“ # . an er earr i £ 7 + | were a ee. Du 1 #6 a | mare een. ann " ’ ’ . BITTEN pe pe en eh hrm pie wet Ten neh pn ch ar geil Grentein ed see En | biete hohe yeah Dee m TÖTET ge engen ne * er Be Behrens . Dear wear N : . n . 1 ae re Van bne AI At Eee 5 2 a et, ge la ln en Br. = ek am rin » = . ü r } f ‘ h \ P , N 1 - [3 i » a N e 2 j l 4 | & x X . AL ..@ : N” 3 f 2 } \ } 4 ß ü Wr ! i D « } ; 4 N | "7 7 1} x ER } . v2 j ri a ae JAHRBUCH DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bEULUGISLHEN REICHSANSTAL XLIV. BAND. 1894. Mit 21 Tafeln. 5 0) 9 RR [9) -O>-ın 8 - In x @e° { >) Vo I) Wien, 1895. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. In Commission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, I., Graben 31. N N N yZ 1* Autoren allein sind für den Inhalt ihrer Mittheilungen verantwortli Iahalte Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (Februar a Correspondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt F Heft 1. Zur Erinnerung an Dionys Stur. Von M. Vacek. Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Base abehing: in Böhmen. Von Ernst Proft Mit 8 Zinkotypien im Text Ueber die. palaeozoische Flora der arktischen Zone. (Vorläufige Mit- theilung ) Von A. G. Nathorst in Stockholm Die triadischen Gastropoden der Marmolata und Betwandle andakellen in den weissen Riffkalken Südtirols. Von Ernst Kittl. Mit 6 litho- graphirten Tafeln (Nr. I—VT) und 12 Zinkotypien im Texte Heft 2. Bemerkungen zur (Gliederung karpathischer Bildungen, Eine Entgegnung DPIEns ar Roxb r 0 EBENEN Zur neueren Literatur der alpinen Trias. Von A. Bittner . Neue Thierreste aus dem böhmischen Silur. Von Jaroslav J. Jahn. Mit einer lithographirten Tafel. (Nr. VD). . Heft 3 und 4. Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark und Pinkafeld in a Von Vincenz Hilber. 5 Bemerkungen zur ne Entgegnung an le Prbr Y. Uhlig Von C. M. Paul. Die Gastropoden der Ber ichien ih reales a Von E. ae: Mit 12 Zinkotypien im Text . j Die Bedeutung der südindischen Bere für de Dorkhieilang en geographischen Verhältnisse während der späteren Kreidezeit. Von F. Kossmat Barrande’s zum rheinischen Devon. Von E. ee: und E. Holz- apfel. Mit 5 Zinkotypien im Text. : Der Gross-Venediger. Von F. Löwl. Mit 5 Yinkobrpiän im Text : as Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. Von H. Höfer. Be Mit einer Zinkotypie im Texte 7. 2... 0. unse. * an Herrn ©. M. Paul. Von Dr. Vietor Uhlig. (Mit zwei Zinko- Ueber die stratigraphischen Bekehahntn er Hakdiischlen Sen F, 6, H, Seite 37 99 183 233 381 389 415 441 459 479 515 533 ee Tr in: BEE ar 4 IV Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. Von A. Bittner. Mit 2 litho- graphirten Tafeln (Nr. VIH und IX). .u . . A a 547 Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Une en 8. Höfe er. | Mit 2 Zinkotypien im Texte... . re) Brachiopoden aus der Trias von Lagonegro in ken Won N Bien Mit 2 Zinkotypien im Test . .... EE 583 Das Gebiet der DRS: im Nordosten der Broenne Von E E. Et z Mit 4 Tafeln (Nr. X—XTII) und 2 Zinkotypien im Text... . 5897 Sg Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Von R Rosiwal. Mit 8 Tafeln (Nr. XIV— XXI) und 7 Zinkotypien im Text . Verzeichniss der Tafeln. Tafel Seite I—VI zu: Ernst Kittl. Die triadischen en der Mar- : molata etc... EFF 99 VII zu: Jaroslav J. Jahn. Ne Aiiesrdle aus den böhmisähen = Silur i rar Ei ee VEII—IX zu: A. Bittner. Ueber as Gatilige Rhı Inkmoneidin Em. Be X—XIII zu: F. E. Suess. Das Gebiet der Triasfalten im u der ß Brennerlinie : i TIER 589 XIV— XXI zu: August Rosiwal. Ne naher zum Se der Ki KarlsbaderRhermen WU So an ee a 4 A Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt. Director: .Stache Guido, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der eisernen Krone III. Cl., Commandeur d. tunes. Niscian-Iftkhar-Ordens, Phil. Dr., k. k. Oberbergrath, Ehrenmitglied der ungar. geolog. Gesellschaft in Budapest und der naturforsch. Gesellsch. „Isis“ in Dresden ete., IIl., Oetzeltgässe Nr. 10, Vice-Director: Mojsisovies Edler von Mojsvär Edmund, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der eisernen Krone Ill. Cl., Commandeur des montenegrinischen Danilo-Ordens, Officier des k. italienischen St. Mauritius- und Lazarus-Ordens, sowie des Ordens der Krone von Italien, Ehrenbürger von Hallstatt, Jur. U. Dr., k. k. Ober- bergrath, wirkl. Mitglied der kaiserl. Akad. der Wissenschaften in Wien, Foreign Member der geologischen Gesellschaft in London, Ehrenmitglied der Societe des Natural. de S. Peters- bourg, der Soc. Belge de Geologie, de Paleontologie et d’Hydro- logie in Brüssel, des Alpine Club in London und der Soc. degli Alpinisti Tridentini, corresp. Mitglied der kaiserl. Akad. der Wissenschaften zu S. Petersburg, der R. Academia Valdarnese del Poggio in Monte varechi, des R. Istituto Lomb. di scienze, lettere ed arti in Mailand, der Acad. of Natur. Science in Philadelphia, der geolog. Gesellschaft in Lüttich, der British Association for the Advancement of science in London, etec., IlI., Strohgasse Nr. 26. Chefgeologen: Paul Carl Maria, Ritter des.kaiserl. österr. Franz Josefs-Ordens, k. k. Bergrath, Mitglied der Leop. Car. Akad. der Naturf. in Halle, III.. Seidlgasse Nr. 34: Tietze Emil, Ritter des k. portugiesischen Sct. Jacobs-Ordens, Besitzer des Klein-Kreuzes des montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil Dr., k. k. Oberbergrath, Mitglied der Leop. Car. Acad. der Naturf. in Halle, Ehrencorrespondent der geogr. Gesellschaft in Edin- burgh, eorresp. Mitglied der geogr. Gesellschaft in Berlin und Leipzig, der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau etc., III., Ungargasse Nr. 27. Vacek Michael, Ill., Erdbergerlände Nr. 4. Vorstand des chemischen Laboratoriums: John von Johnesberg Conrad, III, Erdbergerlände Nr. 2. Geologen: Bittner Alexander, Phil. Dr., III, Thongasse Nr. 11. Teller Friedrich, III, Kollergasse Nr. 6. vI Adjuneten: Geyer Georg, 11I., Sofienbrückengasse Nr. 9. Tausch Leopold v., Phil. Dr., II., Hauptstrasse Nr. 40. Bibliothekar: Matosch Anton, Phil. Dr, II., Hauptstrasse Nr. 33. Assistenten: Bukowski Geiza v., Ill., Marxergasse Nr. 27. Rosiwal August, Privatdocent an der k. k. technischen Hochschule, II., Untere Augartenstrasse Nr. 37. Praktikanten: Dreger Julius, Phil. Dr.. XIX., Gemeindegasse Nr. 7. Eichleiter Friedrich, XVIII, Martinsgasse Nr. 83. Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., III., Rennweg 14. Jahn Jaroslav, Phil. Dr., Ill., Pragerstrasse Nr. 13. Volontäre: Suess Franz Eduard, Phil. Dr., I., Afrikanergasse Nr. 9. Arthaber G. v., Phil. Dr., I., Löwlstrasse Nr. 18. Kossmat Franz, Phil. Dr., V., Wildemanngasse Nr. 4. Für die Kartensammlung: Jahn Eduard, III., Messenhausergasse Nr. 7. Zeic] Skala Guido, XVI., Hippgasse Nr. 41. in) Für die Kanzlei: Girardi Ernst, k. k. Rechnungsofficial. Ill., Geologengasse Nr. 1. Diurnist: Kotscher Wilhelm, IlI., Steingasse Nr. 21. Diener: Erster Amtsdiener: Schreiner Rudolf Laborant: Kalunder Franz Zweiter Amtsdiener: Palme Franz Dritter Amtsdiener: Ulbing Johann Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: tuzek Stanislaus Amtsdienergehilfe für das Museum: Spatnv Franz Heizer: Kohl Johann | | III, Rasumoffsky- [ gasse Nr. 23 u. 25, Portier: Kropitsch Johann, Invaliden - Hofburgwächter III., In- validenstrasse Nr. 1. Vu Correspondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1894, Richard Trampler, Director der k. k. Staats-Unterrealschule im ll. Bez. in Wien. Theodor Helm, k. u. k. Major in Debreczin. Hugo Demar, k. u. k. Linienschifislieutenant in Pola. schule in Prae. Königshof bei Beraun. Franz Stolba, o. ö. Professor an der k. k. böhm. technischen Hoch- Emil Kratochvil, Director der böhm. Montan - Gesellschaft in EG Ausgegeben am 15. Mai 1894, JAHRBUCH > KAISERLICH-KÖNIGLICHEN > DICH AEIEHSANST N \ a Heft, Mit Tafel In. „ir k. k Geologischen. Reichsanstalt. R Lechner (with, Müller), k u 'k. Hofbuehhandiung, Man? es Graben. 31. Zur Erinnerung an Dionys Stur. Von M. Vacek. Die Leistung eines organisch gegliederten Ganzen summirt sich _ aus den Arbeitserfolgen der einzelnen individuellen Theile. Demnach übt das Ganze eine angenehme Pflicht, wenn es wohlwollend anerkennt und sich dankbar in Erinnerung hält, was auf Rechnung des Einzelnen fällt, besonders in dem Augenblicke, wo der Tod den Summenstrich ‚unter diese Rechnung gezogen hat. lieser Zeilen gerne übernommen, die Verdienste eines Mannes zu irdigen, der ein langes Leben ausschliesslich dem Dienste unserer eren Wissenschaft geweiht, eines Mannes, dessen Thätigkeit mit nn Engste verknüpft war, der dem Verbande unseres Institutes über 42 Jahre nicht nur angehörte, sondern, wie man mit Dank anerkennen Wollen gewirkt hat. Angesichts des reichen Inhaltes seines Schaffens und der erstaunlichen Menge der literarischen Früchte seiner Thätig- keit, sowie der Lauterkeit seiner Absichten und Strebungen, wo immer es einen Erfolg unserer Wissenschaft, eine Förderung der Interessen des in den letzten Jahren seiner Obhut anvertrauten Institutes galt, Mannes Leben und Wirken sei auch der seiner Erinnerung pietätvoll widmete Nachruf. -—- D. Stur war als der Jüngste Sohn des Lehrers Jos. Stur am April 1827 zu Beczkö in Oberungarn geboren und genoss, wie e älteren Brüder Carl und Ludewit, die beide sich in der ischen Literatur einen geachteten Namen erworben haben, eine 1 ofältige Erziehung im väterlichen Hause. Seine erste humanistische chulbildung erhielt D. Stur am Gymnasium zu Modern und ab- Ivirte sodann den philosophischen Curs am evangelischen Lyceum | Pressbureg. Im Jahre 1844 bezog D. Stur das Polytechnicum ' Wien, wo er die mathematisch-physikalischen Fächer hörte, und te sich sodann 1847 dem speciellen Fachstudium der Mineralogie ıd Geognosie zu, welches in dem damaligen k. k. montanistischen um unter v. Haidinger’s und v. Hauer’s Leitung eine neue ätte gefunden hatte. Bei dem ausgesprochenen Hange D. Stur’s & & k. k. geol. Reichsanstalt. 189. 44. Band. 1. Heft. (M. Vacek.) 1 Geehrt durch das Vertrauen der Direction, hat es der Verfasser | 2 M. Vacek. 3 [2] zu naturwissenschaftlichen, speciell auch botanischen Studien konnte es nicht fehlen, dass derselbe sich in der Hauptstadt des Reiches von jenem Kreise von ausgezeichneten Männern mächtig angezogen fühlte, die wie v. Haidinger, v. Hauer, v. Endlicher u. A. sich es zur Aufgabe machten, das in Oesterreich bis dahin stark vernach- lässigte Studium der Naturwissenschaften zu heben und durch eigenes Beispiel sowie durch Aufmunterung und wohlwollende Anerkennung fremder Leistungen dem Studium der Naturwissenschaften Freunde und Jünger zu werben. Dieser ideale Bund der „Freunde der Naturwissenschaften“ zählte auch D. Stur zu seinen jüngeren und, wie der erste geologische Versuch desselben im III. Bande von Haidinger’s „Berichten“ (1847) zeigt, werkthätigen Mitgliedern. Es mag auch dem Einflusse dieser ersten Fachbildungsperiode., der jJugendfrischen Begeisterung der 40er Jahre, die so nachhaltig auf die Entwicklung speciell der geo- logischen Wissenschaft in unserem Vaterlande wirkte, in erster Linie zuzuschreiben sein, dass dem Manne, der das Glück hatte, diese idealen Strebungen in dem empfänglichsten Alter voll auf sich wirken zu lassen, die Flamme .der Begeisterung für sein Fach, trotz mancher widriger Umstände und späterer Erfahrungen, bis ans Lebensende nicht erlosch, sein Eifer für die gute Sache im Laufe der Jahre nicht erlahmte, ihn die Schaffensfreude und Arbeitsenergie bis ans Ende seiner Tage nie verliess. Zum 7 wecke der Vollendung seiner Fachstudien bezog D. Stur im Herbste 1847, mit einem Stipendium der k. k. oe ver- sehen, die Bergakademie zu Schemnitz. Doch machten ihm, dem Mitgliede einer als kaisertreu bekannten Familie, die politischen Wirren, deren Schauplatz Ungarn in den Jahren 18481849 war, den Aufenthalt zu Schemnitz bald unmöglich. Umso glücklicher fügte es sich,- dass um dieselbe Zeit (1849) die k. k. geologische Reichs- anstalt ins Leben gerufen wurde und D. Stur, einem Rufe Director v. Haidinger's folgend, mit zu den ersten zählte, welche im Jahre 1850 die Feldarbeiten zum Zwecke einer geologischen Ueber- sichtsaufnahme der österreichischen Monarchie in Angriff nahmen. Wir sehen nun D. Stur, zunächt an der Seite Czizek’s und Lipold’s, später in selbstständiger Thätigkeit durch mehr als 22 Jahre in fast allen Theilen der österreichischen Monarchie mit geologischen Aufnahmsarbeiten beschäftigt. Aus dieser Zeit stammt eine lange Reihe von wissenschaftlichen Aufsätzen, die zumeist in den Jahrbüchern und Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt publieirt wurden und von denen viele als grundlegend für die geologische Er- schliessung der österreichischen Monarchie bezeichnet werden müssen. Die Verdienste D. Stur’s als unermüdlicher Feldgeologe wurden auch allseitig anerkannt und ist derselbe 1867 zum k. k. Bergrathe, 1873 zum Chefgeologen, 1877 zum Vicedirector der k. k. geologischen Reichsanstalt ernannt worden. Letztere Stellung, welche D. Stur durch volle 8 Jahre einnahm, entlastet ihren Eigner von dem beschwerlichen Dienste im Felde. Doch wär sie für D. Stur nicht eine Zeit des wohlverdienten otium eum dignitate, sondern bedeutet vielmehr einen zweiten, wissenschaftlich SEHEN EN URS FI Pas aa » Be SE 22 Ja 6 Are b L; % h [3] Zur Erinnerung au Dionys Stur. 3 sehr erfolgreichen Abschnitt in dem Leben des arbeitsfreudigen Mannes. Ein eifriger Schüler v. Endlicher’s war D. Stur neben seinen geologischen Feldstudien auch ein geübter Botaniker und anerkannter Pflanzenkenner. Es erscheint demnach sehr begreiflich, dass derselbe schon neben seinen feldgeologischen Arbeiten mit Vorliebe phyto- palaeontologischen Studien oblag und später, als Vicedirector ander- weitiger Verpflichtungen enthoben, sich mit voller Hingebung dem Studium der fossilen Floren, insbesondere jener der Steinkohlenperiode widmete. Aus dieser Zeit (1875—1885) stammen seine grossen phyto- palaeontologischen Arbeiten über die „Culmflora“ und die „Carbonflora der Schatzlarer Schichten“, welche in den Bänden VIII und XI unserer Abhandlungen erschienen sind. Das reiche Materiale zu diesen Arbeiten und einer Reihe von weiteren, welche D. Stur plante und mit grossem Fleisse vorbereitete, bildet einen sehr werthvollen Theil unseres Mu- seums, welchem D. Stur durch viele Jahre vorstand und stets die liebevollste Pflege angedeihen liess. . Als im Jahre 1885 Fr. v. Hauer zum Intendanten des k.k. natur- historischen Hofmuseums berufen wurde, folgte ihm D. Stur in der Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt und versah, 1889 mit dem Titel und Charakter eines k. k. Hofrathes ausgezeichnet, mit Eifer und Hingebung diesen für den Fortschritt in der geologischen Kenntniss des Kaiserstaates so wichtigen Posten durch nahezu 8 Jahre, bis ein rasch fortschreitendes Herzübel ihn zwang, seine Versetzung in den bleibenden Ruhestand zu erbitten. Diese wurde ihm am 21. October 1892, unter ehrendster Auszeichnung von allerhöchster Stelle durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopold - Ordens, gewährt. Doch der wohlverdiente Ruhestand war für den Schwerkranken keine Zeit der Ruhe mehr und am 9. October 1893, um 5 Uhr Nach- mittags, erlöste der Tod einen Mann von seinen Leiden, der wie Wenige mit allen Fasern seines Herzens an seiner wissenschaftlichen Thätigkeit hing, der ein langes Leben voll eifrigen und frucht- bringenden Schaffens ausschliesslich der Geologie gewidmet hat, der, die Ziele und Zwecke unseres Institutes, dem er ein reichliches Menschenalter lang angehörte, stets unverrückt vor Augen, unermüdlich für die Aufgaben desselben thätig war, und dem wir daher ein pietät- volles Andenken stets bewahren wollen. Wie ein Blick auf den vorstehenden Lebensabriss D. Stur’s lehrt, lassen sich in der wissenschaftlichen Thätigkeit desselben drei Phasen unterscheiden, von denen die erste, längste und wichtigste der Feldgeologie zufällt. Nur wer mit diesem Zweige der wissen- schaftlichen Thätigkeit vertraut ist, weiss voll zu würdigen, welche Summe von geistiger Anstrengung und körperlicher Mühsal 22 im Felddienste zugebrachte Jahre in sich fassen, und dass dazu sowohl hervorragende Eigenschaften des Geistes als volle körperliche Eignung gehören, wie sie die kräftigst veranlagte Individualität D. Stur’s in selten glücklicher Art vereinigte. | 1* 4 M. Vacek. [4] Uebersichts-Aufnahmen in den Alpen. Als im Sommer 1850 unter Leitung v. Haidinger’s die ersten geologischen Uebersichtsaufnahmen in unserem Vaterlande begannen, sehen wir D. Stur, als rüstige Stütze .J. CZizek’s, an den Arbeiten in Niederösterreich regen Antheil nehmen. Insbesondere die beschwerlichen aber ebenso dankbaren Untersuchungen, in den Kalk- alpen Niederösterreichs waren dem Eifer D. Stur’s anvertraut. Diese Aufnahmen bewegten sich zunächst in dem breiten Striche zwischen Wr.-Neustadt und Mölk, und waren es in erster Linie die Trias- bildungen der Umgebungen von Hörnstein, Hirtenberg, Lilien- feld, Enzesfeld, Maria-Zell, welche das regste wissenschaft- liche Interesse D. Stur’s in Anspruch nahmen, wie eine Reihe von Aufsätzen und Berichten lehrt, die der II. Band des Jahrbuches der k. k. geol. Reichsanstalt enthält (vergl. unten Lit.-Verz.). Ausserdem betheiligte sich D. Stur, besonders im Laufe des Sommers 1851, auch an den Arbeiten J. Czizek’s im Leithagebirge und in den Hundsheimer Bergen. Im Sommer 1852 sehen wir D. Stur schon selbstständig mit der grossen und schwierigen Aufgabe betraut, die Uebersichtsauf- nahmen im Flussgebiete des oberen Ennsthales durchzuführen. Die kartirte Fläche entspricht dem nordwestlichen Theile des Herzog- thumes Steiermark und umfasst die weiteren Umgebungen der Orte Rottenmann, Lietzen, Schladming, oder das krystallinische Gebirge im Süden des oberen Ennsthales bis an die Wasserscheide zur Mur und nördlich von der Enns Theile des Dachstein-, Kammer- und Todtengebirges. Die Resultate dieser Aufnahme hat D. Stur in einer grösseren Arbeit über „die geologische Beschaffenheit des Ennsthales“ (Jahrb. IV, pag. 461) zusammengefasst. Anschliessend an die Arbeiten im Ennsthalgebiete sehen wir im folgenden Sommer 1853 D. Stur, in südwestlicher Richtung die Ueber- sichtsaufnahmen fortsetzend, mit der schwierigen Aufgabe beschäftigt, die Geologie der centralen Stöcke im Triplex confinium von Steiermark, Salzburg und Tirol zu entwirren. Die unter dem Titel „Zwischen Hoch-Gollingund Venediger“ (Jahrb. V, pag. 818) erschienene, zusammenfassende Arbeit D. Stur’s über diesen höchsten Theil der Ostalpen, umfassend die hohen Kämme im Norden des Lungaus, die Ankogelmasse, das Gross-Glockner- und Venedigergebiet, sowie die Gebirgsvorlagen im Norden bis an die Salzach, bildet vielfach auch heute noch die wichtigste Quelle für die geologische Kenntniss dieses Gebietes. Im Sommer 1854 setzte D. Stur die Uebersichtsaufnahme in südlicher Richtung fort und kartirte die Gegend der Quellgebiete der Flüsse Drau, Isel, Möll und Gail, also das westliche Kärnten und angrenzende Theile Tirols. Die diesbezüglichen Re- sultate erscheinen in einer längeren Arbeit im Jahrb. VII, pag. 405 zusammengefasst. Entsprechend dem bisherigen Gange der Uebersichtsaufnahms- arbeiten, ausgehend von den nördlichen Kalkalpen Niederösterreichs [5] Zur Erinnerung an Dionys Stur. h) und Steiermarks, quer durch die Centralalpen auf den Südabhang im westlichen Kärnten, sehen wir D. Stur, gleichmässig in die südlichen Kalkalpen fortsetzend, im Sommer 1855 im Venetianischen mit der Uebersichtsaufnahme der Carnia und des Comelico, d.h. dem Quellgebiete der Flüsse Piave und Tagliamento beschäftigt. Die Resultate dieser Aufnahme finden sich im Jahrbuche VII, pag. 431 niedergelegt. Aus dem Venetianischen weiter nach Osten vorrückend, führte D. Stur im Sommer 1856 die Uebersichtsaufnahmen im nordwest- lichen Theile von Krain durch und kartirte hier die Becken von Loitsch und Adelsberg, weiter die Gegend am rechten Ufer des Wippachthales bis Görz und von da aufwärts das Wassergebiet des Isonzo und die Wochein. Eine eingehende Darstellung dieses weiten Aufnahmsfeldes wurde im Jahrbuche Bd. IX, pag. 324 ver- öffentlicht. Mit den Arbeiten in Krain. erscheint die Serie der Ueber- sichtsaufnahmen, welche D. Stur in den Alpen durchgeführt hatte, abgeschlossen. Ueberblickt man auf F. v. Hauer’s Uebersichts- karte ‚die gewaltige Fläche, welche diese Aufnahmen eines einzelnen Mannes in dem Zeitraume von nur 7 Jahren repräsentiren und bedenkt man dabei, dass die aufgenommenen grossen Gebiete, durchwegs ge- birgiger Natur, z. Th. die höchsten Partien der Ostaipen in sich fassen, dann muss Jeder, der solche Arbeiten aus eigener Erfahrung zu schätzen in der Lage ist, wahrlich eine hohe Meinung gewinnen von der Arbeitsenergie und dem wissenschaftlichen Eifer des Mannes, dem wir diese gewaltige Leistung verdanken Uebersiehts-Aufnahmen in den Kronländern. Im Sommer 1857 betheiligte sich D. Stur an den Uebersichts- aufnahmen in Böhmen und gibt in einem längeren Aufsatze über „die Umgebungen von Tabor“ (Jahrbuch IX, pag. 661) Bericht über das kartirte Gneissgebiet. In demselben Sommer führte D. Stur für den Werner-Verein die Aufnahme und Kartirung des südöst- lichen Theiles von Mähren durch, speciell in den Umgebungen der Orte Ung.-Hradisch, Ung.-Brod, Napagedelete., über welche er im Jahrbuche Bd. IX, pag. 53 berichtet. Anschliessend an diese Arbeit sehen wir im folgenden Sommer 1858 D.Stur jenseits der ungarischen Grenzeim Waagthale undNeutraer Comitate beschäftigt. Die reiche Ausbeute an wichtigen Resultaten über die geologischen Verhältnisse seines Heimatlandes legte D. Stur in einer auch heute noch wichtigen ausführlichen Arbeit nieder, die als „Bericht über die geologische Uebersichtsauf- nahme des Wassergebietes der Waag und Neutra“ im Jahrbuche (Bd. XI, pag. 17-—-151) erschienen ist. Im Sommer 1859 war D. Stur mit der Uebersichtsaufnahme von Ostgalizien betraut (Umgebungen von Lemberg, Brody, Zolkiew, Brzezan etc.) und legte in der Sitzung vom 31. Jänner 1360 (Verh. XI, pag. 26) die Uebersichtskarte dieser Gegend vor, 6 M. Vacek. [6] Im nächsten Sommer 1860 sehen wir D. Stur im südwest- lichen Siebenbürgen beschäftigt. Das grosse Gebiet westlich von Hermannstadt zwischen der Maros, Temes und. der moldauer Landesgrenze (Pojana ruska-, Retjezat- und Mühlen- bacher-Gebirge) wurde von ihm übersichtlich kartirt und em längerer Aufsatz im Jahrbuche (Bd. XIII, pag. 33—120) gibt eine eingehende Darstellung der geologischen Verhältnisse dieser Gegend. ie Im Sommer 1861 besorgte D. Stur die geologische Uebersichts- aufnahme des sog. Pozeganer Gebirges, zwischen Daruvar und Diakovar in Westslavonien. Es ist dies der östliche Theil jenes Landstreifens, der, von den Alpen abzweigend, zwischen Drau und Save bis in die Gegend des Donaulaufes bei Esseg sich er- streckt. Die diesbezügliche Uebersichtskarte wurde von ihm in der Sitzung am 3. December d. J. (Jahrb. XII, Verh. pag. 115) vorgelegt. Im nächsten Jahre 1862 sehen wir D. Stur mit der Uebersichts- aufnahme der mittleren Theile von Croatien beschäftigt. -. Diese Arbeit umfasste das weite Gebiet südwestlich von Agram zwischen der Save und der dalmatinischen Grenze, in dessen Mittel- punkte etwa Karlstadt liegt. Die geologischen Verhältnisse, dieses Gebietes hat D. Stur in einem längeren Aufsatze (Jahrbuch XIH, pag. 485—5235) eingehend dargestellt. In diese Zeit fällt so ziemlich der Schluss der sogenannten Uebersichtsaufnahmen, und wenn wir Rückschau halten über den grossen Antheil, welchen D. Stur an dieser wichtigen, grund- legenden Arbeit genommen, dann müssen wir der Leistung desselben rückhaltlose Anerkennung zollen und ihn mit Recht unter die hervor- ragendsten Mitarbeiter an der geologischen Uebersichtskarte der österr. Monarchie rechnen, welche in der ausgezeichneten Bearbeitung F. v. Hauer’s (1867—1871) das abschliessende Ergebniss der ersten Aufnahmsperiode bildet. Special-Aufnahmen. Eine Art Uebergang zwischen den Uebersichts-Aufnahmen und den nun folgenden Special-Aufnahmen bilden die Revisionsarbeiten, welche D. Stur in den Jahren 1863 bis 1865 im Auftrage des gseognostisch-montanistischen Vereines für Steier- mark durchgeführt hat zu dem Zwecke, die Aufnahmen der Commissäre dieses Vereines (A. v. Morlot, Dr. K. J. Andrae, Dr. F. Rolle, Th. v. Zollikofer u. A.), wo nöthige, zu ergänzen und auf Grund des vorliegenden Beobachtungsmateriales sowohl als der eigenen Erfahrungen eine Gesammtdarstellung der geologischen Verhältnisse des Herzogthums zu entwerfen. Mit jenem Arbeits- eifer und Fleisse, die ihn stets auszeichneten, entledigte sich D. Stur dieser schwierigen Aufgabe und nachdem er 1863 in den nord- steierischen Kalkbergen, 1864 im südlichen Theile und 1865 in Mittelsteiermark eine Reihe von ergänzenden Aufnahmen und Re- visionen durchgeführt hatte, stellte derselbe die „geologische Uebersichtskarte des Herzogthums Steiermark“ zu- [7] Zur Erinnerung an Dionys Stur. 7 sammen, die 1865 in Graz erschien. Der umfangreiche erläuternde Text folgte einige Jahre später (Graz, 1871) unter dem Titel „Geologie der Steiermark“. Dieses mit vielem Fleisse und grosser Gewissenhaftigkeit verfasste Werk enthält eine sorgfältige Zusammenstellung aller bis zum Jahre 1870 auf die Geologie von Steiermark bezüglichen Daten und bildet eine werthvolle Grundlage, auf welcher die neueren Arbeiten über diesen Theil der Monarchie weiterbauen. wre Gleichzeitig mit den Arbeiten in Steiermark betheiligte sich D. Stur an den officiellen Aufnahmen der Anstalt und führte im Vereine mit Lipold u. A. die. sog. loealisirten Aufnahmen in den nordöstlichen Kalkalpen durch. Die geologische Karte dieses Alpentheiles wurde. von ihm in der‘ Sitzung am. 21. Februar 1865 (Jahrb. XV, Verh. pag.. 41) :vorgelegt. Es ist-zu bedauern, dass der erläuternde Text zu dieser Karte, welchen D. Stur in grösserem Umfange plante (pag. 42 1. .c.) und auf das Sorgsamste vorbereitete, nicht in der ursprünglich beabsichtigten Art zur Ausführung gelangte. Wie die Reise D. Stur’s nach Süddeutschland und der nördlichen Schweiz (Jahrb. XV,. Verh. pag. 156, 172, 200), sowie eingehende Studien über die classischen Triaslocalitäten Raibl (Jahrb. XVII, pag. 57) und St. Cassian (Jahrb. XVII, pag. 529) zeigen, traf er sehr sorgfältige Vorbereitungen zu dem Zwecke, die mesozoischen Bildungen der nordöstlichen Kalkalpen wissenschaftlich zu gliedern und einheitlich darzustellen. Trotzdem diese Arbeit durch die Ungunst der Verhältnisse ‘in der geplanten Art nicht zu Stande kam, findet mah wenigstens in der oben erwähnten „Geologie der Steiermark“ alle wichtigeren Daten im Anschlusse an die Darstellung der nord- steierischen Kalkberge verwendet und in den umfangreichen Capiteln einbezogen, welche von den mesozoischen Bildungen der Steiermark handeln. In den folgenden Jahren sehen wir D. Stur an den Special- aufnahmen in Nordungarn rege betheiligt. Zunächst war es die sog: niedere Tatra, d. h. das Bergland zwischen dem oberen Granthale und dem oberen Waagthale, welches D. Stur 1866 und 1867 kartirte. Der diesbezügliche „Bericht über die geo- logischen Aufnahmen im oberen Waag- und Granthale*“ erschien im Jahrbuche Bd. XVII, pag. 337. Im Sommer 1868 be- sorgte D. Stur die Aufnahme des Speeialblattes Umgebungen von Schmöllnitz und Göllnitz, umfassend das Bergland, welches die Wasserscheide der Flussgebiete der Hernath, Saj6 und Bodwa bildet. Eine eingehende Darstellung dieses Gebietes wurde von ihm im Jahrbuche Bd. XIX, pag. 383 veröffentlicht. Während der folgenden drei Jahre betheiligte sich D. Stur in hervorragender Weise an den Aufnahmen in Südungarn und Croatien. Im Sommer 1869 wurde von ihm die Gegend zu beiden Seiten des oberen Temesthales im Banate, zwischen Karan- sebes und Mehadia studirt (R. Ber. Verh. 1869, pag. 272), im folgenden Sommer 1870 die Ufergegend nördlich der Save zwischen Bebrina und Grabovce (Brod SO) in der deutsch-banater Militärgrenze aufgenommen (R. Ber. Verh. 1870, pag. 210), endlich 8 M. Vacek. [8] im Sommer 1871 ein grosser Theil von Mitteleroatien kartirt (R. Ber. Verh. 1871, page. 195, 220, 242). In letzterem Falle wurde der Gang der Arbeiten wesentlich durch den Bahnbau Karlstadt- Fiume beeinflusst und umfassen dieselben einen breiten Strich entlang der genannten Bahn zwischen Ogulin und dem Fiumaner Litorale. Die letzte Arbeit D. Stur’s in der Reihe der regelmässigen Feldaufnahmen bilden Specialkartirungen in der Dniestergegend, an der Grenze von Ostgalizien und Bukowina, 1872. Dieselben be- treffen hauptsächlich die Umgebung von Zalescziki bis an den Sereth (R. Ber. Verh. 18372, pag. 271) und die Gegend von Mielnica, westlich vom Sereth (l. c. pag. 287). Damit schliesst im Grossen die lange Reihe von Arbeiten, welche D. Stur als Feldgeologe für die Zwecke der Landesaufnahme durch- geführt hatte. Bei der grossen Sorgfalt und Arbeitsenergie, welche D. Stur jederzeit auszeichneten, bildet die erstaunliche Summe der von ihm gesammelten geologischen Daten über die verschiedensten Theile der Monarchie einen reichen‘ Schatz, für welchen ihm nicht nur die Anstalt, an deren Aufgaben er stets unermüdlich thätig war, sondern auch die auf Erfahrung bauende Wissenschaft für alle Zukunft Dank wissen muss. Neben der Feldgeologie, doch zumeist in engem Zusammen- hange mit dieser, waren es hauptsächlich zunächst pflanzen- geographische, später phytopalaeontologische Studien, die das wissenschaftliche Interesse D. Stur’s jederzeit in der leb- haftesten Weise in Anspruch nahmen, und eine lange Reihe dies- bezüglicher Arbeiten (vergl. unt. Lit.-Verz.) gibt Zeugniss von dem regen Eifer, mit welchem er dieser seiner Lieblingsriehtung den grössten Theil jener Zeit opferte, welche ihm der feldgeologische Dienst und die damit zusammenhängenden Arbeiten übrig liessen. Schon während seiner ersten geologischen Uebersichtsaufnahmen, welche, wie oben gezeigt, sich über die ganze Breite der Ostalpen erstreckten, - hatte D. Stur in reichstem Maasse Gelegenheit, seine umfassende Kenntniss der Alpenflora in der nutzbringendsten Weise zu verwerthen, indem er eine Menge von wichtigen Beobachtungen sammelte über den Einfluss, den die Beschaffenheit des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen übt. Eine diesbezügliche sehr verdienst- volle pflanzengeographische Studie, welche D. Stur in den Sitzungs- berichten der Akademie (Bd. XX, 1856, pag. 71 u. Bd. XXV, 1857, pag. 349) veröffentlichte, tritt dem von Decandolle aufgestellten Satze, dass die Pflanzen in ihrer Verbreitung von der Beschaffenheit des Nährbodens unabhängig seien, wirksam entgegen, indem sie die Missverständnisse aufklärt, welche sich aus einer allzu schematischen Auffassung der geologischen Alpenzonen von Seiten der Botaniker bisher stets ergeben haben. Diese Arbeit sowohl wie auch eine ge- legentliche Zusammenstellung der Nutzpflanzen Oesterreichs (1857) und eine Reihe von monographischen Studien über einzelne Pflanzen- gattungen, lassen D. Stur als gewiegten Kenner der lebenden Flora erscheinen. Bi’ [9] Zur Erinnerung an Dionys Stur. 9 Für einen mit so reichen botanischen Vorkenntnissen ausge- rüsteten Geologen lag es nahe, auch die Floren der Vorzeit in den Kreis seiner Forschungen zu ziehen, und wir sehen demgemäss D. Stur dieser Richtung, in welcher er später Hervorragendes geleistet, planmässig nähertreten. Schon neben den feldgeologischen Arbeiten waren es eine lange Reihe eigener Aufsammlungen sowohl als ge- legentlicher Musealsendungen von phytopalaeontologischen Materialien aus den verschiedensten Theilen der Monarchie, deren Bestimmung und Bearbeitung, nach dem Abgange C. v. Ettingshausen’s von der Anstalt, regelmässig von D. Stur ausgeführt wurde (vergl. unt. Lit. Verz.). Diese kleineren floristischen Studien D. Stur’s haben zumeist das Verdienst, die Arbeiten des Institutes wesentlich gefördert zu haben Um nur ein Beispiel anzuführen, war die von D. Stur durch- seführte Unterscheidung der Floren der Grestener- und Lunzer- Schichten oder der Lias- und Triasflora für den Fortgang der Ar- beiten in den niederösterreichischen Kalkalpen von ausschlaggebender Bedeutung. An grössere Unternehmungen in dieser Richtung konnte sich D. Stur aber erst dann wagen, als er, von dem Dienste im Felde entlastet, seine ganze Zeit und Aufmerksamkeit auf diesen, seinen Neigungen und Kenntnissen so sehr entsprechenden Gegenstand zu ver- wenden in der Lage war. Wie begreiflich richtete sich sein Augenmerk zunächst auf die reichen floristischen Schätze der ausseralpinen Steinkohlen-Formation, die er mit vielem Fleisse sammelte, und deren Lagerstätten er studirte (Verh. 1874, pag. 189).: Dabei hatte er sich der ebenso wohlwollenden als verständnissvollen Unterstützung F. v. Hauer’s zu erfreuen, der ihm auch die Mittel verschaffte, eine Reihe von Studienreisen auszuführen, sowohl um die einschlägigen floristischen Musealschätze Deutschlands, Belgiens und Frankreichs kennen zu lernen, als auch um die Lagerstätten jener Floren ein- sehender zu studiren, deren palaeontologische Bearbeitung er durch- zuführen im Begriffe stand. So sehen wir D. Stur in den drei auf- einanderfolgenden Jahren 1874—1876 (vergl. Lit. Verz.) mit dem Musealstudium der Steinkohlenflora in einer ganzen Reihe von meist öffentlichen, theils auch privaten Sammlungen des Auslandes in der intensivsten Weise beschäftigt, und müssen die grosse Gewissenhaftig- keit würdigen, mit welcher derselbe sich angelegen sein liess, die zur vollen Beherrschung des eigenen Arbeitsstoffes nöthigen Kennt- nisse in der umfassendsten Art zu erwerben. In gleich umsichtiger und eingehender Weise wie bei seinen Musealstudien, ging D. Stur auch bei seinen stratigraphischen Arbeiten über diejenigen Bezirke vor, welche ihm die Hauptmasse seines phytopalaeontologischen Materials geliefert haben, wie das Ostrau-Karviner Steinkohlenrevier, oder aus denen sein Vergleichsmateriale stammte, wie die Kohlen- reviere Oberschlesiens (Verh. 1878, pag. 229), Die Hauptresultate der umfassenden langjährigen Untersuchungen D. Stur’s, welche unter dem Gesammttitel „Beiträge zur Kenntniss der Flora der Vorwelt“ in der umfassendsten Weise geplant waren, füllen die Bände VIII und XI der Abhandlungen der k k. geol. R.-A. und sind in vier Theilen erschienen. Im ersten (Mai 1875) wird die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (M. Vacek.) D) 10 | M. Vacek. [10] „Culmflora des mährisch-schlesischen Dachschiefers“ auf Grund eines sehr umfassenden Materiales dargestellt und werden in einem geologischen Anhange die Lagerungsverhältnisse des Culmbezirkes klargelegt. Im zweiten Theile (December 1877) wird die „Culmflora der Ostrauer und Waldenburger Schichten“ beschrieben und sind in einem ausführlichen geologischen Abschnitte die Verhältnisse des schlesisch-polnischen Steinkohlenbeckens den neuesten Standpunkten entsprechend dargestellt. Der dritte Theil (Februar 1835) behandelt die. „Farne der CGarbonflora der Schatzlarer Schiehten“ und bildet mit dem vierten Theile (October 1837), welcher die „Calamarien“ derselben Flora enthält, den XI. Band der Abhandlungen, während die beiden ersten Theile den Band VII bilden. Der nächste Theil sollte, dem Plane des Verfassers ent- sprechend, die Beschreibung der Carbonflora der Schatzlarer Schichten fortsetzen und eine eingehende Darstellung der geologischen Verhält- nisse des niederschlesisch-böhmischen Beckens enthalten. Daran sollte sich als weiterer Beitrag zur Kenntniss der. Flora der Vorwelt eine Darstellung der obertriadischen Flora der Lunzer Schichten reihen, von welcher durch die Bemühungen D. Stur’s ein ebenso reiches als schönes Materiale zu Stande gebracht wurde, welches eine Zierde unseres Museums bildet. Eine vorläufige Be- sprechung und Zusammenstellung der Arten dieser Flora hat D. Stur in den Sitzungsberichten der Akademie, Band XCI, 1885, pag. 93 veröffentlicht. In seinem Nachlasse fand sich ein umfangreiches Manuscript vor, in welchem die Flora der Lunzer Schichten zur grösseren Hälfte (die Gattungen Pecopteris, Coniopteris, Speiro- carpus, Oligocarpia, Asterotheca, Bernoullia, Heeria | Dan«eopsis], Taeniopteris, Laccopteris) im Detail bearbeitet und für den Druck vor- bereitet ist. Mitten unter diesen Arbeiten. Entwürfen und Plänen, deren Fortsetzung und Ausführung im der von D. Stur eingeschlagenen und vorgezeichneten Richtung jeder lebhaft wünschen muss, dem die Interessen der Wissenschaft nahe liegen, trat eine Wendung im Leben D. Stur’s ein, welche ihn zwang, seine ganze Kraft einer neuen, ehrenvollen Aufgabe zu widmen. Als im Frühjahre 1885 F. v. Hauer zum Intendanten des k. k naturhistorischen Hofmuseums berufen wurde, folgte ihm D. Stur in der Direcetion der k. k. geolo- gischen Reichsanstalt und widmete nun mit jenem Arbeitseifer und Pflichtbewusstsein, die ihn stets ausgezeichneten, den Geschäften dieser hervorragenden Stellung die beste Zeit des letzten Abscehnittes seines rastlosen Lebens. Es war für ihn keine leichte Aufgabe, der Nachfolger zu werden eines Mannes von so ausgezeichnetem wissen- schaftlichen Rufe und anerkannten administrativen Talenten, wie F. v. Hauer. Andererseits war D. Stur in den ungestörten Fortgang seiner Specialstudien über die fossilen Floren so sehr ein- gelebt, dass er nur mit schwerem Herzen sich von der ihm lieb ge- wordenen Beschäftigung trennen konnte, und ihm jede anderweitige, wenn. auch sehr ehrenvolle Thätigkeit als Arbeitsstörung vorkam en Ze ee 1 j ’ 11] Zur Erinnerung. an Dionys Stur. il (Verh. 1886, pag. 5). Jedoch als langjähriges Mitglied des Institutes mit allen Phasen seiner Entwicklung auf das Beste vertraut, sowie mit den leitenden Grundsätzen seiner beiden ausgezeichneten Vor- sänger, W.v. Haidinger und F.v. Hauer, genau bekannt, ‚wusste D. Stur die Verhältnisse richtig zu würdigen, indem er sich ange- legen sein liess, die Geschäfte seiner neuen Stellung in dem durch Decennien erprobten Geiste seiner Vorgänger fortzuführen und das von diesen errichtete Werk nach besten Kräften weiter auszubauen. In diesem Sinne war D. Stur, in stets ernster Sorge um die Förderung der Interessen unserer Anstalt, mit Erfolg bemüht, die schon von F. v. Hauer angestrebten Verbesserungen im, Personal- stande hohen Orts zu erwirken. Ingleichen gelang es ihm, die bisher sehr beschränkten Räumlichkeiten der Anstalt namhaft zu vermehren und so einem fühlbaren Mangel abzuhelfen sowohl in Bezug auf ent- sprechende Arbeitsräume, als für Zwecke des Museums. Letzteres bildete nach wie vor den Gegenstand seiner liebevollen Pflege, und es war eine verdiente Auszeichnung, dass sein Herzenswunsch, den Hauptraum des Museums mit dem Bildnisse des Erlauchtestens Gründers unserer Anstalt geschmückt zu sehen, durch einen Act Allerhöchster Huld erfüllt wurde. Seiner sorglichen Betriebsamkeit gelang es auch, die beschränkte Dotation für die Herausgabe der Schriften zu ver- bessern dureh Erwirkung einer namhaften Erhöhung derselben, welche insbesondere auf die Publication der Abhandlungen von günstigstem Einflusse war. Die Austaltsbibliothek, deren eifrige, Pflege er sich stets angelegen sein liess, verdankt ihm, neben vielem Anderen, die Gomple- tirung einer ganzen Reihe wichtiger Tafelwerke, wie der Schriften der Palaeont. Soc., d’Orbigny’s Pal. frane., etc. etc. ‚Es ist naheliegend, dass D. Stur als langjähriger hervorragender Aufnahmsgeologe dem Fortgange der Feldarbeiten stets mit regstem Interesse folgte und sich aueh später in leitender Stellung die Haupt- aufgabe des- Institutes, die Erstellung der geologischen Karte des Reiches, in erster Linie angelegen sein liess. So war es denn eine der letzten und folgewichtigsten Unternehmungen seiner Directions- führung, die Drucklegung der geologischen Specialkarte im Massstabe 1:75.000 hohen Orts in Antrag gebracht und die Bewilligung der hiezu erforderlichen Credite erwirkt zu haben. Mit jugendfrischer Begeisterung, welche die alten Erinnerungen an die Zeit seiner ehe- maligen Aufnahmsthätigkeit neu aufleben liess, ging D. Stur rüstig mit eigenem Beispi le voran und begann selbst das schwierige Werk, indem er die Revision einer Reihe von Kartenblättern durchführte, welche zusammen die weitere Umgebung von Wien umfassen. Mit jener Energie des Willens, die all seine Thätigkeit charakteri- sirte, betrieb er auch diese letzte, selbstgewählte Aufgabe, deren vollen Abschluss zu erleben ihm jedoch nicht mehr gegönnt war. Ein Herzübel, über das er wohl zuweilen in vertraulicher Stunde klagte, an welches aber bei dem sonst gesunden und robusten Manne niemand, und wie die Folge gelehrt hat, auch er selbst nicht recht glaubte, kam durch die Anstrengungen der mit jugendlichem Eifer betriebenen neuen Feldthätigkeit zu rascher Entwicklung und zwang D. Stur, nach 42jährigem erfolgreichem Wirken die Enthebung von IF 12 M. Vacek. 1 2] seinem ehrenvollen Posten zu erbitten. Diese wurde ihm unter Zeichen der Allerhöchsten Huld durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopoldordens am 21. October 1892 gewährt. Ein Jahr später erlöste ihn der Tod von seinem langen, qualvollen Leiden. Als Privatmann stets anspruchslos und bescheiden, liebte D. Stur die grosse Gesellschaft und ihre Aeusserlichkeiten nicht, sondern fand das vollste Genügen und seine beste Erholung in stiller Häuslichkeit, welche ihm in langjähriger sehr glücklicher, wenn auch kinderloser Ehe seine Frau Cecilie, geb. Arlt, zu einem freundlichen Tuseulum zu gestalten wusste. Trotzdem er nie nach äusseren Ehren geizte, vielmehr seine volle Befriedigung in dem Bewusstsein erfüllter Pflicht und positiver Leistung suchte, wurden seine Verdienste sowohl in seinem Vaterlande wie auch im Auslande nach Recht gewürdigt und anerkannt. D. Stur, Director der k. k. geol. Reichsanstalt, k. k. Hofrath i. P., war Besitzer des Ritterkreuzes des österr.-kais. Leopoldordens, des Ritterkreuzes I. Cl. des kgl. sächs. Albrechtsordens, Besitzer der Cotheniusmedaille, ‚Corr. Mitglied der kais. Akademie der Wissen- schaften. in Wien, Corr. Mitglied der südsl. Akademie in Agram, Ehrenmitglied der geol. Gesellschaft in Pest, Ehrenmitglied des natur- wissenschaftlichen Vereins für Steiermark in Graz, Ehrenmitglied der naturforschenden Gesellschaft Isis in Dresden, Corr. Mitglied der physik.-medic. Gesellschaft in Würzburg, Corr. der Geol. Soc. of London, Wirkl. Mitglied der kais. Gesellschaft der Naturforscher in Moskau, Memb. assoc. de l’Acad. des sc., des lett., et beaux arts de Belgi- que, etc. etc. In dem folgenden Literaturverzeichnisse erhält die 42jährige Thätigkeit, welche D. Stur dem Dienste der geologischen Wissen- schaft widmete, einen Commentar, der klarer spricht, als dies der vorstehenden Skizze gelungen sein mag, ein untrügliches Zeugniss für die nimmermüde Arbeitsfreude und rastlose Energie, welche den Grundzug seines Charakters bildeten. Kein Mann der Theorie, war D. Stur ein ebenso eifriger als glücklicher und scharfsichtiger Beobachter, und seine Schriften bilden daher einen reichen Schatz von verlässlichen Daten und thatsächlichen Beobachtungen, welche allein das bleibende Fundament bilden, auf welches die induetive Forschung immer wieder zurückgreifen muss. So war es ihm denn auch ver- gönnt, die Befriedigung noch zu erleben, dass so manche seiner wissenschaftlichen Feststellungen, wie z. B. über die Gliederung der Trias, die Eintheilung des Grazer Devons etec., trotz langjährigen Widerspruches schliesslich als richtig erkannt, sich sieghaft behauptet haben. Ein Mann der That, war D. Stur von Jugend auf gewöhnt überall selbst Hand anzulegen und griff, selbst noch in leitender Stellung, überall da kräftig ein, wo er von dem eigenen Beispiele gute Wirkung erhoffte. Nicht hinter der Front, sondern Allen voran holte er sich als wackerer Kämpe der Wissenschaft den Todeskeim auf dem Felde der Arbeit, dem Felde der Ehre. So war er, so lebe er in unserem Andenken. Ale [13] Zur Erinnerung an Dionys Stur. 13 Verzeichniss der Schriften D. Stur’s. In nachstehendem Verzeichnisse sind folgende Kürzungen gebraucht: Jahrb. geol. R.-A. = Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Verh. geol. R.-A. = Verhand- lungen der k. k. geol. Reichsanstalt. Abhdlg. geol. R.-A. — Abhandlungen der k.: k. geolog. Reichsanstalt. Sitz.-Ber. k Akad. d. Wiss = Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften 1847. Stur D. Geognostische Untersuchungen in der Gegend von Pressburg und Modern. Haidinger’s Berichte. III, pag. 320. 1851. Bunter Sandstein Nahen Neun- kirchen und Lilienfeld. Jahrb. geol. R.-A. II, Heft 1, pag. 145. Die liassischen Kalksteingebilde von Hirtenberg und Enzersfeld. Jahrb. geol. R.-A. Bd. II, Heft 3, pag. 19. Die Cephalopoden führenden Kalk- steine von Hörnstein. Jahrb. geol Zt-. Bd. II, Heft;3, pag. 27. 1852. Geognostische Karte der Umgegend von Mariazell und Schwarzau. Jahrb. geol. R.-A. Bd. III, Heft 1, pag. 188. Kalksteine auf dem Bürgeralpl bei Mariazell. Jahrb. geol R-A. Bd. III, Heft ı, pag. 195. 1853. Die geologische Beschaffenheit des Ennsthales. Jahrb. geol. R.-A. IV, pag. 461. Hiezu: Jahrb. geol. R.-A. IV pag 171, 177, 192, 435. >) 1854. Die geologische Beschaffenheit der Centralkette der Alpen zwischen dem Hochgolling und dem Venediger. Jahrb. geol. R.-A. V, pag. 818. Hierzu: Jahrb. geol. R.-A. V, pag. 444 Ueber Braun’s „Kirchneria“ aus dem Liassandsteine der Gegend von Baireuth. Jahrb. geol. R.-A. V, pag. 886. 1855. Stur D. Der Grossglockner und die Besteigung desselben. Jahrb. geol, R-A. Bd. VI, pag. 814 Hierzu: Jahrb. geol. R.-A. Bd. V, 1854, pag. 882. Neogen, Diluvium und Alluvium in den nordöstlichen Alpen. Sitz.-Ber. k. Akad. d. Wiss. Bd. XVI, pag. 477. 1856. Geologische Uebersichts - Karte der neogenen, diluvialen und alluvialen Ablagerungen in den nordöstlichen Alpen. Farbendruck, bei Artaria & Co. Anzeige: Jahrb. geol. R.-A. Bd. ‚VII, pag. 383, Notiz über die geologische Ueber- sichtskarte des Neogen, Diluvium und Alluvium in den nordöstlichen Alpen. Sitz.-Ber. k. Akad d. Wiss XX, pag. 274. Die geologischen Verhältnisse der Thäler der Drau, Isel, Möll und Gail, ferner der Carnia im venetianischen Gebiete Jahrb.geol R.-A.V II pag. 405. Hierzu: Jahrb. geol R.-A Bd. VII, pag. 178, Bd. VI, pag. 167. und F. Keil, Barometrische Höhen- messungen aus dem Gebiete der obersten Drau in der Umgebung von Lienz und aus dem oberen Gebiete der Piave und des Tagliamento. Jahrb. geol. R.-A. Bd. VII, pag. 459. Ueber den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Planzen. I. Sitz.- Ber. k Akad. d. Wiss. XX, pag 71. 1857. Ueber den Einfluss .des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen. II. Sitz,-Ber. k. Akad. d. Wiss. XXV, pag. 349. Versuch einer Aufzählung der phane- rogamischen Nutzpflanzen Oester- reichs. Wien, k. k. Hof- und Staats- druckerei (Separat-Abdruck aus einer landwirthschaftlichen Festschrift.) Ster-:D M. Vacek. 1858. Ueber die geologische Be- schaffenheit der Gegend zwischen Hluck, Ungar.-Hradisch, Zlin, Wisso- witz, Lidecko und der ungarischen Grenze in Mähren. Jahrb. geol. R.-A Bd. IX, pag 53 - Das Isonzothal von Flitsch abwärts bis Görz, die Umgebung von Wippach, Adelsberg, Planina und Wochein Jahrb. geol. R.-A, IX, pag. 324. Hierzu: Reisebericht Jahrb. geo]. R-A. 1857, Bd VIII, pag. 171. - Die Umgebungen von Tabor (Wotitz, Tabor, Jung-Woschitz, Patzau, Pil- en und Cechtitz). Jahrb. Peol R.- | . Bd IX, pag. 661. - Hierzu: Reiseberichte Jahrb. geol. R.-A. 1857, Bd VIII, pag. 775, 784, 792, 809. 1859. Der Rozsutec bei Terhova im Tren- tschiner Comitat.. Eine pflanzengeo- graphische Skizze. Oesterr. botan. Zeitschrift, Nr. !. Draba Kotschyi Stur., Zeitschrift, Nr. 2 Ueber die Kössener-Schichten im nordwestlichen Ungarn. Sitz -Ber. k. Akad. d. Wiss. XXXVIIL, pag. 1006. Oesterr. botan. Barometrische Höhenmessungen im Taborer Kreise. Jahrb Bd. X, pag. 37. Kohlensäurequelle "bei Szt. Ivän Jahrb. geol. R.-A. Bd.X. Verh. pag. 36. Carbon-Pfanzen von Libovitz bei geol. R.-A. Schlan. Jahrb. geol R.-A Bd X Verh. pag. 69. Reiseberichte über die Aufnahmen in Östgalizien im Sommer 1859. Jahrb. geol: R.-A. Bd. X Verh. (Hoheneggersammlung). Verh. pag. 104 (Geologische Karte der Umge- gend von Lemberg). Verh. pag. 123 (Zolkiew). Verh. pag. 127 (Lemberg- Brody). Carbonpflanzen von Wotwowitz. Jahrb. geol. R-A. Bd. X. Verh. pag. 194. 1860. Geologische Uebersichtsaufnahme des | Wassergebietes der Waag und Neutra. Jahrb. geol. R.-A. Bd XI, pag. 17. Hierzu: Jahrb. geol R.-A IX, 1853. Verh. pag. 82, 93, 113, 129 pag. 56 | [14] Jahrb. geol. R-A X, 1859. Verh. pag. 27, 46, 67, 76. Stur D. Ueber Peuce Brauneana Ung. und einige andere Pflanzen von der Theta (bei Bayreuth). Jahrb geol. R.-A. Bd XI. Verh. pag. 11. Jahrb. geol R.-A. Bd. XII. Verh. pag! 143, 199. Jahrb. geol R:-A Bd: XI. Verh. pag. 21 Sendung von Tertiärfossilien aus Galizien Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh. pag. 12—13. Geologische Karte der östlichen Hälfte Galiziens. Jahrb. geol. R. -A. Ei XI Verh. pag: 26. 2 Jura im nordwestlichen Ungarn) ahrb. geol R.-A. Bd. XI. Verl. pag. 38. Beiträge zur Kenntniss der Stein- - kohlenflora des Beckens von Rako- nitz. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh. pag. 51. Fossile Liaspflanzen aus Siebenbürgen (Holbak und Neustadt). Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh. pag. 57. Congerien- und Cerithienschichten bei Terlink zwischen Modern und Bösing in Ungarn. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh. pag. 77. Cerithienschichten bei Sereth in der Bukowina. Jahrb. geol R-A. Bd. XI. Verh pag. 79. Pflanzen in der Ziegelei bei Breiten- see. Jahrb. geol. R-A . Bd. -XLr’Veri: pag. 101. Steinbruch bei Rodaun mit Petrefacten des Swinitzaer Eisenooliths. Jahrb. geol. R.-A. Bd XI. Verh. pag. 101. Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. Mit 1 Karte. Sitz.- Ber. k. Akad. d. Wiss. :Bd. XL, pag. 469. J. CZizek’s geologische Karte der Umgebungen Wiens. Neubearbeitet. Farbendruck, bei Artaria & Comp. (Mit Durchschnitten.) Anzeige: Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh. pag. 101 u. 124. Jahrb. geol. R-A. Bd. XIII. Verh. pag. 82. 1861. Monographie des Genus Draba. Mit 3 Tafeln. Oesterr botan. Zeitschr,, Nr. 5; SturD. Vorlage der geologischen Karte, : 5] Zur Erinnerung an Dionys Stur. 15 West-Slavoniens. (Sitzungsber. vom 3. Dec. ::861) .Jahrb. geol. R.-A. Bd.:XII Verh. pag. 115. Hierzu: Reisebericht Jahrb. geol. R-A. XII. Verh: pag. 83. 1862. Krystallinische und Triasgesteine in West-Slavonien. (Sitzungsber. vom ıS. März 1862.) Jahrb. geol. R.-A. Bd. XU. Verh. pag. 200—205. | Die neogentertiären Ablagerungen von West-Slavonien. Jahrb geol. R.-A. Bd. XI], pag, 285; ;, ' Zur Flora des Steinkohlenbeckens von Braz und Miröschau. Jahrb geol. R.-A. Bd. XII Verh pag. 140. | Fische, Thierfährten. und Pflanzen aus dem Kalnäer Kupferbergwerke. Jahrb. geol. ‚R.:A Bd. XII. Verh. pag: 293. 1863. Eine Exeursion in: den Tarnowaner wald. Jahrb. geol. R. A. Bd. XII. | Verh. pag. 22. | ‘ Geologische Uebersichtsaufnahme des südwestlichen Siebenbürgen im Sommer ' 1860. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIII, pag. 33. Hierzu : Reiseberichte. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XI. Verh pag. 108, 114, 120, 143 Jahrb. geol R.-A. Bd. XII Verh. pag. 12,.59. Erste Orientirung im Lunzer Sand- stein und Grestener Sandstein der nordöstlichen Alpen. Jahrb geol. R.-A. Bd. XIIl Verh. pag. 49. Fernere Reiseberichte über die Revision der. ‚nordöstlichen Alpen. Jahrb. geol R.-A. Bd. X1'I. Verh. pag. 73, 105. . Geologische Uebersichtsaufnahme im | mittleren‘ Theile Croatiens. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIII, pag 486 Hierzu: Reiseberichte Jahrb. geol ne“ Bd XII. Verh pag. 234, 240, Die intermittirende Quelle Strazenä in Ober-Ungarn. Mitth. d. k. k. geogr. Gesellschaft, VII, pag. 17. 1864. Stur D. Einige Bemerkungen über die an der Grenze des Kenpers gegen den Lias vorkommenden Ablage- rungen. Jahrb. geol. R.-A Bd. XIV, pag 396. Vergl. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIV. Verh. pag. 85. Bemerkungen über die Geologie von Unter-Steiermark. Jahrb. geol R.-A. Bd. XIV, pag. 439 Vergl. Jahrb. Bd. XIV. Verh. pag. 141. Ueber die neogenen Ablagerungen der. Mur und Mürz' in Ober-Steier- mark. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIV, pag. 218. i Anzeige: Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIV Verh. pag. 7. Vorkommen des Gneisses nordwest- lich von Uebelbach Jahrb. geol. R.- A.Bd. XIV. Verh. pag. 211. Ueber die Schichten der Avicula con- torta. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XIV. Verh. pag. 213. 1565. Vorkommen obersilurischer Petre- factte am KErzberge bei Eisenerz. Jahrb. geol. R-A. Bd XV, pag. 267. Vergl. Jahrb. geol R.-A. Bd. XV. Verh. pag. 31, 260, Jahrb. geol. R-A. Bd. XVI. Verh. pag. 58. Fossilien aus den neogenen Ablage- rungen von Holubica bei Pieniaky in Galizien. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XV, pag. 278. Anzeige: Jahrb. geol R.-A. Bd. XV. Verh. pag. 105. Die geologische Karte der nordöst- lichen Alpen. Jahrb. geol R.-A. Bd. XV, Verh. pag. 41—#T. Reise - Skizzen aus der nördlichen Schweiz und Süd-Deutschland. Jahrb geol. R-A. Bd. XV. Verh. geol. R.- A ‚pag. 156— 159, 172— 178,200--206 (Basel, Zürich, München, Tübingen, Stuttgart, Würzburg, Coburg ) Aufsammlung von Petrefaeten in den ' Liasschichten bei Enzesfeld. Jahrb. geol. R-A. Bd. XV. Verh. pag. 106. Fossilien von Oeningen. Geschenk von A. Letocha. Jahrb. geol. R.-A. ‘Bd. XV. Verh. pag. 242. 16 M. Vacek SturD. Ueber Eck’s: Formationen des bunten Sandsteins und des Muschel- kalks in Oberschlesien und über den Muschelkalk (Schichten von Recoaro und Reifling) in den Alpen. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XV Verh. pag. 242. — Muschelkalkpetrefacte von Gstetner- berg bei Lunz. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XV. Verh. pag. 261. — Vorlage von fossilen Pflanzen vom | Tuxer Kofel nächst Kufstein (Hae- ringer Pflanzen). Jahrh. geol. R.-A. Bd. XV. Verh. pag. 261. — Geologische Uebersichtskarte der Steiermark. 4 Blätter in Farbendruck. Verlag des geogn. mont. Vereines f. Steierm in Graz 1865. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1867, | pag. 230. f (Text: Graz, 1871.) 1866. — Ueber J..G. Beer’s Classification der lebenden Farne. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVI. Verh. pag. 4. — Fossile Pflanzen aus der Steinkohlen- formation von Rossitz und Oslawan (Sendung von Helmhacker). Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVJ. Verh. pag. 70. — Vorlage einer von Hugo Rittler ein- gesendeten Sammlung von fossilen Pflanzen aus der Steinkohlenfor- mation der Rossitzer Gegend und eine Mittheilung über die Ablage- rungsverhältnisse des Hauptflötzes der Segen-Gottes-Grube Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVI. Verh. pag. 80. — Vorlage einer von Max Machanek in Olmütz der geol. R.-A. geschenkten Sammlung von fossilen Pdanzen- und Thierresten aus den Dachschiefern des mährisch-schlesischen Gesenkes. Jahrb. geol. R-A. Bd. XVI. Verh. pag. 81—56. — Eine Exeursion in die Dachschiefer- brüche Mährens und Schlesiens und | die Schalsteinhügel zwischen Bennisch und Bärn. Jahrb geol. R.-A Bd. XVI, pag. 43). Vergl. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVI Verh. pag. 112, — Rückwirkungen des Erdbebens vom 15. Jänner 1858 in der Umgebung der Mintov. Jahrb. geol R.-A Bd. XVI. Verh. pag. 113. [16] Stur D. Blattabdrücke aus dem Polier- schiefer am Fahrwege von Leinisch nach Aussig an der Elbe, oberhalb Priesnitz. Jahrb. geol. R-A Bd. XVI. Verh pag. 138. Fossile Pflanzen aus den Grenz- schichten der Keupers und Lias Frankens (v. Sandberger). Jahrb geol. R.-A. Bd. XVI. Verh. pag. 139. Bemerkungen zu den Ergebnissen der geologischen Untersuchung der Herrn Prof. Suess und Ir. v. Mojsiso- vics in dem österreichischen Salz- kammergute. Jahrb. geol. R.-A Bd. XVI. Verh. pag 175. Ein Erdbeben (vom 1. Decemb. 1866) in den kleinen Karpathen. Jahrb geol R.-A. Bd. XVI Verh. pag. 202. 1867. Beiträge zur Kenntniss der Flora des Süsswasserquarzes, der Congerien- und Cerithienschichten im Wiener und ungarischen Becken. Mit3 Tafeln Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVII., pag. 77. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1867, pag. 122, Fossile Pflenzen von Valle Scobinos bei Korniczel in Siebenbürgen. Verh. geol. R.-A. 1867, pag. 40. Vorlage einer von H. Rittler ein- gesendeten Sammlung von fossilen Pflanzen aus dem Rossitz-Oslavaner- Steinkohlenbecken in Mähren. Verh. geol. R-A. 1867, pag. 123. Ueber einige Pflanzenreste aus einer SendungdesHerrn R. Helmhacker, Adjunct am Heinrichschachte in Zbei- sov bei Rossitz. (Schützia Helmhackeri Stur.) Verh. geol. R -A. 1867, pag 124. Von der k.k. Verwaltung des Kohlen- werkes Fohnsdorf in Steiermark ein- gesendete fossile Fisch- und Pdanzen- reste aus den hangenden Schichten des dortigen Flötzes Verh. geo!. R.-A. 1867, pag. 152. Sammlung von Zapfen lebender Coni- feren, ein Geschenk von H, Dr. Edu- ard Regel zu Petersburg. Verh. geol R.-A. 1867, pag. 153. Fossile Fisch- und Pflanzenreste aus den Melettaschichten von Wurzenegg bei Prassberg (Geschenk von J. Li- p o1d).Verh. geol. R.-A. 1867, pag. 197. Pflanzenreste aus dem Mühlstein- bruche bei Gleichenberg (Karl Fr. v. Hauser). Verh. geol. R.-A. 1867, pag. 217. [17] Stur D. Sammlung von Petrefacten aus den alpinen Gesteinsschichten Nord- tirols (A. Pichler). | 1. Pflanzenreste aus den oberen Carditaschichten von Zirl, vonKochen- thal bei Telfs und Weissenbach bei Reutte. 2. Muscheln aus den Cardita- schichten von Zirl, Ammoniten aus | den Fleckenmergeln von Ehrwald, und Aptychen aus den Kalken von Gaisthal und Ehrwald Verh. geol. R.-A. 1867, pag. 218. Gault in den Karpathen (Csorsztyn, | Medwecka Skala, Alva-Kubin-Rosen- berg). Verh. geol. R.-A 1867, pag. 260. Das Thal von Revuca Verh. geol. R.-A. 1867, pag 264. 1868. Beiträge zur Kenntniss der geolog. Verhältnisse der Umgegend von Raibl und Kaltwasser. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVII, pag. 72. Mit 2 Tafeln. | Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1868, | pag. 57. | Petrefacten vom Berge Vinica, eine | Stunde südöstlich bei Garlstadt. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 83. Pflanzenreste aus den Schichten der | obersten productiven Steinkohlen- formation und des Rothliegenden im Rossitz-Oslawaner Becken in Mähren (Helmhacker). Verh. geol. R.-A. | 1868, pag. 104. | Fossile Pflanzenreste aus dem Schiefer- gebirge von Tergove in Croatien. | Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVIII, pag. 131. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 128. | Muschelkalkpetrefacten von „Sint- wag“ bei Ehrenbüchl, südlich von Reutte in Tirol. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 172. Stosszahn eines Mammuth bei Böhn.- Branitz, nächstEibenschütz in Mähren. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 200. Die geologische Beschaffenheit der Herrschaft Halmagy im Zaränder . Com. in Ungarn. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVII, pag 489. | Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 225. Bericht über die geolog. Aufnahme im oberen Waag- und Granthale. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVIII, pag. 337. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 146. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, Zur Erinnerung an Dionys Stur. 17 SturD. Eine Excursion in die Umgegend von St. Cassian. Jahrb. geol. R.-A. Bd. XVII, pag. 529. Mit 2 Tafeln und einem Holzschnitte. Ein neuer Palmenrest aus den Braun- kohlenschichten von Eibiswald in Steiermark, Calamus Mellingi Stur. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 261. Die grosse Bergabrutschung im Weissenbach, südlich von St. Egidy und Hohenberg bei Lilienfeld. Verh geol. R.-A. 1868, pag. 316. Neue Funde der Halobia Bergeri in Mirsdorf bei Coburg. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 403. 1. Petrefacte vom Dniesterufer bei Onuth in der Bukovina. 2. Geologische Karte der Dniester- niederung zwischen Zaleszezyki und Mielnica. Verh. geol. R.-A. 1868, pag. 407. 1869 Ueber Phosphorit aus den Kreide- schichten von Chudikovce am Dniester in Galizien. Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 66. Ein sibirischer Elephantenzahn. Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 172. Neue Petrefactenfunde (Graptoliten) von den Ufern des Dniesters in Galizien und Bukovina. Verh, geol, R.-A. 1869, pag. 172. Fossilreste aus den Tertiärschichten von Leoben. Verh. geol: R.A. 1869, pag. 173. Ueber das Niveau der Halobia Haueri Stur. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XIX, pag. 281. Die Braunkohlenvorkommnisse im Gebiete der Herrschaft Budafa in Ungarn Verh. geol. R.-A., Bd. XIX, pag. 341. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 185. Bericht über die geologische Auf- nahme der Umgegend von Schmöll- nitz und Göllnitz. Jahrb. geol. R.-A., Bd XIX. pag. 383. Anzeige: Verh. geol. R-A. 1868, pag. 285. Bodenbeschaffenheit der Gegenden südöstlich bei Wien (Wiener Central- friedhoffrage). Jahrb. geol. R.-A., Bd. XIX, pag. 465. Ueber die Verhältnisse der wasser- führenden Schichten im Ostgehänge des Tafelberges bei Olmütz. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XIX, pag. 613. 44. Band. 1. Heft. (M. Vacck.) 3 « 18 Stur M. Vacek. D. Die Umgegend von Corniareva, Teregova und Slatina. Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 272. Ueber das Vorkommen von fossilen Farren im Hangenden der Flötze des Franz-Stollens bei Möttnig Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 279. Graue, rothgefleckte Ammonitenkalk- breccie, angeblich von (Curort in der Liptau, Rosenberg S.) Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 356. Cornia, | Koritnica | Fossilien der Gailthaler Schiefer von | Sava (Reichenberg) bei Assling in Öberkrain. Verh. geol. R-A. 1869, pag. 376. Reste von Elephas Pethelsdorf bei Mattersdorf (Nieder- österreich). Verh. geol. iR.-A 1869, pag. 377. tion der Umgegend von Verh. geol. R-A. 1869, pag. 394. Neue Beiträge zur Flora von Szwo- primigennus in - Versteinerungen aus der Dyasforma- | Rossitz. szowice. Verh. geol. R.-A. 1869, pag. 395. 1870. Ueber zwei neue Farne aus den | Sotzkaschichten von Möttnig in Krain. Mit 2 Tafeln. Jahrb. geol. Bd. XX, pag 1. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1870, | pag. 33. Beiträge zur Kenntniss und Steinkohlenformation im Banate. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XX, pag. 185. | Anzeige: Verh. geol. R.-A.,pag. 81. Beiträge zur Kenntniss der stratigra- phischen Verhältnisse der marinen | Jahrb. Stufe des Wiener Beckens. geol. R.-A., Bd. XX, pag. 303. Pflanzenreste aus dem Quadersand- | steine von Moleteinin Mähren. Verh. geol. R-A. 1870, pag. 34, Backenzahn von Elephas primigenius aus dem diluvialen Schotter bei Chrudim in Böhmen. Verh. geol R.-A. 1870, pag. 176. Eine Excursion nach M. Ostrau und ı nach den Petrefactenfundorten Rzaska und Czatkovice im Krakauergebiete. Verh. geol. R-A. 1870, pag. 176. Ein Stosszahn von Elephas primige- nius Bl. der Dyas | R.=Ar, | | | | | aus der Ziegelgrube des Herrn Kraindl, am Depot in Kloster- neuburg bei Wien. Verh. geol R.-A. 1870, pag. 185. [18] Stur D. Schädelreste eines Rhinoceros, eines Pferdes und ein Stosszahn von Elephas primigenius aus der Material- grube der Nordwestbalın bei Heiligen- stadt nächst Wien. Verh. geol. R-A. 1870, pag 185. Mastodon- und Rhinoceroszähne aus dem Süsswasserkalke nächst Ameis bei Staatz. Verh. geol. R.-A. 1870, pag. 186. Das Gebiet zwischen Bebrina und Grabovce in der Militärgrenze. Verh. geol. R-A 1870. pag. 210. Ein neuer Fundort von Choristoceras Marshi v. H. am Gerstberge, im westlichen Gehänge des Gaisberges bei Salzburg Verh. geol. R.-A. 1870, pag. 232. Neuer Fundort von Resten des Höhlen- bären und anderer Säugethiere, am Skalaberge bei Waag-Neustadtl in Ungarn. Verh. geol. R.-A 1870, pag. 261. Vorkommen echter Steinkohle bei Steinberg südwestlich von, Gonobitz unweit Pöltschach in Steiermark. Verh geol. R.-A. 1870, pag. 272. Sammlung von Petrefacten aus dem vicentinischen Tertiärgebi'ge Verh geol. R.-A. 1870, pag. 325. Lepidostrobus aus dem Radnitzer Steinkohlenbecken Verh. geol. R.-A. 1870, pag. 326. 1871. Geologie der Steiermark. (Erläute- rungen zur geologischen Uebersichts- karte des Herzogthumes Steiermark 1865). Graz, 871. Das Erdbeben von Klana im Früh- jahre 1870. Mit 2 Tafeln. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XXI, pag. 231. Versteinerungen aus den Sotzka- schichten von King bei Reichenstein nördlich von Reichenburg in Unter- steiermark. Verh. geol. R.-A. 1871, pag. 95. Versteinerungen aus verschiedenen Schürfen des Herrn Mages (Lehen bei Windischgrätz, Sotzkaschichten, Sulzbachgraben in der Gams, Gosau- formation). Verh. geol. R.-A. '871, pag. 96. Bericht über die zum Rudolfsthaler Hochofen gehörigen Eisensteinvor- kommnisse Verh. geol. R.-A. 1871, pag 143. Neue Acquisition aus der Ziegelei in Soos. Verh. geol. R.-A. 1871, pag 154. EAN u - [19] Stur D Anthracotherium magnum Cuv. | in Trifail. pag. 155. Umgebungen von Ogulin. Verh. geol R.-A. 1871, pag. 195. Gosaupetrefacte von Rev, aus der Umgebung von Grosswardein und von Ajka im Bakonyerwalde, ferner neogen-marine Petrefacte vom Kohlen- werke von Vuskovic Verh. geol. R.-A. 1871, am Cordon | unweit Glina. Verh. geol. R.-A. 1871, | pag. 198. Das südseitige Wassergebiet der Culpa von Cubar und über Brod nach Severin. Verh. geol R.-A. 1871, pag 220. Zur Leithakalkfrage. R-A. 1871, pag. 230. Verh. - Der westliche Theil des diesjährigen Aufnahmsgebietes auf der Strecke geol. Loque-Fiume. Verh. geol. R-A. 1871, pag. 242. Pyrula cornuta Ag. im Triebitzer- tunnel in Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1871, pag. 305. 1872. Steinkohlenpflanzen aus der Umge- gend des Steinacherjochs (Central- alpen) und ZLygodium Stachei Stur. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 80. Inoceramus aus dem Wienersandstein des Kahlenberges. Verh. geol. R.-A. 1872, pag 82 u 295. Elephas primigenius an der Theiss | zwischen den Orten Päd&e und Ada (Torontäl und Bäcska) in Ungarn. Verh. geol. R-A. 1872, pag. 105. Mastodon angustidens Cuv. von Lei- ding bei Pitten. Verh geol. R.-A. 1872, pag. 105. Carya Andriani Stur im Hangenden des Kohlenstockes in Tregist. Verh. geol. R-A. 1872, pag. 122. Zähne eines Nagers aus der Kohle von Tregist in Steiermark (Köflacher Becken). Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 147. Ueber OÖ. Heer’s Braunkohlenflora des Zsily Thales in Siebenbürgen. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 148. Vorläufige Notiz über die dyadische Flora der Anthracitlagerstätten bei Budweis in Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 165—168, Vorlage der Heiligenstadt bei Wien. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 168. Säugethierreste von Zur Erinnerung an Dionys Stur. 19 Stur D., Ein Beitrag zur von Richt- hofen’schen Theorie der Lössbildung. Verh geol. R.-A. 1872, pag. 184. Vorkommnisse von Graphit bei Pistau südwestlich bei Iglau in Mähren. Verh. geol R.-A. 1872, pag. 208. Farnstämme aus den Perucerschichten der Kreideformation von Kaunitz am rechten Ufer der Elbe im Kaurimer- kreise. Verh. geol. R,-A. 1872, pag. 223 u 256. Ueber ©. Feistmantel’s Stein-' koblenflora der Ablagerung am Fusse des Riesengebirges. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 226. Geologische Verhältnisse des Kessels von Idria in Krain. Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 235. - Der westliche Theil des Aufnahms- gebietes am Dniester in Galizien und Bukovina in den Umgebungen von Zalesezyki (bis zum Sereth). Verh. geol. R-A. 1872, pag. 271. Der östliche Theil des Aufnahms- gebietes am Dniester in Galizien und Bukowina in der Umgegend von Mielnica (westlich vom Sereth). Verh. geol. R.-A. 1872, pag. 287. Sendung von Pflanzenresten aus der alpinen Steinkohlenformation der Schweiz (Favre in Genf). Verh. geo]. R-A. 1872, pag. 294. Inoceramus labiatus ans den Stein- brüchen bei Königswald in Böhmen. Verh. geol. R-A. 1872, pag. 294. Pflanzenreste von Vrdnik in Syrmien. “Verh. geol. R-A. 1872 pag. 340. Beiträge zur Kenntniss der Liasab- lagerungen von Hollbaclı und Neustadt in der Umgegend von Kronstadt in Siebenbürgen. Verh. geol. R-A. 1872, pag. 341. 1873. Vorkommen einer Palmenfruchthülle (Lepidocaryopsis Westphaleni n. 9. et n. sp) im Kreidesandstein der Perucer Schichten bei Kaunitz in Böhmen. Verh. geol. R-A. 1873, pag. 1. Ueber ein neues, erst kürzlich ent- blösstes Vorkommen von Basalt an der Station Dassnitz bei Königsberg an der Eger in Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 3. Beiträge zur genaueren Deutung der Pflanzenreste aus lem Salzstocke von Wieliezka. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 6. 3% Stun. M. Vacek. Mastodonsaurus giganteus Jäger im Lunzersandstein der Grube Prinzbach bei Kirchberg an der Pie- lach, in den nordöstlichen Kalkalpen Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 18 Carya ventricosa Bgt. im Hangend- thone bei Tregist im Köflacher Becken. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 19. Dinotherium bavaricum in Keltschan bei Gaya in Mähren. Verh. geol. R-A. 1873, pag. 19. Marine Tertiärpetrefacte, gesammelt beim Bau der Lundenburg-Gruss- bacherbahn bei Nikolsburg, in Mähren. Verh. geol. R-A. 1873, pag. 19 Hugo Rittler’s Skizzen über das Rothliegende in der Umgegend von Rossitz. Verh. geol R.-A. 1873, pag. 31. Fossilreste aus dem Rothliegenden von Ottendorf und Braunau in Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 40. Ueber O0. Feistmantel’s Frucht- stadien fossiler Pflanzen aus der böhmischen Steinkohlenformation. Verh. geol. R-A. 1873, pag. 41. Xenacanthus Dechenii Goldf. sp. aus dem Oelbergerkalk bei Braunau in Böhmen. Verh. geol R-A. 1873, pag. 90. Neogenpetrefacte aus dem in neuerer | Zeit eröffneten zweiten Steinbruche bei Kalksburg Verh. geol. 1873, pag. 91. Pflanzenreste aus dem Hangenden des oberen Flötzes der Steinkohlen- mulde von Bias bei Radnitz in Böhmen. Verh. geol. R.-A. pag. 151. Braunkohlenvorkommnisse Trachytgebirge an der oberen Maros in Siebenbürgen. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 195. R.-A. | 187 in dem Eine bemerkenswerthe Ablagerung | im Hangenden der Congerienschichten. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 197. Zur Flora von Parschlug. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 201. Neogene schichten der Umgegend von Brüx in Böhmen. Verh. gool. R.-A. 1873, pag. 201. Fauna des grünen Sandes und Sand- steines der ‚Tüfferer Schichten bei Gouze. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 202. Neue Pflanzenfunde in der Umgegend des Schwefelllötzes in Szwoszowice. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 202. Flora der Braunkohlen- [20] Stur D., Sendung von Petrefacten aus verschiedenen Schichten im östlichen Galizien. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 224. Petrefactensuite aus dem Stramberger Kalk. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 225. Pflanzenreste aus dem Rothliegend- schiefer von Braunau. Verh. geol. R.-A. 1873, pag. 241. Neue Sendung von Pflanzenresten aus dem Sandsteine der Perucer Schichten von Kaunitz. Verh. geol. R-A. 1873, pag. 242. Ueber G. V. Zwanziger’s: Neue Funde von Tertiärpflanzen aus den Braunkohlenmergein von Liescha in Kärnthen. Verh geol. R.-A. 1873, pag. 252. Eine beachtenswerthe Sammlung fos- siler Steinkohlenpflanzen von Wettin Verh. geol R.-A. 1873, pag. 263. Ein Krokodilzahn aus der Braun- kohlenablagerung von Klösterle.Verh. geol R.-A. 1873, pag. 315. 1874. Odontopteris .obliqua Bgt. sp. von Sulzbach bei Saarbrücken in der Sammlung des k. k. Hof-Mineralien- cabinetes in Wien. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 80. Neuropteris macrophylla Bgt. aus England in der Sammlung des k. k. Hof - Mineraliencabinetes in Wien. Verli geol. R.-A. 1874, pag. 81. Boeckh’s neueste Ausbeute an fos- silen Pflanzenresten in der Umgegend von Fünfkirchen. Verh geol. R.-A. 1874, pag. 115. Reiseskizzen I. Verh. geol R.-A. 1874, pag. 135 (Dresden), pag. 166 (Zwickau), pag. 167 (Halle a. d. S.), pag. 172 (Berlin), pag. 293 (Breslau). Momentaner Stand meiner Unter- suchungen über die ausseralpinen Ablagerungen der Steinkohlenforma- tion und des Rothliegenden in Oester- reich. Verh geol. R.-A. 1874, pag. 189—209. Trionyx- und andere Petrefacten aus der Braunkohle von Klösterle. Verh. geol. R-A. 1874, pag. 226. Ueber O. Feistmantel’s: Das Kohlenkalkvorkommen bei Rothwal- tersdorf in der Grafschaft Glatz und dessen organische Einschlüsse. Verh. scol. R.-A. 1874, pag. 228. DAB 0% ; bu [211 r + r = R: 3 & 5 Stur D. Nachschrift zu K. Feist- mantel’s: Flora von Miröschau. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 256. Marecostachya graeilis Sternberg. sp. Fruchtähre, Stamm und Blätter. \erh. geol. R.-A. 1874, pag. 257. Odontopteris bifurcata St. sp. aus dem gräfl. Nostiz’schen Kohlenbaue Zur Erinnerung in Lubna bei Rakonitz. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 262. Ueber das Niveau der in der Um- gegend von Rakonitz abgebauten Flötze.Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 267. Ueber die Flora der Kounower Schich- ten. Verh. geol. R-A. 1874, pag. 267. Neue Aufschlüsse im Lunzer Sand- stein bei Lunz und ein neuer Fund- ort von Wengerschiefer im Pölzberg zwischen Lunzersee und Gaming. Verh geol. R.-A. 1874, pag. 271. Ueber O. Feistmantel’s Stein- kohlen- und Permablagerung im Nord- | westen von Prag. (Noeggerathia inter- media K. F. = Rhacopteris Rakoni- censis Stur.) Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 274. Vergl. Verh. geol. R-A. 1874, pag. 244. Einiges über Sphenopteriden der säch- sischen Steinkohlenformation Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 311. Prof. Jos. Clemens: Beiträge zur Kenntniss des älteren Tertiär im oberen Granthale. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 332. Ueber Peithner’s: Braunkohlenvor- kommnisse an der oberen Gran bei | Sielnice, Altsohl NW. Verh. geol. | R.-A. 1874, pag. 534. Ueber den gelben oberen Tegel in der Tegelgrube von Vöslau. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 336. Anthracotherium magnum Cuv aus der Kohle von Trifail in Steiermark. Verh geol. R.-A. 1874, pag. 390. Tertiärpetrefacte von der Insel Pela- gosa in Dalmatien. Verh. geol. R.-A. pag. 391. Neue Aufschlüsse in Segen Gottes bei Rossitz und Sendung von Pflanzen- resten aus dem liegendsten Flötze. (Calamites Rittleri Stur. Caulopteris kittleri Stur.) Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 395. | an Dionys Stur, 21 Stur D. Phosphorsäurehältige Gesteine in einem Bohrloche bei Schönau in Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 399. Einige interessante Petrefacten aus dem Neogen von Novosielica in Galizien und aus der Trias der Alpen. Verh. geol. R.-A. 1874, pag. 402. 1875. Die Culmflora des mährisch-schlesi- schen Dachschiefers. (Mit 17 lith. Tafeln und 4 Holzschnitten.) I. Heft des VIII Bandes der Abhdlg. geol. R-A. 1875. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1875, pag. 101. Vorkommnisse mariner Petrefacte in den Ostrauer Schichten in der Um- gegend von Mähr.-Ostrau. Verh. geol. R-A. 1875, pag. 153. Beitrag zur Kenntniss der Stein- kohlenflora der bayerischen Pfalz. Verh. geol. R.-A. 1875, pag. 155. Reiseskizzen II. Verh. geol. R.-A. 1875, pag. 201 (Breslau), pag. 204 (Waldenburg), pag. 206 (Landshut), pag. 207 (Kl. Hennersdorf), pag. 208 (Schatzlar). 1876. Der Trilobitenfund des Herrn Kasch in den Kalkmuggeln des Heiligen- berger Schachtes bei Pribram, Verh. geol. R.-A. 1876, pag. 31. Ueber Heer’s Flora fossilis Helvetiae. Verh. geol. R.-A. 1876, pag. 110. Vorlage der Uebersichtskarte des Östrau-Karwiner Steinkohlenreviers. Verh. geol. R.-A. 1876, pag. 144. Reiseskizzen III, Verh. geol. R.-A. 1876, pag. 262 (Dresden), pag. 263 (Leipzig), pag. 264 (Berlin), pag. 265 (Bonn), pag. 266 (Bochum), pag. 271 (Eschweiler), pag. 272 (Lüttich), pag. 274 (Brüssel), pag. 276 (Paris), pag. 282 (Metzi, pag. 283 (Saar- brücken), pag. 284 (Strassburg), pag. 288 (Zürich\, pag. 288(München). Weitere Pflanzenreste aus dem Kohlen- bergbaue bei Kounowa im Kladno- Schlaner Becken. Verh geol. R.-A. 1876. pag. 352. td ıD M. Vacek. 1877. Stur D. Ist das Sphenophyllum in der That eine Licopodiaceae. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XXVII, pag. 7. Anzeige. Verh. geol R.-A. 1876, pag. 369. Pflanzenreste aus dem Rhät von Pälsjö in Schonen. Verh. geol. R.-A. 1877, pag. 35 Ueber OÖ. Heer’s Flora fossilis arctica. Bd. IV. Verh. geol R.-A. 1877, pag. 80. Polirte Steinkohlensandsteinplatte mit concentrisch schaliger Ausschei- dung von PBrauneisenstein. Verh geol. R.-A. 1877, pag.'158. Zwei Notizen über die Araucariten im nordöstlichen Böhmen. Verh. geol. R.-A. 1877, pag. 237. Culmflora der ÖOstrauer und Walden- burger Schichten (Beitrag zur Kennt- niss der Flora der Vorwelt, II. Heft Abhdleg. geol. R-A., Bd VII. pag. 116 — 472. Mit 27 lithographirten (4 ein- fachen, 23 Doppel-) Tafeln, 59 Zinko- grafien, ferner einer Revierskarte (Taf A) und den zugehörigen Profilen (Taf. B und C) in Farbendruck. 18. December 1877. Vorlage: Verh. geol R-A. 1878, pag. 38. 1878. Ueber Renault’s: Sur la structure des Sphenophyllum et sur leurs affinites botaniques. Verh. geol R-A. 1878, pag. 111. Ad vocem: Halobia und Monotis von der Hohen Wand in der neuen Welt bei: Wiener-Neustadt. Verh. geol R.-A. 1878, pag. 185. Geologische Verhältnisse des Jemnik- Schachtes der Steinkohlenbergbau- Actiengesellschaft Humboldt bei Schlan im Kladnoer Becken. Jahrb. geol. R.-A., Bd. XXVIII, pag: 369. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1878, pag. 196. Flora der Zeche Carlingen bei St. Avold in Lothringen. Verh. geol R-A. 1878, pag. 213. Reiseskizzen aus Oberschlesien; über die oberschlesische Steinkohlenfor- mation. Verh. geol. R.-A. 1878, pag. 229— 257. Serien ID) [22] Sphenophyllum als Ast auf einem Asterophylliten. Verh geol. R.-A. 1878, pag. 327. Zur Kenntniss der Fructification der Noeggerathia foliosa St aus den Radnitzer Schichten des oberen Car- bon in Mittelböhmen. Verh. geol R-A. 1878, pag. 329 1879. Ueber Comte de Saporta’'s: Le monde des plantes avant l’apparition de l’homme. Verh. geol. R-A. 1879, pag. 41. Studien über die Altersverhältnisse der nordböhmischen Braunkohlen- bildung. Jahrb. geol. R.-A. 1879, Bd. XXIX, pag. 137. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1879, pag. 107. Ueber E. Riedl’s Sotzkaschichten. Verh. geol. R.-A. 1879, pag. 109. 1331. Ad vocem: Gebirgshub und Gebirgs- schub. Verh geol. ' R.-A/ 788% pag. 57. Ueber Blattreste der fossilen Gattung Dryophyllum Debey. Verl. geol. R.-A, 1881, pag. 290. Zur Morphologie der Calamarien. Sitz.- Ber. d. k. Akad. d. Wiss. 1881, Bd. LXXXIII, pag. 409—472, (Mit 1 Tafel.) Die Silurflora der Etage H—h, in Böhmen Sitz.-Ber. d k. Akad. d. Wiss., Jahrg. 1881, Bd. LXXXIV, Abth.I, pag. 330—391. (Mit5 Tafeln). 1883, Geologische Verhältnisse der wasser- führenden Schichten des Untergrundes in der Umgebung der Stadt Fürsten- feld in Steiermark. Jahrb. geol. R.-A., Bd XXXIIL, pag. 373. Funde von untercarbonischen Pflanzen der Schatzlarer Schichten am Nord- rande der Centralkette in den nord- östlichen Alpen. Jahrb. geol. R.-A, XXXII, pag. 189, Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1883, pag. 48. Zur Morphologie und Systematik der Culm- und Carbonfarne. Sitz.-Ber d. k. Akad. d. Wiss, Jahrg. 1883, LXXXVIII, Abth. I, pag. 633 —846. (Mit 44 Textfiguren.) ac [23] 1884. Stur D. Ueber Steinkohlenpflanzen von Fossilis formationis oolithicae. Verh. Llanelly und Swansea in South Wales | Englands. Verh geol. R-A. 1884, pag. 135. | 1885. | | | Die Carbonflora der Schatzlrer | Schichten. Abth. I, die Farne. | Abhdlg. geol. R.-A. 1885, Bd XL I. Abth. mit’ 49 Doppeltafeln und 48 Zinkotypien. Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1885 pag. 124. | Die obertriadische Flora der Lunzer Schichten und des bituminösen Schie- | fers von Raibl. Sitz.-Ber. k. Akad. d. Wiss. Jhrg. 1885, I. Abth. Bd. CXT, pag. 9. Ueber die in Flötzen reiner Stein- | kohle enthaltenen Steinrundmassen | and Torf-Sphaerosiderite. Mit 2 Ta- | feln in Lichtdruck und 3 Zinkotypien. | Jahrb. geol. R.-A. Bd. XXXV, pag. 613. Vergl. Verh. geol. R.-A. 1885, pag. 205. UeberBaronA.de Zigno’: Flora geol. R.-A. 1885, pag. 284. Vorlage eines von Dr. E. Döll im Pinolith des Paltenthales gefundenen Thierrestes. Verh. geol. R.-A 1885, | pag. 137. | 1886. Jahresbericht für 1885. Verh. geol. R.-A. 1886, pag. 1. Beitrag zur Kenntniss der Flora des Kalktuffes und der Kaiktufi-Breccie von Hötting bei Innsbruck. Abhdlg. geol. R.-A. Bd. XII, :886, pag. 33. (Mit 2 Lichtdrucktafeln und 2 Zinko- typien.) Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1886, pag. 124. Denkmal für Osw. Heer (Aufruf und Ber.). Verh. geol. R.-A. 1886, pag. 91, 327 u. Verh geol.R.-A. 1887, pag. 286. Vorlage des ersten fossilen Schädels von Öeratodus aus den obertriadischen Reingrabner Schiefern von Pölzberg nördlich bei Lunz. Verh. geol. R.-A. 1886, pag. 381. , Zur Erinnerung an Dionys Stur. 23 SturD. Obercarbonische Pflanzenreste vom Bergbau Reichenberg bei Assling in Oberkrain. Verh. geol R.-A. 1886, pag. 383. Vorlage der von Dr. Wähner aus Persien mitgebrachten fossilen Pflan- zen. Verh. geol. R.-A. 1886, pag. 431. 1887. Jahresbericht für 1886. R.-A. 1887, pag. 1. Die Carbonflora der Schatzlarer Schichten. Abth. II. Die Calamarien. Abhdlg. geol. R.-A. Bd. XI, 2. Abth. Mit 25 Doppeltafeln und 43 Zinko- typien, Anzeige: Verh. geol. R.-A. 1887, pag. 171. Ein neuer Cephalopode aus der Koh- lenablagerung von Fünfkirchen Verh. geol. R.-A. 1887, pag. 197. Zwei Palmenreste aus Lapeny bei Verh. geol. Asslinze in Oberkrain Verh. geol. R-A. 1887, pag. 225. Ueber den neuentdeckten Fundort und die Lagerungsverhältnisse der pflanzenführenden Dolomitconcreti- onen im westphälischen Steinkohlen- gebirge. Verh. geol R-A. 1887, pag. 237. 1888. Jahresbericht für 1887. Verh. geol. R.-A 1888, pag. 1. Nachschrift zu de Stefani’s An- deutung einer palaeozoischen Flora in den Alpi marittime. Verh. geol. R.-A. 1888, page. 93. Ueber die Flora der feuerfesten Thone von Grojec in Galizien. Verh. geol. R-A. :888. pag. 106. Der zweite Wassereinbruch in Teplitz- Osseg. Jahrb. geol.R.-A. Bd.XXX VIII, pag. 417—516 Fünf Tage in Rohitsch-Sauerbrunn. Jahrb. geol. R-A. Bd. XXXVII, pag 517—544. Die Lunzer- (Lettenkohlen-) Flora in den „older mesozoic beds of the coal-field of Eastern-Virginia“. Verh. geol R.-A 1888, pag. 203. 1889. Jahresbericht für 1888. Verh. geol. R.-A. 1889, page. 1. Eine Sammlung fossiler Pflanzen aus der Kreideformation Böhmens. Verh. geol. R.-A. 1889, pag. 183. 24 M. Vacek. Stur D. Zur Kenntniss der Verhältnisse im Steinbruche bei Mietniow im Süd- osten bei Wieliezka. Verh. geol. R.-A. 1889, pag 212. [24] | Stur D. Geolog Gutachten in Ange- — Momentaner Standpunkt meiner Kenntniss über die Steinkohlenfor- mation Englands. Jahrb. geol. R-A Bd. XXXIX, pag. 1-20. — Zur Frage der Erweiterung des Heil- bades „Wiesbaden“ bei Ried. Jahrb. | geol. R-A. Bd. XXXIX, pag. 21—28. — Zur Frage der Versorgung der Stadt Ried mit Trinkwasser. Jahrb. geol. R.-A Bd. XXXIX, pag. 29. — Die Trinkwasserversorgung der Stadt Hainburg. Jahrb geol. R.-A. Bd. XXXIX, pag. 35. — Zur Trinkwasserfrage von Neun- kirchen. Jahrb geol.R.-A.BAXXXIX, pag. 259—280. — Eine flüchtige, die Inoceramenschich- ten des Wiener Sandsteins betreffende Studienreise nach Italien Jahrb geol. R-A. Bd. XXXIX, pag. 439. legenheit der Entziehung des Wassers aus den Brunnen am Erlaf bei Pöch- larn Jahrb geol. R.-A. Bd. XXXIX, pag. 463. 1890. Jahresbericht für 15889 Verh. geol. R-A. 1890, pag. 29. 1891. Jahresbericht für 1890. Verh. geol. R-A. 1891, pag. 1. Die Tiefbohrung bei Balzdorf nördlich bei Bielitz-Biala. Jahrb. geol. R.-A, Bd XLI, pag. 1. 1892. Jahresbericht für 1891. Verh. geol. R.-A 1892, pag. 1. Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht- Vulkane des Egerer Beckens in Böhmen. Von Ernst Proft. Mit 8 Zinkotypien im Text. Literatur. I. Kammerbühl. Ignaz v. Born. Schreiben an Herrn Franz Grafen von Kinsky über einen ausgebrannten Vulkan bei der Stadt Eger in Böhmen. pae. 16. Prag, 1779, Ferber. Neue Beiträge zur Mineralgeschichte verschiedener Länder. Bd. I, pag. 35 (Notiz). Mietau, 1778. Schaller. Topographie des Königreichs Böhmen. Elbogner Kreis, pag. 241. Prag, 1785. F. A. Reuss. Etwas über den ausgebrannten Vulkan bei Eger in Böhmen. Bergmännisches Journal von Köhler u. Hoffmann. 5. Jahrg. Bd. I, pag 303—333, Freiberg u. Annaberg, 1792. F. A. Reuss. Chemisch-medieinische Beschreibung des Kaiser Franzensbades oder des Egerbrunnens. pag. 55—61l u. 63—65 Prag u. Dresden, 1794. 2. Aufl. Eger 1816, pag. 64—73 u. 76--17. v. Goethe. Der Kammerberg bei Eger. Leonhard’s Taschen- buch für die gesammte Mineralogie. 3. Jahrg. Frankfurt a. M. 1809, pag. 3—24. Dasselbe in Goethe’s Werken: Ed. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1851, Bd. XXX, page. 154 — 164. Ed. Hempel, Berlin 1877, Bd. XXXIIL, pag. 341—351. v. Goethe. Brief an C. Leonhard vom IS. November 1808. Leonhard’s Taschenbuch für die gesammte Mineralogie, 3. Jahrg. Frankfurt a. M. 1809, pag. 365 —366. Dasselbe in Goethe’s Werken: Ed. Hempel, Berlin 1877, Bd. XXXIII, pag. 352—353. Goldfuss u. Bischof. Physikalisch-statistische Beschreibung des Fichtelgebirges. Bd. II, pag. 183 —135. Nürnberg, 1817. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894. 44. Band, 1. Heft. (E, Proft.) 4 26 9. u 12. 13. 14. E. Proft. [2] Mussill, ehemaliger Brunnen-Inspector des Kajser-Franzens- bades. Geschichte des Kammerbühls, eines pseudovulkanischen Hügels auf der sog. Kammer zwischen Eger und Franzensbad. 1817. Manusceript nach Palliardi, vergl. dessen Schrift sub 29, pag 15. v. Goethe. Der Kaınmerberg bei Eger 1820. In Goethe’s Werken: Ed.Cotta, Stuttgart u. Tübingen. 1851, Bd. XXX, pag. 192—193. Ed. Hempel, Berlin 1877, Bd. XXXIIH, pag. 379—381. v. Goethe. Der Kammerbühl 1822. In Goethe’s Werken: Ed. Cotta, Bd. XXX, pag. 223— 225, Ed. Hempel, Bd. XXXIH, pag. 410-412. Berzelius, Untersuchung der Mineral-Wässer von Karlsbad, Teplitz und Königswart in Böhmen. Gilbert’s Annalen der Physik. Bd. 74, pag. 193. Leipzig. 1823. v. Hoff. Geschichte der durch Ueberlieferung nachgewiesenen, natürlichen Veränderungen. Bd. Il, pag. 309 (Notiz). Gotha, 1824. H. Cotta. Beitrag zur Untersuchung über die Entstehung des Kammerbühls bei Eger. Vortrag gehalten zur Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte zu Dresden. 1826. Isis, Bd. XX, 1827, pag. 324—329. Dasselbe auch in den Schriften der Gesellschaft des böhmischen Museums zu Prag, 1829. Osann u. Trommsdorff. Die Mineralquellen zu Kaiser- Franzensbad bei Eger. pag. 50—54. Berlin, 1828. C. v. Leonhard. Basaltgebilde. Bd II, pag. 434—437. Stutt- gart, 1832. H. Cotta. Der Kammerbühl nach wiederholten Untersuchungen aufs Neue beschrieben. Mit Zusätzen von B. Cotta. Dresden, 1833. Kühn. Handbuch der Geognosie. Bd. I, pag. 750 (Notiz). Frei- berg, 1833. v. Sternberg. Vortrag in der allgemeinen Versammlung des böhmischen Museums am 14. April 1835. pag. 25—28. Auszug aus dem Berichte des gräflich Sternberg’schen Schicht- amts-Directors Jos. Müksch über die Arbeiten am Kammerbühl. Verhandl. der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen. pag. 79—80. Prag, 1835. H. Cotta. Mineralproducte des Kammerbühls bei Eger. Prag, 1836. 2. Aufl. Prag, 1844. v. Sternberg. Rede in der 15. allgemeinen Versammlung der Gesellschaft des böhmischen Museums am 5. April 1837. pag. 30— 35. Nöggerath. Ausflug nach Böhmen und die Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Prag im Jahre 1837. Bonn, 1838. pag. 116—126. B. Cotta. Anleitung zum Studium der Geognosie und Geologie. pag. 305 Dresden und Leipzig, 1842. Glückselig. Der Elbogner Kreis des Königreichs Böhmen in medicinischer, naturhistorischer und statistischer Hinsicht ge- schildert. pag. 13-18. Carlsbad und Elbogen, 1842, Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 27 C.v. Leonhard. Geologie oder Naturgeschichte der Erde. Bd. V, pag. 157 (Notiz) und 675—677. Stuttgart, 1844. Ehrenberg. Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der königl. preussischen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, 1844. pag. 332. Sommer. Das Königreich Böhmen statistisch-topographisch dargestellt. Bd. XV, Elbogner Kreis, pag. XXI, (Notiz). Prag, 1847. Palliardi. Der Kammerbühl, ein Vulkan bei Kaiser-Franzens- bad. Eger 1848. 2. Aufl. Eger, 1863. A.E.Reuss. Bericht über geologische Untersuchungen in der Um- gebung von Franzensbad und Eger. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. I. Jahrg. Wien, 1850. page. 687 (Notiz). A. E. Reuss. Die geognostischen Verhältnisse des Egerer Bezirkes und des Ascher Gebietes in Böhmen. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Bd. I, pag. 34—42. Wien, 1852. Jokely. Zur Kenntniss der geologischen Beschaffenheit des Egerer Kreises in Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 7. Jahrg. pag 583---534. Wien, 1856. (Gehli@ka. Die Gebirgsarten in der Umgebung von Eger. Progr. d. k.k. Ubergymnasiums zu Eger in Böhmen, 1858. pag. 19 (Notiz). Roth. Gesteinsanalysen. pag. 47, 49 und 50. Berlin, 1861. A. E. Reuss. Geognostische Skizze der Umgebungen von Carls- bad, Marienbad und Franzensbad. in Löschner’s balneologischen Beiträgen. Prag und Carlsbad, 1863. pag. 56--97. G. Leonhard. Grundzüge der Geognosie und Geologie. 2 Aufl. Leipzig und Heidelberg, 1863. pag. 440 (Notiz). Mohr. Der Kammerbühl bei Eger und Verwandtes. Sitzungsbe- richte des naturhistorischen Vereines der preussischen Rhein- lande und Westphalens. pag. 150—151. Bonn, 1869. Zirkel. Basaltgesteine. pag. 48 (Notiz). Bonn, 1870. B. v. Cotta. Geologische Bilder. 5. Aufl. pag. 37—39, Leipzig, 187]. Sandberger. Neues Jahrbuch für Mineralogie und Geologie, 1872. pag. 207 (Notiz). g Boricky. Petrographische Studien an den Basaltgesteinen Böhmens. pag. 185 (Notiz). Prag, 1874. Judd. Contributions to the study of volcanoes. Second series. The ancient voleanoes of Europe. Geological Magazine, 1876. pag. 105—111. v. Hauer. Geologie. pag. 85—86. 2. Aufl. Wien, 1878. Laube. Skizze der geologischen Verhältnisse des Mineralwasser- gebietes Böhmens, in Kisch: Bäder und Curorte Böhmens. pag. 26 (Notiz). Wien, 1878. . Penek. Studien über lockere, vulkanische Auswürflinge. Inaug.- Diss. Leipzig, pag. 14, Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft. Jahrgang 1878, v. Gümbel. Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges. Gotha, 1879. Mehrere Notizen: pag. 254, 258 und 609. Reyer. Notiz über die Tektonik der Vulkane von Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 29, pag. 467. Wien, 1879. 4* 10. 18, E. Proft [4] v. Chrustschoff. Ueber secundäre Glaseinschlüsse in den Gemenstheilen gefritteter Gesteine. Tschermak’s Mineral. u. petrogr. Mittheil., pag. 492 (Notiz), 1881. Hesse. Die erloschenen Vulkane Deutschlands. Programm der Realschule zu Reichenbach i. V. pag. 58—59, 1883. Laube. Geologische Exeursionen im Thermalgebiet des nord- westlichen Böhmens. pag. 139—140. Leipzig, 1884. Koster. Die Mineralien im Gebiete des Egerlandes. Progr, d. k. k. Staats-Ober-Gymnasiums zu Eger, 1886. pag. 5, 19, 21 u. 22 (Notizen). Cartellieri. Franzensbad in Böhmen. Franzensbad, 1887. pag. 13—15 u. 82— 83. Bieber. Das Mineralmoor der „Soos“. Marburg a. D., 1887. pag. 15 (Notiz). Katzer. Geologie von Böhmen, pag. 1399 u. 1412 —1413 (Notizen). Prag, 1892. II. Eisenbühl. v. Goethe. Uralte, neu, entdeckte Naturfeuer und Gluthspuren. 1823. Goethe’s Werke: Ed. Cotta, Stuttgart und Tübingen, 1851. Bd. XXX, pag. 239— 242, Ed. Hempel, Berlin, 1877. Bd. XXXII, pag. 420—423. Gumprecht. Beiträge zur geognostischen Kenntniss einiger Theile Sachsens und Böhmens. Berlin, 835. pag. 226--227. A. E. Reuss. Bericht über ‘geologische Untersuchungen in der Umgebung von Franzensbad und Eger. 'Jahrb. d. k. k. geol. R.-A.. I. Jahrg. Wien, 1850. pag. 687—688. A. E. Reuss. Die geognostischen Verhältnisse des Egerer Bezirkes und des Ascher Gebietes in Böhmen. Abhandl. d. k.k. geol. R.-A. Bd. I. Wien, 1852. pag. 42—49. Hochstetter. Geognostische Studien aus dem Böhmerwalde. Jahrb. d. k. k. geoi. R.-A. VI. Jahrg. pag. 767. Wien, 1855. Jokely. Zur Kenntniss der geologischen Beschaffenheit des Egerer Kreises in Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. VII. Jahrg. Wien, 1856. pag. 493—494. Gehliöka. Die Gebirgsarten in der Umgebung von Eger. Progr. d. k. k. Obergymnasiums zu Eger in (Böhmen), 1858. pag. 19 (Notiz). A. E. Reuss. Geognostische Skizze der Umgebungen von Carls- bad, Marienbad und Franzensbad, inLöschner’s balneologischen Beiträgen. Prag und Carlsbad, 1863. pag. 57—58. v. Gümbel. Geognostische Beschreibung des ostbayrischen Grenz- sebirges. Gotha, 1868. Mehrere Notizen: pag. 429, 433 und 801—802. v. Zepharovich. Mineralogisches Lexikon für das Kaiserthum Oesterreich. Bd. II, Wien, 1873. pag. 41 und 223 (Notizen). Laube. Skizze der geologischen Verhältnisse des Mineralwasser- gebietes Böhmens, inKisch: Bäder und Curorte Böhmens. pag. 26 (Notiz). Wien, 1878. [5] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht- Vulkane des Egerer Beckens 29 12. v. Gümbel. Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges. Gotha, 1879. Mehrere Notizen: pag. 91, 258—-259 und 609. 13. Hesse. Die erloschenen Vulkane Deutschlands. Programm der Realschule zu Reichenbach i. V. 1883. pag. 59. 14. Laube. Geologische Excursionen im Thermalgebiete des nord- westlichen Böhmens. pag. 140. Leipzig, 1884. 15. Koster. Die Mineralien im Gebiete des Egerlandes. Progr. d. k. k. Staats-Obergymnasiums zu Eger, 1886. pag. 5, 19—20 und 22 (Notizen). 16. Bieber. Das Mineralmoor der „Soos“. Marburg a. D. 1887, pag. 15—16 (Notiz). 17. Katzer. Geologie von Böhmen. pag. 1413 (Notiz). Prag 1892, Uebersicht der topographisch-geologischen Verhältnisse der Umgebung. Von jeher und mit Recht steht das nördliche Böhmen als vul- kanisches Land bei den Geologen in hohem Ansehen. Die Vulkane, die neben heissen Quellen in grosser Anzahl hier auftreten und ganze Gebirge aufbauen, gehören dem Typus der Massenvulkane an. Gre- schichtete oder Stratovulkane finden sich nur in dem äussersten Nordwesten des Landes, im Eger—-Franzensbader Becken des Thermal- gebietes, einem zur Tertiärzeit hier befindlichen Binnensee ihre Exi- stenz verdankend. Topographisch stellt das Becken eine ringsum von hohen Gebirgs- zügen umschlossene, hügelige Hochebene dar, von der Form einer an ihrer westlichen Peripherie mit einer Ausbuchtung versehenen Ellipse, deren ca. 30 Kilometer lange, grosse Axe ungefähr mit der Nord-Südlinie zusammenfällt. In der Richtung der Ostwest gerichteten, ca. 4 Kilometer langen, kleinen Axe wird es in zum Theil sehr tiefer Thalspalte von der auf dem benachbarten Fichtelgebirge entspringenden Eger durchflossen. die im Becken von Südwesten her aus dem an- srenzenden, bayrischen Walde die Wondreb, sowie von Norden her mehrere kleinere Zuflüsse empfängt. In geologischer Beziehung sind es krystalline Massen- und Schiefergesteine, welche die umrandenden Gebirge, andererseits Tertiär- und Quartär-Ablagerungen, welche die Ausfüllungen des durch jene gebildeten, natürlichen Troges bilden. Die Gebirgszüge, die sich an der Umrandung des Beckens be- theiligen, sind im SW, W und N das Fichtelgebirge namentlich mit seinen ostwärts weit vorgeschobenen Ausläufern, im NO und O das Erzgebirge, in SO das Kaiserwaldgebirge und im S die nördlichen Ausläufer des Böhmerwaldes. Das Fichtelgebirge, in welches das Becken eine weite Aus- buchtung,: das Franzensbader Becken, hineinsendet, erstreckt sich, den bei weitem grössten Theil jener grossen, natürlichen Umfassungs- mauer bildend, vom Thale der Wondreb im S in grossem Bogen bis zur Einsenkung von Schönbach im N um unser Gebiet herum und steigt hier in dem weit sichtbaren Kapellenberge nochmals zu einer 30 E. Proft. [6] Höhe von 757 Meter empor. In seiner nordöstlichsten Partie sind es krystalline Schiefer, die umrandend an das Becken herantreten. Die mittlere Partie wird durch den Granit des Fichtelgebirges gebildet, der aus der Gegend von Wunsiedel in weiter Verbreitung bis in die Umgebung von Liebenstein, Haslau und Wildstein sich erstreckt und nördlich noch den Gebirgszug des erwähnten Kapellenberges, bereits auf sächsischem Gebiete, einnimmt. Während nun das Granitgebiet orographisch durch die flachwellige Beschaffenheit seiner Kuppen charakterisirt ist, hebt sich östlich von Seeberg am Beckenrande ein Höhenrücken durch seine zackigen Conturen ab. Es ist der Quarz- fels-Gang, der aus der Gegend von Asch kommend, auf eine Entfernung von 15 Kilometer krystalline Schiefer, sowie Granit und die gleich zu erwähnende Gneiss- Scholle bei Seeberg durchsetzt, gegen das Becken hier plötzlich abbricht und als untergeordnete Einlagerung an der Umgrenzung desselben Theil nimmt. Eine Einlagerung anderer Art im Fichtelgebirgischen Gramit- gebiete stellen nordwestlich von Haslau, am sogenannten „Burgstall“, die Egeranschiefer dar. In genetischer Beziehung sind sie als eine Contactbildung aufzufassen, wohl als eine durch den Granit losge- rissene und metamorphosirte Scholle des im benachbarten, bayrischen Fichtelgebirge in der Nähe der Granitgrenze hinziehenden, Serpentin führenden Kalkzuges. In der südlichen Partie liefert wieder die krystalline Schiefer- formation, die dem Granite aufgelagert ist, die Höhenzüge der Becken- umrandung. Die Gmneissformation zuerst tritt im Nordrande des Franzensbader Beckens auf, in Gestalt einer am Granite steil auf- gerichteten, aus jeglichem Zusammenhange mit den zugehörigen Formationsgliedern losgerissenen Scholle, welche am Seeberger schlossberge schluchtenartig zerrissen als sehr malerische Felspartie emporragt. Die Glimmerschieferformation des Fichtelgebirges, die offenbar ehemals mit dieser Gmeiss-Scholle in Verbindung gestanden hat, be- theiligt sich kaum an dem Aufbau des Beckenrandes; sie ist vielmehr nur in dem Liegenden des Beckens zu suchen, wo sie von den jüngeren Sedimenten desselben überlagert wird. Der noch übrige Theil der umrandenden Fichtelgebirgshöhen gehört der Phyllitformation an. Dieselbe ist dem Granitzuge nur am äussersten Westende des Franzensbader Beckens aufgelagert und erstreckt sich aus dieser Gegend, indem sie um die ganze Franzens- bader Ausbuchtung herumgreift, sowie den ganzen Südwestrand des Egerer Beckens zusammensetzt und nach dem Böhmerwalde zu all- mählig abdacht, südlich bis zu dem das Fichtelgebirge begrenzendem Wondrebthale. Am ganzen Südrande des Franzensbader Beckens tritt sie orographisch recht gut charakterisirt hervor. Sie bildet hier all- seitig abdachend den fast parallel zum Granitzuge des Beckennordrandes gerichteten, von ihm nur durch die Egerspalte getrennten Höhenzug des Culmwaldes mit seinen anmuthigen Höhen, wie dem Grünberg (632 Meter) mit der weithin sichtbaren St. Anna-Kirche im W von Eger. Vom Phyllitmassiv des Grünberges, auf dessen Fusse auch die alte, historisch bekannte Kreisstadt Eger liegt, ist durch die hier tief [7] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 531 eingeschnittene Thalspalte des Fgerflusses der auf dem linken Ufer zwischen Pürk und Reichersdorf sich erstreckende, mehrfach schon von den Beckensedimenten überlagerte Phyllitzug des Kammerwaldes abgetrennt. — An sehr vereinzelten Punkten im Gebiete des Granites, wie der krystallinen Schieferformation sind dem Beckenrande Kuppen jüngeren Eruptivgesteins, des Basaltes, aufgesetzt. Eine solche ist im Granitgebiete der Plattenberg bei Liebenstein mit einer Höhe von 637 Meter. Kleinere Basaltpartien im Gebiete der Phyllitformation finden sich im S von Eger bei Pograth im sogenannten „Hasenruck- walde“ und bei Kinsberg. Das Erzgebirge, welches mit seinen südwestlichsten Ausläufern im N und NO an der Beckenumgrenzung Theil nimmt, ist vom Fichtel- gebirge orographisch nur durch die Einsenkung von Schönbach ge- schieden. Gegen den Egerfluss streckt es von N nach S den Höhenzug des Leibitschkammes vor, welcher in den Maria-Culmer Bergen mit dem 567 Meter hohen Mariahilfberge sein Ende erreicht. Dieser Kamm ist es, welcher hier die eigentliche Grenzmauer des Egerer Beckens und zugleich die Scheide vom östlich gelegenen Falkenauer Becken bildet. Jenseits, auf dem südlichen Egerufer, setzt dieser Höhenzug unvermittelt fort, so dass nur durch die Egerspalte die natürliche Grenzlinie des Erzgebirges von dem südlich gelegenen Kaiserwald- sebirge gegeben ist. In geologischer Beziehung betheiligt sich hier an dem Aufbau des Beckenrandes das westliche und südwestliche Ende der dem süd- lichsten Theile des grossen, erzgebirgischen Granitmassivs, dem Neu- decker Granitstocke aufgelagerten, krystallinen Schieferhülle. Hierbei ist die Glimmerschieferformation auf den mittleren Theil der begren zenden Höhenzüge beschränkt und bildet in der Gegend von Frauenreuth eine ausgezeichnete Antiklinale, von welcher die Schiefer nach S und N zu einfallen. An diese grössere Falte schliesst sich eine weitere, kleinere Faltung an, von welcher übrigens auch die Phyllitformation mit betroffen wurde, in den am weitesten südwärts vorgeschobenen Maria-Culmer Bergen mit dem erwähnten Mariahilfberge. Der Phyllitformation, welche durch die Glimmerschieferformation in der Nähe von Frauenreuth unterbrochen wird, fällt der nördliche und südliche Theil der erzgebirgischen Beckenbegrenzung zu. Die nördliche Partie setzt, nach der Einsenkung von Schönbach zu terrassen- artig abdachend, den Leibitschkamm und die benachbarten Höhen zusammen, die südliche Phyllitpartie hauptsächlich die Maria-Culmer Berge, wo sie von der stattgehabten Faltenbildung mitbetroffen wurde und von wo sie, nur durch den Egerdurchbruch getrennt, unvermittelt in die Phyllitformation des Kaiserwaldes fortsetzt. Auf der Grenze zum Tertiärbecken brechen beide Stufen der krystallinen Schiefer- formation in ihrem West-Ost gerichteten Streichen von Süden zum Norden plötzlich ab. Die südöstliche Beckenbegrenzung, das Kaiserwaldgebirge, im Osten mit dem Carlsbader Gebirge zusammenhängend, zeichnet sich dem flachwelligen Beckenterrain gegenüber durch ihre besonders hohen Gipfel aus und lässt sich orographisch am besten als ein 39 E. Proft. [8] breites SW-NO gerichtetes und von zahlreichen Wasserrissen sowie Schluchten durchzogenes Gebirgsjoch charakterisiren, dem nach N und SO zu mehrere Nebenjoche angehängt sind, um welches sich ein schmaler Gürtel niederer Höhenzüge herumzieht. Greologisch gliedert es sich in einen centralen Granitstock, dem die Gipfel des Jochs, als die weithin sichtbare, 978 Meter hohe Glatze, der Arbersberg (896 Meter), der Judenhauberg (987 Meter) u. a zu- fallen und in eine Zone dem Granite im W, N und S aufgelagerter, krystalliner Schiefergebilde, die nach dem Becken zu terrassenartig abfallen. Von letzteren interessirt für den Beckenrand nur die dem Granitstocke im W aufgelagerte Phyllitformation. Sie bildet die unterste Stufe des nördlichen Terrassenabfalles nach dem Becken und setzt, wie schon oben erwähnt, nur durch die Egerspalte unterbrochen, aus den Maria-Culmer Bergen unvermittelt südlich in die Vorberge des Kaiserwaldes über. Anfänglich auf Granit, dann auf einen Streifen Glimmerschiefer gelagert, nimmt sie nach S an Ausbreitung stetig ab, bis sie bei dem Dorfe Mülln nur noch einen schmalen Streifen bildet und, bei Miltigau auf eine kurze Strecke vom Granit unter- brochen, zwischen Leimbruck und Conradsgrün am Granite des gleich zu erwähnenden Sandauer Plateaus ihr Ende erreicht. Dieses, dem Kaiserwalde in Folge seiner gleichen, geologischen Beschaffenheit eng verbunden, topographisch aber durch seine geringere Höhe und die Flachwelligkeit seines Reliefs sich abhebend schliesst sich im SW dem Kaiserwalde an und stellt als eine das Beckengebiet beträchtlich überragende Einsenkung zwischen dem Kaiserwald-Gebirge und den Ausläufern des Böhmerwaldes die orographische Grenze zwischen beiden Gebirgen her. Auch in diesem das Becken begrenzenden Granitplateau von Sandau erscheint, wie in dem Fichtelgebirgischen Granitgebiete, die nämliche Einlagerung eines Quarzfels-Ganges, der aus dem flachwelligen Granitterrain durch seine zackigen, kahlen Rücken scharf hervortritt. Derselbe SO—100 Meter mächtig, erstreckt sich aus der Gegend von Altwasser über Untersandau und Leimbruck, bis er bei Schüttüber unter den jüngeren Beckenablagerungen verschwindet. Da beide (Juarzfels-Züge dasselbe Streichen einhalten und der eine so ziemlich die geradlinige Verlängerung des anderen bildet, so sprach sich schon A. E. Reuss (31, pag. 30) für die Zusammengehörigkeit beider, des Fichtelgebirgischen, bei Seeberg abbrechenden, und des Sandauer aus, eine Ansicht, die später wieder von Suess vertreten wurde. Diese Ansicht gewinnt neuerdings an Wahrscheinlichkeit da- durch, dass Laube am Südrande des Franzensbader Beckens bei Stein einen oberflächlich durch lose Blöcke angedeuteten Quarzfels-Zug auffand, der, da er ganz in der Richtung der ersten beiden gelegen, recht gut das Ausgehende des sonst durch die Sedimente des Beckens verdeckten, jene beiden verbindenden Ganges darstellen kann. Die südliche Beckenbegrenzung und zugleich den Schlusspfeiler in der gesammten Beckenmauer bildet der Böhmeıwald mit seinen nördlichen Ausläufern, deren bedeutendster sich in dem langen Rücken _ des Tilln zu einer Höhe von 939 Meter erhebt. [9] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 33 Wieder bilden krystalline Schiefergebilde, die Schiefer der Glimmerschiefer- und Phyllit-Formation, hier den Beckenrand, beide auch orographisch gut von einander unterschieden. Während die Glimmerschiefer-Formation aus der Gegend von Sandau, wo sie dem dortigen Plateaugranit auflagert, sich allmählig zu jenem gewaltigen, OW gestreckten, weithin sichtbaren Rücken des Tilln erhebt, bildet die Phyllit-Formation eine Stufe niederer, von dessen Fusse nach dem Becken zu radiär verlaufender Höhenzüge, welche sich bis in die Gegend von Lindau, Taubrath und CGonradsgrün erstrecken, wo sie, zum Theil schon überlagert von jüngeren Sedimenten des Beckens, sich unter diesen verlieren. Einer dieser zahlreichen Phyllitrücken ist der Rehberg, der sich halbmondförmig zwischen den Dörfern Altalbenreuth und Boden, SSO von Eger, hinzieht. Charakteristisch für beide Schieferformationen sind linsenförmige und gangartige Finlagerungen von Quarz, welche oft nur winzig an Grösse, in anderen Fällen eine bedeutende Mächtigkeit erreichen können. Tektonisch bildet die Glimmerschieferformation in dem durch seine Granaten und Andalusite berühmten Tillnberge eine ausge- zeichnete Antiklinale, die in Folge der schweren Angreifbarkeit des Gesteins den Atmosphärilien Trotz bieten konnte und noch als solch’ bedeutender Gebirgsrücken stehen geblieben ist, während die Phyllit- formation,. die ursprünglich eoncordant aufgelagert und von derselben Faltung mit ‚betroffen war, den denudirenden und erodirenden Wir- kungen anheimfiel und derart abgetragen wurde, dass sie nur gegen- wärtig eine nördliche Vorterrasse niederer Höhenzüge vor dem hohen Glimmerschieferrücken des Tilln bildet. — Schon die Lage unseres Gebietes am Westende jener grossen, längs des südlichen Steilabsturzes des sächsich-böhmischen Erzgebirges hinziehenden Bruchspalte, auf welcher ehedem der Südflügel dieses Gebirges in die Tiefe ging, deutet an, dass sich auch hier ähnliche, geodynamische Processe abgespielt haben. Bereits Jok&ly!) betont, dass das Egerer sammt seiner westlichen, ins Fichtelgebirge weit hineingreifenden Bucht, dem Franzensbader Becken, tektonisch ein Senkungsgebiet darstelle. — Nicht nur seine Lage am Westende dieser grossen, ganz Nordböhmen durchziehenden Bruchzone, am Westende des Thermalgebietes, verräth seine Natur als Abbruchsgebiet, noch ganz besonders sprechen dafür und beweisen dies folgende Erschei- nungen. Am ganzen, nördlichen Beckenrande des Fichtelgebirges, zwischen Tobiesenreuth und Fleissen, brechen die Granite sammt ihrer Quarzfelseinlagerung schroff gegen das Becken ab und die hier am Granite steil emporgerichtete Gneiss-Scholle spricht deutlich für ein Absinken ihres ursprünglichen Untergrundes in die Tiefe. — In der ganzen SN verlaufenden Ostbegrenzung des Beckens zeigen sowohl Erzgebirge, wie Kaiserwald, welcher letztere einen beim Absinken stehen gebliebenen Rest vom Gegenflügel des erzgebirgischen Systems darstellt, einen Abbruch, indem in beiden Gebirgen die Schiefer auf eine Längserstreckung von circa 20 Kilometer von Schönbach bis ) Die tertiären Süsswassergebilde des Eserlandes. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, 8. Bd. 1857, pag. 509. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 1. Heft. (E. Proft.) 5 34 E. Proft. [10] Miltigau in ihrem Streichen gegen das Becken plötzlich absetzen. Die hier daran gelagerte, ältere Braunkohlenformation beweist da- durch, dass sie an dieser Bruchlinie aufgerichtet ist, wie die Schächte von Königsbere—Pochlowitz ergaben, dass ein Absinken des Unter- grundes in, die Tiefe stattgefunden hat. J okely (l. e.) nennt drei — in der Hauptsache sind es zwei — STOSSE Spaltensysteme, die sich durch seitlichen Gebirgsdruck hier bildeten und auf denen ehedem die Zerreissung des ursprünglich hier bestehenden Gebirgsknotens und das Absinken der losgerissenen Massen in die Tiefe erfolgte, ein SN gerichtetes, das aus dem west- lichen Böhmerwald kommende, hereynis che und die SW-NO ge- richtete, das ganze, nördliche Böhmen durchziehende Thermalspalte, beide Systeme im Becken sich kreuzend. Auch äusserlich sind diese Spaltenrichtungen vielfach angedeutet und lassen unschwer ihr Dasein erkennen. Schon die Conturen der Beckenumgrenzung verrathen die Wirkungen beider. Während das SN gerichtete System eine bedeutende Ausstreckung des Egerer Beckens in der Richtung seiner Längsaxe nach N und $ hervorrief, bewirkte das Thermalsystem eine westliche, ins Fichtelgebirge tief einschneidende Verlängerung, welche - im Franzensbader Becken vorliegt. Einen weiteren Ausdruck findet die Thermalspalte, welche auch, da in der durch sie entstandenen Ein- tiefung der Egerfluss seinen Lauf genommen hat, den Namen „Eger- spalte“ führt, noch dadurch, dass auf ihr der Phylktrücken des Kammerwaldes vom Massiv des Grünberges losgelöst ist. Ausserdem bildet diese Bruchlinie, wie schon angedeutet, die natürliche Grenze zwischen dem Erzgebirge und seinem südlichen, beim Abbruch stehen gebliebenen Gegenflügel, dem Kaiserwaldgebirge. Das andere grosse, SN gerichtete. hereynische Spaltensystem spricht sich in dem schon erwähnten, plötzlichen Abbrechen der Schiefer in der ganzen, östlichen Beckenbegrenzung, im Erzgebirge sowohl wie im Kaiserwalde, ganz besonders aus. Dann wird der weit über die Grenzen des Beckens hinaus, ins Fichtelgebirge, wie in den Böhmer- wald hinein sich erstreckende Verlauf der hereynischen Spalten- richtung noch durch das Auftreten der grossen, in ihrem Streichen gleichfalls SN gerichteten Quarzfelszüge argumentirt, welche die später vor sich gegangenen Spaltenausfüllungen darstellen und als deren Hauptvertreter wir im N den Fichtelgebirgischen, bei Seeberg abbrechenden und im S den aus dem westlichen Böhmerwalde kommen- den Sandauer Quarzfels kennen lernten. Da diese beiden Spalten- systeme den Quellwassern zum Austritt dienen, so ist schliesslich noch ihr Verlauf durch die auf ihnen aufgesetzten Quellenzüge oberfläch- lich gut angedeutet und zu erkennen. — Noch während das Absinken des Beckengrundes stattfand, im wesentlichen aber nach Beendigung desselben gelangten folgende ver- schiedene Stufen der Tertiär- und Quartär-Sedimente zur Ablagerung. Zuerst zeigt sich eine ältere, vorbasaltische, untere Braunkohlen- formation wenig entwickelt. In der Hauptsache setzt sie sich aus grob-. körnigen Braunkohlen-Sandsteinen und eisenschüssigen Conglomeraten zusammen, diese namentlich am Beckenrande bei Markhausen i im Westen und in der Gegend von Neukirchen, Frauenreuth, Klinghart, Nonnen- u ee u [11] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 39 srün und Conradsgrün im Osten auftretend und aus grauen, auch lichter gefärbten, Schwefelkies führenden Thonen. Diese letzteren, welche stellenweise plastisch, local auch durch Sande und Schotter ersetzt werden, führen, so bei Neukirchen, in ihrem Liegendsten ein- zelne, wenig mächtige, nicht abbauwürdige Moorkohlenflötzchen. Die darauf folgende, obere Braunkohlenstufe, welche die frühere bedeutend an Mächtigkeit ihrer Ablagerungen übertrifft, stellt die Hauptausfüllungsmasse des Beckens dar. Vorwiegend Letten und Thone, bei Kammerhof, Oberlohma und Lehnstein auch Sande, bilden ihr Liegendes. Auf diese folgt ein an bituminösem Holze reiches, 2—5 Meter mächtiges Braunkohlenflötz, welches, da in der Gegend von Franzensbad zum Schutze der Quellen vor Katastrophen sein Abbau versagt ist, nur bei Königsberg und Krottensee der Gegen- stand einer technischen Gewinnung geworden ist. Unter diesem Haupt- flötz wurde bei Oberlohma und Triesenhof noch ein kleineres durch Bohrungen festgestellt. Das unmittelbare Hangende der Braunkohle bildet der mächtige Schichteneomplex der Cyprisschiefer, eine Ablagerung, die durch viel- fache Wechsellagerung schieferiger und thoniger Gesteinsarten, als Schieferthone, Letten und der eigentlichen Cyprisschiefer mit Süss- wasserkalken gekennzeichnet ist. Bei Wogau und Trebendorf war die Wechsellagerung der letzteren beiden Sedimentschichten nach dort vorgenommenen Bohrungen eine fünfzehnfache. Diese Ablagerung, welche sich durch eine besondere Mächtigkeit auszeichnet und einen beträchtlichen Theil der gesammten Beckenausfüllung liefert, hat in der Franzensbader Gegend ihr Hauptverbreitungsgebiet bei Tirschnitz, Trebendorf, Aag.und Oberdorf und ist zwischen letzteren drei Orten dureh zahlreiche Steinbrüche zur technischen Verwerthung des Süss- wasserkalksteins aufgeschlossen. Sie bildet den südlich von Rohr und Höflas hinziehenden Höhenzug, welcher das eigentliche Franzensbader vom Egerer Becken gegen den Egerfluss hin aberenzt und ist bei Königsberg und Krottensee durch die Braunkohlenschächte und bei letzterem Orte auch in Wasserrissen aufgeschlossen, hier zugleich mit einer Menilitschiefer-Schicht, der die bekannten Menilite dieser Localität entstammen. Sind die Cyprisschiefer schon durch ihre mürbe, blätterige Be- schaffenheit merkwürdig, so gewinnen sie noch ein erhöhtes Interesse durch die immerhin reiche Fauna und Flora, die sie geliefert haben. Ausser dem eigentlichen Leitfossil Oypris angusta Rss., welches stellen- weise mit seinen kleinen Schalen massenhaft die Schichtflächen bedeckt, sind es abgesehen von wenig gut erhaltenen Land- und Süsswasser- schnecken (Planorbis-, Helie-, Limnaeus- und Uyclostoma - Arten) namentlich Chitinpanzer und Flügel von Insecten ') als Hemipteren, - Neuropteren, Dipteren, Hymenopteren und Coleopteren. Dazu fanden (ich die Reste eines kleinen Süsswasserfisches, der von A. E. Reuss 31, pag. 57) fälschlich als Lebias Meyeri Ag. bestimmt wurde, sowie Knochenreste und Dunenfeder-Abdrücke von Vögeln vor. Weiter ge- 1) Novak, Fauna der Cyprisschiefer des Egerer Tertiärbeckens. Sitzungs- bericht d. k. Ak. d. W., math -naturw. Cl,, LXXVI Bd. 1877, pag. 71—96. 5* 36 E. Proft. [12] winnen diese Ablagerungen an Interesse noch dadurch, dass sie auch Säugethierreste, die Reste von zwei grossen Proboscidiern enthielten. Schon seit langer Zeit sind aus den Süsswasserkalken und Letten von Tirschnitz Zahnreste von Mastodon angustidens Cuv. bekannt, bis 1883 der werthvolle Fund — es sind: ein Unterkiefer mit Stoss- zähnen, Hals- und Rückenwirbel-, sowie Extremitätenknochen-Reste, sämmtlich gegenwärtig im k. k. Hofmuseum befindlich — eines Dino- theriums!) (Dinotherium Bavaricum v. Meyer) in den Kalksteinbrüchen zwischen Aag und Oberdorf gemacht wurde. Die Flora ist eine ausgesprochene Phanerogamenflora. Es sind aus dieser Ablagerung Blattreste, auch Früchte von Arten wie Pinus, Myrica, Alnus, Cinndmomum, Qwuercus, Vaccinium, Fraxinus, Clematis, Eucalyptus, Acer, Ilex, Sapindus, Rhamnus, Juglans, Cassia, Podogonium, Caesalpinia etc. beschrieben worden ?). In ihrem Hangenden geht die Stufe der Cyprisschiefer in einen Letten mit groben Quarzgeschieben über oder es finden sich hier Sande, diese namentlich zwischen Unterlohma und Tannenberg durch zahlreiche Gruben eröffnet, die nach oben zu durch Aufnahme von Kaolin- und Glimmerpartikeln in einen sandigen, glimmerigen Letten übergehen. Diese glimmerige Lettenschicht, welche nach unten hin sandiger, in der Mitte mehr plastisch und nach oben zu reich an Quarzgeröllen wird, stellt die jüngste Tertiärschicht dar. Während ältere Geologen, wie A. E. Reuss und Jokely, eine solche Alters- beurtheilung der Schicht nicht theilen und sie zum Diluvium stellen. sind neuerdings Laube (50, pag. 145) für ein tertiäres und ebenso jüngst Katzer (54, pag. 1399 u. 1413) für ein obermiocänes Alter eingetreten. Wir sehen diese Schicht in der Umgebung von Franzens- bad in allen Wasserrissen, Hohlwegen und Schottergruben blossgelegt. Sie überlagert die Phyllitpartie des Kammerwald-Rückens, wie dies in dem Hohlwege beim Dorfe Schlada sehr gut aufgeschlossen ist. Auf ihrer wasserstauenden Wirkung beruft der grosse Reichthum der Gegend an Teichen, Tümpeln und Mooren und ihre Existenz ist, wo keine direeten Aufschlüsse vorliegen, aus der Verbreitung dieser leicht zu erkennen. Hauptsächlich ist es ihre Wirkung, dass die Moorbildung in dieser Gegend einen so grossen Umfang angenommen hat. Auch im südlichen Theile des Beckens ist diese Schicht in bald mehr sandiger, bald mehr lettiger Ausbildung, auch mit Sanden und Schot- tern abwechselnd, anzutretten. Ausser diesen tertiären Sanden und Schottern finden sich auch solche Ablagerungen quartären Alters. In den meisten Fällen ist es schwer, vielfach gar unmöglich, eine scharfe Grenze zwischen beiden Arten zu ziehen, da zumeist ein unmerklicher Uebergang in einander stattfindet. Wie schon angedeutet, nehmen unter den Quartär-Bildungen des Beckens die Torfmoore durch ihre Verbreitung und Mächtigkeit die !) Bieber, Zum Dinotheriumfund bei Franzensbad. Progr. des deutschen k. k. Staats-Obergymnasiums zu Olmütz 1885. ®) Engelhardt, Ueber die Cyprisschiefer Nordböhmens und ihre pflanz- lichen Einschlüsse. Isisberichte 1879, pag. 131. RER 13] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 37 8 erste Stelle ein. Sie finden sich namentlich im Fgerthale zwischen Königsberg und Reichelsdorf, im Wondrebthale, in den Thälern des Föller-, Fleissen- und Soosbaches und im ganzen Innern des Franzens- bader Beckens. Die grössten und wichtigsten dieser Bildungen sind das grosse Franzensbader Moor und das nordöstlich von Franzensbad bei Katharinendorf gelegene Torfmoor „Soos“, beide in gleicher Weise interessant und ausgezeichnet durch ihre Vivianit-, Raseneisenstein- "und Kieselguhr-Ablagerungen, sowie durch die grosse Zahl der hier zu Tage tretenden Mineralquellen und Kohlensäureexhalationen. — In diesem topographisch wie geologisch kurz skizzirten Gebiete liegt von den beiden Vulkanen derKammerbühl 3'5 Kilometer nord- westlich von Eger und 2'3 Kilometer südsüdwestlich von Franzensbad auf dem vom Phyllitmassiv des Grünberges abgelösten Phyllitrücken des Kammerwaldes und der Eisenbühl im Bereiche der Phyllitfor- mation des Böhmerwaldes bei dem Dorfe Boden 11 Kilometer südsüd- östlich von Eger. I. Der Kammerbühl. I. Topographisch-geologische Verhältnisse. Auf dem erwähnten Phyllitrücken des Kammerwaldes erhebt sich der Kammerbühl in der Nähe des zum Dorfe Stein gehörigen Kammerhof- Gutes als ein langer, schmaler, von Westen nach Osten sich erstreckender Rücken. Seine absolute Höhe beträgt 500 Meter, seine relative wohl kaum mehr als 30 Meter. Unter den niederen Erhebungen seiner ebenen Umgebung fällt er, abgesehen von seiner etwas bedeutenderen Höhe, durch die sanft geschwungene Rückenform seiner Oberflächenconturen, sowie durch seine jederzeit nackten, kahlen Abhänge auf. Auf seiner Nord- und Südseite fällt er steil, am steilsten auf seiner Westseite gegen das umliegende Terrain ab, nur auf seiner Ostseite zeigt er, indem er gleichzeitig nach dem Fusse zu an Ausbreitung zunimmt, ein allmähliges Abdachen und Ueber- gehen in die Ebene. Seine Abhänge sind allenthalben mit einer dürftigen Gras- und Kräutervegetation überkleidet, aus welcher überall lockere, schwarze, röthlichgraue, auch rostbraune Schlacken in grösseren und kleineren Brocken hervorragen, nur auf seinem Ostabhange, da, wo die allmählige Abdachung zur Ebene hin stattfindet, fristet in der Nähe des Kammerhofes eine Baumgruppe, aus einzelnen Fichten, Kiefern, Lärchen und Birken bestehend, auf dem sehr trockenen und kaum Nährstoffe bietenden Untergrunde ihr kümmerliches Dasein. Auf der Westseite befindet sich der eigentliche Gipfel. Von der kleinen Plattform, die er trägt, bietet sich eine prachtvolle und umfassende Aussicht über das gesammte . Beckengebiet mit seinen zahlreichen Ortschaften, sowie seine hohen, umrandenden Gebirgszüge dar. Abgesehen davon, dass auch hier und ringsum auf den Steil- abhängen wieder die schwarzen, scharfkantigen und eckigen, schwammig löcherigen, oft auch gewundenen Schlackenstücke auf Schritt und Tritt aus der mageren Rasennarbe hervorlugen, bietet der Gipfel weiter nichts, als wenig ostwärts gelegen, eine länglich ovale Ver- tiefung von circa 13 Meter Längsdurchmesser und mehreren Metern 38 E. Proft. [14] in der Tiefe. Dieselbe ist früher vielfach fälschlich für den Krater an- gesprochen worden, dürfte jedoch lediglich durch eine frühzeitig hier vorgenommene Schachtabteufung entstanden sein. An seinem südwestlichen Fusse erhebt sich ziemlich zerrissen und in unregelmässige Bänke zerklüftet eine altersgraue, reichlich mit Flechten und Moos, auch einigem Dornengestrüpp bewachsene, circa 4 Meter hohe Felsmasse, die sich auch nach dem Gipfel empor- zieht und hier in mehreren kleinen Partieen und blockartigen Massen aus den lockeren Schlackenmassen des Abhanges herausragt. Die Felsmasse am Fusse erweist sich als ein ziemlich fester, in seinen untersten Partieen durchaus homogener Basalt, meist zersetzt, in frischem Zustande dunkelblaugrau, vielfach durch fein vertheilte Car- bonatpartikelchen weisslich punktirt, der gelbe bis gelblichgraue, eigenthümlich rissige, zumeist schön regenbogenfarbig angelaufene Olivine, seltener kleine Körner muschligen Augites oder solche stark glänzende von schlackigem Magneteisen als Einsprenglinge enthält; auch kleine Fragmente von Phyllit und Quarzit sitzen häufig in ihm eingebacken. Ausserdem beobachtet man in ihm grössere und kleinere Hohlräume von mehr oder minder regelmässig runder Form, die, wo sie zahlreicher sitzen, dem Gestein ein eigenthümlich zerfressenes Aussehen verleihen. Innen sind sie ringsum mit einer schmutziggrünen Kruste eines fein verfilzten Mineralaggregates in wechselnder Dicke ausgekleidet, welches, wie aus dem petrographischen Theile hervor- geht (vergl. denselben auch über die Entstehungsweise der Hohl- räume pag. 67), aus lauter minimalsten Kryställchen einer Augit- Varietät besteht. die zuerst aus den Eifeler Laven bekannt und als „Porriein“ bezeichnet wurde. Gelegentlich sind diese Porriein-Löcher und namentlich da, wo sie in dem zersetzten, an Carbonatbildungen reichen Gesteine auftreten, die Ansiedelungsstätten mineralischer Neu- bildungen geworden. Ebenso wie H. Cotta aus ihnen stalaktitische Bildungen von Kalkcarbonat erwähnt (21, sub 13), gelang es mir auf der Porriein-Schicht eines derartigen Hohlraumes gelblichweisse, über Centimeter grosse Stalaktiten von Aragonit aufsitzend zu finden. Während die Felsmassen am Fusse einen ziemlich homogenen Basalt erkennen lassen, findet in denjenigen nach dem Gipfel zu eine allmählige Zunahme der Porosität statt. Die grösste Anzahl von Poren zeigt das Gestein am Gipfel selbst, wo durch die annähernd parallele Anordnung der zahlreichen Hohlräume eine deutliche Fluc- tuationsstructur erzeugt worden ist. Diese basaltischen Massen am Fusse und Gipfel stellen die spärlichen Reste des ursprünglichen Lavastromes dar. Der homogene Basalt am Fusse ist ein Rest aus der Kernpartie der Lavamasse als der am längsten glutflüssig ge- bliebenen, während die poröse Gipfelpartie ein Rudiment seiner schnell erkalteten und festgewordenen Decke darstellt. Ihrer petro- graphischen Natur nach ist diese Basaltlava ein Melilith führender Nephelinbasalt. Das Nähere über dieselbe vergl. im petrographischen Theile pag. 56 ff. Direet unterhalb des Gipfels, da, wo die porösen, basaltischen Lavamassen blockartig aus den lockeren Schlacken des Abhanges herausragen und in ihrer direeten Verlängerung, ist auch der eigent- ee Ve er . [15] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schihet-Vulkane des Egerer Beckens. 39 liche, vormalige Krater und Eruptionscanal zu suchen. Die ursprüngliche Krateröffnung hat durch diesen Lava-Erguss als den letzten Act in der Eruptionsthätigkeit des Kammerbühl - Vulkanes eine voll- kommene Ausfüllung und endliche Verstopfung erfahren, so dass wir über ihre Lage nur aus diesen längst erhärteten Gesteinsmassen einen Schluss zu ziehen im Stande sind. Die basaltische Lavamasse muss aber ehedem eine grössere Ausdehnung besessen und sich vielleicht auch auf die ganze Westseite des Berges erstreckt haben. Frühzeitig schon scheint sie durch einen umfangreichen Steinbruchsbetrieb zu technischen Zwecken, man sagt wohl auch zur Mühlsteinfabrication, abgebrochen worden zu sein. Zeugen solch’ einer früheren Gewinnung sind eine Anzahl quadratische oder kreisrunde, durch Meiselarbeit muthmasslich zum Einsetzen von Brechwerkzeugen in die Lavafelsen getriebene Löcher, die nebenbei bemerkt, Goethe schon kennt und in seiner Beschreibung des Berges von 1808 erwähnt. (6, pag. 13; Cotta, pag. 159; Hempel, pag. 346.) Wenige Schritte südlich von der Basaltmasse am Fusse liegt durch ein Granitportal geschmückt, der Eingang zu den ehemals vom Grafen Sternberg ausgeführten Stollengrabungen (vergl. den fol- genden Theil, pag. 49—51), welche längst schon nicht mehr zugängig sind. Ausserdem befindet sich 30 Meter östlich von den Basaltfelsen ein grösserer, einige Meter hoher, oben mit einer triehterförmigen Eintiefung versehener Haufen jenes hellgelben, glimmerigen, zahlreiche Quarzitgeschiebe führenden Lettens aus dem Untergrunde der vul- kanischen Massen. Derselbe wurde durch eine vom Grafen Sternberg an dieser Stelle ausgeführte Schachtabteufung zu Tage gefördert (vergl. den folgenden Theil, pag. 49) und zeigt, dass die vulkanische Ablagerung nicht unmittelbar auf den Phyllit des Kammerwaldzuges (vergl. die Einleitung, pag. 36) als Grundgebirge, sondern auf jene jungtertiäre Zwischenschicht aufgesetzt ist. Im Contacte mit den vulkanischen Gebilden erscheint sie ziegelartig gebrannt und ver- festigt, wie die an den Schacht sich anschliessenden Streckentreibungen ergaben (vergl. den folgenden Theil, pag. 49--51). Die ganze, übrige Hauptmasse des Berges in seiner rücken- förmigen Längserstreckung ist aus lockerem, vulkanischen Materiale aufgeschüttet. Dasselbe wird auf seiner Ostseite in einer durch ihre enorme Grösse weithin auffallenden Schottergrube, im Volksmunde das „Awergloch“ genannt, zur Beschotterung von Strassen und Wegen und vorzüglich solcher, welche durch die ausgedehnten Moorflächen der Gegend führen, gewonnen und neuerdings auch bei der künst- lichen Bewässerung von Feldern und Wiesen zur Einlage als Sicker- schicht in die Drainirungsgräben verwendet. Uralt schon dürfte die Benutzung dieser Massen zur Wegebeschotterung sein. Ehedem scheint man zu diesem Zwecke in kürzerem Verfahren die Schlacken gleich von den Böschungen des Hügels heruntergegraben zu haben. Wenig- stens zeigt der Südabhang auf der Strecke zwischen Zwergloch und Gipfel Spuren einer solchen Thätigkeit, indem sich hier eine etwas verwischte Eintiefung vorfindet, die ich auf eine solche Ursprungs- weise zurückführen möchte. — Später erst scheint auf dem Ostabhange 40 E. Proft. [16] des Berges die Schottergrube eröffnet worden zu sein. Anfangs klein und noch zu Zeiten v. Borns, des ersten Gewährsmannes über den Kammerbühl, nur erst 30 Klafter, das ist knapp 60 Meter weit, ist sie erst allmählig, dann mit dem alljährlich gesteigerten Schlacken- bedarf schnell zu ihrer heutigen, enormen Grösse herangewachsen. In ihrer äusseren Form ein etwas plumpes Oval mit einem Längsdurchmesser von ca. 160 Meter und einem etwa halb so langen in der Breite, bietet die Schlackengrube mit ihren bis 10 Meter, an der westlichen Seite sogar 15 Meter hohen Steilwänden ringsum den schönsten Aufschluss für die innere Structur des Hügels und die Lagerungsweise seiner losen Projectilmassen. Wie ehemals eine Tiefen- srabungSternberg’s dargethan hat (vergl. den folgenden Theil pag. 48), ruhen die vulkanischen Massen auch hier auf jener erwähnten, jung- tertiären Lettenschicht. Im Contaete mit den Schlacken zeigt die- selbe auch hier, wie auf ihrer ganzen Längserstreckung unter dem Hügel hin (vergl. das Profil) jene schon erwähnte, kaustische Umwandelung in eine feste, ziegelrothe Masse, von der neuer- dinss hin und wieder Stücke mit der Schlackengewinnung zum Vorschein kamen. Auf dieser Unterlage, die in unmittelbarer Be- rührung mit dem vulkanischen Material auch kleine Schlacken- fragmente und Lapillen in ihrer rothen Masse umschliesst, hierdurch sehr oft ein eonglomeratartiges Ansehen gewinnt, breitet sich das sewaltige Haufwerk der verschiedenartigen Projectile in zahlreichen Schichten aus, — man kann wohl bequem mit Goethe ($, pag. 8; Cotta, pag. 157; Hempel, pag. 344) deren 40 und mehr noch unterscheiden, — zu unterst mit solchen von Lapillen beginnend. An den senkrechten Grubenwänden sind die einzelnen Schichten durch ihre wechselnde Mächtigkeit, sowie durch die Verschiedenheit ihrer Farbentöne recht deutlich, auf der Ostseite sogar in ausgezeichneter Weise scharf markirt. Da sieht man zu unterst frische, unzersetzte Schlackenschichten in dunkelschwarzblauen, dunkelschwarzen, auch dunkelschwarzbraunen Tönen miteinander abwechseln. In mittlerer Wandhöhe stechen mehrere Lagen mit schmutzigziegelrother Färbung besonders ab, während die Schichten nach dem Rande zu in Folge bereits eingetretener Zersetzung und Hydroxydirung rostbraune, rostgelbe, auch selblichgraue Färbung annehmen. Da bieten sich an ein und derselben Schlackenwand Schichten wenig mächtig, oft nur einige Centimeter stark und andere wieder von der Mächtigkeit eines halben Meters und darüber. Auf der Westseite der Grube, in grösserer Nähe des Eruptionspunktes, liegt das ganze gröbere Material aufgespeichert in Schichten, die nicht sonderlich scharf von einander abgegrenzt sind und mehr ineinander über- sehen, während auf der Ostseite das gesammte, feinere und feinste abgesetzt und durch die Gleichmässigkeit der abgelagerten Massen unter Mitwirkung der verschiedenen Farbentöne eine derart ausge- zeichnete Schichtung hervorgebracht worden ist, dass es nicht schwer hält, die oben angeführte Schichtenzahl zu unterscheiden. Die un- tersten Schichten liegen fast horizontal, die oberen zeigen ein sehr schwaches Einfallen mit höchstens 5— 7° nach Osten. Auch lässt sich an der ziemlich gerade verlaufenden, westlichen Grubenwand ein deutliches Einfallen conform der Abhänge, nach Norden und Süden, wahrnehmen. Al [17] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. -SoWorseAw] uayorpsunadsin sap neproA dayaısseugmm -uossewptpoalorg 980] "ESEgEArTT IOpuUays}suvy "puogpeqguo oppalord 'örsajJIoA pun ayosıugynA ‘aurapy 'o 19q yarpzuaureu ‘yoRz[OTA yuueıgoas F1418[9891z UHSSEKN uoy9stury[nA YSU0S "91988018 sapeuedsuondug sop ayeN Aop ul usp Aw ayyeyuo) wI ua] Sqfesıaq 'SIEINIOL uolsdunf sap uayyor] adLıawmus “ıaqlon) LLt ‘0979: 1 : qeIsssee N —— DO um om OÖ ums peu 959 MA HANASLDIJOUIS ("A9JO]N 0068) ww aqnıdwuoT] 19p puzrayoany 19,dıy) "[ungaowwey up yaaınp [yodd AUS ‚sodugespunın sop Alkyd RN "SOWOLSBARTT sop 24894 Heft. (E. Proft.) Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. 49 E. Proft. [18] In diesen Schichten aus Schlacken und Lapillen liegen vereinzelt oder zahlreicher grössere -und kleinere, vulkanische Bomben, Quarzit-, Phyllit- und Glimmerschiefer-Fragmente, auch einzelne grössere, vul- kanische Blöcke und Glimmerschieferstücke. Die Schlackenmassen, die häufigsten Projectile, in manchen Stücken den Schmiedeschlacken oder den in den Feuerungen der Dampfkessel erzeugten täuschend ähnlich, zuweilen noch mit einem feinsten Glashäutchen überzogen. dann lackartig glänzend und regen- bogenfarbig angelaufen, zeigen eine höchst unregelmässige Gestalt und zahlreiche, dornenartige Verästelungen an ihrer Oberfläche, während ihr Inneres über und über mit grösseren und kleineren Hohlräumen erfüllt ist. Viele Stücke lassen noch recht gut die ver- schiedenartigen Deformationen erkennen, die sie im Zustande der Plastieität erfahren haben. Ihre Grösse bewegt sich zwischen der- jenigen einer Wallnuss und der eines Fusses; doch kommen auch noch grössere Schlackenfladen mit einem Durchmesser von einem halben, sogar ganzen Meter vor. Zumeist enthalten die Schlacken Körner gelblichen Olivins, auch Fragmentchen von Phyllit und Quarzit, beide zumeist ohne Spuren einer evidenten, kaustischen Einwirkung, auch schaumig aufgeblähte Feldspath-Partikeln, welche letztere man früher fälschlich für Bimsstein hielt. Das von den Schlackenprojectilen Gesagte gilt in jeder Hinsicht auch von den kleineren Lapillen. In frischestem Züstande, dunkel- stahlblau von Farbe und mit einer feinsten Glasmembran überzogen, erscheinen sie feuchtglänzend und bunt angelaufen auf ihrer Ober- fläche. Schichten solcher ausgezeichnet glasreicher Lapillen wurden neuerdings mit der Schottergewinnung in dem untersten Theile der vulkanischen Ablagerung aufgeschlossen. Die vulkanischen Bomben, in ihrer Grösse ebenfalls sehr aus- einander gehend, indem solche von Wallnuss- bis Kopfgrösse vor- kommen, unterscheiden sich von den vorgenannten Projectilen durch ihre regelmässigere, kugelige, oftmals etwas abgeplattete, auch eylinde- rische oder flaschenförmige Gestalt, sowie durch die Homogenität der basaltischen Masse im Inneren. Fast stets umschliessen sie als cen- tralen Kern einen fremdartigen Gesteinseinschluss vom Grundgebirge als Phyllit-, Quarzit- und Glimmerschiefer-Fragmente, sehr selten auch Brocken jenes glimmerigen Lettens aus dem Untergrunde der Ab- lagerung. Solche Gesteinseinschlüsse haben nur in den wenigsten Fällen eine intensivere, kaustische Einwirkung erfahren und sind meist nur gebleicht, aufgeblättert, geborsten, auch geröthet, seltener schon stellenweise oberflächlich angeglast oder ringsum verelast. Von den Bomben sind die vulkanischen Blöcke nur durch ihre grösseren Dimensionen unterschieden. Zumeist von plump-lentieulärer oder flatschenförmiger Gestalt, enthalten sie zahlreiche, gelbliche Olivine eingesprengt und sind oftmals mit Phyllit-Fragmenten derart gespickt, dass sie auf den Bruchflächen einen conglomeratartigen Habitus annehmen. Wie schon angedeutet, treten im Zwergloche durch das grelle Ziegelroth ihrer Färbung einige Schichten besonders hervor. An der [19] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schieht-Vulkane des Egerer Beckens. 4 westlichen Wand, namentlich in der am Eingange gelegenen Partie, sind es zwei von der Mächtigkeit eines knappen, halben Meters, eine in halber Wandhöhe, die andere mehr am Fusse, letztere sich schon allmählig in die Sohle der Grube verlierend. An der gegenüber liegenden, östlichen Grubenwand finden sich beide wieder, nur mit dem Unterschiede, dass sich die obere derselben in eine Anzahl von wenig mächtigen und nicht sonderlich scharf von einander abgegrenzten Unterschichten aufgelöst hat. Diese Schichten bestehen ihrer Haupt- masse nach aus jenem im Untergrunde der ganzen Ablagerung ver- breiteten Letten, welcher durch die vulkanische Eruption mit empor- serissen und durch den Contact mit den heiss darübergeschichteten Projectilmassen ziegelroth gebrannt und backs einartig verfestigt worden ist. In diesen ziegelrothen Massen sind sehr häufig kleinere Schlacken- stücke und Lapillen, auch geröthete Quarzit- und Phyllit-Fragmente eingebacken. Andere kleinere dieser rothen Schichten zeichnen sich - dadurch aus, dass in ihnen das vulkanische Material vorwaltet und die rothe Färbung nur durch einen feinen Staub soleher durch die Contactwirkung veränderter Lettenmassen hervorgebracht wird, mit dem oberflächlich die Stücke bestreut sind. Auch zahlreiche in einer Schicht neben- und bei einander liegende, geröthete Quarzit-Fragmente können derselben eine solche, wenn auch weniger intensive Färbung verleihen. Diese Schichten mit kaustischer Färbung sind geeignet, über die Entstehungsweise der ganzen Ablagerung Licht zu verbreiten. Im Zeitalter des Neptunismus war es kein Zweifel, dass sie unter Wasserbedeckung entstanden sei und selbst später, als man schon von der vulkanischen Natur des Berges fest überzeugt war, ver- mochte sich ein ausgezeichneter Forscher, der schon erwähnte H. Cotta (vergl. den folgenden Theil, pag. 47—48), nicht gänzlich von dieser Anschauung zu trennen und wies dem Vulkane eine sub- marine Thätigkeit zu. Frühzeitig schon hatte sich Berzelius und später wieder Nöggerath für eine äolische Bildungsweise der Schichtung ausgesprochen und mit Recht. Denn hätte der Ausbruch submarin stattgefunden, so wäre eine derartige Contactwirkung nicht zu Stande gekommen. Was nun die Zeit der Eruptionsthätigkeit des Kammerbühl- Vulkanes anbelangt, so lässt sich .dieselbe annähernd bestimmen. Am östlichen Fusse des Hügels, in unmittelbarer Nähe des Kammerhof- gutes, direct an der Strasse nach dem Dorfe Stein, ist, zur benach- barten Ziegelei gehörig, eine Lehmgrube gelegen, in welcher jener slimmerige Letten des Untergrundes gewonnen wird. Hier liegen in den Lettenmassen nach unten hin sehr spärlich, nach oben hin häufiger kleine, thonig zersetzte Projectile eingebettet, als Bomben und Schlacken- stückchen, welche nur vom Kammerbühle stammen und durch Windes- wirkungen hierher getrieben, nur zu einer Zeit in diese Letten hinein- gelangt sein können, als sie noch in Bildung begriffen oder wenigstens in ziemlich weichem und plastischem Zustande waren. Wie in der Einleitung gezeigt worden ist (vergl. dieselbe pag. 36), sprechen neuere Geologen dieser Schicht ein jungtertiäres, speciell ober- miocaenes Alter zu. Demnach würde also auch die Eruptions- 6 44 E. Proft. / [20] thätigkeit des Kammerbühl-Vulkanes gegen Ende der Miocaen- Periode zu setzen sein. Abgesehen von zahlreichen Deformationen, die der Berg in historischer Zeit durch Menschenhand erlitten hat, ist derselbe auch der abradirenden und denudirenden Wirkung der Atmosphärilien stark anheimgefallen und nach und nach derart abgetragen worden, dass sich heute an Stelle eines ehemals stattlicheren, vulkanischen Kegels nur noch ein ärmliches Reliet erhebt. 2. Historischer Theil. Selten ist über einen geologischen Gegenstand, und namentlich in der älteren Zeit, soviel geschrieben worden als über den Kamm er- bühl. Die Ursache einer derartigen Fülle von Literatur, wie sie das beigegebene Verzeichniss bietet, ist wohl darin zu suchen, dass der Kammerbühl zu einer Zeit bekannt wurde, als Neptunisten mit den Plutonisten über die Entstehung der Gesteine im Streite, aus seinen Ablagerungen Beweismittel für ihre Ansichten zu gewinnen suchten, und die Einen, wie die Anderen ihrer Auffassung gemäss eine Schil- derung unternahmen. Dann aber war es Goethe, welcher den kleinen Vulkan wiederholt besuchte und beschrieb und durch seine Berichte dem Berge Ansehen und die Aufmerksamkeit der ganzen, damaligen Forscherwelt verschaffte. Abgesehen von mannigfachen Sagen und fabelhaften Erzählungen die sich an den Berg knüpfen und heute noch im Volke fortleben, fehlen urkundliche Nachrichten über den Vulkan aus früherer Zeit wohl gänzlich. Das Einzige, was wir durch traditionelle Ueberlieferung, ausserdem durch einen Vergleich der beiden Gesteinsarten, sicher aus der Vorzeit über den Berg wissen, ist, dass seine Lavamasso zum Bau des sogenannten „Schwarzen Thurmes“ der Egerer Burg verwendet wurde, welcher ein Bollwerk gegen die Einfälle fremder Völkerschaften, namentlich der Magyaren, gewesen zu sein scheint, eine Gründung, die bis in die Karolinger-Zeit, ins neunte Jahrhundert, zurückdatiren soll’). Vielleicht sind aus demselben Gesteine in damaliger Zeit noch andere Bauwerke der Gegend geschaffen worden, von denen aber keine Reste mehr erhalten sind. Selbst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts liegen noch keine sicheren Nachrichten vor und es lassen sich nur Muthmassungen anstellen. Doch scheint damals die Ansicht allgemein verbreitet ge- wesen zu Sein, dass der Kammerbühl das Product eines durch unter- irdische Kohlenlager verursachten Erdbrandes sei. Wenigstens liess in der irrigen Meinung Kohlen zu finden, wie Palliardi (29, pag. 935) aus Mussill’s Manuscripte (9) berichtet, der Graf Heinrich Siegmund von Zedtwitz im Jahre 1766 die ersten, sicheren Nacherabungen am Kammerbühl veranstalten und einen Stollen 60 Klafter (circa 114 Meter) weit durch die Schlackenschichten nach dem Gipfel zu treiben. Der Bau war in Folge der lockeren Beschaffenheit des durch- querten Materials ein sehr schwieriger und wurde, da er nicht die ') Grueber, die Kaiserburg zu Eger Prag 1864. 4 [21] Kammerhbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens 45 gewünschten Resultate hatte, alsbald aufgegeben und der Stollen ging schnell seinem Verfall entgegen. Die erste, wirklich wissenschaftliche Nachricht vom Kammer- bühl giebt im Jahre 1773 von Born in seinem Schreiben an den Grafen von Kinsky (1). Es ist ein Bericht über einen Besuch des Berges, den er gemeinsam mit dem um die Mineralogie Böhmens in damaliger Zeit hochverdienten Ferber von seinem Gute Alt-Zet- lisch, südlich von Plan, am 23. Mai genannten Jahres unternommen hatte. Gegenüber der erwähnten, neptunistischen Ansicht, dass der Berg ein Erdbrandprodukt sei, wie jene in dem nördlichen Böhmen zu den gewöhnlichsten, geologischen Erscheinungen gehören, betont er in seinem Schreiben die entschiedene Vulkanität des Berges und empfiehlt zur definitiven Feststellung dieser Thatsache einen Stollen- bau nach der Eruptionsspalte. Ferber, sein Reisebegleiter, welcher an einigen Stellen (2, pag. 35) seiner Schriften den Kammerbühl vergleichsweise anführt, ist ebenfalls von der wirklichen Vulkanität des Berges fest über- zeugt. Beiden entgegen ist F. A. Reuss, der Vater des ebenfalls noch zu erwähnenden, böhmischen Geologen, der Ansicht seiner Zeit gemäss ein eifriger Anhänger der. neptunistischen Frdbrandtheorie. In seinen Schriften von 1792 (4) und 1794 (5) bezeichnet er den Kammerbühlalseinen „pseudovulkanischen“ Hügel, durch einen Erd- brand entstanden, und lässt ein wahrscheinlich durch sich oxydirende Schwefelkiese in Brand gerathenes Steinkohlenflötz die Ursache hier- von sein. Hören wir in dieser Beziehung seine eigenen Worte: „Und so hätten wir an dem Kammerbühl statt eines echten Vulkans, wofür ihn Herr Ritter von Born halten zu müssen glaubte, nichts mehr und nichts weniger als einen Erdbrand, eine Erscheinung, die in ‘Böhmen nicht ungewöhnlich ist“. (5, 1. Aufl., pag. 65; 2. Aufl., pag. 77.) Goethe, der wie einleitend schon erwähnt wurde, den Kammer- bühl zu wiederholten Malen besuchte und beschrieb, ist in seinen genetischen Vorstellungen schwankend. In seiner ausführlichen Be- schreibung von 1808 inLeonhard’s Taschenbuche (6), der er sogar eine recht hübsche Abbildung auf Kupfertafel, die uns den Gipfel mit einem „Lusthäuschen* geschmückt zeigt, beigiebt, spricht er sich für eine vulkanische, jedoch submarine Bildung aus und 1820 be- zeichnet er den Berg noch „als einen reinen Vulkan, der sich un- mittelbar auf und aus Glimmerschiefer gebildet habe* (10, Cotta, pag. 195; Hempel, pag. 379). Nachdem er am 26. April erwähnten Jahres auf seiner Durchreise nach Karlsbad von dem ihm sehr be- freundeten Magistrats- und Krimmalrathe Grüner in Eger erfahren hatte, dass man auf der Sohle der grossen Schottergrube, — es ge- schah auf Veranlassung des Grafen Kaspar von Sternberg, — „mit einem Schachte niedergegangen sei, um zu sehen, was in der Tiefe zu finden sein möchte und ob man nicht vielleicht auf Steinkohlen treffen dürfte“ (10, Cotta, pag. 193; Hempel, pag. 379), besuchte er bei Gelegenheit seiner Rückreise am 28. Mai 1820 in Begleitung des Egerer Freundes die dortigen Nachgrabungen. Diese waren be- 46 E. Proft. [22] reits in einer Tiefe von 6 Klaftern (circa 11 Meter) wieder sistirt worden und hatten nach dem Berichte Goethe’s (ec. 1.) nichts weiter ergeben, als Lavaschlacken in grösseren und kleineren Stücken, einen rothgebrannten Glimmersand. „theils mit kleinen Lavatrümmern ver- mischt, theils mit Lavabrocken fest verbunden“ und in einer Tiefe von 2 Lachtern (circa 4 Meter) den „feinsten, weissen Glimmersand“. Am Schlusse des erwähnten, kleinen Berichtes über seinen Besuch empfiehlt Goethe einen Stollenbau nach der Berührungsstelle des Basaltes mit dem Grundgebirge und bezeichnet den Grafen Stern- berg als die geeignete Person zur Ausführung eines solchen Unter- nehmens. Diese Idee einer Stollengrabung war jedoch keineswegs neu, sie hatte. bereits, wie erwähnt, 47 Jahre vorher von Born ge- habt, und Goethe, der, wie aus dem Briefe an C. Leonhard vom 18. November 1808 (7) hervorgeht, den Aufsatz von Born’s über den Kammerbühl kannte, gebührt nur das Verdienst, sie neu be- lebt zu haben. Am 30. Juli 1822 bestieg Goethe gemeinsam mit GrafStern- berg, Berzelius, Grüner und dem damaligen Wiener Professor der Mediein Pohl nochmals, es war wohl sein letzter Besuch, den Kammerbühl, „diese merkwürdige immer wieder besuchte, betrach- tete, immer wieder problematisch’ gefundene, weit und breit umher- schauende, mässige Erhöhung“ (11, Cotta, pag. 223; .Hempel, pag. 410), wie er ihn nennt. Obwohl bei diesem Besuche Berzelius namentlich die entschiedene Vulkanität des Berges betont hatte, indem er auf die erosse Aehnlichkeit (desselben mit mehreren Vul- kanen der Auvergne hinwies (19, pag. 26), erklärte Goethe dennoch, durch einen nicht näher bezeichneten, damals in Franzensbad zur Our verweilenden Neptunisten bei einem Meinungsaustausch in seiner bisherigen Ansicht irre gemacht, 1823!) den Kammerbühl für pseu- dovulkanisch und dadurch entstanden, dass Steinkohlen und Glimmer- schiefer an die anstehenden Basaltfelsen „angeflötzt“ wurden und die Ablagerung in Brand gerathen, umgeschmolzen und mehr oder weniger verändert worden sei. Schon H. Cotta (17, pag. 7—8) und Nögge- rath baben ehedem auf die Irrigkeit dieser Ansicht hingewiesen und eine Widerlegung unternommen; nur der Vollständigkeit halber möchte ich dieselbe mit angeführt haben. — Goldfuss und Bischof nennen in ihrem Werke über das Fichtelgebirge (8) den Kammerbühleinen Vulkan, halten (die kessel- förmige Vertiefung auf seinem Gipfel für den Krater und erklären die Schichtung seiner Schlackenablagerungen durch submarine Aus- brüche entstanden, „sehen aber ein Braunkohlenflötz als Brennmaterial desselben an, so dass es“, wie schon Nöggerath hervorhebt, „ihrer genetischen Vorstellung an der erforderlichen Bestimmtheit mangelte“ (23, pag. 123). Mussill (9) spricht sich für Pseudovulkanität des Hügels aus. Berzelius, der, wie oben erwähnt wurde, den Kammer- bühl in Gesellschaft von Goethe und Sternberg 1822 besuchte, ist von der vulkanischen Natur desselben durchaus überzeugt 1) Cotta, Bd, XXX, pag. 242. Hempel, Bd. XXXIH, pag. 424. a 21 , [23] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 47 und sieht in der schichtenförmigen Ablagerung auf der Ostseite das Resultat äolischer Wirkungen, eine Erklärungsweise, welche nach den früheren Darlegungen die einzig richtige und zulässige ist. Hören wir die eigenen Worte des grossen, schwedischen Forschers und Ge- lehrten über den kleinen Vulkan: „Er scheint in der That ein übrig gebliebener Krater eines ausgebrannten Vulkans zu sein, der aber nur einen einzigen, sehr geringen Ausbruch gehabt hat, bei welchem Asche und Schlacken nach der einen Seite geführt worden sind, während sich ein kleiner Lavastrom auf der andern Seite ergoss, wodurch der Krater die Gestalt eines von zwei Seiten zusammen- gedrückten Kegels erhalten hat. Sollte diese Hypothese richtig sein, so hätte der Kammerbühl das Merkwürdige, der kleinste Vulkan seiner Art zu sein, da er an Grösse nicht einem der bekannten Hünengräber bei Upsala gleichkömmt“. (12.) v. Hoff scheint ebenfalls der Annahme einer echten Vulkanität für den Berg zuzuneigen; in seiner Notiz (13) zwar vorsichtig, be- zeichnet er ihn als „einen nicht blos basaltisch gebildeten, sondern auch eigentliche, vulkanische Schlacken und Lava enthaltenden Berg“. Heinrich Cotta, der sich währeud seines wiederholten Bade- aufenthaltes in Franzensbad und mehr als 20 Jahre hindurch mit dem Kammerbühl und seiner Genesis beschäftigte, daher mit Recht von Palliardi der „Nestor der Forschungen am Kammer- bühl“ (29, pag. 24) genannt wird, unternahm im August 1825 in Ge- meinschaft mit dem Grafen von Holzendorf, Bergmeister zuSchnee- berg, Nacngrabungen zur Untersuchung des Hügels. Sie liessen an zwei Punkten einschlagen, oben auf dem Gipfel und unten an seinem west- lichen Fusse. In der Eingrabung auf dem Gipfel fand man neben „einer nicht unbedeutenden Menge verglaster, mit theils gelbem, theils grünem Glase überzogener Glimmerschiefer- und Quarzstücke“ und „unregelmässigen, weissen, oft in schwarze, schlackige Massen ein- gehüllten Bimssteinbrocken“, auf die noch des Näheren im petrogra- phischen Theile zurückzukommen ist, eine Auflagerung der losen Schlackenmassen auf den oberen, porösen Theil des basaltischen Lavastromes; die Grabung am westlichen Fusse zeigte „in einem unreinen Lehme abgerundete, meist verwitterte Basaltklumpen, die von der Höhe des Berges herabgerollt sein mochten“. (17, pag. 16.) In seinen Schriften (14 und 17) sucht H. Cotta den Neptunisten und Anhängern der Erdbrandtheorie die echte Vulkanität des Berges zu beweisen und führt zu diesem Zwecke das Vorkommen des Olivins in dem Lavabasalte sowohl, wie in den losen Schlacken. ferner (das gänzliche Fehlen eines der gewöhnlichsten Erdbrandproducte, des Porzellanjaspis, ins Feld. Zur Erklärung der ausgezeichneten Schich- tung auf der Ostseite, sowie der einseitig rückenförmigen Längs- erstreckung des Berges, nimmt er, es ist bereits im vorhergehenden Theile darauf hingewiesen worden, eine submarine Thätigkeit des Kammerbühl-Vulkanes an zu einer Zeit, als die Wassermassen des Eger-Franzensbader Beckens im Osten eine Durchbruchsstelle ge- funden hatten und von Westen her ganz allmählig dahin ihren Abfluss nahmen. Er sagt: „Vorausgesetzt nun, dass der Ausbruch dieses kleinen Vulkans während der Strömung des Wassers erfolgt ist und 48 E. Proft. Ä [24] zu der Zeit, wo dasselbe eine grössere Höhe hatte, als der Kammer- bühl gegenwärtig hat, so lassen sich alle vorkommenden Erscheinungen höchst natürlich erklären. Wenn nämlich ein soleher Ausbruch unter einer hohen, strömenden Wassermasse erfolgte, so mussten die im Inneren des Vulkans gebildeten Schlacken und andere losgerissene Produete durch die Explosion in dem Wasser zunächst aufwärts ge- trieben, dann aber von demselben eine Strecke weit mit fortgenommen werden, während sie vermöge ihrer Schwere in schiefer Richtung zur Erde sanken und so schichtweise sich niederlagerten“. (14, pag. 327.) Dass H. Cotta mit dieser Erklärungsweise nicht die richtige getroffen hatte, sondern die Stratifieirung der Schlacken- massen ein rein äolisches Phänomen ist, wurde bereits früher gezeigt. Wie ebenfalls H. Cotta, so hebt auch C. v. Leonhard m seinen Basaltgebilden (16) und später in seiner Geologie (26) zum Zeugnisse für die echte Vulkanität der Kammerbühl-Ablagerungen das Vorkommen der vulkanischen Bomben und das Auftreten des Olivines in den Schlacken, sowie für ihre eruptive Ursprungsweise das häufige Vorhandensein von Schiefer- und Quarzit-Einschlüssen in den Projectil- arten, namentlich den Bomben, ganz besonders hervor; auch eine äolische Wirkung bei der Bildung der stratifieirten Schlackenablagerung hält er sehr wohl für möglich. Nochmals unternimmt es im Anfang der 30er Jahre Kühn, Professor in Freiberg, in seiner Notiz (18) die Ablagerungen des Kammerbühls in echt neptunistischer Weise zu erklären. „In den Schuttmassen des Cammerbühls. sagt er (l. e.), finden sich neben frischen auch zugleich deutlich verschlackte Glimmerschieferstücken. Unter welchen Verhältnissen sich die erwähnte Schuttmasse gebildet und hier angehäuft habe, ist aber noch sehr räthselhaft. Fast gewinnt es den Anschein, als hätte das Wasser die schlackigen Massen erst herbeigeführt und an den Basalthübel des Berges angelagert. Die erste Entstehung des Schlackengeschüttes könnte ebensowohl durch ein vulkanisches Ereigniss, als durch Einwirkung eines Erdbrandes auf eine, dessen Herd bedeckende Geröllmasse von basaltischem Ge- steine und Glimmerschiefer vermittelt worden sein.* Ich brauche mich wohl kaum über diese Kühn'sche Ansicht weiter zu verbreiten, zumal schon Nöggerath seiner Zeit dieselbe „nur noch als eine Curiosität“ (23, pag. 125) bezeichnete. Schon zu Goethe’s Zeiten, in den Monaten April und Mai 1820), liess, wie ich erwähnte, der schon vielgenannte und als Montan- schriftsteller und Palaeophytolog berühmte Graf Kaspar von Stern- berg eine Schachtabteufung auf der Sohle des Zwergloches 6 Klafter (11 Meter) tief vornehmen, die unter den lockeren Lavaschlacken einen roth gebrannten Letten und bei 2 Klaftern (4 Meter) Tiefe denselben in unverändertem Zustande ergab. Ebenso wurde schon berichtet, dass Sternberg den Vulkan mit Goethe und Berzelius zusammen (vergl. pag. 46) am 30. Juli 1822 besuchte. Er war es ganz besonders, den Goethe, als er in seiner Schrift von 1820 (10) die Idee. einer Stollengrabung nach dem Contacte von Basalt und Grundgebirge neu anreste, für die Ausführung des Unternehmens im Auge hatte. Einige Jahre nach Goethe’s Tode verwirklichte denn * [25] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 49 auch Sternberg, indem er sich durch den Wunsch des grossen Dichters geehrt fühlte und in der Absicht, eine ehrenvolle Pflicht der Pietät gegen dessen Mahnen zu erfüllen, diese Idee und liess in den Jahren 1834—1837 unter Leitung des Schichtamtsdireetors Micksch umfangreiche und sehr kostspielige Nachgrabungen aus- führen. Zunächst begab er sich mit dem Grafen Breuner und dem Gubernialrathe Maier zu Pribram, „zwei stattlichen Mineralogen und Geognosten“, an Ort und Stelle, um über die in erster Linie auszuführende Schachtanlage, sowie die später daran zuschliessende des Stollennetzes zu berathen. Die Schachtabteufung wurde, was ebenfalls aus dem vorhergehenden Theile schon bekannt ist, am Fusse des südlichen Kammerbühl-Abhanges circa 30 Meter östlich von dem anstehenden Basalte, wo heute noch die Reste der Halde liegen, bis zu 10 Klafter (eirca 19 Meter) Tiefe vorgenommen und ergab ein ähnliches Resultat, wie die 1820 in der Schottergrube ausgeführte Grabung: Lavaschlacken, manchmal mit inneliegenden, verglasten Quarzbrocken, darunter rothgebrannte Lettenmassen, oft etwas sandig und mit Schlacken und deren Trümmern durchzogen und zu einer Art Conglomerat verkittet, ausserdem die sandigen Letten in gelbem, noch unveränderten Zustande. Ursprünglich war beabsichtigt, den Schacht bis auf den Schiefer des Grundgebirges herab abzuteufen und dem ÜOontacte der vulkanischen Massen folgend, eine Strecke nach der Eruptionsstelle zu treiben. Da aber in der 10. Klafter, d.i. bei 20 Meter Tiefe unerwartet Wasser in so grosser Menge aufstiegen, dass sie durch Auspumpen nicht zu bewältigen waren und ausserdem Ende October 1834 sich ungünstige Witterung einstellte, zog man es vor, die Arbeiten einstweilen abzubrechen und nur das Niveau des Wassers zu beobachten, welches jedoch mit 16 Zoll (eirca 40 Centi- meter) seinen höchsten Stand erreichte, da es in dieser Höhe durch ‚die lockeren Schlackenmassen einen Ausweg zu finden schien. Mit Wiederaufnahme der Arbeiten im nächsten Frühjahr trieb man so- gleich oberhalb des höchst beobachteten Wasserstandes in der 9 Klafter (bei eirca 17 Meter Tiefe) vom Schachte aus nach NW und SO in entgegengesetzten Richtungen eine in zwei ungleiche Abschnitte zer- fallende Hauptstrecke mit einer Gesammtlänge von 34 Klaftern (64 Meter) und rechtwinklig dazu als Fortsetzung am nördlichen Ende eine südwestlich gerichtete, 14 Klafter (26°5 Meter) lange Neben- strecke. In dem nördlichen, grösseren Theile der Hauptstrecke stiess man in der 16. Klafter (bei 30 Meter) auf einen gelblich verwitterten, mürben Glimmerschiefer, der oftmals durch Eisenoxyd 'ganz roth ge- färbt und vielfach von Quarzadern durchzogen, mit 80° gegen N ein- fiel und „zahlreiche 2—10 Zoll (5—26 Centimeter) im Durchmesser haltende, innen traubige und sammtschwarze Brauneisenstein-Geoden“ enthielt‘). Der kürzere, südliche Theil bewegte sich erst 12 Klaftern ') In obigem, kurzen Referate über Sternberg’s Arbeiten folge ich im Wesentlichen den Angaben von A. E. Reuss (31, pag. 38—41), der dieselben seiner Zeit der Güte des Betriebsleiters Micksch verdankt. Palliardi’s Angaben hier- über (29, pag. 42—54), welche mit denen von A. E. Reuss mehrfach differiren, scheinen mir die weniger zuverlässigen zu sein, zumal sie über ihren Gewährsmann und den Grund ihrer theilweisen Verschiedenheit keine Auskunft geben. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band, 1. Heft. (E. Proft.) 7 50 E. Proft. [26] (22:75 Meter) durch locker geschichtete Lavaschlacken mit vielen, lose darinliegenden, an der Oberfläche deutlich verglasten Quarzen und erst am Ende wurde ein gelblicher, ebenfalls verwitterter Glimmer- schiefer und auf ihm auflagernd, jene tertiäre Lettenschicht, zum Theil noch mit vulkanischen Auswürflingen untermengt, angefahren. Die in südwestlicher Richtung abzweigende Nebenstrecke erreichte mit ihrem Ende einen festen, porösen Basalt, der hier einen keil- förmigen Vorsprung bildete, — es war die nördliche Spitze der aus der Tiefe emporgequollenen Lavamasse, — unmittelbar im Contacte mit den fast senkrecht gestellten Schieferschichten. Um nun zu der basaltischen Lavamasse auch an einem weiter südwärts gelegenen Punkte zu gelangen, wurde von dem nördlichen Abschnitte der er- wähnten Hauptstrecke und diese kreuzend, eine zweite 55 Klafter (104 Meter) lange Hauptstrecke SW NO getrieben und mit dieser in Verbindung ein System von 3 Nebenstrecken. Die neue Haupt- strecke ergab an ihrem nördlichen Ende den Schiefer, dann nach S zu lockere Schlackenmassen, weiter mürben, verwitterten und meist hydroxydirten Glimmerschiefer und schliesslich nochmals am südlichen Ende locker geschichtete Lavaschlacken. | Die nördliche, anfangs WWN durch lockere Schlackenmassen, hier durch ihre besondere Grösse ausgezeichnet, getriebene Seiten- strecke erreichte späterhin rechtwinkelig umbiegend die poröse, basaltische Lavamasse gerade auf der Grenze mit den lockeren Schlackenschichten und zeigte, auf dieser ein ziemliches Stück fort- geführt, dass sich von dem Basalte mehrfach plattenförmige, gang- ähnliche, bis 2 Fuss mächtige Ausläufer apophysenartig in die Schlacken- massen hineinerstrecken, von denen mehrere durchfahren wurden. Mit der zweiten, rein westlich am Südende der neuen Haupt- strecke abzweigenden traf man im Anfange auf Schlackenschichten mit sehr vielen. Quarz- und Schiefereinschlüsse enthaltenden Bomben,. weiterhin den glimmerig-sandigen Letten des Tertiärs mit sehr vielen (Juarzfragmenten und gegen Ende den Schiefer des Grundgebirges; ihre Firste aber wurde durch den Lavabasalt gebildet, den man hier somit unterfahren hatte. Die letzte dieser seitlichen Strecken führt, in ihrem Verlaufe ziemlich unregelmässig, meist durch lockere Schlacken und geht zu- letzt unter ziemlich steilem Ansteigen im Osten der anstehenden Basaltfelsen zu Tage aus. Ihr Mundloch ist durch ein einfaches Granit- portal geschmückt, welches ‚mit seiner prunklosen Inschrift auf guss- eiserner Tafel: „Den Naturfreunden gewidmet v. @. K. Sternberg. MDCCCXXXVL. noch heute den Besucher des Berges auf die längst in Vergessen- heit gerathenen oder nur noch dem Namen nach bekannten Arbeiten Sternberg’s hinweist. Gern hätte man mit einer Strecke die basaltische Lavamasse durchquert, um auch auf der westlichen Seite ihr Verhalten zum Grundgebirge kennen zu lernen, aber sämmtliche Versuche scheiterten an der Festigkeit des Gesteins, wo man es auch nur erreicht hatte. Man ging daher zu diesem Zwecke auf der Westseite der Basalt- [27] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. a1 felsen mit einem zweiten Schachte nieder und kam dabei durch „lose, mit rothem Sand gemengte Schlackenmassen“ und zuletzt auf den festen Lavabasalt. Von diesem Punkte wurden ebenfalls zwei Strecken getrieben, eine 8 Klafter (ca. 15 Meter) weit ostwärts und die andere 6 Klafter (ca. 11 Meter) weit in nördlicher Richtung Die erstere lief ganz auf der Grenze zwischen dem Lavabasalte und den Schlacken hin, die hier fast alle mit einem weissen Ueberzuge, wahrscheinlich von carbonatischen Zersetzungsproducten, versehen waren und zahl- reiche, verglaste Quarzit- und Glimmerschieferstücke enthielten. Die andere zeigte den Basalt in der Sohle und darüber die losen, äusser- lich roth gefärbten Schlackenmassen. Durch diese ziemlich umfangreichen Untersuchungsarbeiten Sternberg’s, welche hiermit ihren Abschluss gefunden hatten. hat der Kammerbühl vor anderen erloschenen Schichtvulkanen das eine voraus, dass bei ihm wirklich das Emporgedrungensein des basaltischen Lavastromes aus dem FErdinneren und «das Vorhandensein eines Eruptionscanals festgestellt wurde, was für die damalige Zeit von unschätzbarem Werthe war. Längst schon sind die Strecken verfallen oder stehen zum Theil gänzlich unter Wasser, so dass schon A. E. Reuss 1852 nur noch wenige Klafter weit in die Tagesstrecke einzudringen vermochte. Neuerdings hat man diesen Zugang zur Vermeidung von Unglücks- fällen durch Einfügung einer Quermauer vollkommen gesperrt. — In grösserer Ausführlichkeit habe ich hier über die Grabungen Stern- berg’s berichtet, weil sie in Bezug auf die innere Struetur ‘des Hügels und die Auflagerungsverhältnisse der vulkanischen Massen auf den Untergrund doch so manches Interessante und Wissenswerthe dargethan haben. Fragen wir nun, zu welcher genetischen Ansicht Sternberg durch seine fast vierjährigen, bergmännischen Untersuchungen ge- langte? Im vaterländischen Museum zu Prag, in dessen Besitz wohl auch die meisten, bei den Grabungen gewonnenen Schaustücke gelangt sind, verglich er die Producte des erloschenen, böhmischen Vulkanes mit denen noch thätiger, wie solche in zahlreichen Suiten vom Vesuv, Aetnaund den Liparischen Inseln vorhanden waren, und glaubte aus der sich hierbei ergebenden Verschiedenheit schliessen zu dürfen, dass der Kammerbühl gar nicht als eigentlicher Vulkan, das ist Schichtvulkan im jetzigen Sinne, sondern als einfache Emporquellung von Basalt zu betrachten sei. Obwohl er die Aehnlichkeit seiner porösen Lavaschlacken mit der schlackigen Lava noch thätiger Feuerberge und mancher Abänderungen seines blasigen Lavabasaltes mit den Lava- gesteinen beiAndernach und am Laacher See anerkennt, macht er zu Gunsten seiner Ansicht das gänzliche Fehlen von Einschlüssen echt vulkanischer Mineralien, als Leucit, Haüyn, Augit, Sanidin, ferner das Fehlen jeglicher Sublimationsproducte, sowie glasartiger Sub- stanzen, als Bimsstein und Obsidian ganz besonders geltend. Die vul- kanischen Bomben oder „Schlackenballen,“ wie er sie nennt, und die nach seiner Angabe (22, pag. 32) in grosser Menge im Inneren des Hügels auf der Grenze zwischen Basalt und Schlackenmassen sich finden, erklärt er durch Reibung der empordringenden Basaltmasse an Ace 52 E. Proft. [28] den Wänden des Eruptionscanales entstanden. — Als makroskopische, Jedermann sogleich ins Auge springende Ausscheidungen freilich sind solche der genannten Mineralien nicht zu entdecken; doch die mikro- skopische Untersuchung am Dünnschliff kann lehren, dass die meisten derselben wohl vorhanden sind und auch glasige Produete nicht fehlen. Für Nöggerath, welcher den Kammerbühl bald nach Voll- endung der Grabungen Sternberg’s, am 13. September 1837, auf der Reise zur damals in Prag stattfindenden Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Begleitung des späteren, Bonner Medieinalrathes Mohr besuchte, war als genauem Kenner der Rhein- ischen und Eifeler Vulkane die echt vulkanische Natur desselben sogleich vollkommen ausser Frage gestellt. Er sagt hierüber (23, pag. 117): „Wir bestiegen zuerst eilig den engbegrenzten Hügel, um eine Uebersicht des Ganzen und seiner Producte zu gewinnen, und meine Ansicht war gleich die, dass es ein kleiner Vulkan sei, ganz ähnlich, wie sie zahlreich bei uns in der Gruppe des Laacher Sees und in der Eifel vorkommen, oder wie der Rodderberg am Rhein“, Und weiter: „Mir war aber auch die ächtvulkanische Natur des Kammerbühls gleich so überzeugend geworden, dass ich zu der, zwischen den Gelehrten so lange unentschieden gewesenen Frage, ob er pseudo- oder echtvulkanisch sei, des Schlüssels zum Stollen nicht bedurfte, obgleich ich in anderer Hinsicht doch sehr gerne die lediglich aus Liebe zur wissenschaftlichen Aufklärung von dem Grafen Sternberg aus eigenen Mitteln ausgeführten und gewiss sehr kost- bar gewesenen, bergmännischen Arbeiten gesehen hätte.“ (23, pag. 118.) Ganz besonders frappirt ihn beim Anblick der durch Sternberg’s Grabungen zu Tage geförderten Halde die täuschende Aehnlichkeit der Producte mit denen des Roderberges, welche nach seiner Angabe so gross ist, dass „man wohl zu jedem Stück des Haufwerks ein Exemplar an dem Rodderberg bei Bonn möchte auffinden können“. (l. e. pag. 120.) Am Schlusse seines trefflichen Abschnittes giebt er, indem er hervorhebt, dass „ihm alles am Kammerbühl klar sei und dass es Andern auch viel früher klar geworden wäre, wenn man sich nur eher die zahlreichen Vulkane links des Rheines hätte ansehen wollen, (l. e. pag. 122), eine kritische Uebersicht der verschiedenen, bisher über den Kammerbühl und seine Genesis laut gewordenen Ansichten. Auch tritt er in der Erklärungsweise der Schichtung und einseitigen Verbreitung der Projectilmassen entgegen der hydatogenen H. Cotta’s, für die äolische von Berzelius ein, indem er auf ähn- liehe Erscheinungen bei rheinischen Vulkanen hinweist. Mohr, sein Reisegenosse, dessen Name auf dem Gebiete der’ Chemie einen guten Klang besitzt, indem er als Erfinder der Titrir- methode bekannt ist, zeichnete sich später auf geologischem Gebiete durch seine stark neptunistischen und jederzeit sehr excentrischen Ansichten unter den Zeitgenossen aus. Auch über den Kammerbühl, den er im Jahre 1868 nochmals besuchte, sind seine Vorstellungen sehr unklare und wunderliche zu nennen. Nach seiner Notiz von 1869 hält er ihn, wie H. Cotta, für einen submarinen Vulkan, leugnet edoch das Vorhandensein eines eigentlichen Lavastromes und meint [29] Kammerbühl und: Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. ho dennoch, die basaltischen Lavafelsen seien „gleichzeitig mit der Eruption geboren worden“ (37, pag. 150). Bernhard v. Cotta, der Sohn des erwähnten Tharander Geo- gnosten, schliesst sich in Bezug auf die Schlackenablagerung und ihre Genesis der Ansicht seines Vaters vollkommen an und erklärt sie, wie auch die von ihm herrührende Abbildung in H. Cotta’s Schriftehen von 1833. (17) bestätigt, welche sich auch in verkleinertem Maasstabe in seinen „aeologischen Bildern“ (39, pag. 38) wieder- findet, durch submarine Eruptions-Thätigkeit gebildet. Ja in der letzt- genannten Schrift geht er sogar noch weiter und meint mit der Ent- stehung des Kammerbühls einen prähistorischen Fall vulkanischer Inselbildung nachweisen zu können (l. e., pag. 37). Der bei Glückselig sich findende Abschnittüberden Kammer- bühl (25) ist Anfangs ein wörtlicher Abdruck, später nur ein Auszug aus Schriften von H. Cotta, namentlich aus derjenigen von 1833 (17). Ehrenberg (27) glaubt für die Genesis der Kammerbühl- Ablagerungen nicht submarine Thätigkeit, verbunden mit gleichzeitigem Abfluss der Gewässer annehmen zu müssen, sondern erklärt die regelmässige Schichtung, indem er sich dabei der Schichtungser- scheinungenan den „bergehohen Schutthaufen bei Cahira in Egypten“ und an den „Monti testacei in Italien“ erinnert, durch allmählige Auftragung, ohne Wasser, entstanden (27, pag. 332). Palliardi, Badearzt zu Franzensbad, der als Dilettant für die geologischen und mineralogischen Verhältnisse seiner Gegend grosses Interesse hatte, ganz besonders aber seine Musestunden dazu benutzte, den Kammerbühl und seine Ablagerungen zu studiren und eifrig auszubeuten, giebt mit der Tendenz, alles bisher über den Kammerbühl Niedergeschriebene in ein Ganzes zusammenzu- fassen, in seinem, den Mahnen Sternberg’s und H. Cotta’s ge- widmeten Schriftehen (29) eine Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten, wie der zu wissenschaftlichen Zwecken unternommenen Grabungen und deren Resultate. Nochmals erbringt er die nunmehr sehr überflüssigen Beweise früherer Autoren, dass der Kammerbühl kein angeflötzter Hügel, kein Erdbrand, sondern ein echter Vulkan; auch lässt er in Bezug auf den Ausbruch und dessen einzelne Phä- nomene seiner Phantasie in weitgehendem Maasse Spielraum. Schätzenswerth immerhin ist sein Literaturverzeichniss, welches so ziemlich alle einschlägigen Schriften bis 1856 aufführt und nach mannigfacher Richtigstellung und Ergänzung auch dem hier gegebenen zu Grunde gelegt werden konnte. Hingegen führt Palliardi in seinem mit Zugrundelegung der analogen Schriften der beiden Cotta’s ver- fassten Verzeichnisse der Kammerbühl-Vorkommnisse manches auf, was thatsächlich in den dortigen Ablagerungen gar nicht vorkommt und niemals vorgekommen ist, so namentlich ein loses, zollgrosses Stück Obsidian (29, pag. 115). — Von jeher war Palliardi ein eifriger Sammler gewesen, der sich nicht nur auf die grosse Schottergrube beschränkte, sondern den sein Sammeleifer auch auf Wege und Plätze trieb, wo das vulkanische Material breit gefahren wurde. Da mag er denn, wie es leicht geschehen konnte, mitunter auch ein Stück mit aufgelesen haben, welches gar nicht dem Kammerbühl zugehörte. Das 54 E. Proft. [30] fragliche Stück, welches er für Obsidian ansprach, dürfte wohl, wie ich in Erfahrung bringen konnte, ein Geröllbruchstück dunkelschwarzen tauchquarzes gewesen sein, wie solche Gerölle, aus dem Fichtel- sebirge stammend, im Flusskiese der Eger vorkommen, der ebenfalls zu Beschotterungszwecken verwendet wird. Bei Weitem die trefflichste und ausführlichste Beschreibung des Kammerbühls liefert A. E. Reuss (21)im Anschlusse an geologische Aufnahmen, die er im Jahre 1850 für die k. k. geologische Reichs- anstalt auszuführen hatte. In der genauesten Weise berichtet er, wie schon angeführt, nach persönlichen Mittheilungen des Betriebsleiters (vergl. pag. 49), zugleich mit Wiedergabe von dessen Profilen einzelner Streckentheile, über die Grabungen Sternbere’s, die damals schon so weit verfallen waren, dass er sie selbst nicht mehr besichtigen konnte (vergl. pag. 5l). In Bezug auf die stratificirte Schlackenablagerung hält er, indem er auf analoge Schichtungserscheinungen bei den Fruptionskegeln erloschener wie noch thätiger Vulkane hinweist, die Annahme einer submarinen Bildungsweise, wie sie namentlich H. Cotta vertrat, keineswegs für nöthig. Vielmehr erklärt er sehr richtig jede Schicht als das Product eines einzelnen Eruptionsactes, woraus auch die Verschiedenheit der Grösse, Farbe und Beschaffenheit des sie zusammensetzenden Materiales, sowie die eine Art von Schichtung nachahmende Anordnung desselben leicht erklärt werden kann (31, pag. 42). Ergänzend hierzu hebt Jokely (32) hervor, dass die Schlacken- massen nicht direct auf den Schiefer des Grundgebirges aufgelagert seien, sondern auf jene viel erwähnte Zwischenschicht gelimmerig- sandigen Tertiärlettens. Judd, wohl der Einzige, welcher sich in neuerer Zeit mit dem Kammerbühl beschäftigt und eine ausführliche Schilderung im Geolo- gical Magazine (42) gegeben hat mit der Absicht, an seinem Beispiele zu zeigen, wie die Geologen allmählig zu ihrer jetzigen Ansicht über den Vulkanismus gelangt sind, weist, wie auch schon Jokely gethan, auf die Denudationswirkungen hin, durch welche der Berg im Laufe der Zeit mannigfache Umgestaltungen erfahren hat. Darin jedoch, dass ihn der enelische Geolog für das Reliet einer ganzen Vulkanenkette anspricht, geht er meiner Meinung nach zu weit. Fr sagt in dieser Beziehung (l. e., pag. 108): „From ırhat remains I should be led to infer that a series of several cinder cones in close «pposition origi- nally existed here, and that the one at the nord-west end, which was the largest, was breached by a lavastream.“ Er scheint überhaupt eine viel zu hohe Meinung von dem kleinen. böhmischen Vulkane, wie seine „Section of the Kammerbühl in Bohemia*“ (l. e., pag. 110) zeigen kann, gehabt zu haben. Ein so typischer Kegel, wie er ihn dort con- struirt, dürfte an Stelle des heutigen Relictes sicherlich niemals be- standen haben. Vielmehr scheint die Kegelgestalt des ehemaligen, fertig gebildeten Stratovulkanes keine sehr typische und besonders regelmässige gewesen zu sein, sondern eine auf der Ostseite arg in die Länge gezerrte, worauf auch die einseitig rückenförmige Längs- erstreckung der ganzen Ablagerung, entstanden unter dem Einflusse heftiger, äolischer Wirkungen während der Eruption, hindeutet. [31] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 55 Dasselbe Profil zeigt die vulkanischen Massen direct auf das Grundgebirge aufgelagert und nicht auf jene jungtertiäre, lettige Zwischenschicht, deren Existenz ja so vielfach durch jede der Grabungen nachgewiesen, von Jokely aber ganz besonders noch betont worden war. Reyer sieht m dem Kammerbühl als einem kleinen Tuft- kegel mit seitlich abgeflossenem Lavastrom „den einfachsten Typus eines combinirten Vulkanes“. (47.) Schliesslich giebt neuerdings noch Laube eine kleine, jedoch nur für Excursionszwecke berechnete Schilderung des Berges (50). 3. Petrographischer Theil. 1. Die verschiedenen Gesteins-Modificationen und ihre einzelnen Gemengtheile. Schon Zirkel, der erste, welcher Material vom Kammerbühle mikroskopisch untersuchte, hebt die aussergewöhnlich feinkrystalline Zusammensetzung der Laven hervor, in Folge deren die Schliffe sehr dünn sein müssen (38). In der That löst sich selbst in Präparaten, welche blos 0°:06—0°08 Mm. dick sind, nur an sehr vereinzelten Stellen das äusserst fein verfilzte Gesteinsgewebe einigermassen in seine Bestandtheile auf, namentlich dann, wenn der Schnitt durch eine minimalste Dampfpore zufällig so gelegt war, dass dieselbe mit ihrem kulminirenden Theile in dem Gesteinsblättechen so gerade noch erhalten blieb. Zirkel constatirte das Vorhandensein von mikroskopischem Leueite (l. e.). Seine Wahrnehmung hat zu der sehr verbreiteten, jedoch irrigen Meinung, die Kammerbühl-Gesteine gehörten allgemein dem Leucitbasalte an, Verlanlassung gegeben, eine Ansicht, die selbst in neuerer Zeit noch besteht. (41; 50, pag. 140; 54, pag. 14153). Sodann fand v. Sandbergerin den Kammerbühl-Laven wasser- helle, hexagonale Tafeln mikroskopischen Nephelins (40). Kine Ver- wechselung mit Apatit konnte nicht vorliegen, da eine Prüfung auf Phosphorsäure negativ ausfiel. Penck’s Untersuchungen (45) erstreckten sich in der Hauptsache auf Lapillen und ergaben im wesentlichen dieselbe Zusammensetzung, wie sie von dieser Projectilart unten geschildert ist. Betreffs der basaltischen Lava konnte er die Richtigkeit der. Beobachtungen v. Sandberger's, ein reichliches Vorhandensein des Nephelines bestätigen. Daher stellt v. Gümbel später in seiner Eintheilung der Fichtelgebirgischen Basalte denjenigen vom Kammerbühl zu den Basalten mit leptomorpher Nephelin-Zwischenmasse. (46, pag. 254.) Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass v. Chrustschoff einen Glimmerschiefer-Einschluss aus einer Bombe des Kammerbühls untersuchte, der jedoch wenig evidente, kaustische Einwirkungen wahrnehmen liess (48). Schon der äussere Anblick lässt je nach structurellen und dimensionellen Verschiedenheiten eine Sonderung des Kammerbühl- Materiales in folgende fünf Typen vornehmen: BG E. Proft. [32] Lapillen Scehlacken Bomben Blöcke Basaltische Lava: Anstehendes Gestein. Projectile. Die ersten beiden zeigen als die schnellst erkalteten Partieen des ursprünglichen Schmelzflusses ein ungemein poröses Gefüge, während die übrigen in dieser Beziehung eine grössere Gompactheit erkennen lassen. Da alle diese vulkanischen Materien nur verschiedene Erstarrungs- Modificationen desselben Magmas darstellen, sollte man meinen, dass nach dem Beispiele anderer Vulkane auch in diesem Falle eine Uebereinstimmung in der petrographischen Zusammensetzung statt- findet, wobei etwaige, durch die Verschiedenheit in der Erstarrungs- weise bedingte Gegensätze ausser in den schon erwähnten, structurellen Abweichungen noch in dem verschiedenen Masse der erreichten Krystallinität ihren Ausdruck finden. In der grossen Hauptsache trifft dies auch beim Kammerbühl zu; doch bestehen im besonderen in der petrographischen Zusammensetzung seiner Materien kleine Diffe- renzen, indem die einen gewisse. mineralische Gemengtheile zu ent- halten pflegen, welche den anderen fehlen, ein Verhalten, das wohl nur aus chemischen Gegensätzen des Magmas erklärt werden kann. Sämmtliche Materien enthalten Olivin, Augit, Magnetit, Nephelin und Melilith als mikroskopische Gesteinsgemengtheile und sind daher petrographisch als Melilith-Nephelinbasalte zu bezeichnen. Zu diesen Hauptgemengtheilen gesellt sich noch bei den Lapillen: Leueit und eine braune, hyaline Basis, Schlaeken: Leucit und Haüyn. sowie untergeordnet eine bräunliche, hyaline Basis, 3 r i x somben: Leueit und Haüyn, Blöcken: nur Haüyn und der Basaltischen Lava: Biotit. In Folgendem soll nun versucht werden, die einzelnen Modifi- kationen, sowie deren Gemengtheile näher zu charakterisiren: Lapillen: Makroskopisch liegen in einer schwarzen. schwarzbraunen, schwarz- blauen, auch stahlblauen, äusserst porösen, vielfach etwas glas- glänzenden Grundmasse nur sehr vereinzelte, gelbliche Olivine por- phyrisch ausgeschieden. U. d. M. gewahrt man in einer hell- bis gelblichbraunen, oft ims grünliche spielenden, hyalinen Grundmasse, die von einer Menge grösserer Maenetite und deren feinstem Staube, auch Augitmikrolithen durehschwärmt wird, einzelne, grössere Olivine, viele, grössere, hellgelbliche Augite, farblose, kurz-leistenförmige, auch hexagonale Schnitte des Nephelines, reetanguläre des Melilithes und sehr vereinzelte, octogonale des Leucites. [33] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 57 Schlacken: Makroskopisch ebenso zu charakterisiren, wie die in ihren Dimensionen bedeutend kleineren Lapillen, geben sie u. d. M. folgendes Bild: In einer vorwiegend aus Nephelin- und bräunlicher Glasmasse bestehenden Grundmasse, an der sich noch reichlicher Magnetit be- theiligt, oftmals zu eimem dicht gelagerten, feinsten Stanbe herab- sinkend, liegen einzelne, grössere Olivine, hellgelbliche Augite, farb- lose Krystallschnitte des Nephelines und Melilithes, vereinzelte Leucite und zahlreiche, lebhaft gefärbte Haüyne. Bomben: Der makroskopische Anblick zeigt in einer blaugrauen, nur ein- zelne, winzige Dampfporen enthaltenden Grundmasse zahlreiche, porphyrische Ausscheidungen grösserer, gelblicher Olivine. U. d. M. sieht man in einer hauptsächlich aus Nephelinsubstanz und Magnetiten bestehenden Hauptmasse, an der sich auch kleinste Augitleisten be- theiligen, zahlreiche, grössere, stark reliefartig hervortretende Olivine, grössere Augitschnitte, solche des Nephelines und Melilithes, verein- zelte Leucite und zahlreiche, kleine Haüyne eingebettet. Blöcke: Dem blossen Auge bieten sich in einer blaugrauen, durchaus homogenen und kaum Porositäten enthaltenden Grundmasse zahlreiche, gelbliche Olivine porphyrisch ausgeschieden. U. d. M. sind in einer vorwiegend aus Nephelinsubstanz, Magnetiten und kleinen Augitleisten zusammengesetzten Grundmasse zahlreiche, grössere Olivine, grössere Augite, farblose Nepheline und Melilithe, sowie zahlreiche, kleine, violett- oder nelkenbraune Haüyne sichtbar. Basaltische Lava: Aus einer blaugrauen, auch schmutziggrauen, ziemlich homogenen Grundmasse treten als porphyrische Ausscheidungen zahlreiche, gelb- lichgrüne Olivine, seltener schon Körner schwarzen oder schwärzlich- grünen Augites und solche von stark metallisch glänzendem, schlackigen Magneteisen makroskopisch hervor. U. d. M. löst sich das Gesteins- gewebe in eine im wesentlichen aus Nephelinmasse, Augitleistchen und Magnetit bestehende Grundmasse auf, in welcher grössere gelb- liche Augite, wasserhelle, plump rectanguläre Melilithschnitte, sowie Flitterchen und Fetzchen von Biotit ausgeschieden sind. Nachdem nun diese verschiedenen, vulkanischen Producte in Bezug auf ihre petrographische Zusammensetzung charakterisirt sind, erübrigt es noch ihre einzelnen Gemengtheile näher kennen zu lernen. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt. 1394. 44. Band. 1. Heft. (E. Proft.) 8 58 E. Proft. [34] Olivin. Der Olivin nimmt in Bezug auf seine Häufigkeit unter den porphyrischen Ausscheidungen die erste Stelle en und findet sich sowohl in Krystallen, als in einzelnen Körnern. Als mikroskopischer Gesteinsgemengtheil tritt er stets in Krystallformen auf, welche in den Präparaten die bekannten,,, reliefartig hervortretenden Schnitte ergeben. Auch Zwillinge nach Po (011) kommen vor, bei denen sich in Schnitten parallel e P& (100) die Verticalaxen der beiden Indi- viduen unter 60° 47‘ durchkreuzen. Ueberaus häufig sind seine Krystalle zu wenig regelmässigen Gruppen und Aggregaten vereinigt, wobei zumeist zwischen den einzelnen Individuen Lappen und Schmitzen der Grundmasse eingeschlossen sind. Andere solcher Agsgregationen sind dadurch zu einer grösseren Regelmässigkeit in V ihrem Aufbau gelangt, dass sich die einzelnen Subindividuen in gleicher, krystallographischer Orientirung und parallel ihrer Verticalaxe aneinander gefügt haben. Vielfach zeigen einzelne Individuen recht hübsche Wachsthumserscheinungen, manche auch hierdurch bedingte, weit gehende Missbildungen. Nicht selten tragen einzelne Krystalle durch einseitiges und oseillatorisches Weitergewachsensem in der Richtung der Brachydiagonale, an den Enden zwei oder mehrere Spitzen. Durch magmatische Resorption haben die sonst regelrechten Conturen oft eine erhebliche Verstümmelung erlitten. Die Ecken erscheinen stark abgerundet, die seitlichen Begrenzungen in mannig- facher Weise zerlappt und zerschlitzt, durch die entstandenen Ein- buchtungen dringt überall die magnetitreiche Grundmasse weit in das farblose Innere, so dass von manchem, ursprünglich normal aus- gebildeten Individuum vielfach nur ein skeletthaftes Rudimentfübrig ist. Obenstehende Fig. 1 stellt einen solchen stark corrodirten Olivin [35] Kammerbühl und Eisenbübl, die Schicht-Vulkane des Egerer" Beckens. 59 eines vulkanischen Blockes dar, dessen peripherische Einbuchtungen und innere Hohlräume mit Partieen der Grundmasse erfüllt sind. Wirkten bei ein und demselben Individuum die beiden erwähnten Processe deformirend, so begreift man, dass manchmal hierbei recht wundersame Formen zum Vorschein kommen. Sonst erweist sich die Olivinsubstanz von recht grosser Frisch- heit, kaum Spuren einer beginnenden Zersetzung an sich tragend. Als Interpositionen treten bei ihm auf, grünlichbraune Picotite in winzigen Körnern und Octaödern, auch zusammenhängende Schnüre bildend, sowie, jedoch seltener, Magnetite in derselben Ausbildungs- weise. Ausserdem pflegt der Olivin in sämmtlichen, vulkanischen Materien ganze Fetzen der Grundmasse einzuschliessen. Bei Lapillen und Schlacken umschliesst er gar häufig ausser braunen Glas- einschlüssen, Lappen und Fetzen der braunen, hyalinen Basis, welche diese enthalten, oft noch mit zahlreichen, darin sitzenden Magnetiten. Seine Grösse schwankt zwischen 005 und 5 Millimeter. Nächst den . Vertretern der Spinellgruppe dürfte in ihm die primärste der mag- matischen Ausscheidungen vorliegen. Ein Gegensatz zwischen einer ersten und einer zweiten Consolidation des Olivins lässt sich nicht constatiren, da alle Dimensionsübergänge vorhanden sind. Augit. Auch der Augit findet sich, wenngleich weniger häufig als der Olivin, vorwiegend in der basaltischen Lava als porphyrische Aus- scheidung. U. d. M. ist er stets in einzelnen, grösseren Krystallen zugegen, viel häufiger jedoch derartig ausgebildet, dass, wie die Ver- gleichung der Schnittformen ergiebt, weniger kurz gedrungene Indi- viduen, sondern vielmehr lang prismatisch ausgedehnte Formen vor- liegen. Solche leistenförmige Individuen gruppiren sich sehr häufig um einen Punkt zu sternartigen, oft sehr regelmässig gebildeten Krystall- aggregationen, oder umlagern einzeln, auch kettenartig ihrer Längs- axe nach aneinander gereiht, die Conturen der grösseren Olivine. Auch Zwillinge nach oP» (100) kommen vor, desgleichen solche mit sich durchkreuzenden Verticalaxen nach — £ «& (101). Seine Farbe ist in dünnen Schnitten eine hellgelbliche, in der basaltischen Lava mit einem Stich ins Grünliche. Häufig lassen seine grösseren Individuen einen zonalen Bau erkennen mit einem farblosen, auch blassgrünlichen Kern im Innern, manche zeigen auch einen sanduhr- artigen Aufbau. In beiden Fällen konnte bezüglich der Auslöschungs- schiefe eine deutliche und messbare Differenz zwischen Kern und Hülle nicht wahrgenommen werden; zumeist war die Auslöschung eine nach dem Innern continuirlich fortschreitende. Von fremden Interpositionen enthält der Augit nur kleine Körner und Octaäder des Magnetites. Seine Grösse bewegt sich zwischen 0:007 und 3 Millimeter. Eine andere Art seines Vorkommens ist diejenige als kleinste. farblose oder schwach gelbliche Mikrolithen, entweder selbstständig in der Grundmasse, oder in anderen Gesteinselementen eingeschlossen. Als Träger solcher stabförmigen, oft pyramidal zugespitzten Augit- 8*+ 60 E. Proft. [36] Interpositionen sind besonders der Leucit und der Haüyn zu nennen. Im Leueit, in dem noch relativ grosse dieser Mikrolithen interponirt sind, hatte ein mittleres Individuum eine Länge von 0'014 Millimeter und eine Breite von 0'004 Millimeter, während ein sehr grosses eine Länge von 0'049 und eine Breite von 0007 Millimeter besass. In den Haüynen erreichen die augitischen Mikrolithen viel geringere Dimensionen, indem hier ihre Länge nur 0:0028—0'02 Millimeter und ihre Breite 0:0007—0:001 Millimeter beträgt. Was seine Stellung in der Reihenfolge der Ausscheidungen aus dem Magma anbelangt, so dürfte diese nach derjenigen des Olivins erfolgt sein. Zwei getrennte Perioden in der Augit-Consolidation konnten nicht unterschieden werden. Melilith. Der bisher vom Kammerbühl noch nicht bekannte Melilith ist in den verschiedenen, vulkanischen Materien nur als mikroskopischer Gesteinsgemengtheil und stets in nach der Richtung ihrer Nebenaxen sehr entwickelten Krystallen von tafelartigem Habitus vorhanden, die in den Präparaten als scharf conturirte Rechtecke hervortreten, manchmal und namentlich in der basaltischen Lava, von etwas plumper Form. Doch kommen auch quadratische Schnitte vor, die, wenn sie Polarisationserscheinungen zeigen, von Individuen herrühren, welche eben so lang als hoch sind, im anderen Falle Schnitte parallel zur Geradendfläche darstellen. Er ist in dünnen Lamellen farblos, nur in der basaltischen Lava sehr schwach gelblich gefärbt. Neben einer hin und wieder zu beobachtenden, basalen Spaltbarkeit, parallel zu den grösseren Rechtecksseiten, ist er besonders durch die oftmals recht gut und typisch ausgebildete Pflockstructur charakterisirt. Die einzelnen Pflöcke enden zumeist in Spitzen, doch tragen sie auch kleine Zäpfchen und Köpfchen. Bei den Melilithen der basaltischen Lava ist diese Pflockstructur in Form einer weit in das Innere sich erstreckenden Längsfaserung ausgebildet. In den Projectilen fehlt jedoch einzelnen Durchschnitten das ausgezeichnete Merkmal der Pflockung und dann sind sie nur durch ihre höher gehenden Polari- “ sationsfarben als Melilithe gekennzeichnet und von den ähnlich eon- turirten Nephelinen zu unterscheiden. Während die Polarisations- farben des Nephelines selbst in der 45°-Stellung nur in düsterem Grau oder mattem Milchblau erscheinen, weisen die Melilithsehnitte - ein recht lebhaftes Violettblau auf. Von interponirten Mineralien sind aus seinem Inneren nur kleinste Magnetite und selten schon Augitmikrolithen zu erwähnen. Die Länge der Melilithe schwankt zwischen 0°02 und 0:1 Millimeter. Nephelin. Der Nephelin tritt in den verschiedenen, vulkanischen Materien ebenfalls nur als mikroskopischer Gemengtheil auf. In den Lapillen, Schlacken und Bomben ist er in einzelnen Krystallen vorhanden, welche in den Präparaten als die bekannten, farblosen, kurz leisten- [37] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht- Vulkane des Egerer Beckens. 6l förmigen oder hexagonalen Schnitte erscheinen. In den vulkanischen Blöcken, ganz besonders aber in der basaltischen Lava bildet er mit seinen unregelmässig conturirten Individuen die eigentliche, farblose Zwischenmasse zwischen den übrigen Gemengtheilen ; auch mikrolithen- artig, in Form kleinster Krystallstäbchen pflegt er aufzutreten. In der basaltischen Lava ragt er wohl auskrystallisirt im die Porositäten des Gesteins hinein. Seine Grösse ergiebt sich, das Individuum im Quer- schnitt gemessen, zwischen 002 und 0°05 Millimeter. Leueit. Auch der Leueit ist nur mikroskopischer Gesteinsgemengtheil und findet sich als solcher in den Lapillen, Schlacken und Bomben. Als Lapillengemengtheil wird er von Penck (45) nicht erwähnt. Er tritt stets in gut ausgebildeten Krystallen auf, die in den Präparaten die bekannten und für ihn typischen, farblosen, octogonalen Quer- schnitte ergeben; weit seltener bildet er Krystallaggregate. Sein farbloses Innere ist entweder gänzlich frei von Interpositionen oder zeigt solche von Augitmikrolithen und Magnetiten, auch beide gemeinsam. Bei einzelnen Individuen sind diese Interpositionen irregulär einge- streut. Bei anderen hat in ausgezeichneter Weise ein zonales Wachsthum stattgefunden und die Interpositionen bilden, den octogonalen Conturen parallel eingelagert, jene zierlichen Kornkränzchen, wie sie für den Leucit so überaus charakteristisch sind. Obenstehende Fig. 2 stellt einen in dieser Hinsicht besonders regelmässig und typisch gebauten Leucit aus einer vulkanischen Bombe dar. Wie noch bei der Charakteristik des Magnetites zu erwähnen sein wird, erweisen sich manche Leucite über und über mit feinstem Magnetite geradezu durchstäubt; derartige seiner Krystallschnitte pflegen sich gar sehr in der gleichartig beschaffenen Gesteinsgrund- masse zu verstecken und sind oft recht schwierig aufzufinden. Die Grösse der einzelnen Leucite bewegt sich zwischen 0:05 und 0'12 Millimeter. Haüyn. Der Haüyn betheiligt sich ebenfalls nur in mikroskopischen Dimensionen als sehr verbreiteter Gemengtheil an der Zusammen- setzung von Schlacken, Bomben und vulkanischen Blöcken ; die Lapilien 62 E. Proft. [38] enthalten ihn nicht. Wo er auftritt, ist er stets in Krystallen ausge- bildet, die in den Präparaten die bekannten Vier- und Sechsecke Fig. 3. darbieten. Durch starke, magmatische Corrosion am Rande sind von manchen Individuen nur noch unregelmässig begrenzte Lappen und Fetzen übrig geblieben. Auf andere wieder wirkte ein unregelmässiges oder einseitig gerichtetes Wachsthum deformirend. Die wenigsten der Haüynschnitte hingegen liegen in tadelloser Formenausbildung vor. [39] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 63 Die im Gegensatz zu den anderen Gemenstheilen lebhafte Eigen- farbe der Haüyne bewegt sich in blass- und weisslichblauen, in dickeren Schnitten schön himmelblauen, auch hellvioletten, violettbraunen bis nelkenbraunen Tönen, die letzteren beiden Nuancen ganz besonders bei den Haüynen der vulkanischen Blöcke vorwaltend. Oft liegen in ein und demselben Präparate, ja sogar in ein und demselben Gesichts- felde blassblaue und nelkenbraune Individuen neben einander. Fast bei sämmtlichen Individuen beobachtet man einen farblosen oder nur wenig gefärbten, inneren Kern und eine intensiv gefärbte, randliche Zone kaustischer Einwirkung. Diese letztere pflegt regel- mässig den vielfach zerlappten und zerschlitzten Conturen zu folgen. Bei von jeglicher randlichen Deformation verschont gebliebenen Individuen ist diese äussere Zone kaum oder nur wenig intensiver gefärbt als der innere Kern. Dass die Haüyne fast immer mit winzigen, stabförmigen Augit- mikrolithen, auch Magnetiten behaftet sind, wurde bereits erwähnt. In den Schlacken sind sie vielfach die Träger von braunen Glas- einschlüssen und von Lappen und Fetzen der bräunlichen, glas- und magnetitreichen Grundmasse geworden. In vorstehender Fig. 3a und b sind solche Haüyne mit Glaseinschluss und Libelle, auch die nie fehlenden Augitmikrolithen enthaltend, aus Schlacken abgebildet. In anderen Fällen sieht man bei den Haüynen dieser Massen, wie sich die bräunliche, glasreiche Grundmasse von einer randlichen Einbuchtung aus stielartig ins Innere erstreckt und sich hier verzweigt. Auch mehrere Einschlüsse waren in ein und demselben Individuum zu beobachten. Eine besondere Liebhaberei des Haüyns, welche zu wiederholten Malen gefunden wurde, scheint es zu sein, sich mit Augitleisten zu assocliren, indem sich mehrere Individuen seiner Art an eine solche anlagern, Fälle, wie mehrere in voranstehender Fig. 4a —d zur Dar- stellung gebracht sind. Was die Grösse der einzelnen Haüyne anbetrifft, so wurde dieselbe auf 0:01—0'3 Millimeter festgestellt. Magnetit. Porphyrisch ausgeschieden findet sich der Magnetit in Gestalt von mehrere Millimeter grossen Körnern mit muschligem Bruche nur in der basaltischen Lava. U. d. M. betheiligt er sich in Gestalt von Körnern und kleinen Octa&ödern, auch wenig zierlich gebauten, octaö- drischen Aggregaten hauptsächlich an der Grundmasse der vulkanischen Materien. In den Lapillen und Schlacken, deren Grundmasse eine byaline Basis enthält, sinkt er zu einem feinsten Staube herab und trägt, an gewissen Stellen noch überaus angereichert, ganz besonders zur Lichtundurchlässigkeit mancher Präparate oder einzelner Stellen derselben bei. In dieser Weise pflegt er auch einzelne Gesteinselemente, namentlich den Leueit, mitunter über und über zu durchdringen. Dass grössere Körner und Octaäder in anderen Gemengtheilen interponirt vorkommen, wurde bereits erwähnt. 64 E. Proft. [40] Die Grösse der einzelnen Maenetit-Octaöderchen wurde zu 0:001—0'03 Millimeter gemessen. PieotTE Der Picotit, dieser andere Vertreter der Spinellgruppe, tritt ausschliesslich als Interposition im Inneren der grösseren Olivine auf, denen er fast nie fehlt. Er bildet in denselben hellbraune, auch grünlich- braune Körner und regelmässig gebaute Octaöderchen, die sich vielfach zu Schnüren und Ketten vereinigen. Seine Grössenverhältnisse sind mit denen des Magnetites übereinstimmend. In letzteren beiden Gemengtheilen aus der Gruppe der Spinelle liegen die frühesten Ausscheidungen des Magmas vor. Biotit, Der Biotit tritt nur als mikroskopisch erkennbarer Gemenstheil und einzig und allein in der basaltischen Lava in Gestalt unregel- mässig conturirter Lappen und Fetzchen auf. Er zeigt kräftigen Pleochroismus zwischen safrangelb und gelblichbraun. Eine randliche, dunkel gefärbte Zone magmatischer Einwirkung konnte nicht wahr- genommen werden. — Bemerkenswerth für die Kammerbühlproduete ist die gänzliche Abwesenheit von jeglichem Feldspathe. Auch der in basaltischen Gesteinen sehr gern sich einstellende Apatit war als Gemengtheil nicht wahrzunehmen; ebenso konnte kein Perowskit, welcher doch sonst so oft als Begleiter des Melilithes aufzutreten pflegt, con- statirt werden. Nur äusserst selten und untergeordnet treten in den Präparaten, namentlich der Schlacken, noch dunkelbraune, unregelmässig polygonal begrenzte Schnitte mit dunkelschwarzbrauner oder schwarzer Um- 'andung auf. Dieselben zeigen eine, wenn auch etwas unregelmässig ausgebildete Spaltbarkeit, verhalten sich bei gekreuzten Nicols isotrop und dürften vielleicht dem Melanite zugehören. II. Die in den Kammerbühl-Auswürflingen vorkommenden Gesteins- Einschlüsse. Das überaus häufige Auftreten von fremdartigen Gesteins-Ein- schlüssen in den vulkanischen Materien des Kammerbühls erregte schon bei den älteren Geognosten nicht geringes Aufsehen. Fast eine jede vulkanische Bombe zeigt in ihrem Inneren einen derartigen Kern und es ist als eine Ausnahme zu bezeichnen, eine solche ohne denselben aufzufinden. In ihrer Grösse gehen die eingeschlossenen Fragmente sehr auseinander Von den kleinsten Schmitzchen beginnend, liegen alle Zwischenstufen bis Faustgrösse und darüber vor. Ihrer petrographischen Natur nach sind es zum grössten Theile losgerissene Brocken aus der krystallinen Schieferformation, als solche von Glimmerschiefer, Phyllit und dem in letzteren beiden Gesteins- forınationen eingelagertem Quarzite. Doch nicht alle Quarziteinschlüsse [41] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 65 entstammen solchen primären Lagerstätten; manche von ihnen, und das gilt namentlich von den eigentlichen Quarzitverglasungen (vergl. dieselben im folgenden Abschnitte, pag. 67) tragen eine ausge- sprochene Geröllnatur an sich und stammen augenscheinlich von jener glimmerigen Lettenschicht aus dem Untergrunde der Ablage- rung, wie denn auch manchmal kleine Brocken der gelben Masse selbst bei durchaus unversehrtem Zustande in den Bomben einge- backen sind. | Weniger vertreten sind Gesteine aus dem Untergrunde der krystallinen Schiefer. Doch auch sie liegen vor in den kleinen, weissen, schwammig aufgeblähten, porösen Massen, welche von älteren Autoren als „Bimsstein“ oder „Schaumig aufgeblähte Quarze“ aufgeführt werden. Wie die mikroskopische Untersuchung ergiebt (vergl. den folgenden Abschnitt, pag. 66), sind es Feldspathstückchen, welche nur dem das Grundgebirge in grösserer Tiefe bildenden Fichtelge- birgsgranite entstammen können. III. Contacterscheinungen. Schon Nöggerath macht, wie bereits in einem früheren Ab- schnitte dargethan wurde, auf die grosse Uebereinstimmung der Kammerbühlauswürflinge mit denen des Roderberges aufmerksam. Eine ebensolche findet aber auch in Bezug auf die Contactverhält- nisse statt. Wie am Roderberge Schieferstücke mit einer recht augen- fälligen, kaustischen Veränderung neben solchen zu liegen pflegen, welche nicht die geringste Spur hiervon an sich tragen, ist vom Kammerbühl ein gleiches Auseinandergehen in dieser Weise zu con- statiren. Auch die Grösse der betroffenen Objeete ist oft nicht von Belang und steht zu dem erreichten Grade der Veränderung keines- wegs in dem vorauszusetzenden Verhältniss.. Da finden sich kleine Schieferschmitzen, denen durch die magmatische Hitze sehr wenig widerfahren ist, während viel grössere Stücke sich angescholzen oder verglast erweisen. Dasselbe Auseinandergehen in den Wirkungen zeigt sich auch bei der mikroskopischen Untersuchung von derartigen Objecten. Kein Wunder war es daher, dass v. Chrustschoff, der früher einmal einen Glimmerschiefereinschluss aus einer Bombe vom Kammer- bühl u. d. M. untersuchte, in einem Präparate nur einen einzigen deutlichen, secundären Glaseinschluss fand (48), während sie doch in einzelnen von mir durchmusterten in grosser Menge vorhanden sind. Die kaustische Einwirkung äussert sich bei den Kammerbühl- Objecten in folgenden Erscheinungen: 1. Mechanischer Aufreissung, Zerberstung oder Auf- blähung der Massen. 2. Röthung. 8. Einseitiger oder allseitiger. Oberflächenver- glasung. 4. Vollkommener Einschmelzung unter gleichzeitiger Mineralneubildung. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1893, 44. Band, 1. Heft. (E. Proft.) 9 66 ER. Proft. [42] Von diesen verschiedenen Modificationen sind vielfach mehrere an ein und demselben Objecte wahrzunehmen; in anderen Fällen sind sie auf ganz bestimmte Arten der Einschlüsse beschränkt. Eine Aufreissung und Zerberstung findet sich bei Glimmer- schiefer-, Phyllit- und Quarzitfragmenten. In dieser Hinsicht haben manche der ersteren beiden vollkommen ihren Zusammenhang verloren und sind überaus bröckelig geworden. Die Quarzitbrocken zeigen in diesem Falle meist nur auf einer der Aussenflächen einen einzelnen oder mehrere, dann von einem Punkte unregelmässig radiär ausein- anderlaufende, bis über Millimeter tiefe Risse und Sprünge. U. d. M. lassen sich in solchen Quarziten, sowie in den Quarzpartikeln der Glimmerschiefer- und Phyllitmassen höchstens secundäre Glas- einschlüsse wahrnehmen. Eine Aufblähung ist speciell auf die erwähnten, dem Fichtel- sebirgsgranite entstammenden Feldspathpartikeln beschränkt. Schon äusserlich sieht man an diesen weisslichen, schwammigen, grob oder fein porösen Massen, die in der That grosse Aehnlichkeit mit manchen Bimssteinvarietäten besitzen, dass der häufig ihnen in Schmitzen und Blättehen noch anhaftende Biotit zu einer grünlichen Glasmasse zu- sammengeschmolzen ist. U. d. M. durchziehen solche ganz blass- gerünlich erscheinende Biotitglasmembranen allenthalben die mit rund- lichen oder gestreckten Porositäten reichlich erfüllte Feldspathmasse. Dieselbe unschliesst ausserdem zahlreiche, minimalste, farblose, se- eundäre Glaseinschlüsse von kugeliger, elliptischer, mitunter lemnis- katenartig eingeschnürter oder unregelmässig verzerrter Form, sowie deren Schnüren und Haufwerke. Zum Theil ist in diesen Feldspath- massen die ursprüngliche Spaltbarkeit vortrefflich noch erhalten. In einem Falle, indem das Präparat senkrecht zu dem parallelen Spalten- systeme und der Basis des ursprünglichen Individuums entsprechend gelegt war, fand bei gekreuzten Niecols eine gerade Auslöschung statt, was zeigt, dass in diesen porösen Massen kaustisch aufgeblähter, mono- kliner Orthoklas vorliegt. Eine mikroskopische Mineralneubildung in den sich hindurchziehenden Biotitglasmembranen konnte nicht wahr- genommen werden. Eine Röthung, herbeigeführt durch Uebergang des ursprünglichen Eisenhydroxyds in Oxyd, hat namentlich die Phyllit- und Quarzitein- schlüsse betroffen, kommt jedoch auch bei solchen des Glimmer- schiefers vor. U. d. M. lassen die Quarze derartiger Schiefermassen secundäre Glasseinschlüsse erkennen: ausserdem hat ihr Glimmer seinen Pleochroismus verloren und ist vielfach opak. Evidenter noch als bei solchen Schieferstücken hat sich diese Erscheinung an den auch zahlreich lose in den Schlackenmassen liegenden Quarzitstückchen vollzogen. Sie verdanken ihre lebhaft ziegelrothe Farbe einem auf Rissen und Sprüngen sitzenden, reich- lichen Eisenoxydgehalte, hier ebenfalls aus jenem Eisenhydroxyde hervorgegangen, welches man in den unbeeinflussten Stücken noch vielfach auf den Sprüngen abgeschieden findet. U. d. M. ist an ihrer Substanz keine weitere Veränderung aufzufinden; sogar die darin befindlichen Flüssigkeitseinschlüsse sind bei dem kaustischen Process unversehrt geblieben. [43] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 67 Am alleraugenscheinlichsten in dieser Hinsicht äussern sich dessen Wirkungen an der glimmerigen Lettenschicht. des Untergrundes, die, wie bereits früher berichtet, in ausgezeichneter Weise ziegelartig sefärbt und verfestigt erscheint. Einseitige oder stellenweise Anglasung der Oberfläche ist namentlich an grösseren Quarzitfragmenten, seltener solchen der an- geführten Schieferarten zu beobachten. In diesem Falle ist eine Aussenfläche des betroffenen Objectes mit einem überaus dünnen, farblosen Glashäutchen überzogen. U. d. M. erweisen sich solche Quarzite im Inneren ganz unversehrt und nur in der Nähe der an- geglasten Partie von einer Unmasse secundärer Glaseinschlüsse durch- schwärmt, welche denn auch in den Quarzen der hierher gehörigen Schieferfragmente sich einzustellen pflegen. Durch allseitige und ringsum gehende Oberflächenverglasung sind nur kleinste Quarzitstückchen, ganz besonders aber die im vorigen Abschnitte (pag. 64) erwähnten, quarzitischen Gerölle aus- gezeichnet. ‚Solche Massen sind ringsum von einer bald dünneren, bald dickeren, höchstens 1'5 Millimeter starken, dann lebhaft grün, als dünnere Membran jedoch nur .grünlichweiss erscheinenden Glas- rinde überzogen, welche an diekeren Stellen in Folge der Abkühlung von einem Netzwerke feinster Sprünge und Risse durchsetzt ist und in Bezug auf Glätte und Glanz den: künstlich erzeugten Glasuren an Schönheit durchaus nicht nachsteht. Solche „Glasursteine“, wie diese Dinge in der Eifel vom Volks- munde genannt werden, wo sie in den dortigen Schlackenmassen ebenfalls vorkommen, sind gegenwärtig in den Kammerbühlablagerun- gen ziemliche Seltenheiten. Die aus früheren Zeiten, wo sie häufiger gefunden wurden, stammenden der Leipziger Universitätssammlung zeigen u. d. M. eine scharfe Abgrenzung der äusseren, umhüllenden Glasmasse von der ziemlich unversehrt gebliebenen (uarzitmasse des Inneren. Eine Neubildung von Tridymit konnte nicht wahrge: nommen werden. Vielmehr war an einzelnen Stellen im Präparate die Erscheinung zu beobachten, dass die Quarzmasse in Gestalt kurz pyramidaler Spitzen und Zacken in die hyaline Umhüllung hineinragte, was wohl nur in der Weise erklärt werden kann, dass die Resorption hier in der Richtung und unter Erhaltung krystallo- graphischer Formen des Quarzes stattgefunden hat. —- Aus ihrem Inneren lassen diese Objeete nur über geringe, kaustische Effecte berichten. Ein hin und wieder eingewachsenes Glimmerblättchen ist opak geworden oder in ein gelbliches Glas umgewandelt, und hier und da zeigen sich in der sonst unversehrten Quarzmasse winzige, secundäre Glaseinschlüsse. . Eine vollkommene Resorption von Einschlüssen quarzitischer Natur lässt sich nur aus der basaltischen Lava, wo die Erkaltung am langsamsten erfolgte, nachweisen. Hier sind an Stelle derselben Hohlräume und Löcher getreten, welche innen ringsum, wie früher schon berichtet wurde, mit einer schmutziggrünen, augitischen Rinde von wechselnder Dicke ausgekleidet sind und als Träger solcher Porrieinmassen in Verbindung mit derartigen Erscheinungen aus den Laven der Eifel lange schon bekannt sind. Bereits H. Gotta hatte 9* 68 E. Proft. [44] mit Anwendung der Lupe die pyroxenische Natur dieser Auskleidungs- massen festgestellt (21, sub 13). U. d. M. löst sich eine solche Porrieinrinde in ein Aggregat minimalster, meist nach der Vertikalaxe lang gestreckter, dicht auf und neben einander gehäufter und regellos mit einander verfilzter Kryställchen auf von der gewöhnlichen Form des basaltischen Augites: oP.oP».oPx.P(110.100.010.111), auch einzelne als Zwillinge nach co Po (100) ausgebildet. Von Farbe weisslichgrün, zeigen dieselben nicht die geringste Spur von irgend welchem Pleochroismus. Mitunter sind sie Fig. 5. Träger von Glaseinschlüssen im Inneren. Obenstehende Fig. 5 stellt einen Porrieinzwilling dar, welcher einen solchen in der einfachen Augitform enthält. In ihrer Länge schwanken die einzelnen Porrieine zwischen 0:046—0'099 Millimeter bei einer Breite von 0:017—0:046 Millimeter. IV. Zersetzungserscheinungen. Die Zersetzungserscheinungen äussern sich an den Kammerbühl- Producten hauptsächlich in Abscheidung von Eisenhydroxyd, Caleium- carbonat mit untergeordneten Zeolithen und amorpher Kieselsäure. Hydroxydirung der Massen ist namentlich bei den Projectilen verbreitet und das Anzeichen einer beginnenden oder ‚schon fortge- schrittenen Zersetzung. Die porphyrischen Olivine sind mit reichlicher Rostmasse über- und durchzogen und erscheinen regenbogenfarbig angelaufen. U. d. M. erstreckt sich das rothbraune Eisenhydroxyd allenthalben um die reliefartig hervortretenden Conturen herum und wuchert auf den zahlreichen Rissen und Sprüngen und in Gestalt feinster Fasern in das farblose Innere hinein. Auch Magnetite und deren Aggregationen sind ebenso häufig die Träger dieser Zersetzungs- Erscheinung. Secundäre Bildungen von Oaleiumearbonat als mikroskopische Caleitmasse, wie häufiger noch als rhombischer Aragonit gehören in den vulkanischen Massen, namentlich in dem Lavabasalte, zu den üblichen Erscheinungen. Dieser Basalt ist stellenweise mit Carbonat- [45] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 69 partikeln derart erfüllt, dass er weisslich gemustert erscheint und mit Säuren lebhaft braust. Bereits früher wurde erwähnt (pag. 38), dass sich in Höhlungen desselben hin und wieder über Centimeter grosse Stalaktiten und kleinere, kugelige Partieen gelblichen Aragonites angesiedelt haben, wie denn weniger dicke Ueberzüge und Krusten hiervon auch auf den Schlacken vorkommen. U. d.M. sieht man, wie die Aragonit- massen als zarte Schnüren, vielfach in mehreren Lagen über einander, die Wandungen der Hohlräume auskleiden und sich hierbei um etwa hineinragende Mineralindividuen, als Augite, Nephelinnadeln und Glimmerblättehen in elegantester Weise herumschmiegen. Unten- stehende Fig. 6 stellt ein derart von Aragonitschnüren umzogenes Biotittäfelchen dar. In anderen Fällen sind solche Aragonit-, ebenso Zeolithmassen in Gestalt kugeliger Gebilde oder kleinster Stalaktiten in den Blasenräumen der basaltischen Lava abgesetzt und ergeben, wenn das Präparat durch das Centrum des Kügelchens oder senk- recht zur Längsaxe der stalaktitischen Massen gelegt war, runde, radialfaserige, spärolithenartige Durchschnitte und diese wieder bei Fig. 6. sekreuzten Nicols das bekannte, gerade, schwarze Interferenzkreuz. — Secundäre Calcitmasse, ihrer Entstehung nach jünger als die übrigen Zersetzungsproducte, findet sich stets als innerste und letzte Aus- füllung in den Hohlräumen. Eine Abscheidung von amorpher Kieselsäure als Hyalit schliesslich ist zuweilen schon mit dem blossen Auge in feinen Ueberzügen auf der Oberfläche der Schlacken wahrzunehmen. Viel charakteristischer noch gestaltet sich das mikroskopische Auftreten dieses Zersetzungs- productes, indem solcher secundäre Hyalit, mit ausgezeichneter Mandel- strucetur ausgestattet, m zahlreichen, dünnsten, concentrischen Lagen auf den Porositäten mancher Materien, namentlich der vulkanischen Blöcke, als Hauptausfüllungsmasse abgesetzt ist. Im Allgemeinen ge- nügt diese Hyalitmasse den optischen Anforderungen und bleibt bei sekreuzten Nicols dunkel. In manchen Fällen scheinen jedoch auch in ihrer Masse durch den lagenartigen Absatz Spannungserscheinungen hervorgebracht zu sein, denn einzelne Lamellen zeigen eine deutliche Doppelbrechung, wie sie zuerst Schultze am Hyalite von Waltsch fand und Behrens näher untersuchte '). 1) Sitzungsbericht der Wiener Akademie, Bd. 64, 1871, pag. 1. 70 E. Proft. [46] 1l. Der Eisenbühl. I. Topographisch-geologische Verhältnisse. Im Gebiete der Phyllitformation des Böhmerwaldes erhebt sich der KEisenbühl direet am Ostende des hart an der bayrischen Grenze gelegenen Dörfehens Boden. südsüdöstlich von Eger, als kleiner, unansehnlicher, relativ kaum 25 Meter hoher, stumpfkonischer Hügel und ist warzenartie dem Südabhange des halbkreisförmig zwischen den Dörfern Boden und Altalbenreuth sich erstreckenden :Phyllit- rückens des Rehberges aufgesetzt, mit (diesem einen sehr: flachen Sattel bildend. Dem Rehbererücken, der ihn an Höhe weit überragt, sowie den anderen Bodenerhebungen seiner Umgebung gegenüber, tritt er in Folge seiner Winzigkeit sehr zurück. Mit seinem Südabhang fällt er sehr steil, ziemlich steil auch mit Ost- und Westabhang in seine Umgebung ab, während sich sein Nordabhang sehr allmählig absenkt und sanft an den Südabfall des Rehberges anlehnt, wodurch die erwähnte, flache Einsattelung entsteht. An seinem Fusse, nament- lich auf der Südseite, macht sich eine kleine, schräg abfallende Terrasse bemerkbar, die den eigentlichen, stumpfen Kegel trägt, sich aber nach der nördlichen, dem Rehberge zugekehrten Seite mehr und mehr verschmälert und hier ganz verschwindet. Auf seinem Gipfel befinden sich dicht neben einander mehrere, runde Löcher, welche vielfach für Kraterreste angesprochen worden sind, jedoch durch Menschenhände entstanden sein dürften. Wie uns diese Löcher verrathen, ausserdem durch mehrfache Nachgrabungen in früherer Zeit festgestellt worden ist, besteht der ganze, eigentliche Kegel aus lauter lockeren, regellos durcheinander liegenden Schlackenmassen (vergleiche das Profil) von denselben Farbtönen, wie sie bereits vom Kammerbühl genugsam bekannt sind. Die Schlacken, sehr verschieden an Grösse, auch von mannigfachen, grösseren und kleineren, unregel- mässigen Hohlräumen durchzogen, in denen sich manchmal bei Zer- setzung eine äusserst dünne Kruste feintraubigen Hyalites abgesetzt hat, lassen zahlreiche, gelbliche Olivinkörner und sehr vereinzelte Glimmerblättehen, dazu in manchen Stücken einzelne, eingebackene, gebleichte Phyllitfragmente, sowie solche weissen Quarzites erkennen, ohne dass letztere beide besonders evidente, kaustische Einwirkungen aufzuweisen. hätten. In diesem Schlackenag ggregate liegen einzelne, vulkanische Bomben, in ihrem Innern zumeist ebensolche Einschlüsse vom, Grundgebirge enthaltend, von denen die phyllitischen meist nur gebleicht, seltener geröthet oder aufgeblättert erscheinen, während die quarzitischen von der Hitze geborsten und mit Rissen und Dprünzen durchzogen, auch angeglast und verglast sind. Anders sestaltet sich die Zusammensetzung der basalen Terrasse, auf welcher der kleine Schlackenkegel aufgeschüttet ist. Schon. die zegensätzlichen Vegetationsverhältnisse können verrathen, dass ein Gegensatz in der Beschaffenheit des Untergrundes existirt. Während der stumpfe Aufschüttungskegel von einer nur dürftigen Gras- und Kräuternarbe überzogen ist, aus der hie und da die schwarzen Schlacken hervorragen, zeigt die Terrasse am Fusse eine grössere [47] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 7I Fruchtbarkeit und eine wiesenhafte Ueppigkeit. — Wie mich eine Nach- grabung belehren konnte, besteht diese Terrasse aus einem feinerdigen Aschentuff, der viele Bomben mit Kernen basaltischer Hornblende und muschligen Augites, auch einzelne Olivinknollen, dazu Quarzit- und Phyllitstücke, sowie Blöcke eines sehr porösen, viele, gelbe und eigenthümlich rissige Olivine führenden Basaltes enthält, ‘ein Tuff von derselben Beschaftenheit, wie er noch des näheren vom jenseitigen Abhange des Rehberges zu schildern.ist. In unmittelbarem Anschluss an diese Terrasse der Basis er- strecken sich diese Tuffmassen, überall die Ursache einer grösseren Fruchtbarkeit des Bodens, über die Felder des ganzen südlichen, dem Eisenbühl zugekehrten Rehbergabhanges bis gegen seine Höhe hin, wo sie in einigen Löchern und Schürfen aufgeschlossen sind. Hier sieht man zahlreiche Schichten feinen Aschentuffes mit gröber zu- sSammengesetzten von Lapillen wechsellagern und conform der Ober- fläche des Abhanges, nach Süden, einfallen. Auf der Höhe selbst sind die Tuffe nicht anzutreffen; sie scheinen aber ehemals auch hier vorhanden gewesen und erst durch spätere Abrasion beseitigt zu Sein. Ihr eigentliches Hauptverbreitungsgebiet liegt 1'5 Kilometer nörd- lich vom ‚Eruptionspunkte und, wie schon angedeutet, jenseits des Rehbergrückens auf dessen nördlicher Abdachung beim Dorfe Alt- albenreuth. Hier nehmen sie den ganzen, im Westen dieses Dorfes gelegenen und mehrere Quadratkilometer umfassenden, sehr frucht- baren Strich der sogenannten „Schwarzen Erde“ ein. Auch auf den Aeckern im Norden von Altalbenreuth sind sie noch nachzuweisen, wie denn dieser Ort selbst mit seinem westlichen Theile auf solchem Untergrunde steht. Nach der Höhe des Rehberges zu, sind sie in zahlreichen, zum Theile bis Meter tiefen Wasserrissen sichtbar, so dass selbst der Laie auf diese feinerdigen, hellgrauen Massen, nament- lich durch die zahlreich inne liegenden, feucht glänzenden Horn- blendesplitter recht gut aufmerksam wird. Weit schöner und in grösserer Mächtigkeit, welche 6 Meter und mehr beträgt, sind diese Aschentuffe in einer kleinen Abgrabung in der Nähe des Altaiben- reuther Schulhauses aufgeschlossen — es ist derjenige Aufschluss, den A. E. Reuss beim alten Mauthhause gelegen anführt. (4, pag. 44.) — In dieser Grube sieht man an der senkrechten Wandung eine grosse Anzahl, wenn gut aufgeschlossen, 20—50 Schichten ‚von fein- erdiger Beschaffenheit mit solchen von gröberen Lapillen . wechsel- lagern, alle stark zersetzt und von aschgrauer, bei- reichlich aus- geschiedenem Eisenhydroxyde, lehmgelber Farbe. Den gröber zu- sammengesetzten Lapillenschichten, in welchen sich eine unzählbare Menge dieser kleinsten, thonig zersetzten Projectile angehäuft findet, sind immerhin ziemlich viel Splitterchen gelblichen Olivins beigemengt. In Bezug auf ihre Mächtigkeit sind diese Tuffschichten sehr verschieden. Es wechseln wenig, nur einen oder mehrere Öentimeter mächtige mit solchen ab, die bis 80 Centimeter Mächtigkeit erreichen, wobei man wahrnimmt, dass die grössere . Mächtigkeit stets den feinerdigen Aschenschichten zukommt, während sich diejenigen aus gröberen Lapillen nur als schmale Bänder zwischen jenen hindurchziehen. [48] E. Proft. Basale Terrasse. Boden. Profil durch den Eisenbühl und seine Tuff-Ablagerungen am Rehberge. Rehberg. Eisenbühl. Phyllit-Formation des Rehberges. Aschentuff. Lose Projectilmassen. Alt- Albenreuth [49] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schieht-Vulkane des Egerer Beckens. 13 In dieser Tuffschichtung liegen in grosser Menge eingebettet und lassen sich herausgewittert namentlich zur Herbst- und Frühjahrszeit auf den benachbarten Feldern reichlich sammeln, die bereits er- wähnten, vulkanischen Bomben mit den verschiedenartigen, theils mineralischen, theils Einschlüssen vom Grundgebirge im Inneren, seltener Olivinknollen, dazu lose, kaustisch wenig veränderte Phyllit- und Quarzitfragmente. Von allen diesen Auswürflingen sind Stücke bis zur Faustgrösse die Regel, doch kommen, wenn auch selten, solche von Kopfgrösse und darüber vor. In ihrer äusseren Form zeigen die Bomben meist typische Kugelgestalt, doch sind sie manchmal auch abgeplattet oder plattgedrückt und dann elliptisch geformt. Als Kern- ‘ mineralien, um welche die Bombenbildung stattfand, treten feucht- schwarze Hornblende, pechschwarzer bis schwärzlichgrünner, musch- liger Augit, gelblichgrauer, auch gelblichgrüner bis gelbliehbrauner und dann in seinem Habitus ziemlich obsidianartig erscheinender, muschliger Olivin, dazu schuppige Hornblende- und Glimmer-Aggregate auf, alle zumeist schon durch Verwitterung von der umgebenden, zer- setzten und eigenthümlich warzig-knorpelig erscheinenden, basaltischen Rinde entblösst und dieser auch in kleineren Partikeln eingebacken Von Gesteinseinschlüssen kommen ausser den in der ganzen, vulkanischen Ablagerung nie fehlenden, phyllitischen und quarzitischen noch solche weniger häufige vom Fichtelgebirgsgranite des tieferen Grundgebirges vor. (Ueber die kaustischen Veränderungen dieser letzteren vergl. den petrogr. Theil.) Ebenso wie auf dem südlichen Abhange des Rehberges, so fallen auch in dem Aufschluss am Schulhause die Tuffschichten con- form der Oberfläche ein, was genetisch wichtig ist, indem es zeigt, dass deren Sedimentation ohne jede Mitwirkung. des Wassers und nur auf trockenem Wege erfolgt ist. Sehr passend bezeichnet sie daher v. Gümbel als „Trockentuffe, welche nur durch die gewöhn- liche Durchfeuchtung des durch das Erdreich dringenden Wassers verändert, zersetzt und zum Theil verkittet wurden“. (9, pag. 802.) Bei ihrer direeten Schichtung aus der Luft müssen jedoch auch äolische Wirkungen mit im Spiele gewesen sein, denn wie könnten sich sonst diese Tuffmassen nördlich in einer Entfernung von 1'5 Kilo- meter von ihrem Eruptionspunkte und in ihrer Hauptverbreitung jen- seits des Rehberges finden! Die feinen Aschen müssen abwechselnd mit gröberen Lapillenmassen von einem zur Eruptionszeit vorherrschend südlichen Winde erfasst, nach Norden getragen und auf beiden Ab- hängen dieses Rückens niedergesetzt worden sein. Dass die Erklärungs- weise der Schichtung durch äolische Sedimentation, welche schon von A.E. Reuss stammt (4, pag. 49), die richtige ist, beweist, dass sich diese Trockentuffe in noch grösseren Entfernungen von ihrem Erup- tionspunkte nachweisen lassen, so z. B. auf dem westlichen, dem Eisenbühle zugekehrten Abhange des circa 5 Kilometer entfernten Tilln, wo sie sich in niederen Höhen durch kleinste Projectile und Splitter von muschligem Augite und Hornblende etc. verrathen. So bietet denn der Eisenbühl mit seinen Aschentuffablagerungen ein gutes Beispiel für Transport vulkanischer Aschen durch Winde. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (E. Proft.) 10 74 E. Proft. [50] Oben war schon auf die auffällige Verschiedenheit in der Zu- sammensetzung zwischen der basalen Terrasse und dem eigentlichen Schlackenkegel hingewiesen worden. Während die Terrasse aus Aschentuff besteht und vulkanische Bomben mit verschiedenartigen Mineralkernen, auch Olivinknollen enthält, ist von allen diesen in den Schlackenmassen des Kegels nichts zu finden. Es erweist sich daher diese Terrasse mit den Tuffablagerungen zu beiden Seiten des Rehberges einem früheren, vorwiegenden Aschen- ausbruche zugehörig, von dessen Gewaltigkeit die weite Verbreitung und die Mächtigkeit seiner Ablagerungen Zeugniss ablegen, während der eigentliche Kegel das Product und. der Rest einer späteren, zeitlich jedenfalls getrennten Eruptionsthätigkeit ist, die vorwiegend in Schlackenauswürfen bestand und der es versagt war, vulkanische Bomben mit mineralischen Kernen zu produeiren. Was die Zeit der Eruptionsthätigkeit des Vulkans am Rehberge anbetrifft, so lässt sich dieselbe nur relativ bestimmen. Beim Alt- albenreuther Schulhause lagern nämlich die vulkanischen Tuffe auf jener gelben, glimmerigen Lettenschicht; mithin hat der ältere Aschen- ausbruch des Eisenbühlvulkanes erst nach der Bildung dieser Schicht stattgefunden. Möglich wäre dann immerhin noch. wie v. Gümbel meint, dass die Eruptionsthätigkeit hier in diluvialer, vielleicht gar in historischer Zeit noch stattgefunden hat (12, pag. 91 und 609). 2. Historischer Theil. Wie aus dem Briefwechsel!) Goethe’s mit dem Egerer Magist- raths- und Kriminalrathe Grüner hervorgeht, scheint dieser der eigentliche Entdecker der vulkanischen Vorkommnisse bei Altalben- reuth und Boden zu sein. Er hatte bereits am 2. Juli 1823 eine Exeursion in diese Gegend unternommen und legte jenem, der damals in Marienbad weilte, bei einem Besuche am 13. Juli einen schriftlichen Bericht „über die geschmolzenen Erdproducte von Albenreut und Boden“ vor, dem er sogar eine kleine. kartographische Skizze beige- fügt hatte; auch scheint er ihm bald darauf eine Sendung dortiger, vulkanischer Mineralien gemacht zu haben (l. c., pag. 159). Goethe, der sich auch für diese vulkanischen Vorkommnisse lebhaft interessirte und grosses Verlangen hatte, sie selber kennen zu lernen, besuchte dann nach Beendigung seiner Marienbader Cur in Begleitung des Egerer Freundes den Eisenbühl und die Tuff-Ab- lagerungen des Rehberges am 23. August 1823. Mit seinem Berichte über den Verlauf und die Resultate der Excursion, betitelt „Uralte, neuentdeckte Naturfeuer- und Glutspuren“ (1) gebührt ihm das Ver- dienst, die erste, literarische Nachricht von den dort vorhandenen, vulkanischen Gebilden gegeben zu haben. Seine genetische Vorstellung ist dieselbe, wie zuletzt über den Kammerbühl: im Vergleich mit diesem erklärt er auch die Eisenbühl-Ablagerungen für pseudovul- !) Briefwechsel und mündlicher Verkehr zwischen Goethe nnd dem Rathe Grüner. Leipzig 1853, pag. 150 ft. [51] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schiebt-Vulkane des Egerer Beckens. 75 kanisch. Das seinem Berichte beigefügte „Verzeichniss der bei Boden und Alt-Albenreuth angetroffenen Mineralien“ führt neben Tuffen und „geflossenen Schlacken“ auch jene erwähnten, vulkanischen Bom- ben mit amphibolischen Kernen als „vom Feuer stark angegriffene Hornblende-Krystalle mit der thonigen Gebirgsart zusammengeschmolzen“ auf. Bereits v Hochstetter bemerkt: „Schon Goethe kennt recht gut die mit Quarz durchflaserten Thonschiefermassen der Gegend und den kleinen, konischen Schlackenhügel am Ende des Dorfes, sowie die Tuffe bei Alt-Albenreuth.“ (5.) Später (1835) gab Gumprecht in seinen Beiträgen (2) eine Notiz, in welcher er den Beweis gegen die Goethe’sche Erklärungs- weise und für die echte Vulkanität der Ablagerung erbringt, indem er besonders auf das viel häufigere Vorhandensein des Olivins in den Bodener, porösen Schlacken als in solchen vom Kammerbühl aufmerk- sam macht. In der Folgezeit, etwa nach 1840, beutete, wie A. E. Reuss berichtet (4, pag. 45), der Franzensbader Kreuzherren-Ordensprediger Hoffmann die interessante Fundstätte eine Reihe von Jahren hin- durch auf die erwähnten, vulkanische Mineralien enthaltenden Bomben sorgfältig aus und brachte diese auch nach Prag, wo sie der er- wähnte Geolog sah. Durch diese merkwürdigen Producte auf die vulkanische Fund- stelle aufmerksam geworden, begab sich A. E. Reuss zu ihrer genaueren Untersuchung im Anschluss an geologische Aufnahmen in der Umgegend von Eger und Franzensbad an Ort und Stelle. Die Resultate seiner Studien hat er besonders ausführlich in seinen „Geo- enostischen Verhältnissen des Egerer Bezirkes und Ascher Gebietes“ (4) niedergelegt. Hier giebt er den dortigen, geologischen Erschei- nungen zum Theil schon die richtige Deutung; so erklärt er, die nördlich vom Eisenbühle auf beiden Rehberg-Abhängen sich findenden Tuffe durch äolische Wirkungen dorthin gebracht und abgelagert. Weniger zutreffend dagegen dürfte seine Erklärungsweise in Bezug auf die Genesis der Mineraleinschlüsse in den vulkanischen Bomben sein. Er meint, diese „können sich nicht erst aus dem erkaltenden Gesteine ausgeschieden haben“ (4, pag. 49) und nimmt die Präexistenz basaltischer, mit derartigen Mineral-Einwachsungen ausgestatteten Gesteine und eine spätere Umschmelzung derselben durch die vul- kanische Eruption an, wobei die mineralischen Massen uneingeschmolzen blieben und als Projectile ausgeschleudert wurden. Meinem Dafürhalten nach würde wohl in einem solchen Falle viel eher eine mechanische Zertrümmerung der supponirten, festen Basaltmassen als eine der- artige, vollständige oder auch nur theilweise Umschmelzung herbei- geführt worden sein. — Nach den heutigen Anschauungen sind diese Mineralkerne vielmehr als frühzeitige Ausscheidungen aus dem ba- saltischen Magma aufzufassen. — Jene Stellen bei Goethe und Gumprecht scheinen Reuss auch nicht bekannt gewesen zu sein; denn abgesehen davon, dass er derselben überhaupt keine Erwähnung thut, hätte er sich in seiner überaus trefflichen Abhandlung (pag. 42) nicht rühmen können, in demselben Bezirke Böhmens einen zweiten, erloschenen Vulkan aufgefunden zu haben. : 10* I (ep) E. Proft. [52] Jokely, der, wie: schon -v. Hochstetter, die Priorität (Goethe’s, den Eisenbühl und seine Tuffe bekannt gemacht zu haben, betont, schliesst sich den von Reuss entwickelten Ansichten voll- kommen an. Von neueren Geologen sind es v. Gümbel und Laube, die sich in ihren Schriften mit unserem Gegenstande beschäftigen, v. Gümbel widmet in seinen beiden, grossen Werken über das Fichtelgebirge (12) und das ostbayrische Grenzgebirge (9) den vul- kanischen Vorkommnissen von Altalbenreuth und Boden hin und wieder einen Abschnitt. Laube hingegen (14) giebt nur das für Ex- cursionsbedarf Wissenswertheste. 3. Petrographisch-mineralogischer Theil. I. Projectile. Die Projecetile des Eisenbühls enthalten wie diejenigen des Kammerbühls u. d. M. zunächst Olivin, Augit, Magnetit, Nephelin und Melilith und sind ebenfalls als Melilith-Nephelinbasalte zu be- zeichnen. Zu diesen Hauptgemengtheilen gesellt sich noch: in den Schlacken: Leucit und Haüyn und in den Bomben: Leueit. Letztere beide Gemengtheile konnten in den grösseren, vul- kanischen Blöcken nicht wahrgenommen werden. Es scheinen also auch hier ähnliche Differenzen in der petrographischen Zusammen- setzung der vulkanischen Materien zu bestehen, wie sie beim Kammer- bühle ausführlicher behandelt wurden. Schlacken. Die Schlacken des Eisenbühls lassen bei makroskopischer Be- trachtung in einer dunkelschwarzen, schwarzblauen, auch bräunlich- oder röthlichschwarzen, sehr porösen Grundmasse viele, gelblichgrüne Olivine und einzelne dunkelbraune Biotitblättchen als porphyrische Ausscheidungen erkennen. U. d. M. liegen in einer wesentlich aus farblosem Nephelin und Magnetit bestehenden Grundmasse, an der sich auch viele, kleinste Augitleisten betheiligen, einzelne grössere Olivine, Augite und deren Aggregationen, vereinzelte Leucite, Melilithe und sehr viele Haüyne. Bomben. In einer grau- bis dunkelschwarzen, ziemlich homogenen Grund- masse fallen dem Auge von porphyrischen Ausscheidungen nur Olivine auf. Im übrigen ist die von den Schlacken gegebene, mikroskopische Charakteristik auch für sie zutreffend, nur mit dem Unterschiede, dass sie keinen Haüyn führen. Blöcke. In einer blaugrauen, ziemlich porösen Grundmasse erkennt man zahlreiche, porphyrische Ausscheidungen grösserer, gelblichgrüner, eigenthümlich rissiger Olivine. Wie das Mikroskop zeigt, stellen die ee [53] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens en vulkanischen Blöcke von sämmtlichen Erstarrungsmodificationen die srobkrystallinsten dar. In einer im wesentlichen aus farblosem Nephelin, Magnetiten und Augitleistehen zusammengesetzten Grundmasse lassen sich grössere, meist wohl conturirte Augite und einzelne, kurz tafel- förmige Melilithe wahrnehmen. — Da von den genannten Gesteinsgemengtheilen so ziemlich das- selbe gilt, wie von denen des Kammerbühls, so wird nur noch auf etwaige, unterschiedliche Verhältnisse einzugehen sein. Der Olivin findet sich in sämmlichen Projectilarten als porphyri- sche Ausscheidung. Als mikroskopischer Gemengtheil ist er in regel- mässiger ausgebildeten Krystallen vorhanden als in den Massen des Kammerbühls. Der Augit tritt in den Präparaten in Form von langgestreckten, leistenförmigen, hellgelblichen Krystallen auf, die zumeist wieder um einen Punkt zu sternartigen Aggregaten gruppirt sind. Unter den Gesteinselementen fällt ihm der Hauptantheil zu. An manchen, grösseren Individuen wurde ein sanduhrartiger Aufbau wahrgenommen ; an vielen Einzelkrystallen der Gruppirungen waren oftmals beide Structuren gleichzeitig zu beobachten. Der Nephelin bildet in Gestalt farbloser, wenig gut conturirter Individuen die eigentliche Grundmasse der Projectile. Eine Einzel- ausbildung seiner Individuen ist nicht so häufig wie in den Materien des Kammerbühls. Der Leueit ist in den Präparaten der Eisenbühlprojectile nur spärlich vorhanden und weniger scharf conturirt als derjenige der Kammerbühlmassen, zumeist mit abgerundeten Ecken. Recht häufig erweist er sich zonal gebaut und dann mit gut ausgebildeten Mikro- lithenkränzchen ausgestattet, so dass Fig. 2 eines Leucites vom Kammerbühl auch für ihn recht typisch ist. Der Melilith ist in den Eisenbühlmaterien ebenfalls als kurz sedrungene, in den Blöcken ziemlich plumpe Individuen ausgebildet, bei denen meist die für dieses Mineral charakteristische Pflockstruc- tur nur angedeutet ist. Während der Biotit des Kammerbühlbasaltes nur als mikrosko- pischer Gemengtheil am Gesteinsgewebe sich betheiligt, pflegt er in den Massen des Eisenbühls mehr porphyrisch ausgeschieden vorzu- kommen in Form kleiner Blättchen und Täfelchen. In den Präparaten der FEisenbühlschlacken fallen viel häufiger noch als in denjenigen des Kammerbühls dieselben, dem Melanite wohl zugehörigen, dunkelbraunen, unregelmässig polygonal begrenzten Schnitte mit schwarzer, randlichen Zone auf, welche die gleiche, etwas unregelmässige Spaltbarkeit zeigen und sich bei gekreuzten Nicols dunkel verhalten. Wie in den vulkanischen Materien des Kammerbühls, so ist auch in denen vom Eisenbühl eine jegliche Abwesenheit von Feld- spath, sowie des Apatites zu constatiren; auch der Perowskit konnte nicht wahrgenommen werden. Ebenso liessen sich verschiedene Stadien der magmatischen Festwerdung in den Schlackenmassen der jüngeren Eruptionsthätigkeit nicht unterscheiden. 78 E. Proft. [54] II. Aschentuff. Der Tuft bietet sich als eine in trockenem Zustande hellasch- graue, in feuchtem dunkler erscheinende, bald feinere, bald gröbere, erdige Masse dar. U. d. M. löst sich die Substanz in ein Aggregat von wirr durch einander liegenden, verschiedenartigen Gesteinspar- tikeln auf und man erkennt solche von basaltischer, phyllitischer und quarzitischer Natur. Dazwischen eingemengt sind zahlreiche Glimmerflitterchen, auch Olivine, oft noch sehr frisch, und deren Fragmente, gelbliche Augitleisten und fragmentare Hornblende, sowie reichlich abgeschiedenes Eisenhydroxyd und andere secundäre Pro- ducte. Seiner Genesis nach ist er, wie bereits früher (pag. 75) her- vorgehoben wurde, ein echter Trockentuff. IN. Die in den Auswürflingen vorkommenden Einschlüsse. Die in den Fisenbühlauswürflingen sich findenden Einschlüsse sind doppelter Art, entweder solche vom Grundgebirge oder primäre Mineralausscheidungen des vulkanischen Magmas. Sie theilen sich in dieser Hinsicht ein: A. Fremde Gesteinseinschlüsse von a) Phyllit, b) Quarzit, c) aus dem Fichtelgebirgsgranit. B. Zugehörige Mineraleinschlüsse: a) VOlivin, b) Biotit, c) Augit, d) Amphibol, e) Dlivinknollen. . Was das Auttreten dieser Einschlüsse anbelangt, so sind die mineralischen nur auf die älteren Aschentuffe beschränkt, während diejenigen unterirdisch anstehender Gesteinsarten in den Projectilen beider Eruptionen sich vorfinden. Die Mineraleinschlüsse in den Bomben sind von einer bald dickeren, bald dünneren, oft nur wenige Millimeter starken, meist thonig zersetzten, basaltischen Rinde umgeben, in der meist Quarzit- und Phyllitfragmentchen, auch Biotitblättchen, seltener schon Augit- oder Hornblendekörner eingebacken sind. Oft finden sich in einer solchen Hülle zwei oder mehrere dieser Mineralien, immer in ir- regulärem Gemenge, zusammen vor. Zuweilen gesellt sich zu einem eentralen Mineralkerne, wenn auch seltener, ein Phyllit- oder Quarzit- fragment. Als derartige Aggregationen wurden beobachtet: Olivin und Augit, Olivin und Hornblende, Olivin und Biotit. ud [55] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens, 79. Desgleichen sind die noch ausführlicher zu behandelnden Olivin- knollen auch nur als solche mineralische Aggregate aufzufassen. Ueberaus häufig gesellt sich in dieser Hinsicht Biotit in Form von einzelnen, kleinen Blättchen sowohl zu den olivinischen, wie pyroxenischen und amphibolischen Kernen. Was die Mineralien selbst anbelangt, so sind sie zwar stets individualisirt, jedoch ohne jede Krystallform, nur in unregelmässigen, rundlichen oder länglichen, klumpenartigen Massen ausgebildet. Aeusserst selten sind an ihnen einzelne, wenige, höchstens die Hälfte der Kry- stalllächen und noch in sehr schlechter Ausbildungsweise wahrzu- nehmen, während der übrige Theil des Individuums keine Spur hier- von zeigt. Diese wenigen sind die Ueberreste einer früheren, ur- sprünglich, als die Massen noch im flüssigen Magma suspendirt waren, wohl. bei sämmtlichen der Mineralien vorhanden gewesenen Krystall- ausbildung. Dieselbe dürfte jedoch bereits vor der schliesslichen, magmatischen Verfestigung durch eine weit vorgeschrittene Resorption und Deformation wieder vernichtet worden sein, wobei jene klumpigen Massen resultirten, in denen die Mineralien gegenwärtig vorliegen. In der folgenden Einzel-Charakteristik derselben wird das Nähere über etwa noch erhaltene und wahrgenomme Krystallisationen mit zu berichten sein, ! Muschliger Olivin. Der Olivin ist von Farbe gelblichgrau, in typischen Stücken dunkelgelbbraun, oft etwas ins Grünliche spielend und dann manchen Obsidian-Varietäten und Flaschengläsern täuschend ähnlich, in dünn- sten Lamellen ganz hellgelblich erscheinend. Er zeigt starken Glas- glanz und kaum Spuren von Spaltbarkeit, vielmehr einen ganz flach- muscheligen Bruch. In trüben, gelblichgrauen Stücken nur durch- scheinend, ist er in den edleren, obsidianartigen Abänderungen recht -gut durchsichtig. Krystallflächen sind bei ihm sehr grosse Seltenheit. Unter dem zahlreich vorliegenden Materiale konnten nur an einem einzigen, kleinen Individuum, welches einem grösseren Stücke angewachsen war, solche beobachtet werden, die auf die Com- bination: oPo.P.o P.x Po .Po (100.111.110.010.101) verwiesen. Sein Inneres ist vielfach von Fetzen und Lappen einer äusserst porösen, basaltischen Masse durchzogen, ja manchmal gerade- zu durchwuchert. Ausser diesen blos makroskopischen waren mikro- skopische Interpositionen nicht zu beobachten. Häufig enthält er m seinem Inneren langgestreckte, an den Wandungen ringsum schlackig ausgekleidete Hohlräume. Sein specifisches Gewicht wurde mittelst pyknometrischer Methode bei 4° C. auf 3,404 bestimmt. Unter den mineralischen Ausscheidungen pflegt er, was namentlich die edleren Varietäten von obsidianartigem Habitus betrifft, immerhin zu den selteneren zu gehören. Eine von mir ausgeführte Analyse dieser letzteren Varietät ergab folgende Resultate: 80 E. Proft. [56] 305)... ee MO: Nee Mel: CEO LERNEN 9960 also ungefähr 5 Mg Si 0, + Fe Si O,. Biotit. Der Biotit findet sich als Kernmineral in Gestalt schuppiger Aggregate, viel häufiger jedoch in einzelnen Blättern den anderen Mineralien associirt vor, welche sehr oft mit randliger Abrundung und „wie angeschmolzen“ erscheinen. Nur in einem einzigen Falle sass auf einem Stücke muschligen Augites ein kleiner, scharf ausgebildeter Krystall der üblichen Combination: oP.P.o Po (001.111.010). Die Farbe des Biotites ist schmutzigbraun bis braunschwarz, auch dunkelschwarz mit einem Stich ins Bräunliche, in dünnsten Mem- branen bräunlichgelb. Er zeigt starken Pleochroismus. Optisch gehören die Biotite des Eisenbühls zum Meroxen und sind durch einen sehr kleinen, optischen Axenwinkel ausgezeichnet. U. d. M. erweist er sich frei von jeglichen Interpositionen. Muschliser Augit. Weit häufiger als die beiden, vorgenannten Mineralien findet sich in den Bomben des Aschentuffes der muschlige Augit. Meist tritt er in unregelmässig geformten, knolligen Massen auf. Doch sind bei ihm am allerhäufigsten noch Krystallformen zu entdecken von der üblichen Combination: j oP.o Po.oPo.P(110.100.010.111), wenngleich die Individuen nur theilweise und krüppelhaft ausgebildet sind. In der Grösse geht er bis zu derjenigen einer Faust empor. Von Farbe ist er dunkelschwarzgrün bis pechschwarz, Farben, die sich in den dünnen Blättchen der Präparate in ein lichtes Graugrün auflösen. Für ihn ist ein bedeutender Fettglanz, sowie ein klein muschliger | Bruch recht charakteristisch. In den Präparaten kommt u. d. M. eine recht. gut ausgebildete Spaltbarkeit, keineswegs jedoch irgend welcher Pleochroismus zum Vorschein. Als makroskopische Einschlüsse enthält der Augit solche von schwarzer, poröser Basaltmasse, auch eelbliche Olivinkörner. U. d. M. konnten noch solche des Biotites, sowie Schnüre und Haufwerke von Glaseinschlüssen wahrgenommen werden; grössere derselben zeigten sich oft mehrfach oder zahlreich verästelt. Sein specifisches Gewicht wird von A. E. Reuss (4, pag. 47) zwischen 3'245 und 3'324 liegend angegeben; ich fand dasselbe bei 4° C. zu 3'322, [57] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 81 Hornblende. Am allerhäufigsten findet sich als Kernmineral die basaltische Hornblende in einzelnen Individuen. als auch in Aggregaten. Manch- mal erreichen ihre Massen eine recht bedeutende Grösse. Unter den zahlreichen, hiervon vorliegenden Stücken befand sich ein solches von plattgedrückt elliptischer Form mit einem Längsdurchmesser von reich- lich 10 Centimer bei einer Breite von 7 Centimeter; sonst gehören rund- liche Knollen bis zur Faustgrösse zu der Regel. Da, wo das Mineral aus seiner hellgrauen, zersetzten Basaltrinde herausragt oder an heraus- sewitterten Kernen zeigt es eine vollkommen „geflossene Oberfläche“. Krystalle oder auch nur einzelne Flächen von solchen konnten nicht wahrgenommen werden; allerdings gewinnt es manchmal den Eindruck, als seien solche vorhanden gewesen. Von Farbe ist die Hornblende sammtschwarz und mit einem recht lebhaften und feuchten Glasglanze ausgestattet. Fast jedes Exemplar zeigt in haarscharfer Ausbildung die charakteristische Spalt- barkeit nach dem Prisma von 124° 30°; senkrecht zu dieser pflegt sich ein muscheliger Bruch einzustellen. Von Einschlüssen sind die- jenigen blasiger Basaltmasse, wie bei den vorigen Mineralien zu nennen; mikroskopische Interpositionen konnten nicht beobachtet werden. Das specifische Gewicht beträgt nach ‚A. E. Reuss (I. c.) 3'191, ich ermittelte dasselbe wmittelst pyknometrischer Bestimmung bei 4° C. zu 8'103. Die Auslöschungsschiefe auf “ Po (010) ist eine ziemlich regelmässige und wurde als Mittel von acht, verschiedenen Messungen mit 15° bestimmt. Die Hornblende zeigt starken Pleochroismus, indem sich a — gelb bis honiggelb, b = dunkelbraun, c —= gelbbraun erweist. Ihr optisches Schema gestaltet sich: x a De. Net Olivinknollen. Olivinknollen vom Eisenbühl scheint schon A. E. Reuss gekannt zu haben, wenigstens spricht er (4, pag. 48) von Olivinkugeln, bei denen „die einzelnen Körner von verschiedener Farbe, theils licht-, theils dunkelgrün sind“. Andeutungsweise, ohne sie näher zu unter- suchen, erwähnt sie v. Gümbel (9, pag. 802). Die Olivinknullen der Eisenbühltuffe bestehen, wie schon der äussere Anblick lehrt, in der Hauptsache aus Olivin und monoklinem Pyroxen, zu denen sich untergeordnet noch Biotit gesellt. Ein rhom- bischer Pyroxen ist neben dem monoklinen nicht vorhanden; ebenso tritt ein Spinell als selbstständiger Knollengemengtheil nicht auf. Je nach der Färbung des Pyroxens ist der äussere Habitus der Knollen unter einander ein etwas verschiedener. In dem einen Falle zeigt der Pyroxen eine dunkelschwarze Färbung, es pflegen sich dann in den Knollen auch reichlich isolirt eingeschlossene Partieen basaltischer Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Proft.) 11 89 E. Proft. [58] Masse einzustellen und die Knollen bieten sich als schwärzliche Massen dar, deren düstere Färbung nur durch die gelblichen Olivine unter- brochen wird. — In der anderen Ausbildungsweise zeigt sich der Pyroxen grasgrün bis dunkelgrün gefärbt, waltet sehr vor und verleiht, da magmatische Einschlüsse kaum vorhanden sind, dem ganzen Knollen eine lebhaft grüne Färbung. Olivinknollen dieser Art sehen in den meisten Stücken denjenigen vom Dreiser Weiher bei Daun in den Eifel sehr ähnlich. — U. d. M. ist zwischen den beiden Arten vom Eisenbühl, abgesehen von den erwähnten Gegensätzen, ein Unterschied in der mineralischen Zusammensetzung nicht zu gewahren. Der Olivin tritt in den Knollen meist in Gestalt von Körnern, aber auch in ringsum ausgebildeten Individuen auf. Den ihn um- gsebenden Pyroxenen gegenüber zeigt er vielfach eine automorphe Ausbildungsweise. In die umhüllende Basaltmasse der Knollen pflegt er häufig mit seinen Krystallspitzen hineinzuragen. Makroskopisch hellgelblich oder gelblichgrün, ist er u. d. M. farblos, vollkommen frisch und ohne jegliche Spuren von Serpentinisirung. Manchmal sind seine Individuen von zahlreichen, kleinsten Lappen und Schmitzen schwarzer, oft ziemlich poröser, basaltischer Masse über und über erfüllt, ebenso vielfach von Reihen und Schnüren von Glaseinschlüssen durchzogen. Ausserdem fehlen als Interpositionen fast nie winzige, 0:029—0:093 Millimeter grosse Octaöderchen und deren Aggregationen eines dunkelschwarzen, höchst selten nur an den Kanten hellbräunlich durchscheinenden, dem Magnetite sehr nahe stehenden Spinellminerales. Die Grösse der Olivine bewegt sich zwischen der mikroskopischen Winzigkeit von 0:105 Millimeter und derjenigen von 5 Millimeter und darüber. Eine randliche, anders gefärbte Zone, wie sie beim Pyroxen zu erwähnen ist, pflegt beim Olivine niemals vorhanden zu sein. Der Pyroxen der Knollen ist ebenfalls zumeist im Körnern ausgebildet, doch kommen, namentlich in Hohlräumen, auch wohl krystallisirte Individuen vor. Den an ihn angrenzenden Olivinen gegen- über ist hin und wieder eine automorphe Ausbildung zu beobachten, so dass also hier eine strenge Sonderung in der Ausscheidungs- Reihenfolge beider Mineralien nicht stattgefunden zu haben scheint. Seine Farbe ist dunkelschwarz oder dunkelgrün bis grasgrün und löst sich in den dünnen Lamellen der Präparate in ein ganz lichtes Blassgerün auf. Der basaltischen Knollenrinde gegenüber ist eine auto- morphe Ausbildungsweise seiner Individuen die Regel. Solche in die basaltische Masse hineinragende Krystalle zeigen u. d. M. eine rand- liche, dunkler oder mehr gelblich gefärbte Zone magmatischer Ein- wirkung. Dieselbe verhielt sich bei gekreuzten Nicols in Bezug auf ihre Auslöschung von dem übrigen, unversehrten Theile des Individuums meist verschieden. Entweder fand ein continuirlicher Uebergang der Auslöschung in undulatorischer Weise von der äusseren Zone nach dem Inneren statt oder beide Theile liessen eine deutliche und messbare Differenz, in einem Falle 8° betragend, erkennen. | Von mikroskopischen Interpositionen wurden in seinem Inneren Olivinkörner und Glimmerfetzchen gefunden, ebenso die schon beim Olivine erwähnten Lappen und Schmitzen von basaltischer Masse, sowie Bänder und Haufwerke lang ausgezerrter Glaseinschlüsse. [59] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 83 Ausserdem führt er Interpositionen desselben Spinellminerales, wie der Olivin. Seine Grösse ist eine sehr wechselnde. Die winzigsten seiner mikroskopischen Individuen wurden mit 0'23 Millimeter ge- messen, während die grössten, makroskopischen 1 Centimeter erreichten und zwischen diesen beiden Grenzen sich alle möglichen Zwischen- stufen vorfinden. Der Biotit, oft schon mit dem blossen Auge erkennbar, findet sich in den Knollen u. d. M. als unregelmässig conturirte Blättchen und Fetzchen vor. Vielfach bildet er gewissermassen die eigentliche Ausfüllmasse zwischen den Olivinen und Pyroxenen. Er zeigt starken Pleochroismus. Die kleinsten seiner Individuen hatten die winzige Grösse von 0'087 Millimeter. Im Gegensatz zu den an so vielen Orten in anstehenden Bann vorkommenden Olivinknollen zeigen diese Olivinknollen der Eisenbühl- tuffe mancherlei Verschiedenheiten, sowohl in ihrem äusseren Habitus, als in der speciellen, petrographischen Zusammensetzung. Mag man den ersteren eine Entstehung zuschreiben, welche man will, sie ent- weder als losgerissene und eingeschlossene Bruchstücke von unter- irdisch anstehenden, Lherzolith ähnlichen Massen oder als primäre Ausscheidungen aus dem basaltischen Magma selbst deuten, — für die Olivinknollen des Eisenbühls ist, wie aus den folgenden Dar- legungen hervorgehen dürfte, wohl nur die letztgedachte Erklärungs- weise zulässig: 1. Viele der Knollen erweisen sich äusserlich schon gar nicht gleichmässig körnig gemengt. Manche sind auf der einen Seite zwar ganz gleichmässig und fein krystallin ausgebildet, während die Gemeng- theile auf der anderen sich durch eine bedeutende Grösse auszeichnen und namentlich hier der Pyroxen bis zu derjenigen eines Centimeters heranwachsen kann. Eine andere, seltenere Abart zeichnet sich dadurch aus, dass sie hauptsächlich aus Olivin zusammengesetzt und der Pyroxen nur in sehr vereinzelten Körnern vorhanden ist. 2. Die Knollen zeigen. überhaupt gar nicht jene Compactheit, wie sie den in Basalten sonst eingeschlossenen eigen ist. Sie besitzen sogar manchmal ein förmlich poröses Gefüge und in den Hohlräumen erscheint dann namentlich der Pyroxen wohl auskrystallisirt mit den üblichen Formen des gemeinen Augites: oP.o Po. wPo. P(110.100.010.111). Eine solche Beschaffenheit steht mit einer Ableitung von unterirdischen Olivinfelsmassen im Widerspruch. 