- Probe einer Zoccella spec.; von Herrn M. Seminario & Go. — 11) Früchte von Terminalia benghalensis Roxb. (Myrobalanen) aus Bombay, von Herrn E. Wilezynski. — 12) Samen von Aleuritis triloba Forst. und Früchte von Pentaclethra macrophylla Bth. aus Westafrika, von Herrn €. Woermann. — 13) Pilze aus der Umgebung von Hamburg, Harburg und Lüneburg, von Herrn L. C. H. Schulz. — 14) Zwei Früchte von Poinciania regia aus St. Thomas, von Herrn H. Ballüder. — 15) Jugendzustände von Phallus impudieus, von Herrn H. Selck. — 16) Eine Kartoffelpflanze, Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. LXXXV bei welcher einige oberirdische Knospen sich zu aussprossenden Kartoffelknollen entwickelt haben, aus Dienslaken in der Rheinprovinz, von Herrn Direktor Prof. Dr. Voller. — 17) Ein Exemplar von Achimenes grandiflora DC. bei welcher die schuppigen, kätzchenförmigen Brutknospen ausser an den Rhizomen auch an den oberirdischen Stengeltheilen bis in die Blüthenregion sich entwickelt haben; ferner Blätter und Früchte von Leucadendron argenteum RBr. vom Tafelberg bei Capstadt, von Fräulein Beuthin. — 18) Eine 1350 Gr. schwere Kartoffelknolle aus Etgersleben bei Magdeburg, von Herrn F. Heimann. — 19) Javanische Kaffeebohnen aus dem Jahre 1792, von Herrn Hauptmann Kohtz. — 20) Zapfen von Pinus Lambertiana Dougl., Pinus Sabiniana Dougl. und Sequoja gigantea Torr. aus dem Yosemite -Valley in Calefornien, von Herrn Dr. E. Hallier. — 21) Samen von Bixa Orellana L. aus Ceylon, von Herrn Walso& & Hagen. — 22) Herbarpflanzen aus der Umgegend von Hamburg, Segeberg, Cuxhaven und Travemünde, von Herrn W. Zimpel. — 23) Pilze aus der Umgegend von Hamburg, von Herrn Dr. med. Eichelbaum. — 24) Fumaria muralis Sonder aus Hamm, von Herrn Lehrer €. Kausch. — 25) Einige Herbarpflanzen von Smith-Channel (Südamerika), von Herrn Kapitain C. Paessler. — 26) Eine Samm- lung Laubmoose aus der Umgegend von Hamburg, von Herrn Dr. Gottsche. I. Im Tauschverkehr erhielten wir: Von dem Königl. Botanischen Museum in Berlin: 1) Californische Pflanzen, ges. von Hildebrandt, 36 No. — 2) Abessinische Pflanzen, ges. von Schimper, 20 No. 3) Pflanzen aus Central-Afrika, ges. von Prof. Schwein- furth. — 4) 48 No., Nymphaeaceen aus der Hinterlassenschaft des Prof. Caspary. — 5) Eine Anzahl Pteridophyten. II. Durch Ankauf wurden erworben: 1)P. Richter, Phycotheca, Fasc. 8, 9 (4 32,50). — 2) Rabenhorst, Europäische Algen, I (4 50). — 3) Krieger, Fungi saxonici, Fase. XIV—XVI (4 26,75). — P. Sydow, Characeen, Fasc. I (4 9). — 5) Warn- storf, Torfmoose, Fasc. III (#4 25). — 6) Rabenhorst, Bryotheca europaea (# 50). — 7) Pringle, Plantae mexicanae I, I (# 191,80). — 58) Ule, Brasilianische Pflanzen (#4 40). — 9) Klatt, Teneriffa- Pflanzen, 98 No. (# 10). — 10) Dinklage, Westafrikanische Pflanzen (4 34,35). — 11) Todaro, Südeuropäische Pflanzen (4 15). — 12) Klatt, Primulaceen (# 250). — 13) Ein grosses Exemplar von Ananas sativus Adans., aus Singapore (#4 3). — Klatt, eine Samm- lung Poaceen und Festucuceen, 200 meist seltene Arten (.# 50). LXXXVI DBotanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. Für die Bibliothek wurden ausser den fortlaufenden Zeit- schriften ') durch Ankauf folgende Bücher angeschafft: 1) Beauvais, Flore d’oware et de Benin. — 2) Kirchner, Pflanzenkrankheiten. — 3) Stützer, Düngung. — 4) Hooker, Niger Flora. — 5) Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen. — 6) Overbeck, Fettfarbstoffproduktion bei Spaltpilzen. — 7) Bütschli, Bau der Bakterien. — 8) Wohltmann, Tropische Agrikultur. — 9) Meyer, Drogenkunde. — 10) Blomeyer, Kultur der lJandwirthschaftlichen Nutzpflanzen. — 11) Hesse, Hypogaeen. An Geschenken gingen für die Bibliothek ein: 1) Royal Botanie Garden Caleutta; Annals vol. III. — 2) Untersuchungen aus dem Botanischen Institut zu Stockholm. I. (1885—90). — 3) H. von Bergen, Versuch einer Monographie der China. Nebst Atlas. Hamburg 1826, von Frau (C. A. Witt Wittwe. — 4) Der sehr umfangreiche botanische Theil der Bibliothek des verstorbenen Herrn Dr. med. ©. M. Gottsche in Altona, von der Tochter desselben, Fräulein W. Gottsche in Altona. In dieser Bibliothek, welche mehrere 100 Nummern umfasst, befanden sich namentlich viele Separate älteren Datums, welche für uns um so werthvoller sind, als ein grosser Theil derselben gar nicht in den Buchhandel gelangt ist. Es würde zu weit führen, die Titel aller der einzelnen Broschüren hier aufzuführen; dieselben sind in dem Catalog der Museumsbibliothek bereits aufgenommen. Die Instrumente und Apparate des Institutes wurden durch folgende Ankäufe vermehrt: ZERO BR AZEISS ne ee 4 168,— IAkomocH Alm: "ul u. ZeIssr ea wu Beer „160, — — —— Transport 2. db 3238, — ') Folgende Zeitschriften und fortlaufende Publikationen wurden im Jahre 1892 von dem Institut gehalten: 1) Botanisches Centralblatt. — 2) Arbeiten des Würzburger Botanischen Institutes. — 3) Beiträge zur Biologie der Ptlanzen, von F. Cohn. — 4) Biologisches Centralblatt. — 5) Journal de Bota- nique. — 6) Hedwigia. — 7) Engler, Botanische Jahrbücher. — 8) Baillon, histoire des Plantes. — 9) Botanische Mittheilungen aus den Tropen, herausgegeben von Schimper. — 10) Just, Botanischer Jahresbericht. — 11) Pringheim’s Jahr- bücher für wissenschaftliche Botanik. — 12) Engler-Prantl, Natürliche Ptlanzen- familien. — 13) Rabenhorst, Cryptogamenflora. — 14) Brown, the Forest Flora of S. Australia. — 15) Flora, allgemeine botanische Zeitung. — 16) Archiv der Pharmacie. — 17) Zeitschrift für Mikroskopie und mikroskopische Technik, von W. Behrens. — 18) Kerner von Marilaun, Pflanzenleben. — 19) Brefeld, Intersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Mykologie. — 20) Koch, Jahresbericht über Gährungsörganismen. — 21) Zimmermann, Bei- träge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. — 22) Reinke, Atlas deutscher Meeresalgen. — 23) Tubeuf, forstlich-naturwissenschaftliche Zeitschrift. — 24) Strasburger, histologische Beiträge. — 25) Le Botaniste. — 26) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen, Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. LXXXVII Transport... ..,328, Bars Nos4 u ls #3 RETTET EERNT >. d6,— EniStauin.ln.- RE TATEN TENE ar % Compens. Oc. (No. 8 u. 12) (v. Zeiss) rl RO Bes El Wasser) WW Zeiss)an. 0 ee. „ 110,— Ense VI. (Wasser) (v. Seibert) . una tss. m 26, Apochr:)2n30- (vauiZeiss)). #3 =: a RAN Klemere mikns Ütens.W. Rodig)...=... 2.00% „ ı'11,78 Glassachen etc. (v. Stelling) . ..... see. IMDE Summa ....4 1162,69. Ausserdem erforderte die Abtheilung für Samencontrolle «4 756,87 für Neuanschaffungen und 4 1724,55 für technische Hülfsarbeiten. Im Jahre 1892 gelangten an den Direktor 201 Anfragen. Es bezogen sich: 1) Auf tropische Nutzpflanzen, ihren Anbau und event. Blänzarenbetrieb =... vw... BAR EN; > 16 Anfragen 2) auf Pflanzenkrankheiten und deren Bekämpfungsmittel 71 " 3) auf aussertropische Nutzpflanzen. ... „. n.rer....: 15 r 4) auf das Gebiet der allgememen und speciellen wissen- schaltliehen Botanik... : : 0 SF ER RAER um 52 u 5) auf das Gebiet der Waarenkunde .....:.... 7 a 201 Anfragen. Von diesen Anfragen waren 164 aus dem Deutschen Reiche, 37 aus dem Auslande (aus Oesterreich-Ungarn S, Italien 7, England 5, Frankreich 2, Russland 1, Schweden 2, Dänemark 2, Nordamerika 12) eingegangen. Von den Anfragen über Pflanzenkrankheiten bezogen sich 37 auf parasitische Exoasceen. Ausserdem brachten die beantragten Untersuchungen «4 155 ein, die Untersuchungen der Abtheilung für Samencontrolle, für welche seit dem 1. Juli 1892 nach Beschluss von Senat und Bürgerschaft der provisorische Zustand in den defmitiven übergeführt wurde, ergaben für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. December 1892 eine Einnahme von .# 907. Die Gesammt-Einnahme des Institutes im Jahre 1892 betrug demnach .# 1042. Im Ganzen wurden vom 1. October 1891 bis zum 31. December 1892 in der Samencontrollstation 875 Proben untersucht, und zwar 2 auf Echtheit, 2 auf das Gewicht, 420 auf Seide, 32 auf Reinheit, 74 auf Keimkraft, 21 auf die Herkunft, 90 auf Seide und Herkunft, 188 auf Reinheit und Keimkraft, 5 auf Seide und Gewicht, 3 auf LXXXVIII Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. Reinheit und Gewicht, 5 auf Seide und Keimkraft, 5 auf Keimkraft und Alter, 2 auf Keimkraft, Seide und Gewicht, 17 auf Seide, Reinheit und Keimkraft, 3 auf Reinheit, Keimkraft und Gewicht, 1 auf Seide, Reinheit, Keimkraft und Herkunft, 4 auf Seide, Gewicht, Reinheit und Keimkraft, 1 auf Reinheit, Seide und Herkunft, 1 auf Seide, Reinheit und Gewicht, 1 auf Schwefel. Die Bestimmungen des Gehaltes an Kleeseide waren die häufigsten, nämlich 546, während im Ganzen 599 Untersuchungen über „Klee“ ausgeführt wurden und nur 276 Untersuchungen auf 33 andere Sämereien sich vertheilten. Uebersicht der von Ostern 1892 bis Ostern 1895 gehaltenen Vorlesungen. Uebersicht der von Ostern 1892 bis Ostern 1893 gehaltenen Vorlesungen. Prof. Dr. Brinckmann, Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, im Winter 1892/93: 1) Einführung m die Bibliothek und die Samm- lungen von Ornamentstichen, Gelegenheits- blättern und Hamburgensien . .Sonntags von 11 — 12 Uhr 2) Die metallotechnischen Künste in geschicht- licher und technischer Beziehung, ol Montags von 2! — 3l2 „, Dr. ©. Gottsche, Custos am naturhist. Museum, im Winter 1892/93: Fossiles Mollusken . !ı nei: «4: Dienstags von 7—8 Uhr Abends Prof. Dr. Kraepelin, Direktor des naturhist. Museums, im Sommer 1892: Naturgeschichte der Vögel, ® Sonnabends von im Winter 1892/93: Bau und Syste- /„ < i ER /—8 Uhr Abends matıik der luftathmendenGlieder- thiere. Dr. @. Pfeffer, Custos am naturhist. Museum, im Sommer 1892: Naturgeschichte : Sonnabends von der Fische 2 s ; S—9 Uhr Abends im Winter 1892/93: Weichthiere. Das äh Vf . XCH Uebersicht der Vorlesungen. Prof. Dr. Sadebeck, Direktor des botanischen Museums, im Sommer 1892: 1) Allgemeine Botanik, I. Theil, Dienstags und Donnerstags von 2 3 Uhr 2) Botanisches Praktikum, täglich ausser Montags von 10—2 „ 3) Botanische Exeursionen. im Winter 1892/93: 1) Allgemeine Botanik, II. Theil... . Dienstags von 1—5 Uhr %) Botanisches Praktikum, täglich, ausser Montags von 10—3 „ Prof. Dr. Voller, Direktor des physikalischen Staatslaboratoriums, im Sommer 1892: Grundzüge der neuerenKlektricitätslehre, IL.Th. im Winter 1892/93: Die Beziehungen Freitags von zwischen Licht, Wärme und [ 712—9 Uhr Abends Elektrieität, nach den Anschau- ungen der neueren Physik. Prof. Dr. Wibel, Direktor des chemischen Staatslaboratoriums, im Sommer 1892 und im Winter 1892/93: Praktische Uebungen im Laboratorium. ........ ‚täglich. Prof. Dr. Adolf Wohlwill, im Sommer 1892: Historische und literarhistorische Uebungen, ım Winter 1892/93: 1) Neuere politische Geschichte von 1759 — 1870, Donnerstags von 6—7 Uhr Abends 2) Deutsche Literaturgeschichte, IV. Theil, Dienstags von 7—8 „ = 3) Geschichte der franz. Revolution seit dem Tode Ludwigs XVI.....Sonnabends von 8—9 „ 4) Historische und literarhistorische Uebungen. Uebersicht der Vorlesungen. REN Ausserdem trugen im Auftrage der Oberschulbehörde vor: Dr. Wilhelm Bock, im Sommer 1892: Ebene Geometrie, Freitags von im Winter 1892/93: Integralrechnung. I 7Ve—SY2 Uhr Ab. Dr. Edmund Hoppe, im Sommer 1892: Kosmische Physik, im Winter 1592/93: Die physikalische Forschung alter und neuer Zeit. | Dienstags von | a9 Uhr Ab. Dr. Joh. Petersen, im Winter 1892/93: Grundzüge der | Sonnabends von Mineraloster 2, ..2.2.82 0.48: | 7—8 Uhr Abends Hofrath Dr. @. Portig, im Sommer 1892: 1) Geschichte der griechischen Philosophie, Montags von 6'%—7V2 Uhr Abends 9) Geschichte der Renaissance m der Badkumatn..=332..40.0% Dienstags von 6%w— 72 „ z 3) Aesthetik der Architektur, Freitags von 6'a—7"r2 „ n im Winter 1892/93: 1) Der Unsterblichkeitsglaube vom religiösen Stand- Panleke Bash se Pe ee Sonntags von 1—?2 Uhr 2) Schiller’s Verhältniss zur Freundschaft und Liebe. Die Faustidee im Prometheus des Aeschylus und im Buche Hiob, Montags von 2Va—3"2 Uhr 3) Characterbilder aus der neueren deutschen Kunstgeschichte. ...... ..... Mittwochs von 212 —3" /2 „ Prof. Dr. Schubert, im Sommer 1892: Geometrie, imsbes. analytische Geom., Montags von im Winter 1892/93: Theorie u. Praxis [| 7"z—9V: Uhr Ab. der nieder. u.höher.Gleichungen. 7 N B I. Wissenschaftliche Abhandlungen. BR; he u 5 . = . r J nu u #. . A =. 5 i Mittheilungen aus dem botanischen Museum. Die parasitischen Exoasceen. Eine Monographie. Von Prof. Dr. R. Sadebeck, Direetor des Hamburgischen Botanischen Museums. Mit drei Doppel-Tafeln. Inhalt. Seite 1) Einleitung. 2) Umgrenzung der Gattungen der parasitischen Exoasceen ..... 8 3) Vergleichende Entwickelungsgeschichte und Biologie der Pazasiischen@Exdaseeem er en a.cen. 12 INERENE re ae ee are Bee er Are 14 Bes perenmirendeiMyeele na au en en aaa an een ern 24 Leer a a ro 28 IM mus el a. ee Bahasa PER EEE RL N TEEN 35 Zusgkaloeıe, dem, Ankeny.r. Js Haheratarıih dd sure landeten mer 35 4) Uebersicht der Gattungen und Arten der parasitischen SE EEE ee de, DER EEE SE PER EREN 38 5) Umgrenzung und Eintheilung der Exoasceen. .............: 42 6) Besprechung der einzelnen Arten. BE OHISCHSILRÜNDIUERENE N en nn na ng ee 44 rn BLOSTRUDIANUSESAUEDE Nr se enlarge 45 2 TARUNTHNSEDAdEDERIE ae ee en 47 RE ING, Sadebir Aurel ern 47 > Wresthitiaen Saleba. Se et ee ar nafa lei Sie 48 Er BERasTa Luck E Sadeb nee re a gerren s 48 ns TONUSE(OHanSHSadEe Dessen: 51 5 BUrDUrascens (Ell. et: Everh.) Sadeb.. ».% ..... 32: :.2......:-. 52 55 demanmeansutBerk.) Buckel 42.2. Mr. an se ann 53 ” CHataerer Buckel), Sadebi La zn can 54 , UDEGKPSENONE In. He ee re ee RL ERSTE 55 r Tosgwineran Westend.) Sadeb.. oa. m nr enaseen sera 56 .. RENNENS DE EL Le 56 ee REINE AS DES er a ee ee 59 3 BEDBITNUSS(ROBtR.) Sadeh. 1.2... vu un. Au wessen ana ana 60 . GlDERUS (Johan) Sadehr... rn. ans neanes ee nan.. 63 m WIRBT EEE N re e weaen hr 65 " bacteriospermus (Johans.) Sadeb..........-....---.rcrener0- 65 * Kar Ns ae ee ee 66 ne TUNENLORUNE SadeD ern ee area A ekegeie 67 = Gorna cerir (Giesenhs) Sadeb: ...22.2u..2. 000.22 00a 68 Taphrına bullata (Berk. & Br.) Tul..»...n.u.. 0.8.02. 2200 naar ee 68 re GBlrrae, Marsalongo »..2.... 2. Jeanne anno euere 70 = ISCHeB ee Oh ans nn ker es 71 = BREI (DRersu)aRries ... 0. 34.200000 nenn eulteucnensee- 72 = STEIN RS ee N ee NR 74 7 MS ER... 76 n DONEPOra(SOrER) ohans me 2 ee nen euer an ee 76 CANON OH ATS ee ee ee ee 77 en eDermlescensalMont-=&Desm.) Tul. » 2........ „2.2202. 000 are 78 s PRTENSEAQRECKJUSACCH TE en ee ne ne ae re ee 80 ne Bernlaealimekel)wlohans.. u. 26.402.000 ee 80 u ÜlmiatBuckehJohans "ce... 80. na ee ee 84 5; BEINSPSEdEDTE N ee Se ee 85 r Laurence Giesenhagen .... ru... sm .. 86 MonnusiellaBotentillae (Farlow) Sadeb. ... 1. nu sehe 86 ss kutescens: (Rostrup), Sadeb........ 2.2. ee re 87 > Havaa(Karlow) 'Sadeb..:x.....:.4.. rue ie Vene 87 " Githaginısı(Rostr.) Sadeb. .. 2... no meer 87 5 Umbelliferarum (Rostr.) Sadeb... su... era ee 88 7) Uebersicht der durch Exoasceen hervorgebrachten Pflanzen- krankheiten, nach den Wirthspflanzen geordnet ............ 89 8) Geographische Uebersicht über die Verbreitung der parasitischen Ixoaseeen® ee ni als ae re ee ee 93 Mehückblicks me 2.7.2220. .2 2: 22 2 Se an 99 O)@Erklärung*der.Tateln.ı ....16.2.1 3» va a ee 104 Einleitung. Bei meinen bisherigen Untersuchungen über die Exoasceen ') habe ich wiederholt darauf hingewiesen, welche Bedeutung für die Phytopathologie den parasitischen Formen dieser Pflanzenfamilie zu- kommt. Es erschien daher wünschenswerth, die Betheiligung dieser Pilze an den in Frage kommenden Krankheitserscheinungen der Wirths- pflanze nach allen Richtungen hin und in allen Einzelheiten klar zu legen. Hierzu bedurfte es aber nicht nur der Kenntniss einzelner entwickelungsgeschichtlicher Vorgänge, sondern vielmehr einer umfassen- den vergleichenden Untersuchung, denn ich hatte sowohl bei den ent- wickelungsgeschichtlichen Untersuchungen von Exoascus Tosquinetii (West.) und Taphrina Ulmi (Fuck.), als auch namentlich gelegentlich der zuletzt von mir publieirten Abhandlung über die Gattung Taphrina vielfache Anhaltspunkte dafür gewonnen, dass ohne die Verwerthung der Entwickelungsgeschichte eine Klarheit nicht zu erwarten sei über die verwandschaftliche Zusammengehörigkeit der Formenreihen und in vielen Fällen auch über die Umgrenzung der einzelnen Arten. Es erschien daher erforderlich, die entwickelungsgeschichtlichen Unter- suchungen auf die meisten, wo möglich auf alle bis jetzt bekannten Arten auszudehnen. Im Verlaufe dieser Untersuchungen traten aber so viele neue Einzelfragen sowie auch Fragestellungen allgemeinerer !) 1. Beobachtungen und Untersuchungen über die Pilzvegetation in der Um- gegend von Hamburg. Herrn Bürgermeister Dr. Kirchenpauer zu seinem 50jährigen Doctorjubiläum am 8. August 1881 dargebracht von der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg. 2. Ueber die Entwickelungsgeschichte der Pilzgattung Exoascus und die durch einige Arten der letzteren verursachten Baumkrankheiten. 1882. Tageblatt No. 7 der 55. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zu Eisenach. Auch abgedruckt im Botan. Centralblatt 1882, Bd. XII, pag. 179 ff. 3. Die Exoasceen. (In Rabenhorst’s Kryptogamenflora von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz. Zweite Auflage. I. Bd. II. Abth. Leipzig 1884.) 4. Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus und die durch die- selbe um Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. Mit 4 Taf. (Jahr- buch der Hamburg. wissenschaftl. Anstalten I. Hamburg 1884.) 6 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Natur hinzu, dass die Arbeit um Vieles umfangreicher werden musste, als beim Beginn derselben anzunehmen war. Die Resultate der ent- wickelungsgeschichtlichen Untersuchungen liessen sich mit den biologischen Befunden in Verbindung bringen und gaben somit auch eine natürliche Grundlage für die Beantwortung der Frage über die verwandschaftliche Zusammengehörigkeit der Formengruppen und einzelnen Arten. Es er- schien daher nicht nur gerechtfertigt sondern nothwendig, der ursprüng- lich allein beabsichtigten entwickelungsgeschichtlichen Darstellung die- jenige der verwandschaftlichen Beziehungen der einzelnen Formen folgen zu lassen, und die vorliegende Arbeit wurde somit zu einer monographischen Zusammenstellung meiner Untersuchungen über die para- sitischen Exoasceen. Da es aber unzweckmässig erschien, die Resultate meiner vor zwei Jahren erschienenen Arbeit über diese Pilze, welche ich damals in der Pilzgattung Taphrina zusammenfasste, in motivirender Form an dieser Stelle nochmals wiederzugeben, so möge man anderer- seits die jetzige Arbeit als eine Fortsetzung und Ergänzung der Arbeit: „Kritische Untersuchungen über die durch Taphrina- Arten hervor- gebrachten Baumkrankheiten* betrachten. Naturgemäss werde ich daher im Nachfolgenden auf dieselbe vielfach verweisen, zumal ich auch schon in dieser eben genannten Publication die hier vorliegende Arbeit in Aussicht gestellt habe. Während nun in dieser im Jahre 1890 veröffentlichten Arbeit ausser manchen für die Kenntniss der parasitischen Exoasceen nicht unwichtigen Einzelheiten namentlich die Mittheilungen über den experimentellen Beweis gegeben wurden, dass durch Exoasceen in der That die sog. „Hexenbesen“ auf der Wirthspflanze erzeugt werden, soll im Nachfolgenden die Ent- wickelungsgeschichte und Biologie dieser Pilzformen eine eingehende Besprechung finden. Auf Grund dieser wird dann die systematische Eimtheilung sowie die Erörterung über die einzelnen Arten folgen. 5. Ueber die im Ascus der Exoasceen stattfindende Entwiekelung der Inhaltsmassen. (Sitz.-Ber. d. Gesellsch. für Botanik zu Hamburg I. 1884. Auch abgedruckt im Bot. Centralbl., Bd. XXV.) 6. Neuere Untersuchungen über einige Krankheitsformen von Alnus incana und glutinosa (Sitz.-Ber. d. Gesellschaft für Botanik zu Hamburg IV. 1888. Auch abgedruckt im Botan. Centralbl., Bd. XXXVD. 7. Kritische Untersuchungen über die durch Taphrina- Arten hervorge- brachten Baumkrankheiten. Mit 5 Tafeln. (Jahrb. der Hamburg. wiss. Anstalten. Jahrgang VII. 1890. Arbeiten des Botanischen Museums. Hamburg 1891.) NB. Im Nachfolgenden werden die unter Nr. 4 und Nr. 7 genannten Ab- handlungen häufiger eitirt werden müssen; ich werde daher der Kürze wegen die erste derselben als „4, S.....*“ und die letztere als „@, S.....“ bezeichnen. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. # Aus dem Nachfolgenden wird hervorgehen, dass seit meiner letzten Mittheilung (@) wiederum neue Arten ')®) der Exoasceen aufgefunden worden sind, und dass es nunmehr auch gelungen ist, Exoasceen-Infectionen nicht nur in dem südlichen Europa, sondern auch in den Tropen ®) zu beobachten, in den letzteren allerdings zu- nächst nur an zwei Pteridophyten. Auch einige bisher noch nicht unter- schiedene Species sind als solche nach der Untersuchung der Ent- wickelungsgeschichte erkannt worden und werden im Nachfolgenden zum ersten Male beschrieben werden. Neue Varietäten wurden von Massalongo*®)°) genauer untersucht, Brefeld 9 publicirte seine Untersuchungen über die Exoasceen. Auf alle diese Arbeiten und die neuen Arten werde ich im Gange der nachfolgenden Besprechung wiederholt zurückzukommen Veranlassung finden. Obgleich es möglich war, die meisten Arten Mitteleuropas in der Natur selbst zu beobachten und ausreichendes Untersuchungsmaterial derselben zu sammeln, so blieb doch noch ein Theil wichtiger, namentlich exotischer Exoasceen-Formen übrig, für deren Beschaffung ich auf fremde Hülfe angewiesen war. Von diesen Arten erhielt ich das nöthige Vergleichs- und Untersuchungsmaterial durch die Freundlichkeit der Herren Prof. Dr. Engler in Berlin, Prof. Dr. W. G. Farlow in Cambridge, Massachusetts, P. Hennings inBerlin, Prof.Dr.Hieronymus in Berlin, Dr. Klebahn in Bremen, Dr. Oswaldo Kruch in Rom, Prof. Dr. Magnus in Berlin, Prof. Dr. Massalongo in Ferrara (Romagna), Prof. Dr. Rostrup in Kopenhagen, Prof. Dr. Thomas in Ohrdruf und Dr. ©. von Tubeuf m München. Bei den Untersuchungen selbst, welche schon wegen der nicht unbedeutenden Anzahl von Arten ziemlich umfangreich werden mussten, wurde ich in anerkennungswerthester Weise von Herrn Dr. C. Brick, Assistenten am Botanischen Museum, unterstützt. 1) Rostrup, E. Taphrinaceae Daniae. (Vidensk. Meddel. fra den naturh. Foren. Kjebenhayn 1890.) 2) Kruch, O. Sopra un caso di deformazione (Scopazzo) dei rami dell’ Elce. (Malpighia IV. Fasc. IX—X. 1891). 3) Giesenhagen, K. Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. (Flora, Ergänzungsband 1892, pag. 130—156 mit 2 Taf.). 4) Massalongo, C. Intorno alla Taphrina campestris (Sace.) (Nuovo Giornale Botan. Ital. Vol. XXIH. No. 1, 1891). 5) Massalongo, C. Intorno alla Taphrina polyspora (Sor.) Johans. var. Pseudoplatani Mass. (Bull. della Societä botan. ital. Adunanza della sede di Firenze del 14. Febbr. 1892). 6) Brefeld, O0. Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mykologie. IX. Heft. Die Hemiasei und die Ascomyceten. Münster 1891. pag. 141 ff, 8 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Umgrenzung der Gattungen der parasitischen Exoasceen. Kurz nach der Publication meiner letzten Untersuchungen '!) über die von parasitischen Exoasceen hervorgebrachten Pflanzen- und Baumkrankheiten erschien eine äusserst wichtige Arbeit Brefeld’s?), in welcher Untersuchungen über zwei Arten dieser Pilzfamilie, Taphrina Johansonit Sad. und Exoascus deformans (Berk.) behandelt werden. Brefeld gelangt hierbei zu dem Schlusse, dass es nicht ungerecht- fertigt sein könne, zwei Gattungen, nämlich Taphrina (vertreten durch T. Johansonii Sad.) und Exoascus (vertreten durch Eroascus deformans Berk.) zu acceptiren; aber er legt auf diese Trennung kein sehr grosses Gewicht, sondern sagt pag. 144: „Die Gattungsbegriffe sind je nach dem Tacte der einzelnen Autoren bemessen; sie bedeuten kein bestimmtes, sondern in jedem Falle verschiedenes Maass von Unterschieden und Uebereinstimmung. Will man aber dasjenige Maass von Unterschieden zur Bildung von Gattungen gelten lassen, welches innerhalb der Formen der Ascomyceten bereits allgemein zur Geltung gekommen ist, so muss man die Formen mit viersporigen Schläuchen von denen mit typisch achtsporigen Asken generisch abtrennen. In diesem Falle bleibt die Nomenclatur als die zutreffende bestehen, wie sie hier für Taphrina im Gegensatze zu Exoascus angewandt ist.“ Es ist nicht zu leugnen, dass Brefeld bei seiner Annahme einer nothwendigen, generischen Trennung der Gattung Taphrina in die Gattungen Exoascus und Taphrina den richtigen Blick gehabt hat; aber die Anzahl der Sporen kann nach meimen Beobachtungen nicht das Kriterium für die Trennung bilden. Gerade in der Anzahl der Sporen sind oft bei einer und derselben Art ganz erhebliche Schwankungen vorhanden. Taphrina Ulmi z. B. bildet auf Ulmus campestris bald vier, bald acht Sporen in den Asken aus, meistens jedoch, wie es scheint, acht. Ich betone hierbei ausdrücklich „wie es scheint“, denn bei so grossen Schwan- kungen kann ich ein sicheres Urtheil nicht abgeben, ob vier oder acht Sporen häufiger in den Asken ausgebildet werden. Dasselbe beobachtete ich auch auf Ulmus montana in den Asken der Taphrina Ulmi, welche in den Voralpen nicht selten ist. Dieses eine Beispiel würde schon genügen, um nachzuweisen, dass die D) ‘. 2) Brereld, a. 3.0. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 9 Anzahl der Sporen zu schwankend ist, um auf Grund derselben generische Trennungen vorzunehmen; ich füge aber hinzu, dass ich auch bei Taphrina bullata, Exoascus epiphyllus, E. Farlowü ete. ganz ähnliche Schwankungen beobachtet habe, und ich glaube überhaupt, dass diese Schwankungen innerhalb der ganzen Gruppe der parasitischen Exoasceen sehr verbreitet sind. Ich habe fast bei allen Arten, bei vielen regelmässig, bei anderen nur sehr selten, acht Sporen in den Asken finden können und möchte daher auch glauben, dass man im Allgemeinen die Zahl acht als die typische Anzahl betrachten kann, und Asken mit einer geringeren Anzahl von Sporen oder mit Conidien- bildungen im Innern des Ascus Abweichungen von der typischen Ausbildung des Ascus-Inhaltes darstellen. Nach einer Durchmusterung der einzelnen Arten der parasitischen Exoasceen muss man demnach zu dem Schluss gelangen, dass in der Anzahl der Sporen oder in der Aus- bildung des Ascus-Inhaltes keine Motivirung gefunden werden kann zu der Theilung der parasitischen Exoasceen in zwei oder mehrere Gattungen. Andererseits aber hat die vergleichende Entwickelungsgeschichte, welche allerdings erst im Nachfolgenden dargelegt werden soll, zu dem Resultat geführt, dass es unnatürlich wäre, die Gattung Taphrina in dem Umfange zu belassen, welchen zuerst Johanson') für dieselbe annahm, und welchen ich alsdann bei der kritischen Besprechung einzelner Arten ?) acceptirte und Rostrup °’) ebenfalls seiner Eintheilung der dänischen Taphrinaceen zu Grunde legte. Demnach sind zunächst diejenigen bisher zur Gattung Taphrina gerechneten Arten, deren Asken aus keinem gemeinsamen Hymenium hervorgehen, generisch von denjenigen parasitischen Exoasceen zu trennen, deren Asken nur von einem gemeinsamen Hymenium ihre Entstehung finden. Die ersteren, deren Asken einzeln an je einem Fadenende des Mycels zwischen den Epidermiszellen oder ausserhalb derselben angelegt werden, vereinige ich in einer besonderen Gattung, welche ich nach meinem Freunde, Prof. Magnus in Berlin, mit dem Namen „Magnusiella“ bezeichne. Aber auch die anderen bisher in der Gattung Taphrina vereinigten Exoasceen, deren Asken nur aus einem gemeinsamen, subcuticularen Hymenium hervorgehen, sind auf Grund der entwickelungsgeschichtlichen Vorgänge in zwei besondere Gattungen zu vertheilen, wie im Nachfolgenden nachgewiesen werden wird. 1) Johanson, €. J. Om svampslägtet Taphrina. (Öfversigt af Kongl. Vetensk.- Akad. Förh. 1885. No. 1. Stockholm.) 2.9, 8% 3) Rostrup, E. Taphrinaceae Daniae. (Vidensk. Meddel. fra den naturh. Foren. Kjebenhavn. 1890). 10 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Mit Beziehung auf die bisherigen Bezeichnungen dürften für diese Gattungen am zweckmässigsten die Namen „Taphrina* und „Exoascus“ in Anwendung zu bringen sein, zwei Gattungen, welche auch biologisch leicht auseinander zu halten sind, mdem m der letzteren (Exoascus) alle diejenigen bisherigen Taphrina-Arten zu vereinigen wären, welche ein perennirendes Mycel besitzen und Deformationen ganzer Sprosse hervorbringen, während in der ersteren Gattung (Taphrina jetzigen Um- fanges) nur diejenigen Arten der früheren Gattung Taphrina verbleiben würden, welche kein perennirendes Mycel auszubilden vermögen und nur Flecken auf den Blättern der Wirthspflanzen erzeugen. Die bisherige Gattung Taphrina zerfällt somit m die Gattungen Magnusiella, Taphrina und Exoascus, welchen sich dann etwa noch als Sub- genus zu Taphrina die neuerdings von Giesenhagen beobachtete Taphrinopsis anschliessen würde. Was dagegen die Gattung Ascomyces, vertreten durch Ascomyces Tosqwinetii West. ') und Ascomyces endogenus Fisch ”), anlangt, so habe ich ebenfalls bereits darauf hingewiesen, dass die genannten beiden Pilze in keiner der anderen Gattungen der Exoasceen unterzubringen sind, da sie nach der Darstellung der Beobachter mycellose Pilze sind. Indessen kann ich meine Bedenken gegen die Beobachtungen über die in Rede stehenden Ascomyces-Arten nicht überwinden. Was zunächst die von Magnus untersuchte Ascomyces-Art betrifft, so finde ich bei einer Vergleichung der von demselben gegebenen Ab- bildungen, dass die in seiner Fig. 1 gezeichneten Asken mit denen der Taphrina Sadebeckii durchaus übereinstimmen. Auch solche Bilder, wie Magnus in Fig. 2 zeichnete, habe ich oft genug gesehen und anfänglich auch geglaubt, dass der Ascus im Innern der Zelle sich befindet 9; dies ist jedoch nicht der Fall, wie man sich durch gute Präparate mit Sicherheit überzeugen kann. Aber durch die ver- gleichenden Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Arten gelangt man leicht zu einer Klarheit über die in Frage stehenden Verhältnisse, und endlich findet man auch bei Anwendung von Tinetions- und anderen Präparationsmethoden, dass das, was von Magnus in Fig. 2 als Epidermiszelle gezeichnet ist und allerdings auch einer solchen sehr ähnlich erscheint, thatsächlich keine der Nährpflanze 1) Magnus, P. Ascomyces Tosquinetii West. Hedwigia 1874. S. 135 ff. Mit 1 Tafel. 2) Fisch, C. Ueber die Pilzgattung Aseomyces. Bot. Ztg. 1885. 5.33 ff. Mit 1 Tafel. 3) Beobachtungen und Untersuchungen über die Pilzvegetation in der Umgegend von Hamburg ete. 1881. 8. 9. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 11 angehörige Zelle ist, sondern die in manchen Fällen sehr bedeutend angeschwollene Stielzelle des Ascus, deren Membran durch Chlorzinkjod gelb gefärbt wird, während die benachbarten Wände der Epidermis- zellen nach einiger Einwirkung des genannten Reagens die blauviolette Färbung erhalten. Präparate, welche man aus Öberflächenstückchen der Epidermis erhält, zeigen noch deutlicher, dass der Parasit that- sächlich nicht im Innern der Epidermiszellen schmarotzt, sondern nur subeuticular. Wenn ich mich nun auf Grund der Abbildungen, welche Magnus giebt, zu der Annahme berechtigt gehalten habe, dass der von Magnus als Ascomyces Tosquinetii bestimmte Pilz mit Taphrina Sadebeckii Johans. zu identificiren sei, so wurde dies nach einer Durch- sicht der hierauf bezüglichen Präparate, welche Prof. Magnus mir freundlichst gestattete, zur Gewissheit. Auch nach den Abbildungen von Fisch!) glaube ich daher schliessen zu dürfen, dass derselbe ebenfalls nur Taphr. Sadebeckii vor sich gehabt hat. Die Figuren 3, 4 und 5 der Abhandlung von Fisch wenigstens sind sicher von keiner anderen Art entnommen, als von T. Sadebeckiü, und Fisch ist nur in Folge der Vernachlässigung der entwickelungsgeschichtlichen Unter- suchungen zu der Ansicht verleitet worden, dass der ihm vorliegende Parasit mycellos und daher der von Magnus aufgestellten Gattung Ascomyces einzuverleiben sei. Es ist doch auch in der That auffallend, dass es ausser Fisch bisher noch Niemandem gelungen ist, diesen von Fisch bei Rostock beobachteten Pilz aufzufinden, obgleich namentlich in der Umgegend von Hamburg, sowie in dem östlichen Holstein und auch im Mecklenburgischen seit 8 Jahren von mehreren Seiten eifrig danach gesucht worden ist. Immer und immer stellte es sich heraus, dass nur T. Sadebeckit gefunden war, aber kein mycel- loser Ascomyces. Obgleich ja die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass eine mycellose Exoascee"existirt, welche in den Epidermis- zellen sich entwickelt und keine subecuticularen Fruchtlager bildet, so ist doch die Wahrscheinlichkeit eine sehr grosse, dass Fisch m Betreff des Mangels eines Mycels geirrt hat und kemen Ascomyces (im Sinne von Magnus) untersucht hat. Vielleicht werden spätere entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen, ev. sogar des von Fisch benutzten Materials, Klarheit m diese Frage bringen. 1) Bot. Ztg. 1885. Tafel 1. 19 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Vergleichende Entwickelungsgeschichte und Biologie der parasitischen Exoasceen. Die Entwickelungsgeschichte einzelner Arten der parasitischen Exoasceen ist zuerst von A. de Bary an Eroascus Prumi Fuck. ) und von P. Magnus an Ascomyces Tosquinetüi Westend. ?) und Taphrina aurea Fri.) studirt worden. Darauf untersuchte ich selbst die Entwickelung von Exoascus Tosquinetii (West.) Sadeb. und Taphrina Ulmi (Fuck.) Johans. ®), aber man erhielt aus den bereits im Obigen angedeuteten Gründen trotzdem kein ausreichendes Bild von den entwickelungsgeschichtlichen Vor- gängen und ihren Beziehungen zu den biologischen Erscheinungen in der Abtheilung der Exoasceen, noch weniger aber von der verwandschaft- lichen Zusammengehörigkeit der einzelnen Formen. Es lag nun nahe, dem Studium der Entwickelungsgeschichte die Untersuchung der Repräsentanten der einzelnen Formenreihen in Nährlösungen, resp. auf festen Nährsubstraten zu Grunde zu legen; aber es ist mir auch bei Eroascus Tosquinetü, wo ich die Keimung der Sporen und die Ent- wickelung des Mycels wiederholt auf künstlichem Nährsubstrat beobachten konnte, nie gelungen, die Culturen längere Zeit, geschweige denn bis zur Ausbildung der Asken zu erhalten, und ich muss daher von einer Vergleichung solcher Culturen bei der Darstellung der Entwickelungsgeschichte absehen. Bei anderen Formen ist es mir trotz zahlreicher Versuche über- haupt nicht geglückt, auf künstlichem Nährboden Mycelbildungen zu erzielen. Auch Brefeld, der doch in der Anwendung solchen Nähr- substrates für die Entwickelung der Pilze unstreitig die bedeutendsten Erfahrungen besitzt, ist es nicht gelungen, die Sporen von Taphrina Johansonti oder Exoascus deformans zur Mycelbildung zu bringen. ) De Bary, A. Exoascus Pruni und die Taschen oder Narren der Pflaumen- bäume. Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze, pag. 33 ff. mit 1 Tafel, herausgegeben von A. de Bary und M. Woronin. Frankfurt a.M. 1864— 1870. ?) Magnus, P. Ascomyces Tosquinetii West. (Hedwigia, Bd. 13. Dresden 1874. Mit 1 Tafel. — Auch in den Sitzungsberichten des Bot. Ver. für die Provinz Brandenburg, Sitzung vom 31. Juli 1874). 3) Magnus, P. Zur Naturgeschichte der Taphrina aurea Pers. (Hedwigia, Bd. 14. Dresden 1875. Mit 1 Tafel.) ) 4,8. 94 ft. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 13 Derselbe fand bei der Untersuchung von Taphrina Johansonii '), dass in Nährlösungen die Sprossung der Conidien in Hefenform fortdauert, so lange überhaupt die Nährstoffe die Sprossung gestatten, aber dass es unmöglich ist, die Sprossconidien zur Fadenbildung zu bringen. Auch die Sporen oder Conidien von Exoasceus deformans ') sah Brefeld niemals zu Fäden auswachsen, wohl aber vermögen dieselben Monate lang in den erschöpften Nährlösungen und auch trocken aufbewahrt fortzu- leben, um wohl erst auf den Nährpflanzen, wo sie die jungen Triebe in den frühen Stadien befallen dürften, zur Fadenbildung überzugehen. Diese letztere ist ebenfalls sehr schwer zu beobachten und von mir auch nur bei Eixoascus Tosquenetri gefunden worden ?), wenn junge Knospen oder noch besser ganz junge Keimlimge als Infections-Objecte verwendet werden. Ueber diese habe ich schon in meinen ersten Mit- theilungen berichtet, und hervorgehoben, dass es nur sehr selten ge- lingt, das Eindringen des Keimschlauches ganz direct zu beobachten, da in den jungen Stadien der Knospenentwickelung die Blätter mehr oder weniger von den Hautdrüsen bedeckt sind. Nur in einem der wenigen für die Beobachtung günstigen Fälle, wo das Blatt schon etwas weiter in der Entwickelung vorgeschritten war, konnte ich an abgelösten Epidermisstücken eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung mit dem Eindringen der Keimschläuche beobachten, welche die Conidien von Phytophthora ommivora aussenden. Der Keimschlauch kroch auch hier erst. eine kleine Strecke auf der Cuticula der Nährpflanze hin und drang dann in die Spaltöffnung ein. In Präparaten, welche eine weitere Entwickelung des Pilzes in der Nährpflanze beobachten lassen, sieht man dann die subeuticulare Ausbreitung des sich vielfach ver- ästelnden Mycels. Da also weder durch Culturen in Nährlösungen, noch durch Infectionen auf der Nährpflanze Material für die Beant- wortung entwickelungsgeschichtlicher Fragen zu gewinnen war, wurden die aufemanderfolgenden Entwickelungsstadien des Pilzes in der Nähr- pflanze selbst aufgesucht und einer genauen Untersuchung unter- zogen und die letztere behufs der Vergleichung auf alle Arten, welche mir zugänglich waren, ausgedehnt. Für Magnusiella Githaginis, welche ich nicht selbst untersuchen konnte, beziehe ich mich auf die Angaben und gut characterisirten Abbildungen Rostrup’s. Ueber Ascomyces fulgens Clarke”), Ascomyces Fage Lambotte *), Ascomyces 1) Brefeld, Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mykologie. IX. Heft p- 142 und p. 144. 2) 4., S. 102. 3) Grevillea VIH, p. 97—100. sy 'Grevrllesa XI, p. 4. 14 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. letifer Peck ') auf Acer spicatum, Ascomyces rubrobrunneus Peck !) auf Quercus rubra und Taphrina candicans Saccardo °) habe ich mir kein genügendes Urtheil - bilden können und verweise daher auf die Original-Mittheilungen. Bei der im Nachfolgenden zu schildernden, vergleichenden Ent- wickelungsgeschichte bespreche ich selbstverständlich nur die Repräsen- tanten der einzelnen Gattungen und Formenreihen, soweit dieselben sich als solche aus den Gesammtuntersuchungen ergeben haben. Es werden dies also gemäss dem bereits auf Seite 9 u. 10 Vorausgeschickten die Gattungen Exoascus, Taphrina und Magnusiella sein. Exoascus. Als erstes typisches Beispiel greife ich Eroascus Tosquinetii (West.) Sadeb. heraus und füge zugleich einige Berichtigungen und Er- gänzungen meiner früheren Beobachtungen hinzu ®. Diese Berichtigungen beziehen sich namentlich auf die von mir gegebene Mittheilung, dass bei dieser Art sich eine Differenzirung des vegetativen Mycels in eine sterile und fertile Hyphe vollzieht behufs der Anlage der ascogenen Zellen; dies ist bei Eroascus Tosquinetii aber thatsächlich nicht der Fall, denn das gesammte Mycel geht bei dieser Art vielmehr in der Bildung der ascogenen Zellen, resp. also in der Bildung der Asci auf. Ich wurde bei meiner ersten Darstellung irregeleitet durch die damals in ihrer specifischen Verschiedenheit und also auch in ihrer verschiedenen Entwickelung nicht genügend bekannten und auseinander gehaltenen Exoascus- und Taphrina-Arten, welche namentlich häufig auf Alnus glutinosa Gärtn. vorkommen, nämlich des Exoascus Tosquinetii (West.) und der Taphrina Sadebeckii Johans. So ist es denn gekommen, dass Figur 4 und die auf dieselbe sich beziehenden oben angedeuteten Mittheilungen meiner ersten Abhandlung ?) sich gar nicht auf Eroaseus Tosquinetii beziehen, wie ich angenommen hatte, sondern auf Taphrina Sadebeckii. In der Voraussetzung aber, dass ich Präparate vor mir N) Peck, Ch. H.: Fortieth annual report of the New-York State Museum of Natural History for the year 1886. Report of the Botanist. Albany 1887. 2) Michelia ]J, p. 118: Caespitulis hypophyllis, applanatis, velutinis, candicantibus; ascis fascieulatis cylindraceo-clavatis, 75:12; apice obtusis truncatisve basi obtuse attenuatis, tunica apice integra, diu granuloso faretis, dein obseure polysporis, sporidiis globosis ovatisve, 5—6:4—5, saepe initio in catenulas 3—4 sporas junctis, dein recedentibus hyalinis. — In foliis vivis Teucrii Chamaedryos. — Tergestum. | 3) Man vergl. namentlich 3 und 4. #%) 4, woselbst dieser Pilz unter dem Namen Esxoascus alnitorquus Tul. be- sprochen wurde. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 15 hatte, welche nur von einer und derselben Species entnommen sind, musste ich es für erwiesen halten, dass die Differenzirung des vegetativen Mycels in eme fertile und eine vegetative Hyphe der Bildung der ascogenen Zellen vorausgehe. ' Meine Beobachtungen an Culturen auf künstlichem Nährsubstrat hätten mich allerdings auf den richtigen Weg führen können, denn sie hatten gezeigt, dass eine Differenzirung der fertilen Hyphe nicht ein- trat, und stoffliche Differenzirungen, welche ja bei diesen Vorgängen gerade von Bedeutung sind, überhaupt nicht erfolgten. Aber es war ja nicht als ausgeschlossen zu betrachten, dass der Pilz in künstlichen Nährlösungen nicht in völlig übereinstimmender Weise wie in der Nähr- pflanze sich entwickelte, zumal die vollständige Entwickelung des Pilzes bis zur Ascusanlage in der Nährlösung nicht beobachtet worden war. Eine vergleichende Entwickelungsgeschichte, wie sie hier versucht wird, existirte aber damals noch gar nicht. Auch die Mittheilungen, welche A. de Bary') über die Entwickelungsgeschichte von Exoascus Pruni gab, waren nicht derart, dass sie für andere Exoascus-Arten zur Ver- gleichung dienen konnten, denn de Bary hat seiner Entwickelungs- geschichte des Exoascus Pruni mehrere Exoascus-Arten auf ver- schiedenen Nährpflanzen zu Grunde gelegt, wie später im Einzelnen aus- geführt werden wird. Um nun über die Entwickelungsgeschichte des EHroascus Tosquinetii (West.) keinen Zweifel mehr obwalten zu lassen, gebe ich im Folgenden eine zusammenhängende Darstellung derselben. ?) I) Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze von A. de Bary und M. Woronin. Frankfurt a./M. 1860—1870. I. Band. 2) Den Nachweis, dass das Mycel in den Knospen der befallenen Zweige überwintert, habe ich ebenfalls bereits in meiner ersten Abhandlung, (4, pag. 97 ff.) auf Grund mehrjähriger Beobachtungen geführt und namentlich gezeigt, dass das Mycel des Exoascus Tosqwinetii sowohl in den Blättern als auch in den Blattstielen und jungen Zweigen ganz ausnahmslos nur subeutieular, nicht aber in den tiefer gelegenen Gewebeparthien der Nähr- pflanze sich ausbreitet. Dasselbe ist daher in den älteren Zweigen, deren Epidermis bereits durch resistentere und stärkere Hautgewebeformen ersetzt worden ist, nicht mehr zu finden, sondern mit der Epidermis abgestorben. Um nun den thatsächlichen Nachweis zu führen, dass das Mycel der jüngeren Triebe in der That auch von dem der älteren entstamme, wurden, wie ich a. a. 0. mitgetheilt habe, am 2. August 1881 fünf infieirte Erlenzweige zweier strauchartigen Erlen (Alnus glutinosa) genau bezeichnet und nummerirt, so dass sie im nächsten Jahre wiedergefunden werden konnten; darauf wurde von der oberen Hälfte eines jeden der inficirten Sprosse ein kleines Epidermisstückchen sorgfältig herausgeschnitten und die Wundfläche durch einen kleinen, dicht darunter angebrachten Messing- 16 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen Die Achsenorgane des Sprosses dienen meistens nur der vegetativen Verbreitung des Parasiten, die Entwickelung des Pilzes findet in der Regel nur m den Blättern statt. Auch in den Blattstielen scheint der Pilz nur selten über die Mycelentwickelung hinauszugehen, die Entwickelung desselben zur Fruchtform habe ich bis jetzt nur in der Blattspreite beobachtet. Die daselbst auftretenden Mycelfäden verästeln sich vielfach, bleiben aber auch hier stets nur subeuticular und dringen niemals zwischen die Epidermiszellen ein. Dagegen folgen sie bei ihrem Längenwachsthum oft dem Verlauf der Trennungswände der Epidermiszellen und bedecken daher diese Querwände, wie dies auf Flächenpräparaten der Epidermis besonders deutlich zur Anschauung gelangt, auf den Querschnitten durch das Blatt aber dadurch sich zu erkennen giebt, dass sie meistens nur über der zwei Epidermiszellen trennenden Wand zu beobachten sind. Bei sehr intensivem Wachsthum, wie z. B. namentlich in der ersten Hälfte des Sommers, breitet sich jedoch das Mycel auch noch mehr oder weniger über den übrigen Raum unter der Cuticula aus (Taf. I Fig. 2) und beschränkt sich also nicht allein auf die Rinnen zwischen den Epidermiszellen. Dagegen verläuft das Mycel, welches die Blatt- stiele durchzieht, vielfach längs der Zellwände, welche die Epidermis- zellen von einander trennen. Die letzteren werden hierdurch oben ring markirt. Jedes der losgelösten Epidermisstückchen wurde ebenfalls nach der Nummer des Zweiges, von welchem es entnommen war, bezeichnet und der mikroskopischen Untersuchung unterzogen; dieselbe constatirte in allen fünf Fällen die Anwesenheit des Mycels. Da durch das Loslösen so kleiner Fpidermisstückchen das Wachsthum des Zweiges keinerlei Einbusse erlitt, so wurden die jüngsten Triebe derselben Zweige im September 1882 in gleicher Weise markirt und untersucht; auch bei diesen wurde die Anwesenheit des Mycels constatirt. Im September 1883 wurden endlich sämmtliche fünf Zweige abgeschnitten und auf das Vorhandensein des Mycels geprüft. Das Resultat der Untersuchung war bei sämmtlichen fünf Beispielen das gleiche; in den älteren Trieben, nämlich denen der Jahre 1881 und 1882 war ein Mycelium weder in einiger Entfernung, noch in der Nähe der im August 1881 und im September 1882 durch je einen Ring bezeichneten Stelle aufzufinden, d. h. also auch nicht an denjenigen Stellen, an welchen es thatsächlich in den beiden vorhergegangenen Jahren beobachtet worden war, während es in den Trieben des Jahres 1883 leicht nachgewiesen werden konnte. Hiermit war also der Beweis erbracht worden, dass das Mycelium des Exoascus Tosquinetii (West.) in den jüngeren Trieben sich ausbreitet, in den älteren aber verschwindet, da es hier zugleich mit der Epidermis abgestorben ist. Die Frage, wo die Ueberwinterung desnachgewiesenermaassen perennirenden Mycels stattfindet, wurde ebenfalls durch die Untersuchung vorher markirter Zweige zu beantworten gesucht; es wurden in zwei aufeinander folgenden Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 7 etwas auseinandergedrängt, und es entsteht eine breite Rinne, in welcher der Mycelfaden liegt. Solche Rinnen findet man bei Infectionen durch Exoasceen nicht selten, und kann man auch bei den durch E. Tosquinetii inficirten Blättern mehrfach beobachten, wenn die Entwickelung des Pilzes über das Mycelstadium vorgeschritten ist (man vergl. darüber unten). Sehr ausgeprägt fand ich diese Furchen z. B. auch bei den Blättern der Hexenbesen von Carpinus Betulus bereits zu der Zeit, wo Exoascus Carpini das Mycelstadium kaum verlassen hatte. Andere Arten, insbesondere z. B. Taphrina Ulmi, verursachen in der durch die Hyphe emporgehobenen Cuticula eine nach aussen gewölbte Rinne. ') Während nun das Mycel des Kxoaseus Tosquinetii in vielfachen Verzweigungen und Anastomosen sich in der Lamina des Blattes auszubreiten beginnt, lösen sich oft — namentlich am Anfang der Vegetationsperiode — bereits in den etwas rückwärts vom fortwachsenden Ende gelegenen Parthien des Mycels, wo die Gliederung durch Quer- wände häufiger wird, mehrfach einzelne Zellen oder wenigzellige Glieder aus dem Gesammtverbande los. Hierdurch werden jedoch — entgegen meiner früheren Annahme — nur in selteneren Fällen die ascogenen Zellen direct gebildet. Vielmehr finden in Folge der fortgesetzten Stoff- aufnahme zunächst Volumvergrösserungen der abgetrennten Mycel- Jahren eine grössere Anzahl von infieirten Zweigen bezeichnet und num- merirt und einzelne derselben Ende August, Mitte Januar, Anfang März und Mitte April beider Jahre der genaueren Untersuchung unterzogen. Dieselbe ergab, dass das Mycel sich überall bereits in die jüngsten Knospen oder Knospenanlagen verbreitet hatte, während es bereits Anfang September nur noch in den jüngsten Trieben desselben Jahres aufgefunden wurde. Es sind somit die jungen, am Ende einer jedesmaligen Vegetationsperiode gebildeten Knospenanlagen diejenigen Theile der Nährpflanze, in denen das perennirende Mycel des Exoascus Tosqwinetii (West.) überwintert, und es wird somit auch erklärlich, dass das Mycel gleichzeitig mit dem Beginn der neuen Vegetationsperiode sein Wachsthum wieder aufnimmt. Dasselbe hält nun gleichen Schritt mit dem des jungen infieirten Sprosses und gelangt somit immer wieder in die jüngsten Parthien desselben. Diese Zweige erreichen indessen kein bedeutendes Alter, sondern vertrocknen und sterben spätestens im vierten oder fünften, sehr oft aber auch schon im zweiten oder dritten Jahre nach der erfolgten Infeetion ab. Dies ist wenigstens in dem norddeutschen Küstengebiet von mir stets beobachtet worden; es wäre jedoch interessant zu erfahren, ob auch in Süddeutschland die Lebens- dauer dieser inficirten Sprosse eine ebenso geringe ist. Die Hexenbesen von Alnus incana z. B. (man vergl. S. 57) erreichen im nordwestdeutschen Gebiete ebenfalls nur dasselbe geringe Alter, in Süddeutschland beobachtet man dagegen an Alnus incana nicht selten Hexenbesen von höherem Alter. ) 4, S. 104 und Taf. 2 Fig. 11. 18 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. glieder statt, darauf folgen in denselben wiederholte Zelltheilungen und das Resultat dieses ganzen Vorganges ist erst die Bildung der ascogenen Zellen (Taf. I Fig. 3 und 4). Indessen gehen der Bildung der ascogenen Zellen nicht immer derartige frühzeitige Loslösungen einzelner Zellen oder Mycelglieder voran, vielmehr bleiben bei den Infeetionen, von denen das ganze Blatt betroffen wird, wo also die Infection von Anfang an mehr oder weniger eleichmässig sich über das Blatt vertheilt, die Zellen und Mycelglieder relativ lange im Gesammtverbande. Allerdings schwellen sie im Laufe ihrer Entwickelung nicht unbeträchtlich an und erfahren vielfache Theilungen, aber sie lösen sich zum grossen Theil erst aus dem Verbande, wenn sie bereits zu ascogenen Zellen geworden sind und ein zur Fläche des Blattes senkrechtes Wachsthum annehmen, m Folge dessen sie die Cutieula durchbrechen. Zuerst sind die ascogenen Zellen kugelrund, sie werden aber sehr bald eirund und strecken sich mit ihrer weiteren Entwiekelung senkrecht zur Oberfläche der Nährpflanze. Hierbei heben sie einerseits die Cuticula empor, während sie nach unten zwischen die Epidermiszellen vordringen (Taf.l Fig. 4 u.6). Darauf durch- brechen sie die bedeckende Cuticula (Taf. I Fig. 7) und gelangen ins Freie. Sie wachsen alsdann zu länglich-eiförmigen, an ihrem freien Theile zunächst mehr oder weniger verjüngten Zellen aus, welche die Obertläche der Nährpflanze weit überragen, und erreichen im weiteren sehr bald die Grösse und Gestalt des fertigen Ascus. In dem unteren Viertel einer jeden dieser Zellen wird darauf durch eine Querwand die Stielzelle abgetrennt, wobei die plasmatischen Inhaltsmassen fast gänzlich in den Ascus übergehen, so dass die Stielzellen schliesslich in der Regel inhaltsleer werden. Die Einzelheiten, welche bei der Bildung der Stielzelle zu beobachten sind, habe ich namentlich bei Eroascus turgidus und Exoascus Orataegi genauer verfolgen können. Taphrina Sadebeckit, welche ich früher für die Untersuchung dieser Vorgänge benutzt hatte, erwies sich weniger günstig als Zroascus turgidus, da bei dem letzteren der Zellkern im der Stielzelle bis zur Ausbildung des Inhalts der Asken erhalten bleibt. Lange bevor bei den genannten beiden Arten die ascogene Zelle zum Ascus ausgewachsen ıst, beobachtet man an dem Zellkern der- selben die bekannten Theilungsvorgänge, welche, wie ich bereits gezeigt habe !), in dem Auftreten der Kernfiguren, der Kernspindeln, I!) Sitzungsberichte der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg. I. Heft. Sitzung vom 80. October 1884. — Auch im Bot. Centralblatt Bd. XXV abgedruckt. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 19 der Aequatorialplatten u. s. w. mit den analogen Entwickelungsstadien der Zellkerntheilung in höheren Organısmen im Wesentlichen übereinstimmen, so dass es genügt, auf diese zu verweisen. Erst nachdem in der ascogenen Zelle durch die Theilung des ursprünglichen Zellkerns zwei Zellkerne entstanden sind, erfolgt — zwischen beiden Zellkernen — die Bildung der Zellwand, welche Ascus und Stielzelle trennt. Nun erst beginnt der Ascus von Eroascus turgidus in die Länge zu wachsen, aber eine Weiterentwickelung seiner Inhaltsmassen erfolgt erst, nachdem er seine definitive Grösse erreicht hat. Alsdann finden in demselben die der Bildung der Sporen vorangehenden Kerntheilungen statt; man vergl. darüber z. B. bei Fisch ') und bei Zimmermann °). Für das Studium der bei den Kerntheilungen zu beobachtenden Einzel- heiten bieten die Asci der Exoasceen keine besonders günstigen Objecte. Es ist mir aber trotzdem schon bei früheren Untersuchungen ®) der Nachweis gelungen, dass die Bildung der Sporen auf eine Theilung der Zellkerne zurückzuführen ist, indem ich namentlich bei Krxoascus turgidus die Stadien der Spindelfaserbildung für die in Theilung be- griffenen Kerne mit Sicherheit nachweisen konnte. Ueber die Ejaculation der Sporen aus dem reifen Ascus liegen für Exoascus Tosqwinetii keine besonderen Beobachtungen vor; es mag daher genügen, auf die Mittheilungen, welche ich am Ende dieses Abschnittes über diesen Vorgang hinzugefügt habe, zu verweisen (man vergl. S. 35 ff.). Das erste makroskopisch sichtbare Anzeichen eines durch Erxoascus Tosquinetii (West.) infieirten Sprosses besteht darin, dass bereits die in der ersten Entfaltung begriffenen zarten Blätter sehr klebrig und kraus werden. Die weitere Einwirkung des Pilzes ruft dann stärkere Hypertrophien des Blattes hervor, in Folge deren dasselbe zunächst wellenförmige Unebenheiten bildet und alsdann im Laufe der weiteren Entwickelung ein derartig gesteigertes Flächenwachsthum erfährt, dass es, namentlich im Hochsommer, das 2—3fache seiner normalen Grösse erreicht; beim Beginn der jedesmaligen Vegetationsperiode beobachtet man derartige Hypertrophien seltener. Die Entwickelung der Infection wird abgeschlossen durch das Auftreten eines grauweissen Reifes auf der Oberseite, häufig auch auf der Unterseite des Blattes, eine Erscheinung, welche durch die hervorgebrochenen Asken verursacht 1) Botanische Zeitung 1885, pag. 33 ff. 2) Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle in Schenk’s Handbuch der Botanik. 3. Band. Zweite Hälfte. pag. 538. 3) 4, Taf. 3, Fig. 30 und $. 101. 30 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 27 wird und der Oberfläche des Blattes ein höchst auffallendes, fast sammtartiges Aussehen verleiht. Indem nun aber durch die Asken die Cutiecula des Blattes durchbrochen und abgehoben wurde, wird die Verdunstung eine gesteigerte und dem Blatte der Wassergehalt ver- hältnissmässig schnell entzogen. Das Blatt rollt sich daher — die Oberseite nach innen — etwas zusammen und erhält eine muldenartige Form. In diesem Zustande bleibt es meist noch mehrere Tage an dem Mutterzweige haften, fällt jedoch leicht ab, sowie es von einem Windstoss getroffen wird. Andernfalls schrumpft es, an den Rändern beginnend, allmählich gänzlich zusammen und wird endlich völlig trocken und braun. Diese Infection beschränkt sich niemals auf ein einzelnes Blatt eines Sprosses, sondern, da derselbe ja gemäss den vorangegangenen Mittheilungen ganz und gar von dem Pilze befallen ist, auf sämmtliche jlätter eines Zweiges. Selbstverständlich werden daher auch nicht alle Blätter eines Sprosses gleichzeitig angegriffen, denn die äussere Erscheinung der Infection ist ja nur die Folge der Verbreitung des Schmarotzers, welche (man vergl. oben) mit dem Wachsthum der Nährpflanze gleichen Schritt hält und gleichzeitig mit der Bildung der letzten (Winter-) Knospen auch in diese eindringt. Die Blätter eines befallenen Sprosses werden daher in acropetaler Reihenfolge ergriffen, und man kann demnach an einem und demselben Spross die aufeinander folgenden Stadien der pathologischen Einwirkung des Pilzes beobachten. An einem sechsblätterigen befallenen Zweige z. B. hatte das älteste, sonst völlig entwickelte Blatt bereits die oben be- schriebene muldenartige Form, während das nächst jüngere nur die ersten Anzeichen der Reifbildnng zeigte und zwei jüngere Blätter erst die, wenn auch sehr auffallende kraus-wellige Structur erhalten hatten. Bei den beiden jüngsten, in der Entwickelung noch sehr zurückgebliebenen Blättern endlich war die Infection nur noch mikroskopisch nachzuweisen ; das Mycel begann hier erst von den Blattstielen aus in die Lamina einzudringen. Alle durch Exoasceen hervorgebrachten Deformationen ganzer Sprosse oder Sprosssysteme bezeichne ich als „Hexenbesen‘“, auch wenn durch die Infection keine deutlich nachweisbaren Verkürzungen, Krümmungen u. s. w. der einzelnen Zweige entstehen. Ich rubricire daher auch die durch Exoascus Tosqwinetii erzeugte Krankheitsform von Almus glutinosa als „Hexenbesen“, resp. „„Hexenbesenbildungen‘“, da der befallene Spross thatsächlich sich ebenfalls schon makroskopisch leicht von gesunden Zweigen unterscheiden lässt und auch die Axen- theile im ähnlicher Weise etwas anschwellen wie z. B. bei jungen Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 21 Hexenbesen von Almus incana DC.). Da Exvascus Tosquinetii eine von denjenigen Exoascus-Arten ist, welche keine beschränkte Vegetationsdauer haben, sondern vom ersten Frühjahr bis zum Herbst in Entwickelung bleiben, so erklärt es sich, dass während des Sommers directe Infectionen durch die Sporen häufiger werden können und sich ausser den Hexenbesenbildungen auch die äussere Erscheinung der directen Infection durch die Sporen nicht selten beobachten lässt. Bei dieser entstehen mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern; mitunter wird auch die Hälfte oder */s des Blattes infieirt, und alle die befallenen Theile zeichnen sich stets durch dieselben Gewebewucherungen aus, welche bei den Blättern der Hexenbesen- bildungen beobachtet werden. Die welligen Hypertrophien treten hierbei als besonders charac- teristisch auf, und es wird, soweit ich bis jetzt beobachtet habe, ganz ausnahmslos das Blatt nach der Oberseite mehr oder weniger blasenförmig emporgewölbt, während die Unterseite des infieirten Blatttheiles in eine Vertiefung gelangt und die frische grüne Farbe der gesunden Theile verliert. Durch diese Auftreibungen ist diese Infeetion characterisirt und leicht zu unterscheiden von allen anderen durch parasitische Pilze hervorgebrachten Flecken auf den Blättern der Alnus gluti- nosa, insbesondere auch von den durch Taphrina Sadebeckü Johans. erzeugten Flecken, welche sonst ebenfalls auf der Oberseite auftreten, meistens allerdings gelb, nicht selten aber auch grauweiss erscheinen. Auf eine beachtenswerthe Form der Infeetion durch Exoascus Tosqwinetii, welche ich schon in meiner ersten Abhandlung über die Pilzgattung Exoascus ®) besprochen habe, will ich hier noch kurz hinweisen; die- selbe stützt sich auf folgenden kleinen Versuch, durch den — so viel ich weiss — zum ersten Mal der Nachweis der directen Infeetion durch die Sporen von Exoasceen geliefert wurde. Es wurden Erlenkeimlinge, welche während des ganzen Sommers von jeder Infection fern gehalten und daher auch gesund geblieben waren, am Ende der Vegetations- periode (10. October) mit Sporen von Exoascus Tosquinetii (West.) überschüttet; am 12. April des folgenden Jahres wurde die Infection eines Pflänzchens an einem noch ganz jungen, kaum 2 cm langen Blättehen wahrgenommen, welche sich darin äusserte, dass das obere Drittel des letzteren ganz auffallend dunkelroth und geschwollen erschien. Ausserdem bestätigte die Untersuchung abgelöster Epidermisstückchen die in der Taf. I Fig. 1—7 wiedergegebenen Stadien der Entwickelungs- geschichte des Pilzes auf das Deutlichste. 1) 2,8. 10 #. 2) 4, S. 10. Ds) Ds) Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Als zweites typisches Beispiel der Gattung Exoascus mag Exoascus epiphyllus Sad. folgen. In den wesentlichen Entwickelungs- vorgängen stimmt Eroascus epiphyllus wohl mit Exoaseus Tosquinetiü (West.) überein, insbesondere darin, wie die Erhaltung der Art durch ein perennirendes Mycel gesichert ist, und dann auch in der Thatsache, dass das in den Blättern sich ausbreitende Mycel im Laufe der Ent- wickelung des Pilzes vollständig zur Bildung der ascogenen Zellen verbraucht wird und eme Differenzirung des Mycels in einen sterilen und fertilen Theil nicht stattfindet (Taf. I Fig. 12). Andererseits aber unterscheidet die Entwickelungsgeschichte diesen Pilz mit Sicherheit von Taphrina Sadebeckii Johans. (man vergl. pag. 29 und Taf. III Fig. 1—8), mit welcher er häufig verwechselt worden ist, so lange man bei der Bestimmung der Art nur die Gestalt der reifen Asken in Betracht zog. Die Entwickelung beginnt auch hier mit der Ausbreitung des Mycels in den Blättern des befallenen Pflanzentheiles, aber es wurden niemals Loslösungen älterer Theile des Mycels beobachtet, während dasselbe in den jüngeren Theilen noch im lebhaften, vegetativen Wachsthum begriffen ist. Erst wenn das letztere sein Ende erreicht und das Mycel durch die Lamina des Blattes subeuticular sich ausgebreitet hat, finden Loslösungen einzelner Zellen oder Mycelglieder annähernd eleichmässig in der ganzen Blattfläche (Taf. I Fig. 12) statt, wodurch die Bildung der ascogenen Zellen eingeleitet wird. Es begimnen hiermit zugleich unter fortdauernder Stoffaufnahme aus der Nährpflanze erhebliche Anschwellungen der einzelnen losgelösten Mycelglieder einzutreten, denen dann wiederholte Zelltheilungen folgen, bis endlich in der Bildung der ascogenen Zellen dieses Entwickelungsstadium sem Ende erreicht. (Taf. I Fig. 13). Die ascogenen Zellen runden sich nun etwas ab und beginnen ein zur Fläche des Blattes senkrechtes Wachsthum, wodurch sie zunächst länglich -eiförmig werden (Taf. I Fig. 14), um schliesslich in gleicher Weise wie die anderen Exoascus- Arten die Entwickelung mit der Ausbildung des Ascus abzuschliessen. Ueber die durch diese Art hervorgerufenen Hexenbesen- bildungen habe ich bereits in Abhandlung %, pag. 10 fi. berichtet und verweise auf diese. Mit der Entwickelungsgeschichte des Eroascus Tosqwinetir stimmt ebenfalls diejenige des Erouscus Crataegi mehrfach überein. Auch hier lösen sich bereits zu der Zeit, wo das Mycel noch im Begriff ist, sich in der Lamina des Blattes auszubreiten, in den von den wachsenden Fadenenden rückwärts gelegenen Theilen einzelne Zellen oder wenig- zellige Mycelglieder los. Dieselben schwellen nun zunächst erheblich an und erfahren darauf wiederholte Theilungen, deren Endresultat die Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 23 Bildung der ascogenen Zellen ist. Während aber das in die Lamina eintretende Mycel des Eroascus Tosquinetei fadenförmig bleibt, breitet sich dasjenige des Kroascus Crataegt bald geweihartig resp. handförmig aus und erhält dadurch ein höchst eigenthümliches Aussehen. Gleichzeitig treten breite und stark lichtbrechende Theilungswände in relativ grosser Anzahl an den fädigen Theilen des Mycels auf und deuten bereits die Stelle an, an denen besonders die Trennungen in einzelne Mycel- glieder erfolgen werden. Wie schon oben mitgetheilt wurde, findet dieser Vorgang in den älteren Myceltheilen bereits statt, während das Mycel an den fortwachsenden Enden noch im ausgiebigsten Wachsthum begriffen ist. Taf. I Fig. 9 stellt eine solche Loslösung dar, entnommen von demselben Präparat wie Taf. I Fig. 8, welche die Art und Weise der Ausbreitung des Mycels m der Lamina veranschaulicht. Wenn aber die Ausbreitung des Mycels ihr Ende erreicht hat, beginnt dasselbe auch in den jüngsten Theilen anzuschwellen und sich durch Theilungswände zu gliedern. Alsdann treten auch hier die schon oben geschilderten Loslösungen einzelner Mycelglieder ein, und wir sehen also, dass schliesslich in der That das gesammte Mycel in die Mutter- zellen der ascogenen Zellen, resp. in die ascogenen Zellen, zerfällt. Bemerkenswerth ist hierbei die übrigens bei anderen Exoasceen ebenfalls mehr oder weniger hervortretende Eigenthümlichkeit, dass die Zellwände, welche die emzelnen Zellen des Mycels von emander trennten, ganz erheh- liche Verdickungen erfahren und z. Th. an einer der nunmehr losgelösten Zelle haften bleiben, wie z. B. Taf. I Fig. 9 zeigt. Diese Trennungs- wände sind ausserordentlich lichtbrechend und verleihen dem Ganzen ein höchst characteristisches Aussehen, weil sie in sehr grosser Anzahl, fast bei jeder der losgelösten Zellen, beobachtet werden. Ueber diese Trennungswände wolle man übrigens auch in meimer früheren Abhand- lung über die Pilzgattung Exoascus (4) vergleichen, wo ähnliche Vorgänge bei Taphrina Ulmi beschrieben und abgebildet sind (Taf. II Fig. 11). Diese Trennungswände sind unter Anderem z. B. auch für Exoaseus betulinus Rostr. geradezu characteristisch und zur specifischen Unterscheidung von Eroascus turgedus zu verwerthen, bei welchem sie fehlen. In der Entwickelung der ascogenen Zellen zum Ascus finden bei E. Orataegi keine irgendwie nennenswerthen Verschiedenheiten statt von denjenigen Vorgängen, welche bereits im Obigen geschildert worden sind. Bezüglich der makroskopisch sichtbaren Anzeichen der durch diesen Exoascus hervorgebrachten Infeetion der Mespilus Oxyacantha findet man das Nähere auf S. 54. Von den übrigen Exoascus-Arten, welche an Rosifloren Infectionen ganzer Sprosse hervorzubringen vermögen, konnte namentlich Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 24 , I Exoascus minor Sadeb. genauer untersucht werden. In den Haupt- zügen stimmt die Entwickelung dieses Pilzes mit derjenigen von E. Tosqwinetii ebenfalls überein, indem auch hier das gesammte Mycel in der Bildung der ascogenen Zellen sich erschöpft, indessen sind doch in einigen Theilen des Entwickelungsvorganges Verschiedenheiten vor- handen, welche bereits bei einer Vergleichung der Abbildungen der analogen Entwickelungstadien hervortreten. Auch gestaltet sich die Entwickelung insofern noch emfacher, als Loslösungen einzelner Mycelglieder niemals erfolgen, so lange das Mycel noch im Begriff ist, in der Lamina des Blattes sich auszubreiten, was stets unter vielfachen Verzweigungen der Mycelfäden geschieht. Dabei treten in den letzteren reichliche und zum Theil stark lichtbrechende Scheide- wände auf und bewirken, dass das Mycel zunächst vielzelliger wird. Die einzelnen hierdurch entstandenen Zellen wachsen aber nun zu Seitenästen aus (Taf. II Fig.2 und 3) und werden ebenfalls sehr bald durch reichliche Scheidewände mehrzellig. Darauf beginnen sämmtliche Zellen ziemlich gleichmässig anzuschwellen, ohne jedoch zunächst das Längen- wachsthum aufzugeben. Dies geschieht erst, wenn sie etwa die Hälfte ihrer definitiven Dicke erreicht haben (Taf. II Fig. 4 und 5), worauf sich mehrzellige Complexe aus dem Gesammtverbande loslösen und die einzelnen Zellen derselben in Folge fortdauernder Stoffaufnahme sehr bald die definitive Grösse erreichen. Gleich darauf oder ziemlich gleichzeitig hiermit lösen sich nun aber sämmtliche Zellen aus dem Verbande (Taf. II Fig. 6) und werden zu ascogenen Zellen, deren Entwickelung zu Asken sich nicht wesentlich unterscheidet von der- jenigen des Exoascus Tosquineti. Auch die Entwickelung der übrigen Exoascus-Arten, welche bei Rosifloren Sprossdeformationen oder Degenerationen der Frucht- blätter hervorbringen, nimmt denselben Gang, welcher bei Eroascus minor beobachtet wurde, aber in dem Orte, wo das perennirende Mycel überwintert, und in der Art und Weise, wie dasselbe sich in jeder neuen Vegetationsperiode in den jungen Organen ausbreitet, finden mehrfache Verschiedenheiten statt, welche um so wichtiger sind, als durch dieselben auch manche biologische Fragen ihre Erklärung finden, wie z, Th. bei der Erörterung über die emzelnen Arten näher aus- geführt werden soll. Das perennirende Mycel der Exoascus-Arten. Sämmtliche bisher besprochenen Arten haben das Gemeinsame, dass die Erhaltung derselben ausser durch die Sporen namentlich durch ein perennirendes Mycel gesichert ist, welches mit dem Beginn emer Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 25 jeden neuen Vegetationsperiode in den jungen Organen sich aus- breitet, woselbst die Entwickelung und Ausbildung der Fruchtkörper erfolgt. In welcher Weise dies geschieht, ist im Obigen auseinander- gesetzt worden, und bei den einzelnen Arten z. Th. sehr verschieden, aber der Beginn der Fruchtanlage findet in allen Fällen erst dann statt, wenn sich das Mycel subeuticular auszubreiten beginnt. Es bleibt somit noch übrig mitzutheilen, in welcher Weise das Mycel überwintert, um thatsächlich befähigt zu sein, mit Beginn der neuen Vegetationsperiode der Nährpflanze die Infection fortzusetzen. Ueber das perennirende Mycel von Exroascus Tosquwinetii ist schon oben gelegentlich der Entwickelungsgeschichte das Nähere mit- getheilt worden, ebenso namentlich auch über die Art und Weise, wie dasselbe überwintert (cf. p. 15—17 Anm.). Ganz dasselbe finden wir auch bei E. epiphyllus, betulinus, turgidus, Carpini u. s. w. Bei allen diesen Arten überwintert das Mycel nur in den Knospen. Bei vielen Rosifloren dagegen, welche von Exoascus-Arten befallen werden, perennirt das Mycel im Innern der infieirten Zweige; dies ist ausser bei den durch Eroascus minor und E. Crataegi hervor- gebrachten Zweiginfecetionen wohl bei allen Hexenbesenbildungen der zu den Rosifloren gehörigen Bäume oder Sträucher der Fall. Eingehendere Beobachtungen über das perennirende Mycel dieser Hexenbesen liegen von Rathay ) und Kutsomitopulos?) vor, welche die Hexenbesen der Kirschbäume zum Gegenstande ihrer Untersuchungen nahmen. Rathay hat dabei zuerst den directen Nachweis geführt, dass in sämmtlichen Verzweigungen der unter der Bezeichnung ‚„Hexen- besen‘‘ bekannten Deformationen ganzer Aeste oder Zweigsysteme von Kirschbäumen ein intercellular sich verbreitendes, perennirendes und reichverzweigtes Mycel sich findet, welches in den meisten Fällen kurz- eliedrig, oft fast perlschnurartig ist, und durch diese äussere Form ganz besonders auffällt. Dasselbe ist in der primären Rinde, in dem Parenchym der secundären Rinde, in den Markstrahlen, im Marke, im Cambium und von Kutsomitopulos auch im Holzparenchym beobachtet worden. Der letztgenannte Autor trat auch der Frage näher, welche Veränderungen der einzelnen Gewebeelemente in der Geschwulst an der Basis der Hexenbesen sich nachweisen lassen, und namentlich, ob !) Rathay. Ueber die Hexenbesen der Kirschbäume und über Exoascus Wiesneri n. sp. Sitzungsberichte der K. K. Akademie der Wissenschaften zu Wien LXXXII. I. Abtheilung. 1881. 2) Kutsomitopulos. Beitrag zur Kenntniss des Exoascus der Kirsch- bäume. Sitzungsberichte der physik.-medie. Societät zu Erlangen. Sitzung vom 11. December 1882. 96 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. die Zahl der Zellen der einzelnen Gewebesysteme eine Zunahme der (reschwulst zeige im Vergleich zu den gesunden Theilen. Die Unter- suchungen führten nun zu dem Resultat, dass die hypertrophischen Deformationen der Hexenbesengeschwulst im Allgemeinen zurück- zuführen sind auf eine bedeutende Vermehrung der Gewebelemente überhaupt), welche zugleich dünnwandiger und etwas weitlumiger werden. Ausserdem findet nach Kutsomitopulos namentlich überwiegende Parenchymbildung statt, woraus im Zusammentreffen mit den oben angeführten Momenten und der Unregelmässiekeit des Faserverlaufes eine grössere Lockerheit des Holzes sich ergiebt. Das perennirende Mycel von Exoascus Pruni Fuck. und E. Rostrupianus n. sp. ?) wurde dagegen in den taschentragenden Zweigen von Prumus domestica, P. Padus und P. spinosa von A. de Bary) beobachtet. Derselbe konnte von der Basis der jungen Zweige das Mycel immer durch die ganze Länge des Fruchtstiels, der sonst ganz normal beschaffen ist, und mehrmals auch in dem Bast des vorjährigen Zweiges, der die Tasche trug, verfolgen. In dem Stiel und dem Tragzweige fand de Bary das Mycel ausschliesslich und zu allen Zeiten nur im Weichbaste. ') Kutsomitopulos theilt a. a. OÖ. page. 5 folgende Einzelheiten für die anatomischen Eigenthümlichkeiten der basalen Geschwulst eines Hexen- besens mit, welche, verglichen mit den noch gesunden Theilen des Astes folgende Maasse zeigte: Bei einer Anzahl von 30 Jahresringen war der (uerdurchmesser des ganzen Astes an der gesunden Stelle unterhalb der Geschwulst 18—19 mm, derjenige der Geschwulst selbst dagegen 50—55 mm. Der Holzkörper der letzteren betrug im Durchmesser 38—47 mm, derjenige der eben bezeichneten, noch gesunden Stelle aber nur 13—14 mm. Diese Messungen beziehen sich auf trockenes Material, die im Nach- folgenden mitgetheilten mikroskopischen Messungen jedoch auf die hehufs der Herstellung gequollenen Präparate. Wie überall hatte der Querschnitt des gesunden Theiles des unter- suchten Astes ein verhältnissmässig dichtes, regelmässig gebautes Holz. Die Markstrahlen waren in dessen Mitte nur 1—4, meist 2 Zellen breit und maassen 9—38, durchschnittlich 27 ». Die 25—120, im Durchschnitt 60 » breiten Holzstränge enthielten kein Parenchym, nur diekwandige Fasern und zahlreiche Tracheen von mässiger Weite und ziemlicher Wandverdickung. Dagegen eine entsprechende Stelle der Geschwulst: Markstrahlen 4—8 Zellen breit, welche durchschnittlich 60 » diek waren. Die Holzstränge waren durchschnittlich bis auf 130 » angeschwollen. In diesen waren die Tracheen seltener, neben den Fasern viel Parenehym, alle Elemente dünnwandiger und merklich weiter, der Faserlauf häufig unregelmässig, schief bis wagerecht. 2), Tei.mSAn. ») Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze. Frankfurt a.M. 1864 --70. I. page. 40. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 97 De Bary hebt hierbei noch hervor, dass dies in der Tasche zuerst auch der Fall ist. Sobald dieselbe aber grösser geworden ist, treibt das Mycelium zahlreiche Zweige, welche aus dem Baste in das Parenchym der Fruchtwand treten, sich hier überaus reich verästeln und allenthalben zwischen die Zellen eindrängen. Bei .allen denjenigen Hexenbesenbildungen an Bäumen und Sträuchern dagegen, welche den Betulaceen angehören — die Ursache sind auch hier ausnahmslos Exoascus- Arten, wie wir im Weiteren sehen werden, — findet die Ueberwinterung des Mycels ın den Organanlagen der Knospen statt, wovon man sich während der Winterruhe theils direet ), theils auch dadurch überzeugen kann, dass man kurz vor dem Beginn der neuen Vegetationsperiode einzelne Zweige in Wasser bringt und unter dem Einfluss von grösserer Wärme zur Wiederaufnahme des Wachsthums veranlasst. In günstigen Fällen gelingt es, die jungen infieirten Zweige so weit zur Entwickelung zu bringen, dass man auch die Bildung der ascogenen Zellen auf den jungen Blättern nachweisen kann. Dieselbe Beobachtung macht man | auch sehr leicht bei der Infeetion von Alnus glutinosa durch Exoascus Tosgquinetii. Die Beobachtung des perennirenden Mycels ist unter Anderem z. B. bei Exoascus Carpini, E. epiphyllus, E. Tosqwinetiüi, E. betulinus, E. turgidus u. s. w. stets mit Leichtigkeit auszuführen. Es verbreitet sich aus den Blattanlagen mit der Entwickelung der Blattspreite in die letztere, woselbst es sich z. B. in den Hexenbesen von Carpinus Betulus schon nach relativ sehr kurzer Zeit zu verästeln beginnt und daher sehr leicht auffinden lässt. Das Mycel der genannten Arten überwintert und verbreitet sich mit dem Beginn der neuen Vegetations- periode stets nur subeuticular, dringt also niemals tiefer in das Gewebe ein, wie bei den vorhergeschilderten Arten. Ich habe überhaupt bis jetzt die Beobachtung gemacht, dass das Mycel der Hexenbesen- bildenden Exoascus-Arten, welches sich in den Blättern der deformirten Sprosse nur subeuticular ausbreitet, stets nur in den Knospen über- wintert, während das perennirende Mycel, welches sich nicht allein subeutieular, sondern auch in den inneren Gewebetheilen der Blätter 1) Auch in den Winterknospen der mir zur Beobachtung zugänglichen Hexenbesen von Fagus silvatica fand ich ein Mycel in den Schuppen und jungen Organanlagen, welches indessen sich nicht allein subeuticular ausbreitet wie z. B. bei den Hexenbesen von Alnus incana, sondern auch in das Innere des Blattgewebes eindringt. (Sitzungsberichte der Gesellsch, für Botanik zu Hamburg I. Sitzung vom 26. März 1885. — Auch im Botan. Centralblatt XXV. 1886 pag. 286—288 abgedruckt.) 98 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. der Hexenbesen, resp. auch der Fruchtorgane imtercellular ausbreitet, ganz ausnahmslos auch in den älteren Gewebeparthien der befallenen Sprosse überwintert. Man kann daher — falls nicht besondere Aus- nahmen noch gefunden werden sollten — den Schluss ziehen, dass das perennirende Mycel stets im Inneren älterer Zweige zu finden ist, wenn dasselbe im Innern der Blätter oder Blattorgane der infieirten Sprosse zu beobachten ist. Dagegen wird man das perennirende Mycel vergeblich in den inneren Gewebeparthien der deformirten Sprosssysteme suchen, wenn dasselbe in den Blättern nur eime subeuticulare Ausbreitung findet. Diese biologischen Verschiedenheiten geben auch genügende Anhaltspunkte für eime natürliche Eintheilung der Gattung Exoascus und werden daher im Nachfolgenden auch die entsprechende Berücksichtigung finden. Taphrina. Als ausgeprägtes Beispiel für die Entwickelung der meisten Taphrina-Arten kann zunächst Taphrina Sadebeckii Johans. dienen, eine ausserordentlich verbreitete, aber lange Zeit völlig übersehene Taphrina-Art, welche auf den Blättern der Almus glutinosa gelbe oder grauweisse Flecken erzeugt. Während die Gattung Exoascus dadurch ausgezeichnet ist, dass die Erhaltung der Art, wie wir gesehen haben, durch em perennirendes Mycel gesichert wird, ist bei keiner Species der Gattung Taphrina ein solches gefunden worden, und man darf, nach den ausserordentlich vielen hierauf gerichteten, in ihren Resultaten übereinstimmenden Beobachtungen wohl annehmen, dass bei dieser Gattung ein perennirendes Mycel nicht vorhanden ist. Die direeten Aussaat-Versuche, welche von mir mit Sporen mehrerer Arten der Gattung Taphrina angestellt wurden, haben in keiner Weise zu einem Resultat geführt; es war mir bisher weder möglich, die direcete Infection durch die Sporen nachzuweisen, — ich unterlasse daher auch eine Mittheilung über die vielfachen nach dieser Richtung hin vergeblich unternommenen Versuche —, noch auch in Nährlösungen die Sporen zur Bildung eines Mycels zu veranlassen. Bezüglich der Art und Weise, wie die Arten der Gattung Taphrina, zum Theil gerade die häufigsten und verbreitetsten Formen sämmtlicher Exoasceen von Jahr zu Jahr sich erhalten, verweise ich auf 7, S. 4 fi. und füge hinzu, dass ich zur Zeit keine andere Erklärung zu geben vermag, als Johanson), der sich auf die gelungenen Oulturversuche Hansen’s?’) mit überwinterten 1) Botan. Centralblatt XXXIII. 1888. p. 252. 2) Meddel. fra Carlsberg Laboratoriet. I. 1881. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 39 Conidien von sSacchuromyces apiculatus berief. So lange der directe Versuch keine Entscheidung im dieser Frage geliefert hat, kann man der Beantwortung derselben nach unseren heutigen Kenntnissen in keiner anderen Weise näher treten, als Johanson es gethan hat. Die Entwickelungsgeschichte der in Rede stehenden Arten wurde in derselben Weise wie bei der Gattung Exoascus studirt, nämlich an der Nährpflanze durch die Beobachtung der aufeinanderfolgenden Entwickelungsstadien. Bei Taphrina Sadebeckii Johans., deren Ent- wickelungsgeschichte sich in allen Einzelheiten auf das Genaueste verfolgen liess, ist das erste der bis jetzt beobachteten Entwickelungs- stadien dasjenige der subeuticularen Mycelbildung, wie es m Taf. Ill Fig. 1 dargestellt ist. Das Mycel verbreitet sich hierbei gleichmässig auf der Lamina des Blattes und bildet schliesslich auf derselben einen annähernd kreisrunden Flecken von etwa 0,5 cm Durchmesser, den jetzt durch eine besondere Färbung noch nicht ausgezeichneten, später aber so auffallenden, gelben Infectionstlecken. Nachdem hiermit das vegetative Wachsthum des Mycels sein Ende erreicht hat, tritt der Parasit in das zweite Stadium semer Entwickelung, nämlich dasjenige einer besonderen Anlage der fertilen Hyphe, ein Vorgang, durch welchen die Arten der Gattung Taphrina von denen der Gattung Exoascus ebenfalls sehr gut unterschieden sind. Es treten nämlich an den Mycelfäden zahlreiche, theils apicale, theils laterale Anschwellungen und Emergenzen auf (man vergl. Taf. III Fig. 2), welche im Laufe der weiteren Entwickelung sich zu der fertilen Hyphe ausbilden. Hierbei finden aber zugleich stoftliche Differenzirungen statt, da ın den genannten Emergenzen, d. h. in den Anlagen der fertilen Hyphe unter fortgesetzter Nahrungsaufnahme aus der Nährpflanze reichliche Inhalts- massen aufgespeichert werden, während das ursprüngliche, vegetative, fadenförmige Mycel seinen Inhalt allmählich verliert und später ver- schleimt (Taf. III Fig. 3 und 4). In der fertilen Hyphe sammelt sich ein dichtes, grobkörniges Plasma an, welches gleichmässig durch den ganzen Zellkörper vertheilt ist und an keiner Stelle irgendwelche Vacuolen enthält. Das vegetative Mycel dagegen führt zu dieser Zeit nur noch ein ausserordentlich feinkörniges Plasma, in welchem sich zahlreiche und grosse Vacuolen bilden. Man ist in Folge dieser stofflichen Verschiedenheit leicht im Stande, in Präparaten das vegetative Mycel von der fertilen Hyphe zu unterscheiden. Bei der Anlage der fertilen Hyphe von Taphrina aurea finden wir den Fall, dass die Differenzirung der Inhaltsmassen nicht allmählich erfolgt, sondern dass die gesammten 30 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Inhaltsmassen in die Anschwellungen des Mycels, d. h. in die ersten Anlagen der fertilen Hyphe sich zurückziehen und mit einer Haut umgeben (Taf. II Fig. 9). In Folge dessen wird das fadenförmige, sterile Mycel seines gesammten plasmatischen Inhaltes beraubt und verschleimt sehr bald. Die fertile Hyphe der Taphrina Sadebeckii schwillt nun bald nach ihrer Anlage sehr bedeutend an (Taf. II Fig. 2, 3, 4) und entwickelt sich zu den Mutterzellen der ascogenen Zellen. Ehe jedoch die Bildung der letzteren stattfindet, lösen sich die Mutterzellen derselben von dem sie tragenden oder unter einander verbindenden Mycelfaden früher oder später los und beginnen nun — jede der aus dem Gesammtverbande losgetrennten Zellen für sich — em separates Wachsthum, in Folge dessen diese Zellen mehrfache allseitige Emer- genzen und somit höchst characteristische Formen, oft mit tiefen Buchten erhalten. (Taf. HI Fig. 5). Nun erst treten auch in diesen Zellen Theilungen auf, deren Endresultat die Bildung der ascogenen Zellen ist. (Taf. HI Fig. 5, 6 und 7). Die letzteren runden sich bei ihrer Trennung von den Schwesterzellen ab und erhalten eine annähernd eiförmige „Gestalt, welche indessen selbstverständlich erst in @uerschnitten durch das Blatt zur Beobachtung gelangen kann. Die Inhaltsmassen, welche bei der Anlage der fertilen Hyphe durch eime sehr characteristische, grobkörnige, aber gleich- mässige Structur ausgezeichnet sind, behalten diese Eigenschaften bis zur Bildung der ascogenen Zellen, in denen dann behufs der Entwickelung der Asken die schon im Obigen geschilderten Vorgänge stattfinden. Der Entwickelungsgang von Taphrina Betulae (Fuck.) Johans. ist anfänglich im Wesentlichen derselbe, wie derjenige der 7. Sadebeckti und die Abbildungen Taf. I Fig. 12 — 21 sollen insbesondere dazu dienen, nach- zuweisen, dass während der ersten Stadien der Entwickelung thatsächlich auch in den äusseren Formen grosse Uebereinstimmungen vorhanden sind. Dieselben treten namentlich bei der ersten Anlage der fertilen Hyphe, d.h. also bei der stofflichen Differenzirung des ursprünglichen Mycels hervor (Taf. II Fig. 12, 16 und 17), während weiterhin bei der Ausbildung der ascogenen Zellen wesentliche Verschiedenheiten von den gleichen Vorgängen bei der Entwickelung der T. Sadebeckit beobachtet werden. Die ascogenen Zellen der bisher geschilderten Taphrina-Arten lösen sich in dem Entwickelungsgange des Pilzes aus dem früheren Gesammt- verbande los und stehen daher unter einander in keinem Zusammen- hange, diejenigen der Taphrina Betulae hingegen bleiben im Gesammt- verbande (Taf. II Fig. 21). Man findet hierin zweifellose Ueber- Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, 31 einstimmungen mit der Entwickelung der Taphrina Ulmi (Fuck.) Johans. D und T. Celtis Sadeb. Auch die reifen Asken dieser beiden zuletzt genannten Arten lösen sich nur seltener von dem Hyphensystem los, sondern bleiben im vollständigen Zusammenhange mit demselben. Die reifen Asken der Taphrina Betulae findet man dagegen oft frei und losgelöst von dem Gesammtverbande des Hyphensystems (Taf. II Fig. 15, 19 und 20), nur seltener im Zusammenhange mit demselben, Einen weiteren Unterschied zwischen Taphrina Betulae einer- seits und 7. Ulmi und T. Celtis andererseits beobachtet man bei der Untersuchung des Entwickelungsganges. Während die Ent- wickelung der Asken der letzteren beiden Arten in gleichmässiger Weise fortschreitet und sämmtliche Asken eines Hyphensystems gleichzeitig zur Anlage gelangen 9), fällt die Ausbildung der Asken von Tuphrina Betulae — selbst wenn man nur einen beschränkten Theil des Hyphensystems in Betracht zieht — zeitlich nicht zusammen. Man sieht vielmehr, wie z. B. auf Taf. II Fig. 21 dargestellt ist, nicht selten dicht neben der erst in der Entwickelung begriffenen fertilen Hyphe bereits völlig reife Asken. Auch das sterile Mycel, aus welchem sich die fertile Hyphe differenzirt hat, ist jetzt noch nicht verschwunden, sondern bleibt noch in Thätiekeit, indem aus demselben immer noch neue Anlagen von fertilen Hyphen erfolgen, so dass man oft an einem und demselben Präparat alle Entwickelungsstadien des Pilzes, von der ersten Differenzirung des sterilen Mycels bis zur Ausbildung der reifen Asken verfolgen kann (man vergl. Fig. 21 auf Taf. I). Das Wachsthum des sterilen Mycels von Taphrena Ulmi erlischt dagegen bereits nach der Anlage des fertilen Hyphensystems, indessen verschleimt dasselbe nur sehr langsam und bleibt daher auch fernerhin noch sichtbar, es konnte z. B. noch bei der Entwickelung der Asken ?) beobachtet werden. Der Entwickelungsgang der Taphrina Betulae zeigt indessen ın allen seinen Phasen sehr grosse Schwankungen; nur der allgemeine Entwickelungsgang ist constant. Man findet daher z. B. auch mitunter, — entgegengesetzt den obigen Ausführungen, denen die allgemeine Regel zu Grunde gelegt wurde —, dass die Ausbildung sämmtlicher Asken eines Infectionsfleckens zeitlich zusammenfällt. So z. B. bei ı) 4, S. 104 und Taf. 2 Fig. 11, 13, 14 und 15. Der daselbst gegebenen Entwickelungsgeschichte der Taphrina Ulmi (Fuck.) habe ich nichts hinzuzusetzen. Dagegen habe ich am Ende dieses Abschnittes auf S. 33 eine Berichtigung einer meiner früheren Angaben über die Biologie der T. Ulmi aufgenommen und daselbst den experimentellen Nachweis mitgetheilt, dass T. Ulmi ein perennirendes Mycel nicht besitzt. 2) 4, Taf. 2 Fig. 12 und 13. 39 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 57 Infeetionen, welche im Juli untersucht worden waren, während bei Infeetionen der Varietät arctummals, welche bisher nur im Herbst beobachtet worden sind, ebenfalls wieder die oben beschriebenen Vor- gänge emer nicht gleichzeitigen Entwickelung der Asken eines Infections- fleckens beobachtet wurden. Weitere Schlussfolgerungen lassen sich jetzt noch nicht aus diesen Thatsachen ziehen; es fehlen die hierzu ausreichenden biologischen Beobachtungen und namentlich das Ex- periment. Indessen schemen unter Anderem Witterungsverhältnisse die Entwickelung dieser kleinen Pilze in höherem Grade zu beeinflussen, als man es sonst bei derartigen Organismen beobachtet hat. In der neuesten Zeit ist von Giesenhagen !) in den buschigen Auswüchsen der Blätter von Pteris quadriaurita Retz. ein parasitischer Pilz aufgefunden und als Taphrina Laurencia bezeichnet worden. Derselbe wird als die Ursache der Auswüchse angesehen. Nach Giesenhagen ist dieser Pilz eine Exoascee, welche sich von den übrigen parasitischen Exoasceen im Wesentlichen nur dadurch unterscheidet, dass der Verlauf des Mycels kein intercellularer, sondern ein intracellularer ist, und die Anlagen der Asken innerhalb der Epidermiszellen, also nicht zwischen der Cuticula und den Epidermis- zellen erfolgen. Giesenhagen ist der Ansicht, diesen Pilz der Gattung Taphrina in ihrem früheren Umfange einzureihen, da die Diagnose dieses neuen Parasiten nur in dem einen Punkt von der der früheren Gattung Taphrina abweicht, dass dieser Pilz die Zellwände des Wirthes durchbohrt. Es ist dies, wie Giesenhagen nicht mit Unrecht hervorhebt, allerdings nur ein rein physiologisches Merkmal, welches die nächste phylogenetische Verwandschaft dieses neuen Pilzes mit den Arten der bisherigen Gattung Taphrina nicht ausschliesst, und es ist auch denkbar, dass der intercellulare oder intracellulare Verlauf der Hyphen bei den parasitischen Pilzen nicht durch die Natur des Pilzes bedingt wird, sondern dass diesem Mycelverlauf eine Eigenschaft des Wirthes zu Grunde liegt. Giesenhagen hält daher diesen Pilz für den Vertreter eines Subgenus der früheren Gattung Taphrina, welches er als Taphrinopsis bezeichnet. Da nun aber nach den obigen Auseinandersetzungen die Pilz- gattung Taphrina in die drei Gattungen Exoascus, Taphrina und Magnusiella zu theilen ist, so fragt es sich, welcher dieser drei Gattungen Taphrinopsis eimzureihen ist. Die Entwickelungsgeschichte dieses Pilzes ist allerdngs in Folge des unzureichenden Unter- suchungsmaterials noch nicht definitiv klargestellt, ja es sind I) Giesenhagen. Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. Flora, Erg. Bd. 1892, S. 142 ff. (man vergl. daselbst auf Tafel XII). Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 33 nicht einmal reife Asken mit Sporen beobachtet worden, welche die Zugehörigkeit dieses Pilzes zu den Exoasceen ausser allen Zweifel stellen. In Folge dessen habe ich an dem Material, welches mir durch die Freundlichkeit der Herren Prof. Dr. Engler und P. Hennings in dem Kgl. Botanischen Museum zu Berlin zur Verfügung stand, sowie an Exemplaren memes Herbars, welche ich als „Exobasi- dium-Deformationen der Pieris quadriaurita Retz.“ (gesammelt von Dr. C. Bauer in Üeylon) bezeichnet hatte, die erforderlichen Nachuntersuchungen angestellt, aber auch in keinem Falle reife Asken mit Sporen gefunden. Wohl aber fand ich die Abbildungen Giesen- hagen’s bestätigt und auch die Vergleichung der Präparate, welche Giesenhagen mir freundlichst zugesendet hatte, führte zu demselben Resultat, welches ich durch die oben bezeichneten Nachuntersuchungen gewonnen hatte. Ich bin daher der Ansicht, dass der Parasit sich der Gattung Taphrina (in dem S.42 bezeichneten Umfange) am nächsten anschliesst. Es findet hier eine Differenzirung des vegetativen Mycels behufs der Anlage der fertilen Hyphe in völlig analoger Weise statt, wie bei Taphrina, von welcher sich also der Parasit thatsächlich nur durch die Art und Weise seines Vordringens in der Wirthspflanze unterscheiden würde. Es wäre zu wünschen, dass die Klarstellung aller einschlägigen Fragen recht bald gelingen möchte, und auch über die Askennatur der Fruchtkörper sichere Beobachtungen gemacht werden könnten. Vielleicht sind die Mittheilungen, welche ich auf 8. 57 noch hinzugefügt habe, bei den Untersuchungen zu verwerthen. In allem Uebrigen muss ich auf die genannte Arbeit Giesenhagen’s verweisen, in welcher auch der Einfluss des Parasiten auf den Wirth in eingehender Weise behandelt wird. Meine früheren Mittheilungen über das perennirende Mycel von Taphrina Ulmi muss ich an dieser Stelle aber berichtigen. Ich hatte, namentlich mit Bezug auf die Analogie mit Exoascus Tosqwinetir (West.), angenommen, dass auch Taphrina Ulmi ein perennirendes Mycel besitze. Ich war zu dieser Annahme verleitet worden, weil ich an einem Zweige eines sehr jungen Triebes von Ulmus campestris Taphrina-Mycel fand. Dieselbe Beobachtung habe ich später noch einmal gemacht, aber dabei zugleich gefunden, dass dieses Mycel nicht in Verbindung stand mit den Infectionsflecken, welche sich auf den Blättern entwickelten, sondern eine besondere Infection für sich darstellte, welche auf den jüngsten Theilen der Zweige von Ulmus-Arten unter besonders günstigen Bedingungen mitunter auftritt. Ausserdem haben die Versuche, welche ich behufs des Nachweises eines perennirenden Mycels neuerdings wiederholt eingeleitet hatte, zu folgenden 2} JO 34 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Resultaten geführt. Nur in höchst wenigen Fällen fand ich, dass die mit stark infiecirten Blättern versehenen Zweige, welche im Sommer durch Ringe markirt worden waren, im nächsten Sommer in gleicher Weise erkrankten; in den weitaus meisten Fällen waren gerade die Blätter der als inficirt markirten Zweige in dem nächstfolgenden Sommer gesund, während die Infeetion sich zu der gleichen Zeit auf Blättern solcher Zweige zeigte, an welchen im Sommer vorher keine Spur von Inteetion beobachtet worden war. Um Hamburg, wo Taphrina Ulmi sonst ziemlich verbreitet ist, konnte ich noch folgenden Versuch anstellen. Bei Billwärder — zwischen Hamburg und Berge- dorf — beobachtete ich den Parasiten nur an einer einzigen Stelle, an dieser aber in mehreren Jahren. Im Sommer 1890 wurden nun sämmtliche Ulmenblätter entfernt, an welchen der Beginn der Infection bemerkbar war; es wurde also nach Möglichkeit zu verhindern gesucht, dass die Asken bis zur Entwickelung der Sporen vorschritten und eine Infection durch die Sporen eintreten konnte. Im folgenden Jahre, 1891, waren an dieser Stelle die sonst so häufigen Erkrankungen durch Taphrina Ulmi verschwunden. Um weitere Anhaltspunkte für den Nachweis zu erhalten, dass die Verbreitung der Taphrina Ulmi thatsächlich nur auf die Infecetion durch die Sporen zurückzuführen sei, wurden auch Zweige von Almus glutinosa, welche durch Ewoascus Tosquinetii, und Zweige von Almus incana, welche durch Exoascus epiphyllus infieirt waren, in gleicher Weise behandelt, d. h. aller Blätter beraubt, ehe auf denselben die Asken zur Reife gelangt waren. Es wurden also Exoasceen, welche nachgewiesenermaassen ein perennirendes Mycel besitzen, zur Vergleichung herangezogen. Es geschah dies ebenfalls im Sommer 1890, und zwar wurden die infieirten Blätter von Almus glutinosa namentlich an denjenigen Orten entfernt, wo dieselbe Exoaseus-Erkrankung in der Nähe nicht beobachtet wurde. Es ist nicht selten, dass die Infection von Exoascus Tosquinetii sich auf einen oder zwei Zweige der Alnus glutinosa beschränkt und weit und breit um diese Infeetionsstelle keine gleiche Erkrankung zu finden ist. Solche Infectionen eigneten sich namentlich für den Versuch, der an 27 infieirten Zweigen der Alnus glutinosa durch die genannte Entfernung der Blätter eingeleitet wurde, während andererseits die infieirten Zweige selbst durch Ringe markirt worden waren. In gleicher Weise wurden auch 4 Zweige von Alnus incana, welche durch Ewoascus epiphyllus inficirt waren, behandelt. Die Entfernung der Blätter erfolgte bei den drei Versuchsspecies je nach dem Entwickelungsstande der Infection, bei Alnus glutinosa am 22. Mai, bei Ulmus campestris am 28. Mai, bei Alnus incana am 29. Mai. In demselben Jahre war eine Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 35 zweite Entfernung der Blätter von den genannten Zweigen der Ulmus campestris nicht nöthig, da im Laufe desselben Sommers bereits das Auftreten von Infectionsflecken unterblieb; auch auf den Hexenbesen von Alnus incana, deren erste Blätter abgeschnitten worden waren, entwickelten sich die späteren Blätter nicht mehr so weit, dass auf ihnen die Anlage der Asken stattfand; es wurde also auch bei dieser Species eine nochmalige Entfernung der Blätter nicht vor- genommen. Dagegen stellte es sich als nothwendig heraus, dass die Blätter der infieirten Zweige von Alnus glutinosa am 20. Juli nochmals abgeschnitten werden mussten, weil an ihnen Anzeichen der sich entwickelnden Infection auftraten. In dem darauf folgenden Sommer, 1891, beobachtete ich trotzdem an allen markirten Zweigen von Alnus glutinosa und A. incana die Infeetion in gleicher Weise wie im vorhergegangenen Sommer, während die Zweige von Ulmus campestris, von denen im Jahre 1890 die inficirten Blätter entfernt worden waren, im Sommer 1891 nur gesunde Blätter trugen. Wenn man noch erwägt, dass man ein Mycel an den mit imficirten Blättern versehenen Zweigen von Ulmus campestris — abgesehen von den zwei genannten Fällen — nicht findet, so ist wohl die Annahme zurückzuweisen, dass Taphrina U lmi ein perennirendes Mycel besitzt. Auch die Ueberein- stimmung mit 7. Betulae (Fuck.) musste schon Bedenken gegen das Vor- handensein eines perennirenden Mycels von Taphrina Ulmi hervorrufen. Magnusiella, nov. gen. Bei der Gattung Magnusiella ist die Entwickelungsgeschichte so einfach, dass für die Klarlegung derselben auf die Gattungsdiagnose (S. 40) verwiesen werden kann. Zur Biologie der Asken der parasitischen Exoasceen. Nachdem in den Asken die Bildung der Sporen erfolgt ist, oder an Stelle derselben der Ascus mit hefeartigen Conidienbildungen angefüllt ist, platzt die Ascuswand an der Spitze des Ascus und die Inhaltsmassen gelangen ins Freie. Ueber den Austritt der von hefe- artigen Conidien gebildeten Inhaltsmassen liegen keine genaueren Beobachtungen vor; wohl aber geben de Bary') und Rathay°) I) De Bary (a.a. 0. pag. 48) sah, dass die ejaculirten, zusammenhängenden Sporenmassen einen feinen, weisslichen Hof von etwa l cm Breite rings um die Tasche bildeten. 2) Rathay (a. a. O. pag. 14) legte ein Blatt eines Kirschbaumhexenbesens, welches auf der Unterseite reichliche Asken entwickelt hatte, mit der Oberseite auf eine Glasplatte und fand nach einiger Zeit, dass die Asken ihre achtsporigen Sporenballen bis 1 cm weit um das Blatt gespritzt hatten. 3* 36 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. eine genaue Schilderung der Entleerung solcher Asken, in welchen nur S Sporen zur Ausbildung gelangt sind, und beide Autoren beschreiben den Vorgang auch sogar in den Einzelheiten völlig übereinstimmend. Danach treten die Sporen nicht einzeln aus dem an der Spitze des Ascus entstandenen Riss heraus, sondern in demselben Augenblick, wo der Riss entsteht, schnurrt die Seitenwand des Ascus vermöge ihrer Elastieität zusammen, und gleichzeitig wird, wie bei der Sporenentleerung vieler anderen Ascomyceten, die Sporenmasse nebst dem sie z. Th. einhüllenden übrigen Inhalt mit Gewalt aus dem geöffneten Scheitel hervorgespritzt und etwa 1 cm weit fortgeschleudert )). Ueber die Bedingungen, welche für das Reifen der Asken erforder- lich sind, konnten specielle Versuche bis jetzt noch nicht ausgeführt werden. Bei feuchtem, regnerischen Wetter unterbleibt aber die Ausbildung des Asecusinhaltes sehr oft. In solchen Fällen kann man vielfach beobachten, dass Asken,welche noch nicht zu irgend welchen Differenzirungen ihres Inhaltes vorgeschritten sind, die Fähigkeit der weiteren normalen Ent- wickelung, d. h. also der Sporenausbildung, verlieren und an ihrer Spitze ganz direct hefeartige Sprossungen bilden. Ich habe auf diesen Vorgang schon früher”) aufmerksam gemacht und namentlich die morphologische Bedeutung desselben hervorgehoben, aber ich habe diese Erschemung nur für den Fall besprochen, dass Präparate mit Asken der bezeichneten Entwickelungsstadien einige Zeit m Wasser gebracht wurden. Wenn man aber sieht, dass diese hefeartigen Sprossungen auch in der freien Natur unter der Einwirkung anhaltend regnerischer Witterung eintreten, und daher in der Umgegend von Hamburg, wo die Niederschlagsmengen im Sommer oft ausserordentlich bedeutende sind, zeitweise ziemlich leicht zu finden sind, so darf man wohl nicht mehr annehmen, dass diese Bildun- gen auf einen teratologischen Vorgang zurückzuführen sind, wie es z.B. Büsgen aussprach ®), freilich ohne einen Beweis dafür zu versuchen. Die beobachtete Thatsache führt doch darauf hin, dass auch unter den genannten Witterungsverhältnissen, wo die Ausbildung der Ascosporen mehrfach unterbleibt, der Pilz befähigt ist, zu dem Ziele zu gelangen, keim- fähige Organe zu entwickeln. Man beobachtet auch nicht selten, dass diese Conidien nicht nur in grossen Massen neue hefeartige Sprossungen, sondern mitunter auch kleine Keimschläuche entwickeln, an deren I) Siehe die Anmerkungen auf Seite 35. 2) 4, S. 106 und 107. Man vergl. auch die Figur auf S. 107. Ebendaselbst S. 102, 105 u. s. w. habe ich auch über die Conidienbildungen, welche im Inneren des Ascus sehr häufig entstehen, Mittheilungen gemacht. Man vergl. die dortigen Figuren 20 und 23. 3) Botanische Zeitung. 1884. S. 655. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 37 Enden dann wieder hefeartige Conidien auftreten. Wir finden also, dass diese an den Enden der Asken entstandenen Conidien dieselbe Keimfähigkeit besitzen wie die Ascosporen und demnach für die Erhaltung der Art nicht ohne jede Bedeutung sein können. Bei diesen Vorgängen verändert der Ascus mancher parasitischen Exoasceen, z.B. von E. Carpini Rostr., seine ursprüngliche Form und wird schmäler; aber dies kann um so weniger zu der Annahme berechtigen, dass dieser Erscheinung nur teratologische Vorgänge zu Grunde liegen, da gerade die Asken der genannten Art ausserordentlich variabel sind und namentlich auf Hexenbesen, welche unter grösserer Beschattung sich entwickelt haben, mehrfach eine schlankere Form besitzen, als auf denjenigen Hexenbesen, welche den Sonnenstrahlen mehr oder weniger direct ausgesetzt sind. Die Asken von Exoascus Tosquinetii erfahren z. B. keine Veränderung ihrer äusseren Gestalt, wenn die in Rede stehenden Conidienbildungen, die ich Anfang Mai 1592 sehr gut beobachten konnte, an ihrer Spitze auftreten. Wenn es bis jetzt noch nicht möglich gewesen ist, reife, sporen- führende Asken von Exoascus cornu cervi (Giesenh.) und Taphrina Laurencia Giesenh. zu beobachten, so ist dies allerdings, namentlich nach der Durchmusterung eines so grossen Untersuchungsmaterials, wie es in diesem Falle geschehen ist, zunächst auffallend und könnte zu einigen Zweifeln an der Erklärung der Beobachtung berechtigen. Möslicherweise ist aber das Ausbleiben der Sporenbildung auch darauf zurückzuführen, dass in dem feuchten Tropenklima die Asken der genannten beiden Arten zeitweise, namentlich zur nassen Jahreszeit, gar nicht oder nur in wenigen Fällen bis zur Ausbildung der Sporen gelangen, sondern an ihrer Spitze die in Rede stehenden Conidien ent- wickeln. Da dieselben aber sehr leicht abfallen und wahrschemlich nur äusserst selten eine Spur hinterlassen, so liegt es auf der Hand, dass dieselben an Herbarmaterial nicht mehr gefunden werden können. Es wäre auch von einigem biologischen Interesse, wenn man solche Conidienbildungen bei diesen, wie es scheint, im imdomalayischen und poly- nesischen Gebiet nicht seltenen Exoasceen thatsächlich nachweisen könnte. Eine kurze Uebersicht der durch die mitgetheilten Untersuchungen gewonnenen Resultate würde wohl hier am Schlusse des Capitels ange- bracht erscheinen; es lässt sich aber eine solche am anschaulichsten zusammenfassen in den im Nachfolgenden gegebenen Diagnosen und Beschreibungen der hier zum ersten Male auf Grund der Entwickelungs- geschichte auseinander gehaltenen Gattungen, welche bisher in der einen Gattung Taphrina vereinigt waren. 38 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Uebersicht der Gattungen und Arten der parasitischen Exoasceen. 1. Exoascus Fuckel. Die Erhaltung der Art ist ausser durch die Infection vermittelst der Sporen durch ein in der Wirthspflanze perennirendes Mycel gesichert. Aus demselben entwickelt sich zurZeit der neuen Vegetationsperiode indenBlättern des befallenen Pflanzentheiles ein fadenförmiges Mycel, welches sich zwischen der Cuticula und den Epidermis- zellen in vielfachen Verzweigungen ausbreitet, darauf jedoch ganz direct — d.h. ohne irgend welche vorher- gegangene Differenzirungen — in einzelne Stücke zerfällt, indem sich einzelne Zellen desselben oder wenigzellige Zelleomplexe aus dem Zusammenhange loslösen. Alle diese Zellen schwellen dann im Verlaufe der weiteren Entwickelung gleichmässig an und werden entweder ganz unmittelbar oder nach weiteren Theilungen und Indivi- dualisirungen zu ascogenen Zellen, welche meist dicht an einander gedrängt stehen und ein subeuticulares Frucht- lager (Hymenium) darstellen. Das subeuticulare Mycel geht also vollständig in der Bildung der Asken auf. Die Erkrankung ergreift ganze Sprosse oder Sprosssysteme der Wirthspflanze, und es werden daher durch den Reiz, den der Parasit ausübt, an den Blättern und zum Theil auch den Achsenorganen mehr oder weniger bedeutende hypertrophische Deformationen hervorgebracht. Taschen- bildungen an den Fruchtblättern und Hexenbesenbildungen (im weitesten Sinne des Wortes) an Laubsprossen sind daher die äusseren Krankheitserscheinungen, durch welche diese Gattung characterisirt wird. A. Das Mycel perennirt im inneren Gewebe der Achsenorgane und entsendet zur Zeit der neuen Vegetationsperiode in die in der Entwickelung begriffenen Blattorgane seine Ausläufer, welche auch hier zunächst m den inneren Gewebetheilen sich ausbreiten und von da aus erst zur Bildung eines subeuticularen Fruchtlagers vorschreiten. a) Die Entwickelung des Fruchtlagers findet nur in den Frucht- blättern der Wirthspflanze statt (Taschenbildungen). Asken mit Stielzelle. 1) E. Pruni Fuckel, 2) E. Rostrupianus Sadeb., 3) E. communis Sadeb. 4) E. Farlowii Sadeb. Sadeheck, Die parasitischen Exoasceen. 39 b) Die Entwickelung des Fruchtlagers findet nur in den Laub- blättern der Wirthspflanze statt (Hexenbesenbildungen). aa) Asken mit Stielzelle. 5) E. Imsititiae Sadeh., 6) E. Cerasi (Fuck.)Sadeb., 7) E.nanus (Johans.) Sadeb. bb) Asken ohne Stielzelle. 8) E purpurascens (Ellis et Everhart) Sadeb. B. Das Mycel perennirt in den Knospen der Wirthspflanze und entwickelt sich zur Zeit der neuen Vegetationsperiode in den jungen Blättern nur zwischen der Cuticula und den Epidermiszellen (Zweig- deformationen und Hexenbesenbildungen). aa) Asken mit Stielzelle. 9) E. Crataegi (Fuck.) Sadeb., 10) E. deformans (Berk.) Fuckel, 11) E. minor Sadeb., 12) E. Tosquinetüi (West.) Sadeb., 13) Z epiphyllus Sadeb., 14) E. betulimus (Rostr.) Sadeb., 15) E. turgidus Sadeb., 16) E. alpinus (Johans.) Sadeb. bb) Asken ohne Stielzelle. ao) auf Laubblättern. 17) E. Carpini Rostrup, 18) E. bacteriospermus (Johans.) Sadeb., 19) E. Kruchii Vuillemm. A) auf Fruchtblättern. 20) E. amentorum Sadeb. C. Das Dauermycel verbreitet sich intercellular in den Defor- mationen des Blattes. 21) E. cornu Cervi (Giesenhagen) Sadeh. 2. Taphrina Fries. Ein in der Nährpflanze perennirendes Mycel ist nicht vorhanden. Die Erhaltung der Art ist nur durch die Infection vermittelst der Sporen gesichert. Nach der Keimung derselben entwickelt sich ein subeuticulares Mycel, welches sich über einen mehr oder weniger grossen Theil des Blattes ausbreitet und sehr bald in Folge reich- licher, theils apicaler, theils lateraler Anschwellungen und Emergenzen sich in einen sterilen und fertilen Theil, die fertile Hyphe, differenzirt. Die letztere entwickelt sich nun unter reichlicher Nahrungsaufnahme aus der Wirthspflanze zum Fruchtlager, während der steril gebliebene Theil allmählich seiner Inhaltsstoffe ver- lustig geht ‘und verschleimt, also schliesslich völlig 40 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. verschwindet. Das gesammte ursprüngliche, subeuticulare Mycel wird- also nicht für die Bildung der Asken’ver- braucht. Die äusserlich sichtbare Krankheitserscheinung beschränkt sich stets nur auf mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern (nur Taphrinopsis erzeugt grössere Deformationen). A. Das Mycel und die Hymeniumbildung erfolgt stets nur sub- euticular (Eutaphrina). a) Die fertile Hyphe geht vollständig m der Bildung der Asken auf. aa) Asken mit Stielzelle. I) T. bullata (Berk. & Br.) Tul., 2) T. Ostryae Massal., 3) T. Sadebecküi Johans., 4) T. aurea (Pers.) Fr. bh) Asken ohne Stielzelle. a) auf Fruchtblättern. 5) T. Johansonii Sadeb., 6) T. rhizophora Johans. A) auf Laubblättern. 1) T. filiceina Rostr., 8) T. polyspora (Sorok.) Johans., 9) T. carnea Johans., 10) T. coerulescens (Mont. & Desm.) Johans. b) Die fertile Hyphe wird bei der Bildung der Asken nicht voll- ständig verbraucht. Asken mit Stielzelle. 11) T. Betulae (Fuck.) Joh., 12) T. Ulmi (Fuck.) Joh., 13) T. CeltisSadeb. B, Mycel- und Hymenium-Entwickelung nur innerhalb der Epidermiszellen (Taphrinopsis). 14) T. Laurencia Giesenh. 3. Magnusiella »ov. yen. Das vegetative Mycel verbreitet sich namentlich in den inneren Geweben der befallenen Pflanzentheile und entsendet von da aus erst Verzweigungen zur Oberfläche der Wirthspflanze. Die Enden dieser Verzweigungen schwellen meist sehr bedeutend an und entwickeln sich zu je einem Ascus. Die Anlage der Asken erfolgt schon zwischen den Epidermiszellen oder intercellular noch tiefer im Innern der Gewebe der Nährpflanze. Die Differenzirung einer Stielzelle ist an diesen Asken noch nicht beobachtet worden. Die Asken nehmen also von keinem gemeinsamen Hymenium ihren Ursprung, sondern entstehen einzeln; sie haben mehr als 4 Sporen und entwickeln meist in ihrem Innern bereits Conidien, Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 41 während der Ascus noch geschlossen ist; die Conidien der meisten Arten sind sehr klein. DieInfection beschränkt sich stets nur auf mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern und findet sich nur seltener auch auf den Stengeltheilen. Bis jetzt sind 5 Arten unterschieden; bei der Selten- heit derselben bedarf aber die Entwickelungsgeschichte noch mehrfacher Ergänzungen. Hierher gehören folgende bisher zur Gattung Taphrina gerechnete Arten: 1) M. Potentillae (Farlow) Sadeb., 2) M. Tutescens (Rostrup) Sadeb., 3) M. flava (Farlow) Sadeb., 4) M. Githaginis (Rostrup) Sadeb., 5) M. Umbelliferarum (Rostrup) Sadeb. 42 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Umgrenzung und Eintheilung der Exoasceen. Nachdem Brefeld'!) darauf hingewiesen hat, dass die sog. „Gymnoasei“ nur Formen sind, welche den Carpoasei, nicht aber den Exoasceen angehören, bleiben für die letzteren nur noch die Gattungen Endomyces, Magnusiella, Ascocorticium, Taphrina und Exoascus übrig. Ascomyces ist eine so zweifel- hafte Gattung ?), dass es wohl richtiger ist, dieselbe bei einer Ein- theilung der Exoasceen nicht zu berücksichtigen. Ueber die Gattungen Eremascus‘) Eidam, Ascodermis !) van Tieghem, Podocapsa®).v. Tiegh., Oleina”) v. Tiegh., Ere- mothecium‘®) Borzi und Bargellinia®) Borzi habe ich mir noch kein genügendes Urtheil bilden können; indessen dürfte es nach Brefeld') nicht unmöglich sein, dass dieselben ebenfalls zu den Exoasceen zu rechnen sind. Es würde dann allerdings die folgende Tabelle einige Erweiterungen erfahren müssen; im Uebrigen aber werden sich die genannten Gattungen unschwer einreihen lassen. Die in der Abtheilung der Saccharomyceten veremigten Pilz- formen sind mit Rücksicht auf die z. Z. noch bestehenden Controversen über die Natur derselben in der folgenden Uebersicht nicht aufgenommen worden, würden sich aber allenfalls leicht einreihen lassen, falls ihre Natur als selbstständige Pilze mit Sicherheit festgestellt werden könnte. Ueber die Controversen selbst wolle man bei Brefeld‘), Moeller, °), Hansen’) u. s. w. vergleichen. 1) Brefeld, Untersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Mykologie. Heft IX, pag. 124—141. 2) Man vergl. oben, 8. 10. 3) Eidam, in Cohn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanze, III. Bd. pag. 385. 4) van Tieghem, Ascodermis. Bull. de la soc. bot. de France 1876. — cf. auch Zukal, Mycologische Untersuchungen. Denkschr. der Kais. Akad. der Wissenschaften zu Wien, Bd. LI. 5) van Tieghem, Journ. de Bot. I. 1887. pag. 289—299. 6) Borzi, N. Giorn. Bot. Ital., 1888, p. 455 und Malpighia II, 1888, p. 476. ?, Brefeld, O. Botanische Untersuchungen über Hefenpilze. Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mykologie. V. Leipzig 1883. p. 178—202. 89) Moeller, H. Ueber den Zellkern und die Sporen der Hefe. Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde. XII. 1892. p. 537—550. 9) Hansen, E. Chr. Ueber die neuen Versuche, das Genus Saccharomyces zu streichen. ibid. XIII. 1893. p. 16—19. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 43 Andererseits darf man wohl annehmen, dass die Abtheilung der Exoasceen, welcher erst in den letzten Jahren eine grössere Auf- merksamkeit geschenkt worden ist, noch bedeutend formenreicher ist, als die bisherigen Untersuchungen ergeben haben. Es dürfte daher nicht uninteressant sen, die Beobachtungen fortzusetzen. Die Ein- theilung der Exoasceen lässt sich unseren heutigen Kenntnissen gemäss in der folgenden Tabelle übersichtlich zusammenfassen : Exoasceae: Ascomyceten, deren Asken zu einem Fruchtkörper nicht vereinigt sind. A. Die Asken entstehen als Anschwellungen an den Enden der Mycelfäden resp. deren Verzweigungen. 1) Endomyces Tulasne '). Viersporige Asken, keine Conidien in den- selben; die sterilen Fäden entwickeln Chlamydosporen und Oidien. 2) Magnusiella Sadeb.®. Parasitisch. Asken mit mehr als vier Sporen; meist Conidienbildungen im Ascus. Oidien und Chlamydo- sporen fehlen. B. Die Asken nehmen von einem mehr oder weniger losen Fruchtlager ihren Ursprung. 3) Ascocortieium Bref.®%). Saprophytisch auf Rinde. Die Askenlager sind über dem Mycel zu einem losen Hymenium geordnet. 4) Taphrina Fries ®). Parasitischh Ohne perennirendes Mycel. Bei der Anlage der ascogenen Zellen treten stoffliche Difteren- zirungen ein. Blattflecken bildend. 5) Exoascus Fuckel °). Parasitisch. Mit perennirendem Mycel. Bei der Bildung der Asken treten keine stoffliche Differenzirungen ein; das subeuticulare Mycel wird ganz unmittelbar zu ascogenen Zellen. Sprossdeformationen bewirkend. 1) Brefeld, a. a. O. 2) Man vergl. oben, p. 40. 3) Brefeld, a. a. ©. pag. 145, woselbst diese Gattung aufgestellt wird, repräsentirt durch die einzige bis jetzt bekannte Species Ascocorticium albidum. 4) Man vergl. oben, p. 39. 5) Man vergl. oben, p. 38. 44 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Besprechung der einzelnen Arten. l. Exoascus Fuckel. 1) Exoascus Pruni Fuckel (Enum. fung. Nassoviae. 1861, p. 29). Syn.: Taphrina Pruni Tul. (Ann. sc. nat. V. ser. t. 5. 1866, pag. 129). — lcon.: Fuckell. c. Fig. 26. — De Bary & Woronin, Morphologie und Physiologie der Pilze. I. Bd. I. Heft, Taf. 3 ). — 4. Taf. 2. Fig. 16. — Wakker, Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot. XXIV. Taf. XIX. Fig. 13—16. Die Asken sind 40—55 u lang und S—15 u dick; die Stielzelle ist 10—16 «u hoch und bedeckt mit einer etwa 8 u breiten Basis die Epidermiszellen, dringt aber nicht zwischen dieselben ein. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von ungefähr 4—5 u. Nicht selten findet man in den Asken die bekannten, hefeartigen Conidien, welche indessen oft ungefähr um die Hälfte kleiner sind, als die Sporen, und nur zur Entwickelung gelangen, wenn der Ascus- mhalt noch nicht durch die Bildung von S Sporen sich erschöpft hat. — Diese Art erzeugt die Taschen von Prunus domestica L., Prunus Padus L. und Prunus virginiana L.?) Geogr. Verbr.: In Mitteleuropa, in Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel stellenweise; ebenso in Nordamerika, z. B. Massachusets. Das Mycel perennirt in den Zweigen, welche die Taschen tragen, und durchzieht die inneren Gewebetheile derselben, sowie der anderen !) Die Abbildungen, welche de Bary von den reifen Asken giebt, sind nicht glücklich ausgeführt, weil auf ihnen gerade die characteristische Stielzelle nicht wiedergegeben ist. Auch die Figuren, mit welchen de Bary die Entwickelungsgeschichte von Exoascus Pruni zu erklären sucht, sind zu beanstanden. De Bary zeichnet nämlich das Mycelstadium nach dem Parasiten der Taschen von Prunus domestica, das Stadium der ascogenen Zellen ist von dem Exoaseus der Pr. spinosa, dasjenige der ersten Streckung der Asken von den degenerirten Fruchtknoten von Prumus Padus, die Ausbildung der Asken dagegen wieder von den Taschen der Pr. spinosa und die reifen Asken endlich von der Tasche von Prunus domestica entnommen. Wir werden aber im Weiteren sehen, dass die Taschen von Prunus domestica L., Pr, Padus L. und Pr. spinosa L. keineswegs auf die Infeetion einer und derselben Exoascus-Species zurückzuführen sind; bereits nach der Vergleichung der reifen Asken hat sich vielmehr herausgestellt, dass die Fruchtknoten von Prunus spinosa durch eine von Kixoaseus Pruni verschiedene Exoascus-Species infieirt werden. Ich habe die letztere als Exoascus Rostrupianus nov. spec. bezeichnet (S. 44). 2) Man vergl. 7, p. 29. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 45 von ihm befallenen Pflanzentheile. Im Frühjahr entsendet es dann seine Verästelungen in die jungen Fruchtknoten, woselbst sich unter der Cuticula das Mycel besonders reichlich verzweigt und im Weiteren eine gleiche Entwickelung nimmt, wie dasjenige von Hkxoascus minor, dessen Entwickelungsgeschichte ich im Obigem bereits auseinandergesetzt habe (S. 24). Die Deformationen der Fruchtknoten von Prunus domestica L. sind unter dem Namen ‚Narren‘ oder „Taschen“ schon seit langer Zeit bekannt; sie erreichen eine ziemlich ansehnliche Grösse, nämlich 4—6 cm Länge und ca. 1—2 cm Dicke. In ihnen unterbleibt die Bildung eines Steinkerns )). Die Deformationen des Fruchtknotens von Prunus Padus L. sind dagegen viel kleiner; die meisten sind etwa 1 cm lang und 0,25—0,50 cm dick; nur selten erreichen sie eine Länge von 2 cm, wobei sie mehr als 0,50 cm dick werden. Wakker? und Magnus?) beobachteten, dass auf Prunus Padus der Pilz auch die Filamente befällt und in ihnen eine ansehnliche Vergrösserung der Parenchymzellen hervorruft; es werden indessen nicht immer sämmtliche Filamente einer Blüthe befallen, die mficirten werden aber drei bis viermal dicker, als die normalen und auch ihre Parenchymzellen haben einen drei bis viermal grösseren Durchmesser. Dagegen sind die Staubbeutel solcher Blüthen meist normal ausgebildet und enthalten nach Wakker?) auch keim- fähige Pollenkörner. Derselbe Autor beobachtete auf Prunus Padus auch „die Asken auf der Aussenseite des unteren Kelchtheiles, nie aber auf der Krone, den Kelchzipfeln oder dem Ovarium. Letzteres bildet erst im nächsten Monat die vielgestaltigen Taschen aus. Sie finden sich öfters an einem Zweig mit normal ausgereiften Früchtehen.“ Es wäre übrigens noch näher zu untersuchen, ob die Taschen von Prunus Padus thatsächlich von derselben Exoascus-Art erzeugt werden, wie diejenigen der Prunus domestica. 2) Exoascus Rostrupianus nov. spec. Ic.: (Taf. I Fig. 15—17). Die schlanken, aber in ihrer äusseren Gestalt nicht unveränderlichen Asken sind 35—50 u lang und ca. 7—8 u dick, die oft noch dünnere 1) Man vergl. auch Frank, Krankheiten der Pflanzen, p. 525. 2) Wakker, J.H. Untersuchungen über den Einfluss parasitischer Pilze auf ihre Nährpflanzen. Pringsheim’s Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. XXIV, p. 530. 3) Magnus, P. Ueber den Einfluss einiger parasitischer Pilze in der Blüthe der Wirthspflanze. Verhandl. d. bot. Vereins der Provinz Brandenburg XXXIIl. 1892. p. VI. 46 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Stielzelle, deren äussere Form namentlich vielen Schwankungen unter- worfen ist, wird 10—16 u hoch und 2—6 u dick, mitunter erreicht sie aber kaum 1,5 «u Dicke. Die Stielzellen sind demnach nicht selten an der Basis zugespitzt, trotzdem dringen sie niemals zwischen die Epidermiszellen ein. Die Ascosporen sind sehr gross und durch ihre eirunde Gestalt ausgezeichnet, sie haben einen Längsdurchmesser von 6—7 u und einen (uerdurchmesser von 3—4 u. Die hefeartigen Conidiensprossungen, welche in dem Ascus der verwandten Arten nicht selten beobachtet werden, treten nach meinen Befunden hier seltener auf; ich konnte oft mehrere Präparate durch- mustern, ehe ich diese Conidienbildungen fand. Das perennirende Mycel überwintert in gleicher Weise, wie bei der vorigen Art. — Der Parasit erzeugt die Taschen von Prunus spenosa L. Geogr. Verbr.: In ganz Mitteleuropa bis im das nördliche Schweden mehr oder weniger verbreitet, ebenso auch in Nord-Italien. Eine durch ihre schlanken Asken, welche denen des Kxoascus Cerasi ähnlich sind, von E. Pruni leicht zu unterscheidende Art. Das Gewebe des Fruchtknotens wird von dem intercellularen Mycelnetz in noch bedeutenderem Maasse durchzogen (Taf. I Fig. 15—17), als E. Pruni und E. Farlowii es vermögen. Charakteristisch für diese Art ist es, wie wenig gleichzeitig die Entwickelung der ascogenen Zellen erfolet, so dass einzelne derselben ihren Entwickelungsgang bis zur Bildung der reifen Asci und der Sporenejaculation vollendet haben, während die benachbarten ascogenen Zellen der Mehrzahl nach noch in der Längsstreckung begriffen und daher nur wenige derselben bis zur Differenzirung von Ascus und Stielzelle vorgeschritten sind (Taf. I Fig. 17). Ausserdem fällt es auf, wie dicht gedrängt die ascogenen Zellen, beziehungsweise die jungen in der Anlage und ersten Entwickelung befindlichen Asken stehen, während zwischen ihnen die reifen Asken nur vereinzelt und zerstreut gefunden werden. Die Anlage und Entwickelung der ascogenen Zellen erfolgt in derselben Weise wie bei Ewroascus minor (man vergl. oben pag. 24). Die Entwickelung der Asken wurde zuerst von de Bary)) studirt, aber mit der irrthümlichen Annahme, dass diejenige Exoascus-Art, welche die Taschen auf Prunus domestica hervorbringt, identisch ist mit der die Taschen von Prunus spinosa erzeugenden Exoascus-Art. 1) 2.22..0. par. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 47 3) Exoascus communis nov. spec. Ie.: Taf. I, Fig. 10 (A—C). Die dicht aneinanderstehenden, keulenförmigen, oben oft etwas abgestumpften, meist sehr schlanken Asken sind 30—40 u hoch und ca. 8u dick, die verhältnissmässig hohen Stielzellen sind 15—20 u hoch und 3—5 u dick; der gesammte Fruchtkörper ist somit 50—60 u hoch. Er ragt nicht zwischen die Epidermiszellen hinein, obgleich die Stielzellen unten oft etwas zugespitzt sind. Die kugeligen bis eirunden Ascosporen haben einen Längsdurchmesser von ungefähr 5 u, einen Breitendurchmesser von 3—4 u. Im Ascus finden häufig die bekannten Conidienbildungen statt. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur in Nord-Amerika auf Praumuus americana Marshall, Pr. pumela L. und Pr. maritima Wang. beobachtet, auf welchen diese bis jetzt noch nicht unterschiedene Art Taschen- bildungen der Carpelle erzeugt. Auf Taf. I Fig. 10 A,B,C sind die Asken des Exoascus, der auf den Carpellen der genannten 3 Arten Taschenbildungen hervorruft abge- bildet, nach direceter Aufnahme mit der Camera und denselben Ver- grösserungen. Hieraus geht hervor, dass die Asken der Parasiten der oben genannten Prunus-Arten hinsichtlich der Grösse und Gestalt innerhalb gewisser, für die Zusammenfassung als Art zulässigen Grenzen übereinstimmen, Die Asken sind denen des Erxroascus Rostrupianus nicht unähnlich, und ich glaubte anfangs, auch den letzteren mit dieser Art vereinigen zu können; aber die hierbei zu beachtende Eigenthümlich- keit des E. Rostrupianus, dass die Asken nicht sofort mit der ersten Längsstreckung der ascogenen Zellen gebildet werden, sondern vorher noch Quertheilungen eintreten, unterscheidet denselben himreichend von Ewoascus communis, dessen subcuticulare ascogene Zellen — obgleich sie meistens sehr dünn und schmächtig sind (Taf. I Fig. 10 A) — direct zu Asken werden. — Durch die Freundlickheit des Herrn Prof. Elam Bartholomew erhielt ich Untersuchungsmaterial der Taschen von Prunus americana und pumila, Prof. Farlow hatte die Liebenswürdigkeit, mir Taschen von Prunus marilima zu- zusenden, wodurch ich in den Stand gesetzt wurde, die genannten Untersuchungen auszuführen. Dagegen fehlte mir das Material, um die Taschen von Prumus subcordata Benth., Pr. Chieasa Michx. und P. Pennsylvanica L. f. zu untersuchen. 4) Exoascus Farlowii Sadeb. Syn.: Taphrina Farlowi Sadeb. (%, 8.30). Ic.: %, Taf. IV, Fig. 3. Die verhältnissmässig weit von einander angelegten Asken sind 20—30 u lang und 8—9 u dick, die sehr langen Stielzellen sind 15—25 u 48 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. hoch und S—9 u dick. Der ganze Fruchtkörper ist demnach ca. 40 u hoch; er ragt nicht zwischen die Epidermiszellen hinein. Die kugeligen Ascosporen haben einen Durchmesser von ca. 4u; es finden aber in dem Ascus sehr häufig Conidienbildungen der Ascosporen statt, ehe die letzteren sämmtlich zur Ausbildung gelangt sind. Man vergl. auch 7, 5.30. — DBewirkt auf Prunus serotina Ehrh. hypertrophische Deformationen der ganzen Carpelle (Taschenbildungen). Geogr. Verbr.: In Nordamerika, Cambridge, Mass. (Farlow). 5) Exoascus Insititiae Sadeb. (4, p. 115). Syn.: Taphrina Insititiae (Sadeb.) Johans. (Oefvers. afK. Vet.-Ak. Förh. 18852 No. 12 p55). le. a4, Tara. Die Asken sind 25u lang und 8—10u dick, die Stielzelle ist ungefähr S« hoch und oben S—-10O u dick, verjüngt sich aber mitunter nach unten und ragt etwas zwischen die Epidermiszellen hinein. Die Ascosporen haben eimen Durchmesser von etwa 3,5 u; hefeartige Sprossungen sind in der Regel nur sehr selten in dem Ascus zu beobachten. Das Mycel perennirt in den inneren Gewebetheilen der Zweige und ist namentlich im Rindenparenchym leicht nachzuweisen. Im Uebrigen verweise ich auf Abhl. €, S. 27 £t. Erzeugt die Hexenbesenbildungen von Prunus domestica und P. Insititia und entwickelt die Asken auf der Unterseite der Blätter, welche daselbst wie von einem grauweissen Reif überzogen erschemen, während sie auf der Oberseite wellig gekräuselt werden. Ob die auf sebuckelten rothen Blättern von Prunus spinosa auftretende Exoascus- Form mit E. Insititiae identisch ist, hat Rostrup , der diese Defor- mation beschreibt, noch unentschieden gelassen. In Deutschland habe ich eine ähnliche Deformation der Blätter von Prunus spinosa bis jetzt noch nicht beobachtet. Geogr. Verbr.: In ganz Mitteleuropa, aber meist nur zer- streut; sehr selten nur in solchen Mengen, wie z. B. bei Hamburg, wo der Ertrag grösserer Obstgärten durch die Infection von E. Imsititiae auf Prunus domestica zeitweise in Frage gestellt wurde. (Das Nähere in %, p. 27). Auch auf der scandinavischen Halbinsel an mehreren Orten; ebenso in Dänemark. 6) Exoascus Cerasi (Fuckel) Sadeb. Syn.: Exoascus deformans ß. Cerasi Fuckel (Symb. mycol. 1569 p. 252). — Ewoascus Wiesneri Rathay (pro parte) (Oesterr. Bot. Zte. }) Rostrup. Taphrinaceae Daniae., Kopenhagen 1890. pag. 12. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 49 1880. No. 7 und Sitz.-Ber. d. K. K. Akad. d. Wissensch. zu Wien. LXXXIH. I. Abth. März-Heft. 1881). — Taphrina Cerasi (Fuckel) Sadeb. (%, p. 26). — Ic.: 4, Taf. H Fig. 19a, b. — 7, Taf. IV Fig. 8. Die mehr oder weniger schlanken, keulenförmigen, oben abge- rundeten Asken sind 30—50 u hoch, aber nur 7—10 u dick, die Stiel- zelle ist 10—16 u hoch und 5—8 u, mitunter aber auch nur 3—5 u dick. Die reifen Ascosporen sind 6—9 u lang und 5—7 u dick; Conidienbildungen sind in dem Ascus mitunter beobachtet worden. Das Mycel durchzieht die inneren Gewebetheile der Blätter und ent- wickelt meist nur auf der Unterseite derselben das subcuticulare Hymenium, aus welchem die Asken hervorgehen. Erzeugt die Hexenbesen von Prunus Cerasus L. und Prunus avium L.; über das perennirende Mycel vergl. man unten. Die Ent- wickelung der Asken findet Mai— Juni statt. Geogr. Verbr.: Durch ganz Mitteleuropa, Dänemark und Skandinavien verbreitet; in Deutschland an manchen Stellen ausser- ordentlich häufig; ist dagegen bis jetzt weder in Italien noch in Nord- amerika, wo die Wirthspflanzen vielfach cultivirt werden, beobachtet worden. Ausgezeichnet ist diese Art namentlich durch die beträchtliche Grösse der reifen Ascosporen, welche diejenigen von E. minor noch etwas übertrifft. Meimen Abbildungen (4, Taf. II Fig. 19b und %, Taf. IV Fig. 8) lagen nur unfertige Asken, z. Th. mit Conidienbildungen zu Grunde, daher die Annahme der relativ kleinen Sporen, welche ich in dem obigen Sinne hiermit zu berichtigen bitte. Die Gestalt der reifen Asken ist eine so ausserordentlich schwankende, dass es schwer war, eine Diagnose dieser Art zu geben. In einigen Fällen stimmen die Asken mit denjenigen des %. Rostrupianus überein, andere Extreme, allerdings nur wenige Fälle, erinnern dagegen an die Asken des E. minor. Eine ähnliche Variabilität in der Gestalt der Asken habe ich bis jetzt bei keiner zweiten Exoascus-Art beobachtet. Die Blätter der Hexenbesen zeichnen sich vor den gesunden Blättern durch einen auffallend starken Cumaringeruch aus. Durch die Vegetation des Parasiten werden also chemische Zersetzungen der Inhaltsstoffe der Nährpflanze bewirkt, welche in diesem speciellen Falle in der Bildung von freiem Cumarin bestehen und auch ohne besondere chemische Reactionen kenntlich sind. Die Angriffstelle der Infection ist bei den Hexenbesen der Kirschbäume in übereinstimmender Weise wie bei allen ähnlichen Deformationen durch eine mehr oder weniger bedeutende Geschwulst des deformirten Astes kenntlich; rückwärts von dieser giebt es kein 4 50 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Mycelium mehr, wie Kutsomitopulos') gezeigt hat. Dagegen ist es in allen Theilen des Hexenbesens zu finden und beschränkt sich nach Kutsomitopulos nicht nur auf die vegetativen Organe, sondern dringt auch in die Blüthentheile vor. Obzwar ja die Blüthenentwickelung an Hexenbesen nur sehr selten erfolgt und Fruchtansätze noch nie beobachtet worden sind, konnte Kutsomitopulos an dem ihm vor- liegenden Material die Frage nach dem Eindringen des Mycels in die Blüthenorgane direct studiren, während Rathay ’) angiebt, dass die letzteren pilzfrei seien. Kutsomitopulos untersuchte einen zweijährigen, deformirten Zweig von Prunus avium, der an seiner älteren Basis etwa 3 cm lang auf 2 cm Breite angeschwollen war, darüber auf 25 cm Länge bis zur Spitze keine Anschwellung hatte und daselbst ziemlich zahlreiche Laubtriebe und etliche Blüthenbüschel trug. Die nahe über der basalen Geschwulst sitzenden Blüthen erschienen äusserlich gesund, trotzdem liess sich das Mycel durch die Blüthenstiele in den Kelch, die Staubfäden, den Fruchtknoten und Griffel verfolgen. Es wurde im parenchymati- schen Grundgewebe dieser Organe angetroffen, ohne indessen einen er- sichtlichen Einfluss auf dieselben hervorzubringen. In den Blumen- blättern fand Kutsomitopulos kein Mycel; alle Blüthen der unter- suchten Dolden verhielten sich gleich. Ob die befallenen Fruchtknoten fähig gewesen wären, einen höheren Reifegrad zu erreichen, konnte an dem vorliegenden Untersuchungsmaterial nicht festgestellt werden; höchst unwahrscheinlich aber ist es andererseits, dass die Fruchtknoten von Prumus avium oder Prunus Cerasus in gleicher Weise degenerirt werden, wie diejenigen von Prunus domestica, und es hätten, wie Kutsomitopulos auch schon ganz richtig hervorgehoben hat, etwa vorkommende „Kirschennarren“ oder „Kirschentaschen“ der Beobachtung sich schwerlich entzogen. Bereits in meiner letzten Abhandlung über die Gattung Taphrina®) habe ich darauf hingewiesen, dass Rathay völlig un- berechtigterweise der im Obigen bezeichneten Art den neuen Namen Exoascus Wiesner n. sp. gab, und hierunter wahrscheinlich zwei Exoascus-Arten vermengte, indem er auch den Pilz, welcher die !) Kutsomitopulos, D. Beitrag zur Kenntniss des Exoascus der Kirsch- bäume. Sitzungsberichte der physikal. - medicin. Societät zu Erlangen. Sitzung vom 11. December 1882. Rathay, E. Ueber die Hexenbesen der Kirschbäume und über Exoascus Wiesneri n. sp. Sitzungsberichte der K. K. Akademie zu Wien. I. Ab- theilung 1881. pag. 15 des Separat-Abzuges. 3) 40, 8.25. wm — Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 51 Hexenbesen von Prumus Chamaecerasus erzeugt, unter dieser Bezeich- nung mit einbegriff. Leider hat Rathay eine genaue Diagnose nicht gegeben, sondern nur im Allgemeinen die Maasse für die reifen Asken mitgetheilt;) nach diesen unterliegt es aber keinem Zweifel, dass Rathay den Exoascus von Prunus avium und P. Cerasus vor sich gehabt hat. Andererseits hebt nun Rathay hervor, dass in der Um- gebung von Wien die Hexenbesen von Prunus Chamaecerasus die weitaus häufigsten derartigen Deformationen seien. Gelten nun die genannten Maasse auch für den Exoascus der Hexenbesen von Prunus Chamaecerasus? Mit Sicherheit ist dies nicht aus der genannten Mit- theilung zu ersehen, und Rathay’s Angabe ist wahrschemlich deswegen nicht emgehend genug, weil dieser Autor offenbar von der Beobachtung der reifen Fruchtkörper keine besonderen Resultate erwartete. Wir haben indessen gesehen, dass die vergleichende Untersuchung fast allein im Stande war, die Fragen über die Speciesnatur aufzuklären. In dem vorliegenden Falle wäre aber eine genauere Angabe über die Gestalt der Asken der Hexenbesen von Prunus C'hamaecerasus um so mehr erwünscht gewesen, als auch bei Hamburg auf Prunus Chamaecerasus ene Exoascus-Art vorkommt, deren Asken ?) aber sehr verschieden sind von den meist schlanken und keulenförmigen Schläuchen des Eroascus Üerasi. Es ist Schade, dass Rathay keine Diagnose seiner neuen Art gegeben hat, denn die wenigen und ungenau mitgetheilten Maasse können diagnostisch nicht verwerthet werden, da gerade über die characteristische Stielzelle nichts angegeben ist. Mit den Rathay’schen Angaben lässt sich also nichts anfangen für die Erkennung der Species, und schon aus diesem Grunde wäre der Rathay’sche Name nicht annehmbar. 7) Exoascus nanus (Johans.) Sadeb. Syn.: Taphrina nana Johanson (Oefversigt af Kongl. Vetenskaps- Akad. Förh. 1885. No, 1 p. 34). — le.: Ebenda, Taf. 1 Fig. 1, Die cylindrischen, an der Spitze abgerundeten oder stumpfen Asken sind 18—24 u, seltener 27—30 u lang und 7—9 u dick. Die Stielzelle ist 7—10 u, seltener 1—15 u hoch und 8—17 u dick, an der Basis sehr breit; sie dringt also nie zwischen die Epidermiszellen ein. Die Asken sind mit ihrem unteren Theile in die breite Stielzelle ein- gesenkt. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von 3—5 „ und li) Rathay, a. a. O. pag. 14. Die Asken waren an ihrer Basis gegen den Scheitel keulenförmig erweitert. Sie erreichten eine Länge von 33 4 und ihr grösster Querdurchmesser schwankte zwischen 5 und 9 y. Sie enthielten acht rundliche, farblose Sporen von 3—4 w Durchmesser. 2) Man vergl. 8. 55. 4* 59 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. entwickeln oft hefeartige Conidiensprossungen bereits in dem noch ge- schlossenen Ascus. Die Entwickelung der Asken findet vorzugsweise auf der Oberseite der Blätter statt, nicht selten indessen auch auf der Unterseite. Das Mycel perennirt im den Zweigen und durchzieht die inneren Gewebeparthien der Zweige und Blätter. Erzeugt die Hexenbesenbildungen von Betula nana. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur auf der skandinavischen Halb- insel beobachtet worden, und zwar auch nur in dem nördlichen und alpinen Gebiete. Nach Johanson in den Gebirgen Äreskutan und Renfjellet in Jemtland, oberhalb der eigentlichen Birkenregion. Nach Lagerheim auch bei Qvikkjokk in Lappland. 8) Exoascus purpurascens (Ellis et Everhart) Sadeb. Syn.: Ascomyces deformans Berk. var. purpurascens Ellıs et Everhart, North American Fungi. — Taphrina purpurascens Robinson (Notes of the genus Taphrina, in Annals of Botany Vol. I. No. I. Novemb. 1887). Die glockenförmigen, in der Mitte mehr oder weniger zusammen- geschnürten Asken sind 24—32 u lang, an dem oberen, dickeren Theile 9—14 u, an dem etwas zusammengezogenen Theile aber nur 6—11 u, an der Basis aber wieder 9—21 u dick. Die Ascosporen sind ellipsoidisch und haben einen Längsdurchmesser von 3,5—5 u und einen Querdurchmesser von 2,5—4 u. Sie bilden bereits zu der Zeit, wo der Ascus noch geschlossen ist, reichliche, hefeartige, Conidien- sprossungen. Die Grösse und äussere Form der Asken stimmt im Wesentlichen mit derjenigen der Asken von E. Carpini Rostr. überein. Das Mycel perennirt im Inneren der inficirten Zweige und durch- zieht auch das innere Gewebe des Blattes in übereinstimmender Weise wie die anderen Exoascus-Arten dieser Gruppe. Auf Rhus copallina L., deren Blätter durch den Pilz runzelig und dunkel purpurroth gefärbt werden. Die inficirten Blätter hängen schlaft herab; die weicheren Theile derselben wölben sich zwischen den Nerven hervor und bewirken dadurch auf der Oberseite Buckeln und Runzeln. Die dunkel-purpurrothe Färbung der Blätter ist anfangs auf rundliche Flecken beschränkt, welche indessen bald unregelmässig zusammenfliessen und schliesslich die Oberseite des Blattes ganz und gar bedecken. Robinson macht noch auf einige bemerkenswerthe Ver- änderungen des Blattgewebes aufmerksam und hebt besonders hervor, dass das Schwammparenchym und die Epidermiszellen der inficirten Blätter oder Blattheile eine nicht zu übersehende compacte und pallisaden- ähnliche Structur annehmen. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, 53 Geogr. Verbr.: Bisher nur in Nordamerika, Massachusetts, Connecticut und New-Yersey, beobachtet. Es ist aber nach Robinson nicht unwahrschemlich, dass die von Thomas!) beschriebene Deforma- tion von Rhus pyroides Burch. aus Südafrika ebenfalls von Exoascus purpurascens hervorgerufen wird, namentlich auch, da Thomas eine ganz ähnliche Veränderung des Schwammparenchyms des Blattes beschreibt. Jedenfalls wäre es pflanzengeographisch sehr interessant, hierüber etwas Genaueres zu erfahren. 9) Exoascus deformans (Berk.) Fuckel. Syn.:?) Ascomyces deformans Berk. (Introd. to Crypt. Bot. 1857, p. 284). — Ascosporium deformans Berk. (Outlines 1860, p. 449). — Taphrina deformans Tul. (Ann. sc. nat. V. Ser. t. 5. 1866, p. 128). — Ewxoascus deformans Fuckel «) FPersicae Fuck. (Symbolae Mycolog. 1869, p. 252). — Icon.: @, Taf. IV. Fig. 7. Die ceylindrischen, oben meist abgerundeten Asken sind 35—40 u lang und 9—10 u dick. Die Stielzellen sind 6—8 u hoch und etwa 6—9 u dick, sie sind nach unten zu mehr oder weniger zugespitzt und ragen etwas zwischen die Epidermiszellen hinein. Das Mycel überwintert in den jüngsten Theilen der einjährigen Wirthspflanze und lässt sich in den ersten Trieben einer jeden Vegetations- periode in der primären Rinde, im Marke und in den Markstrahlen nachweisen, ist aber in dem Weichbast noch nicht beobachtet worden. Mit dem Beginn der neuen Vegetationsperiode breitet sich das Mycel in den Blättern der ersten Triebe aus, durchzieht zunächst die inneren Gewebetheile der Blätter und gelangt schliesslich zur Entwickelung des subeuticularen Hymeniums. In Folge der Einwirkung des Parasiten entstehen sehr auffallende Gewebewucherungen der inficirten Blätter, welche mehr oder weniger gekräuselt werden und bis zur Reife der Asken auch an Dicke zunehmen (Kräuselkrankheit). Der Pilz verbreitet sich nicht in den Blättern der späteren Triebe; die Johannistriebe ‚sehen daher stets vollkommen gesund aus, auch wenn im Frühjahr die Krankheit sehr heftig aufgetreten war. Geogr. Verbr.: Der Pilz tritt überall auf, wo Persica vulgaris gedeiht und hat daher eine ziemlich weite Verbreitung in Mitteleuropa, in Italien und Dänemark, ebenso auch in Nordamerika, fehlt jedoch auf der Skandinavischen Halbinsel. 1) Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. I. Band, 1883. 2) Man vergl. 7, S. 25 und 26, wo die Synonyme und die Speciesbezeichnungen näher besprochen sind. 54 Sadebeck, Die.parasitischen Exoasceen. Ob die auf Prumus Amygdalus beobachtete Exoascus-Art identisch ist mit E. deformans — was ich übrigens, nach dem sehr ver- schiedenen Aussehen des perennirenden Mycels zu urtheilen, be- zweifele — kann ich nicht entscheiden, da es mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, reife Asken der auf Pr. Amygdalus vorkommenden Exoascus- Art zu erhalten. Das perennirende Mycel des E. deformans ist durch die z. Th. sehr langen Glieder ausgezeichnet, während das perennirende Mycel der die Mandelbäume befallenden Exoascus-Art bedeutend kurz- gliedriger ist und dadurch sich leicht von dem ersteren unter- scheiden lässt. Eine genaue Untersuchung des die Mandelbäume infieirenden Exoascus wäre sehr erwünscht, da es mir sehr wahrschemlich ist, dass sich dem E. deformans ein E. Amygdali als eigene, gute Art anreihen dürfte. 10) Exoascus Crataegi (Fuckel) Sadeb. Syn.: Eroascus bullatus (Berk. et Br.) 5) Crataegi Fuckel (Symb. mycol. App. H. 1873 p. 49). — Taphrina Crataegi Sadeb. (%, 8.21). Ic.: %, Taf. IV. Fig. 5. Ueber die Entwickelungsgeschichte hier Tat. 1 Fig. 8—9. Die Asken sind 25—35 u lang und 8 u dick; die Stielzelle ist 6—8 u hoch und etwa ebenso diek; sie dringt nicht zwischen die Epidermisszellen ein. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von ca. 4,5 u. Der Pilz bringt nicht nur auf den Blättern und, wenn auch seltener, auf den Blüthen von Mespilus Oxyacantha mehr oder weniger röthliche Blasen und Flecken, nach dem Hervorbrechen der Asken aber einen weissen Reif auf den befallenen Stellen hervor, sondern er bewirkt stellenweise auch hexenbesenartige Deformationen und Krümmun- gen der jüngsten Sprosse, seltener auch älterer Zweige.) An jungen Zweigen kann man mitunter auch Askenlager beobachten. Geogr. Verbr.: Im Allgemeinen folgt der Parasit der Wirthspflanze, ist jedoch in Italien noch nicht beobachtet worden, wohl aber in Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel. Das Centrum seines Verbreitungsbezirkes dürfte in Deutschland liegen, aber auch da gelangt er in den nördlicheren Theilen nur selten zur deutlichen Ausbildung von Hexenbesen, während man solche z. B. in den Alpen nicht selten findet. Nichtsdestoweniger werden nur die Blätter der ersten Triebe einer jeden Vegetationsperiode befallen, die Johannistriebe der Mespilus Oxyacantha erscheinen daher wie die von Exoascus deformans befallenen Zweige der Persica vulgaris ebenfalls völlig gesund 1) Man vergl. 4, S. 113, Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 55 und normal. Das Mycel überwintert daher auch in gleicher Weise, wie dasjenige der vorigen Art. In der Verbreitung des in die jungen Triebe eintretenden Mycels findet aber insofern eine Verschieden- heit von der vorigen Art statt, als das Mycel von Exoascus Orataegi in den Axentheilen eines befallenen Sprosses nicht nur bei dem Mycel- stadium verharrt, wie z. B. dasjenige von Exoascus Tosquineti, sondern eine gleiche Entwickelung zu nehmen befähigt ist, wie in den Blättern. Man kann daher auf solchen Stengeln die Entwickelung der ascogenen Zellen und der Asken verfolgen. Fuckel stellte diesen Pılz als Varietät zu Exoascus bullatus und kannte also weder die Gestalt der reifen Asken noch die Ent- wickelungsgeschichte der in Rede stehenden Pilze, sonst wäre eine derartige Vermengung gänzlich unmöglich gewesen. Fuckel giebt daher auch keine Diagnose, mit Hülfe deren man den Pilz bestimmen könnte, falls auf dem Weissdorn mehr als eine Exoascus-Art vorkäme, was ja nicht als ausgeschlossen zu betrachten ist. 11) Exoaseus minor Sadeb. Syn.: Taphrina minor Sadeb. (%, S. 24). Ic.: 7, Taf. 4 Fig. 6. — Auch hier Taf. U Fig. 1-6. Die ceylindrischen, oben etwas abgerundeten Asken sind 30—35 u lang und 6—8 u dick; die Stielzelle, welche oben dieselbe Dicke be- sitzt, wie der Ascus, verbreitert sich in der Regel etwas an der Basis und ist nur S—10 u hoch. Die grossen, eirunden Ascosporen erreichen einen Längsdurchmesser von 6—7 u, während der Breitendurchmesser ca. 5 u beträgt. Das Mycel überwintert in den Knospen und verbreitet sich im Blatte nur subecuticular, dringt also nicht in die inneren Gewebe- theile des Blattes ein. Die Entwickelung der Asken findet auf der Unterseite der Blätter statt. Die Asken reifen im Juni. Geogr. Verbr.: Bis jetzt ist die Art, welche wahrscheinlich weiter verbreitet ist, nur in Winterhude bei Hamburg gefunden worden, wo man an mehreren Sträuchern und Bäumen von Prunus O’hamaecerasus die Infection beobachten kann. Erzeugt auf Prunus Chamaecerasus Deformationen einzelner Sprosse oder Sprosssysteme, ohne indessen eigentliche Hexenbesen- bildungen mit negativ geotropischen Krümmungen und mit Anschwellungen an der Angriffstelle der Infection zu bewirken. Dass der von Rathay auf Pr. Chamaecerasus in der Umgegend von Wien gefundene Exoascus mit E, minor nicht identisch ist, wurde schon bei der Erörterung über E. Cerasi auf S. 51 nachgewiesen. Die befallenen Zweige verbreiten 56 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. einen sehr bemerkbaren Cumaringeruch, welcher den gesunden Zweigen fehlt und durch seine nicht seltene Intensität oft die Gegenwart der Infection verräth, wenn z.B. der befallene Zweig durch andere benach- barte gesunde Zweige etwas verdeckt ist. 12) Exoascus Tosquinetii (Westend.) Sadeb. Syn.: Ascomyces Tosquinetii Westendorp (Bull. de l’Acad. royale de Belgique, U. ser. t. XI. 1861, p. 655). — Taphrina alnitorgua Tul. (Ann. sc. nat. ser. V.t. 5. 1866, p. 130). — Exoascus Alni de Bary (in Fuckel’s Symb. Mycol. 1869, p. 252) pro parte. — Taphrina Tosquinetii (Westd.) Magnus (Hedwigia 1890, p. 25). — lIe.: 4, Taf. 1. — Man vergl. auch hier am Schlusse Taf. I Fig. 1—7. Die Asken !) erreichen eine Länge von 31—37 u und eine Dicke von 6—7 u, die Stielzelle ist 11—20 u hoch und 6—7 u dick, spitzt sich nach unten etwas zu und ragt fast mit ihrer ganzen Länge in die Wand zwischen den Epidermiszellen hinein. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von 3—5 u. Conidienbildungen beobachtet man im Ascus nur bei sehr feuchter Witterung. Bewirkt auf Alnus glutinosa und A. incana = glutinosa Spross- deformationen, welche sich von echten Hexenbesenbildungen nur dadurch unterscheiden, dass die negativ geotropischen Krümmungen unterbleiben, die Zweige also scheinbar normal aussehen. Sie erregen daher die Auf- merksamkeit des Beobachters nur durch die sehr auffallenden Infections- erscheinungen der Blätter, worüber man auf S. 19—20 vergleichen wolle, desgl. auch in 4, S. 94—96. Ueber die Entwickelungsgeschichte und Biologie dieses interessanten Parasiten findet sich an den genannten Stellen ebenfalls das Nähere ausgeführt. Geogr. Verbr.: In Deutschland ziemlich verbreitet, namentlich im nordwestlichen Theile, ferner im England, im nördlichen Frankreich, in den Niederlanden, Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel. In Italien ist der Parasit dagegen noch nicht beobachtet worden. 13) Exoascus epiphyllus Sadeb. (4, S. 126). Syn.: Taphrina Sadebeckii Johans. var. borealis Johans. (Kel. Vet.-Ak. Förh. 1885, p. 39). — Taphrina borealis Johans. (Kgl. Sv. Vet.-Ak. Handl. XIII, 1887, p. 14; Bot. Centralbl. XXXII, 1888). — Taphrina epiphylla Sadeb. (%, S. 10 ff.) — lIc.: 4, Taf. 4, Fig. 26. — Johanson, 1. c. 1385 Fig. 3, 1.c. 1887 Fig. 1 u. 2. — v. Tubeuf: Baumkrankh. 1888, Taf. I. — %, Taf. IV Fig. 2; hier, Taf. I Fig. 11—14. oO 1) ef. 4, 8. 115. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 57 Die Diagnose ist bereits von mir gegeben worden (cf. %, pag. 16) und mag hier nur der Vollständigkeit wegen abgedruckt werden. Die Asci sind 33—40 u hoch, die Dicke derselben beträgt 15—20 u. Die Stielzelle ist entweder flach oder nach unten zugespitzt, in jedem Falle aber breiter als der Ascus, der mehr oder weniger in die Stiel- zelle eingesenkt ist. Ist die Stielzelle flach, so beträgt ihre Breite 20—33 u, ihre Höhe 8—9 u, ist die Stielzelle nach unten etwas zugespitzt, so ist ihre Breite im Ganzen wohl auch 20—30 u, ihre Höhe aber 15—20 u. Der Pilz ruft auf Alnus incana Hexenbesenbildungen hervor; die ersten Stadien der Infection zeigen sich in Flecken und Reif- bildungen auf den Blättern, sowie in Runzelungen derselben. Auf den Blättern der Hexenbesen findet man den Pilz oft sowohl auf der Oberseite wie auf der Unterseite. Der Pilz befällt in ähnlicher Weise wie E, Tosquwinetii der Reihe nach die sich entwickelnden Blätter eines Hexenbesens; man kann daher ebenso wie bei der Infection der Alnus glutinosa zu einer bestimmten Jahreszeit auch an allen Zweigen der Hexenbesen von A. incana die Einwirkungen des Parasiten auf das Blatt während aller seiner Entwickelungsstadien beobachten, und man findet z. B. während des Monats Juni in Holstein die älteren Blätter der Hexenbesen bereits trocken und braun, während die jungen Blätter durch ihre frische, hellgrüne Farbe vor dem gesunden, dunkel- grünen Laube ausgezeichnet sind. Da aber ein infieirter Baum in Holstem z. B. meist sehr viele kleine Hexenbesen trägt, so ist die genannte Erscheinung der braunen Blätter zu einer Zeit, wo das Laub anderer Bäume eben erst seine volle Ausbildung erreicht hat, besonders auf- fallend. In der Regel vertrocknen aber nach wenigen, oft schon nach 3—4 Jahren die zu Hexenbesen deformirten Zweige und gehen zu Grunde. Während dieser Zeit sind aber schon wieder andere Zweige desselben Baumes inficirt worden, und man findet daher mitunter mehr als hundert solcher kleinen Hexenbesenbildungen gleichzeitig auf einem und demselben Baume. Hieraus geht allein schon hervor, wie gefähr- lich E. epiphyllus für Almus incana werden kann. Man kann sich aber namentlich im südlichen Holstein davon überzeugen, dass der Parasit im Stande ist, schon 6—9 Jahre nach der erfolgten ersten Infection einen Baum von mittlerer Grösse zu verderben, so dass die Krone desselben kaum ein Blatt mehr trägt. Dafür entwickeln sich allerdings Wurzeltriebe, während der Hauptstamm gänzlich abstirbt, aber auch diese werden bald von der Infection betroffen. Man beobachtet indessen, dass die Hexenbesenbildungen der Wurzeltriebe, ebenso wie diejenigen der Bäume in geschützterer Lage ein bedeutenderes Längenwachsthum besitzen als die inficirten Sprosse der frei stehenden Bäume. 58 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Die Floristen sind der Ansicht, dass Almus incana im südlichen Holstein nicht gedeiht, — man bewahre diese Erlen indessen nur vor der Infection. des E. epiphyllus! Es ist nicht emzusehen, warum A. incana sonst nicht gedeihen solle, da sie doch nördlich, östlich und westlich beobachtet wird. Es erfolest auch m der freien Natur die Infection durch die Sporen leichter, als es von irgend emer anderen Exoascus-Art mir be- kannt ist. DBehufs einiger Versuche inficirte ich im Frühjahre 1887 mehrere Zweige eines Baumes der Grauerle mit Sporen des E. epiphyllus. Im Jahre 1893 ist die Krone des Baumes ziemlich abgestorben, die trockenen Zweige erweisen sich als verdorrte Hexenbesen; ausserdem zeigten 1893 sämmtliche (etwa 10) in der Nähe des inficirten Baumes befindliche Erlen beginnende oder ältere Hexenbesenbildungen in grosser Menge. Bemerkenswerth ist noch, dass der Parasit nicht in jedem Jahre dieselbe Vegetationsperiode innehält, auch nicht einmal immer annähernd. So konnte ich z. B. um Hamburg beobachten, dass der Pilz im Jahre 1891 bis zum September in Entwickelung blieb, während er im Jahre 1892 schon im Juni seine Vegetationsperiode beendet hatte. Es dürfte wohl mit den Wärmeverhältnissen der beiden Jahre im Zusammenhange stehen, denn im Jahre 1892, wo bereits Mitte April Sommerwärme eintrat, welche zu Pfingsten auf 25—26° R. stieg, vollendete der Pilz etwa Anfang Juni seine Entwickelung; im Jahre 1891 dagegen, welches sich durch einen kalten und nassen Sommer auszeichnete (zu Pfingsten z. B. nicht mehr, als 5° R.) setzte erst der Spätsommer der Entwickelung des Pilzes ein Ziel. Man wird daher wohl berechtigt sein, auch die verschiedenen Angaben über die Entwickelungszeit dieses Parasiten im Wesentlichen auf die im Obigen bezeichneten Ursachen zurückzuführen. _ Bezüglich des Nachweises, dass der Pilz thatsächlich die Hexen- besenbildungen der Alnus incana verursacht u. s. w., verweise ich auf 7,8. 10 f. Geogr. Verbr.: Der Pilz dürfte überall, wo Almus incana (namentlich baumartig) gedeiht und verbreitet ist, anzutreffen sein; auch im Holstein’schen ist er viel häufiger, als ich bisher angenommen hatte, so z. B. auch in Oldesloe. In den Alpen dagegen scheint Exoascus epiphyllus etwas seltener zu sein, obgleich doch gerade dort die Nährpflanze sehr verbreitet ist. In Italien ') tritt der Parasit nicht häufig auf, in Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel ist er dagegen ziemlich verbreitet. 1) Massalongo, ©. Sulla scoperta in Italia della Taphrina epiphylla Sadeb. (Bull d. Soc. Bot. Ital. u. N. Giorn. Bot. Ital. XXIII. 1891. p. 525). Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, 59 T. epiphylla Sadeb. var. maculans') Sadeb. ist, wie die ent- wickelungsgeschichtlichen Untersuchungen ergeben haben, Taphrina Sadebecki. Man vergl. S. 72. 14) Exoasceus turgidus Sadeb. (4, S. 116). Ie.: Ebenda Taf. 3 Fig. 20; auch hier Taf. I Fig. 10—11. Die Asken, welche oben entweder etwas abgerundet oder mehr oder weniger gerade abgestumpft sind, erreichen eine Länge von 46 — 50 u, und sind, abgesehen von einer sehr unbedeutenden, bauchigen Anschwellung in ihrer unteren Hälfte ungefähr 15 « dick. Die Stielzelle, welche an der den Ascus abtrennenden Scheidewand ebenfalls etwa 15 u dick ist, ragt mitunter nur 17 u in das Gewebe des Blattes hinein, nicht selten ist sie jedoch bis auf nahezu 30 „ verlängert; in den meisten Fällen aber verjüngt sie sich kegelförmig nach unten. zu und bohrt sich mit ihrer Spitze tief zwischen die Epidermiszellen hinen. In anderen Fällen — so. z. B. namentlich bei den Exemplaren aus dem oberen Oetzthale in Tyrol (man vergl. unten) — entsendet die Stielzelle 2—3 Fortsätze in das Gewebe der Nährpflanze und scheint somit zahnwurzelartig den Fruchtkörper festzuhalten. Nur in Ausnahmefällen ist die Stielzelle, deren Gestalt sehr veränderlich ist, unten völlig platt, nur in einem der bis jetzt beobachteten Fälle breitete sie sich um das Doppelte ihres An- satzes am Ascus aus. Im Allgemeinen aber haben die Stielzellen die im Obigen beschriebene, sehr characteristische Form, durch welche auch, wie wir sehen werden, diese Art von der folgenden leicht zu unter- scheiden ist. Der gesammte Fruchtkörper, d.h. also Ascus und Stiel- zelle zusammen, erreicht demnach die Länge von 60—80 u. Die 4 u; man findet aber nur sehr selten 8 völlig entwickelte Ascosporen, in der Regel sind die reifen Asken mit hefeartigen Conidien angefüllt. Diese Art erzeugt die z. Th. sehr grossen Hexenbesen der Betula verrucosa Ehrh. (D. alba L. z. Th.) und ist nach meinen Beobachtungen nur seltener auch auf strauchartigen Birken anzutreffen, bringt aber auch auf diesen hexenbesenartige Deformationen ganzer Zweige hervor. Man erkennt dieselben leicht an den Blättern, welche sich von denen der normal entwickelten Zweige deutlich abheben, theils in der Form, theils auch in der Färbung. An der Basis solcher jüngeren Hexenbesen ist die Infectionsstelle durch eine Geschwulst deutlich bezeichnet. Die Blätter der Hexenbesen, welche an Bäumen Ascosporen haben einen Durchmesser von 3 gefunden werden, verändern dagegen ihre äussere Gestalt noch mehr, 60 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. indem sie oft sehr länglich werden. Ausserdem sind dieselben — ab- gesehen von dem Reif, den die hervorbrechenden Asken auf der Unter- seite hervorbringen, — makroskopisch nicht selten an einem ziemlich auffallenden, dunkelgrünen Ton der Blattoberseite zu erkennen und er- scheinen in der Mehrzahl der Fälle etwas wellig gekräuselt. Die Blattoberseiten und die mit denselben gleichsinnigen Theile der Blatt- stiele werden, wie es nach den bisherigen Beobachtungen anzunehmen ist, nur von einem fadenförmigen Mycel durchzogen, die Anlage der Asken erfolgt dagegen nur auf der Unterseite. Auf den Blattnerven erster und zweiter Ordnung gelangt dagegen das Mycel entweder gar nicht oder nur sehr spät zur Entwickelung der ascogenen Zellen, d.h. erst zu einer Zeit, wo zu beiden Seiten der Nerven die Asken bereits bis zur völligen Reife gelangt sind. Man sieht daher auf Flächenansichten oft ein fadenförmiges Mycel noch in den Blattnerven, während zu beiden Seiten des letzteren die Anlagen der Asken stattfinden, welche in ihrer Entwickelung desto weiter vorgeschritten sind, je mehr sie vom Blattnerven entfernt sind. Man wolle das Nähere bei der Besprechung der folgenden Art vergleichen, desgl. auch auf Taf. H Fig. 10—11. Ich füge hier nur hinzu, dass es mir bis jetzt nicht gelungen ist, das Mycel im Innern der Nährpflanze aufzufinden; ich muss daher bei meiner früheren Annahme verharren, dass das Mycel seinen subeuticularen Verlauf nicht verlässt und also in ganz übereinstimmender Weise wie dasjenige von Eixoascus Tosquinetii, Exoascus epiphyllus u. s. w. in der Nährpflanze überwintert und mit der neuen Vegetationsperiode sich in den jungen Organen ausbreitet. Geogr. Verbr.: Diese ausgezeichnete Art, welche nach den bis jetzt vorliegenden Mittheilungen im nördlichen Europa fehlt, ist wahrscheinlich durch ganz Deutschland verbreitet und scheint namentlich im südlichen Holstein und im nördlichen Hannover am häufigsten auf- zutreten. Auch in Mitteldeutschland ist sie m den gebirgigen Theilen, z. B. im Fichtelgebirge stellenweise sehr verbreitet. In den Alpen sah ich solche Hexenbesen noch im oberen Oetzthale bei ca. 1700 m zwischen Vent und Heiligenkreuz. Die Nachrichten über die Verbreitung dieser Art sind unsicher, weil Verwechselungen mit der folgenden Art nicht ausgeschlossen sind, obgleich die Auseinanderhaltung der beiden Arten keineswegs so schwierig ist, da sichere Unterschiede vorhanden sind, wie wir im Nachfolgenden bald sehen werden. 15) Exoascus betulinus (Rostr.) Sadeb. Syn.: Taphrina betulina Rostrup (Tidsskr. f. Skovbr. VI. 1883. p. 246; auch im Bot. Centralbl. XV. p. 149). — Ic.: Taf. I Fig. 7—9. | Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 61 Die walzenförmigen Asken sind oben etwas abgerundet, seltener mehr oder weniger gerade abgestumpft; sie erreichen meistens eine Länge von 45—55 u, bleiben aber auch mitunter erheblich hinter dieser Grösse zurück und werden nur 30—40 u lang. Die Dicke der Asken beträgt etwa 15 u, und zwar in der ganzen Länge des Ascus, da auch bei dieser Art nur ganz unbedeutende Ausbuchtungen des Ascus auftreten. Die Stielzellen sind z. Th. sehr verschieden in der äusseren Form; am häufigsten bilden die Stielzellen nur Verlängerungen des Ascus, welche in ihrer ganzen Höhe die Dicke des Ascus beibehalten und mitunter eine Höhe von 20—25 u erreichen. In der für diese Art charakteristischen Form haben die Asken eine ausgesprochen walzen- förmige Gestalt. Nur seltener finden sich am unteren Ende der Stielzelle Verjüngungen, aber auch dann, wenn solche vorhanden sind, können sie mit den Zuspitzungen der Stielzellen, durch welche die vorige Art charakterisirt wird, nicht verglichen werden. In der Regel sind die Stielzellen unten stumpf oder etwas abgerundet; in einigen Fällen beobachtet man auch, dass die Stielzellen sich sehr ausbreiten, bis 20—25 u, dafür aber nur ungefähr 10 u hoch werden; auch in diesem Falle ist die Stielzelle unten platt und dringt also nicht zwischen die Epidermiszellen ein. Die reifen Asken sind meistens mit hefeartigen Conidien angefüllt. Die Ascosporen selbst haben einen Durchmesser von ungefähr 5 u. Die Ausbreitung und Entwickelung des Mycels erfolgt auch bei dieser Art nur subeuticular; die Ueberwinterung des Parasiten findet in der gleichen Weise statt, wie diejenige des Kxwoascus lurgidus, epiphyllus u. s. w. m den Knospen. Bildet auf Betula pubescens Ehrh. und Betula odorata Bechst. hexenbesenartige Deformationen. Geogr. Verbr.: Bis jetzt namentlich in Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel beobachtet. In Deutschland in den gebirgigen Theilen Mittel- und Süddeutschlands, z. B. im Fichtelgebirge, Erzgebirge, Schwarzwald (Lagerheim) u. s. w., in der norddeutschen Tiefebene und in Schleswig-Holstein nachgewiesen. Die geringe Anzahl sicherer Mittheilungen über die geographische Verbreitung ist auf die gleichen Ursachen zurückzuführen, wie bei der vorigen Art. Die Unterschiede von Ekxoascus turgidus Sadeb. und Ezxoascus betulinus (Rostrup). — Schon früher ) habe ich darauf hingewiesen, dass die beiden Arten nicht zu vereinigen seien. Es lag aber nicht in dem Plane der genannten Abhandlung, ) 7, S. 31 (bei Betula pubescens Ehrh.). 62 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. auf die Resultate der entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen einzugehen, da dieselben aus mehrfachen Gründen noch nicht für alle Exoasceen, welche zweifelhaft erschienen, zum Abschluss gebracht werden konnten. Somit war es an der genannten Stelle nicht möglich, den Nachweis zu erbringen, dass hier m der That zwei völlig ver- schiedene Arten vorliegen. Auf die Verschiedenheiten, welche in der äusseren Form der Asken beider Arten hervortreten, bin ich bereits in den voranstehenden Beschreibungen der beiden in Rede stehenden Arten eingegangen, und habe daselbst gezeigt, dass wie bei vielen Exoascus- und Taphrina-Arten, so auch hier die Gestalt der Stielzelle die Unterscheidung erleichtert. Da aber die Form derselben, wie ich ebenfalls mitgetheilt habe, manchmal varürt, so sind doch Fälle denkbar, wo die Untersuchung der Stielzelle den Beobachter noch in /weifel lassen könnte, welche der beiden Arten er vor sich habe. In solchen Fällen ist die Entwickelungsgeschichte heranzuziehen, welche ausreichende sichere Unterscheidungsmerkmale für beide Arten liefert. Schon im der Entwickelung des fadenförmigen Mycels treten Ver- schiedenheiten auf, welche einem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen können. Während die einzemen Zellen des Mycels des Exoascus turgidus noch im Zusammenhange bleiben, wenn sie bereits behufs der Ausbildung der ascogenen Zellen anzuschwellen be- ginnen (Taf. II Fig. 11 ), geben die einzelnen Zellen oder die wenigzelligen Glieder des im Wachsthum begrifienen Mycels von Exoascus betulinus ihren Zusammenhang bereits auf, wenn der Parasit sich noch in dem fadenförmigen Mycelstadium befindet. Dabei bleiben in der Regel zwischen den losgelösten Stücken die sehr deutlich sichtbaren, stark lichtbrechenden Trennungswände frei, d. h. ausserhalb jeden Zusammenhanges noch erhalten, wenn die abgetrennten Zellen sich bereits ziemlich weit von einander ent- fernt haben (man vergl. Taf. II Fig. 7—8). Hierdurch sind beide Arten schon im Mycelstadium zu unterscheiden, denn derartige Los- lösungen einzelner Mycelglieder wird man bei der Untersuchung des Exoascus turgidus niemals beobachten. Auch in der weiteren Ent- wickelung, in der Anlage und Ausbildung der ascogenen Zellen zeigen beide Arten mehrfache Verschiedenheiten. Wenn die losgelösten Mycelglieder des Exoascus betulinus zu ascogenen Zellen anzuschwellen beginnen, entfernen sie sich in der Regel noch weiter von einander (Taf. I Fig. 7—8), während die einzelnen Zellen des E. turgidus in dem gleichen Entwickelungsstadium ihren Zusammenhang noch bewahren (Taf. II Fig. 10—11). Ausserdem fällt dem Beobachter die längliche, ellyptische Gestalt der jungen ascogenen Zellen von Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 63 E.betulinus gegenüber der mehr kugeligen Form der gleichaltrigen ascogenen Zellen von E. turgidus auf (Taf. II Fig. 11), und es kann daher bei der Berücksichtigung der Entwickelungsgeschichte nicht mehr schwer sein, die beiden in Rede stehenden Arten auch thatsächlich aus- einander zu halten. Die Entwickelung der Asken findet bei beiden Arten nur auf der Unterseite des Blattes statt, welche mit dem Hervorbrechen der- selben wie von einem weissen Reif überzogen erscheint. Nur auf den Nerven erster und zweiter Ordnung behält das Mycel seine fadenförmige Gestalt noch zu der Zeit, wo auf den übrigen Theilen der Unterseite, auch auf den Nerven 3., 4. u. s. w. Ordnung die Bildung und Reife der Asken bereits stattgefunden hat. In der Nähe der Nerven erster und zweiter Ordnung beobachtet man daher auf geeigneten Präparaten die ganze Entwickelung von der ersten Mycelbildung an bis zum fertigen Askus (Taf. U Fig. 7 und Fig. 11). Während also der Pilz sich auf dem Nerven noch im Mycelstadium befindet, ist er zu gleicher Zeit ausserhalb der Nerven bereits bis zur Anlage der ascogenen Zellen vorgeschritten. Diese Anlagen erfahren zunächst ganz bedeutende Volumvergrösserungen und werden nach weiteren Theilungen zu den ascogenen Zellen, welche in Folge der genannten Wachsthums- und Theilungsvorgänge schliesslich mehr oder weniger nahe an einander gerückt werden. Dies gilt nicht nur für die ascogenen Zellen des E. turgıdus, sondern auch für diejenigen des E. betulinus, obgleich die ersten Anlagen der letzteren Art stets mehr oder weniger weit von einander entfernt sind. Andererseits aber kann man gerade auf solchen Präparaten auch die Unterschiede in der Entwickelung beider Arten recht scharf beobachten (Taf. IH Fig. 7 und Fig. 11). Der schnelle Zerfall des faden- förmigen Mycels, die weit von einander entfernten, länglichen Anlagen der ascogenen Zellen des E. betulinus treten hier in scharfen Gegensatz zu den kugeligen Anlagen der ascogenen Zellen und dem stets im Zusammenhange verharrenden fadenförmigen Mycel des E. turgidus. 16) Exoascus alpinus (Johans.) Sadeb. Syn.: Taphrina alpina Johanson (Bihang t. K. Sv. Vet.-Akad. Handl. Bd. XUI, Afd. II, No. 4). — Ic.: Ebenda, Fig. 5. Die Asken sind ziemlich klein, eylindrisch oder eiförmig, oben abgerundet oder stumpf, verjüngen sich aber an der Basis und ragen mit diesem dünneren Theile etwas in die breite Stielzelle hinein. Sie sind 20—27 u lang und 9—14 u dick. Die Stielzellen sind dagegen 64 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 12— 20 u, meistens aber 15—17 u dick und 8—14 u, selten 17—18u hoch; sie sind an ihrer Basis entweder völlig platt, oder sie verjüngen sich ein wenig nach unten und dringen in diesem Falle etwas zwischen die Epidermiszellen hinein. Die Ascosporen sind kugelig und haben einen Durchmesser von 3,5—5u; nur sehr selten werden in den Asken Conidien angetroffen, die reifen Asken enthalten meistens 6—8 Ascosporen. Diese Art bildet auf Betula nana Hexenbesen, welche in Schweden, wo sie nicht selten vorzukommen scheinen, von den Landleuten ebenfalls als „hexqvastor“ bezeichnet werden. Das Mycel überwintert in den Knospen und breitet sich mit dem Beginn der neuen Vegetationsperiode in den jungen Zweigen und auf beiden Seiten der Blätter aus, schreitet aber nur auf der Unter- seite derselben bis zur Bildung der Fruchtkörper vor. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur auf der skandinavischen Halb- insel beobachtet, in den Jemtländischen Gebirgen und bei Storlien in der unteren alpinen Region. Wenn Johanson schreibt), dass diese Art nach Form und Grösse der Sporenschläuche der Taphrina Betulae Fuckel am nächsten verwandt ist, so ist mir dies nicht verständlich. Die Schläuche der echten Taphrina Betulae Fuckel — das meinen Mittheilungen 9 zu Grunde gelegte Material stammte ganz direct von Fuckel — sind viel grösser und schlanker, als die des Kxoascus alpinus, sie sind 25—35 u lang und 8—10 u dick, die Stielzelle des Kxoascus alpinus ist dagegen viel breiter, als die der Taphrına Betulae, welche höchstens 12—14 u breit wird, in der Regel aber nur wenig dicker ist, als der Ascus. In Folge der sehr breiten Stielzellen des Ewoascus alpinus erscheinen aber die Asken verhältnissmässig weit von einander entfernt, obgleich die Stielzellen dicht an einander stossen. Ich glaube vielmehr, dass Johanson die echte Taphrina Betulae selbst nicht beobachtet hat, sondern die Varietät auctumnalis für Taphrina .Betulae genuina angesehen hat (man vergl. S.81 und Taf. II Fig. 19—20); dies würde auch mit den mitgetheilten Angaben Johansons bezüglich der Ueber- einstimmung in der Gestalt der reifen Schläuche von Taphrina Betulae und Eroascus alpinus sich vereinigen lassen. Ueberhaupt ist es mir sehr zweifelhaft, ob Taphrina Betulae auf der skandmavischen Halbinsel auf Betula pubescens vorkommt. N) Bot. Centralbl. Bd. XXXII. 1888. S. 254. 2) 4, S. 118 und Taf. 3 Fig. 22. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 65 17) Exoascus Carpini Rostrup (Bot. Centralbl. V. 1883, p. 154). Syn.: Taphrina Carpini Rostrup (Bot. Tidsskr. XIV, 1883, p. 238). — Ic.: 4, Taf. 4, Fig. 25. Die Asken gelangen nur auf der Unterseite der Blätter zwischen den Blattrippen zur Ausbildung; ihre Gestalt ist eine z. Th. sehr ver- änderliche. An trockenen Standorten, auf Blättern, welche der Sonne ausgesetzt sind, erreichen die Asken höchstens 25—26 u Höhe, da- gegen eine Dicke von S—12 u, und verbreitern sich zu einer 20-24 u Durchmesser haltenden Basis. An beschatteten oder feuchteren Standorten werden dagegen die Asken oft bedeutend schmäler und höher. In jedem Falle aber unterbleibt die Differenzirung einer Stiel- zelle. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von ungefähr 4 u; sehr häufig finden im Ascus Conidienbildungen statt. Erzeugt auf Carpinus Betulus die sog. Hexenbesen, welche mit dem Beginn der Askenanlagen an trockenen und sonnigen Standorten oft durch die gelbliche Färbung ihrer Blätter ausgezeichnet sind; kurz vor der Entwickelung der Asken zeigen dieselben Blätter häufig einen Stich in’s Röthliche. An schattigen Orten treten derartige Farben- erscheimungen nicht auf. Das perennirende Mycel überwintert in den Knospen der Wirthspflanze. Das Reifen der Asken findet in Deutschland Juni bis Juli statt; auch aus Schweden erhielt ich Hexenbesen von Carpinus .Betulus mit reifen Asken, welche im Juli gesammelt worden waren. Geogr. Verbr.: Der Parasit folgt im Allgememen der Wirths- pflanze und ist daher in Deutschland, Dänemark und auf der skandinavi- schen Halbinsel mehr oder weniger häufig anzutreffen. Nach Süden scheint er jedoch das Alpengebiet nicht zu überschreiten, in Italien fehlt er nach den bisherigen Beobachtungen. 18) Exoascus bacteriospermus (Johans.) Sadeb. | Syn.: Taphrina bacteriosperma Johanson (Bihang t. K. Sv. Vet.- Akad. Handl., Bd. XIII, Afd. II, No. 4 1887). — Ie.: Ebenda, Fig. 11 und 12. Die cylindrischen, an der Spitze und an der Basıs etwas abgerundeten Asken werden meist auf der Oberseite der Blätter, seltener auch auf der Unterseite derselben angelegt. Die reifen Asken sind ziemlich gross, 47—80 u hoch, 14—20 u dick und verbreitern sich zuweilen an der Basis zu einem Durchmesser von 28—30 u. Die Ascosporen sind kugelig und haben einen Durchmesser von 3,6—4,5 u, 5 66 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. gelangen aber nur selten allein zur Ausbildung; in der Regel findet man die Conidien, welche eine ausgeprägt stäbchenförmige Gestalt haben und bei nicht allzu starken Vergrösserungen den Stäbchenbacterien sehr ähnlich sind; sie sind 6,8—7 u lang, 1—1,5 u dick und erfüllen in grossen Mengen den ganzen Ascus. Die Differenzirung einer Stiel- zelle unterbleibt stets. Auf Betula nana in den Zweigen und Blättern, jedoch keme Hexenbesen bildend. Die Infection ist derjenigen der Alnus glutinosa durch E. Tosquinetii (West.) Sadeb. zu vergleichen, indem auch hier ganze Sprosse oder Sprosssysteme befallen werden, ohne gerade Hexen- besen zu bilden, und die imficirten Blätter ebenfalls erheblich grösser werden, als die normalen. Die Blätter nehmen dabei eine gelbgrüne Farbe an (selten mit einem Stich ins Röthliche) und erscheinen nach dem Hervorbrechen der Asken auf der Oberseite wie von einem feinen weissen Reif bedeckt. Geogr. Verbr.: In Europa bis jetzt nur am Äreskutanberge in Jemtland bei ca. S00—950 m beobachtet (Johanson); im Grönland dagegen an mehreren Orten gefunden (Warming); Farlow') giebt an, dass sie in den Vereinigten Staaten vorkomme. 19) Exoascus Kruchii Vuillemin (Revue mycologique XIII. 1891. p. 141). Die cylindrischen, oben abgerundeten, an den Seiten aber etwas geschweiften Asken sind 65—75u hoch und 15—20 u dick. Sie besitzen keine Stielzelle, verbreitern sich aber an der Basis ziemlich plötzlich und erreichen einen Durchmesser von 30—40 u. Die Basis selbst ist nicht flach und eben, sondern mehr oder weniger wellig, in manchen Fällen so bedeutend, dass sie sich haustorienartig in dem Blattgewebe zu befestigen schemt. Die sehr grossen Asken stehen meist etwas weit von einander und sind mit einer grossen Anzahl von Conidien angefüllt, welche sich sehr früh zu entwickeln scheinen. Asco- sporen habe ich noch nicht beobachten können. Bewirkt auf Quereus Ilex L. Hexenbesen; das nähere Biolo- gische vergleiche man in der Kruch’schen Darstellung. ?) Geogr. Verbr.: Mittelitalien, z. B. Umgegend von Rom (Kruch), Spoleto (Pirotta), Albanı (Cuboni). ı) Farlow, W.S. and Seymour, A. B. A provisional Host-index of the Fungi of the United States. II. Cambridge, 1890. 2) Kruch, O0. Sopra un caso di deformazione (Scopazzo) dei rami dell’ Elce. Malpighia IV. Fase. IX—X. 1891. i Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 67 20) Exoascus amentorum Sadeb. (Sitz.-Ber. d. Ges. f. Bot. z. Ham- burg IV. 1888, p. 90. Auch im Bot. Centralbl. XXXI. 1888, p. 349.) Syn.: Exoascus Alni de Bary pro parte (sec. Fuckel, Symb. mycol. 1873, p. 252). — Exoascus almitorquus (Tul.) J. Kühn forma Alni incanae Kühn in litt. (Rabenhorst, Fungi europ. exsice. XVII. Cent. 1873, No. 1616). — Ascomyces Alni Berk. et Br. (Ann. Magaz. Nat. Hist. 1876, p. 144). — Ascomyces Tosquinetü strobilina Rostrup (Tidsskr. f. Skovb. IV. 1879, p. 152). — Exoascus Alni de Bary var. strobilinus v. Thümen (Mycotheca univ. XIV. Cent. 1879, No. 1366; Flora 1880, p. 13). — Taphrina Alni incanae (Kühn) Magnus (Hedwigia 1890, p. 25). — Ic.: 7, Taf. IV. Fig. 1a und 1b. Die Asken sind 40—45 u lang und durchschnittlich 10 « dick; die Bildung einer Stielzelle unterbleibt. Die kugeligen Ascosporen, deren in der Regel acht im reifen Ascus ausgebildet werden, haben einen Durchmesser von 5 „ und bilden nur ausnahmsweise bereits in dem Ascus Conidien. Die Asken ‘dringen oft bis '/ ihrer Länge zwischen die Epidermiszellen em. Verursacht die bekannten Deformationen der weiblichen Erlen- kätzchen. Im Uebrigen vergleiche man %, 8. 17 ft. Das Mycel peremnirt m den Knospen und breitet sich im Sommer in den weiblichen Kätzchen aus, auf denen die Anlage der Asken erfolgt. Geogr. Verbr.: Auf Alnus incana in den Alpen sehr ver- breitet, auf Alnus glutinosa in den Sudeten an mehreren Stellen, auch in Dänemark und m Schweden. Ausserhalb des Alpengebietes in Mittel-Europa weniger verbreitet, ebenso auch auf den Britischen Inseln. In Nordamerika nach Farlow ausser auf Alnus incana DC. auch auf Alnus rubra Bongard. Gemäss den Gesetzen der Priorität habe ich geglaubt, die von mir gewählte Speciesbezeichnung wieder aufnehmen zu müssen, weil bei dieser zuerst eine genaue Diagnose der Species, insbesondere die Besprechung der sehr charakteristischen Asken gegeben wurde. Ausser- dem ist der von Magnus vorgeschlagene Name Taphrina Alnı incanae (Kühn) Magn. schon deswegen zu beanstanden, weil dieser Parasit, wie auch Rostrup ') betont, gar nicht allein auf Alnus incana, sondern auch auf Alnus glutinosa und rubra die auffallenden Gewebewucherungen erzeugt. Der Speciesname Taphrina Alni incanae würde also auch zu Missverständnissen führen können. Nach unserer jetzigen Auffassung dürfte diese Art überhaupt nicht zu der Gattung Taphrina gebracht; 1) Taphrinaceae Daniae, p. 18. e 68 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. also höchstens Kroascus Alni incanae (Kühn) Sadeb. genannt werden; aber aus den genannten Gründen würde auch dieser Name keine volle Berechtigung beanspruchen können. 21) Exoascus Cornu Cervi (Giesenh.) Sadeb. Syn.: Taphrina Cornu cervi Giesenhagen (Flora, Erg.-Bd. 1892. p. 130 fi.). — Ic.: Ebenda, Taf. X. Die kleinen, keulenförmigen, oben abgerundeten Asken er- reichen eine Länge von höchstens 24 «u und eine Dicke von 5—6 u. Sie verschmälern sich aber nach unten bis zur Dicke der Stielzellen, welche 2—4 u beträgt; die Höhe der Stielzellen schwankt zwischen 4—6 u. Reife Ascosporen sind bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Diese Art bewirkt auf den Blättern von Aspedeum aristatum Sw. stiftförmige oder geweihartige Auswüchse, welche in getrocknetem Zustande dunkelbraun sind. In denselben breitet sich das Mycel imter- cellular und subeuticular aus. Das Dauermycel scheint dagegen nur intercellular im Innern der Deformationen sich auszubilden. Das Nähere wolle man bei Giesenhagen !) vergleichen. Geogr. Verbr.: Im indomalayischen und polynesischen Gebiet; wahrscheinlich überall, wo die Wirthspflanze ihr Gedeihen findet. Im indomalayischen Gebiet in Nepal (Wallich) und auf Ceylon (Goebel). Bei einer Durchsicht des Herbars des Hamburgischen Botanischen Museums fand Herr Dr. Brick dieselben höchst characteristischen Deformationen auf Asprdeum aristatum, welches aus (Jueensland stammt und von Frau Amalia Dietrich in den Jahren 15863—65 gesammelt worden war, sowie an Material von den Fidji- und Samoa-Inseln, ge- sammelt in den Jahren 1561—71 von Dr. E. Gräffe. Die Untersuchung bestätigte auch das Vorhandensein derselben Pilze, welche auf ost- indischen Deformationen von Aspidium aristatum beobachtet werden, unter Anderem auch die Gegenwart von Urobasidtium rostratum Giesenh. ') Diese höchst interessante Art ist bis jetzt der einzige echte Exoascus, welcher m den Tropen beobachtet wurde. 2. Taphrina Fries. 1) Taphrina bullata (Berk. et Br.) Tul. Syn.: Okidium bullatum Berk. et Br. (Journ. horticult. Soc. of London, t. IX. 1854, p. 48). — Ascomyces bullatus Berk. (Introd. to Crypt. Bot. 1857, p. 284). — Ascosporeum bullatum Berk. (Outl. 1860, !) Giesenhagen, K. Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. (Flora, Erg.-Bd. 1892, p. 130 ff.) Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 69 p. 444). — Taphrina bullata Tul. (Ann. sc. nat. V. ser. t. 5, 1866, p. 127). — Exoascus bullatus Fuckel (Symb. mycol. II. 1873, p. 49). — Ie.: Berkeley in Outl., Taf. I Fig. 9. — 7, Taf. IV Fig. 4. Die Asci sind 36—40 u lang und 8—9 u dick; die Stielzellen haben dieselbe Dicke, sind aber nur 10—15 u hoch. Die Stielzellen dringen nicht zwischen die Epidermiszellen ein und sind auch nach unten nicht zugespitzt. Der Durchmesser der Ascosporen beträgt ca. 5 u. Conidienbildungen im Ascus sind zuweilen in sehr ausgiebiger Weise vorhanden. Auf den Blättern von Pirus communis und Oydonia japonica. Auf der letzteren Nährpflanze wurde dieser Pilz bis jetzt nur im Däne- mark von Rostrup gefunden, der auch die Güte hatte, Untersuchungs- material hiervon mir mitzutheilen. Geogr. Verbr.: Es ist anzunehmen, dass dieser Parasit auch ausserhalb Dänemarks auf Oydonia japonica beobachtet werden wird. Auf Pirus communis scheint der Pilz in ganz Mitteleuropa, Frankreich und auf den britischen Inseln mehr oder weniger verbreitet zu sein. In Südtyrol findet man die reifen Asken bereits Anfang Mai, in Norddeutschland Anfang Juni, in Dänemark Mitte Juni, in Schweden Ende Juni, in den Thälern der nördl. Alpen aber, 'z. B. bei Partenkirchen, erst Ende Juli. Man vergl. ausserdem: %, pag. 23. In Nordamerika dagegen ist dieser Parasit bisher noch nicht gefunden worden (cf. Index von Farlow und Seymour). Ich habe bereits auf Grund der verschiedenen Form der Asci darauf hingewiesen, dass die Exoasceen-Arten, welche Pirus und Mespilus bewohnen, nicht zu einer einzigen Species zusammen- gezogen werden können '), wie dies wiederholt versucht worden ist, sondern als zwei völlig verschiedene Species zu betrachten sind. Ich bezeichnete daher diese beiden Arten als Tuphrina Orataegi und T. bullata, indem ich die für letztere von Tulasne angenommene alleinige Nähr- pflanze Pirus communis meiner Umgrenzung der Art zu Grunde legte, aber zugleich allerdings auch auf die unzureichende Diagnose Tulasne’s aufmerksam machte. Gleichzeitig wurde auch von mir mitgetheilt, dass die Versuche, die Blätter und Knospen von Mesprlus Oxyacantha mit Sporen der Taphr. bullata zu infieiren, zu keinem Resultat geführt haben, obwohl man nach der Ausgiebigkeit der Krankheitserscheinungen von Mespilus Oxyacantha einerseits und andererseits nach den auf Pirus-Blättern gelungenen Infectionsversuchen annehmen musste, dass le A 0 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. die Sporen der Taphr. bullata auch auf den Blättern des Weissdorns die Infection hervorbringen würden (%, pag. 22). Die Entscheidung dieser Frage hat nun die Entwickelungsgeschichte geliefert. Es war mir allerdings nicht unbekannt, dass die Taphrina der Pirus-Blätter kein perennirendes Mycel besitzt (cf. @, pag. 24), während für die auf Mespilus schmarotzende Exoascee das Dauer- mycel schon in 4, S. 112 von mir nachgewiesen worden war. Aber es war doch nach dem damaligen Standpunkte unserer Kenntnisse über diese Pilzabtheilung nicht als ausgeschlossen zu betrachten, dass ein und derselbe Pilz auf der emen Nährpflanze ein Dauermycel bildet, auf einer anderen Nährpflanze aber diese Fähigkeit nicht erreicht. Es musste daher die Entwickelungsgeschichte beider Parasiten untersucht werden, um festzustellen, ob hierin solche Verschiedenheiten gefunden werden, dass eine specifische Trennung der beiden in Rede stehenden Arten &eboten ist. Zunächst ergab es sich, dass das Mycel von Exoascus Crataegt vollständig in der Bildung der ascogenen Zellen, resp. der Mutterzellen derselben aufgeht, während die Bildung der ascogenen Zellen von Taphrina bullata dem Entwickelungsgange folgt, der für die Gattung Taphrina, insbesondere der Taphrina Sadebecküt u. s. w., festgestellt wurde. Aber auch abgesehen davon weist die Entwickelungsgeschichte des Mycels beider Arten folgende Verschiedenheiten auf. Während das Mycel von Exoascus Crataegi handförmig oder geweihartig sich unter der Cuticula ausbreitet, ohne den Wänden der Epidermiszellen zu folgen, giebt das Mycel von Taphrina bullata die Form des einreihigen Zellfadens nie- mals auf, solange es sich in dem Blatte ausbreitet, und verläuft fast aus- schliesslich auf resp. z. Th. in den Wänden der Epidermiszellen, wobei dieselben auseinandergetrieben werden, so dass die schon bei der Entwickelungsgeschichte von Ewoascus Tosquinetii besprochene Furche entsteht, in welcher das Mycel sich einbettet. 9) Taphrina Ostryae Massalongo (Bot. Centralbl. Bd. XXXIV. 1888, p. 389). Ic.: Massalongo, Contribuzione alla Micologia Veronese, 1889, Tab. V Fig. XXX1 Die eylindrischen, oben geraden Asken, welche in der Regel auf der Unterseite, selten auch auf der Oberseite zur Anlage und Entwickelung gelangen, sind 20—24 u lang und 12—14 u dick, ver- schmälern sich aber stets etwas nach unten. Die Stielzelle, welche etwa ebenso dick ist, wie der Ascus, ist meistens nach unten zugespitzt und dringt zwischen die Epidermiszellen en. Die Höhe der Stielzelle beträgt ungefähr 10 «, kann aber mitunter auch 20 « erreichen; ihre Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, vl Grösse sowohl wie ihre äussere Gestalt sind aber bedeutenden Schwankungen unterworfen. Die kugeligen Ascosporen, von denen in der Regel 8 zur Entwickelung gelangen, haben einen Durchmesser von d—17 u. Bildet auf den Blättern von Ostrya carpinifolia Scop. braune Flecken von sehr verschiedener Grösse. Geogr. Verbr.: Im Thal von Tregnago in der Provinz Verona, Juli—November (Massalongo). 3) Taphrina Sadebeckii Johans. (Öfvers. af K. Vet.-Akad. Förh. 1885, p. 38.) Syn.: KExoascus Alni de Bary pro parte (in Fuckel, Symb. myc. 1873, p. 252). — Exoascus flavus Sadeb. (non Farlow) (4, p. 116 u. Rabenhorst’s Kryptogamen-Flora I. 2., p. 8); man vergl. auch %, S. 19.—lec.: 4, Taf. 3 Fig. 21. — Ausserdem hier am Schlusse die Abbildungen über die Entwickelungsgeschichte auf Taf. II, Fig. 1—8. Die Länge der Asci ist eine sehr verschiedene und schwankt zwischen 41—55 u, während die Dicke der Asci ca. 15 u beträgt. Die Stielzelle ist 18—22 u hoch und ziemlich ebenso dick; dieselbe ist unten etwas abgerundet und dringt nie oder nur äusserst wenig zwischen die Epidermiszellen ein; mitunter breitet sich die Stielzelle an ihrer Basis derart aus, dass die Dicke derselben ca. 30—35 u beträgt. Dies ist allerdings zu den selteneren Vorkommnissen zu rechnen, zeigt uns aber sehr deutlich, welchen Schwankungen die äussere Gestalt der Stielzelle unterworfen ist. Häufiger dagegen findet man den Ascus etwas in die Stielzelle hineingetaucht, ungefähr in gleicher Weise wie bei Exoascus epiphyllus. In solchen Fällen ist es schwer, die reifen Asci der T. Sadebeckii von denen des Ewoascus epiphyllus zu unterscheiden. Die Ascosporen sind im Vergleich zu denen der anderen Exoasceen als grosse zu bezeichnen, denn sie erreichen einen Durch- messer von mehr als 6 u. In dem reifen Ascus beobachtet man sehr häufig die hefeartigen Conidiensprossungen der Ascosporen und zwar meistens, ehe sämmtliche Ascosporen gebildet worden sind. Der Ascus ist daher nicht selten mit solchen Conidien angefüllt, während die Ent- wickelung der Ascosporen bis auf eine oft verschwindend kleine Anzahl (oft nur 1—2) zurückgeblieben ist. (Man vergl. z. B. auch 4, Taf. 3 Fig. 21.) Selten findet man sämmtliche acht Sporen in dem Ascus ausgebildet; ich beobachtete dies nur bei anhaltend trockenem Wetter, bei Eintritt feuchten Wetters erfolgt sofort wieder die Conidienbildung in den Asken. 2 ‚Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Bisher ist diese Art nur auf den Blättern von Alnus glutinosa und A. glutinosa >< incana beobachtet worden, woselbst sie auf der Unterseite und nicht selten auch auf der Oberseite gelbliche, oder weiss- liche, runde Flecken von 2—5 mm Durchmesser erzeugt. Geogr. Verbr.: Im Mitteleuropa wohl die häufigste aller Exoasceen-Arten; auch in den Alpen sehr verbreitet, nicht selten auch über 1000 m sogar im nördlichen Alpengebiet. Ausserhalb Deutschlands ist dieser Parasit in Skandinavien, Dänemark, auf den britischen Inseln, in Frankreich, in der Schweiz und in Italien beobachtet worden. In Nordamerika fehlt dieser Pilz, da auch die Wirthspflanze dort kein besonderes Gedeihen findet. Auf Grund der Vergleichung reifer Asken wurde eine Taphrina- Form, welche auf den Blättern von Alnus glutinosa und Almus incana > glutinosa weisse Flecken erzeugt, von mir var. maculans und als zu Exoascus epiphyllus Sadeb. gehörig bezeichnet. Ich hatte indessen gleichzeitig bereits darauf hingewiesen, dass die Gestalt der reifen Asken nicht völlig übereinstimmt mit Eixwoascus epiphyllus, und dass Infections- versuche, welche mit Sporen des E. epiphyllus auf Alnus glutinosa ausgeführt worden waren, zu keinem Resultat geführt hatten, obwohl man nach den entsprechenden, günstigen Ergebnissen der auf Almus incana versuchten Sporenaussaaten auch hier das Eintreten der Infection voraussetzen musste. Auch die so ausserordentlich häufige Erscheinung der weissen Flecken auf den Blättern von Alnus glutinosa liess vermuthen, dass Infectionsversuche gelingen würden. Es ergaben sich somit schon gleich bei der ersten Besprechung einige Be- denken, die oben bezeichnete Form maculans als eine Varietät des Exoascus epiphyllus aufzufassen. Die entwickelungsgeschichtliche Unter- suchung hat nun den sicheren Nachweis geliefert, dass diese Bedenken völlig gerechtfertigt waren und die von mir als Taphrina epiphylla var. maculans bezeichnete Form nichts anderes ist, als Taphrina Sadebeckii, deren reife Asken allerdings denen des Eroascus epiphyllus sehr ähnlich sind und daher ohne die Heranziehung der entwickelungs- geschichtlichen Momente nur sehr schwer sich auseinander halten lassen. Die Entwickelungsgeschichte der beiden in Rede stehenden Exoasceen-Arten ist aber, wie im Obigen gezeigt wurde, eine so verschiedene, dass es leicht ist, auf Grund derselben eine sichere Entscheidung zu geben. 4) T. aurea (Persoon) Fries (Observ. mycol. 1815, Pars I, p. 217). Syn.: Erineum aureum Pers. (Synops. met. fung. 1801, p. 700). — Erineum aureum und populinum Schumacher (Enum. plant. II. 1803, | | Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 73 p. 446). — Taphria aurea Fries (Obs. I. 1815, p. 217). — Taphrina aurea Fries (Syst. orb. veg. I. 1825). — Taphrina populina Fries (Syst. mycol. IH. 1832, p. 520). — Taphrina aurea (Pers.) Tul. (Ann. sc. nat. ser. V. t. 5. 1866, p. 126). — Ewoascus Populi Thümen (Hedw. 1874, p. 98). — Ie.: Magnus, Hedwigia 1874. — Frank, Krankh. d. Pfl. 1880, p. 523. — Johanson, Stud. öfv. svampsl. Taphrina, Bihang t. k. sv. Vet.-Ak. Handl. Bd. XIII, Afd. II. No. 4, Fig. 6 und 7. Die Asken, welche auf der Unterseite der inficirten Blatttheile angelegt werden, stehen dicht aneinander und sind namentlich bei dem ersten Hervorbrechen durch ihre goldgelben Inhaltsmassen ausgezeichnet. Die Form der Asken ist bei dieser "Art eine ausserordentlich ver- änderliche. Die Asken sind entweder schlank und dringen dann meist tief in das Gewebe des Blattes ein, oder sie sind sehr dick, unten abge- rundet und ragen nur wenig zwischen die Epidermiszellen des Blattes hinem. Im letzteren Falle erreichen sie eine Dicke von 30—40 u und eine Höhe von ca. SO u, im ersteren Falle dagegen sind die schlanken Asken nur 20—27 u dick, aber S0—112 u lang. An der Basis der schlankeren Form gliedert sich in der Regel eine den Stielzellen zu vergleichende Zelle ab, an der Basis der diekeren Asken scheint dagegen eine derartige Differenzirung einer Stielzelle häufig zu unterbleiben. Die Ascosporen, deren Durchmesser ca. 4 u beträgt, gelangen wohl niemals sämmtlich zur Ausbildung; die Entwickelung hefeartiger Conidien erfolgt hier im Ascus im der ausgiebigsten Weise, und der letztere ist daher bei der Reife dicht mit diesen Conidien angefüllt. Erzeugt auf den Blättern von Populus nigra L., P. pyramidalıs Roz., und P. monilifera Ait. blasig aufgetriebene Stellen, welche auf der concaven Seite, zugleich der Unterseite des Blattes goldgelb erscheinen und dadurch leicht auffallen; diese Blasen erreichen bei sehr kräftiger Entwickelung des Pilzes nicht selten einen Durchmesser von 2—3 cm. — Ob dieser Parasit auch die Blätter von P. tremula und P. dilatata befällt, wie Fries ) und Schumacher ?) angeben, bedarf noch weiterer Beobachtung. Geogr. Verbr.: Auf Populus nigra am meisten verbreitet; in ganz Mitteleuropa, Dänemark, Schweden, im westlichen Frankreich und in Italien. Auf Populus monilfera nur in Dänemark, auf Populus pyramidalis dagegen in Deutschland (namentlich in den westlicheren Theilen), Schweden und Dänemark. Ii2ar 3.04 p. 217. 2) a. a. O. p. 446. 74 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Es erscheint mir nach den Untersuchungen der blasigen Auf- treibungen der Blätter von Populus pyramidalis auch heute noch nicht völlig entschieden, ob die Taphrina dieser Populus-Art völlig identisch ist mit Taphrina aurea, d. h. mit derjenigen, welche die Blasen auf den Blättern von Populus nigra hervorbringt. Die schlankeren Asken mit der fast nie fehlenden Stielzelle smd charakteristisch für den Pilz der Populus pyramidalıs, die dicken Asken, welche wohl nur in der Hälfte der Fälle zur Bildung einer auch meist nur sehr kleinen Stielzelle schreiten, finden sich vornehmlich auf den infieirten Blättern der Populus nigra. Das Material, welches mir zu Gebote stand, um die Infection der Blätter von P. pyramidalis zu untersuchen, war leider nicht ausreichend, um diese Frage mit voller Sicherheit zu entscheiden. Aus demselben Grunde ist es bis jetzt noch nicht möglich gewesen, die einer Stiel- zelle zu vergleichende Zelle der auf Populus pyramidalis beobachteten Taphrina näher zu untersuchen und ihre morphologische Bedeutung klar zu stellen. Einstweilen bezeichne ich diese Zelle als Stielzelle. Man darf indessen nicht übersehen, dass dann hier der einzige Fall vorliegen würde, wo bei einer und derselben Art die Abgliederung einer Stielzelle erfolgt oder unterbleibt. Bei der Taphrina, welche die Blätter von P. nigra befällt, ist die Stielzelle oft so ausserordentlich klein, dass sie unmöglich für mechanische Zwecke dienen kann. Es scheint vielmehr die Bedeutung dieser Zelle darin zu liegen, dass sie die für die Sporenbildung nicht verwendbaren Inhaltsstoffe aufnimmt, und dass diese stoffliche Differenzirung auch in der Bildung einer Zellwand ihren Abschluss findet. Auf einige Eigenthümlichkeiten, welche sich bei der Unter- suchung der Entwickelungsgeschichte dieser Art ergeben haben, bin ich bereits im allgemeinen Theile (p. 27) eingegangen. 5) T. Johansonii Sadebeck (7, S. 9). Syn.: Exoascus aureus (Pers.) Sadeb. pro parte (4, p. 118). — Taphrina rhizophora Johans. pro parte (Bihang t. K. Sv. Vet.- Akad. Handl. XII. 3. 1888, p. 18). — lIc.: 4, Taf. 4, Fig. 23. — Johanson, l. c. Fig. 10. — Brefeld, Unters. aus d. Gesammtgeb. der Mykologie, IX. Heft, Taf. I, Fig. 29 — 32. Die durch ihre gelblichen Inhaltsmassen ausgezeichneten und darin mit der vorhergehenden Art übereimstimmenden Asken sind mehr oder weniger keulenförmig und oben meistens rund. Sie erreichen eine Länge von 92—105 « und sind an dem die Epidermis der Nährpflanze überragenden, also freien Theile 16—25 u dick. Sie besitzen keine durch eine Scheidewand abgegliederte Stielzelle, dringen aber dennoch Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 15 30-50 u tief zwischen die Zellen der Epidermis und theilweise auch .der Hypodermis em, daselbst sich an ihrem unteren Ende bis auf ca. 8u verjüngend. Die Ascosporen haben einen Durchmesser von 4 u, keimen jedoch sehr häufig bereits im Ascus zu hefeartigen Conidien, welche dann in mehr oder weniger grosser Anzahl den Ascus anfüllen. Veranlasst Gewebewucherungen der Carpelle von Populus tremula, welche in Folge dessen etwa das Doppelte ihrer normalen Grösse erreichen und mit dem Hervorbrechen der Asken von einem gold- gelben Reif überzogen zu sein scheinen. Geogr. Verbr.: Scheint m ganz Mitteleuropa auf den Carpellen von Populus tremula hin und wieder verbreitet zu sein und die Wirthspflanze streckenweise zu begleiten. Die Entwickelungsgeschichte dieser Art habe ich aus Mangel an Material nicht untersuchen können; ich beziehe mich bei der Stellung dieser Art im System allem auf dieBeobachtungen und Abbildungen Brefeld’s, ') nach denen es keinem Zweifel unterliegt, dass die Entwickelung dieser Art denselben Gang nimmt, wie diejenige der Taphrina aurea Fr. 6) T. rhizophora Johanson (Stud. öfv. Taphrina. Bihang t. K. Sv. Vet.-Akad. Handl., Bd. XIII, Afd. III, No. 4, pag. 18). Ie.: Ebenda, Fig. 8—9. Die ebenfalls durch ihre goldgelben Inhaltsmassen ausgezeichneten und darin mit den vorher besprochenen Arten übereinstimmenden Asken besitzen keine Stielzelle; sie sind aber 120—160 u lang, also die grössten aller bis jetzt beobachteten Asken der Gattung Taphrina. Sie dringen tief, d. h. ca. 40—80 u, in das Gewebe der Nährpflanze ein. Die Dicke des über die Oberfläche der Carpelle hervorragenden Ascustheiles beträgt ca. 22 u; nach unten zu verjüngt sich aber der Ascus bis auf 6—10 u, theilt sich aber nicht selten wurzelähnlich in zwei Endigungen (%, p.8—9). Bewirkt auf den weiblichen Kätzchen von Populus alba ganz analoge Deformationen, wie T. Johansonü auf den Carpellen von P. tremula. Farlow giebt noch an, dass die Carpelle von Populus tremuloides Michx., P. Fremontii Watson und P. grandidentata Michx. ebenfalls durch 7, rhizophora befallen werden. Es wäre noch zu untersuchen, ob in der That diese Art die Infection hervorbringt. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur in Schweden beobachtet; viel- leicht aber weiter verbreitet, da sich die Infection der Carpelle von Populus alba leicht der Beobachtung entzieht. !) Brefeld, Unters. a. d. Gesammtgeb. d. Mykologie, IX. Heft, Taf. I, Fig. 29. 6 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 7) T. filieina Rostrup. Syn.: Ascomyces filieinus Rostrup. — Ie.: Johanson, Stud. öfver Taphrina. Bihang t. K. Sv. Vet.-Akad. Handl., Bd. XIU, Afd. III, No, 4 /B10.515 und 16. Die verhältnissmässig kleinen, keulenförmigen, oben abgerundeten, nach unten zu verschmälerten Asken besitzen keine Stielzelle; sie sind 29—38 u lang und 5—9 u dick, an der meist geraden Basis dagegen bis auf 3,5 zellen ein. Es gelangen 4— 8 Ascosporen zur Entwickelung; die- selben sind durch ihre ellyptische Gestalt ausgezeichnet und werden 4—5 u lang, aber nur ca. 2 u dick. 4,5 u verschmälert. Sie dringen nie zwischen die Epidermis- Der Parasit bildet auf den Blättern von Polystichum spinulosum kleine, scharf abgegrenzte Blasen. Dieselben entstehen sowohl auf der Oberseite, als auch auf der Unterseite des Blattes; aber die Asken werden stets nur an der oberen, ceonvexen Seite der Blasen angelegt. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur in Schweden beobachtet. 8) T. polyspora (Sorok.} Johanson (Öfv. af Kgl. Vet.-Akad. Förhandl. Stockholm 1885, n. 1 pag. 41.) Syn.: Ascomyces polysporus Sorokin (Annal. d. sc. nat. ser. VI, t. 4, 1876 p. 72). — Ewoascus Aceris Linhart (Fungi hungaricı 1885 No. 353). — Ie.: Sorokin, 1. e. Taf. IV und Johanson (Kegel. Vet.- Akad. Förhandl. 1885, Taf. 1 Fig. 4). Die Asken, welche eine Stielzelle nicht besitzen, sind breit und cylindrisch, oben meistens etwas abgerundet, unten flach; sie be- decken mit einer etwas breiteren Basis die Epidermiszellen und sind 33—47 u hoch und 12—17 u dick. Die Asken sind in der Regel mit den bekannten, hefeartigen Conidien angefüllt; nur selten gelingt es, die Ascosporen selbst zu beobachten, ihr Durchmesser beträgt nach Lin- hart (Fungi hung.) 4—5 u. Der Parasit bewirkt auf den Blättern von Acer tataricum L. unregelmässige, verschieden grosse, anfangs glänzend röthlich-braune, später röthlich-schwarze oder endlich ganz schwarze Flecken. Die Asken entwickeln sich auf der Oberseite, nach Linhart seltener auch auf der Unterseite. Geogr. Verbr.: Südl. Russland (Sorokin), Ungarn (Linhart) und Schweden (Johanson). Dass Exoascus Aceris Linhart mit T. polyspora (Sorok.) Johans. identisch ist, hat bereits Johanson in der oben genannten Sadebeck, Die parasitischon Exoasceen. az Abhandlung p. 44 nachgewiesen. Dagegen ist von Massalongo auf Acer Pseudoplatanus L. eine sehr bemerkenswerthe Varietät, oder vielleicht auch eigene Species aufgefunden worden )). ß) Pseudoplatani Massal. Die Asken dieser Form sind nur 16—24 u hoch und 10—12 u dick, im Uebrigen aber ebenso wie die Grundform durch die hefeartigen Conidien ausgezeichnet, welche den Ascus mehr oder weniger dicht anfüllen. Sie entwickeln sich aber nach Massalongo nur auf der Unterseite des Blattes, während die Infeetion auf der Oberseite des Blattes die gleichen Erscheinungen wie auf dem Blatte von Acer tataricum hervorruft. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur bei Bolca, in der Provinz Verona beobachtet (Massalongo). 9) Taphrina carnea Johanson (Öfversigt af Kgl. Vet.-Akadem. Förhandl. 1885, pag. 43). Ic.: Johanson, 1. ce. Fig. 5 u. 6. — Johanson, Studier öfv. svampsl. Taphrina. Bih. t.K. Sv. Vet.-Ak. Handl. XIII. 3. Fig. 13 u. 14. Die eylindrischen, oben und unten gleichmässig abgerundeten, sehr grossen Asken sind 44—80 u, meistens aber 60—70 u lang, 14—30 u, in der Regel aber 18—24 u dick und bei der Reife meist mit Conidien angefüllt. Eine Stielzelle fehlt. Entwickelt die Asken nur auf der Oberseite des Blattes. Ruft auf den Blättern von Detula odorata, nana und intermedia blasige Auftreibungen hervor, welche ausser durch ihren Umfang nament- lich auch durch ihre fleischrothe bis röthliche Färbung sehr auffallend sind. Geogr. Verbr.: Ist bis jetzt nur in dem Jemtländischen Gebirge auf der skandinavischen Halbinsel beobachtet worden. In der unteren Alpenregion (Region der grauen Weiden) kommt sie häufig an Betula nana, in der Birkenregion und im oberen Theil der Nadelholz- region an Detula odorata vor. In den tiefer gelegenen Gegenden Schwedens fehlt sie dagegen, obgleich daselbst Betula nana sehr ver- breitet und BD. odorata häufig ist. Johanson hebt schon mit. Recht hervor, dass dieser Pilz daselbst der Beobachtung nicht entgangen sein kann, da er durch die grossen, fleischrothen Buckel oder Blasen, die er an den Blättern erzeugt, leicht ins Auge fällt. Bei seinen Untersuchungen der Taphrina carnea konnte Johan- son ein überwinterndes Mycel nicht finden und ist daher zu der Ueberzeugung gelangt, dass das Mycel, welches die Flecken auf den Blättern hervorgerufen hatte, erst im Frühjahre aus den keimenden I) Massalongo, (. Intorno alla Taphrina polyspora (Sorok.) Johans. var. Pseudoplatani Massal. Bulletino della Societä botanica italiana 1892. 78 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Sporen oder Conidien entstanden sein müsse. Diese Mittheilungen entsprechen sicherlich den thatsächlichen Verhältnissen. Im Weiteren aber sagt Johanson ), „es sei übrigens nicht leicht, dieses Mycelium „zu finden, weil es sehr schnell ganz und gar in der Bildung der „ascogenen Zellen aufgehe, die, dicht nebeneinander stehend, eine zu- „sammenhängeude Zellschicht bilden. Am Rande des inficirten Fleckens „findet man kein Mycelium, sondern Alles, was gebildet wurde, erzeugt „Sporenschläuche.“ Diese letzten beiden, wörtlich nach Johanson hier wiedergegebenen Sätze bedürfen eimer durchgreifenden Berichtigung und Klarstellung des Sachverhaltes. Ich will allerdings zugeben, dass‘ es nicht leicht ist, das bei der Keimung der Sporen entstandene Mycel direct aufzufinden; aber es tritt doch bei der Behandlung mit Auf- hellungsmitteln, so z. B. schon nach Anwendung von Ammoniak, auf Epidermispräparaten, namentlich der Betula odorata, deutlich hervor, auch wenn die letzteren nicht von der lebenden Pflanze stammen, sondern Herbarexemplaren entnommen sind. Es ist mir auf diese Weise mit Leichtigkeit gelungen, an getrocknetem Material, welches Johanson mir 1885 zugesendet hatte, nicht nur dieses Mycel mit voller Sicherheit zu constatiren, sondern mich auch davon zu über- zeugen, dass dieses Mycel keineswegs ganz und gar in der Bildung der Asken aufgeht. Vielmehr kann man an den Rändern solcher Flecken, bei denen die Infeetion nicht weiter als bis zur Entwickelung der ascogenen Zellen, also noch nicht bis zur Bildung reifer Asken vor- geschritten ist, beobachten, dass sowohl die Differenzirung des Mycels durch seitliche und apieale Anschwellungen und Emergenzen, als auch die Bildung der ascogenen Zellen in ganz übereinstimmender Weise stattfindet, wie bei Taphrina Sadebeckit, bullata u. s. w. Johanson wird wohl nur ältere Stadien der Infection beobachtet haben, oder er hat nicht genügend die Aufhellungsmittel benutzt. Jedenfalls sah man an dem Herbarmaterial, welches ich untersuchte, noch ganz deutlich, dass bei den in Rede stehenden Entwickelungsstadien auch stoffliche Differenzirungen ein- getreten seien, indem die fertile Hyphe auch hier sich durch die reichen Inhaltsmassen von dem fast inhaltslosen, sterilen Mycel unterscheiden liess. 10) Taphrina coerulescens (Mont. et Desm.) Tul. in Ann. d. sc. nat. ser. X. t. 5. Syn.: Ascomyces coerulescens Mont. und Desm. (Annal. d. sc. nat. ser. IH. t. 10). — Exoascus coerulescens Sadeb. (4, 5.119). — Asco- myces Quercus Cooke (in Ravenel’s Fungi Amerie. No. 72). — Ascomyces alutaceus v. Thümen (Zool.-bot. Ges. Wien 1879). — Ic: 4, Taf. 3 Fig. 24. 1) Bot. Centralbl. 1888, Bd. XXXII, pag. 223. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 79 Die keulenförmigen, oben abgerundeten Asken sind 55—70 u lang und 15—20 u dick; sie dringen mit ihrem unteren Ende bisweilen bis 25 «a tief in die Wand zwischen den Epidermiszellen ein, wobei sie sich oft beträchtlich verjüngen, während sie in anderen Fällen kaum 10 u tief in das Gewebe der Nährpflanze eindringen und relativ stumpf endigen. Die Differenzirung einer Stielzelle unterbleibt in jedem Falle. Die hefeartigen Conidien finden sich meist in grossen Mengen im Ascus, ihre Grösse ist aber zum Theil sehr verschieden, ebenso ihre Gestalt. In der Regel findet man sie mehr oder weniger rundlich, mit einem Durchmesser von 1—?2 u, der aber nach Robinson ') z.B. bei dem Parasiten der Quercus cinerea fast 4 u erreichen soll. Dass übrigens Ascomyces (uercus Cooke nur als synonym zu Taphrina coerulescens aufzufassen ist, wurde bereits von Robinson!) nachgewiesen. Bewirkt auf den Blättern der befallenen Quercus-Arten mehr oder weniger grosse, meist unregelmässige Flecken. Auf Quercus rubra sind die Flecken nach den Mittheilungen Robinson’s stets rundlich und haben einen Durchmesser von 2—5 mm, während sie auf den Blättern von Quercus tinclorca 10—12 mm im Durchmesser einnehmen. Auf den letzteren bewohnt der Parasit vorzugsweise die Oberseite des Blattes. Auf Quercus pubescens Willd., auf welcher nach Desmazieres?) die Asken nur auf der Unterseite der Blätter angelegt werden, und auf Q. sessiiflora Sm. ist die Grösse der Flecken sehr verschieden; dieselben nehmen mitunter fast die Hälfte eines Blattes ein. Ein bedrohlicher Umfang der Infeetion ist aber bis jetzt noch nicht beobachtet worden, da die Infection keine sehr bedeutende Ausdehnung zeigt. In Amerika sowohl, wie in Deutschland reifen die Asken im Juni, im Alpengebiet erst im Juli resp. August. Geogr. Verbr.: In Schweden (Johanson und Lagerheim), Deutschland, Oesterreich, Frankreich, Belgien und in der Schweiz, 2. B. bei Beatenberg (Thomas) ebenfalls, aber stets nur sehr zerstreut auf Quercus sessiliflora Sm. ; in Oesterreich, Frankreich und Belgien ausserdem auch auf @. pubescens Willd. In Dänemark fehlt dieser Parasit vollständig, in Italien ist er dagegen von Massalongo in der Provinz Verona auf Q. Cerris L. und Q. pubescens Willd. aufgefunden worden. In Nordamerika scheint dieser Pilz eine der häufigsten Taphrina-Arten zu sein und wurde nach Robinson !) und Farlow ?) beobachtet auf Q. alba L. und I) Robinson, B. L. Notes on the genus Taphrina. Annals of Botany 1. 1887. ». 178. 2) Ann. d. sc. nat. ser. II. t. 10. 3) Farlow, W. S. and Seymour, A. B. A provisional Host-Index of the Fungi of the United States. Pars. IT. 1890. 80 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. (. tinctoria Bart. bei New-London, Conn. (Farlow), auf@.coccinea W ang. bei Stoughton, Wise. (Trelease), auf @. rubra L. bei Ithaka, N. Y. (Trelease) und am Cap Bald noch bis 1000 m (Robinson), auf Q. aquwatica Catesby und @. laurifola Michx. bei Green Cove Spring, Fla. (Geo. Martin) und auf Q. cinerea Michx. bei Aiken, S. C. (Ravenel’s Fung. Americ. No. 72). Taphrina extensa (Peck) Saccardo. Bringt auf den Blättern von Quercus macrocarpa Michx. sehr eigenthümliche Flecken hervor, wodurch diese Infection von denen der vorigen Art ausgezeichnet ist. Nach Peck ist dieser Parasit der Wirths- pflanze nicht ungefährlich. Etwas Genaueres habe ich bis jetzt nicht in Erfahrung bringen können. 11) Taphrina Betulae (Fuck.) Johans. (Öfversigt af Kel. Vet.-Akad. Förh. 1885. p. 40). Syn.: KExoascus Betulae Fuckel (Symb. mycol. Nachtr. II, 1873, p. 49). — Ascomyces Betulae Magnus (in Rabenh. Fungi europaei No. 2734). — lec.: 4, Taf. 3 Fig. 26; ausserdem hier am Schlusse Taf. U, Fig. 12—15. Die ceylindrischen, oben mehr oder weniger abgerundeten Asken sind 20—35 u lang und S—12 u dick, die Stielzelle ist S—12 u hoch und breiter als der Ascus; sie dringt niemals zwischen die Epidermis- zellen ein, sondern bedeckt dieselben mit einer breiten Basis. Die Ascosporen sind meistens eirund, 4—5 u lang und 2—3 u breit; nur selten findet man kugelige Ascosporen, welche dann ungefähr einen Durchmesser von 4 u erreichen. Der normale Entwickelungs- gang endigt mit der Ausbildung von 8 Ascosporen, nicht selten finden aber im Ascus Conidienbildungen statt, ehe sämmtliche Sporen zur Ent- wickelung gelangt sind, und dann wird die Sporen-Entwickelung durch die Bildung der hefeartigen Conidien beeinflusst. Auf den Blättern von Betula verrucosa Ehrh. und pubescens Ehrh. weisse, gelblich-weisse oder gelbliche Flecken erzeugend, welche meistens rundlich sind und einen Durchmesser von ungefähr 2 mm besitzen, aber mitunter auch das Doppelte dieser Grösse erreichen. Die Asken beobachtet man in der überwiegend grossen Mehrzahl der “älle auf der Oberseite der Blätter, nur selten auch auf der Unterseite. Die Entwickelung des Parasiten fällt m die wärmere Sommerzeit, findet aber nicht selten auch noch im September statt. Geogr. Verbr.: Diese Art ist in ganz Mitteleuropa — auf der Nordseite der Alpen bis gegen 1000 m (im Montafon) — mehr oder weniger verbreitet, und nur selten auf einen Baum oder Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 81 Strauch beschränkt, sondern an dem Orte ihres Vorkommens meist in einer recht ausgiebigen Weise auf einer grösseren Anzahl von Birken zu beobachten. Auch in Dänemark (Rostrup) ist sie verbreitet. In Italien dagegen, sowie in Nordamerika scheint sie zu fehlen. Ueber das Vorkommen dieses Pilzes in Schweden wolle man indessen oben, S. 64, vergleichen. var. auctumnalis nov, form. (Ie.: Taf. II Fig. 16—21.) Die cylindrischen, oben etwas abgerundeten Asken sind 15—27 u hoch und 6—9 „ dick, also sehr verschieden gross, aber bedeutend kleiner als diejenigen der Grundform. Die meist sehr breiten Stiel- zellen sind aber nur 2—5 u hoch, ihre Breite resp. ihre Gestalt ist nur auf Flächenansichten zu erkennen, da die Stielzellen dieser Varietät ebenso wie diejenigen der Grundform nur die ascogenen Zellen dar- stellen. In der Regel gelangen 8 Ascosporen zur Entwickelung; hefe- artige Conidienbildungen sind an denselben bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Die Ascosporen haben trotz der relativ geringeren Grösse des Ascus dieselbe Grösse behalten, wie diejenigen der Grundform. Der Parasit ruft auf der Oberseite der Blätter von Betula pubescens Ehrh., seltener auf derjenigen von Betula verrucosa Fhrh., röthliche Flecken hervor, deren Grösse und Gestalt ausserordentlich varıurt. Man findet rundliche Flecken, deren Durchmesser 2—4 mm beträgt; ebenso häufig beobachtet man aber auch, dass diese Flecken in ganz unregelmässigen Umrissen sich über grössere Theile des Blattes ausbreiten und nicht selten 's desselben einnehmen. Die inficirten Theile des Blattes werden hierbei gänzlich zerstört. Die Entwickelung der Asken findet auf beiden Seiten statt; auf der Unterseite werden die Asken etwas grösser, als auf der Oberseite. Bisher ist diese sehr auffallende Varietät nur um Hamburg beobachtet worden, woselbst die Entwickelung dieses Pilzes später beginnt, als diejenige der Grundform. Im September 1891, wo die Varietät sich in der kräftigsten Entwickelung befand und zum ersten Male beobachtet worden war, fand man auf einem und demselben Blatte auch die durch die Grundform erzeugten Infectionsflecken und alle Uebergänge von der letzteren bis zur Varietät, man vergl. z. B. auch Taf. II Fig. 12—21. Indessen ist hier in gleicher Weise wie bei einigen anderen Taphrina-Infectionen die Höhe der Sommerwärme von dem bedeutendsten Einfluss auf die schnellere oder langsamere Entwickelung des Parasiten, und im Jahre 1892, dessen August so aussergewöhnlich 6 82 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. warm war, wurde in der zweiten Hälfte des September, d. h. zu derselben Zeit, in welcher die Infeetion im Jahre vorher in der ausgiebig- sten Weise aufgetreten war, die Erkrankung durch die var. auctumnalis nur noch vereinzelt beobachtet. Einen grösseren Widerstand gegen die hohen Temperaturen hatte die Grundform bewahrt, deren weisse Infectionsflecken in dem genannten Jahre häufiger waren als die röth- lichen der Varietät, während im Jahre vorher, 1891, das umgekehrte Verhältniss beobachtet worden war. Ganz ähnliche Beeinflussungen durch hohe Wärmegrade fand ich auch z. B. bei Ewoascus epiphyllus )). Die Entwickelungsgeschichte ist bereits im ‚allgemeinen Theile, S. 30, in vergleichender Form geschildert worden, und es ist hier nur darauf hinzuweisen, dass die entwickelungsgeschichtlichen Vorgänge, welche bei der Untersuchung der Grundform und der var. auctumnalis gefunden wurden, so übereinstimmende sind, dass zuerst auf Grund dieser — trotz der theilweise grossen Verschiedenheit der Asken — die ursprünglich gedachte Erhebung der Varietät zu einer besonderen, neuen Species unterlassen wurde. Es ist auch zu beachten, dass bei der Grundform sowohl wie bei der Varietät in völlig übereinstimmender Weise die morphologische Bedeutung der sog. Stielzelle besonders deutlich hervortritt. Dieselbe ist morphologisch nichts anderes, als die ascogene Zelle, aus welcher der Ascus als eine zur Fläche des Blattes sich senkrecht emporwölbende Emergenz hervorgegangen ist. Der Ascus wird dann durch eine Wand von der ascogenen (Stiel-) Zelle abgetrennt, deren ursprüngliche Form auch im Weiteren keine Veränderungen erleidet. Nur die Inhaltsmassen, welche sämmtlich in den Ascus übergegangen sind, sind aus ihr verschwunden. (Taf. I Fig. 15 u. 19—21). Auf Flächenansichten kann man sich davon über- zeugen, dass bei der Grundform und der Varietät diese Vorgänge — auch bez. der äusseren Gestalt der ascogenen Zellen — in völliger Uebereinstimmung stattfinden, und man sieht auf solchen Präparaten oft deutlich um den Ascus herum die in der Fläche sich in lappigen Emergenzen ausbreitenden, ursprünglichen, ascogenen Zellen jetzt inhaltsleer. Dicht daneben findet man aber ganz ähnlich gestaltete Zellen mit reichlichen Inhaltsmassen (Taf. II Fig. 21); es sind dies die ascogenen Zellen, welche noch nicht zur Ascusbildung vor- geschritten sind. Ausser diesen Vorgängen ist noch eine Eigenthümlichkeit der Ascusentwickelung zu besprechen, welche bei der Varietät nicht selten, bei der Grundform aber nur ganz vereinzelt beobachtet wurde. Bei N) Man vergl. S. 58, wu. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 83 der Differenzirung des Ascus aus der ascogenen Zelle fand ich mitunter, dass die sonst subcuticular in der Ebene des Blattes sich ausbreitende ascogene Zelle mit einem Ende sich senkrecht zur Ebene des Blattes streckt, die Cuticula durchbricht und darauf in einen oberen Theil, den Ascus, und einen unteren, etwas seitlichen, die Stielzelle, sich theilt (Taf. IH Fig. 18—20). Hierdurch entstehen Fruchtkörper von einer höchst eigenthümlichen Form, welche bei anderen Taphrina-Arten meines Wissens bis jetzt noch nicht beobachtet worden ist. Weniger auffallend sind dagegen diejenigen Fälle der Ascusentwickelung, wo die ascogene Zelle sich in ähnlicher Weise wie z. B. bei der Ascusbildung der T. Ulmi mehr oder weniger in ihrer Mitte zu einer Emergenz empor- wölbt, welche dann die Cuticula durchbohrt und zum Ascus wird, der dann durch eme Wand von der Stielzelle m der schon mehrfach beschriebenen Weise abgeschieden wird (Taf. II Fig. 19—21). Es sind im Allgemeinen sowohl in der Grösse als in der Gestalt der Asken bedeutsame ‚Verschiedenheiten zwischen der Grundform und der Varietät vorhanden; aber bei näherer Untersuchung findet man, dass selbst zwischen den ausgeprägtesten Formen der 7. Betulae genuina und der var. auctumalis alle vermittelnden Uebergänge vorhanden sind, so dass es mitunter schwer ist, die Asken der Varietät von denen der Grund- form zu unterscheiden. Ich kann mich daher trotz der eigenthüm- lichen Veränderungen, welche die Infection durch die var. auctumnalis nach den bisherigen Beobachtungen auch makroskopisch auf den Blättern hervorruft, nicht entschliessen, in dieser Varietät eine eigene Species zu erkennen. Ich glaube auch nicht, dass die directe Infection der Sporen, falls diese Versuche gelingen sollten, zu einem anderen Resultat führen würde. Nach meimen Beobachtungen ist die Varietät bisher nur an solchen Standorten gefunden worden, welche der directen Be- strahlung durch die Sonne während des ganzen Tages ausgesetzt waren; wenigstens fand ich nur an solchen Standorten die ausge- prägtesten Formen der Varietät auctumnaks, aber auch da nur auf der Oberseite der Blätter. Auf der Unterseite derselben Blätter wurden daselbst nicht nur alle die schon genannten und zum Theil abgebildeten Uebergänge (Taf. II Fig. 185—20) beobachtet, sondern auch sogar ausgeprägte Formen der Asken von T. Betulae genuina, die letzteren waren allerdings zum Theil etwas zusammengeschrumpft. Es wäre für die Biologie dieser Pilze nicht uninteressant, weitere Be- obachtungen hierüber zu sammeln. Taphrina Betulae scheint für die Beantwortung dieser Fragen ein besonders günstiges Object zu sein; sonst liegen nur noch Beobachtungen über die Asken des Exoascus Carpint vor, deren äussere Gestalt durch den Standort beeinflusst 6 84 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. , wird.) Es dürfte aber nicht unwahrscheinlich sein, dass ähnliche Einwirkungen des Standortes auch bei anderen Exoasceen-Arten sich geltend machen, und es darf hieraus wohl die Mahnung hervorgehen, bei der Aufstellung neuer Arten nicht einseitig auf die Gestalt des Ascus Rücksicht zu nehmen, sondern auch die entwickelungsgeschicht- lichen Vorgänge eingehend zu untersuchen. 12) Taphrina Ulmi (Fuckel) Johanson. (Öfv. af. K. Vet. Ak. Förh. 1885.) Syn.: Exoascus Ulmi Fuckel (Symbol. mycol. Nachträge H 1873, p. 49). — Exoascus campester Sacc. (Syll. vol. VIII, p. 280). — Ie.: 4, Taf. 2 Fig. 1—15. Die reifen Asken sind ihrer Gestalt nach sehr variabel; in den meisten Fällen aber sind sie kurz, cylindrisch und nach oben stets mehr oder weniger abgerundet; sie erreichen daher nur eine Höhe von 12—20 u, während sie S—10 „ dick sind. Noch schwankender ist die Gestalt der Stielzelle, welche 3—6 u hoch wird, aber eine Breite von 15—17 u erreichen kann. Der Durchmesser der Ascosporen be- trägt ungefähr 3,5 «. Hefeartige Conidienbildungen sind bis jetzt im Ascus noch nicht beobachtet worden. Die Anzahl der Ascosporen schwankt zwischen 4 und 8. Ruft auf den Blättern von Ulmus campestris?) und U. montana Flecken, Blasen oder grössere blasige Auftreibungen hervor, welche im Allgememen nur durch die hellere Farbe von den übrigen Blatttheilen zu unterscheiden sind; erst mit dem Her- vorbrechen der Asken erscheinen diese Flecken oder Blasen wie von einem feinen weissen Reif überzogen, aber dies auch nur dann, wenn die Asken verhältnissmässig nahe an einander angelegt werden. Nach der Ejaculation der Sporen verschwindet in jedem Falle dieser Reif, und die Stellen der Infection sind dann nach emiger Zeit, z. Th. auch in Folge der inzwischen eingetretenen Verwesungsprozesse, durch die aller- dings sehr auffallenden, dunkelbraunen bis schwarzen Flecken zu er- kennen. Die Infection dehnt sich auf den Blättern von Ulmus cam- pestris nicht selten über grössere Theile des Blattes aus und nimmt oft die Hälfte des ganzen Blattes, mitunter auch noch mehr, ein; wenn die Infection in solchem Umfange auftritt, ist sie für die Blattent- wickelung im höchsten Grade gefährlich. Geogr. Verbr.: Auf Ulmus campestris ist der Parasit nament- lich in Deutschland und in Ober-Italien, auf Ulmus montana im Alpen- I) Man vergl. 8. 65. 2) Man vergl. 4, S. 108, Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 85 gebiet, in Dänemark und auf der skandinavischen Halbinsel beobachtet worden. Wahrscheinlich ist der Pilz noch viel weiter verbreitet, aber es fehlen darüber zur Zeit noch sichere Angaben. Wenn ich in meiner letzten Arbeit über die Pilzgattung Taphrina (7) auf Taphrina Ulmi nicht näher eingegangen bin, so hat dies seinen Grund darin gehabt, weil ich T. Ulmi für keine zweifelhafte Art ansehen konnte. Ich hatte in dieser genannten Arbeit aber nur die Besprechung der zweifelhaften Arten beabsichtigt. Wenn aber Saccardo neuerdings ') noch eine auf Ulmus campestris in Oberitalien beobachtete Taphrina-Art als eine zweifelhafte betrachtet, so kann ich dies nur bestätigen. Die Maasse und Beschreibungen, welche Saccardo von den Asken und den Stielzellen giebt, stimmen so genau mit denen der Taphrina Ulmi überem, dass schon aus diesem Grunde an der Identificirung mit der letzteren nicht gezweifelt werden kann. Auch Massalongo,?) der ebenfalls auf die Saccardo’schen Maasse Bezug nimmt, — dieselben sind danach von Saccardo wie folgt angegeben: die Asken circa 12 : 22 X 8:10 u; der Durchmesser der Asco- sporen 2,5 : 4 u —, konnte daher seine Bedenken gegen die Annahme Saccardo’s nicht überwinden. Ausserdem aber habe ich selbst an mehreren Orten in Oberitalien auf Ulmen die echte Taphrina Ulmi beobachtet, niemals aber eine andere, obgleich ich gerade auf eine event. andere Infection mein Augenmerk gerichtet hatte. Es ist demnach klar, dass Ewoascus campester Sacc. synonym ist mit Tuphrina Ulmt (Fuckel). 13) Taphrina Celtis Sadeb. (7, S. 20), Ic.: Ebenda, Taf. V. Die eylindrischen, oben mehr oder weniger abgerundeten Asken sind 25—28 u hoch und ungefähr 10 « dick; die Stielzelle dringt nie zwischen die Epidermiszellen em und ist S—10 «u hoch und 25—30 u breit. Der Durchmesser der Ascosporen beträgt 3—3,5 u; hefeartige Conidienbildungen sind bis jetzt im Ascus noch nicht beobachtet worden, die Anzahl der Ascosporen ist in der Regel 8. Die Asken sind etwas grösser als diejenigen der Taphrina Ulmi, und die Zahl der Ascosporen scheint hier constanter zu sein als bei T. Ulmi; im Uebrigen aber stimmt 7. Celtis biologisch und entwickelungs- geschichtlich mit 7. Ulmi überein. Ein perennirendes Mycel, welches ich früher sowohl bei 7. Ulmi als auch bei 7. Celtis annahm, fehlt hier ebenfalls. Die Reifezeit der Asken beginnt Anfang Juni. I) Saccardo, Syll. VII, p. 280. 2) Massalongo, C. Intorno alla Taphrina campestris (Sace.) Nuovo Giorn. Bot. Ital. XXIII, 1891. sh Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Verursacht auf den Blättern von Celtis australis L. zuerst rund- liche Flecken oder etwas aufgetriebene Blasen, welche anfangs heller als. das übrige Blatt sind, später aber nach dem Hervorbrechen der Asken bräunlich werden. Die Infectionsflecken sind sehr verschieden gross und nehmen mitunter eine ganze Längshälfte des Blattes ein. Geogr. Verbr.: Bis jetzt ist dieser Parasit nur am Luganer See, und zwar sowohl im schweizerischen wie im italienischen Gebiet, in grossen Mengen z. B. bei Gandria, bei Paradiso ete. beobachtet worden. 14) Taphrina Laurenecia Giesenhagen (Flora, Erg. Bd. 1892. S. 130 ff.) Ic.: Ebenda, Taf. XIH. Die Asken, deren Anlage nicht subcuticular, wie bei allen übrigen Taphrina - Arten, sondern im Innern der Epidermiszellen stattfindet, werden nachträglich durch eine zarte Membran von dem Zellinhalt abgetrennt. Die heranwachsenden Asken durchbrechen die Aussenwand der Zelle und ragen bei der Reife in zahlreichen, den einzelnen Epidermiszellen entsprechenden Gruppen über die Oberfläche hervor. Die keulenförmigen Asken, welche 24 u lang und 7 u dick sind, stehen auf einer cylindrischen Stielzelle, deren Höhe 19 «u und deren Dicke ungefähr 6—7 u beträgt. Reife Sporen noch unbekannt. Verursacht auf den Wedeln von Pteris quadriaurita Betz. ansehnliche, büschelartige Auswüchse. Geogr. Verbr.: Ceylon. 3. Magnusiella nov. gen. 1) Magnusiella Potentillae (Farl.) Sadeb. Syn.: Eroascus deformans (Berk.) Fuckel var. Potentillae Farlow (Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences XV. 1883, p. 84). — Taphrina Tormentillae Rostrup (Bot. Tidsskr. XIV. 1883, p. 239). — Taphrina Potentillae (Farlow) Johans. — Ic.: Johanson, in,Öefvers. af Kgl. Vet.-Akad. Förh. 1885 No. 1, Taf. 1 Fig. 2. Die dünnen, aber keulenförmigen Asken sind oben meist abge- rundet, seltener stumpf, 40—55 u lang, wovon etwa die Hälfte auf den dünnen, fadenförmigen, aber nicht durch eme Zellwand abgegliederten Stiel kommt, und 7-10 u dick; die länglichen Sporen sind 5—8S u lang und 4 u dick; sehr häufig sind hefeartige Conidien. — Auf den Stengeln und Blättern von Potentilla silvestris Neck., P. canadensis L. und P. geoides M. B. gelblich-röthliche oder röthliche Flecken und Auftreibungen verursachend. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 87 Geogr. Verbr.: In Schweden an mehreren Orten (Johanson), ebenso auch auf den dänischen Inseln und in Jütland (Rostrup), in Schottland (Trail), in Deutschland bei Rossdorf bei Heide in Holstein (Hennings), auf dem Feldberge in Baden (Lagerheim), im hinteren Rain- thal bei Partenkirchen (Thomas) und bei Ohrdruf in Thüringen (Thomas), sämmtlich auf Pofentilla silvestris Neck. Im östl. Massachusetts gemein auf Potentilla canadensis L. (Farlow). Auch auf Potentilla geoides MB. im Botan. Garten zu Upsala (Johanson). 2) Magnusiella lutescens (Rostr.) Sadeb. Syn.: Taphrina lutescens Rostrup (Taphrinaceae Daniae. Kopen- hagen 1890 pag. 15). — Icones ebenda. Die langen und dünnen Asken sind 60—75 u lang und 8—9 u dick; sie sind mit einer grossen Anzahl stäbchenförmiger Conidien angefüllt, welche 4—5 u lang und 0,5—1 u dick snd. — Erzeugt auf den Blättern von Polystichum Thelypteris Rth. gelbliche Flecken. Geogr. Verbr.: Bis jetzt nur an einer Stelle in Dänemark: Gjorslev Dyrehave (Rostrup). 3) Magnusiella flava (Farl.) Sadeb. Syn.: Exoascus flavus Farlow (Ellis’s North American Fungei Nr. 300). — Taphrina flava Farlow (Proceedings of the Americ. Acad. of Arts and Sciences 1883, pag. 84). Die dicht aneinander gedrängten, cylindrischen Asken, welche oben etwas abgestumpft sind und unten sich m den sie tragenden Mycelfaden ziemlich plötzlich verjüngen, sind 38—57 u lang und 20—30 u dick. Der Ascus ist stets mit zahlreichen, bacterienähnlichen Conidien angefüllt, welche 5—7 u lang und 1,5—2 u dick sind. Die Asken gelangen auf beiden Seiten des Blattes zur Entwickelung. — Bildet kleme, gelbe Flecken auf den Blättern von Betula populifolia Willd. und BD. papyracea Willd. Geogr. Verbr.: Bisher nur im Nordamerika beobachtet; Newton, Mass. (Farlow). 4) Magnusiella Githaginis (Rostr.) Sadeb. Syn.: Taphrina Githaginis Rostr. (Taphrinaceae Daniae. Kopen- hagen 1890, pag. 14). — Icones ebenda. Die eirunden, sehr dicken Asken sind 485—58 u lang und 30—45 u dick; sie sind in der Reife mit zahlreichen Conidien erfüllt, welche 4—6 u lang, 2—3 u dick und an den beiden Enden etwas zugespitzt sind. Das intercellulare Mycel ist 4—6 u dick. — Bisher nur auf Agrostemma GithagoL. Geogr. Verbr.: In Dänemark. Sjaell.: Örslev (Nielsen). 88 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 5) Magnusiella Umbelliferarum (Rostr.) Sadeb. Syn.: Taphrina Umbelliferarum Rostrup (Bot. Tidsskrift XIV. 1883 p. 239). — Taphrina Oreoselin! Massalongo (Nuov. Giorn. bot. It. vol. XXI. 1889 p. 422). — Ie.: Rostrup, Taphrinaceae Daniae, Kopen- hagen 1890 p. 13. — Massalongo, Contribuzione alla Micologia Veronese, Verona 1889. Taf. V. Fig. XXXV. Die eirunden, dicken, nach unten etwas verjüngten Asken sind 45—65 u lang und 30—40 u dick. Sie sind in der Reife mit zahl- reichen Conidien angefüllt, welche 3—7 u lang und 2—4 u dick sind. Das intercellulare Mycel ist ungefähr 5 u dick. Bemerkenswerth für diese Art ist es, dass das Mycel im Stande ist, eine neue Asken- generation hervorzubringen, nachdem die ersten Asken gereift und ent- leert sind. Man sieht daher neben den entleerten Asken sehr häufig die keulenförmigen, anfangs allerdings noch dünnen, jungen Asken- anlagen aufsteigen, welche sich von dem Gewebe der Nährpflanze durch den dichten Protoplasmainhalt auszeichnen. Nachdem die Asken der ersten Generation gleichzeitig gereift und entleert sind, erfolgen auch die Anlagen sämmtlicher Asken der zweiten Generation gleichzeitig und gleichmässig. In kälteren Klimaten sind diese zweiten Generationen seltener, als in wärmeren Gegenden, wie die Vergleichung des von Rostrup aus Dänemark und von Massalongo aus Ober-Italien zu- gesendeten Materials zeigte. Immerhin aber findet man bei sorgfältiger Durchmusterung des aus Dänemark stammenden Materials auch wieder- holt dieselbe Erscheinung. Geogr. Verbr.: Auf Heracleum Sphondylium L. und Peuce- danum palustre Much. an mehreren Orten in Dänemark (Rostrup), auf Peucedanum Oreoselinum Mnch. in Ober-Italien (Massalongo). Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 89 Uebersicht der durch Exoasceen hervorgebrachten Pflanzen- krankheiten, nach den Wirthspflanzen geordnet. 1) Pteridophyta. 1) Polystichum. 1) P. spinulosum DÜ.: Taphrina filicina Rostr. (blasige Auftreibungen der Wedel). — 2) P. Thelypteris Rth.: Magnusiella lutescens (Rostr.) Sadeb. (gelbliche Flecken auf den Wedeln). 2) Aspidium. A. aristatum Sw.: Ewoascus Cornu cervi (Giesenh.) Sadeb. (stiftförmige oder geweihartige Auswüchse auf den Blättern). 3) Pteris. P. quadriaurita Retz.: Taphrina Laurencia Giesenh. (Büschelige Auswüchse auf den Blättern). 2) Salkcaceae. 4) Populus. 1) P. nigra L., 2) P. pyramidalis Roz. und 3) P.monilifera Ait.: Taphrina aurea (Pers.) Fr. (blasige Auftreibungen und gelbe Flecken auf den Blättern). — 4) P. tremula L.: Taphrina Johansonü Sadeb. (Deformation der Carpelle). — 5) P. alba L.: Taphrina rhizophora Johans. (Deformation der Carpelle), — 6) P. tremuloides Michx., 7) P. Fremontii Watson und 8) P. quadri- dentata Michx. werden nach Farlow ebenfalls von Taphrina rhizo- phora Johans. befallen. 3) Betulaceae. 5) Alnus. 1) A. glutinosa Gärtn.: Ewoascus Tosquinetüü (Westend.) Sadeb. (Deformation junger Sprosse und einzelner Blatttheile) ; Exoascus amentorum Sadeb. (Deformation der weiblichen Kätzchen); Taphrina Sadebeckii Johanson (gelbliche Flecken auf den Blättern). — 2) A. incana DÜ.: Exoascus epiphyllus Sadeb. (Deformation junger Zweige und Hexenbesenbildungen, blasige Auftreibungen und Flecken auf den Blättern; die letzteren treten erst im Sommer auf und sind auf die direeten Sporeninfectionen während der laufenden Vegetationsperiode zurückzuführen) ; Exoascus amentorum Sadeb. (Deformationen der weib- lichen Kätzchen). — 3) A. glutinosa < incana: Exoasceus Tosquinetiü (West.) Sadeb. (Deformation junger Zweige und einzelner Blatttheile). — 4) A.rubra Bongard: Exoascus amentorum Sadeb. und E. Tosquinetiüi (West.) (nachFarlow).— 5) A.cordataKch.: Taphrina spee.') (Blattflecke). 1) Mehrfach in Italien, aber die Beobachtung der reifen Asken fehlt noch. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 90 } I 6) Betula. 1) B. verrucosa Ehrh.: Zuxoascus turgidus Sadeb. (grosse Hexenbesen); Taphrina Betulae (Fuck.) Joh. (weisse bis gelblich- weisse Flecken auf den Blättern). — 2) B. pubescens Ehrh.: Exoascus betulinus (Rostrup) Sadeb. (Deformation ganzer Sprosssysteme und Hexen- besenbildungen); Taphrına Betulae (Fuck.) Joh. nebst var. auctumnalis Sadeb. (die letztere ruft grössere, z. Th. röthliche Flecken hervor, die Grundform nur kleinere, weissliche Flecken). — 3) B. odorata Bechst.: Ewxoascus betulinus (Rostrup) Sadeb. (Hexenbesenbildungen); Taphrina carnea Johans. (blasige, z. Th. röthliche Auftreibungen der Blätter). — 4) B.nanal.: Exoascus nanus (Johans.) Sadeb. (Defor- mation junger Zweige); Eroascus alpinus (Johans.) Sadeb. (Deformation ganzer Sprosssysteme und Hexenbesenbildungen); EZwoascus bacterio- spermus (Johans.) Sadeb. (Deformation einzelner Sprosse); Taphrina carnea Johans. (blasige, z. Th. röthliche Auftreibungen der Blätter). — 5) B. intermedia Thom.: Taphrina carnea Johans. (gleiche In- fection wie auf B. nana). — 6) B. populifolia Ait.: Magnusiella flava (Farl.) Sadeb. (gelbe Flecken auf den Blättern). — 7) B. papyracea Ait.: Magnusiella flava (Farl.) Sadeb. (gelbe Flecken auf den Blättern). 4) Corylaceae. 7)-Carpinus. Ü.BetulusL.: Exoascus CarpiniRostr. (Hexenbesen). 8) Ostrya. O. carpinifolia L.: Taphrina Ostryae Massal. (bräunliche Flecken auf den Blättern). 5) Cupuliferae. 9) Quereus. 1) Q. pubescens Willd., 2) Q. sessiliflora Sm. und 3) Q. CerrisL.: Taphrina coerulescens (Desm. & Mont.) Tul. (mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern). — Auch 4) Q. cinerea Michx., 5) Q.albaL., 6) Q. coceinea Wang., 7) Q.lauri- folia Michx., 8) Q.rubraL., 9) Q.tinctoria Bartr. und 10) Q. aqua- tica Catesby werden nach Farlow und Robinson durch Taphrina coerulescens infieirt. — 11) Q. Ilex L.: Exoaseus Kruchü Vuill. (Hexenbesen). — Ueber die Infection von 12) Q. macrocarpa Michx. durch Taphrina extensa (Peck) Sacc. habe ich mir kein Urtheil bilden können. 6) Ulmaceae. 10) Ulmus. 1) U. campestrisL. und 2) U. montana With.: Taphrina Ubmi (Fuckel) Joh. (mehr oder weniger grosse Flecken auf den Blättern). 11) Celtis. C. australis L.: Taphrina Celtis Sadeb. (mehr oder weniger grosse, sich bald braun färbende Flecken auf den Blättern). Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 91 7) Caryophyllaceae. 12) Agrostemma. A. Githago L.: Magnusiella Githaginis (Rostr.) Sadeb. (Hypertrophien an Stengel und Blättern). 8) Anacardiaceae. 