3. Schon makroskopisch, besonders aber u. d. M. sieht man hin und wieder automorphen ÖOlivin mit xenomorphen Pyroxenen und andererseits automorphen Pyroxen mit xenomorphen Olivinen ver- gesellschaftet. Auch das ist ein Verhalten, wie es in den Peridotiten nicht üblich zu sein pflegt. 4. Die Knollen enthalten scnon als makroskopischen, ganz be- sonders aber als mikroskopischen Gemengtheil — Biotit —, welcher in den Olivinknollen der Basalte (mit Ausnahme eines Fundes von 11* 84 E. Proft. [60] Bleibtreu in den Knauern des Finkenberges'), wo sein Dasein nieht wenig auffiel) niemals beobachtet wurde. 5. Bemerkenswerth für die Knollen ist das gänzliche Fehlen eines rhombischen Pyroxens, während ihn doch die basaltischen Olivin- knollen neben den monoklinen sozusagen regelmässig zu enthalten pflegen. 6. Ein Mineral der Spinellgruppe tritt als selbstständiger Knollen- (Gemengtheil auch nicht auf, was doch in denen der Basalte zumeist (der Fall ist. 7. Die Gemengtheile der Knollen sind nur solche Mineralien, die sich auch individualisirt als Ausscheidungen in den vulkanischen Bomben vorfinden. 8. Weiterhin spricht das erwähnte Auftreten von isolirten Par- tikeln der Basaltmasse inmitten der Knollen augenscheinlich für deren Ausscheidung aus dem basaltischen Magma selbst. Dabei ist noch besonders zu betonen, dass es sich hier nicht etwa um verästelte Apophysen handelt, welche mit der äusseren Basaltmasse zusammen- hängen und wie sie in jedem fremden Bruchstücke vorkommen können, sondern um allseitig von den Knollengemengtheilen umgebene, basal- tische Partieen. 9, Schliesslich spricht die Analogie des Auftretens und die innige Vergesellschaftung der Ausscheidungen von Olivin, Augit, Biotit ete. enthaltenden Bomben mit den in Rede stehenden Olivin-Augitaggregaten dafür, in letzteren primäre, infratellurische Ausscheidungen zu er- blicken, da die ersteren nur als solche und keineswegs als Fragmente eines Grundgebirges gelten können und beide genetisch nicht zu trennen sind. Vorstehende Beobachtungen erweisen natürlich nichts für die Abkunft der sonst in der Masse von Kuppen- und Deckenbasalten direct eingeschmolzenen, ganz anders zusammengesetzten und struirten Olivinknollen. IV. Contacterscheinungen. Die an den Phyllit- und Quarziteinschlüssen der Eisenbühl- projectile ‚stattgehabten, kaustischen Veränderungen sind die nämlichen, wie bei den gleichen Schiefereinschlüssen des Kammerbühls. Nur die dem Fichtelgebirgsgranite des tieferen Grundgebirges entstammen- den Brocken in den Bomben des Aschentuffes haben eine intensivere Einwirkung erfahren als die gleichen Materien der Kammerbühlpro- jeetile. Schon äusserlich zeigen sie eine bedeutende Porosität und in den meisten ist der Biotit in ein grünliches, auch schwärzliches. in den Präparaten schmutzigbräunlieh erscheinendes Glas verwandelt. In seltneren Fällen sind diese vorwiegend aus Feldspath bestehenden, sranitischen Fragmente einseitig oder mehrseitig von einem bald dünneren, bald dickeren, weisslich- bis dunkelgrünen Glashäutchen überzogen. U. d. M. erweisen sich die Quarze sowohl, wie die Feld- spathe an manchen Stellen der Präparate randlich arg zerfasert und zerschlitzt und in ihrem Inneren von einer Unmasse Luftbläschen '!) Bleibtreu, Olivinknollen im Basalt. Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Gesell- schaft 1883, pag. 515. [61] Kammerbühl und Eisenbühl, die Schicht-Vulkane des Egerer Beckens. 85 und secundären Glaseinschlüssen durchzogen, die sich in der Nähe der verglasten Partien noch besonders zu Schnüren und Haufwerken anreichern. Im Contacte mit der umgebenden, basaltischen Hülle ist das Biotitglas über und über mit Neubildungen farbloser, bald spiessig, bald stabförmig ausgebildeter Augitmikrolithen erfüllt, die sich an den Enden entweder zugespitzt oder dichotom, auch büschelartig divergirend erweisen. Diese augitischen Entglasungen nehmen nach dem Inneren der Fragmente gegenüber den folgenden Neubildungen an Häufigkeit sehr ab. In den meisten der mehr central gelegenen, schmutzigbräunlichen Biotitglasmassen fallen je nach der Ausdehnung der verglasten Medien grössere und kleinere, oktaödrische Haufwerke, oft mit zierlicher Anordnung der einzelnen, circa 001 Millimeter srossen Individuen eines dunkelschwarzen, vollkommen undurchsichti- sen, dem Magnetite sehr nahe oder gleichkommenden Spinelles auf. Daneben gewahrt man ziemlich viele, farblose, höchstens 0'032 Milli- meter grosse, hexagonale, auch rektangulär begrenzte Schnitte, welche kaum irgend welchen Pleochroismus zeigen, bei gekreuzten Nicols jedoch gerade auslöschen. Ein merklicher Pleochroismus derselben konnte auch nach dem Glühen der Präparate, was übrigens bei der sehr bröckeligen Beschaffenheit des Materiales eine überaus schwierige Procedur war, nicht wahrgenommen werden Obwohl nun dieses Mineral einen erheblichen Pleochroismus und die für den Cordierit charak- teristische, durch Drillingsbildung nach o P (110) bedingte Felder- theilung nicht aufzuweisen hat, dürfte es sich doch wohl um eine derartige Neubildung handeln. Am Schlusse dieser Arbeit angelangt, nehme ich Gegenheit, meinen hochverehrten Lehrern auf dem Gebiete der Mineralogie und Geologie, Herrn Geh. Bergrath Prof. Dr Zirkel und. Herrn Geh. Bergrath Prof. Dr. Credner, welche mir während meiner Studien- zeit, ganz besonders aber bei Abfassung vorstehender Abhandlung jederzeit fördernd und mit Rath und That zur Seite standen, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Inhalts-Verzeiehniss. Literatur I. Kammerbühl . . . .. Par: 1: Bisenbühl . „css ah Uebersicht der topographisch- ee: Yorlälinisse Ban Umsc T. Er Kammerbühl : . Topographisch- Ana Nerkiiltaiseg 5 Historischer Theil . . Ay 3. Petrographischer Theil . I. Die verschiedenen Gesteins- Modifikätiönen und ihre ein- zelnen Gemengtheile II. Die in ‘den Kammerbühl- Auswürflingen vorkommenden Gesteins - Einschlüsse RS RITENE TEL, II. Gontacterscheinungen. 2.7 2 Var a ne. 10 SE IV. Zersetzungserscheinungen . . ll. Der Eisenbühl 1. Topographisch- ee Worhältnigre, 2. Historischer Theil 3. Petrographisch- -mineralogischer Theil I. Projoeidless 1 2.0307 1 JE RE II. Aschentuff III. Die in den Auswürflingen. vorkommenden Einschlüsse . IV. Contacterscheinungen Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. (Vorläufige Mittheilung'). Von A. G. Nathorst in Stockholm. In der Sitzung am 7. Juni 1893 habe ich der königl. schwe- dischen Academie der Wissenschaften eine Abhandlung „Zur palaeo- zoischen Flora der arktischen Zone, enthaltend die auf Spitzbergen, auf der Bäreninsel und auf Novaja Semlja von den schwedischen Expeditionen entdeckten palaeozoischen Pflanzen“ vorgelegt. Dieselbe ist von 16 Tafeln in Quart begleitet, da aber der Druck der Arbeit erst nach längerer Zeit vollendet sein dürfte, habe ich es für ange- messen gehalten, eine kurze Uebersicht des Inhaltes derselben auch hier mitzutheilen. Was wir bisher von den Pflanzenresten der palaeozoischen Ablagerungen der Polarländer kannten, verdanken wir ausschliesslich den Arbeiten Heer’s, an dessen betreffende Aufsätze hier in Kürze erinnert werden soll. Er beschrieb zuerst in seiner Abhandlung: „Fossile Flora der Bäreninsel“ (Flora fossilis aretica vol. 2), die von Nordens- kiöld und Malmgren dortselbst 1868 entdeckten Pflanzenreste, und stellte die pflanzenführende Ablagerung zu der von ihm bei dieser Gelegenheit aufgestellten „Ursastufe“, welche er zum untersten Carbon oder zu einer Zwischenstufe zwischen Devon und Carbon rechnete, während andere Autoren, namentlich Dawson, die Ab- lagerung eher für devonisch betrachteten. Von schon früher bekannten Ablagerungen zeigte jene von Kiltorkan in Irland, welche von den meisten Autoren zum obersten Devon gestellt wird, während Heer und einige Andere dieselbe zum untersten Carbon rechnen, die meiste Uebereinstimmung mit der Ursastufe, und zwar sind die Cyclostigmen (eine Sippe der Gattung Bothrodendron) an beiden Localitäten sehr häufig. Als andere für die Ursastufe charakteristische Pflanzen wurden von Heer auch Calamites radiatus und Lepidodendron Veltheimianum !) Dieser Aufsatz gelangte schon den 27. Juni 1893 au Herrn Hofrath Stur, gerieth aber in Folge der schwereu Erkrankung des Adressaten in Verstoss und hat erst nach dessen Tode die Redaction des Jahrbuches erreicht. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (A. G. Nathorst.) 88 A. G. Nathorst. [2] angeführt, deren Voıkommen auf der Bäreninsel jedoch in der That bisher nicht nachgewiesen worden ist, da die Reste, welche Heer zu diesen Arten stellte, wie unten gezeigt werden soll, nicht den- selben angehören. Dann beschrieb Heer in seinen „Beiträgen zur Steinkohlenflora der arktischen Zone“ (Flora fossilis aretica vol. 3) jene Pflanzenreste aus Spitzbergen, welche 1870 von Wilander und mir entdeckt worden waren, und da er unter denselben die beiden soeben genannten Arten sowie eine Cyclostigma zu erkennen glaubte, stellte er auch diese Ablagerung zur Ursa-Stufe. Es sei schon hier erwähnt, dass diese Celostigma (©. Nathorsti Heer) wieder zu streichen ist, da sie einen ganz unbestimmbaren Abdruck darstellt (Heer’s "Abbildung ist sehr idealisirt), und dass der vermeintliche Calamites radiatus ebenfalls auf sehr vagen und unbestimmbaren -Stammresten beruht, welche besser hätten unberücksichtigt bleiben können. Der nächste Beitrag zur Steinkohlenflora Spitzbergens wurde dann von Heer unter dem Titel: „Beiträge zur fossilen Flora Spitzbergens“ (Flora fossilis aretica vol. 4) geliefert, in welchen u. A. die Carbonpflanzen beschrieben wurden, welche Nordenskiöld 18373 im Robertsthale entdeckt hatte. Wahrscheinlich von der Annahme Nordenskiöld’s beeinflusst, dass die pflanzenführenden Lager ihren Platz über den marinen (Permo-) Carbonlagern hatten, meinte Heer, dass die be- treffenden Pflanzenfossilien zum Mittelcarbon zu rechnen seien, eine Meinung, gegen welche Stur seiner Zeit opponirte, indem er die Behauptung aussprach!), dass die pflanzenführenden Schichten des Robertsthales dem Culm angehören, eine Meinung, die, wie wir unten sehen werden, sich als richtig erwiesen hat. Endlich hat Heer auch einige schlecht erhaltene Pflanzenreste beschrieben (Flora fossilis aretica vol. 5), welche Nordenskiöld in dem Permocarbonlagern Novaja Semljas gefunden hatte. Während der geologischen Expedition nach Spitzbergen, welche ich 1882 zusammen mit G. De Geer vornahm, wurden Steinkohlen- pflanzen an mehreren neuen Localitäten entdeckt, und ausserdem gelang es mir, auch Pflanzenreste in den dortigen Devonablagerungen zu finden. Es wurde ferner constatirt, dass die pflanzenführenden Lager des Robertsthales nicht, wie Nordenskiöld glaubte, über den marinen Schichten, sondern im Gegentheil unter denselben ihren Platz be- haupten. Nordenskiöld’s Auffassung wurde durch den Umstand ver- ursacht, dass bei der Aufrichtung der Schichten, welche im Zusammen- hang mit einer colossalen Verwerfung steht („Verwerfung mit ge- schleppten Flügeln“), dieselben stellenweis überkippt sind. Bei Untersuchung der ganzen Schichtenreihe tritt aber die wirkliche Stellung der Schichten sogleich hervor. Es kommt daher innerhalb der Carbon-Schichten Spitzbergens nur ein pflanzenführendes Lager vor, und zwar hat dasselbe seinen Platz unter den marinen Lagern an der Basis des ganzen Systems. Wahrscheinlich kommen in dieser Stufe verschiedene Horizonte vor, was aber bisher in Folge ver- schiedener Schwierigkeiten nicht mit Sicherheit ermittelt werden konnte. '!) Verh d. k. k. geol. Reichsanstalt 1877. S. 81. A [3] Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. 89 Meine Absicht war zuerst, nur die 1882 entdeckten Pflanzen- fossilien zu beschreiben. Beim Vergleich‘ der Heer’schen Originale erwies es sich aber durchaus nothwendig, auch die von ihm beschrie- benen Arten einer erneuten Untersuchung zu unterwerfen, und meine Arbeit enthält demgemäss die Beschreibung sämmtlicher bisher auf Spitzbergen und auf der Bäreninsel gefundenen palaeozoischen Pflanzen, wozu ich noch die dürftigen Reste von Novaja Semlja revidirt habe. In der folgenden Uebersicht werde ich zuerst die palaeozoische Flora Spitzbergens, dann die der Bäreninsel besprechen, und zwar sowohl in Bezug auf ihre Pflanzenfossilien, wie in Bezug auf die Altersfrage behandeln. Durch die Untersuchungen, welche ich 1882 ausführen konnte, und durch die Beschreibung der von mir gesammelten Fischreste, welche wir den Herren E. Ray-Lankester und A. Smith-Wood- ward verdanken, ist hervorgegangen, dass die devonischen Ab- lagerungen Spitzbergens (von Nordenskiöld früher als das Liefdebay-System zusammengefasst) in zwei Abtheilungen zer- fallen, von welchen die untere durch Fischreste aus den Gattungen Pteraspis, Acanthaspis, Porolepis ete., die obere dagegen durch solche aus den Gattungen Holoptychius, Psammosteus, Onychodus ete. charakterisirt sind. Auch die Pflanzenreste der beiden Abtheilungen sind verschieden, denn während die untere, mit Ausnahme einer grossen Cyeclopteris (Aphlebia?), nur jene zweifelhaften Reste geliefert hat, welche mace- rirten Spindel- und Stammresten ähneln, und welche gewöhnlich zu Psilophyton gebracht werden, schliessen sich die Pflanzenreste der oberen Abtheilung, was übrigens auch von den Fischresten gilt, an die Reste der Carbonformation an. Die Pflanzenreste sind bisher nur spärlich gefunden worden und sind meistens specifisch unbe- stimmbar, wie eine Bergeriat), ein Lepidodendron an L. corrugatum Dawson und L. spetsbergense m. (siehe unten) erinnernd, ein entrindetes Bothrodendron vom Typus des B. tenerrimum Trautsch sp. Dazu das hübsche Psygmophyllum Williamsoni n. sp , welches deshalb von Inter- esse ist, weil die Gattung bisher nicht aus Devonablagerungen bekannt war. Dieselbe wird nunmehr meistens zu Saporta’s Ginkgophyllum gestellt, doch ziehe ich die ältere Benennung vor, weil dieselbe nichts über die noch unsichere Verwandtschaft der betreffenden Pflanze aussagt. Obschon die devonischen Pflanzenreste demgemäss ziemlich dürftig sind, so stellen sie doch in Aussicht, dass weitere For- schungen noch mehrere Reste zum Vorschein bringen werden. Die devonischen Ablagerungen Spitzbergens sind nicht gefaltet, und scheinen in einem grossen Graben im älteren Gebirge eingesenkt zu liegen. Nur an den Grenzen gegen die älteren Gesteine sind ihre Schichten aufgerichtet und z. Th. zusammengepresst, was wohl mit der Schleppung am Bruchrand in Zusammenhang steht. Die untercar- bonischen Schichten greifen transgredirend über die devonischen . ) Unter diesem provisorischen Namen scheinen mir fortan zweckmässiger Weise jene Reste aufgeführt werden zu können, welche durch quadrat-rhombische Blattpolster oder Narben charakterisirt, aber nicht näher zu bestimmen sind. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (A. G. Nathorst.) 12 90 A. G. Nathorst. [4] Ablagerungen hinüber, so dass sie z. B. auf der Ostseite der Klaas Billen-Bay auf dem Grundgebirge, auf dessen Westseite dagegen auf dem Devon lagern, d. h. die Senkung im Graben hatte schon vor der Ablagerung der carbonischen Schichten stattgefunden, und die nicht eingesenkten Devon-Schichten waren auch schon durch Abrasion hin- weg gebracht. Die untercarbonischen pflanzenführenden Lager werden von den marinen Permo-Carbon-Schichten bedeckt. Wir werden hier eine Uebersicht der in jenen Lagern bisher gefundenen Pflanzenreste vorführen. Calamites (?). Das Vorkommen von Calamitenresten auf Spitz- bergen muss noch als zweifelhaft betrachtet werden. Die von Heer als Calamites radiat«s beschriebenen Abdrücke sind in der That un- bestimmbar, und die Abbildungen sind im höchsten Grade idealisirt. Es ist auffallend, dass ein zweifelloser Calamiten-Steinkern bisher weder von Spitzbergen noch von der Bäreninsel mitgebracht worden ist. Calymmatotheca bifida Lindley sp. Zu dieser Art gehört Sphe- nopteris frigida Heer, und Todes Lipoldi Stur ist wohl auch kaum davon zu irennen. Prächtige Blätter der betreffenden Art wurden 1882 gefunden. Sphenopteris Kidstoni. n. sp. Mehrere Blattsegmente einer Art, die sowohl mit Sphenopteris Ettingshauseni Stur wie mit Calymmatotheca affinis Lindley sp. Aehnlichkeit haben; dürften jedoch von beiden zu trennen sein. Sphenopteris Sturi n. sp. Ein einzelnes Blättchen, welches, ob- schon kleiner, doch in Betreff der Theilung grosse Analogie mit Ithodea Hochstetteri Stur zeigt. Sphenopteris flexibilis Heer. Zu dieser Art gehört Sph. genieulata Heer als die Mediannerven des Blättchens (Heer hat die Blatt- laminen selbst übersehen). Ferner die Reste, welche Heer zu Sph. distans gebracht hat, und welche das wirkliche Aussehen der Blättehen besser zeigen, als He er’s Figuren über Sph. flexibilis, welche nicht richtig sind. Auch glaube ich zu dieser Art die Marattiaceen- Sporangien bringen zu müssen, welche Heer als Staphylopteris beschrieben hat, welche aber nicht kreisförmig gestellt sind, wie man es nach Heer’s Abbildung vermuthen würde, sondern vielmehr eine traubenförmige Stellung besitzen. Ob die Art mit Sphenopteris distans Sternb. identisch ist, wage ich nicht zu entscheiden, jedenfalls ist sie mit derselben am nächsten verwandt. Adiantites bellidulus Heer, zu welchem auch A. coneinnus Heer als breitere Läppchen zu rechnen ist, da Uebergänge zwischen beiden vorkommen. Zur selben Art gehört auch Sphenophyllum bifidum Heer. Die Pflanze steht Adiantites tenwifolius Gp. sp. ungemein nahe oder ist vielleicht mit diesem identisch Als Adiantites longifolius Heer sp. habe ich die Pflanze aufge- nommen, welche Heer als Sphenophylium longifolium beschrieben hat. Heer’s Abbildung ist nicht getreu, das Blättehen ist schief und ist nur zufällig am Rande zerrissen. Scheint mit Adiantites antiquus des Culms nahe verwandt zu sein. Cardiopteris sp. Ein kleines, vortrefflich erhaltenes Blättchen, das aber selbstverständlich nicht speeifisch bestimmt werden kann. [5] Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. 9] Sphenopteridium sp. Nur ein Fragment, welches mit Sph. dis- sectum Gp. sp. und mit Archaeopteris Tschermaki Stur verglichen werden kann. Farnspindeln. Die Farnspindeln gehören zu den interessantesten Farnresten, da mehrere derselben mit Hinsicht auf ihre Grösse selbst die grössten der von Stur aus dem Culm beschriebenen Arten noch bedeutend übertreffen. Mehrere Formen kommen vor, welche in der Abhandlung beschrieben und abgebildet sind. Hier sei nur erwähnt, dass sämmtliche von Heer beschriebene muthmassliche Cordaites- Blätter nur Farnspindeln sind, was auch von seinen vermeintlichen Rhynchogonium-Blättern gilt. Cordaites ist demzufolge aus der fossilen Flora Spitzbergens zu streichen. Auch eine Diplothmema-artige Spindel liegt vor. Lepidodendron Veltheimianum Sternb. (inel. L. acuminatum Schim- per). Wenn man jene Form, welche Schimper (Terrain transition des Vosges) und die meisten Autoren als ZL. acuminatum beschrieben haben (die aber wohl nach Stur’s Beschreibung von L. acumi- natum Göppert kaum damit identisch sein kann‘, auch zu L. Velt- heimianum bringt, so kommt diese Art allerdings auf Spitzbergen nieht selten vor. Doch ist zu bemerken, dass ich kein gut erhal- tenes Exemplar eines typischen 2. Veltheimianum gesehen habe. Wie Stur seiner Zeit, und später auch Kidston, richtig bemerkt haben, gehört auch Lepidodendron Sternbergi bei Heer zur selben Art. Aber nicht genug damit, auch Heer’s L. selaginoides, sein Lycopo- dites filiformis und seine Walchia linearifolia sind verschiedene Er- haltungszustände derselben Pflanze, während (dagegen sein Lepido- phiyllum caricinum einige Stigmarien-Appendices darstellt. Lepidodendron Heeri n. sp. Eine neue Art, welche nur in kleinen Zweigen vorliegt und welche in typischer Form durch länglich- hexagonale, einander berührende Blattpolster, mit rundlicher Blatt- narbe an dem oberen Ende derselben ausgezeichnet ist. Interessant sind die Veränderungen in der Form der Blattpolster ete., welche zuweilen vorkommen, die aber ohne Abbildungen schwierig zu be- schreiben sind. Lepidodendron spetsbergense n. sp. Bei dieser Art sind die Blatt- polster weit von einander getrennt, und zwar mit zunehmendem Alter mehr und mehr, ganz wie bei Dawson’s Lepidodendron corru- gatum aus dem Untercarbon Canadas. Die Polster sind oben und unten zugespitzt und ausgezogen, die Blattnarbe ist rundlieh-quer- oval, in der oberen Hälfte der Polster stehend; die „Ligulargrube* ist sehr deutlich. Die Oberfläche zwischen den Polstern ist mit läng- lichen Runzeln versehen. Steht L. corrugatum nahe, dürfte aber, nach Dawson’s Abbildungen zu urtheilen, von diesem getrennt sein. Lepidodendron sp. Nur ein kleines Rindenstück liegt vor, welches wahrscheinlich zu einer weiteren neuen Art gehört. Auch diese hat getrennte Blattpolster, welche aber, sowohl in Bezug auf ihre Form wie auf die Stellung der Blattnarbe, von der vorigen Art abweicht. Lepidostrobi. Vier verschiedene Fruchtzapfen kommen vor. Einer ist schon von Heer zu seinem Lepidodendron Sternbergi gezogen worden und dürfte in der That zu L. acuminatum Schimperi gehören. 12* 99 A. G. Nathorst. [6] Heer’s Abbildungen sind aber nicht gut, in Folge dessen neue mit- getheilt werden. Ein anderer Zapfen weicht durch doppelte Grösse vom vorigen ab, während ein dritter, schon von Heer beschrieben, nur in isolirten sehr langen Fruchtblättern vorliegt. Am eigenthümlichsten ist aber die vierte Form, Lepidostrobus Zeilleri n. sp., sehr kleine Zapfen, welche durch eine minimale Entwickelung der Lamina der Fruchtblätter ausgezeichnet sind, so dass man nur die spiralig ge- stellten ovalen Sporangien sieht. Diese Zapfen kommen mit Bothro- dendron tenerrimum zusammen vor, und gehören wahrscheinlich zu dieser Pflanze. Halonia. Auch eine, allerdings nicht gut erhaltene Halonia-Form mit spiralig gestellten Narben liegt vor, und zwar zusammen mit den von Heer beschriebenen Resten von Lepidodendron Veltheimianum. Knorria und Abdrücke verschiedener innerer Rindenflächen kommen auch vor, obschon eigentlich nicht häufig. Einige, mit dicht gsedrängten Wülsten, gehören zu jener Form, welche gewöhnlich mit. Lepidodendron Veltheimianum in Verbindung gebracht wird, während andere die echte Knorrien-Form mit oben zugespitzten Wülsten dar- stellen. Ob unter den Knorrien und den verschiedenen Rindenflächen auch solche sich finden, welche für die Anwesenheit von Cyclostigma mit Bestimmtheit sprechen, vermag ich nicht zu sagen, einige Anzeichen dafür fehlen allerdings nicht. Jedenfalls muss diese Gattung hier sehr selten gewesen sein. Dass Heer’s Uyclostigma Nathörsti zu streichen ist, wurde schon oben erwähnt. Einige ‚entrindete Lepidodendron- Stämme sind wegen ihrer Grösse von Interesse, da sie in dieser Hin- sicht nieht gegen die europäischen Arten zurücktreten. Stigmaria ficoides (inel. St. Lindleyana Heer, welche auf unge- nügenden Erhaltungszustand gegründet und demzufolge zu streichen ist) ist der häufigste Pflanzenrest der betreffenden Ablagerungen und kommt in vielen Formen vor, von welchen ich hier nur eine er- wähne, deren Narben noch kleiner als bei Geinitz' Var. minuta sind. In Bezug auf ihre Grösse dürften die Stigmarien aus Spitz- bergen mit den europäischen wetteifern können. Bothrodendron tenerrimum Trautschold sp. Diese Art gehört zu dien interessantesten Pflanzenresten aus den betreffenden Ablagerungen Spitzbergens. Dieselbe wurde bekanntlich zuerst von Trautschold als ein Lepidodendron aus den russischen Blätterkohlen beschrieben, während Zeiller später die Zusammengehörigkeit mit Bothrodendron urgirte, indem er sogar meinte, dass sie mit BD. punctatum Lindley identisch sei. Wenn ich Zeiller richtig verstanden habe, scheint er dabei anzunehmen, dass die länglich-ovalen Oeffnungen, welche in den russischen Cutieulastücken vorhanden sind, von der Zusammen- schmelzung der Blattnarbe mit der Ligulargrube herrühren. Die Exemplare aus Spitzbergen, welche in grossen Rindenstücken vor- liegen, zeigen aber, dass dies nicht der Fall sein kann, sondern dass B. tenerrimum eine besondere Art darstellt, welche durch sehr kleine länglich-ovale Blattnarben charakterisirt ist. Ich habe in denselben nur einen centralen Spurpunkt beobachten können. Die Pflanze weicht in der That so sehr von den übrigen Bothrodendron-Arten ab, dass ich zuerst geneigt war, sie zu einer neuen Gattung, lorodendron, zu [7] Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. 93 bringen, und sie stellt jedenfalls eine gut charakterisirte Untergattung dar. Bekanntlich ist das Originalexemplar von Lindley’s BD. punetatum verloren gegangen, Zeiller hat aber ein aus England mit diesem Namen bezeichnetes Exemplar als zum ursprünglichen Typus ge- hörend, betrachtet. Ohne dies bestreiten zu wollen, möchte ich jedoch hervorheben, dass die Blattnarben auf der Zeichnung in „Fossil Flora of Great Britain“ eine von unten in der Oefinung vorspringende Partie zeigen, genau wie bei den russischen Cutieulastücken. Es wäre demzufolge nicht unmöglich, dass das Originalexemplar doch von der von Zeiller beschriebenen Form getrennt sein könnte. Die excentrischen Becher können wohl nicht als Artmerkmal, wohl aber als Gattungsmerkmal betrachtet werden, und zwar nur in jenen Fällen, wo die Art überhaupt mit Bechern versehen ist, was nicht bei allen Arten vorzukommen scheint. Obschon es wohl demzufolge unsicher bleibt, welchen Typus Lindley vor sich gehabt hat, so kann man ja gern den von Zeiller beschriebenen bis auf Weiteres für den Haupttypus der Gattung betrachten. Wie oben schon erwähnt, kommen auf Spitzbergen zusammen mit B. tenerrimum, die als Lepidostrobus Zeilleri bezeichneten Zapfen vor, welche wahrscheinlich zu Bothro- dendron gehören dürften. Ithynchogonium costatum Heer. Zu dieser einen Art rechne ich die sämmtlichen grossen, von Heer beschriebenen gymnospermen Samen, und bemerke dazu nur, dass Heer selbst dazu geneigt war, dieselben zu vereinigen. Zuweilen zeigen die Exemplare deut- liche Abdrücke der inneren Epidermiszellen, worüber die Abhand- lung Aufschluss gibt. Carpolithes sp. . Noch ein grosser gymnospermer Same, welcher vom vorigen verschieden ist, kommt vor; das Exemplar ist aber zu- sammengepresst und lässt sich demzufolge nicht sicher bestimmen. Samaropsis spitzbergensis Heer. Zu Heer’s Beschreibung habe ich nichts hinzuzufügen, ich habe nur ein paar neue Figuren mitge- theilt, was auch von Carpolitnes nitidulus Heer gilt. Ausser diesen kommen noch zwei kleine "zweifelhafte Carpo- lithen vor. Wenn wir uns jetzt zu der Frage über das Alter der pflanzen- führenden Ablagerungen wenden, so wird sogleich ersichtlich, dass das Mittelcarbon ausgeschlossen ist. Ebensowenig liegt ein Grund für die Annahme vor, dass die betreffenden Lager zur Ursastufe gestellt werden sollten. Wie wir unten sehen werden, ist von den oben er- wähnten Arten die für die Altersbestimmung nichtssagende Stigmaria ‚ficoides die einzige, welche bisher auch auf der Bäreninsel gefunden wurde, während die für diese so charakteristischen Cyelostigmen auf Spitzbergen gänzlich fehlen u. s. w. Dagegen schliesst sich die Flora Spitzbergens an die Oulmflora, an die Flora des Bergkalkes und an die des „Calciferous Sandstone“ Schottlands am nächsten an, und zwar besonders an die Culmflora, in welcher mehrere identische oder doch nahe verwandte Arten vorkommen. Auch zu dem Untercarbon Russlands und Canadas sind einige Beziehungen vorhanden. Die betreffenden pflanzenführenden Ablagerungen Spitzbergens müssen daher zum Untercarbon gerechnet werden. Wie schon Q4 A. G. Nathorst. [8] erwähnt, kommen innerhalb derselben wahrscheinlich verschiedene Horizonte vor, worüber die Abhandlung nähere Aufschlüsse gibt, inso- fern solches noch zu ermitteln ist Hier sei nur bemerkt, dass es besonders die Lager des Robertsthales sind, deren Pflanzenreste, wie Stur seiner Zeit hervorgehoben hat, sich an die Culmpflanzen anschliessen. Es sei übrigens daran erinnert, dass die marinen Schichten, welche die pflanzenführenden bedecken, zur höheren Abtheilung des Garbons, die als Permocarbon bezeichnet wurde, gehören. Doch stammen die meisten Thierversteinerungen, welche von Spitzbergen beschrieben wurden, von der oberen Abtheilung der betreffenden marinen Schichten. Ueber die Vertheilung der marinen Arten innerhalb der verschiedenen Horizonte, hoffe ich seiner Zeit in meiner Geologie Spitzbergens Näheres mittheilen zu können. Wenden wir uns jetzt zu der Bäreninsel. Nachdem Heer die dortselbst 1868 eingesammelten Fossilien in seiner oben er- wähnten Arbeit beschrieben hatte, sind keine nennenswerthe Mate- rialien von der Insel mitgebracht worden, mit Ausnahme einiger weniger obschon wichtiger Reste, welche Dr. A. Hamberg dortselbst 1892 sammelte Ich habe selbst 1882 zweimal versucht, die Insel zu erreichen, wurde aber von Eis und Nebel verhindert, dieselbe anzu- laufen. Ueber das Vorkommen der Pflanzen verweise ich auf Heer’s Arbeit, und erinnere hier nur daran, dass sie auch hier in einer Sandsteinformation unter den marinen Schichten vorkommen. Farnreste. Unter den von Herrn Hamberg mitgebrachten Stücken finden sich zwei Sporangienhäufchen, wie sie bei Calym- matotheca vorkommen. Möglicherweise gehört auch Heer’s Spheno- pteris Schimperi hieher; dieselbe stellt übrigens einen nicht näher zu bestimmenden Gegenstand dar. welcher am besten unberücksichtigt geblieben wäre. Gegen die von Heer beschriebenen Cardiopteris-Reste (Ü. fron- dosa und polymorpha) hat schon Stur in seiner Culmflora berech- tigte Zweifel ausgesprochen. Auch diese Gegenstände sind in der That so vage Bildungen, dass sie keine sichere Bestimmung gestatten. Die Zeichnungen sind im höchsten Grade idealisirt und dazu nicht getreu, da die Nerven nicht fächerförmig ausstrahlen, sondern vielmehr eine büschelförmige Anordnung längs mehrerer Linien in der Blatt- lamina behaupten. Ich habe diese Reste, zu welcher auch Heer’s Palaeopteris Römeri gehört, nur als Sphenopteridium (?) sp. auf- nehmen können. Es ist also bisher kein sicher bestimmbarer Farnrest von der Bäreninsel bekannt. Auch gegen Heer’s Calamites radiatus hat Stur in seiner „Culmflora* gegründete Zweifel ausgesprochen. Dass ein Calamites auf der Bäreninsel vorkommt, ist möglich, denn einige gerippte Stammabdrücke in Sandstein können zu dieser Gattung gehören, doch sind die betreffenden Reste nicht sicher zu bestimmen, da sie keine Knoten zeigen. Alles was Heer sonst als gerippte Stammstücke von Calamites radiatus darstellt, sind aber Knorrien-Formen von (yelostigma, welche bei flüchtiger Unter- suchung gerippt erscheinen können, und zwar theils weil die Wulst, [9] Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. 95 welche über einer anderen steht, schon unmittelbar oberhalb deren Spitze ihren Anfang nimmt, theils auch weil die Rinde den Wülsten entlang aufgebrochen sein kann. Die von Heer mitgetheilten Figuren, welche gerippte Stammreste von Calamites radiatus darstellen sollen, müssen demzufolge unberücksichtigt bleiben '). Jene Reste, welche Heer als Rhizom-Stücke derselben Pflanze beschrieben hat, habe ich als eine neue Pflanze unter dem proviso- rischen Namen Pseudoborina ursina aufgenommen. Auch die Abbil- dungen über diese Reste sind bei Heer nicht immer gelungen, wenn auch besser als jene über die Stammstücke:; ich habe in Folge dessen erneute Figuren mitgetheilt. Die Stammoberfläche war nicht gerippt, und auf keinem der vielen von mir untersuchten Abdrücke kommt eine deutliche Calamiten-Rippung vor, so dass es unsicher erscheint, ob die Pflanze in der That ein Calamites ist. Die Knotenlinie hat selten einen geradlinigen, sondern vielmehr einen stark bogenförmigen Ver- lauf, zwei Aeste (zuweilen nur einer?) kommen an den Knoten vor, doch wie es scheint, unregelmässig, wie bei Stylocalamites. In der Nähe der Knotenlinie, seltener auf dem ganzen Internodium, kann eine eigenthümliche höckerige und. runzelige Structur beob- achtet werden, welche die Anwesenheit von Spreuschuppen oder Haarbildungen ankündigen dürfte. Diese Sculptur ist nicht so grob, wie bei Stur’'s (Calamites paleaceus, ähnelt vielmehr einem anderen Calamites, welcher mn der Goldenberg’schen Sammlung (jetzt in Stockholm) vorliegt. Im Uebrigen verweise ich auf die Beschreibung und die Abbildungen in meiner Abhandlung selbst. Ob die betreffenden Reste als Stammstücke oder Rhizome zu deuten sind, oder ob beide vorkommen, kann ich nicht sagen; dass sie aber mit keiner früher beschriebenen Pflanze übereinstimmen, scheint mir zweifellos. Einige von Göppert’s Anarthrocanna-Arten bieten allerdings eine gewisse Aehnlichkeit dar, womit aber nicht viel gewonnen ist, da dieselben noch sehr wenig bekannt sind. Da die Reste auf der Bären- ‚insel häufig zu sein scheinen, dürfte eine von einem Fachmanne aus- geführte Aufsammlung ganz gewiss bessere Aufschlüsse über die be- treffende Pflanze bringen können. Von Lepidodendron hatte Heer vier Arten angeführt. Die Reste, welche auf L. Veltheimianum bezogen wurden, gehören aber nicht dahin. Einige sind Knorrien, andere Rindenstücke von Cyclostigma, andere gehören zu Bothrodendron Wijkianum (Lepidodendron bei Heer). Lepidodendron Carneggianum ist ebenfalls ein Bothrodendron und es bleibt demzufolge nur Heer’s Lepidodendron commutatum übrig, welches aber nicht richtig bestimmt ist. Die Abbildung bei Heer ist, was auch für die übrigen Lepidodendron gilt, nicht richtig, da die Blattpolster in der Wirklichkeit nicht wie in Heer’s Abbildungen über die Blattnarbe verlängert sind, sondern vielmehr oben abge- rundet sind, mit der kleinen Narbe an dem oberen Ende des Polsters. ') Ich erinnere bei dieser Gelegenheit daran, dass Heer in der Zeit, da er sich mit diesen Arbeiten beschäftigte, krank war, so dass er die Stücke wahr- scheinlich nicht bei günstiger Beleuchtung hat untersuchen können, vielmehr dürfte er sich dem Zeichner haben anvertrauen müssen. 96 A. G. Nathorst. [10] Das Exemplar hat eine nicht geringe Aehnlichkeit mit Lep. Pedroanum Carruther’s, wie diese Art neuerdings von Szajnocha dargestellt wurde, ist aber für endgiltige Bestimmung nicht hinreichend gut er- halten. Dagegen ist die Untergattung von Bothrodendron, Oyclostigma, um so häufiger, indem vier Arten vorliegen. Es sei beiläufig bemerkt, (dass die Beschaffenheit der Blattnarben und Spurpunkte bei dieser Sippe erst von Kidston richtig erkannt wurde und dass er dar- selegt hat, dass Uyclostigma zu Bothrodendron gestellt werden muss, meiner Meinung nach doch als Untergattung neben Ahytidodendron, Eubothrodendron und Porodendron, welche etwa denselben Werth haben dürften wie die Untergattungen von Sigillaria. Bothrodendron (Uyclostigma) Kiltorkense Haughton sp. Blattpolster sind zuweilen als kleine Erhöhungen vorhanden, auf welchen die Blattnarbe ihren Platz hat. Die Polster sind aber nicht gegen die umliegende Oberfläche abgegrenzt, hin und wieder fehlt auf den- selben die Streifung, in welchem Falle die Polster zuweilen für die Blattnarbe gehalten wurden. Diese ist kreisförmig, mit drei Spur- punkten. Halonia tuberculosa bei Heer ist ein Exemplar mit relativ hohen Polstern, welche aber nicht gegen die Umgebung begrenzt sind, wie Heer’s Figur zeigt. Anderseits kommen auch zwei flache Formen vor, welche sich mehr an Zhytidodendron annähern. Ein besonderes Interesse hat ein Exemplar, welches von Heer als eine mit Narben versehene Knorria beschrieben wurde, und welches später von Solms besprochen worden ist. Wie Solms ver- muthete, ist Heer’s Figur nicht getreu, ich habe demzufolge eine neue Abbildung desselben Exemplares gegeben, durch welche ersichtlich wird, dass die Blattnarben ihren Platz auf dem oberen Ende der Wülste behaupten. Ein anderes Exemplar, welches von Heer als Cyelostigma beschrieben wurde, liegt auch mit der knorrienartigen Gegenplatte vor, welche aber von Heer als Calamites radiatus be- schrieben und abgebildet ist. Ein drittes Exemplar stellt ein grosses Rindenstück mit den Bothrodendron-Narben dar, während die ent- rindete Partie eine prächtige Knorria darstellt; und auch auf einer flachgedrückten sehr breiten Knorria, welche Heer als Calamites radiatus laticostatus beschrieben und abgebildet hat, können die Blatt- narben beobachtet werden. Es ist demzufolge dargelegt worden, dass die meisten oder sogar sämmtliche Knorrien der Bären- insel von Bothrodendron (Öyclostigma) stammen. Bekannt- lich hat Potonie neuerdings nachgewiesen, dass auch Bothrodendron (Ihytidodendron) minutifolium mit einer Änorria in Verbindung steht, und ich möchte ferner an Goldenberg’s Sigillaria rimosa erinnern, welche in sehr naher Verwandtschaft mit Cyclostigma zu stehen scheint und ebenfalls eine ächte Knorria aufzuweisen hat. Die soldenberg’sche Abbildung des betreffenden Exemplares (jetzt in Stockholm) ist nicht gut gelungen und zum Theil unrichtig; ich habe in Folge dessen eine neue Abbildung desselben in meiner Arbeit mitgetheilt. 11] Ueber die palaeozoische Flora der arktischen Zone. 07 Wenn demgemäss die meisten ächten Knorrien von Bothrodendron stammen, ist es leicht einzusehen, warum diese Verwandtschaft lange übersehen werden konnte, da ja die kleinen Blattnarben nur selten aufbewahrt sind. Dass übrigens auch andere Gattungen zu Knorrien- formen in Beziehung stehen, ist längst bekannt. Bothrodendron (Oyclostigma) Wijkianum!) Heer sp. Ist durch verhältnissmässig sehr grosse glatte Blattpolster ausgezeichnet, an deren Spitze die kleine kreisrunde Blattnarbe ihren Platz hat. Die von Kidston zur selben Art gestellte Pflanze gehört, meiner Meinung nach, nicht hieher, sondern sollte als B. Kidstoni davon ge- trennt werden. Bothrodendron (Oyelostigma) Carneggianum Heer sp. Umfasst so- wohl Heer’s Lepidodendron Carneggianum wie sein Oyelostigma minutum. Es wäre vielleicht richtiger gewesen, die Art als Bothrodendron mi- nutum aufzunehmen, da ich aber nicht behaupten darf, dass sie mit Haughtons noch sehr wenig bekanntem Cyelostigma minutum, welches Kidston übrigens mit Cyelostigma Kiltorkense vereinigt, identisch ist, glaube ich, dass die oben benützte Bezeichnung vorläufig am zweck- mässigsten ist. Ein von Herrn Hamberg 1892 mitgebrachtes Exemplar verdient eine besondere Erwähnung, weil es eine ganz eigenthümliche Veränderung in der Form der Blattnarben zeigt. Während diese an dem unteren Ende des Stückes kreisrund sind, erhalten sie etwas höher die Form eines Cirkelsegmentes, mit dem Bogen gegen unten und nehmen dann ziemlich schnell die Form eines Cirkelsektors mit dem Bogen nach oben an. Bothrodendron (Cyclostigma) Weissi n. sp. Ein einziges ebenfalls von Herrn Hamberg mitgebrachtes Exemplar, mit sehr entfernten kleinen Blattnarben. Erinnert ein wenig an Bothrodendron (Cyelostigma) hereynicum Weiss sp. aus dem Unterdevon des Harzes. Es sei ausdrücklich bemerkt, dass die Begrenzung der Arten nach den vorliegenden Materialien nur als eine provisorische betrachtet werden kann. Knorria. Da die Knorrien, wie oben gezeigt, zu Bothrodendron (Cyelostigma) gehören, würde man im voraus erwarten können, eben- soviele Knorrienformen wie Bothrodendron-Arten zu finden, falls näm- lich die Artenmerkmale auch bei den Knorrien hervortreten konnten. Heer hat schon K. imbricata und K. acieularis als getrennte Typen aufgestellt, und innerhalb jener auch andere Varietäten erwähnt, in Betreff welcher ich auf Heer’s Arbeit und auf meine Abhandlung hinweisen möchte. Stigmaria ficoides Stby. Eine Form mit sehr grossen Narben, nicht eben häufig. Die beiden von Heer erwähnten Cardiocarpen bleiben als unbestimmbare Objecte, welche wahrscheinlich keine Fruchtreste dar- stellen, am besten unberücksichtigt. { !) Da die Art nach Herrn O0. Wijk genannt worden ist, sollte der Name auf diese Weise, und nicht Wiikianum geschrieben werden. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (A. G. Nathorst.) 13 * A. G. Nathorst. [12] eo) 00) Durch obige Revision der Arten ist die Zahl der fossilen Pflanzen der Bäreninsel beträchtlich erniedrigt worden. Nach meiner Auffassung können nur folgende angeführt werden. Calymmatotheca sp. Sphenopteridium (?) sp. Calamites ? sp. Pseudobornia ursina n. gen. et n. sp. Lepidodendron sp. (cfr. Pedroanum). Bothrodendron (Uyelostigma) Kiltorkense Haught. sp. Wijkianum Heer sp. Carneggianum Heer sp. Weissi n. sp. ” „ ” ” r)] ” Knorria. Mehrere Formen. Stigmaria ficoides Sternb. Als für die Flora charakteristisch muss das häufige Vorkommen von Cyelostigmen (und Knorrien) betrachtet werden, und dieselbe schliesst sich in dieser Hinsicht am nächsten an die Flora von Kiltorkan in Irland an, was übrigens, wie erwähnt, schon Heer her- vorgehoben hat. Die meisten Autoren rechnen nun die Ablagerung von Kiltorkan zum Oberdevon (so z. B. A. Geikie im Textbook of Geology), während Heer u. a. sie zum Untercarbon ziehen wollen. Diese Frage ist ja für sich ziemlich bedeutungslos, man kann aber mit Heer die Benennung „Ursastufe* für jenes Uebergangsglied zwischen Devon und Carbon benützen, welches durch das häufige Vorkommen von Oyelostigmen charakterisirt wird. Wie wir gesehen haben, ist Stigmaria ficoides die einzige Art, welche für Spitzbergen und die Bäreninsel gemeinsam ist, und die fossile Flora der Bäreninsel muss als älter als die Car- bonflora Spitzbergens betrachtet werden, während sie wohl jünger als die Devonflora Spitzbergens ist. Es ist nicht unmög- lich, dass man auf der Bäreninsel in einem höheren Horizonte die unterearbonische Flora Spitzbergens und umgekehrt auf Spitzbergen die Flora der Bäreninsel unter der dortigen Carbonflora würde finden können. Von Novaja Zemlja hatte Heer (Flora foss. aretica. vol. V) aus den dortigen Permo-Carbon-Schichten vier Cordaiten beschrieben. Eine erneute Untersuchung der betreffenden, noch sehr dürftigen Materialien hat aber ergeben, dass nur zwei Arten beibehalten werden können, und zwar Cordaites Nordenskiöldi Heer und CO. cfr. palmae- formis G@p. sp. Zwei einigermassen entsprechende Formen sind von Schmalhausen aus den Artinsk-Ablagerungen Ostrusslands neuer- dings beschrieben worden. Stockholm den 23. Juni 1893. Die triadischen Gastropoden der Marmolata und verwandter Fundstellen in den weissen Riffkalken Südtirols. Von Ernst Kittl. (Mit 6 lithogr. Tafeln (Nr. I—VI) und 12 Zinkotypien im Texte.) Bald nach Beginn meiner Arbeit über die Gastropoden von St. Cassian ') sah ich mich genöthigt, meine Untersuchungen auf die wichtigsten, theils als älter, theils als jünger bezeichneten Gastropoden- faunen der alpinen Trias auszudehnen. Indess betrachtete ich die reiche Fauna der Cassianer Schichten als natürlichsten Ausgangspunkt für meine Studien, welchem sich wohl zunächst am besten eine Revision der Gastropodenfauna von Esino angereiht hätte. Vor Ab- schluss meiner diesbezüglichen Arbeiten hielt ich es — obgleich mir von Esino nicht nur eine ansehnliche Sammlung des k. k. natur- historischen Hofmuseums vorlag, sondern auch das prächtige von Herrn F. Teller gesammelte Material aus der k. k. geologischen Reichsanstalt zur Verfügung gestellt wurde — aber für sehr er- wünscht, das betreffende in italienischen Sammlungen befindliche Material zu Rathe zu ziehen, um namentlich die Autorsrechte A. Stoppanis thunlichst wahren zu können. Meiner Absicht, das zu verwirklichen, haben sich trotz des freundlichen Entgegenkommens der italienischen Fachgenossen, bisher noch nicht überwundene Hindernisse entgegengestellt.e. Zum Theile nur bestanden dieselben darin, dass ich in allernächster Zeit meine Untersuchungen über die bisher so wenig bekannten Gastropoden des !) Annalen des k. k. naturhistor. Hofmuseums. VI (1891), VII (1892) und IX (1894); der Schluss ist im Erscheinen begriffen, doch dürfte sich die Hinaus- gabe möglicherweise bis in den Sommer verzögern, also vielleicht erst nach der vorliegenden Arbeit erscheinen. Da die Arbeit über die Gastropoden von St. Oassian noch vor Beginn der .endgiltigen Zusammenstellung der Gastropodenfauna der Marmolatakalke abgeschlossen wurde, das Manuscript des Schlusstheiles der Redaction der „Annalen“ auch bereits übergeben wurde, so darf ich wohl die Cassianer Arbeit als die ältere betrachten; ich bin überdies genöthigt, mich hier vielfach auf die dortigen Ausführungen zu berufen, um Wiederholungen thunlichst zu vermeiden. Die betreffenden Citate kann ich für den Schlusstheil nur ohne Angabe der Seitenzahl machen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 1. Heft. (E. Kittl.) 13* 100 E. Kittl. [2] alpinen Muschelkalkes zum Abschlusse bringen will und es daher vor- zog, die Fauna der Marmolata noch vorher gänzlich durchzuarbeiten, um der für jene Arbeit nöthigen Anknüpfungspunkte nicht entbehren zu müssen. Das eine schien mir nämlich festzustehen, dass die Fauna der Marmolata zwischen Muschelkalk und St. Cassianer Schichten zu stellen sei. Auf Formen von Esino wird hier nur dann näher eingegangen, wenn es dringend erforderlich scheint. Im Allgemeinen sei mir dies- bezüglich nur die Bemerkung gestattet, dass die Formen von Esino mit denjenigen der Marmolata sich nicht in dem Ausmaasse identisch erwiesen haben, als eine flüchtige Beurtheilung vermuthen lässt. Die meist angenommene Gleichalterigkeit beider Faunen schien mir dess- halb nicht über jeden Zweifel erhaben und war es nöthig, für die Altersstellung der Fauna der Marmolatakalke neue Beweisgründe zu gewinnen. Ich sehe mich zunächst zu der Bemerkung genöthigt, dass die Fauna der Marmolata in Südtirol nicht ganz vereinzelt ist; wie sich weiter zeigen wird, sind mit derselben die Faunen sehr nahe ver- wandt, welche Richthofen am Latemar-Gebirge und Doelter bei Forno in weissen Kalken entdeckten. Diese Verwandtschaft ist eine viel grössere als diejenige, welche zwischen den Faunen der Mar- molatakalke und der Esinokalke zu erkennen ist. Die Fossilien, welche ich unter der Bezeichnung „Mezzovalle bei Fleims“ erhielt, sind wahrscheinlich mit jenen von „Forno“!) identisch. Ein wichtiger Unterschied gegenüber den Fossilien vom Latemar-Gebirge besteht in keiner Weise. Sie stammen daher wohl alle aus ein und demselben Niveau. Vergleicht man nun aber diese Fauna der Latemarkalke, wie ich sie insgesammt nenne, mit jener der Marmolatakalke, so scheint mir eine Differenz bei den Cephalo- poden, nicht aber bei den Gastropoden wahrnehmbar zu sein. (Die Fauna der Latemarkalke besteht nach den bisherigen Aufsammlungs- Ergebnissen fast nur aus Cephalopoden- und Gastropoden-Resten ?)). Diese Differenz bei den Gephalopoden ist nur eine geringe, vielleicht nur regionale, während die Fauna der Esinokalke jener der Marmolata- kalke gegenüber viel bedeutendere Unterschiede aufweist, auf welche ich weiter unten noch zurückkommen n.uss. Es mögen nun einige historische Angaben hier Platz finden. In dem grundlegenden Werke Richthofen’s über die geolo- gischen Verhältnisse jenes Theiles von Südtirol, welcher hier in Betracht kommt), findet man die Fossilien der weissen Marmolata- kalke noch nicht erwähnt, wohl aber die schon berührten Funde am Latemar-Gebirge, welche mir erfreulicher Weise (wenn auch vielleicht nur zum Theile) aus der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt vorlagen #); dieselben werden aber mit der Fauna von ') E.v. Mojsisoviecs, Dolomitriffe Südtirols, pag. 379. ?) Dagegen zeigt die Fauna der Marmolata auch Harttheile von Korallen, Echinodermen, Lamellibranchieren, selten von Spongien, häufig aber von Kalkalgen, ®) F. v. Riehthofen, (eogmostische Beschreibung der Umgebung von Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe. 1360. *) Es mag sich davon noch Material in anderen Sammlungen vorfinden. [3] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 101 Esino zusammen besprochen und angeführt. Richthofen hielt die zwei Faunen also für identisch, wenn er auch zwei verschiedene Localnamen: Mendolakalk und Esinokalk dafür verwendete. Im Jahre 1875 erwähnte Klipstein!) die weissen Kalke der Marmolata; doch war auch damals deren Fossilführung noch nicht bekannt; indess sprach der Autor die Kalke ganz im Sinne Richt- hofen’s als Mendolakalke an. Später hat E. v. Mojsisovics?) eine Beschreibung des Marmolatastockes geliefert; es wird eine Gliederung der Kalke und Dolomite vorgenommen, jedoch nur die einzige Fossilfundstelle er- wähnt. Dieselbe, von Prof. Dr. E. Reyer 1875 am Rande des Gletschers oberhalb der Fedaja-Höhe entdeckt, wurde seither aus- gebeutet und gelangten die Funde dieses Punktes in verschiedene Museen. Die Cephalopoden deuten nach Mojsisovies auf ein ver- hältnissmässig tiefes Niveau mit Anklängen an die Buchensteiner- und Muschelkalk-Formen °), was auch von den weissen Latemarkalken gilt. Nichtsdestoweniger werden die Kalke zu den Wengener Schichten ge- stellt, wie das auch) mit den Latemarkalken geschieht. Von diesen erwähnt Mojsisovies das von Dr. Doelter bei Forno neuent- deckte Vorkommen, sowie die gleichalten Fossilfunde von Dosso Capello. Die letzteren habe ich bisher nicht zu Gesichte bekommen. An der Anschauung, dass die Faunen der Marmolata und des Latemar den Wengener Schichten (Zone des Trachyceras Archelaus) zeitlich äquivalent seien, hat E. v. Mojsisovics auch später noch festgehalten; es geschah das besonders in seinen „Cephalopoden der mediterranen Trias“5), wo auch Cephalopodenreste der Marmolata und des Latemar beschrieben wurden. A. v. Klipstein erwähnt nun®) auch einen Besuch, welchen er der Fossilfundstelle auf der Marmolata machte. Seine Bemerkung, Mojsisovics sei der Ansicht, dass die Fauna der Marmolata „wohl älter als Wengener Schichten sein möge“, stimmt wenig zu den an- geführten Publicationen des letzteren, mag aber hier registrirt werden. Wenn Benecke gelegenheitlich der Beschreibung des Grigna- gebirges ’) auf eine so nöthige Revision der Gastropoden des Esino- kalkes zu sprechen kommt und sagt, dass dieselbe nicht ohne Berück- sichtigung der Fauna der Marmolata geschehen solle, so kann in diesem Hinweise wohl keine direete Meinung über das Altersver- hältniss beider Faunen erblickt werden, aber es wird dadurch eine nahe Beziehung beider ins Auge gefasst. ') A. v. Klipstein, Beiträge zur geologischen und topographischen Kennt- niss der östlichen Alpen. II. Bd., 2. Abth. (1875) pag. 49 u. f. ?) Die Dolomitriffe von Südtirol und Venetien. Wien, 1879. pag. 352 u. f. ®) loc. cit. pag. 355. *) loe. eit. pag. 379. °) Abhandlungen der k. k. geol. Reichsanst. X. Band, 1882. °) Klipstein, Beitr. z. K. d. östl. Alp. II. Bd., 3. Abth. (1883) pag. 63. ') Benecke, Erläuterungen zu einer geologischen Karte des Grignagebirges. Neues Jahrb. f. Min. ete. III. Beilage-Bd. 1884, pag. 234. 102 E. Kittl. [4] Im Jahre 1890 hat sodann Dr. A. Bittner auf Grund seiner Untersuchungen ') die Brachiopoden der Marmolatakalke, wobei er sich auf das Material der von mir für das k. k. naturhistorische Hof- museum zu Stande gebrachten Sammlung bezog, für den Muschelkalk- arten sehr nahe stehende Formen erklärt, die vielleicht als deren directe Nachkommen anzusehen seien. Bittner eitirt die fünf Formen: Spiriferina (Mentzelia) cf. Mentzeli Dkr. 5 aff. fragilis Schloth. sp. n aff. pia Bittn. uff. peetinata Bittn. Waldheimia cf. angustaeformis Boeckh. Endlich hat W. Salomon in einer Notiz?) die Resultate einer neuen Untersuchung des Marmolatastockes kurz dargelegt. In den Kalken der Marmolata unterschied er unteren und oberen alpinen Muschelkalk, Buchensteiner Schichten, dann Marmolatakalk und typische Wengener Schichten, wobei der Marmolatakalk im Süden durch die Wengener Schichten, im Norden des Fedaja-Passes ersetzt würde. Der palaeontologische Befund der Faunen der Marmolatakalke ergab ihm eine Mischung von vorwaltenden Arten des Muschelkalkes mit solchen von Esino und von St Cassian. Es stimmte diese Darstellung in der Hauptsache mit jener von Mojsisovies überein; nur hat wahrscheinlich Salomon die kieseligen „knorrigen“ Kalke, welche v. Mojsisovies als Beginn der Wengener Schichten auffasste, als „echte Buchensteiner Schichten“ angesehen, woraus dann alles Uebrige gefolgert werden kann. Was nun Salomon's palaeontologischen Befund betrifft, so ge- langte ich durch die Untersuchung der Gastropoden zu einem an- scheinend ähnlichen Resultate. Es handelt sich nur darum, die That- sachen möglichst riehtig zu interpretiren. Da man aber, ob mit Recht, oder mit Unrecht, mag dahingestellt bleiben, bei palaeontologischen Horizontbestimmungen auf die Cephalo- .poden das Hauptgewicht zu legen pflegt, so scheint es mir von Wichtigkeit, das mir vorliegende Cephalopoden - Material aus den Marmolatakalken der Nordseite (Reyer’s Fundort) hier einer kurzen vorläufigen Discussion zu unterziehen. Zu diesem Zwecke stelle ich zunächst die Arten tabellarisch zusammen, soweit ich sie ohne genauere Beschreibung anführen kann. Dabei wurde der Standpunkt festgehalten, dass die Fauna der Marmorlatakalke von den übrigen in Frage kommenden Faunen, die ja schon richtig horizontirt sein mögen, zu trennen und denselben gegenüber zu stellen sei. Auch mussten die von Mojsisovics beschriebenen Arten beachtet und die Funde aus den Kalken des Latemar damit verglichen werden. ') A. Bittner, Die Brachiopoden der alpinen Trias. Abhandl. d. k. k. geol. Be XIV. Bd. 1890, pag. 51. >) W. Salomon, Ueber den geologischen Bau und die Fossilien der Mar- molata, Verhandl. d. k. k. geol. Reichstanst. 1893, pag. 89. [5] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 103 Ueberdies habe ich hinsichtlich einzelner Arten auch die Arbeiten F. v. Hauer’s über die bosnischen Muschelkalk-CGephalopoden !) zu Rathe gezogen. Die Tabelle gliedert sich in zwei Theile; der eine zeigt eine Zusammenstellung des von Mojsisovics in seinen „Cephalopoden der mediterranen Trias“ angeführten Materiales der zwei Localitäten : Marmolata (Reyer’s Fundort) und Latemar nebst Forno bei Fleims (welche letztere Stelle mir als „Mezzovalle“ bezeichnet wurde, die aber nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn Oberberg- rathes v. Mojsisovies wohl mit „Forno“ identisch sein dürfte) verglichen mit dem im k. k. naturhistorischen Hofmuseum befindlichen, von mir bestimmten Materiale derselben Localitäten. Der zweite Theil der Tabelle enthält Angaben über das sonstige Vorkommen der Arten in den benachbarten Alterszonen, deren Benennung nach Mojsiso- vies acceptirt wurde. Die hier befindlichen Zeichen +, —, und ? sind selbstverständlich; X bezieht sich auf Arten von Latemar und Marmolata, die zumeist anders woher nicht bekannt sind und die nur durch diese Kalke in. der Zone des Trach, Reitzi oder in jener des Trach. Archelaus vertreten werden, je nachdem man die Kalke in die eine oder in die andere Zone stellen will. Da diese fossilreichen Kalke aber, meiner Schlussfolgerung entsprechend, der Zone des Trach. keitzi (Buchensteiner Schichten) noch am ehesten zufallen würden, weil ich denselben eine Stellung zwischen Muschelkalk und Wengener Schichten zuschreiben muss, so habe ich die mit X bezeichneten Arten vorläufig bei der Zone des Tr. Reitzi eingetragen. Ich komme nun zu Gründen dieser Folgerung. Material Material Vorkommen | von der VOR ya aa Marmolata, N. || Latemar (For) BSIOERSS|S® (Zahl der || (Zahl der |” -S = & = Sn S| Exemplare) | Exemplare) |$ * SB 3 S re | NS | SSSS|SS $ Mojs.| Kittl | Mojs.) Kittl) = h #1. Dinarites Misanii Mojs. .\ 7 | p. = | —- |—-|x|?2 | — *2, Dinarites avisianus Mojs. . || — 2: 120.1 er *#3, Dinarites cf. Eduardi Mojs.| — 4 a *4. Dinarites Doelteri Mojs. . — 2 Bas, VAN 5. Ceratites cf.brembanus Mojs. — 2 — — (+?! x | — | — *6. Balatonites (?) on Moses”... 6 2 — u | Ne 07. Balatonites 2) F. inde. .| — 3 Ne N eu rien 8. Trachyceras Reitzi Mojs. .| — 1 — nt N ee me 9. Traeh. Archelaus Laube . | 1jw.| — | — | — |- | x|+|— *10. Celtites n. f. (aff C. epo- iensis Mojs) -......— | 271 —- | — | —|x|—-|— **1]. Arcestes Boeckhi Mojs. a DIR A DE E02 ID **12, Procladiscites oder Cladis- Besen on a, I — 3 —_ Re > re ') F. von Hauer, die Cephalopoden des bosnischen Muschelkalkes von Han Bulog. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wissensch. 54. Bd. 1887;. Beiträge zur Kenntniss® der Cephalopoden aus der Trias von Bosnien I. Ebendort, 59, Band, 1892. 104 E. Kittl. [6] Material | Material | _ Vorkommen | von der Ede Se Marmolata, N. | Latemar (Fomo) IE SS 2 &S|8 s | (Zahl der || (Zahl der |” S Er SE Ss Exemplare)| Exemplare) |= ", S S 8% | SSISSIS&ISS Mojs.| Kittl||Mojs., Kittl|| 2298 013. Longobardites breguzzanus Mojs. (Mojs. führt L. cf. Zsigmondyi an)... ala — 7 7|+\x || — **14, Sageceras Haidingeri Hau. (8:: Walteri Mojs,) iu: 6 N —. kV Eee **15. Megaphyllites obolus Mojs. | | (= M. sandalinus? oder M. oenipontanus?) .....| 40 | p. | 4 | — ? 7 een **16. Pinacocerascf. Damesi Mojs.| — 41 —- | — ? X aaez "17. Norites subcarinatus Hau. | — 4 | — — 1 HH 2 **18. Monophyllites sphaero- | phyllus Hau, (M. wen- | gensis Mojs.) ......| 9| 238 4 1.1, FA ae *19. Hungarites Emiliae Mojs. | — | — 1 2:1 —ı X jo *20. Hungarites n.f. I. (Seulptur wie Bal.? Waageni aber enger .genabelt +... Mu. A *21. Hungarites n. f. 11. (af. | | H. sagorensis u. H. Pradoi) | — Di le) 128 22] See ##22. Gymmites ch. EoaMoje.. |.) 30 |. 2? x.) DZ **23. Sturia Sansovinii Mojs. | (mit St. semiarata Mojs. | U. 582. VRdesyBel ar 2 22 — — | +1 +14? — 24. Ptychites noricus Mojs. . . | — — 17 17 2... X-- We 25. Ptychites angusto - umbili- catus BEcERE. NT... Se 2) — _ 271. > Me 26. Ptychites ef. striatoplicatus TEE en en Se 1 7-4: KA 27. Ptychites n. f. (cf. gibbus BROS NEN SER RE ea a > N = 28. Ptychites n. f. (cf. noricus) | — — 1 r:| Xen "#929, Nautilus f. indet. | — 1 — — DALE 2. — 30. Pleuronautilus Marmolatae MO Sa a 1 1|l —- | — ?’|xIl—erz | 31. Pleuronautilus af. esinen- t l | Bes Hoya, ARE ee 2. — |: = 1 Ro Re EEE ' 32. Pleuronautilus cf. semi- | | costatus Beyr. : .....| — D — — 1 2|xX|I|—- | — | 33. Pleuronautilus ef. Pichleri Haas VPE TEN 1 |, — | — ul 2] Sea **34. Orthoceras campanile Mojs. | — ZN —ı +-I!xX| +4+| — |**35. Atractites Böckhi Mojs. .| — | 18 | = 1: 1-4) See Anmerkungen zu der Tabelle. (Die Ziffern eorrespondiren mit der Nummerirung in der Tabelle). 1. Din. Misanii kann wohl als charakteristisch für die Marmolatakalke gelten, da Mojsisovies nur je 1 isolirtes Exemplar von 2 anderen Fundstellen (Forräs- hegy und Kaserbachthal) anführt. 2. Din. avisianus kennt Mojsisovies ausser von Forno nur in 2 Exem- plaren von Kaltwasser. (Tuffmergel mit Balatonites carinthiaens). Be [7] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 105 Zunächst darf ich wohl nochmals kurz auf die palaeontologischen Befunde der Fauna der Marmolatakalke durch Mojsisovies und Salomon hinweisen, welche in der Hauptsache ziemlich identisch sind. Dem ersteren weisen die Cephalopoden auf ein relativ tiefes Niveau mit- Anklängen an die Buchensteiner- und Muschelkalk-Fauna hin, der letztere findet zahlreiche Muschelkalkarten mit solchen höheren Niveaus gemengt. 3. Eine dem Din. Eduardi von St. Oassian ähnliche, jedoch nicht iden- tische Form. 4. Din. Doelteri ist wohl nur eine Varietät von Din. avisianus — bisher auf die Marmoläta- und Latemarkalke beschränkt. 5. Auf eine Artbestimmung habe ich für diesmal verzichtet; es genügte mir zu constatiren, dass alle in Betracht kommenden ähnlichsten Formen, wie Cer. brembamus, Cer. felsö-örsensis, (er. bosnensis, Cer. multinodosus dem oberen Muschelkalke oder den Buchensteiner Schichten angehören. 6. Die inneren Windungen von Balatonites (?) Waageni zeigen eine Ähnliche Sculptur wie diejenigen von Hungarites n. f. I., sind aber mehr involut. — Die Art wird nur von der Marmolata eitirt. 7. Lateralseite ohne Dornen. Anscheinend noch unbeschriebene Form. 9. Trach. Reitzi wird durch Mojsisovics nur von 4 Localitäten überhaupt in zusammen 12 Exemplaren eitirt; es entfallen auf Südtirol nur 2 Localitäten Pufeler Schlucht (1 Ex.) und Prezzo (5 Ex.). Ob Tr. Reitzi unter diesen Umständen als verlässliches Leitfossil gelten kann, ist wohl zweifelhaft. Neuerdings führt auch Mojsisovics anstatt dieser Art in der Zonenbezeichnung Trachyceras (Protrach.) Curionii ein. (Sitzungsber. d. Wiener Ak. d. Wiss. CI. Bd., pag. 780 und Abh. d. geol. R.-A. VI. Bd. 2. Abth., pag. 810.) 9. Trach. Archelaus von der Marmolata wird nur in einem Exemplare bei Mojsisovics eitirt, aber auf Taf. XIII, Fig. 9 (Ceph. d. Med. Trias) abgebildet. Dieses Jugendexemplar ist wohl kaum geeignet, das Vorkommen von Tr. Archelaus in den Marmolatakalken ausser allen Zweifel zu stellen. 10. Es fällt vor Allem auf, dass die Rippen in viel geringerer Zahl erscheinen als bei Celtites epolensis. 11. Nebst anderen, ähnlichen, aber ebenfalls für den vorliegenden Zweck belanglosen Formen von Arcestes. 12. Eine schwach längsgestreifte Form, deren Umriss von den dicken wie von den schmalen Arten gleichweit entfernt ist. Das Fossil ist für die Marmolata- kalke neu, aber weder genauer bestimmbar, noch zu irgend welchen Schlüssen hinsichtlich des Alters verwendbar. 13. Longobardites breguzzanus Mojs., eine typische Muschelkalkform nach Mojsisovics, ist auch in den Kalken des Latemar vorhanden. Mojsisoviecs eitirt von dort Longob. cf. Zsigmondyi, die diesem Autor unbekannt gebliebene Lobenlinie, sowie alle übrigen Charaktere der mir vorliegenden Exemplare stimmen auf das Beste mit jenen von Longob. breguzzanus überein. Die Annahme, dass auch die als Long. cf. Zsiymondyi eitirten Exemplare derselben Art zufallen, ist kein Wagniss. 14. Im Sinne von v. Hauer’s Darlegungen und auf Grund des Befundes der mir vorliegenden Exemplare musste ich "letztere als Sag g. Laidingeri anführen. 15. Die 3 Formen Megaphyllites obolus, M. sandalinus und M. oenipontanus sind auf geringe Differenzen in der Yackentiefe der Loben basirt. Für die Alters- bestimmung ist M. obolus ohne Belang, da Jedenfalls äusserlich nicht unterscheid- bare Meeaphylliten aus dem Muschelkalk bis in die obere Trias reichen. 16. Achnliche Formen besitzt sowohl der Muschelkalk als auch die obere Trias. 17. Die vorliegenden Exemplare zeigen genau die Lobenlinie und die Gestalt von Norites subcar inatus v. Hau. 18. Monophyllites wengensis ist selbst nach Mojsisovics von Mon. sphaero- phyllus kaum zu unterscheiden. 19. Bisher nur aus den Latemarkalken bekamt. 20 und 21. Hungarites liegt in 2 neuen Formen, aus den Marmolatakalken vor; beide sind Hung. sagorensis oder Pr adoi, ähnlich, unterscheiden sich aber unter- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Kittl.) 14 106 E. Kittl. [8] Auf die grundsätzlich verschiedene Ausdrucksweise kommt es nicht an, da man leicht ersieht, dass nahezu identische Thatsachen den beiden Auffassungen zu Grunde liegen. Einigermassen befremdend ist es nur, dass beide Autoren in übereinstimmender Weise die Marmolatakalke den Wengener Schichten parallelisiren und — wieder in gleicher Weise — gleichsam als Rechtfertigung, auf das angeblich bathrologisch tiefe Niveau hinweisen. Sehr vielen Eimfluss auf die Auffassung mögen auch die Lagerungsverhältnisse ausgeübt haben. Unter den Marmolatakalken folgen: Nach Mojsisovics: knorrige Kalke der Wengener Sch. — Buchensteiner Dolomit — Muschelkalk. Nach Salomon: plattige Kalke — Buchensteiner Schichten — Oberer Muschel- kalk — Unterer Muschelkalk. Es scheinen aber diese Angaben nur auf petrographische Momente, nicht aber auf Fossilfunde gestützt zu sein; aber selbst wenn das letztere doch der Fall wäre, so ist nicht einzusehen, warum man die Marmolatakalke nicht sollte mit den kieseligen Buchensteiner Kalken, anstatt mit den Wengener Schichten zusammenziehen können. Man kann wohl die Zulässigkeit des letzteren Vorganges in Betracht ziehen und werden da wohl palaeontologische Gründe ausschlaggebend sein müssen. Betrachtet man zuerst den Umfang der Cephalopodenfauna der Marmolatakalke, wie er Mojsisovies bekannt war!), so begreift man, dass das Vorkommen von Trachyceras Archelaus, wenn es auch einander durch verschieden kräftige Sculptur bei gleichzeitiger verschiedener Lage der lateralen Knotenreihe. Eine der Formen ist in den Latemarkalken nicht selten. 22. Aehnliche Formen steigen aus dem Muschelkalk bis in die obere Trias hinauf (Esino etec.). 23. Dass Sturia semiarata von St. Sansovinii nicht zu trennen sei, hat schon v. Hauer gezeigt. Jedenfalls reichen die Sturien kaum verändert aus dem Muschel- kalk bis in die sog. Kalke der Wengener Schichten. — Auch von Esino liegt mir eine Sturia vor. 24—28. Ptychiten liegen, wie die Tabelle angibt, in verschiedenen Formen vor, die sich fast alle an die Gruppe des Piychites Studeri Hau. anschliessen. velativ am meisten weicht Pt. noricus davon ab. Mojsisoviecs kannte aus seinen Zonen des Trach. Reitzi und des Trach, Archelaus nur je eine Form; die der jüngeren Zone (des Tr. Archedaus), nämlich Ptychites noricus konnte nur desshalb aus der Zone eitirt werden, weil die Latemarkalke in dieselbe gestellt werden. Von einem anderen Funde wird nichts angegeben. Die Form der Zone des Tr. Reitzi, nämlich Ptych. angustoumbilicatus Böckh schliesst sich Muschelkalk-Ptychiten äusserst nahe an. 29—33. Unter den Nautiliden ist 77. Marrmolatae auf die Kalke der Marmolata beschränkt, 31 schliesst sich einer Esinoform, 32 und 33 reihen sich aber Muschel- kalkformen nahe an. 34—35. Ausser den eitirten Formen von Orthoceras und Atractites kommen n den Marmolatakalken noch andere Vertreter dieser Gattungen vor. ‘) 10 Formen der Marmolatakalke, 8 Formen der Latemarkalke, davon 3 mit solchen der ersteren identisch, also im Ganzen 15 Formen, [9] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 107 nur ein Exemplar war, das vorlag'), für die Parallelisirung mit den Wengener Schichten bestimmend erscheinen musste. Ein etwas verändertes Bild geben die 34 mir vorliegenden Formen, wovon 28 auf die Marmolatakalke, 11 auf die Latemarkalke entfallen, wobei 7 Formen gemeinsam sind, 22 nur in den Marmolatakalken, 5 nur in den Latemarkalken auftreten 2). Anstatt Trachyceras Archelaus erscheint in meinem Material Trach. Reitz? — auch wieder nur in einem Individuum. Dadurch würden — wollte man auf die zwei Trachyceras-Individuen ailein Gewicht legen — die Marmolatakalke in eine Mitteistellung zwischen die als fixe Horizonte angenommenen Buchensteiner und Wengener Schichten gebracht. Scheidet man von den übrigen Formen meines Materiales als für die Altersbestimmung ungeeignet, die mit ** bezeichneten 12 Formen aus, weil dieselben theils erwiesenermassen persistent sind, theils aber langsam permutirenden Reihen angehören, so erübrigen 21 Formen, wovon die mit * bezeichneten 3 Formen als den Kalken der Mar- molata (und des Latemar) besonders charakteristisch ausgeschieden werden mögen. Von den restlichen 13 Formen sind die 4 mit ° be- zeichneten Formen entschiedene Muschelkalkformen, welchen sich die 5 Ptychiten- und die 4 noch erübrigenden Formen zum Theile anschliessen, wodurch eine sehr starke Annäherung an den oberen Muschelkalk sehr wahrscheinlich wird. Dazu kommt die in gleichem Sinne sich äussernde Beschaffen- heit der Brachiopodenformen. Man wird diesen Thatsachen — mögen sie auch in Einzelheiten anfechtbar sein — wohl am besten dadurch Rechnung tragen, dass man die Kalke der Marmolata und des Latemar der Zone des Trachyceras Reitzi?) (Buchensteiner Schichten) zuweist, resp. mit dieser vereinigt. Ein Hinderniss hiegegen besteht in den von den Autoren an- gegebenen stratigraphischen Verhältnissen nicht, wie schon gezeigt wurde. Sodann würden die bisher in den Buchensteiner Schichten als fehlend angegebenen Gattungen: Dinarites, Balatonites, Celtites, Pro- cladiseites (oder Uladiscites), Sageceras, Sturia, Plewronautilus, sowie das persistente Orthoceras campanile Mojs. eine sehr entsprechende Vertretung in den zwischen dem oberem Muschelkalke und den Wengener Schichten liegenden Bildungen finden, das isolirte Vor- kommen von Longobardites und Piychites in der Zone des T'rachyceras Archelaus würde entfallen, der ohnedies vorhandene Umstand, dass die Gattung Trachyceras erst in den Wengener Schichten einen grösseren Formen- und Individuenreichthum entfaltet, nur um so deutlicher werden ®). !) Wie oben schon bemerkt, scheint mir die Bestimmung desselben unsicher zu sein. ?) Die einzige mir nicht vorliegende Form (Trrach. Archelaus) nicht mitgezählt. ?) Neuerdings hat Mojsisovics in der Zonenbezeichnung' Trach. Reitzi durch Trach. Curionüi ersetzt. *) Die von v. Mojsisovics (Üephalop. d. medit. Trias) in seiner Liste der Cephalopoden der Buchensteiner Schichen angeführten Trachyceras-Formen stammen von verschiedenen einzelnen Localitäten, wo es sich bezüglich einzelner 14* 108 E. Kittl. [10] Verschiebt man also die Grenze zwischen den Wengener und Buchensteiner Schichten nach aufwärts und stellt die Marmolatakalke ») ne zu letzteren, so wird die Entwickelung der Gephalopodenfaunen ı der südalpinen Trias ein Bild grösserer Stetigkeit aufweisen. Es konnte hier nicht meine Aufgabe sein, die vollständigen Cephalopoden -Listen der einzelnen Schiehtgruppen neu zusammen- zustellen; ich hatte nur darzulegen, in welcher Hinsicht meine An- schauung von der bisher am eingehendsten begründeten Auffassung (es ist das unstreitig jene von Mojsisovics) abweicht. In der Cephalopodenfauna der echten, tuffartigen Wengener Schichten, welche nach Mo Jsisovies?) nicht weniger als 35 Cephalo- podenformen enthält), wären — wenn die Tuffmergel von Kaltwasser wirklich älter sind, wie ich meine — nur Balatonites carinthiacus und Dinarites avisianus zu streichen, wogegen die Cephalopodenfauna der kalkigen Facies der Wengener Schichten durch Entfernung der aus- schliesslich aus den Kalken der Marmolata und des Latemar bekannten Formen eine sehr bedeutende Reduction erfährt, wobei, wie schon früher angedeutet, besonders viele Formen älteren Gepräges wegfallen. Der Gegensatz in den Faunen der kalkigen und der tuffigen Facies der Wengener Schichten wird durch Einführung meiner Auffassung um ein Bedeutendes verringert. Die Fauna der Esinokalke übrigens behält auch dann noch ihr eigenthümliches Gepräge, dessen Erklärung viel- leicht durch Altersunterschiede allein nicht gegeben sein dürfte. Nach den vorangehenden Darlegungen erübrigt nur noch ein Ver- eleich der Fauna der Marmolatakalke mit jener der Esinokalke. Soweit hiebei die Gastropoden in Frage kommen, verweise ich auf den Schlusstheil. Hier mögen nur die Cephalopoden kurz betrachtet werden. Es ist auffallend, dass in der Fauna von Esino die Gattungen Joannites, Arpadites und Trachyceras eine wichtige Rolle spielen, während dieselben, besonders die ersten zwei, in den Marmolata- kalken ganz fehlen, und umgekehrt die Arten, zum Theile auch die Gattungen, der Marmolatafauna in den Esinokalken fast nicht bekannt sind. Gemeinsam erscheinen nur wenige persistente und nicht charakteristische Arten, wenn man von Trachyceras Archelaus absieht, welche Art schon früher erörtert wurde. Im Sinne, wie Mojsisovics das annimmt, stelle ich vorläufig die Esinokalke unter die Cassianer Schichten. Freilich würden an- scheinend die letzteren dann im Grignagebirge, wie überhaupt in den derselben herausstellen könnte, dass sie einem höheren Niveau zufallen. Trachyceras Archelaus ist die einzige Form der Gattung, welche aus den Marmolatakalken dort ceitirt und nur auf Grund dessen in die genannte Liste eingefügt worden zu sein scheint. !) Selbstverständlich auch die fossilführenden Latemarkalke und eventuell auch andere Schichten, wie die Tuffmergel von Kaltwasser, die z. B. an Cephalopoden Balatonites carinthiacus und Dinarites avisianus lieferten. (Mojs. Ceph. d. med. Tr.) ?) Die Cephalopoden der Mediterranen Trias, pag. 3 ®) Demgegenüber ist es auffallend, dass Rothpletz (Geologischer Quer- schnitt durch die Ostalpen, Stuttgart, 1394) aus den Wengener Schichten (pag. 38) nur 12 Arten Fossilien, worunter 9 Öephalopodenarten, kennt. [11] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 109 lombardischen Alpen ganz fehlen, daMojsisovies') undbenecke?) über den Esinokalken direct Raibler Schichten angeben. Die Frage, in welcher Weise die Cassianer Schichten dort, sowie auch ander- wärts vertreten sind, ob z. Th. durch die Esinokalke oder durch die unteren Lagen der sogenannten Raibler Schichten, ist auch jetzt noch nicht in befriedigender Weise gelöst. Soweit die Cephalopoden und Brachiopoden in Frage kommen, glaube ich hiermit die Anschauung, dass die fossilführenden Kalke der Marmolata und des Latemargebirges, soweit sie hier besprochen wurden ?), eher mit den Buchensteiner als mit den Wengener Schichten zu verknüpfen seien, dass sie jedenfalls mit Rücksicht auf die Cepha- lopoden eine Mittelstellung zwischen dem Muschelkalke einerseits und den Wengener Schichten, Esinokalken und Cassianer Schichten anderer- seits einnehmen, genügend dargelegt zu haben. Die mir zugekommenen Stufen der Marmolatakalke zeigten sich in ihrem faunistischen Charakter ausserordentlich verschieden. Neben Stücken, welche fast ausschlieslich grössere Gastropodengehäuse führten, die meist durch Sintermassen verbunden waren, erschienen solche mit einer gemengten Fauna (kleine Gastropoden, Cephalopoden, vereinzelnte Lamellibranchier etc.), dann wieder Stufen reich an Cepha- lopodengehäusen, oder fast nur Lamellibranchiatenschalen führend. Sehr häufig sind Gyroporellen-führende Stücke u. s. w. Mitunter erscheinen Korallenstöcke, aber auch Einzelkorallen. Im Ganzen scheinen mir die Fossilreste auf verschiedene, meist mittlere Tiefen- Niveaus hinzuweisen und können die Kalke wohl Riff- und Lagunen- bildungen *) sein, das umsomehr, als das Gestein meist ganz reiner weisser Kalk ist. Nicht einmal ein Gehalt an Bitumen erscheint, was mir auf etwas bewegtes sauerstoffhältiges Wasser in der Ablagerungs- tiefe hinzuweisen scheint. Die Facies gleicht sehr jener der Esinokalke, welche aber etwas Bitumen enthalten und daher grau gefärbt sind; das spricht mehr für ein ziemlich abgeschlossenes Atoll als Ablagerungsstätte, wo sauerstoffhältiges Wasser nicht soviel Zutritt haben mochte. Das mehrfach angeführte Argument eines bathrologisch tiefen Charakters der Marmolatafauna will mir nicht einleuchten. Die Gastropoden der Esinokalke wurden hier soweit als thunlich berücksichtigt, doch konnte ich mich auf eine Angabe der von Stop- pani?°) eingeführten Namen nur in seltenen Fällen einlassen, da dies ') Ueber heteropische Verhältnisse im Triasgebiete der lombardischen Alpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXX. 1830. pag 695 u. f. ?) loc. eit. Neues Jahrb. f. Min. ete. III Beil.-Bd. 1884. Vgl. auch Deecke, Beitr. z, K. d. Raibl. Sch. in d. lomb. Alpen. Ebendort pag. 429 u. f. ®) Ueber die Bedeutung der von Salomon auf der Südseite der Marmolata gemachten neuen Fossilfunde will ich mir selbstverständlich vorläufig, solange die- selben nicht bekannt sind, kein Urtheil erlauben; die hier gegebenen Ausführungen beziehen sich in keiner Weise auf diese Funde. *) Wenn Rothpletz, (Querschnitt durch die Ostalpen, pag. 45--68) den Marmolataka'ken den Riffeharakter abzusprechen sucht, so kann ich mich dem im Allgemeinen nicht anschliessen. °) A. Stoppani, Les p6trifications d’Esinn (Pal&ontologie lombarde 1. serie) Milan, 1858—60. 110 E. Kittl. 12] bei der unklaren Fassung der meisten Arten Stoppani’s in jedem ein- zelnen Falle längere Darlegungen und Erwägungen nöthig gemacht hätte. Was nun die Gastropodenfauna des alpinen Muschelkalkes be- trifft, so ist dieselbe noch so gut wie gänzlich unbekannt; erst nach Abschluss meiner dieselben betreffenden Studien werde ich in der Lage sein, die Beziehungen der alpinen Muschelkalk-Gastropoden zu jenen der Marmolatakalke darzulegen. Einige specielle Resultate konnte ich indessen nicht übergehen und- werden dieselben, wo nicht sonst, im Schlusstheile Berücksichtigung finden. In dem Folgenden wird somit hauptsächlich, um nicht zu sagen ausschliesslich, die Gastropodenfauna der Marmolatakalke (des älteren Fundortes) behandelt und finden dabei die mir durch die Güte des Vice-Direetors der k. k. geologischen Reichsanstalt, Oberbergrathes E. v. Mojsisovics zugänglich gemachten Funde F. v. Richt- hofen’s in den Latemarkalken !), sowie das Ergebniss besonderer Aufsammlungen in ähnlichen Kalken, die wahrscheinlich an der durch Mojsisovics als „Forno“ bezeichneten Localität gemacht wurden, die ich aber, um etwaige Verwechslungen zu vermeiden, unter der mir vom Sammler genannten Localität „Mezzovalle* anführen werde, Berücksichtigung. Für die Ueberlassung von Vergleichsmaterial schulde ich ausserdem Dank den Herren: Prof. Dr. E. W. Benecke, Dr. A. Bittner, Prof. Dr. E. Kalkowsky, Friedr. Teller. Sonstige Beihilfe danke ich den Herren: Hofrath Dr. F. v. Hauer, F. Karrer, Prof. Dr. A. Cathrein. Die verhältnismässig reiche Sammlung aus den Marmolatakalken, welche mir bei, dieser Arbeit zu Gebote stand, verdankt das Hof- museum der Fürsorge des Herrn Directors Th. Fuchs, welcher es ermöglichte, dass für das Museum eine Reihe von Jahren hindurch auf der Marmolata gesammelt werden konnte. Bei der Bearbeitung der Gastropoden habe ich stets die grosse Wahrscheinlichkeit beachtet, dass dieselben wahrscheinlich der Zone des Trachye. Reitzi zunächststehen, aber dabei auch eine andere Mög- lichkeit im Auge behalten. Ich war mir dabei der grossen Schwierigkeit bewusst, welche in der Aufgabe liegt, die durch paläontologisches Material dargebotenen Thatsachen möglichst objeetiv zu deuten. Patellidae. Die Patellidae erscheinen in den Marmolatakalken durch drei gut charakterisirte Formen vertreten. Ob dieselben aber nicht auch in nächst älteren oder jüngeren Schichten auftreten, kann vorläufig nicht angegeben werden, da das Material hiefür zu spärlich ist. Bekannt sind beispielsweise die radialgerippten Cassianer Patellen, Patella undata Hau. vom Sasso della Margherita, doch sind diese Funde meist vereinzelte Vorkommnisse und sind die Differenzen dieser Formen gegen jene der Marmolatakalke zu gross, um da nähere Beziehungen zu suchen. ') Später immer als „Latemar“ bezeichnet. [13] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. Ill 1. Patella cerateriformis Kittl n. f. Taf, I, Bio, 122. Gehäuse flach kegelförmig, von ovalem Umrisse, Apex central oder subcentral, etwas spitzer, glatt. Zuwachsstreifen deutlich, mit etwa 70 nicht immer regelmässig vertheilten Radialrippen (dieselben sind sectorenweise dichter oder schütterer gestellt; einige nebenein- ander liegende Rippen sind gepaart). Jüngere. Altersstadien besitzen sanz fein ausgebildete Radialrippen und vorne zwei symmetrisch zur Medianebene gestellte, unter einem Winkei von etwa 60° angeordnete Radialkanten, die einen flacheren Sector einschliessen, auf welchem die Radialrippen meist. dichter (seltener schütterer) auftreten als auf den unmittelbar angrenzenden Sectoren. Der Umriss des Gehäuses nähert sich in diesem Stadium auch einem Fünfeeke. Ausgewachsene Gehäuse zeigen die Eigenschaften (welche durch die 2 Radialkanten veranlasst sind) in viel geringerem Masse. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 7. 2. Patella cerasseradiata Kittl n. f. Taf. I, Fie. 3. Mützenförmig, mit geneigtem, etwas excentrischem Wirbel. Umriss oval. Zuwachsstreifen kräftig, jedoch ungleichmässig. Radial- rippen sehr.breit und ziemlich kräftig, etwa 16 an der Zahl. Auf Steinkernen zeigt sich meist, aber nicht immer, eine Faltenbildung, die vom Rande ausgeht, jedoch nur auf einer Seite. Die Art scheint, so viel man aus Steinkernen schliessen kann, ziemlich veränderlich zu sein, besonders rücksichtlich des Apieal- winkels, der meist stumpfer als 90° ist. Zahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 5. 3. Bcurria petricola Kittl n. f. Taf. I. Fig. 4—5. Gehäuse kegelförmig mit etwas excentrischem, geneigten, stumpfen Wirbel. Umriss oval (Breite 10 Mm., Länge 15 Mm.) mit unregel- mässigen concentrischen Zuwachslinien versehen. Rand verflacht. Der ' hufeisenförmige Muskeleindruck ist kräftig. (Siehe Fig. 4.) Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. Pleurotomariidae. Die Marmolatakalke enthalten an Pleurotomariiden: 6 Formen von Wortheni« 6 he von Pleurotomaria und B) e von Stuorella. Die 9 Formen von Worthenia und Stuorella zeigen relativ nahe Beziehungen zu den jüngeren Cassianer Formen !), wogegen die 6 Pleuro- tomaria-Formen sehr eigenthümliche, für die Marmolatakalke charak- teristische Typen enthalten. Eine derselben, Pl. Margarethae könnte vielleicht, des relativ spitzen Gehäusewinkels wegen, zu Murchisonia in Beziehung gebracht werden. Genus Worthenia. 4. Worthenia Marmolatae Kittl n. f. Taf. I, Fig. 6—7. Gehäuse spitz -kegelförmig mit 2 sehr kräftigen Lateralkielen. Eine grobe Längsstreifung ist schwach entwickelt und meist kaum wahr- nehmbar. Mündung breit queroval, hinten aussen mit 3 Winkeln. Die Zuwachsstreifung ist sehr schwach. Die Basis ist flach gewölbt, der Nabel geschlossen. Diese Form schliesst sich an W. turriculata, W. canalifera und W. coralliophila?) der Cassianer Schichten an; es fehlt ihr aber die subsuturale Knotenreihe und sind die 2 Lateralkiele besonders kräftig ausgebildet. W. Marmolatae kann wohl als ältere Mutation einer der genannten Formen betrachtet werden. Zahl der untersuchten Exemplara: Marmolata 14. 5. Worthenia supraornata Kittl n. f. Taf: 1, Fig:8 Diese Form schliesst sich an W. Marmolatae (und damit auch an die dort eitirten Cassianer Formen) enge an. Sie unterscheidet sich von MW. Marmolatae durch das Auftreten von 3—4 schwachen Längskielen auf der Apicalseite, deren oberste sich meist in Knoten auflöst; es bedeutet also Worth. supraornata noch einen Schritt weiter zu den ähnlichen Cassianer Formen. Worthenia supraornata hat eine Nebenform, bei welcher der untere Lateralkiel auf den oberen Windungen nicht sichtbar ist, sondern immer durch den folgenden Umgang verdeckt ist. Ich ver- ziehte vorläufig darauf, diese Form besonders zu benennen. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 5. 6. Worthenia apunctata. Kittl n. f. Taf. I, Fig. 9. Diese Form ist deutlich längsgestreift, nähert sich in der Gestalt sehr der Worthenia subpunctata 3), der Cassianer Fauna; doch ist der ') Aechnliche Worthenia-Formen sind, wie nicht anders zu erwarten war auch im oberen alpinen Muskelkalke vorhanden. Die Vergleichung dieser wie auch der Formen des deutschen Muschelkalkes mit den Formen der Marmolata soll gelegentlich in einer späteren Arbeit erfolgen. ») Vgl. Kittl, D. Gastrop. d. Sch. v. St. Cassian I. (Ann. d. k. k. nat. Hofm. Bad. VD 1891, pag. 24. 2) Vergl. Kittl, Gastr. von St. Cassian, I, pag. 24. 3 [15] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 113 Gehäusewinkel etwas grösser. Von Worthenia Marmolatae ist W. apunctata durch geringere Ausbildung der lateralen Kiele unterschieden. Von den Cassianer Worthenien steht ausser W. subpunctata auch W. Joannis Austriae Klipst. der W. apunctata gewiss so nahe, dass die letztere sehr wahrscheinlich mit einer der ersteren zu vereinigen ist. Das verhältnissmässig ungenügende, mir von W. apunctata vorliegende Material, welches ausserdem einen von den Cassianer Fossilien ab- weichenden Erhaltungszustand zeigt, gestattete mir bisher nicht, die wahrscheinliche Identität als eine sichere anzusehen. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 6. 7. Worthenia Plutonis. Kittl n. f. Taf; T,.Eie. #10, Diese Form stimmt in der Gestalt mit Worth. spuriat) über- ein. Doch ist der Nabel geschlossen und entbehrt die Apicalseite der Seulptur. Auch hier kann die Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen werden, dass W. Plutonis von der erwähnten Cassianer Form z. Th. nur des anderen FErhaltungszustandes halber von letzterer verschieden erscheint. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. 8. Worthenia indifferens Kittl n. f. Taf. I; Fig. N. Diese Form steht in Bezug auf viele wichtige Eigenschaften der Worth. Joannis Austriae sehr nahe, doch ist sie wahrscheinlich ge- nabelt ; sie ist mit schwacher Längssculptur versehen, die Umgänge setzen stufig ab. Der Gehäusewinkel beträgt etwa 70°. Die Form führt wahrscheinlich zur Gruppe der genabelten Worthenien hinüber. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. 9. Worthenia sigaretoides Kittl n. f. ar’ T: Bıe%12. Diese Form liegt mir nur in einem, wie es scheint, corrodirten Exemplar vor. W. sigaretoides dürfte mit W. eirriformis Laube ver- wandt sein und steht, wie letztere zwischen Tremnotropis (carinata) und Worthenia. Abermals ist der ungünstige Erhaltungszustand ein Hinderniss gewesen, einen genauen Vergleich von Worthenia sigaretoides mit W. eirriformis vorzunehmen. Die Abbildung dieser Form ist dem Zeichner nicht vollständig gelungen, die Gestalt nähert sich der Tempotropsis carinata mehr, als das in der Abbildung zum Ausdrucke gebracht ist. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. ') Vergl. Kittl, Gastr. von St. Cassian, I. pag. 24. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (E. Kitt].) 15 114 E. Kittl. [16] Genus Pleurotomaria. 10. Pleurotomaria Margarethae Kill n. f. Taf. VI, Fig. 1—3. Gehäuse ungenabelt, mit stark gewölbten, rasch anwachsenden längsgestreiften Umgängen. Gehäusewinkel etwa 50°. Die Umgänge zeigen eine laterale Abflachung, wodurch der Umriss derselben gerundet- winkelig erscheint. Die Basis ist hoch gewölbt, die Mündung ist rundlich-eiförmig, hinten winkelig. Die Längsstreifen erscheinen an der Naht deutlich, werden auf der mittleren und unteren Zone der Apicalseite undeutlicher, und sind im Uebrigen deutlich bis zur Spindel. Die Streifen werden durch feine, stufenförmig von oben (hinten) her eingeschnittene Rinnen gebildet. Auf der Schlusswindung ausgewachsener Gehäuse zeigt sich die breite, seitlich abgeflachte Lateralrinne oben von einem unmittelbar unter der oberen Lateral- kante gelegenen, breiten und niedrigen glatten Kiele, unten von der ' unteren Lateralkante begrenzt. Beide Kanten sind abgerundet. Hart über dem glatten Lateralkiele liegt das glatte Schlitzband. Die Zurück- ° ziehung der meist undeutlichen Zuwachsstreifen zum Schlitzbande ist nur selten zu beobachten '). Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 17. 11. Pleurotomaria Junonis Kittl n. f. Taf. I, Fig. 15—17. Gehäuse trochiform, weit genabelt; Spira kegelförmig, und zwar serade, concav oder convex; die dachförmige Apicalseite der Um- gänge trägt zwei Längskiele und darunter je eine breite Rinne, über welche Längssceulptur die schräge nach hinten laufende Zuwachs- streifung wegläuft, welche aber unregelmässig faltig ausgebildet ist. Der untere der zwei Kiele ist der Schlitzkiel, zu welchem’sich die Zuwachsstreifen etwas zurückbiegen. Die Apicalseite endet mit der unteren Rinne, welche von der glatten, schön gewölbten Basis durch eine scharfe Kante getrennt ist. Ueber die Basis setzen die Zuwachs- streifen nur in schwacher und undeutlicher Ausbildung fort. Der Nabel ist weit und tief-trichterförmig, durch eine stumpfe spirale Kante begrenzt. Die Nabelnaht ist vertieft, der Umgangsquerschnitt und die Mündung sind gerundet trapezoidal; letztere ist einfach, die Tiefe ihres Schlitzes konnte bisher nicht ermittelt werden. Die Aussenlippe ist dünn, die Innenlippe nur in ihrem freien Theile (Nabelwand) ver- diekt, am Auslaufe der Nabelkante mit einem Buge versehen. Der Habitus dieser Form ist jener eines Trochiden; die Nabel- kante erinnert an jene bei Zygites erscheinende. Zahl der untersuchten Exemplare : Marmolata 37. !) Diese Pleurotomaria passt in keine der bisher in der Trias constatirten Untergattungen. Die Sehlusswindung reifer Gehäuse nähert sieh sehr Worthenia, die Seulptur entspricht aber am meisten @osseletina. Es bleibt somit vorläufig der Zusammenhang mit anderen Pleurotomarien ungeklärt. [17] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 115 12. Pleuwrotomaria Jovis Kittl n. f. Taf. 1; Fig. 14. Die Gestalt dieser Form stimmt genau mit jener von Pl. Juno- nis überein. Die Sceulpturelemente sind auch dieselben wie bei Pl. Junonis, vermehrt um eine auf der Basis erscheinende, regelmässige, kräftige Spiralstreifung. Die Quersculptur der Zuwachsstreifen ist überdies bei Pl. Jovis viel kräftiger, in deutlichen starken Falten ausgebildet, die auch über die Basis bis in den Nabel hinein fort- setzen. Die Nabelkante ist etwas kielartig aufgetrieben. Ob Pl. Jovis als Varietät oder Mutation von Pl. Junonis auf- zufassen sei, bleibt einstweilen dahingestellt. Verbindungsglieder fehlen bisher. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3: 13. Pleurotomaria Leda Kittl n. f. Kaf; 1,Kio; 13. Gehäuse trochiform, mit gewölbten, querovalen Umgängen, die eine apicalseitige gerade Abdachung besitzen. Nabel weit. Zuwachs- streifen grob. Eine Längsseulptur fehlt. Nur das Schlitzband bildet eine seichte Rinne, welche die genannte Abdachung begrenzt und ihrerseits von einem unteren Kiele begleitet ist. Diese Form ist mit Pl. mammiformis nahe verwandt, zeigt jedoch stärker gewölbte Windungen. Die zwei bei Pl. mammiformis auf der Schlusswindung stets noch erkennbaren schwachen Lateralkanten fehlen hier ganz. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. 14. Pleurotomaria mammiformis Kittl n. f. Taf. I, Fig. 24. Gehäuse trochiform-zitzenförmig. Der Anfang der Spira ist spitz- kegelförmig ausgezogen, die folgenden Umgänge sind etwas stumpfer kegelig. Die Nähte sind sehr seicht, oben flach. Der sichtbare Theil der Windungen ist oben flach, gegen die Schlusswindung zu etwas gewölbt. Die Schlusswindung selbst ist relativ breit, mit einer flachen subsuturalen Furche, einem kegelförmigen, von gerundeten Kanten begrenzten Lateraltheille und einer flach gewölbten, ungenabelten Basis versehen. Auf der oberen jener Kanten liegt das Schlitzband, die Mündung ist queroval. Die Zuwachsstreifen sind etwas schräge gestellt, jedoch nur selten deutlich erhalten; auch das Schlitzband ist nicht immer deutlich wahrnehmbar; in vielen Fällen jedoch er- kennt man deutlich ein relativ breites Schlitzband (besonders auf der Schlusswindung), welches von zwei feinen Linien begrenzt und auf der supralateralen Kante gelegen ist. Eine gewisse Variabilität zeigt die Schlusswindung in Bezug auf das stärkere oder geringere Auftreten der Lateralkanten. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 7. 15* 116 E. Kittl. [18] 15. Pleurotomaria tardemutata Kittl n. f. Taf. I, Fig. 21. Gehäuse spitz-kegelförmig, mit flachen Nähten und ebensolchen Umgängen. Das Schlitzband scheint bei den oberen Umgängen unter- halb der Mitte derselben zu liegen und ist von zwei schwachen Kielen begrenzt. Auf der Schlusswindung erhebt sich das Schlitzband etwas auf einer Kante, welche dann die conische Apicalseite von der mehr cylindrischen, leicht ausgehöhlten Lateralseite trennt; die Basis ist gewölbt, etwas abgeflacht, ungenabelt. Die Mündung ist sehr breit, gerundet dreieckig. Die Stellung der Art ist insoferne noch unsicher, als zwischen den beschriebenen Kielchen Lunulae, sowie an der Mündung ein Schlitz nicht direct beobachtet werden konnten. Die Lage der : Kielchen, wie gewisse Deformationen des Gehäuses in der Mündungs- nähe weisen aber auf das Vorhandensein von Schlitz und Schlitz- band hin. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 15. Genus Stuorella. 16. Stuorella antecedens Kittl n. f. Taf. I, Fig. 18. Diese Form dürfte von Stuorella subconeava der Cassianer Schichten nur durch die flachere Basis (die eine entschiedene Aus- höhlung nicht zeigt) und vielleicht auch durch die schwache Ent- wickelung einer Spiralstreifung auf derselben unterschieden sein. In allen anderen Eigenschaften, besonders hinsichtlich der Seulptur der Apicalseite, scheint mir ein Unterschied nicht zu bestehen. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 9. 17. Stuorella infundibulum Kittl n. f. Tat. 1, Fig.'13: Gegenüber Stuorella subeoncava tritt bei dieser Form die Quer- seulptur der Apicalseite gänzlich zurück. Die Basis ist sehr stark trichterförmig vertieft, also jener von St. subconcava sehr Ähnlich, auch ist sie, wie letztere spiral gestreift. Eigenthümlich genug ist es, dass in den Marmolatakalken zwei Stuorellaformen erscheinen, deren jede nur einen Theil der Eigen- schaften mit der jüngeren Form der Cassianer Schichten gemeinsam hat. Es lässt sich daher heute kaum angeben, welche der zwei Formen der Marmolata als Ahne der Cassianer Form anzusehen sei. Es ist allerdings die Möglichkeit gegeben, dass alle drei Formen nur Varie- täten einer stark veränderlichen Art sind. Dafür sprechen aber die mir bisher bekannten Thatsachen nicht. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. [19] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 117 18. Stuorella (2) eryptoschiza Kittl n. f. Taf. I, Fig. 20. Gehäuse spitz-kegelförmig, mit flacher, etwas ausgehöhlter Basis, flachen Nähten, längsgestreift, mit einem die Apicalseite der Umgänge begrenzenden Kiele, über welchem eine sehr schmale Furche ver- läuft, welche vielleicht dem Schlitzbande entspricht. Zuwachsstreifen sind nicht erkennbar. Die ganze Gestalt weist auf Stuorella hin, wenn auch eine Sicher- heit hinsichtlich der Zugehörigkeit nicht vorhanden ist, Die spitze Gestalt dieser Form erscheint auch bei Stuorella subconcava. Die Sculptur würde, jener von 9. infundibulum ähn- lich sein. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. Euomphalidae. Die zwei hier beschriebenen Euomphaliden-Formen stehen vor- läufig isolirt. Ich kenne wohl bezüglich beider ältere und Jüngere Formen, zu welchen sich entfernte Beziehungen ergeben könnten, doch fehlt bisher irgend ein direeter Anschluss. 19. Coelocentrus infracarinatus Kittl n. f. Taf. I, Fig. 23. Gehäuse breit, Umgänge etwas stufig, abgesetzt, Lateralkante zugeschärft, mit zahlreichen Hohldornen versehen. Basis gewölbt, mit fünf oder mehr breiten Spiralleisten, Nabel weit (und tief ?). Diese vorläufig nur in einem ungünstig erhaltenen Exemplare bekannte Form weicht von den sonst bekannten triadischen Coelo- centrus-Formen ab. In der Gestalt dem Coelocentrus Pichleri ähnlich, zeigt das Gehäuse in der Sculptur der Basis einige Analogie mit jener von Coelocentrus pentagonalis Klipst. Es liegt von dieser Form bisher nur das abgebildete Gehäuse von der Marmolata vor. 20. Euomphalus eirridioides Kittl n. f. Taf, IL, Fig. 22. Gehäuse plan, evolut aufgewunden, mit vertiefter Naht; Spira ganz flach, Nabelseite stufig vertieft. Umgänge von trapezoidalem (Querschnitte, langsam anwachsend. Von der gegen die Naht zu ver- tieften und nach aussen von dem oberen Lateralkiele begrenzten Apicalseite biegt an dem genannten Lateralkiele fast unter einem rechten Winkel die Lateralfläche ab, welche oben etwas ausgehöhlt, unten etwas ausgebaucht ist; die Basis zeigt unregelmässige, leicht geschwungene Querfalten, die auf einem äusseren Kiele (Grenze zur Lateralfläche), sowie auf einem inneren (Nabelkante), zu spitzen 118 E. Kittl. [20] Knoten anschwellen. Die äussere Knotenreihe ist sehr auffällig und erinnert an jene bei Cirridius. Auf der Lateralseite sind die Zuwachs- streifen etwas nach vorne convex gebogen, aber (von der Oberkante aus) schräge nach hinten gerichtet. Von den Cassianer Kuomphalus-Formen steht dem E. eirridioides I. cassianus am nächsten, während in Bezug auf die Sculptur wieder E. venustus. Mstr. nahekommt. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. Trochideae. Gegenüber den Cassianer Schichten fällt die Armuth der Mar- molata-Fauna an Trochiden auf. Die einzige mir als sicher bekannt sewordene Form schliesst sich einer Art der Cassianer Schichten sehr nahe an. Dasselbe würde der Fall sein mit einigen nicht weiter beachteten Formen, die mir in zu unvollständiger Erhaltung vorliegen, als dass ich eine eingehendere Beschreibung davon liefern könnte. Nur soviel sei darüber bemerkt, dass die erwähnten Fossilreste möglicher- weise auf zwei Trochus-Formen zu beziehen wären. Auch eine Ver- tretung von Margarita ist nicht ausgeschlossen. 21. Eunemopsis praecurrens Kittl. n. f. Taf. I, Fig. 25. (Gehäuse spitz-kegelförmig, mit seichten Nähten. Die sichtbaren Theile der oberen Windungen sowie die Apicalseite der Schlusswin- dung zeigen vier Längskiele, wovon die zwei inneren schwächer ausgebildet sind; die zwei äusseren (d. h. der obere, subsuturale und der untere, laterale) tragen Knoten, welche durch schwache Quer- falten verbunden sind. Auf der Schlusswindung erscheint unter dem Lateralkiele als Grenze der Basis ein weiterer, ebenfalls geknoteter Kiel. Die Knoten desselben verbinden sich mit jenen des Lateral- kieles durch Querjoche. Auf der flach gewölbten, genabelten Basis zeigen sich noch drei kräftige, glatte Kiele und endlich ein fünfter mit runden, kräftigen Knoten besetzter Kiel, welcher die Nabelöffuung begrenzt. Die Form steht den KHunemopsis-Formen der Cassianer Schichten !) sehr nahe. Der Zahn der Innenlippe wurde bei E. praeeurrens nicht beobachtet. Ob er vorhanden sei oder nicht, kann ich nicht angeben. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. Scalariidae. Von dieser Familie liegen nur zwei Formen von Scalaria vor. Die eine scheint unverändert in die Cassianer Schichten überzugehen, die andere ist durch mehrere ähnliche Arten in den letzteren Schichten ersetzt. ') Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian (D), pag. 91 u. f. [21] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 119 282. Scalaria triadiea Kittl. Taf. I, Fig. 26. Scalaria triadica Kittl, Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian (Il.), pag. 108, Taf. XI, Fig. 34—35. Gehäuse glatt, kegelig-spitz mit tiefen Nähten, stark gewölbten Umeängen, auf welchen etwa je 7 Querwülste stehen. Der Nabel ist geschlossen, die Mündung kreisförmig. Diese anscheinend echte Scalaria stimmt mit jener von St. Cassian und von der Seelandalpe sehr nahe überein. Die Differenzen scheinen mir ziemlich irrelevant zu sein; am auffallendsten ist die geringe Zahl der Querwülste bei den Individuen aus den Marmolatakalken. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 1. 23. Scalaria eircumnodosa Kittl. n. f. Taf...1,. Eie, ‚27, Gehäuse kegelig, mit tiefen Nähten und stufig abgesetzten Win- dungen. Diese sind gewölbt, mit zwei Längskielen und zahlreichen, kräftigen Querrippen versehen, daher cancellirt. Auf den Kreuzungs- punkten der Längs- und Querrippen erscheinen spitze Knoten. Die Schlusswindung ist gross und mit 7 kräftigen Längskielen versehen. Die Cancellirung und Knotenbildung reicht bis zur Nabelregion. Mündung rundlich. Diese Form erinnert sehr an Scalaria elegans der Cassianer Schichten '), ist jedoch ringsum, also auch auf der Basis geknotet, auch sind die Basiskiele kräftiger und anders vertheilt. Eine gewisse Aehn- lichkeit besitzt auch Eunema tyrolensis Kittl?), doch scheint dieselbe nur habituell zu sein. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. Neritidae und Naticidae. Die Trennung dieser beiden Familien unterliegt mit Rücksicht auf gewisse unvollständig bekannte Formen grossen Schwierigkeiten. Dieselben werden daher hier unter einem Capitel abgehandelt. Weitaus die grösste Menge der Arten gehört zu den Neritiden. Ausser Neritopsis stelle ich nun auch Delphinulopsis zu den Neritiden. Was aber die nicht zu Delphinulopsis und Neritopsis gehörigen natieoiden und neritoiden Gastropoden der Marmolatakalke betrifft, so liessen diese häufig eine sichere Entscheidung für die Zugehörig- keit zu den Neritidae zu. In erster Linie massgebend war dabei das Vorhandensein oder Fehlen innerer Resorptions-Erscheinungen. Daraus konnte erschlossen werden, dass die Marmolatakalke noch eine nicht unbedeutende Anzahl von Arten enthalte, welche in Folge des Vorhandenseins innerer ') Kittl, Gastropoden d. Seh. v. St. Cassian (ID), pag. 111. °) Ebendort (I), pag. 81. 120 E. Kittl. [22] Resorption eine Verwandtschaft zu Nerita zugeschrieben werden darf. Daneben fand sich eine geringere Zahl von Formen, welche innere Resorption gar nicht oder kaum erkennen liessen '). Bezüglich der letzteren — es sind durchwegs glatte Formen — entschloss ich mich, von der Verwendung des Gattungsnamens Natica ganz abzusehen und nur den Namen Naticopsis dafür zu verwenden. Hierüber folgen unten weitere Ausführungen, an dieser Stelle will ich zunächst die Formen sichten, welche innere Resorption deutlich erkennen liessen. Auf- fallender Weise begann die Resorption in allen untersuchten Fällen etwa in der halben Schlusswindung, wie das auch bei Delphinulopsis der Fall ist. (Vgl. Taf. II, Fig. 10 u. 22, Taf. II, Fig. 4). Ausser dieser Eigenschaft besassen alle Formen eine deutlich gesonderte, nicht abgeflachte Spira, wodurch sie sich u. a. von Nerita unterscheiden. Die Spira ist höher oder niederer, der äussere Habitus der Gehäuse ist daher ein naticoider. Zunächst sondere ich jene Gehäuse, welche eine aus Längskanten, Längskielen oder Knoten- reihen ete. bestehende Sculptur zeigen, von den glatten Formen ab und benenne dieselben mit dem neuen Gattungsnamen: Trachynerita. Die Innenlippe ist in diesen Fällen immer stark callös, mit srossen Umbonallappen versehen. Eine ähnliche Beschaffenheit der Innenlippe zeigt die Hauptmasse der glatten Formen. Ich führe sie als Protonerita an, während eine einzige Form davon abweichend eine schmale Innenlippe ohne Umbonallappen zeigte, deren äusserer Habitus gar nicht auf eine Zugehörigkeit zu den Neritiden schliessen liess. Ich führe sie unter dem Gattungsnamen Cryptonerita an, wenngleich ich mir nicht verhehle, dass Cryptonerita vielleicht auch mit Protonerita vereinigt werden könnte. Bei den Na aticopsis zugerechneten Formen war in vielen Fällen . zu erkennen, dass eine deutliche innere Resorption fehle oder eine solche nur bei den kleinsten Umgängen in ziemlich unsicherer Weise angedeutet war. In anderen Fällen konnte bisher bezüglich der Resorption nichts im Erfahrung gebracht werden, wesshalb die Formen, !) Es mag hier angemerkt sein, dass ich in Folge dieses Befundes nochmals alle „Natieiden“, wie ich sie nannte, der Cassianer-Fauna revidirte, aber nur bei einer Form (Naticopsis Altoni) eine innere Resorption erkennen konnte, wobei es aber gerade in dem Falle zweifelhaft ist, ob die Gehäuse aus den Oassianer Schich- ten zuzurechnenden Gesteinen stammen. Meist war das Resultat — wie schon früher — ein negatives oder es konnte die Zugehörigkeit zu Naticopsis bestätigt gefunden werden. Mit Rücksicht auf Koken’s Angaben habe ich selbstverständlich die Gruppe der Natica Mandelslohi besonderes Augenmerk zugewendet. Doch auch da konnten nur meist negative Thatsachen gefunden werden; die einzelnen Befunde sind bezüglich der letzten Gruppe so verschieden, dass sie mit der Annahme einer Zugehörigkeit zu den Neritiden zwar nicht unv ereinbar wären, aber jedenfalls eine befriedigende Deutung nicht zuliessen. [23] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 121 bei welchen das der Fall war, nur provisorisch bei Naticopsis stehen. Sie können z. Th. zu Protonerita, z. Th. auch eventuell zu Natica gehören. Ueber die Schwierigkeit der Trennung von Natica und Naticopsis brauche ich mich hier kaum weiter auszulassen !). Während die übrigen bisher genannten fünf Gattungen sicher zu den Neritiden gehören, erscheint es mir heute hinsichtlich Nati- copsis und Naticella zweifelhaft, ob dieselben zu den Neritiden oder zu den Natieiden gehören. Diese Frage muss noch weiter studirt werden, sowohl im Allgemeinen als auch rücksichtlich der einzelnen Formen. Bei Naticopsis trenne ich drei Untergattungen ab: l. Fedaiella mit offenem Nabel und neritoider Innenlippe, sehr wahrscheinlich zu den Neritiden gehörig. 2. Hologyra Koken. 3. Marmolatella (Gruppe der Natic. stomatia). Bezüglich Prostylifer mag es, wie v. Ammon deutlich aus- sprach ?), zweifelhaft sein, ob die Gattung zu den Natieiden oder Pseudomelaniiden (Ammon sagt: Pyramidelliden) gehöre. Es ergibt sich demnach nachfolgende Uebersicht der hier be- schriebenen Formen: l. Neritopsis, 4 Formen. Delphinulopsis, 5 Formen (nebst einer neuen Esinoform). 3. Öryptonerita, 1 Form. 4. Protonerita, 10 Formen. 5. Trachynerita, 4 Formen. Sichere Neritidae, _-— D Naticopsis subgen. Fedaiella, 1 Form. . Naticopsis subgen. Hologyra, 2—' Formen). 6 Neritidae 7. 0 8. Naticopsis subgen. Marmolatella, 5 Formen. 9 0 oder Naticidae ? . Naticopsis, 6 zweifelhafte Formen. . Naticella, 1 Form. Naticidae oder 11. Prostylifer (Amauropsis), 1 Form. Pseudomelaniidae? m — — no [nu [| m Genus Neritopsis. Die vier Formen dieser Gattung aus den Marmolatakalken ent- halten eine, welche vereinzelnt auch in den Cassianer Schichten auf- tritt, nämlich N. Waageni; unbestimmte Uebergangscharaktere zeigen N. cf. armata und N. distineta, eine Form, welche ich früher nicht für selbstständig gelten lassen wollte. Sicher neu erscheint mir die ’) Vgl. meine Arbeit: Gastrop. v. St. Cassian (II. Th.), pag. 135 u. 148. ®) L. v. Ammon, Die Gastropodenfauna des Hochfellenkalkes. (reognost. Jahreshefte V. 1893, pag. 208. Fussnote. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (E. Kittl.) 16 122 E. Kittl. 124] für die Marmolatakalke charakteristische N. bicarinata, welche, wie auch N. Waageni, relativ häufig auftritt. Bei diesem Genus ist es von Interesse, die zeitliche Verbreitung nach rückwärts zu verfolgen. Die hier beschriebenen Formen dürften wohl zu den ältesten bisher bekannt gewordenen gehören, während jüngere in der Trias im Lias ete. genugsam bekannt sind'). Die Veränderung der Formen ist eine relativ langsame. 24. Neritopsis Waageni Laube. Taf. I, Fig. 28. 1869. Neritopsis Waageni Laube, Fauna von St. Cassian. IV. pag. 16, Var. XAXKI Fe 1892. Neritopsis armata var. cancellata Kittl, Gastropoden von St. Cassian. HI. pag. 102, Taf. VIII, Fig. 5 und 6. Diese in den Cassianer Schichten sehr seltene und von mir als Varietät von N. armata (var. cancellata) betrachtete Form erscheint in der Fauna der Marmolata unter den Gehäusen von Neritopsis dominirend. Die charakteristischen Merkmale sind hier so constant, dass die Form vielleicht doch wohl eine ältere Mutation darstellt und ihr Erscheinen im der Cassianer Fauna nur als Atavismus zu be- trachten ist. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 17. 25. Neritopsis cf. armata Mstr. Taf. I, Fig. 29. Einige ungünstig erhaltene Fragmente, die sich einerseits an Ner. Waageni anschliessen, zeigen durch einige Unregelmässigkeiten schon eine Hinneigung zu Ner. armata an. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2. 26. Neritopsis bicarinata Kittl n. f. Taf. I, Fig. 30 u. 31. Diese Form stimmt mit Neritopsis armata (und zwar etwa mit der var. plicata) nahe überein, besitzt jedoch zwei unmittelbar neben einander liegende, sehr kräftige, supralaterale kantenbildende Kiele, welche an den Kreuzungsstellen mit den Querfalten auffälligere Knoten tragen. Ausserdem ist noch eine Anzahl grober Längskiele vorhanden, welche auf der Apicalfläche undeutlich entwickelt, auf dem Gehäuse- theile unter dem Paare der supralateralen Kiele, also auf der Lateral- seite und auf der davon nicht abgrenzbaren Basis aber deutlich und dicht gedrängt sind. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 12. !) Es mag hier angemerkt sein, dass Turbo Suessi M. Hörn. von Unter- petzen mit Neritopsis armata var, plicata identisch zu sein scheint. Dieser angeb- liche Turbo ist in M. Hörnes, Gastr. a. d. Trias d. Alpen (Denkschr. d. Wr. Ak. d. Wiss, XII. Bd. 1856) beschrieben. [25] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 125 27. Neritopsis distincta Kittl n. f. Taf. I, Fig, 32. Anfangswindungen glatt, Nähte tief, Umgänge bauchig, steil aut- sewunden und mit IO Querwülsten pro Umgang, ohne Längsseulptur. Mündung schräg gestellt, halbkreisförmig, Innenlippe callös verdickt, relativ breit, abgeplattet, hinten (oben) mit einer höckerförmigen Anschwellung. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 5. Genus Delphinulopsis. In meiner Gastropodenarbeit über St. Cassian ') habe ich die Gattung zu den Capuliden gestellt. Der Ansicht Koken’s, die Gattung, welche er in Platychilina und Fossariopsis trennt, als mit anderen Neritiden nahe verwandt zu betrachten?), kann ich um so lieber bei- pflichten, als es mir gelang, bei einem Exemplare von D. vernelensis eine vordere (columellare) Resorptionsgrube ?) bloszulegen. Jene Resorption erscheint demzufolge auch bei Delphinulopsis ; auch die apicale Resorption habe ich bei Delph. Cainalloi und Cerutüi von Esino beobachtet. Dass möglicher Weise auch Palaeonarica (Pseudofossarus Koken) in die Verwandtschaft von Delphinulopsis gehört, will ich ebenfalls zugeben, glaube aber, dass dieses Verhältniss noch weiter erhärtet werden müsse. Die Sculptur jener Formen, welche in die Verwandtschaft von Delph. Cainalloi gehören (Platychilina Koken), erinnert in der Art und Weise der Umbildung an die Platicheilus-Formen *) der permischen Fusulinenkalke Siciliens. Dass da eine wirkliche directe Verwandt- schaft besteht, wie das Koken annimmt, ist ziemlich wahrscheinlich. Aus den Marmolatakalken kenne ich die im Folgenden ange- führten fünf Formen von Delphinulopsis. Davon steigt D. binodosa sicher in die Cassianer Schichten auf, wahrscheinlich auch D. glabrata; die übrigen Formen sind, wenn sie mir auch augenblicklich nur aus den Marmolatakalken bekannt sind, kaum sehr charakteristisch, da ihre nächsten Verwandten höherer Schichten nur geringe Differenzen zeigen. Wäre nicht eine Altersverschiedenheit so sehr wahrscheinlich, so hätte ich mich kaum für eine besondere Nawmengebung entschlossen, da sie dann hätten als „Varietäten“ bezeichnet werden können. So aber sind sie möglicher Weise „Mutationen“, deren Vorfahren im Muschelkalke bisher allerdings noch nicht bekannt geworden sind. ') E. Kittl, Gastrop. v. St. Cassian, IL, pag. 121. 2) Wöhrmann und Koken, Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlern- plateau. Zeitschr. d. geol. Ges. 1892, pag. 192 und 198. ®) Bezüglich der Resorptions-Erscheinungen der Neritidae und der hier an- gewandten Beze'chnung derselben siehe bei Protenerita pag. 127 [29] u. £. *) Vermuthungsweise möchte ich anführen, dass Trachyspira (Gemmellaro, Fauna dei Calcari con fusulina della valle del fauna Sosio. II. Palermo, 1889 pag. 149) mit Platycheilus vielleicht doch zu vereinigen sei, obgleich sich Gemmellaro gegen eine wirkliche Verwandtschaft auspricht. . 16* 124 E. Kittl. [26] 28. Delphinulopsis glabrata Kittl n. f. Taf: I1L,sEig2% Bei dieser der Delphinulops’s binodosa nahestehenden Form fehlen spitze Knoten, dagegen treten vier Längskiele in einer besonderen Ver- theilung auf; es sind nach der Lage ein subsuturaler, ein lateraler, ein sublateraler und ein subcolumellarer Kiel vorhanden. Die beiden erstgenannten zeigen in mittleren Wachsthumstadien auf 3/, Umgangs- länge stumpfe Knoten, die sich gegen die Mündung zu gänzlich ver- lieren, wofür dort faltige Zuwachsstreifen erscheinen. Die Anfangs- windung ist, wie bei Delphinulopsis überhaupt, glatt. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2. 29. Delphinulopsis binodosa Mestr. Taf. II, Fig. 2. | Die meisten der hier angeführten Gehäuse sind von D. bino- dosa Mstr. nicht zu trennen. Es sind vier geknotete Längskiele vor- handen; die Gestalt der Gehäuse entspricht genau jener der Exem- plare der Cassianer Schichten, sowie auch die Sculptur übereinstimmt. Ein einziges Gehäuse zeigt insoferne eine Abweichung, als es sehr breite ‘und grosse kegelförmige Knoten auf allen vier Kielen entwickelt. Es ist das jedoch wohl nur eine individuelle Ausbildungs- weise, da ja auch auf Gehäusen anderer Fundorte Knoten immer, sogar mitunter Dornen auf den Kielen auftreten. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 8. 30. Delphinulopsis vernelensis Kittl n. f. Taf. OH, Fig. 3—9. Das Gewinde ist klein, nicht steil. Der subsuturale Kiel ist von der Sutur so weit entfernt, dass er auch als supralateraler bezeichnet werden kann; der nächste, laterale, Kiel sowie der erstere sind im mittleren Wachsthumstadium kräftig geknotet; auch der umbonale Kiel trägt solche Knoten. In mittleren Altersstadien sitzen die zwei Hauptknotenreihen auf Kanten (winkeligen Beugungen des Gehäuses) und sind die Knoten sehr kräftig. Die Schlusswindung zeigt in der Mündungsnähe verschiedene Modificationen der Sculptur, die fast von Individuum zu Individuum wechseln; so gewinnen die Knoten der subsuturalen Reihe mitunter eine hackenförmige Gestalt (Fig. 7); fast regelmässig setzen die Knoten der umbonalen Reihe nach oben zu 1—-3 Afterknoten an. Der Zwischenraum der lateralen und umbonalen Reihe wird mit Höckern erfüllt, die sich meist in schräge Reihen ordnen. Die Breite der Innenlippe wechselt. Diese Form gehört unzweifelhaft in die nächste Verwandtschaft von Delph. Cainalloi von Esino, doch besitzen die mittleren Wachs- thumsstadien eine andere Gestalt, da die zwei Hauptknotenreihen auf [27] Die triadischen Gastropodon der Marmolata. 125 Kanten sitzen, während das bei Gehäusen von Esino nicht oder in viel geringerem Grade der Fall ist. Das Altersstadium von Delph. vernelensis kommt den mittleren Stadien von Delph. Cainalloi noch am nächsten, sowie es auch der Cassianer Form Delph. pustulos« nahesteht. Gute Exemplare von Delph, Cainalloi im Altersstadium fehlen mir von Esino. Mit Ausnahme des eben angegebenen Unterschiedes stimmen Delph. vernelensis und Delph. Cainalloi soweit überein, dass die (an- scheinend unvollständige) Beschreibung, welche Stoppani von Delph. Cainalloi geliefert hat, ohneweiters auf die hier beschriebene Form der Marmolata anwendbar wäre. Die Abbildung, sowie Exemplare der Art von Esino zeigen aber den oben erwähnten Unterschied. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 16. Delphinulopsis esinensis Kütl. n. f. ') Tat. IE, Pi2. 10, Die abgebildete Form von Esino stimmt weder mit der von Stoppani gelieferten Beschreibung von D. Csinalloi, noch mit der von D. Cerutii überein, wenn sie auch sicher in diesen Formenkreis gehört. Die Entwicklung von I--2 extraumbilicalen, deutlichen Knoten- reihen zeichnet sie aus. Diese Eigenschaft konnte an mehreren Exem- plaren beobachtet werden. Stoppani negirt' diese Eigenschaft aus- drücklich bezüglich seiner zwei genannten Arten. 31. Delphinulopsis singularis Kittl n. f. Fat. 11, Kia 11. Durch die sehr erhabene Spira von D. pustulosa Mstr. unter- schieden, fehlt dieser Form das Stadium von D. Cainalloi mit 2—3 geknoteten Längskielen fast gänzlich und erscheint die Sculptur von D. pustulosa (ein oberer geknoteter Kiel und auf der Lateral- und Basalseite schräge, längliche Knoten) in sehr frühem Wachsthums- stadium. Die Form steht der Beschreibung nach D. Cerutü Stopp. ausserordentlich nahe, dürfte damit jedoch nicht identisch sein, da sich die Knoten unter der Hauptreihe in deutliche schräge Reihen ordnen, was bei D. Cerutü nicht der Fall sein soll. Es ist gewiss bemerkenswerth, dass sich eine in vieler Beziehung ausserordentlich ähnliche Neritiden-Form in den devonischen Kalken ?) von Grund (Harz), nämlich Naticodon excentricus F. Roem. wiederfindet?), welche Form in Sculptur und Innenlippe (mit Ausnahme des Zahnes) der Delphinulopsis singularis ganz nahe kommt. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2. ) Diese Form ist in die fortlaufende Nummerirung der Arten nicht ein- bezogen, da sie mir nur aus den Esinokalken vorliegt. ?) Wie auch bei Platycheilus Gemm., wie schon früher angegeben, ebenfalls ähnlich sculpirte Formen auftreten. ®) J. M. Clarke, Die Fauna des Iberger Kalkes. Neues Jahrb. f. Min. ete, III. Beilageband (1884) pag. 356. 126 E. Kittl. [28] 32. Delphinulopsis tuberculata Kittl n. f. Taf. II, Kie. 72: Das Stadium der zwei lateralen Knotenreihen ist nur ange- deutet und entwickelt sich die Seulptur gegen die Mündung zu ähn- lich jener von D. pustulosa. Die Knoten bedecken schliesslich in fast sleichmässig starker Ausbildung den Schlusstheil des Gehäuses von der Naht bis zu der Nabelregion. Auch hier ist die Spira viel erkabener als bei D. pustulosa. Von D. singularis ist D. tuberculata durch schwächere Sceulptur überhaupt, besonders aber durch das fast gänz- liche Fehlen eines subsuturalen Kieles unterschieden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2. Genus Cryptonerita Kittl (gen. nov.) Diese Gattung zeigt eine erhabene Spira, eine Natica-ähnliche Innenlippe. die wohl callös verdickt, aber weder abgeplattet, noch besonders breit ist. Die Nabelvertiefung ist durch die Innenlippe nicht verdeckt. Die inneren Umgangswände sind resorbirt. Diese Gattung (oder vielleicht nur Untergattung von Protonerita) scheint in geringer Variationsfähigkeit in verschiedenen Trias- Horizonten vorzukommen. Ausser der einzigen Marmolataform und einer vielleicht damit in Beziehung stehenden Cassianer-Form (Natica Berwerthi!) mögen noch manche andere Arten hieher gehören, soweit das der äussere Habitus beurtheilen lässt. So ist Natica sublineata M. Hörn. von Unterpetzen?) äusserlich von Uryptonerita elliptica kaum verschieden. ) Es müssen jedoch noch genaue Untersuchungen vorgenommen werden — falls neues Materiale das gestatten sollte — um über die generische Zugehörigkeit zu entscheiden. 33. Oryptonerita elliptica Kittl n. f. Taf. OD, Fig. 13—17. (sehäuse klein, mit scharf eingeschnittenen Nähten, niedrigen, gewölbten Umgängen; die Spira ist erhaben, etwas zugestumpft, '/y—!/s der Gehäusehöhe einnehmend. Die laterale Wölbung der Schlusswindung ist halbkreisförmig bis elliptisch. Die Mündung ist oval, hinten durch die vorhergehende Windung eingedrückt. An der Naht ist eine mehr oder weniger deutlich entwickelte horizontale Abflachung vorhanden. Häufig zeigt die Schlusswindung eine conische apicalseitige Abflachung. Die Innenlippe ist dick callös, namentlich in der Nabelregion fast wallartig vorspringend, nach aussen und innen gewölbt, mit gerader Begrenzung gegen die Mündung, die letztere ver- engend. Hinten (oben) zeigt die Innenlippe eine rundliche, relativ ‘) Kittl, Gastr. v. St. Oassian (ID), pag. 149. — Resorption bisher nicht beobachtet. ’) M. Hörnes, Gastropoden aus der Trias der Alpen (Denkschr. d. Wr. Ak. d. Wiss, XII. Bd. 1856), pag. 23. [29] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 127 dünne Ausbreitung, sendet in die Nabelvertiefung eine steil gestellte gewölbte Fläche; die Innenseite der Innenlippe trägt weder Zahn noch Falte. Die Zuwachsstreifen sind sehr deutlich ausgebildet, schräge (von der Naht aus) nach hinten gestellt. Die Resorption der inneren Wände ist an Steinkernen deutlich zu beobachten. Diese Art ist in Bezug auf das Ausmass der Abflachungen und die Steilheit der Aufwindung ziemlich variabel. Wegen der Zustumpfung der Spira erscheinen jüngere Altersstadien relativ breiter. | Vermuthungsweise möchte ich meinen, dass wohl manche als Natica turbilina, Natica (Rissoa) Gaillardoti, Natica gregaria etc. be- schriebene oder blos eitirte Triasfossilien zu Oryptonerita elliptica mehr oder weniger nahe Beziehungen aufweisen, z. Th. damit identisch sein mögen. Bezüglich der äusserlich sehr ähnlichen, aber meist relativ srösseren Natica Berwerthi von St. Cassian konnte ich bisher wegen unzureichenden Materiales nicht feststellen, ob dieselbe thatsächlich ebenfalls zu Uryptonerita gehört. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 200, Mezzo- valle Il, Latemar 5. Genus Protonerita Kittl (gen. nov.). Gehäuse glatt, nur mit zuweilen faltigen Zuwachsstreifen, mehr oder weniger kugelig, jedoch mit deutlich erhabener, niemals stumpfer flacher Spira (wie bei Nerita), vertieften Nähten. Die Aussenlippe ist zugeschärft, die Innenlippe ist callös verdickt, abgeplattet, von mäs- siger Breite, gewöhnlich mit einem callösen Lappen die Nabelregion überdeckend. Die Resorption der inneren Wandungen beginnt etwa in der halben Schlusswindung, auch ist eine vordere Resorptionsgrube vorhanden. Dieser Charakterisirung der Gattung habe ich noch weitere Eigenschaften, sowie eine ausführlichere Beschreibung der hierher gerechneten Gehäuse beizufügen. Die Formen von Protonerita besitzen meist eine relativ kleine, aber durch die vertieften Nähte deutlich gesonderte, kegelförmige Spira, eine grosse, gewölbte Schlusswindung. Die Zuwachsstreifen sind in der Regel deutlich, oft schwache Falten bildend, die dann über die ganze Schlusswindung hinweglaufen. . Die Zuwachsstreifen wie auch die Mündung sind von der Naht aus schräge nach hinten ge- wendet. Die Mündung ist oval, vorne rund, hinten winkelig. Die Zu- schärfung der Aussenlippe ist am besten an theilweisen Steinkernen zu erkennen. Die Ausbildung der Innenlippe mit dem callösen Nabel- lappen hat Protonerita mit Trachynerita gemeinsam, ja es lassen sich sehr nahe Beziehungen in der äusseren Gestalt von Protonerita incisa einerseits und Trachynerita fornoönsis andererseits erkennen, so dass möglicherweise Trachynerita nur ein Seitenzweig von Protonerita ist. In der Darstellung der Eigenschaften von Protonerita fortfahrend, wende ich mich wieder der Innenlippe zu. Dieselbe besitzt einen wenig gebogenen Mündungsrand, bildet aber an dieser Stelle (mit dem Mündungsrande) eine Verengung der Mündung, hinter welcher die Innenlippe in flacherer oder steilerer Wölbung einwärts fällt, wo 128 E. Kittl. [30] dann gewöhnlich ein ähnlicher Ausschnitt, wie er bei Naticopsis neri- tacea der Cassianer Schichten beobachtet werden kann und von mir als Haftmuskeleindruck gedeutet wurde, den Callus der Innenlippe scharf abschneidet. Oben (hinten) auf der Innenseite erscheint häufig, aber nicht immer eine Verdiekung oder Falte; in einem einzigen Falle fand sich ein etwas tiefer stehender Höcker. Darunter zeigt sich (immer innen) eine Art seichten Ausschnittes, der aber, wie ich meine, nur durch die Existenz der oberen Verdiekung zu Stande kam. An Resorptionserscheinungen fanden sich zunächst die Resorption der Innenwände der inneren Windungen, von der Mündung rückwärts unter der Naht etwa in der Hälfte der Schlusswindung be- ginnend, sodann eine flache Resorptionsgrube, welche unter der hinteren (oberen) Hälfte der Innenlippe aber in der Wand der vor- hergehenden Windung liegt, also diese an der Stelle sehr dünn ge- stalten oder vielleicht gänzlich verschwinden machen konnte. Die be- deutende Verdiekung der Innenlippe als äusserer Ersatz des inneren Defectes wird dadurch erklärlich. Alle diese charakteristischen Eigenthümlichkeiten findet man an den recenten Gehäusen von Nerita wieder. Dass durch alle diese Ver- hältnisse die Zugehörigkeit von Protonerita zu den Neritiden ausser allen Zweifel gestellt wird, ist augenscheinlich. Es bleibt jedoch noch zu erwägen, ob es nicht gerechtfertigt wäre, den von Koken aufgestellten Gattungsnamen Neritaria !) hier zu verwenden. Als wichtigste Charaktere werden angegeben?): „Ge- häuse klein, mit deutlicher Spira, Oberfläche glänzend mit Nahtfalten. Innenlippe oben mit rundlicher, callöser Verdickung mit einem scharfen der Längsrichtung der Lippe parallelen Zahne und einem Ausschnitte. Innere Windungen resorbirt.“ Die gesperrt gedruckten Eigenschaften finden sich bei Pro'one- rita gar nicht, bis auf die ziemlich bedeutungslose Kleinheit der Ge- häuse, welche sich natürlich ab und zu auch findet. Die übrigen Eigenschaften erscheinen mehr oder weniger bei allen Neritiden bis auf die deutliche Spira, welche der Hauptmasse der älteren Neritiden eigen ist, den jüngeren Neritiden zumeist (jedoch nicht immer) fehlt. Deshalb sehe ich hier von der Anwendung des Namens „XNeri- tarıa“ ab. Um die Anwendung des Namens „Neritaria“ bei den Formen der zu ermöglichen, hätte die Charakterisirung hiefür genau so, wie jene von Protonerita zu lauten gehabt. Dabei schiene es mir aber noch immer unerwiesen, dass auch die Gruppe der „Natica Mandelslohi“ darin inbegriffen wäre, wie das Koken für einen Theil davon annimmt. Um allen Zweifeln auszuweichen, ist daher der Vorgang, den Namen „Neritaria“ hier unberücksichtigt zu lassen, das beste Auskunfts- mittel. Protonerita würde dann auch alle Neritarien Koken’s in sich aufnehmen können, insoferne ihre Zugehörigkeit zu den Neritiden sicher erwiesen ist. ') Neues Jahrb. f. Min. ete. 1892, II. pag. 26. ?) Koken in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892, pag. 192. [31] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 129 Ausser den hier beschriebenen 10 Formen von Protonerita liegen mir aus den Marmolatakalken noch einige weitere vor, die aber des ungenügenden Materiales wegen nicht beschrieben wurden. In der Fauna von Esino ist Protonerita durch zahlreiche Indi- viduen vertreten; es ist nur fraglich, in wie vielen Arten, und welche der von Stoppani aufgestellten Artnamen dafür zu verwenden seien. Wahrscheinlich gehört auch „Natica“ comensis M. Hörn. hieher. In der Fauna von St. Cassian habe ich bisher keine sicheren Ver- treter der Gattung nachweisen können. Auch aus dem alpinen Muschel- kalke sind solche noch kaum bekannt; ich muss daher auf einen speciellen Vergleich der Protonerita-Formen der Marmolatakalke mit älteren und jüngeren vorläufig verzichten. Als typische Form sehe ich Protonerita calcitica an, welche durch einige Varietäten mit anderen von mir als selbständig angesehenen Formen verknüpft wird. Die Unterschiede der übrigen Formen von Protonerita (aus der Fauna der Marmolatakalke) betreffen hauptsächlich die äussere Gestalt, also den Gehäusewinkel, die damit im Zusammen- hange stehende Art der Aufwindung, das raschere oder langsamere Anwachsen der Windungen, die Beschaffenheit der Nähte, das Auf- treten gewisser Depressionen auf der Apicalseite etc. 34. Protonerita ealeitica Kittl. n. f. Taf. U, Fig. 18—22. Die typischen Gehäuse dieser Form zeigen eime relativ kleine stumpfwinkelige, aber durch die eingeschnittenen Nähte deutlich ge- sonderte Spira und eine grosse, gleichmässig gewölbte Schiusswindung, die eine horizontale subsuturale Abflachung nicht besitzt. Die vor- letzte Windung ist in ihrem sichtbaren Theile relativ niedrig (etwa 1/3 so hoch wie breit). Die Innenlippe ist stets dick callös und verdeckt fast immer mit einem dicken callösen Lappen die Umbonalregion (Fig. 18 und 21.). Eine relativ seltene Ausnahme bilden die Gehäuse, bei welchen die Innenlippe den Lappen nicht zeigt (wie ich glaube, noch nicht ausgebildet hat, wie das z. B. in Fig. 19 dargestellte Gehäuse er- kennen lässt) und wo dann mitunter ein Pseudofuniculus in schwacher Ausbildung zum Vorscheine. Innen ist die Innenlippe meist glatt, in einem einzigen Falle erschien — wohl als nur gelegentlich auftretende Bildung — ein isolirter Höcker, der aber von aussen niemals sichtbar sein kann. (Siehe Fig. 20.) Die Mündung ist rundlich, hinten mit einem Winkel versehen; sie wird selbstverständlich durch den geraden oder etwas gekrümmten Mündungsrand der Innenlippe verengt. Die Aussenlippe ist durch eine Art innerer Facette zugeschärft. Die Resorptions-Erscheinungen sind hier, wie bei Protonerita überhaupt, stets deutlich. (Siehe den in Fig. 22 abgebildeten Steinkern, — der Pfeil zeigt auf die vordere Resorptionsgrube. In der Daraufsicht zeigt die schwärzere Partie der Nahtregion, wie weit die Innenwand erhalten ist). Die Zuwachs- streifen sind, wie bei den folgenden nahe verwandten Formen, von der Naht aus etwas nach rückwärts gewendet. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Kittl.) 17 130 E. Kittl. [32] Es gibt noch Varietäten, welche durch kleinere Spira, rascheres Anwachsen der Umgänge und weitere Eigenschaften ausgezeichnet sind; sie erschienen mir als Uebergänge zu anderen hier besonders benannten Formen, weshalb ich auf eine ausführliche Darstellung derselben verzichtete. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 70, Mezzovalle 9, Latemar 1. 35. Protonerita candida Kittl n. f. Taf. II, Fig. 28. Hinsichtlich der Innenlippe und der Resorptions-Erscheinungen mit Nerita caleitica identisch, zeigt diese Form eine der Kegelform genäherte Spira. Die Innenlippe kann abgeflacht sein oder einen callösen Nabel- höcker zeigen, alle Zwischenstufen selbstverständlich mit inbegriffen ; die Falte auf der Innenseite derselben sowie der Ausschnitt sind kaum angedeutet. Der Gehäusewinkel ist 900 oder nicht weit davon verschieden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 32. Protonerita subcandida Kittl. n. f. Taf. II, Fig. 24. Diese Form ist vielleicht nur eine Varietät von FProtonerita eandida, von welch’ letzterer sie sich durch eine sehr stumpfwinkelige (aber ebenfalls conische) Apicalseite unterscheidet. Uebergänge zu Protonerita candida sind vorhanden. Die Form Prot. subeandida selbst ist ihrerseits eine Uebergangsform von Prot. candida zu Prot. caleitica. Der Gehäusewinkel ist, zum Unterschiede von Prot. candida, stets erheblich grösser als 90°. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 16, Latemar 1. 37. Protonerita exposita Kittl n. f. Taf.,IL Fig. 25. Diese Form ist wahrscheinlich ebenfalls nur eine Varietät von Protonerita caleitica, welche nur durch die tiefer eingeschnittenen Nähte von der letzteren abweicht und in Folge dessen eine relativ grössere Höhe der sichtbaren Theile der oberen Umgänge (etwa Y, der Breite) zeigt. In der äusseren Gestalt stimmen die Gehäuse von Protonerita exposita mit manchen sehr ähnlichen Gehäusen der Esinokalke über- ein. Eines der letzteren wurde von M. Hörnes mit seiner „Natica comensis“ identificirt; aber es scheint das kein typischer Repräsentant der Natica comensis gewesen zu sein. Dieses Exemplar von Esino zeigt überdies eine weder von M. Hörnes bei Natica comensis ') erwähnte, ') M. Hörnes, Gastropoden a. d. Trias d. Alpen. Denkschr. d. Wr. Ak. d. Wiss., XII. Bd., pag. 25. [33] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 131 noch auch bei Protonerita exposita der Marmolatakalke vorhandene Längsstreifung. Trotzdem halte ich das Vorhandensein von Prot. exposita in der Fauna von Esino für sehr wahrscheinlich. In der Fauna der Marmolata scheint mir Prot. exrposita ein Uebergangsglied von Prot. caleitica zu Prot. inceisa zu sein. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 38, Mezzo- valle 1, Latemar 7. 38. Protonerita incisa Kittl n. f. Taf. II, Fig. 29—31. Diese Form weicht von Protonerita caleitica hauptsächlich da- durch ab, dass sich an der Naht eine horizontale Depression ein- stellt, welche als subsuturales Band oder Stufe fortläuft. Die Nähte sind daher tiefer eingeschnitten als bei Protonerita caleitica;, besonders vertieft, ja eingesenkt, ist die Naht oft auf der Schlusswindung in der Mündungsnähe. Ein anderer Unterschied scheint nicht zu bestehen; es lassen sich dabei mindestens zwei Varietäten erkennen, eine mit höherer und eine mit niedrigerer Spira. Beide Varietäten sind durch Uebergänge untereinander, sowie mit Profonerita caleitica verbunden. Als typische Gehäuse von Protonerita incisa sehe ich jene mit spitzerer Spira an. Protonerita ineisa ist geeignet, als Anknüpfungspunkt von Trachy- nerita angesehen zu werden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 25, Latemar 1. 39. Protonerita subincisa Kittl n. f. Taf. II, Fig. 26—28. Diese Form ist wohl nur eine Varietät von Prot. incis«, durch die niedrigere Spira sowie durch die geringere Einsenkung der Nähte gekennzeichnet. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 22, Mezzo- valle 1, Latemar 1. 40. Protonerita caleulus Kittl n. f. Taf. III, Fig. 2. Eine besonders niedrige Form, welche sich an Nerita subineisa anschliesst, aber einerseits eine bedeutend geringere relative Ge- häusehöhe besitzt, andererseits wieder eine flachere Apicalseite; die subsuturale Abflachung ist angedeutet, aber auch eine schwache conische Abflachung der Apicalseite in der Wölbung der Umgänge zu erkennen. Auffallend ist auch das langsame Anwachsen der Windungen. Auch an Nerita subeandida erinnert N. calculus, ist aber niedriger. Eine sehr nahestehende Form liegt von Mezzovalle vor, die ich »ur als Varietät von Protonerita calculus ansehe. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 6. Mezzovalle 1. 17* 132 E. Kittl. [34] 41. Protonerita otomorpha Kittl n. f. Taf. III, Fig. 3—5. Gehäuse niedrig und breit, ohrförmig, mit seicht ausgeschnittenen Nähten, kleiner zugespitzter Spira, gewölbten, sehr rasch wachsenden Umgängen, sehr grosser Schlusswindung, Zuwachsstreifung und Mün- dung schräg gestellt. Letztere ist eiförmig, hinten winkelig. Die Aussenlippe ist einfach, zugeschärft, die Innenlippe callös verdickt, etwas abgeplattet, mit einem verdickten Lappen die Umbilicalregion bedeckend. Die Bildung der Innenlippe ist übereinstimmend mit derjenigen der meisten anderen Formen von Protonerita. Die Resorptions- Erscheinungen konnten an mehreren Exemplaren beobachtet werden. Der allgemeinen Gestalt nach reiht sich Protonerita otomorpha als niedrigstes Endglied an Protonerita caleulus an. In Bezug auf die Raschheit des Anwachsens der Windungen, aber nicht hinsichtlich der Gestalt käme Protonerita ingrandita in Vergleich. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 8. 42. Protonerita ingrandita Kittl n. f. Tai. Re T: Gehäuse breit, mit kleiner, aber knopfförmig vorspringender Spira. Mehr oder weniger tief (besonders in der Mündungsnähe) ein- geschnittenen Nähten, sehr wenigen (2—3) stark gewölbten und sehr rasch anwachsenden Umgängen, meist deutlichen, groben Zuwachs- streifen, die, wie die Mündung, etwas schräg gestellt sind (von der Naht nach hinten). Die Mündung ist oval, innen etwas abgeflacht, hinten winkelig. Aussenlippe zugeschärft; Innenlippe callös, abge- plattet, flach oder wenig convex, mässig breit, in der Regel ohne ohne besonderen Umbonallappen. Innere Windungen resorbirt. Beson- ders charakteristisch ist das Hinabrücken der Naht auf der Schluss- windung bei gleichzeitiger Abwärtswendung der Mündungsebene. Die Form scheint sich an die Gruppe der Protonerita caleitica (besonders an Pr. otomorpha) anzuschliessen, zeigt aber eine Combi- nation von äusserlich wahrnehmbaren Eigenschaften, welche sich bei anderen Formen von Protonerita nicht findet. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 28, Mezzovalle 7.. 43. Protonerita conomorpha Kittl n. f. Taf. III, Fig. 6—7. Gehäuse kugelig, mit kegelförmiger Spira und seichten Nähten. Der Gehäusewinkel ist nahezu ein rechter. Die sichtbaren Theile der oberen Windungen sind schwach gewölbt; die Schlusswindung (meist auch die übrigen) zeigt eine abschüssige Apicalseite, ist an der Naht etwas verdickt, darunter mit einer sehr seichten Depression versehen. Die Mündung ist mandelförmig, innen gerade, hinten spitz. Die Innen- lippe ist normal, flach, verdickt, mässig breit. Die Zuwachsstreifen [35] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 133 sind grob, gerade (nicht nach rückwärts laufend). Apicale Resorption scheint vorhanden zu sein. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 9, Latemar 1. Genus Trachynerita Kittl (gen. nov.). Gehäuse niedrig, mit ausgeschnittenen bis eingesenkten Nähten, kleiner stumpfkegeliger Spira, gewölbten, stufig abgesetzten Windungen, welche immer eine suturale horizontale Abflachung und häufig 1—2, wenn auch stumpfe, gerundete Kanten oder Kiele (häufig jedoch mehr solcher Sculpturelemente) und gewöhnlich auf diesen derbe, gerundete Höcker tragen. Die Mündung ist rundlich, die Innenlippe gross, dick, callös, mit grossem Umbonallappen versehen, welcher die Nabel- region ganz überdeckt. Die innere Resorption ist stets deutlich. Die Ausdehnung der Innenlippe wechselt von Individuum zu Individuum bei den einzelnen Formen oder Arten in ähnlicher Weise, so dass die Unterscheidungsmerkmale in den äusserlich wahrnehm- baren Sculptur-Elementen liegen. Die knotenlosen Formen scheinen die ältesten zu sein; aus ihnen entwickelten sich zweifellos die reicher sceulpturirten. Die un- geknoteten Formen scheinen übrigens neben den geknoteten mit relativ geringeren Abänderungen noch fortbestanden zu haben. Ich habe schon früher bemerkt, dass Trachynerita wahrschein- lich von Protonerita abzweigt. Zu den knotenlosen Formen gehören: Tr. fornoönsis und Tr. (Natica) Lipoldi M, Hörn. sp. vom Fladungbau, wahrscheinlich auch: Turbo (?) quadratus Stopp. von Esino, Natica dichroos Ben. von Recoaro und Tr. (Naticopsis) Altoni Kittl von St. Cassian. Die geknoteten Formen scheinen eine continuirliche (Mutations ?-) Reihe zu bilden, deren einzelne Glieder (mit Ausnahme des reichst verzierten Endgliedes) in den Marmolatakalken vertreten sind. Als Ausgangsglied der Reihe betrachte ich: I. die knotenlose Trrachynerita fornoönsis Kittl. Dieser schliessen sich die geknoteten. Formen der Marmolata- und Latemarkalke an: 2. Trachynerita Stabilei Hauer sp. 3 nodifera Kittl. depressa M. Hörnes sp. A. ” Nur aus den Esinokalken kenne ich das reichst verzierte End- glied der Reihe: 5. eine Varietät von Trach. depressa, ” die übrigens unten beschrieben ist. 1-5 bilden eine geschlossene Reihe, von dem vielleicht vicarirenden Verhalten von 2 und 3 abgesehen; der Umstand, dass die individuelle Entwicklung der Gehäuse genau mit dieser Reihe übereinstimmt, dass also die Formen als Jugendstadium immer die 134 E. Kittl. [36] weniger reich sculpturirte Form besitzen, spricht sehr dafür, dass hier wirklich eine Mutationsreihe vorliege ?). 44. Trachynerita fornoensis Kittl n. f. Taf. III, Fig. 9-12, Gehäuse niedrig, mit tief eingeschnittenen Nähten, kleiner Spira, stufig abgesetzten, winkeligen Umgängen. Die letzteren zeigen eine flache suturale Depression, die mitunter fast rinnenförmig erscheint und durch eine subsuturale stumpfe Kante begrenzt wird. Der übrige Theil der Apicalseite zeigt noch die Andeutung einer conischen Ab- flachung, geht aber in die gewölbte Basis ziemlich gleichförmig über. Die Zuwachsstreifen sind kräftig, schräge nach hinten gebogen, un- regelmässige Falten bildend. Die Mündung ist eiförmig, hinten winkelig. Die Resorption der inneren Windungen ist deutlich. Die Innenlippe ist diek callös, mit einem Umbonallappen versehen. Bei einem von der Marmolata abgebildeten Exemplare (Fig. 10) zeigt sich auf der Schlusswindung schon das Auftreten schwacher Knoten, also stellt das Individuum schon einen Uebergang zu den geknoteten Formen dar. Typisch aber erscheint Trachyn. fornoensis in den Marmolatakalken gewöhnlich nicht (wo sie meist nur durch Jugendliche Gehäuse und Uebergangsformen repräsentirt ist), wohl aber finden sich ziemlich ausgewachsene Individuen in den Latemar- kalken (Mezzovalle), welche ich somit als typisch für Trachyn. for- noönsis ansehe. (Fig. 12.) Von den sonst in der Trias auftretenden ungeknoteten Formen wäre ein genauer Vergleich mit Trach. fornoönsis sehr erwünscht. Ich will hier anführen, was ich diesbezüglich in Erfahrung bringen konnte. Die von M. Hörnes aus hellen Kalken des Fladungbaues (Obir) beschriebene „Natica“ Lipoldi?) ist zweifellos eine Trrachynerita ; ich konnte an dem Origimal-Exemplare (leider ist es das einzige, welches vorliegt) ersehen, dass die Resorption der inneren Windungen etwa in 3/, Umgang hinter der Mündung die Naht erreicht, dass ferner die vordere Resorptionsgrube nur sehr schwach ausgebildet ist, dass die Innenlippe die charakteristische Form besitzt. Im Umrisse ist Trachynerita Lipoldi der Trachyn. fornoönsis ausserordentlich ähnlich, erstere scheint indess etwas stärker gewölbte Umgänge zu haben. Die immerhin vorhandenen Differenzen sind also so geringe, dass bei einer weiten Artfassung beide Formen unbedingt zu ver- ') Angesichts dieser Formenreihe könnte man sich veranlasst fühlen, die- selbe zu einem Rückschlusse auf das Alter der in Frage kommenden Schichten zu verwerthen. Zunächst könnte man annehmen, dass die Latemarkalke älter seien, als die Marmolatakalke. Erstere führen die Formen 1 und 2, letztere die Formen l, 2 und 3. Die Latemarkalke sind jedoch noch zu wenig ausgebeutet, um mit der mir zur Verfügung stehenden reichen Ausbeute der Marmolatakalke ohne- we'teres verglichen werden zu können. Bedenkt man, dass Form 3 im Latemar- kalke nur in einem Exemplare ersch’en, Form 1 aber wahrscheinlich langlebig ist, so erscheint mir jener Schluss augenblicklich‘’noch unzulässig zu sein. ?) Denkschr. d. Wiener Ak. d. W ss. XII. Bd. 1856, pag. 24, Taf. I, Fig. 5. [37] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 135 einigen wären. Für die hier angenommene enge Abgrenzung der Formen wäre weiteres Material von Trach. Lipoldi sehr erwünscht, um die Oonstanz oder Inconstanz der beobachteten Eigenschaften und deren eventuelle Variationsrichtung kennen zu lernen. Zudem scheint Trach. Lipoldi. einem jüngeren Niveau zu entstammen. Ein weiterer, sonst für die Formentrennung in der Palaeontologie häufig für. wichtig geltender Umstand, der auch hier nicht ganz ausser Acht bleiben soll, ist die bedeutende Grössendifferenz von Trach. Lipoldi und Trach. fornoönsıis. Nach Darlegung des Sachverhaltes würde ich bis zum Bekannt- werden neuer Thatsachen die beiden Namen neben einander be- stehen lassen. Von geringerer Wichtigkeit scheint mir vorläuflg ein Vergleich mit „Natica“ diehroos Ben. aus den Brachiopodenkalken (Muschelkalk) von Recoaro!) zu sein; die Art besitzt Farbstreifen, die bei den umgeknoteten Trachyneriten bisher nicht beobachtet wurden, aber sie zeigt die grosse callöse Innenlippe. Ob eine innere Resorption vorhanden ist, scheint nicht untersucht zu sein; es dünkt mir deren Anwesenheit aber wahrscheinlich. Auch mit Trachynerita Altoni aus der Gegend von St. Cassian ’?) brauche ich mich nicht weiter zu befassen, da die Gestalt einige Abweichungen zeigt; namentlich sind die Windungen relativ höher. Auch ist die Abflachung der Apicalseite nicht constant und scheint überdies die Innenlippe anders gestaltet zu sein. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 8, Mezzovalle 9. 45. Trachynerita Stabilei (?) Hauer sp. Taf. III, Fig. 13—14. 2 1857. Turbo Stabilei F. v. Hauer, Palaeontolog. Notizen. Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. XXIV. Bd. pag. 150, T. IL, F. 1-3: Das nicht in Wien befindliche Origmal v. Hauer’s von San Salvatore war mir nicht zugänglich. Die Beschreibung stimmt in mancher Hinsicht nicht mit der ersten Abbildung der Art überein. Wohl aber lagen mir die von v. Richthofen gesammelten und bestimmten Exemplare vom Latemar-Gebirge vor, welche auffälliger Weise mit der von v. Hauer gelieferten Beschreibung genauer übereinstimmten, als die betreffende Abbildung. Namentlich wird die Art als ungenabelt. bezeichnet, während die, auch ziemlich unwahrschein- liche gerade Zuwachsstreifen zeigende, Abbildung auf eine weite und tiefe Nabelöffnung schliessen lässt. Die Abbildung ist daher jedenfalls misslungen. ')E. W. Benecke, Ueber einige Muschelkalkablagerungen der Alpen. — Geogn.-pal. Beiträge, II. Bd. München 1868, pag. 43, Taf. III, Fig. 4. ?) Wengen und Heiligen Kreuz in grauen sehr zähen Kalken. — Die Zugehörig- keit dieser früher von mir zu Naticopsis gestellten Form zu Trachynerita habe ich neuerdings constatiren können, da ich an neuem Material die Resorption der inneren Windungen beobachtete. Siehe übrigens Kittl, Gastrop. v. St. Cassian (ID), 89.141; T: (X), FE: 14. [4 136 E. Kittl. [38] Unter diesen Umständen kann ich die artliche Identifizirung nur mit grosser Reserve vornehmen und beziehe mich in der Be- schreibung und in den daraus gezogenen Schlüssen auf das mir vor- liegende Material. In den wichtigsten Eigenschaften stimmt Trachymnerita Stabilei (2) von Südtirol mit Zr. nodifera, der nächstfolgenden Form, überein, ist aber davon durch etwas längere, von den Knoten ausgehende Falten und durch den Mangel jeder Andeutung der übrigens auch bei Tr. nodifera noch sehr schwach entwickelten Lateralkiele unter- schieden. Beide Formen stehen zu einander in dem Verhältnisse von Varietäten, da sie ja auch zusammen auftreten und hielte ich deren Vereinigung ohneweiters für thunlich, wenn man erst sicher wüsste, wie der typische „Turbo“ Stabilei beschaffen ist. Will man die Ver- wendung des Namens „sSiabilei* für die hier beschriebenen Gehäuse — vorläufig wenigstens — nicht gutheissen, so steht nichts im Wege, dass man dafür einstweilen setzt: Trachynerita nodifera Kittl var. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 8, Latemar 4. 46. Trachynerita nodifera Kittl n. f. Taf. UI, Fig. 15—16. Gehäuse niedrig, mit tief eingeschnittenen Nähten, kleiner Spira, stufig abgesetzten, winkeligen Umgängen, welche eine flache sutu- rale Depression zeigen. Diese ist von einer gerundeten Kante be- grenzt, welche eine Reihe von stumpfen Knoten trägt. Die letzeren sind oft mit einer kurzen, nach abwärts, selten auch gegen die Naht zu verlängerten Falte in Verbindung, welche von der Naht aus schräge nach vorne geneigt ist. Der übrige (äussere) Theil der Apicalseite zeigt eine conische Abflachung, über welche die faltigen Ausläufer der Knoten nicht hinausreichen. Die Apicalseite geht entweder in gleichmässiger Wölbung in die gewölbte Basis über, oder zeigt 1-2 Lateralkanten, die jedoch nur sehr schwach ausgebildet sind. Die Zuwachsstreifen sind kräftig, schräge nach hinten gebogen und bilden regelmässige oder unregelmässige Falten. Sie kreuzen die groben von den Knoten ausgehenden Falten. Die Mündung ist eiförmig, hinten winkelig. Die Aussenlippe ist einfach, zugeschärft; die Jnnenlippe ist callös verdickt, innen die Mündung verengend und greift mit einem gerundeten callösen Lappen über die Nabelregion hinüber. Die letztere lässt mitunter einen Pseudofuniculus zum Vorscheine kommen. Diese Form, welche sich aus Trachynerita fornoönsis durch Aus- bildung von mehr oder weniger kräftigen Knoten auf der subsuturalen Kante entwickelt, besitzt einen in den Kalken von Esino häufigen Nachfolger: Trachynerita depressa M. Hörn. sp. (Turbo depressus Hörn.), welcher eine zweite Knotenreihe auf einer Lateralkante entwickelt. In diesem Falle scheint mir der genetische Zusammenhang ein voll- kommen ausgesprochener; er wird aber durch zwei Umstände ganz ausser Frage gestellt. Erstens treten, wie Fig 16 zeigt, auch hier and [39] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 137 mitunter schon (in der Mündungsregion) Andeutungen von sehwachen Knoten auf der oberen Lateralkante auf und endlich liegt ein von Trechynerita depressa nicht zu unterscheidendes Exemplar (vielleicht ein in der Entwicklung vorausgeeiltes Individuum) mit zwei Knoten- reihen von der Marmolata vor. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 12; Raibl, (Winterstrasse) 1 Abdruck. 47. Trachynerita depressa M. Hörn. sp. Taf. II, Fig. 17. 1856. Turbo depressus M. Hörnes, Ueber Gastropoden aus der Trias _ der Alpen. Denkschr. d. Wiener Ak. d. Wiss. XII. Bd. pag. 24, Be, Fig. 3. 1858— 60. Turbo depressus A. Stoppani, Les petrification d’Esino pag. 63, T. XIV, F. 5—7. Hörnes hat ein nicht ganz ausgewachsenes Exemplar bei der Aufstellung der Art benützt, die Anz ıhl der Knoten wird von ihm auf 12 angegeben. Stoppani hat die Knotenzahl mit 10—14 für den Umgang ange- geben, er hielt dieselben in den zwei Knotenreihen für alternirend; auch erkannte er schon die Resorption der inneren Umegänge, was er an Steinkernen beobachtete. Die Aussenlippe bezeichnet er als zuge- sehärft. Zwei Exemplare dieser Art aus den Marmolatakalken veran- lassen mich, dieselbe hier zu besprechen. Die Art ist in den grauen Kalken von Esino bekanntlich sehr häufig und habe ich die nach- folgenden Bemerkungen unter Zuratheziehung des sehr reichen Materials von Esino im Hofmuseum und in der k. k. geolog. Reichs- anstalt (hier besonders die prächtige von Herrn F. Teller zustande- gebrachte Collection) zusammengestellt. Die Spira ist niedrig stufenförmig, die subsuturale Kante trägt einen Kiel, der von den ebendort entwickelten Knoten mitunter ganz verdrängt wird. Die Zahl dieser Knoten ist 12—13 für einen Umgang. Am Lateraltheile (Umfange) der Windungen stehen dicht nebeneinander zwei Kiele, von welchen jeder 15—16 Knoten pro Umgang zeigt. Die dort nebeneinander stehenden Knotenpaare verschmelzen gewöhnlich zu einem Knoten, sind aber ihrer Doppelnatur nach meist noch zu er- kennen. In jüngeren Altersstadien sind die zwei Hauptknotenreihen mitunter durch schräge (von der Naht aus nach vorne) gerichtete breite Querrippen verbunden. Die Basis trägt, meist in sehr schwacher Entwicklung drei weitere Spiralkiele, die in seltenen Fällen in der Mündungsregion ebenfalls (schwache) Knoten entwickeln. Gewöhnlich ist die Basis jedoch ganz glatt, hur die über die Umgänge fortlaufenden groben Zuwachs- streifen aufweisend; das ist auch bei dem Exemplare von der Mar- molata der Fall. Selten, und bisher nur bei jüngeren Altersstadien beobachtet, ist eine grobe, unregelmässige Längsstreifung auf der Basis. An Exemplaren von Esino sind mitunter Fragmente von zick- zackförmigen Pigmentlinien zu beobachten. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 1. Heft. (E. Kittl.) 18 138 E. Kittl. | [40] Fig. 17 stellt die reichst seulpturirte Ausbildung von Trachynerita depressa dar, wie ich sie nur an Exemplaren von Esino beobachtete. Deutliche Verdoppelung der lateralen Knotenreihe und Auftreten der Basiskiele charakterisiren sie. Diese beiden Figenschaften treten nieht immer gleichzeitig auf. Auch unabhängig von einander beo- bachtete ich sie. Unter den von der Marmolata vorliegenden Exem- plaren entspricht eines den von Hörnes und Stoppani gelieferten Abbildungen der Art mit einfacher lateraler Knotenreihe, das andere zeigt dieses Stadium im Beginne der Ausbildung. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2, Esino über 100. Genus Naticopsis. Schon an anderer Stelle!) habe ich hervorgehoben, dass der Hauptcharakter der Gattung in der callösen, abgeplatteten (neritoiden) Beschaffenheit der Innenlippe bei einer Natica- oder Nerita-ähn- lichen Gestalt des Gehäuses liege. Dass Resorptions-Erscheinungen im Inneren des Gehäuses, wie sie bei Nerita auftreten, hier fehlen. hat man bisher allgemein angenommen. Es bliebe indess, wie ich mich neuerdings überzeugt habe, noch zu untersuchen, ob nicht doch Resorptions-Erscheinungen in geringem Grade vorhanden sind, die sich etwa auf eine Verdünnung der Wände und die Auflösung der kleinsten Wandungen beschränken würde. Eine angeblich neue Gattung: „HPologyra“* hat Koken?) mit der Charakterisirung: „Neriten ohne resorbirte Windungen* aufge- stellt und hauptsächlich kugelige Formen mit geblähten Windungen und kleiner niederer Spira dazu gestellt. Da es Koken nicht ausgesprochen hat, so muss ich nun be- merken, dass //ologyra, wenn überhaupt haltbar, nur als Untergattung von Naticopsis gelten kann. Wenn man von Neriten ohne resorbirte „innere“ Windungen spricht, muss man wohl fragen, woraus man’ sont schliessen könnte, dass man es mit Nerita zu thun habe. Zu einem solchen Schlusse wird in erster Linie die Beschaffenheit der Innenlippe führen. Legte man aber darauf allein Gewicht, so wäre auch Naticopsis ganz zweifel- los eine Neritidengattung ohne Resorption der inneren Wandungen, die Aufstellung einer solchen Gattung daher überflüssig. Da aber Koken noch andere, speciellere Charaktereigenschaften für Fologyra annahm, so kann Hologyra als Untergattung von Naticopsis gelten. Auch die Beschaffenheit des Deckels ist bei Hologyra carinata Koken ähnlich Naticopsis?). Eine theilweise Resorption ist nur bei einer Form von Naticopsis sehr wahrscheinlich geworden, welche eine innere Falte auf der Innenlippe trägt, und auch eine Art Ausschnitt erkennen lässt; dabei ist die Nabelöffnung vertieft und nicht durch einen callösen Lappen verschlossen. Hiefür stelle ich die Untergattung Fedaiella auf. Für die ') Kittl, Gastrop. v. St. Cassian (II.), pag. 135. ?) Zeitschr. d. deutschen geol. Ges., 1892, pag. 193. °) loc. cit.: pag. 19. r [41] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 139 Gruppe der Naticopsis stomatia verwende ich den Namen Marmolatella ebenfalls im Sinne einer Untergattung. Subgenus Fedaiella (subgen. nov.). 48. Naticopsis (Fedaiella) euccensis MojJs. Taf. V, Fig. di 1851. Natica maculosa? (Klipst.) F. v. Hauer, Ueber (ie von Bergr. Buchs ges. Foss.; Denkschr. d. Wr. Ak. d. W. Il. Bd, pag. 121, Bar AT, Fig. 16. 1875. Natica cuecensis Mojsisovics, Jahrb. d. K. k. geol. R.-A. XXIH. Bd., Da 433, Taf. IIL, Fie. 7. Gehäuse breit, bauchig, mit kleiner, erhabener Spira, stark sewölbten, durch vertiefte Nähte getrennten Umgängen. Die sehr srosse Schlusswindung zeigt eine subsuturale Abflachung, welche in den äusseren Gchäusetheil allmählich übergeht. Die deutlichen Zu- wachsstreifen sind, wie die Mündung von der Naht aus nach rück- wärts gebogen. Die Mündung ist oval, hinten winkelig, die Aussen- lippe zugeschärft, die Innenlippe callös, schmal, ohne Umbonallappen, Dieselbe zeigt innen zwei Falten oder Zähne und zwar: einen der Naht parallelen Zahn, weit oben, einen Höcker ganz vorne am Ende der Innenlippe. Beide Höcker schliessen einen sehr weiten Ausschnitt ein. Die Nabelregion ist vertieft, durch keinen callösen Lappen bedeckt und zeigt besonders vorne eine Nabelkante (Pseudo- Funieulus). Resorption scheint nur in sehr geringem Masse aufzutreten. Ob die Originale Mojsisovies’ vom Monte Cucco in allen Eigenschaften mit den Exemplaren der Marmolata übereinstimmen, habe ich nicht feststellen können, ich halte aber eine Ueberein- stimmung für wahrschemlich. Bezüglich der Exemplare von Sasso della Margherita ist die Uebereinstimmung eine gute, nur ist das schräge Hervortreten der Spira ein geringeres Dieser Umstand allein schien mir eine Trennung nicht zu rechtfertigen. Naticopsis euccensis erscheint dann aber als eine wahrscheinlich aus dem Muschelkalk bis in das Niveau der Cassianer Schichten reichende Form. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 7, Sasso della Margherita bei Agordo (Z. d. Trach. Aon nach Mojs.) 4. Subgenus Hologyra. . Die hieher gezählten Formen zeichnen sich durch mehr oder weniger kugelige (rehäuse, eine kleine niedere Spira, flache Nähte, rasch anwachsende, meist gleichmässig gewölbte, oft auf der Apical- seite mit einer Abflachung oder seicht eingesenkten Rinne versehene Umgänge aus’). Innenlippe callös, meist mässig breit, den Nabel über- deckend, selten mit einer umbonalen Verdickung. Eine innere Re- !) Vergl. die von Koken (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1392, pag. 193) gelieferte Charakterisirung. IE 140 E. Kittl. [42] sorption fand ich in einzelnen Fällen ; jedoch geht sie nicht bis zum gänzlichen Verschwinden der inneren Wandungen. Dem Vorgange Koken’s folgend, würden zu Hologyra aus den Cassianer Schichten gehören: Naticopsis neritaceu, subelongata, involute, wogegen es mir augenblicklich nieht sehr empfehlenswerth scheint, auch Naticopsis impressa und die übrigen niedrigen Formen der Gruppe der Naticopsis cassiana hieher zu stellen. Von anderweitigen, hier in Betracht kommenden Formen dürften auch eine oder mehrere Formen von Esino zu Hologyra zu stellen sein. 49. Naticopsis (Hologyra) declivis Kittl‘). Taf. IV, Fig. 10-14. Gehäuse zusammengedrückt-kugelig mit flachen oder wenig vertieften Nähten, kleiner, niedriger, stumpf abgerundeter Spira, wenigen (3—4), rasch anwachsenden, die vorangehenden weit um- hüllenden Umgängen, die von der Naht aus abschüssig sind. Die seitlich erweiterte Schlusswindung ist am Umfange schön gewölbt, eben- so die Basis. Die Schale zeigt eine äussere pigmentreiche Schichte. Die darunter liegende Schalenschichte lässt stets feine Querbinden erkennen (wohl ehemals Pigment führend), die mitunter dichotomiren (in Zonen wirklich verdoppelt) oder sonst Unregelmässigkeiten zeigen, wie sie an ähnlich pigmentirten Neriten auftreten. (Vergl. Fig. 13 u. 14.) Während die äussere Schalenschichte einfache Zuwachssteifen erkennen lässt, kommen in der darunterliegenden die Pigmentstreifen (jetzt nicht mehr Pigment zeigend) dazu; beide Schichten lassen aber auch eine feine Längsstreifung erkennen, wie ich sie bei der sehr ähnlichen Naticopsis neritacea der Cassianer Schichten beschrieben habe?). Auch !) Eine der Nuticopsis declivis sehr nahestehende Form beschrieb Canavari (Note di malac. foss. — Bolletino Soc. Mal. Ital. Vol. XV, (1890) pag. 214, Tav. V.) als Dicosmos pulcher, doch gründet er den Charakter von Dicosmos hauptsächlich auf eine subcorticale längsgestreifte Schalenschichte und auf einen angeblich offenen, tiefen Nabel. Herr Dr. A. Bittner, welcher an dem Fundorte des „Dicosmos - pulcher“, nämlich am Monte Spizze bei Recoaro einige Gastropoden sammelte, hat mir dieselben zur Untersuchung übergeben; einige Exemplare davon sind offenbar Dicosmos pulcher Can. Ich würde die daran zu beobachtenden Thatsachen anders deuten, als dies Canavari that. Dass die subcortieale Schalenschicht längsgestreift ist, kommt daher, dass auch (aber schwächer) die oberste Schichte Längsstreifen zeigt. Dasselbe Ver- halten kann man an vielen Hologyren (Gruppe der H. neritacea und H. declivis) beob- achten und empfiehlt sich als Gattungscharakter nicht, weil es an verschiedenen Individuen derselben Art verschieden gut — oft gar nicht ausgebildet ist. Aber auch den offenen Nabel würde ich entweder durch das Fehlen der Callosität bei unreifen Gehäusen oder dadurch erklären, dass die Innenlippe beim Präpariren irrthümlicher Weise entfernt wurde. Unter dem mir von Monte Spizze zugänglichen Material befinden sich sowohl scheinbar genabelte, als auch mit der callösen Innen- lippe versehene Exemplare, die Gattung Dicosmos scheint mir deshalb unhaltbar.. Jene (Gehäuse vom Monte Spizze stehen der Naticopsts deelivis ausserordentlich nahe, sind vielleicht damit zu vereinigen; ich möchte indess auf das auffallend entwickelte Abwärtsrücken des letzten Umganges in der Mündungsnähe aufmerk- sam machen, was vielleicht als Artcharakter verwerthbar wäre. ?) Kittl, Gastropoden v. St. Cassian (II.), pag. 136. WE A nn P - Non er r ö u N a ee Pe ne A [43] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 141 die sehr selten auftretenden Farbtlecken der äusseren Schichte, aus kurzen Längsstrichen bestehend, gleichen jenen von Naticopsis neritacea. Die Schlusswindung zeigt mitunter eine sehr breite, schwache subsuturale Depression, besonders gegen die Mündung zu. (Siehe Fig. 14.) Die die Nabelregion bedeckende Innenlippe ist meist abge- flacht, kann aber — in seltenen Fällen — auch einen callösen Umbonalhöcker tragen. (Siehe Fig. 12.) Die Spira scheint gewöhnlich sehr dünnschalig zu sein, da sie sehr selten erhalten wird und meist die obersten Windungen durch- gebrochen zum Vorschein kommen. Eine Resorption im Innern des Gehäuses scheint hinsichtlich der Windungen nicht vorzukommen; wohl aber konnte die columellare Resorptionsgrube beobachtet werden. Diese Art und alle ihr nahestehenden (Naticopsis neritacea, N. cue- censis etc.) gehören daher wohl zu der Untergattung Hologyra. Bei Naticopsis declivis zeigt die Nahtspirale von oben betrachtet, zunächst eine mässig erweiterte Spirale (Anfangswindung), dann weist die folgende Windung gewissermassen sehr langsames Wachsthum der Nahtspirale auf, wo die Nähte einen Umgang lang in gleicher Ent- fernung verbleiben; sodann ist eine auffallend rasche Entfernung der Nahstpirale vom Apex auf der Schlusswindung erkennbar. (Den inneren Theil der Nahtspirale zeigt Fig. 11.) Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 27. 49a. Naticopsis (Hologyra) declivis var. conoidea Kittl, .. Taf. IV, Fig. 15—16. In der extremsten Ausbildung (Fig. 15) zeigt diese Varietät eine relativ spitze Spira, die auch mehr erhaben ist, als gewöhnlich. Die Abschüssigkeit der Apicalseite kommt bei dieser Varietät am stärksten zum Ausdrucke. Die Färbung der Schale ist meist verwaschen, bei einem Exemplare (Fig. 16) erscheint eine Reihe von dunklen Strichen unmittelbar an der Naht. Diese Varietät kommt der Hologyra terzadica Mojs. nalıe. Unter anderem fehlt der letzteren die für Holoyyra declivis charakteristische untere Pigmentschicht. Wahrscheinlich gehört auch ein aus dem Doleritsandstein von Dont stammendes, von Mojsisoviecs als Natica terzadica bestimmtes (Gehäuse hieher. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. 50. Naticopsis (Hologyre) terzadica Mojs. sp. TARIENS Hier >10 1373. Natica terzadica Mojsisovies, Ueber einige Versteinerungen der Südalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXI. PBd., pag. 434, Taf. XII, Fig. 5. Die Gehäuse von der Marmolata sind der Form nach identisch mit Naticopsis terzadica, auch die Färbung ist der Anlage nach die- selbe, wenn sie auch hier nicht in Streifen erscheint, sondern in 142 E. Kittl. [44] Strichreihen aufgelöst ist. Eine Trennung blos aus diesem Grunde halte ich nicht für angezeigt. In den jüngeren Wachsthumsstadien mancher Gehäuse der Naticopsis deelivis ähnlich, ist diese Form doch durch ein erhabeneres Gewinde bei relativ grösserer Breite der Umgänge ausgezeichnet. Die Schlusswindung zeigt bei grösseren Gehäusen stets die von Mojsisovics hervorgehobene deutliche subsuturale Furche. In den sonstigen Eigenschaften stimmt auch diese Form mit Nati- copsis declivis überein. Die Färbung (breite Längsstriche) ist sehr häufig. Diese Form kommt auch der- Naticopsis neritaceaı der Cassianer Schichten sehr nahe, ist aber davon durch die tiefere subsuturale Furche und minder rasches Anwachsen unterschieden. Durch die in Fig. 4, Tafel IV abgebildete Varietät von Nuticopsis planoconvexa ist vielleicht ein Anschluss der Naticopsis terzadica an die Gruppe der Naticopsis stomatia gegeben. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 15. Subgenus Marmolatella Kittl (subgen. nov.). (&ruppe der Naticopsis stomatia Stopp.) Wenn man die bisher bekannten Formen dieser Gruppe be- trachtet, so zeigt sich, dass in den jüngeren Schichten ein immer rascheres Anwachsen der Windungen stattfindet. Die Spira wird bei den extremsten Formen in den jüngeren Schichten immer kleiner. N. applanata, N. stomatia und N. Telleri scheinen in dieser Beziehung eine Mutationsreihe zu bilden. Dass Verschiedenheiten in der Färbung selbst bei Exemplaren aus ein und derselben Stufe auf- treten, ist wohl ganz nebensächlich und dürfte das auch gewiss keinen Trennungsgrund abgeben. In der folgenden kleinen Tabelle sind die beigefügten Ziffern die Indices des relativen Anwachsens (d. h. in einem Axialschnitte ist die grössere Windung so vielmal breiter, wie die nächst kleinere, als das die Indices’) angeben; in diesen Ziffern lässt sich die allmähliche Umwandlung erkennen, weshalb auch die gegenseitigen Grenzen der Formen keine scharfen sein können. N. <—?<— .N.pl Marmolatakalke | $ enan ee E17 N. stömatia N. implicata er 246 2,532 ; N. Telleri St. Cassian > | ee Es wurden aber in verschiedenen Fällen einzelne Individuen in Bezug auf das Verhalten der Indices bei der individuellen Ent- !) Gemessen in axialer Projeetion. Die Messungen wurden an möglichst vielen Individuen so lange fortgesetzt, bis sich die ermittelten Grenzwerthe ergaben. [45] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 148 wiekelung einer Messung unterzogen. Es ist in diesem Falle eigentlich selbstverständlich gewesen, dass der individuelle Entwicklungsgang die zeitliche Entwicklung der Reihe widerspiegelte. Uebrigens wird unten ein Beispiel solcher Messungen angeführt. Weil aber der individuelle Gang der Entwickelung mit jenem der Reihe übereinstimmt, so ist es wieder sehr wahrscheinlich, dass da eine Mutationsreihe vorliege, welche der unvermeidlichen individuellen Schwankungen wegen nur im Allgemeinen — aber das sicher — die Umbildung von Formen geringerer zu solchen grösserer Evolvenz der Umgänge im Laufe der zeitlichen Entwicklung erweist. Besonders charakteristisch für die ganze Gruppe ist die tan- gentiale Rückwärtswendung von Mündung und Zuwachsstreifen. 51. Naticopsis (Marmolatella) applanata Kittl. Taf. IV, Fig. 6—8. Gehäuse ohrförmig, mit sehr rasch anwachsenden Windungen (Zunahme-Index: 1'5—2'4); Nähte vertieft, Apex flach, Spira klein, flach (selten sind die Anfangswindungen gewölbt und der Apex ver- tieft). Die Apicalseite des Gehäuses besitzt eine Abflachung, welche etwa die Hälfte der ganzen Breite einnimmt. Die Schlusswindung ist sehr' gross, die vorhergehenden Windungen weit umhüllend. Die Mündung ist oval, hinten innen winkelig, die Aussenlippe zugeschärft, die Innenlippe callös, abgeplattet, nicht sehr breit (etwa '/, der Gehäuse- breite betragend). Die Zuwachsstreifen sind, wie die Mündung scharf tangential zurückgebogen, deutlich faltenbildend. Nicht selten sind Färbungen, die aus kurzen, breiten Strichen oder aus Flecken (selten rundlich) bestehen. Resorptions-Erscheinungen fehlen. In der Besprechung der Gruppe wurde gezeigt, wie sich ein- zelne Mutationen der dort genannten Reihe auseinander in demselben Sinne fort entwickeln. Es zeigte sich aber auch, dass der ontogene- tische Entwicklungsgang, wenn man bei einem Gehäuse von einer „Ontogenesis“ auch nur vergleichsweise sprechen darf, genau der- selbe ist, wie der phylogenetische. Zwei ausgewählte Individuen (ein abnormes und ein normales) liessen die Umgangsbreiten in vier aufeinanderfolgenden Quadranten in nachstehender Weise messen: Individuum «a. Individuum 2. Umgangsbreiten Zuwachs-Index Umgangsbreiten Zuwachs-Index 7 12 E:7 17 2:4 1'5 10:7 15 1'5 25 38 16 18°5 24 13 46 80 102 2730: 28 2°5 6:0,°°7.12:0 2:0 Der unstetige Gang der Indices bei Individuum «a ist wohl auf Rechnung nachträglicher Deformationen zu setzen. Um so regel- mässiger ist der Gang der Indices bei Individuum b. Aus beiden ist aber zu ersehen, dass im Allgemeinen die individuelle Entwicklung des Gehäuses ebenfalls in einer relativ immer grösser werdenden Zu- nahme der Gehäusebreite zum Ausdrucke kommt. J 141 E. Kittl. [46] Es scheint Naticopsis applanata der „Natica“ complanatu Stopp. von Esino ausserordentlich nahe zu stehen. Eine Identität beider halte ich für möglich, aber doch nicht für sehr wahrscheinlich. Die relative Höhe der Umgänge ist bei Naficopsis applanata eine be- deutend geringere; betrachtet man indess die seltene var. oculata, so scheint auch dieser Unterschied zu schwinden. Naticopsis compla- nafa scheint mir daher vorläufig einen Nebenzweig darzustellen, der schon im Horizonte der Marmolatakalke vertreten sein dürfte. Es sollte das jedoch nochmals an der Hand von Stoppani’s Originalen geprüft werden. | Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 41. 51a. Naticopsis (Marmolatella) applanata var. oculata Kittl. Taf. IV, Fig. 5. Diese Varietät ist hauptsächlich nur durch die ganz ungenöhniee Färbung ausgezeichnet. In einem dunkleren Grunde zeigen sich grosse, helle, meist augenförmige Flecke. Der Zunahme-Index ist 1'8 Zu weiteren Bemerkungen bietet das einzige von den Marmo- lata vorliegende Exemplar kaum Anlass. Ob ganz ähnliche, aber keine Färbung aufweisende Gehäuse derselben Varietät zugehörten, muss ich vorläufig unentschieden lassen: es zeichnen sich dieselben durch seichte } Nähte und ganz flachen (abgescheuerten ?) Apex aus. 52. Naticopsis (Marmolatella) stomatia Stopp. sp: Taf. IV, Fig. 9. Ein einziges mir aus den Kalken der Marmolata vorliegendes Exem- plar zeigt einen Zuwachs-Index von 28, der also schon in die Grenze fällt, welche in dieser Hinsicht als für Nat. stomatia geltend (2’4—6°0) ermittelt wurde. Das Exemplar zeigt auch sonst keine wesent- liche Differenz gegen Nat. stomatia. Man könnte dasselbe als ein in der Entwicklung vorausgeeiltes Exemplar der Nat. applanata ansehen; vielleicht aber stammt es auch aus relativ sehr jungen Schiehten der Marmolatakalke. Ich glaube das Exemplar ganz ohne weitere Bedenken zu Naticopsis stomatia stellen zu können. 53. Naticopsis (Marmolatella) planoconvexa Kittl n. f. Taf. IV, Fig. 14. Diese Form, offenbar nur eine Nebenform (Varietät?) von Naticopsis applanata, zeigt eine apicale Abflachung von geringerer Ausdehnung (nur höchstens '/, der Gesammtbreite einnehmend) als letztere. Die Spira ist flach, mitunter ein klein wenig vorragend. In allen anderen Eigenschaften gleicht diese Form der Naticopsis applanata. Die Farbenzeichnung ist nicht selten erhalten. Der Zuwachs-Index ist 1'3—2°3. Die Figuren 1I— 3 stellen typische Gehäuse der Form dar. Als eine Varietät sehe ich vorläufig das in Fig. 4 abgebildete Gehäuse an, welches durch ein schwaches Hervortreten der Spira [47] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 145 ausgezeichnet ist. Diese Varietät nähert sich der Naticopsis lemniscata M. Hörn. sp. von Esino'). Ich darf wohl hier anfügen, dass vermuthlich eine zweite Ent- wicklungsreihe von Marmolatella-Formen von M. planoconvexa ausgeht, muss mir aber die genauere Untersuchung hierüber für später aufheben. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 26. 54. Naticopsis (Marmolatella) ingens Kittl n. f. (Textfigur 1.) Gehäuse gross, paucispiral, dickschalig; Spira kaum erhaben, fast flach, Apicalseite dachförmig abgeflacht, der Verlauf der Naht- spirale ist sehr ähnlich dem bei Naticopsis declivis. keooe-- 77 a Naticopsis (Marmolatella) ingens in halber Naturgrösse. Marmolata (Sammlung des Hofmuseums). ') Vgl.M. Hörnes, Gastrop. a. d. Trias der Alpen. pag. 26, T. II, Fig. 7—8. A. Stoppani, P£trifications d’Esino, pag. 42, T. X, Fig. 3—5. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Kittl.) 19 165 E. Kittl. [48] In den übrigen Eigenschaften scheint sich diese Form an Naticopsis planoconvexa anzuschliessen, ist aber viel grösser. Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass diese vorläufig als selbstständig angeführte Form das Altersstadium von Naticopsis planoconvexa oder Naticopsis declivis darstelle; auf Grund des vorliegenden Materiales vermag ich indess noch kein abschliessendes Urtheil zu gewinnen. In den Kalken von Esino findet sich eine ähnliche grosse Form, die aber, so viel ich augenblieklich sehe, durch relativ grössere Umgangshöhe, und wohl auch durch etwas gewölbtere Apicalseite und geringere Schalendicke von Naticopsis ingens differirt. Dass dieselbe mit Natica monstrum Stopp. identisch sei, dünkt mir wahrscheinlich. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2 (Schalen- exemplare) nebst mehreren Steinkernen. 55. Naticopsis (Marmolatella) implicata Kittl n. f. Taf. HI, Fig. 8: Von Naticopsis planoconvexra nur durch etwas erhabenere Spira und einen grösseren Zuwachs-Index (2':4—3'2—?) unterschieden, deutet diese Form den Bestand einer von Natie. planoconvera ausgehenden Nebenreihe mit erhabener Spira an. Die ausgeschnittenen Nähte, die rückläufigen (tangentialen) Zuwachsstreifen etc. liegen so im Charakter der Gruppe, dass ich darüber kaum etwas zu erwähnen brauche. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. Sonstige Naticopsis-Formen. Obgleich der äussere Habitus der folgenden Formen einer Zu- theilung zu der einen oder anderen der bereits beschriebenen Gruppen oder Untergattungen nicht im Wege stehen würde, so muss ich doch vorläufig darauf verzichten. die generische Bestimmung als eine end- siltige anzusehen. Sieht man von Naticopsis neritina, einer auch in den Cassianer Schichten. vertretenen Form ab, so erübrigt eine anscheinend homogene Gruppe von fünf Formen, welche wieder an andere Cassianer Formen, wie Naticopsis limneiformis und „Natica“ angusta Mstr. erinnern; aber man kann vorläufig aus dieser Aehnlichkeit keine hinreichend be- friedigenden Schlüsse ziehen. 56. Naticopsis (?) neritina Mstr. sp. Natica neritina Kittl, Gastr. d. Sch. v. St. Cassian (IL), pag. 149, Taf. 10, Fig. 23—30. Es liegen mir zwei Gehäuse von der Marmolata vor, welche ich vorläufig mit der Cassianer Form vereinige; sie sind indess ein wenig kugeliger (d. h. weniger zusammengedrückt) als die Exemplare der Cassianer Schichten. Wie die letzteren, halte ich auch die Vorkomm- nisse der Art in den Marmolatakalken für Jugendformen. | j A A u en [49] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 147 57. Naticopsis pseudoangusta Kittl n. f. Taf. III, Fig. 18—22. Jugendexemplare zeigen die hoch-ovale Gestalt der Natica (?) angusta Mstr. der Cassianer Schichten. Die seichten Nähte vertiefen sich bei den grösseren Windungen; letztere, ursprünglich seitlich zu- sammengedrückt, wölben sich bei zunehmender Grösse aus. Ausge- wachsene Gehäuse zeigen eine spitze, kurze Spira (der Gehäuse- winkel ist meist kleiner als 90°, die Spira nimmt höchstens 1/, der Gehäusehöhe ein), eine sehr grosse Schlusswindung von schräg eiförmiger Gestalt, sehr schwach entwickelte gerade Zuwachsstreifen, eine callöse, abgeflachte Innenlippe, welche innen oben eine wulstige Verdickung, darunter einen langen Ausschnitt zeigt’). Die Innenlippe bedeckt die Nabelregion ganz. Resorptions-Erscheinungen zeigen sich bei den grösseren Win- dungen nicht; vielleicht beschränken sich dieselben auf die kleinsten: Umgänge, oder fehlen sie ganz. Diesbezügliche Untersuchungen blieben bisher resultatlos. Zahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 12. 58. Naticopsis sublimneiformis Kittl n. f. Taf. HI,.Fig.- 2326. Diese Form ist von Naticopsis psendoangusta wahrscheinlich nur durch die relativ grössere Breite der Umgänge unterschieden. In mehreren Fällen konnte das wahrscheinlich gänzliche Fehlen einer Resorptions-Erscheinung der inneren Wandungen constatirt werden. Die Innenlippe ist gewöhnlich flach, selten mit der Neigung, einen eallösen Umbilical-Lappen zu bilden. Sehr viel Aehnlichkeit zeigt die aus hellgrauem Kalke (ge- wöhnlich als gelblicher- Crinoidenkalk angeführt) des Sasso della Margherita bei Agordo von F. v. Hauer?) beschriebene Natica excelsa, doch lässt das einzige vorliegende Originalexemplar nicht alle Eigenschaften beobachten. Uebrigens liegt schon im Umrisse eine Differenz, da Naticopsis excelsa Hau. viel stärker gewölbte Umgänge be- sitzt. Dazu kommt die erhebliche Altersdifferenz, da Mojsisovies das Vorkommen der letzteren den Cassianer Schichten paralellisirt ?). Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 40. !) Dass Verdickung und Ausschnitt ganz constante Merkmale seien, bezweifle ich sehr. :) F. v. Hauer, Ueber die vom Herrn Bergr. W. Fuchs in den Venetianer Alpen gesammelten Fossilien. (Denkschr. d. Wr. Ak. d. Wiss. II. Bd.; 1851.) Vom Sasso della Margherita führt v. Hauer folgende Fossilien an: Orthoceras sp., Ammonites Aon, Amm. galeiformis, Natica maculosa?, Natica excels« Hau., Patella undata Hau., Peeten vestitus? Goldf., Pecten Margheritae Hau., Tere- bratula venetiana Han., Cidaris fleeuosa Mstr., Enerinites liliiformis Müll., Scyphia capitata Mstr. ®) E. v. Mojsisovics, Die Oephalop. der medit. Trias (pag. 111) eitirt von dort Trachye. furcatum Mstr. und nennt ausdrücklich die „Zone des Trachye. Aon“. Vom Sasso della Margherita führte derselbe Autor (Ueber einige Trias-Ver- steinerungen aus den Südalpen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXIII. Bd. 1373. pag. 433 auch Natica cuccensis Mojs. an, wobei er sich auf die von Hauer als Natica moculosa? Klipst. angeführten Exemplare bezog. Vgl. Feduiella euecensis, pag. 139 [41]. 19* 148 E. Kittl. [50] 59. Naticopsis laevissima Kittl n. f. Taf. III, Fig. 27—29. Die Umgänge sind stark gewölbt, die Nähte vertieft bis flach. Die Spira ist relativ niedriger als bei Naticopsis sublimneiformis. In verschiedenen Altersstadien, jedenfalls aber auf der Schlusswindung ausgewachsener Gehäuse stellt sich eine subsuturale Depression, ver- bunden mit einem Abschüssigwerden der Apicalseite ein. Tritt diese Erscheinung schon in frühem Wachsthumstadium auf, so ergibt sich eineVarietät mit abgeflacht conischer Spira (ähnlich Fig. 27). Eine Zuschärfung der Aussenlippe lässt ein theilweises Stein- kernexemplar (Fig. 29) sehr schön erkennen. Eine Resorption im geringen Grade der inneren Wandungen ist nicht ganz ausgeschlossen; dieselbe geht aber nach den angefertigten Präparaten gewiss nicht bis zur gänzlichen Aufsaugung der inneren Wandungen; ich stelle die Art daher vorläufig zu Naticopsis. Die Innenlippe ist meist abgeplattet, dick, ohne auffälligen Umbonallappen. In der Nähe der Mündung macht sich häufig eine steilere Hinab- wendung dieses Gehäusetheiles, verbunden mit einer Abbiegung der Naht bemerkbar. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 45, Latemar 3. 59a. Naticopsis laevissima Kittl var. Vorläufig führe ich unter dieser Bezeichnung eine Form an, die schwach vertiefte Nähte und eine schön kegelförmige Spira besitzt; ich glaube sie direct an Naticopsis laevissima anschliessen zu sollen, da sich auch hier eine Abwärtswendung der Naht in der Mündungsregion bemerkbar macht. Fig. 27 (Taf. III) steht dieser Varietät schon sehr nahe. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 5. 60. Naticopsis (?) rectelabiata Kittl n. f. (Textfigur 2.) Gehäuse relativ klein, mit spitzem Gehäusewinkel (60°), ver- tieften Nähten, wenigen, etwas stufig abgesetzten, gewölbten Umgängen, Fig. 2. Naticopsis rectelabiata in einfacher und doppelter Naturgrösse. Marmolata (Sammlung des Hofmuseums). gewölbter, jedoch etwas abgeflachter Basis. Die Mündung ist hinten winkelig (der Winkel nähert sich 90°, ist jedoch kleiner) sonst ge- [51] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 149 rundet, etwa rhomboidisch abgeflacht. Die Innenlippe ist callös, mit einem Umbonallappen. Die mittleren Windungen zeigen eine Art lateraler Abflachung, die bei der Mündung durch eine von der Naht ausgehende steile Abflachung ersetzt wird. Ob die inneren Windungen resorbirt sind oder nicht, ist fraglich. Diese sehr eigenthümliche Form liegt nur in einem einzigen sicheren Exemplare von der Marmolata vor, Genus Naticella. 61. Naticella striatocostata Mstr. sp. E. Kittl, Gastrop. d. Sch. von St. Cassian etc. (II.), pag. 133, T. VIH, F. 24. u. IX, Fig. 25—27. Diese Form liegt aus den Kalken der Marmolata in einem ein- zigen, aber ziemlich vollständigen Exemplare vor. Eine Abweichung von den Gehäusen der Cassianer Schichten ist nicht erkennbar. Genus Prostylifer. 62. Prostylifer (Amauropsis) paludinaris Mstr. sp. ? E. Kittl, Gastrop. d. Sch. v. St. Cassian (I.), pag. 155, T. XI, F. 10—16. Die Vertretung dieser Form der Cassianer Schichten in den Marmolatakalken ist mir zweifelhaft geblieben. In der äusseren Gestalt ist die Uebereinstimmung eine hinreichende. Es fehlt mir der Nach- weis, dass auch die charakteristischen Anfangswindungen in derselben Weise auftreten. Doch auch das ist mir ganz wahrscheinlich. j Turritellidae. 63. Turritella Bernardi Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 24. Gehäuse spitz, (Gehäusewinkel 10—15°) mit gewölbten Win- dungen, welche eine stumpfkantig begrenzte Lateralseite besitzen. Die Nähte sind vertieft. Auf der Apicalseite stehen drei (selten vier) dicht gedrängte Längskiele, auf der Lateralseite verlaufen drei weiter aus- einandergerückte Längskiele, wovon je einer auf den erwähnten Kanten läuft; auf der gewölbten Basis endlich erscheint eine grössere Zahl (10—12) von dicht gedrängten Kielen. Die Zuwachsstreifen sind deut- lich 2-förmig gekrümmt. Die Form scheint der Turritella paedopsis Kittl aus den Cassianer Schichten sehr ähnlich zu sein; der Hauptunterschied beider liegt in der bedeutend grösseren Zahl der Spirallinien auf der Basis bei T. Bernardi. Eine andere, ebenfalls anscheinend sehr nahe verwandte Form hat Ammon') aus wahrscheinlich rhätischen Schichten von der Spitze des ') L. von Ammon, Die Gastropoden des Hauptdolomites und Plattenkalkes der Alpen. (Abh. d. zool.-min. Ver. zu Regensburg XI. 1878 — Sep.) pag. 59 u. f. Daselbst werden auch ähnliche rhätische u. liasische Formen in Betracht gezogen, 150 E. Kittl. [52] Watzmann als Turritella (Mesalia) Gümbeli beschrieben. Glücklicher Weise war ich in-der Lage, diese Art in genauen Vergleich ziehen zu können, da die Sammlung des Hofmuseums jene in einer Anzahl von Exemplaren besitzt. Obwohl nun viele von Ammon für Twrritella (rümbeli gemachte Bemerkungen auch für Turritella Bernardi zutreffen, (wie die erosse Aehnliehkeit mit gewissen Murchisonien durch das Hlervortreten zweier Längslinien ete.) so ist Turritella Pez doch von Turritella Gümbeli ganz verschieden. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 4. Pseudomelamniidae: In dem III. Theile meiner Arbeit über die Gastropoden der Cassianer Schichten wird die Familie der Pseudomelaniiden einer ausführlichen Erörterung unterzogen und erfolet auch dort die Cha- rakterisirung der hier neu erscheinenden Gattungen und ÜUntergat- tungen, wogegen hier nur die wichtigsten Eigenschaften derselben hervorgehoben werden können. Es werden hier nachfolgende Gattungs- namen verwendet: Loxonema . . . 2 DIROFDERE - Undularia (sensu stricto).. ED x % (subgen. Protorcula) An! > Coel ostyhna = 2 NT ei Pseudomelania (mit Oonia).., ra A Rhabdoconcha. Zar Een: Euchrysalis (sensu strieto) . l ; 5 (subgen. Coclochrysalis). 3 Fustylaus uns a SE He Be 4 SPTOSBHLUS N a ee 3) R S Orfthosillusi=... SEE 1 n Hypsipeura on Se We l £ Corona EN 1} 3 Maerochilina SF fen He R Tellerin.s.. 2 ee ee * Genus Loxonema. Ich zeige’), dass die Untergattung Zygopleura Koken dem Ur- typus von Loxonema viel näher steht, als die glatten (unberippten). Formen. Indessen kann man sich des Namens ja bedienen, wenn man nur seine Bedeutung kennt. Aus den Marmolatakalken liegen mir von Loxonema vor: a) echte Loxonemen (Zygopleura) 2—3 Formen. b) glatte Loxonemen 3 Formen. Die meisten schliessen sich an Cassianer Formen enge an oder sind direet mit solchen identisch; nur Lox. Kokeni ist ein Typus, der wohl aus den Esinokalken und den rothen Schlernschichten, aber vor- läufig nur in geringerer Analogie aus den Cassianer Schichten be- kannt ist. 1) Loeo’eit. IH. Th: [53] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 191 64. Loxonema tenuis Mstr. sp. Taf. V.; Fig. r E. Kittl, Die Gastropoden d. ‘Sch. v. St. Cassian. III. Th. Die Vertretung. dieser Form in den Marmolatakalken ist vor- läufig durch 9 Exempläre festgestellt. 65. Loxonema arctecostata Münster. sp 2 | Taf. V, Fig. 5. E. Kittl, Gastrop. d. Sch. v.,St. Cassian. III. Th. Ausser dieser Form mögen noch andere ähnliche Loxonema- - Formen der Cassianer-Fauna auch in den Marmolatakalken vertreten sein, wie Lox. hybrida, obliquecostata. Bezüglich dieser ist das. mir vorliegende Material von der Marmolata jedoch zu geringfügig, - um ‘ mit voller Sicherheit deren Auftreten feststellen zu können. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 20. 66. Loxonema insocialis Kittl n. f. Taf. V, Fig. 4 und 6. Am ähnlichsten unter den Cassianer- Formen ist Lo.x. oblique- costata, mit welcher der Gehäusewinkel übereinstimmt. Lox. insocialis ist Jedoch relativ grösser, zeigt einige grobe, doch schwach ausge- bildete Längsstreifen. Die Umgänge sind umsomehr gewölbt, die Quer- falten umsomehr gekrümmt, je, grösser das Gehäuse wird, die oberen sind daher flacher. die Querf alten dort weniger gekrümmt, als unten, wo sie (12—15 an der Zahl pro Umgang) dem Typus entsprechen, auf welchen Koken das Subgenus Zygopleura begründete. Die Basis ist flach gewölbt, mit einer Art Abflachung versehen. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 11. 67. Loxonema Neptunis Kittl n. f. Taf. V, Fig. 7. Diese Form schliesst sich an Loxonema turritellaris Klipst.!) der Cassianer Schichten nahe an, nimmt aber viel rascher zu. Die Win- dungen sind daher relativ höher und breiter, aber geringer an der Zahl. Die Zuwachsstreifen sind deutlich 2-förmig gebogen. Die Spindel ‚ist diek callös, nicht hohl. Die Mündung ist gerundet hoch-rhombisch. Die sichtbaren Theile der kleineren Windungen sind so. hoch wie breit, während die vorletzte Windung doppelt so breit als hoch ist. Aehnliche Formen gibt es in der Trias, wie es scheint, nicht ‚wenige; viele derselben dürften zu Coelostylina gehören, sind aber ‚kaum genauer bekannt. Namentlich die Arten des deutschen Muschel- kalkes sind kaum vergleichbar, weil sie in Folge ungenügender Er- ') Kittl, Gastrop. d. Sch. v. St. Cassian. (ID. 152 E. Kittl. [54] haltung meist mangelhaft beschrieben sind. Zu den ähnlichen Formen der Cassianer-Fauna gehört noch Loxonema (Anoptychia) canalifera Mstr. Doch ist auch hier die Verschiedenheit so gross, dass an eine nähere Vergleichung nicht zu denken ist. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 4. 68. Loxonema invariabılis. Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 4. Gehäuse spitz kegelförmig (Gehäusewinkel 200) mit etwas ge- wölbten Windungen, deren obere etwas mehr gewölbt und etwa doppelt so breit wie hoch sind, während die Schlusswindungen etwas flacher gewölbt und relativ weniger breit werden. Die Zuwachsstreifen sind schwach 2-förmig gekrümmt. Die Schlusswindung hat etwa ein Drittel der Gesammthöhe des Gehäuses. Die Mündung ist hoch-rhomboidisch, vorne mit Ausguss. Die Basis etwas abgeflacht, die Spindel jedoch vorgezogen. Diese Form ist von ähnlichen älteren (/mpendens-Typus Koken’s) kaum zu unterscheiden. Es liegen bis jetzt nur vier Gehäuse von der Marmolata vor, sowie eines von Mezzovalle. 69. Loxonema Kokeni Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 5—6. Gehäuse spitz (Gehäusewinkel etwa 15°) mit seichten Nähten, etwas gewölbten oberen Windungen, hoher Schlusswindung. Die Zu- wachsstreifen sind zart, schwach ?-förmig gekrümmt, die Basis spitz ausgezogen, durch eine leichte Beugung der Contour begrenzt. Die Mündung ist hoch rhomboidisch. Die Innenlippe relativ dünn, bedeckt eine Höhlung der Spindel fast ganz. Will man diese Form nicht zu Loronema stellen, so könnte sie auch zu Coelostylina oder Spirostylus gebracht werden. Es vermittelt so Loxonema Kokeni zwischen verschiedenen Gruppen der Pseudomelaniiden. Es darf nicht verschwiegen werden, dass schon einige sehr ähnliche Formen aus verschiedenen Horizonten der Trias beschrieben sind. Die Identificirungsversuche waren jedoch bisher vergebliche. Diese Form liegt von der Marmolata nur in zwei Gehäusen vor, scheint aber eine grössere verticale Verbreitung zu haben. Genus Undularia. Das von Koken aufgestellte Genus Undularia habe ich (in: „Gastr. v. St. Cassian“ III. Th.) m zwei Gruppen trennen müssen: a) Undularia sensu stricto, b) Protorcula (subgen.), welche Trennung ich noch aufrecht erhalte, obgleich mir immer mehr Thatsachen bekannt werden, welche auf die mehr selbstständige Stellung der Gruppe Protoreula hinzuweisen geeignet sind und anderer- seits die Gruppe Undularia (s. s.) an Bedeutung einbüsst. [55] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 153 Aus der letzteren Gruppe liegen drei Formen der Marmolata- kalke (darunter der Grundtypus von Undularia: U. scalata) vor — eine für alpine Ablagerungen in dieser typischen Ausbildung neue Erscheinung — von Protorcula nur eine Form vor. 70. Undularia scalata Schloth. sp. Taf. V, Fig. 8—10. 1823. Strombites scalatus (Schröter’s Catalog) Schlotheim, Nachträge zur Petrefactenkunde II, pag. 19, T. XXXIIL, F. 10. 1864. Turbonilla scalata Alberti, Uebers. über d. Trias, pag. 174 (p. p.) Diese zuerst von Schlotheim artlich benannte Form wurde in der Folge vielfach mit anderen, selbst nur entfernt ähnlichen Ge- häusen von Pseudomelaniiden verwechselt. Gewöhnlich begriff man als Turbonilla oder Chemnitzia scalata ein Gemenge verschiedener Formen, worunter die hier als Undularia transitoria angeführte, eine der nächst verwandten ist. Im alpinen Muschelkalke ist die echte Undularia scalata bisher wohl nicht sicher nachgewiesen; ein von Benecke als Chemnitzia scalata von Rocoaro eitirter und abgebil- deter Steinkern') gewährt kaum genügende Sicherheit. Es sind also verschiedene Coelostylina-Formen mit kegelförmiger Spira, welche mit Udularia scalata vereinigt wurden. Die grosse Menge solcher in der alpinen Trias nach und nach zum Vorscheine ge- kommenen unterscheidbaren Arten empfiehlt es wohl, auch im deut- schen Muschelkalke eine weitere sorgfältige Sonderung der dort ja ebenfalls häufigen Pseudomelaniiden vorzunehmen, wozu ja einige gute Vorarbeiten existiren. Unter dem Namen Undularia scalata sollte nur jene Form be- griffen werden, welche Schlotheim aus der Gegend von Querfurth zuerst beschrieben hat. Nur in diesem Sinne verwende ich hier den alten Artsnamen. Auf die ziemlich verwickelte Synonymie kann ich mich hier nur so weit einlassen, als das für die Zwecke der vorliegenden Arbeit nöthig ist. Undularia scalata kommt im oberen deutschen Muschelkalke (Schaumkalke etc.) noch immer ziemlich selten vor, dann aber in Steinkernen und Abdrücken. Gut erhaltene Schalenexemplare kamen mir nicht zu Gesichte. In der äusseren Form vermag ich die hier zu beschreibenden Gehäuse von Undularia scalata des deutschen Mnschelkalkes nicht zu unterscheiden. Dass auch alle Einzelheiten — und manche derselben sind wichtig genug — an aus Deutschland stammenden Gehäusen beobachtet. werden können, nehme ich vor- läufig an?); sollte sich ein constanter durchgreifender Unterschied finden, so wäre die genauer bekannte Form der Marmolata neu zu !) Geogn.-pal. Beitr. IL. Band, pag. 43, T. III, Fig. 5. ?®) An zwei mir von Herrn Prof. E. Kalkowsky gütigst zur Vergleichung gesandten Exemplaren aus deutschem Muschelkalke konnte ich die meisten Merk- male beobachten. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (E. Kittl.) 29 154 E. Kittl. [56] benennen. In der Beschreibung halte ich mich an die Exemplare der letzteren. Gehäuse spitz kegelförmig (Spiralwinkel 30°), die kleineren Um- sänge flach kegelförmig, etwas stufig abgesetzt, mit einer kaum sicht- baren Lateralkante. Schon in mittleren Wachsthumstadien entwickelt sich ein deutlicher Nahtkiel und die ähnliche Lateralkante wird deutlicher sichtbar (sie ist nicht mehr von der folgenden Windung so weit verdeckt), die Umgänge sind daher scheinbar mit zwei Kielen versehen, der dazwischen liegende Gehäusetheil ist seicht ausgehöhlt, In seltenen Fällen lassen sich einige sehr schwache, feine Längs- streifen erkennen. Die Zuwachsstreifen sind dagegen stets mehr oder weniger deutlich, £-förmig gekrümmt. Zwischen den zwei Kielen erscheinen sie nach vorne convex und gleichmässig gekrümmt. Häufig sind die Zuwachsstreifen faltig ausgebildet und veranlassen dann eine Art Knotenbildung auf dem Nahtkiele. Die Entfernung der Falten, sowie das Mass ihrer Entwicklung sind sehr verschieden, weshalb auch jene Knotenbildung in verschiedener Weise auftritt. Immer zeigt sich dieselbe nur auf einen Theil des Gehäuses beschränkt, bald näher dem Apex, bald näher der Mündung liegend, daher der mehr zufällige Charakter derselben anzunehmen ist. Die Basis ist bald stumpfer, bald spitzer kegelförmig, etwas gewölbt, die Spindelregion mit einem stumpfen Spiralwulste versehen. Die Mündung ist unregel- mässig rhombisch, innen gerundet, vorne mit schwachem Ausgusse versehen. Die Innenlippe ist etwas verdickt (besonders vorne), schliesst die Nabelregion glatt ab oder bildet einen falschen Nabelschlitz. Relativ selten ist eine Varietät von Undularia scalata, welche einen grössseren Gehäusewinkel (bis 45°) aufweist, also sich in dieser Hinsicht (aber, wie es scheint nur in dieser) der Undularia brevissima nähert. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 30. Aus deutschem Muschelkalke 3. 71. Undularia brevissima Kittl n. f. a (rehäuse kegelförmig (Spiralwinkel 45°). Umgänge kegelförmig, stufig abgesetzt, die oberen flach, die grösseren mit immer mehr aus- gehöhlter Apicalseite; die Aushöhlung wird hauptsächlich durch Ent- wickelung eines dieken subsuturalen Wulstes gebildet, der einem innern Oanale entspricht. Darunter ist ein winkeliger Ausschnitt. Letzter Umgang aussen winkelig. Das ganze Gehäuse, auch die stumpf-kegelförmige, etwas gewölbte Basis zeigt eine grobe Längs- streifung. Die Zuwachsstreifen sind fast gerade, zeigen wohl auf der vorletzten Windung, nicht aber auf der letzten einen sehr flachen Sinus, und sind z. Th. faltig ausgebildet, in welchem Falle sie eine schwache Knotenbildung auf dem suturalen Kiele erzeugen. Die Mündung ist trapezoidisch, aussen stumpfwinkelig, hinten canalartig verschmälert, vorne mit Ausguss, Nabel geschlossen. So abweichend diese Form in einigen Eigenschaften von den typischen Undularien ist, so kann sie doch davon nicht getrennt werden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 4. [57] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 139 72. Undularia transitoria Kittl n. f. Taf. V, Fie. 11. 1856. Turbonilla scalata Giebel, Die Versteinerungen von Muschelkalk von Lieskau, pag. 62, T. VII, Fig. 1. Wie ich schon früher anführte, trenne ich unter diesen Namen eine bisher gewöhnlich mit Undularia scalata vereinigt angeführte Form ab, welche derselben in der That sehr nahe steht. Auch Undu- laria transitoria tndet sich, wie U, scalata in Deutschland meist im oberen Muschelkalke. ‚Gehäuse spitz kegelförmig bei einem Gehäusewinkel von 30—35°. Die Apicalseite ist kegelförmig, bei den kleineren Windungen gewölbt, bei den grösseren flach mit einer Naht- und einer Lateral-Kante. Die Schlusswindung ist unter der Nahtkante flach ausgehöhlt. Die Nähte sind eingeschnitten. Die Zuwachsstreifen sind deutlich £-förmig gekrümmt. Die Basis ist kegelförmig gewölbt. Die Mündung ist hoch- rhombisch, vorne einen Ausguss bildend. Die Spindel halte ich für durchbohrt. Diese Form, welche manchen Exemplaren von Coelostylina crassa ähnlich wird, ist vielleicht eine Uebergangsform von den echten Undularien zu einer Gruppe von Formen, welcher Chemnitzia Brochü ete. angehören, deren eine ich hier als Coelostylina lietor Stopp. sp. anführe. Diese Verknüpfung von Coelostylina mit Undularia lässt die Berechtigung der Abtrennung von -Undularia noch nicht als ganz ge- sichert betrachten. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. 73. Undularia (Protorcula) obliquelineata Kittl n. f. Taf. V, Fig. 13—14. Gehäuse ungenabelt, hoch, thurmförmig (Gehäusewinkel 15—20°) mit breiten (mehr als zweimal so breiten wie hohen) dicht aneinander gelegten, flach ausgehöhlten, an der Lateralseite oben und unten von je einem Kiele begrenzten Umgängen, seicht rinnenförmigen Nähten und abgeflachter Basis. Die Zuwachsstreifen sind sehr schräge gestellt, sehr schwach £-förmig gekrümmt. Manche Individuen entwickeln sehr schwache Knoten auf den Längskielen. Diese Form lehnt sich an die Arten der Uassianer Schichten an, kann jedoch mit keiner derselben vereinigt werden. Eine Längs- streifung fehlt. Besonders charakteristisch ist die grosse relative Breite der Umgänge, wie die sehr schräge Stellung der Zuwachs- streifen. Auffallend ist das gleichzeitige Erscheinen einer habituell ähnlichen Orthostylus-Form in den Marmolatakalken !). Das Auftreten dieser Form in den Kalken der Marmolata scheint mir zunächst für einen Zusammenhang mit Undularia (s. s.) nicht zu sprechen, doch kann man vorerst noch das Bekanntwerden weiterer Thatsachen abwarten, um hierüber ein endgiltiges Urtheil zu fällen. Anzahl der vorliegenden Gehäuse: Marmolata 7. !) Siehe Orthostylus loxonemoides pag. 169 [71]. 20* 156 8. Kur [58] Genus Coelostylina. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. von St. Cassian. III. Th. Das wichtigste Charaktermerkmal liegt in dem in der Jugend stets offenen Nabel, der im Reifestadium bis auf einen Schlitz oder (selten) ganz geschlossen werden kann. Die Formen dieser Gattung, welche in den weissen Riffkalken der Marmolata erscheinen, sind sehr mannigfaltig und ist ihre Anzahl sehr bedeutend. Es ist jedoch nicht immer leicht, präcis begrenzte Arten aufzustellen, besonders wenn das Beobachtungsmaterial spärlich vorliegt, was mitunter der Fall ist. Es mussten deshalb manche Formen unberücksichtigt bleiben, wieder andere konnten nur beiläufig er- wähnt werden. Hier werden 17 Formen aufgezählt, von welchen einige ent- weder identisch oder durch sehr nahe verwandte Formen ersetzt auch im oberen alpinen Muschelkalk erscheinen. Wenigstens zwei Formen fand ich identisch mit Arten von Esino, wenigstens sechs weitere Esino- Formen nahestehend (doch dürften sich diese Zahlen nach einer Revision der Esino-Fauna bedeutend erhöhen), neun Formen zeigten sich identisch mit Arten der Cassianer Schichten. 7%. Coelostylina lictor Stopp. sp. (Textfigur 3 und 4.) 2 Chemnitzia lictor Stoppani. Petrification d’Esino, pag. 20, T. V, F. 3. An anderer Stelle will ich ausführlicher auf diese Art von Esino zurückkommen. Hier seien nur die wichtigsten Charaktere typischer Exemplare angeführt: Gehäuse spitz, spindelförmig mit kegelförmiger Spira; die ein- zelnen flach gewölbten Windungen sind durch das Auftreten einer scharf begrenzten, schmalen Nahtfacette stufig abgesetzt. Der Gehäuse- winkel beträgt 20—25° meist 25°, die sichtbaren Theile der oberen Umgänge sind etwa doppelt so breit wie hoch. Die Zuwachsstreifen sind auf der Spira nach vorne etwas concav, auf der Schlusswindung e-förmig gekrümmt und oft faltig ausgebildet. Die Mündung ist hoch rhombisch, etwa doppelt so hoch wie breit, vorne mit einer Art Ausguss versehen. Soweit man die Artfassung bei Stoppani aus Abbildung und. Text erkennen kann, würde seine Ohemnitzia lictor mit vielen Exem- plaren von Esino, sowie mit den spärlicher vorhandenen Gehäusen der Marmolata genau übereinstimmen, wenn Stoppani nicht das Auf- treten von Längsstreifen in den Charakter aufgenommen hätte. Diese Längsstreifen sind aber, wie ich an dem mir zur Verfügung stehenden Material ersehe, hier nur eine zufällige, individuell auftretende, ver- schieden ausgebildete, meist aber ganz fehlende Erscheinung. Stoppani scheint auf jene Gehäuse, welchen die Längsstreifen fehlen und die überdies flache Nahtfacetten besitzen, seine „Ohemnitzia“ Brocechii begründet zu haben. Dabei wird aber die -förmige Krümmung [59] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 157 der Zuwachsstreifen nicht deutlich ausgedrückt, sie werden nur „argudes flexuenses“ genannt und die Darstellung derselben durch die Abbildung scheint unklar und ungenügend zu sein. Ohne Unter- suchung der Originalexemplare der beiden hier genannten Arten Stoppani’s ist ein definitives Urtheil über die Berechtigung des einen oder des anderen Namens kaum möglich. Ich halte aber für wahrscheinlich, dass „Chemnitzia“ Brocchii Ch. lietor, sowie eine Reihe kleinerer Arten Stoppani’s diese letzteren als Jugendformen zu einer einzigen Art gehören, Fie. 3. Fie. 4. Coelost. lictor Stopp. sp. in natürlicher Grösse, Marmolata (Original Hofmuseum), Die von Mezzovalle vorliegenden Exemplare zeigen öfters die feine Längsstreifung und sind die Umgänge vielleicht etwas stärker gewölbt, als bei Exemplaren anderer Localitäten. Diese Art ist — wie ich ausdrücklich hervorheben muss, keine typische Coelostylina, sondern eine Form, welche einen Uebergang zu Undularia herzustellen scheint. Fig. 3 zeigt die Nahtfacette sehr deutlich ausgebildet, Fig. 4 stellt ein Gehäuse dar, welches sich durch seine gering entwickelte Nahtfacette und die kaum mehr erkennbare stufige Absetzung der Win- dungen sich schon manchen typischen Coelostylin«-Formen sehr nähert. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 14, Mezzovalle 6, Esino (plures). 75. Coelostylina inconstans Kittl n. f. Taf. VL, Fig,“9. Gehäuse relativ klein, kegelig (Gehäusewinkel im Mittel 30° beiläuflg in den Grenzen 25°-—-35 schwankend), mit stark gewölbten Windungen, daher vertieften Nähten. Zuwachsstreifen schwach faltig, etwas £-förmig gekrümmt. Die Umgänge bald mit, bald ohne schwache Längsstreifen. Basis gewölbt, mit feinem Nabelschlitze; Mündung oval, hinten kaum winkelig. Die oberste Windung ist meist flacher, die grössten stärker gewölbt. Die Beziehungen dieser Form zu anderen Pseudomelaniiden sind nicht ganz klare. Die häufig auftretende Längsstreifung weist 158 E. Kittl. [60] auf Ahabdoconcha hin; zu Üoelostylina conica und C. Hylas scheinen aber noch die nächsten Beziehungen zu bestehen. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 9. 76. Coelostylina Hylas Kittl. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Diese Form erscheint in den Marmolatakalken in einer mit dem Aussehen der Cassianer Gehäuse ziemlich übereinstimmenden Weise. Einzelne Exemplare zeigen zerstreute gerade, grobe Querfalten und erinnern dann an Microschizat) (auch durch die buceinoide Form). Ich vermochte mich nicht zu entschliessen, auf diese vereinzelnten Exem- plare hin die Vertretung von Microschiza in triadischen Schichten als gesichert anzusehen. Aber es muss jedenfalls dieses Auftreten Mieroschiza-ähnlicher Gehäuse im Auge behalten werden ?). Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 11. 77. Coelostylina conica Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Diese Form, welche in den Cassianer Schichten die häufigste aller Formen von Coelostylina ist, ist auch in den Kalken der Marmo- lata, wenn auch seltener, vertreten. Es sind die meisten Formvarietäten vorhanden. Indess rechne ich vorläufig viele Jugendgehäuse dazu, welche als solche nur mit geringerer Sicherheit bestimmt werden können. Nur ein Exemplar bietet zu einer Bemerkung Anlass, das Ge- häuse ist genau so gestaltet, wie die ausgewachsenen typischen Gehäuse, zeigt also relativ stark gewölbte Windungen; es treten aber auf der Basis durch die Zuwachsstreifen unterbrochene Spirallinien auf, die gegen oben zu verschwinden, die Lateralseite ist glatt. Es könnte in diesem Exemplare ein Uebergang Rhabdoconcha (Rh. conoidea) erblickt werden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 40. 78. Coelostylina cerassa Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Ch. Diese Art, welche mehrere Varietäten umfasst, kommt gar n.cht selten auch in den Kalken der Marmolata vor. Die nicht unbedeutende Anzahl dort erscheinender, in verschiedener Erscheinungsweise auf- tretender, ausgewachsener Gehäuse von Coelostylinen bot zur Auf- stellung neuer Arten Veranlassung, welche in der Regel nur im aus- ') G. Gemmellaro. Sopra ale. faune giuresi e liasiche della Sicilia. Palermo, 1872—82, pag. 252. ?) Mit einigem Bedenken hat v. Ammon jüngst (die Gastropodenfauna des Hochfellenkalkes — (Geogn. Jahreshefte V., pag. 198 u. f.) Microschiza als durch Arten in dem wahrscheinlich rhätischen Dolomite des Monte Nota vertreten ange- nommen. Dabei wird für einen Theil des von mir Coelostylina genannten Formen- Complexes der Name Omphaloptycha vorgeschlagen. [61] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 159 gewachsenen Zustande erkannt werden können oder nur in diesem Stadium alle charakteristischen Merkmale zeigen, während Jüngere Wachsthumsstadien, meist wenig charakteristisch, zum Theile der Coelo- stylina crassa sehr ähnlich sind. Es ist daher nicht unmöglich, dass der Name Coelostylina crassa gar keine gute Art, sondern nur verhältniss- mässig alte, aber noch nicht völlig ausgebildete Gehäuse bezeichnet. Auch die Nothwendigkeit, mehrere Varietäten zu unterscheiden, würde für diese Anschauung sprechen. Gegenüber der von mir in der Be- arbeitung der Gastropoden von St. Cassian acceptirten Auffassung, wurden Gehäuse mit einem deutlichen Sinus der Zuwachsstreifen hier nicht mehr zu Coelostylina crassa gestellt. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 30. 79. Coelostylina cochlea Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 4. 80. Coelostylina Medea Kıttl. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. Ill. Th. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 3. 81. Coelostylina Sturi Kittl. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 1. 82. Coelostylina irritata Kittl. n. f. Taf. V, Fig. 15—19. Gehäuse spitz (Gehäusewinkel etwa 30%), der Apex regelmässig eonisch oder etwas gewölbt, respective abgestumpft; die oberen Win- dungen sind flach, die Nähte kaum vertieft, die grösseren Windungen wölben sich gegen die Mündung zu immer mehr, die Nähte werden dadurch vertieft. Die Zuwachsstreifen sind meist grobfaltig, gerade, etwas eingeknickt oder schwach L-förmig gekrümmt. Der letzte Um-' gang ist nur etwas höher als die übrige Spira. Die Mündung ist hoch oval, hinten und vorne zusammengedrückt (hinten winkelig, mit einem Ausguss vorne). Die Innenlippe ist verdickt und bildet öfter einen falschen Nabelschlitz. Die Spindel ist hohl, wird nur im Altersstadium durch die Innenlippe öfters geschlossen. Typische Exemplare zeigt die Fig. 16, während Fig. 17 eine Varietät (I) darstellt, von welcher jene Form von Esino abzweigen mag, welche Stoppani als „Chemnitzia Helii* beschrieben hat, während eine andere Varietät (II) wieder der Chemnitzia Maironii Stoppani’s von Esino sehr nahe kommt. (Siehe Fig. 18.) | _ — Uebrigens tritt Coelostylina irritata auch noch in den Kalken von . auf, aber nicht typisch, sondern in der breitesten Varietät (III) (Fig. 19). 160 E. Kittl. [62] Das in Fig. 15 abgebildete Gehäuse halte ich für ein Jugend- gehäuse von Coelostylina irritata; doch sind die oberen Umgänge auf- fallend niedrig. An Var. II schliesst sich Coelostylina Bacchus an, letztere ist nur steiler aufgewunden, die sichtbaren Theile der oberen Windungen sind daher relativ höher. Es mag noch bemerkt werden, dass gewisse andere Formen von Esino sich den typischen Exemplaren von Coelostylina irritata sehr nähern (die von Stoppani aufgestellten Namen kann ich hier nicht eitiren, da es schwierig ist, die hier in Frage kommenden Formen nach den bisherigen Abbildungen wieder zu erkennen), doch sind sie entweder schlanker oder kürzer. Indess muss ich noch die Möglichkeit offen lassen, dass Coelostylina irritata auch der typischen Gestalt in der Fauna von Esino vertreten sein mag. Coelostylina irritata nähert sich durch die Veränderlichkeit der ‚Windungsform der Gruppe Pseudochrysalis}). Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 32, Esino 1; auch im alpinen Muschelkalk scheint die Form vertreten zu sein. 83. Coelostylina Bacchus Kitt! n. f. (Textfigur 5.) Gehäusewinkel etwa 37°. Gehäuse ähnlich dem von ©. irritata var ll., aber steiler gewunden, weshalb die sichtbaren Theile der Fie. 5. Coelostylina Bacchus Kittl in natürlicher Grösse. Marmolata (Sammlung des Hofmuseums). oberen Windungen relativ höher sind. Diese sind leicht gewölbt. Die Zuwachsstreifen bilden unregelmässige, breite Falten und sind kaum ') Vgl. Kittl, Gastrop. v. St. Cassian. IH. de ch [63] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 161 merklich £-förmig gekrümmt. Die Mündung ist sehr hoch, hinten winkelig, vorne mit Ausguss versehen. Auch zu dieser Form findet man in der Fauna von Esino Analogien. Insbesondere existiren dort Gehäuse, welche der Coelostylina Bacchus sehr nahe kommen, die ich aber für eine noch unbeschriebene Form (Varietät?) aus dem Formenkreise der Coelostylina Escheri Hörn. halte. Die jugendlicheren Gehäuse von Coelostylina Bacchus sind der „Chemnitzia Maironii Stopp.“ (wohl nur eine Varietät von Coelostylina Escheri) sehr ähnlich. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 5. 84. Coelostylina exornata Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 14. Gehäuse wie jene der typischen Gehäuse von dCoel. irritata, doch mit kleinerem Gehäusewinkel (25° und mit zahlreichen, durch Zuwachszonen gebildeten Querfalten, die leicht L-förmig gekrümmt sind, und vereinzelten Längskielchen, die mitunter durch sehr schwache, dichter gedrängte Längsstreifen ersetzt werden. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass diese vorläufig noch als selbstständig behandelte Form nur eine Varietät von Üoelostylina irritata ist und daher auch als Coelostylina irritata var. exornata an- geführt werden könnte Doch scheint mir vorläufig der kleinere Ge- häusewinkel sowie die Sculptur hinreichend zu sein, um beide Formen getrennt zu halten. Der oben angeführte Gehäusewinkel von 25° eilt nur für die letzten Windungen; der obere Theil der Spira besitzt wahrscheinlich einen grösseren. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 6. 85. Coelostylina retracta Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 8 (und Textfigur 6). Gehäuse spitz (Gehäusewinkel 30—40°) mit rasch anwachsenden Windungen. Die Spira ist oben ganz kegelförmig, die Windungen sind Fig. 6. Coelostylina retracta Kittl in natürlicher Grösse. Marmolata (Sammlung des 'Hofmuseums). flach, die Nähte eben. Mit zunehmendem Wachsthume der Windungen trennen sich die Umgänge von einander dadurch, dass die Windungen Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Kittl.) 9 162 E. Kittl. [64] hinabrücken und die Nähte sich vertiefen. Die Windungen zeigen einen gerundeten, hoch rhombischen Querschnitt, wobei sich eine stark gerundete Lateralkante ergibt; bei den grösseren Windungen kommt während des allmähliehen Auseinanderrückens derselben jene Lateralkante immer mehr zum Vorscheine. Gestalt und Wachsthum erinnern an Coelostylina Bacchus, welch’ letztere Form jedoch viel grösser ist und etwas gewölbte Umgänge besitzt. Auch an Coelost. Stotteri ') erinnert ©. retracta, doch ist erstere spitzer, bei mehr gestreckten Windungen. Anzahl der vorliegenden Exemplare : Marmolata 18. 86. Coelostylina Heeri Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 16—17. Gehäuse spindelförmig, etwas pupoid mit seiehten Nähten, mit flachgewölbten Umgängen, deren ein bis zwei mittlere eine leichte Kante tragen, die etwa in ein Drittel des sichtbaren Theiles unter- halb der Naht liegt. Die Höhe des sichtbaren Theiles der Umgänge wächst mit zunehmender Grösse mehr als die Breite. Die grosse Schlusswindung zeigt eine von der Naht ausgehende Abflachung, mit- unter einige Längskiele. Die Spindel ist hohl und bildet einen deut- lichen Nabel. Die Mündung ist hoch mandelförmig. Bei sehr -alten Gehäusen steht die Aussenlippe etwas flügelförmig ab. Diese Form gehört in die Verwandtschaft von Coelostylina Escheri M. Hörn, weicht aber von der Type der letzteren beträchtlich ab, in demselben Sinne. wie das die Abbildungen von Chemnitzia fusus Stopp. und Chemn. pupoides Stopp. erkennen lassen. Am ähnlichsten der Coelost. Heeri scheint mir von den Esinoformen Coelostylina pupoides Stopp. sp. zu sein. Ich finde zwischen diesen beiden Formen einen constanten Unterschied, der sich dahin definiren lässt, dass die von der Naht ausgehende Abflachung auf der Schlusswindung bei Coelostylina pupoides Stopp. stets relativ weiter hinabreicht, als bei Coelostulina Heeri. : ©. Heeri nebst ©. Reyeri Kittl, C. pupoides Stopp. u. a. bilden eine Näherung zu Oonia, welcher Begriff — wie ich schon an anderer Stelle erwähnte — für die Triasformen kaum haltbar sein wird. An- nehmbarer mag vielleicht die Zutheilung von €. Heeri und ©. Reyeri zu Pseudochrysalis sein ?). Von den Cassianer Coelostylina-Formen scheint ©. Sioppanii, welche Form leider fast immer deformirt ist, daher eine genaue Ver- gleichung kaum gestattet, der ©. Heeri sehr nahe zu stehen. C. Stoppanii entbehrt stets der schwachen Längskiele ee dafür mitunter eine feine Längsstreifung) und wurde Auch die Er- weiterung an der Mündung alter Exemplare nicht beobachtet. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 22, Mezzovalle 10, Latemar 2. ') Siehe Kittl, Gastrop. v. St. Cassian, III. Pseudochrysalis Stotteri Klipst er. 2) Siehe ebendort. [65] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 163 87. Coelostylina Reyeri Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 15. Das Gehäuse ist spitz, pupoid (Gehäusewinkel oben etwa 30°), kleiner und schmäler als ©. Heeri, sonst diesen Ähnlich, die flügel- artige Erweitung der Aussenlippe ist ebenfalls vorhanden; Längskiele habe ich bisher nicht beobachtet. Die Umgänge sind flach gewölbt. Es ist möglich, dass eine der Arten Stoppani’s mit C. Reyeri identisch ist, jedoch lässt sich das vorläufig nicht feststellen. Von der Marmolata liegen mir 5 Exemplare vor. 88. Coelostylina fedaiana Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 10-12. Vgl. auch E. Kittl, Die Gastrop. d. Sch. v. St. Cassian. IU. Th. Gehäuse kegelförmig spitz, mit oberen Windungen, deren sicht- barer Theil mehr als zweimal so breit wie hoch ist und eine leichte Wölbung zeigt. Gegen die relativ breite Schlusswindung zu werden die Windungen immer mehr stufig abgesetzt, indem sie eine von einer stumpfen subsuturalen Kante begrenzte Nahtfacette entwickeln, die auf der Schlusswindung am besten ausgeprägt ist, aber fast niemals von der Lateralseite scharf gesondert wird. Aeltere Individuen (Fig. 10) zeigen die Nahtfacette flach und ziemlich scharf eingeschnitten. Auf der oberen Hälfte der Lateralseite verlaufen 2—4 (selten keine) srobe Längslinien in schwacher Ausbildung. Mündung schräg rhom- boidisch, etwas 2-förmig gebogen, vorne mit Ausguss. Spindel hohl, Innenlippe dick callös, den Nabel ganz oder theilweise schliessend. Als eine seltene Varietät erscheint jene Form, bei welcher (Fig. 12) die Schlusswindung keine, wohl aber die oberen Windungen eine. Nahtfacette zeigen, die Schlusswindung relativ breit und ziemlich gleichmässig gewölbt ist. Während die typische Form von ©. fedaian« in die Cassianer Schichten hinaufreicht, scheint es nicht ausgeschlossen, dass von den Formen mit horizontaler Nahtfacette (Coelost. fedaiana var. semigru- data) die Coelostylina yradata der Kalke von Esino abzweigt. Die in Fig. 12 dargestellte var. ventrosa scheint sich der „Pha- sianella* inflata Stopp. sehr zu nähern. Wenn ich nun auch var. semigradata von der forma typica trenne, so hat es doch den Anschein, als wenn in den weitaus meisten Fällen var. semigradata der forma typica als Altersstadium folgen würde. Doch ist das eben nicht immer so; es kann auch eine Rückbildung der Nahtfacette bei den grösseren Windungen platzgreifen (var. ventrosa). In den Cassianer Schichten findet sich eine übrigens auch hier nicht fehlende nahe verwandte Form: Coelost. Sturi, die aber einen grösseren Gehäusewinkel besitzt. Anzahl der untersuchten Exemplare der Marmolata: var. vent- rosa: 1, forma typica: 20, var. semigradata: 10. 21* 164 E. Kittl. [66] 89. Coelostylina pachygaster Kittl. (Textfigur 7 und 8.) Gehäuse gross, etwas eiförmig, mit spitzer Spira (Gehäusewinkel 45—50°), schwach gewölbten Windungen, die etwa zweimal so breit wie hoch sind. Letzte, z. Th. auch vorletzte Windung stärker sewölbt, ovoidal. Zuwachsstreifen gerade, wenig convex, oder concav gekrümmt. Meist erscheinen schwache Längslinien in unregelmässiger Vertheilung. Innenlippe sehr dick, Spindel hohl. Pie. 7: Fig. 8. Coelostylina pachygaster Kittl in natürlicher Grösse. Marmolata (Sammlung des Wiener Hofmuseums). Diese Form steht der Coelostylina Stoppanii der Cassianer Schichten nahe, übertrifft diese Art jedoch an Grösse und zeigt rascheres Anwachsen der Umgänge und häufig Längsstreifen. Auch mit Coelost. Bacchus pflegt Coelost. pachygaster grosse Aehn- lichkeit zu zeigen. Abgesehen von der mehr eiförmigen Gestalt der letzteren sind bei der ersteren die sichtbaren Theile der oberen Windungen relativ höher und ist die Schlusswindung anders gestaltet. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 4, Latemar 1. 90. Coelostylina turritellaris Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. IH. Th. Auch diese Form der Cassianer Schichten ist in den Marmolata- kalken vertreten. Aber ich halte die Exemplare nur für Jugend- gehäuse etwa von ©. lictor oder dgl. Das würde dann auch für die [67] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 165 Exemplare von St. Cassian gelten. Da aber das Material hier wie dort ein sehr spärliches ist, so ist es wohl angezeigt, noch anderes Material abzuwarten. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 3. Genus Pseudomelania. Der Name Pseudomelania, welcher anstatt Chemnitzia durch- wegs verwendet werden sollte, wenn es sich nicht um kleine quer- gefaltete Gehäuse mit heterostrophem Nucleus handelt, kann, nach- dem ich für verschiedene Gruppen der ehemaligen „Chemnitzien“* be- sondere Gattungen und Untergattungen in Vorschlag bringe, immerhin für triadische Formen nur beschränkte Anwendung finden, vorausgesetzt natürlich, dass meine Vorschläge allgemeinere Annahme finden. Ich rechne zu Pseudomelania schlanke Gehäuse mit solider Spindel). | Aus den Marmolatakalken liegen mir drei Formen vor, welche sich in identischer oder nahezu identischer Weise auch in den Cassianer Schichten fanden. 91. Pseudomelania subsimilis Kittl. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Diese Form der Cassianer Schichten ist in der Marmolata wie in den ersteren relativ selten. Zudem scheint die Form zumeist nur in unreifen Gehäusen bekannt zu sein. \ Von der Marmolata liegen 11 Gehäuse vor. 92. Pseudomelania (Oonia) subtortilis Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Diese Form ist durch einige Exemplare in den Kalken der Marmolata vertreten; dieselben scheinen mir aber enge verknüpft mit ein oder zwei abweichenden Formen. Eine der letzteren zeigt niedrigere (obere) Windungen und daher bei derselben Grösse eine höhere An- zahl derselben. Ich führe diese als (93) Pseudomelania (Oonia) ovula an; indess halte ich es auch für ganz gut möglich, dass sie nur Jugendgehäuse von Coelostylina conica repräsentiren. Von einer weiteren Beschrei- bung sehe ich vorläufig ab. Anzahl der untersuchten Exemplare von der Marmolata: Pseudo- melania (Oonia) subtortilis Mstr. 2, Pseudomelania (Oonia) ovula Kittl 25. 94. Fseudomelania (Oonia) ef. similis Msir. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Einige Gehäuse aus den Kalken der Marmolata weichen in keiner erheblichen Weise von Oonia similis Mstr. der Cassianer Schichten ab. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 2. ') Näheres siehe E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. 166 E. Kittl. [68] Genus Rhabdoconcha. Was sich mir bei der Untersuchung der Rhabdoconchen der Cassianer Schichten nur andeutete, nämlich dass manche Formen dieser Gattung mit anderen zugleich auftretenden Formen anderer Gattungen (wie Loronema, Coelostylina ete.) bis auf die Längsstreifung übereinzustimmen scheinen, das hat sich um so deutlicher bei den Rhabdoeonchen der Marmolata-Fauna gezeigt. Desshalb habe ich mehrere ursprünglich hieher gerechnete Gehäuse wieder ausgeschieden. und sie zum Theile unbeschrieben gelassen, zum Theile den betreffen- den Arten anderer Gattungen zugetheilt Das Kriterium, welches ich bei diesem Vorgange anwandte, war die Prüfung auf die Constanz, Regelmässigkeit und Beschaffenheit der Längsstreifung. Besonders charakteristisch soll nach Gemmellaro') die punktirte Beschaffen- heit der Längsstreifen sein. Mit Berücksichtigung dieser Umstände erübrigte mir schliesslich nur eine einzige, sehr charakteristische Form (die unten beschriebene Rh. conoidea), welche an Constanz, Regelmässigkeit und punktirter Beschaffenheit der Längslinien nichts zu wünschen übrig liess. Nun stimmt aber diese einzige, auserlesene Form, die zudem nur in wenigen Exemplaren vorliegt, auf das Ge- naueste in der Gestalt mit Coelostylina conica überein. Augenblicklich vermag ich allerdings diese Rhabdoconcha von Corlostylina conica ge- trennt zu halten; aber ich vermuthe, dass, wie sich ein Bindeglied (das bei Coelost. conica hier erwähnt wird) schon gefunden hat, bei weiterer Ausbeutung der Marmolatakalke noch andere finden könnten, welche die engste Verknüpfung von Rhabdoc. conoidea und Coelost. conica herstellen und damit das Aufgehen der ersteren in der letzteren Art besiegeln können. Heute allerdings muss man wohl noch beide getrennt halten. Sollten sich ähnliche Verhältnisse bei den übrigen Arten der Gattung erheben lassen, so dürfte dann auch die Unverwendbarkeit dieses Gattungsbegriffes selbst als endgiltiges Resultat der Erkennt- nisse zu erwarten sein. 95. Rhabdoconcha conotidea Kit! n. f. Taf. VI, Fig. 23. Gehäuse wie jene von Coelostylina conica, jedoch mit regel- mässigen punktirten Längslinien bedeckt. Die Umgänge sind mehr oder weniger gewölbt, die Nähte mehr oder weniger tief. Die Punkte sind vertieft. Die Spindel ist länglich, hohl. Die Innenlippe bedeckt den Nabel zum Theile. Eine ähnliche, vielleicht verwandte Form beschreibt Stoppani als Trochus Allioni von Esino. Rhabdoconcha triadica von St. Cassian steht jedenfalls sehr nahe, ist vielleicht mit Ah. conoidea identisch. Die Exemplare der letzteren sind aber viel grösser und mit regelmässigerer Sculptur versehen. !) loc. eit. pag. 251. [69] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 167 Die Exemplare von Mezzovalle zeigen eine infrasuturale Kante, ähnlich wie sie bei Coelostylina fedaiana auftritt; erstere scheinen daher eine besondere Varietät zu bilden. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 4, Mezzovalle 2. Genus Euchrysalis. Die Scheidung der Euchrysalis-Formen im Sinne Laube’s in: Emuchrysalis (sensu strieto) und Coelochrysalis (subgenus) bewährte sich auch bei den Formen der Marmolata-Fauna. Kuchrysalis im engeren Sinne mit solider Spindel liegt in einer von St. Cassian schon lange bekannten Form vor; davon sind die übrigen drei Coelo- chrysalis-Formen mit hohler Spindel leicht zu trennen. Aber die letz- teren scheinen wieder mit Coelostylina verknüpft zu sein, so dass Coelochrysalis vielleicht mit Coelöstylina genetisch enger verbunden ist, als mit Kuchrysalis fusiformis, dem Typus von Zuchrysalis. Ob diese Auffassung der Sachlage die richtige ist, mögen weitere Erfahrungen lehren. Wie schon bemerkt, liegt von Kuchrysalis s. s. eine Cassianer- Form vor, von Coelochrysalis aber drei Formen, wovon eine isolirt er- scheint, die zwei übrigen aber sich an Formen von Esino anschliessen. 96. Euchrysalis fusiformis Mstr. sp. Diese Form erscheint ziemlich selten, jedoch in typischen Ge- häusen in den Kalken der Marmolata. Es bieten diese Exemplare zu weiteren Bemerkungen keinen Anlass. Anzahl der von der Marmolata vorliegenden Exemplare: 5. 97. Euchrysalis (Coelochrysalis) excavata Kittl n. f. Taf. VI, Fie. 18. Gehäuse pupoid, mit sehr niedrigen Windungen (die kleinsten sind 5mal, die grössten nur 3mal so breit wie hoch). Die Umgänge sind ausgehöhlt, entwickeln oben und unten schwache Kiele, ferner in ziemlicher Entfernung stehende, flache Querfalten, die auf den genannten Kielen schwache Knoten bilden. Querfalten und Knoten erscheinen erst auf den Umgängen mittlerer Wachsthumsstadien. Die Basis ist niedrig gewölbt. Die Spindel zeigt eine weite Nabelöffnung. Die Schlusswindung reifer Gehäuse ist noch unbekannt. Diese Form weicht durch die Aushöhlung der Laterialseite der Umgänge von allen anderen bisher bekannten ab; indess zeigt sich diese Beschaffenheit der Lateralseite bei den Jugendwindungen anderer Formen. Von Esino liegt mir eine noch unbeschriebene Form vor, welche die Aushöhlung in viel geringerem Masse, aber noch immer deutlich zeigt. Es liegt bisher von Coelochrysalis excavata nur ein einziges Ge- häuse von der Marmolata vor. 168 E. Kittl. [70] 98. Kuchrysalis (Coelochrysalis) tenuicarinata Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 19—21. (rehäuse lang gestreckt, pupoid, mit mehr oder weniger zitzen- förmig ausgezogenem Apex. Die Anfangswindungen sind unbekannt. Die ihnen folgenden Jugendwindungen (der zitzenförmige Theil) zeigt sehr niedrige Umgänge mit zwei Kielen: einen subsuturalen und einen breiteren lateralen, welche beide durch schwache Querfalten unregel- mässig leicht geknotet erscheinen und eine Rinne einschliessen (ex- cavata-Stadium). Beim weiteren Wachsthume, wobei der Gehäuse- winkel zuerst grösser, dann wieder kleiner wird, schwächen sich die senannten Längskiele immer mehr ab. Zuerst verschwindet der obere Kiel fast ganz und bleibt dann nur der untere als stumpfe, winkelige Bie- sung zurück. Das Rückbilden der Kiele erfolgt individuell verschieden, früher oder später. Die Schlusswindung, oft auch die vorhergehende, zeigen gewöhnlich keine Spur der Kiele mehr. Die weite Spindel- höhle wird dann auch mehr oder weniger verengt oder gar geschlossen. Die Schlusswindung ist oft gewölbt und gleicht dann sehr jener von Loxonema. Die Zuwachsstreifen, obgleich mitunter }-förmig gekrümmt, sind doch oft auch gerade und dann von der Naht aus etwas nach hinten geneigt. Querfalten sind in verschiedenen Wachsthumstadien sanz vereinzelt oder in sporadischen Gruppen ausgebildet, fehlen auf den mittleren und älteren Wachsthumsstadien nicht ganz. Mitunter verschwindet: in einem gewissen Stadium jede Seulptur, um wieder zu erscheinen oder nicht. Eine Längstreifung ist hie und da erkennbar. Die Basiswand zeigt mitunter kaum erkennbare innere Spiralfurchen. ©. tenwicarinata scheint eine von Ü, excavata oder deren Stamm- form derivirte Art zu sein, welche über C. megaspira Stopp. der Esino- kalke zu Ü. pupaeformis Mstr. der Cassianer Schichten hinüberleitet. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 25, Mezzovalle 5. 99. Euchrysalis (Coelochrysalis) cf. megaspira Stopp. sp. Taf, VI, Fig. 22. Diese Form bildet einen Uebergang von C. tenuicarinata zu C. megaspira Stopp. Sp. Die Form der Marmolatakalke weicht von ©. megaspira darin ab, dass nicht, wie bei der letzteren, die vorletzte und drittletzte Windung gleich sind, sondern noch eine stetige Grössenzunahme, resp. Conicität erkenvbar ist. Die grösseren Jugendwindungen sind flach und ohne Andeutungen eines Kieles. Spiralfurchen auf der inneren Basiswand konnten bisher nicht gefunden werden. Das eine vorläufig hieher gestellte Exemplar von Mezzovalle kann wohl eine besondere Varietät darstellen; es sind nur die drei letzten Windungen vorhanden. Die vorletzte und drittletzte Windung sind fast eylindrisch, aber relativ sehr hoch, die Schlusswindung ist ausgebaucht. Das Material ist jedoch zu ungenügend, um ein befrie- digendes Urtheil zu gewinnen. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 12, Mezzovalle 1. [71] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 169 Genus Eustylus. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. II. Th. ‘Von den spitz-kegelförmigen Gehäusen von Kustylus liegen mir aus den Marmolatakalken sechs Formen vor, wovon drei mit Cassianer Arten identisch sind, zwei weitere sich solchen nahe anschliessen und eine auch in den Esinokalken vorkommt. Hiemit ist aber die verticale Verbreitung dieser Formen gewiss nicht erschöpft. Einige davon steigen jedenfalls bis in den oberen (alpinen) Muschelkalk hinab, wie ich an anderem Orte zeigen will. 100. Eustylus loxonemoides Kittl n. f. (Textfigur 9.) Das Gehäuse ist spitz thurmförmig (Gehäusewinkel 10—15°) mit flachen, mitunter stufig abgesetzten Umgängen; deren auf der Spira sichtbarer Theil ist zweimal so breit oder breiter als die sichtbare Höhe derselben; mitunter sind die oberen Windungen etwas ausge- 2 x % N höhlt (und erinnern dann an Protorcula excavata), wodurch dann ein oberer und ein unterer Lateralkiel angedeutet wird. Die Schluss- windung ist stets flach, meist aber sind es alle Windungen. Die Zu- wachsstreifen sind stark (-förmig gekrümmt und auf den Schlusswin- dungen grobfaltig ausgebildet, von wechselnder Stärke und verschie- Fig. 9. Eustylus loxonemoides Kitt! in einfacher und doppelter Naturgrösse. Marmolata (Sammlung des Hofmuseums). dener Entfernung der groben Falten. Die Basis ist flach gewölht, aussen stumpfkantig begrenzt, ungenabelt. Die Spindel ist undurch- bohrt. Die Mündung ist rundlich, hinten aussen winkelig. Sehr häufig ist diese Form in den Kalken der Marmolata, selten dagegen in den Esinokalken. Stoppani scheint die Form nicht gekannt zu haben; vielleicht hat er sie als Nerinea Matthioli beschrieben!), doch würden weder Abbildung noch Beschreibung irgend ein charakteristisches Merkmal ) A. Stoppani, Pätrif. d’Esino, pag. 37, Taf. VIH, Fig. 5—6. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Baud, 1. Heft. (E. Kittl.) 23 170 E. Kittl. [72] bieten, nach dem man Eustylus loxonemoides daraus wieder erkennen könnte. Die Beschreibung der Nerinea Matthioli ist nämlich so unbestimmt gehalten, dass sie die Charaktere von Eustylus loxonemoides nicht aus- schliesst, doch aber nur Eustylus-ähnliche Gehäuse beschreibt. Anzahl der vorliegenden Exemplare: Marmolata 30, Esino 1. 101. Eustylus curretensis Kittl. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. Der Beschreibung der Art aus den Cassianer Schichten habe ich nichts beizufügen. Auffallend ist die relative Häufigkeit in den Kalken der Marmolata, woher mir 15 Exemplare vorliegen. Einzelne derselben zeigen die Tendenz, ein längeres Gehäuse zu bilden, als das bei den auch hier vertretenen typischen Gehäusen der Fall ist. 102. Eustylus triadicus Kittl. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. Diese Form liegt von der Marmolata in nur zwei Gehäusen vor. 103. Eustylus cf. semiglaber Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. Ein einziges Gehäuse aus den Marmolatakalken zeigt flach ge- wölbte bis eylindrische Umgänge, die quergefaltet, und etwas breiter wie hoch sind. Die Basis ist gewölbt, aber doch durch eine winkelige Beugung von der Lateralseite abgegrenzt. Die Eigenschaften entsprechen beiläufig, doch nicht genau dem Spirostylus semiglaber. Man könnte noch an Loxonema (L. arctecostata) sowie an Hypsipleura denken. Es ist weiteres Material erforderlich, um über dies eine fragliche Fossil der Marmolatakalke endgiltig zu entscheiden. 104. Eustylus Konincki Mstr. sp. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. II. Th. Diese Form ist in charakterischer Ausbildung schon in den Kalken der Marmolata vorhanden. Die Verschiedenheit im Aussehen der kleineren Umgänge (flach begrenzt und niedrig) und der grösseren (etwas gewölbt, durch eine flache Nahtdepression von einander abge- setzt, vor Allem aber relativ höher) tritt regelmässig auf. Anzahl der von der Marmolata vorliegenden Exemplare: 25. 105. Eustylus minor. Kıttl n. f. (Textfiguren 10, 11 und 12.) Diese Form ist dem KEustylus Konincki ähnlich, jedoch stets kleiner; damit hängt es wohl zusammen, dass die Umgänge sich in einem früheren Grössenstadium wölben. [73] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 171 Im Ganzen sind die Gehäuse mehr oder weniger pupoid, wes- halb sie an gewisse Kuchrysalis-Formen erinnern (denselben vielleicht auch relativ nahe stehen mögen). E. minor kann daher in nachfol- gender Weise charakterisirt werden: Fig. 10. Bio. :.11. Fig. 12. Eustylus minor Kittl! in natürlicher Grösse. Marmolata (Sammlung des Hofmuseums). Das Gehäuse ist klein, thurmförmig, etwas pupoid, stets relativ kürzer und kleiner als Eustylus Konincki, sonst diesem ähnlich ge- staltet. Die Form ist in den Kalken der Marmolata sehr häufig: es liegen mir von dort etwa 70 Gehäuse vor. Genus Spirostylus. E. Kittl, Die Gastropoden d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. Von den steil aufgewundenen, schmalen Formen dieser Gattung erscheinen in den Marmolatakalken deren drei, wovon eine sichere, eine zweifelhafte Cassianer-Form, und eine wahrscheinlich auch im alpinen Muschelkalke auftretende Form. 106. Spirostylus retroscalatus Kıttl. Tafs VI; Rig5313. Gehäuse spitz, kegelförmig (Gehäusewinkel 20—25°) mit schwach gewölbten, oben flachen bis etwas ausgehöhlten Umgängen, die in der Weise leicht abgestuft sind, dass der obere Umgang weiter .vor- tritt und der folgende grössere Umgang an der Naht gleichsam zu- rückgesetzt erscheint. (Dieses Verhalten ist nur durch die Krümmungs- verhältnisse bedingt.) Die Umgänge zeigen eine tief liegende, gerundete Lateralkante. Die sichtbaren Theile der oberen Umgänge sind nicht ganz doppelt so breit wie hoch. Die Zuwachsstreifen sind nar schwach e-förmig gekrümmt, etwas faltige. Die Mündung ist hoch. Die Basis ist fast kegelförmig, etwas gekrümmt. Dass diese Form aus einer solchen hervorging, welche gleich- mässig gewölbte Umgänge besass, ist ziemlich wahrscheinlich, da mir ein Gehäuse vorliegt, welches die für Sp. retroscalatus charakteristische Gestalt erst auf der Schlusswindung annimmt, sonst aber schwach gewölbte Umgänge aufweist. Anzahl der untersuchten Exemplare: Marmolata 6. 172 E. Kittl. [74] 107. Spirostylus subcolumnaris Mstr. sp. Taf. VI, Fig. 7. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. II. Th. Diese Form der Cassianer Schichten erscheint in den Kalken der Marmolata schon entwickelt!). Zu einer Bemerkung bietet nur das abgebildete Exemplar einen Anlass. Es ist dieses ein Gehäuse mit vollständig erhaltener Mündung. Die Zuwachsstreifen sind dort deutlich 2-förmig gekrümmt und bilden in der Mündungsnähe ebenso gekrümmte Falten. Anzahl der von der Marmolata vorliegenden Exemplare: 15. 108. Spirostylus f. indet. Ausser den genauer bezeichneten liegen mir noch mehrere, meist ungenügend erhaltene Spirostylus-Formen vor, welche den bisher bekannten ähnlich sind, aber eine genauere Bestimmung. kaum zulassen. Eine dieser Formen, wohl die auffallendste derselben, stimmt bis auf die Längsstreifung mit Spirostylus contractus Kittl?) überein; den zwei von der Marmolata vorliegenden Gehäusefragmenten fehlt die Längsstreifung; ich führe sie daher als (108): Spirostylus subcon- tractus an. Genus Orthostylus. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Die Gattung erscheint hier durch eine einzige Form vertreten. 109. Orthostylus cf. Fuchsi Klipst. sp. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. II. Th. Zwei aus den Kalken der Marmolata vorliegende Gehäuse unter- scheiden sich nicht wesentlich von Orthostylus Fuchsi der Cassianer Schichten. Vielleicht ist die Basis allein etwas abweichend, da die- selbe nicht ausgehöhlt ist, sondern etwas gewölbt erscheint; sie ist aber auch durch eine Kante deutlich abgegrenzt. Die Beschaffenheit der Basis stimmt also mit jener von Orthostylus angustus Mstr. überein, die Windungen sind aber — wie bei Orthostylus Fwuchsi — höher als breit. Genus Hypsipleura. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. 110. Hypsipleura cf. subnodosa Klipst. sp. Hypsipleura subnodosa Klipst., siehe E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. Eine in sechs Exemplaren vorliegende Form vermag ich von den Jugendexemplaren von FM. subnodosa vorläufig nicht zu trennen. Ohne ') Wohl aber fehlt noch die davon derivirte extremere Form Spörostylus colummnaris. 2) Kittl, Die Gastr. d. Sch. v. St. Cassian. III. Th. wi [75] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 178 Gehäuse mit älteren (d. h. grösseren) Windungen dürfte eine genauere Oo > = Bestimmung der Exemplare der Marmolata kaum möglich sein. Genus Coronaria. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian, III. Th. 111. Coronaria cf. subcompressa Kittl. Taf. VI, Fig. 25—26. Coronaria subcompressa, siehe E. Kittl, Die Gastropoden d. Schichten von St. Cassian. III. Th. Die von der Marmolata vorliegenden Gehäuse sind spitz, thurmförmig (Gehäusewinkel 15°, mit flach gewölbten Windungen und seichten Nähten. Die sichtbaren Theile der oberen. Windungen sind etwas mehr als zweimal so breit wie hoch, mit einer stumpfen (lateralen) Kante in der Mitte. Diese Lateralkante rundet sich bei älteren Ge- häusen gegen die Schlusswindung immer ab; gleichzeitig bildet sich eine flache subsuturale Depression aus. Die Zuwachsstreifen sind -förmig gekrümmt; sie bilden Falten, welche auf der lateralen Kante mehr oder weniger zu Knoten anschwellen. Die Basis ist abgeflacht, ungenabelt. Die Mündung gerundet-trapezoidisch., Bei einzelnen Exemplaren zeigt sich eine Längsstreifung. Es ist kaum zu bezweifeln, dass diese Coronaria ein Vorläufer der jüngeren Coronarien ist. Die eigenthümliche Sculptur der letzteren ist aber bei den Exemplaren der Marmolatakalke erst im Beginne der Ausbildung. Die Verschiedenheit von den Exemplaren der. Cas- sianer Schichten ist eine minimale und graduelle, so dass ein anderer Beobachter sie mit Cor. subcompressa zum Theil vereinigt hätte. Ueber die nächste Verwandtschaft der Gruppe „Coronaria“ bieten auch diese Gehäuse noch keinen Aufschluss. Es lagen nur 3 Gehäuse von der Marmolata vor. \ Genus Macrochilina. 112. Macrochilina ptychitica Kittl. Taf. VL, Fig. 29—30. Gehäuse langgestreckt, fast pfriemförmig. Der Gehäusewinkel beträgt etwa 25°. Die Nähte sind seicht vertieft. Der sichtbare Theil der oberen Windungen ist etwa so hoch wie breit; sie sind etwas gewölbt. Die Schlusswindung zeigt eine seichte, dachförmige De- pression gegen die Naht, sowie eine kaum merkliche, seitliche Ab- flachung. Die Basis ist hoch gewölbt, gegen die Nabelregion (was für Macrochilina meist charakteristisch ist) eingezogen. Die Mündung ist hoch mandelförmig, vorne rund, hinten winkelig. Die Zuwachs- streifen sind deutlich nach vorne convex. Der Nabel ist geschlossen. So charakteristisch der Habitus dieser Form für Macrochilina ist, so fehlt doch noch der Nachweis der Spindelfalten bei derselben. Aeusserlich ist Macrochilina ptychitica einer Form der Cassianer ‚Schichten, nämlich der Maeroch. inaequistriata Mstr, sp. sehr ähnlich ; 174 E. Kittl. [76] erstere entbehrt jedoch die charakteristische Sculptur der letzteren; wenn auch bei Maerochilina ptychitica mitunter die Zuwachsstreifen eine ähnliche Faltenbildung, wie bei M. inaeguistriata zeigen, SO er- scheint dieselbe doch nur ausnahmsweise und fehlt eine deutliche Längsgsstreifung gänzlich. Diese Form scheint unverändert mindestens bis in den oberen Muschelkalk hinabzureichen. Zahl der untersuchten Exemplare: von der Marmolata 10, Genus Telleria. E. Kittl, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian. III. Th. 113. Telleria antecedens Kittl. n. f. Taf. VI, Fie. 2728. Diese Form stimmt mit Telleria umbilicata der Cassianer Schichten sehr nahe überein. Es fehlt der Telleria der Marmolatakalke — so viel ich bisher beobachten konnte — jedoch die Längsstreifung gänz- lich und scheinen die sichtbaren Theile der oberen Windung relativ etwas breiter zu sein; endlich bleibt die ältere, hier betrachtete, Form etwas kleiner. Diese Unterschiede, obwohl leicht angebbar, sind wohl zum Theil nicht sehr wichtig, zum anderen Theile (wie das Fehlen der Längsstreifung) negativer Natur, d. h. es kann sich bei grösserem Beobachtungsmateriale zeigen, dass die Längsstreifung bei Telleria antecedens doch auch vorhanden war und nur zufällig (etwa wegen Ab- scheuerung der Gehäuse) nicht beobachtet werden konnte. Die Neubenennung der Form der Marmolatakalke wird daher einer Discussion unterliegen müssen, sobald neue Thatsachen bekannt werden sollten. Anzahl der aus den Marmolatakalken vorliegenden Gehäuse: 2. Cerithiidae. Von dieser Familie liegen zwei Formen von Promathildia vor, welche sich an Cassianer-Formen anlehnen mögen. 114. Promathildia rudis Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 31-33. (rehäuse spitz thurmförmig, mit winkeligen Umgängen (Gehäuse- winkel etwa 20°), vertieften Nähten. Die Jugendwindungen besonders, aber auch die grösseren Windungen besitzen eine relativ grosse, ab- schüssige Apicalseite als eine Folge der tiefen Lage der Lateralkante. Die Zuwachsstreifen sind schwach e-förmig gekrümmt, grob faltig ausgebildet und erzeugen auf der Lateralkante Knoten; eine Längs- seulptur ist kaum wahrnehmbar, am deutlichsten noch unter der [77] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 175 Lateralkante und auf der Basis. Die letztere ist gewölbt conisch, die Spindel vorgezogen, etwas gedreht. Ein Nabel fehlt. Die Mündung ist hoch rhomboidisch bis mandelförmig, hinten winkelig, vorne mit einer Art Ausguss versehen. Die Lateralkante trägt, meist in Jüngeren Wachsthumsstadien, einen schwachen Kiel, welchem mitunter auf der Basisseite ein weiterer noch schwächerer Kiel folgt. Die Faltenbildung zeigt sich am deutlichsten auf der Schlusswindung entwickelt. Von den Cassianer-Formen scheinen mir Prom. subcancellata Orb. und Prom. tyrsoecus Kittl am ähnlichsten zu sein: doch ist deren Sculptur viel reicher, besonders die Längssculptur, aber auch die Quersculptur ist weit entschiedener ausgebildet. Die Erhaltung der Gehäuse deutet auf starke Abscheuerung hin. Anzahl der von der Marmolata vorliegenden Exemplare: 10. 115. Promathildia Antonii Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 34. Gehäuse sehr spitz (Gehäusewinkel 10°) mit steilen, winkeligen Umgängen, tiefen Nähten. Die Umgänge tragen 4—6 verschieden kräftige Kiele. Der kräftigste liegt auf der Lateralseite, er springt am weitesten vor und trennt die concave Apicalseite von der ge- wölbten Umbilicalseite. Zunächst an der Naht erscheint ein sehr schwacher Kiel, dann folgt in einiger Entfernung der stark entwickelte Lateralkiel, endlich in mässigen Distanzen, durch breite Rinnen ge- trennt, 2—3 allmählich zurücktretende Kiele auf der Basis, unter- halb welcher Kiele die Basis wieder ausgehöhlt ist, indem die Spindel vorgezogen ist. Die Mündung ist hoch, oval. Die Zuwachsstreifen sind sehr deutlich, gerade. Diese Form gehört der Gruppe der Prom. bolina an, unter- scheidet sich jedoch von den Cassianer-Formen scharf, wenn man aus dem spärlichen Materiale der meisten Arten schliessen darf. Es liegt mir augenblicklich nur ein einziges Gehäuse von der Marmolata vor. Incertae Sedis. Zum Schlusse führe ich hier eine höchstwahrscheinlich zu Pur- puroidea gehörige Form an, so wie eine andere, für welche ich augenblicklich keinen passenderen Gattungsnamen finden konnte als Angularia. 116. Purpuroidea subcerithiformis Kittl n. f. Taf. VI, Fig. 35—36. Gehäuse spitz, fast thurmförmig (Gehäusewinkel 30°, jedoch auch bis auf 20° herabgehend). Anfangswindungen flach, stufig abge- setzt; die folgenden mit einer breiten, subsuturalen Rinne und einer darauffolgenden Längskante, welche mit dieken, getrennt stehenden Knoten besetzt ist. (8—9 davon entfallen auf einen Umgang.) Die Fi 9 176 R. Kittl. [78] Knoten sind nach abwärts (vorne) schwach verlängert, verlieren sich aber bei der schwachen Umbeugung des unter der Knotenreihe liegenden Gehäusetheiles. Der letztere ist ziemlich stetig gewölbt und begreift einen nach unten (vorne) conischen aber gewölbten Lateraltheil und die nur durch einen stumpfen Winkel davon trenn- bare, hoch gewölbte Basis Die Zuwachsstreifen sind fast gerade, die Mündung ist hoch mandelförmig (über zweimal so hoch als breit), hinten mit einem spitzen und daneben einem stumpfen Winkel an der Stelle, wo die supralaterale Kante mit der Knotenreihe die Mündung trifft, vorne mit schwachem Ausguss (?). Die Innenlippe ist verdickt, und lässt nur einen sehr engen Nabelritz frei. Die Spindel scheint hohl zu sein. Die Schlusswindung ist halb so hoch wie das Gehäuse. Die sichtbare Umgangshöhe ist etwa die Hälfte der Breite. An einen Exemplare sind Spuren einer schwachen, über die Knoten hinlaufenden Längsstreifung zu beoachten. Von den zwei Formen der Cassianer Schichten stimmt keine mit Purp. subeerithiformis vollständig überein, ähnlicher ist P. cerithiformis. Letztere zeigt jedoch schon eine Zone mit deutlicher Längsstreifung, welche ersterer in der Regel fehlt. Anzahl der untersuchten Exemplare von der Marmolata: 11. 117. Angularia praefecta Kittl. Taf. VI, Fig. 37—42. (rehäuse biconisch, mit spitzer Spira (Gehäusewinkel 30°), breiten ausgehöhlten Umgängen, welche einen lateralen, durch eine gerundete Kante gebildeten Kiel tragen, der den nachfolgenden Umgang über- rast. Nie erreicht die Naht den grössten Umfang des Kante, sie liegt unter dem Vorsprunge des Kieles des vorangehenden Umganges. Die Kante entsteht aus einer winkeligen Biegung des Gehäuses. Mitunter sitzen der Kante zwei schwache Kiele auf, welche in einiger Entfernung auf der Basis von einem. ähnlichen begleitet werden. Unterhalb schliesst sich die gewöhnlich stumpf-kegelige Basis an. Gegen die Mündung zu stellt sich die Basisfläche steiler auf. Der Umgangs- querschnitt, welcher bei mittleren Wachsthumsstadien fast quadratisch ist, wird gegen die Mündung reifer Gehäuse hoch rhomboidisch. Die Mündung ist mit einem schwachen Ausgusse versehen. Die Aussen- lippe ist einfach, gerade, die Innenlippe callös verdickt. Sie lässt meist die mehr oder weniger weite und tiefe Nabelöffnung frei. Bei reifen Gehäusen mit vollständig ausgebildeter Mündung überdeckt die Innenlippe die Nabelöffnung (siehe Figur 40). Die Zuwachsstreifen sind gerade, gegen die Mündung zu oft faltig ausgebildet. Häufig rückt der Schlusstheil des Gehäuses (!/„—'/; Umgang) aus seiner regulären Lage nach abwärts, also vom Kiele des vorangehenden Umsanges ab. Der Lateralkiel trägt in mittleren Wachsthumsstadien (in der Richtung des Kieles) längliche Knoten; sie sind meist nur stumpf und schwach ausgebildet. Der Apicaltheil zeigt mitunter schwache Querfalten, welche von den Knoten zur Naht laufen. Noch‘ seltener treten diese Falten auf die Basis über, wo sie aber die [79] Die triadischen Gastropoeden der Marmolata. 17% Nabelregion nicht erreichen. Betrachtet man die Spira von oben, so erscheint der Kiel als polygonal-gebrochene Spirale, bei den grossen Schluss-Windungen aber unregelmässig gekerbt. Die Basis zeigt mit- unter Andeutungen von breiten, spiralen (longitudinalen) Falten. Die Spindel ist hohl, vorne durch die Innenlippe z. Th. ge- schlossen. Diese Form gehört kaum genau zu jener Sippe, für welche Koken den Namen „Angularia“ aufstellte; die Charakterisirung der letzteren ist auch zu unbestimmt. wesshalb ich den Gattungsnamen hier nur provisorisch verwende. Die Variabilität dieser sehr häufigen Form ist nicht sehr gross; die Abbildungen verdeutlichen dieselbe aber wohl hinreichend. In den Kalken von Esino erscheint eine ähnliche Form: „Tro- chus“ Pasinii Stopp.; diese letztere ist aber durch eine Reihe von Merkmalen von A. praefecta unterschieden ’). Sucht man in der Cassianer Fauna nach Analogien für Angu- larıa praefecta, so wird man zunächst die von mir als Purpurina be- schriebenen Arten zu vergleichen haben. Keine besitzt eine so sehr hohle Spindel, auch die Seulptur ist fast stets ans schrägen oder etwas sekrümmten Querfalten gebildet, während bei Ang. praefecta nur kurze gerade Falten zu beobachten sind. Die Mündung und Innenlippe würden übereinstimmen. Uebrigens ist davon Purpurina pleurotomaria noch die der besprochenen Marmolata-Art am ähnlichsten erscheinende. Ich ver- mag augenblicklich nicht verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Cassianer Purpurinen und Angularia praefeeta anzunehmen. In zweiter Linie wäre Fusus nodosocarinatus Mstr. zu vergleichen; abgesehen von der kräftigen Längssculptur der letzgenannten Art, zeigt dieselbe schon einen deutlichen, wenn auch kurzen Mündungscanal, der bei Ang. praefecta noch fehlt. Ich würde hier lieber Beziehungen suchen, weil die Beschaffenheit der Zuwachsstreifung nicht dagegen spricht. Heute fehlen jedoch noch — eventuell vorhandene — Zwischenformen. Man ist daher vorläufig auf „Trochus“ Pasini allein angewiesen, um hier entwicklungsgeschichtliche Vorgänge zu verfolgen. Es hat bei- nahe den Anschein, dass die kleine Gruppe, deren Ursprung noch nicht geklärt ist, mit „Trochus“ Pasinü, der extremeren Form, ihr zeitliches Ende erreicht habe. Diese häufige Form liest mir von der Marmolata in über 80 Ge- häusen vor. Schlussbetrachtungen. Die im Vorangehenden aufgezählten und beschriebenen Formen erschöpfen keineswegs den Reichthum der Marmolatakalke an Gastro- poden; es blieb mir noch ein Rest zurück, der vorläufig wegen un- genügenden Materiales zurückgestellt wurde. !) Gehäusewinkel grösser, Gehäuse breiter, Spindelhöhle grösser. Reife Exemplare von Angularia Pasinii kenne ich nicht; die schon äusserst seltenen unreifen sind von jenen der Angularia praefeeta leicht zu unterscheiden. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 1. Heft. (E. Kittl.) 33 178 E. Kittl. [80] Es möge nun zunächst noch eine Tabelle der sämmtlichen Formen (mit Ausserachtlassung weniger unbedeutender Varietäten) folgen. In den Vergleichscolonnen bedeutet + das Auftreten derselben, das Erscheinen einer nahe verwandten Form. ©. D.M. bedeutet: Oberer Deutscher Muschelkalk. Die Nummerirung der Formen in der Tabelle stimmt mit jener überein, welche bei dem beschreibenden Theile angewandt wurde, so dass die Tabelle auch als Index verwendbar ist. = = Ss g = 3 | Sonstiges Sr = = a | \ s Marmolata Ba ® = S | Vorkommeit En > - = 2 | : | ı 1. Patella crateriformis m. -- _— == xl 2. crasseradiata m, — _ — — | 3. Sewrria petricola m. — m Sr mil 4. Worthenia Marmo’atae m. X = x x 5. hr supraornata m. x — > > 6. = apunctata m. | - > de en Plutonis m. ES | = —_ x 8. a indiffer Eens Mm. — — — x S sigar etoides m. .| — | — — xX 10. Pleur 'otomaria Maı garethaem. | — | _ — — JajR 5 Junonis m. . le — En 12. 5 Javisimi. _ — 13: r BEN EN RAEER ne.E — — 14. r mammifor- | | ER Te Pe — — 15. > tardemutata m, a I — 16. Stuorella antecedens m... .| — | — — x Klin infundibulum m. .| — | — — >< 18. 2 (?) eryptoschiza m. . | 4.8 19. Coelocentrus infra- carinatus m... = == > = 20. n eirridioides m... | — = — x? 21. Eunemopsis praecurrens m... — — GG x 22. Scalaria triadica m. . — | — = — 23. n eircumnodosa m. . = rn =; x 24. Neritopsis Waageni Laube —_— | — — u 25. > cf. armata Mstr. _ = — | 26. o bicarinata m. at A _ — | 21. distineta m. en — = 28. Delphinulopsis glabrata - Pe m = +?| 29. - binodosa Mstr. — | — +?|I| + | 30. 5 vernelensis m. | — = er x 31. r singularis m. — —_ _ X 32: tuberculata m. — — -- x 33. Cry yptonerita elliptica m. ı +? | + +71 xX2 34. Frrotonerita caleitica m. xl s=E > — 35. = candida m. . — | — > _ 36. = subcandida m. rer _ —a 87. 5 exposita m... — | +-| + — | 38. e incisa m. . — | + _ — | 39:2 Pay subineisa m. — | 4 _ — | \oe. E a \e3. or et 266. Die triadischen Gastropoden der Marmolata. Marmolata Alpiner Muschelkalk .„ Protonerita calculus m. . » ” otomorpha ın. ingrandita m. conomorpha m. 3 Trachyner ita fornoensis m. Stabilei? Hauer nodifera m. . depressa m. Naticopsis (Fedaiella) „ ii; 49a. ® » ) » » cuecensis Mojs. . (Hologyra) declivis m. (Hologyra) declivis var. conoidea . (Hologyra) terza- dica Mojs. . (Marmolatella) _ applanata m. (Marmolatella) stomatia Stopp. (Marmolatella) planoconvexa m. (Marmolatella) ingens m. . (Mar molatella) implieata m... Naticopsis (?) neritina Mstr. » pseudoangusta m. sublimnei- Formis m. laevissima m. . rectelabiata m. 61. Naticella striatocostata Mstr. [62. Prostylifer paludinaris Mstr, Turritella Bernardi m. Loxonema tenuis Mstr. . E arctecostata Mstır, insocialis ın. . Neptunis m. . invariabilis ın. Kokeni m. n Dadularia scalata Schloth. » S » ei RTERR ca lietor Stopp. . brevissima m. . transitoria m. . (Protorcula) obli- | quelineata m. inconstans m. Hylas m. eonica Mstr. . crassa Mstr. . cochlea Mstr. Medea m. Latemar I++++ 14 , | = = nn - 1 E & Sonstiges I es) Vorkommen | 5 x x a X \n3 x — ||Raibl. + X ar Zi — || Mte. Spizze? - —. | Dont. x X | Terzadia. U nn x > =. 5 Zr I x? ee | Sn gr er x 1 =, + | — | + x x es xı x X | [d. Schlern. +? | — X Raibl. Sch. = =#105D.M: a7 war _- — 0.D.M. er: NE, 44 a I ul 23% 179 180 E. Kittl. [82] E | | 54 | | s5| 8 a ERS | at: |.3® = = £ Sonstiges |- er | =3 = = ö | Vorkommen (= 7) => 0 et 2 81. Coelostylina Sturi m. . . . = = _ 4 32. 2 irritata m. : + — + — 83. > Bacchus m. _- — — — 34. ® exornata m. . — — +?i — 85. = retracta m... .| — _ - x 36. n Heeri m.. ..| — S. = en 87. 5 Beyeri m. 1. — _ — 88. > fedaiana m. . — u 2 + 89. „ pachygaster m. — _ = | — 90. > turritel- laris Msir. .| — | _ +?! + 91. Pseudomelania subsimilis m. _- _ — .- 92. E (Oonia) subtor- ulis Msir. „| — — — — 93. = (Oonia) | ovula m. . .| — — u 94. > (Oonia) cf. | similis Mstr. —_— |) | — — ' 95. Rhabdoconcha conoidea m... — — —- — \ 96. Euchrysalis fusiformis Mstr. — = = no 97. = (Coelochr'ysalis) excavata m.. | — — x — 98. > (Coelochrysalis) tenuica- | rinata m.. .| — + > —_ 99, „ (Coelochrysalis) cf. megaspira Stopp. . - a == -- +? 17. — 100. Eustylus loconemoides m. Wer: _ = u | 101. = curretensis m. A TE e- + | 102. = triadicus m. . . .| — — — 4 103. a ef. semiglaber Mstr. \ — — _ ir 104. R Konincki Mstr. —_ -- +? + 105. = minor m. a _ — = 106. Spirostylus rectroscalatus m. | ee x2un | 107. £ subcolum- naris Mstr..|\ — — — 4 | 108. a subcontractus m. — _ — win 109. Orthostylus Fuchsi Klipst... — | — | = 110. Hypsipleura cf. subnodosa | Küpst.....| — — | - 38 63 |ı11. Coronaria cf. subcom- pressa m. . BR. = +? | eh 112. Macrochilina ptychitica m... — = = x 113. Telleria antecedens m... ee N 114. Promathildia rudis m. MI — 4 X 115. 5 Antonin. a se) ee 116. Purpuroidea subeerithi- | |» | Formis m. | ze = Kr 117. Angularia praefeta m... — — 4 — Gemeinsame Formen .. | 6 17 18 25%) Ze Verwandte Formen . . . ie) — 20 38 Zusammen. ..\, 125 17 38 | 64 [83] Die triadischen Gastropoden der Marmolata. 181 Diese Tabelle der 117 Marmolata-Gastropoden erheischt dringend eine Interpretation. Die gewonnenen Schlussziffern zeigen keineswegs einen Verwandtschaftsgrad an, weil: 1. Die alpinenMuschelkalk-Gastropoden noch nahezu unbekannt sind, ich daher dieselben nur in sehr geringem Masse berücksichtigen konnte. 2. Die Fauna der Latemarkalke bisher noch relativ arm an Arten ist. Sämmtliche bekannten Formen (17) sind in der Marmolatafauna enthalten. Es bestätigt das die bisher angenommene Aequivalenz der Marmolatakalke mit den Latemarkalken. 3. Bei der Fauna von Esino ich wegen der bekannten Noth- wendigkeit einer Revision mit Identificirungen sehr zurückhaltend war; aber die vorgenommenen Vergleiche zeigten mir, dass eine Gleich- alterigkeit der Fauna von Esino mit jener der Marmolata nicht ange- nommen werden kann. Verwandt und faciell sehr ähnlich sind beide allerdings. Gehören die Esinokalke zu den Wengener Schichten, so sehören die Marmolatakalke nicht dazu. Ob sie nun aber älter oder jünger sind, soll an der Hand der aus der Untersuchung der Gastro- poden gewonnenen Resultate noch weiter besprochen werden. 4. Die Cassianer - Fauna bezüglich der Gastropoden nicht nur an sich die reichste aller alpinen Trias-Fundstellen, sondern auch am besten bekannt ist. Die Identität von 26 Arten, die Verwandtschaft mit weiteren 38 Arten will unter diesen Umständen nicht viel bedeuten. Dazu kommt die räumliche Beschränktheit der Cassianer Schichten; in einem relativ doch engen Gebiete Südtirols sind sie bekannt und fehlen sonst in derselben Facies, weshalb es sehr schwierig ist, deren Aequivalente genau zu ermitteln. Trotz der grössten Zahl gemeinsamer Formen darf man die Cassianer Schichten doch nicht den Esinokalken gegenüber als zeitlich näherstehend betrachten. Unter diesen Verhältnissen wird man einzelnen Formen, die auftreten oder fehlen, sowie namentlich den wenigen anscheinenden Mutationsreihen mehr Gewicht beilegen müssen, als man das sonst wagen würde. Ich hebe nur einige diesbezügliche auftallende Thatsachen hervor: l. Das Erscheinen von Undularia scalata und U. transitoria, charakteristischen Formen des oberen deutschen Muschelkalkes. Es mögen sich noch manche andere Arten des deutschen Muschelkalkes in den Marmolatakalken vorfinden; doch war ich bisher nicht in der Lage, das genauer zu ermitteln. 2. Das Vorhandensein anscheinender stetiger Mutationsreihen bei Trachynerita, Marmolatella, Spirostylus, Purpuroidea, Angularia ete. 3. Die Ersetzung vieler im den Faunen von Esino und St. Cassian erscheinender Formen durch ähnliche, aber eben verschiedene in den Marmolatakalken. Aus diesen Umständen ist zu ersehen, dass auch die Gastropoden der Marmolatakalke auf ein höheres Alter gegenüber den Wengener Schichten ’) hindeuten, da erstere als jünger nicht angenommen werden ') Scheidet man aus den Wengener Schichten die Marmolatakalke und ähnliche aus, so erübrigen solche Schichten (das sind die hier gewöhnlich als „Wengener \ n . * ” . . .. Schichten“ bezeichneten), deren Fauna jener der Cassianer Schichten viel näher steht. 182 E. Kittl. ° [34] können. So ergeben sich denn die Marmolatakalke als ein faunistisches Mittelglied zwischen dem alpinen Muschelkalke und den Wengener (und Cassianer) Schichten. Es würden, soweit es bis heute bekannt ist, auf- einander von unten nach oben folgen: l. Oberer Muschelkalk. 2. Buchensteiner Schichten. 3. Marmolatakalke. 4. Wengener Schichten. 5. Cassianer Schichten (mit beschränkter Verbreitung). “6. Raibler Schichten. Ich vermuthe, dass 2 und 3 zusammen eine faunistische Einheit bilden, welche durch eine Reihe von charakteristischen Gattungen und Arten ausgezeichnet ist. Es bleibt allerdings fraglich, ob man bei der Terrain-Aufnahme eine solche Gliederung durchführen kann. Die palaeontologischen Thatsachen, welche dafür sprechen, wird man aber nicht ausser Acht lassen dürfen. Die in der Einleitung dargelegte Anschauung über die faunistische Bedeutung der Marmolatakalke erscheint somit durch die Untersuchung der Gastropoden mehr oder weniger bestätigt. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder llollinek, Wien, IIl., Erdbergstrasse 3. mod: . 30-31. . 32. Den Vergrösserungen sind die betreffenden Verhältnisszahlen beigefügt. Sämmtliche Originale befinden sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum . Patella erateriformis Kitt! n. f. Marmolata. pag. 111. . Seurria petricola Kittl n. f. Marmolata. (Fig. 4 Steinkern.) pag. 111, . Worthenia Marmolatae Kittl n. f. Marmolata. pag. 112. . Pleurotomaria Junonis Kittl! n. f. Marmolata. pag. 114. Erklärung zu Tafel I. Patella crasseradiata Kitt! n. f. Marmolata. pag. 111. Worthenia supraormata Kittl n. f. Marmolata. pag. 112. Worthenia apunctata Kittl n. f. Marmolata. pag. 112. Worthenia Plutonis Kittl n. f. Marmolata. pag. 113. Worthenia indifferens Kittl n. f. Marmolata. pag. 113. Worthenia sigaretoides Kittl n. f. Marmolata. pag. 113. Pleurotomaria Leda Kittl n. f. Marmolata. pag. 115. Pleurotomaria Jovis Kittl n. f. Marmolata. pag. 115. Stuorella antecedens Kittl n. f. Marmolata. pag. 116. Stuorella infundibulum Kittl n. f. Marmolata. pag. 116. Stuorella (?) eryptoschiza Kittl n. f. Marmolata. pag. 117. Pleurotomaria tardemutata Kittl n. f. Marmolata. pag. 116. Euomphalus eirridioides Kitt! n. f. Marmolata. pag. 117. Coelocentrus infracarinatus Kittl n. f. Marmolata. pag. 117. Pleurotomaria mammiformis Kittl n. f. Marmolata. pag. 115. Eumnemopsis praecurrens Kittl n. f. Marmolata. pag. 118. Scalaria triadica Kittl. Marmolata. pag. 119. Scalaria ceircumnodosa Kittl n. f. Marmolata. pag. 119. Neritopsis Waageni Laube. Marmolata, pag. 122. Neritopsis cf. armata Münster. Marmolata. pag. 122. Neritopsis bicarinata Kittl n. f. Marmolata. pag. 122. Neritopsis distineta Kitt! n. f. Marmolata. pag. 123. "B. . - E. Kittl: Trias -Gastropoden von der Marmolata. Taf I u ; A.Swoboda n.dNat gezulith. LitlıAnst v.Th.Bannwarth,Wien. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlaßderkk.Geologischen Reichsanstalt,Wien.Ill.Rasumoffskygasse 23. Li; >; BrSE Tafel I. ER ER SER r Die triadischen Gastropoden der Erklärung zu Tafel II. Fig: Al: Delphinulopsis glabrata Kittl n. f. Marmolata. pag. 124. Fig. 2. Delphinulopsis binodosa Mstr. sp.-Marmolata. pag. 124. Fig. 3—9. Delphinulopsis vernelensis Kittl n. f. Marmolata. Der Pfeil bei Fig. 4 weist auf die vordere Resorptionsgrube. pag. 124. Fig. 10. Delphinulopsis esinensis Kittl n. f. Esino. Die Daraufsicht zeigt in der Apicalregion die Resorption der Innenwand, welche nur so weit erhalten ist, wie das auf dem Steinkern sitzende Schalenfragment. pag. 125. Al: Delphinulopsis singularis Kittl n. f. Marmolata. pag. 125. a Delphinulopsis tubereulata Kittl n. f. Marmolata. pag. 126. . 13=17. Cryptonerita_elliptica Kittl n. f. (n. g.) Marmolata. Fig. 17 zeigt die freigelegte Innenlippe. pag. 126. . 18-22. Protonerita caleitica Kittl n. f. (n. g.) Marmolata. Fig. 20. Exemplar mit ausnahmsweise auftretendem Innenhöcker der Imnenlippe. Fig. 22. Steinkern mit den Resorptionserscheinungen. pag. 129. . 28. Protonerita candida Kittl n. f. Marmolata. pag. 130. Be Protonerita subcandida Kittl n. j. Marmolata. pag. 130. 28. Protonerita exposita Kitt! n. f. Marmolata. pag. 130. . 26-29. Protonerita subineisa Kitt! n. f. Marmolata. pag. 131. . 30-31. Protonerita ineisa Kittl n. f. Marmolata. pag. 131. Sämmtliche Originale befinden sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum. E. Kittl: Trias - Gastropoden von der Marmolata. Tafıt. A.Swoboda n.dNat gez.nlith. LitLAnst.v. Th. Bannmwarih,Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagder kk.Geologischen Reichsanstalt,Wien.Il.Rasumoffskygasse 23. bi A M 4 : TR > Die triadischen Gastropoden der Marmolata. \ Tr d Erklärung zu Tafel III. Protonerita ingrandita Kittl n. f. Marmolata. pag. 132. 1 Pig. 2. Protonerita caleulus Kitt! n. f. Marmolata. pag. 131. Fig. 3—5. Protonerita otomorpha Kittl n. f. Marmolata. Fig. 4. Steinkern-Präparat. . pag. 132. Fig. 6—7. Protonerita conomorpha Kittl n. f. Marmolata. pag. 132. Fig: 8 Naticopsis (Marmolatella subgen. nov.) implicata Kittl n. f. Marmolata. 146. Fig. IZik Tree fornoensis Kittl n. f. (g. n.) Marmolata. pag. 134. Fif. 12. Trachynerita fornoönsis Kittl n. f. Mezzovalle bei Fleims. pag. 134. Fig. 13. Trachynerita Stabilei (?) v. Hauer sp. Marmolata. pag. 135. Fig. 14. Truchynerita Stabilei (?) v. Hauer sp. Latemar-Gebirge. pag. 135. Fig. 15-16. Trachynerita nodifera Kitt! n. f. Marmolata. pag. 136. Fig.-17. Trachynerita depressa M. Hörnes sp. (var.) Esino. pag. 137. Fig. 18. Naticopsis pseudoangusta Kittl n. f. (var.) Marmolata. pag. 147. Fig. 19-21. Naticopsis pseudoangusta Kittl n. f. (forma typ.) Marmolata. pag. 147. Fig. 22, Naticopsis psendoangusta Kit! n. f. (jwv.) Marmolata. pag. 147. Fig. 23—26. Naticopsis sublimneiformis Kittl n. f. Marmolata. pag. 147. Fig..27: Naticopsis laevissima Kittl n. f. (var.) Marmolata. pag. 148. Fig. 28-29. Naticopsis laevissima Kitt! n. f. Marmolata. pag. 148. Das Original zu Fig. 14 befindet sich in der Sammlung der k. k. geolo- gischen Reichsanstalt, jene der übrigen Figuren im k. k. naturhistorischen Hof- museum. E. Kittl: Trias- Gastropoden von der Marmolata. Taf. A,SwobodandNa t.gezulith. Lith.Anstv. Th.Bannwarth,Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagder kk.Geologischen Reichsanstalt Wien Ill. Rasumoffskygasse 23. Tafel AV. r der Marmolat Die triadischen Gastropoden rs x : Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 1—3. Naticopsis (Marmolatella subgen. nov.) planoconvexa Kittl n. f. forma 4. 5. 6—8, Naticopsis (Marmolatella) applanata Ki!tl n. f. forma ty ypiea. Marmol: 3 10—14. Naticopsis (Hologyra) declivis Kittl n. f. Marmolata. pag. 140. Fig. 15-16. Naticopsis (Hologyra) declivis Kittl n. f. var. conoidea. Marm pag 17-18. Naticopsis (Hologyro) terzadica Mojs. sp. Marmolata. pag. 141. Sämmtliche Originale befinden sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum. Erklärung zu Tafel IV. typica. Marmolata. pag. 144. Naticopsis (Marmolatella) planoconvexa Kittl n. f. var. Marmola ag. 144. Naticopsis (Marmolatella) applanata Kittl n. f. var. oculata. Marmola ag. 144. ag. 143. Naticopsis (Marmolatell«) stomatia Stopp. sp. Marmolata. pag. 144. ag. 141. E. Kittl: Trias- Gastropoden von der Marmolata. N SwobodanıdNat gezulith, . LitlıAnstv. Th.Bannwarth,Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagderkk.Geologischen Reichsanstalt Wien Il. Rasumoffskygasse 23. ar iadischen Gastropoden der Marmolata. Erklärung zu Tafel V. 1-—2. Naticopsis (Fedaiella) ceuccensis Mojs. sp. Marmolata. pag. 139. 3. Loxonema tenuis Mstr. sp. Marmolata. pag. 151. 4 u.6. Loxonema insoeialis Kittl n. f. Marmolata. pag. 151. 5. Loxonema arctecostata Mstr. sp. Marmolata. pag. 151. T. Loxonena Neptunis Kitt! n. f. Marmolata. pag. 151. 3-10. Undularia scalata Schloth. sp. Marmolata. pag. 153. sl; Undularia transitoria Kittl n. f. Marmolata. pag. 155. 12 Undularia brevissima Kittl n. f. Marmolata. pag. 154. 13—14. Undularia (Protorcula) obliquelineata Kittl n. f. Marmolata. pag. 155. 15—19. Coelostylina irritata Kitt! n. f. Marmolata. pag. 159. Den Vergrösserungen sind die betreffenden Verhältnisszahlen beigefügt. Sämmtliche Originale befinden sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum. u re Ye ai bh - Du E. Kittl: Trias- Gastropoden von der Marmolata. Taf \. A.Swoboda n.d.Nat gez.u.lith. Iath.Anst.v. Ih Bannwarth,Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagder kk.beologischen Reichsanstalt,Wien.IIl.Rasumoffskygasse 253. Tafel Vi. Die triadischen Gastropoden der Marmolata. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 1. Heft. (E. Kitt].) 25 . Coelostylina fedaiana Kittl n. f. Marmolata. (Fig. 10. var. semigradata). . Coelostylina Heeri Kitfl n. f. Marmolata. pag. 162. . Euchrysalis (Coelochrysalis) tenuicarinata Kittl n. f. Marmolata. pag. 168. . Coronaria subeompressa Kittl Marmolata. pag. 173. . Ielleria antecedens Kittl n. f. Marmolata. pag. 174. . Maerochilina ptychitica Kittl n. f. Marmolata. pag. 173. . Promathildia rudis Kittl n. f. Marmolata. pag. 174. . Purpuroidea subeerithiformis Kittl n. f. Marmolata. pag. 175. . Angularia praefecta Kittl n. f. Marmolata. pag. 176. Den Vergrösserungen sind die betreffenden Verhältnisszahlen beigefügt. Sämmtliche Originale befinden sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum. Erklärung zu Tafel VI. Pleurotomaria Margarethae Kittl n. f. Marmolata. pag. 114. Loxonema invariabilis Kittl n. f. Marmolata. pag. 152. Loxonema Kokeni Kittl n. f. Marmolata. pag. 152. Spirostylus subcolumnaris Mstr. sp. Marmolata. Mundrand-Exemplar. ag. 172. Coelostylina retracta Kittl n. f. Marmolata. pag. 161. Coelostylina inconstans Kittl n. f. Marmolata. pag. 157. e. 163. Ober Bad fedaiana Kittl n. f. (var. ventrosa) Marmolata. pag. 163. Spirostylus retroscalatus Kitfl n. f. Marmolata. pag. 171. Coelostylina erornata Kittl n. f. Marmolata. pag. 161. Coelostylina Reyeri Kittl n. f. Marmolata. pag. 163. Euchrysalis (Coelochrysalis) ercavata Kitt! n. f. Marmolata. pag. 167. Euchrysalis (Coelochrysalis) ef. megaspira Stopp. sp. Marmolata. pag. 168. Rhabdoconcha conoidea Kitt! n. f. Marmolata. pag. 166. Turritella Bernardi Kittl n. f. Marmolata. pag. 149. Promathildia Antoni Kittl n. f. Marmolata. pag. 175. E. Kittl: Trias-Gastropoden von der Marmolata. TafVl. \.Swoboda n.dNatger.u.lith Lith.Anstv. Th.dannwarth Wien. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagderkk6eologischen Reichsanstalt,Wien.IIl.Rasumoffskygasse 23. Zur Erinnerung an. Dionys. Se ER i Kammerbühl und Eisenbühl, die’ nn ee rer "Böhmen, Von Ernst Proft, ‚Mit. 8 Hiokoiypich | m Tabae die“ ‚palaeozoische teilung.) : Von A. &. Nath Ort in Sto: kholm " Die ER EINN ‚Gastropoden der Marmolat in den weissen. er ee No Ausgegeben. am 15. Juni 1894, JAHRBUCH DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN ERILOGSCHEN REICHSANSTALF i as SS eh Ei n PA == as = \ N u Pr. u. 4 —. ‘ Ep Rz, . N Ale ; . N. a > , fi - os u \ Ad dan ce YRATIS 4 n JAHRGANG 1894. XLIV. BAND: 2. Heft. Mit Tafel VL. Wien, 1894. Verlag der k.k. Geologischen Reichsanstalt, J) re Re 2% Br In Comminsion, We R. Lechner (Wilh; Müller), k. u. k. Hofbuehhandlung, he “er Graben 31. Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. Eine Entgegnung an Herrn C. M. Paul. B, I; Von Dr. Victor Uhlig. Be, ag e. (Mit zwei Zinkotypien im Text.) Herr Bergrath C. M. Paul hat vor Kurzem einen Aufsatz „Ueber das Südwestende der Karpathen - Sandsteinzone (Marsgebirge und Steinitzer Wald in Mähren)“ ') veröffentlicht, welcher nicht nur das im Titel angegebene Gebiet behandelt, sondern anhangsweise auch eine Art Schlusswort (l. ec. pag. 247—256) zu seinen nunmehr be- endeten geologischen Aufnahmen der karpathischen Sandsteinzone enthält. Herr "Bergrath Paul blickt auf eine stattliche Reihe von "Aufnahmsjahren im Karpathensandstein zurück. Seit dem Jahre 1867 bemüht sich Herr Paul fast unausgesetzt um die Gliederung dieser einförmigen Ablagerung und er hat. dieselbe in den verschiedensten Theilen der Karpathen, in der Arva, im Zempliner, Ungher und -Saroser Comitat, in der Bukowina, in Öst-, Mittel- und Westgalizien, ‚in Schlesien und Mähren kennen zu lernen Gelegenheit gehabt. E Ein Rückblick am Ausgange einer so langen, demselben Gegen- ‚stande gewidmeten Forschungsperiode wird Jedermann begreiflich, ‚ja sogar sehr erwünscht erscheinen, wenn auch Inhalt und Umfang dieser Schlussworte mit der Grösse des Gebietes, der Bedeutung des Gegenstandes und der Forschungsdauer wohl nicht im richtigen Ver- ‚hältniss stehen. Nebst der von Her Paul schon wiederholt gegebenen Versicherung, dass die von ihm in der Bukowina aufgestellte Gliederung ‚der Karpathensandsteine auch heute noch feststeht, läuft sein Schluss- wort auf eine heftige Polemik gegen gewisse Anschauungen hinaus, velche über karpathische Bildungen von mir veröffentlicht sind. | Die Angriffe des Herrn Paul lassen sich in zwei Gruppen fingen. Sie richten sich erstlich gegen meine Auffassung der soge- annten Klippenhülle und der tektonischen Bedeutung des südlichen - 1) Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt, Wien 1893. 43. Bd., Heft 2, pag. 199. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (V. Uhlig.) 236 184 V. Unhlig. [2] Klippenbogens und zweitens betreffen sie die Stratigraphie der Karpathensandsteine nördlich vom Klippenzuge. Dieser zweite Theil seiner Polemik stellt sich in jeder Beziehung als eine Fortsetzung, vielmehr Wiederholung der im Jahre 1888 gegen mich gerichteten und von mir nicht beantworteten Angriffe dar. Es war ursprünglich meine Absicht, am Schlusse meiner „Ergebnisse geologischer Auf- nahmen in den Karpathen“ der Polemik des Herrn C. M. Paul zu begegnen. Da aber eine rasche Beendigung dieser Publicationsreihe in Folge unvorhergesehener Hindernisse in nächster Zeit noch nicht zu gewärtigen ist, ein weiteres Schweigen meinerseits aber Miss- dleutungen veranlassen könnte, ziehe ich es vor, meine Erwiederung den Fachgenossen schon jetzt zu unterbreiten. 1, Ich gehe zunächst auf die Streitfragen betreffs der Klippen- zone ein. Herr Bergrath Paul behauptet, dass in der südlichen Klippenzone eine Discordanz zwischen den jurassischen Gesteinen der Klippen und dem Neocom vorhanden sei, dass das Neocom die Klippen mantelförmig umhülle und in die sandig-schieferigen Bildungen der sogenannten Klippenhülle übergehe. Ich dagegen habe gefunden, dass das Neocom mit dem ÖOberjura so untrennbar verbunden ist, dass es nicht einmal kartographisch mit einiger Consequenz ausge- schieden werden kann, dass es einen integrirenden Bestandtheil der Klippen selbst bildet, dagegen von der schieferig-sandigen Klippen- hülle überaus scharf getrennt ist. Letztere betrachte ich mit D. Stur als obercretaeisch!). Bergrath Paul stützt seine Anschauung auf das von F. v. Hauer im Jahre 1859 beschriebene Profil von Ujak?) und auf eigene Beobachtungen in der Arva°). | Hinsichtlich des Profils von Ujak kann ich im Grunde nur wiederholen, was ich bereits in meiner Arbeit über den pieninischen Klippenzug*) gesagt habe und was auch Herr Paul theilweise eitirt. Ich eonstatire also nochmals, dass eine bankweise Wechsellagerung des Kalksteines mit Aptychus Didayi mit den Sandsteinen und Schiefern der Hüllschichten nicht besteht. Die neocomen Hornsteinkalkpartien, welche 2—3 Meter im Durchmesser haben, keilen rasch aus, ohne die untere Partie des Aufschlusses zu erreichen. Wenn Herr Berg- rath Paul bemerkt, dass man sich die „Einlagerung kalkiger Partien in einem sandigen oder mergeligen Complex in der Regel als eine linsenförmige“ (l. e. pag. 251) vorstellt, so ist dagegen hervorzuheben, dass man bei einer derartigen, ob nun schon linsen- oder bankförmigen Einlagerung vor Allem eine stoffliche Continuität zu erwarten be- rechtigt ist, in dem Sinne, dass mindestens an der Grenze von Kalk und schieferigem Sandstein eine Spur des einen Materials in das andere übernommen wird. Davon ist aber an den aufgeschlossenen Stellen > ') Ein beträchtlicher Theil der Klippenhülle ist alttertiär, wie schon G. Stache erkannt hat, doch ist dies hier zunächst belanglos. "2 ?) Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1859, 10. Bd., pag. 417. ®) Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1368, 18. Bd., pag. 201—247. *) Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1890, 40. Bd., pag. 738, 780, 781. % & | [3] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 185 niehts zu bemerken, mit der grössten Schärfe schneidet der hellgraue oder weisse Hornsteinkalk an den sandig-schieferigen Bildungen ab. Ueberdies haben die Neocomkalke nicht die Form von auskeilenden Linsen, sondern sie bilden ziemlich unregelmässig gestaltete Massen. Nachdem nun in Ujak der Neocomkalk weder bankweise noch in deutlicher Linsenform vorkommt, nachdem ferner keine stoffliche Continuität zwischen schieferigem Sandstein und Kalkstein, sondern im Gegentheil zwischen beiden eine scharfe Grenze vorhanden ist, behaupte ich, dass dem von Bergrath ©. M. Paul so gern angerufenen Profil von Ujak keine Beweiskraft für die Ansicht vom neocomen Alter der Klippenhülle innewohnt. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum die Kalkmassen von Ujak nicht einfach eingeschlossene Blöcke sein sollten, (soge- nannte Blockklippen), wie so viele andere in der Klippenzone. Ja, wenn noch ein derartiges Vorkommen in der Klippenzone unbekannt wäre! Aber bekamntlich trifft ja das gerade Gegentheil zu; Blockklippen gehören zu den gewöhnlichen, für die Klippenzone besonders bezeich- nenden Erscheinungen. Wenn Herr Paul die Genügsamkeit in der Beweisführung so weit treibt, dass er aus dem Vorhandensein kleiner Kalkmassen in einem sandig-thonigen Complexe, ohne bankweise Wechsellagerung, ohne stoftlichen Uebergang einen vollgiltigen Beweis für die gleich- zeitige Ablagerung beider Bildungen ableitet, dann gelangt er zu eigenthümlichen Consequenzen. Herr Paul scheint darüber nicht ernsthaft nachgedacht zu haben, obwohl ich darauf (l. e. pag. 781) klar und bestimmt hingewiesen habe. Er wird einfach auf den Stand- punkt von Pusch und Zeuschner zurückgeführt, welche die Klippenkalke ebenfalls als Einlagerungen im „Karpathensandstein“ betrachtet und daher letzteren als jurassisch angesprochen haben. In der That, es besteht nicht der mindeste Unterschied zwischen dem Auftreten der Kalkblöcke von Ujak und dem der übrigen Diminutiv- und Blockklippen und was in Ujak recht ist, wo eine solche Blockklippe Aptychus Didayi führt, muss auch da billig sein, wo die Blockklippen aus jurassischem Horn- steinkalk, Czorsztynerkalk, aus Dogger-Crimoidenkalk oder Opalinus- Mergelschiefer bestehen. Deshalb war mein Hinweis auf die Localität Szlachtowa durchaus nicht belanglos, wie Herr Paul meint. Viel mehr, als in Ujak, macht der jurassische, aptychenführende Hornsteinkalk in Szlachtowa den Eindruck einer Einlagerung, ohne es aber in Wirk- lichkeit zu sein (vergl. meine Arbeit, Jahrbuch 1890, 40. Bd., pag. 712, Fig. 43). Niemand wird in Abrede stellen können, dass die Hornstein- kalkmasse c c‘ der eitirten Abbildung ınit grossen punctirten und imbricaten, oberjurassischen Aptychen, mit ihren, dem Fallen der schieferig-sandigen Hüllbildungen gleichgerichteten Schichten als regel- mässige Einlagerung genommen werden könnte, wenn nicht aus den übrigen, kleineren Einschlüssen die Blocknatur derselben hervorginge. In Ujak sind aber die Verhältnisse für die Annahme einer organischen Einlagerung der Kalkmassen noch viel ungünstiger, denn es handelt sich daselbst nicht um eine scheinbar regelmässig zwischen Sandstein und Schiefer der Klippenhülle gleichsinnig gelagerte, den Wandauf- 26* 186 V. Uhlig. [4 schluss von oben bis unten durchziehende Masse, sondern lediglich um 2—3 Meter messende, rundliche Blöcke. Man wird hieraus er- sehen, wie wenig Herrn Paul’s überlegener Ton am Platze ist. Nun ist aber Szlachtowa nicht etwa der einzige Punkt, wo man die Schiefer der Klippenhülle gleiehsinnig unter Jurakalke oder -Schiefer einfallen und dieselben ebenso gleichsinnig überlagern sieht. Ganz im Gegentheil! Diese Art der Lagerung ist geradezu die Regel bei Diminutivklippen. Ich muthe ja Herm Bergrath Paul nicht zu, meine Detailbeschreibung der Klippenzone zu lesen, aber die knappen Schlussfolgerungen hätte er immerhin berücksichtigen können. Dies ist, da er mich angreift, gewiss kein unbilliges Verlangen. Hier heisst es im Capitel „Tektonik der Klippenhülle“ (1. e. pag. 800[242]): „Wo jedoch Klippen von gestreckter, schmaler Form vorliegen, wie dies bei dem Reihentypus der versteinerungsreichen Facies und bei der Hornsteinkalkfacies meist der Fall’ ist, ist diese Discordanz (nämlich zwischen Klippen und Hülle) in der Natur oft nicht nur nicht ersichtlich, sondern man beobachtet viel häufiger eine vollkommene Coneordanz zwischen dem Klippenmaterial und der Hülle. Man sieht nicht selten die Hüllschichten unter den Klippenkalk gleich- förmig einfallen und denselben auch gleichförmig überlagern. Es ist daher wohl begreiflich, dass die älteren Beobachter ursprünglich die Klippenkalke als Einlagerungen betrachtet haben.“ | Ferner hätte Herr Paul wohl auch wenigstens einen Blick auf die von mir gegebenen Durchschnitte werfen können, welche bequem zu übersehen gestatten, was der Autor beschreibt, und er hätte dann gefunden, dass häufig Czorsztynerkalke, Urmoidenkalke oder ein Ver- band beider, in einer Mächtigkeit von oft nur 2—3 Meter regelmässig zwischen gleichsinnig gelagerten Hüllschiefern eingeschaltet sind (ich erwähne nur 1. c. Fig. 10 pag. 617, Fig. 19 pag. 633, Fig. 20 pag. 635, Fig. 21 pag. 640, Fig. 40 pag. 697) und er hätte hieraus schliessen können, welche Beweiskraft der Einschaltung für die Annahme gleich- zeitiger Bildung im Klippenterrain zukommt. Ich glaube also mit vollem Recht sagen zu können, dass Bergrath Paul in die Fussstapfen von L. Zeuschner tritt, wenn er das Vorhandensein einer Kalkmasseim- Schiefer als vollgiltigen Beweis für die gleichzeitige Bildung beider ansieht. Auch L. Zeuschner verharrte seiner- zeit unentwegt auf seinem Standpunkte und die Wissenschaft ist über ihn zur Tagesordnung übergegangen. Dasselbe wird mit Naturnoth- wendigkeit auch bezüglich der Ansichten des Herrn Paul geschehen. Die behandelte Frage lässt sich übrigens auch von einem anderen Gesichtspunkte aus beleuchten. Der Hornsteinkalk ist ein pelagisches Radiolarien- und Foraminiferensediment, dessen Bildung von allen Forschern ausnahmslos in die Tiefsee, in Tiefen von 1000 Faden und darüber verlegt wird, in Gebiete, in welche wenig oder gar kein mechanisches Sediment hingelangt. Wie nun das wiederholte Vor- kommen einer derartigen Bildung in 2—3 Meter dicken und ungefähr ebenso langen Linsen inmitten eines thonig-sandigen, Conglomerate führenden, zweifellos ufernahen Seichtwassersedimentes erklärt werden soll, ohne gezwungene und unnatürliche Annahmen, ist schwer ver- 4 [5] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 187 ständlich. Tiefseesedimente dehnen sich über ausserordentlich weite Flächen ganz gleichmässig aus, eine locale, auf wenige Quadratmeter beschränkte Ablagerung derselben, noch dazu in Umgebung von Seiehtwassersedimenten, hat gewiss äusserst wenig innere Wahrschein- - liehkeit für sich. Wir wollen nun zu Herrn Paul’s eigenem Arbeitsgebiete, der Arva, übergehen. Herr Paul ist darüber höchlich entrüstet, dass ich seine Angaben über die Discordanz des Neocoms und die Zuge- höriekeit der Hüllschiefer zum Neocom lediglich Behauptungen, nicht aber durch eingehende Beschreibungen unterstützte Beweise genannt habe. Er beruft sich nun auf eine Anzahl von Stellen aus seiner Arbeit über die nördliche Arva'), welche ich der Reihe nach beleuchten muss. Ich beginne mit der auch von Herrn Paul voran- sestellten, in gesperrtem Druck wiedergegebenen und daher von ihm wohl für am meisten beweiskräftig angesehenen Stelle. Diese lautet (l. e. pag. 217): „Der grösste Neocomkalkberg, der Skalicaberg auf der Westseite des Thales, sendet nördlich vom Dorfe Revisnye einen mit Gebüsch bewachsenen Ausläufer in das Thal herab. An der Stelle, wo dieser Ausläufer an den Rand des Baches tritt, sieht man rothen Knollenkalk (Czorsztynerkalk) mit Aptychen- und Planulaten- fragmenten unter dem lichten Neocomienkalkmergel liegen. Ueber diesem folgen, wenn man weiter gegen Norden schreitet, zuerst die bekannten dünnplattigen Sandsteine, welche noch vielfach mit kalkigen Lagen wechseln, und dann die knolligen, weissgeaderten Sandsteine, die ich als die tiefere, der Kreide angehörige Abtheilung der Karpathen- sandsteine betrachte. Man kann sich hier recht deutlich von dem allmähligen Uebergange aus den kalkigeren zu den sandigeren Schichten und von der Zusammengehöriekeit der Neocomienkalkmergel mit den tieferen Lagen der Karpathensandsteine überzeugen.“ Hier vermisse ich vor Allem einen Beweis dafür, dass die Mergel, welche Herr Paul als Neocomienkalkmergel be- zeichnet hat, wirklich zum Neocom gehören. Es müsste vor- erst diese Frage gelöst sein, bevor überhaupt ein Wort über die Lagerung zu verlieren wäre. Herr Paul hat wohl an einer Klippe westlich von Revisnye neocome Ammoniten gefunden, nicht aber am Skalicaberge. In den Klippen beweist ein Fund in der Umgebung ‚nichts. Herr Bergrath Paul mochte dies nicht als einen Mangel ‚ empfinden, denn er wusste nicht, dass ein sehr grosser (in den Pieninen der weit überwiegende) Theil der grauen Hornsteinkalke ‚ dem Jura angehört. Er betrachtete alle grauen Hornsteinkalke und ı Mergel als neocom, nur die rothen und grünen Hornsteinkalke und ‚ den lichten, über Czorsztyner Kalk liegenden Hornsteinkalk von De- ‚ dina, stellte er zum Ober-Jura (l. e. pag. 239). Schon M. Neumayr und G. Stache haben erkannt, dass im grauen Hornsteinkalk haupt- ‚sächlich der Oberjura vertreten ist und ich selbst habe die ‚Wahrnehmung gemacht, dass die Neocomkalke der Klippen petro- ‚graphisch von den oberjurassischen absolut nicht zu unterscheiden sind. ‚Man hat also nur an den Punkten ein Recht von Neocom zu !) Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1568, pag. 201. 188 V. Uhlig. [6] sprechen, wo thatsächlich bezeichnende Versteiner- ungen vorliegen. Würde Bergrath Paul die dünnplattigen Sand- steine von Revisnye wenigstens mit einem anderen Punkte in Ver- bindung bringen, wo dieselben Schichten im Verband mit versteine- rungsführendem Neocom vorkommen, so liesse sich in Revisnye ein Rückschluss vornehmen, aber dies ist nicht der Fall. Ueberhaupt findet sich in Herrn Paul’s Arbeit nirgends eine nähere Beschrei- bung dieser dünnplattigen Sandsteine, es heisst einfach „die Neo- comienkalke oder -Mergel stehen in ihren höheren Lagen vielfach mit dünnplattigen Sandsteinen in Verbindung und gehen auf diese Weise häufig allmälig in den Karpathensandstein über“ (l. e. pag. 239 unten). Da es nun keinem Zweifel unterliegen kann, dass ein grosser Theil von Herrn Paul’s Neocomienkalk oberjurassisch ist, da ich ferner in der pieninischen Zone erkannt habe, dass diese Kalke, wo sie etwas mächtiger entwickelt sind, stets mit dunklen, auffallend dünnplattigen, sandig-schieferigen Posidonienschichten in Verbindung stehen und in diese allmälig übergehen, ist für mich die Möglichkeit nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sehr nahe gerückt, in den dünnplattigen Sandsteinen des Herrn Paul meine Posidonienschichten zu vermuthen. Es war mir umsomehr unmöglich, mich gegen eine solche Vermuthung abzuschliessen, weil ich Ja selbst diese dünn- plattigen Schichten ursprünglich bei Beginn meiner Untersuchungen als zur Klippenhülle gehörig angesehen und darin, ganz so wie Herr Paul, einen Nachweis des Ueberganges des ebenfalls für neocom gehaltenen Hornsteinkalkes in die Klippenhülle erblickt habe. Freilich, sobald einmal die ersten Versteinerungen in beiden Gebilden gefunden waren, war mit einem Schlage die Situation verändert und Klarheit geschaften ’). Es ist also nicht etwa ein absichtliches Erheben von Schwierig- keiten, wenn ich in dem Mangel der Neocomfossilien am Skalicaberge und in dem Fehlen einer näheren Beschreibung der „bekannten dünn- plattigen Sandsteine“ Momente erblickte, welche Herrn Pauls eitirte Angaben über das Revisnye- Thal als für diese Frage belanglos erscheinen lassen. Die zweite Stelle, auf welche Herr Paul in seiner Polemik aufmerksam macht, aber nicht mehr wörtlich wiedergibt, lautet (l. c. pag. 218, Zaskalja-Thal): „An der südlichen Basis des Tray vreh treten unter dem Neocomienkalke blaugraue Schiefer mit Posidono- myen (unterer Dogger) in sehr beschränkter Ausdehnung hervor. An seinem Ostabhange gegen das Zaskalja-Thal erscheint mitten im Neocom eine Insel von Crinoidenkalk. Am Nordabhange endlich sieht man wieder die häufige Wechsellagerung von kalkigen und sandigel Schichten, welche endlich mit dem Auftreten der erobkörnigen Eocaen- Sandsteine der Kubinska hola ihr Ende erreicht.“ Treu und Glauben angenommen werden, dass thatsächlich Need '!) Wenn ich diese Auseinandersetzung in meiner Arbeit unterlassen habe, so geschah es nur, um Öontroversen zu vermeiden, was nun freilich doch nicht erreicht wurde. Ich habe mich damit begnügt, die Möglichkeit dieser Verwechslung bei Paul nur flüchtig anzudeuten (l. e. pag. 782). ’ « . s [7] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 189 vorliegt, denn es ist kein Fossil angegeben. Man wird hier umsomehr zu Zweifeln gedrängt, als die Angabe des Hervortretens der Posi- donienschichten unter dem „Neocomien“-Kalk gemacht wird. Gewiss ist es bei mangelnden Versteinerungen viel natürlicher, einen Horn- steinkalk, der auf Posidonienschichten folgt, für Jurassisch anzusehen, als für neocom. In weiterer Consequenz dieser durch Herrn Paul’s Bemerkungen absolut nicht ausgeschlossenen, sondern gewiss wahr- scheinlich gemachten Vermuthung wäre anzunehmen, dass der von Paul erwähnte Crinoidenkalk eine Einlagerung im Hornsteinkalk bilde, ähnlich wie ich sie vom Rabstyn beschrieben habe (Jahrbuch geol. R.-A. 1890, pag. 694). Was die am Nordabhange der Tray wrch auftretende „Wechseliagerung von kalkigen und sandigen Schichten“ bedeutet, darüber lassen sich bei der Mannigfaltigkeit der Klippen- und besonders der Klippenhüllgesteine auch nicht Vermuthungen äussern. Die nächste von Herrn Paul angezogene Stelle lautet (l. c. pag. 219, JelSsawa-Thal): „Etwas hinter der letzten Mühle tritt in denselben (nämlich den Neocomienkalkmergeln) eine kleine Klippe von rothem Crinoidenkalk auf, in dem ich eine Zhynchonella (ähnlich Rh. subdecorata) gefunden habe“. Auch diese Stelle beweist nichts, denn es liegen keine Neocomversteinerungen vor und überdies ist auch diese Angabe, wie alle anderen, nur eine Behauptung, sie ent- hält keine Beschreibung und keinen Beweis. Weiter heisst es (l. c. pag. 220, Racibor-Thal): „Auf dem Kamme des letztgenannten Berges, an der Wasserscheide zwischen dem Racibor-Thale und Raczowa-Thale habe ich darin Am. T'hetys und Aptychus cf. Didayı gefunden. Etwas weiter östlich, am Gehänge des Raczowa-Thales fand Foetterle (nach Stur) Aptychus pusillus, Ammonites Astierianus, Toxoceras obligquatum, wodurch die Deutung dieser Schichten als Neocomien sichergestellt ist. Innerhalb dieser Neocomienmassen treten nun wiederholt Klippen älterer Gesteine auf“. Es folgt sodann die Erwähnung einer Crinoidenkalk-Klippe und eines Liasverkommens „in einem plattigen, kalkig-sandigen Gestein, welches in der Verwitterung einem glimmerreichen Sandstein gleicht und leicht mit den, die Neocomienpartien gegen N begrenzenden Karpathen- sandsteinen verwechselt werden kann“. Es ist mir ausserordentlich werthvoll, dass Herr Paul auf die Möglichkeit einer Verwechslung des „plattigen, kalkig-sandigen“ Klippengesteins!) mit jüngeren Hüll- gesteinen aufmerksam macht. Wenn ich also im Vorhergehenden auf die Möglichkeit hingewiesen habe, Herr Paul könnte die plattigen Klippengesteine stellenweise für Hüllgesteine gehalten haben, so wird Herr Bergrath Paul diese Möglichkeit unter gar keinen Umständen mehr als ausgeschlossen betrachten können. Er rückt sie ja selbst in den Vordergrund und ich schliesse mich ihm darin rückhaltlos an. Was nun aber seinen Ausspruch betrifft, dass „innerhalb dieser Neocomienmasse wiederholt Klippen älterer Gesteine auftreten“, so !) Der Umstand, dass dasselbe hier dem Lias angehört, ist für unsere Frage nicht von Belang. Es liegt hier offenbar die Facies meiner Posidonienschichten vor, von denen ich bemerkt habe (l. e. pag. 766), dass sie wohl auch in den Lias herabreichen könnten. 190 V. Unlig. [8] bedauere ich sehr, mich damit nicht zufrieden geben zu können. Welcher Abstand trennt die Neocomfundpunkte von den genannten Klippen ? Ist die Schichtfolge dazwischen ununterbrochen aufgeschlossen, oder darf sie mindestens als solche vermuthet werden? Sieht man zwischen den betreffenden Punkten thatsächlich nichts als Hornstein- kalke und ist die Möglichkeit, dass ein Theil der letzteren älter ist, als neocom, gänzlich ausgeschlossen? Es ist auf der Hand liegend, dass dies Alles Fragen sind, welche beantwortet sein müssen, wofern man der Angabe des Herrn Paul einen beweisenden Werth zu- schreiben kann. Davon aber findet sich in Herrn Paul’s Arbeit auch nicht eine Spur. Ganz ähnlich verhält es sich mit den beiden letzten Localitäten des Herrn Paul und deshalb ist es eigentlich überflüssig, sie hier noch zu besprechen. Damit aber Herr Bergrath Paul nicht glaube, ich wolle mich hier leichten Kaufes losmachen und weil er diese Punkte für sehr beweiskräftig hält, muss ich die Geduld des Lesers noch weiter in Anspruch nehmen. Paul zeichnet auch zwei Durchschnitte dieser Klippen. Natürlich sind diese Durchschnitte nur der graphische Ausdruck derselben Vorstellungen und Beobachtungen, die auch im Worte zur. Darstellung gebracht sind. Es ist also grund- sätzlich für die Erörterung unserer Frage ganz belanglos, ob die- selben beigegeben sind oder nicht. Sie haben nur den Werth grösserer Bequemlichkeit. Es heisst (l. ec. pag. 223) „Rechts vom Thaleingange hat man eine auffallende Klippe vor sich, indem man zu ihr hinauf- steigt, sieht man sie mantelförmig von lichten Neocomkalkmergel umgeben; in denselben fanden sich Aptychen-Fragmente, die, wenn auch schlecht erhalten, doch sicher in die Reihe der Apt. Didayı Cogq. verwandten Formen gehören. Der Klippenfelsen selbst besteht zum grössten Theile aus dem oft erwähnten rothen Crinoidenkalke, mit Pentacriniten, dessen Schichten steil nach Norden einfallen und in ihrem Hangenden eine nur wenige Fuss mächtige Bank von rothem Knollenkalke (Czorsztyner Kalk) mit undeutlichen Ammonitenspuren tragen. Nun folgt eine allgemeine, daher belanglose Bemerkung und weiter heisst es: „Die Klippe von Lehotka zeigt aber auch das Liegende dieser Schichten. Der Mantel von Neocom-Aptychenkalk, der dieselben umgibt, ist nämlich von Schluchten und Wasserrissen durchzogen, und in einem derselben, der von der Spitze gegen SW herabführt, erscheinen die Posidonomyen-Schiefer, die wir früher als Repräsentanten des Unterdoggers kennen gelernt haben, als Unter- lage des Crinoidenkalks entblösst. Aus demselben Risse stammt ein von Herrn Nadeniczek eingesendetes ziemlich deutlich erkennbares Fragment von Amm. cornucopiae, daher hier auch die Schichten des oberen Lias entblösst zu sein scheinen“. Auch hier erhebt sich wiederum die berechtigte Frage, ob die Schichtfolge zwischen dem Neocomfundpunkt und der Juraklippe eine ununterbrochen aufgedeckte ist. Wer da weiss, dass in den Klippen- gebieten auf Schritt und Tritt Aenderungen in der Zusammensetzung des Gebirges zu erwarten sind, wer ferner weiss, wie oft man, wofern nicht gerade vortreffliche Aufschlüsse vorhanden sind, über die Con- tinuität einer Schichtfolge in Zweifel geräth und wie oft man sich verzweifelt frägt, ob wohl jüngere Bildungen durchziehen oder nicht, Eee a TEEN N Bashing en nr. [9] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 191 wer endlich weiss, dass die geringste Aufschlusslücke den Werth der Beobachtungen in Frage stellt, der wird sich mit der einfachen Be- hauptung der „mantelförmigen Umhüllung“ nie und nimmer zufrieden geben. Nimmt man an, dass die ganze Masse in der Umgebung des Crinoidenkalkfelsens aus Hornsteinkalk besteht, so ist es aus oben angeführten Gründen überaus wahrscheinlich, dass die Partien des- selben in der Nähe der Posidonienschichten eben zu diesen gehören, und damit im engen Verbande stehen. Ferner ist es mindestens möglich, dass die Partie mit Aptychus cf. Didayi im Hangenden des Czorsztynerkalkes gelegen ist. Herr Paul localisirt eben den neo- comen Fundpunkt nicht und wir stehen wiederum vor Möglichkeiten und Vermuthungen. Gewiss kann also die Möglichkeit nicht ausge- schlossen werden, dass Herrn Paul’s Lehotkaklippe sammt deren vermeintlicher Hülle zusammen eine Klippenmasse bildet. Die letzte Stelle endlich lautet: (l. ec. pag. 223 unten und pag. 224 oben) „Unmittelbar darunter (unter Magurasandstein) findet man wieder die dünnplattigen und kalkigen Varietäten der Sandsteine, die durch die grosse Partie von Neocom-Aptychenkalken, die den Knazorawaberg zusammensetzen, unterlagert werden. Am Nordge- _ hänge des genannten Berges, an dem Kamme, der das Lehotkathal- vom Lehotathal scheidet, tritt eine kleine Klippe von dunkel- rothem Czorsztyner Kalk mit Spuren von Crinoidenkalk aus den Neocomkalken hervor; im CGzorsztynerkalk finden sich hier wieder schlecht erhaltene Ammoniten, und zwar vorzüglich Planulaten. Von hier gegen den Magurakamm hat man zuerst die dünnplattigen und kalkigen. am Magurakamm die grobkörnigen, quarzigen Sandsteine, die ich der Kürze wegen Magura-Sandsteine nennen will.“ Auch diese Angaben ‘sind nicht zu verwerthen, denn es fehlt der Nachweis von Neocomfossilien, und jedwede Beschreibung, aus welcher mit einiger Sicherheit zu entnehmen wäre, dass sich die angeblichen Neocomkalke thatsächlich bis an die Juraklippe ausdehnen. Man muss es Herrn Bergrath Paul entweder einfach glauben oder den Fall mit Bedauern ad acta legen. Für den Nachweis des geologischen Alters der rothen, von Paul für unterneocom gehaltenen Mergelschiefer und Fucoiden- schiefer, welche ich für obercretacisch (Puchower Mergel) ansehe, soll folgende Stelle besonders massgebend sein (l. e. pag. 231): „Im Bachbette selbst stehen hier deutlich nach West, unter den Aptychen- kalk einfallend, die rothen und weissen kalkarmen Mergel, mit Sand- steinbänken wechselnd an. Die Lagerung dieser Schichten unter der kalkigen Etage des Neocomien, welche übereinstimmend an vielen Punkten constatirbar ist, erscheint hier besonders deutlich und über- zeugend.“ Nach dem, was oben über die Lagerungsverhältnisse in der Klippenzone gesagt wurde, brauchen wir hier nicht viel Worte zu verlieren. Wir stehen hier eben wieder vor jener Argumentation, deren Opfer schon Zeuschner gewesen ist. Ich will nun für einige Augenblicke die Frage, ob Herr Paul sachlich Recht hat oder nicht, bei Seite lassen, denn die Streitfrage Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft, (V. Uhlig.) 97 1923 V. Uhlie. [ 10] geht, wie bei Ujak, dahin: Hat Herr Bergrath Paul Behaup- tungen vorgebracht, wie ich angebe, oder hat er ein gehende Detailbeschreibungen und Beweise, wie er an- nimmt, geliefert? Nach der oben ausgeführten Musterung des gesammten P aul’schen Beweismaterials überlasse ich das Urtheil darüber mit grosser Ge- müthsruhe den Fachgenossen. Wenn man Jemandem die Aufgabe stellen würde, die Behauptung, dass die Juraklippen discordant aus einer Neocomhülle hervortreten, mit Bezug auf eine bestimmte Localität, in möglichst knappe Worte zu kleiden, er könnte sich nicht anders ausdrücken, als es Herr Paul gethan hat. Niemand aber wird dieseineeingehende Beschreibungeines Terrains überdiesnennen, in welchem das Detailmiteinerschier erdrückenden Mannigfaltigkeit vorherrscht und die seringste Beobachtungslücke die Aufstellung von Fol- gserungen unmöglich macht. Von einem Beweis kann vollends keine Rede sein. i Wenn Herr Paul nun die Frage aufwirft, was ich denn eigent- lieh noch mehr wünsche, als seine oben eitirten Sätze, so kann ich ihm kurz antworten: Beweise, gestütztauf Versteinerungen und lückenlose, im Detail beschriebene Aufschlüsse. ” Es ist wahr, ich habe Herrn Paul’s Ansichten nicht immer theilen können, aber ich bin ihm doch stets mit grösster Loyalität begegnet. Herr Paul hat sich offenbar übereilt, als er auf Grund eines so nichtssagenden Materiales den Muth hatte, mir vorzuwerfen, ich hätte seine Beweise kühn geleugnet! Nun ergibt sich auch von selbst, wie weit Herrn Paul’s Vor- wurf berechtigt ist, ich hätte mich von den Verhältnissen der Arva persönlich überzeugen sollen. Dies wäre kein unbilliges Verlangen, wenn sich Herr Paul in seinen, dieser Polemik vorausgehenden Schriften auf eine oder die andere bestimmte, grundlegende Stelle bezogen hätte, ähnlich wie das von ihm so oft genannte Profil von Ujak. Dies ist aber nicht der Fall; ich hätte also die Unter- suchungen in der Arva aufs Gerathewohl beginnen müssen, denn ich konnte von vornherein unmöglich wissen, welche von den durch Paul genannten Klippen die lehrreichsten und entscheidenden Ver- hältnisse darbieten würde. Unzweifelhaft wäre es ihm ein Leichtes gewesen, mir, auch wenn ich eine Stelle besucht hätte, zum” Vorwurf zu machen, dass ich die anderen, wichtigeren vernachlässigt hätte. Ich hätte also, um seinen Vorwürfen zu begegnen, eine gänz- liche Neuaufnahme seines Untersuchungsgebietes vornehmen müssen, und dies konnte ich unmöglich als meine Aufgabe betrachten. Mein amtlicher Auftrag lautete nicht auf die Aufnahme der nördlichen Arva, sondern auf die der Pieninen. Der gute Wille meinerseits, | mich in der Arva zu belehren, war gewiss vorhanden, denn sonst hätte ich nicht die zeitraubende Tour zu der von Foetterle entdeckten Arvaer Gault-Localität Dedina-Krasnahorka unternommen. Ausserdem ist es sehr eigenthümlich, wenn gerade Herr Paul diesen Vorwurf erhebt, der es nicht der Mühe werth gefunden hat, auf den Standpunkt Stur’s, der in den rothen und grauen, nach 1 1] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 193 Paul unterneocomen Mergelschiefern der Arva seine senonen Puchower Mergel des Waagthales erkannnt hat (Jahrb. d. geol. R.-A. 1860, pag. 162), etwas näher einzugehen. Nun müssen wir nochmals zum Ausgangspunkt der OGontroverse zurückkehren. Ich frage, welcher Geologe, der miteigener Hand Crioceras cf. Dwvali aus einem, Bank für Bank aufge- schlossenen Schichtensystem entnommen hat, dessen tiefere Bänke grosse imbricate Aptychen und Belem- niten des Tithons enthalten’), wird diese klare und ab- solut zweifellose Thatsache einfach unbeachtet lassen und im Vertrauen auf Herrn Paul’s Behauptungen eine Discordanz zwischen Tithon und Neocom annehmen? Ich glaube, dass sich in einem solchen Falle Niemand ernstlich bedenken wird, in welchem Sinne hier die Entscheidung zu treffen sei. Petrographisch sind oberjurassische und neocome Hornsteinkalke nicht zu unterscheiden, und ihr Zusammenhang ist ein so inniger, dass nicht einmal eine kartographische Abtrennung des Neocom vom Öberjura vorgenommen werden konnte. Vielleicht wird Herr Paul bei einigem Nachdenken selbst einsehen, dass ich, vor die Wahl ge- stellt zwischen meinen zweifellosen Funden und Beobachtungen und seinen Behauptungen, unmöglich den letzteren den Vorzug geben konnte. Die Frage betrefts der Discordanz zwischen Jura und Neocom können wir als erledigt betrachten. Die zweite Hauptfrage, die nach dem Alter der Klippenhülle habe ich in meiner Arbeit ein- gehend und, wie ich glaube, klar und einwandfrei behandelt. Ich kann nichts anderes vorbringen, als dort enthalten ist (l. e. pag. 776 bis 785), allein da Herr Paul die Richtigkeit meiner Gesichtspunkte ım Frage gestellt hat, bin ich genöthigt, meine Beweisführung hier kurz zu wiederholen. In allen Gesteinsgruppen der Klippenhülle, sowohl in den rothen Schiefern und grauen Fleckenmergeln (Puchower Schichten), wie in den massig-mürben Sandsteinen, wie in den blau- ' grauen, kalkhältigen Hieroglyphensandsteinen wurden grosse, am Wirbel gefaltete Inoceramen aufgefunden, leider in fragmentärem Zustand, aber doch so deutlich erhalten, dass man an Formen der Oberkreide gemahnt wird. Für die von Paul und Anderen vermuthete Zuge- hörigkeit zum Neocom liegt kein positiver Beweis vor, dagegen ist in den Pieninen unzweifelhaft erwiesen, dass das Neocom und der Oberjura untrennbar verbunden, dagegen von der „Hülle“ scharf ge- trennt sind. Letztere muss also jünger sein, als Neocom. Weiter gelangen wir in den Pieninen nicht, sind also gezwungen, über dieses Gebiet hinauszugehen. Da treffen wir nun in der Klippenzone des Waagthales eine Bildung an, die Puchower Mergel, welche vollkommen, bis in das letzte Detail mit den rothen Schiefern und grauen Flecken- mergeln der Arva und der Pieninen übereinstimmt und auch dieselbe Fossilführung — Inoceramen — aufweist. Stur, dem wir die genaue '; Vergl. die nähere Beschreibung in meiner Arbeit pag. 647 und das Profil pag. 659, vergl. ferner pag. 771 und 772. 27* 194 V. Uhlig. [12] Kenntniss dieser Gebilde verdanken, hat denn auch die Identität der senonen Puchower Mergel des Waagthales mit den entsprechenden Bildungen der Arva und von ÖUzorsztyn sofort erkanntt). Die Puchower Mergel lassen sich nun so zu sagen Schritt für Schritt aus dem Trencziner Klippenzug in den der Arva und von da in die Pieninen verfolgen. Gibt es denn bei dem Umstande, dass die für das neocome Alter der Klippenhülle ins Feld geführten Argumente gänzlich hinfällig sind, dagegen die Zugehörigkeit des Neocoms zu den Klippen erwiesen ist, und die Hüllschichten jünger als neocom sein müssen, eime einfachere und naturgemässere Lösung, als wenn man die rothen Schiefer und die Fleckenmergel der Klippenhülle als Puchower Mergel ansieht und zur Oberkreide stellt? Ja, gibt es überhaupt einen anderen Ausweg? Wird man denn nicht nothgedrungen diesem zugeführt? Ich wenigstens sehe keine andere Möglichkeit und wäre sehr begierig, eine andere, befriedigendere Lösung zu erfahren. Man stelle sich vor, zu welchen sonderbaren Consequenzen die Annahme eines neocomen Alters der Klippenhülle führen muss. In der Klippenzone des Waaethales ragen eng verbundene Jura- und Neocomklippen aus einer Oberkreidehülle auf. Stur hat dies be- schrieben, Paul und andere Forscher haben es in den Hauptpunkten bestätigt. An der politischen Grenze des Trencziner und Arvaer Comitates soll nun mit einem Schlage eine andere Ordnung der Dinge eintreten, eine Discordanz scheidet Tithon und Neocom, die Klippen werden wohl von denselben rothen Schiefern- und Flecken- mergeln und massigmürben Sandsteinen und Conglomeraten umhüllt, wie im Waagthal, aber in der Arva gehören sie zum Neocom, im Waagthale zur Oberkreide! Die Klippenbildung tritt in diesem wunderbar grossartigen und einheitlichen Zuge in zwei verschiedenen Perioden auf, und besonders merkwürdig ist ferner der Umstand, dass sowohl im Trencziner, wie im Arvaer Comitat grosse Hornsteinkalk- massen auftauchen, aber während diese im ersteren Gebiete Klippen bilden, die von Oberkreide umhüllt werden, sind sie im letzteren einfache Einlagerungen in den neocomen Hüllgesteinen. Es wäre wohl sanz gut denkbar, dass Tithon und Neocom im Waaethale regel- mässig auf einander folgen. in der Arva dagegen durch eine Discor- danz getrennt sind, wie dies z. B. auch für die Ostkarpathen anzu- nehmen ist, aber dass die rothen Schiefer und die dazu gehörigen Sandsteine und die Hornsteinkalke bei gleicher äusserer Erscheinung eine so verschiedene geologische Rolle spielen sollten, das ist doch etwas schwer fassbar. Ich habe auf diese unvereinbaren Gegensätze (l. e. pag. 782) aufmerksam gemacht, Herr Bergrath Paul hat sich freilich gehütet, auch nur mit einem Worte hierauf einzugehen. Alles dies wurde in meiner Arbeit, wie schon erwähnt, aus- führlich dargelegt, es wurde überdies darauf hingewiesen, dass diese Puchower Mergel mit merkwürdiger lithologischer Gleichmässigkeit ') Vergl. Verhandl. geol. R.-A. 1367, pag. 261, Zeile 9 von oben, Jahrb. d. © geol. R.-A. 1860, pag. 102. + [13] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 195 bis in den äussersten Osten und Südosten der Karpathen zu ver- folgen sind. Herr Bergrath Paul thut nun allerdings so, wie wenn diese Auseinandersetzungen nicht existirten, gewissermassen meinen Irr- thum erklärend meint er nebenher, dass ich die rothen Schiefer und grauen Fleckenmergel „wohl wegen ihrer petrographischen Aehn- lichkeit mit Puchower Schichten“ (l. e. pag. 253) für obercretacisch ansehe. Auch in diesem Falle werde ich mich bemühen, im Ausdrucke zurückhaltend zu sein. Wie vorhin beschränke ich mich darauf, die Entscheidung (den Fachgenossen anheimzugeben; diese mögen be- urtheilen, ob ich nichts weiter zu Gunsten des obercretacischen Alters der Klippenhülle vorzubringen wusste, als die petrographische Aehn- lichkeit mit den Puchower Mergeln; sie mögen ferner beurtheilen, welches Streiflicht dieses Vorgehen auf Herrn Paul und seine Be- weisführung wirft. Mit dem, was Herr Paul in tektonisch-genetischer Be- ziehung vorbringt, werden wir uns etwas kürzer abfinden können. Ich constatire diesbezüglich, dass Herr Paul die Klippenzone früher als einfache Antiklinalfalte betrachtet hat, die sich nur durch ihre grössere Intensität von den übrigen Flyschfalten unterscheidet !'). Diese Ansicht bildete für Neumayr den eigentlichen Ausgangspunkt seiner Klippentheorie. Ich dagegen habe gezeigt, dass die Klippen- zone einen Theil des älteren mesozoischen Gebirges (der Karpathen bildet (l. ©. pag. 809). Das Gebirge von Homonna, die grosse ost- karpathische Masse, welche beide von Oberkreide umzogen werden, Sind nichts anderes als grosse Klippen, sie bilden die Fortsetzung der pieninischen Klippenzone. Dies ist durch Herrn Paul unwider- sprochen geblieben. Wenn Herr Paul seine Ansicht jetzt dahin ab- ändert, dass die Faltung in den Klippen schon im Neocom zur Er- hebung eines Festlandes und zur Entstehung einer Discordanz gegen die jüngeren Ablagerungen geführt haben könne, während anderwärts dieselben Sedimente concordant abgesetzt wurden, so werde ich da- gegen nur insoweit Einsprache erheben, als ich das Neocom für die geologischen Schicksale des Oberjura reclamire und die erste Hebung durch Faltung in eine spätere, nachneocome Periode versetze. Gegen die erwähnte Vorstellung im Allgemeinen werde ich umsoweniger polemisiren, als ich darin mit Recht ein Anschmiegen des Herrn Paul an meine Ergebnisse erblicken darf. Nur die Bemerkungen Herrn Paul’s über den Abschluss der Faltung der Klippenzone er- fordern einige Worte. Ich habe schon in meiner Arbeit über die Klippenzone bemerkt, dass die Tatra zur Eocaenzeit, wie die nummulitenreichen Strand- conglomerate und deren Lagerung zeigen, ein fertiges, im geologischen Baue vom heutigen nicht wesentlich abweichendes Gebirge war (. ce. pag. 808). In einer in Vorbereitung befindlichen Arbeit über die Tatra werde ich dies noch eingehender begründen. Im Norden der Tatra breitet sich ein bis an die Klippenzone reichendes und mit Oligocaenbildungen ausgefülltes Senkungsfeld aus, welches flach ‘) Jahrbuch geol. R.-A. 1871, pag. 527. Jahrbuch. 1876, pag. 306. 196 V. Uhlig. [14] lagernde, von Brüchen durchzogene Schichten, aber keine Spuren von Faltung erkennen lässt. Es war also der Hauptsache nach ebenfalls schon zur Eocaen-Oligocaenperiode der Einwirkung der faltenden Kräfte entrückt. In der Klippenzone ist dagegen das Eocaen und Oligocaen mitgefaltet und ebenso nördlich davon bis an den Nord- rand der Sandsteinzone. (Vgl. diesbezüglich die Uebersichtskarte Jahrb. 1890, Taf. X und den III. Theil der Ergebnisse geol. Aufn. in den Karpathen, das Inselgebirge von Rauschenbach, Jahrb. 1891). Ungefähr drei Meilen nördlich von der Klippenzone, bei Sandec, im südlichen Theile der Sandsteinzone habe ich Gelegenheit gehabt, zwei flachlagernde,. ungefaltete Miocaenablagerungen (II. Medi- terranstufe) auf gefaltetem Oligocaen nachzuweisen !). Auch weiter nördlich traf ich derartige isolirte Miocaenlappen an, und über diese bemerke ich (1888) folgendes?): „Da die südlichsten dieser trans- gsredirenden Miocaenvorkommnisse eine horizontale Lagerung auf- weisen und die Schichtneigung der einzelnen Miocaenpartien um so ausgesprochener wird, je mehr sie dem Nordrande genähert sind und endlich am Nordrande selbst die Störung des Miocaens den höchsten Grad erreicht, muss man auch für die nachmiocaene Faltungsperiode ein Zunehmen der Intensität gegen den Nordrand annehmen. Im Innern der Sandsteinzone war die Wirkung der nachmiocaenen Fal- tung unbedeutend, am Nordrande erreichte sie ihre grösste Stärke, um unweit nördlich davon wieder zu ersterben. Wie die Lagerung der einzelnen Partien, namentlich die des Salzgebirges von Bochnia beweist, hat die nachmiocaene Faltung in demselben Sinne gewirkt, wie die nacholigocaene“. Nachdem das Miocaen nördlich von der Klippenzone bei Sandec flach lagert, scheint es mir ziemlich naheliegend zu sein, anzu- nehmen, dasselbe sei daselbst nicht gefaltet worden. Auch im Terrain südlich der Klippenzone kann in miocaener und nachmiocaener Zeit unmöglich eine Faltung stattgefunden haben, da man sonst in den Oligocaenschichten dieses Gebietes, die m den Flussthälern des Dunajec und der Bialka vorzüglich aufgeschlossen sind, Spuren dieser Faltung müsste nachweisen können. Aus diesen Verhältnissen habe ich gefolgert: „Nach Abschluss des Alttertiärs und vor Ablagerung des Miocaens wurde die Faltung des Gebietes (i. e. der Klippenzone) beendet“. (l. e. pag. 810 in meiner Arbeit über die Klippenzone, bei Paul eitirt, 1. e. pag. 254.) Mir erscheinen diese Darlegungen leicht fasslich und klar und ich glaube, sie entbehren auch nicht eines gewissen Inter- esses. Es ist in der That bemerkenswerth, wenn nachgewiesen ist, wie verschieden die geologischen Schicksale verschiedener Theile eines grossen Kettengebirges sind. Jm Süden erhebt sich die Tatra als ein zur Eocaenzeit sozusagen fertiges Gebirge, welches nachmals keine nennenswerthe Faltung zu bestehen hatte, dann tolgt gegen Norden ein Gebiet, die Klippenzone, welches von der nacholigocaenen Faltung wohl betroffen wurde, nicht aber von der nachmiocaenen; !) Jahrb. 1888. 33. Bd., pag. 247—249. 2) Jahrb. geol. R.-A. 1888, pag. 260. ee ee De [15] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 197 je weiter man gegen Norden rückt, desto deutlicher werden die Spuren der nachmiocaenen Faltung und am Nordrande des Gebirges erreicht diese ihr Maximum, nm unweit nördlich davon wieder zu ersterben ?). Einen Widerspruch, eine Einseitigkeit vermagich Bieser Schlussfolge absolut” nicht zu entdecken. Trotzdem findet Herr Bergrath Paul Folgendes zu schreiben für gut (l. e. pag. 254 und 255): „Dass dieser Satz (— nämlich der, in welchem ich behaupte, die Faltung der Klippenzone sei vor Ablagerung der Miocaens beendet gewesen —-) nicht richtig ist, die Faltenbildung vielmehr auch noch zweifellose Neogenablagerungen miterfasste, beweist mit Evidenz die steile Aufrichtung des Neogens am Karpathenrande bei Jablonow und Kossow in Ostgalizien, die wir (Paul und Tietze, 1877) unter Hin- weis auf die Bedeutung des Vorkommens mitgetheilt haben ?). Ebenso beweist dies die allbekannte, dem karpathischen Faltensystem sich enge anschliessende Lagerung des neogenen Salzthons bei Boryslaw, das von Uhlig selbst beschriebene Profil von Bochnia ete.“ „Es ist charakteristisch, dass Uhlig hier bezüglich des Ab- schlusses der karpathischen Faltung wieder genau dieselbe Methode in Anwendung bringt, wie bezüglich des Verhältnisses zwischen Jura- klippen, Neocomien und Sandsteinzone. Immer. wieder werden mit apodiktischer Bestimmtheit theoretische Sätze aufgestellt, die nicht aus einer gleichmässigen Würdigung aller bezugnehmenden Beobach- tungsthatsachen resultiren, sondern einseitig auf einigen willkürlich ausgewählten, willkürlich als allein massgebend betrachteten Beob- achtungen aufgebaut sind. Es scheint mir angezeigt, dieser, leider sehr modern gewordenen Methode entgegenzutreten, wo immer wir sie auftauchen sehen.“ Es hiesse Herrn Paul wohl zu nahe treten, wollte man an- nehmen, er habe meine Ausführungen nicht verstehen können, auch dass er sie nicht habe verstehen wollen, möchte ich nicht glauben. Bleibt sonach nur die Annahme, der Karpathengeologe, Herr Paul. habe meine Arbeit vom Jahre 1888 des Durchlesens auch nur in ihren allgemeinen Theilen nicht gewürdigt, meine Arbeit vom Jahre 1890, gegen welche er polemisirt, aber derart flüchtig benützt, dass ihm folgendes Ver- Behen unterlaufen konnte. Offenbar hat er das Wort „Gebiet“ in dem Satze: „Nach Abschluss des Alttertiärs und vor Ablagerung des Miocaens wurde die Faltung des Gebietes beendet“ auf die Sandsteinzone bezogen, denn nur dann hat sein belehrender Hinweis auf das Salzgebirge einen Sinn. Nun ist aber zu bemerken, dass der fragliche Satz einen Theil des Capitels „Tektonik der Klippenzone“ bildet, in welchem stets nur von dieser Zone gehandelt wird. Vor und nach diesem Satze ist von nichts Anderem die Rede ‘) Nur nebenbei erwähne ich, dass Beobachtungen, wie diese, für die Erör- terung gewisser neuerer Anschauungen über die Entstehung der (Gebirge von grosser Bedeutung sind. ?) Es wäre richtiger gewesen, hier vor Allem den Aufsatz von Suess aus dem Jahre 1868 über das Salzgebirge von Wieliezka zu eitiren. 198 V. Unlig, [16] und wenn einmal statt des Wortes „Klippenzone“ einfach das Wort „Gebiet“ gesetzt wurde, so geschah es, weil es dem Geiste der deutschen Sprache zuwiderläuft, wenn so oft ein und dasselbe Wort nach einander angewendet wird. Es gehört wirklich ebensowohl ein ungewöhnlicher Grad von Flüchtigkeit, als auch Vor- eingenommenheit dazu, um auf eine andere Auffassung des Wortes „Gebiet“ zu verfallen, aber es ist nur unter dieser Voraus- setzung möglich, die Worte Herrn Paul’s zu verstehen. Herr Paul hat die Rolle des Vorkämpfers für die solide, die sründliche alte Forschung gegen moderne willkürliche Einseitigkeit übernommen, aber gleichzeitig den Beweis geliefert, dass er es ver- säumt hat, sich über die Ansichten seines Gegners, welche er einer so scharfen Kritik unterwirft, aus dessen eigenen Schriften auch nur oberflächlich zu informiren. Wer die „Moderne“ zu bekämpfen sich anstellt, hat bei sehr Vielen von vorneweg ein gewonnenes Spiel; man stimmt ihm blindlings bei, ohne viel zu prüfen. Dies ist Jetzt auch sehr modern. Die Methode ist ja an sich gut, nur muss sie mit etwas mehr Vorsicht gehandhabt werden, als dies im vorliegenden Falle geschehen ist. Was aber meine Arbeit über die Klippenzone betrifft, so hoffe ich zuversichtlich, dass sie durch Herrn Paul’s Polemik keine Schädigung erfahren werde. 1. Ich wende mich nun zu der Besprechung der Fragen, welche die Sandsteinzone betreffen. Es ist bekannt, dass Herr Paul die Gliederung der Sandstein- zone in der Bukowina und in Galizien mit der Unterscheidung einer „Unteren, Mittleren und Oberen Gruppe“ der Karpathensandsteine eingeleitet hat. Vacek hat als der erste diese Art zu gliedern ver- lassen!) und alle jüngeren Geologen sind ihm darin gefolgt. Herr ?aul sah sich aber nicht veranlasst, seine bisherige Methode aufzu- geben. Bei der Verschiedenartigkeit der Arbeit entwickelten sich während der drei Jahre, in welchen ich Aufnahmen in der galizischen Sandsteinzone auszuführen hatte, zwischen Herrn Paul und mir Meinungsdifferenzen. Bergrath Paul hat zu wiederholten Malen die neueren Fortschritte der Geologie des Karpathensandsteins Revue passiren lassen und glaubte sich hiebei immer in der angenehmen Lage zu befinden, in allen neueren Funden eine Bestätigung seiner ursprünglichen Anschauungen erblicken zu müssen. Ich habe auf Herrn Paul’s vorletzten Angriff?) mit grösster Zurückhaltung bisher nicht geantwortet, fürchte aber, dass durch mein Schweigen die Bildung eines von der Wahrheit weit abweichenden Urtheiles begünstigt wurde. Angesichts der neuen Angriffe Herrn Paul’s?) musste diesem Zustande ein Ende gemacht werden, wofern ich nicht den Vorwurf auf mich nehmen wollte, das Interesse der Sache und meine eigene Arbeit !) Jahrbuch 1881, pag. 191. e ?) Jahrbuch 1888, pag. 706. ?) Jahrbuch 1893. I 1 [17] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 199 im Stiche gelassen zu haben. Das Urtheil der Fachgenossen ist Ja wohl noch abänderungsfähig. Auf die älteren Angriffe und formellen Missverständnisse des Herrn Paul werde ich nicht eingehen, dies hätte heute keinen Sinn mehr. Ich werde mich darauf beschränken, die Differenz vom Jahre 1888 kurz anzudeuten und die Bemerkungen Herrn Paul’s vom Jahre 1893 zu streifen und werde nachher die Frage erörtern, in wie weit die optimistische Betrachtungsweise des genannten Forschers berechtigt und mit Nutzen für die Wissenschaft verbunden ist oder nicht. In den Ropianka- oder Inoceramen-Schichten, welche in der Hauptmasse der Sandsteinzone die tiefsten Aufbrüche zusammensetzen, wurden, wie bekannt, an vielen Punkten grosse Inoceramen gefunden !). Man erkannte sofort deren frappante Aehnlichkeit mit den Inoceramen des nordalpinen Flysches, wäs ursprünglich (nach 1880) nicht viel Werth hatte, da damals das geologische Alter der nordalpinen Ino- ceramen-Schichten nicht näher bekannt war. Dies hat sich später, wie allgemein bekannt, gründlich geändert, und im Jahre 1887, als ich den Schlussbericht über meine Aufnahmen im galizischen Sand- steingebiete (1883 und 1884) niederschrieb, würde ich die galizischen Inoceramen-Schichten in ihrer Gesammtheit unbedenklich für ober- eretacisch angesehen haben, wenn nicht vor Jahren in den Fucoiden- mergeln der Ropianka-Schichten in Pralkowce bei PrzemySl Ammoniten gefunden wären, welche von dem glücklichen Finder, Professor J. NiedZwiedzki als neocom bestimmt sind ?). Wer damals Alles wohl erwägen wollte, befand sich einem Dilemma gegenüber. Aus diesem gab es für mich keinen anderen Ausweg, als die Trennung der Inoceramen-Schichten in einen wahr- scheinlich neocomen und einen wahrscheinlich obereretaecischen Theil. Die Ropianka-Schichten des südlichen Berglandes, welche mit Pralkowce in keinerlei Verbindung stehen und deren Inoceramen besonders auf- fallende Beziehungen mit den alpinen Vorkommnissen erkennen liessen, mussten für wahrscheinlich obercretacisch angesehen werden, während die Inoceramen-Schichten des Karpathennordrandes, welche eine Art räumliche, wenn auch nicht unmittelbare Verkettung des Neocoms von Okoczim und Wieliczka mit den angeblich neocomen Ropianka- Schichten von PrzemySl herstellen, als wahrscheinlich neocom bezeichnet werden konnten. Inoceramenreste des nördlichen Verbreitunggebietes der fraglichen Schichten, sicher ident mit solchen des südlichen Ge- bietes, lagen nicht vor und so konnte das von mir angenommene Verhältniss sehr wohl zutreffen. Herr Paul bekannte sich zu einer anderen Ansicht. Er liess die Hinweise, welche in den Inoceramen des Berglandes geboten waren, ungenützt, wenn man es nicht als eine Ausnützung der Ino- ceramenfunde betrachten will, dass er sie als neue Stützen seines Systems gepriesen hat, und beharrte dabei, dass sämmtliche Ropianka- Schichten als neocom zu gelten haben. !) Die ersten Funde stammen von L. Szajnocha und H. Walter. Ver- handl. d. geol. R.-A. 1880, pag. 304. :) Jahrbuch 1876, 26. Bd., pag. 333. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (V. Uhlig.) 98 200 V. Uhlig. [18] Ich habe diese Auffassung des Herrn Bergrathes Paul nicht bekämpft, sondern im Gegentheil ausdrücklich hervorgehoben, dass ich seinen Standpunkt zwar begreiflich finde, ihn aber doch nicht theilen möchte!). Herr Paul dagegen hat sich in Bezug auf meine Anschauung nicht die gleiche Zurückhaltung auferlegt, er hat meine Auffassung sofort angegriffen?). Meine Art, die gegebenen Verhält- nisse zurechtzulegen, war gegründet auf die gleichmässige Berück- sichtigung aller damals vorhandenen palaeontologischen Daten. Herr Paul hätte derselben nur dann mit Erfolg begegnen können, wenner ihreineneuepalaeontologische Unter- suchung der ausRopianka-Schichten stammenden Ver- steinerungen entgegengehalten hätte und durch dieses zueinemabweichendenErgebnissegeführtwordenwäre. Denn offenbar konnte und kann die Frage des geologischen Alters der Ropianka-Schichten auf einem anderen, als dem palaeontologischen Wege nicht endgültig entschieden werden. Herr Paul hat aber diesen Weg nicht betreten, sondern hat sich bei seinem Angriffe in rein formalen, dialektischen Operationen bewegt, deren innere Werthlosig- keit von den in die Stratigraphie der Sandsteinzone nicht näher Ein- geweihten, also von der erdrückenden Mehrheit der Fachgenossen allerdings nicht ohneweiters erkannt werden konnte. Meine Arbeit über die Klippenzone berührt diese Frage der neocomen Inoceramen-Schichten in keiner Weise; ganz natürlich, es war keine Veranlassung vorhanden, sich über das Alter der Inoceramen- Schichten des Nordrandes der Karpathen zu äussern. Näher lagen die obereretacischen Inoceramen-Schichten des Berglandes. Herr Paul ist aber in Bezug auf „Neocom-Flysch“ äusserst misstrauisch und so witterte er auch in meiner Arbeit über die Klippenzone eine Strömung gegen diese von ihm so ängstlich gehütete Schöpfung. Nun, ich muss sagen, Herr Paul hat diesmal insoferne nicht geirrt, als ich im Jahre 1890 allerdings keine Ursache hatte, grosse Stücke vom Neo- comflysche zu halten, wenn Herr Paul darunter so viel versteht, wie neocome Inoceramen-Schichten. Den Grund davon wird Herr Paul bald erfahren. Da ich aber die Sache nicht für ausgereift hielt und namentlich Herrn Professor NiedZwiedzki nicht vorgreifen durfte, so habe ich diese Frage gar nicht berührt. Es ist unzulässig, aus einer Arbeit in dieser Weise Schlüsse abzuleiten, wie Herr Paul dies unternimmt. In Wirklichkeit berühren mich seine Schlüsse nicht, aber gegen das Verfahren erhebe ich Einwendungen, Dass die Existenz von „Neocom-Flysch“ controvers geworden sei, leitet mein Gegner aus zwei Bemerkungen ab, welche von weit auseinander liegenden Stellen meiner Klippenarbeit hergeholt sind. Er hebt zuerst hervor (l. ce. pag. 249), dass ich neben älteren Hebun- gen, an denen das Neocom betheiligt ist, jüngere aus Alttertiär und Oberkreide bestehende Falten unter der Bezeichnung echte Flyschfalten unterschieden habe (pag. 810 meiner Arbeit). ') Jahrb. der geol. R.-A. 1888, pag. 218. ?) Jahrb. der geol. R.-A. 1858, pag. 706. [19] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 201 Diese Gegenüberstellung zwinge mich, meint Herr Paul zu der Alternative, entweder Neocom-Flysch überhaupt zu läugnen oder aber dem „Flyschbegriffe willkürlich einen ganz neuen, dem herr- schenden Sprachgebrauche widersprechenden Inhalt“ zu geben. Herr Bergrath Paul muthet mir die letztere Alternative offen- bar nicht zu, er hat nur die erstere im Auge und da, meint er, müssten mir die neocomen Inoceramen-Schichten, die ich im Jahre 1888 zugegeben hatte, eine Verlegenheit bereiten, aus welcher ich mir angeblich durch eine „kühne Schwenkung“ (l. e. pag. 249) helfe. Diese besteht darin, dass ich die von mir für obercretacisch ge- haltenen Inoceramen-Schichten der Klippenhülle mit den petrographisch ähnlichen Inoceramen-Schichten des Berglandes in Parallele gestellt und zu den letzteren die Bezeichnung „Ropianka-Schichten*“ und nicht „Ropa-Schichten“ in Klammern beigefügt habe). Herr Paul ist nämlich (l. e. pag. 250) der Ansicht, ich hätte bei der Auf- stellung der obercretacischen „Ropa-Schichten* die Bezeichnung „Ropianka-Schichten“ auf den neocomen Theil der alten Ropianka- Schichten beschränkt. Wenn dies der Fall wäre, könnte Herr Berg- rath Paul aus dem Zusatze „Ropianka-Schichten“ zu den obercre- tacischen Inoceramen-Schichten allerdings den Schluss ziehen, als verzichte ich auf eine specielle Benennung für neocome Inoceramen- Schichten. Diese Ansicht des Herrn Paul beruht auf einem sroben Irrthum. Aus den Verh. der geol. R.-A. 1885, pag. 41, in welchen die Aufstellung der Ropa-Schichten vorgenommen und begründet wurde, hätte Herr Paul entnehmen können, dass ich den Ausdruck Ropianka-Schichten gänzlich fallen liess, wie dies auch schon M. Vacek gethan hat, und zwar deshalb, weil es eine Zeit lang in Frage gestellt war und es meines Wissens auch heute noch ist, ob in der Localität Ropianka selbst die eigentlichen obercretacischen Ropianka-Schichten thatsächlich an der Oberfläche aufgebrochen sind und weil namentlich in früherer Zeit verschiedene Dinge unter der Bezeichnung Ropianka-Schichten verstanden worden sind ?). Nur weil mir die Benennung Ropianka-Schichten obsolet ‚erschien, habe ich den Ersatz durch „Ropa-Schichten“ vorgeschlagen, dagegen die neocomen Inoceramen-Schichten des Nordrandes als „Inoce- ramen-Schichten des Neocoms“ (?) 1885°) oder als „Neocom in der Facies der Fleckenmergel und der sogenannten Ropianka-Schichten“ #) oder als „Neocome oder höchstwahrscheinlich neocome Inoceramen- Schichten von der Facies der sogenannten Ropianka-Schichten‘“ ?) bezeichnet. Wenn Herr Paul meine Arbeiten genauer gelesen hätte, wäre es ihm nicht entgangen, dass für mich geradezu die Unmög- lichkeit vorlag, den Ausdruck Ropianka-Schichten für die neocomen !) Diese Beifügung erfolgt an zwei Stellen meiner Klippenarbeit 1. c. pag. 776 und 785. 2) Vergl. die Arbeit von M. Vacek, Jahrb. d. geol. R.-A. 1881, 31. Bd,, pag. 194. 3) Verhandl. d. geol. R.-A. 1885, pag. 44. *) Jahrb. d. geol. R.-A. 1888, pag. 214. ’ 5) ibid. pag. 220. 28* 902 V. Uhlig. [20] Inoceramen-Schichten zu verwenden, da ich ja den Nachweis geführt hatte, dass Ropianka auf derselben Haupt-Anticlinale selegen ist, wie Ropa'), wenn auch unentschieden blieb, ob der Aufbruch in Ropianka ebenso tief aufgeschlossen ist, wie in Ropa und anderen Punkten derselben Zone. Die Benennung „Ropa-Schichten* hat aber — so scheint es wenigstens — keinen Anklang gefunden, man spricht nach wie vor von Ropianka-Schichten, In der sicher zutreffenden Voraussetzung, mich mit dieser alteingebürgerten Bezeichnung besser und allgemeiner verständlich zu machen. habe ich in meiner Klippenarbeit statt Ropa- Schichten, Ropianka-Schichten gesagt. Der Ausdruck wurde nur an zwei Stellen gebraucht, beide Male in Klammern gesetzt und das Beiwort sogenannt hinzugefügt. Gewiss ist dies also eine ganz unver- fängliche, rein formale Variation, und die „kühne Schwenkung* ist wohl nur auf Seite des Herrn Bergrath Paul zu suchen. Auch die „Verlegenheit“, in welche mich Herr Bergrath Paul versetzt glaubt, bestand in Wirklichkeit nicht. Denn es ist ja ein- leuchtend, dass Herrn Bergrath Paul jede Handhabe zu seinen künst- lichen, an das Wort „Flysch“* geklammerten Ableitungen entzogen gewesen wäre, wenn ich den Ausdruck „echte Flyschfalten“ durch jüngere Falten des Alttertiärs und der Oberkreide ersetzt hätte. Das Schleppende dieser Bezeichnung hätte nicht viel verschlagen, da sie ja im Ganzen nur etwa viermal benöthigt war. Abgesehen davon, dass Herrn Paul’s Beweisführung schon durch seinen Irrthum bezüglich der Ropianka-Schichten hinfällig wird, krankt dieselbe noch an einem logischen Fehler. Es bedurfte gar nicht der neocomen Inoceramen-Schichten des Karpathenrandes als Bestandtheil der älteren Erhebungen, um mich vor die oben angedeutete Alter- native zu drängen. Hiezu hätten schon die Neocombildungen im „schlesischer Ausbildungsweise* genügt. Herr Bergrath Paul be- trachtet ja auch diese als „Flysch“ und in der That wurde wohl noch von Niemandem in Abrede gestellt, dass eine Faciesverwandt- schaft zwischen dem Flysch und dem Neocom in schlesischer Aus- bildungsweise bestehe. Es müsste mich aiso auch dieser neocome Flysch in Verlegenheit setzen, nicht blos die Inoceramen-Schichten. Dafür vermisse ich den Beweis bei Herrn Paul und solange dieser Beweis nicht erbracht ist, vermag ich nicht zuzugeben, dass mir die. Existenz von anderweitigem neocomen Flysch, wie eben die neocomen Inoceramen-Schichten, nicht „passen“ sollte. Das Vorhandensein neocomer Inoceramen-Schichten würde mich in Wirklichkeit heute ebenso wenig beunruhigen, wie im Jahre 1888. Denn der Gegeusatz zwischen den älteren Erhebungen und den jüngeren Falten wurde schon damals klar ausgesprochen. Ich konnte schon im ersten Theile meiner „Ergebnisse“ darauf aufmerksam machen ?), dass die bis auf das Neocom reichenden cretacischen Auf- brüche des Hügellandes eine selbständige, vom Alttertiär unabhängige Vertheilung zeigen, und dass dies auf eine frühe Faltungsperiode 1) Jahrb. 1888, pag. 106. ?) L. ec. pag. 260—262. [21] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 203 schliessen lasse, welche wahrscheinlich nach Absatz der Istebner Sandsteine (nach den Verhältnissen in Schlesien zu urtheilen) und local, wie 2. B. in Rzegocina schon früher eingetreten sein dürfte. Diese ältere Faltung haben die aus obercretacischen Inoceramen- Schichten und Alttertiär bestehenden Aufbrüche des Berglandes nicht mitgemacht. Auch im Jahre 1888 wurden die für neocom angesehenen Inoceramen-Schichten des Nordrandes den übrigen Neocombildungen selbstverständlich gleich geachtet, denn in tektonisch-genetischen Fragen spielt ja die Facies keine Rolle. Der Versuch des Herrn Bergrath Paul, aus meinen Ausfüh- rungen die Unmöglichkeit von Neocom-Flysch zu erweisen, darf also wohl als gescheitert betrachtet werden. Es bleibt sonach nur noch die andere der oben erwähnten Alternativen zu besprechen übrig. Wenn sich Herr Bergrati Paul auf die Bemerkung beschränkt hätte, es sei ein formaler Widerspruch, gewisse Falten als Flyschfalten in Gegensatz zu anderen zu bringen, an deren Zusammensetzung eben- falls Ablagerungen von Flysch-Facies betheiligt sind, so wäre dies von seinem Standpunkt aus berechtigt gewesen, da er das Wort Flysch nur als Bezeichnung für eine gewisse Facies und als gleich- werthig mit „Karpathensandstein*“ gelten lassen will. MWas’berechtigt aber Herrn Paul zu fordern, dass Jedermann seinen Flyschbegriffacceptire, wasberech- tigt ihn, diese seine Fassung des Flysehes förmlich als Axiom anzunehmen und jede Abweichung davon’als willkürlich zu bezeichnen? Die Berufung auf den herrschen- den Sprachgebrauch ? Ich bedauere, Herrn Paul erklären zu müssen, dass er auch in diesem Punkte nicht ganz gut unterrichtet zu sein scheint. Herr Paul hätte sich auf die internationalen Geologen-Congresse in Bologna und Berlin berufen können, welche beschlossen haben, dass der Name Flysch nur als Faciesbezeichnung zu verwenden sei. Aber diesem Majoritätsbeschlusse erging es ganz ähnlich, wie allen andern Decre- tirungen in wissenschaftlichen Fragen. Was innere Wahrheit und natürliche Zweckmässigkeit für sich hat, bricht sich von selbst Bahn, im gegentheiligen Falle werden solche Beschlüsse einfach ienorirt. Die Schweizer, die Bayern, überhaupt die nordalpinen Geologen lassen sich ihren Flysch nicht nehmen und sie thun wohl daran. Für sie hat das Wort Flysch einen bestimmten stratigraphischen und faciellen Werth und nimmt man ihnen diese bequeme und altein- gebürgerte Bezeichnung, so entsteht in ihrer Nomenklatur eine schwer auszufüllende Lücke. Ein Blick in die zahlreichen Arbeiten der Schweizer und der Bayern würde Herrn Paul überzeugen, dass man daselbst von dem Oongressbeschlusse keine Notiz nimmt, oder wenn dies geschieht, so in bewusstem Gegensatze zu demselben '). !) Ich verweise Herrn Paul auf eine Arbeit von Dr. J. Böhm über die Kreidebildungen des Fürberges in Palaeontographica XXXVIIL, 1891, pag. 9, in welcher er folgenden Satz finden wird: „Obwohl gemäss den Beschlüssen der inter- nationalen Versammlungen zu Bologna und Berlin der Name Flysch nur als Facies- bezeichnung gelten und dessen jeweiliges Alter durch einen Zusatz, der dieses be- 204 V. Uhlig. [22] Etwas mehr Hinneigung zu dem Paul’schen und dem Congressstand- punkte findet man vielleicht in Oesterreich, aber selbst da wird sich’s schwer erweisen lassen, ob die Mehrzahl der Forscher demselben anhängt, weil die meisten keine Veranlassung gehabt haben, sich darüber zu äussern. Finden wir doch selbst in Vacek’s Arbeit’) das Wort Flysch nicht einmal genannt. Andere verbinden mit dem Worte Flysch einen Faciesbegriff, aber einen viel engeren, als Herr Paul. Für Th. Fuchs z. B. bilden schon die Magurasandsteine nicht mehr echten Flysch ’?). Unter diesen Umständen war Herr Paul wohl nicht berechtigt, seine Betrachtungsweise als die einzige oder vorherrschend übliche anzusehen und daraufhin aus den Sätzen meiner Arbeit einen Beweis in seinem Sinne aufzubauen. Der Begriff „Flysch*“ ist auf nordalpinem Boden erwachsen, die (reologen, welche in den Nordalpen, besonders in der Schweiz und in Bayern gearbeitet haben, sind für die Deutung und Auffassung des- selben massgebend. Diese aber verbinden damit einen bestimmten Facies- und einen stratigraphischen Begriff. Wenn man die frag- liche Bezeichnung anderwärts einführt, so sollte man nur solche Bil- dungen darunter verstehen, welche sich mit dem Originalvorkommen in jeder Beziehung möglichst decken. Dies ist meine Auffassung von der Sache und ich glaube, es wird sie Niemand ganz falsch finden können. Von diesem Standpunkte aus kann z. B. eine Neocom-Abla- gerung die echteste Flyschfacies zeigen, ohne dass man berechtigt wäre, sie Flysch zu nennen, weil ausser dem Faciesbegriff auch noch der stratigraphische Inhalt des Wortes zu beachten ist?) und dieser entspricht der Oberkreide und dem Alttertiär. Dieser mein Standpunkt wurde dadurch genügend markirt, dass zu dem Worte „Flyschfalten“ das Beiwort „echt“ hinzugefügt wurde. Würde meine Arbeit der Sandsteinzone gegolten haben, hätte ich es nicht unterlassen, mich etwas näher auszusprechen, ähnlich wie sich z. B. Herr Dr. J. Böhm dazu bewogen fand; mein Gegen- stand war aber die Klippenzone und der fragliche Ausdruck wurde nur en passent gebraucht; ich war also nicht verhalten, meinen Stand- punkt zu präcisieren. Die Bemerkungen des Herrn Paul über meine „kühne Schwen- kung“ und „Verlegenheit“ erachte ich hiemit für erledigt und wende mich nun zu der näheren Erörterung des Beweisgebäudes, welches Herr Paul zur Stütze seiner Gliederung aufgerichtet hat. Herr Paul betrachtet die Sandsteinzone, wie bekannt, als ein Faltengebirge, dessen tiefste Aufbrüche ganz allgemein ee Mu Ba stimmt ausdrückt, bezeichnet werden soll, so ist doch derselbe, wie auch von anderen Autoren in jüngster Zeit, hier schlichtweg gebraucht worden“. ') Beitrag zur Kenntniss der mittelkarpathischen Sandsteinzone, Jahrbuch 1881, pag. 191. 2) Neues Jahrb., II. Beil.-Bd. 1882, pag. 537. '‘) Im Grunde genommen, verfährt ja Herr Paul ganz ähnlich. So bezeichnet er meines Wissens in praxi die Salzthonablagerungen Ostgaliziens niemals direct‘ als Flysch, obwohl sie sich der Facies nach demselben viel mehr nähern, als die neocomen Teschnerkalke, Wernsdorfer Schichten ete. Wollte er eonsequent sein, müsste er nur von Miocaen-Flysch reden, nicht von Salzthon, [23] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 205 in der ganzen Zone, der Neocomstufe angehören. Zu dieser rechnet er nicht nur das Neocom in schlesischer Ausbildungs- weise mit neocomen Versteinerungen, sondern auch sämmtliche Ino- ceramen-Schichten (= Ropianka-Schichten Paul). Darüber sollen ganz allgemein mittel- und obercretacische, vorwiegend massige Sandsteine folgen (Mittlere Gruppe) und endlich die Sandsteine und Schiefer der Oberen Gruppe. Ich dagegen anerkenne mitteleretacische und theilweise obercretacische Sandsteine oder die Aequivalente der Godula- und Istebnersandsteine Hoheneggers nur im Hangenden der echten Neocombildungen in schlesischer Ausbildungsweise, welche an der Zusammensetzung der Sandsteinzone nicht allgemein Antheil nehmen, sondern nur in zwei schmalen Zügen auftreten, von welchen sich der südliche an das schlesische Neocom unmittelbar anschliesst. Mit zunehmender Entfernung von der schlesischen Grenze gegen Osten werden die Neocomvorkommen immer kleiner und isolirter !). Allge- mein verbreitet sind die Inoceramen- Schichten, von welchen ich einen kleinen Theil am Karpathennordrande auf Grund der Versteinerungen von Przemysl für neocom ansehen musste, während ich die Hauptmasse derselben im Berglande mit H. Walter und v. Dunikowski als obercretacisch, beziehungsweise wahrschein- lieh obereretacisch betrachtete und über denselben keine „mittlere Gruppe“, sondern unmittelbar das Alttertiär folgen liess (echte Flysch- falten). Nach der letzteren Anschauung bestünde die Hauptmasse des Karpathensandsteines aus echten Flyschfalten, aus Alttertiär und Öberkreide, nach der ersteren aus der ganzen Kreideformation und dem Alttertiär. Was hat nun Herr Bergrath Paul zu Gunsten seiner Gliederung vorzubringen? Wir erfahren dies aus den Eingangssätzen des mehr erwähnten Schlusswortes aus dem Jahre 1893, in welchen sich die Grundstimmung seiner Beweismethode vortrefflich wiederspiegelt. Herr Paul versichert uns zunächst in hergebrachter Form, dass seine ursprüngliche, in der Bukowina aufgestellte Gliederung der Karpathensandsteine in den Grundzügen Bestätigung gefunden habe und fährt dann fort (l. c. pag. 247): „Ich verweise diesbezüglich nur auf die in der Literatur schon vielfach erwähnten und gewürdigten Fossilfunde von Przemysl und Mietniöw, auf die zahlreichen. Inoceramenfunde in Westgalizien und später auch in Ostgalizien, auf die Ammonitenfunde von Spas, die Fossilfunde am Liwocz ete. Durch diese Funde ist, wie schon wieder- holt hervorgehoben wurde, die Einreihung meiner alten (früher durch- aus für Alttertiär gehaltenen?) sogenannten „Ropianka-Schichten“ in die Kreideformation gerechtfertigt, durch die Erfahrungen bei Spas und Liwocz speciell auch die wirkliche Existenz massiger, der Kreide zufallender Sandsteine (unserer sogenannten „mittleren Gruppe“), die durch längere Zeit ein Gegenstand des Zweifels und Kampfes war, sichergestellt worden.“ ‘) Vergl. Jahrbuch 1888, pag. 258, pag. 209—214. ?) Nämlich von Herrn Paul selbst. ' 206 V. Unlig. 2 Diese Darstellung des Herın Paul wird in der vorliegenden Form gewiss die Vorstellung wecken, dass der von ihm inaugurirten (diederung im Laufe der Jahre stets neue Stützen erwachsen sind, daher alles auf das beste bestellt sei. | Eine nähere Prüfung wirft hierauf freilich ein ganz anderes Lieht. Erstens hätte Herr Bergrath Paul den eitirten Satz nicht so stellen dürfen, dass aus den Inoceramenfunden eine Unterstützung und Erhärtung seiner Grundanschauung hervorgeht, denn das, was die Inoceramenfunde zu Gunsten seiner Anschauung bestenfalls be- weisen, nämlich das eretacische Alter der Ropianka-Schichten, ist überhaupt niemals angefochten worden und ist auch keine Stütze für seine Gliederung, welcher nur durch den Nachweis neo- comen Alters gedient wäre. Dieses aber geht aus den Inoceramenfunden durchaus nicht hervor. Ganz im Gegentheil! Die Inoceramenfunde sprechen, wenn man noch so rigoros sein will, eher gegen seine Anschauung. Zwar ver- missen wir heute noch eine strengsten Forderungen genügende palae- ontologische Untersuchung der galizischen Inoceramen, aber Alle, die diese Reste gesehen haben, stimmen hinsichtlich der frappanten Aehn- lichkeit derselben mit den Flysch-Inoceramen überein. Nun kann aber heute, was vor Jahren noch fraglich war, nicht dem geringsten Zweifel mehr unterliegen, dass die nordalpinen Inoceramen-Schichten der Oberkreide, hauptsächlich dem Senon und wohl auch dem Turon, vielleicht selbst dem Cenoman angehören !). Die neueren Versteinerungsfunde führen eine so beredte Sprache, dass es Herr Paul für zeitgemäss findet. noch vor Beginn seiner Thätigkeit im nordalpinen Flysche in dieser Richtung zu prae- ludiren und anzukündigen, dass er sich vielleicht nicht dagegen sträuben werde, den nordalpinen Inoceramen-Schichten obercretacisches Alter zuzugestehen ?). Die Inoceramenfunde zeugen also ohne Zweifel nicht nur nicht für das neocome, sondern mindestens mitgrosser Wahrscheinlichkeit für das obercretacische Alter der Ropianka-Schichten. Wenden wir uns zu den Funden am Liwocz und zu der an- geblichen petrographischen Uebereinstimmung zwischen den neocomen Oberen Teschner Schiefern und den Ropianka-Schichten. Wie ich schon seit 1882 wiederholt und eingehend betont habe, existirt keine petrographische Uebereinstimmung zwischen den Ropianka- Schichten und den Oberen Teschner Schichten Schlesiens und dem Neocom in schlesischer Ausbildungsweise Galiziens. Dies sind grund- verschiedene Bildungen und gerade der Aufnahmsgeolog könnte nicht leicht einen grösseren Fehler machen, als das Zusammenwerfen dieser Ablagerungen. Es würde zu weit führen, Alles zu wiederholen, was !) Vergl. bes. F. Toula, Neues Jahrbuch 1893, IL, pag. 79, J. Böhm, Palaeontographica XXXVIII, 1891. ?) In einer Zeit, in welcher im Inoceramenflysche zwischen Nussdorf und Klosterneuburg von F. Toula Acanthoceras Mantelli (. e.) gefunden und von J. Böhm (l. e.) Tnocer. Salisburgensis mit Senonfossilien zusammenliegend nachge- wiesen ist, würde es wohl mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein, das ober- cretacische Alter dieser Bildungen zu bestreiten. [25] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 207 ich diesbezüglich bereits veröftentlicht habe ') und wovon Herr Paul entweder gar nicht oder nur mit abfälligen oder geringschätzigen Worten Notiz genommen hat. Ich beschränke mich daher auf folgende kurze Bemerkungen: Die Ropianka- oderInoceramen-Schichten zeigen echte Flyschfacies, es sind blaugraue Schiefer und Thone, graue Fucoidenmergel und blaugraue, krummschalige Hieroglyphensandsteine, bisweilen auch bankige Sandsteine. Mit den Inoceramen-Schichten des Wiener Waldes haben z. B. sehr viel Aehnlichkeit die grobbankigen Sandsteine und Fucoidenmergel des Wal bei Tarnöw. Das schlesische Neocom besteht dagegen aus mächtigen Kalk- bildungen, aus schwarzen bituminösen Schiefern, blättrigen schwarzen Mergelschiefern, Sandsteinschiefern und Sphaerosideriten mit äusserst artenreichen Cephalopodenfaunen sämmtlicher Kreidestufen von der Berrias-Stufe bis an die untere Grenze des Aptiens. Die Ropianka- Schichten haben Analoga nicht im Neocom, sondern im Alttertiär (sog. falsche Strzolka von Paul). Die Kalksandsteine der Inoceramen- schiehten, welche Paul und Andere mit Unrecht Strzolka nennen, haben mit der Strzolka Schlesiens, d. i. einem eisenschüssigen, glimmer- reichen, hieroglyphenführenden Sandsteinschiefer von brauner Farbe ?) so wenig gemeinsames, dass man sie nicht näher in Vergleich bringen kann, als alle anderen, etwas ‚schieferigen Karpathensandsteine. Herr Paul aber hat diese Strzolka ?) sozusagen zur Bedeutung eines Leit- fossils erhoben! Alles, was bisher in Galizien unzweifelhafte Neocomversteinerungen geliefert hat, zeigt nicht echte Flyschfacies. Diese Neocom- bildungen mit ihren schwarzen Schiefern und Kalken, ihren Ammoniten- faunen, die an Reichthum der Arten, wenn auch nicht der Individuen mit den berühmtesten Neocomvorkommen Südfrankreichs mit Erfolg wetteifern, haben wohl den Typus des Karpathensandsteines, aber man kann nicht sagen, dass sie die eigentliche Flyschfacies zeigen, wogegen diese den Inoceramen- oderRopianka- Schichten ganz bestimmt zu eigen ist. Und wäre die petro- graphische Uebereinstimmung noch so gross, so würde sie nichts beweisen, was ja Herrn Paul im Falle der Puchower Mergel sehr geläufig war. Ä _Nirgends kennt man Uebergänge des wahren Neocoms in Ropianka-Schichten, selbst am Karpathennordrande zwischen Bochnia und Tarnöw, wo sie neben einander verkommen, sind sie von einander Scharf getrennt. Was sollen aber vollends die neocomen Versteinerungen der schwarzen Schiefer am Liwocz, in Rzegoczina, Kamionna ete. für die mehrere Meilen weit davon entfernten Ropianka-Schichten bedeuten! Das nächste Vorkommen von Inoceramen-Schichten liest 2'/; Meilen von den schwarzen Schiefern des Liwocz entfernt und ist davon getrennt durch die verschiedenartigsten alttertiären Karpathen- !) Jahrbuch 1883, pag. 460, 461. Jahrbuch 1888, pag. 219, 220. ?) Hohenegger, Nordkarpathen. Gotha 1861, pag. 26. ®) Man sollte diese Bezeichnung im Hohenegger’schen Sinne den Sand- steinschiefern der Oberen Teschner Schiefer belassen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 2. Heft. (V. Uhlig.) 29 208 V. Unlig. [26] sandsteine. Wiederholt habe ich darauf hingewiesen, dass es durchaus unzulässig ist, diese neocomen Versteinerungen des Liwocz für die vopianka - Schichten in Anspruch zu nehmen, aber Herr Paul hat dieses Glied aus der Kette seiner „Beweise“ nicht entfernt. Nachdem also die Schichten mit Neocomversteinerungen ganz ohne Zusammenhang mit den Ropianka-Schichten dastehen und beide petro- graphisch von einander weit abweichen, können auch die Versteinerungen der ersteren nicht zuın Beweise des geologischen Alters der letzteren verwendet werden. Zum nächsten Punkte, der Vertretung der „Mittleren Gruppe“ und den Versteinerungen von Spas ist Folgendes zu bemerken: Wenn durch die Untersuchungen am Liwocz und NiedZwiedzki’s Versteinerungsfunde in Mietniow der Bestand mitteleretacischer massiger Sandsteine nachgewiesen wurde, so wurde damit nur bestätigt, was Hohenegger und Fallaux schon vor vielen Jahren angegeben haben, dass nämlich die aus Schlesien mit verminderter Mächtigkeit nach Galizien streichenden Neocombildungen von mitteleretacischen Sandsteinen überlagert sein können. Es ist richtig, dass das Vorhandensein eines solchen Horizontes eine Zeit lang an einzelnen Punkten, wie am Liwocz, in Frage stand, biebei hat es sich aber keinesfalls um die principielle Frage der Vertretung oder des gänzlichen Fehlens gehandelt, sondern nur um ein locales Vorhandensein oder Ausbleiben der mitteleretacischen Sandsteine. Der Streit ging nicht dahin: »existiren in Galizien mittel- cretacische Sandsteine überhaupt ?«, denn sonst hätte man sich zunächst mit Hohenegger und Fallaux auseinandersetzen müssen, sondern die zuerst von H. Walter und E. v. Dunikowski aufgeworfene Frage war, ob über den „Ropianka-Schichten“ mittel eretacische Sandsteine lagern oder nicht. Gerade So, wie es unbedingt unstatthaft ist, die Versteinerungen der schwarzen Neocomschiefer und Sandsteine auf die damit in gar keinem Zusammen- hang stehenden Ropianka-Schichten zu beziehen, ebenso unzulässig ist es, die mitteleretacischen Sandsteine über dem echten Neocom als Beweis einer „Mittleren Gruppe“ über den Ropianka-Schichten auszurufen. Sehen wir nun zu, wie es sich mit den Schichten verhält, welche thatsächlich über den Ropianka-Schichten folgen. In Westgalizien liegt über den Ropianka-Schichten des Nordrandes Alttertiär, desgleichen über den Ropiankaschichten des Berglandes. In Ostgalizien dagegen hat die Schichtfolge, wie sie zuerst von Paul und Tietze erkannt wurde, Bestätigung gefunden. mit der Modification, dass Kreutz und Zuber plattige Sandsteine an der Basis der massigen über den Ropianka-Schichten nachgewiesen haben. Weder die plattigen Sandsteine (Kreutz und Zuber), noch die massigen enthalten bestimmbare Versteinerungen, die Altersdeutung kann also nur auf Grund der Auflagerung auf den Ropianka-Schichteu vorgenommen werden und daher erscheint die Parallelisirung mit dem Godula-Sandsteine nur dann berechtigt, wenn zunächst das neocome Alter der Ropianka-Schichten sichergestellt ist. Ebenso bilden die im Hangenden der massigen Sandsteine von Spas in Mittelgalizien u ner [27] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 209 aufgefundenen schwarzen Schiefer mit Amm. Reqwienianus!) nur unter dieser Voraussetzung eine Unterstützung der Paul’schen Gliederung. Setzen wir z. B. den Fall, es wären die Ropianka - Schichten bei Spas als obercretacisch erkannt, dann würde die ganze Schichtfolge zwischen diesen und den Spaser Schiefern einfach der Oberkreide zufallen und die „Mittlere Gruppe“ der Karpathensandsteine entfiele von selbst. In letzter Auflösung kommt es also auf das geolo- gische Alter der Ropianka-Schichten an. Für die Bestim- mung desselben sind, nachdem wir die Inoceramen bereits besprochen haben, noch die Versteinerungen von Pralkowce und nach Paul die geologischen Verhältnisse der Bukowina von Bedeutung. Herr Paul betrachtet das letztere Gebiet gewissermassen als die Geburtsstätte seiner Gliederung und er hat in früheren Veröftentlichungen auf die Verhältnisse der Bukowina grosses Gewicht gelegt. In seiner letzten Aeusserung beruft sich Herr Paul zwar nicht mehr auf dieses Land, ich bin aber doch genöthigt, mieh auch darüber zu verbreiten, da die Bukowina thatsächlich den Ausgangspunkt der Paul’schen Bestre- bungen gebildet hat und ich Herrn Paul keine Veranlassung zu dem Vorwurfe geben möchte, ich wäre in altgewohnter Weise „einseitig und willkürlich“ verfahren. Die Verhältnisse der Bukowina?). Der Aussenrand der krystallinischen Masse der Bukowina wird nach Herrm Paul aus einem regelmässigen Bande von Permsandstein gebildet. Darauf folgt eine Zone von Triasdolomit und buntem Keuper, mit nach NO ab- fallenden Schichten. Diese einfache Schichtfolge repräsentirt das ältere Gebirge, die „Kalkzone“ der Bukowina und was von dieser Schichtfolge gegen aussen, d. h. gegen NO entwickelt ist, gehört nach Herrn Paul schon zur Flyschzone. Der innerste Theil der Flysch- zone besteht nach Paul aus schwarzen Schiefern und glimmerreichen Sandsteinen, ferner dem mächtigen Munezel-Öonglomerat und -Sand- stein und einer Wechsellagerung von Aptychenmergeln und kalkigen Sandsteinen. Diese Schichtenfolge wird auf Grund von Aptychen- funden für unterneocom angesprochen. Darüber stellen sich „Ropianka- Schichten“ ein und diese werden wegen ihres angeblich innigen Zusammenhanges mit den Aptychenschiefern u. Ss. w. als oberes Neocomien und als Aequivalent der schlesischen oberen Teschner Schiefer Hohenegger’s aufgestellt. In Wirklichkeit aber enthalten die schwarzen Schiefer zahlreiche Versteinerungen des unteren und mittleren Doggers®), die Munczel- conglomerate führen eine Einlagerung von rothem Kalkstein und Kalkschiefer mit grossen oberjurassischen Aptychen (trefflich aufge- !) Vergl. Vacek, Jahrb. d. geol. R.-A. 1851, pag. 191. ?) Ich bespreche diese Verhältnisse auf Grund von Untersuchungen, welche ich im Jahre 1889 in der Bukowina während eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes aus- führen konnte. Vergl. den Reisebericht in den Sitzungsberichten d. k. Akademie, Wien, 98. Bd., pag. 728. 1889. ®) Es sind dies jene Schichten, deren Fauna Herr Vacek im Jahre 1879 bestimmt hat. Verhandl. d. geol. R.-A. 1879 Nr. 9, vergl. auch Paul, Jahrb. 1883, pag. 683 u. 684. 29* 910 V. Uhlig. [28] schlossen im Moldowathale, an der Strasse zwischen Kimpolung und Poschoritta), und die Wechsellagerung von Aptychenschiefern und Sandsteinen (Val Mestakan) umfasst nach den vorhandenen Ver- steinerungen bestimmt das Tithon, möglicher Weise auch das Berrias- Niveau des tiefsten Neocoms!). Die Hauptsache aber ist, dass alle diese jurassischen, nur zum seringsten Theile möglicher Weise unterneocomen Bildungen, mit den von Herrn Paul als Ropianka-Schichten bezeichneten Ablagerungen der Flyschzone nicht nur nicht in innigem, sondern auch nicht im Entferntesten inirgend einem Zusammenhange stehen, wie Herr Paul behauptet. Sie sind in Wirklichkeit durch mehrere Zonen älterer Gesteine. Permquarzit, Triasdololomit, Keuper und krystallinische Schiefer von einander getrennt. Herr Paul hat dies bei seiner durch 3 Jahre fortgesetzten Detailaufnahme übersehen. . . Die „Kalkzone“ der Bukowina. bildet nämlich nicht eine einfache, ein- seitige Schichtfolge, sondern eine Mulde, deren Aussenflügel in secundäre Falten gelegt ist?). Am Aussenrande der Mulde kommen die Krystal- linischen Schiefer in Form eines Bandes zum Vorschein, welches nur am Eingange des Moldowathales von einem Längsbruche abgeschnitten ist» Herr’ Pau har also @dTe überdies srösstentheils jurassischen Bildungen der Muldenmitte mit den ah das alte Gebirge. angrenzenden jüngeren Flysch- ablagerungen über mehrere Zonen älterer Gesteine der Perm- und Triasformation, ja sogar über krystal- linische Schiefer hinweg in „innigen, untrennbaren Zusammenhang“ gesetzt!) Aus der wahren Flyschzone der Bukowina hat Herr Paul keine neocomen Versteinerungen beigebracht, und so sind seine sämmt- lichen Schlussfolgerungen über die Vertretung des Neocoms in der Flyschzone der Bukowina hinfällig. Allerdings beruft sich der ge- nannte Forscher auf einen Ammonitenfund Herbich’s zwischen Kimpolung und Eisenau, wo dunkle Schiefer mit Sphaerosiderit- und Sandsteinflötzen nahe dem Aussenrand des älteren Gebirges anstehen. Aber abgesehen davon, dass ein Ammonitenfund nicht gerade neo- comes Alter beweisen muss, ist es auch mangels einer näheren Be- ') Herr Paul erwähnt das Vorkommen von Aptychen der Didayi-Gruppe neben Bruchstücken einer sehr grossen Form (l. ce. pag. 315). Letztere habe ich ebenfalls gefunden und muss sagen, dass diese grossen Aptychen ein ausgesprochen ober- Jurassisches Gepräge besitzen. Ausserdem gingen wohl über 100 kleine feinrippige Aptychen aus dem betreffenden Schichtenv erbande durch meine Hände; dies waren Formen, wie man sie sonst ebenso wohl im Tithon, wie im Neocom findet. Formen der Didayi-Gruppe habe ich leider nicht gefunden. Uebrigens ist es, wie wir sehen werden, für unsere Frage ganz nebensächlich, ob die betreffenden Schichten das tiefe Neocom streifen oder nicht; beachtenswerth ist der Umstand, dass das obere Neocom getrennt von diesen Schichten, in der Mitte der mesozoischen Mulde auf- tritt und zwar in Form korallenreicher mergeliger Thone und mächtiger Caprotinen- kalke, welche Herr Paul nicht gekannt und in seiner Karte mit den Triasdolomiten zusammengeworfen hat. { °®) Einzelne Partien dieses Aussenflügels hat Herr Paul als „ältere Inseln“, auftauchend aus Neocom-Flysch aufgefasst und seiner Karte einverleibt. ») Wer erinnert sich da nicht an den „innigen Zusammenhang“, den Herr Paul in der Arva behauptet hat? [29] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 211 schreibung der Fundstelle nicht erwiesen, ob derselbe nicht aus einer kleinen Insel älteren Gesteins, ja möglicher Weise sogar aus einem losen Blocke herstamme. Sicher aber ist es ein Irrthum von Her- bich und Paul, wenn diese Forscher die erwähnten schwarzen Schiefer mit Sphaerosideriten mit den sicher neocomen Schichten in Ver- bindung setzen, welche Herbich am Aussenrande der ostkarpathi- schen Masse in Siebenbürgen nachgewiesen und in welchen er Aptychus Didayi gefunden hat!). Ich habe diese in Siebenbürgen sehr breit und mächtig entfaltete Zone durch die Moldau in die Bukowina verfolgt. Sie besteht aus hellgrauen oder weissen Kalken und sandig-mergeligen Kalken in Wechsellagerung mit hellen, kalkigen Hieroglyphensandsteinen und tritt an der südöstlichen Ecke der Buko- wina auf österreichisches Gebiet, wo sie sich am Aussenrande des älteren Gebirges, unmittelbar angrenzend an krystallinische Schiefer bis in das Djeminethal, südöstlich von Kimpolung, nachweisen lässt. Bei Kimpolung selbst, dem Hauptuntersuchungsgebiete des Herrn Paul, sind diese Neocombildungen oberflächlich nicht entwickelt, dagegen scheinen sie nach den Beschreibungen des Herrn Dr. Zapa- lowicz?) weiter nordwestlich in der Marmarosch wieder zum Vor- ‘schein zu kommen. Von diesem wahren Neocomzuge gegen NO folgen mehrere Sandstein- und Schieferzonen, dann erst jene schwarzen Schiefer von Kimpolung, welche sich in südöstlicher Richtung über Stulpicani fort- setzen und nördlich von Schwarzthal die rumänische Grenze über- schreiten. Jenseits der Grenze konnte ich diese schwarzen Schiefer noch bei Gainesti auffinden, weiter südöstlich werden sie durch andere Alttertiärfacies ersetzt. Legt man in der fraglichen Gegend, etwa durch das Dorf Ostra einen Schnitt quer zur Sandsteinzone, so findet man den wahren Neocomzug von den schwarzen Schiefern, die an- geblich in der Streichungsfortsetzung des Neocoms liegen sollen, durch eine 11 Kilometer breite und mit verschiedenen Karpathensandsteinen, besonders Magurasandstein erfüllte Zone getrennt. Die wirklichen Neocomschichten der Sandsteinzone aber hat Herr Paul in der Bukowina überhaupt niemals gesehen; Herr Paul lässt nämlich die Grenze zwischen dem Krystallinischen und der Flyschzone im frag- lichen, südöstlichen Theile der Bukowina knapp südlich vom Dorfe Östra hindurchgehen. In Wirklichkeit hat man aber von dieser Paul- schen Grenzlinie noch 7 Kilometer in der Luftlinie (im Bratiasathale über eine Meile), verschiedene Zonen von Karpathen- sandstein zu verqueren, bis man endlich unmittelbar am Fusse des Grenzkammes die Neocomzone und das Krystallinische antrifft. Unter diesen Umständen ist ein Orientirungsfehler ausgeschlossen. Herr Paul kann diesen Theil der Bukowina unmöglich besucht und daher auch die wirklichen Neocombildungen unmöglich geseben haben. Bemerkenswerth ist es, dass diese Neocombildungen durch- aus nicht die Facies der sogenannten Ropianka- ') Ich fand ebenfalls kleine Apt. Didayi-ähnliche Formen im Bekasthale an der siebenbürgisch-rumänischen Grenze. ”) Jahrb. d. geol. R.-A. 1886. F 912 V. Unhlig. [30] Schichten zeigen, sondern sich von denselben fast ebenso weit entfernen, wie etwa die tiefere schieferige Abtheilung des Teschner Kalksteines. Das im äussersten Südosten der Bukowina über eine Meile breite Sandstein- und Schiefergebiet zwischen dem echten Neocom und den schwarzen Schiefern verschmälert sich gegen Kimpolung zu bis auf eine wenig mächtige Zone von Schiefern und Sandsteinen, welche in der That die petrographische Beschaffenheit der Ropianka- Schichten zeigen und vermuthlich zur Oberkreide gehören. In den schwarzen Schiefern mit Sphaerosideriten bei Kimpolung aber ist nichts anderes zu erblicken, als eine ewwäas weniger kieselige Ausbildung der schwarzen Schipoter-Schichten des Herrn Paul, die auch dieser zum Alttertiär stellt. Bei Eisenau gehen die Kimpolunger in die kieseligen Schipoter-Schichten über. Wenn ich noch hinzufüge, dass Herrn Paul’s Wama-Sand- stein, von diesem mit dem neocomen Grodischter Sandstein Schlesiens identificirt, zwischen Wama und Eisenau an 5 Punkten zahlreiche Nummuliten und Orbitoiden enthält und vollständig mit dem Ciezko- wicer Sandstein Westgaliziens (wahrscheinlich auch mit dem Sand- stein von Pasieczna in Ostgalizien) übereinstimmt, dass ich ferner auch im mitteleretacischen Sandsteine des Herrn Paul bei Eisenau einen Nummuliten gefunden habe, ebenso zahlreiche Num- muliten in dessen „Ropianka-Schichten“ in Russ.- Moldawitza und zwischen Gura Humora und Wama, so ist damit das wichtigste gesagt, was zur Öharakterisirung der Gliederung des Herrn Paul in der Bukowina dienen kann. Derart ist die in der Bukowina ge wonnene Grundlage beschaffen, auf welcher Herr Paul sein System der Karpathensandsteine aufge- baut hatt). | Prüfen wir nun auch noch die letzte Stütze des Paul’schen Systems, die Fauna von Pralkowce bei Przemysl. Herr Prof. Niedzwiedzki?). bestimmte die von ihm gefundenen Versteinerungen von Pratkowce wie folgt: i Lytoceras sp. (sruppe der L. quadrisulcatum Orb. Lytoceras cf. Jullieti_ Orb. Hoplites cf. neocomiensis Orb. Hoplites (?) cf. auritus Sow. Pecten Cottaldinus Orb. Terebratulina cf. auriculata Orb. ') Ich habe nur wenige Tage der Untersuchung der Sandsteinzone in der Bukowina widmen können, kann aber so viel mit Sicherheit behaupten, dass die Hauptmasse der Sandsteine alttertiären Alters ist und eine viel grössere Ueberein- stimmung mit Mittel- und Westgalizien (Ostgalizien ist mir aus eigener Anschanung nicht näher bekannt) aufweist, als man nach den Beschreibungen annehmen sollte Ropianka-Schichten mit Inoceramen habe ich zufälligerweise nicht verquert, do« zweifle ich nicht, dass sie in einzelnen Aufbrüchen ebenso aus dem Alttertiär her vortreten, wie in Galizien. ?) L. c. pag. 336. [31] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. ’ D13 M. Vacek hat später noch hinzugefügt: Phylloceras Moussoni Oost. Hamites sp. Terebratula, ähnlich T. depressa Laim. Die Bestimmungen sind also, abgesehen von dem gewiss un- massgeblichen Peeten und dem ebenso werthlosen, weil vertical über- aus weit verbreiteten Phylloc. Moussoni (= Phylloc. Tethys und in Bruchstücken, vielleicht auch in ganzen Exemplaren nicht zu unter- scheiden von Phylloc. Velledae, einer bis hoch in die Oberkreide auf- steigenden Form) durchaus Annäherungsbestimmungen. Aus der Be- schreibung geht hervor, dass das zur Gruppe des Zytoc. quadrisul- catum gestellte Stück stark geneigte, feine Streifen und ebenfalls ge- neiste Einschnürungen auf der Schale erkennen lässt. Es kann also unmöglich in die Nähe der genannten Tithon- und Neocom-Art ge- hören, da diese schon von Vielen eingehend beschriebene Art gerade, radial gestellte Einschnürungen bei völlig oder nahezu glatter Schale besitzt. Dies ist auch M. Vacek aufgefallen und er hat die Form von Pralköwce auf Grund der Schalenstreifung zu ZLytoc. striatisul- catum Orb. gestellt!). Aber auch dies trifft nicht zu, da auch diese Art gerade, radiale Streifen zeigt. Das als Lytoceras cf. Jullieti be- stimmte Stück lässt nach der Beschreibung nur die Umrisse erkennen, die Bestimmung hat also in Wirklichkeit keine Bedeutung. Ebenso gewinnt man aus der sehr kurzen Beschreibung des Hoplites cf. neo- comiensis nicht die Ueberzeugung, dass wirklich diese Art vorhanden sei und bei Hoplites cf. auritus spricht der Text von einem „ent- schieden Scaphites-artigen Schluss der Windung“ und lässt die Frage offen, ob hier ein blos abnormal verkrüppelter Ammonit oder eine Grenzform zwischen Ammoniten und Scaphiten vorliege. Ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich behaupte, dass Bestimmungen, deren Genauigkeit nicht weiter getrieben werden kann, als bei dieser Fauna, ungeeignet sind, um die Grundlage näherer Altersbestimmung zu bilden. Würde eine solche Versteinerungsliste aus irgend einem nicht näher bekannten. Gebiete gegeben sein, so würde kein vorsichtiger Forscher es wagen, daraus eine nähere Bestimmung des geologischen Alters herauszulesen. Wenn die Liste der Pralkowcer Versteinerungen. trotz , ihrer Dürftigkeit Jahre lang Glauben fand, so liegt der Grund darin, dass man .in einer vorgefassten Meinung befangen war. Es schien plausibel, dass die Neocombildungen, die in den schlesischen Karpathen und den benachbarten Theilen von Galizien und Mähren so verbreitet sind, auch weiter im Osten nicht fehlen würden und so beruhigte man Sich, gewöhnt, an die Versteinerungen der Karpathensandsteine nicht den strengsten Massstab zu legen, bei dieser in Wirklichkeit ganz unzulänglichen Feststellung. In dem Augenblicke aber, wo man strenge Beweise fordert, kann die Fauna von Pralkowce nicht mehr mit- zählen. ') Jahrbuch 1881, pag. 195. 214 V. Unlig. [32] Wir haben nun das gesammte Material geprüft, welches für das neocome Alter der Ropianka-Schichten ins Treffen geführt ist und diese Prüfung hat zu dem Ergebnisse geführt, dass eine trag- fähige Unterlage für die Behauptung des neocomen Alters der Ropianka-Schichten bis zum heutigen Tage nicht gegeben ist, dass sonach, da die Paul’sche Gliederung mit dem neocomen Alter der Ropianka-Schichten steht und fällt, diese selbst vollständig unerwiesenist. Herrn Bergrath Paul’s Gliederung befindet sich heute nach so vielen Jahren fortgesetzter Forschung in demselben Stadium wie im Jahre 1876, sie hat den Werth einer noch nicht verificirten Hypothese. Diese Hypothese war ursprünglich eine gute, man konnte sie hinnehmen, und sie ist ja thatsächlich von Vacek, Kreutz, Zuber u. m. A., anfangs auch von mir vertreten worden. Sie konnte und musste gut sein, so lange nicht durch anderweitige Funde Zweifel auftauchten. Dieser Fall war aber durch die Inoceramenfunde und die darauf gegründete Ansicht von H. Walter und E. v. Duni- kowski verwirklicht und nun wäre es die Aufgabe des Herrn Paul gewesen, die StichhaltigkeitseinesSystems einer ernsten Prüfung zu unterziehen, denn Herr Paul war es, der seit vielenJahren die Führung auf dem Gebiete der Karpathensandstein-Geologie in Anspruch ge- nommen, der baldinüberlegen zurechtweisendem Tone, bald in scharfem Angriffe jede Arbeit kritisirt, und seine Anschauungen als ausschliesslich richtig und stets neu bestätigt ausgerufen hat. Die unausgesetzten Angriffe des Herrn Paul nöthigen mich nun, zu besorgen, was Herr Paul unterlassen hat, nämlich ein endgiltiges positives Resultat über das Alter der Ropianka-Schichten anzustreben. Nach den vorangehenden Bemerkungen ist es ohne weiters klar, dass dies nur durch die Untersuchung der Fossilien von Pralkowce geschehen kann. Dank der besonderen Freundlichkeit des Herrn Prof. Niedäwiedzki liegen diese Versteinerungen vor mir. Eines der Stücke, Lytoceras sp., ist mir schon von früher her bekannt, Herr Prof. NiedZwiedzki hatte mich nämlich ersucht, meine Meinung über dieses Stück abzugeben, leider erst nach Veröffentlichung meiner Schlussarbeit über die Sandsteinzone (1888, Jahrbuch). Ich konnte damals dem Wunsche des Herrn Prof. Niedäwiedzki nicht un- mittelbar nachkommen und hatte auf das Stück vollständig vergessen, als ich von ihm an die Erfüllung meines Versprechens gemahnt wurde. Bei näherer Besichtigung des fraglichen Stückes war mir SO- fort klar, dass es nicht dem Lytoceras quadrisulcatum, überhaupt keiner bisher bekannten neocomen Gruppe angehören könne, sondern allem Anscheine nach mit dem obercretacischen Lytoc. Sacya Forbes verwandt sei. 2 Dieses vorläufige Ergebniss theilte ich Herrn Prof. Nied- Zwiedzki brieflich mit und erlaubte mir, ihm neue Aufsamm- lungen in Pralkowce und hernach eine neue Bearbeitung des Materials vorzuschlagen. Später erschien eine sehr interessante Arbeit von Herrn Dr. J. Böhm: Die Kreidebildungen des Fürberges und Sulz- } [83] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 2A) berges bei Siegsdorf in Oberbayern‘), in welcher ein irrthümlich als Desmoceras bezeichnetes Lytoceras, und zwar L. planorbiforme Böhm n. sp. aus dem Senon des Gerhardtsreiter Grabens abgebildet ist. Diese Form mahnte mich so lebhaft an das Lytoceras von Pralkowce, dass ich mich veranlasst sah, Herrn Prof. Niedzwiedzki meine Wahrnehmung mitzutheilen. Ein so vortrefiliches Vergleichsobject, wie dieses nordalpine Lytoceras, erhöht natürlich nieht unwesentlich die Aussicht auf eine endgiltige Lösung der Streitfrage und dieser Umstand kommt mir in sehr glücklicher Weise zu Hilfe, da mich Herr Paul nun doch genöthigt hat, die Entscheidung auf das palae- ontologische Gebiet zu verlegen, ohne dass ich vorher in der Lage gewesen wäre, neues Material für die Untersuchung sammeln oder wenigstens den Versuch hiezu machen zu können, wie beabsichtigt war. Wie Herr Prof. Niedzwiedzki, so haben auch Herr Prof. Dr. K. A. v. Zittel und Herr Dr. J. Böhm ihre Zustimmung zur Benützung der Originalexemplare in der freundlichsten Weise er- theilt und ich erlaube mir den genannten Herren an dieser Stelle meinen wärmsten Dank hiefür auszusprechen. Von Pralkowce liegen mir drei Originalexemplare Niedäwiedzki’s vor, Lytoceras sp., Hoplites? auritus Sow., Hoplites cf. neocomiensis Orb. Ich beginne mit der erstgenannten, mit Zytoc. planorbiforme J. Böhm sp. identischen Art und bemerke, dass ich wegen der hohen Bedeutung dieses Vorkommens für die Stratigraphie der Sandstein- zone genöthigt bin, die Besprechung viel eingehender vorzunehmen, als es sonst nothwendig wäre. Lytoceras planorbiforme J. Böhm sp. Fig. 1. Vergl. Palaeontographica, Band XXXVIII, pag. 49, Taf. I, Fig. 12. Der Erhaltungszustand des Exemplares von Pralkowce scheint auf den ersten Blick sehr mangelhaft zu sein, in Wirklichkeit ist es aber damit nicht so schlecht bestellt. - Die Schale ist wohl flachge- drückt, aber die Sculptur,. die Involutionsspirale und selbst die Loben- linie sind deutlich erkennbar, und gerade diese Merkmale sind bei der Gruppe des Lytoceras Sacya und planorbiforme sehr charak- teristisch. | Die L,obenlinie besteht nämlich nicht nur aus dem Siphonal und den beiden Lateralen, sondern es sind ausserdem 3 Auxiliar- loben vorhanden, welche gegen die Naht ein wenig gesenkt sind. Da nun bei den echten Fimbriaten (im Neocom und Tithon vertreten durch L. subfimbriatum, densifimbriatum, montanum, Liebigi etc.), ferner bei der Gruppe des L. guadrisuleatum (in der Kreide vertreten durch diese Art und Zyt. crebisulcatum, strangulatum, Vishnu ete.) und bei den Reeticostaten (Costidiscus sbg.) stets nur zwei Lateral-, aber keine Auxiliarloben entwickelt sind, so verweist uns die Loben- linie sofort auf Lytoc. Sacya, bei welcher Art 3 Auxiliarloben vor- kommen, wie dies von Forbes, Stoliczka, F. Schmidt und jüngst von Matajiro Yokoyama erkannt ist. - ") Palaeontographica, 38. Band, 1891. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (V. Uhlig.) 30 216 V. Uhlig. [34] An dem Stücke von Pratlkowce sieht man die Loben an zwei Stellen, am letzten und am vorletzten Umgange. Am letzten Umgange sind nur der zweite Seitenlobus und ein Auxiliar erkennbar, sie zeigen eine reiche, feine Verästelung und die bekannte symmetrische Theilung, wie sie den Lytoceren eignet. Am vorletzten, ungefähr 13 Millimeter - hohen Umgange sieht man die Auxiliarloben, und zwar die beiden ersten deutlich, den dritten in Spuren. Wie dies bei Ammoniten, die in Flecken- mergel oder ähnlichem Gestein erhalten sind, häufig vorkommt, sieht - man die Loben mit freiem Auge, namentlich wenn man etwas kurz- sichtig ist, fast besser, als mit der Lupe. Die Zacken sind so fein, dass das Zeichnen der Linien auf dem ziemlich grobkörnigen Gesteine nicht möglich ist. Weit besser erscheint die Erhaltung der Lobenlinie bei den bayrischen Exemplaren. Selbst das kleine, von J. Böhm ab- gebildete Stück zeigt sehr deutlich die beiden Lateral- und 3 Auxiliar- a > EI o = Fig. 1. Lytoceras planorbiforme J. Böhm sp. aus den Ropianka - Schichten von Pratkowce bei Przemysl. j loben, von denen der dritte auf der Nabelwand unmittelbar an der Naht gelegen ist. Der Aussenlobus ist etwas länger, als der erste Lateral und auch darin besteht Uebereinstimmung mit der Sacya- Gruppe. E Auch die Sculptur dieser Art ist sehr bezeichnend. Sie besteht, wie schon Prof. NiedZwiedzki richtig erkannt hat, aus feinen, scharfen, um ungefähr 35° vom Radius abweichenden, also stark nach vorn geneigten Linien. Dadurch, dass diese Linien einander streng parallel laufen, dicht gestellt und gleichmässig stark bis in das Innerste des Gewindes hinein verfolgbar sind, verleihen sie der Schale ein überaus charakteristisches Aussehen. Trotz des mangelhaften Erhaltungs- der Fall. In der Nähe der Aussenseite kommt es, wie man an einel kleinen, mit Schale erhaltenen Partie erkennen kann, zur Bildung [35] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 247 von feinen Schaltlinien und zwar schiebt sich je eine Schaltlinie zwischen zwei von der Naht ausgehende Linien ein. Ueber die Extern- seite gehen die Rippen, wie es scheint, quer hinweg, womit ein Umbiegen der Sculptur in der Nähe der Externseite verbunden ist. Auf dem letzten Umgange macht sich eine leichte Sculptur- änderung bemerkbar. Am vordersten Theile des letzten Umganges ist ein kleines Stück der Nabelwand erhalten und dieses zeigt sehr feine und sehr dichte Linien, ausserdem ist an einer Stelle die Partie ° zwischen den Flanken und der Aussenseite im Abdruck kenntlich und auch hier bemerkt man unter der Lupe eine sehr dichte und feine Streifung. Ueber die Art und Weise, wie sich diese Veränderung vollzieht, lässt sich nichts angeben, da die zwischenliegenden Partien fehlen. Ausserdem sind auf jedem Umgange ungefähr fünf, den Rippen parallele, also ebenfalls stark nach vorn geneigte Einschnürungen vorhanden. Dass die Neigung der Rippen und der Einschnürungen nicht etwa auf die Verdrückung des Gehäuses zurück zu führen ist, geht aus der Regelmässigkeit der Involutionsspirale hervor. Diese letztere ist ebenfalls sehr bezeichnend. Das Anwachsen erfolgt so langsam, dass im Nabel eine grosse Anzahl von Umgängen zu sehen ist und da diese einander verhältnismässig stark umfassen und im inneren Theile des Gehäuses niedrig sind, so erscheint die Involutionslinie als eine auffallend enge Spirale und verleiht der Schale eine Planorbis-ähnliche Einrollung. Es scheint, als ob die Umgänge einander bis zu ?2/, und noch etwas mehr umfassen würden, wahr- scheinlich ist dies aber in Folge der Zusammendrückung des Gehäuses etwas übertrieben. Mit dem starken Umfassen der Windungen hängt die Lage der über den ersten Seitensattel laufenden Involutionsspirale und die für Lytoceras so ungewöhnliche Ausbildung von Auxiliarloben zusammen. Der letzte Umgang des ungefähr 55 Mm. im Durchmesser messenden galizischen Stückes wächst viel rascher an, ist viel höher, wie die inneren Umgänge. Das Höhenverhältniss des letzten, vor- letzten und vorvorletzten Umganges beträgt 2,7:6:21. Bei gleichem Anwachsen müsste die letzte, noch bis zum Schluss gekammerte Win- dung 135 Mm. hoch sein, während sie thatsächlich 21 Mm. misst. Dasselbe Verhältniss ist in vielleicht noch stärkerem Masse von ZL. Sacya bekannt. Ueber den Querschnitt der Windungen lässt sich nach dem galizischen Stücke nichts Bestimmtes aussagen, bei dem baieri- Schen Orginalexemplare sind die Umgänge hei dem Durchmesser von 2] Mm. etwas dicker als hoch. Bei den rascher anwachsenden Schluss- windungen dürfte sich dieses Verhältniss ändern, und die Dicke der Umgänge relativ geringer sein. „ - Die beschriebene Art bietet in ihrer Sculptur, im Lobenbau, in der Form der umfassenden Umgänge und der Art des Wachsthums / Verhältnisse dar, wie sie unter den Zytoceren nur bei der obercreta- eischen Gruppe des ZL. Sacya bekannt sind. Es kommen wohl im Lias und Dogger Lytoceren vor, wie Lyt. velifer Myhi, L. dilueidum Opp., bei welchen ein Auxiliarlobus und ein stärkeres Umfassen der Umgänge und auch eine Einschaltung von Secundärrippen auf der ı Aussenseite (L. dilucidum) beobachtet ist, aber diese Arten haben ‚ nicht fadenförmige, sondern gekräuselte Rippen. Aus dem Ober- 30* 918 V. Uhlig. [36] I # dogger und Malm sind ähnliche Typen nicht bekannt, aus den Werns- dorfer Schichten kenne ich wohl Bruchstücke von Lytoceras sp. mit Einschaltung von Rippen auf der Aussenseite, aber auch diese Frag- mente haben gekräuselte Rippen. Eine ähnliche Combination von, für Lytoceras nicht gewöhnlichen Merkmalen, bieten nur die obercreta- eischen Formen dar, und wir können daher die vorliegende galizische Art mit Zuversicht in diese Gruppe einreihen. Bezüglich der bairischen Exemplare habe ich noch hinzuzu- fügen, dass bei zweien die symmetrisch getheilten Zytoceras-Loben mit vollster Deutlichkeit kenntlich sind. Die Zugehörigkeit zu Zytoceras und auf Grund der übrigen Verhältnisse speciell zur Gruppe. des I:ytoceras Sacya kann keinem Zweifel unterliegen !). Das galizische Vorkommen ist hauptsächlich mit drei Formen der Sacya-Gruppe zu vergleichen, mit Zytoc. Sacya, var. Sachalinensis F. Schmidt, mit Lytoc. planorbiforme J. Böhm und mit L. Kayei Forb. Alle vier unterscheiden sich vom eigentlichen Zytoc. Sacya durch die grössere Anzahl der inneren Umgänge, also eine engere Involutions- spirale. Ferner scheint die galizische und die bairische Art durch das feinere Detail der Sceulptur der äusseren Umgänge von ZLytoc. Sacya abzuweichen. Die Rippen sind bei den ersteren auf den äusseren Umgängen feiner .und dichter gestellt, während bei ZLytoc. Sacya mehrere Rippen stärker hervortreten und eine Art Bündelung der auch etwas mehr geschwungenen Rippen sich geltend macht. Bei dem galizischen Exemplare ist auf dem letzten Umgange eine sehr dichte Folge feiner Linien kenntlich und ähnlich ist das Verhältniss bei einem etwas kleineren bairischen Exemplare, das mit Schale erhalten ist. Hinsichtlich der Zahl der inneren Windungen ist zu bemerken, dass das bairische Exemplar bei 21 Mm. Durchmesser 7, höchstens S Windungen erkennen lässt, das galizische bei gleichem Durch- messer 6°). Bei 38 Mm. Durchmesser zählte Schmidt bei einem sachalinischen Exemplare 7 Windungen und ebenso viel sind bei dem galizischen bei demselben Durchmesser vorhanden. Bei dem Durchmesser von circa 55 Mm. zeigt das galizische Exemplar in Folge des nach aussen zunehmenden Höhenwachsthums nur um einen Umgang mehr als bei 38 Mm. Durchmesser. Die Uebereinstimmung hinsichtlich der Involutionsspirale scheint mit var. sachalinensis eine besonders vollkommene zu sein. Matajiro Yokoyama°) gibt aber an, dass Uebergänge zwischen var. Sachalinensis und der typischen Form des Sacya vorhanden sind und er scheint nicht geneigt, die Varietät Sachalinensis anzuerkennen. Die Zahl der Windungen soll bei Lytoec. Sacya nach diesem Forscher sehr variabel sein. Man könnte es also auch wagen, die Art von Pralkowce direct mit L. Sacya zu ver- ') Bei den mir zur Verfügung gestellten bairischen Exemplaren liegt eine Etikette, auf welcher die Bezeichnung Lytoc. cf. Sacya von Herrn v. Sutners Hand eingetragen ist. ?) Herr Dr. J. Böhm erwähnt 9 Umgänge. Die innerste Partie ist weder bei dem bairischen, noch bei dem galizischen Exemplare deutlich erhalten, daher ist man auf Reconstruction der Umgänge angewiesen. Mir scheint die Zahl 9 etwas zu hoch gegriffen. 3) Palaeontographica XXXVI, 1889/90, pag. 179. [37] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 2319 einigen. Ich möchte aber doch davon absehen, da mir Uebergangs- exemplare nicht vorliegen und sich nach meinem Material sowohl die salizische, wie die bairische Art vom typischen ZLyfoc. Sacya durch die grössere Zahl der inneren Windungen unterscheidet. Es erscheint daher die Uebertragung des Namens L. planorbiforme auf das gali- zische Vorkommen ganz berechtigt. Auch die Anwendung der Be- zeichnung sachalinensis wäre möglich; wenn die erstere vorgezogen wurde, so geschah es wegen der räumlichen Nähe der bezüglichen Vorkommen. Aus demselben Grunde wurde auch die Bezeichnung L. Kayei nicht aufgenommen, obwohl auch diese Art sehr nahe steht. Uebrigens muss bemerkt werden, dass die meisten Arten der Sacya-Gruppe einer Ueberprüfung bedürfen. Auch Z. planorbi- forme ist nur unvollständig bekannt und sein Verhältniss zu Z. Sacya lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit überblicken. Die Feststellung des Verhältnisses der verschiedenen, um Lytoe. Sacya gruppirten Formen zu einander, sowie die mehr formale Namens- frage können wir getrost der Zukunft anheimstellen. Worauf es hier ankommt, ist, dass die vorliegende galizische Eorm unzweifelhaft zu diesem Oberkreidetypus ge- hört und innerhalb dieses dem senonen L. planorbiforme aus der bairischen Flyschzone so nahe steht, dass man die Identificirung vornehmen kann. Lytoceras Sacya Forb. wird aus der Oberkreide (Otatoor-Gruppe) Indiens, aus der Oberkreide der Königin Charlotte-Inseln (Britisch- Cölumbien), von den Inseln Sachalin und Ezo eitir. Man wäre ver- leitet anzunehmen, dass dies eine specifisch orientale Art sei. Dies dürfte aber kaum der Fall sein. Die Gruppe des L. Sacya mindestens ist in Europa gewiss vertreten, nur sind die betreffenden Vorkomm- nisse leider meist sehr unvollständig bekannt. Bestimmt gehört hierher L. leptonema Sharpe aus dem Grey Chalk und Amm. mitis Hau. aus den Gosau-Schichten und mit diesen Formen ist sehr nahe verwandt ein Exemplar, welches ich im Ino- ceramenmergel von Glodu ') in der Moldau gefunden habe, und welches ich an einer anderen Stelle näher beschreiben werde. Ebenso sind hier einzureihen Lytoc. Lüneburgense Schlüt. und Lytoceras n. sp. Schlüter aus der baltischen Schreibkreide, ferner Amm. anapastus und postremus Redtenbacher aus den Gosau-Schichten und wohl auch Amm,. Jukesi Sharpe. Es scheint — wenigstens nach der mir zugänglichen Literatur — als ob sämmtliche ZLytoceren der Ober- kreide diesem Typus zufallen würden und es ist jedenfalls sehr merk- ‚ würdig, dass der Lytoceren-Stamm, welcher in der Oberkreide durch so viele gänzlich evolute Typen vertreten ist (Turrilites, Baculites, Hamites) zur selben Zeit in involuten Formen geblüht hat, die sich durch stärkere Einrollung und umfassendere Umgänge von dem ) Stammtypus unterscheiden. ') Der Inoceramenmergel von Glodu ist mit den Puchower Mergeln zu ‚ identificiren. 220 v. Uhlig. [38] Scaphites Niedzwiedzkii n. sp. Fig. 2. —= Hoplites? auritus. Niedäwiedzki, Jahrbuch d, geol. R.-A. 1876, pag. 337.) Wie sorgfältig Herr Prof. NiedZwiedzki seine Versteine- rungen von Pralkowce studirt hat, beweist wohl am besten der Um- stand, dass ihm bei dem vorliegenden Reste die scaphitenartige Auf- rollung nicht entgangen ist. Leider hat dieser um die Geologie des Karpathensandsteines so verdiente Forscher dieser seiner Beobach- tung zu wenig Beachtung geschenkt, er wäre sonst in weiterer Ver- foleung derselben darauf aufmerksam geworden, dass auch die Sculptur auf Scaphites hinweist und die Sandsteinforschung der späteren Jahre hätte vermuthlich eine andere Gestaltung genommen). Das Exemplar hat eine Gesammtlänge von 24 Mm., eine Breite von 19 Mm. Es ist leider als Steinkern und auch als solcher ziemlich mangelhaft erhalten. Eine seitliche Zusammendrückung in. einem nennenswerthen Ausmasse hat nicht stattgefunden, dazu ist der Umriss viel zu regelmässig, wohl aber ist das Gehäuse flachgedrückt, ähnlich wie das Exemplar von ZLyfoceras planorbiforme. Der spirale Theil lässt nur erkennen, dass der Nabel eng ist und die Flanken Rippen Fig. 2. Scaphites Niedzwiedzkü n. sp. tragen. Sobald die Röhre die Spirale verlässt, was bei dem Durch- messer von circa 16 Mm. geschieht, nimmt die Sculptur eine andere Beschaffenheit an. Eigentliche Rippen sind nicht mehr zu erkennen, dagegen scheinen vom Nabel drei flache, breite Anschwellungen gegen die Aussenseite zu verlaufen und auf dieser sind v erhältnissmässig grosse, in der Richtung der Spirale gestreckte Knoten ‚deutlich erkennbar ?). ') Diese Bemerkungen sollen selbstverständlich keinen Vorwurf für Herrn Prof. NiedZwiedzki enthalten. Es war im Jahre 1876 sehr naheliegend, Ammo- niten aus dem Karpathensandstein zunächst auf Neocom zu beziehen. Der schlechte Erhaltungszustand begünstigte überdies die Täuschung. Ich hatte im Jahre 188 Gelegenheit, die Stücke bei Herrn Prof. Niedäwiedzki flüchtig zu besichtigen. Damals erklärte ich Herrn Prof. Niedäwiedzki, dass die Stücke mit Ausnahme des Lytoceras specifisch sichere Bestimmungen kaum zulassen dürften. Es dür ; dies wohl der Grund gewesen sein, warum mir Herr Prof. Niedzwiedzki im Jahre 1888 gerade dieses Lytoceras zur näheren Untersuchung vorgelegt hat. Ein Anlass, am neocomen Alter der Versteinerungen von Prall kowcee zu zweifeln hat sich mir im Jahre 1881 nicht geboten. :) Der gestreckte Theil des (rehäuses ist in der Zeichnung so dargestellt wie wenn mangelhafter Erhaltungszustand die Erkennung der Sculptur verhindern würde. Dies ist nicht richtig. Das Gehäuse ist deutlich als glatt erkennbar, nur die Anschwellungen der Naht sind etwas undeutlich, die Aussenknoten dagegen sind gut ausgeprägt. ! [89] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 221 Wo der gestreckte Theil der Schlusskammer in den aufge- richteten übergeht, erscheinen wieder feine, geschwungene Rippen. und zwar fünf bis an die Innenseite reichende Hauptrippen und eine grosse Anzahl von Schaltrippen. Die ersten drei Haupt- rippen vereinigen sich in einem leichten Knoten an der Innen- seite, ähnlich wie dies Schlüter bei Scaphites constrictus (Palaento- eraphiea, Bd. XXI., pag. 92, Taf. 28, Fig. 7) angibt. Die Zahl der Nebenrippen lässt sich nicht sicher bestimmen, sie nimmt gegen aussen zu. Zwischen den beiden vordern Hauptrippen dürften circa sieben feine Schaltlinien vorhanden sein. Am berippten Theile des Gehäuses scheinen an der Aussenseite drei leichte Knötchen aufzutreten, die sich aber weniger deutlich kenntlich machen, wie die Knoten des sestreckten Theiles. Aehnliche Aussenknötchen am vordersten Theile des Gehäuses gibt F. v. Hauer 1858. bei seinem Sc. multinodosus (= Se. constrietus, non Se. multinodosus w. Hauer 1866) aus den Gosau- Schichten an, doch sind sie stärker und zahlreicher. Die Scheide- wandlinie ist nicht bekannt. BR TR Die beschriebene Art hat unzweifelhaft sehr innige Beziehungen zu dem altbekannten Scaphites constrictus Sow, (vgl.besondersSchlüter, l.c. und J. Böhm, 1. ce. pag. 5!, Taf. I, Fig. 10). Die Sculptur stimmt im Allgemeinen vorzüglich überein, der gestreckte und der aufge- richtete Theil der Schlusswindung sind in dieser Beziehung, abge- sehen von der: gleich zu besprechenden Abweichung in der Stärke der Rippen, gar nicht verschieden und auch der spirale Theil scheint, so weit kenntlich, ähnlich ‚gestaltete Rippen zu tragen. Ebenso ‚sind beiden Arten gemeinsam die geringe Ausdehnung des gestreckten und das wenig starke Vorspringen des aufgerichteten Theiles. Auf Grund dieser Verbältnisse ist man berechtigt, eine sehr nahe Verwandtschaft zwischen der beschriebenen Art und dem Scaphites constrictus anzu- nehmen. Der in die Augen springendste Unterschied ist die Feinheit der Berippung bei der galizischen Form. Das mir vorliegende Original- exemplar') des Herrn Dr. J. Böhm ist theils mit Schale, theils als Steinkern erhalten und da zeigt es sich, dass der Steinkern nur einen Schatten von den Rippen wiedergibt, die auf der Schale scharf hervortreten. Man kann also in der Feinheit der Sculptur bei dem galizischen Stücke keinen eigentlichen Unterschied ‚erblicken, ausser wenn man annimmt, dass dasselbe ein sogenannter Sculptursteinkern ist und dies ist allerdings nicht unwahrscheinlich, da dies der gewöhn- liche Erhaltungszustand im Fleckenmergel und ähnlichen Gesteinen ist. Die galizische Art hat ferner, wie es scheint, einen erheblich weiteren Nabel, als Sc. constrictus und ist viel kleiner. Das Ergebniss der Untersuchung ist also, dass uns hier eine Art vorliegt, welche mit Se. constrictus sehr nahe verwandt und nur ?) Palaeontographica XXXVIIL, Taf. I, Fig. 10. Das betreffende Stück ist leider schlecht abgebildet; es zeigt in Wirklichkeit viel mehr Uebereinstimmung mit dem Typus der Art, als die Abbildung. So ist der aufgerichtete Theil mit äusserst scharfen und dichten Schaltrippen versehen, während die Zeichnung nur wenige, ziemlich grobe Rippen erkennen lässt. Auf demselben Raume, auf welchem die Zeichnung 12 Rippen zeigt, enthält das Original etwa 65. Der gestreckte Theil ist mehr glatt, als in der Zeichnung. \ 922 V. Unlig, 40] - Ä durch geringere Grösse, etwas weitern Nabel und wahrscheinlich auch feinere Berippung davon verschieden ist. Wenn es sich um eine palaeontologisch faunistische Arbeit handeln und der beschriebene Rest einen Theil einer grösseren Fauna bilden würde, müsste man es entschieden unterlassen, eine so wenig sicher abgrenzbare Form mit einem eigenen Namen zu belegen. Weil aber diese Form eine grosse geologische Bedeutung für die Sandsteinzone hat, erscheint es mir angemessen, den streng palaeontologischen Standpunkt zu ver- lassen und die Ertheilung einer specifischen Bezeichnung nicht zu scheuen, weil erfahrungsgemäss solchen Vorkommnissen dadurch mehr Aufmerksamkeit gesichert wird. Scaphites sp. ind. Sehr undeutliches, theils als Steinkern, theils als Abdruck erhaltenes Exemplar von ungefähr 23 Mm. Durchmesser. : Die Extern- seite ist nicht erhalten, ebenso fehlt die Wohnkammer. Der enge Nabel und die Art und Weise, wie die meist gespaltenen, seltener einfachen Rippen sich darstellen, macht die Zugehörigkeit dieses dürftigen Restes zu Scaphites sehr wahrscheinlich. Die von Nied- zwiedzki angenommene Verwandtschaft mit Hoplites neocomiensis ist bestimmt ausgeschlossen. Vielleicht gehört das Stück zu Scaphites constrietus, die Sculptur hat wenigstens ziemlich viel Aehnlichkeit, nur stehen die Rippen des Stückes von Pralkowce etwas weiter auseinander. Eine gewisse Aehnlichkeit ist vielleicht auch mit der Turonform Se. Geinitzi vorhanden. Eine nähere Bestimmung ist nach dem Erhaltungs- zustande so lang ausgeschlossen, bis an der Originallocalität bessere Stücke gefunden sind. | Auf Grund dieser Bestimmungen ist sichergestellt, dass die Fauna von Pralkowce bei Przemysl nicht neocom, dass sie viel- mehr obercretacisch ist. Da Scaphites constrictus, die mit Scaph. Niedzwiedzkii nächstverwandte Art, im ausseralpinen Gebiete für die Mukronatenkreide bezeichnend ist, und auch im alpinen Gebiete in den Gosauschichten und in dem, nach J. Böhm obersenonen Gerhardtsreiter Mergel, also in sehr hohem Niveau, gefunden ist, da ferner in denselben obersenonen Schichten auch das Lytoc. planorbi- forme vorkommt, muss man es als wahrscheinlich bezeichnen, dass die Schichten von Pratkowce eine hohe Stellung in der Schichtfolge‘ der Oberkreide einnehmen und vermuthlich der Senonstufe an- gehören '). Wir wissen durch J. Böhm, dass die Firgde -Inoceramen auch im Obersenon von Gerhardtsreit vorkommen. Dies legt die Annahme nahe, dass nicht nur die Ropianka-Schichten von Pratkowce, sondern auch die Inoceramen-Schichten überhaupt dem Senon zuzufallen haben. Für diese Schichten fände eine derartige Annahme in der unmittel- Es verdient hervorgehoben zu werden, dass die Schichten von Pralkowee und Przemysl bei der ersten Uebersichtsaufnahme 1859 (Jahrb. 1859, Verhdl. 104) von Stur und Wolf als obereretacisch ausgeschieden worden sind. ‘ [41] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 223 baren Ueberlagerung durch das Alttertiär in Westgalizien eine Unter- stützung. In Ostgalizien dagegen scheinen die fraglichen Schichten die Stellung an der Basis der Oberkreide zu behaupten, — es liegen über ihnen massige Sandsteine und die Schiefer von Spas, — und dies würde ein höheres geologisches Alter bedingen. Das Vorkommen der Inoceramen wäre damit wohl vereinbar; denn in den Nordalpen hat F. Toula Acanthoceras Mantelli in den Inoceramen-Schichten ge- funden; dieselben Inoceramen, die im Senon vorkommen, können also auch in tieferen Schichten, im Turon, selbst im Cenoman erscheinen. Ein ähnliches Verhältniss könnte auch in Ostgalizien vorausgesetzt werden. Bewahrheitet sich, dass die Pralkowcer Fucoidenmergel dem Senon entsprechen, dann würden sie speciell mit den Baschker Sand- steinen Schlesiens und Mährens, mit den Puchower Mergeln des Waagthales, der Arva und der Pieninen, mit den Inoceramenmergeln von Glodu in der Moldau gleichzustellen sein. Mit den Neocomversteinerungen von Przemysl fällt die letzte Stütze des Paul’schen Systems. Wir haben vorhin gefunden, dieser Forscher verfüge im Grunde auch nicht über einen einzigen, stich- hältigen Beweis für seine Anschauungen; wir können jetzt um einen Schritt — den letzten — weitergehen und positiv behaupten, Herrn Paul’s System ist unhaltbar. Wir kennen keine neoco- men Ropianka-Schichten, wir kennen natürlich auch keine „Mitteleretacische Gruppe“ über den Ropianka- Schichten. Genau so, wie in der alpinen Sandsteinzone, bestehen auch in den Karpathen die tiefsten Aufbrüche der Sandsteinzone all- gemein aus obercretacischen Inoceramen-Schichten und die neocomen und mitteleretacischen Karpathensandsteine bilden selbstständige Inseln, welche umsomehr an Bedeutung und Ausdehnung verlieren, je weiter sie von der schlesischen Grenze gegen Osten gelegen sind. - Neun Jahre hindurch hat Herr Paul in der galizischen Sand- steinzone Aufnahmen vollzogen, ebenso lang und noch länger hat er der wissenschaftlichen Welt die Versicherung abgegeben, dass es um seine Gliederung auf das beste bestellt sei, ungescheut konnte er es unternehmen, die Arbeiten Anderer zu meistern, deren Arbeitsmethode zu discreditiren. Und nun sollen seine Versicherungen völlig werthlos, seine Behauptungen von Grund aus umgestossen sein! Dies klingt unglaublich und man wird sich unwillkürlich fragen, wie so denn eine so ungewöhnliche Erscheinung zur Thatsache werden ‚ konnte? Nun, es ist natürlich, dass ein geschickter Dialektiker, wie Herr Paul, in einem Gebiete, in welchem in Folge der Versteiner- ı ungsarmuth, der meist gleichsinnigen Lagerung, der faciellen Aehn- ‚ liehkeit altersverschiedener Schichtgruppen scharfe und sichere , Altersbestimmungen sehr schwierig sind, seine Anschauungen längere ‚ Zeit mit Erfolg behaupten konnte, zumal er von allem Anfange an | weite und elastische Schichtgruppen aufgestellt hatte, wie Untere \ Abtheilung, Obere Abtheilung der Karpathensandsteine, Mittlere ‚Gruppe. Es ist zu bedenken, dass der gesunde Boden für die Glie- derung erst Schritt für Schritt gewonnen werden musste und eine | | | Menge Irrthümer im Detail zu beseitigen waren. Man stelle sich den Zustand der Forschung im Jahre 1882 vor, als ich seitens der geo- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (V. Uhlig.) 31 224 V. Uhlig. [42] logischen Reichsanstalt zu den Aufnahmen im Karpathensandstein beigezogen wurde. Vertraut mit den bis an die Grenze meines Kartenblattes vorgeschrittenen Arbeiten des Herrn Paul finde ich in meinem Gebiete Schichtgruppen vor, ganze Bergmassen zusammen- setzend, von welchen in den Arbeiten des Herrn Paul nirgends die Rede ist, so die schwarzen Schiefer und die kieseligen Sandsteine der Bonaröwka-Schichten, die massig-mürben, von H. Walter und E. v. Dunikowski Ciezkowicer Sandstein genannten Schichten. Die „Mittlere Gruppe“, im anstossenden Kartenblatte des Herrn Paul und an der Grenze meines Blattes am Karpathen-Nordrande mächtig ausgeschieden, existirt nicht in meinem Gebiete. Schichten, welche mir Herr Paul als seine „Oberen Hieroglyphen-Schichten“, als die Tiefstufe des Alttertiärs bezeichnet hat („Focaen“), haben sich in der Folge als jüngste Bildung des Alttertiärs erwiesen. Der Menilit- schiefer, von Herrn Paul in der Hauptsache als Grenzbildung zwischen - den oberer Hieroglyphen-Schichten (Eocaen) und den Magurasandsteinen bezeichnet und nur dieser Auffassung gemäss cartirt, haben sich als Facies herausgestellt, welche im tieferen, wie im höheren Theil des Alttertiärs vorkommen kann’). Der mächtige, durch mehrere Karten- blätter streichende CGzarnorzeki-Gebirgszug, von Paul als Mulde behandelt, zeigte sich in Wirklichkeit als Antiklinale. In den massigen Sandsteinen im Norden der Klippenzone, welche Herr Paul als’ mitteleretacisch bezeichnet hat, mussten erst Nummuliten gefunden . werden, um auch diesen Irrthum zu beseitigen. Es ist gewiss ganz begreiflich, dass die Entfernung aller dieser y Irrthümer, nicht im "Handumdrehen, wenn der Ausdruck gestattet ist, seschehen konnte, und ebenso verständlich ist es, dass dieses an und für sich nicht leichte, durch allerhand andere Verhältnisse, namentlich die Kürze der Untersuchungszeit noch bedeutend erschwerte Durch- ringen zu neuen Erkenntnissen nicht erfolgen konnte, ohne eng Schwankungen in der Auffassung. Auch die neue Ansicht von H. Walter und E. v. Dunikowski, welche kurze Zeit nach dene Beginne meiner Arbeiten publieirt war, konnte nicht unmittelbar acceptirt und als Klärung der Verhältnisse betrachtet werden, denn sie war palaeontologisch nicht schlagend begründet und konnte es füglich nicht \ sein, da damals das geologische Alter der alpinen Inoceramen, auf welche einzig mit Sicherheit Bezug genommen werden konnte, nicht | näher bekannt war, da ferner die Verhältnisse in der Bukowina, besonders aber die Fauna von Przemysl entgegenstanden und von Seite der genannten Autoren nichts geschehen war, um die Wider- sprüche aufzuklären. e| Der 1888 veröffentlichte Schlussbericht über meine Aufnahmen im Karpathensandstein (1883 und 1884) zeigt, auf welche Weise ich mich mit den damals gegebenen Verhältnissen abgefunden hatte. Eine endgiltige Entscheidung für mein Gebiet war in dieser Arbeit nicht enthalten, denn noch bestanden die neocomen Ropianka-Schichten u ') Zu einem ähnlichen Resultate war v. Bosniaski auf Grund des palaeon- tologischen Studiums -der Fische des Menilitschiefers gelangt. [43] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 225 von Pralkowce zu Recht, noch erhoben sich im Hintergrunde die „Verhältnisse der Bukowina“ für Paul’s Betrachtungsweise. Meine Untersuchung im Sommer 1889 in der Bukowina deckte die fundamentalen Fehler des Herrn Paul in der Bukowina auf, und die palaeontologische Untersuchung der Reste von Pratlkowce endlich hat den Paul’schen Ideen den letzten Boden entzogen. Nicht meinen Angriffen — denn solche wurden nicht ausgeführt — auch nicht den Angriffen Anderer, lediglich der Wucht der Thatsachen er- liegt das Gebäude Paul’scher Beweisführung. Herr Paul ging im Wesentlichen einen deductiven Weg. Weil der geologisch älteste Theil des Karpathensandsteins in Schlesien, in Siebenbürgen, im westlichen Galizien zum Neocom gehört, so sollten auch in allen anderen Gebieten der weitgedehnten Sandstein- zone die tiefsten Aufbrüche derselben Stufe zufalien!). Auch die weiten, elastischen Gruppen des „Unteren, Mittleren und Oberen“ Karpathensandsteins sind selbstverständlich aprioristisch. | Mein Weg dagegen war der inductive. Ich ging vom Ein- zelnen aus, von localen Schichtgruppen, deren geologisches Alter auf eigenem Boden bestimmt werden sollte. Daher war ich vom Anfange an segen das unnnatürliche Zusammenspannen der schwarzen Ammoniten- schiefer des Neocoms mit den graublauen Inoceramensandsteinen und Fucoidenmergeln und konnte den aus Siebenbürgen, Schlesien und der Bukowina hergeholten Beweisgründen für mittel- oder west- galizische Schichtgruppen kein Vertrauen entgegenbringen, ohne schritt- weisen Nachweis des Zusammenhanges. Herr Paul konnte nie be- greifen, wozu denn eigentlich die Trennung der schwarzen Neocom- schiefer von den Ropianka-Schichten dienlich sein solle, Ciezkowicer und Magurasandstein schienen ihm im Grunde als ident und del. Ihm schienen diese Trennungen schädlich, verwirrend, besten Falls ganz überflüssig?).. Heute könnnte er darüber eines bessern belehrt ‚ sein, denn nun stehen die Ciezkowicer Sandsteine sicher an der Basis, ‚ die Magurasandsteine an der Decke des karpathischen Alttertiärs, die , Neocom-Schiefer im tiefsten, die Ropianka-Schichten im höchsten Niveau der Kreide. Natürlich ist aber dieser inductive Weg unend- ‚lieh viel langsamer und mühevoller zurückzulegen und dies erklärt ii !) In dieser Beziehung ist folgende Aeusserung des Herrn Paul sehr lehr- reich (Jahrb. 1893, pag. 248): „Hier (in Schlesien) sehen wir wirklichen neocomen , Flysch, und die Berechtigung des Bestrebens, die Aequivalente desselben auch in / anderen Flyschgebieten zu suchen, sollte hienach kaum bezweifelt werden können“. \ Als ob dies jemals geschehen wäre! Aber die Berechtigung, solche Aequivalente ‚zu suchen, enthebt Herrn Paul ebensowenig wie jeden Anderen von der Pflicht, , auch den Beweis für das angeblich Gefundene zu schaffen. Und dieser Beweis ist es, | der von Paul niemals erbracht worden war. Es sollte Herrn Paul ferner wohl | bekannt sein, dass sämmtliche, zweifellos neocome Versteinerungen östlich von dem ) bereits von Zeuschner, Hohenegger und Fallaux untersuchten Gebiete } Galiziens von mir herrühren, mit Ausnahme des Vorkommens am Liwoez, an dessen / Auffindung Herr Paul in demselben Masse betheiligt ist, wie ich. Dass Herr ‚Paul seine Apostrophe betreffs des Aufsuchens der Aequivalente des Neocoms nun gerade an mich richtet, ist mindestens sehr sonderbar und es sollte mich ‚nicht wundern, wenn dies zu einigem Nachdenken über die Art der Waffen des Herrn Paul anregen würde. ?) Vergl. Jahrb. 1888, pag. 706. 31* 296 f V. Uhlig. [44] zur Genüge die auffallende Thatsache, dass Herr Paul sein: System so lange Zeit hindurch im Jahrbuche und in den Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt aufrecht erhalten konnte. i Ich kann diese Bemerkungen nicht schliessen, ohne die Ver- sicherung abzugeben, dass dieselben nicht den Zweck haben, etwa eine Art Bilanz darüber aufzustellen, was Herr Paul in 9 Jahren Forscherthätiskeit in Galizien geleistet habe; ich betrachte dies nicht als meine Aufgabe. Diese Bemerkungen sind nichts anderes, als ein Act der Abwehr; dass diese gründlich sein musste, wird Jeder- mann verstehen, dem Herrn Paul’s wiederholte Angriffe auf mich bekannt sind. Ill. Hauptergebnisse über die Zusammensetzung der galizischen Sandsteinzone. Wenn der Leser aus ien vorhergehenden Blättern den Eindruck sewonnen haben sollte, als fehlte es in der Sandsteinzone Galiziens an festen Erkenntnissen und einer dauernden Grundlage, so würde dies den Thatsachen nicht entsprechen. Wir sind heute glücklicher Weise soweit, nicht nur die Grundzüge der Zusammensetzung der Sandsteinzone erkannt zu haben, sondern es liegt auch sehr viel und zum Theil sehr gutes Kartenmaterial vor. Wie sollte es auch anders sein, da doch in den letzten fünfzehn Jahren nicht wenige Geologen ?) mit Eifer an der Erforschung dieses Gebietes gearbeitet haben. Man ist ausserhalb der betheiligten oder betheiligt gewesenen Kreise über diesen Gegenstand nur wenig unterrichtet, und es wird daher viel- leicht nicht unnütz sein, wenn ich, obschon seit Jahren der galizischen Sandsteinforschung fernstehend, in den folgenden Zeilen den Versuch mache, die wichtigsten Thatsachen über die Zusammensetzung der karpathischen Sandsteinzone kurz zusammenzufassen. Von selbst werden sich hierbei die Fragen ergeben, deren Lösung die Aufgabe der künftigen Forschung bilden wird. Es ist zunächst vonfundamentalerBedeutung, sich über die Rolle des Neocomsklar zu ME, In dieser Beziehung sind folgende Thatsachen von Wichtigkeit, die zum Theil schon im Vorhergehenden erwähnt sind, der Vollsti ändiekeit halber aber noch- mals Erinnerung gebracht werden müssen: . Wo immer man bisher in Galizien Neocomversteinerungen Na hat, lagen sie in Schichten, welche mit dem schlesischen Neocom übereinstimmen. : od ee Schichten. ) A. v. Alth, E. v. Dunikowski, V. Hilber, F. Kreutz, J. Nieg zwiedzki, J. Noth, St. Olizewski, C. M. Paul, L. Szajnocha, E. Tietze v. Tausch, M. Vacek, H. Walter, Dr. Zapalowics, R. Zuber und «@ Verfasser. [45] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 227 3. Die Neocombildungen Galiziens schliessen sich räumlich an das schlesische Neocom an. Das letztere streicht mit wesentlich ver- minderter Mächtigkeit nach Galizien, wie man schon durch Hohen- egger weiss. Die Spuren der untersten Stufen, des Unteren Teschner Schiefers und des Teschner Kalksteins verlieren sich nach Hohen- egger und Fallaux in der Gegend von Wadowice. In dem weiter östlich gelegenen Gebiete zwischen den Flüssen Raba und Wisloka kennt man bisher nur die Vertretung der Grodischter Schichten (Mittelneocom) und der Wernsdorfer Schichten (Barremien). Bezüglich der Versteinerungen des Neocoms in Galizien verweise ich haupt- sächlich auf das Jahrbuch d. geol. Reichsanst. 1888 pag. 210—213. 4. Es ist nicht unmöglich, sogar wahrscheinlich, dass man später auch noch östlich von Wieliczka die Aequivalente des Oberen Teschner Schiefers (Valenginien) auffinden wird; weit weniger gross ist die Wahrscheinlichkeit für die Auffindung der Teschner Kalke und der damit nach unten in Verbindung stehenden Unteren Teschner Schiefer. Man hat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese tiefsten Stufen des schlesischen Neocoms in Galizien durch eine andere Facies vertreten seien. Es ist mindestens sehr wahrscheinlich, dass die tiefsten Stufen des Neocoms östlich von Wadowice nirgends mehr zum Aufbruch gelangen. 5. Als zusammenhängende Zone lässt sich das Neocom nur bis in die Gegend von Wieliczka, etwa 8'5 Meilen weit von der schle- sischen Grenze nach Galizien verfolgen. Weiter östlich beschränken sich die Neocom-Vorkommnisse auf kleine Aufbrüche, deren Aus- dehnung gegen Osten zu immer mehr einschrumpft.s Ebenso wächst im Allgemeinen der Abstand von einem Vorkommen zum anderen in der Richtung nach Osten. 6. Ueber den versteinerungsführenden Neocombildungen liegen an einzelnen Punkten, wie in Rzegocina bei Bochnia, unmittelbar Alt- tertiärschichten auf; an anderen Stellen findet man im Hangenden des Neocoms massig-mürbe, meist weisse oder gelblich weisse Sand- steine, in denen Niedäwiedzki bei Mietniöw specifisch unbestimm- bare Ammonitenreste gefunden hat. Auf Grund dieser Funde und der Lagerung wird man diese Sandsteine mit NiedZwiedzki als mittel- und theilweise wohl auch obercretaeisch ansprechen müssen. Die Facies dieser Sandsteine entspricht den cenomanen Istebner Sandsteinen Schlesiens; es scheint also, dass die Facies der echten Godulasandsteine in Galizien durch die Facies der Istebner Schichten verdrängt wird. Die Mietniöwer Sandsteine sind nach petrographischen Merkmalen von ‚den alttertiären Ciezkowicer Sandsteinen nicht zu unterscheiden. 7. Das Neocom erscheint in Galizien in zwei Zonen, von denen eine am Nordrande, die andere 3—5 Meilen südlich davon verläuft. ‚Die letztere scheint die Fortsetzung jener Neocomzone Schlesiens zu bilden, welche als Unterlage der Godulasandstein- Berge hervortritt. Beide Zonen liegen im karpathischen „Hügellande“ (Subkarpathen), im südlicheren „Berglande“ kennt man kein Neocom. 3. Die einzelnen Neocom-Aufbrüche sind durch fossilführende Alttertiärbildungen von einander getrennt. Der Abstand ist meistens ein sehr beträchtlicher. 298 V. Uhlig. [46] 9. Oestlich vom Liwocz bei Jasto in Westgalizien hat man bis- her weder neocome Versteinerungen, noch auch dem schlesischen Neocom ähnliche Schichten nachweisen können. Nun liegen aber aus Ostgalizien sehr detaillirte Aufnahmen vor (von Kreutz, Zuber, v. Dunikowski auf Grundlage der Karten von Paul und Tietze) und auch Mittelgalizien ist hinlänglich genau untersucht. Man kann es auf Grund dessen als höchst unwahrscheinlich, ja als völlig ausgeschlossen bezeichnen, dass manin diesen Gebieten das Neocom jemals anders, als höchstensin unbedeutenden Inseln, ähnlich dem Liwocz, antreffen wird. 10. Im westgalizischen Berglande, in ganz Mittel- und Ost- galizien bestehen die tiefsten Aufbrüche allenthalben aus obercreta- cischen Inoceramen- oder Ropianka-Schichten. Diese haben an vielen Punkten die bezeichnenden Inoceramen geliefert. Dazu kommen in Ostgalizien plattige und massige Sandsteine und die schwarzen Spaser Schiefer. 11. Ausser diesen obercretacischen Bildungen betheiligen sich an der Zusammensetzung der Sandsteinzone in West- und Mittel- galizien und im westgalizischen Berglande alttertiäre Karpathen- sandsteine, welche weitaus grössere Flächen bedecken, als die obercretacischen Gebirgsglieder. Das Neocom aber nimmt im Verhältniss zum Alttertiär und der Oberkreide geradezu verschwindend kleine Flächen ein. 12. Schon in den Jahren 1855 und 1861 hat Hohenegger in Schlesien den»Nachweis geführt, dass die obercretacischen Baschker Sandsteine und Friedecker Baculitenmergel eine selbstständige Ver- breitung haben und unmittelbar auf weit älteren Gliedern der Schicht- reihe aufruhen. Ferner hat schon Hohenegger klar ausgesprochen, dass das „Eocaen“ die Neocomgesteine mantelförmig umgibt, dass es quer auf das Streichen des Neocom, der Godula- und Istebner Sand- steine von Süden gegen Norden zieht und in Buchten in das Kreide- gebiet eingreift). 13. In Westgalizien bilden die Neocomgesteine ungefähr ost- westlich streichende Zonen, das Alttertiär dagegen folgt der karpa- thischen Richtung gegen SÖ. Das Neocom zeigt sich in seiner Ver- ; breitung unabhängig von den jüngeren Bildungen des Karpathensand- steins, von den echten Flyschfalten. 14. Aus diesen Mittheilungen ergibt sich mit Bestimmtheit fol- gendes: I. Die Sandsteinzone der Karpathen besteht gerade so, wie die derAlpen im Allgemeinen aus Ober- kreide und Alttertiär. I. Die Neocomgesteine und die !) (reognost. Verh. d. Nordkarpathen ete. Gotha 1861, pag. 33. „... Dagegen sind die oberen Kreidegesteine, resp. Meere, offenbar von Westen her in die schon fertigen Thäler der an der Nordseite hoch erhobenen älteren Kreidegesteine bis an die schlesische Grenze bei Friedeck vorgedrungen. ... Das Eocaenmeer aber drang durch die Schlucht bei Jablunkau und andere Einschnitte auf die Nordseite des Kreidesandsteins, wo es die Teschner Neocomgesteine inselartig umfloss und südlich von dem hohen Karpathensandstein, nördlich von dem alten Steinkohlen- lande und überhaupt von den Sudeten trennte.“ Vgl. auch l. ce. pag. 49. s [47] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 229 coneordant aufruhenden jüngeren Glieder der Kreide- formation bilden Inseln im Karpathensandstein und betheiligen sich nicht allgemein an der Zusammensetzung der Sandsteinzone. Schon vor Ablagerung der Oberkreide und des Alttertiärs waren diese älteren Gesteine gefaltet. Die breite Ausbildung des Neocoms liegt, wie bekannt, in Schlesien, nach Mähren zu verschwindet es ungefähr am Oberlauf der Betschwa, weiter westlich ist keine Spur davon sefunden worden. Etwas weiter erstreckt es sich in östlicher Rich- tung, aber die Art und Weise des Auftretens in immer weiteren, durch Alttertiär und Oberkreide ausgefüllten Zwischenräumen, unter zunehmender Verringerung des Umfanges und unter Ausbleiben der ältesten Schichtgruppen, spricht unverkennbar für die Richtigkeit der hier vertretenen Anschauung über die Rolle des Neocoms im Kar- pathensandstein. Genau so, wie die alpine Flyschzone in der Schweiz ältere, hauptsächlich neocome Aufbrüche enthält und diese im Bregenzer Walde verschwinden, ohne bis in die Gegend von Wien und darüber hinaus wieder zum Vorschein zu kommen, so treten auch in Schlesien und in den angrenzenden Theilen Mährens und Galiziens neocome Gesteine auf, deren Ausdehnung nur eine beschränkte ist, und die man nicht als gewissermaassen integrierende Bestandtheile der Sandsteinzone ansehen kann. Die Sandstein- oder Flyschzone hört nicht auf, Sandsteinzone zu sein, auch wenn derartige ältere Aufbrüche fehlen, diese haben also mit dem Wesen dieser Zone nichts zu schaffen. Der Unterschied zwischen dem westalpinen und dem karpathischen Gebiete besteht nur darin, dass das-Neocom im ersteren die subalpine kalkige Facies, im letzteren die sandig-schieferige Facies des „Karpathensandsteins“ aufweist. Die Bedeutung des Neocoms und der auflagernden Schichten des Godula- (und Istebna-?) Sandsteins einerseits, die der Inoceramen- Schichten anderseits für die Auffassung der Sandsteinzone vermögen wir auf Grund der vorliegenden Thatsachen richtig zu beurtheilen. Worüber wir aber noch nicht mit wünschenswerther Klarheit unter- richtet sind, das ist die Frage, ob die Discordanz zwischen der Ober- kreide und den älteren Ablagerungen der Kreideformation in Galizien ähnlich wie in Schlesien gestaltet ist. Dass dieselbe wahrscheinlich vorhanden ist, ergibt sich aus der schon berührten selbstständigen Verbreitung des Neocoms; es wäre aber doch sehr erwünscht, wenn darüber noch mehr Licht verbreitet würde. Ebenso ist noch zu er- weisen, ob die Discordanz, wie in Schlesien, zwischen Cenoman (Istebner Sandstein) und Turon (Friedecker Baculitenmergel) Platz greift, oder ob diese Verhältnisse in Galizien eine Aenderung er- fahren. Damit geht Hand in Hand die Frage nach dem geologischen Alter der massig-mürben Mietniower Sandsteine einestheils, der Ino- ceramen-Schichten anderentheils. Diese letztere Frage ist von geringerer Wichtigkeit in Gebieten, wo über den Inoceramen-Sehichten unmittel- bar das Alttertiär folgt, wie im westgalizischen Bergland, sie ist dagegen von grosser Bedeutung am westgalizischen Karpathen-Norld- ‚ rande, wo mit den Inoceramen-Schichten zum Theil massig-mürbe Sandsteine wechsellagern (Wat bei Tarnöw) und die Neocomserie und die Oberkreide nahe nebeneinander entwickelt sind. In Ost- 230 V. Unlig. | [48] galizien, wo, wie schon erwähnt, plattige und. massige Sandsteine und die Spaser Schiefer mit Am. Reqwienianus über den Ropianka- Schichten folgen, wird eine nähere Altersbestimmung dieser Schichten durchzuführen und deren Verhältniss zu einander und selbst die Schichtfolge nochmals genau zu prüfen sein. Speciell für die Neocom- bildungen wird festzustellen sein, ob die untersten Schichten in der That in der Gegend von Wadowice verschwinden, wie Hohenegger und Fallaux angeben; es wird ferner die Verbindung zwischen dem ausgezeichneten Neocomvorkommen von Rzegocina und Kamionna (südlich von Bochnia) und dem von Lanckorona herzustellen, es wird ferner das Schicksal der Oberen Teschner Schiefer zu verfolgen sein. Wenn wir auf das Alttertiär übergehen, so sind als grund- legende Thatsachen hervorzuheben: 1. Dessen alle anderen Schichtgruppen beiweitem überwiegende Verbreitung, 2. dessen verschiedene Ausbildung im südlichen und im nördlichen Theile der Sandsteinzone. Für die südliche Ausbildungs- weise können als bezeichnend gelten die Magura-Sandsteine, deren grössere Widerstandfähigkeit gegen die Verwitterung eine grössere Höhe der südlichen Bergzüge bedingt und namentlich in Westgalizien den Gegensatz zwischen dem niedrigen subkarpathischen Hügellande und dem Berglande auffallend hervortreten lässt. Im Osten ist der orographische Ausdruck dieser Faciesdifferenz nicht so stark merk- lich, er ist aber wenigstens in der Bukowina und der Moldau auch - angedeutet, und es besteht ebenfalls dieselbe facielle Differenzirung. In Westgalizien zerfälit das Alttertiär des Berglandes von unten nach oben in folgende leicht kenntliche und allenthalben nachweis- bare Sehichtgruppen : l. Bunte, besonders rothe Schiefer, mit grünlichen Sandsteinen, 2. Belovesza-Schichten, | 3. Magura-Sandsteine. Menilitschiefer (Smilno-Schiefer, Grybower Menilitschiefer, ge- wöhnliche Menilitschiefer) sind sowohl in den bunten Schiefern, wie auch in den Magura-Sandsteinen eingeschaltet. Im Hügellande liegen zu unterst 1. massig-mürbe Ciezkowicer Sandsteine mit mächtigen Einlagerungen von rothen und bunten Schiefern und schwarzen Bona- röwka-Schichten, darüber 2. jene plattigen Sandsteine und graublauen Schiefer, welche ich in meinen Aufsätzen als sogenannte westgali- zische obere Hieroglyphen-Schichten geführt habe, um nicht einen besonderen Localnamen ertheilen zu müssen, und welche später von Öberbergrath E. Tietze die Bezeichnung Krosno-Schichten erhalten haben. Auch im Hügellande enthalten beide Abtheilungen des Alt- tertiärs Mecnilitschiefer, besonders häufig die Ciezkowicer Sandsteine Die letzteren führen ferner nieht selten Orbitoiden und Nummuliten, noch häufiger Lithothamnien. Sie sind, wie auch die Bonaröwka- Schichten, häufig mit exotischen Blöcken beladen. | In der Sandsteinzone der Bukowina und der Moldau herrschen im nördlichen Gebiete ebenfalls trefflich charakterisirte Ciezkowicer Sandsteine (Wama-Sandsteine Paul) vor, sie nehmen jedenfalls sehr weite Flächen ein; die Krosno-Schichten scheinen dagegen viel [49] Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. 331 schwächer entwickelt zu sein. In diesem östlichen Gebiete sind Nummuliten und Orbitoiden im Ciezkowicer Sandstein sehr verbreitet, mehr, als in Westgalizien. Im Süden sind, wie in Westgalizien, die Magura-Sandsteine bezeichnend ausgebildet und dazu treten die Szi- poter Schichten; es fehlt auch nicht an den bunten Schiefern, aber eine so regelmässige Schichtfolge von den bunten Schiefern zu den Magura-Sandsteinen, wie in Westgalizien und im Saroser Comitate, scheint nicht zu bestehen. Die exotischen Blöcke gehören vorwiegend einem und demselben grünen, krystallinischen Schiefergesteine an. Der Hauptsache nach lässt sich das Alttertiär von derKreide gut abtrennen, es gibt aber doch auch in dieser Be- ziehung geringe, noch nicht überwundene Schwierigkeiten. In West- salizien erwachsen dieselben aus der faciellen Identität der Ciezko- wicer und der Mietniower Sandsteine. In Ostgalizien weisen die im übrigen sehr detaillirten Karten der galizischen Geologen eine über grosse Flächen ausgebreitete Ausscheidung: „Kreide, zum Theil Alt- tertiär“ auf; es ist also auch in Ostgalizien trotz sehr zeitraubender Untersuchungen noch nicht gelungen, die Kreide vom Alttertiär stets richtig zu scheiden. Wahrscheinlich handelt es sich in Ostgalizien ebenfalls um Sandsteine vom Charakter der Ciezkowicer Sandsteine. Es wird nun die nächste Aufgabe wohl darin bestehen, diese Abtrennung durchzuführen, was bei der verhältnismässig grossen Häufigkeit nament- lich der Nummuliten in der subkarpathischen Zone nicht unmöglich sein dürfte. Sodann werden die Faciesbildungen des Berg- und des Hügel- landes in engere Verknüpfung zu bringen und die nähere Altersbestimmung durchzuführen sein. Die bisherigen Funde, besonders die von M. Vacek, ferner die Fischreste der Menilite, auch die Mikrofauna von Wola luZanska sprechen wohl zumeist für die vorwiegende Vertretung des Oligocaens und Obereocaens im alttertiären Karpathensandstein. In erster Linie werden die allgemein verbreiteten und in tieferen, wie im höheren Horizonte des Alttertiärs vorkommenden Fischreste der Menilitschiefer geeignet sein, zur Aufhellung der Stratigraphie des Alttertiärs beizu- tragen!) Damit steht eine zweite wichtige Frage in Verbindung. Hat man zwischen dem Alttertiär und der Oberkreide eine Lücke in der Schichtfolge vorauszusetzen, wie in den Centralkarpathen und in Schlesien, oder besteht ein allmähliger Uebergang von der älteren zur Jüngeren Bildung? Beide Ansichten sind vertreten worden und stehen sich noch unvermittelt gegenüber, so dass es also auch nach _ dieser Richtung hin weiterer Untersuchungen bedürfen wird. Um die Aufzählung der an der Zusammensetzung der karpa- thischen Sandsteinzone betheiligten Bildungen zu vervollständigen, erwähne ich noch, dass zwischen Rzegocina und Rybie bei Bochnia ‚andesitische Durchbruchsgesteine auftreten, und dass in Westgalizien an mehreren Stellen transgredirende, fossilreiche Miocaenablagerungen tief in das Sandsteingebirge eingreifen. ) Um der noch ungelösten Frage, welche Schichten des Karpathensandsteins dem Eocaen, welche dem Oligocaen zuzuweisen seien, auszuweichen, habe ich vor Jahren vorgeschlagen, lieber die indifferente Bezeichnung Alttertiär zu verwenden, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 2. Heft. (V. Uhlig.) 32 232 V. Unlig, ja Obwohl im Vorangehenden nur die allgemeineren Verhältnisse gestreift wurden, sehen wir doch, wie sich eine offene Frage an die andere reiht. Um sich dem Ziele zu nähern, wird noch ein weiter Weg zurückzulegen sein, aber es ist jetzt der erhöhte Standpunkt gewonnen, von dem aus die Richtung des Weges überblickt werd kann, es ist die Gewähr gegeben, dass sich der Fortschritt nunmeh in viel sichereren Bahnen bewegen kann, als vordem. Mehr noch im Interesse der Wissenschaft, der ja so viele und weitaus dankbare Felder der Forschung offenstehen, wäre es für die immer mehr a blühende Petroleum-Industrie Galiziens wünschenswerth, wenn di geologischen Arbeiten in der Sandsteinzone von Seite der mass- sebenden Factoren neuerdings eine ausgiebige Förderung fänden. Zur neueren Literatur der alpinen Trias. Von A. Bittner. 1. Ueber die einzig richtige und zulässige Verwendung des Terminus ‚norisch‘“. Im Jahre 1892 hat E. v. Mojsisovics bekanntlich eine Ver- schiebung der von ihm selbst eingeführten und bis dahin verwendeten stratigraphischen Nomenclatur der oberen Trias vorzunehmen versucht. Gegen diesen Versuch habe ich in zwei Mittheilungen ') Einsprache erhoben und dabei mit, wie ich glaube, unanfechtbaren Gründen gezeigt, dass der Name „norisch“ den Hallstätter Kalken verbleiben und für jene Abtheilung derselben auch fernerhin angewendet werden muss, für welche er ursprünglich aufgestellt wurde, resp. welche vom Anbeginne an den Typus dieser norischen Stufe gebildet haben. Man kann diese Angelegenheit von allen Seiten betrachten, man kann sie drehen und wenden wie man will, man wird niemals einen auch nur einigermassen haltbaren Grund dafür ausfindig zu machen im Stande sein, warum der Name norisch seit 1892 nicht mehr jener Schichtgruppe belassen werden soll, für die er ursprünglich schon seiner geographischen Bedeutung nach ersonnen, sondern warum er im Gegentheile jenen fälschlich damit parallelisirten Ablagerungen verbleiben soll, für die er ursprünglich nicht gegeben wurde. Wäre diese Angelegenheit nicht so absolut klar und einfach, wie sie wirklich ist, ich würde nie daran gedacht haben, dem oben erwähnten gegensätzlichen Versuche E. v. Mojsisovics’s und ins- besondere der Art und Weise, wie derselbe unternommen wurde, entgegenzutreten. Es ist keineswegs Rechthaberei, was mich veranlasst, auf diesem Standpunkte weiter zu beharren, sondern das Bewusstsein, eine gute und vernünftige Sache zu vertreten, deren allseitige Anerkennung nur eine Frage der Zeit ist. ') „Was ist norisch?“ Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1892, S. 387—396 und „Ueber die Nothwendigkeit, den Terminus „norisch“ für die Hallstätter Kalke aufrecht zu erhalten“; Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1893, S. 220—228. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (A. Bittner.) 39* 234 A. Bittner. [21% E. v. Mojsisovies hat in seiner ersten Mittheilung in den Sitzungsberichten der Wiener Academie 1892 durchaus keine Be- gründung der von ihm vorgenommenen Verschiebung und Ueber- tragung der Termini gegeben; er ist einfach in seiner gewohnten Weise nach dem Grundsatze „sie volo“ vorgegangen. Man durfte wohl mit Recht darauf gespannt sein, welche Gründe er — da sich seither „zu seiner grössten Ueberraschung“ eine Opposition gegen sein Vorgehen erhoben hat — nachträglich noch vorbringen würde. Der Hauptantheil des grossen, seit langer Zeit (1875) stillgestandenen Werkes von E. v. Mojsisovies über die Cephalopoden der Hall- stätter Kalke ist soeben erschienen. Wie immer die Urtheile der Fachgenossen jetzt und in der Zukunft über den Werth der pa laeontologischen Methode, welche in diesem schon seiner äusseren Erscheinung nach wahrhaft imponirenden Werke angewendet wurde, auch lauten mögen, das ausserordentlich grosse Verdienst, die reichen fossilen Schätze der Hallstätter Fauna gehoben und in glänzender Weise der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht zu haben, wird dem Verfasser für alle Zeiten unbestritten bleiben. Leider muss diese Anerkennung den gleichzeitigen und voran- gsegangenen geologischen Arbeiten E. V. Mojsisövies’s versag bleiben. dieselben fordern im Gegentheile nach jeder Richtung hin zu einer offenen und rückhaltlosen Kritik heraus. Auch das nunmehr vorliegende palaeontologische Hauptwerk E. v. Mojsisovies’s ist bedauerlicherweise wieder von des Verfassers neuester, zum Theile bereits bei früheren Gelegenheiten gewürdigter Schwenkung der letzt- verflossenen Zeit in hocheradiger Weise beeinflusst und durch die auch in ihm angewendete neue Nomenclatur wissenschaftlich ge schädigt worden, ganz abgesehen von dem sehr fatalen Umstande dass jener wissenschaftliche Standpunkt, jene Anschauungsweise, welche der Verfasser seit 26 Jahren mit grösster Energie verfochten hat und deren eigentliche Stütze, deren wissenschaftliche Basis und deren wissenschaftlicher Beweisapparat (vergl. Verhandl. d. geol. R.-A. 1872, S. 5) dieses palaeontologische Hauptwerk werden und bleiben sollte, vonihrem eigenen Urheber und alleinigen musste, so a Bee von diesem Sandbunie aus gegenwärti das Hauptwerk E. v. Mojsisovies’s als zwecklos und überflüssig erscheint. Dafür hat die von E. v. Mojsisovics im Jahre 1892 eingeführte Neuerung in der Benennung der norischen Hallstätter Kalk wie dies leider nach dem” Vorangegangenen nicht anders erwa werden konnte, auch in dieses Werk Eingang gefunden, zum daueı den Schaden desselben, wie bereits bemerkt wurde, und zwar ni nur deshalb, weil diese Namensübertragung nicht zulässig ist und 2 der Literatur unbedingt wieder verschwinden muss, sondern speci noch aus dem Grunde, weil die beiden in den Jahren 1873 und 18 erschienenen Lieferungen des 1. Bandes dieses Werkes in ganz rich- tiger Weise nur karnische und norische Hallstätter Kalke [3] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 235 kennen, somit in verschiedenen Abschnitten desselben Werkes ver- schiedenartige Bezeichnungen für ein und denselben Schichteomplex Anwendung finden, was entschieden weder dem Werke selbst zum Vortheile und Nutzen gereicht, noch auch beim Leser das Verständniss zu fördern geeignet ist. Wir wollen aber nach den Gründen sehen, welche E. v. MojJ- sisovics hier beibringt, um seine, wie nicht oft genug hervorgehoben werden kann, durchaus unberechtigte Neuerung in der Triasnomen- elatur annehmbar erscheinen zu lassen. Auf S. 822 findet sich in einer Fussnote (sic!) eine Art von Versuch einer solchen Motivi- rung. Die ungewöhnliche Schwächlichkeit der dort gebrachten Be- gründung steht in grellem Gegensatze zu dem Hochgefühle wissen- schaftlicher Autorität, mit welchem dieselbe vorgetragen und mit welcher die Argumentation des (? anonymen) Gegners ein für alle- mal abgethan wird. E. v. Mojsisoviecs bezeichnet hier meine Polemik als ten- denziöse Erfindung. Wenn in diesem Falle, wie in meinen wissenschaftlichen Arbeiten überhaupt eine Tendenz zu Tage tritt, so ist es nur die, was als wahr und richtig erkannt wurde, ohne jedes Ansehen der Person aufrecht zu erhalten, und ich bin stolz auf diese „Tendenz“, von der ich nur wünsche, dass sie allgemeinere Uebung und Zustimmung fände. Den Anspruch, ein Erfinder in wissenschaftlichen Dingen zu sein, werde ich nie erheben und kann denselben mit voller Beruhigung E. v. Mojsisoviecs zukommen lassen, dem er von Niemandem, der die Literatur der alpinen Trias seit 1866 kennt, strittig gemacht werden wird. Und wenn die Erfindung von Stufeneintheilungen, von Provinzen, von Zonengliederungen, von überflüssigen Namen jeder Art u. s. f, an denen die Literatur der alpinen Trias seit 1866 überreich ist und die sämmtlich keinem wirklichen Bedürfnisse entsprechen, sondern nur dazu dienen sollen, die wissenschaftliche Thätigkeit eines Einzelnen ins rechte Licht zu stellen, in diesem Sinne als tendenziös be- zeichnet werden darf, so hat Niemand so viel Anspruch, tenden- ziöse Erfindungen gemacht zu haben, als gerade E. v. Mojsi- sovics. Gehen wir aber sogleich auf die „Motivirung“ der Uebertragung der Namen norisch und juvavisch ein, welche E. v. Mojsisovies versucht. Da heisst es: „Die Bezeichnung „norische Stufe“ wurde bereits ursprünglich nicht auf eine bestimmte Abtheilung der Hall- stätter Kalke beschränkt, sondern ganz allgemein’) der unter der ’) Ich bestreite weder, noch bezweifle ich, dass E.v. Mojsisovics bereits im Jahre 1869 die bestimmte Absicht gehabt hat, die von ihm aufgestellten Stufen ganz allgemein für die ganze alpine Trias einzuführen. Es fragt sich nur, ob er dazu auch berechtigt war und die Berechtigung hiezu lässt sich nur aus der Begründung dieser Stufeneintheilung herleiten. Das blosse Aufstellen von Stufennamen beweist an sich gar nichts. Es ist bekanntlich nichts leichter als solche Namen aufzustellen, wie die tägliche Erfahrung lehrt. Aber was anderes ist ihre Begründung. Hat nicht E. v. Mojsisovics selbst im Jahre 1869 noch vier andere Stufennamen — oenisch, badiotisch, halorisch und larisch — auf- gestellt, bis 18374 verwendet und dann wieder aufgelassen? Würde er sie aufgelassen ben, wenn sie begründet gewesen wären? Wenn also E. v. Mojsisovics im 236 A. Bittner. [4] karnischen Stufe zwischen dieser und dem Muschelkalke gelegenen Stufe gegeben“. Das hindert nicht, wie nachgewiesen werden soll, dass das von allem Anbeginne ein grosser Fehler war und es kann die Bedeutung der Thatsache nicht abschwächen, dass der Typus der norischen Stufe die norischen Hallstätter Kalke waren und dass sie es bis heute geblieben sind. Es ist ganz irrelevant, worauf dieser Name „norisch“ bereits ursprünglich beschränkt oder nicht beschränkt wurde: es handelt sich hier zunächst darum, auf Grund welcher Thatsachen er aufgestellt wurde und welche Schiehtgruppe bei der Aufstellung desselben zum Ausgangspunkte gedient hat. Die Anwendung neuer Stufennamen setzt ja doch voraus, dass ein Grund, solche anzuwenden, vorlag, denn ohne einen solchen Grund pflegt man ja überhaupt neue Stufennamen weder aufzustellen noch anzu- wenden. Aus der Stilisirung des oben eitirten Passus von Mojsiso- vics allein geht hervor, dass die Möglichkeit vorhanden und wohl sogar zunächstliegend gewesen wäre, die Bezeichnung „norische Stufe* auf eine bestimmte Abtheilung der Hallstätter Kalke zubeschränken, weil diese Bezeichnung eben — und das kann auch v. Mojsisovies nicht bestreiten — dieser Abtheilung der Hallstätter Kalke ursprüng- lich entnommen und angepasst und erst in zweiter Linie — wenn auch „sofort oder ursprünglich“ — auf andere Schichtgruppen der alpinen Trias übertragen wurde und nicht anders als übertragen werden konnte, da ja diese anderen Schichtgruppen gar keinen ge- nügenden Anhaltspunkt für eine Neuaufstellung eines Stufennamens geboten haben. Es handelt sich also zunächst darum, den Ausgangspunkt für die Aufstellung dieser Stufennamen aufzusuchen und die Begründung kennen zu lernen. auf Grund welcher diese Namen für nöthig erachtet‘ und aufgestellt wurden. Wir fragen daher, woher erkennt E. v. Mojsisovies, dassin der "oberen alpinen Trias zwei Hauptgruppen oder Stufen vorhanden und zu unter- scheiden seienund wie kommter zu den Namen, welche er für dieselben vorschlägt und in Gebrauch nimmt, oder mit anderen Worten, woher nimmt er die Begründung für das wirkliche Vorhandensein dieser beiden Stufen und damit die Berech- tigung. Namen für dieselben aufzustellen? Aufdiese Frage bleibt unsE.v. Mojsisoviesinseinemneuesten Werke zwnächst einmal die Antwort schuldig, seine vornehmste Sorge besteht darin, zu zeigen, dass er die Bezeichnung „norische Stufe“ überhaupt bereits ursprünglich ganz allgemein a, habe, was ihn ja Ki gar wer sondern 2 begnügt sich damit, zwei Stellen aus Verh. 1869 und Jahrb. 1869 zu eitiren, von denen er auf die letztere Jahre 1569 vier unbegründete Stufennamen (unter sechs) aufstellen konnte, so wird man sich der Mühe nicht entschlagen können, zu untersuchen, ob und wie die gleich- Bir aufgestellten Stufennamen „norisch“ und „karnisch“ begründet waren. WennE, Mojsisovi ies durch 18 Jahre die Fiction, dass es in der alpinen Trias 2 sonderte Provinzen gebe, aufrecht erheben konnte, so wird es doch denkbar sei [5] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 237 offenbar, da sie gesperrt gedruckt wird, entscheidenden Werth legt. Sie lautet (Jahrb., 1869. S. 127) wie folgt: „Ich erkenne daher in der unter der rhätischen Stufe befindlichen oberen alpinen Trias zwei Hauptgruppen oder Stufen und erlaube mir für die untere derselben die Bezeichnung „norische Stufe“, für die obere die Bezeichnung „karnische Stufe“ in Vorschlag zu bringen“. Und er fügt diesem Citat hinzu: „Es kann nach diesem klaren Wortlaute nicht dem ge- ringsten Zweifel unterliegen, was unter norischer Stufe zu verstehen ist und hätte man mir mit Recht den Vorwurf der Willkürlichkeit oder der Leichtfertigkeit machen können, wenn ich an dieser Nomen- elatur gerüttelt hätte“. So hoch anzuschlagen die hier sich äussernde Gewissenhaftigkeit auch ist, so vermag sie doch das äusserst geringe Gewicht des vor- gebrachten Argumentes nicht wesentlich zu erhöhen. Es wurde bereits betont, dass eine jede Aufstellung von Stufennamen naturgemäss begründet werden muss. Dass Namen für diese oder jene Schicht- gruppe überhaupt aufgestellt wurden, beweist ja an und für sich gar nichts, es ist eine einfache Thatsache, aus der sonst nichts abgeleitet werden kann. Worauf es vor allem ankommt, das ist die Begrün- dung und die aus derselben abzuleitende Berechtigung für den Gebrauch solcher Namen. Der vonE.v.Mojsisovics selbst als ausschlaggebend citirte Passus bietet einen sehr geeigneten Ausgangs- punkt für die Weiterverfolgung dieser Frage. Sein Anfang lautet: „Ich erkenne daher etc.“ In diesem Wörtchen daher liegt der deutliche Hinweis auf die Begründung der in Rede stehenden Stufeneintheilung und Namengebung, auf die Begründung, der sich auch v. Mojsisovics nicht entschlagen konnte und die in der diesem Satze vorangehenden Darstellung enthalten und zu finden sein muss. Wenn wir also bereits oben fragten, woher erkennt E. v. Mojsisovics, dass in der oberen alpinen Trias zwei Stufen vorhanden sind und womit begründet er den Vorschlag, die Namen „norisch“ und „karpisch“ für dieselben zu gebrauchen, so stehen wir hier vor jener wichtigen Stelle in den Schriften E. v. Mojsisovics’s, welche uns jene Begründung geben muss. Es wird, nachdem wir den Wortlaut dieser Begründung kennen gelernt haben werden, untersucht werden müssen, in welcher Weise diese Begründung zu Stande kam, ob sie auf einen beschränkten District der alpinen Ablagerungen oder gleich vom Anfange auf die gesammte alpine Trias basirt war und im ersteren Falle, auf welche Art und mit welcher Motivirung sie auf die ge- sammte alpine Trias übertragen und ausgedehnt wurde. Erst wenn wir untersucht haben werden, in welcher Weise die Stufeneintheilung begründet wurde und woher die Namen für diese Stufen entlehnt wurden, wird darüber gesprochen werden können, ob dieser Stufen- eintheilung sonach eine bloss locale oder ob derselben eine allge- meinere Bedeutung vindieirt werden konnte. Man hat in unserem Falle nicht abgewartet, bis sich nach genauer Durchforschung des gesammten alpinen Triasgebietes die Nothwendig- keit etwa von selbst ergeben würde, allgemeiner gültige Stufennamen für gewisse Complexe dieser Ablagerungen aufzustellen. Man ist von einem bestimmten engbegrenzten Gebiete ausgegangen, von dem va ww 938 t A. Bittner. [6] norischen Alpengebiete des Salzkammergutes, welches nach E.v. Mojsisovics’s eigenen Worten (Jahrbuch 1869, S. 91, Verhandl. 1872, S. 6) die vollständigste Reihenfolge der Triasablagerungen dlarbietet, deren einzelne Horizonte in stratigraphischer Beziehung von äusserst gewichtiger Bedeutung sind und zu Vergleichen mit anderen (rebieten die breiteste und sicherste Grundlage bilden. Der wissenschaftliche Gesichtspunkt, welchen E. v. Mojsisovies bei diesen Untersuchungen festhielt, war in erster Linie ein rein palaeon- tologischer, was schon daraus erhellt, dass man weder damals (1869 und später), noch bis auf die neueste Zeit eine stratigraphisch sicher- gestellte Reihenfolge der triadischen Bildungen des Salzkammergutes besass und besitzt. Zum Beweise dessen braucht nur auf die in permanenter Umänderung begriffene Zonengliederung der Hallstätter Kalke hingewiesen zu werden, die endlich im Jahre 1892 vollkommen auf den Kopf ge- stellt wurde und auch seither noch nicht zur Bubzz sekommen ist. Wenn also E. v. Mojsisovies im Jahrbuch 1869, S. 125 zu untersuchen unternimmt, an welcher Stelle die theoretische Grenzlinie für die Stufeneintheilung der oberen Triasam zweckmässigsten gezogen werdenkann, so ist diese Untersuchung eine rein palaeontologisch-theoretische, welche jeder positiven stratigraphischen Grundlage insoferne entbehrt, als zu jener und bis in die neueste Zeit über das gegenseitige strati- graphische Verhalten der beiden Hauptgruppen der Hallstätter Kalke ganz und gar nichts bekannt war. F Die von E.v. Mojsisovies als „karnisch“ unterschiedene Schicht- gruppe der Hallstätter Kalke besitzt, wie schon F. v. Hauer betont hat, palaeontologische Beziehungen zu den Ablagerungen von Raibl, St. Cassian und Bleiberg; ihre stratigraphische Stellung war und ist dadurch bis zu einem gewissen Grade bestimmt. Wie sich zu dieser karnischen Hallstätter Gruppe die später sogenannten norischen Hallstätter Kalke verhalten, darüber fehlte zu jener Zeit jeder stratigraphische Anhaltspunkt und es war (man vergl. v. Mojsisovies im Jahrb. 1869 und in Verhandl. 1872) vollkommen ungerechtfertigt, diese norischen Hallstätter Kalke einfach auf kurzem Wege für älter als die karnischen Hallstätter Kalke zu erklären. nach dem Hauptdolomite oder Dachsteinkalke gleichzusetzen, € n Standpunkt, der zu jener Zeit von Stur allein eingenommen wurde!) ') Wie isolirt Stur mit dieser Meinung dastand, beweist am besten eine Aeusserung Benecke’s in dessen „Trias und Jura in den Südalpen“, 1865 S. 82: „so steht doch wohl die Lagerung des Hallstätter Kalkes unter den Raible. Schichten in den Nordalpen noch fest“, A [7] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 239 Es wurde demnach die Stellung der späteren norischen Hall- stätter Kalke unter den karnischen Hallstätter Kalken ohne Beweise einfach als gesichert angenommen und das war der Cardinalfehler, an dem die ganze neuere alpine Triasliteratur laborirte. Da somit die stratigraphisch sichere Basis einer Gliederung der Hallstätter Kalke von allem Anbeginne an fehlte, ist der Gesichtspunkt, von welchem diese Untersuchung aus durchgeführt wurde, umsomehr als rein palaeontologischer anzusehen. Das einzige vorhandene, rein palaeontologische Moment, nach welchem E. v. Mojsisovies die Hallstätter Kalke in zwei Hauptabtheilungen trennte, resp. nach welchem die beiden Stufen innerhalb der Hallstätter Kalke unter- schieden wurden, bleibt somit (Jahrb. 1869 S. 127) jene ausser- ordentlich wichtige und scharfe palaeontologische Scheidelinie, welche zwischen diesen beiden Gruppen hindurchläuft. „Daher“ (vergl. den oben von E. v. Mojsiso- vies eitirten Satz Jahrb. 1869 S. 127) — und daher ganz allein ist die Gliederung in eine norische und karnische Stufe abgeleitet. Der oben eitirte Satz „Ich erkenne daher u. s. w.“ bezieht sich demnach ganz ausschliesslich auf den im vorangehenden Passus (Jahrb. 1869 S. 127) enthaltenen gesperrt gedruckten Satz, dass die wich- tigste Trennungslinie der oberen alpinen Trias mitten durch die Hallstätter Kalke verläuft und dieser Satz ist das Resultat der von Mojsisovies zwei Seiten zuvor (S. 125) begonnenen Untersuchungen, „welche darauf abzielen, zu erfahren, an welchen Stellen die theoretischen Grenzlinien innerhalb der oberen alpinen Trias am zweckmässigsten gezogen werden können“. Dieser Satz ist die Begründung der Stufeneintheilung iin der oberen Trias. Ich meine nun, es sollte bereits aus dem Vorangegangenen denn doch wohl Jedermann die völlige Ueberzeugung gewonnen haben, dass die Gliederung der oberen alpinen Trias in eine norische und karnische Stufe einzig und allein in erster Linie auf den fauni- stischen Eigenthümlichkeiten der Hallstätter Kalke beruht, wie denn auch vv. Mojsisovics im soeben eitirten Satze und auch noch 1893 zugibt und zugeben muss, dass der alleinige Grund und Aus- Sangspunkt für die Gliederung der Hallstätter Kalke und zugleich (aber doch erst in zweiter Linie!) der ganzen übrigen Trias in diese beiden Stufen eben jene scharfe palaeontologische Trennunglinie in- mitten der Hallstätter Kalke bildete und darstellte. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dass die norischen Hallstätter Kalke mit Fug und Recht als norische Ablagerungen ange- sehen werden müssen, es sollen sofort weitere Gründe dafür ange- führt werden, dass sie geradezu den ursprünglichen und bleibenden Typus der norischen Ablagerungen darstellen und man mag daraus den Werth und die Bedeutung der überraschenden Behauptung FE. v. Mojsisovics’s ermessen, der zu Folge (Hallst. Cephalop. 2. Bd 1893 S. 823) die Hallstätter Kalke vordem irrthümlich’) der { ') Die norischen Hallstätter Kalke sind also nach E, v. Mojsisovics (1893) irrthümlich in die norische Stufe gestellt worden. Nehmen wir einmal an, dass das Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (A. Bittner.) 33 940 A. Bittner. [8] norischen Stufe zugezählt worden seien. Und in derselben Fussnote, in welcher E. v. Mojsisovics diesen mit den Thatsachen scharf eontrastirenden Satz ausspricht, führt er an, es sei allerdings richtig sei — und E. v. Mojsisovics wird ja doch wohl verlangen, dass man seinen Ausspruch als richtig gelten lasse — was folgt daraus? Es folgt daraus, dass ja die norische Stufe unabhängig von den Hallstätter Kalken und ihren faunistischen Eigenthümlichkeiten und ohne Rücksicht auf diese aufgestellt worden sein musste, ehe daran gedacht werden konnte, die Hallstätter norischen Kalke derselben — natürlich irrthümlich! — zuzurechnen. Denn man kann doch einen beliebigen Schichteomplex nicht einer Stufe — selbst irrthümlich nicht! — zurechnen, die man noch gar nicht hat. Man darf wohl fragen, auf Grund welcher Thatsachen denn dann überhaupt die norische Stufe aufgestellt worden ist. Und wie soll man sich die merkwürdige Verwicklung erklären, dass doch zugegebenermassen von den faunistischen Unterschieden der Hallstätter Kalke ausgegangen werden musste, um zu jenen (nicht existirenden) Betrachtungen zu gelangen, welche zur Aufstellung der beiden Stufen führten, wenn es möglich war, auf Grund unbe- kannter Thatsachen die norische Stufe aufzustellen und sodann — irrthümlich — die norischen Hallstätter Kalke in dieselbe einzureihen? Und dann, warum wurde für die norische Stufe gerade der Name norisch gewählt, wenn es nicht die fauni- stischen Eigenthümlichkeit der in den norischen Alpen heimischen Hallstätter Kalke waren, die einzig und allein zur Aufstellung der norischen Stufe führten? Auf diese Fragen dürfte es vom Standpunkte E. v. Mojsisovics’s aus schwer- lich eine befriedigende Antwort geben. Bezüglich des Namens „norisch“ mache ich auch aufmerksam, dass es doch ein merkwürdiges Verfahren ist, aus einer geographischen Position, in der gewisse Ablagerungen in typischer Entwicklung auftreten, einen allgemein giltig sein sollenden Stufennamen abzuleiten und hinterher zu erklären, jene für diese Stufe typischen Ablagerungen, nach deren Verbreitung der Name für die Stufe gewählt wurde, seien irrthümlich in diese Stufe gestellt worden. Oder sollte der Name „norisch“, weil die Hallstätter Kalke den norischen Alpen angehören, bereits ursprünglich mit Absicht zur Bezeichnung der nunmehr ladinischen Bildungen der Südalpen gewählt worden sein? Denn darauf, dass es möglich sei, auf die palaeontologischen Eigenthümlichkeiten einer in einem beschränkten Gebiete verbreiteten Ablagerung einen diesem Verbreitungsbezirke entlehnten geographischen Namen für ein anderes, davon verschiedenes Gebiet zu begründen, läuft die heutige Vertheidigung E. v. Mojsisovic#s schliesslich hinaus. Der Name norisch wäre nach E. v. Mojsisovics offenbar ursprünglich bereits in erster Linie für die südtiroler doleritischen Tuffe aufgestellt worden, weil die norischen Hallstätter Kalke der norischen Alpen den Ausgangspunkt für die Aufstellung dieses Namens norisch bildeten. Auch ein drastisches Beispiel, wozu die angewandte Logik in der Geologie nützlich ist! 4 Zum Capitel von der „irrthümlichen Zuweisung der norischen Hallstätter Kalke zur norischen Stufe“ wolle man noch Folgendes berücksichtigen: Man hat bekamntlich (Jahrb. 1850 S. 36) den Dachsteinkalk ehemals für unteren alpinen Muschelkalk angesehen. Wäre man, als man den Irrthum erkannte, nicht in der „formalen Logik“, wie sie neuerer Zeit durch E. v. Mojsisovies eingeführt wurde und vertreten wird, noch sehr weit zurückgewesen, so hätte der Name Dach- steinkalk dem unteren alpinen Muschelkalk verbleiben müssen, da sich ja dann gewiss Jemand gefunden hätte, der behauptet haben würde, der eigentliche Dach- steinkalk sei irrthümlicherweise in das Dachsteinkalkniveau versetzt worden, man habe mit diesem Namen von Anbeginne an eigentlich den unteren alpinen Muschel- kalk gemeint, der daher den Namen Dachsteinkalk weiter führen müsse. Es scheint von E. v. Mojsisovics in dieser Hinsicht im Jahre 1892 leider auch übersehen worden zu sein, dass man bis dahin von vielen Seiten den Hallstätter Kalk in das Niveau des Wettersteinkalkes versetzt habe; folgerichtig müsste der Wetterstein- Kalk von 1892 an den Namen Hallstätter Kalk führen. Der freiwerdende Name Wettersteinkalk bietet sich für die Korallriffkalke des Dachsteinkalks, für die er ja von 1889-1892 durch Mojsisovies und Geyer im Gebiete der- Mürzthaler Alpen und des Schneebergs ohnehin angewendet wurde, ganz von selbst als eine [9] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 241 richtig, dass die scharfe palaeontologische Trennungslinie in den Hallstätter Kalken den Ausgangspunkt der Betrachtungen bildete, welche zur Aufstellung der karnischen und norischen Stufe führten. Nachdem nun diese beiden Stufen resp. Namen im Jahrb. 1869 8. 127 in dem von Mojsisovics auch 1893 wieder citirten Satze „Ich erkenne daher“ etc. aufgestellt wurden, nachdem, wie gezeigt wurde, dieses „daher“ auf die unmittelbar vorhergehende Begründung zurück- führt, die eben in jenem Satze von der scharfen palaeontologischen Trennungslinie innerhalb der Hallstätter Kalke enthalten ist, so muss ja wohl zwischen beiden Stellen auf S. 127 Jahrb. 1869 der Platz sein, an welchem jene Betrachtungen selbst zu finden sein müssen, welche es ermöglichten, diese Stufen vom Beginne an als sanz allgemeine systematische Bezeichnungen aufzustellen. Man schlage doch gefälligst einmal Jahrb. 1869 S. 127 nach und bemühe sich an der angegebenen Stelle oder sonst wo diese „Betrachtungen“ theilweise „eingebürgerte“ Bezeichnung dar und der „Dachsteinkalk“ wird deshalb auch nicht unterstandslos, da ihn jaGümbel seit langer Zeit in einem besonderen Sinne verwendet. Ebenso könnte man den südalpinen Hauptdolomit (nach einer lange Zeit festgehaltenen Parallelisirung Stoppani’s) künftig vielleicht besser als Esinokalk bezeichnen, die Partnachschichten als Carditaschichten, die (echten) Carditaschichten dagegen als Cassianer Schichten, welcher Name (nach Diener) auch für die echten Raib.er Schichten in Verwendung käme; der Terminus „Raibler Schichten“ würde aufs Schlernplateau übertragen (nach Diener) und von diesem zurück auf die Torer Schichten, während die lombardischen Raibler Schichten (nach Mojsisovics) zu Wengener Schichten gemacht würden. Etwas ähnliches liesse sich für gewisse Tertiärablagerungen durchführen: Die Sotzkaschichten von Südsteiermark scheinen sich nach Hoernes gegenwärtig in mehrere altersverschiedene Schichtgruppen auflösen zu wollen. Da nun die best- bekannten Sotzkaschichten die Kohlenablagerungen von Trifail-Sagor sind, so würde es sich empfehlen, den Namen Sotzkaschichten diesen Bildungen zu belassen und für die Sotzkaschichten der Localität Sotzka selbst einen anderen Namen in Gebrauch zu nehmen. Auch dieser bietet sich von selbst dar in dem Terminus „Schichten von Eibis- wald“, da nach Hoernes die Schichten von Eibiswald irrthümlich mit den Sotzka- schichten genau so wie die norischen Hallstätter Kalke irrthümlich mit den Buchen- steiner und Wengener Schichten gleichgestellt wurden. So würde man dazu kommen, die norischen Ablagerungen in Südtirol, die Hallstätter Kalke in Nordtirol, die Sotzka- schichten bei Trifail-Sagor, die Schichten von Eibiswald aber bei Sotzka in ihrer typischen Entwicklung aufsuchen und studiren zu können. Keine einzige der angeführten Uebertragungen ist weniger gerechtfertigt als die Uebertragung des Namens norisch durch Mojsisovies auf die Süd- alpen, alle sind schon dagewesen und haben eine Zeit lang als zu Recht bestehend gegolten oder wollten wenigstens dafür gelten. Man würde durch ihre Neuan- wendung in dem hier angedeuteten Sinne sicher eine angenehme Abwechslung in die alltägliche Eintönigkeit bringen und sich nur ein für allemal zu merken haben, dass die Typen durch geographische Namen bezeichneter Horizonte niemals dort zu finden sind, wo man sie suchen würde, und ausserdem wird man allenfalls die Vorsicht gebrauchen dürfen, zu jedem Namen die Jahreszahl oder die Periode, in welcher und den Autor, von welchem er in einem bestimmten Sinne angewendet wurde, hinzuzufügen. Das sind die Consequenzen, zu dem die Behauptung Mojsisovics’s, die norischen Hallstätter Kalke seien irrthümlich der norischen Stufe zugezählt worden und der Name der norischen Stufe müsse daher der übrigen alpinen Trias mit Ausschluss der norischen Hallstätter Kalke ver- bleiben, führen. Durch die Absurdität derselben wird man vielleicht zur Einsicht gelangen, dass man in diesen Fragen ohne Ansehung der Person nach. gewissen einfachen und fixen Principien verfahren müsse, oder dass das, was wir treiben, eine erbärmliche Komödie ist und auch darnach behandelt werden muss! 33* sP$s Er ee nn 242 A. Bittner. [10] | aufzufinden! Es wird vergebliche Mühe sein. Diese Betrachtungen, die von der scharfen palaeontologischen Trennungslinie inmitten der Hallstätter Kalke ausgehend zur Aufstellung der allgemein giltigen Termini norisch und karnisch hinleiten, existiren einfach nicht’), Dafür wird man aber zwei Seiten voran (S. 125) folgenden be- merkenswerthen Ausspruch finden: „Nichts hat dem Fortschritte der alpinen Stratigraphie grössere Hindernisse in den Weg gelest, als die irrige oder vorzeitige Anwendung bestimmter local gewiss sehr be- rechtigter Termini“. E. v. Mojsisovics hat damit sein eigenes, zwei Druckseiten später eingeschlagenes Verfahren treffend charakterisirt. Die Termini karnisch und (insbesondere) norisch sind gewiss für die locale Ausbildung der Hallstätter Kalke sehr berechtigt, ihre irrige und vorzeitige, ganz und gar unbegründete Uebertragung auf die gesammte alpine Trias aber hat eine ansehnliche Verwirrung hervor- gerufen und der neuestens (seit 1892 von E. v. Mojsisovics beliebte Versuch, den Terminus norisch noch dazu gerade für jene Bildungen weiter zu gebrauchen. für die er nicht geschaffen wurde, ist ganz geeignet, diese Verwirrung ins Unabsehbare und Endlose zu steigern. Nachdem nun die Gliederung der Hallstätter Kalke von jener scharfen palaeontologischen Grenze innerhalb des Complexes der- selben selbst ausging, welche zugleich der einzige Anhaltspunkt zur Aufstellung der Stufennamen karnisch und norisch war; nachdem nachweisbar überhaupt keine Motivirung vorliegt, welche zur Be- gsründung der Uebertragung dieser Stufennamen auch auf die übrige alpine Trias dienen würde; nachdem diese Uebertragung und Verallgemeinerung demnach von allem Anbeginne an eine gänzlich unmotivirte war: wird man wohl zugeben, dass es in erster Linie eine bestimmte Schichtgruppe der Hallstätter Kalke ist, welcher der Name norisch als Stufenname zukommt, ja dass diese Hallstätter Kalke nicht nur mit demselben Rechte wie andere alpine Ge. bilde, auf welche der Name norisch erst in zweiter Linie übertragen wurde — sei es bereits 1369 oder später — den Namen norisch führen, sondern dass sie sogar beanspruchen dürfen, als Typus der norischen Ablagerungen zu gelten. Und dieser Meinung, dass die norischen Hallstätter Kalke der Typus der norischen ') Diese Betrachtungen fehlen nicht nur hier im Jahrbuche 1369, sondern sie sind seither meines Wissens auch an keiner anderen Stelle geboten worden, was ja eigentlich auch „selbstverständlich“ ist, da sie, nachdem die Stufen einn ohne diese Betrachtungen aufgestellt waren, doch überflüssig gewesen w Und nur um die Thatsache der Aufstellung handelt es sich hier offenbar. „Bedürfnisse der alpinen Stratigraphie“, nach welchen allein diese Stufengliede — Verhandl. 1369 S. 65 — eingeführt worden sein soll, scheinen demnach ei lich mehr Bedürfniss des Gründers dieser Stufeneintheilung gewesen zu sein. selbst hat 1869 das unabwendbare Bedürfniss gefühlt — nach berühmten Mu — Stufennamen aufzustellen, so wie er später das Bedürfniss gefühlt hat, Provinzen zu gründen, Zonen zu creiren, Rückzugslinien von Ammonitengeschlechtern zt erforschen u. s. f. Die alpine Geologie hat aber niemals ein Bedürfniss nach aller diesen Neuerungen gefühlt, wofür am deutlichsten der Umstand spricht, dass es logische Arbeiten gibt, die auch ohne alle jene Namen und Termini, ja s ohne die Kunstausdrücke der von Mojsisovies eingeführten „formalen Lo der historischen Geologie“ prächtig das Auslangen gefunden haben und noch finde [11] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 243 Ablagerungen sind, sind auch Andere, so E. Haug (Le Trias alpin in Revue gen. d. Se. 1893, S. 245), Lapparent (in seinem Lehr- buche 1893, S. 934), Benecke (im: N. Jahrb. f. Min. 1893, 1, $. 378 — „Das Hallstätter Gebiet galt für die norische Stufe als elassisch“), wohl auch E. Koken (in seiner „Vorwelt“ 1895 S. 292). Ein besonderes Gewicht in dieser Frage ist aber zu legen auf die diesbezüglichen Aeusserungen M. Neumayr’s, der als intimer Freund E. v. Moöjsisovics’s weder dessen Ansichten missverstanden haben dürfte, noch auch als von anderer Seite im entgegengesetzten Sinne beeinflusst gedacht werden kann. In seiner Erdgeschichte S. 248 ff. betont Neumayr ausdrücklich, indem er die Entwicklung der Trias in der „juvavischen Provinz“ als typisch voranstellt, dass bei der Eintheilung und Gliederung der oberen alpinen Trias durch E. v. Mojsi- sovies vom Salzkammergute ausgegangen wurde und erst späterdaran gedacht werden konnte, andere Trias- distriete zum Vergleiche herbeizuziehen. Dass das voll- kommen richtig ist, geht ja auch aus der einfachen Thatsache hervor, dass E. v. Mojsisovics nach seiner eigenen Mittheilung (Jahrb. 1869, S. 91) im Jahre 1869, als er seine Stufengliederung aufstellte, von der alpinen Trias persönlich nichts als das Salzkammer- sut und die Gegend von Hallin Nordtirol, alles übrige aber nur aus der Literatur kannte. Man wird nach alledem wohl in die Lage versetzt sein, den in seiner neuesten Arbeit 1893 von ihm gethanen Ausspruch, dass die norischen Hallstätter Kalke irrthümlich zur norischen Stufe gezählt wurden, seiner ganzen Bedeutung nach zu verstehen und nach Gebühr zu würdigen. Wir können an diese überraschende Mittheilung von E. v. Mojsisovics, dass im Jahre 1869 die norischen Hallstätter Kalke irrthümlich in die norische Stufe versetzt wurden, sofort die Frage anknüpfen, was denn für Ablagerungen damals nicht irrthümlich in diese Stufe versetzt worden seien. Ich glaube nicht, dass Jemand in der von E.v. Mojsisoviecs im Jahr- buch 1869 zu S. 129 mitgetheilten Uebersichtstabelle irgend eine Schiehtgruppe — mit Ausnahme einer einzigen, auf die sogleich zurückgekommen werden soll — zu entdecken im Stande sein wird, die den Anspruch erheben dürfte, sich in Bezug auf ihre Wichtig- ' keit mit den norischen Hallstätter Kalken zu messen und ihnen ihre Bedeutung als Typus der norischen Stufe streitig zu machen. Die erste Colonne enthält die Schichtfolge der norischen Alpen des Salzkammergutes, von welcher bei dieser Gliederung aus- gegangen wurde. Die zweite bezieht sich auf die Nordtiroler Alpen und es figuriren in ihr fossilfreie Kalke und Dolomite, Haselgebirge und Reichenhaller Kalk (jetzt Muschelkalk), Partnachdolomit (ohne Fossilien — ein ganz bedenkliches Niveau) und ausser diesen fossil- freien Ablagerungen Partnachmergel, welche aber, wie die Fossil- angaben zeigen, die Carditaschichten mitumfassen (sogenannte Untere Carditaschichten der Autoren). Das von E. v. Mojsisovies selbst studirte Nordtiroler Territorium hat also keinerlei Schichtgruppen geliefert, die bei einer so ausschliesslich auf palaeontologischer Basis u Fl EEE rn en nn 244 A. Bittner. [12] beruhenden Gliederung als Aequivalente der norischen Hallstätter Kalke oder gar als typisch norische Ablagerungen hätten gedeutet werden können. Aehnlich steht es mit den übrigen Colonnen, in denen als Aequi- valente der echten norischen Hallstätter Kalke fast ausschliesslich ’) fossilfreie Kalke und Dolomite oder sogar Frage- zeichen figuriren und nur als Stellvertretung der „Pötschenkalke“ (die damals zu unterst lagen, heute die oberste „Zone“ der norischen Hallstätter Kalke bilden!) findet man in den Südalpen den sogenannten „doleritischen Sandstein“ oder Porphyrtuff mit Trachyceras Archelaus und Tr. doleriticum angeführt, während die später damit vereinigten Wengener Schichten mit Ammonites Wengensis und Halobia Lommeli den karnischen Hallstätter Kalken gleichstehen. Das einzige palaeontologisch charakterisirte Niveau, welches 1869 den norischen Hallstätter Kalken gleichgestellt werden sollte, ist also ein Theil der Wengener Schichten. Diese doleri- tischen Sandsteine der Südalpen hatten damals 9 oder 10 Cephalopoden geliefert, deren Mehrzahl in einem Anhange beschrieben wird, und zwar als Cephalopoden der oenischen Gruppe der norischen Stufe. Ihnen steht eine Anzahl von 20 Arten der norischen Hallstätter Kalke gegenüber, von denen, wie kaum bemerkt zu werden braucht, keine einzige mit einer jener südalpinen „oenischen“ Cephalopoden identisch ist. So sieht die palaeontologische Aequivalenz in der norischen Stufe von 1869 aus. Nun wird E. v. Mojsisovices doch nicht be- haupten wollen, dass in einer in erster Linie auf palaeontologischer Basis errichteten Stufeneintheilung fossilfreie Kalke und Dolomite die richtigen Typen einer bestimmten, in unserem Falle der norischen Stufe, vorstellen. Dann können also nur die doleritischen Sandsteine der Südalpen Typus der norischen Stufe sein. Die Eignung der- selben zu einem solchen Zwecke müssen wir aber entschieden be- streiten, da in einer auf palaeontologischer Basis errichteten Gliederung von Schichtgruppen, welche Gliederung von einer bestimmten Gegend und von einem bestimmten Schichteomplexe — den Hallstätter Kalken der norischen Alpen — ausgeht, es nur als absurd bezeichnet werden könnte, wenn eine palaeontologisch weniger reiche Gruppe gegenüber einer weit reicheren, die zudem jenem Complexe angehört, welcher den Ausgangspunkt der Gliederung gebildet hat, zum Typus einer bestimmten Stufe erhoben würde. Es wird also klar sein, dass, wie Neumayr, Benecke, Lapparent, Haug u. A. das ebenfalls übereinstimmend aufgefasst haben, die norischen Hallstätter Kalke der Typus der norischen Stufe sind und bleiben müssen?) B 2. ') Das Citat von Ammonites Metternichii aus dem Kalke von Ardese ist Curioni entnommen und kommt heute nicht mehr in Betracht! i :) Auch nach dem neuesten Werke Mojsisovics’s steht eine Anzahl von circa 200 Cephalopodenarten aus den norischen Hallstätter Kalken etwa 120° Arten aus den ladinischen Buchensteiner und Wengener Schichten gegenüber Dazu kommt noch die reiche Gliederung der norischen Hallstätter Kalke als wesentliches Moment in Betracht. = [13] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 245 Die Stufen norisch und karnisch sind und bleiben somit in erster Linie auf die Hallstätter Kalke basirt und konnten 1869, also ursprünglich, gar nicht auf die gesammte alpine Trias übertragen oder als für dieselbe aufgestellt gedacht werden, da in der Arbeit E. v. Mojsisovics’s vom Jahre 1869 jede Begründung für eine der- artige Uebertragung'), beziehungsweise allgemeiner gedachte Auf- stellung gänzlich fehlt, und eine willkürliche Aufstellung von Stufen- namen ohne jede Begründung ein Nonsens ist. Die Typen der norischen Ablagerungen, wenn man diese Stufennamen überhaupt anerkennen will, sind somit die Hallstätter Kalke von jeher gewesen und sie müssen es bleiben, denn ein derartiger Typus kann nicht geändert oder durch einen anderen ersetzt werden. Was nachträglich nach 1869 — ohne- hin auf jeden Fallin ganz unbegründeter Weise! — mit den norischen Hallstätter Kalken parallelisirt wurde, ist dabei absolut gleichgültig: so wie diese Parallelisirungen als unhaltbar nachgewiesen sind, bleibt der Name norisch ganz von selbst eben wieder nur den Hallstätter Kalken und es ist ein Act der reinen Willkühr, ihn ohne jede Noth durch einen anderen ersetzen zu wollen. Es steht also heute positiv und unwiderleglich fest, dass die Begründung zur Aufstellung der beiden Stufennamen karnisch und norisch einzig und allein auf die faunistische Verschiedenheit inner- halb des Complexes der Hallstätter Kalke basirt ist, und daran muss festgehalten werden. Man kann ja zum Ueberflusse eine kleine Gegen- probe anstellen, indem man aus der von E. v. Mojsisovics mitge- theilten Uebersichtstabelle 1869 S. 129 die Colonne norische Alpen streicht und nachsieht, was für Anhaltspunkte für eine Stufengliede- rung dann noch übrig bleiben. Wo bleibt denn da die scharfe palaeontologische Grenze, auf deren Vorhandensein hin die Stufengliederung begründet wurde? Sie fehlt und ist auch heute ausserhalb der Hallstätter Kalke nicht nachgewiesen. Wenn es aber eben nur jene scharfe palaeontologische Grenze ist, welche die karnischen Hallstätter Kalke von den norischen trennt, wenn also ein rein palaeontologisches Moment es ist, mit welchem die Stufen- eintheilung begründet wurde, so ist es ja doch vollkommen gleichsiltig, ob diese scharfe palaeontologische Grenze, wie ehemals geglaubt aber nicht bewiesen wurde, unter, oder ob sie, wie man gegenwärtig annimmt, über den karnischen Hallstätter Kalken durchläuft, wenn nur beide Schiehtgruppen in ihrer Gänze intact bleiben. Und letzteres ist wirklich der Fall. In der Lage der scharfen palaeontologischen Grenze zwischen derihrem Umfange nach unveränderten karnischen und der gleichfalls ‚ unveränderten norischen Stufe ist seit 1869 gleichfalls keine Veränderung ‚ eingetreten; diese Grenze verläuft heute genau so wie damals zwischen den beiden Schichtgruppen der Hallstätter Kalke, zwischen den karnischen und norischen Hallstätter Kalken. Auch heute noch gilt ‚ unverändert — ‘ein seltener Fall in diesen Fragen! — der von ') Und man wird ja doch wohl nicht behaupten können, dass in der Arbeit , von 1869 von Mojsisovies auch nur der Schatten einer Begründung, dass irgend eine ändere aussernorische Schichtgruppe den norischen Hallstätter Kalken gleich- stehe, beigebracht worden sei. 246 A. Bittner. B 4] E.v.Mojsisovies, Jahrb. 1869,.8. 127 ausgesprochene Satz, dass die wichtigste Trennungslinie der oberen alpinen Trias mitten durch die Hallstätter Kalke durchlaufe, In diesem Satze wird nicht festgestellt, ob diese Grenze unter oder ober der karnischen Stufe liege, es ist nur ganz im Allgemeinen davon die Rede, dass diese Grenze über- haupt existire!). Die Folgerung, dass sie unter der karnischen Stufe” ') Im Jahrbuche 1874, S. 83 sagt E. v. Mojsisovies: „Bereits im Jahre 1869 hatte ich mitgetheilt, dass eine höchst scharfe palaeontologische Scheidelinie mitten durch den Complex der Hallstätter Kalke durchläuft. Nach derselben zerlegte ich die bis dahin ungetheilten Hallstätter Kalke in eine untere und eine obere — (recete norische und karnische Abtheilung, denn welche von beiden die obere und welche die untere war, wusste man ja gar nicht!) — Abtheilung und benützte gleichzeitig diese arenze zur Trennungsliniemeinernorischen und Karnischen Stufe.“ Da also Mojsisovies hier ganz klar ausspricht, dass diese scharfe palaeontologische Grenze und nichts anderes als Trennungs- linie der norischen und karnischen Stufe benützt wurde, so liegt nach dem Wortlaute bei Mojsisovies — da man heute nach ihm selbst weiss, wo diese scharfe Grenze liegt, und dass sie über den karnischen und unter den norischen Hallstätter Kalken durchgeht (was man bisher nicht wusste!) — die norische Stufe über der karnischen. An | dieser Thatsache lässt sich absolut nichts ändern, nichts deuteln und nichts mäkeln,. Die scharfe palaeontologische Grenze innerhalb des ‘Complexes der Hall- | stätter Kalke ist sowohl im Sinne der ursprünglichen Begründung vom Jahre | 1869, als auch nach dem klaren Wortlaute bei Mojsisovies im ‚Jahrb. 1874 zu- gleich die Trennungslinie zwischen karnischer und norischer Stufe, Von der fixen Stellung der karnischen Hallstätter Kalke wurde dabei ausgegangen. Da diese Trennungslinie heute noch genau dieselbe ist und genau in derselben Weise zwischen | den beiden Haupteomplexen der Hallstätter Kalke verläuft, wie seit‘ jeher, da die- | selbe demnach völlig unverändert geblieben ist, so ist sie auch heute noch als ! einzig vorhandene und zulässige Trennungslinie zwischen diesen beiden Stufen an zusehen, die norische Stufe liegt somit über der karnischen Stufe und nicht unter derselben, wie Mojsisovics ehemals ohne jede Begründung angenommen hat. Es muss Jedermann zugeben, wenn einmal die scharfe palaeontologische Grenze | inmitten der Hallstätter Kalke als einziger und ausschliesslicher Grund zur Trennung ı der oberen alpinen Trias in zwei Stufen proclamirt und angenommen wurde, dass dann an diesem Trennungsprineipe umsomehr festgehalten werden muss, als seither auch nicht einmal ein Versuch gemacht wurde, dieses Trennungsprineip durch ein ' anderes, geschweige denn durch ein allgemeiner eiltiges zu ersetzen. (Gerade in seiner neuesten. Arbeit hätte E, v. Mojsisovics Grund und Gelegenheit gehabt, ein besseres derartiges Theilungsprineip anzugeben, ein Prineip,. auf‘ Grund dessen | seine karnische Stufe von dem, was er jetzt als norisch bezeichnen möchte, zu | trennen wäre. Er hat es nicht gethan, weil es kein derartiges Prineip gibt. Indem er aber heute so weit geht, die ursprüngliche Zutheilung der Typen der norischen Stufe, der norischen Hallstätter Kalke, zur norischen Stufe als einen Irrthum hi zustellen, wirft er zugleich sein erstes und einziges Eintheilungsprineip und die Be- | gründung der beiden Stufen, soweit von derselben im allgemeineren Sinne die Rede sein kann, selbst über den Haufen und gibt implicite zu, dass die Aufstellung der beiden Stufen für die gesammte alpine Trias thatsächlich eine gänzlich unb gründete und deshalb vollkommen unberechtigte war. Soll die norische Stufe son aufrecht erhalten werden, so kann das logischerweise in gar keinem anderen = geschehen, als in dem von mir vertretenen und festgehaltenen, das ist für die Ha stätter Kalke. GE A Die Unrichtigkeit der beiden neuesten Behauptungen von Mojsisovic8 = nämlich, dass die norische und karnische Stufe schon ursprünglich für die gesam alpine Trias aufgestellt wurde und dass der norische Hallstätter Kalk irrthümlich in ı norische Stufe gestellt wurde, — liegt somit auf der Hand. Die norische Stu konnte gar nicht ursprünglich für die gesammte alpine Trias a gestellt werden, weil 1869 jede Begründung und somit auch jede Berechtigu für eine derartige Verallgemeinerung thatsächlich gefehlt hat, und sie ist thatsächlich [15] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 247 durchlaufen müsse, war eine spätere, auf der falschen Annahme basirte, dass die norischen Hallstätter Kalke unter den karnischen liegen und fällt mit dieser Annahme. Und da diese Grenze heute nicht mehr, wie früher irrthümlich angenommen wurde. unter den nicht als in dieser Weise aufgestellt anzusehen; dagegen ist einzig und allein der norische Hallstätter Kalk mit Recht in die norische Stufe ein- gereiht worden, während für die Einreihung aller übrigen Schichteomplexe die Begründung von jeher gefehlt hat und niemals erbracht wurde. Die Behauptung von Mojsisoviecs, die norischen Hallstätter Kalke seien irrthümlich in die norische Stufe gestellt worden, ist total falsch und muss in folgender Weise richtig gestellt werden: Die norischen Hallstätter Kalke — als Typus der norischen Stufe — wurden irrthümlicher Weise unter die karnischen Hall- Stätter Kalke 'sestellt; in Folge dessen wurde die gesammte, auf diesen Typus basirte norische Stufe irrthümlich als unter den den karnischen Hallstätter Kalken liegend angenommen und nur eine weitere natürliche Folge dieser Irrthümer war es, dass in diese norische Stufe, deren Typus die norischen Hallstätter Kalke waren, sind und bleiben, die übrigen sogenannten norischen, wenn man so will pseudonorischen, heute ladinischen Bildungen der aussernorischen Alpen eingereiht wurden. Der Irrthum ist also ein weit grösserer, als ihn E. v. Mojsisovics gegenwärtig darstellen möchte; es ist schliess- lich ganz derselbe Irrthum, wie jener, der die Ansichten über die Beziehungen zwischen norischen Hallstätter Kalken und Wettersteinkalken bis vor Kurzem beherrscht hat; consequenterweise — nach E. v. Mojsisovics — müssten heute die Wetter- steinkalke nicht nur, wie Mojsisovies will, norisch bleiben, sondern sie müssten ganz direct als norische Hallstätter Kalke bezeichnet werden (vergl. oben S. 240.). Ich bezweifle, dass Jemand diese aus dem Ver- fahren von Mojsisovics nothwendig resultirende Uonsequenz acceptiren wird. Heute, da man weiss, wo die norischen Hallstätter Kalke liegen und wo demzu- folge auch die norische Stufe liegt, deren immerwährenden Typus sie bilden, fallen die lJadinischen Schichten ganz von selbst aus der norischen Stufe wieder weg und die norische Stufe der Hallstätter Kalke erhält ihre richtige und ihr seit jeher ge- bührende Stellung definitiv über den karnischen Hallstätter Kalken. Wollte man das nicht zugeben, so würde das ebensoviel bedeuten, als dass ein Fehler, weil er einmal gemacht wurde, in Ewigkeit aufrechterhalten werden muss. Ich zweifle, dass sich Jemand finden wird, der diesen durchaus unmöglichen, speciell unwissen- schaftlichen Standpunkt öffentlich zu vertreten geneigt sein wird. Von dem Momente an also, in welchem die Stellung der norischen Hall- stätter Kalke unter den karnischen als irrthümlich erkannt und erklärt ist, fällt auch die Parallelisirung der südalpinen „pseudonorischen‘“, jetzt ladinischen Bildungen mit den norischen Hallstätter Kalken, und nicht nur die Pro- vinzen-, sondern auch die Stufeneintheilung bricht zusammen in ihrer Allgemein- heit und letztere beschränkt sich ganz von selbst wieder auf die Hallstätter Kalke, von deren faunistischen Eigenthümlichkeiten sie hergeleitet ist. Man wolle hier immer im Auge behalten, dass der Trennungsgrund der beiden Stufen, die scharfe palaeon- tologische Grenze inmitten der Hallstätter Kalke, auch später und bis heute nicht durch einen anderen Eintheilungsgrund ersetzt worden ist. Sollte Jemand an dieser Thatsache zweifeln, so wolle er S. 822 des Cepha- lopodenwerkes von Mojsisovics (vom Jahre 1893) nachschlagen. Hier heisst es: „Awischen der karnischen und juvavischen (recte norischen!) Stufe muss eine grössere Lücke in der faunistischen Reihenfolge ange- nommen werden.“ Dieser Satz ist ausserordentlich bemerkenswerth. Das ist ja die alte Lücke oder scharfe palaeontologische Trennungslinie von 1869, 1874 u. s. f., aber kein Wort bei E. v. Mojsisovies verräth das. Mojsisovics selbst gibt also hier an, dass die scharfe palaeontologische Trennungslinie, die er hier als „Lücke“ bezeichnet und welche er seiner Trennung der beiden Stufen karnisch und norisch ehemals zu Grunde legte, auch heute noch genau an derselben Stelle existirt, und es gehört zu den überraschendsten Dingen, zu beobachten, dass Mo j- sisovics es hier geflissentlich vermeidet, diesbezüglich auf seine älteren Arbeiten vom Jahre 1869 an zurückzuverweisen. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 34 248 A. Bittner. [16] karnischen Hallstätter Kalken liegt, so müssen eben die oberhalb derselben folgenden, durch diese scharfe Grenze von den karnischen Hallstätter Kalken getrennten oberen Hallstätter Kalke ganz von selbst den Namen norisch führen. Dagegen können diesen Namen unmöglich Ablagerungen führen, welche heute als unter den karnischen Hall- stätter Kalken liegend angenommen werden, da zwischen ihnen und den karnischen Hallstätter Kalken jene scharfe palaeontologische Grenze nicht existirt, welche im J. 1869 den Ausgangspunkt für die Stufen- gliederung und den alleinigen Grund für die Aufstellung der Namen karnisch und norisch bildete und welche denselben heute noch bildet. Also auch auf diesem Wege kommen wir zu der Ueberzeugung, dass nur die norischen Hallstätter Kalke den Namen norisch zu führen berechtigt sind. Das ist zwar ausserordentlich klar, aber man kann in diesem Falle, insbesondere den von E. v. Mojsisovics gebrauchten Argumenten gegenüber, nicht deutlich und ausführlich genug sein. Ich will daher noch folgende Erwägung einschieben. Wenn ich einen Complex von Schichten, über deren gegenseitige Lagerung ich nichts weiss, auf Grund ihrer faunistischen Verschiedenheit in eine Stufe « und in eine Stufe 5 theile und aus gewissen theoretischen Gründen oder ohne jeden Grund annehme, Stufe a liege über Stufe b, warum soll dann, wenn ich mich überzeugt habe, es sei das Gegentheil der Fall, und Stufe d liege über Stufe a, die Stufe 5 ihren Namen ändern und etwa c oder d genannt werden? Kein Mensch wird dafür einen Grund als eben die reine Willkür beibringen können, vorausgesetzt, dass Stufe 5 in ihrem Umfange ganz intact bleibt und das ist bei der uns hier beschäftigenden Frage thatsächlich der Fall. Die norischen Hallstätter Kalke, welche heute über den karnischen Hallstätter Kalken liegen, sind genau dieselben norischen Hall- stätter Kalke, von denen man ehedem annahm, dass sie unter den karnischen Hallstätter Kalken lägen, und es ist deshalb auch nicht die leiseste Spur eines vernünftigen Grundes ausfindig zu machen, warum sie heute plötzlich einen anderen Namen als den ihnen von Anfang an beigelegten erhalten sollten. Auch der gewiegteste Dialektiker wird keinen auf die Dauer haltbaren Grund dafür beizubringen im Stande” sein, warum in dem Falle, wenn irrthümlich mit den norischen Hallstätter Kalken zu einer Stufe vereinigte Schichten wieder von ihnen getrennt werden müssen, der Name norisch gerade jenen Schichten verbleiben soll, für die er ursprünglich nicht aufgestellt wurde und nicht vielmehr jenen, für die er aufgestellt wurde. Oder ist vielleicht der Name. norisch im. Jake 1869 für die Buchensteiner Schichten, die damals für Mojsisovies noch gar nicht existirten und für dem Wengener Schichten, die damals den karnischen Hall- stätter Kalken gleichgestellt wurden, errichtet worden? Nach dem Muster der oben citirten Behauptung Mojsisovics’s, die norischen Hallstätter Kalke seien irrthümlich der norischen Stufe zugezählt worden, würde eine solche Be- hauptung seinerseits auch nicht mehr überraschen können, er wird aber Niemand mehr finden, der das glaubt. [17] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 249 Es scheint das freilich nicht allgemein bekannt zu sein, dass die Fassung und der Umfang der norischen Stufe der Hallstätter Kalke durch ihr Hinaufrücken über die karnischen Hallstätter Bil- dungen nicht im geringsten verändert worden, sondern vielmehr vollkommen intact geblieben ist, und dass innerhalb der karnischen Hallstätter Kalke sogar die „Zonen“ ohne Tegliche Motivirung verkehrt gestellt worden sind, wahrscheinlich um den Anschluss an jene scharfe palaeontologische Grenze gegenüber den norischen Hallstätter Kalken unverändert aufrecht zu erhalten. Sobald man auch diesen Umstand berücksichtigt, erhält man weiteren wichtigen Grund dafür, dass der Name norisch für die nunmehr obere Gruppe der Hallstätter Kalke erhalten bleiben müsse. Es ist durch den Umstand, dass gegenwärtig jene scharfe palaeontologische Grenze an der Basis der karnischen Hallstätter Kalke nicht mehr existirt, so wie sie bereits früher zwischen den karnischen und den für „norisch“ gehaltenen Bildungen der exmediterranen Provinz nicht existirte (— abermals ein Grund mehr, die ganze Uebertragung jener Stufeneintheilung auf aussernorische Bildungen von vorneherein als illusorisch und überflüssig erscheinen zu lassen! —) lediglich Sache des Uebereinkommens geworden, wie man die karnische Stufe gegen die unterlagernden ladinischen Ablagerungen begrenzen will. Da E. v. Mojsisovics in seinem neuesten Werke angibt, das unvermittelte Auftreten fremdartiger Typen erreiche seinen Höhepunkt in seiner mittelkarnischen Zeit, also in der „Zone“ des Trachyceras Aonoides, so würde das einen Anhalts- punkt von grösster Tragweite dafür bieten, die „unterkarnische Zone“ des Trachyceras Aon, also die Set. Cassianer Schichten, noch zur lJadinischen Stufe hinabzuziehen. In welcher Art diese Frage, die wohl überhaupt in erster Linie nach den Lagerungsverhältnissen zu entscheiden sein wird, auch zur definitiven Regelung gelangen mag, für unsere Betrachtung muss festgehalten werden, dass eine scharfe palaeontologische Grenze, wie es jene ist, welche die karnischen von den norischen Hallstätter Kalken trennt, unterhalb der kar- nischen gegen die ladinische Gruppe oder Stufe nicht existirt, und das ist einer der schwerwiegendsten Gründe, der für die bedingungs- lose Aufrechterhaltung des Stufennamens norisch für die nunmehr oberen Hallstätter Kalke spricht. Recapituliren wir nunmehr das vorangehend Gesagte. Es konnte gezeigt werden, dass die Eintheilung in eine karnische und norische Stufe vom J. 1869 ganz ausschliesslich von den Hallstätter Kalken der norischen Alpen des Salzkammergutes ihren Ausgangspunkt her- leitet, dass es die faunistischen Unterschiede der beiden schon von F. v. Hauer unterschiedenen Gruppen der Hallstätter Kalke und die scharfe palaeontologische Grenzlinie, welche diese beiden Gruppen scheidet, waren, welche als Basis zur Begründung der beiden von E.v.Mojsisovics vorgeschlagenen und angewendeten Gruppennamen diente, dass somit die norischen Hallstätter Kalke es sind, die als Typus der norischen Stufe zu gelten haben, dass hingegen die Ueber- tragung der beiden Stufennamen auf die ganze übrige alpine Trias, 34* 950° A. Bittner. [18] auch wenn sie sofort erfolgte, worauf E. v. Mojsisovies heute das Hauptgewicht legt, deshalb, weil sie jeder Begründung entbehrte, eben von allen Anbeginne an eine unberechtigte und unhaltbare war. Die Metivirung, welche der Uebertragung dieser Stufennamen auf ausser- norische Gebiete unabweisbar hätte vorangehen müssen, fehlt auf S. 127 Jahrb. 1869 an der von E.v.Mojsisovics als ausschlaggebend bezeichneten Stelle, und das Wörtchen daher, welches in dem von - E. v. Mojsisovies 18953 wieder abgedruckten Satze eine voran- gehende Motivirung dieser Uebertragung anzudeuten scheint, bezieht sich lediglich auf den gesperrt gedruckten, wichtigen Passus, „weil die wichtigste Trennungslinie der oberen alpinen Trias mitten durch die Hallstätter Kalke verläuft“. Aus diesem Grunde konnten und durften die Hallstätter Kalke m zwei Stufen getheilt werden, welche eigene Namen karnisch und norisch erhielten, die nichts sind als Synonyme oder kürzere Ausdrücke für die schon von F. v. Hauer unterschiedenen beiden Schichtgruppen dieser Kalke. Es lag aber lediglich deshalb, weil die wichtigste palaeontologische Trennungslinie der alpinen oberen Trias mitten durch die Hallstätter Kalke verläuft, durchaus nicht der leiseste Grund vor, diese beiden für die Hallstätter Kalke ganz verwendbaren und berechtigten Namen, insbesondere den Namen norisch, der ‘schon an und für sich dem Verbreitungsbezirke der typischen Hall- stätter Kalke entlehnt ist, ohne weiteres und insbesondere ohne jede eingehende Motivirung auf die ganze alpine Trias zu übertragen, da man ja nicht einmal mit Sicherheit bestimmen konnte, wie sich ihrer Lagerung nach die norischen zu den wenigstens einigermassen strati- graphisch fixirten karnischen Hallstätter Kalken verhielten, und da es schon damals gewichtige Stimmen gab (Stur), die für ein jüngeres Alter der Hallstätter Kalke, als man für dieselben gewöhnlich anzu- nehmen pflegte, eintraten. Es liegt also der von E.v.Mojsisovics 1869 ausgeführten Uebertragung seiner von der Gliederung der Hallstätter Kalke ausgehenden Stufeneintheilung auf die gesammte obere alpine Trias ein enormer Sprung im Beweisverfahren zu Grunde, der diese ganze DVebertragung null was nichtig macht und die beiden Namen, insbesondere aber den Namen norisch ganz und gar und in bestimmtester Weise auf die Hallstätter Kalke beschränkt. Dabei ist es völlig gleichgiltig, wann dieser Sprung ausgeführt wurde, ob im Jahre 1869 S. 127 des Jahr- buches der k. K. veol. R.-A. oder zu einer beliebigen anderen Zeit. Es stimmt mit der starken Betonung der ursprünglichen Aufstellung dieser Stufennamen als solcher von allgemeiner Giltigkeit seitens E. v. Mojsiso vics’s aufs Beste überein, anzunehmen, dass dieser Sprung im Beweise absichtlich ausgeführt wurde. So entstand jene klaffende Lücke in der Beweisführung welche durch die Begrün- dung hätte ausgefüllt werden müssen, dass man berechtigt sei, diese beiden Stufennamen auf die ganze alpine Trias übertragen zu dürfen. Alle Parallelisirungen, welche seither vorgenommen worden sind, können daher nicht verhindern, dass der Name norisch nur für die Hallstätter Kalke Giltigkeit hat, und es musste von vornherein als un- [19] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 251 denkbar gelten, dass derselbe jemals einer ganz anderen Schicht- sruppe mit Ausschluss der Hallstätter Kalke gegeben werden könnte. Desto überraschender ist der Versuch E. v. Mojsisovics’s im Jahre 1892 gekommen, nach Umstürzung seiner ganzen Hallstätter Gliederung, sowie nach Weefall der auf die angebliche stratigra- phische Stellung der norischen Hallstätter Kalke basirten alpinen Triasprovinz-Eintheilung, den Namen norisch aus der Hallstätter Gliederung zu eliminiren und brevi manu ohne jede Begründung durch den in Wegfall gekommenen Provincialterminus „juvavisch“ zu er- setzen. E. v. Mojsisovics versucht hier gerade das Gegentheil von dem zu thun, was nach der natürlichen Sachlage und nach allen Regeln der Logik und der Priorität zu erwarten und zu thun gewesen wäre. Darin ist mehr als genügend der Vorwurf der Willkürlichkeit be- sründet, den man ihm in dieser Hinsicht mit vollem Rechte machen kann. Die Art und Weise, wie er diesen Versuch einer Namenver- schiebung und Uebertragung schon im Jahre 1892, noch viel mehr aber im Jahre 1893 (in seiner neuesten Arbeit) durchzuführen sucht. insbesondere der bereits oben mehrfach angeführte Ausspruch, es seien dieHallstätter Kalke überhaupt nurirrthümlich der norischen Stufe zugezählt worden, ist einfach ganz unzulässig '). Auch was E. v. Mojsisovics in seinem grossen Werke S. 822 sonst noch als Beweggründe für sein Vorgehen beibringt, bewegt sich fast durchaus in demselben Genre und ist ausnahmslos von bedauerlicher Schwäche. Da es aber in einem sehr bestimmten Tone vorgetragen wird, müssen wir uns damit ebenfalls beschäftigen. ') Es empfiehlt sich, hier auf die Entrüstungskundgebung E. v. Mojsiso- vics’s S. 41 seiner Dolomitriffe hinzuweisen, in welcher derselbe sich entschieden gegen die Einschmuggelung der Bezeichnung Keuper in die alpine Trias wendet. Der Name Keuper büsse in der Uebertragung seinen Sinn ein, das Sprachgefühl sträube sich gegen eine derartige”Uebertragung u. s. f. „Ist es denn wirklich ein Postulat der Wissenschaft, gute chorologische Namen ihres Sinnes zu entkleiden?“ heisst es da. E. v. Mojsisovies wehrt sich hier gegen die gewaltsame Einführung unpassender Benennungen, weil er die müh- sam gewonnene Erkenntniss klar und unzweideutig fixiren wolle. So wenig am Platze diese Ausführungen gegen die Uebertragung „Keuper“ in die alpine Trias sind, wie bereits Gümbel gelegentlich gezeigt hat, ebenso zutreffend sind sie gegenüber der von Mojsisovics selbst heute versuchten Uebertragung der Namen norisch, juvavisch und mediterran auf Schichtgruppen und Gebiete, denen dieselben absolut nicht zukommen. Gerade weil die mühsam gewonnene Erkenntniss klar und unzweideutig fixirt werden soll, ist jener Uebertragungsversuch v. Mojsisovics’s unzulässig und muss anf das Entschie- denste bekämpft werden! Wenn E. v. Mojsisovics heute durch das Auftreten einer Opposition gegen seine Bestrebungen in der Nomenclatur der alpinen Trias „überrascht“ wird, so scheint er nicht bedacht zu haben, dass eben Niemand auf die Dauer unge- fährdet eine derartig labile Stellung einzunehmen vermag, wie die seinige ist, von welcher aus er vorgibt, von einer bestimmten Region (dem Salzkammer- gute) bei der Gliederung der oberen alpinen Trias ausgegangen zu sein, nach welcher Region auch der Name „norisch“ gewählt wurde, während die Thatsachen, auf denen jene Gliederung im Laufe der Zeit erst fest aufgebaut werden sollte, de facto ganz anderen Regionen (den Südalpen) und den bekannten Arbeiten und längst fixirten Resultaten anderer Forscher entnommen wurden. Doch darüber wird ' weiter unten noch gesprochen werden. ra 252 A. Bittner. [20] Wenn E. v. Mojsisovies immer und immer wieder das Hauptgewicht auf den Umstand legen zu sollen glaubt, dass die Bezeichnung „norisch* niemals ausschliesslich für gewisse Hallstätter Kalke ver- wendet wurde, so ist dieser ausschliessliche Gebrauch ja von Nie- mand vor 1892 gefordert worden, und es kann der ausschlaggebenden Bedeutung des Umstandes keinen Abbruch thun, dass dieser Name auf die faunistischen Beziehungen dieser zu den übrigen Hallstätter Kalken begründet, dass er dem Verbreitungsbezirke dieser Kalke in den norischen Alpen entnommen wurde, dass der Name von E. v. Mojsisovies selbst in gleicher Berechtigung für die Hallstätter Kalke gebraucht wurde, und dass diese norischen Hallstätter Kalke somit den Typus dieser norischen Stufe bilden, wie auch Benecke, Haug, Koken, Lappärent, Neumayr u. A. erkannt und ausge- sprochen haben. Es fällt in Folge dessen auch Niemandem ein, wogegen sich v. Mojsisovies ganz überflüssiger Weise verwahrt, der norischen Stufe, wie sie ursprünglich begründet und auf die Eigenthümlich- keiten der Hallstätter Kalke gestützt wurde, eine andere als die ursprüngliche Stellung aufoctroyiren oder gar dieselbe unterdrücken zu wollen!), es wird im Gegentheile in völlig richtiger Erfassung der Sachlage beabsichtigt, die norische Stufe der Hallstätter Kalke in ihrer ursprünglichen, durch v. Mojsisovics begründeten Fassung und Bedeutung aufrecht zu erhalten. E. v. Mojsisovics dagegen ist Derjenige, welcher der norischen Stufe eine andere Stellung aufzu- octroyiren und sie und den Namen norisch gerade da zu beseitigen und zu unterdrücken wünscht, wo dieselben allein ein Recht besitzen, zu existiren. Dass die Begründung der norischen Stufe sich nachträglich als unzulänglich herausgestellt habe, wie v. Mojsisovics sagt, ist auch unrichtig; die ursprüngliche, eigentlich schon von F. v. Hauer her- rührende Begründung dieser Stufeneintheilung für die Hallstätter Kalke ist vollkommen ausreichend, aber die Motivirung der Ueber- tragung derselben auf Ablagerungen ausserhalb des Hallstätter Gebietes ist nicht nur unzulänglich begründet, sondern sie ist, wie oben gezeigt wurde, überhaupt gar nicht vorhanden. Der Name der norischen Stufe muss daher endgültig auf die Hallstätter Kalke be schränkt bleiben. Eine besondere Berücksichtigung verdient auch der Hinweis seitens E. v. Mojsisovies’s darauf, dass die Bezeichnung „norische Stufe“ durch seine beiden Werke über die Dolomitriffe Südtirols N und über die Cephalopoden der „mediterranen Triasprovinz“ 1882) eine ganz bestimmte und klare Definition erfahren und sich dieselbe in der Literatur bereits eingebürgert habe. Man müsste da von der Voraussetzung ausgehen, eine unrichtige wissenschaftliche Behauptung oder Schlussfolgerung oder eine unhaltbare Parallelisirung !) Es ist merkwürdig, wie Ca dieser Ausspruch von Mojsisovics sich mit den von mir Verhandl. 1893, S. 228 aufgestellten Thesen, mit welchen ich für die Aufrechterhaltung ie Namens norisch und für die Bei. behaltung der norischen Stufe in der ihr von Anbeginne an ge bührenden Stellung aufs Entschiedenste eintrete, deckt. [21] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 253 oder auch nur eine unrichtige Anwendung oder Uebertragung eines Namens oder Terminus sei dadurch am besten zu einer richtigen und haltbaren zu machen, dass man dieselbe nur oft genug wiederholt und dafür sorgt, dass sich dieselbe „einbürgert“. So einfach ist die Sache nicht. Dass E. v. Mojsisovics zunächst auf seine eigenen Schriften verweist, in welchen sich jene unrichtig angewendete Nomenelatur in der nachträglich von ihm gut befundenen Weise „eingebürgert“ habe, wird man kaum als Argument gelten lassen, denn es ist ja nichts natürlicher, als dass er die von ihm aufgestellten Bezeichnungen, An- sichten, Theorien u. s. f. im seinen eigenen Schriften auch in der ihm geeignet scheinenden Weise angewendet und vertreten hat. Aber die Richtigkeit oder Haltbarkeit derselben beweist das durchaus nicht. Wenn sich dieselben — und zwar trotz des Misstrauens, das man ihnen anfänglich entgegenbrachte, wie E. Haug hervorhebt — den- noch auch in der nicht von ihm selbst herrührenden Literatur „ein- gebürgert“ haben, wie das leider vielfach wirklich der Fall ist, so geht auch daraus. nicht im mindesten hervor, dass gerade eine oder die andere dieser von E. v. Mojsisovics aufgestellten Bezeichnungen, Ansichten u. $. f. deswegen um jeden Preis festgehalten werden muss, wenn v. Mojsisovics das so wünscht, selbst wenn diese Bezeichnung, Ansicht u. s. f. sich als unrichtig, falsch begründet und unhaltbar herausgestellt hat. Auf die Wünsche des Einzelnen kann da sar keine Rücksicht genommen werden, hier handelt es sich vor Allem um richtige Begründung. Ist nicht die von E. v. Mojsisovics behauptete Stellung der norischen unter den karnischen Hallstätter Kalken, ist nicht die Lagerung der Hauptmasse der Hallstätter Kalke unter den Raibler und Lunzer Schichten, ist nicht die Scheidung der alpinen Trias in eine mediterrane und eine juvavische Provinz, und vieles Andere in von anderen Autoren herausgegebene Lehrbücher und wissenschaftliche Arbeiten übergegangen und solchergestalt in der Literatur „eingebürgert“ worden, und kann das ein Hinderniss dafür abgeben, dass alle diese schönen wissenschaftlichen Erfunde E. v. Mojsisovics’s, nachdem sie von ihrem eigenen Urheber widerrufen und zurückgezogen werden mussten, trotz ihrer „Ein- bürgerung“ in der Literatur doch wieder aus dieser verschwinden müssen? Eine solche „Einbürgerung“ in die Literatur beweist also ‚ gar nichts, sie ist kein Grund, an einer Ansicht oder Bezeichnung fest- ‚ zuhalten, sobald sich dieselbe als hinfällig erweist und selbst wenn v.Mo jsisovics trotz deren Hinfälligkeit ihre Festhaltung wünschen ‚sollte, ja man wird sogar, conform den Erfahrungen, die man gerade in Hinsicht auf von E. v. Mo; Jsisovics herrührende theoretische Auf- stellungen bereits vielfach und erst in neuester Zeit ganz besonders gemacht hat, wohl daran thun, diesbezüglich vorsichtiger als bisher zu sein). !) Gerade in neuester Zeit haben niöhinere Autoren, : welche von E. v. Mojsisovics ausgehende Theorien und theoretische Anschauungen in ihren Ar- ee ie en nn 354 A. Bittner. [22] P Man kann aber diesem von E. v. Mojsisovics hervorgehobenen Momente der „Einbürgerung“ noch anderes entgegenhalten. So die einfache Thatsache, dass, bevor diese hier uns beschäftigende An- schauung E. v.Mojsisovics’s über den Gebrauch des Namens norisch sich in sein Werk über die Dolomitriffe (1879) und in seine „Cephalo- poden der (ex)mediterranen Provinz“ (1882) einbürgern konnte, dieser Name schon in früheren Arbeiten desselben Autors „eingebürgert“ war und zwar „eingebürgert“ in dem von mir vertretenen Sinne. Hier schlägt also offenbar auch nach v. Mojsisovies’s Auffassung die ältere „Einbürgerung“ jene zweite jüngere, erst nach 1875 versuchte „Einbürgerung“. Die zwei ersten Lieferungen von E.v.Mojsisovies’s Hallstätter Cephalopoden erschienen 1873 und 1875 und m die Zwischenzeit fällt eine Arbeit dieses Autors im Jahrbuche der geol. R.