13) Rhus. R.copallina L.: Kxoascus purpurascens (El. et Everh.) Sadeb. (Infection ganzer Zweige, seltener nur einzelner Blätter, aber stets Kräuselungen derselben unter gleichzeitiger dunkelrother Färbung). 9) Aceraceae. 14) Acer. 1) A.tataricum L.: Taphrina polyspora (Sorok.) Johans. (Dunkle, fast schwarze Flecken und blasige Auftreibungen aut den Blättern). — 2) A. Pseudoplatanus L.: Taphrina polyspora (Sor.) Johans. v. Pseudoplatani Massalongo (ebensolche Infections- erscheinungen). 10) Umbelliferae. 15) Peucedanum und 16) Heracleum. 1) P. ÖOreoselinum Mnch., 2) P.palustre Mnch. und 3)H. Sphondylium L.: Magnusiella Umbelliferarum (Rostr.) Sadeb. (Auftreibungen oder dunkle Flecken auf den Blättern). 11) Rosaceae. 17) Potentilla. 1) P. silvestris Neck., 2) P. geoides MB. und 3) P. canadensis L.: Magnusiella Potentillae (Farl.) Sadeb. (blasige, oft röthliche oder gelbliche Auftreibungen auf den Blättern). 12) Amygdalaceae. 18) Prunus. 1) P. Chamaecerasus Jacq.: Exoascus minor Sadeb. (Infection ganzer Zweige). — 2) P. avium L.: Exoascus Cerasi Sadeb. (Hexenbesen). — 3) P. Cerasus L.: Exoascus Cerasi Sadeb. (Hexenbesen). — 4) P.InsititiaL.: Kxoaseus Insititiae Sadeb. (Hexen- besen). — 5) P.domesticaL.: Exoaseus Insititiae Sadeb. (Hexenbesen) und Exoascus Pruni Fuck. (Taschenbildungen). — 6) P. Padus L.: Exoascus Pruni Fuck. (Taschenbildungen). — 7) P. virginiana L.: Exoascus Pruni Fuck. (Taschenbildungen). — 8) P. serotina Ehrh.: Exoascus Farlowii Sadeb. (Taschenbildungen). — 9) P. spinosa L.: Exoascus Rostrupianus Sadeb. (Taschen). — 10) P.americana Marshall, 11) P. pumila L. und 12) P. maritima Wang.: Ewoascus communis Sadeb. (Taschenbildungen). — 13) P.subcordata Bth., 14) P. Chicasa Michx. und 15) P. pennsylvanica L. f.: Kxoasceus spec. (cf. p. 47). 99 u Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. (Taschenbildungen); 16) P. Amygdalus Stokes: Exoasceus deformans (Berk.) Fuck. nach Rathay (Deformationen junger Laubtriebe). — 17) P. Persica (L.) S.etZ.: Exoascus deformans (Berk.) Fuck. (Kräusel- krankheit). 13) Pomaceae. 19) Mespilus. 1)M.Oxyacantha Grtn. und2)M. monogyna Willd.: Exoaseus Crataegi Sadeb. (Infection der Blätter eines Zweiges, nicht selten auch hexenbesenartige Deformationen junger Zweige). 20) Pirus. P. communis L.: Taphrina bullata (Berk. et Br.) Tul. (blasige Auftreibungen, später dunkle Flecken auf den Blättern). 21) Cydonia. C. japonica Pers.: Taphrina bullata (Berk. et Br.) Tul. (Flecken auf den Blättern). Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 953 Geographische Uebersicht über die Verbreitung der parasitischen Exoasceen. Leider ist unsere Kenntniss der geographischen Verbreitung der parasitischen Exoasceen eine sehr unzureichende, namentlich aber eine so ungleichmässige, dass es unmöglich war, die vergleichende Ueber- sicht auf mehr Distriete auszudehnen, als es im Nachfolgenden ge- schehen ist. Obwohl nun z. B. aus Frankreich, England und Russland mehrere Beobachtungen vorliegen über das Auftreten der Exoasceen, so sind dies verhältnissmässig doch immerhin nur so wenige, dass durch die Aufnahme derselben in die nachfolgende Uebersichtstabelle ein falsches Bild über die geographische Verbreitung dieser Pilze ent- stehen müsste; es ist als sicher anzunehmen, dass ungefähr die doppelte Anzahl der Arten z. B. in England und Frankreich vorkommen, als man bisher beobachtet hat. Auch Belgien und Finnland, welche Johanson in einer ähnlichen Uebersicht berücksichtigte, dürften sich als viel reicher erweisen, als nach den bisherigen Beobachtungen anzu- nehmen ist. Es geht dies schon daraus hervor, dass bis jetzt z. B. aus Finnland keine Exoascee auf Betula-Arten bekannt ist, während doch gerade die Birken des benachbarten Schweden besonders reich an parasitischen Exoasceen sind und daselbst allein auf Betula nana vier Exoasceen nachgewiesen worden sind. Aus Belgien sind bis jetzt nur sieben Exoasceen bekannt; es ist aber sehr wahrschemlich, dass z. B. Exoascus Pruni, Rostrupianus, Insititiae, Cerasi, Carpini u. Ss. W., welche bis jetzt m Belgien noch nicht beobachtet wurden, daselbst sich werden finden lassen, zumal die Wirthspflanzen dort verbreitet sind. Es ist demnach wiederholt in Erwägung gezogen worden, ob es richtig ist, eme solche tabellarische Uebersicht schon heute zu ent- werfen. Es konnten aber einerseits die meisten Länder Mitteleuropas, sowohl unter sich, als mit Nordamerika, schon jetzt in Vergleich ge- zogen werden, andererseits aber die pflanzengeographischen Resultate, welche Johanson ebenfalls in einer Tabelle ) zusammengestellt hatte, berichtigt und erweitert werden. Eine Berichtigung war nöthig, weil seit Johanson’s Arbeiten nicht nur mehrere Arten als neue hinzu- gekommen sind, sondern auch der Umfang der Species mehrfach geändert werden musste. Andererseits gab die genannte Tabelle Johanson’s!) schon deswegen kein richtiges allgemeines Bild von der Verbreitung der Exoasceen, weil nur die schwedischen Arten derselben bei der Vergleichung Berücksichtigung gefunden hatten. !) Johanson,(.F. Studier öfver Svampslägtet Taphrina. Bih. t. K. Sv. Vet.-Ak. Handl. Bd. 13. Afd. III, No.4.p.24. (Auch im Bot. Centralbl. Bd. XXXTII, 1888.) 94 Sadebeck, Die parasitischen Exoascecen. I. Tabelle über die geographische Verbreitung der parasitischen Exoasceen. Parasit. 33 5 2223 Sa 5 as |3 8325 2|e SA z 7p} Ne) Exoascus Pruni Fuckel - + + Near Y Rostrupianus Sadeb. E= — + i+|.. „ communis Sadeb. —- e Farlowii Sadeb. H äh 2. sa Insititiae Sadeb. + + En Cerasi (Fuck.) Sadeb. + + + nanus (Johans.) Sadeb. a m | .. „ purpurascens (Ell. et Everh.) Sadeb. BR fe „lssE ns deformans (Berk.) Fuckel. a + + ++ ee Crataegi (Fuck.) Sadeb. + + + 5; minor Sadeb. = 7 + m Tosquwinetii (West.) Sadeb. + + SER epiphyllus Sadeb. -+ + Sr. Nr n turgidus Sadeb. Be Br + betulinus (Rostr.) Sadeb. + + — ns alpınus (Johans.) Sadeb. + SR 3% = Carpini Rostrup + + + IR i bacteriospermus (Johans.) Sadeb. Sp .. (+ 2 Kruchii Vuillem. ar 5 ” + |" n amentorum Sadeb. + + zu. .. e Cornu cervi (Giesenh.) Sadeb. .. er .. SF Taphrina bullata (Berk. & Br.) Tul. == Sr ae Fer | Ostryae Massalongo. > x 2 + h; Sadebeckii Johans. + + + + „ aurea (Pers.) Fries. Tr + Ar SF Johansonii Sadeb. + + = .. 5 rhizophora Johans. + + # flieina Rostrup. + : Er | " polyspora (Sorokin) Johans. Sr = =) a carnea Johans. + : | + n coerulescens (Desm. et M.) Tul. + ar ae 5 extensa (Peck) Sacc. Re RS 2 + » Betulae (Fuckel) Joh. + -r IE a Ulmi (Fuckel) Joh. pm =t, ar ar e Celtis Sadeb. + + 3 . Laurencia Giesenh. 2 Be “x Be > Magnusiella Potentillae (Farl.) Sadeb. + + + + + lutescens (Rostr.) Sadeb. + “ " Jlava (Farl.) Sadeb. ER + nr Githaginis (Rostr.) Sadeb. - ‘ 3 Umbelliferarum (Rostr.) Sadeb. ar + + M FR Eger: Summa... 25 21 22 | 14 2 Ri (HD 1) in Grönland. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, nn. Tabelle über die geographische Verbreitung der durch parasitische Exoasceen hervorgebrachten Infeetionen der Wirthspflanze. © I | ‚S SEN & | Be Da u a E® = e:|ls=2|13 3 ri ; 3.2 Eee 82 82|2%|8 Wirthspflanze ==) o 80 53 Sells == ga lee S& SS 1580 _ IH SH ae Ale 8 es) nr je) „a Av A gel Re | Pteridophyta: Polystichum spinulosum DC, + = AR 3 Thelypteris Roth. - K 35 Aspidium aristatum Sw. r " Pteris quadriaurita Retz. SA E Rs er + Salicaceae: Populys nigra L. + + + +|.. ” cn Ppyramidalis Roz. En + + a 2 monilifera Ait. + — © 55 tremula L. La u E= 5 % alba L. + 15 5 tremuloides Michx. & n Fremontii Wats. . = ” grandidentata Michx. Betulaceae: Alnus glutinosa Grtn. " „ incana DC. ;s „ .rubra Bong. e „ cordata Kch. 55 Betula verrucosa Ehrh. iR „» pubescens Ehrh. ” „ odorata Bechst. er nam a: Fe „ intermedia Thom. n „ populifolia Ait. 5 „» Ppapyracea Ait. Corylaceae: Carpinus Betulus L. - Östrya carpinifolia L. Cupuliferae: Quercus sessili flora Sm. A » pubescens Willd. > ne Cerris L. M En Tlex Th. a = cinerea Michx. er = alba 1. . » coceinea Wang. „. 3 laurifolia Michx. 5 r rubra L. -+t- +++ ++ er ++: +: ie ++: +++++: +,. 1 ee as min oo. !) Die Anzahl der Kreuze bezeichnet die Anzahl der Exoasceen-Arten, welche in einem Floren-Gebiet auf der Wirthspflanze beobachtet worden sind. sD [ep] Wirthspflanze Cupuliferae: Quercus tinetoria Bartr. aquatica Catesby. macrocarpa Michx. ” Fl) ” 27 Ulmaceae: Ulmus campestris L. en „» montana Wth. n Celtis australis L. Caryophyllaceae: Agrostemma Githago L. Anacardiaceae: Rhus copallina L. Aceraceae: Acer Pseudoplatanus L. E: „ tataricum 1. Umbelliferae: Peucedanum Oreoselinum Mnch. ” . palustre Mnch. > Heracleum Sphondylium L. ‚Rosaceae: Potentilla silvestris Neck. geoides MB. „ „ 5 r canadensis 1. Amygdalaceae: Prunus Chamaecerasus L. * avium L. Er .* Cerasus 1. $ re Insititia L. > > domestica L. ee Raduselh: „ n spinosa L. n „ virginiana L. „ „ . serotina Ehrh. „ hs americana Marsh. » » . pumila L. " ” maritima Wang. „ 3; subcordata Benth. » on Chicasa Michx. „ » pennsylvanica L. f. „. 53 Ampydalus Stokes > „ Persica (L.) S. et Z. Pomaceae: Mespilus Oxyacantha Grtn. monogyna Willd. ı ” PR Pirus communis L. ” Uydonia japonica Pers. Hieraus ergiebt sich: 1) Anzahl der inficirten Wirthspflanzen ... 2) Anzahl der auf denselben erzeugten In- feellonen ee er Skandinavische Halbinsel Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Dänemark +++: TS En Er \S 3 © 3832 en DIORO KEN ad) soo. nes un n u nn | Nr +++ +: ++ ++ I I+++ Italien 15 - Nordamerika Tro pen +++ +! + 4++++++++: Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 97 Aus der voranstehenden Zusammenstellung ergiebt sich also, dass die skandinavische Halbinsel bei weitem am reichsten ist an parasitischen Exoasceen; es treten daselbst 3 Arten (Kxoascus nanus, E. alpinus, Taphrina jilieina) auf, welche in anderen Florengebieten, wo dieselben Wirthspflanzen stellenweise ebenfalls verbreitet sind, noch nicht beobachtet wurden. Auch Dänemark besitzt nur eine Exoasceen-Art weniger, wie das ganze Florengebiet Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz. Ob dagegen die beiden bis jetzt nur m Dänemark beobachteten Exoasceen, Magnusiella lutescens und M. Güthaginis in der That nur auf Dänemark beschränkt sind, würde sich erst nach weiteren Beobachtungen feststellen lassen. Kxoascus minor und E. turgidus scheinen das Gebiet der deutschen Flora (im Sinne von Koch’s Synopsis) nicht zu übertreten, während die beiden bis jetzt nur in Italien beobachteten Exoasceen-Arten, Kwoascus Kruchü und Taphrina Ostryae sich möglicherweise auch in Südtyrol werden finden lassen. Dass in Nordamerika viele characteristische, in Europa fehlende Exoasceen auftreten, war zu erwarten, aber es ergiebt sich aus der Tabelle I, dass dies nur 4 Species sind, während 7 Arten Europa und Nordamerika gemeinsam sind. Man würde jedoch ein falsches Bild erhalten von der Verbreitung der durch Exoasceen hervor- gebrachten Krankheiten, wenn man die einzelnen Parasiten allein in Betracht ziehen wollte. Um eine richtige Vorstellung von der Ausbreitung der Infectionen zu gewinnen, ist vor allem auch zu be- achten, welche und wie viele Wirthspflanzen von Exoasceen befallen werden. Aus den Tabellen ersieht man nun, dass in Nordamerika 29 Wirthspflanzen von 11 Exoasceen-Arten befallen werden und dabei 30 Krankheitsformen bis jetzt beobachtet worden sind, während auf der Skandinavischen Halbinsel bei einer gleichen Anzahl von Krankheits- erscheinungen 23 Wirthspflanzen von 25 Exoasceen-Arten befallen werden. Ob nun in der That z. B. alle Prunus-Infectionen Nord- amerikas nur von 3 Exoasceen-Species hervorgebracht werden, oder ob nicht vielleicht noch mehr Species hierbei betheiligt sind, lässt sich zur Zeit noch nicht entscheiden, erscheint mir aber ebenso zweifelhaft, wie die Angabe, dass 8 Quercus-Arten nur von 2 Exoasceen-Arten inficirt werden. Jedenfalls wäre es sehr erwünscht, wenn diese Fragen eine recht baldige sichere Beantwortung erhielten. Bemerkens- werth ist das Vorkommen von KZxoaseus bacteriospermus auf Betula nana. in Grönland, weil hierdurch die Annahme eine nicht zu unterschätzende Unterstützung findet, dass eine Land- verbindung zwischen Grönland und Skandinavien bestanden haben ‘ 98 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. und dieser Parasit schon zu dieser Zeit auf Detula nana auf- getreten sein muss. Auch Johanson) bespricht diesen Punkt schon eingehend. In Europa smd die Betulaceen und Amygdalaceen diejenigen "amilien, welche die meisten Exoasceen beherbergen, die Amygdalaceen z. D. 5, die Betulaceen 10 Arten, und man findet auch nur bei diesen beiden Familien, dass ein und dieselbe Species von mehr als einer Exoasceen-Art inficirt wird; DBetula nana z. B. dient vier, Alnus glutinosa 3 Exoasceen-Arten als Wirthsptlanze. Die Monocotylen, (Gymnospermen, Compositen u. s. w. werden von keiner Exoascee inficirt; bis jetzt smd überhaupt nur 15 Pflanzenfamilien bekannt, auf denen Exoasceen-Infectionen auftreten. Bis vor kurzer Zeit war keine Exoasceenspecies aus den Tropen bekannt; auf Aspidium aristatum Sw. ist vor einigen Monaten Haxoascus Cornu cervi und auf Pteris quadriaurita Retz. die allerdings noch etwas zweifelhafte Taphrina Laurencia von Giesenhagen zuerst beobachtet. Im Allgemeinen wird man jedoch die parasitischen Exoasceen als Pilzformen anzusehen haben, deren Hauptverbreitungsbezirk in den kälteren Klimaten zu suchen ist, namentlich da, wo die Betulaceen und Amygdalaceen nicht nur der Artenanzahl, sondern auch der Individuenanzahl nach ihre ausgedehnteste Ausbreitung gefunden haben. Ob in Amerika noch die Familie der Cupuliferen für die Verbreitung der Exoasceen von gleicher Bedeutung ist, wie in Mitteleuropa die oben genannten beiden “amilien, muss schon deswegen unentschieden bleiben, weil die sichere Umgrenzung der Exoasceenspecies der einzelnen Quercus-Arten noch fehlt. Andererseits muss aber festgehalten werden, dass die Verbrei- tung der parasitischen Exoasceen kemeswegs immer mit derjenigen der Wirthspflanzen zusammenfällt; man wird also nicht immer berechtigt sein, aus der Verbreitung der Wirthspflanze auch auf diejenige des Parasiten einen Schluss zu ziehen, obwohl die Infection durch Exoasceen stets eine sehr ausgiebige ist. Um aber über die geographischen Beziehungen dieser inter- essanten Pilzfamilie ein richtiges Bild zu gewinnen, sind noch weitere Beobachtungen über die Verbreitung derselben sehr wünschenswerth, namentlich wäre es werthvoll, authentische Nachrichten aus denjenigen Ländern Europa’s zu erhalten, welche in dieser Beziehung noch ver- hältnissmässig wenig erforscht sind, so z. B. namentlich aus England, Frankreich und Spanien. 1) Bihang till K. Svenska Vet.-Akad. Handl. Bd. 13. Afd. II. No. 4, pag. 25 ff. — Auch im Bot. Centralbl. 1888. Bd. XXXII, Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 99 Rückblick. Die Entwickelung von TZaphrina Laureneia ist leider noch so wenig bekannt, dass man diese ausgezeichnete Pilzform noch gar nicht mit völliger Sicherheit zu den Exoasceen stellen kann. Auch nehmen die Deformationen der Nährpflanze, Pteris quadriaurita Retz., eine solche Form an, dass man versucht ist, dieselben als analoge Bildungen zu den characteristischen Auswüchsen aufzufassen, welche Exobasidium- Arten hervorzubringen im Stande sind. Jedenfalls aber besitzt Taphrina Laureneia Giesenh. viele Eigenthümlichkeiten, welche vielleicht zum Theil durch die klimatischen Eimflüsse bedingt sind, und es wird daher geboten sein, wenn man bei einer zusammenfassenden Vergleichung dies nicht unberücksichtigt lässt. Eine Vergleichung der beiden in ihrem Umfange jetzt klar- gelegten Gattungen Exoascus und Taphrina, d. h. derjenigen parasitischen Exoasceen, deren Askenanlage auf die Bildung eines subeuticularen Mycels zurückzuführen ist, ergiebt, dass beide Gattungen nicht nur entwickelungsgeschichtlich sondern auch biologisch in gleichem Umfange sich auseinanderhalten lassen. Die Arten der Gattung Taphrina vermögen nur Flecken oder Pusteln auf den Blättern hervorzurufen und besitzen kein perennirendes Mycel. Das subeuticulare Mycel derselben erfährt im Laufe der Entwickelung stoffliche Differenzirungen, in Folge deren ein steriler und ein fertiler Theil geschieden werden. Die Arten der Gattung Exoascus (in dem oben bestimmten Umfange) erzeugen dagegen Deformationen ganzer Sprosse und überwintern vermittelst eines perennirenden Mycels. Das subeuticulare Mycel derselben erfährt aber im Laufe der Entwickelung keinerlei Differenzirungen, sondern wird in seinem vollen Umfange und ganz direct zur ascogenen Hyphe. Diese Ergebnisse, welche das Zusammenfallen der makroskopischen Infeetionserscheinungen und somit auch der biologischen Thatsachen mit den entwickelungsgeschichtlichen Vorgängen bezeichnen, wurden erhalten durch die Untersuchungen der meisten Arten der parasitischen Exoasceen. Es musste daher natürlich erscheinen, den früheren Umfang der Gattung Taphrina in der im Obigen bezeichneten Weise zu be- schränken. Hierbei war es aber selbstverständlich, dass der Gattungs- name „Taphrina“ derjenigen Formenreihe verblieb, welcher Taphrina aurea Fries angehört, da für diese Species die Gattungsbezeichnung 3e 100 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen, Taphrina von Fries zuerst eingeführt worden ist"). Somit war die weitere Nomenclatur insofern von selbst gegeben, als der sonst auch gebräuchliche Gattungsname Exoascus für alle übrigen Formen in Anwendung kommen musste, — welche nicht bereits als der neuen, bis jetzt aber artenarmen Gattung Magnusiella angehörig erkannt worden waren —, d. h. also für alle diejenigen Exoasceen, welche Sprossdeformationen oder Taschenbildungen erzeugen. Die Gattungen Exoascus und Taphrina enthalten also den weitaus grössten Theil der Pilzformen, welche bei der Betrachtung der von Exoasceen hervor- gerufenen Pflanzenkrankheiten in Frage kommen. In der Gattung Magnusiella dagegen wurden diejenigen Exoasceen (5 Arten) ver- einigt, deren Asken im Gegensatz zu Exoascus und Taphrina nicht von einem gemeinsamen, subeuticularen Mycel, sondern ganz direct von den Enden der Mycelfäden aus dem Blattinnern ihren Ursprung nehmen. Hierdurch ist die Gattung Magnusiella offenbar leicht von den beiden Gattungen Exoascus und Taphrina zu unterscheiden, aber es bleibt immer noch die Frage bestehen, ob die Kluft morphologisch in der That so gross ist, wie es nach der Entwickelungsgeschichte, welche die Arten der Gattung Magnusiella in der Wirthspflanze nehmen, erscheint. Magnusiella Potentillae, die erste Magnusiella- Species, welche beobachtet wurde und zur Aufstellung der neuen Gattung führte, nähert sich durch paraphysenartige Bildungen äusserlich den Pezizeen, bei denen ebenfalls nicht alle Anschwellungen der Mycelenden zu Asken ausgebildet werden. Gleiche Vorgänge sind bei den anderen Magnusiella- Arten noch nicht beobachtet worden, aber man darf wohl annehmen, dass denselben kein besonderer morpho- logischer Werth beizumessen ist. Man kann bei allgemeineren Betrach- tungen daher von dieser Thatsache absehen. Wenn man sich nun, um die morphologischen Verhältnisse objeetiv beurtheilen zu können, eme Vorstellung davon zu machen sucht, in welcher Weise die Entwickelung der Magnusiellen erfolgen würde, falls man dieselben in Nährlösungen beobachten könnte, so wird man darauf hingeführt, dass die bei der Bildung der ascogenen Zellen stattfindenden Vorgänge gewisse Ueber- einstimmungen mit den analogen Entwickelungsstadien von Endomyces nicht verkennen lassen. Auch treten bei Magnusiella an den Enden der Mycelfäden oder deren Verzweigungen Anschwellungen als erste Anlagen der ascogenen Zellen auf, aus denen sich in beiden ) Fries, Syst. orb. veget. Pars.I, 1825, p. 317. Man vergleiche auch 7, 8.6 ff. Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 101 Fällen nur ein Ascus'') entwickelt. Auch die Entwickelung der Taphrina-Arten folgt im Grossen und Ganzen einem hiermit überein- stimmenden Gange. Stellt man sich z.B. vor, dass Entwickelungszustände, wie sie auf Taf. III Fig. 3 und namentlich Fig. 4 wiedergegeben sind — in beiden Figuren sind die Epidermiszellen der Nährpflanze nicht mitgezeichnet — ausserhalb der Wirthspflanze zu erziehen wären, so finden wir uns wieder vor Vorgängen, welche an Endomyces anknüpfen, denn die ersten Anlagen der ascogenen Zellen erfolgen hier ebenfalls an den Enden des Mycels oder an dessen seitlichen Ver- zweigungen, und man kann sich leicht davon überzeugen, dass auch da, wo die fertilen Anschwellungen die Mitte des Mycelfadens einnehmen, die ersten Anlagen derselben seitlich erfolgt sind. Aller- dings muss man auf die ersten Vorgänge der stofflichen Differenzirung des Mycels zurückgehen, man vergl. z. B. Taf. II, Fig. 12, 16 und 17, Taf. III Fig. 2 und 3. Dass bei den Taphrina-Arten diese ersten Anschwellungen des Mycels nicht direct zu je einem Ascus sich ent- wickeln, sondern aus ihnen nach weiteren wiederholten Theilungen mehrere Asken ihre Entstehung finden, zeigt nur ein höheres Stadium der allgemeinen Entwickelung der Gattung an, ändert aber nichts an der morphologischen Gleichwerthigkeit der ersten fertilen Anschwellungen der Gattung Taphrina mit denen der Gattungen Endomyces und Magnusiella. Die drei Gattungen Endomyces, Magnusiella und Taphrina stimmen also in der ersten Anlage der Asken morpho- logisch überein, und wir sehen auch, dass die Untergattung Taphrinopsis Giesenh. sich völlig ungezwungen in die Gattung Taphrina emreihen lässt. 1) z.B. Johanson, Öfvers. af Kongl. Vet.-Ak. Förh. 1885. No. I, p. 29 ff. 2) Die Gattung Endomyces ist durch die von allen Beobachtern (namentlich Brefeld, Unters. aus dem Gesammtgeb. der Mykologie, IX. Heft und Ludwig, Berichte d. Deutsch. Botan. Ges., 1886. p. XVII ff.) nachgewiesenen Fusionirungen der ascogenen Anschwellungen mit benachbarten Zellen oder Mycelästen ausgezeichnet. Man hat in diesen Fusionirungen einen sexuällen Akt zu erkennen geglaubt, obgleich gegen diese Annahme schon die einfache Thatsache hätte sprechen müssen, dass unzählige von reifen Endomyces- Asken sich bilden, ohne dass der Entwickelung derselben derartige Fusio- nirungen vorausgegangen waren. In dem Entwickelungsgange von Magnu- siella unterbleiben jedwede Fusionirungen vollständig, und doch finden wir bei dieser Gattung eine Ausgiebigkeit der Askenbildung, welche derjenigen der anderen Ascomyeeten nicht nachsteht. Die Arten der Gattung Magnusiella liefern die vorzüglichsten Beispiele, um für die Ascomyceten die von Brefeld zuerst nachgewiesene Umnhaltbarkeit der Sexual-Theorie ad oculos zu demonstriren. 102 Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. Einem völlig anderen Typus der Entwickelung gehört dagegen die Gattung Exoascus an, deren Mycel — nach mehreren Theilungen, sowie nach mehr oder weniger bedeutenden Anschwellungen der einzelnen Zellen — ganz direct zu ascogenen Zellen wird. Da die Untersuchung in Nährlösungen hier ebenso wenig wie bei den anderen parasitischen Exoasceen zu dem gewünschten Ziele geführt hat, so wurde die Entwickelung mehrerer zu dieser Gattung gehörigen Para- siten, nämlich des Exoascus epiphyllus, Tosquinetii, Cerasi und Crataegi an frischen Infectionsstellen oder Infeetionsflecken der Blätter von Almus incana, Alnus glutinosa, Prunus avium und Mespilus Oxyacantha untersucht, denn meine Untersuchungen hatten mich ja zu dem Resultat geführt, dass in jedem Falle auch eine Infection der Blätter stattfmden könne, theils in Form rundlicher Flecken, wie z. B. bei Alnus incana, theils in Form grösserer Deformationen des Blattes, wie z. B. bei Alnus glutinosa und Prunus avium. Aber auch die Untersuchung solcher primärer Infectionsstellen ergab in allen beobachteten Fällen das übereinstimmende Resultat, dass das Mycel nach einiger Zeit in seinem vollen Umfang ganz direet in ascusbildende Zellen zerfällt, Anlagen derselben m dem Sinne der bei der vorigen Gruppe beobachteten Vorgänge also unterbleiben. Dass sich später ein perennirendes Mycel mit dem im Obigen beschriebenen verschiedenen Eigenschaften entwickelt, ist eine biologische Erscheinung und kann an der morphologischen Bedeutung des Entwickelungsganges nichts ändern, welcher Exoascus von den übrigen Gattungen der parasitischen Exoasceen wohl unterscheidet und trennt. Hieraus geht aber hervor, dass auch die örtliche — hier also subeuticulare — Entwickelung des Fruchtlagers in der Wirthspflanze morphologisch bedeutungslos ist, und es wäre in der That nach dem Obigen völlig ungerechtfertigt, Taphrina und Exoascus als die nächsten Ver- wandten zu betrachten, oder gar in eine Gattung zu vereinigen, weil das Fruchtlager beider Gattungen ein subeuticulares ist, während man Formen wie Taphrinopsis (Taphrina Laureneia Giesenh.), welche nach der Darstellung Giesenhagens eine echte Taphrina ist, dann von Taphrina entfernen müsste, weil ihre Hyphen nicht mtercellular, sondern intracellular verlaufen, und die Asken nicht zwischen den Epidermiszellen und der Cutieula, sondern im Innern der Epidermiszellen angelegt werden. Ich kann nach diesen Erwägungen Giesenhagen nicht Unrecht geben, wenn er in der ‚intercellularen oder imtracellularen Entwickelung der Hyphe mehr eine Eigenschaft des Wirthes als des Parasiten erblickt. Ob die Entwickelungsgeschichte von Taphrina Johansonii und T. rhizophora, welehe zur Zeit noch nicht m allen Einzelheiten Sadebeck, Die parasitischen Exoasceen. 103 untersucht ist, vielleicht Anhaltspunkte ergeben wird für eine generische Abtrennung dieser beiden Arten, muss einstweilen noch dahingestellt bleiben. Will man die Verwandschaftsverhältnisse parasitischer Pilze klar legen, so muss man — wie es ja auch in allen anderen Fällen geschieht — die Entwickelungsgeschichte und Morphologie zur Grund- lage nehmen; die biologischen Thatsachen, insbesondere die gegenseitige Beeinflussung von Wirth und Parasit, sind morphologisch — und daher für die allgemeine Systematik — nicht zu verwerthen. Es entsteht nun aber noch die Frage, ob wir Anhaltspunkte besitzen, um eine Erklärung dafür zu gewinnen, warum die Arten der Gattung Taphrina (in ihrem jetzigen Umfange) nicht zu perenniren vermögen, während doch allen Arten der Gattung Exoascus ganz ausnahmslos diese Eigenschaft zukommt. Um hierüber Klarheit zu erhalten, muss man sich vergegenwärtigen, dass alle Exoascus-Arten nur vermöge ihres Mycels, dessen consistente Beschaffenheit zuerst von Rathay !) nachgewiesen wurde, im Stande sind, in der Wirthspflanze den Winter zu überdauern. Besitzen nun die Arten der Gattung Taphrina ein gleiches oder wenigstens für den Zweck der Ueberwinterung ebenfalls geeignetes Mycel? Die im Obigen niedergelesten Untersuchungen haben nun vielmehr ergeben, dass das Mycel der Taphrina-Arten sehr wenig consistent ist und bereits abstirbt, resp. verschleimt, während der Pilz noch in der Ausbildung der Asken begriffen ist. Dass ein solches Mycel nicht zu perenniren vermag, ergiebt sich von selbst. Man sieht also, dass die genannten biologischen Thatsachen in ganz hervorragender Weise in der Entwickelungsgeschichte des Parasiten ihre Begründung finden, wenn auch die Eigenschaften des Wirthes nicht ohne Einfluss sein können. Sonst wäre es unmöglich, dass die Prunus- Arten in so reichlicher Anzahl von parasitischen Exoasceen infieirt würden, welche ganz ausnahmslos der Gattung Exoascus angehören, und dass überhaupt gewisse Familien, wie z. B. die Betulaceen den Exoasceen in solcher Ausgiebigkeit als Wirthe dienen, wie es in den obigen Tabellen nachgewiesen wurde. Aber die Betulaceen liefern andererseits auch das lehrreiche Beispiel, dass auf ihnen Infeetionen durch Vertreter sämmtlicher drei Gattungen der parasitischen Exoasceen nachgewiesen worden sind, und bei den im Obigen beschriebenen In- feetionen der Alnus glutinosa finden wir, dass sowohl die Gattung Taphrina als auch die Gattung Exoascus vertreten ist. - I). Man vergl. oben, S. 25. 104 Erklärung der Tafeln. Erklärung der Tafeln. Tafel 1. Fig. 1—7. Exoascus Tosquinetii (Westend.) Sadeb. Vergr. %/ı. Fig. 1. Entwickelung des Mycels im Blattstiele von Alnus glutinosa Grtn. auf der der Oberseite des Blattes entsprechenden Seite; m Mycel, e Epidermis- zellen. Das Mycel verläuft hier in Furchen zwischen den Epidermiszellen. Bei der Entwickelung desselben in der Blattspreite ist dies keineswegs immer der Fall. Man vergl. 4, Taf. 1, Fig. 1 und 4. Fig. 2. Mycelstadium auf dem Querschnitt des Blattes. m das Mycel, c die Cutieula, e die Epidermiszellen. Das Mycel verläuft nicht durchweg nur in Furchen zwischen den Epidermiszellen, sondern, wie z. B. bei m, auch auf den FEpidermiszellen. Fig. 3. Flächenansicht des Blattes mit dem auf die Mycelbildung folgenden Entwickelungsstadium auf der Oberseite des Blattes. Die einzelnen Mycelzellen sind bedeutend angeschwollen (im Vergleich zu Fig. 1) und beginnen, sich aus dem Gesammtverbande zu lösen; A die angeschwollenen Zellen, welche der Bildung der ascogenen Zellen vorangehen,. e die in der Flächenansicht noch sichtbaren oberen Theile der Epidermiszellen. Fig. 4. Dasselbe Entwickelungsstadium wie in der vorigen Fig., im Quer- schnitt durch das Blatt; bei h die Anlagen der ascogenen Zellen, e Epidermis- zellen, e die Cuticula. Fig. 5. Flächenansicht des Blattes mit den ascogenen Zellen, welche ihre definitive Grösse erreicht haben. Fig. 6. Die ascogenen Zellen im Querschnitt durch das Blatt gesehen. as die ascogenen Zellen, welche bereits begonnen haben, sich senkrecht zur Fläche des Blattes zu strecken, ce die Cutieula, e die Epidermiszellen. Fig. 7. Entwickelung der ascogenen Zellen, ase junge in der Ent- wickelung begriffene Asken), ce die Cuticula, e die Epidermis. Fig. 8 und 9. Exoascus Crataegi Sadeb. Vergr. 5%. Fig. 8. Ausbreitung des Mycels auf der Unterseite des Blattes von Mespilus Oxyacantha Grtn. Fig. 9. Anlage der ascogenen Zellen, ebenfalls Flächenansicht von der Unterseite des Blattes, tr die verdiekten Trennungswände, welche sehr stark lichtbrechend sind. (Die Epidermiszellen sind in beiden Figuren nicht mitgezeichnet.) Fig. 10. Exoaseus communis Sadeb. Vergr. 0/ı. A. Bei As reife Asken von der Taschenbildung der Prunus americant Marsh., bei as ascogene Zellen, welche bereits in der Längsstreckung begriffen sind. B. Ein reifer Ascus der Taschenbildung von Prunus pumila L. C. Isolirte reife Asken von den Taschen der Prunus maritima Wang. )) Reife Asken dieser Art s. #, Taf. 1 Fig. 6 (die Art wurde damals als Ex. alnitorgwus (Tul.) Sadeb. bezeichnet). EEE W Erklärung der Tafeln. 105 Fig. 11—14. Exoascus epiphyllus Sadeb. Vergr. %/ı. Fig. 11. Mycelstadium; Flächenansicht von der Oberseite des Blattes eines Hexenbesens von Alnus incana DC. m Mycel. Fig. 12. Loslösung einzelner Mycelglieder oder Zellen aus dem Gesammtverbande , unter gleichzeitiger Anschwellung der einzelnen Zellen; Flächenansicht wie in Fig. 11. A die angeschwollenen Zellen, e die noch sichtbaren Epidermiszellen. Fie. 13. Stadium der ascogenen Zellen, welche (gegen Fig. 12) an Dicke noch bedeutend zugenommen und sich fast sämmtlich isolirt und mehr oder weniger abgerundet haben; ebenfalls Flächenansicht wie in Fig 11. Fig. 14. Dasselbe Stadium im Querschnitt des Blattes; asc die ascogenen Zellen, ausserdem bei As ein reifer Ascus, ce die Cuticula, e die Epidermiszellen. Fig. 15—17. Exoascus Rostrupianus Sadeb. Vergr. °0/ı. Fig. 15.. Theil des Querschnittes durch einen infieirten Fruchtknoten von Prumus spinosa L.; das intercellulare Mycel durchzieht das innere Gewebe des Frucht- knotens und entsendet seine Verzweigungen bis unterhalb der Gutieula, woselbst die einzelnen Mycelzellen anzuschwellen beginnen. ce die Cutieula. (Das gleiche Entwickelungsstadium des Exoascus minor ist auf Taf. II Fig. 5 dargestellt; das Mycel durchdringt daselbst aber nicht die inneren Gewebeparthien des infieirten Organs, sondern verläuft stets nur subeuticular.) Fig. 16. Vollständige Isolirung der Zellen des subeutieularen Mycels; Anlage der ascogenen Zellen. Ebenfalls von einem Theile des Querschnittes eines infieirten Fruchtknotens. Bei c die Cuticula, welche bereits durchbrochen ist; e die Epidermiszellen. Fig. 17. Ascogene Zellen und reife Asken im (Querschnitt des infieirten Organs. As die reifen Asken mit den grossen eirunden Sporen; aı bereits entleerte Asken, z die im der weiteren Entwickelung begriffenen, ascogenen Zellen, bei 21 eine ascogene Zelle, welche bereits in drei Zellen getheilt ist, bei m das Mycel. Die Cutieula ist vollständig abgehoben, also nicht mehr vorhanden, die Epidermis- zellen e sind mehr oder weniger deformirt. Tafel I. Fig. 1—6. Exoaseus minor Sadeb. Vergr. 60/1. Fig. 1. Mycelstadium, Flächenansicht von der Unterseite des Blattes von Prumus Chamaecerasus L. Fig. 2-4. Die dem Mycelstadium folgenden Entwickelungszustände: die Gliederung des Mycels (Fig. 2), die Anschwellung der einzelnen Zellen (Fig. 3) und der Zerfall in mehrzellige Glieder unter noch weiter fortdauernder An- schwellung (Fig. 4). Gleiche Flächenansicht wie in Fig 1. Fig. 5. Das gleiche Entwickelungsstadium wie in Fig. 4, aber im Quer- schnitt des Blattes gesehen ; bei e die Cuticula. Fig. 6. Noch weitere Anschwellung der einzelnen Zellen und Isolirung derselben unter gleichzeitig eintretender Abrundung. Bildung der ascogenen Zellen. Gleiche Flächenansicht wie in Fig. 1—4. 106 Erklärung der Tafeln. Fig. 7—9. Exoascus betulinus (Rostrup) Sadeb. Fig. 7. Flächenansicht von der Unterseite des Blattes eines Hexenbesens von Betula odorata Bechst. Die Entwickelungsstadien vom Mycel bis zu der Bildung der ascogenen Zellen findet man hier auf einem und demselben Präparat. m Mycel, tr die verdiekten Trennungswände, welche stark lichtbrechend sind und isolirt zwischen zwei Zellen des Mycels stehen bleiben, später aber ver- schleimen; as ascogene Zellen (zwischen diesen sind die Trennungswände in Folge der Verschleimung bereits verschwunden); e Epidermiszellen, soweit die- selben in den einzelnen Entwickelungstadien noch zu sehen sind. Vergr. 60/,. Fig. 8. Mycelstadium; Flächenansicht von der Unterseite des Blattes; es findet bereits die Trennung einzelner ein- oder mehrzelliger Mycelglieder statt. Die stark liehtbrechenden Trennungswände fr, welche bald verschleimen und also in späteren Entwickelungsstadien nicht mehr sichtbar sind (man vergl. auch Fig. 7), sind noch deutlich erhalten. Vergr. °60/,. Fig. 9. Reife Asken von der häufigsten, eylindrischen bis walzenförmigen Gestalt; die Imhaltsmassen sind nicht gezeichnet. As Ascus, sti Stielzelle, ce Cutieula. Verer. 600/,. Fig. 10 und 11. Exoascus turgidus Sadeb. Verger. 6%/ı. Fig. 10. Mycelstadium; Flächenansicht von der Unterseite des Blattes von Betula verrucosa Ehrh. zwischen den Nerven. Das Mycel bildet ein zusammen- hängendes Ganzes. Denselben Entwickelungszustand von E.xoascus betulinus vergl. man in Fie. 8. Fig. 11. Flächenansicht von der Unterseite des Blattes an einem Nerven II. Ordnung; völlig analoges Präparat zu dem auf Fig. 7 abgebildeten. Das hier im Zusammenhange verbleibende Mycel und die anfangs ebenfalls noch zusammen- hängenden, kugeligen Anlagen der ascogenen Zellen treten in scharfen Gesensatz zu denen der Fig. 7, wo die gleichen Entwickelungsstadien des EKxoascus betulinus wiedergegeben sind; die dieken, stark liehtbrechenden Trennungswände der letzteren Art fehlen hier vollständige. m das Mycel, as ascogene Zellen, e Epidermiszellen. (Die reifen Asken dieser Art wolle man n 4, Taf. 3 Fig. 20 vergleichen.) Fig. 12—15. Taphrina Betulae (Fuckel) Johans. Vergr. 60%ı. (Um die Anschaulichkeit der Zeichnung nicht abzuschwächen, sind die Epidermiszellen nicht aufgenommen worden.) Fie. 12. Differenzirung der fertilen (aseogenen) von der sterilen Hyphe. Flächenansicht von der Oberseite des Blattes von Detula verrucosa Ehrh. f die fertile (ascogene), st die sterile Hyphe. Fig. 13. Entwickelung der ascogenen Hyphe f, bei st noch sterile Hyphe. Gleiche Flächenansicht, wie in Fig. 1. Fig. 14. Entwickelung der ascogenen Zellen zu Asken, im Querschnitt durch das Blatt gesehen. Bei a in der Streckung begriffene, ascogene Zellen, bei as junge, in der Entwickelung begriffene Asken, e die Cuticula, e Epidermiszellen. Fie. 15. Reife Asken, im Querschnitt durch das Blatt. As der Ascus, sti die Stielzelle, e die Cuticula, e Epidermiszellen. he > a Erklärung der Tafeln. 107 Fig. 16— 21. Taphrina Betulae (Fuckel) Johans., var. auctumnalis Sadeb. Verer. 6%/ı. (Auf den Flächenansichten sind die Epidermiszellen ebenfalls nicht gezeichnet.) Fig. 16. Beginn der Differenzirung der fertilen (ascogenen) von der sterilen Hyphe. Flächenansicht von der Oberseite des Blattes von Betula pubescens Ehrh.; f die fertile, st die sterile Hyphe. Fig. 17. Weiter fortgeschrittene Entwickelung der ascogenen Hyphe. st die sterile, f die ascogene Hyphe. In gleicher Flächenansicht wie Fig. 6. Fig. 18. Entwickelung der Asken im Querschnitt durch das Blatt. as junge Asken, ce die Cuticula, e Epidermiszellen. Fig. 19. Entwickelung ascogener Zellen zu Asken (as) im Querschnitt des Blattes. As ein reifer Ascus, sti die Stielzelle, e die Cutieula, e Epidermiszellen. Fig. 20. Reife und in der Ausbildung der Inhaltsmassen begriffene Asken, die grosse Verschiedenheit der Form der Stielzellen darstellend. Im Querschnitt des Blattes; As Ascus, sti Stielzelle, ce die Cuticula, e die Epidermiszellen. Fig. 21. Flächenansicht eines Theiles der Blattoberseite von Detula pubescens, von welcher die Cutieula abgehoben ist, so dass der Parasit deutlich zur Anschauung gelangen kann. Auf der Figur ist die vollständige Entwickelung des Pilzes zu erkennen. st die sterile Hyphe, f die ascogene IHyphe, As der reife Ascus mit den Sporen, sti die Stielzellen. Tafel II. Fig. 1—8. Taphrina Sadebeckii Johans. Vergr. &0/ı. Fig. 1. Mycelstadium; Flächenansicht von der Unterseite des Blattes von Almus glutinosa Grtn. Bei s Spaltöffnungen. Fig. 2. Differenzirung der fertilen (ascogenen) von der sterilen IHyphe, bei st die sterile, bei f die fertile Hyphe. Flächenansicht wie in Fig. 1. Fig. 3. Weitere Entwickelung der ascogenen Hyphe. f die ascogene, st die sterile Hyphe. Flächenansicht wie in Fie. 1. Fig. 4. Ausgeprägtes Beispiel für die Anlage (f) der ascogenen Zellen an der sterilen Hyphe (st). ® die im Verschleimen begriffene, sterile Hyphe. Flächenansicht wie in Fig. 1. Fig. 5. Die steriie Hyphe ist zum grössten Theile bereits verschleimt, nur bei st ist dieselbe noch erhalten, bei » im Verschleimen begriffen. Die mit grosskörnigen Inhaltsmassen gezeichneten Zellen stellen die in der weiteren Enntwickelung und Theilung begriffenen Zellen der ascogenen Hyphe dar. Flächen- ansicht wie in Fig. 1. Fig. 6. Die ascogenen Zellen. Flächenansicht wie in Fig. 1. Fig. 7. Die ascogenen Zellen (asc) im Querschnitt des Blattes; c die Cutieula, e die Epidermiszellen. Fig. 8. Ascogene Zellen (asc) und reife Asken (As); im Querschnitt der Blattes. ce die Cutieula, e die Epidermiszellen. Rn 10 Erklärung der Tafeln. ER e D . aan) Fig. 9—1?2. Taphrina aurea (Pers.) Fries. Vergr. .%/ı. Fig. 9. Differenzirung der ascogenen von der sterilen Hyphe; bei st sterile Hyphe. Der Pilz hat bereits die oberen Theile der Epidermiszellen (e) auseinander oedrängt. Flächenansicht von der Unterseite des Blattes von Populus nigra L. Fig. 10. Die bereits völlig isolirten, ascogenen Zellen. Flächenansicht wie in Fig. 9; e Epidermiszellen. Fig. 11. Dasselbe Entwickelungsstadium wie in Fig. 10, aber im Quer- schnitt des Blattes. ce Cuticula, e Epidermiszellen. Fig. 12. Junge, in der Entwickelung begriffene Asken, welche durch ihre Grösse ausgezeichnet sind. ce die Cutieula, e die Epidermiszellen. Beh? le aa La, MER - & Dt “u 4 I 2 2 en . N % j ie RL EI BT, 5 r Tas .. Pr a er m & e Pr & Ei, R u & u y 2 r e “N, De Eu u “ en I a - ‚ Pa 3 un » “ ‘& I. * Y ? 1 . j D . { s 4 5 ’ N u - ze m er . . ° . B u B er? es > _ Sadebeck: Parasitische Exoasceen. Taf. I. BR. Sadebeck det. >: £ zur j L S j » er N ” ’ f h l iR A N F s br & 3 a EAN B p k, ch \ Ir 1 (4 i j TV . - N eo. ee z { f i -t i j ” d: j y 2 u > i Ä n wi 1 B ex a E * . ) .- . - >. . - - . re v fr % . u) < a 4 { 3 y ni u en zu r . = „ü BZ 2 * Rn = = u De > > . P v Y A er r P- Bus ei = {2 zn F ’ Er “ De F Den = Br in 3 u E . u DE Pr u s Bu u on a B n- = r — 5 u Pr s v D u u 5 Bu 5 . . 5 2 Fr 5 . . i . . 5 Er m B . “ . © u . Fr i m. . u a u u nz g D u a . u _ 5 A i 1 rn u er 5 & u u ü . DiE ae u & Tu ı 0 i FR . I j n% C Late bith. R.Sadebeck.u. (Brick. del. g g i2 ap rına etulae uckKe ig .De 1 var. auctumnalis Sadeb. i ı 6 S deb. Fig 9 b t i R pP i 10 u. 19% E. turgl du ’ Ss B Fi B in i . F: 2 B 9. r Ss mInorT a D . l .E. e ulinus ostru k, Fi RK adeb 1 12 15 ih h B l F k l F 16 21 I {ulae u u yo = 5 zZ . za ae 2. 5 u . = u u i u Fi i . ’ „ = . er . ns 2 . u Verf I. . s ° u u {} = D B2 5 5 I . ee \wz x Chauelih. ER Sadebecku. [Brick de. Fig.1-8.Taphrina Sadebeckii Johans. Fig.9-12. T. aurea Fries 109 Nachsehrift. Als bereits die vorstehende Arbeit — mit Ausnahme des letzten Bogens — in der vorgeschriebenen Anzahl von Exemplaren gedruckt war, erschien in der Hedwigia, Bd. XXX, 1893, Heft 3 p. 156 eine Mittheilung von P. Hennings, in welcher eine neue Taphrina - Art, Taphrina Gügii P. Hennings et Lindau aufgestellt wird, welche Hexen- besen auf der Sauerkirsche, Prunus Cerasus L., erzeugt. Mir war diese Exoascee nicht unbekannt, denn Herr P. Hennings hatte die Freundlichkeit gehabt, mir Untersuchungs- material, inficirte Blätter und einen ganzen Hexenbesen, zuzusenden. Ich hielt anfänglich, nach oberflächlicher Betrachtung, diese Exoascee ebenfalls für eine neue Art, stellte aber sehr bald nach genauerer Untersuchung die vollständige Identität derselben mit Exoascus Cerasi (Fuck.) Sad. fest. Ich fand in dem von Herm Hennings mir zugesendeten Material genau dieselben Entwickelungszustände, welche ich in %. Taf. IV., Fig. 8 abgebildet hatte, aber ich fand auch Asken, welche denen des Exoascus minor (%, Taf. IV., Fig. 6) fast vollständig glichen und endlich Asken, welche noch andere Formen hatten, kurz die ganze Variabilität in der äusseren Gestalt der Asken, auf welche ich auf p. 49 dieser Abhandlung aufmerksam gemacht habe. Die in Rede stehende Exoascee ist also Eroascus Cerasi (Fuckel) Sadeb. p. 48; Taphrina Gelgii P. Hennings et Lindau ist zu streichen. Auch die Abbildungen, welche Hennings auf p. 157 giebt, sind zu beanstanden, denn sie entsprechen nicht der auch von Hennings selbst (p. 157) eingestandenen Variabilität der Asken, sondern stellen nur eine der verschiedenen Formen dar; die sehr häufigen Asken mit den sehr characteristischen, schmalen Stielzellen sind nicht wiedergegeben worden, ebensowenig die Asken, welche denen des Exoascus Rostrupianus, denen des Exroascus minor u. s. w. gleichen (p- 49). Auch die Darstellung der Abgliederung der Stielzelle ist morphologisch nicht ganz richtige. 110 Wenn aber Hennings p. 157 sagt: „Jedenfalls schemt aber T. minor Sadeb. der 7. Cerasi (Fuck.) Sadeb. in jeder Beziehung näher zu stehen als 7. Gelgei“, so bemerke ich, dass Eroascus minor Sadeb. zu einer ganz anderen Sectio der Gattung Exoascus gehört, als Broascus Cerasi (Fuck.) Sadeb. (p. 39). Das Mycel der letzteren Art (als auch dasjenige des in Rede stehenden „Gelga“) perennirt im Innern der Achsenorgane und breitet sich auch in den inneren Gewebetheilen der Blätter aus, das Mycel von Eroascus minor verläuft nur subcuticular und perennirt in den Knospen der Wirthspflanze. Man ersieht hieraus, wie berechtigt meine wiederholt (z. B. auch p. 84 oben) ausgesprochene Warnung war, bei der Aufstellung neuer Arten nicht einseitig auf die Gestalt des Ascus Rücksicht zu nehmen, sondern auch die entwickelungsgeschichtlichen Vorgänge ein- gehend zu prüfen. Am 15. Juni habe ich, wie ich bei dieser Gelegenheit noch mittheilen will, an mehreren Stellen um Langenhorn bei Hamburg Exoascus minor auch auf Prunus Cerasus L. gefunden. Auch hier wurden keine Hexenbesen mit negativ-geotropischen Krümmungen, sondern nur die auf p. 55 und 56 besprochenen Zweigdeformationen beobachtet. Hamburg, Botanisches Museum, 8. Juli 1893. Über Nectria einnabarina (Tode) Fr. Dr. C. Brick. Unter den 46 Arten der Gattung Neetria, welche nach Rehm ') in Deutschland vorkommen, wachsen sämtliche 16 der Untergattung Euneetria Sacc. angehörige Arten auf dürren oder faulenden Ästen und Stämmen verschiedener Holzarten, sowohl Bäume wie Sträucher. Zu diesen letzteren gehören auch besonders drei Arten, von denen man bisher nachgewiesen hat, daß ihr Mycel nicht nur in den toten Geweben der Wirtspflanze wächst, sondern daß sie auch das lebende Gewebe derselben befallen und die von ihnen ergriffenen Gewebe und Organe zum Absterben bringen. Auf den ge- töteten Pflanzenteilen legen dieselben dann nach außen hin ihre meist lebhaft gefärbten Fruchtkörper an, zunächst die polsterförmigen Stromata mit den Conidien als Vorfruchtform und nach Abfallen der Conidien- sporen in denselben Polstern die Perithecien mit den Ascosporen. Die drei bezeichneten Arten sind Nectria Cueurbitula (Tode) Fr. auf der Fichte, Tanne und Kiefer, N. ditissima Tul. und N. ein- nabarina (Tode) Fr. auf fast allen unseren Laubholzbäumen und -Sträuchern. Das Mycel derselben gelangt im allgemeinen dadurch in den Körper der genannten Pflanzen, daß auf einer durch irgend eine Veranlassung entstandenen Wundfläche die Keimung aufgeflogener Sporen erfolgt; der entstehende Keimschlauch dringt in das Gewebe der Wirtspflanze em und entwickelt sich hier zu ausgebreitetem Mycel, welches entweder im Holzkörper oder in der Rinde, besonders im Baste, in den Zellen und intercellular wächst. So wuchert das Mycel von Neetria Cueurbitula nach den Unter- suchungen von R. Hartig”) in der Rinde der Fichte und der anderen genannten Coniferen, besonders in den Siebröhren des Bast- sewebes oder in den Intercellularräumen zwischen diesen, bräunt und 1) In Rabenhorst: Kryptogamen-Flora von Deutschland. 2. Aufl. I. B.: Pilze II. Abt. Leipzig 1887. p. 110—127. 2) R. Hartig: Der Fichtenrindenpilz, Nectria Cueurbitula Fr. Untersuchungen aus dem forstbotanischen Institut zu München I. Berlin 1880. p. 88—108. Taf. V. — Lehrbuch der Baumkrankheiten. 2. Aufl. Berlin 1889. p. 87—89. 3 3 114 Dr. ©. Brick: tötet die befallenen Teile derselben, welche dann durch Sonne und Wind ausgetrocknet werden. Dadurch entstehen in Folge des Zusammen- schrumpfens und bei weiterem Wachstum des Baumes auch im Folge der Verdiekung der umliegenden Partien eingesunkene Stellen in der Rinde. Der Holzkörper wird bei dieser Krankheit nicht durch direkte Pilzangriffe in Mitleidenschaft gezogen, sondern es findet das Absterben desselben nur durch Vertrocknen an dem der inficierten Rindenstelle anliegenden Teile statt, wenn nicht durch Ausbildung einer Korklamelle um die ergriffene Stelle der Rinde eine Heilung herbeigeführt wird. Daß hierdurch sehr häufig der Ast oder der ganze junge Stamm abdorrt, ist von Hartig), Rostrup‘”) u. a. an vielen Orten beobachtet worden. Aus den getöteten Rindenstellen brechen stecknadelkopf- eroße, weißliche Polster hervor, welche zahlreiche Conidiensporen erzeugen; später treten auf denselben Lagern kugelige, orangerote, im Alter sich schwärzende, glatte Perithecien in großer Menge auf. Die zweite Art ist Neetria ditissima Tul., welche bei einer großen Reihe unserer Laubholzbäume krebsartige Krankheiten hervor- ruft, d. h. Wundstellen erzeugt, bei denen die sich von den Seiten herüberschiebenden Überwallungswülste immer von neuem wieder ge- tötet werden, so daß eme unregelmäßig gestaltete, sich vergrößernde, stark vertiefte und von zahlreichen eigentümlichen, meist trockenen Wülsten umränderte Stelle am Stamme oder Aste zu Stande kommt. Der Ausgangspunkt hierzu ist gewöhnlich entweder eine verletzte Stelle der Rinde oder ein toter Ast, eine Knospe ete. Besonders bekannt sind solche Krebsstellen an der Rotbuche. Sie sind von M. Will- komm ?) zuerst auf den Einfluß parasitischer Pilze zurückgeführt worden, und zwar fand derselbe die Conidienfruchtform der N. ditissima an den Krebsrändern als weiße Polster und bestimmte sie als Fusidium candidum Lk. Das genauere Studium dieser Krankheit aber verdanken wir R. Hartig®), welcher solchen Pilzkrebs außer an Rotbuchen auch noch bei Eichen, Haseln, Eschen, Haimbuchen, Ellern, Traubenahorn, Masholder, Linden, Faulbäumen und Traubenkirschen beobachtete. Lel>ac: 2) E. Rostrup: Berichte über Untersuchungen, auf Veranstaltung des Finanz- ministeriums in den Jahren 1884 und 1885 unternommen, betreffend die Angriffe von Schmarotzerpilzen auf Coniferen, speciell der verschiedenen Pinus-Arten in allen Staatswäldern Jyllands. Kopenhagen 1885. 3) M. Willkomm: Die mikroskopischen Feinde des Waldes. Dresden 1866. p. 101. i #) R. Hartig: Der Krebspilz der Laubholzbäume, Nectria ditissima Tul. Untersuchungen a. d. forstbotanischen Institut zu München I. Berlin 1880. p. 109—128 u. Taf. VI. 4 Über Nectria einnabarina (Tode) Fr. 115 R. Goethe) stellte dann fest, daß auch der so häufig an Apfel- und Birnbäumen auftretende Krebs durch den gleichen Parasiten hervor- gerufen wird, und N. Lapine °) gelang es in neuester Zeit durch zahl- reiche Impfversuche mit gezüchteten Conidien des Pilzes krebsige Stellen außer an Apfel- und Birnbäumen auch an Kirschen, Zwetschen und Eichen zu erzeugen. Solche Impfungen mißlangen Goethe bei Bergrüster und Roßkastanie, und Lapine konnte bei Acer, Populus, Catalpa und Cydonia keine krebsartigen Erscheinungen hervorrufen, obwohl der Pilz in den Geweben wuchs und die Zellen tötete. Das Mycel verbreitet sich hier ebenfalls zunächst im Baste, sodann auch im Rindenparenchym und geht, überall besonders das Stärkemehl aufzehrend, den Bast- und Markstrahlen folgend, ins Holz; in demselben wuchert es besonders in den Gefäßen und wächst von diesen aus durch die Markstrahlen wahrscheinlich wieder in andere Teile der Rinde hinein. Auch hier ist ein Einsinken der ergriffenen Rindenstellen die erste Erscheinung des Krebses. Von den beiden Fruchtformen dieses Pilzes erscheinen zuerst die Conidien (Fusidium candidum Lk.) als weißliche Polster am Rande der wachsenden Krebs- stelle, auf denen farblose, leichtgebogene, 4—6 und Skammerige Conidien erzeugt werden. Die Perithecien entwickeln sich im Innern derselben Stromata und brechen sodann aus ihnen hervor; sie sind tief rot, kugelig, sehr klein, daher wenig auffallend und sitzen in wechselnder Zahl auf dem sich goldgelb verfärbenden Polster; in ihnen befinden sich zahlreiche Asken mit je 8 ellipsoidischen, zweizelligen, hyalinen Sporen. Ähnliche Krankheitserscheinungen der Wirtspflanze, wie sie von den erwähnten beiden Parasiten erzeugt werden und aus der großen Zahl anderer Begleiterscheimnungen im obigen kurz hervorgehoben werden mußten, habe ich nun gelegentlich auch bei der häufigsten der Neetria- Arten, N. einnabarina (Tode) Fr., beobachtet. Derartige Erscheinungen waren bei diesem Pilze bisher noch nicht bekannt. Derselbe ist der am weitesten verbreitete und wohl am meisten bekannte Ascomycet. Seine stecknadelkopfgroßen, schön fleisch- bis zinnoberrotgefärbten, später verbleichenden Conidienpolster (Tubereularia vulgaris Fr.) be- decken die dürren Äste fast aller unserer Laubbäume und -Sträucher, I) R. Goethe: Vorläufige Mitteilung über den Krebs der Apfelbäume. Rheinische Blätter für Wein-, Obst- und Gartenbau. Straßburg 1879. R. Goethe: Weitere Mitteilungen über den Krebs der Apfelbäume. Land- wirtschaftliche Jahrbücher IX. 1880. p. 837— 852. >) N. Lapine: Zum Krebs der Apfelbäume. Landwirtschaftl. Jahrbücher XXI. 1892. p. 937— 949. 5) g* 116 Dr, ıC. Brick: besonders diejenigen von Linden, Roßkastanien, Ahorn, Ulmen, Weißdorn u. s. w., im Walde, im Hecken, Alleen, Park- und Gartenanlagen sehr häufig in außerordentlich großer Zahl. Die im Innern der nämlichen Polster durch spätere Differenzierung des Hyphengewebes entwickelten, kugeligen, scharlachroten, oberflächlich rauhen Perithecien, welche erst nach Abfall der Conidiensporen von dem Hymenium hervorbrechen und zu 10 — 100 warzenförmig das Stroma bedecken, sind weit weniger bekannt. Auch heutzutage wird diese Neetria vielfach noch für einen unschädlichen Saprophyten gehalten, welcher nur auf solchen Zweigen wachsen soll, welche schon durch andere Ursachen, z. B. durch Frost, getötet worden sind. Wenngleich dies wohl auch häufig der Fall sein mag, so ist dem doch nicht immer so. H.Mayr ') führte zuerst einige Fälle an, in denen junge Ahornpflanzen von 5—4 m Höhe und 4—5 cm Stärke und andere Sträucher durch diesen Pilz von zwei in der Nähe befindlichen, mit den Tubereularia-Polstern der Neetria besetzten Roß- kastanien aus inficiert und innerhalb zweier Jahre zum Absterben gebracht worden waren. Solche Fälle kann man in Gärten bei emiger Beobachtung außerordentlich häufig antreffen, weshalb es für den Be- sitzer geboten erscheint, eine sorgfältige und rechtzeitige Entfernung und Verbrennung der Zweige mit den roten Pilzfruchtkörpern sich an- gelegen sein zu lassen. Die Verbreitung des Pilzes von Individium zu Individium erfolgt nämlich allen durch die außerordentlich zahlreichen Sporen des Pilzes, welche durch Wind und Regen fortgeführt werden. Dieselben sind dreierlei Art: 1) Ascosporen, zweizellige, seltener ein- oder dreikammerige, hyaline Sporen von 12—20 u Länge und 4—7 u Dicke, welche zu je S m Schläuchen im den Perithecien entwickelt werden. Dieselben werden aus den Asken frei, mdem durch einen Verschleimungsprozeß allmählich die Schlauchwandungen aufgelöst werden. Durch eine kleine Scheitelöffnung des Peritheciums gelangen sodann die Sporen aus der Kapsel heraus. Über die Art und Weise, wie dies geschieht, sind die Ansichten etwas verschieden. Nach Tulasne 1) H. Mayr: Über den Parasitismus von Nectria einnabarina. Untersuchungen a d. forstbotanischen Institut zu München III. Berlin 1883. p. 1—16 und Taf. I. 2) Tulasne: Selecta Fungorum Carpologia II. Paris 1865. p. 79-85. Taf. XL. _ : M&moire sur l!’ergot des glumacees. Ann. d. sc. nat. 3. ser. T.XX. 1853. p. 39. 6 Über Neetria einnabarina (Tode) Fr. 1alırz und Janowitsch ), denen auch Starbäk?) zuzustimmen scheint, bleiben die Sporen noch einige Zeit innerhalb des Peritheciums liegen, und erst nach Zerstörung der oberen Region desselben, welche mit der Reife bedeutend einsinkt, treten die Aseosporen heraus, ein kugeliges Gallerttröpfehen bildend. Nach H. Mayr?) geschieht dies derart, daß, nachdem bei längerer Trockenheit die Mündung mit ihrer Umgebung becherförmig eingesunken ist, bei Durchfeuchtung die äußere Hülle des Peritheciums quillt und hierbei auf den Inhalt der Kapsel einen Druck ausübt, welcher genügt, um zahlreiche Ascosporen aus der Mündung austreten zu lassen. Ob die Ascosporen sämtlich zu gleicher Zeit reif werden, ist mir fraglich; man findet bei Schnitten in beinahe schon entleerten Perithecien fast noch immer Sporen in Schläuchen liegen. Auf jeden Fall gelangen dieselben zu sehr verschiedenen Zeiten aus dem Perithecium heraus. Starbäk‘®) sieht m emem solchen Verhältnis „eine Anpassung der Perithecien für Ausstreuung der Sporen zu verschiedenen Zeiten in Analogie mit z. B. dem nicht gleichzeitigen Reifen der Staubgefässe einiger Blüten.“ 2) Conidien (Mikroconidien, Sporidien), einzellige, ellipsoidische bis eylindrische, farblose Sporen von wechselnder Größe, im allgemeinen ca. 7a lang und 3 « breit. Dieselben entstehen an vielerlei Orten: a) An der ganzen freien Oberfläche der als Tubereularia vulgaris Fr. bekannten, hellzinnoberroten Polster, welche durch Ver- flechtung der nach außen vordringenden Mycelfäden gebildet sind, werden diese Conidien auf einem Hymenium von fadenförmigen Basidien sowohl an der Spitze als auch auf kurzen, seitlichen Fortsätzen in ungeheurer Menge erzeugt. Sie werden so lange abgestoßen, bis die Perithecien hindurchbrechen. b) An den jungen Mycelien des Pilzes können Conidien an unbestimmten Orten abgegliedert werden. Sie sind anfänglich einzeln 9), 1) A. Janowitsch: Über die Entwickelung der Fruktifikationsorgane von Neetria. Botanische Zeitung XXIII. 1865. p. 149—153. 2) K. Starbäk: Anteekningar öfver nägra Skandinaviska Pyrenomyeceter. Bihang t. K. Sv. Vet.-Akad. Handl. XIV. 5. K. Starbäk: Drei neue Pyrenomyceten. Bot. Centralblatt XLI. 1890 p- 280—81. 3% & p. 10. *) ]. c. p. 280. 3) Mayr * & TaLr DE. 23e, 2Ie .u.30. - M 118 Dr. C. Brick: liegen aber später in großer Zahl in Köpfehen beisammen !). Sie werden auch als Sporidien bezeichnet, unterscheiden sich aber in nichts von den anderen Conidien, höchstens sind sie im Durchschnitt etwas geringer an Größe. c) Die Ascosporen selbst vermögen an ihren Enden, an ihrer Querwand oder auf der ganzen Oberfläche regellos an beliebiger Stelle und in beliebiger Zahl Conidien abzuschnüren; es lassen sich deren bis zu S an einer Ascospore beobachten. Die Infektionsmöglichkeit wird durch eine solche Vervielfältigung einer Spore außerordentlich gesteigert. Diese Produktion von Conidien geschieht erst außerhalb des Perithe- ciums; innerhalb der Höhlung desselben, in welche die Ascosporen durch Zerstörung der Schläuche gelangen und häufig eine Zeit lang verweilen, und innerhalb des Ascus scheinen diese Sprossungen bei N. einnabarina nicht vorzukommen, wie man dies von anderen Neetria- Arten und anderen Ascomyceten 2 kennt. Sollmann ?) hielt — unter dem Banne der geschlechtlichen Fortpflanzung der Ascomyeeten und auf der Suche nach derselben — diese schon in den Schläuchen von den Asco- sporen hervorgebrachten Conidien nicht für Aussprossungen, sondern um- oekehrt für Körper, welche, von den Zellen der Fruktifikationsschicht des Peritheciums erzeugt, von außen in den jungen Ascus eingedrungen sind und sich mit den Ascosporen befruchtend vereinigen sollten. Er glaubte in ihnen nach dem Vorgange von Berkeley *) die männlichen Befruchtungskörper, die Spermatien, gefunden zu haben, und rechnete deshalb die Gattung Neetria auch zu den Hermaphroditen. In dieser Ansicht wurde er namentlich auch dadurch bestärkt, daß er diese Körper in großer Zahl außerhalb der Schläuche frei in der Perithecie vorfand, und es ihm nicht gelang, dieselben zum Keimen zu bringen. Dies letztere ist nun natürlich. sehr wohl möglich. Bei N. einnabarina beobachtete Sollmann imdes keine gleich oder ähnlich gestalteten Spermatien sondern nur eine Körnermasse, die auf dem Protoplasma lagert, welche aber dieselbe Bedeutung haben soll, wie die Spermatien, und seiner Ansicht nach Partikel zerfallener Spermatien vorstellt. d) Die Conidien selbst entwickeln nach Mayr ’) wiederum solche Sprossungen, Secundärconidien. Es entsteht aus ihnen gar 1) ef. OÖ. Brefeld: Untersuchungen aus dem Gesamtgebiete der Mykologie. X. Münster 1891. p. 169 und Taf. IV Fig. 16. 2) cf. A. de Bary: Vergleichende Morphologie und Physiologie der Pilze, Mycetozoen und Bakterien. Leipzig 1884. p. 124—125. 3) A. Sollmann: Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Sphaeriaceen. * Botan. Zeitung 1864. p. %75—R76. 4) M. J. Berkeley: Outlines of British Fungology. London 1860. 5) ]. c. p. 6, p. 11 und Taf. I Fig. 23. 8 Über Nectria einnabarina (Tode) Fr. 119 kein Keimschlauch, sondern die Secundärconidien entspringen direkt auf kurzen Stielchen der ausgesäeten Conidie. Brefeld ist die Er- zeugung derselben nicht gelungen; die Conidien sollen nach ihm das Vermögen zu sprossen gänzlich verloren haben ), während die Asco- sporen dasselbe noch besitzen. Die Angaben von Mayr hierüber scheinen Brefeld demnach entgangen zu sein. 3) Makroconidien, viel größere, fast stets mehrkammerige, sichelförmig gekrümmte Sporen. Ihre Länge schwankt nach Mayr, welcher dieselben entdeckt hat, zwischen 25—64 u, ihre Dicke von 3—4,6 u, im Durchschnitt 43:5,5 u. Die Zahl der Kammern beträgt 1—6, meistens 6. Diese Sporen müßten ihren Merkmalen nach und wegen der verzweigten, sporentragenden Fäden zur Gattung Fusisporium gezogen werden und entsprechen den Fusidium-Conidien der Neetria ditissima. Sie werden nur ausnahmsweise unter bestimmten, nicht näher bekannten Bedingungen — Mayr vermutet vielleicht Dicke der zu durchbrechenden Korkschichten, reichlich dargebotene Nahrung oder ständige Feuchtigkeit des Fruchtpolsters — auf den Tubereularia-Polstern vor den gewöhnlichen Conidien entwickelt. Es können demnach also auf denselben Polstern dreierlei Sporen hinter- einander erzeugt werden: Makroconidien, gewöhnliche Conidien und Asecosporen im den Perithecien. Die trimorphe Entwickelung des Pilzes besteht aus Fusisporium, Tubereularia und Nectria. An den bei der Keimung des Fusisporium Nectriae cinnabarinae sich entwickelnden Keimschläuchen können ähnliche, 1—4kammerige, gekrümmte, secun- däre Conidien hervorgebracht werden. Diesen Fusisporium-Sporen gleichen außerordentlich die Conidien des von R. Hartig’) kürzlich beobachteten und abgebildeten Keimlingspilzes, welcher zuweilen in Saatbeeten im Mai und Anfang Juni die Keimpflanzen von Kiefer, Fichten, Ellern, Birken u. s. w. zum Absterben bringt, und von welchem Hartig wegen der Gestalt der mehr oder weniger sichelförmig ge- gekrümmten, vorwiegend sechszelligen Conidien und wegen seiner teilweise saprophytischen Lebensweise vermutet, daß derselbe einer Neetria-Art angehört. Leider fehlen bisher noch die weiteren Ent- wickelungsstadien, welche nur in ihrer Anlage als kugelförmige Knäuel in der Cultur zu erziehen gelang. DEI ca. prelod: 2) l. ce. p. 8—9. 3) R. Hartig: Ein neuer Keimlingspilz. Forstlich-naturwissenschaftliche Zeitschrift I. 1892. p. 4352 — 36. 9 120 Dr. AG Pbriek: Durch die so außerordentlich zahlreiche Sporenproduktion, welche in ausgiebigster Weise, auf die mannigfaltigste Art und zu den verschiedensten Zeiten erfolgt, ist eine weite Verbreitung der Neetria einnabarina durchaus gesichert. Alle diese Sporen, seien sie nun direkt erzeugt oder erst durch fruktifikative Sprossung anderer Sporen hervorgegangen, keimen schließlich vegetativ zu einem Mycel aus, und zwar geschieht die Keimung bei sämtlichen Sporen sehr leicht und meist schon innerhalb weniger Stunden. Mayr beobachtete die Keimung der Ascosporen nach 1—2 Stunden, Winter!) giebt 22 Stunden an und fand sie im Vergleich mit einer Reihe von Sporen anderer Pilzarten als diejenigen, welche am schnellsten keimen. Die entwickelten Keimschläuche bleiben in Wasser gewöhnlich nur kümmerlich, entwickeln sich dagegen in Nährlösungen zu üppigen Mycelien. Winter ') stellte für dieselben einen mittleren Zuwachswert von 19,42 u pro Stunde fest. Für die Infektion der Pflanze mit den Sporen hat man durch Versuche gefunden, daß nur auf dem durch irgend eine Ver- anlassung blosgelesten Holzkörper die Sporen bei der Keimung aus- giebiges Mycel zu entwickeln vermögen. Die Infektion kann an Stamm- und Wurzelwunden erfolgen, wie solche beim Beschneiden, durch Unvorsichtigkeit, Astbruch, Hagelschlag, beim Umgraben des Bodens, beim Umsetzen und Verpflanzen ete. entstehen können. Der Keimschlauch der Sporen soll nicht durch die unversehrte Korkhaut der Zweige einzudringen und ebenso sich nicht im etwa blosgelegten Rinden- und Bastgewebe zu entwickeln vermögen. Es ist dies im vollständigen Gegensatze zu Neetria ditissima, deren Keimschläuche nach Goethe?) ziemlich weit über die Oberfläche hinkriechen und in die wunverletzte Rinde eindrngen können und zwar vorzugs- weise durch die Lenticellen, aber auch, indem sie die Wandungen durchbohren, durch die glatte, unverschrte Rinde selbst. Hartig ®) und Rostrup ') behaupten allerdings, daß dieser Pilz auch nur durch I) G. Winter: Einige Mitteilungen über die Schnelligkeit der Keimung der Pilzsporen und das Wachstum ihrer Keimschläuche. Hedwigia 1879. p. 49-56. W. giebt allerdings nicht an, ob er Asco- oder Conidiensporen zur Aussaat gebracht hat; es ist jedoch anzunehmen, daß er die ersteren benutzt hat. 2) 1. c. p. 841, 842 und Taf. VII Fig. 12. 3) R. Hartig: Lehrbuch der Baumkrankheiten p. 90. %, EB. Rostrup: Undersggelser over Snyltesvampes Angreb paa Skovträer i 1883—88. Tidsskrift for Skovbrug XII. Kjebenhavn 1890. p. 175—238. Referat im Botan. Centralbl. XLIII. 1890. p. 355. 10 Über Neetria cinnabarina (Tode) Fr. 61 Wundstellen, nicht durch die unbeschädiste Rinde einzudringen vermag. Das Mycel entwickelt sich bei N. ditissima ferner zuerst und am kräftigsten im Baste und der Rinde; in Rindenschnitte eines Apfel- baumes eingeführte Conidien oder Ascosporen derselben erzeugten in sechs Wochen die charakteristisch eingesunkenen Krebswunden. Auf der Holzfläche der Wunde kriecht nun der aus der Spore heraustretende Keimschlauch der N. cinnabarina entlang, bis er die Öffnung eines verletzten Gefäßes oder auch einer Holzzelle erreicht; in diese wächst er hinein, wuchert weiter und erzeugt das Mycel im Innern des Holzkörpers. Der Mycelfaden ist durch Querscheide- wände septirt, von verschiedener Dicke und fast stets reichlich verzweigt; er verläuft gerade oder wellenförmig und liegt meist der Zellwand an, durchbohrt dieselbe auch wohl quer unter Benutzung der Tüpfel und wuchert in die Nachbarzelle hinein. Er wächst dabei sowohl dem aufsteigenden Saftstrom entgegen als auch mit demselben. Wie weit dabei die von Winter beobachtete mittlere Wachstumsgeschwindigkeit von 19,42 u pro Stunde in Betracht kommt und vorkommen kann, wäre interessant zu untersuchen. Gelangt das Mycel an eine Parenchym- oder Prosenchymzelle, welche Stärkekörner enthält, so wird Zellinhalt und Stärke zersetzt und aufgezehrt. Dabei entstehen meist grünlich- braun gefärbte Zersetzungsflüssigkeiten, welche teilweise auch von den Zellmembranen imbibiert werden und dem Holzkörper ein gestreiftes Aussehen geben. So zeigt z. B. das kranke Holz von Ahorn und Akazie u. a. eine grünbraune, von Linde eime hellbraune Streifung. Später wird der Farbstoff vom Mycel ebenfalls aufgezehrt, und die Färbung verschwindet daher. Bei anderen Hölzern scheint indes eine solche Verfärbung überhaupt zu fehlen. Den Markstrahlzellen folgend, wächst das Mycel durch die Baststrahlen nach außen hin und lest unter der Korkschicht seine Polster an, welche jene dann, nachdem die Rinde abgestorben ist, durchbrechen. Hauptsächlich geschieht dies in den Lenticellen, bei stärkeren Sprossen auch in Rindenrissen etc.; außerdem vermögen sich Polster an freigelegten Flächen des Holzkörpers zu entwickeln. Sonst bleibt die Rinde vom Mycel völlig frei und erhält sich dabei auch eine Zeit lang frisch, selbst wenn der darunterliegende Holzkörper schon stark vom Mycel durchwachsen ist. Es vermögen selbst noch Knospen von den infizierten Stamm- oder Astteilen in großer Menge scheinbar völlig normal bis zu einer gewissen Grösse auszuwachsen. Das Mycel ist den sich äußerlich zeigenden Fruchtkörpern also im Holze weit voraus, und es muß deshalb, wenn durch Zurückschneiden 11 122 Dr. C. Brick der Pilz entfernt werden soll, eine sehr bedeutende Strecke zurück- gegriffen werden; durch das gesunde Aussehen der Rinde etc. darf man sich nicht täuschen lassen. Die Erhaltung und Rettung eines einmal von der Neetria einnabarina ergriffenen Baumes ist jedoch nur unter Umständen möglich, nämlich dann, wenn sich der Parasit noch auf die äußeren Teile der Zweige und Äste beschränkt. Es ist dann ein Abnehmen des Astes möglichst nahe am Stamme erforderlich, um das im Holze weit voraus wuchernde Mycel mitzufassen. Ist indessen erst emmal der Hauptstamm ereriffen, so ist der Baum dem Parasiten rettungslos verfallen. Ein solcher Verlust wird gewöhnlich am unan- senehmsten empfunden in kleineren Privatgärten, in denen es doch zumeist auf die Erhaltung eines jeden älteren Baumes ankommt. Der Verlauf der Krankheit ist hier im allgemeinen folgender: Man kann zunächst gewöhnlich leicht beobachten, wie die Neetria durch Wunden, welche dem Baum gewöhnlich durch Abschneiden von Ästen beigebracht worden sind, eingedrungen ist und ihre roten Fruchtkörper dann auf den Aststummeln hervorgetrieben. hat. Ein /urückschneiden bis auf das scheinbar gesunde Holz hat keinen Erfole, denn im nächsten Jahre sterben auch die der Wunde be- nachbarten Äste ab und treten an ihnen ebenfalls die roten Conidien- kissen des Pilzes hervor. Schließlich bleibt nichts übrig, als den ganzen Baum herauszuhauen, um nicht eine nahe Ansteckungsquelle für alle übrigen Holzgewächse des Gartens abzugeben. Der Gärtner steht diesem argen Feinde gewöhnlich leider noch mit einer gewissen Gleich- eiltiskeit gegenüber, wie sich dies auch z. B. dadurch erweist, daß man häufig die abgeschnittenen Zweige mit den roten Tubereularia- Polstern einfach mit anderen dürren Zweigen zusammen an irgend ein stilles Plätzchen oder gar auf den Komposthaufen geworfen sieht. Das Absterben der über der inficierten Stelle befindlichen Ast- oder Stammteile erfolgt durch Vertrocknen, indem durch Tötung des saftleitenden Holzkörpers die Wasserzufuhr zu demselben ver- hindert wird. Ihre Blätter werden welk und sterben ziemlich schnell ab. Auch die dem pilzhaltigen Holzkörper anliegenden Rindengewebe erleiden, da sie durch die Mark- und Baststrahlen nicht mehr mit Wasser versorgt werden, allmählich eine Vertrocknung, sobald der Holzkörper abzusterben beginnt. ‘s können bei diesem Absterben der Rinde in gewissen Fällen nun aber ähnliche äußere Erscheinungen, wie bei Neetria Cueurbitula und N. ditissima oben geschildert sind, auftreten. Ein Aststück von Morus alba L., welches ich in dem botanischen 12 Über Nectria ‚cinnabarina (Tode) Fr. 123 Garten der technischen Hochschule zu Karlsruhe im November 1889 sammelte, besaß abgestorbene eingesunkene Rindenpartien, welche durch N. cinnabarina veranlaßt waren, deren rote Conidien- polster aus denselben hervorbrachen. Die Infektion des Astes ist von dem in der Mitte der vertieften Rindenstellen befindlichen, getöteten Zweige aus erfolet, und das Mycel hat sich von der Basis des Zweiges aus besonders in der Längsrichtung des Astes im Holzkörper verbreitet und diesen einseitig zum Absterben gebracht. Dadurch ist auch die darüberliegende Rinde in Flecken bis zu 11:2'2 cm Größe ver- trocknet. An den Rändern der getöteten Stellen sind von dem noch gesunden Gewebe aus Überwallungswülste gebildet worden. Bei einem anderen Stammstücke von Broussonetia papyrifera Vent., an gleichem Orte und zu gleicher Zeit gesammelt, ist der Pilz ebenfalls durch ab- sestorbene Zweige in den Stamm gedrungen; die Gewebe an der Zweigbasis sind durch denselben wie beim vorigen zum Absterben gebracht worden, und, indem der Parasit sich im Stamme verbreitet, werden auch die diese Stellen überwachsenden Überwallungswülste getötet und dadurch eventuell die Anfänge krebsartiger Bildungen veranlaßt. Wenn der Baum kräftig genug ist, um über diese ge- töteten Überwallungen neue Wülste herüberzuschieben, so kommen echte Krebsbildungen zu Stande. Es scheint indes nur selten zu den- selben bei den Angriffen der Neetria cinnabarina zu kommen, da das Abtöten durch dieselbe viel schneller zu geschehen und viel eingreifender für die Lebensthätigkeit des Baumes zu sein scheint als z. B. durch N. ditissima. Vorstehende Zeilen sollen auf die Schädlichkeit dieses so außer- ordentlich häufig auftretenden, aber als Parasiten viel zu wenig be- achteten Pilzes weiter aufmerksam machen sowie einige Beiträge zu den von ihm veranlaßten Krankheitserscheinungen liefern. Wohl vielfach mag derselbe nur auf abgestorbenen Pflanzenteilen wachsen, aber von diesem Saprophytismus geht derselbe meistens zum Parasitismus über, indem er in die lebenden Gewebe der Wirtspflanze hineinwächst. Die gegen ihn anzuwendenden Gegenmittel bestehen in der Hauptsache aus Vorbeugungsmaßregeln, wie Vermeidung von Wunden oder, wo solche beigebracht werden müssen, regelrechte Wundbehandlung, so daß eine Infektion verhindert wird. Tritt der Pilz indes schon auf, so ist vielleicht wenigstens der Versuch zu machen, wie oben schon bemerkt wurde, die äußersten Mycelausläufer im Holzkörper durch weit- reichendes Zurückschneiden zu entfernen. Ein Baum, welcher in seinem Hauptstamme schon ergriffen und damit verloren ist, darf nicht durch die an ihm sich bildenden Sporenkissen eine Infektionsquelle für die 13 124 Dr. ©. Brick: Über Nectria einnabarina (Tode) Fr. benachbarten Holzgewächse bilden. Ebenso muß auf ein sorgfältiges Sammeln und Verbrennen der abgeschnittenen, inficierten Zweige, besonders derjenigen, welche mit den Sporenpolstern besetzt sind, seachtet werden, was leider noch vielfach in sehr sorgloser Weise oeschieht. Nur durch Beachtung aller dieser angedeuteten Gregen- maßregeln kann sich der Gartenbesitzer vor empfindlichem Schaden schützen. 14 Berichtigungen zu einigen von C. G. Pringle in Mexiko gesammelten Compositen. Von Dr. F. W. Klatt. (Arbeiten des Botanischen Museums. 1892/93.) Von den durch C. G. Pringle in Mexiko in den Jahren 1590—92 gesammelten Pflanzen haben die Compositen durch die Herren S. Watson und B. L. Robinson ihre Bestimmung erhalten, und ein Theil von ihnen ist in den Proceedings of the American Academy of Arts and Science Vol. XXVIIL und XXVIII beschrieben worden. Bei der Durchsicht dieser Arten, welche mir von dem Hamburgischen Botanischen Museum bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurden, wofür ich Herrn Direktor Professor Dr. Sadebeck meinen besten Dank zu sagen mir erlaube, fand ich, daß folgende bDe- stimmungen einer Berichtigung bedürfen. l. Conyza erythrolaena Klatt, n. sp. Herbacea; caule erecto, stricto, striato, puberulo; folis sagittato - lanceolatıs, acuminatis utringue pilosis, margine ciliatis, bası auriculatis, adnato- sessilibusque, inferioribus apice tridentatis, superioribus integerrimis; panicula elongata, spiciformes, ramosa; ramis vel pedunculis axillaribus, 3—7 capitatis; capitulis longe pedicellatis; pedicellis basi lanceolato- bracteatis; imvolucri basi dense villosi squamis biseriatis, lineari-lanceo- latis, media unicostatis, purpureis, margine albo-scariosis; achaeniis glabris; pappo albo. Hab.: State of Michoacan, hills near Patzcuaro, leg. C. G. Pringle d. 21. Dezember 1891. No. 3984. Diese Conyza-Art hat mit Brigeron subdecurrens Schultz Bip., als welche sie in Pringle’s Plantae mexicanae 1891 herausgegeben ist, oder mit Conyza subdecurrens DC. Prodrom. V, p. 379 nur die Form und Anheftung der bis 4 cm langen und S mm breiten Blätter, so wie die Form der gegen 40 cm langen Blüthenrispe gemeinsam. Bei Conyza subdecurrens sind aber alle Blätter gezähnelt, bei unserer Art 1 126 Dr. F. W. Klatt. Berichtigungen zu einigen von nur die untersten. Die 5 mm langen Involucralschuppen sind nicht grün, sondern purpurroth und unten in Wolle eingehüllt, während sie bei €; subdecurrens kahl sind. Der Pappus ist weiß, nicht gelblich. 2. Gnaphalium sarmentosum Klatt nov. sp. Herbacea, erecta, pusilla, caespitosa, foliis caulinis sessilibus, linearis, uninervis, integerrimis, supra laete-viridis, subtus argenteis, apice obtusis, mucronatis; foliis basıbus congestis, circinantibus; capitulis campanulatis, breve pedicellatis, terminalibus, solitariis_ vel corymbosis (2—8) axillaribus; involucri squamıs linearı -lanceolatis, semi triangulo - viridis, fusco- limbatis, semi nitido-luteolis, scariosis; achaenis pilosis; pappo albido. Hab.: State of Mexico, about the timber Iine of the Nevada de Toluco, 12 500—13 000 feet, leg. ©. G. Pringle, d. 6. September 1892. Unter No. 4249 als Merope Kunthiana Weddell? herausgegeben. Es hat diese Art durchaus keine Ähnlichkeit mit Merope Kunthiana Weddell, Chloris Andina I, p. 161, Icon. Pl. 24 D, oder Conyza Kunthiana DC. V, p. 379, No. 17 oder mit C. pusilla HBK., nov. gen. am. 4. p. 69, sondern ist ein Gnaphalium, ausgezeichnet durch große Blüthenköpfe, die dreireihige, bunte, glänzende Involucral- schuppen haben, und durch Stengelausläufer, die 4—6 cm Länge besitzen, lanzettliche Blätter tragen und Wurzel schlagen. Die Stengel sind verschieden hoch, von Y»—8 cm, und mit weißer Wolle bedeckt. Bei den nicht blühenden Schößlingen sind die blätter gebüschelt aufrecht, bei den blühenden aber bilden diese Blätter eine Rosette und sind dann gegen 3 cm lang, bei einer Breite von 2 mm. Ein gut ausge- bildeter Stengel hatte Wurzelblätter und Stengelblätter. Letztere waren 2 cm lang und 2 mm breit. do. No. 4232. Gnaphalium Popocatepecianum Schultz. Bip. ist noch unbeschrieben und @n- inornatum DC. VI. p. 225, No. 20, sehr ähnlich und, wie ich glaube, nur eine Varietät dieser Art. 4. Jaegeria discoidea Klatt, n. sp. Caule valde opposito, ascendente, ramoso; ramıs sparse pilosis, polycephalis; foliis ovatis, sessilibus, acutis, trinerviis, ciliatıs, supra sparse, subtus secus nervos puberulis; capitulis breve pedicellatis ad apices ramorum 3—5, foliis circumdatis, discoideis; involueri.campanulati squamis 6, ovatıs, basi peetinato-cihatis; Horıbus bası valde pilosis; achaenüs calvis. Hab.: State of Mexico, Sierra de la Cruces, leg. C. G. Pringle d. 1. October 1892. Unter No. 4279 als Jaegeria herta Less. herausgegeben. Ähnlich ist diese Art nicht J. hirta, sondern J. mmioides HBK., aber der Stengel ist nicht einfach, sondern von der Wurzel an ästig, auch ist er nicht ein- bis zweiköpfig, sondern vielköpfig. Die unteren > [0 o° 2 C. @. Pringle in Mexiko gesammelten Compositen. 127 Blätter sind 1" cm. lang, 6 mm breit. Der Stengel bei den größeren Exemplaren 5 cm hoch und die Äste fast auch 5 cm lang. Der Kopf hat 3 mm Durchmesser. 5. Verbesina heterophylla Klatt, n. sp. Caule herbaceo, angulato, alato, striato, dense puberulo, basi lienoso, ramoso; ramıis trichotomis vel tripedunculatis, pedunculis bifoliatis, monocephalis ; foliis oppositis, inferioribus sagittato-triangulatis, erodis, basi cuneatis, decurrentibus, vel trilobatis, superioribus elliptieis, utrinque viridibus trinerviüis, margine dentatis, supra scabris, subtus secus nervos cinna- momeo-tomentosis; involucri squamis biseriatis foliaceis, dense hirtis, exterioribus late ovatis vel trilobatis, recurvatis; inferioribus erectis, lanceolatis, margine cihiatis; ligulis eirciter 10, apice dentatis; achaeniis compressis, late alatis, biaristulatis. Hab.: State of Michoacan, rich canyons, mountains near Patzcuaro, leg. C. G. Pringle, d. 20. Dezember 1891. Unter No. 3983 als Verbesina platyptera Klatt? herausgegeben. Die verschiedenartigen Blätter unterscheiden diese Art von Verbesina platyptera, die nur gleichmäßige Blätter hat. Die Pflanze soll 1,45 bis 2,90 m hoch werden, also eine stattliche Erscheinung sein, besonders da auch die Blüthenköpfe recht groß sind und fast 3 cm Durchmesser haben. Die äußeren Kelchblätter sind 1"2 cm lang und Smm breit; die inneren 1'z cm lang und 1—2 mm breit. Die Randblüthen sind 4 mm breit, sehr gestreift und haben zwei große und einen kleinen Zahn. Die Scheibenblüthen sind eylinderförmig, unten mit einer kurzen Röhre, die sich ganz unten erweitert. Sie sind außen dicht behaart und besitzen oben 5 kleine, dreieckige Lappen, die gewimpert sind. Die unteren Blätter haben einen Keil von fast 10 cm Länge, der all- mählig immer schmäler, aber kein Blattstiel wird. Bei den oberen Blättern mißt dieser Keil höchstens 2 cm. Die unteren Blätter sind 13 cm lang und 7—11 cm breit, die oberen aber 5 cm lang und 2 cm breit. 6b. Schistocarpha paniculata Klatt, n. sp. Ramis angulatis, striatis, purpureis, hirsutis, ramulosis; ramulae vel pedunculae axillarıbus, apice foliosae, corymboso-paniculatae; foliis oppositis, ovatis, basi cuneatis, integris, margine cartilagineo-dentatis, trinervis, supra scabriuseulis, subtus et praecipue in nervis puberulis, breve petiolatis; petiolis basidilatatis, connatis, exauriculatis; capitulis pedicellatis ad apices pedunculorum in corymbum dispositis, radiatis; involucri hemisphaerici squamis triseriatis, ovato-lanceolatis, striatis, hirsutis; bracteolis foliaceis, lanceolatis; receptaculi paleis lanceolatis, cuspidatis, bası laceratis; pappi paleis circiter 20-setaceis, caducis, flores disci paulo brevioribus; achaenüs nigris, glabris. 3 Dr. F. W. Klatt. Berichtigungen u. s. w. ns 2 [0 0] Hab.: State of San Luis Potosi, ledges, Tamasopo Canyon, leg. ©. G. Pringle, d. 5. August 1890. Als Schistocarpha bicolor Less. var.? unter No. 3196 herausgegeben. Durch den Reichthum an Blüthenköpfen, die in ihrer Gesammtheit eine große Rispe bilden, unterscheidet sich diese Art von allen mir bekannten Species der Gattung Schistocarpha. Die gestielten, 1 cm breiten Köpfe haben ungefähr 30 Strahlenblüthen, die unten eine ziemlich lange und behaarte Röhre besitzen, oben aber dreizähnig, Ss mm lang und 2 mm breit sind. Von den Scheibenblüthen finden sich ungefähr 70 in einem Kopfe. Die größten Blätter sind 10 cm lang und 6 cm breit. Ihr Blattstiel ist mit dem Kiel 2—3 cm lang. Die innern Involucral- schuppen sind 5 mm lang und über 1 mm breit; die unterste Reihe hat kürzere Schuppen, aber alle sind sehr gestreift. Die Spreuschuppen sind goldgelb und die Pappusstrahlen weiß. 7. Die wirkliche Cacalia cordifolia HBK; nov. gen. am. IV, tab. 360 (Senecio ovalifolia Schultz Bip. in litt., Pericalia cordifolia Cass., ‚Senecio cardiophyllus Hemsl. in Biol. cent. Amer. II, p. 237) hat weniger gelappte und nicht gezähnelte Blätter, wie wir solche bei der vorliegenden Pflanze sehen, daher ist der Name umzuändern in Senecio angulifolia DC., Prodr. VI, p. 431, No. 547. Hab.: State of Michoacan, Hills of Patzcuaro, leg. C. G. Pringle d. 11. November 1890. No. 3332. 8. No. 4204 (coll. 1892). sSenecio deformis Klatt stimmt mit dem Original. 9. No. 4246 (coll. 1892). Senecto Helleri Klatt unterscheidet sich nicht von 8. procumbens HBK. nov. gen. am. 4, p. 177. 10. No. 4311 (coll. 1892). Senecio sinuatus HBK. ist Sl neolatus DC. Brodr VLp- 427. 11. No. 4329 (coll. 1892). Senecio Jaliscana Watson ist S. koldana DC. Prodr. VI, p. 431 = 8. Schumannianns Schauer. 12. Cnicus acantholepis Hemsl.? leg. ©. G. Pringle in the State of Mexico, calcareous bluffs, Flor de Maria, d. 31. August 1890, No. 3237 ist Onicus orizabaensis Klatt, in Leopoldina 1888, pag. 128. 15. No. 4341 (coll. 1892). Spelanthes Botteri Watson ist Speilanthes leucophaea Hort. Berol.? (Schultz Bip.) Klatt, ın Leopoldina XXIU, 1887, pag. 144. Mittheilungen aus dem naturhistorischen Museum. Ostafrikanische Fische gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann Inlahre 1588. und 1889. Von Dr. Georg Pfejjer. Mit drei Tafeln. Die nachfolgende Arbeit bietet die Ausführung der bereits im Jahre 1889 gebrachten Übersicht über die von Herın Dr. Stuhlmann gesammelten Fische (s. Pfeffer, Jahrb. Hamb. Wissensch. Anst. VD). Die Hauptwerke über ostafrikanische Ichthyologie sind im den Litteratur-Nachweisen stark abgekürzt wiedergegeben. Es folgen hier die ausführlichen Titel: Bianconi, J. J. Specimina zoologica Mossambicana. Bononiae 1850—67. 48 tabb. Bleeker, P. Atlas Ichthyologique des Indes Orientales Neer- landaises. Amsterdam 1862—78. 9 vols, 432 planches. Bloch, M. E. Naturgeschichte der in- und ausländischen Fische. 12 Teile, Berlin 1782—95, mit 432 Tafeln. Cuvier et Valenciennes. Histoire naturelle des poissons. 22 vols. Paris 1829—49. 650 planches. Day, F. The Fishes of India. London 1875 —77. 198 planches. Supplement, London 1888. (Abgekürzt: „Day“). Day, F. The Fauna of British India. Fishes, 2 vols. London 1889. (Abgekürzt: „Day, Fauna“). Günther, A. Catalogue of the Fishes in the British Museum. 8 vols. London 1859 —70. Günther, A. Die Fische der Südsee. 7 Hefte. Hamburg 1875—81. 138 Tafeln. (Journal des Museums Godeffroy). Günther, A. The Fishes of the Nile, in: Petherick, Travels in Central-Africa. 2 vols. London 1869. Klunzinger, ©. Synopsis der Fische des Rothen Meeres. Wien 1870—71. (Verhandl. zool.-bot. Gesellschaft, Wien). (Ab- gekürzt: „Klunzinger, Syn.“). Klunzinger, ©. Die Fische des Rothen Meeres. 1. Theil. Acan- thopteri veri. Stuttgart 1884. Mit 13 Tafeln. (Abgekürzt: „Klunzinger, Roth. Meer“). Müller u. Henle. Systematische Beschreibung der Plagiostomen. Berlin 1841. 60 Tafeln. 3 er 132 Dr. Georg Pfeffer. Peters, W. Übersicht der Seefische von Mossambique. Archiv für Naturgeschichte 1855, p. 234—282. (Abgekürzt: „Peters, Arch. 1855*). Peters, W. Naturwissenschaftliche Reise in Mossambique. Flußfische. Berlin 1868. 20 Tafeln. Pfeffer, G. Übersicht der von Herrn Dr. Franz Stuhlmann in Ägypten, auf Sansibar und dem gegenüberliegenden Festlande gesammelten Reptilien, Amphibien, Fische, Mollusken und Krebse. Jahrb. Hamb. Wissensch. Anst. VI. (1589). (Abgekürzt: „Pfeffer, Stuhlmann“). Playfair und Günther. The Fishes of Zanzibar. London 1867. 21 planches. Quoy et Gaymard. Zoologie du Voyage de decouverte de l’Astrolabe. 4 vols, 192 planches. Paris 1830—33. Richardson, J. Fishes m: Voyage ofthe Samarang. London 1850. Rüppell, E. Zoologischer Atlas zur Reise im nördl. Afrika. 5 Abth. Frankfurt 1826—31. 119 Tafeln. (Abgekürzt: „Rüppell Atl.*). Rüppell, E. Neue Wirbeltiere der Fauna von Abyssinien. Frankfurt 18355—40. 95 Tafeln. (Abgekürzt: „Rüppell N.W.“). Sauvage, H. Histoire naturelle des poissons; in: Grandidier, Histoire phys. nat. et pol. de Madagascar. Paris 1891. Stegostoma tigrinum Gmelin. Günther, Catalogue VII, p. 409. S. fasciatum Bloch, tab. 113 (Squalus).. — Müller & Henle, Plagiost. p- 25, tab. 17. — Playfair-Günther, p. 140. — Klunzinger Syn. p. 672. S. heptagonum Rüppell, N. W. Fische, p. 61, Taf. 17, Fig. 1. 248. Sansibar; 6. VI. 1888. Ein Stück. 502. a5 1. XI. 1888. 5 Taeniura Iymna Forskal. Rüppell, Atl. Fische, p. 51, Taf. 13, Fig. 1;. N. W. Fische, p. 69, Taf. 19, Fig. 4. — Müller & Henle, Plagiost. p. 171. — Peters Arch. Nat. 1855, p: 279. — Playfair-Günther, p. 143. — Günther, Cat. VIII, p. 483. — Klunzinger, Syn. p. 681. ; 1119. Baui; 27. VI. 1889; „njenga“. eben geboren, ein Stück. 4 Ostafrikanische Fische. 133 Protopterus anguilliformis Oiwen. Peters, Möss., p: 3, Taf. I, Fig 1. Viele Nummern mit einer großen Anzahl von Stücken, ebenso einzelne Organe präpariert, sämtlich von Quilimane. Serranus boelang Cuvier et Valenciennes. Cuvier et Valenciennes II, p. 308, VI, p. 514. — Day, p. 26, pl. 7, f. 2. — Playfair-Günther, p. %. — Day, Fauna I, p. 458. 998. April 1889; Sansibar, Markt; „kifikudi“. Ein Stück. 1651. Tumbatu; 10. IX. 1889. Zwei kleine Stücke. Serranus Hoevenii lecker. Bleeker, Atl. VII, p. 35, 63; Pere. tab. 4, f.1; tab. 8, f. 3; tab. 12, f. 4. — Günther, Cat. I, p. 138. — Day, Fauna p. 449. S. tumilabris Cuv. Val. — Day, p. 16, pl. 3, f. 3. 1541. Tumbatu; 28. VIII. 1889. Ein kleines Stück. Serranus areolatus Forskal. Klunzinger, Roth. Meer, p. 3, Taf. 1, Fig. 1. S. angularis Cuvier et Valeneiennes. Day, p. 22, pl. 5, f. 1. — Bleeker, Pere. I; p. 48, tab. 11, f. 3. — Day, Fauna I, p. 454. — Sauvage, Madae. p. 74. 1001. April 1889; Sansibar, Markt; „tscheoa*. Ein Stück. Serranus Howlandii Günther var. Günther, Südsee, p. 8, pl. 9, fig. B. Das vorliegende kleine Stück entspricht keiner der bisher be- schriebenen Arten genau, schließt sich aber am meisten an 5. Howlandıı an. Von dem typischen Stück Günthers, ebenso wie von den Stücken derselben Art im Hamburger Museum weicht es durch die größeren Flecken ab; es stehen auf den Körperseiten je vier bis fünf Längsreihen von Flecken, deren jeder etwa augengroß ist. Auch die Unterseite des Leibes ist gefleckt. Auf der Ober- und Unterseite des Kopfes und auf den Flossen stehen kleinere Flecken, die kleinsten auf der Brustflosse mit Ausnahme eines augengroßen basalen und des folgenden fast ebenso großen Fleckes. Das Stück zeigt, ebenso wie die Art überhaupt, Anklänge an S. fuscoguttatus, dispar und maecrospilus. 751. Changu-Riff; Dezember 1888. Ein kleines Stück. Dules argenteus Bennet. Günther, Cat. I, p. 267; Südsee, p. %5, Taf. 19, Fig. C. 1162. Sansibar, Baui; 12. VII. 1888. Zwölf kleine Stücke. Dules rupestris ZLacepede. Günther, Cat. I, p. 268. — Sauvage Madag., p. 150, t. 41a, Fe: Die Stücke stimmen aufs genaueste mit solchen von Viti. Das Vorkommen auf dem Festlande von Afrika scheint durch die vorliegenden - oO 134 Dr. Georg Pfeffer. Stücke zuerst nachgewiesen. Das eine Stück hat einen weißlichen Fleck an den Spitzen der ersten Dorsal-Strahlen, ebenso je einen an den Spitzen der Schwanzflosse. Ohne No. Bach Jetenge, n. ö. von Kokotoni; Süßwasser 9. IX. 1889. Zwei Stücke. Pristipoma stridens Forskal. Rüppell, N. W. Fische, p. 122, Taf. 31, Fig. 1. — Günther, Cat. ], p- 300. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 27. 64. Suez, Ebbezone; 28. III. 1888. Ein Stück. Diagramma pictum T’hunberg. Günther, Cat. I, p. 327. — Day, p. 81, t. 21, f. 3. — Bleeker, Atl. Pere. I, p. 24, t. 55, f. 2. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 30. Ich habe die Litteratur nur für die junge gebänderte Form aufgeführt, da nur ein derartiges Stück vorliegt. 674. Changu-Riff, Sansibar; 6. XII. 1888. Ein Stück. Scolopsis bimaculatus Kiippell. Rüppell, Atl. Fische, p. 8, Taf. 2, Fig. 2. — Perters Arch. Nat. 1855, p. 242. — Playfair-Günther, p. 30. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 33. S. personatus Bleeker, Atl. Perc. II, p. 9, t. 63, f. 4. 1002. Sansibar, Markt; April 1889; „tschangoschole“. Der einheimische Name ist nicht ganz sicher, da der Fisch mit Lethrinus mahsenoides zusammen gebunden war. Scolopsis ghanam Forskal. Günther, Cat. I, p. 362. — Playfair-Günther, p. 30. — Day, p. 86, t. 22, f. 4; Fauna I, p. 522. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 34. 1004. Sansibar, Markt; April 1889; „micalimu ua tschangu tschole“. Ein Stück. Synagris celebicus Dleeker. Bleeker, Atl. Pere. II, p. 88, t. 54, f.2. (Dentex). — Günther, Cat. I, p. 377. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 36. 199. Sansibar, 23. V. 1888. Ein Stück. 1000. Sansibar, Markt; April 1889; „koäna“; rosa; ein Stück. 1091. Baui; 2. VII. 1889. Ein Stück. Caesio striatus Aiippell. Rüppell, Atl. Fische, p. 131, t. 34, f£. 1. — Günther, Cat. I, p. 392. — Playfair-Günther, p. 32. C. eoerulaureus Lac&pede var. striatus Klunzinger, Roth. Meer, p. 46. 934. Sansibar. 30. V. 1888. Ein Stück. Apogon fasciatus White. Günther, Cat. I, p. 241. — Bleeker, Atl. Perc. I, p. 87, t. 48, f.4. — Playfair-Günther, p. 20. — Günther, Südsee, p. 19, Taf. 20, Fig. A. B. — Day, p. 60; Fauna 1, p. 494. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 20. A. endecataenia Day, p. 59, pl. 16, £. 7. 6 Ostafrikanische Fische. 135 Nimmt man die vier Längsstreifen, wie sie die Abbildungen ergeben, als typisch an, so haben die Stücke 588 und 673 zwischen dem zweiten und dritten noch einen wohl ausgeprägten, und unterhalb des vierten ebenfalls noch einen schwach ausgeprägten Längsstreifen. Der Schwanzfleck und die drei Längsstreifen auf der Schwanzflosse sind bei beiden Stücken vorhanden. Das Stück 1163 zeigt die typischen Längsbänder mit einer Andeutung unterhalb des vierten und keinen Schwanzfleck. 588. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888. „Olivenbraune Streifen, Flossen fleischrot.“ 673. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. 1163. Baui; 2. VII. 1888. Apogon (Apogonichthys) auritus Cuvzer et Valenciennes. Cuvier et Valenciennes, II, p. 443. — Day, p. 63, pl. 17, f. 2; Fauna TI, p. 499. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 19. — Sauvage Madag., p. 141. A. punctulatus, Rüppell, N. W. Fische, p. 88, t. 22, f. 4. A. polystigma, Bleeker, Atl. Pere. I, p. 101, t. 44, f. 4. 1556. 1557. Tumbatu; 28. VIII. 1889. Ein Stück. Apogon (Archania) sansibaricus nov. spec. (Taf. 3, Fig. 5.) D. 6+ 1/10. A. 2/15—16. L.1.25. I. t. 2.1.5. Die Höhe des Leibes ist ebenso groß oder etwas größer als der Kopf (bis an das Ende des Kiemendeckel-Lappens gemessen), und ist 33 bis 3'& mal in der Länge des Tieres (mit Schwanzflosse) ent- halten. Auge von doppelter Länge der Schnauze und 2% mal in der Länge des Kopfes enthalten. Das Praeorbitale und sämtliche Deckel- stücke sind ungezähnelt, nur der Zwischendeckel hat nahe dem Rande eine gezähnelte Leiste. Der Oberkiefer reicht nur bis unter die Mitte oder etwas weiter als die Mitte des Auges. Die geschlossene Mundspalte bildet mit der Horizontalen einen halben rechten Winkel. Das Körperprofil senkt sich zwischen den beiden Rückenflossen und andrerseits zwischen der Bauch- und Afterflosse kräftig ein; die oberen Augenränder reichen nicht über das Kopfprofil hinaus. Die Seitenlinie besteht aus einfachen Röhren auf 25 Schuppen; die Linea transversa ist 2. 1. 5. bis zum After. Die erste Rückenflosse hat 6 Stacheln; der erste ist noch nicht von halber Länge des zweiten, dieser ebenso lang wie der vierte; der dritte ist am längsten, der letzte kürzer als der erste. Die zweite Rückenflosse hat eimen Stachel und 10 Strahlen; der Stachel mißt etwas mehr als die halbe Länge des ersten Strahles; die Strahlen sind alle nur einfach gespalten. Der längste Strahl ist gleich der Länge vom vorderen Augenrand bis zum Ende des Kiemen- deckel-Lappens. Die Afterflosse zeigt einen kleinen und einen größeren Stachel und 15—16 Strahlen. Die Schwanzflosse ist schwach aus- nm ‘ 136 Dr. Georg Pfeffer. geschweift. Die Bauchflossen reichen fast oder völlig bis an den Anfang der Afterflosse, die Brustflossen etwa bis unter den Ursprung des 7. Strahles der Afterflosse. Farblos; am Schwanzstiel eben vor jeginn der Schwanzflosse ein runder schwärzlicher Fleck. 223. Sansibar; 30. V. 1888. Ein Stück. Außerdem besitzt das Hamburger Museum (No. 3487) ein Stück der Art gleichfalls von Sansibar. Chaetodon trifasciatus Mungo Park. Playfair-Günther, p. 34. — Bleeker, Atl. IX, p. 35, Chaetod., t. 15, f.1. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 55. — Day Fauna II, p. 7. — Sauvage Madag., p- 254. Ch. vittatus Bloch Schneider. Günther, Cat. II, p. 23. — Day, p. 107, 747, pl#27,.2°5:- Suppl. p. 786. 647. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Zwei Stücke. 676. y 3 6. XII. 1888. Drei Stücke. 1455. Kokotoni; 21. VIII. 1889. Ein Stück. Chaetodon melanotus Dloch Schneider. Bleeker, Atl. IX, p. 43, Chaet. t. 14, f. 1. — Day, p. 108, pl. 28, f£.1; Fauna II, p. 9. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 56. Ch. dorsalis Reinwardt; Rüppell, Atl. p. 41, t. 9, f. 2. — Günther- Playfair, p. 34. 590. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888. Vier kleine Stücke. „Eisengrau, gelb gerandet, schwarzer Streif und Schwanzfleck.“ 647. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Vier Stücke. 1337. Sansibar; Juni 1889. Zwei Stücke. Chaetodon lunula Cuvier et Valenciennes. Cuvier et Valenciennes VI, p. 59, pl. 173. — Günther, Cat. II, p. 25. — Bleeker, Atl. Chaet., t. 12, f. 2. — Günther, Südsee, p. 42, t. 33, f. A, B, C, D. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 56. 1421. Kokotoni, 17. VIII. 1889. Ein Stück. Chaetodon zanzibaricus Playfair. Playfair-Günther, p. 33, t. 6, £. 1. 317. Sansibar, 6. VIl. 1888. Zwei Stücke. 995. Baui; IV. 1889. Ein ganz junges Stück. Heniochus macrolepidotus ZLinne. Peters, Arch. Nat. 1855, p. 246. — Günther, Cat. I, p. 25. — Bleeker, Atl. IX, p. 29, Chaet., t. 5, f. 1. — Günther, Südsee, p. 48, t. 37. — Day, p. 110, t. 28, f. 3; Fauna, p. 12, f. 3. — Klunzinger, Roth. Meer, P-08, 1.8, 1.3. (juy.). 246. Sansibar; 6. VI. 1888. Zwei Stücke. Ohne No. Ein Stück. Holacanthus semicirculatus Cuvier et Valenciennes. Cuvier et Valeneiennes, VII, p. 191, t. 183. — Peters, Arch. Nat. 1855, p- 246. — Günther, Cat. II, p. 53. — Bleeker, Atl. IX, p. 69, t. 370, f. 5. — Day, p. 112, t. 28, f. 6. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 61. 8 Ostafrikanische Fische. 637 Das vorliegende Stück zeigt die ganz typische Zeichnung des H. semiecirculatus, und zwar die hellen Streifen auf einem ziemlich dunklen Grunde; bei genauerer Betrachtung zeigt sich die Grundfarbe als ein ziemlich helles Braun, auf dem regelmäßige Quer-Reihen schwarzbrauner Flecke stehen. Dasselbe finde ich mehr oder weniger deutlich bei der großen Zahl mir vorliegender Stücke dieser Art aus den verschiedensten Teilen des Indischen und Stillen Ozeanes, sodaß es wohl die Regel sein dürfte, wenngleich es einigermaßen befremdet, daß die Litteratur darüber nichts angiebt. Das Verhältnis ist darum wichtig, weil es die Zugehörigkeit von H. alternans zur vorliegenden Art beweist. 1469. Kokotoni; 17. VIII. 1889. Ein Stück. Holacanthus semicirculatus var. alternans Cuvier et Valenciennes spec. Cuvier et Valenciennes, VII, p. 193. — Günther, Cat. II, p. 53. — Sauvage, Madag., p. 269. Die hellen Streifen des typischen Holacanthus semicireulatus werden bei der var. alternans ganz matt; bei dem einen Stück sind sie auf der Mitte des Leibes völlig verschwunden, dadurch tritt die folgende (schon bei der Stammart erwähnte) Zeichnung in den Vorder- grund; auf den Körperseiten stehen überall mit Ausnahme des Kopfes, der Brust und des Bauches dunkel braunschwarze runde Flecke auf sraulich lederfarbigem Grunde. Die Spuren der bei der Stammart auf den Vertikalflossen verlaufenden Streifen sind etwas schwächer seworden und in Flecken aufgelöst. Die beiden vorliegenden Stücke stimmen völlig mit einem vom typischen Fundorte Madagaskar her- stammenden Stück des Museums. — Die Abbleichung der Farben ist bei den beiden Stücken von Kokotoni eine verschieden starke, 1418. 1420. Kokotoni; 17. VIII. 1889. Zwei Stücke. Parupeneus barberinus Lacepede. Günther, Cat. I, p. 405. — Playfair-Günther, p. 40. — Günther, Südsee, p. 57, t. 42. — Day, p. 124; Fauna, p. 20. — Klunzinger, Roth. Meer, p- 92. 589. Sansibar, Riff; 28. X. 1888. Ein Stück. Parupeneus macronema Lacepede. Günther, Cat. I, p. 405. — Bleeker, Atl. IX, t. 391. — Playfair-Günther, px 405 — Days p: 128, pl. 37, £7 1; Fame’ I, 22.239, ne. 12, — Klunzinger, Roth. Meer, p. 5l. — Sauvage, Madag., p. 224. 232. Sansibar; 30. V. 1888. Ein Stück. Lethrinus nebulosus Forskal. Klunzinger, Roth. Meer, p. 40, t. VI, f. 1. (Lethrinus opereularis, Bleeker, Atl. Pere. II, p. 122, 119; t. 57, f. 5.) 9 138 Dr. Georg Pfeffer. Da das Stück durch Aufbewahrung in Chromsäure die Farbe völlig verloren hat, so kann nicht gesagt werden, ob es zur typischen Art oder zu var. chumchum Klunzinger zu rechnen ist. 200. Sansibar; 23. V. 1888. Ein Stück. Lethrinus acutus Alunzinger. Klunzinger, Roth. Meer, p. 39, t. VII, f. 1. 997. Sansibar, Markt; April 1889. „Sumru.“ Ein Stück. Lethrinus mahsenoides Cuvier et Valenciennes. Cuvier et Valenciennes VI, p. 286. — Peters, Arch. Nat. 1855, p. 243. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 39, t. 6, f. 2. — Sauvage, Madag., p. 206, pl. 25, f. 3, 3a. 1002. Sansibar, Markt; April 1889; „tschangoschole.*“ Ein Stück. Sparus (Pagrus) spinifer Forskal. Bleeker, Atl. Pere. II, p. 109, t. 35, f. 3. — Günther, Cat. I, p. 472. — Playfair-Günther, p. 45. — Day, p. 138, pl. 33, f. 5; Fauna II, p. 42, f. 16. 1008. Sansibar, Markt; April 1889; „tomba-tomba“. Ein Stück. Scorpaena sansibarensis Playfar. Playfair-Günther, p. 47, pl. 8, f. 2. 597. Sansibar, Insel Changu; 1. XII. 1888. Vier Stücke. 642. a n > Ein Stück. 1125. er Strand; 13. VI. 1888. Ein Stück. 1337. R Juni 1889. Vier Stücke. Pterois (Dendrochirus) brachypterus Curver et Valenciennes. Günther, Cat. II, p. 126. — Playfair-Günther, p. 48. — Bleeker, Atl. IX, t. 415, (Scorp. 5), f. 3. — Günther, Südsee, p. 82. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 73. 1025. Sansibar, Strand; 13. VI. 1889. Ein Stück. 1337. „ ; Jun 1889. Drei Stücke. Pterois volitans Zinne. Günther, Cat. II, p. 22. — Playfair-Günther, p. 48. — Bleeker, Atl. IX, t. 412, (Scorp. 2), f. 3. — Günther, Südsee, p. 8l. — Day, p. 154, t. 37, ££ 1; Fauna II, p. 62. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 73, t. 5, f. 5 (juv.) Ohne No. Ein Stück. Synanceia verrucosa Bloch Schneider. Günther, Cat. II, p. 146. — Playfair-Günther, p. 49. — Bleeker, Atl. IX, t. 417, (Scorp. 7), £. 5. — Day, p. 162, t. 39, f. 1; Fauna H, p. 76, fig. 34. Klunzinger, Roth. Meer, p. 74. — Sauvage, Madag., p. 302. 1170. Baui; 2. VII. 1889. Ein Stück. Micropus unipinna Gray. Günther Südsee I, p. 86. Die Stücke stimmen überein mit den vom Museum Godeffroy überkommenen, welche vermutlich sämtlich Günther vorgelesen haben, sodaß an der Art-Zugehörigkeit nicht zu zweifeln ist. Es mag zu 10 Ostafrikanische Fische. 139 der bisherigen Beschreibung noch nachgetragen werden, daß die After- flosse zwei getrennte, kurze, vor der eigentlichen Flosse stehende Stacheln besitzt; ferner, daß der weiche Teil der Rückenflosse höher ist, als der stachlige; schließlich, daß sich oben auf dem Kopfe ein aus zwei parallelen Stachelreihen mit dazwischen liegender Furche gebildeter Kamm vorfindet. 185. Sansibar, Insel Baui; 20. V. 1888. Ein Stück. 99. 2 Fr „ April 1889. Zwei Stücke. Teuthis sigan Forskal. | Rüppell, Atl., p. 44, t. 11, f. 1. — Günther, Cat. III, p. 323. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 75. — Sauvage, Madag., p. 287. T. nebulosus Quoy et Gaimard, Günther, Cat. III, p. 321. — Günther- Playfair, p. 51, pl. 10, f. 3. 63. Suez, Ebbezone; 28. III. 1888. Drei junge Stücke. 1125. Baui, Riff; 29. VI. 1889; „tschafi; eisengrau, Bauch etwas heller“. Teuthis stellata Forskal. Günther, Cat. II, p. 320. — Playfair-Günther, p. 50. — Day, p. 168. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 76. Amphacanthus stellatus, Rüppell, Atl., p. 46, t. 11, f. 2. 643. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Ein kleines Stück. 1005. s Markt; April 1889; „tschafi.“ 1026. 5 Strand; 13. VI. 1889. Zwei kleine Stücke. Ohne No. Ein Stück. Myripristis murdjan Forskal. Rüppell, Atl., p. 86, t. 23, fe 2. — Günther, Cat. I, p. 21. — Bleeker, Atl. IX, t. 360, f. 3. — Playfair-Günther, p. 5l. — Günther, Südsee, p. 92, t. 61. — Day, p. 170, t. 41, f. 2; Fauna II, p. 94. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 77, t. 3, f. 8 (juv.) — Sauvage, Madag., p. 20, pl. 2, f. 4. 1009. Sansibar, Markt; „mbo&@; rosa“. Ein Stück. Holocentrum spee. Zwei kleine schlechte Stücke, die zu keiner beschriebenen Art passen, zur Aufstellung einer neuen Art aber nicht genügen. 1678. Tumbatu, SW-Riff; 11. IX. 1889. „Silberglänzend, Rücken earmoisin, auf der Rückenflosse ein dunkler Fleck“. Holocentrum diadema Lacepede. Rüppell, Atl., p. 84, t. 22, f. 2. — Peters, Arch. Nat. 1855, p. 239. — Günther, Cat. I, p. 42. — Playfair-Günther, p. 52. — Bleeker, Atl. IX, t. 356, f. 1. — Günther, Südsee, p. 97. -—- Day, p. 171; Fauna II, p. 9. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 79. — Sauvage, Madag., p. 33, t. 2, f.5. 1684. Tumbatu, SW-Riff; 11. IX. 1889. „Silberne und karmoisinrote Streifen abwechselnd“. Ein Stück. Otolithus argenteus Ouvier et Valenciennes. Cuvier et Valenciennes V, p. 62. — Peters, Arch. Nat. 1855, p. 242. — Günther, Cat. II, p. 310. — Day, p. 197, t. 45, f. 3; Fauna II, p. 129. 1823. Kingani; Februar 1890. Zwei Stücke. 11 140 Dr. Georg Pfeffer. Acanthurus (Rombotides) gahm Forskal. Günther, Cat. III, p. 338; Südsee, p. 113, t. 74. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 83, 84. — Sauvage, Madag., p. 338. 202. Sansibar; 23. V. 1888. Ein Stück. 245. 5 8. VI. 1888. ” 247. is 6. VI. 1888. a Ohne No. Sansibar; e n Zwei Stücke. Naseus annulatus Quoy et Gaimard. Günther, Cat. III, p. 352; Südsee, p. 122, t. 83. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 87. 1007. Sansibar, Markt; April 1889; „pudju“. Ein Stück. Garanx (Selar) macrophthalmus Füppell. tüppell, Atl., p. 97, t. 25, f. 4. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 97. C. erumenophthalmus Bloch. Günther, Cat. II, p. 429; Südsee, p. 131. — Day, p. 217, t. 49, f. 1.; Fauna, p. 156. — Sauvage, Madag., p. 327. 999. Sansibar, Fischmarkt; April 1889; „kibue“. Zwei Stücke. Platax teira Forskat, Peters, Arch. Nat. 1855, p. 247. — Günther, Cat. II, p. 294. — Bleeker, At]. Chaetod., p. 73, t. 17, f. 2; t. 20, f. 1. — Günther, Südsee, p. 141. —. Day, p. 235, t. 51 B, f. 4; Fauna, p. 182, f. 163. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 119. — Sauvage, Madag., p. 280. 1337. Sansibar; Juni 1889. Ein Stück. Zanclus cornutus Zinne. Peters, Arch. Nat. 1855, p. 246. — Günther, Cat. II, p. 493; Südsee, p. 142, t. 92, f. A, B. — Day, p. 111, t. 28, f. 4; Fauna II, p. 13, f. 4. 1519. Tumbatu; 25. VIII. 1889. Ein Stück. Gazza argentaria Forster. Günther, Cat. II, p. 506; Südsee, p. 144, t. 91, f. B. — Klunzinger, toth. Meer, p. 108. Ohne No. Ein Stück. Echeneis naucrates Zinne. Günther, Cat. II, p. 384. — Day, p. 257, t. 57, f.1; Fauna H., p. 214. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 115. — Sauvage, Madag., p. 321. 1013. Sansibar, Markt; April 1889; „tschan“. Ein Stück. Platycephalus longiceps Cuvier et Valenciennes. Günther, Cat. II, p. 184; Südsee, p. 166, t. 107, f. A, B. — Klunzinger, Roth. Meer, p. 127. P. tentaculatus Rüppell, N. W. Fische, p. 104, t. 26,.f. 2. 681. Sansibar, Changu-Riff; 6. XII. 1888. Ein Stück. 1011. n Markt; April 1889; „gara-gara mschanga“. Ein Stück. ı NO Dactylopterus orientalis Cuwier et Valenciennes. Peters, Arch. Nat. 1855, p. 291. — Günther, Cat. II, p. 222. — Day, p. 279, t. 60, f. 6; Suppl. p. 792; Fauna II, p. 243, f. 87. 1003. Sansibar, Markt; April 1889; „pansi baheri“. Zwei Stücke. 12 Östafrikanische Fische. 141 Gobius caninus Cuvier et Valeneiennes. Günther, Cat. III, p. 38. — Playfair-Günther, p. 71, t. 9, £. 1. (var. africana). — Günther, Südsee, p. 175, t. 109, f. C. 213. Sansibar, Ufer; 30. V. 1888. Ein Stück. 741. = Strand; 14. XII. 1888. Viele Stücke; die typische Form. 1448. Kokotoni, Strand; 20. VIII. 1889. Viele junge Stücke. Gobius giuris Hamilton et. Buchanan. Günther, Cat. II, p. 21. — Day, p. 294, t. 66, f. 1; Fauna, p. 266. — Sauvage Madag., p. 363, t. 37, f. 3, 3a. G. platycephalus Peters, Moss., p. 20, t. 3, f. 2. 1791. Pangani, Fluß bei Manja; 6. XI. 1889. Ein Stück. Ohne No. Bach Jetenge n. ö. Kokotoni, Süßwasser; 9, XII. 1889. Zwei Stücke. Gobius albomaculatus Zrüppell. Günther, Cat. III, p. 69. — Günther-Playfair, p. 71. — Klunzinger, Syn., p- 477. 630. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Hin Stück. Salarigobius nov. gen. Gobiinorum. Die Bauchflossen stoßen mit ihrer inneren hinteren Ecke dicht an einander, ohne sich jedoch völlig zu berühren. Leib verlängert, zu- sammengedrückt, mit Ausnahme von Kopf, Nacken und Kehle mit kleinen Ctenoid-Schuppen bedeckt. Auge von mäßiger Größe, nach oben und außen gewandt. Kiemen-Öffnung weit; drei Kiemenhaut- Strahlen; ob Pseudobranchien vorhanden, ist an dem einzigen Stück nicht zu sehen. Mundspalte mäßig weit, Kiefer an den Seiten mit einer einzigen Reihe, vorn mit zwei Reihen verschieden großer kegel- förmiger Zähne bewaffnet. Zwei getrennte Rückenflossen, die erste mit fünf Stacheln. Keine Anal-Papille. Die neue Gattung ist von allen bisher bekannt gewordenen Gattungen der Gobiaden mit getrennten Bauchflossen durch eine srößere Anzahl von Merkmalen unterschieden. $. Stuhlmannii nov. spec. (Taf. 3, Fig. 6, 7.) D. 5. 1/12. A. 1/12. Die Höhe des Leibes ist 7 mal, die Länge des Kopfes 4'2 mal in der Gesamtlänge (mit Schwanzflosse) enthalten. Auge von halber Schnauzenlänge, um Ys länger als die Breite des Interorbital-Raumes, etwa 4Va mal in der Länge des Kopfes enthalten. Die Zähne stehen an den Seiten der Kiefer weit von einander getrennt; vorn rücken sie näher an einander und stehen in zwei nicht grade sehr deutlichen Reihen; sie sind hier auch etwas größer, und einige könnte man als Hundszähne bezeichnen. Die Kiemenspalte ist weit; sie reicht nach oben so weit wie die Basis der Brustflosse, nach unten aber um ein gutes Stück weiter. Schuppen klein, etwa 100 Reihen von der Brust- 13 142 Dr. Georg Pfeffer. zur Schwanzflosse; die hinteren bedeutend größer als die vorderen. Kopf, Nacken und Kehle sind nakt. Die erste Rückenflosse besteht aus fünf Stacheln, von denen der 3. und 4. stark verlängert ist; ihre Länge beträgt etwas mehr als die Höhe des Leibes. Zweite Rücken- flosse mit einem Stachel und zwölf Strahlen, deren Länge nicht viel mehr als die halbe Leibeshöhe beträgt. Afterflosse 1/12. An der Schwanzflosse sind die mittleren Strahlen am längsten, sodaß die Flosse etwas ausgezogen erscheint. Das Tier erscheint im ganzen ungefärbt bez. bräunlichweiß, oben auf dem Kopfe etwas dunkler. Auf dem Kiemendeckel finden sich drei silberige, braun emgefaßte Augenflecke, und zwar einer in der Mitte des Vorderrandes, einer in der vorderen und einer in der hinteren oberen Ecke. Die Enden der verlängerten Stacheln der ersten Rückenflosse samt der Zwischenhaut stellen einen tiefschwarzen Flecken dar. Länge des einzigen Stückes 89 mm. | 1501. Kokotoni; 25. VIII. 1889; ‚weiß mit rosa Zeichnung“. Gobiodon rivulatus Füppell. Günther, Cat. III, p. 87; Südsee, p. 180, T. 109, Fig. F, G. — Klunzinger, Syn., p. 481. — Day, p. 794; Fauna, p. 270. 185. 186. Sansibar, Insel Baui; toter Korallenstock; 20. V. 1888. Drei typische Stücke. 1675. Tumbatu; 11. IX. 1889; „braun violetgrau, Flossensaume dunkel.“ Zwei Stücke ohne Streifen. Periophthalmus Koelreuteri Pallas. Günther, Cat. III, p. 97. — Playfair-Günther, p. 73. — Günther, Südsee, p. 185. — Day, p. 303, t. 44, f. 8; Fauna U, p. 280. 300. Kingani, 29. VI. 1888; „massenhaft auf dem Schlamm an der Flutgrenze in Sprüngen von 10--25 cm hüpfend“. Viele Stücke. 396. Bagamoyo, Strand; 15. VIII. 1888. Ein Stück. Ohne No. Quilimane. Zwei Stücke. Eleotris Klunzingerii nov. spec. (Taf. 3, Fig. 8.) 019 Rd, Körperbreite hinter den Brusttlossen gleich zwei Dritteln der Körperhöhe; diese ist gleich der Breite des Kopfes, am Kiemendeckel gemessen und sehr viel größer als dessen Höhe; ferner ist die Körper- höhe gleich der Entfernung von der Schnauzenspitze bis zum Ende des Vordeckels. Länge des Kopfes 4Y2 mal im der des Körpers (mit Schwanzflosse) enthalten. Der Kopf ist breit und von oben ‘platt gedrückt, Ophiocephalus-artig. Der Raum zwischen beiden Augen beträgt fast das Doppelte des Augen-Durchmessers. Die Entfernung vom vorderen Augenrand zur Schnauzenspitze beträgt das 1'%-fache des Augen-Durchmessers; dieselbe Entfernung ist 5 mal in der des Kopfes 14 Östafrikanische Fische. 143 enthalten. Der Oberkiefer reicht bis über die Mitte des Auges hinaus, jedoch nicht bis zum Hinterrande desselben. Die Kiemen-Öffnung reicht weit über die Basis der Brustflosse hinab. Eine Binde sammet- artiger Zähne; vorn (nicht seitlich!) im Ober- und Zwischenkiefer findet sich eine äußere Reihe von sehr kräftigen Zähnen. Die Schuppen auf Kopf, Kiemendeckel, Brust und Bauch sind sehr klein, auf dem Nacken werden sie größer; an den Körperseiten sind sie am größesten, immer aber noch von mäßiger Größe, insofern von der oberen Ecke der Brustflosse bis an den Anfang der Schwanzflosse etwa 72 Schuppen- Reihen zu zählen sind. Die beiden Rückenflossen werden durch zwei Schuppenbreiten getrennt. Farbe dunkelbraun, nach hinten hellbraun; hier jede Schuppe mit einem dunkleren Centrum. Die Vertikal-Flossen braun längs-gebändert, derart daß die Zwischenräume als farblose rundliche Flecke erscheinen. Brusttlossen undeutlich schwach und fein gefleckt-gebändert; Bauchflossen ebenso, aber dunkler. Länge des Stückes 150 mm. 527. Sansibar, August 1888. Ein Stück. Callionymus marmoratus Peters. Peters, in Wiegmanns Archiv 1855, p. 255; M. B. Akad. Berlin. C, perelegans Bianconi, Spec. Zool. Moss., p. 263, Pisc. Tab. 9. Callionymus filamentosus Cuwer et Valenciennes. Cuv. Val. XII, p. 3503, T. 359. — Günther, Cat. UI, p. 147. — Klunzinger, Syn., p. 485. 1027. Sansibar, Strand; 13. VI. 1889. Ein Z. Salarias caudolineatus Günther. Günther, Südsee, p. 209, T. 116, Fig. F. 600. Sansibar; 1. XII. 1888. Ein Stück. Salarias quadricornis Cuwier et Valeneiennes. Cuv. Val. XI, p. 329, pl. 329. — Günther, Cat. II, p.255. — Klunzinger Syn., p. 486. — Day, p. 331, pl. 70, f. 4; Fauna II, p. 316. 1163. Baui; 2. VII. 1889. Zwei Stücke. Salarias cyanostigma Dleeker. Günther, Cat. III, p. 258. — Klunzinger, Syn., p. 490. 1308. Baui; 14. VII. 1889. Ein Stück. Salarias Dussumieri Cuvier et Valeneiennes. Günther, Cat. IH, p. 251. — Playfair-Günther, p. 77, t. IX, f. 6, 7. 1227. Insel Baui; 9. VII. 1889; / Salarias Steindachnerii spec. nov. (Taf. 3, Fig. 3.) D. 12/23. A. 22—%5. Die Höhe des Leibes ist etwa gleich 4 der Kopflänge; die letztere ist 52 (bei jüngeren) bis 6V2 (beim größten) mal in der Leibeslänge (mit Schwanz) enthalten. Das vordere Profil des Kopfes 15 144 Dr. Georg Pfeffer. ist senkrecht. Der Tentabel über dem Auge ziemlich groß, etwa zwei Drittel der Augenhöhe, lanzettlich-blattförmig, mit einigen ziemlich kurzen und dünnen Randfäden. Keme Hundszähne Der Kamm auf dem Kopfe des größten Stückes ist ganz besonders lang und hoch; seine Höhe ist gleich der des Auges; er beginnt vorn über der Mitte des Auges; seine Basis nimmt die ganze Länge des Oberhauptes ein; hinten zieht er sich noch weit über die Basis hinaus rund lappenförmig aus. Die Rückenflosse ist ziemlich tief ausgeschnitten; sie beginnt über der Kiemenspalte und ist durch eine kurze Haut mit der Schwanz- tlosse verbunden. Die vordere Abteilung der Rückenflosse ist höher als die hintere und über doppelt so hoch, als die Afterflosse. Bei den beiden kleinen Stücken sind die längsten Stacheln der ersten Rückenflosse halb so lang wie der Kopf; bei dem großen Männchen dagegen erreichen sie Kopflänge; überhaupt sind bei diesem die Flossen durchgängig viel höher als bei den Weibchen. Der Körper ist glatt, von graulicher Grundfarbe, nach dem Bauche zu ganz hell violettgrau, nach dem Rücken zu hell graugrün werdend. Am Rücken stehen etwa acht Gruppen von je zwei zusammengehörigen dunklen Flecken, welche sich, ziekzackförmig gebrochen, als balkenartige Zeichnungen auch quer über die Seiten des Körpers hin verfolgen lassen. Auch auf dem Kopfe findet sich eine regelmäßige Zeichnung, nämlich drei nicht besonders dunkle, im Leben vielleicht blaue, Vertikalstreifen, von denen der erste, gleich hinter dem Auge befindliche, winklig nach vorn eingebogen, zum Mundwinkel verläuft, während die beiden andern Streifen, anfangs parallel verlaufend, sich nach unten fast zusammen neigen. Kurz vor der Schwanzflosse zeigen die Körperseiten eine Anzahl kleiner, mehr punktförmiger, ganz dunkler Flecken. Das große Stück hat auf der linken Kopfseite und ebenso auf dem Kiemen- deckel je einen großen schwarzblauen Fleck. Die Flossen sind im allgemeinen farblos oder mit feinen Chromatophoren gleichmäßig bedeckt. Dei dem Weibchen sind die distalen Stücke der Flossenhaut der ersten Dorsalis dunkel gefärbt, mit Ausnahme kleiner, dreieckiger Stücke hinter den einzelnen Stacheln. Bei dem großen Männchen fällt diese Zeichnung fort, dagegen ist die Zwischenhaut der ersten Rückenflosse mit dunklen Chromatophoren bedeckt; auf der zweiten sind diese m schrägen, linienförmigen Reihen angeordnet; ferner hat bei diesem Stück die Afterflosse emen dunklen Saum; ebenso ist bei diesem Stück der obere und untere Rand der Schwanzflosse dunkel gefärbt, während er bei den anderen Individuen farblos ist. Länge des größten Stückes 120 mm. 1227. Imsel Baui; 9. VII. 1889. Ein J', zwei 2. 16 Ostafrikanische Fische. 145 Hierher gehört wahrscheinlich als Varietät ein Stück, welches sich durch schlankere und länger verzweigte Tentakel unterscheidet; ferner durch die Färbung; es ist auf der linken Seite völlig so gefärbt, wie die typischen Stücke, auf der rechten aber ganz dunkel chokoladen- braun. Die Zeichnung ist hier sehr deutlich; die balkenförmigen Streifen setzen sich bis zum Bauche fort und hier spaltet sich jeder Balken in zwei strichförmige Vertikalstreifen, Die Flossen sind ziemlich dunkel; man kann sehen. daß die Körperzeichnung sich auf die Flossen fortsetzt; auch die Schwanzflosse zeigt eine, wenn auch nicht regel- mäßige Fleckung. Rückenflosse 12/21. Afterflosse 24. Länge des Stückes 108 mm. 1585. Tumbatu; 29. VIII. 1889. Ein 2. Haliophis guttatus Forskal. Rüppell, Atl. Fische, p. 49, Taf. 12, Fig. 2. — Günther, Cat. IV, p. 389. — Klunzinger, Syn., p. 575. 1712. Tumbatu; 12. IX. 1889. „Grünviolet, dunkel gefleckt*. Ein Stück. Sphyraena chrysotaenia Alunzinger. Klunzinger, Roth. Meer, p. 129, Taf. 9, Fig. 3. 201. Sansibar; 23.. V. 1888. Ein Stück. Fistularia serrata Cuvier. Günther, Cat. III, p. 533. — Playfair-Günther, p. 79. — Klunzinger, Syn., p- 515. 594. Sansibar; 1. XII. 1888. Drei Stücke. Amphisile punctulata Dianconi. Bianconi, Spec. zool. moss., p. 221, t. 1, f£ 2. — Günther, Cat. III, p. 527. — Playfair-Günther, p. 80. — Klunzinger, Syn., p. 516. 632. Sansibar, Changu-kiff; 1. XII. 1888. Sechzehn Stücke. Ctenopoma multispine Zeters. Peters, Moss., p. 16, Taf. 2, Fig. 3. 891. Quilimane, Sumpf; 20. I. 1889. Fünf Stücke. Ohne No. „, 2 Zwei Stücke. Ohne No. „, F Zwölf Stücke. Amphiprion bicinetus Züppell. Rüppell, Atl., p. 139, Taf. 35, Fig.'1. -- Günther, Cat. IV, p. 8 — Playfair-Günther, p. 80. — Klunzinger, Syn., p. 518. 587. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888. Ein Stück. 599. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Ein Stück. Pomacentrus annulatus Z’eters. Peters, Wiegmanns Archiv, 1855, p. 265. — Günther, Cat. IV, p. 18. — Bleeker, Atl. IX, Pomac., t. 2, f. 2 (Distichodus). 582. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888; „gelb mit schwarzen Bändern“. Vier Stücke. 599. Sansibar; 1. XII. 1888. Ein Stück. 646. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Drei Stücke. 1031. Sansibar, Strand; 13. VI. 1889. Drei Stücke. 17 10 146 Dr, Georg Pfeffer. Pomacentrus lividus Zorster. Bleeker, Atl. IX, Pomae., t. IV, f.5 (Eupomacentrus). — Günther, Südsee, p. 228, Taf. 124, Fig. F. — Day, Suppl., p. 801; Fauna, p. 385. P. punctatus, Day, p. 384, t. 80, f. 8. Die Flecken auf den Körperschuppen sind nur kleine, aber sehr deutliche Punkte; der dunkle Fleck oben an der Basis der Brustflossen ist groß und kräftig ausgeprägt; der dunkle, weiß umrandete Fleck auf dem freien Schwanzteile reicht nicht bis auf die Rückenflosse. Glyphidodon antjerius Auhl et von Hasselt. Günther, Cat., p. 50. — Day, p. 387, pl. 81, f. 4, 5; Suppl., p. 801; Fauna 1I, p. 391. — Klunzinger, Syn., p. 527. Die sehr umfangreiche, übrigens durchaus nicht feststehende Synonymik ist aus Day zu ersehen. var. unimaculatus Cuwer et Valenciennes. Günther, Cat. IV, p. 51. 1206. Baui; 4. XII. 1889. Ein schlechtes Stück. 1531. Tumbatu; 26. VIII. 1889. Ein kleines Stück mit ganz kurzer Schnauze, ohne Flecken auf der weichen Rücken- und Afterflosse. var. biocellatus Cuvier et Valenciennes. Günther, Cat. IV, p. 5l. 1163. Baui; 2. VII. 1889. Ein kleines Stück. Glyphidodon saxatilis Zinne var. coelestinus Cuvier et Valenciennes. Günther, Südsee, p. 230, Taf. 126, Fig. B. Sämtliche Stücke haben, entsprechend der Günther’schen Feststellung, den Fleck an der Basis der Brustflossen und die schön geränderte Schwanzflosse. Keine der übrigen mir zugänglichen Litteratur- Stellen paßt genau auf die vorliegenden Stücke. 646. Sansibar, Changu-Riff; 1. XH. 1888. Drei Stücke. 1014. Sansibar, Markt; April 1889; „pepeo“. Ein Stück. Glyphidodon septemfasciatus Cuvier et Valeneiennes. Günther, Cat. IV, p. 40. — Day, p. 386, t. 81, f. 7; Fauna, p. 388. 1163. Baui; 2. VII. 1889. Ein Stück. Glyphidodon sparoides Curier et Valenciennes. Günther, Cat. IV, p. 44. — Peters, Wiegm. Archiv, p. 266. — Sauvage, Madag., p. 432. 252. Sansibar, Strand; 13. VI. 1888. Ein Stück. Glyphidodon modestus Schlegel. Günther, Cat. IV, p. 55. — Bleeker, Atl. IX, Pomac., t. 4, f. 9. — Day, p..388, t. 81, f. 6; Fauna, p. 391. Das vorliegende Stück paßt ziemlich gut zu dieser Art, besonders zu der Bleeker’schen Abbildung, unterscheidet sich infolge dessen von der Day’schen Beschreibung und Abbildung durch die größere Höhe, 18 Ostafrikanische Fische. 147 Ferner sind die Zähne nicht ausgeschnitten und es wechselt ziemlich regelmäßig ein längerer und ein kürzerer ab. Um den After findet sich ein schwarzer Fleck. Im ganzen wird es nicht leicht sein, diese aller Kennzeichen fast baare Art ohne Vergleichung mit den Original-Stücken sicher wieder zu erkennen. 1207. Baui; 4. VII. 1889. Ein Stück. Heliastes lepidurus Cuvier et Valeneciennes. Günther, Cat. IV, p. 238. — Bleeker, Atl. IX, Pom., t. 4, f. 7 (Chromis lepisurus). — Günther, Südsee, pag. 238, Taf. 128, Fig. C, D. — Day, p. 389, t. 82, f. 1; Fauna II, p. 391. 1676. Tumbatu; 11. IX. 1889; „Rücken grünblau schillernd“. Zwei Stücke. Platyglossus javanicus Dleeker var. Bleeker, Atl. I, p. 125, t. 40, f. 3. — Günther, Cat. IV, p. 145. — Day, Suppl., p. 803; Fauna II, p. 408. 1163. Baui; 2. VI. 1889. Ein Stück. Hemigymnus melanopterus loch. Günther, Cat. IV, p. 189. — Bleeker, Atl. I, p. 142, t. 45, f. 2,3. — Playfair-Günther, p. 92. — Day, p. 396, t. 84, f. 2; Fauna Il, p. 402, f. 137. 586. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888. Ein Stück. 1008. Sansibar, Markt; April 1889; „tomba-tomba“. Ein Stück. Novacula macrolepidota Dloch. Bleeker, Atl. I, p. 144, t. 31, f. 6. — Günther, Cat. IV, p. 174. — Playfair-Günther, p. 96. 635, 636. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Vier Stücke. Gomphosus coeruleus Laccpede. Günther, Cat. IV, pag. 192. — Bleeker, Atl. I, p. 86, t. 21, .f.5. — Playfair-Günther, p. 98. — Klunzinger, Syn., p. 554. — Day, p. 406, t. 88, f. 3; Fauna II, p. 415, f. 142. 251. Sansibar, Strand; 13. VI. 1888; „grünschillernd“. Ein Stück. ke) 1337. Sansibar, Juni 1889. Ein Stück. Julis dorsalis Quoy et Gaimard. Quoy et Gaimard, Voy. Astrolabe II, Poiss., p. 713, t. 15, f. 5. — Bleeker, Atl. I, p. 94, t. 34, f. 4. — Günther, Cat. IV, p. 190. — Playfair- Günther, p. 98. — Day, p. 403, t. 85, f. 7; Fauna U, p. 412, f. 141. 585. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888; „hellbraun am Rücken mit rot- und violeten Flecken“. Ein Stück. 634. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Drei Stücke. Julis hebraica Zaccpede. Günther, Cat. IV, p. 186, 508. — Playfair-Günther, p. 98. — Day, p. 404, t. 86, f. 2; Fauna, p. 413. J. genivittata C. V.; Günther, Cat. IV, p. 183, 508. 591. Sansibar, Riff; 21. XI. 1888; „schwarzblaue Zeichnung am Kopf“. Ein Stück. 19 10* 148 Dr. Georg Pfeffer. Cheilio inermis Zorskal. Günther, Cat. IV, p. 194. —Bleeker, Atl. TI, p. ‘82,1. 31 77247 Klunzinger, Syn., pag. 531. — Day, p. 407, t. 88, f.4; Fauna II, p. 417, Fig. 143. — Sauvage Madag., p. 469. 633. Changu-kiff; 1. XII. 1888. Sechs Stücke. Cymolutes praetextatus Quoy et Gaimard. (uoy et Gaimard, Voy. Astrolabe Poiss., p. 712, pl. 15, f. 4 (Julis). — Günther, Cat. IV, pag, 207. — Playfair-Günther, p. 102. — Bleeker, Atl. TI, p. 146, t. 31, £. 1. — Day, p. 409, t. 90, f.1; Fauna Il,,p. 420, Fig. 145. Die Färbung des vorliegenden Stückes paßt genau zu dem Original-Bilde, nur ist es kräftiger gefärbt. 629. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Ein Stück. Pseudoscarus Forskalii® Alunzinger. 580. Sansibar, Riff; 28. XI. 1888; „rötlich graubraun“. Ein kleines Stück. Pseudoscarus sp. Das Stück ist unter den beschriebenen Arten nicht unterzu- bringen, zur Aufstellung einer neuen Art jedoch nicht geeignet. Ober- lippe überall doppelt, hoch; keine Seitenzähne; Schuppen auf den Wangen in zwei Reihen, Vordeckel nackt. Kopfprofil wenig parabolisch, fast geradlinig. Körpergestalt gestreckt. Rücken- und Afterflosse ganz dunkel, Brustflosse nach unten hell, Bauchflosse am Rande dunkel. Die Art ist demnach ziemlich nahe mit P. ghoban Forskal verwandt. 1124. Baui, 29. VI. 1889; „pono“, „eisengraubraun mit purpurvioleten Flossen“. Ein Stück. Fam. Chromidae. Trotz der großen Mühe, welche ich auf diese Familie verwandt habe und trotz des nicht unbeträchtlichen mir vorliegenden Vergleichs- Materiales bm ich nicht im Stande, irgend eines der vorliegenden Stücke auf die bisher beschriebenen Arten zu beziehen, mit alleiniger Ausnahme derer aus dem Nildelta, welche unbedingt den Chromis niloticus Hasselquist darstellen, obgleich die späteren Beschreibungen der für Ch. milotiecus gehaltenen Stücke das typische Bild der Art wieder verwischt haben und die Wieder-Erkennung selbst dieser ältesten und typischen Art der Gattung fast unmöglich gemacht hätten, wenn hier nicht der Fundort und die Original-Beschreibung den richtigen Weg leiteten. Wenn ich im Folgenden einige neue Arten beschreiben mußte, so weiß ich doch ganz sicher, daß dies keine Lokalformen sind, denn ich habe dieselben oder nahe verwandte Formen von Uentral-Afrika und West-Afrika vor mir liegen. Bei Gelegenheit der in kurzem 20 Östafrikanische Fische. 149 bevorstehenden Veröffentlichung der von Emin Pascha und Stuhlmann gemeinschaftlich in Central-Afrika gemachten Sammlungen werde ich diesen Punkt ebenso wie die Frage der Einteilung der Chromiden in Gattungen bezw. Untergattungen ausführlich erörtern. Ich nenne vorläufig die Arten mit eycloiden Leibesschuppen und großen Stirnschuppen Chromis im engeren Sinne, während ich für die Arten mit cetenoiden Leibesschuppen und kleinen Stirnschuppen den Gattungsnamen Ctenochromis vorschlage. Chromis niloticus Hasselqwist. (Taf. 3, Fig. 1, 2, 4.) D. 17—-18/9—-14. A. 3—4/9. L, ]. ca. 32. L. t. 31%. 1. ca. 16. Sonnini, Voyage dans la Haute et Basse Egypte; p. 396, tab. 27, f. 1. — Günther, Cat. IV, p. 267. — Günther in Petherick, Travels in Central- Africa, tom. II, p. 216. Bezeichnend für diese Art ist die mittlere Schlankheit des Leibes, der breite Interorbital-Raum mit großen Schuppen, der breite Kiemendeckel, auf dessen mittlerem und unterem Bereiche die dünnen, durchsichtigen Schuppen kaum wahrzunehmen sind; das mäßig weit ge- spaltene Maul; die ausgezogenen Enden der Rücken- und Afterflosse, die cycloiden Schuppen, ferner die Färbung. Am Kiemendeckel findet sich ein großer, dunkler Fleck, auf den Körperseiten acht ziemlich breite, nach dem Bauche zu verschwindende dunkle Querbänder und auf dem weichen Teile der Rücken- und Afterflosse einige stark ausgeprägte, dunkle, schräg nach unten und hinten verlaufende Bänder. Die Höhe des Leibes übersteigt die Kopflänge stets und zwar um Vs bis Yıo; sie ist m der Länge des Tieres ohne Schwanzflosse 2%ı bis 2% mal, in der Länge mit Schwanzflosse 3% mal enthalten. Das Profil des Kopfes weicht wenig von der graden Linie ab; bald ist es ganz schwach konvex, bald ganz schwach konkav. Die Schnauze ist bei den vorliegenden Stücken grade so lang oder ein wenig kürzer als die Orbita, die in der Kopflänge 3"s bis 5Va mal enthalten ist. Der Unterkiefer springt bei geschlossenem Maule nicht oder um ein ganz unmerkbares Stück über den Oberkiefer vor. Die Schnauze ist verschieden tief gespalten, reicht jedoch nie bis unter die vorderste Kante des Auges; die Spalte steigt nach vorn etwas auf; die Lippen sind deutlich, jedoch nur mäßig stark entwickelt. Die Zähne der vorliegenden ostafrikanischen Stücke sind ziemlich lang, die längeren über "s des Längsdurchmessers der Orbita (bei westafrikanischen Stücken viel kleiner); sie stehen schräg, ihre Hauptspitze ist schräg, und zwar gradlinig, abgestutzt, sodaß die Kaukante von dieser schrägen Ab- stutzung und meist zugleich von der Nebenspitze, die in demselben Niveau liegt, gebildet wird; manchmal verschwinden die Nebenspitzen 21 150 Dr. Georg Pfeffer. vollständig. Die Zahl der Zähne der Außenreihe beträgt m jeder Kieferhälfte oben etwa 20, unten etwa 13. Die hinteren Zahnreihen scheinen in der Dreizahl vorhanden zu sein. Die Entfernung der hinteren Kante des Vordeckels von dem hinteren Orbitalrande, ist 3V3 bis 4 mal in der Deckelbreite an dieser Stelle enthalten. Der knöcherne Interorbital-Raum ist breit, 1'« bis 1Y2 der Höhe der Orbita, ganz schwach konvex oder platt, oder aber zwischen den Augen seicht vertieft. Die vordere Tangente der Orbiten verläuft weit vor den ersten Schuppen der Stirn; die vordere Tangente der vordersten Stirn-Schuppen schneidet die Orbita im Verhältnis von Ws: ®%s oder \s:?%3. Die vordersten Schuppen sind groß und stehen zu zwei oder drei in der ersten Reihe; darauf folgen bis zum Anfang der Rückenflosse noch 9 oder 10 Schuppenreihen, von denen jedoch die beiden letzteren in eine größere Anzahl sehr viel kleinerer aufgelöst sein können. Die Schuppen auf den Wangen scheinen meist in zwei Reihen zu stehen; die Schuppen auf dem Kiemendeckel sind ganz dünn und durchscheinend, oft auf dem größeren Teile desselben garnicht vorhanden. Sämtliche Schuppen sind Cyeloid-Schuppen. Im Durchschnitt schemen 32 oder 33 Querreihen vorhanden zu sein; oberhalb der Seitenlinie findet sich unter dem stachligen Teil der Rückenflosse 3/2 Schuppe. Der Schwanz- stiel ist sehr lang und hoch (bei den vorliegenden Westafrikanern höher als bei denen von Ostafrika); seine Höhe, hinter der Rücken- flosse gemessen, um Ys größer als die Länge, vom Ende der After- flosse an gemessen. Die Mittellinie des Rückens zeigt etwa 4 oder 5 erößere und zwei kleinere Schuppen an der Wurzel der Schwanzflosse. Die Zahl der horizontalen Schuppenreihen in der Höhe des Schwanz- stieles ist nicht genau festzustellen, da in der Mittellinie des Rückens wie des Bauches bald unpaare, bald paarige Schuppen vorhanden sind; außer den medianen Schuppenreihen scheinen im Durchschnitt 7 Reihen vorhanden zu sein; die 4. oder 5. Reihe von oben trägt die Seitenlinie. Alle Flossen sind bedeutend entwickelt; die unpaaren sehr hoch, die paarigen sehr lang. Die Rückenflosse der beiden vorliegenden größeren Stücke hat die Formel 18/9, die der beiden kleineren 17/14. Zwei Stücke von West-Afrika haben 10 Strahlen. Der 5. Stachel ist etwa 27s mal m der Höhe des Körpers enthalten. Der Strahlenteil ist nach hinten etwas ausgezogen, die letzten Strahlen sind 175 bis. 1°% mal in der Kopflänge enthalten. Die Afterflosse zeigt als Formel 4/9 bez. 3/9. Die Stacheln sind besonders kräftig, der Strahlenteil ist nicht ganz so spitz ausgezogen wie bei der Rückenflosse. Die sehr spitz ausgezogene Brustflosse reicht bis auf die Afterflosse, die Bauch- flosse bis an oder bis über den After. 22 Östafrikanische Fische. 151 Die Farbe des Rückens ist rötlichgrau oder bräunlich, nach dem Bauche zu heller, fast überall silberglänzend. Auf den Seiten des Leibes stehen gewöhnlich 8 Querbinden, von denen die erste hinter dem Kiemendeckel verläuft, die beiden letzten auf dem Schwanzstiel. Die Binden sind bald schmaler, bald breiter und verschieden deutlich; ist der Fisch feucht, so unterscheidet man eigentlich stets alle acht Binden. Auf dem Kiemendeckel sieht man stets emen dunklen Fleck. Der stachlige Teil der Rückenflosse zeigt eine dunklere Wölkung, die bei näherer Ansicht zum Teil den Typus des strahligen Teiles zeigt; es finden sich hier stets breite, schräg nach unten und hinten ver- laufende dunkle Bänder, die bei dem vorliegenden Material stets in der Vierzahl auttreten. Die erste Binde der weichen Dorsalis liegt basal am Anfang der Flosse; sie ist kurz und dunkel, und ihre Fort- setzung ist auf der stachligen Dorsalis zu bemerken; meist wird sie zu einem wohl ausgedrückten, ganz schräg länglich-runden Fleck, der auch auf die stachlige Dorsalis übergreift. Die übrigen drei Bänder können deutlich getrennt sein oder etwas in einander greifen, und lassen zwischen sich hellere, meist undeutlich umschriebene Flecke. Die Afterflosse ist undeutlich gewölkt (bei den West-Afrikanern farblos) und zeigt an der Basis hinten einen oder zwei hellere, nicht deutlich ausgeprägte Flecke. Brustflossen hyalın. Bauchflossen mit schwärz- lichem Rande. Schwanzflosse mit wenig deutlichen Längsbinden (bei den West-Afrikanern nur ein einziger dunklerer Schatten). Länge des großen Stückes von Korogwe 89 mm, der beiden kleineren Stücke 71 und 72 mm. 47. Tümpel im Nilthal; 20. III. 1888. Ein Stück. Ohne No. Süßwassergraben bei Alexandria, in der Nähe des Mergue-Sees; 1. III. 1888. Ein Stück. Ohne No. Korogwe am Rufu; 22. IX. 1888. Ein Stück. Chromis vorax nov. spec. (Taf. 2, Fig. 9, 10, 11.) De 15131 ER. B110 Ei ..12: 0 Te 30 155 Bezeichnend für diese Art ist die lange Schnauze, das bis unter das Auge gespaltene Maul, die großen, in beiden Kiefern gleichlang entwickelten Zähne, die fast konisch gestaltet erscheinen und nur eine schwache Bildung einer Nebenspitze zeigen, die großen Schuppen auf der Stirn, die starken Schuppen auf dem Kiemendeckel, schließlich die dunkle Farbe des ganzen Tieres. Die Höhe des Leibes ist fast 3'» mal in der Länge (mit Schwanzflosse, 24 mal ohne Schwanzflosse) enthalten; die Länge des Kopfes, von der Spitze der Schnauze bis zum Ende des Kiemendeckel- Lappens gemessen, ganz wenig größer, als die Höhe des Leibes. 23 152 Dr. Georg Pfeffer. Das obere Profil der Schnauze ist im allgememen grade, doch durch das vorspringende proximale Ende des Zwischenkiefers unterbrochen. Schnauze fast doppelt so lang als die Orbita, deren Länge in der des Kopfes fast 5 mal enthalten ist. Die Oberkante der Schnauze bildet mit der Horizontale enen Winkel von etwa 50°; die Mundspalte ist horizontal und bis fast unter das zweite Viertel des Augendurchmessers reichend, von sehr dicken Lippen umgeben. Der Unterkiefer springt kaum über den oberen vor. Die Zähne stehen in vier regelmäßigen Reihen, in der Außenreihe oben jederseits 28, unten 13; diese sind lang, etwa "Vs des Augendurchmessers, im Ober- und Unterkiefer fast gleich lang, mit hellbraunen Spitzen. Nur einige zeigen die bei der Gattung üblichen Nebenspitzen außen und zwar ziemlich weit vom Ende; im ganzen sind sie fast kegelförmig, stehen jedoch ebenso lose, wie bei den übrigen Chromis-Arten. Die Zähne der inneren Reihen sind, wie üblich, dreispitzig. Die Höhe der knöchernen Orbita ist 1% mal in der Breite des knöchernen Interorbitalraumes enthalten; letzterer ıst mäßig konvex. Die Entfernung vom Hinterrand des Auges bis zum Hiterrand des Vordeckels verhält sich zu der Entfernung von letzterem Punkte bis zum Hinterrande des Deckels wie 1: 3%. Die Schuppen sind cycloid, groß, stark skulpiert, dunkel, auf der Brust heller mit dunkelbrauner Basıs. Auf dem Bauche sind sie kleiner, an der Brust sehr klein. Die Beschuppung der Stirn beginnt auf der Verbindungslinie der beiden vorderen Augenränder mit zwei sroßen Schuppen, die über zwei Drittel des Zwischenraumes emnehmen; dann folgen noch neun Schuppenreihen bis zur Rückenflosse. Die Schuppen auf den Wangen stehen in 3 Reihen; der ganze Kiemendeckel ist mit dieken Schuppen bedeckt. Seitenlinie 23-14, Linea transversa 3Y@. 1. 15. Der Schwanzstiel ist ein wenig höher als lange, in der Kopflänge etwas mehr als 22 mal enthalten, sehr stark zusammen- sedrückt, auf dem Rücken mit etwa 7 medianen Schuppen. Rückenflosse mit 15 Stacheln und 13 Strahlen. Die Stacheln sind niedrig, der vierte. 3Y2 mal in der Kopflänge enthalten; der Strahlenteil ist lang und spitz ausgezogen und reicht, nach hinten geklappt, bis weit über die Mitte der Schwanzflosse; der sechste, längste Strahl hat Kopflänge. Afterflosse 3/10; der weiche Teil ist ebenfalls lang und spitz ausgezogen und reicht bis gegen die Mitte der Schwanzflosse. Die Brustflosse mit 13 Strahlen reicht bis über den Anfang der Afterflosse. Bauchflosse 1/5, lang ausgezogen, besonders der 1. Strahl, reicht bis über den Anfang der Afterflosse. Die Schwanz- flosse des einzigen Stückes ist am Ende verstümmelt. 24 Ostafrikanische Fische, 153 Schwarzbräunlich olivenfarbig mit dunkleren, unbestimmten Schatten; der Rücken dunkler. Auf dem Kiemendeckel en schwarzer Fleck von undeutlicher Form; er schemt sich als ein schwarzer Streifen bis zum Auge zu verlängern und andrerseits über den Deckel hinweg noch eine Strecke auf die Körperseiten hin fortzusetzen. Die stachlige Rückenflosse ist hell mit undeutlicher dunkler Marmorierung; die weiche Dorsalis, die Analıs, Caudalis und Ventralis schwärzlich, die Brustflosse farblos. Länge des einzigen Stückes 149 mm. 777. Quilimane, Sumpf 47; 16. I. 1889. Gtenochromis pectoralis nov. spec. (Taf. 2, Fig. 3, 4, 7.) D. 15—16/8—9. A. 3/8. L.]. cca 30. IL.t. am Anfang der After- flosse 2/1/7. Bezeichnend für diese Art ist der schlanke, Mesoprion-artige Habitus und die rötlichgraue Farbe mit vielen (10—11) dunklen braunen Querbändern und die helle, sehr klein beschuppte Brust; der sehr schwache braune Fleck auf dem Kiemendeckel-Lappen, das fast bis unter die Augen gespaltene Maul mit dieken Lippen, der schmale Interorbital-Raum mit kleinen Schuppen, die Gtenoid-Schuppen und die eigentümlichen hellen Augenbildungen auf den Flossen. Die Höhe des Leibes ist fast gleich der Kopflänge, 2%; mal in der Leibeslänge ohne Schwanzflosse, 5%: mal in derselben mit Schwanzflosse enthalten. Das obere Profil des Kopfes ist grade oder schwach konvex und setzt sich entweder grade oder schwach gebogen bis zum Anfang der Rückenflosse, dem höchsten Punkt des Fisches, fort. Die Schnauze ist 1Vs des Längsdurchmessers der Orbita, diese fast 3/2 mal in der Länge des Kopfes enthalten. Das untere Profil des Unterkiefers steigt mehr weniger steil und plötzlich nach vorn und oben an, dem entsprechend steht auch die Mundspalte mehr oder weniger schräg, doch eigentlich nie in besonders starkem Maße. Die Schnauzenspalte ist von sehr dieken Lippen umgeben und reicht fast bis unter das Auge. Die Zähne sind in ihrer Mitte breit, endigen dann aber in einer langen, kräftigen, kegelförmigen Spitze; der Außen- zacken sitzt ziemlich weit von der Spitze entfernt; ein Innenzacken ent- wickelt sich im Oberkiefer bei den Zähnen dicht neben der Mittellinie. (Es sei hier erwähnt, daß die mir vorliegenden westafrikanischen Stücke dieser Art die gewöhnliche Bildung der Chromis-Zähne aufweisen.) Oben stehen jederseits vorn 20, unten 15 Zähne. Die wegen ihrer Kleinheit kaum zu beobachtenden Zähne der inneren Reihen scheimen vierreihig angeordnet zu sein. Die Entfernung vom Auge zum Hinterrande des Vordeckels ist halb so lang, wie die Breite des Deckels an dieser Stelle. 25 154 Dr. Georg Pfeffer. Die Breite des platten Interorbital-Raumes ist klemer als die Augenhöhe. Die Schuppen auf der Oberseite des Kopfes beginnen erst hinter der Verbindungslinie der Pupillenmitten und sind klein; in der ersten Reihe stehen meist 4 Schuppen; bis zum Anfang der Rückenflosse zählt man etwa 15 bis 17 Querreihen. Auf den Wangen scheinen 3 Reihen die Regel zu sen; der untere Teil der Wangen ist ganz frei von Schuppen. Die Schuppen auf dem silberig glänzenden Teile des Kiemendeckels sind kaum wahrnehmbar. Auf Kopf und Nacken sind die Schuppen eycloid, auf dem Körper ctenoid; auf den vordersten Körperschuppen sind die Randwimpern weniger stark ausgeprägt. Die Seitenlinie verläuft unter dem größten Teile der Rückenflosse in der dritten Schuppenreihe; nach hinten werden die obersten Schuppen zu Halbschuppen. Die Seitenlinie zeigt etwa 30 Schuppen, nämlich 21—22/8—12 oder 21/9. Linea transversa am Anfang der Afterflosse 2. 1. 7. Rückenflosse mit 15 bis 16 Stacheln und 8 bis 9 Strahlen. Die Stacheln sind von mittlerer Länge, der achte 2"z mal m der Kopflänge enthalten; der Strahlenteil ist nicht sehr spitz ausgezogen, sondern mehr schlank gerundet; die längsten Strahlen von mehr als halber Kopflänge. Afterflosse stumpfer zugerundet, Strahlen etwas kürzer, hinterer Kontur der Schwanzflosse ganz schwach konvex. Brustflossen nicht ausgezogen, reichen bis auf die Höhe des Anus; Bauchflossen spitz ausgezogen, reichen bis auf den Anfang der Afterflosse. Schwanzstiel etwas höher als lang, die Höhe 2Vs mal in der Kopflänge enthalten, 7 Schuppenreihen hoch, etwa 7 Schnppen- reihen lang; es ist das nicht genau festzustellen, weil außer den 4 unpaaren noch etwa 3 paarige auf der Rückenlinie zusammen stoßen. Die Farbe ist ein graurötliches Braun, am Rücken dunkler und nach oliven ziehend, am Bauche heller; das Abdomen ist gelb. An den Seiten des Leibes finden sich 10—12 dunkelbraune Querbänder, die an der Rückenlinie beginnen und in einiger Entfernung von der Bauchkante endigen. Von dem ziemlich schwach und zwar dunkelbraun ausgeprägten Flecken auf dem Kiemendeckel verläuft nach dem Anfang der Analflosse ein breiter schwärzlicher Schatten, der nach oben zu allmählich auswässert, nach unten zu aber ziemlich plötzlich aufhört, so daß das gelb gefärbte Abdomen nach oben gegen den Schattenfleck zu meist ziemlich scharf begrenzt erscheint. Die Färbung der Rücken- flosse ist ungemem bezeichnend. Die Haut des stachligen Teiles erscheint durch die vielen punktförmigen Chromatophoren ziemlich einfarbig grau; ab und zu tritt zwischen den Stacheln ein undeutlicher runder weißer Fleck auf, stets aber findet sich em weißer Fleck auf den spitz ausgezogenen Fähnchen, in denen die Haut zwischen je zwei 26 Östafrikanische Fische. 155 Stacheln endigt; die äußerste Spitze der Fähnchen ist schwarz. Auf der Haut zwischen den Strahlen der Rückenflosse finden sich einige meist deutlich ausgeprägte länglichrunde weiße Flecke; die schwärz- lichen Stellen dazwischen ordnen sich, wenn die Flosse gespannt ist, zu etwa vier Längsbändern, welche schräg von vorn oben nach unten hinten verlaufen. Die Schwanzflosse zeigt viele, nicht ganz regelmäßig ausgeprägte runde weißliche Flecke; die dunklen Stellen dazwischen ordnen sich jedoch nicht zu regelmäßigen Vertikal-Bändern. Die Afterflosse erscheint am Grunde weiß, nach dem Rande zu grau; häufig läuft parallel dem Rande ein hübsch ausgeprägtes dunkleres Band. Etwa auf der Mitte der Strahlen, vom fünften bis zum dritt- letzten Strahl reichend, steht ein fast immer außerordentlich deutlich ausgeprägter, kreisrunder, großer milchweißer Fleck. Die Brustflosse ist farblos, die Bauchflosse meist farblos. Länge des größten Stückes 63 mm. CXI. Korogwe am Rufu; 22. IX. 1888. Zehn Stücke. 930. Mopeia, Rio Quaqua; 19. IH. 1889. Zwei Stücke. Außerdem liegen zwei Stücke dieser Art aus dem Hamburger Museum vor, von Kpt. Hupfer bei Boma (Congo) gesammelt. Ctenochromis strigigena nov. spec. (Taf. 2, Fig. 5, 6, 8.) D. 15—16/8—9. A. 3/7—9. L. |]. 19. 13. L. t. 21/4. 1. 11. Bezeichnend für diese Art ist das ziemlich weit, jedoch nicht sanz bis unter das Auge gespaltene Maul, die breiten Zähne mit spitzer oder schräger Mittelspitze, mit einer äußeren und sehr häufig auch einer inneren Nebenspitze; vor allem aber die Beschuppung des Nackens mit kleinen Schuppen und die Farbe. Die Höhe des Leibes ist 32 bis 4 mal in der Länge (mit Schwanzflosse) enthalten, der Kopf 3" mal. Das obere Profil des Kopfes ist im allgemeinen grade. Die Schnauze ist ungefähr so lang wie der Augen-Durchmesser, manchmal etwas kürzer oder länger. Der Unterkiefer steht deutlich vor. Die Höhe des Zwischenkiefers (von der Schnauzenspitze bis zum Ende des Stieles gemessen) gleicht dem Augen-Durchmesser. Das untere Profil des Unterkiefers steigt, in demselben Winkel wie die obere Profil-Kante des Kopfes, stark nach vorn und oben auf. Die Schnauzenspalte steht sehr schräg und ist von dicken Lippen umgeben. Die Zähne sind klein, kaum Vs des Augen-Durchmessers, oben etwa 18, unten etwa 10 in jeder Kiefer- hälfte. Die Zähne verbreitern sich von der Basis aus, haben eine spitzige Mittelspitze und eime äußere Seitenspitze; eine innere Seiten- spitze ist bei der hier vorliegenden Form nicht zu beobachten. Die Zähne der Innenreihen sind ganz außerordentlich klein, bei der vor- %7 156 Dr. Georg Pfeffer. liegenden Form kaum zu erkennen. Die Breite des knöchernen Interorbital-Raumes ist gleich %5 bis %s der Höhe der Orbita, völlig platt. Die Entfernung vom Hinterrand des Auges bis zum Hinter- rand des Vordeckels verhält sich zur Breite des Deckels an dieser Stelle wie 1:3. Die Schuppen cetenoid, Seitenlmie 19 + 13. Linea transversa 2'r. 1. 11. Wangen mit drei Reihen Schuppen; Deckel mit ganz dünnen Schuppen bedeckt. Die Schuppen des Nackens sind ziemlich klein; sie beginnen etwa m der Verbindungslinie der Vorderränder der Pupillen mit zwei ein wenig größeren Schuppen; es stehen etwa 13 Reihen bis zum Anfang der Rückenflosse. Der Schwanzstiel ist kurz; seine. Länge, in der Seitenlinie gemessen, ist etwas größer als seine Höhe hinter der Rückenflosse ; die Länge ist noch nicht gleich der Entfernung von der Schnauzen- spitze bis zur Augenmitte. Zwischen Rücken- und Schwanzflosse stehen 5—6 mediane Schuppen. Die Rückenflosse hat 15 —16 Stacheln und S—9 Strahlen; der siebente Stachel reicht von der Schnauzenspitze bis an die Pupillen- mitte; der Strahlenteil ist ziemlich hoch, über 3 der Kopflänge, aber nicht spitz ausgezogen. Ebenso gebildet erscheint die Afterflosse, deren Formel 3/7—9 ist. Die Brustflosse reicht nicht bis zur After- tlosse, die Bauchflosse bis an den Anfang der Afterflosse. Es findet sich stets ein breiter dunkler Streifen vom Auge bis zum Mundwinkel, ferner em blauer oder ein schwarzer, blau schillernder Fleck am Kiemendeckel-Lappen; schließlich ein breiter dunkler Länes- streifen von diesem Fleck bis zur Schwanzwurzel. Von diesem Streifen ist meist nur das vordere und das hintere Drittel entwickelt; nahe dem kKiemendeckel und an der Wurzel der Schwanzflosse ist er am dunkelsten. Die Färbung der Vertikal-Flossen ist ganz außerordentlich bezeichnend. Jeder Zwischenraum zwischen den einzelnen Stacheln und Strahlen der Rückenflosse zeigt eine Anzahl länglichrunder, ziemlich regelmäßiger dunkler Flecke, die durch helle Zwischenräume getrennt sind. Durch die regelmäßige Stellung dieser Flecke werden dunkle und helle Längsbänder auf der Flosse hervorgebracht, die jedoch nicht, wie bei Chromis niloticus, nach hinten herabsteigen, sondern parallel der Rückenkante des Fisches verlaufen. Die Afterflosse ist entweder ebenso gezeichnet wie die kückenflosse, oder sie ist ziemlich farblos, zeigt aber stets auf ihrer hinteren Hälfte ein bis drei, meist sehr regelmäßig gebildete, länglich- runde, jeder von emem weißen Hof umgebene Flecke, die größer sind, als die Breite der Haut zwischen je zwei Strahlen. Die Flecke ordnen sich in einer Reihe, die nach hinten und unten verläuft. Diese höchst 28 Östafrikanische Fische. 157 auffallende und absonderliche Flecken-Zeichnung entsteht aus der regel- rechten Färbung der Afterflosse dadurch, daß die dunkelen Flecke bis auf einen oder einige wenige verschwinden, diese sich etwas ver- größern, und daß die hellen Zwischenräume sich als heller Hof um die Flecken legen. Die Stücke der vorliegenden Sammlung zeigen diese Färbung leider nicht in schöner Weise. Von Hilgendorf ist (Sitzungsb. Naturf. Fr. Berlin 1888, p. 76) eine Art aus der Gruppe, der die vorliegende Spezies angehört, ganz kurz beschrieben worden; doch kann ich nicht ersehen, ob es die vorliegende oder eine der andern Formen dieser Gruppe ist. Bei der demnächst erfolgenden Bearbeitung der Emin-Stuhlmann’schen Ausbeute, welche diese Gruppe von fünf Fundorten aufweist, werde ich des näheren auf diesen Punkt eingehen. Länge des größten Stückes 56 mm. 400. Mbusini; 29. VIII. 1888. Fünf Stücke. 445. Teich bei Matomondo, Ungüu; 9. IX. 1888. Ein Stück. Pseudorhombus spee. Die Stücke sind so schlecht, daß ihre Artzugehörigkeit nicht zu ermitteln ist; sie sind verhältnismäßig länger als P. Russel. 1337. Sansibar; Juni 1889. Drei schlechte kleine Stücke. Rhomboidichthys pantherinus Züppell. Rüppell, Atl. Fische, p. 121, Taf. 31, Fig. 1. — Günther, Cat. IV, p: 436. — Playfair-Günther, p. 112. — Klunzinger, Syn., p. 571. — Bleeker, Atl. VI, p. 11, Pleur. t. 2, f. 3. 643—645. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1838. Zwei Stücke. 1337. Sansibar, Juni 1889. Ein Stück. Rhomboidichthys myriaster Schlegel. Günther, Cat. IV, p. 436. — Bleeker, Atl. VI, p. 10, Pleur. t. 9, f. 4; wrleT 1337. Sansibar, Juni 1889. Ein Stück. Pardachirus marmoratus Lacipede. Rüppell, Atl. Fische, p. 122, t. 31, f. 2. — Günther, Cat. IV, p. 478. — Klunzinger, Syn., p. 572. — Sauvage Madag., p. 472. 1802. Kleine Insel Mesiwa bei Pangani; 8. XII. 1889. Ein Stück. Clarias gariepinus Burchell. Günther, Cat. V, p. 14. — Playfair-Günther, p. 115. 229. Sansibar, Süßwasser; 30. I. 1888. Ein Stück. Clarias mossambicus Z'eters. Peters, Moss., p. 32, Taf. VI; Taf. VII, Fig. 2, 3. 786. Quilimane; 19. I. 1889. Fünf Stücke. Plotosus anguillaris Bloch. Bloch VIH, p. 61, tab. 373, f. 1. — Bloch-Schneider, p. 373, tab. 74. — Günther, Cat. V, p. 24. — Sauvage Madag., p. 477, pl. 47 A, Fig. 1. P. arab Bleeker, Atl. Ichth. Silur., p. 98, tab. 95, fig. 2. 29 158 Dr. Georg Pfeffer. 1015. Sansibar, Süßwasser ; „ngogo*; 22. V. 1889. Zehn junge Stücke. 1205. Baui in Riff- Tümpeln, „Kongo“; 4. VlI. 1889. „Sticht mit dem Stachel der Rückenflosse sehr stark, sodaß die Hände anschwellen, wie von Schlangenbiß.“ Vier Stücke, die jedoch von der Konservierungs-Flüssigkeit (Pikrin-Salpetersäure) ganz zersetzt sind. Heterobranchus spee. Nur der Kopf und die Schwanzflosse, daher die Art vorläufig nicht näher zu bestimmen; jedenfalls ist es nicht H. laticeps Peters, 1.06: Pau 408. Wami bei Mbusini; 30. VIII. 1888. Entropius depressirostris Peters. Peters, Moss., p. 25, Taf. 4, Fig. 5. 926. Rio Quaqua; 18. II. 1889. Ein Stück. Synodontis schal Bloch-Schneider. Günther, Cat. V, p. 212; Petherick, p. 235. S. maculosus Rüppell, Beschreibung neuer Nil-Fische, p. 10, tab. 3, fig. 1 S. arabi Cuvier et Valenciennes XV, p. 261. Sonnini, Voy. Eg. II, p. 279, tab. 21, fig. 2. 18. Alexandria, Süßwassergraben bei Mergue-See; 9. 111. 1888. Synodontis zambezensis Zeters. Peters, Moss., p. 31, Taf. 5, Fig. 2, 3. 416. Fluß Wami bei Msere; 3. IX. 1888. Synodontis nebulosus Zeters. Peters 1. c. 28, Taf. V, Fig. 1. — Pfeffer, Stuhlmann p. 13. — D.2/7, A, 18P. 182 = WW. Die Stücke ergeben einige kleine Zusätze zu der Peters’schen Beschreibung. Die Kiemenöffnung reicht bauchwärts so weit wie der Ansatz der Brustflossen. Die Zähne des Zwischenkiefers sind weit von einander stehende, braune, ein wenig nach hinten gebogene Stiftchen. Bei dem größten Stück stehen sie undeutlich in Reihen; die der dritten Reihe sind die längsten, von etwa "s Länge der Unterkiefer-Zähne. Die Länge der Unterkiefer-Zähne ist noch nicht Vs der Augenlänge; es ist eine Reihe von etwa 13 vorhanden. Die Oberkiefer-Barteln sind ungeteilt und reichen zurückgelegt fast bis an das Ende des Humeral- Prozesses. Die äußeren Unterkiefer-Barteln reichen, unter die Brust- flossen gelegt, fast über die ganze Anheftungslinie derselben hinweg; sie tragen beim größten Stück nach außen keine, nach innen 5 Fäden zweiter Ordnung. Die inneren Unterkieferfäden haben ein wenig mehr als die halbe Länge der äußeren; sie haben einen proximalen unpaaren Tuberkel, drei bis vier Paare und eimige einzeln stehende Fäden zweiter Ordnung; von den paarigen sind einige geteilt. Der Humeral-Prozeß ist spitzwinklig und reicht bis unter den Stachel der Rückenflosse, 80 Östafrikanische Fische. 159 Der Kopf nimmt "s der Gesamtlänge ein. Der After liegt etwa mitten zwischen Bauch- und Afterflosse; hinter ihm eine Papille; er liegt etwas hinter dem Anfange der Fettflosse, Der erste Stachel der Rückenflosse ist nur eine kleine Schuppe; der zweite ist stark, so lang wie der Stachel der Brustflossen, und auf der distalen Hälfte der Hinterseite gesägt; der Pektoral-Stachel trägt nach innen starke Sägezähne. Die Grundfarbe ändert von bräunlichweiß bis braun, mit dunkleren Wolken auf der Oberseite und den Seiten und noch dunkleren violetbraunen runden Flecken über Leib und Flossen. Auf der Unter- seite ist die Abdominalgegend dunkel, die Schwanzgegend hell gefärbt. Bei den Jungen ist die Fleckung undeutlicher, dagegen tritt die Bildung der wolkigen Querbinden viel regelmäßiger und deutlicher zu Tage. Es findet sich nämlich ein großer Fleck auf der Oberseite des Kopfes; ein zweiter, durch einen hellen Querstrich vor dem Stachel von dem ersten getrennt, am Grunde der Rückenflosse; ein dritter kleiner hinter der Rückenflosse, ein vierter und fünfter, querbandartiger, an der Fettflose und am Grunde der Schwanzflosse.. Nahe der Ober- und Unterkante der letzteren verläuft je ein schön aus- geprägter Streifen; schließlich ist der Pektoral - Stachel dunkel gefärbt. Die Bartel-Verhältnisse der Jungen sind die gleichen wie die des alten Stückes. Länge des großen Stückes 97 mm. 456. Rufu bei Korogwe; 22. IX. 1888. Außer dem größeren Stück noch vier kleine. Synodontis eurystomus Zfcfer. (Taf. 1 Fig. 5a, b.) Pfeffer, Stuhlmann p. 14. DR SSMERNIB.N VG 7, ATu1O8 Der Kopf ist stark niedergedrückt, das Abdomen unten flach, nach dem Rücken zu schmaler werdend, der Schwanz kräftig zusammen- gedrückt. Der Kopf nimmt "s der ganzen Körperlänge (ohne die Schwanzflosse) ein. Die Kiemenöffnung reicht bis an den Grund der Brustflosse. Das wesentlichste Merkmal dieser Art ist das ganz außer- ordentlich ausgebildete Saugmaul vermöge einer besonders starken Entwicklung der Lippen. Das Saugmaul ist etwas breiter als lang; seine Breite ist gleich "ı der Körperlänge (mit Schwanzflosse) und gleich der doppelten Querbreite der eigentlichen Mundspalte. Die Oberkiefer-Barteln haben noch nicht die Länge der Bauchflossen; sie reichen zurückgelegt bis unter das Auge. Die Unterkiefer-Barteln sind unverästelt; der äußere erreicht etwa ?%, der innere kaum °% von der 3l 160 Dr. Georg Pfeffer. Länge der Oberkiefer-Bartel. Die Oberkiefer-Zähne bilden zwei frei zu Tage liegende Flecke brauner, entfernt von einander stehender, zurückgebogener Stiftehen. Sie sind undeutlich in etwa drei Reihen angeordnet; die der hintersten Reihe sind die längsten. Die Unterkiefer- Zähne sind sehr kurz, bei beiden Stücken 8 an Zahl. Die Augen sind sehr klein und liegen auf der Oberfläche des Kopfes, sie smd von einander so weit entfernt, wie vom hinteren Nas- loche, dies ist von dem vorderen noch nicht um seinen eigenen Durch- messer entfernt. Die Mitte der Schnauze fällt mitten zwischen die beiden Naslöcher. Der Humeral-Prozeß ist eine kleine schmale Spitze. Der Anfang der Bauchflusse steht der Vertikal-Linie des Endes der Rückenflosse näher als dem Anfang der Afterflosse, welche mit der mäßig entwickelten Fettflosse zugleich beginnt und zugleich abschließt. Der Dorsal-Stachel zeigt auf der Vorderseite kurz vor der Spitze einige Unebenheiten, es sind nur 5 Dorsal-Strahlen vorhanden. Der Stachel (ler Brustflossen zeigt dieselbe Bildung wie bei der Rückenflosse, eme Zähnelung der inneren Kante ist nicht vorhanden. Schwanzflosse tief ausgeschnitten; der untere Lappen stärker. Grundfarbe und Bauch hell; die Oberfläche des Kopfes dunkel gewölkt, ebenso die Mittellinie des Rückens und die Gegend der Seitenlinie, sodaß dadurch mehr oder weniger deutliche Längsbänder entstehen. Die Flossen wenig gefärbt, nur die Caudalis an ihrem Ursprunge und auf jedem Lappen mit emem dunklen Fleck. Länge des größten Stückes 64 mm. 456. KRufu bei Korogwe; 22. IX. 1888. Zwei Stücke. Anoplopterus /fcffer (Stuhlmann p. 15). Die neue Gattung gehört in die Gruppe der Sıluridae Protopteri; wegen des Mangels von Fäden an den ziemlich weit von einander getrennten Naslöchern würde man sie zu der Unterfamilie der Pimelodinı zu ziehen haben. Fettflosse wohl entwickelt. Rückenflosse kurz, ohne Stachel. Brustflosse und Bauchtlosse von gleichem Habitus; beide ohne Stachel; der erste Strahl beider Paare ist ungetheilt und an seiner Basis stärker verdickt, nach außen trägt er emen breiten dünnen gegliederten Knorpel- rand. Analtlosse kurz, ohne Stachel. Sechs wohlentwickelte, sehr stark bandförmig niedergedrückte Barteln. Die Zähne stehen im Ober- und Unterkiefer im eimem breiten Bande. Die Naslöcher stehen um die Weite eines Augendurchmessers ausemander, beide mit einer häutigen Klappe. 6 Kiemenhautstrahlen. Kiemenhaut in der ventralen Mittellinie kräftig eingekerbt. Ostafrikanische Fische. 161 Anoplopterus uranoscopus Zfeffer (Taf. 2, Fig. 1, 2). Pfeffer, Stuhlmann, p. 16. BERATEN Gestalt vor der Rückenflosse stark niedergedrückt, spatelförmig, die Abdominalgegend dreiseitig prismatisch, die Schwanzgegend sehr stark zusammengedrückt. Die Höhe des Kopfes ist ?5s seiner Breite, die Länge (bis zum äussersten Ende der Kiemenspalte gemessen) etwas mehr als die Breite. Die kleinen Augen liegen völlig auf der Oberseite des Kopfes, um drei Längs-Durchmesser von einander entfernt. Die Naslöcher sind nicht ganz um einen Augendurchmesser von einander entfernt; das hintere liegt in der Mitte zwischen dem Schnauzenende und dem Auge, von letzterem etwa zwei Augendurchmesser entfernt. Die sehr breite Schnauze ist am Ursprung der Oberkiefer-Barteln halb so breit wie der Kopf. Die Barteln sind durchweg platt; die des Oberkiefers reichen zurückgeschlagen halbwegs zwischen Kiemenöffnung und Rücken- flosse, die äußeren Unterkiefer-Barteln bis zum oberen Ende der Kiemenspalte, die inneren bis zur Kiemenspalte in der ventralen Median- linie. Die dicke schleimige Haut des Kopfes läßt die Panzerung nicht gut beobachten; was davon zu sehen, ist auf der Fig. 2 ausgeführt. Der erste Strahl der Rückenflosse ist dünner und kaum starrer als die folgenden; an seiner Vorderkante trägt er einen ganz schmalen gegliederten Knorpelsaum. Das Ende der Rückentlosse steht dem Anfang der Bauchflosse etwa ebenso nahe, wie der Anfang der Rückenflosse dem Ende der Brustfiosse. Die Analflosse hat einen kleinen schwachen und noch sieben kräftigere Strahlen; sie beginnt etwas hinter der ziemlich langen aber niedrigen Fettflosse. Die direkt gemessene Entfernung zwischen dem Anfang der Rücken- und dem Anfang der Basis der Bauchflosse ist ein wenig größer als die Entfernung von hier bis zum Anfang der Afterflosse. Brust- und Bauchflosse sind von gleichem Habitus, insofern sie aus gleich gebauten, sehr breiten Strahlen bestehen; die Brust- flossen sind etwas größer. Der erste Strahl ist bei beiden Flossen- paaren in gleicher höchst eigentümlicher Weise ausgebildet. Derselbe ist ein einfacher gegliederter Knochenstrahl von geringer Starrheit, der proximal etwas stärker verdickt ist als die andern Strahlen. Längs seiner vorderen bez. äußeren Kante sitzt eine ziemlich breite, in der Mitte zur größten Breite entwickelte, scharfe, fein gefiederte Knorpel- platte auf, sodaß der Strahl dadurch ein lanzettliches Aussehen erhält; er ähnelt völlig einer einseitig entwickelten Feder, deren einzelne Fieder- strahlen hier durch Knorpelfäden dargestellt sind; die einzelnen, starren 39 11 162 Dr. Georg Pfeffer. und elastischen Fäden entsprechen der Gliederung der Axe des Strahles. Die Schwanzflosse scheint etwas ausgeschnitten zu sein. Die Farbe ist braun, oben dunkler gewölkt; die Bauchfläche des Kopfes und Abdomens farblos. Die Flossen sind dunkel gesäumt, am Grunde etwas heller. Länge des größten Stückes 150 mm. 430. Bach bei Ushonda (Ungüu); 6. IX. 1888. Zwei Stücke. 436. Bäder bei Mhonda; 6. IX..1888. Zwei junge Stücke. Saurida nebulosa Cuvier et Valeneiennes. Günther, Cat. V, p. 399. — Günther-Playfair, p. 116. — Klunzinger, Syn., p-. 591. — Day, p. 505; Fauna I, p. 411. 382. Changu-Riff; 6. XII. 1888. Zwei Stücke. 1010. Sansibar, Markt; April 1889; „bo& la mvuvi“. Ein Stück. = Barbus perince Früppell, Günther, Cat. Fish. VII p. 105. 19. Alexandria, Süßwasser-Graben. 47. Tümpel im Nilthal; 20. III. 1888. Sieben junge Stücke. Barbus macrolepis Zfefer (Taf. 1, Fig. 1a, b). Pfeffer, Stuhlmann, p. 17. D 3110-12. A. 8. L. 1. 25—27. L.t. 3, 1, 4% bis zur Ventralis 21). Durch die außerordentlich großen Schuppen und die vermehrte Anzahl der Strahlen in der Rückenflosse unterscheidet sich die neue Art leicht von allen bekannten. Das Körperprofil steigt bis zum Anfang der Rückenflosse schwach konvex und fällt dann ziemlich gradlinig bis zur Schwanzflosse. Die größte Höhe ist in der Länge ohne Schwanzflosse 3mal, in der Länge mit Schwanzflosse 3% mal enthalten. Die geringste Höhe des Schwanzes ist 213,— 2") mal in der größten Höhe des Leibes enthalten. Die Länge des Kopfes (bis an das Ende des Kiemendeckels) ist etwas mehr als 4 mal in der Länge des Tieres (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Schnauze ist ziemlich spitz, etwas länger als der Augendurchmesser und so lang wie die Breite des Raumes zwischen beiden Augen. Die Barteln sind gauz ausserordentlich klein uud dünn. Der Anfang der Bauchtlosse ist vom Anfang der Brustflosse und vom Anfang der After- flosse gleich weit entfernt; sie steht grade mitten unter der Rücken- flosse. Der Anfang der Rückenflosse liegt dem Schnauzen-Ende etwas näher als dem Anfang der Schwanzflosse. Der 3. Strahl der Rücken- flosse ist sehr lang, von da nimmt die Länge bis zum 9. und 10. Strahl derart ab, daß diese nicht viel mehr als ein Drittel der Länge des 3. bilden; die letzten Strahlen sind wieder etwas länger. Auf diese Weise ist die Rückenflosse ganz außerordentlich tief ausgeschnitten. Die Länge des 3. und 4. Strahles ist nur um eine Schuppenhöhe geringer 34 Ostafrikanische Fische. 163 als die größte Höhe des Leibes. Schwanzflosse stark ausgeschnitten. Der äußere Schuppenrand ') ist etwas ausgezogen; Radialstreifen auf der Innen- und Aussenhälfte der Schuppen sehr zahlreich, ziemlich unregelmäßig. Der Rücken und die obere Hälfte der Seiten violettbraun, Bauch und untere Hälfte des Kopfes grünlich-silbern. Der mittlere Bereich der Schwanzflosse, besonders gegen den oberen und unteren Rand zu, rot. Länge 136 mm. 380. Mbusini, Fluß Rukagura; 27. VIII. 1888. Vier Stück. 385. Ebendaher. Ein Stück. 433. Msere, Wami; 3. IX. 1888. Ein Stück. Barbus oxyrhynchus Z/efer. (Taf. 1, Fig. 2 a, b. Ueber die Fehler der Figuren s. Text.) Pfeffer, Stuhlmann, p. 18. D. 3/8. A.8. L.1. 27. L. t. 3!/a, 1, 2 (bis zur Bauchflosse). Die Höhe des Leibes ist gleich der Länge des Kopfes, 3'3 (ohne Schwanztlosse) und 4, mal (mit Schwanzflosse) in der Körperlänge enthalten. Die Höhe des Kopfes ist gleich der Länge ohne die Schnauze. Diese ist nicht ganz so lang wie der Augendurchmesser, der Inter- orbitalraum gleich dem Augendurchmesser. Die Barteln sind klein; die obere bleibt zurückgeschlagen um die Hälfte ihrer Länge vom vorderen Augenrande entfernt; die untere reicht noch nicht bis zur Vertikal-Linie des hinteren Pupillenrandes. Die Schnauze ist stark konvex, nirgends warzig, die Mundspalte wenig schräg, die starke Oberlippe vorragend; das Auge sehr groß, 's der Kopflänge. Der Anfang der Rückenflosse ist gleich weit vom Schnauzen- Ende und vom Anfang der Schwanzflosse entfernt. Die Brustflossen reichen bis zum Anfang der Bauchflossen; die letzteren bleiben um Vs ihrer Länge von der Analflosse entfernt. Die Rückentlosse steht ganz wenig vor dem Anfang der Bauchflossen. Der dritte Stachel der Rückenflosse ist länger als der Kopf, sehr stark und völlig glatt. In der Abbildung ist er nach unten zu dünn dargestellt. Die Schwanz- flosse ist sehr tief ausgeschnitten. Die Schuppen sind groß und so zart, daß sie mit bloßem Auge nicht zu sehen sind; (in der Abbildung sind die Konturen zu dick geraten). Sie sind am freien Rande ziemlich stark ausgezogen; auf der freien Hälfte zeigen sie ziemlich viel, auf der inneren ganz wenig und schwach ausgeprägte Radialstreifen. 1) Beiden Beschreibungen und Abbildungen der Schuppen ist immer eine Schuppe vom vorderen Drittel des Körpers aus der Reihe oberhalb der Seitenlinie verwandt. | 35 IL* 164 Dr. Georg Pfeffer. Die Seitenlinie steigt von ihrem Anfange oben am Kiemendeckel sehr schräg herab und erreicht ihren untersten Stand unter dem Anfang der Rückenflosse; ihr Abstand von der Bauchflosse ist noch nicht halb so weit als von der Rückenflosse; zwischen Seitenlinie und Bauchflosse finden sich drei Schuppen, von denen die beiden unteren kleiner sind, als die obere. Die Verhältnisse der Seitenlinie sind auf der Zeichnung leider ganz verfehlt. Die Farbe ist oben und unten. grünlich; die Seiten des Körpers werden von einem sehr breiten, fast die ganze Höhe einnehmenden, silbernen Streifen eingenommen, ebenso glänzen die Seiten des Kopfes, besonders der Kiemendeckel, stark silberig. Die Rückenlinie entlang läuft meist ein dunklerer Streifen. Die Basis der Rückenflosse und das Ende der Seitenlinie an der Basis der Schwanzflosse sind ebenfalls dunkel. Rücken- und Schwanzflosse zeigen eine sehr feine, von den einzeln stehenden Chromataphoren herrührende Punktierung, die anderen Flossen sind farblos. Länge des größten Stückes 64 mm. . 459. Rufu bei Korogwe; 27. IX. 1888. Acht Stücke, meist jung. Diese Art ist an dem scheinbaren Fehlen der Schuppen, den silbernen Körperseiten und dem starken, ungesägten Stachel leicht zu erkennen. Barbus nigrolinea Zfeffer (Taf. 1, Fig. 3a, b; die Bauchflosse ist falsch gezeichnet). Pfeffer, Stuhlmann, p. 19. — Hilgendorf, Sitzb. naturf. Fr. 1891, p. 19. D. 3/7. A.8. L. 1.25. L. t. 4lj. 1. 21/a (bis zur Bauchflosse). Körpergestalt mäßig schlank; die Höhe des Körpers ist gleich der Länge des Kopfes und 3V2 mal in der Länge des Körpers ohne Schwanzflosse, 42% mal in derselben Länge mit Schwanztlosse enthalten. Die Höhe des Kopfes ist gleich der Länge desselben von der Schnauzen- spitze bis zum vorderen Rande des Kiemendeckels. Die Länge des Auges ist gleich der des Kiemendeckels, dreimal in der des Kopfes enthalten und etwa so lang wie die Schnauze; die Breite des Inter- orbitalraumes ist etwa das anderthalbfache der Augenhöhe. Die Barteln sind von mäßiger Länge; die untere gleich dem Augendurch- messer, etwa um Vs länger als die obere, diese reicht zurückgelegt bis an den Vorderrand, die untere bis über den Hinterrand der Pupille. Der Ober- und Unterrand der kurzen stumpfen Schnauze konvergieren gleichmäßig, sodaß die Mundspalte sehr stark nach vorn und oben ansteigt. Die Lippen sind ziemlich dünn, die obere überragt die untere nach vorn, Tuberkel finden sich nicht auf der Schnauze, 36 Östafrikanische Fische. 165 Die Entfernung des Anfanges der Rückenflosse von der Schnauzen- spitze ist gleich der Entfernung bis zum Grunde der Schwanzflosse. Die Brustflossen reichen mit ihrer Spitze bis zum Grunde der Bauch- flossen, und diese sind um ein etwas größeres Stück vom Anfang der Analflosse entfernt. (In der Zeichnung sind die Bauchflossen versehentlich um mindestens 2 mm zu weit nach vorn gerückt.) Die Rückenflosse steht um ein weniges hinter den Bauchflossen. Die Höhe des dritten Strahles der Rückenflosse ist so groß wie die Länge des Kopfes. Derselbe ist stark und breit und trägt auf der Hinterseite eine sehr saubere und kräftige Zähnelung von gekrümmten Stacheln. Distalwärts von der Zähnelung wird der Stachel weich und biegsam. Die Farbe ist im ganzen oliven, am Rücken mehr nach braun ziehend, am Bauch heller. Längs der Mitte der Körperseite verläuft, gleich hinter dem Kopf beginnend, bis zur Schwanzflosse eine feine schwarze Linie, die hinten in einen kräftigen runden Fleck endigt. Die Rückenlinie vor der Rückenflosse zeigt einen dunkelbraunen Längs- streifen. Auf dem Rücken und den Körperseiten haben die einzelnen Schuppen am Grunde einen braunen Fleck. Die Seiten des Kopfes, besonders der Deckel, sind stark silberglänzend; auch die Schuppen der Körperseiten glänzen silberig, wenn auch nicht besonders stark. Die freie Hälfte der Schuppen zeigt einen etwa halbkreisförmigen Kontur mit etwa einem halben Dutzend regelmäßiger Radialstreifen; auf der festgewachsenen Hälfte finden sich einige regelmäßige, ziemlich weit von einander stehende Radialstreifen. Die Flossen sind im allgemeinen ungefärbt und zeigen nur eine feine schwärzliche Punktiernng von einzelnen Chromatophoren. Schwanz- flosse tief ausgeschnitten. Länge des größten Stückes 45 mm. 459. Rufu bei Korogwe; 27. IX. 1888 Acht meist junge Stücke. 930. Mopeia, Rio Quaqua; 19. I. 1889. Acht junge Stücke. Diese Art scheint der nächste Verwandte von B. caudimacula (Günther, Cat. Fish. VII p. 107, von Angola) zu sein. Barbus trimaculatus Peters. Peters, l. c. p. 55, Taf. XI, Fig. 4. — Pfeffer, Stuhlmann, p. 20. Diese durch ihre Färbung sehr charakteristische Art liegt ın größerer Anzahl von Stücken vor und ermöglicht dadurch eine Ver- vollständigung der Peters’schen Beschreibung dahin, daß auf eimer wenig ausgezeichneten, aber dem bei B. nigrolinea beschriebenen Mittel- striche der Körperseiten homologen Linie nicht drei sondern vier Flecke 37 166 Dr. Georg Pfeffer. stehen, insofern zwischen dem 2. und 3. der von Peters beschriebenen Flecke stets noch einer sich vorfindet; ferner findet sich stets ein schwarzer Fleck am Grunde der Analflosse. 459. Rufu bei Korogwe; 22. IX. 1888. Sieben Stücke. Unter den typischen Stücken fanden sich zwei, welche die charakteristische Zeichnung der Körperseiten nicht besaßen, dagegen dunklere Flossen und ganz kurze Barteln hatten, sonst aber in allem zu den anderen Stücken stimmten. Es scheint dies ein Unterschied des Geschlechtes zu sein. Barbus inermis Peters. Peters, 1. '©, p. 54,55, Taf. XI, Fig. 3. » 385, 386. Mbusine, Fluß Rukegura; %7. VIII. 1888. Zwei Stücke und sechs junge. Barbus laticeps Pfeffer (Taf. 1, Fig. 4 a, b, c.) D. 27.2 A.'8. L 1.28. L. t. 41, 1,°5%/5 (bis zur Ventralis 3). Die Höhe des Kopfes ist ein wenig größer als die Länge des- selben; sie ist 4/s—4"s2 mal in der Länge des Körpers ohne Schwanz- flosse und 5"6—5"» mal in derselben Länge mit Schwanzflosse enthalten. Die Höhe des Kopfes ist 1Y5 mal im seiner Länge enthalten; er ist stark niedergedrückt auf der dorsalen Fläche sehr breit. Das Auge ist sehr klein, "s der Kopflänge; der Interorbitalraum beträgt 21/3 Augendurchmesser. Die Schnauze ist länger als das Auge, ihre Länge 3!» mal in der des Kopfes enthalten. Das Profil des Kopfes vom Hinterhaupt bis zur Vertikale der Naslöcher ist eine grade Linie; das Profil der Schnauze steigt dann plötzlich in einen starken Bogen herab und bildet ein stumpfes Schnauzenende. Die Mundspalte steigt ziemlich schräg auf; die Lippen sind mäßig entwickelt. Der obere Bartfaden ist sehr kurz und reicht zurückgeschlagen bis an die Pupille, der untere ist lang und reicht bis zum Hinterrande des Vordeckels. Die Dorsalfläche des Kopfes und die Schnauze zeigen ganz kleine Warzenpünktchen; außerdem aber noch eine Anzahl größerer knopf- förmiger Warzen mit emgedrückter Mitte. Der Anfang der Rückenflosse ist von der Schnauzenspitze eben so weit entfernt wie von dem Anfang der Schwanzflosse. Die Bauchflosse steht der Afterflosse ein ganz wenig näher als der Brust- flosse. Der 1. Strahl der Analflosse ist vom Vorderrande des Beckenknochens ebenso weit entfernt, wie vom Anfang der Schwanzflosse. Die Rückenflosse steht hinter dem Anfang der Bauchflosse, und zwar um eine Schuppenreihe. | Der 1. schuppenförmige Strahl der Rückenflosse ist nicht aus- gebildet; der 2. (welcher sonst der 3. ist) ist stark, an seinem Hinterrande gesägt, distal in eine weiche, bieesame Spitze auslaufend, 38 ÖOstafrikanische Fische. 167 die Länge nicht ganz gleich der des Kopfes. Die freie Hälfte der Schuppen ist etwa halbkreisförmig gerundet, mit vielen Radialstreifen ; die festgewachsene Hälfte zeigt zugerundet rechtwinklige Seitenecken und wenige, sehr regelmäßige Radialstreifen. Die Farbe des Rückens ist ein tiefes Braun, die Seiten des Leibes sind silberig, jedoch von mäßigem Glanz: an den Seiten des Kopfes vermischen sich beide Farben; der Bauch ist hell. Bei dem jungen Tier findet sich ein schwarzer Fleck am Grunde der Schwanz- flosse. Die Flossen sind nur mit vereinzelten Chromatophoren bestanden. Länge des größten Stückes 70 mm. 443. Fluß Mdjonga bei Matomondo; 9. IX. 1888. Zwei Stücke und ein junges. Labeo Forskalii Riüppell. Günther, Cat. Fish. VII, p. 50. 437. Bach bei Mhonda, Ungüu; 6. IX. 1888. Zwei Stücke. 457. Rufu bei Korogwe; 22. IX. 1888. Viele Stücke. Alestes imberi Peters. Peters, 1. c, p. 66, Taf. XII, Fig 3. 415. Wami bei Msere, Usegua; 2. IX. 1888. Ein Stück. 385. Mbusini, Fluß Rukagura; 27. VII. 1888. Fünf Stücke. 380. Ebendaher. Alestes Rüppellii Günther. Günther, Petherick p. 243. 1818. Februar 1890. Kingani-Fluss. Ein Stück. * Hydrocyon spec. 466. Korogwe am Rufu; 12. IX. 1888. Das Gebiß der sehr kleinen Stücke ist nicht gut erhalten, so daß die Bestimmung vorläufig nicht endeültig vorzunehmen ist. Citharinus Geoffroyi Cuvier. Günther, Petherick p. 240. Ohne genauere Angaben. Ein Stück. Fundulus Güntheri nov. nom. F. orthonotus Günther (non Peters!) Günther-Playfair p. 118, pl. 17, f. 2, 3. Die vorliegende große Anzahl von Stücken läßt keinen Zweifel an ihrer Indentität mit den Günther’schen Stücken von Sansibar, ebenso wie zweifellos die Peters’sche Art von Mossambique (Moss. p. 61, Taf. 12, Fig. 1) eine ganz verschiedene ist. Die Form der Kiefer, der Mangel der Nebenkiemen und die vollständig verschiedene Gestaltung des Gebisses entfernen diese Art weit von dem Fisch, welcher Peters vorlag. An dieser Stelle mag vorläufig nur bemerkt sein, daß Nothobranchius orthonotus im Zwischen- und Unterkiefer mehrere Reihen von Zähnen besitzt, deren äußere und innere größere, nach innen gekrümmte Hakenzähne aufweist, und zwar finden sich 39 168 Dr. Georg Pfeffer. in der Außenreihe etwa 9, in der Innenreihe etwa 16 Hakenzähne in jeder Kieferhälfte; zwischen diesen beiden Reihen größerer Zähne scheinen nach dem Bilde noch ein bis zwei Reihen kleinerer Zähne zu stehen. Bei Fundulus Güntheri dagegen findet sich nur eine einzige, äußere Reihe größerer Hakenzähne, und zwar etwa 8 in jeder Kieferhälfte. Hinter dieser Reihe findet sich ein dichter Fleck ganz feiner beweglicher Sammetzähne, deren Anordnung in Reihen wegen ihrer Kleinheit und Dichtheit nicht festzustellen ist; die hintersten Zähne entwickeln sich zu einer etwas bedeutenderen Größe, aber sie bleiben immer fein und beweglich und bieten gar keine Ähnlichkeit mit dem Peters’schen Befunde, bei dem die Hakenzähne der hinteren Reihe im Oberkiefer diejenigen der Vorderreihe an Stärke noch übertreffen. Auch Hilgendorf identifiziert (Sitzungsber. Naturf. Freunde 1888 p. 78, 1891 p. 19) die Peters’sche und die Günther’sche Art. Da ich bei Gelegenheit der Bearbeitung der von Emin Pascha und Stuhlmann gemachten Ausbeute sowohl die Stücke, die Peters, wie diejenigen, die Hilgendorf vorgelegen haben, sehen werde, so werden sich die bestehenden Widersprüche in Bälde lösen. 353. Sansibar; 6. VIII. 1888. Viele Stücke. 510. Sansibar. 26. X. 1888. Viele Stücke. Belone choram Zorskal. Günther, Cat. VI, p. 239. — Playfair-Günther, p. 117. — Klunzinger, Syn., p. 578. — Day, p. 510, t. 118, f. 4. 355. Sansibar; 14. VI. 1889. Ein Stück. Hemirhamphus far Forskal. Klunzinger, Syn., p. 582. — Bleeker, Atl. VI, p. 54. — Day, p. 516, t. 120. f. 3; Fauna I, p. 424. H. Commersoni Cuvier. Günther, Cat. VI, p. 270. — Peters, Arch. Nat. 1855. — Playfair-Günther, p. 117. 196. Sansibar; 23. V. 1888. Zwei Stücke. Exocoetus evolans Zinn. Günther, Cat. VI, p. 282. — Playfair-Günther, p. 118. — Bleeker, Atl. VI, p. 69. — Day, p. 519, t. 120, f. 5; Fauna I, p. 429. 61. Rothes Meer, cc. 14° N. Br.; 5. IV. 1889. Ein Stück. Conger cinereus Züppell. Rüppell, Atl. Fische, p. 115, t. 29, f. 1. — Klunzinger, Syn., p. 607. C. altipinnis Kaup. Playfair-Günther, p. 125. C. Noordzicki Bleeker, Atl. Mur., p. %6, t. 23, f. 2. C. marginatus Valenciennes. Günther, Cat. VII, p. 38. Die charakteristischen nebligen Flecken an den Seiten des Leibes lassen an der Hierher-Gehörigkeit des Stückes keinen Zweifel. 1504. Tumbatu; 25. VIII. 1889. Gelblichweiß mit verwaschenen grauen Flecken und schwarzem Flossensaum. Ein Stück. 40 Östafrikanische Fische. 169 Muraenesox cinereus Forskal. Günther, Cat. VIII, p. 46. — Klunzinger, Syn., p. 608. M. bagio Peters, ‘Arch. Naturg. 1855, p. 270. — Bleeker, Atl. Mur., p. 24, %.'26, f. 2. M. singapurennis Bleeker, Atl. Mur., p. 25, t. 7, f. 2. Ohne No. Wahrscheinlich Kokotoni. Ein Stück. 1363. Bueni; 4. VIII. 1889. Zwei ganz junge Stücke. Anguilla labiata Peters. Peters, Moss., p. 94, t. 17. — Playfair-Günther, p. 124. — Günther, Cat. VIII, p. 26. 438. Teiche bei Mhonda, Ungüu; 6. IX. 1888; wird gegessen. Drei Stücke. Anguilla virescens Peters. Peters, Moss., p. 101, t. 18, f. 2. — Günther, Cat. VII, p. 35. 611. Sansibar, Tschueni-Bassin; 2. XII. 1888. Ein Stück. Ophichthys colubrinus Boddaert. Günther, Cat. VIII, p. 81. — Klunzinger, Syn., p. 610. — Day, p. 665, t. 167.1. 4° Waun3-];, p. 196. Ophisurus fasciatus Lae.; Bleeker, Atl. Mur., p. 64, t. 21, £. 1. 707. Sansibar, Kisimkasi, 9. XII. 1888. Ein Stück. Muraena pieta Anl. Bleeker, Atl. Tchth. Mur., -P.,87, 1..26,. 1.3. 141: 28) 1.35; t. 29, £. 1; t. 45, f. 3. — Playfair-Günther, p. 126. — Günther, Cat. VIII, p. 116. 1169. Baui; 2. VII. 1889. Ein ganz junges Stück. 1175. Baui; 2. VII. 1889. Ein Stück. 1487. Tumbatu; 24. VIII. 1889. Ein junges Stück. Öhne Bezeichnung. Vier junge Stücke. Muraena nebulosa Ahl. Günther, Cat. VIII, p. 130. — Klunzinger, Syn., p. 618. — Day, p. 673, t. 172, £. 2; Fauna I, p. 83, fig. 33. M. (Echidna) variegata, Bleeker, Atl. Mur., p. 80, t. 24, f. 2. — Peters, Wiegm. Arch., 1855, p. 270. 1070. Insel Baui; 25. VI. 1889. Zwei Stücke. 1308. Insel Baui; 14. VII. 1889. Ein junges Stück. 1363. Bueni-Riff; 4. VIII. 1889. Sechs ganz junge Stücke. Syngnathus flavofasciatus Züppell. Rüppell, N. Wirb., p. 144. — Klunzinger, Syn., p. 649. S. conspieillatus Jenyns Voy. Beagle Fishes, p. 147, t. 27, f. 4. — Günther, Cat. VIII, p. 174. — Day, Suppl., p. 808; Fauna II, p. 463. 1556, 1557. Tumbatu; 28. VIII. 1889. Vier Stücke. Syngnathus brevirostris Aüppell. Rüppell, N. Wirb., p. 144. — Günther, Cat. VIII., p. 167. — Klunzinger, Syn., p. 652. 1312. Baui, 14. VII. 1889. Ein Stück. 41 170 Dr. Georg Pfeffer. Gastrotokeus biaculeatus Bloch. Bloch, Ausl. Fische IV, p. 10, t. 121, f. 1, 2 (Syngnathus). — Bloch- Schneider, p. 515, t. 107 (Syngnathus). — Peters, Arch. Nat. 1855, p. 277. — Günther, Cat. VIII, p. 194. — Klunzinger, Syn., p. 653. 596. Sansibar, Insel Changu; 1. XII. 1888. Sieben Stücke. 1028. Sansibar, Strand; 13. VI. 1889. Ein Stück. Hippocampus fuscus Zrüppell. Rüppell, N. Wirb., p. 143, t. 33, f. 3. — Günther, Cat. VIII, p. 198. — Klunzinger, Syn., p. 658. 1363. Bueni-Riff; 4. VIII. 1889. Ein trächtiges -f, ein Junges. 1679. Tumbatu, S. W.-Riff; 11. IX. 1889. „Hell braungrau mit großen violetschwarzen Flecken“. Ein Stück. Balistes stellaris Dloch Schneider (stellatus Lae.). Günther, Cat. VIII, p. 222. — Bleeker, Atl. V,. p. 105; Balistes, t. 1 (Leiurus). — Playfair-Günther, p. 135. — Klunzinger, Syn., p. 644. — Day, p. 687, t. 177, f. 1; Fauna II, p. 473, Fig. 171. 1013. Sansibar, Markt; April 1889; „kikanda“. Ein Stück. 1192. Baui; 2. VII. 1889. Zwei Stücke. Balistes fuscus Bloch Schneider. Günther, Cat. VII, p. 222. — Klunzinger, Syn., p. 623, 624. — Day, p: 690, t. 178, f. 4; Fauna II, p. 477. B. chrysospilos Bleeker, Atl. V, p. 111, Bal. t. 11, £. 3. B. coerulescens Rüppell, Atl. Fische, p. 32, t.7, f.2. — Playfair-Günther. Ein Stück ohne näheren Fundort. Balistes aculeatus Zinnd. Günther, Cat. VIII, p. 223. — Bleeker, Atl. V, p. 120, Bal. t. 2, f.3. — Playfair-Günther, p. 134. — Day, p.690, t. 178, f.3; Fauna Il, p. 478. 1740. Insel Muemba; 28. IX. 1889. Zwei Stücke. Monacanthus tomentosus Zinne. Günther, Cat. VII, p. 238. — Bleeker, Atl. V, p. 127; t. 220, £. 1; t. 229, f. 1. — Day, Suppl., p. 808; Fauna II, p. 482. 62. Suez; 28. IIl. 1888. Zwei Stücke. 602. Sansibar, Riff; 1. XII. 1888. Vier junge Stücke. 641, 642. Sansibar, Changu-Riff; 1. XU. 1888. Ein Stück. 1029. Sansibar, Strand; 13. VI. 1889. Ein junges Stück. Ostracion cubicus Zinn. Günther, Cat. VIII, p. 260. — Klunzinger, Syn., p. 535. — Day, p. 696, t. 181, f. 3; Fauna Il, p. 485. OÖ. tetragonus Linng; Bleeker, Atl. V, p. 39, t. 201, f. 2; t. 203, f. 2. — Playfair-Günther, p. 129. 673. Sansibar, Changu-Riff; 6. XN. 1888. Zwei kleine Stücke. 1468. Kokotoni; 23. VIII. 1889; „braungrau mit schwarzen, grau gekernten Flecken, Flossen rostgelb, Schwanz graubraun“. Ein Stück. 42 Östafrikanische Fische. iräl Ostracion cornutus Zinn. Günther, Cat. VIII, p. 265. — Day, p. 697, t.176, f.4; Fauna II, p. 486. O. argus Bleeker, Atl. V, p. 35, t. 202, f. 3; t. 204, f. 4. — _Playfair- Günther, p. 129. 644, 645. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Ein kleines Stück. Ohne nähere Bezeichnung: Ein großes und ein kleines Stück. Tetrodon Bennettii Dleeker. Günther, Cat. VIII, p. 301. T. ocellatus Bleeker, Atl. V, p. 80, t. 214, f. 5. 638—640. Changu-Riff; 1. XlI. 1888. Ein Stück. Tetrodon maıgaritatus Züppell. Rüppell, Atl. Fische, p. 66. — Playfair-Günther, p. 133. — Bleeker, Atl. V, p. 81, t. 213, f.4. — Günther, Cat. VII, p. 300. — Klunzinger, Syn., p. 646. — Day, p. 707; Fauna I, p. 497. T. papua Günther, Cat. VIII, p. 301. T. insignitus Richardson, Voy. Samarang Fish., p. 20, t. 9, f. 1, 2. T. ocellatus Peters, Arch. Nat. 1855, p. 274. 667. Sansibar, Changu-Riff; 6. XII. 1889. Ein Stück. 1337. Sansibar; Juni 1889. Ein Stück. Tetrodon hypselogeneion Bleeker. Bleeker, Atl. V, p. 61, t. 213, f. 5. — Günther, Cat. VIII, p. 277. T. Honkenii Rüppell, Atl. Fische, p. 65, t. 17, f. 2 (non Bloch). ? T. poecilonotus Klunzinger, Syn., p. 637. Sämtliche Stücke zeigen die breiten schwarzen Streifen an der Grenze der Farbe des Rückens und der Seiten. 601. Sansibar; 1. XII. 1888. Drei Stücke. 638—640. Changu-Riff; 1. XII. 1888. Ein Stück. 1337. Sansibar; Juni 1889. Zwei Stücke. Tetrodon Valentinii lecker. Bleeker, Atl. V, p. 80, t. 208, f. 1. — Günther, Cat. VII, p. 305. — Playfair-Günther, p. 132. T. taeniatus Peters, Arch. Nat._1855, p. 275. 638—640. Sansibar, Changu-Riff; 1. XII. 1888. Drei Stücke. 675. Sansibar, Changu-Riff; 6. XII. 1888. Vier Stücke. Tetrodon hispidus Zacepöde. Richardson, Voy. Samarang Fish., p. 17, t.9, f. 3, 4. — Günther, Cat. VII, p- 297. — Klunzinger, Syn., p. 641. — Day, p. 706, t. 183, f. 2; Fauna I, p. 49. T. semistriatus Rüppell, N. Wirb. Fische, p. 58, t. 16, f. 3. T. laterna Playfair-Günther, p. 131. — Bleeker, Atl., t. 205, f. 3. 1562. Tumbatu; 28. VIII. 1889. Zwei Stücke. Chilomycterus Galorii Dianconi. Günther, Cat. VIII, p. 309. Diodon retieulatus Playfair-Günther, p. 130 (ohne die Synonyme). 1520. Tumbatu; 25. VIII. 1889. Zwei Stücke. Ein Stück ohne Nummer und Fundort. 43 172 Dr. Georg Pfeffer. Systematisches Inhalts-Verzeichnis. I. Unter-Klasse. Palaeichthyes. 1. Ordnung. Plagiostomi. Fam. Seylliadae. Stegostoma tierinum Gm., p. 132. Fam. Trygonidae. Taeniura Iymna Forsk., p. 132. 2. Ordnung. Ganoidei. “am. Sirenidae. Protopterus anguilliformis Owen, p. 133. II. Unter-Klasse. Teleostei. 1, Ordnung. Acanthopteri. Fam. Percidae. Serranus boelang Cuv. Val., p. 133. —_ Hoevenii Bleek., p. 133. — areolatus Forsk., p. 133. —_ Howlandii Gthr. var., p. 133. Dules argenteus Benn., p. 133. — rupestris Lac., p. 133. Pristipoma stridens Forsk., p. 134. Diagramma pietum Thunb., p. 134. Scolopsis bimaculatus Rüpp., p. 134. — ehanam Forsk., p. 134. Synagris celebieus Bleek. p. 134. Caesio striatus Rüpp., p. 134. Apogon fasciatus White, p. 134. — (Apogonichthys) auritus Cuv. Val., p. 135. — (Archania) sansibarieus nov. spec. p. 135, Taf. 3, Fig. ? 44 rt Östafrikanische Fische, 173 Fam. Chaetodontidae. Chaetodon trifasciatus Mungo Park, p. 136. — melanotus Bloch Schn., p. 136. —_ lunula Cuv. Val., p. 136. —_ zanzibaricus Playf., p. 136. Heniochus macrolepidotus L., p. 136. Holacanthus semicireulatus Cuv. Val., p. 136. _ _ var, alternans Cuv. Val., p. 137. Fam. Mullidae. Parupeneus barberinus Lac., p. 137. — macronema Lac., p. 137. Fam. Sparidae. Lethrinus nebulosus Forsk., p. 137. — acutus Klunz., p. 138. — mahsenoides Cuv. Val., p. 138. Sparus (Pagrus) spinifer Forsk., p. 138. Fam. Scorpaenidae. | Scorpaena sansibarensis Playf., p. 138. Pterois (Dendrochirus) brachypterus Cuv. Val., p. 138. — volitans L., p. 138. Synanceia verrucosa Bloch Schn., p. 138. Micropus unipinna Gray, p. 138. Fam. Teuthidae. Teuthis sigan Forsk,, p. 139. — stellata Forsk., p. 139. Fam. Beryecidae. Myripristis murdjan Forsk., p. 139. Holocentrum spec., p. 139. — diadema Lac., p. 139. Fam. Seiaenidae. Ötolithus argenteus Cuv. Val., p. 139. Fam. Acanthuridae. Acanthurus (Rhombotides) gahm Forsk., p. 140. Naseus annulatus Q. G., p. 140. Fam. Garangidae. Caranx (Selar) macrophthalmus Rüpp, p. 140. Platax teira Forsk., p. 140. Zanclus cornutus L., p. 140. Gazza argentaria Forst., p. 140. Fam. Scombridae. Echeneis naucrates L., p. 140. Fam. Cottidae. Platycephalus longiceps C. V., p. 140. Dactylopterus orientalis C, V., p. 140. 45 174 Dr. Georg Pfeffer. Fam. Gobiadae. Gobius caninus C. V., p. 141. — giuris Ham. Buch., p. 141. — albomaeulatus Rüpp., p- 141. Salarigobius Stuhlmannii nov. spee., p. 141, Taf. 3, Fig. 6. Gobiodon rivulatus Rüpp., p. 142. Periophthalmus Koelreuteri Pall., p. 142. Eleotris Klunzingerii nov. spec, p. 142, Taf. 3, Fig. 8. Callionymus marmoratus Pet., p. 143. — filamentosus C. V., p. 143. Fam. Blenniadae. Salarias caudolineatus Günth., p. 143. — quadricornis C. V., p. 148. — ceyanostigma Bleek., p. 143. — Dussumierü C. V., p. 143. — Steindachnerii spec. nov., p. 148, Taf. 3, Fig. 3. Haliophis guttatus Forsk., p. 145. Fam. Sphyraenidae. Sphyraena chrosytaenia Klz., p. 145. Fam. Fistulariadae. Fistularia serrata Cuv., p. 145. Amphisile punctulata Bianc., p. 149. Fam. Anabatidae. Utenopoma multispine Pet., p. 145. 2. Ordnung. Pharyngognathi. Fam. Pomacentridae. Amphiprion bieinetus Rüpp., p- 149. Pomacentrus annulatus Pet., p. 145. — lividus Forst., p. 146. Glyphidodon antjerius Kuhl Hass., p. 146. _ _ var. unimaculatus C. V., p. 146. — = var. biocellatus C. V., p. 146. — saxatilis L. var. coelestinus C. V., p. 146. — septemfasciatus ©. V., p. 146. — sparoides C. V., p. 146. —_ modestus Schleg., p. 146. Heliastes lepidurus C. V., p. 147. Fam. Labridae. Platyglossus javanicus Bleek. var., p. 147. Hemigymnus melanopterus Bl., p. 147. Novacula macrolepidota Bl., p. 147. Gomphosus eoeruleus Lac., p. 147. 46 Ostafrikanische Fische, Julis dorsalis Q. G., p. 147. — hebraica Lac., p. 147. Cheilio inermis Forsk., p. 148. Cymolutes praetextatus (). G., p. 148. Pseudoscarus Forskali? Klunz., p. 148. — spec., p. 148, Fam. Chromidae p. 148. Chromis niloticus Hasselqu., p. 149, Taf. 3, Fig. 1, 2, 4. — __vorax spec. nov., p. 151, Taf. 2, Fig. 9—11. Ötenochromis pectoralis spec. nov., p. 153, Taf. 2, Fig. 3, 4, 7. — strigigena spec. nov., p. 155, Taf 2, Fig. 5, 6, 8. d. Ordnung. Anacanthini, Fam. Pleuronectidae. Pseudorhombus spec., p. 157. Rhomboidichthys pantherinus Rüpp., p. 157. — myriaster Schleg., p. 157. Pardachirus marmoratus Lae., p. 157. 4. Ordnung. Physostomi. Fam. Siluridae. Clarias gariepinus Burchell, p. 157. — mossambicus Pet., p. 157. Plotosus anguillaris Bloch, p. 157. Eutropius depressirostris Pet., p. 158. Heterobranchus speec., p. 158. Synodontis schal Bl. Schn., p. 158. — zambezensis Pet., p. 158. — nebulosus Pet., p. 158. — eurystomus Pffr, p. 159, Taf. 1, Fig. 5a, b. Anoplopterus uranoscopus Pffr, p. 161, Taf. 2, Fig. 1, 2. Fam. Scopelidae. Saurida nebulosa C. V., p. 162. Fam. Cyprinidae. Barbus perince Rüpp., p- 162. — macrolepis Pffr, p. 162, Taf. 1, Fig. la, b. — oxyrhynchus Pffr, p. 163, Taf. 1, Fig. 2a, b. — nigrolinea Pffr, p. 164, Taf. 1, Fig. 3a, b. — trimaculatus, Pet., p. 169. — inermis Pet., p. 166. — laticeps Pffr, p. 166, Taf. 1, Fig. 4a, b, c. Labeo Forskalii Rüpp., p- 167. Fam. Characinidae. Alestes imberi Pet., p. 167. Alestes Ruppellii Gthr., p. 167. ? Hydrocyon spec., p. 167. Citharinus Geoffroyi Cuv., p. 167. 47 176 Dr. Georg Pfeffer. Fam. Cyprinodontidae. Fundulus Güntheri nov. nom., p. 167. Fam. Scombresocidae. Belone choram Forsk., p. 168. Hemirhamphus far Forsk., p. 168. Exocoetus evolans L., p. 168. Fam. Muraenidae. Conger einereus Rüpp., p-. 168. Muraenesox cinereus Forsk., p. 169. Anguilla labiata Pet., p. 169. — virescens Pet., p. 169. Ophichthys colubrinus Boddaert, p. 169. Muraena pieta Ahl, p. 169. — nebulosa Ahl, p. 169. 5. Ordnung. Lophobranchii. Fam. Syngnathidae. Syngnathus flavofasciatus Rüpp-, p- 169. — brevirostris Rüpp., p. 169. Gastrotokeus biaculeatus Bl., p. 170. Hippocampus fuseus Rüpp., p. 170. 6. Ordnung. Pleetognathi. Fam. Balistidae. Balistes stellaris Bl. Schn., p. 170. — 2 fuscus 'Bl.'Schn., p. 170. — 77 aculeatus 'L., p. 170; Monacanthus tomentorus L., p. 170. Östracion eubicus L., p, 170. — cornutus L., p. 171. Fam. Tetrodontidae. Tetrodon Bennettü Bleek., p. 171. _ magaritatus Rüpp., p. 171. — hypselogeneion Bleek., p. 171. _ Valentinii Bleek., p. 171. = hispidus Lac., p. 171. Chilomycterus Calorii Biane, p. 171. 48 Figuren-Erklärung. 77 Figuren-Erklärung. Tafel 1. Fig. 1a. Barbus macrolepis Pfeffer. — 1b. Schuppe '!). Fig. 2a. Barbus oxyrhynehus ?) Pfeffer. — 2b. Schuppe. Fig. 3a. Barbus nigrolinea?) Pfefter. — 3b. Schuppe. Fig. 4a. Barbus laticeps Pfeffer. — 4b. Kopf von oben. — 4c. Schuppe. Fig. 5a. Synodontis eurystomus Pfeffer. Kopf von unten. | Oo = Tafel 1. Anoplopterus uranoscopus Pfeffer. Kopf von oben. Ctenochromis peetoralis Pfeffer. Kopf von oben. Ctenochromis strigigena Pfetter. Kopf von oben. Schuppe von Ctenochromis pectoralis Pfetter. - = _ strigigena Pfeffer. Chromis vorax Pfeffer. Kopf von oben. Schuppe. m. ISSN DErIEEn Tafel II. Chromis nilotieus Hasselqu. Schuppe. Salarias Steindachnerii Pfeffer. Kopf des Chromis nilotieus von oben. Apogon sansibarieus Pfeffer. Salarigobius Stuhlmannii Pfeffer. Bauchflossen, von unten gesehen. Eleotris Klunzingerii Pfeffer. | RR ) Sämtliche abgebildeten Schuppen sind dem vorderen Körperdrittel und der Reihe oberhalb der Seitenlinie entnommen. 2) Ueber einige Fehler der Abbildung s. Text. ‚Jahrbuch.d. Hamburg. wissensch. Anstalten X.2. Tale SS Sn ul Sn N E. Stender del.et lith Druck v Lütcke & Wulff. G.Pfeffer, Ostafrikanische Fische. Jahrbuch der Hamburg wissensch. Anstalten XI. TKoreimlr E. Stender del et lıth. Druck v. Lütcke & Wulff G. Pfeffer Ostafrik. Fische. Jahrbuch d. Hamb. wissensch. Anstalten X,II. Taf. Hi. NKY wi Dez h Druck v. Lütcke & Wulf ö E.Stender del et lith G.Pfeffer, Ostafrıkanische Fische. Hymenopteren von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelt. Determinirt und beschrieben von Franz Friedr. Kohl, Custos-Adjunet am k. k. naturhistorischen Hofmuseum in Wien. Mit einer Tafel. Fam. Apidae. Apis L. l. A. caffra Lep. Sansibar (9. V. 1888 —$). Xylocopa Latr. 20) . X. conjuneta Smith. Bagamoyo (25. VI. 1888 — 4"). 3. X. trepida Fabr. Kokotoni (25. IX. 1589 — 2). Mbusini (Usegua — 28. VII. 1888 — Q). 4. X. nigrita Fabr. Bagamoyo (25. VI. 1888 — 9). 5. X. caffra Klg. Quilimane (6. III. 1889—-2; 3. IX. 1888 — 9; 2. U. 1889 — 2). Sansibar (Juli 1888 — Q). 6. X. sp.? Nahezu von der Grösse der X. caffra von ihr durch die weisse Behaarung des Kopfes und die gelbe des ganzen Thorax- rückens und der Mesopleuren verschieden. Bei Vergleichung des Gesichtes fällt bei dieser Art die geringere Breite auf. Denkt man sich hinten an den hinteren Nebenaugen über den Scheitel eine Linie gelegt, welche jederseits bis zu den Netzaugenrändern reicht und eine andere, welche die inneren unteren Augenecken verbindet, also über den Kopfschild gezogen erschemt, so bilden diese Linien mit den inneren Augenrändern ungefähr ein Quadrat. Bei caffra bilden diese Linien ein entschiedenes queres Rechteck und zwar wegen der grösseren Stirnbreite. Bei caffra sind überdies die Flügel gleichmässig braunschwarz gefärbt, während bei der fraglichen Art die Flügelbasis etwas lichter ist als die Apicalhälfte. Besser als caffra Lep. passt die Beschreibung von X. calens Lep. auf unsere Art und zwar in Bezug auf die Farbe der Thorax- behaarung und die Flügeltrübung; X. sp.? weicht jedoch in der Farbe 3 182 Franz Friedr. Kohl. der Kopfbehaarung entschieden ab; ob man sie als Abänderung von ealens auffassen muss, kann nur ein monographisches Studium der aestuans-Gruppe entscheiden. Länge 19—20 mm. 9 Mbusini (Usegua — 28. VIII. 1888 — 3 2). 7. X. Stuhlmanni Kohl. n. sp. Gehört gleichfalls m die aestuans-Gruppe. Sie ist kleiner als vorhergehende Art (15—16 mm. lang), schwarz. Gesicht und Schläfen weiss behaart. Brustkasten oben hinter der Linie, die man sich hinter den Flügelschuppen quer über das Mesonotum gezogen denkt, dicht soldgelb behaart. Endsegment in der-Mitte mit dichtstehenden rost- farbigen Börstchen. Die übrige Behaarung ist schwarz oder braun- schwarz, einzelne weisse Haare an der Hinterseite der Vorderschienen abgerechnet. Flügel schwarzbraun mit blauem und violettem Glanze, Apical- rand etwas dunkler als die Scheibe. Der geringste Abstand der Netz-Augen auf dem Scheitel und am Kopfschilde ist so ziemlich gleich gross. Das Gesicht zwischen diesen Abstandslinien und den inneren Augenrändern ist so ziemlich sleich hoch als breit. Zweites Geisselglied unbedeutend länger als die beiden nächstfolgenden Glieder, jedoch kürzer als die 3 folgenden zusammen. Quilimane (6. HI. 1889 — 19). Bagamoyo (Febr. 1890 — 19). Megachile Latr. 8. M. combusta Smith.? Sansibar (2. VI. 1888 — 7 2). Bohrt nach Stuhlmann grosse Gänge in Holzbalken. — Eime sichere Bestimmung ist bei der knappen Smith’schen Beschreibung unmöglich, Es dürften daher einige Angaben von plastischen Merkmalen zur Erkennung dieser Thiere von Nutzen sein. Das Gesicht (Fig. 6) ist ungefähr gleich lang wie breit. Der Kopfschild ist nur wenig gewölbt, sein Vorderrand zeigt nur in der Mitte einen kleinen stumpfen mitten schwach ausgerandeten Vorsprung, sonst keine Auszeichnung, wie man sie bei Megachile-Arten so häufig findet. Form der Oberkiefer: Fig. 6. Das zweite Geisselglied und auch das dritte ist kaum länger als das erste, jedes von ihnen deutlich kürzer als das vierte, welches kaum so lang als breit erscheint (Fig. 3). Klauen unbezahnt. Flügel getrübt, am Apicalrand dunkler als auf der Scheibe. Hymenopteren. 183 Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Art auch in Stücken vorkommt, bei denen das zweite Hinterleibssegment ') wie die folgenden Ringe fuchsroth behaart ist. Darauf hin deuten fuchsrothe Haare am Hinterrande. Länge 20—23 mm. Fam. Sphegidae, Philanthus Fabr. 9. Ph. triangulum Fabr. Cairo (Nilthal — 20. III. 1888. 9). Liris Fabr. 10. L. haemorrhoidalis F._ Ponguö (Usegua — 24. VI. 1888 — Q). Sceliphron Klug (= Pelopoeus Latr.) 11. Se. spirifex L. Quilimane (28.1. 1889). Mbusini (Usegua -— 29. VII. 1888 — 9). Korogwe (23. IX. 1888 — 9). Kikoko (Usaramo — 18. VIII. 1888 — 2). 12. Se. brachystylus Kohl (?) — Das vorliegende Weibchen stammt von Quilimane (6. Ill. 1889); bei ihm erschemt das 2. und 3. Geisselglied so ziemlich gleich lang. Eine Vergleichung mit dem typischen Stücke welches sich im Berliner Museum befindet, ist mir derzeit nicht möglich. Sphex Z. 13. Sph. (Chlorion) xanthocerus Illis var. maxillarıs Pal. Mozambique (4. I. 1889 — 2). 14. Sph. (Chlorion) xanthocerus Illig var. 2 Kohl („Die Hymenopterengruppe der Spheeinen“ — Annal. d. k. k. naturhist. Hofmuseums. Bd. V. 1890. p. 185). Bagamoyo (1890 — 9). 15. Sph. (Harpactopus) aegyptius Lep. Bagamoyo (1890 — 1 PD). 16. Sph. umbrosus Christ. var. metallica Taschenbg. Bagamoyo @72 VL..1888 — N). Ampulex Jur. 17. A. compressa Fabr. Sansibar (8. VI. 1888 — 2). 29, VII. 18. A. sibirica Sauss. (Fabr.?). Mbusini (Usegua 1869 ri]. 1) Hier wird das Mittelsegment als erster Hinterleibsring aufgefasst. - [9] 184 Franz Friedr. Kohl. Fam. Pompilidae, Salius Fubr. 19. S. (Cyphononyx) Bretonii Guer. Pompilus Bretonii Guer: Magasin de Zoologie. Ins. Pl. 115, Fig. 2 und 2a. ' (non 2) 1843. Bagamoyo (23. VI. 1888 — g'). Sansibar (Juli, 18388 — A). Guerin gibt in seiner Beschreibung an, dass sich das Weibchen von Bretonii durch bezahnte und nicht bifide Klauen vom Männchen unterscheide (les tarses son termines par une petite pelote velue et par deux crochets arques, aigus, armes, A leur cöte interne et vers le milieu, d’une forte dent partant de la base et les rendant bifides chez les mäles, et n’offrant qu’une petite dent au milieu du cöte interne, chez les femelles). Offenbar gehören diese Weibchen zu einer anderen Art als die Männchen von Bretonii und zwar zu einer Art aus der Salzus-Gruppe: Priocnemis. Zu dieser Ansicht drängt mich der Umstand, dass das k. k. naturhist. Hofmuseum in Wien zweifellos zu S. Bretonii X! gehörige Weibchen besitzt, die sich gleichfalls durch bifide Klauen auszeichnen. 20. S. (Mygnimia) Distanti Sauss. (= fallax Sauss. 2) — „Distant.““ A Naturalist im the Transvaal. Hym. p. 220—221. Mhonda (Unguru — 6. IX. 1888 — 9). Diese Art ist in der Grösse und der Ausdehnung der gelben Färbung auf dem Thorax und dem Hinterleibsende ziemlich veränderlich. Das einzige vorliegende Weibchen 'hat nur eme Länge von 20 mm. Die gelbe Färbung erstreckt sich bei ihm auf den Kopf, den Prothorax, die Mesopleuren und das Mesasternum, die ganzen Beine und die beiden letzten Hinterleibsringe. Die Platte, welche das Pulvillum der Klauen schützt, ist sehr stark entwickelt und überragt sogar die Ballen ein wenig. Der Hinterleib zeigt zerstreute kleine Punkte. Die Fühler sind ziemlich kräftig. Das dritte Geisselglied verhält sich an Länge zum zweiten fast wie 2:3. Die Radialzelle der Vorderflügel endigt am Ende breit. Die dritte Cubitalzelle ist viel länger als hoch, unvollkommen quer-recht- eckig und wird von der Radialzelle nicht überragt. Pompilus Fabr. 21. P. solanus Kohl n. sp. Es ist mir nicht möglich, irgend eine Beschreibung einer afrika- nischen Pompilus-Art mit Sicherheit auf vorliegende Art zu beziehen und gebe folgende Beschreibung: Hymenopteren. 185 Niger. Abdomen nigrum obseure viridi-tomentosum. Antennae subtus fulvescentes. Caput nonnunquam ex parte rufescens. Alae fusco-nigrae coeruleo aut coeruleo-viridi-resplendentes. Oculi in vertice comparate approximati, longitudine flagelli articuli tertii vix plus et longitudine artieuli secundi evidenter minus inter se distant. Oculi subtus mandibularum basim attingunt. Clypeus margine arcuato. Pronotum postice subangulate emarginatum. Segmentum medianum nigro-castaneo holosericeum, insuper nigro-pilosum. Areola cubitalis tertia trapezoidea, secunda paullulo minor, subaequalis.. Area radialis lanceolata. Vena basalıs interstitialis. Vena cubitalis alarum posteriorum ante aream submedialem clausam evadit. Unguieuli antici bifidi, intermedii et postiei dentati. Pecten unguiculare pulvillum paullo superat. Pedes spinosi. Tarsi antici pectinati quorum metatarsus spinis tribus, articulus secundus et tertius binis pectinalibus instructi sunt. Long. 16—20 mm. 9. Schwarz. Flügel lang, den Hinterleib überragend, braunschwarz mit blauem oder grünlichem Glanze. Kopf nicht selten stellenweise dunkelroth. Fühler an der Unterseite limonithraun. Behaarung schwarz. Toment des Thorax schwarz, des Mittelsegmentes schwarz- braun und sammtartig, des Mittelsegmentes wie angehaucht dunkel grün schimmernd. Die Augen erreichen die Oberkieferbasis; auf dem Scheitel nähern sie sich in sehr beträchtlichem Grade, dass ihr geringster Abstand kaum merklich mehr als die Länge des dritten Geisselgliedes und sichtlich weniger als die des zweiten beträgt. Im Zusammenhange mit der grossen Augenannäherung am Scheitel ist ferner der bogenförmige Verlauf der inneren Augenränder; am Unterrande der Augen an der Kopfschildbasis ist das Gesicht doppelt so breit als auf dem Scheitel. Der Abstand der hinteren Nebenaugen von einander ist etwas grösser als der Abstand eines derselben vom nahen Netzauge. Der Kopfschild ist etwa 2/2 mal so breit als in der Mitte lang, hat die Gestalt wie bei P. pygidialis Kohl, welcher auch die Gruppe repräsentirt, zu welcher P. solanus gerechnet werden muss; nach dem Ursprung der Basal- oder der Vorderflügel, der Cubitalader der Hinterflügel, ferner wegen der bifiden Klauen des vordersten Beinpaares gehört P. solanus ganz strenge im die dritte der von mir („Neue Pompiliden in den Samml. d. k. k. naturhist. Hofmuseums in Wien“. — Verh. zool. bot. Gesellsch. Wien. Jahrg. 1856, p. 310) aufgestellten Artengruppen. 7 186 Franz Friedr.. Kohl. Pronotum nicht verlängert, vorne abgerundet, Hinterrand desselben undeutlich winkelig. Mittelsegment hinten abgerundet, mit schwarzbraunem Haarfılz sammtartig bedeckt. Schienen, besonders die vorderen stark bedornt; der Endsporn der vordersten ist ungewöhnlich lang, nahezu von der Länge des Metatarsus. Der längere Sporn der Hinterschienen erreicht zwei Dritttheile der Metatarsuslänge. Metatarsus der Vorderbeme mit nur drei Kamm- dornen an der Aussenkante, die so lang oder auch länger sind als das zweite Fussglied. Dieses hat wie das dritte je zwei Kammdornen. Die Radialzelle ist lanzettlich, die dritte Cubitalzelle (Vdfl.) wenig oder nicht kleiner als die zweite, trapezoidisch, die dritte Cubital- querader etwas nach aussen gebogen. Bagamoyo (27. VI. 1888 — 22). Deutsch-Mossambique (k. k. naturhist. Hofmuseum in Wien). Fam. Vespidae. Polistes Fabr. 22. P. sp? Quilimane (22. I. 1889 — 22). Länge 20 mm. Rostroth, mit den Zeichnungen des ‚fastidiosus S., nur sind die Hinterleibsbinden ganz ohne Ausrandungen. Die erste sinde erweitert sich an den Seiten bis zur Basis der Dorsalplatte hin. Auch die Bauchplatten sind blasgelb gebändert, die Binden an den Seiten vorne ein wenig ausgerandet. Die Flügel sind ziemlich hell, unterhalb der Subcosta gelblich, an der Radialzelle und dritten Cubitalzelle mit einem dunkelbraunen Wische versehen, der jedoch noch vor der Flügelspitze verschwindet. Thorax ziemlich dicht und deutlich gestochen punktirt. Mittelsegment mit den bei Polistes üblichen Querrunzelstreifen. Eine Benennung scheint mir nicht empfehlenswerth, weil die gegenwärtige Kenntnis- und Abgrenzung der Polistes-Arten, die in Färbung und Zeichnung so sehr abändern, zu sichern Schlüssen nicht berechtigen. 23. P. Smithii Sauss. Var. Mbusini (Usegua — 27. VII. 1888 — 9). Belonogaster Sauss. 24. B. junceus Ol. Fabr. Bagamoyo (25. VI. 1888 — 49; 15. VIII, 21. VII. 1888 — 9). 25. B. lateritius Gerst. Quilimane (2. 1889 — 2). 8 Hymenopteren. | 187 26. B. elegans Perst. Mbusini (29. VIII. 1888 — 9). 27. B. tarsatus Kohl nov. spec. Ferrugineus. Abdominis segmenti tertii maculae laterales orbiculares, celypeus et facies ex parte, praeterea scapi coxarumque anteriorum maris antica pars pallide flava. Genae paullo breviores quam in D. agils Kohl U. Oeculi in vertice longitudine antennarum flagelli articuli secundi maris- articulorum: 2 + 3tü + dimid. 4% feminae inter se distant. Flagelli artieuli apicales subtus non incrassati, ultimus penultimo paullo longior, leniter curvatus non compressus, subtus dense pilosulus. Pedes non cylindrice-teretes, sed depressiusculi, solito crassiores: Fig. S et 11. Areola cubitalis alarım anteriorum: Fig. 2. Long. 20—24 mm. d'2. 1) B. agilis Kohl n. sp. Fulvo ferrugineus plus minusve nigrescens, insuper pallide flavo-pictus. Alae subhyalinae, paullo fulvesceentes apice infuscato. Pedes lutei. Maculae laterales segmenti 3tii magnae, pallide flavae. Statura minore. Pedes intermedii et postiei fere eylindriei, non incrassati. Areola cubitalis tertia altior quam longior (ut in BD. junceo F.) cf — Oeculi in vertice longitudine antennarum flagelli articuli secundi inter se distant. Flagelli articuli apicales subtus non ut in D. junceo incrassati, ultimus penultimo longior, leviter curvatus, paullo compressus. Flaggellum erassius quam in B. tarsato K. Clypeus medius ut in BD. tarsato solito modo (B. junceo) minus porreetus et acuminatus. Genae paullo longiores quam in B. tarsato. 2 — Clypeus ut in B. junceo F. acuminatus. JR — Long. 20—22 mm. Eine verhältnissmässig kleine, ziemlich hell gefärbte Art. An ihr sind die Beine, der Hinterleibsstiel, die Fühler und mehr weniger der Kopf hell lehmgelb gefärbt. Der Thorax und der Hinterleib an den hinteren Ringen ist dunkler lehmgelb und stellenweise schwärzlich. Das dritte Segment zeigt oben sehr grosse, fast dreieckige, blassgelbe Seitenmakeln. Der Kopf- schild und die angrenzende Gesichtspartie hat beim Männchen blassgelbe Seitenstreifen. Die Flügel sind auffallend hell, nur sehr schwach gelblich tingirt und am Spitzenrande bräunlich. Diese Art steht dem B. tarsatus Kohl am nächsten. Beim Männchen beträgt der geringste Abstand der Augen auf dem Scheitel die Länge des zweiten Geisselgliedes; an der Fühlergeissel (4) (Fig. 15) sind die End- glieder an der Unterseite nicht wie bei junceus verdickt, ähnlich denen von tarsatus gebildet; das letzte übertrifft nämlich übereinstimmend mit tarsatus das vorletzte an Länge, ist leicht gebogen, nicht erheblich compress oder depress, aber seine Behaarung an der Unterseite ist unscheinbar (ob beständig?) nicht stärker als oben, oder als die der vorhergehenden Glieder. Die Fühlergeissel ist sichtlich dicker als bei tarsatus; das vierte, fünfte, sechste und siebente Geisselglied sind etwa 1"/g mal so lang als an 9 188 Franz Friedr. Kohl. Rostroth. Hinterleib stellenweise z. B. an den Hinterrändern der Hinterleibsringe undeutlich in Schwarz übergehend. Lichtgelb sind: Der Kopfschild mit Ausnahme eines Mittelstreifens und die daran grenzende Gesichtspartie, eine runde Makel zu beiden Seiten des dritten Dorsalringes des Hinterleibes, beim Männchen auch die Vorder- und Mittelhüften an ihrer Vorderseite, wohl auch die Mittelbrust und die Unterseite des Fühlerschaftes. Der Kopfschild des Männchens (Fig. 5) ist etwas breiter als bei agils (Fig. 10) aber wie bei diesem in der Mitte nur bescheiden vortretend und zugespitzt. Die Wangen von tarsatus sind ein wenig kürzer als bei der genannten Art. Schläfen kräftig. Der Abstand der Netzaugen auf dem Scheitel beträgt beim Männchen die Länge des zweiten Geisselgliedes, beim Weibchen die des zweiten und dritten und halben vierten. Die Fühler des Männchens (Fig. 16) sind “ähnlich gebildet wie bei «ageks die Endelieder an der Unterseite nicht verdickt wie bei junceus; das letzte übertrifft in Uebereinstimmung mit agelis das vorletzte an Länge, ist leicht gebogen, nicht nennenswerth compress oder depress, ist aber an der Unterseite sichtlich dicht behaart. Schläfen kräftig. Kopfschild des Weibchens: Fig. 7. Die Beme sind im Vergleich mit den meisten anderen Arten kräftig; beim Männchen ist der Tarsus der Mittel- und auch der Hinterbeine (Fig. S und 12) erheblich depress, breit; auch sieht man am Tarsus des Männchens dieser Art fast gar keine Dörnchen, die bei den meisten übrigen Arten, wenn auch sehr zart, doch nicht undeutlich sind. Auch beim Weibchen sind die Beine gedrungener als bei den verwandten Arten, die Dörnchen aber deutlich, wenngleich fein. Punktirung des der dieksten Stelle dick, bei letzgenannter Art aber ungefähr doppelt so lang. Das sechste und siebente erscheint übrigens bei agilis fast tonnen- förmig ausgebaucht. Der ziemlich auffallend silberweis-pubescente Kopfschild (5 — Fig. 10) spitzt sich vorne nur in bescheidenem Maasse zu, doch ist er um etwas weniges gestreckter als bei tarsatus (Fig. 5 und 7); auch die Wangen erscheinen bei letzterem ein wenig kürzer. Beim Weibchen hat der Kopf- schild das bei B. junceus gewohnte Längenverhältnis. Die Beine (Fig. 4 und 9) sind dünner, schlanker, der Mittel- und Hinterfuss nicht besonders depress, fast cylindrisch. Die Punktirung des Thorax ist zerstreut und schwach. Der Hinterleibs- stiel ist schwach gebogen, kaum so lang als der Hintertarsus, an der Unterseite beim 5° nicht — beim 2 schwach quergerillt. Dritte Cubitalzelle höher als lang (Fig. 1). Angola (Mus. caes. palat. Vindobon. — J'2.). 10 Hymenopteren. 189 Thorax sehr zerstreut, auf der Vorderseite der Mesopleuren und auf dem Pronotum fehlt sie nahezu; auf dem Mittelsegmente stehen die Punkte etwas weniger zerstreut und sind gröber. Die dritte Cubitalzelle ist wohl höher als breit, jedoch nicht ganz in dem Grade als bei junceus oder agelıs. Ost-Afrika: Mbusini (Usegua — 29. 8. 1888 — 12). Icaria Sauss. 28. I. nobilis Gerst. Lewa (Usambara — 26. IX. 1888 — 9). Rhynchium Spin. 29. Rh. luctuosum Gerst. Quilimane (18. I. 1889 — 4*). Synagris Latr. 30. S. affinis Sauss. Mbusini (Usegua 29. VIII 1888 — 9). Eumenes Latr. 31. E. sanguinolenta Gerst. Quilimane (15. I. 1889 — ®Q). Das vorliegende Stück halte ich für das meines Wissens nach unbeschriebene Weibchen von E. sangwinolenta Gerst. Die Färbungs- angaben der Gerstäcker’schen Beschreibung passen auch auf dieses Weibchen, nur ist der Kopfschild braunroth, wie überhaupt die Kumenes- Weibchen in der Kopfschildfärbung von den Männchen manchmal abweichen. Der geringste Abstand der Augen auf dem Scheitel und auf dem Kopfschilde beträgt die Länge der drei ersten Geisselglieder. Die Fühlergeissel ist übrigens sichtlich dicker. Fam. Mutillidae. Mutilla L. 32. M. notata Lep. Lewa (Usambara — 25. IX. 1888, 2). 33. M. Tettensis Gerst. Bagamoyo (Febr. 1890 — ®). 34. M. cepheus Smith? Das vorliegende Stück stimmt gut auf die Smith’sche Beschreibung, nur zeigt sich auf dem Hinterrande des dritten Hinterleibsringes in der Mitte eine kleine von weissen Haaren gebildete Makel von der die Beschreibung Smith’s keine Erwähnung thut (Cat. Hym. Ins. Brit. Mus. III. p. 18).- Auf diesen Umstand allein wage ich nicht eine neue Art zu gründen. 35. M. guineensis Fabr. Mbusini (Usegua — 27. VII. 1888 — 39). 36. M. Alecto Smith? Bagamoyo (25. V. 1888 — I d'). 11 190 Franz Friedr. Kohl. Fam. Scoliidae. Scolia Fabr. 37. Se. (Discolia) rufieornis Fabr. Mbusini (Usegua — 29. VI. 1888 — 3 A’). Elis Fabr. 38. E. (Dielis) thoracica var. caelebs Sich. Bagamoyo (27. VI. 1888 — 29). Fam. CGhrysididae. Chrysis 1. 39. Chr. Iyncea Dhlb. Quilimane (27. I. 1889). Fam. Tenthredinidae. Hylotoma Latr. 40. H. Stuhlmanni Kohl n. sp. Lutea. Caput, mesonotum et mesosterni macula magna aeneo- "nigra. Pedes lutei; tarsı antiei et intermedii apicem versus paullo brunnescentes, apex tibiarum posticarum et tarsi postici omnino fusco-nigra. Alarum basis lutescenti-hyalina, venis fulvis, apex cinerascens, venis fuscis. Stigma fuscum. Tempora pone oculos non in modo H. rosae Deg. dilatata. Antennae comparate crassae. (Fig. 14). Mesonotum medium antice longitudinaliter impressum, sulcatum. Long. 8 mm. 9. Zur Erkennung dieser Art mag ausser den bereits im latemischen Text angegebenen Färbungsverhältnissen, die wohl in gewissem Grade veränderlich sein mögen, vorzüglich die mittlere Längsfurche des vorderen Mesonotum, die bescheidene Entwicklung der Schläfen und die Dicke der Fühler (Fig. 14) ins Auge gefasst werden. Die Verdünnung der Geissel an der Basis ist verhältnismässig bescheiden. Die Discoidalzelle der Hinterflügel ist wenig kürzer als die Cubitalzelle. Mossambique (4. I. 1889 — 19). 12 Hymenopteren. Erklärung der Tafel. Vorderflügel von Belonogaster agilis Kohl . „ „» : tarsatus Kohl j. Fühler von Megachile combusta Smith? 2. Mittelbein von Belonogaster agilis Kohl 2%. Kopf von Belonogaster tarsatus Kohl Z. » » Megachile combusta Smith? 2. » » Belonogaster tarsatus Kohl ?. Hinterbein von Belonogaster tarsatus Kohl . Mittelbein ,, " agilis Kohl 2. Kopf von Belonogaster agilis Kohl 4. Hinterbein von Belonogaster tarsatus Kohl 2. Mittelbein „ „ „ ” d- Vorderflügel von Mygnimia Distanti Sauss 2. Fühler von Hylotoma Stuhlmanni Kohl 2. » ‚„ _Belonogaster agilis Kohl 7. „ „ 5% tarsatus Kohl Z. 191 Jahrbuch der Hamb. wissensch. Anstalten, X ,2. E Kohl del. E. Stender lıth F. Kohl, Ostafrikanische Hyinenopteren. Formiciden Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. Von Dr. Gustav Mayr. Camponotus Mayr. l. C. maculatus Fahr. Cairo, Sansibar und Insel Baui bei Sansibar. 2. C. maculatus Fahr. var. cognatus Sm. Quilimane. 3. C. rufoglaucus Jerd. var. cinctellus Gerst. Sansibar. 4. C. rufoglaucus Jerd. var. Eugeniae For. Kihengo. - 5. C. foraminosus For. var. Grandidieri For. (?) Quilimane. Da mir nur Weibchen vorliegen, so möchte ich dieselben nicht mit voller Sicherheit zu dieser Varietät stellen, obschon ich typische Arbeiter von Grandidieri und der Var. Perrisi For. Herrn Prof. Forel verdanke und daher mit diesen Weibchen vergleichen konnte. 6. C. somalinus Andre. Mbusini (Usegua). Polyrhachis Shuck. 7. P. cubaensis Mayr ') nov. var. striolato-rugosa. Arbeiter: Länge 5,5 mm. Schwarz, Ende der Mandibeln und der Fühler, sowie die letzteren Tarsenglieder rothbraun, die Beine dunkelbraun, theilweise schwarz. Die abstehende Behaarung fehlt, die anliegende Pubescenz ist sehr kurz, weisslich und sehr spärlich, an den Fühlern jedoch ziemlich reichlich. Die Mandibeln sind sehr fein runzlig-gestreift und zerstreut grob punktirt. Der Kopf ist so wie bei P. convexa Rog. !) In den Myrmecologischen Studien (Verh. d. k. k. zool.-bot.-Ges. Wien 1862) wurden von mir ohne mein Verschulden drei unrichtige Fundorte angegeben, nämlich die von Polyrhachis rugulosa, P. cubaensis und Myrmicaria (Hepta- condylus) sulcata. Ich habe sie nach etiquettirten Exemplaren im kais. naturhistorischen Hofmuseum in Wien beschrieben und den an den Etiquetten notirten Fundort wiedergegeben. Erst in der letzteren Zeit stellte es sich durch Vergleichung mit den Acquisitionsverzeichnissen heraus, dass diese drei Arten nicht aus Cuba, sondern aus Port Natal stammen. Was nun Polyrh. cubaensis betrifft, so ist es bedauerlich, dass ich damals diesen Namen gewählt hatte, doch trifft mich um so weniger eine Schuld, als der Einsender dieser drei Arten auch auf der Insel Cuba und zwar drei Jahre lang Insekten gesammelt hatte. 3 13° 196 Dr. Gustav Mayr. geformt, von der Seite gesehen, nicht dick (der Durchmesser von der Stirn zur Unterseite des Kopfes nicht gross) und nicht rhomboidisch, die Unterseite des Kopfes ist nicht geknickt, sondern ziemlich flach, die Leisten (oder Kielchen) von den Seiten des Hinterhauptloches zu den Mundwinkeln sehr deutlich und von einander nicht stark entfernt; der Kopf ist reichlich und scharf längsgerunzelt, mehr oder weniger glanzlos besonders am Scheitel; der fein lederartig gerunzelte und schwach glänzende Clypeus ist undeutlich gekielt mit bogig gekrümmtem Vorder- rande; die Stirnleisten sind einander mässig genähert; der Scheitel ist von vorne nach hinten gewölbt; die Augen mässig convex. Der Thorax hat an der Oberseite dieselbe Skulptur wie der Scheitel und ist glanzlos, an den Seiten ist er verworren gerunzelt und schwach glänzend, an der abschüssigen Fläche des Metanotum glänzend und äusserst seicht leder- artig gerunzelt ; der Thorax ist ziemlich kurz, vierseitig, vorne breiter als hinten, die obere Fläche ist längs- und quer-convex, an beiden Seiten scharf gerandet, das Pronotum ist breiter als das Metanotum, es ist breiter als lang, an den vorderen Seitenecken mit je einem grossen, mässig langen, dreieckigen und spitzigen Zahne, die zwei Nähte an der Oberseite des Thorax deutlich, das Mesonotum fast doppelt so breit als lang, vorne etwas breiter als hinten, die Basal- fläche des Metanotum deutlich breiter als lang, hinten mit zwei nach aufwärts gebogenen kleinen Zähnen, zwischen diesen trennt eine deut- liche m der Mitte etwas stumpfwinklig geknickte Kante die Basalfläche von der senkrechten abschüssigen Fläche. Die Schuppe des Petiolus ist vorne gröber, hinten feiner gerunzelt, sie ist mässig verdickt, breit und rundlich, deren oberer bogig gekrümmter Rand trägt vier Dornen, welche ziemlich gleichlang und fast gleichweit von einander entfernt sind, nur die beiden mittleren sind etwas länger als die äusseren und etwas mehr von einander entfernt, die zwei fast parallelen mittleren Dornen sind sehr deutlich schief nach hinten und oben gerichtet, die äusseren schief nach aussen und oben und nur wenig nach hinten gerichtet. Der Hinterleib ist fen und dicht, aber seicht fingerhutartig punctirt und schwach glänzend. Sansibar. Polyrh. Gerstäckeri For. gehört zweifellos als Varietät zu P. cubaensis. Da ich nun P. Gerstäckeri nicht durch Autopsie kenne und von P. eubaensis nur das Weibchen bekannt ist, so hielt ich es für zweckmässig, die neue Varietät weitläufig zu beschreiben. Sie unterscheidet sich von P. cubaensis i. spec. und von Gerstückeri ins- besondere durch die scharfe Längsrunzelung der Stirn, des Scheitels und der Oberseite des Thorax. 4 Formiciden. 197 Polyrh. cubaensis ist der P. convexa sehr ähnlich, unterscheidet sich jedoch durch die starken dreieckigen Zähne des Pronotum, da bei convexa zwei etwa eben so lange, aber mässig dünne Dornen vorhanden sind, im ähnlicher Weise wie zwischen P. acasta Sm. (= argentea Mayr) und P. dives Sm., nur sind bei P. convexa die Zähne an der Basis noch stärker als bei P. acasta, ferner ist bei P. cubaensis die Oberseite des Thorax sowohl nach der Länge und Breite weniger convex als bei P. convera, die quere Kante zwischen der Basal- und der abschüssigen Fläche des Metanotum ist bei cubaensis in der Mitte etwas geknickt, bei P. convexa schwach bogig, die Dornen der Schuppe des Petiolus sind bei convexa viel kleiner (kaum halb so lang) als bei cubaens:s )). 8. P. militaris Fabr. var. rugulosa Mayr. (cafrorum For.). Ein Arbeiter aus Quilimane mit spärlicher weisslicher Pubescenz und ein Weibchen aus Sansibar mit reichlicherer solcher Pubescenz. 9. P. gagates Sm. Aus Rosako (Usaramo). Decophylla Smith. 10. Oe. smaragdina L. Sansibar. Myrmecocystus Wesim. Ill. M. viaticus Fabr. Cairo. Plagiolepis Mayr. 12. P. custodiens Sm. Bagamoyo. Plag. fallax Mayr kann der abstehenden Behaarung wegen als eine von P. custodiens verschiedene Art nicht aufrecht erhalten bleiben, da mir Arbeiter mit mässig reich- licher, abstehender Behaarung der Oberseite des Körpers bis zu solchen ohne abstehende Behaarung vorliegen; es wäre jedoch möglich, dass sich die bei P. fallax deutlich schwächere Einschnürung des Thorax zwischen dem Meso- und Metanotum und die nach hinten viel weniger ansteigende Basalfläche des Metanotum (ähnlich wie gewöhnlich bei den kleinen Arbeitern von P. custodiens) bei der Untersuchung eines reichlicheren Materiales als constant erweisen würde. 13. Plag. gracilipes Smith. Sansibar. I) Von Polyrhachis convexa besitze ich einen Arbeiter von Dr. Sichel aus Ceylon mit einem mit diehter anliegender Pubescenz bedeckten Abdomen und einen zweiten von Dr. Roger ebenfalls aus Ceylon mit einem Abdomen, dessen Pubescenz äusserst zerstreut ist. 5 198 Dr. Gustav Mayr. Leptogenys Ktog. Die beiden Gattungen Leptogenys und Lobopelta lassen sich nicht aufrecht erhalten. Ich stellte im Jahre 1862 die letztere Gattung auf, indem ich sie auf die Arten: diminuta Sm., castanea Mayr und mutabilis Sm. begründete, bei welchen die Oberkiefer sehr auffallend von denen der Arten, die Roger zu Leptogenys stellte, abweichen. Doch hat sich nach Untersuchung der Arbeiter der vielen seither neu aufgestellten Arten herausgestellt, dass diese beiden Genera höchstens als Subgenera aufgefasst werden können, die sich dadurch von einander unterscheiden, dass bei den Arbeitern (und wohl auch bei den Weibchen) des Subgenus Leptogenys die Mandibeln keine Spur eines Kaurandes haben, sondern so wie bei Polyergus der Hinter- (Innen-) Rand des Oberkiefers an der Spitze des Oberkiefers mit dem Vorder- (Aussen-) Rande des Oberkiefers zusammenstösst, während bei den Arbeitern des Subgenus Lobopelta die Mandibeln stets einen Kaurand haben, welcher in der Länge wohl grossen Unterschieden ausgesetzt ist und mit dem Hinter- (Innen-) Rande einen manchmal sehr stumpfen Winkel bildet. Ob nun dieses Merkmal sich als constant erweisen werde, möchte ich bezweifeln. Ueber die etwaige Unter- scheidung der Männchen der zwei Subgenera bin ich bisher zu keinem Resultate gelangt. Meine Angabe im Novara-Werke pag. 15, dass bei Leptogenys die Krallen nur zweizähnig seien, beruhte auf einer oberflächlichen Untersuchung eines beschmutzten Exemplares von L. falcata Rog., der einzigen Art, welche ich damals besass. Dementsprechend ist auch Forel’s Angabe im Grandidier’schen Werke über Madagascar, pag. 109, zu corrigiren. 14. Lept. (Lobopelta) Stuhlmanni nov. spec. Arbeiter. Länge: 10—10,6 mm. Schwarz oder schwarzbraun, der Fühlerschaft braun, die Mandibeln, die Fühlergeissel und die Hinterleibsspitze heller, die Beine rothbraun oder heller. Der ganze Körper ist reichlich abstehend behaart, ohne anliegende Pubescenz, ausser an der Fühlergeissel und an den Tarsen. Die Oberkiefer sind fast glatt, theilweise mit undeut- lichen, sehr feinen Längsstreifen und mit einzelnen haartragenden Punkten, sie sind ziemlich lang, schmal, am vorderen Ende mit einem deutlichen, sehr schief stehenden, schneidigen Kaurande versehen, welcher vorne mit dem Aussenrande in einen gekrümmten spitzigen Zahn endet. Der Zwischenraum zwischen den geschlossenen Mandibeln und dem Clypeus gross. Der Kopf ist glatt mit zerstreuten, nicht auffälligen, seichten haartragenden Punkten, die nur an den Kopfseiten 6 Formiciden. 199 stärker sind, er ist verkehrt-trapezförmig, indem er vorne an den Mandibeln viel breiter als an den Hinterecken und auch breiter als in der Augenhöhe ist. Der Clypeus ist kurz, kürzer als bei L. chinensis Mayr, er ist scharf gekielt, an beiden Seiten dieses Kieles mit Längsrunzeln, welche sich ein kurzes Stück nach hinten an dem Kopftheile zwischen dem Ursprunge der Fühler und dem Mandibelgelenke fortsetzen, der Kiel verlängert sich nach vorne in einen am Ende sehr stark abgerundeten kurzen, öfters undeutlichen Fortsatz, welcher, wenn er deutlich ist, fast etwas breiter als lang ist, zu beiden Seiten dieses Fortsatzes ist der Vorder- rand des Clypeus schwach Sförmig gekrümmt. Die Augen stehen den Mandibelgelenken näher als den Hinterecken des Kopfes. Der hintere (untere) Theil des Mundrandes hat keine Zähnchen U). Alle Geissel- glieder länger als dick, das zweite fast doppelt so lang als das erste. — Das Pronotum ist mehr oder weniger grob-, aber seicht runzelig, oder hat besonders an den Seiten grosse ziemlich seichte Punkte; ebenso verhält es sich mit der Skulptur am Mesonotum, welches beiläutig so lang als breit und ziemlich rundlich ist und sich nach hinten zur Meso - Metanotalnaht in der Weise abdacht, dass das Pronotum und das Mesonotum mitsammen eine von vorne nach hinten mässig gekrümmte Curve bilden. Die Einschnürung zwischen dem Meso- und Metanotum ist nicht tief. Das letztere ist lang, etwa so lang als das Meso- und Metanotum zusammen, steigt nach hinten allmählig auf und fällt an der gerundeten Grenze zwischen der Basal- und der abschüssigen Fläche rasch schief ab; die Basalfläche ist unregelmässig gerunzelt, die ab- schüssige Fläche ist grob quergestreift; die Seiten des Meso- und Metathorax sind schief gestreift. Der fein gerunzelte, auch zerstreut grob punktirte Knoten des Petiolus ist sowie bei L. chinensis geformt, er ist nämlich compress, länger als breit, hinten breiter und viel höher als vorne, seine Hinterfläche ist senkrecht abfallend, flach und quer gerunzelt. — Der Hinterleib ist fast glatt, zwischen dem ersten und zweiten Segmente kaum eingeschnürt. Die Beine sind ziemlich lang und dünn, die Krallen sehr deutlich gekämmt. Quilimane. Diese neue Art steht der L. chinensis sehr nahe und unter- scheidet sich insbesondere durch die schmäleren und viel längeren 1) Forel giebt in dem Grandidier’schen Werke über Madagascar bei Leptogenys ineisa For., pag. 114 an: ‚Mayr tombe dans la möme erreur que Roger en attribuant A l’öpistome les denticules du bord anterieur de la t&te“, worauf ich zu erwidern habe, dass Lept. (Subg. Lobopelta) ingens Mayr am Vorderrande des Ülypeus zwei dreieckige Zähne und überdies am hinteren (unteren) Mundrande nahe den Mandibeln je einen Zahn hat. 7 200 Dr. Gustav Mayr. Oberkiefer, durch den Kopf, welcher vorne viel breiter ist als in der Höhe der Augen (bei ZL. chenensis fast gleichbreit), durch den anders geformten Clypeus, den nicht glatten Thorax, das nach hinten viel mehr ansteigende Metanotum, den nicht glatten Petiolus und durch das fast völlige Fehlen der Einschnürung des Abdomen zwischen dem ersten und zweiten Segmente. Herr Stuhlmann hat in Quilimane einige Männchen gesammelt, welche zu dieser Art gehören könnten; da mir aber ausser der Färbung, Behaarung und Grösse alle Anhaltspunkte fehlen, diese Männchen zu L. Stuhlmanni zu ziehen, so will ich es unterlassen, sie zu beschreiben. Platythyrea Roy. 15. P. eribrinodis Gerst. Kihengo, Korogwe, Mbusini (Usegua). Megaponera Mayr. 16. M. foetens Fahr. Mbusinı. 17. M. crassicornis (rerst. Mbusini. Scheint der kleine Arbeiter der vorhergehenden Art zu sein. Paltothyreus Mayr. 18. P. tarsatus Fabr. Rosako (Usaramo). Anomma Shuck. 19. A. Burmeisteri Shuck. Mhonda. Sansibar. Dorylus Fabr. 20. D. glabratus Shuck. Sansibar, 1 Männchen, gefangen im September und Oktober 1888. 21. D. affinis Shuck. Sansibar. Eine spärliche Vertretung der Männchen dieser Gattung in meiner Sammlung machte eine sichere Determination zweifelhaft, so dass ich Muster der mir vorliegenden Sansibar-Exemplare an Prof. Emery, der sich bereits eingehend mit dieser Gattung beschäftigt hatte, zur Determination sandte. Nur ein Exemplar, besonders etiquettirt, am 20. Oktober 1888 gefangen, entspricht der Shuckard’schen Beschreibung, während die anderen Männchen, gefangen Anfangs Juni 1888, dadurch abweichen, dass der Thorax nur an der Unterseite und am Metanotum abstehend behaart ist. Ein Exemplar, welches ich aus Gabun besitze, hält zwischen beiden Formen die Mitte, indem der ganze Thorax wohl durchaus, aber nicht reichlich schief abstehend behaart ist. 3 Formiciden. 201 Meranoplus Smith. 22. M. Magrettii Andre, var. (?). Mir liegt aus Bagamoyo nur ein Arbeiter vor, welchen ich nach Vergleichung mit einem typischen Stücke, das mir Dr. Magretti zur Ansicht zu senden so freundlich war, für eine ziemlich abweichende Form dieser Art halte, Er ist etwas grösser, dunkler gefärbt, die Mesonotum-Dornen sind spitziger und etwas länger als bei dem Typus, so dass er sich dem M. bicolor Guer. fast mehr nähert als der Stammform von M. Magrettüi. Monomorium Mayr. 33, M. Pharaonis Linne. Sansibar. Pheidole Westw. 24. P. megacephala Fahr. Bagamoyo und Kihengo. 25. P. megacephala Fahr. var. Sansibar. Die Soldaten nähern sich in der Sculptur der Hinterhälfte des Kopfes einerseits der Varietät scabrior For., mdem die Hinterhälfte des Kopfes theils seicht fingerhutartig punctirt ist, theils durch weiteres Verflachen der Punkte sehr. fein genetzt oder auch theilweise fein längsrunzelig ist, andrerseits bilden diese Soldaten einen Uebergang zur Varietät punctulata Mayr '), indem die Hinterhälfte des Kopfes mit grossen, ziemlich seichten Punkten zerstreut besetzt ist. Bei den Arbeitern finde ich keinen bemerkens- werthen Unterschied von der Stammform I) Unter der Voraussetzung, dass die von mir im Jahre 1866 beschriebene im Museum Stockholm befindliche Pheidole punctulata nur als eine Varietät von P. megacephala Fabr. zu betrachten sei, wie dies Forel in seinen Fourmis de Madagascar gethan hat. . u - + 2 D D 5 E, . 2 „>17 u - nn * Dipteren von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. Von V. v. Röder, Hoym in Anhalt. 1. Notacanthe (unvollständig erhalten). Quilimane 11.1. 1889. 2. Tabanus biguttatus Wied. 2 Ex. Quilimane, 16. II. 1889; Sansibar, 4. VI. 1888. 3. Tabanus subelongatus Mceq. Quilimane, 6. II. 1889; des- gleichen 16. III. 1889. 4. Haematopota spec. Usegua, 24. VIII. 1888. Systoechus ferrugineusMeq. Mbusini (Usegua), 27.VIII. 1888. 5 6. Microstylum acutirostre Lw. Quilimane, 16. I. 1889. 7. Hoplistomera serripes Fabr. (@uilimane, 16. I. 1889; des- gleichen 1I. 1889. Diese Exemplare sind kleiner als gewöhnlich. 8. Laxenecera Stuhlmanni n. spec. co’. Atra, nitida; antennis pedibusque concoloribus; alıs hyalinıs, venis dimidii anterioris brunneo-ochraceis, posterioris obscurius brunneis. Pili occipitis, tertii antennarum articuli mystacisque superioris nigri; verticis genarum, menti mystacisque inferioris pili albi; frons et primus antennarum articulus albo-pilosi, pilis nigris intermixtis; in thoracis dorso adsunt pili longiores nigri et multo breviores albidi; scutellum et abdomen nigro-pilosa in lateribus marginis postici segmentorum abdo- minalium singulorum albo-pilosis; forcipe anali albo-piloso; pedibus (nigris) albo-pilosis. — Long. 17 millim. Patrıa: Africa, Quilimane. 2 Ex. 18. I. 1889. et 15. II. 1889. von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann entdeckt und von mir zur Ehre desselben nach ihm benannt. 9. Megaspis natalensis Mcq. —= curtus Lw. Sansibar, 23.V.1888. 10. Plagiocera nigrita Bigot — Plagiocera haemorrhoa Gerst. Sansibar, 26. IV. 1888. ll. Hypoderma bovis Deg. Cairo, 21. III. 1888. 12. Glossina morsitans Westw. Mbusini (Usegua), 27. VII. 1888. 13. Lueilia putoria Wied. Sansibar, I. VI. 1888. 14. Musca spec. Quilimane, 18. I. 1889. 15. Musca spec. Pangani, 7. XI. 1889. 16. Diopsis thoracica Westw. = longicomis Meg. Sansibar, VO. 1888. und 7. VIII. 1888. 206 Dipteren. 17. Ornithoica Podicipis !) n. spec. Nigra; humeris, lateribus thoraeis pedibusque flavis, alıs dilute fuscis. Long. corp. 2" millim., long. alar. 3 millim. Exemplaria in Sansibar lecta 29. X. 1888. (Podicipis avis parasita). Ich habe das Genus Ornithoica Rondani in den Entomologischen Nachrichten von Dr. F. Karsch 1890, p. 311, genauer beschrieben. Das Flügelgeäder ist auch bei dieser Art, wie bei den anderen beiden Arten fast gleich. Die dritte Längsader vereinigt sich im letzten Drittel mit der Vorderrandader. Die Analzelle ist sehr deutlich. Was die Unterscheidung der 3 Ornithoica-Arten anbelangt, so ist die vordere Basalzelle bei O. Beccariina Rond. erweitert, während bei 0. Podicipis und Turdi Latr. die vordere Basalzelle gleichbreit verläuft. Der Unterschied zwischen O. Podieipis und Turdi Latr. besteht in der viel längeren Vereinigung der dritten Längsader mit der Randader bei O. Podicipis, während diese Vereinigung bei O. Turdi Latr. viel kürzer ist. Die hintere Basalzelle ist etwas kürzer als die vordere bei O. Podiecipis; bei O. Turdi sind beide Basalzellen fast gleich lang. Cellula basalis prima alarum dilatata. Ornithoica Beccariina Rond. Cellula basalis prima alarum aequilata. — 1. 1. Vena tertia longitudinalis alarum longe conjungens cum margine anteriore. — 0. Podicipis n. spec. Vena tertia longitudinalis alarum breviter conjungens cum margine anteriore. — 0. Turdi Latr. 1) Aus einer mir zur Verfügung gestellten, durch den vorliegenden Fall ver- anlassten, eingehenden fachmännischen Erörterung über den Namen Podiceps und seine Genitivbildung gebe ich hier folgende Sätze wieder: ‚Die moderne Form Podiceps ist eine Missbildung, wie so viele andere in der Natur- geschichte, Mediein ete. Sie ist aus Missverständniss zweier Arten von Composita entstanden: 1. mit ceps, Gen. cipis (von capio nehmen) z. B. parti-ceps, cipis theilnehmend; 2. mit ceps, Gen. cipitis (von caput Kopf) z. B. triceps, eipitis (dreiköpfig). Da nun aber einmal das unglückliche Podiceps eingebürgert ist, so muss man, wenn man einen Genitiv setzen soll, nolens volens die Form Podieipis wählen, die allerdings für Philologen ein Monstrum ist.“ Lepidopteren gesammelt in Ost-Afrika 1888/89 von Dr. Franz Stuhlmann. Bearbeitet von Dr. Arnold Pagenstecher in Wiesbaden. Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann dem Hamburger natur- historischen Museum überwiesenen Schmetterlinge, welche das Material zu der vorliegenden Besprechung lieferten, bestanden in circa 650 Exemplaren in etwa 200 Arten. Dieselben, wozu noch eine Anzahl Raupen, vor- zugsweise in Spiritus, kamen, wurden, ausser einem kleineren in Zanzibar und Quilimane erbeuteten Theile, auf einer Forschungsreise ins Innere gefangen. Ich entnehme die Route derselben der Friederichsen’schen Karte von Ungü, Usegua und Süd-Usambäa, welche m den „Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg“ (1887/88 Taf. 6) erschienen ist. Sie ging von Bagamoyo über Kikoko in Usaramo und Sacurile in Ukuere nach Tschirutae und Pongue. Von hier wandte sie sich über den Wami nach Mbusini (38° östl. Länge von Gr.) und Msere, Kidudu an den Mdjonga-Fluss. Im bergigen Ungü erreichte sie die französische Station Mhonda und ging dann nach Mangualla (6° südl. Br... Am Kilindiberg vorbei führte sie in das Makakalla-Thal und von hier zurück über Milindi nach den südlichen Bergen von Usambaa und das Thal des Panganı und endlich über Lewa nach Pangani an die Küste. Es entstammen also die gesammelten Thiere im Wesentlichen dem Gebiete des 39. und 38.° östl. Länge von Greenwich und dem 6.” südl. Breite und nicht allein dem Küstengebiete, sondern auch der benach- barten Steppe und den Bergen von Ungü und Usambaa. Es ist bekannt, wie viele Verwandtschaft die Lepidopteren-Fauna von Ostafrika vom Cap aufwärts bis zum Gebiete der Schneeberge hat, wo sich Uebergänge zu der abyssinischen Fauna zeigen, und wie das Innere und sogar die Westküste mit einer Fülle von Formen hinübergreifen. Der Charakter der Lepidopterenfauna von Afrika ist in dieser Beziehung genügend von berufener Seite geschildert worden und verweise ich nur auf die Mittheilungen Gerstäcker’s („Ueber den Charakter der Insektenfauna des Sansibar-Gebietes nebst Bemerkungen über die Verbreitung der Insekten in Afrika“ in von der Decken’s Reise, Band III, Abth. 2, S. 438 ff.). Dort wird 3 14 210 Dr. Arnold Pagenstecher. die auffallend gleichmässige und allgememe, für eime grosse Anzahl von Arten aussergewöhnlich weit ausgedehnte Verbreitung der Insekten gebührend gewürdigt, welche sich nicht allein in der Richtung der geographischen Breite bewegt, sondern zugleich von Norden nach Süden und in der Diagonale hervortritt. Es geht daher dem afrika- nischen Continent ein mehr oder weniger scharf abgegrenzter, geogra- phischer Distrikt ab, wie dies Massenkontinente mit geographischen Eigenthümlichkeiten, welche der Verbreitung der Arten kemen Wider- stand entgegensetzen, zeigen. Die Atlaskette trennt freilich die zur Mittelmeerfauna gehörigen Arten von den übrigen Afrika’s, während dieses selbst die vielfachsten Uebergänge der einzelnen Gebiete zeigt, in welche man es zu zerlegen versucht hat, nämlich Ostküste, West- küste, Inneres, Capland, südliches Afrika und Abyssinien. Das Sansibargebiet, um welches es sich im Wesentlichen bei der vorliegenden Ausbeute dreht, zeigt Anklänge an Abyssinien, Mossambique und Port Natal, während es durch den mächtigen Gebirgsstock des Kilimandjaro eine fremdartige Beimischung erhält. Rogenhofer spricht sich m ähnlicher Weise im seinen ver- schiedenen Schriften über ostafrikanische Schmetterlinge aus (Verhandl. zool.