-A. 1874, in deren Einzelgliederungen 8. 98, 99 und 112 in den Schichtfolgen aussernorischer Triasdistriete der Terminus „norisch“ gar nicht vorkommt, weil er eben überflüssig war, während er S. 122 in der Gliederung der Hallstätter Kalke (als norische Hallstätter Kalke) Anwendung findet. Nachdem also die Bezeich- nung „norisch“ in dem von mir festgehaltenen Sinne in ihrer An- wendung auf die Hallstätter Kalke in den Schriften E. v. Mojsisovies's selbst in den Jahren 1873—1875 bereits „eingebürgert“ war, ist es doch sinnlos, sich darauf zu berufen, dass sie sich später in einem verschiedenartigen Sinne abermals „eingebürgert“ haben soll. In dieser „Einbürgerungs-Angelegenheit“ kann doch nur die Priorität entscheiden; wer diese auf seiner Seite hat, der hat auch unbedingt Recht. Ueberdies hat E. v. Mojsisovies auch nach dieser zweiten } „Einbürgerung“ den Ausdruck „norisch* für die Hallstätter Kalke a: verwendet. Das bezieht sich also auf die „Einbürgerung“ bei 3 E. v. Mojsisovies selbst. ; Es gibt aber auch Schriften anderer Autoren, in denen sich die von E v. Mojsisovies aufgestellten Bezeichnungen in dem heute von ihm gewünschten Sinne niemals eingebürgert haben, denn es wurde bereits oben gezeigt, dass eine Reihe bedeutender. Fachgenossen in der Anwendung des Namens „norisch“ in erster Linie für die Hallstätter Kalke ganz mit der von mir festgehaltenen Ansicht übereinstimmen, so Benecke, Haug "Lapparent, Koken und vor allem Neumayr. Wenn sie "auch den Terminus - im allgemeineren Sinne angewendet haben, so ist doch der Typus der norischen Schichten für sie unzw eifelhaft der norische Hallstätter £ Kalk geblieben. ’. Endlich aber gibt es sogar Arbeiten über die alpine Trias, in denen jene allgemeinere Anwendung des Namens norisch 7 i 7 Dj beiten verwendet hatten, sich zu unerfreulichen Widerrufungen semöthigt ver Es braucht hier nur auf drei besonders drastische Fälle hingewiesen zu werden. Sie betreffen G. Geyer’s Aufnahmsbericht über die Mürzthaler Alpen Jahrb. 1889, dem durch ein 5 Zeilen langes Dementi in Sitzber. 1892, 8. 776 die theoretisch e Basis fast gänzlich entzogen wurde, W. Waagen’s Mittheilung über die Trias in der Salt-range, Jahrb. d. geol. R, 5% 1892, S. 377 (man vergl. "hier die Schlu note 8. 385) und E. Koken’s Capitel über die aleıne Trias in dessen ee It 1893 (Schlussanmerkung 8. 295!) [23] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 255 für die gesammte alpine Trias von allem Anfänge an grundsätzlich ausgeschlossen wurde, in welchen diese allgemeinere Verwendung nie- mals Eingang gefunden hat, sondern der Name auf die Hallstätter Kalke beschränkt blieb (vergl. Jahrb. der geol. R.-A. 1892, S. 390) und die Urheber dieser Schriften haben ebenfalls und zwar ein sanz entschiedenes und besonders klares Recht, in dieseı Angelegenheit mitzusprechen und gehört zu werden. In der Einbürgerungsfrage ist demnach das Uebergewicht ebenfalls gegen E. v. Mojsisovics und auf Seiten der von mir festgehaltenen An- schauung in dieser Angelegenheit. Wenn nun aus den Lehrbüchern und wissenschaftlichen Werken zahlreicher Autoren, in welchen sich die Angaben E.v. Mojsisovics’s über die"Gliederung der Hallstätter Kalke, die gegenseitige Stellung ihrer beiden Hauptgruppen, ihr stratigraphisches Verhalten zu den Raibler und Lunzer Schichten, über die triadischen Meeresprovinzen und ihre Beziehungen zu dem triadischen Weltmeere, über das triadische Mittelmeer u. s. f. u. s. f. eingebürgert hatten, alle diese Errungenschaften der neueren Triasliteratur entfernt werden müssen, so wird es dem gegenüber nur mehr sehr leicht in die Wagschale fallen, wenn auch eine weitere angeblich bereits „eingebürgerte* Anschauung E. v. Mojsisovies’s, nämlich jene über die all- gemeinere Verwendung des Namens norisch (soweit sie eben „ein- gebürgert“ ist und in den meisten Fällen ist sie es nicht, wie gezeigt wurde, sondern soll es erst werden!) unter Einem gestrichen, beziehungsweise in diese Arbeiten nicht erst aufgenommen wird, nachdem hier der Beweis ihrer Unhaltbarkeit erbracht wurde. Nach den bereits gemachten Erfahrungen sollte man es hier an der nöthigen Vorsicht nicht wieder fehlen lassen. Mit der „Einbürgerung“ ist es also ebenfalls nichts. E. v. Mojsi- soviecs mag in seinen späteren Arbeiten noch so oft die Bezeichnung „norisch“ für die südalpinen Ablagerungen, für welche er dieselbe jetzt festhalten möchte, gebraucht haben ?), das kann die nachgewiesener- massen unmotivirte und sonach von allem Anfange an unberechtigte Uebertragung desselben auf die aussernorischen Ablagerungen nach- träglich nieht mehr legitimiren, und selbst, wenn man zugeben wollte, der Name norisch sei von allem Anbeginne mit Recht gleichmässig für die ganze alpine Trias aufgestellt und gedacht gewesen, so bleibt immer und immer der Ausgangspunkt für die Aufstellung desselben der Hallstätter Kalk und der Typus für die norische Stufe eben der norische Hallstätter Kalk. So ist die Sache nicht nur von mir, sondern von zahlreichen Fachgenossen, deren Namen im Vorangehenden _ wiederholt genannt wurden, auch immer aufgefasst worden. Es ist deshalb beinahe unglaublich, dass E. v. Mojsisovics, um seine halt- lose Anschauung zu stützen, zu dem Argumente greift, die Hall- Stätter Kalke seien irrthümlich zur norischen Stufe gezählt worden. Eine Sache, die mit solchen Behauptungen ge- stützt werden muss, ist verloren. °) Er hat ihn übrigens für die ladinischen Ablagerungen nicht öfter ge- braucht als für die norischen Hallstätter Kalke, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 35 256 A. Bittner. 124]. Es ist daher eben so vollkommen unrichtig, wenn E. v. Mojsi- sovies weiterhin ausführt, dass er, als er sich in die Nothwen- digkeit versetzt gesehen habe, diese „irrthümlich der nori schen Stufe zugezählten Hallstätter Kalke® (1 in ein bedeutend höheres Niveau einzureihen, bloss die Wahl gehabt habe, dieselben der karnischen Stufe als obere Glieder derselben zuzurechnen oder eine neue Stufenbezeichnung für dieselben vorzu- schlagen. Er habe sich für den letzteren Vorgang entschieden, da erstens der Umfang der karnischen Stufe zu weit, und der Inhalt derselben zu verschiedenartig geworden wäre, und da zweitens der Terminus „juvavisch“, welcher bisher ausschliesslish für diese Ab- theilung der Hallstätter Kalke als rein faunistische Bezeichnung (}) verwendet worden war, sich von selbst als eine charakteristische und leicht verständliche Stufenbezeichnung darbot. Es ist staunenswerth, welche Fülle von Unrichtigkeiten in diene einen, ganz harmlos aussehenden Satze enthalten ist. Es ist nicht wahr, dass E. v. Mojsisovies nur die Wahl gehabt habe zwischen den beiden von ihm angegebenen Auswegen. Es blieb ihm in erster Linie ein dritter Weg offen, der einzig richtige und durch die Verhältnisse geradezu gebotene und vorgezeichnete, jener nämlich, die norische Stufe und den Namen norisch auf die Hallstätter Kalke zu beschränken. Er hat diesen Weg absichtlich nicht betreten. Bereits üı Verhandl. 1893, S. 224 wurde die Frage aufgeworfen, warum er das nicht gethan, aus welchem Grunde er den einzig richtigen, einfachsten und sichersten Weg, den Namen norisch an der a zukommenden Stelle aufrecht zu erhalten, nicht gewählt habe? Die Antwort auf diese Frage wird weiter unten cegeben werden. Wenn nun E. v. Mojsisovics diesen einzig richtigen Weg nich t einschlagen wollte, so wäre von den beiden anderen, die ihm angeblich nur erübrigten, ohne allen Zweifel der richtigere jener gewesen, u oberen (norischen) Hallstätter Kalke als oberkarnisch zu bezeichnen, was sie nach der früher von E. v. Mojsisovics festgehaltenen Umgrenzung der karnischen Stufe wirklich sind. Aber das “hatte ja Stur bereits im Jahrb. 1869, S. 288 ausgesprochen, dass eigentlich die norische Stufe mit der karnischen fast völlig oleichzeitig” sei und das konnte doch nicht in so directer Weise zugegeben werden. Ausser den bisher besprochenen zwei Wegen zur definitiven Regelung der Nomenelatu der oberen (norischen) Hallstätter Kalke existirt aber noch ein drit er dieselben nämlich mit v. Hauer als rhaetisch zu bezeichnen um auch dieser Weg wäre näherliegend und eventuell zulässig gewesen besonders da die rhaetische Stufe bisher nur eine „Zone“ umfasst mithin auch der von E. v. Mojsisovics gegen den Gebrauch + Namens karnisch gemachte Einwand hier entfallen wäre. Es waren & hier im Ganzen vier Wege vorhanden, nicht zwei, wie v.Moj jsisovie angibt: von diesen vier Wegen ist aber nur einer als der richtig und geradezu gebotene zu bezeichnen, zwei davon können als eventuel zulässig erklärt werden, der letzte ist als absolut unzulässig 2 betrachten und gerade diesen Weg hat E. v. Mojsisowa8 merkwürdiger Weise eingeschlagen! [25] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 257 Der gewählte Terminus „juvavisch“ soll nach E. v. Mojsisovies ohnehin bisher ausschliesslich als rein faunistische Bezeichnung für diese Abtheilung der Hallstätter Kalke verwendet worden sein und sich deshalb von selbst als charakteristische und leicht verständliche Stufenbezeichnung geboten haben. Das ist auch falsch; es ist im Gegentheile ohne einen beträchtlichen Zwang nicht abgegangen, wie gleich gezeigt werden soll. In den Sitzungsber. 1892, 8. 9 (777) lautet der Uebergangspassus etwas anders: „Die bisher als norische Hallstätter Kalke der juvavischen Provinz aufgefassten Horizonte rücken nun in die Stellung über den Subbullatus-Schichten '). Es kann daher die juvavische Provinz im bisherigen Sinne ?) nicht mehr aufrecht erhalten werden, doch kann die Bezeichnung „juvavisch“ nunmehr °) als sehr passende Nomenclatur für die von den mediterranen Faunen der norischen und karnischen Stufe so sehr abweichenden oberen Hallstätter Zonen in Verwendung bleiben. Es wären daher die über den Aonoides- und Subbullatus-Schichten folgenden Hallstätter und Zlambach-Faunen fortan als juvavische Stufe zusammenzufassen etc.“ Schon die zahlreichen Fussnoten zeigen, wie bedenklich der Wortlaut des vorangehend eitirten Satzes ist. Es ist eben einer jener Sätze, mit denen E. v. Mojsisovies seine grossen Schwenkungen und theoretischen Wandlungen zu vollführen pflegt. Wir erfahren aber aus demselben nichts von der auch sonst nicht in weitere Kreise ge- drungenen angeblichen Thatsache, dass für die „nunmehrigen oberen Hallstätter Kalke“ der Terminus juvavisch bisher ausschliesslich als rein faunistische Bezeichnung in Verwendung gewesen sei, sondern es heisst hier, dass der bisher zur Bezeichnung einer faunistischen Provinz — der ja auch andere Bildungen als gerade die norischen Hallstätter Kalke angehört haben müssen, denn man wird ja doch nicht annehmen wollen, dass sich in dieser ganzen „Provinz“ gerade nur Hallstätter Kalke abgelagert haben! *#) — verwendete Namen „Juvavisch“ durch die „Auflassung dieser Provinz“ zufällig gerade zur rechten Zeit frei geworden sei und deshalb für die „bisher als norische Hallstätter Kalke ) der juvavischen Provinz“ bezeichneten ' Bildungen als sehr passende Nomenclatur sogleich wieder neu ver- wendet werden könne. Das klingt denn doch bedeutend anders als ') Dann würden sie unter die Aonoides-Schichten zu stehen kommen, denn dass die Subbullatus-Schichten selbst wieder über den Aowoides-Schichten zu liegen kommen, die .Zonenfolge also auch innerhalb der karnischen Stufe verkehrt wird, ‚ davon liest man kein Wort, das gehört. offenbar zu den vielen „selbstverständ- ‚ lichen“ Dingen! 2) Vielleicht aber in einem anderen? ?) Wenn auch die juvavische Provinz nur „im bisherigen Sinne“ nicht mehr auf- recht erhalten werden kann, so kann doch vorläufig ihr Name nicht in anderer Weise verwendet werden. Oder ist diese Verwendung vielleicht eben jener „andere Sinn“, in welchem die juvavische Provinz — wenigstens scheinbar — doch noch aufrecht erhalten werden kann? Es scheint sich das wirklich so zu verhalten ! *) In „Dolomitriffen“ 1879, S. 52, heisst es: In der juvavischen Provinz kommen neben den beiden typischen, fossilreichen Ablagerungen der Zlambach- und der Hallstätter Schichten noch eine Reihe fossilärmerer Faciesgebilde und eine Rifffacies vor. Dazu das merkwürdige Citat: „Mojsisovies: Das Gebirge um Hallstatt“ ()) °) Selbstverständlich irrthümlich, wie Mojsisovics 1893 behauptet. 35* 358 A. Bittner. [26] die oben eitirte Stelle aus dem grossen Werke von 1893. Wir wollen indessen hier zunächst nur festhalten, dass der Terminus „juvavisch® nicht „bisher ausschliesslich eine rein faunistische Bezeichnung für die norischen Hallstätter Kalke“, sondern dass er der Name für eine sanze Triasprovinz war. Ehe wir diesen Gegenstand weiter verfolgen, sei noch eine kleine Abschweifung gestattet, zu welcher jene, kurz vorher eitirte Stelle der Sitzungsberichte 1892, S. 777, Anlass gibt. Es ist für diese Stelle sehr bezeichnend, dass E. v. Mojsisovics hier für seine karnischen Hallstätter Kalke und für die nunmehr über jene gestellten norischen Hallstätter Kalke Umschreibungen anwendet, welche den Eindruck mächen, als sollte der Gefahr ausgewichen werden, dass der Leser etwa bemerke, es seien die „oberen Hall- stätter Zonen“ nichts anderes, als die norischen Hallstätter Kalke, welche in ihrem alten Umfange über den „Aonoides- und Subbullatus-Schichten“ liegen, die ihrerseits auch wieder nichts anderes sind, als die bisherigen karnischen Hallstätter Kalke. Es mag sein, dass das unbeabsichtigt war (man vergleiche übrigens oben, pag. 247 über die „Lücke“), trotzdem ist es nicht ohne gewisse Folgen ge- blieben, die sich in den Referaten von Benecke und Hilber äussern und zu Gunsten des heute von E. v Mojsisovics vertretenen Standpunktes gedeutet werden könnten. So sagt Hilber (in Mitth. d. naturwiss. Ver. f. Steierm., 1892, pag. XCVD, dass die „juvavische Stufe E. v. Mojsisovics’s die obersten Hallstätter Zonen bis zur rhaetischen Stufe umfasse“, und dass „die früheren Vertreter der norischen Stufe in den Hallstätter Kalken jetzt ihren Platz über den karnischen Hallstätter Kalken in der neuen juvavischen Stufe erhalten haben“. Benecke aber (Neues Jahrb. f. Min., 1893 II, S. 379) er- wähnt, dass für die oberen Glieder der Hallstätter Entwicklung eine neue Stufe eingeschoben werde. Aus diesen Aussprüchen könnte man die Folgerung ableiten, dass weder Hilber (dem diese Angelegenheit wohl ferne liegt, wie hervorgehoben werden muss) noch Benecke gewusst haben, dass die „neue Stufe“ v. Mojsisoviecs’s nichts anderes ist, als die alte norische Stufe der Hallstätter Kalke, dass somit keine neue Stufe von anderem Umfange errichtet worden ist, die auch einen neuen Namen hätte beanspruchen dürfen, sondern dass hier einfach eine ganz unmotivirte und willkürliche Neubenennung einer bereits be- stehenden und benannten Stufe vorgenommen worden ist.) Würde jener eitirte Satz bei E. v. Mojsisovies präciser lauten, würde sofort erkennen lassen, die „neue Stufe“ sei nichts als die alte norische Stufe, so würde den Lesern das Ueberflüssige und Unnöthige des neuen Terminus in viel anschaulicherer Weise vor Augen getreten und die Stilisirung der betrefienden Stellen bei Benecke und Hilber würde wohl sicher eine andere geworden sein. Es sei be dieser Gelegenheit hervorgehoben , dass Dr. E. Haug bisheı der Einzige ist, der in scharfsinniger Weise die ge@ ‘) Man vergl. nebenstehende Tabelle. Die Aenderungen in den Stufennameı innerhalb der beiden letzten Colonnen entsprechen dem von mir vertrebeng Standpunkte, ‚u u x f en ern | s h . De 07 So & ra en 21 BEER . 1 * Wr 2 ' we, u! „ 2: ie ORREA TE 1 Im = nenn: nr Asien en Dee hen % a _ rennen | — | Abhandlungen VII, 1874, Dolomitriffe 1879 | S. 37 | S. 80 —— De —— u — 2 | = Zone der Avicula contorta e= ee) Zone des Turbo solitarius und der Avicula exilis || | E= © a = = er = = | —— en == = == E | ‚. |der Zone | Oberer Theil des Zone des Trachyceras = | Unterer Theil (1 Trach. | Aonoides 2 | Aonoides \ | hd | Zone des Buc. sub- Zone des Trop. sub- bullatus | bullatus | Grenzschichten zwischen ‚ norischer u. karnischer Stufe I Zone des ' Zone des Didym. tectus Trachyceras bierenatum | ee ee en N \ | | | Tone des Arcestes ruber u. I VER. ER Trachye. Giebelüi | Zone des Arcestes ruber = ee — re —| 3) _ Se Sa -: 2 Zone des Pinacoe. parma U. | - Zone des Pinac. parma U. Su Arc. globus e) Didym. globus z rn A Y,one des Pinac. Metternichii Arc. gigantogaleatus 7lambachschichten | Zone des Pinac. Metternichü u. Arc. gigantogaleatus Zone des Chorist. Haueri Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) Zu Seite 258 [26 ]. sricehte Wr. Akad. 1892, OrzBd. S. 776 S. 810 Hallstätter Cephalopoden 1893, \ Bl Be z || | =. r Avieula contorta a Zone der Awieula contorta | es | | & men — et = _ _ = iz = I _ ——] | | Oyrtopleur. bierenatus | Zone des Sirenites Argonautae IS ER Bi | ie Kae Sub | d Pi Mett | & ß OBER | j 3 Subz. d. Pin. Mett. ii di Metternich | Z.d. Pinac. Mett. Subz.d. Chor. Haueri | Choristoc. Haueri u Zone des Cyrtopleur. bierenatus | = =. | S | © = a — | 5 — Fazer = s Cladiscites ruber Zone des Cladiseites uber N] Def | = | Sagenites Giebelüi Zone des Sagenites Giebeliüi ] 2 j | —— | ' ‚T’hisbites Agricolae | a) Linse mit T’hisbites Br | Zone des „Lgricolae io | | an | | Trop. Z u d. Zone d. Trop. | sabbell b) Subz. d. Trop. sub- | # 1 subbullatus 2 | Ä bullatus < \ = = rach. Ao- A a) Linsenm. Lobitesellipt. = rs ellipticus ( H Tr En | en u. Trach. Aonoids | 8 | SERMEN, \ 'Yach, . P | + ach. au- ekkidps bs ne b) Linse mit Tr. au- ® ii | Fonoes | striacum | ) ! (ydsLIoUOPNOSd) y9sıurper] (y9SLIOUOPNISÄd) yasturpey [27] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 259 sammte Frage vollkommen richtig aufgefasst hat, und es ist deshalb um so bedauerlicher, dass er in seinem Eintreten für die Berechtigung der einzelnen Namen nicht vollkommen eonsequent geblieben ist. Ich hoffe aber, dass er sich noch nachträglich den von mir vertretenen Anschauungen auch in dieser Hinsicht anschliessen wird. Kehren wir aber nach diesem nebensächlichen Excurse wieder zur Verfolgung der Hauptfrage zurück. Wir sind bei der Feststellung der Thatsache stehen geblieben, dass der Terminus juvavisch bis 1892 für eine eigene, von E. v. Mojsisovies im Jahrbuche 1874 aufgestellte Provinz der alpinen Trias verwendet worden war. Wenn also v. Mojsisovics in seiner grossen Arbeit 1893 sagt, dass er 1892 Sezwungen gewesen Sei, eine neue Stufenbezeichnung vorzuschlagen, so ist das ebenfalls nicht ganz richtig. So wie die Stufe nicht neu war, so war auch der dafür vorgeschlagene Name nicht neu, sondern eben bis zu dem Momente für eine „Provinz“ gebraucht worden. Hätte sich v. Mojsisovics hier vollkommen richtig ausdrücken wollen, so hätte er sagen müssen, der als Provinzialbezeichnung überflüssig ge- wordene alte Name juvavisch sei in demselben Momente, wo er in jenem Sinne überflüssig geworden, noch viel überflüssigerer Weise als neuer Stufenname für eine ebenfalls alte und schon benannte Stufe, also in einem ganz anderen Sinne, wieder in Anwendung ge- nommen worden. Und durch diesen ganz richtigen Satz würde sich sofort die ganze Aussicht auf jene Confusion eröffnet haben, die durch eine derartige ungerechtfertigte und unnöthige Namen- Verschiebung und -Uebertragung eintreten muss. Wir gelangen hier abermals zu einem neuen Gesichtspunkte, von welchem aus die von E. v. Mojsisovies vorgenommene Uebertragung des Terminus juvavisch betrachtet werden kann und verurtheilt werden muss, wie sogleich gezeigt werden soll. Im Jahrbuche der k. k. geol. Reichsanst. 1874, S. 84 wurde von E. v.. Mojsisovics das norische Faunengebiet des Salzkammergutes als die „juvavische Provinz“ der norischen Stufe bezeichnet im Gegensatze zur mediterranen Provinz, ‚ unter welcher Bezeichnung der übrige grösste Theil des alpinen | Triasgebietes verstanden wird. Auf welchem Wege das geschah, hier zu erörtern, würde zu weit führen, umsomehr, als diese beiden „Pro- vinzen“ im Jahre 1894 (also nach 18jährigem Bestande) von E. v. Mojsisovics wieder aufgegeben wurden. Die Namengebung für die norische Stufe beruht demnach auf einer Zeitvorstellung, jene ‚für die juvavische Provinz auf einer Vorstellung des Raumes oder, um mit v.Mojsisovics (Verhandl. 1879, S. 14) zu reden, norisch ist ein chronologischer, juvavisch ein topischer Begriff. Beide sind durch 18 Jahre in der Nomenclatur der alpinen Trias nebeneinander ‚ angewendet worden. Da nun, wie der Begründer der formalen Logik ‚in der historischen Geologie (Verhandl. 1879, S. 14) selbst hervor- hebt, die von ihm neu eingeführten Bezeichnungen für die Bildungs- 'ı medien, Bildungsräume und Faciesverhältnisse bei fortwährender ‚praktischer Verwendung sich nicht nur als äusserst bequem, sondern ‚auch als sehr nützlich erweisen, da sie zu scharfen, conse- quenten Unterscheidungen zwingen, so glaube ich ganz in u a ui 260 A. Bittner. [28] seinem Sinne zu handeln, wenn ich die Consequenzen dieser Unter- scheidungen auch dahin ausdehne, dass ein bestimmter Ausdruck, welcher einmal in einem bestimmten Sinne aufgestellt und verwendet wurde, wenn er sich in diesem Sinne als überflüssig erweist, nicht sofort in einem anderen, verschiedenen Sinne wieder aufgenommen und verwendet werden darf. Das gilt nun in unserem Falle von dem Ausdrucke juvavisch. Nachdem derselbe vom Jahre 1874—1892 sich als topischer Begriff „eingebürgert“ hat, so würde, wollte man ihn von 1892 an plötzlich als solchen aufgeben und ihn statt dessen als chronologischen Begriff neuanwenden, sich an Stelle der „scharfen conse- quenten Unterscheidungen* Verwirrung in der historischen Geologie einstellen. Eine solche einreissen zu lassen oder gar durch derartige Maass- nahmen zu vermehren, darf aber doch nicht unsere Absicht sein. Dieser Gesichtspunkt ist für sich allein vollkommen aus- reichend, um die von E. v. Mojsisovics vorgenommene Uebertragung des bis 1892 in topischem Sinne angewendeten Namens juvavisch auf eine bestimmte Stufe, also auf einen chronologischen Abschnitt, auf das Einleuchtendste als durchaus unthunlich erscheinen zu lassen. Durch diese Uebertragung und Weiteranwendung des Namens juva- vischh der mit dem Verschwinden der „juvavischen Pro-2 vinz“ ebenfalls aus der Literatur verschwinden muss, in dem von E.v.Mojsisovics beabsichtigten Sinne würde überdies fast unabwendbar der Schein erweckt, als habe sich seit 1892 nicht jener ausserordentlich weitgehende Umschwung, ja geradezu Umsturz in den Anschauungen E. v. Mojsisoviecs’s vollzogen, es würde der Schein erweckt, als bestünde die „juvavische Provinz“, die 18927 ohnehin nur so ganz nebenbei als nicht mehr „im bisherigen Sinne“ haltbar erwähnt wurde, auch seither noch unverändert fort, als sei demnach trotz jenes grossen Umsturzes im Jahre 1892 alles so ziem- lich beim Alten geblieben. Es widerspricht der hier erörterte Vorgang der Uebertragung des Namens juvavisch auf eine Gruppe der Hallstätter Kalke somit nicht nur allen Grundsätzen der Priorität (man vergl. hier auch Verhandl. 1893, S. 228), sondern ebenso den von E. v. Mojsisovics selbst proclamirten Grundsätzen der Logik und deren consequenter Anwendung in der historischen Geologie. Wir müssen demnach die Frage aufwerfen. was denn E. v. M ojsi- sovics dazu bewogen haben könne, einen dergestalt allen Grund- sätzen der Priorität und der Logik widerstrebenden Vorgang ein- schlagen und festhalten zu wollen, noch dazu mit so ungewöhnlichen Mitteln, wie z. B. mit Hilfe der oben citirten Behauptung, die norischen Hallstätter Kalke seien irrthümlich in die norische Stufe gestellt worden? Zunächst kann es wohl nur das Bestreben gewesen sein, den Namen juvavisch um jeden Preis aufrecht zu erhalten. | Es wurde bereits in Verhandl. 1893 S. 224 dem Gedanken Aus- druck verliehen, dass es unter Umständen wenigstens discutirbar gewesen wäre, ob der Name „norisch*“ für die Hallstätter Kalke auf- zugeben und durch einen anderen zu ersetzen sei, dann nämlich, wenn E. v. Mojsisovics selbst einen derartigen Vorschlag gemacht a [29] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 261 und jenen Fachgenossen, welche in dieser Angelegenheit ein Wort mitzusprechen haben, in dieser Sache ihre Meinung zu äussern ermöglicht hätte, ehe er mit seiner fixen Gliederung von 1892 her- vortrat. E. v. Mojsisovics scheint aber gefühlt zu haben, dass er auf diesem Wege keine Aussicht auf einen Erfolg habe, da bei einiger Zeit zur Ueberlegung vielleicht auch andere Fachgenossen aus den- selben Gründen, welche ich geltend mache, sich gegen seinen Vorschlag ausgesprochen haben würden. Nach dieser Sachlage hätte er also eigentlich auf die Durchführung seines Wunsches Verzicht leisten müssen. Da er das aber nicht wollte, so hat er einen anderen Weg eingeschlagen, der zwar ein wenig gewaltsam ist, dafür aber eher zum Ziele zu führen versprach, nämlich den oben zur Genüge gekenn- zeichneten Weg der Willkür, gestützt auf die Autorität, welcher eine vollendete Thatsache zu schaffen und dieselbe so rasch als möglich einzubürgern hatte, um zwar nicht durch die Wucht von Argumenten, wohl aber durch das Gewicht zweier dieker Bände in Quartformat die Einwände des Gegners zu erdrücken und zu begraben. Auf diese Weise soll der Name juvavisch erhalten werden. Und warum, wird man fragen, muss das sein, warum ‚muss dieser Name mit so ungewöhnlichen Mitteln aufrecht erhalten werden ? „Warum ist es heute ein Postulat der Wissenschaft, den guten geographischen Stufennamen (norisch) seines Sinnes zu entkleiden ?“ (vergl. oben S. 251). Auch darauf gibt es eine Antwort. Sie wurde bereits oben angedeutet und hier soll bewiesen werden, dass sie thatsächlich die richtige ist. Der Grund für die von E. v. Moj- sisoviecs beabsichtigte Aufrechterhaltung des ursprünglich topischen Namens juvavisch als Stufennamen ist kein anderer, als der, dass der Anschein erweckt werden soll, es habe sich durch den grossen Um- sturz vom Jahre 1892 in der Nomenclatur und Auffassung der alpinen Trias bei E. v. Mojsisovics kaum etwas geändert, es sei so ziem- lich alles so geblieben, wie es vor 1892 war. Das beste Mittel aber, diesen Anschein hervorzurufen, ist unstreitig das, die bis dahin ge- ‚bräuchliche Nomenclatur auch fernerhin aufrechtzuerhalten, trotzdem diese Nomenclatur durch jenen Umsturz wesentlich beeinflusst und verändert werden musste, und trotzdem dass dadurch die bis dahin gebrauchten Namen für die beiden alpinen Triasprovinzen absolut hinfällig geworden sind und ausgemerzt werden müssen. Aber ge- rade um die Aufrechterhaltung dieser beiden Namen ist esdem Autor derselben zu thun. | Würde es sich dabei nur um den Namen juvavisch handeln, so wäre es gewagt, einem Forscher vom wissenschaftlichen Ansehen E. v. Mojsisovics’s ‚eine derartige Absicht zuzuschreiben, aber E. v. Mojsisovics hat den Beweis, dass meine oben aufgestellte Behauptung völlig richtig ist, unwiderleglich selbst dadurch erbracht, dass er in seinem neuesten grossen Werke 1893 auch den zweiten Provinzialnamen „mediterran“ aufrecht zu erhalten sucht und die Art und Weise, wie er das thut, wird für Jedermann, der sich die Mühe immt, hier klar sehen zu wollen, den letzten Zweifel über die Beweggründe zerstreuen, aus denen das geschieht, e » 262 A. Bittner. - [30] Nachdem im Jahre 1892, Sitzgsber. S. 777 die juvavische Trias- £ provinz aufgegeben worden war, musste ganz von selbst auch ihr Gegensatz, die mediterrane Triasprovinz wegfallen. In den Hall- stätter Cephalopoden 1893 $. 811 treffen wir jedoch die seit einem 1 Jahre todtgeglaubte mediterrane Provinz „zu unserer grössten Ueberraschung“ in bestem Wohlsein wieder an und über ihre Fortexistenz wird für Diejenigen, ‘welche sich etwa Gedanken darüber machen sollten — sehr tiefgehende Gedanken werden da indessen wohl nicht vorausgesetzt — in einer Fussnote (!) folgende seltsam Begründung gegeben: „Seitdem die Nothwendigkeit’) ent- fallen ist, in den Triasterritorien Europas eine beson dere juvavische Provinz anzunehmen, unterscheiden wir in Europa selbstverständlich (sie!) blos zwei hete- ropische Regionen, das germanische Binnenmeer und die mediterrane Meeresprovinz‘. 2 Seiner poetischen Freiheiten entkleidet und nach den von E.v. Mojsisovies selbst so hochgehaltenen Regeln der gewöhnlichen Logik eingerichtet, lautet dieser Satz wie folgt: „Nachde m. eigentlich nie eine Nothwendigkeit bestanden hat, in den Triasterritorien Europas eine besondere juva vavische Provinz anzunehmen und diese ganz unnö- thigerweise von 1874 bis 1892 aufrechterhaltene,Provinz“ seit 1892 auchtheoretischinWegfallgekommenist, unter scheiden wir in Europa selbstverständlich nur mehr zwei sogen. heterotopische Regionen, das sermanische Bin nenmeer und die alpine Triasprovinz“. Das ist so klar als das Rechenexempel 6+2—8. Wenn ich von 8 (der alpinen Trias) 2° (die juvavische Trias) wegnehme, bleibt mir die v. Mojsisovies’sche mediterrane Trias (6); gebe ich die Trennung der juvavischen Tria (2) von der mediterranen (6) auf, so erhalte ich ganz von selbst wieder die alpine Trias (8). = Es ist bedauerlich, die Aussprüche eines so hervorragenden Fachgelehrten mittelst derartiger elementarer Rechenexempel be richtigen zu müssen, die Schuld hiefür wird indessen auf keinen ı Fall mir beigemessen werden dürfen. E. v. Mojsisovies müsste 4 wollte er nach Aufgebung seiner beiden alpinen Triasprovinzeı logisch vorgehen, unbedingt auf den Standpnnkt von 1874 zurück reifen, von welchem er ausgegangen ist, und dieser Standpunkt ist jener der alpinen Trias. Dieser Standpunkt ist durch den Aus spruch von E. v. Mojsisovics (Jahrbuch 1874 S. 84) hinreichend gekennzeichnet: „Ich werde fortan dasnorische Faunengebiet des Salzkammergutes als die „juvavische Provinz“ de norischen Stufe bezeichnen im Gegensatze zur „meditel ranen Provinz“, unter welcher Benennung der übrig erössere Theil des alpinen Triasgebietes verstanden werde soll“. Vordem kannte E. v. Mojsisovics (man vergl. Jahrbuch 186% Verhandl. 1872. S. 5) nur eine alpine Trias. i 1) Es sei bemerkt, dass diese Nothwendigkeit eigentlich gar nie existirt | wie im zweiten Theile dieser Arbeit eingehend gezeigt werden soll. [31] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 263 Auch in den „Dolomitriffen“ von E. v. Mojsisovies 1879 S. 50 heisst es: „Die nordöstlichen Alpen östlich von der Saale bilden zur norischen Zeit die juvavische Triasprovinz. Die übrigen Theile der Ostalpen bezeichnen wir als mediterrane Provinz“. Neumayr stellt die alpine Trias als pelagische Entwick- lung der deutschen Binnenentwicklung gegenüber. Wie sich die alpine Trias zur „mediterranen Trias“ verhält, wenn man von einer solchen mediterranen Trias überhaupt reden will, ist eine ganz besondere, verschiedene Frage. Ist die nordalpine und die exjuvavische Trias „mediterran“, ist die Trias der Bukowina „mediterran“, so ist eben so gut, woran ja Niemand zweifeln wird, die dinarische, die süditalienische, die sicilianische Trias alpin, und da die alpine Trias, d. h. die Trias der Alpen, unvergleichlich reicher entwickelt ist, als alles das, was man aus dem mediterranen Ver- breitungsbezirke derselben bisher kennt, so ist es völlig sinnlos, den Namen der alpinen Trias auf einmal gänzlich fallen lassen zu wollen zu Gunsten des Ausdruckes mediterran, mit welchem Aus- drucke ohnehin mehr Missbrauch in der geologischen Literatur ge- trieben wurde und wird, als für dieselbe von Nutzen ist. Der Gegensatz zur germanischen Trias — wenn man einen solchen überhaupt betonen will — ist und bleibt die alpine Trias; wenn man aber den Ausdruck mediterrane Trias auf die Nordalpen ausdehnt, so wird man schliesslich auch die germanische Trias dazu zählen dürfen, da man ja nicht denken kann, dieselbe durch provinzielle Schranken von der alpinen Trias abzusondern. Wir bleiben also mit E. Haug bei dem Ausdrucke „alpine Trias“, welcher für uns nach wie vor den am reichsten gegliederten Typus triadischer Ablagerungen be- zeichnet und werden diesen wohlbegründeten und vorzüglichen Namen nicht urplötzlich durch den bisher nur in einem ganz bestimmten Sinne gebrauchten und verbrauchten Namen „mediterran“ er- setzen. Wenn ich heute von alpiner Trias rede, so verstehe ich und versteht Jeder, der das liest, dasselbe, was vor 1892 und vor 1874 und jederzeit darunter verstanden wurde; wollte ich aber heute von mediterraner Trias reden, so müsste ich jedesmal hinzusetzen, in welchem Sinne das gemeint sei, ob in dem von 1874—1892 von FE. v. Mojsisovics, oder in jenem seit 1893 von diesem Autor gebrauchten. Warum soll man also nicht den selbstverständlicheren, von jeher an- gewendeten, zu keinerlei Missdeutung Anlass gebenden Ausdruck alpine Trias beibehalten, warum soll für diesen ein Ausdruck, welcher zu Zweifeln und Missverständnissen Anlass geben muss, in Gebrauch genommen werden? Der Ausdruck „mediterran* bezeichnet ebenso wie „juvavisch“ eine endgiltig verflossene Phase theoretischer Speeu- lation und muss, wenn die Sache fiel, mit dieser fallen. Es war 1892 —1893. weder der Zeit, noch dem Orte nach angezeigt, eine andere Bedeutung des Terminus mediterran in seiner Anwendung auf die alpine Trias zu erfinden und denselben ohne jede eingehendere Begründung, ja mit absichtlicher Vermeidung einer solchen in dieser veränderten Bedeutung aufrechterhalten zu wollen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 36 264 A. Bittner. [32] ! Der Ausdruck mediterran ist weder an und für sich, noch ganz besonders aus logischen ') und Zweckmässigkeitsgründen geeignet, den althergebrachten und vorzüglichen Namen „alpine Trias“ zu ersetzen. Der Terminus „mediterran“ gehört dagegen zu jenen Termini, welche Mojsisovics bereits im Jahrb. 1869, S. 125, folgendermaassen zu- treffend charakterisirt: „Nichts hat dem Fortschritte der alpinen Stratigraphie grössere Hindernisse in den Weg gelegt, als die irrige- und vorzeitige Anwendung bestimmter, local gewiss sehr berechtigter Termini?). Es haben auf diese Weise manche gute Bezeichnungen eine solche Elastizität erlangt, dass man sich beinahe scheut, die- selben wieder zu gebrauchen und auf ihre ursprüngliche Bedeutung zurückzuführen, aus Furcht, missverstanden zu werden. Diesem Uebelstande sollte für die Zukunft vorgebeugt werdem Um die Mittel zu dessen Beseitigung zu schaffen, wäre es noth- wendig, nach der Ursache zu forschen, aus welcher dieser Uebel- stand entsprungen ist“. Das liest sich doch heute wie eine Satire auf E. v. Mojsisovics’s eigene Bestrebungen. Gerade er ist es, der sich nieht gescheut hat, derartige dehnbare Begriffe zu schaffen und zu gebrauchen, und er thut es neuestens mehr als je zuvor. Er wird sich also auch nicht beklagen dürfen, wenn seinem eigenen Wunsche nach einmal wirklich daran gegangen wird, nach der Ursache” zu forschen, aus welcher das geschieht! Es darf hieran wohl die Frage geknüpft werden, ob sich nach alledem noch Jemand finden wird, der so wie seinerzeit die Annahme des Vorschlages von E. v. Mojsisovics, den Namen juvavisch betreffend, nunmehr auch den neueren Versuch, den Namen mediterran für die alpine Trias beizubehalten, unterstützen und befürworten wird? Wenn E. v. Mojsisovics der klaren Sachlage gegenüber die Termini juvavisch und mediterran auch nach Wegfall der damit bezeichneten Provinzial- eintheilung in der oben gekennzeichneten Weise aufrecht zu erhalten sucht, so verräth er dadurch nur allzudeutlich, dass es ihm in erster Linie nicht um die Klarheit und Bestimmtheit in diesen Sachen zı thun ist, sondern darum, den Schein zu erwecken, als sei in seinen An- !) Es steht mit dem consequent logischen Denken nicht in bestem Einklange wenn einmal (bis 1892) ein und derselbe Ausdruck für einen bestimmten Thei einer räumlichen Grösse, ein anderesmal und unmittelbar darauf (nach 1892) aber für das Ganze derselben Grösse gesetzt wird. Wenn man einmal einen Na für derartige bestimmte Grössen aufstellt, so muss man in der Anwendung de; selben consequent bleiben, besonders dann, wenn, wie in dem hier vorliegende Falle, gar kein Grund zu einer Inconsequenz vorliegt und die Consequenz sozUu sagen selbstverständlich ist. Man thut nicht gut daran, in Fussnoten so ganz neben- bei ohne jegliche Begründung ganze Provinzen in anderen zu incorporiren alte vorzügliche Namen, wie den der alpinen Trias, zu Gunsten eines ande zweideutigen Ausdruckes verschwinden zu lassen. Auch Namen und geologise Provinzen haben ihre historischen Rechte, und das im status quo ante 1874 wohl begründete historische Recht der exjuvavischen Provinz ist, mit ihrer Nachbar provinz, der exmediterranen wieder zur alpinen Trias vereinigt zu werden, V welcher sie 1874 ohne allen Grund losgelöst wurde. Und dabei soll es auch bleibe ?2) Damit meint aber der Autor nicht etwa die 2 Seiten später aufgestellte Termini norisch und karnisch, wie man leicht vermuthen könnte, [33] Zar neueren Literatur der alpinen’ Trias. 265 sisovics auch nach 1892 die Ausdrücke juvavisch und mediterran so eifrig aufrecht zu erhalten’) wünscht. Nachdem aber im Jahre 1892 die beiden Provinzen gefallen sind, müssen nothgedrungen auch die Termini juvavisch und mediterran aus der Literatur der alpinen Trias verschwinden, da sie nicht nur total überflüssig geworden sind, sondern da auch durch eine im Sinne v. Mojsisovics’s zugelassene Neuanwendung derselben unbedingt eine weitgehende Verwirrung in dieser Literatur eintreten müsste. Es ist demnach der von mir bereits in meinen beiden früheren dies- bezüglichen Publicationen vertretene Standpunkt der einzig richtige, von welchem aus es gelingen wird, weitere Verwirrungen in dieser Frage zu verhüten, und darin wird mir gewiss Jedermann beistimmen, der nicht etwa zufällig selbst solche Verwirrungen hervorzurufen be- absichtist. Man wird daher gut thun, in dem grossen Werke von E. v. Mojsisovics: „Die Cephalopoden der Hallstätter Kalke“, 2. Band, überall zu lesen: Anstatt mediterrane Trias: alpine Trias! Anstatt juvavische Stufe: norische Stufe! Anstatt norische Stufe: ladinische Stufe! Ich könnte hier schliessen, aber so wie E. v. Mojsisoviecs ein Feind unfruchtbarer Polemiken ist, eben so sehr bin ich ein Freund erfolgreicher Polemiken, und nachdem E. v. Mojsisovies mir die Arena freundlichst überlässt, so gedenke ich mich diesmal keiner Halbheit schuldig zu machen und diese Angelegenheit so gründ- lich zu erledigen, als das überhaupt angeht. Ich werde daher im 2. Theile eine Kritik der neueren, zum grossen Theile von E. v. Mojsisovics herrührenden Literatur der alpinen Trias seit dem Jahre 1866 anschliessen, die als eine Art von Motivenbericht zum I. Theile dieser Arbeit angesehen werden kann, und auf welche ich ‚alle Diejenigen verweise, die sich auch über andere hier einschlägige Fragen der neueren alpinen Triasliteratur, speciell über die Frage ‚der Hallstätter Kalke, näher zu informiren beabsichtigen sollten. | '‘) Ich habe bereits in Verhandl. 1893, S. 184, die Frage aufgeworfen, in welcher Weise sich denn nach Wegfall der juvavischen und mediterranen Provinz die Titel gewisser Arbeiten (wie „Die Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz“ von E.v. Mojsisovies, „Die Korallen der juvavischen Triasprovinz“ von F. Frech) gestalten werden. Durch die von E. v. Mojsisoviecs geplante Aufrechterhaltung der Ausdrücke „juvavisch“ und „mediterran“ in anderem Sinne, würde jene Frage viel von ihrer Schärfe verlieren. Das hat auch Frech mit feinem Verständniss sofort erkannt und sich deshalb beeilt, der Aufrechterhaltung und Uebertragung des Termins „juvavisch“ seine Zustimmung zu ertheilen. Gründe dazu brauchte er "ja keine anzugeben, Gründe werden heutzutage immer mehr als etwas Ueberflüssiges, ja sogar als etwas Lästiges empfunden. 36* DD [o?) (ep) A. Bittner. [34] 2. Rückblick auf die Literatur der alpinen Trias seit dem Jahre 1866. Viel kommt zu Stand in dieser Welt, Weil man es für unmöglich hält Und nicht durch Thaten, Wort und Schrifi Bei Zeit dagegen Vorkehr trifft. (G. W. in Fl. Bl., 93. Bd., 8. 33.) ° Durch die Arbeiten der k. k. geologischen Reichsanstalt, inspe- sondere durch die hervorragenden und für alle Zeiten grundlegenden Forschungen von F. v. Hauer, J. CZjzek, J. Kudernatsch D. Stur,: M. V. Lipold und FE. Freiherr von Richthosers denen sich auf’s Engste die Untersuchungen von ©. W. v. Gümbel und G. Curioni anschliessen, war — man vergleiche hier E. W, Benecke’s Zusammenstellung in „Trias und Jura der Südalpen“, 1865 — die Gliederung der” Ablagerungen, welche die Kalkalpen zusammensetzen, nicht nur auf eine feste und verlässliche Basis gestellt worden, sondern der eigentliche Aufbau des auf dieser Grund- lage zu errichtenden Gebäudes war so weit vorgeschritten, dass dasselbe in seinen Grundzügen als ein solides, von hypothetischen und speculativen Zugaben möglichst frei gebliebenes Werk dastand, Durch die unter der Leitung von Lipold und Stur in den Jahren 1863— 1864 in den niederösterreichischen Kalkalpen durchgeführter specialisirten Aufnahmen, an denen sich in hervorragender Weise L. Hertle und A. Stelzner betheiligten, wurde ein weiterer, ‚überaus wichtiger Beitrag zum definitiven Ausbaue jenes Werkes geliefert. Die wesentlichsten Züge des damaligen Standes unserer Kennt- (1871) erschienenen Geologie der Steiermark von Stu niedergelegt, einem ganz vorzüglichen Compendium speciell der Geo: hat, die es unbedingt verdient. Merkwürdigerweise aber sehen wir, wenn wir die Geschicht unseres Forschungszweiges, soweit sie den einschlägigen Fachschriften zu entnehmen ist, zurück verfolgen, dass sich bereits in jener Zeil in welcher die. bis dahin isolirten Bausteine speciell zur Gliederun der wichtigsten Formation in den Kalkalpen, der alpinen Trias, 2 auftauchen, lee das, was hier von bewährten Forschern aufge wurde, wieder zu zerstören trachten, indem sie mit unbegründete Einwänden an dem kaum fertig gewordenen Gefüge rütteln, ohu allerdings sofort einen nachhaltigen Erfolg erzielen zu können. Eı nach Abschuss der specialisirten Aufnahmen der Jahre 1863-1! 64 verbinden sich E. Suess und E. v. Mojsisovies zu neuen Unte suchungen zu dem ausgesprochenen Zwecke, auf ganz neuer Grun lage ein neues Gebäude der alpinen Triasgliederung zu errichte [35] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 267 Nur acht Jahre — bis 1874 — dauerte die erste Phase dieses Versuches, dann war es bereits klar geworden, dass man genöthigt sei, im Ganzen und Grossen auf den vor 1866 geltenden Standpunkt zurückzukehren, wenn das auch keineswegs offen zugestanden wurde; aber weitere 15 Jahre hat es gebraucht, bis auch der letzte Pfeiler, welcher auf der neugeschaffenen Grundlage vom Jahre 1866 auf- gebaut worden war, innen schon längst morsch geworden, zusammen- brach (1892). Es ist in dieser Periode des theoretischen Aufschwunges, wie man sie nennen könnte, von 1866—1392, und ganz besonders in ihrem ersten Abschnitte (— 1874) sehr Vieles publieirt worden, was heute nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, die Literatur der alpinen Trias ist durch diese fast durchaus theo- retischen Publicationen äusserst verwickelt und schwer benützbar seworden, und wer gezwungen ist, sich mit derselben zu beschäftigen, braucht viel Zeit und Mühe, bis er dahin gelangt, sich zurechtzufinden, das Wahre vom Falschen zu sondern und zu erkennen, was aufrecht erhalten werden kann und was bereits überholt und veraltet ist. Zu dieser letzteren Kategorie gehören fast alle die „grossen und neuen Ideen“, welche während dieser Zeit aufgestellt und propagirt wurden. Es dürfte hinreichend bekannt sein, dass Jedermann, der in einer naturwissenschaftlichen Diseiplin arbeitet, sich auf zwei Hilfs- mittel angewiesen sieht, auf die bestehende Literatur und auf eigene Beobachtung. Wer nur die erstere benutzen wollte, würde zum Com- pilator herabsinken, wer nur seine eigenen Beobachtungen ohne jede Rücksichtnahme auf vorhandene ältere Arbeiten mittheilen würde, dem würde man gar bald Rücksichtslosigkeit vorwerfen. Für Arbeiter, welche eigene Beobachtungen mit Benützung der Literatur vereinigen, was in unserem Forschungszweige die einzig mögliche Art vorzugehen ist, lässt sich wohl schwer eine Norm feststellen, bis zu welchem Grade und in welcher Anordnung sie die bereits vorhandene Literatur zu berücksichtigen verpflichtet seien. Es muss das wohl dem Ermessen des Einzelnen überlassen bleiben. Thatsächliche Angaben sollten jederzeit citirt werden, aber auch theoretische Speculationen, selbst wenn sie überholt und verlassen sind, bleiben oft lehrreich für die Geschichte der Entwicklung des betreffenden Forschungszweiges oder nur für die individuelle Art und Weise, wie Der oder Jener seinen Gegenstand behandelt hat. Zumal der hervorragende Nutzen histori- scher Rückblicke über eine bestimmte Phase oder Periode wissen- schaftlicher Forschung ist jederzeit anerkannt worden. Es gibt sogar gewisse Wendepunkte in der Entwicklung jeder wissenschaftlichen Diseiplin, welche sozusagen mit Naturnothwendigkeit zu einem der- artigen Rückblicke auffordern und drängen. Ein solcher Wendepunkt in der Geschichte der alpinen Trias ist durch die kleine, aber inhaltsreiche Schrift E. v. Mojsisovies’s: Die Hallstätter Entwicklung der Trias (Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. ©l., Band 101; October 1892, 12 S. in 8°) eingetreten. Sie bezeichnet den vorläufigen Ab- schluss einer Periode und einer bestiminten Richtung in der Erfor- schung der alpinen Trias, die, wie schon oben bemerkt wurde, im Jahre 1866 begonnen und, im Gegensatze zu dem seit 1850 von den 268 A. Bittner. [36] älteren Alpengeologen verfolgten Bahnen neue Bahnen eingeschlagen, andere Grundsätze proclamirt hat, ohne damit mehr zu erreichen, als dass sie nach und nach mittelst mannigfacher Wandlungen und Schwenkungen nothgedrungen wieder dahin zurückkehren musste, wo andere Forscher schon im Jahre 1866 gestanden waren. Diese Periode der Forschungen in der alpinen Trias von 1866 bis 1892 bildet demnach nicht so sehr einen integrirenden Bestand- theil der Gesammtforschung in diesem Zweige der Geologie, sondern sie ist gewissermassen eine Episode für sich allein, eine in sich selbst abgeschlossene Phase, die abseits der natürlichen historischen Ent- wicklung dieses Wissenszweiges, durch künstliche Mittel eingeleitet und aufrecht erhalten, einherläuft, so lange es eben gehen wollte und so. lange es gelang, die Thatsachen der Speculation unterzuordnen. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass trotz alledem eine Menge von werthvollen Einzelheiten und Thatsachen auch auf diesem, von der alten wohlbegründeten Bahn abirrenden Seitenwege aufge- funden und gewonnen wurden, aber der Aufwand an Arbeitskraft und Scharfsinn, an geistigen und materiellen Mitteln, die dabei verbraucht wurden, würde weitaus besser verwendet worden sein und reichere Früchte getragen haben, wenn er in directer Weise und im An- schlusse an das bereits Festgestellte, zum weiteren Ausbaue der bis 1866 cultivirten Richtung verwendet und dieser zu Gute gekommen wäre. Vor allem aber wäre der Literatur der alpinen Trias jene heillose Verwirrung, die so oft beklagt wurde, erspart geblieben. Aus dem soeben Gesagten lässt sich wohl die Nützlichkeit und Zweckmässigkeit eines Rückblickes über die eben abgelaufene Periode alpiner Triasforschung deduciren. Unangenehm mag ein solcher Rückblick immerhin Jenen sein, welche nicht mit ungetrübter Freude auf ihre dabei zur Sprache kommenden wissenschaftlichen Bestrebungen zurückzusehen in der Lage sind, allein diese Forscher sind glück- licherweise in verschwindender Minorität und sie mögen überdies bedenken, dass es weder heute, noch zu einer anderen Zeit, in welcher ein derartiger Rückblick unternommen werden könnte, ein angenehmes Geschäft ist oder sein wird, sich durch die vielfach verschlungenen Pfade widersprechender und ewig wechselnder Meinungen und An- sichten, welche in dieser Periode aufgestellt und oft durchaus nicht in präciser Weise widerrufen und durch andere bessere ersetzt wurden, durchzuarbeiten, und dass es nach Ablauf eines Zeitraumes von 26 Jahren hoch an der Zeit ist, einmal eine Sichtung vorzunehmen, das Gute auszusondern und die leere Spreu endgiltig zu beseitigen, dass ein solches Beginnen wirklich im Interesse des Fortschrittes unseres Wissenszweiges und Jener, welche in dieser Richtung fort- zuarbeiten berufen sind, liegt. Es ist durchaus nicht wahrscheinlich, dass diese Arbeit von Seite des Hauptvertreters der neuen Richtung selbst besorgt und geleistet werden wird. Es ist aber noch ein specieller Grund da, der mich genöthigt hat, diese Arbeit zu unternehmen, das ist die willkürliche Art und Weise, mit welcher von E. v. Mojsisoviec auch nach 1892 an gewissen Namen, die aus der Literatur unbedingt verschwinden müssen, nicht nur festgehalte - 3 4 ‘ 1 i t (WR [37] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 269 wird, sondern wie dieselben sogar noch in einem von dem bisher geltenden verschiedenen Sinne von ihm weiter zu verwenden gesucht werden. Davon handelt der erste Theil dieser Arbeit. Es brauchte bei der nun folgenden Besprechung der Literatur der alpinen Trias nicht auf die Anfänge derselben zurückgegangen werden. Bis zum Jahre 1865 reicht ohnedies die als vortrefflich be- kannte Uebersicht, welche Benecke gegeben hat. Nimmt man hiezu die grundlegenden Arbeiten von F. v. Riehthofen über Predazzo und Nordtirol, die Geologie der Steiermark von Stur, F. v. Hauer’s Erläuterungen zur Uebersichtskarte der österreichischen Monarchie, Gümbel’s Werk über das oberbayrische Alpengebiet und Curioni’s Geologie der Lombardei, so kann man sich leicht ein vollkommenes Bild des Standes der alpinen Triasgeologie um die Zeit des Jahres 1866 verschaffen. Wo es nothwendig war, z. B. in der Frage nach der Stellung der Hallstätter Kalke, wurde auch auf die Zeit vor 1866 zurückgegriffen, im Allgemeinen wurde aber nur die Zeit von ‚1866 an berücksichtigt und das Hauptaugenmerk der Trias der Nordalpen, die uns hier zunächst angeht, zugewendet. Man wird in einer derartigen Literaturstudie nicht in erster Linie — wenn überhaupt! — die Mittheilung neuer Thatsachen er- warten dürfen: das ist ganz und gar nicht der Zweck derselben. Ich erwähne das deshalb, weil bei solchen Anlässen von Seiten jener, welchen derartige Literaturstudien nicht sympathisch sind, die Parole ausgegeben zu werden pflegt, dass die betreffende Arbeit ja nichts Neues bringe. So war es beispielsweise der Fall gelegentlich meiner vorangehenden kleinen Publication unter dem Titel „Was ist norisch ?“ und doch wird kein vernünftiger Mensch gerade in dieser Mittheilung, die einen ganz bestimmten, schon im Titel ausgesprochenen Zweck verfolgt, neue Thatsachen zu finden erwartet haben, welehe ja gerade in dieser Frage in grösster Anzahl bisher von mir geliefert und an anderen Stellen mitgetheilt worden waren!’). Ueberdies wolle man nicht übersehen, dass es sich hier in erster Linie um die Bekämpfung theoretischer Speculationen handelt, welche von Anbeginn an jeder reellen thatsächlichen Basis nahezu gänzlich entbehrt haben, was zu zeigen und zu beweisen Aufgabe der nach- folgenden Auseinandersetzungen sein wird. | Es soll aber nunmehr zu der eigentlichen Sache übergegangen werden. Bereits im Voranstehenden wurde erwähnt, dass als der eigentliche Zeitpunkt, in welchem die neue Periode des theoretischen Aufschwunges in der Literatur der alpinen Trias begann, das Jahr 1866 anzusehen ist. Doch wurde die leitende Idee, von welcher die neue Gliederung der alpinen Trias ihren Ausgangspunkt nahm, schon weit früher zu wiederholten Malen lancirt, ohne jedoch einen besonderen | Anklang zu finden. Diese Idee ist aus der Schweiz eingeführt worden, aus einem Gebiete, das, wie man seither zur Genüge erfahren hat, für ein Studium der alpinen Trias nicht die geeigneten Anhaltspunkte ») Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1884, 8. 105 u. 364; 1887, 8. 93; | 1888, S. 249; 1890, S. 300; 1893, 8. 322. 970 A. Bittner. [38] bietet. Sie ist in letzter Linie zurückzuführen auf eine Bemerkung Eschers v. d. Linth in der Zeitschrift der Deutschen geolog. Ge- sellschaft, VI, 1854, pag. 520, auf welche sich F. v. Hauer bereits in den Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch. 1855, S. 415, mit folgenden Worten bezieht: „In einer kürzlich erschienenen Notiz von Escher v. d. Linth wird es als noch weiterer Untersuchung bedürftig erachtet, ob die Schichten mit Posidonomya Clarai, Naticella costata ete., also die Wer- fener Schichten, nach der Ansicht der österreichischen Geologen dem bunten Sandsteine parallel stehen oder aber in Italien über dem Muschelkalke liegen. Ich gestehe, dass mir die Vorkommen des Monte Salvatore bei Lugano einen weiteren mächtigen Beweis für die Richtig- keit unserer Ansicht in dieser Frage zu liefern scheinen.“ Man scheint diese von Escher ausgehende Anregung sofort für einen geeigneten Boden befunden zu haben, von welchem aus die Operation gegen die kaum zum ersten Male sichergestellte Be-3 deutung des Werfener Schiefers als Basis der alpinen Trias und damit die Infragestellung der Richtigkeit der ganzen Triasgliederung überhaupt mit Aussicht, auf Erfolg zu unternehmen wäre, denn schon in Sitzungsber. der Wiener Akad., XIX, 1856, S. 371, stösst man auf folgende Aeusserung von E. Suess: „Wenn man die Lagerungsverhältnisse der beiden Schichten, — des Muschelkalkes von Köveskallya und der Werfener Schiefer von’ Balaton -Füred mit Sicherheit ermitteln könnte, so wäre hiedurch eine der schwierigsten Fragen der österreichischen Geologie gelöst, ob nämlich die Werfener Schiefer dem bunten Sandsteine,, wie 4 v. Hauer glaubt, oder ob sie dem Keuper eleichzustellen seien, wie es die Schweizer Geologen meinen. Trotz der mühevollen Unter- suchungen und der meisterhaften Auseinandersetzungen. des Herm v. Hauer wird man, fürchte ich, diese Frage noch nicht als voll” kommen gelöst betrachten können“ ?). E Erst in den Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst. 1861—1862, XII S. 165, findet man eine Entgegnung Fr. v. Hauer’s, welche” sich auf den soeben wörtlich mitgetheilten Zweifel bezieht. Sie lautet wie folgt: & „Die genauere Untersuchung der Lagerungsverhältnisse (bei Balaton-Füred und Köveskallya) bestätigt vollkommen die Richtigkeit der Beobachtungen, welche inzwischen Freiherr v. Richthofen über die relative Stellung der ganz analogen Schichtgruppen in Vorarlberg sowohl als in Südtirol veröffentlicht hat. Hier wie dort liegen d Virgloria-Kalksteine mit ihren Muschelkalkpetrefacten unzweifelhaft über den Werfener Schiefern u. s. w.“ BB Damit war diese Angelegenheit keineswegs erledigt, denn einige@ Jahre später tauchen die von Escher zuerst angeregten, von; Sues aufgenommenen Zweifel in ein wenig modificirter Form wieder und bilden den eigentlichen Ausgangspunkt für im Jahre 1866 v ee - ®) Bereits v. Zepharovich bemerkt hier, dass er nach seinen, Erfahrung: nicht zweifeln könne, dass die Lösung zugleich die Bestätigung für v. Hauers Ansicht bringen werde. [39] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 271 E. Suess und E. v. Mojsisovics durchgeführte Neuuntersuchungen im Salzkammergute. Die erste Publication, welche uns von diesen Neuuntersuchungen und deren Resultaten Kunde gibt, findet sich in den Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1866, S. 159. Wir entnehmen derselben Folgendes: Die grossen Fortschritte, welche unsere Kenntniss der nord- östlichen Alpen im: Laufe der Jahre 1864 und 1865 insbesondere durch Stur’s und Lipold’s Anstrengungen gemacht, veranlassten Suess, einen grossen Theil des Sommers 1866 der neuen Untersuchung der Gegend zwischen dem Hallstätter und dem Wolfgangsee zuzuwenden. Derselbe wurde dabei von E. v. Mojsisovics fortwährend begleitet und unterstützt und der Letztere setzte die Begehungen weiter fort. Ein Umriss der wesentlichsten Ergebnisse dieser gemeinsamen Arbeit wird sodann gegeben. Als ein ganz ausserordentlicher Fortschritt ist nach Suess die Erkenntniss der richtigen Stellung der Lettenkohle oder des Lunzer Sandsteines zu bezeichnen, welcher nicht nur als ein wichtiger Horizont innerhalb der Alpen, sondern auch als ein sehr sicherer Anhaltspunkt bei Verglei- ehungen mit der ausseralpinen Trias anzusehen ist). Als ein zweiter wesentlicher Fortschritt wird ferner der erste Versuch Stur’s, einzelnen Vorkommnissen von Gyps oder Salz ihren Platz ausserhalb des Werfener Schiefers anzuweisen, angesehen, während man durch eine lange Reihe von Jahren hier das Auftreten von Gypsthon geradezu als einen Beweis für das Auftreten des tiefsten Gliedes der alpinen Trias be- trachtet hatte. Rother Schiefer mit Gyps sei viel zu oft als der Vertreter des Werfener Schiefers angesehen worden und man habe in Folge seines Auftretens Verwerfungen da angenommen, wo alles normal liegt und weder Faltung, noch Ver- werfung vorhanden ist. Ein solcher Zug von Gyps und rothem Schiefer, welcher nicht dem Werfener Schiefer ange- hört, bildet auf eine gute Strecke hin die Grenze des Hochgebirges im Salzkammergute gegen die vorliegende Dolomitlandschaft der Haberfeldgruppe. | Diese hier kurz skizzirte Anregung von Suess ist bei E. v.Mojsisovics auf höchst fruchtbaren Boden gefallen. Die von demselben im Anschlusse an die Mittheilung von Suess publieirte ' 17gliederige neue Triaseintheilung enthält nicht weniger als vier ‚ verschiedene Niveaus von Werfener Schiefern, Gypsen und Steinsalzvorkommnissen (1, 4, 7, 11) und demnach wohl ebenso viele wenigstens partielle Wiederholungen einer und derselben Schicht- folge (man vergl. Verhandl. 1866, S. 163). Dieser erste Versuch von E. Suess und E. v. Mojsisovics, die Gliederung der nordalpinen Trias von ganz neuen Gesichtspunkten aus durchzuführen, hat unmittelbar darauf eine Entgegnung und Ab- fertigung durch D. Stur gefunden (Verhandl. 1866, S. 175 ff). Aus - . ') Diese Bedeutung des Lunzer Sandsteines ist bald darauf von E. v.Mojsi- sovics auf’s Entschiedenste bestritten und in Abrede gestellt worden. Jahrbuch d. k.K. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 37 272 A. Bittner. [40] dieser Entgegnung, die, wie fast alle Schriften von Geologen der älteren Wiener Schule v. Hauer’s, auch heute noch in nur wenigen Punkten veraltet und überholt ist, sei Folgendes entnommen: Schicht 11 des von E. v. Mojsisovies gegebenen Profils, identisch mit jenem Zuge von Gyps und rothen Schiefer, der nach Suess nicht dem Werfener Schiefer angehört, wird zunächst einmal von Stur (S. 181) mit grösster Bestimmtheit für wahren und unverkennbaren Werfener Schiefer erklärt. Was nun Stur über die Gypse an der Basis des Hauptdolomites in Nordtirol und über deren Gleichstellung mit „Gypsen der Lunzer Schichten“ sagt, ist allerdings mit Vorsicht aufzunehmen, wie für die sogenannten. Keupergypse von Göstling erst vor Kurzem wieder betont” wurde (Verhandl. 1893, S. 75). Die Herabziehung der Gypse der Basis des Hauptdolomites (Raibler Gypse) in das Niveau von Lunz durch Stur hat überhaupt nicht ohne einen gewissen Zwang geschehen können. Dass Stur darin Recht behalten hat, Glied 11 der neuen Trias- eintheilung von Suess und Mojsisovics für echten Werfener Schiefer zu erklären, geht aus einer Bemerkung im Jahrb. 1869, pag. 282, hervor, welcher zu Folge E. v. Mojsisovies selbst das später zugegeben habe. Das einzige und hervorragendste Beispiel eines Falles, das Suess für seine Behauptung, rother Schiefer und Gyps sei viel zu oft für Werfener Schiefer erklärt worden, anführt, ist damit gleich anfangs als hinfällig erkannt worden. Auch Glied 10 der neuen Gliederung hält Stur für sehr fraglich und möglicherweise für Angulatenschichten des Lias, was sich nach einer Bemerkung im Jahrbuche 1869, S. 282, ebenfalls als richtig herausgestellt hat. Schicht 7, den Salzstock von Aussee, hält Stur, consequen seiner auch noch in der Geologie der Steiermark vertretenen Ansicht von der Existenz von Gypsen des Lunzer Sandsteins, für obertriadisch; er theilt bei dieser Gelegenheit seine Ansicht über die Gliederung und Altersstellung der Partnachschichten von Partenkirchen selbst mit, und weist nach, dass dieselben eine ganze Schichtreihe ‚vom Muschelkalk bis zu den Opponitzer Kalken umfassen, welche Ansicht erst neuestens wieder bestätigt wurde. Auch das Glied 3 und 4 bei Mojsisovics erklärt Stur, wie nicht anders zu erwarten war, für Werfener Schiefer, bezüglich der Stellung der Dolomite 2 und 3 verhält er sich reservirt; er weist also im Ganzen nur zwei Wiederholungen in dem 17gliederigen Schema nach; es sind deren aber eigentlich wohl drei, auch ‚wenn man von der "unregelmässigen Lagerung des Salzgebirges von Aussee (7) absehen will. Jedenfalls ist Stur ganz im Rechte, wenn er seinem Bedauern darüber (S. 185) Ausdruck gibt, dass Sue ss nicht Fälle erwähnt habe, in welchen sicher zu erweisen wäre, dass rother Schiefer mit Gyps viel zu oft als Werfener Schiefer angesehen worden sei. Es verdient ganz besonders hervorgehoben z werden, dass auf diese Darlegung Stur’s weder voi Suess noch vonE. v. Mojsisovies eine Entgegnung er EEE BE REN [41] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 273 folgt ist. Es kann also als unzweifelhaft angenommen werden, dass Stur schon damals fast ausnahmslos das Richtige getroffen hat. Während des nun folgenden Jahres 1867 sind keine neuen Daten über die Gliederung der alpinen Trias weder von E. v. Mojsiso- vies, noch von Stur mitgetheilt worden, nur Suess hat im 4. Hefte des Jahrbuches der k. k. geol. R.-A. 1867, XVII, S. 553—582, eine sehr wichtige Abhandlung über die Trias von Raibl in Kärnten ver- öffentlicht, welche, wie in Verhandl. 1867, S. 320 angekündigt wird, den Anfang einer zusammenhängenden Reihe von Studien über die Gliederung der Trias- und Jurabildungen in den östlichen Alpen bilden sollte, welche Suess und v. Mojsisovies herauszugeben gedachten. Ein Eingehen auf die Verhältnisse von Raibl ist hier nicht beabsichtigt. Es sei nur daran erinnert, dass die schon von Fötterle unterschiedenen beiden oberen fossilführenden Haupt- horizonte, die Schichten mit Myophoria Kefersteinii und jene mit Corbula Rosthorn: von Suess in seiner Abhandlung als eigentliche Raibler Schichten und als Torer Schichten bezeichnet werden, während sie Stur in seiner fast gleichzeitig erschienenen Arbeit über dasselbe Gebiet (Jahrb. 1868, XVIU, S. 71—122) als Raibler Schichten mit Myophoria Kefersteini und als Opponitzer Schichten mit Corbula Rost- horni bezeichnet hat. Die Differenzen zwischen Suess und Stur betreffen grösstentheils die tieferen Schichteomplexe des gesammten Raibler-Profiles und es sind in neuerer Zeit durch ©. Diener (Jahrb. der geol. R.-A. 1884, S. 659 ff.; vergl. auch Verhandl 1885, S. 59—70) eine Menge von Anhaltspunkten beigebracht worden, die die Anschauung Stur’s als die begründetere erscheinen lassen. Erst im Jahre 1868 macht die einmal in Fluss gerathene Be- wegung zu einer Neugliederung der alpinen Trias wieder neue Fort- schritte. Suess ist mit seiner Raibler Arbeit vom Schauplatze abge- treten und E. v. Mojsisovies hat die weitere Durchführung selbstständig übernommen. In Verhandl. 1868, S. 15 wird zunächst der Name „Zlambach- schichten“ für einen Complex mergeliger Ablagerungen unter den Hallstätter Kalken eingeführt und constatirt, dass nunmehr in der mittleren und oberen Trias des Salzkammergutes acht Cephalopoden- horizonte festgestellt wurden. Die Verhandl. 1868, S. 224 bringen eine Gliederung des Salzberges von Aussee, welche in ihrer Ein- fachheit aufs Ueberraschendste mit weit moderneren Ansichten über die Schichtfolge daselbst übereinzustimmen scheint: Hallstätter Kalk Zlambachschichten Guttensteiner- oder Reichenhaller Kalk Anhydritregion, Haselgebirge. Aber bereits Verhandl. 1868, S. 256 zeigt es sich, dass die Wiederholungen vom Jahre 1866 ihre Rolle noch keineswegs ausge- spielt haben. Die Gliederung der Trias von Aussee ist folgende: 31% 2 274 A. Bittner. [42] I. Rhätische Stufe. Dachsteinkalk. II. Plattenkalke mit Megalodus ete. III. Hallstätter Kalke. bi a) Gypslager und Korallenbänke IV. Zlambach- % ee schichten c) Cochloceras-Schichten und Ryneh. ancilla. V. Schwarze, weissgeaderte Mergelkalke (Reichenhaller Kalke ?), Rauchwacken und graue und rothe glauconitische Sandsteine, VI. Niveau des Anhydrit- und Salzgebirges. | VII. Dolomitmasse, gegen oben eisenschüssige Bänke mit Cardita spec. und Roggensteine. [ a) Pötschenkalke, b) Dolomitbänke, u VIII. Wellenkalk $ c) Virgloriakalk, oben Bank mit Halobia cf. Be meli, tiefer Tereb. vulgaris, Rynch. pedata ete, | d) Dolomitbänke mit Myaciten. | IX. Bunter Sandstein. Es ist unbezweifelbar, dass auch diese Gliederung eine Ver- doppelung der einfachen, in der Natur existirenden Schichtfolge ist. Der Schnitt liegt zwischen VI. und VII. Nicht nur die Hallstätter Kalke (III. und VII.«a), sondern auch die Zlambachschichten er- scheinen zweimal (IV. und VIII.c), letztere wenigstens in dem Sinne, wie sie später von E. v. Mojsisovies selbst gefasst wurden. Be- sonders beachtenswerth ist die Stellung der Hallstätter Kalke im Hauptdolomitniveau und jene der Reichenhaller Kalke über dem Salzgebirge ; zwischen Reichenhaller Kalken (= Muschelkalk) und Hall- stätter Kalken nehmen die Zlambachschichten genau die Stellung des Lunzer Complexes ein, dem sie von Stur immer gleichgestellt wurden. Hervorgehoben zu werden verdient, dass E. v. Mojsisovies S. 257 betont, dass diese Schichtfolge ohne Zuhilfenahme von Combinationen nunmehr durch unmittelbare Beob- achtung ermittelt werden konnte. a4 Bedenklich zu complieiren beginnen sich die Verhältnisse bald j darauf mit dem Berichte über die Gliederung der Trias bei Hall in Tirol (Verhandl. 1868, S. 328): I. Wettersteinkalk. a) Torer Schichten. II. Cardita- b) Dolomitbänke, schichten }) c) Bleiberger Schichten, d) Dolomitkalk und Rauchwacke. Ill. Haselgebirge von Hall. IV. Reichenhaller Kalk und rothe Mergelschiefer und Sandsteine. V. Dolomitmasse mit Partnachschiefern gegen unten. VI. Wellenkalk. VU. Bunter Sandstein. Sowohl die echten Hallstätter Kalke als die Zlambachschichten | fehlen hier und das Salzlager ist jünger als im Salzkammergute; es [43] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 275 liegt über dem Reichenhaller Kalke anstatt unter demselben, es nimmt nach Mojsisovics den Platz der Zlambachschichten ein. Bemerkens- werth ist das hohe Niveau, das die Wettersteinkalke in dieser Gliede- rung einnehmen, über denen, wie betont wird, Carditaschichten nicht mehr nachgewiesen werden konnten. Es wird angedeutet, dass die Oarditaschichten mit den Hallstätter Kalken zu parallelisiren sein würden, wie das ja schon aus der dem Salzgebirge angewiesenen Stellung gefolgert werden kann. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass sich auch in dieser Gliederung wieder — analog zu jener von Aussee — eine Wiederholung von Theilen der Schichtfolge nachweisen lässt. Der Hinweis auf das Auftreten sogenannter „unterer Carditaschichten“ in V. genügt, um das darzuthun. Auch IV. ist wohl identisch mit VI. und VI. In Verhandl. 1868 S. 406, wird noch erwähnt, dass damals bereits sieben bestimmte Niveaux der Hallstätter Kalke unterschieden werden konnten. Pag. 433 wird von E. v. Mojsisovics eine grössere geologische Arbeit über das Salzkammergut angekündigt. Wie schwierig sich die weiteren Erhebungen für dieselbe gestaltet haben müssen, darf wohl daraus geschlossen werden, dass dieselbe heute, nach 25 Jahren, noch nicht erschienen ist, ja dass noch nicht einmal irgend ein auch nur etwas detaillirterer vorläufiger Bericht über jene Erhebungen und Untersuchungen vorliegt. Dafür beginnen sich die Forschungen E. v. Mojsisovices’s seit dieser Zeit über die Gesammtalpen zu erstrecken, um, wie sich leicht nachweisen lässt, die im Salzkammergute augenscheinlich nicht allzu sicher begründeten Gliederungsversuche durch neue, festere Anhaltspunkte zu stützen. Die erste seiner Publicationen von diesem erweiterten Gesichtskreise aus wird in Verhandl. 1869, S. 65 ange- kündigt und ist im Jahrb. 1869, S. 91—150 unter dem Titel: „Ueber die Gliederung der oberen Triasbildungen der östlichen Alpen“ erschienen. Es sei aus der erwähnten Ankündigung (Verhandl. 1869, pag. 65) hervorgehoben, dass die neue Gliederung sich in erster Linie oder ausschliesslich auf die Cephalopodenfaunen zu stützen verspricht, da die littoralen Einschaltungen der Carditaschichten, Partnachschichten, Raibler Schichten, Lunzer Schichten u. s. f. mit ihren einander nahe- verwandten Typen von Bivalven, Gastropoden und Landpflanzen weder zu schärferen Parallelisirungen mit ausseralpinen Bildungen, noch aberzurschärferen Scheidungund Unterabtheilungder oberen alpinen Triasbildungen überhaupt besonders geeignet seien. Nachdem kurz zuvor die Tertiärgliederung von Suess mit der ersten und zweiten Mediterranstufe ins Leben getreten war, lag es ‚ wohl nahe, auch in der oberen alpinen Trias eine Stufengliederung einzuführen, und so sehen wir denn in Verhandl. 1869, 8. 05 „ausschliesslich nach den Bedürfnissen der alpinen Stratigraphie“ neben der von Suess Jahrb. XI. Verhandl. S. 143 aus der Taufe gehobenen rhaetischen Stufe Gümbel’s zum ersten Male eine karnische und eine norische Stufe erscheinen. Die nähere Mur im 276 A. Bittner. [44] Begründung dieser Namen und Stufen ist der grösseren Arbeit im Jahrbuche 1869 zu entnehmen, aber es ist von Interesse, darauf hinzu- weisen, was für Schichtgruppen bereits in dieser ersten vorläufigen Mittheilung in den Verhandl. 1869, S. 65 der norischen Stufe zugewiesen werden. Es sind: die Schichtgruppe des Ammonites Metternichii der Hallstätter Kalke, die Zlambachschichten, die grossen nordalpinen Salzlager, der Partnachdolomit, der Arlberg- kalk, der erzführende Kalk von Ardese und von Raibl, die Partnach- schichten (untere Carditaschichten Pichler’s), die Porphyrtuffe der Lombardei („San Cassiano“ der lombard. Geologen), die doleritischen Sandsteine der Venetianer Alpen, die Porphyrtuffe von Kaltwasser bei Raibl u. s. w. | Eine Anzahl dieser Schichtgruppen hat sich später nach E. v. Mojsisovics selbst als nicht zu diesem Niveau — (bereits in der älteren Fassung) — gehörend erwiesen, so insbesondere die Partnach- schichten (unteren Carditaschichten), die ja auch schon deshalb nicht berücksichtigt werden können, da sie zu jenen oben erwähnten, litto- ralen Schichten gehören, welche für eine schärfere Gliederung nicht geeignet sind; auch die nordalpinen Salzlager, der Partnachdolomit und Arlbergkalk werden kaum als Typen der „norischen Stufe“ gelten können, da sie überhaupt keine Petrefacten geliefert haben; der Kalk von Ardese dagegen führt nach E. v. Mojsisoviecs, Jahrb. 1869, S. 110, Cephalopoden sowohl der norischen als der karnischen Hall- stätter Kalke, kann daher nicht als ausschliesslich „norisch“ gelten; der erzführende Kalk von Raibl, der dem Kalk von Ardese gleich- gesetzt wird, ist petrefactenleer; es bleiben somit für den Vergleich mit der norischen Abtheilung der Hallstätter Kalke in jener ersten Zusammenstellung nur die Porphyrtuffe der Lombardei, die doleritischen Sandsteine der Venetianer Alpen und die Porphyrtuffe von Kaltwasser bei Raibl übrig. 3 Im Jahrbuche 1869, S. 109 #., wird nun die Cephalopoden- fauna dieser südalpinen „Tuffe und Sandsteine“ aufgezählt. Es sind S Arten aus Judicarien und eine Art aus den Tuffen von Kaltwasser bei Raibl (vergl. auch ]. e. S. 130 ete.). Man vergleiche mit dieser ärmlichen Fauna der südalpinen Bildungen die schon damals bekannte Cephalopodenfauna der norischen, „in eine ganze Anzahl ziemlich scharf begrenzter Horizonte zerfal lenden“ Hallstätter Kalke mit Inbegriff der Zlambachschichten, aus welch’ letzteren E. v. Mojsisovics, Jahrb. 1869, S. 94, allein mehr Cephalopodenarten aufzählt, als aus jenen südalpinen Bildungen und man wird, wenn man ja darüber einen Zweifel hegen könnte, bereits aus dieser ersten Mittheilung über die norische Stufe in den Verhandl. 15869, S. 65, die feste Ueberzeugung und unumstössliche Gewissheit erlangen, dass der Terminus „norische Stufe“ ganz speciell für die „Hallstätter Kalke im engeren Sinne* (Jahrb. 1869, S. 45) geschaffen und aufgestellt wurde und dass er dieser Schicht- gruppe unbedingt bleiben und erhalten werden muss. Und aus diesem Grunde hauptsächlich bin ich der ganz und gar unberechtigten Aenderung des Namens „norisch“ in „juvavisch“ durch E. v. Mojsi sovies (Sitzungsber. 1892) aufs Entschiedenste entgegengetreten [45] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 277 (Jahrb. 1892, pag. 387; Verhandl. 1893, pag. 220). Es handelt sich hier nicht um einen an und für sich gleichgiltigen Namen, sondern um ein Princip, dessen Erschütterung die nachtheiligsten Consequenzen und heillose Verwirrung nach sich ziehen würde und welches niemals und von Niemandem durchbrochen werden darf. Ich eitire hier einen späteren Ausspruch E. v. Mojsisovies’s aus den Verhandl. 1874, S. 237: „In welches unentwirrbare Chaos würde sich unsere Syno- nymik verlieren, wenn jeder nachfolgende Autor, welcher eine Aenderung in der systematischen Stellung einer Gattung vornimmt oder die Grenzen einer solchen abweichend von früheren Autoren fasst, be- rechtigt sein sollte, einen neuen Gattungsnamen einzuführen?... Ein solehes Vorgehen widerspräche auch dem gegenwärtig glücklicher- weise ziemlich allgemein befolgten Prioritätsgrundsatze. Der erste einer Gattung oder Art gegebene Name gilt, mag er passend sein oder nicht und mag die systematische Stellung vom ersten Autor verkannt worden sein oder nicht.* E. v. Mojsisoviecs bekennt sich hier zu äusserst conservativen Grundsätzen in der Nomenclatur. Wenn er aber dieselben schon für Arten- und Gattungsnamen vertritt, um wie viel mehr wird er zugeben müssen, dass sie auch für die Nomenclatur höherer Ordnung, für Stufen- und Formationsnamen Geltung haben müssen! (Verhandl. 1893, S. 228). Doch gehen wir zur Besprechung der bereits oben citirten grös- seren Arbeit von E. v. Mojsisovics „Ueber die Gliederung der oberen Triasbildungen der Alpen“ im Jahrbuche 1869 über. Die breite und sichere Basis, von welcher aus E. v. Mojsi- sovics hier den Versuch unternimmt, das gegenseitige Verhalten der in den verschiedenen Theilen der Alpen auftretenden Glieder der oberen Trias zu untersuchen, ist das Salzkammergut und die Gegend von Hall in Tirol. Für die übrigen Theile der Alpen werden die Vergleiche der Literatur und den Sammlungen ent- nommen. Das erste und ausführlichste Capitel dieser Arbeit behandelt somit die norischen Alpen im Norden der Enns, denen auch der Name der norischen Stufe entlehnt ist, auch ein Grund von schwerwiegender Bedeutung, der norischen Stufe der Hallstätter Kalke ihren Namen zu belassen, da man sonst dahin käme, zu be- haupten, den norischen Alpen fehle die norische Stufe, was ein ganz ähnlicher Fall wäre, wie jener, der in Verhandl. 1885, 8. 59 besprochen wurde, wo nach dem von Diener gemachten Ver- ‚ suche, die Schichtbezeichnung bei Raibl zu ändern, die Raibler Schichten bei Raibl selbst gefehlt haben würden. Beide diese Versuche stammen ja übrigens aus derselben Quelle her, ihre Aehnlichkeit kann daher nicht besonders überraschen. Die Gliederung der alpinen Trias im Salzkammergute. wird übrigens in der Arbeit E. v. Mojsisovics’s im Jahrbuche 1869, S. 92 etc., wie ausdrücklich bemerkt wird, nur in den Hauptumrissen gegeben und bezüglich der ausführlichen Begründung auf eine, leider bis heute (1894) nicht erschienene, grössere Arbeit verwiesen. Die Hauptgliederung ist diesmal folgende: a 278 A. Bittner. [46] Hangend: Rhätische Stufe. 8. Dachsteinkalk. 7. Wettersteinkalk. 6. Schichtengruppe des Amm. Aonoides. 4. u. 3. Zlambachschichten, Reichenhaller Kalke und Salzlager. l Partnachdolomit. j Schichtengruppe des Amm. Metternichii. l. Pötschenkalk und unterste Bank der Halobia ri Lommeli. ‚4 Liegend: Muschelkalk. Seit dem vorhergehenden Jahre (vergl. oben S. 274) sind in der Gliederung der Trias des Salzkammergutes wieder einige recht be- merkenswerthe Aenderungen vor sich gegangen, die aus dem Texte sich noch deutlicher ergeben, als aus der voranstehenden schema- tischen Gruppirung; in ietzterer fällt eigentlich nur das Hinzutreten des Wettersteinkalkes und die Unterabtheilung der Hallstätter Kalke in zwei bestimmte Gruppen auf. Auch hier finden wir unter de Salzlager noch Gesteine (Pötschenkalk und Partnachdolomit), die” nicht nur den Muschelkalk, sondern auch obere Trias repräsentiren sollen, die Reste der Sehichtenwiederholungen vom Jahre 1866 machen sich demnach immer noch in recht auffallender Weise seltend. a Für den Muschelkalk des Salzkammergutes wird als bei weitem 4 häufigstes Fossil die typische Arhynchonella pedata Br. angegeben. Diese Lagen mit ZBrhynchonella (Halorella mihi) pedata sind später den Zlambachschichten zugezählt worden. Die in den hangendsten Bänken des „Muschelkalkes“ erscheinende Halobia Lommeli ist identisch mi ! der später Halobia rarestriata E. v. M. genannten Art, und ihr Lager wird ebenfalls den Zlambachschichten zugezählt. Auch der nun fol- gende Pötschenkalk ist bekanntlich später zu dem Hallstätter Kalk- complexe gezogen worden. Was aus der über dem Pötschenkalke folgenden 600—1000° mächtigen Masse von „Partnachdolomit“ ge- worden ist, wird sich später zeigen. Nach den schon 1869 von | E. v. Mojsisovics gemachten Angaben müsste man ihn für Haupt- | dolomit halten. Die nun erst über dem Partnachdolomite folgenden Salzlager, rothen Mergel, Sandsteine und Reichenhaller Kalke sind, wie heute nicht mehr gezweifelt werden kann, Werfener Schiefer und Gutensteiner Kalk. Nun folgen wieder Zlambachschichten, die wir ebenfalls schon einmal gehabt haben. Es wird abermals betont, | der Zlambachschichten mit dem Lunzer Complexe parallelisirt. Ueber den Zlambachschichten folgen die Hallstätter Kalke, [47] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 279 Hallstätter Kalk im engeren Sinne nennen könnte. Es ist bemerkens- werth, dass E. v. Mojsisovics eine genauere Mittheilung über die Anzahl und Beschaffenheit der Horizonte der Hallstätter Kalke für überflüssig erklärt. Wenn man sich erinnert, dass die alpine obere Trias eigentlich nach diesen Horizonten gegliedert werden soll (Verh. 1869, S. 65), so will es scheinen, als ob gerade eine Mittheilung über diese Dinge von ganz besonders hervorragendem Interesse gewesen wäre. Auch die höhere Abtheilung der Hallstätter Kalke zerfällt in mehrere wohl charakterisirte Horizonte. Unter den Schichtgruppen, mit denen diese Abtheilung Arten gemein hat, werden aufgezählt die Wengener Schiefer (auch jene von Südtirol!) und der Esino- und Wettersteinkalk, die bekanntlich später con- sequent der unteren Stufe der Hallstätter Kalke gleichgesetzt worden sind. „Die Verbreitung der dieser oberen Hallstätter Gruppe angehörenden Cephalopoden über das gesammte Triasgebiet der Alpen lässt die ausserordentliche Bedeutung derselben insbe- sondere für die Altersbestimmung der darunter liegenden Schichtgruppe des Amm. Metternichii und der Zlambachschichten und dadurch für die definitive Lösung der bekannten Controverse über die Stellung des Hallstätter Kalkes auf das überzeugendste erkennen“ heisst es S. 96. Das heisst also, da die „oberen“ Hallstätter Kalke mit Amm. Aonoides dem Aon-Schiefer Niederösterreichs, den Rein- grabener oder Bleiberger Schichten, den Carditaschichten Nordtirols, den Cassianer und Raibler Schichten gemeinsame Ammoniten be- sitzen, somit mit diesen Schichten mehr oder weniger genau paral- lelisirt werden können, so müssen die „tieferen“ Hallstätter Kalke sammt den Zlambachschichten vermuthlich älter sein als die genannten Schichtgruppen, die gesammten Hallstätter Kalke sammt den Zlambachschichten können also nicht, wie Stur will, jünger sein als die Lunzer, Raibler etc. Schichten. Hier tritt also das erstemal in ganz präciser Fassung jener scharfe Gegensatz bezüglich der Stellung der Hallstätter Kalke auf, der die gesammte spätere Literatur über die alpine Trias im so hohem Grade beeinflusst hat und der endlich in der ; neuesten Schrift von E. v. Mojsisovics (1892) zu Gunsten der Anschauung von Stur entschieden worden ist. Wir werden ‚ später noch vielfach auf diese Frage zurückzukommen haben, hier ' sei nur nochmals darauf hingewiesen, dass E. v. Mojsisovics im | Jahrbuch 1869, S. 95 und 96 mehr als 12 Arten der Zlambach-. schichten und 20 Cephalopoden seiner noch in derselben Arbeit als _ „norisch“ bezeichneten Hallstätter Gruppe aufzählt, gegen 9—10 Arten | aus den für norisch erklärten Gebilden der Südalpen, von denen | überdies, wie fast überflüssig erscheint, zu bemerken, auch nicht | eine einzige mitirgend einer norischen Art der Nord- alpen resp. der Hallstätter Kalke identisch ist. Die Zu- theilung der doleritischen Sandsteine der Südalpen zu der norischen | Gruppe entbehrt also bereits von allem Anfange an auch Ijeder palaeontologischen Basis und da diese Gebilde mit Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 38 er 280 A. Bittner. [48] ihren 10 Cephalopoden überhaupt den einzigen palaeontologischen Anhaltspunkt für eine allgemeinere Ausbreitung der „norischen Stufe“ über die Gesammtalpen geliefert haben, so ist die Uebertragung dieses Namens von den Hallstätter Kalken auf andere Schichtgruppen gleich im Beginne eine total verfehlte, unbegründete und unberechtigte gewesen, so dass der Name „norisch“ unbedingtauch von diesem Standpunkte aus den schon vor 1869 palaeontologisch wohlcharak- terisirten „Hallstätter Kalken im engeren Sinne“ ver bleiben muss, für welche er ausdrücklich geschaffen und aufgestellt wurde. Das kann nicht oft genug betont werden. Kehren wir aber wieder zu der Besprechung von E. v. Moj- sisovics’s Arbeit vom Jahre 1869 zurück. Der Autor hebt S. 97 hervor, dass schon F. v. Hauer die innige Verwandtschaft der Schichten von Bleiberg, Raibl, St. Cassian mit den Hallstätter Schichten der Ausseeer Gegend erkannt und darauf hingewiesen hatte, dass” diese Schichten mit den Hallstätter Kalken von Aussee ungleich nähere Beziehungen haben, als jene sind zwischen den Hallstätter‘ Kalken von Aussee und den Hallstätter Kalken von Hallstatt. Uebri- gens betont E. v. Mojsisovies, dass die Niveaux von Aussee und von St. Cassian stratigraphisch verschiedene seien. Im weiteren Verlaufe der Auseinandersetzung über die Schicht- folge des Salzkammergutes wird nun ein ganz neues Moment einge- führt. Seite 98 heisst es: „Die Continuität der triadischen Schicht- folge wurde in einem Theile des Salzkammergutes nach der Ab- lagerung der Hallstätter Kalke unterbrochen und es fanden, wie ich® in einer späteren Mittheilung über die geologischen Verhältnisse desSalzkammergutes zu beweisen suchen werde (sic!), bedeutende Denudationen statt. Die Folgerungen, zu welchen die palaeontologischen Vergleiche führen, lehren, dass diese” Unterbrechung beiläufig in demselben Zeitpunkte eintrat, als die Bildung des Lunzer-Sandsteines begann“. Leider ist über diese „Folgerungen, zu welchen die palaeon tologischen Vergleiche führen“, nichts weiter gesagt und es bleibt dem Leser nichts übrig, als jene versprochene Mittheilung mit den Beweisen für jene Denudation und die Zeit, in welcher sie eintrat zu erwarten. Sie ist bis heute (1894) ausgeblieben. „Am Südrande der Kalkalpenzone jedoch“ ist eine derartige Unterbrechung und Denudation nicht eingetreten, sondern „bauen sich über den Hallstätter Kalken in concordanter Ueber ‚lagerung mächtige Massen von Wettersteinkalk auf“ mit Diplopora annulata, grossen Gastropoden, Megalodonten und Korallen; über den Wettersteinkalken folgt die gewaltige Masse der Dachstein kalke, die in jenem Theile des Salzkammergutes, wo der Wetter steinkalk fehlt, disecordant auf verschiedenen älteren Glieder! liegt und in den tiefsten Bänken häufig abgerollte Fragmente von Hallstätter Kalken, Zlambachmergeln und Reichenhaller Kalken ein schliesst. = Als wichtige Thatsache wird (S. 100) nochmals hervorgehobei dass in der Reihenfolge in einem Theile des Salzkammergutes ein [49] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 281 Lücke zwischen der Hallstätter Schiehtgruppe des Amm. Aonoides und dem Dachsteinkalke bestehe, sowie dass mit dieser Lücke bedeutende bis auf den Partnachdolomit hinabreichende Denudationen verbunden seien. So weit E. v. Mojsisovics 1869 über die Schichtfolge im Salzkammergute. Die „Lücke“ ist nach einiger Zeit in den Publi- cationen stark zurückgetreten und endlich neuestens (1892) durch (die gesammte norische Stufe der Hallstätter Kalke gänzlich aus- gefüllt worden, wie bereits hier vorgreifend bemerkt sei, da man von mancher Seite derartige „Lücken“, für deren Existenz später einmal Beweise versprochen werden, allzuernst zu nehmen pflegt. Den zweiten Ausgangspunkt der Triasgliederung von 1869 bilden nach eigenen Angaben FE. v. Mojsisovics’s die Tiroler Alpen im Norden des Inn, speciell das Gebiet von Hall. Wir werden also auch diesem, das schon Verhandl. 1868, S. 328 (vergl. oben S. 274) gegliedert wurde, unsere Aufmerksamkeit schenken müssen. Wenn schon das Salzkammergut als ein keineswegs besonders geeigneter Ausgangspunkt für Gliederungsversuche der alpinen Trias — nach unseren heutigen Erfahrungen — bezeichnet werden kann, so darf die Gegend von Hall in Tirol wohl den Anspruch erheben, als für ein solches Unternehmen geradezu höchst unglücklich gewählt ange- sehen zu werden. Die diesmal (Jahrb. 1869, S. 107) gegebene Schichtfolge für Nordtirol ist folgende: Hangend: Rhätische Stufe. 6. Seefelder Dolomit, o. Wettersteinkalk, 4. Cardita- (Cassianer-) Schichten mit Am. floridus und Halobia rugosa. 3. Dolomit. Kalk, Haselgebirge und Reichenhaller Kalk. 2. Partnachdolomit, l. Partnachmergel und unterste Bank der Healobia Lommeli. Liegend: Muschelkalk. ji Gegenüber der Gliederung vom Jahre 1868 (Verhandl. S. 328; _ vergl. oben S. 274) unterscheidet sich die hier gegebene nur dadurch, _ dass über dem Wettersteinkalke, der seine verhältnissmässig hohe Stellung beibehält, noch eine Dolomitmasse (Seefelder Dolomit) folgt und dass die Glieder III und IV vom Jahre 1868 zu einem einzigen Gliede (3) zusammengezogen sind, dagegen Glied V von 1868 in zwei diesem Schema ergeben sich einige weitere Neuerungen. Die Partnachmergel dieses Profiles umfassen theilweise bereits ‚ echte Carditaschichten mit ihren bezeichnenden Arten nebst Pflanzen der Lunzer Schichten und E. v. Mojsisovics schliesst sich hier ‘ganz der Anschauung Pichler’s von der Existenz „unterer“ und „oberer Carditaschichten“ an, ein heute bekanntlich ebenfalls gänz- lich aufgegebener Standpunkt. Ganz wie im Salzkammergute existirt also auch bei Hall in der \ Schichtfolge von 1869 eine Wiederholung. Es wird hervorgehoben, 38* Abtheilungen (2 und I) getrennt erscheint. In der Erläuterung zu. 282 A. Bittner. [50] dass v. Richthofen die Partnachdolomite Nordtirols theils mit dem Hauptdolomite oder Seefelder Dolomite, theils mit dem Wetterstein- kalke identifieirte. Das allein hätte schon damals genügen müssen, den „Partnachdolomit“ als eine äusserst schwach fundirte Stufe er- scheinen zu lassen. In der That ist er später gänzlich fortgefallen. Die Durchschnitte v. Riehthofen’s von Innsbruck und Hall erklärt E. v. Mojsisovies S. 102 für „gezwungen“ und führt sie auf den Umstand zurück, dass man das Haller Salzlager mit seinen rothen Mergeln und gewissen rothgefärbten Sandsteinen der Partnachschichten zum Buntsandstein rechnete. Heute zweifelt wohl Niemand mehr daran, dass das Haller Salzlager wie die übrigen analogen Bildungen wirklich dem Werfener Schiefer zufalle und somit ist auch jener letzte Ueberrest „von rothen Schiefern mit Gyps“ und Salz, die nach Suess (1866) „viel zu oft für Werfener Schiefer erklärt wurden“, doch wieder zu Werfener Schiefer geworden. Das Hangende des Haller Haselgebirges wird diesmal (im Gegensatze zu den Nachrichten vom Jahre 1868) als Reichenhaller oder diesem sehr ähnlicher Kalk angegeben mit Rauchwacken und dolomitischen Kalken darüber, „welche letztere als Vertreter der Schichtgruppe des Ammonites Metternichii angesehen werden müssen“, Die nun folgenden Carditaschichten werden wieder beträchtlich anders gedeutet als im Jahre zuvor. Die untere Abtheilung kann zwar den Bleiberger und Reingrabener Schichten gleichgestellt bleiben, die obere Abtheilung jedoch, die 1868 als Torer Schichte bezeichnet worden war, wird diesmal auf Grund petrographischer Aehnlichkeit und des häufigen Vorkommens der Cardita crenata als Cassianer Schichten gedeutet. „In concordanter Ueberlagerung reiht sich an den Complex der Carditaschichten die Masse des Wettersteinkalkes“. Aus ihm werden unter Anderem Amm. Haidingeri und Amm. subbullatus au geführt, „welche aus der Schichtgruppe des Amm. Aonoides herauf reichend auf einen vertical nicht sehr entfernten Horizont deuten. Es bleibt nach E. v. Mojsisovics diesmal die Möglich keit offen, dass die Torer Schichten von Raibl noel über dem Wettersteinkalke von Nordtirol folgen. diesem Ausspruche liegt bereits der Keim zu neuen erstaunliche Complicationen für die Zukunft. „Das nächst höhere Glied über dem Wettersteinkalke, de Dolomit von Seefeld, befindet sich nicht mehr in regelmässige Schichtverbande mit den älteren Etagen“. E. v. Mojsisovies | an, die discordante Ueberlagerung der älteren Trias durch diese Dolomit an mehreren Stellen beobachtet zu haben. Auch die Kössen Schichten liegen discordant über älterer Trias! Zu dieser Gliederung sei noch ergänzt, dass in der beigegeben tabellarischen Uebersicht die Schichtgruppe des Amm. Aonoides der Ha stätter Kalke durch einen fossilfreien Kalk und Dolomit im Liece der Carditaschichten repräsentirt wird, welcher im Texte (S. 102) nic erwähnt ist, was vielleicht einem Uebersehen zugeschrieben werd darf. Es ist das indessen bedauerlich, weil E. v. Mojsisovi [51] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 283 Verhandl. 1868, S. 330 versprochen hatte, bei einem späteren Anlasse zu zeigen, in wie ferne die Carditaschichten Nordtirols mit den Hall- stätter Kalken zu parallelisiren seien, und diesmal ja eine so günstige Gelegenheit dazu gewesen wäre, da ja bereits betont wurde (S. 104), dass Ammonites Haidingeri und 4A. subbullatus in den Wettersteinkalk aus einem nicht sehr entfernten Horizonte heraufreichen. Es scheint nun, dass dieser in der Tabelle eingefügte fossilfreie Kalk und Dolomit unter den Carditaschichten jener nicht sehr entfernte Horizont, die Heimat dieser Ammoniten, sei, aber wie gesagt, präcis angegeben ist das nicht und es existirt hier in unseren Kenntnissen entschieden eine Lücke. Uebrigens ist die Existenz fossilfreier Kalk- und Dolomitetagen, die sich, wie es scheint, beliebig interpoliren lassen, eine besondere Eigenthümlichkeit der Triasgliederung von 1869. Auch beginnt sich schon hier eine andere hervorragende und besonders für Darstellung tabellarischer Gliederungen sehr wichtige Eigenschaft fossilfreier Kalke und Dolomite einzustellen, jene nämlich, sich be- liebig über mehrere Etagen ausdehnen zu lassen. Diese angenehme Eigenschaft zeigt beispielsweise der „Partnachdolomit“* bei Parten- kirchen, wo er bis unter die Carditaschichten reicht, wärend er sich sonst damit begnügt, ein Rechteck unter dem Salzgebirge von Aussee und Hall auszufüllen. Bei der nun folgenden Besprechung der im Jahrbuche 1869 von E. v. Mojsisovics gemachten Mittheilungen über die Südalpen und über die niederösterreichischen Voralpen können wir uns kürzer fassen, da ja hier von dem genannten Autor keine eigenen Beob- achtungen mitgetheilt werden. _ Aus dem Capitel über die lombardischen Alpen, deren Trias- gliederung (durch die vorgekommenen Verwechslungen der heutigen Wengener (Lommeli-) mit den (lombardischen) Raibler Schichten und die Identificirung des Esinokalkes mit dem Dachsteinkalke) damals noch keineswegs auf völlig sicherer Grundlage beruhte, sei nur her- vorgehoben, dass E. v. Mojsisovies auch hier die Neigung zeigt, Lücken in der Schichtfolge anzunehmen oder doch deren Existenz zu vermuthen. Wichtig ist die erste Beschreibung der Cephalopoden aus den Schichten mit Halobia Lommeli von Prezzo in Judicarien, die hier noch als älteres Niveau gegenüber den Wengener Schichten Südtirols aufgefasst werden. Erst im Jahrbuch 1881 S. 239 ff. wurde die wahre Stellung dieser Schichten nachgewiesen, die noch Lepsius 1875 vom Muschelkalke mit Cer. trinodosus nicht scharf zu trennen vermocht hatte. Den Esinokalk setzt E. v. Mojsisovics noch gleich dem Wettersteinkalke über die Raibler ‚Schichten und begründet die Berechtigung dieser Stellung auch durch die von Stoppani beschriebenen Ammoniten, was auf die Niveausicherheit derselben allerdings kein allzugünstiges Licht wirft, nachdem der Esinokalk bekanntlich später in die Wengener Schichten herab ver- setzt wurde. E Aus dem CGapitel über die Tiroler Alpen südlich der Rienz ist als historisches Curiosum zu erwähnen, dass E. v. Mojsisovics sich hier in hohem Grade als Gegner der damals bereits sowohl von F. v. Richthofen als von Stur vertretenen Rifftheorie und ihrer 984 A. Bittner. [52] stratigraphischen Consequenzen zeigt, die er später selbst weiter aus- gebildet hat. Er war damals eben in die Periode getreten, in welcher er mit Lücken und Denudationen auskommen zu können meinte. Auchin der Aufzählung der Schichtfolge (S. 113) theoretisirt er in merkwürdig selbstständiger Weise, ohne auf die fast gleichlautenden Angaben bei Richthofen und Stur besondere Rücksicht zu nehmen; er kennt keine Buchensteiner Kalke, zerlegt die Wengener Schichten in mehrere Gruppen, von denen er nur der obersten den Namen Wengener Schichten belassen will, das alles, um diese Schichtfolge in sein nord- alpines Schema einzuzwängen. Es wäre aber höchst überflüssig, des Näheren darauf einzugehen, da er ja selbst alle diese gezwungenen Parallelen später wieder aufgegeben hat und ein Eingehen auf dieselben unserem speciellen Zwecke ferner liegt. Hervorzuhehen ist nur, dass seine Wengener Schichten von Südosttirol im Jahre 1869 nicht norisch, sondern karnisch sind; es ist somit nicht einmal der Gesammtcomplex der Wengener Schichten damals von ihm als norisch bezeichnet worden, sondern nur die judicarischen und lombardischen und ein gewisser, palaeontologisch nicht schärfer gekennzeichneter unterer Horizont der östlicheren Distriete; gerade die echten Wen- gener Schichten mit Ammonites Wengensis u. a. A. sind im Jahre 1869 ebenfalls zur karnischen Stufe gezählt worden, womit der letzte Ein- wand, den man etwa noch aus der Gliederung vom Jahre 1869 zu Gunsten der Uebertragung des Terminus „norisch* auf ‚südalpine Ablagerungen entnehmen könnte, vollends hinfällig wird. Als einer der unglücklichsten Gedanken muss es bezeichnet werden, bei Durchführung einer auf die Cephalopoden gestützten Gliederung um jeden Preis ein Niveau, wie es der „Partnachdolomit* war, auch in den Südalpen nachweisen zu wollen, wie es hier con- sequent geschehen ist. Schon oben wurde bemerkt, dass es nicht sehr zu Gunsten der Niveausicherheit der Cephalopoden spricht, wenn ihrer wegen der Esinokalk für sehr jung erklärt werden konnte; das gleiche eilt für die eigentlichen Wengener Schichten E. v. Mojsisovies’s 8. 113, welche ihren Cephalopoden nach der Schichtgruppe mit A. Aonoides der Hallstätter Kalke gleichgesetzt werden. St. Cassian liegt somit über dem Gesammtcomplexe der Hallstätter Kalke im Niveau der Carditaschichten Nordtirols. Die Schlerndolomite sind dann conse quenterweise Wettersteinkalke und die rothen Schlernplateauschichten Torer Schichten. Das Auftreten von Arcesten vom Typus des Arcestes cymbiformis spricht nicht. dagegen. Ueber den Torer Schichten des Schlern folgen noch die Dachsteinkalkmassen. | Die Deutung des Profiles von Raibl (S. 115) ist eine jener der Südosttiroler Schichtfolge analoge. Dass E. v. Mojsisovics siel [7 u a im Einklange steht“ wird Jedermann, diese Fragen verfolgt hat, begreiflich finden. Die Gliederung für Raibl ergibt folgendes Schema: [53] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 285 . Dachsteinkalk. Torer ‘Schichten. . Schlerndolomit. . Schichten mit Myoph. Kefersteinii und Tauber Schiefer. . Fischführender Schiefer mit Amm. Aonoides. . Erzführender Kalk. . Tuffe von Kaltwasser und Felsitporphyr. Boto-ıa u SER Stur’s Ansicht von. einer gegenseitigen Vertretung der Glieder 1 und 2 durch 3—5 wird als unwahrscheinlich hingestellt, was na- türlich nicht hindern konnte, dass dieselbe später von E. v. Mojsi- soviecs selbst durch C. Diener (Jahrb. der geolog. R.-A. 1884) wenigstens in der Hauptsache als richtig anerkannt worden ist, worauf bereits (in Verhandl. 185, S. 69) hingewiesen wurde. „Den sichersten Prüfstein für die Richtigkeit der ledescheit Eassung des Raibler Profils geben die Gephalopoden des fisch- führenden Schiefers, welche denselben geradezu mit der oberen Abtheilung der Hallstätter Kalke in Parallele stellen.“ Man beachte die Bestimmtheit dieses Ausspruches. An- dererseits wird dieser fischführende Schiefer von Raibl mit dem Schiefer von Wengen parallelisirt. Der unglückselige Partnachdolomit findet im erzführenden Kalke seine nothgedrungene Vertretung. Selbst weiter östlich auftretende, von Peters. als „Gutensteiner Dolomite“ bezeichnete Massen zwischen Werfener Schiefern und Bleiberger Schichten werden zur Vertretung dieser bestcharakterisirten aller jemals unterschiedenen Dolomitetagen herangezogen (S. 120). .! Zum Schlusse wird „das Gebiet der österreichischen Voralpen“ sehr kurz berührt, vermuthlich weil es kurz zuvor durch die Ar- beiten. von Stur, Lipold, Hertle, Stelzner u. A. das bestbe- kannte aller alpinen Triasgebiete geworden war, dessen ganz sicher eonstatirte Gliederung und Schichtfolge höchstens in Südosttirol ein Seitenstück fand. Zwischen den untersten Bänken der Halobia Lommeli, die an der oberen Grenze des Muschelkalkes liegen und den: Aonschiefern Hertle’s wird hier zunächst ene grosse Lücke constatirt, in welche der Horizont der Partnachmergel und der Partnachdolomite hineingehören. Der Aonschiefer selbst entspricht dem fischführenden Schiefer von Raibl und der Aonoidesstufe der Hallstätter Kalke, die Lunzer und Opponitzer Schichten den Carditaschichten Nordtirols, der Opponitzer Dolomit dem Wettersteinkalke, sogar petrographisch theilweise, die Torer Schichten, die nun folgen sollten (sonst sind die Opponitzer Kalke ganz übereinstimmend von Suess und Stur für Torer Schichten erklärt worden), fehlen ‚und über dem Opponitzer Dolomit folgt der Hauptdolomit. Das wich- tigste Moment im Profile der niederösterreichischen Voralpen bleibt die Lücke zwischen Muschelkalk und Aonschiefern, deren Existenz /aber schon früher von Stur aufs Allerentschiedenste — und zwar ohne Zweifel mit vollem Rechte, wie erst neuestens in Verh. 1393, S. 82 betont werden konnte — in Abrede gestellt worden war. EEE Te re u Te a 286 A. Bittner. ' [54] Wir kommen zum Schlusscapitel der Gliederung von 1869, E. v. Mojsisovies bespricht zuerst ‘die sehr bekannten Verhält- nisse an der oberen Grenze des alpinen Muschelkalkes und den oft erörterten Umstand, dass eine Vertretung des deutschen Haupt- muschelkalkes in den Alpen nicht mit auch nur einiger Bestimmtheit nachweisbar sei. Heute, wo diese Frage mehr und mehr in dem Sinne, dass Theile der oberen alpinen Trias Aequivalente des Hauptmuschelkalkes sein dürften, ihrer Entscheidung sich zu nähern scheint, wo immer bestimmter gewisse grössere Schichteomplexe, wie der Wettersteinkalk, Esinokalk etc. für noch dem Muschelkalkniveau zufallend angesprochen werden und als die Zeit der allgemeinsten Aenderung in der Sedimentation während der oberen alpinen Trias die Periode der Lunz-Raibler Schichten sich erweist (man vergl. auch " Jahrb. d. g. R.-A. 1892, S. 393), wo ferner gewisse Funde dafür sprechen, dass selbst die Wengener und Oassianer Schichten noch in den oberen Muschelkalk (Reiflinger Kalk der Nordalpen) fallen, erscheint diese Frage acuter denn je, es soll aber hier nicht näher auf dieselbe ein- gegangen werden, da sie mit dem eigentlichen Zwecke dieser Studie nur lose zusammenhängt. Einige Bemerkungen über diesen Gegenstand wolle man am Schlusse dieser Darstellung nachsehen. Soviel ist sicher, dass mit dem Durchbruche der neueren Ansichten über eine erweiterte Vertretung des Muschelkalkes in den Alpen die von E. v. Mojsisovics gegen die Uebertragung des Namens Lettenkohle auf die Trias der Alpen im Allgemeinen und auf die Lunzer Schichten im Besonderen geltend gemachten Einwände vollständig gegenstandslos werden und dass im Gegentheile die von Stur allezeit vertheidigte und auch von Suess Verhandl. 1866, S. 159 rückhaltslos anerkannte Gleichstellung der Lunzer Schichten, des stratigraphisch wichtigsten Horizontes innerhalb der nordalpinen oberen Trias, mit der ausseralpinen Letten- kohle als fernerhin über allen Zweifel erhaben hingestellt werden kann. | Die Bedeutung der Ausführungen, welche E. v. Mojsisovics 1869 gegen die Anwendbarkeit der Ausdrücke „Lettenkohle* und „Keuper® für die Alpen S. 1235—125 beibringt, ist also gegenwärtig kaum meh als eine minimale zu bezeichnen und es braucht auf dieselben nicht weiter eingegangen zu werden. 1 Eine grosse, aber nur scheinbare Schwierigkeit liegt nach E. v. Mojsisovies, wie derselbe S. 125 seiner Se ' Ä hervorhebt, in dem Auftreten von Fossilien der Cassianer Fauna i drei vertical weit von einander: abstehenden und durch grosse Kalk- und Dolomitmassen getrennten Niveaus (Partnachschichten oder untere Carditaschichten; Carditaschichten. oder Cassianer Schichten; Torer Schichten). Die Schwierigkeit, die die Torer Schichten bieten, ist eine von E. v. Mojsisovics selbst hineingetragene, wie man bald darauf erfuhr; aber auch die zwei anderen Niveaus bieten heu nur mehr geringe Schwierigkeiten, seit man bestimmt weiss, dass keine unteren Carditaschichten gibt. Diese Schwierigkeit war als wirklich nur eine scheinbare, wenn auch in anderem Sinne, als E. v. Mojsisovics 1869 annahm. Darin hat er sicher Recht, das [55] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 2827 gewisse palaeontologische Aehnlichkeiten mit der Wiederkehr ähn- lieher Sedimente zusammenhängen. Es folgt nun und das ist die wichtigste Seite dieser Abhandlung vom Jahre 1869, eine Betrachtung über die sog. pelagischen Bildungen und ihre Cephalopodeneinschlüsse, welche ja die Basis der gesammten Gliederung bilden sollen. Es werden folgende Niveaus von „pela- gischen Bildungen“, die allerdings nicht sämmtlich Cephalopoden- einschlüsse führen, unterschieden (vom Liegenden nach aufwärts): l. In den Tuffen der Lombardei, Venetiens und von Kaltwasser eine bisher noch kleine, aber völlig selbstständige Cephalopodenfauna, die fortan als das Niveau des Trachyceras doleriticum bezeichnet werden soll. Erste Schichten der oberen Trias. 2. In den Zlambachschichten und in der unteren Hälfte der Hallstätter Kalke (Schichtgruppe des Amm. Metternichüi). Gut abgegrenzte Fauna, die sich in mehrere schärfere Unterabtheilungen zerlegen lässt. Scheint sonst vielfach durch fossil- freie Schichten vertreten. 3. Die Schichtgruppe des Amm. Metternichii ist durch eine merk- würdig scharfe Grenze von der Schichtgruppe der Amm. (Tra- chyceras) Aonoides getrennt. Auch diese besteht aus mehreren Unter- abtheilungen, deren Kenntniss für die Zwecke dieser Betrachtungen nicht nöthig ist. Wichtig ist, dass die für die Wengener Schichten und die Schichten des Amm. floridus charakteristischen Arten mit einander in denselben Bänken vorkommen. Es können diese Bänke daher entweder nur die Wengener Schichten repräsentiren oder beide Zonen, die Wengener Schichten und die des Amm. floridus hier in einer vereinigt sein. 4. Die eigentlichen Schichten von Sct. Cassian. Eine Anzahl von Arten mit der 3. Gruppe gemeinsam, aber durch- aus selten. 5. Der Esino-und Wettersteinkalk. Einige Cephalopoden reichen aus den obersten Lagen der Hallstätter Kalke und aus den Cassianer Schichten herauf. 6. Die Torer Schichten mit einigen sehr indifferenten Cephalopoden, wie sich ähnliche noch im alpinen Lias wiederfinden. 7. Die Dachsteinkalke, bis dahin ohne Cephalopoden. Und nun heisst es weiter S. 127: „Es ergibt sich nun, nicht nur ‚, aus der Vergleichung der Faunen, sondern auch aus der geographischen Verbreitung derselben, dass die wichtigste Trennungslinie der oberen alpinen Trias mitten durch die Hallstätter Kalke hindurchläuft. Mit der Schichtgruppe des Trach. Aonoides erscheint eine neue pelagische Fauna“. „Ich erkenne daher in der unter der rhätischen Stufe befindlichen oberen alpinen Trias zwei Hauptgruppen oder Stufen und erlaube mir für die untere derselben die Bezeichnung „norische Stufe“, für die obere die Bezeichnung „karnische Stufe“ in Vorschlag zu bringen.“ Nach diesem wörtlich citirten Passus kann kein Zweifel exi- Stiren, dass die Bezeichnungen norische und karnische Stufe nicht nur in erster Linie, sondern ganz ausschliesslich auf die faunistischen Unterschiede der Hallstätter Kalke gegründet sind und daher jeder- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 39 988 A. Bittner. [56] zeit für diese Hallstätter Kalke in Anwendung bleiben müssen. Es sind, dies wird Niemand bestreiten können, diese beiden Namen geradezu nur Synonyma für die beiden Hallstätter Schichtgruppen des Amm. Metternichii und des Amm. Aonoides., Auf die Unterabtheilungen der oenischen, halorischen, badioti- schen und larischen Gruppe braucht nicht weiter eingegangen werden, da ihnen nur ein kurzes, etwa fünfjähriges Scheindasein beschieden war. Im Jahre 1874 Jahrb. XXIV, S. 87 wurden sie in einer un- scheinbaren, leicht zu übersehenden Anmerkung unter dem Striche wieder aufgegeben. Es soll hier nur nochmals darauf hingewiesen werden, dass mit einziger Ausnahme des Niveaus des Trach. doleriticum mit seiner von jener der norischen Hallstätter Kalke total verschiedenen, ärm- lichen Fauna die übrigen Aequivalente der norischen Hallstätter Kalke durchaus aus fossilleeren Ablagerungen bestehen, die später- hin gröstentheils als nieht norischen Alters befunden wurden. Aber auch das Niveau des Trachyceras doleriticum ist nicht in seiner ihm ursprünglich angewiesenen Stellung geblieben, sondern um eine Stufe höher gerückt und hat sich hier mit den um eine Stufe tiefer ge- setzten 1869er Wengener Schichten zu den späteren Wengener Schichten vereinigt. Eine der hervorstechendsten Eigenthümlichkeiten dieser Trias- sliederung von 1869 liegt in dem Bestreben, die von Suess zu Raibl festgestellte Schichtfolge als allgemein giltig nachzuweisen: dieses Bestreben äussert sich besonders in der gezwungenen Weise, wie allenthalben die erzführenden Kalke oder „Partnachdolomite® und .die Torer Schichten eingeführt werden). Für die nordöstlichen Gebiete ist die grosse Lücke zwischen den untersten Lommelibänken und den Aonschiefern bemerkenswerth, besonders weil sie ohne jeden Grund angenommen wird. Sie ist später, wie wir sehen werden, durch Einschieben einer „Vertretung der norischen und unterkarnischen Stufe“ wieder ausgefüllt worden. Es existirt aber hier weder eine solche Lücke noch eine Vertretung der (norischen) Hallstätter Kalke, wie Stur schon des Oefteren zuvor betont hatte, woraus schon damals hätte gefolgert werden können, dass die gesuchten Aequivalente der Hallstätter Kalke wenigstens > zum grössten Theil ganz. wo anders liegen müssen. Wie die erste Gliederung vom Jahre 1866, so hat auch diese | zweite aus dem Jahre 1869 sofort eine Erwiderung von Seiten D. Stur’s, betitelt „Ueber das Niveau der Halobia Haueri* (er- schienen im Jahrb. 1869, XIX, S. 281—288), nach sich gezogen. Als wesentliche Differenzpunkte bezeichnet Stur hier dieZerreissun ’) Insoferne ist ein sonst unverständlicher Ausspruch ©. Diener’s im Jahr buch 1884, S. 662, dass nämlich die Arbeit von E. Suess über Raibl lange Zei geradezu als Grundlage für die weitere Entwicklung unserer Kenntniss über die Trias der Alpen gedient habe, einigermassen erklärlich. De facto hat weder di Arbeit von Suess über Raibl noch auch das Profil von Raibl selbst jemals aucl nur annähernd diese Rolle gespielt. [57] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 289 der Wengener Schiefer in zwei weitgetrennte Abthei- lungen, die Einschiebung eines Theiles der Hallstätter Kalke zwischen diese beiden unnatürlich getrennten Gruppen und die Stellung der Lunzer Schichten über den gesammten Hallstätter Kalken. Stur beschränkt sich hier darauf, neue Daten dafür zu erbringen, dass die Hallstätter Marmore über dem Lunzer Sandsteine liegen und hebt Eingangs hervor, dass er zu solchen Gegenbemerkungen umsomehr Recht zu haben glaube, als bereits die Hauptpunkte seiner Bemerkungen zu dem Triasprofile des Jahres 1866 durch die eigenen weiteren Unter- suchungen von E. v. Mojsisovies als richtig und wahr erwiesen worden seien. In den angeführten Thatsachen ist diese Entgegnung Stur’s nicht immer glücklich, wie sich später theilweise gezeigt hat. Trotzdem hat Stur im Grossen und Ganzen in diesen Fragen Recht behalten, wie sich heute mit Bestimmt- heit erkennen lässt. Als bemerkenswerth ist der Schlusspassus dieser Arbeit Stur’s hervorzuheben, in welchem er sich gegen die soeben von E. v. Mojsisovics aufgestellten Stufen- und Gruppen- namen kehrt. Auf diese Entgegnung Stur’s ist ebensowenig eine direete Antwort erfolgt als auf jene vom Jahre 1866. Aus den weiteren Publicationen E. v. Mojsisovics’s vom Jahre 1869 ist nur wenig mehr zu erwähnen. In Verhandl. S. 244 wird über das Kaisergebirge berichtet und es werden hier conform mit der oben besprochenen Gliederung drei Mergelniveaus nachgewiesen, die als Partnachschichten, Cassianer Schichten und Torer Schichten bezeichnet werden. Sie alle haben sich bekanntlich neuestens als durchaus nur den Carditaschichten zufallend und als Wiederholungen derselben erwiesen. Wichtig ist ferner die erste Nachricht (Verhandl. S. 374) von einer Vertretung des Muschelkalkes in Hallstätter Facies, als Mar- more der Schreyeralm, deren Versteinerungen hier zum erstenmale angeführt und gleichzeitig im Jahrbuche 1869, S. 567 beschrieben werden. | In diese Zeit fällt auch eine Mittheilung E. v. Mojsisovics’s ‚ über die Triasablagerungen des Bakonyerwaldes (Jahrbuch 1870, S. 93 ff.). Die Mittheilung ist zugleich, wie hervorgehoben wird, eine Ergänzung zu der oben besprochenen Arbeit im Jahrb. 1869. Der‘ ‚ Bakonyerwald wird von E. v. Mojsisovies als ein Modell be- zeichnet, das trefflich charakterisirte Schichten, klare Aufschlüsse. und alle übrigen Factoren in einer Weise vereinigt, dass in kürzester Zeit ein richtiges Bild gewonnen werden kann. Die Mittheilung über ‚ dieses Gebiet beansprucht sonach ein hohes Interesse. | Ueber Werfener Schiefern und Muschelkalken folgt ein .Do- lomit mit einem Ammoniten, der fraglich als A. carinthiacus? be- zeichnet wurde. Darüber erscheint eine Kalkbildung mit Hornstein, die Cephalopoden führt — Kalk mit Arcestes tridentinus. Auf diesen Kalk legen sich in dem ersten der untersuchten Profile Dolomite ; mit Megalodonten auf, denen nach oben noch Kalke vom Typus der Dachsteinkalke folgen. 39* 290 A. Bittner. [58] - Zwischen den Kalken mit Arc. tridentinus und den Dolomiten existirt sonach eine Lücke, die local bis auf die Dolomite mit Amm. carinthiacus? hinabgreift. Die Kalke mit Arc. tridentinus sind somit partiell denudirt worden. Stellenweise scheint der obere Dolomit sogar dem Muschelkalke aufzuliegen. An anderen Stellen liegt über dem Tridentinus-Kalke noch ein grüner Tuft. Nächst Veszprim findet sich ein fossilführendes Niveau, das in den übrigen Profilen nicht beobachtet wurde. Diese Schichten, welche Trachyceraten und Brachiopoden führen, scheinen den Dolo- miten mit Amm. carinthiacus? eingelagert zu sein. Dir 27 Die von E. v. Mojsisovies für den Bakonyerwald a Schichtfolge wäre somit nachstehende: 4 F. Dolomite mit Megalodus triqueter. 1 (Grosse Lücke.) f P b. Grüne Tuffe, £ "\ a. Kalke mit Arcestes tridentinus und Halobia Lommeli. f D. Dolomit mit eingelagerten Mergeln mit Trach. Attila, £ ©. Zone des Arcestes Studeri (Muschelkalk). 7 B. Campiler Schichten RN ? A. Seisser Schichten (Werfener Schiefer). 5 # E. v. Mojsisovics untersucht nun, welchen Bildungen GE Kalke mit Arcestes tridentinus äquivalent sind. Die Untersuchung der Versteinerungen der Buchensteiner Kalke Südtirols ergab, dass die kalke und Buchensteiner Kalke, sowie die Kalke mit Arc. tridentinus des Bakonyerwaldes sind gleichalt. Die Fauna mit Tr. doleriticum der Südalpen dagegen scheint einem anderen, aber benachbarten Horizonte anzugehören. Die Schichten mit Trachyceras Attila bleiben vorläufig unsicher bezüglich ihrer Stellung, ob sie zum Muschelkalke oder zur oberen Trias gezählt werden sollen. Auch das oben mitgetheilte Schema der Triasbildungen des Bakony hat nicht lange vorgehalten. Es erscheint bereits im Jahre Gliederung von J. Boeckh. Der Dolomit mit Ammon. carinthiacus? (D) ist nach Boeckh ein ziemlich tiefes Niveau des Muschelkalkes- (Megyhegyer Dolomit) und Trachyceras Attila bezw. die Mergel, die diesen Ammoniten führen, sind viel jünger und gehören in die obere Trias. Die grünen Tuffe dagegen befinden sich im Liegenden des Tridentinuskalkes. Es sei nachstehend die von Boeckh gegebene Gliederung zum Vergleiche mit jener von E. v. Mojsisovies mitgetheilt: 59] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. | 291 j Deutung nach Gliederung der Trias des Bakony nach J. Boeckh 1873 |E. v. Mojsisovics ‘3 im Jahre 1874 _Rhät | Dachsteinkalk Hauptdolomit Avicula aspera, Ostrea mon- ‘ tiscaprilis, Corbis Mellingü, Ben LESER Raibl . Oberer Pecten filosus etc. :5 || Mergel- us - | Au Complex Tirach. Attila, Tr. baconicum, | Wengener Aonoides- u» Posidonomya Wengensis Schichten Schichten E © j Füreder Kalk mit Hal. Lommeli ? Fee lhi.” St. Cassian z und Tridentinus-Schichten mit 4A. triden- | Pötschen- Wengen tinus, Tr. Archelaus kalk Niveau des Cer. Reitzi, C. Zalaensis ete. Oberer Buchensteiner | : Muschelkalk ? Schichten und Anhydrit- Sehr kieselige Lagen gruppe ? | Studeri-Niveau: Arc. Studeri, Hal. Sturi Reillınger Kalk ? Balatonicus-Hauptlager N Recoarokalk a = || Rhynchon. decurtata-Niveau E ic e S Forashegyer dolom. gelbe Mergel | A Unterer Megyhegyer Dolomit mit Am. Balato- un nieus efr. Plattenkalk Buntsandstein BR | » f ; \ Wie diese Gliederung Boeckh’s zeigt, ist das von E. v. Moj- Sovics über den Bakonyerwald Mitgetheilte sehr ungenügend ge- Besonders hervorzuheben bleibt noch, dass sich in der kh’schen Gliederung nichts von jener grossen Lücke zeigt, e E.v. Mojsisovics in der oberen Trias des Bakonyerwaldes atiren konnte. 999 A. Bittner. [60] In Verhandl. 1870, S. 184 heisst es in einer Mittheilung E. v. Mojsisovics’s über die Kalkalpen zwischen Schwaz und Wörgl: „Die von mir zuerst und wiederholt nachgewiesene Discordanz des Hauptdolomites wurde neuerdings in Profilen über das Stanserjoch in nichts mehr zu wünschen lassender Klarheit und Deutlichkeit constatirt.... Ohne die Erkenntniss dieser nicht zu missdeutenden Verhältnisse kann von einem Verständniss der nord- tiroler Trias überhaupt nicht die Rede sein“. An der Basis dieser discordant und übergreifend gelagerten Dachsteindolomite wurden sesteine vom Typus der Carditaschichten beobachtet, „von denen es nicht unwahrscheinlich ist, dass sie genau den Torer Schichten ent- sprechen“. Aus einem Vortrage von E. v. Mojsisoviecs „über die Trias- bildungen der Karawankenkette in Kärnten“, Verhandl. 1871, S. 25 ist zu entnehmen, dass daselbst die Ueberlagerung des erzführenden Kalkes der Petzen durch den Bleiberger Lagerschiefer constatirt wurde. Da die obersten Lagen des erzführenden Kalkes durch ihre Cephalopoden (Trachyceras austriacum, Arcestes cymbiformis, Arcestes (Graytani, Phylloceras Jarbas, Phyll. Morloti etc.) genau mit den aller- obersten Schichten der Hallstätter Kalke übereinstimmen, so gehe daraus unzweifelhaft hervor, dass die Bleiberger Schichten (mit Amm. floridus, Arcestes cymbiformis, Phylloc. Jarbas, Halobia rugosa ete.), welche, wie bekannt, an der Basis der echten Cassianer und Lunzer Schichten liegen, einem höheren Niveau angehören, als die Gesammt- heit der Hallstätter Kalke. Es wird dadurch, heisst es weiter S. 26, die von E. v. Mojsisovics bereits vor zwei Jahren (also 1869) auf Grund palaeontologischer Parallelen für die Cassianer Schichten geltend gemachte Stellung durch direete aus den Lagerungsverhältnissen ent- nommene Nachweise vollständig bestätigt und jedem Einwande, der sich auf die gänzlich verschiedene petrographische Beschaffenheit der Hallstätter Kalke einerseits und der niederösterreichischen Aonschiefer und Raibler Fischschiefer andererseits stützen wollte, die Spitze ab- gebrochen. Ueber den Bleiberger Schichten liegt in den Karawanken ein Complex mit Raibler inclusive Torer Fossilien. Im Vergleiche mit der nordtiroler Trias zeigt sich eine sehr grosse Uebereinstimmung. Dem erzführenden Kalke der Petzen entsprechen die Partnachdolomite, den Bleiberger Schichten die Carditaschichten; die ebenfalls erzführenden Kalke und Dolomite unter den Torer Schichten sind Wettersteinkalke und im Niveau der Torer Schichten findet sich in Nordtirol eine oberste (3.) Zone von Carditaschichten. Im Salzkammergute, diesem für die Kenntniss der Triasfaunen classi- schen Gebiete, fehlen bekanntlich die Bleiberger Schichten und dieser Lücke entspricht eine grosse Discordanz zwischen den Hallstätter Kalken und dem Wettersteinkalke, welcher, wie in Tirol von einer Lage Carditaschichten (also 3. oder oberste Zone dieser = Torer Schichten) bedeckt, in der letzten Zeit auch im Salzkammergute, nachgewiesen werden konnte, Zu dieser kurzen, aber inhaltsreichen, hier fast vollständig wiedergegebenen Mittheilung ist ein Commentar nothwendig, da E. v. eher ge [61] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 293 Mojsisoviecs sich zwar auf die Uebereinstimmung gewisser Punkte (Stellung der Cassianer Schichten) beruft, aber nicht ein Wort von den tiefgreifenden Veränderungen sagt, die sich bezüglich der Stellung anderer Niveaus vollzogen haben. Im Jahre 1869 hatten wir die erz- führenden Kalke tief unten in der Schichtfolge angetroffen, diesmal reichen sie, wie 1869 schon der gleichalte „Partnachdolomit“ bis unter die Bleiberger Schichten nach aufwärts und vertreten in ihren obersten Lagen noch die Aonoides-Schichten des Hallstätter Kalkes. Sie nehmen demnach immer mehr den Charakter eines jener dehn- baren oder elastischen Niveaus an, über deren Vorhandensein in der alpinen Stratigraphie E. v. Mojsisovics bereits im Jahrbuch 1869, S. 125 Klage führt. Zu. derartigen Niveaus eignen sich ja vorzugs- weise mächtigere Massen, die zumeist fossilfrei sind. Durch das Vor- handensein gewisser Hallstätter Cephalopoden in ihren obersten Lagen war ja auch ganz und gar nicht bewiesen, dass der gesammte Hall- stätter Kalk in ihnen stecken müsse, wie sich später ja zur Evidenz als unrichtig herausgestellt hat. Es ist ferner zu bemerken, dass die dreifachen Carditaschichten hier sich bereits zu einer festen Thatsache entwickelt haben und dass der Wettersteinkalk noch immer zwischen den beiden oberen Niveaus dieser Carditaschichten liegt. Als Novum tritt auch das Auftreten von mit Torer Schichten bedecktem Wetter- steinkalke im Salzkammergute hinzu, wo derselbe bisher (noch im Jahre 1869) fehlte und nur am Südrande vertreten war. Den nun der Zeit nach im Jahrb. 1871, S. 189 ff. folgenden „Beiträgen zur topischen Geologie der Alpen 1. und 2.*, welche sich auf Theile von Nordtirol beziehen, lassen sich ebenfalls einige all- semeinere Daten bezüglich der Gliederung entnehmen. Die Gliede- rung der Trias, welche E. v. Mojsisovies hier mittheilt, ist (S. 196) folgende: Rhätische Schichten im Hangenden. Hauptdolomit. Torer Schichten (Carditaschichten). Wettersteinkalk. Cassianer Schichten (Carditaschichten). . Partnachdolomit. 1. Partnachmergel und Kalke (Carditaschichten). Muschelkalk im Liegenden. wmumouo Die ursprünglich einheitlichen Carditaschichten haben sich hier zu drei verschiedenen, ganz bestimmten Niveaus von Carditaschichten differenzirt, der Wettersteinkalk liegt nach wie vor über den echten Carditaschichten, der problematische „Partnachdolomit“ unter ihnen. Aber die Stunde dieses unglückseligsten aller in der Trias- sliederung der Alpen jemals aufgestellten Niveaus hat bereits ge- schlagen. In einer nächstfolgenden Mittheilung: „Ueber die Stellung der Nordtiroler Carditaschichten mit Amm. floridus und Halobia rugosa und das Alter des Wettersteinkalkes“ Verh. 1871, S. 212 wird dieser Terminus, der seit 1569 als Lückenbüsser in den verschiedenen Gliederungen eine so hervorragende Rolle gespielt hat, von seinem 294 A. Bittner. [62] Urheber definitiv verabschiedet. E. v. Mojsisovics schickt voraus, dass die Parallelisirungen, die er in seiner Arbeit vom Jahre 186 ) an- deutete, seither immerfort an Schärfe gewonnen haben; während sich auf diese Weise das 1869er Schema als ein im grossen Ganzen auf richtigen Prämissen aufgebautes Fachwerk und insbesondere, was die Hauptsache sei, die Aufeinanderfolge der Faunen als völlig correct erwiesen habe, seien im Detail der Parallelisirung der fossilleeren oder fossilarmen Bildungen einige Aenderungen nöthig geworden. „Es erwies sich als richtig, dass zwischen den unmittelbar auf den Muschelkalk folgenden Partnachschichten und dem Wetterstein- kalke“, führt E. v. Mojsisovics weiter aus, „eine oft sehr mächtige Dolomit- und Kalkbildung auftritt, der Partnachdolomit. Zwischen diesem Partnachdolomite und dem Wettersteinkalke findet man an einigen Punkten schwarze Schieferthone, Gypse und Rauhwacken ; an anderen Orten scheinen diese zu fehlen, wofür eine sehr scharfe, unebene Trennungsfläche sich einstellt. Echte Carditaschichten, namentlich solche mit Ammuonites floridus und Halobia rugosa fand ich dagegen an dieser Stelle in normalen ungestörten Profilen nicht, mit Ausnahme einer einzigen Stelle, die aber vielleicht in besonderer Weise erklärt werden kann.“ Hier muss bemerkt werden, dass das ganz anders klingt, als die früheren Mittheilungen. In Verhandl. 1568 S. 528 liegen die echten Uarditaschichten (sammt den Torer Schichten) höchst bestimmt unter den Wettersteinkalken, im Jahrbuche 1869 liegen die Carditaschichten mit Ammonites floridus und Halobia rugosa über den „fossilfreien Hall- stätterkalken“ und eoncordant über ihnen folgen die Wetter- steinkalke; es bleibt hier sogar noch fraglich, ob über diesen ein Aequi- valent der Torer Schichten folgt; in Niederösterreich entspricht in diesem Jahre der Opponitzer Dolomit theilweise sogar petrographisch dem Wettersteinkalke, der hier noch über den Torer Schichten (denn die Opponitzer Kalke waren nie etwas Anderes) liegt; sogar in Verh. 1871, S. 25 wird noch auf die grosse Ueberein- stimmung zwischen den Karawanken und Nordtirol hingewiesen, welche Uebereinstimmung in der gleichen Schichtfolge: Partnachdolomit (erz- führender Kalk), mittlere Carditaschichten (Bleiberger Schichten mit Amm. floridus und Halobia rugosa), Wettersteinkalk und Torer Schichten, besteht. Man darf also wohl sagen, dass man nach alledem über- rascht sein muss, in Verh. 1871, S. 213 zu lesen, echte Cardita- schichten mit Ammonites floridus und Halobia rugosa seien unter den Wettersteinkalken in normalen ungestörten Profilen Nordtirols über- haupt nicht beobachtet worden. Doch hören wir die weitere Darlegung an, die E. v. Mojsi- sovies S. 214 folgen lässt. Er schliesst sich zunächst der Ansicht v. Richthofen’s an, der Wettersteinkalk sei ein Riffkalk. Seit dem Besuche der Karawanken, sagt er weiter, habe er sich oft die Frage gestellt, ob nicht in Nordtirol diejenigen Carditaschichten, welche Ammonites floridus und Halobia rugosa führen, ebenso über dem Wettersteinkalke liegen, wie die Bleiberger Schiehten über dem erzführenden Kalke der Karawanken? Er habe sich nun überzeust, dass das thatsächlich der Fall sei. Die Uebereinstimmung, welche : } r 1 sn a, j £ ® e 2 + x ; [63] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 295 dadurch zwischen Nordtirol und Kärnthen erzielt wird, ist eine ausser- ordentlich ‘grosse (— das war sie merkwürdigerweise auch bereits früher Verh. 1871, S. 26, alsder Wettersteinkalk nochüberdenBleiberger Schichten lag!) Es fallen dadurch die in jeder Beziehung den „Bleiberger Schichten“ der Karawanken identischen versteinerungsreichen Carditaschichten Nordtirols in ein und dasselbe Niveau mit den Bleiberger Schichten (— das haben sie schon früher Verh. 1871, S. 25 ebenfalls gethan, als sienoch unterden Wettersteinkalkenlagen!), der Wetter- steinkalk erscheint als Aequivalent des erzführenden Kalkes der Karawanken (— als Aequivalent eines erzführenden Kalkes der Karawanken ist er schon Verh. 1871, S. 26 erschienen!), für welche Gleichstellung auch die CGephalopoden- Einschlüsse sprechen, denn die bestimmbaren Arten des Wetterstein- kalkes Amm. Haidingeri und Amm. subbullatus gehören ebenso wie die Cephalopoden des Karawankenkalkes der karnischen Abtheilung des Hallstätter Kalkes an. Und wohin kommt, fragt hier der aufmerksame Leser, der Partnachdolomit, was geschieht mit diesem Niveau, von dem nochin derselben Mittheilung 8. 213 in einer gewissen anerkennenden Weise dieRede war? Nachdem E. v. Mojsisovics hier annimmt, die Carditaschichten liegen über dem Wettersteinkalke, rücken dieselben in Folge dessen hinauf in das Niveau der Torer Schichten, die immer als über dem Wettersteinkalke liegend angenommen wurden? Das ist offenbar nicht der Fall, denn es heisst weiter S. 215, dass die nordtiroler Cardita- schichten wahrscheinlich die ganze Folge bis zu den Torer Schichten einschliesslich vertreten. Der Wettersteinkalk rückt demnach herunter unter die Carditaschichten in die Position, die bisher immer der. '„Partnachdolomit* eingenommen hat. Nachdem nun noch zwei Seiten zuvor vom Partnachdolomit. als einem bestimmten Schichtgliede ge- redet wird, fragt man sich, was aus diesem wird? Geht er im Wetter- steinkalke auf, ist er diesem äquivalent oder bildet er einen Theil desselben? Davon ist in dieser Mittheilung keine Rede mehr, der Partnachdolomit verschwindet auf S. 214—215 thatsächlich vor den Augen des Lesers. Das ist das unverdient traurige Ende des Part- nachdolomites, der vom Jahre 1869—-1871 eine so hervorragende Rolle in der Gliederung der alpinen Trias gespielt hat. Zu diesen einschneidenden Veränderungen, welche die kurze Mittheilung Verhandl. 1871, S. 212—215 bringt, kommt hinzu das sänzliche Fortfallen der Torer Schichten als eines selbständigen obersten Niveaus der Carditaschichten. Es heisst diesbezüglich S. 215: „Es folgt, dass in Nordtirol der „Schlerndolomit“ (— derselbe bleibt also noch im Niveau des Wettersteinkalkes !) „und die darüber ge- lagerten Torer Schichten nicht oder wenigstens noch nicht“ (— „eigent- lich nieht mehr“, sollte es heissen, nachdem sie noch Jahrb. 1871, S. 196 als ganz bestimmtes Niveau fieurirt haben —) als selbständige Glieder nachweisbar sind.“ Damit sind wir bezüglich der Cardita- schichten vorläufig wieder zu dem einfacheren Standpunkte Piehler’s und Gümbel’s zurückgekehrt, was immerhin ein Fortschritt ist. Jabrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 40 296 A. Bittner. [64] „Eine weitere nothwendige Folgerung ergibt sich für das Hasel- gebirge von Hall. Da dasselbe unmittelbar von den Car- ditaschichten bedeckt wird, muss es ebenfalls über dem Wetter- steinkalke liegen.“ Es ist um so wichtiger, das zur Notiz zu nehmen, als zwei Jahre früher nach E. v. Mojsisovics im Hangenden des Salzgebirges Reichenhaller Kalk, dann fossilleere Gesteine, die als Vertreter der Schichtgruppe des Amm. Metternichii der Hallstätter Kalke angesehen werden mussten, dann noch ein fossilfreier Kalk und Dolomit als Vertreter der Hallstätter Gruppe des Tr. Aonoides und erst darüber die Carditaschichten mit Amm. floridus und Halobia rugosa und die ihnen concordant aufgelagerten Wettersteinkalke folgten. Die Aenderungen in der Schichtfolge von Nordtirol sind demnach einschneidend genug, wenn man die früheren Mittheilungen E. v. Mojsisovics’s selbst über diesen Gegenstand vergleicht. Und wenn man sich fragt, wozu das alles gut war, nachdem F. v. Richthofen bereits im Jahrbuche der k krgeoL R.-A. 1859, X. 8. 72 etc. (vergl. speciell 8. 81) kuszıım klar die richtige Schichtfolge der Nordtiroler’ Trias publieirt hatte, an welcher auch heute noch nichts ge- ändert zu werden braucht, als dass der NamezuzıE stätter Kalk* durch „Wettersteinkalk“ ersetzt wird, was ist die Antwort darauf? Es ist kurz zuvor der ganz merkwürdigen Art und Weise ge- dacht worden, in welcher in Verhandl. 1871, S. 215 der bisher so wichtige Horizont des Partnachdolomites verschwindet, und zugleich die Frage aufgeworfen worden, wohin derselbe denn eigentlich komme. Eine nachfolgende kleine Mittheilung von E. v. Mojsisovies über den nordwestlichen Theil des Wettersteingebirges Verhandl. 1871, S. 215—217 ist vielleicht geeignet, wenigstens theilweise hierüber Aufschluss zu geben. Es wird in derselben nämlich gesagt, dass bei früherer Gelegenheit (1868) der Hauptdolomit des Wettersteinwaldes für Partnachdolomit angesprochen wurde. Am westlichen Fusse der Zugspitze dagegen wird eine Bildung ganz vom Ansehen jener oft mächtigen Kalk- und Dolomitmassen angegeben, die im Hangenden der Partnachmergel liegen „und bisher als Partnachdolomite be- zeichnet worden sind“. „Sie bildet hier unzweifelhaft das Liegende der Wettersteinkalke.“ Carditaschichten und Hauptdolomit sollen auch hier vollkommen discordant auf dem Wettersteinkalke liegen. Es zeigt sich also neuestens schon wieder die kleine Abänderung, dass die (echten) Carditaschichten nicht so sehr im Hangenden des Wetter- steinkalkes, als vielmehr genauer im Liegenden des Hauptdolomites auftreten, resp. an diesen letzteren gebunden sind. Eine der wichtigeren Publieationen E. v. Mojsisovies’s in Hinsicht der Gliederung der oberen alpinen Trias ist erschienen in den Verh. 1872, S.5—13 unter dem Titel „Parallelen in der oberen Trias der Alpen®. Sie enthält wieder eine tabellarische Uebersicht wie die Jahrbuchsarbeit von 1869 und nimmt gleichzeitig Bezug auf die kurz vorher erschienene „Geologie der Steiermark“ von D. Stur. E. v. Mojsisoviecs bemerkt einleitend, dass Stur hier Ansichten entwickle, welche in einigen Fundamentalfragen sowohl von der Mei- Be net 7° [65] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 297 nung der Mehrzahl der älteren Beobachter als auch von den Resul- taten seiner eigenen (Mojsisovics’s) Untersuchungen und Studien bedeutend abweichen. „Da ich die weitere Ausführung der von mir vertretenen Anschauungen“ heisst es weiter, „über die Gliederung der oberen Trias bis zum völligen Abschlusse meiner einschlägigen palaeontologischen Arbeiten zu verschieben gesonnen bin, worüber immerhin noch ein bis zwei Jahre verfliessen können“ (sic! man schrieb damals 1872), „so tritt an mich die unabweisbare Nöthigung heran, gegenüber Stur unmittelbar jetzt nach Erscheinen von dessen „Geologie der Steiermark“ meinen Standpunkt in aller Kürze darzulegen. Es scheint mir das geboten, erstens damit mein Stillschweigen nicht als Aufgeben meiner bisher bekannt gewordenen Ansichten gedeutet werde, zweitens um die weniger in das ver- wickelte Detail der einschlägigen Thatsachen vertrauten Fachgenossen in den Stand zu setzen, sich ein selbständiges Urtheil zu bilden“. Diese Motivirung ist ganz vortrefflich und so gehalten, dass in analogen Fällen auf sie verwiesen werden kann. „Zur Zeit, als ich meine Studien in der alpinen Trias begann“, fährt E. v. Mojsisovics fort, „galt es der Mehrzahl der Beob- achter noch als Axiom, dass die sämmtlichen Ablagerungen der Trias in ungestörter. vollkommen concordanter Weise übereinander folgen. Wengener und Cassianer Schichten wurden als ein zusammengehöriger Complex angesehen, welcher den Hallstätter Kalk unterlagert* (— fast genau dasselbe ist auch heute nach E. v. Mojsisovics selbst wieder der Fall!), „die Gliederung der Hallstätter Kalke selbst war über die Constatirung der Möglichkeit derselben nicht hinaus gekommen“ (— viel mehr über dieselbe hat man auch bis in die neueste Zeit nicht erfahren !). „Die Hauptarbeiten Stur’s fallen noch in die Zeit der Herrschaft dieser Anschauungen* (— desto merkwürdiger bleibt es, dass die von Stur 1871 und früher gegebene Gliederung sich fast durchaus als richtig erwiesen hat). „Der Ausgangspunkt zu Stur’s Parallelen bildet das Gebiet des Lunzer Sandsteins, eine Gegend, in welcher, wie sich leicht nachweisen lässt, meine norische Stufe ganz fehlt.“ D.h. zu jener Zeit behauptete E. v. Mojsisoviecs, dass dieselbe fehle, später hat er angenommen, sie sei vertreten im Reiflinger Kalke und 1892 endlich hat er zugegeben, dass die norischen Hallstätter Kalke weder fehlen noch im Reiflinger Kalke vertreten seien, sondern viel höher, über den Lunzer Sandsteinen liege, wie Stur schon längst ange- nommen hat. „Würde man die Reihenfolge der Triasablagerungen hier für vollständig, lückenlos halten, überhaupt von der Voraussetzung aus- gehen, dass man es im ganzen alpinen Triasgebiete mit einer hori- zontal und vertical eontinuirlichen Bildung zu thun habe, und wären die Cephalopodenfaunen der oberen Trias gänzlich unbekannt, unsere Kenntniss der organischen Einschlüsse daher viel lückenhafter als es in der That der Fall ist, so müsste man wahrscheinlich Stur’s Fol- ‚gerungen beipflichten.“ Dieser Satz involvirt thatsächlich, dass Stur schon damals Recht hatte und Recht behalten musste, denn die Lückenlosigkeit wurde später auch von E. v. Mojsisovics anerkannt 40* 298 A. Bittner. [66] und die Cephalopodenfaunen haben sich leider als für sich allein, ohne dass ihre genaue Lagerung bekannt ist, nicht genügend beweiskräftig erwiesen. Nachdem E. v. Mojsisovies ferner die Wichtigkeit des Aus- sangspunktes seiner Studien, des Salzkammergutes, und die Reich- haltigkeit seines palaeontologischen Materiales hervorgehoben hat, das aus acht verschiedenen Horizonten der Zlambach- und Hallstätter Schichten stamme (— es ist bemerkenswerth, dass die Kenntniss dieser acht Horizonte aber gleichzeitig immer als unwesentlich für die Leser hingestellt wird, so beispielsweise im Jahrb. 1869, S. 95; auch hier erfährt man nieht das mindeste über dieselben) und zu Vergleichen mit anderen Gebieten die breiteste, sicherste Grundlage darbiete, betont, er nochmals, dass er schon im J. 1869 als Hauptresultat der Studien über die Vertheilung der Organismen in den Zlambach- und Hallstätter Scbichten (-- also nicht in den Schichten der übrigen alpinen Trias ausserhalb des Salzkammergutes! —) die Thatsache mitgetheilt habe, dass mitten durch ‘die Hallstätter Kalke eine höchst wichtige palaeontologische Grenze hindurchläuft (— nach welcher, wie aus Jahrb 1869, S. 127 hervorgeht, eben die Unter- scheidung in eine norische und eine karnische Stufe getroffen wurde, die sich daher in erster Linie auf die Hallstätter Kalke bezieht!). Man erfährt hier ferner S. 7, dass die Zlambachschichten mit den unteren Hallstätter Kalken (also die norische Abtheilung) fünf, die oberen (karnischen) Hallstätter Kalke drei Niveaus einschliessen. „Diese acht Horizonte bilden eine Reihenfolge, welcher etwa eben so viel Bedeutung zukommt, als der Liasformation. Wollte man den stratigraphischen Werth dieser mit einem nach vielen Tausenden von Exemplaren zählenden Materiale erhaltenen Resultate läugnen, so müsste man überhaupt an den Fundamentalprineipien der histo- rischen Geologie zweifeln und die Möglichkeit chronologischer Fest- stellungen mittelst palaeontologischer Daten bestreiten.“ Die Mög- lichkeit chronologischer Darstellungen mittelst palaeontolo- sischer Daten allein, ohne die dazugehörigen stratigraphischen Thatsachen ist man allerdings berechtigt anzuzweifeln, die Sicherheit solcher Darstellungen sogar zu bestreiten, wie sich vielleicht niemals klarer gezeigt hat als in dem Falle der Hallstätter Kalke selbst, wo alle palaeontologischen Resultate nicht hindern konnten, dass die auf Grund derselben aufgestellte Gliederung von ihrem Urheber selbst später wieder umgestossen und gänzlich auf den Kopf gestellt werden musste. E. v. Mcojsisovies geht nun S. 7 auf die Darlegung der „seiner Gliederung und Parallelisirung zu Grunde liegenden That- sachen“ über. \ 1. Die Stellung der Hallstätter Kalke, abgeleitet aus palaeontologischen Daten. „Ohne die Lagerungsverhält- nisse zu berücksichtigen, ergibt sich lediglich auf Grundlage der Vertheilung der Fossilien in den Zlambach-Hallstätter Schichten mit Nothwendigkeit die Folgerung, dass die Cassianer, Raibler und Lunzer Schichten ein höheres Niveau einnehmen müssen, als die u WED WE | j [67] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 299 obersten Hallstätter Kalke“. Das muss man glauben, da Näheres über diese Vertheilung nicht mitgetheilt wird. Der Vergleich mit dem Aonschiefer und dem Reingrabener Schiefer, die mit den obersten Hallstätter Schichten gemeinsame Arten besitzen, ist denn doch kein rein palaeontologisc her Beweis, sondern in erster Linie stratigraphisch, da er ja von der Voraussetzung ausgeht, dass die übrigen Hallstätter Kalke eben unter diesen obersten Hallstätter Kalken liegen und ohne diese Voraussetzung zusammenfällt, neuestens auch wirklich zu- sammen gefallen ist. Derselbe „Beweis“ ist übrigens schon Jahrbuch 1869, S. 96 beigebracht worden. Auch dieser „Beweis“ hat nicht zu hindern vermocht, dass heute die „obersten Schichten“ der Hall- stätter Kalke zu den untersten derselben, und dass die Cassianer Schichten zu einem noch tieferen Niveau wurden. Dass keine einzige der in den Cassianer, Reingrabener etc. Schichten und auch keine der mit den „obersten“ Hallstätter Schichten gemeinsamen Arten in den norischen Hallstätter Schichten gefunden wurde, „was doch der Fall sein sollte, wenn die betreffenden Arten auch unterhalb der Hallstätter Schichten vorkommen würden“ (wie Stur will), erklärt sich ebeuso leicht durch die gegen damals verkehrte Lagerung der norischen gegenüber den karnischen Hallstätter Kalken. 2. Die Stellung der Hallstätter Kalke, abgeleitet aus den Lagerungsverhältnissen. Dieses Capitel ist nichts als ei Wiederholung der schon bei früherer Gelegenheit (Verhandl. 1871, 25) mitgetheilten Beobachtungen über die "Stellung der erz- En Kalke zu den Bleiberger Schichten und deshalb eigentlich auch nur eine locale Variation dessen, was schon im ersten Abschnitte gesagt wurde. Dass darin kein Beweis für die Stellung der gesammten Hallstätter Kalke liegt, darauf wurde schon oben S. 293 hingewiesen. Weit interessanter ist, dass man aus diesem Capitel deduciren kann, dass über die Lagerung der Hallstätter Kalke im Salzkammergute so gut wie gar nichts bekannt war, denn sonst würde E. v. Mojsi- sovies ja doch nicht unterlassen haben, die diesbezüglichen Daten bekannt zu geben und würde nicht nöthig gehabt haben, auf die Karawanken hinüberzugreifen, um die Stellung der Hallstätter Kalke aus den Lagerungsverhältnissen abzuleiten. Es ist wirklich eine der merkwürdigsten Thatsachen, dass man nicht im Stande war, bis in die neuere Zeit über die Lagerung echter Hallstätter Kalke irgend etwas Positives in Erfahrung zu bringen, wie das gelegentlich bereits von mir, Verh. 1884, S. 109, betont wurde. Und doch findet man so oft als eine Art Axiom angegeben, dass die Hallstätter Kalke zwischen zwei mergeligen Niveaus eingeschlossen liegen, von denen das untere als Partnach- schichten, Cassianer Schichten, untere Carditaschichten ete., das obere als obere Carditaschichten, Cassianer Schichten, Raibler Schichten u. s. f. bezeichnet wird. Diese Vorstellung hat sich vorzüglich durch die Arbeiten von F. v. Hauer, Gümbel und F.v. Riechthofen und in Folge des Umstandes herausgebildet, dass man den Nordtiroler Wetter- steinkalk als selbstverständliches Aequivalent des Gesammtcomplexes der Hallstätter Kalke annahm und die mehr oder weniger genau bekannte Lagerung des Wettersteinkalkes dann auch als für den 300 A. Bittner. [68] Hallstätter Kalk geltend betrachtete und auf denselben zurück übertrug. Man hat also hier den folgenschweren Missgriff begangen, von etwas Unbekanntem (der Lagerung der Hallstätter Kalke) auszugehen und ihrer Lagerung nach bekannte Schichtgruppen, die Wettersteinkalke, Esinokalke, erzführenden Kalke, diesem Hallstätter Kalke gleichzu- stellen, anstatt richtiger den umgekehrten Weg einzuschlagen und sich zu fragen, ob und in welcher Ausdehnung etwa die Hallstätter Kalke den Wettersteinkalken entsprächen. Durch diesen Fehler ist ein sehr grosser Theil der in der Literatur der oberen Trias eingerissenen Verwirrung hervorgerufen worden. Es hätte dieselbe zum grossen Theile vermieden werden können, wenn man sich nicht grundsätzlich den auch in dieser Be- ziehung besser begründeten und richtigeren Anschauungen Stur’s verschlossen und mit einer gewissen Absichtlichkeit das Gebiet des Lunzer Sandsteines, von welchem Stur bei seiner Trias- gliederung in erster Linie ausging, immer und immer wieder als zu einem solchen Unternehmen gänzlich ungeeignet bezeichnet und in Folge dessen endlich auch die gesammten Arbeiten Stur’s in dieser Hinsicht bis zu einem gewissen Grade discreditirt hätte, was umso- weniger gerechtfertigt war, als, wie sich neuestens herausstellt, gerade die Ansichten Stur’s auch über die Stellung der Hallstätter Kalke jene waren, welche der Wahrheit — wenn auch vielleicht nicht ganz entsprochen haben, so doch — am nächsten gekommen sind, was theilweise von F. v. Hauer bereits im Jahre 1868 (Erläute- rungen zur Uebersichtskarte, Jahrb. XVII, S. 16 ff.) anerkannt worden ist. Hier heisst es unter Anderem: „Die scharfe Parallelisirung der Hallstätter Kalke mit anderen Triasbildungen wird dadurch er- schwert, dass in der Nähe der Hallstätter Kalke die verschiedenen genauer charakterisirten Abtheilungen der letzteren (Cassianer Schichten, Raibl-Torer Schichten ete.) bisher kaum in befriedigender Sicherheit nachgewiesen werden konnten. Jede Gleichstellung dder unter den Hallstätter Kalken liegenden sog.. Zlambachschichten mit einer der oben genannten Schichtgruppen bleibt daher zweifelhaft. Den wichtigsten Anhaltspunkt zur Beurtheilung der Hallstätter Marmore bieten uns die Beobachtungen Sure, Ur Leider sind diese Beobachtungen und wichtigsten Anhaltspunkte in der nun folgenden Zeit der überstürzten Gliederungsversuche (urchaus nicht in der Weise berücksichtigt worden, wie sie es ver- dient hätten. Die Folgen davon haben sich in der ganzen Entwicklung der Triasliteratur nach 1866 in der einschneidendsten Weise fühlbar gemacht. Doch wir wollen nach dieser Abschweifung wieder zu den Dar- legungen von E. v. Mojsisoviecs in Verh. 1872, S. 5 ff. zurückkehren. Den Abschnitt 3 können wir hier überschlagen und wollen nur mehr auf die in Abschnitt 4 abermals betonte Transgression des „Cassian- Lunzer“ Complexes und des Hauptdolomites hinweisen. Die Cardita- schichten und der Hauptdolomit lagern zu einander stets concordant und mitsammen discordant über den älteren Bildungen, wie hier an- U en m m Du Ze 2 A u EZ 2 u ne We Meet ee ee eure. Dee Me [69] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 301 gegeben wird. Unter dem Complexe der Raibler, Cassianer und Lunzer Schichten sollen hie und da grössere Lücken bestehen. Im Schlussresume, S. 10, hebt E. v. Mojsisoviecs nochmals hervor, dass die Folgerungen, welche bereits aus der Vertheilung der Fossilien im Complexe der Zlambach-Hallstätter Schichten (welche Vertheilung aber auch hier wieder geheim gehalten wird) hervor- gehen, im grössten Theile der alpinen Trias durch directe Ueber- lagerung ihre volle unzweifelhafte Bestätigung finden. Es gehe daraus zur Evidenz hervor, dass im Gebiete des Lunzer Sandsteines die Reihenfolge der Trias eine lückenhafte ist. Der Opponitzer Dolomit mit den Lunzer Sandsteinen und den Aonschiefern an der Basis soll genau jenem Gomplexe obertriadischer Bildungen entsprechen, dessen Transgression an so vielen Punkten der Nord- und Südalpen nach- gewiesen ist. „Die Gegend, welche Stur zum Ausgangspunkte seiner Gliede- rung wählte, erscheint sonach zu einem solchen Unternehmen gänzlich ungeeignet etc.“ Zum Schlusse weist E. v. Mojsisovies auf die beigegebene Schichtentabelle hin und auf einige „Modificationen* gegenüber der Tabelle von 1869, welche insbesondere durch die neueren Erfahrungen über die Stellung des Wettersteinkalkes und seiner Aequivalente be- dingt seien. Esino bleibt im Hauptdolomite, die Cephalopoden von Esino nach Stoppani sprechen für ein von dem des Wetterstein- kalkes verschiedenes Niveau! „In den Hauptgrundzügen, ins- besondere in der Aufeinanderfolge der Faunen, hat szchi,die erste‘ Tabelle von 1869 als richtig erwiesen. Das Gesammtbild hat sich erfreulich vereinfacht“. Das heisst mit anderen Worten, es sind zwei ganze grosse Kalk — (Part- nachdolomit und Wettersteinkalk) und zwei Mergelniveaus (Cardita- und Torer Schichten) zu je einem einzigen Complexe zusammenge- zogen worden und die ganze Gliederung ist im vollen Rückgange zu der alten, vor 1866 bestehenden, begriffen. Charakteristisch ist es, wie S. 12 die Unterdrückung der Torer Schiehten, die noch kurz zuvor (Jahrb. 1871, S. 189) ein ganz bestimmtes oberstes Mergel- niveau bildeten, besprochen wird. Nicht nur der Wettersteinkalk ist herabgeschoben worden in das Niveau des oberen Hallstätter Kalkes, sondern auch der Partnachdolomit, wo er noch figurirt, ist in den unteren Hallstätter Kalk hinaufgeschoben worden; im Salzkammergute ist der Partnachdolomit ganz verschwunden, eine besondere Fähigkeit desselben, auf die schon oben, S. 295, hingewiesen wurde ; auch die Salzlager von Aussee und die Reichenhaller Kalke sind hier ver- schwunden und der Pötschenkalk ist dem unteren Hallstätter Kalke in Folge dessen so nahe gerückt, dass man das baldige Zusammenfliessen beider voraussehen kann. Auch in Nordtirol hat sich das Haller Salz- gebirge gänzlich verflüchtigt und an Stelle der fossilfreien Dolomite und Kalke, die 1869 die Hallstätter Kalke vertraten, ist von unten der Partnachdolomit und von oben der Wettersteinkalk hereingerückt, ohne dass man sich darüber Rechenschaft zu geben vermöchte, wohin denn eigentlich diese fossilfreien Aequivalente der sämmtlichen Hall- stätter Kalke seit 1869 gekommen seien. In Niederösterreich ist die, 309 A. Bittner. [70] Lücke seit 1869 noch grösser geworden u.s.f. u.s. f. Alles das hat sich vollzogen, ohne dass viel darüber geredet worden wäre. Dafür werden in einer kleinen Schlussbemerkung einige Incon- sequenzen Stur’s namhaft gemacht, wohl nur, um die Aufmerksamkeit des Lesers von den eigenen, weit grösseren Inconsequenzen abzulenken. So wird eigens darauf hingewiesen, dass bei Stur der Kalk des Wildanger, welcher Wettersteinkalk ist, als Hauptdolomit figurire, aber daran wird nicht erinnert, dass bei E. v. Mojsisovics noch ganz kurz zuvor der gesammte Wettersteinkalk als Hauptdolomit figurirte, da er als über den echten Carditaschichten liegend angenommen wurde. „Der Opponitzer Dolomit, seiner Stellung und seinem Habitus nach das offen- bare Aequivalent des Hauptdolomites* (noch 1869 ist der Opponitzer Dolomit bei Mojsisovics Wettersteinkalk und erst über dem Oppo- nitzer Dolomite folgt der Hauptdolomit!) „wird als älter und als gleich- zeitig mit dem viel älteren Hallstätter Kalk gedeutet“, sagt E. v. Mojsisovics hier vorwurfsvoll (auch das hat sich noch als richtig herausgestellt!). Es betreffen diese Ausstellungen, soweit sie sich über- haupt auf Fehler bei Stur beziehen, ganz unbedeutende Gegenstände im Vergleiche zu den riesengrossen Irrthümern, die uns aus jeder der Gliederungen E. v . Mojsisoviess entgegenstarren, sie hätten ganz und gar übergangen werden können, da sie sich theils selbst cor- rieiren, theils sogar von Anderen zu jener Zeit bereits corrigirt waren, am allerwenigsten aber hätten sie gerade von E. v. Mojsisovics an jener Stelle, Verh. 1872, S. 12, angeführt werden sollen, an welcher der Leser eine ausführlichere Darlegung der Art und Weise, wie die „erfreuliche Vereinfachung“ der 1872er Tabelle gegenüber jener vom Jahre 1869 zu Stande gekommen ist, zu erwarten berech- tigt war. Die ganze hier besprochene Arbeit E. v. Mojsisovies’s vom Jahre 1872 ist ein drastischer Beleg für die Nützlichkeit und Beständigkeit derartiger rein theoretischer Speculationen, denn man kann sagen, dass nicht ein Wort von den darin enthaltenen theoreti- schen Folgerungen wahr und richtig ist und aufrecht erhalten werden kann, soweit sich dieselben auf die eigentliche Gliedernng der oberen Trias beziehen und von E. v. Mojsisovics allein herrühren. Aus Verhandl. 1872, S. 254 ist zu entnehmen, dass der schon früher eine nur noch ganz untergeordnete Rolle spielende Partnach- dolomit hier auch formell gänzlich zu Gunsten des v. Richthofen’- schen Arlbergkalkes unterdrückt wird, während angegeben wird, dass der eigentliche Wettersteinkalk in Vorarlberg fehle, wie wieder ein- mal mit grösster Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Mit dem Wettersteinkalke scheinen, so heisst es, auch die Carditaschichten in Vorarlberg verschwunden zu sein. Das fällt insoferne auf, als ja erst nach Verhandl. 1871, S. 215 die Carditaschiehten an die Basis des transgredirenden Hauptdolomites gebunden sein sollen. Zwischen Arl- bergkalk und Hauptdolomit liegt an Stelle der Carditaschichten eine mächtige Gypsformation; von der Transgression und Discordanz des Hauptdolomits aber wird wider Erwarten nichts erwähnt, obschon dieselbe nach S. 9 desselben Jahrganges der Verhandlungen als eine ganz allgemeine Erscheinung. hingestellt wurde. [71] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 303 In der That scheint die Vorstellung von einer grossen Lücke und Denudation zwischen Wettersteinkalk und Carditaschichten bereits um jene Zeit einen ernstlichen Stoss erlitten zu haben, wenigstens kann man bereits aus dem Jahrbuch 1873, 8. 138 (E. v. Mojsisovics: Beiträge z. top. Geologie der Alpen III.) ent- nehmen, dass diese Lücke und Denudation nicht gar so bedeutend gewesen sein muss, da ein Theil der Fauna des Wettersteinkalkes und seiner Aequivalente unverändert in die Carditaschichten aufsteigt, und dass beide Formationsglieder sich an den meisten Stellen des Hauptverbreitungsbezirkes unmittelbar folgen und palaeonto- logisch innig verbunden seien. Weiter heisst es hier S. 154: „In scheinbar völlig concordanter Lagerung folgt in Vorarlberg über dem Arlbergkalke (dem Aequivalente des früher sogenannten Part- nachdolomits) eine Formation von Gyps und Rauchwacke, die v. Riehthofen als Aequivalent der Carditaschichten betrachtete, während Gümbel den Gyps mit der Rauchwacke als ünterste Lagen des Hauptdolomits betrachtet haben will“. „Es können auch für die Ansicht, dass stellenweise Gyps und Rauchwacke die gesammten Carditaschichten vertreten, gute Gründe beigebracht werden“. „Die Grenze zwischen Carditaschichten und Hauptdolomit ist keine scharfe“, andererseits „halten sich die Carditaschichten im Westen streng an den Wettersteinkalk und verschwinden mit demselben“. Es gibt hier auch Distriete „wo bei normaler Lagerung echte Oarditaschichten mit oder ohne Rauchwacken zwischen Wettersteinkalk und Haupt- dolomit lagern“. Von einer allgemeinen Transgression der Oardita- schichten und des Hauptdolomites ist also hier nicht mehr die Rede und die ganze Darstellung 1. e. S. 154 scheint eine Schwenkung und ein Aufgeben der Transgressionsidee einzuleiten und vorzubereiten. In diese Zeit fällt das Erscheinen des 1. Heftes des gross an- gelegten Werkes von E. v. Mojsisovies: Das Gebirge um Hall- statt (VI. Band der Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., angekündigt in Verhandl. 1873, S. 175). Es muss. als äusserst merkwürdig erscheinen, dass in der Einleitung zu dem rein palaeontologischen Theile dieser Arbeit von den noch in den Verhandl 1872, S. 7 abermals erwähnten acht palaeontologischen Horizonten der Hallstätter Bildungen nicht mit einem Worte die Rede ist, obwohl Verhandl. 1872, S. 6 wieder hervorgehoben wurde, dass der Inhalt dieser einzelnen, auch petro- graphisch constant unterscheidbaren Horizonte, die in stratigraphischer Beziehung von ausserordentlich gewichtiger Bedeu- tung sind, zu Vergleichen die breiteste, sicherste Grundlage darbiete. Auch in den Uebersichtstabellen im beschreibenden Theile sind keineswegs palaeontologische Horizonte, sondern in erster Linie und zumeist Fundorte eingestellt (meiner Meinung nach übrigens das Richtige) und nur die Trennung in eine norische und in eine karnische Stufe ist durchgeführt, wieder ein kräftiger Beleg mehr für die von mir festgehaltene Anschauung, dass der Terminus norisch in erster Linie nur für die Hallstätter Kalke Geltung besitzt. Wir haben gesehen, dass die bisher besprochenen Gliederungen der oberen Trias seit 1866 durch Wiederholungen der einfachen Schichtfolge gekennzeichnet sind, welche Wiederholungen nach und Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 41 304 A. Bittner. [72] nach eliminirt werden, bis endlich im Jahre 1872 eine.so grosse Vereinfachung eintritt, dass sie von E..v. Mojsisovies selbst als „eine erfreuliche“ bezeichnet wird. Als zweites Moment in diesen Gliederungen tritt die Annahme von Lücken, Discordanzen und Trans- gressionen hinzu, welche sich bis 1872 immer stärker bemerklich machen, nach dieser Zeit aber rasch verschwinden. Dagegen hat sich während dieser ersten grösseren Periode seiner Gliederungsversuche E. v. Mojsisovies als ein ziemlich entschiedener Gegner von Er- klärungen mittelst der Rifftheorie (man vergl. seine Bemerkungen gegen v. Riechthofen und Stur im Jahrb. 1869 bei den Abschnitten Süd- tirol und Raibl!) nicht nur, sondern auch mittelst complicirteren Facieswechsels überhaupt gezeigt. Darin liegt ein Hauptargument gegen Stur’s Gliederung in Verhandl. 1872, S. 10: „Zur Erklärung und Rechtfertigung der so complicirten Parallelisirung musste Stur consequenterweise eine ausserordentliche Manniegfaltig- keit der Facies annehmen. Ich bin nun weit entfernt davon, das Vorhandensein von Facieswechsel in der alpinen Trias läugnen zu wollen, aber ein derartiges Prävaliren der schneidendsten Gegensätze durch alle Glieder der oberen Trias, wie Stur es supponirt, ist nach den oben mitgetheilten Thatsachen über die Cephalopodenhorizonte (-—?—) und über die Transgression der Raibl- Lunz-Cassianer Schichten und des Hauptdolomites mit den facti- tischen Verhältnissen incongruent?)‘. Um das Jahr 1873 macht sich ein rascher Umschwung in den Ansichten E. v. Mojsisovies’s geltend, die Lücken und Trans- gressionen werden mit einem Schlage fast gänzlich aufgegeben, und es bahnt sich ein Einlenken in eine ganz andere Richtung an, welche durch manche Aesserungen in den vorher besprochenen Arbeiten im voraus sich ankündigt. Aber bei allen diesen noch näher zu bespre- chenden Aenderungen, und während die complieirte Gliederung von 1866 auf den alten Standpunkt vor diesem Jahre zurückgekommen ist, sehen wir E.v. Mojsisovies an einem Punkte um so starrer festhalten: das ist die Stellung der Hallstätter Kalke im Gegensatze zu Stur, welcher damals thatsächlich ganz isolirt stand. Die ganze Weiter- entwicklung der Triasfrage erhält thatsächlich in dieser controversen Stellung der Hallstätter Kalke ihren Angelpunkt und ihr Gepräge, was schon in der Parallelisirung in Verhandl. 1872 hervortritt. Auch hierin manifestirt sich noch in ganz deutlicher Weise der Einfluss jener „reformatorischen“ Bewegung in der Triasgliederung, die im Salzkammergute ihren Ausgang genommen hatte. Noch eine andere bemerkenswerthe Erscheinung stellt sich während der Uebergangsperiode von 1872—1873 ein. Während die früheren Arbeiten E. v. Mojsisovies’s eine hochgradige Selbst- ständigkeit aufweisen, die nicht nur in den Ansichten selbst, sondern auch in der nur geringen Berücksichtigung der Resultate älterer ') Sehon in der Einleitung zum „Gebirge um Hallstatt“ 1873, also kaum ein Jahr später, heisst es, dass im Salzkammergute ganze Schichtreihen einen überraschend jähen Wechsel der Facies zeigen, und dass hier nichts Regel zu sein scheine, als der Wechsel der schneidendsten Gegensätze. () Lo ziel 2 UWE GL FEN Du; eu T. [73] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 305 Arbeiten und in der freien Deutung derselben zu. Tage tritt, macht sich gerade in der Frage der Hallstätter Kalke ein Anlehnen an die Anschauungen anderer maassgebender Forscher bemerkbar, das sich vielleicht nirgends klarer äussert als in Verhandl. 1872, S. 5, wo es heisst, dass Stur in seiner „Geologie der Steiermark“ Ansichten ent- wickelt habe, die in einigen Fundamentalfragen sowohl von der Meinung der Mehrzahl der älteren Beobachter als auch von den Resultaten von E. v. Mojsisovics’s eigenen Untersuchungen und Studien bedeutend abweichen. Diese Berufung auf die Meinungen älterer Forscher gerade an dieser Stelle ist überaus bezeichnend und für die Weiter- entwicklung der ganzen Angelegenheit sozusagen symptomatisch. In der That ist diese, wie wir bald sehen werden, nicht so sehr durch neue von E. v. Mojsisovics beobachtete Thatsachen und aus diesen gezogenen Folgerungen, sondern hauptsächlich durch neue Termini und Schlagworte, unter welchen sich die bekannten Resultate älterer Forscher präsentiren, gekennzeichnet. Die neue Periode wird eingeleitet durch eine grössere Arbeit E. v. Mojsisovics’s im Jahrb, 1874, S. 81—134 „Faunengebiete und Faciesgebilde der Triasperiode in den Ostalpen“. Die der richtigen Deutung und Parallelisirung der alpinen Trias- ablagerungen so bedeutende, unüberwindlich scheinende Hindernisse entgegensetzenden Hauptschwierigkeiten liegen, wie E. v. Mojsiso- vies nunmehr erkannt hat, in dem Vorhandensein getrennter zoologischer Provinzen!) und in dem Nebeneinander- vorkommen abweichender, stellvertretender Facies- sebilde?2). „Verschiedene im Laufe der letzten Jahre ausgeführte Reisen und auf reiches Materiale gestützte palaeontologische Detail- untersuchungen“, heisst es hier S. 82, „haben mich allmählig zum Bewusstsein dieser Thatsachen geleitet, deren Erkenntniss völlig neue Gesichtspunkte eröffnet und die vielen scheinbaren Widersprüche ?) mit Einem Schlage beseitigt. Die Methode, durch welche ich zu so günstigen Resultaten gelangte, war eine streng palaeontologische“. „Es ist beinahe selbstverständlich“, heisst es S. 82 weiter, „dass eine solche eingreifende Aenderung der stratigraphischen Grundlagen ®) auch einige Aenderungen in den bisher von den alpinen Triasforschern und“ (— hier fehlt die Einschaltung „ganz besonders“ —) „von mir selbst in meinen älteren diesbezüglichen Arbeiten angenommenen ') Es ist bekannt, dass Neumayr kurz vorher mit den zoologischen Pro- vinzen im Jura operirt und schöne Erfolge erreicht hatte. ?) Hier hätte wohl Stur und F. v. Richthofen erwähnt werden dürfen, insbesondere Stur, der noch Verh. 1872, S. 10 wegen Annahme von Facieswechsel angegriffen worden war. 3) Also trotz der „erfreulichen Vereinfachung“ der Gliederung vom Jahre 1872 sollen noch viele scheinbare Widersprüche dagewesen sein! *) Es mag vieles selbstverständlich sein oder auch nicht, warum und wieso aber durch die Reisen und palaeontologischen Untersuchungen irgend eines Forschers auch eine eingreifende Aenderung der stratigraphischen Grundlagen bewirkt werden soll, das wird für alle Zeiten unverständlich bleiben! Vielleicht soll es hier heissen „Aenderungen in den Anschauungen über die strati- graphischen Grundlagen ?* 41* 306 A. Bittner. [74] Reihenfolge der Triasglieder und der Parallelisirung der localen Ent- wieklungen herbeiführen musste ..... . Ich will nicht behaupten, die gegenwärtig erreichten Resultate wären keiner weiterer Verbesserungen und Modificationen bedürftig ..... So lückenhaft auch die hier mit- vetheilten Umrisse in manchen Beziehungen noch sein mögen, so halte ich dieselben doch für einen im allgemeinen wesentlich festen Rahmen, der weiteren Untersuchungen zur Grundlage dienen kann. Eine weitere Ausführung und Belegung bleibt dem 3. Theile meiner Arbeit „über das Gebirge von Hallstatt“ vorbehalten“. So viel aus der Einleitung, um den neuesten, total veränderten Standpunkt des Verfassers zu präcisiren. Aus Abschnitt I. Faunengebiete entnehmen wir Folgendes: Zunächst wird auf die Trennung der Hallstätter Kalke in eine norische und in eine karnische Abtheilung zurückverwiesen, welche Gliederung dann bekanntlich auf die gesammte alpine Trias aus- sedehnt wurde. Es zeigt sich nun, wird weiter ausgeführt, dass der Beginn der (oberen) karnischen Stufe mit einem für die Alpen höchst wichtigen Ereignisse zusammenfällt. Während der ganzen Dauer der (älteren) norischen Stufe wurden nämlich die Distriete, in denen sich die Zlambachschichten und die unteren Hallstätter Kalke, also die norischen Hallstätter Bildungen (Metternichii - Schichten) ablagerten, von eigenthümlichen, auf das Verbreitungsgebiet der genannten Bil- dungen beschränkten Formen und Faunen bewohnt. Es hatte sich da in einem schmalen Streifen zwischen Berchtesgaden und Wien (dessen Begrenzung S. 84 näher angegeben wird) inmitten der nordöstlichen Kalkalpen eine eigene abgeschlossene „Provinz“ herausgebildet, welche als „juvavische Provinz“ gegenüber der „mediterranen“, die das übrige Gebiet der Alpen umfasst, bezeichnet wird. Erst mit dem Beeinne der karnischen Stufe öffneten sich wieder Communicationen mit der mediterranen Provinz: Typen der juvavischen Provinz verbreiteten sich in die mediterrane und mediterrane Typen in den Raum der ehemals bestandenen juvavischen Provinz, in welcher die Eindringlinge sogar meist die Oberhand behielten. Besonders wichtig sind in dieser Hinsicht Halobia und Daonella. Daonella, die ältere (rattung, existirt schon im Muschelkalk, Halobia entwickelt sich aus ihr in der juvavischen Provinz, während diese in der norischen Zeit abgeschlossen war, so dass in den norischen Hallstätter Kalken keine einzige Daonella, in den ausserjuvavischen norischen Bildungen keine einzige Halobia zu finden ist. Erst zur karnischen Zeit drangen Daonellen wieder in das Gebiet der Hallstätter Kalke ein und Halobia rugosa, die aus den norischen Hallstätter Kalken stammt, verbreitete sich in der übrigen alpinen Trias. Damit hängt es wahrscheinlich zusammen, dass die beiden einzigen bekannten echten aussereuro- päischen Halobien, //. Hochstetteri und H. Zitteli, dem Stamme der Halobia rugosa angehören. Die Vermischung der juvavischen und mediterranen Typen am Beginne der karnischen Zeit ging nicht plötzlich vor sich; während der Bildung der juvavischen Zone des Bucephalus subbullatus erschienen erst einzelne mediterrane Formen, in der Zone des Tr. Aonoides traten sie in grosser Anzahl auf. Die Existenz einer dritten, exotischen Provinz, die während der no- [75] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 307 rischen, karnischen und rhätischen Zeit von den alpinen Provinzen gesondert war, ergibt sich aus der Intermittenz der Ammoniten- gattungen Aegoceras und Amaltheus, die im alpinen Muschelkalke ausgezeichnet vertreten, mit Beginn der norischen Zeit aus den euro- päischen Gewässern verschwunden und erst in rhätischer und liasischer Zeit wieder erschienen sind. Diese dritte Provinz dürfte im Osten oder Südosten gelegen sein, wie aus der Verbreitung von Phylloceras ver- muthet werden kann, der sich wahrscheinlich während der zu Beginn der karnischen Zeit eröffneten Communication über Siebenbürgen nach dem Osten oder Südosten zurückzog. Auch die Raibler Schichten zeigen noch eine Art provinzielle Sonderung. Diese hier im Auszuge wiedergegebenen theoretischen Aus- einandersetzungen, so schön sie auch klingen, sind heute kaum mehr von historischem Interesse, höchstens als Beiträge zu den Verirrungen wissenschaftlicher Speculation. Dennoch haben sie in den folgenden Jahren eine hervorragende Rolle gespielt und sind vielfach mit schönen ‚ Einzelheiten ausgeschmückt weiter behandelt worden. Diese ganze Geschichte von den alpinen Triasprovinzen ist, trotzdem sie heute sammt den innig damit verknüpften Legenden von Halobia und Daonella, von Aegoceras und Amaltheus, verlassen und veraltet ist, dennoch als Beleg für den Werth derartiger Theoreme so lehrreich, dass noch eine Zeit lang bei ihr verweilt werden soll. Bleiben wir zunächst einmal bei der Geschichte von Aego- ceras und Amaltheus. Der interessante Rückzug dieser beiden in ein entlegenes Meer wird noch in E. v. Mojsisovics’s Dolomitriffen 1879, S. 49 als eines der wichtigsten Ereignisse, welche den Beginn der norischen Zeit in den Alpen einleiten, bezeichnet und weiter ausgesponnen. Durch diesen Rückzug von dAegoceras und Amaltheus sind uns, wie es da S. 50 heisst, bereits zwei zoogeographische Provinzen angedeutet (nämlich offenbar eine, aus welcher, und eine andere, in welche sie sich zurückgezogen haben!). In Folge dieser eminenten Wichtigkeit gedachten Rückzuges berührt es um so unan- genehmer, wenn man in der Einleitung zu „Cephalopoden der medi- terranen Triasprovinz“ von E. v. Mojsisovies, Abhandl. X. der k. k. geol. R.-A. 1882, S. IV plötzlich ganz unvermittelt folgenden Passus findet: „Die Folgerungen, welche aus dem vermeintlichen Auftreten der Gattungen Psiloceras (Aegoceras) und Amaltheus im Muschelkalk gezogen worden sind, müssennunalsunberechtigt zurückgewiesen werden, nachdem sich die Unrichtigkeit dieser (Grattungsbestimmungen herausgestellt hat.“ Diese Art, sich in einer so entschiedenen Weise selbst zu dementiren, ohne sich dureh Nennung des Namens bloszustellen, darf wohl als ganz originell und kaum noch dagewesen bezeichnet werden. Und in den Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1882, S. 199, wo die Einleitung zu den „Cephalopoden der mediterranen Provinz“ nahezu wörtlich abgedruckt ist, fehlt auch dieser polemische Passus in der Angelegenheit „Aegoceras und Amultheus“, was übrigens be- greiflich ist, da man ja derartige entschiedene Zurückweisungen nicht gerne allzuoft anbringt, selbst auf die Gefahr hin, dass sie weiteren Leserkreisen gänzlich entgehen, wie das speciell auch in diesem Falle 308 A. Bittner. [76] vorgekommen ist, worauf ich bereits in Verhandl. 1893, S. 226 hin- gewiesen habe. Wenn bei Lapparant 13892 noch die in der oben an- geführten Weise zehn Jahre zuvor dementirte Geschichte vom Rückzuge des .Iegoceras und Amalthens als eine besondere Errungenschaft der modernen Alpengeologie angeführt werden konnte, so beweist das schlagend, dass die Art, in welcher und der Ort, an welchem diese (reschichte zurückgenommen wurde, durchaus nicht die richtigen waren, es beweist das ebenso schlagend die Richtigkeit des Grundsatzes, dass jeder Autor, der sich genöthigt sieht, schöne Ideen und geist- reiche Einfälle, die er Jahre hindurch zur Ausschmückung seiner wissenschaftlichen Arbeiten verwendet hat, aufzugeben, auch den Muth besitzen sollte, dieselben in der entsprechenden augenfälligen Form zu widerrufen, damit sie nicht noch Jahre nachher, nachdem er sie selbst fallen gelassen hat, in Schriften anderer Autoren als neueste Waare zu Markte gebracht werden. Dass das in diesem uns hier be- schäftigenden Falle geschehen konnte, beweist ferner allein zur Genüge, wie nothwendig und nützlich derartige Rückblicke über gewisse Perioden wissenschaftlicher Thätigkeit sind. Ein etwas anderes Bild als die Sage vom Rückzuge des 4ego- ceras und Ameltheus bietet die Entwicklung der zweiten, mit der Theorie von den beiden Provinzen eng verknüpften Geschichte von Halobia und Daonella. Da lassen sich schon vom Anbeginne an schwere Bedenken nicht unterdrücken. Schon die Annahme, dass sich Halobra gerade in dem schmalen Kalkalpenstreifen zwischen Berchtes- saden und Wien zur norischen Zeit entwickelt haben und später von da bis nach Spitzbergen und Neuseeland ausgewandert sein soll, setzt eine starke Glaubensfreudigkeit voraus, zumal da sie ja eigentlich schwer zu einem Beweise zu erheben ist; eine noch viel stärkere Anforderung an die Gläubigkeit des Lesers wird gestellt durch die nothwendige Folge dieser Annahme und zugleich der Behauptung, dass zur norischen Zeit überhaupt keine Daonella in der juvavischen Provinz gelebt habe: diese Folge wäre, da Daonella im Muschelkalke der Juvavischen Provinz gelebt hat, dass sie zu Beginn der norischen Zeit, während sich. Halobia aus ihr zu entwickeln anfing, gleichzeitig selbst. in der juvavischen Provinz ausgestorben und erst neuerdings zu Beginn der karnischen Zeit in diese Provinz eingewandert sei. Das sind Anforderungen, die an und für sich geeignet waren, die ganze Trennung der beiden Provinzen vollkommen und von allem Anbeginne in Frage zu stellen. Wir wollen aber auf die einzelnen Phasen der Geschichte von Halobia und Daonella ein wenig näher eingehen und wenigstens die Hauptpunkte der Entwicklung derselben hervorheben. Im Jahrbuche 1874, S. 120 wird einmal die eminente Bedeutung der Halobien durch den Satz hervorgehoben: „Die Halobienbänke sind durch strenge auf ihr Niveau beschränkte Arten scharf charakterisirt“. In Verhandl. 1874, S. 214 ff. ist das Verhalten der Halobien zu den Provinzen und Stufen der alpinen Trias genauer dargestellt. „Ilalobia tritt zum ersten Male in den Zlambachschichten auf und ist während der ganzen Dauer der norischen Stufe ausschliesslich auf die juvavische Provinz beschränkt, in welcher zur selben Zeit [77] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 309 'keine einzige Daonella lebte. In den gleichzeitigen Bildungen der mediterranen Provinz — also in den heute ladinischen Bildungen — dauerte Daonella generisch :unverändert fort. Erst am Beginne der karnischen Stufe, als die Scheidung der juvavischen und mediterranen Provinz aufhörte, drangen Daonellen in das Gebiet der ehemaligen Juvavischen Provinz ein und verbreitete sich Halobia über die Grenzen der juvavischen Provinz hinaus. Halobia ist sonach ein in der ab- geschlossenen juvavischen Provinz durch die Differenzirung eines vorderen Ohres generisch abgeänderter Seitenzweig von Daonella.“ In der grösseren Abhandlung über Daonella und Halobia vom Jahre 1874 liest man: Erst in den allerobersten Lagen der Hall- stätter Kalke (— welche heute die untersten sind —) kommen Dao- nellen vor und erst zur Raibler Zeit (— welche damals für Jünger galt als die Gesammtmasse der Hallstätter Kalke —) verbreitet sich vom Salzkammergute aus (!) eine Halobia (H. rugosa) allgemein über die Nord- und Südalpen (— und bis Spitzbergen und Neu- seeland!). In einer Anmerkung heisst es hier ferner: Aus älteren als Raibler Schichten kennt man in den Südalpen nur im Füreder Kalke des Bakonyerwaldes eine echte Halobia. Der obere Theil des Füreder Kalkes entspricht wahrscheinlich St. Cassian und den Subbullatus- Schichten der Hallstätter Kalke. Im Jahrb. 1874, S. 103 wird die Bedeutung der Halobien des Füreder Kalkes durch den Ausspruch erhöht, dass Halobien in der mediterranen Provinz kar- nisches Alter der betreffenden Schichten anzeigen. Da ist also schon der Cireulus vitiosus. Erst wurde das Auftreten der Halobien zur Creirung der juvavischen Provinz in erster Linie mitverwerthet und dann wird sofort rückgeschlossen, dass ausser- juvavische Halobien nicht norisch (im alten Sinne) sein können. Die in fünfzehn Sätze zusammengefassten Schluss- resultate der Arbeit über Daonella und Halobia in Abhandl. VII, S. 34 sind fast alle bereits längst nicht mehr haltbar, da sie fast ausnahmslos auf der Vorstellung von den zwei getrennten Provinzen und auf der Annahme, dass die norischen Hallstätter Kalke unter den karnischen Hallstätter Kalken liegen, basiren. Es wäre daher über- flüssig, auf dieselben hier näher einzugehen. In Verhandl. 1879, S. 189 wird eine Halobia aus den Hallstätter Kalken (Cassianer Schichten) der Bukowina namhaft gemacht und dadurch nach E. v. Mojsisovies ein weiterer Beleg für die am Beginne der karnischen Zeit sich vorbereitende Mengung mediter- raner und juvavischer Elemente geliefert. Da nach Abhandl. X, 1882 die unteren Füreder Kalke die Cephalopoden der Wengener Schichten führen, somit nur die oberen Füreder Kalke nach E. v. Mojsisovies den Cassianer Schichten entsprechen können, so wären die Füreder Kalke immerhin auch ein Beleg für den innigen Zusammenhang der Wengener und Cassianer Schichten und ihre Vereinigung in einen einzigen grösseren Schichtcomplex. Für die Beziehungen der Halobia der Cassianer Schichten gilt übrigens dasselbe, wie für die Schluss- sätze der Arbeit über Daonella und Halobia. 310 A. Bittner. [78] Weiterhin fliesst die Literatur über Halobia und Daonella nur noch äusserst spärlich. Aus Verhandl. 1886, S. 165 entnimmt man die Nachricht, dass nach den neuesten Erfahrungen in den europäi- schen Alpen die ersten Halobien inden Grenzschichten zwischen dem oberen Muschelkalke und den Zlambachschichten auftreten. Nach- dem heute die Zlambachschichten hoch oben im Dachsteinkalkniveau liegen, ist auch dieser Ausspruch insoferne hinfällig, als es keine derartigen Grenzschichten geben kann, und es entsteht gie Frage, wele her Art müssen diese Grenzschichten gewesen sein’und auf was für Beobachtungen muss sich die Angabe von der Existenz von Grenzschichten zwischen so ‚weit von einander entfernten Niveaus gegründet haben ? In dieser Weise verliert sich nach und nach das Interesse für die anfangs stratigraphisch so bedeutsamen Formen aus den Gattungen Halobia und Daonella, und da neuestens sogar ernstliche Zweifel an der Trennbarkeit beider Geschlechter (durch A. Rothpletz in Palaeontographica 39. Band, 1892, S. 91) laut wurden, so wird eine Neuüntersuchung feststellen müssen, ob Daonella aufrecht erhalten werden kann oder mit Halobia wieder vereinigt werden muss, wie es Rothpletz schon heute thut. Dass die Mehrzahl der von E. v. Mojsi- sovieces in Hinsicht der Verbreitung dieser beiden Gattungen ge- zogenen Schlüsse heute nicht mehr haltbar sei, wurde bereits oben wiederholt hervorgehoben. Dieselben sind zwar nicht formell dementirt oder zurückgezogen worden, sie fallen jedoch mit der Provinzein- theilung, für deren Aufstellung gerade die Vertheilung der Halo- bien (vergl. Jahrb. 1874) eine Hauptstütze gewesen ist, allerdings nur eine scheinbare, da auch sie wieder auf der falschen Voraus- setzung, dass die norischen Hallstätter Kalke unter den karnischen Hallstätter Kalken liegen, beruhte. Nachdem im Vorangehenden die wichtigsten Daten der Geschichte von Aegoceras und Amaltheus und von Halobia und Daonella mitge- theilt wurden, soll nunmehr das Wesentlichste aus der Geschichte der beiden alpinen Triasprovinzen im Zusammenhange dargestellt werden. Die Gründung dieser: beiden Provinzen fällt in das Jahr 1874. Sie haben in den Schriften von E. v. Mojsisovics bestanden bis 1892, also während eines Zeitraumes von 18 Jahren. Die Literatur über dieselben ist demnach eine ziemlich umfangreiche. Es sei nur Einiges aus derselben entnommen. Die Erkenntniss des Vorhandenseins getrennter zoologischer Provinzen wird neben jener bereits früher zum Durchbruche gelangten Ikenntniss des Nebeneinandervorkommens abweichender Faciesgebilde im Jahrb. 1874 S. 81 ff. als ein ganz neues Universalmittel gefeiert, welches neue Gesichtspunkte eröffnet und die vielen scheinbaren Widersprüche mit Einem Schlage besei- tigt! Der Beginn der karnischen Stufe fällt, wie sich zeigt, mit einem höchst wichtigen Freignisse zusammen, heisst es weiter, näm- lich mit der Wiederöffnung der Communication jener Gewässer, aus denen sich während’der „norischen“ (heute ladi- [79] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 311 nischen) Zeit die Zlambachschichten und „unteren“ Hallstätter Kalke niederschlugen, nach Westen und Süden. Es hatte sich nämlich zur „norischen“ Zeit in den Nordostalpen ein selbstständiges Faunengebiet herausgebildet, welches weiterhin als juvavische Provinz der „norischen“ Stufe der übrigen alpinen Trias, die als mediter- rane Provinz bezeichnet wird, gegenübergestellt wird. Es fällt auf, dass von dem gewiss ebenso merkwürdigen und wichtigen Ereignisse, dass nämlich die „juvavische Provinz“ ent- standen ist, in dieser Auseinandersetzung nicht ausgegangen wird, obwohl das doch wohl sehr naheliegend gewesen wäre. Der Leser wird hier durch die Mittheilung, dass zu Beginn der karnischen Zeit eine eigene Provinz aufgehört habe zu existiren, geradezu überrascht, denn er erfährt erst später, dass eine solche überhaupt existirt habe. Wie aber der Autor zur Annahme der Existenz dieser Provinz ge- kommen sei, das erfährt der Leser nicht. Und doch ist es ein sehr einfacher Weg. Da die norischen Hallstätter Kalke unter die karmischen gestellt worden waren, wenn auch ohne jeden Grund, so war es bei der fortschreitenden Kenntniss der südalpinen Niveaus der Buchensteiner und Wengener Schichten, mit denen sie dann paral- lelisirt werden mussten, nicht zu vermeiden, dass die absolute Nicht- übereinstimmung der beiderseitigen Faunen auffallen musste. Anstatt nun, was ganz naheliegend gewesen wäre, daraus zu schliessen, dass die heute ladinischen Ablagerungen der Südalpen, die Buchen- steiner, Wengener und auch die Cassianer Schichten demnach offen- bar nicht mit den norischen Hallstätter Kalken zeitlich zusammen- fallen können, sondern dass, da man ja über die Aufeinanderfolge und Stellung der ladinischen Niveaus völlig im Klaren war, diese norischen Hallstätter Kalke da liegen müssen, wo sie schon Stur hingestellt hatte, nämlich über den karni- schen Hallstätter Kalken, griff man zu dem Auswege, das Vorhandensein getrennter Meeresprovinzen anzunehmen, sage und wiederhole anzunehmen, denn von einem Beweise, dass solche existirten, ist ja nie die Rede gewesen. Man hatte damit einen in zweifacher Richtung glücklichen Griff gethan: erstens, und das war die Hauptsache, war die Gefahr, zugestehen zu müssen, dass Stur’s Ansicht von der Stellung der Hallstätter Kalke die richtige sei, wieder aufs Unbestimmte hinausgeschoben und abgewendet — und zweitens konnte mit Zuhilfenahme zweier getrennter Meeresprovinzen in der alpinen Trias wieder auf’s Wunderbarste weiter theoretisirt und spe- eulirt werden. Das ist also die ganz simple Entstehungsgeschichte der beiden alpinen Triasprovinzen, darin lag das Arcanum, durch welches „die vielen scheinbaren Widersprüche mit einem Schlage beseitigt, und durch welches völlig neue Gesichtspunkte eröffnet wurden“. E. v. Mojsi- sovices geht auch S. 83 des Jahrb. 1874 sofort an die Darstellung jener neuen Errungenschaften und neuen Gesichtspunkte. Es wird die Geschichte von Halobia und Daonella erörtert, es wird mit vielem Scharfsinne auf die Existenz einer weiteren aussereuropäischen Provinz geschlossen, es werden Communicationen mit fernen Meeren Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 49 312 A. Bittner. [80] eröffnet und wieder aufgehoben, es werden grossartige Wanderungen, Rückzüge und Vorstösse in Scene gesetzt und was dergleichen moderne Speculationen ins alpin-triadische übersetzt, mehr sind. Die theoretische Fruchtbarkeit des neuen Standpunktes zeigt sich wirklich über alle Erwartung erhaben. Die juvavische Provinz war ursprünglich nur als schmaler Streifen inmitten der Kalkalpenzone zwischen Berchtesgaden und Wien gedacht, gegen welche provinzielle Begrenzung schon v. Hauer gleich Anfangs seine Bedenken geäussert hat, denn eine „Provinz“, die nicht einmal durch die ganze Breite einer Kalkalpenzone durch- greift und „in der nördlichen Aussenzone dieser Kalkalpen entweder durch geringmächtige, fossilarme Faciesgebilde oder aber auch stellen- weise vielleicht gar nicht vertreten ist“, muss wohl einigermaassen befremden. Der östlichste bekannte Punkt der juvavischen Provinz war im Jahre 1874 Hernstein bei Wr.-Neustadt. Die juvavische Provinz des Jahres 1874 war somit thatsächlich nichts als ein theoretischer Raum, der die bis dahin bekannten unzusammenhängenden Vorkomm- nisse von Hallstätter Kalken inmitten der nordöstlichen Kalkalpen umfasste. Gegen Westen sowohl als gegen Osten war die Provinz wahrscheinlich während der norischen Zeit abgeschlossen; als mög- lich wird indessen angenommen, dass ein Strich des Karpathenvor- landes, der jetzt von Kreide und Tertiär bedeckt wird, während der ganzen norischen Zeit zur Juvavischen Provinz gehörte: am Schlusse der norischen Zeit öffnete sich jedenfalls längs des nördlichen Aussen- randes der Karpathen eine Verbindung mit Siebenbürgen, wo einige . charakteristische Arten der Zone des Trachyceras bierenatum ') Vor- kommen. Zu dieser Zeit zog sich auch Phylloceras nach dem Osten und Südosten zurück. Interessant sind auch die mitgetheilten Er- hebungen darüber, wie am Beginne der karnischen Zeit die Ver- mischung der juvavischen und mediterranen Typen stattfand und über die Art und Weise, in welcher die Aus- und Einwanderung während der Bildungsdauer der Zone des Bucephalus subbullatus vor sieh ging. Es deutet das angeblich darauf hin, dass die Schichten von St. Cassian mit der „Zene* des Bucephalus subbullatus beiläufig gleichalterig seien. Heute ist das freilich ein überholter Standpunkt. Die Charakteristik der „juvavischen Provinz“ als eines schmalen, vom Salzkammergute gegen Osten bis Wr.- Neustadt verlaufenden mittleren Striches der nördlichen Kalkalpen wiederholt sich in Ab- handl. d. geol. R.-A. 1874, VI., S. 6. (Ueber Daonella und Halobia.) Ein wenig zu complieiren beginnt sich die gegenseitige Abgren- zung der beiden alpinen Provinzen durch den Nachweis norischer Hallstätter Kalke in Siebenbürgen. Es werden in Verhandl. 1875, S. 142, von da zwei Horizonte der Hallstätter Kalke angegeben, von denen derältere der obersten norischen, der jüngere der untersten karnischen Zone der juvavischen Provinz entspricht (Z. d. Trachye, bierenatum und Z. d. Tropites [Bucephalus] subbullatus). Nachdem be- reits im Jahrb. 1874, S. 84, darauf hingewiesen werden konnte, dass 1) Diese „Zone“ steht heute nicht mehr am Schlusse der norischen Zeit, nachdem sie schon früher mehrfach hin- und hergeschoben wurde. ER 5 an R [81] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 313 in der Bukowina „norische“ Ablagerungen mit mediterraner Fauna (Wengener Schichten) vorhanden seien, erscheint das Auftreten von Hallstätter Kalken in Siebenbürgen doppelt wichtig und interessant. In Verhandl. 1875, S. 144, wird vom Vorkommen von Wengener Schichten und Füreder Kalk (wahrscheinlich — Cassianer Schichten) in der Bukowina gesprochen: dass dieselben ebenfalls in „Hall- stätter Facies“ entwickelt sind, geht unter anderem aus Ab- handl. X, 1882, hervor. Wir haben also hier bereits Hallstätter Kalke in mediterran-alpinen Ablagerungen') zu consta- tiren, was von Wichtigkeit ist. In Verhandl. 1875, S. 144, betont E. v. Mojsisovics den mediterranen Charakter der betreffenden Ab- lagerungen der Bukowina und hebt hervor, dass durch dieselben die juvavisch entwickelten Bildungen Siebenbürgens räumlich von jenen der Nordalpen getrennt zu werden scheinen. In den „Dolomitriften“, 1879, S. 50 ete., wird die Provinzein- theilung weiter verwerthet und in ihren Consequenzen feiner ausge- sponnen. Es wird hervorgehoben, dass phylogenetisch sich die „no- rischen“ Faunen der mediterranen Provinz (die heutigen ladinischen Faunen) enger an die Muschelkalkfauna anschliessen, die Faunen der norischen Hallstätter Kalke der juvavischen Provinz dagegen sich nicht direct von der Muschelkalkfauna ableiten lassen — das ist ganz begreiflich und war ja der Grund der Trennung der beiden Provinzen; es hätte überhaupt bei folgerichtiger Auffassung der Grund sein müssen, den norischen Hallstätter Kalken schon längst ihren richtigen Platz anzuweisen, wie bereits oben bemerkt wurde, umso- mehr, als, wie ebenfalls bereits hervorgehoben wurde, auch die pseudo- norischen Bildungen der Bukowina in Hallstätter Facies auftreten, daher ein gewichtiger Grund mehr vorlag, an der exacten Paralleli- sirung dieser stratigraphisch genau horizontirten Bildungen mit den stratigraphisch nicht fixirten norischen Hallstätter Kalken irre zu werden. Statt dieser Erkenntniss Eingang zu schaffen wird in der Provinzvertheilung weiter theoretisirt. Wir finden im Riffwerke 1879 abermals den Hinweis darauf, dass die juvavisch entwickelten Ablagerungen Siebenbürgens durch einen Meeresarm mit dem Stammlande der juvavischen Provinz ver- bunden gedacht werden müssen, welcher Meeresarm sich aus der Gegend von Wien längs der Ostseite des böhmisch-mährischen Massivs und weiter am Südrande des schlesisch-polnischen palaeozoischen Gebietes bis nach Rumänien erstreckte. Ausser dieser namhaften Erweiterung der juvavischen Provinz durch Polen nach Rumänien wird aber auch in den nordöstlichen Kalkalpen der Bereich dieser Provinz auf die Gesammtbreite der Kalkzone ausgedehnt. Es sprechen jedoch weitere Gründe ausserdem für die Anschauung, dass der schmale Meerescanal zwischen Salzburg und Rumänien mit einem grossen Ocean in offener Verbindung gestanden habe, wogegen viel- leicht die mediterrane Provinz zur „norischen“ Zeit ein beschränktes Meer (Mittelmeer) gewesen ist. Da nun der „juvavische Meerbusen“ !) Es sei hier daran erinnert, dass schon Stur die Schichten vom Mte Clapsavon in Friaul als Hallstätter Kalke bezeichnete, 42* 314 A. Bittner. [82] wohl nur mit einem östlichen Meere communieiren konnte, hätte man sich die mediterrane Provinz vielleicht im Südwesten mit dem Ocean verbunden zu denken. Vielleicht half auch eine bedeutende Meeresströmung parallel der Richtung des juvavischen Busens die mediterrane Provinz isoliren. Wie man sieht, die neuen Gesichtspunkte vom Jahre 1874 er- weitern sich immer mehr und führen 1879 bereits zur Annahme fossiler Golfströme. „Es ist selbstverständlich unzulässig“, heisst es weiter S. 52, „die Schichtbezeichnungen der juvavischen Provinz auf mediterrane Bildungen und umgekehrt zu übertragen, da dies zu wissenschaft- lich falschen, nun überwundenen Anschauungen Anlass seben könnte“. Und doch wurde gerade der Name norisch, der dem ureigensten — juvavischen — Verbreitungsgebiete der Hall- stätter Kalke — der juvavischen Provinz! — entstammt, neuestens von E. v. Mojsisovics ohne Rücksicht auf jene Gefahr, zu wissen- schaftlich falschen Anschauungen Anlass zu geben, auf die ladinischen Bildungen der exmediterranen Provinz übertragen, resp. für diese festzuhalten versucht! (sehen wir aber wieder zur Betrachtung der weiteren theore- tischen Speculationen über die beiden alpinen Provinzen über. Da heisst esl.c.S.58: „Die Theilung in zwei Provinzen wird zur karnischen Zeit allmälig aufgehoben. Die unteren karnischen Abtheilungen beider Provinzen — Cassianer Schichten und Zone des Tropites subbullatus — bewahren dabei noch ihren ausgeprägt provinziellen Charakter. Eine directe Verbindung auf alpinem oder karpathi- schem Gebiete scheint daher noch nicht eingetreten zu sein. Wahrscheinlich fand in weiterer Entfernung eine Vereinigung zwischen den beiden Meeresgebieten durch allmäligen Wegfall der trennenden Schranken statt. Erst die zweite karnische Fauna zeigt eine völlige Mengung der mediterranen und juvavischen Typen. Es ist aber eigenthümlich, dass jetzt die mediterranen Typen rasch ein bedeutendes Ueber- gewicht über die juvavischen Formen gewinnen. Fast scheint es, als ob in den entfernten Oceanen bedeutende choro- logische Veränderungen vor sich gegangen wären, SO dass auf dem alten Wege anstatt juvavischer nur mehr mediterrane Typen in die juvavische Provinz einwan- dern konnten.“ Dieser phänomenale Satz, welcher der Aufmerk- samkeit der denkenden Leser bestens empfohlen sei, bildet offenbar einen Gipfelpunkt moderner exacter Forschung in palaeochorologischer Richtung! Es ist kaum möglich, eine durch nichts gestützte An- nahme, wie es diejenige von der Existenz getrennter Provinzen in der alpinen Trias war, ausgiebiger theoretisch zu verwerthen, als das hier seitens E. v. Mojsisovics’s geschehen ist. In Verhandl. 1879, S. 189 erhalten wir durch E. v. Mojsiso- vies neue Nachrichten über die Hallstätter Kalke der Bukowina. Es wird die „Zone“ des Trachyceras Aon (Cassianer Schichten) diesmal mit Bestimmtheit nachgewiesen, unter 13 Cephalopoden werden 7 Cassianer Arten namhaft gemacht und aus dem Mitvorkommen des Lobites [83] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 315 hypsocarenus, einer Art der „Zone“ des Tropites subbullatus der Hall- stätter Kalke wird eine neue Bestätigung der beiläufigen Gleichzeitig- keit der Cassianer mit den Subbullatusschichten und der Richtigkeit der Angaben über die am Beginne der karnischen Zeit eintretenden Ver- bindungen zwischen der mediterranen und juvavischen Provinz ent- nommen. Heute, wo die Öassianer Schichten weit unter den Subbul- latusschichten stehen, dürfte dieses Vorkommen wohl ohne besondere Bedeutung sein. Als auffallend verdient aber noch hervorgehoben zu werden, dass in „Hallstätter Oephalopoden“ 1893 der Lobites hypso- carenus zwar als den Oassianer und den Hallstätter Aonoidesschichten gemeinsame Art angeführt wird, nicht aber (S. 819) als gemeinsame Art der Aonoides- und Subbullatuszone. Sollte er seither aus den Subbullatusschichten wieder ausgewandert sein ? Während der Uebersichtsaufnahmen in Bosnien und der Herzego- wina im Jahre 1879 wurden bekanntlich Hallstätter Kalke in weiter Verbreitung nachgewiesen (Jahrb. 1880 S. 224, 262). Die zunächst gemachten Cephalopodenfunde (vergl. S. 321) verweisen wieder auf die Subbullatusschichten der Hallstätter Kalke. An die in „Dolomitriffe* 1879 aufgestellten Ansichten schliesst sich noch das, was in der Einleitung zu den „Cephalopoden der mediterranen Provinz“ 1882 vorgebracht wird, ziemlich enge an. Es wird ausdrücklich auf die „weittragenden geologischen Fol- gerungen“, die sich aus den „Thatsachen der geographi- schen Verbreitung“ ableiten lassen und welche zum Theil oben mitgetheilt wurden, hingewiesen. Die Ablagerungen des grossen OÖstmeeres, mit dem bereits 1879 die juvavische Provinz in Ver- bindung gedacht wurde, sind nunmehr in den Himalayas gefunden und ‚die in Indien über dem Muschelkalke folgenden Faunen scheinen dem juvavischen Faunengebiete anzugehören. In Verhandl. 1886, £S. 155 ff. (Vorlage des Werkes „Arktische Triasfaunen“) breitet sich die juvavische Provinz immer weiter aus und wird zum Weltmeere. Juvavische Typen werden angegeben aus Californien, aus den Cordilleren Südamerikas, aus Neuseeland, Japan (Verh. 1889, S. 68), den Himalayas etc. „Die juvavische Trias ist ein Bestandtheil des grossen triadischen Weltmeeres, mit dem sie durch Vermittlung des indischen Meeresarmes in Verbindung stand. Dagegen suchen wir vergeblich nach aussereuropäischen Triassedimenten nori- schen und karnischen Alters mit mediterranem Charakter der Fauna. Die mediterrane Triasprovinz, die östlich bis zum Bogdoberge in Südruss- land reicht, stellt sich als wahres Mittelmeer mit einer eigenthümlichen Localfauna dar.“ Hiemit sind wir auf dem Höhenpunkte der Aus- breitung der juvavischen Provinz angelangt, die sich aus unschein- baren Anfängen in den nordöstlichen Kalkalpen endlich zum Welt- meere entwickelt hat, zur arktisch-pacifischen Triasprovinz, wie der neue wohlklingende Name für dasselbe lautet. Nur wenige Jahre vermochten sich diese chorologischen Specu- lationen zu erhalten, dann erfolgte der grosse Zusammenbruch vom Jahre 1892. Die beiden alpinen Triasprovinzen und alles, was damit zusammenhängt, alle die schönen Errungenschaften, die daraus abge- leitet wurden, die weittragenden geologischen Folgerungen von 1882 und 316 A. Bittner. [84] die „neuen Gesichtspunkte“ von 1874 stürzten mit Einem Male über den Haufen durch die auf S. 777 der Sitzungsber. der Wiener Akad. Bd. 101 mitgetheilte kurze Bemerkung: „Es kann daher die juvavische Provinz im bisherigen Sinne nicht mehr aufrechterhalten werden“ Die juvavische Trias verschmilzt wieder mit der mediterranen zur alpinen Trias und die alpine Trias besitzt ebensowohl Beziehungen zur indischen Trias, wie letztere zur arktisch-pacifischen Trias. Nach alledem scheint es sich nur mehr um Ablagerungen einer Trias zu handeln, zwischen deren heute bekannten einzelnen Ablagerungs- gebieten zwar Communicationen bestanden, über die man aber nichts Näheres weiss. Die Schlusszusammenfassungen bei E. v.Mojsisovies Cephalopoden 1893, S. 826—828 klingen heute ganz anders als noch vor kurzer Zeit, sie lauten dahin, dass man alle die früher so spielend behandelten und gelösten „chorologischen“ Fragen heute noch nicht in befriedigender Weise zu beantworten im Stande sei und dass unserer Kenntniss in diesen Dingen Schranken gesetzt seien, die wir kaum jemals gänzlich zu überwinden im Stande sein werden. Diese ver- spätete Erkenntniss, zu der E.v. Mojsisovics erst heute gekommen ist, muss sich dem aufmerksamen Leser seiner theoretischen Specu- lationen schon längst überzeugend aufgedrängt und ihn zur Frage angeregt haben, wozu alle diese Speculationen gut seien, nachdem von allem Anbeginne an sich nichts, gar nichts, was eine feste Grund- lage für dieselbe hätte abgeben können, wahrnehmen lässt. Es verdient aber festgehalten zu werden, was auf einer derartigen Grundlage an theoretischen Speculationen geleistet werden konnte und geleistet wurde. Ganze Seiten der Publicationen E. v. Mojsisovies’s sind mit diesen Speculationen angefüllt, die heute jeder Bedeutung entbehren und einfach gestrichen werden müssen, vor ganze Capitel dieser theoretischen Auseinandersetzungen müsste heute ein „Cave lector“ gesetzt werden. Nach diesem längeren Excurse kommen wir auf die Arbeit E. v. Mojsisovies’s im Jahrb. 1874 und zwar auf deren 2. Capitel (Normal- gliederung der alpinen Trias) zurück. Diese Normalgliederung wird zunächst für die mediterrane Provinz gegeben, nicht für die juvavische, die doch den Ausgangspunkt der Untersuchungen des Autors bildet. Das erklärt sich sehr einfach dadurch, dass die Gliederung der „me- diterranen“* südtiroler Ablagerungen durch Frh. v. Richthofen bereits vor längerer Zeit festgestellt worden, während man mit der so oft angerufenen palaeontologischen Gliederung der Hallstätter Kalke noch keineswegs im Reinen war. Es wird besonders betont, dass von absolutem Werthe in Beziehung auf Eintheilung und stratigraphische Gliederung nur die Einzelfaunen (Zonen Oppels) seien, alle übrigen Zusammenfassungen zu Einheiten höherer Ordnung (— also auch die Stufen?! —) sind mehr oder weniger künstlich und willkürlich, in praktischer Beziehung (!) jedoch schwer entbehrlich. Die kar- nische Stufe in der mediterranen Provinz zerfällt in vier, die norische in zwei Zonen. Wir haben also bereits Stufen, wir haben Lücken ge- habt, wir bekommen hier Provinzen und Zonen. [85] Zur neueren Literatur der alpinen "Trias. 817 Die Gliederung der „mediterranen“ Trias vom Jahre 1874 ist folgende: Hauptdolomit. Raibler Schichten (Carditaschichten), Zone der Trachye. Aonoides. ( | Karnisch Zone von St. Cassian. Niet | Wengener Schichten, Zone der Trach. Archelaus. USCH | Buchensteiner Kalk, Zone der Trach. Reitzüi. Oberer: Zone der Arcestes Studeri. Ziuschelkalk Unterer: Zone der Trachyc. balatonicum. Ganz beiläufig werden hier S. 87 in einer kleinen Anmerkung unterm Strich die 1869 erreichten Unterabtheilungen: oenisch, halo- risch, badiotisch und ‚larisch wieder aufgehoben. Einige Abweichungen von der älteren Gliederung werden spe- cieller besprochen, vor allem die Stellung der Cassianer Schichten. Da ist es denn charakteristisch, dass Stur wieder einmal für einen Irrthum verantwortlich gemacht wird. S. 89 heisst es: „Ich hatte vorzüglich auf die Angabe Stur’s von dem Vorkommen der Halobia rugosa und des Pinacoceras floridum an der Basis der Cassianer Schichten, sowie wegen der unläugbar nahen Uebereinstimmung mehrerer Arten mit Formen der Raibler Schichten die chronologische Gleichwerthigkeit der Cassianer und Raibler Schichten angenommen.“ Da muss denn doch, um Stur Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, daran erinnert werden, dass sich E. v. Mojsisovics Jahrb. 1869, S. 98 ausdrücklich darauf beruft, dass er die Cassianer Cephalo- poden mit den Hallstätter Arten der Zone des Trachyceras Aonoides verglichen habe, und dass die Zahl der identischen Arten grösser sei, als Laube gemeint habe. Halobia rugosa ist hier S. 97 ebenso wie Ammonites floridus nur für Bleiberger und Nordtiroler Cardita-, nicht aber für Cassianer Schichten angegeben. S. 103 derselben Arbeit wird auf Grund petrographischer Beschaffenheit und wegen der Häufig- keit der Cardita crenata St. Cassian mit den nordtiroler Cardita- schichten gleichgestellt und erst S. 114 wird Stur mit seiner Halobia rugosa und dem Ammonites floridus angeführt, nachdem die Paral- lelisirung schon perfect geworden war. Auch S$. 125 wird aus- schliesslich auf Grund der Cephalopoden St. Cassian über die Aonoides-Gruppe der Hallstätter Kalke gesetzt und auch Ver- handlungen 1871, S. 26 beruft sich E. v. Mojsisovics wieder auf die im Jahre 1869 auf Grund palaeontologischer Parallelen geltend gemachte Stellung der Cassianer Schichten, ohne Stur’s Löwenan- theil daran nur im mindesten zu erwähnen. Freilich Jahrb. 1874, S. 89, als die Cassianer Schichten wieder verschoben wurden, da konnte Stur die Hauptverantwortung übernehmen). Es ist aber interessant und wichtig, daraus den Schluss zu ziehen, dass die beiden ') Auch Abhandl. 1874, VII, S. 5 wird wieder die „irrthümliche, folgen- schwere Angabe“ Stur’s erwähnt. Von den noch weit irrthümlicheren und folgen- schwereren Publicationen und Behauptungen seit 1866, die von E. v. Mojsi- sovics selbst herrühren, liest man nie etwas! 318 A. Bittner. [86] Petrefactenangaben bei Stur dadurch implieite für wichtiger, werth- voller und vertrauenswürdiger erklärt werden, als die eigenen palae- ontologischen Vergleiche und Nachweise E. v. Mojsisovics’s selbst, gewiss ein neuer böser Schlag gegen die so hochgepriesene rein palaeontologische Methode! Weiter heisst es bei E. v. Mojsisovics Jahrb. 1874, S. 89: „Zur DBeurtheilung der stratigraphischen Stellung der Cassianer Schichten liegen nunmehr folgende Anhaltspunkte vor. Eine grössere Anzahl von Cassianer Cephalopodentypen findet sich theils in iden- tischen, theils in nur wenig abweichenden Formen in den untersten Lagen der Zone des Trach. Aonoides in jenem Niveau des Hall- stätter Kalkes, in welchem zuerst die in das Gebiet der juvavischen Provinz eingewanderten mediterranen Elemente in grösserer Zahl zu finden sind. In den höheren Lagen nimmt die Zahl der Cassianer Typen rasch ab oder es verändern sich dieselben in bedeutender Weise. Die Fauna der über der Zone des Trach. Aonoides folgenden Raibler Schichten enthält zwar noch einige wenige Cassianer Formen, die Mehrzahl der vorkommenden Cephalopoden sowie die charakteristische Halobia rugosa stammen jedoch aus den obersten Lagen des Trach. Aonoides. Es ergibt sich daraus die Wahrscheinlich- keit einer intermediären Stellung der Schichten mit Trach. Aonoides zwischen den Cassianer und Raibler Schichten. Die aus Cassianer Schichten stammenden Formen stehen auf einer niedrigeren Ent- wieklungsstufe als die Arten aus der Zone des Tr. Aonoides und vermitteln selbst wieder zwischen letzterer Zone und der Fauna der Wengener Schichten“. „Sehr viel zur unrichtigen Einreihung der Cassianer Schichten hat auch die Gleichstellung der sogenannten Schlernplateauschichten mit den Torer Schichten beigetragen, wodurch die echten Raibler Schichten mit Trigonia Kefersteinii in das Niveau von St. Cassian hinabgedrückt wurden“. „Hauer’s ursprüngliche Bestimmung, welcher die Torer Schichten den Raibler Schichten mit Myophoria Kefersteinii gleichstellt, ist richtig“. Gelegentlich dieser Aussprüche über die Stellung der Torer Schichten muss daran erinnert werden, dass von keiner Seite die Bedeutung der Torer Schichten als eines selbstständigen Niveaus in so übertriebener Weise darge- stellt wurde, als gerade von E.v. Mojsisovies. Von dem Momente an, da Suess den Namen Torer Schichten aufgestellt hatte, suchte E.v. Mojsisovics die Wichtigkeit und Verbreitung dieses Niveaus in volles Licht zu stellen und in gezwungenster Weise sogar dort, wo es gar nicht liegen konnte, nachzuweisen, so in Nordtirol hoch über den Carditaschichten und von diesen durch eine mächtige Kalkmasse getrennt, in Niederösterreich sogar aller Analogie mit den Opponitzer Kalken zum Trotze noch über den Opponitzer Dolomiten! Noch im Jahrbuche 1871, S. 189 und Verhandl. 1871, S. 212 wird an den Torer Schichten als an einem bestimmten höchsten Mergelniveau in der oberen Trias festgehalten. Seit jener Zeit nun sehen wir die Be- deutung des Torer Niveaus verblassen, es wird in die Raibler Schichten hinabgedrückt und bildet nur eine locale Abtheilung derselben, während die Gleichstellung der Cassianer Schichten mit den echten Raibler Schichten zurückgewiesen wird. Nun, später wurden auch diese An- [87] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 319 schauungen wieder aufgegeben, die echten Raibler Schichten wurden abermal zu Cassianer Schichten, die Schlernplateauschichten wieder zu Torer Schichten (man vergl. Diener im Jahrb. 1884, S. 659, und meine Entgegnung darauf Verhandl. 1885, S. 59). So schwanken alle und selbstverständlich auch diese Niveaus hin und her, was ja an und für sich nicht schädlich wäre, wenn man jederzeit betonen würde, dass man etwas ganz Positives nicht wisse und nicht behaupten wolle. Aber gerade das Gegentheil geschieht. Alles wird mit absoluter Sicherheit hingestellt und jede Mittheilung, durch die eine vorhergehende absolut sichere Ansicht umgeworfen wird, tritt mit wo- möglich noch grösserer Sicherheit auf. Wenn E. v. Mojsisovices 1874 nach persönlicher Untersuchung der Fossilien der Schlernplateau- schichten nicht im geringsten mehr daran zweifeln konnte, dass dieselben mit den echten Raibler Schichten gleichstehen, dass St. Cassian tiefer liegt, und dass ein kritisches, genaues Studium der Petrefacten ohne Zweifel die Zahl der den Raibler und St. Cassianer Schichten gemeinsamen Arten bedeutend reduciren werde, wie hat er dann im Jahrb. 1869, S. 103 ete. die Nordtiroler Cardita- schichten mit solcher Bestimmtheit den Cassianer Schichten gleich- stellen können, und wie war es möglich, dass auch später wieder, nachdem in der Zwischenzeit die Cassianer Schichten als älter er- klärt wurden (1874 u. w.), durch Diener abermals echte Raibler und Cassianer Schichten gleichgestellt werden konnten ? Noch eines: S. 90 des Jahrb. 1874 weist E. v. Mojsisovics darauf hin, dass durch die nunmehr festgestellte Parallele !) zwischen Raibler Schichten, Bleiberger Schichten, Carditaschichten, Reingraben- Lunz-Opponitzer Schichten u. s. w. eine stattliche Reihe von Localnamen überflüssig werde und er verspricht hier, die Bezeichnung „Raibler Schichten“ für die sogenannte „Provinz der Myophoria Kefersteini“, also für den grössten Theil der Südalpen, die Bezeichnung „Cardita- schichten“ für die Nordalpen (resp. genauer die „Provinz der Halobia rugosa und des Pinac. floridum“) fortan ausschliesslich anzu- wenden. Das wäre gewiss ganz zweckmässig gewesen, da die Cardita- schichten ein ganz gut begrenztes Niveau sind, während die Deutung der „Raibler Schichten“, wie wir gerade gesehen haben, fortwährend geschwankt hat. Leider ist auf dieses Versprechen sehr bald wieder vergessen worden und der Name Raibler Schichten gerade von E. v. Mojsisovics seither auch für die Nordalpen, mehr als gut und nothwendig war, zur Anwendung gekommen. S. 91 werden die Wengener Schichten mit dem 1869 aufgestellten Niveau des Trachyceras doleriticum, das damals die Basis der oberen Trias bilden sollte, definitiv verbunden. Unter die Wengener werden die Buchensteiner Schichten gestellt, eine Stellung, die ihnen von v. Richthofen und Stur schon längst angewiesen worden war. Seite 92 wird das mediterrane „Normalprofil“ für die juvavische Provinz modifieirt: Die Stelle der Cassianer Schichten nimmt hier ') Neu ist dieselbe keineswegs, worüber man die Triastabelle in Stur’s Geologie der Steiermark vergleichen wolle! Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (A. Bittner ) 43 320 A. Bittner. [88] die Zone des Bucephalus subbullatus ein: „Die angenommene Paralleli- sirung dürfte nicht völlig in der Luft schweben“. Im Abschnitte IIT erklärt sich E. v. Mojsisovics für die Riff- und Faciestheorie in ausgedehntestem Maasse, nachdem er derselben bisher misstrauisch gegenüber gestanden war Also auch in dieser Beziehung hat er sich den schon früher von Richthofen und Stur vertretenen Anschauungen angepasst. Es folgt nun eine Besprechung einzelner Distriete und ihrer Schiehtfolgen. Ausgegangen wird diesmal von dem. von Fr. v. Richt- hofen so meisterhaft geschilderten Südost-Tiroler Gebiete. Die Faciesverhältnisse werden sofort als derartig beschaffen hingestellt, dass die ganze Reihe von Ablagerungen zwischen Werfener und Raibler Schichten in doppelter Ausbildung nebeneinander vorhanden sei. Auch für die Lombardei wird die Wahrscheinlichkeit von neben- einander herlaufenden Faciesentwicklungen betont. Die von Stoppani abgebildeten Esino-Cephalopoden werden diesmal als „ohne Zweifel den Arten des Wengener Schiefers näher stehend bezeichnet, als Cassianer Formen“. Wenn man sich daran erinnert, dass, Jahrb. 1869, S. 111, die Stoppani’schen Cephalopoden den Esinokalk entschie- den in das Niveau unmittelbar über den echten St. Cassian- schichten (d. h. damals über die Carditaschichten, also in den Haupt- dolomit) verwiesen haben, und dass noch Verh. 1872, S. 12, während der Wettersteinkalk bereits älter geworden war, der Esinokalk eben wegen der Cephalopoden in seinem jungen Niveau verbleibt, so wird man wohl versucht sein, diesen so bestimmt lautenden Aussprüchen auf Grund der Untersuchung der Üephalopoden nur eine sehr be- scheidene Wichtigkeit beizulegen. Für das Raibler Profil ist bemerkenswerth, dass die Fisch- schiefer der Zone des Trachye. Aonoides gleichgesetzt werden. Die Stur’schen Ansichten über das Profil von Raibl, welche 1869, S. 116 und 118, gegenüber der „augenscheinlich die natürlichen Verhältnisse zur Anschauung bringenden“ Arbeit von Suess als „unwahrschein- liche Annahmen‘, die nicht näher beleuchtet zu werden brauchen, erscheinen, finden diesmal schon eine eingehendere Berücksichtigung. Die von J. Boeckh ermittelte Gliederung der Trias des Bakonyerwaldes (vergl. oben S. 291) wird hier nach den alpinen Ver- hältnissen S. 102 gedeutet. Die Vesprimer Mergel enthalten einige Arten der Zone des Trach. Aonoides. Der obere Theil des Füreder Kalkes wird den Cassianer Schichten gleichgesetzt, der untere fällt vielleicht schon den Wengener Schichten zu, denen der Kalk mit Arc. tridentinus gleichgestellt wird. Für Nordtirol ergibt sich eine sehr wichtige Neuerung insoferne, als die „unteren Carditaschichten“ Pichler’s für identisch mit den oberen oder echten Carditaschichten erklärt werden und der Wetter- steinkalk als auch theilweise in die „norische Stufe“ hinabreichend ange- nommen wird. Die höheren Abtheilungen des Wettersteinkalkes führen Cephalopoden der Subbullatus- und Aonoides-Zone. Die Partnach- schichten Gümbel’s enthalten (wie Stur schon früher gezeigt hat) Glieder von oberen Muschelkalk bis in die Carditaschichten. Die Partnachmergel werden demnach als stellvertretende Facies des [89] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 3931 Wettersteinkalkes, der ebenfalls alle Schichten zwischen Muschelkalk | und Carditaschichten umfasser kann, erklärt. Salzburg und Salzkammergut. Ueber den Carditaschichten liegt hier eine Kalkformation, die früher für Wettersteinkalk genommen wurde. Sie enthält Korallen, Gastropoden und Cephalopoden, letztere von allen E. v. Mojsisovics bekannten Formen der Hallstätter Kalke abweichend. (Es ist das dasselbe Niveau, welches ich später als salzburgischen Hochgebirgskorallenkalk bezeichnet habe (Verh. 1884, S. 105 ff.) Der Wettersteinkalk fehlt hier stellenweise zwischen Muschel- kalk und Carditaschichten ganz und es wird diese Erscheinung durch ein Uebergreifen der Carditaschichten gegen Süden zu erklären ge- sucht. Gegen Norden geht der Hochgebirgskorallenkalk rasch in den gewöhnlichen wohlgeschichteten Dachsteinkalk ') über. Es wird (nach Stur) wahrscheinlich gemacht, dass diese Korallen- kalkfacies am Südrande der Hochkalkalpen vielleicht bis zum Wiener Schneeberge fortsetzt. „Es würde dann begreiflich sein, dass Stur, welcher seinen obertriadischen Korallenkalk als ein Aequivalent des ÖOpponitzer Dolomites erklärt, in Folge der Verwechslung des Korallen- kalkes mit dem Hallstätter Kalke, diesen letzteren mit dem Oppo- nitzer Dolomit parallelisirt“. Diesen merkwürdigen Satz, S. 116, Jahrb. 1874, würde E. v. Mojsisovies heute nicht mehr nieder- schreiben. Die Sachlage war aber auch damals schon eine andere. Nicht in Folge einer Verwechslung des Korallenkalkes mit dem Hall- stätter Kalk (Wettersteinkalk sollte es hier heissen!) ist Stur dahin- gekommen, den Hallstätter Kalk über die Lunz-Raibler Schichten an- zusetzen, sondern weil er in seinen Hochgebirgsprofilen eben in jenen Korallenriffkalken, die er als über den Lunzer Schichten liegend nachwies, die einzigen Anhaltspunkte innerhalb normaler und unge- störter Schichtfolgen fand, welche auf eine Vertretung der Hallstätter Kalke an diesen Stellen bezogen werden konnten. Der Fehler und die Verwechslung lagen auf der anderen Seite, indem von dieser die Wettersteinkalke ohne genügenden Grund als Aequivalente der Ge- sammtmasse der Hallstätter Kalke angesehen wurden. Die einschneidendsten Veränderungen ergeben sich in der Arbeit E.v.Mojsisovics’s vom Jahre 1874 wieder merkwürdigerweise gerade für das zum Ausgangspunkte einer allgemeinen Gliederung der alpinen Triasbildungen angeblich ganz besonders geeignete Salzkammergut, das aber gerade in dieser Arbeit gegenüber dem v. Richthofen’schen Arbeitsfelde in Südtirol bedenklich in den Hintergrund tritt. Hier im Salzkammergute „läuft in ganz analoger Weise, wie in Südtirol, zwischen dem alpinen Röth und den Carditaschichten eine dolomitische, fossil- arme Entwicklung neben einer reichgegliederten, petrefactenreichen Marmor- und Mergelentwicklung her“. Die den Muschelkalk über- lagernden Zlambachschichten werden in drei Facies zerlegt, die local über einander auftreten. Die Zweitheilung der Bänke mit Rhyncho- ') Fig. 5, S.115, die das anschaulich machen soll, ist aber sehr unglücklich gezeichnet, da die Südabhänge des Hagengebirges selbst Korallenkalk sind, das Immelaugebirge aber z. gr. Th. tiefere Trias ist, die auch bis zu den Carditaschichten aufwärts die Südgehänge des Hagengebirges unter den Korallenkalken bildet! 43 * 322 A. Bittner. [90] nella pedata (resp. ancilla) wird aufgegeben und der Pötschenkalk, der so lange unter den Zlambachschichten ein bestimmtes wichtiges Niveau innehatte, wird als eine Facies der norischen Hallstätter Kalke über die Zlambachschiehten hinaufgeschoben. Er ist wohl (S. 121) als eine die ganze norische Abtheilung der Hallstätter Kalke vertretende Facies zu betrachten. Ueber das Alter der Salzstöcke wird gar nichts mehr mitgetheilt, sie erscheinen auch nicht mehr in der Gliederung (S. 122); die Gypse der Zlambachschichten werden mit ? angeführt. Für die obersteirischen Kalkalpen wird (S. 123) noch, ähnlich wie für das salzburgische Gebiet, an ein Uebergreifen der Lunzer Schichten gegen Süden gedacht, welches sich von der An- schauung herleitet, dass zwischen dem Muschelkalke und den Lunzer Schiehten die Hallstätter Kalke Platz finden müssen. In den Reif- linger Kalken dagegen sollen diese sonst vermissten Aequivalente der Hallstätter Kalke wirklich vorhanden sein, was aus der Aehnlichkeit der oberen Reiflinger Kalke mit den Pötschenkalken des Salzkammer- gutes, ferner aus dem Vorkommen eines Trachyceras, das in der „juvavischen Provinz“ erst über den Zlambachschichten auftreten soll und aus dem Auftreten der Falobia intermedia in den obersten Reiflinger Kalken, die karnisches Alter besitzen soll, deducirt wird. „Der „Reiflinger Kalk* von Reifling umfasst daher ausser dem oberen Muschelkalke höchst wahrscheinlich noch die ganze norische Stufe und reicht muthmaasslich in die karnische Stufe bis zur Zone des Trach. Aonöides“, heisst es sodann. Diese ganze Deduction ist, soweit sie sich auf die norischen und karnischen Hallstätter Kalke bezieht, neuestens (1892) ebenfalls hinfällig geworden. Es wäre überflüssig, hier länger bei derselben zu verweilen. Ich habe bereits Jahrbuch 1892, S. 392 auf diesen Gegenstand und eine andere daran sich an- schliessende Uonsequenz hingewiesen. Für die niederösterreichischen Kalkalpen (S. 124) wird betont, dass die Aonschiefer Hertle’s sowohl petrographisch als nach ihren palaeontologischen Einschlüssen voll- kommen mit den Fischschiefern von Raibl übereinstimmen und die Zone des Trach. Aonoides der Hallstätter Kalke entweder ganz oder zum Theile vertreten. „Die in diesem Gebiete versuchte Trennung der Carditaschichten m drei altersverschiedene Glieder: Rein- grabener Schiefer, Lunzer Sandstein und Opponitzer Kalk hat nur be- schränkte Giltigkeit.*“ Auf diesen Ausspruch bin ich erst vor Kurzem in Verhandl. 1893, S. 71 zurückgekommen und habe den eminenten Werth der Trennung der Lunzer Schichten und der Opponitzer Kalke betont, weshalb hier auf jene Stelle verwiesen sein möge. Aus den Schlussbetrachtungen S. 126 ff. sei gleich der erste ’'assus hervorgehoben: „Die scharfe Sonderung der Faunen lieferte uns die zuverlässigen, strenge palaeontolo- gischen Handhaben zur stratigraphischen Bewältigung, und wenn auch häufig dürftige Anhaltspunkte nur eine annähernde Bestimmung gestatteten, so ist mir doch aus dem ganzen Gebiete nicht Eine Thatsache bekannt, 2 i - Fr 3 r \ [91] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 323 welche im Widerspruche mit den palaeontologischen Grundlagen und Folgerungen stände.“ Das ist eine Fiction von ungewöhnlicher Art, die näher be- leuchtet zu werden verdient. Es geht aus den hier gegebenen Aus- zügen und Daten unwiderleglich hervor, dass alle festen Grundlagen der Gliederung der alpinen Trias ganz ausnahmslos in der Er- hebung der Schichtfolgen auf stratigraphischem Wege beruhen, wie Jedermann aus dem einfachen Hinweise darauf erkennen wird, dass der Ausgangspunkt der Gliederung vom Jahre 1874 de facto nicht mehr das Salzkammergut, wie das 1869 angekündigt wurde, sondern das von Fr. v. Richthofen untersuchte und in ausgezeichneter Weise dargestellte Südtiroler Gebiet bildet, während im Salzkammergute selbst noch immer äusserste Unsicherheit über die Stratigraphie herrscht und noch 1874 in der soeben besprochenen Arbeit ein- schneidende Aenderungen der Gliederung vorgenommen werden. Die ganze Gliederung ist demnach eine rein stratigraphische und beruht ganz und gar nicht auf der scharfen Sonderung der Faunen und somit auf palaeontologischer Basis. Ganz im Gegentheile hat es sich gezeigt, dass die palaeontologischen Behelfe fast ausnahmslos völlig ungenügende waren, um irgend einer beliebigen Schichtgruppe ihren festen, definitiven Platz anzuweisen und dass diese einzelnen Schicht- gruppen mit Zuhilfenahme palaeontologischer Stützen fast in der Regel so lange hin- und hergeschoben wurden, bis eine verlässliche stratigraphische Beobachtung ihnen ihren endgeiltigen Platz anwies. Das rein palaeontologische Verfahren ist auch vom rein theoretischen Standpunkte unhaltbar. Es ist unbedingt sicher, dass wir die difinitive Fixirung der Aufeinanderfolge der Organismen erst, nachdem wir die Schichtfolge kennen gelernt haben, in Angriff zu nehmen im Stande sind; rein palaeontologische Charaktere können uns a priori niemals leiten, um das relative Alter dieser oder jener Petrefactenschicht gegenüber anderen sicher zu bestimmen. Das ist so klar, dass darüber kaum ein Wort verloren zu werden braucht. Es ist daher ein Cirkel der schlimmsten Art, wenn man eine einzelne Formation, wie die alpine Trias, auf Grund palaeontologischer Daten allein unterabzu- theilen sucht und wohin das führen kann, lehrt die Erfahrung mit der Gliederung der Hallstätter Kalke. Wenn trotzdem E. v. Mojsisovics 1874, S. 126 den Aus- spruch thun konnte, dass ihm aus dem ganzen Gebiete der Alpen nicht eine Thatsache bekannt sei, welche im Widerspruche mit den palaeontologischen Grundlagen und Forderungen stünde, so ist das erstens einmal eine ganz unbegründete Hochstellung des rein palae- ontologischen Standpunktes, die nur dadurch zu Stande kommen konnte, weil E. v. Mojsisovics momentan, als er das schrieb, darauf vergessen hatte, wie oft er im Verlaufe seiner früheren Arbeiten zu falschen und später wieder aufgegebenen Deductionen auf Grnnd seiner palaeontologischen Untersuchungen gekommen ist und weil er ferner übersehen hat, dass seine Gliederung von 1874 durchaus keine auf palaeontologischer Basis ruhende, sondern eine ganz und gar auf stratigraphischen Grundlagen aufgebaute, mit anderen Worten, dass dieselbe fast vollkommen bereits wieder die alte Gliederung 394 A. Bittner. [92] v. Hauer’, v. Riehthofen’s und Stur’s ist — und zweitens heisst das in’s gewöhnliche, undiplomatische Deutsch übertragen nichts anderes, als dass man mit der von E. v. Mojsisovics gehandhabten palaeontologischen Methode Alles machen kann, dass dieselbe in jeder Richtung unglaublich vielseitig und dehnungsfähig sei und dass sie sich vor Allem dazu verwenden lässt, um den Anschein hervor- zurufen, als habe man selbst mit Zuhilfenahme dieser scharfen und ausgezeichneten palaeontologischen Methode das alles herausgebracht, was Andere schon früher und weit gesicherter auf rein stratigra- phischem Wege definitiv festgestellt hatten. F.v.Hauer drückt diesen Gedanken in seiner liebenswürdigen und concilianten Weise folgendermaassen aus (Geologie der österr.-ungar. Monarchie 2. Aufl. 1878, S. 368, unter specieller Bezugnahme auf die hier besprochene Arbeit E. v. Mojsisovics’s vom Jahre 1874): „Die Ergebnisse, welche ältere Forscher erzielt zu haben glaubten, wurde von unseren Nachfolgern theils bestritten, theils doch in Frage ge- stellt. Nicht ohne Befriedigung aber kann ich constatiren, dass sich in neuester Zeit wieder ein Umschwung zu Gunsten mancher unserer älteren Anschauungen vollzogen hat und dass dieselben, wie ich gerne zugebe, vielfach besser begründet und vervollständigt, grössten- theils wieder zur Geltung gekommen sind“. Es wurde im Vorangehenden wiederholt darauf hingewiesen, wie ungerechtfertigt und unbegründet die Uebertragung der von E. v. Moj- sisovics 1869 eingeführten Stufennamen „norisch“ und „karnisch“ von den Hallstätter Kalken auf die gesammte alpine Trias war. Dass diese Uebertragung auch in hervorragendster Weise unnöthig ge- wesen ist, beweist keine Arbeit v. Mojsisovies’s besser, als die hier besprochene vom Jahre 1874. Man sollte doch meinen, dass neue Stufennamen nur da aufgestellt werden, wo sie ein Bedürfniss und natürliche Verhältnisse in präciser Form zu veranschaulichen. bestimmt sind. Man sollte ferner vielleicht glauben, das würde ausser- halb des Salzkammergutes vielleicht wenigstens in geringem Grade zutreffen, nachdem E. v. Mojsisovics, wie’ gezeigt wurde, S. 87 seiner 1874er Arbeit zuerst die Gliederung für die „mediterrane Provinz“ feststellt, allerdings aus guten Gründen, weil man da nämlich eine stratigraphische Gliederung schon längst besass, während man über die wirkliche Gliederung der Trias des Salzkammergutes eigentlich bis heute nichts Verlässliches erfahren hat. Aber abgesehen davon und zugegeben, dass in diesem Falle die mediterrane Provinz eine sicherere Basis bot, wäre dann doch mindestens zu erwarten ge- wesen, dass diese Hauptmomente der Eintheilung, die Stufen, in der folgenden eingehenderen Darstellung und Auseinandersetzung in irgend einer merkbaren Weise zum Ausdrucke gekommen seien. Das istnun durchaus nicht der Fall; nicht nur andere Österrei- chische Geologen haben nichts mit diesen beiden Stufen anzufangen gewusst, wie ich schon Jahrb. 1892, S. 393 betont habe, sondern auch E. v. Mojsisovics, der Urheber dieser Stufennamen, war durchaus nicht im Stande, wie aus seiner Arbeit vom Jahre 1874 klar und überzeugend hervorgeht, von diesen beiden Namen in seiner Darstellung der „mediterranen“ Triasablagerungen irgend einen aus- I. | { | [93] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 325 giebigeren Gebrauch zu machen, was am allerschlagendsten aus den tabellarischen Uebersichten S. 98, 99, 112 und 122 hervorgeht, in welchen dieses fundamentale Eintheilungsprineip ganz und gar ver- nachlässigt ist. Und zwar wurde es in diesen Tabellen nicht ohne guten Grund vernachlässigt, denn es würde, wäre es angewendet worden, damit sofort graphisch und anschaulich bewiesen worden sein, wie schwach es mit dieser schärfsten aller palaeontologischen Grenzen inmitten der oberen alpinen Trias ausserhalb des Salzkammergutes bestellt sei. Das gilt sogar für das Gebiet der norischen Alpen selbst! Wenn also E. v. Mojsisovics selbst keinen allgemeinen Gebrauch von den Ausdrücken „norisch“ und „karnisch“ zu machen in der Lage war, wenn er sogar diese Ausdrücke in den Uebersichtstabellen, wie es scheint, geflissentlich vermied, kann da vielleicht behauptet werden, dass durch die Aufstellung dieser Stufennamen und ganz besonders durch ihre Uebertragung auf die gesammte aussernorische alpine Trias auch nur dem mindesten thatsächlich vorhandenem Bedürfnisse nach einer derartigen Namengebung entsprochen wurde?! Schon aus der Arbeit E. v. Mojsisovics’s vom Jahre 1874 lässt sich zeigen, dass an jener Stelle der südalpinen oder extra- norischen Schichtfolge, an welcher die Grenze zwischen „norisch“ und „karnisch“ durchgelegt wurde, zwischen Wengener und Cassjaner Schichten eine solche Grenze thatsächlich nicht existirt, sondern dass sich die Cassianer Schichten noch enge, insbesondere im stra- tigraphischen Sinne, an ihr Liegendes anschliessen und zusammen mit diesem einen Complex bilden, der einen gewissen Gegensatz bildet zu dem höher folgenden Raibler Niveau. Und genau dasselbe ist fast allenthalben in den Alpen der Fall. Und auf Grund einer so ungenügend begründeten und auch in der Durchführung selbst äusserst anfechtbaren Uebertragung zweier von den faunistischen Eigenthüm- lichkeiten der Hallstätter Kalke, also einer local sehr beschränkten Faciesentwicklung, hergenommenen Namen sucht E. v. Mojsisovics den Terminus norisch für die gesammte aussernorische Trias auf- recht zu erhalten, während derselbe gleichzeitig für das norische Gebiet zunächst verschwinden müsste! In das Jahr 1879 fällt das Erscheinen des Werkes von E. v. Mojsisovies: „Die Dolomitriffe von Südtirol und Venetien“. Aus der Ankündigung desselben in Verhandl. 1879, S. 14 sei nur hervor- gehoben, dass der Verfasser im ersten Capitel, das die Ueberschrift „Allgemeine Betrachtungen über die Chorologie und Chronologie der Erdschichten“ führt, Andeutungen zu einer formalen Logik der historischen Geologie gibt, die uns bis dahin offenbar fehlte. Gehen wir gleich zu dem Inhalte des Werkes selbst über, so weit er uns für die zu bespreehenden Fragen interessirt. Da finden wir gleich in der Einleitung S. V ausgesprochen, dass als die vornehmste Aufgabe des Buches betrachtet wird, den Facieswechsel und die Structurverhältnisse der südosttiroler Dolomitriffe darzustellen. Das Wort Facies ist gewissermassen das Leitmotiv der ganzen Arbeit. Dabei muss es dem Leser allerdings wünschenswerth erscheinen, in einem Werke, welches in erster Linie einer Darstellung von Facies- 326 A. Bittner. [94] verhältnissen gewidmet ist und welches sich theilweise als formale Logik der historischen Geologie einführt, zunächst einmal den Begriff Facies erklärt und erläutert zu finden. S. 540 des Index treffen wir auch thatsächlich das Schlagwort „Definition der Facies S. 5“. Diese Definition lautet: „Man hat sich nach dem Vorgange Gressly’s und Oppel’s gewöhnt, dieunterderHerrschaftabweichenderäusserer Bedingungen gebildeten Ablagerungen „Facies“ zu nennen. Es wird diese Bezeichnung aber nur dann angewendet, wenn der Gegensatz verschiedenartiger Bildungen betont werden soll‘. Für eine Arbeit, welche die ersten Andeutungen zueiner formalen Logik der historischen Geologie zu geben sich rühmt, ist das eine recht schwache Definition. Also nur die unter der Herrschaft abweichender äusserer Bedingungen gebildeten Ablage- rungen sollen „Facies“ sein, die unter der Herrschaft nicht ab- weichender — und von was nicht abweichender? — äusserer Bedingungen gebildeten Ablagerungen, die ja als Gegensatz zu jenen existiren müssen, wären also keine Facies? — Auch Lepsius scheint über den Begriff der Facies viel nach- gedacht zu haben, denn S. 3 der Einleitung zu seiner Arbeit über das westliche Südtirol gibt er eine Definition, die ebenfalls nicht ganz entsprechend, übrigens jener von E. v. Mojsisovics ähnlich ist. Sie lautet: „Faciesist dieBeschaffenheiteinerSchichten- reihe, welche gleichzeitigmiteineranderen Schichten- reihe, aberunter abweichenden äusseren Bedingungen abgelagert worden ist. Facies ist also (nach Lepsius) ein comparativer Begriff: wir vergleichen zwei oder mehrere Schichten- reihen mit einander und bestimmen ihre Facies-Unterschiede. Die Mangelhaftigkeit der Definitionen des Begriffes „Facies“ bei E. v. Mojsisovics und Lepsius rührt davon her, dass Beide den Begriff Facies als einen „comparativen Begriff“ ansehen. Nach E. v. Mojsisovics wird die Bezeichnung Facies nur dann angewendet, wenn der Gegensatz verschiedenartiger Bildungen betont werden soll, oder solcher Bildungen, die sich unter der Herrschaft „abweichender äusserer Bedingungen“ gebildet haben; Mojsisovics setzt also offen- bar eine Art „Normalbildung“ voraus, welcher gegenüber andere Bildungen in einer Art Gegensatz stehen, oder von ‚welcher sie abweichen. Lepsius, dessen Definition eine ganz ähnliche ist, braucht eine andere Schichtenreihe, um seinen Begriff „Facies“ als Beschaffen- heit einer Schichtenreihe an jene andere Schichtenreihe anzulehnen und damit zu vergleichen. Beide Definitionen sind unpräcis. E. v. Mojsi- soviesund Lepsius würden z. B. sagen, der Dachsteinkalk sei eine Facies des Hauptdolomits, aber ebenso gut lässt sich der Satz um- kehren: der Hauptdolomit ist eine Facies des Dachsteinkalkes. Die eine Facies ist somit die Facies der anderen Facies. Das richtige ist zu sagen, Hauptdolomit sowohl als Dachsteinkalk sind Facies eines bestimmten stratigraphischen Niveaus, welches man je nach Uebereinkunft als Dachsteinkalkniveau oder als Hauptdolomitniveau bezeichnen kann, und die Gesammtheit oder Summe aller gleichalten Facies ist identisch mit diesem bestimmten stratigraphischen Niveau. Es kann demnach der Begriff „Facies“ auch dann angewendet werden, wenn kein Gegen- EEE i | > 1 \ | [95] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 3a satz verschiedenartiger (gleichzeitiger) Bildungen hervorgehoben werden soll und man kann von einer Facies eines stratigraphischen Niveaus reden, von welchem nur diese eine Facies bekannt ist, ohne abwarten zu müssen, bis sich eine abweichende Facies desselben stratigraphi- schen Niveaus findet. Hauptdolomit ist also nicht deshalb eine Facies des Dachsteinkalkes, weil er sich gleichzeitig mit diesem, aber unter abweichenden Bedingungen abgelagert hat. sondern er ist ganz unab- hängig davon, ob sich gleichzeitig Dachsteinkalk abgelagert haben würde oder nicht, eine Facies, d. h. eine Erscheinungsform oder Ausbildungsweise eines bestimmten stratigraphischen Niveaus, die uns zunächst an und für sich gleichwerthig mit anderen Facies desselben Niveaus erscheinen muss, mit anderen Worten, Hauptdolomit ist eine Facies des Hauptdolomit- oder Dachsteinkalkniveaus, Dachsteinkalk ebenfalls eine Facies des Dachsteinkalk- oder Hauptdolomit- niveaus. Facies ist demnach eine jede Ausbildungsweise oder Erscheinungs- ‘form einer in einem bestimmten Zeitraume erfolgten Ablagerung und die Gesammtheit der Facies jeder derartigen Ablagerung bildet ein stratigraphisches Ganzes oder Niveau. So viel über die Definition des Wortes „Facies“ in geologischem Sinne. Es ist nun merkwürdig zu sehen, dass, obschon dem Begrifte „Facies* eine so grosse Bedeutung in dem Riffwerke von E. v.Mojsiso- vies vindieirt wird, der Autor gleich anfangs darangeht, dieses Wort durch andere Ausdrücke zu ersetzen und überflüssig zu machen. Und dieses Verfahren ist es, welches als erste Einführung der formalen Logik in die Geologie bezeichnet wird. Diese ganze formale Logik besteht in der Anwendung einiger neuer Fremdwörter auf die Be- griffe gleich oder ungleichartig in Beziehung auf Bildungsmedium, Ort und Facies. Eine Ablagerung ist in demselben Bildungsmedium wie eine andere entstanden — oder nicht; sie ist an demselben Orte oder in demselben Ablagerungsraum entstanden, wie eine andere — oder nicht; sie ist entweder in derselben Ausbildung oder Facies wie eine andere entstanden oder nicht. Diese ganz selbstverständ- lichen, aber wenn sie mit der Miene tiefer Gelehrsamkeit vorgetragen werden, sehr gut wirkenden Distincetionen werden zum Ausgangspunkte der logischen Terminologie und zur Unterscheidung von isomesischen und heteromesischen, isotopischen und heterotopischen, isopischen und heteropischen Bildungen, von welchen 3 Categorien die beiden ersten ganz überflüssig sind, während die Ausdrücke isopisch und heteropisch weit besser durch die Wörter faciell gleich und faciell un- gleich ersetzt werden können. Ueber die Ueberflüssigkeit der Ausdrücke isomesisch und heteromesisch braucht kein Wort verloren zu werden, sie stehen in dieser Hinsicht dem berühmten Worte „Horst“ in der geotektonischen Nomenclatur nicht nach, worüber man Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1887 S. 413 vergleichen wolle. Die Ausdrücke isotopisch und heterotopisch sind nicht nur überflüssig, sondern wegen ihres ähnlichen Klanges mit den Worten isopisch und heteropisch in ganz gleicher Weise für Verwechslungen besonders geeignet, wie die Worte Ost und West, bezüglich welcher, was ihre leichte Verwechselbarkeit anbelangt, wohl Jeder seine eigenen Erfahrun- “ Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 44 -) 398 A. Bittner. [96] sen gemacht haben dürfte ’). Und verständlicher werden die Darlegungen mit Zuhilfenahme dieser Ausdrücke ganz bestimmt nicht, worüber man beispielsweise nur S. 8 bei Mojsisoviecs (Dolomitriffe) ver- oleichen wolle. Man verdeutsche hier einmal die gehäuften Termini der formalen Logik und man wird sich überzeugen, dass die ungeheuer selehrt klingenden Sätze nichts sind als ganz gewöhnliche Gemeinplätze in gelehrten Schwulst übertragen. Und dienen etwa Sätze wie jener im N. Jahrb. f. Min. 1884, Bd. I, S. 79 zum leichteren Verständniss dessen, was ausgedrückt werden soll, wenn es heisst, dass der Keuper-Ceratit ©. Schmidi Zimm. eine abgeänderte isotopische Form des germanischen Triasbeckens sei? Hier soll doch wohl das Wort isotopisch den bereits geläufigen und allgemein gebräuch- lichen Ausdruck endemisch oder endogen ersetzen, was ganz zwecklos ist. Für die Ausdrücke isopisch und heteropisch gilt natür- lich dasselbe wie für die beiden zuletztbesprochenen; da sie auf den Begriff der „Facies* begründet sind, so empfiehlt sich schon deshalb ihre Substituirung durch die weit klareren Ausdrücke faciell gleich und faciell ungleich, die jede Verwechslung mit „iso- topisch“ und „heterotopisch“ ausschiiessen. Wir sehen also, dass die von E. v. Mojsisovics im Jahre 1879 eingeführte Anleitung zu einer formalen Logik der Geologie in nichts besteht, als in einigen nicht besonders glücklich gewählten neuen Ausdrücken und dass sie sich auf nichts anderes gründet, als auf die Unterscheidung, dass ein Ding nach Art, Ort, Zeit und anderen Umständen entweder so beschaffen sein kann wie ein anderes damit verglichenes Ding oder nicht so wie dieses. Aus dieser simplen Ge- dankenoperation ein besonderes Wesen zu machen, ist wahrhaft un- nöthig, denn schliesslich läuft die ganze Angelegenheit doch auf nichts anderes hinaus, als auf die abermalige Constatirung der bekannten Thatsache, dass der formale Logiker nichts anderes weiss als wie andere Leute auch, aber dass er es anders, gelehrter und schwerer verständlich auszudrücken versteht. Auch lehrt die Folge, dass der consequente Gebrauch der von E. v. Mojsisovies eingeführten Aus- drücke ihren Urheber selbst durchaus nicht in allen Fällen zu scharfem consequenten Denken gezwungen habe, denn sonst würde er über die Zulässigkeit der Verwendung der Namen „norisch“, „juvavisch“ und „mediterran“ im Jahre 1892 zu ganz verschiedenen und richtigeren Resultaten gelangt sein, als das wirklich geschehen ist, worauf be- reits im ersten Theile dieser Arbeit ausführlich hingewiesen wurde. Aus den „Dolomitriffen* von 1879 sei hier nur noch erwähnt, dass die Gliederung der oberen alpinen Trias sich insoferne wieder ändert, als die Raibler Schichten, die bisher jünger waren, als die Aonoides-Zone, mit dieser zu einer „Zone“ verschmolzen werden und dass der Esinokalk den Wengener Schichten zugetheilt wird. Bezüg- lich der aus der Existenz der Provinzen gezogenen Schlüsse und ') Eines der auffallendsten Beispiele solcher Verwechslungen findet sich in der bekannten Arbeit von E. Suess und E. v. Mojsisovics: Die Gebirgs- gruppe des Österhorns, Jahrb. 1868, S. 167. Diese Arbeit beginnt mit den Worten „Im Westen... ..“ anstatt „Im Osten... .“ [97] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 329 der damit zusammenhängenden Fragen sei auf das bereits früher Mitgetheilte verwiesen. Noch derselben Periode oder Phase fällt das grosse Werk E. v. Mojsisovics’s „Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz“, Abhandl. X, 1882, zu. Es enthält dasselbe, wie wir in der Einleitung S. I, lesen, das palaeontologische Beweismateriale für die von E. v. Mojsisovies durchgeführte Gliederung und deren heteropische Parallelen. „Die schon längst gegebene verticale Gliederung der mediterranen Trias gründet sieh auf die palaeontologischen Ergebnisse dieser Ar- beit.“ Das ist dieselbe Behauptung, der wir schon einmal begegnet sind, und welche bei jener Gelegenheit auch bereits widerlegt wurde. Es sei hier, um die Sache anschaulicher zu machen, die Gliederung Fr. v. Richthofen’s und Stur’s jener von E. v. Mojsisovics an die Seite gestellt: Richthofen 1860 Stur 1871 Mojsisovics 1879 Raibler Schichten | Raibler Schichten | Raibler Schichten Schlerndolomit Schichten von St. St. Cassian mit In- Cassianer Me Cassian begriff des Schlern- Schichten = Kalk von Cipit dolomits und Esinokalks = Sg Schichten von WengenerSchichten Wengener 123 Wengen Schichten = = Schiehten von Buchensteiner Buchensteiner I Buchenstein Schichten Schichten J Die Unterschiede in diesen Gliederungen sind minimale, sie be- ziehen sich lediglich auf die Einordnung der Rifffacies und sind noch heute controvers. Wozu ist es also nöthig gewesen, im Jahre 1882 das palaeontologische Beweismateriale für eine Gliederung zu erbringen, die schon 1871 und 1860 so sichergestellt war, dass sie nicht ein- mal mehr eines stratigraphischen weiteren Beweises bedurfte, ge- schweige denn eines palaeontologischen? Wie war es möglich, zu behaupten, dass die in den verschiedenen, bereits 1860 und 1871 _ fixirten Niveaus gesammelten Cephalopoden irgend einen, auch nur den leisesten Schatten eines Beweises abgeben konnten für die Richtigkeit einer auf stratigraphischem Wege gewonnenen Gliederung, die unanfechtbar war, noch ehe man daran gedacht hatte, die Cepha- _ lopoden aus den betreffenden Schichten zusammenhängend darzu- stellen? Umgekehrt, die auf stratigraphischem Wege festgestellte Aufeinanderfolge der Schichten ist ein Beweis dafür, dass die 1882 44 * 330 A. Bittner. [98] dargestellte palaeontologische Aufeinanderfolge der CGephalopoden die richtige sei und Frh. v. Richthofen und Stur haben die Beweise geliefert, dass man die palaeontologischen Ergebnisse der 1882er Arbeit von E. v. Mojsisovies z. gr. Theile als auch stratigraphisch begründet ansehen darf. E.v.Mojsisoviecs kann daher durchaus nicht behaupten, die schon längst (von Frh. v. Richthofen und Stur nämlich!) gegebene Gliederung der mediterranen Trias gründe sich auf die palaeontologischen Ergebnisse seiner Üephalopodenarbeit vom Jahre 1882! Das möge zur Charakterisirung des wissenschaftlichen Stand- punktes, den E. v. Mojsisovies im Jahre 1882 einnahm, dienen. Er bedeutet wohl den Höhepunkt jener theoretischen Bestrebungen, die sich während ihrer ersten Phase durch complieirte Gliederungen, Annahme von Lücken und Discordanzen und im Allgemeinen selbst- ständige Anschauungen auszeichneten, während die zweite Phase oder Periode seit 1874 durch Einlenken in die alten Bahnen vor 1866, durch Verwerthung älterer Errungenschaften, die aber mittelst neuer Termini maskirt werden und sich so als neue Erfunde dem Auge des Lesers darstellen, charakterisirt wird. Die nun folgende 3. Periode oder Phase vom Jahre 1882 bis 1897 kann als die Periode des Verfalles bezeichnet werden, sie endet mit der Katastrophe vom October 1892. Aus dieser letzten Periode, oder der Periode des Verfalls des theoretischen Aufschwunges in der Literatur der alpinen Trias sei nur Einiges hervorgehoben. In Verhandlungen 1883 S. 290—293 finden wir einen Bericht über die geologischen Detailaufnahmen im Salzkammergute von E. v. Mojsisovics, welcher deshalb von hervorragendstem Interesse ist, weil er auf drei Druckseiten zusammengedrängt alles enthält, was über die neueren Studien E. v. Mojsisovics’s (seit 1874) in diesem wichtigen Gebiete überhaupt in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Wir entnehmen diesem Berichte die Angabe der Thatsache, dass (S. 292) im Gebiete zwischenlIschl, Goisern, Aussee und Mitterndorf auf die norischen Hallstätter Mar- more concordant noch die unterkarnischen Hallstätter Gephalopodenkalke (Zone des Tropites subbullatus und des Trachyceras Aonoides) folgen, mit welchen hier die concor- dante Schichtreihe schliesst. Diese überaus wichtige Angabe ist wohl die einzige, welche bisher über die concordante Schicht- folge innerhalb der Hallstätter Serie und über die regelmässige Ueberlagerung der norischen durch die karnischen Hallstätter Kalke vorliegt. Die Wichtigkeit dieser Mittheilung ist eine so hervorragende, dass man ihr gegenüber leicht übersieht, dass in dieser ganzen Arbeit sonst eigentlich sehr wenig von den Hallstätter Kalken gesprochen wird, was bei einem Berichte über das klassische Terrain der Hall- stätter Kalke immerhin auffallen könnte. re | | | | | [gi GE ; | [99] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 331 Es scheint indessen, dass auch diese endliche stratigraphische Constatirung der Schichtfolge der Hallstätter Kalke noch nicht völlig genügend befunden wurde, um deren Stellung unter dem Niveau der Raibler Schichten definitiv zu sichern, denn im Jahre 1837 wurde durch E. v. Mojsisovics und G. Geyer die Neuaufnahme der Mürzthaler Kalkalpen in Angriff genommen, welche zu jenem längst gewünschten Resultate zu führen versprochen hatte und, wie zu er- warten war, wirklich auch geführt hat. Bereits in dem ersten Berichte über diese Aufnahmen (Verh. 1887, S. 229) konnte die alte Streit- frage zwischen Stur und v.Mojsisovics über die Stellung der Hall- stätter Kalke als endgiltig zu Gunsten des letzteren ent- ‚schieden signalisirt werden. Es wird der Constatirung dieser That- sache die Bemerkung vorausgeschickt, dass die Tektonik des untersuchten Gebietes ausserordentlich klar und ein- fach sei. Es muss der Leser deshalb sofort die Ueberzeugung ge- winnen, dass in einem tectonisch so einfachen und klaren Gebiete auch die Schichtfolge und Ueberlagerung der einzelnen Niveaus mit vollendeter Sicherheit constatirt werden konnte. Es wurde nun auf Grund dieser klaren und einfachen Verhältnisse nachstehende Schicht- folge in diesem Gebiete nachgewiesen (wobei zugleich die Angaben in Verh. 1888, S. 2 ff, mitbenützt sind): Werfener Schiefer. | Muschelkalk in mehrfacher Gliederung, unten dunkle Guten- steiner Kalke, oben helle Dactyloporenkalke. Zlambachschichten in zwei Gliedern, unten Hornsteinkalke von Reiflinger Facies, oben Zlambachmergel. Untere Hallstätter Kalke und stellvertretende lichte Diploporen- (Wetterstein-)Kalke. Obere Hallstätter Kalke in Reiflinger Facies. Carditaschichten mit Halobia rugosa. Karnischer Hauptdolomit und Dachsteinkalk. Kössener Schichten. Die stratigraphische Bedeutung dieser Schichtreihe ist eine ausserordentliche und liegt, wie hervorgehoben wird, in der nor- malen Ueberlagerung der (norischen) Hallstätter Kalke durch die Raibler Schichten mit Halobia rugosa (Cardita- schichten) undindem AuftretenvonSchichteninechter Reiflinger Facies im oberen Theile des Hallstätter Complexes. Dazu findet sich S. 231 die Anmerkung, dass bekanntlich auch in den Hallstätter Kalk-Distrieten des Salzkammergutes die Marmore mit Trachyceras Aonoides als oberste triadische Schicht- gruppe — gleich den Schiefern mit Halobia rugosa im Mürzthale — auftreten. In Verh. 1888, S. 3, wird noch ausgeführt, dass im Mürzthaler Profile zweimal dunkle Kalke in Reiflinger Facies erscheinen, was als Beweis für die Auffassung gilt, dass die Facies der Reiflinger Kalke an kein bestimmtes Niveau gebunden sei. Es ist diese That- sache des zweimaligen Auftretens von Reiflinger Kalken im Mürz- thaler Profile nach E. v. Mojsisovics von besonderer Wichtigkeit 339 A. Bittner. [100] für jene nordalpinen Distriete, in denen die „mächtige Reiflinger Entwicklung ununterbrochen vom Muschelkalk aufwärts bis zu den Carditaschichten reicht“. Das ist also, worauf gleich hier hingewiesen sein soll, wieder ein Fall, wo eine scharfe Grenze zwischen ladinischer Stufe und karnischer Stufe in keiner Weise gezogen werden kann, wo also die Schichten von Reiflinger Facies in offenem Contraste stehen zu dem darüber folgenden Niveau der Cardita- oder Raibler Schichten und wo das Cassianer Niveau zur ladinischen Stufe gezählt werden müsste. In Verh. 1889, S. 2, liest man: „Der vom Wettersteinkalke (Facies der Hallstätter Kalke) leicht zu unterscheidende (!) Korallenriffkalk kommt im Mürzthaler Gebiete nur an der Tonion vor, wo die Rifffacies im unteren Hallstätter Kalke zu be- ginnen und bis zur rhätischen Stufe emporzureichen scheint“. In Verh. 1887, S. 230, war nur davon die Rede, dass auf der Tonion im Niveau des unteren Hallstätter Kalkes ein korallenreicher grauer Rifikalk erscheine. Damals kannte man Dachsteinkalk über- haupt nur im Wildalpenzuge und glaubte die ältere Angabe Stur’s vom Vorkommen von Kössener Brachiopoden an der Tonion einfach ignoriren zu dürfen. Die Erkenntniss vom Jahre 1889, dass an der Tonion der Korallriffkalk „vom unteren Hallstätter Kalk bis zur rhätischen Stufe reiche“, ist wesentlich durch meine Mittheilung in Verh. 1858, S. 174, vermittelt worden, in welcher jene alten An- gaben wieder aufgefrischt und durch einige neuere Beobachtungen ergänzt werden konnten. Nachdem sich demnach schon damals heraus- gestellt hat, dass „der Korallenriffkalk“ den ganzen Hallstätter Kalk sammt dem Dachsteinkalke vertrete, scheint der Wettersteinkalk (als Facies der Hallstätter Kalke) vom Korallriffkalk wenigstens insoferne nicht gar so leicht unterscheidbar zu sein (wie Mojsisovics Verh. 18389, S. 2, angibt) als zum mindesten an der Tonion derselbe Korallriffkalk beiden damals noch getrennt gehaltenen Niveaus, dem Hallstätter Kalke und dem Dachsteinkalke entspricht. Heute, nach- dem auch E. v. Mojsisovics die Hallstätter Kalke in den Dachstein- kalk versetzt, erklärt sich die Schwierigkeit an der Tonion von selbst, aber auch die so leicht vom Korallriffkalke unterscheid- baren „Wettersteinkalke“ des Rax- und Schneeberggebietes werden wieder zu Korallriffkalk des Dachsteinkalkes trotz ihrer an- geblich leichten Unterscheidbarkeit. Auf Geyer’s grössere Arbeit im Jahrb. 1889, S. 497 bis 782, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, da sie theoretisch ganz auf dem Standpunkte von E. v. Mojsisovics steht. Es sei hier nur noch einmal darauf hingewiesen, dass das Hauptresultat dieser Unter- suchungen im Mürzthaler Gebiete der endlich erbrachte Nachweis war, dass die Hallstätter Kalke normal durch die Raib- ler Schichten mit Halobia rugosa überlagert werden, somit unter dem Lunzer Niveau liegen, im Gegensatze zu dem, was Stur behauptet hatte, und dass hier echte Reiflinger Kalke im oberen Theile des Hallstätter Kalkes auftreten, womit dieAnschaungv. Mojsisovies's, dass die Hallstätter Kalke zum grossen Theile durch Er . [101] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 393 die Reiflinger Kalke vertreten seien, bestätigt wird. Durch die Feststellung dieser „Thatsachen“ schien also die alte Streitfrage, ob Stur oder ob v. Mojsisovies mit seiner Ansicht über die Stellung der Hallstätter Kalke Recht habe, endlich definitiv und unwiderleglich zu Gunsten der Anschauung von E. v. Mojsisovics entschieden — leider, wie gleich hinzugefügt werden kann, wieder nur für den kurzen Zeitraum von drei Jahren. Zu gleicher Zeit (Verhandl. 1889, S. 277) gelang es E. v. Mojsi- sovics, auch den Nachweis zu erbringen, dass nächst Hallein die norischen Hallstätter Kalke durch die karnische (untere) Zone der T'ro- pites subbullatus überlagert werden, eine Thatsache, die vollkommen im Einklange ist mit der von demselben Autor in Verhandl. 