-bot. Gesellschaft zu Wien, Sitzungsberichte 1888 S. 47; 1890 8. 48). Die Stuhlmann’sche Ausbeute schliesst sich naturgemäss in ihren Arten denjenigen an, welche von emer Reihe von Reisenden aus dem Sansibargebiete und benachbarten Gegenden mitgebracht wurden. Rogenhofer führt (Baumann, Usambara, Anhang S. 321) die nachfolgenden Ergebnisse auf: Hopffer in Peters Reise nach Mossambique: 85 Rhopaloceren, 23 Heteroceren. Gerstäcker in von der Decken’s Reise: 49 Rhopaloceren, l1 Heteroceren. Godman in Johnston, Kilımandjaro: 21 Rophaloceren, 6 Hete- roceren. Oberthür über Raffray's Ausbeute: 78 Rhopaloceren, 10 Hete- roceren. Butler über Hannington und Jackson’s Ausbeute: 39 Arten. Fromholz über Dr. Hans Meyer’s Ausbeute in dessen Ostafr. Gletscherfahrten: 63 Rhopaloceren, 5 Heteroceren. Rogenhofer, Baumann’s Sammlung: 100 Rophaloceren, 12 Heteroceren. Natürlich geben alle diese Sammlungen und Berichte noch keine Uebersicht über die Lepidopterenfauna von Ostafrika, selbst wenn man sie mit den früheren Ausführungen von Zeller (Microptera Caffraria), + Lepidopteren. | 211 Wallengren (Rhopalocera et Heterocera Caffrariae), sowie Möschler (Lepidopterenfauna des Kaffernlandes) und den Arbeiten von Trimen und Bowker (South-African Butterflies) zusammennimmt, sowie mit den in verschiedenen anderen Werken und Zeitschriften zerstreut behandelten Arten. Es bleiben immer noch grosse Lücken, namentlich bei den Heteroceren und für eine geraume Zeit von Jahren genug des Materials zu eingehender Forschung. Zu der nachfolgenden Erörterung der von Dr. Stuhlmann gesammlten Schmetterlinge benutzte ich hauptsächlich die nachfolgenden Schriften: Aurivillius, P. O. Ch., Lepidoptera Damarensia in Öfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akad. Förhandl. Stockholm 1879, n. 7, p. 39. Aurivillius, P.O. Ch., Om en Samling Fjärilar frän Gaboon. Entomol. Tidskrift 1881, p. 38. Aurivillius, P. O. Ch., Recensio Critica Lep. Mus. Lud. Ulr. in Kongl. Svenska Vetenskaps - Akad. Handl., Bd. 19, n. 5. Stockholm 1882. Aurivillius, P. O0. Ch., Verzeichniss einer von Herrn Fr. Theorin aus Gabun und dem Gebiete des Camerunflusses heim- gebrachten Schmetterlingssammlung: Entom. Tidskrift 1891, p. 193: Rhopalocera; 1892, p. 181: Heterocera. Baumann, Dr. O., Usambara und seine Nachbargebiete, Berlin 1891. Anhang: Schmetterlinge, bearbeitet von A. F. Rogenhofer. Boisduval, Faune Entomologique de Madagascar, Bourbon et Maurice. Lepidopteres. Paris 1833. Boisduval, Hist. Nat. des Insectes. Spee. Gen. des Lepidopteres. 12 2, Bans’1830. Boisduval, in Voyage de l’Afrique Austr. par Delegorgue. Parıs 1830— 1843. Catalogue des Lepidopteres. Boisduval et Guen&e, Hist. Nat. des Ins. Spec. Gen. des Lepid. Heteroceres, T. I, Paris 1874; T. V., VI, VII, Noctuelites, Paris 1852; T. VIII, Deltoides et Pyralites, Paris 1854; T. IX und X, Uranites et Phalenites, Paris 1857. Butler, A. G., Lepidoptera Exotica. London 1869 — 1874. Butler, A. G., Revision of the Lepidopterous genus Teracolus, with description of new species in Proc. Zool. Soc. London 1876, ps 128. =pl. VE und. VII. | Butler, A. G., in Proc. Zool. Soc. London 1888, p. 91. Butler, A. G., Illustrations of typical Specimens of Lepidoptera Heterocera in the collection of the British Museum. Pars I-VII. London 1877—1891. 212 Dr. Arnold Pagenstecher. Cramer, Pap. Exot. 4 Vols. Suppl. par Stoll. Amsterdam 1779-91. Dewitz, H., Afrikanische Tagschmetterlinge in Nova Acta Acad. Leop. Carol. Halle 1879. Dewitz, H., Afrikanische Schmetterlinge. München 1879. Dewitz, H., Afrikanische Nachtschmetterlinge in Nov. Act. Acad. Leop. Carol. Halle 1881. Dewitz, H., Westafrikanische Nymphaliden. Halle 1887. Drury, D., Illustr. of Exot. Entomology. New ed. by West- wood. London 1837. Felder C. und Rogenhofer, Beschreibung der Lepidoptera, gesammelt auf der Reise der Fregatte Novara. Wien 1865—77. Gerstäcker, Gliederthierfauna des Zanzibargebietes in von der Decken’s Reisen in Ostafrika. Bd. Ill. Leipzig und Heidelberg 1873, p. 363—384 und p. 435—466. Gray, Walker & Stainton, List of Lepidoptera im the British Museum coll. London 1854—1866. Guenee, s. Boisduval. Hewitson, Exotic Butterflies. London 1851—1876. Herrich-Schäffer, Sammlung neuer oder wenig bekannter aussereuropäischer Schmetterlinge. Regensburg 1850—1858. Hopffer, Lepid. in Peters Naturwiss. Reise nach Mossam- bique. Berlin 1852—1882. Horsfield & Moore, Catalogue of the Lepidopt. Ins. in the Museum of the East India Company. Vol. I und II. London 1857—1859. Hübner, Sammlung Exot. Schmetterl. Augsburg 1806— 1824. Hübner, Zuträge z. Samml. Exot. Schmett. Fortgesetzt von Geyer 1818—1837. Johnston, Kilimandjaro. Deutsch von Freden. Leipzig 1880. Zoolog. Anhang. Verz. d. Schmetterl. von Godman, p. 344— 345. Kirby, W. F., Synon. Cat. of Diurnal Lepid. London, 1871—79. Kirby, W. F., Syn. Cat.- of Lep. Het. Vol. I, Sphinges & Bombyces. London 1892. Lederer, Pyraliden in Wien. Ent. Monatsschrift VI. Lederer, Verh. zool.-bot. Ges. Wien 1853, T. I. Lucas, Hist. Nat. des Lepid. Exot. Paris 1835. Maassen, Weymer & Weyding, Beiträge zur Schmetterlings- kunde, Saturniden. Elberfeld 1869 —85. Mabille, P., Catalogue des Lepidopteres de la cöte occid. d’Afrique. Paris 1876, im Bull. de la Soc. Zool. France, 1876, Vol. I, p. 194—204; 1877, Vol. II, p. 214—241. 6 Lepidopteren. 213 Meyer, H., Ostafrikanische Gletscherfahrten. Leipzig 1890. Anhang: Schmetterlinge von Fromholz, p. 324. Moore, F., Lepidoptera of Ceylon. London 1880. Möschler, H., Schmetterlingsfauna des Kaffernlandes in Verh. zool.-bot. Ges. Wien 1884. Bd. 33, p. 267. Möschler, H., Beiträge zur Schmetterlinesfauna der Goldküste in Abhandl. Senckenb. Naturf. Ges. Frankfurt a. Main 1887. Oates, Matabele Land and the Victoria Falls. ed II. London 1889. Entomology by Westwood. Oberthür, Charles, Sped. Ital. nell’ Afrika Equatoriale. Risult. Zool. m Annal. del Mus. Civico di Storia Nat. di Genova. I. Vol. XV, p. 129—187 (1880); II. Vol. XVII, p. 705—740 (1883). Oberthür, Ch., Etudes d’ Entomologie III. VI. u. XH. Plötz, Carl., Verz. d. v. Buchholz in Westafrika ges. Schmetterl., Stett. Ent. Zeitung. 41. Jahrg., 1880, p. 76, 189, 298. Rogenhofer, A., Verhandl. zool.-bot. Gesell. 1889 und 1890. Sitzungsberichte. Rogenhofer, A., Afrikanische Schmetterl. des k. k. Hof- museums in Annal. k. k. Hofmuseum, Wien 1859. Bd. IV, p. 547, Bd. VI, p. 455 —466. Saalmüller, M., Lepidopteren von Madagascar, heraus- gegeben von der Senckenb. Naturf. Ges. Frankfurt a. M., I. 1882, II. 1891 (von Dr. v. Heyden). Snellen, P. C. T., Bijdr. tot de Vlinder-Fauna van Neder- Guinea in Tijdschr. voor Entom. XV. (1872). Snellen, P. C. T., Lepidoptera van het Prinsen-Eiland in Tijd. voor Ent. Bd. XVI, p. 71 (1873). Snellen, P. C. T., Aanteekeningen over Afr. Lepid. in Tijd. v. Ent. Bd. XXV, p. 215 (1891). Snellen, P. C. T., Lepidoptera in Veth’s Midden Sumatra Naturl. Hist. Afd. XII. Leiden 1881— 1887. Staudinger, Dr. O., Exotische Schmetterlinge. Fürth 1888. Trimen and Bowker, South African Butterflies. Monograph of the Extra-Tropical Spec. Vol. I, Nymphalidae, London 1857; Vol. Il, Erycinidae and Lycaenidae, London 1887; Vol, III, Papilionidae and Hesperidae, London 1889 (woselbst man die Angaben über Synonymik und das Vorkommen besonders vergleiche). Wallengren, Oefversigst af Kgl. Vetenskaps- Akad. Förh. Stockholm 1889. Nya fjärilslagter p. 75 ft. Wallengren, Kegel. Svenska Vetenskaps-Akad. Handl. 1857. Lep. Rhop. in terra Caffr. a Wahlberg coll.; Lepid. Heterocera. 1863. 7 214 Dr. Arnold Pagenstecher. Wallengren, Lepidopterologische Aufsätze in Wiener Entom. Monatsschrift IV, p. 33 Zeller, P. C., Lepid. Micropt. Caffr. Kgl. Vetenskaps - Akad. Handl. 1832. Zeller, P. C., Chilonidarum et Crambidarum genera et species. Programm, Juli 1863. Zeller, P. C., Exotische Microlepidopteren in Horae Soc. Entom. Rossicae. St. Petersburg 1877. Zu erwähnen sind weiter die nachfolgenden, mir indess nicht zugänglich gewesenen Werke: Angas, Kafırs Illustr. London 1849. Butler, Cist. Entom. London 1869 — 1876. Chenu, Enc. Hist. Nat. Paris 1812— 1815. Doubleday and Westwood, Genera Diurnal Lep. ill. by Hewitson. London 1846—1852. Godart, Encycl. Meth. Hist. Nat. Insectes. Guerin in Voy. en Abyss. par Lefebre. Paris 1845—1850. Klug, Symbolae Physicae m Ehrenbergs naturgeschichtlichen Reisen in Aegypten etc. Berlin 1828. Palisot de Beauvois, Ins. rec. en Afrique. Paris 1805. Reiche in Ferret et Gallinier, Voy. en Abyss. III, p. 457 (1849). Smith and Kirby, Rhop. Exot. 1889. Trimen, Rhop. Afr. Austr. Cape-Town and London 1862 und 1866. Ward, Afr. Lepid. London 1873— 1874. Herrn Dr. OÖ. Staudinger in Dresden -Blasewitz, wie Herrn P. C. T. Snellen in Rotterdam sage ich an diesem Platze für ihre freundliche Unterstützung meiner Arbeit meinen besten Dank. Rhopalocera. Papilionidae. Papilio, Z. 1. (1.) Papilio Demoleus, L. Linne, Syst. Nat. ed. X., p. 464 (1750). Trimen and Bowker, South-Afr. Butterfl. HI, p. 233 n. 308 (1889), ‘(woselbst man auch für die Folge die besten Angaben über die Literatur und den Fundort zu suchen hat.) 8 Lepidopteren. 215 Der südwärts von Aegypten über ganz Afrika verbreitete Schmetterling ist die einzige Papilio-Art, welche in der vorliegenden Ausbeute vertreten ist, und zwar in einem Exemplar von Sansibar 9. V. 1888. in zweien von Bagamoyo 22. VI. 1888. und in einem von Quilimane 10. I. 1889. Die Exemplare unterscheiden sich nicht wesentlich von einander, ausser in der lichteren oder dunkleren Färbung. Der Falter findet sich in sämmtlichen, mir zugänglich gewesenen faunistischen Aufzählungen verzeichnet, so bei Aurivillius, Lep. Dam. p. 47, Lep. Gab., p. 224, Ent. Tidskrift 1881, p. 45; Bois- duval, Voy. Deleg. n. 2, Fauna Ent. Madag., p. 12 n. 2; Gerst- äcker, v. d. Decken’s Reise, p. 363; Godman bei Johnston, p. 348 0220: Meyer,'k:c.0p.342;/Mabille, L: e.9#22373'Möschler, Kaffernl., p. 269; Oberthür, XV, p. 174, XVII, p. 709, Etude II. p. 14; Plötz, St. Ent. Ztg. 1880, p. 206; Rogenhofer, Afr. Schm. II, p. 456 n. 2; Saalmüller, Il. c. p. 60; Snellen, Prinsen-Eiland, p. 72, Neder-Guimea, p. 27 n. 17; Westwood, im Oates Matabele- Land, p. 342. Pieridae. Pieris Schrank. Subgenus Pieris, Schrank. 2. (1.) Pieris Pigea, Boisduval. Boisduval, Spee. Gen. Lep. I, p- 525 n: 4 (1836). Trimen and Bowker, 1. e. p. 46, Taf. X, ea (o);,1.52 (8). Ein 2 von Mhonda, Ungü, 6. IX. 1888. der Abbildung Trimen’s entsprechend, doch ist der Vorderrand und Aussenrand des Vorder- flügels weniger stark gelb gefärbt. Wird erwähnt von Boisduval in Voy. Deleg., p. 586, From- Kalzebei Meyer p. 355.n. 11, Oberthür, l.e. XV, p. 25, XV, p. 715; Wallengren, Rhop. Caffr., p. 27 (9) und als Simana l. c. pr 10 (A). 3. (2.) Pieris Simana, Hopffer. Hopffer, Berichte Verh. Acad. Berl. 1855, p. 640, n. 13 und Peters Reise 354, T. 23, f. 3—6. Es liegen drei Stücke vor: 1 ‘9! von Sacurile, Ukuere, 20. VII. 1888. 1 g' von Mbusini, Usegua, 28. VII. 88. und 12 von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. Die Stücke entsprechen der Hopffer’schen Abbildung, so dass ich sie mit diesem Namen und nicht als Charina, Boisduval bezeichne, welches übrigens wohl dieselbe Art darstellt. Von der Beschreibung weichen die 9!‘ dadurch ab, dass die Orange- & 216 Dr. Arnold Pagenstecher. färbung der Costa der Vorderflügel fehlt, während die Fleckenbinde, welche Charima bezeichnet, allerdings vorhanden ist. Der breite schwarze Fleck der Unterseite der Vorderflügel ist ebenfalls vorhanden, welcher wiederum Charina fehlen soll. Trimen and Bowker, 1. c. p. 49, trennen Pinacopteryx Alba, Wallensren, Rhop. Caffr., p. 10 und Simana, Hopffer von Charma, Boisduval, welche Kirby vereinigt. Charina, Boisd. wird erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg.n. 19; Simana (an Pigea var.?) von Oberthür, Etude III, p. 18; Simana Hopffer var. von Rogenhofer in Baumann’s Usambara, p. 323. 4. (3.) Pieris Severina, Cramer. Cramer, P. E., IV., pl. 358 f. GH. (1782); Trimen and Bowker Ill, p. 68 n. 262. Es liegen viele „'co! und 22 vor, welche nur im Grösse und Erhaltung verschieden, in der Färbung ziemlich gleich sind und der Cramer’schen und Staudinger’schen (Exot. Schmett. pl. 18) ent- sprechen. 1 g' und 2 22 sind ohne Angabe des Herkommens, 1 9 von Bagamoyo 23. VI. 88., 1 91, 12 von Kikoko, Usaramo, 18. VII. 88; 3 cd, 12 von Sacurile, Ukuere, 20. VII. 88; 1 9 von Kivugu, Ukuere, 20. VIII. 88; 2 22 Tschirutae, Ukuere, 22. VII. 88; 6 Ad‘, 1 2 Mbusini, Usegua, 28. VIII. 88. und 29. VIII 88; 1%, 12 von Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. Die weit verbreitete Art finde ich erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg., p. 556 n. 15; Gerstäcker, in von der Decken’s Reise, | p. 363; Godman im Johnston, Kilimandjaro p. 347 n. 13; Meyer, l. c. p. 325 n. 14; Möschler, Kaffernland, p. 269 n. 7, Goldküste, p. 53; Oberthür, Etude Il, p. 15; Rogenhofer, Afr. Schmetterl., p. 456 n. 7; Baumann’s Usambara, p. 324; Westwood in Oates, Matabele Land, p. 343. Subgenus Mylothris, Hübner. 5. (4.) Mylothris Agathina, Cramer. Cramer, P. E. p. 237 f. DE. (1782); Trimen and Bowker, 1. c. p. 30 n. 247. Es liegen vor: c' ohne Bezeichnung, 2 desgl.; 5 Sacurile Ukuere, 20. VIII. 88., 5 Mbusini, Usegua, 29. VII. 88., &' Quilimane 1611, 39. Der hauptsächlichste Unterschied, welcher Agathina von der ihr so ähnlichen Thysa trennt, nämlich das Fehlen der Ader 8 der Vorderflügel, scheint, obwohl unschwer zu constatiren, doch vielfach übersehen zu werden, ebenso, wie der breitere Bau der Vorderflügel und der Mangel der submarginalen Flecke der Vorder- und Hinter- flügel auf der Ober- und Unterseite bei Agathna. Weniger charac- 10 ® Lepidopteren. 217 teristisch erscheint die stärkere ziegelrothe Färbung der Unterseite am Grunde der Vorderflügel und der halben Costa der Hinterflügel bei Agatha, wie auch die stärkere Ausbreitung der orangen Apikal- färbung .bis nahe dem Hinterrande. Agathina wird erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg., p. 586 n. 17; Dewitz, Afr. Tagschm., p. 15 und p. 37; Hopffer, Peters Reise, p. 351 T. 21 f. 11, 12; Mabille, Cat.1.c.p. 225; Möschler, Kaßernl., p.° 278 n. 16; Oberthür,.Bisalt. XV, p. 35 *und XVII, p. 7; Rogenhofer, Baum. Usamb., p. 323 n. 11; Snellen, Tijd. XV, p. 26, XXV, p. 228; Wallengren, Caffr. Dagf., p. 7; West- wood, in Oates Matabele Land, p. 344 (= Thysa!). — Subgenus Belenois, Hübner. 6. (5.) Belenois Thysa, Hopffer. Hopffer, Monatsb. K. Acad. Wisst berl: 1855, 9.1639 n. 1," Peters: Reise,! p. 34T. RXL.8 7, 8, 9. Trimen and Bowker IH, p. 41 n. 251. Diese Art, welche noch von Kirby mit Agathina vereinigt wurde, liegt in mehreren männlichen und weiblichen Exemplaren vor. Erstere unterscheiden sich etwas durch die Entwicklung des schwarzen Randes der Vorderflügel, die keilförmigen Flecke auf den Adern und die submargmalen Flecke, wie auch den ziegelrothen Grund der Unter- seite der Vorderflügel. Es liegen 4 Jo! von Mangualla, Unguü, 9. IX. 88. vor, 1 ' Msere, Usegua, 3. IX. 88. und 2 22 von Mbusini, Usegua, 28. VIII 88. und Kikoko, Usaramo, 18. VII. 88. — Die Varietät Sabrata, Butler, Tr., Ent. Soc. Lond. 1870, pag. 526, (kleiner, _ stärker gefärbte Unterseite des 5‘) von Sansibar verdient wohl kaum einen besonderen Namen. Thysa wird erwähnt bei Dewitz, Nov. Act. Leop. Carol. 1879, p- 25; Möschler, Kaffernl., p. 274 n. 14; Oberthür, Etude II, p. 15 und Rogenhofer, in Baumann’s Usambara, p. 323 n. 15. Genus Pontia, Boisduval. 7. (1.) Pontia Alcesta, Cramer. Pap. A. Cramer, P. E. IV., T. 379, f. A. (1782) (Pap. Narica, Fabricius). Trimen and Bowker, 1902B48 1,209, PER, 2212): 1 Exempl. von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 1888. Die weit verbreitete Art, welche ihren synonymen Vertreter in Pontia Xiphia in Indien hat, kommt auch in Afrika in verschiedenen Varietäten vor. Sie wird erwähnt bei Aurivillius, l. c. p. 220 n. 178; Dewitz, Afr. Tagschm., p. 10; Hopffer, Peters Reise, p. 349; 11 218 Dr. Arnold Pagenstecher. Oberthür, Etude II, p. 15 (Narica); Mabille ]. c. p. 222 (v. Doro- thea [grösser] und Sylvicola [3 mal grösser]); Meyer, Il. ce. p. 335 n. 9; Möschler, Goldküste, p. 52, var. Dorothea; Plötz,l.c.p. 204, Dorothea und Alcesta als zwei Arten; Saalmüller, (= var. Sylvicola); Snellen, Tijd. Bd. 25, p. 225 (= Xiphia). Genus Eurema, Hübner. Terias, Swainson. Die afrikanischen Arten der Gattung Eurema bedürfen, wie dies auch Möschler, Kaffernl., p. 279 angibt, noch der Aufklärung, da es wohl unzweifelhaft vorkommt, dass verschiedene Autoren dieselbe Art unter verschiedenen Namen aufführen, ja eine und dieselbe Art unter mehreren Namen bei einem Autor genannt wird. Ort und Zeit scheinen hier bei einer Art verschiedene Formen zu erzeugen (vergl. Elwes, Tr. Ent. Soc. Lond. 1889, Proc. p. XI. 8. (1.) Eurema Hecabe, L. Linne, Syst. Nat. X, p. 470 n. 74; Cramer II, pl. 124, £. BC.; Aurivillius, Rec. Crit. p. 62 n. 63; Floricola, Boisd., Fauna Mad. p. 21 n. 2. Unter den übersandten Eurema-Arten sind fünf Exemplare, welche ich zu Hecabe, L., ziehen zu sollen glaube. Von indischen Vertretern unterscheiden sie sich durch eine geringere Grösse, welche etwa philippinischen entspricht. Letztere sind indess gesättigter gelb und mit breiterem schwarzem Rande der Hinterflügel versehen. Letzterer ist bei den vorliegenden Exemplaren, ebenso wie bei solchen von Kamerun, schmäler und mehr in Flecke aufgelöst. Die Unterseite ist verschieden durch mehr oder weniger stark ausgeprägte Vorder- randsflecke der Vorderflügel und dunklere Zeichnungen der Hinterflügel. Die vorliegenden Exemplare stammen von Mbusini, Usegua, 29. VIIL 88; Kikoko, Usaramo, 18. VII. 88; Pongue, Usegua, 24. III. 88. und Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. Die über Indien und den malayischen Archipel verbreitete Hecabe, L., wird aufgeführt von Oberthür, l.c.p. 717 und Etude III, p. 21; Mabille, 1. c. p. 223; Möschler, Goldküste (Floricola = Hecabe?); Saalmüller (Floricola); Snellen, Tijd. XXV, p. 225; Hopffer, l. c. p. 365 rechnet hierher v. Sara Horsf., v. Suava Boisd., v. Blanda Boisd., v. Senegalensis Boisd., und Floricola Boisd. 9. (2.) Eurema Brigitta, Cramer. Cramer IV. T. 351 £. B.C., (1782); Trimen and Bowker, 1. c. III, p. 4. ; Von dieser, durch die röthlich angetlogene Unterseite (cf. Stau- dinger, Exot. Schm., p. 28, T. 16), kenntlichen Art sind zwei Exemplare 12 Lepidopteren. 219 vorhanden: 1 2 Mbusini, Usegua, 24. VIII. 88. und ein 2 von Sacurile, Ukuere, 20. VIU. 88. Möschler, Kaffernland p. 280 zieht Rahel Fabr., Pulchella Boisd. und Zo@ Hopffer hierher, was wohl nur für Rahel Geltung hat, welche von Hopffer, Peters Reise, p. 368 und von Westwoodin Oates Matabele Land, p. 349 angeführt wird. Oberthür, Et. II, p. 20 erwähnt Brigitta. 10. (3.) Eurema Pulchella, Boisduval. Boisduval, Faune Mad. p. 20, pl. 2, f. 7 (1833). Von dieser Art liegen 3 Jo! und 5 22 vor. Die ersteren stammen von Quilimane 16. I. 89. Sacurile 25. VII. 88; die 29 von Sansıbar 15.:V. 88. Qwlimane 15. I. 89. 16.-I 89. und II. 1889. — Eurema Zoe, Hopffer, Berl. Acad. 1855, p. 640 und Peters Reise Moz., p. 369, t. 20, f. 10 ist dieselbe Art, welche auch bei Westwood, l. c. p. 349 erwähnt wird. Saalmüller erwähnt Pulchella, 1. c. p. 66. Auch Aurivillius, Lep. Gabun, p. 220 n. 179 und Staudinger, Exot. Schmett., p. 28, T. 16 2 führen die Art auf. Genus Gatopsilia, Hübner. 10. (1.) Catopsilia Florella, Fabricius. Pap. Flor., Fahr. Syst. Ent., p. 479, n. 159; Trimen and Bowker 1. c. II, p. 185 (Callidryas Flor.). Es sind 1 o' und 12 dieser weit verbreiteten Art vorhanden, beide von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. Ich finde Call. Flor. erwähnt bei Aurivillius, Lep. Gabun, p. 233; Dewitz. c. 1879, p. 37; Gerstäcker.]. c., p. 367; Hopffer, Peters Reise, p. 365; Mabille, 1. c. p. 225; Möschler, Goldküste, p. 52, Kaffernland, p. 279; Rogenhofer, Baumann’s Usambara, p. 324; Saalmüller, p. 66. Call. Pyrene, welches dieselbe Art darstellt, wird aufgeführt bei Oberthür 1. c. XV, p. 153 und XVII, p. 717; Johnston, Kilimandjaro, p. 347; Meyer, Gletscherfahrten n. 18 und Rogenhofer, Afr. Schmett, p. 456. Call. Swamsoni, ebenfalls synonym, erwähnt Westwood, 1. c. p. 342 und Callidryas Rhadia Boisduval, das auch nichts anderes ist: Boisduval, Voy. Deleg. n. 34, Saal- müller 1. c. p. 66 und Westwood, p. 343. Genus Callosune, Doubleday. Teracolus, Swainson; Anthocharis, Boisduval; Anthopsyche, Ptychopteryx, Wallengren. 11. (1.) Callosune Hetaera, Gerstäcker. Gerstäcker in vw» d.. Decken 5 Reise! p.. 365, T. XV, 1.42. 13 220 Dr. Arnold Pagenstecher. Drei mir vorliegende Exemplare, 2 J'c! und 12 glaube ich mit diesem Namen bezeichnen zu sollen. Das grössere Männchen (60 mm Ausmass) von Mbusini, Usegua, 26. VII. 88. entspricht der Gerstäcker’schen Abbildung von Hetaera, welche Art Trimen and Bowker, ]l. c. p. 113; bei Teracolus Regina, Trimen wie folgt bezeichnen: „The very closely allied Hetaera seems to be distinguished from Regina by its rather larger size and redder apical patch — the latter beeing also entirely devoid of any trace of black on its inner edge.“ Das mir vorliegende Exemplar ist auf der Oberseite reinweiss mit schwarzen Adern der Vorderflügel (weniger auf den Hinterflügeln). Der grosse Apikalfleck ist violett, in gewissem Licht bläulich, nm anderem röthlich schimmernd, wie ihn Gerstäcker darstellt. Die innere Parthie des Apikalfleckes ist scharf abgegrenzt gegen den weissen Grund ohne schwarze Einfassung. Ein schwarzer Mittelfleck fehlt, ebenso wie die bei der Form Regina vorhandenen beiden schwarzen Flecke in Zelle 1 und 2. Die Unterseite ist weiss, im Apikalfleck der Oberflügel leicht röthlichgelb angeflogen mit emigen schwarzen Punkten und Andeutung eines schwarzen Mittelflecks in der Zelle. Die Adern sind dünn schwarz bestäubt. Die Hinterflügel sind rahmartig gelblich angelaufen. Das 55 mm grosse weibliche Exemplar (ohne Bezeichnung der Herkunft) hat einen orangen, leicht violett angeflogenen Apikalfleck, welcher aussen und innen schwarz eingefasst ist, 5 schwarze Flecke zeigt und in welchem die Adern schwarz angelaufen sind, wie dies auch der Flügelgrund bis zur Mittelzelle hin ist. Die Hinterflügel haben einen breiten gezackten schwärzlichen Hinterrand. Die Unter- seite der Oberflügel ist graugelb, der Apikalfleck orange mit schwarzen Punkten. Ein deutlicher schwarzer Mittelfleck, schwärzlicher Flügel- srund und Innenrand finden sich. Die Hinterflügel sind licht gelblich mit starkem bräunlichem senkrechtem Streifen, der sich an der Mediana in Flecke auflöst. Das Exemplar kommt ziemlich mit der Abbildung des 2 von Regina bei Westwood (Oates Matabele-Land Taf. X, F. 10) überein, hat aber mehr Schwarz des Innenrandes. Ein kleineres 5" (45 mm) von Mbusini, Usegua, 28. VIII. 88. hat auf der Oberseite einen etwas schmalern und mehr violetten Apikalfleck mit schwärzlichen Adern, deutlichem schwarzem Mittelfleck in der Zelle und starker schwärzlicher Beschuppung der Rippen des Hinterflügels, die sich am Aussenrande zu kleinen Flecken verdichtet. Eine schwarze Einfassung des Apikalfleckes, wie Querbinde des Hinterflügels fehlt. Die Unter- seite ist weisslich, der Apikalfleck licht orange mit schwärzlichen Rippen und kleinem dunklem Mittelfleck der Vorderflügel. Die Hinter- 14 Lepidopteren. 221 flügel zeigen eine ganz leichte gelbliche Färbung des Vorderrandes, die Rippen sind nicht so schwarz bestäubt, wie auf der Oberseite. Das Exemplar entspricht der Beschreibung von Jone, Godart; ich habe aber keine Veranlassung, es als besondere Art von Hetaera zu trennen, da die Unterschiede hierfür meines Erachtens zu gering sind. Trimen and Bowker (l. ce. p. 101 £. 1) stellen folgende, hierher gehörige Arten auf: Jone Godart (= Jalone Butler; Imperator Butler); Speciosus Wallengren (= Erone Angas; Jone Boisduval und Jone Butler [p. p.]); Jobina Butler; Phlegyas Butler (synonym mit Jone var. Reiche und Buxtoni Butler und Westwood); Regina Trimen, Westwood (= Jone Wallengr.). Wahrschemlich haben wir es hier auch mit Ort- und Zeit- varietäten einer und derselben Art zu thun und gehören Regina, Hetaera, Phlegyas, Jone und Jalone zusammen. Butler’s Trennungen in seiner Arbeit über Teracolus (Proc. Zool. Soc. Lond. 1876, p. 130) scheimen mir nicht gerechtfertigt. Jone wird aufgeführt bei Boisduval Voy. Deleg. 227; Oberthür, Etude II, p. 20; Hopffer 1. c. T. XXI. p- 357, f. I. und Rogenhofer in Baumann’s Usambara, p. 325; Jalone, bei Fromholz-Meyer n. 23. 12. (2.) Callosune Antevippe, Boisduval. Anthocharis Ante- vippe, Boisduval, Spec. Gen. I, p. 572 n. 18, pl. 18, f. 3 (1836). Trimen and Bowker, 1. c. p. 136. Zwei Exemplare von Mbusini, Usegua, 28. VIII. 88. sind hierher zu ziehen. Das eine hat auf den Hinterflügeln stärkere schwarze Randflecken, welche zusammenfliessen und auf den Adern sich etwas nach innen erstrecken. Auf der Unterseite ist die Costa der Hinter- flügel leicht orange angeflogen, welche Färbung sich auch etwas diffus zwischen den Adern findet. Das andere Exemplar hat weniger stark entwickelte Randpunkte der Oberseite der Hinterflügel und eine ganz leichte dunkle Gitterung der Unterseite derselben. Die Art, zu welcher Trimen and Bowker als synonym Ithonus Butler, Harmonides Butler, Hippocrene Butler und Ignifer Butler ziehen, findet sich bei Hopffer (l. c. p. 350) und Oberthür (Etude III, p. 19) erwähnt. 13. (3.) Callosune Omphale, Godart. Pieris Omphale, Godart, Enc. Meth. IX, p. 122 n.12 (1819), Trimen and Bowker, 1. c. p. 142. Es sind drei Männer und drei Weiber vorhanden, 1% 19 ohne Bezeichnung, die übrigen von Bagamoyo, 23. VI. 88. Die Jo" entsprechen der Staudinger’schen Abbildung (Exot. Schmett. pl. 23), 15 222 Dr. Arnold Pagenstecher. auf welcher fälschlich der Name als Achine bezeichnet ist. Die Art wird erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg n. 26 und bei Rogenhofer, Baumann’s Usambara, p. 325 n. 38. 14. (4.) Callosune Halyattes, Butler. Teracolus H., Butler, Proc. Zool. Soc. London 1876, p. 145, t. VL, f. 8. Trimen and Bowker, 1. c. p. 139. Ich ziehe vier Exemplare hierher und zwar 1 %' Mbusmi, Usegua, 28. VII. 88., 222 ebenfalls daher und 12 von Mhonda, Ungü, 8. IX. 88. Sie entsprechen der Butler’schen Abbildung, doch fehlt beim „' der schwarze Fleck im Zellende. Genus Eronia, Hübner. 15. (1.) Eronia Cleodora, Hübner. Hübner, Sammlung Exot. Schm. II, pl. 130. (1806). Trimen and Bowker, 1. c. p. 171. Zwei Exemplare in der Varietät Erxia, Hewitson Exot. Butterfl. IV, pl. 5, f. 8. mit breitem, schwarzem Rand, liegen von Bagamoyo vor, 22. VI. 88. und 23. VI. 88. — Die Art wird erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg. n. 53l; Godman Johnston, ]. c. p. 347; Hopffer, 1. e. 363; Oberthür, Risult. XV, p. 183, Etude II, pP.2% und Rogenhofer, Ostafr. Schmetterl., p. 456. Danaidae. Genus Danais, ZLatreille. 16. (1.) Danais Chrysippus, Linne. Pap. Chrys. Line, Mus. Lud. Ulr., p. 222 n. 82 (1764). Trimen and Bowker, 1. c. I, pP. 3% var. Eupl. Dorippus, Klug, Symb. Phys. Dec. V, T. 48, F. 1—5. Von diesem, so überaus weit verbreiteten Schmetterling sind zahlreiche Exemplare vorhanden. Von der gewöhnlichen dunklen Form von Chrysippus sind drei Stück von Bagamoyo, 27. IX. 88. vertreten, während die var. Dorippus in 9 Exemplaren (5 so! und 4 22) vor- handen ist. Die letzteren stammen von Mhonda, Ungü, 2. IX. 88. und 1. IX. 88; von Lewa, Usambäa, 25. IX. 88. und von Bagamoyo, 23. VI. 88. und 27..NT. 88. Chrysippus wird erwähnt von Aurivillius, Lep. Damar., p- 193; Hiopffer, 1.xe.%p..4705; Oberthür, 1L2e7XV, p.- 30:4 XVII, p. 10; Möschler, Goldküste, p. 55, Kaffernland, p. 282; Rogenhofer über Baumam, 1. ce. p. 325 n. 24; Snellen, T. v. E. XV, p. 12,:XV], p: 71, XXV,. B.,21857,Dogppus; bei, Godmanı l..c. p. 345; Oberthür, Et. IH, p.24; Meyer, ]l.c.n. 28; Rogen- hofer, Afr. Schm., p. 457. 16 Lepidopteren. 223 17. (2.) Danais Limniace, Cramer. Cramer, P. E. T. 59 f. DE. (1779); var. Petiverana, Doubl. Hew. Gen. Diurn., p. 93, pl. XI, f. 1 (1847). Ein Exemplar, Mbusini, Usegua, 28. VIII. 88. Gerstäcker (l. c. p. 368) hält die afrikanische Form für eigene Art, welche durch den Mangel der hellen Längsstriemen an der Innenrandsader der Vorderflügel nahe der Basis ausgezeichnet ist. Aufgeführt wird sie bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 193; Fromholz- Meyer, |. e. p. 335 mn. 29; Oberthür, I. ec. XV, p. 155 und XVII, pP 18; RKozenhofer, Östafr. Schm., p. 457 und Snellen, |. c. AXV, p. 219. Genus Amauris, Aübner. 18. (1.) Amauris Ochlea, Boisduval. Boisduval, Voy. Deleg. I, p. 509 (1847). Trimen and Bowker, 1. c. p. 29. Es liegen 2 Exemplare (sa) vor, von Bagamoyo, 25. VI. 88. von dieser, auch bei Wallengren, |. c. p. 20. und Rogenhofer, Baumann’s Usambara, p. 325 aufgeführten Art. Acraeidae. Genus Acraea, Fabricius. 19. (1.) Acraea Horta, Linne. Linne, Mus. Lud. Ulr., p. 234, n. 53 (1764). Trimen and Bowker, 1. c. p. 134. Ein Exemplar ohne näheren Fundort von dieser bekannten, von Boisduval, Voy. Deleg. n. 59. und von Dewitz, Afr. Tagschm. 1879, p. 5 n. 17. erwähnten Art. 20. (2.) Acraea Petraea, Boisduval. Boisduval, Voy. Delegorg., p. 589, n. 49 (1847). Die drei vorhandenen Exemplare (Sc) von Sacurile, Ukuere, 20. VOII. 88. stimmen mit Hopffer’s Abbildung, 1. c. p. 373, pl. XXIV, f. 1—4. Die Art wird erwähnt bei Dewitz, Afr. Tagschm., p. 6 und 18 und Oberthür, Etude II, p. 26 var. 21. (3.) Acraea Encedon, Linne. Pap. E. Linne, Syst. Nat. ed. X, p. 488 n. 188; Acraea Lycia, var. fulva, Doubleday et Hewitson. Gen. Diurn. Lep. 140 n. 12, T. 19, f. 2; Acraea Sganzini, Boisduval, Voy.. Delag. :n..50,.p. 590; Madag.,. pl. 6.,.f. 6,7. Ein Exemplar, Quilimane, 16. I. 1889.. etwas grösser als Bois- duval’s Abbildung und mit weisslicher Querbinde der Vorderflügel. 17 224 Dr. Arnold Pagenstecher. Lycia und Sganzini sind synonym mit Encedon. Die Art findet sich bei Dewitz, Afr. Tagsch, p-. 5; Guerin’n Lefebre Voy., pl, f. 4, 5: Oberthür, 1, ce. XVII n.. 28; Meyer, l. cn. 32, Dlietz l. c. p. 90 n. 35 und Saalmüller, 1. c. p. 75. 22. (4.) Acraea Doubledayi, Guerin. Guerin, Voy. Lef. VI, p. 378 (1847); A. Oncaea, Hopffer, Monatsb. Berl. Ac. Wiss. 1855, p. 640; Peters Reise, Moz., p. 375, pl. 24, f. 5 (1862); var. Neluska, Oberthür, Etude II, p. 25, pl. I, f£. 2 (1878); var. Axina, Westwood in Oates Matabele Land, ed. IH, p. 352, pl. VI, f. 5, 6 (1889). Es liegen drei Exemplare vor, 1 5‘ von Kikoko, Usaramo, 18. VII. 88. mit breitem, schwarzem Hiterrand der Hintertlügel und dichter, dunkler Bestäubung des Grundes derselben, und ein Y'P von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. Hier hat das 5 einen etwas weniger breiten schwarzen Hinterrand der Hinterflügel, das 2 ist heller gefärbt, die Vorderflügel sind durchsichtiger, die Hinterflügel mit schmalem, schwarzem Hinterrand und dunkler Bestäubung. Dei allen drei Exemplaren ist die Vorderflügelspitze breit dreieckig schwarz. Bei der var. Axina Westwood ist der Hinterrand schmäler schwarz und die Flügelspitze ebenfalls nur schwarz eingefasst. Oncaea wird auch bei Oberthür, Ris. XVII, p. 35 aufgeführt. 23. (5.) Acraea Caldarena, Hewitson. Hewitson, Ent. Monthly Mag. XIV, p. 52 (1877); Trimen and Bowker, 1. c. p. 149; Acraea Amphimalla, Westwood bei Oates Matabele Land, ed. I. Ein Exemplar 9‘, Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88. der West- wood’schen Abbildung (Oates, 1. c. ed. Il, p. 355, pl. V, f. 1,2 [1889]) entsprechend. 24. (6.) Acraea Natalica, Boisduval. Boisduval, Voy. Deleg., p. 590 n. 57; Trimen and Bowker, l.c. p 155; Acraea Bellua, Wallengren, Lep. Caffr., p. 22 n. 9 (1857). Ein schönes g von Mhonda, Unguü, 6. IX. 88. dieser bei Hoptffer, l. c. p. 371, pl. 23, £. 12, 13 (1862), und Meyer,, Gletscherfahrten n. 33 erwähnten Art. | 25. (6.) Acraea Anemosa, Hewitson. Hewitson, Exotic. Butt. III, pl. 8, f. 14, 15 (1865); Trimen and Bowker, 1. c. p. 157; Staudinger, Exot. Schmett., T. 33. Ein schönes @ von Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88. welches auf den Hinterflügeln keine schwarzen Punkte, aber weisse Fransen zeigt. Der Hinterleib hat einen Ansatz zur Taschenbildung. — Die schöne Art, welche von Kirby als Varietät zu Zetes, Acara und Natalıca 18 Lepidopteren. 225 gesetzt ist, findet sich erwähnt bei Dewitz, Afr. Tagschm. 1879, p- 17, bei Meyer (Fromholz), l. c. n. 34, und bei Oberthür, Etude UI, p. 24 (Anemona!). 26. (8.) Acraea Acara, Hewitson. Hewitson, Exot. Butt. II, pl. VII, £. 19, 20 (1865); Trimen and Bowker, 1. c. p. 159, Taf. 1, f. 3; Acraea Caffra, Felder, Novara Lep., T. 46, f. 10, 11 (1865); Acraea Zetes, Trimen, Rhop. Afr. Austr. I, p. 99 n. 62 (1862). Ein grosses 9, ohne Bezeichnung der Herkunft, liegt vor, mit weniger weisslichem Grund der Hinterflügel, als dies die Felder’sche Abbildung zeigt. Die Art wird erwähnt von Aurivillius, Lep. Gabun n. 31 und Oberthür, Etude III, p. 24. 27. (9.) Acraea Pharsalis, Ward Ward, Ent. Monthl. Mag. War Torl..p. 6]. Vier Exemplare, drei von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. und eines von Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. Die Art wird erwähnt bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 200 n. 32; Dewitz, Afr. Tagschm. 1879, p- 5 und p. 17; sowie Plötz, St. Ent. Ztg. 1880, p. 190 n. 23. 28. (10.) Acraea Pudorina, Staudinger. Staudinger, Exot. Schmett., p. 84, Taf. 33. Von dieser schönen Art liegt mir ein Pärchen, in Msere am Wami, 3. IX. 88. in copula gefangen, vor. Das ' gleicht der Stau- dinger’schen Abbildung fast vollständig, doch sind die in der Mitte des Vorderflügels im Dreieck gestellten drei Punkte stärker entwickelt und es steht noch ein weiterer zwischen Submediana und erstem Medianast auf der Oberseite nahe dem Aussenwinkel, der bei Stau- dinger nur auf der Unterseite angegeben ist; ferner noch ein kleinerer im Grunde derselben Zelle. Dagegen fehlt der bei Staudinger an der Spitze der Mittelzelle der Vorderflügel angegebene. Die Unter- seite ist völlig entsprechend. Das 2 unterscheidet sich durch stärker schwarz gefärbte Flügelspitze; von ihr erstreckt sich die schwarze Randfärbung etwas auf die Costa und längs des ganzen Aussenrandes. Die drei schwarzen, im Dreieck- stehenden Flecke des Diskus sind etwas stärker, als beim 5, der Fleck am Aussenrande ist vorhanden, der nach innen fehlt dem rechten Flügel, während er auf dem linken sichtbar ist. Die Färbung der Vorderflügel ist nicht ziegelroth, sondern am Grunde dunkler, mit schwärzlichen Atomen bestreut. Die Hinter- flügel sind wie beim g' gefärbt, im Flügelgrund und am Aussenrand dunkler, so dass die hellen Randflecke ein wenig hervortreten. Auf der Unterseite der Vorderflügel zeigen sich die Adern nach dem 19 15 226 Dr. Arnold Pagenstecher. Aussenrande hin schwärzlich bestäubt und schwach hellgelb eingefasst ; die Hinterflügel sind lebhafter gefärbt, als beim 1, aber im Wesent- lichen gleich. Die hellgelbliche Begrenzung der Flecke und der Rand- binde tritt im röthlichen Grunde sehr stark hervor. 29. (11.) Acraea Rahira, Boisduval. Boisduval, Faune Madag., p. 33, pl. 5, £. 4, 5 (1833). . Trimen and "Bowker; 1. ’e. 'p. 166. Ein Exemplar, Quilimane, 15.1. 89. dieser, auch in Boisduval, Voy. Deleg., p. 590 n. 55 und bei Saalmüller, Mad. Lep., p. 75, erwähnten Art. 30. (12.) Acraea Balbina, Oberthür. Oberthür, Etude Entom. XII 9.16, pk IN, #. 891888). Zwei Exemplare, Mhonda, Ungü, 6. u. 8. IX. 1888. vollständig oleich einem im Senckenberg’schen Museum zu Frankfurt befindlichen Stücke dieser Art. Balbina ist, wie mir Herr Snellen mittheilt, wohl identisch mit Insignis, Distant, Proc. Zool. Soc., Lond. 1880, p. 184, pl. 19,=f, 4, >. 31. (13.) Acraea Makupa, Grose Smith. H. Grose Smith, Annals and Mag. Nat. Hist. (6) III, S. 126 (1889). Smith and Kirby, Rhop. Exot., pl. 26 (Acraea 1), f. 6 (1889). Nur ein Exemplar von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. dieser eigen- thümlichen, durch die breiten, nach aussen geschwungenen Querbinden der Hinterflügel und die nach dem Aussenrande hin schwärzlich angelaufenen Rippen ausgezeichneten, auch in der Färbung besonderen Art. Die Art soll, wie Herr Snellen mir mittheilt, Zonata Hewitson sein. 32. (14.) Acraea Serena, Fabricius. Fabricius, Syst. Ent., p. 461-.n. 76; Acraea Buxtoni, Butler, Ann. Mag. XVI, p. 395; Trimen and Bowker, ]. ce. p. 170; Acraea Manjaca, Boisduval, Faune Ent. Mad., Pp. 33: n. 9.-pl. 4, f. 6; Wallengr., Lep.' Rhop. Care p. 22 (1857). Es liegen 15 J'c' vor, welche sich alle sehr ähnlich sind und nur wenig in der Färbung und Ausdehnung des schwarzen Randes und Mittelfeldes differiren, sowohl auf der Ober- als Unterseite. Von diesen ist eins ohne Bezeichnung der Herkunft, eins aus Sansibar, 23. V.88., lebhaft roth mit schwarzer Randbinde, zwei aus Bagamoyo, 23. VI.88., mit gefleckter Randbinde, eins von Lewa, Usambäa, 25.IX. 88., blassgelb, drei von Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88., mit dunklen Rand- flecken, zwei Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88., vier von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88, und eins von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88., mit 20 Lepidopteren. 227 deutlichen Randflecken. Sie entsprechen alle der Manjaca Boisduval und dem Staudinger’schen Bilde (Exot. Schm. T. 31). Kein einziges Exemplar zeigt die schwarze Längsbinde der Cramer’schen Eponina, Taf. 268 AB, auch ist bei keinem der schwarze Mittelfleck mit der Randbinde verbunden. Von den für den ersten Anblick vom &* sehr verschiedenen 9 (Eponina, Cr.) liegen mir 10 Exemplare vor. Sie haben alle gelashelle Vorderflügel und eine weissliche Querbinde unterhalb des Apex und unterscheiden sich durch mehr oder weniger lebhafte Färbung. Ein Exemplar von Bagamoyo, 23. VI. 88. ist wenig lebhaft, mehr düster gefärbt; ihm sind zwei weitere (ohne Bezeichnung der Herkunft) gleich; 1 Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88. ist lebhafter, 3 sind von Sacurile, Ukuere, 20. VII. 88., wovon eins lebhaft, zwei düster gefärbt; zwei von Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88., mit lebhaft rothgelben Hinterflügeln, 1 von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88., mit mehr gelbrothen. Die zackige Randbinde ist bei den Exemplaren verschieden gestaltet und eingefasst. Die Art wird fast überall erwähnt, so von Boisduval, Voy. Deleg. n. 53; Aurivillius, Lep. Gab., p. 231 2. 375 Gerstäcker, Bey. 368; Dewitz, Afr.' Tagschm., p. 185 Oberthür, Rs. XVII, 21729% Etude Ill, p.'24; Mabille, 1. e pl203; Blötz,1l.'e..p.’290 er Sanellen; -T.. v.E.129,'p. 216. 33. (15.) Acraea Cabira, Hopffer. Hopffer, Monatsb. Berl. Nead- 1855, p: 640 n. 7; Peters Reise, p. 378, pl..23,& 14, 15 (1862); Trimen and Bowker, l. c. p. 173 n. 53. Ein Exemplar, Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. mit kleinen gelben Randflecken in der dunklen Hinterrandsbinde der Hinterflügel. 34. (16.) Acraea Quadricolor, Rogenhofer var. (?). Planema Quadricolor, Rogenhofer, Afr. Schmett. in Annal. k. k. Hofmuseum 1891,93 438... XV, 28. Ein einzelnes Exemplar von Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. stimmt mit der angezogenen Abbildung ziemlich überem, doch ist die weissliche Querbinde der Vorderflügel bei dem vorliegenden Exemplar hellgelb. 35. (17.) Acraea Punctatissima, Boisduval. Boisduval, Faune Mad. X, p. 31, pl. 6, f.2 (1833); Pardopsis P., Trimen and Bowker, Pace parlası 0,56. Ein Exemplar ', Bagamoyo, 23. VI. 88. und ein weiteres ', Mhonda, Ungü, 8. IX. 88. dieser, auch bei Oberthür, ]. ce. XVII, p. 719 und Saalmüller, 1. c. p. 75 aufgeführten Art, von der Stietica, Boisd., Voy. Deleg. n. 51 Varietät ist. 21 15° 228 Dr. Arnold Pagenstecher. Nymphalidae. Genus Atella Doubledayy. 36. (1.) Atella Phalanta, Drury. Drury, Il. Nat. Hist. I, pl. 2178. 1, 2°(1%70),; "Trımen, and Bowker, 1.2 p.2129. Zwei Exemplare von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. Die Art wird erwähnt bei Boisduval, Voy. Deleg., p. 592; Dewitz, Westafr.Tagschm., p. 367; Dewitz, l..c. 1879, p. 18; Hopffer, 1. cc. p. 379; Mabille, l. c. p. 203; Möschler, Kaffernland, p. 283, Goldküste, p. 56; Oberthür, Ris. XVI, p. 158, 184 und XVII, p. 178; Plötz, 1. c. p:71902Saalmuller, 1..c. pP. 77, Genus Pyrameis, Hübner. 37. (1.) Parameis Cardui, Linne. Linne, Syst. Nat. I, p. 774 n. 357 (1763); Trimen and Bowker, 1. c. p. 200. Drei kleine Exemplare: 1 Bagamoyo, 27. VI. 88. und zwei von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. Der kosmopolitische Schmetterling wird aufgeführt bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 203 n. 49; Bois- duval, Voy. Deleg. n. 70; Dewitz, Afr. Tagschm., p. 20; From- holz-Meyer, l. c. 335 n. 40; Oberthür, l..c. XVI, 39 und XVII, p. 782; Möschler, Kaffernland, p. 203; Rogenhofer in Baumann’s Usambara,'p. 326; Plötz, 1. e. p. 191 n. 34; Saalmüller, 1. Pe aWiestwi00d,.1#6,.p.297% Genus Junonia, Hübner. 38. (1.) Junonia Crebrene, Trimen. Junonia Oenone, Hübner, Samml. Exot. Schm., T. 34, f. 1, 2 (1806); Junonia Crebrene, Trimen, Trans. Ent. Soc. Lond. 1870, p. 353, Trimen and Bowker, 1. c. p. 218. Die drei vorhandenen Exemplare dieser afrikanischen Vertreterin von ÖOenone stammen von Sansibar, 4. VI. 88., Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88. und Msere, Usegua, 4. IX. 88. Die Art wird aufgeführt bei Boisduval (Oenone), Voy. Deleg., p. 592; Aurivillius, -Lep. Damar., p. 40; Gerstäcker, l.c. p. 369 n. 17 (Crebrene) , Tioptrez l. c. p. 380; Möschler,' Kaffernl., p. 284; Rogenhofer, Afr. Tagschm., p. 460; Rogenhofer in Baumann’s Usambara, p. 328 n. 64; Wallengren, Rhop. Cafir. 27; Westwood, 1. c. p. 357. 39. (2.) Junonia Clelia, Cramer. Pap. Oenone, Linne, Mus. Lüd. Ulr, p. 274 °n! 93; 'Clelia, Cramer, 1e21, # EF;, Temensand Bowker, l. c. p. 214, 22 Lepidopteren. 229 Es sind sechs Exemplare vorhanden, welche von Sansibar 2. V. 88., 23. V. 88., 25. V. 88. und von Mbusini, Usegua, 28. VII. und 29. VII. SS. stammen. Die Art wird aufgeführt bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 203 n.50; Boisduval, Voy. Deleg.n. 72; Gerstäcker, reg 92 563:n.416; Oberthür, ErTH;,:p. Mn Ris:XV,. 2.160, XV, Bes elorr, 1. cp. 191; Hopffer,..l ep: 380; Trombolz- Meyer n. 41; Dewitz, l.c. 1887, p. 367; Möschler, Kaffernland, p- 284, Goldküste, p. 56; Mabille, 1. c. p. 203; Rogenhofer, Afr. Schm., p. 460, Baumann’s Usambara, p. 326 n. 65. 40. (3.) Junonia Orithya, Linne. P. O., Linne, Syst. Nat. X, p. 473 (1758); J. Boopis, Trimen and Bowker, 1. c.p. 217, T. 14, £.2. Zwei Exemplare, Bagamoyo, 25. VI. 88. und Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88., der Abbildung Trimens entsprechend. ©. wird aufgeführt ber Dewisz »188%, p. 357, 1879, p: 20; Hopiter, le p. 380; Oberthür, p. 720; Saalmüller, p.78; Wallengren, Rhop. Caffr., Bea ns I; W.estwood,; 1. c.,p. 357: Genus Precis, Hübner. 41. (1.) Preeis Elgiva, Hewitson. Hewitson, Exot. Butterfl. III, pl. 13, f. 1 (1861); Trimen and Bowker, 1. c. p. 240. Ein Exemplar, Mbusini, Usegua, 29. VII. 88. dieser bei Dewitz 1879, p. 2; Fromholz-Meyer.n. 335; Oberthür, Et. II, p. 27; Rogenhofer, Afr. Schm., p. 460, Baumann’s Usambara, p: 327 n. 74 aufgeführten Art. 42. (2.) Precis Petersi, Dewitz. Dewitz, Afr. Tagschm. 1879, P320N 725, 1122 (1879). Ein Exemplar, Mbusini, Usegua, 29. VII. 88. glaube ich zu dieser Art ziehen zu müssen, wiewohl die Unterseite weniger bunt, als auf der Dewitz’schen Abbildung ist, und nur eine braunrothe Färbung mit undeutlicher Zeichnungsanlage zeigt. Genus Salamis, Boisduval. 43. (1.) Salamis Anacardii, Linne. Pap. Anacardii, Linng, Mus. Lud. Ulr., p. 236 n. 55 (1764); Trimen and Bowker, 1. c. p. 244. Ein Exemplar, Mhonda, Ungü, 7. IX. 88. dieser weit verbreiteten Species, welche sich bei Aurivillius, Lep. Gab. p. 204 n. 51; Boisduval, Voy. Deleg. n. 65; Dewitz, Westafr. Tagschm. 1887, p. 368; Dewitz,. Afr. Tagschm. 1879, p. 6; Fromholz- 23 230 Dr. Arnold Pagenstecher Meyer n. 49; Gerstäcker, 1. ce. p. 369; Oberthür, Et. III, p. 27; Mabille, 1. c. p. 203; Plötz, l.c. p. 191; Rogenhofer, Afr. Schm., p. 463 und Wallengren, |. c. p. 24, findet. Genus Eurytela, Boisduval. 44. (1.) Eurytela Dryope, Cramer. Cramer, P. E., T. 78, f. EF (1779); Trimen and Bowker, ]. c. p. 261. Zwei Exemplare, Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. und Lewa, Usambaa, 25. IX.88. Erwähnt bei Boisduval, F. Mad., p. 55; Aurivillius, Lep. Gab., p. 204 n. 59; Mabille, 1. c. p. 274; Möschler, Gold- küste, p. 55, .Hopffer, 1... p.. 395; ‚Plötz; ]. e. p.. 194702 thür, Rıs: XV,» n. 42, .XVH, p. 50; Rogenhofer, -Afr,ı Schm p. 461, Baumann’s Usambara, p. 320 n. 76 und Saalmüller, p. 81. Genus Hypanis, Borsduval. 45. (1.) Hypanis Iithyia, Drury. Drury, Il. Nat. Hist. II, pl. XV, f. 1,2 (1773); Trimen and Bowker, 1. c. p. 264, pl. V,f£.4 @). Es liegen viele Exemplare vor: 1 Tschirutae, Ukuere, 22. VIII. 88; 3 Sansibar, 23. V. 88. und 25. V. 88. ohne weisse Binde; 1 Lewa, Usambäa, 25. IX. 88. mit weisser Binde am Flügelgrund; 2 Mbusmi, Usegua, 30. VII. 88. mit drei weissen Binden der Unterseite der Hinterflügel und weisser Fleckenbinde am Apex. Auf der Oberseite sind die Thiere nicht verschieden. Lithyia, respective ihre Varietäten erwähnen Aurivillius, Lep. Gab., p. 204 n. 63, Boisduval, F. Mad., p- 56, pl. 7%, £. 5; Gerstäcker, 1.“e. p. 372; Hope Peters Reise, p. 395; Dewitz, p. 7; Meyer n. 52; Möschler, Caffr., p. 284; Rogenhofer, Afr. Schm., p. 461, Baumann’s Usambara p. 327n. 79; Mabille, 1. c.p. 274; Saalmüller, p. 81; Oberthür, l. c. XV, p. 184 und XV, p. 725, Etude III, p. 26; Meyer n. 52; Westwood, l. c. p. 358. Genus Neptis, Fabricius. 46. (1.) Neptis Agatha, Cramer. Cramer, T. 327, F. AB. (1782); Trimen and Bowker, l. c. p. 270. Vorhanden sind Exemplare von Sansibar 23. V. 88; Mbusmi, Usegua, 28. VII. 83; Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. und von Lewa, Usambäa 25. IX. 88. dieses Falters, welcher bei Aurivillius, Lep. Gab.,; p. 205. n.:855 Hopffer, 1. ce. P'382; Meyer n. 54; '"Mabı® p: 277;.Oberthür, Etude IN, p: 27, Risult., p.°165 mmd727 Plötz,1. ce. p. 191 n. 55; Snellen, Neder-Guinea, p. 14, erwähnt wird. 24 Lepidopteren. 231 47. (2.) Neptis Goochii, Trimen. Trimen, Trans. Ent. Soc. Lond. 479, p. 336; Trimen and Bowker, 1. c. p. 272, pl. V., F. 6. Zwei Exemplare von Mbusini, Usegua, 28. VII. 88. entsprechen in Grösse und Zeichnung der Trimen’schen Goochii mehr, als der nahe verwandten Melicerta, Drury, (Blandina, Cramer) und Marpessa, Hopffer. Die Artrechte schemen mir freilich nicht sehr fest. Genus Diadema, Borsduval. 48. (1.) Diadema Misippus, Linne. Linne, Mus. Lud. Ulr., p. 264 n. 85 (1764); Trimen and Bowker, 1. c. p. 277. Es liegen vor: 2 oc! bezeichnet Quilimane, 16. II. 89. und 4 22 (Inaria, Cramer) von Quilimane, 16. II. 89., 27. 1.89., 30.1. 89. Die Art wird fast in allen Faunenberichten erwähnt, so bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 265; Ent. Tid. 1885, p. 40 n. 68; Bois- duval, -Voy. Deleg., p. 78; Dewitz, 1887, p. 369; Hopffer, 15 e2P.23857] Mabille, Te. 2.'275;, Meyer’ (Eromhol2) 'n.) 53; Möschler, Kafiernl., p. 284; Oberthür, Etude II, p. 27, Risult. Rn AIzund XV, p: 7293 Plötz; 1.2e. pr 10%02.#303 Rogen! hofer, in Baumann’s Usambara, p. 327 n. 80; Saalmüller, p. 82; Snellen, T. v. E., Bd. XVI, p. 28; Westwood, in Oates Matabele Land ed. II., p.. 358.n. 50. | Genus Euphaedra, Hübner. 49. (1.) Euphaedra Neophron, Hopffer. Hopffer , Peters Reise, p. 386, T. 22, f. 1, 2 (1862); Trimen and Bowker, 1. c. p. 304. Ein Exemplar, Kikoko, 18. VIII. 88. der Hopffer’schen Beschrei- bung und Abbildung entsprechend. Erwähnt von Rogenhofer, Afr. Schm., p. 46h und in Baumann’s Usambara, p. 327 n. 82. (tenus Euryphene, Westwood. 50. (1.) Euryphene Mardania, Fabricius. Fabr. Ent. Syst. IH, 7 72249 9.7 100 1723) Butler, Lep. Exot.P RP. 28,237 6. Es liegen vor: 1 4, 23. VI. 88.,1 a und 19, 25. VI. 88., alle drei von Bagamoyo, 1 9 Sansibar, 23. V. 88. und 1 „* Kibueni, 2. V. 88. Die Stücke entsprechen der bei Staudinger, Exot. Schmett., p. 148, T. 52, erwähnten Form (Cocalia), welche lebhaft gefärbt und der Senegalensis, Herr. Schäff. ähnlich ist. Aurivillius erwähnt Lep. Gab., p. 210 n. 102 diese Art; ebenso Möschler, Goldküste, p. 58 (Cocalia). 25 232 Dr. Arnold Pagenstecher. Genus Hamanumida, Hübner. 51. (l.) Hamanumida Daedalus, Fabricius. Pap. Daed.: Fabr. Syst. Ent. I, p. 482 n. 174 (1775); Trimen and Bowker, ]. c. p. 309; Meleagris, Cramer, T. 56, f. AB (1779). Es sind eine grosse Reihe von Exemplaren vorhanden, welche auf der Unterseite in der Entwicklung der weissen Flecke und der Grundfärbung verschieden sind; erstere sind im Ganzen wenig hervor- tretend. Die Thiere stammen von Mbusini, Usegua, 29. VII. und 30. VIII. 88., ferner von Mhonda, Ungü, 6. IX. SS., von Lewa, Usambäa 25. IX. 88., Tschirutae, Ukuere, 22. VIII. 88. und von Mangualla, Ungü, IX. 88. Kein Exemplar erreicht die Buntheit der Unterseite, wie sie bei solchen von der Westküste auftritt. Die Art wird erwähnt bei Aurivillius,.Lep. Damar 1879, p. 41 und Lep. Gab., p. 211; Boisduval, Voy. Deleg. n. 76; Dewitz,l.c. 1879, p. 27; Gerstäcker, l. c.p. 370; Möschler, Goldküste, p. 60; Fromholz-Meyer, p. 80; Oberthür, Etude III, p. 28, Risult. XVII, p. 729; Rogenhofer, in Baumann’s Usambara, p. 327 n. 84; Wallengren, Rhop. Caffr., pP: 28; Westwood, 1. .0.p: 858°n.91, Genus Aterica, Boisduval. - 52. (1.) Aterica Teophene, Hopffer. Hopffer, Peters Reise, IV Koyaen oa = ke) a IE Bi Ein einzelnes Exemplar von Mbusini, Usegua, 29. VIII. SS., der Hopffer’schen Abbildung entsprechend. Genus Charaxes, Ochsenheimer. 53. (1.) Charaxes Castor, Cramer. Pap. Castor, Cramer, 7.227, 2 3CD (1776): Irımen and "Dowker, 1. ec; p2 338: Ein stark geflogenes 2 von Ost-Ungü, IX. 88. liegt von dieser bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 214 n. 135; von Dewitz, 1879, p. 28 und Möschler, Goldküste, p. 61 erwähnten Art vor. Satyridae. Genus Yphthima, Hübner. 54. (1.) Yphthima Asterope, Klug. Hipparchia Asterope, Klug, Symb. Phys. Dee. II, 4 T. XXIX, f. 11-14 (1832); Trimen and Bowker, ]. c. I, p. 66. 26 Lepidopteren. 233 Es liegen Exemplare vor von Sansibar, 23. VI. 88; von Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88; Sacurile, Ukuere, 20. VII. 88. und Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. Das grosse Auge der Oberseite der Oberflügel ist von einer rauchgrauen Einfassung umgeben. Die weit verbreitete Art wird erwähnt bei Dewitz, Afr. Tagschm., 1879, p. 17; Gerstäcker, Berpsn0. Tiederer, Verh..z001.- bot, Ges., Wien 1855, 8.1.2.6; Hopffer, Peters Reise, p. 395; Mabille, 1876, p. 200; Möschler, Goldküste, p. 63; Snellen, T.:v. E. 1872 n. 84. Sie findet sich in Arabien, Syrien, Java, China, den Molukken und m Ost- und Westafrika. Genus Mycalesis, Aübner. 55. (1.) Mycaelsis Safitza, Hewitson. Hewitson, Gen. Diurn. Lep., p. 394 n. 10, pl. 16, £. 3 (1851); Trimen and Bowker, 1. e. I, p. 105. Safitza ist synonym mit Myc. Eusirus, Hopffer, Peters Reise, Moz., p. 393, pl. 35, f. 3, mit M. Injusta, Wallengr., Rhop. Cafir., p. 33 (1857), M. Caffra, Wallengr., 1. c. 1857, p. 34 und Mye. Evenus, Hopffer, 1. c. p. 394, pl. 25, f. 5, 6 (1862). Die Exemplare der Grundform (Eusirus Hopffer) stammen von Mbusini, Usegua, 29. VII. 88. und von Bagamoyo, 23. VI. 88. und 25. VI. 88., sowie von Lewa, Usambaa 25. IX. 88; die der var. Evenus, Hopffer, sind von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. und 7. IX. 88., sowie von Bagamoyo, 27. VI. 88. Safıtza findet sich erwähnt bei Dewitz, 1. c. 1879, p. 16; Eusirus bei Meyer, 1. c. n. 30; Oberthür, Ris. XVII, p. 709 n. 77 und Rogenhofer, Afr. Schm., Hofm., p. 462, welcher in Baumann’s Usambara, p. 328, die beiden Formen Eusirus und v. Evenus —= Usagarae, Staudinger i. 1. aufführt. 56. (2.) Mycalesis Dankelmanni, Rogenhofer. Rogenhofer in Baumann’s Usambara, Anhang 8. 330 n. 92 (1891), Afr. Schm., k. k. Hofmuseum, p. 462, T. XV, £f. 9 (1891). Ein geflogenes 2 von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. entspricht der angeführten Abbildung Rogenhofers im Wesentlichen, doch ist der Schatten um das Auge der Oberseite der Vorderflügel heller gefärbt, die Augen der Unterseite der Hinterflügel sind kleiner. Der Verlauf der heller gewellten, scharf von der hellen Aussenparthie abgesetzten Querbinde aller Flügel ist wie auf der Abbildung, dagegen zieht sich noch eine zweite, ebenfalls nach aussen convexe, undeutliche, nach innen etwas heller eingefasste Querbinde als Abgrenzung des Flügel- grundes vom Mittelfelde, welche bei Rogenhofer fehlt. %7 234 Dr. Arnold Pagenstecher. Genus Melanitis, Fubricius. 57. (1.) Melanitis Leda, Linne. Linne, Syst. Nat. ed. X, 474; Trimen and Bowker, 1. c. p. 112. Ein Exemplar, Bagamoyo, 25. VI. 88., der Ismene, Cramer, 25, f. AB, entsprechend. Die weit verbreitete Art (Südasien, Australien, Afrika) wird fast in allen Faunenberichten erwähnt, so von Aurivillius, Lep. Gab., p. 198; Dewitz, °Afr. Tagschm. 1823 p- 17; Hopfter, ].’c. p. 392; Mabille, 1. ce: p. 199; Oberthus, Ris. BE 9. 185 und XVII, p. 720; Sanlmiller. IAcap: 2 Snellen, TV. EV op: 10 ee l.2e. P.338, Genus Physcaeneura, Wallengren. Periplysia, Gerstäcker. 58. (1.) Physcaeneura Leda, Gerstäcker, v. d. Decken’s Reise, 37... Tal. XV, f. 3, 32.201873). o' 2 von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. Das 2 zeigt auf der Oberseite der Hinterflügel am Innenrande nach innen von der bräun- lichen Aussenrandsbinde einen bräunlichen, runden Punkt, welchem unterseits em hellgelblicher Fleck mit silberner Pupille entspricht. Auch sind die vom Vorderrand und Hinterrand der Hinterflügel m die Flügelmitte laufenden parallelen Linien viel stärker entwickelt, als sie bei Gerstäcker dargestellt sind. Das J' zeigt zwar die Flecke der Oberseite der Hinterflügel nicht, hat aber auf der Unterseite den gleichen, bei Gerstäcker nicht angegebenen Fleck, wie das &. Auch ist die Flügelmitte des Hinterflügels gelblich tingirt. Vergleiche auch die Bemerkungen bei Trimen and Bowker, l. ec. :L, p. 71. über diese und die verwandte Art Panda, Boisduval. Leda wird erwähnt bei Rogenhofer in Baum. Usamb,., p. 328 n. 89. Lycaenidae. Genus Lycaena, Fabricius. 59. (1.) Lycaena Asopus, Hopffer. Hopffer, Monatsb. Berl. Ace. 1855, p. 642 n. 22 und Peters Reise, Moz., p. 410; pl. 26, f. 13, 15 (1862); Trimen and Bowker,.l. e. I, p. 17. Drei ganz verflogene Exemplare ohne Schwänzchen von Bagamoyo, 25. VI. 88., Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88. und Mhonda, Ungü, 7. IX. 88. dürften dieser Art angehören. 28 Lepidopteren. 235 ‚60. (2.) Lycaena Lysimon, Hübner. Hübner, Samml. Exot. Schm., F. 534—535, 1798; Trimen and Bowker, l. c. IL, p. 45. Vier, sämmtlich sehr verflogene Exemplare, rechne ich hierher: 2 von Sansibar, 28. IV. und 4. VI. 88., 3 von Bagamoyo, 23. und 26. VI. 88. Bei dem einen Exemplar von Sansibar, das kleiner ist und auch verlängerte Flügel hat, kann man versucht sein, es als Gaika Trimen (= Pygmaea, Snellen) anzusehen. Gerstäcker, 1. c. p. 374, hält Gaika (erwähnt bei Johnston, l. c. n. 10) für identisch mit Lysimon. 61. (3.) Lycaena Baetica, Linne. Linne, Syst. Nat. I. 1, p. 789 n. 226 (1767); Trimen and- Bowker, ]. c. U., p. 59. Ein verflogenes Exemplar, Bagamoyo, 25. VI. 88. dieser weit verbreiteten, von Aurivillius, Lep. Damar., p. 44; Boisduval, Voy. Deleg. n. 44; Möschler, Kaffernl., p. 204 n. 57; Oberthür, Ris. XV. n. 54 und XVII. n. 73, sowie Plötz, St. Ent. Ztg. 1880, p. 203 n. 185 aufgeführten, auch europäischen Art. 62. (4.) Lycaena Telicanus, Hübner. Hübner, Europ. Schm. I, FF. 371—372, 553—554 (1791); Trimen and Bowker, ]. c. II, p. 69. Beschädigte Exemplare liegen vor von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 38. und von Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. von der über Europa, Asien und Afrika verbreiteten Art, welche erwähnt wird von Dewitz, 1. c. 1879, p. 34; Fromhola-Meyer, |. c. n. 58; Hopffer, 1; e., p. 406; Möschler, Kaffernland, p. 284 n. 58 und Westwood, 1. c. p. 368. 63. (5.) Lycaena Jesous, Guerin. Gu£erin, Voy. Lefebre VI, p. 313, pl. II, f. 3, 4 (1847); Trimen and Bowker, 1. c. p. 72 (Jesous) und p. 73, pl. VII, f. 5 (Moriqua). Ein Exemplar von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. ziehe ich hierher ; Jesous ist wohl identisch mit Moriqua, Wallengren, 1. c. p. 39 und Benigna, Möschler, Verh. k. k. zool.-bot. Ges. Wien 1883, p. 255, Taf. 16, f, 1, wiewohl M. diese drei Formen als verschiedene Arten aufführt. Erwähnt bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 220, Ent. Tid. 1881, p. 91, Lep. Damar., p. 49; Fromholz-Meyer n. 59 und Westwood, I7&2:9..361: 64. (6.) Lycaena Sybaris, Hopffer. Hopffer, Peters Reise, p. 453, T. 26, f. 6—8 (1862); Trimen and Bowker, 1. c. p. 85. Zwei Exemplare, Bagamoyo, 25. VI. 88. dieser von Aurivillius, Lep. Damar., p. 44, Wallengren, Rhop. Caffr., p. 37 und Westwood, l. c. p. 381 erwähnten Art. 29 236 Dr. Arnold Pagenstecher. Genus Lycaenesthes, Moore. 65. (1.) Lycaenesthes Amarah, Guerin. Guerin, Voy. Lefebre VI, p. 384, pl. 1147. 9,265 Trimen Yand Bowker 4 emp 93: Ein Exemplar, Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. dieser Art in schlechtem Zustande. Genus Jolaus, Hübner. 66. (1.) Jolaus Caeculus, Hopfier. Hopffer, Monatsb. Berl. Ac. Wiss. 1855, p. 642, Peters Reise, Taf. 25, f. 12—14; Trimen and Bowker, l. c. II, p. 116 n. 178. Ein sehr verletztes Exemplar, Bagamoyo, 25. VI. 88., welchem die hinteren Theile der Hinterflügel fehlen, ziehe ich hierher. !) Genus Pentila, Westwood. 67. (1.) Pentila Tropicalis, Boisduval. Boisduval, Voy. Deles.., p. 589 n. 46 (1847); Trimen and Bowker, 1. c. II, p. 211. Es liegen zwei Exemplare von Mhonda, Uneü, 6. IX. 88. und eines von Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 88. dieser von Hopffer, 1. c. p- 473 und von Wallengren, Rhop. Caffr., p. 46 erwähnten Art vor. Genus Lachnocneme Trimen. 68. (1.) Lachnocneme Bibulus, Fabricius. Fabr., Ent. Syst. I. 1., p-307n.163 (1793); Donovan, Ins. Ind., pl. 46, f.1(1800); Lye. Delegorguei, Boisduval, Voy. Deleg., p. 388 (1847); Trimen and Bowker, 1. ce. II, p. 255. Ein nur eben noch kenntliches Exemplar von Mhonda, Ungu, 9. IX. 88. dieser von Hoptfer, 1. c. p. 411. aufgeführten Art. Hesperidae. Genus Pamphila, Fabr. 69. (1.) Pamphila Lugens, Hopffer. Hopffer, Monatsb. Berl. Ac. Wiss. 1855, p. 643 und Peters Reise, Moz., p.- 428, T. 26, f. 5, 6 (1862); Trimen and Bowker, 1. c. III, p. 318. Ein Exemplar, Bagamoyo, 27. VI. 88. ‘0. (2.) Pamphila Fatuellus, Hopffer. Hopffer, Peters Reise, - p- Al pl. 26, 1. 3, 2771862): Ich glaube ein Exemplar, Bagamoyo, 25. VI. 88. hierher ziehen zu müssen; die Species wird erwähnt noch bei Saalmüller, 1. ce. p. 107. und Wallengren, l. c. p. 48. I) Ein zum G. Pseudodipsas gehöriges Exemplar von Kikoko, Usaramo, 18. VIII. 1888. kann ich wegen seines defekten Zustandes hier nur erwähnen. 30 Lepidopteren. 237 71. (3.) Pamphila Matthias, Fahr. 2 Exemplare, 1 von Mbusini, Usegua, 28. VIII. 88. und 1 von Bagamoyo. Genus Pterygospidea, Wallengren. 72. (1.) Pterygospidea Djaelalae, Wallengren. Wallengren, Rhop. Caffr., p. 55 n. 5; Trimen and Bowker, 1. c. p. 354. Ein Exemplar, Mhonda, Ungü, 6. IX. 88., bei welchem indess die Unterseite nicht röthlichbraun, wie auf der Trimen’schen Abbildung ist, sondern schwärzlichbraun, wie die Oberseite. Genus Hesperia, Fabricius. 73. (1.) Hesperia Florestan, Öramer. Cramer, pl. 391, £. EF (1782); Trimen and Bowker, 1. c. p. 368. Zwei Exemplare, Bagamoyo, 27. VI. 88. und Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. Die Art wird erwähnt bei Aurivillius, Lep. Gab., p. 226 n. 211; Boisduval, Voy. Deleg. n. 80; Möschler, Kaffernl., p. 287; Hopffer, l.c. p. 414; Saalmüller, p. 113 und Westwood, l. c. p. 362, welcher Pisistratus Fabr. mit Florestan Cr. vereinigt. Heterocera. Agaristidae. Genus Xanthospilopteryx, Wallengren. Wallengren, Oefv. Vet. Akad. Förh. XV, p. 83 (1858); Kirby, Hranse Ent. Soc. 1891, p.: 249 ik. Kirby hat die verschiedenen Formen des genus Xanthospilopteryx Wall. in einer besonderen Monographie (l. ce.) bearbeitet. Ich muss aber ebenso wie Dr. Karsch gestehen, dass hierdurch keine grössere Klarheit geschaffen worden ist. Die von Kirby, wie von manchem seiner Landsleute aufgestellten Arten scheinen mir öfters nur Varietäten nahestehender Formen zu sein und die von Kirby zur Eintheilung des Genus benutzten Merkmale scheinen mir schwankende zu sein. 74. (1.) Xanthospilopteryx Pallida, Wlk.? an var? Walker, Cat EL p- 3° u 9°(1854); Bot. I. Typ. bep.; Het. 1, p.:10, pl.Y, 23 (le1N2 Kirby, @ p. 28. Das mir mit der Bezeichnung, 2. X. 89. Sansibar, vorliegende Exemplar stimmt mit der Kirby’schen Abbildung von Fatima (l. c. pl. XV, f. 2) in der Zeichnungsanlage fast völlig überein, aber die dort gelb öl 238 Dr. Arnold Pagenstecher. angegebenen Flecke der Oberflügel sind bei dem vorliegenden Exemplare weiss (gleich wie bei einem sehr ähnlichen aus Cameroon mir vorliegenden) und der Apikalfleck schmaler. Kirby nennt diese seine Fatima, welche von Mabille, Bull. Soc. Ent. France (2) X, p. CXXIV (1890) von Ostafrika als Euphemia angeführt wird, „intermediate between X. Geryon (Fabr.) and X. superba (Butl.).“ Letztere soll nun gleich Geryon Wall. sein. — Unserer Form fehlt der gelbe Halskragen, wie der strichförmige Fleck am Grunde des Vorderflügels längs des Innenrandes. Auf der Unterseite sind alle Flecke blendend weiss, wie auch die oberseits gelben Ringe des Hinterleibs unten weisslich sind. Mit keiner der unter Kirby’s Abtheilung A., Species with white markings on the fore wings, aufgeführten Arten stimmt das vorliegende Exemplar völlig; am nächsten kommt es Pallida, Walk. (Butler, Nl. Lep. Het. B. M. 1877 I, pl. V, f. 3) welche Abbildung indess nach einem verdorbenen Exemplar nach Westwood und Kirby gemacht ist und Niveosparsa Westwood (Oates Matabele Land, ed U, p. 365). Da mir, wie bemerkt, ein fast völlig gleiches Exemplar von Cameroon, der Heimath von Pallida und Niveosparsa vorliegt, werden meine Zweifel an der Artberechtigung der verschiedenen genannten Formen sich wohl als berechtigt erweisen. Der Mangel an grösserem Material gestattet mir keine Entscheidung. Castniidae. Genus Egybolis, Boisduval. Boisduval, Voy. Deleg. II, p. 595 (1847). Der Genus wurde von Kirby in seinem Cat. Het. p. 393 zu den Hypsidae, von Wallengren (l. c. p. 8) zu den Castniina gesetzt. 75. (1.) Egybolis Vaillantina, Stoll. Stoll, Suppl. Cramer, T. 31, f. 3 (1790); Wallengren, K. Vet. Acad. Handl. (2) V. (4), Pp. 8.0.1 (1865); Kirby, /Cat. Het.’ p. 393. Mehrere Exemplare, Bagamoyo, 25. und 27. VI. 88. und Sansibar, 4. VI. 88. von dieser schönen, auch von Hopffer, ]. c. p. 428 erwähnten Art. Arctiidae. Genus Metarctia, Walker. 76. (1.) Metarctia Rufescens, Walker. Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. II. p. 769 (1855); (Maculifera Wallgr.). Ein Exemplar, Quilimane 23. I. 1889. 32 Lepidopteren. 239 Genus Aloa, Walker. (Spilosoma ?) 77. (1.) Aloa spec. Ein Exemplar, 16. II. 89. Quilimane, welches ich nicht näher bestimmen kann, einfarbig gelb, der Hinterleib mit schwarzen Rückenpunkten. Subf. Spilomatinae. Genus Diaphone, Hübner. Hübner, Verz. bek. Schmett., p. 188 (1822); Kirby, Cat. Het., p. 909; Taeniopyga, Wallengren, Oefv. Vet. Akad. Förh. XV, p.250 (1858). 78. (1.) Diaphone Eumela, Cramer. Cramer, Exot. IV, T. 347, Fig. G (1781); Ophios. Eumela, Saalmüller, Mad. Lep., p. 160; Taeniopyga Eumela, Wallengren, Caffr. Het., p. 50. Kirby (Cat. Het. 909) führt bei dieser Gattung 5 verschiedene Arten an: FEumela, Cramer; Evidens, Guerin; Elegans, Fabricius (= Sylvina, Walker und Eumela, Wallengr.); Mossambicensis, Hopffer (Sylviana var.) und Sylviana, Stoll (Taf. 41 f. 4). Mabille, Ann. Soc. Ent. France 1879, p. 309, zieht Eumela, Cr. und Sylviana zu- sammen, ebenso Saalmüller, welcher auch Evidens Guerim, Sylviana WIk. und Sylviana, var. Mossambicensis, Hopffer damit vereinigt. Möschler (Beiträge: Schmett. Kaffernl. p. 290) führt Diaphone Sylviana, Stoll (= B. Elegans, Fabr. und Chel. Evidens, Boisd.) bei den Noctuiden auf, wohin sie wegen des Ursprungs von R. 5 der Vorderflügel zu rechnen sei, und sagt: „Möglicherweise a: zu dieser Art Eumelia, Cramer“. Zwei Exemplare, Mozambique, Festland, 4. I. 1889. Genus Saenura, Wallengren. Oefv. K. Akad. Förh. XV., p. 214 (1858). 79. (1.) Saenura Lineata, Walker. Walker, Cat. Het. Br. Mus. II, p. 672° n. 17 (1855); Kırby, Cat. Het., p. 233; Aloa Sımplex Walk., 1. c. p. 699 n. 1 (1855); Saenura Alba, Wallengr. Wiener Ent. Mon. IV., p. 162 n. 8 (1860). Ein Exemplar, Mhonda, Ungü, 1. IX. 88. Genus Alpenus, Walker. 80. (1.) Alpenus Maeulosus, Cramer IV., T. 370, f. B (1781); Kirby, Cat. Het., p. 238. 33 240 Dr. Arnold Pagenstecher. Ein Exemplar, Sansibar, 9. V. 88. dieser, auch von Möschler, Goldküste, p. 73 und von Oberthür, l.c. XVII, p. 736 erwähnten Art. Genus Argina, Hübner. 81. (1.) Argina Cribraria, Cramer 208, f. CG (1779); Kirby, Catalog Het., p. 350. Zwei Exemplare, Lewa, Usambaa, 25. IX. 88, dieser von Rogenhofer, l. ec. p. 464 und Saalmüller, p. 160 erwähnten Art. Lithosidae. Genus Nola, Leach. 82. (1.) Nola spec. Mehrere Exemplare, von Quilimane, 12. II. 89. und 14. II. 89. 10 mm Ausmass, weiss, mit drei bräun- lichen Querbinden, von denen die Mittelbinde die stärkste, auf den Vordertlügeln. Hintertlügel weisslich. Nicht näher bestimmbar. Zwei weitere Exemplare (verflogen) von Quilimane, 13. I. 89, dürften derselben, oder einer nahe stehenden Art angehören. Genus Nudaria, Haw. 83. (1.) Nudaria spec. Von Quilimane, 11. II. 89. 10 mm. Hellgelb, mit dreifacher, schwarzer Fleckenreihe der Vorderflügel, von denen die innere und mittlere aus je drei schwarzen Punkten, die äussere, nahe dem Aussenrande aus zahlreichen schwarzen Fleckchen besteht. Hinterflügel etwas heller. 84. (2.) Nudaria spec. Von Quilimane, 13. I. 89. und 30. I. 89. 15 mm. Schmutzigebraun mit schwärzlichem Mittelfleck der Vorder- tlügel und etwas hellen Hintertlügeln. 85. Nudaria spec. Quilimane, 9. II. 89. 12 mm. Vorder- flügel weisslich und bräunlich gemischt mit zwei schwarzen Flecken im Grunde und einem an der Spitze der Zelle. Hintertlügel schmutzig- srau. Hierher oder zu Pitanea gehörig. Genus Aemene, Walker. (Autoceras, Felder.) 86. (1.) Aemene spec. Quilimane, 2. I. 89. 15 mm. Hell- bräunlich erdfarben, mit drei schwarzen, im Dreieck in der Flügel- mitte der Vorderflügel stehenden Punkten und schwarzer, aus Punkten bestehenden Aussenrandlinie. Hinterflügel einfarbig hellbraun. 34 Lepidopteren. 241 Nyctemeridae. Genus Nyctemera, Hübner. 87. (1.) Nyetemera Leucono&, Hopffer. Hopffer, Monatsh. Berl. Acad. Wiss. 1857, p. 422; Peters Reise, Mossamb. Ve1.P.2430, T. 28, 1.3 (1862); Kirby, Cat. Het., p. 422. 3 22 Mhonda, Ungü, 6. IX. 88, Ost-Ungü, 14. IX. 88. und Mangualla, Ungü, 9. IX. 88. Liparidae. Genus Leucoma, Hübner. 88. (1.) Leucoma Depauperata, Mabille. Porthesia D., Mabille, Comptes Rendues Soc. Ent. Belg. XXI, p. XVII (1880); Kirby, Cat. Het., p. 446. Drei Exemplare liegen vor: Quilimane, 22. I. 89, 6. II. 89, 8.11.89; Saalmüller, 1. c., p. 183 n. 440, erwähnt die Species ebenfalls. Genus Dasychira, Hübner. 89. (1.) Dasychira Herbida, Walker, Cat. VII, p. 1740 (1856); Kirby, Cat. Het., p. 484. Ein schlecht erhaltenes Exemplar von Sansibar, 20. X. 88. Genus Psalis, Hübner. 90. (1.) Psalis Securis, Hübner, Zuträge, f. 291, 292 (1823); Kirby, Cat. Het., p. 487. 1 2 Quilimane, 24. I. 89. von javanischen Exemplaren nicht verschieden. Genus Laelia, Steph. 91. (1.) Laelia Subrufa, Snellen, Tijd. v. Ent. XV, p. 39 WB7 2): RX, P..105, 1. 8, f 6 (1879); .XXV, p.'231; Midd. Sum! bep., p- 39; Kırby, Cat.’ Het.,-p. .460. Ein Exemplar 2 von Mbusini, Usegua, 29. VII. 88. 92. (2.) Laelia spec., an Subrufa var. ? Eine der vorgenannten sehr nahestehende Art ist in drei Exemplaren vertreten (2 Sc Quilimane, 6. II. 89. und 12 21. 1. 89.) Sie unterscheiden sich nur dadurch, dass die Flecke der Vorderflügel roth und die Hinterflügel nicht heller sind, wie die Vorderflügel, sondern in gleicher Färbung. Sollte die Art noch unbeschrieben sein, so würde sie vielleicht als Rufopunctata bezeichnet werden können. 35 16 242 Dr. Arnold Pagenstecher. Genus Rhanidophora, Wallengr. 93. (1.) Rhanidophora Phedonia, Cramer IV, t. 347 C (1782); Wallengren, Vet. Akad. Handl. (5) IV, p. 48 (1865); Kirby, Cat. Het., p. 462. Enydra Cinetigutta, Walker, Trans. Ent. Soc. Lond. (3.) I, p. 77 (1862); Enydra Phedonia, Möschler, Kaffernl., p. 288 n. 90; Isochroa Eburneigutta, Felder, Nov. Lep., T. 101, F. 26; Chelonia Phedonia, Boisd., Voy. Deleg. I, 538. Zwei Exemplare, Pongu@, Usegua, 24. VIII. 88. und Mbusimi, Usegua, 29. VIII. 88. von dieser, auch bei Meyer, Gletscherfahrten App. n. 65 erwähnten Art. Genus Orüithopsyche, Wallengren. 94. (1.) Ornithopsyche Hypoxantha, Wallengr., K. Vet. Akad. Handl. 1865, p. 36 (1865); Felder, Nov. Lep., T. 100, F. 4 (1872)9; Kirby, Cat. Het., p. 496. Ein , 20. II. 89. Quilimane. Psychidae. Es liegen drei getrocknete Säcke von Psychidenraupen vor. Der eine (95), Mbusimi, Usegua, 27. VII. 88, ist 70 mm lang, 20 mm dick und besteht aus parallel aneinander gereihten, kleinen, bräunlichen Holzstückchen, über welchen auf beiden Seiten ein graues, dichtes Filzgewebe heraussteht. Auf der einen Seite ist eine kleine Ausgangs- öffnung sichtbar. Ein zweiter Sack, Kikoko, Usaramo, 18. VIll. 88, ist 56 mm lang und gehört wohl derselben Art an. Die Holzstückeben, die ıhn bilden, sind etwa 2 mm dick und 40 bis SO mm lang; es sind dünne, parallel aneinander gereihte Stäbchen, welche ebenfalls beiderseits einen srauen Raupenfilz heraustreten lassen. Ein dritter Sack (96), Quilimane, 26. I. 1889, gehört wahr- scheinlich emer anderen Art an. Er ist aus hellen, parallel aneinandergereihten Zweigstückchen gebildet und zeigt, in der Mitte geöffnet, den trockenen Raupenfilz mit einem schwärzlichen Raupenkörper, von dem sich ein heller, gelber Kopf und gelbe, mit bräunlichen Flecken besetzte Halsringe absetzt. In Spiritus aufbewahrt, finden sich noch einige weitere Säcke vor, von denen zwei aus bis zu S6 mm langen Reiserstückchen zusammen- gesetzt und ebenso gestaltet sind, wie die beiden Erstgenannten. Beide stammen von Sansibar, 30. V. 88. 36 Lepidopteren. 243 Ein dritter Sack (Quilimane, II. 89) besteht aus einem 30 mm langen Raupensack mit dünnen Stäbchen aus Rinden- und Blattstückchen, welche vom Anheftungsrande des Sackes aus divergirend abstehen. Er dürfte einer besonderen Art angehören (No. 97). Ferner finden sich in Spiritus vor drei schneckenhausähnliche Raupensäcke (No. 98), welche von etwa der doppelten bis dreifachen Grösse sind, wie die Gehäuse unserer Psyche helix. Sie stellen fein- granulierte, dunkle, aus drei Windungen bestehende Schalen dar mit offenem Nabel und weiter Endöffnung. Sie stammen von Kihengo, 17. IX. 88. Während zwei derselben offenbar leer sind, lässt sich aus dem dritten ein 1,5 cm langer, dünner Raupenkörper hervorziehen mit hornigem Kopf und drei Paar freien Brustfüssen. Limacodidae. Genus Miresa, Walker. 99. (1.) Miresa Pyrosoma, Butler, Cist. Ent. III, p. 23 (1881); Saalmüller, Mad: Lep.,. p. 200, Taf. 5, f. 73, 73a (1886); Kirby, Cat. Het., p. 550. Ein Exemplar, Sansıbar, 3. VI. 88, ist etwas grösser, als die Abbildung Saalmüllers die Art darstellt, und unterscheidet sich durch einen heller gefärbten Vorderrand der Vordertlügel, wie durch einen breiten, gelblichen Rand der Hinterflügel. Genus Parasa, Moore. 100. (1.) Parasa spec. (Ancilis, Wallgr.?) Ein Exemplar, Quilimane, 24. I. 1889; 27 mm gross, ist der P. Ancilis, Wallengren, Wien, Ent. Mon. VII, p. 142 (1863); Vet. Akad. Handl. (2) V (4), p. 24 (1865); Kirby, Cat., p. 543, nahe stehend oder diese Art. Sphingidae. Genus Theretra, Hübner. 101. (1.) Theretra Balsaminae, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. VOI, p. 138 n. 18 (1856); Butler, on Sphingidae, Tr. Zool. Soc. Vol. IX, p. 10 (1879); Menetries, Enum. Corp. An. Mus. Petrop., p. 92 (1888); Kirby, Cat. Het., p. 654. Ein Exemplar Z, Quilimane, 19. I. 89. 37 16* 244 Dr. Arnold Pagenstecher. Genus Euchlora, Boisduval. 102. (1.) Euchlora Megaera, Linne, Syst. Nat. I, p. 492 n. 19 (1758); Mus. Lud. Ulr., p. 358 (1762); Olerck, Icones T. 47, f. 2 (1759); Walker, Cat. VII, p. 179 n. 11 (1856); Boisduval, Het., p. 214 (1875); Butler, ‘Tr. Zool. Soe: 1877, p. 577; Kirby, ‘Cat. Het., p. 6%0. Ein Exemplar, 1. VII. 88, Sansibar, dieser auch von Hopffer und Oberthür erwähnten Art. Genus Nephele, Hübner. 103. (1.) Nephele Argentifera, Walker, (Zonilia A.) Cat. VII, p. 194 n. 9 (1856); Butler, Tr. Zool. Soc. 1877, p..622 n. 65 Kirby, Cat. Het.,=p. 679: Zwei Exemplare, Mozambique, 8. I. 88. (2) und Quilimane, STIN 898): Saturnidae. Genus Bunea, Hübner. 104.(1.) Bunea Epithyrena, Maassen; Beiträge zur Schmetterlings- kunde, Heft 5, f. 86, 87 (1886); Kirby, Cat. Het., p. 752. Ein Exemplar (J‘) verflogen, von Sansibar, 29. XI. 88. Genus Antheraea, TZübner. 105. (1.) Antheraea Zambesina, Walker, (Bunea Z.) Cat. AXXLU, p. 523 (1865); Thyella Z., Felder’s Reise, Nov. Lep. IV, T. 85, £.5 (1874); Anth. Z., Maassen, Beiträge zur Schmett., f. 96 (1886); Kirby, Cat. Het., p. 758. Es liegen drei nur wenig varıirende Pärchen vor. Es stammen: 1 c” von Sansibar, 19. IV. 88; 2 fc und 3 22 von Quilimane und zwar 1 Ö 10. II. 89, 1 & 21. I. 89, 2 92 15. II. 89. Lasiocampidae. Genus Dreata, Walker. 106. (1.) Dreata Pomona, Weymer, Stett. Ent. Ztg. 1872, p. 113. Ein Exemplar, Quilimane, 11. II. 89. 38 Lepidopteren. 245 Genus Dendrolimus, Curtis. (Lasiocampa, Schrank). 107. (1.) Dendrolimus Capensis, Linne, Syst. Nat. I (2), p- 813 n. 20 (1767); Bombyx Pithyocampa, Cramer IV, T. 304, E. F.; Hübner, Samml. exot. Schm. I (1806?); Kirby, Cat. Het., p. 815. Ein verflogenes Exemplar, Mbusini, Usegua, 29. VIII. 88. Zeuzeridae. Genus Phragmataecia, Newm. 108. (1.) Phragmataecia Brunni Pag. nov. spec. Zwei Exemplare, c', von Lewa, Usambäa, 25. IX. 88, dürften wohl einer noch unbeschriebenen Art angehören. Sie haben die Grösse und den Habitus unserer Phragm. Arundinis, sind aber am Körper und den Vorderflügeln einfarbig rauchbraun. Die Hinterflügel sind schmutzig gelblichweiss, nach aussen russig angehaucht. Die Unterseite ist wie oben. Beide Exemplare sind verflogen. Phragmat. Impura, Hampson, Ill. Typ. Spec. Lep. Het. Br. Mus. VIII, p. 66, Taf. CXLIV, £. 7 von 8. India (Nilgiri) ist eine sehr nahestehende, etwas kleinere, möglicherweise auch identische Art. Nocetuidae. Leucanidae. Genus Sesamia, Guence. 109. (1.) Sesamia Tosta, Snellen, Tijd. v. Ent. XV, p. 50, IDEE: Drei Exemplare von Quilimane, 19.1. 89, 20. I. 89. und 17. II. 89. 110. (2.) Sesamia Madagascariensis, Saalmüller. Mad. Lep., p. 263 n. 590. Von Quilimane, 12. I. 89. Genus Leucania, Ochs. 111. (1.) Leucania Punctulata, Wallengren. Wallengren, Lep. Het. Caffr., p. 58 (1863). 5 Hierher dürften mehrere, meist verflogene, Exemplare gehören, welche von Quilimane aus den Monaten Januar und Februar stammen. 39 246 Dr. Arnold Pagenstecher. Glottulidae. Genus Brithys, Mübner. 112. (1.) Brithys Dominiea, ‘Cramer, P-E, T. 399, Z2@ERE Guenee, Sp. L. Noct., p. 186; Walker, Cat. IX, p. 141; Saalmüller, Mad. Lep., p. 263; Hadena Pancratü, Boisduval, Faune Mad., p. 91. Ein Exemplar, Quilimane, 30. I. 89. Genus Spodoptera, Guence. 113. (1.) Spodoptera Capicola, Herrich Schäffer. Aussereurop. Schmett,, f. 131 (1854); Möschler, Beitr. Schmett. Kaffernl., p. 294 n. 104. Mehrere Exemplare, Quilimane, 18. V. 89. und 19. I. 89. Genus Prodenia, Guenee. 114. (1.) Prodenia Littoralis, Boisduval, Faune Mad., p. 91, T. 13, £. 8; Saalmüller, Mad. Lep., p. 267. Ein Exemplar (c”) von Sansibar, 24. IV. 88. Genus Caradrina, Ochs. 115. (1.) Caradrina Supereiliata, Wallengren, Het. Caffr., p. 59. Mehrere, leider sehr verflogene Exemplare glaube ich hierher ziehen zu müssen, welche in Quilimane im Januar und Februar gefangen sind. 116. (2.) Caradrina Ferida, Pag. nov. spec. Drei Exemplare von Quilimane, 2 ”c? vom 11.11.89. und 12.11.89. und 1 2 16. III. 89. gehören vielleicht einer noch unbeschriebenen Art an. Sie gleichen in der äusseren Erscheinung der Polia Maura, sind aber nur etwa halb so gross. Palpen, Kopf und Brust schwärzlich- braun, Hinterleib und Antennen graubraun. Vorderflügel schwärzlich- braun mit schwarzumzogener Ring- und Nierenmakel; der Vorderrand etwas dunkler, im Aussendrittel dichte, parallel laufende, dunkle Längs- striemen. Aussenrand schwarz punktirt, innere und äussere Querbinde schwärzlich, gezackt, Hinterflügel weisslich glänzend, der Vorderrand dunkler angelaufen. Beme braun, die Tarsen hell geringelt. Expans. alar. 185—22 mm. Genus Polia, Ochsenh. 117. (1.) Polia Maura, Saalmüller, Mad. Lep., p. 308, f. 235. Ein C von Quilimane, 26. II. 89, ein @ von Sansibar, 20.X. 88, letzteres etwas heller gefärbt, als das erstere. 40 Lepidopteren. 247 Heliothidae. Genus Heliothis, Ochsenn. 118. (1.) Heliothis Armiger, Hübner, Noct., f. 370; Saalmüller, Mad. Lep., p. 329. Ein Exemplar Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. von dieser weit ver- breiteten Art. Acontidae. Genus Euphasia, Steph. 119. (1.) Euphasia Catena, Sowerby, Brit. Misc., p. 29, pl. 14; Guenee, Noct. II, p. 214. Ein Exemplar, Sansibar, 20. X. 88. Genus Acontia, Ochs. 120. (1.) Acontia Urbani, Felder und Rogenhofer, Nov. Lep., T. 102, £. 35. Ein Exemplar, Quilimane, 18. I. 89. Erastriidae. Genus Erastria, Hübner. 121. (1.) Erastria Fasciata, Walleneren, Wien, Ent. M. IV, p. 173. Sechs Exemplare, von Quilimane, 19.1. 89, 23.1. 89, 25.1. 89, und" 6: 11.789. 122. (2.) Erastria Griseola, Snellen, T. v. Ent. XV, p. 54. pl. IV, £ 15. Exemplare von Quilimane, 19. II. 89, 22. I. 89. und 28. 1. 89. Anthophilidae. Genus Microphysa, Boisduval. 123. (1.) Mierophysa Namacensis, Guenee, Noct. I, 258 n. 105%. Ein Exemplar, Quilimane, 22. II. 39. 124. (2.) Microphysa Stuhlmanni, Pag. nov. spec. 2 Quilimane, 2. II. 89, 30 mm Ausmaass, der vorigen ähnlich, aber grösser und schärfer gezeichnet. Antennen borstenförmig. Palpen bräunlich, vorwärts und aufwärts gerichtet, beschuppt, drittes Glied kurz. 41 248 Dr. Arnold Pagenstecher. Kopf, Brust und Hinterleib bräunlich. Vorderrand der Vorder- flügel schwach convex, Aussenrand stark convex, der der Hinterflügel rundlich. Alle Flügel bräunlich mit hellem, grauviolettem Glanze. /wei hellere, schmale Querlinien durchziehen die Flügel, von denen die äussere am Vorderrand schwach convex und nach imnen schwärzlich eingefasst, die innere nach innen convex und aussen schwärzlich ein- gefasst ist. Das Wurzelfeld, in welchem noch eine undeutliche, unvoll- ständige, schwärzliche Querlinie, ist einfarbig bräunlich, wie das Mittelfeld, in welchem ausser einer dunklen Makel sich am Costalrande der beiden Querlinien je ein dunkler, dreieckiger Punkt zeigt, von denen der äussere grösser ist. Das Aussenfeld ist in seiner inneren Hälfte heller violettglänzend, die Wellenlinie undeutlich, in der äusseren Hälfte dunkler schwärzlichbraun beschattet mit helleren Adern und heller Fransenlinie. Fransen bräunlich. Die Hinterflügel zeigen in Fortsetzung der äusseren Querlinie des Oberflügels eme gebogene, helle, nach innen dunkel beschattete Querlinie. Das Wurzelfeld ist dunkler, das Mittelfeld heller, violettglänzend, mit verloschener Wellenlinie. Das Aussenfeld ist dunkel schwärzlichbraun mit heller Fransenlinie und bräunlichen Fransen. Die Beine sind bräunlich, die Hinterschiene verdickt, beschuppt und mit zwei Paar starken Spornen. Unterseite bräunlich mit Andeutung der Querlinie. Genus Xanthoptera, Guence. 125. (1.) Xanthoptera Selenieula, Snellen, Tijd. v. Ent., Bd. 21, P62, pl: 3: Drei Exemplare von Quilimane, 19. I. 89., 20. U. 89. und 1.-11182839 Genus Talpochares, Zederer. (Micra, Guenee). 126. (1.) Talpochares spec., Caffrorum, Wallengr.? W.'E. M:71860°n.. 6; Het.* at, pn. 2, Ein 9, Quilimane, 2. II. S9., welches dieser oder einer sehr nahe- stehenden Art angehört. Eurhipidae. Genus Eutelia, Hübner. 127. (1.) Eutelia Cuneata, Saalmüller, Mad. Lep., p. 381, f. 179. Mehrere Exemplare von Mhonda, Ungü, 6. IX. 88. und Quilimane, 28. 1. 89. 42 Lepidopteren. 249 Plusiidae. Genus Plusia, Schrank. 128. (1.) Plusia Chaleytes, Esper, Eur. Schm., p. 447, T. 141, f. 3, Saalmüller, Mad. Lep., p. 391. Ein Exemplar, Quilimane, 22. I. 89. Hypogrammidae., Genus Selepa, Moore. 129. (1.) Selepa Celtis, Moore, Cat. E. J. Comp. Mus. I, p. 353, peeyz tk 9, Ein Exemplar, Quilimane, 16. II. 89. Während Moore diese Art zu den Spinnern zählt, setzt sie Swinhoe in seinem Catalog 360 hierher. Snellen hält sie mit Sarrhothripa verwandt. Die von Moore abgebildete Raupe spricht hierfür und für ihre Stellung zu den Spinnern. Polydesmidae, Genus Polydesma, Boisduval. 130. (1.) Polydesma Umbricola, Boisduval, Fauna Mad., p. 108, Taf. 13, f. 5; Saalmüller, 1. ec. p. 416. Ein Exemplar, von Quilimane, 16. II. 89. Homopteridae. Genus Alamis, Guence. 131. (1.) Alamis Lituraria, Saalmüller, Mad. Lep., p. 419, f. 183. Ein 2 von Quilimane, 19. I. 1889. 132. (2.) Alamis Nigrocollaris, Saalmüller, 1. e. p. 490. n. 824, f. 149. Ein 9, Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88. und ein weiteres Exemplar, Bagamoyo, 24. VI. 88., gehören wohl hierher. Ophiusidae. Genus Sphingomorpha, Guenee. 133. (1.) Sphingomorpha Sipyla, Guende. Noct. III, p. 222 Wallengren, Lep. Het. Caffr., p. 75. 43 250 Dr. Arnold Pagenstecher. /wei Exemplare, Quilimane, 13. I. 89. und 10. I. 89., liegen von dieser, auch von Möschler, Beitr. Schmett. Caffernl., p. 304. und von Oberthür, Ris. XVIL, p. 738. erwähnten Art vor. Genus Ophiusa, Ochsenh. 134. (1.) Ophiusa Anfractuosa, Boisduval, Faune Mad., Taf. 13; 1.362 Ein @ von Mhonda, Ungü, 1. IX. 88. 135. (2.) Ophiusa Delta, Boisduval, F. Mad., T. 13, f£. 1. Ein c von Quilimane, 16. III. 89., 2 22 von Quilimane 19. I. 89. und 22. I. 89. Genus Grammodes, Guenee. 136. (1.) Grammodes Stolida, Fabrieius, Ent. Syst. III 2. 40 n. 109; Guenee, Noct. UI, p. 276. Ein Exemplar, 16. III. 89. von Quilimane, von dieser europäischen, auch von Hopffer, 1. ce. p. 437. aufgeführten Art. Genus Achaea, Hübner. 137. (1.) Achaea Chamaeleon, Guenee, Noct. III, p. 249. cJ verflogen, Quilimane, 17. IIL 89. Remigidae. Genus Remigia, Guence. 138. (1.) Remigia Frugalis, Fahr. Ent. Syst. III. 2, 138; Saalmüller, 1. c. p. 472. Ein Exemplar von Bagamoyo, 25. VI. 88. und verschiedene von Quilimane, 12.1. 89, 19. 1.89, 8. 17.89 und 1071.22. 139. (2.) Remigia Archesia, Cramer, P. E. 273 F. G.; Saal- müller, 1. c. p. 472. Zwei Exemplare, Bagamoyo, 25. VI. 88. Thermesidae. Genus Capnodes, Guence. 140. (1.) Capnodes, spec. Zwei schlechte Exemplare, 24. IH. 89. und 6. I. 89, Quilimane, einer mir und H. Snellen unbekannten Art. 44 Ba. Lepidopteren. 251 Hypenidae. Genus Hypena, Treitschke. 141. (1.) Hypena Obaceralis, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. XVI, p. 52 (1858); Ophiuche O0. Moore, Ceylon Lep., p. 229, pl. 175, f. 5 (1885). | Mehrere Exemplare, Quilimane, 14.1. 89, 28. I. 89. und 2. II. 89, von dieser, nach H. Snellen auch auf Java vorkommenden Art. 142. (2.) Hypena spec. Ein nicht näher zu bestimmendes Exemplar von Quilimane, 14. I. 89. Genus Hypenodes, Guence. 143. (1.) Hypenodes spec. Ein Exemplar, Quilimane, 28.1. 89. Genus Marca, Saalmüller. 144. (1.) Marca Praelineata, Saalmüller, 1. c. p. 485, f. 138. Ein Exemplar, Quilimane, 6. II. 89. Herminidae. (renus Rivula, Guence. 145. (1.) Rivula Terrosa, Snellen, Tijd. voor Ent. XV, p. 56, PN TIGE NVIApı DE RNV, 9.232. Mehrere Exemplare, Sansibar, 23. IV. 88. dieser verbreiteten Art. Genus Heterogramma, Guenee. 146. (1.) Heterogramma Fuseicollis, Snellen, Tijd. v. Entom. XXI, 135; XXIV, 68, pl. 7, £. 5; Celebes. Zwei Exemplare, Quilimane, 22. I. 89. und 12. U. 89. Einige Noctuinen mussten, meist wegen zu schlechter Conservirung, unbestimmt bleiben. Geometrina. Ennomidae. Genus Hyperythra, Guendce. 147. (1.) Hyperythra Lutea, Cramer, 270, GB: Ein verflogenes Exemplar, Mhonda, Ungü, 1. IX. 88. dieser sehr verbreiteten Art. 45 2x0) [| [Se) Dr. Arnold Pagenstecher. Boarmidae. Genus Boarmia, Treitschke. 148. (1.) Boarmia spec. Ein verflogenes S von Sansibar, 20. X. 88. erlaubt keine nähere Bestimmung. Geometridae. Genus Thallasodes, Guenee. 149. (1.) Thallasodes Rufomarginata, Pag. nov. spec. Ein , Quilimane, 10. II. 89. von 22 mm Ausmaass, dürfte einer noch unbeschriebenen Art angehören. Antennen weisslich, bis zum letzten Drittel stark gekämmt. Brust und Hinterleib grünlich, letzterer oben röthlich. Alle Flügel auf der Oberseite gesättigt grün. Vorderrand der Vorderflügel weisslich-roth, nach der Spitze zu röthlich- braun. Fransenlinie röthlich-braun. Ein röthlich-brauner Mittelfleck und ein röthlich-brauner kleiner Fleck oberhalb des Aussenwinkels, Durch zarte weissliche Wellenlinien entsteht auf dem Flügel der Schein einer Gitterung. Hinterflügel mit röthlich-braunem Mittelpunkt, röthlicher Fransenlinie und zarten weisslichen Querlinien. Unterseite hellgrünlich- weiss mit schwachem, röthlichem Mittelpunkt. Vorder- und Mittel- schienen röthlich. | Genus Eucrostis, Hübner. 150. (1.) Eucrostis Albistrigata, Pag. nov. spec. Es liegen 5 dc? von Quilimane, 23.1. 89., 24.1.89., 9. I. 829. und 12.,11..89. und26.9,Qulimane, 13 1.,.2.19%41., 23.172338 8. II. und 12. II. 89., meist stark geflogene Exemplare dieser wohl neuen Art vor. c” 10 mm. Antennen gewimpert, Schaft röthlich- braun. Stirn weisslich - grün, ebenso Kopf, Brust und Hinterleib. Vorderschenkel und Schienen röthlich, Vorderflügel blassgrün, Vorder- rand heller, mit zwei breiten weisslichen Querlinien, von denen die innere in der Mitte etwas gebogen, die äussere gerade an der Flügel- spitze zum Aussenwinkel verläuft. Fransenlinie weisslich, dunkel ein- sefasst, Fransen weiss. Hinterflügel blassgrün mit breiter äusserer Querlinie, als Fortsetzung der äusseren der Vorderflügel, und weisslichen Fransen. Unterseite ähnlich wie oben, doch heller gefärbt. 2 15 mm. Antennen fadenförmig, sonst die Zeichnung und Färbung wie beim c”. Herr Snellen besitzt diese Art von Angola. 46 Lepidopteren. 253 Acidalidae. Genus Acidalia, Treitschke. 151. (1.) Acidalia Reconditaria, Snellen, T. v. E. XV, p. 76, pl- VW], f. 8 und:9 (1872). Vier Exemplare, Quilimane, 18.1, 23. 1., 28. I. und 11. I. 89. Genus Timandra, Du». 152. (1.) Timandra spec. Ein verflogenes @ von Sacurile, Ukuere, 20. VIII. 88., erlaubt keine nähere Bezeichnung. Macaridae. Genus Macaria, Curtis. 155. (1.) Macaria Angolaria, Snellen, T. v. E. XV, p. 81, T. VI, £. 12 (1872); XXV, p. 208. Ein gut erhaltenes 2, Quilimane, 18. I. 89. Fidonidae. Genus Sterrha, Hübner. 154. (1.) Sterrha Sacraria, Linne, Syst. Nat. 220. Guenee, 3 Ur, et-Phal- X. 175: m 1206. Ein 2 Sansibar, 30. V. 88., dieser europäischen Art. Bubolidae. Genus Eubolia, Dup. 155. (l.) Eubolia Largificaria, Möschler, (Semiothisa L.) Schmetterl., Goldküste, p. 95, f. 20. Es liegen vier Exemplare vor, 92 Quilimane, 9. I. 89., 11. II. 89., 26. I. 89. und Bagamoyo, 26. VI. 88. Die Art ist zu Eubolia zu rechnen nach H. Snellen und wohl identisch mit Taphrina Caeca, Saalmüller, Mad. Lep. T. XIV, F. 266 und Taphrina Contexta, Saalm., 1. c. f. 275. Pyralidina. Cledeobidae. Genus Cledeobia, Dup. 156. (1.) Cledeobia, spec. Zahlreiche Exemplare von Quilimane, 18. I. und 19.1. 89,, die wohl hierher zu zählen sind. 47 254 Dr. Arnold Pagenstecher. x Asopidae. Genus Asopia, Treitschke. 157. (1.) Asopia Gerontosalis, Walker, p. 896; Lederer, W.E.M. VIL, p. 343. Von Quilimane, 16. III. 89. und Sansibar V. 89. Scoparidae. Genus Hellula, Guence. 158. (1.) Hellula Undalis, Fabricius 362, Guenede 416; Lederer, Sep Ein Exemplar, Quilimane, 16. I. 1889. dieser verbreiteten und mit verschiedenen Namen belegten Art (S. Meyrick, Tr. Ent. Soc. 1884, 8. 516). Genus Botys, 7r. 159. (1.) Botys Histrionalis, Lederer, W. E. M. VLU, p. 371, Taf. 9, F. 13 (Lucusalis, Walker, Cat., p. 722). Ein sehr abgeflogenes Exemplar, Quilimane, 19. I. 89. 160. (2.) Botys Mutualis, Zeller, Micropt. Caffr., p. 40.; Snellen, T. v. E. XXV (1882), p. 233; XXVI (1883), p. 129.; Inanitalis Lederer, W. E. M. VII (1863), p. 464, Taf. 9, f. 3; Aegrotalis, Snellen, T. v. E: AV (1872); pe 90, pl27, € 852 Midd: Sum. Bep., p. 63: 1 Exemplar, Sansibar, 25. V. 1888. Kommt ausser in Süd- afrika noch in ÜCelebes, Java, Sumatra und in Curacao vor. 161. (3.) Botys, spec. Kleine Botyde (15 mm), mit röthlich- braunen Vorderflügeln mit dunkler, nach aussen weisslich eingefasster Zackenbinde vor dem Aussenrande und weisslich grauen, am Aussen- rande dunkel beschatteten Hinterflügeln, deren Stellung mir zweifelhaft und welche Herrn Snellen unbekannt war. Zahlreiche, meist verflogene Exemplare von Quilimane, Ende Januar 89. Genus Cnaphalocrocis, Lederer. 162. (1.) Cnaphalocrocis Rectistrigosa, Snellen, T. v. E. XV, p. 92, pl. 7, f. 11, 12; (Marasmia R.) Midden Sumatra Lep., p. 65. Ein Stück Quilimane, 11. II. 89. 48 Lepidopteren. 255 Genus Phakellura, Lansd. 163. (1.) Phakellura Capensis, Zeller. Caffr., p. 52 (Eudioptis C.). Ein 2 Exemplar, Quilimane, 18. I. 89. Genus Stenurges, Lederer. 164. (1.) Stenurges Designalis, Guende, Pyr. 209. Ein Stück, Z, Quilimane, 28. I. 89. Genus Diasemia, Guence. 165. (1.) Diasemia Ramburialis, Dup. VII, p. 343, pl. 333; Zeller, Caffr., p. 30; Lederer, 1. c. p. 419. Zwei Stück, Quilimane, 11. II. 89. und 12. II. 89. Genus Pessocosma, Meyrick. 166. (1.) Pessocosma Jolealis, Meyr. Tr. E. Soc. 1884. Quilimane, 28. I. 89. Genus Zinckenia, Zeller. 167. (1.) Zinekenia Recurvalis, Fahr. Syst. Ent. 29.; Fascialıs, Cramer IV, pl. 598, Fig. O.; Stoll. pl. 36, f. 13, p. 163; Lederer, W. E. M. VI pr 3572 Zeller, Gafr., p: 55; Snellen, T. v.. E. .1884 n. 111; Snellen, Tr. Ent. Soc. 1890, p. 629. Drei Exemplare, Quilimane, 22. I. 89. und 6. II. 89., dieser weit verbreiteten Art. Genus Synelera, Lederer. 168. (1.) Synelera Traducalis, Zeller, Caffr. 54; Lederer, W. E. M.-VJ, p. 444; Snellen, Tr. Ent. Soc. 1890, p. 636. Quilimaner 227 23.7 8% und’ 11. D.°89. Crambidae. Genus Brihaspa, Moore. (Proc. Z. 8. 1867, p. 666). 169. (1.) Brihaspa Nigropunctella, Pag. nov. spec. 12 mm. Palpen bräunlich, vorgestreckt. Antennen gelblichweiss, fadenförmig. Kopf, Brust und Hinterleib weiss; Beine weiss. Alle 49 256 Dr. Arnold Pagenstecher, Flügel milchweiss. Die Costa der Vorderflügel im ersten Drittel bräunlich, mit silberglänzenden Schuppen belest. Am Ende der Mittelzelle ein kleimer hellgelblicher, zu Ys des Aussenrandes ein gleicher, etwas kleinerer Fleck. Unterhalb des gelblichen Mittelflecks nahe dem Aussenwinkel ein rundlicher schwärzlicher Punkt, ein viel kleinerer oberhalb des Mittelflecks nahe der Costalmitte. Fransen weiss. Hinterflügel mit einem schwärzlichen Punkt am Hinterwinkel und am Uebergange zum Aussenrande ein bräunlicher Streifen, der zu Vs des Flügels hereinzieht. Unterseite weiss. Ein Exemplar, 11. II. 89, Quilimane. Genus Scirpophaga, Treitschke. 170. (1.) Sceirpophaga Praelata, Scop. Zeller, Chil. et GrambpeJen. 1. Verschiedene Stücke. Ende Januar und im Februar in Quilimane gefangen. 171. (2.) Scirpophaga Virginea, Zeller, Caffr. 67. Zeller, Chil. et Cramb., p. 7 n. 7; Zeller, Horae Soc. Ent. Ross. 1877, PN. | Mehrere Exemplare, Quilimane, 23. I. 89., 12. I. 89. und 10.#11.259 Genus Galamotropha, Zeller. 172. (1.) Calamotropha Abjectella, Snellen, Tijd. v. Entom. XV AV )2p: 103, PS ARRY, P.51 0% 145. Mehrere Exemplare von Quilimane, 22. 1. 89. (C) und 11.11. 89. (2). 173. (2.) Calamotropha Argenteociliella, Pag. nov. spec. Eine in zwei Exemplaren, von Quilimane, 9. I. 89., vorhandene Art dürfte nach Herrn Snellen neu sein. Sie ist 15 mm gross, der vorigen sehr ähnlich, in Färbung und Zeichnung, aber kleiner und heller, mit dunklem Mittelpunkt der etwas silberglänzenden Vorderflügel und dunkler, schwarz punktirter Fransenlinie. Die Fransen- silber- glänzend in der inneren Hälfte. Genus Ancylolomia, Zeller. 174. (1.) Ancylolomia Taprobanensis, Zeller, Mon. Chil. et Cramb., p. 52, Horae Soc. Ent. Ross. 1877, p. 23 (Scep.), pl. 1, £.8; Snellen, T. v. E. XXVII, p. 52; Swinhoe, Cat. 4710. Kommt auf Ceylon, Java, Celebes vor. Mehrere Exemplare vom Januar und Februar 1889, Quilimane. 50 LSs) [bt ER) Lepidopteren. Genus Crambus, Fabr. Zeller. 175. (1.) Crambus Malacellus, Dup. Noct. X, p. 61, pl. 270, f.1.; Zeller, Chil. et Cramb., p. 17; Zeller, St. Ent. Ztg. 1867, p. 390; Snellen, T. v. E. XXVH, p. 52 n. 149; Swinhoe, Cat. 4697; Crambus Hapaliscus, Zeller, Mier. Caffr. 71, dürfte dieselbe Art sein. Quilimane, 25. I. 89. 176. (2.) Crambus spec. Quilimane, 15. I. 89., abgeflogen. Genus Catharylla, Zeller. 177. (1.) Catharylla Flavipedella, Zeller, Caffr. 73.; Chil. et Cramb-, .p- 31:n0..6. Mehrere Exemplare von Quilimane, 19. I. 89., 11. DI. 89., 20. 11.89. Galleridae. Genus Melissoblaptes, Zeller. 178. (1.) Melissoblaptes bipunctanus, Curt. oder eine nahe verwandte Art. Zwei Exemplare von Quilimane, 12. I. 89. und 16. III. 89. Phycideae. (renus Nephopteryx, Zeller. 179. (1.) Nephopteryx Rufostriatella, Pag. nov. spec. Ein Exemplar, <, Quilimane, 12. II. 89. dieser zierlichen (18 mm) Art, von der Herr Snellen ein 2 ohne Namen von Westafrika besitzt. Antennen bräunlich, am knotigen Grunde oben heller beschuppt, unten röthlich. Palpen oben röthlich beschuppt, unten weisslich, vorgestreckt. Halskragen und Schulterdecken röthlich, Hinterleib bräunlich. Beine hellbraun, Hinterschienen röthlich. Die schmalen Vorderflügel sind von goldgelber Grundfarbe, welche indess fast ganz durch den weisslichen, fast silberglänzenden, nach innen dunkleren Vorderrand und die röthlich angelaufenen Adern verdeckt wird. Dunkler Mittelpunkt der Vorder- flügel. Fransenlinie und Fransen röthlich. Hinterflügel gelblich, seiden- elänzend, mit dunklern Adern, dunkler Fransenlinie und hellen Fransen. Das Thierchen gleicht etwa Melissoblaptes Rufovenalis Snellen, T. v. E. 1884, "7.454 7.00- ol 17 358 Dr. Arnold Pagenstecher. 180. (2.) Nephopteryx Quilimanella, Pag. nov. spec. Von dieser Art liegen mehrere Pärchen vor, welche in den letzten Tagen des Januar zu Quilimane gefangen sind. 18 mm Ausmaass. Ö®. Die knotigen (7) oder borstenförmigen (2) Antennen, wie Hals- kragen, Schulterdecken und die Vorderflügel hellbraun, Hinterleib und Hinterflügel bis auf den dunkel beschatteten Aussenrand hellgrau, welcher letztere durch dunkle Fransenlinien von den helleren Fransen deutlich abgesetzt ist. Unterseite einfarbig bräunlich bis auf die helleren Fransen. Die Vorderflügel zeigen eine dunkle, nach innen heller eingefasste gerade Querlinie auf Vs und ferner nahe dem Aussen- rande, welcher durch eine punktförmige Fransenlinie abgegrenzt wird, eine helle, innen und aussen dunkel eingefasste, hellere Ziekzacklinie. Die Thiere stammen von Quilimane und sind in den letzten Tagen des Januar gefangen. Eine Reihe von äusserst ähnlichen Exemplaren, welche nur durch den Mangel der genannten Querlinien ausgezeichnet sind und einfarbig erscheinen, dürften derselben oder einer sehr nahe stehenden Art angehören. Genus Hypsostropha, Zeller. 181. (1.) Hypsostropha Falsella, Snellen, Midden Sumatra 1 Lep., p. 82. Verschiedene Exemplare von Quilimane, Januar und Februar, liegen vor. Genus Nyctegretis, Zeller. 182. (1.) Nyctegretis Achatinella, Hübner 41, Staudinger, Catalog n. 587. Ein Exemplar von Quilimane, 13.1. 1889, dieser europäischen Art. Genus Anerastia, Zell. 183. (1.) Anerastia spec. Zwei Exemplare von Quilimane, Februar, einer unbekannten Art. Tortricina. Genus Grapholitha Zeller. 184. (1.) Grapholitha (Aphelia) Lanceolana, Hübner SO, Staudinger, Cat., p. 251.n. 1006. Ein Exemplar von Quilimane, 11. II. S9., dieser europäischen Art. 52 2) do! Ne) Lepidopteren. Tineina. Genus Eretmocera, Zeller. 185. (1.) Eretmocera spec. Ein Exemplar, Kikoko, Usaramo, 18. VIII. S8., leider beschädigt und nur das Genus erkennbar. Genus Gelechia, Hübner. 186. (1.) Gelechia spec. Quilimane, 12. V. 89., hellbraun mit drei schwarzen Punkten im Mittelfeld und schwarzen Aussenrands- punkten. Genus Glyphypteryx, Hübner. 187. (1.) Glyphypteryx Loricatella, Tr. IX, 2. 70; Staudinger, Cat. 2305. Quilimane, 24. I. 89. Ein beschädigtes Exemplar dieser europäischen Art. Einige Microlepidopteren mussten leider unbestimmt bleiben. Sie stammen alle von Quilimane und sind im Januar und Februar gefangen. Ebenso blieb eine grössere Anzahl von Raupen in Spiritus, ca. 75 Arten, welche Dr. Stuhlmann gleichfalls gesammelt hat, unbestimmt. 260 A. Familien Seite. Achaear 250 Acıdalar ee 28 Acidalidae ........ 253 ICON DR 247 ACTA CA 223 Acraeidae ......... 223 MEemene nina 240 Agaristidae........ 237 INTER 249 EA 239 AIPENUSER 0. ek 239 JENENDRAISEN 0, oe 223 Aneylolomia......... 256 Anerastiar 258 Antheraea ee 244 Anthocharis »....... 219 Anthophyllidae 247 Anthopsyche ........ 219 Aretidge. 2... 238 ATOIna ne 2409 ASODIAgS nee 254 Asopidae ..... 254 Tea ee 228 Atericaer. ann: A 23 Autoceras........... 240 Belenosams zn: 217 DORT ar oe 252 Boarmidae...... 252 Botysnn 8 ren 254 3rihaspaR cr ee: 255 Brithysrea.oaee re 246 BAER oe od a 244 Calamotropha ...... 256 Callosune erg, 219 Gapnodesr mer. re 250 Garadzmam 246 eastnnidaen. ar... 238 Gatharylla 22. 257 Gatopalia 2... 219 Chataszest ge 232 Gledeobramese 253 Cledeobidae....... 253 Cnaphaloeroeis ...... 254 Grambusr. 257 Crambidae ........ 255 Register. Register. und Genera. Seite. Seite. Danaidabı....... AR Hypena, sure 251 Dana 222 | Hypenidae......... 251 Dasychira.r =... 241 | Hypenodes‘.. ae» 251 Dendrolimus .......r 245 | Hyperythra ......... 251 Diademar re er 231 Hypogrammidae... 249 Diaphonen..... .. 2... 239 | Hypsotropha .......: 258 Diasemiar 2. 2. 255 Drestae kan. ee. 244 Jolaus:. 2... 236 Bo 938 Junonia.. nr. nee 228 Einnomidae.....n.... 2öl Erastria 2... 22200. 247 | Lachnoeneme ....... 236 Erastrüdae. ..... 2a 241 Bretimocerar ee 259 | Lasiocampa ...... 245 Kromaserrre ... 222 | Lasiocampidae .... 244 Eubolla............. 253 | Leucamia. ....n...0.. 245 Eubolidae......... 258 | Leucanidae........ 245 Euchlora ........... 244. Treucoma..ı. . 241 Eucrostuis ea. 252 | Limaeodidae... 243 Euphaedra.. ........ 231 |Liparidae ......... 241 | Euphasia ........... 221 Diycaena. 2 2 234 INEutema a... sna0s 213 | Lyceaenidae........ 234 Eurhipidae. ...... 248 | Lycaenesthes........ 236 Euryphene.......... 231 Barytelar ...... 230 Eutelia........ 248 Macarian. ... re 253 Macaridae......... 253 Fidonidae ..... 253 | Marea ..eecseco..n. 251 Melanıtis)... ee 234 Galleridae ... .... 257 | Melissoblaptes....... 257 Gelechia „u... 20. 259 | Metaretia . 2222220... 238 Geometrina........ 2DR N Micra 2... 248 Geometridae....... 252 | Mierophysa ......... 243 Glottulidae......... 246'| Miresa.. .+... u 247 Glyphypteryx ....... 259 | Mycalesis ........... 233 Grammodesz 2 250 Mylothris ..2222..... 916 Grapholitha 2.7... 258 Hamanumida........ 232: Nephele me 244 Heliothis) 2... 247 | Nephopteryz ...2...2 257 Heliothidae........ 247. Neptine on er 230 Hellula So... 254 | Noctuidae.......... 245 Herminidae........ 251 'Nolal 2.2... 2. 240 Hesperia.. .za.a.0% 237 | Nudarıa 2... 0er 240 Hesperidae......... 236 | Nyctegretis .......r. 258 Heterogramma ...... 251 | Nyetemera, ....x.... 241 Homopteridae ..... 249 | Nycetemeridae...... 241 Hiypanısaar Auen ser 230 | Nymphalidae...... 228 Register. 261 Seite. Seite. Seite, Ophiusa 2:2... 0... 230 Bsalis. zn... aa 241 | Spilosoma- ..........: 239 Ophiusidae ........ 249 | Pseudodipsas........ 236 | Spodoptera ......... 246 Ommithopsychev...... 242 | Psychidae......... 242 | Stenurges............ 255 un Shine 27 VBLELTNA.N. nee 253 Sr. : » | Ptychopteryx........ AI Symelera 4... ner 255 ie Ba er), = raliaıny NER cı, . 253 i apa ureen en. 214 Ba Papilionidae ...... Da a ae e GeRtez- 228 Talpochares 248 Karasek: 243 Dee en, 919 Pentila......... u... 286 Ranidophora ........ AR | Verias...ennnnn 218 Periplysia........... 234 | Remigia............. 250 Thallasodes ......... 252 Pessoeosma ......... 255 Remigidae re 250 Theretra or 243 Phakellura .......... la. 251 Thermesidae....... 250 A uaccin KATDE Br mandra 1 253 IAEA8.. en. ! Tineina 259 Physcaeneura ....... DBANSFENUTR en saree 239 et a ee 215 | Salamis...ceeeeeeen. le “ Bieridao.......2... 215 | Saturnidae......... 244 BSD. 2.22 teens, 249 | Satyridae .......... 232 | Xanthoptera......... 248 Plussudae.........: 249 | Scirpophaga......... 256 Xanthospilopteryx ... 237 VE Re 246 Sceoparidae ........ 254 Polvdesmarı........ DAGISSEIEDAE era eeerenere DA Er ed 2 | a De = Bontiagenen AlanSphinsidaet....eg: 243 | Bee Rank 229 | Sphingomorpha...... 249 | Zeuzeridae ........ 245 Brodentateeseee 246 | Spilomatinae ...... 339% | Zinekenla. .......... 255 B. Arten. Seite. Seite. Seite. Abjeetella.........:- 256 | Balsaminae ......... DAS Ola a ee 228 INGA ke 2294 kbellua. ze. DA KOleodoraree re 222 Achstinella. „2... ZaalkBibuluse ...2.. 2.2 DB6b Körebrenem ann en 228 Neprobalissru.e. u. u: 254 | Bipupctanus......... Zn \Oribrariar.. 85 00. %0. 240 Na nenne ABU OOPIE 224 021% Sanieren 229 Buneata...... ne... 248 Seatlinae nn... eun.e 2161| Briotkta 02. aan 218 Alhistrleats 2.4... 2... 29 PBLUNTIE en 245 s ANlSERIE ee SE PRISON 996 Daedalus............ 232 N DE 236 . en REN eE | ellaet ne ee aanala STE 2 Gabira.s. namen 227 | Demoleus........... 214 ADSBARIT . ...., 2.2: ZINN Oaoeulis 236 |p a 941 en.niee. 2 ne se NNemosar.. ces. le ne 035 DEE RIO NE ur ee Anfraetuosa ......... EL 1 a ae So SE SE POS kenn de Da en ls Ban AteNppernnserennee 221 SE a Dorippus ........ 00. : Capensis, Dendr. .... 245 | Doubledayi.......... 224 INTCHESTaE are. 250 Te yl. 2 .[: -. Capensis, Phak. ..... 288 | Dryope.....lekun.e- 230 Argenteociliella ..... 256 | Ganicola 246 JODerJ; Argentifera ........- 244 Cardui hg © en a BR AFMIBEL nun te er RE 232 | Eburneigutta........ 242 N I onen An an BANNBlomwal..2. Nase 229 ABESTOBE as. 722 N 249 | Encedon!.......>.%. 223 Ana he. 224 Chaleytes - .....2.2%%. 249 | Epithyrena.......... 244 Chamaeleon .......... 250, Bamelar sm s.ge en: 239 Baetiea®, . B...9%: 239 \Chrysippus. »2.2.2.... 228 | sirum ya eine 233 BalDinin. m Samen 226. Cmetigutta..2.....-- DAR UEIFENURL.N waere 233 262 Flavipedella Fuseieollis Gaika ... Gerontosalis......... Goochtgae Griseola Halyattese 2.2 Hecabe Herbida Hetaera Histrionalis Horta Hypoxantha....... Ilithya Inanitalis 2 2... Injusta er 2: TeSOUS Jobina Jolealise 00. Tone en Lanceolana Lareificaria Leda (M.)........- Ledar(Eh.)- .... ; Leucono& Limniace Imeata re Lugens Lutea Lyeia ..... oo... Keridar Pier Hrugalis U SR. AIORORL Oo, Or Register. Maculosus Makupa Malacellus Manjaca Mardania....... Maura2. 2.0, Megaera Meleagris Misippus®:...%:. Mutualis Narica Nigricollaris.... Obaceralis Ochlea Venonemars ÖOmphale ÖOncaea Pallida Petersi Petraea. nr. EPhalantamn a. Pharsalis Phedonia Phlesyas 7... Pigea Pomonass se: Quadricolor Quilimanella Namacensis ..... Neophron..... . @ 0/0 a eflellele, ee Madagascariensis ... Matthias........ Kahiras....... rn 226 BRambuxalis. 2. 255 Reconditaria ........ 253 Rectistrigosa ‚nr. 254 Recurvalis .......... 255 Kesina ......... 000 221 Rufescens.... mess 238 | Rufomarginata ...... 252 Rufostriatella ....... 2357 SACr aa 253 Daikıza an. 233 SE CUISINE 241 Delenicula se 248 DELETE 226 SEVerInd en 216 Seanzini-r. 2 San 223 Sn aa 215 Sipyla ci sus .. 249 SDECIOSUN. 221 DEOlidlan u 250 Stuhlmannı zur. 247 SUDEUfaR er 241 Superciliata .......... 246 Dybaris ..u..20, ee 235 Taprobanensis....... 256 Telicanusca 235 Mierrosay 251 Theophene.......... 232 Thysa, 2%. ey 217 Tostarı sc 245 raducals 222.2 255 Tropiealis:. .. 2202 236 Umbrieola 7. ee 249 Undalisı..... 254 Urban a... see 247 Vanllantinansss Re 238 Virginea u. 2.20% 256 Zambesina .......... 244 DIERES.. We ee 225 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru Deutsch-Ostafrika, nach dem von Dr. Stuhlmann gesammelten Material. Von Dr. Alexander Tornquwist in Strassburg. Mit drei Tafeln. 74 EN Bi F . UTREDE, MON. BR & - 7 Alla sarzsink, var FIRE ERS sw gi B it IKT: m ELSE Nu > Ausser den reichen zoologischen Sammlungen, welche Herr Dr. Stuhlmann in Deutsch - Ostafrika zusammengebracht hat, sandte Derselbe auch eine Anzahl jurassischer Versteinerungen ein, welche — zumal aus diesen Gegenden — ein besonderes Interesse beanspruchen dürfen. Herr Dr. Gottsche hatte die Freundlichkeit, mir diese in das Naturhistorische Museum zu Hamburg gelangten Stücke zur Bearbeitung zu überlassen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche. Die kleine Suite, welche füglich nur als „Fragmente“ einer Oxfordfauna bezeichnet werden kann, wurde von Eingeborenen an einem Hügel bei Mtaru am rechten Ufer des Pangani, ungefähr gegen- über Chogwe ') gesammelt und dem damals in der Nähe des Dorfes Pangani an der Panganimündung weilenden Dr. Stuhlmann gebracht. Der Reisende selbst hat von diesem Funde bereits 1890 Mittheilung gemacht. 2) Geologischer Theil. Die erste Kunde von Jurakalken an der ostafrikanischen Küste wurde uns durch den Missionar Kraft, der einen von Fraas als Amm. annularis bestimmten Ammoniten von Kisaludini bei Mombassa mitbrachte. Eine grössere Suite von Ammoniten, welche Hildebrandt bei Mombassa sammelte, wurde von Beyrich als Formen des oberen Kimmeridge bestimmt. ) Sadebeck zeichnete auf der geologischen Uebersichtskarte von Ostafrika, welche sich im dritten Bande des v. der Decken’schen Reisewerkes °) befindet, nach Angaben !) auch Tschogwe geschrieben. 2) Mittheilungen aus den deutschen Schutzgebieten von v. Danckelmann. Berlin 1591, pag. 49. 3) Jahreshefte des Ver. f. vtrl. Naturk. in Württemberg. 1859, pag. 356 f. 4) Monatsber. d. Kgl. preuss. Akad. d. Wissenschaft. 1375, pag. 96 ; 157 9, pag. 367. 5) ©. v. der Decken’s Reisen in Ost-Afrika. III. Band. Leipzig 1579. b) 18 266 Dr. Alexander Tornquist. von Hildebrandt einen Jurastreifen in der Ausdehnung von Kisaludini bis Pakaungu. Aus mehr nördlichem Gebiet, im südlichen Theil von Abessinien, wurde von Blanford bereits 1870 ') unter dem Namen „Antalo-limestone“ ein jurassischer Kalk beschrieben; in diesem sind aber keine Cephalopoden gefunden worden. Die gefundenen Mollusken und Echinodermen erschemen aber wegen der ungenügenden Kenntniss dieser Formen in den Juraschichten Afrika’s und Asien’s zur genauen Horizontbestimmung ungeeignet. Neuerdings sind Blanford’s Beobachtungen weitgehend von Aubry ’) ergänzt worden, der die Quellflüsse des blauen Nils besucht hat; auch in der Liste der auf dieser Reise gefundenen Jurafossilien fehlen die Ammoniten. °) In dem jetzigen Deutsch-Ostafrika wurde zuerst durch die Reise des Engländers Thomson ‘) das Vorkommen von mesozoischen Kalken wahrscheinlich gemacht; immerhin sind die von Stuhlmann gesammelten Fossilien die ersten, welche einen genauen Nachweis des jurassischen Alters jener Schichten und sogar eine genaue Ein- ordnung in einen bestimmten Horizont jener Formation erlauben. Baumann’) hat vor Kurzem einen Ueberblick über die geologischen Verhältnisse von Usambara und Usegua gegeben, Stuhlmann 9) gleichfalls eimen solchen über die geologischen Verhältnisse auf der Route Bagamoyo-Tabora. Aus beiden, sowie aus weiteren mündlichen Mittheilungen des letztgenannten Forschers entnehme ich folgendes (sesammtbild: Von Chogwe aus lässt sich ein Jurazug in ungestörtem Streichen von NNO. nach SSW. bis nach Msua verfolgen; derselbe läuft bis in die Breite von Saadani annähernd mit der Küste parallel in einem mittleren Abstand von 4 Stunden (= 16 km.). Südlich von Saadani breitet sich die Küste nach Westen aus, während der Jurazug ungestört über die Dilimaberge bei Mandera, westlich Kivugu bis nach Msua zu verfolgen ist; bei Msua beträgt der Abstand von der Küste 16 Stunden (ca. 65 km.). Der Jurazug ist nicht sonder- lich breit, 4—5 Stunden (= 16—20 km.) ) im Mittel. In westlicher Richtung gelangt man unvermittelt in den Gneis und die krystalli- nischen Schiefer, welche von hier an weithin die ostafrikanische Hoch- ') Observations on the geology and zoology of Abessinia. London 1870. p. 176 ff. ?) Bull. soc. geol. de France 1856. pag. 201. ®) ebenda pag. 223. ‘) To the central african lakes and back. Vol. IH. Appendix und Karte. London 1881. °) Usambara. Berlin 1591. pag. 4, pag. 116. 6) 8,28..0. ”) Vergl. d. geologische Skizze von Dr. Baumann a. a. O. 4 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 267 ebene zusammensetzen. An dem Abfall dieses Plateaus nach Osten liegen die Juraschichten, so dass die vorerwähnte Verbreitungslinie des Juras, Pangani-Msua, auf den besseren, neueren Karten ') zugleich deutlich als die erste Stufe zum ostafrikanischen Hochlande hervor- tritt. Stuhlmann bezeichnet den Jurazug als Stirnvorlagerung des Gneises; aller Wahrscheinlichkeit nach hat man es hier mit einer be- sonders scharfausgeprägten Verwerfungslinie zuthun, an welcher der Jura am Gneis absank. Eine nahezu nord-südliche Richtung der Störungslinie ist die vorherrschende in Ostafrika; in ihr liegt der grosse afrikanische Graben ?), vom Nyassa- und Manjara-See, bis zum Rudolf-See; und in der gleichen Richtung hat Stuhlmann von der Küste bis an die Seen zahlreiche Bergzüge und ebenso. viele supponirte Störungs- linien beobachtet). Aber auch die Bruchlinie Chogwe—Msua kann man mit einiger Sicherheit weiter verfolgen, nach Norden mindestens bis Amboni am Sigiflus, bis wohin Baumann den Jurakalken nachgegangen ist. Dann betreten wir ein Thonschiefergebiet, in dem bei Kilulu noch einmal Jurakalk eingesunken liegt; auch hier ver- laufen die Formationsgrenzen annähernd nordsüdlich. Der Jura von Mombassa ist an gleichgerichteten Verwerfungen abgesunken. Nach Süden über Msua hinaus ist der Verlauf der Verwerfungslinie nicht bekannt geworden. Alles, was östlich vor dem Jurazug liegt, ist Sedimentgebirge und muss an dem Einsturz gegen den Gneis theilgenommen haben. Hinter dem Gürtel von recenten, in der Jetztzeit gehobenen Korallen- kalken, welche die ostafrikanische Küste in grosser Ausdehnung be- gleiten ’), wird von Joseph Thomson’), einem gewissenhaften und kenntnissreichen Forscher, in grosser Verbreitung ein rother, kalk- haltiger Sandstein beschrieben. Bei Umba in Usambara fand Derselbe in ihm Kalksteinbänke mit karbonischen Versteinerungen eingelagert. Peters fand bei Tete, Thomson am Zambesi grobkörnige, Feldspath führende Sandsteinee Baumann erwähnt sonderbarerweise keinen Sandstein, während Stuhlmann einen graugelben Sandstein nur m geringer Ausdehnung bei Msua und zwischen dem Kinganifluss und Ponguäberg kennt. Im Gallaland und in Abessinien ist ein ganz ähnlich vorkommender Sandstein weit verbreitet. Blanford nannte !) Besonders auf der 12 blätterigen Karte von Justus Perthes. Seengebiet. 2) Denkschr. k. k. Akad. Math.-Naturw.-Classe, vol. LVIII, pag. 555. Wien 1591. ®) Petermanns Mittheilungen. 1892. Band 38, pag. 142. *) Neuerdings sind diese Korallenbänke um Dar-es-Salaam Gegenstand einer interessanten Untersuchung durch Dr. A. Ortmann geworden. Zool. Jahrb. Bd. VI, pag. 631. NEW 268 Dr. Alexander Tornquist. ihn Adigrat-Sandstein. Aubry vergleicht diesen Sandstein, der in Süd-Abessinien von dem jurassischen Antalo-Kalk unmittelbar über- lagert wird, mit dem europäischen Rhätsandstein und der oberen Gondwanastufe, der er liasisches Alter zuschreibt. Suess ' schliesst diesen Sandstein sowie denjenigen, welcher im Süden den Tanganikasee umgrenzt, wohl mit mehr Recht an den Karoosandstein der Cap-Colonie und Natals an und schreibt ihm ein höheres Alter zu. Welchen Alters dieser Sandstein auch sein mag, das Vorkommen am Tanganika und längs der Küste scheint doch darauf hinzuweisen, dass seine Ver- breitung einst eine grössere war und dass kein geringer Theil des eefalteten Schiefer- und Gneis-Gebietes noch von ihm überdeckt war und vielleicht noch zum Theil ist; diese beiden Sandsteingebiete ver- danken aber ihre Erhaltung gewaltigen Abbrüchen an Verwerfungs- linien, auf denen zur Zeit des Tertiärs oder Diluviums die grossen Eruptivmassen des Kilimanjaro und Kenia aufgesetzt wurden. Erd- beben und thätige Vulkane, welche Stuhlmann auf seiner letzten Reise am Albert-Edward-See beobachtet hat”), deuten sogar darauf hin, dass die Kräfte, welche das Land auf diese grosse Erstreckung hin bewegt haben, ihre Thätigkeit in diesen Gegenden noch nicht ganz eingestellt haben. Eine weitere Frage würde diejenige sein, ob sich die Jura- ablagerungen noch weiter landeinwärts erstrecken. Eine Anzahl von Baumann bekannt gemachter Kalkvorkommen von der Küste bis tief ins Innere, so bei Mlalo in Usambara, bei Aruska und an einigen anderen Orten am Kilimanjaro, lässt dies keineswegs unwahrscheinlich erscheinen. Den Jurazug längs der Küste schildert Baumann als un- fruchtbar und wenig besiedelt. Der Abhang besteht theils aus festen Kalken, theils aus Mergeln; aus solchen stammen die von Stuhl- mann gesammelten Fossilien. Die Versteinerungen sitzen in grossen, thonigen Kalkknollen, welche von blaugrauer Farbe sind und einen grossen Kieselgehalt aufweisen; neben ihnen kommen zahlreiche Septarien von Faust- bis Kindskopfgrösse vor; die mir vorliegenden Stücke sind durch die Wasser des Pangani aus den sie umschliessen- den Mergeln ausgewaschen worden. Die Septarien sowie die Ver- steinerungen sind reichlich von grobkrystallinem Kalkspath durchsetzt, !) Antlitz d. Erde Vol. I, pag. 512 £. ?) Stuhlmann in Petermanns Mittheil. 1592. Band 38, pag. 144. „Der letzte, etwas entfernte Vulkan, namens Virunjo viagongo ist ein flacher Kegel mit deutlichem Krater. Nach übereinstimmender Aussage der Eingeborenen ist er noch heute thätig. Es soll von Zeit zu Zeit nachts Feuer sichtbar sein und Lärm wie Rinderbrüllen gehört werden.