1883 S. 292 constatirten concordanten Ueberlagerung der norischen Hallstätter Kalke durch die unterkarnischen Zonen des Tropites sub- bullatus und des Trachyceras Aonoides im Salzkammergute. Die Schichtfolge inmitten des Complexes der Hallstätter Kalke selbst war demnach ebenfalls durch übereinstimmende Beobachtungen in ver- schiedenen Gebieten aufs beste sichergestellt, alles schien in diesen Fragen somit definitiv fixirt, alle Schwierigkeiten erschienen beseitigt und nichts liess den sich vorbereitenden Umsturz, welcher unerwartet im October 1892 eintrat, für diesen Zeitpunkt voraussehen oder nur ahnen. Es waren allerdings auch seit der Zeit, in welcher Stur es aufgegeben hatte, in diesen Fragen der alpinen Trias mitzusprechen, einigemale Mittheilungen erschienen, welche den älteren Ansichten von Stur über die Stellung der Hallstätter Kalke sich wieder zu nähern begannen, aber sowie Stur selbst in dieser Hinsicht keine Beachtung fand, so schien es auch, als ob jene neueren‘ Ansichten weiter nicht berücksichtigt werden sollten. Bereits im Jahre 1877 (Verhandl. S. 158) habe ich — allerdings auf nur geringe Erfahrung gestützt — auf eigenthümliche Beziehungen zwischen Dachsteinkalken und Hallstätter Kalken hingewiesen und in meiner (1878 nieder- geschriebenen, aber erst 1882 erschienenen) Arbeit über die geol. Verhältnisse der Umgebung von Hernstein findet sich der Hallstätter Kalk an der Seite der ober-triadischen Korallriffkalke bereits genau an jener Stelle eingereiht und besprochen, welche ihm nach Stur seit jeher, heute auch nach E. v. Mojsisovics zukommt. Durch die Revisionsvorgehungen der Jahre 1892 und 1893 in den Salzburger Kalkalpen gelangte ich in dieser Hinsicht bereits zu bestimmteren Resultaten, deren Hauptpunkte in Verhandl. 1884 Ss. 105—113 veröffentlicht wurden. Es wurde hier auf Grund von Petrefactenfunden eine weitgehende Uebereinstimmung zwischen den Hallstätter Kalke von Hallein und den sog. Hochgebirgskorallenkalken des Hohen Göll und Hagengebirges nachgewiesen und daraus S. 113 der sehr vorsichtig gehaltene Schluss abgeleitet, dass jene „Hallstätter Schichten“ des Hochgebirgskalkes, der dem Dachsteinkalke angehört, thatsächlich einem Theile der echten Hallstätter Kalke entsprechen könnten, und dass somit ein exacter Nachweis darüber, wieviel von den echten Hallstätter Kalken im Niveau des Wettersteinkalkes ver- treten sei, mehr als jemals erwünscht sein müsse. 334 A. Bittner. [102] Weitere Anhaltspunkte für die hier ausgesprochene Auffassung wurden gegeben in Verhandl. 1884 S. 364. Analoge Verhältnisse wurden später auch im Hochschwabgebiete beobachtet und in Verhandl. 1837 S, 93, 1888 S. 248, 1890 S. 299 ff. kurz skizzirt. In Verhandl. 1888 S. 250 wurde mit besonderer Rücksichtnahme auf die gleichzeitig von Moj- sisovies und Geyer durchgeführten Aufnahmen des benachbarten Mürzthaier Gebietes constatirt. dass in der oberen oder Dachstein- kalkgruppe des Hochschwab die „Zlambachfacies“ auftritt, dass somit die Zlambachschichten sich in verschiedenen Niveaus — immer in Hinsicht auf die damals von Mojsisovics festgehaltenen Anschau- ungen gesprochen — wiederholen, daher als fixes stratigraphisches Niveau nicht angesehen werden können und dass, wollte man dem Vorkommen der Zlambachschichten bei Aflenz stratigraphisches Gewicht beilegen, die Zlambachschichten sammt den Hallstätter Kalken als im Bereiche des Hauptdolomites oder Dach- steinkalkes liegend angenommen werden müssten. Ich darf mich glücklich schätzen, dass zum mindesten meine Mit- theilungen in Verhandl. 1884 ein wenig mehr Berücksichtigung fanden, als den seinerzeitigen verwandten Ansichten Stur’s zu Theil wurde, denn Benecke sagt über dieselben im Neuen Jahrb. f. M. 1-86 1. S. 77, dass sie interessante Verhältnisse der Faciesentwicklung betreffen, deren weitere Verfolgung von grosser Bedeutung für unsere Anschauungen über die Ausbildungalpinerober- triadischer Bildungen überhaupt werden kann. Meine späteren gleichlautenden Mittheilungen aus dem Hochschwabgebiete (Verhandl. 1888 S. 248) wurden indessen bereits wieder durch die weittragenden Resultate der gleichzeitigen Untersuchungen von E. v. Mojsisovies und Geyer in den Mürzthaler Alpen vollständig in den Hintergrund gedrängt. Von einer systematischen „weiteren Ver- folgung“ dieser interessanten Verhältnisse war ohnehin keine Rede, im Gegentheile ich musste sehr froh sein, dass mir durch die nicht genug anzuerkennende Unparteilichkeit des damaligen Directors der k. k. geol. R.-A., des Herrn Hofrathes F. Ritter von Hauer, die Mög- lichkeit gewahrt blieb, trotz des Einspruches des Herrn E. v. Mojsi- sovics, meine Mittheilung vom J. 1884 überhaupt in den Schriften der Anstalt zum Drucke zu bringen, und dass sich an jene interessanten Funde im Salzburgischen nicht sofort die weitere Consequenz für mich anschloss, aus den Kalkalpen gänzlich amovirt und zu den Auf- nahmsarbeiten im Wiener-Sandstein-Gebiete verwendet zu werden. Ich darf mir wohl erlaubeu, heute auf diese Thatsachen zurück- zukommen, nachdem Herr Oberbergrath v. Mojsisovies, welcher im Jahre 1884 mir gegenüber erklärt hatte, nicht dulden zu wollen, dass in seiner Aufnahmssection denen ihres Chefs widersprechende wissenschaftliche Ansichten gehegt werden, im Jahre 1892 in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie Bd. 101, S. 777 sich be- müssigt gesehen hat, sich selbst nicht nur auf meine Mittheilung vom Jahre 1884 und die darin vertretenen Anschauungen, welche er da- mals von der Drucklegung auszuschliessen beabsichtigt hatte, zu berufen und zu stützen — sondern auch „freimüthig zu be- kennen“, dass ihm aus verschiedenen Gründen im Laufe der Zeit [103] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 339 wiederholt Zweifel an der Richtigkeit der im Salzkammergute an- genommenen Reihenfolge aufgestiegen seien. Unter solchen Umständen wäre es nur billig gewesen, wenn von ihm auch die wohlbegründeten Ansichten Anderer neben den eigenen ein wenig mehr berücksichtigt worden wären. Wir sind damit wieder bei jener Aufsehen erregenden Publi- cation angelangt, durch welche E. v. Mojsisovies im Jahre 1892 seine bisher im Gegensatze zu Stur’s älteren Ansichten, die später wenigstens theilweise auch von mir vertreten wurden, festgehaltene Anschauung über die Stellung der Hallstätter Kalke aufgab und dafür eine neue Ansicht mittheilte, welche im Wesentlichen nichts anderes ist, als eben jene alte, von ihm so lange bekämpfte Ansicht von Stur. Es ist gewiss ein äusserst merkwürdiges Zusammentreffen, dass diese Mittheilung an die Wiener Akademie gerade zu derselben Zeit (13. October 1892, erschienen im November 1892) gemacht wurde, in welcher sich (21. October 1892) D. Stur nach einer mühe- und erfolgreichen 42jährigen wissenschaftlichen Thätigkeit an Körper und Geist gebrochen auf immer zurückzog; es wird dieses Zusammen- treffen noch weit merkwürdiger durch die Thatsache, dass E. v. Moj- sisovies in seiner genannten Schrift mit keinem Worte, mit keiner Silbe zu erwähnen es für nothwendig erachtet hat, dass er nunmehr selbst den Standpunkt Stur’s in der Frage des Alters der Hallstätter Kalke vertritt, den Stur bereits vertrat, ehe E. v. Mojsisovies sich wissenschaftlich zu bethätigen anfıng, welchen Standpunkt E. v. Mojsisovies durch die ganze Zeit von 1866 bis 1892 bekämpft hat und dem sich zu accomodiren er heute durch seine eigenen Erfahrungen gezwungen ist. Für mich existirt nach dem vorher Mitgetheilten kein’Grund, die Verdienste, die sich Stur in der Frage über die Stellung der Hallstätter Kalke un- streitig als der Erste erworben, todtschweigen zu lassen, im Gegen- theile, ich erachte es gegenüber gegentheiligen Bestrebungen als meine Pflicht und- Schuldigkeit, hier nochmals aufs Nach- drücklichste zu constatiren,. dass unter allen Alpen- gseologen der älteren Zeit Stur der Einzige war, welcher auf Grund seiner Beobachtungen im Felde die stratigraphischeStellung derHallstätterKalke richtig erkannt und dargestellt hat. Und alle palaeontologischen Untersuchungen und Grundlagen, alle Zonengliederungen und Provinzial- abtheilungen und der ganze gelehrte Apparat, den E. v. Mojsisovics durch Jahrzehnte an die ganz nutzlose Arbeit verschwendet hat, jene simple thatsächliche Constatirung durch Stur zu widerlegen, hat gar keinen Erfolg gehabt und hat nicht verhindern können, dass von E. v. Mojsisovies selbst schliesslich der Standpunkt Stur’s acceptirt und eingenommen werden musste. Das wäre billiger schon im Jahre 1866, als E. v. Mojsisovics sich mit Geologie zu beschäftigen anfıng, zu haben gewesen. Heute bleibt uns nur ein historischer Rückblick auf die Irrthümer, die sich seit jener Zeit in der Frage der Hall- stätter Kalke in der Literatur der alpinen Trias angehäuft und welche dieselbe für den Fernerstehenden nahezu unbenützbar gemacht haben. Jahrbneh d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 2. Heft. (A. Bittner.) 45 336 A. Bittner. 1 04] Wir wollen hier nochmals kurz die Frage der Hallstätter Kalke recapituliren. Der Name der „Hallstätter Schichten“ ist einer der ältesten in der Literatur der alpinen Trias und kommt bekanntlich schon im Jahre 1846 bei F. v. Hauer (Die Cephalopoden des Salzkammer- gutes) vor. Waren in der ersten Zeit sehr differirende Ansichten über das Alter dieser Ablagerungen laut geworden, so erscheinen dieselben seit 1853 (Jahrbuch IV) definitiv m die Trias eingereiht und zwar wurde ihnen hier ihr Platz über dem Gutensteiner Kalke und unter dem Dachsteinkalke angewiesen. Das war für Jahrzehnte hinaus entscheidend. Zu jener Zeit kannte man nur sehr wenig von den mergelig-sandigen Niveaus der alpinen Trias, die sich später als so ungemein wichtig für die Gliederung erwiesen haben. In Folge des Studiums dieser Ablagerungen in Nordtirol durch F. v. Hauer, Gümbel, v. Riehthofen wurde insbesondere dieses Gebiet zum Vergleiche mit den Hallstätter Bildungen herbeigezogen und wir sehen alsbald den Hallstätter Kalk eine bedeutende Rolle hier spielen, indem — insbesondere bei F. v. Richthofen — der Wetterstein- kalk von Nordtirol zumeist oder ganz ausschliesslich als Hallstätter Kalk bezeichnet wird. Die intermediäre Stellung des Wetterstein- kalkes zwischen einem unteren Kalkniveau — dem Muschelkalke, Gutensteiner Kalke, Virgloriakalke — und dem Niveau des Haupt- dolomits oder Dachsteinkalkes im Hangenden schien aufs Genaueste der Stellung, die man für den Hallstätter Kalk selbst angenommen hatte, zu entsprechen und einer sicheren Parallelisirung somit nichts im Wege zu stehen. Durch die Thatsache, dass der Wettersteinkalk nach oben so- wohl als nach unten durch ganz bestimmt charakterisirte Mergel- niveaus Carditaschichten und Partnachschiehten — begrenzt und eingeschlossen erschien, hatte man den weiteren Fortschritt erzielt. den Hallstätter Kalk seiner Hauptmasse nach ebenfalls unter das Raibler Niveau verlegen zu dürfen. Der Fehler, der hier gemacht wurde, lag demnach gleich im Beginne darin, dass der Hallstätter Kalk, ohne dass seine eigene Stellung gegenüber den Mergelniveaus gesichert gewesen wäre, dem Wettersteinkalke, einem in seiner ursprünglichen Fassung strati- graphisch vollkommen fixirten Niveau, als Ganzes parallelisirt wurde. Der Rückschluss von der stratigraphisch gesicherten Position des Wettersteinkalkes darauf, dass dann auch die Hallstätter Kalke unter den Raibler Schichten liegen müssten, war somit selbstver- ständlich und von ihm, als einer Art Axiom ist auch in dieser Frage bis in die neueste Zeit vielfach ausgegangen worden. Dass aber die ursprüngliche Gleichstellung der Hallstätter Kalke mit dem Wetter- steinkalke eine ungenügend motivirte war, das wurde niemals mehr beachtet, obschon aus v. Riehthofen’s Darstellung 1859, Jahrb. X, 5. 98 vollkommen deutlich hervorgeht, dass die „Hallstätter Kalke“ von Nordtirol so wenig palaeontologisch charakterisirt seien, dass die Versteinerungen allein keinen Anhaltspunkt bieten würden, sie für Hallstätter Kalke zu erklären. Es war somit ausser ziemlich vagen lithologischen Charakteren nur jene bereits oben berührte Annahme, Tr cn da De ae a A a ee a en x | | | [105] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 337 dass der Hallstätter Kalk über den Gutensteiner Kalken und unter den Dachsteinkalken liegen müsse, für die Parallelisirung desselben mit den Wettersteinkalken maassgebend. Durch die Rückübertragung von Tirol her aufs Salzkammergut erschien sodann die stratigraphische Stellung der echten Hallstätter Kalke gesichert. Es ist Stur’s Verdienst, zum erstenmale Daten aufgefunden zu haben, welche gegen jene allgemein angenommene Stellung der Hallstätter Kalke sprachen. Bereits in den Verhandl. 1865, S. 42, 46 theilt er auf Grund seiner Beobachtungen in den nordsteirischen Kalkalpen mit, dass die Hallstätter Kalke über seinem Lunzer Niveau liegen müssen und in Verhandl. 1866, S. 186 sagt Stur mit Bezug- nahme auf diese Beobachtungen: „Wer kann noch zweifeln, dass der Hallstätter Marmor dem Hauptdolomite äqui- valent ist?“ Stur muss also sehr schwerwiegende Gründe für seine Ueberzeugung gehabt haben — er theilt dieselben ja auch noch Jahrb. 186%, S. 281 #f. und Geologie der Steiermark 1871, S. 285 ff. mit, — wenn er bei seiner vorsichtigen Weise zu arbeiten gegenüber der allgemein herrschenden Ansicht dieselbe in dieser präcisen Form auszusprechen gewagt hat. Um das Jahr 1866 also als v. Mojsisovics seine Unter- suchungen in der alpinen Trias begann, standen einander zwei- erlei Meinungen über das Alter der Hallstätter Kalke gegenüber, die eine, welche von allen Alpengeologen ausser Stur vertreten wurde, nach welcher die Hallstätter Kalke dem Wettersteinkalke entsprächen, daher unter den Raibl-Lunzer Schichten lägen — und die andere, welche Stur allein vertrat, nach welcher die Hallstätter Kalke über den Raibl-Lunzer Schichten im Bereiche des Haupt- dolomites zu suchen seien. Dieser Standpunkt der Frage wird am besten durch die äusserst objective Ausserung v. Hauer’s im Jahr- buche 1868. S. 16 charakterisirt: „Die scharfe Parallelisirung der Hallstätter Kalke mit den in anderen Theilen der Alpen entwickelten oberen Triasschichten wird noch durch den Umstand erschwert, dass in ihrer Nähe die verschiedenen genauer charakterisirten Abtheilungen der letzteren, wie Cassianer, Raibler, Torer Schichten bisher kaum mit hinlänglich befriedigender Sicherheit nachgewiesen werden konnten. Den wichtigsten Anhaltspunkt zur Beurtheilung der Stellung der Hallstätter Marmore in der oberen Trias bieten uns die Beobachtungen Stur’s.“ Mit diesem Ausspruche von Hauer’s ist der Standpunkt in dieser Frage so scharf gekennzeichnet, dass jeder Commentar zu demselben überflüssig erscheinen muss. Es ist aber nicht nur über die Lagerung der Hallstätter Kalke zu den übrigen Abtheilungen der oberen Trias bis dahin nichts bekannt gewesen, man wusste auch nichts über das gegenseitige Verhalten der beiden bereits von F. v. Hauer unterschiedenen Hauptgruppen der Hallstätter Kalke, man war insbesondere ganz und gar nicht darüber im Klaren, welche Gruppe von beiden die jüngere, und welche die ältere sei. Was E. v. Mojsisovies 1869—1872 hierüber mittheilt, be- ruht lediglich wiederum auf der alten unbegründeten Vorstellung, dass der norische Hallstätter Kalk nothwendig unter dem karnischen 45* 338 A. Bittner. [106] liegen müsse, weil letzterer gewisse faunistische Beziehungen zu den Raibl-Lunzer Schichten habe und der norische Hallstätter Kalk, über den karnischen gestellt, in das Niveau des Hauptdolomits, nicht aber in das des Wettersteinkalkes fallen würde, was mit der älteren Vor- stellung nicht harmonirte. Dass E. v. Mojsisoviecs zunächst selbst ein- mal den Wettersteinkalk über die Raibl-Lunzer Schichten hinauf in den Hauptdolomit versetzte und sich als Aequivalent der Hallstätter Kalke einen fossilfreien „Partnachdolomit“ nebst noch anderen unbenannten, aber ebenfalls fossilfreien Kalk- und Dolomitniveaus erfand, „kenn- zeichnet nur eine Phase in der Geschichte unserer Kenntniss von diesen so schwierigen Verhältnissen‘, welche man aber beim besten Willen nicht als eine Phase der fortschreitenden Entwickelung bezeichnen kann, (vergl. Hallst. Cephal. 1893, S. 821), man müsste denn auch die ärgsten Verwickelungen als Fortschritte der Kenntniss zu feiern willens sein. Es ist auch von E. v. Mojsisovies sale auch nur der Schatten eines Beweises erbracht worden — das bezieht sich insbe- sondere auf die erste Periode seiner Untersuchungen, — dass die norischen Hallstätter Kalke wirklich unter den karnischen Hallstätter Kalken lägen, man nahm das eben in jenem älteren Sinne einfach als ganz feststehend an, trotzdem sich Stur aufs Bestimmteste in gegen- sätzlicher Richtung geäussert hatte. Das gilt zunächst für das Jahrbuch 1269, S. 94. Hier wird die Stellung der Zlambachschichten und der norischen Hallstätter Kalke unter den karnischen Hallstätter Kalken einfach als Thatsache angegeben, ohne jede Begründung, ohne jeden Hinweis auf beobachtete Lagerung u. derel. Dass man derartige Be- obachtungen nicht besass, erhellt noch deutlicher aus Verhandl. 1872, Da die Cephalopoden der „oberen“ resp. karnischen Hallstätter Kalke Beziehungen zu den Raibler, Lunzer und Bleiberger Schichten be- sitzen, wird einfach folgendermassen geschlossen: Die Verbreitung der dieser (karnischen) Schichtgruppe angehörenden Cephalopoden lässt ihre ausserordentliche Bedeutung für die Altersstellung der darunter liegenden Schichtgruppe der norischen Hallstätter Kalke und dadurch für die definitive Lösung der be- kannten Controverse über die Stellung der Hallstätter Kalke auf das überzeugendste erkennen! Das wäre ganz gut und richtig, wenn man nur auch den Be- weis dafür gehabt hätte, dass die norischen Hallstätter Kalke auch wirklich unter den karnischen liegen, aber eben dieser Beweis fehlte ganz und gar und konnte bis in die neueste Zeit nicht erbracht werden. Die angeblichen „Beweise“, die E. v. Mojsisovies schon 1872 für die Stellung der Hallstätter Kalke unter den Lunz- Raibler Schichten beibrachte, bedeuten gar nichts und haben nie etwas bedeutet, selbst wenn man hier ganz davon absehen will, dass E. v. Mojsisoviecs ja 1892 sich selbst der Ansicht Stur’s über die Stellung der Hallstätter Kalke angeschlossen hat, wodurch eo ipso alles, was er je dagegen vorgebracht hat, hinfällig wird. Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass E..v. Mojsiso- vies in Verhandl. 1872, S. 5 es für gut befunden hat, sich speciell in der Frage der Hallstätter Kalke auf die Meinungen der Mehrzahl [107] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 339 der älteren Beobachter zu berufen. Es geht daraus hervor, dass es ihm wichtig schien, seine eigenen Ansichten hier ausnahmsweise auf allgemeiner vertretene Anschauungen Anderer zu stützen und diese gegen die vereinzelt dastehende Anschauung Stur’s ins Treffen zu führen. Da die Stichhaltigkeit jener Gründe, auf welchen gedachte ältere Anschauungen fussen, oben hinreichend: beleuchtet wurde, so waren es nicht so sehr wirkliche Thatsachen und Beobachtungen, die hier gegen Stur geltend gemacht wurden, sondern vielmehr lediglich „Meinungen“, die nur durch den Umstand Gewicht erlangten, dass sie zufällig bei den älteren Forschern allgemeiner verbreitet und von diesen angenommen waren. Es wurde weiter ebenfalls bereits gezeigt, dass: im Jahre 1874, zur Zeit, als die Nichtübereinstimmung der norischen Hallstätter Fauna mit der Fauna der damit gleichgestellten südalpinen Ablage- rungen sich immer schärfer hervorhob, von E. v. Mojsisovies nicht etwa daran gedacht wurde, den nächstliegenden Weg zur Erklärung dieser Thatsachen einzuschlagen, der darin bestanden hätte, anzu- nehmen, die südalpinen Faunen seien eben nicht gleichalt mit jenen der norischen Hallstätter Kalke, woraus sich ganz von selbst der Schluss ergeben hätte, dass sonach die norischen Hallstätter Kalke jünger sein müssten und dass für dieselben dann kein anderer Platz bleibe, als der von Stur ihnen bereits angewiesene über den Lunz—Raibler Schichten im Bereiche des Hauptdolomites, — im Gegentheile wurde durch die weitabliegende Annahme einer provinciellen Sonderung der Faunen in der alpinen Trias die Gefahr, Stur Recht geben zu müssen, wieder ins weite Feld gerückt und überdies der schönste Anlass gewonnen zur Aufstellung neuer Theorien und Speculationen der weittragendsten Art. Man wird hier nicht mit dem Einwande kommen dürfen, dass sich das alles im gegenwärtigen Zeitpunkte freilich als sehr klarliegend dar- stellt; im Jahre 1874 ist das genau so klar und einfach gewesen wie heute. Es konnte von E. v. Mojsisovies damals schon die Möglich- keit, ja hochgradige Wahrscheinlichkeit, dass Stur in dieser Frage Recht habe, durchaus nicht übersehen werden; die einfache Thatsache, dass die einfachere Lösung der Schwierigkeit betreffs der Stellung der Hallstätter Kalke schon lange. zuvor von Stur ganz präcis vertreten wurde, musste mehr als genügen, um diese Art der Lösung doch zum mindesten ebenfalls in Erwägung zu ziehen. Dass Mojsisovics 1874 diese Möglichkeit einer einfacheren Lösung im Stur’schen Sinne, die ihm nicht unbekannt geblieben war, und die sich ihm gerade zu jener Zeit abermals und stärker als je zuvor aufgedrängt haben muss, einfach ganz unberücksichtigt ge- lassen hat, dass er, ohne derselben auch nur mit einem Worte zu erwähnen, über sie hinweg zur Aufstellung seiner Provinzen ge- schritten ist, beweist unwiderleglich, dass es ihm schon damals gar nicht darum zu thun war, vorurtheilsfrei eine richtige Lösung dieser Frage anzustreben, sondern einzig und allein darum, Stur’s einfachere und besser begründete Ansicht nicht zum Durchbruche gelangen zu lassen. Und in der That ist das für einen beträchtlichen Zeitraum gelungen und erst im Jahre 1892, also nach 18 Jahren, durch 340 A. Bittner. [108] welche er seine Provinzeintheilung aufrecht erhalten konnte, wurde Stur's Anschauung von E. v. Mojsisovics selbst zu seiner eigenen oemäacht; das geschah zu einer Zeit, wo man vielfach bereits darauf vergessen haben wird, dass diese Ansicht jemals existirt hat, wie denn auch E. v. Mojsisovics selbst darauf vergessen hat, anzugeben, dass die 1892 von ihm acceptirte Anschauung über die Stellung der Hallstätter Kalke im Wesentlichen keine andere ist, als die alte, schon im Jahre 1865 und 1866 von Stur vertretene Auffassung. Dass E. v. Mojsisovics aber bereits im Jahre 1874 nicht gar sc felsenfest von der Richtigkeit seiner eigenen Anschauung über die Stellung der norischen Hallstätter Kalke überzeugt war, wie man seinen damaligen Schriften nach vielleicht glauben könnte, das lässt sich ebenfalls mit hinreichender Sicherheit aus der Thatsache deduciren, dass er im Jahre 1874 jeder Besprechung der nächstliegenden Möglichkeit, die Schwierigkeiten in Bezug auf die Stellung der Hallstätter Kalke zu beseitigen, mit anderen Worten, einer Discussion der Ansichten Stur’s ganz und gar aus dem Wege gegangen ist, wie sich Jedermann durch Nachschlagen der betreffenden Arbeit überzeugen kann. Wollte man selbst annehmen, dass er von der Richtigkeit seiner Ansicht völlig überzeugt und durchdrungen gewesen sei, so konnte ilın doch nichts von der Verpflichtung entbinden, die gegenstehende Ansicht Stur’s sachgemäss zu discutiren und zu widerlegen und der Umstand, dass er das nicht gethan hat, dass er mit keinem Worte Stur’s An- schauung auch nur erwähnt hat, genügt vollauf, um seine Stellung- nahme in dieser Frage zu einer äusserst einseitigen zu machen. Es ist bereits im ersten Theile dieser Arbeit darauf hingewiesen worden, dass die Art, in welcher v. Mojsisovies im Jahre 1869 die Namen norisch und karnisch in allgemeine Verwendung nimmt, darauf hindeutet, dass ihm selbst die feste Basis im Salzkammergute schon damals denn doch wohl weniger fest als er glauben machen wollte, erschienen sein muss und dass sich das so verhält, das beweist er am besten durch das ganz allmälige Aufgeben dieser „festen“ Basis ') und durch das Hinüberrücken auf eine ungleich gesichertere Grundlage, auf jene von Südosttirol, welche in erster Linie durch die ausgezeichnete Arbeit Fr. v. Richthofen’s zu einer Zeit geschaffen worden war, lange bevor E. v. Mojsisovics begonnen hatte, die alpine Trias zu reformiren, das beweist er noch weit schlagender dadurch, dass er über jene feste und verlässliche Basis seiner Untersuchungen im Salzkammergute, deren näherer Bekanntmachung F. v. Hauer bereits im Jahre 1868 (!) mit grosser Erwartung entgegensah und deren Publication von ihm selbst noch in Verhandl. 1872 als für die nächste Zeit in Aussicht genommen erklärt wurde, bis heute nichts ') In dieser Hinsicht ist eine gewiss wenig bekannte und beachtete Stelle im 1. Theile der Hallstätter Cephalopoden 1873, S. III von grosser Bedeutung. Hier heisst es: „Im Salzkammergute spottet die Natur der in anderen Gegenden mit Erfolg angewendeten Beobachtungsmethoden; combinative und deductive Schlüsse, welche auf wohl beobachteten Daten beruhen, sind hier ausgeschlossen.“ Das war also bereits im Jahre 1873 E. v. Mojsisovics’s eigene Meinung über die breite und sichere Grundlage, von welcher seine Trias- gliederung ausgegangen war! [109] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 341 Eingehenderes in die Oeffentlichkeit gelangen liess, wenn man von jenem kurzen Bericht in Verhandl. 1883, S. 290 -293 absehen will, der Alles ist, was seit Jahren über jene für die Gliederung der oberen alpinen Trias grundlegenden Untersuchungen bekannt wurde. Dieser Bericht enthält nun wohl eine sehr präcis lautende Angabe über die Stellung der norischen und der karnischen Hallstätter Kalke gegeneinander, leider aber muss nach Maassgabe der Publication von 1892 auch diese Angabe wieder als unrichtig und hinfällig gelten. Da darf man doch wohl fragen, auf welchen Beobachtungen basirt denn jene bestimmte Angabe von 1893, dass auf die norischen Hall- stätter Kalke im Salzkammergute concordant(!) noch. die unter- karnischen Zonen des Tropites subbullatus und des Trachyceras Aonoides folgen, wenn esheute als ebenso sicher hingestellt wird, dass die norischen Hallstätter Kalke über den karnischen Zonen liegen ?! Soll man da viel- leicht annehmen, E. v. Mojsisovics habe das, was er 1883 als positive Thatsache hinstellte, gewusst und nachgewiesen, oder soll man nicht vielmehr meinen, er habe es nur angenommen, geglaubt und als wahr ausgegeben? Und wenn, wie es wohl so sein muss, das letztere der Fall ist, wie konnte er dann im Jahre 1884 so weit gehen, meine ganz objeetiv gehaltene Publication „Zur Stellung der Hallstätter Kalke“ unterdrücken zu wollen? Das Vorgehen E. v. Mojsisovies’s in dieser Angelegenheit erscheint um so ungerechtfertigter, wenn man sich erinnert, dass ihm selbst seinerzeit (von 1866 an) die Schriften der k. k. geol. R.-A. in unbeschränktester Weise für die Aufnahme seiner eigenen Mittheilungen zur Verfügung standen, in welchen Mittheilungen er seine nur allzuoft mit den wohlbegründeten Anschauungen ver- dienstvoller älterer Mitglieder dieser Anstalt. aufs Schärfste con- trastirenden und dabei, wie sich in der Regel’ bald herausgestellt hat, durchaus nicht immer ebenso wohlbegründeten eigenen Ansichten ungehindert zu entwickeln und zu publiciren jederzeit in der an- gsenehmen Lage war. Dasselbe Spiel mit offenbar ungenügend begründeten positiven Behauptungen, das wir soeben im Berichte E.v. Mojsisovies’s im Jahre 1883 zu beleuchten hatten, wiederholt sich auch in den Jahren 1887—1889 bei der Mittheilung über die Lagerung der Subbullatus- Schiehten bei Hallein (siehe oben S. 333) und bei der Publication der wichtigen Resultate der Untersuchungen im Mürzthaler Gebiete, durch welche die Frage nach der Stellung der Hallstätter Kalke zu dem Lunz-Raibler Complexe endgiltig — auf 3 Jahre! — zu Gunsten der Ansicht von E. v. Mojsisovies entschieden wurde. Was müssen das für Beobachtungen sein, die nach einem Zeitraume von 3—4 Jahren von ihrem eigenen Urheber sammt und sonders wieder aufgegeben und umgestossen werden?! Entweder sie sind von allem Anbeginne an nicht vertrauenswürdig und nicht absolut sichergestellt gewesen oder sie müssen noch heute intact sein. Da sie das letztere nach E. v. Mojsisovies selbst heute nicht mehr sind, so waren sie offenbar überhaupt niemals sichergestellt Es handelt sich hier nicht um die Deutung von Profilen und Beobachtungen, es handelt sich vielmehr immer um positive 342 A. Bittner. [1 107 Angaben, die mit voliendeter Sicherheit als unbezweifelbare Wahr- heiten hingestellt worden sind. . Es heisst beispielsweise, Verh. 1889, S. 279, keineswegs, dass diese und jene Beobachtung sich dahin deuten lasse, als lägen die Subbullatus-Schichten bei Hallein über den norischen Hallstätter Kalken, sondern es wird im Gegen- theile mit absoluter Sicherheit angegeben, dass im Muldenkerne einer Flexur der norischen Hallstätter Kalke die Sub- bullatus-Schichten liegen, dass sie mithin jünger seien als die nori- schen Hallstätter Kalke, geradeso wie das in Verh. 1883 vom Salz- kammergute angegeben wurde. Und ebenso bestimmt lauten die Angaben über das Mürzthaler Gebiet. Hier wird noch vor der Constatirung. der überaus wichtigen Thatsache, dass die Hallstätter Kalke durch die Raibler Schichten (Schiefer mit Halobia rugosa) überlagert werden, der Leser ganz be- sonders darauf aufmerksam gemacht (Verh. 1887, S. 229), dass die Lagerungsverhältnisse des untersuchten Gebietes aus- serordentlich klar und einfach seien. Und nachdem diese Lagerungsvernältnisse eine Zeit lang so ausserordentlich klare und einfache gewesen sind, haben sich die- selben plötzlich so verwickelt gestaltet, dass 1892 grosse Ueber- schiebungen angenommen werden müssen, um die hier thatsächlichvorhandene UeberlagerungderHallstätter Kalke durch dieRaibler Schichten erklären zu können (Sitzungsberichte 1892 pag. 776). Ganz einfache und ausserordentlich klare Lagerungsverhältnisse im Jahre 1887 und grosse Ueberschiebungen im Jahre 1892 sind aber so ziemlich diametrale Gegensätze in den Lagerungsverhältnissen des- selben Gebietes. Woher mag wohl diese neue Einsicht. im Jahre 1892 gekommen sein? Durch neue Untersuchungen seit jener Zeit ist sie nicht hervorgerufen worden. Sie war schon im Jahre 1887, zur Zeit der Begehungen selbst. da, ich habe schon damals Herrn Geyer wiederholt auf diesen zunächstliegenden, weil in den Lage- rungsverhältnissen (die, was Einfachheit anbelangt, sehr viel zu wünschen lassen) begründeten Erklärungsversuch aufmerksam gemacht; auch E. v. Mojsisovics hat diesen Erklärungsversuch gekannt, er hat aber damals einfach an die von ihm später selbst geforderten Ueber- schiebungen nicht denken mögen und sie rundweg als im höchsten Grade unwahrscheinlich, ja als geradezu unmöglich hingestellt, weil sie zur Entwicklung seiner theoretischen Schichtfolge nicht passten, sogar gegen dieselbe angeführt werden konnten. Und auf diesem Wege ist er zu seiner Ueberlagerung der Hallstätter Kalke durch die Schiefer mit Halobia rugosa gekommen. Auf diesem Wege konnte man aber schon damals und könnte man noch heute Jedermann die „normale“ Ueberlagerung der Hallstätter Kalke durch den. Werfener Schiefer im Mürzthale klar nachweisen und überhaupt in den Kalkalpen jede be- liebige, auch die unmöglichste Schichtfolge als normal und der Natur entsprechend aufs Ueberzeugendste demonstriren. Wie war es aber möglich, wird man nunmehr vielleicht fragen oder längst schon gefragt haben, dass E. v. Mojsisovies trotz-der | [111] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 343 Schwäche seiner Argumente, trotz der heute offenkundigen Unhalt- barkeit seiner Anschauungsweise mit dieser so viele Jahre hindurch das Feld behaupten konnte und dass seine Ansichten und Meinungen, seine Hypothesen und Termini „trotz des Misstrauens, das man ihnen anfangs entgegenbrachte“ nach und nach allgemein jene Anerkennung und Berücksichtigung finden konnten, welche den besser begründeten gegensätzlichen Anschauungen Stur’s so lange versagt blieb, bis E. v Mojsisovics selbst sie neuestens zu seinen eigenen machte ?! Das Geheimniss dieses Erfolges liegt fast ausschliesslich in der von E. v. Mojsisovies angewendeten Methode der Darstellung. Damit kommen wir zu einem Gegenstande, der seiner eminenten Wichtigkeit wegen nicht mit Stillschweigen übergangen werden kann. Schon Stur kennzeichnet die von E. v. Mojsisovics in seinen ersten Arbeiten bereits angewendete Darstellungsmethode im Jahrb. 1869, S. 282, sehr treffend, indem er von der in demselben Jahre erschienenen Publication E. v. Mojsisovies’s, als von einer Arbeit spricht. die Niegesehenes aus der Literatur beschreibt und auf erst noch zu publicirende eigene Details ver- weist. Im Laufe der weiteren Jahre hat sich diese neue Dar- stellungsmethode, deren ungewöhnliche Art somit schon Stur gleich anfangs aufgefallen war, zu einer ganz besonderen Vollkommen- heit entwickelt und in einer so eigenartigen Weise ausgebildet, dass man sie mit einem eigenen Terminus ais die Methode der fixen Behauptungen und der ungenügenden Widerrufe be- zeichnen könnte. Sie zerfällt somit naturgemäss in zwei Theile, einen, der sich mit der Aufstellung von Behauptungen beschäftigt und einen ‚zweiten, welcher sich mit der Wiederhinwegräumung überflüssig gewordener Behauptungen befasst; sie besitzt demnach eine vorwiegend positive und eine negative Seite. Bleiben wir zunächst einmal bei der positiven Seite ‚lieser Methode stehen. Sie wurde soeben als insbesondere durch die fixen Behauptungen charakterisirt bezeichnet. Der vornehmste Grund- satz, welcher in denselben zum Ausdrucke kommt, wird schon von M. Reymond mit den Worten besungen: Wer kühn behauptet, sei gepriesen, Weil er dadurch schon halb bewiesen. An derartigen Behauptungen sind die Publicationen E. v. Moj- sisovics’s überaus reich. Wir wollen einige prägnante Beispiele herausgreifen. Bereits in Verh. 1868, S. 257 finden wir die compli- eirte Gliederung der Trias von Aussee durch die positive Mittheilung gestützt (vgl. oben S. 274), dass diese Aufeinanderfolge ohne Zuhilfenahme von Combinationen durch unmittelbare Beobachtung ermittelt wurde. In Verh. 1870, S. 184, lesen wir, dass am Stanserjoche in Nord- tirol die Discordanz des Hauptdolomites in nichts zu wünschen übrig lassender Klarheit und D eutlichke It beobachtet werden konnte. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2\ Heft. (A. Bittner.) 46 344 A. Bittner. [1 12] In Verhandl. 1871, S. 25, bei Gelegenheit der Constatirung der Ueberlagerung des erzführenden Kalkes der Petzen durch den Lager- schiefer von Bleiberg, heisst es: Da die obersten Lagen des erzführenden Kalkes durch ihre Cephalopoden genau mit den allerobersten Schichten des Hallstätter Kalkes übereinstimmen, so geht daraus unzwei- felhaft hervor, dass die Bleiberg-Oassian-Lunzer Schichten einem höheren Niveau angehören als die Gesammtheit der Hallstätter Kalke. In Verhandl. 1872, S. 5 wird mitgetheilt, das Gebiet des Lunzer Sandsteins sei eine Gegend, in welcher, wie sich leicht nach- weisen lasse, die norische Stufe ganz fehlt. Zahllos sind die äusserst scharf und präcis formulirten palae- ontologischen Aussprüche, wie das ja bei Arbeiten eines Forschers, der so ganz ausschliesslich auf palaeontologischer Basis steht, nicht anders erwartet werden kann. Aber bereits die Behauptung, dass es das Salzkammergut sei, von welchem bei der Gliederung der Trias ausgegangen wurde und von dessen geologischen Verhältnissen es noch Jahrb. 1869 heisst, dass sie die breite und sichere Basis bilden, von der aus die Gliederung der oberen alpinen Trias durch- seführt werden konnte, ist insoferne hinfällig, als schon im Jahre 1868 ein Verlassen dieser Basis sich anbahnte, das allerdings sorg- fältig maskirt wurde. Wir wollen aus der Fülle der palaeontologischen Behauptungen nur einige herausgreifen: Den sichersten Prüfstein, heisst es im Jahrb. 1869, für die Richtigkeit der Suess’schen Auffassung des Raibler Profils geben die Cephalopoden des Fischschiefers, welche denselben ge- radezu mit der oberen Abtheilung der Hallstätter Kalke in Parallele stellen. Dieser Fischschiefer wird sodann dem Schiefer von Wengen, der Aonoideszone der Hallstätter Kalke und dem niederösterreichischen Aonschiefer gleichgesetzt. Im Jahrb. 1869, S. 111 steht Esino auf Grund der Cephalo- poden im Hauptdolomite. Im Jahrb. 1870, S. 93 werden auf Grund palaeontologischer Untersuchungen die Pötschenkalke des Salzkammergutes den Buchen- steiner Kalken gleichgestellt. In Verhandl. 1871, S. 25 findet sich die auf Grund palaeon- tologischer Parallelen für die Cassianer Schichten geltend gemachte Stellung über den Hallstätter Kalken durch directe aus der Lagerung entnommene Nachweise bestätigt. In Verhandl. 1872, S. 7 ergibt sich lediglich auf Grund palaeontologischer Daten mit Nothwendigkeit die Fol- gerung, dass die Cassianer, Raibler und Lunzer Schichten ein höheres Niveau einnehmen als die obersten Hallstätter Kalke. Da heute St. Cassian und die norischen Hallstätter Kalke ihren Platz gegen damals vollkommen umgetauscht haben, so ist dieser Fall zugleich einer der schlagendsten Belege für die Brauchbarkeit der von E. v. Mojsisovies angewendeten palaeontologischen Methode und für den Werth der mit Nothwendigkeit aus ihr abgeleiteten Folgerungen. In Verhandl. 1872, S. 5 ff. sprechen die Cephalopoden von Esino (nach Stoppani) für ein von dem des Wettersteinkalkes ver- ERERTTE a [113] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 345 schiedenes Niveau; Esino verbleibt demnach im Hauptdolomite, aus dem der Wettersteinkalk damals schon entfernt worden war. Nachdem im Jahrbuche 1874 die Wichtigkeit der streng palae- ontologischen Methode abermals besonders hervorgehoben worden war, finden wir in der nachfolgenden Zeit unter Anderem noch fol- sende Errungenschaften derselben: Bereits im Jahrb. 1874, S. 89 erhalten die Cassianer Schichten eine andere Stellung tiefer im Systeme und die Aonoidesschichten nehmen eine intermediäre Stellung ein zwischen den Cassianer und den Raibler Schichten, welche letzteren somit über den obersten Hallstätter Kalken liegen bleiben. Auch die Esino-Cephalopoden stehen im Jahrb. 1874, S. 97 ohne Zweifel den Arten der Wengener Schichten näher als den Cassianer Formen, was natürlich nicht zu dem nach 1872 behaupteten Verbleiben von Esino im Hauptdolomite stimmt. Nach derselben Arbeit weichen die Cephalopoden des Korall- ritfkalkes im Salzburgischen und im Salzkammergute von allen be- kannten Formen der Hallstätter Kalke ab, was nach dem damaligen Standpunkte E. v. Mojsisovices’s ebenso begreiflich ist, als dass die Oephalopoden der Wettersteinkalke Anklänge an die der Hallstätter Kalke gezeigt haben. Das verlangte eben die palaeontologische Me- thode, eine Methode, welche, wenn man einem Ausspruche vom Jahre 1874 trauen darf, auch das an das Wunderbare („günstig“ Jahrb. 1874, S. 82 ist ein viel zu schwacher Ausdruck) streifende Resultat zu Wege gebracht hat, (dass die vielen bis dahin bestehenden schein- baren Widersprüche mit Einem Schlage beseitigt wurden (vergl. oben S. 305). Auf Grund dieser palaeontologischen Methode wurde ja im Jahre 1874 auch das Vorhandensein getrennter Pro- vinzen in der alpinen Trias als Thatsache hingestellt. Dass die neuere Zeit ebenfalls reich ist an derartigen mit absoluter Sicherheit hingestellten Behauptungen, die sich später als null und nichtig erwiesen haben, mag durch den Hinweis auf die präcisen An- gaben über die Lagerung der Hallstätter Kalke bei Aussee (Verh. 1883) und bei Hallein (Verh. 1889), sowie durch die Hervorhebung der 1887 hingestellten Thatsachen, dass die Lagerungsverhältnisse im Mürzthale ausserordentlich klar und einfach seien, dass hier die Hallstätter Kalke durch die Halobia rugosa-Schiefer normal überlagert werden, dass der Korallriffkalk des Dachsteinkalkes hier leicht vom Wettersteinkalke zu unterscheiden sej, u. a. m. bekräftigt werden. Es ist selbstverständlich nicht be- absichtigt, alle die Behauptungen, die E. v. Mojsisoviecs im Laufe der Jahre aufgestellt hat und die sich als unhaltbar erwiesen haben, hier aufzuzählen; es sollten nur einige solche von ganz fundamentaler Bedeutung hier angeführt und damit die wissenschaftliche Methode gekennzeichnet werden, deren sich der genannte Forscher mit Vor- liebe bedient hat. Wer damit noch nicht zufrieden gestellt ist, der möge die im ersten Theile dieser Arbeit besprochene Behauptung E. v. Mojsisovics’s, dass die norischen Hallstätter Kalke irrthümlich der norischen Stufe zugezählt wor- den seien, einer näheren Prüfung unterziehen. 46 * 346 A. Bittner. [1 1 4] Viele dieser fixen Behauptungen wären sicher unterblieben, wenn E. v. Mojsisovies dem in der Naturwissenschaft geltenden Grundsatze gehuldigt hätte, jederzeit bekannt zu geben, wo er die Beobachtungen gemacht hat, die ihn zur Aufstellung dieser Be- hauptungen berechtigten. Man erfährt jedoch fast niemals, wo die Profile liegen, wo die Schichtfolgen sich befinden, auf die sich jene Beobachtungen stützen, es werden zumeist nur ganz vage Ortsbe- stimmungen mitgetheilt, wo diese oder jene Thatsache in der Natur eonstatirt worden sein soll. So findet sich beispielsweise in Ver- handlungen 1871, S. 25 die Mittheilung, dass, so wie in Nordtirol, über dem Wettersteinkalke (der damals mit höchster Bestimmtheit über den eigentlichen Carditaschichten lag) auch im Salzkammergute noch eine Lage von obersten Carditaschichten (= Torer Schichten) zu finden, während unter dem Wettersteinkalke hier eine grosse Dis- cordanz dem Hallstätter Kalke gegenüber nachweisbar sei. Wo diese wichtigen Thatsachen aber beobachtet wurden, das erfährt man nicht, ebenso wenig wie man bisher erfahren hat, an welchen Punkten des Salzkammergutes man denn die Ueberlagerung des norischen durch den karnischen Hallstätter Kalk bis 1889 oder 1892 constatiren konnte und an welchen Punkten die Reihenfolge wenigstens eines Theiles der „Zonen“ der Hallstätter Kalke zu sehen war, welche Ueber- lagerung und Reihenfolge ja jene feste und sichere Basis bildet, von welcher bei der Gliederung der oberen alpinen Trias angeblich aus- gegangen wurde. Statt der Hinweise auf derartige wichtige Stellen und Localitäten finden wir gelegentlich die Bemerkung, dass die ge- nauere Kenntniss der Reihenfolge der Hallstätter „Zonen“ für den Leser unwesentlich sei — (mithin noch unwesentlicher die Mittheilung der Localitäten, an denen diese Reihenfolge in der Natur nachweisbar ist) — und Ankündigungen grösserer geologischer Arbeiten über das Salzkammergut, die aber bis heute gänzlich ausgeblieben sind. Schon in Verhandl. 1868, S. 406 wird eine derartige Arbeit versprochen, im Jahrb. 1869 wird wieder auf eine solche verwiesen, in Verhandl. 1872, S. 5 endlich erscheint der Zeitpunkt des Er- scheinens derselben nur mehr auf 1—2 Jahre hinausgerückt, aber noch im Jahrb. 1874, S. 82 wird der 3. Theil der grossen Arbeit über das Gebirge bei Hallstatt wieder erst angekündigt und obwohl er in Dolomitriffen 1879 bereits in Fussnoten eitirt erscheint, ist er im Jahre 1894 noch immer nicht erschienen. Stur hat wohl, als er Jahrb. 1869, S. 282 jenen oben citirten Passus über E. v. Moj- sisovies, der erst auf noch zu publicirende Arbeiten verweise, niederschrieb, daran nicht gedacht, dass er das Erscheinen dieser so oft angekündigten und von F. v. Hauer bereits 1868 sehnsüchtig erwarteten geologischen Arbeit über das Salzkammergut nicht mehr erleben werde. Es ist das bisherige Nichterscheinen dieser Arbeit auch vollkommen begreiflich, sobald man erwägt, wie wenig bekannt die sichere und breite Basis des Salzkammergutes trotz 25jährigen Studiums gewesen sein muss,. wenn E. v. Mojsisovies noch 1892 daselbst gerade das Gegentheil von dem nachweisen konnte, was er als unbezweifelbare Wahrheit bis zu dieser Zeit hingestellt und unerschütterlich festgehalten hatte. 4 B 2 1 ’ [115] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 347 Aber E. v. Mojsisovics lässt es nicht dabei bewenden, dass er fortdauernd auf erst noch zu publieirende eigene Beobachtungen verweist, welche dereinst die Stützen seiner vorläufig bereits mitge- theilten Behauptungen bilden sollen, er thut noch ein Uebriges, um diese seine Behauptungen dem wissenschaftlichen Publiecum annehm- barer erscheinen zu lassen; er versucht gleichzeitig die Mittheilungen seiner Gegner, vor allem Stur’s, in ihrer Bedeutung abzuschwächen, indem er beispielsweise schon in Verhandl. 1869, S. 65 verkündet, dass die litoralen Einschaltungen der Carditaschichten, Partnach- schichten, Raibler Schichten, Lunzer Schichten zur schärferen Scheidung und Unterabtheilung der alpinen Trias überhaupt nicht besonders geeignet seien, mdem er Jahrb. 1869, S. 116 die Anschauungen Stur’s über die Gliederung bei Raibl als „unwahrscheinliche An- nahmen“ gegenüber den „augenscheinlich die natürlichen Verhältnisse zur Anschauung bringenden Ansichten von Suess“ hinstellt, ohne aus eigener Erfahrung im mindesten zu einem solchen Urtheile be- rechtigt zu sein, indem er ferner in Verhandl. 1872, S. 10 „die Gegend, welche Stur zum Ausgangspunkte seiner Trias- sliederung wählte, als zu einem solchen Unternehmen gänzlich ungeeignet“ bezeichnet. Die Bestimmtheit dieses schon zu jener Zeit absolut ungerechtfertigten Ausspruches erscheint heute in um so schärferem Lichte, wenn man sich erinnert, als in wie hohem Grade richtig und zuverlässig sich gerade die Gliederung der Trias von Stur seither erwiesen, und als wie ungeeignet sich die Ge- send, welche E. v. Mojsisovies zum Ausgange „seiner Gliede- rung“ wählte, neuestens herausgestellt hat. Erweist sich schon diese consequente Herabsetzung einschlägiger Arbeiten Anderer als ungewöhnlich für eine wissenschaftliche Dar- stellung, so gilt das wohl in noch höherem Grade von einer weiteren Gepflogenheit, über die schon oben einiges gesprochen wurde, und die darin besteht, den Anschein zu erwecken oder sogar directe zu behaupten, man habe durch seine Untersuchungen etwas herausge- bracht und zu Tage gefördert, was eigentlich de facto schon lange zuvor von Anderen, und dazu noch oft weit sicherer und besser, nachgewiesen worden war. So ist beispielsweise oben S. 296 gezeigt worden, dass die Triasgliederung für Nordtirol, zu welcher E. v. Mojsisovicsim Jahre 1871 nach zahlreichen Missgriffen gelangte, gar nichts anderes ist, als die von Frh. v. Riechthofen schon 12 Jahre zuvor wohlbesründete und dargestellte Gliederung dieser Triasregion. So ist S. 323 darauf hingewiesen, dass die 1874 von Mojsisovics für sein eigenes Resultat ausgegebene Gliederung der südosttiroler Trias im Wesentlichen ebenfalls nichts anderes vorstellt, als die schon im Jahre 1860 publicirte Gliederung v. Richthofen’s, so konnte oben S. 329 die völlige Unhaltkarkeit des Abhandlungen X, S. IV von E. v. Mojsisovies ausgesprochenen Satzes, dass die verticale Gliederung der mediterranen Trias sich auf die palaeontologischen Ergebnisse seiner Untersuchung der Cephalopoden gründe, nachgewiesen werden, da diese Gliederung durch v. Richthofen, Stur, v. Hauer u. A. längst festgestellt worden war, ehe E. v. Mojsisovies an die Auf- sammlung und Beschreibung seiner Cephalopoden ging; so ist endlich 348 A. Bittner. 1 1 6] die neueste Ansicht von E. v. Mojsisoviecs über die Stellung der Hallstätter Kalke eben auch wieder nichts anderes, als die alte, von ihm so lange bekämpfte Ansicht Stur’s, obwohl er das mit keinem Worte auch nur angedeutet hat. Und man kann zumeist F. v. Hauer nicht einmal darin Recht geben (vergl. das Citat oben S. 324), dass durch E. v. Mojsisovies die älteren Anschauungen, die er somit nur wieder hervorgeholt hat, „vielfach besser begründet und vervoll- ständigt worden seien“: in der Regel ist es nur ein neues Mäntelchen, eine neue Drapirung, die in Form eines wohlklingenden Namens die wohlbekannten Gestalten verhüllt und für den Fernerstehenden nicht sofort kenntlich macht. So werden die guten alten Schichtgruppen v. Richthofen’s und älterer Forscher, die Buchensteiner, Wengener, 'jassianer und Raibler Schichten in die „Zonen“ des Trachyceras (neuestens Protrachyceras z. Th.) Reitzü, Trach. Archelaus, Tr. Aon und Trach. Aonoides umgetauft, so wird die formale Logik in die histori- sche Geologie eingeführt und es werden die mit ihrer Hilfe geschaffenen ganz überflüssigen — Termini consequent (und weitaus mehr als zum Verständniss des Lesers unbedingt nothwendig ist) angewendet, so werden Stufen mit wohlklingenden Namen erfunden, Provinzen ge- gründet und neubenannt, kurz auf dem Gebiete der angewandten Terminologie wird eine überaus eifrige und fruchtbare Thätigkeit entwickelt, eine Thätigkeit, welche die 2. grössere Periode der E. v. Mojsisovics’schen Arbeitsleistung (von 1874—18832) vor allem anderen auszeichnet und charakterisirt, und welche zunächst wirklich den Schein hervorruft, als handle es sich hier um „völlig neue Ge- sichtspunkte,* während es sich doch nur um die Anwendung einer eigenthümlichen und bis dahin in der alpinen Geologie glücklicher- weise nicht zum Durchbruche gelangten Darstellungsmethode auf ein wohlbekanntes Substrat von meist älteren Beobachtungen und That- sachen handelt. Ich glaube nicht, dass Jemand mit der Drucklegung von Sätzen, wie etwa folgender ist: „Wir besitzen keine iückenlosen Schicht- folgen von faciell vollkommen gleichen Bildungen,“ oder „Es folgen in der Regel faciell ungleiche Ablagerungen übereinander“, oder: „Hätten wir irgendwo eine grössere Schichtfolge faciell gleicher Bil- dungen vor uns, so würde auch die palaeontologische Ueberlieferung wahrscheinlich eine zusammenhängendere sein“ — heute besonderes Glück machen würde; man würde mit Recht sagen, das seien Gemein- plätze, die jedem Anfänger in der Geologie und Palaeontologie geläufig sein müssten. Verwandelt man dieselben aber durch eonsequente Anwen- dung der für die formale Logik der Geologie geschaffenen Termini in moderne Phrasen, so erscheinen sie als eitel Gelehrsamkeit und lauten wie folgt (E.v. Mojsisoviecs Dolomitriffe S. 8): „Das Wesen der Lückenhaftigkeit beruht auf dem fortwährenden Wechsel heterome- sischer, heterotopischer und heteropischer Formationen, wie die choro- logische Vergleichung unserer langen Formationsreihen unzweifelhaft beweist. Die zahlreichen grösseren und kleineren Unterbrechungen bestehen mithin in der verticalen Discontinuität isopischer, isotopischer und isomesischer Bildungen. Würde uns in irgend einem Erdtheile eine ununterbrochene Reihenfolge isopischer und isotopischer Ablage- R ‘ a 5 E ? , = a | [117] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 349 rungen vorliegen, so würde uns auch die continuirliche phylogene- tische Reihe der diese Facies charakterisirenden Organismen er- halten sein u. s. f.“ Da muss denn doch auch dem schwächsten Kopfe das Verständniss für diese Dinge und ganz besonders eine tiefe Be- wunderung der Gelehrsamkeit des Autors, der continuirliche Serien derartiger tiefdurchdachter Sätze über viele Seiten hinweg von sich gibt, überkommen und diese Bewunderung muss sich ins Ungemessene steigern, wenn er auf Stellen stösst, wie Dolomitriffe S. 16, wo es beispielsweise heisst: „Die palaeontologischen Zonen, welche wir als die einzelnen Entwicklungsphasen isotopischer ‚und isopischer Faunen oder Floren bezeichnen können, entsprechen allein den Erfordernissen chronologischer Einheiten. Sie sind gleichwerthige, untereinander vergleichbare Grössen. Durch die chorologische Interpretation und durch die Berücksichtigung des phylogenetischen Momentes wird das subjective Ermessen des einzelnen Forschers beträchtlich beschränkt und eine Discussion auf fester Basis ermöglicht.“ Der Leser muss hier allerdings bereits vergessen haben, dass uns laut S. 8 desselben Werkes gar keine derartigen continuirlich aufeinanderfolgenden Ent- wicklungsphasen oder „Zonen“ bekannt sind und er muss gleichfalls vergessen oder nie gewusst haben, dass es Leute gegeben hat, die, wie v. Richthofen, im Stande waren, durch einfache Beobachtung in der Natur jene angeblichen „Zonen“ unter den simplen Namen der Buchensteiner, Wengener, Cassianer und Raibler Schichten ete. festzustellen und von einander zu unterscheiden, noch ehe man sich darüber klar war, wie weit das subjeetive Ermessen späterer Forscher „durch die chorologische Interpretation beschränkt“ werden könne, dürfe oder solle, bevor weiters diese Forscher zu der Annahme gedrängt wurden, dass eine Continuität zunächst der isomesischen, sodann der isotopischen und endlich der isopischen Bildungen bestanden haben müsse, woraus die Hoffnung auf die Auffindung zahlreicher Binde- glieder isomesischer, isotopischer und isopischer Bildungen sich ab- leiten lasse, und bevor endlich durch die Ergebnisse dieser Unter- suchungen auf Grund der neueingeführten formalen Logik die Principien einer naturgemässen, historischen Classification der sedimentären Ge- steinsbildungen uns enthüllt wurden (Dolomitriffe, S. 15). Und über jene Feststellung der einzelnen über einander folgenden Schicht- glieder, die von Seiten der älteren Alpengeologen ganz ohne jenen Zauberapparat der formalen Logik auf Grund einfacher Beobachtung der natürlichen Lagerungsverhältnisse zu Wege gebracht wurde, sind wir auch heute trotz jener bombastischen Phrasen noch nicht hinaus- gekommen und werden auch mit weiterer Zuhilfenahme dieser in ab- sehbarer Zeit nicht hinauskommen. Das wären so einige Bemerkungen über die positive Seite der von E. v. Mojsisovics angewandten Darstellungsmethode. Es ist aber auch klar, dass in Arbeiten, in welchen so zahlreiche fixe und absolute Behauptungen aufgestellt werden, von denen die Mehrzahl jeder Begründung entbehrt, vielmehr nur durch die Art, in welcher diese Behauptungen als Thatsachen hingestellt werden, gehalten werden soll, sich auch sehr oft die Nöthigung ergibt, derartige Behauptungen zurückzunehmen und zu widerrufen. Es ist ebenso klar, dass durch 350 A. Bittner. [1 18] häufige Wiederholung derartiger Zurücknahmen und Widerrufe ins- besondere von als absolute Wahrheiten hingestellten Behauptungen die ganze Methode, in welcher gearbeitet wird, vorzeitig disereditirt würde, und das kann ja Niemand, der sich mit der Aufstellung solcher Behauptungen abgibt, im Ernste wollen. Es gibt nun allerdings naive Naturen, die es für das Beste halten, gar nichts zu behaupten, was man nicht mit hinreichender Sicherheit vertreten oder sogar beweisen könne, und die sogar soweit gehen, es für eine Hauptpflicht eines wissenschaftlichen Autors zu erklären, dass derselbe in ganz präciser Form das widerrufe oder zurücknehme, was er als unhaltbar erkannt hat. Aber das ist nicht Jedermanns Sache. Es hat, so lange wissenschaftliche Geologie eultivirt wird, wohl kaum einen Forscher gegeben, der gleich E. v. Mojsisovics so zahlreiche Erfunde sozusagen aus dem Nichts hervorgezaubert hat — ich erinnere da nur an die beiden Triasprovinzen und die daran geknüpften weittragenden „palaeochorologischen“ Folgerungen! — aber auch keinen, der so oft in der Lage gewesen wäre, diese schönen Erfunde zu modifieiren, zu berichtigen und zu widerrufen. Nun ist der erste, positive Theil dieser wissenschaftlichen Thätigkeit unbestreitbar der weitaus angenehmere. Man erfreut sich da des allmäligen Aus- baues der neuen Theorien bis in ihre feinsten Verzweigungen — vergleiche die Wanderungen in fernen, unbekannten Meeresprovinzen an der Grenze zwischen norischer und karnischer Zeit u. a. m.! — man verfolgt mit Befriedigung, dass sich alle diese schönen Dinge in den eigenen Schriften und auch in denen anderer Forscher — oft trotz eines anfänglichen Misstrauens — nach und nach „einbürgern“ und man erlebt endlich mit Genugthuung, dass sie durch Lehr- bücher zu werthvollen gesicherten Errungenschaften der Wissen- schaft erhoben werden. Geht es aber dann an das leidige De- mentiren, da wird die Sache misslich. E. v. Mojsisovies hat aber auch diese negative Seite seiner wissenschaftlichen Thätigkeit in Folge der vielen Gelegenheit zur Uebung in geradezu musterhafter, ‚bisher nie erreichter Weise als eine eigene Berichtigungskunst auszubilden verstanden und in ein förmliches System gebracht, dessen wesentliche Züge zu Nutz und Frommen künftiger Generationen von Forschern festgehalten zu werden verdienen. Eine der obersten Grundsätze dieser wissenschaftlichen Berich- tigungskunst besteht darin, begangene Fehler überhaupt nicht direet zu berichtigen, sondern entweder durch einfaches Aufstellen neuer Behauptungen zu ersetzen oder durch allmähliges Changiren seiner Meinungen und Anschauungen von der Bildfläche so allmählig ver- schwinden zu lassen, dass nur der sehr scharfsinnige Leser merkt, es sei mit der Zeit das oder jenes von den früheren Behauptungen verloren gegangen oder es habe sich in unmerkbarer Weise verändert. An Beispielen derartigen Verfahrens ist die von E. v. Mojsisoviecs geschaffene alpine Triasliteratur überaus reich. Es entstehen insbe- sondere bei Anwendung des erstgenannten Vorganges dann ganze Reihen von Behauptungen über denselben Gegenstand, von denen eine immer der anderen widerspricht, ohne dass jedoch zumeist eine directe Beziehung der jüngeren Behauptung auf die ältere merk- [119] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 351 bar wäre. Das hat nicht geringe Vortheile, indem es ganz abgesehen von dem Wegfalle der eigentlichen lästigen Berichtigungen noch die Aussicht bietet, gegebenenfalls sich auf eine ganz beliebige aus dieser Reihe von Behauptungen zurückberufen und in dieser Art seine Prioritätsansprüche wahren zu können. Derartige Fälle betreffen insbesondere die stratigraphische Stellung einzelner Schichtgruppen. Besonders lehrreich in dieser Beziehung sind die Phasen, welche der Wettersteinkalk einerseits, der „Partnachdolomit“ andererseits und die zwischen ihnen liegen- den Carditaschichten durchgemacht haben und zwar in vollkommen unnöthiger Weise, da man insbesondere durch v.Richthofen über ihre gegenseitige Stellung bereits vor E. v. Mojsisovies völlig im Klaren war. Aus der einfachen Schichtfolge : Carditaschichten Wettersteinkalk Partnachschichten hat E. v. Mojsisovics von 1868— 1874 die merkwürdigsten Combina- tionen zu Stande gebracht, indem er zunächst einmal den Wetterstein- kalk über die Carditaschichten setzte (Verhandl. 1868, S. 328) und dem- nach im Niveau des Dachsteinkalkes liegen liess. Im Jahrbuche 1869 findet man sogar die Angabe, dass der Wettersteinkalk concordant über den (oberen) Carditaschichten liege, was also eine entsprechende Beobachtung voraussetzt, von der man allerdings nicht erfahren hat, wo sie gemacht wurde. In derselben Zeit wird aber bereits ange- deutet, dass die Torer Schichten vielleicht noch über dem Wetter- steinkalke liegen dürften. Vom Jahre 1869 (Verh. S. 244) bis 1871 (Jahrb. S. 196) haben sich diese Torer Schichten über dem Wetter- steinkalke zu einem eigenen 3. oder obersten Carditaschichten-Niveau entwickelt, so dass wir statt der einfachen Gliederung v. Richt- hofens folgendes complieirte Schema erhalten: Obere Carditaschichten oder Torer Schichten Wettersteinkalk Mittlere Garditaschichten oder Cassianer Schichten Partnachdolomit Untere Carditaschichten oder Partnachschichten. Das bezeichnet den Höhepunkt der Entwicklung in der Frage der Nordtiroler Carditaschichten. Bereits im Jahre 1871 beginnt aber der Wettersteinkalk herab- zurücken, während der „Partnachdolomit“ eine entgegenkommende Bewegung einschlägt, und zugleich die echten Carditaschichten (Cas- sianer-Schichten) zwischen beiden sich sehr rasch verlieren, so dass der Wettersteinkalk schliesslich mit dem Partnachdolomite in ein Niveau zusammenfällt, so wie die mittleren und oberen Oarditaschichten wieder in ein einziges Niveau verschmelzen, worauf man Verh. 1871, S. 212 wieder die alte Schichtfolge v. Richthofens erhält: Carditaschichten Wettersteinkalk Partnachschichten. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 47 352 A. Bittner. [1 20] Der von E. v. Mojsisovies im J. 1869 eingeführte, sehr (600 — 1000 Fuss) mächtige Partnachdolomit zeichnet sich überhaupt durch seine vielseitige Verwendbarkeit und insbesondere durch seine Dehn- barkeit vortheilhaft aus; er bildet ausserdem eines der merkwürdigsten Beispiele, dass so mächtige und allgemein verbreitete Niveaus mit der Zeit vollkommen verschwinden können, ohne dass es — ausser bei gespanntester Aufmerksamkeit und genauestem Eingehen auf den Gegenstand — eigentlich klar würde, wohin dieselben kommen. Nachdem dieser Partnachdolomit. vom J. 1869—1871 sowohl in den Nord- als in den Südalpen eine ausserordentliche Rolle gespielt hat, verliert er sich 1871 Verh. 212 auffallend rasch und unerwartet, indem er theilweise im Wettersteinkalke, theilweise, wie es scheint, im Hauptdolomite aufgeht. Das ist um so interessanter, als E. v. Mojsisoviecs im Jahre 1869 hervorheben zu sollen geglaubt hat, Frh. v. Richthofen habe die „Partnachdolomite“ Nordtirols theils mit dem Hauptdolomite, theils mit dem Wettersteinkalke identificirt. Nachdem nun E. v. Mojsisovics schon 1871 selbst sich überzeugt hat, dass v. Richthofen darin Recht gehabt habe, hätte man viel- leicht eine Bezugnahme auf jenen ganz unbegründeten Vorwurf gegen Frh. v. Richthofen erwarten dürfen. Es findet sich aber nichts dergleichen. Wir werden später sehen, mit welcher Vorliebe sich E. v. Mojsisovies bei ähnlichen Gelegenheiten, wenn nämlich von ihm selbst Fehler gemacht worden sind, auf andere Forscher beruft. Aber nicht nur einzelne Niveaus und Schichtfolgen von ge- ringerer Ausdehnung verändern sich solchergestalt oft sehr wesentlich in rasch aufeinander folgenden Zeiträumen, sondern dasselbe betrifft auch die gesammte Gliederung selbst, was dann mit den Umschrei- bungen, dass die Hauptgrundzüge der Gliederung sich als richtig erwiesen haben oder, dass das Gesammtbild sich erfreulich verein- facht habe, also in anerkennendem Sinne, dem Leser mitgetheilt zu werden pflegt. Man braucht nur die Hauptpunkte der Gliederungen von 1869 und von 1872 nebeneinanderzustellen, um sich selbst ein Urtheil über die „Richtigkeit der Hauptgrundzüge“ von 1869 und den Grad der „erfreulichen Vereinfachung“ von 1872 zu bilden. 1869. 1872. Karnisch. Plattenkalk. Dachsteinkalk und Hauptdolomit, Oppo- Dachsteinkalk und Seefelder Dolomit. nitzer. Dolomit un Torer Schichten. Wettersteinkalk und Opponitzer Dolomit, Esinokalk und Schlerndolomit. Carditaschichten, Bleiberger, Lunz-Oppo- Raibler Sch., Lunzer Sch. und Aon- nitzer Sch. und Set. Cassian. schiefer, Oarditaschichten. Trachyceras Aonoides-Niveau des Hall-_ Oberer Hallstätter Kalk, Wetterstein- stätter Kalkes, Wengener Schichten kalk, erzführender Kalk. und Aonschiefer. [121] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 353 1869. 1872, Norisch. Metternichii - Schichten der Hallstätter Unterer Hallstätter Kalk und Zlambach- Kalke, Zlambachschichten, Reichen- schichten, Partnachdolomit und Part- haller Kalk und Salzgebirge, erzführ. nachmergel, erzführender Kalk und Kalk von Raibl. Kaltwasser-Porphyrtuffe der Südalpen. Partnachdolomit und Ardesekalk, erzf. Kalk z. Th. Pötschenkalke und Partnachmergel, lom- Pötschenkalk und Partnachschichten, bard. Set. Cassiano und Porphyrtuffe Kaltwassertuffe und lombard. Set. d. Südalpen. Cassiano. Und zu dieser „Richtigkeit der Hauptgrundzüge“ von 1869 und der „erfreulichen Vereinfachung“ von 1872 vergleiche man dann den von E. v. Mojsisovies in Verhandl. 1872, S. 213 selbst gegebenen Commentar: „Die Parallelisirungen, welche ich in der Arbeit von 1869 andeutete, gewannen immerfort an Schärfe und während sich auf diese Weise das 1869 aufgestellte Schema über die Gliede- rung der alpinen Trias als ein im grossen Ganzen auf richtige Prä- missen aufgebautes Fachwerk und insbesondere, was die Hauptsache ist, die Aufeinanderfolge der Faunen als völligcorrect(!!) erwies, wurden im Detail der Parallelisirung der fossilleeren oder fossilarmen Bildungen einige Aenderungen nöthig*. Das klingt doch, wie Jedermann zugeben wird, so, als ob die Veränderungen seit 1869 bis 1872 kaum irgend einen wesentlichen Punkt der Gliederung beträfen. Und wie schön das ausgedrückt ist, dass nur in den Details der Parallelisirung der fossilleeren oder fossilarmen Bildungen einige Aenderungen nöthig waren. Da muss doch Jedermann einsehen, dass diese „Aenderungen* ganz ohne Bedeutung und äusserst neben- sächlich sind, weil sie ja nur die Parallelisirung fossilarmer oder sogar fossilleerer Bildungen betreffen. Aber man vergleiche nur einmal die Tabelle von 1869 mit ihren ganzen Stockwerken von fossil- leeren und fossilarmen Kalken und Dolomiten und überzeuge sich, was dieselben damals für eine wichtige Rolle gespielt haben und man forsche dann nach, wohin diese Kalke und Dolomite bis 1872 ge- kommen sind und was für Folgen ihr Wegfall gehabt hat und man wird die ganze Bedeutung der „erfreulichen Vereinfachung“, die seit 1869 eingetreten ist, würdigen lernen. Wenn E. v. Mojsisovics sich die Mühe hätte nehmen wollen, alles formell zu berichtigen, was er seit 1866 und 1869 bis 1872 und 1874 aufgegeben und modifieirt hat, kein Mensch hätte bereits 1872 und 1874 mehr auf seine neuaufgestellten Behauptungen und Theorien auch nur den mindesten Werth gelegt und dieselben noch berücksichtigt. Und in diesem Stile ist auch weiterhin fortgearbeitet worden. Hat man jemals erfahren, warum sich die Gliederung der Hallstätter Kalke von Zeit zu Zeit nicht nur in Betreff der Anzahl, sondern auch in der Be- nennung der „Zonen“ verändert hat, ist in den neuesten Schriften seit 1892 ein Wort darüber gesagt, warum die Zonenfolge der norischen Hallstätter Kalke sich wesentlich anders gestaltet hat, seit sie über die karnischen Hallstätter Kalke gestellt wurden (vergl. 47* 354 A. Bittner. [122 die Tabelle oben S. 258), hat man auch nur ein Wort über die doch gewiss nicht bedeutungslose Thatsache gehört, dass innerhalb der karnischen Kalke seit 1892 die Zonen verkehrt gegen früher gestellt wurden und warum dies geschah, ja sind überhaupt bisher (ausser Hinweisen auf später zu publicirende neue Beobachtungen) genügende Gründe für die neueste fundamentale Umwälzung der Anschauung v. Mojsisovies’s über die Schichtfolge im Salzkammergute bei- sebracht und mitgetheilt worden? Nein: es wird eben auch heute noch von den Fachgenossen nichts als ein hingebungsvoller Glaube an alle die von E. v. Mojsisovies ausgehenden wissenschaftlichen Erfunde und Errungenschaften vorausgesetzt und angenommen; der- selbe genügt Herrn E. v. Mojsisovies vollkommen als Ersatz für die von ihm unterlassene Mittheilung von Beweisen zur Stütze aller seiner älteren und neueren Theoreme und Hypothesen. Eines der schönsten Beispiele einer sich durch Jahre hindurch fortspinnenden Hypothese, für deren Haltbarkeit keinerlei Beweise gebracht werden, betrifft die von E. v. Mojsisovics ehemals an- genommenen Lücken und Discordanzen in der Reihenfolge der alpinen Triasablagerungen. Sie stellt gleichzeitig einen jener allgemeineren Gesichtspunkte dar, von welchem aus der Versuch gemacht wurde, die vielen aus der ersten Reform der Gliederung vom Jahre 1866 sich ergebenden (natürlich nur scheinbaren) Schwierigkeiten in ein- heitlicher Weise zu beseitigen. Im Jahre 1874 ist sie durch den Stand- punkt des Facieswechsels und der provinciellen Sonderung endgiltig beseitigt und ersetzt worden. Wir stossen im Jahrb. 1869, S. 98 zuerst auf diese Lücken und Discordanzen und zwar hier in Form einer Lücke oberhalb der Hallstätter Kalke während der Zeit des Lunzer Sandsteines; sie ist indessen nicht im Gesammtbereiche des Salzkammerguts nach- weisbar. am Südrande der Kalkalpen fehlt sie auch hier und es liegt hier über dem Hallstätter Kalke (!) concordant (!) der Wetterstein- kalk (!); wo aber, wie weiter nördlich, der Wettersteinkalk fehlt, da hat sich der Dachsteinkalk diseordant(!) über verschiedene ältere Niveaus abgesetzt und die Abtragung ist stellenweise bis auf die Partnachdolomite hinab eingetreten. In einer späteren Mit- theilung über die geologischen Verhältnisse des Salzkammergutes sollen diese Angaben bewiesen werden. Diese Beweise, die im Jahre 1869 versprochen wurden, sind — wie kaum bemerkt zu werden braucht — bis heute ausgeblieben. Im Jahre 1869 wird auch in Nordtirol die Beobachtung ge- macht. dass der Dolomit von Seefeld discordant über älteren Gliedern der Trias liege. In Niederösterreich existirt zur selben Zeit eine grosse Lücke zwischen der oberen Grenze des Muschelkalkes und den Aonschiefern, an der Stelle, an welcher der Partnachmergel und Partnachdolomit liegen sollte. (Dass diese Lücke nicht da ist, hat Stur schon vor Jahren betont und neuestens hat sich sogar der fehlende Partnachmergel gefunden.) Nachdem im Jahrb. 1870, S. 93 ff eine ähnliche grosse Lücke in der Trias des Bakonyerwaldes beobachtet worden ist, von welcher die bald darauf folgende Darstellung von J. Boeckh nichts weiss, Ws or Se [123] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. wird Verhandl. 1870, S. 184 die Discordanz des Hauptdolomites in Nordtirol in Profilen über das Stanserjoch in nichts mehr zu wünschen übrig lassender Klarheit und Deutlichkeit constatirt und die Constatirung dieser wichtigen Thatsache durch die daran geknüpfte Bemerkung, dass ohne die Erkenntniss dieser nicht zu missdeutenden Verhältnisse von einem Verständnisse der nordtiroler Trias überhaupt nicht die Rede sein könne, ins rechte Licht gestellt. A. Rothpletz in seinem Geologischen Querschnitt der Ost- alpen 1894, S. 124 und schon vor ihm A. Pichler haben gezeigt, dass es sich hier nicht um eine derartige Discordanz, sondern im Gegentheile um eine Aufschiebung älterer Schichten auf jüngere handelt. In Verhandl. 171, S. 25 stossen wir abermals auf die grosse Discordanz zwischen Hallstätter Kalk und Wettersteinkalk im Salz- kammergute, welcher die Bleiberger und Raibl—Lunz—Cassianer Schichten entsprechen sollen ! In Verhandl. 1871, S. 215— 217 wird ver- sichert, dass die Carditaschichten mit dem Hauptdolomit vollkommen discordant auf dem Wettersteinkalke liegen, hier ist also die Discor- danz, die früher unter dem Wettersteinkalke lag (noch zu Anfang 1871), über den Wettersteinkalk hinauf verlegt worden. In Verhandl. 1872, S. 5—13 fehlt im Gebiete des Lunzer Sandsteins, wie sich leicht nachweisen lässt (man hat freilich von einem solchen Nachweise nichts mehr gehört!), die norische Stufe ganz. Cardita- schichten und Hauptdolomit liegen hier stets concordant zu einander und der Hauptdolomit mitsammt dem Cassian—Lunzer Complexe an seiner Basis transgredirt; ausserdem aber existiren zwischen diesem transgredirenden Complexe und seiner Basis noch Lücken. Nach Verhandl. 1872, S. 254 sind merkwürdigerweise im Vorarl- bergischen mit dem hier fehlenden Wettersteinkalke auch die Cardita- schichten verschwunden, die doch noch nach Verhandl. 18:1, S. 225 an der Basis des transgredirenden Hauptdolomites lagen. Im Jahrb. 1873, S. 154 verliert sich die Lücke zwischen Wettersteinkalk und Hauptdolomit ziemlich rasch, hier ist die Grenze der Carditaschichten weder gegen den unterlagernden Wettersteinkalk, noch gegen den überlagernden Hauptdolomit mehr eine scharfe. Im Jahrb. 1874, S. 113 ff. endlich erscheinen die letzten An- klänge an jene grossen Lücken und Discordanzen, ohne deren Kennt- niss ein Verständniss der nordalpinen Triasgliederung nicht gedacht werden kann, in einem Uebergreifen der ÜOarditaschichten gegen Süden im Salzburger Hochgebirge und in den obersteirischen Kalk- alpen, während die grosse Lücke, die unter dem Lunzer Complexe früher (noch 1872) sich leicht nachweisen liess, gänzlich aus- sefüllt wird. Damit sind wir am Ende der Lücken- und Discordanzen- theorie angelangt; sie wird nicht formell aufgegeben oder widerrufen, aber sie verschwindet und wird durch den neuen Gesichtspunkt des Facieswechsels und der Provinzialsonderung mehr als hinreichend ersetzt. Und wie die Lücken und Discordanzen zuvor als Thatsachen hingestellt worden sind, so wird im Jahre 1874 der Facieswechsel 356 A. Bittner. [1 24] und die Sonderung in Provinzen abermals als Thatsache hingestellt, ohne dass eine vorangehende Discussion über die Beweggründe für eine solche provincielle Sonderung für nothwendig erachtet worden wäre. Was den Facieswechsel betrifft, so bietet die im Jahre 1874 eingetretene Annahme desselben durch E. v. Mojsisovics noch ein weiteres interessantes Moment, indem es sich hier nicht nur um Neueinführung eines Motives handelt, sondern letzteres geradezu ein solches ist, das von E. v. Mojsisovics früher sehr energisch bekämpft wurde. Es ist bekannt, dass die Idee des Facieswechsels und die Rifitheorie von F. v. Richthofen und von Stur bereits früher aufs Entschiedenste vertreten worden waren. Noch im Jahre 1869 erklärt sich v. Mojsisovies gegen die Rifftheorie von F. v. Richt- hofen und Stur, aber bereits 1871, Verhandl. S. 212 werden die Nordtiroler Wettersteinkalke als Riffkalke erklärt und seit 1874 er- scheint E. v. Mojsisovies als eifrigster Verfechter und Ausge- stalter der Rifftheorie. Früher glaubte er eben mit den Lücken und Discordanzen, d. h. mit der Annahme solcher, auskommen zu können. Noch schärfer als gegen die Rifftheorie hat E. v. Mojsisovics seinem Widerstande gegen die, wie er meinte, übertriebenen Ansichten vom Facieswechsel Ausdruck gegeben. Noch in Verhandl. 1872, S. 10 wendet er sich in sehr bestimmter Weise gegen Stur mit den Worten: „Zur Erklärung und Rechtfertigung der so complieirten Parallelisirung musste Stur consequenterweise eine ausser- ordentliche Mannigfaltigkeit der Facies annehmen. Ich bin nun weit entfernt davon, das Vorhandensein von Facieswechsel in der alpinen Trias leugnen zu wollen, aber ein derartiges Prävaliren der schneidendsten Gegensätze durch alle Glieder der oberen Trias, wie Stur es supponirt, ist nach den mit- getheilten Thatsachen über die Cephalopodenhorizonte und über die Transgression der Raibl-Lunz-Cassianer Schichten und des Haupt- dolomites mit den factischen Verhältnissen incongruent“. Und schon in der Einleitung zum Gebirge um Hallstatt 1873, also kaum ein Jahr später, lesen wir mit Staunen die eigene Angabe von E. v. Mojsisovics, dass im Salzkammergute, also seinem eigensten Untersuchungsfelde, ganze Schichtreihen einen überraschend jähen Wechsel der Facies zeigenzund dass hier nichts Regel zu sein scheint, als der Wechsel] der schneidendsten Gegensätze! Es sind also beinahe die- selben Worte, mit denen die Ansichten Stur’s im Jahre 1872 aufs Entschiedenste bekämpft, im Jahre 1873 aber von E. v. Mojsisovics adoptirt und zu seinen eigenen Anschauungen gemacht werden. Es ist fast überflüssig, zu erwähnen, dass bei dieser Gelegenheit Stur’s Name nicht genannt wird. Aber in noch viel merkwürdigerer Weise vollzieht sich der grosse Uebergang im Jahrbuche 1874, S. 93. Hier heisst es: „Man begegnet in der alpinen Literatur bereits zahlreichen Angaben über das Vorkommen abweichender Facies und über das merkwürdig rasche Verschwinden mächtiger Bildungen. Die wenigsten dieser An- gaben jedoch beruhen auf sichergestellten und entscheidenden That- [125] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 387 sachen und in den meisten Fällen manifestirt sich nur die instinc- tive Ahnung des thatsächlich vorhandenen grellen Facieswechsels. Es ist daher nicht zu verwundern, dass man in Folge dieser un- richtigen Auslegung (sie!) der Faciesverhältnisse misstrauisch wurde gegen alle derartig a priori nicht sehr wahrschein- lichen Angaben und in den letzteren nur den Ausdruck der noch sehr mangelhaften Kenntniss der stratigraphischen und tectonischen Verhältnisse der Alpen erblickte.“ Dieser Satz ist ein Meisterstück und er sei der besonderen Aufmerksamkeit der Leser empfohlen, die sich etwa dafür interessiren sollten, in welcher Weise man früher bekämpfte Ansichten von Fachgenossen zu seinen eigenen zu machen im Stande ist. Nur findet sich S. 94 die weitere Mittheilung, dass E. v. Mojsisoviecs sich selbst vollständig von der Richtigkeit der die Faciesverhältnisse in den südalpinen Distrieten betreffenden Anschauungen Stur’s und Gümbel’s (!) überzeugt habe. Wenn also diese Anschauungen in Betreif des Facieswechsels richtig befunden wurden, was sollte jener einleitende Satz eigentlich bezwecken? Wie konnte E. v. Mojsisovics gleichzeitig vorausschicken, dass die Faciesverhältnisse vor seinem Eingreifen unrichtig ausgelegt und nur instinetiv geahnt worden seien, und wie konnte ferner gerade er hier in der oben gekennzeichneten Weise entscheidende und sichergestellte Thatsachen fordern, nachdem er sich dessen wohl bewusst sein musste, dass seine nur wenige Seiten zuvor aufgestellte Provinzialeintheilung der alpinen Trias nicht nur nicht durch That- sachen gestützt sei, sondern im Gegentheile vollständig in der Luft schwebe ?! Man wird zugeben müssen, dass sich in diesem Vorgange die ganze wissenschaftliche Methode E. v. Mojsisovics’s in grellster Beleuchtung zeigt '). | So übernimmt im Jahre 1874 E. v. Mojsisovics die Erb- schaft Frh. v. Richthofen’s und Stur’s in Hinsicht der Facies- und Rifftheorie. Im Jahre 1892 macht er sichs noch leichter, indem er bei Annahme der Anschauungen Stur’s über die Stellung der Hallstätter Kalke es einfach gar nicht für der Mühe werth findet, zu erwähnen, ‚dass diese Anschauungen von Stur bereits seit 1865 vertreten wor- den seien. Aber diese Proben wissenschaftlicher Berichtigung werden noch übertroffen durch andere Modificationen dieser Kunst. So lässt es sich bisweilen in zweckmässiger Weise so ein- richten, dass während der Zurücknahme einer früheren Anschauung ') Mit diesem Vorgehen dürfte auch die Fussnote in „Dolomitriffe‘“ 1879 S. VI im besten Einklange stehen, worin es heisst, dass eine kritische Würdigung der Arbeiten der Vorgänger principiell vermieden wurde, weil es sich in erster Linie um die Mittheilung von Thatsachen handelte, die man erst in neuerer Zeit zu sehen gelernt hatte und dann aber auch, weil E. v. Mojsisovics die meisten derartigen Besprechungen für einen unnöthigen Ballast hält, der nur dazu dienen soll, die Verdienste des Autors in besonders gün- stigem Lichte erscheinen zu lassen. Gerade von diesem Gesichtspunkte aus hätte ja E. v. Mojsisovics die schönste Gelegenheit gehabt, eine von diesem Fehler freie Musterliteraturbesprechung zu bieten. Oder sollte er vielleicht be- fürchtet haben, dass er in denselben Fehler verfallen würde, wie die meisten Au- toren vor ihm? 358 A. Bittner. [126] oder Behauptung die Schuld für den begangenen Fehler auf einen anderen Forscher überwälzt werden kann. Als ganz besonders ge- eignet für diesen Zweck erweist sich wieder Stur, wie bereits oben wiederholt gezeigt wurde. Nun könnte man ja nichts dagegen einwenden, wenn es wirklich richtig wäre, dass Stur in erster Linie diesen Fehler verschuldet hätte, aber in der Regel ist das, wie ebenfalls gezeigt werden konnte, gar nicht der Fall, ja es tritt noch der erschwerende Umstand dazu, dass Stur zu jener Zeit, in welcher Mojsisoviecs seine diesbezüglichen Behauptungen auf- stellte, mit seinen einschlägigen Argumenten zumeist ganz in den Hintergrund gerückt erscheint, während ihm später, sobald es ans Dementiren geht, die Ehre des Vortrittes aufgedrängt wird. Ich er- innere hier nur an den drastischen Fall, der die Stellung der St. Cassianer Schichten betrifft (vergl. oben S. 317), ferner an die angeb- liche Verwechslung des Korallenriffkalkes mit dem Hallstätter Kalke durch Stur (Jahrb. 1874, S. 116 — vergl. oben S. 32]), an die Berufung Verhandl. 1871, S. 213 darauf, dass die Stellung unter dem Wettersteinkalke, die von E. v. Mojsisovics früher den nordtiroler Carditaschichten gegeben wurde, im besten Einklange zu stehen schien mit den in den niederösterreichischen Alpen geltend gemachten An- sichten, bei welcher Gelegenheit leider der genaue Hinweis auf die Stelle jener Ansichten, aus denen das hervorgehen würde, nicht ge- seben werden konnte. Mitunter erhält das bescheidene Bestreben E. v. Mojsisovics’s, in solehen Fällen Anderen den Vortritt zu lassen, einen beinahe komischen Ausdruck, wie im Jahrb. 1874, S. 113, wo davon die Rede ist, dass die östlich von Salzburg „von Anderen und mir“ früher für Wettersteinkalke gehaltenen Kalke Korallriffikalke des Hauptdolomites seien. Auch im neuesten Werke von E. v. Mojsisovics (Cephalop. d. Hallst. Sch. 1893) finden sich wieder Anklänge an diese Art, seiner Vorgänger zu gedenken, indem auf S. 821 daran erinnert wird, dass Stur die Aonschiefer, Reingrabener Schiefer, Lunzer Sand- steine und Opponitzer Kalke irrthümlich als selbständige strati- graphische Einheiten aufgefasst und den Aonschiefer ausserdem un- richtig mit den Wengener, den Reingrabener Schiefer mit den Zlam- bachschichten u. s. f. parallelisirt habe. Diese Erinnerung gestattet sich E. v. Mojsisovics gerade zu einer Zeit, in welcher er leider gezwungen ist, auch den letzten Rest der von ihm so lange bekämpften Anschauungen Stur’s zu acceptiren, er gestattet sich dieselbe in demselben Momente, in welchem er es nicht für angemessen findet, der Wahrheit die Ehre zu geben und Stur als denjenigen zu nennen, der zuerst die Stellung der Hallstätter Kalke richtig erkannt hat, er gestattet sich dieselbe überdies in einer Weise, die theilweise einfach unrichtig ist (was nämlich die Unterabtheilungen der Lunz-Opponitzer Schichten anbelangt, welche schon längst als weit bessere stratigra- phische Einheiten erwiesen sind, als die Hallstätter „Zonen“ E. v. Moj- sisovics’s es jemals zu werden Aussicht haben!) und theilweise besser unterblieben oder durch eine historische Darstellung darüber ersetzt worden wäre, mit was die Zlambachschichten, die Hallstätter Kalke, ad | | [127] Zur neueren Literatur der alpinen; Trias. 359 die Pötschenkalke ') etc. etc. von E. v. Mojsisovics im Laufe der Zeit parallelisirt worden seien. Zur stratigraphischen Stellung der Zlambachschichten ist aber noch Eines zu bemerken: In Sitzungsberichten 1892, Bd. 101, S. 774, heisst es: „Den Grund- pfeiler der bisherigen Auffassung der Gliederung bildete die Voraus- setzung, dass die Gesammtheit der Hallstätter. Kalke über den Zlambachschichten liege. Die Ueberlagerung der Zlambachschichten durch den Hallstätter Kalk war von allen Autoren in überein- stimmender Weise angenommen worden“. Da sind schon wieder alle Autoren, die sich allerdings bei näherer Betrachtung so ziemlich auf Stur und E. v. Mojsisovies redueiren, denn wenn Andere etwa noch der Zlambachschichten Erwähnung thaten, so kommt dies kaum in Betracht. Stur aber hat (vergl. Geol. d. Steiermark, S. 263) im Ausseer Gebiete durch einige wenige Tage des Jahres 1863 flüchtige Beobachtungen gemacht, während E. v. Mojsisovics später durch zahlreiche Jahre das Salzkammergut ausschliesslich und ein- gehend studirt hat. Die Berufung auf Stur, um die Verantwortung dafür, dass die Stellung der Zlambachschichten durch alle diese Jahre nicht erkannt wurde, von sich wenigstens theilweise abzuwälzen, ist eine besonders hervorragende Leistung wissenschaftlicher Objectivität. Aber diese Sache geht noch weiter. Diese „anderen Autoren“ werden deshalb, weil sie die Zlambachschichten als unter dem Hallstätter Kalke lagernd annahmen, geradezu mitverantwortlich gemacht für die gesammten Irrungen, die bezüglich der Stellung der Hallstätter Kalke seither vorgekommen sind. E. v. Mojsisoviecs führt aus, dass die norischen Hallstätter Kalke des Steinbergkogels wegen ihrer faunisti- schen Beziehungen zu den Zlambachschichten sodann als das tiefste Glied der Hallstätter Serie betrachtet werden mussten. „Die weitere Reihenfolge derverschiedenen Faunenergabsich dann mit Berücksichtigung der faunistischen Beziehungen von selbst.“ „Die den Raibler Schichten entsprechenden Kalke mit Trachyc. Aonoides mussten in Folge dessen als der höchste Horizont der Hallstätter Kalke betrachtet werden. Die weiters feststehende Thatsache, dass in dem Verbreitungsgebiete der Hallstätter Kalke die Buchensteiner, Wengener und Cassianer Schichten fehlen, führte dann consequenterweise zu der Vorstellung, dass die scheinbar (!) die stratigraphische Stellung der oben genannten südalpinen Horizonte einnehmenden Zlambach- und Hallstätter Schichten einem besonderen !) Die Pötschenkalke betreffend sei hier daran erinnert, dass dieselben Verhandl. 1868 S. 256 als „oberer Wellenkalk“ des Muschelkalkes erscheinen, dass sie im Jahrb. 1869 an die Basis der oberen Trias über den Muschelkalk hinaufrücken, aber noch unter den Zlambachschichten stehen, dass sie im Jahrb. 1874 als eine „Facies“ der gesammten norischen Hallstätter Kalke über die /lambachschichten gestellt werden und dass sie endlich 1892 wieder eine „Zone“ und zwar die oberste der gesammten Hallstätter Kalke, dicht unter den Kössener Schichten, darstellen. Und ganz ähnliche Wandlungen haben auch die Zlambach- schichten durchgemacht, von denen, die ehemals z. Th. im Muschelkalke standen, man heute noch nicht ganz bestimmt weiss, ob sie eine „Subzone“ oder eine „Facies“ der norischen Metternichii-Schichten sind. Und im Angesichte derartiger Wandlungen beruft man sich auf vereinzelte kleine Unrichtigkeiten in der Paralle- lisirung von Stur! Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 48 360 A. Bittner. [128] als „juvavische Provinz“ bezeichneten Faunengebiete angehören“. So weit E. v. Mojsisoviecs S. 774 der Sitzungsb. Bd. 101. Dem denkenden Leser wird somit vollkommen klar, dass, da den Grundpfeiler der Gliederung des Hallstätter Kalkes die Stellung der Zlambach- schichten bildet und diese Stellung von allen Autoren, nämlich von Stur und E. v. Mojsiso viecs angenommen worden war, Stur eigent- lich der Mitschuldige, wenn nicht der Hauptschuldige ist an der ganzen Confusion, die durch E. v. Mojsisovics in diese Gliederung und in die der gesammten ‘alpinen Trias gebracht worden ist. Leider ist die oben gegebene Darstellung E. v. Mojsisovies’s durch- aus nicht richtig. Nicht von den Zlambachschichten wurde aus- gegangen, da sie gar keine palaeontologischen Anhaltspunkte zu Ver- gleichen boten, sondern von den Aonoidesschichten, weil man in deren Fauna Beziehungen zu den mergeligen fossilreichen Ablage- rungen der Trias erkannte. Und da diese Aonoidesschichten mit den Raibler Schichten parallelisirt wurden, so schloss man sofort auf die tiefere Lage der übrigen Hallstätter Kalke, die dann dem Niveau des Wettersteinkalkes zufallen mussten. Das wurde oben eingehend erörtert. Die Stellung der Steinbergkogelkalke über den Zlambach- schichten war dabei ganz irrelevant, und dass sie das war, zeigt die Gliederung bei E. v. Mojsisovics 1892, S. 8, wo die Steinbergkogel- kalke nach wie vor über den Zlambachschichten stehen geblieben sind, obschon die ganze Gliederung umgestürzt wurde. Die weitere Reihenfolge der verschiedenen Faunen ergab sich deshalb auch früher ganz und gar nichtvon selbst, wie E.v. Mojsisovies, l.c.S. 774, behauptet, sondern sie musste erst erkünstelt werden. In diesem Satze liegt somit wieder ein böser Sprung in der „Beweisführung“. Es gibt Leute, die sich noch erinnern, dass die grosse Controverse über die Stellung der Hallstätter Kalke!) sich nicht zum geringsten Theile darauf bezog (man vergl. meine Arbeit über Hernstein, S. Ill), dass E. v. Mojsisovies und Stur zwar einig waren in Hinsicht auf die Stellung der Zlambachschichten unter den Hallstätter Kalken, aber durchaus nicht über das stratigraphische Niveau, welches diesen Zlambachschichten zukommen sollte. Denn, während Stur dieselben in das Niveau der Lunzer Schichten einreihte, erklärte sie E. v. Mojsisoviecs für viel älter und liess zwischen ihnen und den Lunzer Schichten die gesammte Masse der Hallstätter Kalke sich ein- schieben. Stur ist also auch in dieser Hinsicht der Wahrheit viel näher gekommen, denn bei ihm fielen schon damals die Hallstätter Kalke in den Hauptdolomit, wo sie heute auch nach E. v. Mojsisoviecs in ihrer Hauptmasse stehen, mag die Stellung, die er den Zlambach- schichten heute anweist, richtig sein oder nicht. Auf die Art, wie die Provinzialeintheilung wirklich zu Stande kam, brauche ich hier ') In Verhandl. 1872, S. 10, heisst es: „Auf einige wenige Bivalvenschalen sich stützend, stellt Stur die Zlambachschichten dem Lunzer Sandsteine gleich und gelangt von dieser Basis aus zu seiner so complicirten Parallelisirung“. Was hier Stur zum Vorwurfe gemacht wird, hat sich demnach immer noch als der Wahrheit bei weitem näher kommend erwiesen, als die Annahme von Mojsiso- vics über die Stellung der Zlambachschichten. u Me re [129] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 361 nicht nochmals zurückzukommen, da dies oben S. 311 bereits gezeigt worden ist, sondern weise hier nur noch darauf hin, dass auch an dieser Stelle, S. 774 der Sitzungsber., Bd. 101, mit keiner Silbe erwähnt wird, dass Stur, trotz seiner nach E. v. Mojsisovics heute unrichtigen Annahme über die Stellung der Zlambachschichten, zu einem weitaus richtigeren Resultate über die Stellung der Hallstätter Kalke gekommen ist, als E. v. Mojsisovics selbst. Wir haben uns bisher hauptsächlich mit solchen Fällen in E. v. Mojsisovics’s wissenschaftlicher Berichtigungskunst befasst, wo ältere Behauptungen durch zumeist ebenso ungenügend. motivirte neuere ersetzt oder durch allmälige Umwandlung in neuere über- geführt werden. Gewisse wichtigere Ansichten oder Eintheilungen müssen aber doch bisweilen nach eingetretenem Meinungswechsel direct widerrufen werden. In diesen Fällen empfiehlt es sich, das so zu thun, dass es möglichst wenig in die Augen fällt, beispielsweise in einer kleingedruckten Fussnote oder in einem eingeschobenen Satze. Wer es dann übersieht, hat es sich selbst zuzuschreiben. Auch hier fehlt es nicht an sehr schönen Beispielen. So wurde im Jahre 1874, Jahrb. S. 87, in einer kleinen Fussnote das Aufgeben der oenischen, halorischen, badiotischen und larischen Stufe „aus Gründen, die sich aus der folgenden Darstellung ergeben“ angezeigt. Es ist mir ein Fall bekannt, in welchem ein eifriger Forscher sich noch acht Jahre später die redlichste Mühe gab, die Triasaufstellung eines Provincialmuseums nach jenen vier Stufen zu ordnen. Ein ganz ähnlicher Fall findet sich in Sitzungsber. der Akad. d. Wiss. 1892, 101. Bd., S. 776, wo in einer ganz unscheinbaren Fussnote von fünf Zeilen dem umfangreichen Aufnahmsberichte G. Geyer’s über die Mürzthaler Kalkalpen (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, S. 4)7 ff) die theoretische Basis so ziemlich ganz entzogen wird, wodurch nicht nur die stratigraphischen, sondern auch die tectonischen Anschauungen desselben wieder ganz in Frage gestellt werden. Es geschieht das aber, wie hervorgehoben werden muss, in liebenswürdigster Weise, denn die Darstellung Geyer’s wird gleichzeitig als eine treffliche (!) bezeichnet. Fast noch vortheilhafter ist es, wenn sich ein derartiger Wider- ruf so ganz nebenbei in einer längeren Auseinandersetzung einflechten lässt, wie in demselben Bande der Sitzungsber. S. 777, wo ganz bei- läufig bemerkt wird: „Es kann daher die juvavische Provinz im bis- herigen Sinne nicht mehr aufrecht erhalten werden“, welcher kurze Satz so ganz en passant das Aviso an die Leser enthält, dass jener srosse Gesichtspunkt, von welchem aus seit 1874 die alpine Trias fast ausschliesslich betrachtet wurde, endlich im Jahre 1892 an der kleinen, von Stur schon im Jahre 1865 ganz richtig erkannten That- sache, dass die Hallstätter Kalke an einer ganz anderen Stelle der verticalen Gliederung liegen, als man zumeist angenommen, definitiv Schiffbruch gelitten hat. Aber dieser Umstand, dass die juvavische Provinz nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, ist es nicht allein, welcher der gedachten Seite 777 der Sitzungsber. Bd. 101 ein ganz besonders hervorragendes Interesse für die Geschichte der Literatur der alpinen Trias verleiht, es ist das vielmehr jener andere Umstand, 48* 362 A. Bittner. [130] dass diese Provinz nur im bisherigen Sinne nicht mehr auf- recht erhalten werden kann, dass sie somit offenbar trotz alledem in einem neuen Sinne aufrecht erhalten werden soll. Dieser Sinn aber kann, wie oben im ersten Theile dieser Studie gezeigt wurde, kein anderer sein, als dass, wenn auch die Provinz fällt, doch der Name fortzubestehen hat, weshalb jener neue Sinn offenbar nur der sein kann, dass die juvavische Provinz wenigstens sSchein- bar erhalten bleiben soll. Und in derselben mustergiltigen Weise wird dann (Cephalopoden 1893, S. 811) auch die bisherige mediterrane Provinz, die gleichzeitig mit der juvavischen fallen muss, aufrecht erhalten. In ganz analoger Weise hat übrigens E. v. Mojsisovies bereits in Verhandl. 1571, S. 212 gearbeitet, wo es heisst: „Es erwies sich als riehtig, dass zwischen den unmittelbar auf den Muschelkalk folgenden Partnachschichten und dem . Wetter- steinkalke eine oft sehr mächtige Dolomit- und Kalkbildung auftritt, der Partnachdolomit“. De facto aber hatte sich die von Mojsiso- vies bis dahin dem „Partnachdolomite* zugewiesene Stellung als unrichtig erwiesen, indem noch Jahrb. 1871, S. 189 ff. der Part- nachdolomit als zwischen den Partnachmergeln und den Cardita-' schichten (u. zw. dem mittleren der damals angenommenen drei Niveaus dieser Schichten) liegend angegeben wird, während der Wetter- steinkalk erst über jenen mittleren Carditaschichten folgte. Die Carditaschichten zwischen dem Partnachdolomit und dem Wetterstein- kalk (vergl. oben S. 351) verschwinden nicht ganz auf einmal. „An einigen Punkten“ finden sich noch 1»71 S. 212 schwarze Schiefer- thone, Gypse und Rauhwacken zwischen den Partnachdolomiten und den Wettersteinkalken, echte Carditaschichten aber „nie mit Aus- nahme einer Stelle, die vielleicht in besonderer Weise erklärt werden kann“. Wo diese Stelle liegt und wie sie erklärt werden kann, hat man freilich nicht erfahren, überhaupt nie mehr etwas von diesem Niveau der Carditaschichten gehört. In der Folge verschwand auch der Partnachdolomit selbst trotz seiner „richtigen“ Stellung! Aber alle diese Feinheiten der Berichtigungskunst E. v. Mojsi- soviecs’s werden doch noch übertroffen durch jene wundervolle Polemik dieses Autors gegen sich selbst in Abhandl. X, Einleitung, Seite IV, wo es heisst: „Die Folgerungen, welche aus dem vermeintlichen Auftreten der Gattungen Aegoceras und Amaltheus im Muschelkalke gezogen worden sind, müssen nun als unbe- rechtigt zurückgewiesen werden, nachdem sich die Un- ichtigkeit dieser Gattungsbestimmungen herausgestellt hat“. Sollte ein Uneingeweihter es für möglich halten, dass E. v. Mojsisovics selbst diese Ammoniten unrichtig bestimmt hat und dass die (weittragenden) Folgerungen, die aus dieser unrichtigen Be- stimmung gezogen wurden und welche nunmehr von E.v. Mojsi- sovics als unberechtigt zurückgewiesen werden müssen, wieder Niemand Anderer, als einzig und allein E. v. Mojsisovics selbst gezogen hat!? Diese Scheinpolemik E. v. Mojsisovies’s mit sich selbst, mit seiner eigenen Person incognito, ist entschieden der Glanzpunkt und die % B [131] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 363 Krone seiner Berichtigungskunst, sie ist ganz geeignet, den Abschluss der Auseinandersetzungen zu bilden, welche der wissenschaftlichen Darstellungsmethode dieses Forschers gewidmet werden mussten, Es wurde oben die Frage aufgeworfen, wie es denn möglich war, dass E. v. Mojsisovics trotz der augenscheinlichen Schwäche seiner Argumente, trotz der heute offenkundigen Unhaltbarkeit seiner Anschauungsweise so viele Jahre hindurch berechtigteren und be- gründeteren Ansichten gegenüber Recht behalten konnte? Das Ge- heimniss dieses Erfolges wurde in der Methode gesucht. Nachdem wir auch diese Methode ziemlich eingehend (obwohl noch nicht in ihren letzten Consequenzen — vergl. oben S. 334) kennen gelernt haben, könnte man jene erste Frage vielleicht dahin zu modifieiren geneigt sein, wie es denn möglich war, dass er trotz dieser Methode derartige Erfolge zu verzeichnen im Stande war? Hier muss eine allgemein menschliche Schwäche als Erklärungs- grund angerufen werden. Man lese darüber nach, was einer der schärfsten Denker der deutschen Nation, G. Chr. Lichtenberg, in seinen „Literarischen Bemerkungen“ über das Verhältniss, in welchem die Verdienste gewisser Männer — auch der gelehrten Republik — zu ihren Erfolgen stehen, sagt! Ueberblicken wir nunmehr noch einmal kurz die wissenschaft- liche Thätigkeit E. v. Mojsisovics’s während der sechundzwanzig- jährigen Periode des grossen theoretischen Aufschwunges in der Literatur der alpinen Trias, welche 1866 begann und 1892 einen vorläufigen Abschluss fand. Ihr Ausgangspunkt war das Salzkammergut mit seinen „acht verschiedenen, auch petrographisch constant unterscheidbaren Horizonten der Hallstätter Kalke“, deren Kenntniss auch „in stratigraphischer Bezie- hung von ausserordentlich gewichtiger Bedeutungist und zum Vergleiche mit anderen Gebieten die brei- teste und sicherste Grundlage darbietet“ (Verhandl. 1872, S. 6), während dagegen (Verhandl. 1872, S. 10) „die Gegend, welche Stur zum Ausgangspunkte seiner Gliederung und Parallelisirung der gesammten oberen Triasbil- dungen wählte, als zu einem solchen Unternehmen gänzlich ungeeignet erscheint“. Die erste Phase in dieser Zeit von 1866 bis 1892 — (sie umfasst die Jahre 1866—1874) — ist durch überhastete, ungenügend be- gründete Gliederungen mit besonders zu Beginn mehrfachen Wieder- holungen derselben Schichtfolge gekennzeichnet; theoretisch angenom- mene, niemals bewiesene Lücken in der Schichtfolge, Discordanzen und Transgressionen geben ihr ein besonderes Gepräge. Gegen Schluss dieser ersten Phase tritt eine rasche Verschiebung in der Basis, von welcher ausgegangen wird, ein, und zwar wird dieselbe nach Südosttirol, in das klassische ‚Aufnahmsgebiet Frh. v. Richthofen’s verlegt, nachdem schon früher die complieirten Gliederungen in Nordtirol wieder auf den alten und einfachen Standpunkt v. Richthofen’s zurückgeführt hatten. Das Salzkammergut erscheint schon in dieser ersten Phase in 364 A. Bittner. [132] seiner Eigenschaft als breite und sichere Grundlage der Gliederung de facto aufgegeben, wenn das auch nirgends zugestanden wird. Die zweite Phase (von 1874—1882) beschäftigt sich hauptsächlich mit der Darstellung der alten v. Riechthofen’schen Erfahrungen in Südtirol in neuem Gewande. Es wird die früher bekämpfte Facies- und Rifftheorie acceptirt, es werden für die guten alten Schichtgruppen neue Zonennamen eingeführt, es werden, um die Stellung der Hall- stätter Kalke unter den Lunz-Raibler Schichten aufrecht erhalten zu können, provincielle Gliederungen angenommen und deren Conse- quenzen ausgesponnen, es wird die „formale Logik“ mit ihren neuen Kunstausdrücken aufgeboten und sogar die Behauptung aufgestellt, die alte v. Richthofen’sche Gliederung der südosttiroler Trias sei durch die Beschreibung der mediterranen Gephalopoden erst bewiesen und sichergestellt worden (Abhandl. X, S. IV). Diese zweite Phase ist als der Höhepunkt der Zeit des theoretischen Aufschwunges zu bezeichnen. Im dritten Zeitraume, von 1882—-1892, handelt es sich vor- nehmlich darum, das letzte, was von den neuen Gliederungen vom Jahre 1866—1874 übrig geblieben war, die Stellung der Hallstätter Kalke, gegen die Ansicht Stur’s, die neue Anhänger gewann, aufrecht zu erhalten. Die erfolgreichen Versuche, welche in dieser Hinsicht gemacht wurden, konnten schliesslich doch nicht verhindern, dass die Richtigkeit der von Stur schon 1865 der Hauptmasse der Hallstätter Kalke zugewiesenen Stellung von E. v. Mojsisovics selbst 1892 auf (Grund seiner eigenen Erfahrungen im Salzkammergute zugestanden werden musste. Die breite und sichere Basis der Hallstätter Kalke des Salzkammergutes erscheint durch die neuesten Mittheilungen von E. v. Mojsisovies (1892) in äusserst ungünstigem Lichte. Eine Gliederung auf dieser Basis des Salzkammergutes ist gegeuwärtig als aussichtslos und definitiv beseitigt anzusehen. Ein vollständiges, alle bekannten Horizonte umfassendes Profil ist nach E.v.Mojsisovies selbst hier an keiner Stelle nachzuweisen '). Die Lagerungsverhältnisse reichen hier für die Feststellung des relativen Niveaus der in den einzelnen Linsen eingeschlossenen Faunen nicht aus; die bis 1892 auf Grund faunistischer Beziehungen angenommene Altersfolge hat sich als nicht haltbar erwiesen, diese Gliederung liess sich nicht ungezwungen (!) mit den phylogenetischen Charakteren der Hallstätter Cephalopoden und mit den ausserhalb der Hallstätter Entwicklung im Laufe der letzten Jahre bekannt gewordenen Thatsachen in Einklang bringen. Das Salzkammergut erweist sich somit, um E. v. Mojsisovics’s eigene Ausdrücke vom Jahre 1872 zu gebrauchen, nach weiteren zwanzigjährigen Studien nicht nur nicht als breite und sichere Basis zum Vergleiche mit anderen Triasgebieten, sondern es erscheint als Ausgangspunkt für die Gliederung und Paralle- lisirung der oberen alpinen Trias überhaupt gänzlich ') Das klingt viel weniger bestimmt, als die Angaben ha Sen. 1872, nach denen die Reihenfolge der Trias im Salzkammergute am vollständigsten entwickelt ist, detaillirte Profile über die Aufeinanderfolge der einzelnen fossilführenden Lagen vorhanden und genetisch fortlaufende Entwieklungsreihen wenigstens durch die 5 Niveaus der norischen Bildungen bekannt sind. [133] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 365 ungeeignet, und es ist eine ganz merkwürdige Ironie des Schick- sals, dass E. v. Mojsisovics 1892 selbst durch seine eigenen Neuuntersuchungen im Salzkammergute auch den letzten und wich- tigsten Punkt als richtig anzuerkennen genöthigt war, den er in Stur’s Gliederung, die von einem so „gänzlich ungeeigneten Gebiete“, wie die niederösterreichischen und obersteirischen Kalkalpen, ihren Aus- gangspunkt nahm, bis dahin noch bekämpft hatte. Die Schlussbilanz aus der von E. v. Mojsisovics vom Jahre 1866 bis zum Jahre 1892 so eifrig vertretenen neuen wissenschaft- lichen Richtung im Studium der alpinen Trias ist demnach eine äusserst unbefriedigende. Sie lässt sich in zwei Schlagworte zu- sammenfassen: die Erkenntniss, dass das Salzkammergut als Aus- gangspunkt für eine allgemein giltige Gliederung der alpinen Trias ungeeignet sei und die Constatirung der Thatsache, dass die palae- ontologische Methode ohne genügende stratigraphische Grundlagen nicht im Stande sei, brauchbare Resultate in geologischer Hinsicht zu Tage zu fördern. So ziemlich alles, was E. v. Mojsisovies im Laufe dieser Zeit an wissenschaftlichen Errungenschaften von allge- meiner Bedeutung erreicht zu haben glaubte, hat sich als durchaus anfechtbar oder als direct hinfällig erwiesen. Wir brauchen keine Stufen, es gibt keine Lücken und Discordanzen, die Provinzen haben sich als unhaltbar heraus gestellt, die neue Zonengliederung erweist sich entweder als die alte stratigraphische Eintheilung und demnach als unnöthig, oder sie erscheint, soweit sie sich auf die breite und sichere Basis des Salzkammergutes bezieht, labiler als je, indem sich die Hallstätter Zonen zumeist auf Subzonen und Linsen reduciren, denen zum grössten Theile jede weitere horizontale Verbreitung fehlt und somit auch jede stratigraphische Bedeutung wenigstens vorläufig abgesprochen werden muss; die von E. v. Mojsisovics so hoch- gehaltene palaeontologische Methode hat einen totalen Misserfolg er- litten, der nicht greller beleuchtet werden kann als durch den Hin- weis auf die Thatsache, dass E.v. Mojsisoviecs, auf neue strati- sraphische Beobachtungen gestützt, im Jahre 1892 seine ganze Eintheilung der Hallstätter Kalke auf den Kopf und die Hallstätter Kalke ihrer Hauptmasse nach dorthin stellen musste, wohin sie Stur, von einigen sicheren stratigraphischen Beobachtungen ausgehend, bereits im Jahre 1865 gestellt hatte. Es ist nicht möglich und denkbar, dass eine wissenschaftliche Richtung, die so vielverheissend und re- formatorisch aufgetreten war, eine gründlichere Niederlage erleiden kann und dass sich eine ganze Forschungsmethode als stärker ver- fehlt herausstellen kann, wie dies bezüglich der von E. v. Mojsiso- vies im Jahre 1866 begonnenen Forschungen in der alpinen Trias der Fall ist. Und um zu diesem wahrhaft kläglichen Resultate zu gelangen, wurde so viel Zeit und Druckpapier verbraucht, wurden mit grossem Aufwande von Scharfsinn und Gelehrsamkeit so zahlreiche Abhand- lungen geschrieben, so viele tabellarische Uebersichten entworfen, von denen nur der geringste Theil noch eine partielle Berücksichti- gung verdient, von denen der grösste Theil gänzlich überholt und _ veraltet ist, veralteter, als das die weit älteren Arbeiten von F. v. 366 A. Bittner. [134] Hauer, Frh. v. Richthofen, Stur, Lipold, Gümbel, Hertle u. A. jemals werden können, weil diese Arbeiten für alle Zeiten den historischen Gang unserer Kenntniss darstellen und somit dauernden Werth besitzen werden, während die Arbeiten von E. v. Mojsisovies eine episodische, ausserhalb des Rahmens der historischen Entwicklung liegende Erscheinung sind und deshalb die darin vertretenen An- schauungen wegen Mangels an genügender historischer und thatsäch- licher Begründung von ihrem eigenen Urheber Stück für Stück wieder aufgegeben, verleugnet, durch andere zumeist ebenso unhaltbare er- setzt, abermals widerrufen, sogar schroff zurückgewiesen werden mussten, bis derselbe endlich im Wesentlichen auf jenen Standpunkt zurückgelangte, auf welchem er bereits im Jahre 1866 ruhig hätte fortbauen können, wenn sein Drang nach rascher und sensationeller Entwicklung und nach Ueberflügelung seiner bescheideneren und gründlicheren Vorgänger ihn nicht dazu verleitet hätte, alle festen Grundlagen der Beobachtung zu verlassen und einzig und allein theo- retischen Sperculationen nachzujagen. Auf diesem Wege ist er endlich dahin gekommen, noch ehe er den Jahrzehnte hindurch angekündigten wissenschaftlichen Beweisapparat in extenso für die Richtigkeit der Hallstätter Schichtfolge zu veröffentlichen in der Lage war, jene Schichtfolge, deren Richtigkeit erst bewiesen werden sollte, vollkommen umstossen und bezüglich der Stellung der Hallstätter Kalke selbst den Standpunkt seines so lange bekämpften Gegners zu seinem eigenen machen zu müssen. Es wurde also in dieser Frage der Hallstätter Kalke Jahrzehnte lang, um wieder mit Lichten- berg zu reden, „Ansehen gebraucht, wo Gründe hätten gebraucht werden sollen“ und als die längst erwarteten Gründe endlich erschienen, da war das bereits auf- gegeben, was durch dieselben hätte bewiesen werden sollen. Mit der Einstellung der Hauptmasse der Hallstätter Kalke in jene Position, die ihnen bereits von Stur vor langen Jahren ange- wiesen worden war, brach aber gleichzeitig die Sonderung der alpinen Trias in zwei geographische Provinzen zusammen, eine Hypothese, die trotz ihrer von allem Anbeginne an total unzureichenden Be- gründung und trotz des Misstrauens, mit dem sie anfänglich aufge- nommen wurde, doch einem grossen Theile der gesammten Literatur der alpinen Trias seit 1874 ihre Signatur aufgeprägt hat, da sie ja die hervorragendste jener „Thatsachen“ war, deren Erkenntniss durch E. v. Mojsisovics im Jahre 1874 völlig neue Gesichtspunkte für das Studium der alpinen Trias eröffnet hatte. Es wurde im a Theile dieser Arbeit ausführlich erörtert, in welcher Weise E. v. Mojsisovics, nachdem er im Jahre 1892 gezwungen war, in der Frage der Hallstätter Kalke sich Stur’s Standpunkte zu accommodiren, trotz des dadurch unmittelbar hervor- gerufenen Wegfalles seiner Provinzen dennoch zunächst den Namen „Juvavisch“ in einem von dem bis dahin gebräuchlichen gänzlich ab- weichenden Sinne aufrecht ZU erhalten sucht. In E. v. Mojsisovics’s Hallstätter Cephalopoden 1893 ist diese Uebertragung bereits zur feststehenden Thatsache geworden und es i i r x [135] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 367 wird gar nicht mehr ernstlich daran gedacht'!), dieselbe zu rechtfertigen — was ja überhaupt nicht möglich ist — im Gegentheile wird hier auch der zweite Provinzialname in verändertem und erweitertem Sinne „selbstverständlich“ weiter gebraucht. Diese vierte und neueste Phase der durch E. v. Mojsisovies geschaffenen alpinen Trias- literatur beginnt also mit dem ausgesprochenen Streben, mögen auch die „Thatsachen“, auf welche jene Namen begründet wurden, gefallen sein, doch wenigstens diese Namen selbst zu retten. Der Grund, warum dies geschieht, ist ein sehr durchsichtiger; ich brauche jedoch hier auf eine nochmalige Erörterung desselben nicht einzugehen, da eine solche bereits im ersten Theile dieser Arbeit geboten wurde, so dass hier auf dieselbe verwiesen werden kann. Es sollen hier nur noch einige andere Punkte besprochen werden, zu welchen E. v. Mojsisovics’s neuestes, grosses palaeontologisches Werk vom Jahre !893 Veranlassung bietet. S. 821 der Hallstätter Gephalopoden vom Jahre 1893 heisst es: „Aus der Anwesenheit bezeichnender Arten der Aonoides-Zone in den verschiedenen Faciesgebilden der Raibler Schichten geht mit Sicherheit hervor, dass trotz dieser bedeutenden heteropischen Dif- ferenzirung der Horizont der Raibler Schichten nur einer einzigen Cephalopodenfauna entspricht. Schichtfolgen, wie die niederöster- reichische, zu unterst: 1. Aonschiefer, 2. Reingrabener Schiefer, 3. Lunzer Sandstein und 4. Opponitzer Kalk sind daher lediglich als Profile der Raibler Schichten von localer Bedeutung anzusehen. Die Auffassung dieser Unterabtheilungen als selbstständige stratigra- phische Einheiten ist daher eine irrthümliche“. Das ist lediglich eine Ansicht E. v. Mojsisovics’s, die ihren Keim noch in jenen Zeiten hat, wo es zu den Grundprineipien der neuen Forschungsrichtung gehörte, das Gebiet des Lunzer Sandsteins „als zum Ausgangspunkte einer Gliederung und Parallelisirung der oberen Trias gänzlich ungeeignet“ zu erklären. Wie wenig berechtigt diese Ansicht E. v. Mojsisovies’s ist, das habe ich erst vor Kurzem (in Verhandl. 1893, S. 70 ff.) wieder hervorgehoben und kann mich hier darauf beziehen. Wenn E. v. Mojsisovics heute abermals die über weite Regionen der Nordostalpen verbreitete typische Lunzer Schiehtfolge für eine Schichtfolge von blos localer Bedeutung erklärt, so muss man doch die Frage aufwerfen, von welcher Bedeu- tung denn dann seine Hallstätter Gliederung sei, die sich auf gewisse engbegrenzte Distriete im Salzkammergute beschränkt und auch da den neuesten Nachrichten zufolge mit wenigen Ausnahmen auf ganz vereinzelte Nester und Linsen von Petrefacten begründet ist, die, während sie ehemals als „Zonen“ erklärt wurden, heute theilweise wieder zu „Subzonen“ oder Kategorien noch minderen Ranges ge- worden sind. Man thut nicht gut daran, wenn die breite und sichere Basis, auf der zu stehen man durch Jahrzehnte angegeben ') Die meisten Glaubenslehrer vertheidig een (nach G. Chr. Lichtenberg) ihre Sätze nicht: nicht, weil sie von der Wahrheit derselben überzeugt sind, sondern weil sie die Wahrheit derselben einmal behauptet haben. Das gilt auch hier. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 49 368 A. Bittner. [136] hat, so aussieht, jene Schichtfolge, die mit Fug und Recht als die normalste-in der gesammten nordalpinen Trias angesehen werden darf, als eine Schichtfolge von localer Bedeutung zu erklären. Wenn dieselbe aber von so localer Bedeutung, demnach ohne jede allgemeinere Wichtigkeit ist, so sieht man schon gar nicht ein, warum in derselben auch noch Veränderungen bezüglich der Nomen- clatur vorgenommen werden, warum beispielsweise der gute alte und sanz bezeichnende Name Aonschiefer durch einen anderen ersetzt werden soll. „Der Aonschiefer der älteren Literatur“ heisst es S. 821 bei E. v. Mojsisovies. Sehen wir doch ein wenig nach, wie weit bis gegen unsere Tage diese ältere Literatur reicht. Da finden wir den Aonschiefer seit dem Jahre 1880 beispielsweise in meiner Arbeit über Hernstein (erschienen 1882), S. 83 ff. ausschliesslich mit diesem Namen bezeichnet, wir finden diesen Namen bei Stur in den Sitzungs- berichten d. kais. Acad. d. W. vom J. 1885, S. 102, 103; bei Toula im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1886, S. 701; bei Geyer im Jahrb. 1889, S. 504, 505, 506, 507, 747, 764; bei F. Teller in Abh. der geol. R.-A. XV., 3. Hft., 1891, S. 2; endlich in meinen neueren und neuesten Mittheilungen über gewisse Distriete der niederösterreichi- schen Kalkalpen in Verhandl. 1884, S. 261; 1886, S. 98, 244; 1892, S. 405; 1893, S. 82, 83, 162, 329°). Diese Citate dürften wohl ge- nügen, um zu zeigen, dass die „ältere Literatur“, in welcher der Ausdruck Aonschiefer nach E. v. Mojsisovies vorkommt, bis in die allerneueste Zeit, bis in die Gegenwart reicht, und dass somit, wie es scheint, E. v. Mojsisovics jenen Maassstab an diese Literatur angelegt hat, nach welchem seine eigenen Arbeiten zu veralten pflegen, von denen jene vom J. 1892 bekanntlich durch die neueste vom J. 1893 bereits wieder in vielen Punkten überholt ist. Es fällt mir auch gar nicht ein, durch Aufgeben des guten alten Namens Aon- schiefer, den ich immer angewendet habe, zur rascheren Veraltung meiner eigenen Arbeiten auch nur im mindesten beitragen zu wollen, ich werde diesen Namen auch in Zukunft verwenden, da er ganz be- zeichnend und gut gewählt, in der Literatur fest eingebürgert, durch keinerlei falsche Anwendung discreditirt ist, und sonach nicht der leiseste Grund vorliegt, ihn aufzugeben und durch einen anderen zu ersetzen. Es ist dabei ganz gleichgiltie, ob die Aonschiefer Nieder- österreichs der Aon- oder der Aonoides-Zone angehören. Man hat ja, wie bekannt, als Ammonites Aon seinerzeit einen weiteren Kreis von Ammoniten, die später getrennt wurden, zusammengefasst, darunter A. Aon, Trach. Aonoides, Tr. austriacum ete. Auch E. v. Mojsiso- vies gibt an, dass Tr. Aon und Aonoides einander sehr nahe stehen. Im Jahre 1869, Jahrb. S. 121 wurden die niederösterreichischen Aon- schiefer den fischführenden Schiefern von Raibl gleichgestellt, „da die Uebereinstimmung beider (auch palaeontologisch) eine frappante“ 1) Erst Baron Wöhrmann wendet im Jahrbuche der geol. R.-A. 1884 den Namen Trachycerasschiefer (oder Trachyceratenschiefer) an, indem er sich dabei (S. 714) auf eine Fussnote G. Geyer’s bezieht, die aber mit dessen Texte nur in sehr losem Zusammenhange steht und offenbar nachträglich eingeschaltet worden ist. Eine Motivirung, warum der Name geändert werden müsse, fehlt sowohl bei Geyer als bei Wöhrmann. [137] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 369 sei und von 10 Arten wurden 7 für identisch erklärt. Unter diesen identischen Arten befinden sich die Ammoniten Trachyceras Aonoides und Traeh. triadieum. Obschon, wie bekannt, die fischführenden Schiefer von Raibl später der Aon-Zone (den Cassianer Schichten) zugezählt wurden, so bleibt doch der auch in E. v. Mojsisovics’s Cephal. 1893 wieder betonte Umstand bemerkenswerth, dass gerade in den fisch- führenden Schiefern von Raibl der „Trach. Aon“ von Uebergangs- formen zum Trach. Aonoides begleitet wird; man könnte daher vom palaeontologischen Standpunkte aus wohl vermuthen, dass die fisch- führenden Schiefer von Raibl ein verhältnissmässig hohes Niveau in der „Aon-Zone* einnehmen. Von der anderen Seite wird die „Aonoides- Zone* von Mojsisovics selbst neuestens in zwei „Subzonen“ oder „Linsen“ getheilt und vermuthet, dass die „Linse“ mit Trach. austri- acum etwas älter sein dürfte, als die übrigen „Linsen“ der Aonoides- Zone. Nun ist aus den Aonschiefern bisher weder Trach. Aon noch Trach. Aonoides (nach E. v. Mojsisovics, 1893, S. 820) bekannt, es treten von verwandten Formen in ihnen Trach. austriacum und Trach. friadieum auf, welche beiden Arten übrigens auch in der Aonoides- Zone der Hallstätter Kalke häufiger sind als Trach. Aonoides selbst. Endlich ist zu bemerken, dass die Aonschiefer eonstant an der Basis der Lunzer Serie liegen, dass sie somit, wenn man dieselbe mit.E. v. Mojsisovies in ihrer Gesammtheit als Raibler Schichten bezeichnet, das tiefste Niveau der Raibler Serie einnehmen und daher zeitlich nahezu mit dem Fischschiefer von Raibl, der auch an der Basis der eigentlichen Raibler Schichten liegt, zusammenfallen müssen. Wenn nun dieser Fischschiefer von Raibl, trotzdem er noch der Aon-Zone zugerechnet wird, bereits Uebergänge zwischen Trach. Aon und Trach. Aonoides enthält, wenn er somit wahrscheinlich einer sehr hohen Lage der Aon-Zone entspricht, wenn ferner die nordalpinen Partnachschichten stellenweise nahezu direct vom Aonschiefer überlagert werden, wie bei Kaltenleutgeben unweit Wien (vergl. Verh. 1893, S. 161), der Aonschiefer somit ohne allen Zweifel auch im Sinne von E. v. Mojsi- sovies das tiefste Glied der Aonoides-Zone bildet, so vereinigen sich in diesem Falle stratigraphische und palaeontologische Daten in seltener Harmonie zu dem Ergebnisse, dass die fischführenden Schiefer von Raibl der „Aon-Zone“ mit den Aonschiefern der nordalpinen „Aonoides- Zone“ nahezu oder ganz in ein und dasselbe Niveau fallen müssen. Es wird ja heute in der Gliederung der Zonen bei E. v. Mojsisovics (vergl. Cephal. 1893, S. 810) nicht mehr mit ganzen „Zonen“, sondern bereits mit „Subzonen“ oder noch geringeren Bruchtheilen von „Zonen“ gerechnet, mithin können sich auch die Unterschiede in den einzelnen Arten oder „Formen“ offenbar nicht mehr auf ganze Mutationen, son- dern nur mehr auf Submutationen oder noch geringere Bruchtheile dieser palaeontologischen Einheiten beziehen, so dass es schon aus diesem Grunde einerlei ist, ob von Aon- oder ob von Aonoides- oder aber von Trachycerasschiefern die Rede ist, besonders da Jeder- mann weiss, dass die ältere Fassung des Begrifts don mit dem ur- sprünglichen Begriffe Trachyceras sich vollständig deckt, während, wollte man statt Aonschiefer den Namen Trachycerasschiefer sub- stituiren, damit die Möglichkeit zugegeben würde, denselben in 49* 370 A. Bittner. [138] späterer Zeit vielleicht nochmals durch den Terminus Eu-, Para- oder Metatrachycerasschiefer ersetzen zu müssen Es wird uns daher der Entschluss nicht schwer fallen, ein- für allemal den guten und be- zeichnenden Namen Aonschiefer für dieses ganz bestimmte strati- eraphische Niveau, das von der Gegend von Wien bis in die Enns- thaler Alpen bei Admont verbreitet ist, beizubehalten. Es wurde soeben die neueste Zonengliederung E. v. Mojsiso- vics’s in Cephalopoden der Hallstätter Kalke 1893, S. 810 gestreift. Dieselbe ist in mehrfacher Beziehung sehr beachtenswerth. In erster Linie durch die Veränderungen in der Anordnung und in der Be- deutung der einzelnen Zonen selbst gegenüber der nur um ein Jahr älteren Gliederung vom Jahre 1892. Das beständige Schwanken in der Anzahl und Benennung, sowie in der Anordnung der Zonen (man vergl. die Tabelle im ersten Theile dieser Abhandlung S. 258) hat diesmal einen ganz besonders hohen Grad erreicht, indem nicht nur gewisse bisher immer als „Zonen“ bezeichnete Niveaus, wie die so viel hin- und hergeschobenen Zlambachschichten und auch die Zone des Thisbites Agricolae zu „Subzonen“ oder „Linsen“ degradirt er- scheinen, sondern auch die Bedeutung der gesammten Einzelzonen dadurch sehr herabgedrückt erscheint, dass sie in grössere Stufen oder. Unterstufen vereinigt werden und im beschreibenden Texte über- haupt keine weitere Berücksichtigung finden, so dass ihre Bedeutung gegenwärtig offenbar nur mehr eine minimale ist, selbst wenn man von dem überaus wichtigen Umstande, dass ihre Mehrzahl nur aus einer oder zwei local ganz beschränkten „Linsen“ besteht, absehen wollte. Nachdem nun nach M. Neumayr (Erdgeschichte 2. Bd., S. 17) die „Mutationen* und die „Zonen“ die kleinsten geologisch- palaeontologischen Einheiten sind, so darf wohl die Frage aufgeworfen werden, kann es noch kleinere als kleinste geo- logisch-palaeontologische Einheiten geben und wenn, wie vorauszusehen, vom logischen Standpunnte aus diese Frage verneint werden muss, so entsteht sofort jene andere, was sind dann die Subzonen E. v. Mojsisovics’s in dessen Gliederung vom Jahre 18937 Wir haben hier gewissermaassen das Gegenspiel zu dem Falle, in welchem sich neuestens die „kleinste palaeontologisch-geologische Einheit“ der „Zone der Avicula exilis und des Turbo solitarius* (der Hauptdolomit) in eine ganze Anzahl wohleonditionirter anderer kleinster Einheiten, d. h. „Zonen“ nebst Subzonen und Linsen unterabgetheilt hat, denn, wie schon früher erwähnt, entspricht die ehemals einzige „Zone“ innerhalb des Hauptdolomites gegenwärtig der Mehrzahl (6 oder 7) sämmtlicher Hallstätter Zonen. Für den vorurtheilsfreien Forscher dürfte aus diesen interessanten Facten nur das eine mit vollendeter Sicherheit abzuleiten sein, dass „Zone“ nichts ist als ein anderer Name oder moderner Kunstausdruck für das gute alte Wort Schichte, dass somit eine „Zone des Tropites subbullatus“ oder „Zone des Trachyceras Aon* nichts anderes besagt, als genau das, was man früher als „Subbullatus-Schichten* oder „Cassianer Schichten“ kannte, sowie ja bekanntlich „Mutation“ oder „Form“ auch absolut nichts anderes ist, als was man seit jeher als „Art“ bezeichnet hat. Die Wand- [139] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 371 lungen, welche diese kleinsten palaeontologisch-geologischen Einheiten der modernsten Stratigraphie in neuester Zeit durchzumachen ge- nöthigt waren, dürfte für Viele, die sich bisher nicht über die Be- deutung derselben Rechenschaft gegeben haben, klar legen, was von denselben eigentlich zu halten sei. Noch ein anderes Moment tritt uns in der neuesten Gliederung der Hallstätter Kalke von E. v. Mojsisovies entgegen. Es ist oben im ersten Theile darauf aufmerksam gemacht worden, dass die beiden Hauptstufen, die norische und karnische, ohne jeden Eingriff in deren ursprüngliche Fassung und Begrenzung im verkehrte Stellung gegen- einander gebracht worden sind. Die norischen Hallstätter Kalke, die früher als unter den karnischen liegend angenommen worden waren, liegen nunmehr über den karnischen Hallstätter Kalken. Die Zonen innerhalb der norischen Hallstätter Kalke sind indessen, wie man vielleicht erwartet haben würde, nicht ebenfalls verkehrt gegen früher, d. h. in umgekehrter Reihenfolge angeordnet worden, sondern ihre Anordnung zeigt keinerlei Beziehungen zu der früheren, ausser viel- leicht, dass die Zlambachschichten (erst als Zone, dann als Subzone) unter den Metternichii - Schichten liegen geblieben und dass die Pötschenkalke, die zu Anbeginn das tiefste Glied waren, nunmehr zum allerobersten geworden sind. Der Leser wird vielleicht nach den Gründen forschen. welche für diese neue Anordnung der norischen Hallstätter Zonen maassgebend waren, er findet aber keine solchen Gründe und muss sich, wie früher, auch jetzt wieder darauf beschränken, einfach zu glauben, dass diese Anordnung die richtige sei. Noch auffallender aber ist wohl der Umstand, dass auch die beiden Zonen der karnischen Stufe nun- mehr verkehrt angeordnet sind, ohne dass auch hier die geringste Andeutung, warum dies geschehen ist, gegeben wird. Man würde eine solche hier um so mehr erwarten dürfen, als ja die Subbullatus- Schichten seinerzeit immer als ungefähres Aequivalent der St. Cas- sianer Schichten galten und deshalb doch nicht ohne jeglichen zwin- senden Grund auf einmal über die Aonoides-Schichten, die den Raibler Schichten gleichgesetzt werden, hinaufrücken können. Aber, wie gesagt, man sucht vergeblich auch nur eine Andeutung von Gründen, warum die Subbullatus-Schichten, die nach 1889 bei Hallein, 1583 bei Aussee und zwar concordant über den norischen Hall- stätter Kalken und unter den Aonoides-Schichten liegend beobachtet wurden, seit 1892 plötzlich in die Stellung zwischen die Aonoides- Schichten im Liegenden und die Gesammtmasse der norischen Hall- stätter Kalke im Hangenden gerathen sein sollen. Oder ist das einfach die Folge der Umkehrung der beiden Hauptgruppen? Auch dagegen lassen sich Bedenken geltend machen, zum mindesten müsste dann früher die Reihenfolge der „Zonen“ innerhalb der nori- schen Gruppe überhaupt äusserst wenig sichergestellt gewesen sein. Wie dem aber auch sei, der Leser erfährt diesmal ebensowenig über die neue Anordnung und die Veränderungen in der Folge der „Hall- stätter Zonen“, als er bei irgend einer früheren Gelegenheit erfahren hat und er vermag sich wohl schliesslich über diese Nichtbefriedigung seiner Wissbegierde damit zu trösten, dass in der Beschreibung der 372 A. Bittner. [140] Ammoniten durch den Autor selbst die „Zonengliederung“ nur mehr eine äusserst untergeordnete Rolle spielt, indem bei den Fundorts- angaben überhaupt keine Zonen, sondern nur die 5 Untergruppen und im Uebrigen die einzelnen Fundorte oder Localitäten genannt werden. Nachdem sonach im Jahrb. 1874 S. 87 als „von absolutem Werthe in Beziehung auf Eintheilung und stratigra- phische Gliederung nur die Einzelfaunen (Zonen Op- pel’s)“ erklärt worden waren, nachdem ehemals (in Verhandl. 1872) die acht Horizonte der Hallstätter Kalke auch petro- graphisch unterscheidbar waren, scheint gegenwärtig der Werth dieser „Zonen“ für E.v. Mojsisovies selbst nur mehr ein rein theoretischer und äusserst problematischer zu sein. Man wird da- her keineswegs erwarten dürfen, dass dieser Gliederung von Anderen, Fernerstehenden eine übertriebene Bedeutung beigelegt werde. Ausser- halb des Salzkammergutes besitzt sie kaum irgend einen erkenn- baren Werth und wenn auch hie und da, an ganz vereinzelten Fund- punkten. eine bestimmte „Zone“, etwa jene der Aonoides- oder Sub- bullatus-Schichten, als solehe erkennbar ist oder dafür erklärt wird, so ist man doch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf die Constatirung der einfachen Thatsache beschränkt, dass man es über- haupt mit Hallstätter Kalken oder allenfalls, dass man es mit norischen Hallstätter Kalken zu thun habe, ohne dass daran gedacht werden könnte, irgendwo eine Mehrzahl von „Zonen“ übereinander festzu- stellen. Das ist im Gegensatze zuder „localen Bedeutung“ der Lunzer Schichtfolge Stur’s die Bedeutung derHall- stätter Zonengliederung. Es dürfte wohl nicht schwer fallen, darüber zu entscheiden, welcher von beiden Gliederungen eine grössere Bedeutung und allgemeinere Wichtigkeit zukommt. An die Umkehrung der „Zonen“ der karnischen Hallstätter Kalke knüpft sich aber noch eine andere Frage. Es wurde von mir bereits in Verhandl. 1884, S. 113, nachdem es wahrscheinlich ge- macht worden war, dass ein Theil der Hallstätter Kalke dem Haupt- dolomitniveau gleichstehe, darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, zu erfahren, wie viel von den Hallstätter Kalken dann im Niveau des Wettersteinkalkes verbleibe. Dass es Hallstätter Kalke im Bereiche des Wettersteinkalkes, d. h. unter den Raibler Schichten, ebenfalls geben müsse, geht aus der Thatsache hervor, dass die Hallstätter Kalke faciell bereits im Muschelkalke (Schreyeralm, Han Bulog) be- einnen und dass es Wengener und Cassianer „Hallstätter Kalke“ in der Bukowina gibt, auf deren Beziehungen zu gewissen niederöster- reichischen und nordtiroler Niveaus ich bereits in Verhandl. 1887, S. 95 hingewiesen habe. Auch gegen die von Stur längst gebrauchte Bezeichnung der rothen ÜGephalopodenkalke vom Mte. Clapsavon in Friaul (— und gewisser wie es scheint, analoger Bildungen über dem Spizzekalke bei Recoaro —) als Hallstätter Kalke dürfte heute wohl kaum mehr ein Einwand erhoben werden. Die Hallstätter Cephalopodenkalke sind eben, wie man heute weiss und wie Stur schon vor langen Jahren wusste, nicht das aus- schliessliche Product einer bestimmten abgesonderten Provinz, sondern eben auch nur eine besondere Facies der Triasablagerungen. Da E. v. [141] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 373 Mojsisovics immer wieder betont (allerdings erst seit 1879), dass die Lunz-Opponitzer Schichten (inel. der Aonschiefer an deren Basis) ganz und gar seiner Aonoides-Zone zufallen, die Subbullatus-Schichten somit heute bereits über den Opponitzer Kalken im Hauptdolomite liegen müssen, so hätten wir in den Nordalpen zunächst einmal gar keine nachweisbare Vertretung der Niveaus von Buchenstein, Wengen und St. Cassian, von Esino, des Wettersteinkalkes und der Partnachschichten in den Hallstätter Kalken. Die untere Grenze der echten Hallstätter Kalke würde daher scharf zusammenfallen mit der unteren Grenze der Aonschiefer von Niederösterreich. Die Existenz einer solchen scharfen Grenze an dieser Stelle ist aber nicht sehr wahrscheinlich schon deshalb, weil gerade hier an vielen Punkten ein wenn auch rascher, so doch ganz vollkommener Uebergang aus den Reiflinger Kalken in die Aonschiefer stattfindet, weil ferner in den oberen Reiflinger Kalken selbst bereits einzelne Cephalopoden der „Aonoides- Zone“ auftreten und weil die wichtigste durchgreifende Aenderung in der gesammten Sedimentirung innerhalb der alpinen Trias erst über den Aonschiefern im Niveau der Lunzer Schichten erfolgt, die Aonschiefer somit eigentlich lithologisch und stratigraphisch sich enger der unterlagernden Kalkmasse anschliessen als dem Opponitzer und Hauptdolomitniveau, von dem sie durch den Lunzer Complex getrennt sind. Es würde daher von vorneherein die Frage sehr nahe liegen, ob nicht im Zusammenhange mit den Aonschiefern noch ein grösserer oder geringerer Theil der Hallstätter Kalke unter dem Raibl-Lunzer Complexe, somit im Bereiche des Reiflinger und Wetter- steinkalkes verbleibe? Und gerade mit Rücksicht auf diese Frage wäre es sehr wichtig, wenn E. v. Mojsisovics die Gründe ange- geben hätte, die ihn bewogen haben, die Subbullatus-Schiehten über die Aonoides-Schichten ins Niveau des Hauptdolomites zu versetzen, nachdem sie doch bis 1892 unter diesen im Niveau des Reiflinger oder oberen Wettersteinkalkes standen ? Man erinnert sich, dass seiner- zeit Lobites hypsocarenus die Subbullatus-Schichten mit den St. Cassianer Schichten verknüpfte, man erinnert sich auch, dass Tropites subbullatus selbst aus dem Wettersteinkalke Nordtirols angeführt wurde; diese beiden wichtigen Angaben sind aus der neuesten Literatur ver- schwunden, ohne dass es mir geglückt wäre, zu erheben, was aus diesen Arten geworden sei. Viel wichtiger noch erscheint mir der Hinweis auf die Thatsache, dass bis 1874 (vergl. oben S. 318) die eigentlichen Raibler und Lunzer Schichten nicht in, sondern über der Aonoides-Zone lagen, sowie heute noch die Lunzer Sandsteine und Opponitzer Kalke über den Aon- und Rein- grabener Schiefern liegen, welche die Fauna der Aonoides-Zone führen. Sollten hier im Lunz-Raibler Niveau sich nicht gerade die Spuren jener berühmten alten Lücke oder scharfen palaeontologischen Grenze, welche die karnischen von den norischen Hallstätter Kalken trennt, ebenfalls nachweisen lassen, sollte es nicht denkbar sein, dass die Hauptunterbrechung in der Sedimentation innerhalb der gesammten alpinen Trias mit jener scharfen palaeontologischen Grenze zusammen fällt? Soll sich andererseits gerade nur innerhalb der Hallstätter Serie oder Faciesentwicklung gar keine lithologische Spur jener durch- 374 A. Bittner. [142] sreifendsten Veränderung bemerkbar machen, die im Bereiche der alpinen Trias überhaupt eingetreten ist? Wenn das der Fall wäre, wenn sich auch hier Andeutungen jener allgemeinen Aenderung der Sedimentirung fänden, dann könnte sich auch herausstellen, dass wenigstens ein Theil der Zlambachschichten doch noch dem Lunzer Complexe parallel steht, wie Stur immer angenommen hat. Doch das sind Fragen, die hier nur angedeutet werden sollen. Wo bis in die neueste Zeit so viel Unsicherheit herrschte, und z. Th. noch herrscht, da wird auch die hier gestreifte Möglichkeit nicht von vorn- herein ausgeschlossen werden dürfen. Einen weit reelleren und auch actuelleren Hintergrund besitzt eine weitere Frage, die sich hier anschliesst, jene nach der oberen Begrenzung des alpinen Muschelkalkes. Sie bildet gerade in der neuesten Zeit den Gegenstand eifriger Erörte- rungen, bei denen es sich grösstentheils um den bisher vermissten Nachweis des deutschen Hauptmuschelkalks in den Alpen handelt. Man hat oft und von den verschiedensten Seiten betont, dass nicht daran gedacht werden könne, die alpine und die deutsche Trias Schicht für Schicht zu parallelisiren. Das wird wohl auch seine Rich- tigkeit haben. Die Hauptcomplexe der beiden Triasentwicklungen lassen sich indessen, wie es scheinen will, gegenwärtig in einer ganz ungezwungenen und durchaus befriedigenden Weise in Einklang setzen. Ich gehe dabei von der alpinen Trias aus. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die von keiner Seite bestrittene tiefste Ab- theilung der alpinen Trias der Werfener Schiefer (alpine Buntsand- stein) bildet, dass ebenso sicher das Dach derselben von den (aller- dings nicht überall typisch entwickelten) Kössener Schichten darge- stellt wird, so verbleibt uns in der gesammten, vorherrschend kalkig und dolomitisch entwickelten, zwischen jenen beiden Bildungen ein- geschlossenen Masse der alpinen Trias nur ein einziges Niveau, welches wegen seines fast uneingeschränkten Durchgreifens für eine allgemeiner giltige Unterabtheilung von Werth ist; das ist der Complex der Lunz-Raibler Schichten. Es trennt derselbe eine obere und eine untere kalkreiche mächtige Masse von einander. Selbst da, wo die Kalk- und Dolomitentwicklung überwiegt, wo in der unteren Kalkgruppe alle feineren Unterscheidungen verloren gehen, ist fast ausnahmslos, wenn auch in geringmächtiger, oft auf wenige Fuss reducirter, aber doch in fast allen Fällen typischer Ent- wicklung dieses trennende Niveau vorhanden und bildet den einzigen Anhaltspunkt, um in diesen gewaltigen Kalk- und Dolomitmassen eine Gliederung überhaupt durchführen zu können. In solchen Gebieten ist die Gliederung der gesammten alpinen Trias die denkbar einfachste: (Kössener Schichten, nicht nachgewiesen.) Obere Kalk- und Dolomitmasse. Lunz-Raibler Schichten (Carditaschichten). Untere Dolomit- und Kalkmasse. Werfener Schiefer. [148] Zur neueren Literatür'der alpinen Trias. 375 Beispiele derartiger Entwicklung bilden der Untersberg bei Salzburg, ein grosser Theil des Ennsthaler Kalkhochgebirges, gewisse Distriete des südlicheren Hochschwabgebietes. Man kann in diesen Gebieten somit nicht mehr als (die Kössener Schichten mitgerechnet) höchstens 5 Abtheilungen in der gesammten alpinen Trias unterscheiden, von denen das mittlere, kalkarme Niveau der Lunz-Raibler- oder Oarditaschichten in überaus reducirter Weise vertreten ist (man vergl. Verhandl. 1886, S. 95; Verhandl. 1890, S. 299). Aber auch da, wo sich das Lunz-Raibler-Niveau reicher zu gliedern beginnt und wo sich (meist gleichzeitig) die untere Kalk- gruppe in mehrere besondere Abtheilungen differenzirt, lässt sich doch die oben mitgetheilte, einfachste Theilung in 5 Hauptniveaus ohne jeden Zwang festhalten. wogegen es nicht gelingt, auf weitere Strecken hin jenes tiefere, kalkarme Niveau, das in den Gliederungen bei F. v. Hauer, Fr. v. Ricehthofen, Gümbel u. A. eine so grosse Rolle spielt und von dem (höheren) Lunz-Raibler Complexe noch durch mächtigere Kalkmassen (ein mittleres Kalkniveau = Wetter- steinkalk!) getrennt wird, nachzuweisen '). Diese weitere Unterabthei- lung besitzt demnach auch nicht im Entferntesten die Bedeutung der Hauptgliederung; sie vollzieht sich im engeren Rahmen der Unteren Kalk- und Dolomitgruppe. Die umstehende Tabelle I ist dazu bestimmt, die Hauptgliederung der alpinen Trias in grösste natür- liche Gruppen anschaulich zu machen (mittlere Colonne). Wie naturge- mäss dieselbe ist, geht wohl am besten daraus hervor, dass E. v. Mojsisovies nach jahrelang fortgesetzten Gliederungsversuchen im Jahre 1892 ebenfalls auf diese äusserst einfache Eintheilung gekommen ist, weshalb die Hauptzüge der von ihm 1892 mitgetheilten Gliederung zum Vergleiche daneben gesetzt wurden. Auf der anderen Seite ist die heute allgemein übliche Fünftheilung der deutschen Trias zum Vergleiche herbeigezogen worden. Die Uebereinstimmung in der Gliederung tritt hier so scharf hervor, dass man wohl glauben darf, es sei das keine zufällige Erscheinung, sondern vielmehr eine in den natürlichen Verhältnissen beider Triasdistriete vollauf begründete. Ob man dabei die mittlere kalkarme Gruppe der alpinen Trias, die sich ganz von selbst der Lettenkohlengruppe parallel stellt, als ein selbstständiges Uebergangsglied betrachten, ob man sie zur oberen Kalkgruppe (zum Keuper) ziehen will oder ob man sie, wie es neuestens mit der Lettenkohle versucht wird, lieber zur unteren Kalkgruppe stellt, ist lediglich eine Frage des Uebereinkommens. Ist man aber, was zumeist der Fall ist, darüber einig, dass die Lunz- Raibler Schichten der Lettenkohle gleichstehen, so fällt ganz von selbst alles darunter Liegende dem Muschelkalke zu und es bedarf gar keiner weiteren Auseinandersetzung mehr darüber, ob es zweckmässig oder angezeigt sei, den alpinen Muschelkalk in der Weise zu er- weitern, wie das in jüngster Zeit mehrfach angestrebt wird. Diese ') Man vergl. hier insbesonders F. v. Hauer’s Geologie 1878. Die unteren, schiefrigen und mergeligen Gesteine, sowie die kalkigen und dolomitischen Gesteine seiner mittleren Gruppe der oberen Trias, fallen noch unserem unteren Kalk- complexe zu und nur die oberen schiefrigen, sandigen und mergeligen Gesteine stehen unserer Lunz-Raibler-Gruppe parallel. Jabrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (A. Bittner.) 50 [144] Tabelle I. A. Bittner. Hauptzüge der Gliederung von E. v. Mojsisovies 1892 Natürliche Hauptgruppen der alpinen Trias Gliederung der deutschen Triasablagerungen . Obere kalkarme Gruppe Kössener Schi Rhä a (Kössener Schichten) e Hauptdolomit- Obere Kalkgruppe Mittlerer oder (Dachsteinkalk- oder Hauptdolomit- oder Dachsteinkalkgruppe gruppe) eigentlicher Keuper Mittlere kalkarme Gruppe (Lunz-Raibler-Schichten) Lettenkohlengruppe Untere Kalkgruppe, nach oben die Cassianer, Wengener und Partnach-Schichten einschliessend Untere Kalkgruppe (Muschelkalkgruppe in erweitertem Sinne) Werfener Schiefer Untere kalkarme Gruppe (Werfener Schiefer) Muschelkalk Buntsandstein [145] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 377 Erweiterung des alpinen Muschelkalkes nach oben wird aus Tabelle II ersichtlich. Durch die Beantwortung der Frage nach der oberen Grenze des alpinen Muschelkalkes wird aber zugleich entschieden, wie weit die ladinische Gruppe nach aufwärts auszudehnen sei; es fallen derselben dann nicht nur die Buchensteiner und Wengener, sondern auch die Cassianer Schichten zu, was sich nicht nur strati- graphisch, sondern auch palaeontologisch durch den Hinweis auf die Angaben E. v. Mojsisovics’s, denen zufolge in der Aonoides-Zone nicht weniger als 27 neue Gattungen von Cephalopoden auftreten, von denen 18 zu den unvermittelt erscheinenden gehören, begründen lässt. Das unvermittelte Auftreten fremder Typen, sowie die Ab- zweigung neuer Gattungen erreicht nach E. v. Mojsisovics hier seinen Culminationspunkt. Wenn nun E. v. Mojsisovics anderer- seits besonders hervorhebt, dass die karnische Aonoides-Fauna äusserst nahe verwandt sei der Cassianer Fauna, so könnte man ja die Aoncides-Zone selbst noch zu der ladinischen Stufe zählen oder sie als Uebergangsstufe aus der ladinischen in die Raibl-Lunzer Gruppe auffassen, was ja mit den stratigraphischen Daten übereinstimmen würde, denen zufolge die niederösterreichischen Aonschiefer einen Uebergang aus den oberen Reiflinger- resp. Partnachschichten (wo diese entwickelt sind) in die Lunzer Schichten bilden. Auch das Auf- treten der nur locale Linsen bildenden Wettersteinkalke würde nicht gegen diese Auffassung sprechen. Die „ladinische Stufe,“ man mag über deren Nothwendigkeit denken wie man will, umfasst dann beiläufig diejenigen Glieder des (oberen) alpinen Muschelkalkes, die man bisher im Gegensatze zu der noch vor Kurzem üblichen Fassung des alpinen Muschelkalkes (Virglorien) bereits zur oberen Trias ge- stellt hatte. Dass in der Natur nirgends jene scharfen Schnitte vor- handen sind, wie sie jede tabellarische Uebersicht nothwendig zeigen muss, das sei noch besonders hervorgehoben. Die Hallstätter Kalke müssen als eine abnormale Entwicklung vorläufig bei allgemeineren Vergleichen ausser Acht gelassen werden. Es geht schon deshalb nicht an, die neueste Stufeneintheilung E. v. Moj- sisovies’s sofort wieder im allgemeineren Sinne zu verwenden, wie dies von gewisser Seite versucht wird. Es geht aber auch anderer- seits durchaus nicht an, die ältere Stufeneintheilung E. v. Mojsi- sovies’s ganz vernachlässigen zu wollen. Dieselbe ist in ihrer Anwendung auf die Hallstätter Kalke wohlbegründet und somit ohne Zweifel berechtigt, man hat sich überdies von vielen Seiten beeilt, sie anzunehmen und in der Literatur zu verwenden, sie kann daher nicht auf kurzem Wege entfernt und wieder aufge- seben werden; das ist ganz undenkbar. Aber was geschehen kann und geschehen muss, ist, dass sie in correcter Weise weiter verwendet wird, und weil ich das will, wehre ich mich gegen die neue unbe- gründete Verschiebung und Veränderung dieser Nomenclatur durch E. v. Mojsisovics selbst. Ich habe niemals ein Bedürfniss nach diesen Namen empfunden und ich habe sie auch in meinen Arbeiten nirgends allgemeiner angewendet, mit alleiniger Ausnahme hinsicht- lich der Hallstätter Kalke, für welche sie berechtigt sind. Wenn ich 50* 378 A. ‘Bittner. ' rl [146] Tabelle I, - 5 ' Natürliche | | I } | | Haupt- Nordalpen 0° Südalpen ‚Stufennamen gruppen ihre - Sir | SE I — ER Fu ü | | { Obere 1 | ei } £ kalkarme : Kössener Schichten Kössener Schichten Rhätisch ) ° Gruppe | “ | es | Plattenkalk IHR ‚ (niederösterreiehischer || - VERF Dachsteinkalk) | i Obere ‘ Hauptdolomit, resp. Norisch Kalkgruppe | ' Dachsteinkalk (Kenper) ; | ' Dachsteinkalk, resp. | Pe ‚ Hauptdolomit, obertria- | Be. „0 ' discher Korallriffkalk ) ee ‚ mit Einlagerungen von Pe Hallstätter Kalken | Be -- | = | | | Mittlere | Carditaschichten | fh : | kalkarme | oder Lunz-Opponitzer Raibler Schichten Karnisch ' Gruppe Schichten } as = | | "ER ‚ Wettersteinkalk und Wengen-Cassianer und = ı Partnachschichten und | Buchensteiner Schichten | ZI | Reiflinger Kalke | sammt Esinokalk und El» j | ' Schlerndolomit _ ) Er = | | | Se }: . Untere | + | ie ' Kalkgruppe | | = ; abe: ' Cephalopoden von Prezzokalke, Recoaro- | S = dire Reutte u. Gross-Reifling; | kalke; 1 Eee | (utensteiner | fossilarmer unterer M E iy Ä und Reichenhaller Kalke Muschelkalk von Judi- 1 2] | carien J S M | 7 Untere | ; a kalkarme Werfener Schiefer ' Werfener Schiefer | Be, ze Gruppe F “ Bali: | ß [147] Zur neueren Literatur der alpinen Trias. 379 mich trotzdem beeilt habe, für die pseudonorischen Niveaus den Namen einer ladinischen Gruppe vorzuschlagen, so habe ich in Ver- handl. 1893, S. 226 die Gründe hiefür angegeben. Es ist allerdings sehr bequem, sich eines Urtheils über diese so einfache Angelegenheit dadurch zu entschlagen, dass man dieselbe für ganz unwesentlich erklärt. Ich habe aber ebenfalls (in Verhandl. 1895) bereits gezeigt, dass die Sache. schon deshalb nicht unwesentlich sei, weil sie von gewisser Seite sehr ernst genommen wird. Uebrigens ist ein Vorgehen, durch welches die Arbeiten eines Anderen evident geschädigt werden müssen, überhaupt nicht gleichgiltig und unwesent- lieh, das sollten auch Fernerstehende, welche nicht direct betheiligt sind, einsehen. Es ist nicht mehr als billig, anzuerkennen, dass Jemand, der redlich arbeitet, auch das Recht "habe, sich gegen derartige Schädigungen seiner Arbeiten zu wehren. Ein wenig Rechtsgefühl ohne Ansehung der Person darf sich ja wohl auch in der Wissen- schaft bekunden. Allerdings ist die unausbleibliche Folge davon Kritik, und Kritik ist in unseren humanen Zeiten weniger beliebt denn jemals. Man bekommt dann sofort gewisse sehr bekannte Sätze von Irr- thümern, denen Jedermann unterworfen und vor denen Niemand sicher sei, zu hören und was dergleichen landläufige Redensarten mehr sind. Darauf kanıı entgegnet werden, dass es sich in unserem Falle nicht um solche einzelne Irrthümer handelt, sondern um die Klar- legung eines ganzen Systemes von Irrthümern, welche durch Jahr- zehnte lang consequent gehegt und gepflegt wurden zum offenkundigen Schaden des Wissenszweiges, auf welchen sie sich beziehen. Die Berufung auf mildernde Umstände ist demnach hier nicht am Platze. Es kann Niemand gezwungen werden, in der Weise, wie E. v. Mojsisovics es gethan hat, wissenschaftlich zu arbeiten, am allerwenigsten ist E. v. Mojsisovics selbst gezwungen worden, das zu thun. Es hat auch Niemand den Anspruch, von der Kritik verschont zu bleiben, am allerwenigsten ein Autor, der in dieser Weise durch Jahrzehnte gearbeitet hat. Es gibt ein einfaches und unfehlbares Mittel, alle derartigen kritischen und polemischen Aus- einandersetzungen zu verhüten; es heisst: gewissenhafte Arbeit. Wer gewissenhaft arbeitet, der hat keine Kritik zu fürchten und wenn sie sich an ihn wagt, so kann er derselben mit Erfolg ent- ' gegentreten. Darum: Seh’ Jeder, was er thut, Acht’ Jeder, was er spricht; Wer eig’ne Vorsicht braucht, Braucht fremde Nachsicht nicht! (G. W. in Fl. BL, 93. Bd., 8. 134). Inhalt. 1, Ueber die einzig richtige und zulässige ne des Terminus „norisch“ . | . „233 . Rückblick auf die Literatur der alpinen Trias seit dem Jahre 1366 . 266 [34] Erster Versuch einer Neugliederung der alpinen Trias durch E. Suess und E. v. Mojsisovics im Jahre 1566 und Beginn der Periode des theoretischen Aufschwunges in der Erforschung der alpinen Trias. Erste Phase derselben von 1866—1874 .271 [39] „Gliederung der oberen Triasbildungen der Ostalpen“ im Jahr- Seite ee ee Zu rien Zn rn buche 1869. . . . IE a Rückkehr zur Gliederung F. v. Richthofen’s für Nordtirol . . 293 [61] „Parallelen in der oberen Trias der Alpen“, Verhandl. 1872 . .296 [64] Annahme der Riff- und Faciestheorie und Anschluss an die Resultate älterer Forscher seitens E. v. Mojsisovics’s . . .504 [72] Zweite Phase der neueren Triasforschung, 1874—1882.. . . . .305 [73] „Faunengebiete und Faciesgebilde“ im Jahrbuche 1574; Provinzen und Faciesverschiedenheiten Lu N EN NINE RUE Episode des Aegoceras und Amaltheus ap EEE: . 307: 2a] Episode der Halobia und Daonella . . -.........808 [76] Zur Geschichte der alpinen Triasprovinzen . .......810 [78] Der Höhenpunkt chorologischer Speculation . . . . .. ...814 [82] Fortsetzung über die Gliederung von 1874. . . 5, BEE Frh. v. Riehthofen’s Gliederung für Südosttirol tritt an die Stelle der Hallstätter Gliederung la nee a ea „Die Dolomitriffe von Südtirol ete.“ ja79, a Einführung der formalen Logik in die Geologie a 326 [94] „Die © 'ephalopoden der mediterranen Triasprovinz“ "1882 als Höhen- punkt der Periode des theoretischen Aufschwunges . . . ..329 [97] Dritte Phase der neueren Triasforschung, 183821892. . .380,,41984] „Definitive“ Entscheidung der Frage nach "Stellung der Hallstätter Kalke zu Gunsten der Ansicht RE. Mojsisovi Vo sen). . 330° 7 el Neue Belege für die Richtigkeit der Ansichh von Stur in dieser Fragen. : = . 333: MOM Umsturz der Gliederung E. v. . Mojsisovies’s im Jahre 1892 . 335 [103] Recapitulirung der Frage der Hallstätter Kalke ne SB Die wissenschaftliche Methode E. v. M ojsisovics’s.. ....342 107 Rückblick auf die wissenschaftlichen Theorien desselben von 1866—1892 . ... . Ne Le Bee 2 Schlussergebnisse aus denselben . . . 2 ale Te a ee Vierte oder neueste Phase der von E. . Mojsisovics ge- schaffenen Literatur der alpinen Trias (ei "189 DUDs . 367 [135] Bemerkungen zu einigen Stellen des geologischen Abschnittes des Werkes über die Hallstätter Cephalopoden vom Jahre 1393 . . 367 [155] Bedeutung der neuesten Zonengliederung mit ihren „Subzonen“ und „Linsen“ . . . . 370 [138] Zur Frage nach der oberen Grenze des alpinen Muschelkalkes . 374 [142] Vereinfachte Gliederung der alpinen Trias. ....2...2.37 1135] Schluss . "N... we a aaa 0 es ee Neue Thierreste aus dem böhmischen Silur. Von Jaroslav J. Jahn. Mit einer lithographirten Tafel (Nr. VII. In den vorliegenden Zeilen beschreibe ich einige interessante, zum Theile neue Thierreste, die ich in meinen vorjährigen Auf- sammlungen aus dem mittelböhmischen älteren Palaeozoiecum vorfand. Oonaspis Hostinensis n. gen., n. sp. Taf. VII, Fig. 1-4. Das vorliegende Fossil stellt ein isolirtes Kopfschild von einem Ganoiden vor. Dasselbe ist nicht besonders gut erhalten: es ist theil- weise. zusammengedrückt, die Knochensubstanz fehlt zumeist, nur stellenweise hat sie sich erhalten. Ich habe ungeachtet des mangelhaften Erhaltungszustandes dieses Fossils dasselbe abgebildet und beschrieben, da es den ersten Fund eines Wirbelthierrestes in der Etage H vorstellt und dadurch ein besonderes Interesse beansprucht. Vielleicht wird man mit der Zeit besser erhaltene und vollständigere Exemplare von diesem Fossil finden, die die Vervollständigung meiner heutigen Beschreibung er- möglichen werden. Durch seine Organisation schliesst sich das vorliegende Fossil am meisten an die Familie der Cephalaspiden an. Es scheint, dass das innere Skelett der vorliegenden Gattung wie das der Cephala- spiden knorpelig und nur der Kopf desselben durch ein Knochen- schild geschützt war. Wenigstens ist das beschriebene Kopfschild der einzige Körpertheil, den das Thier hinterlassen hat. Das vorliegende Kopfschild ist schwach gewölbt, 21 Millimeter lang, seine grösste Breite beträgt 16 Millimeter; es hat die Umriss- form eines Kibitzeies, gegen vorn zu verschmälert es sich ziemlich stark, hinten ist es verhältnissmässig breit. Durch das hintere, gleich- mässig halbkreisförmig abgerundete Ende unterscheidet sich das Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (Dr. J. J. Jahn.) 389 J. J. Jahn. [2] Kopfschild unserer Gattung von den Kopfschildern der nahe ver- wandten Cephalaspiden, deren hintere Seitenecken entweder in Hörner ausgezogen oder gerade abgestutzt sind !). Der Rand des Kopfschildes ist um das ganze Schild umgeschlagen, und diese umgeschlagene Umrandung ist durch eine deutliche, stellenweise mit schwammiger Knochensubstanz ausgefüllte Rinne von dem übrigen (mittleren) Theile des Schildes abgetrennt. Am vorderen Ende des Schildes ist dieser umgeschlagene Rand ziemlich breit (bis 3 Millimeter), am hinteren Ende sehr schmal. Desgleichen ist die erwähnte Rinne am vorderen Ende des Schildes viel tiefer und deutlicher als am hinteren Ende. Die Oberfläche dieser Umrandung ist unregelmässig runzelig. Wie die Oberfläche der übrigen Theile des vorliegenden Kopfschildes ausge- sehen haben mochte, ob sie wie bei den Cephalaspiden mit kleinen Höckerchen besetzt oder ebenfalls runzelig war..‘kann man: ansdem mangelhaft erhaltenen Exemplare nicht eruiren. Das ganze Schild scheint, wie bei den Cephalaspiden, nur aus einem einzigen Stücke (Knochen) bestanden zu haben. Wenigstens kann man auf dem vorliegenden Exemplare keine Spur von Nähten wahrnehmen. durch die die etwaigen einzelnen Stücke (Knochen) des Schildes verbunden gewesen wären. Am Scheitel des Schildes zieht sich vom vorderen Ende bis etwa in die Mitte des Schildes eine Längsfurche, die in eine dreieckige, flache Vertiefung an der hinteren Hälfte des Schildes ausmündet. Von den Augenhöhlen sieht man auf dem vorliegenden Kopf- schilde nichts. Ob die erwähnte Vertiefung in der Mitte der hinteren Hälfte des Schildes einem unpaarigen Stirnauge entspricht, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden: dazu sind die Contouren dieser Vertiefung zu undeutlich erhalten. Das beschriebene Kopfschild gehört einem Ganoidenfisch an. Die Gattung. von der der vorliegende Fossilrest herrührt. war jeden- falls mit den zu der Gruppe der Cephalaspiden gehörigen Gattungen sehr nahe verwandt. Das fehlende, also höchstwahrscheinlich nicht verknöcherte. Skelett. das einfache, aus einem einzigen Knöchenstück bestehende Kopfschild, dessen umgeschlagener Rand und Verzierung der Oberfläche — alle diese Merkmale. die unser Fossil besitzt, weisen auf die Verwandtschaft desselben mit den Cephalaspiden hin. | Von allen beschriebenen Gattungen dieser Gruppe unterscheidet sich aber unser Fossil durch die Form des Schildes, namentlich durch dessen hinteres. breites, halbkreisförmig abgerundetes- Ende, ferner durch das Fehlen der paarigen Augen und durch das VErWEBEEEE Vorhandensein eines unpaarigen Stirnauges. Es gehört also das beschriebene und abgebildete Kopfschild einer neuen (Gattung an, die ich wegen der Umrissform des Bekildes Oonaspis nenne. Reste von Ganoiden sind bereits aus dem mittelböhmischen Sihur und Hereyn bekannt. Barrande beschreibt solche Fischreste im Supplement zum I. Vol. seines bekannten Silurwerkes. Diese Fischreste stammen aber insgesammt aus tieferen Etagen des miliETbeEEE !) Siehe Zittel: ‚Hiändiiuch der Palaeontologie, III. Bd., pag. 19. [3] Nene Thierreste aus dem böhmischen Silur. 2383 älteren Palaeozoicums, das von uns beschriebene Oonaspis-Kopfschild ist demzufolge der erste Fund eines Wirbelthierrestes in der Etage H. Das beschriebene und abgebildete Stück stammt aus dem pflanzen- führenden Thonschiefer der Etage H (Bande h,) und wurde von meinem Sammler Thom. Marek in Beraun auf der bekannten Localität Hostin bei Beraun gefunden. „Ich bin bei meinen vorjährigen Begehungen im mittelböhmischen älteren Palaeozoicum bei Hostin auf einen neuen Fundort gekommen, der ausser dem soeben beschriebenen neuen Thierreste auch neue Pflanzenreste geliefert hat, die demnächst andererorts beschrieben werden. Der hiesige pflanzenführende h,-Thonschiefer ist viel härter und mehr: widerstandsfähig als der analoge von Srbsko, und da er ausserdem noch an dieser Stelle in grossen Platten vorkommt und sehr fossilreich ist, ist diese Localität jener von Srbsko vorzuziehen. Dem Herrn Oberförster Vlad. Horejsi in Karlstein sage ich bei dieser Gelegenheit für die freundliche Erlaubniss, auf dieser Localität Aufsammlungen vornehmen zu dürfen, meinen herzlichsten Dank. -- Das Original befindet sich m den Sammlungen des geologischen Instituts der k. k. Universität in Wien und wurde mir von dem Vor- stande dieses Instituts, Herrn Prof. Dr. Ed. Suess, zur Beschreibung gefälligst geliehen. Hystrieoceras spinosum n. gen., n. Sp. Taf. VII, Fig. 56. Dieser eigenthümliche Gasteropode stammt aus dem mittel- böhmischen Obersilur. Er hat meine Aufmerksamkeit namentlich deswegen gefesselt, weil er in mancherlei Beziehung an die von mir seiner Zeit beschriebene Gwilfordia Waageni !) aus der böhmischen oberen Kreide lebhaft erinnert, wie im Folgenden gezeigt wird. Das Gehäuse unseres Gasteropoden ist nicht erhalten; das vor- liegende Exemplar stellt blos das untere Ende der Schluss- windung vor. Der Kiel dieser Schlusswindung ist mit Stacheln verziert, deren man auf dem vorliegenden Exemplare 11 sieht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ursprünglich zahlreichere Stacheln vorhanden waren, die nun aber abgebrochen sind. Diese Stacheln sind nicht gleichmässig von einander entfernt, sie sind bogenförmig umgewendet, verhältnissmässig kurz und dick, hohl, ihr Ende ist schräg abgestutzt. Die Ränder dieser Stacheln be- rühren sich in einer scharf ausgesprochenen Längsnaht, theilweise sind sie über einander umgeschlagen. Sie weisen deutliche, dicht nebeneinander stehende, parallele, ungleichmässig dicke Anwachs- streifen auf. | ') J. J. Jahn: Ein Beitrag zur Kenntniss der Fauna der Priesener Schichten der böhmischen Kreideformation. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, 1891, 41. Band, 1. Heft, pag. 6 ff. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 2. Heft. (Dr. J.J. Jahn.) 51 384 J. I. Jahn. [4] Die Schale hat sich nur an der Basis der Schlusswindung erhalten. Ihre Oberfläche ist wie die der Stacheln mit parallelen, gedrängt ste- henden, ungleichmässig erhabenen Anwachsstreifen geziert. Die Mündung ist abgebrochen, man sieht aber deutlich die Stelle, wo sie sich befand. Wie schon oben erwähnt wurde, erinnert das vorliegende Fossil lebhaft an die von mir beschriebene eretacische @wilfordia Waagenti. Diese Aehnlichkeit tritt namentlich auffallend hervor, wenn man das Fossil mit dem auf Fig. 7 meiner betreffenden Arbeit abgebildeten Guilfordia- Exemplare vergleicht, welches ebenfalls das untere Ende der Schlusswindung !) darstellt. Mit Stacheln gezierte obersilurische Gasteropoden sind bereits bekannt. Hall hat z. B. im V. Vol. seiner Palaeontology of New-York ?) eine Reihe von mit Stacheln gezierten Platyceras-Arten aus der Upper Helderberg Group abgebildet und beschrieben. Unser Fossil hat aber mit der Gattung Platyceras ausser den Stacheln nichts gemeinschaft- liches. Es zeigt noch die meiste Aehnlichkeit mit der Familie der Astralien und schliesst sich am ehesten an die Gattung Guilfordia an, als deren Vorfahre es betrachtet werden kann. Allerdings ist das Gehäuse unseres Fossils nicht erhalten, es dürfte aber eine ähnliche Form besessen haben, wie das der Gattung Guwilfordia, mit der die erhaltenen Theile der Schale des vorliegenden Fossils sonst überein- stimmen. Von der Gattung Gwilfordia unterscheidet sich aber unser Fossil durch seine Grösse, durch die Anzahl, Stellung und Form der Stacheln, die oben geschildert wurde. Deswegen betrachte ich den beschriebenen Gasteropoden als eine neue Gattung, die ich der Stacheln wegen Hystricoceras nenne. Das vorliegende Exemplar stammt aus dem grauen, krystal- linischen Kalke der Bande e, und wurde von meinem Sammler Vine. Marek in Beraun in dem Kalksteinbruche der böhmischen Montangesellschaft auf der Dliouhä Hora bei Königshof gefunden. Es stammt aus demselben bemerkenswerthen Niveau, aus dem ich ein ungemein reichhaltiges Material von neuen Pterygoten- und Dendroiden- Arten besitze. - Die Wichtigkeit dieses Niveaus für die Zoneneintheilung der Etage E werde ich demnächst andernorts besprechen. Das abgebildete Original befindet sich in den Sammlungen der geologisch - palaeontologischen Abtheilung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien und wurde mir von Herrn Custos E. Kittl zur Beschreibung freundlichst geliehen. Dem Director der böhmischen 'Montangesellschaft, Herrn Emil Kratochvfl in Königshof, sei mein verbindlichster Dank dafür er- stattet, dass er mir die Erlaubniss zur Ausbeutung des oben er- wähnten Niveaus auf der Dlouhä Hora ertheilt hat. ') In meimer betreffenden Arbeit steht irrthümlich „Schluss mündung“. 2) Pal. of New-York, Vol. V., Part. I, PLVw VI [5] Neue Thierreste aus dem böhmischen Silur. 385 Conularia anomala Barr. mit aufgewachsener Discina sp. ind. Taf. VI, Fig. 7—9. Auf den Seitenflächen der Conularienschalen pflegen mitunter andere festsitzende Thiere sich anzuheften. Ein bekanntes Beispiel davon bildet die Cystideen-Gattung Agelacrinus, die auch auf den böhmischen silurischen Conularien wiederholt aufgewachsen vorge- funden worden ist?). Dass auch Discinen mit Vorliebe auf den Schalen der Conu- larien sich anheften, ist aber ebenfalls eine bekannte Thatsache. Ich erinnere z. B. nur an derartige Vorkommnisse, die Hall aus der Hamilton Group abgebildet hat ?). Auch Barrande hat, ein ähnliches Vorkommniss aus dem mittelböhmischen Untersilur gekannt. Auf Pl, 102, Fig. VIII, 8, des V., Vol. seines bekannten Tafelwerkes zeichnet Barrande eine Conularia mit aufgewachsenen Schalen von Discina obsoleta Barr. aus den d,-Schichten von Trubsko. Unser Exemplar, welches viel besser erhalten ist als das einzige analoge, von Barrande abgebildete, stellt einen Steinkern von Conu- laria anomala Barr. vor, auf dem stellenweise noch die Schale sehr gut erhalten und die bekannte körnige Sculptur derselben ganz deut- lich sichtbar ist. Die Conularienschale zeigt die schon von Barrande erwähnten Merkmale dieser Art. Auf einer der vier Seitenflächen, und zwar gerade an der Stelle, wo die mediane Längsfurche verläuft, sitzt angeheftet eine Discina. Interessant ist. dass auch die Cystideen-Gattung Ayelaerinus „se placait, le plus souvent. sur la ligne mediane“, wie Barrande her- vorhebt 3). Die Discina ist ein wenig eingesenkt in «die Conularienschale, wie unsere Fig. 9 deutlich zeigt. Jedenfalls hat sich das Jugend- individuum von der Discina auf «die Aussenseite der Schale einer noch nicht vollständig erwachsenen Conularia angeheftet, so dass bei dem gemeinsamen Fortwachsen der beiden Thiere die aufsitzende Discin« die Conularia in dem Wachsen der Schale theilweise gehindert und auf die Weise in der Conularienschale eine kreisförmige Ein- senkung verursacht hat. Indem die Discina auf der Conularienschale angeheftet fortge- wachsen ist, hat auch ihre obere, nicht festsitzende Klappe theilweise die Sculptur der Conularienschale nachgeahmt und so findet man, dass die mediane Längsfurche der Conularia ohne Unterbrechung über die Discinenklappe fortsetzt. !) Siehe Barrande: Syst. sil. de Boh@ma, Vol. III, Pl. I, Fig. 1, 2; Pl. 6, Fig. 4; pag. 35 u. 45; Vol. VII, Part. I, Pl. 37, pag. 83, 84, 86, 88, 89 ete. u. a. 2) Pal. of New-York, Vol. V, Part. I, Pl. XXXII, Fig. 5; PL XXXIV, Fig. 1 und 6. ?) Syst. sil. de Boh&me, Vol. III, pag. 35. 51* 386 3.7: Jahn. [6] Analoge Fälle, dass aufgewachsene Schalenthiere die Sculptur (das Relief) ihrer Unterlage nachahmen, hat man bereits wiederholt beobachtet '). Von der Discina sieht man nur den Abdruck der Innenseite der oberen, grösseren Klappe. Die Schalensubstanz selbst ist jeden- falls zersetzt und aufgelöst worden; die Dicke der aufgelösten Klappe zeigt die Furche, welche der Basis des Discina-Steinkernes umsäumt (siehe Fig. 8 8 und IR Diese obere Klappe der Da war, wie der Steinkern Be kreisrund, mützenförmig, ziemlich gross. Die Oberfläche des Stein- kernes zeigt die Abdrücke der Sculptur der Innenseite der aufge- lösten Schale: sie ist wie die Oberfläche der Conularia firnissglänzend braun, sehr fein granulirt, mit wenigen, dicken, undeutlich erkenn- baren, concentrisch um den subcentralen Wirbel geordneten Anwachs- streifen. Der Wirbel ist spitz, nach vorn zu umgebogen. Die kleinere Klappe, die sich mit dem Stiel auf die Conularien- schale angeheftet hat, ist nicht sichtbar, sie ist von der Rückenklappe bedeckt. Da die kleinere Klappe nicht sichtbar und von der grösseren nur der Steinkern erhalten ist, kann man unsere Discin« nicht bestimmen. Das beschriebene und abgebildete Exemplar stammt aus dem d,-Quarzite und wurde von mir auf dem bekannten Fundorte bei Veselä unweit von Beraun gefunden. | Das Original befindet sich in den Sammlungen des palaeonto- logischen Instituts der k. Kk. Universität in Wien und wurde mir von dem Vorstande derselben, Herrn Oberbergrath Prof. Dr. W. Waagen, zur Beschreibung gefälligst geliehen. Bemerkung. Während sich die vorliegende Arbeit im Diener befand, erfuhr ich von meinem Sammler Vine. Marek in Beraun, dass Conularien mit aufgewachsenen Diseinen im mittelböhmischen Untersilur bereits wiederholt gefunden worden sind und zwar nicht nur im ds,-Quarzite bei Veselä, sondern auch in denselben Schichten am Dedberge (Dräbov), bei Vräz u. a. 0. Leider sind die meisten von den gefundenen Stücken, wie so viele andere nova aus dem mittelböhmischen älteren Palaeozoicum, ins Ausland gekommen, ohne früher beschrieben worden zu sein. Conularia sp. ind. mit aufgewachsenen Brachiopoden. Taf. VIL, Fig. 10-12. Das auf den bezeichneten Figuren abgebildete Fossil stellt die Innenseite einer Seitenfläche von einer nicht näher bestimmbaren ') Als ein besonders interessantes Beispiel davon führe ich einen analogen Fall an, den mir Herr Dr. J. F. Pompeckj aus München freundlichst mitge- theilt hat, dass nämlich eine Ostrea Marshii aus dem Tübingener palaeontolo- gischen Museum, welche zum Theil auf der Schale eines Stephanoceras Humphrie- sianum Sow. sp. aufgewachsen ist, auch auf der nicht testeitzemglen Klappe die Seulptur der Ammonitenschale wiederholt. > u de 17] Neue Thierreste aus. dem ‘böhmischen Silur. 387 Conularienschale vor. Dass wir: es auf dem vorliegenden Stücke wirk- lich mit der Innenseite einer Conularienschale zu thun haben, beweist schon der Umstand, dass :sich die mediane Längslinie dieser Seiten- fläche nicht als Furche (wie es beider Aussenseite der Schale oder bei 'einem Steinkerne der Fall sein müsste), sondern als eine erhabene Leiste 'auf‘ dem vorliegenden Stücke 'repräsentirt. Diese Seitenfläche der Conularienschale ist mit im Ganzen neun aufgewachsenen .: Brachiopodenklappen besäet. Einige von diesen Klappen zeigen: ganz deutlich einen subcentralen, spitzen, ein wenig nach vorn zu umgebogenen Wirbel, und erinnern in ihrer Form lebhaft an Diseinen. Eine specifische Bestimmung lassen diese Reste indessen nicht zu. 2 Die: Conularienschale ist an’ den Stellen, "wo diese kreisrunden, mützenförmigen 'Brachiopoden sitzen, nach aussen: buckelig gewölbt, sie kleidet die ganze Klappe aus, wie die Fig. ll zeigt. Wenn man diese Conularienschale wegpräparirt, zeigt sich darunter die weisse, kalkige Schalensubstanz des Brachiopoden. Wie bei dem oben be- schriebenen Discinen-Exemplare, ist auch bei dem vorliegenden der Rand der Klappe in die Oberfläche der Conularienschale ein wenig eingesenkt. Die Klappen sind bei dem vorliegenden Exemplare ganz un- regelmässig und dicht neben einander gestellt; im Gegensatze zu dem oben beschriebenen analogen Stücke weichen die meisten von diesen Klappen der medianen Längslinie der Seitenfläche der Conularia aus, nur einige berühren dieselbe. Dieses Exemplar ist dem vom Barrande auf Pl. 102, Fig. VII, 8, des Vol. V des Syst. silur. de Boh&me abgebildeten ana- logen Exemplare von einer Conularia mit Discina obsolera-Klappen sehr ähnlich. Das Barrande’sche Exemplar, welches aus den d,- Schichten von Trubsko stammt, zeigt „moule interne d’une Conularia rempli de valves isolees de Disc. obsoleta“ (siehe -„Explication des Figures“ zu Pl. 102). Bei dem Barrande’schen Stücke sind ähnlich wie bei dem von uns beschriebenen die Discinen-Klappen sehr zahl- reich und dicht neben einander gestellt. Eine festsitzende „valve isolee* eines Brachiopoden in der Stellung, wie sie das von Barrande abgebildete (obere Klappe!) und auch das vorliegende Exemplar (auch obere Klappe!) wieder- geben, ist der Organisation der Brachiopoden gemäss undenkbar. Eine Erklärung für die vorliegenden Fälle ist wohl im Folgenden zu finden: Die Schale der Conularia bildet nach aussen einen Buckel, welcher ungefähr der Wölbung der oberen Klappe des Brachiopoden entspricht, folglich muss die untere Klappe dieses Brachiopoden con- cav gewesen sein. Die Conularienschale kann nur auf folgende Weise aufgewölbt worden se'n: Auf der chitinösen, dünnen Conularienschale setzte sich ein junges Brachiopoden-Individuum fest, welches eine nur sehr dünne untere Schalenschichte absonderte und die Conu- larienschale gewissermassen mit als untere Klappe benutzte. Die obere Klappe des Brachiopoden muss relativ kräftig gewesen sein. Wuchs dieselbe weiter, vergrösserte sich entsprechend auch die con- cave, untere -Klappe,:so. musste der. Brachiopode auf die Conularien- 388 J. J. Jahn. [8] schale wie ein Schröpfkopf wirken und dieselbe nach aussen auf- wölben. Es scheint, dass dieser Brachiopode mit convex-concaven Klappen wohl nicht zu der Gattung Discina selbst gestellt werden darf, dass wir es vielmehr mit einer neuen Gattung zu thun haben, für deren definitive palaeontologische Begrenzung allerdings noch nicht genü- sende Daten vorhanden sind. Das vorliegende Exemplar stammt aus dem Grauwackenschiefer der Bande d, und wurde von meinem Sammler Joh. Marek. in Beraun bei Trubin gefunden. :Das Originalexemplar ist in den Sammlungen des palaeontologi- schen Instituts der k. k. Universität in Wien deponirt und wurde mir von dem Vorstande dieses Instituts, Herrn Oberbergrath Prof. Dr. W, Waagen, zur Beschreibung gefälligst geliehen. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, IIl., Erdber'gstrasse 3. | DEN Tafel VI. F Ä Neue Thierreste aus dem böhmischen Silur. Kir29, Fig. 6. Y Eig. 7 Fig. 8. Fig, 9 Fig. 10. Fie- AT. Fig. 12 Erklärung zu Tafel VII. Oonapsis Hostinensis Jahn. (h, — Hostin.) Das beschriebene Kopfschild, zweimal vererössert; a--b die natürliche Grösse. (Querschnitt des Kopfschildes, zweimal vergrössert. Längsschnitt des Kopfschildes, zweimal vergrössert. Die Seulptur der umgeschlagenen Umrandung des Kopfschildes, viermal vergrössert. Hystricoceras spinosum Jahn. (e, — Dlouhä Hora.) Das untere Ende der a mit Sachen natürliche (srösse. Ein ‚Stachel, ‚sechsmal vergrössert. „» 32 #°* N Conularia anomala Barr. mit aufgewachsener Disceina sp. ind. (d, — Veselä.) Ansicht der Seitenfläche der Conularia mit der Discina. Querschnitt der Conularia mit der Discina Längsschnitt der Conularia mit der Diseina. Fig. 7—9 sind in natürlicher Grösse gezeichnet. Conularia sp. ind. mit aufgewachsenen Brachiopoden-Klappen, natür- liche Grösse (d, — Trubin). Durchschnitt der Oonularienschale und der aufgewachsenen Brachiopoden- klappe. (Schematisch.) Die Sculptur der Conularienschale, dreimal vergrössert. 2 4 F J.J.Jahn: Neue Thierreste des böhmischen Silur. Taf.VI. 1. 3 de (hekisitereeg Bekkancıres Hitdeknstettekenandge \EITEITTERTETITTL III A Swoboda n.d.Nat gez.u.lith. Lith Anst v.Th.Baunwarth Wien. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagder kk.6Geologischen Reichsanstalt.Wien Ill. Rasumoffskygasse 23. Bemerkungen zur (ern Karpakisiachee a (an Herrn ©, M. Paul. Von Dr. Va Unlig : rn im I ‚Neue Thierreste aus ee hnneeh Sie, Non N Ühngraplänten Tafel. oe hr en ER) re K k tze verantwortlich. aaez) ö Gesellsohafts-Buchäruckenei D $ Era 17 1 allein: sind für ‚de 51 ae Br, | Ausgegeben am 15. April 1895. JAHRBUCH | DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN ' | Er NECHSANSTALT ER JAHRGANG 894, XLIV. BAND, | 3 wiyl 4. Heft. Mit Tüleh VI XXI. Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark und Pinkafeld in Ungarn. Von Vincenz Hilber. Die Gegend wurde vom Verfasser im Jahre 1892 für die geo- logische Reichsanstalt geologisch aufgenommen. Sie umfasst die - Tertiärbucht von Pöllau auf dem Blatte Z. 16, Col. XIII, Birkfeld, und den tertiären Antheil des Blattes Z. 16, Col. XIV, Hartberg und Pinkafeld, in der Grösse von 9 Quadratmeilen. I. Literatur. 1831. Sedgwick and Murchison. A Sketch of the Structure of the Eastern Alps... Transactions of the Geological Society. 2. series, vol. II. London. S. 394: „Section of the Tertiary Groups near Hartberg.“ 1854. C2jZek, Johann. Das Rosaliengebirge und der Wechsel in Niederösterreich. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, 465. Braunkohle zu Weinberg und Schreibersdorf. 1854. Andrae, Carl Justus. Bericht über die Ergebnisse geogno- stischer Forschungen im Gebiete der 9. Section der General- Quartiermeisterstabs- Karte in gg und Illyrien während des Sommers 1853. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, 529. 1859. Romer, F. (Paläontologische und zoologische Notizen.) Verhandlungen des Vereins für Naturkunde zu Presburg. IH. Jahrgang 1858. 2. Heft. Presburg, wahrscheinlich 1859. Sitzungsberichte S. 15. Congerien von Rothenturm und Schlaining. 1863. Stoliezka, Ferdinand. Bericht über die im Sommer 1861 durchgeführte Uebersichtsaufnahme des südwestlichen Theiles von Ungarn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1/ Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (V. Hilber.) 52 390 V. Hilber. [2] 1871. Stur, Dionys. Geologie der Steiermark. (Graz. 1877. Hofmann, K. (Geologische Detailaufnahme im nordwestlichen Theile des Eisenburger Comitates.) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 14. 1878. Hilber, Vincenz. Die zweite Mediterranstufe bei Hartberg in Oststeiermark. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 53. 1892. Hilber, Vincenz. Sarmatisch-miocäne Conchylien Oststeier- marks. M. 1 Taf. Mittheilungen des naturwiss. Vereines f. Steiermark. Jahrgang 1891, 235. 1893. Ettingshausen, Constantin Freih. v. Ueber neue Pflanzen- fossilien aus den Tertiärschichten Steiermarks. M. 2 Taf. Denkschriften d. math.-nat. Classe d. k. Akademie d. Wissen- schaften. LX. Bd. 313. Wien. Grubmüller S. 25, Siebenbirken S. 27. Sedgwiek und Murchison geben eine genaue Schichtfolge aus einem Steinbruche in Schildbach (18 Schichten). Unter ihren Bestimmungen fällt die Angabe einer „Turritella* auf. Abgebildet ist von Hartberg ein „Cerithium turritella“, welches ich nicht erkennen kann !). Andrae bezeichnet die sarmatischen Kalke zwar als Leithakalke, stellt sie aber richtig zu den Cerithienschichten des Wiener Beckens. Stoliezka gibt viel palaeontologische Einzelheiten; in dem ungarischen Theile unseres Gebietes konnte er sarmatische Schichten nicht nachweisen. Hofmann stellt das Conglomerat von Sinnersdorf in die erste Mediterranstufe, findet marine Sande der zweiten Stufe, scheidet einen breiten Zug sarmatischer Gesteine aus, während er den Haupt- theil des Hügellandes als von Congerienschichten gebildet erkennt. Die mir vorliegende, von der ungarischen Anstalt ausgegebene Ma- nuscriptkarte nach der Hofmann’schen Aufnahme 1876 scheidet nur diese einzelnen Stufen aus, nicht aber die Facies derselben. Die Herren Hofmann und Stürzenbaum, unterstützt von Herrn Bela v. Inkey, hatten in dem betreffenden Jahre 10 Quadratmeilen aufzunehmen, nur 1 Meile mehr, als ich allein. Meine erstangeführte Mittheilung beruht auf einem mir von dem damaligen Grazer Bergcommissär Herrn Jauernigg als aus dem Anstehenden zwischen Seibersdorf und Grafendorf geschlagen über- gebenen Handstück. Ich habe durch wiederholte Begehung der als Fundstelle angegebenen Gegend die Ueberzeugung von der Unrichtig- keit der Fundortsangabe gewonnen ?); die zweite enthält die Beschrei- bung einiger sarmatischer Arten. Freih. v. Ettingshausen beschreibt von mir gesammelte Pflanzenreste. '!) M. Hoernes hat diese Angaben nicht unter den Synonymen. ?) Die Gegend ist flach und waldlos, ein Uebersehen des Vorkommens daher kaum möglich. [3] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 39] II. Geographisches. Die Gegend ist ein in der Kuppe von Hochardt, Pinkafeld N. bis 600 Meter ansteigendes Hügelland, aus südsüdöstlich streichenden Rücken. bestehend. Dazwischen laufen die Bäche Safen, Lafnitz. Stegersbach, Pinka, Eisenzicken und Tauchen mit z. Th. sehr breiten Thalböden. In dem fast 2 Kilometer breiten Thale von Wolfen gehen vier Bäche gleichlaufend nach Süden. Der tiefste Punkt ist bei Szigeth in der Warth mit 282 Metern verzeichnet. Im Norden erheben sich die krystallinischen Berge des Wechsel- zuges, im Osten ragt das Schiefergebirge von Schlaining in unser Gebiet. III. Schichtenlage. Die Schichten liegen vorwiegend wagrecht. Die als solche der ersten Mediterranstufe betrachteten Schichten zeigen bei Schönau im Gebirge bedeutende Störungen; in den pontischen Schichten beobach- teten Stolieczka und ich ebenfalls stellenweise östliche Schichten- neigungen. (Mariasdorf S: Schieferthon 250 SO fallend ; Ober-Warth W: Sandschiehten 30—40° W fallend; Unter-Schützen: Sandschiebten W fallend). IV. Die Ablagerungen. l. Erste Mediterranstufe. Schon Hofmann hat als älteste Schichte mächtige Conglome- rate aus Krystallinen Schiefern mit Blöcken bis zu 3 Metern Durch- messer erkannt, in die genannte Stufe eingereiht und von Sinnersdorf an längs des Gebirgsrandes bis an den nordöstlichen Rand des Blattes gezeichnet. Congiomerat, Schotter, Sand. In dem erwähnten Verbreitungsgebiet nehmen eigentliche, fest verkittete Conglomerate nur einen geringen Raum ein, so zu Lafnitz- dorf N (Sinnersdorf N), Willersdorf N, Gegend von Grodnau und Unter-Kohlstätten ; meist sind die Gesteine als Schotter zu bezeichnen, da das rothbraune eisenschüssige Bindemittel so schwach bindet, dass die Geschiebe leicht mit der Hand herausgenommen werden können. Die Gesteine sind Gneisse und grünliche Schiefer, erstere auch in grossen Blöcken, von welchen ich solche bis 2 Meter, Hofmann bis 5 Meter Durchmesser sah. Im Graben, welcher von Sinnersdorf gegen Hochardt hinaufzieht, war kurz vor meiner Anwesenheit 109 Meter tief durch diese Gesteine erfolglos auf Kohlen gebohrt worden. An einigen Stellen kommen in dieser Schichtenfolge beschränkte Sandlager und ziemlich mächtige Tegel, letztere namentlich zu Tauchen (Mariasdorf NW), Ungerbach und Lebenbrunn vor. 52* 392 V. Hilber. i [4] Kohle. Von Sinnersdorf („Sonnersdorf*) erwähnt schon Andrae (S. 558), dass Kohlen erschürft worden seien. Wie erwähnt, hatte die Bohrung kein günstiges Ergebniss. In der Ortschaft wurde mir mit- getheilt, dass in dem Mühlgraben westlich von derselben Kohlen vor- kämen. Ich beging denselben, ohne sie zu finden, habe aber doch auf jene alte und diese neuere Mittheilung hin das Zeichen für die Kohle in die Karte gesetzt. Zu Thalheim bei Schreibersdorf sind gegenwärtig ruhende Kohlenbaue, welche schon Hofmann erwähnt hat. Nach ihm er- scheinen im Hangenden Sande mit Cerithium pietum und Litorinella und höher mit reichlichen gut erhaltenen marinen Conchylien. Die Kohlengrube, auf der Westseite des Thales gelegen, war kurz vor meinem Besuche von Herrn Robert Schindler in Pinka- feld, dem Eigenthümer des Gutes Thalheim, an eine Bohrgesellschaft verkauft worden, welcher Herr Ludwig Kärolyi in Oedenburg vorsteht. Die Kohle soll 4 Meter mächtig sein und im Liegenden Sand mit Schotter haben. Ein anderes, gleichfalls Hofmann bekannt gewesenes Kohlen- vorkommen liegt zu Tauchen im Nordosten von Mariasdorf, welches damals für die Antimongrube bei Neustift abgebaut worden war, aber jetzt gleichfalls verlassen ist. Ich sah die Stollen und auf den Halden grauen fossillosen Tegel. Hofmann hat auf seiner Karte weiters Kohlen nordnordöstlich von Aschau im Gebiete seines Conglomerates von Sinnersdorf an- gegeben. Zu Grodnau oberhalb der Mühle, dem nöcdliechslen wegen Neu- baues noch nicht auf der Karte verzeichneten Hause, zeigte mir der Müllner am rechten Ufer des Mühlbaches eine Stelle, wo im Con- slomerat eine horizontale Kohlenschichte vorkommt. Die Stelle war von Gehängschutt überdeckt. Die benachbarte Ortschaft Kohlstätten hingegen hat ihren Namen von der Holzkohlenerzeugung. Zwischen Pilgersdorf und Bubendorf (Blatt 16, XV) sollen in einem Graben Kohlen gefunden worden sein. Zu Schönau im Gebirge im Graben gegen Mayerhöfen wurden ferner in den 40er Jahren un- brauchbare Kohlen von einem Einwohner Neunkirchens erbohrt. Lebenbrunn. Eine besondere Erwähnung erfordern drei im Gneissgebirge liegende Tertiärvorkommen. Bezüglich des Lehmes, auf welchem die oben genannte Ortschaft steht, scheint mir die tertiäre Natur nicht sicher. Ungerbach. Zischen „Spanblechl“ und „Pichlbauer“, dann an den Gehängen zwischen der Ortschaft und der „Kohnlechner-Mühle“ herrschen meist unvollkommen gerundete Kleinschotter aus vieleckigen weissen Quarzen [5] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 393 und krystallinischen Schiefern. Wohlgerundete Bachgeschiebe sind selten. Lose sah ich Conglomerattrümmer. Südsüdöstlich von Unger- bach treten im Hohlwege graue Tegel zu Tage. Schönau im Gebirge. Hier herrschen Tegel, Sand und Schotter. Südlich von der Kirche an dem Wege sieht man unten Tegel, dann sandige Schiefer- thone, mit Schotter wechselnd, und oben grobe, gut gerundete Schotter, aufgerichtet unter 300 nach Ost etwas in Süd fallend. Am Strassenbug bei der Steinmühle (Schönau S) fallen wechsel- lagernd Sandschiefer (vorwaltend) und Schotter unter 40° nach Süden. Lagerung. Wie schon Hofmann betont, greift der von ihm als Sinners- dorfer Conglomerat zusammengefasste Zug fjordartig in das Gebirge ein; so zu Tauchen bei Mariasdorf und besonders im steirischen Theile nördlich von Sinnersdorf. Nach der Beschaffenheit der Bildung, der Form der Geschiebe, namentlich nach der gänzlichen Abwesenheit von Fossilien zu urtheilen, ist es eine Süsswasserbildung, welche der Meeresbedeckung der Gegend voraneing. In ähnlicher Weise wird die Grazer Tertiärbucht von Süsswasserbildungen umsäumt. - Einen weiteren Vergleichspunkt stellen die hier wie dort auf- tretenden Kohlenlager her, welche im westlichen Theile des Grazer Beckens von guter Beschaffenheit sich je weiter gegen Osten um so mehr verschlechtern. Die starken Schichtenstörungen zu Schönau im Gebirge beweisen, dass die Ablagerung noch an der Alpenfaltung bedeutenden Antheil genommen. Alter. Hofmann hat die Bildung in die „ältere Mediterranstufe von Suess“ eingereiht, worin ich ihm umsomehr folge, als ich das Gleiche mit den lacustren Randbildungen der Grazer Bucht gethan habe. Nicht hinreichend begründet scheint mir hingegen seine Alters- bestimmung der im Verbreitungsgebiet der Schotterbildung auftretenden Kohlen. Er stellt die Schreibersdorfer Kohlen in die jüngere Mediterran- stufe, die von Mariasdorf in die sarmatische Stufe, Stoliezka die letzteren sogar in die Congerienstufe. Zu Schreibersdorf folgen über der Kohle marine Sande, von Mariasdorf erwähnt Hofmann das Vorkommen fossiler Pflanzen. Ueber letztere verdanke ich Herrn Julius Halaväts die von Stur verfasste Liste. Lastraea Styriaca Ung. Acer trilobatum Al. Br. Glyptostrobus Europaeus H. Phragmites Oeningensis Al. Br. luglans Bilinica Ung. 9394 V. Hilber. [6] Nach Freiherrn v. Ettingshausen lässt sich aus diesen Arten nicht auf eine bestimmte Miocänstufe schliessen }). Bevor Beweise für das jüngere Alter der zwei letztgenannten Kohlenvorkommen erbracht werden, halte ich die Zugehörigkeit der- selben zu den älteren lacustren Bildungen für wahrscheinlicher. 2. Zweite Mediterranstufe. Marine Ablagerungen dieser Stufe hat Hofmann angegeben, aber die Verbreitung als viel zu gross angenommen. Er zeichnet nordwestlich von Pinkafeld einen breiten Streifen dieser Schichten von der steirischen Grenze an über Mühlriegel und Hochstrass, weiters links von der Pinka in der nördlichen, nordöstlichen und östlichen Umgebung Pinkafelds, wo vorwiegend die Congerien- tegel überlagernde Schotter und Sande auftreten. Marine Sande mit „marinen Conchylien in reichlicher Menge und guter Erhaltung“, von welchen Hofmann nur aus den Lagen unmittelbar über der Kohle Cerithium pietum und Hydrobia („Litori- nella“) angibt, fand derselbe als Hangendes der Kohlen von Schrei- bersdorf. Zu Wiesfleck fand ich an dem von Pinkafeld herführenden Hohlwege bei einem der ersten Häuser einen marinen Sandschiefer mit Abdrücken von Gasteropoden und Steinkernen von Acephalen. Ich konnte nur die Gattungen Fusus und Nassa erkennen. Im Orte wurde eben von Bela Zsigmondy’s Leuten für die erwähnte Bohrgesellschaft ein bereits über 100 Meter tiefes Bohr- loch abgeteuft. Die Schichtfolge war nach Angabe des Bohrmeisters von oben: Gelber Schotter, gelber Sand mit Wasser, blauer Tegel, selber sandiger Tegel. Zwischen Wiesfleck und Schreibersdorf am Wege vor dem west- seitigen Seitengraben traf ich unten an der westlichen Thalseite einen Steinbruch auf Leithakalk. Sande werden daselbst von Lithothamnien- Kalk und -Mergel überlagert. Die festesten Stücke werden zum Kalk- brennen ausgesucht. Der Kalkstein soll nach Angabe der Steinbrecher auch auf der andern Bergseite vorkommen, ist aber nicht aufgeschlossen. | Ich fand Conus- und Trochus-Steinkerne, eine Schale von Pecten Reussi M. Hoernes und erhielt von Herrn Schindler in Thal- heim einen von hier stammenden Olypeaster pyramidalis Michelin. Die einzige Abweichung vom Typus dieser Art besteht darin, dass das unpaare Petaloid concav statt geradlinig aufsteigt. 3. Sarmatische Stufe. In dieser Stufe kommen Sand, Sandstein, Thon und Kalkstein vor. Die Ablagerungen finden sich: Westlich und südwestlich von Hartberg, nördlich von Grafendorf und zu Rohrbach. Stur’s Ueber- ') Die Zusendung der "Reste zum neuerlichen Vergleiche wurde von der Direction der ungarischen Anstalt als prineipiell unthunlich bezeichnet, | 17 Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 395 sichtskarte gibt auch die Tegel zwischen Hartberg und Kirchberg als sarmatisch an; ich habe sie als pontisch ausgeschieden '). Hofmann zeichnet in dem ungarischen Antheil eine breite Zone sarmatischer Schichten aus der Gegend von Neustift a. d. Laf- nitz, Kroisegg und Ehrenschachen über Pinkafeld, Oberschützen und Willersdorf, Mariasdorf, Grodnau S und von hier, durch Sinnersdorfer Conglomerat unterbrochen, über Holzschlag und Günseck fort; ebenso am Südsaume der Schlaininger- Schieferinsel ein schmäleres Band. Ich fand, wie bei Besprechung der Congerienschichten erörtert werden wird, an mehreren Stellen dieses Zuges Fossilien der Congerienstufe, (Neustift a. d. Lafnitz SO, Pinkafeld SW, Ober - Schützen NNO) nirgends anstehende unzweifelhafte sarmatische Ablagerungen. Das Gleiche erwähnt Stoliezka von dieser Gegend. Hofmann sagt im Texte, dass diese Stufe hier hauptsächlich durch Schotter vertreten sei. Ich sah diese Schotter über fossilführenden Thonen der Con- serienstufe. Wie erwähnt, konnte ich leider Hofmann’s Aufsammlungen nicht zur. Ansicht erhalten, um zu beurtheilen, wo etwa die Hof- mann’sche Anschauung durch Fossilfunde gestützt wäre. Vielleicht geben diese Zeilen die Anregung zu einer bezüglichen Verbesserung meiner Arbeit von Seite der ungarischen Geologen, welche Hof- mann’s Stücke in der Sammlung einsehen können oder die Aufnahme mit ihm gemacht haben. Schildbach (Hartberg SW). Nördlich von der Ortschaft liegen grosse Steinbrüche auf sar- matischen Kalkstein. Im ersten Bruch südlich vom Calvarienberg liegt oben dunkel- brauner schwerer Lehm mit eckigen Trümmern und seltenen Bach- seschieben aus Gneiss, Quarz und hie und da sarmatischem Kalk, über 1 Meter mächtig, darunter sarmatischer Kalk, zuerst eine zer- trümmerte Lage, dann zusammenhängende Bänke, welche mit Kalk- sand wechseln. Die oberen Kalkbänke bestehen aus lockerem Gestein und führen hauptsächlich Cerithium disiunetum, die unteren sind dunkel, dicht, hart und beim Anschlagen klingend, sie führen hauptsächlich Cardium obsoletum, daneben Modiola marginata und hie und da Cerr- thium mitrale. In dem zweiten Steinbruch, vom Calvarienberg an gezählt, sah ich folgende horizontale Schichten (von oben nach unten): Lehm der Congerienschichten. ) Kalksandstein mit Cerithium disiunchum. | Kalksand mit Cerithium disiunctum. \ Dichten Kalkstein mit Cardium obsoletum. Ungeschichteten Thon (sehr dünn). | Gelblichen dichten Kalkstein. 4 Meter. ) Stur (Geologie 601) erwähnt allerdings als Hangendstes einen sarma- tischen Tegel, reich an Bivalvenresten; ich habe einen solchen stellenweise ange- troffen und auf der Karte ausgeschieden. 396 V. Hilber. [8] Eckigen Kleinschotter aus Gneiss und Quarz mit lehmigem Mittel 3—20 Centimeter. Groben glimmerreichen Quarzsand mit braunrothen Eisenoxyhydrat- ; bändern 3 Meter tief aufgeschlossen. Die Verhältnisse sind in den übrigen Brüchen ähnlich. Zu oberst liegt stellenweise statt des Lehmes ein fossilloser Schieferthon. Als oberste sarmatische Lage erscheint in Pusswald’s unterstem Bruch und im Ernst’schen Bruch ein Kalkstein mit Steinkernen von Oerithium mitrale. Die grösste Mächtigkeit der Kalksteine, die „Schütt“ (Abraum) mitgerechnet, beträgt 7 Meter. Die Quarzsande zu unterst zeigen im Trendler’schen Bruch eine ausgezeichnete discordante Parallelstruetur !), wie sie allgemein als bezeichnend für Flussabsätze gilt. Unter Winkeln von 25—30° stossen die Schichtungslinien des Sandes gegen den hier aufliegenden horizontalen, grünen, sandigen und glimmerigen horizontalen Thon, welcher eine dünne Lage zwischen Sand und Kalkstein bildet. In der Sandmasse selbst sind die „Taschen* des Sandes gleich Keilen im Querschnitt sichtbar. Im unteren Theile des Bruches fehlt die erwähnte Thonlage. Fossilien fand ich in den untersten Sandschichten nicht. Nach ihrer Structur können sie kaum als eigentliche sarmatische Schichten betrachtet werden: es müsste nur hier, 200-—-500 Meter vom Ufer entfernt, ein Bach ein Delta gebildet haben. In Berücksichtigung dieser Möglichkeit habe ich diese Sande als sarmatisch verzeichnet, weise aber hier auf die andere hin, dass die Sande aus einer älteren miocänen Festlandszeit stammen. . Im Gruber’schen, einem der höheren Brüche von Schildbach, bildet eine fast 1 Meter mächtige Schichte schwarzgrauen Kulturlehms die oberste Bedeckung. Sie enthält gebrannte und ungebrannte Töpfe und Holzkohlenstückchen. Ich fand nur die kleinen Henkel, deren Loch nur für eine Schnur zum Aufhängen bestimmt war. Im Ernst’schen Ziegelschlag, welcher mit dem Ernst’schen Bruch zusammenhängt und auf Congerientegel betrieben wird, war auch ein Menschenschädel gefunden worden, der bei einer Obstaus- stellung in Lebing ausgestellt, dann wieder in den Ziegelschlag zurück- genommen und von Schulkindern durch Steinwürfe zerschlagen wurde. (Mittheilung Ferdinand Rasinger’s, Arbeiters in Schildbach; der- selbe kennt auch die Fundstellen der Töpfe.) Von Fossilien fand ich: Im ersten Bruch südlich vom Calvarienberg: In Kalkstein: Cerithium mitrale Eichw. ‘ Cardium obsoletum Eichw. Modiola marginata Eichw. !) Abbildung dieser Lagerungsform von anderer Stelle in Penck Ver- gletscherung der deutschen Alpen, 8. 286. Stur (Geologie 601) beobachtete die Erscheinung gleichfalls und bezeichnet sie als „sehr unregelmässige Schichtung des Sandes“, a [9] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 897 In Kalksand: Cerithium Hartbergense Hilb. s disiunctum Sow. Trochus Podolicus Dub. Cardium plicatum Eichw. In Pack’s Bruch: In thonigem Kalksand: Trochus Podolicus Dub. h. In Gruber’s Bruch: In thonigem Kalksand: Cerithium disiunctum Sow. R mitrale Eich. Trochus Podolicus Dub. h. Tapes gregaria Partsch. Modiola Volhynica Eichw. In Trendler’s Bruch: In porösem Kalkstein: Buceinum duplicatum Sow. Cerithium disiunctum Sow. Trochus Podolicus Dub. Tapes gregaria Partsch. Cardium plicatum Eichw. In Ernst’s Bruch: In festem Kalkstein: Cerithium mitrale Eichw. Mactra Podolica Eich. Ausserdem zu Schildbach: In lichtgrauem, porösem Kalkstein: Cerithium Hartbergense Hilb. Murex sublavatus Bast. Tapes gregaria Partsch var. nana Sow. Löffelbach (Hartberg W). Das oberste Glied bildet fossilloser grünlicher Schieferthon der Congerienschichten mit limonitischen Coneretionen (Freitag’s unterer Bruch). Rings um die Ortschaft liegen Kalkbrüche. Im unteren Frei- tag’schen folgt unter dem Congerienthon poröser Kalkstein mit häufigem T’rochus Podolicus, Cerithium disiunetum, Modiola marginata und Volhynica in andern Lagen voll von Cerithium mitrale, Cardium obsoletum und plicatum und Solen subfragilis. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (V. Hilber ) 53 398 V. Hilber. | | 1 7181 In Freitag’s oberem Bruch liegt über den festen sarmatischen Bänken ein grober Quarzsand mit sarmatischen Fossilien und eckigen Trümmern sarmatischen Kalksteins, 20 Centimeter mächtig. Der letz- teren wegen halte ich den Sand für nachsarmatisch. Ueber dem Sand folgt eine thonige Schichte (Congerienschichten), 1 Meter mächtig. Der sarmatische Kalk wechselt mit grauem sandigen Thon. Unter dem Kalk liegen Quarz-Sand und -Sandstein. Von Fossilien fand ich: Cerithium disiunctum Sow. s Trochus Podoliceus Dub. hh. Solen subfragilis Eichw. Psammobia Labordei Bast. Die einzigen Fundorte dieser Art in Steiermark sind zu Löffelbach. Tapes gregaria Partsch. Cardium protractum Eich. Modiola Volhynica Eichw. x marginata Eichw. Im Kaiser-Wülfing’schen Bruch ist hauptsächlich Kalkstein auf- geschlossen, welcher eine thonige Lage und Kalksande einschliesst. Ich fand: Buceinum duplicatum Sow. x cf. Vernewilü Orb. Die Art selbst habe ich als für Steiermark neu von Klein-Feiting beschrieben. Pleurotoma Sotterii Micht. h. Bisher aus Steiermark unbekannt, namentlich im Kaiser’schen Antheil des Bruches häufig. Cerithium mitrale Eichw. x disiunctum Sow. N Hartbergense Hilb. ” ” ” ” ” Trochus Podolicus Dub. Mactra Podolica Eichw, Psammobia Labordei Bast. Tapes gregaria Partsch. var. nana Sow. On obsoletum Miekah: var. Vindobonense Partsch 5 plicatum Eichw. Modiola merginata Eichw. 5 Volhynica Eichw. var. Dominici Hilb. Rüdti Hilb. Oberhalb dieses Bruches östlich von der Strasse fand ich in Kalksand vergesellschaftet: [1 1] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 399 Cerithium disiunctum Sow. Hartoergense Hilb. var. Dominici Hilb. Löffelbachense Hıilb. Y * ji „ Rüdt Hiv. Schildbachense Hılb. Auf der Höhe westlich von Löffelbach steht ein Kreuz; von dort westlich hinab trifft man ‚sarmatischen Schieferthon mit Cerithium mitrale. In Südwesten von Löffelbach, auf dem Südwestabhange waren an der Waldecke Kalkstein und Sandstein mit häufigem Trochus Podolieus, Cerithium mitrale und Psammobia Labordei aufgeschlossen. Im Joanneum in Graz befindet sich der von der Oberseite sichtbare, hier gut erhaltene Schädel eines Rhinoceros aus dem Kalksand-Stein von Löffelbach. Grillberg. Am Nordwestabhange, an der Strasse von Hartberg nach Pöllau, sind sarmatische Kalkbänke mit gleichalterigen Sanden aufgeschlossen. Ich sammelte daselbst: Buceinum duplicatum Sow. Cerithium mitrale Eichw. % disiunctum Sow. 2 Hartbergense Hilb. Trochus Podolicus Dub. Tapes gregaria Partsch var. nana So. Cardium obsoletum Eichw. var. Vindobonense Partsch. * plicatum Eichw. Modiola Volhynica Eichw. Todterfeld. Hier sind drei Steinbrüche auf dem Kalk. Im Grepfl’schen Bruch wechseln lockere dünnplattige Kalksandsteine mit Kalksand. Im Fuchs’schen Bruch kommen ausserdem Einlagerungen dichten grauen Kalksteins mit zahlreichen Steinkernen von Cerithien und daneben von Cardien vor. Hier und in Huterer’s Bruch liegen bis 10 Meter mächtige Congerientegel über den Kalken. Die Brüche liegen hinter den auf der Karte angegebenen drei Häusern. Die lockeren Steine werden als Mauersteine, die dichten zum Kalkbrennen verwendet. Von Fossilien fand ich: Buceinum dupliatum Sow. Murex sublavatus Bast. Pleurotoma Doderleini M. Hoern. h. a Sotterüi Micht. h. 53 * 400 V. Hilber. 12] Oerithium mitrale Eichw. > disiunetum Bow. ; Hartbergense Hilb. Trochus podolicus Dub. Hydrobia immutata Frauenfeld. Planorbis. Bulla Lajonkaireana Bast. Mactra Podvlica EBichw. h. Tapes gregaria Partsch h. Cardium obsoletum var. Vindobonense Partsch. . 5 plicatum Eichw. „. af. Suessi Barb, Modiola marginata Eichw. x Volhynica Eichw. Foraminiferen h. Grafendorf (Hartberg N). Hier liegen sarmatische Schichten unter den pontischen Thonen. Aus dem Bohrbrunnen auf dem Marktplatze erhielt ich Cerithium mitrale Eichw. aus der Tiefe von 30 Metern. Kirchberg am Walde (Grafendorf NW). In der Schlucht östlich vom Schlosse und auf dem Wege auf die Höhe sind Quarz-Sandsteine mit Sand-Lagen aufgeschlossen, welche von nicht entblössten festeren Kalksteinen überlagert werden. Die Quarzkörner der Sandsteine sind von Kalkkrusten überzogen, so dass das Gestein oolithisch aussieht. Von Fossilien fand ich: Cerithium mitrale Eichw. R rubiginosum Eichw. Stur kennt diese Art noch gar nicht aus der nordöstlichen Steiermark. Auch ich fand sie nur und zwar häufig an diesem und dem nächstgenannten Orte. Cardium plicatum Eichw. Grafenberg (Grafendorf NW). Nördlich vom gemauerten Kreuz liegen Brüche, welche. zu unterst sarmatisches cerithienführendes Conglomerat aus krystallinen Schiefern aufschliessen. Darüber liegen weisse zerreibliche Kalke voll Cerithium rubiginosum Eichw. und höher feste gelbliche Kalk- steine gleich den unteren Bänken von Schildbach. Im weissen Kalk- stein fand ich noch den Steinkern einer Windung von Trochus papilla Eichw. Reibersdorf (Grafendorf N). Beim Bildstein liegt ein alter Bruch auf sarmatischen Pelecypoden- kalk mit: [13] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 401 Cerithium miätrale. Bichw. Cardium obsoletum Eich. Modiola Volhynica Eichw. Serpula. Die Fundorte Kirchberg, Grafenberg, Reibersdorf gehören einem zusammenhängenden Vorkommen sarmatischer Schichten an. Der Höhenunterschied des Sarmatischen in diesem Gebiete (499 Meter Meereshöhe) und im Grafendorfer Bohrloch auf dem Markt beträgt genau 145 Meter. Hier ist auch mitten im Tertiär ein Gneissvorkommen bemerkens- werth. Am Gehänge gegen den Lungitzbach nördlich vom Bauern- hause „Posch“ kommt unter dem sarmatischen Kalkstein glimmer- reicher Muscovitgneiss zum Vorschein. Diese sarmatischen Bänke über dem Gmeiss fallen unter erheb- lichem Winkel nach NO. Hassinger (Grafendorf N). Hier herrschen an der linken Seite des Lungitz-Baches am Gehänge bis zum „Sommer“ nach Norden stark sandige und glim- merige Kalksteine sarmatischen Alters. Rohrbach (Grafendorf N). Im Norden der Ortschaft, südöstlich von der Brücke stehen am linken Bachufer sarmatische Schieferthone, nach oben sandig werdend, an, welche, was die Stückzahl betrifft, reich, an Artenzahl aber arm sind. Ich sammelte hier: Fragilia af. fragilis Linn. 10 Stücke; dieselben sind viel kleiner als die genannte Art. Die Gattung ist im Sarmatischen des Wiener Beckens selten. M. Hoernes kannte nur ein Stück von Hauskirchen. Tapes gregaria Partsch. Cardium obsoletum Eichw. Im Holwege, welcher auf der Karte 1:75000 südlich von „a“ im Worte Rohrbach verzeichnet ist, fand ich ähnlichen sandigen Schieferthon mit Cardium plicatum Eich, In die folgende Tabelle habe ich auch die nicht näher bestimmte Angabe Stur’s „Hartberg“ aufgenommen, weil ich Ervilia Podolica, welches Stur unter dieser Bezeichnung anführt, nicht selbst gefunden. Ferner habe ich einer von Herrn Michael Dominicus, Bürger- schullehrer in Judenburg, früher in Hartberg, der Grazer Universität geschenkten Sammlung die Angabe von Dulla truncata, Hydrobia Frauenfeldi M. Hoernes!) Cardium plicatum und Spirorbis helieiformis (1 Stück) entnommen. !) Mit der Umreihung dieser Art aus der Gattung Paludina ist Eichwalds Artname elongata wieder einzusetzen, falls er nicht auch für Hydrobia vergriffen sein sollte. 402 V. Hilber. na] Tafel der sarmatischen Fossilien. Löffelbach Grillberg Todterfeld Grafendorf Kirchberg a. Walde Grafenberg Reibersdorf Rohrbach N Rohrbach S. Umgebg. Hartbergs Schildbach E Rhinoceros . . 2 | Buceinum duplicatum 'Sow. . . .\—|+ > cf. Corbianum Orb.'!) . .||— | — " cf. Verne Orb. 1. ne Murex sublavatus Bast. . : 11 + Pleurotoma Doderleini M. Hoern. .\|— | — e Sotteriä Micht. . . . «| | = Cerithium mitrale Eichw. . . . . . | —|+ = rubiginosum Eichw. . . . || — | — F disiunctum Sow. . «. .|— | + e EN. HBilb. ...|—|-+ Fra | ++ 4444 |4+ | + BERSEEEEEE ee | ma: Dominiei Hib. e N Cerithium Hartbeı "gense Hilb. var. Löffelbachense Hilb. ...... = Cerithium Hartbergense Hilb. var, Rudn Halb, 7%... MENSA - Cerithium Hartbergense Hilb. var. Schildbachense: Hib.. N TI...Ka Trochus Podolicus Dub. . ....|—|+ „ papilla. Eich... 2.1. +. ll. “ pietus Eichw. .» . Pe Hydrobia Frauenfeldi M. Hoern. .\—|— P- immutata Frauenfeld . . \— | — Planorbis . . . ea en Bulla Lajonkaireana Basis sta. Ak „ truncata Ad... I FUN re | Er Solen subfragilis Eee ee Mactra Podolica Eichw. . . .. .\|\—|+ Ervilia Podolica Eichw. . ... .| + |— Fragilia aff. fragilis Linn. . . | — | — Psammobia Labordei Bast. . . . . ||— | — Donax lucida, Eichw. , 2 » 3: „.. |. Tapes gregaria Partsch. . . . .|I— | + 20 + | | | | | N Se SE a Eee a | | | | | | | | Bra Te EEETETTEEZEE | | | | | | Fl | „ var. nana Som. — Cardium obsoletum Bichw.. 2... 2 Wı— „ var. Vindo- bonense Partsch. AR: | Cardium af. Suessi Barbot... . || ” protractum Eichw. .. .|— | — 5 plicatum Eichw. . . ... .\—)+ Modiola marginata Eichw. . . . .|— | + ai + BE: | 1 +l+| | 5 Volhynica Eichw. . . . .|— Serpula . ....- | Spirorbis helieifor mis Eichw. . . .|— Foraminiferen . .. - RO ER | III ++++ + HEETENEE: ++ 444 14+ | | Eee ee :) Die Besprechung dieser und anderer unter meinen Funden nicht erwähnter Formen folgt hier nach. = 1 5] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 403 Die Bulla war M. Hoernes nur aus Steinabrunn und Baden bekannt, ist aber seither (Fuchs, Uebersicht, Zeitschr. der d. g. G. 1877) auch im Wiener Becken in sarmatischen Schichten gefunden worden. Für das Sarmatische Steiermarks ist sie neu. Aus Todter- feld liegen 28 Stücke vor. Im Joanneum wird ein 28 Centimeter hohes, 14 Millimeter breites Buceinum (1 Stück) aus Todterfeld mit der alten Bezeichnung Buceinum baccatum Bast. var. aufbewahrt, welches in die von Orbigny in Hommaire de Hell, Les steppes de la mer Caspienne, Taf. III, Fig. 20—25 abgebildete Gruppe: B. Doutchinae Orb., B. Daveluinum Orb. und B. Corbianum Orb. gehört. Die letzte Art ist im Text als irrig sogenannt bezeichnet und dort mit dissitum Eichw. gleichgestellt. Eichwald hat im später erschienenen III. Bd. seiner Lethaea Rossica alle drei Formen als dissitum Eichw. bezeichnet. Sie unterscheiden sich durch die mehr oder weniger schlanke Gestalt. Da Eichwald Dubois’ Abbildung von Eichwald’s dissitum anerkannt, so wäre die gedrungenste Form, Davelwinum, als dissitum zu benennen. Dass Eiehwald Stücke von Corbianum mit der Benennung dissitum ver- sandt, wie Orbigny anführt, erklärt sich aus seiner weiten Fassung des Artbegriffes. Die mir vorliegende Form steht in der Gestalt dem Corbianum am nächsten, ist etwas gedrungener, hat von der Mitte der Schluss- windung an 4 stark erhabene Spiralreifen (welche Orbigny’s Formen nach Text und Abbildung nicht haben) und scheint ausserdem stärker vortretende Knoten zu haben. Ich bezeichne sie vorläufig als D. cf. Corbianum Orb. Stur führt ferner aus Schildbach Donax lucida und aus Hartberg Modiola cymbaeformis Sow. an, welche ich mit M. Hoernes als gleich M. Volhynica Eichw. betrachte. Zu berichtigen ist seine S. 603 ge- machte Angabe, dass Nacella pygmaea Stol. und Modiola cf. Styriaca kolle nebst M. cymbaeformis Sow. den steierischen Üerithienschichten eigenthümlich seien. Die zwei erstgenannten Arten waren von Stoliczka nur, die letzte auch aus Ungarn angegeben worden. Ich habe ferner (Jahrb. R.-A. 1893, 363, Fussnote) erwähnt, dass in der alten Aufstellung des Joanneums wahrscheinlich irrthüm- lich ein Kalkstein mit Pecten als von Hartberg und ein sarmatischer Kalkstein als vom Ringberg bei Hartberg stehe. Seither habe ich wahrgenommen, dass die Aufstellung, wahrscheinlich bei der Umräumung der Schaukästen in ein anderes Zimmer, in Unordnung gerathen ist, was an denjenigen Stücken, welchen ausser dem an der Tragleiste angeklebten Zettel ein besonderer Fundzettel beilag, zu sehen war. 4. Pontische Stufe. In dieser Stufe wurden ausgeschieden: Schotter, Sand, Thon und Lehm, Mergel. Nach Stur’s Karte, die nur den steierischen Antheil des Gebietes enthält, schliessen sich an die erwähnten sarmatischen Streifen nach Osten lediglich Belvedere-Schotter an. Im ungarischen Antheile 404 V; Hilber;- "-:-77 I wat an Tal nehmen die von Hofmann zusammengefassten Schotter, Sand und Thone der Oongerienstufe den grösseren südlichen Abschnitt ein. Wie in der Gegend um Graz und Gleisdorf. vertreten die Schotter vielfach die Thone. Namentlich die ufernahen Theile sind durch die Herrschaft der Schotter ausgezeichnet. Es war in dem hier besprochenen Gebiete unmöglich, eine Gliederung dieser Schotter in solche der Congerien- und solehe der Belvedere-Stufe vorzunehmen. Stoliezka(S. 11) bezeichnet die oberen Schotter als Belvedere- Schotter, „wenn auch ihre Trennung oft noch erhebliche locale Schwierigkeiten besitzt“. Hofmann sagt sogar, dass Schotter der letzteren Stufe hier nicht vorkomme. Auch dürften manche von den Schottern, die ich in dem Aufnahmsgebiet von 1891 als Belvedere-Schotter der thrakischen Stufe bezeichnete, mit den Congerienschichten gleich alt sein, wie dies auch anderwärts für Theile des: Belvedereschotters gilt. Unter diesen Umständen scheint mir überhaupt die Ausscheidung der Belvederebildungen als Stufe in diesen Gegenden vorläufig keinen Werth zu haben. Palaeontologische Anhaltspunkte würden bei der Fossil- armuth nicht verwendbar sein, die Schichtenstruetur ist im Deltas, welche die grossen Schottermassen der Üongerienschichten sicher darstellen, ähnlich wie in Flussbettabsätzen, und auch die Höhenlage gibt keine sicheren Merkmale. Wie mir nun scheint, ist Neumayr') mit Recht von der Trennung der Congerienschichten und der Belvedereschichten in zwei Stufen abgegangen und bezeichnet beide als pontische Stufe. Fuchs hat dagegen, nachdem er schon früher?) die Gliederung (von unten nach oben): pontische Stufe, levantinische Stufe, thrakische Stufe ver- treten, Einwendungen?) erhoben, welche gegenüber der schon von Suess festgestellten Thatsache der gleichen Säugerfauna in den Congerien- und den Belvedere-Schichten und dem von Neumayr nachgewiesenen Auftreten einer jüngeren Säugerfauna in den levan- tinischen Schichten (Mastodon Arvernensis) unberechtigt sind. Post- levantinische Schotter allein, nicht aber auch die mit den Congerien- schichten zusammenhängenden Schotter, würden der Fuchs’schen Auffassung entsprechen. In diesem Sinne ist auch die Gliederung in Stur’s Geologie (608) zu berichtigen, nach welcher die Hangendschichten von Schön- stein (mit den Schichten von Moosbrunn bei Wien und den oberen des Eichkogels bei Wien) zwischen die Congerien- und die Belvedere- Schichten "zehören. Bezüglich der Schichten des Eichkogels hatte übrigens bereits Suess 1860%) die richtige Anschauung aus- gesprochen. In den Congerienschichten unserer Gegend ner en Hofmann (Verh. 1877, 21) tiefere Lagen mit Congeria Banatica R. ‚Hoern., '!) Neumayr. Ueber den geologischen Bau der Insel Kos... .. Deakschz d. k. Ak. d. Wiss. math. we Cl. 40. Ba. 1880, 258. ?) Zeitschr. d. d. E 1577, 683. ?) Verhandl. d. k. A IR. 2. 1881, 177. *) Suess. Ueber die eher der Binchiopodeh II. Sitz.-Ber. a k. an d. Wiss., math.-nat. Ol. XXXIX. Bd., 164. [17] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. :405 „kleinen an sarmatische Formen sehr erinnernden Cardium- Arten“, einem kleinen Planorbis „u. Ss. w.“ und höhere mit Congeria Partschi. Die tieferen Lagen sind vorherrschend tegelig, die höheren sandig und schotterig. Die Pöllauer Bucht. Zu beiden Seiten des Safenbaches erstreckt sich in der Breite von 3 bis 11/, Kilometer, allmälig schmäler werdend, 12 Kilometer weit in das krystalline Gebirge eine Zunge tertiärer Ablagerungen, Tegel, Sand und Schotter. Sie sind terrassirt, ihre Oberfläche ist durch Erosion seit der Bildung der Stufen wellig, sie sind aber deutlich als terrassenförmige Vorlagen des Gneissgebirges erkennbar. Schon Stur hat diesen Bildungen, sie als Belvedere-Schotter ausscheidend, das richtige Alter angewiesen, während Andrae (566) sie als Dilu- vium bezeichnet hatte. Sie sind ein Beweis für das hohe Alter der jetzt von der Safen eingenommenen Thalfurche. In den Sanden finden sich (Hoadn-Wald, „Harn-Wald“ der Karte) braune eisenschüssige Sandsteine. Aus den Thonen wird zu Fähring, Gemeinde Schönau, der Thon für die Pöllauer Töpfer gewonnen. Aus diesem Gebiete erwähnt Andrae (566) eine Schwefel- wasserstoffquelle aus sandigen Sedimenten beim „Amesbauer“. Hier, auf dem halben Wege zwischen Hartberg und Pöllau, fand ich Blattabdrücke. Die Stelle liegt ostsüdöstlich vom Grubmüller segen das auf der Karte noch als „Amesbauer“ bezeichnete Wirths- haus hinauf in einem kleinen Seitengraben. Der Lehm- und Sand- schiefer enthielt’): Fagus Deucalionis Ung. Carpinus Heerü Ett. Ulmus carpinoides Goepp. Platanus aceroides Goepp. Juglans salicifolia Goepp. _ Nach einer Mittheilung sollen vor 19 Jahren im Rauschgraben (südöstlich von Pöllau, östlich von der Strasse) nach einer Abrutschung Kohlenschichten gefunden worden sein. Bei den Teichen (Laschafeld SW) soll auch gebohrt worden sein. Lungitz. Der Ort liegt im Gebiet vorwaltend thoniger Schichten. Zwischen Ober- und Unter-Lungitz führt östlich ein Hohlweg bergwärts. Westlich vom Hohlweg auf dem Westabfall des Rückens ist Schotter mit bis über kopfgrossen Geschieben und Sand 3 Meter tief aufgeschlossen. Im Hohlweg selbst, auf der Westseite desselben, liegen als schein- bare Fortsetzung der Schotter in der gleichen Höhe und benachbart sandige Schiefer, auf der Ostseite des Hohlweges mächtige, graue, kalkfreie Schieferthone mit: ') Ettingshausen 337. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (V. Hilber.) 54 406 V. Hilber. 1 8] Planorbis. Cardium, flügeltragend. Congeria cf. C2jzeki M. Hoern. Steinkern. E cf. spathulata Partsch. Steinkern. Ostracoden. Blattabdrücke. Auf der Höhe liegt schichtungsloser Lehm mit Geschieben. Siebenbirken SSO'). In dem Graben, welcher nördlich von Penzendorf gegen Salleck zieht, ist bei der unter der Edelmühle befindlichen Bachgabel im nördlichen Ast ein grauer, lebhaft brausender Steinmergel zu finden. Derselbe enthält in schlechter Erhaltung: Limnaeus? Congerid. Man könnte die Schichten nur noch für sarmatisch halten. Ob- wohl das kleine Stück nur von oben sichtbar ist, darf wegen des Nichtvorkommens von Mytilus in sarmatischen und pontischen Schichten diese hier nicht unterscheidbare Gattung ausgeschlossen werden. Cardium, obsoletum-ähnlich 2) 5 flügeltragend. Pinus Laricio Poir. Samen. Glyptostrobus Europaeus Drongn. Samen. Laurus Heliadum Ung. Blätter 3). Diese Art ist aus dem sarmatischen Sandstein von Gossendorf beschrieben. Nach dem Vorkommen des zweitgenannten, an mehreren Orten in der Congerienstufe gefundenen Cardiums und der Congeria ist kein Zweifel an der richtigen Stufenbestimmung des Steinmergels von Siebenbirken. Seibersdorf. Unmittelbar westlich von den Häusern findet man im Bach fossilführende Steinmergel. Herr Haintzi hatte hier 37 Meter tief gebohrt. Nach seiner gefälligen Mittheilung ist die Schichtenfolge von oben nach unten: Gelber und blauer Lehm mit Kohlentrümmern. Steinmergel. Sand mit Steigwasser in 28 Metern Tiefe. Steinmergel. Blauer Lehm. Das Wasser steigt 5°3 Meter über die Oberfläche, auf dem Bohrloch befindet sich jetzt ein artesischer Brunnen mit gutem Trink- wasser. ') Zu dieser und der folgenden Stelle wurde ich von Herrn Johann Haintzi in Hartberg geführt, welchem ich bestens danke. | °) Die Cardien sind am Schlusse der Erörterung der pontischen Stufe beson- ders besprochen. ®) Ettingshausen, 339. [19] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 407 Der Bach soll bei Hochwasser Trümmer glänzender Braunkohle bringen. Herr Haintzi zeigte mir aus seinem Schacht Lignit mit krummflächigem, schwarzem, glänzendem Bruch. Den Steinmergel hat Herr Haintzi nach seiner Mittheilung mit Erfolg als Cementbildner versucht. Im Steinmergel fand ich: Planorbis. Hrydrobia. Valvata. Cardium, obsoletum-ähnlich. L a 3 schwachrippig. Hofmann erwähnt auch aus den Congerienschichten eine kleine, dem obsoletum nahe stehende Form. | Cardium, wechselrippig. Je eine stärkere wechselt mit je einer schwächeren Rippe. Cardium, feinstgerippt. . Pinus hepios Ung. Quercus Palaeo-Hex Ett. Planera Ungeri Ett.') Die letztgenannte Art war bis jetzt nicht jünger als sarmatisch bekannt. Grafendorf. Im Norden der Ortschaft, am Wege, der knapp neben dem Friedhof an dessen Westseite vorbeiführt, ist 90 Schritte vom Friedhof entfernt ein grauer, Muscovit führender kalkfreier Schieferthon mit sandigen Lagen aufgeschlossen. Ich fand darin: Cardium, depressum-ähnlich. n obsoletum-ähnlich. »„ obsoletum-ähnlich, plattrippig. b feinstgerippt. Östracoden. Unter dem Schieterthon liegen Sandsteinplatten anscheinend coneretionären Ursprungs. Neustift a. d. Lafnitz. Südöstlich von der Ortschaft, wo die Strasse von Grafenschachen her nach Westen biegt (die Stelle entspricht dem i in „Lapines“ der Karte 1:75.000), ist gelber sandiger kalkfreier Schieferthon entblösst. Fr enthält: Cardium, Nügeltragend. . x obsoletum-ähnlich. Ostracoden. !) Nach Bestimmungen von Freih. v. Ettingshausen. 54* 408 V. Hilber. [20] Vorau. Zwischen der Ortschaft und Haas in der Saag herrscht Schotter, nördlich davon, zwischen Vorau und Wiesenhof Lehm. Auch die Ort- schaft steht auf Lehm, wie ich einer freundlichen schriftlichen Mit- theilung des Herrn Dr. Mühlbauer in Vorau entnehme. Stur hatte hier Leithaconglomerat verzeichnet. Ostnordöstlich von Vorau, bei den Bauern Pferschy und Lindenbauer, hatte Herr Vacek Tertiärvorkommen ausgeschieden, von denen ich das letztgenannte besuchte. Dort liegt unvollkommen serundeter, krystalliner Schotter aus über faustgrossen Geschieben und grossen eckigen Quarztrümmern. Selten sind gut gerundete Quarz- und Gmneissgeschiebe. Die Gesteine sind Quarz, grauer Gneiss, Granatenglimmerschiefer, Hornblendegesteine. Die Höhe beträgt 625 Meter über dem Meere. ? Pinkafeld SW. Westlich vom Pinkathal, südwestlich von der südlichsten Mühle, westlich von der Stelle, wo auf der Karte das i von „Pinka-Thal“ steht, führt ein Hohlweg hinan. Er entblösst grauen Kalkhältigen Schieferthon mit sandigen Lagen. Die mergeligen Thone enthalten: Planorbis. Limnaeus. Cardium, obsoletum-ähnlich. Pisidium ? Congeria. Ostracoden. Holzreste. Auf der Höhe liegt krystalliner Schotter mit kopfgrossen Geröllen und Sand. In der Schlucht vom Steinriegl nach Osten ist wieder der Schieferthon, hier fossilleer, entblösst. Ober-Schützen NNO. In dem Hohlwege südlich etwas in Ost von der Höhe 446, südlich vom Kreuz, westnordwestlich von der im Thale angegebenen Höhe 374, fand ich grauen mergeligen Thon mit folgenden Resten: Planorbis. Cardium, flügeltragend. x obsoletum-ähnlich. Congeria. Östracoden. Steinkerne und Schalen der Ostracoden in Haufen beisammen. Mariasdorf S$. An der dem ersten 1 in „Szalanoknal“ der Karte entsprechenden Stelle am Wege fand ich den Schieferthon unter 250 nach SO fallen. [21] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 409 Tatzmannsdorf''). Auf dem Rücken östlich von der Ortschaft fand ich an zwei Stellen fossilführende Congerienschichten. An dem Wege, der von dem Parkthor hinaufführt, sind gelb- liche, sandige, mit Säure brausende Schieferthone zu sehen, welche ein dem obsoletum ähnliches Cardium und eines aus der Verwandt- schaft des Suessi Barb. enthalten. Am Südostende des Ortes, zu Beginn des Weges nach Drum- ling, steht ebenfalls Schieferthon an mit Cardium, obsoletum-ähnlich, mässig gewölbt, mit 18 flachen, auf dem vordersten und dem hin- tersten Theile fehlenden Rippen, das Swessi-ähnliche Cardium und Ostracoden. Drumling 0. An der Strasse, im Osten der Ortschaft, sieht man zu unterst Conglomerat und Schotter mit Schieferstückchen und Blöcken, die Schichten von Sinnersdorf. Hier, wie zu Tatzmannsdorf, befinden wir uns am Rande des Schiefergebirges. Höher ist an der Strasse ein weisslicher, mehliger, sandiger Thon sichtbar, welcher voll ist von Steinkernen eines Cardiums, ähnlich dem obsoletum Eichw. Da an dem gegenüberliegenden Gehänge sichere Congerienschichten anstehen und Hofmann ähnliche Cardien aus Congerienschichten der Gegend erwähnt, habe ich die Schichten als pontische bezeichnet. Drumling S. Zu Beginn des Waldes, ausserhalb der letzten Häuser, nord- westlich vom Friedhof, waren aus dem Acker östlich von der Strasse fossilführende Gesteinstrümmer gefördert worden. Auf dasselbe Ge- stein besteht westlich von der Strasse im Walde ein Steinbruch. Das Gestein ist fest, grau vom Aussehen eines Steinmergels, braust aber mit kalter Säure nicht. Eine qualitative Analyse, welche Herr Assistent Ippen freundlichst vornahm, ergab Thonerde, ziemlich viel Eisen, Kieselsäure, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff. Herr Professor Doelter erklärte es auf Betrachtung eines Dünnschliffes hin als tuffigen Sandstein. Das Gestein ist klastisch, enthält Quarz, Feldspath, Augit und Pyrit. Es wechsellagert im Steinbruch mit Sandstein und Thon. Im Steinbruch fand ich: Fischschuppe. Congeria cf. Ozjzeki M. Hoern. ei cf. triangularis Partsch. 1) Hofmann hat hier auch auf der rechten Thalseite, im Gebiete des Cur- parkes, alte Schiefer eingetragen. Ich fand dort weder einen Aufschluss noch Trümmer der Unterlage in Maulwurfshaufen oder sonst in der Humuserde. Der damals seit 28 Jahren in der Schweizerei bedienstete Meier sagte mir, dass dort seit seiner Anwesenheit niemals Steine gefunden worden wären, 410 V. Hilber. [22] Beide Arten in mit Seulptur versehenen Steinkernen und Abdrücken. Undeutliche Pflanzenreste. Erzberg (Drumling 0). Auf diesem Hügel, für dessen Namen ich bei den Bauern keine Deutung erfahren konnte, fand ich in einem Hohlwege weisse, dünn- schieferige fossillose Mergel. Schlaining. Romer fand hier Congerien. Nach dem Wortlaut seiner Mit- theilung ist nicht klar, ob die zu Anfang derselben genannte (©, trian- gularis oder überhaupt Congerien gemeint sind. Hofmann (22) erwähnt hier nur Congeria Partschi. Im Nordosten vom Alt-Schlaininger Friedhof fand ich über weissem (@uarz-Kleinschotter weisse fossillose Mergelschiefer mit Brauneisensteinplatten. Neumarkt SW. Auf dem Gehänge westlich von Tauchenthal läuft ein Weg. Wo die Verbindungslinie zwischen der Kuppe 380 und der Neumarkter Kirche diesen Weg schneidet, ist eine kleine Schlucht in grünem Tegel mit Thoneisenstein-Kuchen und -Röhren. Vor derselben fand ich zahlreich ausgewaschene Schnäbel von Congeria triangularis Partsch. Ober-Warth. Im Westen, nordwestlich von den Zigeunerhütten, geht ein Hohlweg aufwärts. Wo er sich rechts umbiegend nach Nordwesten wendet, sind nach Osten fallende ') Sandschiefer und Sande mit Pflanzenresten entblösst. Im gelben Sandschiefer ist eine dünne, graue Lage, welche die besten Blattabdrücke enthält. Herr Prof. Freih. v. Ettinghausen bestimmte: Betula prisca Lit. Alnus Kefersteinii Goepp. Laurus Heliadum Ung. Acer ? Rothenthurm. Das Dorf liegt südöstlich von Unter-Warth an der Kartengrenze. Von hier erwähnt Stoliczka (11) geschichtete Sande mit Wechsel- lagerungen von Tegel und Bänken von Congeria spathulata. Ich sah am Gehänge von Rothenthurm nur Lehm, erst auf der Kuppe 371 Sand. Bezüglich Romer’s Mittheilung von Congerienfunden gilt das unter „Schlaining“ Gesagte. !) Schon Stoliezka (11) erwähnt ein Fallen der Sandschichten unter 30 bis 40° nach Osten westlich von Ober-Warth; ferner von Unter-Schützen ein gleiches nach Westen. [23] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 411 Kemeten. Oestlich von der Kirche, schon südlich der Kartengrenze, ist im Graben beim Ziehbrunnen ein grosser Aufschluss in Schieferthon, welcher Pflanzenreste enthält. Darüber liest Sand. Alhau. Hofmann (22) nennt Congeria Partschi von hier. Die Cardien. Die Congerienschichten der Gegend enthalten an den von mir entdeckten Fundorten zahlreiche Cardien, welche zum Theil beträcht- liche Abweichungen von den zahlreichen bekannten Arten dieser Stufe zeigen. Ich hoffe, sie in einer besonderen Arbeit beschreiben zu können. Vorläufig gebe ich folgende Uebersicht; absichtlich habe ich an Stelle der Artnamen deutsche Bezeichnungen gegeben, um nicht vor der Beschreibung und Abbildung ungiltige Namen einzuführen. l. Flügeltragendes Cardium. 13 Millimeter breit, 8 Milli- meter hoch, flach, Wirbel weit vorn, hinterer Theil des Schlossrandes wagrecht, Vorderseite flügelartig erweitert, ähnlich wie bei Cardium Schedelianum Partsch (welches sich durch den gebogenen hinteren Schlossrand und die groben Rippen unterscheidet), 30 runde Rippen von der Breite der Zwischenräume. Siebenbirken, Ober-Schützen, Lungitz, Neustift a. d. Lafnitz. 2. Feinstgeripptes Cardium. 2 Millimeter breit, 2 Milli- meter hoch, mässig gewölbt, Wirbel mässig nach vorn gerückt, zahl- reiche, feine, erst unter der Lupe sichtbare Rippen. Seibersdorf, Grafendorf. 3. Suessi-ähnliches Cardium. 6 Millimeter breit, 3 Milli- meter hoch, stark gewölbt, gekielt, auf dem Kiel und auf dem Vorder- theil je eine stärkere Rippe. Spitze Knoten, besonders auf den stärkeren Rippen. Die Form hat mehr Aehnlichkeit mit dem sarma- tischen ©. Suessi Barb. als mit dem pontischen ©. pseudo-Suessi Hal. Seibersdorf, Grafendorf, Tatzmannsdorf. 4. Wechselrippiges Cardium. Aehnlich dem vorigen, nur wechselt je eine stärkere mit je einer schwächeren Rippe. Seibersdorf. 5. Depressum-ähnliches Cardium. 7 Millimeter breit, 6 Millimeter hoch, flach, 9 schuppige, runde, um den Kiel dreieckige Rippen. (Bei depressum sind die Rippen platt und glatt.) Grafendorf, häufig. 6. Obsoletum-ähnliches Cardium. Derartige, schon von Hofmann aus den pontischen Schichten erwähnte Formen, in der Rippenzahl verschieden, kommen vor zu: Siebenbirken, Seibersdorf, Grafendorf, Neustift a. d. Lafnitz, Pinkafeld, Ober-Schützen, Tatz- mannsdorf, Drumling. 7. Schwachrippiges obsoletum-ähnliches Cardium. Seibersdorf. 8. Plattrippiges obsoletum-ähnliches Cardium. Gra- fendorf. 419 V. Hilber. ; 24] 5. Diluvium. Löss. Bei Willersdorf zeichnet Stoliezka in einem auf S. 10 ge- gebenen Profil auf beiden Thalseiten Löss. Auf S. 18 erwähnt er, dass die bezüglichen Lehmabsätze lediglich als durchgewaschene Absätze der Congerienschichten zu betrachten seien und dass er in dem nun ‘von mir aufgenommenen Gebiet nirgends Lössschnecken in diesen Ablagerungen gefunden habe. Ich fand solehe zu Tatzmannsdorf an der früher erwähnten Stelle, am Südostende der Ortschaft, neben dem Wege nach Drum- ling. Ueber den Lehmen der Congerienstufe liegt ein petrographisch ganz gleicher grauer Lehm mit Helix arbustorum und Pupa. Flussterrassen. Diluviale Flussterrassen habe ich ausgeschieden: Am Eingange der Pöllauer Bucht am rechten Gehänge (Schönau-Safenthal), im Stegersbachthal rechts (Alhau-Loipersdorf) und südöstlich von Ober- Warth. Für diluvial halte ich auch den eckigen Schotter am Ende des Rückens südlich von Schildbach an der Strasse Hartberg- Flattendorf. Blockführender Schutt. In der Gegend um Hartberg kommen an mehreren Stellen schiehtungslose Lehme mit unregelmässigen Einlagerungen von zum Theil sehr gut gerundeten krystallinen Blöcken vor, so westlich von Flattendorf, nördlich von Hartberg und westlich von Seibersdorf an den Gehängen des Stambachgrabens. Diese Vorkommen schliessen sich an das Grundgebirge unmittelbar an. Beim Wäldehen östlich von Löffelbach sah ich auf den Feldern verstreut eckigen Schotter mit grossen gescheuerten Blöcken aus Gmeiss und Quarz. Im Jahre 1884 sah ich auf dem von hier nördlich hinabgehenden Wege derartige rund gescheuerte Blöcke. Ein Bauer sagte mir, dass in der Erde solche Blöcke von 50—60 Centner Gewicht steckten. Nördlich von Hartberg liegt eine Zone blockführenden Gebirgs- schuttes. Im Jahre 1884 wurden hier Stollen angelegt, um den Wasserbedarf von Hartberg zu decken, was sich als undurchführbar erwies. Der damalige Hartberger Bürgerschullehrer Herr Huber, jetzt in Graz, zeichnete Durchschnitte der Ablagerung. Herr Haintzi, der die Aufschlüsse gesehen und die Gesteine der Gegend kennt, ist der Ansicht, dass die Blöcke nicht aus der nächsten Nähe stammen. Er glaubte Gesteine der Vorauer Gegend zu erkennen. In Penzendorf sah ich einen runden harten Gneissblock als Prellstein. Im Stambachgraben sah ich grobe Schotter und Blöcke in breiten Terrassen eine FEinbuchtung in das Grundgebirge bilden. Schliffe und Schrammen habe ich nicht gefunden; die Frage, ob man es hier, wie mir wahrscheinlich dünkt, mit Gletscherabsätzen zu thun hat, muss also offen bleiben. [25] Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark u. Pinkafeld in Ungarn. 413 V. Mineralquellen. Andrae erwähnt (566) eine schwefelwasserstoffhältige Quelle beim Amesbauer (Pöllau SO, Hartberg W). Kohlensäuerlinge finden sich an mehreren Stellen in und um Tatzmannsdorf. Wirthshaus zum lustigen Waldwirth (Sauwirth der Karte). Auf der Karte ist ein Sauerbrunn angegeben, welcher nicht mehr im Gebrauch ist. Statt dessen sind südöstlich von diesem Punkte zwei in steinerne Kränze gefasste Quellen zu sehen, aus denen un- unterbrochen Gasperlen aufsteigen. Die Brunnen liegen in dem sumpfigen Serauthal, mitten in der Thalebene, das Wasser ist mit Grundwasser vermischt. Jurmannsdorf. Oestlich von der Ortschaft ist nach Hofmann’s Karte eine aus den Oongerienschichten brechende Mineralquelle. Tatzmannsdorf. Die Quellen, auf welchen der Badeort beruht, sind glaubersalz- hältige Eisensäuerlinge. Neustift bei Schlaining. Im Nordosten vom Antimonbergwerk, mitten im Schiefergebirge, geht am linken Rande des Tauchenthales eine stark mit Grundwasser vermischte, schlecht gefasste Mineralquelle auf. VI. Artesische Brunnen. Obwohl die häufige Bedeckung der sandigen und kalkigen sar- matischen Schichten durch die Thone der Congerienschichten vielfach die Bedingungen zur Anlage soleher Brunnen gibt, sind solche doch in diesem Gebiete noch selten. Der Brunnen zu Seibersdorf, welcher bei einer Kohlenbohrung entstand, wurde bereits erwähnt. In Grafendorf waren 1892 zwei Bohrbrunnen, einer 28 Meter tief, beim Hause des Herrn Fischer, der andere, 31 Meter tief, beim Pfarrhause. Zu oberst war in jedem Tegel, darunter Sandstein. Auf dem Marktplatze wurde eben gebohrt, aus 30 Meter Tiefe erhielt ich ein Stück Cerithium mitrale zugesandt. Das Wasser wurde nach einer gefälligen Zuschrift des Herrn Gemeinderathes J. F. Kaiser in 33 Metern Tiefe angetroffen. Von oben nach unten wurden durchfahren: 5 Meter Schutt und Sand, 1 Centimeter Lehm, 20—2] Centimeter Steinplatten, 2—3 Meter Sand mit etwas Wasser, dann Tegel bis 32 Meter Tiefe, darunter wieder eine Steinschichte, nach deren Durchbohrung starkes Steigwasser gefunden wurde. Der obere Brunnen ist seitdem schwächer, sein Wasser bleibt fast ganz aus, wenn das Mundstück des neuen abgenommen wird. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (V. Hilber.) 55 Inhalt. I: Literatur 2 ee 4. Pontische Stufe . .„ . 408 II. G@eographisches . . . .391 [3] Die Pöllauer Bucht . 405 II. Schichtenlage .... . 3912.13] Lungtz 7). 405 IV. Die Ablagerungen . . .391 [3] Siebenbirken SSO . . 406 1. Erste Mediterranstufe 391 [3] Seibersdorf) a spe 406 Conglomerat, Schotter, Grafendorf.. ger 407 Sand... u.%.°.0 7,89, us] Neustift a. d. Lafnitz 407 Kohlen Mir: . ER TEE] Voraus N 408 Lebenbrunn . . 2 .;. 332 aa Pinkafeld SW. , „= 408 Ungerbach ie IN Ober-Schützen NNO . 408 Schönau im Gebirge .393 [5] Mariasdorf S 7. 208 Lagerung, „2. 28950 053] Tatzmannsdorf. . . . 409 Alter ..02: .393 [5] Drumling 0°... 2.725403 9. Zweite Mediterran- Drumling S.. . . 409 siuke Het. Ar .3894 [6] Erzberg Drumling 0) 4i 3. Sarmatische Stufe . . 394 [6] BSchlainme, 222% . 410 Schildbach (Hart- Neumarkt SW . . .410 berg,SW).. +. 2.392027 Ober-Warthi, 4 2 410 Löffelbach (Hart- Rothenthurm . . . „410 ber: WI E37 Te Kemeten’ 0.725 411 Grüberg, 2,00% 399 [11] „alhau,.; 2 ee 4ll Todierteld 20. 399 799 Die „Cardien ! nr 411 Grafendorf (Hart- 5::Diluvaım Irsaae)2 . 412 bers N) Fern. a 400 [12] Lost, or 412 Kirchberg am Walde Flussterrassen . . . . 412 (Grafendorf NW) .400 [12] Blockführender Schutt 412 Grafenberg (Grafen- dorf NW). BR 400 [12] V. enden: UN 413 Reibersdorf (Grafen- w 14 Bea R2 Sn EN en 400 [12] A Hassinger (Grafen- J hi nz Bülsl) an AOEENDK Ausate zer 401 [13] Tr Rohrbach (Grafen- ae „418 N en 401 [13] eustift bei Schlaining 413 Tafel der sarmatischen VI. Artesische Brunnen . . 413 Fossilien. ... .. 402 [14] Bemerkungen zur Karpathen - Literatur. (Entgegnung an Herrn Prof. V. Uhlig.) Von €. M. Paul. In seiner Arbeit über das pienninische Klippengebiet (Jahrb. d. geol. R.-A. 1890) hatte Herr Prof. Uhlig meine, in meiner Publication über die Arva (Jahrb. d. geol. R.-A. 1868) verlautbarten Anschauungen bezüglich des Verhältnisses zwischen Jura, Neocom und Klippenhülle als „durch keine nähere Beschreibung gestützte Aufstellungen“ (]. c. pag. 584) und weiter (pag. 781) als „nackte Behauptung“, „ohne irgend- welche nähere Angabe, ohne Bezugnahme auf einen oder mehrere Punkte oder Profile* bezeichnet. Es war mir nun ein Leichtes (im Anhange zu meiner Mittheilung über das Südwest-Ende der Karpathen-Sandsteinzone, Jahrb. d. geol. . R.-A. 1893), durch ‚Citirung der zahlreichen in meiner Arbeit über die Arva gegebenen localisirten Beobachtungsdaten den Nachweis zu erbringen, dass die von Uhlig geleugnete Bezugnahme auf positive Beobachtungen thatsächlich vorliegt, dass ich thatsächlich meine An- schauungen nicht unmotivirt hingestellt, sondern dieselben durch Hin- weise auf zahlreiche deutlich localisirte, und daher von Jedermann leicht wiederzufindende Punkte zu begründen versucht habe. Die erwähnte absprechende Behauptung Uhlig’s, durch welche er bei fernerstehenden Fachgenossen, von denen ja wohl ein grosser Theil meine alte Arbeit über die Arva nicht kennt, diese in Bezug auf Inhalt und Methode zu discreditiren versucht hatte, stellte sich 'sonach als einfache Unwahrheit heraus, und ich konnte nicht umhin, sie demgemäss mit dieser etwas scharfen, aber dem Sachver- halte vollständig entsprechenden Bezeichnung zu belegen. Ich war in seradezu unverantworlicher Weise provocirt worden; was ich sagte, war kein Angriff, sondern eine berechtigte Abwehr. Es wäre nun wohl für Herrn Prof. Uhlig das Vortheilhafteste gewesen, diese für ihn nicht gerade rühmliche Affaire ruhen und möglichst bald in Vergessenheit kommen zu lassen. Statt dessen liess sich der Genannte durch seinen, an sich wohl begreiflichen Verdruss zu einer umfangreichen Entgegnung verleiten, in der er, weit über den Rahmen der vorliegenden Frage hinausgehend, meine gesammte - Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (C. M. Paul.) 55* 416 C. M. Paul. [2] Thätigkeit in den Karpathen in massloser Weise herunterzusetzen, dieselbe als eine total unfruchtbare hinzustellen versucht. (V. Uhlig, Bemerk. z. Glieder. karp. Bild., eine Entgegnung an Hrn. C. M. Paul, Jahrb. d. geol. R.-A. 1894, 2. Hft.) Wer den Stand unserer Kenntnisse der karpathischen Sandstein- zone vor dem Beginne meiner Studien in derselben, wie er beispiels- weise noch auf der v. Hauer’schen Uebersichtskarte der Oesterr.- Ungar. Monarchie zum Ausdrucke gelangt, mit den von mir aufge- stellten Grundzügen der Karpathensandstein-Gliederung vergleicht, der wird bei unbefangener Beurtheilung wohl finden, dass der Abstand meiner Resultate von diesem älteren Standpunkte wohl ein etwas srösserer ist, als der zwischen meinem Standpunkte und dem gegen- wärtig von Prof. Uhlig vertretenen. Auf der erwähnten Karte erscheinen die gesammten Sandsteine der galizischen Flyschzone einförmig als eocaen; die Züge der topianka-Schichten sind durchaus als oligocaene Menilitschiefer ein- gezeichnet; das Sandsteingebiet (mit Ausnahme des schlesischen Theiles) war kurz gesagt eine Terra incognita, weder das relative noch das stratigraphische Niveau der einzelnen Glieder war auch nur annäherungsweise bekannt. Wenn mir nun selbst nichts anderes gelungen wäre, als die erste Ordnung in die Gliederung des Complexes zu bringen, die Magurasandsteine als das jüngste, die Ropianka-Schichten als das älteste Glied der Reihe zu erkennen, diese letzteren von den Menilit- schiefern zu trennen und dieselben der Kreideformation zuzuweisen, also jenes Grundprincip zu schaffen, dessen Richtigkeit auch heute noch von Niemandem geleugnet werden kann und durch alle späteren Studien und Funde Bestätigung fand — so würde ich wohl Anspruch auf Anerkennung namentlich von Seite jener jüngeren Fachgenossen haben, die nach mir in diesen Gebieten arbeiteten, dieses Grund- prineip vorfanden, und nur mehr detaillirend und vervollkommnend auf demselben fortzubauen brauchten, was bekanntlich etwas leichter ist, als die erste Ordnung in ein Chaos zu bringen, dessen Ent- wirrung ausserdem noch durch Petrefactenarmuth, petrographische Aehnlichkeit heterochroner Glieder und vorwiegend isokline Schichten- stellungen erschwert worden war. Die später aufgetauchte Frage, ob diese Ropianka-Schichten untercretacisch, oder theils untereretacisch, theils obereretacisch, oder durchaus obercretacisch seien, ist wohl von etwas secundärer Bedeu- tung im Zusammenhalte mit der Feststellung, dass sie überhaupt der Kreide, und nicht, wie vor mir geglaubt worden war, dem Oligocaen angehören. Anerkennung der Leistungen der Vorgänger ist übrigens Sache des individuellen Anstandsgefühles, dergleichen lässt sich nicht vor- schreiben, und wenn es nun heute Hrn. Prof. Uhlig, nachdem er den ersten und zweiten der drei oben angegebenen Standpunkte be- züglich der Stellung der Ropianka-Schichten eingenommen und ver- treten hatte, beliebt, den dritten dieser Standpunkte als das alleinige Heil unserer Wissenschaft zu proclamiren, so könnte mir das im Grunde ziemlich gleichgiltig sein; mit einem Autor, der, wie jeder [3] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur 417 Kenner unserer Karpathen-Literatur weiss, mit jeder neuen Publikation seine Ansichten ändert, stets heute das bekämpft, was er gestern vertreten hat, und alle diese beständigen Schwenkungen dann auch immer noch mit einer Prätention vorbringt, als ob er damit ebenso- viele rettende Thaten für unsere Wissenschaft vollbracht hätte, ist jede Polemik ziemlich zwecklos. Wozu soll man sich auch ernstlich mit Ansichten beschäftigen, von denen nach berechtigtem Analogie- schlusse zu gewärtigen ist, dass sie über kurz oder lang von ihrem Autor selbst geändert oder in das Gegentheil verkehrt werden. Wenn jedoch Herr Prof. Uhlig bei der Vertretung seiner Ansichten abermals zu unzulässigen Mitteln greift, wenn er (wie ich nachweisen werde) in einigen Fällen sogar soweit geht, mir Ansichten anzudichten und zum Vorwurfe zu machen, die ich nicht nur nicht hege, sondern im Gegentheile selbst wiederholt bekämpft habe, wenn er somit abermals die Entwicklungsgeschichte unserer Wissenschaft zu meinem Nachtheile entstellt, dann bin ich wohl genöthigt, im Interesse der objectiven Wahrheit, sowie meiner eigenen wissenschaft- lichen Reputation Einsprache zu erheben; und da ich mich nun schon noch einmal mit Hrn. Prof. Uhlig beschäftigen muss, so will ich bei dieser Gelegenheit auch die übrigen Ausführungen desselben, die ich sonst unerwidert gelassen hätte, kurz beleuchten. I. Zuerst handelt es sich in Prof. Uhlig’s Streitschrift um das oft besprochene Profil von Ujak. Diese Localität war bekanntlich zuerst von v. Hauer beschrieben, und später von Dr. Tietze und mir gemeinsam besucht worden. Uebereinstimmend hatten wir in den dortigen Aptychenkalken Einlagerungen in die Sandsteine und Mergel der Klippenhülle erkannt und daraus auf neocomes Alter eines Theiles der - Klippenhülle geschlossen, während Prof. Uhblig nun diese Aptychenkalke als sogenannte „Diminutivklippen“ auffasst, wonach sie allerdings für das Alter der Hüllgesteine nichts beweisen wüıden. Nachdem, wie ich in meiner obeneitirten Arbeit (Jahrb. 1895) näher auseinandersetzte, das von Prof. Uhlig zur Stütze seiner Ansicht hervorgehobene Auskeilen der Kalke am Gehänge doch als ein etwas zu schwächliches Beweismittel sich erwies, bringt der Genannte nun einige neue Argumente. Er meint zunächst, dass man bei einer linsen- oder bankförmigen Einlagerung (wie ich die fraglichen Kalklager auf- fasse) „vor Allem eine stoffliche Continuität zu erwarten berechtigt ist, in dem Sinne, dass mindestens an der Grenze von Kalk und schiefrigem Sandstein eine Spur des einen Materials in das andere übernommen wird“. Da Prof. Uhlig davon nichts bemerkte, so wären nach dem Genannten die fraglichen Kalke keine Linsen, das Profil von Ujak daher für das neocome Alter der Klippenhülle nicht beweiskräftig. Dieses Argument dürfte wohl der Sache des Herrn Prof. Uhlig wenige Anhänger gewinnen. Erstlich beweist der Umstand, dass Prof. Uhlig eine derartige stoffliche Continuität nicht beobachtete, noch durchaus nicht, dass eine solche in minimem und daher der Beob- - 418 c. M. Paul. [4] achtung leicht entgehenden Grade nicht wirklich vorhanden sei. An der Grenze von mehr und weniger wasserlässigen Schichten herrscht stets erhöhte Feuchtigkeit und daher auch erhöhter Ver- witterungs- und Zersetzungsprocess, durch welchen gerade an den (Gesteinsgrenzen in den aufgeschlossenen, der Oberfläche zugekehrten Parthien derartige minutiöse Details wohl in den meisten Fällen verwischt werden müssen. Ohne der Beobachtungsgabe des Herrn Prof. Uhlig irgendwie nahe treten zu wollen, muss doch zugegeben werden, dass er im einem solchen Falle wohl möglicherweise auch einmal etwas nicht gesehen haben kann. Zweitens ist aber eine Gesteinscontinuität in dem Sinne, wie sie Prof. Uhlig verlangt, auch gar nicht nothwendig, und bei wirk- lichen Wechsellagerungen nicht einmal die Regel. Man sehe nur beispielsweise, wie scharf und ohne jeden stofflichen Uebergang sich die karpathischen Menilitschiefer gegen die mit ihnen alternirenden Sandsteine abgrenzen; ähnliche Beispiele könuten aus allen Gebieten beigebracht werden. Wir werden also die Gesteinscontinuität bei der Frage, ob in Ujak Wechsellagerungen oder Diminutivklippen an- zunehmen sind, wohl gänzlich beiseite lassen müssen. Ausser der Gesteinscontinuität bringt Herr Pref. Uhlig dann abermals die Localität Szlachtowa zur Sprache, die, wie ich schon einmal bemerkte, mit Ujak in gar keinem Zusammenhange steht und nichts anderes beweist, als dass es (was ich ohnedies nicht leugne) Diminutivklippen von lagerähnlicher Form gebe, und spricht schliesslich noch ein genetisches Bedenken aus. Er sagt: „Der Horn- steinkalk ist ein pelagisches Radiolarien- und Foraminiferensediment, dessen Bildung von allen Forschern ausnahmlos in die Tiefsee, in Tiefen von 1000 Faden und darüber verlegt wird, in Gebiete, in welche wenig oder gar kein mechanisches Sediment hingelangt. Wie ‚nun das wiederholte Vorkommen einer derartigen Bildung in 2 bis 3 Meter dicken und ungefähr ebensolangen Linsen inmitten eines thonig- sandigen, Conglomerate führenden, zweifellos ufernahen Seichtwasser- sedimentes erklärt werden soll, ohne gezwungene und unnatürliche Annahmen, ist schwer verständlich. Tiefseesedimente dehnen sich über ausserordentlich weite Flächen ganz gleichmässig aus, eine locale, auf wenige Quadratmeter beschränkte Ablagerung derselben, noch dazu in Umgebung von Seichtwassersedimenten, hat gewiss äusserst wenig innere Wahrscheinlichkeit für sich.“ Diese Argumentation klingt nun allerdings sehr gelehrt und bestechend, allein als beweiskräftig erweist sie sich bei näherer Prüfung ebensowenig, als die übrigen. Erstlich sind unsere Kenntnisse über die Tiefe, in der alle einzelnen Sedimente zur Ablagerung gelangten, in den meisten Fällen noch so sehr im Stadium der Ver- muthungen und Controversen, dass diesbezügliche Annahmen sich als Basis weitergehender Schlüsse wohl nicht eignen. So wurden beispiels- weise die Flyschsandsteine, zu denen die hier von Prof. Uhlig als Seichtwasserbildungen erklärten Hüllgesteine faciell und stratigraphisch gehören, seinerzeit von Fuchs direct als Tiefseebildungen bezeichnet. Conglomerate, die allerdings auf Ufernähe hindeuten würden, kommen gerade in den die Aptychenkalke bei Ujak begleitenden mergeligen [5] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 419 Gesteinen und hieroglyphenführenden Sandsteinen nicht, sondern erst in ziemlicher Entfernung vor. Endlich müsste consequenter Weise bei Acceptation dieses Bedenkens überhaupt jede Möglichkeit einer Wechsellagerung kalkiger mit sandig-mergeligen Bildungen ge- leugnet werden, denn in jedem Falle ist die Bildungsart der Kalke eine andere als die der Sandsteine und Mergel. Wir können die Vorgänge, die bei solchen Wechsellagerungen herrschten, allerdings nicht immer erklären, aber deshalb überall dort, wo Kalke mit anderen Gesteinen wechseln, die ersteren als Klippen zu deuten, das ist eine Consequenz, die wohl auch Herr Prof. Uhlig nieht wird ziehen wollen. Von einem erbrachten Beweise kann also wohl hier ebenfalls nicht die Rede sein. Die wiederholte Behauptung Uhlig’s, es handle sich hier nur um rundliche Blöcke, widerspricht direct unseren Beobachtungen. Wir sagten (Studien 1877) ausdrücklich, dass (ausser der tieferen mächtigeren Kalkparthie) „den oberen sandigen Lagen noch dünne Platten weissen Kalkes oder dickere einer gelblich weissen Kalk- breccie eingeschaltet“ sind, und ich darf wohl behaupten, dass diese positive, von Tietze und mir gemeinsam constatirte Thatsache ebensoviel Glaubwürdigkeit beanspruchen darf, als die Angaben Uhlig’s, der selbst zugibt, dass der Punkt zur Zeit seiner An- wesenheit schlechter aufgeschlossen war als früher. Sehr eigenthümlich sind die subjeetiven Bemerkungen, die Prof. Uhlig mit seinen neueren, wie sich zeigte, nicht allzu gewichtigen Ausführungen über Ujak verknüpft. Er sagt mir ganz ungescheut nach, dass ich das blosse „Vorhandensein einer Kalkmasse im Schieferalsvollgiltigen Beweis für die gleichzeitige Bildung beider ansehe“, und stellt mich deshalb auf eine Stufe mit Zeuschner. Dies ist nun einfach eine Verdrehung meines Standpunktes. Nicht weil die fraglichen Kalkmassen überhaupt im Schiefer vor- handen sind, sondern weil, wie ich positiv beobachtet habe, dieselben wirkliche Zwischenlag erungen bilden, fasse ich die beiden Bildungen als gleichalterig auf. Als wirkliche Zwischenlage- rungen habe aber nicht nur ich allein, sondern mit mir auch Tietze und vor uns schon v. Hauer diese Kalklagen von Ujak erkannt und bezeichnet. Ich befinde mich also bei dieser Gelegenheit. wenigstens in guter Gesellschaft, und die absprechenden: Bemerkungen Uhlig’s treffen eigentlich die genannten Herren ebensowohl wie mich. Ob es nun: wahrscheinlicher ist, dass wir alle drei falsch beobachteten, oder dass sich Hr. Prof. Uhlig in seiner etwas zu weit gehenden Negations- sucht in eine Sackgasse verrannt habe, das überlasse ich unbefangenen Aussenstehenden zur Entscheidung. Jedenfalls werde ich über diesen Gegenstand mit Hrn. Prof. Uhlig nicht mehr streiten. Wir gelangen nun an die Verhältnisse der Arva. Herr Prof. Uhlig sagt: „Herr Paul ist darüber höchlich ent- rüstet, dass ich seine Angaben über die Discordanz des Neocoms und die Zugehörigkeit der Hüllschiefer zum Neocom lediglich Be- hauptungen, nicht aber durch eingehende Beschreibungen gestützte 420 C. M. Paul. [6] Beweise genannt habe“. Da muss ich nun gleich wieder eine kleine Verdrehung richtig stellen. Nicht darum hatte es sich zunächst ge- handelt, ob Hr. Prof. Uhlig meine Beobachtungsangaben für Beweise hält oder nicht, sondern darum, dass der Genannte mit dem Beisatze „ohne irgendwelche nähere Angaben, ohne Bezugnahme auf einen oder mehrere Punkte oder Profile so that, als ob ich gar keine Beobachtungsangaben zur Begründung meiner Ansicht, beigebracht, wirklich nur eine „nackte Behauptung“ aufgestellt hätte. Da nun die Bezugnahme auf einzelne Punkte oder Profile wirk- lich erfolgt ist, so ist und bleibt die erwähnte Behauptung Uhlig’s eine Unwahrheit, und ich hatte wohl einige Berechtigung über diese eigenthümliche Art der Literaturbehandlung entrüstet zu sein. Uhlig bringt nun gegen die von mir aus dem Klippengebiete der Arva mitgetheilten Beobachtungsdaten, da er deren Existenz nun doch nicht mehr leugnen kann, eine Reihe von Bedenken vor. Ich werde denselben nicht ins Detail folgen, denn Uhlig hat zugestandener- massen diese Punkte nicht gesehen, und kann daher über die- selben selbstverständlich nichts anderes als Vermuthungen und will- kürliche Annahmen vorbringen, gegen die sich ernstlich nicht streiten lässt. Wenn Herr Prof. Uhlig sich einbildet, von seinem Schreib- tische in Wien oder Prag aus diese Punkte besser beurtheilen zu können als ein Anderer, der sie wirklich und ohne irgend eine vor- sefasste Meinung gesehen hat — so dürfte er sich und damit seiner Sache in den Augen unbefangener Beurtheiler durch ein solches doch etwas allzuweit gehendes Selbstgefühl mehr schaden, als mir und meiner Sache. Nur einen Punkt, wo es Hrn. Prof. Uhlig abermals beliebt, den Inhalt meiner Arbeit über die Arva in einer der Wahrheit nicht entsprechenden Weise darzustellen, muss ich hier erwähnen. Herr Prof. Uhlig schreibt (pag. 6) bei Besprechung der Gegend von Revisnje: „Würde Bergrath Paul die dünnplattigen Sandsteine von Revisnje wenigstens mit einem anderen Punkte in Verbindung bringen, wo dieselben Schichten in Verband mit versteinerungsführendem Neocom vorkommen, so liesse sich in Revisnje ein Rückschluss vor- nehmen, aber dies ist nicht der Fall. Ueberhaupt findet sich in Herrn Paul’s Arbeit nirgends eine nähere Beschreibung dieser Sand- steine* etc. Nun bitte ich (pag. 7 meiner cit. Arb.) die folgende Stelle zu berücksichtigen: „In der Einsattlung zwischen dem Stitt und dem grossen Rossutec treten dünnplattige Sandsteine auf (Fig. I, 5), welche in den gegen Nordost hinabführenden Schluchten und Wasser- rissen gut aufgeschlossen sind. Sie sind dunkel, glimmerreich, mit geradlinigen weissen Kalkspathadern durchzogen, und lassen sich in beinahe papierdünne Scheiben spalten; stellenweise stehen sie auch mit diekschichtigeren, kalkigeren Lagen in Verbindung; am Südfusse des Rossutee sind sie überlagert von einer Schichte lichter Kalk- mergel, welche den im Liegenden der Sandsteinschichten auftretenden ganz gleich sind, und in denen ich einen Ammoniten auffand, dessen Erhaltungszustand zwar eine sichere Bestimmung der Species nicht (7] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 421 zulässt, jedoch hinreicht, um denselben als Neocomtypus (wohl wahr- scheinlich Amm. angulieostatus d’Orb.) erkennen zu lassen. Das petro- graphisch leicht wiederzuerkennende Gestein findet sich im Klein- Kriwangebirge nur an dieser Stelle, tritt jedoch im Karpathen- sandsteingebiete zwischen den Klippen häufig auf, und es sind daher die Verhältnisse des in Rede stehenden Durchschnittes, wo die dünn- plattigen Sandsteine den Neocomien-Kalkmergeln regelmi ässig einge- lagert sind, auch für das Klippengebiet von Bedeutung.“ Da hätten wir also so ziemlich alles, was Herr Prof. Uhlig als nicht vorhanden bezeichnet: eine Beschreibung des Gesteins, die zwar kurz, aber vollkommen ausreichend ist, um sich von demselben ein Bild zu machen, und es eventuell wiederzuerkennen, und einen Punkt, wo dieselben Schichten mit versteinerungsführendem Neocom in Verbindung stehen. Wir haben da wieder ein Beispiel für die Art und Weise,- wie Hr. Prof. Uhlig, der so gerne Anderen „Flüchtigkeit“ vorwirft, selbst bei der Benützung und Beurtheilung der Literatur zu Werke zu gehen pflegt. Ich werde noch auf einige solche Beispiele hinzuweisen haben. Im Uebrigen glaube ich über den Versuch, die betreffenden Sehichtglieder der Arva, sowie deren Lagerung nach eigenem Bedarfe par distance zu deuten, sowie über die aus demselben gezogenen objeetiven und subjeetiven Folgerungen (um mich eines Uhlig’schen Ausdruckes zu bedienen) zur Tagesordnung übergehen zu können. Trotzdem nun alles dasjenige, was Prof. Uhlig gegen die Deutung des Profils von Ujak sowie meine Beobachtungen in der Arva vorzubringen weiss, alles andere eher ist, als ein wirklicher Gegenbeweis, sagt er im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen, „dass die für das neocome Alter der Klippenhülle ins Feld geführten Argumente gänzlich hinfällig sind, dagegen die Zugehörigkeit des Neocoms zu den Klippen erwiesen ist“. Weiter betont er dann seine Ansicht, dass die Hüllschiefer obereretacisch seien, und meint schliess- lich, er „ehe keine andere Möglichkeit, und wäre sehr begierig, eine andere, befriedigendere Lösung zu er- fahren“. Der Antwort auf diesen Appell brauche ich nicht aus dem Wege zu gehen. Zunächst muss ich constatiren, dass ich durchaus nicht die ganze Klippenhülle für neocom halte, vielmehr der Ansicht bin, dass die gesammte Kreideformation in derselben vertreten sei. Dies geht schon aus meiner alten Arbeit über die Arva hervor. Der Ausdruck „Klippenhülle“ war damals noch nicht üblich, aber die Schichten, aus denen ich an drei Punkten Inoceramen angab, und die ich der oberen Kreide zurechnete, gehören unbedingt zu demjenigen, was später mit der etwas dehnbaren Bezeichnung „Klippenhülle“ belegt wurde. In unseren „Studien“ (1877), wo wir unsere Beobachtungen über den Aufschluss von Ujak mittheilen, findet sich kein Wort, aus dem mit Recht geschlossen werden könnte, dass wir unsere Ansicht vom neocomen Alter der dortigen Schichten auf die gesammte Klippen- hülle übertragen wollen. Se meiner letzten Achei (1893) endlich, gegen die die Polemik Uhlig’s zunächst gerichtet ist, heisst es aus- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (C. M. Paul.) 56 422 C. M. Paul. [8] drücklich, dass wir aus den Lagerungsverhältnissen von Ujak auf neocomes Alter „eines Theiles der Klippenhülle* schlossen. Herr Prof. Uhlig spricht allerdings immer von „der Klippen- hülle“ als Ganzes, und stellt die Frage durchaus so dar, als ob ich diese ganze Klippenhülle als neocom betrachten würde. Dies ist aber, wie ich zeigte, nicht der Fall, und die masslosen Angriffe, die der Genannte auf Grund dieser Verdrehung meines Standpunktes gegen mich richtet, treffen mich sonach nicht. Diese erwähnte Anschauung nun ist mit allen vorliegenden Beobachtungsthatsachen vereinbar. Haben wir die gesammte Kreide- formation in den die Juraklippen umgebenden Sandsteinen und Mergeln zu suchen, dann können, worauf Uhlig Werth lest, die zahlreichen darin gefundenen Inoceramen ganz gut obereretacisch — diese Inoceramen-Schichten ganz gut die Fortsetzung der Kreide- bildungen des Weaagthales, inclusive der Puchower Schichten, und trotzdem unsere ‘Deutung des Aufschlusses von Ujak und meine Beobachtungen in der Arva richtig sein; v. Alth’s Fund eines Ammoniten in der Klippenhülle bei Sezawnica, den er in die Gruppe des Amm. Leopoldinus einreiht, also als Neocomform betrachtet, würde dann auch mit etwas anderen Augen angesehen werden müssen, als es Uhlig (Erg. II. 1890, pag. 150) seinem Standpunkte entsprechend, thun kann. Was Uhlig’s meinen Beobachtungen widersprechende Be- hauptung betrifft, dass „das Neocom und der Oberjura untrennbar verbunden, dagegen von der Hülle scharf getrennt sind“, woraus dann unvermeidlich das jüngere (also obercretacische) Alter der ganzen Hülle folgen soll, kann ich nur dasjenige reprodueiren, was ich be- reits (1893) über diesen Gegenstand gesagt habe. Ich sagte dort, dass diese Widersprüche eine ziemlich einfache Lösung finden dürften, wenn wir uns die karpathische Faltenbildung nicht als eine ruckweise, sondern als eine stetige vorstellen. Nach dieser An- schauung gibt es keine einzelnen Faltungsperioden und daher auch keinen Unterschied zwischen Flyschfalten und anderen Falten; wir sehen in jeder Hebungswelle unseres Gebietes (worunter die ge- sammte Sandsteinzone sammt den Klippenzonen verstanden ist) nur das Product einer ununterbrochen während der ganzen Dauer der Ablagerung der Karpathen - Sandsteingebilde fortwirkenden falten- bildenden Kraft. Es erscheint bei Festhaltung dieser Grundidee klar, dass zu gewissen Zeiten einzelne Theile der Falten sich bereits über das Meeresniveau erhoben hatten, Trockenland oder doch wenigstens Untiefen bildeten, während gleichzeitig an anderen Stellen des Meeresgrundes die Sedimentation ungestört fortdauerte. So werden sich in den Regionen der älteren Wellenberge (Antiklinalen) die Jüngeren Ablagerungen zu den bereits gehobenen Partieen discordant verhalten, während in den Regionen der alten Wellenthäler (Syn- klinalen) die Schichten ohne Unterbrechung concordant über ein- ander sich ablagerten. Es erscheint also nicht als unlöslicher Wider- spruch, wenn wir heute eine Schichte einmal discordant, ein anderes Mal in regelmässiger concordanter Lagerung auf der älteren finden. [9] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 423 Die sogenannten „Neocomklippen“ erscheinen im Lichte dieser An- schauungsweise einfach als die Reste älterer Falten, die sich von den weiter nördlich im Sandsteingebiete nach und nach aufthürmenden essentiell durch nichts unterscheiden. Dass mindestens ein Theil der Juragebilde zur Neocomzeit bereits aus dem Meeresspiegel heraus- seragt habe, erweisen die obenerwähnten Daten aus der Arva (welche durch Uhlig’s Einwände für unparteiische Beurtheiler wohl nicht aus der Welt geschafft sind), und an der Zusammensetzung des hie- durch gebildeten Trockenlandes mussten dann später, nach Massgabe der fortschreitenden Faltenbildung und dadurch bedingten localen Hebungen, auch Theile der Neocomienablagerungen theilgenommen haben; dies ist das Stadium des Uhlig’schen Festlandes. Einen natürlichen Abschnitt, eine Periode des Stillstandes im Entwick- lungsgange der karpathischen Gebirgsbildung vermag ich jedoch in diesem Stadium ebensowenig zu erblicken, wie in irgend einem anderen. Ganz ähnlich konnte sich später, bei unverändert fort- dauernder oder doch nur graduell verschiedener Faltenbildung das Verhältniss zwischen Unterkreide und Öberkreide, zwischen Ober- kreide und Alttertiär, und zwischen Alttertiär und Neogen gestalten. Mit dieser Anschauungsweise sind auch Uhlig’s Beobachtungen am Dunajee gegenüber vom Schloss Nedetz (Erg. U. Th. 1890, pag. 647 und 659), auf die er ganz besonderen Werth zu legen scheint, da er sie in seiner neuen Schrift (pag. 19) speciell mit sesperrter Schrift hervorhebt, ganz gut zu vereinigen. Warum soll nicht an dieser Stelle Neocom mit Crioc. Duvali concordant über Tithon liegen. Es kann dies umsoweniger als ein Gegenbeweis gegen meine Anschauungen ins Treffen geführt werden, als die Inoceramen- Schichten (also Uhlig’s Klippenhülle), obwohl er sagt, dass sie vom Neocom „scharf geschieden“ sind, doch nach seiner eigenen Profil- zeichnung (l. ec. pag. 659) genau so concordant über dem Neocomien liegen, wie dieses über dem Tithon. Wo in einem solchen Falle die Grenze zwischen Klippe und Hülle -zu ziehen sei, bleibt immer dem individuellen Ermessen überlassen, wenn man nicht den Begriff der Klippe rein orographisch fassen will. Ich möchte sogar betrefis dieses Punktes noch weiter gehen und sagen, dass er in meine Anschauungsweise so gut hineinpasst, dass ich ihn (die Beobachtungen Uhlig’s vollinhaltlich acceptirend) geradezu als einen Beleg für dieselbe anführen könnte. Uhlig sagt, dass sich „zwischen die beiden Neocomfunde tithonische Lagen einschieben‘“, und dass man demnach „steile Falten mit vollkommener Parallel- stellung der Schenkel anzunehmen habe“. Wir haben also im Falten- kerne Tithon, an das sich an den Flanken eine concordante Lager- folge von Neocomien- und Inoceramen-Schichten anschliesst, die also in ihrer Gesammtheit die Hülle des tithonischen Kernes bildet, ganz in dem Sinne, wie ich die Bedeutung der Klippenhülle fasse. Dass die Grenze zwischen Tithon und Neocomien hier undeutlich ist, letzteres in Folge seiner kalkig-kieseligen Beschaffenheit der Ver- witterung weniger zugänglich als sandig-merglige Schichten, einen klippenähnlichen Berg bildet, das sind wohl Verhältnisse, die weiter- gehende Folgerungen nicht zulassen. 56* 494 C. M. Paul. [10] Dass ältere Discordanzen zwischen Tithon und Neocom stellen- weise durch spätere Nachfaltungen verwischt wurden, ist ebenfalls nicht oänzlich ausser Acht zu lassen, und es kann sonach — von den ver- schiedensten Gesichtspunkten aus — der Umstand, dass wir irgendwo Neoeomien und Jura concordant übereinander finden — selbst wenn dieses Verhältniss in einem Gebietstheile das herrschende wäre — in keinem Fall absolute Zugehörigkeit des Neocomien zu den Klippen und ausschliesslich obercretacisches Alter der Hülle beweisen. Noch weniger wird aber ein gewissenhafter und nicht allzusehr von seiner eigenen Unfehlbarkeit eingenommener Geologe seine aus solchen Beobachtungen gezogenen Schlüsse dann generalisirend auch auf von ihm nicht gesehene Gebiete übertragen, und glauben, dass jedermann falsch beobachtet haben müsse, der Anderes sah, das Neocomien gegen unten discordant, gegen oben enger verknüpft fand. Soviel über die „Möglichkeit“, auch andere, und zwar vielleicht auch wirklich „befriedigendere“ Ansichten über diesen Gegenstand zu hegen, als Hr. Prof. Uhlig. Wir wollen nun den Ausführungen Uhlig’s weiter folgen. Der Genannte macht mir (l. e. pag. 13) zum Vorwurfe, dass ich so thue, als ob seine längeren Auseinandersetzungen, die er (Ergebn. II. 1890, pag. 782) gegeben habe, „nicht existirten“, behauptet weiter, ich habe ihm (pag. 253 meiner Arbeit 1895) nachgesagt, dass er „die rothen Schiefer und grauen Fleckenmergel wohl wegen ihrer Aehn- lichkeit mit Puchower Schichten für oberceretacisch ansehe“, verwahrt sich dagegen, dass er „nichts weiter zu Gunsten des obercretacischen Alters der Klippenhülle vorzubringen wusste, als die Aehnlichkeit mit Puchower Mergeln“, und überlässt es der Beurtheilung der Fach- genossen, „welches Streiflicht dieses Vorgehen auf Herrn Paul und seine Beweisführung wirft“. Diese Recrimination ist mir nun gänzlich unverständlich; dieselbe beweist, dass Hr. Prof. Uhlig nicht einmal die kurzen Bemerkungen, gegen die er polemisirt, aufmerksam durchgelesen hat. Die von Uhlig eitirte Stelle pag. 253 meiner Arbeit 1893 lautet: „Ueberhaupt kann ich wohl sagen, dass beinahe auf jeder Seite des erwähnten Theiles meiner Arbeit (über die Arva) Daten enthalten sind, die in irgend einer directeren oder indirecteren Weise auf die in Rede stehende Frage bezugnehmen. Es gehören dahin unter Anderem auch die Daten aus dem Dedinathale (pag. 131) und von verschiedenen anderen Punkten, durch welche ich unsere (zuerst von Mojsisovies Verh. d. geol. R.-A. 1866, Nr. 17 aufgestellte) Ansicht über das neo- come Alter gewisser rother und weisser, mit flyschartigen Sandsteinen wechselnder Mergel der Arva zu stützen suchte. Dieser Nachweis ist gerade für unseren Fragepunkt wichtig, da Uhlig heute diese Mergel — wohl wegen ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit Puchower Schichten — durchaus mit seinen obercretacischen „Hüllschiefern“ zu verwechseln und zu vermischen scheint“. Hier ist nun zunächst von „rothen Schiefern und grauen Fleckenmergeln“ gar keine Rede. Der Passus von der Aehn- lichkeit mit Puchower Schichten bezieht sich, wie jedermann sieht, ausschliesslich auf gewisse rothe und weisse Mergel, die ich den ee [11] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 425 „Hüllschiefern“ ausdrücklich und deutlich als etwas Verschiedenes gegenüberstelle.e Wo steht also zu lesen, dass Uhlig für das Alter der Klippenhülle (worunter er doch seine Hüllschiefer versteht) nichts weiter als petrograpbische Aehnlichkeit mit Puchower Schichten vor- zubringen wusste? Wenn ich sagte, dass Uhlig diese rothen und weissen Mergel ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit Puchower Schichten wegen für obercretacisch ansehe, so ist damit doch nicht gesagt oder auch nur angedeutet, dass er bezüglich ganz anderer Theile und Gesteine der Klippenhülle (rothe und schwarze Schiefer, graue Fleckenmergel, Inoceramensandstein etc.) keine anderen Argu- mente für obercretacisches Alter vorzubringen wisse. Es konnte etwas derartiges auch gar nicht angedeutet sein, da ich die Ansicht, dass ein Theil der Klippenhülle obercretacisch sei, niemals bekämpfte, dieselbe vielmehr selbst theile. Es ist sonach meinen obigen Sätzen ein denselben durchaus nicht innewohnender Sinn unterlegt worden. Die längeren Ausführungen Uhlig’s in seiner Arbeit über das piennninische Klippengebiet (Ergebn. II 1890 pag. 782), erwähnte ich an der hier angegriffenen Stelle nicht, da einerseits der Hauptinhalt dieser Ausführungen, nämlich das Durchstreichen der oberen Kreide- bildungen des Waagthals durch die Arva nicht neu, vielmehr schon von mir in meiner alten Arbeit über die Arva deutlich betont ist; andrerseits aber Uhlig dort immer von „rothen Schiefern und grauen, Inoceramenführenden Fucoidenmergeln“ spricht, welche mit den hier in Rede stehenden, von uns als unterneocom erklärten rothen und weissen Mergeln nichts gemein haben und deren theilweise obercre- tacisches Alter ich ohnedies nicht bezweifelte. Was nun diese fraglichen rothen, in der Verwitterung grünlich- weissen bis weissen Mergel und Kalkmergel betrifft, so bemerkt schon v. Mojsisovies (Verh. d. geol. R.-A. 1867 Nr. 10) dass er sie als tieferes Glied des Neocomiens auflasse, und dass sie an den Grenzen gegen das obere Glied (Fleckenmergel und dünnplattige Kalke mit Amm. fascicularis, Astierianus, Grasianus etc.) „durch Wechsellagerung innig verbunden“ sind. Und weiter (Verh. 1867 Nr. 17) bemerkt v. Mojsisovies anlässlich eines Referates über Pictet über die- selben Schichten: „Diese unterneocomen Schichten, zu welchen nach Pictet der Kalk von Berias gehört, und welchen in den schle- sischen KarpathenHoheneggersuntere Teschnerschiefer entsprechen dürften, sind es, welche in übergreifender Lagerung die titho- nischen oder älteren Gebilde in den Karpathen bedecken.“ Ich selbst habe in voller Uebereinstimmung mit dem genannten Forscher diese Schichten in der Arva, wie aus meiner bezüglichen Mittheilung hervorgeht, an zahlreichen Punkten in concordanter La- serung unter den fossilreichen Neocomkalken gefunden, während ich sie auch nicht an einem einzigen Punkte über den letzteren sah. Dass ausnahmslos überall wo dieses Verhältniss zu beobachten ist, anormale Lagerung herrsche, dürfte doch etwas unwahrscheinlich sein, jedenfalls müsste in einem solchen Falle die anormale Lager ung direct nachweisbar sein, um acceptirt werden zu können. 496 C. M. Paul. [12] Es bleibt sonach für denjenigen, der diese Schichten für ober- cretacisch erklären will, wohl wirklich nichts anderes übrig, als deren Aehnlichkeit mit Puchower Schichten. Diese thatsächlich bestehende Aehnlichkeit beweist aber absolut nichts. Jeder Karpathengeologe weiss, wie ähnlich, ja unter Umständen vollkommen gleich die eretacischen rothen Schiefer der Klippenhülle mit den alttertiären rothen Schiefern, die cretacischen Hieroglyphen- schichten mit den alttertiären, die Kreidesandsteine des Liwoes mit . den alttertiären Czienskowitzer Sandsteinen, die Godulasandsteine mit den Magurasandsteinen etc. zuweilen erscheinen. Warum soll sich nun nicht auch die Facies rother, weiss verwitternder Schiefer in der Kreideformation in zwei verschiedenen Niveau’s wiederholen. Zu v. Hauer, Neumayr, Stache, Tietze und mir, die alle falsch beobachtet haben müssen, damit Uhlig Recht behalte, kommt nun auch v. Mojsisovics hinzu; ja es dürfte Dunikowski und Walter vielleicht ausgenommen) kaum einen in den Karpathen be- schäftigt gewesenen Geologen geben, der nicht Beobachtungen gemacht und publicirt hätte, die mit Uhlig’s Anschauungen unvereinbar sind. Ich kann nach dem Gesagten vielleicht mit etwas mehr Be- ruhigung als Hr. Prof. Uhlig den Fall der Beurtheilung der Fach- genossen überlassen. i Zum Schlusse des 1. Abschnittes seiner Polemik bringt Uhlig noch einen Punkt zur Sprache, betreff dessen er, wie ich zugebe, wenistens nicht vollkommen im Unrechte ist, der jedoch mit dem Hauptgegenstande der Controverse, nämlich der Deutung der Klippen- hülle und Karpathensandsteine nichts zu thun hat, und daher auch von mir in meiner Arbeit (1893) nur nebstbei mit einigen Worten gestreift worden war. Es ist dies die Frage nach der Zeit des Abschlusses der kar- pathischen Faltung. Uhlig hatte (Ergebn. II 1890 pag. 310) gesagt: „Nach Abschluss des Alttertiärs und vor Ablagerung des Miocaens wurde die Faltung des Gebietes beendet“. Uhlig sagt nun (Bem. etc. 1894), dieser Satz beziehe sich nur speciell auf das Klippen- gebiet, und macht mir scharfe Vorwürfe darüber, dass ich gemeint habe, er beziehe sich auf das gesammte Sandsteingebiet und ihn deshalb als irrig erklärte. Nun schliesst sich aber an den eitirten Satz Uhlig’s unmittel- barder folgende an: „Wir sehen bei Sandec Bildungen der zweiten Mediterranstufe auf gefalteten Oligocaenschichten horizontal auflagern, und damit den Beweis hiefür erbringen“. Der angezogene Punkt bei Sandec liegt aber nicht in der Klippenhülle, sondern etwa in der Mitte-des Sandsteingebietes zwischen der Klippenzone und dem Nord- rande. Wie kann also ein logisch denkender Mensch annehmen, dass ein Satz, der durch einen ausserhalb der Klippenzone liegenden Punkt gestützt werden soll, sich speciell auf die Klippenzone beziehe? Uhlig Sagt zwar (Bemerk. ete. 1894 pag. 15), „dass der fragliche Satz einen Theil des Kapitels Tektonik der Klippenzone bildet in welchem stets nur von dieser Zone gehandelt wird. Vor und nach diesem Satz ist von nichts Anderem die Rede“; das letztere ist aber, wie jedermann sieht, einfach nicht wahr. Es ist unmittelbar nach .dem Satze, und zwar [13] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 497 als Beweismittel, von den Verhältnissen bei Sandec die Rede, welche doch etwas Anderes sind, als die Klippenzone. Wenn ich demnach Uhlig betreff dieses Punktes missverstand, so war dies doch ein ziemlich erklärlicher, durch die Darstellungs- weise Uhlig’s direct hervorgerufener Irrthum. Der Vorwurf, dass ich eine ältere Arbeit Uhlig’s (Ergebn. 1] 1888) nicht zu Rathe zog, um vor diesem Irrthume bewahrt zu bleiben, ist vollends ganz unberechtigt. Wer kann bei den notorischen häufigen Meinungswechseln Uhlig’s aus einer seiner früheren Arbeiten auf seinen heutigen Standpunkt schliessen? Was würde mein geehrter Herr Gegner z. B. dazu sagen, wenn ich alles, was er in derselben Arbeit (Ergebn. I, 1888 pag. 214 und 215) über das „Neocom in der Facies der Fleckenmergel und der sogenannten Ropianka-Schichten“ sagte, mit seinem gegenwärtigen Standpunkt in dieser Frage com- biniren, mir den letzteren daraus construiren wollte? Wenn ich aber nun auch nicht anstehe, in diesem Specialfalle den gegen Uhlig gerichteten Tadel als auf einem (wie ich zeigte begreiflichen) Missverständnisse beruhend, in loyaler Weise zurück- zuziehen, so muss ich doch bezüglich des Hauptgegenstandes unserer Controverse (der von der erwähnten Specialfrage ganz unabhängig ist), alle die Sätze, die ich (1893) über dieselben niederschrieb, voll- inhaltlich aufrechterhalten. Ich muss es auch heute noch, trotz des in zahlreichen persönlichen Ausfällen sich äussernden Aergers des Herrn Prof. Uhlig, als unwissenschaftlich und schädlich, als ein- seitig und willkürlich erklären, wenn man ausschliesslich seine eigenen Beobachtungen als massgebend ansieht, alle entgegen- stehenden Beobachtungen Anderer aber ignoriren oder negiren zu dürfen glaubt. Dass dies wirklich die Methode Uhlig’s ist, dürfte nach den vorstehenden Bemerkungen wohl auch Fernerstehenden klar ge- worden sein. IL. Im nächsten Abschnitte der hier in Rede stehenden polemischen Schrift wendet sich nun Hr. Prof. Uhlig zur Besprechung der Fragen, welche die Sandsteinzone betreffen. Der erste Theil seiner hier folgenden Ausführungen ist vorwiegend formeller Natur und könnte übergangen werden, wenn Herr Prof. Uhlig nicht, wie ich zeigen werde, die Verwirrung, die er selbst in die karpathische Nomenclatur brachte, nun für seine Angriffe gegen mich auszunützen suchen würde. Zunächst muss ich die sonderbaren „Einwendungen“ berühren, die Uhlig dagegen erhebt, dass ich in seiner Arbeit über die Klippen- hülle (1890) eine Schwenkung seiner Ansichten über die Inoceramen- Schichten der Sandsteinzone erkannte (oder „witterte“, wie sich Uhlig ausdrückt). Im Jahre 1885 hatte Uhlig (Verhandl. d. geol. R.-A. 1885, Nr. 2) „Inoceramen-Schichten des Neocoms (?)“ in seiner Schichtreihe aufgeführt. Im ersten Theile seiner „Ergebnisse geolog. Aufn. in den westgal. Karpathen (Jahrb. d. geol. R.-A. 1888) bezeichnete er eine 428 C. M. Paul. [14] Abtheilung als „Neocom im der Facies der Fleckenmergel und der sogenannten Ropianka-Schichten“ oder als „Neocome oder höchst- wahrscheinlich neocome Inoceramen-Schichten von der Facies der sogenannten Ropianka-Schichten“, und stellte diese der als wahr- scheinlich obercretaeisch erklärten Abtheilung der Inoceramen- Schichten (die er Ropa-Schichten nannte), als etwas verschiedenes gegenüber. Im zweiten Theile seiner „Ergebnisse“ (1890) bezeichnete er seine von ihm durchaus als obercretacisch betrachteten Inoceramen- Schiehten der Klippenhülle schon wiederholt als mit den Inoceramen- Schichten der Sandsteinzone (ohne jeden Ausschluss) übereinstimmend und heute, in seiner letzten, hier in Rede stehenden Arbeit, sucht er als Hauptgegenstand derselben und als Hauptbeweismittel für die Werthlosigkeit meiner Arbeiten in den Karpathen den Nachweis zu führen, dass alle Inoceramen-Schichten der Sandsteinzone ausnahmslos obercretacisch seien, Wer wird da nicht eine erfolgte Schwenkung erkennen? Und was ist daran „unzulässig“, wenn ich diese Schwenkung schon aus dem ceitirten zweiten Theile seiner „Ergebnisse“ (1890) erkannte, wenn sie auch dort, wie ich ja auch sagte, nicht ausdrücklich aus- gesprochen, aber doch für jeden näher Eingeweihten deutlich zu ent- nehmen war? Wer eine Arbeit publieirt, gibt Jedermann das Recht, aus derselben „Schlüsse abzuleiten“ und hat sich namentlich dann durchaus nicht darüber aufzuhalten, wenn ein solcher Schluss (in diesem Falle die erfolgte Schwenkung) sich später als vollkommen richtig erweist. Ich will übrigens, um die vorliegenden Bemerkungen nicht all- zusehr auszudehnen, nicht allen Einzelnheiten der Uhlig’schen Aus- führungen Schritt für Schritt folgen, sondern, was wohl auch zur Klärung der Sache mehr beitragen dürfte, den Gegenstand kurz und zusammenfassend behandeln. Die Hauptfrage dreht sich um die „Ropianka-Schichten“. Uhlig sagt: die Ropianka-Schichten sind obercretaeisch; ich hatte dieselben für neocom erklärt. Da würde eine unvereinbare Meinungsdifferenz, im Falle der erweislichen Richtigkeit des Uhlig- schen Standpunktes ein gewichtiger Einwand gegen meine Auffassung der Gliederung der Karpathensandsteine vorliegen, wenn die Be- zeichnung „Ropianka-Schichten“* von Uhlig in dem- selben Sinne gebraucht würde, wie ich sie stets ge- brauchte. Dies ist aber nicht der Fall. Ich habe (Neuere Förtschr. d. Karp. Sandst.-Geologie Jahrb. d. geol. R.-A. 18853) sehr deutlich er- klärt, „was mit dem Worte Ropianka-Schichten kurz ausgedrückt werden will, nämlich: Untere Kreide in der Karpathensandstein- facies“. Nachdem ich derjenige war, der dieses Wort in die Wissen- schaft einführte, so muss dies als die authentische Definition des Begriffes gelten, was in dieselbe nicht hineinpasst, sind eben keine Ropianka-Schichten. Würde nun jemand den Nachweis erbringen, dass es keine untere Kreide in der Karpathensandsteinfacies gebe, dass ab- solut alles, was dafür gehalten wurde, ausnahmslos obercretacisch sei, dann könnte von einem Irrthume, einem Fehler meinerseits gesprochen 1 5] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 429 werden. Diesen Nachweis hat aber bisher noch Niemand erbracht, oder auch nur zu erbringen versucht. Wenn wir alles weglassen, was ‚Uhlig anzweifelt, so bleiben immer noch einerseits die Neocom- Cephalopoden, die Herbich in den, unseren Bukowiner und ost- galizischen Ropianka-Schichten faciell entsprechenden unteren Kar- pathensandsteinen Siebenbürgens nachwies, andererseits die (von Uhlig selbst bestimmten) Neocomversteinerungen des Liwocs als unverrückbare Beweise für die wirkliche Existenz unterer Kreide in der Karpathensandsteinfacies, somit für die Existenz der Ropianka- Schichten in meinem Sinne übrig. Was speciell den letzteren Punkt betrifft, den Uhlig so gerne, da er das ganze Gebäude seiner Angriffe umstösst, aus der Frage wegbringen möchte, so habe ich den- selben so gut gesehen, wie Uhlig und über denselben (Neuere Fort- schritte ete. 1893) gesagt: „Ich habe die Localität Liwocs (nordwest- lich von Jaslo) gemeinschaftlich mit Hrn. Dr. Uhlig besucht (siehe Verhandl. d. geol. R.-A. 1882 Nr. 12) und mich hiebei über- zeugt, dass das dortige Neocom sich von demjenigen, was wir stets in Ostgalizien, derBukowina und Sieben- bürgen als Ropianka-Schichten bezeichneten, in Bezug auf die petrographische Facies beinahe gar nicht unverscheidet:- Namentlich. die kalkigen, weissge- aderten Hieroglyphen - Sandsteine, die mit den Schiefern am Liwocs wechseln, sind ein sehr alt- bekannter Typus“ etc. Nachdem ich in Begleitung Tietze’s und Herbich’s die bezüglichen Gegenden Siebenbürgens gesehen, mich von der Richtigkeit der Herbich’schen Anschauung dass seine als neocom nachgewiesenen Ablagerungen sich in die Bukowina fort- setzen, überzeust, und nahezu das ganze Karphathengebiet Ostgaliziens gemeinschaftlich mit Tietze bereist habe, und daher wohl wusste, was wir dort als Ropianka-Schichten bezeichnet hatten, dürfte diese Beobachtung wohl nicht so ohneweiters ignorirt werden können. Und nun gibt Uhlig den Vorkommnissen des Liwocs einfach einen anderen Namen, nennt sie „Neocom in schlesischer Ausbildungs- weise“ und glaubt damit ihre Beweiskraft für das neocome Alter der Ropianka-Schichten (in meinem Sinne) aus der Welt geschafft zu haben! Es ist freilich sehr leicht zu sagen, es gibt keine neocomen Ropianka-Schichten, wenn man alles, was unzweifelhaft neocom ist, durch eine andere Namengebung von dem Begriffe ausschliesst. Dieser Kunstgriff ist aber in diesem Falle doch allzu durchsichtig. Was die obere Grenze der Ropianka-Schichten (in unserem alten Sinne) betrifft, so haben wir die Möglichkeit, dass dieselben auch noch etwas jüngere Kreideschichten als neocome umfassen können, schon vor langer Zeit (Studien etc. 1877) betont, und später habe ich (Verhandl. d. geol. R.-A. 1884 pag. 166) ausdrücklich bemerkt, es müsse die „Möglichkeit wohl zugegeben werden, dass die Ropianka- Schichten Westgaliziens vielleicht einen Complex von grösserem ver- ticalen Umfang repräsentiren, als die Ostgaliziens“ ete. Wir dachten dabei, da irgendwelche Anhaltspunkte für eine andere Annahme nicht vorlagen, damals allerdings zunächst nur an mittlere Kreide, doch ist durch diese Bemerkungen hinlänglich dargethan, dass wir so starr Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (C. M. Paul.) 57 430 C. M. Paul. [16] und apodiktisch, wie es Uhlig darstellt, nicht Alles, was mit dem Worte Ropianka- Schichten bezeichnet wurde, als neocom erklären wollten. Aus diesem Grunde schon könnte ein späterer Nachweis eines höheren Kreideniveau’s in Schichten, die den Ropianka-Schichten zugezogen wurden, nicht gegen unsere älteren Anschauungen in ihrer Gesammtheit ins Treffen geführt werden, und noch weniger kann ein solcher Nachweis verallgemeinernd auf Alles angewendet werden, was wir Ropianka-Schichten nannten. Das also ist der Inhalt und Umfang der Ropianka-Schichten in meinem älteren Sinne. Auch Tietze verwendet dieses Wort, wo er es in seiner grösseren Arbeit über das Krakauer Gebiet (Jahrh. d. geol. R.-A, 1887) anwendet, nur in diesem Sinne. Uhlig liess für Westgalizien (Ergebn. I, 1888) aus Gründen, die ich zum Theile gelten lasse, den Namen Ropianka-Schichten sänzlich fallen, und löste die Bildungen, die bisher unter diesem Namen zusammengefasst worden waren, in drei Theile auf, nämlich 1. Neocom in schlesischer Ausbildungsweise, 2. Neocom in der Facies der Fleckenmergel und der sogenannten Ropianka-Schichten und 3. wahr- scheinlich oberceretaeische Inoceramen-Schichten des Berglandes (Ropa- Schichten, Ropianka-Schichten p. part.). Gegen diesen Vorgang im allgemeinen wäre nichts einzuwenden. Warum soll nicht ein weiterer Begriff infolge fortschreitender Kenntnisse fallen gelassen, und durch speciellere ersetzt werden. Was aber hier schon auffällt, ist der Umstand, dass Uhlig hier seine „Facies der Ropianka-Schichten“ ausschliesslich von den Ino- ceramen-Schiehten hernimmt, also von Bildungen, die in Ostgalizien und allen andern Ländern, aus denen Ropianka-Schichten angegeben wurden, weit untergeordneter auftreten, als eben in Westgalizien, die also für die „Facies der Ropianka-Schichten“ durchaus nicht als allein massgebend betrachtet werden können, ja die sogar gar keine echten Ropianka-Schichten sind. Sie wurden zwar von mir, und ganz in derselben Weise auch von Uhlig als zu meinen Ropianka-Schichten gehörig betrachtet; wäre aber damals schon der Fund eines Acanth. Mantelli bei Wien (Toula N. Jahrb. 1893) in Schichten, deren Zusammengehörigkeit mit den westgalizischen Inoceramen-Schichten die grösste Wahrschein- lichkeit hat, bekannt gewesen, so würde ich gegen die Bezeichnung derselben als Ropianka-Schichten von Anfang an Einsprache erhoben haben. Leider waren die Inoceramen und ein Phylloceras, die ein- zigen aus diesen Bildungen vorliegenden Fossilreste, nicht näher be- stimmbar, und so konnte der Irrthum platzgreifen. Nachdem diese Inoceramen-Schichten nun (wenigstens insoweit sie den Uhlig’schen Ropa-Schichten angehören) beinahe sicher ober- ceretacisch sind, so ist der von Uhlig so oft betonte Umstand, dass sie sich auch lithologisch vom wirklichen Neocom des Liwoes unter- scheiden, begreiflich ; aber eben so sicher ist, dass sie durchaus keinen Typus für die Hauptmasse alles dessen, was wir stets Ropianka- Schichten nannten, abgeben können, wenn auch, stellenweise auch in östlicheren Gebieten, Vermischungen vorgekommen sein mögen. Diese 1 7] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 431 Hauptmasse aber steht, wie ich oben schon angab, den Liwoes- Schichten (also Uhlig’s Neocom in schlesischer Ausbildungsweise) weit näher. Wollte man also (nach Uhlig’s Publication 1888) überhaupt noch einmal den Ausdruck Ropianka-Schichten gebrauchen, so könnte derselbe correcter Weise nur für die Liwocs-Gesteine und deren Aequivalente und für das „Neocom in der Facies der sogenannten Ropianka-Schichten“ angewendet werden. Uhlig schlägt aber einen ganz anderen Weg ein. Er setzt in seiner neuesten Arbeit (mit welchem Rechte, ist nicht er- sichtlich) überall Ropianka-Schichten = Inoceramen- Schichten, © gebraucht somit. das Wort Ropianka- Schichten in einem durchaus verschiedenen Sinne als ich es that, und will nichtsdestoweniger aus der (von mir nicht geleugneten) Verstärkung der für obercretacisches Alter seiner Ropianka - Schichten sprechenden Gründe auf meine Ropianka- Schichten, auf die Richtigkeit meiner Gesammtanschauungen, auf den Werth meiner ganzen Thätigkeit in den Karpathen Schlüsse ziehen ! Dass hier eine ausschliesslich durch Uhlig veranlasste nomen- elatorische Verwirrung vorliegt, dürfte wohl auch Anderen als mir klar sein, und damit ist auch der Werth der ganzen umfangreichen Ausführungen und Argumentationen, die alle auf der ungerechtfertigten Identifieirung der Begriffe „Inoceramen-Schichten* und „Ropianka- Schichten“ beruhen, hinreichend charakterisirt. Sie beweisen alle nichts anderes, als dass ein Theil der westgalizischen Inoceramen- Schichten obercretacisch sei, einen Satz, den schon vor längerer Zeit Walter und Dunikowski (unter lebhafter Opposition Uhlig’s und aller anderen Karpathengeologen) aufgestellt haben. Für die Ropianka-Schichten (in meinem Sinne) ist damit absolut nichts bewiesen. Damit fällt auch Alles, was gegen das cretacische Alter der über Ropiankaschichten liegenden Sandsteine (unserer alten sogenannten mittleren Gruppe) gesagt wird, von selbst. Nur wo es sich nicht um wirkliche Ropianka-Schichten, sondern um obercretacische Inoceramen- Schichten handelte, die ja auch in östlicheren Gegenden möglicher- weise local mit jenen verwechselt und zusammengezogen worden sein mögen, könnten Uhlig’s Argumentationen Giltigkeit haben. Auch scheint Hr. Prof. Uhlig gänzlich vergessen oder niemals gelesen zu haben, was ich (Verh. d. geol. R.-A, 1884, Nr. 9) über diesen Gegen- stand sagte. Es heisst dort: „Weit entfernt bin ich aber behaupten zu wollen, das alles was wir unter der Bezeichnung „mittlere Gruppe“ zusammenfassen, sicher cretacisch sein müsse (daher ich auch die Benennung „mittlere Gruppe“ im Gegensatze zu den von einigen jüngeren Karpathengeologen angewendeten präciseren Bezeichnungen stets beibehielt). Es erscheint mir im Gegentheile sehr wahrschein- lich, (wenn auch allerdings dermalen nicht sicher erweislich), dass der höhere Theil der Gruppe bereits ins Eocaen hineinreiche“. Eventuelle Nummulitenfunde in solchen Schichten können also wohl in keinem Falle (Prof. Uhlig thut dies in sehr vielen Fällen) gegen meine Gesammtanschauungen über die Gliederung der Karpathen- sandsteine ins Treffen geführt werden. 57* 432 C. M. Paul. [18] Wenn Herr Prof. Uhlig übrigens (p. 22) behauptet, ich betrachte die Sandsteinzone „als ein Faltengebirge, dessen tiefste Auf- brüche ganz allgemein, inderganzen Zone, der Neocom- stufe angehören“, so ist das wieder einmal ganz einfach eine Entstellung meiner Anschauungsweise. Ich sagte (Das Südwestende etc. Jahrb. d. geol. R.-A. 1893, pag. 255) ausdrücklich: „Damit soll nun allerdings nicht behauptet werden, dass deshalb in jeder Flyschfalte, in jedem Flyschprofile Neocom enthalten sein müsse; dies schliesst sich schon durch das verschiedene Alter und die verschiedene Inten- sität der einzelnen Wellen aus, von denen ja nicht jede das tiefste Glied der Reihe an die heutige Oberfläche gebracht haben kann“. Der Widerspruch dieses Satzes mit der mir von Uhlig imputirten Ansicht ist so klar, dass darüber wohl weiter kein Wort zu verlieren ist. Im weiteren Verlaufe seiner Polemik kommt Herr Prof. Uhlig auf die Verhältnisse der Bukowina zu sprechen und sucht meine ältere Arbeit über dieses Land (Jahrb. d. geol. R.-A. 1876), in welcher ich, wie schon deren Titel besagt, keine erschöpfende Mono- graphie zu geben, sondern nur den allgemeinen geologischen Bau desselben, insoweit es die damals vorliegenden Daten ermöglichten, in kurzgehaltenen Umrissen darzustellen versucht hatte, in gewohnter Weise herunterzusetzen. Es fällt mir nun nicht ein, diese Arbeit als fehlerlos hinstellen zu wollen; namentlich die Darstellung der Karpathensandsteine der Bukowina, wie ich sie auf meiner alten Uebersichtskarte gab, ist nun, nachdem das weit ausgedehntere Sandsteingebiet Galiziens näher be- kannt geworden ist, mannigfachen Modificationen zu unterziehen. Es wäre wohl auch wirklich traurig, wenn durch 18 Jahre, während welcher eine Reihe österreichischer und galizischer Geologen sich mit diesem Gegenstande beschäftigte, keine Fortschritte erzielt worden wären, die modificirend auf die Auffassung früher behandelter Ge- biete rückzuwirken geeignet wären. Nichtsdestoweniger glaube ich den Vergleich alles dessen, was man nach mir und durch mich über die geologischen Verhältnisse der Bukowina wusste, mit unseren früheren bezüglichen Kenntnissen mit Beruhigung ziehen lassen, meine von Uhlig nun so heftig angegriffene Arbeit ohne allzugrosse Un- bescheidenheit als einen für die damalige Zeit nicht ganz unwesent- lichen Fortschritt der Karpathengeologie betrachten zu können. Namentlich aber Herr Prof. Uhlig, der ja, wie Jedermann bekannt ist, mehr als jeder Andere in seinen früheren Arbeiten An- sichten vertrat, die mit seinen jetzigen Anschauungen im Wider- spruche stehen, wäre wohl am wenigstens berufen, ältere Arbeiten Anderer mit selbstüberhebender Missachtung zu behandeln, weil sie in einigen Punkten verbesserungsfähig sind. Ausserdem sind aber auch die Veränderungen, die Herr Prof. Uhlig nun bezüglich der Anschauungen über die Verhältnisse des in Rede stehenden Landes einführen will, durchaus nicht in allen Fällen wirkliche Verbesserungen. Zunächst kann ich nichtsweniger als eine Verbesserung darin erblicken, wenn Uhlig eine Reihe von Trias-, Perm- oder krystal- linischen Inseln, die in der Gegend von Kimpolung nahe dem Nordrande [19] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 433 des älteren Gebirges auftauchen und die mir (wenigstens zum grössten Theile) sehr wohl bekannt waren, zu einer zusammenhängenden Zone generalisirt und aus dieser Generalisirung weitergehende Folge- rungen abzuleiten sucht. Diese angeblich zusammenhängende Zone älterer Gesteine, die schon in der Gegend von Kimpolung mehrfach unterbrochen ist (vgl. die von mir Jahrb. d. geol. R.-A. 1876. II. Theil pag. 315—316 und 317 mitgetheilten Daten), existirt aber in der weiteren nordwestlichen Fortsetzung des hier in Rede stehenden Gebirgsrandes (Sadowathal, Gegend von Briaza etc., wo Herr Prof. Uhlig nicht gewesen zu sein scheint) überhaupt gar nicht mehr. Es findet sich dann (auf eine Er- streckung von etwa 18 Kilom.) noch eine (von mir auch eingezeichnete) Trias- und Perminsel bei Patuly am südlichen Ufer des Sadowa- Thales, ferner der kleine, allseitig von Flysch umgebene Triaskalk- felsen Arcziloja unweit von Briaza, und eventuell noch ein oder das andere ähnliche, noch kleinere und daher übersehene Vorkommen; im Uebrigen ist auf dieser ganzen Erstreckung die Reihenfolge der Schichten vom Rande der Haupttriaskalk- und Permzone bis ins Innere der Flyschzone durch nichts unterbrochen. Ich möchte beispielsweise einen Geologen kennen, der behaupten könnte, auf dem geraden, überall Gesteinsaufschlüsse zeigenden Wege von Poschoritta (in der Kalkzone) nach den alten Petroleumgruben von Kimpolung (am nörd- lichen Gehänge des Moldawathales in der Flyschzone) am Nordgehänge der Munzelkette (wo sie nach den Anschauungen Uhlig’s gesucht werden müsste) eine Zone von Trias oder Perm geschnitten zu haben. Wenn also Herr Prof. Uhlig eime solche eingebildete Zone als Grenzwall zwischen südlich und nördlich von ihr entwickelten Bildungen supponirt, so hat er (wohl infolge der Beschränkung seines Beobachtungsgebietes auf die südöstlichen Theile des Landes), die bezüglichen Verhältnisse grundfalsch aufgefasst. Herr Prof. Uhlig sagt bei dieser Gelegenheit unter Anderem: „Die Kalkzone der Bukowina bildet nämlich nicht eine eintache, einseitige Schichtfolge, sondern eine Mulde“ ete. Man müsste hier- nach glauben, dass ich diese Zone als solche einfache, einseitige Schichtfolge betrachtet habe. Ich kann diesbezüglich nur ersuchen, die beiden Durchschnitte Fig. 10 und Fig. 11 meiner Arbeit (Jahrb. d. geol. R.-A. 1876. pag. 285) zu betrachten, auf welcher diese Zone mit aller wünschenswerthen Deutlichkeit in ausgesprochen muldenförmiger Lagerung dargestellt ist. Im ersteren Durchschnitte sieht man sogar beiderseits das Liegende (den Glimmerschiefer) hervortreten. Auf Neuheit kann also der von Uhlig wiederholt be- tonte Satz von der muldenförmigen Schichtenlagerung dieser Zone keinen Anspruch machen, und es wäre daher vielleicht correcter gewesen, auf diese bereits gegebenen Daten hinzuweisen, anstatt So zu thun, als ob ich die Zone durchaus anders aufgefasst hätte. Neu sind aber allerdings alle von Uhlig aus diesem Lagerungs- verhältnisse gezogenen Folgerungen. An diesen bin ich durch meine eitirten Durchschnitte hoffentlich nicht mitschuldig. Geradezu erstaunlich ist die Ansicht Uhlig’s über die sphae- rosideritführenden Schiefer und Sandsteine des linken Moldawa-Ufers 434 €. M. Paul. [20] segenüber von Kimpolung. Diese setzt Herr Prof. Uhlig ganz un- senirt ins Alttertiär, während doch aus denselben der wiederholt, in der Literatur erwähnte Ammonitenfund Herbich’s vorliegt. Dieser passt Herrn Prof. Uhlig natürlich nicht, er glaubt ihn daher abthun zu können, indem er sagt, es sei „mangels einer näheren Beschreibung der Fundstelle nicht erwiesen, ob derselbe nicht aus einer kleinen Insel älteren Gesteines, ja möglicherweise sogar aus einem losen Blocke herstamme“. Ich habe Herbich im Jahre 1877 (also nach der Publication meiner älteren Arbeit über die Bukowina) persönlich kennen gelernt, und nicht ermangelt, mich über diesen mir begreiflicherweise sehr wichtigen Fund näher zu erkundigen. Herbich versicherte mir zu- nächst, dass die Ammonitenbruchstücke wirklich in den sphaerosiderit- führenden Mergeln und Sandsteinen, wie er es angab, gefunden worden seien und zwar am linken Gehänge des Moldowathales, west- lich neben der Strasse, unmittelbar nördlich bei der Brücke, mit der die von Kimpolung nach Eisenau führende Strasse von der vechten Seite des Moldowaflusses auf die linke übertritt. - Hier auf der linken Thalseite fällt zunächst das Bedenken, der Fund könne von einem aus dem älteren Gebirge herrührenden Rollstücke stammen, ganz weg. Das ältere Gebirge erhebt sich durch- aus auf der rechten Seite des Moldowathales, ein Gerölle kann nicht von der rechten Seite in das Moldowathal und dann auf der linken Seite dieses Thales wieder hinauf gelangen. Der Fund gehört also jedenfalls der Flyschzone an, und da diese an dieser Stelle keine Conglomerat- oder ähnliche Geröllbildungen, sondern nur den Wechsel. von dunklen Mergelschiefern, hieroglyphenführenden Kalksandsteinen und Thoneisensteinen zeigt, wie er hier überall am nördlichen Thal- gehänge herrscht, so muss er für diese mindestens cretacisches Alter beweisen, die Uhlig’sche Ansicht, dass diese Gesteinszone alttertiär sei, unbedingt falsch sein. Es ist nun einiges über die Uhlig’schen Angaben bezüglich des südöstlichsten Theiles der Bukowina zu bemerken. Südlicher als bis zum DBratiasathale bei Ostra bin ich in diesem Landestheile allerdings nicht gekommen. Uhlig behauptet, dass man in diesem Thale von der, von mir südwestlich von Ostra verlaufend einge- zeichneten Grenzlinie zwischen krystallinischen Schiefern und Kar- pathensandstein in Wirklichkeit noch über eine Meile verschiedene Zonen von Karpathensandstein zu verqueren habe, „bis man endlich unmittelbar am Fusse des Grenzkammes die Neocomzone und das Krystallinische antrifft“. Nun habe ich in Begleitung des Herrn Ober- bergrathes Bruno Walter ungefähr einen (im Falle eines möglichen Orientirungsfehlers höchstens zwei) Kilometer südwestlich von Ostra die Spuren alter Kupferkiesschürfe gesehen, und ebensolche zeichnete Walter (von dem die Angaben der Erzlagerstätten in meiner Karte herrühren) im Botuschanthale ungefähr in der Mitte zwischen der Landesgrenze und der von mir angegebenen nordöstlichen Grenze des Krystallinischen, sowie in einem westlichen Seitenthale des Bra- tiasathales, über zwei Kilometer nordöstlich von der Landesgrenze ein. Diese Kupferkieslagerstätten gehören aber, wie Jedermann weiss, den [21] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 435 krystallinischen Schiefergesteinen an, die Annahme einer zusammen- hängenden, eine Meile breiten Zone von Karpathensandsteinen in dieser Gegend kann also keinesfalls richtig sein. Habe ich, was ja bei der dichten, in dieser Gegend herrschenden Waldbedeckung nicht ausgeschlossen ist, hier einen Streifen oder eine Scholle von Kar- pathensandstein übersehen, so hat dagegen Uhlig diese zweifellos vorkomimenden Partien krystallinischer Gesteine übersehen, und da- her gar keinen Grund, sich allzusehr über mich zu erheben. Oder soll man etwa glauben, dass B. Walter, der langjährige Leiter der Bukowiner Erzbergbaue bei Ostra und im Botuschanthale (der dritte Punkt kommt hier weniger in Betracht) das Streichen von Erzlagerstätten des Kıystallinischen eingezeichnet hätte, wenn hier nur Karpathensandstein anstehen würde ? Sehr werthvoll ist mir übrigens die Angabe eines auch von Uhlig zugegebenen, aus der Moldau herüberstreichenden Neocomzuges in dieser Gegend, der (nach Zapalowics) auch weiter nordwestlich in der Marmaros wieder zum Vorscheine kommt, aber nach Uhlig gerade in der Mitte, (in der Gegend von Kimpolung, wo ihm kein Neocom passt) „oberflächlich nicht entwickelt“ sein soll. Hält man damit zusammen, dass ich gerade bei Kimpolung, im Isvoralbthale einen Aptychus vom Typus des Apt. Didayi in grauem Sandsteine sefunden und angegeben habe!), so erscheint diese supponirte ober- flächliche Nichtentwicklung des Neocoms hier doch etwas zweifelhaft und meine von Uhlig so heftig bekämpfte Gesammtanschauung stellt sich nicht gerade als so irrig heraus, wie Uhlig glauben machen will. Dass Herr Prof. Uhlig in einigen von mir anders gedeuteten Sandsteinpartien des Inneren der Flyschzone Nummuliten gefunden hat, anerkenne ich gerne als einen werthvollen Fortschritt; ich folge in diesem Falle nicht dem Beispiele Uhlig’s, der solche Funde, wenn sie ihm nicht passen, ignorirt oder negirt. Der Hauptsache nach hat aber Herr Prof. Uhlig, wie ich gezeigt zu haben glaube, soviel Irriges oder doch wenigstens Zweifelhaftes über die Bukowina vor- gebracht, dass sein auf solchen Grundlagen beruhendes absprechendes Urtheil über meine Thätigkeit in diesem Lande wohl jedem Unbe- fangenen als unberechtigt erscheinen muss, und seine bei einer späteren Gelegenheit (pag. 225) mit grossem Selbstbewustsein vorge- brachte Behauptung: „Meine Untersuchung im Sommer i889 in der Bukowina deckte die fundamentalen Fehler des Herrn Paul in der Bukowina auf“, erweist sich bei dieser Sachlage als hohle Phrase, die nur Solche bestechen kann, die in den Gegenstand nicht näher eingeweiht sind. Es folgt nun eine umfangreiche Besprechung der Fauna von Pralkowce bei PrZemysl, wie Uhlig sagt, der „letzten Stütze des Paul’schen Systems“. Ich habe eigentlich nicht Veranlassung, mich näher über diesen palaeontologischen Gegenstand zu verbreiten. Die Fossilien von Pral- ') Mit den Aptychen der mit dem Munczel - Öonglomerate in Verbindung stehenden Kalkmergel, deren neocomes Alter Uhlig anzweifelt, hat dieser Fund nichts zu thun. 436 C. M. Paul. [22] kowce sind, wie Jederman weiss, von Niedzwiedzki und Vacek als neocom bestimmt worden, ich hatte also volles Recht, auf diesen Bestimmungen zu fussen. Nun erklärt Prof. Uhlig diese Fossilien als obercretaeisch. Es steht da Bestimmung gegen Bestimmung, und es muss unparteiischen Speeialisten in Kreide-Cephalopoden über- lassen bleiben, die eine oder die andere derselben als richtig zu erklären. ) Jedenfalls bekämpft Prof. Uhlig hier nicht nur mich, sondern zunächst sich selbst, indem sein „Neocom in der Facies der Flecken- mergel und der sogenannten Ropianka-Schichten“, die er (Ergebn. etc. I. Jahrb. d. geol. R.-A, 1888, pag. 214 u. 215) als ein Glied seiner Schicht- reihe aufgestellt (und bisher, vor seiner letzten Streitschrift gegen mich nicht zurückgezogen hat) durch den Satz begründet wird: „Diese Ropianka-Schichten des Nordrandes und die Fleckenmergel verbinden die sicher neocomen Vorkommnisse von Wielicka—Okocim—Porabka mit den ebenfalls neocomen Schichten von Pralkowce bei Präemysl und können daher aus diesen und den oben angeführten Gründen mit grösster Wahrscheinlichkeit als neocom betrachtet werden“. Wenn es also, was ich vorläufig noch durchaus nicht als erwiesen ansehe, ein Irrthum war, die Schichten von Pralkowce als neocom zu betrachten, und daraus Schlüsse zu ziehen, so trifft dieser Vor- wurf Herrn Prof. Uhlig ganz in der gleichen Weise wie mich. Wenn es sich aber auch erweisen sollte, dass Uhlig’s Be- stimmungen richtig, die Localität Pralkowce wirklich obercretaeisch ist, dann würde das doch noch immer nicht beweisen, dass es keine neocomen Ropianka-Schichten gebe. Ich habe selbst vor längerer Zeit (Verh. d. geol. R.-A, 18:9 Nr. 11) bemerkt, der Fundpunkt Pral- kowce bei PrZemysl liege „in einer vor den Nordrand der Karpathen- sandsteinzone auffällig vorspringenden Gebirgspartie, somit nicht ganz genau jm Streichen der Zone, und andererseits verleiht die bei PrZemysl praevalirende kalkige Entwicklung der Gesteinsschichten denselbeneinen etwas fremdartigen, in östlicheren Karpathengebieten nur selten auftre- tenden petrographischen Charakter“. Ich zog damals aller- dings nicht den Schluss, dass die Schichten von Pralkowce deshalb von den Ropianka- Schichten abgetrennt werden müssten, die eitirte Bemerkung beweist aber mindestens soviel, dass mir ihre lithologische Verschiedenheit von echten Ropianka-Schichten schon damals auffiel. Sollte sich also jetzt das oberceretacische Alter der Schichten von Pralkowce wirklich herausstellen, dann ist wohl kein anderer Schluss zulässig, als dass sie eben keine wirklichen Ropianka-Schichten sind. Von dem Fallen einer Stütze meines Systems kann hier nicht die Rede sein. Alles andere was Uhlig hier noch vorbringt, beruht wieder auf der, wie ich oben nachzuweisen versuchte, ganz unberechtigten Iden- tificirung der Begriffe „Ropianka-Schichten“ und „Inoceramen-Schichten“. Ich kann hier nur noch einmal betonen, dass die Inoceramen-Schichten zwar von Uhlig, mir und allen anderen Karpathengeologen seiner- zeit irrigerweise den Ropianka-Schichten zugezogen und so genannt wurden, dass sie sich aber mit den echten Ropianka-Schichten, wie [23] Bemerkungen zur Karpathen-Literatur. 437 wir sie in anderen Gebieten fassten, nicht decken. Aeussersten Falls könnte man sagen, die Inoceramen-Schichten bilden einen Theil des weiteren älteren Begriffes der Ropianka-Schichten; aber auch wenn wir die Sache so ansehen, darf in einem solchen Falle nicht, wie es Uhlig hier wieder thut, pars pro toto gesetzt werden, dürfen nicht Argumente, die für einen Theil Giltigkeit haben, auf das Ganze angewendet werden. Zum Schlusse dieses Abschnitts zieht Hr. Prof. Uhlig auch den alttertiären Theil der Karpathensandsteine in die Discussion, und setzt dabei seine beliebte Methode, mir Ansichten, die ich nicht hege, zuzuschreiben, dadurch künstlich Differenzpunkte zu schaffen, und sich dann als Retter in den Nöthen der Karpathengeologie aufzuspielen, fort. So sagt er z. B. (pag. 224): „Die Menilitschiefer, von Hrn. Paul in der Hauptsache als Grenzbildung zwischen den oberen Hieroglyphen- schichten (Eocaen) und den Magurasandsteinen bezeichnet und nur dieser Auffassung gemäss cartirt, haben sich als Facies herausgestellt, welche im tieferen, wie im höheren Theile des Alttertiärs vorkommen kann.“ Da muss nun jeder mit der Karpathen-Literatur nicht näher Vertraute glauben, dass dieser facielle Charakter der Menilitschiefer eine, im Gegensatze zu mir neu hinzugebrachte Anschauung sei, dass hier ein von mir verkanntes Verhältniss vorliege. In Wirklichkeit habe ich aber diesen faciellen Charakter der Menilitschiefer schon vor 24 Jahren, (also lange bevor Uhlig begann sich mit Karpathengeologie zu beschäftigen), gekannt und ausgesprochen, diese Ansicht niemals zurückgezogen und später (Bemerk. zur neu- eren Literatur über die westgaliz. Karpathen Jahrb. d. geol. R.-A. 1888 pag. 715) über diesen Gegenstand gesagt: „Als besonders be- langreich für das Verständniss des westgalizischen Alttertiärs wird sowohl von Uhlig (U. pag. 227 u. 228) als auch von Tietze (T. pag. 471) der Umstand hervorgehoben, dass die Menilitschiefer hier kein bestimmtes Niveau einnehmen, sondern in allen Schichtgruppen des westgalizischen Alttertiärs (vielleicht mit Ausnahme des Magura- sandsteins) Einlagerungen bilden, also keinen stratigraphischen Hori- zont, sondern eine Facies darstellen. Wäre diese Constatirung neu, so könnte die Vermuthung naheliegen, dass wir dieses Verhältniss in anderen Karpathengebieten verkannt haben, und dies könnte dann gegen die Vertrauenswürdigkeit und Anwendbarkeit unserer älteren Eintheilung sprechen. Es ist dies jedoch nicht der Fall; der facielle Charakter der Menilitschiefer war uns längst bekannt, wenn auch diese Facies in Ostgalizien mehr als anderswo vorwiegend in einem bestimmten Niveau auftritt: Tietze erwähnt einige diesbezügliche Bemerkungen, die wir in unseren „Neuen Studien in der Sandstein- zone der Karpathen“ (Jahrb. d. geol. R.-A. 1879) machten, und schon viel früher hatte ich selbst diese Thatsache, die jetzt im unserer Karpathensandsteinliteratur eine so grosse Rolle spielt, erkannt. Ich betonte (Jahrb. d. geol. R.-A, 1870. 2. Hft. pag. 250) mit Bezug auf das Sandsteingebiet des Zempliner Comitates: Die Smilno-Schiefer (Menilitschiefer) stellen „hier einen fixen Horizont zwischen den Belo- wezsaschichten und Magurasandsteinen nicht dar; dieselben scheinen mir vielmehr nur eine petrographische Abänderung höherer Lagen Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (C. M. Paul.) 58 438 C. M. Paul. [24] der Belowezsaschichten zu sein“ und erwähnte weiter, dass in dieser Gegend „Partien von Smilnoschiefern bald an der Grenze, bald in der Mitte der Belowezsaschichten beobachtet wurden“. In derselben Arbeit (188 pag. 720) erwähnte ich auch einige andere ältere Arbeiten von Foetterle, Bosniaski und Tietze, die mit dieser Angabe aus dem Zempliner Comitate in Bezug auf die Auffassung der Menilitschiefer nahe übereinstimmen. Man sieht also, dass Prof. Uhlig durchaus nicht berechtigt ist, die Constatirung des faciellen Charakters der Menilitschiefer als etwas Eigenes, prin- cipiell Neues, mit meiner Auffassung im Wiederspruche stehendes hinzustellen. Aber auch später habe ich diese meine alte Ansicht über die „Verticale Dispersion der Menilitschieferfacies* (wie ich dieses Ver- hältniss nannte) nicht modifieirt, dieselbe im Gegentheile in meiner letzten Arbeit (Das Südwestende der Karp. Sandst. Zone. Jahrb. d. geol. R.-A, 1893. pag. 235 und 236) abermals eingehend zu vertreten gesucht. Es ist also weder aus meinen ältesten, noch aus meinen neueren und neuesten Arbeiten bona fide ein prineipieller Unterschied zwischen meinen diesbezüglichen Anschauungen und denen Uhlig’s heraus- zulesen. Prof. Uhlig hatte nicht nur kein Recht hier eine abfällige Bemerkung über mich zu machen, sondern wäre im Gegentheile ver- pflichtet gewesen, hier auf die Uebereinstimmung seiner Resultate mit meiner alten Anschauungsweise hinzuweisen. | Noch ärger ist der folgende Fall: Prof. Uhlig sagt (pag. 225): „Herr Paul konnte nie begreifen, wozu denn eigentlich die Trennung der schwarzen Neocomschiefer von den Ropiankaschichten dienlich sein solle, Ciezkowitzer und Magurasandstein schienen ihm im Grunde als ident und dgl. Ihm schienen diese Trennungen schädlich, verwirrend, besten Falls ganz überflüssig!). Heute könnte er darüber eines Besseren belehrt sein, denn nun stehen die Ciezkowitzer Sand- steine sicher an der Basis, die Magurasandsteine an der Decke des karpathischen Alttertiärs“ etc. Nun ist zunächst an der von Uhlig eitirten Stelle (Jahrb. 1888. pag. 706) von Ciezkowitzer Sandstein oder Magurasandstein nicht mit einer Silbe die Rede, sondern ganz ausschliesslich vom karpathischen Neocom. Dagegen finden sich aber gerade in derselben Arbeit (Jahrb. 1888) eine ganze Reihe von Stellen, aus denen her- vorgeht, dass mir Ciezkowitzer Sandstein und Magurasandstein nicht ident, deren Trennung nicht überflüssig schien, dass ich den Ciez- kowitzer Sandstein damals schon genau wie Uhlig in die untere Abtheilung des Alttertiärs versetzte, daher über diesen Gegenstand durchaus nicht „heute eines Besseren belehrt“ zu werden brauche. So sagte ich (pag. 711) nach Erwähnung der Uhlig’schen Beobachtungen im Liwocs- und Brzankagebirge, bezüglich deren ich bemerkte, dass ich sie auch zum Theile aus persönlicher Anschauung ') Vergl. Jahrb. 1888. pag. 706. [25] Bemerkungen zur Karpat! en-Literatur. 439 bestätigen könne, wörtlich: „Es sind dies so beweiskräftige Beob- achtungsthatsachen, dass angesichts derselben wohl nicht daran gedacht werden kann, den Ciezkowitzer Sandstein als eine Facies des Magura- sandsteins, der ja, wie allgemein bekannt und zugegeben, jünger als die „oberen Hieroglyphenschichten“ ist, zu betrachten“. Weiter sagte ich (pag. 713): „Dass der Ciezkowitzer Sandstein nicht in die obere, sondern in die untere Abtheilung (der Altter- tiärbildungen) gehört, und der Mietniower Sandstein von demselben abgetrennt werden müsse, wurde bereits in den vorhergehenden Be- merkungen klarzustellen versucht“. Weiter (pag. 714) bemerkte ich bezüglich des schlesischen Grodeker Sandsteins, es sei nicht sicher- gestellt, ob er „wirklich genau dem Ciezkowitzer, oder dem strati- graphisch höheren Magurasandstein“ entspreche. \ Ferner heisst es (pag. 715): „Dass im westgalizischen Hügel- lande in der unteren Abtheilung auch der Ciezkowitzer Sandstein mit seinen, von Uhlig Bonarowkaschichten genannten Schieferlagen als heteropische Einschaltung auftritt, kann die Richtigkeit und Giltig- keit unserer alten stratigraphischen Gliederung durchaus nicht alteriren“. Im Anschluss daran wies ich dann nach, dass die Einschaltung be- deutenderer Sandsteinmassen in diesem unteren Niveau nichts Neues sei. Ich erwähnte, dass ich (Verh. d. geol. R.-A, 1886) derartige Sandsteine, die „mit den Sandsteinen des höheren Horizontes (Magura- sandsteinen) nicht verwechselt werden dürfen“, in der Gegend von Tymbark etc. ausgeschieden habe, die ich allerdings nicht „Ciezkowitzer Sandstein“ nannte, von denen ich aber bemerkte, das über sie Ge- sagte „passt genau auf den Ciezkowitzer Sandstein, wie ihn Uhlig jetzt auflasst“. Diese Citate werden wohl genügen um darzuthun, dass ich in der von Uhlig eitirten Arbeit (1888) Ciezkowitzer Sandstein und Magurasandstein nicht nur nicht zusammenwarf, sondern sogar gegen deren Identificirung direct Stellung nahm. Diesen Standpunkt habe ich aber auch seither niemals verlassen oder modifieirt. In meiner Arbeit über das mährisch-ungarische Grenzgebirge (Jahrb. d. geol. R.-A. 1890) erwähne ich (pag. 449 und 450), dass ein anderer Forscher „den Ciezkowicer Sandstein (der nach Uhlig’s und meiner Anschauung eine Facies der unteren Ab- theilung darstellt) als ungefähres Aequivalent eines Theiles des Magurasandsteins“ betrachte, und nehme gegen die, aus dieser An- _ schauungsweise gezogenen Folgerungen ausdrücklichst Stellung. Und in den zusammenfassenden Schlussbemerkungen dieser Arbeit führe ich in der unteren Abtheilung der dortigen Alttertiärbildungen Sandsteine auf, von denen ich bemerke, dass mir in denselben „ein ziemlich nahes Analogon der galizischen Ciezkowitzer Sandsteine vor- zuliegen scheine“, während der Magurasandstein mit den dazugehörigen schiefrigen Lagen dann als die höhere Abtheilung der alttertiären Karpathensandsteine bezeichnet wird. Irgend ein Zweifel über meine Ansicht bezüglich des Verhält- nisses zwischen Ciezkowitzer und Magurasandstein kann nach dem Gesagten für Jemanden, der meine bezüglichen Arbeiten auch nur 58* 440 Cc. M. Paul. [26] flüchtig durchgelesen hat, absolut nicht bestehen, und es ist sonach klar, dass mir hier von Prof. Uhlig eine Anschauungs- weise zum Vorwurfe gemacht wird, die ich selbst seit sechs Jahren in der consequentesten und unzweideu- tigsten Weise bekämpft habe. Man würde derartige Vorgänge wohl kaum für möglich halten, lägen sie nicht schwarz auf weiss vor. Die letzterwähnten, sowie die zahlreichen anderen ähnlichen Fälle, auf die ich im Contexte vorliegender Bemerkungen hinzuweisen hatte, dürften nunmehr wohl vollauf genügen, den Grad der litera- rischen Gewissenhaftigkeit und Verlässlichkeit meines Herrn Gegners, und demgemäss auch den Werth und die Berechtigung seiner, mit so eigenthümlichen Hilfsmitteln gestützten Angriffe zu kennzeichnen. Dass in solcher Weise meine wissenschaftliche Reputation in den Augen unbefangener Beurtheiler nicht ernstlich geschädigt werden kann, glaube ich wohl mit Beruhigung annehmen zu können. Angenehm ist es allerdings nicht, am Abende einer vieljährigen, aufopferungsvollen Thätigkeit in einem der allerundankbarsten und schwierigsten Arbeitsgebiete Verunglimpfungen ausgesetzt, zur Ab- wehr derartiger Angriffe genöthigt zu sein. Dergleichen ist aber schon bedeutenderen und verdienteren Männern als mir geschehen, und wird noch Manchem geschehen. Ich werde mich darüber zu trösten wissen, und mich dadurch, solange meine Kräfte reichen, im unverdrossenen Fortarbeiten nicht beirren lassen. Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. Von E. Koken. Mit 12 Zinkotypien im Text. Meiner monographischen Bearbeitung der Gastropoden der Hall- ‘ stätter Schichten, deren Herausgabe sich durch die Herstellung der Tafeln noch einige Zeit verzögern wird, schicke ich diesen Abschnitt auszugsweise und durch Textfiguren illustrirt, voraus, in der Annahme, dass die Beibringung neuen palaeontologischen Materiales gerade jetzt, wo die Ansichten über die Stellung der Hauptmasse des Hallstätter Kalkes in neue Gährung gerathen sind, erwünscht sein dürfte. Die untersuchten Gastropoden stammen zum weitaus grössten Theile aus der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien und wurden mir schon vor Jahren mit vielen anderen in ent- gegenkommender Weise zur Verfügung gestellt; einige gute Stücke erhielt ich aus dem palaeontologischen Museum in München. Ich er- laube mir auch an dieser Stelle meinen Dank abzustatten für die Gelegenheit, eine zoogeographisch und entwicklungsgeschichtlich so wichtige Fauna studiren zu können. Allerdings sind die Aufsamm- lungen im Ganzen gering, obwohl die Schichten stellenweise reich an Gastropoden zu sein scheinen und es ist nur ein kleiner Bruchtheil einer Fauna, über den ich hier referiren kann. Die innigen palaeon- tologischen Beziehungen der bis jetzt bekannten Arten zu der grossen Gastropodenfauna der höheren Hallstätter Horizonte und der ganz gleiche petrographische Habitus der Gesteine, der gleiche physikalische Eigenschaften des alten Meeresgrundes voraussetzt, lassen darauf schliessen, dass wir mit der Zeit auch aus diesem älteren Theile des Gebirges um Hallstatt mehr erhalten werden. Nachstehend gebe ich die Beschreibung der Arten; die Fund- orte sind ausnahmslos die Schichlingshöhe und Schreyers Alm bei Hallstatt. Es mag gleich hier erwähnt werden, dass auch bei Han Bulogh die häufigste Art dieser Zone, Pleurotomaria juvavica, gefunden worden ist. Da bei den Aufsammlungen das Augenmerk hauptsächlich auf Cephalopoden gerichtet war, ist wohl zu erwarten, dass auch die anderen Gastropodenformen dort vorkommen. h Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (EB. Koken.) 442 E. Koken. [2] Pleurotomaria alauna Koken. (Fig. 1. 1, 2, 3.) Gehäuse kugelig, mit 4—5 ziemlich rasch anwachsenden, rund sgewölbten Umgängen und niedrigem Gewinde. Nabel weit offen, trichterförmig, von einer Kante begrenzt. Das breite Schlitzband liegt der Mitte der Umgänge flach er- haben auf, wird beiderseits von sehr schmalen Leistchen eingefasst und ist mit scharfen, distanzirten Lunulis bedeckt. Seine untere Grenze fällt auf den oberen Umgängen genau in die Naht. Die Sculptur besteht aus einfachen, scharfen, mässig dicht ge- stellten Querrippen, welche von der Naht aus nach einer kurzen Krümmung fast gradlinig nach hinten laufen und unter c. 60° auf das Band stossen. An der unteren Leiste des Schlitzbandes beginnen sie wieder in derselben Stärke und gehen senkrecht nach unten, ohne in der Nähe des Bandes eine Rückwärtsbiegung zu zeigen; in ihrem Fig. 1. 1. Pleurotomaria alauna K. Natürliche Grösse. 2. Sculptur von Pl. alauna. Vergrössert. 3. Pl. alauna. Basis und Nabel, etwas vergrössert (1, 5:1). weiteren Verlauf nur wenig undulirt, überschreiten sie in derselben Richtung auch die Nabelkante. Die Tiefe des Nabels ist durch Ge- steinsmasse verdeckt. Ausser diesen Querrippen sind sehr schwache Spiralleisten zu beobachten; besonders treten unter dem Bande c. 3 etwas deutlicher hervor. Der Mundsaum ist etwas zurückgebogen (ob verdickt, ist nicht zu sehen), der Mündungsausschnitt breit und kurz (nur wenig länger als breit). Zone des Arcestes Studeri, Schichlingshöhe bei Hallstatt, 1 Exem- plar, k. k. geol. R.-A. Dieselbe Zone, Schreyer-Alm, I Exemplar, München. Diese Art geht in etwas veränderter Gestalt in die höheren Horizonte über; ich sondere diese Form aus als [3] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 443 Pleurotomaria alauna Koken mut. cancellata. (Fig. 2.) Die Gestalt, die Weite des Nabels, Lage und Breite des Schlitz- bandes stimmen vollkommen mit der älteren Form überein. Die Sculptur lässt aber beide sicher unterscheiden. Die Querrippen (welche übrigens denselben Verlauf haben wie bei voriger Art) sind schwächer . und treten an Stärke fast gegen die zahlreichen Spiralrippen zurück, mit denen sie ein zierliches Gitterwerk bilden. Die Maschen sind auf Fig. 2. Sculptur von Pl. alauna mut. cancellata. Vergrössert. der Oberseite höher und rhomboidisch, auf der Unterseite niedriger, quadratisch, in der Nähe des Nabels rechteckig. Ueber der scharf ausgeprägten Nabelkante ist ein etwas breiterer, flach concaver Zwischenraum freigelassen, als sonst zwischen zwei Spiralrippen zu liegen pflegt. „Sandling“, ohne nähere Bezeichnung der Zone. 1 Exemplar, Mus. Göttingen. (Witte’sche Sammlung.) Pleurotomaria juvavica Koken. (Fig. 3. 1—5.) Oval kegelförmig, mit gewölbten Windungen, sehr convexer Basis und engem, kantig abgegrenzten Nabel. Das Band liegt auf der Mitte der Windungen, im Scheitel der Wölbung, etwas über der Naht, und bezeichnet auf der Schlusswindung die Grenze zwischen Ober- und Unterseite oder Basis. Es ist flach concav, mit feinen Lunulis bedeckt und von zwei Leisten einge- schlossen. Der Mündungsausschnitt ist kurz, gerundet. Die Sculptur besteht aus scharfen, schmalen Spiral- und An- wachsrippen. Die Spiralrippen sind über dem Bande am stärksten und am weitesten gestellt; die Zahl ist sehr variabel und beträgt zwischen 3 und 7. Unter dem Bande stehen sie gedrängter und bilden mit den Anwachsrippen ein Netzwerk von fast gleichseitigen Maschen, dessen Kreuzungspunkte oft gekörnt sind, während die Maschen auf der Oberseite schräge, der Höhe nach gedehnte, schmale 444 E. Koken. [4 Rhomben sind. Die Anwachsstreifen verlaufen von der Naht fast geradlinig rückwärts zur oberen Leiste des Bandes, von der unteren Leiste, in welcher sie scharf rückwärts geknickt sind, erst senkrecht, dann etwas nach vorn gerichtet zum Nabel. Bei einem Exemplar der Münchener Sammlung sind die Spiralen auf der Basis fast zum Verschwinden gekommen; über dem Bande stehen nur vier, davon die untere sehr weit vom Bande entfernt. Bei einem anderen Exemplar der Münchener Sammlung sind die Spiralen über dem Bande sehr zahlreich und alternirend stark; man DD ar R IT NIT 5 ER IF, = HEN % EEEERETS, Bee2 177 L} naga22 Her 1—5. Pleurotomaria juvavica Koken. ©. Abdruck der. Mündung an einem Steinkerne. 4, 5. Sculptur vergrössert. 6. Pleurotomaria geometrica Koken. zählt vier stärkere, fünf schwächere Rippen. Auch die Anwachs- streifen stehen dicht und sind zum - Theil durch Einschaltung ver- mehrt. Die Wölbung der Windungen ist etwas grösser, das Band steht etwas höher über der Naht. Ich bezeichne dies als var. interstrials. Alle alpinen Exemplare stammen von Schreyers Alm aus der Zone des Arcestes Studeri, wo die Art häufig ist; ausserdem bei Han Bulogh gefunden (Museum für Naturkunde, Berlin). i Pleurotomaria jwvavie« wird in den: höheren Horizonten durch‘ nahe verwandte Arten vertreten, die zwar nicht mehr als Mutationen zu bezeichnen sind, zu denen aber doch nur wenige Zwischenglieder‘ fehlen. Ich möchte auch diese hier kurz: beschreiben. [5] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 445 Pleurotomaria geometrica Koken. Syn. Turbo decoratus Hörnes pars. kBie.>5.. 6. Big. 4.1.) Oval kegelförmig, mit stark gewölbten Windungen, sehr con- vexer Basis und engem, von einer scharfen, spiralen Kante einge- schlossenem Nabel. Das Band liegt auf der Mitte der Windungen und ist bei deren starker Wölbung ziemlich hoch über der Naht zu sehen. Es ist flach concav, von zwei Kielen eingefasst und mit scharfen, schnurförmigen, dicht stehenden Lunulis bedeckt. Der Mündungsausschnitt ist kurz, gerundet. Die Sculptur besteht aus starken, um etwas weniger als die Bandesbreite auseinander stehenden Spiralkielen, und viel enger stehenden, aber immer noch scharfen, schmalen Rippen in der An- wachsrichtung. Die durch die Kreuzung erzeugten Maschen sind Fig. 4. 1. Pleurotomaria geometrica Koken. 2. Mittelform zwischen Pl. Hörnesi und Pl. geometrica. schmal, überall höher als breit. In der Nähe des Nabels nehmen die Spiralkiele faltenartigen Charakter an. Die Anwachsrippen ver- laufen von der Naht geradlinig rückwärts bis zur oberen Leiste des Bandes und von der unteren Leiste, auf der sie kurz gebogen sind, in derselben Richtung weiter dem Nabel zu. Bei dem Typus der Art, Hörnes’ einem Original zu Turbo decoratus, zählt man vier Spiral- kiele über dem Bande, zehn einschliesslich der Nabelkante unter dem Bande. Von Pl. juvavica unterscheidet sich Pl. geometrica leieht durch geringere Zahl und grössere Schärfe der Kiele auf der Basis; auch sind die Windungen gewölbter und das Band liegt höher über der Naht. Von der folgenden Art, Pl. Hörnesi Stur (Turbo decoratus Hörnes pars) ist sie durch verhältnissmässig zierlichere Sculptur unterschieden. Man zählt dort nur zwei Spiralkiele über und sechs unter dem Bande; auch die Anwachsrippen stehen weit auseinander und die Kreuzungs- punkte mit den Spiralen sind knotig verdickt. Es existiren aber Uebergangsformen, die ich als Pl. geometrica — Hörnesi bezeichnen will. Das Original zu Pl. geometrica aus der Fischer’schen Samm- lung stammt nach der Erhaltung (bräunlich mit schwarzen Flecken) Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (E. Koken) 59 446 E. Koken. [6] aus den unteren Schichten des Röthelsteins. Keinesfalls ist es aus den Gastropodenschichten wie die Bezeichnung „Sandling“ vermuthen lassen könnte. Ein anderes Exemplar (München) ist sicher vom Röthelstein. Pl. Hörnesi Stur ist die in der Gastropodenschicht verbreitete Form, die Zwischenformen geometrica — Hörnesi stammen meist aus den Subbullatus-Schichten des Sandlings und vom Röthelstein („karnisch“), jedöch auch vom Sommeraukogel („norisch‘“). Pleurotomaria Hörnesi Stur. — Turbo decoratus Hörnes pars. (Pi05, 4.2.) Kreiselförmig mit gewölbten Windungen, convexer Basis und engem, durch spirale Kanten abgegrenzten Nabel. Das Band ist breit und liegt auf der Mitte der Windungen; es ist flach eoncav, von starken Längskielen eingefasst und mit groben, distanzirten Lunulis bedeckt. Mündungsausschnitt kurz, gerundet. Ueber dem Schlitzband liegen zwei, unter ihm sechs hohe Spiral- rippen, von denen die den Nabel umziehende fast faltenartig ist. Die Fig. 5. Pleurotomaria Hörnesi Stur. 1. Sculptur vergrössert. Querrippen sind schwächer, aber auch sehr stark und scharf, dabei schmal. Die Kreuzungspunkte der Rippen sind knotig verdickt, ebenso’ jene Stellen, wo die Querrippen auf den Grenzkielen des Bandes sich scharf umbiegen. Dass ein echtes Schlitzband vorliegt, sieht man hier sehr deutlich. Die Querrippen verlaufen von der Naht aus grad- linig, nur wenig nach rückwärts, auf das Schlitzband zu, unter dem Bande etwas stärker rückwärts. Die Unterschiede von Pl. juvavica und Pl. Sturi sind schon hervorgehoben; es sei noch bemerkt, dass die Schlusswindung weniger hoch, daher das Gehäuse auch nicht oval, sondern mehr kreiselförmig ist. Eine dritte, neue Art, Pl. bellisculpta Koken, hat viel schwächere Anwachsrippen bei prononcirter Ausbildung der Spiralkiele. Leisling bei Goisern, Gusterstein im Taschlgraben, Sommerau- kogel, Sandling (coll. Fischer, wohl Gastropodenschicht). Feuer- kogel. Unter der Bezeichnung Röthelstein (Sandling - Horizont) liegen zwei Stücke in der Münchener Sammlung, welche der Erhaltung nach vom sog. Ferdinandsstollen sein könnten, dann also „norisch“ wären. [7] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 447 Pleurotomaria turbinata Hörnes mut. Studeri. (Fig. 6. 1. 2.) Ich möchte zuerst die echte Pl. turbinata H. beschreiben. Niedrig kreiselförmig, mit treppenförmig abgesetzten, spiral- gerippten Umgängen, ziemlich weit genabelt. Die Strecke von der Naht bis zu dem Bande bildet eine flache Abdachung, welche stets von einem starken Spiralkiel durchzogen ist; secundäre Spiralkiele und Spiralstreifen sind fast stets vorhanden. Die Anwachsstreifen beschreiben einen nach vorne stark convexen Bogen; sind sie kräftiger entwickelt, so kommt es zu Crenulirungen und Knötchenbildungen auf den Spiralen. Das Band liest auf der Grenze zwischen Ober- und Aussen- seite, ist breit, mehr oder weniger ausgehöhlt und von zwei Kielen eingefasst, von denen der obere der stärkere ist. Bei genauer Be- trachtung sieht man, dass dieser Kiel durch eine Furche nochmals getheilt ist; es handelt sich in Wahrheit um ein gekieltes Schlitz- band, dessen Kiel fast bis zur Verschmelzung an die obere Leiste gerückt und von dieser kaum zu unterscheiden ist. Dies ist aber Fig. 6. Pleurotomaria turbinata Hörnes mut. Studeri Koken. 1. In dreifacher Grösse. 2. Sculptur stärker vergrössert. durchaus nicht bei allen Stücken der Fall; oft liegt der Kiel auch ganz genau in der Mitte des Bandes und ist weit höher als die Randleisten (das Band ist dann natürlich auch nicht mehr concav) und in anderen Fällen sehen wir, wie er bei stärkerer Entwicklung der Anwachsstreifen auch grob gekerbt anftreten kann. Das untersuchte reiche Material lässt keinen Zweifel zu, dass es sich hier nur immer um individuelle Varietäten handelt, von denen keine einen höheren Grad von Selbständigkeit erlangt. Unter dem Schlitzband beginnt die etwas bauchig vorspringende Aussenseite, welche in ganz allmählicher Rundung in die ebenfalls gewölbte Basis übergeht. Die erste der unter dem Schlitzbande folgenden Spiralleisten ist die kräftigste und steht bedeutend weiter von diesem ab als die Spiralkiele unter sich; der Zwischenraum fällt stets im die Augen- und ist nicht selten durch feinere Spirallinien noch weiter verziert. Die folgenden vier Spiralleisten nehmen an Grösse allmählich ab, stehen aber ziemlich gleich weit von einander ab. Auch zwischen gI* 448 E. Koken. [8] ihnen kommen secundäre Spiralrippchen vor. Die Basis ist bis in den Nabel hinein mit schwächeren und bedeutend enger gestellten Spiralleisten bedeckt. Bemerkenswerth ist die Gestalt der Anfangswindungen, die an mehreren Exemplaren gut zu beobachten war. Sie beginnen mit einer glatten Embryonalblase, dann folgen zwei ganz glatte runde Win- dungen; nun stellt sich oben eine Kante ein, an der die Anwachs- streifen zurückweichen und aus dieser Kante entsteht das Schlitz- band. Die Oberseite der Windungen ist ganz glatt und eben, die Aussenseite glatt und gewölbt. Auf der vierten Windung wird der Spiralkiel der Oberseite deutlich, etwas später stellen sich die übrigen Spiralsceulpturen ein. Pleurotomaria turbinata Hörnes liegt vor aus den unteren Schichten des Röthelsteins (auch Feuerkogel bezeichnet), aus den oberen Schichten (Zone des T’rach. aonoides), und aus den Subbullatus- Schichten des Sandling. Auch die nur mit „Sandling“ bezeichneten Stücke gehören der Erhaltung nach in diese Zone, nicht in die Gastropodenschicht. Als Pleurotomaria turbinata Hörnes mut. Studeri bezeichne ich nun die ältere Form aus den Schichten mit Arcestes Studeri der Schichlingshöhe bei Hallstatt. Es liegt nur ein unvoll- ständiges Exemplar vor (Sammlung der Wiener R.-A), welches aber deutlich erkennen lässt, dass im Wesentlichen völlige Ueberein- stimmung mit dem karnischen Typus herrscht. Unterscheidend ist die Enge des Nabels, der fast geschlossen erscheint. Der Spiralkiel über dem Schlitzband und die unter ihm sind bedeutend höher und schärfer, secundäre Kiele oder Streifung fehlen ganz. Murchisonia Dittmari Koken. (Fig. 7. 1-3) Das schlanke Gehäuse beschreibt zahlreiche, ziemlich niedrige Windungen, welche etwas unter der Mitte der Höhe scharf gekielt ie 4. Fig. 7. 1., 2., 3. Murchisonia Dittmari Koken. l. in doppelter Grösse, 2. und 3. das Band stärker vergrössert. 4. und 5. Murechisonia Dittmari mut. splendens. 5. in dreifacher Grösse, 4. das Band stärker vergrössert (umgekehrt gestellt). [9] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 449 sind. Diese weit vorspringende Kante wird gebildet von der unteren Begrenzung des Schlitzbandes, dessen leicht concave, mit zarten Lunulis bedeckte Fläche schon dem Anstiege der Oberseite angehört. Bei näherer Untersuchung ergibt sich, dass das Schlitzband nicht einfach concav und zwischen zwei Grenzleisten eingesenkt ist, wie etwa bei M. euglypha Koken (Fig. 3) aus den unteren Schichten des Röthelsteines (Teltschen), sondern dass es gekielt ist, dass aber der Kiel ganz auf die Seite gerückt und mit der unteren Randleiste fast verschmolzen ist, 2. Fig. 8. Murchisonia euglypha Koken. Vergrössert (6:1). Der Naht genähert liegt über dem Schlitzbande noch eine ziem- lich starke spirale Leiste; sonst trägt das Gehäuse nur feine und stark geschwungene Anwachslinien. Die Spindel ist durchbohrt. Bis jetzt kenne ich nur ein Exemplar von Schreyers Alm, welches der Sammlung der Wiener geologischen Reichsanstalt gehört. Sehr nahe verwandt, so dass ich sie nur als jüngere Mutation (mut. splendens) auffassen kann, ist eine Murchisonia vom Feuerkogel (Fig. 7. 4-5), nach Mojsisoviecs aus karnischen Schichten. Hier fehlt der schmale Kiel unter der Naht, das Band ist etwas hohler, die Basis undeutlich spiral gestreift und gewölbter. Auch von dieser liegt nur ein Exemplar vor, in derselben Sammlung. Neritaria (?) sp. (Fig. 9. 1, 2.) Von dieser zierlichen Neritidenform liegt bis jetzt nur ein be- schädigtes Exemplar vor; ich wage es nicht, eine neue Art hierauf zu gründen und stehe auch von näheren Vergleichen mit anderen triassischen Arten ab, da die Merkmale, nach denen man artlich trennen oder vereinigen soll, in dieser Gruppe sich erst aus den Beobachtungen an zahlreichen Stücken sicher ergeben. | Mir war aber wichtig, dass auch hier die Mündung sehr deut- lich einen ähnlichen Vorsprung erkennen lässt, wie er charakteristisch 450 E. Koken. [10] für die von mir Neritaria benannte Gruppe ist. Weiter vorn biegt die Innenlippe sich gegen aussen, so dass eine Bucht entsteht, welche an den Ausschnitt bei Neritopsis erinnert. Die Schale ist zum Theil abge- platzt; auf der Oberfläche des Steinkernes gewahrt man die Spuren geringer Resorptionserscheinungen. Unter der Naht sind die Win- dungen angedrückt. Die Oberfläche ist etwas corrodirt, doch scheinen feine, scharfe Anwachsstreifen vorhanden zu sein. Kittl hat die von mir für Neritaria similis angegebenen Charaktere an anderen Arten zum Theil nicht beobachten können und daher eine neue Gattung FProtonerita aufgestellt, welche einige ähnliche Arten umschliesst, aber auch solche, welche offenbar anderen Gruppen angehören. Die wichtigen Charaktere der Mündung sind bei Auf- stellung der Gattung nicht genügend ausgenützt gegenüber dem Ha- bitus. Protonerita ist vorläufig ein Sammelbegriff, wie Nerita bei älteren Palaeontologen, „aber man kann sich ja des Namens bedienen, wenn man nur weiss, was damit gemeint ist“. Wenn Kittl aber meint, Fig. 9. 1., 2. Neritarie (2) sp. Vergrössert (2, 5:1. 3., 4. Neritaria sp. St. Cassian. Vergrössert (3:1). dass in Protonerita auch meine Neritaria aufgehen soll, dass man also seinen Namen dem von mir früh gegebenen vorziehen solle, so verstehe ich die Logik dieses Gedankenganges nicht. Ich habe für Neritaria bestimmte Charaktere namhaft gemacht und nachgewiesen; es ist Herrn Kittl’s Sache, zu zeigen, dass der von ihm gegründeten Gattung die Merkmale der Neritaria mangeln oder andere zukommen. Gattungsnamen mit rückwirkender Kraft, welche ältere, anders charakterisirte Formenkreise aufsaugen, sind eine neue Blüthe der modernen Palaeontologie. Der Name Protonerita ist erst dann berechtigt, wenn Herr Kittl im Stande ist, die Ver- schiedenheit von Neritaria exact darzuthun; der Nachweis, dass die von mir für Neritaria als allgemein giltig angenommenen Merkmale nur specifische Bedeutung haben, könnte meinen Namen für diese Gruppe nicht aus der Welt schaffen, wenn es sich zeigt, dass über- haupt hier ein Formenkreis vorliegt, der eine Benennung verdient. Herr Kittl kann ja dann schreiben, wie er das zu lieben scheint: Neritaria Koken emend. Kittl. Im Uebrigen glaube ich, dass die Scheidung zwischen Neritaria und Protonerita sich reinlich voll- ziehen lässt. Ich komme hierauf, wie überhaupt auf die wichtige Gruppe der Neritiden, in meiner grösseren Arbeit zurück. Meine (Grattung Neritaria ist ein scharf umschriebener Formenkreis; die vor- [11] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 451 liegende Art der Schreyer Alm stelle ich nur ganz provisorisch hier- her. Trotz des Zahnes an der Innenlippe könnte eine andere Gruppe vorliegen, wenn sich nicht zugleich der halbmondförmige Gallus auf der Innenlippe nachweisen lässt. Dieser ist aber an dem vorliegenden Exemplar zum grössten Theile zerstört. Dass übrigens Nachforschungen auch bei St. Cassianer Neritiden nicht immer erfolglos sind, lehrt Fig. 9. 3, 4. Die Innenlippe zeigt äusserlich nur eine halbmondförmige Verdickung, auf der Innenseite aber einen scharfen, krummen Zahn. (Original in der Königsberger Sammlung.) Lepidotrochus nov. gen. Kreiselförmig bis kegelförmig, mit kantigen, abgesetzten Win- dungen und tiefen Nähten. Die Anwachsstreifen sind dicht unter der Naht auffallend scharf nach hinten geschwungen; an der Kante der Windungsperipherie sind sie etwas nach vorn gezogen und bilden hier Schuppen, blättrige Dornen oder hohe Stacheln, auf der Basis setzen sie in derselben Richtung zur Nabelgegend fort, wie auf der Oberseite der Windungen. Spiralkanten auf der Basis oder auf der Oberseite treten noch häufig dazu und geben ebenfalls Gelegenheit zu schuppigen oder stacheligen Bildungen. Nabel enge. . Die Gattung Lepidotrochus steht in der Nähe von Hyperacan- thus nov. gen., als dessen Typus Cirrus superbus Hoernes zu gelten hat. Die systematische Stellung des ganzen Kreises ist bei den Trochiden resp. Astraliiden. Lepidotrochus Bittneri Koken. (Fie. 10) Gehäuse ziemlich hoch, mit kantigen Windungen und tiefein- springenden Nähten. Die peripherale Kante ist lamellar zusammen- gepresst und mit haubenähnlichen, blättrigen Aufbiegungen besetzt; Fig. 10. Lepidotrochus Bittneri Kokeu. Fast 2:1. auf der Oberseite der Windungen folgen dann in einigem Abstande eine durch die Anwachsstreifen schnurähnlich verzierte Leiste und dann zahlreiche feinere, gekörnte Spiralrippen. 452 E. Koken. [12] Die Unterseite ist unvollständig bekannt; in viel weiterem Abstande folgt hier unter der Hauptkante eine spirale Leiste, der sich in der Nabelgegend noch mehrere anzuschliessen scheinen. Zwei verwandte Arten sind L. sandlingensis K. aus der Gastro- podenschicht und ZL. cancellatus K. vom Someraukogel. Bei jenem ist die Kante mit sehr langen Stacheln, bei diesem mit kurzen lappigen Dornen besetzt. L. sandlingensis hat auf der Oberseite der Windungen nur fadenförmige Anwachsstreifen, gar keine Spiralrippen, L. cancellatus 3 Spiralrippen und sehr scharfe, schuppige Anwachs- ornamente. | L. Bittneri fand sich auf Schreyer’s Alm (1 Exemplar, W. R.-A.). Coelocentrus heros Koken. (Fig. 11. 1. 2.) Niedrig kegelförmig, mit tiefen Nähten, welche von der Seiten- kante der Windungen überrag! werden; Schlusswindung deutlich gesenkt. Auf der flachgewölbten Apicalseite bilden die welligen und gebündelten Anwachsstreifen sichelförmige Linien, die anfänglich nach vorn concav gebogen sind, sich aber über der Seitenkante scharf nach rückwärts biegen und auf dieser einen deutlichen Sinus machen. Auf Fig. 11. 1. Coelocentrus heros Koken. Schreyer’s Alm. 2. Dieselbe Art (Ansicht von oben) vom Sandling (Subbullatus-Schicht). Beide etwas mehr als 2:1. der rundlich gewölbten Unterseite laufen die Anwachslinien scharf nach hinten, aber in zugleich nach vorn concaver Curve, und steigen in dem weiten Nabel wieder nach vorne überliegend auf. Die Mündung, deren Ränder zusammenhängen, ist also nach hinten und unten etwas ausgebogen. Die sinuöse Einfaltung am Aussenrande der Windung wächst periodisch zu langen, auf der Rückseite längs- gestreiften Stacheln aus, die schräg nach vorn gerichtet und hohl sind. Die Höhlung ist sehr eng, liegt dem Vorderrand an und öffnet sich bei jüngeren Stacheln spaltförmig nach vorn. Man zählt auf dem Umgang circa 12 solche Stacheln. Das in meiner Monographie der Art zu Grunde gelegte Original (Fig. 11. 2) stammt aus den Subbullatus-Schichten des Sandling. Das Exemplar aus den Schichten mit Arcestes Studeri (Schreyer Alm) scheint [13] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 453 sich durch die regelmässig gestellten Falten der Apicalseite auszu- zeichnen: und ist höher, stimmt aber sonst in allen erkennbaren Punkten überein. Die auffallende Länge der Stacheln zeigt es vorzüglich gut. Eine gewisse Aehnlichkeit besteht zwischen unserer Art und der von Laube als Delphinula Pichleri beschriebenen Form, die aller- dings um das Dreifache kleiner ist. Die Lateralrinne ist bei der Hallstätter Art nicht vorhanden oder doch nur äusserst schwach angedeutet, die von Kittl hervorgehobene chagrinartige Längsstreifung der Apicalseite und der Lateralrinne fehlt, und die Anwachsstreifen, obwohl deutlich hervortretend, gruppiren sich doch nicht zu regel- mässig distanzirten Querrippen, wie sie Laube’s Originalexemplar zeigt. Ueber die Berechtigung, die beiden Arten getrennt zu halten, kann man nicht zweifelhaft sein, ebensowenig aber, dass ein Zusammen- hang vorliegt, wenn es auch nicht gerade die directe Descendenz ist. Zittel hatte in seinem Handbuche der Palaeontologie den Namen Coelocentrus eingeführt für Formen, welche De Koninck früher als Cirrus, De Ryckholt als Omphaloecirrus bezeichnet hatte. Die Diagnose lautet: „Sch. niedrig, kegelförmig, weit genabelt; Um- gänge rundlich oder kantig mit 1—2 Reihen Knoten oder hohlen Stacheln besetzt. Mündung rund; Aussenlippe ganz. Devon bis Trias: Euomphalus Goldfussi D’Arch. Vern. (Devon); Cirrus Polyphemus Laube (Trias). Die beiden genannten Formen wird man nicht in einer Gattung zusammenlassen können. Bei seiner Bearbeitung der Cassianer Gastro- poden entschied sich Kittl, den Namen auf die triassischen Arten zu beschränken. Dabei scheint ihm festzustehen, „dass E. Goldfusst sich den Euomphaliden enger anschliesst, als die triassischen Coelo- centrus-Formen, da ja E. Goldfussi als eine Specialisirung der ge- knoteten Euomphaliden (Phymatifer De Koninck) angesehen werden kann, während für die triassischen Formen eine ähnliche Beziehung noch nicht nachgewiesen ist.“ Hierzu möchte ich noch einige Worte bemerken. Euomphalus Goldfussi, zu dem E. annulatus als Jugendform gerechnet wird, zeichnet sich immer, mag man ihn als rechts oder links sewunden betrachten, dadurch aus, dass auf dem stacheltragenden Kiel die Anwachsstreifen einen nach vorne gerichteten Winkel bilden, während sie bei Coelocentrus Pichleri und heros einen tiefen Sinus nach hinten bilden. Die Anwachsstreifen sind in der Jugend sehr scharf, regelmässig und dichotom; Stacheln stellen sich erst auf den letzten zwei Windungen ein. Auf der entgegengesetzten Seite, nach unserer Auffassung der oberen, bilden die Anwachslinien einen ein- fachen, scharf nach vorn gerichteten Bogen. . Von Straparollus, in welcher Gruppe Phymatifer eine Section bildet, etwa wie Philoxene, entfernt sich diese Form beträchtlich, noch weit mehr aber von den mit ihr zusammengestellten Triasarten. Wie sie mit den Euomphalen verknüpft ist, erscheint noch fraglich. Jedenfalls beansprucht sie einen eigenen Gattungsnamen, und da muss man nach den Gesetzen der Priorität auf Omphalocirrus zurückgreifen. Solche Arten, wie sie Whiteaves als Omph. manitobensis beschrieben Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894, 44. Band, 3. Helt. (E. Koken.) 60 454 x. Koken. [14] hat, !) wären vorläufig anhangsweise einzureihen; das Auftreten einer zweiten Reihe von hohlen Dornen auf der oberen Seite gibt ihnen wohl einen abweichenden Habitus, doch scheinen die inneren Win- dungen ähnlich gestaltet zu sein. Oirridius de Kon. lasse ich vorläufig ausser Betracht, da nach der Abbildung, die ein schlecht erhaltenes Stück darstellt, kein sicheres Urtheil zu gewinnen ist. Da Coelocentrus von Zittel in erster Linie für die genannte Devonart aufgestellt wurde, für diese aber schon eine Gattungs- bezeichnung vorhanden war, so konnte der Name eigentlich in Fortfall kommen; indem Kittl ihn für die in zweiter Linie genannte Trias- form aufrecht erhält, tritt er an die Stelle des Autors. Die geänderte Diagnose lautet: „Niedrig gewundene Gehäuse mit offenem Nabel und einer marginalen und supramarginalen Reihe hohler Dornen.“ Obwohl Kittl diese Diagnose „enger gefasst“ nennt, ist sie doch ganz unbe- stimmt und z. B. eine Unterscheidung von Delphinula in ihr durch- aus nicht enthalten. Bei CÜoelocentrus Pichleri Laube sp. wird zwar bemerkt, „dass diese Form bei Delphinula nicht entprechend unter- gebracht war, dürfte weiterer Erklärung nicht bedürfen“, aber dabei ist auf Formen, wie Delphinula calcar Lam. ete. nicht genügend Rücksicht genommen. Üoelocentrus Kittl enthält wiederum dreierlei verschiedene Abtheilungen, und erst wenn man diese sondert, wird man zu einer scharfen Diagnose gelangen können. Zunächst müsste man Pleuwroto- maria pentagonalis Klipst. ausscheiden, die ein ganz extremes Element in diesem Formenkreise bildet. Dann bleibt eine Reihe unter sich verwandter Arten und der alte Cirrus polyphemus Laube über. Von letzterem wird ein sehr schönes Exemplar in der Sammlung des Museums für Naturkunde zu Berlin aufbewahrt; es trägt zahlreiche Stachelröhren, nämlich 11 auf dem letzten Umgange, und neben den Anwachsstreifen auch Spiralstreifung auf der Basis, aber bei der schlechten Erhaltung des Laub e’schen Originales, welche die Kenn- zeichen der Art nur ungenügend zu fixiren gestattet, möchte ich doch annehmen, dass dieselbe Art vorliegt. Es ergibt sich nun, dass Cirrus polyphemus, also der Typus der Gattung Üoelocentrus, sich von den übrigen als Coelocentrus bezeich- neten Arten bei aller Aehnlichkeit doch durch zwei Merkmale ent- fernt. Erstens ist bei den Stacheln die Anlage aus einer Falte ganz verwischt und sie bilden rings geschlossene hohle Röhren und zweitens ist die Richtung der Anwachsstreifen und die Form des Mundrandes eine andere; die Linien verlaufen nämlich unter der Stachelreihe entschieden nach vorne, während sie bei den Hallstätter Arten und ©. Pichleri in sichelförmiger Krümmung »ach hinten laufen, so dass der Mundrand auf der Unterseite einen breiten Ausschnitt zeigt. Ich sehe aber vorläufig bei dem geringen Umfange des von allen Arten bekannten Materiales von einer weiteren Zerlegung der Gattung ab, un: betone nur, dass gerade. der zuerst durch Zittel unter Coelo- centrus genannte, von Kittl zum Typus erhobene Cirrus polyphemus von dem Gros der Arten sich mehr unterscheidet als diese unter sich. ') Contributions to Canadian Palaeontology. Vol. I. Nr. 6, Taf. 43 f. 5—7. ’ [15] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 455 Eine von Kittl aus den Marmolata-Schichten beschriebene Art, Coelocentrus infracarinatus, ist fast ununterscheidbar von einer im oberschlesischen Muschelkalk vorkommenden Art, wie ich an einem Stücke des Breslauer palaeontologischen Museums mich über- zeugen konnte; diese hinwiederum ist durch Uebergänge voll- kommen mit der echten Delphinula infrastriata v. Stromb. verbunden, die am schönsten in den Schaumkalkbänken des Elmes vorkommt. Bei Delphinula infrastriata ist auch die Oberseite durch einen mittleren Kiel gebrochen, was mich früher veranlasste, die Art mit Schizogonium zu vergleichen. Die Anwachsstreifen bilden aber auf diesem Kiel keine Bucht, sondern verlaufen ununterbrochen in schräger Richtung zur Peripherie, welche mit sehr hohen und regel- mässigen, nach vorn offenen Stacheln besetzt ist. Indem die deutliche Longitudinalstreifung dem Aufstieg der Dornen folgt, entsteht eine eigenthümliche excentrische Streifung der Oberseite. Ich werde gelegentlich eine genaue Abbildung dieser interessanten Form der germanischen Trias nach dem schönen Material geben, welches ich der Güte des Herrn v. Strombeck verdanke. Es ist nun keine Frage, dass v. Strombeck seine Art mit richtigem Tacte an Delphinula angeschlossen hat; ob sie bei der heute herrschenden Methode, möglichst kleine Gruppen wirklich d. h. genetisch verwandter Arten durch einen Gattungsnamen auszuzeichnen, bei Delphinula verbleiben dürfte, ist eine andere Frage, in die Verwandt- schaft gehört sie aber jedenfalls. Verschwindet der Kiel der Oberseite und die Längsstreifung, so resultiren Arten wie Coelocentrus infraca- rinatus. Runden sich die Windungen und verschwinden beide Kiele, ebenso die Längsstreifung, und schliessen sich die Dornen nach vorn zusammen, so kommen wir zu Arten wie Üoelocentrus heros, und über diese zu dem Typus der Gattung Coelocentrus, zu ©. Polyphemus mit seinen röhrenartigen Stacheln. Durch Ausbildung einer Lateralrinne, stärkere Spiralrippung der Basis, Ausbildung einer inframarginalen Kante etc. entstehen andere Abweichungen, die schliesslich zu Formen wie C. pentagonalis Kittl hinführen, der jedenfalls von ©. polyphemus schon sehr weit getrennt ist. Es wird schwer sein, in die Menge sich entwickelnder Formen, aus denen auch die lebende, gewöhnlich den Astrelüinen angeschlossene Guilfordia hervorgegangen sein dürfte, Ordnung zu bringen, urd doch wird man sie nicht mit einem Gattungs- namen zusammenfassen dürfen. Anisostoma falcifer Koken. (Fig. 12.) ‘ Von dieser schönen Art ist leider nur ein, allerdings sehr scharfer Gegendruck erhalten. Die Abbildung (Fig. 12) ist nach dem Abguss angefertigt. Charakteristisch sind die sehr zahlreichen c-förmigen, flachen Falten, welche scharf von den etwas schmaleren Zwischenräumen abgesetzt sind. Zwischen ihnen stehen noch feinere Zuwachsstreifen. Jeder Falte entspricht ein starker Knoten auf dem Kiele, welcher 60* 456 E. Koken. [16] die Aussenseite begrenzte und in der Nath sichtbar wird. Die Quer- sculptur wird von zahlreichen feinen Spiralen geschnitten. Die Gestalt der Aussenseite und der Mündung ist nicht bekannt. Ich würde auf das dürftige Material keine neue Art errichtet haben, wenn nicht das Vorkommen so wichtig wäre. Die Art stammt aus den Schiehten mit Arcestes Studeri von der Schreyer Alm und würde Fig. 12. Anisostoma faleifer Koken. 5:1. also die älteste bekannte sein. Sowohl von A. Hörnesi Dittmar (Röthel- stein), wie von A. Suwessi Hörnes (Gastropodenschicht) ist sie deutlich geschieden, scheint aber doch der ersteren näher zu stehen; dafür spricht der faltenartige Charakter der Berippung. Ob direcete Descen- denz vorliegt, wird erst diseutirbar, wenn Aussenseite und Mündung bekannt sein werden. Mit Vernachlässigung einiger schlecht erhaltener oder indiffe- renter Arten, welche den Chemnitzien und Naticiden oder Naticop-. siden angehören, besteht die bis jetzt bekannte Gastropodenfauna der Schichten mit Arcestes Studeri, also aus folgenden Arten: Pleurotomaria turbinata Hörnes mut. Studeri K. Schiechlinghöhe. Pleurotomaria alauna K. Schiechlinghöhe, Schreyer Alm. Pleurotomaria juwvavica K. Schreyer Alm. Murchisonia Dittmari K. Schreyer Alm. Coelocentrus heros K. Schreyer Alm. Lepidotrochus Bittneri K. Schreyer Alm. Anisostoma falcifer K. Schreyer Alm. Neritaria sp. Schreyer Alm. Pleurotomaria turbinata H. ist häufig in den unteren Schichten des KRöthelsteins (Teltschen, Feuerkogel), ferner in den oberen Schichten des Röthelsteins (Zone des A. aonoides) und in den Subbul- latus-Schichten vom Sandling. Einige nur mit „Sandling“ bezeichnete Stücke sind ihrer Provenienz nach unsicher, scheinen aber nicht aus der Gastropodenschicht zu stammen. Pleurotomaria alauna K. liegt in einer Mutation, die ich als mut. cancellata bezeichne, auch vom „Sandling“ vor, ohne nähere Be- [17] Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. 457 zeichnung des Lagers. Die Gastropodenschicht dürfte ausgeschlossen sein; die schwärzliche Incrustirung weist mehr auf eine Verwechslung mit der Localität Teltschen hin. Pleurotomaria juvavica K., die häufigste Art der Schreyer Alm und einigermassen variabel, eröffnet die Reihe der in den Hallstätter Kalken so verbreiteten, früher meist unter Turbo decoratus vereinigten Arten. Von diesen ist Pl. geometrica K. fast nur vom Röthelstein bekannt, während Pl. Hörnesi Stur in der Gastropodenschicht des Sandlings, am Leisling bei Goisern, Gusterstein im Taschlgraben, am Someraukogl, seltener am Feuerkogl und Röthelstein vorgekommen ist. Die Zwischenformen zwischen beiden, die ich mit der Bezeich- nung Pl. geometrica-Hörnesi zusammenfasse, stammen meist aus den Subbullatus-Schichten des Sandling und vom Röthelstein, jedoch auch vom Someraukogl. Murchisonia Dittmari K. setzt mit unwesentlicher Veränderung der Sculptur in die unteren Schichten des Röthelsteins fort (mut. splendens). _ Coelocentrus heroes K. ward in den Subbullatusschichten des Sandling gefunden. Lepidotrochus Bittneri K. ist nahe verwandt mit L. cancellatus K. und L. sandlingensis K., welche am Someraukogel, beziehungsweise in der Gastropodenschicht des Sandlings gefunden sind. Anisostoma faleifer K. steht durch die faltenartige Berippung dem A. Hörnesi näher als dem A. Suessi. Die Neritidenform ist faunistisch und stratigraphisch vorläufig ohne Belang. Aus den wenigen Daten, die ich hier geben kann, geht aber doch die wichtige Thatsache hervor, dass die Gastropodenfauna der Schichten mit Arc. Studeri auf das Innigste mit jenen der höheren Hallstätter Horizonte verknüpft ist). Keine der Arten steht der Fauna der Hallstätter Kalke fremdartig gegenüber, eine, Coelocentrus heros K., setzt ohne be- merkenswerthe Abänderung in sie fort, drei Arten, Pl. turbinata, alauna und Murchisonia Dittmari, bilden Mutatioven, drei andere, Pl. juvavica, Lepidotrochus Bittneri, Anisostoma faleifer, sind durch sehr nahe stehende Arten vertreten). An eine grössere Lücke in der Schichtenreihe zu glauben, fällt mir angesichts dieser Stabilität der Gastropodenfauna sehr schwer. Die Beziehungen zu den Gastropoden des deutschen Muschel- kalkes sind schwach; Formen, wie Pleurotomaria turbinata, alauna und juvavica, wie Murchisonia Dittmari und Anisostoma sind mir, obwohl ich ein grosses: Material von Muschelkalkarten, deren Anzahl viel grösser ist, als man gewöhnlich annimmt, studirt habe, nicht zu Gesicht gekommen. Coelocentrus kommt in Deutschland vor, aber nicht in solchen Arten, wie sie hier beschrieben sind; die Beziehungen 1) Aus der Zlambachfacies habe ich nur zwei Arten untersucht, welche beide sich auch am Sandling fanden, nämlich Coronaria subulata Dittm. und Pleurotomaria marmorea, eine neue Art aus der Gruppe der P!. anglica. 458 E. Koken. - [1 8] spielen auch hier mehr nach St. Cassian und der Marmolatafauna hin. Coelocentrus infracarinatus Kittl erinnert z. B. sehr an eine schlesische Art, und auch Delphinula infrastriata v. Stromb. gehört in diesen Kreis. Eine ausführliche Discussion dieser faunistischen Beziehungen ist in meiner Monographie der Gastropoden von Hallstatt, deren Manuscript vollendet vorliegt, gegeben. Ein Auszug dieser Resultate soll demnächst in den Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt gebracht werden. Die Bedeutung der südindischen Kreideformation für die Beurtheilung der geographischen Ver- hältnisse während der späteren Kreidezeit. Von Franz Kossmat. Die Kenntniss der aussereuropäischen Kreideablagerungen, dar- unter besonders jener des indopaeifischen Gebietes, hat im Laufe der letzten Jahre ausserordentlich grosse Fortschritte gemacht, und das Bild der faunistischen und geographischen Verhältnisse jener Zeit beginnt sich rasch zu vervollständigen. Die südindische Kreide, welcher anfangs trotz ihres grossen Fossilreichthums kaum mehr als der Werth einer beschränkteren Localentwicklung zukam, tritt nun mehr und mehr in den Vordergrund, da man in einer ganzen Reihe von Kreideablagerungen Bestandtheile ihrer Fauna entdeckte, und N eu- mayr!) wählt sie in seiner Erdgeschichte als Typus der pacifischen Kreideprovinz. Nun ist aber seit der Vollendung von Stoliczka’s?) grossen Monographien über die südindische Kreidefauna weder unsere palaeon- tologische, noch unsere stratigraphische Kenntniss dieses wichtigen Gebietes in irgendwelcher nennenswerthen Weise bereichert worden, obwohl sich in den letzten Jahren wiederholt das dringende Bedürfniss nach Revisionsarbeiten — besonders über die Cephalopoden — geltend machte. Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung bot sich jetzt durch die neuen Aufsammlungen, welche Dr. H. Warth als Inten- .. dant des Madras-Museums im Winter 1892—1893, zum Theile auch im Sommer 1893 im Trichinopoly distriete machte und zur Bear- beitung nach Wien an Herrn Prof. Dr. Waagen schickte, der mich mit dieser interessanten und wichtigen Aufgabe betraute. Wesentlich vervollständigt wurde das Untersuchungsmaterial durch eine bedeu- tende Anzahl von Originalstücken Stoliezka’s, welche Director W. King zur Neuuntersuchung übersandte. Die palaeontologischen Ergebnisse sollen demnächst in den Beiträgen zur Palaeontologie und Geologie (redigirt von 1) M. Neumayr: Erdgeschichte. Bd. 2, p. 390. ; 2) F. Stoliezka: Cretaceous "Fauna of Southern India. (Palaeontologia Indica.) 4 Bände. Calcutta 1865 — 1873. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (F. Kossmat.) 460 F. Kossmat. [2] Prof. W. Waagen) veröffentlicht werden, und im Anschlusse daran denke ich eine ausführlichere Darlegung der stratigraphischen und faunistischen Resultate zu geben; hier will ich nur einige allgemeine Schlüsse kurz vorführen. Die südindische Kreideformation ist vermöge ihrer ausserordent- lich günstigen Lage zwischen den Kreidegebieten der atlantischen und jenen der pacifischen Regionen vorzüglich geeignet, um als Aus- sangspunkt für Untersuchungen über die zoogeographischen Verhält- nisse der späteren Kreidezeit zu dienen. Ihre Fauna vereinigt in sich sowohl Elemente der westlichen als der östlichen Hemisphäre und bringt dadurch mittelbar beide einander näher. 3 Auf das reiche endemische Faunenelement der indischen Kreide und die oft ausserordentlich interessanten Reliete aus älteren Schichten, welche in ihr eine sehr bedeutende Rolle spielen, werde ich, dem Plane dieser Arbeit gemäss, nieht zu sprechen kommen. Räumlich zerfällt die südimdische Kreideformation in zwei ge- trennte Distriete: den grösseren Trichinopoly district und den nördlicheren kleineren Pondicherry distriet — beide südlich von Madras im Bereiche der sogenannten Coromandelküste auf der Ost- seite der indischen Halbinsel gelegen. Bei der geologischen Aufnahme des Trichinopoly distrietes!) fiel die bedeutende Aehnlichkeit eimer grossen Anzahl der gesammelten Fossilien mit mitteleuropäischen Formen auf, und Stoliczka sah sich bei der Bearbeitung der Fauna veran- lasst, einen nicht unbedeutenden Theil der Arten, bei den Cephalo- poden sogar 25 Procent, direct mit europäischen zu vereinigen. Wenn auch bei der Revision nicht wenige von diesen Identificationen zurück- genommen werden mussten, so bleibt doch der Antheil des europäi- schen Faunenelementes, besonders, wenn man ausser den identischen auch die nahe verwandten Formen in Betracht zieht, ein ungewöhnlich grosser. Sehr wichtig und für die Altersbestimmung der Abtheilungen dieser Ablagerung besonders glücklich ist der Umstand, dass die Auf- einanderfolge der einzelnen Faunen bis zu einem hohen Grade mit derjenigen in Europa identisch ist, mehr als man früher anzunehmen geneigt war?). An der Basis der Utatur group liegen ebenso wie in Europa an der Basis des Cenoman, Schloenbachia inflata Sow. und mehrere ver- wandte Species, Hamites armatus Sow, Turrilites Bergeri Brongn. etc. Höher oben stellt sich eine ausserordentlich reiche Fauna von Acan- thoceras-Formen der Gruppe des Ace. Rhotomagense Brong. ein; auch eine Menge von anderen bezeichnenden Formen, wie z. B. Turrilites costatus Brong. und Alectryonia carinata Lam., charakterisirt diesen Horizont als Aequivalent des mittleren und oberen Cenoman. Die ) H.F.Blanford: On the Cretaceous and other Rocks of the South Arcot and Trichinopoly distriets; Madras (Mem. Geol. Surv. India. vol. IV. Pt. I.) Cal- eutta 1865. ?) F. Stoliezka erklärte nur, dass die Utatur group (die älteste der drei Unterabtheilungen) beiläufig dem Cenoman, die Triehinopoly group dem Turon und die Ariyalur group dem Senon gleichzustellen sei. (]. e. vol. IV, p. I.) [3] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 461 höchsten Schichten der Utatur group zähle ich bereits dem unteren Turon zu; die typische Acanthoceras-Fauna verliert sich hier, - und dafür finden wir Ammoniten aus der Verwandtschaft des europäischen Mammites nodosoides (Amm. conciliatus Stol.) und den bezeichnenden turonen Inoceramus labiatus Schloth. Die Triehinopoly group ist reich an schönen Gastropoden und Bivalven, zum Theile europäischen Formen, welche aber für die Fixirung des Horizontes meist wenig geeignet sind; Ammoniten von mitteleuropäischem Charakter treten etwas zurück; doch sind einige sehr bezeichnende Formen vorhanden. In der unteren Trichi- nopoly group stellt Am. serrato-carinatus Stol. (ein Verwandter des Am. Bravaisianus Orb.) einen Vertreter der turonen Prionocyclus-Formen vor, und neben ihm sind auch typische Formen der wichtigen Gruppe des Pachydiseus peramplus Mant. vorhanden. Die höheren Lagen der Tri- chinopoly group sind durch ihre Gastropoden und Bivalven, vorwie- send aber durch das Auftreten einer Schloenbachia der tricarinata- Gruppe und eines Placenticeras aus der Gruppe des P. placenta Mort. hinreichend als unteres Senon charakterisirt. In der Ariyalur group dominiren unter den Cephalopoden obersenone Pachydiscus und Baculiten; in der höchsten Abtheilung derselben bei Ninnyur, die'man am besten ganz davon abtrennen könnte), sind die Ammoniten verschwunden; Nautilus danicus Schloth. und zahlreiche Gastropoden und Bivalven von sehr jungem Habitus stellen diese Schichten an die Grenze zwischen Kreide und Tertiär. Zur Ariyalur group ziehe ich auch die ganze Fauna von Pondicherry, welche E. Forbes für untercretaeisch hielt), wäh- rend Stoliczka zwei von Blanford?) ausgeschiedene Horizonte faunistisch auseinander zu halten suchte, deren älteren, die Valu- dayur group er dem Cenoman (Ütatur group) parallelisirte, während er den jüngeren ins Niveau der Ariyalur group stellte. Im Laufe .der Zeit stellte sich aber heraus, dass manche von den Fossi- lien der Valudayur group sich in der Ariyalur growp des Trichi- nopoly distrietes finden. und Stoliczka wurde dadurch an der Be- deutung der Valudayur group irre, ohne zu einer Entscheidung der Frage zu kommen. In diesem Sommer hatte ich in London Gelegen- heit, die Pondicherryfauna an der Hand der Originale von Forbes besser kennen zu lernen und kam zu dem Ergebnisse, dass sämmt- liche Ammoniten des Pondicherry distrietes, welche Forbes vor- lagen, aus harten bräunlichen oder bläulichen Lumachellen und offenbar aus einem einzigen Horizonte stammen, was auch aus dem Zusammen- vorkommen vieler derselben auf den gleichen Gesteinsstücken her- vorgeht, Der Horizont ist Blanford’s Valudayur group. In der ganzen, reichen Ammonitenfauna dieser Stufe finden wir keinen ein- zigen Vertreter der typischen Cenomanfauna, die wir in der Utatur 1) Diesen Vorschlag macht auch H. Leveill& in der kleinen Arbeit: G&o- logie de I’Inde frangaise (Bull. Soc. Geol. France. 1890, t. XVIIL) p. 144 ff. 2) E. Forbes: Cretaceous fossils of Southern India (Transactions of the Geological Society of London. II. Ser., vol. VII. London 1845— 1856. Art. V. p. 165. SH; RB. Blanfora'kte p151 fl, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (F. Kossmat) 61 462 F. Kossmat. [4] group kennen lernten, wir finden keine Schloenbachia, kein Acantho- ceras, keinen Turrilites, dagegen typisch senone Pachydiscus-Formen, einen echten Sphenodise us (A. Siva Forb), der mit dem senonen 8. lenticularis sehr nahe verwandt ist, endlich grosse Mengen von Bacu- lites vagina und anderen aufgelösten Ammonitenformen. Der Umstand, dass manche der wichtigsten Formen auch in der Ariyalur group vor- kommen (Pachydiscus Egertonianus, Am. (n. 8.) Brahma, Baculites vagina etc.), während sich die geringe Zahl der mit der Utatur group gemein- schaftlichen Species bei der Revision auf einige zweifelhafte Fälle redueirte, ferner die mit den Ammoniten zusammen gefundene Gaste- ropoden- und Bivalvenfauna, welche viel mit der Ariyalur group, nichts aber mit der Utatur group gemeinsam hat, zeigt, dass wir in der Valudayur group eine petrographisch etwas abweichende Entwick- lung der Ariyalur group vor uns haben '). Die Ariyalur group trans- eredirt bereits im Trichinopoly distriete über die älteren Kreideglieder hinweg, und diese fehlen unter ihr weiter im Norden gänzlich, "sowohl im S. Arcot distriete, als auch, wie sich jetzt zeigt, im Pondicherry distriete. Im Winter 1895—1894 unternahm Dr. H. Warth Revisions- aufnahmen im Pondicherry distriete; die gesammelten Fossilien sind auf dem Wege nach Wien und werden hoffentlich manche neuen Anhaltspunkte zu einer sicheren Altersbestimmung geben. Petrographisch von der Valudayur group verschieden ist die obere Abtheilung in Pondicherry entwickelt (weisse Sande und Con- glomerate), welche Blanford und Stoliezka zur Ariyalur group rechneten. Aus ihr sah ich in der Collection Forbes keinen einzigen Ammoniten; dagegen wurde von Blanford Nautilus Danieus gefunden, also dieselbe Art wie in der Ninnyur group des Trichinopoly distriets. Die Frage nach dem Zusammenhange des südindischen Kreide- meeres mit dem europäischen wurde im Laufe der Zeit bereits wieder- holt gestreift. Die genauere Untersuchung der Narbadakreide, in welcher Bose?) nach einer flüchtigen Durchsicht auch Triehinopoly- species zu finden geglaubt hatte, ergab ihre völlige Verschiedenheit von derjenigen des Trichinopoly-Pondicherry distriets, dagegen die weitgehende Uebereinstimmung ihrer Echinodermenfauna?) mit der syrischen, nord-afrikanischen und südfranzösischen Kreide, also typi- schen Gliedern der mediterranen Provinz. Die Annahme einer ehemaligen Landverbindung zwischen Südindien und Hochafrika, zu der auch andere Thatsachen führten, erhielt hiedurch eine neue Be- stätigung. Die oberen Kreideablagerungen der nördlichen und west- lichen Gebirgsumrandung Indiens haben ebenfalls mit der Trichinopoly- Pondicherryserie nichts zu thun; die Hippuritenkalke von Persien, !) Auch A. d’Orbigny hielt die Ablagerung von Pondicherry für PR (Prodröme de Paleontologie II. Paris 1850, p. 213, 215, 216 etc.) ®) P. U. Bose: Mem. Geol. Surv. India. XXL p. 43. ®») P. M. Duncan: On the Echinoidea of the Uretaceous Strata of the Lower Narbadä Region. (Quart. Journ. Geol. Soc. London. 1887. XLIII: p. 154.) I ge Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 463 Afghanistan und Beluchistan '), die Glauconien-Schichten vom Namcho lake?) in Tibet gehören der mediterranen Provinz an. Hier war die Verbindung des mitteleuropäischen mit dem süd- indischen Kreidemeere nicht zu suchen. Der einzige andere Communicationsweg, welcher übrig bleibt, führt S. von Afrika herum), und hier finden wir die berühmte Kreidescholle von Natal, über welche zuerst Baily*), später Griesbach?) eingehende Mittheilungen veröffentlichten. Letzterer glaubte, alle drei Unterabtheilungen der südindischen Kreide in Natal wieder zu erkennen. Er schied in den dortigen Ablagerungen fünf verschiedene Horizonte aus (discordant auf der Karrooformation): f) Kalk mit Amm. Gardeni Baily sp.) — Ariyalur group. (Senon.) e) Weicher Sandstein mit zahlreichen ) Bivalven und Gastropoden. (Fas- | ciolaria rigida Baily, Chemnitzia ? = Trichinopoly group. (Turon.) undosa Forbes, Protocardium hilla- | num. Sow. etc.) J d) Sandstein mit Amm. Umbolazi Baily, ) Soutoni Baily, Stangeri Baily, Rembda Forbes, Kayei Forb., Ani- soceras rugatum Forb. | ec) Weicher brauner Sandstein (ähn-} = Ulatur group. (Cenoman.) ‘ lich wie e) mit Trigonia De) Griesbach. b) Kalkiger Sandstein mit Teredo| (Basis des Aufschlusses). Ich unterzog heuer in der Sammlung der Geological Society in London die Originalstücke Baily’s einer Untersuchung, hatte ausser- dem durch die Freundlichkeit von Mr. G. C. Crick die Gelegenheit, eine neue, am Natural History Museum eingetroffene Collection von Natalfossilien, welche alle früheren Aufsammlungen weit übertrifft, zu sehen, und es zeigte sich, dass einige Modificationen der bis- herigen Anschauungen nöthig sind. — Schloenbachia Stangeri und Soutoni sind, wie ich an Baily’s Exemplaren sah, nicht Formen aus der untercenomanen Gruppe der Schloenbachia inflata Sow., für welche man sie früher hielt, sondern gehören dem jüngeren, untersenonen Formenkreise der Schloenbachia tricarinata Orb. an. Schloenbachia 1) Vergl. darüber: Mem. Geol. Surv. of India. vol. XVII. p. 34. vol. XX. p. 140, 143 (Afghanistan). vol. V. p. 116 (NW. Himalaya) etec. 2) O. Feistmantel: On the oceurrence of the Cretaceous Genus Omphalia near Namceho Lake, Tibet. (Records Geol. Surv. India. 1877. X. p. 21, ff.) 3) Auch in Madagascar sind nach den Bestimmungen Newton’s obercreta- eische Species bekannt, und zwar vorwiegend Ostreen: O. vesicularis, O. pectinata, O. ungulota, alle sowohl für das europäische Senon, als für die Ariyalur group bezeichnend. (Quart. Journ. Geol. Soc. London 1889. XLV. p. 333). A ‘) W. H. Baily: Description of some Cretaceous Fossils from Southern Africa (Quart. Journ. Geol. Soc. London 1855. XI. p. 454 ff. 5) L. ©. Griesbach: Geology of Natal. (Quart. Journ, Geol. Soc. London 1871. XXVL. p. 60 ff. 61* A464 F, Kossmat. [6] Stangeri Baily besitzt in der Jugend drei Kiele und bloss zwei Knoten- reihen: eine nabelständige und eine Externreihe. Die Knoten der letzteren tragen auf dem Rücken eine leichte lineare Erhebung (wie Schl tricarinata selbst), welche mit zunehmendem Alter deutlicher wird .und sich endlich zu einem Knoten umgestaltet. Gleichzeitig rückt die frühere Externknotenreihe auf die Flanken herab, während zwischen ihr und den Nabeldornen noch eine weitere, vierte Knoten- reihe erscheint. Endlich beginnen sich die beiden Seitenkiele in ein- zelne langgezogene Knoten aufzulösen, und auch der Mediankiel wird etwas wellig; die Art wird dann der Schtoenbachia Texana Röm, aus dem Untersenon von Nordamerika und Mitteleuropa sehr ähnlich. Schloenbachia Soutoni ist eine noch weiter ausgebildete Form aus der-- selben Verwandtschaft. Diese beiden Formen sprechen demnach ent- schieden für ein jüngeres Alter der betreffenden Ablagerung als man bisher vermuthete. Einen entscheidenden Beweis für diese Ansicht erblicke ich darin, dass sich in der erwähnten neuen Oollec- tion von Natalfossilien ein schöner, rein erhaltener Abdruck eines grossen Fragmentes von Schloenb. Stangeri auf einem Gesteinsstücke mit Puzosia Gardeni Daily zusammen vorfand, beide Arten demnach nicht getrennten Niveaus angehören können. Puzosia Rembda Forbes, Lytoceras Kayei Forb., Anisoceras rugatum Forb. sind Arten der senonen Valudayur group des Pondicherry distriets; Amm. Umbolazi Baily ge- hört zu den engnabeligen Schloenbachia-(Prionocyclus-)Formen, welche im unteren Senon auftreten. [Am nächsten kommt Am. Päon Redten- bacher und Am. Haberfellneri Hauer]'). Baculites sulcatus Baily, welcher offenbar Griesbach nicht mehr vorlag, ist ebenfalls eine Senonform aus der Verwandtschaft des Daculites teres Forb. (Baculites teres Stol. aus der Utatwr group ist völlig verschieden). ‘Für ausserordentlich wichtig halte ich den Umstand, dass in dem erwähnten neuen Materiale sich ein Riesenexemplar des Amm. (n. 9.) Indra, einer typischen und häufigen Form der Valudayur group be- findet. Dieselbe Art kommt, wie ich vorgreifend bemerken will, auch in Vancower, und zwar zusammen mit Pachydiscus Otacodensis Stol. (Form der Ariyalur group) vor. Eine Fülle der interessantesten Thatsachen darf man von der Neubearbeitung der südafrikanischen Kreidefauna erwarten, welche hoffentlich in kurzer Zeit durch Mr. G. C. Crick erfolgen wird. Die angeführten Beobachtungen genügen, um die Behauptung zu begründen, dass in der bisher bekannt gewordenen Ce- phalopodenfauna von NatalkeineArtvorkommt, welche für einen tieferen Horizont als das Untersenon be zeichnend wäre. Der Horizont e wurde schon von Griesbach richtig als palae- ontologisches Aequivalent der Trichinopoly group erklärt. Fast alle identischen Arten finden sich in Indien in der oberen Trichinopoly ') A. Redtenbacher: Die Oephalopodenfauna der Gosauschichten in den a, Alpen. (Abhandl. der k. k. geol. Reichsanst. Wien, 1873. Bd. V. p. 101, 103. #1) [7] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 465 group. Da nun von den bekanntgewordenen Gephalopoden von Natal ein bedeutender Theil Ariyalur( Valudayur)species angehört (Puzosia Gardeni, Rembda, Lytoc. Kayei Forb., Anisoceras rugatum Forb., Am. Indra Forb.), wenn auch Anklänge an die obere Trichinopoly group nicht fehlen (vergl. z. B. Schloenbachia Stangeri und Soutoni mit Schl. tricarinata Stol. |non Orb.| der obersten Trichinopoly group), so scheint es, als ob dieselben vorwiegend über der Zone e zu suchen wären, also in dem Horizonte f mit Puzosia Gardeni. Ueber Griesbach’s Horizonte b und c ist ein Urtheil un- möglich, da es an Fossilien fehlt, welche uns hier leiten könnten '!). Wie Indien, weist natürlich auch das mit demselben so eng ver- bundene Natal manche Beziehungen zu Kreideablagerungen des atlantischen Gebietes auf, so durch seine Schloenbachien, welche sich an Schloenb. tricarinata und Texana anschliessen, durch Puzosia Gar- deni (nahe verwandt mit P. Pseudo-Gardeni Schlüter), durch einige Bivalven (Protocardium hillanum Sow., JIanira quinquecostata Dow.) etc. — Auffallend bleibt aber immer der Umstand, dass sowohl in der Trichinopoly und Ariyalur group, als auch in der Fauna von Natal die Zahl der mitteleuropäischen (resp. atlantischen) Species relativ weit geringer ist, als in der Utatur group. Eine Verbindung des indischen Cenoman mit dem europäischen vermitteln die bekannten Kreidegebiete an der afrikanischen Westküste: Angola?) und die Elobi - Inseln°®). Die kleine Schloenbachienfauna der letzteren enthält ausser Schl. inflata selbst noch eine speciell indische Abart aus diesem Formenkreise, und in demselben Horizonte findet sich in Angola auch eine Stoliczkaia dispar d’Orb., welche mit einer von Neumayr*) als Stol. clavigera abge- trennten indischen Form völlig übereinstimmt. Die Bivalven- und Gastropodenfauna der höheren Kreideschichten von Angola verräth bereits den Einfluss der mediterranen Provinz. Damit sind wir aber mit den wenigen Vorkommnissen, welche die europäische mit der S. indischen Kreide verknüpfen, bereits zu Ende. Weiter im Norden, in Marocco und Algier treten wir bereits wieder in das mediterrane Kreidegebiet ein, dessen östliche Partien wir am Narbada, in Beluchistan ete. fanden. In den westlichen Theilen dieser Provinz sind noch manche unverkennbare Beziehungen zur mitteleuropäischen und indischen Kreidefauna wahrzunehmen (vergl. die Faunen der südfranzösischen und algerischen Kreide und der !) Die Annahme eines besonderen unteren Cephalopodenniveaus d bei Gries- bach erklärt sich vielleicht dadurch, dass an dem untersuchten Aufschlusse, einer unterwaschenen Strandklippe (Izinhluzaba'ungu caves) Blöcke von dem oberen Niveau herabrollten und für das Ausgehende einer besonderen Schicht gehalten werden konnten. Baily bemerkt ausdrücklich, dass sein Am. Soutoni aus einer harten Bank „high up the cliff“ herausgelöst wurde. (l. ce. p. 455.) 2) P. Choffat et P. de Loriol: Materiaux pour l’&tude ‚stratigraphique et pal&ontologique de la province d’Angola (M&m. Soc. de physique et d’histoire naturelle de Geneve. vol. XXX. I. Partie. No. 2. 1888.) 3) L. Szainocha: Zur Kenntniss der mitteleretacischen Cephalopodenfauna der Inseln Elobi (Denkschriften d. Akad. d. Wiss. Wien. 1885.) *) M. Neumayr: Ueber Ammoniten der Kreide etc. (Zeitschrift d. deutsch. geol. Ges.) Berlin, 1875. p. 933. 466 F. Kossmat. [8] Gosauformation). dieselben werden aber seltener, wenn wir tiefer in das mediterrane Gebiet eindringen. Aus Syrien bildet Blancken- horn?!) ein Acanthoceras harpax Stol. ab; das von mir untersuchte Originalexemplar aber (Eigenthum des geol. Institutes der Univ. Wien) ist mit der betreffenden Utaturform zwar verwandt, aber nicht identisch. Die ebenfalls von Blanekenhorn abgebildete Schloen- bachia cf. Blanfordiana?) | Ariyalur-Species] ist zu dürftig erhalten, um ein Urtheil zu gestatten. Der Umstand, dass sich die uns inter- essirenden Arten in der mediterranen Provinz nach Osten immer mehr verlieren, spricht sehr dafür, dass dieselben vom atlantischen Ocean und zum Theile auch von Mitteleuropa her in das sonst abge- schlossene Becken eindrangen. Die Communication dersüdindischen und dermittel- europäischen Kreide führte am westlichen Ausgange des mediterranen Gebietes vorüber. Die E. Seite des heutigen atlantischen Oceans war also schon während der jüngeren Kreidezeit offen und der Artenaustausch zwi- schen Südindien und Europa vollzog sich ungehindert auf dem Wege über Natal und die Westküste von Afrika. Es fehlt aber auch nicht an Faunenelementen, welche in der Kreidezeit die Westseite des atlantischen Oceans mit der Ostseite, sowie mit Mitteleuropa auf der einen und Südindien auf der anderen Seite verbinden. Besonders wichtig ist hier die erst vor einigen Jahren durch Ch. A. White genauer bekannt gewordene Kreide der brasilianischen Küste’). White beschrieb die Fauna zweier getrennter Kreidegebiete von Brasilien: der Provinz Sergipe und der weit nördlicheren Provinz Pernambuco. Ueber das Alter der Ablagerungen sprach er sich nicht genau aus, sondern theilte sie nur allgemein der oberen Kreide zu und erklärte sie für ziemlich gleichalterig. Leider lässt sich bis jetzt kein sicheres Bild der stratigraphischen Verhältnisse geben, die Beobachtungen Branner’s*) bieten blos manche Anhalts- punkte. Schr reich an wichtigen Fossilien, besonders an Cephalopoden ist der Fundort Lastro bei Maroim. Die Ammoniten gehören haupt- sächlich den Gattungen Schloenbachia, und zwar, wie es scheint, sämmtlich dem Formenkreise der Schl. inflata an; manche zeigen Aehnlichkeit mit Formen, welche P. Choffat aus Angola abbildet. White beschreibt von dieser Localität auch 2 Puzosien, darunter eine als A. planulatus; nach der Abbildung ist es nicht unmöglich, dass dieselbe wirklich mit dieser Cenomanspecies Sowerby’s iden- tisch ist. In den Sandsteinen von Aroeira und den Kalken von Garajau, welche darüber liegen, fand man eine Puzosiz (von White als ') M. Blanckenhorn: Beiträge zur Geologie Syriens. Cassel. 1890. pl. X, Big.'3.. BLM. ?) M. Blanckenhorn: |. e. pl. XII, Fig. 1. p. 134. °) Ch. A. White: Oontributions to the Palaeontology of Brazil. (Archiv. do Museu Nacion. Janeiro. vol. VII. 1888.) ‘) M. Branner: The Üretaceous and Tertiary Geology of the Sergipe- Alagoas basin of Brazil. (Transact. of the Amerie. philos. Soc. Philadelphia. 1889, vol. XVI. p. 429. ff. [9] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 467 Puzosia Hopkinsi Forb. bestimmt), welche kaum von der Puzosia Welwitschi Choffat aus dem Schloenbachienniveau von Angola zu unter- scheiden sein wird. Interessant ist das Vorkommen von Aucella bra- siliensis White in den cenomanen Kalken von Garajau; es ist diese Thatsache vollständig analog derjenigen, dass auch in Indien eine Aucella, nämlich Auc. parva Stol. im Cenoman liest. Von einem anderen Fundorte, der durch einen Seeigel (Echinobrissus F'reitasi White) mit Lastro verknüpft ist, wurde ein sehr interessanter Ammonit unter dem Namen Duchiceras Harttii bereits von Hyatt beschrieben und nun von White abgebildet. Die Abbildung lässt keinen Zweifel, dass wir es mit einem Olcostephanus zu thun haben, und zwar aus der Verwandt- schaft des eigenthümlichen indischen Am. Rudra Stol. (von Neu- mayr als Stoliezkaia elassifieirt). Der mit ihm in Brasilien zusammen vorkommende Am. Pedroanus White ist dem Acanthoceras Footeanum Stol. aus der UÜtatwr group ausserordentlich ähnlich. Aus einem kal- kigen Sandstein, welcher nach Branner unter dem Niveau von Lastro, nach White’s Angaben in der Einleitung über demselben liegen würde, was auch den palaeontologischen Verhältnissen entspricht, werden ein Am. folleatus und Am. ofarcinatus abgebildet; beide sind Acanthoceras, der erstere aus der Gruppe des Ac. cenomanense, der zweite aus derjenigen der Ac. Mantelli; somit ist der Acanthoceras- Horizont, der in Indien und Europa eine so bedeutende Rolle spielt, auch in Brasilien vertreten. Ich möchte nach den angeführten That- sachen behaupten, dass die ganze Fauna der Umgebung von Maroim dem Cenoman angehört, und dass demnach die Transgressionin Brasilien mit der in Südindien, Westafrika und Europa zusammenfällt. Die Kalke von Sapucahy, das jüngste Glied der Kreide von Sergipe, sind fast fossilleer. Einen ganz anderen Charakter hat die Kreide von Pernambuco, welche White auf Grund einiger identischer Arten für gleich- alterig mit derjenigen von Sergipe hielt. Ammoniten fehlen hier völlig, hingegen treten ausserordentlich junge Gastropodentypen auf, und, was besonders wichtig ist, ein naher Verwandter des schönen und srossen Cerithium Pedroanum White aus diesen Schichten fand sich unter meinem neuen Materiale in den Schichten von Ninnyur mit Nautilus Danicus. Das Fehlen der Ammoniten in den Schichten von Pernambuco gewinnt hiedurch an Bedeutung, und spricht ebenfalls sehr dafür, dass wir auch in Pernambuco einen ähnlichen Grenzhorizont zwischen Kreide und Tertiär haben wie in Indien bei Ninnyur. Keine Anklänge an die indische Kreidefauna fand man auf den Antillen, auf welche ich später in einem anderen Zusammenhange zu sprechen kommen werde. In Texas sind einige Beziehungen zur indischen Kreide, weit mehr aber zur mitteleuropäischen vorhanden, und dasselbe gilt für die anderen Kreidegebiete von Nordamerika, soweit sie dem atlantischen Gebiete angehören und zwar sowohl für den Kreidesaum, welcher die Ostküste der Vereinigten Staaten begleitet, als auch für die damalige srosse Meeresbucht, der das Mississipigebiet und die Rocky Mts. an- gehören. 468 F. Kossmat. ii [10] Die Anschauungen über die texanische Kreide haben sich seit dem Erscheinen von Römer’s Buch über Texas!) sehr bedeutend geändert, und seine „Kreidebildungen des Hochlandes“, welche er für eine Hippuritenfacies des oberen Turon ansah, erwiesen sich als Rudistenfacies der unteren Kreide). Marine Vertreter des Cenoman sind nur in Texas bekannt geworden [die Cross Timberbeds], aber ihre Fauna ist ärmlich. Aus der untersten Colorado group von Utah kennt man einen Am. Swallowi Shum?) [von Hyatt Duchiceras genannt], welcher dem indischen Acanthoceras vicinale Stol. aus der oberen Utatur group zum mindesten äusserst nahe verwandt ist. Sonst bietet die Ammonitenfauna der Colorado group sehr nahe Beziehungen zum europäischen Turon; der atlantische Antheil der!Ammonitenfauna des indischen Turon ist zu artenarm, um hier in Betracht zu kommen. Dagegen finden wir in der Gastropodenfauna besonders der .oberen Niveaus der Colorado group manche frappirende Anklänge an die indische Trichinopoly group [aber auch an Europa]: Gyrodes OConradi Meek und Rostellites (Fulguraria) Dalli Stanton sind kaum von Gyrodes pansus Stol. und Fulguraria elongata Stol. (non d’Orb.) zu unterscheiden u. a. — Placenticeras G@uadaloupae Römer aus dem Austin limestone von Texas *), noch mehr aber Placenticeras placenta Mort., var. intercalare5) Meek aus der Montana group des Missouribeckens und der oberen Kreide von New-Jersey sind dem indischen Placenticeras Tamu- licum ausserordentlich ähnlich. (Mit ersterer Art wurde es von Stoliezka identifieirt.) Ebenso nahe ist die Verwandtschaft zwischen Sphenodiseus lenticularis Mort. und Sph. Siva Forb. Im Allgemeinen aber sind die Beziehungen der Kreideablage- rungen des atlantischen Nordamerika zu Indien recht spärlich und der damals schon vorhandene Ocean setzte der Verbreitung der Arten ein bedeutendes Hinderniss entgegen. Trotzdem vollzog sich ein immer- hin erkennbarer Artenaustausch quer über denselben zwischen Bra- silien und Nordamerika auf der einen, Europa, Westafrika und Süd- indien auf der anderen Seite. Südindien spielt dabei aber eine mehr ') F. Römer: Kreidebildungen von Texas. Bonn 1852. ®) Vergl. J. Marcou: American geological Olassification and Nomenclature, R. Hill: The Texas Section of the American Oretaceous. (Amer. Journ. Science. 3. Ser. XXXIV. No. 202. 1837, p. 287 ff.) ete. Uebrigens herrscht noch manche Unsicherheit in Bezug auf die Geologie der dortigen Gegenden und es werden auch zweifellos obercretacische Species aus der untereretacischen Comancheserie citirt. Vergl. z. B. R. Hill: The Cross Timbers in Northern Texas. (Am. Journ. Science. 1887. 3. Ser. vol. XXXIII. No. 196.) der p- 299. Am. Swallowi, Am. texanus, Ananchytes ovatus, Ostrea carinata u. a. Species aus verschiedenen Horizonten der oberen Kreide in der Comancheserie anführt. — Dass untere Kreide in Texas und Mexiko reich vertreten ist, steht übrigens fest. °®) F. W. Stanton: The Oolorado formation and its invertebrate Fauna. (Bull. U. St. Geol. Surv. No. 106. Washington 1893.) p. 168. - ) P. Römer: lc. pl MH. Dort. ach 32 ») F. B. Meek: Report on the Invertebrate Cretaceous and Tertiary Fossils of the upper Missouri cy. (Report. U. St. Geol. Surv. of the Territories. IX. Was- hington 1876. p. 468. ff. pl. 23. Vergl. auch R. P. Whitfield: Gastropoda and Cephalopoda of the Raritan Olays and Greensand Marls of New. Jersey. (Monogr. U. St. Geol. Surv. XVIIL Washington 1892.) pl. XL. p. 255. [11] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 469 untergeordnete Rolle und kommt meist nur insoferne in Betracht, als es selbst mit Mitteleuropa und dadurch mittelbar mit jenen Gebieten verbunden ist. Nur in Brasilien scheint das speciell indische Faunenelement von etwas grösserer Bedeutung zu sein. Es sind ganz bestimmte Ammonitentypen, welche in der atlan- tischen Meeresprovinz der Kreidezeit die Hauptrolle spielen und bis zu einem gewissen Grade als charakteristisch für dieselbe gelten dürfen. Es sind das im Cenoman vorzugsweise Schloenbachien der Gruppe der inflata Sow., Acanthocerasarten und Turriliten, im Turon besonders Prionocyclusarten (Schloenbachien mit aufgelöstem Kiel); auch Pachydiscus tritt häufig auf (Gruppe des P. peramplus Mant.). Im Senon erlangt Placenticeras (Gruppe des P. placenta Mort.), Bacu- lites, Scaphites und Pachydiscus grosse Wichtigkeit, während Schloen- bachia in den unteren Niveaus desselben sowohl durch die eigen- thümliche Tricarinatengruppe als auch noch durch Prionocyclusformen weit verbreitet ist. — Fassen wir die anderen Invertebraten ins Auge. so können wir nicht mehr von einer atlantischen Faunenprovinz im Allgemeinen reden, sondern müssen, ähnlich wie heute, mit weit engeren zoogeographischen Provinzen rechnen, obwohl es auch hier Arten von recht bedeutender horizontaler Verbreitung gibt. Ungleich grösser als für die atlantische Provinz ist die Bedeu- tung der S. indischen Kreide für die zweite grosse Meeresprovinz: den paecifischen Ocean. Hier ist die Fauna der südindischen Kreide vermöge ihres grossen Artenreichthums leitend, und die Mög- lichkeit einer genaueren stratigraphischen Einreihung der Kreideab- lagerungen dieses Gebietes beruht fast auf ihr allein. Verfolgen wir die Spuren der indischen Kreidefauna in dieser Richtung, so treffen wir im Plateau von Assam!) auf Ablage- rungen, die in ihrer Fauna fast vollständig mit derjenigen des Tri- chinopoly distrietes stimmen ; zwei Unterabtheilungen der südindischen Kreide: die Utatur group und die Ariyalur group sind nach Sto- liczka’s vorläufigen Bestimmungen durch Fossilien vertreten. Die Leitform des europäischen, westafrikanischen und südindischen Cenoman Schloenb. inflata Sow. fand man in den flyschartigen Sand- steinen des Sandoway distrietes der hinterindischen Halb- insel2). Auf Borneo sind obere Kreideablagerungen bekannt, welche durch ihren Reichthum an Nerineen ausgezeichnet sind; aus ihnen kennt man ebenfalls südindische Species, und zwar bezeichnende Formen der Ariyalur group, wie z. B. Nautilus Trichinopolitensis Blanf., und Martin rechnet die Kreide von Borneo zu seiner ostasiatischen Provinz, welche er von Japan über Südindien bis Natal verfolgt?). ') H. B. Medlicott: Geological Sketch of the Shillong Plateau inN. E Bengal. (Mem. Geol. Surv. India. VII. Calcutta 1871. p. 181. fr.) 2) W. Theobald: Records. Geol. Survey. India. V. Caleutta 1872. p. 32. 3) K. Martin: Die Kreideformation von Martapoera (Borneo). (Sammlungen des geologischen Reichsmuseums in Leiden. Ser. I. vol. IV. 1889. Heft 5, 6. p. 142.) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 41. Band, 3. Ileft. (F. Kossmat.) 69 470 F. Kossmat. [12] Eine grosse Ausdehnung hat die Kreideformation in Australien'), und es sind im Laufe der Zeit nicht wenige Cephalopoden daraus bekannt geworden, darunter aber viele typisch untereretaeische Orio- ceras ete., und man rechnet die betreffende Ablagerung, die soge- nannte Rolling Down-Formation daher in die untere Kreide. Doch sind von einzelnen Fundorten Fossilien bekannt (so eine Schloenbachia der Gruppe Schloenbachia inflata und Puzosien), die an indische Cenoman- formen erinnern; es wäre nicht unmöglich, dass auch hier die in- dische Fauna gefunden werden kann. Was man in Australien der oberen Kreide zurechnet, ist sehr fossilarm. Ausgesprochen ist der indische Typus der bekannt gewordenen Kreideablagerungen Östasiens, nämlich derjenigen von Jesso?) und Sachalin:). Ueber die Kreide von Jesso erschien erst vor einigen Monaten eine grössere Arbeit von Jimbo®), welche die Zahl der indischen Ammonitentypen noch vermehrte. Eine besonders wichtige Rolle spielen Lytoceraten aus der Formengruppe des Zyt. Sacya, die auch in Indien in grossem Artenreichthum vertreten ist, daneben Phylloceras, Pachydiscus ete.; aber auch Acanthoceras-Arten aus dem Kreise des Rhotomagense sind der pacifischen Provinz nicht mehr fremd. Fine grosse Anzahl von verwandten, sowie einige identische Species verbinden die japanische Kreide und die von Sachalin mit der Utatur group; es sind Lytoceras Sacya Forb, Phylloceras Velledae Mich., Acanthoceras Bhotomagense var. asiatica Jimbo (auch in ‘der Utatur prowp vorhanden); es fehlt jedoch nicht an Verknüpfungspunkten mit der Trichinopoly group, denn eine Form aus der Verwandtschaft des Pachydiscus peramplus ist in Jesso ebenfalls gefunden worden, und eine ähnliche war von Sachalin bereits in grossen und zahl- reichen Stücken bekannt. Besonders gross ist auch die Zahl der japanischen Pachydiscus- Arten, welche mit solchen der Ariyalur group nahe verwandt, z. Th. identisch sind. Um so überraschender ist es, wenn Harada, Jokoyama und in neuester Zeit auch Jimbo behaupten, dass man die japanische Fauna als Mischfauna aller möglichen Horizonte der oberen Kreide betrachten müsse, und dass es nicht gelinge, Unterabtheilungen mit besonderer Fauna aus- zuscheiden. So lange wir aber detaillirte Profile aus diesen Gebieten vermissen, ist auf diese Behauptung nur wenig zu geben, umsomehr, als wir in den von Indien noch weiter entfernten Kreidegebieten des pacifischen Nordamerika die indischen Arten aus verschiedenen Hori- zonten in ganz ähnlicher Reihenfolge antreffen, wie in Indien selbst. Ein besonderes Interesse beanspruchen auf der E. Seite des nörd- lichen Pacifie die kohlenführenden Kreideablagerungen der Queen ')R. IL. Jack and A. Etheridge: The Geology and Palaeontology of (Queensland and New Guinea. London 1892. p. 390 ff. ?) M. Jokoyama: Versteinerungen aus der japanischen Kreide. (Palaeon- tographica. XXXVI. Cassel 1839—90. p. 159. ff.) : ») F. Schmidt: Die Petrefacten der Kreideformation von der Insel Sachaliu. (Mem. de l’Acad@mie Imp£riale des Sciences de St. Petersbourg. VII. Ser. Tome XIX. Nr. 3. 1873.) *) K. Jimbo: Beiträge zur Kenntniss der Fauna der Kreideformation von Hokkaido. (Palaeontologische Abhandlungen. Bd. VI. Heft 3. Jena 1894.) 113] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation 471 Charlotte Islands'). Das fossilreichste Glied der dortigen Kreide, die Etage C. Richardsons erinnert in ihren unteren Lagen sehr an die russische Wolgastufe, und zwar nicht nur durch das Vorkommen der Aucellen, worauf bisher das meiste Gewicht gelegt wurde, son- dern auch durch manche Ammoniten. So ist z. B. Am. Skidegatensis Whiteaves?) von Olcostephanus Pallasi Kaiserling wenig unterschieden; auch mehrere andere Olcostephanus-Arten kommen vor. .Der Ansicht von Whiteaves, dass die Abth. C nur dem Gault äquivalent sei, kann ich daher nicht beipflichten. In den höchsten Horizonten der- selben Etage aber fanden sich zahlreiche unzweifelhafte Anklänge an die indische Utatur group, so ist auch hier dasselbe Lyt. Sacya vor- handen wie in Japan und Indien, daneben Schloenbachia inflata, Lyto- ceras Timotheanum May. etc. Das darüber folgende Conglomerat, wahrscheinlich ein Aequi- valent der Dakota group ist fast fossilleer, dagegen fand man in dem höheren Thonniveau, den „Upper Shales“ Imoceramus problematicus Schloth., eine häufige Form der Colorado group des atlantischen Nord- amerika und des europäischen Turon. 5 Man hat demnach auf den Queen Charlotte Islands eine con- cordante Reihe von der untersten bis in die obere Kreide. Ganz ähnlich stellen sich die Verhältnisse nach den neuesten Beobach- tungen im nördlichen Californien?). Man fand westlich des oberen Sacramentothales eine continuir- liche Serie: zu unterst die Knozwville beds mit Aucellen, darüber die Horsetownbeds und als höchstes Glied die obereretaeische Chico group. Die Knozxville- und unteren Horsetownoeds führen untercretacische Fossilien; in den obersten Horsetownbeds aber liegt Schloenbachia inflata Sow und Lytoceras Sacya Forbes, also genau so wie in den oberen Horizonten der Abtheilung C. auf den Queen Charlotte Islands; aus den unteren Chicobeds des Mt. Diablo kennt man seit einiger Zeit ein Acanthoceras aus der KRhotomagense-Gruppe, nämlich Ae. Turneri White*), eine Species, welche ich auch aus der indischen Ütatur group besitze’). In den höheren Lagen der Chico group liegt Pachydiscus Newberryanus Gabb (non Meek), der dem P. Otacodensis Stol. sehr nahe steht, und Baculiten von unzweifelhaft senonem Habitus. Eine hochinteressante Erscheinung ist es, dass die Chico group (in ihren unteren Lagen völlig aus Conglomerat und Sandstein zu- sammengesetzt) über die älteren Glieder der sogenannten Shasta- Chicoseries transgredirt und in weiten Gebieten von Washington, Oregon und Californien unmittelbar auf älteren, metamorphosirten Schichten liegt. Das Vorkommen eines cenomanen Acanthoceras in den unteren . 1 J. F. Whiteaves: Mesozoiec Fossils. (Geol. and Nat. Hist. Surv. Canada ) Vol. I. Pt. I. und III. Montreal 1876 u. 1884. Re Meniteagerst er I. pl. IR. .fig,'1. pP: 34. 4 3) J. S. Diller and T. W. Stanton: The Shasta-Chico series. (Bulletin of the Geol. Society of America.) Vol. V. p. 435—464. Rochester 1894. 4) Ch. A. White: On invertebrate fossils from the Pacific coast. (Bulletin U. St. Geol. Surv. No. 51. Washington 1889. pl. V. p. 26.) 5) Die Identität beider Formen wurde durch Ch. A. White, welchem ich Zeichnungen des indischen Exemplares übersandte, bestätigt. 62* 472 F. Kossmat. [14] Chico beds, sowie das der Untercenomanformen Schloenbachia inflata und Zytoceras Sacya ganz unmittelbar unter ihnen versetzt diese Transgression fast in dieselbe Zeit, wie diejenige von Indien, W. Afrika, Europa ete.') Die Chico group ist gegenwärtig bis zum 290 30° N. B. (Niedercalifornien) bekannt geworden. Ablagerungen vom Charakter der Chico group trifft man auch weiter im Norden auf der Insel Vancouver?) an, wo dieselben durch die Anzahl und Schönheit ihrer Fossilien ausgezeichnet sind. In einer alten, noch unbearbeiteten Collection Hector’s am britischen Museum, welche auch Whiteaves erwähnt, sah ich nicht nur ein schönes Exemplar vom Am. Indra Forb., sondern aus denselben Schichten auch den typischen Pachydiscus Otacodensis (aus Nord- amerika noch nicht nachgewiesen) der Ariyalur group, daneben andere, zum Theile neue Pachydiscus-Formen, Baculites occidentalis Meek (dem indischen Bac. vagina sehr ähnlich) ete. Whiteaves führt aus der Chico group von Vancouver auch Puzosia Gardeni Forb. an, während sein ZLytoceras Jukesii (?) Sharpe höchst wahrscheinlich mit Lyt. Kayei Forb. identisch sein dürfte, so dass die Zahl der indischen Species eine ganz beträchtliche ist. — So weit man die Faunen im pacif. N. Amerika bisher ausgeschieden hat, ist die Uebereinander- lagerung der Horizonte ganz analog der sonst bekannten. In den oberen Horsetown beds liegen Schloenbachia inflat« und Lytoceras Sacya, erst darüber, in der unteren Chico group Acanthoceras, und erst in der oberen Chico g group Pachydiscus und Baeuliten. Die Nachrichten über sonstige Kreideablagerungen an der pacifischen Seite Amerikas sind sehr spärlich. In Chile ist unzweifel- haft obere Kreide vorhanden, und ich selbst sah im Natural History Museum von London die Exemplare von Baceulites= vagina Forb.?) von der Concepcion bay, welche in Darwin’s Werk über Südamerika angeführt sind; dieselben unterscheiden sich in keiner Weise von den !) Durch den Nachweis einer einheitlichen „Shasta-Chico series“, welche von der untersten bis in die obere Kreide hinaufreicht, ist auch die Frage nach der Zeit der Faltung der Sierra Nevada und der Uoast ranges in ein neues Stadium getreten. Sollten die metamorphosirten Aucellenschichten (Mariposaschichten) der Sierra Nevada, welche discordant unter den transgredirenden. Chicoschichten liegen, gleichalterig mit den unteren Knoxvilleschichten der Shasta-Chicoserie sein, dann wäre die Faltung der Sierra N. und der Coast ranges wirklich intercretaeisch, wie man früher allgemein annahm. Wir hätten dann also eine Faltung zusammenfallend mit derjenigen in Mexiko, gleichzeitig aber ununterbrochene Sedimentation im oberen Sacramentothale und weiter nördlich (Qu. Charl. Isl., Rocky Mts. v. Brit. Columbia). Nach beendigter Faltung wäre dann das Meer wieder gegen die fertigen Berge sorgedrungen, und die Chicobeds lagerten sich auch hier ab. Nach einer anderen Anschauung sind aber die Mariposabeds jurassisch, daher älter als die Anox- villebeds und die Faltung erfolgte schon vor der Ablagerung der letzteren. Vergl. darüber H. W. Fairbanks: The pre-cretaceous Age of the metamorphie rocks of the California Coast Range. (Americ. geologist. March 1892. p. 153. ff.) Bis jetzt ist das Material zu dürftig, um sich endgiltis für das eine oder andere zu ent- scheiden. Das eine aber ist wichtig und steht auch fest: In der oberen Kreide- zeit (Chicoperiode) war die Sierra Nevada die Westküste des hinter ihm liegenden Festlandes: des Great Basin. °?) J. F. Whiteaves: 1. ce. Pt. II. On the fossils of the Cretaceous Rocks of Vancouver etc. Montreal 1879. ®) Ch. Darwin: Geological observations on the volcanie Islands and parts of Southern America. 2. Edit. London 1876. p. 397. [15] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 473 indischen Exemplaren. Vor kurzer Zeit sprach Prof. Steinmann!) auf dem Geologencongress in Zürich über die Kreide von Chile, und führte an, dass eine von ihm unternommene Untersuchung Phylloceras- und Zytoceras-Formen nachwies, welche die dortigen Vorkommnisse mit der indischen Utatur group verbinden. Es wären demnach in der oberen Kreide Chiles bis jetzt Formen der Utatur group, als auch der Ariyalur group bekannt. In ihrem Gesammttypus sind die Kreideablagerungen des paci- fischen Gebietes von denen des atlantischen Gebietes sehr leicht zu unterscheiden. Allerdings haben sich im Laufe der Zeit so ziemlich alle Gattungen in beiden Regionen gefunden, aber die Häufigkeit ist sehr ungleich. Wir kennen aus dem Cenoman der pacifischen Provinz Schloenbachia und Acanthoceras, aber sie sind selten und treten gegen- über den zahlreichen Phylloceras- und Lytoceras-Formen (letztere be- sonders aus der Gruppe des Lytoc. Sacya) weit zurück. Desmoceras und Puzosia, welche in den höheren Kreideschichten der atlanti- schen Provinz selten sind, finden sich hier ziemlich häufig, ebenso Holcodiscus, welcher in der oberen atlantischen Kreide fehlt, aber in Indien sehr artenreich entwickelt ist, während Pachydiscus und Bacu- lites auf beiden-Hemisphären ziemlich gleichmässig vertreten sind, allerdings durch verschiedene Species. —- Principielle Unterschiede, die sich in wenigen Worten ausdrücken lassen, gibt es nicht, und die Anführung solcher wäre sehr gefährlich, da schon die nächste Faunen- beschreibung dieselben widerlegen könnte. Hat doch jüngst Jimbo’s Arbeit Vertreter der echt atlantischen Typen Placenticeras und Acan- thoceras (Gruppe des Rotomagense) auch in Japan nachgewiesen. Im Allgemeinen aber hat die Cephalopodenfauna der oberen Kreide des pacifischen Gebietes nicht so viele neu auftretende Gattungen, wie die des atlantischen Oceans; sondern die meisten knüpfen un- mittelbar an die untere Kreide an; der „conservative Zug“, welchen Neumayrin der südindischen Kreidefauna fand ?), ist nach den jetzigen Erfahrungen in hervorragender Weise der pacifischen Provinz eigenthüm- lich. Während aber in Indien die Vermischung beider Typen bis zu einem so hohen Grade vor sich gegangen ist, dass sie sich fast die Wage halten, finden wir in den Kreideablagerungen der Westküste von Amerika, welche der atlantischen Provinz weit näher sind als Indien, nichts von dieser Art. / Schon seit langer Zeit fiel die grosse Verschiedenheit zwischen den Kreideablagerungen von Californien und denen der Rocky Mts. (welche dem Typus der Missourikreide angehören) auf, und die ameri- kanischen Geologen nahmen daher eine völlige Trennung beider an?°). Dafür spricht nicht nur die Beschaffenheit ihrer Fauna, sondern auch das geologische Verhalten. Die Kreideablagerungen der Rocky Mts. und des Coloradoplateaus werden gegen das Great Basin zu immer mächtiger, es schalten sich in den verschiedensten Horizonten !) G. Steinmann: Proces-Verbaux des seances des sections 30. 8. Congres geologique international VI. Session ä& Zurich 1894. p. 6, 10: 2) M. Neumayr: Erdgeschichte. Bd. 2. p. 390. ®) Vergl. z. B. Ch. A. White (Bull. U. St. :Geol. Surv. Nr. 15. p. 30.) ‚474 F. Kossmat. [16] Kohlenflötze und Schichten mit brackischen oder Süsswasser- eonchilien ein, man nähert sich offenbar beim Fortschreiten nach West dem alten Festlande: der Great Basin Region (Faltung post- jurassisch), in welcher Kreideablagerungen völlig fehlen. Erst jenseits der Sierra Nevada stossen wir auf die völlig abweichende Kreide von Californien. Eine interessante Ergänzung dieser Thatsachen lieferten die Untersuchungen Hill’s') über die Kreide von Mexiko. Er fand, dass die untere Kreide (Comanche series von Texas) fast die ganzen mexikanischen Sierren von Ocean zu Ocean zusammensetzt; sie ist vor Ablagerung der oberen Kreide gefaltet, und diese — in der Aus- bildungsweise der Missourikreide — im Osten discordant aufgelagert ohne den pacifischen Ocean zu erreichen. Die Faltengebirge der Great Basin Region von Nordamerika bildeten während der oberen Kreide- zeit festes Land, welches bis Britisch-Columbien hineinzog. Im nördlichen Britisch-Columbien treffen wir auf etwas ab- weichende Verhältnisse. Es wurde schon vorhin erwähnt, dass in den Upper Shales der Queen Charlotte Islands Jnoceramus problematicus Schloth., eine häufige Form der Missourikreide auftritt. Auf dem Fest- lande von Britisch - Columbien (zwischen 49° und 51° 30°) fand Dawson?) concordant über der aucellenführenden Kootanie series (ein küstennahes Aequivalent der Shasta group, resp. der Divis. ©. der Queen Charlotte Islands) ein ähnliches Conglomerat wie auf den Queen Charlotte Islands und darüber die Lehme der Colorado group und die höheren Kreideschichten bis zur Laramiestufe aufwärts. Es liegt hier also mit Sicherheit obere Kreide von atlantischem Typus auf unterer Kreide von pacifischem Typus, und das Vorkommen von Inoceramus problematicus auf den Queen Charlotte Islands beweist, dass diese Verhältnisse sich auch dort wiederholen. Es erreichte also die vom atlantischen Gebiete kommende Trans- gression hier den pacifischen Ocean), der sich während der unteren Kreidezeit bis an den Ostfuss der dortigen Rocky Mts. erstreckte. Der durch diese Communicationen ermöglichte Faunenaus- tausch scheint indessen äusserst gering gewesen zu sein; denn in der !) R. Hill: The Cretaceous Formation of Mexico and their Relation to North American Geographic Development. (Am. Journ. of Science. 3. Ser. XLV. No. 268. 1893. p. 307. ff. ?) G. M. Dawson: Earlier Cretaceous Rocks of the Northwestern Portion of the Dominion of Canada. (Am. Journ. Science. 1889. 3. Ser. XXX VIII. No. 224.) p. 120—128. ®) Auch J. F. Whiteaves findet in der oberen Kreide von Vancouver mehr gemeinsame Züge mit der östlichen Kreide, als in der weiter südlich gelegenen Chico group von Californien (l. e. vol. I. Pt. II. p. 187), und auch das spricht sehr zu Gunsten der erwähnten Communication. Allerdings glaubt Whiteaves mit Gabb, dass die Verbindung im Süden stattfand und führt als Stütze für seine Ansicht ein Kreidevorkommen westlich von der Sierra Madre (Mexico) an. Nun verlief aber die Küste in der Chico- periode viel weiter westlich entlang Niedercalifornien, und die Fauna ist auch dort völlig von jener in Mexiko und Texas verschieden. Vergl. auch Ch. A. White: Notes on the Mesozoie and Cenozoie Paleontology of California (Bull. U. St. Geol. Surv. No. 15. Washington 1885.) p. 30 und R. Hill: Cret, Format of Mexico ete. p. 319. 117] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 475 californischen Chicogroup ist eine Beimischung von Formen des atlan- tischen Nordamerika nicht mehr zu bemerken. Ebenso interessante Verhältnisse trifft man im nördlichen Süd- amerika und auf den Antillen. Schon seit einiger Zeit waren aus Jamaica Corallen bekannt?!), von welchen einige identisch mit Gosau- formen waren, mit ihnen zusammen treten Hippuriten auf; auch eine Actaeonella wurde erwähnt, also lauter Fossilien, welche an das mediterrane Kreidegebiet erinnern. Damit steht in Einklang die Auf- findung von typischen Mediterran-Ammoniten (aus der nächsten Ver- wandtschaft des „Buchiceras“ syriacum Buch.), sowie einer Actaeonella in Peru?). Diese Thiere können nur aus der mediterranen Provinz ge- kommen sein, und daraus folgert die Annahme einer offenen Meeres- verbindung quer durch Amerika, welche höchst wahrscheinlich in der Gegend der Antillen und der heutigen Cordillerenregion des nörd- lichen Südamerika stattfand und gestattete, dass so ausschliesslich mediterrane Typen bis in das pacifische Gebiet gelangten. (Früher brachte man das „Buchiceras* Harttii Hyatt aus Brasilien in Verbin- dung mit den peruanischen Vorkommnissen und dachte sich die Communication im Amazonasthale.) Zwei nachweisbare Meeres- strassen theilten also damals Amerika in zwei grosse insulare Partien, welche die Grenze zwischen dem pacifischen und atlantischen Ocean bildeten. Die Reihe von Kreideablagerungen, welche in einem mehr oder weniger auffallenden Zusammenhange mit derjenigen von Süd- indien stehen, ist ausserordentlich gross, und letzteres ist daher weit mehr geeignet, um als Maassstab für die Beurtheilung der betreffenden Gebiete zu dienen, als Europa, welches — ein typisches Glied der atlantischen Faunenprovinz — uns in den Kreidegebieten des paci- fischen Oceans oft völlig im Stiche lässt. Die grosse Bedeutung der südindischen Kreide für die letzteren hat man sehr bald erkannt, hingegen hat man ihre Beziehungen zu den Vorkommnissen im Be- reiche des atlantischen Oceans bedeutend unterschätzt. Thatsache ist, dass in Südindien eine Mischfauna vorliegt, welche die wichtigsten Typen der beiden grossen Provinzen in sich vereinigt und daher nach den verschiedensten Richtungen hin eine Reihe interessanter Beziehungen eröffnet. Der grosse Gegensatz zwischen der atlantischen und pacifischen Kreide, welcher sich nicht nur in der ganz verschiedenen räumlichen Entfaltung der Transgresssion 3), sondern auch in der Selbstständig- keit der Faunen zeigt und in Amerika am schärfsten ausgesprochen ist, glich sich in den Meeren südlich des damaligen indoafrikanischen Festlandes aus. 1) S. M. Duncan and G. P. Wall: A notice on the Geology of Jamaica’ (Quart. Journ. Geol. Soc. London. XXI. 1865.) p. 2. ff. 2) W. M. Gabb: Description of a collection of fossils made by Dr. A. Raymondi in Peru. (Journ. Acad. Nat. Sciene. Philadelphia. 2. Ser. vol. VIII. Part. III. Art. X. 1877. Vergl. pl. 36. fig. 1. a. b. p. 264. etc. °) Vergl. darüber, wie über die geographische Verbreitung der Kreideabla- gerungen überhaupt M. Neumayr: Erdgeschichte. 2. p. 376 ff. und E. Suess: Antlitz der Erde. II. Wien 1888. p. 364 fl. 476 F. Kossmat. niet [18] Damit glaube ich in den allgemeinsten Zügen das Wichtigste über die geographischen Verhältnisse während der oberen Kreidezeit be- sprochen zu haben; es gibt übrigens keine Formation, welche uns so reichliches Material auch für eine detaillirtere Reconstruction früherer Verhältnisse geben würde, und es ist meine Absicht, eine solche in Form einer Karte sobald als möglich zu versuchen. Zum Schlusse möge es mir gestattet sein, auf einige allgemeine Fragen noch etwas einzugehen. Neumayr hat bekanntlich dem klimatischen Einfluss eine ausserordentlich grosse Bedeutung, insbesondere für die horizontale Verbreitung der Ammonoideen, zugeschrieben. Es wurden dagegen bereits wiederholt Bedenken geltend gemacht'), und es scheint in der That, als ob bei der Verbreitung der Gephalopoden der klimatische Factor nur von geringerer Wichtigkeit sei, während hingegen der Einfluss :der geographischen Verhältnisse, Com- municationswege etc. immer deutlich zu erkennen ist. ‘Ist doch die Ammonitenfauna von Südindien mit .der mitteleuropäischen, obwohl beim Faunenaustausch die Arten von einer Hemisphäre indie andere über- gehen mussten (um Natal herum), mindestens ebenso innig verbunden, als letztere mit der mediterranen, welche doch sicherlich in einem weniger verschiedenen Klima lebte. Den tropischen Charakter der südindischen Kreideformation können wir, wenn wir. uns nicht dabei von dem heutigen Klima Indiens leiten lassen, eigentlich nur aus dem Auf- treten der Riffkorallen, bis zu einem gewissen Grade auch aus der Gastropoden- und Bivalvenfauna und aus der Ueppigkeit derselben ableiten; was Neumayr als Beweis für das tropische Klima ansah, das häufigere Auftreten von Phylloceras und. Lytoceras, das müsste für die ganze indopacifische Provinz ‘ähnliche Zustände andeuten. In letzterer aber treten diese Phylloceras- und Lytoceras-Arten auch in Gegenden besonders hervor, welche unmittelbar zuvor während der oberen Jura und unteren Kreideformation : starke Beziehungen zur Wolgastufe, also der borealen Entwicklung bei Neumayr zeigten. Auf den Einfluss des Klimas führen sich vielleicht die ‚kleineren Faunengebiete zurück, welche sich innerhalb der wenigen grossen Meeresprovinzen ausscheiden lassen; aber. auch hier wird es oft schwer sein, diesen Factor mit Sicherheit nachzuweisen, | Die grosse Verbreitung der Ammonoideenarten, welche die Frage nach den klimatischen Einflüssen so erschwert, brachte Prof, J. Walther?) auf den Gedanken, dass die mit Luft gefüllten Ge- häuse der abgestorbenen Ammoniten, auf dem Meere herumtreibend, von Wind und Strömungen nach allen Richtungen verschlagen wurden, dass man es also nicht mit einer Wanderung der lebenden Thiere, sondern mit einer Verschleppung ihrer leeren Gehäuse zu thun habe. ') 8. Nikitin: Einiges über den Jura in Mexiko und Centralasien. (Neun. Jahrb. 1890. vol. II. p. 273. ff.) A. Tornquist: Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru (Deutsch-Ost- afrika). (Jahrb. der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten. X. 2. Hamburg 1893). p | 5 : 2%) J. Walther: Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft. II. Th.. Jena 1893—1894. (Die Ammoniten als Leitfossilien. p. 508 ff.) [19] Die Bedeutung der südindischen Kreideformation. 477 Nur so glaubt J. Walther die Erscheinung erklären zu können, dass „Trias, Jura und Kreideformation meist durch eine einzige Ammonitenart bestimmt und ‘auf der ganzen Erde leicht wieder er- kannt werden“ und „dass die Ammonitenspecies gleichzeitig über die ganzen Meeresgründe eines geologischen Zeitalters verbreitet war, nach kurzer, blühender Lebensdauer gleichzeitig überall ausstarb und überall gleichzeitig durch eine andere Species ersetzt wurde“. Diese zwei Sätze enthalten eine grosse Uebertreibung des thatsäch- lichen Sachverhaltes, und wer er versucht, die Fauna eines bestimmten Zeitabschnittes auf der ganzen Erde zu studiren, findet, dass in Wahrheit die Erscheinungen viel complieirter sind. In der Mehrzahl der Fälle sind es nicht identische Arten, welche uns bei der Correlation weit entfernter Ablagerungen leiten, sondern blos nahe verwandte Formen: Die geographische Varietät vertritt die Species. Je schärfer man die Bestimmungen vornimmt, desto häufiger beobachtet man, dass in sehr vielen Fällen, wo man früher identische Species vor sich zu haben glaubte, in Wahrheit nur Glieder der gleichen Formengruppe vorliegen, welche sich durch constante Merk- male von einander unterscheiden. So finden wir, um nur einzelne Bei- spiele herauszugreifen, in Indien nicht Acanthoceras Rhotomagense Defr., Mammites’ nodosoides Schlot., Pachydiscus peramplus Mant., Schloen- bachia tricarinata Orb., Placenticeras syrtale Mort., Baculites anceps Lam. u. a., sondern blos sehr nahe verwandte Formen, welche aber in der gleichen stratigraphischen Reihenfolge übereinander liegen und offen- bar deren Stelle vertreten. Ganz ähnliche Erscheinungen findet man, wenn man z. B. die Kreidefauna von Brasilien oder von Japan, Nordamerika mit der indischen vergleicht. Es ist aber nicht zu leugnen, dass es auch Arten gibt, welche wir mit ununterscheidbaren Merkmalen fast auf der ganzen Erde an- treffen, und ich hatte Gelegenheit, mehrere derselben zu erwähnen. Lytoceras Timotheanum May. wurde in Europa, Indien, Sachalin, Queen Charlotte Islands gefunden; es ist in Europa aber mit gleichzeitigen und älteren Formen verknüpft, besitzt in Indien Nachkommen in der Trichinopoly und Valudayur group und ebenso einen nahen Ver- wandten in Jesso; wäre es irgendwo eingeschwemmt, so müsste es doch ganz isolirt dastehen. Noch viel auffallender zeigt sich die- selbe Erscheinung bei Desmoceras, Puzosia und Pachydiscus, bei Acan- thoceras, Schloenbachia, Hamites etc. Eine ausführlichere Darlegung wäre an dieser Stelle ohne Zuhilfenahme palaeontologischer Details zwecklos. Es gibt weitverbeitete Ammonitenspecies, aber die Artihres Vorkommens ist in genauer untersuchten Fälleneinesolche, dass wirgezwungensind, ihre selbst- ständige Wanderung anzunehmen. Ganz analoge Verhältnisse treffen wir auch in der Trias- und Juraformation an. Solche Erscheinungen beweisen uns doch, dass in allen diesen Fällen die betreffenden Thiere an Ort und Stelle gelebt haben. Die Möglichkeit einer gelegentlichen Verschleppung der todten Gehäuse wird man nicht bestreiten wollen; aber eine besondere Be- deutung für die Erklärung zoogeographischer Verhältnisse kommt der Walther’schen Ansicht nicht zu. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 3. Heft. (F. Kossmat,) 63 478 F. Kossmat. | [20] Und wenn wir die horizontale Verbreitung von Ammonitenspecies mit der anderer Thiere vergleichen, so fimden wir dieselbe nicht so abnorm gross, dass sie durch eine einfache Wanderung unerklärbar wäre. Mit europäischen Ammoniten kommen z. B. in Südindien auch zweifellose europäische Brachiopoden, Bivalven und Gastropoden, aller- dings in wesentlich geringerer Menge, vor; und betrachten wir die heutigen Verhältnisse, so finden wir ebenfalls ganz schöne Beispiele für die grosse geographische Verbreitung mancher mariner Conchylien. Noch heute gibt es Arten, welche Natal, Ceylon, den Philippinen, Japan und selbst der australischen Küste gemeinsam sind’), und Fischer führt als besonders merkwürdig eine nicht geringe Zahl von Gastro- poden an, welche sowohl im indischen Ocean als auch an den An- tillen gefunden wurden?). Aehnliche, wenn auch nicht so auffallende Beispiele gibt es mehr, und selbst ein gewisser Parallelismus in den Faunenprovinzen ist nicht zu verkennen®), was uns übrigens bei der im Allgemeinen ziemlich grossen Aehnlichkeit der geographischen Verhältnisse der späteren Kreidezeit mit denen der Gegenwart nicht sehr verwundern kann. ) P. Fischer: Manuel de Conchyliologie. Paris 1887. tom. I. p. 158. 2). P. Fischer aerp Ne ®) Vergl. die Karte bei Fischer. p., 126. Ueber die stratigraphischen Beziehungen der böhmischen Stufen F, G, H Barrande’s zum rheinischen Devon. Von E. Kayser in Marburg und E. Holzapfel in Aachen. (Mit 5 Zinkotypien im Texte.) Vorbemerkungen. Die nachstehenden Mittheilungen sind, soweit sie Böhmen be- treffen, das Ergebniss einer mehrwöchentlichen Studienreise, die wir im letzten Herbste (1895) in das altpaläozoische Gebiet der Gegend von Prag und Beraun ausgeführt haben. Acht Tage begleitete uns auf unseren Ausflügen Herr Chefgeologe Th. Tschernyschew aus Petersburg. Ausserdem betheiligte sich an denselben in den ersten 14 Tagen noch Herr Dr. Fr. Katzer aus Leoben, dem wir für seine liebenswürdige und sachkundige Führung zu lebhaftem Danke ver- pflichtet sind, den ihm auch an dieser Stelle auszusprechen uns Bedürfniss ist. Dankend müssen wir ausserdem der Unterstützung erwähnen, die unsere Bestrebungen durch den Director der k. k. geologischen Reichsanstalt, Herrn Oberbergrath Dr. G. Stache in Wien, sowie den Director des böhmischen Nationalmuseums zu Prag, Herrn Professor Dr. A. Fritsch erfahren haben; seitens des Ersteren durch Darleihung der nicht im Handel befindlichen österreichischen Generalstabskarte im Maassstabe 1:25.000; seitens des Letztgenannten dadurch, dass er uns, trotz der augenblicklichen Unzugänglichkeit der paläontologischen Sammlungen in Folge ihrer Ueberführung in das neue Museum, dennoch einen Einblick in die uns besonders interessirende Zeidlersche und Noväk’sche Sammlung er- mösglichte. Anlass zu unserer Reise war der Wunsch, an der Hand unserer rheinischen Erfahrungen das classische Devongebiet Mittelböhmens einer erneuten Prüfung an Ort und Stelle zu unterziehen. Die von uns in den letzten Jahren bei den Specialuntersuchungen im Dill- und Lahngebiet gemachten Beobachtungen haben zu Ergebnissen seführt, die mehrfach nicht unerheblich von den Meinungen anderer Jahrb_d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Kayser u. Holzapfel,) 63* 480 E. Kayser u. E. Holzapfel. [2] Forscher abweichen. Die Richtigkeit der neuen Gesichtspunkte in Böhmen zu prüfen, war der Hauptzweck unserer Reise. In erster Linie handelte es sich dabei um den Kalk von Greifenstein, dem wir schon seit längerer Zeit auf Grund stratigraphischer und paläonto- logischer Erwägungen ein wesentlich höheres Niveau innerhalb der devonischen Schichtenfolge anweisen, als es gewöhnlich geschieht. Seit aber der verstorbene Prof. Noväk in einer Abhandlung, die ein Muster peinlichster paläontologischer Detailarbeit bildet, eine überraschende Aehnlichkeit der Trilobitenfauna dieses Kalkes mit derjenigen gewisser böhmischer Devonkalke nachgewiesen, wurde es uns immer wahrscheinlicher, dass hier eine wirkliche Altersgleichheit vorliege. Es erschien uns undenkbar, dass die betreffenden Kalke bei so weit gehender paläontologischer und petrographischer Ueberein- stimmung in Böhmen ein anderes stratigraphisches Niveau einnehmen sollten, als wir es nach unseren Untersuchungen im Rheinlande dem Greifensteiner Kalk. zuschreiben mussten. Diese Ueberzeugung sollte sich als richtig erweisen. Es ist uns gelungen, in den fraglichen böhmischen Kalken ein unzweifelhaftes Aequivalent des Greifensteiner Kalkes nachzuweisen und damit die Unterlage für eine richtigere und genauere Parallelisirung der verschiedenen Glieder des böhmischen und rheinischen Devon, als sie bisher möglich war, zu gewinnen. Es sollen im Folgenden in einem ersten Abschnitte die strati- graphische Stellung der rheinischen sog. Hereynkalke, insbesondere des Greifensteiner Kalkes, dann in einem zweiten unsere Beobachtungen in Böhmen, und endlich in einem letzten die Beziehungen der ver- schiedenen Glieder des böhmischen und rheinischen Devon zu einander besprochen werden. Stellung der sog. Hereynkalke, insbesondere des Kalkes von Greifenstein, innerhalb des rheinischen Devon. Es ist eine Eigenthümlichkeit der Dill- und oberen Lahn- gegend, des anschliessenden hessischen Hinterlandes (Gegend von (Gladenbach und Biedenkopf) und des Waldeck’schen Gebietes (Kellerwald, Wildungen), dass das Mitteldevon daselbst nicht, wie in der Eifel, in kalkiger, sondern in schiefriger Form ausgebildet ist. Dasselbe baut sich aus einer mächtigen Folge von dunklen Thonschiefern auf, die von R. Ludwig mit Rücksicht auf die stellenweise darin in Menge auftretenden Tentaculiten als Tentaculitenschiefer bezeichnet worden sind. Bezeichnender wäre vielleicht der Name Styliolinenschiefer, da noch viel häufiger und charakteristischer als die Tentaculiten Styliolinen sind, welche die Schichtflächen oft zu Tausenden bedecken. Ausser diesen enthält der Tentaculitenschiefer gewöhnlich nur spärliche und schlecht erhaltene Versteinerungen, kleine Goniatiten und Orthoceren, Trilobiten, Brachiopoden u. s. w. Nur selten, wie an den weiter unten zu erwähnenden Fundpunkten bei Leun und Oberbiel unweit Wetzlar, tritt örtlich eine reichere Fauna auf. Zu den besterhaltenen Versteinerungen gehören die feinen Kieskerne der sog. Wissenbacher Schiefer, welche nur eine [3] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 481 besonders reine (dachschieferförmige) Entwickelung der Tentaculiten- schiefer mit verkiester, ganz überwiegend aus Cephalopoden bestehender Fauna darstellen. { In der Regel sind die Tentaculitenschiefer mehr oder weniger reine, vielfach in Dachschiefer übergehende Thonschiefer. Indess schliessen sie fast allenthalben als untergeordnete Einschaltungen verschiedenartige Grauwacken, Quarzite, Kieselschiefer und Kalke ein. Ja, örtlich können unreine Quarzitsandsteine und Grauwacken sich so stark entwickeln, dass die Gesteinsfolge dem westphälischen „Lenneschiefer“, einer thonig-sandigen, überwiegend aus Grauwacken- schiefern und Sandsteinen zusammengesetzten Ausbildungsform des Mitteldevon, ähnlich wird. In solchen Fällen ist ihre Trennung von den Grauwackenschiefern und Sandsteinen des Unterdevon, wenn die bezeichnenden Versteinerungen fehlen, sehr schwierig. Unter den Grauwacken ist besonders eine gelbliche Feld- spathgrauwacke bemerkenswerth. Im Dillenburg’schen noch kaum vor- handen, entwickelt sie sich nach S zu immer mächtiger, so dass sie südlich von Wetzlar ganze Berge zusammensetzt. Die Quarzite treten theils (so bei Haiger, Sechshelden und Wissenbach nördlich Dillenburg) in dünnen Platten, theils (Ludwigs- hütte bei Biedenkopf, Berleburg) in dieken Bänken auf. Die Kiesel- und Wetzschiefer erlangen nur örtlich eine grössere Mächtigkeit, sind aber trotzdem für die in Rede stehende Schichtenfolge sehr bezeichnend. Am interessantesten sind die.Kalke, die zum Theil geschlossene, mehr oder weniger weit verfolgbare Lager, überwiegend ‚aber ver- hältnissmässig unmächtige und im Streichen sich bald wieder aus- keilende, linsenförmige Massen bilden. Sie treten in fünf Haupt- abänderungen auf. 1. Blaue, versteinerungsfreie Plattenkalke, oft von ansehnlicher Mächtigkeit. Sie sind besonders verbreitet im hessischen Hinterlande (Bischoffen, Oberweidbach, Gladenbach, Buchenau, Caldern) und könnten als Gladenbacher Kalk bezeichnet werden. 2. Blauschwarze und dunkelgraue, undeutlich krystalline Kalke, die theils geschlossene Bänke, theils brodleibförmige Massen im Schiefer bilden. Namentlich die letzteren schliessen oft Trilobiten und Cephalopoden, mitunter auch Brachiopoden und andere Versteinerungen ein. Nach einem besonders ausgezeichneten, ver- steinerungsreichen Vorkommen bei Günterod im hessischen Hinter- lande seien diese Kalke als Günteroder bezeichnet. 3. Dichte, hell- bis dunkelgraue, an manche Oberdevonkalke erinnernde Flaser- oder Knollenkalke mit ganz überwiegender Cephalopodenfauna. Nach ihrem häufigen Vorkommen auf dem Messtischblatte Ballersbach (unweit Herborn) bezeichnen wir diese, meist nur in kleinen, linsen- förmigen Massen auftretenden Kalke als Ballersbacher Kalk. 4. Hellblaugraue bis röthliche, mehr oder weniger grobkrystalline Crinoidenkalke mit überwiegenden Trilobiten und Brachiopoden. Typus ist der Kalk von Greifenstein, nach dem wir diese Gesteine Greifensteiner Kalke nennen. 5. Tiefschwarze, krystallinische Knollenkalke, oft den oberdevonischen Intumescens-Kalken ähnlich 482 E. Kayser u. E. Holzapfel. [4] und zuweilen mit ihnen verwechselt, manchmal auch etwas plattig werdend und dann stärker krystallinisch., Sie liegen über den Günteroder Kalken, haben nur eine geringe Mächtigkeit und sind durch eine Cephalopodenfauna gekennzeichnet, welche sich eng an die des Briloner Eisensteins anschliesst und namentlich Tornoceras circeumflexiferum und simplex, sowie Posidonia hians und Cardiola- Arten enthält '). Besonders versteinerungsreich sind sie bei Odershausen unweit Wildungen, wonach wir sie als Odershäuser Kalke be- zeichnen. In dieser Form, als ein mächtiger Complex dunkler Thonschiefer mit verschiedenen untergeordneten fremden Gesteinseinlagerungen, treten die Tentaculitenschiefer im Dillenburg’schen und hessischen Hinterlande auf. Hellfarbige Riffkalke mit der Fauna der Stringoce- phalenschichten, ebenso wie Schalsteine, fehlen der Schichtenfolge hier ganz. In vielen Profilen nehmen die Tentaculitenschiefer den ganzen Raum zwischen Unter- und Oberdevon ein. Anders ist es m der Gegend von Wetzlar, wo Stringocephalenkalk und „älterer“ Schalstein 2) zu gleicher Zeit mit den Schiefern abgelagert wurden. In der Regel besteht hier nur der untere; unmittelbar über den Obercoblenz- schichten liegende Theil des Mitteldevon aus Tentaculitenschiefern, während darüber eine mehr oder minder mächtige Folge von Schal- steinen auftritt und über diesen endlich schichtungslose Riffkalke mit der Fauna der oberen Stringocephalenschichten, dunkelblaue, krystalli- nische Plattenkalke (Gladenbacher Kalk?) oder dichte Knollenkalke und aus den letzteren durch Umwandlung hervorgegangene Rotheisen- steinlager folgen. Diese Kalke und Eisensteine endlich werden an einigen Punkten unmittelbar von Oberdevonkalken mit Gephyroceras intumescens überlagert. Hervorzuheben wäre endlich noch, dass auch die Schalsteine mitunter Einlagerungen von Korallen- und Crinoidenkalken ein- schliessen, die indess nur selten eine grössere Mächtigkeit er- langen. Unter denselben verdient namentlich der Kalkeisenstein genannt zu werden, der früher auf der Grube Haina bei Waldeirmes unweit Wetzlar abgebaut wurde und dessen reiche Fauna. durch Fr. Maurer beschrieben worden ist. Das nördlichste derartige Vor- kommen dürfte der korallenreiche, hellfarbige Kalk von Edingen unweit Greifenstein sein. Schon das Auftreten von Stringocephalus Burtini in diesen Kalken zeigt, dass sie dem oberen Mitteldevon angehören °). Diesen Mittheilungen entsprechend lässt sich die Entwickelung des Mitteldevon im Dillenburg-Wetzlarer Gebiete durch folgende Tabelle veranschaulichen: ') vergl. Denekmann: Schwarze Goniatitenkalke im Mitteldevon des Keller- waldgebietes. Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst, f. 1892, S. 12. ?) So genannt zum Unterschiede vom jüngeren (oberdevonischen) Schalstein. ®) Im älteren Schalstein selbst kommt die genannte Leitform der Stringo- . cephalen-Schichten nur vereinzelt vor. So zwischen Altenberg und Oberbiel bei Wetzlar, DE 15] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 483 | Haiger- Herborn- Wet»lar- | Dillenburg Sinn Braunfels ; Intumescenskalk, Iberger Kalk, Öypridinienschiefer; Ober-Devon | jüngerer Schalstein Massenkalk, bezw. . Plattenkalk und Tentaculiten- Ken | Rotheisensteine. “ schiefer mit ch Schalsteins Aelterer Schalstein Mittel- Quarzit-, Kalk- 3 mit Kalkeinlage- - - 2 und Massenkalk- = Devon Kieselschiefer- und aa ana rungen. Grauwacken- ie ee Tentaeuliten- Einlagerungen ek 94 = schiefer mit Grau- : er wacken, Kalken | u. 8. W. | Ä | | u Ober-Coblenz-Schichten Was nun die paläontologische Gliederung der Tenta- eulitenschiefer betrifft, so kommt hier zunächst in Betracht, dass — wie der Eine von uns schon vor längerer Zeit gezeigt hat ') — bei Wissenbach, im hessischen Hinterland, im Ruppachthale und anderweitig in den mitteldevonischen Schiefern zwei nach ihrer Fauna sehr verschiedene Zonen zu unterscheiden sind, nämlich: 1. eine ältere, die besonders durch Mimoceras gracile (= compressum), Anarcestes subnautilinus, lateseptatus und Wenkenbachi, Hercoceras sub- tubereulatum, Jovellania triangularis, Orthoceras erassum, vertebratum u. a. bezeichnet wird, und 2. eine jüngere, für die besonders Agoniatites occultus und Dannenbergi, Anarcestes vittatus, Tornoceras circumflexiferum, Pinacites Jugleri, Bactrites carinatus, Orthoceras planicanalieulatum, rapiforme, Dannenbergi u. a., Spirifer indifferens Barr. (— linguifer Sandb.)?) und Ketzia novemplicata bezeichnend sind. In beiden Zonen kommen Phacopsarten aus der Gruppe des böhmischen fecundus vor. Von sonstigen Trilobiten wären namentlich Bronteusarten aus der Verwandtschaft von Br. (Thysanopeltis) speei- osus Corda (Steinsberg bei Diez, Wissenbach) als eine bemerkenswerthe Erscheinung hervorzuheben 3). 1) Die Orthocerasschiefer zwischen Balduinstein u. Laurenburg ete. Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst. f. 1883, 8. 1. 2) Schon Maurer hat mit Recht hervorgehoben (N. Jahrb. f. Min. Beilage- band II, 1880, 8. 56), dass beide Namen zusammenfallen. Insbesondere sind manche verkalkte Exemplare von Greifenstein ‘und Günterod in Nichts von der aufge- blähten, von Barrande als var. obesa beschriebenen Abänderung verschieden. 3) Vergl. Sandberger, Entwickelung der unteren Abtheilung des Devon. Syst. in Nassau. Jahrb. d. nass. Ver. f. Naturk. Bd. 42, 1889, S. 70, 77. — Nach einer Mittheilung v. Koenen’s kommen Formen der Thysanopeltis-Gruppe auch in den Mitteldevonschiefern des Hutthales im Oberharz vor. 484 E. Kayser u. E. Holzapfel. [6} Es ist nun von grosser Wichtigkeit, dass diese beiden Faunen, die nach der neuesten Zusammenstellung von Fr. Sandberger!) nur 4 Arten (nämlich Phacops fecundus und 3 Orthoceren) gemein hätten, sich auch in den kalkigen Einlagerungen der Tentaculiten- schiefer wiederfinden. Am wenigsten waren bisher Kalke mit derälteren Wissen- bacher Fauna bekannt. Ein paar kleine hierhergehörige Vor- kommen liegen nördlich von Bicken. Das eine wurde vor etlichen Jahren durch einen neuen Weg am Westabhange des Forstortes Hain, etwa 30 Meter über der Sohle des Weibachthales aufgeschlossen. Es bildete eine (jetzt völlig fortgebrochene) Linse von grauem Flaser- Kalk (Ballersbacher Kalk), die einem Schieferzuge angehört, in dessen Hangendem korallenführender Schalstein, in dessen Liegendem aber, durch eine streichende Verwerfung getrennt, Culmgrauwacke auftritt. Dies kleine Vorkommen hat folgende Versteinerungen geliefert: Bronteus Dormitzeri Barr. Von Noväk von dorther be- schrieben in Dames und Kayser, Pal. Abh. V, 5, 1890. 8.39, Eaiad, Fig. 1 2. Phacops fecundus Barr. var. major. (— Ph. Potieri Bayle, Kayser, Fauna des Hauptquarzites ete. [Abh. d preuss. geol. Landesanst. 1889], S. 67). Anarcestes lateseptatus Beyr. convolutus Sand. Hercoceras subtuberculatum Sand. = mirum Barr. Jovellania triangularis Arch. Vern. Orthoceras patronum Barr. (Syst. Sil. II, pl. 275. Etage F, @ = Orth. raphanistrum A. Röm., Kalk von Wieda, Harz?). Orthoceras vertebratum Sndb. N commutatum Gieb. Tentaculites acuarius Richt. Hyolithes pauper Barr. (Syst. Sil. III, p. 88, pl. 13. Noväk, Abh. böhm. Ges. Wiss. 1891, p. 21, Taf. V. Bei Mnenian, zusammen mit Bronteus speciosus, Lichas Haueri, Proetus neglectus ete.). Cardiola digitata A. Röm. (Wissenb. Schief. d. Oberharzes). Atrypa reticularis Linn. Athyris macrorhyncha Schnur (Ober-Coblenz-Sch. der Fifel, des Harzes u. s. w.). Ichynchonella nympha Barr, var. pseudolivonica. m af. Orbignyana Vern. (zwischen dieser und pila Schnur stehend). Ein zweiter Fundpunkt liegt in der südwestlichen Fortsetzung desselben Schieferzuges, im Gansbachthale, unweit der Grundmühle. Hier fanden sich: 1). A, a. O, 8,6% [7] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 485 Phacops fecundus Barr. var. major. Anarcestes convolutus. Hercoceras subtuberculatum. Platyceras Halfari Kays. var, rostrata Barr. Atrypa retieularis Linn. Pentamerus sp. zicw)ich gross, stark- und vielrippig. Strophomena Sow v yı Barr. (Syst. Sil. V, pl. 44, Etage F'). Petraja Barrandei Maur. (Kalk v. Greifenstein, N. Jährb. f. Min. Beilageband I, 1880, Taf. 4, Fig. 13a. Frech, Z.d.d. geol. Ges. 1889, p. 267. Greifenstein, Konjeprus). Ausser an diesen beiden Stellen kommt dieselbe Fauna noch an verschiedenen anderen Punkten der Gegend von Bicken und Ballers- bach vor. So im Liegenden der Oberdevonkalke, die in dem weiter unten genauer zu besprechenden grossen Steinbruche an der Land- strasse zwischen Bicken und Offenbach ausgebeutet werden). Herr v. Koenen und die Verfasser sammelten hier Bronteus spe- ciosus Corda, Proetus unguloides Barr., Hercoceras subtuberculatum, Jovellania triangularis, Anarcestes lateseptatus und enf. subnautilinus Orthoceras crassum sowie einige andere Arten). Dieselben Leitformen, ausserdem aber noch Pinacites Jugleri A. Röm. und Merista securis Barr., fanden sich auch auf der Höhe südlich Ballersbach, im Hangenden der alten, im Clymenien- kalk angelegten Steinbrüche. Zur Erklärung dieser auf den ersten Blick auffälligen Lagerung sei bemerkt, dass die den Ballersbacher Kalk einschliessenden Schiefer vom Clymenienkalk durch eine (an einer Stelle deutlich wahrnehmbare) südfallende Ueberschiebung getrennt sind, während sie selbst in Folge einer anderen grossen Ueberschiebung unmittelbar von unterdevonischen Schichten (Grau- wackensandsteinen und Schiefern der Untercoblenz-Stufe) überlagert werden, wie dies durch die umstehende Profilskizze (auf Seite 486) erläutert wird (U. — Ueberschiebungslinie, V. — Verwerfung). Wie aus obigen Mittheilungen ersichtlich, ist die Zusammen- setzung der Fauna des Ballersbacher Kalkes sehr interessant. Neben bezeichnenden Formen der älteren Wissenbacher Schiefer (Anar- cestes lateseptatus, subnautilinus und convolutus, Hercoceras subtuber- culatum, Jovellania triangularis, Orthoceras crassum, vertebratum etc.) und Formen der Harzer Wissenbacher Schiefer, wie Cardiola digitata, treffen wir den im Mitteldevon verschiedener Gegenden weit ver- breiteten Tentaculites «acuarius an, ferner einige Brachiopoden des oberen Unterdevon (Athyris macrorhyncha) und des unteren Mittel- devon (Rh. Orbignyana), dazu endlich noch eine ansehnliche Zahl böhmischer Species (Bronteus Dormitzeri, Phacops fecundus, Proetus . 2) Die Oertlichkeit liegt zwar näher bei Bicken, aber noch in der Gemar- kung Offenbach. Ihre gewöhnliche Bezeichnung als „Bicken“ ist daher nicht ganz zutreffend. i 2) Ob auch der von Noväk (Vergl. Studien Trilob. Hereyn etc. 1890, S. 34) von Bicken beschriebene Cheirurus Cortai Barr. wirklich von hier und aus dem Ballersbacher (oder aber aus dem Günteroder Kalk) stammt, wird sich schwer fest- stellen lassen. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Kayser. u. Holzapfel.) 64 486 E. Kayser u. E Holzapfel. [8] unguloides, Orthoceras patronum, Rhynchonella princeps und pseudo- livonica, Merista securis, Strophomena Sowerbyi, Hyolithes pauper, Petraja Barrandei). Nicht minder gross, als die faunistische Uebereinstimmung des Ballersbacher Kalkes mit den älteren Wissenbacher Schiefern, ist die- jenige vieler schwarzer Cephalopodenkalke vom Typus des Günter- oder Kalkes mit den jüngeren Wissenbacher Schiefern. Frech hat daher Recht, wenn er diese Kalke geradezu als die Kalkfacies der oberen Wissenbacher Schiefer bezeichnet '). Ein ausgezeichnetes hierher gehöriges Vorkommen, das eine Menge wohl erhaltener, in den Museen von Berlin, Marburg und Halle aufbewahrter Versteinerungen geliefert hat, ist das von Günterod?) unweit Gladenbach. Kaum 10 Minuten südlich vom Dorfe treten zwischen Grauwacken Schiefer auf, die ein kleines, Profil am Bergabhange südlich von Ballersbach. N 3% Dr RT AR, \% U U ROHR, - ES x “ N. x EN N S IN R SS \ SITIIÜÄN \ N N N N N N AN N N k x INN \ r ; TR) NN NN IN ‘ N } NN N NN 1 Y H 1 H \ : | \ [3 N \ Tentac. Schf. Clymen. Kalk. Unter-Cobl.-Sch. Schief. mit Ballersbacher Kalken. durch einen Steinbruch aufgeschlossenes Kalklager beherbergen. Als häufigste Arten finden sich hier: Phacops fecundus Barr. var. major (= Ph. Potieri Bayle, Kayser, 3:0.48::0,) Phacops breviceps Barr. Bronteus ( T'hysanopeltis) speciosus Corda (-thysanoneltis Barr.) Agoniatites occultus Barr. r Dannenbergi Beyr? Pinacites Jugleri A. Roem. (sehr grosse Exemplare). Anarcestes vittatus Kays. Orthoceras planiseptatum Sndb. 1) 2. d. d. geol. Ges. 1889, p. 246. — Die allgemeine Uebereinstimmung der Fauna dieser Kalke mit derjenigen der Wissenbacher Schiefer ER hatte der Eine von uns schon vor 20 Jahren (Z. d. d. geol. Ges. 1874, S. 672) erkannt. 2) In Folge absichtlich falscher Etikettirung sind die von hier stammenden Versteinerungen durch den Hauptsammler zum grössten Theil mit der Fundorts- angabe „Bicken“ in die Sammlungen gelangt. Auch die von Frech (2. d..d. geol. Ges. 1889, S. 252) gegebene Versteinerungsliste bezieht sich steher wesentlich auf Günteroder und nicht auf Biekener Funde. [9] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. Weniger häufig sind: Arethusina Beyrichi Novdk. Harpes fornicatus Novak. »„ Kayseri Novdk. Proetus orbitatus Barr. 4 planicauda Barr. Acidaspis pigra Barr. Cyphaspis hydrocephala A. Roem. Bronteus brevifrons Barr. Lichas Haweri Barr. Bactrites carinatus Münst.? Platyceras sp. sp. Hercynella sp. (grosse Form, verwandt mit H. nobilis Barr.). Cardiola digitata A. Roem. Puella (Panenka) sp. sp. Retzia novemplicata Sndb. Spirifer indifferens Barr. 487 Ein anderes Vorkommen findet sich in Begleitung der bereits oben erwähnten Bicken und Offenbach. Oberdevonkalke an der Landstrasse zwischen Dasselbe tritt hier in einer ähnlichen Lagerung über Oberdevon- (COlymenien- und Intumescens-) Kalkeu auf, wie das oben besprochene Vorkommen im S von Ballersbach. Die verwickelten Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Kalkhorizonte dieser berühmten Oertlichkeit werden etwa durch nachstehende Skizze erläutert. Profil durch den grossen Kalkbruch zwischen Bicken und Offenbach. (Ü. = Ueberschiebung, V. — Verwerfung.) Ü. Halde. Landstrasse. Ahrthal. S Ballersb. Kalk. Odershs. Intumese. Clymen. Günteroder Kalk. Kalk. Kalk. Kalk. In den Günteroder Kalken haben sich hier gefunden: Phacops fecundus Barr. var. major. „ breviceps Barr. Bronteus speciosus Corde. Pinacites Jugleri A. koem. 64* 488 E. Kayser u. E. Holzapfel. [10] Agoniatites occultus Barr. Bactrites carinatus Münst. Orthoceras Dannenbergi Arch. Vern. Hercynella sp. Ausserdem führt Frech aus dem Günteroder Kalk von Günterod oder Bicken !) noch an: Chonetes cerenulata F. Roe., Spirifer aviceps Kays., Terebratula Whidbornei Davids. und juvenis Sow., Euomphalus annulatus Gf. und Loxonema piligerum Sndb.?) Es ist indess wahr- scheinlich, dass diese, zumeist das Stringocephalen-Niveau anderer Gegenden kennzeichnenden Arten ebenso den höheren schwarzen Kalken mit Posidonia hians Waldschm., unseren Odershäuser Kalken, entstammen, wie ein in der Sammlung der Berliner geologischen Landesanstalt aufbewahrtes, mit der Dannenberg’schen Sammlung in dieselbe gelangtes Exemplar von Stringocephalus Burtini. Als ein weiteres, wichtiges, versteinerungsreiches Vorkommen von Günteroder Kalk sei das an der Ense bei Wildungen ge- nannt. An das weite, sich im S und SW der Stadt ausbreitende Gebiet flach liegender Culmschiefer (mit Posidonia Becheri) schliesst sich mit steilem Anstiege eine ausgedehnte Kalkplatte, die Ense, an. Sie besteht aus einer grösseren Anzahl zerrissener und überkippter Sättel, die als Ganzes auf die im N angrenzenden Culmschichten überschoben sind). Die einzelnen Schuppen enthalten meist das ganze Oberdevon und den grössten Theil des Mitteldevon. Am deut- lichsten ist die Reihenfolge am Abhange gegen Wildungen hin. Hier liegen unter dem Öberdevon etwa 15 Meter hellfarbige, plattige, knollige Kalke mit Stringocephalus Burtini, Agoniatites discoides Waldschm. und inconstans Phill., Maeneceras terebratum Sandb. und Phacops breviceps Barr. Es ist dies der Stringocephalenkalk Wald- schmidt’s®). Unter diesem folgen wenig mächtige, tiefschwarze Knollenkalke, die Odershäuser Kalke, mit Agoniatites inconstans Phill., Maeneceras terebratum Sandb., Tornoceras simplex v. Buch und eircumflexi- ferum Sandb. und noch mehreren anderen Goniatiten und daneben besonders Posidonia hians Waldschm., Buchiola retrostriata v. Buch mut. nov. aquarum Beush., Spirifer simplex Phill. u. s. w.?) Diese Kalke gehören noch zum oberen Mitteldevon. In ihrem Liegenden folgt unmittelbar Günteroder Kalk, der zahlreiche Ver- steinerungen geliefert hat. Die Trilobiten hat Noväk zum Theile bearbeitet‘). Am häufigsten sind: Phacops fecundus Barr. var. major. breviceps Barr. ” ') Vergl. die Anm. 2 auf Seite 486. 2) 2. d. d. geol. Ges. 1889, S. 252. °») Herr A. Denckmann, der diese Verhältnisse genau festgestellt hat, hatte die Freundlichkeit, den einen von uns auf einer längeren Excursion zu führen und die Lagerung der einzelnen Zonen eingehend zu erläutern. *) 2. d. d. geol. Ges. 1885. S. 911. °) Vergl. Denckmann, Jahrb. d. pr. geol. Landesanst. f. 1892, 8. 12. °) Vergl. Studien an einigen Trilobiten aus dem Hereyn von Bicken, Wildungen, Greifenstein und Böhmen. Palaeont. Abh. von Dames und Kayser. Neue Folge Bd. I, Heft 3. 1890. zZ [11] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 489 Bronteus (Thysanopeltis) speciosus Corda. Aecidaspis pigra Barr. Daneben kommen vor: Proetus Holzapfeli Nov. (= cornutus G@f?) a Waldschmidti Nov. „ Rlicostatus Nov. Cyphaspis hydrocephala A. Roe. ie cf. ceratophthalma Gf. Arethusina Beyrichi Nov. Phacops Frechi Kays. Agoniatites occullus Barr. angulatus Frech. „ Profil am N-Abfall der Ense bei Wildungen. (U. = Ueberschiebung.) Posidonienschiefer. St RI = N N N S EN N Tentaculiten-Sch. Günteroder K. Odershäuser K. Ob. Stringoc. K. Oberdevon. Dieselbe Reihenfolge der Schichten ist auch in den übrigen Schuppen des Wildunger Kalkgebietes zu beobachten und wiederholt sich auch weiter südlich, am Gershäuser Hof und am Hohen Lohr. Die schwarzen Odershäuser Kalke mit Posidonia hians treten ferner ebenso bei Bicken, Offenbach und Günterod im Hangenden des Günteroder Kalkes auf. Aus ihnen stammt dem Gestein nach das oben (S. 488) erwähnte Exemplar von Stringocephalus Burtini von Bicken, das in der Sammlung der Berliner geolog. Landesanstalt aufbewahrt wird, wie wahrscheinlich auch die übrigen von dort, beziehungsweise von Günterod angegebenen Stringocephalenkalkformen (Terebratula Whidbornei und juvenis, Holopella piligera ete.). (Siehe das Profil S. 487.) 490 E. Kayser u. E. Holzapfel. [12] Von grosser- Wichtigkeit wegen der klaren Lagerungsverhält- nisse sind die Vorkommen in der Umgebung der Dillmün- dung und in der Gabel zwischen Dill und Lahn. Unmittelbar über normalem Unterdevon, das gelegentlich eine Obercoblenz-Fauna führt, liegen hier gelbe ockerige Tentaeulitenschiefer, die hie und da in unreine, gelbe und röthliche Kalke (mitunter Orinoidenkalke) übergehen oder solche eingelagert enthalten. An einigen Stellen, ins- besondere bei Leun und Oberbiel, kommt in diesen Schiefern eine reiche Fauna vor. Wir sammelten hier: Pinacites Jugleri A. Roe. Phacops aff. fecundus Barr. Oryphaeus sp. Bronteus Dormitzeri Barr. Proetus Holzapfeli Nov. „ Zoveni Barr. (G') Aeidaspis pigra Barr. Uyphaspis cf. ceratophthalma Gf. Arethusina sp. Oyrtina heteroclita Defr. \ sehr häufig, auch sonst allge- Atrypa reticularis L. mein in diesen Schichten. Pentamerus Oehlerti Barrois. Häufig bei Leun. Rhynchonella Orbignyana Vern. s hexatoma Schnur. Bifida lepida Gf. Retzia. ferita v. Buch. Atrypa cf. concentrica v. Buch. Nucleospira lens Schnur. Spirifer cf. aculeatus Schnur. Orthis striatula Schl. „ @ervillei Defr. (älterer Mitteldevonkalk von Arnao und Moniello in Spanien, Konjeprus, Unterdevon des nordwestl. Frankreich und Bosporus). Streptorhynchus umbraculum Schl. Leptaena subtetragona F. Roem. R lepis Dr. Strophomena cf. interstrialis Phil. n Sowerbyi Barr. (ausgezeichnete grosse Form von Mnenian, auch im Ballersbacher Kalk vom Hain bei Bicken). Chonetes minuta Gf. und noch andere Formen. Bei Klein-Altenstädten fanden sich auch verschiedene Exemplare von Spirifer cf. cultrijugatus. Hier und bei Hermann- stein sind die Schichten sehr kalkig und von gelber Färbung. Ueber ihnen folgen reine Tentaculitenschiefer mit einzelnen Kalkknollen und darauf Günteroder Kalk, der bei Hermannstein und Klein-Alten- städten folgende Versteinerungen geliefert hat: | Phacops fecundus Barr. var, major. 3 breviceps Barr. | [13] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmisehen u. rheinischen Devon. 491 Bronteus speciosus Corda. Aecidaspis pigra Barr. Arethusina _Beyrichi Nov. Uyphaspides n. sp. (af. scuticauda Nov.) Pinacites Jugleri A.. Roe. Agoniatites occultus Barr. € verna Barr. p bicanaliculatus Sndb. Anarcestes" aff. lateseptatus Beyr. Ueber die im Hangenden dieser Kalke liegenden Mitteldevon- schichten sei nur bemerkt, dass der zunächst folgende mächtige ältere Schalstein gelegentlich ebenfalls kleine Kalklager enthält. . In der Regel führen diese nur Crinoidenstiele und Brachiopoden (bes. Atrypa. reticularis und desguamata);, mitunter aber. — wie namentlich beim Hofe Haina. unweit Waldgirmes — schliessen sie eine reichere Fauna ein, die schon von Fr. Maurer zutreffend dem unteren Stringocephalenkalk zugerechnet worden ist!). Ueber dem Schalstein folgen Riffkalke der oberen Stringocephalen-Stufe, die stellenweise die Villmarer Fauna enthalten, wenn auch nirgends in der Reichhaltigkeit wie bei Villmar selbst, meist aber fossilarm oder fossilfrei sind. Als Aequivalente dieses Massenkalkes treten an vielen Punkten blaue Plattenkalke, dichte Knollenkalke und Tentaculitenschiefer auf. Die dichten Knollenkalke sind meistens eisenschüssig, gehen in Rotheisenstein über und enthalten die Fauna des Briloner Eisensteins. In ihrem Hangenden folgt unmittelbar das OÖberdevon mit Gephyroceras intumescens ?). Wenn nach vorstehenden Mittheilungen die Zugehörigkeit des Ballersbacher und Günteroder Kalkes zum Mitteldevon in der Zu- sammensetzung. ihrer Fauna klar genug hervortritt, so konnte das- selbe vom Greifensteiner Crinoidenkalk bis jetzt nicht be- hauptet werden. Vielmehr sind wohl bei keinem der anderen soge- x ') Vergl. Fr.. Maurer, die Fauna der Kalke von Waldgirms. Abh. der grossherz. hess. geol. Landesanst. Darmstadt, 1885. Zusammen mit Stringocephalus Burtini und Uneites gryphus kommt hier noch Ca’ceola sandalina vor. 2) Bemerkenswerth ist an diesen Eisensteinen und -Kalken das häufige Vor- kommen von Trilobiten, die mit solchen des böhmischen Devon entweder vosl- ständig übereinstimmen, oder ihnen doch so ähnlich sind, dass sie nur als jüngere Mutationen angesehen werden können. Hierher gehören vor allen Cheirurus Sternbergi mut. myops A. Roe. Proetus erassimargo A. Roe. ” crassirhachis A. Roe. Arethusina cf. Beyrichi Nov. Cyphaspis cerberus Barr. sE convexa Barr. Lichas granulosa A. Roe. (sehr nahe Haueri Barr.) Phacops breviceps Barr. Dagegen fehlen die bezeichendsten Formen des eifeler Kalkes (Phacops latifrons bz. Schlotheimi) hier ebenso, wie im Günteroder und Ballersbacher Kalk. Der Eine von uns hat diese Verhältnisse in einer demnächst erscheinenden be- sonderen Arbeit ausführlich behandelt. 492 E. Kayser u. E. Holzapfel. [14] nannten Hercynkalke so weit auseinander gehende Anschauungen über sein Alter geäussert worden, als gerade bei ihm. Gleich nach seiner (dem Geh. Bergrath Riemann in Wetzlar zu dankenden) Entdeckung vor etwa 20 Jahren, wurde er von F. Roemer!) auf Grund seiner Fauna als obersilurisch, von H. v. Dechen?) dagegen mit Rücksicht auf den Schichtenverband als oberdevonisch angesprochen. Nachdem bald darauf der Eine von uns?) seine nahen Beziehungen zur Hercyn- fauna des Harzes erkannt, widmete ihm Fr. Maurer) eine längere paläontologische Arbeit, in der er die Ansicht aussprach, dass er jünger sei, als die böhmischen Etagen F,G,H Barrande’s, und gleich den Wissenbacher Schiefern dem oberen Unterdevon ange- höre5). Auch Fr. Frech, der sich seit Mitte der 80er Jahre mit soviel Eifer und Erfolg mit dem Studium der altpaläozoischen Bil- dungen im Rheinlande, in Böhmen, Südfrankreich und den Alpen beschäftigt hat, weist bis in die neueste Zeit gleich Maurer dem Greifensteiner Kalk seinen Platz im Unterdevon an. Schon 1886 betonte Frech®) die innigen petrographischen und paläontologischen Beziehungen, die ihn mit den bekannten Kalken von Konjeprus und Mnenian (#, Barr.) verbänden, Kalke, die er sammt dem sie unterlagernden schwarzen Tentaculitenkalk (7!) und den sie über- lagernden grauen Knollenkalken (G!) ins Unterdevon stellte. Im Jahre darauf, in der Arbeit über Cabrieres”), parallelisirte derselbe die Kalke von Greifenstein und Wildungen sammt .denen vom Pie de Cabrieres und von Konjeprus noch genauer mit dem mittleren Unter- devon. Auch in der zwei Jahre später veröffentlichten Arbeit über das rheinische Unterdevon und die Stellung des Hercyn®), in welcher der Greifensteiner Kalk einer eingehenden Besprechung unterzogen und eine kritisch berichtigte Liste seiner Versteinerungen gegeben wird), betrachtet Frech ihn als unterdevonisch, ohne sich indess über seinen genaueren Horizont zu äussern '®). In dem soeben er- schienenen Werke desselben Forschers über die karnischen Alpen’) finden wir dieselben Anschauungen wieder, wie in den früheren Arbeiten. Auch Fr. Sandberger endlich '?) hat in seiner interessanten, unlängst veröffentlichten Abhandlung über das rheinische Unterdevon die Ueberzeugung ausgesprochen, dass der Greifensteiner Kalk unter- devonisch sei. ') 2. d. d. geol. Ges. 1875. 8. 701. ?) ebendas. S. 730, 732, 764. °) Abh. z. geol. Specialkarte von Preussen. Bd. II, Heft 4. 1878, S. 266. *) N. Jahrb. f. Min. Beilageband I, Heft 1, 1880, 5) ebendas. S. 71, 109. °) Z. d. d. geol. Ges. 1886. S. 917. ?) ebendas. 1887. S. 360. ®) ebendas. 1889. S. 175. ?) a. a. 0. 8.264, '%) Die böhmische Etage F wird in dieser Arbeit, ebenso wie in der 1891 erschienenen 7. Auflage der Credner’schen „Elemente der Geologie“, in der Frech die Revision der älteren palaeozoischen Formationen besorgt hat, den Schichten mit Spirifer primaevus gleichgestellt. 11) Halle, 1894. 8. 274, 287. 12) 9.0. 8.078.898, [15] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 493 Diesen Anschauungen gegenüber, die wesentlich auf dem palaeon- tologischen Inhalt des Greifensteiner Kalks und seiner petrographischen Aehnlichkeit mit den Kalken der Gegend von Konjeprus, Cabrieres und vom Wolayer See (Karnischen Alpen) beruhen, haben wir bereits seit längerer Zeit auf Grund der bei den Specialaufnahmen in der Dill- und Lahngegend gemachten Wahrnehmungen die Ansicht vertreten, dass der Kalk von Greifenstein, ebenso wie der ihm gleich- stehende Ballersbacher und der jüngere Günteroder Kalk, nur ein Zubehör des Tentaculitenschiefers, und dementsprechend mittel- devonischen. Alters sei'). Diese Ansicht ist durch den Fortschritt unserer Arbeiten durchaus bestätigt worden. Das kleine Kalkvorkommen von Greifenstein liegt etwa 11/, Kilometer südsüdwestlich vom Orte dieses Namens, auf dem Plateau mitten im Walde. Es war nur zeitweise durch eine kleine, zum Zweck der Petrefactengewinnung geöffnete Grube aufgeschlossen, in der neben herrschendem grobspäthigen, rothen Crinoidenkalk auch Bänke von ebensolchem hellgrauen Kalk, sowie einzelne Lagen von dichtem, gelblich-grauem Kalk zu beobachten waren. In der unmittel- baren Umgebung des Kalks stehen Thonschiefer und plattige, glim- merige Grauwackengesteine an, während einige hundert Meter nördlich ein breiter Zug von Thonschiefern mit Einlagerungen von weissem, löcherigem Quarzit auftritt. Aus diesem letzteren beschrieb F.Roemer schon in den 40ger Jahren den bekannten grossen Pentamerus rhe- nanus?). Ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen, bemerken wir hier nur, dass die Kartirung ergeben hat, dass diese vielbe- sprochenen Quarzite?) auf das Gebiet zwischen Dill- und Ulmthal beschränkt sind und dem Grenzhorizont von Unter- und Mitteldevon angehören, d. h. dasselbe Niveau einnehmen, wie die Schiefer mit Pent. rhenanus im Ruppachthale %). Wir stellen sowohl die Schiefer als auch die Quarzite mit Pentamerus an die oberste Grenze des Unterdevon. Der Greifensteiner Kalk dagegen, von dem ausser dem besprochenen noch ein zweites, kleineres Vorkommen westlich von Greifenthal aufgefunden wurde, liegt an der Basis des Mittel- devon. Das ihn unterlagernde Unterdevon hat sich in der Umgebung beider Vorkommen in grosser Verbreitung nachweisen lassen, an einem Punkte mit der Fauna der oberen Coblenzschichten (Spirifer arduennensis und curvatus, Rhynchonella pila, Pentamerus sp. etc.) Wie die Stratigraphie, so lässt auch die Palaeontologie das mitteldevonische Alter des Greifensteiner Kalkes deutlich genug erkennen. Wenn dies aus den bisherigen Versteinerungslisten nicht mit senügender Deutlichkeit hervorging, so liegt der Grund in der Unvoll- ständigkeit dieser Verzeichnisse, die so wichtige Arten wie Mimoceras 1) Kayser, Z. d.d. geol. Ges. 1837, S. 625. Holzapfel, die Oephalopoden- führenden Kalke des Unt. Carbon von Erdbach-Breitscheid. Palaeont. Abh. V, 1. 1889, 8. 9. " 2) Rheinisch. Uebergangsgeb. 1844. S. 76 und 85. 3) F. Römer, Z. d. d. geol. Ges. 1874. S. 752 und H. v. Dechen, eben- das» 1875. 8. 761. #) Kayser, Orthocerasschiefer zwischen Laurenburg und Balduinstein. Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst. f. 1884. S. 2, 19, 33. Jahrb d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Kayser u. Holzapfel.) 65 494 E. Kayser u. E. Holzapfel. [16] gracile, Hercoceras subtuberculatum, Orthoceras cerassum und Lichas (Arges) armata nicht aufführten. Die Marburger Sammlung besitzt aus dem Kalk von Greifenstein und einem palaeontologisch und petrographisch völlig mit ihm übereinstimmenden, aber nicht rothen, sondern hellblaugrauen Kalk von Günterod die folgenden Arten: Phacops fecundus Barr. var. major. Gr. Gü.!) „ . breviceps Barr. Gü. Gr. » Zorgensis Kays. (= cephalotess Maur. non Barr.) Gü. Gr. Die weiter zurückreichenden Augen, die kür- zere, mehr pentagonal gestaltete Glabella und beson- ders die tiefe, unter dem Stirnrande gelegene Rinne unterscheiden diese Art von der Barrande’schen. Phacops sp. Proetus orbitatus Barr. Gr. Gü. 4 4 vor.? crassimargo A. Röm. (= Koeneni Maur.) Gr. Gü. „. myops Barr. Gr. Gü. „ eremita Barr. Gr. Gü. ». (Phaötonellus) planicauda Barr. Gr. Gü. Uyphaspis hydrocephala A. Rö. Gr. Gü. r scuticauda Nov. Gr. Lichas Haueri Barr. Gü. „ (Arges) armata Gf. var. Gr. Acidaspis vesiculosa Beyr. Gr. Bronteus angusticeps Barr.? Gü. » . (Thysanopeltis) speciosus Corda (— thysanopeltis Barr.) Gr. Gü. x Dormitzeri Barr.?) Harpes reticulatus Corda Gr. Gü. » Montagnei Corda Gr. »„ Fornicatus Nov. (var. retieulatus?) Gü. Dazu kommen noch folgende, in der Marburger Sammlung nicht vertretene, uns aber aus eigener Anschauung bekannte Trilobiten anderer Museen: Dalmanites af. Reussi Barr. (isolirtes Kopfschild. (Halle- sches Museum). Gr. Arethusina peltata Nov. Gr. Proetus unguloides Barr. Gr. Acidaspis pigra Barr. Gr. Göttinger Museum Bronteus brevifrons Barr. Gr. | (bestimmt durch Noväk). a elongatus Barr. Gr. ı) Gr. — Greifenstein; Gü. — Günterod. ?) Nicht anstehend gefunden, sondern in einem losen Block von Greifen- steiner Kalk am Sonnberg bei Günterod. [1 7] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u rheinischen Devon. Mimoceras gracile H. v. re (= compressum Beyr.). Gr. Aphyllites fidelis Barr. Pinaeites Jugleri A. en Gr. Hercoceras subtuberculatum Sndb. Gr. Orthoceras crassum A. Rö.? Gr. N patronum Barr. Gr. N commutatum Gieb. Gr. Gü. Platyceras Halfarı Kays. var. rostrata Barr. Gr. contortum Barrois? Gr. Gü. R disjunectum Giebel? Gü. Platyostoma sp. Gr. Gü. Strophostylus undulatus Maur. sp. Gr. Macrocheilus sp. Gr. Pleurotomaria af. subcarinata A. Rö. Gr. » stein. Taf. 2,.Bie} YoGr. Bellerophon sp. (capuloides Maur.) Gr. Tentaculites acuarius Richt. Gr. r longulus Maur. Gr. humillima Barr. (Maurer, Kalk v. Greifen- 495 Spirifer indifferens Barr. u. var. obesa (= Sp.linguifer Sndb.). Gr. Gü. orbitatus Barr. (var. indifferen?) Gü. superstes Barr. Gr. unguiculus Barr., Maur. non Sow. Gr. Merista securis Barr. Gr. Gü. »..? Baucis Barr. Gr. Gü. „ passer. Barr. Gr. Gü. Athyris Thetis Barr. Gr. Gü. Nucleospira inelegans Barr. Gr. Retzia novemplicata Sndb. Gr. Gü. Atrypa compressa Sow.? Gr. reticularis L. Gü. (nur Ein Exemplar.) ? Philomela Barr. Gr. Gü. „ef. canaliculata Sow. Gr. Gü. Rhynchonella matercula Barr. Gr. Gü. Pentamerus Tetinensis Barr.? Gü. . cf. strie Barr. Gr. Strophomena emarginata Barr. Gr. Gü. Leptaena tenwissima Barr. Gr. Gü. Leptagonia rhomboidalis Wahl. Gr. Chonetes sp. Discina sp. „ » » Ausserdem fand sich in einem kleinen Vorkommen von grob- krystallinem grauen Greifensteiner Kalk in einem Thälchen südlich von Ballersbach noch Merista herculea Barr. Modiomorpha (Guerangeria) Davousti Oehlert. (Barrois, Calcaire d’Erbray, p. 178, Taf. 11, Fig. 9.) Gr. Cypricardinia sp. Gr. 65* 496 E. Kayser u. E. Holzapfel. [18] Conocardium sp. GT. Cladochonus (Pustulipora) greifensteinensis Maur. Gr. Gü. Amplexus hereynicus A. Roe. (= Barrandei Maur.). Gr. Gü. Petraja Barrandei Maur. Es sind das im Ganzen weit über 60, zum grössten Theil sicher bestimmte Formen. Unter ihnen sind folgende auch aus dem Ballers- bacher Kalk bekannt: Phacops fecundus Barr. var. major. Bronteus speciosus Corda. = Dormitzeri Barr. Proetus unguloides Barr. Pinaeites Jugleri A. Rö. Hercoceras subtubereulatum Sndb. Orthoceras patronum Barr. _ ; commutatum Gieb. Tentaculites acuarius Richt. Merista securis Barr. Petraja Barrandei Maur. Ist die Zahl dieser Arten auch noch gering, so reicht sie doch hin, um die nahen Beziehungen des Greifensteiner und Ballersbacher Kalkes darzuthun’). Zusammen mit dem wichtigen Mimoceras gracile und Orthoceras crassum beweisen sie, dass gleich dem Ballersbacher auch der Greifensteiner Kalk dem Niveau der älteren Wissenbacher Schiefer angehört und somit mittel- devonischen Alters ist. Speeiell der Greifensteiner Kalk stellt eine ausgesprochene Trilobiten- und DBrachiopodenfacies dieses Niveaus dar. Aus dieser seiner Stellung erklärt sich einfach die. ansehnliche Zahl von Arten, die der Greifensteiner Kalk mit dem Günteroder Kalk und anderen noch höheren Devonhorizonten gemein hat (Dron- teus speciosus, Phacops breviceps, Proetus orbitatus, planicauda etc., Lichas Haweri, Arges armata, Oyphaspis hydrocephala, Cyphaspides scuticaudd, Acidaspis pigra und vesiculosa?) Pinacites Jugleri, Spürifer indifferens, Retzia novemplicata, Tentaculites acuarius und wohl noch manche andere)®). Dagegen befindet sich unter den bis jetzt von Greifenstein bekannt gewordenen Arten, abgesehen von Meristea herculea, keine, die auch im Unterdevon vorkäme. !) Das Fehlen von Agoniatites fidelis im Ballersbacher und von Anarcestes lateseptatus im Greifensteiner Kalk hat den Einen von uns auf die Vermuthung geführt, dass der letztgenannte Kalk vielleicht noch etwas älter ist als der Ballers- bacher. Indess kann es sich bei dem engen faunistischen Zusammenhange beider Kalke nur um geringfügige Altersunterschiede handeln. ?) Nach Barrois in dem von ihm an die Basis des oberen Mitteldevon gestellten Kalke von Ohaudefonds (Maine et Loire). °) Wie schon früher erwähnt, sind einige dieser Arten, wie insbesondere Proetus crassimargo und crassirhachis, Phacops breviceps und Amplexus hereynieus, sogar häufige und verbreitete Erscheinungen in den oberen Stringocephalenschichten des Harzes, Westfalens und des Lahngebietes. - Bee [19] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 497 Versuchen wir jetzt die Stellung der im Vorstehenden bespro- chenen Kalke innerhalb des Mitteldevon etwas genauer festzustellen. Was zunächst die Kalke von Ballersbach und Greifen- stein betrifft, so werden wir sie mit Bestimmtheit der dem untersten Mitteldevon entsprechenden Cultrijugatus- Stufe des Eifeler Kalkes gleichstellen dürfen, während wir den Penta- merus-Quarzit von Greifenstein und die Pentamerenschiefer sammt den zugehörigen trilobitenreichen Dachschiefern der Grube „Schöne Aus- sicht“ ') im Ruppach-Thale als oberstes Unterdevon den oolithischen Rotheisensteinen der Eifel?) parallelisiren. Für die Gleichstellung des Ballersbacher Kalkes mit den Cultrijugatus-Schichten fällt noch be- sonders das Vorkommen von Khynchonella af. Orbignyana, Spirifer enf. eultrijugatus und Bronteus Dormitzeri bei Bicken und Hermannstein ins Gewicht, da die erstgenannten: Arten Hauptleitformen der Eifeler Oultrijugatus-Stufe sind und Bronteus Dormitzeri nach dem oben über die Fauna der Wetzlarer Tentaculitenschiefer Mitgetheilten eine ähnliche Rolle zu spielen scheint. Das Alter des Günteroder Kalkes lässt sich vor allem deutlich aus seiner Lagerung erkennen; aber auch die Fauna gibt wichtige Anhaltspunkte. Sie schliesst sich ziemlich eng an die des Ballersbacher bz. Greifensteiner Kalkes an. Beide haben nämlich folgende Formen gemeinsam: Bronteus speciosus Cord. a brevifrons Barr. Phacops breviceps Barr. »„. feeundus Barr. var. major. Proetus orbitatus Barr. „. . planicauda Barr. a unguloides Barr. Oyphaspis hydrocephala A. Koe. Cyphaspides scuticauda Nov. Acidaspis pigra Barr. Lichas Haueri Barr. Harpes fornicatus Nov. Cardiola digitata A. KRoe. Retzia. novemplicata Sndb, Merista securis Barr, Spirifer indifferens Barr. | Tentaculites acuarius Richt. und wahrscheinlich noch einige weitere Arten. Mit den Calceola- Schiehten der Eifel sind gemeinsam Oyphaspis ceratophthalma Gf. und wahrscheinlich Proetus cornutus @f. (= Holzapfeli Nov.) 1) Phacops af. fecundus, Cryphaeus, Proetus (cnf. lepidus Barr.), Acidaspis sind hier häufig. Anderweitig, wie im Dillenburg’schen und hessischen Hinterlande, treten in diesem Horizont, unmittelbar an der Basis der Wissenbacher Schiefer, die zeitlich letzten Homalonoten auf. ?) Auch in diesen Eisensteinen finden sich die letzten Homalonoten, und auch hier erscheinen, wie in den eben erwähnten Dachschiefern des Ruppach- thales, neben überwiegenden Unterdevontypen bereits eine ganze Anzahl mittel- devonischer Arten. 498 E. Kayser u. E. Holzapfel. [20] Bei Bicken und Offenbach liegen nun die Günteroder über den Ballersbacher Kalken, und schon hierdurch wird ihre Stellung im oberen Theile des unteren Mitteldevon, entsprechend den Calceola-Schichten der Eifel, gesichert. An der Dillmündung liegen sie über den Schiefern von Leun-Oberbiel und unter dem älteren Schalstein. In diese selbst eingeschaltet treten bei Wald- sirmes die Kalke mit der von Maurer beschriebenen, den Crinoiden- Schichten der Eifel gleichstehenden Fauna auf. Die Günteroder Kalke müssen daher älter sein und ihre Stellung zwischen den Cul- trijugatus- und Crinoiden-Schichten haben, mithin den Eifeler Calceola- Schichten entsprechen. Die Odershäuser Kalke endlich lagern bei Wildungen, Offenbach und Günterod über den Günterodern. Zwischen beiden aber liegt eine ausserordentlich scharfe Faunengrenze. Die Goniatiten der Oderhäuser Kalke sind nämlich dieselben, wie die des Briloner Eisensteines — Agoniatites inconstans Phill., Tornoceras simplex und eir- cumflexiferum, Menaeceras terebratum ete. — und auch die übrigen Ver- steinerungen schliessen sich eng an die des Brilon—Adorfer Eisen- erzes an, wenn sie auch fast durchweg geringfügige Abweichungen aufweisen, durch die sie sich als ältere Mutationen zu erkennen geben. Die gleiche Fauna tritt auch in den Stringocephalen-Kalken bei Wildungen, die unmittelbar vom Oberdevon überlagert werden, sowie in den Hauptmassenkalken des Lahngebietes und der Atten- dorner Mulde (in Westfalen), die sonst die Villmarer Fauna ent- halten, auf. Hieraus sowie aus ihrer Lagerung über den Günteroder Kalken folgt, dass die Odershäuser Kalke der unteren Abtheilung der Stringocephalen-Schichten angehören, während deren obere Abtheilung durch die hellen Plattenkalke der Ense (bei Wildungen), den Hauptmassenkalk des Lahngebietes und die Eisen- steine von Brilon—Adorf—Wetzlar vertreten wird. Wie erwähnt, stammt auch der Stringocephalus von Bicken aus dem in Rede ste- henden Niveau und kann daher in keiner Weise befremden. Der häufigste Goniatit der Odershäuser Kalke, Tornoceras cir- cumflexiferum Sndb., kommt auch in den Orthoceras-Schiefern von Wissenbach vor. Von Olkenbach (in der Moselgegend) kennen wir dieselbe Form in Begleitung von Tornoceras simple v. B., während sie bisher noch nie in den Kalken mit Agoniatites occultus angetroffen worden ist. Dies deutet darauf hin, dass T. eircumflexiferum auch im Wissenbacher Schiefer. höher liegt, als Ag. occultus, und dass der diese Art einschliessende Theil der genannten Schiefer dem oberen Mitteldevon angehört. Bei der Art des Sammelns in den Wissenbacher Schiefern, das fast ausschliesslich in den Spalthäusern geschieht, wird es indess sehr schwer Sein, etwas Sicheres über das genaue Lager der fast immer nur ganz vereinzelt vorkommenden Arten zu ermitteln. | Nach vorstehenden Mittheilungen gliedert sich das untere Mitteldevon im rechtsrheinischen Gebiete in zwei Hauptabschnitte nach folgendem Schema: 499 [21] Ueber die stratigr. Beziehungen, des böhmischen u. rheinischen Devon. "uU9IUITUIS-ZugTg0 -u9aFysTy9S-Zzua[g0N [ FungargosaogaN] Mania ER 9 BE en a a) ["Sungargosıagan] h EReITe) ERELTe) 91940 EREITE) aonA4b "Dowamt "ToJoryos -[OTQIOIO-undaT ae] "ıleM Au TOJoIyag Ioydeq "uaygargag -uanaB}usL, uoA Iororyogı A9UTOFSUSFIALK) oyowqsıorpeg -UOSSI A AONOY -snwBnN4md "SnN990 "wruoßy "yfe] "ya? "T9JoTy9s "ale ur TOJoryag doyorq "usIgoryog T9Po.1aJund) d9Po.1SJund) -uan9BJUaL, A9PO.1SJUNK) -uUISSI A SIOSdUunf 217102271770) £ . -uoJgdTJIg-UapIoULI) el YES] XOVUrgp] grur -Tojoryos ey zunn.ıafıxayfundad pun AISNPUSIOPO ursIs[eqyag AO1aJoY -uomoByUa], ° AOSNPUSIOPO en j sen 9194u[) (asuf) IEITILEITERE:) po.19Jung Sınquoyta u9ZunpIe MA Terzyp M -UUIS -u9ydIgq -195I1eCH PAAd 500 E. Kayser u. E. Holzapfel. [22] Beobachtungen im böhmischen Devongebiete. Es war ursprünglich unsere ‘Absicht, ein Stück der böhmischen Devonmulde (etwa die Gegend zwischen Beraun, Karlstein und Mnenian) in grossem Maassstabe aufzunehmen; bei genauerer Unter- suchung erwiesen sich indess die Lagerungsverhältnisse im Ein- zelnen als so gestört und die petrographischen Merkmale der ver- schiedenen Stufen als so wenig verlässlich, dass wir jene Absicht bald aufgaben. Was den letzten Punkt betrifit, so sei hier nur er- wähnt, dass wir wiederholt — so am rechten Ufer der Beraun, oberhalb Srbsko — dunkelgraue, dichte Knollenkalke angetroffen haben, die denen des Barrande’schen Stockwerkes @ täuschend ähnlich, bisher in der That als solche angesehen worden sind (so auf der Krejci’schen Karte) und die auch von uns zuerst dafür gehalten wurden, bis wir in einzelnen Bänken leitende silurische Örthoceren, Trilobiten und Brachiopoden (Dayia navicula u. a.) auf- fanden. Auf Schritt und Tritt hätten wir unter solchen Umständen nach beweisenden Versteinerungen suchen müssen, und dazu hätten die wenigen, uns zur Verfügung stehenden Wochen in keiner. Weise ausgereicht. Nur ein gründlicher Kenner der silurischen und devenischen Faunen, der zugleich erfahrener Kartengeolog ist, wird nach unserer Ueberzeugung die Specialkartirung des böhmischen Silur-Devonge- bietes erfolgreich durchzuführen im Stande sein. Als tiefstes Glied des böhmischen Devon pflegen jetzt die dunklen, bituminösen, dünnbänkigen Kalke der Barrande’schen Stufe F' betrachtet zu werden. Und wohl mit Recht; denn für die Vermuthung Frech’s, dass bereits die obersten Schichten von E? dem Devon zuzurechnen sein möchten, fehlt es bisher in Böhmen an Anhaltspunkten. Man sieht hier im Gegentheil die bezeichnenden obersilurischen Brachiopoden und Trilobiten bis in die oberen Schichten von Z° hinaufgehen, während die darüber folgenden Kalke trotz ihrer innigen petrographischen Verknüpfung mit E£? eine Fauna einschliessen, in der zwar noch Graptolithen sowie viele ältere Molluskenarten (be- sonders Orthoceren, Lamellibranchiaten und Brachiopoden) fortdauern, die aber nichtsdestoweniger durch Machaeracanthus, Gyroceras, Tenta- euliten !) und zahlreiche mit. F'? gemeinsame Species ein wesentlich neues, devonisches Gepräge erhält. Während F! früher allgemein nach dem Vorgange von Bar- rande als eine selbstständige Stufe betrachtet wurde, hat später Noväk die Meinung ausgesprochen, dass diese Schichtenfolge gleich- altrig mit #'? sei?). Beide Glieder stellen nach ihm nur verschiedene Facies eines und desselben Horizontes dar, und zwar die schwarzen, an Spongienresten reichen Fi-Kalke eine tiefere Meeresbildung, die hellen, krystallinischen F®?-Kalke dagegen mit ihren stockbilden- ') Darunter auch der im Devon so verbreitete T. acuarius Richter. (Katzer, Geol. v. Böhmen, 1892. S. 1021.) . 9) Zur Kenntniss der Fauna der Etage F'!. Sitzungsber. d. böhm. Ges. d, Wiss. 1886. f E g [23] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 501 den Korallen und dickschaligen Mollusken und Brachiopoden eine Riffbildung. Einen Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung findet Noväk darin, dass beide Gebilde im umgekehrten Mächtig- keitsverhältnisse stehen, was soweit gehen kann, dass das eine auf Kosten des anderen ganz verschwindet. In der That beobachtet man beide Kalke gleichzeitig nur an wenigen Punkten in der Nähe von Prag. So bei Dworetz, wo über typischen F'!-Kalken mit Tentaculites intermedius, Praelucinen und Hercynellen hellfarbige krystallinische Kalke mit Bronteus, Acidaspis, Phacops, Platyceras, Bhynchonella princeps u. Ss. w. auftreten. Aehnlich verhält es sich auf dem linken Moldauufer, gegenüber Branik, in der Nähe der Barrande-Tafel, und ebenso im Herget’schen Steinbruche, nur dass hier die späthigen, z. Th. dolomitisirten #'?-Kalke blos ein schmales Band im Hangenden von #'! bilden. Im ganzen SW der Devonmulde dagegen, bei Mnenian und Konjeprus, im Beraunthale oberhalb Karlstein und bei St. Iwan, fehlt ein typisches 7’ voll- ständig. Umgekehrt sind im Kosorschen Thale unweit Radotin allein die #F'-Kalke, diese aber in grosser Mächtigkeit und mit zahlreichen Versteinerungen (darunter auch Graptolithen) entwickelt. Die Ver- hältnisse an dieser letzten Oertlichkeit, wo über den #''-Schichten ohne die geringste Spur einer Discordanz oder eines sonstwie (etwa durch eine Conglomeratbasis) angedeuteten Hiatus sofort unzweifelhafte @G'-Kalke folgen, fallen in der That schwer zu Gunsten der Noväk- schen Ansicht ins Gewicht. Auch die weiter unten zu besprechenden, eigenthümlichen, zwischen typischen F'!- und F’?-Kalken in der Mitte stehenden Gesteine zwischen Mnenian und Suchomast sprechen für sie. Für die Riffkalke der Stufe f? liegt das classische Gebiet in der Umgebung von Konjeprus, im SW der Mulde. Aber auch im Beraunthale oberhalb Karlstein, zwischen Hostin und St. Iwan, im Prokopy-Thale, bei Slichow und Dworetz unweit Prag findet man sie gut aufgeschlossen. Ueberall ist das Gestein hellfarbig, Krystallinisch und mehr oder weniger schichtungslos. An dem Slati Kun („Goldenes Ross“) genannten Berge südlich Konjeprus werden die weissen, mit schroffen Wänden aufsteigenden Kalke wohl an 100 Meter mächtig, und auch im Thale von St. Iwan mag ihre Dicke nicht viel geringer sein. Der eben genannte Slati Kun besteht in seiner Hauptmasse aus fast massigen Kalken, die an seinem Nordfusse, zunächst dem Dorfe Konjeprus, in einem grösseren, auf der Südseite in einer ganzen Reihe kleinerer Steinbrüche gewonnen werden. Ueber dem weissen Massenkalk aber treten mit flacher Lagerung dünngeschichtete bunte, überwiegend rothe, späthige Crinoidenkalke auf. So unmittel- bar über dem erwähnten grossen Bruche auf der Nordseite. Auch der Gipfel des Berges besteht aus solchen Gesteinen, und ebenso ein Theil des Südabhanges, während darunter überall weisser Kalk hervortritt, der nach W bis zum Suchomaster Thal zu verfolgen ist, wo er unmittelbar von Obersilurkalken (#?) unterteuft wird. Derselbe bunte Crinoidenkalk ist auch längs des Fahrweges zu beobachten, der von Konjeprus am Östende des Slati Kun vorbei in südlicher Richtung nach den sogenannten Mnenianer Marmorbrüchen Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Kayser u. Holzapfel.) 66 502 E. Kayser u. E. Holzapfel. | [24] führt, hier aber in inniger Verknüpfung mit dichten, graugelben Kalksteinen auftritt. Auch das Gestein der eben genannten Marmor- brüche besteht aus dunkelrothen (hie und da riesige Orthoceren einschliessenden) Urinoidenkalken, und ebenso stehen solche mit flacher Lagerung weiter nach S zu, auf der ganzen Höhe der Kobyla an, während darunter, am Abhang der Kobyla in das nach Mnenian führende Thal, wiederum Riftkalk zu Tage tritt, der auch hier in einer Reihe von Steinbrüchen ausgebeutet wird. Diese Verhältnisse lassen sich durch die folgenden beiden Profilskizzen veranschaulichen: Profil durch den Slati Kun bis zum Suchomaster Thal. Weg nach den Mnenianer Slati Kun. Marmorbrüchen. Suchomaster Thal. K2 R. K. St. St. DENSESEE Re Cr. K. E® — Öbersilur-Kalk; R. K. — Weisser Riffkalk; Or. K. — Dünnschichtiger bunter Crinoidenkalk; St. — Steinbrüche. Profil am N-Abhang des Slati Kun bei Konjeprus. Ü. — Ueberschiebung )). B! Ü. R.K. E' — Graptolithenschiefer; E? — obersilur. Knollenkalk; R. K. — Riffkalk; | Cr. K. — Geschichteter Crinoidenkalk. Wichtig ist auch das Profil, das längs des von Mnenian nach Suchomast führenden Weges zu beobachten ist. Im W des zuerst genannten Dorfes folgen auf das Untersilur zunächst Graptolithen- schiefer mit Diabasen, dann normaler Obersilurkalk. Ueber diesem sind an der O-Seite des Dlouhy Less (langer Wald) in einem kleinen, !) Dieselbe ist trefflich zu beobachten in dem tiefen, in den Steinbruch führenden Einschnitt. In östlicher Richtung lässt sie sich am ganzen Abhang des Berges und weiterhin auch am N O-Abhang («er Kobyla verfolgen. ae A [25] Ueber (die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 503 neben einem alten Kalkofen gelegenen Steinbruche blau- bis hell- graue oder schwach bunt gefärbte, in '/; bis 1 Meter starke Bänke gegliederte, fein Krystallinische Kalksteine entblösst, in denen wir Orotalocephalus, Platyostoma conicum sowie Bronteus-Reste, also offen- bar die Fauna von Fs, sammelten. Auch in einem zweiten, auf der SW-Seite des Dlouhy Less, nördlich von Vinarschitz gelegenen Stein- bruche sind die Verhältnisse ähnlich. In der Sohle des Bruches stehen mit wagerechter Lagerung schwarze, dünnschichtige, etwas knollige Kalke an, die nach Noväkt) Scyphocrinus enthalten, also noch dem Obersilur angehören. Darüber folgen dickbänkige hellgraue und hellere krystallinische Kalke, aus denen Noväk Machaeracanthus anführt. Der genannte Forscher spricht diese Kalke für F'! an; in- dess sind sie von diesem nach ihrer Gesteinsbeschaffenheit und Ver- steinerungsführung sehr verschieden. Sie stellen eine Mittelform zwischen dem Riffikalk des Slati Kun und dem typischen F''-Kalk des Kosorscher Thales dar und sind offenbar sedimentäre Kalke, die neben dem Riff abgelagert wurden. Ueber diesen Gesteinen aber liegen auch hier, auf der kahlen, sich nach N anschliessenden Höhe, mit flacher Lagerung dieselben dünnschichtigen rothen Crinoidenkalke, wie über dem weissen Riffkalk des Slati Kun und der Kobyla. Wie aber Riff- und Crinoidenkalk ihrem Niveau nach getrennt sind, so sind sie es auch durch ihre Versteinerungsführung. Der Riff- kalk ist es, der die bekannte, in allen Sammlungen verbreitete Fauna von Konjeprus einschliesst. Wir nennen von den hierher gehörigen Arten als besonders bezeichnend Terebratula melonica, Rhynchonella princeps, Henriei u. a., Pentamerus Sieberi, Spirifer togatus, Nerei u. a., Retzia Haidingeri, Orthis palliata, Gervillei u. a., Strophomena Stephani,; ferner Conocardium bohemicum, Strophostylus naticoides A. Rö. (= gregarius Barr.)?), Platyceras mons, conicum u. &., Tubina und Tremanotus, Gyroceras alatum, Orthoceras pseudocalami- teum u. a., Dronteus palifer u. a, Proetus bohemicus, Harpes venulosus, Aristozoe regina. Dazu kommen noch zahlreiche Favositen und andere stockbildende Korallen, Bryozoen, Crinoiden und Anderes. Nur wenige von diesen Arten gehen in den Crinoidenkalk hinauf, der eine ganz abweichende, besonders aus Trilobiten und Brachiopoden zusammengesetzte Fauna enthält, für die besonders bezeichnend sind die dem Riffkalk völlig fehlenden Goniatiten und die — allerdings seltenen — Odontochilen. Am Pleschiwetz, zwischen Mnenian und Konjeprus, sammelten wir im fraglichen, grobkrystallinischen, röthlichen Kalk folgende Arten: Bronteus speciosus Corda (= thysanopeltis Barr.) Dormitzeri Barr. formosus Barr. oblongus Barr.? angusticeps Barr.? Iia-a. O. 2. ?) — sigmoidalis Phill. sp. nach Whidborne. (??) 66* 504 E. Kayser u. E. Holzapfel. [26] Bronteus elongatus Barr. e brevifrons Barr. Aecidaspis vesiculosa Beyr. Phacops fecundus Barr. var. major. ö breviceps Barr. 5 Zorgensis Kays. Proetus Dufresnoyi Corda. £ Buchi Barr. " eremita Barr. „. unguloides Barr. „. tuberculatus Barr. „. ascanius Corda,. „. natator Barr. „. orbitatus Barr. „. myops Barr. „. .enf. lepidus Barr. i „ lusor Barr. ‚filicostatus Barr.') Phaötonellus planicauda Barr. Cheirurus gibbus Beyr. s Sternbergi BDoeck. Harpes reticulatus Corda. Mimoceras gracile v. Mey. (= ambigena Barr.) Anarcestes crispus Barr. 5 n. sp. (plebejus Barr. Syst. Sil. vol. II, pl. 5, Fig. 1—5) 2. Orthoceras patronum Barr. ” commutatum Gieb,? Pleurotomaria humillima Barr. (Maur.) Platyceras Halfari Kays. 5 e var. rostrata Barr. disjunetum Gieb. Hı yolithes pauper Barr. Tentaculites acuarius Richt. (= longulus Barr.) Buchiola af. restrotriata v. B. Atrypa reticularis Linn. » ? arimaspus Eichw. (= comata Barr.) „2? Thetis Barr. ? Philomela Barr.. Merista passer Barr. Nucleospira inelegans Barr. Spirifer indifferens Barr. »„ unguiculus Barr. non Sow. !) Nach Noväk auch bei Bicken vorkommend. Der Fundort ist indess unsicher, und ebenso, ob die Form aus dem Ballersbacher oder Günteroder Kalk stammt. °) In der Jugend dick mit niedergedrückten Umgängen, später flach und verhältnissmässig hochmündig werdend. [27] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 505 Spirifer orbitatus Barr. Thetidis Barr. Rhynchonella matercula Barr. A alecto Barr. 4 nitidula Barr. palumbina Barr. h monas Barr. Eichwaldia n. sp. (grosse Form mit sroblöcheriger Structur der Schale). Pentamerus procerulus Barr. a, galeatus Dalm.? Streptorhynchus devonicus d’O. — Orthis distorta Barr. Strophomena emarginata Barr. 5 interstrialis Phill. (= Phillipsi Barr.) x tenwissima Darr. Chonetes inconstans Barr. Proteocystites flavus Barr. Staurosoma rarum Barr. Petraja Barrandei Maur. Amplexus herceynieus A. Roem. Cladochonus (Pustulipora) Greifensteinensis Maur. Nach Noväk') finden sich in demselben Gestein bei Konjeprus und Mnenian noch Proetus crassimargo A. Koe. Arethusina peltata Nov. Cheirurus Cordai Barr.?) Die Marburger Sammlung besitzt ferner aus dem gleichen Ge- stein von Mnenian Calymene Blumenbachi Brngn. Bronteus perlongus Barr. und in verschiedenen privaten und öffentlichen Sammlungen Böhmens endlich sahen wir aus dem rothen Kalk derselben Oertlichkeit noch Proetus moestus Barr. Lichas Haweri Barr. Acidaspis truncata Corda. Calymene interjecta Corda. Bronteus pustulatus Barr. Odontochile rugosa Corda. 3 Reussi Barr. ') Vergl. Studien an Trilob. Hereyn ete. 1890. 8. 44 und 4. 2) Nach Noväk auch bei Bieken vorkommend. Der Fundort ist indess unsicher, und ebenso, ob die Form aus dem Ballersbacher oder aus dem Günteroder Kalk stammt. 506 E. Kayser u. E. Holzapfel. [28] In den oben erwähnten gelblichen Kalken, die am Wege nach den Mnenianer Marmorbrüchen anstehen, sammelten wir in kleinen, zu beiden Seiten der Strasse liegenden Gruben folgende Speciest): Cheirurus Sternbergi Boeck (in einer besonderen, nur wenige Centimeter starken Bank, die ganz mit seinen Resten erfüllt ist). Cheirurus gibbus Beyr. Phacops breviceps Barr. (in einer besonderen Schicht). Phacops feeundus Barr. var. major. Proetus neglectus Bar. „ orbitatus Darr. R eremita Darr. Lichas Haueri Barr. Bronteus speciosus Corda. a Dormitzeri Barr. R oblongus Corda. Harpes Montagnei Corda. „. Orbignyanus Barr. Aphyllites fidelis Barr. (In einer Schicht sehr grosse Exemplare). E: verna Barr. Anarcestes neglectus Barr. Atrypa Philomela Barr. 5 ? Thetis Barr. Merista passer Barr. ».. „.Baneis' Barr: Spirifer indifferens Barr. 2 orbitatus Barr. Strophomena interstrialis Phill. Chonetes embryo Barr. Amplexus hereynicus A. Roe. Die Marburger Sammlung endlich enthält aus früherer Zeit aus demselben gelblichen Gestein, nach der Etikette von Mnenian, noch Hyolithes discors Barr. Bronteus Scharyi Barr. ; enf. angusticeps Barr. Proetus moestus Barr. „. fellax Barr. ') Die innige Verbindung des gelben Kalkes mit dem rothen ergibt sick schon aus der grossen Anzahl der beiden gemeinsamen Arten. Es sind das nach unseren Aufsammlungen: Bronteus speciosus und Dormitzeri; Phacops fecundus major und breviceps; Proetus eremita und orbitatus; Cheirurus Sternbergi und gibbus, Lichas Haueri, Atrypa Philomela und Thetis; Merista passer, Spirifer indifferens und orbitatus; Strophomena interstrialis; Amplexus hercynieus und Petraja Barrandei. j [29] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon, 507 Die Fauna der geschichteten Kalke ist nach Obigen von der des weissen Massenkalkes sehr verschieden. Diese Unterschiede sind so auffällig, dass man sich wundern muss, wenn sie bisher so wenig Beachtung gefunden haben. Zwar war es schon Barrande aufge- fallen, dass Bronteus speciosus und einige andere Trilobiten auf be- stimmte Bänke der Gegend von Konjeprus und Mnenian beschränkt seien’); allein er legte diesem Umstande keine besondere Bedeutung bei, ebenso wenig wie Krejci, Noväk und Frech. Der letztere wies zwar?) nachdrücklicher als die übrigen genannten Forscher auf die faunistischen Unterschiede beider Kalke hin; unglücklicherweise aber stellte er das rothe Gestein nicht über, sondern unter das weisse — eine Auffassung, an der er bis auf die neueste Zeit fest- gehalten hat ?). Dass dieselbe irrig ist, zeigt schon die Untersuchung der Ab- fälle der Konjepruser Kalkmasse ins Suchomaster Thal (vergl. das Profil S. 502), wo die Grenze zwischen F? und £? gut entblösst ist. In dem tiefsten, der Grenze ganz nahe liegenden Theile des Riffkalkes fanden wir eine Reihe bezeichnender Arten des Kalkes vom Slati Kun, nämlich Rhynchonella nympha, princeps und Henrici, Platyceras mons und conicum u. a., Atrypa semiorbis und zahlreiche sehr dicke Stiel- glieder von Crotalocrinus (wie dieselben, wenngleich seltener, auch am Slati Kun vorkommen). Vom dünnschichtigen rothen oder gelben Kalk aber war hier ebensowenig eine Spur wahrzunehmen, als an . der Grenze zwischen Riffkalk und Obersilur an den Gehängen der Beraun oberhalb Karlstein oder im Thale von St. Iwan. Wir bezeichnen die beiden, von Barrande in seiner Stufe F®? zusammengefassten Kalke als Konjepruser und Mnenianer Kalk. Wir selbst kennen den letzteren in typischer Ausbildung nur aus der Gegend zwischen Mnenian und Konjeprus. Der Umstand in- dessen, dass wir in verschiedenen Sammlungen Stücke eines ähnlichen rothen Kalks mit bezeichnenden Arten des Mnenianer Kalkes von anderen als den genannten Punkten gesehen haben, lässt darauf schliessen, dass das Gestein eine weitere Verbreitung besitzt. So sahen wir im böhmischen Nationalmuseum in Prag aus einem röthlichen, krystallinischen Kalk von Slichow: Bronteus speciosus, Dor- mitzeri, Brongniarti, viator, pustulatus und oblongus, Calymene sp., Cheirurus gibbus?, Cyphaspis hydrocephala A. Roe. (= Barrandei Corda) Lichas Haweri u. s. w. Weisen diese Arten auf eine Vertretung des Mneniankalkes an der genannten Oertlichkeit hin, so zeigen von Slichow stammende, in der Aachener Sammlung aufbewahrte weisse Kalke mit Rhynchonella princeps und Phacops Ster ıbergi, dass dort daneben auch der Konjepruser Kalk entwickelt ist. Ebenso sprechen der Marburger Sammlung angehörige Stücke von dunkelrothem, fein- krystallinischem Kalk von Gross-Kuchel mit Bronteus formosus und perlongus und Cheirurus gibbus für das Vorkommen des Mneniankalkes 1) Syst. Silur. vol. I., pag. 457, 844, 848. ?) Z. d. d. geol. Ges. 1886, S. 918. n 3) 2. d. d. geol. Ges. 1886, 8. 918; 1887, S. 406; 1839, S. 236. Karn. Alpen, 1894, S. 294. 508 E. Kayser u. E. Holzapfel. [30] auch an diesem Punkte. Denselben Schluss gestattet endlich ein in der Göttinger Sammlung liegendes Stück rothen Crinoidenkalkes mit Mimoceras gracile, das Prof. von Koenen vor Jahren auf einer Exeursion mit Prof. Noväk auf der rechten Seite der Beraun unter Tetin gesammelt hat. Wenn. somit der Mneniankalk® vom unterliegenden Konjepruser Kalk stratigraphisch wie faunistisch scharf getrennt ist, so scheint er andererseits nahe Beziehungen zu Barrande’s Knollenkalk @1 zu besitzen. Es fällt schon auf, dass eine Ueberlagerung des Mnenianer Kalkes durch @! nirgends deutlich zu beobachten ist. So fehlt @! auf dem Kalkplateau von Tobolka—Konjeprus, tritt aber an dessen Rändern auf. Am Damil bei Tetin liest @'! auf weissen, krystallinischen Kalken, die zwar keine ausgesprochene Fauna geliefert haben, die aber dem Konjepruskalk sehr ähn- lich sind, während der ächte Mneniankalk fehlt. Ebensowenig haben wir im Beraunthale zwischen Karlstein und Srbsko zwischen dem hellen Riffkalk und @! irgendwo unzweifelhaften Mnenianer Kalk beobachtet. Zwischen Hostin und St. Iwan lagert @'! zunächst auf seschichteten hell- bis weissgrauen Kalken mit,Odontochile, dann folgt Konjepruser Kalk, so dass hier ein Uebergang zwischen @! und Mnenianer Kalk vorhanden zu sein scheint. — Es gewinnt so den An- schein, als ob der Mneniankalk nur eine örtliche Bildung ist, die da, wo sie fehlt, durch @! vertreten wird. Die innige Beziehung beider Gebilde ergibt sich weiter daraus, dass nicht selten inmitten typischer @'- Kalke röthliche, dem Mnenianer Gestein sehr ähnliche Kalke auftreten. So sahen wir solche in einem kleinen Steinbruche auf der Höhe gleich über Klein-Kuchel und in stärkerer Entwicklung bei der Cikanka im Radotiner Thal. Endlich aber scheinen beide Gesteine auch in palaeontologischer Beziehung durch zahlreiche Fäden verbunden zu sein. Viele Arten sind beiden gemein. So allein von Trilobiten Zichas Haueri, Calymene interjecta, Bronteus speciosus, viator und *pustulatus, Cyphaspis hydro- cephala, Proetus planicauda und lepidus, Phacops breviceps, Cheirurus Sternbergi, Harpes Orbignyanus, Odontochile rugosa und Reussi und wohl noch manche andere. Nach allem dem scheinen der Mnenianer Kalk und der Knollen- kalk @' zu einander in ähnlichem Verhältnisse zu stehen, wie der Konjepruser Kalk und der F!-Kalk. Fr. Katzer hatte daher nicht so Unrecht, wenn er aussprach, dass F'? sich wenigstens theilweise als Facies von @! betrachten liesse '). Allerdings gilt dies nur für den Mnenianer Kalk und nicht auch für den Konjepruser. Ueber die im Hangenden von @! liegenden Glieder des böhmischen Devon haben wir nur wenige Beobachtungen gemacht. Die Tentaculitenschiefer der Stufe G? sind denen unseres rheinischen !) Geol. v. Böhmen, 1026. — Bemerkenswerth ist dabei, dass sowohl @! wie auch F'! tentaeulitenführende, tiefere Meeresabsätze darstellen, während der Mneniankalk und insbesonders F'* seichtere Bildungen sind. [31] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 509 Mitteldevon sehr ähnlich. Auch die sandigen Schiefer der Stufe 7 mit den ihnen eingeschalteten Quarzitplatten erinnern an ähnliche Gesteine im Mitteldevon Ostthüringens und: des hessischen Hinter- landes. Interessant war es uns, in der Dusel’schen Sammlung in Beraun ein kleines, aber sehr deutliches Exemplar von Sfringocephalus Burtini aus H zu sehen. Die grauen und rothen Knollenkalke von @?, wie man sie so schön bei Hlubocep, Hostin, gegenüber Srbsko, in der Kodaschlucht und anderweitig beobachtet, sind petrographisch den mittel- und oberdevonischen Nierenkalken des Rheinlandes sehr ähnlich, wenn diese auch nirgends eine gleich mächtige Entwicklung erlangen. Besonders bezeichnend ist für diese Kalke die Häufigkeit von Anarcestes lateseptatus (= plebejus Barr.) in grossen, verhältniss- mässig flachen, weitnabeligen Individuen. Ueber die Alters-Beziehungen der verschiedenen Glieder des böhmischen und rheinischen Devon. Wie schon wiederholt hervorgehoben, haben bereits verschiedene Forscher, insbesondere Noväk, auf die petrographische und fauni- stische Aehnlichkeit des Mnenianer Kalks mit demjenigen von Greifen- stein hingewiesen. Noväk findet die Uebereinstimmung in der Gesteinsbeschaffenheit so gross, dass selbst der Kenner nebenein- anderliegende Stücke beider Vorkommen nicht zu unterscheiden ver- möchte). Die palaeontologische Uebereinstimmung aber mache sich nicht nur in einer Anzahl gemeinsamer Trilobiten „der rothen Bank des Kalkes von Konjeprus“ (unseres Mnenianer Kalks), sondern auch in einer Reihe gemeinsamer Brachiopoden und Korallen geltend. Noväk spricht daher als seine Ueberzeugung aus, dass die Fauna von Greifenstein als ein Aequivalent derjenigen der Barrande- schen Etage F'? zu betrachten sei. Auch für die Faunen von Bicken und Wildungen (d. h. unseren Günteroder Kalk) vermuthet er ein Gleiches. Diese Anschauungen enthalten einen sehr richtigen Kern, inso- fern der Greifensteiner Kalk in der That ein strati- gsraphisches und palaeontologisches Aequivalent des Mnenianer Kalkes darstellt — aber auch nur dieses letzteren, beileibe nicht der ganzen Barrande’schen Stufe F?. Dass dem so sei, erkannten wir schon am ersten Tage unseres Sammelns im fraglichen Kalke und fanden es in der Folge immer mehr bestätigt. Insbesondere haben unsere im Laufe des Winters ausgeführten sorg- fälligen palaeontologischen Studien die weitgehendste Uebereinstim- mung des Mnenianer und Greifenstemer Kalkes ergeben. In unseren Händen befinden sich folgende, sowohl im Mnenianer als auch im Greifensteiner Kalk vorkommende Arten: Bbronteus speciosus Corda. L Dormitzeri Barr. j angusticeps Darr. ') Vergleichende Studien an Trilobiten des Hereyn. >. 4. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Kayser u. Holzapfel.) 67 510 E. Kayser u. E. Holzapfel. [32] Bronteus elongatus Barr. 4 brevifrons Darr. Proetus eremita Barr. unguloides Barr. orbitatus Barr. crassimargo A. Roe. planicauda Barr. „.. myops Barr. Arethusina peltata Novak), Acidaspis vesiculosa Beyr. E pigra Barr. Uyphaspis hydrocephala A. Roe. Lichas Haweri Barr. Phacops fecundus Barr. var. major. E breviceps Darr. „ Zorgensis Kays. Harpes reticulatus Corda. »„ . Montagnei Corda. Mimoceras gracile H. v. Mey. Aphyllites fidelis Barr. Anarcestes neglectus Barr. Orthoceras patronum Barr.?) E enf. commutatum Grieb.? Platyceras Halfari Kays. var. rostrata Barr. Pleurotomaria humillima Barr. (Maur.) E disjunctum Giebel. Tentaculites acuarius Richt. Atrypa? Philomela Barr. arimaspus Bichw.? >) ” retieularis L. Athyris Thetis Barr. Merista Baucis Barr. „ passer barr. Nucleospira inelegans Barr. Spirifer indifferens Barr. u superstes Barr. x orbitatus Barr. Ichynchonella matercula Barr. Leptaena tenuissima Barr.. Strophomena emarginata Barr. Amplexus hereynicus A. oe. » . Petraja Barrandei Maur. Oladochonus (Pustulipora) (Greifensteinensis Maur. ) Nach Noväk, Vergl. Stud. Trilob. d. Hereyn. S. 20. ?) Ident ist vielleicht das Harzer 0. raphanistrum A. Roem. (Kayser, ält. Faun. d. Harzes T. 12, F. 6.) 3) Wird von Frech (Z. d. d. geol. Ges. 1889, S, 266) von Greifenstein an- geführt. [33] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u, rheinischen Devon. 511 Dazu kommen aus dem gleichalterigen Ballersbacher Kalk Hyolithes pauper Barr. Merista securis Barr. Strophomena Sowerbyi Barr. und vielleicht noch Prostus filicostatus Nov. und OCheirurus Cordai Barr., falls diese, von Noväk von Bicken beschriebenen Formen aus dem Ballersbacher Kalk stammen sollten. Es sind das schon einige 40 sicher bestimmte, in beiden Kalken nachgewiesene Arten, die sich auf Trilobiten, Brachiopoden, Cephalo- poden, Gastropoden, Korallen u. a. vertheilen. Besonders wichtig ist die Uebereinstimmung der Goniatiten, unter denen neben Mimoceras gracile, der Leitform der älteren Wissenbacher Schiefer, namentlich Aphyllites fidelis ins Gewicht fällt, da diese Art im Rheinland bisher allein von Greifenstein bekannt ist. Nach allem dem kann die stratigraphische Aequivalenz “ des Mnenianer und Greifensteiner Kalkes als gesichert gelten. Aus diesem Ergebniss aber, sowie aus dem weiteren Umstande, dass wahrscheinlich auch die Barrande’schen Knollenkalke @'! nur eine Facies des Mnenianer Kalkes darstellen, leiten sich unmittelbar eine Reihe wichtiger Schlüsse in Bezug auf die stratigraphische Stellung der übrigen Glieder des böhmischen Devon ab. Was zunächst 7? und das ihm gleichwerthige 7’! betrifft, so können diese Gebilde nicht, wie bisher allgemein angenommen wurde, bloss ein Aequivalent des tiefsten Unterdevon (etwa des Gedinnien oder der Siegener Schichten) sein, sondern müssen das gesammte Unterdevon vertreten. Ob eine Gliederung dieser Schichtenfolge mög- lich ist, wird nur durch systematisches Sammeln der Fauna zu er- mitteln sein. Weiter ergibt sich aus der Stellung des Mnenianer Kalkes an der Basis des Mitteldevon, dass @? nicht nach der Meinung Frech’s!) ins obere Unterdevon zu stellen ist, sondern — gleich einem grossen Theil der hessisch-nassauischen und thüringischen Tentaculitenschiefer — ein Glied des älteren Mitteldevon bilden muss ). Das Gleiche gilt für die höheren Stufen @° und ZH, welche ebenfalls noch mitteldevonischen (und nicht, wie in Credner's neuesten Elementen der Geologie?) für // angenommen wird, ober- devonischen) Alters sind. Beweisend ist hierfür der n 7 vorkommende Stringocephalus Burtini, sowie die petrographische Aehnlichkeit dieser Stufe mit manchen rheinischen Mitteldevonschiefern. Was die genauere Horizontirung dieser Stufen betrifft, so kommt hier in erster Linie die ziemlich reiche Goniatitenfauna der Knollenkalke @ ° in Betracht, 1) Z. d. d. geol. Ges. 1889, Tabelle zu S. 226. :) Ob @° wirklich eine selbstständige Stufe darstellt, muss noch etwas zweifelhaft erscheinen. Der nur in diesem Niveau vorkommende Aphyllites fecundus könnte allerdings darauf hinweisen, falls er eine eigene Species und nicht etwa — Dannenbergi Beyr. — Zorgenis A. Roe. ist. Für seine Selbstständigkeit würde das anscheinende Fehlen von Randfurchen sprechen; doch ist die Erhaltung zu schlecht, um hierüber völlige Klarheit zu erlangen. 2) 1891. S. 441. 67* 512 E. Kayser u. E. Holzapfel. [34] von der Frech zuerst nachgewiesen hat, dass sie im Wesentlichen mit derjenigen der jüngeren Wissenbacher Schiefer übereinstimmt '). In der That weisen Arten wie 4Jphyllites oceultus und vittatus und Pinacites Jugleri A. Roem. (= emaciatus Barr.) auf diesen Horizont oder Frech’s „Stufe des Goniatites occultus“ hin, wenngleich zu dieser Niveaubestimmung die bei Hlubocep gleichzeitig vorkommenden Mimoceras graeile und Hercoceras subtubereulatum Sand. (= mirum Barr.) schlecht passen wollen, da diese Arten am Rhein auf die älteren Wissenbacher Schiefer beschränkt sind. Nehmen wir trotzdem an, dass @3 den jüngeren Wissenbacher Schiefern und dem Günteroder Kalk entspricht, so würden wir es gleich letzterem als ein Aequivalent der Eifeler Calceola-Stufe anzusehen haben. 4 würde dann den Stringocephalenschichten gleichzustellen sein. Die in 4 nicht selten erscheinende Buchiola enf. retrostriata würde nur zu Gunsten dieser Parallelisirung sprechen, da diese Gattung oder Gruppe auch im rhei- nischen Gebirge im Odershäuser Kalk schon ziemlich häufig ist, um durch den Briloner Horizont bis an die obere Grenze des Oberdevon hinauf- zugehen. @? endlich könnte einem tieferen Horizonte der Calceola- Stufe verglichen werden. Die hier nicht seltene, nach Frech?) mit Str, subtransversa Schnur aus den Eifeler Calceola-Schichten überein- stimmende Strophomena comitans Barr. würde diese Parallelisirung unterstützen. Es sei uns noch gestattet, hier ein paar Worte über den Ge- brauch des Namens „Hereyn“ zuzufügen. Ursprünglich wollte der Eine von uns darunter nur die Kalkfacies des allertiefsten -Unter- devon verstanden wissen. Als sich aber später herausstellte, dass die Schichtenfolge, welche im Harz die hercynische Fauna einschliesst, unmittelbar und gleichförmig von quarzitischen Gesteinen mit der Obercoblenzfauna überlagert wird, wurde es nöthig, jener Bezeich- nung eine grössere Ausdehnung zu geben, so dass sie auch die kalkige Entwicklungsform höherer, durch bestimmte, alterthümliche Formen ausgezeichneter Unterdevon - Horizonte umfasste. Spätere Forscher aber sind im Gebrauche des Wortes weiter gegangen und haben sogar mitteldevonische Faunen als hereynisch bezeichnet. Wenn Sandberger letzteres neuerdings für unzulässig erklärt, so können wir ihm nur beistimmen. Auch wir sind der Ansicht, dass, wenn man den Ausdruck Hercyn überhaupt beibehalten will, man ihn auf solche Schichten beschränken sollte, die den kalkfüh- renden unteren Wieder Schiefern des Harzes, für die der Name ursprünglich aufgestellt worden ist, im Alter gleich oder doch nicht zu ferne stehen, dass heisst auf unterdevonische Bildungen. Ausser den Harzer unteren Wieder Schiefern selbst. die — wie wir Jetzt wissen — kaum älter sein können als die Unter-Coblenz- oder höchstens die Siegener Schichten, würden dann als hereynisch zu bezeichnen sein der böhmische Konjeprus-Kalk, der, wie wir gesehen, dem gesammten Unterdevon entspricht, der französische Kalk von 1) Z. d. d. geol. Ges. 1886, 8. 919. „> °) Z. d. d. geol. Ges. 1886, 8. 919. [35] Ueber die stratigr. Beziehungen des böhmischen u. rheinischen Devon. 513 Erbray, einige uralische Kalke (vom Bjelaja-Fluss u. a.) und das amerikanische Unter-Helderberg; aber nicht die Kalke von Greifen- stein und Mnenian. oder gar diejenigen von Günterod und Wildungen. In kurzer Zusammenfassung würden die Ergebnisse dieser Arbeit sich in folgenden Sätzen ausdrücken lassen: l. Die Kalke der rechts-rheinischen Tentaeulitenschiefer gehören nach den bisherigen Ermittelungen hauptsächlich zwei Horizonten an: einem älteren, der den tieferen Wissenbacher Schiefern oder der Stufe ‘des Mimoceras gracile entspricht und demgemäss als ein Aequi- valent der Oultrijugatus-Schichten der Eifel an die Basis des Mittel- devon zu stellen ist, und einem höheren, der «den oberen Wissen- bacher Schiefern oder der Stufe des Aphyllites oceultus gleichsteht und den (Calceola-Schichten entspricht. - Emem noch höheren Horizonte sehören die erst in neuerer Zeit ausgeschiedenen, oben als Oders- häuser Kalke beschriebenen Gesteine an, die der Crinoidenschicht der Eifel bezw. den unteren Stringocephalen - Schichten gleichzu- stellen sind. 2. Dem tiefsten dieser Horizonte gehört, wie stratigraphische und palaeontologische Thatsachen beweisen, auch der Crinoidenkalk von Greifenstein an. 3. Die böhmische Etage F? Barrande's ist keine einheitliche Schiehtenfolge, sondern besteht aus zwei durch ihre Lagerung, Gesteinsbeschaffenheit und Versteinerungsführung scharf getrennten Gliedern: einem tieferen, das sich aus mächtigen, meist schichtungs- losen, hellen Riffkalken aufbaut, und einem höheren, das überwiegend aus wohlgeschichteten, röthlichen Crinoidenkalken zusammengesetzt ist. ‘4. Diese letzteren, die in typischester Entwicklung in der Gegend von Mnenian auftreten und daher als „Mnenianer Kalk“ bezeichnet werden können, erweisen sich durch ihre Fauna als ein Aequivalent des Greifensteiner Kalkes, dem sie auch petrographisch überraschend ähnlich sind. Der Mnenianer Kalk ist somit ebenfalls an die untere Grenze des Mitteldevon zu stellen. 5. Stratigraphische, petrographische und palaeontologische That- sachen sprechen für nahe Beziehungen des Mnenianer Kalkes zum Knollenkalke @! Barrande’s. Derselbe ist daher wahrscheinlich gleichfalls an die untere Grenze des Mitteldevon zu setzen. 