“ 6 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 269 welcher auch vielfach das Innere der Ammoniten ausfüllt und diese leicht zerbrechlich macht. Die Cephalopoden zeigen vielfach noch Spuren der Abrollung im Flussbett, jedoch dürften sie der petro- graphischen Beschaffenheit nach aus einer und derselben Schicht stammen. Das ganze Vorkommen erinnert in seiner Faciesentwicklung x nicht wenig an das „terrain a chailles“ der Schweiz und Südbadens. Palaeontologischer Theil. Stephanoceratidae Zitt. sens. str. Stephanocerasformen spielen im Jura von Mtaru eine wichtige Rolle. Die vier zu beschreibenden Species gehören zur Gattung Macrocephalites. Drei Species haben ihre nächsten Verwandten im Jura von Cutch, die vierte Species steht ihrer Verwandtschaft nach völlig isolirt neben den übrigen drei; auch aus dem indischen und europäischen Jura ist mir keine ähnliche Form bekannt. Ein ausgewachsenes Exemplar eines Macrocephalites zeigt die Wohnkammer in schöner Erhaltung. Es ist zu erwähnen, dass sich in der Litteratur noch vielfach irrthümliche Angaben über die Gestalt derselben bei der Gattung Macrocephalites vorfinden. Stein- mann giebt für Macrocephalites als Unterschied von Sphaeroceras „eine regelmässig eingerollte Wohnkammer“ ') an. Auch v. Zittel erwähnt bei Macrocephalites nichts von einer Verengung der Mündung und Erweiterung des Nabels an derselben, wie er sie für Sphaeroceras beschreibt, und doch zeigen die von Waagen abgebildeten Macrocephalen von Cuteh diese Erscheinung aufs beste. Der von mir abgebildete Macrocephalites panganensis (Taf. II) zeigt die Verhältnisse wiederum recht deutlich: die Wohn- kammer des ausgewachsenen Macrocephalen nimmt ungefähr °/ı Theil eines Umgangs ein; eine Höhenzunahme findet aber nur im ersten Drittel statt, dann wird die Höhe bis zur Mündung immer geringer, so dass die Windungshöhe der Wohnkammer thatsächlich an der Mündung am geringsten ist. Hand in Hand mit diesem anormalen Wachsthum der Wohnkammer geht natürlich eine anormale Er- weiterung des Nabels. Die Abbildungen indischer Macrocephalen lassen überdies noch eine geringe Depression an der Mündung erkennen, so dass hiermit der Gattungs-Unterschied von Macrocephalites und Sphaeroceras recht problematisch wird. Wenn sich diese Verhältnisse bisher auch nur bei einer kleinen Anzahl von Macrocephalen haben 1) Elemente der Paläontologie. pag. 439. - ‘ 270 Dr. Alexander Tornquist. nachweisen lassen, so ist es doch wahrscheimlich, dass dieselben für alle die Regel bilden. Vor allem zeigt auch Macrocephalites macro- cephalus Schloth. dies Verhalten in ausgezeichneter Weise (Waagen, 2:38... OtaD ER) ©) I. Macrocephalites olcostephanoides nov. sp. Tab. I, Fig. 1—3. Es liegt mir ein Exemplar dieser Species vor, an dem aber alle Verhältnisse des letzten und vorletzten Umgangs erkannt werden können. Dasselbe ist bis auf die letzte Hälfte der Wohnkammer vollständig erhalten. Die unvollendete Lobenlinie der hinteren Wohn- kammerwand zeigt aber, dass das vorliegende Stück nicht ausgewachsen ist, sondern vermuthlich beträchtlich grösser wurde. Der Nabel ist ziemlich gross, die letzten Umgänge bedecken ca. ”/s der vorhergehenden. Der tiefe Nabel lässt bei unserem Exemplar 5 Windungen erkennen, welche mit mässig hohen, fast senkrecht auf der Symmetrieebene stehenden Nabelflächen nach innen fallen. Die Nabelkante ist abgerundet. Die kleineren Umgänge sind etwa um ein viertel dicker als hoch; die grösste Dicke liegt an dem inneren Viertel der Mündung. Mit zunehmender Grösse wird die Form immer hochmündiger, so dass bei einem Durchmesser von ca. 90 mm die Windungshöhe gleich der Windungsdicke wird. Die regelmässig vertheilten Rippen stehen auf dem letzten Umgang etwas gedrängter als auf dem vorletzten. Im Durchschnitt kommen 16—18 auf einen Umgang; auf dem letzten Umgang zählte ich 22 Rippen. Die Rippen sind besonders auf den jungen Windungen hoch und breit; auf der Wohnkammer werden sie sehr schwach; sie entstehen etwas unterhalb der gerundeten Nabelkante. Etwas vor der Hälfte ') Im europäischen Jura sind völlig ausgewachsene Macrocephalen nur äusserst selten vollständig erhalten, und mag sich daraus die Unkenntniss über die Wohnkammer derselben erklären. Im Tübinger Museum habe ich kürzlich vergebens nach einem derartig vollständig erhaltenen Macrocephalen gesucht. Wohl befinden sich dort nicht wenige Exemplare, welche einen Theil der Wohnkammer aufweisen und auf denen man recht deutlich, besonders beim Verfolgen der sogen. Spurlinie die Einengung der Wohnkammer verfolgen kann; der grosse Macroceph. tumidus, welcher das Treppenhaus zum Museum in Freiburg i. Br. schmückt, zeigt gleichfalls ähnliches. Ein Exemplar eines europäischen Macrocephalen, welches die Wohnkammer in vollständigerer Erhaltung zeigt, liegt in der Strassburger Universitäts-Sammlung, es stammt vom Kutzthal bei Siblingen am Randen; trotz seiner geringen Grösse scheint es in ausgewachsenem Zustande zu sein; es zeigt wenigstens eine gleiche, fast skulpturlose, verengte Wohnkammer, wie der M. macrocephalus, den Waagen abbildet. S Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 371 der Windungshöhe theilen sich die primären Rippen in meist zwei, hin und wieder auch in drei secundäre. In ersterem Fall entsteht aber in etwas grösserer Entfernung vom Nabel noch eine dritte Rippe vollkommen selbständig. Die Lobenlinie hat bei dem wenig ausgewachsenen Exemplar noch keine grosse Mannigfaltigkeit erreicht. Der Externlobus ist viertheilig, der Mediansattel verhältnissmässig niedrig und spitzig; die beiden Lateralloben ziemlich breit und nahezu so tief wie der Externlobus; zwei oder drei kleinere Auxiliarloben sind wenig tief; der Externsattel ist deutlich drei-, die Lateralsättel zweitheilig. Die Spitzen der Loben liegen nicht in der Richtung des Radius, sondern bleiben nach der Externseite zu hinter demselben zurück. Die gemessenen Dimensionen der beiden letzten Windungen betragen: Barehmesser ..:2....82..40.%.0 1.2.42. MEN 28 Hm. Höhe der letzten Kammer bis zur SUR N Ra Derekfrder Kammer.........cur.... 2 oe, LEST EI N: Por B nern Was den Gesammthabitus der Form anbetrifft, so kann man auf den ersten Blick recht zweifelhaft sein, ob man derartige Stücke nicht zu ÖOlcostephanus, in die Formenreihe des Olcost. Frischlini Opp. stellen soll; wenn nur europäische Ammoniten zum Vergleiche vorlägen, würde man sich wahrscheinlich sogar hierzu entschliessen, und doch ist die Verwandtschaft mit gewissen indischen Macro- cephalen aus dem Dhosa-Oolith um vieles grösser. Macroc. olcoste- phanoides gehört zu den regelmässig grossrippigen Macrocephalen, welche für den indischen Oxford bezeichnend sind, in unserem Kelloway aber gänzlich fehlen. ) Hingegen liegen im russischen Jura ähnliche Formen. Aus dem polnischen Jura von Czenstochau erwähnt Bukowski einen solchen Oxford-Macrocephalites. Macrocephalites polyphemus Waag. ist die nächst verwandte Form. Unterschiede von diesem Ammoniten sind vorhanden in einer mehr externen Theilung der Rippen, einer minder hohen Nabelfläche, vor allem aber in einer bedeutend geringeren Windungsdicke, es sind dies Alles Merkmale, welche Beziehungen zu Olcostepha- nusformen anzeigen, und scheinen mir Beziehungen zu gewissen Formen dieser Gattung unabweislich. Hierfür spricht ferner die mit dem !) Auch M. lamellosus Sow. aus dem Kelloway weicht in seinen geschwungenen Rippen schon von den Formen wie M. Maya, transicus, polyphemus u. a. ab. 2) Beiträge zur Paläont. Oesterr.-Ungarn. V. Band, pag. 127. S) 972 Dr. Alexander Tornquist. Alter zunehmende Windungshöhe. Unterschiede von Olcostephanus, z.B. von Olcost. Frischlini Opp. (— trifurcatus Qu.) sind in der geringeren Nabelweite und der geringeren Dicke der Windung, vor allem aber in der wohlentwickelten Nabelfläche und der Ausbildung der Lobenlinie zu suchen; die Lobenlinie weicht wie bei den indischen Oxford-Macroce- phaliten in ihrem Verlauf von der Richtung des Radius ab. Wenn die Verzweigungen der Lobenlinie bei dem Kleinen nicht ausgewachsenen Exemplar auch nicht so complieirt sind, wie bei den grossen Macrocephalen, so kann man an der Dreitheilung des Externsattels, an der breiteren Gestalt desselben, sowie des ersten Lateralsattels die näheren Beziehungen zur Gattung Macrocephalites erkennen. Die verwandschaftlichen Beziehungen der Oxford - Macro- cephaliten, vor allem des Macrocephalites olcostephanoides mit be- stimmten Olcostephanus- Formen würde zum Theil einen bereits von Siemiradzki geäusserten Gedanken der Abstammung der letzteren von ersteren entsprechen. ') Während Steinmann Olcostephanus von Reineckia ableitet, °) will Siemiradzki mit Neumayr eine Entwicklung von Olcostephanus stephanoides Opp. aus Perisphincten erkennen; andrerseits spricht sich Siemiradzki für Olcostephanus involutus und Streichensis nebst verwandten Formen in derselben Arbeit allerdings für eine Abstammung von Macrocephalen aus. Er gibt an, dass im unteren Oxford von Trzebina bei Krakau Bruchstücke einer Form liegen, welche allein durch niedere Form von Olcostephanus Streichensis abweicht.) Die Beobachtung wird durch das Studium des AMacrocephalites olcoste- phanoides bestätigt. Ob nun für Olcostephanus stephanoides eine derart verschie- dene Abstammung anzunehmen ist, erscheint aber nach der Aus- einandersetzung von Siemiradzki zweifelhaft. Siemiradzki will Olcostephanus stephanoides geradezu von FPerisphinctes crusoliensis Font. ableiten. Beide sind im germanisch-helvetischen Jura aus den Tenuilobatenschichten bekannt. Nach Nikitin soll aber Olcostephanus stephanoides in Russland bereits im mittleren Oxford auftreten. Wenn hiernach schon eher auf eine umgekehrte Abstammung ge- schlossen werden könnte, so wird die von Siemiradzki vertretene ') Neues Jahrbuch für Min. ete. 1890, 2. pag. 76. 2?) Elemente der Palaeontologie, pag. 440. >) Die neuere Publication von Siemiradzki in der Krakauer Academie ist mir leider nicht zugänglich; in dem kurzen Auszug, welcher sich in der Zeitschrift d. deutsch. geol. Ges. (Band XLIV, pag. 447) vorfindet, ist von dieser Form nichts erwähnt. 10 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 278 Ansicht noch um so unwahrschemlicher, wenn er kurz darauf mittheilt: „Per. erusoliensis Font. hat in der Jugend sehr dicke und niedrige Umgänge, welche jedoch recht bald höher als dick, seitlich zusammen- gedrückt und gegen die Externseite verschmälert werden.“ Olcosteph. stephanoides, welche weiter als Stammform von Ole. trimerus, thermarum und Strauchianus gilt, dürfte also mit diesen nicht von Perisphincten abstammen, wohl scheint aber auch für sie eine Entwickelung aus Stephanocerasformen wahrscheinlich. 2. Macrocephalites panganensis nov. sp. Tab. II. Dieser Ammonit scheint bei Mtaru am häufigsten vorzukommen. Mehrere Exemplare von sehr verschiedener Grösse liegen mir vor; sie erlauben nicht, diese Form mit einer solchen von Cutch zu identifieiren, wenn auch gewisse, nahe Beziehungen mit einigen Macro- cephalen jener Schichten vorhanden sind. Macrocephalites panganensis erreicht eine bedeutende Grösse. Ein ausgewachsenes Exemplar besitzt einen Durchmesser von 260 mm. Die Form ist ziemlich involut; die letzten Umgänge bedecken etwa 5/s der vorhergehenden Umgänge, so dass nur eine schmale Fläche jeder Windung im Nabel hervortritt. Der Nabel liegt ausserordentlich tief. Eine hohe, steil nach innen fallende Nabelfläche ist das auf- fallendste dieser Form. Die groben, hohen Rippen, etwa achtzehn auf jedem Umgang, beginnen etwas unterhalb der Nabelkante, etwa in zweidrittel Höhe der Nabelfläche und sind bis zum Uebergang auf die Seitenflächen der Windung nach hinten gerichtet. Ein wenig vor der Mitte der Seitenfläche theilen sich die hier nach vorne ge- richteten Rippen in drei schwächere Secundärrippen, welche in gleichem Abstand mit schwachem Bogen nach vorne über den Rücken hinübersetzen. Hin und wieder entstehen aus einer Hauptrippe nur zwei Secundärrippen; in diesem Fall entsteht eine dritte Rippe selbständig in gleicher Höhe wie die Theilungspunkte der ersteren. Bei ausgewachsenen Exemplaren nimmt die Wohnkammer etwa zwei Drittel des letzten Umgangs ein; auf ihr stehen die Rippen sparsamer und werden flacher und breiter, können aber besonders am Externtheil noch überall deutlich erkannt werden. Eine Abnor- mität tritt auf diesen Riesenstücken auch insofern ein, als die Nabel- fläche schnell niedriger wird; die scharfe Nabelkante obliterirt und die Windungshöhe nimmt bedeutend ab, indem der Nabel zugleich in der letzten Hälfte der Wohnkammer plötzlich weiter wird. 11 274 Dr. Alexander Tornquist. Die Lobenlinie schliesst sich im Gesammthabitus der normalen Lobenlinie der Macrocephalen an. Der Externlobus und die zwei Lateralloben sind gleich tief; die Sättel nehmen in normaler Weise an Grösse zu vom Externsattel bis zum dritten Lateralsattel, der auf mittelgrossen Exemplaren noch zu sehen ist. Der Siphonalsattel ist niedrig; die Lateralsättel lassen mehr oder minder deutlich eine Zwei- theilung erkennen. Die gemessenen Dimensionen dreier verschiedener Umgänge ergeben folgende Maasse: Durchmesser er 2, en 64 mm. 153 mm. 238 mm. Höhe der letzten Kammer des Um- gangs bis zur Suturlinie...... 21,9. 5, 847, - KRiosse Dieke der-letzten Kammer n......:98 , 84. . 100 Nabelweite „une RR 24 „ 43 „ Macrocephalites panganensis unterscheidet sich von M. poly- phemus vor allem durch die Form des Nabels. Die grösste Dicke der Windung liegt unmittelbar an der Nabelkante; von hier fällt die Nabelfläche steil ab und ist bedeutend höher, als bei der vorher be- schriebenen Form. Der Nabel selbst ist kleiner und die Windung involuter. Die Rippen beginnen tiefer. Die ausgewachsenen Formen von Macroceph. polyphemus aus Indien erinnern in ihrem Vorkommen ausserordentlich an die grossen Macroceph. panganensis. Wie jene Formen in Indien die Riesen unter den Ammoniten des Dhosa-Ooliths sind, so sind bei Mtaru die grossen Macroceph. panganensis die Polypheme ihrer Verwandten. Die Gestalt der Wohnkammer der beiden Formen ist durchaus ähnlich und lässt eine nahe Verwandtschaft deutlich erkennen. Unterschiede lassen sich aber auch bei den grossen Formen leicht erkennen. Macroceph. pangamensis zeigt eine deutliche Berippung bis zur Mündung, während die Wohnkammer des M. polyphemuus nahezu glatt ist. Vor allem liegt aber der Nabel bei den afrikanischen Formen tiefer. In kleineren Exemplaren zeigt Macroceph. panganensis Aehnlich- keit mit M. semilaevis Waag. und M. Maya Sow. Beide zeigen aber einen engeren Nabel, weniger steile uud breite Nabelflächen und offenbar eine engere, undeutlichere Berippung; Macroceph. Maya, welcher eine ansehnliche Grösse erlangt, unterscheidet sich ausserdem durch die normale Form und Berippung der Wohnkammer. In mancher Hinsicht nimmt M. panganensis eine vermittelnde Stellung zwischen dieser Form und M. polyphemus ein. M. Maya findet sich in den Kuntkote-Sand- steinen (mittleres Oxford); M. semilaevis dagegen in den Macrocephalus- beds (unterstes Kelloway). 12 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. N =] \ er 3. Macrocephalites Stuhlmanni nov. sp. Tab. III, Fig. 4, 5. Diese Species ist durch zwei Exemplare vertreten, dürfte also im Jura von Mtaru nicht allzu selten sein. Der Ammonit erreicht eine ansehnliche Grösse. Das grösste Exemplar hat einen Durch- messer von 177 mm, obwohl die Wohnkammer nur unvollkommen erhalten ist. Er entfernt sich noch mehr von den Ammoniten von Cutch als M. panganensis, diesem steht er aber recht nahe. Macrocephalites Stuhlmanni ist ziemlich involut; die letzten Windungen bedecken die vorhergehenden vollkommen ; wegen der schrägen Stellung der Nabelfläche nimmt die Nabelweite aber beim Wachsthum nicht unbedeutend zu. Die Windungshöhe ist nahezu gleich der Dicke der Windung. Die Nabelkante ist wenig gerundet, die Nabelfläche breit, etwas schräg gestellt. Kräftige, breite Rippen, 18—20 auf jedem Umgang beginnen schon auf der Nabelfläche, setzen dann auf die Seitenflächen über; hier sind sie mässig nach vorne gerichtet; etwa auf der Grenze des inneren Drittels der Windungshöhe findet eine regelmässige Dreitheilung der primären Rippen statt. Selten werden die Theil-Rippen noch durch eine selbstständig entstehende vermehrt. Auf der Externseite machen die Rippen einen kleinen Bogen nach vorne. Die Lobenlinie ist auf den grossen Stücken reich zerschlitzt ; dieselbe weicht in ihrer Anordnung gleichfalls von der Richtung des Radius ab; bei dem Externsattel ist eine Dreitheilung, bei den beiden Lateralsätteln eine Zweitheilung vorherrschend. Im Grunde des ersten Laterallobus ist ein Secundärsattel sichtbar, der als ein tiefstehender Zweig des ersten Lateralsattels aufzufassen ist. Bei bekannten Macrocephalen konnte ich Aehnliches nur beim zweiten bis vierten Lobus erkennen. Schon bei einem Exemplar von Macrocephalites panganensis war eine Andeutung ähnlicher Lobirung vorhanden. Die Dimensionen dieses Ammoniten sind folgende: Durchmesser : wor: a a bee 163 mm. Höhe des Umgangs über der Suturlinie.... 81 „ Barelser des Umgangs. Sm ar. ER SED, MIBehwerler nern a ERERE 3073 Eine nahe Verwandtschaft mit M. panganensis ist evident; ein bestimmter Unterschied besteht in dem verschiedenen Maasse der Evolution bei beiden Species, welches bei Exemplaren von ganz ver- ') M. charicus Waag. und M. polyphemus Waag. zeigen Derartiges. 15 276 Dr. Alexander Tornquist. schiedener Grösse gleichmässig besteht. In dem Nabel von Macroceph. Stuhlmanni sind die jüngeren Windungen nahezu ganz verdeckt, bei M. panganensis yagen sie mit einem Sechstel der Windungshöhe nach innen hinein. Bei M. panganensis ist ferner die Nabelfläche steiler gestellt, ausserdem stehen die Secundärrippen ein wenig enger. Macroceph. transitus ist die indische Form, welche sich dem M. Stuhlmanni in mancher Hinsicht nähert. Spärlichere Berippung, grössere Nabelweite und höhere Nabelfläche sind aber leicht kenntliche Eigenschaften der ostafrikanischen Species. M. transitus liegt im Dhosa-Oolith. 4. Macrocephalites horologium nov. sp. Tab. I, Fig. 4—6. Die Beschreibung beschränkt sich auf ein einziges Exemplar dieser interessanten Species. Die Windungen sind halbkreisförmig gewölbt; die Dicke einer Windung etwa ein Sechstel grösser als die Höhe derselben. Die Nabelfläche ist breit und stösst in einer ziemlich scharfen Kante an die Seitenfläche. Der Nabel ist ziemlich gross, immerhin lässt die letzte Windung nur etwa '/; von dem vorhergehenden Umgang frei. Die Rippen, etwa 16 auf jedem Umgang, beginnen etwas hinter der Nabelkante als grobe, hohe Wülste, welche sich schon in einem Abstand von '/ı Windungshöhe vom Nabel ziemlich regelmässig in drei Secundärrippen theilen, welche ihrerseits noch immer ziemlich grob sind; hin und wieder schaltet sich zwischen diesen noch eine selbständige Rippe ein. Alle laufen regelmässig, in gleichem Abstand, einzelne Theilrippen, welche nicht in der Richtung der Hauptrippen liegen, mit einem nur sehr schwachen Bogen nach vorn über den breiten Rücken des Ammoniten. Nur selten zeigte diese Species eine enge, nur wenig tiefe, aber deutlich bis auf die Nabelfläche verlaufende Einschnürung. Lobenzeichnung zeigt das Stück nicht. Die Grössenverhältnisse sind folgende: Dirchmessen: „.r 2er: 2. ker 71 mm. Höhe des=letzten Umgangs. ern 2e Sal Dieke,desselben.. lea 43 „ Nabelwmeite ter 2 der LI Macroceph. horologium zeigt nicht wie die vorherbeschriebenen Formen besondere Verwandtschaftsbeziehungen zu irgend einer indischen Form, noch weniger zu einer anderwärts bekannten Form aus der Familie der Stephanoceratidae. Die fast radial und regelmässig 14 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. HL En verlaufenden Rippen mit der knotenförmigen Erhebung am Nabel erinnern an echte Stephanoceraten; der enge Nabel, die Ausbildung einer hohen Nabelfläche verweist diese Species jedoch ebenfalls in die Gruppe der Macrocephalen, woran das Auftreten von Einschnürungen, für welche die Gattung Morphoceras aufgestellt ist, welche sich aber gleichfalls bei echten Stephanoceraten z. B. coronatum finden, nichts ändern kann. Da die Loben nicht beobachtet werden konnten, kann über die Form fürs erste nichts gesagt werden. An Quenstedticeras kann wegen der minimalen, nicht regel- mässigen Vorbiegung einiger Rippen wohl kaum gedacht werden, wenngleich beispielsweise im schwäbischen Jura Formen auftreten, welche bei sehr geringer Biegung der Rippen auf der Externseite und bei breiter Externseite, sich der Lobenlinie nach als zu dieser Gattung gehörig ausweisen. ((Quenst. Ammoniten des schwäbischen Jura. Taf. 90, Fig. 17.)) Wenn auf dem vorliegenden Stück die Loben- linie auch nicht sichtbar ist, so glaube ich doch in der steilen Nabel- fläche, der Windungsform und der Einschnürung genug Kennzeichen zu haben, um eine Deutung als Quenstedticeras für unmöglich zu halten. Perisphinctidae Waag. sens. str. Die Perisphinetenfragmente, welche von Mtaru vorliegen, gehören drei verschiedenen Species an; sie geben nur ein unvollkommenes Bild dieser wahrscheinlich sehr zahlreich vertretenen Ammoniten- familie in jenen Juraschichten. Eins derselben lässt wegen der grossen Jugend der Windungen keine zuverlässigen Schlüsse zu. Sie gehören aber drei getrennten Gruppen an. Nur das zuletzt erwähnte Stück zeigt Beziehungen zu der indischen Jurafauna. Die beiden andern haben ihre Verwandten im schwäbischen Jura und zwar in der Fauna der Lambertischichten. 5. Perisphinetes mtaruensis nov. sp. Tab. II, Fig. 1—3. Dieser Ammonit kann bei Mtaru nicht selten sein; mehrere Bruchstücke und ein ziemlich vollständig erhaltenes Exemplar liegen mir vor. Die Form ist stark evolut; die Umgänge sind nur wenig umfassend; die älteren Windungen bedecken fast nur den Rücken der vorhergehenden. Die Umgänge sind regelmässig gerundet; der !) Vergl. auch: Jahreshefte d. Vereins für vaterl. Naturkunde in Württemberg. XLIII. Jahrgang, pag. 113. 15 278 Dr. Alexander Tornquist. Seitentheil biegt ohne Kante in den Nabel hinein; die Umgänge sind breiter als hoch, nur die letzten sind hochmündiger. Sehr kräftige Rippen, von denen etwa 46 auf jeder Windung stehen, setzen etwas oberhalb der Suturlinie ein und verlaufen im allgemeinen in radialer Richtung. Sie theilen sich sehr hoch, fast erst auf der Externseite in zwei, bei grösseren Windungen in drei Secundärrippen, welche bei kleineren Windungen mit einem deutlichen Bogen nach vorn, bei den grösseren Windungen aber gradlinig über den Externtheil setzen. Zu dieser Sculptur treten nun noch tiefe Einschnürungen », welche stark nach vorne geneigt sind; in der Nähe derselben zeigen die Rippen auch eine unregelmässige, nach vorne geneigte Lage. Die Lobenlinie ist reich gegliedert. Der tiefe Externlobus ist viertheilig, der Mediansattel kegelfürmie und hoch, der erste und Hauptlaterallobus ein wenig kürzer, als der Externlobus und dreispitzig. Die Lateralsättel und der Externsattel sind zweitheilig. Ein Bruchstück einer Wohnkammer lässt auf einen Durch- messer von mindestens 150 mm. schliessen. Dem ziemlich vollständig erhaltenen Exemplar wurden folgende Maasse entnommen: Durchmesser em re lllmm. 66 mm. 1löhe der letzten Windung........ 261, Re Dicke: derselben ar ee 30 NE Nabelweiter „are: er 66; TA Perisphinctes mtaruensis hat seine nächsten Verwandten im schwäbischen Jura. Im den Anfangswindungen ähnelt er dem Am. convolutus ornatus Qu. oder Perisphinctes subtilis Neum.”; er unterscheidet sich von diesem aber aufs bestimmteste durch die gebogenen Rippen auf der Externseite und in der Lobenlinie durch die grössere Länge des ersten Laterallobus. Die späteren Windungen erinnern an Perisphinctes Orion Opp., mit dem er bezüglich der Loben- linie vollständig übereinstimmt. Die Reihe von Formen, welche Quen- stedt neuerdings als Gruppe der Am. convolutus dilatatus °) abgebildet hat, gehören in die unmittelbare Nähe des Perisphinctes mtaruensis; Unterschiede bestehen vor Allem in der bedeutenden Grösse der afrikanischen Species, in der geringeren Evolution derselben und in dem späteren Eintreten der Dreitheilung der Rippen, sowie in den nach vorne gebogenen Rippen auf der Externseite der ersten Windungen. Andrerseits verweist ihn seine Verwandtschaft mit Perisph. Orion in die Nähe der Perisph. indogermanus. Die Art der Berippung, die ') In der Abbildung treten dieselben nicht scharf genug hervor. 2) Abhandl. d. K. K. geol. Reichsanstalt, Bd. V. Heft 2. pag. 37. tab. XIV. 3. >) Ammonit. d. schwäb, Jura. pag. 689. tab. 81. 16 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 979 Lobenlinie und die Gestalt der jungen Windungen lassen die Zutheilung des Perisph. mtaruensis zu der Formenreihe des Perisphinctes indogermanus (vergl. Siemiradszki, Ztschr. d. d. geol. Ges. 1892 pag. 477) plausibel erscheinen. Die verwandten europäischen Perisphineten liegen in den Ornaten-, Lamberti- und Cordatus-Schichten. 6. Perisphinctes migrans nov. sp. Tab. III. Fig. 6. Perisph. migrans benenne ich einen unvollständigen Ab- druck eines Ammoniten, an dem die äussere Form und der Verlauf der Rippen auf den Seitenflächen wohl erkannt werden kann, an dem aber die Verhältnisse der Externseite nicht sichtbar sind. Der Durchmesser des Bruchstückes beträgt ca. 53 mm, wo- von ca. 26 mm auf den Nabel kommen. Die Seitenflächen sind deprimirt und biegen sich ohne Bildung einer Nabelkante in den Nabel hinein. Die deutlichen Rippen, etwa 23 auf jedem Umgang, beginnen etwas unterhalb der Nabelkante und sind auf der Seiten- fläche hoch und schneidend; sie theilen sich in einer Entfernung von zweidrittel bis einer halben Windungshöhe in zwei Secundärrippen, oder bleiben, aber seltener, einfach. Sie verlaufen gerade oder wenig geschwungen, etwas nach hinten gerichtet. Der afrikanische Ammonit zeigt auf den ersten Blick eine gewisse Uebereinstimmung mit der Abbildung des Ammonites annu- larıis in Quenstedt’s Cephalopoden; bei näherer Betrachtung be- obachet man aber eine geringere Anzahl Rippen, eine etwas gröbere Ausbildung derselben und eine schwächere Evolution. In diesen Merkmalen nähert er sich der von Quenstedt im Jahre 1887 ) als Ammonites annularıs annulosus abgebildeten Form, obgleich auch diese etwas involuter erscheint. Amm. caprinus Schloth. ) und Amm. ammulosus, ’) zwei verwandte Formen, haben einen unserem Stück gleichkommenden Nabel, sie zeigen aber stark geschwungene Rippen, wie sie auf dem Perisphinctes migrans nicht bemerkbar sind. Perisph. migrans steht somit dem Amm. annularis anmulosus Qu. am nächsten und ist wahrscheinlich mit ihm ident; eine zweifellose Be- stimmung kann aber nur an besserem Material vorgenommen werden. Perisph. Frickensis') Moesch aus den Birmensdorfer Schichten unter- 1) Ammoniten des schwäbischen Jura. II. pag. 784. tab. 88. fig. 21. 2) Ebenda. tab. 88. fig. 25. 3) Ebenda. tab. 88. fig. 22. 4) Beschreibung des Aargauer Jura. pag. 292. tab. I. Fig. 2. 17 280 Dr. Alexander Tornquist. scheidet sich von unserer Form durch unregelmässige Berippung und engeren Nabel. Eine nähere Beziehung zu einem Ammoniten aus dem indischen Jura besteht nicht. .Perisph. indogermanus Waag. steht allerdings dieser Formenreihe nicht allzu fern; derselbe schliesst sich aber mit der gröberen und gradlinig verlaufenden Berippung auf den älteren Windungen, der regelmässigen Theilung der Rippen in zwei oder drei Secundärrippen besser an die Gruppe des Perisph. biplex an, als an diejenige des Perisph. annularis. Die Formenreihe des Perisphinctes annularis und amnulosus liegt in den schwäbischen Lambertischichten. Man wird bei dem vorliegenden Ammoniten an den Ammo- nites anmularıs erinnert, den Fraas von dem Missionar Krapf er- hielt und im Jahre 1859 (s. o.) beschrieb. Es ist möglich, dass der Ammonit von Kisaludini zur nämlichen Species gehört, wenn auch die verschiedene petrographische Ausbildung der Schichten, in welchen jener gefunden wurde, den gleichen Horizont für beide fraglich macht. 7. Perisphinctes sparsiplicatus Waag. Perisph. sparsiplicatus Waagen. Jurassic fauna of Kutch. pag.- 204. Tab. XLIX, Fig. 2. Ein Stück, welches leider nur die Embryonalwindungen eines Perisphineten bis zu einem Durchmesser von 8,5 mm zeigt, verdient immerhin Beachtung. Die Windungen sind kreisrund, wenig um- fassend; der Nabel weit, Nabelfläche nicht vorhanden. Die spärliche Berippung, die genau radiale Stellung der einzelnen Rippen und die regelmässige Zweitheilung derselben etwas unterhalb der Windungs- mitte, trennt diese Form von der eben beschriebenen. Dieselbe zeigt dadurch eine deutliche Annäherung zu einer Reihe echter Malm- formen. Perisphinctes biplex Sow. erinnert im Alter wohl an unsere Form; die jüngeren Windungen tragen aber engere und geneigte Rippen. Perisphinctes Arduennensis d’Orb. ist auf den Embryonal- windungen enger berippt. Der äusseren Gestalt nach stehen ihr eine Anzahl Formen aus dem obersten Malm Russland’s nahe, besonders Perisph. Pavlovi und Tschernyschove. Wenn auch eine ganz sichere Bestimmung an dem jugendlichen Exemplar nicht zu machen ist, so ist doch die Uebereinstimmung mit Perisph. sparsiplicatus Waag. von Gudjinsir vollkommen; und der ausdrückliche Hinweis von Waagen, dass diese Form in allen Alters- zuständen in ihrer Gestalt vollkommen gleich bleibt, macht die Identität mit dieser Species noch um vieles wahrscheinlicher. Perisphinctes sparsiplicatus liegt in den tiefsten Schichten der Katrol-group unmittelbar über dem Dhosa-Oolith. 15 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 281 Nautilidae. 8. Nautilus wandaensis Waag. N. wandaensis Waagen. Jurassic fauna of Kutch. pag. 17. Tab. IV, Fig. 3. Ein Nautilus, welcher durch Abrollung im Wasser stark gelitten hat, zeigt seine ursprüngliche Gestalt nur unvollkommen. Der Durchmesser mag 125 mm betragen haben; die Dicke der Mündung dürfte nicht unter 80 mm geblieben sein. Erkennbar sind zwei die Externseite begrenzende Kanten. Die Seitenflächen sind glatt, der Nabel ziemlich weit, so dass ich diese Form zu Nautilus wandaensis Waag. stellen zu können glaube. Brachiopoda. 9. Rhynchonella aequatorialis nov. sp. Tab. II, Fig. 7. Es liegt mir nur ein Exemplar dieser Form vor, welches beim Präpariren aus dem Nabel eines Ammoniten sprang. Wie die Ab- bildung zeigt, ist ein winziges Stückchen des Wirbels abgesprungen. Ichynchonella aequatorialis ist eine kleine, flache Form mit breiten flügelförmigen Seitentheilen. Der Sinus ist nur wenig in die kleine Klappe eingesenkt. Ein Wulst ist nicht vorhanden. Auch ist der Wirbel nur wenig gewölbt und fast garnicht gebogen. Er ist klein und ragt nur sehr wenig über die kleine Klappe hinaus. Der Winkel der Schalenränder am Wirbel ist sehr stumpf. Eine Areole ist nicht vorhanden. Auch die kleine Klappe ist flach und fällt nur wenig zum Wirbel hinab. Die Rippen nehmen ihren Ursprung am Wirbel, sie dichotomiren nirgends. Auf beiden Klappen zählte ich 17 Rippen, von denen 3, beziehungsweise 4 in den Bereich des Sinus fallen. Sie endigen an der Stirn der Schale als scharfe Erhöhungen. Rehynchonella aequatorialis gehört zur Gruppe der costatae in die Formenreihe der Rhynchonella concinna Sow. Von gewissen Formen aus der Verwandschaft der Rhynchonella plicatissima Quenst., welche der Form nach mit ihr Aehnlichkeit haben, trennt sie der äusserst kleine Wirbel, das Fehlen eines Wulstes auf der kleinen Klappe und die flache Ausbildung der beiderseitigen Wirbelparthien. Von KRhynchonella Fürstenbergensis (Juenst., einer gleichfalls oft flachen Form mit leichtem Sinus kann sie leicht durch den ungetheilten Verlauf der Rippen und durch die Form des Wirbels getrennt werden. 19 19 Horizont- | Bestimmung. 389 Dr. Alexander Tornquist. Die nächste Verwandtschaft zeigt Rhynchonella aequatorialis dagegen mit Irhynchonella aenigma d’Orb. ') Iehynchonella aenigma wurde von d’Orbigny und Steinmann aus dem chilenischen Jura (Dogger?) beschrieben; sie stimmt in allen wesentlichen Merkmalen, wie in der Gestalt der Wirbel, in der Art der Rippenbildung, in der flachen, ungewölbten Form und der Aus- bildung des Sinus mit der afrikanischen Form überein. Dies gilt aber nicht von den von Forbes’) ebenfalls zu dieser Art gestellten Formen; diese würden sich von Zhynchonella aequatorialis noch weiter entfernen, als von der d’Orbigny’schen Art. Gegen die Identificirung der afrikanischen Rhynchonella mit der Arhynchonella aenigma spricht aber die sehr breite Form des Brachiopoden und der viel stumpfere Winkel am Wirbel, ausserdem der noch kleinere Wirbel bei dieser Form. Belemnitidae. Einige Fragmente von Belemniten sind zur näheren Be- stimmung ungenügend. Schlussfolgerungen. Aus der aufgeführten Ammonitenfauna geht das Alter der Schichten von Mtaru mit Sicherheit hervor. Macrocephalites olcostephanoides, — panganensis und — Stuhlmanni sind nahe verwandt mit Formen, welche im indischen ‚Jura im Dhosa- Oolith liegen. Die regelmässig grobe Berippung und die zum Radius geneigte Anordnung der Lobenlinie sind vor allem Eigenthümlichkeiten, welche die indischen Oxford-Macrocephalen von den Kelloway-Macro- cephalen unterscheiden; diese sind bei den afrikanischen Formen in gleicher Weise zu erkennen. ') Voyage dans l’Amerique meridionale tome III. 4e. partie pag. 62, tab. 22. Fig. 10—13. Steinmann: Neues Jahrb. für Min. etc. B. B. I. pag. 253, tab. XIV, fig. 6, 9, Darwin, Geol. observations South Am. tab. 5, fig. 10—12; Gottsche benannte die Art neu als Rh. Andium. Palaeontogr. Suppl. III, pag. 34, tab, IV, fig. 4—7. ”— nn 20 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 283 Perisphinctes migrans und — mtaruensis gehören in die Gruppen des Perisphinetes convolutus und P. indo- germanus, deren Vertreter im Ornatenthon und vorzüglich im unteren Oxford Mitteleuropas liegen. Der Dhosa-Oolith entspricht nach den Untersuchungen von Waagen ebenfalls dem unteren Oxford. Oxfordschichten sind nun aber von Fraas und Nötling ') auch aus Syrien vom Hermon beschrieben. Nötling konnte an der Hand von zahlreichen Fossilien zwei Oxfordhorizonte unterscheiden und auf europäische Horizonte beziehen. Er ging sogar so weit, ein von Waagen am Fringeli aufgenommenes Profil direct mit einem solchen bei Medschdel esch Schems zu vergleichen. Lent und Steinmann kamen auch noch kürzlich auf die weitgehende faunistische Ueber- einstimmung jener Ablagerungen mit den Renggerithonen in der „facies frane-comtois“ zurück. Der Hermon liegt nahezu in der Mitte zwischen Deutsch-Ostafrika und der Westschweiz; trotzdem ist eine grössere Uebereinstimmung der Fauna von Mtaru mit der syrischen als mit der mitteleuropäischen nicht zu constatiren. Wohl finden sich auch am Hermon convolute Perisphincten, aber keine naheverwandte oder idente Species. Einerseits ist man vielleicht berechtigt, diese auf- fällige Thatsache auf die fragmentäre Kenntniss des afrikanischen Oxfords zurückzuführen, und thut gut, ein endgültiges Resultat erst von grösserem Material zu erwarten; andrerseits kann man aber schon jetzt aufs bestimmteste Unterschiede zwischen beiden Faunen erkennen, welche wohl vor Allem auf verschiedene Provinz- Entwicklung hinweisen. Neumayr sprach dem Jura vom Hermon schon vor der ein- gehenden Bearbeitung durch Nötling einen mitteleuropäischen Charakter zu. Zu Ungunsten seiner Theorie von den klimatischen Zonengürteln während der Jurazeit °) hat er diesem Vorkommen gewisse Concessionen machen müssen. Neumayr spricht von einem zungenförmigen Eingreifen - der mitteleuropäischen Juraentwicklung in die aequa- toriale Zone. Die von Madagascar beschriebenen Jurafossilien sind, wie Neumayr*) ausführte, wenig zuverlässig bestimmt und müssen daher ') Nötling, F. Der Jura am Hermon. Stuttgart 1837. ?) Die Renggerithone im badischen Oberland. Mittheilungen d. Grossh. Bad. geol. Landesanstalt. II. Band. XVI. 3) Denkschrift. der K. Akadem. d. Wissensch. Wien 1883. *) Neues Jahrbuch f. Mineralogie ete. 1890. IL, pag. 1 ff. 21 19% Provinz- Entwicklung. 984 Dr. Alexander Tornquist. En bei der Betrachtung der oberjurassischen Schichten jener Gegenden vorläufig ausser Acht gelassen werden. Im Jura von Mombassa sind Kimmeridge und Tithon ent- wickelt — ersterer als Acanthicuszone; der Charakter beider wird von Neumayr für mediterran erklärt. Von Beyrich sowie von Neumayr wird auf die grosse Aehnlichkeit mit der Fauna der Katrol-Schichten von Cutch hingewiesen. Neumayr unterscheidet aber die Jura- entwicklung von Mombassa als äthiopische Provinz von der südindischen Provinz. Führt nun die Untersuchung des Jura von Mtaru zur näm- lichen Annahme, oder weist seine Fauna auf andere Verhältnisse im Jurameere zur Oxfordzeit hin ? Der grossen Uebereinstimmung des Juras von Mtaru mit dem indischen Jura wurde bereits wiederholt gedacht. Ausser dem Nautilus wandaensis und dem Perisphinctes sparsiplicatus zeichnet vor Allem die mannigfaltige Entwicklung der Macrocephalen beide Vorkommnisse in gleicher Weise aus. Gleichwohl, ob man beide nun noch als verschiedene Provinzen, wie aethiopische und südindische unterscheiden will, die Fauna zeigt, im Verein mit den Mombassafunden, dass während der ganzen Malmperiode vom Indus bis über den Aequator hinaus offene Meeresverbindung bestand. Das sogenannte indische Jurameer dürfte eine bedeutende Erstreckung nach Süden besessen haben, während ein Theil von Indien und die Indusmündung selbst nur ein integrirender Bestandtheil dieses Meeres gewesen sein würden. Nach Westen dürfte sich dieses Meer — wenigstens zwischen 35° nördl. Breite und 35° südl. Breite — nicht viel weiter erstreckt haben. Die Funde am Hermon zeigen nur geringe Anklänge an die Cutchfauna. Eine einzige Form, das Harpoceras Kersteni aus dem unteren syrischen Jura, welches zu dem indischen Harpoceras Kobelli Opp. in Beziehung steht, kann hierbei kaum in Betracht kommen. Die Macrocephalen der indo-ostafrikanischen Provinz fehlen am Hermon gänzlich. Man wird demnach auch nicht geneigt sein, eine directe Meeresverbindung von Mtaru nach Mitteleuropa zur Oxfordzeit annehmen zu wollen. Die Verwandtschaft der beiderseitigen Peri- sphincten liesse sich dann entweder so erklären, dass eine Meeres- verbindung zur Oxfordzeit über Indien nach Westen gesucht würde, wogegen aber die geringe Verwandtschaft jener Perisphineten mit den im indischen Jura gefundenen spricht oder so, dass zur Kelloway- Zeit eine Vermischung der Lebewesen durch grössere Transgression 22 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 285 stattfand, welche der Fauna bis in den Oxford hinein einen gemein- samen Habitus aufprägte. Es ist dies eine Anschauung, zu welcher auch bereits die Untersuchung anderer Jurafaunen geführt hat. ') So wie die Fauna von Mtaru vorliegt, muss ihr unbedingt ein mitteleuropäischer Charakter im Sinne von Neumayr und Uhlig zugeschrieben werden. Harpoceraten und Lytoceraten sind in der kritiklos aufgesammelten Suite nicht vertreten, dagegen sind Elemente vorhanden, welche deutlich auf mitteleuropäische Ausbildung hinweisen. Wie verhält sich dies Resultat zu demjenigen, welches sich aus der Fauna von Mombassa ergeben hat? Die Ammonitenfauna von Mombassa zeigt in erster Linie die grösste Uebereinstimmung mit den Katrolschichten von Cutch; ihre Deutung als mitteleuropäisch oder mediterran ist demnach in erster Linie von der Auffassung des Juras von Cutch abhängig. Allerdings scheint aus Beyrich’s Beschreibung der Mombassa-Fauna ein Fehlen ausschliesslich mitteleuropäischer Typen, welche im indischen Jura liegen, hervorzugehen, während das Vor- kommen des Phylloceras silesiacum Opp. auf eine mehr mediterrane Ausbildung schliessen lässt. Das gemeinsame Vorkommen dieses Ammoniten in Europa und in Ostafrika wird sich ohne sein Auf- treten auf dem Verbindungswege zwischen beiden Gebieten, also an der Indusmündung, aber wohl schwer denken lassen. Bei Mombassa kann also nur ein Vorherrschen gewisser sogenannter mediterraner Formen, ein Zurücktreten typisch mitteleuropäischer Formen erkannt werden. Dieser Unterschied der Faunen ist aber keineswegs so scharf wie derjenige zwischen den beiden Zonen in Europa, denn die übrigen Ammoniten, welche in Mombassa vorkommen, kommen in gleicher Weise auch bei Cutch vor. Die Zusammensetzung der Fauna von Mombassa ist also weniger von der südlichen Lage des Gebietes abhängig, sondern trägt den Charakter des grossen Jurameeres, welches sich ungefähr vom 35. ° nördl. Breite bis weit über den Aequator hinaus erstreckte. Es ist eine müssige Frage, auf die Deutung des Juras von Cuteh als mitteleuropäisch oder mediterran, wie sie von Waagen beziehungsweise von Neumayr vorgenommen ist, näher einzugehen ; beachtungswerth ist hierüber die Ansicht, welche Uhlig vor Kurzem aussprach (a. a. O., pag. 115) „dass beide Gesichtspunkte ihre gewisse ‘) Neumayr, Uhlig. Ueber die von H. Abich im Kaukasus gesammelten Jura- fossilien. Denkschrift, d. math. naturw. Classe d.K. Akad. d. Wiss. Bd. LIX. Wien 1892. 23 286 Dr. Alexander Tornquist. Berechtigung haben“, dass aber den mediterranen Elementen eine aus- schlaggebende Bedeutung zukäme, welche den mitteleuropäischen Elementen nicht zuzusprechen sei. Diese Frage verliert auch sofort an Bedeutung, wenn wir den strengen Standpunkt Neumayr’s verlassen und die Vergesell- schaftung der Juraammoniten der Hauptsache nach nicht dem Einfluss paralleler Klimazonen zuschreiben, sondern als Ursache die Bildung von Provinzen, d. h. von mehr oder weniger getrennten Meeresbecken an- nehmen, welche gegenseitig in verschiedener Weise sowie in bestimmten Horizonten in grösserer oder geringerer Ausdehnung in Verbindung treten und die Vertheilung der Organismen nach den klimatischen Verhältnissen immer erst in die zweite Linie setzen, d. h. in jedem dieser Meere, welche eine grössere nordsüdliche Erstreckung besassen, eine durch Klima-Einflüsse erfolgte Gruppirung der Organismen für sich annehmen. Dann würde auch den Ausdrücken mediterran und mitteleuropäisch die richtige Bedeutung gegeben, die Bedeutung von Lokalbenennungen. Dass in der That für eine nach klimatischen Einflüssen sich richtende Lebensweise der Juraammoniten in den Fossilfunden Anzeichen vorliegen, wird Niemand bestreiten wollen. Um so unbegreiflicher ist die Hypothese Walther’s!), welcher die kosmopolitische Verbreitung von Ammoniten nicht der ausgiebigen Fortbewegungsfähigkeit jener Thiere, sondern der durch Strömungen bewirkten Fortführung der abgestorbenen Gehäuse zuschreiben will. (serade dann dürfte man eine solche Vertheilung nach Klimazonen nicht erwarten. Man scheint auch in der Auffassung des ostafrikanischen Juras der Wirklichkeit am nächsten zu kommen, wenn man als Folge von all- semeineren Transgressionen, wie sie oben für das Kelloway, als eine Zeit, zu welcher eine grössere Verbindung mit Mitteleuropa bestand, angenommen wurde, für verschiedene Jurahorizonte desselben Gebietes ein verschiedenes Vorherrschen des einer aequatorialen Zone bez. des einer gemässigten Zone entsprechenden Faunencharakters annimmt. Hieraus würde das Verhältniss des ostafrikanischen Oxfords mit einer generelleren Fauna zu dem von Mombassa verständlich. Es ist dies ein Analogon zu der von Uhlig zuerst am Kaukasus bestimmt formulirten Erscheinung, welche auch anderwärts erkannt werden dürfte, „dass der Kelloway vermöge der grossen in diese Periode fallenden Meerestransgression natürlich eine viel wuniversellere Fauna zeigt“. Y!) Bionomie des Meeres. 1893, Band II. 24 Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. 287 Der faunistischen Verwandschaft in Bezug auf gewisse Ammoniten zwischen Ostafrika und Mitteleuropa steht aber die Eingangs bereits beschriebene Faciesausbildung der Schichten von Mtaru zur Seite. Dieselbe erinnert an das „terrain a chailles“. Das typische „terrain & chailles“ ist die Ausbildung, welche die Zone des Peltoceras transversarium und Cardioceras cordatum in der Nordschweiz und im Badischen Oberland aufweist — Kalkconcre- tionen, welche vorwiegend fossilreich sind, in Mergelablagerungen. In der Nordschweiz sind die oberen Oxfordmergel so entwickelt (wenn man nach dem Vorgang von Greppin, Rollier u. A. den Oxford- kalk als Rauracien vom Oxford. sens. str. abtrennt). In Schwaben ist aber der untere Oxford, die Zone des Cardioceras Lamberti ähnlich entwickelt. Das „terrain & chailles“ ist also eine dem Oxford oft eigenthümliche Facies. Aehnliche Bildungen sind allerdings auch in anderen Formationen verbreitet, meist dort wo Kalkbildungen über Mergelschichten einsetzen. Immerhin ist diese Erscheinung in Mtaru erwähnenswerth; scheint es doch fast, als läge eine Wiederholung der Thatsache vor, welche im Jura der verschiedensten Gebiete bekannt wurde, welche aber immer wieder gleich erstaunlich ist, dass nämlich selbst auf grosse Entfernungen mit der faunistischen Ueberein- stimmung der verschiedenen Juraetagen auch eime lithologische Hand in Hand gehen kann. Ich habe es nicht gewagt, eine nähere stratigraphische Ein- reihung der Mtaruschichten in die oberen oder unteren Oxfordmergel vorzunehmen; Forschungen an Ort und Stelle werden jedenfalls noch manch’ anderes wichtiges Resultat aus diesem entlegenen Gebiet unseres Deutschen Besitzes ergeben. Mögen dieselben bald erfolgen. 25 Facies. 288 Tafel-Erklärung. Tafel-Erklärung. Tab. I, Fig. 1—3: Macrocephalites olcostephanoides nov. sp. _ Fig. 4—6: — horologium nov. sp. Tab. IE E= panganensis nov. sp. Tab. III, Fig. 1—3: Perisphinetes mtaruensis nov. sp. — Fig. 4—5: Maecrocephalites Stuhlmanni nov. sp. — Fig. 6 : Perisphinetes migrans nov. sp. — Fig. 7 : Rhynehonella aequatorialis nov. sp. Sämmtliche Stücke stammen aus dem Oxford von Mtaru. Sämmtliche Abbildungen sind in natürlicher Grösse ausgeführt; nur Tab. H, Fig. 1 wurde des Raumes wegen auf 19/20 reducirt. Die Originale befinden sich im Naturhistorischen Museum zu Hamburg. 26 Ta Strassburger Druckerei vorm R.Schullz & C* Tornquist, Oxford von Mtaru Jahrbuch d. Hamburg.wissensch Anstalten.X x AIR ZUMYDG Y LzOA room] abs 3 Kusjfe]suy y9susassim dmqurey pumnqayer wtpwrop 18180 7 ITJeL nıejy uoApaoJxg Isınbuxo], [= em > De] ES De = = - . es ‚ . . . . u) \ zu 5 " j = . 5 — . . . i = f D Ss . u = “ u . . D 5 u B . . . ur ö AR ü ö . u B En . ö . 5 u u I m R . Pi . u j . . T da B3 N . ui BEE Ze u . . 2 . = u . ° u IM = u “ . \ „ 2: a8 Taf£l Tornquist, Oxford von Mtaru ®:% Jahrbuch d. Hamburg wissensch AnstaltenX. 2 Strassburger Druckerei vorm R.Schüllz &( Hamburg während der Pestjahre 1712 — 1714. Von Prof. Dr. Adolf Wohlwill. . u i ku ® w in . ” Ka 0 H f 14 t i wire wer 5 4 53 57 4 5 f x e D ). u j = & a € s ® a j + 1 % 2% i u D j . Dr Ve Er Burn w ; 1 - . . Eu N j D . . ‘ . [ x fi [3 £ B l = R . . A — ü w = = N u { r i \ a 1 I er En u ü x Vorwort. Die vorliegende Arbeit behandelt ein Thema, das in knapperer Form in einem der Einleitungscapitel des seit vielen Jahren von mir vorbereiteten Werks über die neuere Geschichte Hamburgs erörtert werden sollte. Der Entschluss, die Pestjahre 1712—1714 zum Gegenstand einer eingehenderen Betrachtung und besonderen Veröffentlichung zu machen, ist den Tagen der vorjährigen Cholera- epidemie entsprungen. Leider gelangte die Arbeit nicht so schnell zum Abschluss, wie ich ursprünglich gehofft hatte, da ich bei meinen Forschungen alsbald zu der Erkenntniss gelangte, dass ein völlig getreues Bild der zu schildernden Verhältnisse sich nicht ohne Benutzung auswärtigen Materials entwerfen lasse. Ich hoffe indessen, dass, auch nachdem Hamburgs jüngste Leidensperiode der Geschichte anheimgefallen, die Erzählung von Hamburgs traurigen Schicksalen im Anfang des 18. Jahrhunderts das Interesse weiterer Kreise zu erwecken vermag. Vorarbeiten von Werth lagen mir nur in einem Abschnitt von Gernet’s Mittheilungen aus der älteren Medicinalgeschichte Hamburgs (S. 273—284) und in einer umfangreichen Anmerkung von Gaedechens (Hamburgs Münzen und Medaillen 2. Abth. S. 26 ff.) vor. Was die gedruckten und ungedruckten Chroniken bieten, erwies sich bei genauerer Prüfung als unzureichend. Ich war daher durchweg genöthigt, auf die urkundlichen Quellen zurückzugehen. In Hamburg selbst fand ich für meine Studien folgende Hülfsmittel: 1) Acten und sonstige Schriftstücke, die im Hamburgischen Staats- archiv aufbewahrt werden (eitirt: Hamb. A.). Leider sind die Acten über die Pestepidemie selbst nur sehr fragmentarisch erhalten. 2) Acten und Protocolle der Commerzdeputation (eitirt: Comm. A.), 3) die Kämmereirechnungen von 1712—1714, 4) die handschriftlichen Recesse der Rath- und Bürgerschafts- sitzungen (eitirt: R. u. B.-R.). 3 Dazu kam 5) das Conceptenbuch des Bergedorfer Amtsverwalters von 1711 bis 1713 aus dem Bergedorfer Amtsarchiv. Ferner stellten mir die folgenden auswärtigen Archive ihr einschlägiges Material zur Verfügung: 1) u. 2) die Staatsarchive in Bremen und Lübeck (eitirt: Brem. A. und Lüb. A.), 3) das Altonaer Stadtarchiv (Alt. A.), 4) das Königl. Geh. Staatsarchiv in Berlin (Berl. A.), 5) u. 6) die Königl. Staatsarchive in Hannover und Schleswig (Hann. A. und Schlesw. A.), 7) das Hauptstaatsarchiv in Dresden (Dresd. A.), 8) das grossherzogl. Haus- und Öentralarchiv in Oldenburg (Old. A.), 9) das Reichsarchiv in Kopenhagen (Kophg. A.). Ausserdem konnte ich meine für andere Zwecke ver- anstalteten Excerpte aus dem k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien (Wien. A.), sowie aus dem herzogl. Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel (Wolfb. A.) zum Theil auch für die vorliegende Arbeit verwerthen. Bei der Fülle des benutzten Materials war es undurch- führbar, in jedem einzelnen Falle die verwertheten Actenstücke gesondert zu bezeichnen. Dagegen empfahl es sich, das im Text nur kurz Angedeutete häufiger durch Mittheilung characteristischer Auszüge aus zeitgenössischen Urkunden und Berichten in den An- merkungen zu ergänzen. Es sei schliesslich noch bemerkt, dass bei dem Abdruck von Citaten aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts zwar meist die alterthümlichen Wortformen, doch nur ausnahmsweise die Ortho- graphie beibehalten worden. Hamburg, den 1. September 1893. A.W. Inhaltsverzeichniss. Einleitung ei eltern una de far eat urn Wrede Rad far ar ar caatrd Ola hela ee, ar are Hamburgs Differenzen mit dem Kaiser, Graf Schönborn und der Hauptrecess, S. 296 f. I. Hamburgs Bedrängnisse während der nordischen Kriegs- ne RN Hamburgs Beziehungen zu Dänemark, 8.295 ff. Dänische Be- schwerden und Drohungen seit Juli 1712, 8. 301 ff. Graf Schönborns Eintreten für Hamburg, S.303f. Preussens Hülfsbereitschaft, S. 304 f. Das Einrücken der Dänen ins hamburgische Gebiet im October 1712, S. 308. Der Vergleich von Altona vom 15. November 1712, S. 510. Unwille des Wiener Hofs und der Schweden über Hamburgs Nachgiebigkeit gegen Dänemark, S. 311 ff. Feldmarschall Stenbock in Hamburg am S. Januar 1713, 8. 313 f. Hamburgs Verhalten beim Brande Altonas, S. 314f. (Vgl. auch S. 344.) Peter der Grosse in Hamburg v. 14.—16. Januar 1713, 8. 3151. Frühere Beschwerden Peter des Grossen über die angeblich russen- feindliche Haltung der Hamburger, insbesondere der hamburgischen Presse, 8. 316—318. Erneute Veranlassungen zu russischen Beschwerden im Januar und März 1713, 8. 318—320. Menschikows Satisfactions- forderung vom 3. Juni und die Rechtfertigungsschrift des Raths vom S. Juni, $S. 320-322. Die Gelderpressungen Menschikows und des sächsischen Feldmarschalls Flemming, $. 322—326. Der Wandsbecker Vertrag vom 15. Juni 1713, 8.326. Verspätetes Eintreffen des kaiser- lichen Proteetorium speciale für Hamburg, S. 327f. II. Hamburg unter dem Einfluss der letzten nord- europäischen Besiepidemie.... . ....... 2 un: 200 wat Verbreitung der Epidemie von Polen aus in verschiedenen Richtungen. Die Pest in Holstein seit Ende 1711, auf dem linken Elbufer seit dem Sommer 1712, 8.329. HamburgischeVorsichtsmassregeln gegen Einschleppung der Pest seit Anfang 1705, 5.330 ff. Gründung eines Sanitäts-Collegiums 1710, 8.332. Reglement für die Pestärzte vom 1. Februar 1711, 8.333 f. Verfrühte Gerüchte über den Ausbruch der Pest in Hamburg 1711 u. 1712, S. 335. Massregeln gegen die Einschleppung der Pest aus Holstein, durch die dänische Regierung erschwert, S. 336— 838. Die Pest in Hamburg vom Herbst 1712 bis Januar 1713, 8. 355 fl. Sociale Missstände als Hülfsursachen der Pest, S. 339 f. Erscheinungs- formen der Krankheit, S. 340. Verschiedene Methoden, die Kranken zu isoliren, S. 341. Pestlazaretı und Quarantainehaus seit Ende De- cember 1712, S. 348. Zweifelhafter Gesundheitszustand in Hamburg vom März bis Juli 1713. Hitzige Fieber und Fleckfieber mit verdächtigen Symptomen, Die Berichte der Harburger Beamten, S. 345— 348. B) Seite 295—298 298— 329 Heftiger Ausbruch der Pest im August 1713, 8. 349. Mass- regeln zur Bekämpfung der Pest, S. 351 f. Die Angestellten des Sanitätscollegiums, 8. 355— 355. Massregeln zur Milderung des Noth- standes (Armenärzte, Unterstützung der Hülfsbedürftigen, Versorgung mit Feuerungsmaterial ete.), 8.355f. Wöchentliche Veröffentlichungen der Todesfälle und ihrer Ursachen, S. 357. Die dänische Postirung auf hamburgischem Gebiet seit dem 26. August 1713, S. 359 ff. Friedrich Wilhelms I. Eintreten für Hamburg, S. 361. Verproviantirung Hamburgs während der Absperrung, S. 364. Hemmung des hamburgischen Handels, S. 366. Projecte, wie der hamburgische Handel auch während der Pestzeit aufrecht zu erhalten sei, 8. 367 ff. Bemühungen des preussischen Residenten Burchard im Interesse des hamburgischen Handels, S. 369f. Der Entwurf vom 1. September, 8. 371—375. Die Kundgebungen der Regierungen von Preussen, Meklenburg-Schwerin, Anhalt-Dessau, Dänemark und Han- nover über diesen Entwurf, S. 375—8S0. Hannoversche Vorschriften für den Marktverkehr auf dem Grasbrook, 8.350 f. Die hannoversche Forderung, dass nicht nur die Vierlande, sondern auch Billwerder und Ochsenwerder von Hamburg abgeschnitten würden, 8.351— 354. Preussen untersagt im November 1713 den Schiffahrtsverkehr mit Hamburg. Weisung Friedrich Wilhelms I. an das preussische Sanitätscollegium vom 28. Deebr. 1713, 8. 356. Vergebliche Bemühungen des kaiser- lichen Residenten, das hamburgische Handelsinteresse zu fördern, S. 387. Der hamburgische Verkehr mit Holland und England auch während der Pestzeit nicht völlig unterbrochen, S. 357 f. Abnahme der Epidemie gegen Ende des Jahres 1713, 8. 390. Das Erlöschen der Epidemie im Anfang des Jahres 1714, S. 391. Dankfest vom 22. März 1714, 8. 393. Allmähliche Wiederherstellung des freien Handelsverkehrs, 8. 394f. Gerüchte über den Wieder- ausbruch der Pest in Hamburg 1715, 8. 395 —597. Sehlussbetrachtungen a3. .l.. 2. 22. Confliete Hamburgs mit Dänemark und mit dem Kaiser nach Ablauf der Pestzeit, S. 597 —400. Culturfördernde Bestrebungen Hamburgs nach und während der Pestzeit. Commerzielles: die Transitoordnung, der Handelsvertrag mit Frankreich, die Einsetzung einer Elbdeputation, S. 401. Das geistige Leben: das Jubiläum des akademischen Gymnasiums am 24. August 1713 (Joh. Albert Fabricius), das Johanneum (Joh. Hübner), die litte- rarischen Bestrebungen in Hamburg, 8. 402ff. Garlieb Sillem als Vertreter des bürgerlichen Gemeinsinns in Hamburg, S. 404 f. Seite 397 — 406 Unendlich oft ist Hamburg in Prosa und Versen als vor vielen anderen Städten des deutschen Vaterlandes reich gesegnet gepriesen worden. Indessen wird es keinem, der sich mit der ham- burgischen Geschichte einigermassen vertraut gemacht hat, entgangen sein, dass Glück und Gedeihen dieser Stadt nie mühelos in den Schoss gefallen, sondern vielmehr nur die Frucht der Arbeit und mehrfach das Ergebniss äusserster Kraftanstrengung waren, durch die sich Hamburg nach Zeiten schweren Drangsals und Leids wieder emporzuringen suchte. Als solche Unglückszeiten, nach deren Ab- lauf sich die Hamburger zu verstärkter, der engeren Heimat wie dem gesammten Vaterland heilbringender Regsamkeit aufrafften, leben insbesondere die Periode der Franzosenherrschaft und die Tage des grossen Brandes in der Erinnerung fort. Minder in ihren Einzel- heiten bekannt sind die Leiden und Schrecknisse, die Hamburg in den Jahren 1712—1714 durchgemacht hat, und denen ebenfalls eine erfreulichere Entwicklung des hamburgischen Gemeinwesens gefolgt ist. Eine genauere Schilderung dieser letzterwähnten Prüfungsjahre soll im Folgenden versucht werden. Selten ist Hamburg gleichzeitig von so verschiedenartigem Missgeschick heimgesucht worden, wie in der bezeichneten Periode. Tröstlich war dabei nur der eine Umstand, dass das Unheil aus- schliesslich von aussen kam. Auch in dieser Zeit freilich äusserte die Bürgerschaft hin und wieder dem Rath gegenüber grösseres Miss- trauen, als dem Gemeinwohl zuträglich war. Immerhin waren die politischen Parteigegensätze, die während des vorausgegangenen halben Jahrhunderts soviel Leidenschaft und Unfrieden in Hamburg her- vorgerufen hatten, im wesentlichen ausgeglichen, und die unter Mitwirkung der kaiserlichen - Commission (1708—1712) zu Stande gekommenen Grundgesetze schienen geeignet, der Erneuerung des früheren Haders vorzubeugen. Freilich sollten noch Jahre ver- gehen, ehe man der neubegründeten bürgerlichen Ordnung wahrhaft froh wurde, 296 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Die Verhandlungen der kaiserlichen Commission hatten mit einem Missklang geendet. Graf Damian Hugo von Schönborn), der im Anfang des Jahres 1708 nach Hamburg geschickt worden war, um die zuvor von den Fürsten des niedersächsischen Kreises zur Wieder- herstellung der Ruhe in Hamburg getroffenen Veranstaltungen im Namen des Kaisers zu leiten und zum Ziele zu führen, gehörte zu den Staatsmännern, denen es mit der Wahrung der kaiserlichen Autorität heiliger Ernst war. Diese wusste er ebenso gegenüber den Vertretern der niedersächsischen Fürsten, die an der kaiserlichen Commission theilnahmen, wie gegenüber den gelegentlich sich in das Ausgleichungswerk einmischenden Gesandten von England und Holland aufs nachdrücklichste zu wahren. Neben dem anerkennenswerthen Bemühen, zur Herbeiführung besserer politischer Zustände in Hamburg mitzuwirken, liess er es sich so sehr angelegen sein, das Ansehen und den Einfluss der Reichsregierung daselbst zu verstärken, dass später verlauten konnte, es sei im Werke, ihn mit der Würde eines kaiser- lichen Burggrafen oder Oberintendanten von Hamburg zu bekleiden. ?) Das ausserordentliche Aufsehen, das dies Gerücht erregte, zeugt von dem Misstrauen und der Eifersucht, die man namentlich im diplo- matischen Kreisen wider ihn hegte. Doch auch den Hamburgern erwies er sich durch sein anspruchsvolles und gebieterisches Auftreten oft unbequem. Namentlich während der letzten Zeiten der Commissions- verhandlungen war er mehrfach scharf mit ihnen zusammengerathen. Der Senat war sich in höherem Masse als die Bürgerschaft der Nothwendigkeit bewusst, dem Reichsoberhaupt pflichtschuldigen Respect zu erweisen; darin aber waren sich Rath und Bürgerschaft einig, dass man die Autonomie der Stadt dem Kaiser nicht zum Opfer bringen dürfe, und je entschiedener sie diesen Standpunkt vertraten, um so heftigeren Widerstand fanden sie bei Schönborn. Obwohl letzterer sich damit einverstanden erklärt hatte, dass bei den Berathungen und Feststellungen der Commission die früheren Recesse zu Grunde gelegt und nur, soweit es die allgemeine Wohlfahrt erforderte, modificirt würden, so beanspruchte er doch für die Commission das Recht, der Stadt unter Voraussetzung der kaiserlichen Sanction nach eigenem Dafürhalten Vorschriften zu ertheilen. Auch ') Die hier gegebene kurze Charakteristik des Verhaltens von Schönborn in Hamburg, die den einschlägigen Acten der Archive in Wien, Berlin, Wolfen- büttel, Kopenhagen und Hamburg entnommen ist, soll bei anderer Gelegenheit von mir weiter ausgeführt und begründet werden. 2) Sowohl im Anfang wie namentlich gegen Ende des Jahres 1713 tauchten solche Gerüchte auf und gaben zu lebhaften diplomatischen Erörterungen Anlass. $) Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 297 legte er Gewicht darauf, dass die zu Stande gebrachten gesetz- geberischen Arbeiten, soviel auch Rath und Bürger an ihnen theil- genommen, doch als Werk der Commission erschienen und kraft kaiserlicher Autorität Geltung erlangten. Hamburgischerseits hielt man dagegen daran fest, dass die für die Stadt bestimmten Gesetze nur insofern rechtskräftig seien, als sie auf dem Einvernehmen zwischen Rath und Bürgerschaft beruhten, und wollte man daher auch den Hauptrecess nur in der Gestalt gelten lassen, in der er von den genannten gesetzgebenden Factoren Mitte October 1712 ratifieirt worden war. Schönborn aber war ungehalten darüber, dass Rath und Bürgerschaft eine Reihe der ihnen von der Commission unterbreiteten Aenderungsvorschläge unberücksichtigt gelassen, und wünschte nicht nur den letzteren Anerkennung zu verschaffen, sondern drang auch darauf, dass verschiedene zur Ergänzung des Hauptrecesses bestimmte Reglements (insbesondere das von der Commission beliebte Militär- Reglement) Geltung erlangten, obwohl man ihnen diese in Hamburg aus formalen und sachlichen Gründen nicht zugestehen wollte. Zu einer Verständigung zwischen den beiderseitigen Anschauungen und Forde- rungen ist es niemals gekommen. Auf Schönborns Antrieb legte die Commission dem Wiener Hof den Hauptrecess in einer Gestalt zur Bestätigung vor, die von der zwischen Rath und Bürgerschaft verein- barten richt unerheblich abwich. Diese vom Kaiser bestätigte Aus- fertigung aber ist niemals von Rath und Bürgerschaft anerkannt und anderseits die von letzteren für gültig erachtete Fassung niemals vom Kaiser genehmigt und daher auch niemals publicirt worden. Auch ohne kaiserliche Sanction trat der Hauptrecess so, wie er von Rath und Bürgerschaft gutgeheissen war, in Kraft und bildete für lange Zeit die Grundlage des öffentlichen Rechts in Hamburg. Es ist für die Zustände des deutschen Reichs im 18. Jahrhundert ungemein be- zeichnend, dass diese Unbotmässigkeit der Stadt zwar am Wiener Hofe anfänglich sehr übel vermerkt und wiederholt aufs schärfste gerügt wurde, dann aber allmählich in Vergessenheit gerieth. Wenn somit auch Hamburg im Widerstreit mit dem Reichsoberhaupt schliesslich seinen Standpunkt behauptete, so war doch die angedeutete Differenz für das Ergehen der Stadt während der näher ins Auge zu fassenden Jahre 1712—1714 keineswegs bedeutungslos. Obschon der spanische Erbfolgekrieg seinem Ende entgegen- ging, wurden auch während der erwähnten Jahre den Ständen des Reichs nicht unerhebliche Leistungen zugemuthet, und je säumiger die Mehrzahl der Stände in der Erfüllung ihrer Reichspflichten war, um so grösser und dringlicher waren die Forderungen, welche an die 9 20 298 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. für wohlhabend geltenden und auf die Gunst des Kaisers besonders angewiesenen Reichsstädte ergingen. Auch an Hamburg wurden sehr bedeutende Ansprüche gestellt, obwohl es am Tage lag, dass die finanzielle Leistungskraft der Stadt, wie zuvor durch die bürgerlichen Unruhen, so seit 1708 durch die Kosten, welche die kaiserliche Commission verursacht hatte,'!) erheblich geschmälert worden war. Eine Herabsetzung der Forderungen aber war beim Wiener Hofe um so weniger zu erreichen, als Hamburg dort zufolge der Berichte Schönborns ausserordentlich schlecht angeschrieben war. Dass Hamburg — auch abgesehen von den Beiträgen für die Reichskriegsführung — durch den spanischen Erbfolgekrieg vielfach geschädigt wurde, kann an dieser Stelle nur angedeutet werden. In schlimmere und unmittelbarere Bedrängniss gerieth die Stadt, seit sich der nordische Krieg in die unterelbischen Gegenden gezogen hatte. Nach einander wurde Hamburg in den Jahren 1712 und 1713 von den politischen und militärischen Machthabern Däne- marks, Schwedens, Russlands und Sachsens bedroht, vergewaltigt und gebrandschatzt. Und zu allen diesen Anfechtungen kam noch die Plage der Pest hinzu, die Tausende von Menschenleben dahin- raffte und zugleich die wirthschaftliche Existenz der Stadt in Frage stellte. £ Die Leiden, von denen Hamburg seit dem Jahre 1712 zu- folge des nordischen Krieges betroffen wurde, sowie die Prüfungen, welche die Pestepidemie der Stadt gleichzeitig oder wenig später auferlegte, sollen in der folgenden Darstellung vorzugsweise ver- anschaulicht werden. I. Hamburgs Bedrängnisse während der nordischen Kriegswirren 1712—1713. Um die missliche Lage Hamburgs während der Kriegsjahre 1712—1715 zu vergegenwärtigen, erscheint es angemessen, zunächst an das damalige Verhältniss der Stadt zu Dänemark zu erinnern. Bekanntlich hatte die dänische Regierung im Anfang des 18. Jahr- hunderts ihren Ansprüchen auf Landeshoheit über Hamburg noch keineswegs entsagt. Allerdings lag ihr jener Zeit die Absicht fern, ') Obwohl das Commissionswerk im October 1712 thatsächlich endete, und am 20. December die letzten Kreistruppen Hamburg verliessen, betrugen die Kosten für die Zeit vom 1. März bis Ende 1712 nach den Kämmerei- rechnungen doch noch 237 645 #12 R. 10 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 299 diese Ansprüche thatsächlich zur Geltung zu bringen. Man wusste in Kopenhagen sehr gut, dass man zwar Hamburg ungestraft gar manches bieten konnte, dass aber ein Anschlag auf die Unabhängig- keit der Stadt beim Kaiser, beim niedersächsischen Kreis und selbst bei mehreren ausserdeutschen Mächten entschiedenen Widerstand gefunden hätte. Ebenso war die dänische Regierung darüber im Klaren, dass sie bei einem Gewaltstreich wider Hamburg in der Stadt selbst keine Unterstützung erwarten durfte. Bereits vor dem verunglückten Anschlag vom Jahre 1686 hatte ein dänischer Diplomat geklagt, den Vorwurf, für gut dänisch gehalten zu werden, scheue in Hamburg jedermann als ein Brandmal, auch sei „die libido, für eine freie Reichsstadt gehalten zu werden“, dort gar zu tief einge- wurzelt.) Weit weniger noch, als in den Tagen Snitgers und Jastrams, konnte nach der Beendigung der Unruhen in Hamburg von einer dänischen Partei die Rede sein. Doch gerade weil die Hamburger den Gedanken an eine dänische Oberherrschaft so sehr verabscheuten, waren sie bemüht, dem Kopenhagener Hof möglichst jeden Vorwand zu Gewaltsamkeiten zu nehmen und sich ihm deshalb, soweit es ohne Verzicht auf die politische Unabhängigkeit und andere wichtige Rechte und Interessen der Stadt thunlich war, fügsam zu zeigen. Diese aus der Lage Hamburgs leicht erklärliche Denk- und Handlungsweise suchte die dänische Regierung, wie schon früher mehrfach, so auch im Jahre 1712, für ihre Interessen auszubeuten. Wie in der Regel, wenn Dänemark einen Streich gegen Hamburg beabsichtigte, wurden eine Reihe von Beschwerden zusammengestellt. Einzelne solcher Beschwerden erinnerten an die bekannte Fabel von dem Wolf und dem Lamm. Doch lässt sich nicht leugnen, dass sie keineswegs durchweg aus der Luft gegriffen waren, sondern vielfach unverkennbare Benachtheiligungen von Einwohnern Holsteins, insbe- sondere von Altonaern, zur Sprache brachten. Konnte auch Ham- burg den dänisch-holsteinischen Reclamationen gegenüber sich meist auf seine Privilegien und von Alters her bestehenden Einrichtungen be- rufen, so war es immerhin dem König von Dänemark nicht zu verdenken, dass er sich der Interessen seiner Unterthanen annahm, wie ja auch der Berliner Hof in nicht minder nachdrucksvoller Weise zu Gunsten der preussischen Unterthanen der Stadt Hamburg gegenüber einzu- treten pflegte. Darin aber wich das Verhalten der dänischen Regierung von dem der preussischen ab, dass sie gelegentlich auf Gewaltacte 1) Aus einem Bericht des Residenten Lincker vom 11. Juli 1654 (Kophg. A.). 1l 20 * 300 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. gegen die Stadt sann, noch ehe sie ihre Beschwerden namhaft gemacht hatte, und dabei augenscheinlich nicht in erster Linie die Abstellung dieser Gravamina, sondern vielmehr anderweitige Zu- geständnisse, zumeist Geldbewilligungen, zu erlangen suchte. Ein sehr brauchbares Werkzeug für ihre Zwecke besass die dänische Regierung um das Jahr 1712 in Hamburg in ihrem Resi- denten Hans Staats von Hagedorn, dem Vater des bekannten deutschen Dichters Friedrich von Hagedorn. Ein ausserordentlich gewandter, findiger und dem dänischen Staatsinteresse durchaus ergebener Diplomat, war dieser schon seit geraumer Zeit bedacht gewesen, die ihm von verschiedenen Seiten zugetragenen Beschwerden gegen Hamburg gleichsam aufzustapeln, bis sich die Möglichkeit bot, sie vortheilhaft zu verwerthen.') Lange hatte er vergeblich nach einer günstigen Gelegenheit hierfür ausgespäht. Diese bot sich erst, als die Wechselfälle des nordischen Krieges ein ansehnliches dänisches Heer in die Nähe Hamburgs geführt hatten. Die Bemühungen des Kaisers, im Verein mit den Seemächten und verschiedenen deutschen Reichsfürsten den Boden des deutschen Reichs von den nordischen Kriegswirren frei zu erhalten, waren be- kanntlich fruchtlos geblieben; und so konnte denn auch König Friedrich IV. von Dänemark nicht verhindert werden, einen Eroberungs- zug gegen die im westfälischen Frieden an Schweden gelangten Fürstenthümer Bremen und Verden zu unternehmen. Die für diesen Zweck in Bewegung gesetzte dänische Militärmacht schien geeignet, auch Hamburg zu erdrücken. Zum mindesten lag die Versuchung nahe, unter Hinweis auf die an der Unterelbe versammelten dänischen Streitkräfte der Stadt einen Beitrag zu den Kriegskosten abzunöthigen und sie überhaupt unsanft daran zu erinnern, wie sehr sie von der Gnade und Ungnade des dänischen Hofes abhing.?) Bereits im Anfang des Jahres 1712 hatte Friedrich IV. zwei hamburgische nach Malaga bestimmte Schiffe, die durch Sturm und Unwetter nach Norwegen verschlagen waren, in Bergen festhalten lassen. Nachdem wiederholte Bemühungen, die Ursachen dieses feindlichen Vorgehens zu erfahren, fruchtlos gewesen und inzwischen noch drei weitere hamburgische Schiffe von den Dänen aufgebracht waren, entsandte der Rath Mitte Juli auf die Kunde, dass Friedrich IV. bei seiner in der Nähe von Itzehoe versammelten Armee erwartet ') Nach seinen Berichten im Kophg. A. ?) Das Folgende meist nach den einschlägigen Raths- und Bürgerschafts- protokollen, einzelnen Acten des Hamburger Staatsarchivs und den Berichten Hagedorns und der übrigen dänischen Bevollmächtigten im Kophg. A. 12 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 301 werde, zwei seiner Mitglieder dorthin. Die erwünschte Audienz beim König wurde den Rathsdeputirten jedoch nicht zu theil. Vielmehr empfingen sie von dem Generalkriegscommissar von Platen den un- erfreulichen Bescheid, die Stadt habe seit vielen Jahren die Lang- muth des Königs so sehr missbraucht, dass er sich endlich genöthigt gesehen, sich Recht zu verschaffen. Den dänischen Seeoffizieren sei deshalb Befehl gegeben, sämmtliche hamburgische Schiffe, deren man habhaft werden könne, aufzubringen. Auch deutete Platen an, dass noch weitere Feindseligkeiten gegen Hamburg bevorständen. „Seine Majestät wollten bei diesen so favorablen Conjuncturen die Occasion, ihre vollkommene Satisfaction zu nehmen, nicht aus Händen lassen.“ ') Worüber der König sich beklagte, und was er als Sühne begehrte, wurde den Rathsdeputirten erst angedeutet, als sie am 2. August in Dockenhuden zu einer Conferenz mit zwei königlichen Commissaren zugelassen worden. Man hielt ihnen vor, dass Unter- thanen des Königs sich über Justizverweigerung in Hamburg be- schwerten, dass die Altonaer Zünfte von den hamburgischen harte und unbillige Behandlung erführen, nicht minder, dass dänische Unterthanen durch ungehörige Zollforderungen und das von Hamburg beanspruchte Stapelrecht geschädigt seien. Auch daraus wurde der Stadt ein Vorwurf gemacht, dass dort, um die Einschleppung der Pest von Norden her zu verhüten, der Verkehr am Altonaer Thor und am Dammthor zeitweilig eingeschränkt worden war. ?) Die Dänen drehten die Sache so, als wolle Hamburg von den „contagiösen Zeitläufen“ Nutzen ziehen, um die Altonaer zu chicaniren. Der König — so erklärten die Commissare weiter — begehre zu seiner Satisfaction 4—500 000 Thlr. Diese Forderung wurde im Laufe der Unterredung auf 300 000 Thlr. ermässigt. Doch erfolgte zugleich die Drohung, dass, wenn die Stadt die verlangte Summe nicht zahle, sich der König an den hamburgischen Schiffen schadlos halten werde. Den Rathsdeputirten kann das Zeugniss nicht versagt werden, dass sie sich durch das anspruchsvolle Gebahren der dänischen Commissare nicht aus der Fassung bringen liessen, sondern die Würde der Stadt zu wahren wussten. Als beim Beginn der Conferenz von den Vertretern des dänischen Königs eine Vollmacht vorgelegt wurde, in der Hamburg dem damaligen dänischen Kanzlei- 1) Bericht von Syndicus Sillem und Rathsherrn Hans Jacob Faber vom 15. Juli 1712. 2) Vgl. Abschnitt I. 13 302 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. gebrauch gemäss „unsere erbunterthänige Stadt“ genannt war, hielten die Hamburger Deputirten es für ihre Pflicht, dieser Be- zeichnung zu widersprechen und die Rechte der Stadt vorzubehalten. !) Den gegen die hamburgische Justiz gerichteten Vörwurf lehnten sie mit den Worten ab: der Ratlı administrire die Justiz allen und jedem nach Recht und Gewissen, er schlösse davon auch die Unterthanen des dänischen Königs nicht aus; vielleicht könne kein Magistrat im Reiche sich mit mehr Fug rühmen, dass die von ihm gesprochenen Urtheile in der Appellations- und Revisionsinstanz fast sämmtlich bestätigt und nur zum kleinsten Theil umgestossen wären. Auch die übrigen Beschwerden wurden als ungerechtfertigt oder doch nicht hinreichend begründet zurückgewiesen. Bezüglich der geforderten Geldsumme blieb den Rathsdeputirten freilich nichts anderes übrig, als ihren Auftraggebern Bericht zu erstatten. Dem hamburgischen Rath musste das dänische Verlangen ebenso unbillig, wie unerfüllbar erscheinen. Immerhin galt es zu überlegen, ob man in der Hoffnung, dass die Dänen ihre Forderung noch weiter ermässigen würden, in Unterhandlungen eintreten und sich zu einem gewissen Geldopfer bereit erklären, oder ob man die Zumuthung kurzerhand abweisen sollte. Auch das Erstere war nicht ganz gefahrlos. Neutralität während der Kriege der grössern Staaten zu bewahren, hatte seit geraumer Zeit zu den Zielen der hamburgi- schen Politik gehört. Während der Reichskriege mit Frankreich konnte davon freilich ohne Verletzung der reichsständischen Pflichten nur in beschränktem Masse die Rede sein. Um so gerechtfertigter war das Streben der Hamburger, bezüglich des nordischen Kriegs, an dem das Reich als Gesammtheit keinen Antheil hatte, völlige Neutralität zu beobachten. Dies war bisher im wesentlichen gelungen. Vermochte Hamburg auch nicht zu verhindern, dass es abwechselnd von jeder der beiden kriegführenden Parteien der Begünstigung des (segners geziehen ward, so hatte man doch dem Rathe der Stadt bisher keine neutralitätswidrige Handlung nachweisen können. Als solche aber musste die Zahlung einer Geldsumme an Dänemark erscheinen, insofern dadurch einer der gegen Schweden verbündeten Mächte in augenfälligster Weise Vorschub geleistet wurde. Man ') Dem Bericht hierüber fügten Syndicus Sillem und Rathsherr Faber die Worte hinzu: „welche unsere Protestation und Reservation die königlichen Herren Commissarii auch an- und Ihro Köngl. Maj. davon zu referiren übernahmen“. Die dänischen Commissare bestritten dagegen, den hamburgischen Protest ad referendum angenommen zu haben. Ein Widerstreit der Auffassungen, der zu einer erneuten dänischen Genugthuungsforderung Anlass gab. 14 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 305 konnte sich daher kaum darüber wundern, dass dem Senat bereits am 6. August die Erklärung des schwedischen Gesandten Rothlieb zuging: wenn die Stadt den Dänen mit einer Geldzahlung unter die Arme greife, so werde der König von Schweden die gleiche Summe beanspruchen. Falls sich der hamburger Rath dem dänischen Ansinnen füge, so drohte der schwedische General-Gouverneur Vellingk einige Tage später, würden die Gothenburger Kaper auf die hamburgischen Schiffe, insbesondere auf die nach Archangel bestimmte Handelsflotte Jagd machen. Der Hamburger Rath glaubte jedoch den Drohungen Dänemarks grösseres Gewicht beilegen zu müssen, als den schwedischen. Dänemarks Kriegsmacht war in der Nachbarschaft der Stadt concentrirt, während Schweden auf dem Punkte stand, seine Machtstellung an der unteren Elbe einzubüssen. Auch war es immer noch wahrscheinlicher, dass Schweden grossmüthiges Verzeihen übte, als dass Dänemark von seinem Begehren ablies. Trotzdem wollte die Bürgerschaft im Gegensatz zum Rath zunächst nichts von Nachgiebigkeit gegen die Dänen wissen; sie forderte vielmehr den Rath auf, die dänischen Beschwerden durch eine möglichst gründliche Widerlegung zu beant- worten und zugleich den Kaiser und andere Mächte um Beistand anzugehen. Der Rath betrat diese Wege, ohne sich jedoch besonderen Erfolg davon versprechen zu können. Anscheinend fand er einen gewissen Rückhalt bei dem Grafen Schönborn. Dieser erklärte das dänische Ansinnen für durchaus ungehörig und stattete dem Wiener Hof über die Sachlage sofort eingehenden Bericht ab. Stand dort auch Hamburg, wie erwähnt, nicht in besonderer Gnade, so erforderte doch schon die Wahrung des kaiserlichen Ansehens, gegen die Ver- gewaltigung eines so wichtigen Reichsstandes Einspruch zu erheben. Dazu kam die Erwägung, dass Hamburg, zu Zahlungen an den nordischen Nachbar genöthigt, um so weniger im Stande sein werde, seinen finanziellen Obliegenheiten gegen Kaiser und Reich nachzu- kommen. So wurde denn bereits am 20. September vom Kaiser ein förmliches Abmahnungsschreiben an den König von Dänemark erlassen und zugleich Schönborn angewiesen, sich der Stadt in nachdrücklicher Weise anzunehmen. Letzterer entwickelte nunmehr eine überaus rührige diplomatische Thätigkeit. Er setzte sich mit den Gesandten der niedersächsischen Kreisstände, sowie mit denen der Seemächte in Verbindung. Er unterliess auch nicht, dem Oberbefehlshaber der dänischen Truppen, General v. Scholten, dem Residenten Hagedorn und den übrigen dänischen Bevollmächtigten Vorstellungen zu machen, indem er betonte, dass sein Gebieter seines kaiserlichen Amtes walten, demgemäss keinerlei Gewaltthätigkeit im Reichsgebiet dulden und 15 304 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. sich zum Schutze Hamburgs mit anderen der Stadt wohlgesinnten Mächten vereinigen werde. In einer Unterredung mit Hagedorn fügte er noch hinzu: der Kaiser werde bereitwilligst dazu mitwirken, dass die Hamburger, soweit auf ihrer Seite das Unrecht sei, dem König Satisfaction gewährten, nur müsste diese mit dem Vergehen proportionirt sein. Zugleich sprach er die Hoffnung aus; dass der Stadt eine vier- wöchentliche Frist zu ihrer Verantwortung eingeräumt werde. Characteristisch ist, was Hagedorn darauf antwortete. Die Stadt — so äusserte er — wolle den König mit leeren Worten vertrösten und hoffe unter Vermittelung der befreundeten Mächte wiederum un- gestraft davon zu kommen. Von Unbilligekeit der Proportion zwischen Vergehen und Strafe könne nicht die Rede sein, da die Rechte und Regalien seines Herrn, denen Hamburg zu nahe getreten, unschätzbar wären. Jedenfalls könne man dem König nicht zumuthen, sich mit der Stadt Hamburg in weitläufige Disputation einzulassen, und noch weniger, anderen Mächten die Entscheidung über seine Rechte anheimzustellen. Eine solche Geringschätzung der Kaiserlichen Autorität an den Tag zu legen, konnte Hagedorn wagen, weil er wusste, dass der Wiener Hof damals ausser Stande war, seinen diplomatischen Kundgebungen durch eigene Machtmittel Nachdruck zu geben, und weil er vermuthen durfte, dass auch von jenen andern Staaten, auf deren Eintreten für Hamburg Schönborn zu rechnen schien, nichts Ernstliches zu befürchten sein würde. Eine thatkräftige Intervention Preussens wäre allerdings nicht ausgeschlossen gewesen, wenn Hamburg diesem Staate rück- haltloses Vertrauen geschenkt hätte. In dem Augenblick, als sich die Dänen der Stadt zuerst mit militärischer Uebermacht näherten, anscheinend entschlossen, vom Rechte des Stärkeren in jeglicher Weise Gebrauch zu machen, wandte sich der Rath mit dringenden Hülfsgesuchen an den preussischen Residenten Burchard, sowie an den König vonPreussen. Er deutete an, dass die Lage eine noch gefährlichere sei, als im Jahre 1686. Mit vollem Grund durfte an die der Stadt ein Vierteljahrhundert früher von Brandenburg geleistete Hülfe erinnert werden. Denn bezüglich Hamburgs hielt die preussische Regierung auch damals, unter dem massgebenden Einfluss des Ministers Ilgen, an den Traditionen des grossen Kurfürsten fest. Sobald sie von der Be- drängniss Hamburgs Kenntniss erhielt, und noch ehe ihr das Gesuch des dortigen Raths übermittelt war, hatte sie ihre Bereitwilligkeit bezeugt, der Stadt durch Fürsprache, und, wenn nöthig, durch mili- tärische Massregeln Hülfe zu leisten. In einem Erlass an Burchard vom >50. Juli hiess es: Er möge dem Rath hinterbringen, dass die 16 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 305 Stadt, wenn Dänemark wider Verhoffen etwas Thätliches gegen sie vornehmen wolle, sich des preussischen Beistandes versichert halten könnte. Der König habe genugsam Truppen an der Hand, um der Stadt beizuspringen; er lasse einige Regimenter nach der Priegnitz und der Altmark anrücken, und weil die Stadt, wie er vernommen, zu ihrer Vertheidigung namentlich Cavallerie bedürfe und diese nicht so schnell, wie das allenfalls zu Schiff elbabwärts zu sendende Fuss- volk befördert werden könne, so stelle er in des Raths Belieben, ob sofort ein preussisches Cavallerieregiment in die Vierlande einrücken solle, um den Dänen zuvorzukommen. !) Hiermit war dem Rath allerdings nicht gedient. Der »erste Schrecken über das Herannahen der dänischen Truppen hatte sich mittlerweile gelegt. Man überzeugte sich davon, dass die Entfaltung dieser Streitmacht wenigstens zunächst nicht sowohl Hamburg, als das Herzogthum Bremen bedrohe. Durch Unterhandlungen mit den Dänen hoffte man mindestens Zeit zu gewinnen. Dabei war es gewiss nicht förderlich, wenn preussische Truppen heranrückten oder es auch nur bekannt wurde, dass Hamburg um den militärischen Beistand Preussens nachgesucht hatte. Hierzu kam, dass eine preussi- sche Truppenansammlung auf dem Gebiet der Stadt oder auch in den Vierlanden nicht nur bei der Bürgerschaft, die geneigt war, in jeder Verstärkung der militärischen Macht eine Bedrohung der Frei- heit zu erblicken, sondern auch bei verschiedenen deutschen und ausser- deutschen Staaten Misstrauen erweckt haben würde. Das war ja für die Lage des damaligen Hamburgs charakte- ristisch, dass es als ein schutzloser Kleinstaat jedem gewaltthätigen Angriff preisgegeben war, wenn es nicht von befreundeter Seite Bei- stand erhielt, und dass von den Hamburg wohlgesinnten Staaten jeder einzelne es ungern sah, wenn einer der anderen sich anschickte, zum Schutz der Stadt auch nur einen Theil ihres Territoriums militärisch zu besetzen. Erregte es doch auch stets Preussens Eifersucht, wenn verlauten wollte, dass der Kaiser Truppen ins hamburgische Gebiet zu schicken beabsichtige. !) Aehnliche Zusicherungen wurden dem Hamburger Rath von Berlin aus am 2. August direct ertheilt, nachdem dessen Hülfsgesuch (vom 28. Juli) dort eingetroffen war. Ein Erlass an Burchard vom 2. August gab dem Entschluss der preussischen Regierung, Hamburg in seiner Bedrängniss beizustehen, noch kräftigeren Ausdruck, als der vom 30. Juli: „Es bleibet auch bei Unserer einmal gefassten Resolution, dass, wenn der König in Dänemark die Stadt oder Dero Territorium mit einiger Thätlichkeit angreifen sollte, Wir Uns ihrer dawider annehmen und mit soviel Truppen als nöthig ihr sofort zu Hülfe kommen... wollen.“ (Berl. A.) 17 306 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Bei Erwägung aller dieser Umstände wird es weniger un- verständlich erscheinen, dass auf die grossmüthige preussische Beistands- zusicherung eine kühle Antwort erfolgte. Der Rath bekundete (am 3. August) seine Dankbarkeit für die von dem preussischen König „aus eigener huldreichster Bewegniss“ zu Gunsten Hamburgs getroffene militärische Anordnung, fügte jedoch hinzu, „man wolle nicht hoffen, dass man vor der Hand sothaner Truppen bedürfen würde; sollte es aber die Noth erfordern, so würde der Rath sich bei dem Herrn Envoy& von Burchard geziemend melden.“') Es ist begreiflich, dass man in Berlin seitdem in dem hamburgisch-dänischen Conflict eine grössere Reserve beobachtete; doch blieb man fortdauernd geneigt, für die Stadt durch diplomatische Verwendung und, wenn es nöthig sein würde, auch durch directe Hülts- leistung einzutreten. In diesem Sinne wurde auch Burchard instruirt. Es scheint aber, dass sein Eifer etwas erlahmt war. Die Antwort des Hamburger Senats vom 3. August hatte ihn offenbar verdrossen, und noch mehr verstimmte es ihn, dass man in Hamburg sogar Schwierigkeiten machte, als es sich darum handelte, der dort seit 1708 wegen der kaiserlichen Commission befindlichen preussischen Mannschaft, welche zeitweilig durch Entsendungen geschwächt worden war, die ursprünglich vereinbarte Stärke wiederzugeben. Doch muss man sich noch einen andern Umstand vergegenwärtigen, um vollends zu begreifen, dass die diplomatische Action Burchards zu Gunsten Hamburgs damals nicht besonders schwer ins Gewicht fiel. Hatte es auch seit den Zeiten des grossen Kurfürsten zu den Aufgaben der brandenburgischen Politik gehört, Hamburgs Unabhängigkeit zu vertheidigen, so hinderte die übernommene Beschützerrolle nicht, dass der Berliner Hof der Stadt gegenüber häufig die rauhe Seite. hervorkehrte. Wie bereits angedeutet, trat er m Hamburg stets energisch für die Rechtsansprüche und wirthschaftlichen Interessen der preussischen Unterthanen ein, und kam es in Folge dessen wieder- holt zu scharfen Auseinandersetzungen und selbst zu Repressalien. Seit längerer Zeit gab namentlich das hamburgische Stapelrecht zu Conflieten Anlass. Das aber war ein Punkt, in dem sich die dänische und die preussische Politik begegneten. So hatten sich denn gerade im Jahre 1712 die Vertreter beider Staaten, Hagedorn und Burchard, darüber verständigt, die von Hamburg dem Verkehr auf der Elbe ') Rathsprotokoll vom 3. August. Nach Burchard hätte der Rath diese Antwort namentlich mit Rücksicht auf die Bürgerschaft ertheilt. Er bemerkt dabei, „die Jalousie zwischen Rath und Bürgerschaft sei grösser, als jemalen“ (Berl. A.). Auch das Folgende nach Burchards Berichten. 15 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 307 bereiteten Hemmnisse gemeinsam zu bekämpfen.') Wenn daher der preussische Gesandte gelegentlich als Vertheidiger der reichsständi- schen Rechte Hamburgs dem dänischen Residenten die geballte Faust wies und ihm gleich darauf als handelspolitischer Bundesgenosse zärtlich die Hand drückte, so ist es klar, dass die Bedeutung der ersten Demonstration wesentlich abgeschwächt wurde. Solange sich aber Preussen nicht ernstlich regte, hatte auch der kurbraunschweigische und wolfenbüttelsche Einspruch nicht viel zu bedeuten. Ebenso wenig war die diplomatische Verwendung Englands und Hollands bei diesem Anlass wirksam genug, um die Dänen von ihrem Vorhaben abzubringen oder die Hamburger zum Widerstand zu ermuthigen. Nachdem eine Rathsdeputation, die Ende August ins dänische Hauptquartier zu Agathenburg gesandt worden, erfolglos heimgekehrt war, und man daher weiterer Feindseligkeiten und der vollständigen Hemmung des hamburgischen Handels gewärtig sein musste, gab auch die Bürgerschaft (am 22. September), obschon mit einigem Wider- streben, ihre Zustimmung dazu, dass zur Abwendung dieser Gefahr der Sache etwas näher getreten, d. h. die Bereitwilligkeit bekundet werde, das gute Einvernehmen mit Dänemark, wenn es anders nicht möglich, durch ein gewisses Geldopfer zu erkaufen. Doch auch dann fehlte noch viel, dass man zu einer Verständigung gelangt wäre. Um die Demüthigung, die in einer durch Drohungen erpressten Satis- factionsleistung lag, abzuschwächen, schlug der Senat vor, eine Cautionssumme zu zahlen, die dem König anheimfallen solle, wenn die Rechtfertigung der Stadt als unbegründet befunden würde. Auch verband er mit diesem nur halbwegs entgegenkommenden Angebot eine Reihe von Bedingungen. Auf eine derartige Modification ihrer Forderungen einzugehen, lehnten die königlichen Commissare ab. Nicht minder ungnädig nahmen sie es auf, dass der Betrag, den die Stadt unter gleichmässiger Berücksichtigung ihrer Zwangslage und des unerfreulichen Zustandes ihrer Finanzen in Aussicht stellte, erheblich hinter der von ihnen geforderten Summe zurückblieb.?) ') Nach Hagedorns Berichten (Kophg. A.). ?) Bemerkenswerth ist, dass der dänische Hof laut eines Erlasses an Hagedorn vom 18. October noch eine Erhöhung der Satisfactionssumme um 20 009 Thlr. forderte, weil „der Magistrat sich unterstanden, an allen Orten wider Wahrheit auszubreiten, als ob Unsere Commissarii die zu Dockenhuden durch die damals abgeschiekten Deputirten vermeintliche Protestation gegen der Stadt Qualität (als „erbunterthänige Stadt“) an- und ad referendum über sich genommen.“ (Vgl. 8.302 Anm. '). Konnte der dänische König damals auch nicht daran denken, 19 308 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Noch am 24. October fasste daher die Bürgerschaft kriegerische Massregeln ins Auge. Sie wünschte, dass nunmehr die in der Stadt und vor den Thoren liegenden Kreistruppen in Eid genommen und in das „Neue Werk“ verlegt würden, und dass auch sonst alles Erforderliche geschehe, um die Stadt in Vertheidigungszustand zu setzen. Thatsächlich ordnete der Senat einige Massregeln in diesem Sinne an. Auch war kürzlich von preussischer Seite aufs neue angedeutet worden, dass es der Stadt, wenn sie nur den Wunsch danach zu erkennen gebe, nicht an militärischer Hülfe fehlen werde. Die preussischen Truppen standen jedoch in erheblicher Entfernung, was den Dänen nicht unbekannt war. In seinem Bericht vom 25. October hatte Hagedorn der dänischen Regierung die tröstliche Mittheilung gemacht, dass die Preussen innerhalb der nächsten 14 Tage nicht zur Stelle sein könnten. In demselben Schreiben fand sich die Notiz, dass, nach den Aeusserungen Burchards zu urtheilen, der König von Preussen zwar ein Bombardement von Hamburg nicht zugeben, im übrigen aber den Dänen nicht hinderlich sein würde. ') Der Kopenhagener Hof hatte daher bei seinem Vorgehen gegen Hamburg von keiner Seite Widerstand zu befürchten. Nachdem bereits mehrere Wochen hindurch dänische Truppen auf hamburgischem Gebiet gelagert hatten, begann Ende October das eigentliche Executionswerk. Zunächst wurden Hamm, Horn, Billwerder und die Vierlande besetzt. Nicht nur hier, sondern in weiterem Umkreise wurden Lieferungen ausgeschrieben unter Androhung von Execution oder gar von Plünderung, falls dem Verlangen kein Genüge geschehe. Am schlimmsten erging es jedoch den Ortschaften, in denen die dänischen Regimenter Quartier seine landesherrlichen Ansprüche in Hamburg durchzusetzen, so waren doch die dänischen Politiker stets darauf bedacht zu verhüten, dass diesen Ansprüchen auch nur im geringsten präjudicirt werde. In diesem Sinne wies Hagedorn ein Schriftstück des hamburgischen Senats vom 12. October zurück, in dem „des hohen Kaiserlichen Commissions-Negotii“ Erwähnung geschehen, da der König von keiner kaiserlichen Commission wisse und noch weniger selbige anerkenne. (Kophg. A.) ') Mehr, als mit seinen Instructionen verträglich, würde sich Burchard auf den dänischen Standpunkt gestellt haben, wenn die Mittheilungen Hagedorns vom 11. October völlig auf Wahrheit beruhten. Der dänische Resident schreibt seinem König an dem erwähnten Tage u. a.: „Er (Burchard) that dem hinzu, dass dem Rath nicht schaden könnte, wenn Ew. Königl. Maj. auf jeden Hof der Bürgermeister und Rathsherrn zwei, drei bis vierhundert Mann legten, weilen solches die Bürger faciles zur Satisfactionsgebung machen dürfte, nur möchte Ew. Königl, Maj. General dahin sehen, dass an denen Orten keine Leute logiret würden, wo preussische und wolfenbüttelsche Kreisvölker.... einquartieret wären.“ (Kophg. A.) 20 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 309 genommen. Noch kurz vorher hatte der commandirende General von Scholten erklärt, es solle niemanden ein Huhn gekränkt werden. Jetzt aber schien die Losung gegeben zu sein, sich auf Unkosten der Hamburger gütlich zu thun. ) Generalleutnant Dewitz beanspruchte allein für seinen Mittagstisch täglich 24 Rthlr. Andere Offiziere requirirten die ausgesuchtesten Leckerbissen. ?) Lebten die Befehlshaber in Saus und Braus, so hielt es begreif- licherweise auch schwer, die Excesse der gemeinen Soldaten zu zügeln. Da mochte es übel in jenen Gartenwohnungen aus- sehen, in denen 70, 80, ja selbst 100 Mann einquartiert waren. Und nicht nur auf den Besitzungen der Reichen hausten die Dänen. Auch den Landleuten des hamburgischen Gebiets wurde arg zuge- setzt, so dass der eine und der andere dem Ungemach zu entrinnen suchte, indem er der Heimat den Rücken kehrte. Zu alledem kam die Besorgniss, dass bei längerem Verweilen dieser Truppen die Pest, die bereits seit Ende September im Innern der Stadt und auf dem Hamburgerberg manche Opfer gefordert, auch die von den Dänen besetzten Ortschaften ergreifen und dadurch verstärktes Unheil über die Stadt selbst bringen könnte. So lag denn in der That die Nothwendigkeit vor, sich mit den Bedrängern wohl oder übel abzufinden. Zur Beschleunigung des Abschlusses trug es nicht wenig bei, dass die dänischen Commissare für jeden Tag, an dem Hamburg noch ferner zögerte, eine Strafsumme von 2000 Thalern forderten, und dass auch die Besetzung des Hamburgerbergs, Eims- büttels und Eppendorfs und somit die völlige Einschliessung der Stadt auf der Landseite in Aussicht genommen ward. Dass die in solcher Weise erzwungene Fügsamkeit Hamburgs nicht nur für diese Stadt eine Demüthigung bedeutete, ist auch in jener Zeit nicht verkannt worden. Burchard, dessen Benehmen bei dieser Angelegenheit von demVorwurf der Zweideutigkeit nicht ganz frei- !) Immerhin gewinnt man aus den hamburgischen Acten, wie aus den Berichten Burchards den Eindruck, dass die erwähnten übermässigen Forderungen und Excesse von Scholten weder veranlasst, noch gutgeheissen wurden. Am 5. November meldet Burchard: Scholten habe einige Offiziere, welche excedirten, tapfer abgestraft. 2) Nach einem dem Bericht Burchards vom 4. November beigelegten Verzeichniss wurden von dem dänischen Generalleutnant Legarde, der in der Garten- wohnung des Bürgermeisters Becceler einquartirt war, u. a. requirirt: !/a Dutzend Rebhühner, 6 Dutzend Krammetsvögel, 3 Hasen, 6 Kapaune, 6 Poularden, junge Tauben, Confituren, rother Pontac, Burgunder, Champagner, Leipziger Lerchen, 6 Kalkuten, 6 frische Gänse, 3 Schock Krebse, 12 Hummer ınd andere gute Fische, ein Fässchen Anschoven u. dergl. m. 21 310 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. zusprechen ist, bemühte sich doch mit einer gewissen Ostentation der Auf- fassung entgegenzutreten, als ob die Stadt in ihrer Noth von Preussen verlassen worden sei. In Berlin scheint freilich die anfänglich so lebhafte Parteinahme für Hamburg nicht nur durch die Haltung des dortigen Raths, sondern auch durch die Erwägung beeinträchtigt worden zu sein, dass ein entschiedeneres Eintreten für die Stadt zu Verwickelungen mit den nordischen Alliirten Dänemarks führen könne.') Rückhaltlose Theilnahme für Hamburg bekundete dagegen damals der wolfenbüttelsche Hof. Dieser wandte sich noch Anfang November nach Hannover und Berlin, um wo möglich auch jetzt noch zu verhüten, dass Hamburg dem dänischen Machtgebot erliege. Doch die Resignation überwog bereits die Hoffnung auf Erfolg. In einem an den hannoverschen Minister Bernstorff gerichteten Schreiben vom 4. November führt der braunschweigische Kanzler, Propst von Wendhausen, die Truppen auf, die sein Herzog für Hamburg zur Verfügung zu stellen gewillt sei, um dann die Worte hinzuzusetzen: „Wenn aber Ihre Majestät von Preussen und Ihre Kurfürstliche Durchlaucht (von Hannover) keine stärkere Macht anschaffen können, so wird der bedrängten Stadt dasmal nicht zu helfen sein, und wird sie sodann den Dänen, was dieselben fordern, wohl aecordiren müssen. Inmittelst ist zu beklagen, dass dieser vorhin so considerable niedersächsische Kreis solchen mepris von den Dänen leiden muss.“?) Bereits am Abend des 5. November erklärten sich der Senat und das Collegium der Sechziger bereit, den Dänen in der Hauptsache zu will- fahren, und am 18. November wurde der Vergleich, der diese Misshellig- keiten vorläufig beendete, unterzeichnet. Hamburg verpflichtete sich darin, der dänischen Krone als Satisfaction für das Vergangene 250 000 »$ und ausserdem 16000 ‚„# als Busse für das Zögern zu entrichten, wogegen Dänemark die Einstellung der Feindseligkeiten, insbesondere die Zurückziehung der Truppen vom hamburgischen Gebiet und die Freigebung der hamburgischen Schiffe verhiess. Bei den vorausgegangenen Verhandlungen hatten die Ham- burger Deputirten sich wiederholt dahin ausgesprochen, dass nach ihrer Auffassung durch das Eingehen auf die Satisfactionsforderung sämmtliche Beschwerden endgültig abgethan sein müssten. Dänischer- seits war jedoch verlangt worden, die Stadt solle sich in einem ') Erlass an Alvensleben, den preussischen Vertreter am Wolfenbüttler Hof, vom 8. November 1712. (Berl. A.) Wolfb. A. ww I Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. all besonderen Artikel verpflichten, den Beschwerdeführern, deren Gravamina bereits im September in einer besonderen Druckschrift zusammengestellt waren, innerhalb einer gewissen Zeit zu ihrem Recht zu verhelfen und überdies zur Ausgleichung aller übrigen Streitpunkte, sowie zur Wiedererlangung der königlichen Gnade ein Paar Deputirte nach Kopenhagen zu entsenden. Schliesslich hatten die dänischen Commissare, um zum Ende zu kommen, einer den Hamburgern minder anstössigen Fassung des Artikels zugestimmt. Dieser lautete nun- mehr dahin, dass der Senat sich verpflichte, vor Ablauf des Jahres zwei Deputirte nach Kopenhagen abzufertigen, „um sich um die königliche unschätzbarste Propension und Huld desto mehr zu be- werben und desto völliger zu erlangen, anbei alle künftige Ungnade von der Stadt abzukehren, hingegen die königliche Gnade für hiesiges Commercium zu erbitten.“ Diese Fassung des Artikels trug freilich den Keim ferneren Z/wiespalts in sich. Zunächst war man jedoch froh, der dänischen Umklammerung ledig zu sein. Ein weiterer Anlass zur Freude war, dass auch die Kreistruppen, die seit dem Frühjahr 1708 als unwill- kommene Gäste auf dem hamburgischen Gebiete geweilt hatten, während der letzten Wochen des Jahres 1712 abzogen. Mit gutem Muth mochte man in weiten Kreisen der Stadt dem kommenden Jahr entgegensehen. Dieser freudigen Stimmung wird in einem Neujahrsgedicht, das Magister Tobias Conrad Stein am 1. Januar 1713 an den Rath von Hamburg richtete, mit den Worten Ausdruck gegeben: Wir sind der Feinde Macht recht gut und wohl entkommen. Man wird von fremdem Volk anitzt nichts mehr gewahr. Hammonia, es ist Dein Unstern nun verschwunden, Du hast die Einigkeit und Friede jetzt gefunden. Doch schon der Beginn des Jahres 1713 liess sich wenigstens für die Leiter des hamburgischen Gemeinwesens keineswegs so freund- lich an, wie jener optimistische Neujahrsgratulant vorausgesetzt zu haben scheint. War auch ein gütliches Abkommen mit Dänemark von den Vertretern der meisten Staaten, zu denen Hamburg in Be- ziehung stand, anempfohlen oder gutgeheissen worden, so gaben doch zwei Regierungen ihrer Unzufriedenheit mit dem Vergleich vom 18. November unverhohlenen Ausdruck: die kaiserliche und die schwedische. Je eifriger Graf Schönborn die Stadt zur Standhaftigkeit gegen Dänemark angespornt hatte, umso aufgebrachter war er über den Ausgang der Angelegenheit. Selbst der Brief, in dem er am 31. December von Braunschweig aus den Neujahrsglückwunsch des 25 312 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Hamburger Senats beantwortete, bekundete den Unmuth, den er, wenn auch nicht aus diesem Grunde allein, gegen Hamburg hegte.') In Wien aber sah man die Fügsamkeit Hamburgs gegen Dänemark als eine Art von Verrat an. Ein am 20. Januar 1713 an den Hamburger Senat gerichteter kaiserlicher Erlass bezeichnet das Abkommen als eine „fast strafmässig eingegangene, des Kaisers und des heiligen Reiches Rechten und Hoheit hart zuwider laufende Handlung“; er erklärte den Vergleich für null und nichtig und verbot bei einer Strafe von 500 Mark löthigen Goldes, auf Grund desselben das Geringste zu zahlen, oder auch Abgesandte nach Kopenhagen oder sonst einem Ort ausserhalb oder innerhalb des Reichs zu dem in dem Vertrage genannten Zweck oder anderer „Reichsunterthanen unanständiger Erniedrigung“ abzuschicken. Da- gegen sollte die Verantwortung wegen der dänischen Beschwerden, bei denen es sich meist um Klagen holsteinischer Unterthanen handelte, binnen 2 Monaten nach Wien eingeschickt werden. Einen thatsächlichen Erfolg hatte dies Schreiben ebenso- wenig, wie das gleichzeitige kaiserliche Mandatum cassatorium et annullatorium, das an den König von Dänemark in seiner Eigen- schaft als Herzog von Holstein erging. Dass die bisher unterlassene Sendung von hamburgischen Rathsherren an den dänischen König noch weiter verschoben wurde, ist nicht ausschliesslich auf den Einspruch des Kaisers zurückzuführen, und den finanziellen Theil des Abkommens rückgängig zu machen, war durchaus unausführbar. Die Wiener Erlasse vom 20. Januar hatten somit die Stellung Hamburgs Dänemark gegenüber in keiner Weise verbessert und die politische Lage der Stadt im übrigen durch die Missfallensbezeugung des Kaisers und die Unmöglichkeit, seinen Weisungen nachzukommen, noch weiter verschlechtert. Eine unmittelbare Gefahr schwebte zur Zeit der Jahreswende zufolge des schwedischen Unwillens über Hamburg. Abgesehen von der erwähnten Geldzahlung an Dänemark hatte sich die Stadt vor nicht langer Zeit auch noch bei einer anderen Gelegenheit den Groll der schwedischen Machthaber zugezogen. Als nach der dänischen Occupation des Herzogthums Bremen der Stader Zoll für Dänemark erhoben wurde, verlangte der schwedische General-Gouverneur Vellingk, es sollten in Hamburg keine elbaufwärts kommenden Waaren aus- geladen werden, ehe die ordnungsmässige Entrichtung des Zolls durch Vorweisen eines schwedischen Zollzettels dargethan sei. Falls man \ ') Abschriften des Briefs bei den preuss. und dän. Gesandtschaftsberichten. 24 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 313 die Erlegung des Zolls an die dänischen Beamten gestatte, werde sich der König von Schweden an die Stadt halten und auf nochmalige Zahlung dringen. Trotzdem verfügte der Hamburger Rath am 17. September 1712 im Hinblick auf den thatsächlichen Besitzstand, dass nicht der schwedische, sondern der dänische Zollzettel als gültig anzusehen sei.') Damals glaubte man, wie bereits angedeutet, Schwedens Repressalien minder als dänische fürchten zu müssen. Wenige Monate später aber hatte sich ein Wandel in den Macht- verhältnissen vollzogen. Der berühmte schwedische Feldmarschall Graf Magnus von Stenbock war in Pommern gelandet, nach Meklenburg vorgedrungen und aus dem Treffen bei Gadebusch, wo ihm die Dänen unter General Scholten gegenüber gestanden, (am 20. December) als Sieger hervorgegangen. Sein nächstes Ziel war Holstein. Aber auch Hamburg hatte Grund, vor seinem Heere zu zittern. _ Bereits mehrere Wochen vorher war dem Rathe von dem schwedischen Residenten Rothlieb gedroht worden, Graf Stenbock werde an der Stadt wegen ihrer Gefügigkeit gegen Dänemark Vergeltung üben. Aehnliches stellte der schwedische (resandte in Berlin in Aussicht. In seiner erneuten Bedrängniss wandte sich der Rath wiederum an die befreundeten norddeutschen Fürsten. Diese liessen es auch jetzt nicht an wohlgemeinter diplo- matischer Verwendung fehlen, die freilich schwerlich von grossem Erfolg gewesen wäre, wenn Stenbock wirklich Arges gegen Hamburg im Schilde geführt hätte. ?) Bekanntlich ging das Unwetter an Hamburg vorüber, um die Nachbarstadt um so unheilbringender zu treffen. Angeblich um die Einäscherung Stades durch die Dänen zu rächen, beschlossen die schwedischen Machthaber Altona den Flammen preiszugeben. Am Sonntag, den 8. Januar 1713, d. h. am Tage vor jener Schreckensnacht, in welcher das unheimliche Zerstörungswerk begann, weilte Stenbock mehrere Stunden in Hamburg. Zwei Rathsdeputirte statteten ihm hier dem Brauch entsprechend ihren Begrüssungs- 1) Kophg. A. Die hamburgische Entscheidung erschien auch dem unparteiischen preussischen Gesandten als die correcte, „zumalen bekannt ist, dass bei allen Oceupationen die Zölle dem occupanti nicht disputirt werden können.“ Er bedauerte freilich, dass sich der Rath bei diesem Streit nicht völlig passiv verhalten habe. Burchard, d. 23. Sept. 1712. 2) Die preussische Regierung verwandte sich für Hamburg bei dem schwedischen Gesandten in Berlin und richtete ausserdem ein Schreiben an Graf Vellingk, das dem Hamburger Rath zur Behändigung an diesen zugesandt, doch — weil die Gefahr inzwischen vorübergezogen zu sein schien — nicht übergeben wurde. (Acten des Berl. und Wolfb. A.) 25 21 514 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. besuch ab. Wie mochten sie aufathmen, da der gestrenge Feldmarschall mit keinem Worte der von Vellingk und Rothlieb angedrohten Repressalien gedachte und vielmehr von seiner Gewogenheit gegen die Stadt Hamburg redete!') Unter den geschilderten Umständen kann es nicht befremden, dass man Stenbock alle in solchen Fällen üblichen Ehrenbezeugungen zu erweisen beflissen war. Dazu gehörte, dass man dem als Gast der Stadt betrachteten fremden Heerführer Gastgeschenke verehrte, die in Wein und Victualien bestanden. Da nun aber am Sonntag weder der Ratlı, noch die Kämmereibürger versammelt waren, so konnten die zu überreichenden Gaben erst am folgenden Tage ordnungsmässig bei der Kämmerei eingeworben werden. Bei der Abmessung des Darzubietenden schien es geboten, sich nach dem zu richten, was vor kurzem der dänische General von Scholten erhalten und mit Rücksicht auf die Verhältnisse noch etwas darüber zu thun.”) Die dem gemäss herbeigeschafften Geschenke wurden nach dem Hauptquartier des schwedischen Feldmarschalls gesandt. Es war ein eigenthümliches Zusammentreffen, dass sie an demselben Tage in Pinneberg anlangten, an dem auf Stenbocks Geheiss ein erheblicher Theil von Altona der verheerenden Macht des Feuers zur Beute wurde. Nicht unmöglich ist es, dass dieser Umstand den ersten Anlass zu dem thörichten Gerede gegeben hat, die Hamburger hätten den schwedischen Feldmarschall durch Geld dazu bestimmt, die ihnen aus so manchen Gründen unbequeme Nachbarstadt einzuäschern.”) Ein anderer Vorwurf, der in Veranlassung des Altonaer Brandes gegen Hamburg gerichtet wurde, ging dahin, dass man es an menschenfreundlicher Hülfsbereitschaft habe fehlen lassen. Dem gegenüber steht fest, dass die Hamburger beim Löschen der Flammen thatkräftigen Beistand leisteten, dass sie viele der Feuersgefahr entrissene Waaren in ihren Mauern bargen, dass sie die Flüchtlinge ') Schreiben des Hamb. Raths an den König von Preussen vom 14. Januar 1714. ?) Nach dem Auszug aus dem Kämmereiprotokoll (Hamb. A.) wurden folgende Gaben übersandt: 3 Ohm Rheinwein, 6 Stübchen von dem alten Fass genannt Sten, eine Bohte Sect, 200 Limonen, 200 Apfelsinen, ein halber Ochse, 2 Hammel und 2 Kälber. . Bekannt ist die Polemik des jüngeren Richey gegen die ursprüngliche Dar- stellung in Voltaire’s Karl XIL., deutsch in den Niedersächs. Nachrichten von gelehrten neuen Sachen f. d. J. 1733, S. 90 ff. und bei Langermann, Hamb. Münz- und Medaillenvergnügen, S. 156 ff. (Auch in den späteren Auflagen des berühmten Werks Voltaires ist das Verhalten der Hamburger gegen Altona in ein falsches Licht gestellt, obwohl einige der früheren Beschuldi- gungen getilgt oder gemildert sind.) 26 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 315 mit Speise und Trank labten'), und dass auch später noch für die nothleidenden Altonaer Collecten in den Kirchen und. Häusern Hamburgs veranstaltet wurden. Auch wird von den verschiedensten Seiten berichtet, dass eine grosse Zahl geflüchteter Altonaer nicht nur auf dem Hamburgerberg, sondern auch in der Stadt Hamburg Aufnahme gefunden.?) Dass nicht ausnahmslos jeder obdachlose Altonaer zugelassen wurde, ist freilich begreiflich genug; denn die Pest grassirte in Altona damals in bedenklicher Weise, während sie in Hamburg im Erlöschen zu sein schien. Es kennzeichnet die Sach- lage, dass der Kurfürst von Hannover, sobald er in Erfahrung gebracht hatte, dass Altonaische Güter nach Hamburg gebracht seien, den Verkehr mit dieser Stadt für einige Zeit aufhob. Auch abgesehen von diesem letzteren Umstand konnte es bei den trotz aller Rivalität engen wirthschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Städten nicht ausbleiben, dass Hamburg durch die Katastrophe Altonas in Mitleidenschaft gezogen wurde.°) Nicht minder wurde der weitere Vormarsch der Schweden im Holsteinischen für Hamburg verderblich; denn er bewirkte, dass sich dort immer neue der Kriegs- noth entronnene Flüchtlinge eindrängten und dazu beitrugen, das Elend zu mehren und den Gesundheitszustand zu verschlechtern. Dem schwedischen Heere folgten die Russen auf dem Fusse, von denen auch das hamburgische Gebiet wiederholt durchstreift wurde. Vom 14.—16. Januar 1713 weilten Zar Peter und Fürst Menschikow in Hamburg. Der Zar hatte bei seinem Residenten Böttiger auf dem Jungfernstieg Wohnung genommen und wurde hier am 15. feierlichst bewillkommnet.*) Auch sonst erwies man ihm jegliche Aufmerksamkeit, die einem befreundeten Monarchen gegen- ') In den Hamb. Kämmereirechnungen findet sich unter dem 21. Januar 1713 aufgeführt: an Franz Abraham, den Wasserschout, für Bier, Brod und Käse, so er den armen abgebrannten Altonaern auf Befehl E. E. Raths und Consens der Kammer ausgetheilet, wird bezahlt 122 #4 8. Vergl. E. H. Wichmanns Geschichte Altonas S. 145 f. 2) Ein Bericht aus Harburg vom 25. Januar redet — vermuthlich übertreibend — von etlichen tausend Einwohnern Altonas, die nach der Einäscherung dieser Stadt in Hamburg aufgenommen worden. (Hann. A.) Vgl. S. 344. 3) Nach dem Bericht des hannoverschen Secretärs Schlüter wurde die Einbusse der Hamburger beim Altonaer Brande an verlorenen Effecten und Häusern auf 500 000 Reichsthaler veranschlagt, der Verlust der Altonaer selbst da- gegen nicht so hoch geschätzt. Schlüters Bericht vom 14. Januar 1713. (Hann. A.) 1) Das Folgende zumeist nach Acten des Hamb. Staatsarchivs unter Benutzung einzelner Notizen in den Hamb. Chroniken. 27 21%* 916 Hamburg während der Pestjahre 1712-1714. über herkömmlich war. Nachdem der Zar Hamburg verlassen, ver- weilte er noch einige Tage auf dem benachbarten Schloss Wandsbeck. Auch wenn er von dort aus auf seinen Streifzügen das hamburgische Gebiet vorübergehend berührte, erfolgten Salutschüsse von den Wällen der Stadt. Offenbar ehrte man in Peter dem Grossen nicht nur den berühmten Regenten und Heerführer, sondern zugleich das mächtige Oberhaupt eines Reiches, zu dem Hamburg seit längerer Zeit in mancherlei Beziehungen gestanden. Seit dem Anfang des 17. Jahr- hunderts hatten die Hamburger in Russland eine gewisse Rolle gespielt und insbesondere einen regen Handel mit Archangel unterhalten. Be- greiflicherweise war dieser Verkehr unter Peter dem Grossen noch von srösserer Wichtigkeit geworden. Es lag daher im Interesse der Stadt, sich das Wohlwollen des Zaren zu bewahren. Auch ging der Rath in seinem rücksichtsvollen Verhalten gegen den russischen Monarchen soweit, dass er es, ohne Klage zu führen, mit ansah, wie die rus- sischen Truppen, die in Hamm, Horn und Billwerder Quartier genommen, auf dem neutralen hamburgischen Boden, wie in Feindes- land, von Requisitionen lebten und das Landvolk misshandelten. Immerhin hielt er es für geboten, in der Stille einige Massregeln zu treffen, damit nicht die Stadt selbst unversehens in die Gewalt der Russen gelange. Er liess den zugefrorenen Stadtgraben auf- eisen und gab Befehl, dass 600 Mann der Garnison ins Neue Werk und 10 Bürgercompagnien auf die Wälle zogen.') Die Besorgniss vor einem Ueberfall der Stadt durch mosco- vitische Truppen war allerdings unbegründet. Doch erscheint es um so begreiflicher, dass man in Hamburg vor den Russen auf der Hut war, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es bereits seit Beginn des nordischen Krieges zu wiederholten Anfechtungen von dieser Seite wegen angeblicher Begünstigung der Schweden gekommen war. Insbesondere hatte Peter der Grosse mehrfach über die Haltung der hamburgischen Presse Klage geführt. Schon im November 1701 war von ihm ein Schreiben an den Hamburger Rath ergangen, in dem ') Bericht des königl. poln. und kursächs. Legationssecretärs Lehmann vom 15. Januar 1713. (Dresd. A.) Neben den inhaltreichen, doch oft recht ein- seitigen Berichten Burchards und Hagedorns, welche die bei den Vorgängen in Hamburg besonders interessirten Staaten, Preussen und Dänemark, ver- traten, sind auch die sachgemässen und unparteiischen Mittheilungen, die Lehmann an seine Regierung gelangen liess, für die historische Forschung: von grossem Interesse. Obwohl er als Diplomat nur eine untergeordnete Rolle spielte, war er doch meist gut unterrichtet. — Es sei zugleich daran erinnert, dass er sich auch als Schriftsteller seiner Zeit einen gewissen Ruf erworben hat. Vgl. Lexicon hamburgischer Schriftsteller Bd. 4, 8. 408 ff. 28 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 317 er sich beschwerte, dass die hamburgischen Zeitungsschreiber über Vorgänge, die Russland beträfen, ungeziemende und von der Gegen- partei ersonnene Nachrichten verbreiteten.) Der Senat suchte in seinem Erwiderungsschreiben (vom 17. Februar 1702) die Hamburger Journalisten nach Kräften zu vertheidigen. Er machte darauf auf- merksam, dass es unmöglich sei, „ohne genugsame Gegenberichte in den Erzählungen von weit entlegenen Begebenheiten alle Mal das Wahre von dem Unwahren zu unterscheiden“, und dass, wenn man die Zeitungsschreiber verbindlich machen wollte, nur unanfechtbare Nachrichten zu bringen, „unausbleiblich alle gedruckten Zeitungen aufgehoben und abgestellt werden müssten.“ Immerhin sah sich der Rath veranlasst, den „Avisendruckern“ einzuschärfen, dass sie sich bei den Nachrichten, die den Zaren und dessen Herrschaft und Kriegführung beträfen, künftig grösserer Behutsamkeit befleissigen möchten. Trotzdem trafen wenige Jahre später noch heftigere Be- schwerden ein. In einem Schreiben vom Anfang des Jahres 1705 drohte Peter der Grosse sogar, seinen Unwillen über die Stadt an deren in Russland weilenden Unterthanen auslassen zu wollen.?) Und bereits im Mai desselben Jahres stellte er das Verlangen, dass, wer in Zukunft auf hamburgischem Gebiet unwahre oder beleidigende Nachrichten über russische Verhältnisse zum Druck befördere, für ehrlos erklärt, körperlich gezüchtigt und aus der Stadt verwiesen werden solle. Ueberdies wünschte er, dass demjenigen, der ein Pressvergehen der angegebenen Art denuneire, eine Belohnung in Aussicht gestellt werde.?) Letzteres geschah in der That. Im übrigen war es freilich nicht möglich, sich in der Behandlung der Journalisten den russischen Anschauungen völlig anzubequemen; doch erging aufs neue an alle Buchhändler, Buchdrucker und Zeitungsschreiber die Mahnung, sich davor zu hüten, unwahre und gekrönten Häuptern zu nahe tretende Nachrichten durch den Druck zu verbreiten. Trotz solches Entgegenkommens musste sich der Rath auch noch während der nächstfolgenden Jahre wiederholt gegen den Verdacht vertheidigen, ') Der Inhalt dieses nicht mehr vorliegenden Schreibens ergibt sich aus der Antwort des Hamb. Senats (Hamb. A.). 2) Auch der Inhalt dieses Schreibens ergibt sich aus der Erwiderung des Senats (vom 10. März 1705). Aus einem Supplicatum an den ie „in Voll- macht der sämmtlichen auf Archangel handelnden Kaufleute“ vom 2. Sept. 1705 ist zu ersehen, dass man thatsächlich einen Hamburger in Russland fest- genommen hatte, um wegen eines Artikels des in Hamburg erscheinenden Nordischen Merceurius Repressalien zu üben. 3) Lateinische Uebersetzung eines Schreibens Peters des ann an den Hamb. Senat. Moskau, vom Mai 1705. (Hamb. A.) 29 818 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. dass er Presserzeugnissen, die den Zaren und die russische Nation herabsetzten, eine neutralitätswidrige Duldung zu Theil werden lasse. Auch ist: es bezeichnend, dass, als im Jahre 1712 zuerst ein ständiger diplomatischer Vertreter Russlands beim niedersächsischen Kreise ernannt wurde,') dieser die ausdrückliche Weisung erhielt, gegen die russenfeindliche Presse einzuschreiten. Aber auch von dem Zeitungswesen abgesehen glaubten die Russen Anlass zu haben, die Stadt der Parteilichkeit für Schweden zu bezichtigen. So wurde z. B. im Jahre 1708 die Anschuldigung erhoben, dass in Hamburg Werbungen für das schwedische Heer stattgefunden hätten. Der Rath vermochte dies nicht zu bestreiten; er durfte aber darauf hinweisen, dass man solche Werbungen dem König von Schweden in seiner Eigenschaft als Herzog von Bremen und Inhaber anderer Reichsgebiete nicht verwehren könne.?) Zu den Beschwerden aus früherer Zeit kam im Januar 17135 eine neue in Folge eines Vorfalls beim Zollenspieker hinzu.?) Nach der russischen Angabe wären dort am 17. Januar mehrere moscovi- tische Passagiere unter den Augen der unthätigen und schadenfrohen Hamburger Wache!) von einer schwedischen Abtheilung überfallen worden, wobei ihnen ihr gesammtes Gepäck und mit diesem zugleich ein Betrag von mehr als 120 000 Dukaten in Wechselbriefen und baarem Gelde geraubt worden sein sollte. Menschikow stellte deswegen an die Stadt Hamburg eine Entschädigungsforderung. Der Rath bemühte sich freilich auf Grund eingehender Untersuchung des Sachverhalts, die völlige Unschuld der aus Hamburgern und Lübeckern gebildeten Wache beim Zollenspieker darzuthun. Trotzdem verlautete nicht lange nachher, dass Fürst Menschikow damit umgehe, von Hamburg Ersatz für die Wechselbriefe, um die er angeblich bei jenem Ueberfall gekommen sei, durch militärische Gewalt zu erpressen.°) ') Joh. Fr. Böttiger, der bereis 1709 zum Vertreter Russlands in Hamburg eingesetzt war. Vgl. F. Martens, Recueil des traites et conventions conclus par la/Russıe, IT, V.. 8.29, 2) Vgl. F. Martens a. a. O. S. 78. ®) Die Acten hierüber in den Beilagen zu R. u. B.