6. Aus der angegebenen Stellung des Mnenianer Kalks, sowie aus dem Umstande, dass Nichts auf einen Hiatus zwischen ihm und dem ihn unterlagernden hellen Riffkalk, dem „Konjepruser Kalk“ hin- weist, folgt ohne Weiteres, dass der letztere (sammt dem mit ihm innig verknüpften #1-Kalk) das gesammte Unterdevon vertreten muss. 7. Eine weitere Folge der Alterstellung des Mnenianer Kalkes ist, dass die ihn überlagernden Glieder des böhmischen Devon, Barrande’s Glieder @°, @° und A, jünger sein müssen als das älteste Mitteldevon. Petrographische und palaeontologische Gründe weisen auf die Zugehörigkeit dieser Schichten zum Mitteldevon hin. 514 E Kayser u. E. Holzapfel. [36] 8. Wie schon Frech nachgewiesen, sprechen die Goniatiten des Knollenkalks @® für ein den oberen Wissenbacher Schiefern nahestehendes Alter. Gleich ihnen und dem äquivalenten Günteroder Kalk dürfte @? etwa den Calceola-Schichten gleichzusetzen sein, denen ais ein tieferes Glied auch die Tentaculitenschiefer @? ange- hören. H endlich würde den Stringocephalenschichten zu parallelisiren sein: und zwar die unteren reineren Schiefer 71 dem unteren, die höheren, mehr grauwackenartigen Schiefer 4?” dem oberen Theile dieser Schichtenfolge. Die gegenseitigen Beziehungen des rheinischen und böhmischen Devon würden sich demnach durch folgendes Schema veranschaulichen lassen: Eifel llessen— Nassau Böhmen Obere t N | 2 Stringocephalen-Schichten Massen-Kalk | _ Untere Odershäuser Kalk, in Stringocephalen-Schichten Kalk von Haina | @G° 'alceole-Schichten (ünteroder Kalk I @? Ballersbacher Kalk, | 1: . QG1ım Greifensteiner Kalk | Maenianer Kalk; @°®) Cultrijugatus-Schichten Unterdevon : Konjepruser Kalk und F' Der Gross-Venediger. Von Prof. Ferdinand Löwl. Mit 5 Zinkotypien im Text. Das Kerngestein der Tauern, für das sich der Name Central- gneiss eingebürgert hat, ist ein echter, intrusiver Granit!). Davon kann man sich kaum irgendwo besser überzeugen als im Bereiche des Gross-Venedigers. Schon das Krimmler Achenthal, durch das der Topograph die Grenze zwischen den Hohen Tauern und den Ziller- thaler Alpen zieht, bietet vorzügliche Aufschlüsse. Hier war es denn auch, wo sich Peters das in seinem grundlegenden Aufnahmsberichte ausgesprochene Urtheil über den Oentralgneiss und dessen Verhältniss zur Schieferhülle bildete?). Er fand, dass aus den Zillerthaler Alpen durch den Ursprung des Krimmler Thales ein schmaler Zug von sranitartigem Uentralgneiss zum Venediger streicht, und dass dieser Granitgneiss auf beiden Seiten durch Uebergang und Wechsellage- rung mit Flaser- und Schiefergneissen zusammenhängt, die strieh- weise zu Glimmerschiefern werden. Darnach hätte der Centralgneiss nur als ein durch granitische Struetur ausgezeichnetes Glied in der Reihe der krystallinen Schiefer zu gelten. Es ist nun allerdings richtig, dass der Centralgneiss in Flasergneisse und durch diese in Schiefer- gesteine übergeht, die man am liebsten als Glimmerschiefer bezeichnen möchte; es lässt sich aber auch sicherstellen, dass alle diese Ge- steine Granite sind, deren fremdartiges Aussehen durch eine starke Druckschieferung bewirkt wurde. Der Nachweis des granitischen Ur- sprungs kann sich auf ein Kennzeichen der schieferigen Erstarrungs- sesteine stützen, dessen diagnostischen Werth ich zuerst im Adamello- Gebirge schätzen lernte. Der Tonalit dieses intrusiven Kerns ist, wie jedes körnige Tiefengestein, reich an concretionären Knollen, die augenscheinlich zuerst erstarrten und sich von dem Muttergestein, das nicht gar selten mit zarten Apophysen in sie eindringt, durch ihr feines Korn, durch das Vorherrschen der basischen Gemengtheile und daher auch durch eine dunklere Färbung unterscheiden. Ein sehenswerther Aufschluss ist die glatte Felswand, unter der man bei ’) Vgl. das Referat Becke’s im N. Jb. 1894, 1I. S. 93. 2) Die geol. Verh. des Oberpinzgaues, insbesondere der Centralalpen. Jahrb. geol. R.-A. 1854, 766. Ueber das Krimmler Thal vgl. 781 und 785. Jahrbuch d. k.k. geol. lleichsanstalt, 1894, 44. Band, 3 Heft. (Prof. F. Löwl.) 516 F. Löwl. 2} der Besteigung der Cima Presanella den Nardisgletscher betritt. Sie erscheint über und über mit faust- bis kopfgrossen Concretionen ge- sprenkelt, und diese dunklen Knollen sind so gleichmässig vertheilt, dass sie an die Glimmerschuppen in einem Handstück von Granit erinnern. Nähert man sich von der Presanella herab dem Ost- oder dem Nordrande des Kerns, so wird aus dem richtungslos struirten Tonalit durch die parallele Einstellung der breiten Hornblendesäulen ein Tonalitgneiss und schliesslich durch die Verdrängung der Hornblende sagar ein schieferiger Biotitgneiss. Trotzdem lässt sich die Grenze des Kerns gegen die Schieferhülle mit Sicherheit ziehen, weil das geschieferte Randgestein mit plattgedrückten, zu Linsen und Scheiben ausgewalzten basischen Coneretionen erfüllt ist, während der Gmeiss der Schieferhülle nichts dergleichen aufzuweisen hat. Das einfache Mittel, das uns somit die Verbreitung der den Tiefengesteinen eigenthümlichen Concretionen zur Unterscheidung von Flasergranit und sedimentärem Gneiss an die Hand gibt, bewährt sich auch in den Hohen Tauern. Die basischen Knollen sind hier nicht auf das granitische Gestein beschränkt, das Peters als Centralgneiss ausschied, sondern kommen auch in den flaserigen, ja sogar in den blätterig geschieferten Lagen vor, die er bereits zur Schieferhülle schlug. Zwischen dem Krimmler Becken im Norden und dem obersten Ahrenthal, der Prettau, im Süden ist der Tauernwall in seiner ganzen Breite granitisch. Das ungeschieferte Kerngestein, das auf der Nord- abdachung des Hauptkammes fast bis zur Unlass-Alm an der Ver- einigung der Krimmler Ache mit dem Windbache ansteht, ist ein Biotitgranit, in dessen mittelkörnigem Gemeng von weissem Feldspath und lichtgrauem Quarz die Glimmerschuppen zu kleinen, unregel- mässigen Häufchen zusammenschiessen. Die überall vorhandenen, zu- meist aber dicht geschaarten basischen Knollen bestehen aus fein- schuppigem Biotit und winzigen Feldspathkörnchen. Hie und da ist das Gestein von einem feinkörnigen, schneeweissen Aplit geädert. Thalauswärts entwickelt sich aus dem Biotitgranit ein zweiglimmeriger Flasergranit, in dessen zarte Museovithäutehen der Biotit in einzelnen Blättern oder in feinschuppigen parallelen Streifen, die eine starke Streckung verrathen, hineingewirkt ist. Die dunkeln Concretionen nehmen die Form von Linsen an. Zwischen der Geissler-Alm und der Söllen-Alm, 5 Kilometer ausser dem Thalzwiesel, wird der Flasergranit arm an Glimmer und zugleich sehr arm an Concretionen. In der Klamm, die auf der rechten Thalwand aus dem Söllenkar herabzieht, ist er schon aplitisch und ganz frei von basischen Ausscheidungen. Dieser Aplit, dessen Uebergang in den zwei- slimmerigen Flasergranit man auf beiden Thalseiten in ausgezeichneten Aufschlüssen Schritt für Schritt verfolgen kann, ist ein sehr feinkörniges Quarzfeldspathgemeng mit porphyrmässig eingesprensten Quarzkörnern, zu denen sich stellenweise auch noch Orthoklaszwillinge gesellen. Der Biotit ist fast ganz verschwunden, und auch der Muscovit kommt nur in spärlichen Schuppen und kleinen Flasern vor; dagegen hat er sich in den wirr durcheinander laufenden Spalten des klüftigen Gesteins als zarter Belag festgesetzt. Die Structur des Aplits ist bald richtungslos, bald schwach geflasert, bald blätterig geschiefert. NT ei [3] Der Gross-Venediger. 517 Die richtungslose herrscht aber weitaus vor. Der blätterige Aplit, der auf den Schieferungsflächen einem Serieitschiefer gleicht, während man auf dem Querbruch noch ganz deutlich das feinkörnige Quarz- feldspathaggregat mit den charakteristischen rauchgrauen Quarzkörn- chen erkennt, bildet nur untergeordnete Lagen, wahre Quetschzonen, in dem ungeschieferten oder schwach geflaserten Gestein. Die Schie- ferungsflächen des Aplits schwanken ebenso wie die des thaleinwärts folgenden Flasergranits zwischen der senkrechten Stellung und steilem Südfall. Das Streichen geht nach ONO quer durchs Thal. Etwa 500 Meter ausser dem Stege der Holzlahner-Alm, in deren Umgebung die Aufschlüsse am leichtesten zugänglich sind, ver- wandelt sich der Aplit allmählich wieder in einen knollenführenden, zweiglimmerigen Flasergranit, und dieser Granit steht bis ins. Krimmler Becken hinab an. Der Aplitstreifen, den das Achenthal zwischen der Söllen- und der Holzlahner-Alm durchschneidet, hat eine Breite von 1 Kilometer und ist ein synklinal eingeklemmtes Stück der ursprüng- lichen Oberfläche des Granitkerns. Das lässt sich hoch oben auf der rechten Thalwand zwischen dem Söllenkarkopf und der Hintthalspitze (Hüttelthalspitz der Speecialkarte) feststellen, wo sich im Muldenkern des ostwärts rasch in die Breite gehenden Aplitzuges ein Rest der Schieferhülle erhalten hat. Wir werden diesen Schieferstreifen, der im Krimmler Profil aus Hornblende- und Epidotschiefer besteht, im nächsten Tauernthal, in Obersulzbach, zwischen der Wimm- und der Kampriesen-Alm in einer Breite von 1700 Meter sehr gut aufge- schlossen finden. Vorläufig handelt es sich nur um den Nachweis, dass die äusserste Granitschale aplitisch ist, und dass diese glimmer- arme und knollenlose Randbildung erst 500 Meter unter dem ursprüng- lichen Schieferdache in den glimmer- und knollenreichen Hauptgranit übergeht. Ob der senkrecht eingekeilte Schieferstreifen die Grenze zweier gesondert intrudirter Kerne bildet, oder erst durch nachträg- liche Störungen in den Granit gerieth, lässt sich an dieser Stelle noch nicht entscheiden. Ausser der Holzlahner-Alm tritt die Ache in das Gemäuer. Der Thalgrund, der bis hieher einen flachen Schweminboden bildet, aus dem der Fels nur ausser und inner dem Tauernhaus in Rundhöcker- wällen aufragt, wird jetzt von groben Blockhalden eingenommen, in denen man das Gestein der Berghänge auf den frischen Bruchflächen riesiger, beim Wegbau gesprengter Felstrümmer untersuchen kann. Es ist durchweg ein zweiglimmeriger Flasergranit, der lagenweise eine besonders starke Schieferung erlitt. In solchen Quetschzonen bildet der weisse Glimmer stets zusammenhängende Häute. Wo die Flaserung nachlässt, nähert sich das Gestein alsbald dem reinen Biotitgranit des Tauernkammes ohne jedoch irgendwo so glimmerreich und so reich an basischen Knollen zu werden wie dieser. Immerhin sind die Concretionen doch noch so häufig. dass man kaum einen Block antrifft, der nicht eine oder mehrere enthielte. Auch an Aplit- gängen und feinen Aplitadern ist kein Mangel. Aus dem Gemäuer gelangen wir zu dem Schaustücke des Pinz- gaus, der berühmten Doppelstufe, über die der starke Gletscherbach 400 Meter tief in das Becken von Krimml hinabstürzt. Auf der linken Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 3. Ieft. (Prof. F. Löwl) 68 51 = F. Löwl. [4] Seite führt der Wasserfallweg,. auf der rechten der Tauernweg zu Thal. Beide sind fortlaufende Reihen der besten Aufschlüsse. Sie kreuzen mehrere (Quetschzonen, deren Schieferung bis zur Blätter- structur geht!). Die plattgedrückten linsenförmigen Concretionen, welche den granitischen Ursprung der flaserigen und schieferigen Gesteine bezeugen, sind am deutlichsten in dem glatt gescheuerten Felsbett der Ache zu erkennen, so am Rand der Stufe von der „Schettbrücke“* aus, dann zwischen dem Schönangerl-Stege und dem mittleren Wasserfall, endlich in diesem Fall selbst. Die Schieferungs- flächen schiessen, wo sie nicht senkrecht stehen, unter 70—80° gegen NNW ein, und die Grenzfläche des Granitzuges gegen die scheinbar sleichförmig aufgelagerten Kalke und Schiefer von Krimml folgt ihnen. Für die Beurtheilung dieser Grenze, die 1 Kilometer vor dem Fusse der grossen Thalstufe vom Nordabhang des Steinkar- und des Rauhen Kopfs quer durch das Krimmler Becken zum Nordabhang des Raben- kopfes zieht, ist der Umstand massgebend, dass der Flasergranit in ihrem Bereiche nicht nur eine gesteigerte Schieferung, sondern auch die aplitische Rinde vermissen lässt. Es liegt eben ein Bruch vor: das ist umso eher anzunehmen, als man zwischen Ronach und Vorder- Krimml, in der Salzachsehlucht unter der Nesslinger Wand, sicher- stellen kann, dass die Krimmler Schiehten im Norden mit einer Ver- werfung an das Phyllitgebirge stossen. Der ganze, schon von Peters zur Trias gerechnete Sedimentstreifen. der dem Nordrande der Ziller- thaler Alpen entlang aus der Gerlos in den Pinzgau herüberstreicht, liegt demnach in einem Grabenbruche ?). In dem breiten Längenthal der Salzach ist er zum grössten Theil durch die Geschiebedecke verhüllt; dagegen bietet die niedrige Scheide zwischen dem Pinzgau und der Gerlos in der Ronacher Salzachschlucht, auf der Nesslinger Wand, an den Abstürzen des Plattenkogels gegen Krimml und auf dem Rücken, der vom Plattenkogel über den Rosskopf bis zur Granit- grenze unter dem Steinkarkopfe zieht, sehr gute Aufschlüsse. Das nördliche Gehänge der Salzachschlucht gehört dem Phyllit an, der durehschnittlieh 60° N fällt. Auf der Südseite aber steigt die Nesslinger Kalkwand in zwei Stufen 500 Meter hoch empor. Ihr Fuss besteht aus einer 100 Meter mächtigen Lage dunkelgrauer, theils feinkörniger, theils dichter, stark geäderter Plattenkalke mit dünnen Einschaltungen von blättrigem Graphitschiefer. Auf dieser gut ge- schichteten, wagrechten Unterlage ruht eine 250 Meter dicke, massige Tafel von weissem Dolomit und darauf als obere Staffel der Wand eine 200 Meter mächtige Lage des dunklen Plattenkalkes, wie er unten in der Klamm ansteht. Der Südabhang der Wand folgt den Schicht- flächen dieses Kalks, deren Neigung rasch zunimmt und am Rande des Krimmler Beckens 70' erreicht. Im Osten ist die Nesslinger Wand durch eine Querverwerfung abgebrochen. Der obere Plattenkalk setzt ') Die unterste Kehre des Tauernweges führt an einer meterdieken Lage von blättrigem Museovitschiefer vorbei, der dem geschieferten Aplit der Holzlahner Alm gleicht und ohne Zweifel einen Aplitgang bedeutet. ’), Peters stellte die Krimmler Schichten als eine eoncordante, senkrecht aufgerichtete Einschaltung zwischen Gmeiss und Phyllit dar. S. 786. und Tafel II. Figur 8. : : u Zn 22.2 Zu ZZ ze 15] Der Gross-Venediger. 519 sich mit senkrechter und überkippter Schichtenstellung in dem niedrigen Rücken fort, der das Krimmler Becken im Norden ab- schliesst und von der Ache beim Austritt in das Pinzgauer Längen- thal in einem kurzen Engpasse durchbrochen wird. Der liehte Dolomit, der durch die Verwerfung in das Niveau der Salzach gerieth, bildet nördlich vom Krimmler Kalkriegel, am Fuss des Phyllitgebirgs, ein paar auffallende Felsköpfe. | Wendet man sich von dem Querbruche, der durch einen loth- rechten Absturz gekennzeichnet ist, gegen Westen, so erreicht man auf der Höhe der Nesslinger Wand knapp vor der kaum 3/, Kilo- meter entfernten Sam-Alm eine Stelle, wo der sanft gegen Süden fallende Plattenkalk von einem phyllitartigen Schiefer gleichförmig überlagert wird. Dieser Schiefer baut die Platte, den Plattenkogel und den Rosskopf auf, und seiner geringen Festigkeit ist die becken-* förmige Erweiterung des Achenthales bei Krimml, sowie die Grösse Steinkarkogel. ' Nesslinger W. Gernkogel- Plattenkogel. Salzach. | 77: Sen \> ER k d & v pP m Fig. 1. G = Granit. p = Phyllit. m = Marmor. k — Plattenkalk. d —= Dolomit. p‘ = phyllitartiger Glanzschiefer. v = Verwerfungen. der Schuttkegel, die den Beekengrund einnehmen, zuzuschreiben. Das Gestein gleicht einem serieitischen Phyllit und ist reich an dünnen Quarzlagen, enthält aber stellenweise auch fussdicke Bänke und un- regelmässige Adern. Wo der Quarz zurücktritt, geht es in einen blätterigen Schiefer über, dessen glänzende Spaltflächen verschwom- mene dunkle Flecke aufzuweisen pflegen. Durch das Ueberhandnehmen des Pigments entstehen schwarze, zumeist abfärbende, feingerunzelte, rostfleckige Glanzschiefer von phyllitischer Tracht. Die drei Schiefer- arten werden durch Uebergänge verbunden und lösen einander viel- fach ab. Die ganze Schichtenreihe ist so stark gefaltet und geknetet !), dass sich ihre Mächtigkeit jeder Schätzung entzieht. Weniger als 500 Meter aber beträgt sie gewiss nicht. Darnach wäre die Mächtig- keit der gesammten Krimmler Schichten auf mindestens 1000 Meter anzusetzen. | !) Im Profil konnten die Verbiegungen nur angedeutet werden. Den besten Einblick gewährt der Ostabsturz des Plattenkogels, auf dessen Höhe die Schichten, denen hier ausnahmsweise eine Bank von Kalkglimmerschiefer eingeschaltet ist, fast söhlig liegen. 68* 5920 F. Löwl. [6] Auf dem 1970 Meter hohen Sattel zwischen dem Rosskopf und dem egranitischen Steinkarkopf kommt unter dem steil gegen Norden fallenden Glanzschiefer wiederum der Kalk zum Vorschein. Es ist ein theils plattiger, theils massiger, stark geäderter, grauer, von schwarzen Schiefermitteln durehflaserter Kalk, der dem oberen Platten- kalk der Nesslinger Wand entspricht und den Gegenflüge! des mulden- förmig verworfenen Sedimentstreifens bildet. Dieser Gegenflügel stösst jedoch schon 50 Meter über dem Sattel an den Flasergranit, so dass seine tieferen Lagen, der Dolomit und der untere Plattenkalk, nicht mehr zu Tage treten — ein Umstand, der ebenso wie der Mangel einer aplitischen Randbildung am Granit dafür spricht, dass die Ge- steinsgrenze mit einer Verwerfung zusammenfällt. Vergleicht man die Höhe der nächsten Granitgipfel, über deren Niveau der untere Platten- kalk ursprünglich lag, mit der Tiefe, bis zu der dieser Kalk gegen- wärtig unter das Niveau von Krimml hinabreichen muss, so ergibt sich für den Plattenkogel-Abschnitt des grossen Tauerngrabens eine Sprunghöhe von wenigstens 2000 Meter. Birlucke. WNW G& g a S m Fig. 2. G — Kerngranit. & — Randgranit. a —= Muscovitgneiss. s — Üontactschiefer. m = Marmor. Während die Nordwand des Granitwalles von einem Bruche ge- bildet wird, herrscht am Südrande ungestörte Auflagerung. Der Weg von der Unlass-Alm zum Krimmler Tauern führt quer durch den Biotitgranit, in dem allerdings auch steil SSO fallende Lagen von zweiglimmerigem Flasergranit vorkommen, in die südliche Zone des setlaserten und geschieferten Granits, die im Hintergrunde des Wind- bachthales beginnt und über den Tauernkamm bis in die Prettau hin- über reicht. Die Grenze zwischen Granit und Schiefer wird hier durch den Ahrenbach bezeichnet. Sie steigt in ostnordöstlicher Richtung über die Kehrer und Lahner Alm und zuletzt durch eine steile Felsen- gasse zur Birlucke im Hauptkamm empor). In der Felsengasse, vor Allem aber auf der Höhe des Joches selbst, liegen die Beziehungen des Tauerngranits zu seiner Schieferhülle klar am Tag; und wer sich über diese strittigen Beziehungen ein autoptisches Urtheil bilden will, dem ist in erster Reihe der Besuch der 2671 Meter hohen, sehr leicht zugänglichen Birlucke zu empfehlen. ') Nicht Birnlücke, wie das Joch auf den Karten heisst, sondern Birlucke (Bärenlucke?) ist der richtige Name. [7] Der Gross-Venediger. 521 Die klotzigen Felsen nordwestlich vom Joch bestehen noch aus Biotiteranit (@), in dem sich lagenweise eine schwache Flaserung bemerkbar macht. Erst in einem Abstande von etwa 50 Meter geht das Kerngestein allmählich zunächst in einen knollenarmen, dann in einen knollenlosen zweiglimmerigen Flasergranit (y) über, aus dem sich auf der Jochhöhe ebenso allmählich ein weisser, blätteriger Mus- eovitgneiss («) entwickelt. Der Granit ist also auch an dieser Stelle mit einer aplitischen Rinde überzogen; doch ist die Rinde hier kaum 80 Meter mächtig und nicht wie im Krimmler Thal nur lagenweise, sondern durch und durch geschiefert. Die Schieferungsflächen schiessen ebenso wie im Flasergranit sehr steil, 70—80°, gegen SSO ein. Oestlich vom Joch legt sich nun der Gmneiss der Schieferhülle (s) gleichförmig auf den blätterigen Aplit. Es ist derselbe zweiglimmerige, aber vorherrschend muscovitische, feldspatharme, dem Glimmerschiefer nahestehende Schiefergneiss, der das Hauptgestein des Gebirges zwi- schen dem Tauernkamm und dem Pusterthal bildet. Im Bereiche des Granits aber ist dieser Schiefergneiss bis auf eine Entfernung von 2 Kilometer durch granitische Lagergänge gebändert, von Granitadern durehschwärmt und stellenweise sogar ganz mit Granit durchtränkt. Der gang- und aderförmig auftretende Granit ist von aplitischer Art, wo er sich diffus verbreitet, geht er aber durch die Aufnahme von Biotitschuppen in einen echten Granit über. Von dem Randaplit unterscheidet sich das Apophysengestein durch seine ungeschieferte Struetur. Es scheint, dass die Einbettung in den Gneiss den Druck unwirksam machte. Wo der intrudirte Stoff vorherrscht, blieben von dem ursprünglichen Schiefer oft nur vereinzelte ebenflächige oder gewundene schuppige Lagen und Flasern übrig, die sich an den Rändern im Granit auflösen. Betrachtet man eine solche Partie ohne Rücksicht auf ihre Umgebung, so wäre man noch am ehesten geneigt, an eine schlierig fluidale Randbildung zu denken. An Ort und Stelle wird jedoch niemand in einen solchen Irrtbum verfallen, da die seltsamen Gesteine mit unzweideutigem Schiefergneiss wechsellagern, in denen der Granit nur scharf begrenzte Apophysen bildet. Zum Ueberfluss steckt auch noch ein Marmorlager (in) im Contaectschiefer '). Zwischen der Birlucke und dem Maurerthörl reicht die Schiefer- hülle auf dem Südabfall des Granitkerns noch so hoch empor, dass sie den Tauernkamm bildet. Ihr Schiehtenkopf ist die Felsmauer, mit der die Dreiherrenspitze, Simonyspitze und die Maurerkeesköpfe zum Krimmler Kees abstürzen. Die Stellung des Gmneisses ist nicht mehr so steil wie auf der Birlucke. Sie beträgt auf der Dreiherren- spitze 45—50° und sinkt weiterhin in der Reihe der Keesköpfe bis auf 30°. Vom Gipfel der Dreiherrenspitze übersieht man die ganze ‚grauenhafte Wand und kann deutlich beobachten, dass der Schiefer- gneiss, dem hie und da eine Lage von Hornblendeschiefer einge- schaltet ist, bis zum First des Tauernkammes herauf von weissen 1) Der „Protogin“ der Westalpen scheint unserem „ÜCentralgneiss“, wie in allen Stücken, so auch in der Behandlung der Schieferhülle vollkommen zu gleichen. Das ergibt sich aus dem Bericht Duparc’s über die Structur des M. Blanc. Archiv seiences phys. et nat. Genf 1892. Nr. 1. 522 F. Löwl. [8] Granitgängen durchschwärmt wird. Steigt man aber von der Drei- herrenspitze über den Umbalfirn zum Hinteren Umbalthörl ab, so stösst man sogar 2"/; Kilometer vom Rande des Kerns noch auf ein wohl 100 Meter mächtiges, als Lagergang intrudirtes Granitblatt. Das ziemlich grob gekörnte Gestein zeigt eine schwache Flaserung, ent- hält äusserst spärliche basische Conceretionen und steht trotz seiner Glimmerarmuth dem Kerngranit näher als dem Aplit. Es baut die schroffe Althausschneide auf und verschwindet vor der Dreiherren- spitze unter dem Firn des Umbalgletschers. Was man im Krimmler Achenthal und auf dem Hauptkamm östlich von der Birlucke zu sehen bekommt: die Verbreitung der basischen Coneretionen im Granit und in den aus Granit hervor- gegangenen flaserigen und schieferigen Gesteinen, die Ausbildung einer aplitartigen Randfacies, das gangförmige und diffuse Eindringen des Granits in die gleichförmig aufgelagerte Schieferhülle, die Ein- schaltung eines mächtigen intrusiven Blattes — das Alles ist nur unter der Voraussetzung verständlich, dass der Tauerngranit jünger ist als seine Schieferhülle, dass er intrusive Kerne bildet, und dass diese Kerne durch den Gebirgsdruck nicht nur am Rande, sondern auch im Innern, zumal in scharf begrenzten, vermuthlich durch Ver- schiebungen bewirkten Quetschzonen, geschiefert wurden. Nur eine Stelle, zuhinterst im Achenthal, scheint sich mit der Annahme granitischer Intrusionen nicht zu vertragen. Südlich vom Krimmler Thörl ragt aus dem Firnrücken zwischen dem Krimmler und dem Obersulzbachkees ein niedriger Felszahn, das Gamsköpfl, empor. (Punkt 2895 der Specialkarte.) Es ist der Ausbiss einer 20 Meter starken Lage von blätterigem Muscovitschiefer mit stark abfärbenden graphitischen Mitteln. Die Grenze gegen den Granit ist im Liegenden und im Hangenden aufgeschlossen. Es zeigt sich, dass die Schiefer- lage dem Flasergranit, dessen Structurflächen 40—45° S fallen, mit der Regelmässigkeit und mit dem indifferenten Contact eines Flötzes eingeschaltet ist. Vom Gamsköpfl weg streicht der Schiefer, der hier zum ersten Mal aus dem Obersulzbachfirn auftaucht, in südwestlicher Richtung zur Warnsdorfer Hütte und zur Zunge des Krimmler Gletschers hinab. Oberhalb der Hütte entragt er dem Berghang als ein niedriger Grat, der auf der Seite der Schichtenköpfe, also im NW, in senkrechten nnd überhängenden Wänden abbricht und sich von dem anstossenden grauen Granit schon durch die rostige Ver- witterung seiner Gesteine sehr scharf abhebt. Etwa auf halbem Wege zwischen der Warnsdorfer Hütte und dem Gamsköpfl kommen im Hangenden des Glimmerschiefers, der strichweise Turmalin enthält, meterdicke und 10—20 Meter weit zu verfolgende Lappen eines fein- stengeligen, oft filzigen Aktinolithschiefers vor, die nur als Einschlüsse zu deuten sind: Der Granit umgibt sie mit einer zolldicken Rinde von feinkörnigem Aplit und dringt auch als Aplit aderförmig in sie ein. Der Glimmerschiefer dagegen bleibt durchaus frei von solchen Contacterscheinungen. Er muss daher aus einer höheren, dem Einfluss (des Granits entzogenen Stufe der Schieferhülle durch eine Verwer- fung in den Granitkern gerathen und darin zu dem gegenwärtigen schmalen Streifen zusammengedrückt worden sein. In der That er- Lad a a u > E . L e R r [9] Der Gross-Venediger 593 scheint er etwa eine halbe Stunde unter dem Gamsköpfl, an einer Stelle, wo der Schiefergrat gegen NW überhängt, deutlich gefaltet. Die irre- führende Einschaltung, wie sie sich auf dem Gamsköpfl und bei der Warnsdorfer Hütte beobachten lässt, ist also nur scheinbar gleich- förmig. Im Krimmler Profil besteht der Tauernzug zwischen dem obersten Ahrenthal und dem obersten Pinzgau in seiner ganzen Breite aus Granit. Nur auf dem rechten Hange des Achenthales erscheint ein muldenförmig eingeklemmter schmaler Schieferkeil, der gegen Osten rasch anschwillt. In dieser Richtung breitet sich die Schieferhülle überhaupt so weit aus, dass der Granitzug in ihr mit mehreren Zungen zu Ende geht. Ein solches „Zerfahren der Gneissmasse in kleinere Züge“ und die im Streichen eintretende Verzabnung von Gneiss und Schiefer hat schon Peters festgestellt (o. a. O. 781); doch in der Erklärung dieser seltsamen Grenzverhältnisse wurde der ausgezeich- nete Beobachter durch die Annahme, dass der Centralgneiss nur eine Ausbildungsweise der krystallinen Schiefer bedeute, auf einen Irrweg geführt. Er liess den „Gneiss“ wie im Hangenden so auch im Streichen in die Gesteine der Schieferhülle übergehen. In Wirklichkeit sind die Schieferzwickel, zwischen denen der Granit in Untersulzbach und Hollersbach auskeilt, durch Bruch und Faltung in das Massiv ge- rathen. Davon kann man sich am besten am Ostende der südlichen Granitzunge, die aus dem Gebiet des Krimmler und Obersulzbach- gletschers über den Gross-Venediger bis in den Ursprung des Hollers- bachthales streicht, überzeugen. Wir haben die südliche Schieferhülle des Granits schon früher bis zum Maurerthörl verfolgt und dabei gesehen, dass sie sich ost- wärts flacher legt. Auf der Birlucke fällt sie noch sehr steil, 70 bis 80°, gegen SSO, auf der Dreiherrenspitze und in dem Kamm der Maurerkeesköpfe sinkt der Neigungswinkel auf 40 und 30°, und jen- ‘seits des Maurerthörls, wo sich das Streichen aus ONO gegen O wendet, reicht der Gneiss noch so hoch auf den flach gewölbten Scheitel des Granitkerns hinauf, dass sieh seine Lagerung der schwe- benden nähert. Da er auf den Querkämmen erhalten blieb, dazwischen aber durch die Thalerosion abgetragen wurde, muss die Gesteins- grenze, die vom Maurer Thörl weg wieder auf den Südabhang des Hauptkammes tritt, in ein- und ausspringenden Winkeln verlaufen. Der erste ausspringende liest im Maurer Thalschluss unter dem Kees, der einspringende, der darauf folgt, reicht auf der Höhe des Quer- kammes der Grossen Happ bis zu der Scharte zwischen der Happ und dem Geiger, der zweite ausspringende durchschneidet die Zunge des Dorfer Gletschers unterhalb des „Keesflecks“, und der nächste und letzte einspringende greift bis zum Reinerhorn, also in die nächste Nähe des Gross-Venedigers zurück. Die Schieferhülle ist vom Maurerthörl bis hieher und noch weiter gegen O überall so be- schaffen wie auf der Birlucke und am Südrande des Krimmler Gletschers. Das lehrreichste Profil bietet der Anstieg von Prägraten auf den Gross-Venediger. Im Kleiniselthal führt der Weg zunächst durch mehrfach wechselnde Lagen von Kalkelimmerschiefer und Chloritschiefer die unter 70—80° gegen und SSO- einschiessen- 594 F. Löwl. [10] 1 Uebersichtskarte der Venediger Gruppe. (1:250.000.) — ) OR RRIDEERERS RR SSL O9 9 [, 1 505 ER IK RS 3 EEE A III Weiss: Kemgranit. — Fein punktirt: Aplit und knollenloser Granit. — N DA, N Schiefergneiss und Dieselben Schiefer Kalkglimmer- und Hornblendeschiefer. im Oontact. Chloritschiefer. Phyllitstufe der Tauern. Phyllitgebirge. Krimmler Schichten. IX Krimmler Th. OS Ober-, US Unter-Sulzbach. — H Habach. — Ho Hollers- bach. — @ Gschlöss. — P Plattenkogel. — AR Reichenspitz. — AT Krimmler Tauern. — B Birlucke. — D Dreiherrenspitz. — M Maurerthörl. — Gy Geiger. — V Venediger. — PS Plenitz-Scharte. — W Weissenecker Sch. — 7 Velber Tauern. [11] Der Gross-Venediger. 535 Etwa 1 Kilometer vor der Johannshütte tritt unter dem Kalkglimmer- schiefer in gleichförmiger Stellung der bekannte feldspatharme, vor- herrschend muscovitische Schiefergneiss zu Tage, in dem an der Nordwand der Zopetspitze und weiterhin in den Gastacher Wänden ein mächtiges Lager von Hornblendeschiefer ausbeisst. Bei der Johannshütte und in der ganzen Rundhöckerlandschaft der Dorfer Hochalm fällt der Schiefergneiss noch immer 70° SSO und SO. Steigt man aber zwischen dem äusseren und dem inneren Mullwitz- kees dem Kapunitzach-Grat entlang zum Mullwitzköpfl, zur Defreeger- Hütte und zum Mullwitzaderl hinauf, so legt sich der Gmneiss flach und flacher und geht zugleich in den auffallenden, biotitführenden, schuppigen, granitisch gebänderten, geäderten und durchtränkten Contactschiefer über, den wir schon von der Birlucke her kennen. Die ersten Granitapophysen stellen sich am Kapunitzachköpfl ein, Venediger Profil, (1:250.000.) n 11171) HOHEN FATTIEER (1111) HITURG te lM/ku: 7 TH An Fig. 4. Aplitrinde. Knollenloser Granit. Kerngranit. 4 — Schiefergneiss. s’ — Contactgneiss. h — Hornblende-Schiefer, k — Kalk- glimmer- und. Chlorit-Schiefer. p = Phyllitgruppe ‚der Tauern. p‘ — Krimmler Schichten, ungefähr 1'/, Kilometer im Hangenden des Kerns,. der im Dorfer Gletscherbett unter seinem Schieferdach zum Vorschein kommt. Aber erst bei der Defregger-Hütte, am Mullwitzaderl und besonders am Reinerhorn: werden Schiefer herrschend, in die der Granit nicht nur gangförmig, sondern auch diffus eindrang. Diese Schiefer liegen gerade so wie auf der Grossen Happ jenseits des Dorfer Gletschers ganz flach auf dem Kern und überwölben ihn noch zum grossen Theil. Der Granit tritt erst im Hohen Aderl zu Tag. Leider verdeckt der Firn zwischen dem Reinerhorn und dem Hohen Aderl die Grenze. Wenn sich der Kern hier so verhält wie an seinem Nordrande, den wir sogleich im Untersulzbachthale kennen lernen werden, dann ‚geht ihm im Venediger-Profile eine rein aplitische Rinde ab. Das Gestein, das aus den Firngraten des Gross-Venedigers hervorstarrt und rings umher im Gebiete des Ober- und Untersulzbach-, des Habach-, Vil- tragen-, Schlaten- und Dorfer Gletschers ansteht, ist derselbe knollen- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (Prof F. Löwl.) 69 596 F. Löwl [12] reiche, lagenweis schwach geflaserte — und dann zweiglimmerige — Hauptgranit, den wir im obersten Krimmler Thal antrafen. Dieser Granit reicht auf der Pinzgauer Seite bis in die Nähe eines senk- recht eingeklemmten Streifens von biotitreichem Hornblendeschiefer, der aus dem Obersulzbacher Sattelkar in einer Breite von 1000 Meter zu der alten, aus den fünfziger Jahren stammenden Stirnmoräne des Untersulzbachgletschers herüberstreicht und sich im Habachthal zwickelförmig erweitert. (Vel. Fig. 3.) In Untersulzbach steht am gegenwärtigen Gletscherende noch der reine Biotitgranit an. Strichweise kommt dadurch, dass sich die Glimmerschuppen in dem mittelkörnigen Quarzfeldspathgemenge zu Streifen schaaren, eine Parallelstructur zu Stande. Ungefähr 250—300 Meter vor der auffallenden Nase, die innerhalb des alten Moränen- saums aus der rechten Thalwand vorspringt und den Granitrand bezeichnet, geht das Kerngestein in einen glimmer- und knollen- armen streifigen Granit mit porphyrmässig ausgeschiedenen Orthoklas- zwillingen über. In dem äussersten, 100—150 Meter breiten Gürtel kommen gar keine basischen Concretionen mehr vor. Das Randgestein steht daher dem Aplit, den es offenbar zu vertreten hat, viel näher als dem Kerngranit. An den Aplitrand der Holzlahner-Alm und der Birlucke erinnern ein paar meterdicke Quetschzonen, in denen sich ein blättriger Muscovitgneiss einstellt. Neben diesen sehr steil, nicht unter 80°, gegen S fallenden weissen Aplitschiefern enthält das Rand- gestein mehrere 10—30 Centimeter starke blattförmige Schlieren eines feinkörnigen, sehr glimmerreichen Biotitgranits, der dem Stoff der basischen Concretionen gleicht. Der äussere Abfall des rundhöckerig abgeschliffenen Thalsporns — die Moränenblöcke von glimmer- und knollenreichem Kerngranit, mit denen die Felsbuckel übersäet sind, stechen scharf von dem an- stehenden Randgestein ab — gehört bereits der Oberfläche des intrusiven Kerns an. In dem Graben. der längs der Gesteinsgrenze in die rechte Thalwand eingeschnitten ist, zeigt sich, dass der Hornblendeschiefer in senkrechter oder schwach überkippter Stellung am Granitkern lehnt, dass aber die Grenzfläche durch mannigfaltig gestaltete Protuberanzen des Granits arg gestört wird. Da das Magma obendrein diffus und in zahllosen, vielfach verzweigten Adern in den Hornblendeschiefer eindrang, gewann dieser ein ähnliches Aussehen wie der Gneiss der südlichen Schieferhülle Die ganze Mulde, die zwischen dem Tauerngranit und der im N folgenden Granitzunge zu einem kaum 1000 Meter starken senkrechten Keil zusammengedrückt wurde, ist granitisch geädert. Man sieht keine Felswand und keinen Haldenblock ohne ein Netzwerk weisser Aplit- gänge, und mm kann kein Handstück schlagen, das nicht von feinen Aederchen durchzogen wäre. Im Contact aber, und auch in höheren, von besonders starken Intrusionen betroffenen Lagen ging aus dem granitisch durchtränkten Schiefer eine Felsart hervor, deren fein- körnige aplitische Grundmasse neben Biotitblättern deutliche 2—5 Millimeter lange, aus dem feinen Filz des Schiefers gewonnene Hornblendesäulen enthält. Dieses sonderbare Gestein, das in der Regel nur schwach, zuweilen aber auch gar nicht geschiefert ist und [13] Der Gross-Venediger. 527 leicht für einen Hornblendegranit oder Tonalit genommen werden könnte, pflegt in einem wolkigen Gemenge mit anderen Spielarten aufzutreten, in denen man noch die Verflössung des aplitischen Stoffes und auch wenig veränderte flaserige Ueberreste des Horn- blendeschiefers zu erkennen vermag. Nach der Auffassung von Peters vermitteln diese Gesteine den Uebergang vom Üentralgneiss zum Hornblendeschiefer, was in gewissem Sinn, aber nur nicht im ge- netischen, auch zutrifft. Ein anderes, u. z. das gewöhnliche Symptom des Uebergangs erblickte Peters in der aplitischen Aederung, die ihm als ein wiederholter Wechsel von Centralgneiss und Schiefer erschien. Natürlich musste er dabei die Fälle, in denen der Aplit nicht Lagergänge, sondern regelrechte, durchgreifende Apophysen bildet, vernachlässigen. (a. a. O. 771) Da der Hornblendeschiefer den Venediger Kern unmittelbar überlagert, muss er in der ursprünglichen Wölbung in den Glimmer- . gneiss der südlichen Schieferhülle übergegangen sein. Weiter im OÖ zwischen dem Weissenecker Thalast von Hollersbach und dem Gschlöss, wo der Granit unter seinem Schieferdach verschwindet, ist der Zusammenhang der beiden Schieferarten erhalten. Der Horn- blendeschieferzug, der die beiden Sulzbacher Querkämme als enge Mulde kreuzt, öffnet sich gegen OÖ wie ein Trichter. Im Untersulz- bachthale ist er 1 Kilometer, im Habachthale 3'/; Kilometer und auf dem nächsten Querkamme schon 5 Kilometer breit. Sein Südrand ist im Ursprung des Habachthales noch geradeso beschaffen wie in den Sulzbachthälern. Erst zwischen Habach und Hollersbach gibt der Schiefer den steilen N-Fall, den er noch im hintersten Habach besitzt, auf und stösst in flacher Lagerung, in Hollersbach sogar mit sanftem S und SW-Fall an den in der senkrechten Stellung verharrenden Granitrand. Die Gesteinsgrenze zieht, indem sie sich in einem flachen Bogen gegen OSO wendet, quer über die Thalstufe unterhalb des grossen glacialen Karsees von Kratzenberg, erreicht dann, unge- fähr 400 Meter über dem Boden des Weissenecker Thalastes am Fusse der granitischen Felswände des Tauernkammes fortlaufend, den Abfall des Dichtenkogls gegen die Weissenecker Scharte und steigt jenseits dieser Scharte zu dem Karsee „in der Dichten“ hinab. Hier geht der südliche, im Gross-Venediger gipfelnde Ausläufer des Granitzuges zu Ende. Die pralle Felsmauer, mit der das nordwärts streichende Kammstück des Fechteben- und des Tauernkogels ins Diehtenkar und in den Thalschluss von Weisseneck abstürzt, besteht schon aus den wagrechten Schichtenköpfen des granitisch geäderten Hornblendeschiefers und Glimmereneisses, die durch Wechsellagerung und Uebergang verbunden den ursprünglichen Zusammenhang des Hornblendeschieferss im N mit dem Gmeiss im S darthun. Die Schiehten fallen sehr sanft gegen W und dieses westliche Verflächen herrscht nicht nur auf dem Tauernkogel, sondern auch auf dem Velber Tauern und weiterhin bis zum Bärenkopf. Hier, 3'/. Kilo- meter östlich vom Ende der Venediger Zunge, werden die Gneisse und Horvblendeschiefer vom Granit des letzten, die Granatkogel- gruppe umfassenden Kerns der westlichen Tauern unterteuft. Dieser Kern muss sich westwärts in geringer Tiefe bis unter den Tauern- 69 * 598 F. Löwl. [14] kogel ausbreiten, denn sein schwebendes Schieferdach wird überall von Aplitgängen durchschwärmt. An einer Stelle, genau auf dem Velber Tauern und längs seines Zuganges aus dem Velber Thal, tritt der Granit sogar an einer kleinen Verwerfung noch einmal zu Tage. Ob dieser bemerkenswerthe Aufschluss die Oberfläche des Kerns oder nur ein starkes intrusives Blatt trifft, muss freilich dahin- gestellt bleiben. Wie im N so stösst die Spitze der Venediger Zunge auch im S diseordant an die Schieferhülle.e. Auf dem Mullwitzaderl und dem Reinerhorn wird der Gneiss noch ganz flach vom Granit unter- teuft. Aber schon am Südhange des Kesselkopfs. unfern der Prager Hütte — also an einer Stelle, die dem Beginn der Diskordanz im N zwischen Habach und Hollersbach genau entspricht — gestalten sieh die Grenzverhältnisse so, dass man nur die Wahl hat, den Granitzug als Stock oder als Horst aufzufassen. Die Entscheidung Die Spitze der Venediger Zunge. (1:75 000.) Plenitz Sch Dichtenkogel Weissenecker Schichten Fechteben und Tauernkogel. 2 © 3 Es} e& en © B=} = o r W Fig.-5. (4 — Kerngranit. g — Randgranit ohne Concretionen. s — Contactschiefer. ist nicht schwer, da der knollenreiche Kerngranit bis an die Grenze herantritt und keine Spur einer ‚aplitischen oder auch nur knollen- freien Randbildung aufweist. Dazu kommt noch, dass die Structur- tlächen des geflaserten Granits nicht der Grenzfläche folgen, was bei einem Stocke vorauszusetzen wäre, sondern 45—50° NW fallen, als ob der Granit des Kesselkopfs zum nordwestlichen Theil eines Kerns gehörte, dessen Intrusionscentrum irgendwo im SO, etwa im (sschlöss, zu suchen wäre. Der Gmeiss der Schieferhülle streicht in den vom Schlatenkees freigegebenen Rundhöckern aus OSO gegen den Granit heran und wird durch dessen Rand schräg abgeschnitten. Sein Fall ist gegen SSW gerichtet und beträgt nur 30°. Die Fortsetzung der Gesteins- grenze quert den obersten Abschnitt des Gschlössthales kaum 1 Kilo- meter vor dem Viltragenkees und zieht dann unter den Felsen des Tauernkamms ins Dichtenkar. Die Schieferhülle, in der hier neben dem Gneiss allmählich der Hornblendeschiefer zur Geltung kommt, fällt auf dieser ganzen Strecke 20--300 S und ist durch und durch [15] Der Gross-Venediger. 529 aplitisch geädert '). Dieser Umstand spricht dafür, dass der Granit doch keinen Horst bildet, sondern den Schiefer stockförmig durch- bricht. Untersucht man-aber das Gschlöss genauer, dann stellt sich heraus, dass der Schiefergneiss zwischen dem Schlatenkees und der Inneren Alm auch auf dem südlichen Thalhange von Aplitgängen durchschwärmt wird, ja dass die gangförmige und diffuse Intrusion hier — 53000 Meter vom Granitrand! — das höchste Maass erreicht. Gewiss steht unter dem Gschlöss ebenso wie unter dem Tauernkogel in geringer Tiefe der Granit an, und dieser Granit ist eben der verworfene südliche Theil der Venediger Zunge. In‘ Hollersbach drüben, wo der Hornblende:chiefer selbst im Kontakt nicht sehr reich an Aplitadern und schon in kurzen Abständen ganz frei davon ist, dürfte die Verwerfung so ziemlich mit dem ursprünglichen Granitrande zusammengefallen sein. Das ist auch deshalb wahr- scheinlich, weil die Bruchlinie den unverletzten Nordrand des Venediger-Kerns, wie er in Untersulzbach und Habach vorliegt, ohne Abweichung fortsetzt, während der südliche Granitrand, der vom Dorfer Keesfleck unter der. flach aufgelagerten Decke gegen O und NO verlaufen muss, nur durch einen Winkelzug zum Anschluss an den Gschlöss-Bruch zu bringen wäre. Die Felsen, die ungefähr längs der Linie Kesselkopf-Krystallwand aus dem südlichen Zufluss des Schlatengletschers hervorschauen, bestehen aus so stark geädertem Contactgneiss, dass man den Granit hier ebenso wie im Gschlöss als Grundlage voraussetzen muss. Erst auf dem Löbbenkamm zwischen dem Schlatenkees und dem Thalschluss von Frossnitz ist der 30° 5 fallende Schiefergneiss ganz frei von aplitischen Intrusionen. Der keilförmige Horst, der vom Weissenecker und. vom Gschlöss-Bruch umrissen wird, besteht nur bis zur Plenitzscharte, südlich vom Kratzenberger See, aus dem ächten, knollenreichen Tauerngranit. In dem letzten Kammstück zwischen dem Abreder- und dem Dichtenkogel wird das Gestein wenn auch nicht zu einem Aplit so doch zu einem lichtgrauen, elimmerarmen, sehr feinschup- pigen Granit, der gar keine basischen Uonceretionen mehr enthält. (Vgl. die Kartenskizze und Fig. 5). Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass die zwischen dem Tauernkamm und dem Pinzgau in der Schieferhülle auskeilenden Granitzungen nach dem Muster der Venediger-Zunge gebaut sind ‚und daher auch in Horste auslaufen. Leider sind die Aufschlüsse in den Querthälern und auf den Querkämmen der Salzburger Tauern- abdachung nicht so häufig und nicht so vollkommen wie in der Felsenöde des Hauptkammes. Mit Sicherheit lässt sich die klastische Beschaffenheit des Granitrandes nur auf der SO Seite und an der Spitze der Habacher Zunge nachweisen, die von dem -Horste des Tauernkammes durch den grossen, aus dem Hollersbachthale bis ins Obersulzbachthal reichenden Schieferzwickel getrennt wird. Die Stellen, wo diese Zunge mit dem Granitmassiv verwächst, kennen wir bereits. Die eine liegt im Obersulzbacher Sattelkar und die 1) Wahre Schaustücke findet man im Thalgrund unter den riesigen Halden- blöcken, zwischen denen sich .der Gschlössweg hindurchwindet. 530 F, Löw). [16] andere im Krimmler Achenthal unter dem Hintthalkopfe. Das Gestein der Zunge ist im Ober- und Untersulzbacher Profil noch dasselbe wie im mittlern Krimmlerthal: ein zweiglimmeriger Flasergranit, der sich vom Tauerngranit durch den geringeren Gehalt an basischen Conceretionen und an Biotit unterscheidet. Im Habachthal verschwin- den die Coneretionen gänzlich, und im Hollersbacher Scharergraben, an der Zungenspitze, ist das Gestein ein reiner Aplit mit äusserst spärlichen Biotitstäubehen und kleinen Flecken und Flasern von Muscovit. Offenbar fällt der gegenwärtige klastische Granitrand hier seradeso wie am Tauernphorste im Grossen und Ganzen mit der ursprünglichen Grenze der Intrusion zusammen. Es scheint, dass der Ausgleich von Spannungsunterschieden vorzugsweise an diesen ur- sprünglichen Granitgrenzen erfolgte. Der Schieferzwickel, der in den Sulzbachthälern als verdrückte Mulde beginnt, wäre demnach nicht erst durch Bruch und Faltung in den Granit gerathen wie der schmale Gneisszug des Gamsköpfls, sondern vom Anfang an zwischen den beiden gesondert intrudirten Kernen zurückgeblieben und durch nachträgliche Störungen nur etwas tiefer eingekeilt worden. Am Süd- rande herrscht, wie wir sahen, bis ins Habachthal gleichförmige Auf- lagerung, am Nordrande dagegen stösst der Hornblendeschiefer be- reits in dem Kamm zwischen Untersulzbach und Habach am Granit ab. Die Schieferhülle ist hier nicht mehr muldenförmig zusammen- gebogen, sondern stellt sich als eine gegen N verflächende Scholle dar. Im Thalschluss von Habach, '/;, Kilometer vor dem Fusse der letzten Stufe, über die in den fünfziger Jahren noch das Kees her- abstieg, lehnt sich der aplitisch geäderte Hornblendeschiefer mit steilem Nordfall an den knollenlosen Randgranit. Thalauswärts nimmt die Neigung allmählich ab, und am Rande der Habacher Zunge — in der Scharte zwischen dem Grau- und dem Nasenkogl, knapp neben dem berühmten Smaragdenfundort — trifft der NO streichende Schiefer nur noch unter einem Winkel von durchschnittlich 30° den Granitrand. Die starke aplitische Durchtränkung und das Vorkommen des Contaktgesteines spricht dafür, dass der Schiefer, der jetzt an den Granit stösst, auch vor der Verwerfung nicht hoch über ihm lag, dass also ein Bruch von mässiger Sprunghöhe vorliegt. Die Gänge und Lagergänge von Aplit sind übrigens nicht etwa auf die beiden Ränder des Schieferzwickels beschränkt, sondern durchschwärmen ihn, wenn auch nicht so häufig, im ganzen obersten Habachthal. Unter dem Ostabsturz des Nasenkogels streicht die Bruchlinie, die sich immer mehr gegen N wendet, in den Scharergraben hinüber. Hier aber stellt sich im Hangenden des Hornblendeschiefers eine bunte Reihe jüngerer Schiefer ein, die man füglich als Tauernphyllite zusammenfassen könnte. Es sind grüne Schiefer, die sehr reich an Hornblende sein müssen, da sie im Contact stellenweise eine ähnliche Tracht annehmen wie der ältere Hornblendeschiefer, ferner sericiti- sche, oft granatenreiche Gesteine, die zwischen Glimmerschiefer und Phyllit stehen, endlich blättrige Graphitschiefer, die von den schwarzen Glanzschiefern des Plattenkogels nicht zu unterscheiden sind. In massigen Lagern kommt ein graues oder grünlich graues, dichtes, sehr hartes und splittriges Gestein vor, das entweder eine plattige a ar A ee EV [117] Der Gross-Venediger. 931 oder eine unregelmässige Absonderung besitzt. Es wurde von Peters als Aphanit ausgeschieden, aber noch von keinem Petrographen untersucht '). Auf dem rechten Hang des Scharergrabens fallen die Tauernphyllite, die hier auf dem Rücken des Annabergs ein starkes Aphanitlager einschliessen, durchschnittlich 40° WNW gegen den Granit. Folgt man ihnen aber im Streichen auf den linken Hang, so schwenken sie nordwärts um die Spitze der Habacher Zunge und verflächen gegen sie unter 5—10°. Erst an dem nördlichen Granit- rande richten sie sich unter westlichem Streichen senkrecht auf und nehmen in dieser Stellung den Pinzgauer Abhang des Hollerbach- Habacher und des Habaeceh-Untersulzbacher Scheiderückens ein. Am äussersten Rande dürften allerdings wie zwischen Krimml und den Mündungen der beiden Sulzbachthäler die grabenförmig einge- brochenen Krimmler Schichten anstehen, doch lässt sich das nicht sicher nachweisen, da der Kalk und Dolomit fehlt und die Glanz- schiefer wie gesagt manchen Tauernphylliten zum verwechseln gleichen. Auf dem Popberg, südöstlich vom Ausgang des Untersulzbach- thales, keilt sich die dritte Granitzunge aus. Sie wird von den beiden Sulzbachthälern durchschnitten und wäre ‚nach ihnen zu benennen. Zwischen dieser Sulzbacher und der Habacher Zunge ist ein durch- schnittlich nur 1000 Meter breiter Streifen der Tauernphyllite als zusammengeklappte, gegen N überschobene Mulde eingefaltet. Im Obersulzbachthal erweitert sich die Mulde zwischen der Wimm- und der Kampriesen-Alm auf 1700 Meter und bildet seltsamer Weise eine steile, 300 Meter hohe Stufe — ein Seitenstück zu dem unter denselben Umständen in weichen Schiefern entstandenen „Grawander Schinder“ in den Zillerthaler Alpen, der für die Erklärung des Staffelbaues der Gebirgsthäler Wichtigkeit erlangte ?). Die grünen Schiefer der Kampriesen-Stufe sind wohl auch aplitisch geädert aber doch bei weitem nicht so stark wie der Hornblendeschiefer zwischen der Vendiger- und der Habach-Zunge. Eine auffallende Contacter- scheinung ist das Vorkommen ganzer Lagen von verworren schup- pigem, oft quer zur Schieferung gestelltem Biotit. Der Granit wird auf beiden Seiten der Schiefermulde, wie wir schon an deren West- ende unter dem Hintthalkopfe beobachteten, von einem 4—500 Meter breiten Aplitsaum eingefasst. Die Sulzbacher Zunge, die der Länge nach durch einen kaum 500 Meter breiten, senkrechten Phyllitkeil nochmals gespalten wird, stimmt in ihrem Bau vollkommen mit der Habacher- und Venediger- Zunge überein. Bei Krimml besteht sie noch aus ächtem, knollen- führendem Granit, zwischen Krimml und Obersulzbach verschwinden die basischen Concretionen, und auf den Abhängen des Popbergs wird das Gestein auch noch so glimmerarm, dass man es als Aplit bezeichnen muss. So läuft denn der grosse, ungegliederte Granitkern der westlichen Tauern in drei Zungen mit glimmerarmen und knollen- ') Die Verbreitung der „Phyllitgruppe“ im Hollersbach- und im Velber- thal war für meine Arbeit belanglos und ist daher in der Kartenskizze nur hypo- thetisch angegeben. ?) Vgl. Löwl: Ueber Thalbildung, S. 32. n39 F. Löwl. : [18] losen Spitzen aus, die der Schieferhülle als Horste entragen. Diese Horste müssen jedoch annähernd die östlichen Grenzen der ursprüng- lichen Granitintrusionen bezeichnen, denn erstens bestehen sie aus dem halbgranitischen Randgestein, und zweitens schliesst ihr Umriss in den westlicheren Profilen genau an die unverletzten, durch eine eleichförmige Auflagerung des Schiefers gekennzeichneten Ränder von Kernen an. Die Schieferzwickel und Schieferstreifen nehmen also wenn sie auch durch nachträgliche Brüche und Faltungen tiefer eingekeilt wurden, die ursprünglichen Zwischenräume gesondert intrudirter Kerne ein, und daraus darf man wohl den Schluss ziehen, (dass auch der gewaltige, ungegliederte Granitrumpf im Westen aus mehreren Kernen zusammengeschweisst ist. ee Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. Von H. Höfer. Mit einer Zinkotypie. Vor 21 Jahren veröffentlichte ich eine Mittheilung über „die Eiszeit in Mittelkärnten t), in welcher ich auf die Spuren der einstigen Vergletscherung in dem genannten Gebiete zuerst’ aufmerksam machte. Das östliche Kärnten hatte ich damals nur theilweise durch- wandert, wobei mir auffiel, dass ich im Grunde des Lavantthales so- wohl als auch bei Liescha keinem Merkmale einer einstigen Ver- eisung begegnete, wohl jedoch in der hohen Drauterrasse hinter Lava- münd viele Gerölle fand, welche nur aus Oberkärnten stammen konnten und, abgesehen von der Form, Kritzung und Schichtung, viel- fach mit jenen des Gletscherschuttes (Erraticum) in Mittelkärnten übereinstimmen. Ich musste diese Terrasse als umgelagerten Glacial- schutt ansehen, fand jedoch den Fund nicht ausreichend, um die Frage, ob die Endmoräne des Draugletschers in oder östlich von Kärnten lag, zu entscheiden, war jedoch geneigt, letzteres vorauszu- setzen, da der Gletscher bei Klagenfurt noch eine bedeutende Mächtig- keit hatte und weil die Endmoräne des Südtiroler Gletschers viel tiefer als der tiefste Punkt Kärntens lag.‘ Mehrere Jahre nach Veröffentlichung jener Studie kam ich auch in die Umgebung von Bleiburg und Griffen, woselbst ich auf den östlich vorliegenden Bergen vergebens nach Gletscherspuren suchte, wo- dureh sich die Vermuthung befestigte, dass die Endmoräne des grossen Draugletschers zwischen den genannten Orten und Klagenfurt gelegen war. In dieser meiner Anschauung wurde ich durch die Beobachtungen Taramelli’s bestätigt, welcher das Ende des Draugletschers bei Bleiburg gefunden zu haben glaubte ?). Mittlerweile wurden Dr. V. Hilber’s?) Mittheilungen veröffentlicht, welche die einstige Vergletscherung der Koralpe bis gegen Ehren- hausen beweisen sollten, wodurch die Anschauung, während der Eis- !) Neues Jahrb. f. Min. 1873, S. 128. 2) Carinthia 1877, 8. 163. 2 ®) Verhandl. d. geol. Reichs-Anst. 1878, S. 364. — Jahrb. d. geol. Reichs- Anst. 1879. S. 537. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 4. Band, 3. Heft. (H. Höfer ) 70 534 H. Höfer. [2] zeit sei ganz Kärnten vergletschert gewesen, scheinbar eine neue Stütze erhielt. Bis in die jüngste Zeit besuchte ich ab und zu Unterkärnten und war bei diesen Wanderungen bemüht, das eiszeitliche Bild in seinen Einzelheiten zu ergänzen, insbesondere den Verlauf des Fusses des Draugletschers nach Möglichkeit festzustellen. Zur leiebteren Orientirung dient die gegenüberstehende Karten- skizze. Ich knüpfe den Faden dort, an, wo ich ihn vor 21. Jahren ab- riss, nämlich mit dem Magdalenenberge (NO von Klagenfurt). Ich habe früher darauf hingewiesen, dass an seinem Südgehänge das Glacialdiluvium, dessen Charakter beschrieben wurde, von der fluvia- tilen Ebene bei Ottmanach (550 Meter Seehöhe) bis fast zur Spitze u. zw. bis 380 Meter Seehöhe reicht, der Grund der Fruchtbarkeit dieses Geländes ist, und dass auf dem Westrücken mehrere scharf- kantige erratische Gneissblöcke herum liegen; später fand ich da- selbst noch einen kleinen Block von Granatamphibolit, dessen Seiten etwa 0'5 Meter hatten, und grössere Stücke dichten Kalkes, welche Gesteine hier nicht anstehen, da der felsige Untergrund aus carbonem Diabastuff, Diabas und Phyllit, der stellenweise in Thonschiefer über- geht, besteht. Grössere Gneissblöcke fand ich späterhin noch sehr häufig auf den. Südgehängen des Magdalenenberges, insbesondere reichlich in circa. 700 Meter Seehöhe auf der Südabdachung jenes Hügels, welcher NO von ÖOttmanach liegt, aus Schalstein, Diabastuff und Phyllit aufgebaut ist und bis 3 m? grosse Gmeissblöcke trägt, die einen völligen Zug von W nach O bilden. Etwas weiter östlich in etwa 660 Meter Seehöhe ragt knapp westlich vom Dorfe Pirk ein grosser, zum Theile schon abgesprengter Gneissblock heraus, welcher 5 Meter im Gevierte hat, im Gletscherschutt sitzt und in diesem mindestens 1 Meter tief hineinreicht, so dass sein Inhalt wenigstens 25 m? misst; es dürfte dies einer der grössten erratischen Blöcke dieses Gebietes sein. In dem Thälchen, das bei Ottmanach von Nord herabkommt, ist der Gletscherschutt, der hier nach oben hin sehr mächtig wird, sehr gut aufgeschlossen. Daselbst begegnet man Gneissblöcke von mindestens 12 m? Inhalt. Weiter bergauf zwischen dem Zehnerbauer und dem Sattel SW von der Höhe des Magdalenenberges findet man nicht bloss Blöcke von Muscowit- und Biotitgneiss, sondern auch von Raibler Quarzporphyr. Oestlich vom Magdalenenberg (1056 Meter Seehöhe) erhebt sich, durch einen Sattel (310 Meter Seehöhe) getrennt, der Steinbruchkogel (1075 Meter Seehöhe), dessen Höhe aus Grödener Sandstein besteht, der gegen Norden hin an Ausdehnung gewinnt, sein südliches Gehänge jedoch zumeist mit Glacialschutt bedeckt hat, welcher carbonen Diabastuff, Diabas und Schiefer bedeckt, die gewöhnlich nur fleckenweise nackt zu Tage treten. Da fand ich auf der Höhe eines Rückens, der 1!/, Kilometer südlich vom Steinbruchkogel nach Westen sich zieht, in etwa 900 Meter Seehöhe eine völlige Mittelmoräne, zusammen- gesetzt aus bis 10 m? grossen Gneissblöcken, die sich gegen WSW hinab zieht. Etwa 10 Minuten östlich von dieser Stelle bei einer RETTEN ’ [3] Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 535 Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. M N\ nt D) N ni Sn | So vg nei ; # > = o£ o=2 a BB. 12, 14 A RN“ Mn, = 16 x ee) a 2 = ; 11 " Sm, 9% m #8 DI ; i 2, 425 D 1 Y I a : z B [0] u 19 S 1° 20 2 vg ee er 1 o° 18 N dv 26 Big: 1: “Ale Fuss des Drau-Gletschers während der ersten Eiszeit. I Drau. — II Glan. — III Gurk. — IV Vellach. — V Längsee. — VI Klopeiner See, — VII. Gösselsdorfer See. 1 Klagenfurt. 14 Trixen. 2 St. Veit. 15 St. Stefan. 3 Frauenstein. 16 Griffen. 4 Kreug. 17 Völkermarkt. 5 Dielach. 18 Sittersdorf. 6 Hochosterwitz. 19 Gösselsdorf. 7 Sebastian. 20 Loibeg. 8 Magdalenenberg. 21 St. Stefan. 9 Steinbruchkogel. 22 Bleiburg. 10 Ottmanach. 23 St. Jacob. 11 Filippen. 24 St. Peter. 12 Eppersdorf. 25 Dullach. 13 Klein St. Veit. 26 Eisenkappel. 536 H. Höfer. [4] Bildsäule (895 Meter Seehöhe) in der nächsten Nähe der Kirche am Kristofberge liest ein 4—5 m? grosser Gmeissblock, abgesehen von jenen Findlingen, die man am Wege von Pischeldorf zum Landschaden- kogel, oder vom Gehöfte Wortschler (an der Nordabdachung des Stein- bruchkogels) in den Zinnobergraben begegnet. Am Ostgehänge des Steinbruchkogels gegen den Gurkdurch- bruch tritt der Glacialschutt sehr zurück, findet sich zumeist nur in Thälern und Mulden, die nach Süd abdachen, und erreicht beim Gehöfte Achatz 770 Meter Seehöhe. Dass von hier eine Verbindung mit dem oberen Zinnobergraben bestand, ist nicht unwahrscheinlich, obzwar ich auf dem, dem Steinbruchkogel östlich vorliegenden Berge keine Eiszeitreste fand. Grössere Blöcke trifft man im Südostgehänge des genannten Kogels selten, so z. B. 600 Meter W von der westlichen Häusergruppe von St. Filippen einen etwa 3 m? grossen Block aus Grödener Sandstein, welcher nordwestlich in den Bergen ansteht, von hier aber kaum durch Abstürzen nach Filippen gelangt sein kann. Oestlich vom Gurkdurchbruch zwischen Brückl und Klein-St. Veit tritt das Glacialdiluvium plötzlich zurück; bei Ober-Trixen be- steht die Terrasse aus umgelagertem Eiszeitschutt, welcher nicht weit geschwemmt sein kann, da die Stücke noch zu wenig vollständig abgerundet sind. Im Gehänge der südwestlichen Ausläufer der Sau- alpe fehlen alle Spuren einer einstigen Vergletscherung. Das Nordgehänge des Magdalenenberges ist ebenfalls reichlich mit Glacialschutt bedeckt; es reicht von der Launsdorfer Ebene ab am Nordabfalle des Rückens, welcher die nordöstliche Fortsetzung des Zehnerberges bildet, bis auf 780 Meter Seehöhe hinan; am Rücken selbst jedoch ist noch eine kleine Partie in 820 Meter See- höhe anstehend. Von hier, etwa vom Krennkreuz, zieht sich der Glacialschutt längs einem Thälchen nordwestlich gegen Nieder-Öster- witz in die Ebene hinab. Südlich von St. Sebastian (bei Hoch-Osterwitz) traf ich den einzigen grösseren erratischen Block auf der Nordab- dachung des Magdalenenberges; von dem genannten Dorfe ab kann man das Erraticum über die Gehöfte Stautacher, Mörtel- und Schützen- bauer bis zu jenem Sattel verfolgen, der den Magdalenenberg vom Steinbruchkogel trennt Am Nordostabhang des letzteren begegnete ich keinen Glacialbildungen. Der Magdalenenstock (Magdalenenberg und Steinbruchkogel) war nach dem Vorhergesagten während der ersten Eiszeit auf der Süd- seite mindestens bis zu einer Seehöhe von 900 Meter vergletschert, so dass die Kuppen des Magdalenenberges und des Steinbruchkogels aus dem mächtigen Draugletscher um weniges oder vielleicht auch gar nicht emporragten. Beim Gurkdurchbruche zwischen Brückl und Klein-St. Veit fiel der Nordrand dieses Gletschers ziemlich rasch zur jetzigen Klagenfurt-Bleiburger Ebene hinab, die damals ein breites Thal war, das vorwiegend beim Abschmelzen des Draugletschers aus- geschottert und eingeebnet wurde. Während die Nordseite des Magdalenenberges ebenfalls weit hinan mit Eis bedeckt war, so war anderseits der Nordostabhang des nachbarlichen Steinbruchkogels vom Eise frei; der Gletscher hatte am Nordfusse des Magdalenenstockes in der Nähe von Hochosterwitz [5] Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 537 sein Ende erreicht, drang also hier weniger weit gegen Ost vor, als die Eismasse im Süden vom Magdalenenstocke. Was die Eisverhältnisse westlich vom Magdalenenberge anbe- langt, so sei erwähnt, dass der Draugletscher, welcher von Villach ab, nachdem er hier den Gaileletscher aufgenommen hatte, nicht bloss die Niederung zwischen dieser Stadt und Klagenfurt ausfüllte, sondern dass die mächtige Gletschermasse auch bis zum Ossiachersee und bis ins Glanthal hinüber griff, so dass der Nordrand des grossen Draugletschers zwischen Glaneeg und St. Veit im linken Gehänge des Glanthales lag. Thatsächlich findet man auch nördlich von St. Veit den Glacial- schutt anstehend und bis zum Schlosse Frauenstein (710 Meter See- höhe) hinanreichend. Von hier lässt sich der nördliche Gletscherrand segen Nordost über Kreug bis nach Dielach verfolgen. woselbst das eingeebnete und terrassirte Fluthdiluvium, die Gesteine der Gentral- alpen führend, beginnt und in 668 Meter Seehöhe ziemlich scharf von den glacialen Ablagerungen abgetrennt werden kann. Auf den beiden Hügeln, die knapp südlich von Dielach liegen, steigt der Glaeialschutt bis zu den Kuppen (710 Meter Seehöhe). Die Nordgrenze des Frraticums biegt sich von Dielach gegen Maria Wolschart um und bedeckt die Berge, welche den Längsee mit dem Schlosse St. Georgen umspannen, bis auf eine Seehöhe von 750 Meter. Gegen Osten finden hier die Glacialbildungen mit dem Gurkdurchbruche bei Pölling ihr Ende, sich daselbst mit jenen ver- bindend, welche südlich von Hochosterwitz von dem Nordgehänge des Magdalenenberges herabreichen. Am Krappfelde und in den Bergen in der Umgebung von Gutta- ring und Eberstein fand ich trotz wiederholter Begehungen keine Glacialspuren. Ebenso muss hervorgehoben werden, dass ich zwischen St. Veit, Hochosterwitz und Dielach keine grösseren erratischen Blöcke fand. Der Draugletscher hat somit bei seiner Abzweigung gegen das Krappfeld in einem Bogen, der sich von Dielach nach Maria Wol- schart, Pölling und Hochosterwitz zieht, sein Ende gefunden. Im Magdalenenstocke bezeichnet eine Linie, die St. Martin, den Stein- bruchkogel und Eppersdorf verbindet, das Ostende der Vergletsche- rung dieser Berggruppe. Nachdem ich die Dielacher Auslappung des Draugletschers in seinem nordöstlichen Ende festgestellt hatte, war ich bemüht, das Östende des Hauptstromes aufzufinden. Auf den Bergen zwischen Klein-St. Veit, woselbst/der Gletscher- rand ins Thal herabstieg, und Völkermarkt fand ich allenthalben Gletscherschutt abgelagert und konnte beobachten, ‚dass derselbe weiter gegen Ost sich insoferne ändert, als die Stücke dichten Kalkes zurücktreten und nördlich von Völkermarkt ganz verschwinden, dass auch der sogenannte rothe Raiblerporphyr stetig spärlicher wird, dass dafür Quarz, Phyllit, Diabas, Diabastuff und Schalstein häufiger werden und das Erraticum vorwiegend zusammensetzen, untergeordne! auch Granatamphibolit, Hornblendeschiefer, Gneiss und Grödener Sandstein auftreten. Es sei dieser Typus der kalkfreie geheissen. Bei Völker- 558 H. Höfer. [6] markt besteht die Ebene aus geschichtetem, also fluviatilem, zum Theile conglomerirtem Diluvium, durch die Aus- und Verwaschung des Erra- ticums entstanden. Verfolgst man von der soeben genannten Stadt die Strasse nach Griffen, so findet man knapp bevor dieselbe die Terrasse beim Lindenwirth erreicht (bei Cöte 490 Meter) einen kleinen Auf- schluss von Glacialschutt, darin auch licht- und dunkelgraue, unvoll- kommen abgerundete Kalkgerölle, die deutlich kurze, zum Theile jedoch tiefe Ritzen zeigen. Auf der Terrasse selbst jedoch fehlen die Kalkgerölle gänzlich und nördlich vom Lindenwirth ist nur mehr der kalkfreie Typus des Erraticums vorhanden. Dieses zieht sich hier auf der Westseite eines kleinen Hügels hinan, während an dessen Spitze und Nordostabhang Diabas mit Tuffen zu Tage tritt. In dem Winkel, den die Strasse nach Griffen mit jener nach Ruden einschliesst, wird Grödener Sandstein häufiger, die Geschiebe werden grösser und ein- zelne sind deutlich grob geschrammt. Der nachbarliche Galgenkogel führt ebenfalls Erraticum von kalkfreiem Typus mit spärlichem Biotit- sranit, was bis zum Gehöfte Piboter anhält. Von hier zieht sich ein flacher Rücken gegen NO zum Schwarz, der auf seiner Westseite den soeben erwähnten Geschiebetypus führt, wobei nur zu bemerken wäre, dass hier die Stücke bis Brodlaibgrösse erreichen, und dass ein grosses abgerundetes (Gmeissstück wegen seiner kleinen Glimmer- blättchen lebhaft an den Üentralgneiss Oberkärntens erinnert; auch Raibler Porphyr stellt sich, wenn auch nur ganz vereinzelt, ein, wäh- rend Kalk gänzlich fehlt. An der Ostseite dieser alten Rückzugmoräne tritt bald unter dem Rücken der kalkige, normale Typus des Draugletscherschuttes auf, die Gerölle dichten, lichten, grauen und schwarzen Kalkes ge- winnen die Vorhand, Raibler Porphyre sind häufiger, daneben sind (reschiebe von Grödener und braungrauem, festem (Carbon ?-)Sand- stein, Serpentin, Gmneiss, Granit, Diabas, Phyllit, Glimmerschiefer. Der Boden ist lehmig, reich an Geschieben, die vielfach gebrochen oder unvollkommen oder nur einseitig abgerundet sind. Insbeson- dere die Kalke sind reichlich geschrammt; so fand ich ein hand- grosses Stück schwarzen, weissgeäderten Kalkes, das scharf, annähernd rechteckig begrenzt war und eine Seite fast eben glatt polirt und geschrammt hatte. Fs ist hier ein prächtiger Auf- schluss des typischen, kalkigen Drauerraticums, in dessen nächster Nähe die Strasse nach Ruden vorüberzieht und in einem Einschnitte ebenfalls einen sehr hübschen Aufschluss zeigt. Ich habe sowohl hier als auch schon früher in der Nähe des Lindenwirthes die Ueber- zeugung gewonnen, dass der kalkfreie Gletscherschutt, dessen Ge- steinstücke auf eine Abstammung vom Magdalenenstock und der Um- . gebung von Klein-St. Veit hinweisen, den kalkigen überlagert; bei meinen Wanderungen kam ich ferner zur Ueberzeugung, dass der erstere Typus auf ein verhältnissmässig schmales Gebiet beschränkt ist, das dem Südfusse der Saualpenausläufer (zwischen Klein-St. Veit und St. Stefan) unmittelbar vorliegt und kaum 4 Kilometer Breite hat. Zwischen den Gehöften Schwarz und Weissnar dehnt sich das Dürnmoos aus, eine grosse versumpfte und vertorfte Wiese, die gegen Norden hin entwässert wird; gegen NO überschreitet die Griffener [7] Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 539 Strasse den Gletschacher Wald, einen Rücken, der gegen SW steiler (stellenweise bis 25 Grad), gegen NO jedoch viel flacher, nach OÖ sehr flach abfällt. Die Endmoräne des Draugletschers ist hier in ihrem nördlichen Theile erreicht; vom Gletschacher Walde zieht sich ein flacher Rücken nach NW, der sich im weiteren Verlaufe nach WNW umbiegt und auf St. Stefan hinweist. Der Draugletscher hatte also seinen Nordrand zwischen Klein- St. Veit und St. Stefan am Fusse der Saualpenausläufer; vom letzt- genannten Dorfe verliess er das Gebirge und schob sich noch 4 Kilo- meter östlich bis zum Gletschacher Walde vor; letzterer ist bis auf die Kuppe hinan mit kalkfreiem Erraticum überdeckt, in welchem ‚sich auch Raibler Porphyr vorfindet. Die Geschiebe erreichen die (Grösse einer Doppelfaust und lassen sich östlich auch noch über das Schloss Hirschenau hinaus bis zu jenem Thale verfolgen, welches vor dem Wallersberge liegt; bei dem südlich von Hirschenau gelegenen Keuschler fiel mir die ungewöhnliche Grösse der Geschiebe auf. Ich glaube, dass diese Schuttmassen, die dem Gletschacher Wald un- mittelbar östlich vorliegen, von diesem beim Abschmelzen des Drau- gletschers abgeschwemmt wurden; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Gletscher vorübergehend bis zum Westfusse des Wallers- berges vorgestossen ist. Der dem Gletschacher Walde nächste, südliche Hügel zwischen St. Jakob und der Rudener Strasse ist auf der Westseite mit Glacial- schutt bedeckt, der sehr hübsch in einer kleinen Schottergrube beim Weissnar aufgeschlossen ist und im kalkigen Erraticum nebst deutlich gekritzten Geschieben auch einen unvollkommen abgerundeten Block braunen Gesteines führt, das ich für einen eisenschüssigen Kalk halte, wie ein solcher in dem carbonen Phyllitzug des Magdalenen- stockes ansteht und dort in früheren Zeiten wiederholt Anlass zu Schürfungen auf Eisenerz gab. Jener Wanderblock ist nur theilweise entblösst und ist !/, Meter hoch und !/, Meter breit. Auf der Ostseite des in Rede stehenden Hügels fehlt der Gletscherschutt; es ist da- selbst ein lichtbrauner, lehmiger Boden, der bis zum Gehöfte Pirk anhält, woselbst lichtgrauer, dünngeschichteter, glimmeriger, mürber Phyllit aufgeschlossen ist, der in kleinen Stückchen auch in der früher erwähnten lichtbraunen, lehmigen Erde vorkommt und der an der Südostecke dieses Hügels, beim Wegmacher, ebenfalls entblösst ist. Die Kuppe (614 Meter Seehöhe) ist mit grösseren und kleineren Geschieben des kalkfreien, quarzreichen Erraticums überdeckt, das von hier südlich bis zur Rudener Strasse anhält und gegen Ost hin im Gehänge ziemlich scharf gegen den Phyllit und dessen Verwitte- rungsproduct abgegrenzt ist. Es liegt also auch hier der kalkfreie Gletscherschutt über dem kalkigen. Auch in dem nächsten, südlich vorliegenden Hügel besteht der stark nach Osten vorgeschobene Rücken aus Phyllit, der mit 20 bis 30 Grad nach Nord einfällt, und auf welchem nur ganz ver- einzelt Gerölle, meist Quarz, zu finden sind. Erst auf der Kuppe (641 Meter Seehöhe) werden die Gerölle etwas häufiger, doch liegen auch hier noch ziemlich reichlich Phyllitbruchstücke um- her. Gegen Süd fällt die Kuppe anfänglich steil ab, daselbst tritt der 540 H. Höfer, [8] dünngeschichtete, seidenglänzende Phyllit zu Tage, verflächt mit 25 Grad nach Nord, verschwindet jedoch, sobald die Terrainneigung etwas flacher wird. Der von hier nach Süd abfallende Rücken ist mit kalkfreiem und quarzreichem Glacialschutt überdeckt und lauft gegen den Sattel hin in eine scharfe Schneide aus, die jedoch aus typischem kalkigem Frraticum mit gekritzten Geröllen besteht. Von dieser Schneide, welche sich gegen Süd absenkt und sich knapp vor St. Peter verliert, dacht das Schuttgebiet flach nach Ost ab, während es nach West kurz mit 18 Grad Neigung einfällt, sich allmählich flacher lest, dann wieder einen schärferen Abfall zeigt, der stetig flacher wird und nach einer zweiten steileren Böschung sich mit immer kleinerem Gefälle dem Thalboden des Krassnig-Baches, der nach Sid abfliesst, anschmiegt. Dieser Thalboden führt hier ein Torflager, das auch abgebaut wird. Es liegt also an der Innenseite der End- moräne des Draugletschers sowohl nördlich als auch südlich von der Rudener Strasse, die nach einem wasserscheidenden Rücken geführt ist, ein Torflager vor, eine Erscheinung, der man so oft bei alten Endmoränen begegnet und die man auch in der Nordostauslappung des Draugletschers beim Längsee nachweisen kann. Verfolgt man den Hügelzug gegen S weiter, so trifft man OSO von St. Peter das typische kalkige Erraticum bis zur Kuppe (623 Meter Seehöhe) hinanreichend, in Folge dessen sich auch die Felder bis fast zur Höhe hinanziehen. Bemerkenswerth ist es, dass hier westlich von der Kuppe und nur wenige Meter unter ihr ein scharf- kantiger Block dolomitischen Kalkes liegt, dessen längste Seite 06 Meter misst: überdies findet man auch grössere Stücke mit nur wenig abgerundeten Kanten, und zwar von lichtrothem Raibler Porphyr (längste Seite 0'2 Meter), liehtgrauen Kalk (längste Seite 0'4 Meter) und Biotitschiefer (längste Seite 0'4 Meter), sowie auch grössere vollends abgerundete Geschiebe von Gneiss, Milchquarz und grünlich- violettem Diabas, neben vielen kleineren Geschieben aller Art. NO von dem durch die hübsche Endmoräne ausgezeichneten Sattel in der nächsten Nähe von St. Peter, wovon kurz zuvor die tede war, zieht sich ein verschottertes Thälchen hinab zur Strasse nach Ruden; neben letzterer fand ich nur kalkfreies Geschiebe:; ob dieses von O hergeschwemmt wurde, oder auf einen kurzen Vorstoss des Draugletschers über den erwähnten Sattel zu beziehen sei, vermag ich wegen Mangels entsprechender Aufschlüsse nicht zu entscheiden. Dadurch wird auch das Bild von dem Östende des diiluvialen Draugletschers nicht nennenswerth berührt, dessen End- moräne in dem im Allgemeinen von N nach S verlaufenden Hügelzuge lag, der sich vom Gletschacher Wald über St. Jacob und St. Peter nach Dullach an die Drau hinabzieht, und dessen höchste Kuppen (bis 641 Meter Seehöhe) von W her vereletschert waren, während sein Ostgehänge zumeist eisfrei war. Verfolgen wir diese vorzüglich ausgeprägte Endmoräne weiter nach S, über die Drau, so stossen wir hier auf die Klagenfurt-Blei- burger Ebene mit ihrem weitgedehnten Fluthdiluvium; längs dieser einstigen tiefen Rinne nahmen die Wassermassen zu Ende der Eiszeit ihren Abfluss und ebneten theils die Endmoräne ein, theils bedeekten BR [97 Das Östende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 541 sie dieselben mit fluviatilem Schotter, den die Fluthen dem jungen Erraticum entnahmen. In dieser Ebene haben wir also ‚keine oder eine nur sehr geringe Hoffnung, Eiszeitreste zu finden; wir müssen es deshalb versuchen, ob nicht am Südrande dieser Ebene noch ein Rest der Endmoräne aufzufinden ist. Bei Sitterdorf (SSW von Eberndorf) liegt auf dem Tertiärcon- glomerat Glacialschutt, welcher Rollstücke aus verschiedenen, auch rothen Kalksteinen, grauen (carbonen) und rothen (Grödener) Sand- steinen, Gneiss, Glimmerschiefer, Tertiärconglomerat, Quarz und braunem Quarzporphyr führt. In der Nähe, u. zw. auf der Südseite des Göss- linger Sees, stellen sich im Erraticum häufiger Gesteine ein, welche aus der Umgebung von Eisenkappel, also aus Süd stammen dürften. Zwischen Gösselsdorf und Sonnegg wandert man stets auf Glacial- schutt, der stellenweise etwas umgelagert ist, bei letzterem Dorfe jedoch deutlich geschrammte Geschiebe schwarzen Kalkes führt; im Dorfe selbst tritt das Tertiärconglomerat zu Tage, so dass das Erraticum hier keine besondere Mächtigkeit besitzt. Von hier längs der Strasse nach Sittersdorf ist das Glacialdiluvium bei den beiden kleinen Sonnegger Seen sehr gut aufgeschlossen. Wenig abgerundete Blöcke dichten Kalkes erreichen Grössen bis zu 0°5 m? Imhalt, wie denn überhaupt Kalk in Stücken von der verschiedensten Grösse und Farbe vorherrscht; er kann sowohl aus dem westlichen Kärnten stammen, also dem Draugletscher angehören, oder auch aus dem Süden (Kappeler Gegend) hertransportirt sein. Für Ersteres würde das Mitvorkommen von roth- und grüngeflecktem Pophyrtuff sprechen, der in Kaltwasser bei Raibl ansteht, so auch der Grün- und Horn- blendeschiefer, während die Diabasgerölle naturgemäss auf Kappel bezogen werden, woselbst dieses Gestein im Ebriachgraben mächtig entwickelt ist. Obzwar auch in Oberkärnten, z. B. bei Bleiberg, Diabas in einem kleinen Aufschlusse bekannt ist, so möchte ich diese Abstammung doch ausser Spiel lassen, da ich in dem Glacialschutt bei den Sonnegger Seen einen nahezu 0'6 m? grossen, fast scharfkantigen Block fand, der aus Epidot und Quarz bestand, wie sich ein solches Mineralgemenge als secundäre Bildung im Kappeler Diabaszuge vor- findet, und welcher Block auf einen kurzen Weg verweist. Ueberdies findet man unter den Geschieben braunen und grauen Porphyrit, Grö- dener Sandstein, selten krystallinische Schiefergesteine, deren Heimat westlich und südlich gelegen sein kann. Das Erraticum ent- hält also hier nebst den für Mittelkärnten typischen Gesteinen des Draugletschers auch einige Beimengungen, welche darauf. hindeuten. dass. bei Sittersdorf ein Eisstrom,. von Süden kommend, mündete. Dafür ist ferner ein, wenn auch schwacher Beweis die Thatsache, dass der Gösselsdorfer See gegen S flacher und versumpfter als nordwärts ist, und dass hier reichlicher grössere, wenig abgenützte Kalkblöcke auftreten. Zwischen Homitzberg und Loibeg erstreckt sich ein glacialer, Wall von SW nach NO. der nach O hin ausgebaucht ist und gegen‘ W den Steilabfall hat, jedenfalls der Rest einer Quermoräne. Bei Homitzberg findet man in ihr oben am häufigsten Kalk und ziemlich oft auch Gneiss, unten jedoch zumeist granulitäfnliche Stücke von Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894, 44. Band, 3. Heft. (II. Höfer.) zul 542 H. Höfer. [10] slimmerigem Phyllit begleitet. Bei Loibeg herrschen meist faustgrosse Kalkstücke vor, überdies findet man Gneiss, Hornblendeschiefer, Granit, Porphyrtuff und Porphyr (gleich jenen von Kaltwasser), roth- braune Kalkbreccie (anstehend bei Arnoldstein in Oberkärnten), Tertiär- conglomerate (wie so häufig mit hohlen Geschieben und westlich in unmittelbarer Nähe anstehend) und ein lichtgrüner Diabas. Diese Ge- schiebe zeigen gar keine oder nur undeutliche Schrammung, doch lassen ihre Formen erkennen, dass sie glacialen Ursprungs und nicht weit vom Wasser getragen sind. Stellenweise ist diese Moräne auch schon conglomerirt. 1 Kilometer östlich von Loibeg in Tschepitzach (517 Meter Seehöhe) fand ich die typischen Ablagerungen des Drau- sletschers; einige Gerölle liessen auch die Schrammen erkennen. Der hiervon südlich gelegene Slimnahügel besteht aus Tertiärcon- elomerat, hingegen die Hügelgruppe um St. Stephan aus Kalk- und Dolomit-Breccien; letztere bilden auch die Westseite des Katharinenberges, an dessen Südfuss, bei St. Michael, dunkler Kalk und Dolomit ansteht, während an der Ostseite glimmeriger Phyllit mit rothbraunem Schalstein und Schalsteinschiefer zu Tage treten. Auf diesen Hügeln fand ich keine Wahrzeichen der Eiszeit, ihre Formen mahnen durchaus nicht an jene der Rundhöcker, und da ich in den Bergen W und O von Bleiburg keine Schotterablagerungen fand, die als glaciale gedeutet werden konnten, so glaube ich für bestimmt annehmen zu dürfen, dass der Draugletscher bei St. Stefan, vielleicht in dem erwähnten Moränenrest von Loibeg, sein östlichstes Ende hatte). Weder in dem soeben geschilderten, zwischen Sittersdorf und St. Stefan gelegenen Glacialgebiete, noch in jenem in der Umgebung von Völkermarkt habe ich Gletscherschliffe gefunden, was mich nicht befremdet; denn wenn solche Schliffe länger entblösst sind, werden sie meist allmählich zerstört und unkenntlich. Anderseits gehört ein glücklicher Zufall dazu, dass die Wanderung einen frischen Aufschluss, der ja gewöhnlich von geringer Ausdehnung ist, begegnet, an welchem der Gletscherschliff gut erhalten blieb. Nachdem im südlichen Glacialgebiete die Gesteine, welche aus dem Vellachthale, d. ij. aus der Kappeler Gegend, stammen, eine nur untergeordnete Bedeutung haben, so vermuthe ich, dass auch der Vellachgletscher, welcher bei Sittersdorf in den Draugletscher mündete, keine be- sondere Mächtigkeit besass. Ich bin überhaupt der Meinung, dass (lie südlichen, von den Karawanken ausgehenden Seitenarme des Drau- sletschers unbedeutend waren und diesen nicht wesentlich beein- tlussten. Dies beweise ich damit, dass in einem der wichstigsten Seitenthäler der Drau in Mittelkärnten, im Loiblthale, die südliche Seitenmoräne des hier 28 Kilometer breiten Draugletschers bis fast, auf die Höhe der Strasse vor St. Magdalena (727 Meter Seehöhe) hinanreicht, während weiter hinauf gegen den Loibl der Glacialschutt nur ganz untergeordnet auftritt und aus den Gesteinen der nachbar- ') Es wäre möglich, dass der Draugletscher von Loibeg aus eine kurze Zunge gegen Globasnitz vorschob; ich fand nie Gelegenheit dieses Gebiet zu begehen, [11] Das Östende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 543 lichen Berge besteht. Der steile Nordabfall der Karawanken war überhaupt zur Vergletscherung wenig geeignet, während in seine kurzen Thäler zumeist der Draugletscher ausbuchtete. Eine andere Bestätigung dieser meiner Anschauung entnehme ich auch einem Funde ') meines Freundes Herrn k. k. Oberbergrath F. Seeland; bei St. Margarethen im Rosenthale beim Gehöfte des ©. Schuschnig wurde ein ausgedehnter Gletscherschlifft im Jahre 1888 frisch entblösst, dessen Schrammen nach 7" (OSO) weisen, also dem Hauptverlaufe des Draugletschers entsprechen. Dieser Fund liegt links vom Ausgange des aus den Karawanken herabsteigenden Freybach- thales, welches, ebenso wie das nachbarliche Waidischthal, in seinem oberen Theile einer Senke angehört, die sich zwischen dem Matzen- berge und dem- Obir einerseits und der Koschutta anderseits er- streckt. Wäre dieser Gletscherzufluss aus dem Freybachthale irgend- wie von grösserer Bedeutung gewesen, so hätte er bei seinem Vor- schube nach Nord die westöstliche Richtung des Draugletschers ab- lenken müssen, die erwähnten Gletscherschliffe hätten dann S—N- oder SW-—NO-Richtung annehmen müssen, was jedoch, wie die Beobach- tung lehrt, nicht der Fall war. Beachtenswerth sind auch die im Glacialschutte liegenden Seen nahe dem Fusse des Draugletschers. Seinem nordöstlichen (Dielacher) Zweige gehören der kleine Kreuger- (600 Meter Seehöhe) und der Längsee (548 Meter Seehöhe) an; beide haben gegen N das steile, gegen Süden das flache Ufer und ihren Abfluss, der bei dem letzteren See, wie früher erwähnt wurde, vertorft ist. Der Klopeiner See, welcher dem Hauptstrome entspricht, hat sein steileres Ufer ostwärts liegen, während das flache, westliche ebenfalls vertorft ist. Die Steilufer liegen bei allen diesen Seen entsprechend der Bewegungs- richtung des Gletschers. Hinter der Hauptmoräne (St. Stefan - Dullach- Loibeg) konnten sich Seen darum nicht erhalten, weil jene durch die Drau tief eingeschnitten wurde; immerhin begegnen wir statt der Seen ausgedehnteren Vertorfungen östlich von Völkermarkt. Es seien nun einige Beobachtungen erwähnt, welche beweisen, dass der Draugletscher in der That die Linie Bleiburg—Griffen nicht erreichte. Südöstlich von Bleiburg findet man in dem Sattel, über welchen die Strasse und unter dem die Eisenbahn von Bleiburg nach Prävali führt, lehmigen Sand und Schotter aufgeschlossen; die Ge- rölle des letzteren sind ungeritzt und haben petrographisch mit jenen des Draugletschers gar keine Aehnlichkeit; denn sie bestehen vor- wiegend aus graugrünem, sehr feinkörnigem, festem Sandstein, aus weissem oder gelblichem Quarz und sind zumeist wallnuss-, in einzelnen Lagen bis faustgross. Diese Ablagerung ist tertiären Alters. ‘Ganz ähnliche Geröllmassen habe ich im Granitzthale (N von Bleiburg, SO von Griffen) mächtig entwickelt gefunden, die in der Tiefe in Conglomerate übergehen und eogenen Alters sein dürften. Die Herkunft dieser Gerölle bleibt immerhin fraglich, da ich in ihrer Nachbarschaft den Sandstein der Gerölle nicht anstehend weiss. ')- Klagenfurter Zeitung 1889, S. 377. — Mitth. d. Seet. f. Naturkunde d. Oesterr. Touristen-Club Nr. 1, 1889. 73 E4A II. Höfer. [12] Mit Rücksicht auf das Alter dieser Schotterablagerungen können sie jedoch nicht mit der diluvialen Eiszeit und noch weniger mit dem Draugletscher in Verbindung gebracht werden. Man könnte auch die Mulde, die sich von der Station Bleiburg nach Ost zu dem früher erwähnten Sattel hinanzieht, wegen ihrer Ver- sumpfung mit der Eiszeit in Zusammenhang bringen wollen; doch ist diese Erscheinung einfach damit zu erklären, dass der Untergrund lehmig-sandig, also schwer wasserlassend' ist. Die sich von Bleiburg nördlich und von Griffen südlich zur Drau und längs derselben bis Lavamünd ziehenden Schottermassen sind zwar hinsichtlich des petrographischen Charakters der Rollstücke im sanzen Grossen mit denen des Glacialschuttes des Draugletschers über- einstimmend; doch sind sie ungeschrammt und dieses Diluvium der Ebene und der Terrassen ist deutlich geschichtet, also fluviatil, reich an Sand, während der Schlamm aus dem einstigen Erraticum, welches nach Osten verschwemmt wurde, ausgewaschen und erst ausserhalb Kärntens wieder abgelagert wurde. Die Rollstücke runden sich in dem Masse ab, als sie sich von Bleiburg entfernen. Hingegen suchte ich auf dem östlich von dieser Stadt liegenden Berge den Hoch- schotter bis etwa 400 Meter über der Ebene ganz vergeblich; dieser Berg bestelit in seiner Abdachung nach Bleiburg aus glimmerreichem Phyllit, dessen Schichtung wiederholt gestört ist und im Allgemeinen mit 30 Grad nach W oder SW verflächt. Die Verwitterungskruste, insbesondere die grellrothe, ist ziemlich mächtig und erreicht in einem Hohlwege 10 Meter Stärke. Nachdem sich diese im Gehänge erhielt, so darf wohl auch vorausgesetzt werden, dass auch der Glacialschutt, wenn er vorhanden gewesen wäre, wenizastens stellenweise liegen geblieben wäre. r Ebenso erfolglos durchsuchte ich den Wallersberg (S von Griffen), der Endmoräne von St. Peter unmittelbar östlich vorliegend, nach (Glacialresten, wie denn auch weder in den St. Pauler Bergen, noch im Lavantthale und dessen Gehängen Spuren einer einstigen Ver- gletscherung aufzufinden sind. | Nachdem ich weder im West- noch im Süd- und Ostgehänge der Saualpe, noch in den ersterem vorliegenden Bergen jenseits des Görtschitzthales Glacialdiluvium auffinden konnte, so sehe ich auch keinen Beweis für eine einstige ausgedehnte Vergletscherung der Saualpe. Da ich jedoch deren Rücken ungenügend kenne, so ist es immerhin möglich, dass dieser zur Eiszeit von einem Secundär- gletscher bedeckt gewesen sein konnte. Für eine nennenswerthe Vergletscherung der Koralpe, die ich wiederholt in ihrer Westabdachung und auch längs ihres Rückens beging, habe ich ebenfalls keine Beweise gefunden; die Kare und die Karseen, oft von scheinbaren Moränen begleitet, kann ich als solche nicht gelten lassen. Eine diesbezügliche Erläuterung würde den engen Rahmen dieser Studie nur allzuweit überschreiten. Hingegen habe ich eine Reihe von Belegen für die einstige weitreichende Ver- gletscherung der Eisenhutgruppe aufgefunden. Kehren wir zum Draugletscher zurück. Sein Ostende ist durch eine Linie bestimmt, welche folgende Orte verbindet: Dielach, Maria [13 Das Ostende des diluvialen Draugletschers in Kärnten. 545 Wolschart, Pöllan, Hochosterwitz, Steinbruchkogel, Eppersdorf, -Trixen, St. Stefan (bei Hainburg), Gletschacher ' Wald, St. Peter, Dullach an der Drau und St. Stefan (SW von Bleibure). Der Drau- gletscher, welcher Kärnten fast nach seiner ganzen Länge durchzog. hatte an seinen Fusse eine Breite von 58 Kilometer, erfuhr somit auf dem eirca 32 Kilometer langen Wege von Klagenfurt bis Dullach eine Erweiterung von: 10 Kilometer. . 36 Percent. Die ganze Länge dieses diluvialen Gletschers, dessen entlegensten Anfänge im Hintergrunde des Defregger Thales zu suchen sind, war mit allen seinen Krüm- mungen etwa 225 Kilometer; es gehörte somit der Draugletscher zu den grössten Gletschern der Eiszeit, dessen Mächtigkeit bei Klagen- furt nahezu 600 Meter betrug. | Für diese . Angabe wurden Mindestwerthe in Rechnung gestellt ; es wurde vorausgesetzt, dass bei Klagenfurt (440 Meter Seehöhe) das Flutdiluvium nur 100 Meter grösste Mächtigkeit habe und der Rücken des Gletschers in 940 Meter Seehöhe lag. Dieser Werth wurde auf Grund folgender bereits erwähnter Thatsachen gefunden. Das Erraticum wurde am Nordrande des Draugletschers bei Kreug an zwei Orten bis zu 710 Meter Seehöhe nachgewiesen und erreicht auch am Südrande (am kleinen Loibl) fast dieselbe Höhe, nämlich ‚127 Meter, während es im Magdalenenstocke dermal stellenweise bis 00 Meter Seehöhe ansteht. Construirt man sich auf Grund dieser Höhen und der entsprechenden horizontalen Entfernungen einen symmetrisch verlaufenden Bogen, den Querschnitt der Gletscherober- fläche darstellend, so eulminirt derselbe in 940 Meter Seehöhe, also 500 Meter über der Ebene bei Klagenfurt, oder 600 Meter über der felsigen Unterlage des dortigen postglacialen Diluviums. Würde man eine totale Vergletscherung des Magdalenenberges voraussetzen, so würde die Höhenlage des Gletscherrückens noch um wenigstens 100 Meter vermehrt werden müssen. Nach K. Peters!) liegt auf der Villacher Alpe der höchste Rest des Gletscherdiluviums in 4928 Wiener Fuss -- 1558 Meter Seehöhe; es hatte somit der Draugletscher von hier bis zum Meridian des Magdalenenberges, d. i. in 56 Kilometer Entfernung, ein Gefälle von 618 Meter oder 11:0:1000 == 0% 40‘, Vom erwähnten. Meridian bis zur Endmoräne, die bis 641 Meter Seehöhe ansteigt, ist eine Länge von 22 Kilometer, innerhalb welcher die Gletscheroberfläche um 300 Meter fiel, somit eim Gefälle von 13°6 : 1000 gehabt hat. Die Neigung des Gletscherrückens blieb somit von der Villacher Alpe bis zur Endmoräne fast gleich und das etwas grössere Gefälle gegen den Gletscherfuss zu ist nur naturgemäss. Dass die im Voranstehenden durchgeführten Rechnungen nicht ein absolut genaues Bild geben können, braucht füglich nicht her- vorgehoben zu werden; die wesentliche Fehlerquelle liegt in der Vermuthung, dass die nachgewiesenen höchstgelegenen Gletscherspuren in Folge der Erosion nicht mehr die ursprünglich höchsten Gletscher- . ) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1856, 8. 89. — Bereits im Jahre 1824 (Min. Taschenbuch S, 430) machte L. v. Buch auf Gmeiss- Wanderblöcke bei Bleiberg aufmerksam. 946 H. Höfer. [14] reste darstellen; und wäre man selbst von dieser Uebereinstimmung überzeugt, so bleibt es stets noch fraglich, um wie viel die Kismasse die höchst gelegenen Reste der Grundmoräne überragte. Trotzdem veben die gegebenen Zahlen ein ungefähr richtiges Bild. Bezüglich der Verbreitung des kalkfreien Erraticums sind früher zerstreut folgende Thatsachen festgestellt worden: Es findet sich nur in einer etwa 4 Kilometer breiten Zone bei Völkermarkt am Nord- vande des Draugletschers, woselbst auch zwischen dem Magdalenen- berge und Hainburg sein Gesteinsmaterial fast durchwegs anstehend zu finden ist. Dieser kalkfreie Glacialschutt überdeckt daselbst den kalkigen. In der Endmoräne setzt der kalkfreie Typus nördlich von St Peter die Höhen zusammen, einzelne Quarzgerölle findet man auch östlich von dieser auf den Phyllitgehängen herumliegend, während der kalkige Typus, dessen Gesteine zumeist aus Oberkärnten und zum Theile wahrscheinlich auch aus Tirol stammen, am West- fusse der Endmoräne ansteht, und sich bei St. Peter allmählich bis zur Moränenkrone erhebt. Aus allen diesen Thatsachen ergibt sich, dass der Draugletscher bei Völkermarkt das kalkige Erraticum als Grundmoräne von weither führte, während der kalkfreie Gletscher- schutt einer örtlichen Randbildung, einer nördlichen Seitenmoräne entspricht, die beim Rückzug des Gletschers ihren Schutt über der (srundmoräne ablagern musste. Dass sich das kalkige Erraticum bei St. Peter bis zur Moränenhöhe *hinanzieht und daselbst relativ grosse, zZ. Th. noch mehr oder weniger kantige Dolomit- und Kalk- blöcke trägt, weist darauf hin, dass hier eine Mittelmoräne ihr Ende fand. Gegen die Drau hin hält der kalkige Gletscherschutt an; jen- seits dieses Flusses ist in der aus fluviatilem Schotter bestehenden Ebene die Endmoräne verwischt; erst am Südrande des Gletschers bei Loibeg begegnet man wieder dem kalkigen Typus, der jedoch von dein normalen einigermassen abweicht und die Vermuthung wach- ruft, dass hier ein kleinerer Gletscher, jener des Vellachthales, mündete. Die Zuzüge, welche der Draugletscher aus dem Karawanken- zuge erhielt, waren belanglos. Ben Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. Von A. Bittner. Mit 2 lithogr. Tafeln. (Nr. VIII und IX.) Meiner Zusammenstellung der Literatur über die Gattung Ihuynchonellina RO ar Nr alpinen Trias, Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Band XIV. 1890, S 190) ist rasch eine Monographie dieser Gattung von E. Böse (Palaeontographica von Zittel, XLI. Bd., Stuttgart 1894) gefolet. Einige Differenzen gegenüber den An- schauungen, die E. Böse speciell über die von mir beschriebenen triadischen Rhynchonellinen vertritt, sowie neue Funde im den Rhynchonellinen-Bänken der dalmatinischen Localität Risano, welche Herr G. v. Bukowski im verflossenen Sommer machte, veranlassen mich, bereits heute wieder auf die Gattung zurückzukommen. Die nachstehende Mittheilung zerfällt sonach naturgemäss zunächst in zwei Theile: 1. Bemerkungen über die triadischen Rhynchonellinen und 2. Beschreibung neuer Rhynchonellinen von Risano. Ein «dritter Abschnitt behandelt Rhynchonellinen aus dem Küstenlande (Isonzo- gebiet) und Bemerkungen über Halorella ım. bilden den Schluss. 1. Bemerkungen über die triadischen Rhynchonellinen. Von Rhynehonellinen der Trias sind bisher zwei Arten bekannt, die in den Nordostalpen weit verbreitete Ahynchonellina juvanica m. und die bisher nur in einem losen Blocke in der Gegend von Berchtesgaden aufgefundene Ah. Kasrneri m. Erstere gehört dem Dachsteinkalke an, während für die zweite dem Gesteine nach ober- triadisches Alter im Allgemeinen angenommen werden darf. Böse in seinem Abschnitte über die horizontale und verticale Verbreitung der Rhynchonellinen (S. 55) sagt nun, es sei bisher allgemein angenommen worden, die Hauptentwicklung des Genus Rhynchonellina habe im Tithon stattgefunden: die liasischen Vor- kommnisse seien mehr oder minder aussergewöhnlich sewesen; als besonders merkwürdig aber wird von Böse der Umstand hervorgehoben, dass von mir sogar triasische Rhynchonel- linen beschrieben wurden. Dazu sei bemerkt, das ich in meiner oben eitirten Zu- sammenstellung der Literatur über Ahynchonellin« bereits nicht mehr auf jenem Standpunkte stand, die Rhynchonellinen seien hauptsäch- lich an die tithonische Etage oebunden und Vorkommnisse derselben Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 3. Heft. (A. Bittner.) 548 A. Bittner. [2] im Lias!) seien „mehr oder minder aussergewöhnlich“, ja ich habe damals sogar schon nichts Befremdendes darin zu finden vermocht, wenn Rhynchonellinen in älteren als liasischen, also in triadischen Ablagerungen nachgewiesen würden. Warum Herr E. Böse heute es als besonders merkwürdig bezeichnen zu sollen glaubt, (dass von mir sogar triadische Rhynchonellinen beschrieben wurden, vermag ich noch weniger einzusehen. Herr Böse wird doch nicht eine besonders scharfe biologische Gränzscheide zwischen Trias und Lias statuiren wollen, es wird ihm ja diesbezüglich nicht unbekannt geblieben sein, dass eine ganze. Anzahl generischer Abtheilungen aller Thierklassen diese Grenzlinie überschreitet, so z. B, um’ nur von DBrachiopoden einige zu nennen, . Spiriferina, Rhynchonella, Koninckina, Amphiclinodonta, sowie zahlreiche Terebratulidengenera. Bei Zittel Palaeont. I. S. 691 wird sogar von einer lebenden Dimerella gesprochen, obschon es sich ‚hier um eine viel gewaltigere. Distanz handelt als jene ist zwischen .oberer Trias und unterem Lias und Böse selbst möchte ja eventuell in seiner hier besprochenen Arbeit ein neues Genus /hynchonellopsis für zwei unvollständig gekannte Rhynchonellinen aufstellen, von denen eine der oberen Trias, die andere dem oberen Jura angehören würde. Wenn Herr Böse das für möglich und wenn er es nicht für besondersmerkwürdig hält, dass sich zwei im Lager sogar so weit getrennte Arten zu einem Genus vereinigen lassen könnten, warum Soll es denn gar so be sonders merkwürdig sein, dass Rhynchonellinen sogar in der oberen Trias vorkommen? Böse selbst führt ja überdies den. Nachweis, dass die Hauptentwicklung des Genus Rhynchonellina nicht im oberen Jura, sondern dass sie im unteren Lias stattfand. Durch diesen Nachweis muss im Gegentheile wohl auch für Böse die Möglichkeit, dass auch in der oberen Trias Rhyncho- nellinen auftreten, von vorneherein bedeutend gesteigert werden. Ich gestehe, dass ich nach alledem das Auffallende des Vor- kommens von Rhynchonellinen in der oberen Trias durchaus nicht einzusehen vermag, es scheint vielmehr bereits aus diesem Theile der Darstellung von Böse hervorzugehen, dass er der thatsächlichen Sachlage durchaus nicht vorurtheilsfrei gegenüberstand. . Das geht auch aus dem weiteren Verlaufe seiner Darstellung überzeugend hervor. Dieselbe gipfelt, soweit sie uns hier berührt, in zwei Sätzen: Rhynchonellina juvavica Bittn. ist nichts anderes als Rh. Seguenzae Gemm., daraus folgt: Rhynchonella juwvavica stammt aus dem Lias und nicht aus dem Dachsteinkalke. Herr Böse hebt besonders hervor, dass er zu diesen und anderen. Resultaten durch einen Gedankengang gekommen sei. Ich werde sogleich zeigen, dass dieser Gedankengang, soweit er sich auf Rh. junavica erstreckte, kein besonders glücklicher war, ja mehr noch, dass man durch einen solchen Gedankengang gar nicht im Stande ist, zu sicheren Schlussfolgerungen bezüglich des geologischen Niveaus dieser Art zu kommen. | ') Schon 1890 standen mindestens 6 liasische 5 tithonischen in gegenüber. j > [BB] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemın. 549 Bleiben wir aber einmal bei dem ersten der beiden oben nach Böse mitgetheilten Sätze stehen: Ahynechonellina juvavica -Bittn. ist nichts anderes als Rh. Seguenzae Gemm. Das war natürlich nur durch einen Vergleich der beiden Formen zu erweisen, ist demnach in erster Linie eine palaeontologische Ange- legenheit. S. 62 ff. beschäftigt sich Böse mit Rh. Seguenzae, zu welcher Ah. juvavica als Synonym gezogen wird. Böse erwähnt, dass er sicilianische Stücke mit Exemplaren vom Steinernen Meer ver- glichen habe und keinen specifischen Unterschied entdecken konnte. Die Stärke der Rippen wechsele bei beiderlei Formen gleichmässig, ebenso die Tiefe des Sinus; die Länge der Cruren sei bei beiden gleich. Das will ich nun alles ohne weiters zugeben, aber das scheint mir doch für eine Identificirung ‚beider Arten weitaus nicht hin- reichend zu sein. Gemmellaro beschreibt seine Ichynchonellina Seguenzae als eine Art mit gegitterter Sculptur, während die nordalpine Rh. juvavica einfach berippt ist. In Fig. 17 bei Gemmellaro findet sich ein solches gegittertes Exemplar auch abgebildet und zum Beweise, dass auch Andere der Angabe der Gitterstructur bei der sieilianischen Form specifische Wichtigkeit beigelegt haben, mag der Hinweis darauf dienen, dass in der Geologie von Stoppani und Negri S. 145, Fig. 152 gerade die gegitterte Form als Typus von Rh. Seguenzae wieder abgebildet erscheint. Die Bemerkung von E. Böse, dass es ihm zweifelhaft erscheine, ob gerade die gegitterte Form Fig. 17 bei Gemmellaro zu Kh. Seguenzae gehöre, könnte demnach dem Wortlaute der Beschreibung bei Gemmellaro gegenüber als ungerechtfertigt gelten, da ja dieser Beschreibung nach Rh. Seguenzae unbedingt als eine Form mit Gittersculptur angesehen werden: muss. Daraus soll zunächst nur geschlossen werden, dass schon aus diesem Grunde von meiner Seite auf einen näheren Vergleich der Rh. juvavica mit der sieiliani- schen Form nicht eingegangen zu werden brauchte, geschweige denn dass an eine Identität beider zu denken gewesen wäre. Halten wir uns aber an die Abbildungen bei Gemmellaro, so ist es allerdings richtig, dass die Mehrzahl derselben einfach be- rippte Formen darstellt. Von diesen Formen werden Fig. 15—17 als Typen, Fig. 18—19 (und wohl auch 20, 21?) als Varietäten bezeichnet. Es heisst nun in der Beschreibung, dass die Anzahl der Rippen zwischen 20 und 32 schwanke, dass dieses aber die äussersten Grenzen seien, während die überwiegende Mehrzahl der Exemplare Rippen in der Anzahl zwischen 22 und 26 besitze. Da, wie Gemmellaro hervorhebt, an tausend Stücke untersucht wurden, so wäre diese Anzahl der Rippen wohl als hinreichend fixirt zu betrachten. Meine "Rhymchonellina jwvavica verhält sich ziemlich verschieden in dieser Hinsicht; die einfach berippten Stücke haben 10—16 (14—16), jene mit dichotomer Berippung 8—18 Rippen aufzuweisen. Nur bei ganz vereinzelten Exemplaren, bei welchen sich gegen den. Rand hin zahlreichere feine Rippchen einschalten, steigt deren Gesammtzahl bis auf mehr als zwanzig (Fig. 37, 38). Es sind speciell Stücke von der Ramseider Scharte des Steinernen Meeres, welche bisweilen diese .Jichtere Berippung an der Stirn aufweisen. Im Allgemeinen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (A. Bittner.) 72 550 A. Bittner. ve 58 [4] kann man, wenn man diese Extreme mit hinzuzieht, die Anzahl der Rippen bei Ahynchonellina juvavica als zwischen den Zahlen 10 und 22 schwankend bezeichnen, während Gemmellaro bei seiner Art 20—32 Rippen angibt. Vernachlässigt man die äussersten Extreme, so steht Ih. Seguenzae mit 22—26 Rippen der Rh. juvavica mit 14—18 Rippen gegenüber, ein Unterschied, der mit Rücksicht auf die grosse Anzahl der beiderseits untersuchten Stücke für sich allein ausreichen würde, beide Formen specifisch zu trennen, selbst wenn das verschiedene geologische Niveau nicht da wäre. Dass man unter einer grossen Anzahl von Exemplaren zweier derartig in ihrer Berippung schwankenden Species ohne Mühe einzelne Exemplare auffinden kann, die einander vollkommen gleichen, ist einleuchtend; dass gerade die Exemplare vom Steinernen Meere theilweise den sicilianischen durch die vermehrte Anzahl der Rippen am nächsten stehen, ist bereits hervorgehoben, und eben Stücke von jener nordalpinen Localität hatte Herr Böse zum Vergleiche mit der sicilianischen Form benützen können. Es konnte ihm also nicht schwer fallen, in seiner Monographie Tab. VI, Fig. 10—15 schwächer berippte Stücke der sicilianischen Form stärker berippten Exemplaren der nordalpinen Form zur Seite zu stellen und dadurch den Anschein zu erwecken, als.ob es sich wirklich um specifisch zusammenfallende Formen handle!),. Wenn man jedoch meine Tafel XXV, die aus- schiesslich verschiedene Exemplare von KBhynchonellina juvavica (42 Exemplare von 5 verschiedenen Fundorten resp. Vorkommnissen) zur Darstellung bringt, mit Gemmellaro’s sieilianischer Art ver- gleichen will, so wird man sich überzeugen, dass es sich bei Ah, Juvavica um eine weitaus veränderlichere Art handelt, als es die sieilianische Rhynchonellina Seguenzae ist, dass jene nordalpine Art einen weitaus ausgedehnteren Kreis von "Abänderungen umfasst, und dass beide sich ebensowenig als in der Anzahl der Rippen, in ihren Variationsgrenzen decken. Die Stärke der Rippen, die Länge ihres Verlaufs und ihre Ausbreitung gegen die Seitentheile, ihre Gestalt, ob einfach oder dichotom bis mehrfach spaltend variiren bei Ah. juvavica in erstaunlicher Weise, hie und da verlöschen die Rippen auch ganz und es entstehen nahezu oder ganz glatte Formen, welche sich in Gesellschaft der berippten vereinzelt finden und. noch nicht. eigene Colonien bilden, wie die glatten Rhynchonellinen des Lias. In gleicher Weise ändert der Umriss ab, neben der gewöhnlichen Form, welche jener der Ah. Seguenzae oleicht, erscheinen extrem schmale Stücke (Fig. 39) und ebenso extrem breite Formen (Fig. 22, 30), wie sie bei den jüngeren Arten bisher nicht bekannt sind, kurzum, bei Rh. juvavica scheinen in einer untrennbaren Art die meisten jener Abänderungen vorgebildet zu sein, welche sich später im Lias zu eigenen Arten differenziren. Dabei soll keineswegs bestritten werden, dass unter den liasischen Arten Ah. Seguenzae zunächst steht, aber es liegt durchaus kein ') In en Weise könnte man gewiss auch unter den zahlreichen Stücken der .Rhynchonellina Paroxai, Zitteli, orthisiformis u. s. f. einzelne Exemplare aus- findig machen, die einzelnen Exemplaren der anderen Arten ganz gleich sind und daraus dedueiren, ‚dass alle diese Arten zusammenfallen. 15] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 551 zwingender Grund vor, die Form des Dachsteinkalkes mit Ahyncho- nellina Seguenzae für identisch zu erklären, und es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass diese Erklärung seitens des Herrn E. Böse nicht hinreichend begründet und in voreiliger Weise vorgenominen worden ist, was man auch, wie es Böse S. 51 seiner Arbeit thut, folgendermassen übersichtlicher hinstellen kann: Autor derirrthümlichen Correctur: Bestimmung: Böse: Rhynchonellina Sequenzae — Rh. juvavica Bittn. aus den Nordalpen Herr E. Böse hat also meinesErachtensden Beweis für die von ihm ausgesprochene Behauptung, dass Rhynchonellina juvavica Bittn. nichts anderes seials Rh. Seguenzae Gem., durchaus nicht erbracht. Weit schlimmer noch steht es mit dem zweiten Theile seiner Behauptung, der Fol- gerung, dass somit khynchonellina juvavica aus demLias und nicht aus dem Dachsteinkalke stamme, wie sofort gezeigt werden soll. Die Argumentation des Herrn Böse ist in diesem Punkte eine derartige, dass sie leicht widerlegt werden kann. Sehr sicher scheint Herr Böse seiner Sache überhaupt nicht zu sein, denn nachdem er jene Behauptung apodietisch hingestellt hat, schwächt er sie sofort durch den Satz ab: „Allerdings ist ja die Möglichkeit vorhanden, dass Ihynchonellina Seguenzae = Kh. jwvavica) auch noch“ (— soll wohl heissen „auch schon“ —) „im oberen Dachsteinkalke vorkommt, nachgewiesen ist dies jedoch bisher noch nicht“: Herr Böse spricht hiermit aus, dass meine positiven Angaben, dass Rliyn- chonellina juvavica im Dachsteinkalke vorkomme, jeder hinreichenden Begründung entbehren. Ich habe die Form am Untersberge selbst aus anstehendem Gesteine gesammelt und würde gewiss nicht unter- lassen haben, es hervorzuheben, wenn ich über das Lager der- selben den geringsten Zweifel gehabt hätte. Andere Vorkommnisse habe ich von anderer Seite erhalten mit der Angabe, dass man es mit Dachsteinkalken zu thun habe, und auch hier war nach dem Fundorte und dem Gestein durchaus kein Anlass zu berechtigtem Zweifel vorhanden. Für Herrn Böse existiren aber diese positiven Angaben nicht, für ihn ist Zrhynchonellina juvavica aus dem Dach- steinkalke bisher noch nicht nachgewiesen, offenbar nur deshalb, weil ihm das Vorkommen dieser Gattung im Dachsteinkalke be- sonders merkwürdig und daher unwahrscheinlich vorkommt. Gibt also Herr Böse hier ganz und gar nichts auf positive Angaben, so erweist er sich sofort als grosser Verehrer von blossen Vermuthungen, indem er fortfährt: „Vielmehr hat bereits Skuphos die Vermuthung ausgesprochen, dass die inselartigen Partien von rotbem und blauem Kalk mit Rhynchonellina juvavica auf dem Dachsteinkalke als Vertreter des Lias aufzufassen seien. Bittner“ heisst es weiter, „bemerkt zu dieser Stelle in einem Referate (Verh. 1892, S.. 308), dass die. Liasnatur der Rhynchonellinenbänke nicht 12 552 A. Bittner. [6] erwiesen sei“ (— ist sie vielleicht erwiesen, wenn sie von Skuphos nur vermuthet wird? —), „vielmehr seien diese nach Analogien mit dem Untersberge Einlagerungen im Dachsteinkalke*. — (Der Originalwortlaut ist noch vorsichtiger stilisirt, wie ich nebenbei be- merke.) — „Ich weiss nicht, welchen Grund Bittner hat“, bemerkt Böse hiezu, „anden Beobachtungen von Skuphos zu zweifeln, dieser Autor sagt nämlich nichts von Einlagerungen, sondern spricht immer nur von Auflagerungen“. Herr Böse selbst führt ja in dem vorangehenden Satze jenen Grund an, es sind die Ana- logien mit dem Untersberge. Auch wurde von mir nicht an den Beobachtungen von Skuphos gezweifelt, sondern lediglich an dessen „Vermuthung“ — um mit Böse zu reden, -— dass Bhynchonellina jucavica dem Lias angehöre. Sodann muss bemerkt werden, dass Skuphos nicht „immer nur“, sondern überhaupt nur an einer Stelle von Auflagerung spricht. Wenn derselbe aber wirklich beobachtet hat, dass die Rhynchonellinenbänke nicht Einlagerungen, sondern Auflagerungen gegenüber dem Dachsteinkalke seien, warum hat er denn dann die Liasnatur dieser Bänke nur vermuthet? Dann war ja die Liasnatur dieser Bänke so gut wie bewiesen. Aber eben die Thatsache, dass Skuphos sich hier mit blossem Vermuthen be- gnügt hat, lässt den Rückschluss zu, dass seine Beobachtungen in dieser Hinsicht ihm vielleicht selbst nicht so absolut verlässlich schienen, als er gewünscht hätte und dass er nicht weiter gehen wollte, als er konnte, was eine äusserst anerkennenswerthe Vorsicht und Gewissenhaftigkeit bekundet. Soweit ich den Ramseiderübergang kenne, ist es nicht wahr- scheinlich, dass am PBreithorn Lias auftritt, da bei gleichbleiben- dem nordnordwestlichen Einfallen die Dachsteinkalke des Steinernen Meeres erst weit gegen innen, nächst dem Wunderbrünnl (vergl. Verhandl 1884, S. 105, auch Verhandl. 1886, S. 1353) Einlagerungen von Kössener Mergeln aufnehmen; es durfte daher nach Analogie der Verhältnisse am Untersberge mit Recht der Vermuthung Sku- phos’, dass die Rhynchonellinenbänke des Breithorns Lias seien, jene andere, dass sie Dachsteinkalk sein dürften, gegenübergestellt werden. Auf die Verhältnisse am Untersberge ist Böse allerdings nicht geneigt, Gewicht zu legen; es scheinen ihm dieselben doch wohl nicht hinreichend aufgeklärt und er beruft sich hiebei auf meine Mittheilungen in Verhandl. 1883, S. 200 und 1885, S. 280, 366. Aus diesen meinen Mittheilungen geht aber gerade hervor, dass im Bereiche des gesammten Firmianrückens inclusive des Geyerecks keine jüngeren Ablagerungen als Dachsteinkalke vorhanden seien und dass man nicht den mindesten Grund habe, an dem obertria- dischen Alter sämmtlicher „Pedatenbänke“ — wozu damals auch die Rhynchonellinen gezählt wurden — zu zweifeln. Seitdem sind nun 9 Jahre verflossen und es sind von keiner Seite gegen die von mir damals gegebene Darstellung Zweifel erhoben worden. ‘Die privaten Ansichten, die sich Herr Böse auf Grund einer in schlechtem Wetter ausgeführten Excursion über den Untersberg gebildet haben mag, kommen hier nicht in Betracht. Sehr freundlich von ihm ist es immerhin, dass er die Möglichkeit, dass die Halorellen der ch [7 Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 553 Trias angehören, zugeben will. Nur weiss man das seit geraumer Zeit schon ganz bestimmt und auch über das Niveau der Khyncho- nellina juvavica m. hat man genau so bestimmte Nachweise, wie ich es im Ref. Verh. 1892, S. 308 behauptet habe. Wenn Herr Böse also, nachdem er S. 55 positiv ausgesprochen hatte, Rhynchonellina juvavica stamme aus dem Lias, obwohl allerdings die Möglichkeit vorhanden sei, dass sie „auch noch* im oberen Dachsteinkalke vorkomme, nachdem er S. 56 gezeigt zu haben meint, dass es zum Mindesten zweifelhaft sei, ob es triasische Rhyn- chonellinen gebe, auf S. 65 einen noch entschiedeneren Standpunkt einnehmen zu sollen glaubt’ und deshalb den oberen Theil des Dachsteinkalkes (sie! also stammen die Rhynchonellinen doch aus dem Dachsteinkalke!), d. h. die Rhynchonellinenbänke, einfach in den Lias versetzt und alle von mir aufgezählten Vorkomm- nisse kurzweg für dem Lias der Nordalpen zufallend erklärt, so ist er viel weiter gegangen, als er nach den vorliegenden Thatsachen konnte und durfte. Seite 56 hebt Böse hervor, dass in der Münchener Sammlung einige Stücke mit. Rhynchonellina Seguenzae (recte Rh. juvavica) liegen, die aus „unterem Dachsteinkalke von der nordöstlichen Seite des Kressenberges bei Waldegg“ stammen. „Das Gestein sieht genau so aus, wie das von der Ramseiderscharte, es bedürfte also wohl doch noch einer genaueren geologischen Untersuchung, ehe man be- haupten könnte, es hier mit einer wirklich triasischen Form zu thun zu haben“, fügt Herr Böse hinzu. Das wird vielleicht nicht Jeder einsehen, da ja die Auskunft über das Alter dieser Lage ganz bestimmt lautet und nicht eine blosse Vermuthung ist wie jene von Skuphos über das Alter der Rhynchonellinenbänke vom Steinernen Meere. - Es kommt aber bekanntlich vor, dass man den verkehrten Weg einschlägt, um eine. wissenschaftliche Meinung zu begründen, besonders wenn es sich um einen sogenannten Gedanken- gang a priori handelt. Für mich war dieses mir bisher unbekannt gebliebene Vor- kommen von Zthynchonellina juvavica von besonderem Interesse, weil durch _ dasselbe voraussichtlich sofort definitiv zu entscheiden war, wer bezüglich der Altersstellung dieser Art Recht habe. Da die Funde offenbar nur von Herrn H. Zugmayer herrühren konnten, war es nur nöthig, sich an diesen zu wenden, um durch die be- kannte liebenswürdige Zuvorkommenheit dieses Forschers sofort in Besitz des ganzen in Wien befindlichen Materiales an Halorellen und Rhynchonellinen sowohl vom Kressenberge als von der Hohen Mandling zu gelangen. Diese beiden Fundpunkte sind deshalb von so besonderer Bedeutung, weil das Auftreten der betreffenden Bänke durch Herrn Zugmayer, als im Niveau des Dachsteinkalkes liegend, über jeden Zweifel erhaben festgestellt ist und weil hier über dem Dachsteinkalke regelmässig gelagert die bekannten petre- factenreichen Kössener Schichten des Piestingthales folgen, daher der von Böse beliebte Ausweg, den Dachsteinkalk selbst für Lias zu erklären, vollkommen abgeschnitten ist. ae A. Bittner. [8] Herrn Zugmayer's Materialien enthalten thatsächlich die Rhynchonellina juvavica vom Kressenberge, wie ja nach den Mit- theilungen von E. Böse nicht bezweifelt werden konnte; von der Vorderen Mandling besitzt Herr Zugmayer sowohl die Rhyncho- nellina als Halorellen und was besonders interessant ist und bisher an keiner Localität beobachtet wurde, Rhynchonellina juvavica liest hier in derselben Bank mit glatten Halorellen (H. curvifrons m.) beisammen. Die Rhynchonellina selbst entspricht am genauesten den wenig sinuirten Exemplaren vom Lahngangsee im Todtengebirge (Abh. XIV, Tab. XXV, Fig. 14, 16). Das Vor- kommen ist dasselbe, welches Herr Zugmayer bereits im „Führer zu den Excursionen der Deutschen Geol. Gesellschaft“ Wien 1877, S. 144 erwähnt. Auch hier sagt Zugmayer ganz ausdrücklich, dass an jener Stelle bunte Mergelkalke mit Rhynchonella pedata nesterweise im Dachsteinkalke liegen. Und in seinen „Unter- suchungen über rhätische Brachiopoden“ 1880, S. 5 gibt Herr Zug- mayer sogar an, dass die Zone buntgebändeter Kalke mit Rhyn- chonella pedata im Piestingthale') ungefähr 100—150 Meter unter der unteren Grenze der Kössener Schichten im Complex des Dachsteinkalkes liege und dass Formen, welche der Rh. pedat« auch nur einigermaassen zu vergleichen wären, in rhätischen Schichten (Kössener Sch.) bisher niemals ge- funden wurden. Es sei hier nochmals hervorgehoben, dass zu jener Zeit die später als Rhynchonellina erkannte Art allgemein zu den „Pedaten“ gestellt wurde. Auf die Analogien der bekannten Halorellenvorkommnisse. der benachbarten Hohen Wand bei Wr.-Neustadt mit jener des Unters- berges bei Salzburg habe ich wiederholt (z. B. in Verh. 1884, S. 112, Verh. 1885, S. 367, Brachiop. d. alp. Trias, S: 256) hingewiesen und die Uebereinstimmung ist hier eine so vollkommene, dass es keiner weiteren „Vermuthungen“ über das Alter der Halorellen- und Rhyn- chonellinenbänke des Untersberges bedarf. Kehren wir aber nochmals. zu den Vorkommnissen des Piesting- thales, speeiell der Hohen Mandling (Vorkommen identisch mit jenem des gegenüberliegenden Kressenberges) zurück. ‘Hier ist es infolge der Beobachtung“ der Lagerung durch Herrn Zugmayer über jeden Zweifel erhaben, dass die Rhynchonellinenbank im Compylexe des Dachsteinkalks liegt, über welchem erst die petrefactenreichen Kössener Schichten folgen. Wenn nun Herr Böse $S. 56 Werth darauf lest, zu constatiren, dass das Gestein der Rhynehonellinenbank vom Kressen- berge genau so aussieht, wie das von der Ramseiderscharte des Steinernen Meeres und darauf hin S. 64 die Localität Kressenberg einfach als Lias der Nordalpen anführt, so wird er consequenter- weise auch den entgegengesetzten Schluss anerkennen müssen. Er lautet: Wenn das Gestein vom Kressenberge genau so aussieht, wie das von der Ramseiderscharte, so ist das nach oben Gesastem ein ungemein kräftiger Beleg dafür, dass auch die Rhynchonel- ') Diese Fundstellen werden auch erwähnt von H. Zugmayer im Jahrb. d. geol. R.-A. 1875, XXV, 8. 82, sowie bei Bittner: Hernstein 8. 155. [9}: Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 555 linenbänke derRamseiderscharte im Steinernen Meere Dachsteinkalk sind, wie von mir auf Grund der Analogien mit den übrigen identischen Vorkommnissen schon früher angenommen wurde. Es folgt daraus sofort, dass auch der zweite der von Böse S. 56 seiner Arbeit ausgesprochenen Sätze: Bhynchonellina juvavica stammt aus dem Lias und nicht aus dem Dachsteinkalke, gänz- lich unrichtig ist, was gezeigt werden sollte. Mit blossen „Vermuthungen“ kommt man hier zu keinem Resul- tate, durch einen „Gedankengang“ lassen sich stratigraphische Beobach- tungen weder ersetzen noch widerlegen, das dürfte hier wieder einmal klar zu Tage getreten sein. Es muss aber als sehr bedauerlich er- klärt werden, wenn auf solchem Wege in hinreichend fixirte Punkte unserer Kenntniss ganz überflüssigerweise wieder Unsicherheit gebracht wird, bloss aus dem klar zu Tage liegenden Grunde, um vielleicht ein klein wenig klüger zu erscheinen, als derjenige, welcher unmittelbar zuvor in demselben Gegenstande gearbeitet hat '). Denn was war der Ausgangspunkt von Böse’s Neuerungen bezüglich der verticalen Ver- breitung der Rhynchonellinen ? Nichts als jene ganz unbegründete Ansicht, es seibesondersmerkwürdig, dass ich sogar triasische Rhynchonellinen beschrieben habe und das auf keinerlei positive An- haltspunkte gestützte Bestreben, durch einen „Gedankengang“ nach- zuweisen, dass Rhynchonellinen in der oberen Trias nicht vorkommen dürfen, genau so, wie A. Rothpletz seinerzeit mit so schönem Er- folge (vergl. Verhandl. 1894, S. 61), auf blosses Nachdenken gestützt, nachweisen zu können geglaubt hatte, dass die „Liasleptaenen“ keine festen Armspiralen besitzen dürfen. Wer so arbeitet, wird sich auch nicht beklagen dürfen, ‘wenn seinen Ausführungen mit der nöthigen Entschiedenheit entgegengetreten wird ?). 2. Neue Rhynchonellinen von Risano. Die Brachiopoden von Smokovac bei Risano (von F. v. Hauer und G. Stache 1862 entdeckt) wurden von F. v: Hauer zuerst im Jahrbuche 1868, S. 445 erwähnt. Im Jahrbuch 1880, S. 395 konnte ich darauf aufmerksam machen, dass die Arten von Risano zum 1) Wo ein wirklicher Fortschritt zu verzeichnen ist, wird derselbe ja gewiss gerne anerkaunt. So stehe ich nicht an zuzugeben, dass mir die‘ Wichtigkeit der dreiseitigen Deltidialöffnung bei Rhynchonellina, obwohl ich diese selbst nicht übersehen habe, entgangen ist. Auch die Zahnstützen hat Böse zuerst gefunden. 2) Herr Böse hat es (Verh. 1393, S. 239) übel vermerkt, dass ich an einen gewissen Satz in seiner und H. Finkelstein’s Arbeit über die Brachiopoden von Castel Tesino (Verh. 1893, S. 184) unter Anderem die Frage geknüpft hatte, ob die ‘beiden’ Autoren vielleicht die Rhynchonellenschiehten der Etschbucht und Judicariens für. nicht liasisch, sondern für jurassisch halten möchten. Dass diese Frage nicht ohne Grund gestellt wurde, beweist der Umstand, dass unmittelbar darauf bei A. Rothpletz Geolog. Durchschniit 1893, 8. 82 die Oolithe von St. Vigilio noch über die Brachiopodenkalke von Oästel Tesino in den Dogger und die Rotzokalke den Bifronsschichten gleich gesetzt werden, natürlich ohne jede Begründung, wie man das schon so gewöhnt ist. (Man vergleiche hiezu meine Bemerkungen ‚in Verhandlungen 1881, 8. 52, S. 269-273, die Tabelle im Jahr- buch 1883, S. 473, sowie auch. die Bemerkungen von F. v. Hauer im Jahres- berichte Verh. 1832; S. 4). Hrlarrest Ar kn IF; 556 A. Bittner. [10] Genus Rhymnchonellina Gemm. gehören und wahrscheinlich sogar der Species nach identisch seien mit den drei von Gemmellaro beschriebenen Arten Ah. Suessü, Rh. bilobata und Rh. Seguenzae. Diese letztere Vermuthung war für den damaligen Stand unserer Kenntniss von den Rhynchonellinen hinreichend begründet, da sie sich in einem Falle auf eine wirklich identische Species bezog (Rh. Suessii), im zweiten Falle jene Formen von Rh. Suessii von Risano im Auge hatte, die sich durch starke Entwicklung eines den Stirnrand ausbuchtenden Sinus der kleinen Klappe der Ah. bilobata sehr stark nähern und be- züglich der letzten Art auf die Angabe Gemmellaro’s, dass Rh. Seguenzae Gitterstructur besitze, basirt war. Eine Beschreibung der Rhynchonellinen von Risano ist später erst (Jahrbuch der k. k. Geol. R.-A. 1885, S. 715) von J. Eichen- baum begonnen, von K. Frauscher aber vollendet und mit einem Begleitworte M. Neumayr’s herausgegeben worden. Nach dieser Einbegleitung sind die unter Anführungszeichen gedruckten Stellen (dieser Schrift geistiges Eigenthum Eichenbaum’s, das übrige ge- hört der Revision Frauscher’s an. Demnach wäre von der Beschrei- bung der vier unter den Rhynchonellinen von Risano angenommenen Arten jene von Phynchonellina Suessii Gemm. und Ith. bilobat« Gemm. dem erstgenannten, die von Ph. Seguenzae Gemm. und Rh. Brusinai kichenb. dem zweitgenannten Autor (Frauscher) zu verdanken. Nachdem in dieser Arbeit eine Art monographischer Behandlung der Rhynchonellinen von Risano vorliegt, haben die Autoren derselben offenbar für ihre Resultate auch die Verantwortung zu übernehmen und es ist diese Arbeit, die unter der Leitung eines so hervor- ragenden Palaeontologen und in dessen Institute ausgeführt wurde, entschieden als die alleinige Basis unserer Kenntniss über diese Formen in jener Zeit anzusehen. Herr E. Böse ist bezüglich der Arten von Risano zu einem etwas anderen Resultate gelangt, als die Herren Eichenbaum und Frauscher. Er anerkennt nur zwei Bestimmungen unter den vier, die von jenen beiden Herren gegeben wurden, jene von Brhyncho- nellina Suessii Gemm. und der neuen Art Rh. Brusinai Eichenb. Rhyn- chonellina bilobata Eichenb.-Frausch. dagegen tauft er in Rh. Bittneri n.n. um, während er Ih. Sequenzae Eichenb.-Frausch. zu Bhynchonellina Zittelii Böse zieht. Warum er aber Seite 51 „der besseren Ueber- sichtlichkeit wegen“ als „Autoren der irrthümlichen Be- stimmung“ für Rh. bilobata und Rh. Seguenzae von Risano: „Bittner und Eichenbaum“ anstatt „Eichenbaum und Frauscher“ an- führt, ist mir unverständlich. Für Rh. bilobata habe ich gar keine Ver- antwortung, insoferne darunter die von Eichenbaum angeführte Art verstanden ist, da ich bei meiner oben eitirten Bemerkung nicht diese Form, sondern, wie schon erwähnt, die stark sinuirten Stücke der Ah. Suessii im Auge hatte, die der Rh. bilobata wirklich sehr nahe kommen, wie weiter unten noch gezeigt werden soll; für Rh, Seguenzae kann nicht einmal Eichenbaum verantwortlich gemacht werden, sondern ausschliesslich Frauscher, dessen Sache es gewesen wäre, sich von den Beziehungen seiner Species zu der sieilianischen Art zu überzeugen und meine unrichtige Bestimmung von 1880 zu [111 Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 557 eorrigiren. Herr Böse würde also gut gethan haben, in seiner über- sichtlichen Darstellung dieser von ihm durchgeführten Correeturen anstatt „Bittner“ richtig „Frauscher“ zu setzen, so dass, da auch an der zweiten Stelle, bei Rh. juvavica, wie oben S. 551 gezeigt wurde, mein Name wegfallen kann, derselbe überhaupt aus dieser übersichtlichen Tabelle der von Anderen gemachten Fehler S. 51 bei Böse verschwinden darf, was hiemit constatirt sein soll. Mit Bezugnahme auf eine Bemerkung S. 52 von E. Böse sei noch hervorgehoben, dass ich zwar vermuthet habe, Rhynchonella Hofmanni Boeckh, Spirifer orthiformis Leps. beispielsweise dürften zu Rhynchonellina gehören, Parona’s Rh. Hofmanni dürfte vielleicht nicht identisch sein mit Boeckh’s Art u. s. £f., was sich ja als be- sründet herausgestellt hat, dass ich aber keineswegs vermuthet habe, wie mir Böse unterlegt, auch Orthoidea liasina Friren und Lep- taena apenninica Can. gehörten zu Rhynchonellina. Die Stelle, an der S. 191 meiner Arbeit die diesbezügliche Bemerkung angebracht ist, und der Wortlaut derselben zeigen das hinlänglich. Immerhin wäre diese Bemerkung wohl unterblieben, wenn mir zu jener Zeit die neuere Arbeit von Deslongchamps, in welcher er die Behauptung von Haas und Petri bezüglich Orthoidea zurückweist, bereits bekannt, resp. zugänglich gewesen wäre. Heute kann jene Fussnote auf 191 meiner Arbeit als gegenstandslos zurückgezogen und gestrichen werden, um künftige Gegenbemerkungen zu vermeiden. Was nun Spirifer orthiformis Lepsius betrifft, so könnte man aus der Stelle S. 56 bei Böse vielleicht, wenn man die Literatur nicht ganz genau kennt, herauslesen, dass die positive Behauptung, diese Art sei rhätisch, erst von mir herrühre, oder dass ich ein specielles Interesse daran gehabt habe, diese Art für rhätisch gelten zu lassen. Das ist ganz und gar nicht der Fall gewesen. Wenn Lepsius heute der Ansicht ist, dass diese Art wahrscheinlicher aus Liaskalk stamme, und angibt, das Gestein sähe vielmehr wie ein Liaskalk aus, nicht wie rhätischer Kalk, wobei 8. 73 bei Böse noch bemerkt wird, dass der Kalk grau und nicht dolomitisch sei, so habe ich gegen diese Berichtigung an sich nichts einzuwenden, muss aber her- vorheben, dass Lepsius nicht nur 1. e. S. 364 in ganz bestimmter Weise von rhätischen Kalken spricht, sondern dass er auch S. 259 hervorhebt, dass jene Spiriferen aus einem dolomitischen Kalke stammen, der nur rhätischer Zeit angehören kann. Von meiner Seite ist also eine andere Deutung nicht vorgekommen, als die nach dem Wortlaute bei Lepsius einzig zulässige und berechtigte. Die hier zu besprechenden Rhynchonellinen von Risano wurden seinerzeit von F. v. Hauer unter Reserve für jurassisch erklärt und im Anschlusse an oberjurassische Nerineenkalke besprochen '). Diese Deutung schien sich bestätigen zu wollen durch den Nachweis, dass man es in diesen Arten mit identischen oder nahe verwandten Arten der sicilianischen Rhynchonellinen zu thun habe, deren ») In der Schichttabelle zur Hauer’schen Uebersichtskarte (Blatt XI u X) figurirt der Brachiopodenkalk von Risano mit ? als Lias. #7, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 4 Band, 3. Heft. (A. Bittner.) 13 558 A Bittner. 12] Alter von G. Gemmellaro als tithonisch angegeben worden war. Neuestens ist jedoch Prof. G. Gemmellaro zur Ansicht gelangt, dass die sicilianischen Rhynchonellinenkalke dem unteren Lias angehören und da überdies von E. Böse eine der dalmatini- schen Arten mit der Rhuynchonellina Zittelii des nordalpinen Lias identifieirt wurde, so schien sich ein etwas höheres Alter dieser Vorkommnisse von Risano ergeben zu wollen, als man früher anzu- nehmen berechtigt war. Die bisher bekannten Rhynchonellinen von Risano vertheilen sich auf vier Arten, von denen zwei zu den glatten, zwei zu den ge- rippten Formen dieser Gattung gehören. Es sind nach Böse folgende Arten: Ah. Suessii Gemm., Rh. Bittneri Böse, Rh. Zitteli Böse und Rh. Brusinai Eichb.-Frausch. Rhynchonellina Suessii Gemm. G. Gemmellaro: Studii paleont. sulla fauna a Ter. janitor IH. S. 31, Taf. V, Fig. 1—9. Eichenbaum (u Frauscher): Brachiopoden von Smokovvac bei Risano, Jahrb. geol. R.-A. 1883, S. 716, Tab. VI, Fig. 1. E. Böse: Monographie von Rhynchonellina 1894, S. 59, Tab. VII, Fig. 27, 28 (Sicilien), 29 (Risano). In der Identifieirung der sicilianischen und dalmatinischen Exem- plare stimmen Eichenbaum und Böse überein. E. Böse hebt hervor, dass die dalmatinischen Exemplare von den sicilianischen dadurch abweichen, dass auf der grossen Schale bei den älteren Stücken fast immer ein Sinus vorhanden ist, wodurch sie sich der Kthynchonellina bilobata Gemm. nähern, von der sie aber wieder durch die geringere Tiefe des Sinus und dadurch sich unterscheiden, dass die Einsenkung auf der Hinterschale bei jüngeren Exemplaren nicht wahrnehmbar: ist. Es liegen mir unter den kleineren Exemplaren dieser glatten Formen von Risano Stücke vor, von denen man völlig in Zweifel bleibt, ob sie besser zu Rh. Suessii oder zu Rh. bilobata zu stellen seien, denn einerseits spricht die beträchtliche Ausrandung der Stirn für Rh. bilobata, anderseits fehlt ihnen die scharfausgeprägte Mittel- rinne der grossen Klappe. Solche Stücke habe ich vor Augen gehabt, als ich im Jahrb. 1880, S. 398 auch Rhynchonellina bilobata Gemm. als wahrscheinlich zu Risano vorkommend anführte. Mit diesen Stücken ist die Annäherung an Rh. bilobata aber noch nicht erschöpft; es liegt mir eine Form vor, welche auch die Mittelrinne der grossen Klappe in einer Weise entwickelt besitzt, wie sie bei der siciliani- schen Rh. bilobata unter 6 mir vorliegenden Exemplaren dieser Art zweimal auftritt. Ich wüsste wirklich nicht, wie man diese Form von der sicilianischen Kh. bilobata Gemm., allerdings von nicht völlig typischen Stücken derselben, unterscheiden wollte. So viel ist gewiss, dass sie dieser Art näher steht als der typischen Rhymchonellina Suessii sowohl aus Sicilien als von Risano. Es sind zwei derartige Stücke von: [13] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 559 Rhynchonellina cfr. bilobata Gemm. Taf. IX, Fig. 23, 24, zur Abbildung gebracht und zu jedem derselben ein ähnliches Stück der sicilianischen Art hinzugestellt worden. Es sei beigefügt, dass bei anderen Exemplaren von Risano die Ausrandung des Stirnrandes eine noch stärkere wird als bei diesen beiden abgebildeten Stücken. Böse glaubt ein deutliches Medianseptum der kleinen Klappe bei Phynchonellina Suessii beobachtet zu haben; er hat wohl die mediane, sehr leicht hervorragende Trennungslinie der beiden langen und schmälen mittleren Muskeleindrücke für ein solches Septum ge- nommen, das in der That nicht existirt, wie ich mich durch An- schleifen eines Exemplars überzeugt habe. Die sicilianische Rh. bilobata wird bisweilen recht schmal, z. B. Fig. 10 bei Gemmellaro. Solche Stücke scheinen eine Verbindung anzudeuten zu jener Form, welche Eichenbaum als Rhynchonellina bilobata von Risano beschrieben und welche E. Böse: Rehynchonellina Bittneri Böse Bichenbaum ..'c., 8. 717, Tab: IV, Fig. 2, Böse: Monographie S. 60, Tab. VII, Fig. 32, 33 genannt hat. Diese Form scheint zu Risano selten zu sein, es liegen bisher nur eine geringe Anzahl fast ausnahmslos zerdrückter und deformirter Stücke vor. Auch die Originalexemplare dieser Art gehören zu den nicht besonders gut erhaltenen Stücken. Eichenbaum’s Exemplar 2 a, b, c, das auch Böse wieder ab- bildet, erscheint durch seitliche Compression ein wenig schmäler als es bei guter Erhaltung sein würde, wogegen Eichenbaum’s2d durch Verdrückung von den Klappen her eine grössere Breite erhalten hat, als ihm wirklich zukommt. Böse meint, dass sich diese breitere Form vielleicht specifisch. werde unterscheiden lassen; es dürfte das aber kaum der Fall sein. Eine Folge des Umstandes, dass Böse dieses Stück 2d bei Eichenbaum nicht zu Eh. Bittneri. stellen möchte, macht sich bei seiner Beschreibung der Art geltend, indem er hier. die Anwesenheit eines Sinus der grossen Klappe in Abrede stellt. Bei dem von ihm abgebildeten Stücke ist ein solcher aller- dings. vielleicht nur in Folge der Verdrückung, nicht nachweisbar, aber bereits das von ihm Fig. 33 abgebildete Bruchstück besitzt die Andeutung einer Medianrinne auf der grossen Klappe, bei Eichen- baum’s Fig. 2d ist dieselbe völlig deutlich und auch die Mehrzahl der übrigen mir von dieser Art vorliegenden Fragmente und ver- drückten Exemplare besitzt diese Medianrinne in ganz ausgesprochener Weise, ein Umstand, der ebenfalls für die innige Verwandtschaft dieser dalmatinischen Form mit der siecilianischen Rh. bilobata spricht. Es sind unter diesen mir vorliegenden Stücken von Risano, von denen sich leider keines zur Herstellung einer besseren Abbildung eignet, Stücke, die von schmäleren Exemplaren der sieilianischen Rh. bilo- 13* 560 A. Bittner. [14] bata schwerlich specifisch getrennt werden würden, wenn sie in Ge- sellschaft derselben vorkämen. Aus alledem lässt sich abermals die Berechtigung der ehemals von mir gethanen Aeusserung, dass unter den zu Risano vorkommenden Rhvnehonellinen wahrscheinlich auch Rhynchonellina bilobata Gemm. sich befinde, ableiten. Diese bilobata-artigen Formen scheinen nie die Grösse von Rh. Suessii zu erreichen, von welcher grosse Klappen, die gegen 40 Millimeter lang sind, vorliegen. An die bisher bekannten und voranstehend angeführten glatten Rhynchonellinen von Risano schliesst sich eine weitere Form an, die unten besprochen werden soll. Hier sollen zunächst noch die bisher bekannten gerippten Arten behandelt werden: Sie werden von E. Böse unter dem Namen Rhynchonellina Zitteliüi Böse und Rh. Brusinai Eichenb. angeführt. Die von Böse zu Rh. Zittelii gestellten Formen von Risano werden besser von dieser Species abzutrennen und als eine eigene Art zu betrachten sein, für welche ich folgenden Namen vorschlage : Rhynchonellina Gemmellaroi nov. nom. Taf. IX, Fig. 16—21. Bhynchonellina Sequenzae Gemm. bei Eichenbaum (und Frauschern): Brach. von Risano, S. 718, Tab. VI. 3 (excl. 3e, 5h) Ad, e. Rhynchonellina Zittelii Böse: Monographie, S. 67, 70, Tab. VII, Fig. 4—6. Böse bildet die von Eichenbaum und Frauscher Tab. VI, 3a, 3c,d,g und 3e, f zur Darstellung gebrachten Stücke abermals ab (als Fig. 6, 4 und 5) und zieht sie S. 70 seiner Monographie zu khyn- chonellina Zittelii ’), wobei er nur in der Stärke und Zahl der Anwachs- streifen einen Unterschied findet, den er aber auf den Erhaltungs- zustand zurückführt. Einen sehr auffallenden Unterschied der nord- alpinen und der dalmatinischen Form hat aber Böse übersehen oder vielleicht in Folge der geringen Anzahl von Exemplaren der dalmatini- schen Form, die ihm vorlagen, nicht genügend berücksichtigt, das ist die Bildung des Stirnrandes, welche bei beiden Formen constant ver- schieden ist. Während bei Ahynchonella Zittelüi der Stirnrand gewöhnlich nach abwärts (gegen die grosse Klappe) gebogen ist, bleibt derselbe bei der dalmatinischen Art unveränderlich vollkommen geradlinig. Im Zusammenhange damit besitzt die kleine Klappe bei Ah. Zittelüi einen deutlichen Sinus oder eine mehr oder minder stark entwickelte sinusähnliche Depression, die sich oft erst nächst der Stirn einstellt, während bei der Art von Risano von einem Sinus der kl. Klappe keine Spur vorhanden und eine Abflachung nächst der Stirn hie und da kaum andeutungsweise zu bemerken ist?). Diese Unterschiede ') „Die von Bittner und Eichenbaum als Rh. Seguenzae beschriebenen Exemplare von Risano“ heisst es hier fälschlich statt von „Eichenbaum und Frauscher“. °) Die Ansichten dieser Art bei Böse VII, Fig. 5a, 4@ sind nicht richtig gezeichnet, da sie einen deutlichen Sinus der kleinen Klappe zeigen, der nicht vorhanden ist, wie sich übrigens schon aus den richtig wiedergegebenen Ansichten dd und 4d ableiten und corrigiren lässt. [15] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 561 erscheinen mir in ihrer Constanz als vollkommen hinreichend, um bei der gegenwärtig üblichen und auch von E. Böse befolgten Methode, die Species dieser Organismen zu begrenzen, eine Abtrennung der dalmatinischen Art von der nordalpinen vornehmen zu dürfen. Durch die geradlinige Stirn unterscheidet sich Bhynchonellina Gemmellaroi übrigens nicht allein von Rh. Zittelii, sondern von allen übrigen ver- wandten, d h. speciell den berippten Arten, da diese fast ausnahms- lose keine gerade, sondern eine nach abwärts im Bogen gekrümmte Stirn besitzen. Ichynchonellina Gemmellaroi von Risano erreicht eine beträchtliche. Grösse, da ohne Zweifel auch das von Eichenbaum und Frauscher und auch von Böse zu Kh. Brusinai gezählte 1. c. Tab. VI, Fig. 4 d, e abgebildete Stück zu dieser Art gezählt werden muss. Es ist ein deformirtes Exemplar, einseitig entwickelt und ausserdem verschoben. Diese Art kommt, wie fast alle Rhynchonellinen von Risano, unge- mischt mit anderen Arten in einer besonderen Bank vor, die einen Stich ins Gelbliche besitzt und deren Gestein ausserordentlich zäh ist, so dass diese Formen nur schwer in guten Stücken gewonnen werden können. Der Umriss ist ziemlich veränderlich wie bei allen Rhynchonellinen, breitere Formen herrschen indessen vor. Die Di- chotomirung der Rippen ist besonders in der Jugend, also nächst den Wirbeln, eine sehr regelmässige, weiterhin spalten sich die Rippen vielfacher und erscheinen dünner, so dass die Berippung oft an ver- schiedenen Stellen des Gehäuses eine recht verschiedene wird. Wie schon Böse hervorhebt, ist die Anwachsstreifung und in Folge dessen auch die Gitterung dieser Form keine so regelmässige, wie bei Rh. Zittelii Böse. Ehynchonellina. Drusinai Eichenb. et Frausch. Taf. IX, Fig. 22. Eichenbaum (et Frauscher): Brachiop. von Risano, $. 719, Tab. VL, Fig. 4 (excel. Fig. 4 d, e). E. Böse: Monographie, S. 65 Tab. VI, Fig. 16 4, a, b,c,gbeiEichenb.). Wenn man die bei Eichenbaum und Frauscher Fig. 4d, e abgebildete Form zu der vorhergehenden Art zieht, wohin sie that- sächlich gehört, so erhält man für Rh. Brusinai eine natürlichere Abgrenzung. Die Art besitzt dann gegenüber der kh. Gemmellaroi, die immer mehr oder weniger abgerundet vierseitig erscheint, eine ausgesprochen dreiseitige Form, daher einen auffallend kurzen Schlossrand, eine etwas feinere und unregelmässigere Berippung, einen leicht angedeuteten Sinus der grossen Klappe und im Gegen- satze zu allen bisher bekannten berippten Rhynchonellinen einen leicht nach aufwärts gebogenen Stirnrand. ‘ In dieser Hinsicht erscheint Ah. Brusinai als eine extreme Bildung, die noch über Rh. Gemmellaroi hinausgeht, bei welcher der Stirnrand constant gerade ist. Ebenso weicht diese dalmatinische Art in der Kürze des Schlossrandes beträchtlich von allen übrigen Formen der Gattung ab, so dass sie in mehrfacher Richtung als eine 562 A. Bittner. [16] anormale Species gelten muss, so nahe sie in ihrem sonstigen Habitus auch den übrigen berippten Rhynchonellinen steht. Irhynchonellina Brusinai ist bisher nicht häufig unter dem Materiale von Risano vorhanden; auch sie tritt getrennt von den übrigen Verwandten in einer besonderen Schicht auf, welche meist nur Fragmente der Schalen enthält. Ausser dem bereits von Eichenbaum und von Böse ab- gebildeten Stücke konnte ich nur noch ein zweites ziemlich voll- ständiges Exemplar gewinnen, welches ein wenig unregelmässig resp. ungleichseitig ist und ausserdem eine diphyoide Anlage zeigt. Die ‚Form erreicht, nach Bruchstücken einzelner Klappen zu schliessen, eine wohl noch beträchtlichere Grösse als Kchynchonellina Gemmellaroi. Die überwiegende Mehrzahl der berippten Rhynchonellinen von Risano kann weder mit ‚hynchonellina Gemmellaroi noch mit Rh. Brusinai vereinigt bleiben, sondern muss als besondere Art be- trachtet werden. Sie bilden eine äusserst vielgestaltige Species, welche nachstehend beschrieben werden soll: Rhynchonellina Haueri nov. spee. Taf. VIII, Fig. 1-41. Ihynchonellina Seguenzae Gemm. z. Th. bei Eichenbaum und Frauscher: Brachiop. von Risano u. zw. Tab. VI, Fig. 35,h. Während Irhynchonellina Brusinai einen dreiseitigen, Rhynchonellina (emmellaroi einen breitvierseitigen Typus repräsentirt, haben wir in Ihynchonellina Haweri einen schmalvierseitigen Typus vor uns, der sich unter allen bisher beschriebenen, berippten Formen dieser Gattung nur mit Rhynchonellina Kastneri m. vergleichen lässt, sowohl was die. Gestalt als was die Wachsthumsverhältnisse, wodurch ja erstere bedingt wird, anbelangt. Wohl kommen auch unter anderen Arten dieser vielgestaltigen Brachiopoden schmale Exemplare vor, so bei Rrhynchonellina juvavica m., bei Kh. Zittelii böse, bei Rh. Hofmanni Boeckh, aber theils sind diese Arten — wie die letztgenannte, — von der hier zu beschreibenden auch sonst sehr verschieden, theils bilden diese schmalen Stücke ganz vereinzelte Ausnahmen, so dass die Arten als solche beträchtlich differiren. Auch ZBhynchonellina Kastneri unterscheidet sich indessen von der zu beschreibenden dalmatinischen Art, wie gleich hier bemerkt sein soll, schon durch ihren kräftigen, am Wirbel beginnenden Sinus der kleinen Klappe. In Bezug auf die Stärke und Anzahl der Rippen ist Rhyncho- nellina Haueri eine äusserst vielgestaltige Art. Die Zahl der Rippen schwankt bei den grösseren und grössten bisher vorliegenden Stücken zwischen 20 und 30, doch so, dass die Zahlen über 20 verhältniss- mässig selten sind, während gewöhnlich die Anzahl ungefähr 20 be- trägt. Bei kleineren Stücken, bei welchen die Dichotomie der Rippen noch wenig Fortschritte gemacht hat, zählt man weit weniger, bis zu 10 Rippen herab und wohl noch darunter. Die Mehrzahl der Stücke besitzt schwach entwickelte Rippen mit undeutlicher Dichoto- mirung und der Tendenz, gegen die. Seiten hin ganz zu verlöschen. [17] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 563 Diese Stücke können als eine Art Mittelform zwischen zwei extremer entwickelten Formen und da sie zugleich die häufigsten sind, als var. typica (Fig. 1—13) angesehen werden. Verhältnissmässig seltener sind Stücke, bei denen die Rippen nahezu völlig oder vollkommen obliteriren, so dass eine glatte Form entsteht, die höchstens sehr undeutliche Spuren von Berippung erkennen lässt. Sie mögen als var. laevigata (Fig. 31—41) unterschieden sein. Weit auffallendere Gestalten werden nach der anderen Richtung hin durch stärkere Ausprägung der Rippen erzeugt. Mit dem Stärker- werden der Rippen selbst tritt deren Verlauf und deren Dichotomie kräftiger hervor und gibt im Verein mit der Umrissform diesen Rhynchonellinen eine Gestalt. welche in hohem Grade an gewisse Terebratulinen und noch mehr an gewisse Terebratellen erinnert, so dass man diese Form als Rhynchonellina Haueri var. terebratelloides (Fig. 14 — 30) bezeichnen kann. Die Umrisse bleiben bei allen diesen durch ihre verschiedene Berippung, resp. die Stärke derselben, von einander abweichenden Formen genau dieselben. Die Species ist auch in dieser Hinsicht äusserst vielgestaltig, und da in einem Gesteinsstücke Exemplare aller Grössen und Entwicklungsstadien durcheinanderliegen, so erhält man beim Auslösen derselben eine Gesellschaft von geradezu verwirrender Mannigfaltigkeit, die auf den ersten Blick den Eindruck hervorruft, als habe man es mit einer ganzen Reihe von verschiedenen Arten zu thun. Die Abbildungen auf Taf. VIII werden ein besseres Bild dieser verschiedengestaltigen Rhynchonellinenart zu geben im Stande sein, als eine lange Detailbeschreibung das vermöchte. Es sei nur erwähnt, dass die grosse Klappe in der Regel unsinuirt, bisweilen firstartig gestaltet ist, wogegen die kleine Klappe zumeist einen mehr oder minder deutlichen Sinus besitzt, der entweder mit einer Hinabbeu- gung der Stirnlinie verbunden ist oder ohne diese auftritt. Nur ganz vereinzelt findet eine Aufwärtsbiegung der Stirn statt. Der Sinus der kleinen Klappe ist im Allgemeinen erst nächst der Stirn deutlicher und nie so ausgesprochen vom Wirbel an vertieft, wie bei Ah. Kastneri m. Die Anwachsstreifung ist nur unvollkommen entwickelt und meist auf einige wenige Anwachsringe beschränkt. Junge Exemplare sind im Verhältnisse breiter als ältere, da später das Wachsthum vorzüglich in der Länge erfolgt. Auch in der Dicke des Gehäuses treten recht namhafte Differenzen auf. Die langen Rhynchonellinenerura wurden durch Schlifte (vergl. Fig. 15) nachgewiesen. Es gehört übrigens das von Eichenbaum (und Frauscher) Tab. VI, Fig. 3h abgebildete Exemplar zu dieser Art. Die Unterschiede gegenüber den beiden mitvorkommenden ge- rippten Arten, Rh. Gemmellaroi m. und Rh. Brusinai Eichenb. brauchen kaum noch hervorgehoben zu werden. Beide unterscheiden sich durch ihre verschiedenen Umrisse, schmälere Exemplare der Rh. Gemmellaroi, die bisweilen auftreten, ausserdem durch weit dichtere Berippung. 564 A. Bittner. [18] Ausser den obengenannten, bereits verglichenen Arten könnte allenfalls noch Rh. alpina Par. berücksichtigt werden; ihre Umrisse sind aber in der Regel gerundeter und scheinen sich nur ausnahms- weise dem Vierseitigen oder Rechteckigen, das bei Rh. Haueri die Grundgestalt bildet, zu nähern. Rhynchonellina Stachei nov. spec. Tab. IX, Fig. 1—15. Auch diese interessante Form, die sich in einem der von Herrn G. v. Bukowski mitgebrachten Gesteinsstücke in Menge gefunden hat, repräsentirt einen in der so variabeln Gattung der Rhyn- chonellinen bisher nicht vertretenen Typus, der im Gegensatze zu dem orthisiformen der meisten gerippten Arten, dem spiriferoiden der Rhmchonellina Suessiü, dem terebratelloiden der Irhynchonellina Hawueri u. s. f. als der linguliforme bezeichnet werden kann. Es ist eine rippenlose Form, welche sich also der Gruppe der Rhynchonellina Suessii und Rh. bilobata .Gemm. anschliesst, sich aber von diesen Arten sehr beträchtlich durch ihren ganzen Habitus unterscheidet. Ihre Umrisse sind abgerundet vierseitig und zwar entweder mehr zum Rechteckigen oder Quadratischen oder aber zum Trapezoidischen hinneigend, beide Klappen sind nur unbedeutend gewölbt, die Gestalt daher in der Richtung auf die Klappen ungewöhnlich eomprimirt, die Schlosslinie ist breit, der Schnabel aber äusserst schwach entwickelt und nur wenig über die Schlosslinie vorragend. Die grosse Klappe ist entweder einfach oder nahezu firstartig gewölbt, die kleine Klappe in verschieden hohem Grade sinuirt, so dass die Stirnlinie zumeist nach abwärts gebogen erscheint. Gleich grosse Exemplare der Prhynchonel- lina Suessii sind viel dicker, im Umrisse gerundeter und weit kräftiger geschnäbelt. Die meisten Exemplare scheinen sehr dünnschalig zu sein und haben daher vielfach durch Verdrückung gelitten; bei vielen zeigen sich die langen schmalen medianen Muskeleindrücke der Wirbel- hälfte der kleinen Klappe, ähnlich wie bei Ah. Suessii. Die Anwachs- streifung ist eine ziemlich regelmässige. Die langen Crura konnten leicht durch Schliffe nachgewiesen werden (Fig. 15). Es existirt unter den glatten Rhynchonellen der Hallstätter Kalke eine ähnliche Form, die von mir beschriebene Rhynchönella lingulina ; dieselbe gehört aber zur Gruppe der Rhynchonella dilatata und longicollis Suess (Austriella m.), hat also mit Arhynchonellina Stachei nichts als die äussere Form gemein Frhynchonellina Stachei ist eine der eigenthümlichsten und merkwürdigsten Arten in der so vielge- staltigen Gattung. Ba 3. Ueber Rhynchonellinen aus dem Isonzogebiete. Unter dem Namen Terebratula tubifera beschreibt Prof. E. Suess im Jahrbuche der k. k. geol. Reichs-Anst. IX, 1858, S. 351, einen von D. Stur in der unteren Kreide zugerechneten Schichten des Isonzo- (Gebietes gesammelten Brachiopoden. Beschreibung sowohl als Ab- [19] Ueber die Gattung Rbynchonellina Gemm. 565 bildung machen die Vermuthung rege, dass man es in demselben mit einem Angehörigen der Gattung Alıynchonellina zu thun habe und auch die Neuuntersuchung der im Museum der k. k. geolog. R.-Anstalt auf- bewahrten Stücke hat zu demselben Resultate geführt. Die Art muss demnach heissen: Rhynchonellina tubifera Suess spec. Taf. IX, Fig. 25—29. Terebratula tubifera Suess im Jahrbuche der k. k. geol. Reichsanstalt, 1858, IX, S. 351, mit Abbildung. Diese Brachiopoden sind in einem hellgrauen, mergeligen Kalke vollkommen verkieselt erhalten. theilweise auch noch mit schwarzem Hornstein erfüllt. Das Original zur oben eit. Abbildung gehört zu den letzteren; es befindet sich im kais. naturh. Hofmuseum und ist l. e. ein wenig vergrössert abgebildet. Die Abbildung, an und für sich recht gelungen, lässt doch in einzelnen Details einiges zu wünschen übrig. So treten in der Hauptansicht die Rippen ein wenig zu stark gegen die Anwachsstreifen zurück, während sie im Gegentheile gerade durchlaufen und so das am stärksten hervortretende Element der Sceulptur bilden. Es sind ihrer wohl an 100 vorhanden, die Art gehört demnach zu jenen Rhynchonellinen, welche die feinste Berippung auf- weisen; sie übertrifft in dieser Hinsicht merklich noch Rhynchonellina Fuggeri und vielleicht sogar Rhynchonellina Iofmanni, welch’ letztere übrigens auch in ihren Umrissen beträchtlich verschieden ist. Die kleine Klappe des Originales ist merklich schwächer gewölbt als die grosse, zeigt sogar in der Mediane gegen die Stirn hin eine ganz leichte Spur einer Depression und entsprechend besitzt auch die Stirneommissur eine kaum merkbare Hinabbeugung. Die Stirnansicht bei Suess ist schematisirt, was sich daher erklärt, dass das Stück mit der Stirnhälfte im Gesteine sass. Der übrigen Beschreibung bei Suess ist nichts hinzuzufügen. Es gelang mir nicht, aus dem Materiale der k. k. geol. Reichs- anstalt ein zweites, so schön erhaltenes Exemplar zu gewinnen. Kein einziges der übrigen Stücke weist die dieke Stirn auf, die meisten dage- gen besitzen eine deutlicher sinuirte kleine Klappe. Auch die Berippung wechselt in der Stärke; wie es noch feiner berippte Stücke gibt, so kommen andererseits wieder gröber berippte vor, an denen die ge- gitterte, dachziegelförmige Sculptur markirter hervortritt. Der Bau des Schnabels und der Arealregion ist schon durch die Abbildung bei Suess vortrefflich wiedergegeben. Mehrere andere Stücke und einzelne Schnäbel stimmen ganz überein Die Deltidial- öffnung ist bald breiter, bald schmäler; Zahnstützen sind vorhanden, liegen weit nach aussen, entsprechend der Breite der Deltidialöffnung und reichen weit hinab, wie ein Steinkern zeigt, welcher auch erkennen lässt, dass ein Medianseptum der kl. Klappe nicht vorhanden ist. Die innere Verdickung unter der Schnabelspitze, von der auch Suess spricht („eigenes concaves Schalenstück“*), erscheint bisweilen median getheilt. Die Spitze des Schnabels sieht abgerieben aus. Die Schloss- Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 3. Heft. (A. Bittner.) 74 566 A. Bittner. [20] platte der kleinen Klappe ist breit und in der Mitte tief getheilt; die Cruralansätze liegen zu Seiten dieses Einschnittes dicht nebeneinander: seitlich von ihnen erscheint jede Schlossplattenhälfte ausgehöhlt; die Zahngruben sind tief. Was die Länge der Crura anbelangt, so gibt die aus dem Gesteine ausgewitterte Stirnhälfte eines Exemplares darüber Aufschluss; die beiden Cruralstäbe ragen nahe der grossen Klappe aus dem Gestein; denkt man sich das Stück ergänzt (Fig. 29), so erhält man aufs Genaueste das Bild des inneren Baues von ehmehonellina. Bereits Suess beobachtete bei dieser Art „ein Paar lange, auffallend nahe nebeneinander liegende Stäbe, die nur wenig gekrümmt sind, und in schräger Richtung gegen die Mitte der grossen Klappe hinüberreichen“. Ausserdem aber ist nach Suess „noch ein äusseres Paar schlanker Stäbchen sichtbar, welches möglicherweise den aufsteigenden Theil der Schleife darstellt“. Diese zweite Beobachtung bin ich nicht im Stande zu bestätigen. Heute kann wohl an der Zuge- hörigkeit auch dieser Form zu Rhynchonellina nicht gezweifelt werden. Vorkommen. Sedlaskathal, N von Tolmein im Isonzogebiete, in einem als vermuthlich unterceretacisch geltendem Gesteine. An anderen Stellen heisst es: Tolminskathal N von Tolmein. Bei Stur Il. e. S. 28 wird aber ebenfalls das Sedlaskathal, zwischen Sadlas und Sabig und bei Sabig, nördlich von Tolmein, als Fundort genannt. Das Niveau, aus dem diese Brachiopoden stammen, ist nach Stur wahrscheinlich das des sog. Woltschacher Kalks, der als Neocom gilt. Stur erwähnt (l. ec. S. 28) zwei Brachiopoden-Arten aus diesem Ge- steine. Die eine davon ist die von Suess beschriebene Art. Ich habe nun auch die zweite in mehreren Exemplaren aus den von Stur mitgebrachten Gesteinsstücken gewonnen und lasse nach- stehend die Beschreibung derselben folgen: Rhynchonellina Sturi nov. spec. Taf. VIIL, Fig. 42-47. Diese Art unterscheidet sich von der zuvor beschriebenen, in deren Gesellschaft sie auftritt, sofort durch ihre entweder ganz un- bedeutend gewölbte, flachdeckelförmige oder selbst concave kleine Klappe und durch den Mangel der deutlichen Berippung. Der Schnabel ist verhältnissmässig noch stärker entwickelt als bei Rh. tubifera Suess und bisweilen stark hackenförmig gebogen, was im Verein mit der Gesammtgestalt lebhaft an die eretacische Terebra- tulidengattung Magas erinnert. Die breit dreieckige Deltidialöffnung vergrössert sich auf Kosten der seitlichen Arealpartien, dieselben sind schmal, ein wenig ausgehöhlt, und von scharfkantigen Schnabel- seiten begrenzt. Die Oberfläche der Schale ist von unregelmässigen Anwachsstreifen durchzogen, die sich gegen die bisweilen dicke Stirn dichter drängen. Die Schlossplatte der kleinen Klappe erscheint kräftiger aus- geschnitten und tritt über den Ansatzstellen der Crura als zweithei- liger Schlossfortsatz ein wenig gegen das Innere vor. Von den [21] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 567 Cruralstäben konnten nur die Anfänge nachgewiesen werden, es dürfte aber bei der sonstigen Aehnlichkeit mit der vorhergehenden Art kaum bezweifelt werden können, dass auch in dieser zweiten Art eine Rhynchonellina vorliegt, die einen weiteren, bisher nicht bekannten Typus dieser so vielgestaltigen Brachiopodengattung darstellt. In der vorangehenden Mittheilung über Ahynchonellinz konnten einige Resultate sowohl über die verticale Verbreitung als über den Umfang dieser Gattung gewonnen, beziehungsweise neu fixirt werden. Was die ersteren anbelangt, so wurde gegenüber den nicht hinreichend begründeten Ansichten von E. Böse aufs Neue und ganz unwiderleglich constatirt, dass Ahynchonellina' bereits in der oberen Trias, genauer im Dachsteinkalke der Nordostalpen weitverbreitet in der von mir beschriebenen Form Zrhynchonellina juvavica auftrete, deren Vorkommen ein in jeder Hinsicht analoges ist jenem der Halorellen, mit denen sie ehemals zusammengeworfen wurde; als neue und sehr wichtige Thatsache wurde auf Grund des von H. Zugmayer gesammelten Materiales das Zusammen- vorkommen von Bhynchonellina juvavica mit glatten Halorellen in derselben Bank im Dachsteinkalke der Vorderen Mandling bei Waldeeg hervorgehoben. War es schon an und für sich eine ebenso kühne als unbegründete Idee von Böse, die Dachsteinkalke der Nordostalpen, in denen Phynchonellina juvavica auftritt, für Lias zu erklären, so muss auch diesen Fragen Fernerstehenden die ab- solute Haltlosigkeit dieser Ansicht einleuchten, nachdem hier aber- mals der Nachweis erbracht ist, dass diese Rhynchonellinen in Ge- sellschaft von Halorellen in klar aufgeschlossenen Schichtfolgen tief unter den wohlentwickelten und typischen Kössener Schichten im Complexe des Dachsteinkalkes liegen. Aber auch nach oben, vielleicht bis in die untere Kreide, dürften Rhynchonellinen immerhin ver- breiteter sein, als es nach der Monographie von Böse erscheinen möchte, die sich in, wie es scheint, allzu entschiedener Weise be- müht, den unteren Lias als die eigentliche Heimat der Rlıyncho- nellinen hinzustellen, obwohl heute schwerlich irgend ein fester Anhaltspunkt dafür vorgebracht werden kann, dass z. B. die reichste Localität an Rhynchonellinen, Risano in Dalmatien, gerade dem unteren Lias zufalle. Welchen Alters dieser Fundort eigentlich sei, das wird ja, wie man hoffen darf, durch die im Gange befind- lichen geologischen Neuaufnahmen demnächst festgestellt werden. Auch die KAhynchonellinen des Isonzogebietes dürften allem An- scheine nach kaum liasischen Alters sein; das Niveau, dem sie entstammen, gilt (vergl. Fr. v. Hauer im Jahrbuch 1868, S. 32) gegenwärtig als untere Kreide. Was die palaeontologische Seite anbelangt, so konnte die Art- selbständigkeit der von mir beschriebenen obertriadischen Rhyncho- nellina juvavica mit guten Gründen aufrechterhalten werden. Ausserdem wurden einige neue Arten der Gattung hinzugefügt, wodurch das derselben schon früher zukommende Atribut grosser Viel- gestaltigkeit in einer Weise erhöht wurde, dass nur wenige Brachio- 74* 568 A. Bittner. [22] podengattungen ihr in dieser Hinsicht gleichkommen werden. Würde man auf einer Tafel die extremen Formen von Ichynchonellina neben einander stellen, so möchten wohl Viele versucht sein, diese Zu- sammenstellung für eine solche, welche sehr verschiedene Brachio- podengeschlechter umfasst, anzusehen. In der That ‚kann es wohl kaum grössere Contraste geben, als jener ist zwischen der glatten, lingulaförmigen, stark comprimirten, mit einem äusserst rudimentären Schnäbelchen versehenen Ahynchonellina Stachei und der an Magas oder Uentronella erinnernden Ah. Sturi mit ihrem kräftigen hacken- förmig gebogenen Schnabel und ihrer deckelförmigen oder selbst concaven kleinen Klappe, ferner zwischen der grossen, kräftigen, spiriferenartigen, rippenlosen Ah. Swessii und der zierlichen, in Gestalt und Verzierung an cretacische Terebratellen erinnernden Brhyncho- nellina Haueri, oder zwischen der extrem verbreiterten, gerippten Bhynchonellina jwvavica var. dilatata m. und der schmalen glatten Form, welche E. Böse als Rh. Bittneri von Rh. bilobata« Gemm. ab- trennt. Im Zusammenhange mit dieser ausserordentlichen Abänderungs- oder wenn man so will Anpassungsfähigkeit der Rhynchonellinen steht es, dass ihre einzelnen Arten in ihrer äusseren Form so be- sonders zahlreiche Anklänge an andere Brachiopodengeschlechter darbieten. So erinnert die Mehrzahl der gewöhnlichen gerippten Rhynchonellinen auffallend an Orthis (wie schon der zweimal ver- gebene Name orthisiformis Teps. und KRothpl. zeigt), während nur einzelne Arten, insbesondere #h. Brusinai, der nächstverwandten Gattung Zrhumehonellina ähnlich bleiben. Die orthisartigen Formen können theilweise ebenso gut mit Megerlea verglichen werden. Die hier neu beschriebene Rh. Haweri eemahnt auffallend an Terebratellen und Terebratulinen, Ah. Sturi dagegen an Magas und Oentronella, Ihynch. Suessi an Spirifer, Rh. Stachei endlich an Lingula. Und alle diese so weit von einander abweichenden Typen gehören doch unzweifelhaft zu einer und derselben generischen Gruppe, die einen vortrefflichen Beleg dafür liefert, wie wenig Gewicht gerade bei den Brachiopoden auf die äussere Form, den Umriss und die Verzierung gelegt werden darf, wenn man nicht Gefahr laufen will, Heterogenes zu vereinigen und Verwandtes zu trennen. Infolge dieser ausserordentlichen Variabilität desselben generischen Typus erscheinen auch alle aus der äusseren Form hergenommene Gattungscharaktere mehr oder weniger illusorisch. So z B. für Rhyn- chonellina die gerade Schlosslinie, von welcher bei Rhynchonellina Bru- sinai nicht gesprochen werden kann, oder die zumeist nach abwärts ge- bogene Stirn, welches Merkmal weder bei Ah. Brusinai noch bei Rh. Gemmellaroi zutritft. Immerhin sind das Ausnahmen von der Regel. Ein Merkmal, (das dagegen den Rhynchonellinen nur aus- nalımsweise zukommen dürfte, ist das Vorhandensein eines Median- septums der kleinen Klappe, welches Böse mehrfach angibt, ohne dass ich mich von der Existenz desselben überzeugen konnte, da ich nicht im Stande bin, die feine Leiste, welche die langen, schmalen, medianen Muskeleindrücke der kleinen Klappe (dorsale Stielmuskeln ?) trennt, für ein Septum zu halten. Die Gestalt dieser Muskeleindrücke, [23] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. 569 ° welche sehr auffällt, mag wohl in Correlation stehen mit den langen, durch einen schmalen Zwischenraum getrennten Cruralstäben der Rhyn- chonellinen, die als das wesentlichste generische Merkmal dieser Brachiopoden angesehen werden müssen. Anhang: Ueber Halorella m. Herr E. Böse kommt in seiner Monographie von Rlhynchonellina auch (S. 54) auf Halorella zu sprechen oder, wie er sich ausdrückt, auf die Gruppe der Rhynchonella pedata, erklärt, den Grund nicht einsehen zu können, weshalb man aus dieser Gruppe ein Subgenus machen sollte, und glaubt, dass es genüge, die Pedaten als Gruppe oder als Sippe abzutrennen. Demgegenüber muss darauf verwiesen werden, dass es S. 173 meiner Arbeit ausdrücklich heisst: II. B. Die Gruppe Halorella m. und S. 175, dass der Name Halorella je nach Gutdünken als Gattungs- oder Untergattungs- oder Gruppen- name aufgefasst werden möge. Weshalb ich aber dieser Gruppe einen Namen gegeben habe, ist sehr einleuchtend und bereits S. 314 meiner Arbeit gesagt worden. Es geschah deshalb, weil Halorella eine natürliche Gruppe ist im Gegensatze zu den zumeist künst- lichen Gruppen und Sippen der Rhynchonellen beiRothpletz(Vilser Alpen), in dessen Gruppensysteme, das auf die ganz ungeeigneten Merkmale der Berippung begründet ist, die Halorellen in die drei grossen Gruppen der Laeven, Semicostaten und Costaten aufgetheilt werden müssten. Es wird Niemand einfallen dürfen, diesen künst- lichen Gruppen und Sippen von Rothpletz eigene — wenn man So will subgenerische — Namen zu geben, beispielsweise der Sippe 5 der Gruppe II. -— Bipartitasippe — in welcher Halsrella curvifrons Qu. neben Rh. dilatata Suess und andere glatte Rhynchonellen gestellt wird. Das wäre äusserst verfehlt und würde den allgemeinen Wider- spruch herausfordern; es ist das auch der beste Probirstein für die „Natürlichkeit“ dieser Gruppen und Sippen. Andererseits ist es geradezu selbstverständlich, wenn einer so verschiedengestaltigen und doch natürlichen Gruppe, wie es die Halorellen sind, ein eigener Name gegeben wird, und es ist das ja kein anderes Vorgehen, als jenes, das bei der Unterabtheilung des ehemaligen grossen Genus Terebratula schon längst durchgeführt wurde und auch für Rhyn- chonella naturgemäss eintreten muss, wozu ja bereits vielfach Anfänge (vergl. die Gattungen und Untergattungen Uhncinulus Bayle, Peregri- nella Oehlert u. s. £.) gemacht wurden. Es genügt also im theoretischen Sinne nicht, wie Herr Böse meint, die Pedaten als Gruppe oder Sippe abzutrennen, weil ihre Zusammenfassung mehr bedeutet, als eine der künstlichen Gruppen oder Sippen von Rothpletz und mit diesen durchaus nicht auf eine Stufe gestellt werden darf. Wenn Böse bemerkt, dass das „Halorellenohr*, auf welches nicht allein ich, sondern vor mir Bronn, Schafhäutl, Suess und Quenstedt als auf ein äusserst charakteristisches Merkmal hinge- wiesen haben, nicht selten auch an anderen. Rhynchonellen vor- komme, so bemerke ich, dass es wünschenswerth gewesen wäre, wenn Herr Böse jene Rhynchonellen namhaft gemacht hätte, an 570 A. Bittner. [24] welchen dieses Merkmal in der bezeichnenden Entwicklung wie bei Halorella bekannt ist. Und würde Herr Böse jene Rhynchonellen, welche er hier im Auge hat, zu Halorella oder zur „Gruppe der Pedaten“ stellen? Darauf kommt es wesentlich an. So viel vom theoretischen Standpunkte. Herr Böse gibt aber in seiner Arbeit selbst einen Anlass, diese Frage vom praktischen Standpunkte zu erörtern. Während er den Namen Halorella überflüssig findet, macht er auf derselben Seite 54 die Bemerkung, dass man Ahynchonella loricata Zitt. sowie ähn- liche Arten nicht zu Rhynchonella stellen sollte, da sie sich durch den Schnabelbau ganz entschieden von der lebenden Rlynchonella unterscheiden; mindestens habe man es in diesen Formen mit einem neuen Subgenus zu thun. S. 57 wird bereits ein Name für dieses neue Subgenus vorgeschlagen — Rhynchonellopsis, vorläufig auf zwei Arten begründet, die schon erwähnte Rlhynchonella loricata Zitt. aus der oberen Trias und eine provisorisch bei Ahynchonellina unterge- brachte Ah. Finkelsteini Böse aus süddeutschein Malm. Auf Seite 78 wird für den Fall, dass sich kurze Crura bei ? Rhynchonellina Finkel- stein: herausstellen sollten, abermals vorgeschlagen, diese Art zu- sammen mit Rhynchonella loricata Zitt. in das neue Subgenus Rhyn- chonellopsis zu versetzen, welches sich von Rhynchonella durch den Bau der Area, welche derjenigen von Rhynchonellina gleich ist, die gerade Schlosslinie und die Deltidialplatten unter- scheiden würde. Die Gesellschaft von Arten, welche das auf diese Art „be- gründete“ provisorische Subgenus Zrhynchonellopsis Böse kildet, ist, obwohl sie nur zwei Arten umfasst, dennoch als eine recht gemischte zu bezeichnen und ich meine, dass es Vielen, welche die Abbildungen von Rhynchonella loricata Zittel (einer grobgerippten und mit starken Anwachsstreifen versehenen Art, von der Böse selbst S. 54 im Zweifel bleibt, ob sie nicht vielleicht zu Ahynchonellina gehöre) und von ? Rhynchonellina Finkelsteini Böse (einer habituell recht verschie- denen, feinberippten Form, deren Zugehörigkeit zu Rhynchonellina möglich, aber nicht erwiesen ist) vergleichen werden, sowie mir — wenigstens vorläufig — es nicht gerade als dringende Nothwendigkeit erscheinen wird, aus diesen beiden Arten, deren eine im obern Jura, während die andere — „merkwürdiger Weise“, um mit Böse S. 55, vergl. oben S. 547 zu reden — in der oberen Trias vorkommt, ein Subgenus zu creiren, in einer Arbeit, in welcher gleichzeitig die Aufstellung des Namens Halorella m. für unbegründet erklärt wird. Wir wollen aber die Gründe, die Herr Böse für die Aufstellung seines Subgenus Zynchonellopsis ins Treffen führt, etwas näher beleuchten. Sein Argument von S. 54, dass man Rh. loricata und ähnliche Formen nicht zu Rrhynchonella stellen solle, da sie sich im Schnabelbau ganz entschieden von der lebenden ZArhynchonella unterscheiden, ist, wie kaum bemerkt zu werden braucht, in mehr- facher Hinsicht unpräeis; erstens ist der Typus von Rhy ıchonella keine lebende Art, wie Herr Böse durch einfaches Nachschlagen des Lehrbuchs von Zittel hätte finden können und zweitens findet sich der Bau der Deltidialpartien, wie er Ih. loricata Zittel zukommt, [25] Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. H71 gerade bei der häufigsten und bekanntesten der lebenden Rhyncho- nellen, bei Ah. psittacea, wieder, weshalb bekanntlich für diese Art der generische (oder subgenerische) Name Hemithyris Orb. aufgestellt wurde und weshalb auch gerade Zittel seine Ah. loricata in die Section Hemithyris einreiht. Ich habe seinerzeit die Möglichkeit hervorgehoben (Brach. der alpinen Trias, S. 168, 179, 182), dass Rhynchonella loricata Zitt. eine Jugendform von Halorella pedata oder überhaupt eine Halorella sei. Herr Böse glaubt S. 54 mit Bestimmtheit constatiren zu können, dass das nicht der Fall sei; warum, theilt er allerdings nicht mit. Vielleicht sind die Gründe, die ihn dazu vermochten, aus der voran gehenden Bemerkung abzuleiten, dass Rh. loricata den Rhynchonellinen sehr nahe stehe, speciell im Baue des Schnabels (— dreiseitige Delti- dialspalte und getrennte Deltidialplättchen sowie gerade Schlosslinie !—) sanz mit Ahynchonellina übereinstimme, so dass sie nur die kurzen Crura von Khynchonellina unterscheiden würden. Das ist aber ja gerade auch das Hauptunterscheidungsmerkmal von Halorella gegen Rhynchonellina; auch Halorella besitzt ja eine dreiseitige Deltidial- spalte und daher, so weit sie überhaupt als nachweisbar gelten können, wohl auch getrennte Deltidialplättchen, worüber man meine Arbeit, S. 182, Tab. XVO, Fig. 11, 16, vergleichen wolle. Was hier für Halorella pedata constatirt wurde, dürfte sich sicher auch bei den übrigen Halorellen finden. Auch der gerade Schlossrand, wenn man auf denselben überhaupt einen Werth legen will, kommt Halorella genau ebensogut zu wie PArhynchonella loricata. Es bleiben demnach zum Unterschiede von Halorella wie von Rh. loricata gegenüber Rhynchonellina die kurzen Orura, und wenn jene Merkmale des Schnabelbaues für Böse genügen, Zthynchonella loricala Zittel von Rhynchonella abzutrennen, so müssen dieselben folgerichtig für ihn auch genügen, um Halorella von Rhynchonella zu scheiden, wobei des wichtigen Merkmales von Halorella, der eigen- thümlich entwickelten Areolen oder „Ohren“, noch nicht einmal ge- dacht wurde. Herr Böse hat demnach eigentlich selbst implieite durch die versuchte Aufstellung des Genus Rhynchonellopsis den Beweis erbracht, dass in seinen Augen Halorella ganz wohl von Zhynchonella abge- trennt werden darf. Ob Rhynchonella loricata Zitt. zu Halorella gehört, ist nach wie vor unentschieden, da bei so kleinen Exemplaren, die sich nach Böse, S. 54, überdies in schlechtem Erhaltungszustande befinden, die charakteristischen „Halorellenohren“ nur schwer nachweisbar sind. Für diese Species scheint demnach die Aufstellung eines sub- generischen Namens Bhynchonellopsis vorläufig überflüssig; ob Herr Böse diesen Namen unter der von ihm gemachten Voraussetzung für Rhynchonellina Finkelsteini aufrechterhalten will oder nicht, ist Sache seiner Beurtheilung. Hier sollte nur gezeigt werden, dass man gut daran thut, in diesen Dingen Andere gewähren zu lassen, wenn man nicht in der Lage ist, gegen deren Vorgehen bessere Argumente in’s Treffen zu führen, als Herr Böse dies gegen den Namen Halorella zu thun im Stande war. oO | 1) A. Bittner. [26] Die palaeontologische Bedeutung der natürlichen Gruppe oder des Subgenus (was schliesslich dasselbe ist) Halorella wird gewiss durch die stratigraphische Wichtigkeit dieser Brachiopoden als. Leitfossile der oberen Trias nicht abgeschwächt und diese Wichtig- keit derselben hat erst in neuester Zeit wieder eine Bestätigung gewonnen dadurch, dass E. Suess in seinen Beitr. zur Stratigraphie Centralasiens, Wien 1894, S. 50, drei Arten von Halorella, darunter zwei auch aus den Alpen bekannte (MH. pedata Br. sp. und H. reeti- frons m.), aus dem östlichen Pamir nachgewiesen hat'!‘. Dass die Halorellen ebenso gute Species sind, als die ihnen nahe verwandten Rhynchonellinen, wird ja auch Herr Böse nicht bestreiten wollen und schliesslich ist der Name Halorella ja nichts anderes, als eine nothwendige Abkürzung der trinomen Bezeichnung, die sonst ange- wendet werden müsste, um diese Formen präeis zu benennen oder eines noch schwerfälligeren Ausdruckes für die Gruppe, der sie an- sehören. Ueber derartige Mittel zur gegenseitigen Verständigung müsste bei einigem guten Willen jeder Streit unter Fachgenossen entfallen. Ich kann nicht. schliessen, ohne der Unterstützung seitens einiger Fachgenossen, die mir bei dieser Arbeit zu Theil wurde, dankend zu erwähnen. Herrn Professor G. Gemmellaro in Palermo ist die Sammlung unserer Anstalt zu Danke verpflichtet für die bereitwillige Ueberlassung von Vergleichsmaterial seiner sieilianischen Rhyncho- nellinen, Herr G. v. Bukowski überantwortete mir freundschaftlichst die von ihm gesammelten Rhynchonellinengesteine von Risano, Herr Dr. Fr. Wähner endlich hatte die Gefälligkeit, das Origmal zu Ter. tubifera Suess ausfindig zu machen. Den genannten Herren sei hiemit mein bester Dank ausgesprochen. | !) Dagegen ist die von Stoliczka in Mem. of the geol. Survey of India, vol. V, S. 70, erwähnte Rhynchonella pedata aus „unterem Lias“ der Himalayas (von Gieumal, Spiti), wie ich mich durch Vergleich der wenigen, schlecht erhaltenen Stücke überzeugen konnte, durchaus nicht auch nur mit einiger Wahrschemlichkeit auf eine Form der Gruppe Halorella zu beziehen. Halorella bleibt somit nach wie vor, so weit unsere Kenntniss reicht, auf die obertriadjschen Kalkmassen resp. das Niveau des Dachsteinkalkes (im weiteren Sinne) und auf die Hallstätter Kalke (inel. der Zlambachschichten) beschränkt. Innerhalb der Hallstätter Kalke selbst sind Halorellen bisher mit Sicherheit nur aus der norischen (oberen) Abtheilung bekannt. AR Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Steiermark. Von H. Höfer. Mit 2 Zinkotypien. Das Pettauer. Feld, eine weitgedehnte, von der. Drau durch- strömte Diluvialebene in der südöstlichen Steiermark, ist nördlich von einem tertiären Hügellande begrenzt, das sehr fruchtbar und insbe- sondere reich an Weinbergen ist. Das Wohl und Wehe der Bewohner dieser Hügellandschaft hängt zumeist von dem Ertrage ihrer Wein- gärten ab, die sowohl den sandigen, als auch thonigen, mergeligen und kalkigen Boden besiedeln. In geologischer Beziehung. ist dieses Gebiet fast unbekannt '); D. Stur erwähnt in seiner „Geologie der Steiermark“ nur die Leitha- kalkvorkommen am Kulmberge bei Friedau (S. 584, 585, 586, 631) und im Gebiete des Jerusalemerberges (S. 631), ohne von ihnen mehr zu sagen, als dass am Kulmberge die 2—5 Fuss mächtigen Nulli- porenkalkschichten mit 1—3 Zoll dicken Sand-, Letten- und Tesel- lagen wechseln, was die Bausteingewinnung sehr erleichtert. . Die dünnen Zwischenlagen bezeugen, dass die Entwicklung der Nulliporen durch Sand und Schlammeinschwemmungen nur geringe Unterbrechung erfuhr. Die beiden erwähnten Vorkommen von Leithakalk, weitab von der Küste des II. Mediterranmeeres beweisen im Vereine mit ähn- lichen Funden in der Untersteiermark, dass der Leithakalk eine sub- marine Wiese repräsentire, also kein Randgebilde ist, wie (das Leitha- conglomerat und der Leithaschotter. Nach Stur’s geologischer Uebersichtskarte des Herzogthums Steiermark ist das zweite von ihm erwähnte Leithakalkauftreten (Gebiet des Jerusalemerberges) in der Nähe von Latschendorf, 1'7 Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt, gelegen. Der Genannte scheint bei seinen Revisionstouren diese Gegend nicht besucht zu haben, ') Dr. J. Dreger veröffentlichte in den Verh. der k. k. geol. Reichsanst. von 1894, S. 69 eine kurze geologische Beschreibung der Städte Pettau und Friedau ete., welehe das von mir behandelte Gebiet kurz erwähnt und die mir erst nach Abschluss dieser meiner Mittheilung (Ostern 1894) in die Hände kam und deshalb nur theilweise berücksichtiget werden konnte. . Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Ileft. (H. Höfer.) 75 974 H. Höfer. [2] was ich einerseits aus der Spärlichkeit der Mittheilungen, anderer- seits aber auch aus der Unrichtigkeit der Karte schliesse. Denn diese zeichnet um die kleine Partie des Leithakalkes bei Latschendorf und insbesondere nördlich hievon Cerithien-Kalk und Sandstein ein, der sich über Wiesmannsdorf nach Jerusalem erstrecken soll, während zwischen Latschendorf, St. Nikolai (bei Friedau) und dem Kulmberg Belvedere- Schotter und Sand ausgeschieden ist. Diese Darstellung erheischt jedoch sehr starke Correetionen, da der Rücken zwischen Latschen- dorf und St. Nikolai durchaus den Schichten der II. Mediterranstufe zugezählt werden muss, die sich nördlich auch noch etwas über Wiesmannsdorf erstrecken, so dass die Grenze zwischen den medi- terranen und den sarmatischen Schichten knapp nördlich von der letzterwähnten Ortschaft nach St. Nikolai zu ziehen ist. Die Strasse, welche die beiden genannten Dörfer verbindet, entspricht annähernd dieser Gesteinsgrenze, welche auf der Höhe sehr nahe, doch immerhin noch über 100 Schritte südlich vom Fahrwege liegt. Im Hangenden Vittan Krisainschak Strasse nach 245 m. Latschendorf. 323 m. ‘ Wiesmannsdorf. Fig. 1. Maassstab: 1: 25.000. K — Leithakalk; die dazwischen liegenden Partieen sind Labor. — E — Erdölschurf. — S — Kohlenschurf. — Sd — Sand und Sandstein. dieser Grenze, welche mit 20—30 Grad nach NW verflächt, erstrecken sich die sandigen, südlich die thonigen und kalkigen: Bildungen. Der technische Zweck der Begehung dieses Gebietes verwies mich vorwiegend auf die Schichten der II. Mediterranstufe, weshalb an der Hand des beigesetzten Profiles nur diese eingehender be- sprochen werden sollen. | Der westlich von dem Thale, welches sich von Vittan ‚über | Latsehendorf nach Wiesmannsdorf erstreckt, gelegene Rücken besteht | nicht, wie Stur glaubte, aus Belvedereschotter, sondern durchwegs aus Schichten der II. Mediterranstufe, die zumeist als: Labor entwickelt sind; darunter versteht der slovenische Anwohner einen ziemlich festen Thon, der weniger als zur Hälfte Kalk beigemengt hat, ziemlich viele meist nur unter der Lupe erkennbare Glimmerblättehen führt, frisch gebrochen bläulichgrau oder bräunlich, setrocknet jedoch licht und gelblich gefärbt ist, und in frischen Auf- schlüssen deutliche Schichtung zeigt; die einzelnen Lagen haben in diesem Profile meist eine Stärke von 3—10 Centimeter. In diesem Labor treten untergeordnet K alkeinlagerungen auf, die je nach ihrer Mächtigkeit im Streichen verschieden weit an- halten, manchmal auch durch abgeschwemmten Labor überdeckt und [3] Das Tertiär im Nordosten von-Friedau in Steiermark. 575 deshalb nur unsicher zu verfolgen sind. Die Mächtigkeit dieser Kalk- einlagerungen, welche insbesondere an den Verwitterungsflöchen ihren organischen Ursprung sofort erkennen lassen, ist ebenfalls sehr ver- schieden, zumeist nur I bis 5 Meter; manchmal sind mehrere solche Kalkbänke, durch mergelige Zwischenmittel getrennt, nahe beiein- ander. Der Kalkstein lässt im Bruche entweder die Querschnitte der Organismen erkennen, oder er ist gleichmässig feinkörnig, doch nicht krystallinisch, sondern aus einem feinen Gereibsel von organischen Resten bestehend, so dass er eigentlich ein Kalksandstein mit kalkigem Bindemittel ist; er ist licht gefärbt und hat einen Stich ins Braune und Graue; hingegen pflegt er im Ausbisse gewöhnlich dunkler — gelblich, bräunlich — gefärbt zu sein. Doch gibt es auch feste Litho- thamnium-Kalksteine, die im frischen Bruche grau gefärbt sind, was dadurch bedingt ist, dass zu den kleinen weissen Lithothamnium- Knöllchen sieh dunkelgraue bis schwarze Schalenfragmente und Schalen (meist von Amphistegina) nebst schwarzen Körnern mit abgerundeten Ecken, die keine Organisation erkennen lassen, reichlich gesellen. Da in diesem Gebiete der Labor ganz entschieden vorherrscht und die hievon nördlich gelegenen sarmatischen Schichten in der Nähe des Tages zumeist nur aus Sand bezw. einen ganz locker ge- bundenen, leicht verwitternden Sandstein bestehen, so wurden die erwähnten Kalklager von den Anwohnern behufs Bausteingewinnung eifrig aufgesucht und meist in kleinen Tagbauen blosgelegt. Zur Erzeugung von Aetzkalk sind diese Kalksteine in der Regel nicht geeignet; es ist dies um so auffallender, nachdem sie oft sehr rein sind; so z. B. hinterlässt ein feinkörniger Kalksandstein, welcher in der Nähe des Erdölschurf-Schachtes neben der Nikolai—Wiesmanns- dorfer-Strasse liegt, kaum 5 Percent thonige Beimengungen. Einen guten Brennkalk liefert nur die im starken Bänken brechende, liegendste Partie der Kalksteinlagerungen, der eigentliche Leithakalk bei Latschendorf. Untergeordnet treten in diesem Gebiete, besonders an der Grenze des Kalksteins und Labors dünn und ebengeschichtete, licht gefärbte Mergelschiefer auf. Was die Petrefactenführung anbelangt, so sei im Vorhinein bemerkt, dass im Labor in der Nähe der Kalk- steinlagerungen sich ab und zu Lithothamnium vamosissimum Reuss einstellt; entfernter von diesen Grenzen scheint der Labor an orga- nischen Resten frei zu sein, da einige Schlemmproben ein negatives Ergebniss hatten; dadurch ist jedoch die Möglichkeit nicht ausge- schlossen, dass einzelne Schichten eine Foraminiferen-Ausbeute liefern können. In den lichten gelblichen Mergelschiefern fand ich nur schwarze Pünktehen von wahrscheinlich organischem Ursprung. Die Versteinerungen der einzelnen Kalkbänke werden bei der folgenden Beschreibung der Profile erwähnt werden. Etwas nördlich von Latschendorf treten in Folge einer antikli- nalen Wölbung (I. im Profile) die tiefsten Schichten der Il. Mediter- ranstufe in einem grossen Steinbruche zu Tage, in welchem der 70° 576 H.. Höfer. [4] typische dickbankige Leithakalk abgebaut, und sowohl als Baustein als auch als Brennkalk verwendet wird. Seine Mächtigkeit ist etwa 18 Meter; die Antiklinale fällt flach gegen Südwest ein. In dem gelblichen Leithakalke, fast ausschliesslich aus Lithothamnien be- stehend, fand ich die Schalen kleiner Austern, welche nicht näher bestimmbar sind, ferner die eines grossen Peeten latissimus Broce., und Abdrücke und Steinkerne von Pectunculus pilosus Linne, von kleinen Venus- und Cardiumarten, von Conus Mercati Brocc. mit plattgedrück- tem Gewinde und von einem spitzigen Conus, wahrscheinlich €. Dujardini Dech.; vereinzelt stellen sich auch kleine Echinidenstacheln, sehr selten Bryozoen ein. Es fehlen also die charakteristischen Versteinerungen des Leithakalkes nicht. Die Eigenthümlichkeit, dass im Leithakalke die Schalen gewisser Mollusken (Peeten) erhalten sind, während die von anderen (Conus, Venus, Cardium) nur in Abdrücken vorhanden sind, wurde bekanntlich auch an vielen anderen Fundstätten beobachtet, und meines Wissens zuerst von E. Suess hervorgehoben. Leider konnte ich dem Suchen nach Petrefacten nur eine kurze Zeit widmen, und verdanke die meisten der erwähnten Stücke der Güte des Herrn E. Tambor in Cilli, dem ich hiemit meinen Dank sage. Unter dem Leithakalke steht nach der Mittheilung der Anwohner —- die Liegendschichten waren im Steinbruche zur Zeit meiner Anwesenheit verstürzt — fester Labor an, über ihm der gewöhnliche gutgeschichtete Labor, der hier mindestens 14 Meter hoch abge- räumt ist und den Gewölbebau ebenfalls sehr gut erkennen lässt. Am Südflügel der Antiklinale legt sich unmittelbar über den Leitha- kalk ein schwarzer Labor, der sich jedoch gegen den Gewölbscheitel hin gänzlich auskeilt und der keinen bituminösen Geruch besitzt. Auf dem linken Thalgehänge setzt der mächtige Leithakalk nicht fort; dort begegnet man einzelnen Kalkbänken mit Austernschalen- fragmenten, mit einem grösseren Pecten Malvinae Dubois und mit Amphistegina Haueri Orb. Verfolgt man den Hangendlabor in dem rechtseitigen Gehänge gegen Süd (s. Profil), so begegnet man westlich von Latschendorf — wo sich fünf Wege kreuzen — einem kleinen Steinbruch, welcher eine 1'2 Meter starke Kalkbank abbaut; es ist ein typischer, fester, im frischen Bruche grauer, schwarzpunktirter Lithothamnienkalk, der mit 8’ nach 8% 5° (reducirt) ') einfällt. Unter dieser Bank ist in einem etwa 2 Meter tiefen Schächt- chen ein dunkelgrauer, ziemlich fester Labor aufgeschlossen, der reichlich weisse Lithothamnien führt und stellenweise etwas bituminös riecht. Das Hangende der Kalkbank ist ein gutgeschichteter Labor, der, etwa auf 4 Meter Höhe aufgeschlossen, unten grau, oben braun gefärbt ist. Unmittelbar auf dieser Kalkbank ruht eine 1—2 Genti- meter starke, dunkelbraune Lage eines fettigen Thones, der ebenfalls etwas nach Bitumen riecht, und welche sich auch in den die Kalk- bank durchziehenden Klüften nachweisen lässt. ') Alle Verflächen sind auf den astronomischen Meridian bezogen. el [5] Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Steiermark. AT Den Südschenkel der Antiklinale habe ich nicht weiter verfolgt; am Nordflügel fand ich die zuletzt erwähnte Kalkbank nicht auf- geschlossen ; annähernd an der Stelle, wo sie nahe dem Thale ein- treffen sollte, wurde vor mehreren Jahrzehnten ein Schacht geteuft, der angeblich 30 Meter tief war und von dessen Sohle ein 23 Meter langes Auslängen gegen West getrieben wurde. Als dieser Bau die gesuchte Kohle nicht erschloss, wurde vom Schachte ab noch etwa 15 Meter abgebohrt, wodurch Gase erschlossen wurden, die eine Explosion bewirkt haben sollen, worauf die Schurfarbeiten befremdender Weise eingestellt wurden. Die Gasausströmungen sollen nur kurz gewährt haben. An dieser Stelle findet man jetzt. blos den Rest einer mit Buschwerk und Bäumchen bedeckten Halde, sie liegt nahe dem Grunde eines flachen, von West herabkommenden Seitenthälchens. Steigt man von hier die gegen Nord vorliegende Lehne hinan, so führt der Weg über Labor und erst am Rücken begegnet man in der Nähe einiger Häuser wieder Kalk (II. im Profile), der in mehreren von Labor getrennten, etwa 0°5 Meter starken Bänken auftritt, die mit 18° nach 20" 5° einfallen. Dieser Kalk ist an der Oberfläche ockergelb bis bräunlich und die Auswitterung zeigt, dass es ein Agglomerat von Bryozoen, die manchmal rothbraun bis violett gefärbt sind, und Ampbisteginen ist, in welchen die ersteren vorherrschen, während die Lithothamnien fast ganz zurücktreten, und Mollusken- schalen, abgesehen von wenigen Ostreenstückchen und einer kleinen Venus, vollständig fehlen. Dentalium incurvum Rem. findet sich selten eingestreut und von einem dünnwandigen Echiniden wurde nur ein kleines Bruchstück gefunden. Von den Bryozoen sind sowohl Cyclo- stomaten als auch Cheilostomaten vorhanden, doch nicht zuverlässig bestimmbar, da die Stückchen abgerollt sind; nur Leprallia turgenses Reuss, ein Lithothamnienästchen 1) überziehend, wurde sicher erkannt. Dieser im Ganzen bei 2 Meter mächtige Aufschluss gehört somit der Bryozoenfacies desLeithakalkesan, die im steie- rischen Tertiär bereits von Rolle und Unger beobachtet wurde. Diese Forscher haben an mehreren Orten auch eine fast nur aus Sternkorallen bestehende Anthozoenfacies nachgewiesen, welche jedoch in dem von mir begangenen Gebiete vollständig zu fehlen scheint; hingegen stellt sich häufiger die Amphisteginenfacies ein, welche bisher im untersteirischen Tertiär keine genügende Beachtung fand, trotzdem sie eine ziemlich grosse horizontale Erstreckung zu haben scheint und auch nach Croatien übergreift; so z. B. fand ich vor mehreren Jahren westlich vom Kohlenbergbau Krapina Ampbhiste- sinenkalk anstehend. Die Amphisteginen sind in der Latschendorfer Gegend, ausser im liegendsten Hauptlager, in den Kalken — vielleicht auch in ein- zelnen Laborschichten — der ganzen U. Mediterranstufe ziemlich ) Ob die in der hiesigen Gegend auftretenden knolligen Kalkgebilde mit schalenförmiger Structur und achteckigen Zellenbau durchwegs Lithothamnien sind und nicht auch zum Theile Bryozoenstücken angehören, muss unentschieden bleiben, da die Fructificationshöhlen nur selten gut sichtbar, beziehungsweise er- halten sind. 578 H. Höfer. [6] häufig. Sie treten, wie erwähnt, in den Bryozoenkalken, welche sich etwa in der halben Mächtigkeit der Leithaserie einstellen. etwas zurück, halten jedoch bis in die hangendsten Glieder der II. Medi- terranstufe an, so dass sie wegen ihrer Häufigkeit und weitreichenden Verbreitung für das Il. Mediterran der hiesigen Gegend geradezu charakteristisch sind. Die Hangendschichten der II. Mediterranstufe treten kalkig ent- wickelt im Krisainschak Berge (325 Meter Seehöhe; siehe Profil) auf; die hier auf dem Südgehänge und insbesondere auf der Höhe stärkeren und häufigeren Kalkbänke, welche der Denudation mehr als der Labor widerstanden und widerstehen, bedingten diese Er- höhung. Am Südgehänge des Krisainschaks, also im liegenderen Theile (des diese Höhe zusammensetzenden Schichtencomplexes, sind die Am- phisteginen, welche häufig dunkelgrau bis dunkelviolett gefärbt sind, noch ziemlich häufig und dürften etwa den zehnten Theil des Kalkes ausmachen, der hier vorwiegend aus Lithothamnien besteht; auf der Höhe gewinnen diese noch mehr an Uebergewicht, die Amphisteginen werden rarer, hingegen stellen sich bis 6 Centimeter lange Austern- schalen neben Dentalium incurvum Reuss (oft gebrochen), in Bruch- stücken eine Kammuschel, kleine Echinidenstacheln und Bryozoen ein. Auch Phasianella Eichwaldi M, Hoern. wurde, wenn auch selten, in diesem sogenannten Nulliporenkalke aufgefunden. Der Rücken, welcher vom Krisainschak Berg nach Nord zieht und das Dorf Kaisersberg trägt, besteht fast ausschliesslich aus Labor, (Verflächen 20° nach 21" 5°) und erst nahe dem Sattel, über welchen die Strasse von St. Nikolai nach Wiesmannsdorf führt, begegnet man Einlagerungen von festem Sandstein. Im Sattel selbst jedoch steht ein ganz mürber Sandstein (Verflächen 20° nach 22% 3°) an, der in einigen Bänken oder auch Mugeln fester ist. Diese sandigen Ablagerungen halten weiter gegen Norden an; ich habe sie nicht weiter verfolgt und konnte in den von mir be- suchten Aufschlüssen keine Versteinerung entdecken. Die Stur’sche Karte mag Recht haben, wenn sie diese sandigen Schichten im. un- mittelbaren Hangenden des II. Mediterrans der sarmatischen Stufe zuzählt; die obersten sandigen Schichten gehören der Congerienstufe an, wie dies u. a. durch den Fund von Rhinoceros Schleiermacheri Kaup, welchen Dreger hervorhebt, bewiesen wird, Es sei nur erwähnt, dass die feinen Be mittelkörnigen Eis glimmerigen, mürben Sandsteine mit bis 1 Meter langen festeren Concretionen und dünnen Einlagerungen eines sandigen Schieferthones (Verflächen 21° nach 21% 7°. bis 23h 8°) dort,-.wo die Strasse von St. Nikolai ihren Aufstieg nach Wiesmannsdorf beginnt, häufig flache, bis handtellergrosse Ausscheidungen, stellenweise auch bis zwei Finger starke Einlagerungen zeigen, welche aus einem schwach agglomerirten, feinen, schneeweissen Kalksand bestehen. Die früher erwähnte, verhältnissmässig schmale Uebergangszone — Sandstein in Labor — ist technisch interessant, da in ihr NÖ von Wiesmannsdorf unmittelbar neben dem Bache eine schwache Salz- N Pr SU TREE TE [7] Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Steiermark. 579 quelle’) zu Tage tritt und W vom genannten Dorfe in einer Bank feinkörnigen, festen Sandsteines, Erdtheer vorkommt. Das Verflächen des Sandsteines ist beim Schurfschachte 25 bis 28% nach 20% 11° bis 19" 12°, während etwa 90 Schritte südlich hievon der blaugraue Labor in einem Versuchsschachte mit 48° nach 19» 5° einfällt, in einer hievon südöstlich liegenden Grube, in der auch gutgeschichteter Lithothamnienkalk und Kalksandstein vorkommt, jedoch mit 43° nach 22.10. In dieser vorerwähnten Kalkbank findet man kleine, kanten- runde Quarzkörner, die licht- bis dunkelgrün gefärbt oder wasserklar sind und die bald beginnende Sandablagerung andeuten. Derartige ‚Quarzkörner sind mir nur im Kalke dieser Uebergangszone vorge- kommen. Es ist gewiss interessant, dass auch hier das flüssige Bitumen, wenn auch nicht unmittelbar vom salzigen Wasser begleitet, doch demselben geologischen Horizonte wie die Soolquelle angehört; doch darf hierauf kein besonderes Gewicht gelegt werden, da der Sand- stein das Bitumen nur auf secundärer Lagerstätte führt; denn letzteres tritt nur in den Klüften des Sandsteines auf, ihn von hier aus im- prägnirend und braun färbend, u. zw. derart, dass in der. Mitte des von Klüften umschlossenen Sandsteinstückes noch die ursprüngliche bläu- liche Farbe und kein Bitumen vorhanden ist. Wo dieses zu Tage trat, ist eine Dislocation vorhanden, längs welcher das Bitumen als Erdöl in die Höhe stieg, von dem Sandsteine als Schwamm aufgesaugt und durch den-Einfluss der Luft verdickt wurde. Leider war der Schurf- schacht nicht befahrbar, welcher über die Natur der Störung weiteren Aufschluss geboten hätte. Ueberbliekt man die’ mitgetheilten 'Verflächen,. so ergibt sich, dass in der hiesigen Gegend das NO—SW Streichen vorherrscht und dass auch durch sie der antiklinale Bau des Gebietes ausgeprägt er- scheint, den das liegende mächtige Lager des typischen’ Leithakalkes sofort erkennen lässt. Zieht man durch diesen soeben erwähnten Aufschluss die Streichlinie nach SW, so trifft sie den Kulmberg, dessen mächtiges Leithakalklager, wie eingangs bemerkt, schon Stur bekannt war. Der Antiklinalrücken, welcher bei Latschendorf nach SW ein- fällt, hebt sich in Kulmberg wieder empor, so dass zwischen diesen beiden Leithakalkaufsehlüssen die Antiklinale eingesattelt oder ver- worfen ist. Der antiklinale Bau des besprochenen Gebietes zeigt nur wenige nennenswerthe Störungen ; eine solche wurde im Gehänge östlich von Wiesmannsdorf in einem 3 Meter hohen enlrache‘ bekannt; in diesem findet man lichtgrauen, kalkreicheren Labor mit bis 0:3 Meter starken Bänken eines Kalksandsteines wechsellagernd, welch’ letzterer frisch blaugrau, aussen lichtbraun gefärbt ist. Die auf umstehender Seite beigegebene Skizze soll ein Bild von diesem Aufschlusse geben. ') Eine Analyse dieses Wassers von ©. v. John veröffentlichte Dr. F: Dreger in den Verh. d. geol. R.-A. 1894, 8. 71. 580 H. Höfer. [8] Man erkennt darin, dass die Verbindungslinien der Faltenbüge gegen Südost einfallen, weshalb auch die deformirende Kraft an dieser Stelle eine Richtung von SO nach NW gehabt haben muss. Es genügt jedoch dieser eine verhältnissmässig kleine Auf- schluss nicht, um den hier angezogenen Schluss für das ganze Gebiet auszudehnen; immerhin verdient derselbe bei späteren Durchforschun- sen dieser Gegend Berücksichtigung, da seine allgemeine Giltigkeit für die Dynamik des Schichtenbaues darum ein allgemeines Interesse hätte, weil dieses Hügelland die Brücke zwischen dem System der Alpen und jenen des Bakonyer Waldes bildet. Denn die Schichten haben sich: in der Umgebung von Wiesmannsdorf, Latschendorf und St. Nikolai bereits in die südwest - nordöstliche Streichungsrichtung des Bakonyerwaldes gestellt, welche vom Erzgebirge durch Böhmen, NIE UN R\ R Ss U III Fig. 2. Mähren, Niederösterreich, Oberösterreich und eimen grossen Theil des westlichen Ungarns - anhält und in dem vorstehend besprochenen (Gebiete seine südliche Grenze erreicht, da man jenseits der Warasdiner Ebene schon das alpine Ostwärtsstreichen begegnet. Wie eingangs erwähnt, hat bereits Stur es abgelehnt, den Leithakalk zwischen Mureck und Friedau als ‚eine Uferbildung anzu- sehen und erklärte’ihn als eine submarine Wiese. Ihm waren die vielen Bänke von Amphisteginen-, Lithothamnien- und Bryozoenkalk im Nord- osten von Friedau unbekannt. Durch diese Vorkommen wird die Stur’sche Anschauung nur noch mehr bestärkt, welche dahin erweitert werden darf, dass diese Wiesen in geringer Meerestiefe sich bildeten. Dies wird unter Anderem auch durch das Vorkommen der Phasianella bestätigt, die sich dermalen in der Bassstrasse bis zu Tiefen von 200 Meter nur an der Unterseite des Tang vorfindet, so dass das von » U EG [9] Das Tertiär im Nordosten von -Friedau in Steiermark. 581 Stur gebrauchte Bild von der. submarinen Wiese noch zutreffender erscheint. Dass die erwälnte Schnecke so selten auftritt; wird mit Rücksicht auf die Zartheit des Gehäuses ebensowenig befremden, als dass man von dem Tang keine kohligen Reste findet; an seiner Stelle sind die kalkabscheidenden Algen getreten. Es ist eine eigenthümliche Thatsache, dass im steirischen Neogen die gasförmigen. und flüssigen Bitumen dort auftreten, wo die Schichten des II. Mediterrans reich an Amphisteginen werden und stellenweise ganze Kalkbänke vorwiegend zusammensetzen !). Das rothe bis violette Pigment, welches sie ab und zu im frischen Bruche noch zeigen, ist eine organische Verbindung, da es an jenen Stellen, wo die Amphi- steginen dem Luftzutritt ausgesetzt sind, verschwunden ist und die Schalen eine weisse oder gelblichweisse Farbe besitzen. Das Zusammenvorkommen des Bitumens mit den Amphisteginen erinnert an jenes des Erdöls mit den Nummuliten, wie dies insbe- sondere in Ostindien, Beludschistan, Assam, Ober-Burma und anderen Orten der Fall ist. Es gewinnt dadurch die Anschauung, dass zur Entstehung des Erdöls unter gewissen Bedingungen auch die niedrigst organisirten Thiere wesentlich beitragen konnten, eine weitere Stütze, was mit Rücksicht darauf, dass ja viele derartige Organismen keine festen Theile haben, aus mehrfachen Gründen volle Beachtung verdient. Verlängert man das nordwestliche Streichen über Wiesmanns- dorf hinaus, so trifft es jenseits der österreich-ungarischen Grenze auf der sogenannten Murinsel in die Gegend von Szelnize, wo- selbst seit mehreren Jahren auf Erdöl geschürft wird, da dort schon seit langem höffliche Ausbisse bekannt sind. Ich konnte diesem Gebiete eine verhältnissmässig nur kurze Zeit widmen. Meine Wanderungen da- selbst führten mich zu gar keinem Aufschlusse und mein Suchen nach Versteinerungen in diesem lehmigen Boden war ebenfalls vergeblich. Bei Szelnize fand ich vier Bohrlöcher, wovon aus dem einen salziges Wasser mit etwas Erdöl hervorquoll; die beiden anderen sollen ebenfalls fündig geworden sein, während das vierte, noch im Abteufen befindliche 408 Meter Tiefe erreichte, und sowohl in 230 Meter, als auch in 368 Meter Oel angefahren haben soll. Die Ge- sammtproduktion dieses letztgenannten Bohrloches wurde mir mit 30 bl. Rohöl angegeben. Das Oel ist grün, hat einen angenehmen, doch etwas eigenthümlichen Geruch, ist leichtflüssig und misst 36° B. Durchbobrt wurde angeblich Tegel, der, nach den Bohrproben zu urtheilen, Labor ist, ferner sehr feinkörniger, lichtgrauer Sandstein (mit Muscovitschüppchen) und in 320 Meter Tiefe auch ein Litho- thamniumsandstein, dessen Quarzkörner Stecknadelkopfgrösse besitzen und der reichlich Lithothamnium führt. In einem der Bohrschächte sollen die Laborschichten flach gelegen sein. ') Der Petroleumfund in St. Georgen bei Wildon, von welchem vor einigen Jahren in den Tagesblättern viel die Rede war, ist nach meinen Erhebungen an Ort und Stelle nicht weiter zu beachten, da man es hier mit destillirtem Petroleum zu thun hatte, das zufallsweise in die Erde kam und längs einer wasserführenden Spalte weiter floss. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (H. Höfer.) 76 582 H. Höfer. [10] Die Schurfergebnisse haben hier trotz der günstigen Vorzeichen nicht befriediget; trotzdem scheint mir dieses ungarische Vorkommen beachtenswerth zu sein. Es müssten, bevor weitere Schürfungen in Angriff genommen werden, zuerst alle Erdölvorkonmen auf der Murinsel studirt und es müsste die Gegend mit Hilfe von kurzen Schurfschächtehen geologisch genau kartirt und profilirt werden. Vielleicht führt diese Arbeit die kgl. ungarische geologische Anstalt, welche dermalen dem Studium der ungarischen Oelgebiete ein be- sonderes Interesse zugewendet hat, in Bälde durch. Brachiopoden aus der Trias von Lagonegro in Unteritalien. Von A. Bittner. (Mit 3 Zinkotypien im Text.) Herr Giuseppe De Lorenzo in Neapel, der verdienstvolle Erforscher der bis vor Kurzem nahezu unbekannten mesozoischen Ablagerungen der Umgebung von Lagonegro in der Provinz Basilicata (man vergl. dessen neueste Schrift: Le Montagne mesozoiche di Lagonegro, Neapel 1874; auch Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1894, S. 388) hat mir vor einiger Zeit die vonihm in den Triasablagerungen von Lagonegro gesammelten Brachiopodenreste zur Bestimmung, even- tuell Bearbeitung übersendet. Dieselben stammen aus dem dolomi- tischen Riffkalke (calcare dolomitico a scogliera) der Trias von La- gonegro und es wurden die Bestimmungen derselben von Herrn De Lorenzo bereits in seiner oben eitirten Arbeit S. 37 mitgetheilt. Seither erhielt ich seitens des Herrn De Lorenzo noch eine Art zugesandt. Die bisher vorliegenden Arten sind folgende: Terebratula Sturi Laube. Laube, Die Fauna d. Sch. v. Set. Cassian (IL), S. #, Tab. XI, Fig. 2 (excel. Fig. 2a). Bittner, Brach. d. alpinen Trias, S. 58, 257, Tab. XXVII, Fig. 1. Ein einziges Fxemplar, welches sich enge an diese ursprünglich von Set. Cassian bekannt gewordene, recht eigenthümliche Art an- schliesst, weniger genau mit der von mir beschriebenen var. juvavica aus dem salzburgischen Dachsteinkalke übereinstimmt. Die Schnabel- seiten der grossen Klappe greifen in derselben Weise beiderseits lappenförmig gegen den Wirbel der kleinen Klappe vor, wie bei den beiden Cassianer Originalen Laube’s, eine Bildung, die bei dem salzburgischen Stücke weniger deutlich ausgesprochen ist. Auch die tiefe Aushöhlung der Flanken unterhalb des Wirbels ist wie bei den Cassianer Stücken entwickelte Die Krümmung der grossen Klappe vom Schnabel zur Stirn ist aber eine geringere als bei dem grösseren Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Bittner.) 76* H84 A. Bittner. [2] der beiden Stücke von Set. Cassian, welches auch schmäler ist als das süditalienische Exemplar, das andererseits etwas grösser ist als die Cassianer Stücke. Trotz dieser Unterschiede dürfte es sich unbe- denklich an die Cassianer 7. Sturi anreihen lassen; wenigstens ist mir keine andere Art, auf welche es mit auch nur annähernd so viel Recht bezogen werden könnte, bekannt. Als einigermassen ähnlich könnte überhaupt nur noch Terebrat, praepunctata var. plewrocoela m. von der Raxalpe angeführt werden, die sich aber in ähnlicher Weise wie Fol, In natürlicher Grösse. die oben bereits genannte var. juvavica von der süditalienischen Form unterscheidet, insbesondere die lappenartigen Vorsprünge der Schnabelseiten gegen den Wirbel der kleinen Klappe nicht besitzt). Die Schale der süditalienischen Form ist deutlich und dicht punktirt. Fundort: Dolomitischer Riftkalk von Murge del Prineipe, NO vom M. Sirino, Gegend von Lagonegro, Basilicata. Aulacothyris. spec. indet. Zwei Bruchstücke einer winzigen Aulacothyris, die eine nähere Bestimmung nicht zulassen. b Iöhynchonella spec. Ein Exemplar einer winzigen, schmalen Ahynchonella mit stark vertieftem Sinus der grossen und entsprechend erhöhtem Wulst der kleinen Klappe, am ehesten der Ihynchonella cynodon Lbe. von Set. Cassian vergleichbar, ohne jedoch mit ihr übereinzustimmen: Spiriferina (Mentzelia) ampla Bittn. Bittner, Brach. d. alpinen: Trias,..S. 165,: Tab. XLI, Fig, 10, Birk Eine grössere Anzahl von Stücken (im Ganzen 4) einer grossen Mentzelia können mit Sicherheit zu dieser zuerst in den nordalpinen ') Di auffallenden lappenartigen Vorsprünge sind in der beigefügten Text- skizze (Seitenansicht) leider nicht scharf genug wiedergegeben; auch ist das Originalexemplar ziemlich stark unsymmetrisch. Die erwähnten lappenartigen Vor- sprünge der grossen Klappe sind in ganz ähnlicher Weise bei der Hallstätter Art Juvavella Suessi m. (Abh. XIV, Tab. VII, Fig. 18, 20) entwickelt. [3] Brachiopoden aus der Trias von Lagonegro in Unteritalien. 585 Partnachschichten. von Prof. E. Fraas aufgefundenen Art gestellt werden. Sie erreichen aber .eine noch bedeutendere Grösse als die nordalpine Form, und übertreffen in dieser Hinsicht auch die von Dr. W. Salomon aus dem Marmolatakalke angeführte var. bathy- colpos, der sie in der starken Vertiefung des Sinus nahekommen. Es 'liegt mir eine kleine Klappe von ca. 50 Mm. Länge und 40 Mm. Breite vor. Diese Form scheint eine der häufigsten unter den Brachiopoden der Trias von Lagonegro zu sein. Spiriferina spec. indet. ex af. Sp. fragilis Schloth. Ein Fragment einer grossen Klappe mit dem breiten Sinus und einigen Rippen. Spiriferina spec. indet. ex af. Sp. piae Bittn. Ein Fragment einer grossen Klappe, die offenbar eine hohe Area besass, mit zwei starken Rippen im Sinus, der von zwei Haupt- rippen flankirt wird, welche gespalten resp. dichotom sind. Mehrere einfache Seitenrippen. Steht wohl der Sp. pia näher als der Sp. gre- garia Duess. Spirigera (Diplospirella) Wissmanni Münst. spec. Ein einziges Exemplar, welches von Set. Cassianer Stücken dieser wohlbekannten und in der alpinen Trias auch vertical weit verbreiteten Art. nicht unterschieden werden kann. Koninckina De luorenzoi nov. spec. De Lorenzo, Le Montagne mesozoiche di Lagonegro, Neapel 1894, | S. 46. Die. interessanteste Brachiopodenform der Trias von Lagonegro, welche bisher in vier mehr oder weniger - mangelhaft erhaltenen Stücken vorliegt, die aber doch genügen, um die Art als eine von allen bisher bekannten verschiedene erkennen zu lassen. Zunächst muss hervorgehoben werden, dass die Zutheilung dieser Form zu Koninckina keine völlig gesicherte ist; es könnte auch eine Amphi- clina sein, wofür der äussere Habitus mehr zu sprechen scheint. Allein der stark eingebogene Wirbel der grossen Klappe scheint sich mit Amphielina nicht gut vereinbaren zu lassen, weshalb ich die Form provisorisch lieber zu Koninckina bringen möchte, bis es ge- lingt, durch Nachweisung der Arealpartien darüber völlige Sicherheit zu erlangen. In ihren Umrissen erinnert K. De Lorenzoi lebhaft an die Set. Cassianer Amphiclina Laubei m.; sie ist wie diese eine breitgeflügelte Form, aber weit höher gewölbt und mit stark gebogenem Wirbel der grossen Klappe versehen, in welch’ letzterem Umstande sie über- haupt von allen bisher bekannten Amphiclinen differirt, deren Wöl- 586 A. Bittner. [4] bung am Wirbel immer eine ungemein flache ist, wobei der Schnabel verade vorgestreckt erscheint. Wäre K. De Lorenzoi doch eine Am- phielina, dann müsste ihr Arealfeld nothwendig nahezu auf 0 redu- eirt sein. Die Oberfläche der grossen Klappe von K. De Lorenzoi ist in der Längsrichtung, und zwar vom Schnabel angefangen, gleichmässig stark und hoch gewölbt, in der Querrichtung zwar ebenfalls stark sewölbt, doch so, dass ein mittlerer Rücken und zwei seitliche, etwas flachere, steil abschüssige Partien sich herausheben, deren beiderseitige radiale Trennungslinie sich beinahe als Kante präsentirt. Das Gehäuse ist breit geflügelt, die grösste Breite -liegt in den Flügelecken '), während es sich gegen die Stirn verschmälert, so dass der Stirnrand nur wenig mehr denn halb so breit wie der Flügel- rand ist. Der Stirnrand ist fast gerade oder sehr leicht und weit ausgerandet. Die Gestalt ist demnach eine breit trapezförmige mit der breitesten Seite gegen vorn. Fig. 2. 1'/,-fach. vergrössert. Das auffallendste Merkmal ist die Existenz einer feinen, aber deutlichen Medianfurche, die am Wirbel der grossen Klappe resp. am Schnabel beginnt und allmälig breiter und flacher werdend bis gegen den Stirnrand reicht, die Oberfläche sonach in zwei gleiche Theile halbirt, was bisher bei keiner einzigen Koninckinidenart in dieser Ausbildung beobachtet wurde, da diese höchstens einen un- deutlichen Sinus auf der Stirnhälfte des Gehäuses zu besitzen pflegen. Am ehesten könnte hier noch Amphiclina seitula m. verglichen werden, aber auch diese — in den Umrissen weit verschiedene — Art besitzt nicht die feine scharfe Medianlinie an der Aussenseite des Schnabels, der bei ihr ebenso gestreckt ist wie bei den übrigen Amphiclinen. Das Gleiche gilt für Amphiclina amoena und 4. Zittelii m. Die beiden Schalenhälften von K. De Lorenzoi sind auf der grossen Klappe noch durch eine flache radiale Einfurchung in zwei nahezu gleiche Felder unterabgetheilt, deren vordere und etwas aus- gebreitetere bereits als Flügel bezeichnet wurden. ') Die Hauptfigur der Textskizze 2 gibt dieses Verhältniss keineswegs genau wieder, indem der Schloss-Flügelrand hier etwas zu schmal und beiderseits zu kräftig ausgerandet erscheint. Fe [5] Brachiopoden aus der Trias von Lagonegro in Unteritalien. 587 Der Schlossrand ist beiderseits zwischen den Vorderecken der Flügel und dem Wirbel leicht und in weiter concaver Linie aus- serandet. Das ganze Gehäuse ist in Folge seiner hohen Wölbung und geringen Dicke schwer aus dem Gesteine loszulösen und da nur zwei ziemlich vollständige Exemplare bisher vorliegen, musste auch der Versuch, sie loszulösen, unterbleiben. Die beiden übrigen der vier vorhandenen Exemplare sind eigentlich nur Abdrücke im Gestein, seben somit das Negativ der kleinen Klappe wieder und wurden zur Herstellung von Modellen der Aussenseite dieser Klappe benützt. Dieselbe ist entsprechend schwächer gewölbt als die grosse Klappe, trotzdem aber immer noch ansehnlich concav. Ihre Aussenseite besitzt dieselbe Verzierung resp. Sculptur wie die Aussenseite der grossen Klappe, nur in umgekehrter Entwicklung; was dort vertieft war, erscheint hier erhöht. Es verläuft demnach in der Medianlinie vom Wirbel der kleinen Klappe an eine feine erhöhte Leiste bis gegen die Mitte des Gehäuses, wo sie sich verliert. Die beiden dadurch getrennten Schalenhälften sind noch durch eine breitere radiale Er- Fig. 3. In 1?/,-fach. Vergrösserung. hebung fast halbir. Da sich endlich auch der Schlossrand dieser Klappe ein wenig in Gestalt einer breiten flachen Rippe erhebt, so bleibt zwischen demselben und der radialen Seitenfeldrippe gegen den Wirbel hin auf den inneren Flügelregionen jederseits eine stärker vertiefte radiale Partie, wodurch die Wirbelregion dieser Klappe deutlich fünfrippig resp. mit vier radialen Furchen versehen er- scheint. Von der Area ist leider auch an diesen Abdrücken nichts wahrzunehmen, was vielleicht dahin gedeutet werden könnte, dass man «es doch mit einer Amphiclina zu thun habe. Die Schale ist grobfaserig wie bei allen Verwandten. Wie schon oben hervorgehoben, unterscheidet sich die hier als Koninckina De Lorenzoi beschriebene süditalienische Form durch ihre eigenthümliche Radialsculptur von allen bisher bekannten Konincki- niden und bildet einen ganz besonderen und bisher vereinzelt da- stehenden Typus in dieser Familie. Amphiclina spec. indet. Ein winziges, nur 11/, Mm. langes Schälchen von dreiseitiger Gestalt und mit sehr grober Faserschale gehört unzweifelhaft in diese Gattung. Damit endet die Aufzählung der bisher aus dem do- 588 A. Bittner. RR [6] lomitischen Riffkalke der Trias von Lagonegro bekannt gewordenen Brachiopoden. Es sind deren im Ganzen neun, von denen einzelne aber. ganz ungenügend erhalten sind, während Koninckina De Lorenzoi völlig neu ist und zu einem Vergleiche mit alpinen Arten aus diesem Grunde nicht herangezogen werden kann. Terebratula Sturi, Mentzelia ampla, wohl auch die Bruchstücke der beiden gerippten Spiriferinen und schliesslich auch Spirigera Wissmanni sprechen sowohl einzeln als in ihrer Vergesellschaftung für ein untertriadisches Alter dieser Kalkmassen, genauer für Kalke vom Alter der Set. Cassianer Schichten, für Schlerndolomit, Marmolata- oder Esinokalk, was mit den strati- graphischen und den aus der übrigen Fauna erschlossenen Resultaten De Lorenzo’s im Einklange steht. Es bleibt zu: hoffen, dass es Herrn De Lorenzo gelingen möge, in diesen interessanten Trias- ablagerungen noch recht viele glückliche Funde zu machen. Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. Von Dr. Franz E. Suess. Mit 4 Tafeln (Nr. X— XIII) und 2 Zinkotypien im Text. Im Frühjahre 1892 wurde ich von Herrn Prof. F. Frech ein- geladen, an einer von ihm mit Unterstützung des Deutschen und Oesterr. Alpenvereines in Aussicht genommenen geologischen Auf- nahme des Brennergebietes theilzunehmen. Die Theilung der Arbeit wurde derart vorgenommen, dass Prof. Frech das Gebiet westlich des Sillthales und ich zunächst den nördlichen Theil des östlichen Gebietes zur selbstständigen Bear- beitung in Angriff nahm. Wie ich im Nachfolgenden darthun zu können glaube, ist es mir während der Sommer 1892 und 18953 gelungen, den geologischen Bau. der Berge östlich vom Sillthale und nördlich vom Navisthale in den Hauptzügen klarzulegen. Dieses Gebiet bildet den nordwestlichsten Theil des Tuxer Thonschiefer-Gebirges (Böhm: Einthle. der Ostalpen). Die Höhen culminieren im SO in dem schroffen Serpentingipfel des Reckner (2891), an welchen sich unmittelbar südlich die Geier- spitze (2858) anschliesst. Diese Berge zusammen mit den sich am Kamme gegen Norden anreihenden Gipfeln der Sonnenspitze (2851), des Nederer (2763) und der Klammspitze (2560) bilden jene durch die umgebenden Wasserscheiden von den abzweigenden Kämmen ziem- lich gesonderte Gipfelgruppe, welche den Namen der Tarnthaler Köpfe führt. Der Kamm dieser Berge setzt sich gegen Süden im Sägenhorst (2625) und Gamskaarspitz bis an das tief eingesenkte Tuxer Joch fort. An der Geierspitze zweigen von demselben zwei weitere Kämme nach verschiedenen Richtungen ab, es sind das einerseits der anfänglich NO, später direet Nord ziehende Kamm der Kahl- wand, Thorwand und des Hipold, und andererseits der gegen West und später Südwest ziehende Kamm des Kreuzjöchl, Scheibenspitz und Schafseitenspitz. Im Norden wird die Gruppe der Tarnthaler Köpfe durch die Einsenkung, welche vom Navisthale nach Lizum führt, von dem nahe Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894, 44. Band, 4. Heft. (F. E. Suess.) 17 590 Dr. Franz E. Suess. [2] herantretenden, niedrigeren, bogenförmigen Höhenzug des Möls- berges und der Rossböden getrennt. Dieser Höhenzug setzt sich in dem Kamme zum Sonnenspitz und zum Grünbergerspitz (2796) fort und scheidet das Navisthal von dem Volderthale und dem Watten- thale. Letztere beiden Thäler scheidet wieder der vom Sonnenspitz gegen Norden abzweigende Kamm des Möllgrübler (2747) und des Haneburger (2642). Am Grünbergerspitz treten die das obere Arzthal umschliessen- den Höhenzüge gegen SW und gegen NNW auseinander. Den Höhenzug gegen SW bildet der Kamm des Kreuzjöchls und des Mieslkopfes (2625): die wenig geneigten, gegen das Sillthal ab- fallenden, bewaldeten Abhänge dieser Höhen führen den Namen des Pfonerberges. Der vom Grünbergerspitz nordwärts gehende Kamm theilt sich am Kreuzspitz (2751) noch einmal in den Kamm des Morgenkogels und den Kamm, welcher in grossem Bogen über den Glungezer (2688) zum Patscher Kofel (2248) zieht. Die beiden Kämme umschliessen das in das Sillthal mündende Mühlthal (auch Vicarthal genannt). Gegen das Innthal und gegen Sillthal senken sich auch hier die Berge in Form breiter, wenig geneigter bewaldeter Rücken. Bis vor Kurzem lag als eingehendere Besprechung dieses Gebietes nur eine Arbeit von A. Pichler aus dem Jahre 1859 vor, welcher auch eine Kartenskizze mit Darstellung der beiläufigen Ver- breitung der Formationen beigegeben ist '). Erst im allerjüngster Zeit lieferte Rothpletz in seinem Buche „Ein geol. Durchschnitt durch die Ostalpen“, eine ausführlichere Schilderung der Tarnthaler Köpfe und der Umgebung von Matrei. Als die wichtigsten, auf unser Gebiet einigen Bezug nehmenden weiteren Arbeiten führe ich — ausser den zahlreichen von Pichler gegebenen Notizen — noch an: G. Stache. Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen Nr. 11.2), ferner Pichler und Blaas: „Die Quarz- phyllite bei Innsbruck“, und Piehler: „Zur Kenntniss der Phyllite in den tirolischen Centralalpen“ ?). Die angeführten Arbeiten haben insbesondere zur Kenntniss der älteren Gesteine unseres Gebietes beigetragen, und zwar haben die Arbeiten des erstgenannten Autors interessante Ansichten über die Gliederungen derselben geliefert, während die Arbeiten von Pichler und Blaas speciell der eingehenderen Schilderung der Lagerung der Quarzphyllite und deren petrographischer Beschaffenheit gewid- met waren. Ganz jungen Datums ist die Schrift von J. Blaas: „Ueber Serpentin und Schiefer aus dem Brennergebiete“, auf welche ich im zweiten Theile dieser Arbeit näher eingehen werde ®). ') Pichler. Beiträge zur Geognosie Tirols: Aus dem Inn- und Wippthale, Zeitschrift des Ferdinandeums. Innsbruck 1859, S. 139 bes. S. 181 ff. ?) G. Stache. Jahrb. d. geol. R.-A. 1874, S. 134, ferner auch unter anderem : Aus der nördl. Schieferzone d. Centralstockes d. Zillerthaler Alpen. Verhandl. d. geol. R.-A. 1871, S. 117. °) Tsehermak. Mineral. Mittheilungen. 1882, S. 293 und 1883, S. 508. N J. Blaas. Nova Acta d. ksl. Leop. Carol. D. Akad. d. Naturf. Bd. LXIV. 1894, Nr, [3] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 591 Auf benachbartes Gebiet beziehen sich die neueren Arbeiten von Pencek!). Gümbel?) und Frech); sie stehen naturgemäss auch mit der Auffassung des zu besprechenden Gebietes in Zusam- menhang und es wird sich später noch einigemale Gelegenheit bieten, dieselben zu citieren. Die nachfolgende Arbeit besteht aus: 1. der Darstellung der tek- tonischen Verhältnisse, und 2. der petrographischen Beschreibung der wichtigsten Gesteinstypen des (Grebietes. A. Stratigraphisch-tektonischer Theil. Der besseren Uebersicht wegen sei hier der tektonischen Be- schreibung des Gebietes eine Aufzählung der Formationsglieder vor- ausgestellt. Der Hauptsache nach muss sich dieselbe enge an die von Frech?) aus der Tribulaungruppe gegebene anschliessen, denn mit Ausnahme des Gneisses kehren alle von ihm angeführten Forma- tionen auch östlich der Sill wieder. Neu hinzu treten nur die wahr- scheinlich der Dyasformation angehörigen, verrucanoartigen Quarz- serieitgrauwacken und -Schiefer, die Tarnthaler Quarzitschiefer und die denselben eingelagerten Serpentine. Die Gesteine sind fast durchwegs hochgradig metamorph und umfassen, nach dem Gesagten folgende Hauptabtheilungen : I. Archaeische Gesteine. (sneissglimmerschiefer (Glimmerschiefer). Feldspathreich, zweiglimmerig, granatführend, ist auf die Westseite des Sillthales bei Matrei beschränkt. Er enthält zahlreiche Einlagerungen von Amphibolit, Granatamphibolit und Epidotamphibolit, welche in der Mächtigkeit von wenigen Centimetern bis zu felsenbildenden Zügen (gegenüber dem Bahnhofe von Matrei) wechseln. Auf der Karten- skizze sind nur die mächtigsten unter ihnen ausgeschieden. Der Staurolith und Turmalin führende Glimmerschiefer von Patscherkofel ist wahrscheinlich, wie im petrographischen Theile aus- geführt wird, als Einlagerung in den älteren Quarzphylliten aufzufassen. II. Altpalaeozoische Formationen. l. Aeltere Quarzphyllite. (Stache’s Gneissphyllite z. Th.) Unter diesem Namen ist eine Reihe von Gesteinen mit durchwegs phyllitischem, jedoch sehr wechselndem Habitus zusammengefasst. Die !) Penek. Der Brenner. Zeitschrift d. D.-Oesterr. Alpenvereins 1887. ?) Gümbel. Geol. Bemerkungen über die warme Quelle des Brennerbades und ihre Umgebung. Stzber. d. math.-phys. Cl. d. k. bayr. Akad. d. W. 1892, Bd. XXI. Heft 1, S. 139. ®) F. Freeh. Die Tribulaun- Gruppe am Brenner in ihrer Bedeutung für den Gebirgsbau. 1893. AUlrE.S. 5. 10% 592 Dr. Franz E. Suess. [4] Hauptbestandtheile der verbreitetsten Form sind Serieit, Chiorit, (Juarz, Albit und Turmalin. Von den ausserordentlich ähnlichen jüngeren Quarzphylliten unterscheiden sie sich durch die Einlagerungen von Amphibolit und granatführendem Chloritschiefer. Auch arkosenartige Gesteine (ähnlich dem sogenannten Schwazer (Gmeiss) gehören dieser mächtigen und mannigfaltigen, schwer zu oliedernden Abtheilung an. 2. Kalkphyllite. Körnig-phyllitische Kalksteine und plattige Kalkschiefer (Kalkphyllit- und Kalkthonphyllitgruppe nach Stache, jrennerschiefer nach Rothpletz). Sie enthalten meist nur wenig Magnesiacarbonat, muscovitartigen Glimmer mit vielen nadelförmigen Einschlüssen, wenig Quarz und einzelne Körner von Albit. Der südliche Theil des zu. besprechenden Gebietes wird von dieser Formation eingenommen. Die gegenseitige Lagerung der älteren Quarzphyllite und der Kalkphyllite lässt sich in unserem Gebiete nicht sicher fest- stellen und es wird die Lösung des Problems ihres stratigraphischen Verhältnisses weiter im Süden in der Nähe des Brennerpasses gesucht werden müssen '!). III. Jungpalaeozoische Formationen. l. Zur Steinkohlenformation sind Quarzphyllite zu rechnen, welche die Abhänge des Pfoner Berges und den Kamm von hier gegen das Wattenthal zusammensetzen. Sie entsprechen den (Juarzphylliten des Steinacher Joches, welche mit den bekannten, von Piehler entdeckten, Pflanzenreste führenden Thonschiefern in Zusammenhang stehen ?). So wie am Steinacher Joche kommen auch in diesen Phylliten sehr häufig Einlagerungen eisenreicher, an der Ober- fläche roth verwitternder Kalke und Dolomite vor. (Eisendolomit Stache’s.) Die mächtigsten dieser Einlagerungen (z B. nördlich von Seeköpfl und in der Knappenkuchel) wurden auf der Karte ausgeschieden. Stellenweise. sind diese Quarzphyllite sehr reich an Graphit und gehen selbst in grapbitische Quarzschiefer über, wie das z. B am Wege von der Fuchsalpe nach Pfons, an verschiedenen Punkten in der Schlucht des Pfoner Baches in. der Nähe der Waldgrenze und am Nordgehänge des Kammes der Rossböden der Fall ist. Im Handstücke sind die jüngeren und die älteren Quarzphyllite kaum von einander zu unterscheiden; desshalb konnte die genaue (Grenze dieser beiden Formationen nur unsicher kartographisch fest- gestellt werden. Das Haupt-Unterscheidungsmerkmal bilden eben die erwähnten Eisendolomite, welche den älteren @uarzphylliten fehlen. Die älteren Quarzphyllite sind wieder, im Gegensatz zu den jüngeren, wie oben erwähnt, durch amphibolitische Einlagerungen ausgezeichnet. ’), Vor kurzer Zeit theilte mir Herr Prof. Frech brieflich mit, dass nach den von ihm im Sommer 1594 im Süden gemachten Beobachtungen die Kalk- phyllite für älter zu halten sind als die Quarzphyllite. °”) Pichler. Beiträge zur Geognosie von Tirol. Zeitschr. d. Ferdinandeums. Dritte Folge VIII. 1559, S. 219. dto. Jahrb. der geol. Reichsanstalt 1870, S. 273. Stur. Geologie der Steiermark. Graz. 1571, 8. 155. Stache. Verh. d. geol. Reichs- anstalt 1572, S. 78. u. A. [5] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 593 2. Die auf diesen Phylliten und an der Basis der Trias liegenden, wenig mächtigen Schichtglieder können wohl zur Dyasformation gerechnet werden. Dieselben sind: a) Zu unterst eine verrucano- artige (uarzsericitbreccie, welche alle Uebergänge zu diehtem Quarzit und zu Quarzsericitphyllit (Rothpletz: sernifitartiger Schiefer l. e. p. 145) darstellt. Dieses Gestein bildet einen gut wiedererkenn- baren Horizont. Einzelne durch Hämatiteinschlüsse blassrosa oder violett gefärbte, klastische (Juarzkörner lassen sich oft auch noch an solchen Stellen wiedererkennen, wo das ursprünglich klastische Gestein durch den weitgehenden Metamorphismus seinen äusseren Habitus sehr stark verändert hat und zum vollkommenen (@uarzserieitphyllit geworden ist‘). b) Ueber diesen meist hellgrauen oder weissen Serieitquarziten liegen petrographisch sehr merkwürdige und mannigfaltige, plattige Quarzitschiefer, welche ich im Folgenden mit dem Namen der Tarn- thaler Quarzitschiefer bezeichnen werde. Sie sind spangrün bis apfelgrün und an eisenreichen Stellen broncebraun bis schwarz sefärbt. Der Hauptsache nach bestehen sie aus für das freie Auge vollkommen dicht erscheinenden, äusserst feinkörnigen und durch verschiedenerlei Glimmer und Chloritmineralien grün gefärbten Quarzit- platten, welchen dünne grobschuppigere Partieen von grünem und braunem Glimmer zwischengelagert sind. Am Schlossberge bei Matrei und bei der Kirche von Pfons sind diese (Quarzitschiefer durch sehr eigenthümliche Talk, Chlorit und Caleit führende Modificationen ver- treten, welche gegen oben immer mehr Kalkspathkörner aufnehmen und in einen hellgrauen Kalkphyllit übergehen?). Die Serpentine von Matrei, vom Miesljoche und vom Recekner, mit den dieselben begleitenden Talk-, Ophicaleit- und Kalk-- phyllitlagen gehören immer dem Horizonte der Tarnthaler Quarz- schiefer an 3). Unmittelbar auf den @Quarzserieitschiefern (a) liegen manchmal als locale Bildungen eisenreiche, gelb verwitternde, bis ein Meter mächtige Kalkbänke; so z. B. beim Aufschlusse im Pfonerbache *) und am Ostgehänge des Mieslkopfes. In den Tarnthaler Köpfen enthalten !) Näheres siehe im petrographischen Theile. Diese Quarzitgesteine dürften als leicht wiedererkennbare Gesteine überhaupt noch weiterhin stratigraphische Bedeutung gewinnen, auch deuten noch manche Citate darauf hin, dass sie in der Umgebung an der Basis der Triasformation vorkommen. Es mag hier auch nicht unerwähnt bleiben, dass nach den neueren Arbeiten der Franzosen (Termier, Dupare, Ritter u. A.) auch in den Westalpen an der Basis der Trias stets quarzitische und verrucanoartige Gesteine liegen und unter denselben die dem Carbon angehörigen Phyllite folgen. An einigen Punkten treten auch in den West- alpen mit den Quarziten Serpentine auf, doch muss betont werden, dass sie in den Westalpen immer unter den Quarziten liegen, während sie in unserem (Gebiete dieselben überlagern. ?) Gesteine, welche mit den Tarnthaler Quarzitschiefern verglichen werden, gab vor längerer Zeit Pichler (Z. d. Ferd. 1865, S. 9) von Foggen bei Arzl öst- lich von Innsbruck an, er stellte dieselben damals auch in die untere Trias (aller- dings im Gegensatze zu seiner späteren Auffassung. T. Min. Mitthlg. 1385, S. 298.). 3) Auf das Auftreten der Serpentine in diesem Horizonte haben schon Pichler und Rothpletz hingewiesen. ») Vgl. Rothpletz 1. e. Profil S. 151 und 152. 594 Dr. Franz E. Suess. [6] die grünen Schiefer zahlreiche Zwischenlagen eines eisenreichen selben plattigen Kalkes. IV. Mesozoische Formationen. Schon durch die Analogien der Gesteinsbeschaffenheit und der Lagerungsverhältnisse mit den unzweifelhaft triadischen Gesteinen des Tribulaun- und Serlosgebietes beanspruchen die in den Tarnthaler- Köpfen und den umgebenden Bergen so verbreiteten Dolomit- und Kalkgesteine eine Zuweisung zur Triasformation. In neuester Zeit ist es Rothpletz durch glückliche Petrefactenfunde gelungen, im den Tarnthaler Köpfen das Vorhandensein der Kössener Schichten nachzuweisen '), wodurch noch eine genauere stratigraphische Bestim- mung wenigstens für einen Theil dieser Bildungen geliefert wurde. Ich selbst habe im Sommer 1895 leider nur zerquetschte und ganz unbestimmbare Bivalvenreste in den im sogenannten Trisslgraben oberhalb der Klammalpe umherliegenden Blöcken gefunden. Es können unter diesen Gesteinen hauptsächlich drei Ausbil- dungen unterschieden werden: 1. Der graue Dolomit. 2. Die Dolomit- breecien. d. Die kalkigen und dolomitischen plattig-schiefrigen Phyllite. Ihre ursprüngliche Lagerung ist wegen der weitgehenden Faltungen wohl nieht leicht constatirbar. Das Gehänge der Tarnthaler Köpfe macht es aber wahrscheinlich. dass die Dolomitbreccien jünger sind, als die Dolomite. Die phyllitische und: plattig-schiefrige Facies liegt einerseits zwischen den Dolomiten und geht andererseits aus gewissen Lagen innerhalb der Breecien durch Metamorphose hervor; ersteres lässt sich am Miesljoche und in den Tarmthaler Köpfen und letzteres besonders schön am Hipoldjoche nachweisen. (Siehe auch petrogr. Theil dieser Arbeit ) Sehr mächtige Terrassen diluvialen Schotters füllen das Sill- thal aus und Moränengebilde verschiedener Art finden sich an vielen Orten in unserem Gebiete; am häufigsten sind die in den oberen Kars der Berge liegenden Grundmoränen. Eine Besprechung dieser Ablagerung fällt aber nicht in den Rahmen der vorliegenden Arbeit und ich verweise in dieser Hinsicht auf die neueren Darstellungen von J. Blaas?), und F. Kerner v. Marilaun?). 1. Umgebung von Matrei. Wie schon Pichler öfters hervorgehoben hat, besteht das linke Gehänge des Sillthales bei Matrei aus dem Gneissglimmer- '; 1. e. 8. 75. Terebratula gregaria, Modiola minuta, Gervillia praeeursor, Corbula alpina, Peeten sp. Thecosmilia cf. fenestrata Reuss u. ef. Convexastraea Azzarolae Stopp. °) Bes. J. Blaas. Ueber die Glacialformation im Innthale. Innsbruck 1884 und: Glacialkarte des Innthales. Jahrb. d. geol. Reichsanstalt 1590, 8. 22. : ») F. Kerner v. Marilaun. Die Verschiebungen der Wasserscheide im Wippthale während der Eiszeit. Sitzber. d. kais. Akad. d. Wiss. Math.-nat. Cl. Dec. 1891. Bd. ©. Abth. I. und: Das Glacialerraticum im Wippthalgebirge. Verh. der geol. Reichsanstalt 1894. Nr. 11. 8. 257. [7] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 595 schiefer, der hier nirgends an die rechte Thalseite übergreift. Es ist ein zweiglimmeriger Gneissglimmerschiefer mit vielen, oft nur sehr dünnen Amphibolit- und Epidotamphibolit-Einlagerungen (Steinbruch bei Matrei). Die dunkeln Felsen gegenüber dem Bahnhofe sind mächtigere Partieen solcher Gesteine. — Weiter im Westen liegt auf diesem Gneissglimmerschiefer discordant und transgredirend die ge- sammte Trias der Waldrast. Am rechten Ufer — ınit Einschluss des Schlossberges — treten unter den mächtigen, den Thalboden bedeckenden Diluvialterrassen, ausschliesslich bedeutend jüngere Gesteine zu Tage. Hier ist die bekannte dem Sillthal entlang streichende Verwerfung am deut- lichsten und am unmittelbarsten erkennbar '). Hinter dem Postamte von Matrei ist die Eisenbahn tief in die weissen. verrucanoartigen Quarzitgrauwacken (Dyas) einge- schnitten. Dieselben bilden hier eine kleine doppelte Antiklinale, deren nördlicher Flügel gegen den Schlossberg zu unter die apfel- grünen Tarnthaler Quarzitschiefer ninabtaucht’). Gegen Süden scheinen diese Quarzitgrauwacken in mehr flacher Lagerung unter dem Terrassenschotter fortzustreichen. Auf dem Fahrwege, der in einiger Höhe dem Gehänge der Terrassen entlang zieht, treten an einer Stelle gegenüber dem Stationsgebäude die Tarnthaler Quarzit- schiefer zu Tage — auch hier in höherem Niveau als die Quarzit- grauwacken liegend. Gegen Schloss Matrei zu erscheint in der Tiefe der Sillschlucht Serpentin, der jenseits der Sill an allen Seiten des Schlossberges wieder von den grünen Quarzitschiefern über- lagert wird. Im Norden dieses Hügels fallen die Quarzitschiefer circa 60° gegen Süden ein; an der Südseite fallen sie unter flacherem Winkel gegen N. Die beiden Flügel, welche sich gegenseitig zu einer einfachen Synklinale ergänzen würden, werden im der Mitte durch eine steile Antiklinale von einander getrennt. In dem nachfolgenden Profile (S. 596). ist, mit wenigen Abänderungen, eine Zeichnung aus dem Notizbuche meines Vaters wiedergegeben, welche er zur Zeit des Bahnbaues aufgenommen hat, als der Bahntunnel und der Silltunnel noch nicht vermauert und deshalb die tektonischen Verhältnisse besser als heute ersichtlich waren. Die Quarzitschiefer nehmen hier, wie die weitere Untersuchung zeigt, gegen oben zu Kalkspathkörner auf und gehen zuletzt nament- lich an der Südseite des Schlossberges in graue Kalkphyllite über. An der Serpentingrenze sind sie von mannigfaltigen Talk- und Ophicaleitschiefern begleitet. Aus dem Ganzen ist auch ersichtlich, dass die Serpentine innerhalb der Quarzitgesteine liegen. Beim Nordausgange des Tunnels tritt ein gelbliches, sandiges, sehr stark zersetzes Gestein auf, welches rundliche Körner aus dem Materiale der grünen Quarzitschiefer enthält. An einer Stelle fand ') Wohl zuerst am bestimmtesten ausgesprochen bei Penck l. e. Die Ver- schiedenheit der beiden Thalseiten hat schon Trinker beobachtet. Petrographische Erläuterungen zur geogn. Karte von Tirol. 1552. S. 31. ?) Vgl. zu dem folgenden auch: J. Blaas, Ueber Serpentin und Schiefer aus dem Brennergebiete. Nova Acta d. ksl. Leop.-Carol. Akad. d. Naturforscher. Bd. LXIV. Nr. 1. 1894. 8.9 ff. [8] Franz E. Suess. Dr. Fisenbaln-Einscuaft FITER x x Uuarzserreib Ich? BJ7/4 > sa “Sergeen iv Le - —mm-_.er N R S S S \ S NN [9] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 597 ich in diesem bröckeligen, anscheinend ein Verwitterungsprodukt dar- stellenden Materiale, dünne, aber noch zusammenhängende phyllitische Kalkbänke. Ich glaube desshalb, dass hier ursprünglich ein Theil der Falte aus phvllitischem Kalke bestanden hat, welcher, als die Sill noch höher floss, in Folge der leichteren Zersetzbarkeit und der senkrechten Stellung der Schichten leichter auserodirt wurde als die umgebenden quarzitischen Schiefer; die also entstandene Kluft wurde später von dem durch die Erosion und Verwitterung entstandenen Detritus aus- gefüllt, welcher sich dann bis zu einem gewissen Grade verfestigte. In dem Bache, der von Pfons zur Sill herunterkommt, ist ein Streifen Serpentin aufgeschlossen, welcher sich ununterbrochen bis zu dem Steinbruche gegenüber der Kirche dieses Ortes fortsetzt. In diesem Steinbruche sind hauptsächlich die den Serpentin begleitenden Chlorit- und Talkschiefer aufgeschlossen und man kann hier gut beobachten, dass dieselben in die grünen Quarzitschiefer, über- gehen ') und dass letztere den Serpentin überlagern. In einer Schotter- grube unweit dieses Steinbruches SW ist ein eigenthümlicher grauer, bald quarziger bald kalkiger Phyllit mit wenigen dünnen Bänken von grauem krystallinischen Kalkstein aufgeschlossen ; ohne Zweifel die- selben Gesteine, welche beim Schlosse die grünen Schiefern über- lagern. Wenn man von Schöfens den nach Nordost führenden Fahr- weg hinaufgeht, findet man zuerst grünen Schiefer und weiter oben in den Furchen der Wägen phyllitischen Kalkstein angefahren. Aus der einfachen Betrachtung der Niveauverhältnisse ist hier schon ersichtlich, dass sowohl die grünen Quarzitschiefer als die Kalk- phyllite und der Serpentin von Pfons her gegen das Schloss Matrei (gegen W) absinken. Verfolgt man den Serpentin im Pfoner Bache noch weiter aufwärts, so trifft man abermals auf die unter demselben hervortauchenden verrucanoartigen (uarzsericitgrauwacken ; sie fallen daselbst steil gegen Süd?). Noch weiter aufwärts tritt unter den letzteren als ältestes Glied dieser localen Schichtreihe der im Osten so weit verbreitete bleigraue Quarzphyllit zu Tage; derselbe ist identisch mit den Phylliten, welche von Pichler durch die Pflanzenfunde vom Steinacher Joche als der Steinkohlenformation zugehörig erwiesen wurden. Die gesenkte rechte Thalseite der Sill bei Matrei stellt .also der Hauptsache nach eine ziemlich flache gegen West geneigte Syn- klinale jüngerer Gesteine innerhalb der carbonen grauen Quarzphyllite dar. Unmittelbar auf den grauen Phylliten liegen die weissen Quarz- sericitgrauwacken (Dyas), auf denselben liegen im Süden die Tarn- thaler Quarzitschiefer, zwischen diesen beiden Schichtgliedern oder den letzteren eingelagert, liegt eine ziemlich mächtige Linse von Serpentin. Das innerste der Mulde bildet ein Streifen grauen Phyllites mit phyllitischem Kalkstein. Letzterer ist aus Gründen, welche sich später ergeben werden, auf der Kartenskizze mit der Farbe der Triasformation angegeben. ') 8. petrographischer Theil. ?) Vgl. Rothpletz 1. c. 182. Jahrbuch d. k.k. geol. Reiclısanstalt. 1894. 44. Band. 4. Heft. (F. E, Suess.) [1 [6 0 598 Dr. Franz E. Suess. [10] Bei der Aussichtswarte N vom Schlosse fand ich Blöcke der triadischen Dolomitbreecie, aber ich vermochte nicht zu entscheiden, ob derselbe hier in der Nähe ansteht’). 2. Mieslkopf bei Matrei. = Wie bereits bemerkt, besteht das Gehänge des Pfonerberges aus dem bleigrauen Phyllit der Steinkohlenformation:; dieses Gestein steht auch in der Schlucht des Pfonerbaches durchwegs in helleren und dunkleren Varietäten an. Häufige 1—2 Meter mächtige Einlage- rungen von rothen eisenschüssigen Kaiken, entsprechen Stache’s Eisendolomiten vom Steinacher Joch. Wenn man aus dem Walde West vom Miesljoche heraustritt, sieht man bald die weissen (@uarzsericitgesteine entgegenragen, welche das ganze Miesljoch zusammensetzen. Nähert man sich dem Mieslkopfe, so stellen sich über diesen Quarziten die grünen Tarn- thaler Quarzitschiefer ein und auf einer isolirten auffallenden Kuppe findet sich auch hier wie bei Pfons und Schloss Matrei grauer Kalk- phyllit über den grünen Quarzitschiefern vor. Oestlich vom Miesljoche am Rande der moränenbedeckten Mulde, am Fusse des Mieslkopfes, tritt in den grünen Schiefern, welche hier sanft gegen Süd geneiet sind, Serpentin mit Ophicaleit zu Tage wie bei Matrei. Am Gehänge des Mieslkopfes, werden die Tarnthaler Quarzit- schiefer von plattigen, thonigen und phyllitischen Kalken und Kalk- schiefern überlagert, welche vollkommen Frech’s „Glimmerkalken von der schwarzen Wand“ gleichen. Ueber diesen folgen massige eraue gebänderte und weisse Dolomite; letztere setzen den Gipfel des Mieslkopfes zusammen. Auf dem Kamme gegen das Kreuzjöchl stellen sich abermals, hier sehr- steil SO fallende Kalkthonschiefer ein. und die Spitze dieses Berges besteht aus den merkwürdigen später noch öfter zu erwähnenden dolomitischen Breecien. Von hier ab, wechseln gegen Norden noch mehrmal Dolomit und Schiefer bis an die Grenze gegen den carbonischen Quarzphyllit. an welcher aber- mals die, die Unterlage der Kalk- und Dolomitgesteine bildenden weissen Quarzite und grünen Quarzitschiefer auftauchen. Der Aufbau des Berges, der sich vom Kamme aus nur schwer beurtheilen lässt, wird sofort klar, wenn man ihn aus einiger Ent- fernung von Westen aus betrachtet: etwa vom Gehänge gegenüber der Kuh-Almhütte (s. Zeichnung Taf. XI, Fig. 2). Wir sehen hier im Süden des Berges die flachgelagerten Quarzite des Miesljoches unter die Kalkschiefer des Mieslkopfes hineinzieheu, und weiter im Norden unter dem Schutt, der von den aus plattigem Kalkschiefer bestehenden Wänden herabkömmt, verschwinden. Die Gesteine der Trias sind in zwei nordwärts gerichtete Falten gelegt, von denen die aus Dolomit bestehenden synklinalen Theile (am Kreuzjöchl und am Kamme nordwärts) besonders deutlich zu sehen sind. Als innerster Theil der Antiklinale, welche sich an die ') Die Stelle ist auf der Karte mit der Farbe der Triasformation angegeben. [11] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 599 Einfaltung vom Kreuzjöchl anschliesst, muss der breite Streifen Tarnthaler Quarzitschiefer gelten, welcher sich am Gehänge des Miesikopfes gegen Norden hinaufzieht, sich dann rasch verschmälert und offenbar zwischen dem Schutt, weiter oben auskeilt. An der Ostseite dieser Bergkuppe ist besonders der im Westen undeutliche Theil dieser Triasınulde deutlich zu sehen. Von der aus grauem Quarzphyllit der Steinkohlenformation bestehenden SerbIs- Spitze aus nach Süden gegen das innere der Mulde vorschreitend treffen wir zunächst auf die weissen (uarzitserieitgrauwacken, welche überall unmittelbar über den Phylliten liegen. Sie fallen hier steil gegen Süd und streichen vom Kamme nördlich des Kreuz- jöchls gegen die Grünberger Alpe. Darauf folgt eine schmale Bank selben, eisenschüssigen Kalkes (local, wie im Pfonerbach) und hier- auf die Tarnthaler Quarzitschiefer; letzere stehen fast senkrecht. Im inneren der Falte folgen zunächst Dolomitbreecien und dann die plattig thonigen Kalkschiefer bis im Süden wieder die hier flach liegenden Quarzitschiefer und weissen Quarzite herauskommen. (Vel. Profil I, S. 601.) Die Quarzsericitschiefer senken sich von hier langsam gegen Süden und bilden am Hirschstein mächtigere anstehende Felsen. An einer kleinen aber auffallenden Kuppe (ec. 2298) treten hier noch einmal die Gesteine der Trias in Form von thonigen phyllitischen Kalkschiefern über den Quarziten auf. Nördlich von diesen Dolomitfalten, in denen überall ziemlich steiles Südfallen zu beobachten war, biegen die, die Unterlage bildenden Phyllite sofort zu steilem Nordfallen um (Serbls-Spitz und Seeköpfl), so dass hier die nördliche Grenze der jüngeren Gesteine gegen den älteren Phyllit, dem Scheitel einer Antiklinale des letzteren entspricht. (Vgl. Profil I, S. 601.) Wir haben hier dieselbe Schichtfolge vor uns, wie bei Matrei, nämlich über dem Phyllit der Steinkohlenformation, Quarzsericit- orauwacken und weisse (Quarzite, dann erüne Quarzitschiefer mit einer Linse von Serpentin, unmittelbar über diesen Kalkphyllit. Zu oberst folgen Dolomite und Dolomitbreccien. Die nicht unbeträchtliche Faltung ist gegen Nord gerichtet. Wegen der Analogie mit den Kalkphylliten, welche hier über den Tarnthaler Quarzitschiefern liegen, können wir auch annehmen, dass die Kalkphyllite bei Schloss Matrei und Pfons die unstersten metamorphen Theile der Triasformation dar- stellen. Im Walde des Pfoner Berges ist an der in der Kartenskizze angegebenen Stelle ein schmaler Streifen dolomitscher Breccie auf- geschlossen‘; derselbe streicht NO-SW und ist an beiden Seiten von Quarzsericit-Schieferbänken begrenzt. Von West gegen Ost wenden sich die Schichten von steilen Südfallen zur senkrechten Stellung und biegen dann zu steilem Nordfallen um. Dieses kleine Vorkommen stellt eine Verbindung zwischen den Falten vom Mieslkopfe und denen von Matrei dar, die Axen dieser Falten sinken gegen die Verwerfung im Sillthale ziemlich steil ab. Der Höhenunterschied zwischen Mieslkopf und Pfons beträgt circa 1100 Meter. I [0's) * 600 Dr. Franz E. Suess. [12] 3. Grafmartspitz—Rossböden. (Profil II.) Von der Serbls-Spitze aus sieht man deutlich, dass die Phyllite am Grafmartspitz am Gipfel dieses Berges Nord fallen und am Süd- abhange in einer Höhe von etwa 2400 Meter zu steilem Südfallen um- biegen. An diesen südlichen Schenkel der Phyllitantiklinale lehnen sich die Kalkdolomitgesteine an; dieselben setzen beiläufig das Streichen der Gesteine oberhalb des Hirschsteins fort. Der Einfalls- winkel nimmt gegen Süden immermehr zu bis die Schichten endlich nahezu senkrecht stehen. Zu oberst haben wir hier Dolomitbreeeie, daran reiht sich gegen Süden Kalkschiefer und noch weiter unten (dolomitischer Kalkstein. Dann schaltet sich eine steil Südfallende Bank Tarnthaler Quarzitschiefer ein und das letzte aufgeschlossene Glied ist wieder Dolomitbreecie. Das Ganze ist als der Nordflügel einer ONO—WSW streichenden Synklinale anzusehen, welche in ihrem innersten Theile noch einmal zu einer kleinen Antiklinale zusammengeschoben ist. Geht man von hier aus in der Streichungsrichtung weiter, so gelangt man an «den Sattel oberhalb der Rossböden. Hier fallen schon von Ferne die weissen Felsen des (uarzitgesteins der Dyas- formation auf, an welchen sich gegen Süden zunächst Dolomitbreecien und dann plattige Kalkphyllite anschliessen. Wenn es hier auch schwer ist sich über die Einzelheiten der Lagerung zn orientiren, so kann doch kein Zweifel bestehen, dass wir es auch hier mit dem innersten Theile einer liegenden Falte zu thun haben, welehe vom Süden des Grafmartspitz herüberstreicht. Demselben Zuge gehört aller Wahrscheinlichkeit, noch eine kleine Partie dolomitischer Breecie im Süden der Möls-Alm-Hütte an. (S. Profil II.) 4. Schoberspitz—Sonnenspitz. (Profil III.) Im weiter östlich fortziehenden Kamme reiht sich an die be- sprochenen noch ein weiterer einfacher gebauter Dolomit- und Kalk- schieferzug an. Besonders am Nordrande dieses Zuges (Rossböden) ist deutlich zu sehen, dass die grünen Tarnthaler Quarzitschiefer zwischen den Carbonenen Quarzphylliten und den Kalkschiefern der Triasformation liegen. Nur im westlichen Theile des Zuges schaltet sich an einer Stelle — offenbar in Folge einer localen Einfaltung — unter dem (Quarzitschiefer noch einmal phyllitscher Kalkschiefer ein. Die Quarzsericitgrauwacken sind an der Nordseite dieses Höhenzuges stellenweise nicht vorhanden. Die Quarzphyllite der Steinkohlenfor- mation enthalten hier Lagen von graphitischen Quarzschiefer. Vom Westen aus betrachtet erscheint der ganze Zug als ein- fache Synklinale und die von beiden Seiten unter den Kalk ein- fallenden Tarnthaler Quarzitschiefer sind deutlich zu sehen. Dass (lie Lagerung, wenigstens im östlichen Theile des Zuges nicht so einfach ist, zeigt die Ersteigung des Kammes. Man sieht hier, dass stellenweise der Kamm von senkrecht stehenden oder steil Süd einfallenden Quarzitgrauwacken und grünem Tarnthaler Quarzitschiefer gebildet wird. Es ist demnach auch hier wenigstens im Osten im 601 -LOTBULIOJSBLLL, A9P LIOIsOrH) — 8 uguodrog = L - _ OONMBULIOFUSTYONUTSIS TOP oyÄydzıend) : -TOjorydszuwund) TOfqgum], — 9 TouusIg sop ayıLydaey - -(sBÄ]) OFOIyag pun PWdargzıend) — G "ıppsydzıend, wr UESUNTOSB[UT-LOJOTydFTOWUN]L) = "NWOJOPUOSI] —yP szange | » Trap 212570.10SU2 9 Ru AUSYISLQ vi PET] N\IN\N ha 8 SERIE - qyoolanaızy Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. IS Moygsey —-< "Wuusıg sap aytÄydz.rend) Se {) ' r ' BR ee polissogy ZI S4WwIA DU | Mpwobungung EL_ESe- 2-0 _ Alpdegoyap " > For Yaie 2002771999 HE SIOW [13] M'NN 602 Dr. Franz E. Suess. [14] inneren Theile der Synklinale eine-schmale,. senkrecht stehende steil Sirdfallende Antiklinale eingeschaltet. Am Ostabhange des Sonnenspitz und am Klammerjoch ist ein plötzliches Umwenden der Streichungsrichtung zu bemerken. Die grünen Schiefer an der Basis fallen hier nämlich ganz unver- mittelt ca. 60° SW, — wir werden noch später hierauf zu sprechen kommen. Dem Schoberspitz ist eme auffallende Bergkuppe vorgelagert, Sie besteht an der Basis aus Dolomit, darüber folgt Kalkphyllit und die Spitze bildet dolomitische Brececie. Der ganze Complex fällt ca. 400° nach N. Die Quarzite an der Basis sind "hier nicht auf- oeschlossen : doch sind sie an dem Abhange des gegenüberliegenden Schoberspitz deutlich zu sehen. 5. Navisihal- Gallenschroffen bei Navis. Südlich vom Navisthal wird das rechte Sillthalgehänge von dem steil NW fallenden Brennerkalkphyllit gebildet. Unterhalb der Kirche von Tienzens am Eingange dieses Thales tritt an dessen Stelle — scheinbar concordant überlagernd — Sericitischer Schiefer mit weissem Quarzit (letzterer unmittelbar hinter der Kirche), welche ich wegen ähnlicher petrographischer Beschaffenheit zu den über den Carbonphylliten liegenden Quarzsericitschiefern rechnen zu müssen olaube. In der Nähe fand ich auch Blöcke von Dolomitbreecie und dolomitischem Kalkstein, aber es gelang mir nicht diese Gesteine hier anstehend zu finden !), Ueber den Sericitischen Schiefern folgt anscheinend concordant der Quarzphyllit, welcher sonst unter den Quarziten liegt. Mit den (Juarziten bei Matrei ist kein tektonischer Zusammenhang aufzufinden. Verfolgen wir das Streichen dieses zwischen Kalkphyllit und Quarz- phyllit liegenden Serieitschieferzuges, so sehen wir, dass derselbe das Navisthal kreuzen muss und unter dem mächtigen Gehänge- Schutt der rechten Thalseite verschwindet. Gegenüber der Kirche von Navis, wo der Obere Weg einen Bach (Trembelbach) kreuzt, finden wir abermals die Grenze zwischen Kalkphyllit und Quarz- phyllit, durch eine ca. 8 Meter mächtige Zwischenlage von hell- srünlichem Sericitphyllit gekennzeichnet. Dasselbe ist auch weiter östlich in dem Thale, welches zur Grünberger Alpe führt, und auf dem Wege zur Stipler Alpe der Fall. Es wäre vielleicht der Gedanke naheliegend, dass an der Basis der Carbonen - Phyllite ein zweites Serieitschieferlager vor- handen wäre; doch spricht. zunächst die grosse petrographische Ver- wandtschaft der Quarzite bei der Kirche von Tienzens mit denen am Mieslkopf und an anderen Orten, sowie das Vorhandensein von dolomitischen Gesteinen in der Nähe derselben, dafür, dass auch diese Gesteine dem oberen Horizonte angehören; die tektonische 3eziehung derselben wird dadurch allerdings äusserst complieirt. Wir .') Pichler. (Ztschft. d. Ferdinandeums, Jahrg. 1559, 8. 