-R. vom 12. Juni 1713. ‘) „Und diesem allen schaute die Wache mit lachendem Munde zu“ heisst es in der russischen Beschwerdeschrift vom 23. Januar 1713. >) Dies berichtet Lehmann am 18. März 1713. Nach seiner Angabe hätte Menschikow damals 100 000 Thaler, die an Wechselbriefen von den Schweden beim Zollenspieker weggenommen sein sollten, von Hamburg fordern wollen. Jedoch fügt er hinzu, es sei gewiss, dass Menschikow gar keine Wechselbriefe bei jener Action eingebüsst habe, sondern dass nur ein paar russischen Offizieren etwa 300—400 Dukaten weggenommen seien. (Dresd. A.) 30 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 319 Nicht minder verdriesslich war ein Vorkommniss, das sich am 20. März 1713 in Hamburg selbst zutrug. An diesem Tage wollte der im russischen Dienst stehende Generaladjudant Baron von Löwen- wolde in einer Miethskutsche durch das Altonaer Thor zur Stadt hinausfahren. Als er an die unweit des Thors gelegene Haupt- wache kam, wurde er angehalten und darauf aufmerksam gemacht, dass er das heraufgezogene Wagenfenster herunter lassen müsse. Dies entsprach einer alten Vorschrift, die im Jahre 1709 mit Rück- sicht auf die drohende Pestgefahr zur besseren Controllirung der Passirenden aufs neue eingeschärft worden war. Löwenwolde weigerte sich jedoch, der Weisung der Schildwache Folge zu leisten. Auch die Aufforderungen eines hinzutretenden Corporals, sowie des Offiziers, der die Wache commandirte, blieben erfolglos. Darauf ertheilte letzterer Befehl, den Schlagbaum niederzulassen und so die Kutsche am Weiterfahren zu hindern. Hierdurch erbost, öffnete der Russe zwar das Fenster ein wenige, doch nur um den Offizier zu schmähen und die Obrigkeit, die solche Possen- und Lumpenordres gegeben habe, zu verhöhnen. Auf erneute Vorstellungen erwiderte er, „er wolle andren Tages andere Ordre stellen, auch 600 Mann vor den Baum schicken, die Wache wegnehmen, ihnen die Knute geben, ja allen die Hälse brechen lassen.“ Als dann die Annäherung eines Leichenzugs, der sich zum Thor himausbewegen sollte, eine weitere Versperrung des Wegs unstatthaft erscheinen liess, wurde der bestimmte Befehl an Löwenwolde gerichtet, wenn er sich nicht fügen und die Fenster niederlassen wolle, wenigstens zurück oder zur Seite zu fahren; worauf dieser ergrimmt aus dem Wagen sprang und den Offizier mit dem Stock bedrohte. Solcher Widersetzlichkeit gegenüber konnte man sich nicht anders helfen, als indem man den ungebärdigen Passagier gewaltsam, wenn auch mit möglichstem Glimpf, auf die Wache führte. Erst etwas später erfuhr man, mit wem man es zu thun hatte. Inzwischen hatte auch der russische Resident Böttiger von dem Vorfall Kunde erhalten. Er verlangte die Frei- lassung des Verhafteten, die sofort bewilligt wurde. Unmittelbar darauf begab sich Löwenwolde in das Haus des präsidirenden Bürger- meisters von Bostel, um wegen der ihm widerfahrenen Behandlung Klage zu führen. Von dem Wunsche geleitet, Gerechtigkeit zu üben und zugleich den russischenGeneraladjudanten zu begütigen, befahl vonBostel, bis zur Aufhellung des Thatbestandes über den Offizier der Wache, der mit Löwenwolde zusammengerathen, Arrest zu verhängen, sowie alle Personen, die bei dem Vorfall betheiligt gewesen, vernehmen zu lassen. Hierdurch erklärte sich Löwenwolde jedoch nicht zufrieden- ol 320 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. gestellt, sondern drohte, sich durch seinen Gebieter Genugthuung verschaffen zu wollen; während der Hamburger Rath ein Schreiben an Menschikow richtete, in dem er nicht nur den Vorgang ins rechte Licht stellte, sondern zugleich darum nachsuchte, dass solche unver- diente Insultirung der hamburgischen Thorwache geahndet werde.') Es begreift sich, dass es nach allen diesen Zwischenfällen den Rath mit Besorgniss erfüllte, wenn einmal über das andere das hamburgische Territorium von russischen Truppen durchzogen ward. Doch handelte es sich zunächst nur um kleinere Abtheilungen; und es gelang zumeist, wenn auch nur durch theuer erkaufte Sauvegarden, die hamburgische Landbevölkerung vor schlimmerer Misshandlung zu bewahren. Lebhaftere Besorgnisse aber wurden rege, als der Krieg auf schleswig-holsteinischem Gebiet durch die Capitulation Stenbocks bei Oldensworth (am 16. Mai) sein Ende erreicht hatte, da nunmehr zu gewärtigen war, dass Menschikow die Stadt wegen der verschiedenen unerledigten Streitpunkte zur Rechenschaft ziehen werde. Wie sehr man aber auch darauf gefasst sein mochte, dass beim Rückmarsch der Russen unliebsame Zumuthungen und Satisfactionsforderungen an Ham- burg ergehen würden, so ahnte man doch nicht, in welchem Masse es die Russen verstanden, die Situation zu ihrem Nutzen auszubeuten. Am 5. Juni überreichte Böttiger dem Rath ein aus Friedrich- stadt datirtes Schreiben Menschikows vom 3. Juni (23. Mai a. St.), in welchem dieser den lebhaftesten Unwillen darüber bekundete, dass die Stadt Hamburg, deren Kaufleuten der Zar in seinen Landen „vor allen anderen Nationen“ viele Freiheiten und Privilegien ertheilet hätte, gegen diesen und die gesammte russische Nation bei den ver- schiedensten Gelegenheiten „sich ganz widrig gesinnt finden lassen.“ ?) Im Einzelnen wurden fünf Anklagepunkte hervorgehoben. Der erste nahm die längst für abgethan erachteten Beschwerden gegen die hamburgische Presse wieder auf und machte für deren angeblich russenfeindliche Haltung den Rath verantwortlich, da es nicht unbe- 1) Nach der hamburgischen Species facti und einem Schreiben des hamb. Raths an Menschikow vom 4. April in den Anlagen zu R. u. B.-R. vom 12. Juni und einem Bericht des hannoverschen Residenten Grafe vom 22. März 1713. Die kurzen Angaben des Letzteren stimmen im wesentlichen mit der hamb. Species facti überein. Dass „einige (hamburgische) Musketiere etlichemale, jedoch ohne Schaden, auf ihn (Löwenwolde) losgeschlagen,* wie Grafe angibt, wird in dem hamburgischen Bericht allerdings nur angedeutet. 2) Das Schreiben Menschikows sowie die Rechtfertigungsschrift des Senats nebst den zu letzterer gehörigen Beweisstücken finden sich unter den Anlagen zu den R. u. B.-R. v. 12. Juni 1712. 32 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 321 kannt sei, dass alle Zeitungen von einem Mitgliede desselben vor dem Drucke censirt würden. Der zweite Punkt betraf die Behandlung, die dem russischen Commerziendirector Vosbein in Hamburg wider- fahren. Obwohl dieser von dem russischen Gesandten zu Kopen- -hagen in den Dienst des Zaren genommen und mit Reise- .pässen nach Moskau versehen worden, hätte man ihn in Hamburg „aus particulieren und interessirten Absichten, alles Remonstrirens ungeachtet, in den schimpflichsten und verächtlichsten Arrest gebracht.“ Die dritte Klage lautete dahin, dass im Jahre 1700 durch Verrätherei einiger Hamburger eine Quantität von 20000 dem Zaren zugehörigen Gewehren in schwedische Hände gefallen sei. Der vierte Punkt betraf den erwähnten Ueberfall der russischen Passagiere beim Zollen- spieker und der fünfte die Angelegenheit des Barons von Löwenwolde, von dem es hiess, er sei so rüde und schimpflich behandelt worden, dass es selbst nach Anschauung der Einwohner Hamburgs geahndet werden müsse. Aus allen diesen Gründen — so erklärte Menschikow zum Schluss seines Schreibens — beanspruche der Zar Genugthuung, sowie Entschädigung aller derjenigen, die durch das Verhalten der Hamburger benachtheiligt worden seien. Falls man sich diesem Verlangen nicht gutwillig füge, würden die äussersten Mittel zur Anwendung gebracht werden. Der Rath beeilte sich zunächst, die vorgebrachten Beschul- digungen in einer eingehenden Vertheidigungsschrift zu widerlegen. Bei der Zurückweisung der gegen die hamburgische Presse gerichteten Vorwürfe bediente er sich ähnlicher Argumente, wie in den früheren zu gleichem Zweck an Peter den Grossen gerichteten Rechtfertigungs- schreiben.!) Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass andere Mächte 1) Charakteristisch für das Zeitungswesen und die Censur jener Zeiten ist insbesondere folgende Stelle: „Indessen ist jedennoch sattsam und überflüssig bekannt, dass die Gazettiers blosse privati sein und mit allerhand Zeitungen ihre Blätter anfüllen, welche sie so wenig für Wahrheiten debitiren, noch als solche dem Leser aufdringen, dass sie manchmal auf demselben Blättchen unterschiedliche einander e diametro entgegenlaufende Zeitungen setzen, einem jedweden freilassend, welcher und ob und wie er selbiger Glauben geben wolle; und obgleich der älteste Herr Syndicus der Stadt, wenn die Gazetten bereits zum Druck gesetzet, dieselbe fugitivo oculo durchsiehet, welches mehrentheils in den Rathsversammlungen, wenn er mit anderer wichtigerer Arbeit be- schäftiget ist, geschiehet, so ist doch selbige seine Censur nur bloss dahin gerichtet, ob auch etwas contra jura summorum prineipum geschrieben, zumalen er veritatem vel falsitatem der erzählten factorum, besonders wenn selbige in weit entfernten Ländern vorgegangen sein sollen, ebenso wenig, als der Zeitungsschreiber selber, zu dijudieiren vermag.* 33 922 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. bei solchen Veranlassungen niemals von der Stadt Genugthuung forderten, sondern nur die Züchtigung der schuldigen Autoren be- gehrten, gegen die der Rath in allen näher bezeichneten Fällen den beschworenen Gesetzen gemäss vorzugehen erbötig sei. Bezüglich des zweiten Punktes wurde geltend gemacht, dass der Commerzien- director Vosbein wegen zweier von ihm anerkannter Schuldverschrei- bungen, sowie auf Antrag seines Schwiegervaters, eines Lübecker Rathsherın, gegen den er ehrenrührige Schriften gerichtet, fest- genommen worden sei, und dass er weder einen Pass, noch ein sonstiges Document zu seiner Legitimation vorgewiesen habe. Ueberdies hätte der russische Gesandte in Kopenhagen sich nachträglich von ihm als einem nichtswürdigen und wortbrüchigen Menschen los- gesagt. In der That schwerwiegend wäre die dritte Beschuldigung gewesen, wenn man ihre Wahrheit hätte erweisen können. Der Rath konnte jedoch in seiner Rechtfertigung darauf hinweisen, dass über das angebliche Vorkommniss, das sich vor 13 Jahren zugetragen haben solle, niemals früher Klage erhoben worden sei. Zur Entkräftung des 4. und 5. Anklagepunktes berief man sich gegenüber den un- richtigen oder übertriebenen russischen Angaben von neuem auf den Thatbestand, wie er in Hamburg unmittelbar nach den betreffenden Vorfällen amtlich festgestellt worden war. Die umfangreiche (vom 8. Juni datirte) Rechtfertigungsschrift wurde dem russischen Heerführer durch zwei Rathsdeputirte übergeben. Menschikow erklärte sie jedoch für unzureichend, und liess durch den Residenten Böttiger ein Sühngeld von 400 000 Reichsthalern fordern unter Hinzufügung der Drohung, dass, wenn die Summe nicht bis zum 12. Juni zugesagt würde, die unter seinem Commando stehende Armee in die Ländereien der Stadt einrücken solle. Wie gewöhnlich in solchen Bedrängnissen, wandte sich der Rath auch diesmal mit der Bitte um Beistand und Fürsprache an die in Hamburg anwesenden Diplomaten, die in mehr oder minder lebhafter Weise ihre Theilnahme zu erkennen gaben. Hinsichtlich der Berechtigung des Vorgehens von Menschikow scheinen sie zu- meist der Ansicht des hannoverschen Residenten gewesen zu sein, der an seine Regierung schrieb: „Das stärkste Argument, so die Russen wider die Stadt haben, sind 25000 Mann, ohne welche die übrigen sich leicht refütiren liessen.“') Nicht zum wenigsten erregte die Höhe des russischen Anspruches die Entrüstung der Gesandten. Selbst Hagedorn, der offenbar bei moscovitischen Forderungen einen anderen 1) "Grafe, d. 7. Juni 1713... (Hann.”A.) 34 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 323 Massstab anlegte, als bei dänischen, sprach sich in seinen Berichten dahin aus, dass es der Stadt geradezu unmöglich sei, die begehrte Summe aufzubringen.') Zu entschiedener Ablehnung des ungehörigen Verlangens rieth auch in diesem Falle insbesondere Schönborn, dem man das Zeugniss nicht versagen kann, dass er alles daran setzte, um Hamburg vor einer erneuten Demüthigung und Erpressung zu schützen. In seinem bereits am 7. Juni nach Wien gesandten Bericht setzte er auseinander, dass die Stadt nur durch den Kaiser gerettet werden könne. Charak- teristisch ist, dass er auch dieses Mal das finanzielle Interesse der Reichsregierung betonte, um die Nothwendigkeit schleuniger Hülfs- leistung einleuchtend zu machen. Er wies darauf hin, dass selbst Rathsherrn sich nicht scheuten, es offen auszusprechen, dass sie keinen Schutz und Beistand vom Kaiser hätten und darum auch nicht einsähen, warum man sich den Anforderungen von Kaiser und Reich so willfährig bezeigen sollte.?) Wenn die Stadt das Begehren der Moscoviter befriedigen müsse — so folgerte Schönborn — dann werde im der nächsten Zeit von ihr für den Kaiser kein Kreuzer ohne Extremitäten zu erlangen sein. Angesichts der Nothlage Hamburgs wartete Schönborn übrigens nicht erst den Bescheid seiner Regierung ab, um der Stadt seine diplomatischen Dienste zur Verfügung zu stellen und — wie er hoffte — „den Coup einigermassen zu pariren.“ Von den ver- schiedenen Unterredungen, die er damals zu Gunsten Hamburgs führte, ist namentlich die mit Menschikow bemerkenswerth. Selbst- verständlich protestirte er im Namen von Kaiser und Reich gegen das russische Vorgehen wider die Stadt. Ausserdem aber gab er Menschikow zu bedenken, in welche Lage er kommen würde, wenn die Hamburger sich entschlössen, ihre Thore zu sperren und ihr Geschick Gott und der Zeit anheim zu geben. In den Vierlanden, in Billwerder und dem übrigen Landgebiet würden die Russen keine Lebensmittel finden, da die Bewohner das Ihrige bereits ins Lüne- burgische geflüchtet oder nach der Stadt in Sicherheit gebracht hätten. Was er dabei gewänne, wenn er etwa die Zerstörung der Gärten anbeföühle und dadurch ein böses Monument zurückliesse? Auf diese Vorstellungen antwortete Menschikow unter anderem: falls sich ') Hagedorn, d. 6. und 12. Juni. (Kophg. A.) 2) Wien. A, Verwandte Angaben finden sich in einem Bericht Burchards vom 6. Juni: „Gemeine Bürgerschaft fängt an schwierig zu werden, dass die Stadt ein so ansehnliches Reichscontingent jährlich auszahlen muss und nicht die geringste Protection von Kaiser und Reich zu gewärtigen "hat.“ .(Berl. A.) 39 324 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Hamburg länger widerspenstig zeige, werde der König von Dänemark verabredetermassen seine Artillerie zur Verfügung stellen, um den Magistrat und die Stadt zur Raison zu bringen.') Das war freilich nur eine leere Drohung. Der Kopenhagener Hof war mit dem Vor- gehen der Russen gegen Hamburg durchaus nicht einverstanden und bevollmächtigte Hagedorn wiederholt, zur Beilegung des Confliets seine guten Dienste anzubieten.”) Vorübergehend hatten die Hamburger wirklich daran gedacht, ihre Gärten und Ländereien dem Feinde preiszugeben oder gar selbst unter Wasser zu setzen und innerhalb der Wälle den Bedrängern zu trotzen, bis Hülfe kommen würde. Doch musste der Erfolg eines solchen Entschlusses höchst zweifelhaft erscheinen; denn die Hülfe der Hamburg wohlgesinnten Staaten war fern und unsicher, während der russische Einbruch in das hamburgische Gebiet jeden Augenblick stattfinden konnte. Vielleicht wäre Hamburg geholfen worden, wenn Preussen sein Ansehen und seine Macht für die Stadt eingesetzt hätte. Bei der ausserordentlich schwierigen und exponirten Lage, in der sich dieser Staat damals befand, war es jedoch dem jugend- lichen König Friedrich Wilhelm I. nicht zuzumuthen, sich um Ham- burgs willen mit dem Zaren zu überwerfen. So sehr das Berliner Cabinet daher auch das Verfahren Menschikows missbilligte, trat es doch aus seiner Zurückhaltung nicht heraus.?) Anderseits war für Hamburg zu der von den Russen drohenden Gefahr noch eine zweite hinzugekommen. Der Heerführer der aus dem schleswig-holsteinischen Feldzug zurückkehrenden sächsischen Truppen, Graf Flemming (der bekannte Günstling August des Starken), nahm ebenfalls eine drohende Miene an. Er hatte sich bereits im Anfang des Jahres 1713 in Hamburg aufgehalten und es damals ausser- 1) Hagedorns Bericht vom 13. Juni. ?) Erlasse an Hagedorn vom 12. und 15. Juni. (Kophg. A.) 3) In dem Erlass an Burchard vom 10. Juni erklärt die preussische Regierung ihre Bereitwilligkeit, dazu zu contribuiren, „dass die Stadt auf leidliche condi- tiones sich aus dieser ihr abermals zustossenden Verdriesslichkeit extrieiren könne.“ Ferner heisst es u. a.: „Das beste Mittel, der Sache abzukommen, würde wohl darin bestehen, dass die Stadt den Fürsten Menschikow zu ge- winnen suchte, und würde sich sonder Zweifel dazu schon Mittel und Gelegen- heit finden.“ — Als man etwas später in Wien den König von Preussen wegen seiner bei dieser Angelegenheit bekundeten Indifferenz tadelte, erklärte der dortige preussische Gesandte: dass der König sich allein an die Spitze und den nordischen Conföderirten in die Augen stellen, folglich die Stadt wider solche nicht zu billigende Prätensionen schützen solle, sei ihm bei den gegenwärtigen gefährlichen Läuften kaum anzusinnen. Mörlin, den 28. Juni 1712. (Berl. A.) 36 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 325 ordentlich übel vermerkt, dass ihm vom Rath sehr viel weniger Auf- merksamkeit erwiesen wurde, als dem schwedischen Befehlshaber Graf Stenbock.') Worüber er sonst noch Klage führte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen?). Thatsache aber ist, dass er dem Rath durch den polnisch-sächsischen Legationssecretär Lehmann mit- theilen liess, auch er habe gegen die Stadt einige Beschwerden geltend zu machen. Er liess hinzufügen, es werde ihm am liebsten sein, wenn diese Beschwerden in der Stille und auf gütlichem Wege erledigt würden; sollte man sich hierzu jedoch nicht bequemen wollen, so werde er nach dem Abzug der Russen seine Truppen ins ham- burgische Gebiet einrücken lassen. Sowohl Graf Schönborn, der auch bei diesem Zwischenfall der Stadt seine guten Dienste — obschon wiederum erfolglos — zur Verfügung stellte, wie auch der Hamburger Senat gewannen den Eindruck, dass es sich bei diesem Ansinnen nicht um eine Staatsaction, sondern um einen Anschlag Flemmings zur Aufbesserung seiner persönlichen Finanzen handelte.”) Immerhin wurde durch seine Drohung die Schwierigkeit der Lage Hamburgs erhöht. Um nicht in unabsehbares Ungemach zu gerathen, galt es zunächst, sich mit den Russen auf einer annehmbaren Basis zu ver- ständigen. Schien es einerseits bedenklich, die Forderung Menschikows schlechthin abzulehnen, so war es anderseits unmöglich, sie im vollen Masse zu befriedigen. Somit empfahl es sich, zu versuchen, ihn zur Herabminderung seiner Ansprüche zu bestimmen. Die hierauf gerichteten Bemühungen waren erfolgreich. Menschikow liess von der ursprünglich geforderten Summe am 10. Juni 100 000 Thaler und am 13. nochmals das gleiche Quantum ab. Am letzteren Tage versprach er der Stadt auch sonst günstige Vertragsbedingungen, wenn spätestens bis zum ') .Das berichtete der hannoversche Resident Grafe bereits am 14. Januar 1713 (Hann. A.) Aus dem Kämmereiprotokoll vom 13. Januar geht hervor, dass Flemming genau so wie Stenbock regalirt wurde, dass ihm aber diese und andere Aufmerksamkeiten nicht sofort nach seinem Eintreffen in Hamburg erwiesen wurden, sondern erst, als sächsische Truppen in Hamm und Horm Quartiere genommen. 2) Noch am 16. Juni schrieb Burchard, „der General-Feldmarschall Flemming lasse sich nicht im geringsten vermerken, worin die gravamina bestehen, und wie gross er die Praetension machen werde. Das Gerücht aber gehet, dass er 500 000 4 prätendiren würde und die gravamina vornehmlich darin bestünden, dass die Stadt den Baron Manteuffel als Vicariats-Comissarium nicht erkennet, ihm, Feldmarschallen, nicht gleiche honores als dem Grafen Steinbok erwiesen, und dass sie hiebevor einem königlichen Kammerdiener Namens “Friedrich königliche Briefschaften abgenommen.“ ®) Auch Burchard gab in seinen Berichten vom 10. und 11. Juni der gleichen Auffassung Ausdruck. -] os 326 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 14. Morgens die Erklärung abgegeben werde, dass man 200 000 Thaler zu zahlen bereit sei; falls diese Zusage jedoch nicht rechtzeitig erfolge, werde er auf Zahlung der ursprünglich geforderten Summe von 400 000 Thalern bestehen, ferner seiner Armee unwiderruflichen Befehl zum Vorrücken geben und sie auf Unkosten der Stadt leben lassen, bis diese sich gefügt habe. Noch am 13. fand eine Rath- und Bürgerschaftssitzung statt, in welcher der Senat das erwähnte Ultimatum Menschikows mittheilte und zugleich auf die Gefahr hinwies, welcher der sehr beträchtliche russische Handel der Stadt und die in Moskau befindlichen hamburgischen Effecten ausgesetzt würden, wenn es zu keiner Verständigung käme. Die Bürgerschaft empfahl hierauf allerdings, noch einmal den Grafen Schönborn und die übrigen Gesandten anzugehen, gab jedoch gleichzeitig dem Rath die Ermäch- tigung, wenn dies erfolglos sei, dem Fürsten Menschikow die begehrten 200 000 Reichsthaler zu bewilligen. Die Gesandten riethen jetzt fast insgesammt, es nicht zum Aeussersten kommen zu lassen. Somit erachtete der Senat sich für befugt und verpflichtet, auf die letzte Forderung des Fürsten einzu- gehen. Zufolge dessen konnte das russisch-hamburgische Zerwürfniss bereits am 15. Juni durch einen in Wandsbeck geschlossenen Vertrag beglichen werden.') Hamburg übernahm es, 100 000 Thlr. in 3 Tagen, die gleiche Summe theils nach 3, theils nach 6 Monaten zu entrichten. Menschikow gab dagegen die Versicherung, dass die Huld des Zaren der Stadt wiedergeschenkt und jegliche Beschwerde abgethan sein solle. Er verhiess nicht nur, dass die aus Holstein abmarschirenden russischen Truppen dem hamburgischen Gebiet keinen Schaden zufügen sollten, sondern er versprach auch dafür zu sorgen, dass die polnisch- sächsischen Truppen die Stadt und ihr Territorium nicht behelligten. Ueberdies wurden dem hamburgischen Handel die bisherigen Privilegien, die Rechte der zumeist befreundeten Nationen und sonstige Vor- theile zugesichert.?) ') F. Martens, Recneil » des traites et conventions conclus par la Russie. T. V. 8. 79—82. ?) Der betreffende Artikel des Vergleichs lautet in der im hamburgischen Staatsarchiv befindlichen Ausfertigung: „Ingleichen wollen wir (Fürst Men- schikow) auch 5. dem hiesigen Commercio alle diejenige emolumenta und Privilegien, die entweder dasselbe oder andere Amieissimi bis hieher ge- nossen, fernerhin verschaffen, und dass selbes gleiche Freyheit in denen von Schweden occupirte Landen geniessen, und gleichergestalt die Fahrt und negoce auf feindliche Landen, soweit dieselbe nicht mit Contra- banden geschieht, ohne Hindernüs zugelassen, ingleichen in solchen Landen der Stadt Hamburg und Dero Einwohnere und Unterthanen prompte justice BIS Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 327 Dass nach Herstellung des guten Einvernehmens Menschikow persönlich nicht mit leeren Händen abzog, und dass vor dem endgültigen Abmarsch der Moscoviter noch manche sonstige Neben- ausgaben zu berichtigen waren, erscheint unter den damaligen Ver- hältnissen fast selbstverständlich. ) Flemming wurde wegen der sächsischen Praetensionen mit 12000 Dukaten abgefunden. ?) Am 22. Juni, also 7 Tage nach dem Abschluss des Wands- becker Vertrages, empfing Schönborn das kaiserliche Proteetorium speciale für Hamburg. Zweifelsohne hatte die Kunde von Menschikows Gebahren am Wiener Hofe tiefen Eindruck gemacht. Der am 13. Juni eingetroffene Bericht Schönborns hatte zur Folge gehabt, dass bereits am 14. Instructionen an den Letzteren, sowie Abmahnungsschreiben an den Fürsten Menschikow und den Zaren abgefasst worden waren. Von gleichem Tage sind drei kaiserliche Erlasse an die massgebenden Fürsten des niedersächsischen Kreises (den König von Preussen, den wiederfahren soll.“ Die Ratification des Vergleichs durch Peter den Grossen erfolgte am 11. Mai 1714 (30. April a. St.). Sie lautet in der dem russischen Original angebogenen deutschen Uebertragung (Hamb. A.) wie folgt: Wir PETER der Erste von Gottesz Gnaden, Czaar und Selbsthalter Aller Reussen etc. ete. etc. Thun hiemit allen dem (Sic) es zukomt zu wissen, dass nach dem Unser General Felt Marschall Fürst von Menschikow im verwichenen 1713 Jahre d. 4 Juny zu Wansbek mit der freyen Röhmischen Reichs Stadt Hamburg wegen Unserer wieder dieselbe habenden gerechtsahmen gravaminis (Sie), auch Ihrer biss dahin gegen Unss übelgeführten conduite 200 : : gegen Rechnung einer Summe von Ba zu Unserer Satisfaction völlig verglichen: Alss wollen Wir obgedachten Vergleich hiedurch ratihabieren, auch alle und jede von erwehnten Stadt Hamburg Unss zugeführte torts und Unsere gehabte praetensiones nachlassen; und der Vergessenheit anheimb stellen, exeipierende die Schulden Unserer Untherthanen, so dieselbe im Handel, baar, auff Obligations oder andere Beweissthümer stehen haben, welche zu restituiren sind. Auch verstatten Wir dem Hamburger Commereio alle die- jenigen privilegia und emolumenta so sie biss hiehero bey Archangel gehabt, gleichergestalt zu St. Petersburg; In den von Schweden conquetierten Provincien und Städten aber werden dieselben gleichfahlss den Handel unter gewöhnlicher Abtragung der Zöllen und anderen nach denen constituirten derselbigen Städte Reguln treiben; Gegeben zu St. Petersburg anno Christi 1714, 30. Aprilis, Unserer Regierung in 32 Jahre. PETRUS. ) Die Gesammtausgaben „wegen der moscovitischen Affaire“ betrugen allein im Juni 1713 nach den Kämmereirechnungen über 390 000 #, wovon 300 000 # vertragsmässig ausgezahlt werden mussten; von dem Rest erhielt Menschikow persönlich 60 000 #. 2) Nach den Kämmereirechnungen (Eintragung vom 10. Juli 1713) erhielt er „12000 Dukaten, mit dem Agio von 3°/s pt. = 74 610 #.“ 39 328 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Kurfürsten von Hannover und den Herzog von Braunschweig-W olfen- büttel) datirt, in denen diese aufgefordert werden, nöthigenfalls gegen Menschikow mit bewaffneter Macht vorzugehen. !) Es könnte daher die Vorstellung entstehen, dass Hamburg vielleicht, wenn es sich weniger schnell gefügt hätte, der russischen Brandschatzung völlig entgangen sein würde. Indessen erscheint es bei der sehr geringen Geneigtheit Preussens, sich in die Angelegenheit zu mischen, sehr zweifelhaft, ob der Ausgang für Hamburg ein slücklicherer gewesen wäre, falls man bis zum Eintreffen der kaiser- lichen Erlasse Stand gehalten hätte. Ohne über militärische Macht zu ver- fügen oder ein unmittelbar bevorstehendes Eingreifen der niedersächsi- schen Kreisstände in Aussicht stellen zu können, hätte Schönborn sicher auch nach den erwähnten kaiserlichen Kundgebungen nicht mehr er- reicht, als zuvor. Wie wenig blosse Demonstrationen bei den Russen verschlugen, zeigte sich aufs neue, als Lübeck in ähnlicher Weise und unter ähnlichen Vorwänden, wie Hamburg, von Menschikow bedroht worden. Von dieser Reichsstadt gleichfalls um Beistand er- sucht, glaubte Schönborn berechtigt zu sein, das unmittelbar vorher empfangene Protectorium für Hamburg als für Lübeck nicht minder gültig zu betrachten. Er richtete deswegen an Menschikow ein um- fangreiches Schreiben, in welchem er es nicht an kräftigen Protesten wider das eigensüchtige und gesetzwidrige Treiben des Fürsten auf dem Boden des Reiches fehlen liess und zugleich mit reichsverfassungs- mässigen Gegenmassregeln drohte. ?) Menschikow liess sich dadurch jedoch nicht beirren, mit Lübeck nach der gleichen Methode, wie mit Hamburg, zu verfahren und dort ebenfalls seinen Willen durchzusetzen. Auch die Hanse- stadt an der Trave musste die Wiederherstellung des ohne ihre Schuld getrübten Einvernehmens mit Russland durch eine Geldzahlung erkaufen. In den Sendschreiben, die der Kaiser zu Gunsten Hamburgs an die Fürsten des niedersächsischen Kreises gerichtet hatte, wurden diese zum Einschreiten aufgefordert, „damit nicht einschleiche und scheine, als ob einem jeden frei und erlaubet sei, in dem werthen Vaterland, dessen Ständen oder Unterthanen zu schalten, zu handeln und wandeln oder zu misshandeln, wie es jedem einfällt oder beliebet, gleichsam ob wäre kein Schutz, Gesetz oder Recht mehr zu erhalten.“ °) ') Vgl. Fabri, Europäische Staatskanzlei, 28. Thl. S. 322 ff. ) Schreiben Schönborns an den Rath von Lübeck und an Menschikow vom 22. Juni 1713. (Lüb. A.) °) Fabri, Europäische Staatskanzlei, 25. Thl. S. 326. 40 > Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 329 Insofern der Kaiser nicht im Stande war, die Vergewaltieung der beiden nordalbingischen Reichsstädte zu verhindern oder zu re- dressiren, hatte er selbst in den obigen Worten das Urtheil über die damaligen Zustände des heiligen römischen Reiches gefällt. II. Hamburg unter dem Einfluss der letzten nordeuropäischen Pestepidemie. In der Zeit von 1708 - 1715 grassirte die Bubonenpest zum letzten Male auf deutschem Boden. Seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts hatte sie in Konstan- tinopel und an der unteren Donau gehaust und war 1704 bis Polen vorgedrungen. Von dort breitete sie sich in zwei verschiedenen Richtungen aus. Einerseits gelangte sie nach Schlesien, Mähren, Böhmen, dem Erzherzogthum Oesterreich und Steiermark und erreichte donauaufwärts als westlichsten Punkt im südlichen Deutschland die Reichsstadt Regensburg. Anderseits nalım sie von dem eigentlichen Polen aus ihren Weg nach Westpreussen, sowie nach Ostpreussen, Kurland, Lievland und Pommern. Die alten Hansestädte Danzig, Stralsund, Stettin wurden aufs furchtbarste heimgesucht. Von den südlichen Gestaden der Ostsee drang die Seuche 1710 und 1711 nach Schweden und Dänemark, wo namentlich Carlskrona und Stockholm, Helsingör und Kopenhagen betroffen wurden. Von Seeland aus soll die Pest durch dänische Schiffe, welche Truppen transportirten, nach der Kieler Bucht gelangt sein. Friedrichsort und Schloss Kiel wurden infieirt. Die Stadt Kiel selbst blieb verschont. Dagegen richtete die Pest in mehreren anderen holsteinischen Städten, wie Rendsburg, Itzehoe, Glückstadt und schliesslich auch in Altona arge Verheerungen an.') Schon im Sommer 1712, noch ehe sie in Altona und Hamburg aus- gebrochen, verbreitete sie sich auf dem linken Elbufer, wo sie zunächst im Herzogthum Bremen grassirte und von dort ans auch die Reichsstadt Bremen und einige Gegenden von Hannover?) und Oldenburg”) erreichte. ı) Vgl.C. Mahr, Historischer Ueberblick über die Pest in Schleswig-Holstein im Jahre 1711 im Deutschen Archiv f. Gesch. d. Mediein (Lpzg. 1579) 2. Band, S. 261 ff. ?) Ueber den Verlauf der Epidemie in Bremen belehrt eine im Brem. A. befindliche handschriftliche Darstellung von Dr. Amold Wienholt (Geschichte der in den Jahren 1712 und 1713 in der Stadt Bremen und ihrem Gebiet geherrschten Pest). In dieser finden wir auch die Angabe, dass jener Zeit sich im Kurfürstenthum Hannover in 3 Städten und 9 Dörfern Pestfälle zugetragen. 3) In Oldenburg wurden die Ortschaften Ovelgönne, Strückhausen (1713) und Nordermoor (1715) betroffen. (Old. A.). 41 22 390 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. In Hamburg stellten sich im Herbst 1712 die ersten Pestfälle ein. Es dürfte schon aus diesen Andeutungen erhellen, dass die Pest die Stadt damals keineswegs jählings überfiel, sondern sich ihr ganz allmählich näherte. Man war daher in der Lage, die jener Zeit üblichen Vorsichtsmassregeln zu ergreifen, womit man sich umsomehr beeilte, als Hamburg ja schon manche schreckenvolle Pestepidemie durchgemacht hatte und sich die älteren Bewohner der Stadt wohl noch der Leiden der letzten Pestzeit von 1663 — 1665 erinnern mochten. Bereits im Anfang des Jahres 1705 machte der Hamburger Senat den Behörden der Nachbarstadt Altona über die ersten von ihm gegen die Pest ergriffenen Massregeln Mittheilung und forderte sie auf, in der Abwehr der Seuche mit ihm gemeinsame Sache zu machen.') Von den fortgesetzten Bemühungen des Hamburger Rathıs, die Stadt vor der zunächst nur aus der Feine drohenden Gefahr zu behüten, legt ferner eine Reihe mit dem 30. December 1707 beginnender Mandate Zeugniss ab.”) Zu verschärften Massregeln sah man sich in Hamburg namentlich veranlasst, seitdem Danzig von der verderblichen Seuche ergriffen war. Ein Mandat vom 12. August 1709 befahl, niemand, der aus dem Königreich Polen, Danzig und anderen inficirten Orten seckommen, an den Thoren und Bäumen zuzulassen und überhaupt jeden zurückzuweisen, der nicht vermittelst eines obrigkeitlichen Attestes aus einer mindestens 10 Meilen von Hamburg entfernten Stadt nachweisen könne, dass er aus einem reinen und gesunden, d. h. nicht infiecirten Orte komme. Eim 4 Tage später erlassenes Mandat wandte sich an die Bewohner des hamburgischen Land- gebiets. Diesen wurde darin untersagt, aus der Fremde eingetroffene Personen oder Waaren ohne vorgängige Erlaubniss des Landherrn zu beherbergen oder anzunehmen. Auch so!lten sie selbst bis auf weiteres die Stadt nicht betreten, ohne mit einem von dem Land- herrn unterschriebenen Legitimationsschein versehen zu sein. Dürfte es verhältnissmässig leicht gewesen sein, die Ein- wohnerschaft des hambnurgischen Landgebiets zu überwachen, so scheint es dagegen keine geringe Schwierigkeit bereitet zu haben, zu ') Schreiben des Hamb. Senats an den Präsidenten, Bürgermeister und Rath von Altona vom 5. Januar 1705. (Alt. A.) ?) Die durch die damalige Pestepidemie hervorgerufenen Mandate sind meist in Klefekers Ausgabe der hamb. Mandate Band II abgedruckt; doch finden sich sowohl im Hamb. Staatsarchiv, wie in der Stadtbibliothek und in der Commerz- bibliothek besondere Sammlungen. 42 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 39 verhindern, dass die Fremden sich der vorgeschriebenen Controlle ent- zogen. Manchen gelang es, verkleidet und auf Nebenwegen in die Stadt einzuschleichen; andere benutzten das Gedränge an den Thoren, um unbemerkt an den Aufsehern und der Wache vorüberzukommen. Um solchen Ungehörigkeiten vorzubeugen, wurde eine Reihe neuer Verfügungen erlassen. Wer beim Einschleichen in die Stadt oder deren Gebiet ertappt worden, sollte sofort verhaftet und gleich seinen Helfershelfern exemplarisch bestraft werden, während dem- jenigen, der eine solche Umgehung der obrigkeitlichen An- ordnungen zur Anzeige bringen würde, eine Belohnung in Aussicht gestellt und Verschweigung des Namens verheissen ward. ; Ferner wurde befohlen, dass man sich beim Eintritt in die Stadt oder in deren Gebiet nur der Landstrassen zu bedienen habe, nicht aber der Nebenwege (bei der Landwehr, am. Hammerbrook), mit deren Ueberwachung besondere Patrouillen betraut wurden. Durch andere Vorschriften wurde die Controlle an den Thoren ver- schärft. Auch die Bewohner der Stadt waren von derselben nicht befreit; sie mussten, wenn sie zum Thor hinauswollten, mit einer Marke versehen sein, die sie bei ihrer Rückkunft wieder abzuliefern hatten. Das Millernthor, wo der Zudrang am grössten war, sollte eine halbe Stunde früher als gewöhnlich geschlossen und bereits eine Stunde vor der Schliessung für den Verkehr von Wagen und Pferden gesperrt werden. Auf der Alster ausserhalb des Baumes sollte naclı Thorschluss kein Kahn oder sonstiges Fahrzeug geduldet werden. Eine wesentliche Vervollständigung erhielten diese Massregeln durch die im August des Jahres 1710 eingeführte Ueberwachung der Wirthshäuser und sonstigen Fremdenquartiere. Sämmtliche Wirthe, Gastgeber, Krüger und alle, die sonst Fremde beherbergten, wurden verpflichtet, keinen von auswärts eingetroffenen Gast aufzunehmen, der nicht mit einem am Thor unterschriebenen vorschriftsmässigen Pass versehen war. Die Liste der Angekommenen sollte von. den Wirthen allabendlich den Bürgercapitänen übergeben werden. Diese aber sollten nicht nur auf gewissenhafte Beobachtung dieser Vor- schriften dringen, sondern sich „Haus bei Haus, in Kellern, Buden und -Sählen“ naclı den dort etwa anwesenden Fremden erkundigen und das Resultat ihrer Visitationen, sowie sämmtliche ihnen zuge- kommene Nachrichten über das Fremdenwesen ihren Colonelherren (d. i. den Rathsherren, die dem Bürgermilitär vorgesetzt waren) unverzüglich mittheilen. Mit noch grösserem Argwohn, als die übrigen Fremden, wurden damals die auswärtigen Juden betrachtet. Schon in dem 48 a 22* 332 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. erwähnten Schriftstück, das der Hamburger Ratlı Anfang Januar 1705 an die Altonaer Behörden richtete, wurde namentlich die Notl- wendigkeit betont, die zahlreichen wegen der Pest geflüchteten, mit alten Kleidern handelnden polnischen Juden fernzuhalten. Das Mandat vom 30. December 1707 verbot den polnischen Juden ausnahmslos den Eintritt in die Stadt. Weiter noch- ging ein Mandat vom 29. Januar 1710. In Anbetracht, dass Waaren, an denen die Contagion hafte, alte Kleider, Bettgerätl, Haare, Rauchwerk, Wolle, Flachs, Hanf, Federn, nicht nur durch polnische, sondern auch durch andere Juden eingeschleppt werden könnten, wurde darin verfügt, dass sämmtliche in Hamburg anwesende, nicht schutzverwandte Juden binnen 14 Tagen das Gebiet der Stadt räumen sollten.) Bedeutsamer, als alle bisher angeführten Massregeln, war die im Sommer 1710 erfolgte Einsetzung eines besonderen Sanitätscollegiums, das zunächst aus 2 Rathsmitgliedern und einer grösseren Anzahl von Bürgern bestand.”) Die Vertreter des Senats waren Syndieus Garlieb Sillem und Ratlısherr Reimbold, von denen der Erstere, einer der würdigsten und begabtesten Männer, die Hamburg jener Zeit besass, sich der Leitung des Collegiums mit Einsicht und Energie gewidmet hat. Selbstverständlich wurden die beiden Physici Dr. Biester und Dr. Schultz ?) als Sachverständige zu den Berathungen hinzugezogen. Vermuthlich ist schon das am 5. November 1710 erlassene Mandat unter dem Einfluss des Sanitätscollesiums entstanden. In der Einleitung erklärt der Senat, dass er selbst alle ersinnlichen Ver- anstaltungen getroffen habe, um die gefürchtete Seuche von Hamburg fern zu halten. Auch hege er zu den Bürgern und Bewohnern der Stadt das Vertrauen, dass sie sich nicht nur gegen Gott bussfertig zeigen und ihn um Abwendung des stadtverderblichen Uebels anflehen, sondern ') Dies Mandat wurde durch ein späteres vom 5. November 1710 ein wenig modificirt. Das letztere verordnete, dass Juden, gleichviel woher sie kämen, und wenn sie noch so richtige Pässe hätten, den hamburgischen Boden nicht ohne specielle Erlaubniss betreten und auch, wenn sie solche Erlaubniss erlangt hätten, keine Kleider, Betten und sonstige Güter, „welchen das Gift leichtlich anklebet,“ in die Stadt bringen dürften. Nach dem Protocoll der Commerzdeputation vom 7. August 1710 sollte das Collegium zunächst aus Vertretern des Raths, der Oberalten, der Kämmerei- bürger und zwei Commerzdeputirten gebildet werden. Erst am 15. September kam die Angelegenheit an die Bürgerschaft, welche diejenigen Mitglieder der (Juli 1709 ernannten) Deputation der Hundertmänner, die nicht Hundert- achtziger waren, bevollmächtigte, mit dem Rath die erforderlichen sanitären Anstalten zu treffen. ») Vgl. über diese Gernet, Mittheilungen aus der älteren Medicinalgesch. Hamburgs, S. 264 und 257. 18 44 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 335 zugleich pflichtgemäss alles thun würden, was zur Erreichung des vorgesetzten heilsamen Endzwecks dienlich sein könne. Es folgen dann 14 Verfügungen, die theils früher Verordnetes wiederholen, theils neue Vorschriften enthalten. Einiges möge daraus hervor- gehoben werden. Wie der Rath selbst bereits dafür Sorge getragen, dass Märkte und Gassen täglich von allem Unflath gesäubert werden, so sollen sämmtliche Einwohner ihre Häuser vor Unsauberkeit bewahren. Wer bisher Schweine gehalten hat, soll sie binnen 48 Stunden hinausschaffen. Der bevorstehende Schweinemarkt soll ausserhalb des Steinthors stattfinden. Der Handel mit alten Kleidern wird vollständig untersagt. Die früher nur für Fremde angeordnete Pass- eontrolle erstreckt sich fortan auch auf die Einheimischen, die sich zeitweilig auswärts aufzuhalten veranlasst sind. Diese sollen sich nicht nur vor der Abreise in Hamburg mit einem Pass versehen, sondern am Endziel ihrer Reise sich einen neuen Pass ausstellen und ihn auf ihrem Heimweg, von Ort zu Ort, amtlich unterschreiben lassen und bei der Rückkunft in Hamburg vorweisen, um darzuthun, dass weder sie, noch die Güter, die sie bei sich führen, in infieirten Gegenden gewesen. Der Handel mit Polen, Preussen, Kurland und Lievland, Vorpommern, Stockholm und anderen pestverdächtigen Orten wird gänzlich verboten. Auch Briefe sollen von dort nicht ange- nommen werden. Wer Briefe von zweifelhafter Herkunft empfängt, soll sie nicht erbrechen, bis sie gut durchräuchert sind. Aus einigen weiteren Bestimmungen des Mandats ist ersichtlich, dass man sieh von allen diesen Vorsichtsmassregeln doch keinen unbedingten Schutz versprach. Alle Aerzte und Wundärzte wurden ermahnt, sobald sie an ihren Patienten verdächtige Anzeichen ver- spürt hätten, dem Physicus davon sofort Anzeige zu machen. Leichenbitter und Leichenbitterinnen wurden angewiesen, bei keiner Leichenbestattung zu helfen, ehe der Namen des Verstorbenen, die Krankheit, der er erlegen, und der Arzt, von dem er behandelt, den Weddeherrn gemeldet worden wären. Ferner wurden die Bewohner der Stadt aufgefordert, sich für den kommenden Winter mit Mehl, Butter, Salz, Holz und anderen unentbehrlichen Dingen zu versehen, da man nicht wissen könne, was Gott demnächst über die Hamburg benachbarten Provinzen oder gar über die Stadt selbst verhängen werde. In der gleichen vorsorglichen Gesinnung wurde bereits im Anfang des Jahres 1711 zu der Bestellung von Pestärzten geschritten. Ein Reglement vom 1. Februar d. J.') unterscheidet ihre Verpflich- ı) Hamb. A. 394 Hambnrg während der Pestjahre 1712—1714. tungen vor und nach Ausbruch einer Epidemie. Schon vor Constati- rung einer solchen sollten sie zur Verfügung stehen und, so oft es der Rath, das Sanitätscollegimm oder der Physicus verlange, sich willig finden lassen, innerhalb und ausserhalb der Stadt!) Erkrankte und Leichen zu untersuchen, und darnach zu beurtheilen, ob sich Anzeichen ansteckender Krankheiten bei ihnen fänden. Auch sollten sie ihre Ansichten über die Mittel, um der Pest vorzubeugen, wie um sie zu heilen, schriftlich darlegen. Ferner gehörte zu ihren Pflichten, zusammen mit den Physieis die Apotheken fleissig zu visitiren und darauf zu achten, dass diese mit allen in Pestzeiten erforderlichen Arzneien hinlänglich versehen seien. Ausserdem wurde vorbehalten, sie bei gegebenem Anlass einzuladen, an den Sitzungen des Sanitäts- collegiums theilzunehmen. Solange es sich nur um eine solche vorbereitende und vorbeugende Thätigkeit handelte, sollten die Pestärzte ihre Privatpraxis beibehalten können. Sobald sich jedoch wirklich eine „ansteckende oder contagiöse Seuche“ spüren lasse, sollte es ihnen nicht mehr gestattet sein, andere, als an solcher Krankheit daniederliegende Patienten zu besuchen. Ihre Wohnung sollten sie alsdann durch Anzeige in den Zeitungen und durch Zeichen an ihren Häusern kundbar machen, so dass jeder sie ohne Mühe finden könne. Ihres Amtes sollten sie treu und fleissig walten, alle Patienten, sie seien reich oder arm (jedoch mit dem Unter- schied, dass sie sich von den Wohlhabenden gebührlich bezahlen lassen könnten) innerhalb oder ausserhalb der Stadt, wenn es von ihnen verlangt würde, besuchen, sich nach der Be- schaffenheit der Krankheit sorgfältig erkundigen, nach Befund der Umstände Arzneien zur Cur, wie zur Diät verordnen und deren rechten Gebrauch den Patienten und ihren Wärtern umständlich be- schreiben. Den ihnen untergeordneten Pestchirurgen und Pest- bedienten sollten sie geduldig Gehör schenken und ihnen genaue Anweisung ertheilen. In allem sollten sie sich mit dem Physicus und Subphysieus berathen und sowohl diesen, wie insbesondere dem Sanitätscolleg zulänglichen Bericht erstatten. Als Honorar wurde ihnen für die Zeit vor Constatirung der Seuche 10 Thlr. monatlich,?) während der Dauer der Epidemie und noch 6 Monate nach erfolgter ') „Jedoch sollen ihnen, wenn sie weiter als das neue Werk oder Hamburger ) g Berg visitationes verrichten, von dem p. t. Landherrn die Fuhren wie auch die benöthigte Spesen gutgethan werden.“ =} Aus den Kämmereirechnungen ergibt sich, dass dieser Satz später erhöht wurde. 46 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 339 Kündigung 50 'Thlr. monatlich verheissen. Charakteristisch ist, dass man es für nöthig hielt, den Pestärzten das Recht, ihrerseits zu kündigen, abzusprechen. Hatten somit die Behörden manches gethan, um dem drohen- den Feind entgegenzuwirken, so scheint es dagegen, als ob die Be- völkerung es an der nöthigen Vorsicht fehlen liess. Verschiedene Mandate beginnen mit dem Ausdruck der Klage darüber, dass die Anordnungen der Obrigkeit zu schlecht befolgt würden. Ein Mandat vom 18. September 1711 appellirt deswegen aufs neue an den Patrio- tismus und das Pflichtgefühl der Bewohner Hamburgs. Es möge jeder mit seinem Gewissen zu Rathe gehen, wie sehr er sieh an seinen Mitbürgern und Mitchristen, an den Seinigen, wie an sich selbst ver- sündigen werde, wenn durch sein Verschulden oder Verschweigen etwas Ansteckendes in die Stadt komme. Anfs neue wird ein stiller und bussfertiger Wandel empfohlen, zu fleissigem Besuch der Sonntags- und Wochentagspredisten, wie auch der ‚gewöhn- lichen Betstunden aufgefordert und die Ermahnung hinzugefügt, sich auch der zu anderen Zeiten erlaubten Krgötzlichkeiten zu enthalten. Im übrigen enthält das Mandat ein Verbot, des Abends auf der Strasse mit Musik herumzuziehen und eine ernente Einschärfung der Vorschriften über Controllirung des Fremdenverkehrs. Die grösste Belntsamkeit in letzterer Beziehung schien jetzt um so mehr geboten, als die Pest, wie bereits angedeutet, im Jahre 1711 in Kopenhagen wüthete und von dort ins schleswig-holsteinische Gebiet verschleppt wurde. Abgesehen davon, dass hierdurch die Mögliehkeit der Ansteckung für Hamburg noch grösser geworden, hatte die Stadt darunter zu leiden, dass bereits in diesem Jahr sich das Gerücht ver- breitete, die Pest sei wirklich bereits bis zu ihr vorgedrungen. — Solche unwahre Nachricht tauchte zum Schrecken der Hamburger in Amsterdam und London auf und drohte den hamburgischen Handel aufs empfindlichste zu schädigen. Man machte deshalb die äussersten Anstrengungen, um alle Zweifel an dem befriedigenden Gesundheits- zustand Hamburgs namentlich in England zu zerstreuen. Zu diesem Behuf wurde ebensowohl die englische Handelsgesellschaft in Hamburg (der sog. English Court), wie auch der kaiserliche Gesandte beim niedersächsischen Kreis veranlasst, nach London zu schreiben und zu bezeugen, dass das erwälnte Gerücht jedes Grundes entbehre. Auch nach anderen Richtungen entsandte man Gesundheitsatteste und sonstige beruhigende Erklärungen, konnte jedoch nicht 47 396 Hamburg während der Pestjahre 1712--1714. verhindern, dass wenigstens zeitweilig hamburgische Schiffe in den Häfen von Malaga, Cadix, ja selbst von Rouen abgewiesen wurden.') Um so wichtiger war es, dafür zu sorgen, dass jene vor- eiligen Sensationsnachrichten nicht nachträglich doch noch zur Wahr- heit wurden, und vor der Einschleppung des Uebels aus den dänischen Gebieten auf der Hut zu sein. Schon im August 1711 wurde ange- ordnet, dass die aus der See nach Hamburg kommenden Schiffe von der Nordseite der Elbe weder Personen noch Waaren aufnehmen dürften; Schiffer, Schiffsvolk und Passagiere sollten bei ihrer Ankunft in Hamburg eidlich erhärten, dass dieser Vorschrift nicht zuwider gehandelt sei. Im folgenden Jahre griff die Pest in Holstein immer mehr um sich und drang ausserdem, wie schon erwähnt worden ist, über die Elbe in das Herzogthum Bremen ein, wo namentlich Stade arg betroffen wurde. Eine neue Anweisung über die Hand- habung der Controlle an den Hamburger Thoren bestimmte daher, dass Personen aus Gegenden, die von der Pest heimgesucht worden, wie Rendsburg, Itzehoe, Glückstadt, Crempe und die Cremper Marsch in Holstein, Stade und der District Hamelwörden am linken Elbufer, durchaus fernzuhalten seien. Auch abgesehen hiervon erschien es nothwendig, den Verkehr am Millernthor und Dammthor noch mehr als zuvor einzuschränken. Das Millernthor sollte an Sonn- und Festtagen gänzlich geschlossen bleiben, und auch am Montag sollten (durch dieses Thor keine Fussgänger herausgelassen werden. Das Dammthor sollte zwar am Montag, wie an allen anderen Wochen- tagen, geöffnet sein, am Sonntag jedoch nur während eimer Nach- mittagsstunde und zwar ausschliesslich für den Post- und Reise- verkehr. Die letzterwähnten Verfügungen, die nicht nur von den Hamburgern, sondern auch von den Altonaern als sehr lästig empfunden wurden, gaben, wie bereits angedeutet, zu ‚Beschwerden der dänischen Regierung Veranlassung. Den Vertretern der anderen Staaten aber, die an der Seuchenfreiheit Hamburgs interessirt waren, erschienen diese Massregeln bei weitem nicht durchgreifend genug, ') Nach den Protocollen der Hamb. Commerzdeputation von 1711 und 1712. — Ein Attest der Hamburger Physici (vom 28. September 1711), in dem sie die vollständige Seuchenfreiheit der Stadt betheuern, beginnt mit den Worten: Ea fuit maleferiatorum quorundam insigenis impudentia dicam an maledicendi protervitas, ut rempublicam hane nostram apud exteros hinc inde contagiosae luis insimulare non erubuerint. (Hamb. A.) 4 92) Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 331 zumal seitdem die Pest bis Pinneberg und Rellingen vorgeschritten war. Nachdem zuvor schon die hannoversche Regierung den Rath zur äussersten Vorsicht im Verkehr mit den dänischen Ge- bieten gemahnt hatte, forderten am 5. September 1712 sämmtliche zur kaiserlichen Commission gehörige Gesandten, dass das Millernthor und Dammthor völlig geschlossen bleiben sollten, indem sie zugleich warnend hinzufügten, der Rath und die Stadt würden sich beim Kaiser und dem ganzen Reich die grösste Verantwortung aufladen, wenn durch die geringste Nachlässigkeit Hamburg und die an- grenzenden Länder in sonst zu verhütende Gefahr geriethen.!) Am 6. September wiederholte der preussische Resident Burchard im Namen seiner und der hannoverschen Regierung diese Forderung und verlangte überdies, dass die holsteinische fahrende Post nicht mehr zugelassen werde, sowie dass zur Vervollständigung der Grenz- überwachung eine Truppenaufstellung an der Alster stattfinde. Aehnliche Kundgebungen erfolgten von Seiten des hannoverschen und des englischen Gesandten. Derartigen Zumuthungen nachzugeben war aber für die Stadt um so bedenklicher, als dadurch Dänemark noch mehr gereizt worden wäre. Hagedorn erklärte ausdrücklich, sein König werde solche Massregeln ungnädig aufnehmen und gegen eine etwaige Absperrung Anstalten treffen, die der Stadt nicht gefallen würden. Wie so häufig, gerietı Hamburg auch bei dieser Gelegenheit in die Klemme zwischen den Anforderungen und Wünschen der verschiedenen Mächte. Um die Stadt aus dieser Lage zu befreien, versuchte der Senat eine Auskunft zu finden, indem er ein „Reglement, wie es bei dem Millern- und Dammthor gehalten werden solle“ entwarf, dem zufolge die genannten Thore nur am Sonntag völlig eeschlossen bleiben, an den übrigen Tagen aber unter gewissen Be- dingungen dem Verkehr zugänglich sein sollten. Diese Bedingungen waren so formulirt, dass dadurch der Verkehr allerdings noch mehr als zuvor eingeschränkt und controllirt, anderseits jedoch auch den Wünschen Hagedorns Rechnung getragen wurde. So sollten z. B. nach $ 6 bekannte Einwohner Altonas und Ottensens durchgelassen werden, wenn sie einen vom Präsidenten von Altona unterschriebenen Pass vorlegten, in dem ihre Person beschrieben und attestirt war, dass sie seit sechs Wochen an keinem inficirten Orte gewesen seien”), mit ') Dieses und die im Folgenden angezogenen Documente in den Anlagen zu den R. u. B.-R. vom 22. September 1712. 2?) Dass-Altona zur Zeit der Veröffentlichung dieses Reglements bereits selbst infieirt war, ist damals in Hamburg offenbar unbekannt gewesen, ergibt sich aber ans einem Schreiben des königlich dänischen Land- und Stadtphysieus 49 398 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. keinen von solchen Orten gekommenen Personen Umgang gehabt und auch keine Güter aus solchen Orten beherbergt hätten. Nach $ 9 söllten „vornehme, wohlbekannte und mit richtigen Pässen versehene Offiziere und Minister“ nebst ihren Bedienten an beiden Thoren (urchgelassen werden, wenn- sie selbst auf Ehrenwort, ihre Bedienten eidlich betheuerten, dass sie seit sechs Wochen in keinem inficirten oder pestverdächtigen Hause gewesen und nichts bei sich führten, als was sie am Leibe trügen. Die Bürgerschaft stimmte dem Regle- ment am 22. September zu. Die Gesandten Preussens, Hannovers und Englands erklärten dasselbe jedoch für unzureichend, während Hagedorn leidlich befriedigt war. Seinen kleinen Erfolg dankte er offenbar der Nähe der dänischen Kriegsmacht. Es war ein unglückliches Verhängniss, dass der hamburgische Senat, der mehrere Jahre hindurch so grosse Energie und Umsicht bethätigt hatte, um dem Eindringen der Seuche vorzubeugen, in diesem Augenblick, unter dem militärischen und diplomatischen Druck des mächtigen Nachbarstaates stehend, nicht ausschliesslich sanitären Rücksichten zu folgen vermochte. Wie emst er die Sachlage auf- fasste, zeigt der Umstand, dass er das Mandat vom 7. September 1712 von den Kanzeln verlesen liess. Dem Imhalte nach wich dasselbe aller- dings nur in wenigen Punkten von den vorausgegangenen EKrlassen ab. Eine Verschärfung der früheren Mandate war in der Drohung enthalten: „wer Personen und Gütern, die aus verdächtigen Orten kommen, wissentlich durchhelfe oder sie beherberge, solle ohne gerichtlichen Process, bloss ex decreto E. E. Ratlıs, nach Befinden als ein Verräther des Vaterlandes an Leib und Leben gestraft werden.“ Neu hinzu- sekommen war die Mahnung, sich in Krankheitsfällen vor Quacksalbern zu hüten und nur promovirte Aerzte und Amtschirurgen hinzuzuziehen. Gegen Ende des Septembers hielt die Pest in Wirklichkeit auf dem hamburgischen Gebiet ihren Einzug. Die ersten Fälle trugen sich m Langenhorn (im Gebiet der hamburgischen Geestlande)'), auf dem Hamburgerberg und in Hamburg selbst in Gerkens Hof, einem (sang bei der Böhmkenstrasse, zu. in Altona, Joh. Balthasar Hermamni, an den Oberpräsidenten der Stadt, in dem er bemerkt, dass die Pest am 14. September 1712 in Altona ausgebrochen sei. (Also ungefähr zwei Wochen früher, als in Hamburg!) Alt. A. ') Nach einem Schreiben v. Werpups, des Landdrosten von Lauenburg, an den Hamburger Senat (Ratzeburg, d. 6. October 1712), das auf einen Bericht des Letzteren über die Infection des Dorfes Langenhorn Bezug nimmt. (Comm. A.) 50 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 339 Die Uebertragung der Krankheit in das Innere der Stadt soll durch ein Mädchen verschuldet worden sein, das sich heimlich zu den dänischen Truppen nach Blankenese durchzuschleichen gewusst und von dort den Keim der Krankheit mitgebracht hatte. ') Man beeilte sich jenen Gang abzusperren, indem man ihn auf der einen Seite mit Brettern vermagelte, auf der andern mit einer Schildwache besetzte. Die Bewohner, gesunde und kranke, wurden auf öffentliche Kosten vortrefflich verpflegt?) und ärztlich überwacht. Trotz dieser Fürsorge hauste die Seuche unter ihnen ungefähr zwei Monate. Nach einem ärztlichen Bericht vom 28. November waren bis dahin von 53 Insassen des Gangs 35 von der Epidemie ergriffen und ihr 18 erlegen. Auch verhinderte die strenge Abschliessung dieser Peststätte nicht, dass das Uebel weiter um sich grif. Vom grünen Sood bis nach der Kaffamacherreihe wurden die verschiedensten Gegenden der Neustadt inficirt, wenn auch die Krankheitsfälle nirgends so zahlreich erfolgten, wie in Gerkens Hof. Auch die Altstadt blieb nicht völlig verschont. Wenigstens ist überliefert, dass Pestfälle in und bei der Spitalerstrasse und auf den Raboisen vorkamen. Wie aller Orten, wo die Pest sich zeigte, wurde ihr auch in Hamburg durch die socialen Missstände Vorschub geleistet.”) Unter den Nachwirkungen der inneren Wirren, sowie durch die kriegerischen Zeitverhältnisse hatten in Hamburg seit Jahr und Tag alle Erwerbszweige gelitten. Die Folge davon war, dass der Wohl- ') Diese Angabe findet sich in einem Bericht des hannoverschen Gesandten Grote vom 4. October (Hann. A.) und wird durch das angeführte Schreiben Werpups, sowie durch eine hamburgische Aufzeichnung bestätigt. Grote bezeichnet die Urheberin der Infection Hamburgs als „une gueuse“. ?) Schon in seinem Bericht vom 4. October 1712 meldet Lehmann, „dass die (am 30, September) eingesperrten Leute mit Essen und Trinken täglich sehr reichlich und wohl verpflegt würden“, und am 11. October gedenkt er des merkwürdigen Umstandes, dass sich in dem abgesperrten, verseuchten Gang zur Zeit vier Personen mehr, als bei dessen Schliessung, befunden hätten, „welche sich wegen des guten Essens und Trinkens, so die Versperrten be- kommen, über die Dächer hineinpraetisirt.“ 3) Vgl. die Bemerkung von Hirsch, Histor.-Geograph. Pathologie S. 365 f. „Ueber keinen Punkt in der Pest-Aetiologie besteht unter den Beobachtern der Krankheit an allen Orten und zu allen Zeiten eine so vollkommene Uebereinstimmung, wie über das enge Gebundensein der Krankheits-Ent- stehung und Verbreitung an die aus hygienischen Missständen hervorgehenden, wesentlich an die sociale Misere geknüpften Schädlichkeiten.“ Auch J. J. Reincke (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Mediein und öffentl. Sanitätswesen N. F. Bd. XXT. 2. 8.55) zählt Hunger und Elend unter die „wesentlichsten Hülfsursachen der Pest.“ öl 940 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. stand der Reichen gemindert ward, der Mittelstand sich nur eben über Wasser hielt, und die Angehörigen der ärmeren Volksklassen zum Theil in die trostloseste Lage gerathen waren. Zu dem Elend (der heimischen Bevölkerung kam das der fremden Hungerleider hinzu, die den Bedrängnissen der Kriegszeit zu entrinnen hofften und namentlich während des Winters 1712/13 die Stadt immer mehr überfüllten. Diese Massen nothleidender und von Kümmerniss verzehrter Menschen waren aber der Ansteckung besonders zugänglich, und so erklärt es sich auch, dass die Seuche namentlich in jenen dumpfen Gängen und Höfen grassirte, in denen der dürftigste Theil der hamburgischen Einwohnerschaft sein Dasein fristete. Was über das damalige Auftreten der Krankheit in Hamburg berichtet wird, weicht in keiner Weise von den sonst bekannten Erscheinungsformen derselben ab"). Für die sichersten Kennzeichen der Seuche galten Bubonen (die eigentlichen Pestbeulen), Karbunkel und Petechien. Mitunter nahm jedoch die Krankheit einen so raschen Verlauf, dass es gar nicht zum Hervortreten von Bubonen oder Karbunkeln kam, sondern heftige Fieber, verbunden mit Erbrechen, auch wohl mit Anfällen von Raserei einen raschen Tod herbeiführten. Anderseits stellten sich manchmal Bubonen und Karbunkel ganz ohne Fiebererscheinungen ein, so dass der Patient dabei herumgehen konnte. Diese Fälle galten für die günstigsten, insofern sie der Wiedergenesung die besten Aussichten boten. In der Regel dauerte die Krankheit 3—7 Tage, ausnahms- weise auch länger, bis zu 14 Tagen; doch galt nach dem 7. Tage die grösste Gefahr für überstanden. Bei der ärztlichen Behandlung der Krankheit kamen innere Mittel, Salben und chirurgische Eingriffe zur Anwendung. Beachtenswerth ist übrigens, dass sich in einer ärztlichen Aufzeichnung aus der Zeit der damaligen Hamburger Epidemie die Bemerkung findet, das Meiste müsse die Natur thun, die gelindeste Methode sei die beste; Specifica gegen die Pest seien noch nicht erfunden. Grosses Gewicht legte man auf Praeservative, durch die man die Hausgenossen der an der Pest Erkrankten und überhaupt alle diejenigen, die sich der Gefahr der Ansteckung aus- setzten, zu schützen suchte. Dass das Pestgift nicht nur an dem kranken Körper hafte, sondern sich der Umgebung desselben in mehr oder minder starkem ') Das Folgende nach Aufzeichnungen im Hamb. Staatsarchiv vom Jahre 1712, unter Benutzung der Schrift von Joh. Franz Beerwinckel: Excerpta quaedam ex observatis in nupera peste Hamburgensi. Jenae 1714. 52 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. tl Masse mittheile, und dass daher durch alles, was mit ihm in Berührung gekommen, die Ansteckung weiter verbreitet werden könne, war damals auch in Hamburg die allgemein herrschende Anschauung. Es lag daher den Behörden die Pflicht ob, nach Ausbruch der Pest zu ge- eigneten Isolirungsmassregeln zu schreiten. Das üblichste Verfahren in Pestzeiten war, alle Häuser, in denen sich verdächtige Krankheiten geäussert hatten, vollständig zu sperren und sämmtliche Insassen der inficirten Wohnungen an dem Verkehr mit den übrigen Bewohnern des betreffenden Orts zu hindern. Da hierin allerdings eine grosse Härte für die gesunden Hausgenossen der Pestkranken lag, so sann man auf Mittel, das gleiche Ziel in anderer Weise zu erreichen. U. a. wurde im Jahre 1712 m Hamburg auf Ver- anlassung des Sanitätscollegiums eine Schrift gedruckt, die den Vorschlag entwickelte, Pestsocietäten zu bilden. Danach sollten die Bewohner von je 3 (event. d oder 5) Nachbarhäusern sich darüber verständigen, sobald in einer ihrer Wohnungen die Seuche ausgebrochen, das eine Haus den Inficirten oder Pestverdächtigen, die übrigen Häuser aber den Gesunden einzuräumen.') Zur Anwendung sind diese Vorschläge nicht gekommen. Was sie bezweckten, erreichte man später in anderer Weise, insofern gegen Ende des Jahres 1712 ein besonderes Lazareth für Pestkranke, sowie ein Quarantainehaus für deren gesunde Hausgenossen und für die aus dem Pestlazareth entlassenen Reconvalescenten errichtet wurde. Beim ersten Ausbruch der Epidemie fehlte es freilich völlig an Anstalten dieser Art. Man versuchte mit dem alten Isolirungs- system auszukommen. Bei den Bewohnern von Gerkens Hof wurde es, wie erwähnt, in strengster Weise durchgeführt. Die hierfür ergriffenen 1) Die weitgehenden Hoffnungen, die der Verfasser der Schrift an die Verwirk- lichung seines Projects knüpfte, sind aus dem Titel zu ersehen. Dieser lautet: „Vorschlag eines unfehlbaren und handgreiflich richtigen Mittels, der befürchteten und einreissenden Contagion dergestalt zu begegnen, dass in jeder Stadt und Dörfern ohne beschwerliche Kosten wenigstens zwei Drittheil der Häuser von der Infection befreiet bleiben, die Gesunden und Kranken ihre vollkommene Versorgung erhalten, der anfallenden Furcht, als dem einzigen Zunder der Pest Widerstand geschehen und demnach alle Conversation unter denen Gesunden, imgleichen auswärtige Commercia, Correspondenz und Passage frei und offen bleiben könne.“ In der von Senator Lochau angelegten Sammlung von Drucksachen aus dieser Zeit findet sich bei der erwähnten Schrift der Vermerk, dass das Collegium Sanitatis „auf Gutbefinden eines Hochedlen Raths“ diesen Vorschlag drucken lassen, dass aber eine dement- sprechende Pestsocietät von wenigen oder fast gar keinen practisirt worden sei. 342 Hamburg während der Pestjahre 1712-1714. Massnahmen erregten das gıösste Aufsehen!) und bewirkten, dass die Infection Hamburgs in weiten Kreisen bekannt wurde. Es erscheint daher erklärlich, dass man von den übrigen, mehr zerstreut hervorgetretenen Pestfällen weniger Aufhebens zu machen wünschte.”) Der Rath begnügte sich damit, den Insassen der infieirten Wohnungen durch die Pestärzte bei Leibes- und Lebensstrafe einschärfen zu lassen, dass sie ihre Woh- nungen nicht verliessen und sich überhaupt jedes Verkehrs enthielten. Indessen sah „sich der Pestarzt Dr. Eyssener Ende November 1712 veranlasst, die Nothwendigkeit wirksamerer Isolirungsmassregeln dar- zulegen. Es sei im unmöglich, die Leute in ihren Wohnungen zu halten. Wenn man sie auf die Befehle des Ratlıs hinweise, so lachten sie darüber ganz hämisch, die Kranken liessen ihre Sachen versetzen und verkaufen, und nach Todesfällen drängen die Freunde der Ver- storbenen in deren Wohnungen ein, um den übriggebliebenen Plunder wegzuschleppen. Es fehlt nicht an Zeugnissen dafür, dass auch unter so schwierigen Verhältnissen die Pestärzte Ihres verantwortlichen Amtes mit Hingebung walteten. Manche Kranke erlagen freilich der Seuche, noch ehe ein Arzt herbeigerufen werden konnte. Im anderen Fällen wurde der Erfolg der ärztlichen Bemühungen durch die trostlosen Zustände in den Wohnungen der Erkrankten und zufolge gewisser Mängel in den öffentlichen Einrichtungen beeinträchtigt. Es scheint, (dass anfänglich nicht einmal für die rechtzeitige Wegschaffung der Pestleichen gesorgt wurde. Ein entsetzliches Bild entwirft der Pestarzt Dr. Majus am 19. October 1712 von einer Peststätte in einem Hofe der ‚Jakobstrasse. Eine Frau lag in einem finsteren Keller seit acht Tagen an der Pest erkrankt, zu ihren Füssen die nackte, durch viele schwarze Flecken entstellte Leiche ihrer vor drei Tagen ge- storbenen l6jährigen Tochter, oben in einer Kammer die Leiche einer 6jährigen Tochter, nur mit etwas. Leinwand bedeckt. „Wenn die ältere Tochter eitissime von der Mutter separirt und in einen Sarg gelegt würde“, schreibt Dr. Majus, „so möchte die Mutter (sowie die in derselben Wohnung lebende gesunde Tochter) noch zu retten sein.“ ') Bereits am 1. October 1712 fügte Lehmann dem Bericht über die Schliessung des erwähnten Ganges die Worte hinzu: „Dieses hat eine solche Alteration verursacht, dass es nicht zu beschreiben. So haben auch schon heute viele ihre Güter weggeschickt, in der Meinung, bald zu folgen.“ (Dresd. A.) ID 7 Die Angaben über die Zustände während der Pestzeit vom Herbst 1712 bis zum Januar 1713 beruhen im wesentlichen auf den Berichten der Hamburger Pestärzte im Hamb. A. 94 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 345 Wir wissen nicht, ob die in den letzten Worten angedeutete Hoffnung des genannten Arztes sich erfüllt hat.!) Mehrfach wird auch darüber geklagt, dass es in den Häusern der Erkrankten sogar an Betten fehle, so dass sowohl die Patienten selbst, wie ihre Wärter, längere Zeit hindurch auf harten, kalten Steinen lagen und ein wenig herbeigeschafftes Stroh schon als Wohl- that betrachten mussten. Bei zunehmender Winterkälte machte sich überdies der Mangel an Feuerung geltend. Allmählich suchten jedoch die Behörden diesen Missständen nach Kräften abzuhelfen. Es steht fest, dass für die Verpflegung der unbemittelten Pestkranken in der Stadt, wie auf dem Hamburgerberg, nicht unbedeutende Beiträge aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt wurden.?) Ferner ist es bemerkens- werth, dass, wenn auch das erste Pestlazareth und das Quarantaine- haus bei der Oelmühle erst im December dem Gebrauch über- geben werden konnten, doch — vermuthlich in Veranlassung der erwähnten Mahnung des Dr. Eyssener — bereits Ende November damit begonnen wurde, die kranken und gesunden Bewohner der infieirten Häuser zur Stadt hinauszuführen und in gesonderten, provisorisch dafür eingerichteten Räumlichkeiten unterzubringen, die von ihnen verlassenen städtischen Wohnungen aber völlig zu schliessen.”) Es muss dalımgestellt bleiben, ob es diesen Massnahmen zuzuschreiben war, dass die Epidemie wenigstens zunächst Keine bedrohlicheren Dimensionen in Hamburg annahm. Schon im December war sie wieder im Erlöschen. In dem ärztlichen Bericht über die letzte Decemberwoche wird freilich gemeldet, dass 3 Personen im Lazareti der Pest erlegen seien, doch werden darin zugleich 9 Insassen des Pestlazaretlis als wiederhergestellt und die übrigen 31 als rüstix bezeichnet. Auch vom Januar 1713 werden nur ganz vereinzelte Pestfälle gemeldet. Allerdings ergaben sich erneute !) Dr. Majus ward bald darauf todt in seinem Bett gefunden. Das Gerücht verbreitete sich schnell, er sei der Pest erlegen; doch ergab die ärztliche Untersuchung keinerlei verdächtige Anzeichen. In den Kämmereirechnungen findet sich unter dem 4. Novbr. eingetragen: „wegen der Infection auf dem Hamburgerberg zu den Verpflegungskosten 324 # 9 8“; und am 5. Deebr.: für die infieirten armen Leute an Kost und Verpflegung einschliesslich des Monatsgeldes für die [Pest-|Barbiere 2356 # 11. ®) Dies erhellt aus dem Bericht des hannoverschen Residenten Grafe vom 26. November 1712. vr De ER 944 Hamburg während der Pestjahre 1712—1TH. Besorgnisse, als das seit einiger Zeit weit schlimmer als Hamburg von der Pest heimgesuchte Altona dem Rachegericht Stenbocks zum Opfer gefallen. Es wurde bereits erwähnt, wie ungerecht- fertigt die früher gegen die Hamburger erhobene Beschuldigung war, dass sie den unglücklichen Bewohnern der Nachbarstadt hartherzig ihre 'Thore verschlossen hätten. Weahrscheinlicher ist, dass man in der entgegengesetzten Richtung zu weit ging und, sei es aus Mitleid, sei es aus Fahrlässigkeit, selbst von der Seuche ergriffene Altonaer Flüchtlinge durchschlüpfen liess. Wenigstens klagte der Hamburger Pestarzt Dr. Eyssener am 21. Januar 1713, dass der Altonaer Pestmedieus Hermanni ') nebst dem Pestbarbier Richter mit etlichen Patienten in seiner Nachbarschaft Quartier genommen, und dass sie mit Leuten aller Art verkehrten, während doch die Hamburger Pestärzte und Pestbarbiere sich nach dem Willen des Ratlıs in ihrem Umgang sehr einzuschränken hätten. Jenen Altonaern wäre es zuzuschreiben, wenn die Pest im Hamburg wieder mehr überhand nehmen würde.?) Die von Dr. Eyssener ausgesprochene Besorgniss sollte sich jedoch als unbegründet erweisen. Während der nächstfolgenden Wochen und Monate ist kein Pestfall in Hamburg bekannt geworden. Trotzdem war der Rath weit davon entfernt, sich einer allzu optimi- stischen Auffassung der Sachlage hinzugeben. Wenn er am 21. Febr. 1713 die übliche Petrimahlzeit ausfallen liess, so dürfte ihn dazu — neben dem Hinblick auf die unberechenbaren Folgen der nordischen Kriegs- wirren für Hamburg — auch die Besorgniss vor der Wiederkehr der Pest bestimmt haben. Während des Februars war freilich der Gesundheitszustand in Hamburg in keiner Weise beunruhigend. Dies erhellt namentlich aus den Berichten der beiden hannoverschen Beamten in Harburg, des Oberhauptmanns Georg Friedr. von Spörcke und des Amtmanns ') Der bereits erwähnte Physicus Joh. Balthasar Hermanni war zeitweilig mit den Functionen eines Pestarztes betraut worden. (Alt. A.) [2 De „Wann nun auf meiner Nachbarschaft vom Pestmorbo böse Begebenheiten vorfallen, werde ich entschuldiget sein und die Ursache diesen Leuten zuschreiben müssen; denn es wundert mir, dass Unser Hochweiser Rath mich mit meinen Barbiers in Umgang der Leute sehr constringiret, ja auch ein jeder honetter und inhonetter dieser Stadt Einwohner uns als Basilisken scheuet, diese Leute aber wohnen bei Leuten in Häusern, curiren, verkehren und gehen mit allen ohn Unterscheid um, sowohl in als ausser ihrer Profession, da sie doch zehnmal mehr als wir mit Inficirten verkehret haben.“ Eyssener, d. 21. Januar 1713. (Ham. A.) 56 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 345 Grupe,') die sich beide jener Zeit wiederholt persönlich nach Hamburg begaben, um über den dortigen Gesundheitszustand zuver- lässige Erkundigungen einzuziehen. Ausser lem besoldeten sie dort seit Anfang 1713 einen Chirurgen, der die sanitären Verhältnisse der Stadt in der Stille beobachten und über jeden verdächtigen Krank- heitsfall berichten sollte. Selbst das hannoversche Ministerium gewann aber allmählich den Eindruck, dass der mit der Rolle eines hygienischen Spähers betraute Wundarzt Feder, um die Erwartungen seiner Auf- traggeber zu befriedigen, einen gewissen Uebereifer bekundete und eher geneigt war zu übertreiben als zu vertuschen. Doch auch dieser vermochte zunächst nichts Nachtheiliges über den Gesundheitszustand in Hamburg zu melden. Um den sich dennoch vermuthlich hier und da äussernden Argwohn zu beschwichtigen, gaben am 1. März 1713 der Physicus und der Subphysicus die eidliche Erklärung ab, dass in Hamburg keinerlei bösartige oder verdächtige Krankheit hersche.?) y Bald darauf verschlechterte sich jedoch der Gesundheitszustand in Hamburg aufs neue. Zuerst am 8. März und in der Folge wieder- holt berichteten die Harburger Beamten nach Hannover, dass in Hamburg hitzige Fieber grassirten. Am 11. und 15. heisst es sogar, dass von diesen Fiebern viele dahingerafft würden; doch wird aus- drücklich hinzugefügt, dass dabei keinerlei Pestsymptome hervor- getreten seien, und dass sich niemand scheue, bei den Patienten ein- und auszugehen. Nachdem die beiden Harburger Beamten gegen Ende des Monats wieder in Hamburg gewesen, meldeten sie freilich, ') Im Staatsarchiv zu Hannover. — Die hannoverschen Contagionsacten scheinen nicht mehr vollständig erhalten zu sein. Doch genügt das im hannoverschen Staatsarchiv vorhandene und durch Acten anderer Archive ergänzte Material, um erkennen zu lassen, mit welcher Energie und Umsicht die kurbraun- schweigische Regierung der ihre Lande von verschiedenen Seiten bedrohenden Gefahr der Ansteckung entgegenzuwirken suchte. Ihre Massnahmen haben damals und später Anerkennung gefunden. Mit besonderem Lobe gedenkt ihrer u. a. der Bremer Arzt Dr. Arnold Wienholt in seiner bereits angeführten Schrift über die Pest in Bremen. Doch konnte es nicht ausbleiben, dass der Eifer, den die hannoverschen Beamten bekundeten, um das gefürchtete Uebel fern zu halten, hin und wieder zu Uebertreibungen führte und dadurch den Spott herausforderte. In seinem Bericht vom 25. März 1715 fügt Lehmann zu der Angabe, laut einer Meldung des Amtmanns von Harburg sei in Buxtehude die Pest wieder hervorgetreten, die sarkastischen Worte hinzu: dies sei nicht gleich für Wahrheit auszugeben, weil die hannoverschen Beamten „gleich einen Ort für infieirt hielten, wenn nur anderthalb Mann drinnen sterbe und einer krank sei“. Dresd. A. Hamb. A. » DZ an -—1 tv = 946 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. dass sich dort wieder zwei verdächtige Fälle zugetragen hätten, und (lass das Haus, in dem die Erkrankungen stattgefunden, geräumt und geschlossen worden sei. Aus dem letztern Umstand darf man jedoch nicht schliessen, dass der Wiederausbruch der Pest bereits damals anerkannte Thatsache gewesen. Sicher ist nur, dass im Hamburg während des Frühlings und während der ersten Sommermonate des Jahres 1713 zahlreiche Fiebererkrankungen vorkamen. Diese verliefen offenbar meist in ganz unbedenklicher Weise. In einzelnen Fällen stellten sich freilich Anzeichen ein, die für Symptome von Fleckfieber ausgegeben wurden, bei denen sich jedoch die Besorgniss nicht: ganz abweisen liess, dass möglicherweise ein schlimmeres Uebel zu Grunde liege. Nicht nur in Hamburg, sondern auch an vielen anderen Orten eing der Constatirung der Pest eine Periode voraus, in der man zwar das Erkranken zahlreicher Individuen nicht ableugnen konnte, dieses aber nur auf hitzige Fieber oder allenfalls auf Fleckfieber zurück- führte und meist aus besonderen localen und klimatischen Verhältnissen zu erklären suchte. Man räumte — nach modernem Sprachgebrauch zu reden — das Vorhandensein der pestis nostras ein, deren Auf- treten, wie bedauerlich auch immerhin, die Gemüther. nicht mit gleichem Entsetzen wie das der orientalischen Bubonenpest erfüllte. Es dürfte auch wohl ausser Zweifel sein, dass thatsächlich eine solche minder gefährliche Epidemie in manchen Gegenden vor Ausbruch der wirklichen Pest oder auch noch gleichzeitig mit dieser grassirte.!) Ausserdem muss man sich vergegenwärtigen, dass es für die Aerzte in der damaligen Zeit schwierig, ja in manchen Fällen geradezu un- möglich war, zwischen einer Erkrankung an Fleckfieber und eimem gelinder auftretenden Pestfall zu unterscheiden.”) Dass die angeblich ') Haeser (Lehrbuch der Gesch. der Mediejn und der epidemischen Krankheiten, 3. Bearbeitung, 3. Band, S. 454.) bemerkt über die damalige Epidemie über- haupt: „Auch diesmal ist unmöglich zu unterscheiden, was der Einschleppung des Contagiums und was der Entwicklung einheimischer Fieber zu pest- gleicher Bösartiekeit zugeschrieben werden muss. Gewiss ist nur, dass beide Ursachen in vollstem Masse wirksam waren.“ >) Der freilich auch in seiner Zeit nicht als Autorität betrachtete Hamburger Arzt Dr. Andreas Christian Diderich (vel. über ihn Gernet a. a. O, 5.290 f.) sprach in seiner 1710 erschienenen Historia pestis, S. 27, sogar die Ansicht aus, „dass zwischen Pest und Fleckfieber nicht mehr ein Unterschied sei, als zwischen dem anfangenden Wachsthum und abbrechenden Ausgang der Pest mit der Pest in ihrer vollen Kraft.“ M. H. Dencker, Dr. med. in Norderditmarschen, redet in seiner Schrift „Regimen in peste curanda* (Hbg. 1712) 8. 5 von „giftigen, hitzigen Fiebern, die oft beinahe so gefährlich sind, als die sogenannte nn Br ( Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 947 zuverlässigsten Pestsymptome sich nicht bei allen Pestkranken ein- stellten, wurde bereits hervorgehoben. Auch mochte das, was dem einen Arzt als Pestbeule oder bösartiger Karbunkel galt, dem anderen als ein minder bedenkliches Geschwür erscheinen. Es begreift sich daher, dass die Urtheile über die mn Hamburg seit Ende März 1713 hervorgetretenen Krankheiten auseinandergingen. Um jedoch unter allen Umständen nichts verabsäumt zu haben, wurde von Seiten des Hamburger Sanitätscollegiums in allen zweifelhaften Fällen genau so vorgegangen, als ob die Pest sicher constatirt sei. Man brachte die Patienten ins Lazareth, deren nicht erkrankte Hausgenossen ins Quarantainehaus und verbrannte den giftfangenden Hausrath, den man in den geräumten Wohnungen vorgefunden. Von Wichtigkeit war ferner, dass fortdauernd aus öffentlichen Mitteln für die ärztliche Behandlung und Verpflegung der armen Patienten Sorge getragen und dadurch sowohl für die Erkrankten selbst, wie für deren Angehörige die Ver- suchung, etwas zu verheimlichen, erheblich verringert ward. In der Hoffnung, auf diese Weise das etwa sich von neuem regende Pestübel im Keime zu ersticken, gab der Hamburger Senat nach allen Seiten beruhigende Erklärungen. Doch scheinen gerade die ergriffenen Vorsichtsmassregeln und speciell der Umstand, dass der Transport der Kranken in der Regel zur Nachtzeit stattfand, einen gewissen Argwohn hervorgerufen zu haben. Im Widerspruch mit den Angaben des Raths entsandten die Harburger Beamten auf Grund der Mittheilungen Feders zunehmend ungünstigere Berichte. Ihre Besorgnisse wurden freilich vorläufig von dem hannoverschen Ministerium nicht getheilt. Dieses warnte vielmehr, nicht jedem fliegenden Gerüchte zu trauen und namentlich nicht den Angaben eines Mannes, der sein Interesse dabei finde, dass die Besorgnisse lange dauerten.') Zu einer günstigeren Auffassung des hamburgischen (esundheitszustandes mochte die hannoversche Regierung um so eher geneigt sein, als die Berichte ihrer diplomatischen Vertreter in Hamburg, des Hofrath Grafe, sowie des Secretär Schlüter, durchaus nichts Beängstigendes enthielten. Pest selbst, davon sie nur gradu differiren.*“ Aehnlichen Anschauungen begegnen wir jener Zeit auch sonst. Die neueren Medieiner unterscheiden bekanntlich zwischen der Pest und den verschiedenen Typhusformen aufs schärfste. Aber auch Griesinger, der (Infectionskrankheiten S. 219) die Pest als eine ganz specifische Krankheit bezeichnet, weist doch darauf hin, dass das Fleckfieber zuweilen „eine der Pest höchst ähnliche Gestaltung annehme*“. ') Ministerialschreiben vom 18. Juli 1713. (Hann. A.) Zufolge dieses Schreibens wurde noch. ein anderer Chirurg von Harburg nach Hamburg geschickt, dessen Berichte anfänglich minder ungünstig ausfielen. 5) 23* 348 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Gegen Grafe wurde freilich später, als der Wiederausbruch der Pest constatirt war, von dem preussischen Residenten Burchard der Vorwurf erhoben, dass er in seiner Eigenschaft als hamburgischer Bürger, um die Stadt vor Schaden zu bewahren, die hannoversche Regierung durch schönfärberische Berichte längere Zeit über den wahren Sachverhalt getäuscht habe.') Indessen lässt sich dieser Verdächtigung gegenüber anführen, dass andere Diplomaten noch Ende Juli ihre Regierungen über den Gesundheitszustand in Ham- burg zu beruhigen suchten, und dass Burchard selbst, der gewiss von dem Vorwurf frei war, auf die Interessen der Hamburger über Gebühr Rücksicht zu nehmen — soweit ersichtlich — bis Anfang Juli seinem Hofe keine Mittheilungen gemacht hatte, die ernstere Be- sorgnisse erwecken konnten.) Trotz der Harburger Berichte ist es daher wahrscheinlich, dass die Pest in Hamburg in der Zeit von Ende März bis Anfang Juli 1713 entweder gar nicht oder nur sporadisch auftrat. Noch am 3. Juli 1715 konnte der präsidirende Bürgermeister von Bostel bei der Eröffnung der Rath- und Bürgerschaftssitzung seiner Befriedigung .darüber Ausdruck geben, dass man diese Zu- sammenkunft „annoch bei gesunder Luft“ halten könne. Das Wörtchen „annoch“ deutet vielleicht darauf hin, dass man sich nicht mehr völlig sicher fühlte. Acht Tage später meldete Burchard seiner Regierung, die Fleckfieber und andere hitzigen Fieber seien in Hamburg derartig ') Burchard, den 17. October 1713. Lehmann schrieb am 22. Juli: „Man hat zwar seit 14 Tagen sehr viel Redens eehabt, dass mehr Leute als gewöhnlich hiesigen Orts sterben, es befindet sich auch insoweit wahr, dass wöchentlich 30—40 Personen mehr als sonst begraben werden. Ich habe aber doch noch nicht vernommen, dass an- steckende Krankheiten grassiren.“ Auch Hagedorn berichtete noch am 25. Juli, dass die Zahl der Todesfälle in der vorausgegangenen Woche mit Rücksicht auf die Jahreszeit nicht auffällig erscheinen könne Erst am Ss. August schrieb er: „Bei meiner Abwesenheit von hier hat das Sterben in etwas zugenommen und will man nicht sonderlich leugnen, dass bei deu ge- ringen Leuten etwas Pestilenzialisches vorhanden, man hoffet aber ete.“ Burchard hegte schon früher Verdacht, wie sein Bericht vom 11. Juli zeigt. Aus der Zeit vom 22. April bis zum 11. Juli scheinen sich keine Relationen von ihm erhalten zu haben. Es ist nicht unmöglich, dass er schon in einem der verlorenen Berichte über den Gesundheitszustand in Hamburg ungünstige Mittheilungen gemacht hat. Allarmirend aber können sie nicht gewesen sein, sonst würde nicht die preussische Regierung noch am 15. Juli die Ver- hängung von Sperrmassregeln gegen Hamburg von dem Vorausgehen Han- novers abhängig gemacht haben. tv De 60 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 349 im Zunehmen, dass der Verdacht, es möchte eine böse Seuche darunter verborgen sein, anwachse. Er fügte hinzu, aller nur ersinn- lichen Vorsichtsmassregeln ungeachtet lebe der Rath zwischen Furcht und Hoffnung. Wie lange in den leitenden Kreisen Hamburgs das Urtheil über die sanitären Verhältnisse der Stadt schwankend war, und ob man auch nach der Erkenntniss, dass das Gefürchtete eingetreten, eine Weile zögerte, den Sachverhalt zur allgemeinen Kenntniss zu bringen, zur Verhütung von Angst und Schrecken, die für einen Hauptzunder der Ansteckung galten'), oder um Absperrungsmassregeln der Nach- barstaaten zu vermeiden, darüber ist aus dem vorliegenden Quellen- material ein bestimmtes Urtheil nicht zu gewinnen. Sicher ist, dass es innerhalb der hamburgischen Bevölkerung für unpatriotisch galt, durch verfrühte oder übertriebene Schreckensnachrichten Hamburg in Misscredit zu bringen, und sehr wahrscheinlich, dass man noch eine Weile, als der Zweifel bereits geschwunden, sich die unheilverheissenden Thatsachen kaum zuzuflüstern wagte, bis endlich der Ausbruch der Epidemie in Hamburg eine weltkundige Thatsache geworden war. Es schreckten Dich des Nachts die todbeladnen Wagen, Und davon durfte ja kein Mensch ein Wörtchen sagen. Doch brach es endlich aus: Hamburg ist angesteckt! Darüber manches Land von Herzen sich erschreckt.?) So hiess es in einer nach dem Erlöschen der Epidemie ent- standenen Dichtung. Die hier ins Auge „efasste FEinthüllung der unerfreulichen Sachlage dürfte in die Mitte des August des Jahres 1713 zu setzen sein. Am 11. August hatte sich der dänische Resident Hagedorn, der noch vor kurzem an seinen Hof in beruhigendem Sinne ge- schrieben, mit den Vertretern Hollands und Preussens vereinigt, um den Senat in einer gemeinsamen Note über die in Hamburg herschenden Krankheiten zu interpelliren.”) In diesem Schriftstück heisst es u. a.: ') Vgl. den Titel der 8. 341 erwähnten Publication. Der Altonaer Physicus Joh. Balth. Hermanni eitirt in seiner Schrift „Consilium de peste“ S. 17 den franzö- sischen Arzt Pigray, der die Furcht „pabulum et instrumentum pestis“ nannte, und bekennt sich überhaupt im Anschluss an verschiedene medieinische Schriftsteller zu der Ansicht: „quod plures tempore pestis fere metu pestilentiae et mortis inficiantur quam a contagio.“ Aus dem „Beschlüssungs-Spruch zu D. J. Riemers Dankpredigt.“ 3) Aus Hagedorns Bericht vom 11. ergibt sich, dass der Text dieser Inter- pellation zunächst zwischen ihm und van den Bosch, dem holländischen Residenten, vereinbart wurde, und dass Burchard sich ihnen nachträglich anschloss. 7 Dez 61 . 390 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Die Gesandten hätten mit Bestürzung vernommen, dass der Verdacht von dem Auftreten einer pestilenzialischen Seuche immer mehr an- wachse. Ehe sie jedoch die Sperrung eines so erossen Handelsplatzes bei ihren Regierungen beantragen. wollten, erachteten sie es für ge- boten, beim Rath anzufragen, ob er die wahrheitsgeemässe Versicherung geben könne, dass der Verdacht unbegründet sei. Der Rath möge in Erwägung ziehen, dass durch eine unzeitige Verhehlung nicht nur das ganze Reich, sondern auch verschiedene auswärtige Königreiche und Republiken, mithin das Leben vieler tausend unschuldiger Menschen in Gefahr gesetzt und dennoch der guten Stadt nicht geholfen werde. Fünf Tage später erfolgte die Antwort.') Bedeutsam war diese Kundgebung schon durch den negativen Umstand, dass sie eine Zurück- weisung des Gerüchts über den Ausbruch einer pestilenzialischen Seuche nicht enthielt. Ueberdies wurde eingeräumt, dass „seit eimigen Wochen hin und wieder in der Stadt hitzige ansteckende Krankheiten sich geäussert“ hätten.?) Annähernd ähnlich lautende Erklärungen hatte der Rath freilich schon früher abgegeben, dabei aber stets angedeutet, dass es sich um wunbedenkliche, in der heissen Jahreszeit regelmässig wiederkehrende Krankheitserscheinungen handle.”) Bei dem Fehlen eines solchen beschwichtigenden Zusatzes konnte der Ausdruck „hitzige ansteckende Krankheit“ nur als ein Euphemismus für Pest gelten. Die Erklärung des Senats enthielt somit — wenn auch in etwas gewundener Form — das Bekenntniss, dass der von den Gesandten erwähnte Verdacht nicht unbegründet sei.') Es vermochte die schwerwiegende Bedeutung dieses Zugeständ- nisses nur wenig zu verringern, dass der Rath gleichzeitig unter Hinweis auf die ergriffenen Vorsichtsmassregeln und auf die ab- nehmende Hitze der Hoffnung Ausdruck gab, das Uebel werde weder für die Stadt, noch für andere Länder schlimme Folgen nach sich ziehen. ') Die Verzögerung erklärte Hagedom durch den Hinweis, dass der Rath in- zwischen wegen der Hundstagsferien nicht versammelt gewesen sei. (Bericht vom 15. August.) ?) Auszug aus dem Hamb. Senatsprotokoll vom 16. August bei den preussischen und dänischen Gesandtschaftsberichten. z ») So z.B. noch in der vom 18. Juli 1713 datirten Antwort auf ein Auskunfts- gesuch der Königl. Regierung in Glückstadt vom 12. Juli. (Schlesw. A.) ") So fasst es auch Burchard auf, der am 18. August schrieb, die Antwort des Magistrats gebe genugsam zu verstehen, dass die pestilenzialische Seuche sich wirklich hereingeschlichen habe. 62 Hamburg während der Pestjahre 1712-1714. 351 Dass durch den erneuten Ausbruch der Pest in Hamburg andere Länder ins Unglück gerathen sind, ist nicht erweislich. Die schlimmen Folgen für Hamburg aber liessen nicht auf sich warten. Die Krankheit nahm dort während der nächstfolgenden Wochen immer mehr überhand. Auch beeilten sich fast alle Staaten, die zu der Stadt in commerzieller Beziehung standen, den Personen- und Waarenverkehr mit ihr zu untersagen oder doch unter strenge Controlle zu stellen. Dazu kam, dass Hamburg fast völlig von Truppen umringt wurde. Im Süden zogen die Hannoveraner, im Norden die Dänen ihren Cordon. Die Aufstellung der Letzteren er- regte um so grössere Bestürzung, als sie vorzugsweise auf hamburgi- schem Gebiete stattfand und dadurch die Unabhängigkeit der Stadt zu bedrohen schien. Die Rede, mit der Bürgermeister von Bostel am 31. August die Rath- und Bürgerschaftssitzung eröffnete, schlug daher einen ganz anderen Ton an, als die vom 3. Juli. Da hiess es u. a.: „Der niemals genug zu bedauernde jetzige klägliche Zustand unserer werthen Stadt liegt uns allen nur gar zu empfindlich vor Augen.“ Doch auch jetzt noch gelte es, den Muth nieht sinken zu lassen. „Wir müssen dennoch, wie in keiner, also auch in dieser schweren Noth nicht verzagen.“ Die Mittheilungen des Senats an die Bürgerschaft bezogen sich zum Theil auf die Besetzung des hamburgischen Gebiets durch die Dänen, zum Theil auf die Verhandlungen mit den noch im Hamburg an- wesenden fremden Gesandten über die Art, wie der Stadt unter den erforderlichen Vorsichtsmassregeln die Zufuhr von Lebensmitteln und die Aufrechterhaltung eines gewissen Handelsverkehrs zu sichern sei. Hierüber, wie überhaupt über das Verhalten der auswärtigen Staaten gegen Hamburg in dieser Zeit, soll weiterhin im Zusammenhang die Rede sein. Zunächst gilt es, uns zu vergegenwärtigen, was von den 3ehörden der Stadt zur Bekämpfung der Seuche und des durch sie hervorgerufenen Nothstandes geleistet wurde. Das Sanitätscollegium hatte seit Jahren, und namentlich während der letzten Zeit, eine von allen Seiten anerkannte Thätigkeit entwickelt. Unter den obwaltenden besonders schwierigen Umständen erschien es erwünscht, diese Behörde im Interesse schneller und durchgreifender Wirksamkeit mit noch umfassenderen Befugnissen auszustatten, ihr gleichsam eine dietatorische Machtvollkommenheit einzuräumen. Der Senat richtete deshalb an die Bürgerschaft den Antrag, dass das Sanitätscollegium in Zukunft von der Verpflichtung, sich bei seinen Massnahmen mit den anderen Collegien zu verständigen, befreit sein solle. Die Bürgerschaft trug jedoch auch unter solchen 63 332 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. aussergewöhnlichen Verhältnissen Bedenken, eine derartige Abweichung von dem hergebrachten und verfassungsmässigen Geschäftsgang gut- zuheissen. Sie stellte den Gegenantrag, dass Syndieus Sillem, der als Präses der Sanitätscommission seine volle Arbeit habe, von anderen Geschäften im Senat entbunden werde. Dieser Vorschlag bedeutete ein Vertrauensvotum für Syndicus Sillem. Offenbar war die Bürgerschaft der Ansicht, dass wenn dieser bewährte, durch Er- fahrung und persönliche Autorität ausgezeichnete Patriot seine ganze Kraft ungeschmälert dem Sanitätswesen widme, die einer schnellen Erledigung der Geschäfte entgegenstehenden Schwierigkeiten stets leicht überwunden werden könnten. Gleichzeitig beantragte der Senat, die Bürgercapitäne zu bestimmen, in allen Fällen, da man ihrer Unterstützung bedürfe, wie z. B. um zu controlliren, in welchen Häusern sich Pestkranke befänden, und ob die Almosen richtig ausgetheilt würden, sich dem Rath und dem Sanitätscollegium zur Verfügung zu stellen. Die Bürgerschaft war hiermit einverstanden. Ebenso erklärte sie sich bereit, in Anbetracht der gesteigerten Ausgaben, welche die Lage erforderte, eine ausserordentliche Steuer zu bewilligen. Ein Mandat vom 8. September 1713 verfolgte den Zweck, das Publicum einerseits zu beruhigen und anderseits zu strenger Gewissenhaftigkeit zu ermahmen. Die hervorgetretenen ansteckenden Krankheiten — so hiess es darin — seien nicht so schlimm, wie man an fremden Orten angenommen;') auch bestehe die Möglichkeit, sie binnen kurzem zu dämpfen, wenn nur jeder Bürger und Einwohner seine Pflicht erfüllen wolle. Im Uebrigen wurden die früheren Vor- schriften aufs neue ergänzt und verschärft. Bemerkenswerth ist, dass für nothwendig erachtet wurde, das Publicum zu ermahnen, (verdächtige) Kranke nicht aus dem Hause zu stossen, sondern bei dem Praeses des Sanitätscollegiums anzumelden. Einige Wochen später wurde bekannt gemacht, dass eine Subdeputation des Sanitätscollegiums täglich mehrere Stunden auf ') Die in den zeitgenössischen hamburgischen Documenten häufig wiederkehrende Klage, dass das in Hamburg herschende Uebel auswärts übertrieben werde, war nicht ungerechtfertigt. So heisst es z. B. in einem Brief des Landdrosten v. Oloster in Jever an seinen Landesherın, den Fürsten Karl Wilhelm von Anhalt-Zerbst, vom 29. August 1713: „Immittelst ist es leider an dem, dass wir in gedachter Stadt Emden die sichere Zeitung (so auch hier confirmirt wird) erhalten, gestalt die Contagion zu Hamburg bereits in solchem Wachsthum grassire, dass daran fast täglich hundert und mehr Menschen dahinsterben, bei nächtlicher Weile nackend aus der Stadt geschleppet und also eingescharret werden.“ (Old. A.) 64 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 359 dem Herrensaal des Eimbeckschen Hauses versammelt sei, und dass an diese alle auf das Sanitätswesen bezüglichen Anzeigen und Be- schwerden gerichtet werden müssten. Wie weit es den Veranstaltungen der Sanitätsbehörde zu danken war, dass die Seuche in Hamburg auch jetzt keine so verheerende Wirkungen übte, wie z. B. vordem in Danzig und Kopenhagen, lässt sich begreiflicherweise nicht feststellen. Nach ihrem erneuten Ausbruch grassirte die Pest vorzugsweise in denselben Quartieren, die bereits im vorausgegangenen Winter vereinzelt betroffen worden waren, in den Gängen, Höfen und Sählen der Neustadt und des St. Jacobikirch- spiels. Am schlimmsten hauste das Uebel an der sogenannten Wasser- kante.!) Wiederum wurde namentlich die ärmere Bevölkerung stark heimgesucht. Doch verlautete um die Mitte des Septembers, dass auch einige Personen des Mittelstandes betroffen worden wären. Von der Mitte bis gegen Ende des Septembers scheint überhaupt die Physiog- nomie der Stadt eine besonders unheimliche gewesen zu sein. Die Pestwagen rollten bei Tag und Nacht. Häufiger sah man von der Krankheit plötzlich Ergriffene auf der Strasse zusammenbrechen. Etwas besser wurde es im October; doch heisst es in einem Bericht vom 14. dieses Monats, dass die Seuche sich ziemlich durch die ganze Stadt auszubreiten anfange.?) Es wurden daher fortdauernd alle verfügbaren Kräfte zur Bekämpfung des Uebels angespannt. Mit der Behandlung der Kranken (sowie mit der Visitation der inficirten Wohnungen) waren 4—6 Pestärzte und 12 Pestchirurgen, unter denen ein Öberchirurg war, speciell betraut. Doch scheint es, dass in der Zeit, da die Pest am schlimmsten wüthete, eine grössere Zahl hamburgischer Privatärzte in die Lage kam, sich Pestkranker annehmen zu müssen, so sehr sie sich vermuthlich mit Rücksicht auf ihre übrigen Patienten dagegen gesträubt haben mögen.”) Bei dem raschen Umsichgreifen der Krankheit war es offenbar auch nicht durchweg ausführbar, die Inficirten und ihre Angehörigen aus der Stadt zu schaffen. Wo es möglich war, die erforderlichen ') Bereits am 18. August 1713 berichtet Burchard, dass die Seuche „sonderlich an der Wasserseite, am sogenannten Dovenfleet und im Eichholz an der Wasserpforte ganze Strassen eingenommen“. 2) Burchard den 15. und 19. September, Lehmann den 16. September und 14. October. Bemerkenswerth ist auch die Angabe Lehmanns in seinem Berichte vom 14. October, dass im Waisenhaus, wo sich 1500 Kinder befänden (nach Vogelsang, das Hamburger Waisenhaus S. 24, waren dort im Jahre 1713 1173 Zöglinge), noch alles gesund sei, während man aus dem Zuchthaus über 200 Personen weggebracht habe. 2) Dies und das Folgende meist nach Schriftstücken im Hamb. A. 65 354 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Vorsichtsmassregeln anzuwenden, wurden die Erkrankten in ihren Häusern verpflegt. Für diese standen 120 Wärterinnen zur Ver- fügung, die nach einer bestimmten Taxe bezahlt werden mussten. Immerhin wurde stets eine grosse Zahl von Patienten in die Pestlazarethe gebracht, deren zeitweilig vier in Betrieb waren. Die gesunden Hausgenossen der in die Lazarethe abgeführten Kranken, ebenso wie diese selbst, sobald sie für genesen erklärt worden, kamen auch jetzt in das Ende 1712 begründete Quarantainehaus oder in die neu angelegte Filiale desselben. In diesen verschiedenen Sanitätsanstalten waren 30 „Pflege- weiber“ thätie, um den Pfleelingen die erforderliche Handreichung zu leisten und auch für die Reinhaltung, bezw. Durchräucherung der väumlichkeiten zu sorgen. Ferner wirkten im Dienste des Sanitätscollegiums mehrere Exspeetanten und sonstige Assistenten der Aerzte und Chirurgen, 2 Pflasterschmierer, 2 Pesthebammen, 40 Pestträger, 4 Lieger. Den Pestträgern war der Transport der Kranken und Todten anvertraut. Vor Uebernahme ihres Amtes mussten sie u. a. geloben, die Leichen ja nicht die Treppe hinunter zu werfen, auch nicht wie das Vieh zu schleppen und zu handhaben, sondern sie in aller Stille aus den Wohnungen zu tragen, in den Sarg zu legen, diesen auf den Todtenwagen zu setzen und ohne Gezänk, Geschrei oder anderen Muthwillen weezuführen. Die „Lieger“ hatten die Aufgabe, in den inficirten Häusern, in denen noch einzelne Kinder oder Kranke zurückgeblieben, aufzu- passen, dass nichts gestohlen werde. Die seit längerer Zeit that- sächlich geübte Praxis bezüglich der Räumung, Verschliessung und Desinfection der inficirten Wohnungen wurde jetzt aufs strengste vor- geschrieben. Die amtlich geschlossenen Häuser sollten nicht früher wieder dem Verkehr übergeben werden, als bis sie nach Anweisung eines hiermit besonders betrauten Pestarztes desinficirt worden waren. Die Desinfection bestand, abgesehen von der Hinausschaffung und Verbrennung des giftfangenden Hausgeräths, in gründlichem Scheuern, Lüften und Durchräuchern. Auch von neuem Weissen der Wände ist gelegentlich die Rede. Auf das Eindringen in amtlich ver- schlossene Wohnungen und das Wegnelhmen des geringfügigsten (Gegenstandes daraus war Todesstrafe gesetzt. Für die Pestleichen war vor dem Dammthor ein besonderer Pestkirchhof eingerichtet worden. Immerhin wurden fortdauernd nicht wenige der an der Pest Verstorbenen auf den Kirchhöfen in der Stadt begraben. 66 ie ww OS on Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. Die Bediensteten des Sanitätscollegiums wurden angewiesen, mit aller Höflichkeit und Bescheidenheit zu verfahren. Die Ein- wobner aber wurden ermalnt, sie bei ihrer Amtsthätigkeit nicht zu behindern oder gar zu beschimpfen. Im Fall der Widersetzlichkeit sollten Miliz und Nachtwache den Sanitätsbeamten zu Hülfe kommen. Die Bürgerschaft äusserte gelegentlich den Wunsch, dass diese Beamten, die zu ihrer Legitimation mit besonderen Papieren versehen waren, auch durch Abzeichen kenntlich gemacht würden, um zu verhindern, dass sie sich unter Gesunde mischten.) Der Senat aber machte dagegen geltend, dass solche äussere Kennzeichen der Pestbeamten erfahrungsgemäss „Alteration und Schrecken“ hervorriefen und dadurch verderblich wirkten. Zu dem vom Sanitätscollegium angestellten Personal gehörten schliesslich noch zwei Pestprediger, von denen einer sich der Seelsorge der Pestkranken in der Stadt, der andere dem gleichen Beruf in den Lazarethen widmen sollte. Neben dieser umsichtigen und vielseitigen Fürsorge für die Erkrankten betrachteten die Behörden es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die Noth der unbemittelten Bevölkerung, auch soweit sie nicht von der Pest betroffen war, nach Kräften zu lindern. In der richtigen Firkenntniss des Zusammenhangs von Dürftig- keit und Krankheit hatte das Sanitätscollegium alsbald nach seiner Einsetzung eine verbesserte Armenordnung ins Leben gerufen.?) In ungeahnter Weise aber waren seit dem August 1713 die der Armen- pflege zufallenden Aufgaben gewachsen, insofern durch die Epidemie und die fast vollständige Handelsstockung das Elend der ärmeren Volksklassen aufs äusserste gesteigert war und viele Tausende der öffentlichen Unterstützung bedürftig wurden. ”) Für die Hebung des allgemeinen Gesundheitszustandes kam es jetzt vor allem darauf an, der ärmeren Bevölkerung auch bei nicht ansteckenden Krankheiten wirksame Hülfe zu sichern. Es gereicht den Hamburger Aerzten zur Ehre, dass sie sich damals in ) R. u. B.-R. vom 12. October 1712. 2) Vgl. R. u. B.-R. vom 22. Januar 1711 und W. von Melle, die Entwicklung des öffentlichen Armenwesens in Hamburg S. 54 f. 3) In einem hamburgischen Actenstück vom October 1713 (Rationes gegen die Abschliessung des Ochsen- und Billenwerders von der Stadt Hamburg) wird angeführt, dass die Stadt „mit Unterhaltung von mehr als 30 000 Personen, so sich wegen Hemmung des Commereii nicht zu ernähren vermögen, be- schwert sei“. In den Berichten Burchards vom 12. und 19. September wird die Zahl der unterstützungsbedürftigen Einwohner Hamburgs sogar auf mehr als 40 000 angegeben. 356 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. ihrer Gesammtheit bereit erklärten, die unvermögenden Kranken un- entgeltlich zu behandeln. Dennoch hielt die Behörde es für zweckmässig, 6 besondere Armenärzte anzustellen, deren Pflicht es war, den Armen les ihnen angewiesenen Kirchspiels in allen erforderlichen Fällen ihre ärztliche Fürsorge zu Theil werden zu lassen, die allerdürftigsten auch ohne Entgelt mit Arzneien zu versehen, überhaupt — wie es in ihrer Instruction heisst — sich der ihnen zuertheilten Patienten bis zu deren völligen Genesung oder Tode anzunehmen und sich dabei so zu betragen, wie es gewissenhaften und getreuen Aerzten zukomme. In diese Verpflichtung war jedoch keineswegs einbegriffen, an der Pest erkrankte Arme zu behandeln. Diese sollten vielmehr sofort einem Pestarzt überwiesen werden.) Neben der unentegeltlichen ärztlichen Behandlung wurde den Hülfsbedürftigen auch das Unentbehrlichste zum Unterhalt gewährt. Ferner war unter den Massregeln zur Linderung des Noth- standes bemerkenswerth, dass der Rath um die Mitte des Octobers sämmtliche Holzhändler auf das Rathhaus fordern liess, ihnen einen bestimmten Preis vorschrieb und gleichzeitig ein ziemliches (Juantum kaufte, um es unter die ärmere Bevölkerung vertheilen zu lassen.) Einem ähnlichen Zweck diente ein Mandat vom 25. October, in welchem verboten wurde, durch Aufkaufen von Torf eine Preis- erhöhung herbeizuführen, da die Steigerung (dieser der Armut so unentbehrlichen Feuerung nicht gestattet werden könne. Nicht minder bezeichnend für die socialpolitischen Bestrebungen jener Tage war ein Rath- und Bürgerschluss vom 12. October, der die Brauordnung in einigen Punkten modifieirte, um einer missbräuch- lichen Ausnutzung der Braugerechtsame entgegenzuwirken und zu verhüten, dass der ärmeren Bevölkerung schlechtes und gesundheits- widriges Bier dargeboten werde.”) Es konnte nicht anders sein, als dass allen diesen Massnahmen die Anerkennung der in Hamburg anwesenden Diplomaten zu "Theil wurde. Ueberhaupt finden sich in den aus Hamburg stammenden ') Instruction der Armenärzte im Hamb. A. >?) Bericht des mit der Vertretung Hagedorns betrauten dänischen Gesandt- schaftsseceretärs Schwartz v. 17. Oetober 1713. (Kophg. A.) Die Mittel für diese Feuerungssspenden waren von der Erbgesessenen Bürgerschaft am 12. October bewilligt worden. 3) Nach Burchards Bericht hätten einige die damals grassirenden Krankheiten „dem elenden Getränk“ zugeschrieben. (Bericht Burchards vom 13. October.) Andeutungen dieser Art finden sich in dem Gesuch der „Gevollmächtigten hiesiger Krüger“ an das Colleg der 1S0ger vom 28. August 1713. (Beilage zu den R. u. B.-R. vom 12. October 1713.) 65 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. HN Gesandtschaftsberichten dieser Zeit gar manche Aeusserungen der Sympathie für die Stadt und ihre Behörden. Daneben wird freilich wiederholt der Vorwurf erhoben, dass man in Hamburg die Grösse des herschenden Uebels zu verheimlichen suche. Solchen Verdächti- gungen glaubte das Sanitätscollegium am erfolgreichsten durch regel- mässige amtliche Veröffentlichungen entgegenwirken zu können. So wurde denn zuerst im Relationscourier vom 8. September über die in der Woche vom 27. August bis zum 2. September erfolgten Sterbefälle, unter genauer Angabe der Todesursachen, berichtet und mit dem Abdruck solcher Listen bis zum Erlöschen der Epidemie allwöchentlich in den Freitagsnummern des genannten Blattes fort- gefahren. Obwohl hin und wieder Zweifel an der Richtigkeit dieser Zahlen erhoben wurden, so ist es doch ausser Frage, dass die Zu- sammenstellung mit grösster Gewissenhaftigkeit erfolgte. Bereits am 3. November war im Anschluss an das Verzeichniss der jüngst vor- gekommenen Todesfälle verkündigt: wer dartlun könne, dass mehr Be- eräbnisse, als angegeben, stattgefunden hätten, solle für jeden einzelnen Fall eine Belohnung von 10 Reichsthaleın ausbezahlt erhalten. ') Vier Wochen später wurde eben dieser Erklärung eine ausdrückliche Beschwerde darüber hinzugefügt, dass gewissenlose Buben sich nicht scheuten, die Richtigkeit der amtlichen Sterbelisten auswärts zu verdächtigen, weshalb eine Belohnung von 100 Reichsthalern «dem- jenigen zukommen solle, der einen oder den andern von solchen Erzcalumnianten zu entdecken und seiner Bosheit zu überführen wisse. Nach den erwähnten Verzeichnissen wären in der Zeit vom 27. August 1713 bis zum 10. März 1714 gegen 2900 Menschen an verdächtigen Krankheiten, d. i. an der Pest, gestorben. Doch sind wahrscheinlich noch zahlreiche andere Todesfälle, namentlich viele von den 1200 und etlichen, bei denen hitzige Fieber als Ursache angegeben waren, mit der vorherschenden Seuche in Zusammenhang zu bringen. Jedenfalls dürfen wir auf Grund des gesammten vorliegenden statistischen Materials annehmen, dass Hamburg während der ') In derselben Notifieation findet sich die Mittheilung, „dass, weil der Ham- burgerberg von der Stadt durch die Königl. dänische Postirung gänzlich abgeschlossen sei, und man also von den dortigen Todten keine eigentliche Nachricht einziehen könne“, diese fortan nicht mitaufgeführt werden sollten. Die vorausgegangenen Verzeichnisse hatten meist (aus dem angegebenen Grund nicht sicher verbürgte) Zahlenangaben über die wöchentlichen Sterbe- fälle auf dem Hamburgerberg gebracht, die zwischen 9 und 20 schwankten. 69 398 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Jahre 1712-1714 zufolge der Epidemie und des durch die kriege- rischen Zeitläufe im allgemeinen verschlechterten Gesundheitszustandes 9—10000 Menschenleben eingebüsst hat.) Ihren Höhepunkt erreichte die Sterblichkeit in Hamburg in der letzten Septemberwoche, in der nach dem officiellen Verzeichnisse im ganzen 744 Menschen, an „verdächtigen Krankheiten“ 327, an Fleckfiebern 15, an hitzigen Fiebern 75 gestorben sind.?) Vier Wochen später finden sich jedoch nur 449 Todesfälle verzeichnet, von denen 179 auf verdächtige Krankheiten und 96 auf hitzige Fieber zurückgeführt wurden. In den folgenden Wochen sank die Zahl der Todten noch erheblich mehr, und am 7. November meldete der preussische Resident Burchard, die Krankheit habe an Heftigkeit derartig nachgelassen, „dass man es bei den meisten fast keine Pest mehr nennen könne.“ Obwohl somit die Epidemie nur etwa ein Vierteljahr lang zu schwereren Besorgnissen Anlass gab, so dauerten doch die Sperrmass- regeln der auswärtigen Staaten sehr viel länger fort. Hamburg selbst hatte sich, wie wir gesehen, solange es pestfrei war, gegen inficirte Plätze abzuschliessen gesucht; es Konnte (daher nicht befremdlich erscheinen, dass die Nachbarn der Stadt, wie überhaupt die mit ihr im Handelsverkehr stehenden Staaten ihrerseits Vorsichtsmassregeln ergriffen, um sich vor der Gefahr der Ansteckung zu schützen. Doch wurde das unvermeidliche Leid für Hamburg noch durch eine Reihe besonderer Umstände erhöht. Am härtesten wurde die Stadt durch das Vorgehen Dänemarks betroffen. Um jedoch das dänische Verfahren gegen Hamburg richtig zu beurtheilen, muss man im Auge behalten, dass Dänemark und Schleswig-Holstein ja erst einige Zeit vorher äusserst schwer von 1) Nach dem Diarium Hamburgense, das die Verzeichnisse der Begräbnisse von 1702—1714 enthält, trugen sich in den pestfreien Jahren 1702—1711 durch- schnittlich ungefähr 3000 Todesfälle zu, 1712—1714 zusammen 15125 (1712 :4126, 1713 : 10 801, 1714 : 3501). Vel. auch M. Neefe, Aeltere Nach- richten über Hamburgs Bevölkerungswechsel in der Statistik des Hamb. Staats, Heft VIII. S. 66. — Besitzen wir somit eine — wenn auch, vom modernen Standpunkt beurtheilt, unzureichende — Statistik der Todesfälle jener Zeit, so fehlt es dagegen vollständig an einer Statistik der Erkrankungen. Nur vereinzelte einschlägige Zahlenangaben sind uns überliefert. Die wich- tigsten sind die, welche sich in einem Actenstück des Sanitätscollegiums vom 17. October 1715 finden. Danach waren damals in den Lazarethen 725, in den Quarantainehäusern 167 Personen. Wir ersehen aus dem gleichen Document, dass für die Verpflegung der Ersteren 3 X per Woche, für die der Letzteren 2 K angesetzt waren. Hamb. A. ?) Iamburger Relations-Courier vom 6. October 1713. 0 Hamburg während der Pestjahre i712— 1714. 39) der Pest heimgesucht waren, und dass man sich dort daher mit vollem Grund verpflichtet glaubte, alles daran zu setzen, um ein neues Aufflackern des Uebels zu verhüten. Hatte es nun die dänische Regierung für recht und billig gehalten, eine Reihe der ihr unmittel- bar untergebenen Städte, sobald die Seuche in ihnen ausgebrochen, durch Truppenaufstellungen von dem übrigen Lande abzusperren, !) so konnte es nicht auffällig erscheinen, dass sie mit Hamburg nicht glimpflicher verfuhr. Der jener Zeit hervorgetretene Argwohn, dass Dänemark bei seinem damaligen Vorgehen gegen Hamburg noch andere als sanitäre Zwecke verfolgt habe, ist aller Wahrschemlichkeit nach völlig grundlos gewesen. Immerhin erscheint es sehr erklärlich, dass dieser Argwohn entstand, nicht nur wegen des fortdauernd ge- spannten Verhältnisses zwischen der Stadt und der dänischen Krone, sondern namentlich auch weil die sanitären Schutzvorkehrungen in einer Weise in Scene gesetzt wurden, als ob es sich um einen feind- lichen Ueberfall handelte. Ein vom 17. August datirtes Projeet des dänischen Generals Scholten enthielt den Vorschlag, Hamburg von der Elbe bis an die Alster und von dieser bis an die Bille einzuschliessen.?) Hierzu ertheilte der König am 20. seine Zustimmung und befahl zugleich, dass General- Major Ingenhaven das Commando bei der Postirung führen sollte. Die erste Durchführung der Sperrmassregeln behielt jedoch Scholten in seiner Hand. Ihm erschien es nothwendig, die zur Abschliessung Hamburgs bestimmten Truppen zum guten Theil auf hamburgischem Gebiet und zwar in ziemlicher Nähe der hamburgischen Befestigung aufzustellen. Von dem Terrain der heutigen Vorstadt St. Pauli war damals fast nur der an Altona grenzende Strich bebaut, sodass es sehr viel leichter war, den sogenannten Hamburgerberg von Hamburg als von Altona abzusperren. Dass ersteres geschehe, hielt Scholten für unbedingt geboten, um Altona vor erneuter Infection zu behüten. Dass ferner am linken Alsterufer Hamm und Horn von der Stadt abgeschlossen würden, erachtete er für zweckmässig, weil es sonst ') Ueber die Absperrung von Helsingör und Kopenhagen vgl. Mansa, die europäische Pest am Anfang des XVII. Jahrhunderts in Dänemark, in der Ztschr. Janus, 3. Band (Breslau 1545) S. 119 f., über die Absperrung holsteinischer Städte Mahr, Histor. Ueberblick über die Pest in Schleswig- Holstein im J. 1711, im Deutschen Archiv f. Gesch. der Medicin, 2. Band S. 265, und speciell bezüglich Glückstadts Detlefsen, Gesch. der holsteinischen Elb- marschen, 2. Band, S. 2S1 £. >) Dieses und das Folgende nach der Correspondenz des General von Scholten im Kophge. A. 21 360 Hamburg während der Pestjahre 1712 -1714. schwierig sei, ein Hinausschleichen durch die dortigen Gärten zu verhindern. Um allen Reclamationen des Hamburger Senats vorzu- beugen, bezeichnete er es ferner für ratlısam, diesen erst zu benachrichtigen, wenn die Truppen vor den Thoren von Hamburg ständen. Der Senat musste allerdings darauf gefasst sein, dass _ Dänemark so gut wie Hannover und Preussen seinen Cordon zum Schutz gegen die Seuche ziehen werde; von den beschlossenen Mass- nahmen aber erfuhr er um so weniger, als die dänische Regierung es für gut befand, auch ihren Residenten Hagedorn darüber im Unklaren zu lassen. Andernfalls würde dieser wahrscheinlich gegen eine so enge Einschliessung der Stadt Vorstellungen gemacht haben.') Ilm, wie dem Hamburger Rath, wurde das Vorhaben erst mitgetheilt, als die Ausführung bereits im Werke war. In der Mittagsstunde des 26. August stellte sich beim Bürgermeister von Bostel ein dänischer Oberst ein, um zu veranlassen, dass der Rathı ein Paar Deputirte zu dem auf der Mühle in Eppen- dorf verweilenden dänischen General entsenden möge.?) Man beeilte sich, der Weisung Folge zu leisten, vermuthlich in der Hoffnung, ein etwa bevorstehendes Unheil abzuwenden oder doch mildern zu können. Doch schon unterwegs stiessen die Rathsdeputirten auf dänische Soldaten. In Eppendorf aber, wo sie den General Scholten nebst seinen Offizieren und den ebenfalls dorthin entbotenen Hagedorn bei der Mittagstafel trafen, wurde ihnen zuerst gesprächsweise und dann in formellerer Weise mitgetheilt, dass der König es für nöthig ge- funden, eine Truppenaufstellung vom Hamburgerberg über Eimsbüttel und Eppendorf und am linken Alsterufer über Wandsbeck nach dem Hammer Baum ins Werk zu richten, ferner die Elbinseln Peute, ') Der sächsische Agent Lehmann meldet allerdings bereits in seinem Bericht vom 19. August 1715, der dänische Gesandte habe die Schliessung sowohl der Elbe, wie des Holsteinischen für den Anfang der nächstfolgenden Woche in Aussicht gestellt. (Dresd. A.) Dass jedoch die Einzelheiten der beabsichtigten Massnahmen nicht mit Hagedorm vereinbart worden waren, ergibt sich u. a. aus dem Bericht des Letzteren vom 29. August. Es heisst darin: er habe (am 26.) ungern vernommen, dass die Postirung bis an den Hammer Baum fast gleich an das Neue Werk gehen und alle hamburgischen Gärten, worauf die Besitzer derselben sich zu erfrischen und ihrer Gesundheit wahrzunehmen pflegen, von der Stadt abgeschnitten werden sollten, weil daraus ein grosses Geschrei nothwendig entstehen dürfte. (Kophg. A.) ?) Nach den Anlagen zu R. u. B.-R. vom 31. August,. dem Berichte Hagedorns und Burchards vom 29. August und dem Schreiben des Hamb. Raths an den König von Preussen. Das Folgende meist nach verschiedenen Gesandtschafts- berichten und den ihnen beigefügten Urkunden. ) iz Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 36l Veddel und Grevenhof zu besetzen und überdies die Elbe mit Fregatten zu belegen. Der Ratlı möge die Einwohner warnen, sich der Postirung zu nähern, da auf jeden geschossen werde, der sich mit Gewalt oder heimlich aus der Stadt zu entfernen suche. Der dänische General fügte dann noch einige beruhigende Erklärungen hinzu. Er betheuerte, die Postirung solle nur zur Sicherheit des dänischen Gebiets, nicht aber Hamburg zur Ombrage gereichen, auch würden Einrichtungen getroffen werden, um Hamburg mit Lebensmitteln aus dem Holsteini- schen zu versehen. Trotzdem erweckte das Vorgehen der Dänen gegen Hamburg die grösste Bestürzung und die lebhaftesten Besorenisse. Während einiger Tage war die Stadt auf der Nord- und Westseite absolut gesperrt, nicht nur dass man niemand herausliess, es wurde zunächst auch niemand hereingelassen, auch Hamburger Einwohner nicht, die sich auf ihren Gärten aufgehalten hatten, selbst ahnungslose Kirchgänger fanden sich plötzlich auf ihren Wegen gehemmt. Nachdem die Postirung vollständig organisirt worden, ward der Eintritt in die Stadt allerdings nicht mehr behindert. Dennoch erschien die Nähe der dänischen Truppen als eine stete Gefahr. Befand sich doch eine Abtheilung von ihnen auf der Contrescarpe des Neuen Werks, d. h. unmittelbar unter den Kanonen der Stadt. Dazu kam, dass die Dänen alsbald, der Ankündigung ihres Generals gemäss, ihre militärische Machtentfaltung auch auf die Elbe und die holsteinischen Elbinseln südlich von Hamburg erstreckten. Trotz aller beschwichtigenden Erklärungen von Scholten und Hagedorn bestand daher die Besoreniss fort, dass die Dänen etwas gegen Hamburg im Schilde führten und vielleicht gar die ausserordentlichen Umstände benutzen wollten, um sich der Stadt zu bemächtigen oder von ihr die Erbhuldigung zu erzwingen. Wie immer, wenn derartige Befürchtungen auftauchten, wurden Vorstellungen an alle diejenigen Regierungen gerichtet, von denen man vermuthen durfte, dass sie auf Hamburgs Geschicke Einfluss zu üben geneigt und im Stande seien. Auch bei dieser Gelegenheit bekundeten namentlich die Höfe von Berlin, Hannover und Wolfenbüttel ihre Theilnahme für Hamburg. Dass die dänischen Truppen, gegen deren Aufstellung zur Isolirung Hamburgs man an sich nichts einwenden konnte, statt durchweg an der nahen holsteinischen Grenze, zumeist auf hamburgischem Gebiet Posto gefasst hatten, erschien den Regierungen, die es stets für ihre Pflicht erachtet, sich Hamburgs gegen Dänemark anzunehmen, ebenso ungerechtfertigt, wie bedrohlich. Insbesondere trat jetzt wieder Preussen hervor. Bereits am 1. September hatte der Minister -n € 6) 24 362 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Ilgen!) dem König in nachdrücklicher Weise zu Gemüthe geführt, wie sehr es dem preussischen Interesse unter den obwaltenden Umständen entspreche, für Hamburg einzutreten, und wie bedenklich und unzuträg- lich es für Preussen wäre, wenn Dänemark seine Machtstellung an der unteren Elbe noch weiter verstärken würde. Friedrich Wilhelm stimmte seinem Minister zu und billigte die von diesem vorge- schlagenen diplomatischen Schritte.?) In Folge dessen wurden bereits am 2. September eine Reihe von Schriftstücken zu Gunsten Hamburgs ausgefertigt: Briefe des preussischen Königs an den König von Dänemark, sowie an den Kurfürsten von Hannover und den Herzog von Braunschweig, ferner Erlasse an Burchard und an die preussischen Gesandten in Wien, London und im Haag und endlich ein königliches Schreiben an den Hamburger Senat.”) In dem letzterwähnten Schriftstück gab der König seine besondere Theil- nahme an dem Geschick, das Hamburg betroffen hatte, zu erkennen. Wenn er selbst auch Schutzmassregeln wegen der in Hamburg her- schenden Epidemie habe ergreifen müssen, so sei dies doch in einer Weise geschehen, aus der genugsam ersichtlich, dass er der Stadt wehe zu thun, ihr Unglück zu mehren nicht gewillt sei. Für den Nothfall sicherte er der Stadt seinen Schutz zu, doch deutete er zu- gleich an, wie erwünscht es sei, dass der Rath selbst es nicht an Vor- sicht Dänemark gegenüber fehlen lasse. Wahrscheinlich zufolge dieser Mahnung, die noch durch mündliche Vorstellungen Burchards verstärkt ward, richtete der Senat an die Bürgerschaft den Antrag, die Garnison zeitweilig um 1000 Mann zu verstärken, damit die Stadt vor einer Ueberrumpelung gesichert sel. Ein solches Ansinzen würde die Bürgerschaft unter anderen Umständen wahrscheinlich im Hinblick auf die Kosten und aus Furcht, (dass durch solche Vermehrung des Militärstandes der bürgerlichen Freiheit eine Gefahr erwachsen könne,, zurückgewiesen haben. Es zeugt daher für die Lebhaftigkeit dev Besorgnisse, die man damals vor Dänemark hegte, dass die Bürgerschaft sich mit dem Senats- antrag sofort einverstanden erklärte. Die Bewilligung galt freilich zunächst nur für drei Monate, doch wurde sie nach Ablauf dieses ') auf Grund eines Berichts von Burchard vom 25. August, der am selbigen Tage auch schon eine Vorstellung an Hagedorn gerichtet hatte. °) Verschiedenen der von Igen zu Gunsten Hamburgs gemachten Vorschläge fügte Friedrich Wilhelm am Rande ein eigenhändiges „jehr qubt” hinzu. °) Dieses Schreiben findet sich auch unter den Anlagen zu R und B.-R. vom ‘. September, das übrige auf die preussische Intervention bezügliche Acten- material im Berl. A. Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 363 Zeitraums für fernere drei Monate und schliesslich nochmals für zwei Monate verlängert. Man verzichtete erst auf diese Ver- stärkung der Garnison, als die dänischen Truppen das hamburgische Gebiet geräumt hatten. Aus der Zeit der ersten Bewilligung ist noch bemerkenswerth, dass damals auf Veranlassung der Bürgerschaft an den Commandanten der Stadt, der sich seit einigen Monaten auf seine Güter in Westfalen begeben hatte, geschrieben ward, wenn er sich nicht binnen 8 Tagen einfinde, so werde man sich „fürs künftige seiner Dienste halber be- danken“ und einen Nachfolger wählen. Ausserdem wird berichtet, dass man sofort die Wachen verdoppelte und das Geschütz auf den Wällen verstärkte. Hagedorn spottete allerdings über die Ausgaben, die Hamburg sich aus unbegründeter Furcht auf den Hals gezogen.) Indessen waren sie nicht ganz so unnütz, wie der dänische Resident meinte. Es hatte doch seimen moralischen Werth, dass Hamburg auch in dieser trüben Zeit vor aller Welt zeigte, dass es für die Erhaltung seiner Unabhängigkeit Opfer zu bringen bereit war. Ueberdies wurde durch die Anwerbung von 1000 Soldaten zugleich ebensoviel erwerblosen Bewohnern Hamburgs ein anständiger Unterhalt gesichert und somit durch diese Massregel zur Abwehr auswärtiger Feinde nicht unerheblich zur Milderung des socialen Elends im Innern der Stadt beigetragen. Es ist bezeichnend genug, dass sich nach dem Rath- und Bürgerschluss vom 7. September inner- halb eines halben Tages hinreichendes Material für die bezweckte Verstärkung der Hamburger Garnison zur Verfügung stellte; ja es heisst, es wäre nicht schwer gefallen, sofort die sechsfache Zahl aufzubringen.”) Auch die diplomatische Verwendung erwies sich der Stadt heilsam. Stets aufs neue war von dänischer Seite betheuert worden, dass bei der militärischen Aufstellung vor Hamburg nichts bezweckt worden sei, als die eigenen Lande vor Ansteckung zu schützen, und dass man nur, um dieses Ziel desto wirksamer und mit weniger Truppen zu erreichen, die Postirung auf hamburgischem, statt auf holsteinischem Boden vorgenommen habe. Diese Erklärungen hatten jedoch nicht genügt, das Gerede von dänischen Nebenabsichten und die dadurch hervorgerufenen diplomatischen Anfragen, Vorstellungen und Proteste zum Schweigen zu bringen. Um deswegen den fort- ') Hagedorns Bericht vom $. September 1713. (Kophg. A.) ?) Burchard, den 12. September. -1 oo 24* 364 . Hamburg während der Pestjahre 1712 —1714. dauernden Argwohn Hamburgs und seiner Gönner wirksamer zu be- seitigen, entschloss sich die dänische Regierung, die Postirung zu erweitern, d. h. auf die besonders anstosserregende Truppenaufstellung nahe dem Neuen Werk zu verzichten und zugleich den Hamburgern ihre Gärten in Hamm und Horn wieder zur Verfügung zu stellen.') Dieses Zugeständniss bedeutete einen Erfolg, den die nicht zum wenigsten von Hagedorn vertretenen politischen Erwägungen über den militärischen Standpunkt eines Scholten und Ingenhaven dlavontrugen. Auch hiervon abgesehen erlangte Hagedorn einige Milderungen der Absperrungsmassregeln. Immerhin würde die Lage Hamburgs, wenn es allein nach dem Wunsche der Dänen gegangen wäre, von der einer blockirten Stadt nur wenig verschieden eewesen sein. Der Zusage Scholtens gemäss zeigte man sich allerdings bereit, für die Verproviantirung Hamburgs gewisse mit der sonstigen Abschliessung vereinbare Einrichtungen zu treffen. Seltsam genug war freilich der Marktverkehr, der damals von dänischer, wie von hannoverscher Seite zugestanden wurde. Die Hauptbedingung war, dass Käufer und Verkäufer in keine persönliche Berührung mit einander kamen, sondern sich vielmehr in einem vorgeschriebenen Abstand von einander hielten. Die feilgebotenen Tiebensmittel wurden in einer neutralen Zone niedergelegt. Erst nachdem der Verkäufer sich entfernt, durften sie in Empfang genommen und die Zahlung geleistet werden, die wiederum erst, nachdem der Käufer sich zurückgezogen, eincassirt werden Konnte. Später scheint ein etwas vereinfachtes Verfahren in Anwendung gekommen zu sein; wenigstens wird überliefert, dass man sich zur Darbietung der Waaren und des Geldes langer mit Netzen und Beuteln versehener Stangen bedient habe. Auch im übrigen war der Verkehr Hamburgs mit der Aussen- welt aufs äusserste erschwert. Auf hannoverscher Seite war man wenigstens sofort auf Einrichtung von Quarantaineanstalten bedacht °), ') Erlass an Hagedorn, Gottorf, d. 7. September 1713. Acht Tage später berichtete Burchard, dass sich die dänische Postirung, die bei Hamm und Horn gestanden, nach dem letzten Heller zurückgezogen habe. ?) Schon der kurfürstl. Erlass an die Beamten von Harburg, Winsen, Moisburg, und Wilhelmsburg vom 15. August, der die ersten Absperrungsmassregeln anordnete, enthielt zugleich den Befehl, auf dem Reiherstieg oder auf Wilhelms- burg oder an sonst geeigneter Stelle einige Häuser für Quarantainezwecke auszusuchen. (Berl. A.) 16 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 365 wovon die dänischen Behörden zunächst nichts wissen wollten. Nur mit besonderer Erlaubniss der dänischen Regierung wurden einzelne angesehene Persönlichkeiten an der holsteinischen Grenze aus Hamburg herausgelassen. Selbstverständlich wurde die regelmässige Post- beförderung von Passagieren aus Hamburg durchweg eingestellt. Briefe, die von Hamburg abgesandt werden sollten, mussten vor der Einlieferung durchräuchert und auf dem Postamt durch Essig gezogen werden. Gleiche Vorsichtsmassregeln wurden für die Ham- burger Zeitungen angeordnet.) Auch auf die Beförderung von Geld und Packeten mit unverdächtigem Inhalt erstreckte sich ein Ende August in Berlin ausgearbeitetes Project, wie der Postverkehr zwischen Hamburg und den preussischen Landen während der Pest- zeit zu gestalten sei.) Wie umfassend aber auch die hier vorge- !) Nachdem derartige Verordnungen der fremden Regierungen, die in Hamburg Posten besassen, vorausgegangen, schärfte auch der Hamburger Rath zur Beruhigung des auswärtigen Publicums ein: „dass ein jeder seine Briefe, insonderheit aber die Avisen, Stück für Stück, vor der Versiegelung, und ehe sie ins Posteomptoir gebracht werden, wohl durchräuchere.“ Vgl. Hamb. Relations-Courier vom 6. Oectbr. 1713. w Dez Der Entwurf, vom 30. August 1713 datirt, findet sich im Lüb. A. Die wichtigeren Bestimmungen mögen hier angeführt werden: Alle diejenigen, die Briefe in das preussische Postamt zu Hamburg geben wollen, müssen das zur Correspondenz zu verwendende Papier wohl durchräuchern, ehe sie darauf schreiben. Die in Hamburg der Post übergebenen Briefe sind im Boitzenburg mit dem in der preussischen Postordnung verordnetem Räucherpulver zu durchräuchern und in Lenzen durch Pestessig zu ziehen (dies jedoch mit solcher Vorsicht, dass die Schrift keinen Schaden leidet, damit die Correspon- denten sich nicht von den königlichen Posten abwenden mögen). Wenn die Briefe getrocknet, sollen sie in Lenzen nochmals und zuletzt bei ihrer An- kunft in Berlin beräuchert werden. Die zur Aufnahme der Briefe von und nach Hamburg bestimmten Felleisen sollen aus glattem Leder gemacht und auch mit Leder, keineswegs aber mit Leinen gefüttert sein. Auch sollen sie in Hamburg, Boitzenburg und Lenzen in- und auswendig mit Pestessig besprengt und durchräuchert werden. Die Postillons, die zwischen Hamburg und Lenzen Dienste thun, haben sich ‘mit Praeservativen zu versehen. Das von Hamburg zu entsendende Geld muss eine Viertelstunde in scharfer Lauge liegen und darauf in fest zugebundenen, versiegelten, mit Zeichen versehenen Lederbeuteln befördert werden. Von der Postpacketbeförderung ist eine grössere Reihe (giftfangender) Gegenstände gänzlich ausgeschlossen. Zuzulassen sind dagegen Seide, Gold, Silber, Gewürz, Droguen, Farben, Wein, Citronen u. dergl. Die be- treffenden Gegenstände müssen in Kisten oder kleinern Fässern verpackt 17 366 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714, schlagenen Vorsichtsmassregeln waren, so konnte doch der Entwurf wegen der noch strengeren Abschliessung «der Hamburg unmittelbar benachbarten Staaten, insbesondere Dänemarks, nicht zu vollständiger Ausführung gelangen. Noch erheblicheren Bedenken, als der Postbetrieb, begegnete damals begreiflicherweise der Waarenumsatz im Grossen. Hamburgs Handel und Schiffahrt schienen wenigstens in der Zeit unmittelbar nach dem Kundbarwerden der Pest zu vollständigem Stillstand ver- urtheilt zu sein. Selbst die hanseatischen Schwesterstädte, Bremen, wo die Epidemie zwar ebenfalls, doch in schwächerem Masse grassirte, und Lübeck, das diesmal gänzlich verschont geblieben, sahen sich veranlasst, sich gegen Hamburg abzuschliessen, um nicht ihrerseits dem Schicksal der Absperrung anheimzufallen.') Ein besonders empfindlicher Stoss war es für die Stadt, dass die kursächsische Regierung sie am 26. August in Verruf erklärte und verkündete, dass von dort kommende Güter gar nicht mehr, und Personen aus Hamburg nur dann zugelassen werden sollten, wenn sie ein Attest darüber brächten, dass sie an einem unverdächtigen Orte ausserhalb Sachsens in Quarantaine gewesen und überdies beim Eintritt im Sachsen ihre Reiseeffeeten einer Desinfeetion unterworfen hätten.’) Da die sächsische Regierung übrigens die commerziellen Interessen nicht mehr als nothwendig zu beemträchtigen wünschte, so bemühte sie sich, die Anschauungen der hannoverschen Regierung, sowie der Leipziger Kaufmannschaft über diesen Gegenstand in Erfahrung zu bringen. Doch traten zufolge dieses Meinungsaustausches werden, doch so, dass nur weisses, feines und stark durchräuchertes Papier beigepackt und weder Leinen und Stroh noch Stricke oder Bindfaden in Anwendung gebracht werden dürfen. Um die Packete vor Regen und Nässe zu schützen, soll ein Ueberzug von gutem Wachstuch gestattet sein, vorausgesetzt, dass dieses zuvor mit scharfem Essig befeuchtet und nur mit kleinen Nägeln befestigt wird. ') Das Brem. Rathsprotokoll vom 25. August 1713 enthält das Conelusum: „Wegen Hamburg wäre in Conformität der vorigen Disposition die An- ordnung zu Wasser und zu Lande zu machen, dass dahero nichts mag ein- gelassen werden.“ (Brem. A.) Die lübeckischen Absperrungsmassregeln erfolgten auf Andrängen der hannoverschen Regierung und traten am 24. August zuerst in Kraft, Doch war der Lübecker Rath, wie er dem Hamburger Rath schrieb, „zur vorsichtigen ferneren Communication sehr geneigt.“ Ein Lübecker Rathsbeschluss vom 30. August verfügte bezüglich Hamburgs: „Personen müssen Quarantaine halten, die Waaren, so kein Gift fassen, und was uneröffnet fort soll, mag herein.“ (Lüb. A.) ?) Dies und das Folgende nach Acten des Dresd. A. 18 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 367 in dem Verhalten gegen Hamburg nur geringe Modifieationen ein.!) Am 18. September wurde im Interesse des Messhandels zugestanden, dass aus Hamburg gekommene Waaren, die sich mindestens 6 Wochen in Leipzig befunden oder im Hannoverschen ausgepackt gelegen oder umgepackt worden, ohne weiteres, sonstige Waaren, die aus Hamburg vor der erfolgten Sperrung abgegangen und die durch das sächsische Contagionsmandat nicht ohnehin verboten waren, nach dreitägiger Auswitterung unter freiem Himmel zugelassen werden dürften. Den Hamburger Kaufleuten, die zur Leipziger Messe wollten, aber wurden noch bestimmtere Bedingungen, als durch den Erlass vom 26. August, vorgeschrieben. Sie sollten nicht nur eine Bescheinigung darüber vorlegen, dass sie sich im Kurfürstenthum Hannover der Quarantaine unterzogen, sondern überdies durch Atteste und persönliche Eides- leistung jeden Zweifel darüber beseitigen, dass sie sich unterwegs an keinem infieirten oder pestverdächtigen Orte aufgehalten.”) Es fehlt nicht an Andeutungen darüber, dass die sächsische Regierung nicht abgeneigt gewesen, den durch diese Verfügungen äusserst beschränkten hamburgisch-sächsischen Verkehr innerhalb weiterer Grenzen zu dulden, wenn es den beim hamburgischen Handel noch unmittelbarer betheiligten Staaten gelungen wäre, einen Modus zu finden, um den sanitären und commerziellen Interessen gleich- mässig gerecht zu werden. An Bemühungen in dieser Richtung hat es nicht gefehlt. Alsbald nach der Absperrung der Stadt traten der preussische, der hannoversche, der dänische und der holländische Gesandte mit Raths- deputirten zu ÜConferenzen zusammen, um zu überlegen, in welcher Weise ungeachtet der Pest und der Postirungen der Handel mit Hamburg aufrecht erhalten werden könne. Obwohl diese Berathungen von keinem sehr erheblichen praktischen Nutzen gewesen sind, so ist ') Dagegen wurden die Verfügungen gegen Bremen, auf das sich die Verrufs- erklärung vom 26. August miterstreckt hatte, „in gewissem Masse relaxirt.“ Wie es scheint, hatte dies Bremen namentlich der Fürsprache der hannover- schen Regierung zu danken, der zumal nach der Sperrung Hamburgs an dem Fortbestehen des Bremer Handels gelegen sein musste. Ausserdem hatte sich der Bremer Rath in einem Schreiben vom 7. September direet an die sächsische Regierung gewandt und sich darin bezüglich des sanitären Zustands der Stadt auf das Zeugniss des Kurfürsten von Hannover berufen, dabei auch nicht unterlassen geltend zu machen, dass die Stadt Hamburg noch 26 gute Stunden von Bremen jenseit der Elbe gelegen sei. Dresd. A. 2) Dass trotz solcher Erschwerungen einzelne hamburgische Kaufleute die Leipziger Herbstmesse 1713 besucht haben, bezeugt u. a. Burchards Bericht vom 17. October. 368 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. es doch von nicht geringem Interesse, sich die hierbei hervorgetretenen Ansichten und Bestrebungen zu vergegenwärtigen. Von erheblichem Einfluss auf den Gang der Verhandlungen war es, dass sich die Tendenz geltend machte, die Nothlage der Stadt Hamburg zu dauernder Förderung der beiden bisher vergeblich mit ihr coneurrirenden Elbstädte auszunutzen. Die hannoversche Regierung war der Ansicht, dass für die Verwirklichung des seit einiger Zeit gehegten Projects, Harburg in einen grossen Handelsplatz zu ver- wandeln, nunmehr der günstige Augenblick gekommen sei. Den Dänen waren begreiflicherweise Bestrebungen, die darauf gerichtet waren, einen bedeutenden Theil des Elbhandels nach dem linken Elbufer zu ziehen, nicht sehr erwünscht, sie hofften vielmehr, dass Altona in seinem Wettbewerb mit Hamburg unter den obwaltenden Umständen einen Vorsprung gewinnen könne. In Preussen war man den hannoverschen Elbhandelsplänen noch minder günstig, als den dänischen. Hieraus erklärt sich, dass während der erwähnten Conferenzen der preussische und der dänische Gesandte dem hanno- verschen gegenüber hin und wieder gemeinsame Sache machten. Gelegentlich zog man auch in Berlin in Erwägung, ob nicht dem eigenen Lande aus der Sperrung Hamburgs der eine oder andere Nutzen erwachsen könne. So wurde z. B. auf die Möglichkeit hin- gewiesen, dass die Hemmung des hamburgischen Kornhandels Königsberg und Colberg zu statten komme.') Auch wurde in einer Weisung an den preussischen Residenten in Amsterdam hervorgehoben, der preussisch-holländische Handel könne vielleicht fortan vortheilhafter betrieben werden, wenn mit Umgehung von Hamburg die Umladung an einem andern dazu bequemen Platz stattfinde und auf diese Weise Abgaben und sonstige Spesen gespart würden.?) Im Grossen und Ganzen aber herschte in Berlin die Vorstellung, dass es dem preussischen Interesse entspreche, wenn der hamburgische Handel möglichst wenig geschädigt werde. °) Bereits am 16. August hatte das preussische Sanitätscollegium ein Projeet entworfen, unter welchen Bedingungen und Einschrän- ') Project eines Reglements, nach welchem das Commercium zwischen den preussischen Landen und der Stadt Hamburg bei der in selbiger eingerissenen Pest zwar einzuschränken, jedoch auf gewisse Masse annoch beizubehalten sein möchte. 16. August. Berl. A. ?) Erlass an den Residenten Romswinckel in Amsterdam vom 22. August 1713. >) Hinsichtlich des erwähnten Widerstreits zwischen den dänischen und hanno- verschen Wünschen äussert Burchard gelegentlich: „weil es ein hamburgisches Commercium, so müsste es weder an dänische noch an kurbraunschweigische Orte gezogen werden.“ Bericht vom 1. September. so Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 369 kungen der Handel zwischen den preussischen Landen und Hamburg beizubehalten sei.') Dieses Actenstück diente dem Residenten Burchard als Anregung, seinerseits einen Entwurf zu einer allen betheiligten Staaten annehmbaren Vereinbarung über den Handelsbetrieb mit Hamburg während der Pestzeit auszuarbeiten und dem Rath vorzu- legen.) Die darin enthaltenen sachlichen Vorschläge können hier übergangen werden, da sie zum Theil in einem anderen, genauer zu besprechenden Document wiederkehren. Dagegen mögen hier diejenigen Sätze eine Stelle finden, in denen das rein menschliche Mitgefühl für Hamburg und der Wunsch, dass Hamburgs Handelsblüthe nicht dauernd verkümmert werde, in wohlthuender Weise zum Ausdruck gelangen. Nachdem Burchard darum ersucht hat, ihm mitzutheilen, was die Stadt an Holz, Getreide und andern in den königlichen Provinzen befindlichen Waaren benöthige, fügt er hinzu: Se. Königliche Majestät wolle, „dass der guten Stadt damit fördersamst an die Hand gegangen werde, massen Sie mit derselben betrübten Zeiten ein solches Mitleid trage, als wenn dero eigenen Provinzen sothanes Unglück widerfahren wäre.“ An einer anderen Stelle ermahnt der Gesandte die Stadt, „den Muth nicht sinken zu lassen, vornehmlich aber das Commercium, soviel immer möglich, bei sich zu behalten und in Consideration zu ziehen, dass bei ihren ungemein herrlichen Anstalten durch Gottes Gnade das Contagium in gar kurzer Zeit sich von selbst legen dürfte und also man zu bereuen hätte, wenn der mittlerweile anderswohin transportirte Handel und Wandel hiernächst nicht völlig wiederkommen sollte.“ Weiterhin versichert Burchard noch, dass er sich eine Freude (daraus machen werde, der Stadt in allem Thunlichen zu willfahren; er hoffe, dass das hiesige ansehnliche Commercium dadurch in Flor erhalten werden könne, wozu er alles beizutragen speciell instruirt sei. Wenn Burchard dem Hamburger Senat gegenüber früher und später häufig einen recht scharfen Ton angeschlagen hat, so ist davon in seinen Noten aus dieser Zeit der. Bedrängniss wenig zu bemerken. Er gibt sich darin fast durchweg als. freundschaftlichen Berather und ‚Helfer. Offenbar wusste er, dass dies im Sinne seines Königs war, der seinen Antheil an Hamburgs schwerem Geschick mehrfach bekundet hatte. Zugleich schwebte ihm der Gedanke vor, dass Preussen durch wohlwollendes Entgegenkommen in den Zeiten der Noth sich in Hamburg dauernd massgebenden Einfluss, ja viel- 1) Siehe S. 368, Anm. ?). 2) Comm. A. Sl 370 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. leicht eine Art von Protectorat sichern könne.') Doch kam für ihn bei dem vorliegenden Anlass wohl in erster Linie der wirthschaft- liche Gesichtspunkt in Betracht, dass durch eine dauernde Schädigung des hamburgischen Handels auch die preussischen ea essen empfindlich geschädigt würden. Die Mahnung, den Muth nicht sinken zu lassen, war offenbar an die Adresse derjenigen Männer des Raths und der Kaufmannschaft gerichtet, die lieber auf allen Handel verzichten, als sich den vor- eeschlagenen Bedingungen unterziehen wollten. Der Entwurf Burchards bildete, neben einer Skizze des‘ Syndiens Sillem?), die Grundlage der erwähnten Verhandlungen zwischen den Senatsdeputirten und den in Hamburg anwesenden Diplomaten. Da von den Letzteren jeder einen besonderen Standpunkt vertrat und die Rathsdeputirten von der Gesammtheit des Raths abhängig waren, der sich seinerseits mit dem Colleg der Sechziger ins Vernehmen zu setzen und die Wünsche der Commerzdeputation thunlichst zu berücksichtigen hatte, so war es um eine Verständigung zwischen allen in Betracht kommenden Factoren keine leichte Sache. Dass schliesslich doch in verhältnissmässig kurzer Zeit ein Resultat zu Stande kam, dürfte namentlich dem Eifer und Geschick Burchards beizumessen sein. Um zum Ziele zu gelangen, konnte er nicht umhin, dem dänischen Residenten, seinem Bundesgenossen den hannoverschen '!) Bei einer später zu erwähnenden Gelegenheit, da es sich um das Eintreten Preussens für Hamburg den hannoverschen Forderungen gegenüber handelte, schrieb Burchard: „ich hoffe, dass dadurch diejenige Affeetion und Liebe, so bishero der Magistrat und die Stadt gegen Se. Kurfürstl. Durchl. zu Braun- schweig jederzeit blicken lassen, auf Ew. Königl. Majestät redundiren und vielleicht sich Gelegenheit ereignen würde, den Weg zu einer Specie adlvocatiae armatae, wie hiebevor Braunschweig-Zelle selbige gehabt, zu bahnen.“ (Bericht vom 11. October 1715.) Aehnliche Ideen beschäftigten Burchard schon vorher. ’) Das von diesem ausgearbeitete „Project über den Handel Hamburgs mit Brandenburg und Lüneburg während der Pestzeit“ fimdet sich nebst den Aenderungsvorschlägen der Commerzdeputation (vom 23. August) unter den Aeten der Letzteren. Das Uharakteristische der von Sillem vorgeschlagenen Bestimmungen ist, dass nach ihnen die sanitäre Controlle den Hamburgern selbst überlassen werden sollte. Nach Artikel I seines Entwurfs sollten „Leute von Condition, wie im gleichen wohlbekannte Kaufleute und derselben Handelsdiener“ passiren können, wenn sie auf der Uhlenhorst einige wenige Tage Quarantaine gehalten und darüber ein Attest beigebracht hätten. Die Beförderung von Waaren aus und nach Hamburg sollte theils bei Bergedorf, theils beim Bunten Hause unter den erforderlichen Vorsichtsmassregeln stattfinden. 82 Hamburg während der Pestjahre 1712—-1714. 37 Ansprüchen gegenüber, einen gewissen Einfluss auf das Werk ein- zuräumen. Auch dem holländischen Residenten durfte man einzelne Zugeständnisse nicht versagen. So kam denn am 1. September das Project einer Verein- barung über den Betrieb des hamburgischen Handels (sowie auch über Quarantaine- und Verproviantirungsemrichtungen) während der Pestzeit in 12 Artikeln zu Stande'). Der Inhalt war im wesentlichen folgender: Art I. Kaufleute und Handlungsdiener, die auf die Messe zu reisen wünschen, können unter folgenden Bedingungen zugelassen werden: 1) sie dürfen nichts als Geld und die nothwendigste Wäsche bei sich führen, 2) sie müssen mit beeidigten Attesten vom Rath versehen sein, in denen ihnen bezeugt wird, dass sie aus einem gesunden Hause kommen, in dem innerhalb der letzten 6 Wochen niemand an einer hitzigen ansteckenden Krankheit unpässlich gewesen oder gar gestorben sei, 3) sie müssen sich in Bergedorf oder am Zollenspieker einer 6—Stägigen Quarantaine unterziehen und darüber ein Attest von dem Amtsverwalter in Bergedorf oder von dem Zöllner beim Zollenspieker vorweisen (welche beide Beamten mit in der Stadt Lübeck Eid-und Pflicht stehen „und jetzo von Lübeck, als dem Direetorio, hauptsächlich dependiren“). NB. Die Hamburger Wachmannschaften in Bergedorf und beim Zollenspieker dürfen bis auf weiteres nicht abgelöst werden, die etwa nöthige Verstärkung soll nicht aus Hamburg, sondern aus Lübeck beschafft werden. Die an beiden Orten befindlichen Wachen sollen angewiesen werden, aus Hamburg nur solche Personen zuzulassen, die sich zur Quarantaine melden und mit den vorgeschriebenen Pässen versehen sind. Art. II. Waaren, die nicht in den von den einzelnen Staaten ver- öffentlichten Pestedicten verboten sind, können aus Hamburg zugelassen werden, wenn der Ratlı durch eidliches Attest bezeugt, dass sie aus einem seit 6 Wochen „reinen“ (d. h. nicht infieirten) Hause stammen und daselbst von „reinen“ und gesunden Leuten hantirt und, falls eine Emballage nöthig, in vorgeschriebener Weise (d. h. ausschliesslich ') Den Protokollen der Rath- und Bürgerschaftssitzungen, wie der Commerz- deputation und verschiedenen Gesandtschaftsberichten aus dieser Zeit als Anlage beigefügt. an > 312 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. unter Anwendung von russischen Matten, bereitetem Leder, Wachstuch und getheerten Stricken) gepackt sind. Alle in den Packen befindlichen Güter müssen eidlich speci- fieirt und mit Rathszeichen versehen sein. Auch sollen die Güter aus Hamburg von hamburgischen Fuhrleuten oder Schiffern nach Bergedorf geführt, dort auf offenem Felde mitsammt den Frachtbriefen im Angesicht der dort befindlichen Wache niedergelegt und, nachdem die Hamburger Fuhrleute oder Schiffer sich auf eine gewisse Distanz zurückgezogen, von unverdächtigen Fuhrleuten wieder aufgeladen werden. Doch soll die Weiterbeförderung erst erfolgen, sobald das Bergedorfer Amt ein Attest darüber ertheilt hat, dass alle vor- geschriebenen Vorsichtsmassregeln beobachtet worden. Art. III. Auf entsprechende Weise können die Güter, die aus dem Reich kommen, von den Hamburger Fuhrleuten oder Schiffern vor Bergedorf wieder abgeholt werden. Art. IV. Die nöthigen Lebensmittel sollen der Stadt alle Tage auf drei verschiedenen Marktplätzen zugeführt werden, I) auf dem Grasbrook diejenigen Lebensmittel, welche die Elbe herab oder herauf kommen, 2) beim Hamburgerberg die Lebensmittel, die aus dem Lande zwischen Niederelbe und Alster oder sonst die Elbe herauf- kommen, und 3) zwischen Wandsbeck und dem Lübschen Baum die Lebensmittel, die aus der Gegend zwischen der Alster und der Oberelbe kommen. Alle diese Plätze sollen derartige aptirt werden, dass Käufer und Verkäufer auf eine zulängliche Entfernung von einander getrennt bleiben und keine gefährliche Communication mit einander haben können. Art. V. Als Quarantaineplätze sind vom dänischen Gesandten die Dröge, Stelling, Wandsbeck und Schiffbeek vorgeschlagen worden, und zwar der erstgenannte Ort für diejenigen, die nach dem Stift Bremen, der zweite für die, welche nach Holstein zwischen Niederelbe und Alster, und endlich der dritte und vierte Ort für die, welche nach Holstein zwischen Alster und Oberelbe, sowie nach Meklenburg und Lübeck zu reisen wünschen. Der hannoversche Gesandte hat, abgesehen vom Zollenspieker, Hoopte, Wilhelmsburg und den Reiher- stieg zur Quarantaine proponirt. Art. VI. Die mit Waaren die Oberelbe herunterkommenden Schiffer sollen zu grösserer Sicherheit beim Bunten Hause ihren Weg nicht 54 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 319 diesseits, sondern jenseits, d.h. durch die Süderelbe und den Reiher- stieg nehmen. Sie müssen sich von dem daselbst zu bestellenden han- noverschen Controlleur ein Attest darüber ertheilen lassen, dass sie dort vorüber gefahren, und alsdann unterhalb Hamburg unweit Altona bei dem zwar auf dem Gebiet der Stadt Hamburg gelegenen, jedoch von dieser und ihren Thranbrennereien durch Palisaden und die jetzige königlich dänische Postirung getrennten sogenannten Packersraum landen. Dort sollen die Waaren durch fremde Schiffersknechte oder andere unverdächtige Leute gelöscht und nach Verlangen derjenigen, an welche sie adressirt sind, entweder in den genannten Packersraum oder bei der Postirung ans Land gebracht oder in ein von®=den oberländischen Schiffern mitgebrachtes Fahrzeug in einer gewissen Entfernung diesseits der Postirung niedergelegt werden. Die Postirung, sowie die eigens dazu bestellten, von den (resandten sämmtlicher beim Elbhandel interessirten Mächte beeidigten (nicht aber in der Stadt Eid genommenen) Controlleure') haben Acht zu geben, dass bei dieser Ausladung keinerlei Communication mit Hamburgern stattfinde. Erst, wenn die fremden Schiffer sich zurück- gezogen, dürfen die Hamburger die niedergelegten Waaren zu Lande oder zu Wasser je nach dem Wunsche der Eigenthümer abholen. Art.VII. Bei der Wiederbefrachtung der oberländischen Schiffe ist zu unterscheiden, ob die Güter aus der See oder aus Hamburg ge- kommen. Hinsichtlich der aus See in den Packersraum gebrachten Waaren wird nur ein Attest des Controlleurs darüber verlangt, dass sie durch fremde Schiffer oder andere gesunde innerhalb der Postirung befindliche Leute eingeladen worden. Bei den aus Hamburg kommenden, durch die Pestediete nicht verbotenen Waaren ist zu- nächst darauf zu achten, dass sie mit gar keiner oder der im Artikel Il vorgeschriebenen Emballage, sowie mit den erforderlichen Pässen versehen sind. Hat es hiermit seine Richtigkeit, so dürfen die Hamburger ihre Waaren den oberländischen Schitfern zu Wasser bis auf eine gewisse Distanz oder zu Lande bis auf 40 Schritt von der Postirung entgegenbringen. Sobald die Hamburger sich zurück- gezogen, dürfen die oberländischen Schiffer die Waaren abholen und sie in ihre innerhalb der Postirung liegenden Schiffe laden. Art. VII. Die oberländischen Schiffer haben sich vor ihrer Rückfahrt von dem erwähnten Controlleur ein von diesem unter- !) In der Folge ist immer nur von einem Controlleur die Rede. Auch sonst erkennt man an verschiedenen Stellen, dass bei der Redaction der Artikel etwas eilfertig verfahren ist. - sd 374 Hamburg während der Pestjahre 1712--1714. schriebenes und mit dem ihm anvertrauten Siegel des hamburgischen Sanitätscollegiums bekräftigtes (unentgeltlich zu ertheilendes) Attest ausstellen zu lassen, in welchem bestätigt wird, dass alle vorge- schriebenen Vorsichtsmassregeln bei der Ab- und Einladung richtig beobachtet worden. Ihren Rückweg müssen sie ebenfalls durch die Süderelbe nehmen und ihre Pässe am Reiherstieg und wo es sonst üblich unterschreiben lassen. Wenn sie diesen Vorschriften insge- sammt Genüge geleistet, brauchen sie sich an ihrem Bestimmungsorte keiner Quarantaine zu unterziehen. Art. IX. Wenn grosse Schiffe mit Ladung aus der See auf die Elbe kommen und wegen der Untiefen nicht aufsegeln können, sondern unten setzen müssen, sollen sie dort so lange liegen bleiben, bis die fremden Güter und die hamburgischen Effeeten, die zur Weiterbeförderung bestimmt sind, durch dänische und andere gesunde Schifter oder Ewerführer, die in sechs Wochen an keinem inficirten Ort gewesen sind, gelöscht worden. Erst wenn alle fremden und besonders die «den Altonaern und anderen dänischen Unterthanen gehörigen Güter ausgeladen sind, dürfen die Schiffe ungehindert heraufsegeln und in den Baum kommen. Die hamburgischen Schmacken- und Ewerführer, denen als- dann die Löschung der für die Stadt bestimmten Waaren obliegt, sollen weder an dem einen, noch an dem anderen Ufer innerhalb der Postirung zugelassen werden. Durch ein besonderes Placat soll allen Schiffern kundgemacht werden, dass bei Leibes- und Lebensstrafe sich keiner gelüsten lasse, (auf der Fahrt von Hamburg) an einem der beiden Elbufer oder an der dänischen Seeküste anzulegen, oder gar Personen und Güter ans Land zu setzen, wenn nicht zuvor eine 40tägige Quarantaine ge- halten worden. Den Schluss des Artikels bildet das Angebot des dänischen Gesandten, dass den hamburgischen Kaufleuten, wenn sie es unter den gegenwärtigen Verhältnissen wünschten, in Altona bequeme Pack- räume als Niederlage der von ihnen zu spedirenden Güter für einen billigen Preis angewiesen werden sollten. Art. X. Wenn die Hamburger ihnen gehörige Schiffe nach Portugal, Spanien, Frankreich, England, Italien u. s. w. befrachten, so können die Güter von den Hamburger Ewerführern an Bord gebracht werden, doch nur unter der Bedingung, dass diese an keinem der beiden Ufer ans Land gehen und sich von der freien Elbe wieder in die Stadt zurückbegeben. 6 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 375 Art. XI. Holzwaaren, die in „reinen“ holländischen Schiffen ausserhalb der Stadt geladen werden, sollen unbehindert in See gehen können, wenn der Schiffer und 2—3 seiner Schiffsknechte vor dem ge- nannten Controlleur, der sich stets innerhalb der dänischen Postirung aufhält, eidlich versprochen haben, nieht nach Hamburg zu kommen und, sobald die Ladung geschehen, ungesäumt heimzukehren, ohne dabei an einem der beiden Elbufer ans Land zu treten. Art. XII. Ferner ist aufAndrängen des holländischen Gesandten verabredet, dass zu grösserer Erleichterung des Handels die aus der See vor Altona kommenden holländischen Schmacken, die daselbst etwas ausladen müssen, bei „löschbarem“ Wetter dort nicht länger als 24 Stunden aufgehalten werden sollen. Es ist ersichtlich, dass in diesem Entwurf keineswegs alle in Betracht kommenden Punkte geregelt worden. Insbesondere blieb jedem der betheiligten Staaten anheimgegeben, welche Waaren er aus Hamburg zulassen wolle. Auch abgesehen von solchen Mängeln war das Project nicht dazu angethan, in Hamburg grosse Befriedi- gung hervorzurufen.') Unzweifelhaft hatte ihm der Rath nur unter dem Druck der Zeitverhältnisse zugestimmt. Immerhin wäre durch eine schleunige und gleichmässige Durchführung des Abkommens die Lage Hamburgs erheblich gebessert worden. Indessen vergingen mehrere Wochen, bis sich sämmtliche betheiligte Regierungen über den Entwurf äusserten, und es fehlte viel, dass sie ihn unbedingt gebilligt hätten. Verhältnissmässig günstig fiel der Bescheid aus, den Burchard nach längerem Harren und wiederholten Drängen von seiner Regierung erhielt.?) Diese erklärte sich mit dem Projeet im wesentlichen ein- verstanden. Allerdings wurden die im ersten Artikel enthaltenen Bedingungen für den Eintritt in das preussische Gebiet noch durch einige Zusätze verschärft. Die Passagiere sollten ausser der bereits vor- gesehenen Quarantaine in Bergedorf oder beim Zollenspieker vor Ueber- schreitung der preussischen Grenze noch eine viertägige Quarantaine halten, während dieser ihre Kleidungsstücke und Wäsche lüften und stark durchräuchern, das Geld, das sie bei sich führten, in scharfer Lauge sieden lassen und überdies durch persönliche Eidesleistung ') Die Commerzdeputation fügte dem ihr am 4. September mitgetheilten Project eine grosse Anzahl monita hinzu und bezeichnete das Ganze als „dem commer- cirenden Kaufmann in vielen Punkten sehr schädlich und präjudieirlich.“ 2) Die königliche Resolution ist vom 16. September, die Zustellung an den Hamburger Rath durch Burchard vom 22. September datirt. 57 976 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. bekräftigen, was schon in ihrem vorgewiesenen Attest besagt war (dass sie nämlich sechs Wochen vor ihrer Abreise aus Hamburg dort in keinem infieirten oder pestverdächtigen Hause gewesen), ferner, dass sie sich selbst frisch und gesund befunden, und dass sie ausser den von ihnen angegebenen Sachen nicht das Geringste bei sich führten oder verborgen hätten. In den Bemerkungen zu mehreren anderen Artikeln wurde bezüglich der zuzulassenden Waaren und ihrer Verpackung auf die von dem preussischen Sanitätscollegium stammende Beilage hingewiesen. In dieser Letzteren wurden drei Gattungen von Waaren unterschieden: solche, die als durchaus giftfangend anzusehen und daher gar nicht einzuführen seien '), solche, die mit besonderen Vorsichtsmassregeln (d.h. nachdem sie gelüftet, geräuchert oder mit Essig abgewaschen) zugelassen werden könnten ?), und endlich solche, deren Einfuhr bei ungefährlicher Verpackung unbedenklich sei.) Auf die Abänderungsvorschläge des Hamburger Senats war die preussische Regierung allerdings nicht eingegangen, immerhin hatte sie im Vergleich mit den übrigen Staaten, die an dem Handel mit und über Hamburg betheiligt waren, ein sehr bemerkenswerthes Entgegenkommen bezeigt. Wenige Tage nach der preussischen Resolution traf in Hamburg ein Schreiben des Herzogs Karl Leopold von Meklenburg ein, in dem er sich bereit erklärte, den Verkehr mit Hamburg auf der Grundlage des Projectes vom 1. September zu gestatten, falls die Regierungen, deren Gesandten bei dem Abkommen betheiligt gewesen, ') a) alle zur Kleidung gebrauchte Sachen, sie seien von Leinen, Wolle oder Seide; b) Betten und Hausrath; c) Flachs, Wolle, Hanf, Werg, Garn, Zwirn und was daraus fabrieirt worden, auch Halbseidenzeuge; d) alle Arten von Pelzwerk, Haare von Menschen und Vieh, Federn u. del; e) unbereitete Häute, sowie bereitete, an denen noch Haare sind; f) frisches und geräuchertes Fleisch, Speck und Fischwaaren, abgesehen von den (Anm. ®) bezeichneten Ausnahmen; e) Tale, Lichte, Fett, Käse und Thran. 1} De Farbhölzer, Seiden- und Silberwaaren, bereitetes Leder, Butter, Thran, Oel, Papier. Bei einigen dieser Waaren war noch besonders bestimmt, dass sie in Hamburg nicht umgepackt werden sollten. 3) Gewürz, raffinirter Zucker, Citronen, Pomeranzen, medieinische Materialien, Droguen, Farbstoffe (abgesehen von Farbhölzern), alle Mineralien und Metalle, alles Getreide, Wein, Branntwein, Essig, Glas, Pulver, Fischbein, Juchten, Wachs, Hering, Stock- und Klippfische, Austern und Schollen. S an Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. SıT dasselbe bestätigten.') Zuvor schon hatte der Fürst Leopold von Anhalt-Dessau eine ebenfalls günstige Erklärung abgegeben. ?) Alle diese dankenswerthen Kundgebungen hatten jedoch nur geringen praktischen Wertl, wenn nicht Dänemark und Hannover, von deren Gebieten Hamburg umschlossen war, sich zu gleichen Zugeständnissen bereit erklärten. Dass die dänische Regierung dem Abkommen im wesentlichen zustimmen werde, hatte ihr Resident Hagedorn umsomehr erwartet, als von im in seinen Berichten ausdrücklich geltend gemacht worden war, es sei in den Artikeln nichts enthalten, was nicht auch dem Interesse Altonas entspreche.”) Trotzdem lautete die dänische Resolu- tion vom 4. September so abweisend, dass Hagedorm eine Weile zögerte, sie den übrigen Gesandten und den Rathsdeputirten mitzu- theilen. Vermuthlich hoffte er, noch einige Modificationen zu erwirken. Ein königlicher Erlass vom 14. bedeutete ihm aber, dass hieran nicht zu denken sei; und so veranlasste er denn seinen Secretär Schwartz, ') den unerfreulichen Bescheid’) an die betheiligten Kreise gelangen zu lassen. Für die Anschauungen und Tendenzen der dänischen Regie- rung sind ihre Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln des Entwurfs ungemein bezeichnend. Zu Artikel I. Wenn Hannover und andere Staaten die Reise über Bergedorf und den Zollenspieker gestatten wollten, so habe der König nichts dagegen einzuwenden. Wenn aber die Hamburger Passagiere das königlich dänische Territorium zu berühren gedächten, so müssten sie eine sechswöchige und vollständige Quarantaine halten; doch vorläufig („bis man siehet, wie es mit der Krankheit hinauswill“) könnten sie auch unter dieser Bedingung nicht zugelassen werden. Zu Artikel II. Der König werde aus Hamburg auch solche Waaren, die nicht in den Pestedieten verboten und mit beeidigten ') Herzog Karl Leopold an den Rath von Hamburg, Schwerin, d. 25. Sept. 1713. 2) „werde auch, soviel an mir ist, nicht unterlassen, was in Conformität der desfalls gemachten Anstalten und Concerten zur frei und sichern Passage Ihrer Unterthanen und Waaren diensam sein möchte.“ Fürst Leopold an den Rath von Hamburg, Dessau, den 15. September 1713. 3) Dies und das Folgende nach den Berichten Hagedorns und den Weisungen an ihn im Kophg. A. ) Dieser nahm in der Folge die Geschäfte der Gesandtschaft wahr, nachdem Hagedorn Hamburg verlassen, um bis zum Frühjahr 1714 einen Posten bei der dänischen Regierung in Stade zu bekleiden. 5) Datirt vom 16. September, bei den dänischen und prenssischen Gesandtschafts- berichten. 59 r 25 918 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Attesten versehen seien, nicht zulassen, da erfahrungsmässig derartigen Attesten nicht immer Glauben geschenkt werden könne. Zu Artikel III. Aus unverdächtigen Orten kommende, nach Hamburg bestimmte Güter könnten unter den vorgeschlagenen Vor- sichtsmassregeln dort eingelassen werden; Waaren von dort heraus- zulassen, sei unstatthaft. Zu Artikel IV. Der Marktverkehr auf dem Grasbrook wird nicht gutgeheissen. Dänischen Unterthanen solle es nicht gestattet sein, ihre Waaren dorthin zu bringen. Zu Artikel V. Dieser Artikel sei hinfällig, soweit er sich auf Dänemark beziehe, weil man vor der Hand niemand aus Hamburg herauslassen könne. Erst später, wenn die Pest sich zu legen beginne, werde man einige Orte zur Quarantaine vorschlagen. Gegen Artikel VI erfolgt keine Einwendung. Zu Artikel VII. Zur Umladung der aus der See gekommenen Güter, die elbaufwärts befördert werden sollten, wird Altona als der geeignetere Platz in Vorschlag gebracht. Zu Artikel VIII. Auch mit Attesten versehene Schiffe von Hamburg elbaufwärts fahren zu lassen, wird beanstandet. Artikel IX wird in der Hauptsache genehmigt; doch sollten die grossen Schiffe, sobald sie einmal in den Hamburger Baum ge- kommen, während der Dauer der Contagion nicht wieder heraus- gelassen werden. Noch ausdrücklicher, als in der Vorlage, wird es als unzulässig bezeichnet, dass die Hamburger KEwer und sonstigen kleinen Schitfe den Seeschiffen entgegenfahren, um die Ladung abzuholen. Artikel X wird verworfen, weil der König während der Dauer der Contagion kein Fahrzeug aus Hamburg herauslassen könne, und weil die grossen Schiffe nothwendig bei Neumühlen geladen werden müssten, wobei es leicht geschehen könne, dass die Leute aus den kleinen hamburgischen Ewern und sonstigen Fahrzeugen, welche die Waaren dahinbrächten, ans Land träten und andere ansteckten. Artikel XI wird gutgeheissen. Zu Artikel XII. Es wird versprochen, die holländischen Schmacken vor Altona nicht über Gebühr aufzuhalten, wenn auch keine bestimmte Zeit zum Löschen der Waaren zugesichert werden könne. Nicht völlig so ablelnend verhielt sich die hannoversche Regierung. !) !) Der Bescheid der hannoverschen Regierung über das Projeet vom 1. Sept. wurde dem Hamburger Rath von dem Residenten Grafe unter dem Datum des 28. Sept. zugestellt. 90 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 37) Sie bestimmte für die mit genügenden Attesten versehenen Kaufleute und Handlungsdiener eine Quarantaine von 20 Tagen. Thatsächlich wurde diese Zeitdauer für Kaufleute, die durch das hannoversche Land hindurch auf die Messen im Innern Deutschlands reisen wollten, mitunter bis auf 12, ja bis auf S Tage ermässigt. Auch wurde von Hannover die Waarenausfuhr aus Hamburg wenigstens nicht völlig untersagt. Freilich sollten von dort zunächst nur Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Stall, Blei, Holzwerk und Heringe zugelassen werden.) In verschiedenen Einwendungen und Gegenvorschlägen, die sich in der hannoverschen Resolution über das Project vom 1. Sept. finden, tritt der Wunsch, die Situation zum Nutzen des eigenen Landes zu verwerthen, unverkennbar hervor. ?) In den Bemerkungen zu Artikel VI wird dagegen Verwahrung eingelegt, dass die Umladung der elbabwärts kommenden Güter auf einen bestimmten Ort beschränkt werden solle. Der in Vorschlag gebrachte Packersraum bei Altona sei wegen der Nähe von Hamburg etwas verdächtig. Auch empfehle er sich nur dann, wenn die in den Schiffen befindlichen Ballen so gross seien, dass sie ohne Kralın- winden nicht gehandhabt werden könnten, „wiewohl auch dergleichen im Köhlbrand zu veranstalten sein würde“. Unverhüllter noch tritt die angedeutete Tendenz in den Be- triebsbestimmungen hervor, die bei der Erörterung der Artikel VII und IX des Abkommens in Vorschlag gebracht wurden. Zu Artikel VII. Alle elbabwärts kommenden Schiffe müssen zu Harburg anlegen und die in ihnen enthaltenen zur Ausfuhr in See bestimmten Waaren von dort aus in die betreffenden Seeschiffe befördert werden. ') In der weiterhin angeführten Instruction für den Aufseher Fesca wird die Ausfuhr von Metallen und Mineralien im Allgemeinen als statthaft bezeichnet; Holzwerk wird da nicht ausdrücklich unter den erlaubten Ausfuhrartikeln genanht, doch ist von Transport der Waaren in Fässern und Tonnen die Rede, ?) Dies gilt auch von einer (vom 4. September datirten) hannoverschen Ver- ordnung, „wie es mit der Schiffahrt auf der Elbe in Sr. Kurfürstl. Durchlaucht Landen, so lange die in Hamburg seiende Contagionsgefahr währet, es ge- halten werden soll.“ Charakteristisch ist schon der Beginn: „1) soll durch den Arm des Elbstroms, welcher von Hamburg hergehet und sonst die Norderelbe genannt wird, überall kein Schiffsgefäss, auch nicht ein Kahn, weder auf, noch nieder passiren.“ — Die Commerzdeputation, vom Senat aufgefordert, wegen dieser Verordnung ihre Monita vorzubringen, leistete darauf Verzicht, „massen sie bei so schwerer der Sache Exereirung lieber wollten stille sitzen und nichts ihnen Nachtheiliges eingehen“. Comm. A, 91 25% 980 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Zu Artikel IX. Von den aus der See eintreffenden Schiffen sollen die Waaren, die elbaufwärts oder (zu Lande) ins Reich zu gehen bestimmt sind, durch lüneburgische oder harburgische Ewer abgeholt werden. Mehr noch, als durch diese Bestrebungen, die ja nicht ohne Zustimmung der übrigen beim Elbhandel betheiligten Staaten ver- wirklicht werden konnten, wurde die öffentliche Meinung in Hamburg durch verschiedene hannoversche Anträge erregt, welche das ham- burgische Interesse in unmittelbarster Weise berührten. In der Bemerkung zu Artikel IV des Projeets war der Grasbrook als Niederlage für die nach Hamburg bestimmten Lebens- mittel und sonstigen Waaren genehmigt worden '). Eine Instruction der hannoverschen Regierung an den Aufseher Fesca (vom 6. October) enthielt die genaueren Anordnungen hierüber. Diese entsprachen im Grossen ınd Ganzen der damals unter solchen Umständen allgemein üblichen Praxis. Immerhin befanden sich unter den Vorschriften über die Art, wie der Verkehr zwischen den beiden auf dem Grasbrook zu errichtenden, 40 bis 50 Schritt von einander entfernten Barrieren zu regeln sei, manches, was den Hamburgern befremdlich schien. Die Durchführung der angeordneten Vorsichtsmassregeln und die Ueber- wachung des zugestandenen Verkehrs war dem genannten Aufseher Fesca zugedacht. Diesem sollte eine hannoversche Wache zur Seite stehen. Den eigentlichen Marktverkehr gedachte man auf vier Tage in der Woche, und zwar auf die Stunden von 9 Uhr Vormittags bis 3 Uhr (sobald die Tage kürzer würden, nur bis 2 Uhr) Nachmittags zu beschränken. Zum Eimkauf sollte der Hamburger Rath nur solche Leute bestellen, deren Gesundheit ausser Zweifel sei, und zwar nie melr, als zwölf auf einmal. Wenn sich eine grössere Zahl eimstellte, sei der Markt sofort aufzuheben; auf die Hamburger, die in solchem Falle sich nach erfolgtem Zuruf nicht schleunigst entfernten, sollte gefeuert werden.”) ') Dass thatsächlich der Grasbrook schon vorher dem Marktverkehr gedient hatte, ergibt sich u. a. aus Arnold Amsinck’s Hamb. Chronik (die niederländ. u. hamb. Familie Amsinck, Anlage XVI S. V): „den 2. September wurde auff den grassbrook Marrkt gehalten, den es war mit latten was abgemacht, an eine seite waren die verkeuffer, auff der andern Seite die Keuffer, dabey waren hannoverische wacht und auff der ander seite unsere wacht, es war ein Pfal mit eine teerton auffgestecket, dass sie sehen Kunten, wo sie musten anlegen“ u. Ss. w. ?) Hiergegen wurde hamburgischerseits monirt: solches werde „in einer Stadt, worinnen der gemeine Mann sich nicht zwingen lässet, grosses Unglück anrichten.“ 92 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. sl Für den erlaubten Export aus Hamburg sollte ein fünfter Tag reservirt werden; denn dieser Theil des Verkehrs schien besonders strenger Ueberwachung bedürftig. Die aus Hamburg ausgeführten Fässer und Tonnen sollten vor Fescas Augen von den Hamburgern selbst „wohl abgewaschen und stark begossen“, alsdann, um Einschleppung verbotener Waaren zu verhüten, von dem genannten Aufseher angebohrt und auf ihren Inhalt geprüft werden. Stellte sich irgend ein Unterschleif heraus, so sollten die Fässer sammt ihrem Inhalt sofort verbrannt werden. An einem sechsten Wochentag sollten auf dem Grasbrook Gespräche zwischen Einwohnern Hamburgs und Auswärtigen stattfinden können, doch nur so, dass die sich miteinander Unterredenden durch den Abstand zwischen beiden Barrieren von einander getrennt waren '). Es konnte nicht anders sein, als dass die vorgeschlagenen Veranstaltungen den Hamburgern lästig und auch für bescheidene Verkehrsbedürfnisse unzureichend erschienen. Was aber bei ihnen am meisten Anstoss erregte, war die Forderung, dass die hannoversche Wache bei Tag und Nacht auf dem Grasbrook bleiben, und dass der Aufseher Fesca zum Zweck wirksamerer Controlle dort eine auf Pfählen errichtete Wohnung beziehen sollte. Man erblickte hierin eine Bedrohung der Unabhängigkeit Hamburgs, die umso schmerz- licher empfunden wurde, als sie von einer Regierung ausging, bei der man so hänfig den Gewaltstreichen der Dänen gegenüber Schutz gesucht hatte. Dazu kam von derselben Seite noch eine andere Zumuthung, die nicht nur an sich sehr unbequem war, sondern als ein erneuter Anschlag auf die Selbständigkeit der Stadt erschien: nämlich die Forderung, dass die Landschaften Billwerder und Ochsenwerder durch lübeckische Truppen von Hamburg abgesperrt würden. Diese Angelegenheit spielt in den hamburgischen Rath- und Bürgerschaftsverhandlungen und in den diplomatischen Acten der zu Hamburg in näherer Beziehung stehenden Staaten keine ganz un- erhebliche Rolle. Es erscheint deswegen geboten, ihre Bedeutung in der Kürze zu erläutern, zumal da sich dabei Gelegenheit bietet, einige frühere Mittheilungen zu ergänzen. In seinem ersten Project über die Anstalten zur Abschliessung Hamburgs hatte der dänische General Scholten es als wünschens- !) Aus den gleichzeitigen Gesandtschaftsberichten geht hervor, dass derartige Unterredungen mit vorgeschriebener Distanz, bei denen man sich als Telephons nur eines weithintönenden Organs bedienen konnte, namentlich zu diplo- matischen Zwecken sowohl auf dem Grasbrook, wie bei der dänischen Postirung stattgefunden haben. 95 9382 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. werth bezeichnet, dass Hannover den Hamburgern nicht nur die Oberelbe sperrte, sondern auch Billwerder besetzte. Letzteres war nicht geschehen, da die kurfürstliche Regierung vorläufig vor einer solchen Missachtung der territorialen Rechte Hamburgs Scheu tragen mochte. Zufolge dessen war wenigstens auf einer Seite die. Um- schliessung Hamburgs minder eng und drückend. Zwischen Bille und Elbe befand sich keine Postirung in der Nähe der Stadt. Die Dänen und Hannoveraner begnügten sich, ihre Truppen auf dem holsteini- schen, bezw. lauenburgischen Gebiet nahe der Grenze Billwerders und der Vierlande aufzustellen. Dadurch war allerdings der sanitäre Grenzschutz in jenen Gegenden nur unvollkommen bewerkstelligt. Die Besorgniss lag nahe, dass die Seuche von Hamburg in die Vierlande und von dort auf das jenseitige Klbufer vordringen könne. Um dies zu verhüten, war von Hannover bereits Ende August die Forderung gestellt worden, dass die genannten, den beiden Städten Hamburg und Lübeck gemeinsam gehörenden Landschaften zeit- weilig dem gewohnten Verkehr mit ersterer Stadt entsagten.') Der Hamburger Senat war hiermit umsomehr einverstanden, als es nur unter dieser Bedingung möglich war, das auch vom hamburgischen Standpunkt sehr erwünschte Projeet, in Bergedorf und beim Zollen- spieker Quarantaine-Anstalten zu schaffen, zu verwirklichen. Sofern es zum sanitären Schutz der Vierlande einer Postirung bedurfte, erschien es auch dem Hamburger Rath als das geeignetste Auskunfts- mittel, die dortige Besatzung von Lübeck aus verstärken zu lassen. ') Dies und das Folgende nach Acten des Berl. und Lüb. A., sowie dem Concepten- buch des Bergedorfer Amtsverwalters. Aus letzterer Quelle ergibt sich, dass der Verkehr Bergedorfs mit Hamburg in der That schon Ende August auf- hörte. Die Bergedorfer empfanden dies doppelt schmerzlich, da sie trotzdem von den Nachbargebieten abgeschlossen blieben. Die trostlose Lage, in der sich die Vierlande damals befanden, erhellt u. a. aus einem Schreiben des Amtsverwalters an den Lübecker Rath vom 2. September, in dem er klagt, „dass wir dermassen fast rund herum beschlossen, dass wir fast nicht einsten nöthig hätten, unsere Pösten zu besetzen, allermassen wir solchergestalt von den fremden Postirungen bewachet werden, dass fast nichts zu uns kommt, und allhier so todt stille, als wenn keine Reisende noch Commercium mehr in der Welt wäre. Indessen sind doch die Landpöste geestwärts noch mit fünf Hausleuten jedweder besetzet, zu Verhütung, dass keine infieirte Leute einschleichen. Längs der grossen Elbe darf ebenmässig kein Fahrzeug, wie gross oder klein es auch ist, sich sehen lassen, noch die Unsrigen einen Fuss an jener Seiten an Land setzen, ja mit den Ueberelbeschen nicht einsten, mit 3edräuung gleich Feuer darauf zu geben, von ferne reden, nicht anders, als wann wir infieirte Leute wären, da sie doch uns für rein und gesund halten und in unseren Landen die Quarantaine Fremden anweisen.“ 94 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 383 In der That wurden (am 20. September) aus letzterer Stadt 20 Mann der Garnison nebst einem Öberoffizier nach Bergedorf entsandt. Wenige Tage später fanden nicht weit von dort in Buschmanns Garten zu Billwerder zwischen Hamburger und Lübecker tathsdeputirten und dem lauenburgischen Landdrosten von \Werpup Berathungen darüber statt, wie die Absperrungsmassreeeln in jenen Gebieten dem allseitigen Interesse gemäss ins Werk zu setzen seien. Das Resultat war ein am 26. September unterzeichnetes Abkommen, das freilich, um Geltung zu erlangen, der Bestätigung aller drei betheiligten Regierungen bedurfte. Dem hamburgischen Interesse war darin in erwünschter Weise Rechnung getragen. Um die Ver- proviantirung der Stadt aus den Vierlanden einigermassen zu er- möglichen, war vereinbart worden, dass einige Einwohner dieser Lande sich während der Dauer der Epidemie in Hamburg nieder- lassen sollten, um dort die ihnen aus den heimatlichen Ortschaften unter bestimmten Vorsichtsmassregeln zugeführten Producte abzusetzen. Von noch weit grösserer Wichtigkeit aber war es für die Stadt, dass ihr der völlig freie Verkehr mit Billwerder und Ochsen- werder belassen wurde; denn ganz abgesehn davon, dass sich dort sehr zahlreiche Gartenwohnungen befanden, in welche sich viele Familien während der Pestzeit zurückgezogen hatten, konnten beide Gebiete als die eigentlichen Vorratıskammern Hamburgs gelten, deren Werth damals, als die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln im übrigen fast ganz von der Gnade Dänemarks und Hannovers abhing, geradezu unschätzbar war. Mit Rücksicht hierauf war in dem Ab- kommen ausdrücklich vereinbart, dass durch die lübische Postirung zwar die Vierlande, nicht aber Billwerder und Ochsenwerder von Hamburg abgesperrt werden sollten. Diesen Punkt genehmigte die hannoversche Regierung jedoch nicht. Sie machte geltend, dass das Iimke Elbufer nicht genügend gegen Ansteckung geschützt sei, so lange die Verbindung von Bill- werder und Ochsenwerder mit Hamburg ungehemmt bleibe, und forderte deshalb, dass auch diesen Landschaften die Communication mit der Stadt genommen werde. Es dürfte nach dem eben Erwähnten verständlich erscheinen, dass dieses Ansinnen den Hamburgern eine höchst unangenehme Ueberraschung bereitete; umsomehr, da die Drohung hinzugefügt ward, dass, wenn die Stadt sich dem Verlangen des Kurfürsten nicht füge, letzerer die Abschliessung durch seine eigenen Truppen bewerk- stelligen oder deswegen mit dem Könige von Dänemark gemeinsame Sache machen werde. 95 384 Hamburg während der Pestjahre 1712- 1714. Allen diesen unliebsamen Eventualitäten hoffte der Senat am ehesten entgehen zu können, wenn er dem berechtigten Wunsch der hannoverschen Regierung, die eigenen Unterthanen vor Ansteckung durch jene Ortschaften zu schützen, in anderer, dem hambureischen Interesse minder nachtheiliger Weise zu entsprechen suchte. Fr beschloss, einige hundert Mann hamburegischer Truppen, die aus unverdächtigen Quartieren und Wohnungen gezogen,') dorthin zu verlegen, und ertheilte ihnen die Weisung, aufs strengste darüber zu wachen, dass keinerlei Verkehr zwischen Billwerder und Ochsen- werder einerseits und den Vierlanden, sowie den benachbarten lüneburgischen, lauenburgischen und holsteinischen Landschaften anderseits stattfinde. Ueberdies wurde solcher Verkehr durch ein besonderes Mandat vom 9. October bei Leibes- und Lebensstrafe untersagt. Diese Massregeln befriedigten jedoch die kurfürstliche Regierung keineswegs. Vielmehr drängte sich ihr die Besoreniss auf, dass durch die Verleeung hamburgischer Truppenabtheilungen in (las bisher von der Pest verschonte Gebiet der Ausbreitung des Uebels erst recht Vorschub geleistet werde. Die hannoversche Forderung wurde daher im wesentlichen aufrecht erhalten und nur nach einiger Zeit dahin modifieirt, dass es den wohlhabenden Ham- burgern nicht ganz benommen sein sollte, auf ihren im jenen Landschaften gelegenen Gärten Erfrischung zu suchen. Inzwischen hatte sich der Rath wiederum hülfesuchend nach allen Seiten gewandt. Auch dieses Mal traten die Divectoren des nieder- sächsischen Kreises, insbesondere der König von Preussen, für Hamburg ein.”) Die hannoversche Regierung vertheidigte freilich das von ihr an die Stadt gerichtete Ansinnen ?) durch den Hinweis auf die Gefahr, welche für die Nachbargebiete entstehe, wenn Billwerder und Ochsenwerder von der Pest ergriffen würden, sowie durch das Vorgeben, dass die dahin gesandte hamburgische Mannschaft einer infieirten Garnison entnommen sei, und dass, seitdem sie dort ein- gerückt, die Contagion sich bereits in einigen Häusern zu Kirch- werder gezeigt habe.*) Von der Ausführung gewaltsamer Massregeln ') Der Vorsieht wegen untersagte man diesen Truppen jeden Umgang mit ihren Frauen und Kindern; auch sollten sie nicht abgelöst werden. °) Friedrich Wilhelm I. an den Kurfürsten Georg Ludwig, den 17. October 11a. (Berl, A). “ ») Georg Ludwig an Friedrich Wilhelm I., den 25. October 1713. (Berl. A.) ') Dem gegenüber constatirte der hamburgische Rath, dass die nach Billwerder und Ochsenwerder geschickten Truppen ebenso wie die von ihnen besetzten Gebiete von aller Infection frei geblieben. Die Pestfälle in Kirchwerder waren freilich unbestreitbar, doch konnte der Rath mit Recht darauf hinweisen, 96 Hamburg während der Pestjahre 1712—-1714. 385 wurde jedoch Abstand genommen, sei es in Rücksicht auf die Ver- wendung der Kreisdirectoren, sei es zufolge der mündlichen Vorstellung des hamburgischen Syndieus Anderson, der vom Utrechter Congress zurückkehrend sich auf Weisung des Senats Anfang October nach Hannover begeben hatte, und mit Eifer und Geschick bestrebt war, die kurfürstliche Regierung zu einer Aenderune ihres Verhaltens gegen Hamburg zu bestimmen. Seinen Bemühungen war es jedenfalls zuzuschreiben, dass die in der Instruction an Fesca enthaltenen Anordnungen in einzelnen Punkten eine für Hamburg annehmbarere Gestalt erhielten. Die kur- fürstliche Regierung erklärte sich damit einverstanden, dass die hannoversche Wache auf dem Grasbrook des Nachts nur aus 5 Mann bestehe, und dass der Aufseher Fesca sich dort nur am Tage aufhalte. Die vorschriftsmässige Entfernung zwischen beiden Barrieren sollte auf 30 Schritt, die Zahl der gleichzeitig zum Markt zuzulassenden Hamburger auf 20 festgestellt werden. Bei der Bestimmung der Tage und Stunden für den Markt- und Handelsverkehr, sowie für Unter- redungen an den Barrieren sollte der Aufseher, ohne an eime allzu enge Vorschrift gebunden zu sein, die thatsächlichen Bedürfnisse, Wind und Wetter, Ebbe und Fluth in Betracht ziehen. Auch erklärte sich die hannoversche Regierung bereit, speciell für die Versorgung Hamburgs mit Korn, Holz und Kohlen einen etwas vereinfachteren Betrieb zu gestatten. Von dem Wunsche erfüllt, dass die Stadt den Verkehr mit den kurbraunschweigischen Landen nicht völlig einbüsse, war der Senat geneigt, diesen abgeänderten Vorschlägen seine Zustimmung zu ertheilen. Die Bürgerschaft aber verhielt sich ablehnend, da ihrer Ansicht nach die hannoverschen Anträge auch jetzt noch mehr Nachtheiliges als Vortheilhaftes enthielten. Ihr besonderes Missfallen scheint der Umstand erregt zu haben, dass noch immer an der Forderung einer Tag und Nacht auf hamburgischem Gebiet zu postirenden hannoverschen Wache festgehalten wurde. Durch Nach- giebigkeit in diesem Punkte besorgte sie, ähnliche Praetensionen anderer Mächte hervorzurufen.') Somit bestand der Gonfliet der dass dieser Ort nicht von hamburgischen, sondern von Lübecker Truppen besetzt sei; auch sprach er die Vermuthung aus, dass die Seuche dorthin aus dem Holsteinischen eingeschleppt sein möge. (Schreiben des Hamb. Raths an den Kurfürsten von Hannover vom 11. November, an den Herzog von Braunschweig vom 2. December 1713 im Berl. und Wolfb. A). ) R. u. B.-R. vom 27. October 1713 und Burchards Bericht vom selben Tage im Berl. A. 97 986 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. Stadt mit der hannoverschen Regierung fort. Es hing völlig von dem Belieben der Letzteren ab, welchen Grad von Strenge sie in der Absperrung Hamburgs walten lassen wollte. Ein Ein- vernehmen war in keinem Punkte erreicht. Auf das Verlangen einer wirksameren Absperrung Billwerders und Ochsenwerders kam die kur- fürstliche Regierung freilich nicht zurück, sie behielt sich jedoch vor, Hamburg dafür verantwortlich machen zu wollen, falls die FEpidemie (durch jene Gebiete ins Hannoversche übertragen werde. Inzwischen liess sie — abgesehen von der am linken Elbufer gelegenen ham- burgischen Landschaft Moorburg — Moorwerder mit dem Bunten Haus besetzen, um auf diese Weise an der Stelle, wo Norder- und Süderelbe sich scheiden, die erwünschte Controlle über die Elbschiffahrt ausüben zu können.) Wie schon angedeutet, war es für Hamburg besonders nach- theilig, dass bei dem obwaltenden Missverhältniss zu Hannover und den überaus strengen und umfassenden Sperrmassregeln Dänemarks die liberaleren Grundsätze, zu denen sich Preussen und einige kleinere Staaten bekannt hatten, nicht zur Anwendung zelangen konnten. Immerhin wurde die commerzielle Lage Hamburgs noch erheblich verschlechtert, als auch die prenssische Regierung auf Grund des Ver- dachts, dass einige brandenburgische Ortschaften, in denen sich Pest- fälle zugetragen, von Hamburg aus infieirt seien, durch einen Erlass vom 7. November den Schiffahrtsverkehr mit dieser Stadt vollständig untersagte. Die Bemühungen des hamburgischen Senats, die Aufhebung oder Milderung dieser Massregel zu erwirken, blieben längere Zeit resultatlos. Die leitenden Grundsätze, zu denen sich die preussische Re- oijerung bei dieser Gelegenheit bekannte, waren einerseits: „dass das Commereium nicht durch allzu grosse Schärfe olıne Noth ruinirt werden dürfe“ ?) und anderseits, „dass der aus dem Commereio entspringende Vortheil gegen die Pestgefahr und gegen das daraus entspringende Un- glück und Verderben der Unterthanen für nichts zu achten sei.“”) Dem- entsprechend bevollmächtigte der König am 28. December in Ver- anlassung wiederholter Hamburger Gesuche das preussische Sanitäts- colleeium, unter Vermeidung der Extreme und mit Berücksiehtigung der wechselnden Verhältnisse nach bestem Wissen und Gewissen über den zu gestattenden Verkehr Anordnungen zu treffen. Da ') Burchard, d. 31. October und 7. November. ?) Friedrieh Wilhelm I. an das Sanitätscollegium d. 25. Dechbr. 1713. (Berl. A.) >) Deeret Friedrich Wilhelms I. vom 20. Januar 1714: auf des Collegii Sanitatis Vorstellung vom 5. und 15. d. M. (Berl. A.) 95 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 387 jedoch Friedrieh Wilhelm dieser Behörde nicht nur die volle Ver- antwortlichkeit für alle ihre Verfügungen aufbürdete, sondern sie zu brandmarken drohte, wenn durch ihr Verschulden die Pest ins Land käme,') so begreift es sich, dass zunächst von einer Wiederherstellung des Elbhandels zwischen Hamburg und Preussen nicht die Rede war. | Es hängt hiermit zusammen, dass Burchard, der im Anfang der Pestzeit bei der Beförderung und Befürwortung der commerziellen Interessen Hamburgs in erster Linie gestanden, nunmehr in den Hintergrund trat. Statt seiner spielte eine Zeitlang der kaiserliche Resident Kurtzrock den Anwalt des Projects vom 1. September. ?) Erklärte sich aber auch der Wiener Hof damit einverstanden, dass Waaren, von denen man annalım, dass sie das Pesteift nicht an sich ziehen könnten, aus Hamburg in die kaiserlichen Erblande ein- geführt würden, ?) so waren doch auch Kurtzrocks Bemühungen, die Hamburg benachbarten Staaten zu gleichen Zugeständnissen zu be- stimmen, durchaus resultatlos. Wenn unter den geschilderten Umständen Hamburgs Handel und Schiffahrt während der Pestzeit nicht völlig stockten, so war dies zum guten Theil der sorgloseren Art des holländischen und eng- lischen Handelsbetriebs beizumessen. Die Generalstaaten hatten freilich gegen Ende des August angeordnet, dass vier Wochen hindurch weder Waaren noch Personen aus Hamburg im niederländischen Ge- biete zugelassen werden sollten. Doch scheinen diese Anordnungen nicht sehr streng befolgt worden zu sein. Auch war es der holländische (sesandte van den Bosch, der den dänischen Sperrmassregeln in Ham- burg zuerst erfolgreich entgegentrat. Als eine dänische Jacht hollän- ') Dem Erlass, der dem preussischen Sanitätscollegium die erwähnte Vollmacht ertheilt, fügte König Friedrich Wilhelm I. die eigenhändigen Worte hinzu: „geichiehet ein amgelüge von der Pest hier im Lande Jo habt fich das gane Collesiumb in acht zu nehmen gebrandt Margeft zu werden, attminiftrieren fie die Commerce fo das feine Pest imm lande fomet verfichere es in allen aehlehgenen oecasonen dangdbahr zu euzeigen”. Da das Sanitätscollegium sich gegen den ersten Theil dieser Kundgebung Vorstellungen zu machen erlaubte, erklärte der König (am 20. Januar 1714), dass das Collegium nur dann „responsable seie, wann durch desselben Wissen und Willen dem Lande ein Unglück zugezogen wird“. Indessen fehlt es nicht an Anzeichen dafür, dass der König auch später noch geneigt war, das Sanitätscollegium für den Erfolg seiner in Veranlassung der Pest ergriffenen Massregeln unter allen Umständen verantwortlich zu machen. (Berl. A.) 2) Burchard den 14. und 17. November. (Berl. A.) 3) Lehmanns Berichte vom 25. November und 2. December. (Dresd. A.) 99 988 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. dische Schiffe an der Ausfahrt aus dem hamburgischen Hafen hindern wollte, und Generalmajor Ingenhaven dies guthiess, gab van den Bosch zu verstehen, dass er in der Lage sei, die Stadt Altona das Ver- halten der dänischen Behörden entgelten. zu lassen. Er hatte nämlich früher versprochen, die commerzielle Begünstigung Altonas seiner Regierung besonders ans Herz zu legen, wie es denn überhaupt in seiner Macht stand, zum Nutzen, aber auch zum Nachtheil dieser Stadt zu wirken. Es scheint, dass die Erwägung dieses Umstandes dazu beitrug, die dänische Regierung zum Einlenken zu bestimmen. An- fang September befahl sie, den holländischen Schiffern — ebenso wie eleichzeitig den englischen Schiffern, die sich ebenfalls deswegen an Ingenhaven und Hagedorn gewandt hatten — die Ausfahrt aus dem hamburgischen Hafen zu verstatten, wenn sie sich eidlich ver- pflichteten, unterwegs keines der beiden Elbufer zu berühren. Diese Erlaubniss konnte zunächst nur auf diejenigen holländi- schen und englischen Schiffe bezogen werden, die Anfang September zur Absegelung bereit lagen, also aller Wahrscheinlichkeit nach vor der Sperrung der Stadt in dem Hamburger Hafen eingetroffen waren. Doch auch nach der CGonstatirung der Pestgefahr liessen sich die Kauffahrer der beiden genannten Nationen nicht abschrecken, den eewinnbringenden Verkehr mit Hamburg fortzusetzen. »Das Auslaufen der während der Pestzeit dorthin gekommenen auswärtigen Schiffe zu gestatten, hiess jedoch mit den kurz zuvor kundgegebenen Grundsätzen vollständig brechen, weshalb die dänischen Militärbehörden aufs neue Einspruch erhoben. Indessen bewirkten die diplomatischen Vorstellungen des englischen Gesandten in Kopenhagen, dass die dänische Regierung an ihren Vertreter in Hamburg (am 4. November) eine Weisung erliess, laut welcher den englischen und holländischen Schiffen, die von Hamburg abzusegeln wünschten, auch ferner Keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden sollten.') War nun aber einmal das Princip der unbedingten Schiffahrts- sperre aufgegeben, so konnte es nicht anders sein, als dass auch Hamburger Kauffahrer den Versuch machten, ähnlicher Vergünstigungen, wie die Schiffer fremder Nationalitäten, theilhaftig zu werden.”) ') Kophg. A. In einem Schreiben des älteren Wich, des englischen Gesandten beim niedersächsischen Kreise, an den Hamburger Senat (London, den 13. October) legte sich ersterer das Verdienst bei, die englische Intervention beim Kopenhagener Hofe zu Gunsten der Elbschiffahrt und überhaupt zu Gunsten der Befreiung des hamburgischen Gebiets angeregt zu haben. (Comm. A.) ?) Dies geschah schon im September 1713, wie aus den Protokollen der Commerzdeputation vom $., 11. und 13. September d. J. ersichtlich. 100 Hamburg während der Pestjahre 1712— 1714. 38) Sicher ist, dass es den Moscovienfahrern zugestanden ward, ungehemmt ein- und auszupassiren, wobei ihnen die Fürsprache des russischen Residenten Böttiger zu gute gekommen zu sein scheint.') Wie aus den früheren Mittheilungen erhellt, hatte die noch heute herschende Anschauung, dass das Pestgift nicht nur durch pestkranke Individuen, sondern auch durch Effecten, die der Pest- atmosphäre entstammen, verschleppt werden könne, auch damals eine fast allgemeine Geltung.”) Die gleichmässig und consequent durchgeführte Absperrung Hamburgs wäre daher eine zwar sehr harte, aber durchaus begreifliche Massregel gewesen. Ein Absperrungs- system aber, das so viele Ungleichheiten und Lücken aufwies, wie das 1713 gegen Hamburg angewandte, war von jeglichem Stand- punkt anfechtbar. Gewiss nicht ohne Grund machte Burchard darauf aufmerksam, dass manche Waaren aus Hamburg auf dem Umwege über Holland, und dementsprechend vertheuert, ohne Anwendung irgend welcher Vorsichtsmassregeln ins Innere Deutschlands gebracht würden, wohin sie auch bei Beobachtung aller vorgeschriebenen Vorsichtsmassregeln auf dem directen Wege nicht eingeführt werden dürften.?) Auch von ') Burchard (den 6. October) schreibt: „Königl. Maj. in Dänemark haben unter- dessen die Passage nach und aus der See völlig geöffnet, und dass sowohl die Engländer und Holländer, wie auch die Moscovienfahrer in und aus der Stadt frei fahren, ohne die geringste Visitation, was sie inhaben, wann sie nur im Ausfahren sich bei der dänischen Jacht anmelden und daselbst einen Eid schwören, die dänischen Lande nicht berühren zu wollen und weder auf der einen, noch anderen Seite ans Land zu kommen.“ (Berl. A.) Der guten Dienste des russischen Residenten gedenkt Lehmann den 4. October. (Dresd. A.) ?2) Einen exceptionellen Standpunkt vertrat der Hamburger Pestarzt, Dr. Wolfte. Matthias Brunner, der in seiner 1715 zu Regensburg erschienenen Schrift: „Observationes bei der sogenannten Contagion, welche sich Anno 1712 in Hamburg angefangen und 1714 geendigt“ auf Grund der von ihm in Hamburg gemachten Beobachtungen und Erfahrungen die Ansicht vertreten zu können meinte, „dass die politischen Anstalten, die da so wohl das Contagium abhalten, als dasselbe durch die Reinigung wieder ausrotten sollen, nicht allein vergeblich, sondern denen, die es betrifft, weit schmerzlicher und schädlicher als die Pest selbst seien.“ Ueber Brunner als Anti- contagionisten vgl. auch Haeser a. a. 0. 58). ?) Burchard fügt dieser Bemerkung noch die folgenden weiteren Betrachtungen hinzu: Dies sei „der Effeet der kurbraunschweigischen allzugrossen rigueur gegen eine Stadt, wie Hamburg, worin mehr Efteeten und Kaufmannswaaren, als vielleicht in halb Teutschland sind, sich befinden, und die Erfahrung lehret, dass wann Tod und Galgen zur Straf gesetzt sind, der Kaufmann dennoch, wann er siehet, dass ihm das Messer an die Gurgel gesetzet wird, per 101 390 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. den Hamburg benachbarten Staaten klagte bald dieser, bald jener, dass ihm durch die Schuld des anderen Grenznachbaren verdächtige Hamburger Waaren zugeführt worden seien. Gewährten somit die zur Abschliessung Hamburgs ins Leben serufenen Einrichtungen keine völlige Garantie gegen die weitere Ausbreitung der Seuche, so waren sie doch mehr als hinreichend, um die Stadt und ihre Bewohner aufs nachhaltigste zu schädigen; denn diejenigen, die während des allgemeinen Unglücks ihren besonderen Vortheil zu wahren verstanden, bildeten doch immer nur eine verhältnissmässig kleine Minderheit. Auch würde die Lage Hamburgs, namentlich beim Eintritt des Winters, eine noch weit trostlosere gewesen sein, wenn nicht der fast stetige Rückgang der Krankheit die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Leidenszeit erweckt hätte. In der letzten Novemberwoche wurde von dem hamburgischen Sanitätscollegium bei sämmtlichen in der Stadt practisirenden Doctoren (der Mediein — wie es schemt, abgesehen von den eigentlichen Pest- ärzten — angefragt, seit wann sie mit keinem Patienten zu tlıun gehabt hätten, der an einer ansteckenden Krankheit (d. h. auch in diesem Fall: an der Pest) gelitten. Von ungefähr einem Drittel der Aerzte liegen die Antworten vor, aus denen ersichtlich ist, dass ihnen zum Theil seit Anfang November, zum Theil selbst seit Anfang October kein Pestkranker unter die Hände gekommen. !) Auch die amtlichen Begräbnisslisten zeugen von der erheblichen Abnahme der Epidemie beim Ablauf des Jahres. Sowohl die Zahl der Sterbefälle überhaupt, wie insbesondere der an „verdächtigen* Krank- heiten Gestorbenen, ging bis Weihnachten immer mehr zurück. Es war in Folge dessen, als ob ein Bann von der Bevölkerung genommen sei. Schon am 12. December berichtete Burchard, die Stadt habe ihr früheres Aussehen wiedergewonnen, die Kirchen, die Börse, alle ambages seine Waaren, sonderlich diejenigen, so einer Öorruption unter- worfen, zu debitiren suchet und lieber ohne Profit handelt, als das Capital völlig verlieret, zu geschweigen, dass verschiedene hiesige Commercianten mit Holländern in Compagnie stehen oder gar nur derselben Factoren oder sonst sehr nahe verwandt sind, da einer den andern oder sich selbst vom Ruin zu befreien suchet. Ich will anjezo nicht anführen, dass holländische Schiffe bis auf eine gewisse Distanz von hier aus fortfahren, unterwegs aber neue Frachtzettel aus Holland erhalten können, und solchergestalt, als wenn sie wirklich aus der See kämen, bei Neumühlen sich setzen und die Waaren in die oberländischen Schiffe oder zu Harburg ausladen können. Ehe man auch dagegen etwa Vorkehrungen aussinnet, ist der Coup geschehen.“ 1) Hamb.:A. 102 Hamburg während der Pestjahre 1712-1714. Syl Gesellschaften seien fast mehr als vor dem Ausbruch der Epidemie besucht, und in der Altstadt seien die Strassen oft so voll von Menschen, dass weder zu Fuss noch in der Kutsche einer dem anderen ausweichen könne. Ja er meinte, wer es nicht wüsste, würde es für Scherz halten, wenn man ihm angesichts dieses Treibens sagte, dass die Pest in Hamburg grassire. In der That wiegte man sich schon beim Ablauf des Jahres 1713 in den Glauben ein, dass die Pest erloschen sei. „Doch nun ist alle Noth des Sterbens überstanden, Indem das Uebel sich mit diesem Jahre schliesst.“ So heisst es in einem Gedicht, das in der letzten Nummer des Re- lationsconriers von 1713 zum Abdruck gelangte. Auch meldet dieses Blatt in der ersten Nummer des Jahres 1714, dass am Neujahrstage auf Befehl des Raths von allen Kanzeln sowohl in den Predigten, als in einem besonders dazu verfassten Gebet, Gott für den Nachlass der Seuche gedankt worden sei. Völlig hatte die Epidemie freilich auch jetzt nicht aufgehört. Vielmehr nahmen im Anfange des neuen Jahres die Sterbefälle wieder ein wenig zu, um sich erst gegen Ende des Januars wieder zu ver- mindern. Im Relationscourier vom 9. Februar konnte endlich verkündet werden, dass die Epidemie in der Stadt geschwunden sei. Zwar kamen auch nach dieser Zeit noch einzelne pestartige Erkrankungen vor, doch wurden in solchen Fällen die Patienten sofort ins Lazareth gebracht. Aus dem Relationscourier vom 2. Februar ist zu ersehen, dass von den vier während der schlimmsten Pestzeit benutzten Lazarethen nur noch eins im Betrieb war. Am 17. Februar befanden sich in diesem noch 93"), am 16. März aber nur noch einige zwanzig Pfleglinge, von denen ausdrücklich gemeldet wird, dass sie in der Genesung begriffen wären und demnächst ins Quarantainehaus geschickt würden.”) Der Senat und das Sanitätscollegium waren während der letzten Monate der Epidemie durch eine zwiefache Aufgabe im An- spruch genommen: einerseits zu verhindern, dass dem Erlöschen der Seuche ein erneutes Aufflackern folgte, und anderseits den Nachbar- staaten die Ueberzeugung von der thatsächlich erfolgten Besserung des Gesundheitszustandes in Hamburg beizubringen. Um ersteren Zweck ) Diese Zahl findet sich in den S. 392 Anm. ?) erwähnten „Unvorgreiflichen Gedanken“; die übrigen Angaben sind dem Relationscourier entnommen. 2) Nach dem Bericht Lehmanns vom 31. März wäre am 2). das Pestlazareth in Hamburg völlig geschlossen worden. 103 392 Hamburg während der Pestjahre 1712-1714. zu erreichen, wurde die Desinfeetion der Wohnungen, in denen sich Pestfälle zugetragen, womöglich mit noch grösserer Vorsicht als früher durchgeführt. Hin und wieder ist allerdings von den jener Zeit in Ham- burg anwesenden Gesandten darüber geklagt worden, dass bei der Räu- mung und Reinigung der Häuser die neugierig herandrängenden Pöbel- haufen nicht streng genug zurückgewiesen und verhindert worden seien, sich den herausgeschleppten Lumpen und Mobilien zu nähern.!) Indessen stehen den vereinzelten Rügen dieser Art die officiellen Erklärungen gegenüber, im denen die bei dem Desinfeetionswerk angewandte rühmliche Sorgfalt ausdrücklich anerkannt wurde. Dass durch Ansammlung von Neugierigen die Krankheit aufs neue verschleppt worden wäre, ist jedenfalls nicht erweislich, und dass die Desinfection selbst eine zureichende war, glaubte das Sanitätscollegium darthun zu können, indem es gleichsam die Probe auf das Exempel machte. Es wurden nämlich die Bewohner der früher desinfieirten Wohnungen einer nach dem andern vorgefordert, um nach ihrem Gesundheits- zustand ausgeforscht zu werden, wobei sich herausstellte, dass keines der zum Theil schon vor 5, 6, ja vor 10 Monaten von der Pest heim- gesuchten und danach vorschriftsmässig gereinigten Häuser aufs neue betroffen worden war. Abgesehen hiervon hatte das Sanitätscollegium bereits Ende Januar 1714 eine Generalvisitation aller Wolmungen angeordnet. Als dann im Februar d. J. von Dänemark und Hannover höhere Officiere, denen Aerzte beigegeben waren, nach Hamburg entsandt wurden, um sich über den dortigen Gesundheitszustand durch den Augenschein zu unterrichten, gab man diesen anheim, eine Nachvisitation zu veran- stalten, und erklärte sich bereit, es ihnen durch Vorlegung aller auf das hamburgische Sanitätswesen bezüglichen Actenstücke, sowie in jeder anderen möglichen Weise zu erleichtern, sich ein wahrheits- gemässes Urtheil zu bilden.?) Dass der Bericht der fremden Commissare in einem für Hamburg möglichst günstigen Sinne ausfiel, war umso dringender erwünscht, als die Postirungen auf allen Seiten der Stadt noch 1) Nach dem Bericht des dänischen Secretärs Schwartz vom 6. März 1714 hätte der preussische Resident Burchard dem Hamburger Rath dringend anempfohlen, an dem einen oder andern der sich unbefugt Zudrängenden „in Mitnehmung nach dem Walllazareth“ ein Exempel zu statuiren. (Kophg. A.) °) Nach dem Actenstück: „Unvorgreifliche Gedanken, wie man den von den benachbarten Puissancen anhero gesandten Herren Offieieren den reinen und gesunden Zustand dieser Stadt zu documentiren gemeinet“. Dasselbe ist dem Bericht des Seeretärs Schwartz vom 23. Februar 1714 beigefügt. (Kophe. A.) 104 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 3935 immer fortbestanden und der hamburgische Handel andauernd den mannigfachsten Hemmnissen begegnete. Dänemark hatte sich allerdings inzwischen zur Herstellung einer Quarantaineeinrichtung in Winterhude verstanden und im Januar 1714 den Hamburger Kaufleuten, die auf den Kieler Umschlag wollten, die Passage gestattet. Ausserdem war seit Februar 1714 den hamburgischen Schiffen insgesammt die freie Ausfahrt in See von den dänischen Behörden unter den gleichen Bedingungen, wie zuvor den englischen und holländischen Schiffen, zugestanden worden. Immerhin fehlte noch viel an einer wirklichen Wiederbelebung des hamburgischen Seehandels. Für den wichtigen Verkehr mit dem deutschen Binnen- lande kam auch jetzt vorzugsweise die Haltung Hannovers in Betracht. Von hier war bereits seit Ende 1713 die Einfuhr einer etwas grösseren Zahl von Waaren zulässig erklärt worden, die Erlaubniss jedoch an so viele lästige Bedingungen geknüpft, dass — abgesehen von einigen durch die kurbraunschweigische Regierung besonders begünstigten Kaufleuten -— der hamburgische Handelsstand wenig Nutzen davon zu ziehen vermochte. Noch in einer vom 14. März 1714 datirten Denkschrift ') setzte die Commerz-Deputation auseinander, dass die von hannoverscher Seite geforderten Vorsichtsmassregeln durchzuführen unmöglich und ausserdem völlig überflüssig sei, weil während der ganzen Pestzeit kein Kaufmannshaus und kein Packraum in Hamburg infieirt worden und man doch nicht annehmen könne, „dass das Gift sich allein in die wohlverwahrten Waaren verkrochen habe.“ Ein Erfolg war von solchen Vorstellungen aber erst zu er- warten, sobald das vollständige Aufhören der Seuche ausser Frage stand. Um die Zeit des Frühlingsanfangs 1714 war das ersehnte Ziel erreicht worden. Somit konnte am 22. März mit grösserem Rechte, als am Neujahrstage, ein allgemeiner Dankgottesdienst veranstaltet werden. Laut dem Bericht des Relationscouriers waren an diesem Tage die Kirchen so voll, dass kein Apfel zur Erde fallen konnte. In der St. Petrikirche wurde ein Tedeum unter Pauken und Trom- petenschall gesungen. Nachmittags um 4 Uhr wurden die Glocken geläutet und schliesslich aus 81 Kanonen von den Wällen der Stadt und den Kriegsschiffen dreimalige Freudenschüsse abgefeuert. Die Menge der Carossen und das Gedränge des Volkes auf den Wällen war unbeschreiblich. Im Hafen hatten sich einige hundert Schiffe 1) Comm. A. 105 | 26 394 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. mit Flaggen und Wimpeln geschmückt, und auch von den Fremden wurden dort so viele Freudenschüsse abgefeuert, dass trotz des hellen Sonnenscheins die Luft eine Zeitlang verfinstert war. Unter dem Einfluss derselben hoffnungsfreudigen Stimmung ist damals eine Medaille geprägt worden, die auf der einen Seite die thurmreiche Stadt und den belebten Elbstrom darstellt, darüber einen Engel, der das hamburgische Wappenschild hält, auf der anderen Seite die Sonne, vor deren Strahlen die Wolken weichen, und zugleich einen Regenbogen als göttliches Gnadenzeichen mit der Inschrift: Post funera munera caeli.') Ganz so glückverheissend, wie der Jubel vom 22. März und die Inschrift der Denkmünze es der Welt zu verkünden schien, war die Situation freilich nicht. Es vergingen noch fünf Wochen, bis die dänische Postirung zurückgezogen ward, und auch dann blieb der Verkehr an der hamburgisch -holsteinischen Grenze noch mancherlei Einschränkungen unterworfen. Erheblich länger noch zögerte die hannoversche Regierung, auf ihr Absperrungssystem Hamburg gegenüber zu verzichten. Eine kurfürstliche Proclamation vom 30. April erkannte zwar ausdrücklich an, dass, was Menschenwitz und Verstand in Vorkehrung guter An- stalten erreichen könne, in Hamburg geleistet worden sei; dennoch wurde für nöthig erklärt, die Zurückziehung der Postirung zu ver- schieben, bis durch die eintretenden wärmeren Tage der beständig anhaltende gute und gesunde Zustand der Stadt bestätigt worden sei. Nur soviel ward zugestanden, dass „feine, vornehme Personen, Kauf- leute und deren Bediente“ auf Vorzeigung beschworener Pässe nach fünftägiger Quarantaine passiren, und dass, abgesehen von Lumpen, Kleidungsstücken, Betten und Bettgewand, Federn, Flachs, Hanf, Rauchwerk und Sterbegütern, nunmehr sämmtliche mit vorschrifts- mässigen obrigkeitlichen Attesten versehene Waaren eingeführt werden konnten. Auch der preussische Erlass vom 1. Mai, der die Wieder- herstellung des Handels zwischen Preussen und Hamburg vom 15. Mai ab verkündete, hielt noch recht erhebliche (durch ein Mandat vom 14. Mai nur theilweise beseitigte) Beschränkungen im Personen- wie im Güterverkehr aufrecht. Erst als auch im Laufe des Sommers die Stadt von jeder ansteckenden Seuche frei blieb, wurden sowohl in den deutschen ') Vgl. Langermann, Hamburgisches Münz- und Medaillenvergnügen S. 250. — Andere bei dieser Veranlassung entstandene Medaillen werden von Gaedechens (Hamb. Münzen und Medaillen, Abth. 2 S. 32, Abth. 3 8. 115) aufgeführt, 106 - Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 399 Staaten, wie im Ausland die zur Fernhaltung des hamburgischen Ver- kehrs aufgerichteten Schranken völlig beseitigt. Das Misstrauen gegen Hamburg war freilich keineswegs geschwunden und äusserte sich noch im Jahre 1715 mehrfach in einer für die Stadt und ihren Handel sehr unerwünschten Weise. Es genüge ein Beispiel, um zu zeigen, wie mitunter die geringfügigsten Anlässe ausreichten, dem Argwohn neue Nahrung zu geben. Um die Mitte des März 1715 empfing der Lübecker Rath einen Brief von dem lauenburgischen Landdrosten v. Werpup, .in dem dieser über die zu ihm gelangte Kunde von erneutem Auftreten contagiöser Krankheiten in Hamburg berichtete und zugleich anempfahl, den Sachverhalt genauer zu ergründen und, wenn sich die Nachricht bewahrheite, Vorsichtsmassregeln zu ergreifen.‘) Das Entstehen dieses Verdachts glaubten die Hamburger folgendermassen erklären zu können. In dem an der Elbe gelegenen Dorfe Tespe waren einige Personen von einem schnellen Tode dahingerafft worden. Man war dort sofort geneigt, diese Todesfälle auf eine ansteckende Seuche zurückzuführen; und da man in Tespe von der schlimmen hamburgischen Pestzeit gehört hatte, besann man sich darauf, dass eine Wiege für einen Sprössling des Dorfes aus Hamburg bezogen sei. Schnell combinirend, folgerte man, dass von dort das Uebel eingeschleppt worden. Dass die Epidemie in Hamburg that- sächlich seit einem Jahr erloschen, schien dem gegenüber nicht ins Gewicht zu fallen, um so weniger, als die geschäftige Fama alsbald aussprengte, es würden in dem vormaligen Hamburger Pestlazareth wiederum heimlich Pestkranke behandelt. Der mehrerwähnte Auf- seher Fesca, der von der hannoverschen Regierung zur erneuten Prüfung der gesundheitlichen Verhältnisse nach Hamburg geschickt war, musste sich freilich davon überzeugen, dass jenes (Gerede unbegründet gewesen. Indessen wollten die Ankläger Hamburgs doch nicht einräumen, dass gar kein Anlass zum Verdacht vorliege; sie behaupteten nunmehr, es seien nicht sämmtliche Häuser, in denen während der letzten Epidemie Pestfälle vorgekommen, desinficirt worden. Und nicht nur in der Nachbarschaft Hamburgs, sondern selbst in Süddeutschland hatten sich allerlei der Stadt ungünstige Gerüchte verbreitet. Der Rath erliess deswegen am 10. April 1715 eine Erklärung, in der er jeden, der solche Nachrichten aussprengte, als Calumnianten auf dem Rechtswege verfolgen zu wollen drohte, Demjenigen, der einen Pestkranken nachweisen könne, wurden 50 Thaler verheissen. )) Dies und das Folgende nach Acten des Lüb. A. ion er 396 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Um das in dieser Proclamation angestrebte Ziel noch voll- kommener zu erreichen, wurden ihr von sämmtlichen hamburgischen Aerzten und Chirurgen unterzeichnete Atteste hinzugefügt und überdies Erklärungen der in Hamburg residirenden Gesandten, die auch ihrer- seits bezeugten, dass ihnen nicht die geringste Spur von einer Contagion in Hamburg bekannt sei, und zugleich die Ueberzeugung aussprachen, „dass die Blame, so hiesiger guten Stadt zugezogen werden wollen, aus eines oder andern übelintentionirten Menschen Privatabsicht geschehen.“ Selbstverständlich hatte sich auch der preussische Resident an dieser Kundgebung betheiligt. Trotzdem hielt das Berliner Cabinet die Wiedereinführung gewisser Beschränkungen des hamburgisch- preussischen Handelsverkehrs für geboten.') In verstärktem Masse äusserte sich die Beunruhigung über den hamburgischen Gesundheitszustand, als im August des Jahres bekannt geworden, dass Altona aufs neue von der Pest ergriffen und auch der benachbarte Hamburgerberg von der Ansteckung nicht völlig frei geblieben sei.”) Die dänische Regierung liess damals Altona von dem übrigen Holstein militärisch absperren, und auch die Ham- burger entschlossen sich, auf Anregung der dänischen Regierung und zugleich im Interesse der Selbsterhaltung einen Truppencordon zu ziehen, durch den die eigene Stadt von Altona, wie vom Hamburger- berg völlig getrennt wurde. Ebenso betheiligte sich Hamburg etwas später auf Verlangen des Landdrosten von Pinneberg an der Ab- sperrung der im Herbst 1715 gleichfalls von der Pest heimgesuchten Ortschaft Wandsbeck.’) Obwohl Hamburg somit jeden Verkehr mit den in seiner Nähe gelegenen Peststätten abgebrochen hatte und sich überhaupt während dieses Schlussactes oder Nachspiels der letzten nordischen Pesttragödie eines günstigen Gesundheitszustandes erfreute '), so war es doch ') Aus einem Schreiben der Regierung zu Minden an den Bremer Rath vom 19. April 1715 ergibt sich, dass von Berlin aus der Handel mit giftfangenden Waaren, wie Wolle, Federn, Flachs, Pelzwerk u. dergl. zwischen den preussi- schen Landen und Hamburg damals gänzlich aufgehoben war. (Brem. A.) ?) Nach den holsteinischen Berichten (im Schlesw. A.) wäre damals Altona vom Hamburgerberg aus, nach der hamburgischen Auffassung der Hamburgerberg von Altona aus angesteckt worden. 3) Schlesw. A. *) Ein Sehriftstück des Brem. Archivs vom 20. August 1715 erwähnt aller- dings, dass infieirte Leute aus Altona nach Hamburg gekommen und dort gestorben seien. Derartige Vorfälle mögen sich vereinzelt vor der Absperrung Altonas zugetragen und zu schlimmeren Gerüchten Anlass gegeben haben, 108 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 397 nicht zu vermeiden, dass die Stadt hier und da für infieirt oder doch pestverdächtig ausgegeben wurde. Der Senat veranlasste daher die zu jener Zeit anwesenden Diplomaten aufs neue zu bestätigen, dass in Hamburg keinerlei verdächtige Krankheit hersche. Dies geschah am 30. August. Trotzdem verschwand der Argwohn nicht vollständig. Noch gegen Ende des Jahres wurde die Zulassung hamburgischer Schiffe in den spanischen Häfen beanstandet.!) Vergegenwärtigt man sich, dass der hamburgische Handel, wie bereits hervorgehoben, an verschiedenen westeuropäischen Plätzen schon im Jahre 1711 unter dem gleichen Verdacht zu leiden hatte, so ergibt sich, dass die Stadt fünf Jahre hindurch von den mittelbaren und unmittelbaren Folgen der Epidemie betroffen worden. Schlussbetrachtungen. Auch abgesehen von den fortdauernden Hemmnissen, die dem hamburgischen Verkehr in den Weg gestellt wurden, fehlte viel, dass die Stadt nach dem Erlöschen der Pest zu einer befriedigenden Existenz gelangt wäre. Nur an die erneuten Conflicte mit Dänemark und dem Kaiser möge hier kurz erinnert werden. Was Dänemark betrifft, so war allerdings das acute Uebel, die dänische Postirung, gewichen, dafür aber trat das chronische Uebel der unerledigten Zwistigkeiten wieder in sein Recht ein. In dem Abkommen vom November 1712 hatte, wie im früheren Zusammenhang mitgetheilt worden ist, der Rath versprechen müssen, Deputirte an den dänischen Hof zu entsenden. Verschiedene Gründe wirkten zusammen, um die Erfüllung dieses Versprechens zu verzögern. Doch hatte sich der Rath im Hochsommer 1713 (18. August) auf ein erneutes Drängen bereit erklärt, der übernommenen Ver- pflichtung nunmehr nachzukommen. *) Der Wunsch, beim Wieder- ausbruch der Epidemie die dänische Regierung günstig zu stimmen, mochte dabei eine Rolle gespielt haben. Freilich kam die Absicht damals nicht zur Ausführung; denn der inzwischen über die sanitären Zustände in Hamburg unterrichtete dänische Hof gab durch seinen Residenten deutlich zu verstehen, dass es ihm nicht besonders er- wünscht sei, Abgesandte aus einer verseuchten Stadt zu empfangen.”) 1) Comm. A. 2) Bericht Hagedorns vom 18. August. (Kophg. A.) 3) Erlass an Hagedorn vom 17. August. (Kophg. A.) 109 398 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Als aber im Frühjahr 1714 Hamburg von der Pest völlig befreit war, wurde (am 23. April 1714) vor der Entfernung der dänischen Einschliessungstruppen eine schriftliche Versicherung gefordert, (dass nunmehr die Entsendung der Deputation sofort erfolgen solle.') In der That begaben sich alsbald zwei Vertreter des Raths nach Kopenhagen, um dort die Weisung zu empfangen, dem Hof nach Schleswig zu folgen. An letzterem Ort hielt man ihnen wiederum eine Reihe von Beschwerden vor. Diese waren zum Theil mit den im Jahre 1712 vorgebrachten identisch, zum Theil entsprachen sie denselben dem Inhalt nach oder bezogen sich auf Vorgänge und Verhältnisse älterer Zeit. Völlig neu erschien den Hamburgern nur eine Grenzfrage, bezüglich deren sie nicht sowohl Unrecht verübt, als erlitten zu haben meinten; im übrigen handelte es sich nur um Streitpunkte, die ihrer Ansicht nach durch das Abkommen vom November 1712 erledigt waren. Der dänische Hof aber vertrat die Auffassung, dass durch die damaligen Geldleistungen der Hamburger nur die dänischen Repressalien, nieht aber die Rechts- ansprüche des Königs und seiner Unterthanen beseitigt worden seien; er beharrte deswegen darauf, dass die Stadt sich wegen der ihren Deputirten mitgetheilten Beschwerden zu verantworten habe. Der Hamburger Senat liess hierauf eine Reihe von Schriftstücken?) über- reichen, in denen er bei aller dem König bekundeten Ehrerbietung doch den eigenen Standpunkt so nachdrücklich vertrat, dass die dänische Regierung darüber lebhaften Unwillen bekundete. Insofern es sich bei den dänischen Beschwerden ausschliesslich um Ansprüche handelte, die der König als Herzog von Holstein oder im Namen seiner holsteinischen, also auch dem Reiche angehörigen Unter- thanen erhoben hatte, erschien es geboten, wiederholt an die Rechte des Kaisers zu erinnern, dem die Entscheidung der Streitig- keiten zukomme, falls die Unterthanen des Königs sich nicht bei der Erklärung des Raths beruhigen wollten. Da nun letzteres eben so sehr ausgeschlossen war, wie dass der König die Autorität der Reichsgerichte in dieser Angelegenheit anerkannte, so kam der Conflict zwischen Dänemark und Hamburg wieder zu voller Entwicklung. Wenn der Rath bei diesem Anlass sichtbar bestrebt war, nicht nur die eigene Rechtsauffassung mit Entschiedenheit zu ver- theidigen, sonder auch den Rechten des Reiches nichts zu vergeben, so leitete ihn dabei vermuthlich nicht zum wenigsten der Wunsch, ') Dies und das Folgende nach Acten des Hamb. A. ?) Hamb. A. Vgl. auch Stelzner, Nachrichten von Hamburg, Bd.5 8.390 ff. 110 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 399 zu verhüten, dass man ihm aufs neue den Vorwurf mache, den Standpunkt einer Reichsstadt nicht entschieden genug gewahrt zu haben. Dieser Wunsch erscheint um so begreiflicher, als der Stadt nicht allein wegen dieser Misshelligkeiten mit Dänemark, sondern zugleich aus manchen anderen Ursachen daran gelegen sein musste, dem kaiserlichen Hof nicht aufs neue Anstoss zu geben. Seit dem Sommer 1714 hatte namentlich das Collegium der Sechziger beim Rath auf Absendung von Deputirten nach Wien gedrungen. Es galt dort eine Reihe wichtiger Angelegenheiten zu erledigen. Es handelte sich darum, die Bestätigung der kaiserlichen Privilegien durch Karl VI. zu erwirken, sowie hinsichtlich des Hauptrecesses zu einem damals noch für dringend erwünscht gehaltenen Einvernehmen mit dem Wiener Hof zu gelangen. Nicht von so grundsätzlicher Bedeutung, aber immerhin schwierig genug war es, über die geforderten Reichs- contingentsgelder eine Verständigung herbeizuführen. Dass Hamburg während der Pestzeit mit seinen reichs- verfassungsmässigen Zahlungen aufs neue in Rückstand gerathen war, kann nicht besonders auffällig erscheinen. Doch bliebe das Bild jener Leidensperiode unvollständig, wenn nicht daran erinnert würde, dass auch in dieser Zeit es die kaiserlichen Bevollmächtigten nicht an nachdrücklichen Mahnungen fehlen liessen. Um den Kaiser zur Nachsicht zu stimmen, hatte der Rath noch am 28. Februar 1714 eine ergreifende Schilderung jener unablässigen Folge landesverderblicher Uebel und Plagen entworfen, durch die Hamburg bis ins Innerste getroffen und daher ausser Stand gesetzt sei, die verlangte Summe zu entrichten. Besonders wurden die Nachtheile betont, die Hamburg durch die Postirungen der benachbarten Staaten erlitten habe. Um nieht völlig ablehnend zu antworten, wurde schliesslich noch auf Antrieb der Bürgerschaft hinzugefügt, dass, wenn das Reichsoberhaupt sich herbeilasse, seine Autorität zur Beseitigung jener verhassten Postirungen einzusetzen, die Stadt „sich ungesäumt nach allen äussersten Kräften und Vermögen angreifen“ werde, um den Forderungen des Kaisers Genüge zu thun.') Dieser Appell an die kaiserliche Grossmuth verfehlte jedoch seine Wirkung. Man warf der Stadt Mangel an Ehrerbietung gegen das Reichsoberhaupt vor, da es das Ansehen habe, als ob sie dem Kaiser Bedingungen vorschreiben wolle. In derselben Rath- und Bürgerschaftssitzung (vom 19. April 1714), in der die Proposition des Senats der Genugthuung über den !) In Beilagen zu den R. u. B.-R. vom 15. März und 19. April 1714. rEL 400 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. wiederhergestellten Frieden Deutschlands mit Frankreich, sowie über das Erlöschen der Pest lebhaften Ausdruck gegeben hatte, gelangte zugleich die unerwünschte Kunde zur Mittheilung, dass die kaiser- lichen Bevollmächtigten Graf Schönborn und Resident Kurtzrock hinsichtlich der Contingentsgelder auf eine zulänglichere Antwort gedrungen und zugleich angedeutet hätten, wenn solche ausbliebe, würden sie sich Hamburgs in keiner Angelegenheit annehmen, und sei zu gewärtigen, dass der Kaiser einige seiner in Hildesheim liegenden Dragoner zur Execution in die städtischen Ländereien marschiren lasse. Im Einzelnen weiter zu verfolgen, wie diese Forderung nach einer Reihe peinlicher Verhandlungen beglichen ward, würde zu weit über den Rahmen dieser Darstellung hinausführen. Es galt nur hervorzuheben, dass Hamburg während des geschilderten Zeitraums auch von derjenigen Seite, von der sie am ehesten Schonung hätte erwarten müssen, durch harte Anforderungen und Drohungen be- troffen ward. Bei Betrachtung der Lage Hamburgs während der Jahre 1712—1714 wird man unwillkürlich an jenen italienischen Violin- spieler erinnert, mit dem Friedrich der Grosse sich in einem der unglücklichsten Zeitpunkte des siebenjährigen Krieges verglich, an jenen Schüler Tartinis, der auf drei und zwei, ja auf einer Saite zu spielen verstand, freilich aber, als man auch die vierte Saite von seiner Violine hinwegriss, dem zerstörten Instrument keinen Ton mehr zu entlocken vermochte. Auch den Hamburgern war eine Saite ihres Instruments nach der anderen gelöst worden, so dass schliesslich auch die letzte schlaff herunterhing. Aber dennoch wollten sie auf das Geigen nicht verzichten. Allgemach suchten sie die gelösten Saiten wieder zu befestigen. Die materiellen Mittel, über die Hamburg damals verfügte, waren freilich ausserordentlich gering. Noch manches Jahr später wird über den ausgemergelten Zustand der Stadt, über das Danieder- liegen von Handel und Schiffahrt Klage geführt. Aber auch in jener Zeit fehlte es nicht an moralischen Kräften. Auch in der geschilderten Periode hörten die Behörden und Bürger nicht auf, für das wirth- schaftliche und geistige Wohl Hamburgs thätig zu sein. Die verdienstlichen Leistungen Hamburgs im 18. Jahrhundert äusserten sich bekanntlich in dreifacher Richtung: in der Ausbreitung ihrer für die gesammte Nation förderlichen Handelsbeziehungen, in einem nicht unerheblichen Antheil an den Bestrebungen der deutschen Litteratur, in der mustergültigen Bethätigung bürgerlichen Gemeinsinns. 112 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 401 i Nach allen diesen Richtungen hin hat man es auch während der Pestzeit und der unmittelbar darauf folgenden Jahre nicht an bedeutungsvollen Anläufen fehlen lassen. Auf commerziellem Gebiet verdient zunächst die im Frühjahr 1713 zu Stande gekommene Transitoordnung Beachtung, nach dem unmittelbaren Erfolg beurtheilt eine recht ungenügende Massregel, vom historischen Standpunkte angesehen aber ein hochbedeutendes Ereigniss in der Handelsgeschichte, epochemachend, als erster Ver- such des kaufmännischen Hamburgs, sich von den alten, engherzigen Anschauungen loszumachen und in neue freiere Bahnen einzulenken.") Ein anderes commerzielles Ziel, nach welchem Hamburg damals trachtete, war die Wiederherstellung des durch den spanischen Erbfolgekrieg gehemmten oder doch beeinträchtigten Handelsverkehrs mit dem Westen Europas. Vor allem galt es, zu Frankreich in ein neues Vertragsverhältniss zu treten. Es wurden deswegen die Friedenscongresse zu Utrecht und Baden beschickt und schliesslich Deputirte nach der französischen Hauptstadt entsandt, wo nach müh- seligen und wechselvollen Unterhandlungen gegen Ende des Jahres 1716 in der That ein neuer Commerztractat zu Stande kam. Dem alten Herkommen gemäss wurde dieser Vertrag nicht von Hamburg allein, sondern von den drei Hansestädten abgeschlossen; denn der Name „Hansa“ hatte noch immer einen guten Klang, und es lag im ham- burgischen Interesse, nicht auf die alte Firma zu verzichten. That- sächlich hat Lübeck freilich nur mit mässigem Eifer und Bremen gar nur widerstrebend an den Verhandlungen theilgenommen. Der Hamburger Rath aber betrieb die Sache mit unermüdlicher Ausdauer und erreichte dadurch ein Resultat, das zwar in erster Linie dem commerziellen Aufschwung der eigenen Stadt, doch allmählich auch dem Handel der Schwesterstädte in nicht unerheblicher Weise zu gute gekommen ist.?) . Einen noch näherliegenden Gegenstand der Fürsorge bildete die Austiefung des hamburgischen Hafens und der Elbe überhaupt, die von der Commerzdeputation wiederholt angeregt war, und zu deren Förderung im Februar 1715 eine besondere Elbdeputation eingesetzt ward. °) ) Vgl. Ehrenberg, die Anfänge des Hamburger Freihafens (Hamb. u. Leipzig, 1855) S. 61--66. 2) Nach Acten des Lüb. und Brem. A. 3) R.u. B.-R. vom 7. u. 14. Februar 1715. Nach dem Antrag des Raths sollte die Aufgabe der Deputation darin bestehen, „die Untiefe derElbe, der Häfen und was dem anhängig aufs genaueste zu untersuchen, alles reiflich zu überlegen, mit E. E. Rathe darob zu communieiren und sodann alle Mittel zu belieben und zu Werke zu richten, welche zu Abhelfung dieses Uebels und zu Wiedererlangung der unentbehrlichen Tiefe für diensam können angesehen werden“. 113 402 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Neben den Bedürfnissen des wirthschaftlichen Lebens wurden aber auch die idealen Interessen in angemessener Weise berück- sichtigt. Am 24. August 1713, also zu einer Zeit, da die Pest in unerwarteter Stärke hervorgetreten war und die Absperrungen der Nachbarstaaten bereits begonnen hatten, feierte man das hundert- jährige Bestehen des akademischen Gymnasiums unter Betheiligung des Raths, der Geistlichkeit und zahlreicher Gelehrten der Stadt. Kein Geringerer als der berühmte Joh. Albert Fabricius, der Haupt- vertreter des damaligen wissenschaftlichen Hamburgs,') hielt die Festrede, in der er die Berechtigung dieser Feier trotz aller Pest- und Kriegsnoth unter Hinweis auf die der Stadt verbliebenen unschätz- baren Güter darzulegen suchte. Auf seine Ansprache folgten Vorträge von 7 Studirenden des Gymnasiums, unter denen als zweiter der damals achtzehnjährige Hermann Samuel Reimarus das niedrigere Katheder bestieg. Musikalische Vorführungen eröffneten und be- schlossen die Festlichkeiten.”) Auch das Gedeihen des Johanneums, an dessen Spitze der als Pädagog, wie als Schriftsteller bekannte Rector Joh. Hübner stand, lag den obersten Behörden der Stadt am Herzen. Zum Besten dieser Anstalt wurde am 14. Februar 1715 dem Collegium scholarchale ein jährlicher Zuschuss von 1000 Ct.# bewilligt. Bemerkenswerther, als diese Summe, sind die Motive des betreffenden Rathsantrages, welcher betont, wie der ganzen Stadt höchstens daran gelegen, dass die öffentliche Johannisschule wohlbestellt und mit geschickten und gelehrten Schulcollegen versehen werde, da dort die Jugend sowohl in der Gottesfurcht, wie in allen Wissenschaften den Grund lege, wodurch sie befähigt werde, sich dermaleinst in allen Ständen der Republik nützlich zu erweisen. ”) Ueberhaupt stand damals das geistige Leben in Hamburg hinter dem in keiner anderen deutschen Stadt zurück. So recht in die Pestzeit hinein fällt das Erscheinen des von Joh. Mattheson 5) „Fabrieius, ein Mann, den Ost und Westen ehret, Und der an unsrer Stadt ein wahrer Zierath ist.“ So heisst es in dem von Johann Hübner verfassten Festgedicht zum 24. August 1713. 2) Vgl. Hamb. Relationscourier vom 25. August und Fabrieius, Memoriae Ham- burgenses Band 4, wo sämmtliche bei der Feier gehaltene Reden sowie eine Reihe von Gratulationsgedichten abgedruckt sind. ®) R. u. B.-R. vom 7. und 14. Februar 1715. 114 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 403 (von Mai 1713 bis Mai 1714) herausgegebenen „Vernünftlers“, der ersten deutschen Nachahmung der englischen moralischen Wochen- schriften.) Mattheson, der damals als Secretär bei der englischen (esandtschaft in Hamburg weilte, ist auch sonst von nicht ganz geringer Bedeutung für das litterarische Leben in Deutschland ge- wesen. Nicht nur um der genannten Publication willen kommt ihm das Verdienst zu, als einer der ersten im Beginn des vorigen Jahr- hunderts das deutsche Geistesleben durch Vermittelung des englischen Einflusses angeregt zu haben. In die Zeit nach dem Erlöschen der Pest, in das für Hamburg doch noch immer an Prüfungen reiche Jahr 1715, fällt die Ent- stehung der teutschübenden Gesellschaft. Von deren drei Begründern ist Brockes, der Verfasser des „Irdischen Vergnügens in Gott“, — wenn auch noch nicht nach allen Richtungen gebührend gewürdigt — doch in der Litteraturgeschichte am häufigsten genannt worden. König, der bekanntlich in Hamburg namentlich als Operndichter,?) hin und wieder auch als Gelegenheitsdichter *) wirkte, gehörte dieser Stadt nur vorübergehend an. Richey dagegen weilte seit 1713 beständig in Hamburg, wurde 1717 zum Professor am akademischen Gymnasium ernannt und wirkte als Lehrer und Gelehrter, als Dichter, Schrift- steller und patriotischer Bürger bis im sein hohes Alter, engeren und weiteren Kreisen seiner Vaterstadt Anregung und Förderung gewährend. Einer seiner begabtesten Schüler, Lamprecht, zeichnete im Jahre 1737 ) Vel. K. Jacoby, die ersten moralischen Wochenschriften Hamburgs, Oster- programm des Wilhelmgymnasiums vom Jahre 155S. 2) Vom Sommer 1712 bis in den October 1714, also in der Zeit, in welche die schlimmsten Bedrängnisse Hamburgs fallen, ruhte die Oper freilich. Die Wieder- eröffnung der Aufführungen aber erfolgte mit einer von König gedichteten Oper: „L’inganno fedele oder der getäuschte Betrug.“ Die Musik stammte von Reinhard Keiser; sie gehört zu den besten Werken dieses reichbegabten und fruchtbaren Componisten. (Nach Notizen des Herrn Dr. Fr. Chrysander.) 3) Unter den auf hamburgische Verhältnisse bezüglichen Gelegenheitsgedichten Königs möge hier dasjenige vom Februar 1713 hervorgehoben werden, in welchem er den Entschluss des Raths, auf das Petrimahl zu verzichten, im Stile der Zeit verherrlicht. Es heisst darin u, a.: O seltener Entschluss! für das gemeine Beste Raubt Ihr Euch selbst die Lust von dem gewohnten Feste, Ihr Väter Unsres Staats .... © Höchst-beglückte Stadt! Wo solche Wächter stehen, Beneidet man umsonst Dein frohes Wohlergehen. O Hoch-gepriessner Raht! könt Rom in Hamburg seyn, Man ätzte diese That in Gold und Marmor ein. 115 404 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. in seiner Wochenschrift: „Der Menschenfreund“ das Idealbild eines Gelehrten, eines Mannes, der von echtem Forschungstrieb und Wahrheits- liebe beseelt für seine Ueberzeugung eintritt, der festen Charakters, streng gegen sich selbst, duldsam und leutselig im Verkehr mit andern, als ein guter Patriot das Wohl seiner Mitbürger fördert. Indem Lamprecht hinzufügt, dass er in der Lage sei, einen Gelehrten zu nennen, der diesem Ideal vollkommen entspreche, weist er deutlich auf Richey hin. Richey war der Typus des gemeinnützigen ham- burgischen Gelehrten im Anfang des Jahrhunderts, wie Büsch gegen Ende desselben. Kaum weniger als Richey unter den Gelehrten seiner Zeit, ragte Garlieb Sillem unter den Männern, die im praktischen Leben standen, durch sein edles selbstloses Wirken hervor. Auch er war den Musen nicht fremd. Die deutsche Sprache handhabte er in Prosa und Versen mit Gewandtheit, und man möchte annehmen, dass, wenn er seine reichen geistigen Gaben auf litterarischem Gebiet verwerthet hätte, ihm auch dabei der Erfolg nicht gefehlt haben würde. In- dessen zog er es vor, seine ganze Persönlichkeit in den Dienst des Gemeinwesens zu stellen.) Seine hochbedeutende und zu allgemeiner Anerkennung gelangte Wirksamkeit als Leiter des Sanitätscollegiums ist bereits hervorgehoben worden. Auf das nicht minder erhebliche Verdienst, das er sich später als Bürgermeister durch Uebernahme ') Insofern Garlieb Sillem seine Liebe für die Vaterstadt nicht zum wenigsten während der in dieser Abhandlung geschilderten Periode bekundete, erscheint es nicht unangebracht, hier an seine letzten gleichsam testamentarischen Segenswünsche für Hamburg zu erinnern. In seiner Dichtung „Letzter Schwanengesang“ finden sich gegen Ende die folgenden Verse: „Geliebte Stadt, geliebte Bürgerschaft, Für die ich jederzeit nach aller Kraft Und meiner Pflicht gesorget und gewacht, Zu guter Nacht! Indem ich weiter nichts für Dich verrichten kann, So höre noch zuletzt mein Wünschen und mein Flehen Von den schon blassen Lippen an: Herrscher der gestirnten Höhen Schütze Hamburg vor Gefahr! Sende deinen Gnaden-Regen, Lass es stets in Flor und Segen, Einigkeit und Wohlergehen Immerdar Bis zur Erden Ende stehen! (Fabrieii, Memor. Hamb. VIII S. 329.) 116 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 405 einer sehr dornenvollen Mission erwarb,') kann hier nur flüchtig hingewiesen werden. Dagegen erscheint es angemessen, mit einigen Worten der von ihm nach dem Aufhören der Pest gemachten Vorschläge zur Verbesserung des hamburgischen Armenwesens zu gedenken.?) Als im Herbst 1714 das Sanitätscollegium nach vierjähriger segensreicher Wirksamkeit aufgehoben werden sollte, erschien es un- vermeidlich, die Sorge für die Armen wieder, wie früher, den Vor- stehern der Kirchen und den Provisoren der Armenhäuser zu über- lassen. Sillem glaubt aber bei dieser Gelegenheit auf die Noth- wendigkeit gewisser Reformen aufmerksam machen zu müssen. Es sei bekannt, dass, so viele herrliche Stiftungen zum Unterhalt und zur Verpflegung der Nothleidenden auch in Hamburg beständen, der erstrebte heilsame Endzweck doch nicht erreicht werde, da die Stadt sich immer mehr mit Bettlern angefüllt habe. Unter den ausser- ordentlichen Verhältnissen der Pestzeit sei diesem Unwesen allerdings gesteuert worden. Die während des damaligen Nothstandes gewährten Unterstützungen aber hätten einen Kostenaufwand erfordert, den die Stadt auf die Dauer nicht zu bestreiten vermöge, und überdies bewirkt, dass viele Leute, die sich sonst von ihrer Hände Arbeit ernähren konnten, sich an Faulheit und Müssiggang gewöhnt hätten. Darin müsse Wandel geschafft werden. Sillems Vorschläge zielten nun im wesentlichen dahin, die muthwilligen fremden Bettler aus der Stadt zu entfernen, von den heimischen Armen die Gebrechlichen und Kranken nach Nothdurft verpflegen zu lassen, den Arbeitsfähigen aber Gelegenheit zu geben, unter Aufsicht zu arbeiten und zwar so, dass sie insgesammt als Entgelt für ihre Arbeit Beköstigung empfingen, und dass diejenigen unter ihnen, die mehr als ein gewisses Quantum, leisteten, überdies eine Baarzahlung erhielten. Wie ernst es mit diesen Reformbestrebungen gemeint war, zeigte sich darin, dass das Sanitätscollegium vor seiner Aufhebung offenbar auf Sillems Antrag alle Armen persönlich vor sich kommen liess, ihre Verhältnisse prüfte und dabei untersuchte, zu welchen Arbeiten sie geschickt seien. Einen unmittelbaren Erfolg haben die Anregungen Sillems allerdings nicht gehabt. Bekanntlich ist es erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu einer durchgreifenden Reform des ham- burgischen Armenwesens gekommen. ') Vgl. die Artikel über Bürgermeister Sillem von Wilh. Sillem in d. Allg. deutschen Biographie, Bd. 34. S. 324 ff., u. im Hamb. Weihnachtsbuch v. 1592. 2) Nach den Anlagen zu R. und B.-R. vom 11. October 1714, 1:17 406 Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. Wenn aber auch Hamburg erst im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts durch das, was seine Bürger auf den verschiedensten Gebieten zur Förderung des Gemeinwesens leisteten und anregten, eine vorbildliche Bedeutung unter den Städten Deutschlands erreicht hat, so lassen sich doch die Anfänge dieser Bestrebungen bis auf die Prüfungszeit von 1712 bis 1714 zurückführen. Wie so oftmals später, bedeutete auch damals für Hamburg das standhafte Ertragen und Ueberwinden von Leid und Unbill den Beginn einer neuen gedeihlichen Entwicklung. a E nt ae, RE Karat ET 2% Kara? Hat; Be St 1 ee, =. SR Ze er DE e Ben a TE BR En \ ER er 5 : a 5 = ee, eh? Ei rn, 2} ne Be ns 27 4; rnsler 2, Irnen ee “ nah $ AR } en ERERORRSRRN I Ei A & 2,1 h Bi G ’ ER ln ABTEI RB AT DZ RR h 3 Au N Br a A IS Saar ERS ee = 5 ENT ge SESEEERSE BEE HE Int SIE SEI x ER SS NER LT \ un oe, Ste