199) führt auch die (Juarzite bei der Kirche von Tienzens an. : [15] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 603 müssten hier die Quarzite über den Kalkphylliten und Quarzphylliten transgredirend und später zwischen dieselben eingefaltet annehmen ; wobei die scheinbare Concordanz der Schichten als Erscheinung der nachträglich entstandenen Schieferung aufzufassen. wäre. Es wird aber kaum mit Sicherheit zu entscheiden sein, ob nicht etwa das Vor- kommen bei der Kirche von Tienzens mit den jetzt zu besprechenden complieirten Ueberschiebungen am Gallenschroffen bei der Kirche von Navis in Verbindung zu bringen ist. Es ist dies ein, durch seine Form schon von weitem auffallen- der Felsen dolomitischen Kalkes, an der Stelle wo sich das Navis- thal in zwei Thäler, das Klammthal und Weidenreich (reete Weirach-) Thal theilt. (Prof. I und II.) Steigt man die Schlucht des letztgenannten Baches eine Strecke weit ober den letzten Häusern des Ortes hinauf, so findet man in derselben unter dem Kalke Serieitische Quarzitschiefer anstehend, dieselben streichen ONO-WSW mit steilem SSO-fallen. Wir haben also auch hier innerhalb der Kalkphyllite an der Basis der Dolomite den Horizont der Quarzite. Ersteigt man den Felsen von seiner in das Navisthal blicken- den Seite aus, so findet man stellenweise im Kalke Zwischenlagen von plattig phyllitischem Kalkschiefer, und geht man den Kamm weiter entlang, so trifft man auf steil Südfallende Quarzserieitschiefer oberhalb der Kalke. Auch die grünen Quarzitschiefer sind hier in einer chloritführenden Modification vertreten. In der Nähe der Stöckel-Alpe folet über den Quarziten ein neuerlicher Dolomit- stock und auch dieser wird abermals von den (Quarzsericitschiefern von Süden her bogenförmig überlagert. Die Quarzitische Grauwacke ist hier in der Metamarphose am weitesten vorgeschritten und in plattig schiefrige Sericitphyllite verwandelt '). Ein nicht unerhebliches Westfallen dieser sich von Süden her über den Dolomit legenden Schichten, an deren nördlichstem Flügel deutet auch hier das Westwärtssinken der Ueber- schiebungsaxe an. Die Quarzite sind hier ohne Zweifel in zwei Schuppen über die Kalke geschoben. Gegen Osten keilen die senk- recht oder steil Süd gerichteten Quarzsericitschichten zwischen den Kalkphylliten aus. Auch hier liegen die Kalkphyllit-Schiehten schein- bar concordant mit diesen. Gegen den Sacherkogel (Griff Alpe) zu wenden sich die Phyllite allmählig zu steilem Nordfallen. Am Kreuzjöchl fallen die- selben aber noch stellenweise steil Süd. 6. Tarnthaler Köpfe. (Profil III.) Das Klammthal hinaufsteigend trifft man bald oberhalb der Griff-Alpe über den steil in Nord fallenden Kalkphylliten auf den grauen Quarzphyllit, welcher hier besonders mächtige, einige kleine Hügel bildende, Eisendolomit-Einlagerungen aufweist. In diesen be- finden sich die erzführenden Kalkspathgänge, von welchen das umge- ') 8. petrogr. Theil. = 604 Dr. Franz E. Suess. [16] bende Terrain den Namen der Knappenkuchl!) führt. Von dem „Bödele* oberhalb «dieser Hügel aus sieht man sehr schön die auf den Quarzphylliten liegenden mächtigen Dolomiteomplexe. Die unmit- “ telbare Unterlage dieser letzteren ist leider durch den Schutt der Wände auf weite Strecken verdeckt. An einer Stelle südlich vom Eingange in den sogenannten Trisslgraben (NO. d. C. 1854) findet man jedoch anstehend eine Modification von Phyllit, welche in Folge der diehten grünlichen Quarzitischen Zwischenlagen sehr an die Tarnthaler Quarzitschiefer erinnert. Die letzteren sehen auch an anderen Orten durch Glimmeraufnxhme stellenweise sehr stark phyllitisch aus. Echte Quarzitschiefer liegen in der Nähe und auf dem „Bödele* reichlich umher. Diese Thatsache ist zwar an und für sich für das Anstehen derselben an dieser Stelle nicht beweiskräftig, weil dieselben auch von oben stammen könnten. Nach den Erfahrungen von Matrei. vom Mieselkopfe und dem Nordgehänge der Rossböden müssen wir aber jedenfalls deren Vorhandensein an der Basis der Dolomite unter der Decke von Gehängeschutt annehmen, und wir können durch die angeführten Erscheinungen in dieser Annahme nur unterstützt werden. Um so überraschender ist es, wenn man, nach der Durchstei- sung der mächtigen Serie der Triasgesteine, zu oberst noch einmal die Gipfel der Gruppe der Tarnthaler Köpfe zusammensetzende Tarnthaler Quarzitschiefer, u. zw. hier in sehr mächtiger Entwick- lung und in Verbindung mit mächtigen Serpentinmassen antrifft. — Nur die Annahme einer weitgehenden Ueberfaltung kann uns diese Erscheinung erklären. Beim Anstieg durch den Trisslgraben sieht man wohl stellen- weise sehr bedeutende locale Störungen und Faltungen; ein klares Bild von dem complieirten Aufbau dieser Berggruppe kann man aber nur beim Anblick derselben von einiger Entfernung aus er- halten. (Am besten vom Nord-Abhange des Kreuzjöchls, siehe Taf. XD). Betrachten wir die Aufeinanderfolge der Schichten zunächst in der Nordhälfte der Berggruppe, so sehen wir zu unterst die Quarzphyllite der Steinkohlenformation (CaPh.) mit den weithin sichtbaren rothen Eisendolomit-Einlagerungen (ED.) Nicht weit von diesen entfernt doch oberhalb derselben, wo sich die Dolomitfelsen aus den Hut- weiden erheben, stehen die oben erwähnten grünen quarzitartigen Modificationen der Phyllite an und liegen die Blöcke von Tarn- thaler Quarzitschiefer umher. Ueber den mächtigen weissen Dolomiten (Tr D.) folgt Dolomitbreccie, dann ein dunkler Streifen von phylliti- schem dünnplattigem Kalkschiefer (Tr KPh.) und das Ganze wird von dem mächtigen Bande der grünen Quarzitschiefer (T Qu.) in derselben Ausbildung wie am Mieslkopfe und bei Matrei überdeckt. Wenden wir uns gegen den südlichen Theil dieser Gebirgsgruppe und betrachten wir, wie sich die einzelnen Schichtglieder gegen die alten Kalkphyllite (Br Ph.) des Brenner verhalten, so sehen wir zunächst, dass diese letzteren unter den steil nordfallenden Quarz- ') Auf der Specialkarte ist die Knappenkuchl fälschlich im Kar unmittelbar unterhalb des Reckner angegeben. [17] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 605 phylliten (CaPh.) emportauchen und sich bis an den Kamm knapp unter der Geierspitze erheben. Die Dolomite verschwinden gegen Süd ebenso wie die Dolomit- breecien unter den triadischen Kalkphylliten oder gehen in dieselben über. Diese letzteren überdecken in zwei flachen Bögen vom Neder- spitz bis zur Geierspitze die gesammte Serie der Trias und treten im Gehänge des letzteren Berges unmittelbar an die alten‘Kalkphyllite heran, von denen sie petrographisch kaum zu unterscheiden sind. Die Geierspitze besteht aus den überfalteten Tarnthaler Quarzit- : schiefern, dieselben sind hier im innersten Theile der Falte steil. nahezu bis zur Concordanz mit den angrenzenden alten Kalkphylliten emporgeschleppt. Die Gipfel des grossen und kleinen Reckners be- stehen aus Serpentin (Sp.), der ihnen die wilden, für dieses Gestein charakteristischen Formen verleiht. Auch hier gehört der Serpentin dem Horizonte der grünen Schiefer an. Sowohl der Winkel des Einfalles, als der der Schleppung ist bedeutend steiler, als er auf der Zeichnung erscheint, weil diese das Bild nicht genau im Streichen wiederegiebt. Bis vor Kurzem wurde die Auflagerung der grünen Quarzitschiefer auf der Trias in den Tarnthaler Köpfen als ursprüngliche Lagerung angenommen.; wie das ja auch kaum anders möglich war, bevor die Lagerung auf den Rossböden und am Mieslikopfe genauer studiert war. Bei der genaueren Kenntniss dieser Berge gelangt man aber leicht zu der Einsicht, dass die ältere Annahme eine Erklärung der Lagerungsverhältnisse am Mieslkopfe unmöglich macht Aber auch schon bei Pfons und Matrei ist es evident, dass die grünen Schiefer mit den Serpentinen unmittelbar über den Quarziten und diese wieder unmittelbar über den Quarzphylliten liegen. Da es wohl nicht angeht anzunehmen, dass die gesammte Masse der Triasdolomite und Kalkphyllite der Tarnthaler Köpfe auf diese kurze Strecke ver- schwindet und jenseits der Sill an der Waldrast wieder auftaucht, könnte man schon naeh diesen Thatsachen, ohne Kenntniss der Lagerung am Mieslkopfe und in den Rossböden die Auflagerung der grünen Quarzitschiefer auf den Quarzitgrauwacken und auf den Phylliten der Steinkohlenformation als die ursprüngliche und die Auflagerung der ersteren auf den Triasdolomiten als die Folge einer Ueberschiebung annehmen. Im Detail bieten sich wohl noch der Deutung der Lagerungs- Verhältnisse in den Tarnthaler Köpfen einige Schwierigkeiten. Nach meiner Ansicht wurden die Dolomitmassen und Kalkphyllite durch eine weitgehende Ueberschiebung oder Ueberfaltung gegen Nord von den Tarnthaler Quarzitschiefern überdeckt. Nachträglich sank die ganze Masse an einer parallel der Schichtung der alten Kalkphyllite nordwärts einfallenden Verwerfung in die Tiefe. Dementsprechend sind, wie oben erwähnt, auch die überschobenen Schichten an der Geierspitze steil emporgeschleppt. Am Sonnenspitz in den Tarnthaler Köpfen (ce. 2831) biegt das Streichen ebenso wie am Klammer Joch (s. S. 602) plötzlich in die entgegengesetzte Seite um; die Schichten fallen Südwest. Am Gipfel dieses Berges sind nämlich die Schichten auffallend ostwärts empor- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (F. E. Suess.) 79 606 Dr. Franz E. Suess, [18] gezogen, wie das besonders: deutlich der Anblick von Norden her (Nederspitz) zeigt. Die Fortsetzung dieser Aufbiegung trifft genau auf den Wechsel der Streichungsrichtung am Klammer Joch. Wahrschein- lich haben wir es hier mit einer senkrecht auf das allgemeine Streichen gerichteten Verwerfung zu thun. Am Klammer Joch selbst ist die Lagerung äusserst complicirt. Hier wechseln sehr oft Tarn- thaler Quarzitschiefer und plattige Kalke und in Folge der gestörten Streichungsrichtung, sowie der Mannigfaltigkeit der Erosionsformen ist es hier sehr schwer, einen Ueberblick zu gewinnen. Die tiefere Lage der Dolomite und Quarzbreccien im Osten der Mölserscharte sagt uns aber, dass hier der Ostflügel der Verwerfung gesenkt ist. Demnach sind die Schichten am Sonnenspitz und Klammer Joch ver- kehrt geschleppt. Auf dem Ostgehänge der Tarnthaler Köpfe gegen die Lizum- Alpe ist die Basis der Dolomite leider ebenfalls verhüllt. Unweit des Sägenhorst, südlich der Tarnthaler Köpfe ist den alten Kalkphylliten noch ein Streifen Dolomit in Begleitung von Quarz- serieitschiefer eingelagert. Derselbe streicht ONO, WSW, fällt eoncor- dant mit den Kalkphylliten steil gegen Nord und stellt offenbar den innersten Theil einer kleineren hier gegen Süd überbogenen Falte dar. 7. Die Dolomitberge östlich vom Lizumthale. Die Berge jenseits des Lizumthales liegen bereits ausserhalb des Rahmens, den ich meiner Arbeit ursprünglich gesteckt hatte, und ich konnte mir, da ich bei dem schlechten Wetter des Juli 1893 mit der Zeit zu sparen hatte, blos eine kurze Excursion in dieses interes- sante Gebiet vergönnen. Vermochte ich auch nicht den complieirten Bau der Falten in diesem Theile in allen Einzelheiten klarzulegen, so war ich doch im Stande, die Hauptgrenzen der Dolomite und (Quarzitgesteine innerhalb der Phyllite einzuzeichnen und in den wesent- lichsten Punkten Uebereinstimmung mit den Verhältnissen in den östlichen Gebieten nachzuweisen. Etwas unterhalb des Junsjoch fallen die grünen Schiefer eirca 40° N. unter die jüngeren plattigen Kalkphyllite ein. Desgleichen sieht man besonders deutlich vom Junssee aus die Brennerkalkphyllite unter die Dolomite und Breccien der Kahlwandspitze (2855 Meter) einfallen und der Anblick dieses Berges von den Tarnthaler Köpfen aus zeigt deutlich die nordwärts gerichteten Falten der älteren Kalk- phyllite an der Basis der Triasgesteine. Den Reisenock (2557 Meter) von Osten betrachtend, sieht man deutlich einen nordwärts gerichteten Faltenbau; besonders klar ist eine schiefe Synklinale von weissen Serieitquarziten und Tarn- thaler Quarzitschiefern, welche über plattigem Kalkphyllit (Brenner- kalkphyllit) und unter dolomitischer Breccie liegen. Blickt man vom Thorjoch aus gegen die Nordwest-Abhänge des Reisenock, so sieht man abwechselnd übereinander liegende Züge von Dolomitbrececie und triadischem Kalkphyllit (Glimmerkalke), es sind das offenbar die im Streichen gesehenen mehrfach übereinander liegenden Faltungen. Den Kamm von der Thorwandspitze zur [19] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 607 - Kahlwandspitze entlang kletternd, findet man zwischen den mannigfach wechsellagernden Dolomiten, Glimmerkalken und dolo- mitischen Breccien an mehreren Stellen die typischen Sericit- quarzite, meist steil S-fallend, oder auch senkrecht stehend oder in unregelmässigen Verbiegungen mit meist spitz ausgequetschten Seiten- ästen zwischen den Dolomiten. Zwischen Thorspitz und Eiskaar-Spitz queren zwei OW streichende kurze Züge von Dolomit in Verbindung mit Quarzsericit- schiefern und Tarnthaler Quarzschiefern den aus Phyllit bestehenden Gebirgskamm. Am Thorspitz fallen die Phyllite bereits nach Nord, wir befinden uns demnach hier schon nördlich von dem Scheitel der vom Serbls-Spitz herüberstreichenden Phyllit-Antiklinale. Complicirter ist die Lagerung am Hippoldjoch und am Hippold. Die Zeichnung Taf. XI, Fig 1 gibt das Bild dieses Berges von Osten aus. Man sieht im Süden hier wie immer über den Phylliten (CaPh.) die Quarzserieitgesteine (Qu.) und über diesen die weissen Dolomite. (TrD.) Die Höhen südlich vom Hippoldjoch bestehen aus Dolomitbreccien und plattig phyllitischen Schiefern, welche mit jenen in innigem Zusammen- hange stehen (s. petr. Theil S. 612). Am Joch selbst liegen sehr stark schiefrige Quarzsericitgesteine; dieselben steigen sehr steil gegen Norden empor bis zur Spitze des Hippold und überlagern hier offenbar in Folge der Ueberfaltung die Dolomitbreccien. Am Nordabhange des Hippold fällt ein weiterer Flügel der (Quarzite wieder nahezu senkrecht ein und jenseits unter denselben tauchen abermals Streifen von Dolomitbreccie in mächtigen senkrecht stehenden Wänden auf. Die Art und Weise der Wechsellagerung zwischen Quarzit- gesteinen und Dolomit erinnert in diesen Bergen sehr an die oben beschriebenen mehrfach übereinander liegenden Schuppen am Gallen- schroffen bei Navis. Diese Einfaitungen ziehen sich, wie aus der Karte ersichtlich ist, vom Hippold aus noch in mehreren Streifen ostwärts gegen das Hobar-Joch eine Strecke weit fort. In den Dolomit- und Quarzitpartieen, welche an dem gegen Nord ziehenden Kamme bis zum Hippold aneinandergereiht sind, finden wir offenbar die Fortsetzung der Falten zwischen Mieslkopf und Klammer Joch wieder. Entsprechend der Senkung der Faltenaxen gegen West liegt hier überall die Basis der Triasformation höher als in dem westlichen Höhenzuge. 8. Phyliitgebiete im Norden. Auf die Zusammengehörigkeit der Quarzphyllite vom Pfoner- berge und denen vom Steinacher Joche wurde schon mehrmals hin- gewiesen, u. zw. wurde hervorgehoben, dass ausser der petrographischen Beschaffenheit auch noch die zahlreichen Eisendolomit-Einlagerungen ein nicht unwichtiges Moment in Bezug auf die Zusammengehörigkeit dieser Gesteine ausmachen. Die mächtigsten dieser Einlagerungen finden sich in der Knappenkuchl, am Nordgehänge des Seeköpfis, ferner am Grafmarter, am Naviser Joche und in den Rossböden. 237 "608 Dr. Franz E. Suess. [20] Die Lagerung der Phyllite betreffend wurde gesagt, dass dieselben eine antiklinale Wölbung bilden, deren Scheitel von Pfons über den Nordkamm des Kreuzjoches zum Seeköpfl und über den Grafmarter gegen den Eiskaarspitz zwischen Thorspitz und Hippold hinzieht. In den Schluchten oberhalb Knofel bei Pfons fallen die Schichten noch steil Süd. An der Strasse von hier bis St. Peter ist aber in den vielen Aufschlüssen stets bald flacheres, bald steileres Nordfallen zu beobachten. Nördlich vom Arzthale trifft man bald auf abweichende Varietäten der Phyllite, auf grünliche Chloritphyllite mit Granaten (Mandler und Spörhof) und später auf grüne, feinschuppige, phyllitartig aussehende Gesteine, welche sich unter dem Mikroskope als Hornblende-Gesteine ergeben (Mühlthal, 60° NNO fallend). Verfolst man die Verbreitung dieser Einlagerungen gegen Osten, so findet man dieselben am Rosenjoche, am Kreuzjoche, an vielen Punkten im Mühlthale und im Volderthale wieder. Den Quarz- phylliten südlich vom Arzthale sind solche Einlagerungen vollkommen fremd und ebenso fehlen diesen nördlichen Quarzphylliten vollkommen die sonst so häufigen Eisendolomit-Einlagerungen. Die Quarzphyllite selbst sind allerdings oft sehr wenig von einander verschieden; nichts- destoweniger sind wohl die angegebenen Verschiedenheiten der oft ziemlich mächtigen begleitenden Gesteine massgebend genug, um eine Unterscheidung der beiden Quarzphyllite als verschiedene Formationen nothwendig zu machen. Sämmtliche nördlichen Quarzphyllite fallen ebenfalls unter einem Winkel von durchschnittlich 30° bis 40° gegen Nord und liegen dem- nach anscheinend concordant auf den Quarzphylliten der Steinkohlen- formation. Da nun im Süden auf diesen letzteren unmittelbar die (Gesteine der Dyas- und Triasformation folgen, sind dieselben jedenfalls jünger als die überlagernden Phyllite. Demzufolge muss die scheinbar eoncordante Aufeinanderfolge der beiden mächtigen Phyllit- Formationen ihren Grund in irgend einer tektonischen Störung haben. | Diese Störung ist, wegen der stellenweise sehr grossen petrographischen | Verwandtschaft der beiden Gesteine, sehr schwer auffindbar und es muss vorderhand deren genaue Lage und Charakter hypothetisch bleiben. Auf Profil I. und 11. S. 601 wurde dieselbe als gegen Nord einfallende Ver- werfung eingezeichnet, welche genau durch das Arzthal und von hier gegen das Rosenjoch streicht. Ein ähnliches Verhältniss, wie zwischen jüngeren und älteren Quarzphylliten, besteht anscheinend zwischen diesen und dem Glimmer- schiefer (Gneiss-Glimmerschiefer) vom Patscher Kofel und vom Glun- gezer. Auch hier liegen Gesteine von älterem Habitus gleichsinnig gegen Nord fallend auf den jüngeren. (Profil I.) Diese Glimmerschiefer bilden einen im Westen breiten und gegen Osten sich rasch ver- schmälernden Streifen, dessen Beschaffenheit bedeutend wechselvoller ist, als die des weit verbreiteten gleichmässigen Gneiss-Glimmer- schiefers im Osten des Sillthales. In der Nähe des Gipfels des Hane- burger finden sich noch im älteren Quarzphyllit Einlagerungen, die sich in mancher Hinsicht dem Glimmerschiefer nähern; noch weiter östlich ist jedoch nur typischer Quarzphyllit anzutreffen. Die Glimmerschiefer keilen gegen Osten in den Phylliten aus. [21] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 609 In Bezug auf die petrographische Beschaffenheit sind die Glimmerschiefer des Patscherkofels als echte zweiglimmerige Gneiss- Glimmerschiefer zu bezeichnen, die sich im allgemeinen sehr dem Gneiss-Glimmerschiefer von Matrei nähern. Es hat aber schon Stache seinerzeit darauf hingewiesen, dass sich Uebergänge von den Phylliten zu diesen finden, und jedenfalls ist das reichliche Auftreten der sonst für die Phyllite dieser Gegend so charakteristischen kleinen Turmalinsäulchen, welche A. Pichler geradezu als ent- scheidend für die Zutheilung dieser Gesteine zu den Phylliten ange- nommen hat, immerhin bemerkenswerth. Nach den Angaben Pichler’s stehen überhaupt Phyllit und Glimmerschiefer auch im Osten bei Flauerling in derselben Beziehung zu einander?). Dort fällt der Phyllit unter den Glimmerschiefer ein, und die Gesteine gehen ineinander über. — Es darf hier auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich auch in dem Gmneiss-Glimmerschiefer westlich der Sill, und zwar an der Strasse von Matrei nach Schönberg bei Matrei- wald, Lagen von echtem Quarzphyllit vorfinden. Es spricht demnach sowohl in tektonischer als auch in petro- graphischer Hinsicht manches dafür, dass diese Gmeiss-Glimmer- schiefer als Einlagerungen in Phylliten aufzufassen seinen. Mit dieser Frage steht aber auch noch die Frage nach dem Alter der Brenner- kalkphyllite in engstem Zusammenhange. Stellen sich nämlich weiter im Süden die Kalkphyllite als jünger heraus, als die älteren Quarz- phyllite, so steht der’ Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen diesen und dem Glimmerschiefer nichts im Wege. Sind aber die Kalkphyllite die ältere Formation, so muss unbedingt zwischen den älteren Quarzphylliten und dem Glimmerschiefer eine tektonische Störung oder eine Transgression der ersteren verbunden mit überkippter Lagerung angenommen werden. Das letztere wäre wohl in diesem Falle wegen der angeführten Uebergänge noch das wahrscheinlichere?). Wie bereits oben erwähnt, grenzen die Quarzphyllite der Stein- kohlenformation an einer vorpermischen Längsstörung an die Brenner- kalkphyllite und ist hiedurch gar kein Anhaltspunkt für das Alter der letzteren gegeben. Die Annahme einer faciellen Vertretung der Brennerkalkphyllite durch die alten Quarzphyllite im Norden kann wohl nur wenig Wahrscheinlickeit beanspruchen; denn bei der ge- ringen Entfernung, in welcher diese beiden Gebilde in unserem Ge- biete auftreten, müsste sich doch schon ein deutlicher Uebergang zwischen denselben bemerkbar machen; sie sind aber petrographisch vollkommen von einander verschieden. Am Nordgehänge des Patscherkofels bei Heiligenwasser und bei Igls stellen sich wieder sehr quarzreiche Phyllite ein?). Die- lau ') A. Pichler. Zur Kenntniss der Phyllite in den Tir. Central-Alpen, SW v. Innsbruck. T. M. M. 1883, S. 294. Dass die Turmalinsäulchen nicht überall eine solche Bedeutung für die alpinen Phyllite besitzen, ist unter a. z. B. aus einer diesbezüglichen Bemerkung von F. Eigel über die Phyllite vom Bacher- gebirge ersichtlich. Mitth. d. nat. Ver. für Steiermark. Jhrg. 1893, S. 213. 2) S. die Fussnote !) S. 592. IrVels Pichter-L’e" 610 Dr. Franz E. Suess. [22] selben sind von den Phylliten der Steinkohlenformation ganz gut zu unterscheiden (vergl. petr. Theil). Bei Igls und im Ahrenthale und weiter im Osten bei Volderbad enthalten die Phyllite Einlagerungen von Kalk (nieht Dolomit). Noch weiter nördlich (Lanser Köpfe und Oellacherhof) kann man wieder Einfallen der Quarzphyllite gegen Süd (30—40°) beobachten. Dieser nördliche gegen Süd fallende Phyllitstreifen erstreckt sich nach den Beobachtungen Pichler’s auch auf die linke Seite des Sillthales. Uebersicht. Ich habe in dem besprochenen Gebiete folgende Schichtglieder unterschieden: 1, Gneiss-Glimmerschiefer. 2. Alte Quarzphyllite des Brenner mit mannigfachen Zwischenlagen. 3. Kalkphyllite des Brenner. 4, Quarzphyllite der Steinkohlenformation. 5. Quarzsericitgesteine der Dyasformation. 6. Grüne Tarnthaler Quarzitschiefer und Serpentine. 7. Die Gesteine der Triasformation Im Westen der Verwerfung des Sillthales breiten sich die Glimmerschiefer der stehengebliebenen Scholle bis an den Fuss der Waldrastspitze aus. Das Gebiet östlich der Sill theilt sich in drei breite Streifen, welche von den Gesteinen der älteren Formationen gebildet werden und welche in zwei das Hauptstreichen des Gebirges einhaltenden Störungslinien aneinander grenzen. Den südlichen Streifen bildet der nördliche Theil des ausgedehnten Gebietes der Brennerkalkphyllite. Bei Tienzens im Navisthale grenzen dieselben an die scheinbar concordant aufliegenden Quarzphyllite der Stein- kohlenformation, welche den zweiten Streifen bilden. Die Begrenzungs- tläche fällt hier gegen Nord ein; wendet sich aber im Navisthale bis zur Kirche ebenso wie die Schichtstellung der Kalkphyllite zu steilem Südfallen; im Klammthale wieder zu senkrechter Stellung und fällt im der Knappenkuchel unterhalb der Tarnthaler Köpfe abermals gegen Nord. Die Quarzphyllite der Steinkohlenformation steigen zu einer im Westen flacheren und gegen Osten steiler werdenden antiklinalen Wölbung empor. An den nördlichen steiler abfallenden Flügel dieser Antiklinale schliessen sich die gleichsinnig einfallenden älteren (Quarzphyllite an, welche das Nordfallen bis in die Gegend von Igls bei Innsbruck beibehalten und die dritte Zone bilden. Die Beziehung dieser Phyllite zu dem Glimmerschiefer des Patscherkofels ist noch nicht vollkommen klargestellt. Die Dolomite und die dieselben fast stets begleitenden quarziti- schen Gesteine liegen in einzelnen Partieen theils am Scheitel und theils am Südflügel der Antiklinale der jüngeren Quarzphyllite, theils innerhalb der Kalkphyllite. Hieraus ergibt sich, dass diese Gesteine der Dyas- und Triasformation über die älteren Gesteine transgrediren. (Vergl. Profile S. 601.) Die einzelnen Partieen der Triasformation ergaben sich als, Stücke von Faltenzügen von mannigfaltigem Bau und einheitlichem ONO-WSW-Streichen. Die Faltung ist mit Ausnahme der schmalen nordfallenden „Faltenwurzel“ am Sägenhorst immer gegen Nord [23] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 611 gerichtet. Die weitgehendste Ueberfaltung oder auch Ueberschiebung hat in den Tarnthaler Köpfen stattgefunden, wo die sonst an der Basis der Triasformation liegenden grünen Quarzitschiefer und Ser- pentine die Triasformation auf weite Strecken überlagern. Es ist nicht leicht, den Zusammenhang der einzelnen durch- wegs synklinalen Faltenstücke in sicherer Weise festzustellen. Wenn man einen ziemlich raschen Wechsel des Faltenbaues im Streichen selten lassen will, wird man die Falten wohl am besten folgender- massen gruppiren können: 1. Pfons-Mieslkopf. 2. Ruipler Alm, Graf- marter, Mölsalm, Hippold. 3. Schusteralm, Rossböden, Mölser Scharte, Thorspitze. 4. Tienzens, Gallenschroffen bei Navis, Tarnthalerköpfe, Kahlwand, Thorwand. 5. Sägenhorst. Noch weiter im Süden reiht sich an diese bei Hintertux und Madseit noch ein sechster breiterer Quarzit-Dolomitzug, welcher schon ausserhalb des colorirten Kartengebietes liegt '). Die Längsaxen der Synklinalen steigen gegen Ost sehr rasch empor. Diesem Umstande gemäss bilden im östlichen Theile des (Grebietes die Dolomite die Gipfel der Berge; noch weiter östlich, im Gebiete des Graukopf bis an das Zillerthal fehlen diese Gesteine vollständig; die Triaszüge heben sich gegen Osten vollständig aus den Phylliten heraus und sind durch Abtragung verschwunden. Das besprochene Gebiet lässt sich seiner Stratigraphie und seiner Tektonik nach unschwer an die von Fre ch beschriebenen Trias- gebiete in der Umgebung des Gsehnitzthales anschliessen. Die Trias des Mieslkopfes liegt im Streichen der jenseits der Verwerfung auf dem Glimmerschiefer ruhenden, sanft Südfallenden Trias der Waldrast- spitze und des Blaser. Die Ueberschiebung in den Tarnthalerköpfen liegt im Streichen etwas nördlicher als die viel gewaltigeren gegen Nord gerichteten Ueberschiebungen der Quarzphyllite des Steinacher Joches. Am Fusse des Steinacher Joches, bei Plon, kommen die Dolomite unter einer mächtigen Serie von @Quarzphylliten heraus. Am Südgehänge des Kalbenjoch bei Trins liegen zwischen den Triasdolomiten quarzitische Breceien, ähnlich wie die Quarzsericit- schiefer am Gallenschroffen bei Navis, und deuten dadurch eine ähnliche Schuppenbildung oder wiederholte Ueberschiebung an ?). Im Osten dürften sich die nächsten Vergleichspunkte mit unserem Gebiete vielleicht in der Gegend von Schwaz finden lassen. Schon Gümbel hat die dolomitischen Gesteine des Ober- bergerthales am Brenner wegen ihres Gehaltes an Kupfererzen mit den Schwazer Dolomiten verglichen 3). Auch in den Dolomiten der Kahl- wand und der Thorwand findet man häufig grüne Anflüge von Malachit und Tirolit und nach Cathrein®) gehört auch ein Theil der Schwazer Dolomite der Triasformation an. 1) Erwähnt von Stache .Verh. d. geol. R.-A. 1870, 8. 218. ay Brechhali/c. 81948. ®) v. Gümbel. Ueber die warme (Quelle des Brennerbades. S. 175. | *) Cathrein. Die Dolomitzone bei Brixlegg in Nordtirol. Jahrb. d. geol. R.-A. 1880 S. 609. 612 ‚ Dr. Franz E. Suess. [24] B. Petrographischer Theil. In einem Gebiete, wie das eben beschriebene, welches an Ver- steinerungen so ausserordentlich arm ist und in dem man bei der Unterscheidung der stratigraphischen Horizonte nahezu ausschliesslich auf die petrographischen Eigenthümlichkeiten und den tektonischen Zusammenhang der Gesteine angewiesen ist, erschien mir eine genauere Untersuchung der wichtigsten Gesteinstypen besonders wünschens- werth, denn hierauf muss sich leider die thatsächliche Constatirung des Vorhandenen. deren positiver Werth nicht so leicht verloren gehen kann, beschränken Es ist jedoch klar, dass die petrographischen Merkmale nur Anhaltspunkte für die Fragen nach der Stratigraphie der Schichten geben können, deren endgiltige Entscheidung von der Erforschung der Lagerungsverhältnisse geliefert werden muss. Um bei der öfteren Wiederkehr ähnlicher Gesteine in ver- schiedenen Horizonten Verwirrungen vorzubeugen und da in erster Linie die stratigraphisch-tektonische Durchforschung des Gebietes für den Verfasser massgebend war, werden im Folgenden die Gesteine nach stratigraphischem Gesichtspunkte geordnet beschrieben. Ein Theil der nachfolgenden Untersuchungen wurde von mir im Winter 13892—93 am mineralogischen Institute der deutschen Univer- sität in Prag unter der Anleitung meines hochverehrten Lehrers des Herrn Professor F. Becke fertiggestellt und ich fühle mich ver- pflichtet, in erster Linie dem genannten Herrn und dann auch dessen damaligem Assistenten Herrn H. Blumrich für viele Rathschläge und Belehrungen meinen tiefgefühltesten Dank auszusprechen. Herr C. F. Eicehleiter hatte die Güte, im Interesse der vor- liegenden Arbeit einige chemische Analysen durchzuführen und ich erfülle sehr gerne die Pflicht, ihm an dieser Stelle meinen besten Dank zu bezeugen. I. Archaeische und altpalaeozoische Gesteine. Zwischen den Gesteinen, welche der archaeischen und der alt- palaeozoischen Gruppe zuzuweisen sind, wird sich eine scharfe Grenze nur schwer ziehen lassen; sicher ist nur, dass (die älteren (uarzphyllite des Ostens jünger sind als die Gneiss-Glimmerschiefer, welche im Westen des Sillthales so grosse Verbreitung gewinnen. Die Hauptgruppen dieser Gesteine werden analog der Aufzählung derselben im stratigraphischen Theile (S. 591) eingetheilt. 1. Gneiss-Glimmerschiefer. Die hier angeführten Gesteine stammen vom Westgehänge des Sillthales und gehören der Masse an, welche die Basis der Trias der Kalkkögel und Waldrast bildet und noch weiter westlich das ganze Gebiet des Oetzthales einnimmt. [25] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 613 Als Typus mag das Gestein vom Steinbruche gegenüber dem Postgebäude von Matrei (1) dienen?). Die Gesammtfarbe des Gesteins ist grau und die Structur aus- gesprochen schiefrig; die Schieferungsflächen sind höckerig uneben und zeigen den lebhaften Glanz der Glimmer, die sich schon mit freiem Auge sehr deutlich als Muscovit und Biotit unterscheiden lassen. Zwischen den parallel gelagerten Glimmerschüppchen sind sehr flache Linsen von feinkörnigen Quarz- und Feldspathaggregaten eingeschaltet. Im Grossen lässt das Gestein manchmal eine deutliche, ziemlich regelmässige Bankung erkennen, welche von einiger Entfernung einer Schiehtbankung nicht unähnlich ist. Der Querschliff wird von mehreren Bändern parallel anein- ander geschichteter oder in stumpfem Winkel aneinander absetzender, scharf umgrenzter Glimmerleisten durchzogen ; zwischen diesen Bändern liegen die Zonen der Quarzfeldspathaggregate, welche keine deutliche Längsstructur erkennen lassen. Die zahlreichen accessorischen Bestand- theile sind ziemlich gleichmässig im Gestein vertheilt. Der Muscovit übertrifft an Menge bedeutend den Biotit. Oft sind beide parallel miteinander verwachsen und stellenweise sind einzelne Leisten zur Hälfte gefärbt und zur anderen Hälfte farblos, wobei dann die beiden verschiedenen Theile durch eine scharfe und zackige, quer über die Länkserstreckung der Leiste verlaufende Linie getrennt sind. Der helle Glimmer erscheint unter dem Mikroskop vollkommen farblos und gibt unter gekreuzten Nikols hohe Inteferenz- farben. Der Winkel der optischen Axen ist eirca 62°, o%v. Mikro- chemische Reactionen ergaben nebst K und etwas Na auch etwas Mg. Der Biotit zeigt sehr lebhaften Dichroismus von blass bräunlich- gelb zu intensiv röthlich-braun. Die Basisfarbe ist heilbraun mit einem leichten Stich in’s röthliche. Der Winkel der optischen Axen varlirt, ist aber immer sehr klein, manchmal fast 0%. Die Boricky’sche Reaction ergab Mg und K. Die Glimmer enthalten oft undurchsichtige Einschlüsse von bedeutender Kleinheit, die namentlich an den Trennungsflächen der einzelnen Leisten angereichert sind. In Form von kleinen Leistenbündeln und Schüppchen, oder auch als feinschuppiges Aggregat zwischen den Glimmern eingezwängt tritt ziemlich vereinzelt ein blassgrünes Mineral auf, das sich durch die schwache, positive Doppelbrechung als Klinochlor zu erkennen gibt. Der Winkel der optischen Axen ist etwas kleiner als 60°. Von Feldspäthen ergab sowohl der Färbeversuch ?) als auch die Trennung nach dem specifischen Gewichte ein bedeutendes Vorwiegen des Plagioklas. Bei der Einstellung der schweren Flüssigkeit auf Orthoklas blieben nur wenige Körner schweben, welche Reactionen auf K u. Ca ergaben. ') Oberflächlich beschrieben von Bonney. On two traverses of the erystal- line rocks of the Alps. Qu. J. 1889. p. 67. 2) Becke. Min. Mitthlen. 1889. S. 90. 1891. S. 257 u. Pelikan ebenda. 3.,198: Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (F. E. Suess.) 80 614 Dr. Franz E. Suess. [26] Der Plagioklas lässt sich im Schliff durch die von zahlreichen Einschlüssen herrührende Trübung vom Quarz leicht unterscheiden: ausserdem ist er von sehr zahlreichen feinen Muscovitschüppchen oanz durchsetzt. so dass es aussieht, wie wenn er dem Quarz gegen- über in noch feineren Aggregaten auftreten würde; es zeigt sich aber unter gekreuzten Nikols, dass ziemlich grosse Partieen dieses scheinbar zwischen Muscovit eingebetteten Feldspathes gleichzeitig auslöschen und zu einem Individuum gehören. Ferner sind noch rund- liche Körner von Quarz als Einschlüsse im Feldspath vorhanden. Ein- zelne der derartig zerrissenen Feldspathindividuen zeigen undeutliche Zwillingsstreifung. Die verschieden orientirten Lamellen unterscheiden sich ann meist auch im einfachen Lichte durch grösseren oder geringeren Gehalt an Einschlüssen. Die Lichtbrechung des Feldspathes ist in allen Schnitten schwächer als die des Quarzes, was auf einen an Albitsubstanz reichen Plagioklas schliessen lässt '). Die unregelmässig begrenzten Körner löschen manchmal schwach undulös aus; sie enthalten immer Wände von feinen Einschlüssen ; einzelne von diesen brechen an der Begrenzungsfläche der Körner ab, die Mehrzahl derselben durchzieht jedoch ununterbrochen die ver- schiedenen Körner, unbekümmert um deren Orientirung; oft durch- kreuzen sie sich gegenseitig, oft schneiden sie aber auch scharf aneinander ab. Nicht selten setzten sich die Einschlusszüge in Form von Sprüngen in die Feldspathglimmermasse fort. Manchmal‘ sind auch Musecovitleistehen in unterbrochenen Zügen zwischen den Quarz- körnern eingebettet. (Juarz und Feldspath sind, wie der Färbeversuch lehrt, ungefähr in gleicher Menge vorhanden. Die sehr zahlreichen Granaten sind mit freiem Auge nicht wahrnehmbar; u. d. M. sind sie im aufiallenden Lichte hellgelblich- braun, im durchfallenden farblos. Die dichteren Gruppen gehören meistens den Feldspäthen an; vereinzelt kommen sie aber auch zwischen den Glimmern nicht selten vor. Die krystallographische Um- grenzung (110) ist ziemlich deutlich. Oft enthalten die Körner sehr schön zonar angeordnete, undurchsichtige Einschlüsse, meist sind sie von groben Rissen und Sprüngen durchzogen. Die Behrens’sche Probe ergab einen grossen Gehalt an Caleium und Eisen. Apatit kömmt vereinzelt in Form Jlänglicher und runder Körner vor. Der Rückstand der Auflösung des Gesteins in Flusssäure ent- hielt ziemlich reichlich Zirkon in Form länglicher Körnchen und unregelmässig, röthlichbraune Körner von Rutil; letzteres Mineral war auch im Dünnschliffe in Form relativ grosser, von Sprüngen durch- zogener und oft abgebrochener Säulchen mit undeutlich pyramidaler Endieung zu sehen. Magneteisen erz und Magnetkies kommen fast stets ge- meinsam in Fetzen und Schmitzen mit manchmal eckigen Umrissen, ') 8. Becke, Ueber die Bestimmbarkeit der Gesteinsgemengtheile bes. der rs auf Grund ihres Brechungsvermögens. Stzber. Wien. Akad. Math.-nat. Cl. 102 (1) S. 358. 1893. [27 Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 615 am liebsten in den glimmerreichen Lagen vor. Sie wurden durch schwere Flüssigkeit gefällt und nach Sonderung aus den übrigen schweren Mineralien durch den Magnet geprüft. Kohlige Substanzen (Graphitoid n. Sauer) sind ziemlich reichlich in Form von Flecken und Pünktchen vorhanden. Sie ver- schwinden beim Glühen des Schliffes. Zuletzt wäre noch ein sehr spärlich und local auftretendes Mineral von hell entenblauer Farbe, schwachem Dichroismus und schwacher Doppelbrechung zu erwähnen, das, soweit die Untersuchung bei der starken Zertrümmerung der Schuppen möglich ist, die optischen Eigenschaften eines Chloritoids zeigt. Der Versuch, das Mineral durch Flusssäure zu isoliren, misslang, Von mehr gneissartigem Habitus, d. h. ärmer an Glimmer- mineralien und reicher an Feldspath ist das Gestein aus dem Stein- bruch, links an der Schönberger Strasse, nicht weit nördlich von Matrei (2). Dasselbe unterscheidet sich auch von der eben be- schriebenen Varietät durch das Fehlen der Granaten. Die hauptsäch- lichsten Mineralbestandtheile sind schon makroskopisch deutlich er- kennbar. U. d. M. überwiegt der wasserhelle Muscovit bedeutend den Biotit und den Chlorit, mit denen er beiden öfter parallel ver- wachsen ist. Der verhältnissmässig spärliche Biotit ist lebhaft dichroitisch von blass grünlichgelb zu intensiv grünlichbraun. Die Eigenfarbe ver- deckt sehr stark die Polarisationsfarben. Selten zeigen jedoch ganze Schüppcehen diese für den Biotit so charakterisirten Eigenschaften; meist sind nur die Kerne und streifige Partieen als Biotit erhalten, während die Hauptmasse derselben einer Umwandlung in Chlorit unterworfen wurde. Der Chlorit ist deutlich dichroitisch von blass gelb- lichgrün nahezu blaugrün. Die für einen Chlorit nicht allzu schwache, deutlich positive Doppelbrechung deutet auf einen Klinochlor. Von den verhältnissmässig reichlich vorhandenen Feldspathen überwiegt der Plagioklas den Orthoklas zwar nicht so sehr wie im vorigen Gesteine, jedoch immer noch bedeutend. Die Feldspäthe wurden durch Jodmethylen gesondert und durch die Borick y’sche Probe mittelst Flusssäure constatirt. Die unregelmässigen, oft ausgebuchteten und den Quarz uul- wachsenden Orthokläskörner sind durch ihre ausserordentlich schwache Liehtbrechung leicht erkennbar. Sie sind frei von grösseren Ein- schlüssen (Glimmerschüppchen etc.), zeigen aber stets eine allgemeine Trübung, welche von sehr feinen Porenzügen herrührt. Auf der Ober- fläche der Körner sind sehr deutliche Spaltrisse wahrnehmbar. Die Plagioklaskörner sind u. d. M. sehr auffallend durch den srossen Reichthum an Einschlüssen in Form sehr feiner nadelartiger Leistehen farblosen Glimmers, die zum grossen Theile in regel- mässiger Anordnung parallel der sehr ausgeprägten Zwillingsstreifung, oft aber dieselbe in gleichen Winkeln schneidend die Körner ziem- lich gleichmässig durchsetzen. Oft enthält der Plagioklas auch rund- liche Quarzeinschlüsse ; Poreneinschlüsse sind nicht selten in trüben 80 * 616 Dr. Franz E Sness. [28] Kernen im Innern der Plagioklase wolkig angereichert, welche mit einem hellen Rande gleicher optischer Orientirung umgeben sind. Die ungemein feinen Zwillingsstreifen sind häufig gebogen und seknickt, was natürlich mit undulöser Auslöschung verbunden ist. Partieenweise ist die Zwillingsstreifung feiner und gröber entwickelt. Oft setzen einzelne Lamellen an querliegenden Glimmerleistchen ab; meist aber setzen sie durch die Einschlüsse ungehindert fort. Der Quarz bildet ein ziemlich grobkörniges Mosaik von oft undu- lös auslöschenden Körnern, einzelne derselben zeigen die später noch ausführlicher zu besprechenden feinen Lamellen schwächerer Licht- und Doppelbrechung. (S. im Folgenden S. 646.) Accessorisch treten Apatit, Zirkon und Titanit, letzterer nur sehr spärlich, auf. Von Erzen wurden nur wenige Partieen von Limo- nit in Form von Pseudomorphosen nach Pyrit beobachtet. Graphi- toid ist nicht vorhanden. Das Gestein von der Schönberger Strasse gegenüber St. Peter (3) gleicht makroskopisch wieder mehr dem erstbeschriebenen von Matrei, doch ist es etwas reicher an Feldspath. Kleine gelbe, mit freiem Auge noch schwer wahrnehmbare Granaten sind wie dort reichlich vorhanden. U. d. M. sieht man, dass Muscovit und Biotit in ungefähr gleicher Menge vorhanden sind. Einzelne Schüppchen des letzteren zeigten ein Winkel der opt. Axen von ca. 20°. Quarz tritt in der gewöhnlichen Form auf. Die Plagioklaskörner sind ganz beson- ders reich an Muscoviteinschlüssen, so dass in einzelnen Fällen wohl die Masse der Einschlüsse die des Wirthes überwiegt und es stellenweise auf den ersten Blick so aussieht, wie wenn Nester feinschuppigen Muscovites im Gestein vorhanden wären. Die im Schliffe sehr verbreiteten Granaten sind von vielen, mit undurchsichtigem Material ausgefüllten Sprüngen durchzogen, welche im auffallenden Lichte röthlichgelbe Farbe geben. An ein- zelnen Stellen sind sie randlich in Chlorit verwandelt. Letzteres Mineral tritt auch in einzelnen Leistehen von positiv opt. Charakter im Gestein spärlich vertheilt auf. Die accessorischen Mineralien und Erze sind dieselben wie bei (1). 2. Epidot-Amphibolit- und Amphibolit-Einlagerungen im Gneiss-Glimmerschiefer. Einlagerungen von Hornblende-Gesteinen mit stellenweise zu- geselltem Epidot kommen in sehr wechselnder Mächtigkeit sehr verbreitet im Gneiss-Glimmerschiefer der Umgebung von Matrei vor. Granatamphibolit mit vielen röthlichgelben erbsengrossen (Granaten findet sich sehr reichlich unter den Blöcken, welche der Mühlbach bei Matrei aus dem Gebirge herausführt; auf dem Gebiete unseres Kärtchens ist dieses Gestein aber nicht anstehend anzutreffen. Manche der Amphibolitlagen aus dem Steinbruche bei Matrei stellen sich in Folge der reichlichen Beimengung von bis '/, Quadratcentimeter grossen, holzbraunen Biotitschuppen als Biotit-Amphibolite dar. Ü [29] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 617 Am reichsten an verschiedenen Mineralien erwies sich ein Handstück von Epidot-Amphibolit, welches von den dunklen Felsen in der Nähe des Bahnhofes von Matrei (4) stammt. Das Gestein ist sehr feinkörnig und lässt wohl eine parallele tlaserige Anordnung der Bestandtheile, aber gar keine Schieferung erkennen. Die Farbe ist hauptsächlich dunkelgraugrün mit einem sehr matten Stich ins Bläuliche, nicht unähnlich der mancher Serpentine. Zwischen diesen dunklen Partieen, deren Farbe vom Amphibol herrührt, sind lichtgrünlichgelbe epidotreiche Lagen - ein- geschaltet. Auch die dünnen, sehr flach linsenförmigen Feldspath- Quarz-Oalecit-Lagen sind mit freiem Auge gut wahrnehmbar. Im Dünnschliffe ist die Parallelstruetur nicht deutlich aus- geprägt. Etwa die Hälfte des Gesteins besteht aus Amphibol, welcher in Form unregelmässiger nach den Spaltflächen zerrissener Körner auftritt. Nur einzelne Schnitte nach der Basis. bieten undeutliche krystallographische Begrenzungen. Der Pleochroismus ist lebhaft u. zw.: a=blassgelblichgrün, fast farblos, b=erün, c = grünlichblau, in manchen Sehnitten auch rein himmelblau : entsprechend den Absorp- tionsunterschieden: c>b>a. Auf Schnitten parallel (010) beträgt die Auslöschungsschiefe 16—19°. Epidot ist wohl überall im Gestein anzutreffen, kommt aber besonders angereichert in amphibolfreien Lagen vor, wo er in einem aus unregelmässigen Körnern von (uarz und Feldspath bestehendem Mosaik eingebettet ist; er bildet unregelmässige Körner oder an den Rändern wie zerrissene, körnige Massen und Aggregate, oder auch längliche oder kürzere Säulchen von verschiedener Dicke. Letztere sind oft von Rissen quer auf die Längserstreckung durch- zogen. Die Farbe ist sehr blass gelblich mit äusserst schwachem und nicht immer wahrnehmbarem Pleochroismus. Diejenigen Säulchen, welche gerade Auslöschung besitzen, zeigen das Interferenzbild mit grossem Axenwinkel und quer liegender Axenebene. Von Einschlüssen enthält der Epidot unregelmässige, ziemlich grosse Gasporen. Der Plagioklas ist im ganzen Gestein in Form uuregel- mässiger Körner zerstreut oder auch local angereichert vorhanden. Er zeigt häufig Spaltrisse an der Oberfläche und Zwillingstreifung. Oft umschliessen grössere, gleichzeitig auslöschende Partieen viele ‚Einschlüsse von Amphibol und Caleit. Die geringe Lichtbrechung im Vergleiche zum Quarz (0) und e?y) macht es wahrscheinlich, dass wir einen Feldspath, der dem Mischungsverhältniss Ab- Ab, An nahe steht, vor uns haben. Quarz ist ziemlich spärlich zwischen den Belt achkahirenn eingestreut. Biotit füllt in unregelmässigen Formen die Lücken zwischen den anderen geschlossen gefügten Gesteinsbestandtheilen aus: die Individuen sind feingefältelt. Die Farbe ist in Folge weitgehender Umwandlung in Chlorit trübe und fleckig, deshalb ist auch der Pleochroismus wenig lebhaft (v. hellgelb zu grünlichbraun). Die cehloritisirten Partieen haben die Lage und Structur der Biotitlamellen beibehalten. Feinfaseriges chloritisches Material umgibt stellenweise als 618 Dr. Franz E. Suess. [30] Mantel sowohl Biotitpartieen als auch Amphibolkörner und füllt auch gelegentlich die Spalten des letzteren aus '). Der Chiorit ist schwach doppelbrechend mit negativem opt. Charakter. Calcit kommt als Gangausfüllung vor,-findet sich aber auch in Form einzelner Körner im Gestein zerstreut; bei letzteren ist manchmal die Zwillingslamellirung verkrümmt und dieselben zeigen dann undulöse Auslöschung. Kleine Apatitkörner sind in diesem Schliffe seltener als sonst in den Amphiboliten der Umgebung von Matrei. Titanit und Rutil sind beide in Form unregelmässiger Körnchen im Gestein ziemlich verbreitet. Die Rutilkörner sind braun sefärbt und treten fast: immer in Verbindung mit undurchsichtigen Partikelehen — wahrscheinlich Titaneisen — auf. Reicher an Hornblende gegenüber den anderen Bestandtheilen ist der Amphibolit, welcher am Mühlbache bei Matrei, wo derselbe aus dem Walde heraustritt, ansteht (5). Die Farbe ist dunkelgraugrün mit flaserig paralleler Anordnung der glänzenden Hornblendepartikelchen; sehr vereinzelt sind makroskopisch kleine blassrothe Granaten wahrnehmbar. Im ganzen sind die Krystall- individuen etwas grösser als bei obigem Gesteine. U. d. M: zeigt der Amphibol dieselben optischen Eigen- schaften wie bei (4). nur. ist die Färbung etwas intensiver. Ein körniges Gemenge von klarem Quarz und Plagioklas bildet unregelmässige Flecken und Streifen zwischen den Amphibolkrystallen. Sehr. reichlich enthält der Schliff Titanit in Form rundlicher oder länglicner (weckenförmiger) Körner, manchmal ist an denselben ein schwacher Pleochroismus von farblos (a) zu blassgelblich (b) und blassbräunlichgelb (c) beobachtbar. An vielen Stellen sind diesen Titanitkörnern kleine, intensiv braune Rutilköner zugesellt. Apatit ist im Schliffe sehr verbreitet. Sehr kleine, stark lichtbrechende und sehr schwach doppel- brechende längliche Schüppchen und Säulchen, welche gruppenweise parallel gestellt auftreten, dürften dem Zoisit zuzuweisen sein. Hellbrauner lebhaft dichroitischer Biotit ist nur sehr vereinzelt in Form kleiner Schüppchen vorhanden. Schlitfe von biotitführendem Amphibolit aus dem Steinbruche bei Matrei (6.) zeigen den Uebergang des Gneissglimmerschiefers in dieses Gestein. Man sieht das Verschwinden der Muscovite und eine grössere Anreicherung von Apatitkörnern in denjenigen Lagen, in welchen der Amphibol?) an Menge zunimmt. Biotit, Quarz, Feld- spath, sowie Granat und Zirkon behalten in den amphibolführenden Gesteinen dieselben Charaktere bei, wie im gewöhnlichen Gneissglimmer- schiefer. Blassgrüner Chlorit (opt. positiv, Axenwinkel ca. 20%) in ') Dasselbe beschreibt F. Becke. Die Gesteine Griechenlands. T. Min. Mitthlen. 1879. 8. 18 ”) F. Zirkel (Exploration of the fortieth Parallel. Mieroscop. Petrography. 1576. p. 21) beobachtete ebenfalls Anreicherung von Apatit in den hornblende- führenden Lagen der Gneisse, \ [31] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 619 Form von Leistenbündeln und Schüppchen ist jedoch in diesem weit seltener vorhanden als in den Amphiboliten. Vereinzelte Calcitkörner mit manchmal gebogener Zwillingslamellirung sind auf die Amphibo- lite beschränkt. 3. Glimmerschiefer der älteren Phyllite. Ueber das muthmassliche Verhältniss der Glimmerschiefer vom Patscherkofel und vom Glungezer zu den umgebenden Quarzphylliten und über deren Verbreitung habe ich schon im tektonischen Theile ge- sprochen. Ich habe auch erwähnt, dass diese Glimmerschiefer petro- graphisch ein wenig von denen von Matrei abweichen und gewisse Annäherungen an die Phyllite zeigen. Am typischesten als Glimmerschiefer entwickelt sind die Ge- steine vom Patscherkofelt), welche die bekannten bis 2 Centi- meter grossen Staurolithkrystalle führen; diese Krystalle bilden cewöhnlich auf den Hauptbruchflächen des stark schiefrigen Gesteines dunkle, i in Folge weitgehender Verwitterung undeutlich krystallogra aphisch umgrenzte FErhabenheiten ; ‘nicht leicht. aufzufindende lose Krystalle lassen meist die Combination (110) (001) auch (010) mit Zwillings- bildung nach der Ebene (232) erkennen. Das Gestein ist zwar fein- schuppiger als der Gneissglimmerschiefer von Matrei, doch kann man mit freiem Auge deutlich erkennen, dass der Biotit, welcher dem Gestein die schmutzig hellbraune Farbe und den lebhaften Glanz verleiht, den Muscovit an Menge bedeutend übertrifft. Die Quarz- feldspathlagen zwischen den Glimmern sind viel unauffälliger als bei dem Gesteine von Matrei. Ein Schlift, welcher vom östlichen Kamme des Patscherkofels stammt (7), zeigt im wesentlichen die folgenden Merkmale: Züge von lebhaft pleochroitischen Biotitleisten (gelblichbraun zu intensiv holzbraun, oft mit einem Stich in’s grünliche) sind mit schmalen Streifen von farblosem Muscovit vergesellschaftet. Blassgrüner, opt. positiver Chlorit ist theils in Form isolirter Leistenbündel, theils als erkennbares Zersetzungsproduct des Biotites im Gestein sehr ver- breitet. Quarz und Feldspath bilden ein nicht sehr feinkörniges Mosaik. Ersterer enthält sehr 'häufig parallele, streifige und wolkige Züge von undurchsichtigen Einschlüssen, welche mit dem Rande der einzelnen Körner abschneiden und sich nie in die anschliessenden Körner fortsetzen. Bei geringerer Vergrösserung, bei welcher man die einzelnen Einschlüsse nicht unterscheidet, errinnern sie sehr häufig an die später noch zu besprechenden Quarzlamellen. Sie liegen meist parallel der Auslöschungsrichtung, weichen von derselben aber auch nicht selten bis zu 7° ab. Grössere Flüssigkeitseinschlüsse von undeut- lich dihexaedrischem Umriss mit deutlich beweglichen Libellen scheinen nur in den ausgeprägteren und selbstständigen Einschlusszügen vorzu- kommen, welche von der Orientirung der Körner unabhängig sind und sich oft durch mehrere Körner ununterbrochen hindurchziehen. ee Körner zeigen auch undulöse Auslöschung und Andeutung einer y Prchder und Blaas. Die Quarzphyllite bei Innsbruck. T. Min. Mitthlen. 1882. 5. 564. 620 Dr. Franz FE. Suess. [32] stengeligen Zerlegung in senkrechter Richtung zu den oben ange- führten Tamellen. (Vergl. die Beschreibung des Quarzes S. 646.) Der Feldspath (Plagioklas) ist vom (Quarz durch eine leichte Trübung und durch schwächere Liehtbrechung unterschieden. Manch- mal umschliesst er zahlreiche kleine Schüppchen farblosen Glimmers. Nur wenige Körner lassen eine sehr feine, oft auch verschwommene Zwillingsstreifung erkennen. Die Staurolithe erscheinen im Schiffe hellstrohgelb mit schwachem aber deutlichem Pleochroismus von einer helleren zu einer mehr gefärbten Nuance. Die Doppelbrechung ist schwach. Die In- dividuen sind von einem bis 0'3 Centimeter breiten Mantel sehr feinschuppigen, wirren, farblosen und stark doppelbrechenden Glim- mermaterials umgeben und von zahlreichen Sprüngen. und Gängen durchzogen, welche von dieser Masse ausgefüllt sind!). Eine Boricky’sche Probe dieses Glimmermaterials ergab My und K. Die Probe ist aber sehr schwer rein zu erhalten, denn auch die Glimmermasse enthält nicht selten, auch in den die Staurolithkörner durchziehenden Streifen, Schüppchen von Biotit und Chlorit (letzterer, wie sich stellenweise nachweisen lässt, aus dem Biotit hervorgegangen) und auch grössere Muscovitleisten eingelagert. Stellenweise ist auch das Aggregat des farblosen Glimmers durch ein ähnliches Aggregat von blassgrünlichem, schwach doppelbrechendem Chlorit verdrängt. Die Staurolithmasse selbst enthält kleine rundliche Quarzeinschlüsse, ver- einzelte Turmalinkörner und zahlreiche länglicheFlocken und Leistchen eines im auffallenden Lichte eisenschwarzen, metallisch glänzenden Erzes (Eisenglanz ?); diese Leistchen sind nach bestimmten Richtungen parallel angeordnet und setzen sich in derselben Anordnung auch in den umgebenden Mantel feinen Glimmermaterials fort. Diese Er- scheinung darf wohl als Anhaltspunkt für die Annahme gelten, dass der wirr-feinfaserige Glimmermantel ein Umwandlungsproduct des Staurolithes ist. Die Krystalle lassen sich durch Flusssäure nicht als ganze iso- liren, sondern zerfallen in Folge der vielen Sprünge in zahlreiche, kleine eckige Körner. Diese Körner machen die Hauptmasse . des Rück standes” des in Flusssäure aufgelösten Gesteins aus; ausserdem enthält derselbe noch ziemlich reichlich Turmalinsäulchen und Zirkonkörner. Die Turmaline haben ganz denselben Habitus wie in den Quarzphylliten. Es sind kleine Säulchen mit lebhaftem Pleochrois- mus von nahezu farblos zu intensiv graubraun oder trübe bräunlich- grün. Oft sind sie an einem Ende dunkler gefärbt als an dem andern. Sie enthalten fast stets wolkige Kerne oder fleckige Gruppen von undurchsichtigen Einschlüssen. tundliche Körner von Apatit sind in diesem Gesteine ver- hältnissmässig selten. Graphitoidartige Flocken sind meistens in den Biotitlagen angereichert. ') Pichler beschreibt dasselbe von Findlingen bei Hall (Neues Jahrb. für Mineralogie etc. 1871, S. 54) und ähnliches 2 Staurolithen aus der Gruppe des Hocheder, (Jahrb. d. veol. Reichsanst. 1363., S. 590.) Nach ersterem Citat kommt auch im Phyllit bei Heiligenwasser Stauroliih. vor. . [33] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie 621 Handstücke vom Waldrande unterhalb des Patscherkofel- Schutzhauses (3) führen rothgelbe Granaten bis zum Durch- messer von 05 Centimeter an Stelle der Staurolithe. U. d. M. sieht man in diesem Gestein Biotit und Muscovit in ungefähr gleicher Menge vertreten. Die einzelnen Leisten sind weniger regelmässig zu parallelen Zügen angeordnet als sonst, sondern innerhalb der Glimmerstreifen mehr wie willkürlich durcheinander- gestossen und kreuz und quer liegend; oft sind: sie wellig gebogen oder partieenweise fein gefältelt. Der Biotit ist lebhaft pleochroitisch von blassgelblichbraun mit einem Stich ins Grünliche zu intensiv rothbraun.. Die Farbe der Basis ist etwas mehr graubraun, der Winkel der opt. Axen ist meist sehr klein (nahezu einaxig), variirt aber ziemlich stark. Der im Schliffe sehr verbreitete Klinschlor bildet Leisten, Büschel und Garben und ist zum grossen Theil aus Biotit hervor- gegangen. Der Winkel der opt. Axen ist ca. 40°. Quarz und Feldspath zeigen dieselben optischen Eigen- schaften wie bei (7) und sind in gleicher Menge vorhanden. Die wenigen Orthoklaskörner wurden von der Hauptmasse der Feld- spathe, welche durch die mikrochemische Probe mit Flusssäure Albitreaction ergab, durch Jodmethylen getrennt. Die Orthoklas- körner lieferten bei derselben Prüfung Krystalle von Kieseltluor- kalium. Die u. d. M. farblosen Granaten enthalten häufig rundliche Einschlüsse von Quarz; an den Rändern und den stets in grosser Zahl vorhandenen Rissen und Sprüngen sind allenthalben chloritische Neubildungen anzutreffen. | Sehr verbreitet im Schliffe sind oft local angereicherte, sehr kleine, stark lichtbrechende und schwach doppelbrechende Schüppchen, welche ich für einen Chloritoid halten möchte; ihre Farbe ist sehr blassgrün mit kaum wahrnehmbarem Pleochroismus. Der Versuch, diese Schüppchen aus dem Gestein zu isoliren, scheiterte an der ausserordentlichen Kleinheit derselben. Farblose, stark lichtbrechende und sehr stark doppelbrechende stengelige Gebilde und unregelmässig eckige Körner, welche an manchen Stellen in grösserer Zahl in den Glimmerlagen auftreten, sind offenbar für Epidot zu halten. Die Säulchen mit gerader Aus- löschung zeigen Axenbilder mit quer auf die Längserstreckung der Säulen liegender Axenebene. Sie wurden durch Jodmethylen zu- gleich mit den anderen schweren Mineralien aus dem Gesteinspulver gefällt. In schwerer Flüssigkeit sanken ausser Granat und Epidot noch Turmalin, Apatit, Zirkon, Titanit, wenige braune Körner von Rutil und Erze. Die letzteren bestehen etwa zur Hälfte aus Magnetit, der unmagnetische Theil, welcher von Salzsäure nicht angegriffen wurde, besteht ohne Zweifel der Hauptmasse nach aus Eisenglanz, dem wohl, wie die grosse Anzahl der titanhältigen Mineralien in diesem Gesteine schliessen lässt, auch etwas Ilmenit beigemengt sein dürfte. Jahrbuch d. k.k, geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft, (F. E. Suess,) 8 fer‘ ID ID Dr. Franz E. Suess. [34] Die Glimmerschiefervarietäten setzen sich wie bereits oben be- merkt, in mehr oder weniger mächtigen Lagen gegen Osten zu über die Mohrenköpfe gegen den Glungezer und Sonnenspitz fort. Auch noch jenseits des Volderthales finden sich am Gehänge des Haneburgers in den Phylliten wenig mächtige Einlagerungen, welche sich in ihrem petrographischen Charakter dem Glimmerschiefer nähern ‘9). Schon mit freiem Auge kann man an diesen phryllitartig fein- gefältelten Gesteinen sehen, dass sie sehr reich an Biotit sind. Sie sind gröberschuppig entwickelt als die eigentlichen Quarzphyllite. U. d. M. sieht man auch, dass die einzelnen Bestandtheile immer noch viel vollkommener auskrystallisirt sind, als bei den gewöhnlichen Phylliten. Die Glimmermineralien — hauptsächlich Biotit und aus demselben hervorgegangener Chlorit — bilden nicht so regelmässige mit Quarz und Feldspath alternirende Lagen. wie in’den eigentlichen Gneissglimmerschiefern, sondern sind wirr durcheinander gestellt und gleichmässig im Gestein vertheilt. Die Quarz- und Feldspathkörner werden einzeln oder in kleinen Gruppen von den Glimmerblättern umschlossen. Der Biotit ist blässer gefärbt als sonst, lebhaft pleochroitisch von fast farblos zu hellbraun, manchmal mit einem Stich ins Röth- liche. Die untersuchten Blättchen sind optisch einaxig. Chlorit (Klinochlor) steht dem Biotit an Menge nur wenig nach: Pleochroismus schwach. aber deutlich, von fast farblos zu blassgrün. Der Winkel der optischen Axen ist ziemlich gross (ca. 40°). Die Plagioklaskörner übertreffen an Menge die ihnen sehr ähnliehen. aber stärker lichtbrechenden, klaren und einheitlich aus- löschenden Quarzkörner. Zwillingsstreifung ist nur selten und dann ver- einzelt vorhanden, wie das sonst bei den Feldspäthen der Phyllite meistens der Fall ist. Seltener sind Körner mit regelmässiger feiner Zwillings- streifung. Ausser durch die angeführten Eigenschaften und die häu- figen Spaltrisse an der Oberfläche der Körner unterscheidet sich der Feldspath vom Quarz noch durch die grösseren Einschlüsse, welche derselbe häufig beherbergt. Es sind das hauptsächlich Leistchen und nadelförmige Durchschnitte von farblosem Glimmer, seltener Biotit- schüppchen und auch Körner von Zirkon und Titanit. Sie sind meist in der Mitte der Körner gruppirt und manchmal kann man beob- achten, dass einzelne Zwillingslamellen an solchen querliegenden Einschlüssen abschneiden. Einige wenige undulös auslöschende Quarzkörner zeigen auf- fallender Weise in der Mitte Partieen feiner Lamellirung parallel der Auslöschung im Korne. Sehr reichlich sind dem Gesteine Caleitkörner mit stets allotriomorpher Umgrenzung beigemengt. Plagioklas und Caleit greifen oft unregelmässig zackig ineinander und manchmal sind auch kleinere fetzenartige Calcitpartieen im Feldspath eingeschlossen. Die Zwillings- lamellen sind oft stark gebogen. Accessorisch treten Apatit, Titanit und Zirkon auf. Auch undurchsichtige Erze, wohl zumeist Eisenglanz, sind im Schliffe sehr verbreitet. [35] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 623 Eine auffallende, von dem normalen Typus des Glimmerschiefers abweichende, stark quarzitische Varietät zieht in einem ziemlich breiten Zuge etwas nördlich vom Kamme des Patscher Kofels über die Mohrenköpfe gegen den Sonnenspitz und den Nordabhang des Glungezers. Das Handstück von den Mohrenköpfen (10) ist plattigschiefrig und sehr feinkörnig; im Querbruche graulichweiss oder durch Eisenauswitterungen rothbraun gefärbt. Die Hauptbruch- flächen glänzen von einem sehr dünnen Beleg ungemein fein gefäl- telten, zum grossen Theil braunen Glimmers. In petrographischer Hinsicht ist es als Biotit führender, vollkommen schiefriger Quarzit zu bezeichnen. U. d.M. sieht man, dass feinkörniges Quarzmosaik bei Weitem die Hauptmasse des Gesteins ausmacht; dasselbe ist aus gleich- mässigen abwechselnd gröber und feiner körnigen Streifen zusammen- gesetzt. Die einzelnen Körner sind von sehr feinen Rändern von bräunlicher Eisenhydroxydausscheidung umgrenzt; in Folge dessen treten bei schwächerer Vergrösserung die feiner körnigen Quarzmosaik- partieen als blass bräunliche Streifen hervor. Einschlüsse sind im (Quarze fast gar nicht vorhanden und die Auslöschung ist fast durch- wegs gleichmässig. Feldspath ist verhältnissmässig spärlick und die Körner vom Quarz, dem sie beigemengt sind, nur wenig unterschieden; bei genauerer Beobachtung sieht man aber die schwächere Lichtbrechung und eine leichte Trübung bei manchen Körnern, in manchen Fällen auch das Axenbild. Einzelne sonst klare grössere Körner enthalten auch locale Gruppen kleiner nadelartiger Muscovitleisten [wie bei (9)]. In den glimmerreicheren Partieen dieses Gesteines sind zwischen den Quarzen sehr dünne und stellenweise unterbrochene, wellige Lagen von Biotit eingeschaltet. Die Farbe derselben ist sehr trübe braun mit sehr starkem Pleochroismus. Bei schwacher Vergrösserung sehen die unregelmässigen Biotitschüppchen in Folge der vielen opaken Einschlüsse (hauptsächlich Graphitoid?) fast ganz undurchsichtig aus. Die Ränder der Schuppen sind oft in Folge beginnender Umwandlung in Chlorit grün gefärbt. Vereinzelte Schuppen dieses letzteren Minerals erwiesen sich als optisch einaxig mit mittelgrossem Axenwinkel. Muscovit ist überall im Schliffe zu sehen; auch in den glim- merarmen Gesteinspartieen ist er in Form sehr kleiner, unregelmässiger Schüppchen, welche keine bestimmte Anordnung zeigen und auch im Querschliffe oft mit der Breitseite parallel der Schliff-Fläche liegen, zwischen den Quarzkörnern eingestreut. Besonders charakteristisch für das mikroskopische Bild dieses Gesteines sind die in Folge der starken Lichtbrechung sehr deutlich hervortretenden streifigen Wolken von Titanitkörnern, welche allent- halben sehr verbreitet sind. Die einzelnen farblosen Körner sind unregel- mässig eckig oder rundlich gestaltet und von sehr wechselnder Grösse. Es gelang nicht, die Körner mittels schwerer Flüssigkeit aus dem Gestein zu sondern, woran wohl die ausserordentliche Kleinheit der- ‚selben Schuld tragen mag. Undurchsichtige Partieen, welche oft in Verbindung mit dem Titanit auftreten, dürften als Titaneisenerz zu betrachten sein. BE? 624 Dr. Franz E. Suess. | [36] Pseudomorphosen von Limonit nach einem rhomboedrischen Carbonat (Ankerit?) sind nur sehr spärlich vorhanden. Der Rückstand des in Flusssäure aufgelösten Gesteinspulvers enthielt sehr viele längliche Körner von Zirkon von mehr oder weniger deutlich pyramidaler oder eliptischer Form. 4. Aeltere Quarzphyllite®). Die Gesteine dieser Abtheilung sind in ihrem Gesammthabitus viel gleichmässiger als die der vorhergehenden Gruppe. Als Typus mag ein Handstück gelten, welches von einem Steinbruche im Walde unweit Igls?) stammt (11). Das hochgradig gefältelte Gestein ist stahlgrau mit einem Stich ins grünliche, auf den Schieferungsflächen silberglänzend. Die sehr dünnen Lagen eines feinkörnigen Quarzaggregates mit wenig Feld- spath sind durch feine, am Querbruche schwarz erscheinende Streifen von Chlorit- und Sericitmaterial getrennt. Vereinzelt werden die Quarzlinsen bis zu fünf Centimeter mächtig, in diesen sieht man mit freiem Auge stellenweise graue Körner von Feldspath; bei näherer Untersuchung stellte sich derselbe als Plagioklas heraus. Die Menge des Chlorites und Serieites ist geringer als bei den jüngeren Quarzphylliten und der Chlorit wiegt bedeutend über letzteren vor. Im Querschliffe erscheinen beide in mehr oder weniger zusam- menhängenden Lagen und als vereimzelt zwischen den Quarzkörnern eingestreute Schüppchen und Leistchen. Der Chlorit ist äusserst schwach doppelbrechend, die Inter- ferenzfarbe ist dunkellavendelblau und der optische Charakter negativ; hiedurch ist dieser Chlorit als ein Pennin gekennzeichnet. Der Pleochroismus ist deutlich von blassgelblichgrün (| 001) zu gras- grün (]] 001). Der Seriecit ist vom Chlorit leicht durch seine Farblosigkeit und seine starke Doppelbrechung zu unterscheiden. Der Quarz, welcher die Hauptmasse des Gesteins ausmacht, bildet ein Mosaik von nicht allzukleinen Körnern. Er enthält stellen- weise sehr zahlreiche und oft grosse Einschlüsse. Bei stärkerer Ver- grösserung stellen sich einige als schwächer lichtbrechende Gasein- schlüsse, andere als Flüssigkeitseinschlüsse mit schönen beweglichen Libellen dar. Feldspath bildet, wie der Färbeversuch lehrte, nur circa 1/, der Quarzmenge. Meist sind die Körner sehr klein und dem Quarz- mosaik eingelagert. Die Trennung nach dem specifischen Gewichte ergab nur Plagioklas und die Borficky’sche Probe nur Kieselfluor- natrium. Die Lichtbrechung ist in allen Schnitten schwächer als die des Quarzes. Wir haben es also auch hier mit einem dem Albit ') Von diesen Gresteinen und den Quarzphylliten der Steinkohlenformationen existiren bereits sehr gute Beschreibungen in den oben eitirten Arbeiten von Pichler und Blaas; der Einheitlichkeit der Schilderung wegen habe ich sie hier noch ein- mal vorgenommen. Vgl. auch A. Pichler. Mineralien aus dem Phyllit von Inns- bruck. Jahrb. d. geol. Reichsanstalt 1869. S. 213. -) Nördl. von Patsch; Nicht mehr auf der Karte. [37] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 625 nahestehenden Feldspath zu thun. Die oben erwähnten grösseren Plagioklaskörner aus den mächtigeren Quarzlagen enthalten rundliche Quarzeinschlüsse und kleine Schüppchen von Museovit. Ein Carbonat findet sich in Form kleiner Rhomboöder innerhalb der grossen Feldspathkörner und in Form von körnigen Aggregaten mit Feldspath verzahnt und unvollkommen krystallographisch begrenzt vor; ob wir es mit Calecit zu thun haben, liess sich nicht sicher eonstatiren, da die Spärlichkeit des Materials eine Sonderung nicht ermöglichte und eine chemische Untersuchung nicht zuliess. Seltener als sonst in ähnlichen Phylliten tritt Turmalin in Form rundlicher Körner innerhalb der Chloritlagen auf: die Körner sind oft von Sprüngen durchzogen und gebrochen. Der Pleochroismus ist sehr deutlich von hellgelblichbraun zu braun. Kleine Körner von Zirkon sind selten. Apatit ist wie gewöhnlich in Form von länglichen und rund- lichen Körnern vorhanden und enthält oft undurchsichtige Einschlüsse. Pyrit bildet zerstreute kleine Nester im Gestein. Sagenit wurde nicht beobachtet. Die Züge der Chloritschüppcehen enthalten oft sehr dicht an- gehäufte Flocken von kohliger Substanz (Graphitoid). Dem äusseren Ansehen nach schliessen sich Gesteine aus dem Volderthale sehr nahe an das obige an. Ein Schliff, welcher von den Blöcken des Bergsturzes gegenüber der Vorberg-Almhütte (12) stammt, zeigt jedoch u. d. M. einige Abweichungen. Das Gestein besteht hauptsächlich aus schön gefältelten breiten Muscovitlagen, dem nur spärliche, manchmal local angereicherte Chloritschüppchen beigemengt sind. Klarer Quarz und spärlicher Plagioklas bilden in geringerer Menge als bei obigem Gestein Lagen und kleinere Linsen meist einheitlich auslöschender Körner. Der Quarz zeigt manchmal Lamellirung!). Titanit ist im Schliffe in Form von Wolken tropfenförmiger oder unregelmässig eckiger Körner von wechselnder Grösse sehr ver- breitet. Grössere Körner sind oft von Flecken und Ueberzügen jener opaken, im auffallenden Lichte weisslichen Masse begleitet, welche mit dem Namen Leukoxen oder Titanomorphit belegt wurde. Ausserdem finden sich noch accessorisch spärliche kleinere Partieen von Caleit (), ferner Apatit, Zirkon und wenige Körner von braunem Turmalin. Von Erzen ist Pyrit stellenweise auch für das freie Auge sehr deutlich erkennbar. Graphitoidflocken durch- schwärmen allenthalben in grosser Menge die Glimmerlagen. Auf den Hauptbruchflächen etwas lebhafter und heller glänzend sind die quarzreichen Phyllite vom Gipfel des Haneburger bei Volder- bad (15). Mit der Lupe kann man zwischen dem feingefältelten Serieit kleine braune Schmitzen von Biotit wahrnehmen. U. d. M. treten noch mehr Abweichungen von den Quarzphylliten von Igls (11) hervor. ') Siehe weiter unten die Beschreibung der Quarze bei den Quarz-Serieit- Grauwacken S. 646. 626 Dr. Franz E. Suess. [38] Von Glimmermineralien tritt in den einzelnen Lagen ausser Serieit und Chlorit auch noch Biotit allerdings sehr spärlich auf. An einzelnen Schüppchen des letzteren wurde ein sehr kleiner Winkel der opt. Axen beobachtet. Der Chlorit ist lebhaft pleochro- itisch von fast farblos zu blass lauchgrün und äusserst schwach doppel- brechend (Pennin ’?). Einzelne Körner der Quarzlagen treten aus der sonst gleich- mässigen Masse des ziemlich groben Mosaikes durch ihre Eigenthüm- lichen Einschlüsse auffallend hervor. Es sind das parallele, wolkige Streifen, welche fast immer mit dem Rande des Kornes abschneiden und bei Anwendung schwacher Systeme lebhaft an die weiter unten (Seite 646) ausführlicher besprochenen „Quarzlamellen“ erinnern. Sie liegen stets parallel der Auslöschung und wo dieselbe ungleich- mässig ist, sind sie entsprechend gebogen. In wenigen Fällen setzen diese Streifen in benachbarte Körner fort, bei verschiedener Orien- tirung der Körner sind dann auch die Streifen an der Grenze derselben in einem entsprechenden Winkel geknickt. Bei stärkerer Vergrösse- rung erweisen sich die Einschlüsse als sehr feines, zum grossen Theil opakes Körnchenpulver, dessen Natur nicht näher bestimmbar- ist. Verschwommen stengelige Zerlegung der Quarze senkrecht auf diese Einschlussstreifen (parallel der Hauptaxe) wurde auch an einigen Stellen beobachtet. Plagioklas ist dem Quarz in gewöhnlicher Form beigemengt; nur stellenweise ist er reicher an Interpositionen als dieser. Nicht selten sieht man im Schliffe in Gruppen oder kurze Reihen geordnete Granate, welche meistens mit Chlorit oder Biotit vergesellschaftet oder in einem Hofe von Chlorit eingebettet sind. Wie sonst findet sich auch hier reichlich Turmalin, neben Apatit und vereinzelten Zirkon- und Titanitkörnern; ferner schwarze, metallglänzende Erze und Graphitoidflocken. Vom Ende des Mühlthales bei” Patsch stammt eine Varietät, welche sich dadurch auszeichnet, dass sie weder Chlorit noch Biotit, sondern im wesentlichen nur Muscovit enthält (14). Das Gestein ist hellgrau, seidenglänzend, feinschuppig und phyllitartig gefältelt. U. d. M. ist keine deutliche Lagenstructur zu sehen. Die Mus- covitschüppchen sind sehr unvollkommen krystallographisch ausge- bildet; sie liegen theils richtungslos isolirt, theils sind sie zu Gruppen und Büscheln, oder welliz flaserigen Zügen zwischen dem verhält- nissmässig grobkörnigen Aggregate von Quarz und Feldspath an- gereichert. Die Feldspathkörner (wahrscheinlich Albit) zeigen oft sehr enge Zwillingsstreifung und enthalten meist ganz feine Leistehen und Schüppchen farblosen Glimmers und rundliche Quarzeinschlüsse. Erstere liegen meist im der Richtung der Spaltlamellen und sind manchmal in einer randlichen Zone angereichert. Die Zwillingsstreifen sind in vielen Fällen gebogen und oft auch nur randlich ausgebildet. Sehr kleine, stark lichtbrechende, isotrope Körnchen, welche in Verbindung mit kleinen Chloritschüppchen vorkommen, sowie ein einzelnes grösseres sechsseitiges Korn gehören dem Granat an. [39] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 627 Braune, verhältnissmässig grosse Körner von Rutilin Zusammen- hang mit undurchsichtigen Flecken (Titaneisen) bilden unter den sonst farblosen Mineralien einen sehr auffallenden, accessorischen Gemeng- theil. In gewöhnlicher Form sind ferner vorhanden: Apatit, Titanit, Zirkon, rhomhoedrische Carbonate in sehr kleiner Ausbildung und etwas Graphitoid. Der bleigraue, etwas grünliche, schuppige Phyllit, welcher west- lich vom Sillthale im Gebiete der Gneissglimmerschiefer (15) an der Strasse bei Matreiwald ansteht, erweist sich auch u. d.M. als echter Phyllit mit denselben Bestandtheilen der sonst typischen Varietäten, nämlich: Chlorit, Muscovit, Quarz, trüber Plagioklos und Turmalin, ferner enthält derselbe noch reichlich die undurchsichtigen, im auffallenden Lichte gelblichweissen Massen, welche sich bei starker Vergrösserung in das bekannte Netzwerk kleiner Rutilnädelchen auflösen lassen und als Sagenit zu bezeichnen sind. Kleine, wahrscheinlich dem Ankerit angehörige Rhomboeder sind hier besonders zahlreich in den Quarzfeldspathlagen vorhanden und Krystallographisch sehr scharf begrenzt; manchmal sind diese Rhomboe@der blass rothbraun gefärbt, was auf ihren Eisengehalt hin-. weist. Kryställchen von Pyrit sind schon mit unbewafinetem Auge in diesem Gestein leicht wahrnehmbar. Unterhalb des Rosenjoches bei den Seen im obersten Arzthale (Penzenbö den) steht ein granatführender, hellgrünlichgrauer Phyllit an, welcher einem mächtigen, gegen den Morgenkogel fortstreichenden Zuge angehört (16). Schon mit freiem Auge lassen sich die grünlichen Chloritschuppen von den weissen, seidenglänzenden Muscovitschuppen gut unterscheiden. Die hochgradige Fältelung ist auf dem Hauptbruche srobflaserig und wulstig; die rothbraunen Granaten, welche die Grösse eines Pfefferkornes erreichen, sind besonders deutlich auf dem Quer- bruche des Gesteins zu sehen. Auf der quergeschnittenen Fläche kann man mit unbewaffnetem Auge ganz deutlich schmale, ca. 1: Milimeter lange Streifehen von gelblichweisser Farbe wahrnehmen, welche in der dunkleren Masse des gefältelten Gesteins sehr reichlich eingestreut sind. Dieselben haben sich bei näherer Untersuchung als aus Sag e- nit bestehend herausgestellt. U. d.M. sieht man, dass der Muscovit den Chlorit bedeutend an Menge übertrifft. Die Züge zwischen dem Quarzfeldspathmosaik sind sehr breit; die einzelnen Leisten verhältnissmässig gross und gut krystallographisch entwickelt. Günstig liegende Schüppchen zeigen das charakteristische Axenbild. Wo der Chlorit im Gestein selbständig auftritt und nicht als Zersetzungsprodukt des Granates anzusehen ist, liegt derselbe in Form unregelmässiger Schüppchen zwischen den Muscovitleisten ein- gebettet. Der Pleochroismus ist lebhaft von blassgelb oder gelblichgrün zu grün. Die schwache Doppelbrechung ist positiv; der Winkel der opt. Axen ist gross. (Klinochlor.) 628 Dr. Franz E. Suess. [40] Von dem ziemlich klaren Quarzmosaik heben sich verhältniss- mässig wenige schwach lichtbrechende Plagioklaskörner durch eine leichte Trübung deutlich ab. Die Granaten erscheinen u. d. M. meist durch weitgehende Umwandlung in ein von Chlorithöfen umgebenes Körnerhaufwerk auf- gelöst. Doch lässt sich der Hauptumriss der ursprünglichen Individuen, wenn auch oft birnförmig oder linsenförmig verzerrt — immer noch erkennen. Manchmal ist in den „todten Räumen“, welche zwischen den Granaten und der umfliessenden Glimmermasse zu beiden Seiten der ersteren entstehen, mehr Chlorit oft in Form grösserer Leistchen angesammelt. so dass die Granaten in der Verbindung mit der Chlorit- masse ähnliche „Augen“ bildet, wie man sie oft bei grösseren Quarz- körnern mit umgebender, feinkörniger Quarzmasse sieht. Auch farb- loser Glimmer und Quarz haben sich manchmal zwischen die Granat- bruchstücke hineingezogen. An einer Stelle sieht man ein im Zer- falle begriffenes Granatkorn, welches von parallelen Streifen länglicher Quarzeinschlüsse in $-förmiger (sigmatoidischer) Biegung durchzogen wird !). — Diese Erscheinung wird wohl am besten durch die Annahme zu erklären sein, dass der Zerfall des Kornes und die Ansiedelung von Quarz auf Sprüngen zu gleicher Zeit mit der Verzerrung desselben durch die Gesteinsbewegung vor sich gegangen ist. Blassbräunlichgrüne, stark pleochroitischeTurmalin säulchen sind besonders zahlreich in den breiteren Muscovitzügen anzutreffen. Dreieckige Querschnitte dieses Minerals zeigen oft einen helleren Kern und dunklere Aussenzone, oder umgekehrt. Undurchsichtige Ein- schlüsse sind in den Krystallen wolkig angereichert. Accessorisch finden sich wie gewöhnlich: Apatit, Zirkon, Titanit und grössere Partieen von Limonit in Verbindung mit Pyrit. In der Nähe der Sternbachalpe im Volderthal im Walde (17) findet sich in eingelagerten Bänken eine interessante Phyllitvarietät. Das Ge- stein ist hellgelblichgrau und durch Eisenausscheidung stellenweise roth- braun gefärbt. Da weniger Glimmermineralien vorhanden sind als sonst, ist das Gestein weniger blätterig, sondern mehr plattig schieferig. Auf der angewitterten Bruchfläche treten dunkelfärbige Knoten und Höcker bis zu Pfefferkorngrösse hervor: dieselben rühren von den der feiner krystallisirten Gesteinsmasse porphyrisch eingestreuten Feldspath- körnern her. Im Querschnitte sieht man, dass diese Körner ziemlich gleichmässig vertheilt, und in einer wohlgeschichteten feinkörnigeren Art von Grundmasse eingebettet sind. Es ist kein Zweifel, dass diese Körner erhaltene klastische Bestandtheile des ursprünglichen, jetzt metamorphosirten Sedimentes darstellen. U. d. M. sieht man ein verhältnissmässig grobkörniges Mosaik von Quarz und Albit mit ausgeprägter Parallelstructur, durchzogen von schmalen, ungleichmässigen und schwach welligen Strängen von Muscovit, dessen Leisten viel entwickelter ausgebildet sind, als das sonst bei den farblosen Glimmern in den Phylliten der Fall ist. ') Eine ähnliche Deformation bildet ©. Schmidt ab. Anhang z. Lfg. XXV d. Geol. Karte d. Schweiz. 1891., Taf. VIIL., Fig. 3. } [41] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 6239 Die Quarze dieser Grundmasse löschen sehr oft stark undulös aus; die Albite sind meistens enge verzwillingt. Blättehen mit einer Auslöschungsschiefe von ca. 19° zeigen die etwas schief austretende positive Bisectrix. Die grösseren eingestreuten klastischen Körner sind zum grossen Theil Orthoklas, zum kleineren Theil Quarz. Letztere löschen immer stark undulös aus, mit Andeutung der stengeligen Zer- legung in der Richtung der Hauptaxe. Den meisten Orthoklaskörnern ist durch Druck die wolkige Mikro- klingitterung aufgeprägt. Die Gitterung ist sehr fein, oft fleckig und undeutlich; der Winkel der Auslöschung auf Spaltblättchen ca. 15°. Die Körner sind ganz durchspickt von feinen Schüppchen und Blätt- chen farblosen Glimmers; randlich „neophytisch“ angesetzter Feld- spath ist stets frei von diesen Einschlüssen und die Zwillingsstreifung der Körner setzt sich in diesen fort. Die neu angesetzten Zwillings- streifen sind gewissermassen in grösserem Stile und deutlicher als in der Hauptmasse, Gitterung ist im neophytischen Feldspath nie vor- handen; doch ist die neugebildete Substanz manchmal deutlich stärker lichtbrechend und weicht auch in der Auslöschungsschiefe von dem Feldspath des alten Kornes etwas ab. Die Erscheinung ist dann derart, dass beim Drehen des Objecttisches die dunkelste Stelle der Lamellen aus dem Inneren des Kornes in die neu angesetzten Streifen hinaus- wandert, resp. umgekehrt. Wir können wohl annehmen, dass sich am Rande der Orthoklas- körner natriumreicherer Feldspath angesetzt hat. Bei manchen Körnern ist eine randliche Zwillingsstreifung entwickelt, welche sich gegen das Innere verliert. Klastische Feldspäthe ohne Mikroklingitterung zeigen oft so hoch- sradig undulöse Auslöschung, wie man sie sonst nur beim Quarz zu sehen gewohnt ist. Die Feldspathe wurden mittelst schwerer Flüssigkeit getrennt und durch die Boricky’sche Probe gesondert bestimmt. Die Glimmer sind der grossen Masse nach wasserheller Mus- covit, nur wenige Lamellen innerhalb der Glimmerpakete sind blassbraun und deutlich dichroitisch. Die durch schwere Flüssigkeit ge- sonderten Schüppchen erwiesen sich aber auch noch bei blasser Färbung stets als optisch zweiaxig mit ziemlich grossem Axenwinkel (40— 50°). Die erste Fällung durch Jodmethylen enthielt die accessorischen Mineralien: Zirkon, Apatit, wenige Titanitkörner und etwas Limonit. Hier sei auf ein weiteres merkwürdiges Gestein noch einmal aufmerksam gemacht, welches wohl ausserhalb unseres Gebietes liegt, aber mit dem eben beschriebenen Gesteine grosse petrographische Verwandtschaft besitzt. Es ist das der bereits einmal von Pichler besprochene, sogenannte „Gneiss“ von Pill beiSchwaz im Inn- thale') (18). Man kann das Gestein vielleicht als Arkose-artigen Feldspathphyllit bezeichnen. Es bildet eine mächtig entwickelte Einlagerung im Quarzphyllit. !) Beiträge zur Geognosie Tirols. Jahrb. geol. R.-A. 1865, 18. Bd., 5. 45. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band, 4. Heft. (F. E Suess.) 82 630 Dr. Franz E. Suess. [42] Bis 1 Centimeter lange Orthoklaskörner sind breceienartig in einer manchmal nur sehr spärlich vorhandenen phyllitischen Grund- masse eingebettet. Die Glimmer?) sind, wo sie frei von Einschlüssen sind, blassölgrün, meist aber sind sie sehr reich an graphitoidischen Interpositionen, welche ihnen eine dunkelbleigraue Färbung verleihen. Entsprechend der wechselnden Menge der Orthoklase und der wech- selnden Färbung der Glimmer, wechselt auch die Gesammtfarbe des Gesteins von weiss und grünlichweiss bis zu bleigrau. Nur in manchen Partieen ist eine ausgeprägte phyllitartige Schieferung zur Entwicklung gekommen. Die Orthoklaskörner zeigen u. d. M. alle Eigenthümlich- keiten, welche klastischen Körnern in theilweise metamorphen Ge- steinen zukommen ?). Wolkige, verschwommene Mikroklingitterung oder auch einfache enge Streifung ist fast überall zur Entwicklung gelangt. Manchmal sind blos unregelmässig fleckige Partieen in der einheitlich auslöschenden Hauptmasse in enge Zwillingsstreifung zer- legt. Die Körner sind durchspickt von kleinen Schüppchen farblosen Glimmers und an den Rändern gegen die umgebende Sericitmasse unregelmässig ausgebuchtet. An Sprüngen zieht Glimmermasse oder feinkörniges Carbonat (Caleit ?) quer durch die Körner. Neophytischer, gestreifter Feldspath ist sehr oft randlich angesetzt. Authigener gestreifter Plagioklas (Albit?) ist in der Mosaik- masse nicht selten. Die klastischen Quarz körner löschen stets hochgradig undulös und stengelig in der Richtung der Hauptaxe aus. Die stengelig undu- löse Auslöschung ist oft so weit vorgeschritten, dass die verschieden orientirten Partieen stellenweise in scharfen Linien aneinandergrenzen. Man sieht nicht selten wie die Körner im Folge randlicher Zertrüm- merung durch einen Hof mittlerer und mehr gleichsinnig orientirter Kör- ner in das umgebende feinkörnigere Quarzmosaik übergehen. Natürlich sind auch die Quarzkörner oft zertrümmert und von mannigfaltigen Strei- fen und Bändern fremden Materials durchzogen ; diese Spaltausfüllungen sind authigener Natur. Wo ein klastisches Quarz- und Feldspathkorn unmittelbar aneinanderstossen, hat sich an deren Begrenzung ein sehr schmales Band feinkörnigen Quarzes mit Serieit entwickelt; von diesem Bande aus greifen Züge von Serieitmaterial in das Feld- spathkorn hinein. Serieit ist in Form kleiner Schüppchen und in flaserigen Zügen und Flecken zwischen dem Quarzmosaik vertheilt. Aus dieser Masse heben sich im manchen Schlifften Pakete grösserer Glimmer- leisten deutlich ab; dieselben sind im Gegensatze zum feinschuppigen Serieit stets mit reichlich undurchsichtigen, im auffallenden Lichte gelblichweissen Massen erfüllt, welche sich bei stärkster Vergrösserung als ausserordentlich feines Sagenitgewebe in Verbindung mit rundlich tropfenförmigen Körnern von Titanit zu erkennen geben. ') Die Glimmer wurden von Sennkofer durch chemische Analyse als Sericit nachgewiesen. N. J. 1871, S. 56. °) Vergl. z. B. Stapff. On Sandgrains in micaceous Gmneiss. Geol. Magaz. 1894 und Lepsius Geol. v. Attika, S. 177. [43] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 631 In anderen Schliffen sieht man, dass der Sagenit auf isolirte Glimmer- Flockengruppen und kurze Züge beschränkt ist. Dieselben sind stellen- weise gewissermassen umflossen von grösseren Serieitschüppchen. Man kann wohl in diesen Gruppen die Reste gleichsam aufgelöster, ur- sprünglich klastischer Muscovitpakete erkennen, welche aus einem älteren reichlich Sagenit führenden Phyllit stammen. Rhombo&ädrische Garbonate (Caleit?) sind sowohl in Form isolirter, schön autimorph entwickelter Kryställchen als auch in Form grobkörniger Trümmer im Gestein sehr verbreitet. Sehr ver- einzelt kommen Körner von Apatit und verhältnissmässig lange, manchmal zerbrochene Säulchen von Zirkon vor. 5. Einlagerungen der älteren Quarzphyllite!'). Dunkelgrüne, äusserlich phyllitartig aussehende Einlagerungen, welche stets Chlorit, oft auch Epidot und Zoisit führen, und manches- mal direct als Amphibolite bezeichnet werden müssen, bilden ein Hauptunterscheidungsmerkmal der älteren Quarzphyllite gegen- über den Quarzphylliten der Steinkohlenformation. Einzelne Varietäten der Chlorit-Phyllite zeichnen sich durch die grosse Menge mikro- skopischen Titanits gegenüber den epidot- und amphibolführenden aus. Die Chlorit-Titanit-führenden Varietäten finden sich bei Ellbögen und an mehreren Punkten im Streichen gegen das Rosenjoch zu. Die echten Amphibolite ziehen hauptsächlich entlang dem Süd- sgehänge des Vicarthales und über den Sonnenspitz gegen das Volderthal. Chloritphyllit-Einlagerungen. Ein dunkelgraugrünes Handstück stammt von Spärrhofe an der Ellbögnerstrasse (19). Für das freie Auge besteht das Gestein aus feingefälteltem Chlorit mit wenigen kleinen Quarztrümmern und Linsen, und vielen glitzernden Pyritkryställchen. U. d. M. macht der Chlorit die Hauptmasse des Gesteins aus; er bildet ziemlich breite flaserige Züge, umfliesst einzelne Quarz- und Feldspathkörner oder liegt in einzelnen Schuppen zwischen dem ziemlich lockeren und randlich nicht scharf begrenzten Mosaik dieser beiden Mineralien eingebettet. Der Pleochroismus ist schwach aber deutlich von blassgrün zu grün. Der Winkel der optischen Axen ist ziemlich gross. Quarz kommt auch in einzelnen grösseren unregelmässigen Körnern mit hochgradig undulöser Auslöschung und randlicher Mosaik- bildung vor. Dieselben sind wahrscheinlich klastischer Natur. — Auch die Körner einzelner Quarzgänge löschen lebhaft undulös aus. Der Plagioklas (Albit) ist unter gekreuzten Nikols fast stets gestreift. Auslöschung bis zu 14°. Die Körner enthalten reichlich Ein- schlüsse kleiner nadelartiger Chloritschüppchen. Titanitkörner sind von !) Aehnliche Einlagerungen beschreibt Gümbel aus dem südlicheren Ge- biete. Geol. Bemerk. über die warme Quelle des Brennerbades. S. 154 ff. 82 * 632 Dr. Franz E. Suess. [44] ihm umwachsen, oft aber auch beim Wachsthum beiseit geschoben und am Rande der Körner angereichert worden. Die rundlichen spitzrhombischen oder weckenförmigen Durch- schnitte von Titanit sind überall im Gesteine anzutreffen. Sie sind nach ihrer Hauptlängserstreckung in Züge geordnet und schwimmen gleichsam in der Chloritmasse. Weissliche Flecken von Leukoxen (?) stehen meist mit ihnen in Verbindung; desgleichen bräunliche Partieen von Titaneisen. Caleit ist sowohl in grösseren Linsen als auch vereinzelten Krystalloiden im Gesteine sehr reichlich enthalten. Der Querschnitt des Gesteines braust mit verdünnter Salzsäure ziemlich lebhaft. Verhältnissmässig grosse längliche Körner von Apatit und sehr kleine elliptische Zirkonkörnehen sind ziemlich reichlich vorhanden. Das Vorkommen von Pyrit wurde schon erwähnt. Magnetit findet sich nur in geringer Menge vor. Ein Schliff von einem Stücke an derselben (20) Strasse etwas näher dem Arzthal zeigt unter dem Mikroskop ziemlich dasselbe Bild; doch ist der Chlorit lebhafter dichroitisch (blassgelb zu grasgrün). Die Plagioklaskörner sind etwas grösser entwickelt und neben Titanit findet sich auch noch nicht selten vereinzelte zerbrochene Säulen von Epidot (dichr. farblos zu blassgelb.. Von Erzen ist der Magnetit fast ganz an die Stelle des Pyrits getreten. Zoisit, Epidot und Amphibol führende Phyllite, Amphibolite. Unmittelbar unter dem Gipfel des Rosenjoch befindet sich im Quarzphyllit eine wenig mächtige grüne phyllitische Einlagerung, an welcher man mit freiem Auge ausser einigen kleineren Quarz- trümmern nur den Hauptbestandtheil des Gesteins, nämlich den fein- schuppigen, gefältelten und matt glänzenden Chlorit unterscheiden kann (21). U. d. M. sieht man, dass dem Chlorit in grosser Menge unregelmässige Körner, Stengel und Säulen von Zoisit und Epidot beigemengt sind. Der Chlorit bildet unregelmässig wellige, verzweigte Streifen. von wechselnder Breite, denen die beiden letztgenannten Mineralien mit entsprechender Orientirung der Hauptlängserstreckung eingelagert sind und welche kurze, randlich nicht scharf begrenzte Linsen von Feldspathmosaik mit wenig (Quarz umschliessen. Der Chlorit ist blassgrün, schwach, aber deutlich dichroitisch, optisch, positiv mit ziemlich grossem Winkel der optischen Axen. Dem Chlorit sind an einigen Punkten vereinzelte längliche Partieen von Amphibol beigemengt. Dieselben heben sich auf den ersten Blick nur wenig von der umgebenden Chloritmasse ab, weil sie genau die- selbe Farbe haben, wie diese. Bei genauer Beobachtung geben die stärkere Lichtbrechung, die rissige Umgrenzung mit den Quersprüngen und besonders die hohe positive Doppelbrechung genügend Aufschluss über die mineralogische Natur dieser Stücke. Auslöschungssch. ca. 14°. Zoisit und Epidot bilden meist farblose stengelige Formen mit Längsstreifen und (uerrissen. Nur manchmal ist beim Epidot [45] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 633 schwacher Dichroismus von farblos zu sehr blass gelblich zu beobachten. Besser sind die beiden Mineralien durch den sehr verschiedenen Grad der Doppelbrechung zu unterscheiden. Die Säulen beider Mine- ralien zeigen Axenbilder mit grossem Axenwinkel und quer zur Längs- erstreckung liegender Axenebene. Zoisit überwiegt an Menge sehr den Epidot. Feldspath fand sich sowohl in Aggregatpartieen als auch in Form isolirter grösserer Körner. Die grösseren Körner sind Ortho- klas, die kleineren Albit. Nur die kleineren Körner sind manchmal als Wiederholungszwillinge entwickelt. Die Orthoklase sind sehr reich an verschiedenen Interpositionen, manchmal haben sie grös- sere Zoisitsäulen mit pyramidaler Endigung oder wunregelmässige Chlorit- und Amphibolfetzen umwachsen. Ferner enthalten sie häufig kleine Körner von Zirkon. Meist sind sie ganz erfüllt mit kleinen Schüppchen farblosen Glimmers. Kleine Nädelchen von Amphibol sind auch stellenweise gitterartig parallel den Spaltlamellen gelagert. — Einzelne der grösseren Körner, welche so grosse Mengen verschie- dener, auch grösserer Mineralstücke umwachsen haben, dass die Masse der Einschlüsse die des Wirthes bedeutend übertrifft, zeigen randliche Zwillingsstreifen und wolkige Mikroklinstructur. Die häufigen Turmalin-Individuen sind verhältnissmässig gross und krystallographisch wenig scharf umgrenzt. Der Länge nach sind die abgerundeten kurzen Säulen stets von vielen parallelen Sprüngen durchzogen oder auch vollständig. quer abgebrochen. Pleochro- ismus sehr lebhaft von nahezu farblos zu bräunlichgrün. Sowohl die Längsschnitte, als die häufigen dreieckigen @Querschnitte haben einen blassblauen Kern; derselbe geht allmälig in die umliegende Krystall- masse, welche sich der Farbe nach sehr dem umgebenden Chlorit nähert, über. Quarz ist spärlich dem Feldspathmosaik beigemengt und nur stellenweise angereichert. Die Körner löschen fast stets ungleich- mässig aus. Caleit bildet grössere Linsen und Körnergruppen. Rutil ist im Schliffe nicht häufig, aber in auffallend grossen Körnern in Verbin- dung mit Titanit und Leukoxen vorhanden. Apatit und Zirkon sind auch verhältnissmässig spärlich vertreten. Ein weiterer reichlich Epidot führender Phyllit stammt vom Westgehänge des Volderthales in der Nähe der Ehrenhauser Alm- hütte (22). Mit freiem Auge sieht man an dem weisslichen Glanz der feingefältelten Hauptbruchfläche, dass dieses Gestein ausser Chlorit auch Sericit enthält. Zwischen den Glimmerlagen sind, wie am Querbruche zu sehen ist, dünne, sehr quarzreiche Lagen ein- geschaltet. Auch der grosse Reichthum an Erzen dieses (Gesteines fällt schon makroskopisch auf. Man sieht allenthalben kleine Körnchen von Pyrit auf den Schichtflächen. U. d. M. ziemlich gleichmässiges Quarzmosaik mit eingestreuten, nicht selten verzwillinsten Albitkörnern; dazwischen Chlorit- und Chlorit-Serieitlagen. Der Chlorit ist intensiv lauchgrün gefärbt. Dichroismus deutlich, optisch positiv, E = ca. 40%, 634 Dr. Franz E. Suess. [46] Epidot ist in Form blassgelber, deutlich dichroitischer Stengel im Gestein überall verbreitet; er wurde zueleich mit den Erzen mittelst Jodmethylen aus dem Gesteinspulver gefällt; in dieser Form bildet er ein gelblich-grünliches Pulver. Turmalin von demselben Habitus, wie in den Phylliten, ist reichlich vorhanden, ebenso Apatit, Zirkon ist etwas seltener. Ausser dem schon erwähnten Pyrit finden sich an Erzen noch Magnetit, Eisenglanz und auch mit freiem Auge gut wahrnehm- bare bunte Kupfererze!). Die Amphibolite bilden einen Zug, welcher das linke Gehänge des Mühlbachthales entlang streicht und am Ostgehänge des Volder- thales oberhalb der Vorbergalmhütte wieder erscheint, Für das freie Auge haben die Gesteine einen stark phyllitischen Habitus und sind makroskopisch leicht mit den Chloritphylliten zu verwechseln; doch unterscheiden sie sich meist durch eine etwas dunkler grüne Farbe von diesen. Die einzelnen Krystallindividuen sind mit freiem Auge nicht zu unterscheiden. An Schliffen, welche von einem Aufschlusse am Wege im Mühlbachthale (23) stammen, sieht man u. d.M. ein ziemlich dichtes, wirr stengeliges Aggregat von Amphibol, mit deutlicher Parallelstruetur, mit spärlichen und unregelmässigen Ein- lagerungen von Quarz- und Feldspathmosaik. Das Ampbhibolaggregat besteht stellenweise aus scheinbar gleich- mässigen grünen Partieen, welche bei gekreutzten Nikols in ein sehr feines Mosaik stark doppelbrechender Körner zerfallen und welche nach der Hauptschieferungsrichtung des Gesteins von grösseren Amphi- bolstengeln durchzogen sind. Streifenweise ist auch das Gesammt- aggregat grobkörniger und stahlsteinartig entwickelt. Die Farbe der Säulen wechselt beim Drehen des Öbjecttisches lebhaft von blass- gelb zugrün und dunkelgrün, entsprechend den Absorptionsunterschieden c>b>»a. Die Auslöschungsschiefe ist ca. 17°. Quarz und Feldspath sind meist, weil gleich klar entwickelt, schwer zu unterscheiden, doch sind letztere manchmal etwas trüber oder auch mit Zwillingsstreifung versehen. Sehr auffallend ist im Dünnschliffe das Auftreten von breiteren Streifen und Wolken kleiner, unregelmässiger und tropfenförmiger Titanitkörner. Dieselben sind fast stets mit weissem, undurchsichtigen . Leukoxen vergesellschaftet. Zirkon ist nur in Form ausser- ordentlich kleiner Körnchen vorhanden. Apatit wurde nicht beobachtet. Undurehsichtige Erze (hauptsächlich Pyrit und Magnetkies) sind in manchen Schliffen sehr verbreitet. Ein Handstück vom Westabhange des Haneburger in der Nähe der Vorbergalpe (24) schliesst sich im Gesammthabitus enge an das eben beschriebene Gestein an. U. d.M. ist jedoch grösserer Reichthum an Quarz und Feldspath und das Vorhandensein von reichlichem Epidot wahrnehmbar. ') Pichler (Neues Jahrb. für Min. 1876. S. 923) führt Antimonit aus den Quarzphylliten im Volderthale und Vicarthale an. [47] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 635 Die Hornblende hat in mineralogischer Beziehung denselben Charakter wie bei (23). Obwohl das Gefüge des Aggregates im Allge- meinen etwas gröber ist, werden doch partieenweise die Krystall- säulen noch bedeutend schmäler und manchmal wellig gebogen, so dass die Hornblende in einzelnen Fällen sogar als feinfaserig be- zeichnet werden kann. Die meist stengelig entwickelten, von Quersprüngen durch- zogenen Epidotkörmer sind sehr schwach dichroitisch von farblos zu blassgelb. An einzelnen Individuen wurde das querliegende Axen- bild beobachtet. Wenige Chloritschüppchen und Leistchen sind mit Amphibol vergesellschaftet und haben dieselbe Farbe wie dieser; sie sind aber in Folge der schwachen Doppelbrechung sehr leicht von diesem zu unterscheiden. Einzelne Schüppchen zeigen ein blasses Axen- bild mit sehr grossem Axenwinkel. Titanit wie bei(23), doch spärlicher, Feldspath ist bei Weitem reichlicher vertreten als Quarz, und zwar ist nach dem Vergleich der Lichtbrechungen des Quarzes und der Feldspäthe miteinander sowohl Orthoklas als auch Albit vorhanden. Die Körner des letzteren enthalten nur stellenweise wenige schmale Zwillingslamellen eingeschaltet. Beide Feldspatharten sind manchmal reich an Interpositionen, darunter grössere rundliche Quarz- partieen und farblose Glimmerschuppen, kleine Körnchen von Zirkon und sehr feine Nädelchen von Amphibol. Diese sind manchmal ent- sprechend den Spaltrissen des Wirthes parallel gestellt und ragen an einzelnen Stellen auf diese Weise von der umgebenden Masse aus palissadenartig in die „neophytischen“ (Lepsius) Feldspathkörner hinein. Accessorisch: Zirkon und Apatit. 6. Kalkphyllite und phyllitische Kalksteine des Brenner (Stache, Kalkphyllitgruppe; Rothpletz, Brennerschiefer).'’) Diese Formation nimmt in ziemlich gleichmässiger Ausbildung den ganzen Südrand unseres Gebietes ein. Sie besteht aus körnigen, stark schieferigen Kalken mit meist dünnen phyllitischen Zwischen- lagen. An manchen Stellen nehmen die Kalkphyllite mehr Quarz auf und nähern sich dadurch etwas den Quarzphylliten. Mehr thonige, mächtige, dunkle thonschieferartige Zwischenlagen finden sich an vielen Orten, z. B. am Junsjoch und am Gehänge der Thorwand. Als Beispiel der gewöhnlichen Brennerkalkphyllite möge ein Stück von der Klammalpe bei Navis gelten, welches genauer unter- sucht wurde. Das Gestein ist auf der frischen Bruchfläche graublau, gefaltetschiefrig und phyllitisch, mit dunkelgrauen, unebenen, schwach seidenglänzenden Schieferungsflächen. Es besteht aus lauter circa 1 Centimeter dicken Bänkchen von feinkörnig-krystallinischem Aus- sehen, die durch dünne, phyllitische Zwischenlagen getrennt sind. Im Querschnitte kann man makroskopisch schöne Biegungen und Faltungen dieser Lagen beobachten; auf den Schieferungsflächen ) S. Rothpletz I. e. S. 18. u. sümbel: Geologische Bemerkungen über die warme Quelle des Brennerbades. Sitzungsber. d. math.-naturw. Classe k. bayer, Akad. d. Wiss. 1892. XX1I. S. 147 ff. 636 Dr. Franz E. Suess. [48] zeigen sie ausser diesen Faltungen noch eine feine Fältelung der hier angereicherten Glimmer. U. d. M. sieht man, dass die phyllitischen Zwischenlagen nicht einfach sind, sondern aus gequetschten und zerrissenen feinschuppigen Partieen bestehen, die in sich selbst wieder aus mehreren enge zu- sammengefältelten dunklen und hellen Lagen gebildet sind; meistens enthalten diese Partieen kleine Quarz- und Feldspathkörner reichlicher eingestreut, als die umgebende Gesteinsmasse. Die Galeitmasse, welche diese oft sehr dünnen, phyllitischen Lagen umschliesst, besteht aus mehr oder weniger deutlich unter- scheidbaren grob- und feinkörnigen Zonen. Die Körner der grob- körnigen Zonen haben eine unregelmässig längliche Form und stehen in ihrer Haupterstreckung untereinander parallel und senkrecht auf den Phyllitlagen, denen sie immer unmittelbar angeschlossen sind. Die feinkörnigen Zonen sind beiderseits von diesen grobkörnig-sten- seligen Streifen begrenzt. (Taf. XIII, Fig. 4.) Die Erscheinung ist offenbar folgendermassen zu erklären: Bei der mechanischen Deformation des Gesteines wurden die theilweise in Glimmermineralien verwandelten thonigen Zwischenlagen enge zusammengefältelt, während der Caleit in Folge seiner leichteren Löslichkeit den Veränderungen der Lagen durch Umkrystallisation folgen konnte. An den thonig-glimmerigen Lagen fand eine lebhaftere Cireulation des Wassers und im Folge dessen auch eine regere Um- krystallisation statt; dadurch gelangten grössere Körner zur Ausbil- dung; die, da sie sich bei der Vergrösserung in die Quere gegen- seitig beschränken, sich gegen die innere feinkörnige Kalkstein- masse zu ausdehnen mussten !). Wie nicht anders zu erwarten, zeigen sie gar keine Regelmässigkeit in Bezug auf ihre gegenseitige optische Orientirung, sondern sind so orientirt, wie es eben der Zufall durch die Lage des Kornes, von dem das weitere Wachsthum ausging, be- dingt hatte. Das Gestein ist sehr arm an Maenesiacarbonat; ein Versuch mit Eisenchlorid -gab eine gleichmässige Färbung der Carbonate, liess aber deutlich die zahlreichen verstreuten, unregelmässigen Quarz- und Feldspathpartieen hervortreten. Auch der Versuch nach Link mit Essigsäure und phosphorsaurem Ammon ergab keinen Dolomit zwischen den Caleitkörnern. Der dunkle, graue Glimmer wurde mittelst schwerer Flüssigkeit aus dem Salzsäurerückstand des Geteines isolirt. Seine Färbung rührt von verschiedenen, sehr dicht gedrängten Einschlüssen her. Erstens enthält er eine grosse Zahl ungemein feiner Nädelchen, welche dem wutil angehören dürften; sie sind oft so dicht angehäuft, dass selbst ganz dünne Blättehen undurchsichtig werden und sich die dunkeln Flecken nur an den Rändern und bei sehr starker Vergrösserung in die einzelnen Nadeln auflösen lassen. Dunkle, unregelmässige Flecken bestehen wahrscheinlich aus organischer Substanz. Beim Glühen ver- ’) Ueber das Wachsen der a ee 5 im Kalkstein “et BEBepE Geologie von Attika. [49] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brenuerlinie. 637 schwinden diese Flecken und es tritt eine Rothfärbung des Glim- mers ein. Der Axenwinkel wurde auf 58° gemessen, also etwas kleiner als dies gewöhnlich beim Muscovit, zu dem dieser Glimmer ge- rechnet werden muss, der Fall ist. Die Dispersion ist 9 > v. Die mikrochemischen Reactionen ergaben Aluminium, sehr reichlich Ka- lium, etwas Magnesium und Eisen. Quarz ist in ziemlicher Menge vorhanden, die Körner sind theils klein und vereinzelt, theils in grösseren Gruppen von stenge- liger Ausbildung und mit stark undulöser Auslöschung. Die streifigen wandernden Schatten liegen meist beiläufig in der Längserstreckung dieser Körner; das deutet darauf hin, dass der Quarz durch den Druck in einzelne Stengel aufgelöst wurde; die Lage der krystallo- graphischen Hauptaxe spielt aber dabei nach dem, was sich beob- achten lässt, keine Rolle. Im grossen Ganzen ist der Quarz durch die zahlreichen Einschlüsse etwas getrübt, doch sind an den Begrenzungen der einzelnen Körner gegeneinander helle, einschlussfreie Umsäumungen wahrnehmbar. Es dürfte an diesen Grenzen eine öftere Umlagerung der Moleküle stattgefunden haben, so dass die vorhanden gewesenen Flüssigkeitseinschlüsse und Poren gewissermassen „aufgeschlossen“ und „aufgelöst“ worden sind. An Stelle des „porösen“ Quarzmaterials ist an den Rändern der Körner dichtes und einheitlich homogenes getreten. Die Einschlüsse sind oft sehr gross und unregelmässig, sie ent- halten dann sehr schöne und deutlich bewegliche Libellen. Es wurde das Jodmethylen auf verschiedene Feldspäthe eingestellt, die aus dem Salzsäurerückstand gefällt werden sollten; es fiel aber fast nur Albit; die Boficky’sche Probe ergab auch dementsprechend sehr reichlich Natrium. Nur einige wenige, etwas leichtere Körner enthielten neben Natrium auch etwas Kalium. Im Dünnschliffe sind die Albite nicht selten zu sehen; sie heben sich als klare, einschlussfreie Flecken sehr deutlich von dem umgebenden, stark lichtbrechenden Caleit ab; manchmal sind sie sehr scharf krystallographisch umgrenzt, manchmal auch von scharfen Zwillingslamellen durchzogen. Es ist kein Zweifel, dass der Feldspath ebenso wie die anderen angeführten Mineralien hier authigener Natur ist und dass von den ursprünglichen klastischen Bestandtheilen keine Spur mehr zu sehen ist. Etwas abweichender sehen die viel mehr plattigschieferigen Ge- steine vom Schafseitenspitz, Scheibenspitz und aus dem Schmirnthale aus. Ein Handstück vom Schafseitenspitz enthält viele Quarz- lagen zwischen dem phyllitischen Material, so dass der in Salzsäure un- lösliche Rückstand ungefähr die Hälfte der Gesteinsmasse ausmacht. Magnesiacarbonat ist gar nicht vorhanden. Die Gemengtheile sind dieselben wie bei obigem Gesteine. Auffallend reich an Quarz und stark dolomitiseh ist das Gestein vom Navisbach unweit der Kirche von Navis; dasselbe enthält nach einer freundlichen Analyse des Herm C. F. Eichleiter bei 79:30 Percent in Salzsäure unlöslichen Rückstand 8'’90 Percent CaCO, und 784 Percent MyCO, (Eisencarbonat wurde nicht be- stimmt). Jahrbuch d. k.k. geolog. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (I. E. Suess.) 53 538 Dr. Franz E. Suess. [50] Die dunkeln Schiefer am Junsjoch sind plattig schieferig, phyl- litisch. Auf dem Hauptbruche dunkelbleigrau bis schwarz und seiden- glänzend. Die Glimmer sind ausserordentlich fein gefältelt. Sie ent- halten nur sehr wenig Carbonate. U. d. M. bestehen dieselben aus äusserst feinschuppigen Lagen farblosen Glimmers, welche mit dünnen Lagen sehr feinkörnigen Quarz- mosaikes gemengt sind. Die dunkle Färbung der Glimmer rührt auch hier von den massenhaften, oft bis zur Undurchsichtigkeit gehäuften Einschlüssen her; dieselben bestehen zum kleinen Theil aus unregel- mässigen Flocken, der Hauptsache nach aber aus den ungemein feinen Nädelchen, welche wegen ihrer häufigen charakteristischen Zwillings- bildung auch hier für Rutil erklärt werden können. Turmalin in Form blassbrauner, pleochroitischer Säulchen ist in diesem Gesteine nicht selten. Die Säulchen enthalten an ihrem basalen Ende oft undurchsichtige Einschlüsse angehäuft. Einige wenige kurze, stark positiv doppelbrechende und stark lichtbrechende farb- lose Säulchen halte ich für Zirkon. Durchscheinende, rothe sechs- seitige Blättchen von Hämatit sind nicht häufig. Auch undurchsichtige schwarze metallglänzende Erze sind nicht sehr reichlich vorhanden. Unterhalb des Sägenhorst enthalten die Kalkphyllite eine wenige Meter mächtige hell grünlichgelbe, dünnblätterig schiefrige Ein- lagerung von ganz aussergewöhnlich feinschuppigem Sericitschiefer. U. d. M. kann man auch bei stärkster Vergrösserung die einzelnen Serieitschuppen nieht wahrnehmen; man kann den opt. negat. Charakter, da die Schüppchen der Hauptsache nach parallel gelagert sind, nach dem Verhalten des gesammten feinen Gewebes beurtheilen; dasselbe lässt auch einen schwachen Pleochroismus von heller zu dunkler gelb- lichgrau beobachten. In einzelnen Lagen sind etwas grössere, sehr schmal linsenförmige Quarzkörner oder feine Quarz-Aggregate zur Auskrystallisation gelangt. Erst bei sorgfältiger Beobachtung, besonders am Rande des Schliffes kann man bemerken, dass ein feines Netzwerk äusserst zarter Nädelchen überall im Gestein vorhanden ist und einen sehr wesent- lichen Bestandtheil desselben bildet. Die Randkonturen der Nädelchen lassen sich nirgends unterscheiden. Kleine, undurehsichtige Flecken dürften zum grossen Theil aus Limonit bestehen. II. Jungpalaeozoische Gesteine. 1. Quarzphyllite der Steinkohlenformation und deren Ein- lagerungen. Der Streifen von Quarzphyllit, welcher nördlich an die Kalk- phyllite anschliesst, ist von ziemlich gleichmässiger Entwicklung. Es wurden Stücke von folgenden Localitäten einer genaueren Untersuchung unterzogen: Oberer Pfonerbach gegenüber der Kuh-Alpe, Naviserjoch, Bildstock N. der Lizumalpe, Nasse Tuxalpe (Oberleger) und Geisseljoch. Am genauesten untersucht wurde das typische Gestein vom Naviserjoch (1). Dasselbe besteht aus einem sehr feinen [51] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 639 schuppigen und krummschieferig gefältelten Aggregate von vorwiegend Sericit, ferner Quarz und Feldspath. Letztere Mineralien sind in schmalen Linsen besonders angereichert. Die Farbe ist. hellsilbergrau und hat an einzelnen Stellen einen leichten Stich in’s grünliche ; viele gelblich braune Flecken an den Bruchflächen rühren von zersetzten Eisencarbonaten her. Die Schieferungsflächen sind stark seidenglänzend. U. d. M. überwiegt der sehr feinschuppige Sericit an Menge den ihm in gleicher Form beigemengten Chlorit. Einzelne Schüpp- chen des ersteren zeigen das charakteristische Axenbild mit ziemlich grossem Axenwinkel. Chlorit ist stellenweise zu wirren Schuppenaggregaten in den Serieitlagen angereichert oder er bildet vereinzelte Gruppen sehr unregelmässiger Blättchen innerbalb der Quarzlagen. So weit sich der optische Charakter beobachten lässt, stellte sich derselbe als negativ heraus, was bei der äusserst schwachen Doppelbrechung (Interferenz- farbe: lavendelblau) auf einen Pennin schliessen lässt. Der Quarz bildet ein Aggregat von undeutlich parallel ge- lagerten länglichen Körnern, welche oft undulöse Auslöschung zeigen. Auch als secundäre Bildung auf Gängen tritt derselbe auf. Wo solche Gänge ursprüngliche Quarzlager durchsetzen, sind die Körner des Ganges meist entsprechend den nächstliegenden Körnern des Gesteins orientirt und ebenso wie diese deformirt, so dass sie sich in polarisirtem Lichte nur undeutlich von den Quarzager egaten des Gesteins abheben ; im einfachen Lichte sind die Gänge jedoch in Folge ihres grösseren Reichthums an Einschlüssen viel besser und deutlicher sichtbar, zumal die Einschlüsse in Zügen angeordnet sind, welche die verschiedenen Körner in der Längserstreckung des Ganges durchkreuzen. Der Färbeversuch ergab eine geringe Menge kleiner Plagio- klaskörner, welche zwischen dem Quarz eingestreut sind. Dieselben zeigen keine Zwillingslamellen. Sehr reichlich ist Turmalin vorhanden, er tritt in Form von länglichen, oder auch kurzen und dicken, oft abgebrochenen Säulchen auf Der Pleochroismus ist sehr lebhaft, von ganz blassgelblich, bei manchen Individuen auch farblos zu trübe grünlichbraun. Einige dieser Säulchen sind an einem Ende dunkler gefärbt!). Rutil in Form der Thonschiefernädelchen ist in allen Partieen des Schlitfes zu sehen; es sind selten isolirt liegende Kryställ- chen, sondern meist undurchsichtige, im auftallenden Lichte bräulichgelb erscheinende Flecken, welche sich am Rande im ein Netzwerk sehr feiner Nädelchen auflösen lassen. Zirkonkörner sind nur spärlich vorhanden. Verhältnissmässig häufig ist Apatit; die runden und länglichen Körner sind oft aneinandergereiht, wie wenn sie ursprünglich ein Individuum gebildet hätten und nachträglich zertrümmert worden wären. Brauneisenerz ist in Form von Pseudomorphosen nach einem rhomboedrischen Carbonate, wahrscheinlich Ankerit, sehr reichlich vertreten und stellenweise auch zu grösseren Flecken angehäuft. In ') 8. auch Blaas, 1. e: S. 512. 83* 640 Dr. Franz E. Suess. [52] seiner Nähe nehmen auch oft die Chlorit- und Glimmermassen eine bräunliche Farbe an. Das stark licht- und doppelbrechende Carbonat ist an wenigen Stellen als Kern theilweise zersetzter Krystalle erhalten. Undurchsichtige, schwarze Flocken und Pünktchen verschwanden beim Glühen des Schliffes und haben sich dadurch als kohlige Substanzen (Graphitoid) kundgegeben. Was das Gestein vom Pfonerbach (2) betrifft, so gleicht dasselbe makroskopisch sehr dem vorhergehenden. U. d. M. unterscheidet es sich jedoch dadurch, dass hier Chlorit reichlicher vertreten ist als Sericit und dass der sonst so charak- terisiische Turmalin vollständig fehlt. Die Glimmermineralien sind weniger in Lagen geordnet, sondern mehr in Form sehr feiner Schüppchen in dem Quarz- Feldspathmosaik vertheilt. Die Doppel- brechung des Chlorits ist ausserordentlich schwach und manchmal kaum wahrnehmbar. Die kleinen, oft von Zwillingslamellen durchzogenen Plagioklas- körner sind im Mosaik in eirca gleicher Menge wie der Quarz vor- handen. Ihrer schwachen Lichtbrechung nach gehören sie der Oligo- klasreihe an. Meistens sind die Körner etwas trüber als die Quarz- körner. Sagenit und rhombo&drische Üarbonate sind überall im Schliffe reichlich anzutreffen. Die letzteren sind meist zu scharf begrenzten, autimorphen Kryställchen ausgebildet. Neben Apatit in der gewöhnlichen Form wurden noch einige wenige rundliche Körner von Titanit beobachtet. Auch der Phyllit vom Geisseljoch (3) schliesst sich in allen Stücken enge an den vom Naviser Joch an. Der Phyllit vom Lizumthale (14) weicht von den beiden obigen in seinem makroskopischen Aussehen noch mehr ab, als im Dünn- schliffe. Er besteht aus im Querschnitte dunkelblaugrünen, fast schwarzen Lagen von Chlorit- und Sericitmaterial, zwischen denen hellröthlichbraune bis S Centimeter breite, bandartige, von Chlorit und Serieit ganz durchsetzte Quarz-Feldspathlinsen eingeschaltet sind. Die Schieferungsfläche ist grünlichgrau, fettglänzend und meist von zersetzten Eisenverbindungen braun gefleckt. Sehr eigenthümlich ist die Fältelung, indem die Quarzfeldspath- lagen durch stellenweise Auswalzung sehr in ihrer Mächtigkeit wech- seln und in einer Art und Weise verbogen und aneinander gedrängt, sind, die ihnen ein Ansehen gibt, das an zerknitterte Bänder erinnert. Grössere weisse Quarzknauer sind Ausfüllungen der bei der Faltung entstandenen Hohlräume. U.d.M. lassen sich dreierlei, besser charakterisirte Lagen unter- scheiden: Erstens: Die Züge von Muscovit mit beigemengtem Chlorit. Der Muscovit bildet in den aufsteigenden dünneren Schenkeln der Falten dieser Züge sanft gewellte Lagen paralleler Leistchen; an den verbreiterten Umbiegungsstellen dieser Falten sind dieselben aber wie gestaut und nehmen wirrschuppige Structur an; die Leisten- päckchen sind oft verbogen und zeigen dann wandernde Auslöschungs- streifen. Die Chloritschüppchen lagern sich nicht zu derartigen Päckchen aufeinander, sondern bilden wirre, lockere oder dichtere - [53] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 641 Ränder der beschriebenen Muscovitlagen. Diese Lagen sind noch in ihrer Längserstreckung von feinen undurchsichtigen Linien durch- zogen, welche im auffallenden Lichte theils braun, theils gelb er- scheinen. Sie bestehen offenbar zum grossen Theil aus Fisenoxyden, welche sich an den bei der Faltung entstandenen feinen Spalten als Zersetzungsproducte angesetzt haben. Die gelben Rutilnädelchen haben sich noch an den Rändern dieser Streifen hinzugesellt oder sich in der Nähe des feinen, oft bis zur Undurchsichtigkeit dichten Netzwerkes gruppirt. Hiezu treten noch die stellenweise angehäuften kohligen Flitter und die undurchsichtigen Flecken von Titanit. Die Beimengungen geben den Serieit-Chloritlagen die für das freie Auge im Querschnitte dunkelgrüne, fast schwarze Farbe. Randlich schliessen an diese Bänder die Glimmermineralien, als zweite structurelle Einheit des Gesteins, verhältnissmässig breite Streifen von Quarz und Feldspath, die stark von Chlorit- und Serieit- schüppchen (erstere hier vorwiegend) durchsetzt sind; das Mosaik zeigt undeutliche Parallelstructur. In Reihen angeordnete undurch- sichtige Flecken von Sagenit und Titanit sind hier spärlicher vor- handen als in den glimmerreichen Lagen. Die feldspathreichen Aggregationen sind wieder von in der Breite wechselnden, meist aber schmalen Lagen körnigen Quarzes durchzogen, welche die dritte structurelle Einheit bilden: in diesen sind zahlreiche Pseudomorphosen von Limonit nach Ankerit (9) eingestreut. Diese dreierlei structurellen Einheiten sind nicht überall gleich scharf voneinander zu trennen; sie wechseln sehr in der Breite und sind in ziemlich willkürlicher Aufeinanderfolge gelagert. Oefters keilen sie abwechselnd aneinander aus. Was die nähere mineralogische Charakterisirung der Bestand- theile betrifft, so ist über den Muscovit nichts Wesentliches zu be- merken. Der Chlorit ist auch hier Pennin. Von Plagioklas, der sehr oft deutliche Zwillingsstreifung zeigt,» ergab der Färbeversuch etwas weniger als die Menge an Quarz Die Lichtbrechung ist in allen Schnitten schwächer als die des Quarzes; wir haben also auch hier einen dem Albit nahestehenden Feldspath. Die Quarzkörner sind klein und löschen manchmal un- dulös aus. Turmalin ist im Gestein nicht gerade häufig und meist in Form rundlicher Körner vertreten. Manche von ihnen sind graublau und andere hellbraun, beide Varietäten lebhaft pleochroitisch; ein- zelne Körner sind auch graublau mit trübbraunen Flecken. Ausserdem finden sich noch sehr vereinzelt ganz kleine, krystallographisch wohl ausgebildete Säulchen mit schwachem, aber deutlichem Pleochroismus von farblos zu blassgraugrün. Runde Körner von Apatit sind nur spärlich vorhanden. Mittelst Jodmethylen wurden aus dem Gesteinspulver als schwerste Bestandtheile gefällt: Grosse Mengen von Limonit in Form unregel- mässiger Körner, meist verwachsen mit Pyrit; ferner Rutil, sowohl in Form dunkelbrauner Körner, als auch als Sagenit und Titanit in Form weisser undurchsichtiger Körner. Ausserdem fanden sich 642 Dr. Franz E. Suess, [54] noch gelbbraune Bruchstücke eines doppelbrechenden Minerals mit achatartiger Bänderung, das Reactionen auf Zink und Schwefel ergab; sie gehören offenbar einem localen Neste von Wurzit an. Am Wege von der Nassen Tuxalpe (Oberleger) (5) zu den Thor- seen findet sich im Phyllit eine wenige Meter mächtige Einlagerung, welche auffallend reich an Caleit und Eisencarbonaten ist. Die letzteren geben durch die Verwitterung dem Gestein eine röthliche Farbe. Glimmermineralien (Serieit) sind nur in wenigen, sehr dünnen Lagen vorhanden. Der (@uerschnitt braust mit verdünnter Salzsäure be- feuchtet. \ U. d. M. sieht man ein unregelmässig körniges Gemenge von Caleit und Quarz, mit wenig, oft gestreiftem Plagioklas. Die Quarz- körner löschen fast stets undulös aus. Der Schliff ist durchwegs ge- fleckt von Limonit, welcher meist noch die rhomboedrischen Um- risse des ursprünglichen Carbonates zeigt, oder auch die Kryställchen des letzteren randlich überzieht. Auch die Trennungsflächen der (Juarzkörner und die dünnen Serieitbänder sind meist von Limonit braungefärbt. Die grossen, unregelmässig begrenzten Caleitindividuen der zahl- reichen Gänge dieses Gesteines zeigen eine sehr oft stark wellig gebogene Zwillingsstreifung. An den Rändern der grösseren Körner befindet sich ein feinkörniges Aggregat, welches als Resultat der Zerdrückung der Körner aufzufassen sein wird !). Besonders reich an bis zu 2 Millimeter grossen Pyritkrystallen ist der dunkle, graphitreiche und quarzarme Phyllit vom Eingange in das Arzthal. An den Rändern der Pyritkrystalle ist hier ebensolcher neugebildeter Quarz als Bewegungsspur angesiedelt, wie das sonst bei den Pyriten der Kalkphyllite der Fall ist‘). Es erübrigen noch einige Worte über die sogenannten Eisen- dolomite, welche diesen Quarzphylliten an zahlreichen Punkten in sehr verschiedener Mächtigkeit eingelagert sind. Die mächtigste dieser Einlagerungen befindet sich unmittelbar oberhalb der Griff- Alpe bei Navis und bildet daselbst eine Gruppe schon von Weitem sehr auffallender rothbraun verwitternder Felsen. Diese kalkigen, meist aber eisenreichen Gesteine verdienen nicht immer den Namen von Dolomiten, denn sie sind oft sehr magnesiaarm. Am frischen Bruche ist das Ge- stein von mittlerem Korn krystallinisch, weiss- bis blassgelblich und enthält zahlreiche, sehr feine Schüppchen farblosen oder hellgrauen (Glimmers. Auch grössere (Juarzkörner sind stellenweise mit freiem Auge wahrnehmbar. Ein besonders untersuchtes Stück enthielt nach Schätzung auf eine qualitative Prüfung, Caleium, Magnesium und Eisen, etwa in einem Verhältniss wie 5:1:1. Der in Salzsäure unlösliche Rückstand macht ca. Y/,. der Gesteinsmasse aus und besteht aus ') Siehe die Abbildung bei Rothpletz, ]. c. Lochseitenkalk mit Kata- klasstructur, 1. e. 8. 250. ’) Abbildung b. Termier: Vaneis. S. 19. en [55] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 6453 Quarz und Glimmer. Die Glimmerschüppchen zeigen das charak- teristische Axenbild des Muscovites, oft aber mit verhältnissmässig kleinem Axenwinkel. Die dunkleren Schüppchen sind sehr reich an Einschlüssen, ähnlich wie in den oben beschriebenen Kalkphylliten des Brenner. Als Beispiel einer magnesiaarmen Einlagerung sei ein schmales Kalkband vom Naviser Joch angeführt; dasselbe enthält bei 62 Pere. aus Quarz und Glimmer bestehenden unlöslichen Rückstand, schätzungs- weise nur etwa 1 Percent Eisen und noch bedeutend weniger Ma- gnesia. In den oben erwähnten „Eisendolomit“-Hügeln oberhalb der Griff-Alpe befindet sich der schon öfter in der Literatur er- wähnte reichlich Kupfer führende Gang weissen späthigen Dolomites, welcher früher bergmännisch ausgebeutet worden war und von dem die betreffende Localität den Namen Knappenkuchl führt 2. Quarzsericit-Grauwacken und Schiefer '). (Dyasformation.) Die hier zu betrachtenden Gesteine sind als Resultate einer ungleich weit vorgeschrittenen Metamorphose aus einer meist ziemlich srobkörnigen Quarzbreccie anzusehen. Im Handstücke weichen die einzelnen Typen sehr stark von einander ab, doch kann im Felde, beim Vergleich grösserer Complexe dieser Gesteine, über deren Zu- “sammengehörigkeit kein Zweifel entstehen. Wo die Metamorphose am wenigsten vorgeschritten ist (Matrei an der Eisenbahn, Nord), haben wir ein compactes Öonglomerat von rundlichen, weissen oder rosa und violett gefärbten Quarzkörnern vor uns, dessen Bestandtheile durch hellerüne Serieitsubstanz ver- kittet sind; wenige Körner, an denen Spaltflächen sichtbar sind, ge- hören dem Orthoklas an. Die klastischen Bruchstücke haben hier stellenweise eine Länge bis zu 1 Centimeter. Eine Schieferung ist nicht vorhanden, dagegen kann man mit freiem Auge eine Andeutung einer Parallelstructur, wenigstens der Glimmerblättehen wahrnehmen. Bei weitgehender Veränderung stellt sich zunächst eine undeutlich wellige Schieferung ein (z.B. Pfonerbach, Gallenschroffen bei Navis). Der Hauptbruch zeigt eine Beschaffenheit, welche den Eindruck einer unregelmässigen Fältelung macht und von der gestreckten Form der die körnigen @Quarzpartieen umschliessenden blassgrünen und fett- bis seidenglänzenden Serieitmäntel herrührt Im Querbruche sieht man deutlich einzelne ziemlich grosse klastische Quarzkörner, von denen einige rosa gefärbt sind. Am verbreitetsten sind noch schieferigere Varietäten (Mieselkopf, Kreutzjöchel, Abhang des Serbelsspitz, Hirschstein), die Schieferungs- flächen werden sehr ausgeprägt, unregelmässig bucklig, mit oder ohne Fältelung der feinen Serieitüberzüge. Die noch mit freiem Auge er- kennbaren klastischen Reste sind meist nur klein und linsenförmig im !) Sernifitartige Schiefer nach Rothpletz. 644 Dr. Franz E. Suess. [56] die Länge gezogen. Manchmal ist das Gestein auch zu ziemlich dichten Quarziten (Matrei) und schön gefälteltem Quarzschiefer entwickelt. Doch kann man auch hier noch manchmal in kurzen, schmalen und blassrosa gefärbten Streifen der Quarzitlagen die Andeutung der ebenso ge- sefärbten, urprünglich klastischen und später in der Gesteinsmasse vermischten Quarz-Körner wiederfinden. Das Gestein vom Pfonerbach enthält an der Oberfläche zwischen den Serieitflasern spärliche und sehr kleine Schmitzen von smaragd- srüner Farbe, dieselben gehören wahrscheinlich dem Fuchsit an. Leider war die untersuchbare Menge zu gering, um eine Chromreaction ergeben zu können. Im Gebiete der nördlichen Schluchten des oberen Weihrach- (Weidenreich-) Baches bei Navis ist das Gestein in einen vollkommen schiefrigen, sehr feinschuppigen Sericitschiefer umgewandelt. Die Farbe des Sericits, der die unebenen Schieferungsflächen überzieht, ist blass- grün, stellenweise grasgrün, manchmal auch etwas gelblich gefärbt; der Glanz ist Fett- bis Seidenglanz. Die Schüppchen sind gleichmässig und sehr fein gefältelt. Zwischen dem Sericit befinden sich sehr dünne Lagen von Quarz, welche die Schieferung hervorrufen. Obwohl der letztere im Ganzen sehr feinkörnig ist, sind doch noch auf dem Querschnitte mit freiem Auge einzelne, verhältnissmässig grössere Quarzkörner klastischen Ursprungs erkennbar. Auf der Schieferungs- fläche sieht man sehr viele kleine schwarze Punkte und Fleckchen; dieselben stellen sich u. d. M. als Gruppen und Nester von Turmalin heraus. Sehr kleine, mit freiem Auge aber noch wahrnehmbare gelblich- weisse Fleckchen gehören dem Sagenit an. Etwas abweichend sind manche Partieen dieses Horizontes in der Nähe von Hinterdux und gegen das Schmirnerjoch zu ent- wickelt. Auch hier sind grössere klastische Reste in manchen schuppig- schieferigen Lagen- sehr reichlich vorhanden. Doch ist der Serieit meist viel dunkler grün oder auch grau gefärbt; die blassrosa farbigen Quarzkörner sind auch hier stellenweise wieder zu finden. U. d. M. lässt sich an verschiedenen Beispielen sehr gut die stufenweise fortschreitende Metamorphose beobachten. Wir sehen Hand in Hand mit der Veränderung der makroskopischen Structur der Ge- steine einen Zerfall der allothigenen Bestandtheile und die Neubildung authigener Minerale vor sich gehen. Die grösseren Körner werden theils mechanisch zertrümmert, theils auch einer chemischen Umwand- lung unterworfen (Orthoklas) und die neugebildeten oder wieder ge- bildeten Substanzen setzen sich in denjenigen Lagen und an denjenigen Stellen an, an welchen sie durch den herrschenden Gebirgsdruck im Wachstum am wenigsten gehindert sind. Hiedurch wird die Structur- veränderung des Gesteins hervorgerufen. In den letzten Endgliedern der Metamorphose ist die ursprünglich klastische Natur des Gesteins bis nahe zur Unkemntlichkeit verwischt. Bei dem verrucanoartigen Gesteine von Matrei (1) sieht man u. d. M. die Quarz- und Orthoklaskörner ziemlich enge aneinander gelagert und von einem oft sehr dünnen Sericitflaserband getrennt. (Taf. XIII, Fig. 2.) Was man an schwacher Richtungsstruetur mit j Be [57] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 645 Auge wahrnimmt, verschwindet im mikroskopischen Bilde vollständig. Wird das Gestein schiefriger (Pfonerbach (2), Gallenschroften (3), Klamm- spitz (4), so sammelt sich das Serieiteement zu scharf begrenzten fein- faserigen Strängen, welche Iinsenförmige Partieen von Quarz oder Ortho- klas umschliessen. Diese Linsen bestehen theils aus einzelnen grösseren deformirten Körnern und theils aus feinkörnigen Quarzaggregaten. Die letzteren enthalten meist in ihrem Inneren noch sehr feine -Glimmer- schüppchen und sind offenbar authigener Natur. Oft kommt es vor, dass derartige Linsen in ihrer breitesten Mitte ein grösseres klastisches Quarzkorn augenartig eingelagert haben, der körnige Quarz ist dann um dasselbe neugebildet }). (Taf. XIII, Fig. 1.) Dieses, die Quarzpartieen umschliessende Netz von Sericitflaser- strängen, dessen Maschenweite und Bänderstärke ausserordentlich wechselt, wird nun bei immer fortschreitender Entwickelung feinkör- nigen Mosaiks auf Kosten der grösseren Körner, gleichsam immer mehr einseitig verzogen, bis die Flaserstränge nahezu gleichmässige parallele dünne Lagen bilden (Oberer Weihrachbach (5), die nur stellenweise zu breiteren welligflaserigen Bändern gestaut sind. Die Hauptgesteinsmasse besteht hier aus einem ziemlich gleichmässigen Quarzmosaik, in welchem nur wenig grössere, unregelmässig begrenzte Quarzkörner eingestreut sind. Dieselben heben sich besonders gut unter gekreuzten Nikols von der Umgebung ab. Im unpolarisirten Lichte ist ihre Grenzlinie nicht gut wahrnehmbar, doch unterscheiden sie sich von der Umgebung durch ihren Reichthum an Einschlüssen, so dass sie als trübe Flecken er- scheinen. Der Quarz macht in allen Varietäten die Hauptmasse des Ge- steins aus, u. zw. ist er bei den verrucano-artigen Varietäten klastischer, bei den schiefrigen Varietäten aber authigener Natur. Es lassen sich jedoch auch bei ersteren an den Rändern der Körner Neubildungen be- obachten. Letztere sind meist ebenso orientirt, wie die Krystallbruch- stücke, an denen sie sich angesetzt haben. Es ist dies dieselbe Er- scheinung, welche schon vor längerer Zeit Irving und Van Hise?) zuerst von vielen archaeischen, aber ungestörten Quarziten aus der Umgebung des Oberen- und Michigan-Sees beschrieben haben; nur ist bei unseren Beispielen das eine zu bemerken, dass die neugebildeten Quarze zahlreiche Einschlüsse von Glimmerschüppchen enthalten, so dass die klastischen Quarzkörner an den Rändern nicht scharf be- grenzt sind, sondern allmählig in das umgebende Serieiteement über- gehen. Die klastischen Quarze löschen fast stets undulös aus, während die Neubildungen fast nie derartige Druckerscheinungen zeigen. Die Aus- löschung ist sehr oft streifig wandernd, was darauf hindeutet, dass der Quarz sich durch den Druck in einzelne Stengel sondert. Ausser der gewöhnlichen undulösen Auslöschung zeigen fast alle klastischen Quarzkörner die bereits mehrmals beschriebene ungemein . ') Etwas ähnliches bildet Schmidt, Fig 14 ab. ’) Irving and Van Hise. On Secondary enlargement of Mineral Frag- ments in certain rocks. Bull. of the U. S. Geol. Surv. Nr. 8.1884 u. Van Hise: Upon the Origin of the Mica-schists and blac Mica-slates of the Penokee-Geyebic- Ironbearing Series. Amer, Journ. of Seience. (3). XXXT. 453. June 1886. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. left. (F. I’. Suess.) 84 646 Dr. Franz E. Suess. [58] feine parallele Streifung ’), dieselbe ist sowohl im einfachen als auch im polarisirten Lichte wahrnehmbar. Im ersten Falle heben sich diese Streifen durch schwächere Liehtbrechung, in letzterem Falle durch schwächere Doppelbrechung, also durch den etwas abweichenden Farbenton, von den umgebenden Krystallpartieen ab. Die Lamellen sind fast immer parallel der Auslöschung, u. zw., wie das Gypsblättchen lehrt, senkrecht zur Hauptaxe. Die Abweichungen, welche stellenweise vorkommen, betragen nur wenige Grade. Nur einen einzigen Fall konnte ich finden, in welchem dieselben bis zu 30° gegen die Haupt- axe geneigt waren. Wo die Auslöschung beim Drehen des Tisches streifig wandert, sind die Lamellen dementsprechend sanft gebogen. Uebereinstimmend mit den Angaben der genannten Autoren fand ich, (dass sich eine grosse Anzahl dieser Streifen bei starker Vergrösse- rung in Reihen sehr feiner Einschlüsse auflösen lässt, die beim Drehen der Mikrometerschraube wandern. Diejenigen Streifen, welche sich nicht in dieser Weise auflösen lassen, erscheinen bei stärkerer Ver- srösserung nicht breiter, sondern lösen sich wieder in eine Reihe noch feinerer Streifen auf. Sie sind jedoch immer schwächer liehtbrechend als die Umgebung und wir können wohl, wie bereits A. v. Böhm ge- than hat, auch diese als Wände von noch feineren Einschlüssen, deren Natur sich nicht näher bestimmen lässt, betrachten. Wir werden wohl nicht fehl gehen, wenn wir annehmen, dass diese Erscheinung mit dem Drucke, welchen das Gestein erlitten hat, in Zusammenhang steht. Der ursprüngliche, klastische Quarz enthält zahlreiche Züge von feinen Flüssigkeitseinschlüssen, welche an manchen Stellen undeutlich dihexaedrischen Umriss zeigen. Einzelne Körner enthalten auch grosse Schüppchen von Hämatit, von denen ihre makroskopisch blassrothe Farbe herrührt. Nachträglich entstandene Einschlusszüge durchsetzen oft mehrere Körner mit verschiedener Orientirung, von denen die einen Hämatit- einschlüsse enthalten und die anderen nicht. Einzelne der Züge setzen sich in Form von Sprüngen in die umgebenden Mineral- Körner fort. Der an den Rändern der Körner neugebildete Quarz enthält, wie bereits erwähnt, zahlreiche Serieitschüppchen; die feinen Flüssig- keitseinschlüsse fehlen ihm. Oefter sind auch einschlussreiche Quarz- körner von offenbar auf Sprüngen neuentstandenen einschlussfreien Zonen durchquert. Manchmal enthalten diese Neubildungen grosse unregelmässige Gasporen. Auch als Ausfüllung von zahlreichen Gängen tritt der Quarz in körniger Aggregatform auf; die Gangränder sind dann entsprechend den anlagernden Quarzkörnern orientirt, so dass die Gänge in den sekreuzten Nikols undeutlicher werden. In ihrer Mitte enthalten sie meist Reihen von grossen unregelmässigen Gasporen und von kleinen undurchsichtigen Erzpartikelehen. ‘) Kalkowsky. Die Gneissformation des Eulengebirges 1878, S. 28. Böhm. Die Gesteine des Wechsels. Tsehermak’s Min. Mitth. 1883, $. 204. Küch. Beiträge zur Petrographie des Westafrikanischen Schiefergebirges. Tschermak’s Min. Mitth. 1886, 8. 101, 107, 118. Walter-Bergit. Beitrag zur Petrographie der Sierra Nevada de Sancta Marta. Becke. Min. Mitth. 1889, $. 293. [59] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 647 Orthoklas nimmt bei fortschreitender Metamorphose an Menge immer mehr ab. In dem verrucano-artigen Gestein von Matrei bildet er, wie der Färbeversuch gezeigt hat, nicht ganz '/, der (Gesteins- masse, bei dem schiefrigen Gesteine vom Weihrachbach hingegen wurden durch denselben Versuch nur sehr wenige und sehr kleine, manchmal in Reihen geordnete Orthoklaskörner beobachtet. Auch am ungeäzten- Schliffe sind die Körner vom Quarz durch die von zahlreichen Einschlüssen herrührende Trübung leicht zu unter- scheiden; meist sind sie von breiten Kreuz- und Querrissen und Sprüngen durchzogen, welche nicht in das umgebende Gestein fort- setzen und immer von (Quarzsubstanz in Gangform mit den ent- sprechenden Einschlüssen angefüllt sind. An den Rändern zeigen diese Ausfüllungen oft dieselbe optische Orientirung, wie der Quarz der Umgebung, und stellenweise ist auch feinschuppiges Sericitmaterial in die Sprünge eingedrungen. Hieraus ergiebt sich, dass diese Risse erst im Gestein entstanden sind und nicht bereits vor der Einbettung des Orthoklas in dasselbe vorhanden waren. (Taf. XIII, Fig. 2.) Die Schliff-Fläche der Körner zeigt sehr deutliche Spaltrisse. Die Auslöschung ist meist in den einzelnen Individuen im Ganzen einheit- lich, oft aber über die ganze Fläche hin gleichmässig fleckig. Man sieht, dass sich der Feldspath dem Drucke gegenüber anders verhält als der Quarz. An manchen Stellen und besonders in den stark schieferigen Gesteinsformen ist der Feldspath stark durchsetzt von feinen nadel- artigen Sericitschüppchen und. zeigt so den Beginn der Zesetzung an. Authigener Feldspath ist nirgends vorhanden. Der Sericit ist unter dem Mikroskop farblos und stark doppel- brechend. Abgelöste Schüppehen ergeben ein in Folge der Fältelung stark gestörtes Interferenzbild; doch scheint der Axenwinkel kleiner zu sein, als dies sonst beim Muscovit der Fall ist. In manchen Varietäten (2 und 3) enthält derselbe stark pleochroi- tische hellbraune Flecken; dieselben dürften von einem Pigment zer- setzter Eisenverbindungen herrühren. Die accessorischen Mineralien werden bei zunehmender Metamor- phose häufiger und mannigfaltiger. Unter diesen sind zunächst sehr allgemein der Apatit in Form kleiner rundlicher Körner oder kurzer, sechsseitiger Säulen. Titanit und Zirkon treten ebenso wie Turmalin in den hochgradiger metamorphen Varietäten nur spär- lich auf. Letzteres Mineral in Form von unregelmässigen, oft zer- trümmerten Körnern mit lebhaftem Pleochroismus von farblos zu trübe olivengrün, oder hell zu dunkelgraublau. Die mit freiem Auge wahrnehmbaren zahlreichen Turmaline im Sericitschiefer vom oberen Weihrachbache (5) wurden bereits oben erwähnt. U. d. M. sieht man 'einerseits isolirte, unregelmässig begrenzte, oder kurzsäulenförmige Individuen, mit starkem Pleochro- ismus von röthlichbraun zu schwarz, oder von farblos zu bläulichgrün ; andererseits Gruppen und Nester solcher Körner, welche oft so dicht und feinkörnig sind, dass sie das Licht gar nicht mehr durchlassen und auch bei stärkster Vergrösserung keine Individuen erkennen lassen. Diese undurchsichtigen Flecken sind von den ihnen meist zugesellten 84* 648 Dr. Franz E Suess. [60] Flecken von Sagenit durch ihre im auffallenden Lichte dunkelgrau- blaue Farbe leicht zu unterscheiden, während jene, wie schon erwähnt, hellgelb gefärbt sind und sich am Rande bei starker Vergrösserung in die charakteristischen Nädelchen auflösen. RhomboöäödrischeCarbonateundderen Limonitpseudo- morphosen gehören den zahlreichen Quarzgängen des Gesteins an. Carbonquarzit von Hinterdux. Das, wie oben erwähnt, makroskopisch zum Theil etwas ab- weichend entwickelte Gestein dieses Horizontes von Hinterdux ist in manchen Lagen auffallend reich an bis Pfefferkorn grossen Feldspathkörnern. Die Glimmer, welche durch parallele Lagerung partieenweise eine unvollkommene Schieferung hervorrufen, sind hell- grün oder hellgrau gefärbt. U. d. M. sieht man, dass Quarz und Feldspathkörner in der feinkörnigen, aus Quarz und Serieit gebildeten Masse porphyrisch eingelagert sind. Der Feldspath, welcher wohl zum grossen Theil aus Orthoklas besteht, zeigt oft Andeutung einer ungleichmässigen und wolkigen Mikroklingitterung; oft ist am Rande der Körner eine feine, sich gegen das Innere verlierende Zwillingsstreifung zu sehen. Die Körner sind fast stets ganz erfüllt mit kleinen Sericitschüppchen und auf Sprüngen und Gängen von Serieitmaterial durchzogen. Auch wenige schön- vestreifte, wahrscheinlich klastische Plagioklaskörner wurden im Schlitfe beobachtet. Accessorisch findet sich sehr reichlich Titanit in oft ziemlich grossen Körnern und die bekannten rhombo&drischen Carbonate. In dem von obigen Typen makroskopisch etwas abweichend ent- wickelten grünen, dann eben schiefrigen und quarzärmeren Sericit- schiefer, (7) welcher an dem Wege von Hinterdux auf das Duxer Joch ansteht, sieht man u. d. M. ein Bild, welches dem von dem obigen (Gesteine, wie etwa das vom Pfoner Bach oder Klammspitz, ausser- ordentlich ähnlich ist. Nur ist hier der stark doppelbrechende Sericit blassgrün gefärbt und, wenn auch schwach, doch deutlich pleochroitisch. Turmalin und Sagenit fehlen zwar hier, dafür sind aber Gruppen von tropfenförmigen und eckigen Titanitkörnern in Verbindung mit undurchsichtigem Leukoxen hier sehr verbreitet. Von Bedeutung ist ferner, dass in diesem Gestein mehrmals grössere, farblose Mus- covitleisten, offenbar klastischer Natur beobachtet wurden). 3. Tarnthaler Quarzitschiefer. Dieses auffallende Gestein tritt, wie erwähnt, an vielen Punkten (Matrei, Miesljoch) zusammen mit den eben beschriebenen Sericit- schiefern auf und überlagert dieselben. Am auffallendsten und in grösster zusammenhängender Ausdehnung erscheint es aber auf der Höhe der Tarnthaler Köpfe, wo es unmittelbar unter dem die zer- klüfteten Gipfel bildenden Serpentin liegt. Es enthält hier, wie auch ') Klast. Biotitschuppen erwähnt Milch. Beiträge zur Lehre von der Regionalmetamorphose. Neues Jahrb. f. Min. 1894. Blg. Bd. X. S. 406. [61] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 649 an anderen Punkten dünnplattige, bräunlichgelbe, dolomitische Ein- lagerungen. Die untersuchten Typen stammen von den Tarnthaler Köpfen. Structurell besteht das Gestein vorwiegend aus wechselnd dicken, für das freie Auge vollkommen dieht erscheinenden Platten, welche mit dünnschiefrigen, phyllitischen Lagen abwechseln. Die Farbe ist meist apfelgrün, diejenigen Stellen aber, an denen Hämatit angereichert ist, sind broncefarben bis schwarz; die grüne und die braune Färbung wechseln sehr oft miteinander, sowohl im Grossen als auch innerhalb der einzelnen Bänke. Auf den meist uneben welligen, aber glatten Trennungsflächen der dünnen Platten ist sehr oft ein graubrauner, ungemein fein gefäl- telter Glimmer ausgeschieden. Losgelöste Schüppchen desselben zeigten ein Interferenzbild mit sehr kleinem Axenwinkel. Die Boficky’sche Probe ergab eine ziemliche Menge Kalium und etwas weniger Magnesium und Natrium. Wir haben demnach hier einen Glimmer vor uns, welcher sich dem Biotit nähert. Seine Farbe rührt zum Theil von zahlreichen Einschlüssen her, welche theils die Form sehr kleiner Nädelchen haben, theils sind sie als grössere, rotlie Schüppchen von Eisenglanz erkennbar. Vereinzelt finden sich zwischen diesen Glimmern auch grössere, makroskopisch wahrnehmbare Chloritschuppen. Sehr kleine smaragd- grüne Schmitzen auf den Schieferungstlächen dürften auch hier als Fuchsit zu deuten sein’). Die dichten Bänke bestehen, wie das Mikroskop lehrt, aus einem sehr feinen körnigen Aggregate, dessen Bestandtheile sich wegen ihrer ausserordentlichen Kleinheit nur sehr schwer optisch unter- suchen lassen. Die Hauptmasse bildet der Quarz. dessen kleine, sich nur unter gekreuzten Nikols voneinander abhebende Körnchen eine un- deutliche Richtungsstructur erkennen lassen. Im einfachen Lichte ver- leihen aber dem Gestein die zahlreichen kleinen Schüppchen der Glimmermineralien eine ausgeprägte Parallelstructur; dieselben sind zwischen den Quarzkörnern mehr oder weniger schütter ein- gestreut, stellenweise aber auch zu dichten Streifen zusammengedrängt. Die grössere Menge derselben gehört ihren optischen Eigenschaften nach dem Sericit an; ein Theil ist durch die grünliche Farbe und schwache positive Doppelbrechung als Chlorit charakterisirt. Ausser- dem finden sich nicht selten stark licht- und schwach doppelbrechende Leistehen mit deutlich positivem optischen Charakter; man möchte hiernach auf einen Sprödglimmer schliessen. Ein zweimaliger Versuch, diese Schüppchen aus dem Gesteinspulver mittels Fluss- säure zu isoliren, misslang, ebenso wie der, dieselben durch schwere Flüssigkeit zu fällen ; hieran mag wohl die ausserordentliche Feinheit derselben schuld sein. Es lässt sich also über dieses Mineral nichts absolut Sicheres sagen. ') Pichler führt Gerölle von dunkelrothem Jaspis aus der Sill an, welche aus diesen Schiefern stammen sollen. Neues Jahrb.. 1877. S. 63. 650 Dr. Franz E. Suess. [62] Sehr verbreitet ist Turmalin in Form kleiner, kurzer oder länglicher Säulchen (lebhafter Pleochroismus: hell- zu dunkelblau) oder ungemein feiner Nädelchen. Derselbe bildete zusammen mit einigen wenigen Granatkörnern den ziemlich reichlichen Rückstand des in Flusssäure aufgelösten Gesteinspulvers. Die feinsten Nädelchen lassen wohl keine nähere optische Bestimmung zu, da aber die Probe auf Titan ein negatives Resultat ergab, ist es nicht wahrscheinlich, dass wir es hier der Hauptmasse nach mit Rutil zu thun haben. Apatitin Form kleiner Körnchen, oft mit sechsseitigem Umriss, ist im Gestein sehr stark verbreitet. Das stellenweise sehr reichliche Auftreten von Hämatit wurde schon erwähnt. Die rothen Schuppen haben oft sechsseitigen Umriss und glänzen im auffallenden Lichte stark metallisch. Limonit tritt wie gewöhnlich in Form rhombo&drischer Pseudo- morphosen auf. Zu erwähnen sind noch einige Flecken eines wenig durchsichtigen, im auffallenden Lichte spangrünen Minerals, das in den hämatitreichen Zonen spärlich vorkommt; es gelang nicht, dasselbe durch schwere Flüssigkeit zu sondern und so fehlt mir zu seiner Bestimmung jeglicher Anhaltspunkt. 4 Serpentine, Talkschiefer und Chloritschiefer. Die Stellen des Auftretens grösserer zusammenhängender Ser- pentinpartieen in unserem Gebiete sind: 1. Am Schlossberg bei Matrei und bei der Kirche von Pfons. 2. Am Fusse des Mieselkopfes gegen das Mieseljoch zu und 3. am Gipfel des Reckner. Alle drei Vorkommnisse treten in Form linsenförmiger. rasch auskeilender Anschwellungen innerhalb der grünen Tarnthaler Quarzit- schiefer auf. Am mächtigsten ist der Serpentin in den Tarnthaler- köpfen, deren höchster Gipfel (Reckner) ein vortreffliches Bild der für dieses Gestein so charakteristischen wilden und zerrissenen Ver- witterungsformen gewährt. Der Gipfel selbst besteht aus gewaltigem Blockwerk und auch die Trümmerhalden unterhalb desselben gegen die Geierspitze zu sind mit den schwarz und dunkelgrün oder rothbraun verwitternden Blöcken dieses Gesteins bedeckt. (S. die Zeichnung Taf. XII.) Am unscheinbarsten und wenig aufgeschlossen ist das Vorkommen am Fusse des Mieselkopfes. Bei Matrei steht der Ser- pentin am Fusse des Sohlossberges an (s. Profil S.601 ) und zieht sich durch die Schlucht des Pfoner Baches bis gegen die Kirche von Pfons. In der Nähe dieser Kirche werden die den Serpentin be- gleitenden ophicaleitartigen Gesteine gebrochen: daselbst sind die Serpentine auch von mannigfachen, zum Theil quarzitischen Talk- und Chloritschiefern begleitet. Da die Serpentine von Matrei mit Berücksichtigung derer aus den Tarnthaler Köpfen schon mehrmals Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen sind. und da sich die Gesteine vom Miesel- joche in ihrem petrographischen Charakter an die übrigen Vorkomm- nisse enge anschliessen, kann hier von einer eingehenden Beschreibung Umgang genommen werden und will ich mich nur auf einige wenige. [63] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 651 zum Theile wiederholende Bemerkungen über diesen Gegenstand beschränken. Seit den Beschreibungen von Drasche und Hussak!) hat in allerneuester Zeit Professor J. Blaas’) eine sehr eingehende Dar- stellung der Vorkommnisse von Matrei und insbesondere der Ver- hältnisse in dem Pfonser Steinbruche geliefert. So interessant und anregend die detaillirten Studien des letzt- genannten Autors sind, scheinen mir doch die Schlussfolgerungen in Bezug auf das genetische Verhältniss der Serpentine und Chlorit- schiefer daselbst, welche einer grossen Zahl von Erfahrungen über die Beziehungen dieser Gesteine von anderen Orten widersprechen, durch die gegebene Darstellung nicht in genügendem Masse erwiesen. Der Autor gelangt nämlich zu folgendem Schlusse: „Feldspath- und ehloritführende Schiefer unterlagen einer intensiven mechanischen Deformation, mit welcher verbunden ein durchgreifender chemi- scher Umsatz des ursprünglichen Mineralbestandes erscheint. Der Feldspathbestandtheil verschwindet, der chloritische verliert mehr und mehr seine Thonerde, wodurch das Serpentinmolekül desselben herrschend wird.“ Im Nachfolgenden will ich, ohne meiner Ansicht mehr Gewicht anzumassen als der des Herrn Prof. Blaas, das Bild dariegen, welches ich mir von den genetischen Beziehungen zwischen Serpentin und Chloritschiefer gemacht habe. Wie bereits im tektonischen Theil erwähnt wurde, liegen die Ser- pentine innerhalb der grünen Tarnthaler Quarzitschiefer. Die petro- graphischen Charaktere derselben sind. wie schon aus früheren Arbeiten ersichlich ist, in Kürze folgende: 1. Die Serpentinmasse erweist sich an denselben Stellen u. d. M., wie schon Drasche und Hussak hervorgehoben, in Folge ihrer feinfaserigen Maschenstructur als zu den Olivinserpentinen gehörig. Ich konnte zweierlei Ausbildung dieses Maschennetzes an verschiedenen Schliffen beobachten. An manchen blass gefärbten Varietäten sieht man zwischen nahezu farblosen, sehr kleinen Kernen, dünne, ebenfalls farblose, aber oft von verhältnissmässig breiten, grün- lichen Bändern begrenzte, nur wenig stärker doppelbrechende Streifen hindurehziehen. Unter gekreuzten Nikols sind nur graublaue Farben- töne zu sehen. Die Fasern zwischen den Maschen löschen streifig aus. Die Maschenkerne bleiben nahezu dunkel, auffallend treten an manchen Stellen die oben erwähnten, mehr grün gefärbten Partieen hervor, indem dieselben ausserordentlich fein radial faserige, ziemlich regelmässige, stärker leuchtende Kränze um die dunklen Maschenkerne bilden. Die Erze liegen hier nicht in der Mitte der Maschengänge, sondern sind in grösseren Körnern mit krystallographischen Umrissen im Gestein zerstreut. Obwohl in der Hauptmasse des Gesteins die ') Drasche. Ueber Serpentin und serpentinähnliche Gesteine. Tsehermak. Min. Mitth. 1871, 8. 2. Hussak. Ueber einige alpine Serpentine. Ebenda 1883, 372-8. °) J. Blaas. Ueber Serpentin und Schiefer aus dem Brennergebiete. Nova Acta der kais. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. Bd. LXIV, Nr. 1, 1894. 652 Dr. Franz E. Suess. [64] Olivinmaschenstructur unverkennbar ist, erinnern einige Partien dieser blass gefärbten, schwach doppelbrechenden Schliffe (vom Reckner), namentlich unter dem Analysator, in Folge der Balkenform der leuchtenden Partieen stark an Antigoritserpentine!). Die zweite Form der Maschenstruetur stimmt vollkommen mit der ausführlichen Beschreibung überein, welche Becke von der Maschen- struetur des Serpentins von Nezeros in Thessalien gegeben hat?). Die Mitte der Maschen-Bänder wird fast stets von undurchsichtigen Streifen vonMagnetit und Chromit gebildet. Der Magnetit ist oft in Form scharfer Octaöderchen ausgebildet; stellenweise kommen auch Pyritkryställchen vor. Die dunklen Erzstreifen sind zu "beiden Seiten von blassgrünen, ziemlich breiten Streifen faseriger, verhältniss- mässig stark doppelbrechender Substauz begleitet. Das Innere der Maschen ist farblos und schwach doppelbrechend. 2. Von der Hauptmasse des Serpentins unterscheiden sich sehr deutlich die Partieen, welche sich durch ihre Structur als serpentinisirte Augitsubstanz zu erkennen geben®). Diese Partieen, welche in manchen Schliffen ganz fehlen und in anderen in grösserer Menge angereichert sind, sind verworren-faserig, farblos und schwach doppel- brechend. Sie sind von einem Systeme von dünnen Adern durch- zogen, welches in einem einzelnen Krystallreste stets gleichmässig auslöscht. Dieses System besteht aus Adern zweierlei Natur; die einen treten schon in einfachem Lichte sehr deutlich hervor und sind haarscharf und streng geradlinig parallel, manchmal leiterartig über- springend ; sie entsprechen offenbar den Ebenen chemischer Schwäche ddes ursprünglichen Augitminerals. Die zweite Form der Adern wird erst unter gekreuzten Nikols sichtbar, es zeigt sich dann zwischen der faserigen Serpentinmasse ein ganz unregelmässiges Netz heller Adern, welches bei der Drehung zugleich mit den oben angeführten ge- radlinigen Adern verdunkelt. Das letztere Adernetz stellt offenbar die Umwandlung des ursprünglichen Netzes von Rissen und Sprüngen dar, von welchem der Krystall durchzogen war. Stark licht- und doppelbrechende Reste des farblosen Augitminerals sind an vielen Stellen erhalten. Die Ersetzung der Substanz durch Serpentinfaser- material auf den Spaltflächen ist schon überall eingetreten. Die Stücke sind von sehr zahlreichen Rissen nach verschiedenen Richtungen durchzogen, welche manchesmal durch parallele Anordnung in der Richtung einer zweiten Spaltbarkeit mehr hervortreten. Auch diese Risse sind an mehreren Stellen bereits durch schwach doppelbre- chendes Serpentinmaterial ersetzt. Die Form der Reste ist äusserst unregelmässig; es bestehen dieselben aus grösseren oder kleineren eckigen und ausgebuchteten Partieen und Körnergruppen in der Mitte oder am Rande der umgewandelten Masse, sehr oft ist aber diese letztere ganz erfüllt von gleichmässig vertheilten, sehr kleinen, unregel- mässig eckigen oder tropfenförmigen Körnchen, welche zugleich mit ') Es wurden die Originalschliffe von Hussak vom Sprechenstein bei Sterzing verglichen. (Dünn-Schliff-Sammlung der k. k. geol. Reichs-Anst.) ?) Becke. (Gesteine von Griechenland. Tscehermak’s Min. Mitth. I. Bd., 1878, S. 470. °») Vgl. die Abbildungen bei Blaas Il. c. Taf. II, Fig. 5 und 6. [65] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 053 den grösseren erhaltenen Partieen auslöschen und sich dadurch eben- falls als Reste desselben Minerals zu erkennen geben. Die Auslöschung von eirca 40° lässt einen diallagartigen Augit vermuthen. !) 3. Neben diesen Augitresten finden sich noch die wohlunter- scheidbaren, sehr fein parallelgefaserten Partieen, welche von Hussak als Bastit bezeichnet und als Pseudomorphosen nach Bronzit aufgefasst wurden. Wie Blaas ausführlich dargelegt hat, gehören sie zum Fasernserpentin und sind mineralogisch mit dem hier auch sonst ziemlich verbreiteten Chrysotil identisch. Sie sind besonders häufig in einem Schliffe vom Miesljoche. Die Faseraggregate löschen wolkig ungleichmässig, aber im allgemeinen gerade aus. Die Doppel- brechung ist relativ hoch. Randlich sind sie ausgefranst und gehen in sehr feinverworren faserige, blassgrünliche Serpentinsubstanz über. - 4. Die ganze aus obigen Elementen zusammengesetzte Gesteins- masse ist nach allen Richtungen von wechselnd breiten Strömen sehr blass grünlicher, nahezu farbloser, feinfaseriger Substanz durchzogen. Die Ströme verlaufen unregelmässig wellig, theilen sich öfters und umschliessen manchmal selbst inselartige unzersetzte Reste des Augit- minerales; öfter keilen. sie auch ‚spaltenartig aus. Wenn sie eine grössere Partie der parallelgestreiften Pseudomorphosen durchqueren, so halten sie auf längere Strecken die gerade Richtung der gleichge- färbten parallelen Streifen der letzteren ein, nehmen aber nicht an der geraden Auslöschung des älteren Adernetzes theil. Blaas bezeichnet diese schwach blaugrau polarisirende Sub- stanz, welche offenbar später entstandene Klüfte ausfüllt, sehr richtig als regenerirten Serpentin und stellt dieselbe zu den Fasern- serpentinen Metaxit und Pikrosmin. Sehr feine, farblose, stark doppelbrechende Schuppen, welche manchesmal an den Rändern des Augitminerals angesiedelt sind, manchmal auch isolirte Streifen bilden, dürften dem Talk angehören. Diese, allem Anscheine nach aus Olivin hervorgegangenen Serpentine sind »noch bei Matrei und am Miesljoche durch den Ge- birgsdruck einer bedeutenden brecciösen Zertrümmerung mit neuer- licher Verkittung durch (zugeführten ?) Caleit unterlegen. Besonders schöne derartige Serpentinbreecien sieht man am Fusse des Miesl- kopfes. Das Gestein besteht aus erbsen- oder nussgrossen, unregel- mässigen, dunkelgrünen Serpentinbrocken, welche durch 0°1—0°5 Centi- meter breite Bänder schneeweissen faserigen Calcites getrennt sind. Die Fasern stehen oft quer auf der Kluftfläche, oft laufen sie derselben entlang; sehr oft sind dieselben wellig verbogen. Die Serpentinbrocken selbst sind sehr stark zerklüftet und leicht zerbrechlich ; an der Oberfläche sind sie oft chloritartig blättrig, und an manchen Stellen hat sich weisses, seidenglänzendes, sehr feinschuppiges und sehr weiches, talkartiges Material angesiedelt. Auch die hellgrünen Pseudomorphosen des augitartigen Minerals sind mit freiem Auge sehr gut sichtbar. U. d. M. sieht man diese Serpentinstücke so reichlich von dem unter 4. ') Blaas stellt dieses Mineral auf Grund chemischer Analysen in die Gruppe des Akmit und Aegirin. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (F. E. Suess ) 85 654 Dr. Franz E. Suess. [66] beschriebenen regenerirten Serpentin durchzogen, dass letzterer stellenweise nahezu die Hälfte der Gesteinsmasse ausmacht. Dabei ist zu beobachten, dass die Züge desselben im Allgemeinen eine parallele Richtung einhalten. Das ‚ursprüngliche Maschennetz_ ist dadurch zerstört; die Erzstreifen, welche den innersten Theil der lagenweise geordneten Maschenzüge gebildet haben, sind theils wolkig aufgelöst, theils haben sie sich nach neuen Richtungen streifig angesammelt. Die feinfaserigen Lamellen der Pseudomorphosen sind öfters verbosen. An manchen Stellen sieht es aus, wie wenn das Maschennetz einseitig auseinandergezogen oder zusammengedrückt worden wäre. Im Steinbruche bei Pfons ist die Zertrümmerung und _Zer- drückung des Serpentins anscheinend noch weiter gegangen und war die Durchtränkung mit Oaleit noch reichlicher. Die starke Verbiegung der Fasern des Caleits ist an grösseren Individuen mit freiem Auge sehr gut zu sehen. Es ist auch leicht einzusehen, dass diese Gesteine ihre stellenweise sehr ausgeprägte schiefrige Natur der leichteren Krystallisation ihrer Bestandtheile in der zum Maximum des Druckes senkrechten Richtung zu verdanken haben. Was die im Caleit eingeschlossenen Bruchstücke betrifit, lassen dieselben, wie schon Blaas hervorhebt, alle Uebergänge vom Serpentin zum Chlorit beobachten. Makroskopisch sieht man eine meist dunkel- lauchgrüne, dichte, stets sehr weiche Masse in isolirten Partieen, welche unter dem Mikroskope sehr blassgrün oder farblos, verworren-feinfaserig und optisch isotrop erscheint. Bei anderen Partieen kann man dann eine schwache, dunkel röthlichbraune oder dunkelviolette Aufhellung be- obachten, bis man zu wohl ausgebildeten Gruppen schwach dichroitischer srüner Chloritschuppen gelangt, welche im erobkörnigen Caleit einge- bettet sind. Solche Chloritealeitgesteine enthalten meist sehr reichlich Pyrit und Kupferkieskrystalle; die Caleite, welche oft grosskörnig werden und über die Chloritmassen überwiegen, sind partieenweise durch die Eisenauswitterung sehr stark rothbraun gefleckt. Die stark schieferigen Varietäten mit feinerem, aber immer nöch sehr grobem Korne sind erfüllt von bleigrauen bis silbergrauen, auch hellgrünen, sehr weichen, schuppigen und biegsamen Talk massen mit unregelmässigen Oberflächen. U. d. M. erscheinen sie farblos und sehr stark doppelbrechend:; sie sind von dunkeln punktartigen Erzbestand- theilen ganz erfüllt. Grünliche Chloritpartieen sind ihnen in der Regel beigesellt. Daran, dass diese Talkpartieen bei der Isolirung durch Salzsäure in einzelne knollige, Linsen von blätterigem Habitus aus- einanderfallen, ist vielleicht zu sehen, dass dieselben aus einzelnen kleinen Serpentin-Trümmern hervorgegangen sind. Die Probe mit Flusssäure ergab Magnesium und auch Aluminium, aber keine Alkalien. Vor dem Löthrohre mit Kobaltsolution färbt sich das Mineral, wie auch Blaas bemerkt, blassrosa. Axenbilder konnte ich wegen der feinen Fältelung und der schwierigen Ablösbarkeit der biegsamen Blättehen nicht wahrnehmen. Die Chlorite stellt Blaas auf Grund chemischer Analysen zum Prochlorit. Ich konnte sowohl Sehüppchen von positivem, als auch solche von negativem optischen Charakter beobachten. [67] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 655 Einzelne dünne Lagen dieser unter dem Namen von „Ophicaleit“ gangbaren Gesteine sind von sehr reichlichem Malachitspangrün ge- fleckt'). Dieses Mineral wurde aus dem Gestein durch schwere Flüssig- keit getrennt und gesondert untersucht. Nach einer Bestimmung von Herrn ©. F. Eichleiter enthalten einzelne besonders malachitreiche Proben dieses Gesteins über 3°5 Procent Cır. An die Chlorit- und Talkcalcitgesteine bei Pfons schliessen sich weiterhin wenige mächtige Bänke von echtem Chloritschiefer an; dieselben sind hell oder dunkellauchgrün, stets sehr fein gefältelt und hochgradig dünnschieferig. Viele sehr dünne Caleitadern durch- ziehen das Gestein theils in der Richtung der Schichtflächen, theils senkrecht zu denselben; letztere vergleicht Blaas sehr treffend mit dem Querschnitte auf einem Hautmuskel. Am Hauptbruche fühlen sie sich talkartig an und lassen sich leicht mit dem Fingernagel ritzen. Der nahezu farblose Schliff erscheint u. d. M. in Folge der fein vertheilten Erze ungleichmässig fleckig punktirt. Die Hauptmasse des Gesteins bildet der äusserst feinschuppige Chlorit. Der Parallel- schliff löscht nahezu vollkommen aus. Im Querschliffe kann man heller polarisirende faserige Streifen von Talk wahrnehmen. Einzelne Chlorit- schuppen geben in Folge der feinen Fältelung stark gestörte Axen- bilder. Mehr oder weniger wohl ausgebildete, stark lichtbrechende Carbonatrhomboäder von bedeutender Kleinheit sind im Schliffe überall anzutreffen. Einige von ihnen sind mit undurchsichtigen Ein- schlüssen erfüllt und erscheinen in Folge dessen bei schwächerer Ver- srösserung als dunkle Punkte in der schwach gefärbten Fläche. Scharfbegrenzte Rutilnädelchen, oft mit charakteristischer Zwillingsbildung erfüllen in sehr grosser Menge das Gestein; manchmal sind dieselben streifig angereichert oder in und um grössere Caleitkörner gruppirt. In manchen Schliffen feinschuppigerer Varietäten fehlen sie jedoch vollkommen. Hellere Quarzkörner und kleinere Quarztrümmer leuchten unter gekreuzten Nikols aus der dunkel polarisirenden Chloritmasse lebhaft hervor. Derartige echte Chloritschiefer enthalten nun sehr harte, für das freie Auge vollkommen dichte, hell-lauchgrüne linsenförmige-Einschlüsse von wechselnder Grösse und bis handbreite, schiefrige Zwischenlagen derselben Substanz. Diese Lagen sind auf den Schichtflächen von dunkel und hellgrüner, schuppiger und gefältelter, weicher Chlorit- masse überzogen. U. d. M. sieht man, dass die Chloritmasse derjenigen der Chloritschiefer vollkommen gleicht und nicht nur die Spalten ent- lang der Schieferung, sondern auch mikroskopische Querklüfte der dichten Schieferbänke ausfüllt. Die dichte Masse selbst besteht aus einem gleichmässigen fein- schuppigen Aggregate, welches der Hauptsache nach wohl farblos gleichmässig körnig ist, doch kann man. auch hier äusserst feine, blassgrüne, offenbar chloritische Schüppchen beobachten, welche die- ') Malachit aus dem Serpentin von Matrei erwähnt Pichler: Zeitschrift d. Ferdinandeums. 1863. S. 48. ge 656 Dr. Franz E. Suess. [68] selbe in feinen Streifen durchziehen, oder ihr eine allgemeine Trübung verleihen. Die ganze Masse leuchtet in blaugrauen Farben punktartig polarisirend auf. Die dichten Partieen enthalten ebenfalls sehr viele Nädelchen, und zwar sind dieselben hier noch bedeutend feiner, nahezu trichitartig ausgebildet. Das makroskopische und das mikroskopische Bild dieser dichten und harten Schieferbänke erinnert lebhaft an die oben beschriebenen Tarnthaler Quarzitschiefer. Zwei Analysen dieser Gesteine, welche ich der Freundlichkeit des Herm C. F. Eichleiter ver- danke, erleichtern uns den Vergleich der beiden Gesteine. I. Dichte, srüne Lagen aus dem Tarnthaler Quarzitschiefer vom Sonnenspitz in den Tarnthaler Köpfen. II. Dichte grüne Lagen aus dem Chloritschiefer von Pfons: Tl; ‚c# 0, 89-85 (Control. 89:75) | A 1:50 EN 1,0, a | (Bl 0:35 0:75 | MO a EURE 344 \ Na, O0 A ar 102 \ = En KOFFER j 968 (Dif.) Glühverlust. x 0-56 1,52 Summe Ash 100. 39 10000 Der hohe Kieselsäuregehalt, sowie die mikroskopische Structur beider Gesteine sagen uns, dass dieselben genetisch mit Serpentin nichts zu thun haben können. Nur der höhere Gehalt an Mg O bei II. weist auf Zufuhr Mg-haltiger Lösungen aus dem Serpentin und daraus erfolgter Anreicherung der Cloritsubstanz hin. Das Caleium bei II. stammt wohl aus den zahlreichen kleinen Carbonatkörnern. Die verschiedenen Lagen aller angeführten Schiefergesteine sind von zahlreichen Quarztrümmern durchzogen; die einzelnen Quarz- körner sind sehr gross, löschen hochgradig undulös aus und sind fast immer von sehr unregelmässig gestalteten Flüssigkeitseinschlüssen mit lebhaft beweglichen Libellen erfüllt. Sehr oft sind diesen Quarzgängen einzelne Rhomboeder oder auch grössere unregelmässige Partieen von Caleit beigesellt. Die eben beschriebenen chloritischen Gesteine bilden bei Pfons (las Liegende der Serpentine und es schliessen sich an dieselben die oben (S. 645 ff.) beschriebenen Quarzsericitschiefer der Dyasformation an (Gestein I. bei Blaas). Am Schlosshügel bei Matrei ist das Hangende der Serpentine erhalten geblieben und zeigt im Allgemeinen ähnliche Verhältnisse. Wie sehon mehrmals erwähnt, wird der oberste Theil der hier aufgeschlossenen Schichtserie von Kalkphylliten gebildet (s. Profil S. 596). Dieselben gleichen ganz den gewöhnlichen Kalkphylliten der Triasformation, welche weiter unten besprochen werden. Sie sind [69] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 657 plattig schiefrig, auf den Hauptbruchflächen von gefältelten Glimmer- häuten überzogen. Der Querbruch ist feinkörnig und grau. U. d.M. sieht man dünne feingefältelte, in Folge vieler Einschlüsse dunkel hervortretende Glimmerstreifen zwischen einem ziemlich groben gleich- mässigen Üalcitmosaik, aus welchem häufige Piagioklaskörner und undulös auslöschende Quarzkörner in blaugrauen und gelben Polarisa- tionsfarben hervorleuchten. Einzelne Plagioklaskörner zeigen Zwillings- streifung, sie dürften wohl zum Albit zu rechnen sein. Das Gestein enthält gar kein Maenesiacarbonat. Der in Salzsäure ungelöste Rückstand besteht hauptsächlich aus vielen silbergrauen Glimmer- blättchen, von denen einzelne weniger gefältelte das Axenbild des Muscovites erkennen lassen. Sie sind wie die aus den Kalkphylliten des Brenner beschriebenen Glimmer ganz erfüllt von undurchsichtigen Einschlüssen ; die Hauptmasse dieser sind — wie stets — äusserst feine Nädelchen, daneben finden sich Erze und anscheinend undurchsichtige organische Substanzen (?); feine Flocken dürften dem Graphitoid angehören. Im auffallenden Lichte erscheinen die Glimmerlagen im Querschliffe in Folge der vielen Einschlüsse feiner Nädelchen in der hellgelben Farbe des Sagenites. Zwischen diesen Kalkphylliten und dem in der Tiefe der Sillschlucht anstehenden Serpentin befindet sich eine Serie sehr interessanter Schiefergesteine, welche einen mannigfachen Wechsel zwischen quarzigem und caleitischem Habitus darstellen und dieselben Talk- und Chloritmineralien enthalten wie bei Pfons. Zur Beschreibung dieser Gesteine will ich zunächst die beiden am meisten von einander abweichenden Ausbildungen derselben heraus- greifen; dieselben sind: 1, Dichte, anscheinend quarzitische Schiefer; plattig, schiefrig; die einzelnen Bänke sind bis 0'6 Centimeter breit, meist aber bedeutend dünner, hellgrün, selten mehr weiss und dabei hellgelb und grünlich gestreift und gefleckt. Die ebenen oder unebenen, welligen Schieferungsflächen sind mit hellgrünen, auch lauchgrünen oder gelben, weichen, schuppigen, oft feingefältelten Lagen von Chlorit und Talk überzogen. Diese Lagen schwellen in einzelnen Partieen bis zu 0°5 Centimeter Mächtigkeit an Oefters sind sie von zahl- reichen kleinen Punkten bräunlichen Eisenerzes bedeckt. 2. Bronzefarbige bis blaugraue, fett- bis seidenglänzende Talk- Calcitschiefer. Am Querbruche sieht man 0'5 Centimeter mäch- tige (meist dünnere), sehr flache Caleitlinsen mit blättrigen, phyllit- artigen, gefältelten Streifen bronzefarbiger Talkschuppen wechsellagern. In dem Calecit befinden sich zahlreiche pfefferkorngrosse, rundliche gelbe Partieen, welche sich leicht aus dem Gestein herauslösen lassen und sich bei chemischer Prüfung als Ankerit herausstellten. Am Hauptbruche kann man zwischen dem broncefarbigen Talk häufig heller und dunkler grüne Schmitzen von Chlorit wahrnehmen. Beide Gesteins- formen sind von zahlreichen Quarz- und Oaleitgängen durchzogen. U. d. M. offenbart sich die genetische Verwandtschaft dieser dem makroskopischen Aussehen nach so verschiedenen Gesteine. Beide Gesteine enthalten nämlich äusserst feinkörnige und sehr kleine 658 Dr. Franz E. Suess. [70] Partieen von sehr unregelmässiger Form, welche von der Hauptmasse des Gesteins sehr stark abweichen und genau dasselbe Bild geben, wie die dichten Lagen der oben beschriebenen grünen Tarnthaler Quarzitschiefer. Mit freiem Auge sind diese höchstens erbsen- grossen, unregelmässigen und zum Theil sich im Nebengestein auf- lösenden Partieen nur sehr schwer von der übrigen, ebenfalls dicht erscheinenden Gesteinsmasse, welche aus gröber körnigem Quarzealeit- Mosaik besteht. zu unterscheiden. U. d. M. sieht man in dem feinkörnigen Quarzmosaik äusserst feine Schüppchen und Leistehen von Chlorit und Glimmer, ferner Säulehen von lebhaft dicehroitischem Turmalin, kleine, manchmal sechsseitige Körner von Apatit und eine grosse Menge ungemein feiner Nädelehen. Auch stärker lichtbrechende Rhom- bo@eder sind in diesen Gesteinsmassen nicht selten. In den bronce- farbigen Varietäten sind solche Partieen von rothen Eisenglanz- schüppcehen erfüllt. Von der übrigen grobkörnigeren und leb- hafter polarisirenden, aus Quarz und Caleit bestehenden Gesteins- masse sind diese Partieen auf den ersten Blick zu unterscheiden. Sie sind meist dreieckig oder unregelmässig begrenzt, manchmal auch ausgebuchtet. Die parallele Lagerung der feinen Glimmerleisten stimmt mit der Schieferung des ganzen Gesteins überein. Nur selten sind sie verbogen. Sehr oft sind diese länglichen Partieen des fein- körnigen Gesteins quer auf die Richtung der parallelen Lagerung der Bestandtheile des gesammten Schiefers abgeschnitten; oft auch lösen sie sich zu länglichen Streifen in der grobkörnigeren Quarz- calcitmasse auf. Ziemlich mächtige Streifen von sehr feingefälteltem Glimmer durchziehen und begleiten diese Partieen, dabei scheint es öfters, wie wenn die Glimmerstreifen bei der Gesteinsbewegung den Zusammenhang besser bewahrt hätten, als die dichten quarzitischen Bänke, welche in einzelne Trümmer aufgelöst wurden und nun streckenweise durch solche Glimmerketten verbunden sind. An den wändern der feinkörnigen Quarzpartieen, namentlich wo dieselben quer abgeschnitten erscheinen, haben sich oft Streifen und Ketten von grösseren (Juarzkörnern angesetzt; die einzelnen Körner sind in der Richtung der Hauptschieferung in die Länge gestreckt und setzen offenbar die optische Orientirung einzelner kleiner Quarzkörner der feinkörnigen Gesteinsreste fort, welche ihnen zum Ausgangspunkte ihres Wachsthums gedient haben. (Eine ähnliche Erscheinung wie ich sie oben am Calcit der Brennerkalkphyllite beschrieben habe S. 636.) An anderen eben solchen Rändern sind die feinen Nädelchen zu dunklen, nahezu undurchsichtigen Streifen angereichert; dieselben dürften bei der Auflösung der feineren Masse und. der Neubildung der grösseren Quarz- und Calcitkörner von letzteren zur Seite an den Rand jener feineren Quarzmasse zusammengeschoben worden sein. Streifen von solcher dichter Anreicherung der Nädelchen, welche manchmal auch in selbständigen Glimmer- und Chloritstreifen vorkommen, erscheinen im auffallenden Lichte hellgrünlichgelb. Manch- mal haben sich auch unvollkommene und undeutliche Kränze grösserer (Juarz- und Caleitkörner um die „Bruchstücke“ der Tarnthaler Quarzit- schiefer gebildet. [71] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 659 Die Hauptmasse des Gesteins bildet ein mittelkörniges Ge- menge von Quarz und Feldspath. Auch harte, anscheinend quarzitische Lagen brausen mit verdünnter Salzsäure ziemlich heftig. Löst man ein Stück von den dichten Lagen auf, so bleibt ein schwammiges, leicht zwischen den Fingern zerreibliches Gewebe von Quarzkörnern zurück, dabei entfärben sich die Chlorite der neugebildeten Substanz und die kleinen Schmitzen und Linsen von der Zusammensetzung der Tarnthaler Quarzitschiefer bleiben mit erhaltener grüner Färbung unzerstört und durch ihre Dichte und Härte unverkennbar zurück. U. d. M. sieht man an den Quarzen der grobkörnigen neuge- bildeten Masse sehr oft Druck- und Zertrümmerungserscheinungen. Die Caleitkörner zeigen viel seltener gebogene Lamellen, welche Er- scheinung offenbar mit der bedeutend grösseren Löslichkeit, resp. Regenerationsfähigkeit dieses Minerals zusammenhängt. Oft sind Quarzkörner nach der Hauptaxe stengelig zerlegt, auch Andeu- tungen der oben beschriebenen Lamellen finden sich nicht selten, namentlich in der Mitte der Körner. In den kalkreicheren Schiefervarietäten sieht man auch öfter u. d. M. trübe Partieen, welche vollkommen das Aussehen von dichten Kalksteinen haben, an ihren Rändern gegen die grobkörnige Masse sind öfters undurchsichtige Erze angereichert. Wir können in den- se'ben vielleicht die Reste der dünnen Kalkbänke erblicken, welche sonst häufig (bes. in den Tarnthalerköpfen) den grünen Quarzit- schiefern eingelagert sind. In der Nähe dieser Partieen oder in den- selben finden sich auch am häufigsten die oben erwähnten Ankerite, welche aber wahrscheinlich erst während der mit der Gesteinsbe- wegung verbundenen mechanischen Zertrümmerung ausgeschieden wurden. In dieser Hauptgesteinsmasse wurden auch nicht selten klare, öfter verzwillingte Albitkörner beobachtet. Was die grössere Menge von Chlorit und Talk betrifft, hat Blaas die Natur des ersteren als Prochlorit bereits dargethan; der Talk ist auch hier nach seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften leicht nachweisbar. Wie bereits erwähnt, bilden beide Mineralien dünne Lagen zwischen der wechselnd mächtigen quarzigen und ealcitischen Masse. Chlorit erscheint u. d. M. lichtgrün bis grasgrün mit sehr schwacher Doppelbrechung und meist verworren faserig. Einige isolirte Schüppchen gaben ein ganz undeutliches Axenbild. Die Talk- schüppehen sind u. d. M. von dem jedenfalls auch vorhandenen und aus den ganz dichten quarzitischen Partieen stammenden Muscovit- flasern nicht zu unterscheiden. Die Broncefärbung mancher Gesteins- lagen rührt von der grossen Menge der im Chlorit und Talk ange- reicherten röthlichen Schüppchen von Eisenglanz her. Auch Limonit wurde vereinzelt innerhalb der caleitischen Lagen be- obachtet. Nach dem Gesasten glaube ich, die Entstehung der verschie- denen, die Serpentine begleitenden Schiefergesteine folgendermassen erklären zu können: 660 Dr. Franz E. Suess. [72] Wie in den Tarnthaler Köpfen und am Miesljoche befand sich auch bei Schloss Matrei und Pfons innerhalb der grünen Tarn- thaler Quarzitschiefer eine nach allen Seiten rasch auskeilende Linse von Serpentin. Die Tarnthaler Quarzitschiefer sind wie am Miesljoche von grauem, plattigem Kalkpbyllit (Trias) überlagert. Der Serpentin ist aus einem Augitmineralien führenden Olivin- fels entstanden. Durch die Thätigkeit der gebirgsbildenden Kräfte, welche hier unmittelbar an der Sillthal-Verwerfung ganz besonders zur Geltung gekommen sein müssen, wurden die beiden angeführten (resteine zertrümmert, u. zw. war allem Anscheine nach die Zer- trümmerung an der Grenze der Serpentine und der grünen Schiefer in Folge der verschiedenen Plastieität dieser beiden Gesteine am heftigsten. Dadurch wurde den eirculirenden und theilweise lösenden Wässern erhöhte Wirksamkeit verliehen. Innerhalb des Serpentins wurden die Klüfte einerseits durch „regenerirtes“ Serpentinmaterial, andererseits durch aus den umge- benden Kalkphylliten zugeführten oder zum Theil durch die Zer- setzung «der Augitmineralien gelieferten Caleit ausgefüllt. Durch letzteren Vorgang entstanden nicht nur die schönen Serpentin- breecien am Miesljoche, sondern auch die ophicaleitischen Schiefer bei der Kirche von Pfons. Die Schieferung dieser Gesteine hat ihre Ursache in der bekannten Erscheinung der leichteren Krystallisation der einzelnen Körner in der Richtung des geringsten Druckes. Die Uebergänge von Serpentin zu Chlorit hat Blaas aus- führlich beschrieben und auch die entsprechenden chemischen Be- lege für dieselben beigebracht. Er führt auch das Auftreten derselben als Neubildungen in Spalten an. Soll nun entweder der Serpentin aus Chlorit oder dieser aus ersterem entstanden sein, so muss schon aus diesem Grunde, abgesehen von der beobachteten Maschenstructur des Serpentins und den vielen in demselben auftretenden Augit- mineralien, das Letztere wahrscheinlicher erscheinen. Aber auch die Art und Weise des Auftretens der Chloritpartieen in den ophicalei- tischen Lagen entspricht besser der letzteren Annahme. Namentlich die nahezu isotropen Uebergangsglieder zwischen Serpentin und Chlorit liegen in Form rundlicher Partieen in der weniger schieferigen Calcitmasse. Wo die Ophicaleite mehr schiefrig werden, stellen sich echte Chlorite in Verbindung mit Talkmineralien in Form von unregelmässigen schuppigen und knolligen Partieen ein. Die Lagen von anscheinend reinem Chloritschiefer enthalten eben- falls sehr viele Gänge und viele kleine Kryställchen von rhombo&- drischen Carbonaten. Ferner umschliessen dieselben linsenförmige Partieen und dünne Bänke der Tarnthaler Quarzitschiefer; durch letztere Erscheinung ist nachgewiesen, dass der Chloritschiefer kein ursprüngliches Gestein sein kann’). ') T. @. Bonney (Note on the Effect of Pressure upon Serpentine in the Pennine Alps., Geol. Magazin 1890, p. 533) gibt an, dass aus dem durch Druck schiefrig gewordenen Serpentin in der Umgebung von Zermatt stellenweise Talk- schiefer werden. „Uhloritie rocks“ treten daselbst auch in Verbindung mit dem | [73] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 661 Das Material der Tarnthaler Quarzitschiefer ist am Schlossberge bei Matrei bis auf ganz kleine u. d. M. sehr gut erkennbare Reste durch die auflösende Wirkung der auf den Spalten eireulirenden Wässer zerstört worden. Dasselbe ist offenbar als geröberkörniger (Quarz der neugebildeten Lagen, gemengst mit dem von oben zuge- führten Caleit wieder auskrystallisirt. An den Rändern der feinkörnigen quarzitischen Reste haben sich Ketten neugebildeter grösserer Körner angesetzt; die kleinen Quarzkörner sind stellenweise an den Bruchflächen zu schmalen Quarz- streifen gleicher optischer Orientirung fortgewachsen: an anderen Stellen sind an der Grenze der beiderlei Gesteinsmassen die feinen Nädelchen des quarzitischen Gesteins zu dichten Wolken angereichert, welche bei der Auflösung des feinkörnigen Quarzites zurückgeblieben sind und von den zu gleicher Zeit sich neu bildenden grösseren Krystallen von Quarz und Caleit bei deren Wachsthum an den Rand der alten Kerne zurückgeschoben worden sind. Diese Er- scheinungen liefern den Beweis, dass die grobe, körnige Quarz-Caleit- masse späteren Ursprunes ist, dass sich ihre Partikelchen an die bereits vorhandene feinkörnige Quarzitmasse angesetz haben, und die Wo!ken der Nädelchen beweisen, dass mit der Entstehung der neuen Ge- steinspartikelchen auch eine theilweise Resorption der Quarzitmasse Hand in Hand gegangen ist. In der Chlorit- und Talkmasse dieser Gesteine ist offenbar die Einwirkung der Serpentinsubstanz auf diese auch Thonerde führenden Gesteine zu erkennen, welche durch die Zertrümmerung beider Ge- steine und die Vermengung derselben in Folge deren ganz ver- schieden gearteter Cohaerenz bedeutend gefördert werden musste. Einen Theil des Stoffes zur Chloritbildung mochte auch der auf den Schichtflächen der Quarzitschiefer auftretende Biotit ge- liefert haben. Doch muss hier auch daran erinnert werden, dass die Tarnthaler Quarzitschiefer schon ursprünglich ziemlich viel Chlorit, sowohl in einzelnen Schüppchen als auch in zusammenhängenden Zügen enthalten. Ebenso wie in den Tarnthaler Quarzitschiefern selbst, wechseln auch hier in ihren mit Caleit durchtränkten Veränderungsproducten hellgrüne und broncefarbige, d. h. mit Eisenglanzschüppchen erfüllte Varietäten miteinander ab. Man wird also annehmen können, dass die Eisenglanzschüppchen durch die Lösungsvorgänge nicht beeinflusst und in unverändertem Zustande in die neue Gesteinsform über- nommen worden sind. In den. kalkreicheren Partieen kann man auch verschiedene Generationen von Kalkspath-Auskrystallisation beobachten. Man sieht hier dreieckige, polyedrische und rundliche Partieen von trüberem Kalkspath mit kleinerem und gleichmässigem Korn, wohl abgegrenzt gegen die klare, grobkörnige und unregelmässige Masse von Caleit und Quarz; die Grenze beider ist hier meistens durch eine scharfe Serpentin auf; nach chemischen Analysen scheinen sie aus Chloritoid (Clintonit) zu bestehen; doch gibt Verfasser auch an, dass sie blos den zweiten Härtegrad besitzen. Jahrbuch d. k.Kk. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (F. E. Suess.) 86 662 Dr. Franz E. Suess. [74] Linie von undurchsichtigen Erzen noch deutlicher gemacht, welcher eine äbnliche Entstehung zuzuschreiben sein dürfte, wie den Wolken von Nädelchen am Rande der dichten Quarzitpartieen. Die Chloritschiefer, welche am Gallenschroffen bei Navis die permischen Quarzserieitgrauwacken begleiten, gehören wohl in dasselbe Niveau wie die Serpentine und die grünen Quarzitschiefer anderer Localitäten. Für das freie Auge erscheinen diese Gesteine hellgraugrün mit schwachem Fettglanz; äusserst feinschuppig und unvollkommen schiefrig. Trotzdem man die einzelnen Gestemsbestand- theile wegen der Feinkörnigkeit nicht gut wahrnehmen kann, so lässt sich doch aus der Farbe und der Härte des Gesteins die Zu- sammensetzung desselben aus Quarz und Chlorit leicht erschliessen. U.d.M. sieht man bei schwächerer Vergrösserung zahlreiche an- nähernd parallele, dünne und undurchsichtige Streifen, welche die sehr fein gefältelten, sehr feinkörnigen und sehr dünnen Streifen von Chlorit und Quarz in senkrechter Richtung durchkreuzen, so dass man im Ganzen ein Bild ähnlich der sogenannten Fältelungs- cleavage erhält. Die eigentliche Schieferung erstreckt sich in der Richtung der undurchsichtigen Streifen und die Anordnung der übrigen Gesteinselemente vollzieht sich in einer anderen im Allgemeinen auf dieser senkrechten Richtung. ‘ Einzelne grössere Quarzlinsen, denen Caleit beigemengt ist, halten meist die Hauptrichtung der Schieferung ein, oft biegen sie aber auch in die Richtung der Fältelung der Chloritlagen um, keilen aber dann immer auf eine kurze Erstreckung hin aus. Stellenweise verwischen sich auch die Gegensätze beider Strueturriehtungen dadurch, dass die chloritischen Lagen auf längere Strecken in die Richtung der undurehsichtigen Streifen einbiegen. Letztere sind im auffallenden Lichte weiss, und bei stärkster Vergrösserung lassen sie sich in ungemein kleine, stark lichtbrechende, tropfenförmige Körner zerlegen. Sie dürften also aus Titanit bestehen. An einem glatten Querschnitte des Gesteins kann man diese Titanitstreifen als äusserst enge aneinanderstehende, feine helle Linien in der erünen Chloritmasse auch mit unbewaffnetem Auge wahrnehmen; die transversale Fältelung der letzteren ist aber mit freiem Auge nur sehr schwer zu sehen. Der Chlorit ist lichtgrau und besteht aus sehr kleinen Schuppen von so schwacher Doppelbrechung, dass sie, wenn quer geschnitten unter dem Analysator nahezu ganz dunkel werden. Merkwürdiger Weise geben flach liegende Schuppen graublaue und graubraune Interferenzfarbe und im convergenten Lichte ein auffallend deutliches Axenbild mit ziemlich grossem Axenwinkel. Dispersion 9 > v. Die farblosen Körner, welche etwa !/, der Gesteinsmasse aus- machen, gehören wohl der Hauptmasse nach dem Quarz an; die einzelnen Körner sind sehr klein und stets von sehr kleinen Chlorit- schüppcehen erfüllt. Das Vorhandensein von Plagioklas wurde an einigen wenigen gestreiften Körnern mit Sicherheit nachgewiesen. Sehr vereinzelt treten auch rothe Schüppchen von Hämatit auf. [75] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 663 III. Gesteine der Triasformation. Im ersten Theile habe ich folgende Typen der Ausbildung der Kalk- und Dolomitgesteine der Triasformation unterschieden: I. Dolomit, II. Dolomitbreccie, III. Plattige Kalkschiefer und Kalkphyllite. l. Der Dolomit ist am frischen Bruche grau und an der Ober- fläche heller verwitternd. Die Varietäten, welche die Thorwand und die Kahlwand zusammensetzen, sind meist etwas heller gelblichgrau gefärbt. Die grauen Dolomite sind an der verwitterten Oberfläche verschwommen dunkel gestreift. Viele dünne Quarzgänge bilden ein sehr feines weisses Geäder auf der Oberfläche des Gesteins. Eine Probe vom Mieslkopf (1) und eine von Gallenschroffen bei Navis (2), weisen nach der freundlichen Bestimmung des Herrn C.F. Eichleiter folgende Zahlen für Kalk und Magnesiacarbonat auf: I: 10: BROS Tersh ENEETBON 5601 MOOS UTAH, 44-30 NEO pe ee Pr Spur Spur Organische Substanz . Ri 3 10038 10031 Wir haben demnach nahezu reine Dolomite vor uns. U. d. M. sieht man eine ziemlich feinkörnige Masse, in welcher äusserst feine undurchsichtige Partikelehen zu unbestimmten Streifen und unregelmässigen wolkigen enden angereichert sind; Streifen von gröberem Korne durchziehen theils in geraden Linien, theils in welligen, wechselnd mächtigen langgezogenen Linsen die feinkörnige Masse. An manchen Stellen sieht man vereinzelt oder in Gruppen sehäufte Körner von bedeutend grösserer Ausbildung; dieselben sind öfter von Kränzen mittleren Kornes umgeben. Alle diese grobkörnigeren Gebilde sind frei von den feinen, die Hauptmasse trübenden Einschlüssen; diese sind aber meist an den Rändern derselben zu dunklen Streifen angereichert. Wo solche grobkörnige und einschlussfreie, helle Streifen eine grössere Breite erlangen, bilden sie ein mit freiem Auge gut sichtbares Netz von helleren Bändern auf der Oberfläche des grauen Dolomites; die dunkleren Partieen im Inneren der Maschen dieses Netzes treten mit dreieckigem und poliädrischem Umriss makroskopisch sehr deut- lich hervor und das Ganze erhält dann ein breccienartiges Aussehen. Doch können solche gleichmässig grau entwickelte Ausbildungsformen nicht mit den später zu besprechenden groben Dolomitbreecien, welche verschieden gefärbte Dolomit-Trümmer enthalten, verwechselt werden. In diesen Erscheinungen machen sich die ersten Schritte zu einer gröber krystallinischen Ausbildung bemerkbar'). Zwillings- ') Die ganz verwandte Erscheinung der Vergrösserung von Kalkspathkörnern in Marmoren bespricht sehr ausführlich Lepsius, Geologie von Attika 1893, S. 149 ff. Abbildungen T. VIII. 86* 664 Dr. Franz E. Suess. [76] streifung wurde nirgends, auch nicht an den grösseren Körnern be- obachtet. In der Mitte der klaren einschlussfreien Calcitzüge liegen an einzelnen Stellen sehr kleine, splitterartig gestaltete, matt polarisirende Albitindividuen. Sehr vereinzelt finden sich kleine Quarz körner mit undulöser Auslöschung. Limonit tritt spärlich in Form schmaler Streifen als Kluftausfüllung auf. 2. Die Dolomitbreecien bestehen aus unregelmässigen Do- lomitknollen von sehr wechselnder Grösse (in den Tarnthaler Köpfen bis faustgross), welche durch feinkörniges, gelblich verwitterndes Dolomitmaterial verkittet sind. Die meisten dieser Dolomitknollen sind hellgrau gefärbt, doch ist es nicht schwer, Handstücke dieser Breccie zu schlagen, welche mit verschiedenen Farben verwitternde Dolomitknollen aufweisen, so dass man neben den grauen auch dunklere und hellere, gelbliche und bräunliche oder nahezu schwarze Trümmer unterscheiden kann. Aus diesem Grunde glaube ich, dass die Dolomitbreecie für eine ursprüngliche und nicht etwa durch nachträgliche Zertrüämmerung des Dolomites entstandene Bildung zu halten ist. Auf der verwitterten Oberfläche des Gesteines ragen unzählige weisse, wenige Millimeter mächtige Quarzgänge hervor. Eine Probe vom Hippoldjoch ergab (nach der freundlichen Bestimmung des Herrn ©. F. Eichleiter) bei 25°90 Percent unlöslichen Rückstand und wenig Eisencarbonat, 30:00 Ca CO, und 30°50 My C’O,; ein Verhältniss, welches dem reinen Dolomite sehr nahe steht. Durch Betupfen des Gesteins mit ver- dünnter Salzsäure kann man sich leicht überzeugen, dass viele weisse Gänge in dem Dolomitgestein aus leicht brausendem Caleit bestehen. U. d. M. verwischen sich die Gegensätze des verschiedenfärbig verwitternden Materials der Dolomitknollen und des Bindematerials. in Folge der vielen Sprünge und der mannigfaltigen Formen von gröberkörnigen Neukrystallisationen, welche die verschiedenen Gesteims- partieen durchziehen. Diese Neukrystallisationen weisen meist unregel- mässig rundliche Formen auf, und sind stets frei von den undurch- sichtigen Partieen (Limonit), welehe in dünnen Streifen die Grenzen der verschieden entwickelten Modificationen umsäumen. Die grösseren Körner zeigen manchmal’ Zwillingsstreifung, nach Inostranzeff müsste man sie demnach für Caleit halten. Die ungedeckten Schliffe wurden sowohl nach der Methode von Linck'!) mit phosphorsaurem Ammonium und verdünnter Essigsäure, als auch nach der Methode von Lem berg?) mit Eisenchloridlösung und Schwefelammonium auf das Vorhandensein von Oaleit zwischen den Dolomitkörnern geprüft: ich erhielt aber in jedem Falle für die ganze aus Carbonaten be- stehende Schliffläche eine gleichmässige Färbung. ') Geognostische Beschreibung des (Grauwackengebirges von Weiler bei Weissenburg 1884, S. 17. ?) Zeitschr. d. D. G. G. 1887, S. 489. [77] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 665 In der Mitte der Calcitgänge finden sich manchmal kleine Quarz- und Albitkömer; letztere zeigen öfter Zwillingsstreifung. Nicht uninteressant sind die Frscheinungen, welche man an einzelnen grösseren Quarzgängenu.d.M. beobachten kann. Gegen diese Gänge zu haben sich an die trübe und feinkörnige Gesteins- masse an einer ebenen Fläche grosse und helle Krystalle angesetzt, welche mit ihren scharfen, krystallographisch wohl entwickelten Endigungen gegen die Quarzmasse des Ganges zu eine zackige, an den Plan von Festungsbastionen erinnernde Linie bilden. Das leichte Brausen mit verdünnter Salzsäure dieser randlichen Partieen im Ver- gleich zum Dolomit der Breccie bewies ebenso wie das Vorhandensein von Zwillingsstreifen in den Körnern, dass sich auch hier Caleit an den Dolomit angesetzt hat. Nicht ganz am äusseren Rande der Krystallerenze, sondern eine geringe, aber gleichmässige Distanz innerhalb derselben, wird diese Linie von einem scharfmarkirten, stets gleichbreiten Streifen von undurchsichtigem Lim onit begleitet, und tritt dadurch noch schärfer hervor. Der Limonitstreifen ist ent- weder von Aussen angesetzt worden oder durch bei Seite schieben des Materials entstanden; jenseits desselben hat sich später noch neuerlich Caleit angesetzt. Während nun diese Carbonatkrystalle, welche den Gang zu beiden Seiten begrenzen, optisch nahezu voll- kommen intact sind und den geradlinigen Verlauf der Zwillingsstreifen und der Spaltrisse fast durchwegs beibehalten haben, weisen die Quarze in der Mitte des Ganges alle Merkmale einer hochgradigen Zerdrückung und Zertrümmerung auf. Die Körner sind durchwegs in längliche Streifen quer zur Gangerstreckung zerlegt; diese Streifen löschen für sich wieder in verschiedener Richtung (parallel der jeweiligen Hauptaxe ?) streifig aus. An manchen Stellen geht die undulöse Aus- löschung in scharfe Grenzlinien zwischen verschieden orientirten Partieen über, d. h. die Verkrümmung der Körner ist bis zur Zer- trümmerung vorgeschritten. Ausserdem sind noch fast überall die feinen Lamellen zur Entwicklung gelangt. Die zahlreichen Einschlüsse im Quarz sind theils wolkig angereichert, theils bilden sie gerade Züge, welche die optisch stark gestörten @Quarzkörner geradlinig durchsetzen. Der grossen Mehrzahl nach dürften sie aus kleinen Gas- poren bestehen; auch feine Flitterchen stark doppelbrechender Car- bonate sind im Quarze sehr verbreitet. — Man kann hieran erkennen, wie sehr verschieden sich Caleit und Quarz dem Drucke gegenüber verhalten. 3. Die Kalkphyllite und phyllitischen Kalkschiefer schliessen sich ihrer mineralogischen und petrographischen Charakteristik nach enge an die oben. beschriebenen alten Kalkphyllite an. Magnesia- earbonat ist auch hier nur in Spuren vorhanden. Die Glimmer ver- hielten sich in jeder Hinsicht genau so, wie bei jenem Gesteine an- gegeben wurde; sie enthalten dieselben Einschlüsse und geben die- selben optischen und chemischen Reactionen. Auch u. d. M. ist das Verhalten dieses Gesteines im Allgemeinen genau dasselbe. Auch hier kann man am Rande der vielfach gebogenen Glimmerlagen ') die ') Vgl. die Abbildung des Gesteins bei Rothpletz. ce. S. 147. 666 Dr. Franz E. Suess, [78] Reihen von stengligen Kalkspathkörnern in vorzüglicher Entwicklung beobachten. Albit und Quarzkörner sind auch hier in der Nähe dieser Lagen angereichert. Als Formationsglied im Grossen unterscheiden sich diese Ge- steine wohl von den alten Kalkphylliten durch die grössere Mannigfal- tigkeit der Ausbildung, indem öfter derartig dunklere phyllitische Bänke von 2rösserer Mächtigkeit mit ebenso dicken, hellen Bänken dichter glimmerfreier Kalke wechseln. Dieser mannigfaltige Wechsel hat auch zur Folge, dass an einzelnen Handstücken dieser Gesteine die oft sehr complicirten Faltungserscheinungen besonders schön hervortreten. Auf die deutliche Entwicklung falscher Schieferung in diesen Gesteinen hat schon Rothpletz hingewiesen. Diese Erscheinung kann man sehr schön an einzelnen Handstücken von den Tarnthaler Köpfen beobachten. Die Glimmerlagen, welche das Gestein in Abständen von 5—10 Milli- meter durchziehen, durchkreuzen nämlich manchmal die Kalkbänke fast senkrecht zu deren Schieferung. Der Querschliff einer derartigen Schieferplatte bietet dann u. d. M. ein vortreffliches Bild jener Mikrocleavage (Fältelungscleavage), welche Heim in seinem Mechanismus der Gebirgsbildung eingehend beschrieben hat... (S.- Taf, XL, Biel9p) Sehr interessant sind auch die Vorkommnisse vom Hippold- Joch, wo die Dolomitbreccien in nähere Beziehung zu den Kalk- phvlliten der Trias treten. An verschiedenen Punkten kann man innerhalb der Breccie die Entwicklung von dünnen Glimmerhäuten oder von mächtigen phyllitischen Lagen und Schmitzen beobachten, welche theils zwischen die einzelnen Dolomitknollen eingezwängt sind, theils dieselben auf neuentstandenen Trennungsflächen durchziehen, aber im Allgemeinen eine parallele Richtung einhalten und dadurch die erste Andeutung der Entwicklung wellig unebener Schieferungsflächen geben. Mit dieser Erscheinung ist öfter eine einseitige Zerdrückung der Dolomittrümmer zu elliptischen und länglichen Formen ver- bunden. Am Hippoldjoche sind einzelne derartige Dolomitknollen in mächtige Bänke von wohlentwickeltem Kalkphyllit eingebettet; sie sind auch hier von Zahlreichen Quarzadern durchzogen, welche sich nicht in die umgebende Gesteinsmasse fortsetzen. Man kann solche in der Phyllitmasse gleichsam schwimmende Dolomitbrocken mit den verschiedensten Formen sammeln; meistens sind sie aber sehr stark linsenförmig verzerrt, und man kann sehr gut beobachten, dass diese Verzerrung in manchen Gesteinspartieen bis zur Bildung sehr langer und relativ schmaler Linsen, welche den Charakter dichter Bänke in der Phyllitmasse annehmen, vorgeschritten ist. Offenbar waren hier die Dolomit-Trümmer in einer nachgiebigeren, mehr thonigen Masse eingebettet, welche der mechanischen Beein- tlussung und der damit verbundenen Pseudomorphose mehr zugänglich war. Es kann hier an Handstücken der Beweis geliefert werden, dass die Gesteine der Triasformation zu echten Kalkphylliten um- gewandelt wurden und dass wenigstens ein Theil derselben einem Theile der Dolomitbreecien stratigraphisch gleichzustellen ist. ') Heim, Mechanism. d. Gebirgsbildung. II. S. 65, T. XV, Fig. 11, [79] Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 667 U. d. M. sieht man, dass Bänder von Glimmer theils die Do- lomittrümmer an den Rändern begleiten, wobei Ansiedelungen von grösseren Caleitkörnern zu beiden Seiten der Glimmerbänder statt- gefunden haben, theils setzen sich die Bänder auch in die Dolomitstücke mit denselben Erscheinungen fort. Glimmerfreie und einschlussfreie Züge von grösseren Caleitkörnern durchziehen in beiläufig paralleler Richtung das ganze Gestein. Kleine Körner von Albit und Quarz sind namentlich innerhalb des etwas weniger feinkörnigen caleitischen Bindematerials zur Entwicklung gelangt. Allgemeine Bemerkungen. Jene mächtigen Gesteinsmassen des beschriebenen Gebietes, welchen ein archäisches oder altpaläozoisches Alter zuzuschreiben ist. sind in zwei verschiedenen Ausbildungsweisen zur Entwicklung gelangt, u. zw. als Glimmerschiefer und als Phyllite. Sie weisen in allen Stücken dieselben Gegensätze auf, durch welche Milch?) die durch „Belastungs-Metamorphose“ entstandenen Gesteine, von den regional-metamorphen unterscheidet. Die vollkommenere krystallographische und mehr ebenflächige, lagenweise Entwicklung der Bestandtheile der ersteren Gesteine ist fast stets mit dem reich- lichen Auftreten von Biotit verbunden; an dessen Stelle tritt in den feinschuppigen und feingefältelten Phylliten in grosser Menge der Chlorit; wo dieses Mineral in den Glimmerschiefern auftritt, ist es meistens als Umwandlungsproduet des Biotites deutlich erkennbar. Orthoklas als „neophytischer“ Bestandtheil findet sich in geringer Menge nur in den Glimmerschiefern. Im Gebiete der Phyllite kommt Kali-Feldspath in bemerkens- werther Menge nur in Form sehr charakteristischer allothigener Gemeng- theile vor (in manchen Phyllitvarietäten vom Haneburger und in den arkoseähnlichen Feldspathphylliten des sogenannten „Schwazer (neisses*). Uebereinstimmend mit den Beobachtungen an vielen anderen Orten, besteht auch hier die authigene („neophytische“) Feldspath- generation in den Phylliten ausschliesslich, in den Glimmerschiefern der weitaus überwiegenden Menge nach aus Albit2). Kleine Säulchen von Turmalin sind zwar stets in den Phylliten sehr verbreitet, kommen aber auch in den, denselben eingelagerten Glimmerschiefern vom Patscher Kofel vor. Dagegen scheinen die Thonschiefer- Nädelchen in ihrem Auftreten auf die Phyllite beschränkt zu sein. In den petrographischen Verschiedenheiten dieser Gesteine liegt, — namentlich da dieselben durch Uebergänge miteinander verbunden sind — keime Gewähr für das verschiedene Alter dieser beiden Gesteinstypen und nur eine sehr genaue stratigraphisch tektonische ') Milch. Beiträge zur Lehre von der Regionalmetamorphose. N. J. 1894, Blg.-Bd. X, S. 122 ff. 2) Vel. L. B. Lepsius Geologie von Attika. S. 107 f. ©. Schmidt. An- hang z. Lfg. XXV d. Beiträge z. Geol. Karte d. Schweiz. S. 7 u. A. 668 Dr. Franz E. Suess. [80] Untersuchung, wenn überhaupt eine Entscheidung möglich ist, wird Aufschluss darüber geben können, ob nicht ein Theil dieser Gesteine als gleichalterige Gebilde von verschiedener Facies der Metamorphose aufzufassen ist. Ein schönes Bild der stufenweise vorschreitenden Umwandlung klastischer Gesteine gewährt eine Reihe von Handstücken der verru- canoartigen Quarzserieitgrauwacken: die Endglieder dieser Umwand- lung sind echte, dünngschiefrige Quarzserieitphyllite, welche sehr reichlich authigenen Turmalin führen. In den Kalk- und Dolomitgesteinen sind mancherlei Erschei- nungen zu beobachten, welche die Thätigkeit der eireulirenden Wässer während der Metamorphose besonders gut erkennen lassen. Hieher ge- hört vor Allem die in den Kalkphylliten verschiedenen Alters so sehr ver- breitete Erscheinung der Entwicklung von Ketten grösserer Kalkspath- körner an den Rändern der Glimmerlagen. In den Dolomiten und in den Ophicaleitschiefern kann man sehen, wie die Carbonate bei der Neu- krystallisation fremde Bestandtheile bei Seite schieben und randlich anreichern. Die Wirkungen des Gebirgsdruckes äussern sich in der Hervorbringung sehr schön erkennbarer falscher Schieferung und Fältelungscleavage und in der länglichen Verzerrung der im phyllitischen Kalkschiefer eingebetteten dolomitischen Breecienknollen. Die merkwürdigen Chlorit- und Talkschiefer, welche die Olivin- serpentine von Matrei und Pfons begleiten, sind wahrscheinlich zum grossen Theile durch das Zusammentreffen der aus dem Serpentin stammenden Mg- und Fe-führenden Lösungen mit den Al-hältigen erünen Quarzitschiefern entstanden. Die sehr bedeutende mechani- sche Zertrümmerung dieser Gesteine hat die Reaction gefördert; durch weiteres Hinzutreten von reichlich zugeführtem Caleiumecarbonat entstanden sehr eigenthümliche Chlorit und Talk führende caleitische Schiefergesteine, in denen noch die Ueberreste der zum grossen Theile dureh eireulirende Wässer aufgelösten. dichten, grünen Quarzit- schiefer gut erkennbar sind. Inhalts-Verzeiehniss. Einleitung . A. Stratigraphisch-tektonischer Theil. I. Archaeische Gesteine. (Gmeiss - Glimmerschiefer mit ee ° Einlagerungen) : - sr - 1. Altpalaeozoische Formationen. (1. Aeltere li agei 2. Kalk- phyllite des Brenner) III. Jungpalaeozoische Formationen. (1. Quarzphyllite der Stein- kohlenformation. 2. Gesteine der Dyasformation. «) Quarz- serieitbreeecie und Quarzserieitphyllit. 2) Tarnthaler Quarzit- schiefer. — Serpentine) ET IV. Mesozoische Formationen. (Trias, Kössener Schichten) . Umgebung von Matrei . Mieslkopf bei Matrei . «rafmartspitz-Rossböden . . Schoberspitz-Sonnenspitz . : . Navisthal-Gallenschroffen bei Navis . Tarnthaler Köpfe . Dolomitberge östlich vom Lizumthale . Phyllitgebiete im Norden Uebersicht OO 1SUm I u B. Petrographischer Theil. I. Archaeische und altpalaeozoische Gesteine 1. Gneiss-Glimmerschiefer. (Matrei, Schönberger Strasse, gegenüber St. Peter) a ee 2. Epidot - Amphibolit- und Amphibolit - Einlage- rungen im Gneiss-Glimmerschiefer. (Bahnhof von Matrei, Mühlbach bei Matrei, Steinbruch bei Matrei) . Glimmerschiefer der älteren Phyllite. (Patscher- kofel, Patscherkofel-Schutzhaus, Volderthal, Mohrenköpfe) 4. Aeltere Quarzphyllite. (Igls, Vorberg-Almhütte, Hane- burger, Mühlthal bei Patsch, westlich vom Sillthale, Penzen- böden, Sternbach-Alpe, sogenannter ‚Schwazer Gmeiss‘ *) . Einlagerungen der älteren Quarzphyllite = a Chloritphyllit - Ein'agerungen (Spärrhof, nächst dem Aszthale),. Zoisit, Epidot und “ Amphibol führende Phyllite, Amphibolite (Gipfel des Rosenjoch, Ehrenhauser- Almhütte, Mühlbachthal, Vorberg-Alpe) . . . hr Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 4. Heft. (F. E. Sndas.) . Seite 589 —591 591592 592 —594 594 594—598 598 —599 600 600—609 602—603 603—606 606— 607 607 —610 610—611 612-638 612—616 616—619 619— 624 624-651 631—635 631—632 632 — 635 87 670 Dr. Franz E. Sness. 6. Kalkphyllite und phyllitische Kalksteine des Brenner. (Klammalpe bei Navis, Schafseitenspitz, Navis- bach, Junsjoch; —- Serieitschiefer-Einlagerung unterhalb des Sägenhorst) 11. Jungpalaeozoische Gesteine . . . i l. Quarzphyllite der Steinkohlenformation. (Naviser- joch, Pfonerbach, Geisseljoch, Lizumthal, Nasse Tuxalpe [Oberleger]. - Eisendolomite: Griff-Alpe, Naviserjoch) . 2. Quarzserieit - Grauwacken und Schiefer. (Matrei, Pfonerbach, Gallenschroffen, Klammspitz, Oberer Weihrach- bach. — Oarbonquarzit von Hinterdux) . . 3. Tarnthaler Quarzitschiefer. (Tarnthaler Köpfe) 4. Serpentine, Talksehiefer und Chloritschiefer. (Matrei, Pfons, Mieslkopf, Reekner; — Chloritschiefer vom Gallenschroffen). . . . . III. Gesteine der Triasformation 1. Dolomit IE 2. Dolomitbreeecie . 3. Kalkphyllit Allgemeine Bemerkungen 132] Seite 635 — 638 635 — 662 638-643 643 — 648 645-650 650—662 663 -—667 6683 664 665 667 667 — 668 l £ « in ee er a ee ee Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Von August Rosiwal. Mit 7 lithographirten Tafeln (Nr. XIV XVII, XX—XXD, einer geologischen Karte des Karlsbader Stadtgebietes von Friedrich Teller (Nr. XIX) und 8 Zinko- typien im Text. Einleitung. Die für die Heilquellen von Teplitz und für das Schicksal dieser Stadt als Uurort so verhängnissvollen Wassereinbrüche in die Braun- kohlenschächte von Dux-Ossegg, deren fast gesetzmässige Wiederholung ’) die bisher ergriffenen Schutzmassnahmen als unzureichend erwiesen hat, mussten eindringliche Warnungen in Betreff der Sicherung der übrigen Heilquellen der böhmischen Thermalzone sein. Zunächst in Betracht kommen die Karlsbader Thermen, da deren Bestand durch den wenn auch nicht in gleichem Umfange wie im Teplitzer Becken betriebenen, aber doch in analoger Beziehung zu den Quellen stehenden Bergbau thatsächlich gefährdet erscheint. Bald nach der ersten Katastrophe, welche die Teplitzer Quellen traf, wurde auf Grund eines Gutachtens der Geologen F. v. Hauer, F. v. Hochstetter und H. Wolf der bis dahin be- standene Schutzrayon für die Karlsbader Thermen, dessen Festlegung aus dem Jahre 1859 stammte, und der die Sicherung des Infiltrations- gebietes der Quellen in dem damals für wahrscheinlich gehaltenen be- schränkten Umfange betraf?). wesentlich erweitert. Es wurde gemäss ') Beredter als viele Worte ist die Sprache der folgenden Daten : Erster Einbruch im Döllinger Schachte, Ersäufung dieses Baues, sowie der Gruben „Fortschritt“ und „Nelson“ . 10. Februar 1879. Schluss der Einbruchstelleim „Döllinger“ nach Sumpfung der Baue 4 Mt m ... 20. Mai 1892. Zweiter Einbruch im Victorinbaue . } 2 .. 2... 28. November 1887. Subaquatische Verdämmung des Einbruches . 225 2% December 1888. Dritter Einbruch ebendaselbst . 2, ; .“...25..Mai 1892. ?) Vergl. umstehende Anmerkung Pant I. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 14. Band, 4. left. (A. Rosiwal.) 37 * 672 A. Rosiwal. [2] y4 den Ausführungen der genannten Geologen als Prineip für die Aus- dehnung des Schutzgebietes der leitende Grundsatz aufgestellt, dass durch den Bergbau die unterirdische Circulation der das Grun dgebirge (als welches Granit, Basalt und Kaolin be- zeichnet wurden ') erfüllenden Wässer nicht gestört werden dürfe, damit den Thermalwässern Karlsbads nicht ein Aus- oder Abfluss in einem tieferen Niveau als dem segenwärtigen ermöglicht würde. Die Charakteristik des im Jahre 1852 auf Grund der bezüg- lichen Commissionsverhandlungen des Jahres 1880 behördlich festge- stellten Schutzrayöns?). bestand äber in einer mehr extensivemals intensiven Ver denn die (na a Chlor in Dann gelegten 4 # b nf? ; x ') Punkt 4 des Peotokollen vom 3. und 5. November 1850. In der ersten Oom- missionssitzung vom 20./21. Mai 1880. wurde im Gutachten der Geologen bloss Granit und Basalt als solches’ genannt. °) Die im Recurswege vom k. k. Ackerbauministerium bestätigte Verfügung der, k..K. Berghauptmannschaft Prag vom 28. Jänner 1881 über die Erweiterung des Schutzrayons (Landesgesetzblatt vom J. 1882. Nr. 59) besagt: I. Zum Schutze der Thermen in Karlsbad gegen Schurf- und Bergwerksunter- nehmungen hat in der Zukunft für die Dauer der Nothwendigkeit ein engeres und weiteres Schutzgebiet zu bestehen. II. Die Grenzen des engeren Schutzgebietes fallen mit den Grenzen des von der vorbestandenen k. k. Berghauptmannschaft Komotau im Einvernehmen mit dem vorbestandenen k. k. Bezirksamte Karlsbad unterm 26. April 1859, 2. 821, zum Schutze der Karlsbader Heilquellen vom Bergbau ausgeschlossenen Ge- bietes zusammen und umfassen die Catastral-Gemeinden Karlsbad, Funken- stein, Espenthor, Pirkenhammer und den südlich des Egerflusses befindlichen Theil der ‚Catastralgemeinde Drahowitz, sämmtlich im Gerichtsbezirke Karlsbad gelegen; in diesem Gebiete ist jeder Schurf- und Bergwerksbetrieb unbedingt unzulässie. III. Die Grenzen des weiteren Schutzgebietes umfassen den nördlich des Eger- flusses gelegenen Antheil der Catastral-Gemeinde Drahowitz, dann die übrigen (Gemeinden des Karlsbader Gerichtsbezirkes mit Ausschluss der Gemeinden Rodisfort, Lappersdorf, Unter- und Oberlomitz, Rınzengrün, Zwetbau, Altdorf und Mühldorf, jedöch zuzüglich der Gemeinden Imligau und Neurohlau des (erichtsbezirkes E bogen. — Innerhalb dieses Schutzgebietes sind Schurf- und 'Bergbaue in der "Kohlenformation ohne jede Beschränkung gestattet. — Wird durch solche Arbeiten das Grundgebirge (Granit, -Basalt, Kaolin) ange- fahren, so darf unter dem Niveau des Flussbettes beim Einflusse der Tepl in die Eger (Normal-Punkt) nicht in das Grundgebirge eingedrungen werden. IV. Sollte für Bergbau-Unternehmungen eine Durchörterung des Grundgebirges ° ımter obigem Normal-Punkte sich als nothwendig herausstellen, so ist vor Beginn derselben bei der Bergbehörde um die Bewilligung anzusuchen und sind im Ertheilungsfalle die Betriebsbeschränkungen, welche auf Grund einer voran- gängigen, unter Zuziehung der Interessenten zu pflegenden Localerhebung durch ie Bergbehörde im Einvernehmen mit der politischen Behörde vorgezeichnet werden, pünktlich einzuhalten. V. Behufs Ueberwachung der im weiteren Schutzgebiete befinillichen Bergbaue werden die Bergwerksunternehmungen angewiesen, in den Grubenkarten alle Flötzstörungen, nämlich Sprünge, Klüfte, Lettenriegeln, Granitrücken etc. ete. genau zu verzeichnen und in Durchschnitten ersichtlich zu machen, und über ungewöhnliche Vorkommnisse in der Grube, wie z. B. über. Wasser- erschrotungen, Wärmezunehmen, Anfahren von Sprüngen oder des Grund- gebirges ete. etc. wie über jedes Herabgehen mit dem Bergbaubetriebe in der Kohlenformation unter den Normalpunkt sofort an das Revierbergamt in El- bogen zu bezielenz ET [3] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 675 Gebiete blieben dieselben wie im Jahre 1859. Die Ausdehnung des Schutzrayens über die nördlich von Karlsbad gelegenen Theile des Elbogen-Karlsbader Braunkohlen-Bergreviers hatte nicht etwa die unbedingte Immunisirung des wässerführenden Grundgebirges zum Gegenstande, sondern es wurde mit Rücksicht auf den tektonischen und hydrographischen Charakter des Egerthales nur eme Tiefen- srenze aufgestellt, unterhalb welcher die Verritzungen erst mit fall- weise einzuholender behördlicher Genehmigung stattfinden dürfen. Als diese Tiefe wurde der sogenannte „Normalpunkt“, d i. die Höhe des Egerflusses an der Stelle der Einmündung der Tepl, festgesetzt, dessen Meereshöhe mit 360 m angenommen wurde. Es ergab sich in der Folge, dass zwischen dieser Angabe und der aus den Fixpunkten = Buschtiehrader Eisenbahn ermittelten Seehöhe eine Differenz von 9777 m’) bezw. nach neuerem Nivellement von 11'203 m bestehe. Unter Normalpunkt ist daher stets das Niveau der Teplmündung festzuhalten. Im Verordnungswege der k. k. Br amdtinannschaft Prag wurde später (1884) ein bergbehördliches Organ mit der Funktion betraut, die Bergbaue und Kaolingruben in dem erweiterten Schutzrayon im Sinne der Durchführung der Verfügungen zur Sicherung der Karls- bader Thermen gegen jede Gefährdung aus dem Bergbaubetriebe zu überwachen. Herr Oberbergeommissär J. Schardinger, welchem diese Funktion durch eine Reihe von Jahren übertragen war, sah sich durch die in Ausübung derselben erworbenen Erfahrungen zu wieder- holten Vorschlägen betreffs ergänzender neuer Erhebungen veranlasst. Gleich der erste derselben?) muss als ein überaus nutzbringender be- zeichnet werden, da m Folge dieser Anregung Herr Dr. L. Sipöcz zu jener Reihe von Analysen von Brunnen- und Grubenwässern ver- anlasst wurde, welche, zumeist im ‚Jahre 1885 vorgenommen, durch die präcise Feststellung der Art dieser Wässer zu den wichtigsten Schlüssen über die Circulation und den Zusammenhang der Grund- wässer geführt haben, deren Tragweite in Bezug auf die Sicherung der Thermen erst jetzt ermessen werden kann. | Die Folgerungen, welche ich auf Grund dieser so wertlvollen Untersuchungsergebnisse machen kann, werden aus dem Kapitel über die Beziehungen zwischen den Thermen und dem Bergbau erhellen. In weiterer Folge?) erstattete J. Schardinger ein Gutachten über die Vorkehrungen, welche zur Sicherung der Thermen gegen- über dem Betrieb von Kaolinschächten zu treffen wären. Letztere waren in den bisherigen Verordnungen, als bloss gewerbliche, an keine bergamtliche Verleihung gebundene Anlagen kaum berücksichtigt worden. Schardinger wies ausdrücklich darauf hin, dass ein Bau auf Kaolin einem Baue innerhalb des Granites ee ist, indem beide Gesteine allmählich ') Dach dem Nivellement des Bergingenieurs Josef Gröger. Protokoll vom 3./5. November 1380; damach stellt sich die Höhe der Teplmündune auf 369777 m. Das neue Nivellement der Buschtiehrader E.-B. gibt 371203 m. (Karlsbader Bahnhof Höhenmarke 412738 m; Geleishöhe 410'881 m — 39:678 m über dem Normalpunkte.) 2) Vom 97% Beeerber 1874 an den Stadtrath von Karlsbad. ®) 30. December 1886. 674 A. Rosiwal. EI ineinander übergehen!) und die Wassercireulation in beiden dieselbe ist. Als Grundlage für die Nothwendigkeit und den Umfang der Schutzmassregeln für die Thermen gegenüber Bau- führungen auf Kaolin wurden ganz richtig diejenigen Punkte des Gut- achtens der Geologen vom Jahre 1880 bezeichnet, welche die Ver- ritzung des Granites betreffen und die analogen Bestim- mungen der Verfügung vom Jahre 1882 als auch auf diesen Fall zu- treffend erklärt. Das nicht geringe Mass der Verantwortung, das mit dem Amte eines Controlorganes in Betreff der Durchführung aller auf den Schutz der Thermen bezugnehmenden bisherigen behördlichen Anord- nungen verknüpit ist, war wohl die Ursache. dass sich für Herrn Oberbergeommissär Schardinger nach mehrjähriger Ausübung dieser Obliegenheit stets dringender das Bedürfniss ergab. „noch über den Rahmen der getroffenen Verfügungen hinaus Vor- kehrungen zu treffen, welche nach seiner Ansicht eine erhöhte Bürgsehaft für den ungefährdeten Bestand der Thermalquellen bieten könnten, ohne dass hiedurch eine wesentliche Aenderung der bereits getroffenen Verfügungen. welche den Bergbau betreffen, bedingt wäre“). In dieser Eingabe an die Bergbehörde wurde nun eine Reihe von Vorschlägen formulirt, in welcher Weise zweckmässig ergänzende Erhebungen und Beobachtungen zu machen wären. Schardinger's Vorschläge betrafen in meritorischer Hinsicht: I. „Eine eingehende geologische Untersuchung des Verhältnisses der Thermalquellen zu den Gesteinen und dem Gebirgsbau des Karls- bader- und Erzgebirges.“ 2. „Die ständige genaue Beobachtung der Thermalquellen in Bezug auf Wassermenge und Temperatur.“ Dem zein geologischen Fragen naturgemäss ferner stehenden Bergmanne erschien die klipp und klar abgefasste, jeder weitschweifigen Begründung entrathende Formulirung der übereinstimmenden Meinung der drei geologischen Experten des Jahres 1380 (v Hauer, v.Hoch- stetter und Wolf) als ein erst zu erweisendes Dietum, das in seinen Augen durch die vielen umlaufenden „Quellentheorien“, die bis in die neueste Zeit auch von Nichtfachmännern producirt werden, an Wahrscheinlichkeit verlor. Die genannten Anregungen Schardingers hatten zur nächsten guten Folge, dass in der Thermenschutzfrage wieder ein geologischer Fachmann zu Worte kam. Es war Herr Geologe Fried- rich Teller der k. k. geologischen Reichsanstalt, welcher in seinem 155°) dem Stadtrathe von Karlsbad erstatteten Gutachten sich über die Vorschläge J. Schardinger's eingehend äussert und die Um- stände beleuchtet, welche für die ganze Action des T'hermenschutzes massgebend sind. Was schon v. Hochstetter betont. Karlsbad, Seine geognostischen Ver- hältnisse und seine Quellen. 1556, 8. 50. ?) Eingabe an das Revierbergamt Elbogen vom 25. August 1888. [5] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 675 Ich kann in Bezug auf den überaus wichtigen Inhalt der Dar- legungen F. Teller’s, welche in der Aeusserung der Stadtgemeinde Karlsbad vom 18. November 1889 auf die Vorschläge J. Schardinger's enthalten sind, auf den Anhang zu dieser Abhandlung verweisen, wo dieselben in extenso abgedruckt erscheinen, und werde im Laufe der Erörterungen wiederholt darauf zurückzukommen haben. Inzwischen waren zwei Ereignisse von wesentlicher Bedeutung für die Kenntniss des Cireulationsgebietes der Thermen einerseits und die Grubenwasserverhältnisse andererseits eingetreten. Es waren dies die Auffindung der Kronprinzessin Stephaniequelle in nächster Nähe des Dorotheen-Sauerbrunnens im Frühjahre 1884 und der Wassereinbruch in der Johanni-Zeche bei Ottowitz am 23. August 1887. Die Erschliessung von Thermalwasser von qualitativ sehr nahe identischer Zusammensetzung mit jenem des Sprudels in so grosser Entfernung von demselben gab ein neues Moment der Besorgniss, es könnte die Zone der vom 'Thermalwasser erfüllten Klüfte, welche dadureh eine Verlängerung um den dreifachen Betrag nach Süd er- fuhr, auch nordwärts jenseits der Eger durch die Bergbaue ange- schnitten werden. Der für die Quellen zwar glücklicherweise ohne nachtheilige Folgen gebliebene Wassereinbruch in der obgenamnten Braunkohlenzeche zeigte gleichwohl deutlich gewisse Erscheinungen, welche für die Möglichkeit eines mittelbaren Zusammenhanges mit dem Spaltennetze des Thermalgebietes sprachen. Herr Geologe Fr. Teller, welcher bei den commissionellen Verhandlungen über die an- lässlich dieser Wassererschrotung behördlich zu verfügenden Schutz- massnahmen neuerlich als geologischer Sachverständiger fungirte. erörterte in seinem Gutachten ausführlich die Gründe, welche für diese Möglichkeit sprechen. Das Interesse an der Entwicklung der ganzen Schutzaction rechtfertigt es, wenn auch dieses Gutachten Fr. Teller’s im Anhange zum Abdruck gelangt. In Bezug auf die von Oberbergcommissär J. Schardinger vorgeschlagenen neuen Massnahmen liegen aus späterer Zeit noch die wiederholten gutachtlichen Aeusserungen des Herrn k. k. Bezirks- arztes Dr. J, Hochberger und des Herm k. k. Ingenieurs F. Stüdl vor. Dr. Hochberger betont in Betreff der vorgeschlagenen regel- mässigen Messungen der Thermen, über deren Durchführung Detail- vorschläge gemacht werden. im Gegensatze zu Teller’s Ansicht auch den hohen prophylaktischen Werth dieser Messungen!) und erklärt ausserdem periodische chemische Untersuchungen des Wassers der Quellen wie der Grubenwässer in den Tief- bauen für nothwendig‘). Auf Grund der Analysen Dr. Sipöcz’ unter- scheidet Hochberger bereits zwei chemisch genau differenzirbare Arten von Grubenwässern, jene der Kaolin- gegenüber jenen der „Steinkohlen “-Gruben, und behandelt die Einzelheiten der verschiedenen Mischungsverhältnisse der beiden Arten von Grubenwässern in Üom- bination mit indifferenten Tagwässern sowie ferner die Kriterien der ') Gutachten vom 17. Jänner 1891. . ”) Gutachten vom 16. Februar 1891. 676 A. Rosiwal., [6] Möslichkeit ihres Zusammenhanges mit den Thermen, welche sich aus der chemischen Beschaffenheit des Grubenwassers im Zusammenhalte mit dessen Temperatur ergeben. Herr Inge. F. Stüdl spricht sich im Allgemeinen im Sinne der vorgeschlagenen Vermehrung der Messungen an den Quellen aus. Allen diesen Anträgen und naturgemässen Bestrebungen gegen- über, die Schutzmassnahmen für die Thermen. zunächst durch er- weiterte Detailbeobachtungen zu ergänzen, ergab sich nun für die k. k. politische Behörde die Nothwendigkeit eines sachlichen Bei- rathes durch einen zu diesem Zwecke entsendeten (reologen. Mit Ge- nehmigung des hohen k. k. Mimisteriums für Cultus und Unterricht wurde mir von der Direetion der k. k. geologischen Reichsanstalt die ehrenvolle Aufgabe übertragen, diese informative Mission zu über- nehmen. Die Erfüllung derselben führte mich im Spätherbste 1895 zu einem mehrwöchentlichen Aufenthalte nach Karlsbad, welcher zu- nächst das specielle Studium der Quellen. ihrer örtlichen Verhältnisse und der bei den Messungen derselben gegenwärtig beobachteten Methode, sodann das Studium und die Auswahl des zur Beurteilung der Quellen, ihrer Ergiebigkeitsschwankungen, sowie der Geschichte ihres Verbaues u s. w. vorliegenden, im Archive der Stadt Karlsbad vor- findlichen Materiales zum Gegenstande hatte. Ausserdem wurde die Befahrung der Kaolinschächte und. Kohlengruben zum Zwecke der Einsichtnahme in die speciellen Lagerungsverhältnisse, die Art des Abbaues und sonstiger mit dem Eingriffe in das Grundgebirge im Zu- sammenhange stehender Erscheinungen vorgenommen. 3ei den ersteren Programmpunkten wurde ich durch die beiden vom löblichen Stadtrathe Karlsbad hiezu desigenirten Herren Ingenieur Adolf Schärf, sowie Dr. Ludwig .Sipöcz. nach jeder Riehtung auf das Wirksamste unterstützt, während bei der Be- fahrung der Bergbaue Herr k. k. Oberbergeommissär K. Kahlich in Elbogen die Güte hatte, die Führung zu übernehmen. Ich fühle mich verpflichtet, dem Danke an die löbliche k. k. politische und k, k. Bergbehörde sowie den löblichen Stadtrath von Karlsbad den Dank an die genannten Herren beizufügen, indem ich mich durch die hervorragende Förderung, welche durch die löbl. Behörden, sowie die genannten Herren den mir übertragenen Arbeiten erwuchs, in die Lage versetzt sehe, schon jetzt eine Reihe von concereten Vorschlägen zu erstatten, welche in der nachfolgenden Darstellung begründet und im Detail formulirt werden sollen. Die Resultate meiner bezüglichen Studien zerfallen nach der Art der angestellten Beobachtungen in drei Theile. Die beiden ersten beschäftigen sich mit den Quellen selbst: der letzte ist der Erörte- rung der Beziehungen der Thermen zum Bergbaue gewidmet. In jedem derselben sind die Vorschläge, zu welchen ich auf Grund der Be- obachtungen gelange, am Schlusse angegeben. Die Darstellung der nun folgenden Ergebnisse dieser Studien weicht. nur in geringfügigen Details von der Form ab, welche meinem Originalberichte zu Grunde lag, und ist im Wesentlichen eine Repro- duetion desselben, von welcher nur einige die Technik der Messungen betreffende Beilagen in Weefall kamen. Die ausführliche Aufnahme der | { [7] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. H77T auf Grund der Beobachtungen gemachten Vorschläge möge mit dem Hinweise auf die, praktischen Gründen von sehr einschneidender Be- deutung entsprungene Veranlassung der vorliegenden Arbeit motivirt sein. Diejenigen Leser, welchen die Ausübung von Messungen mit wissenschaftlicher Präcision eine gewohnte Arbeit ist, mögen die vielleicht zu detaillirten Vorschläge des ersten Theiles entschuldigen. Zur Begründung einer wesentlichen Erhöhung des Genauigkeitsgrades gegenüber den bisher in Karlsbad üblich gewesenen Messungen wird man sie nothwendig finden. Desgleichen möge das Zurückgreifen auf die Elemente der geologischen Verhältnisse unseres Gebietes und deren Einschaltung in das Kapitel über die Beziehungen der Quellen zum Bergbaue den Fachkreisen gegenüber mit dem -Umstande begründet werden, dass die Veranlassung zur vorliegenden Darstellung, Gründen von allgemeinem öffentlichen Interesse entsprang und somit auch auf Leser Rücksicht genommen werden musste, für welche diese orienti- renden Angaben von Belang sind. Möglichste Kürze in den Dar- legungen habe ich mir in diesen Fällen, wie im allgemeinen für die vorliegende Arbeit zum Grundsatze gemacht. Die Wiedergabe des auf Gr undlage des neuen Stadtplanes 1:500 entworfenen genauen Quellenplanes war in verjüngtem Massstabe leider unthunlich. Eine überaus werthvolle Bereicherung wurde aber durch die Güte des Herrn Geologen Fr. Teller meiner Arbeit zutheil. Herr Teller übertrug die neue von ihm aufgenommene geologische Karte des Stadtgebietes von Karlsbad auf den redueirten Schindler’schen Situationsplan und hatte die grosse Güte, dieselbe meiner Arbeit beizufügen, so dass sich mir damit die Möglichkeit bot, die Uebersicht aller Thermen und die Thermalzone auf seiner geo- logischen Karte zur Darstellung zu bringen. Ich fühle mich ver- pflichtet, Herrn Geologen Fr. Teller für diese grosse Freundlich- keit bestens zu danken. Ausserdem verdanke ich dem löbl. Stadtrathe von Karlsbad eine Reihe von Copien von Brunnenfassungsplänen sowie deren Ueber- lassung für die Reproduction und Herrn Dr. Sipöcz die tabellarische Zusammenstellung der Resultate seiner Analysen. Die von mir für meinen Originalbericht angefertigte graphische Darstellung der Wasser-Analysen Dr. Sipöcz’ und jene der Berg- bau-Profile J. Schardinger’s waren umsomehr erwünschte Beigaben zum Texte, als die ziffermässigen Angaben bekanntlich der Uebersicht entbehren. Auf eine Anführung der geologischen Literatur über Karlsbad kann ich füglich verziehten. In seinem trefflichen Führer: „Geologische Exeursionen im Thermalgebiet des nordwestlichen Böhmens“ hat dies Prof. Laube ausführlich gethan. Wichtig war mir die Festhaltung der in den Acten vorliegenden bisherigen Aeusserungen von geo- logischer Seite in Betreff des Karlsbader Schutzgebietes; sie befinden sich, wie bereits erwähnt, im Anhange. Die älteste Literatur (Becher, v. Hoff ete.) ist, wo benützt, in Fussnoten eitirt. Ich habe es hier geflissentlich vermieden, das Gebiet der Theorien über den Ursprung der Thermen zu betreten, um den Boden des Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 83 678 A. Rosiwal. [3] Thatsächlichen, der den erörterten Beobachtungen und darauf fussenden Vorschlägen zu Grunde liegt, nicht zu verlassen. Was in dieser Richtung von altersher zumal in Badeschriften Abenteuerliches geleistet wurde und auch jetzt noch Seltsames ge- leistet wird '), erregt das berechtigte Staunen aller Geologen. Die Lust am Fabuliren bemächtigt sich leider auch jener Kreise, welche die erlangte Autorität auf anderen hochzuschätzenden Wissensgebieten verleitet, die formale Logik an die Stelle hiezu einzig berufener geo- logischer Fachkenntniss zu setzen. Für Fachgenossen brauche ich darüber nichts weiter zu sagen. Jenen Lesern, welche ausserhalb derselben stehen und sich für eine sachgemässe Darstellung dieses Themas interessiren, sei die Lektüre zweier Vorträge von Prof. Suess?) und Prof. Laube). vornehmlich aber des letzteren obge- nanntes Büchlein empfohlen ?). ') Man vergleiche z. B. die Darstellung „Ueber die Entstehung der Karls- bader Mineralquellen“ von Prof. Dr. W. Gintl inHlawacek’s „Karlsbad“, 15. Aufl, ») Die Heilquellen Böhmens. Vortrag, gehalten am 24. März 1878, Wien, Hölder 1879. >) Einleitung zu dem Vortrage: soethe als Naturforscher inBöhmen, gehalten am 1. und 2. Juni 1879 zu Eger. Sep. aus den Mittheil. des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 18. Jahrg. 1879,80. 1. Heft. *) Vergl. auch den Vortrag F. Karrer’s: „Der Boden der böhmischen Bäder.“ Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse in Wien, 19. Band 1579, sowie jenen des Autors: „Ueber die Thermen von Karlsbad und den Schutz derselben.“ Ebenda. 35. Band 1595. Mit einer geologischen Karte der weiteren Umgebungen von Karlsbad und den Grenzen des inneren und äusseren Schutzrayons der Thermen. [9] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 679 I. Theil. Zur Physiographie der Quellen. Von Seite des löblichen Stadtrathes Karlsbad wurde mir ein sehr reichhaltiges Beobachtungsmaterial an den Quellen zur Ver- fügung gestellt durch die Mittheilung der Daten, welche bei den von er Stadtverwaltung vorgenommenen Messungen der Thermen seit langen Jahren gewonnen wurden. Sollten diese Beobachtungen nicht nur historischen Werth be- sitzen, sondern für die Lösung der Fragen und Untersuchungen, mit welchen ich betraut wurde, Bedeutung erlangen, so musste zunächst mit dem Studium der bei diesen Messungen in Anwendung gebrachten Methoden begonnen werden, um in präciser Weise festzustellen, bis zu welchem Grade den mit denselben gewonnenen Resultaten die Verlässlichkeit ziifernmässig festge- stellter Thatsachen innewohne. Diese Erwägungen veranlassten mich, meine informative Bethei- ligung an den Messungen der Quellen zu einem der wichtigsten Programmpunkte meines Aufenthaltes in Karlsbad zu machen. Die Ergebnisse meiner einschlägigen Studien lege ich den folgenden Er- örterungen zugrunde. Sie betreffen: 4. Die Messung der Ergiebigkeit; B. Die Messung der Temperatur; ©. Die Messung des Gasgehaltes der Thermen. I. Kritik der bisherigen Messungen. Bisher wurden vom Stadtrathe Karlsbad zumeist zweimal im Jahre Messungen der Thermen vorgenommen, und zwar zu Beginn wie zu Ende der Curzeit in der Regel nach den vollendeten Nach- bohrungen der Sprudelquellen. Diese Messungen umfassten in den letzten“ zehn Jahren jede einzelne Oeffnung des Sprudels, sowie die grosse Mehrzahl der übrigen Quellen. Vor dem Frühjahre 1585 wurden die Sprudelquellen I bis VI, ebenso wie dies jetzt ausserdem zum Vergleiche bisweilen geschieht, häufig nur in Summe gemessen, wo- durch sich infolge veränderter Ständerhöhen andere Spannungsver- hältnisse der Ausflussöffnungen und daher andere (in der Regel grössere) Mengen, als der Summe der Einzelmessungen entspricht, ergeben. Die nachstehende Tabelle gibt das Resultat der von der Ge- meinde Karlsbad seit dem Jahre 1879 vorgenommenen Messungen des Sprudels, welche in der Tafel XV auch graphisch dargestellt sind. 88* we | 2218. — | or || - | e8 | use | seo | se | sı | 2a | a0 |-qweosg ° a en‘, Fe || g18% — 008 || 82 | 08 0.11 =IA I >wung 881 | 691% .| = 009 ‚|| a& |.08. | gas | 289-| - | —=| 286) 08 dy a2) | | | gg1a - | | -1% F9T — TA—T omg mdy °y set | Ki @ | vo1s | | a 087 = | — || 099 | 082 I) a] Ei ZEr ZI 'S be | 9202 | abo POL LA IT SUSE za SO es81 "9018 z sor | — | 2s | 009 |rg99 | 8& | 08- | 276 | 02 | wmagag "Ir. "megaoa 4sq.10H uopuoS[oJ um { l | , pun u9WMOUISLIURM TONIASNY sIgs |) || — 097 — 88 0991 = JA —I PJuumg 5 >15 zest. 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TOqN PYgspIey SpursusasgprIg Top UOISISOy Uap snw Snzsuy (1 | zen "ız Vogt, ANBION 6 asgr ‚adv °0@ | -quio9act T € a RER 6b | mdy 'g | "quioaa(t ‚I681 | „adv gt, | Jady ‘I 0081 Fawaaacr 5 ‘85 "ST 6881 dv 91 i7 9 ru WOAON "56 | R = 888 | ZI 'EG Fr en A "LT 2881 Rays | “ ‘05 "qQUIIAON "9I ‚9881 judy '8z ZUR IT ! u ee 682 A. Rosiwal. [12] Am 9. sowie am 15. November v. J. hatte ich Gelegenheit, der Vornahme dieser Messungen beizuwohnen, und gaben mir dieselben Anlass zu den nachfolgenden Beobachtungen. Fehlergrenze der einzelnen Messungen. 1. Experimentell bezüglich der Menge. «) Am Sprudel. Messungen vom 9. November 18983, Menge | Differenz Sprudelständer Nr. De a pro ' in Procenten jMnuten, Liter | Minute | des Mittels n j Messung 1 3 332 | 1107 | 189 0 5 2 3:5 35 | 1072 | ua . ee ii AR _ ER 5. BUN Br Ä | j Messung 1 l 825 | 825 Bir: | Fe Ri 2 1 | 510 510 = | y Messung 1 1 450 | 450 #7: | u Be 1:5%..1.. 670 21° 4466 0:8 IS8 25 785 28 | | ‚ Oberer Zapfen { saers : nn n “= 00 | „ a < | | Tu ‚5 Messung 1 05 905 | 1810 3 | I—VI Summe \ no 0-5 | 880 1760 128 | | N re ae Messungen] 125 630 544 A Oberer Zapfen \ 5 1-25 | 700 560 H 29 Mittlerer Fehler + 19 Procent. b) Aus zwei zeitlich nahe liegenden Messungen der Summe der Sprudelquellen I—VI und des oberen Zapfenloches im Jahre 1886 (16. und 20. November), wobei die Voraussetzung der Unveränderlich- keit der Quellen!) einschräukend hinzutritt: I—VI | rn [ 1. Messung (16. Nov.) 2195 I |) Fehler in Proc. des fenloch \ 2. Messung (20. Nov ) 2133 I Zapfenloch Mittlerer Fehler ... . 2'350, ', Messung (16. Nov.) 1708 I Fehler in Proc. des . Messung (20. Nov.) 1676 2 | Mittelwerthes. . . 19% ') Für den Zeitraum von vier Tagen aus dem Verlaufe der Ergiebigkeits- linien in der Tafel XV als begründet anzunehmen. [15] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 683 c) Bei einer zu Anfang November 1895 am Schlossbrunnen vorgenommenen Messung schwankten die für eine Minute erhaltenen Mengen zwischen 94 und 961, d.i. um einen mittleren Fehler von circa 2 Procent. 2. Bezüglich der Methode, a) Beiden Sprudelquellen. Die Messung derselben erfolgt durch die in der Regel eine Minute währende Einleitung der Quellen in geaichte eiserne Reservoire von 0'5 und 1m? Fassungsraum, Dieser Vorgang bedingt eine doppelte Art von Fehlerquellen, Zunächst geschieht die Ablesung der Wassermenge an Messingmaass- stäben, welche, in die Mitte des gefüllten Reservoirs bis zum Boden gesenkt, die Wasserhöhe und damit zugleich das Volumen angeben. Die Theilung gestattet die direete Ablesung von 2, beziehungsweise 51, wodurch bei mittleren Füllungshöhen der Reservoire und einer in Folge des häufig bewegten Wasserspiegels anzunehmenden Unsicher- heit in der Ablesung im Maximum von zwei Theilstrichen ein Beob- achtungsfehler im ungünstigen Falle von 2 Procent möglich erscheint. Zu diesem Ablesefehler gesellt sich als zweiter, davon unab- hängiger Factor der Fehler in der Zeitbestimmung der Dauer des Einlaufes der gemessenen Quelle in das Messgefäss. Das Ein- und Ausrücken des in grösseren Röhren oder Rinnen erfolgenden Zulaufes geschieht aus freier Hand durch einen oder zwei Arbeiter. Nimmt man dabei als mögliche Verzögerung oder Beschleunigung gegenüber dem gegebenen Commando ein bis zwei Zeitsecunden an, so würde dies bei einem eine Minute währenden Zulaufe abermals eine Un- R j 1 bis 2 | ei er sicherheit von Erna des Ganzen, also 17 Proeent bis 3°3 Procent 0) ergeben. Eskannalso im ungünstigsten Falle beieinmaliger nicht wiederholter Messung der Beobachtungsfehler bis circa 5 Procent steigen; er wird aber im Durchschnitte durch theilweise Compensation der beiden Factoren ein weitaus ge- ringeres Maass — im Mittel nur 2—21/, Procent — erreichen und wird, wie die oben gemachte, sorgfältig durchgeführte Versuchsreihe gezeigt hat, selten über 3 Procent hinausreichen. b) Bei den übrigen (kleineren) Quellen. Das Einrücken des Sammelreservoirs (ein kubisches Zinkgefäss von etwa 12—15/ Inhalt) geschieht nach dem Secundencommando durch eine oder mehrere Minuten. Als Messgefässe werden die ge- wöhnlichen geaichten Zinn-Hohlmaasse für Flüssigkeiten in Anwendung sebracht in Grössenstufen von 1/ bis "el. Für ein nahezu volles ‚Reservoir (ca. 10!) und auf etwa !/gl genaue Messung würde etwa 1—1'/, Procent Fehler eintreten. Eine Versuchsreihe, die ich gelegentlich mit Hilfe solcher Hohl- maasse unter beabsichtigter Nachahmung der usuellen, sehr beiläufigen 684 A. Rosiwal. 14] Einstellung der zu messenden Flüssigkeit auf den Aichungsstrich an- stellte. ergab die nachstehenden Differenzen von den mit Hilfe genauer analytischer Messgefässe festgestellten Mengen in Procenten: + 11, +15, — 16, 416, 329 Procent Von letzterem Werthe ist abzusehen !). Die übrigen zeigen, dass, wie oben berechnet. zumeist Fehler von 1—1'5 Procent m der Messmethode gelegen sind. Combinirt mit dem Fehler aus der Genauigkeitsgrenze der er bestimmung (hier selten über eine Secunde zu veranschlagen), ds 1'7—2 Procent, folgt ein totaler Fehler im ungünstigsten Ma- ximalwerthe von 3! Procent, dessen- Durehschnitts- gerösse jedoch nur 2 Procent beträgt. Aus den im Vorstehenden abgeleiteten und experimentell begrün- deten Genauigkeitserenzen der bisher in Anwendung stehenden Mes- sunesmethoden folgt zunächst zweierlei: Erstens, dass uns die mit Hilfe derselben gewonnenen Resul- tate sehr wohl ein zutreffendes Bild der grossen Variationen in der Ergiebigkeit der Thermen geben können, wie sie im Zeitlaufe mehrerer Monate von Jahreszeit zu Jahreszeit oder durch die Reihe ganzer Jahre hindurch platzgreifen, dass sie aber Zweitens nicht ausreichend scharf sind, um geringe Variationen, wie sie bei häufigerer Beobachtung in kleineren Zeitintervallen zur Messung gelangen würden, richtig zum Ausdrucke zu bringen. Die Tafel XIV. welche eine vergleichende Zusammenstellung der Frühjahrsmessungen der letzten acht Jahre (1886—1895) an den Sprudelquellen und dem Schlossbrunnen gibt. enthält die mittleren und Maximalfehlergrenzen in der Form zweier Ringe um jeden ge- messenen Werth. Verbindet man die Peripherien dieser Fehlerkreise dureh umhüllende Tangenten, so erhält man bandförmig verlaufende Flächenstreifen als Darstellung jener Räume (Fehlergrenzen), innerhalb deren sich die richtigen Werthe der Wassermengen befinden müssen. Man ersieht aus dieser Darstellung leicht die Bedeutung der vorhergehenden Ausführungen und daraus entspringend: 1. Das Bedürfnis, für nothwendig werdende Detailmessungen die Methode zu verbessern: 2: Die Berechtigung, auf Grund der bisherigen Messungen eine veihe von Schlüssen aufzubauen, welche in der Folge (Punkt II) zur Erörterung kommen sollen. II. Vorschläge zur Erhöhung des Genauigkeitsgrades der Quellenmessungen. Obgleich es sich hier um vorwiegend technische Aufgaben handelt, deren detaillirte Lösung ausserhalb des usuellen Arbeitsbereiches !) Derselbe wurde als bereits sehr auffallende und "absichtlich gross beantragte Ungenauigkeit erhalten. [15] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 685 eines geologischen Sachverständigen liegt, so wollte ich in Rücksicht auf die von mir später formulirten Forderungen doch den Weg an- deuten, auf welchem ich mir die Erfüllung derselben ermöglicht denke. Von diesem Gesichtspunkte aus seien zunächst die Sprudelquellen in’s Auge gefasst. a) Am Sprudel. Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Messungsmethode des Einleitens der Quellen in geaichte Messgefässe, welche als die relativ genaueste jeder Art von Wassermessung bezeichnet werden muss, bieten sich drei Möglichkeiten, um schärfere Messungs- resultate zu erzielen: 1. Die Verminderung des Ablesefehlers an der (mobilen) Aichungs- skala durch zweckentsprechende Construction derselben; 2. Die Verminderung des Einflusses des Fehlers in der Zeitbe- stimmung, durch Messung der Wassermenge eines grösseren Zeitab- schnittes; 3. Die wiederholte Beobachtung der Menge jedes einzelnen Auslaufes. Hiezu wäre zu bemerken: Ad 1. Die gegenwärtig im Gebrauche stehende Aichungsskala ist ein Messingstab, auf welchem die Theilung direct aufgetragen ist. Dadurch ist es unmöglich, den Stand des zumeist bewegten Wasserspiegels im Sammelreservoir (Messgefäss) mit grosser Schärfe abzulesen. Um nach dieser Richtung nicht nur eine grössere Ge- nauigkeit, d. h. die Angabe kleinerer Wassermengen an der Theilung, sondern auch grössere Sicherheit in der Fixirung der Höhe des Wasserspiegels auf der Theilung zu erlangen, nahm ich Gelegenheit, in meinem Originalberichte die detaillirte Construction eines Mengen- indiecators vorzuschlagen, dessen verbessernde Wirkung: a) auf der capillaren Oeffnung einer die Theilung tragenden communieirenden Glasröhre, wodurch der Einfluss der Spiegelschwan- kungen eliminirt wird, b) auf der ausserhalb des Messgefässes in bequemer Weise vorzunehmenden, daher genaueren Ablesung beruhen würde. Zur Controle der erhaltenen Resultate und namhaften Erhöhung des Genauigkeitsgrades ist stets das Mittelmehrerer Ablesungen zu nehmen. Ad 2. Wie oben gezeigt wurde, beträgt der Zeitbeobachtungs- fehler, falls die Menge nur einer Minute als zu messende Grösse sewählt wird, 1'66—3°33 Procent derselben. Nach der Regel, dass bei verschiedenen von einander unabhängigen Fehlerquellen die Messungen so zu gestalten sind, dass kein Fehler der einen Art jenen der anderen Art wesentlich übersteigt, wäre bei einer Herab- drückung des Ablesefehlers unter 1 Procent (Punkt 1) auch die- selbe percentuelle Fehlergrenze für die Zeitbestimmung anzustreben. Dies würde nur erreicht — da ja die absolute Grösse von 1 Secunde kaum unterschritten werden kann — durch die Messung der Menge von mindestens 2—3 Minuten, also die dadurch erforderliche Her- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 89 686 A. Rosiwal. [16] stellung von Messgefässen, welche etwa die dreifache Menge der bis- herigen zu messen gestatten. Die Eventualität, mehrere kleinere leichter transportable Messgefässe durch den vergrösserten Zeitraum von 2—3 Minuten nacheinander ohne Verlust zu füllen und deren Inhalt einzeln zu messen, wäre gegenüber der Herstellung 2500 bis 30001 fassender grösserer Reservoire noch in Betracht zu ziehen. Ad 53. Alle bisherigen Vorschläge gingen von der Voraussetzung aus, dass die zuweilen in hohem Grade intermittirenden Aus- flüsse der einzelnen Sprudelöffnungen innerhalb des Messungszeit- raumes einen richtigen Durchschnittswerth liefern. Aus diesem Grunde wurde schon bei den bisherigen Messungen der diese Erscheinung am meisten tragenden Oefinungen des Springers (Nr. II) und der alten Hygiea unter die Menge von 3 Minuten nicht hinabgegangen. Nun sollen auch diejenigen Quellen, deren grosse Ergiebigkeit die Einhaltung eines so langen Zeitraumes mit Rücksicht auf die bislang in Anwendung stehenden Messgefässe unmöglich machte, in Hinkunft in der Richtung eontroiirt werden, ob trotz vergrösserter Messungszeiträume noch Schwankungen, welche die Genauigkeit der Messungen beeinträchtigen, vorkommen. Bezüglich dessen ist eine mindestens 3malige Wiederholung jeder Messung nöthig, welche gleichzeitig auch eine Controle der erreichten Genauigkeit und die Vermeidung etwaiger Ablesefehler gewährleistet. b) An den kleineren Quellen. Die Vorschläge, zu welchen die im Punkte I unter le und 2b gemachten Erörterungen führen, bewegen sich wieder nach dem Ziele, beiBeibehaltung dergegenwärtigen Messungsmethode die Beobachtungsfehler auf ein Minimum herabzu- drücken, um dadurch den Genauigkeitsgrad wesentlich zu erhöhen. In leichter und erfolgreichster Weise lässt sich dies bezüg- lich der Mengenmessung des Thermalwassers bewerkstelligen, indem man nur an die Stelle der jetzigen primitiven, dem Gasthaus- gebrauche entnommenen Messinstrumente — deren Benützung wir trotzdem eine Reihe interessanter Ergebnisse, wie der folgende Ab- schnitt darthun wird, verdanken — durch die zu analytischen Zwecken verwendeten Glashohlmaasse ersetzt. Die während eines bestimmten Zeitraumes (s. w. u.) gesammelte Wassermenge wird aus dem Sammelreservoir mittelst eines Hahnes in geaichte Messkolben von 1 oder mehreren Litern Inhalt gelassen; die Bruchtheile eines Liters sind stets in einem in Cubikcentimeter getheilten Glaseylinder zu messen. Dadurch erhält man die Menge auf 001 Liter genau, d. h. der mögliche Messungsfehler sinkt von 10— 150/99 auf rund 1°/,, (pro mille), diese Messung ist also mehr als zehnmal so genauaals die bisherige. . Leider haben wir bezüglich der Verringerung des Zeit- beobachtungsfehlers kein ähnlich scharfes Mittel. Es erübrigt nur, wie oben bei den Sprudelmessungen erörtert wurde, die Zeit- dauer möglichst gross zu wählen, um den Fehler einer Secunde thun- lichst an Gewicht verlieren zu lassen. Hier ist indessen die Vergrösse- Be [17] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 687 rung des Sammelgefässes, in welches das Wasser der Quelle einge- führt wird, ohne Schwierigkeit durchzuführen, ja es wird bei einiger Sorgfültigkeit in der Manipulation möglich sein, während der Zeit- dauer der Messung durch partielle Entnahme des Wassers zum Zwecke des Einfüllens in die Messgefässe, den Rauminhalt des Sammelbeckens kleiner zu halten, als die Summe der Ergiebigkeit in der ganzen ge- wählten Zeitspanne beträgt. Aus diesem Grunde schlage ich die Messung der während des Zeitraumes von fünf Minuten (bei geringerer Ergiebigkeit während zehn Minuten) anzusammelnden Thermalwassermenge vor. Die Ein- rückung der Therme hat zweckdienlich mittelst eines Kautschuk- schlauches ‘von ausreichendem Kaliber zu erfolgen, der dort, wo Zinnständer vorhanden sind, an einem eigenen, zu Zwecken der Messung anzubringenden Auslaufrohre zu befestigen: ist. Durch die Anwendung grosser Sorgfalt beim Einhalten der richtigen Zeitsecunde zu Beginn und Schluss der Messung kann der Zeitfehler 1 Secunde U Nah, Fur nal Becunde 300 Secunden “ © > "loo—'/a" beziehungsweise zo, Seeunden d. 1. 170/50 (pro mille) — 1/,°. sinken. Bei der hiedurch möglich gemachten Präcision der Messung der kleineren Thermen kann — soweit diese nicht hochgradig inter- mittirend sind — eine Wiederholung derselben füglich entfallen, liesse sich aber bei der darauffolgenden Bestimmung der Gasmenge (siehe Abtheilung C der Messungen) leicht bewerkstelligen. auf Mit der Durchführung der vorstehenden Vorschläge würde nach meiner Ueberzeugung den Messungen am Sprudel ein Genauigkeits- grad von etwa 1 Procent, jenen an den kleineren Quellen von weniger als !/; Procent gegeben werden können. Dieselben würden nur dann nicht in vollem Maasse zur Geltung gelangen, wenn die Abweichungen in den Durchsehnittsmengen der Messungszeiträume grösser wären als die so verminderten Beobachtungsfehler. Ein Urtheil hierüber wird erst nach der Durchführung der so verfeinerten Messungen durch einen gewissen Versuchszeitraum zu erlangen sein. Aus den Angaben der Tafel XIV ist zu ersehen, in welcher bedeutenden Weise eine der- artige Herabdrückung der Fehlergrenzen verbessernd auf die so erhal- tenen Messungen und die Zuverlässigkeit der Resultate wirken würde. III. Ergebnisse der bisherigen Messungen. A. Darstellung derselben. In der Tafel XV gebe ich eine graphische Darstellung der Quellenmessungen der letzten 25 Jahre, der die Angaben des Messungsprotokolles der Stadt Karlsbad zugrunde liegen. Da die graphische Darstellung mit Rücksicht auf die Deutlichkeit eine Cotirung der Einzelwerthe nicht zuliess und ausserdem bei der Ad- justirung für den Druck eine Reduction der Originaltafel auf etwa °/; der Grösse stattfinden musste, so sei die ziffermässige Basis für diese Darstellung, welche die Resultate der genannten langjährigen 89* 688 A. Rosiwal. [18] 3jeobachtungsreihe an fast allen Quellen enthält, in tabellarischer Uebersicht hier eingeschaltet. Die Tafel XV enthält über der als Grundlinie (Abscissenaxe) sewählten Zeit der fortlaufenden Jahre von 1869 bis 1893 die Wasser- menge jeder Quelle zu dem betreffenden Zeitpunkte jeder Messung als Höhe (Ordinate) aufgetragen. Für die Menge der Sprudelquellen wurde durch die Reduction der Massstab 6°9 mm — 100 ! pro Minute, für jene der kleineren Quellen der hundertfach grössere: 69 mm — 1 ! pro Minute der Darstellung zugrunde gelegt. Durch die Ver- bindung der Endpunkte der so gewonnenen Mengenmasse der auf- einanderfolgenden Beobachtungen ergibt sich das Bild der Ver- änderlichkeit der Quellen. Auf diese Weise wurden zur Darstellung gebracht: 1. Die Summe der den Sprudelöffnungen I—VI jeweilig ent- strömenden Wassermengen; in der Höhe anschliessend daran 2. die beiden Hygieenquellen und wieder daran schliessend 3. die Wassermenge des oberen und, wenn dieses geöffnet war, auch jene des unteren Zapfenloches, so dass 1—3 zusammen die totale Wassermenge des Sprudels geben. 4. Die Wassermenge des Schlossbrunnens. Di R der Theresienquelle. 69: . des Marktbrunnens. Te 5 des Mühlbrunnens. Bd z des Neubrunnens. Ausser dieser graphischen Darstellung der gemessenen Thermal- wassermengen wurde noch zur Ermittlung ihrer etwaigen Abhängig- keit von den Niederschlagsmengen . a) fortlaufend von 1868—1893 die Summe des jährlichen Nieder- schlages, gemessen auf der meteorologischen Station Eger; 5) die monatlichen Summen des Niederschlages auf der Ombro meterstation Karlsbad seit ihrem Bestehen und c) die Jahressummen der letzteren Station!) eingetragen und wurde hierbei für die Jahressummen durch die Reduction der ursprüng- lich gewählte Massstab auf 69 mm Länge — 100 mm Niederschlag; für die Monatssummen der fünffach grössere auf 69 mm Länge — 20 mm Niederschlag transformirt. B. Beobachtungsergebnisse. Aus der Darstellung der Tafel XV können zunächst die folgenden Thatsachen entnommen werden. 1. Die totale Ergiebigkeit der Sprudelquellen schwankt inner- halb sehr weiter Grenzen (Extremwerthe innerhalb des angegebenen Zeitraumes: Minimum am 15. April 1874 mit 1626 pro Min.; ge- ‘) Alle meteorologischen Angaben wurden den Jahrbüchern der k. k. Centr.- Anst. f. Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien entnommen. Tabelle der Messungsergebnisse der Karlsbader Quellen. Nach den von der Stadtgemeinde Karlsbad vorgenommenen Untersuchungen. Zu Seite 688 [18] eite « Sprudel- || Oieres am FL ser] == == a —— = = Alte | Neue R er | | 1 5 IOSgEeraE — —— — —_ ———_—_——_—_ = = nellen zapfen- | Neme | Markt- |Kaiser Karl-| Schloss- | Theresien- | Mühl- Non- - I Ben 1 FOR | | & ; f a au. fische = $ I bis VI Ioch Hygiea brunn?) 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April) liegt noch eine Messung der neu gefassten, sehr ergiebigen Unteren Orchesterquelle (abge- aber als Obere Orchesterquellen bezeichnet werden (II—-IV). Die Parkc uelle ist eine partielle Ableitung der Theresien uelle. 1 p g q leitet in die Curhausbä it 346 iter pr i i GEN zip Bn65 Täter pro Minute und 68:1° C. Temperatur, sowie der 2 Oberen Orchesterquellen (Theile des | *) Leitung vom Theresienbrunnen eröffnet. s) zuss ı mit 32 Litern pro Minute und 50° C. Temperatur vor, 5) Wohl die Menge von zwei Minuten. Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) [19] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 689 messenes Maximum am 9. April 1881 mit 2664! pro Min.). Eine Ab- hängigkeit dieser Schwankungen von den Niederschlagsmengen in der Gegend von Karlsbad—Eger ist aus der Beobachtungsreihe der letzten 25 Jahre mit Sicherheit nicht festzustellen. 2. Die Ergiebigkeit der Quellen im Springerraume (I—VI) zu- züglich der Hygieenquellen läuft im Ganzen parallel mit der Total- menge des ganzen Sprudelquellencomplexes (siehe den Zeitraum von Ende 1886 bis 1893. 1873—1885 u. s. w.). Ich nenne diesen Zustand jenen der gleichsinnigen Undulation; er erleidet durch un- verbaute Ausbrüche zuweilen Störungen. Im Gegensatze zu diesen langjährigen Beobachtungen war das Verhalten während der Jahre 1869 bis inel. 1874 ein gerade ent- gegengesetztes, d. h. es trat gegensinnige Undulation ein. 3. Eine gleichsinnige Undulation mit den Sprudel- quelien im engeren Sinne (Springerquellen) zeigt während längerer Zeiträume in hervorragendstem Maasse der Schlossbrunnen. Die auf der oben angeführten Tafel XV und auf der beigegeben Tafel XVI speciell zusammenge- fassten Abschnitte der 25jährigen Beobachtungsreihe illustriren diese Thatsache ). 4. Ein ähnliches Verhalten wie der Schlossbrunnen lassen unter den kleineren Quellen in besonderer Deutlichkeit noch der Mühl- brunnen und die Theresienquelle erkennen. (Vgl. Tafel XV.) 5. Auch an den kleineren Thermalquellen ist ein Abhängigkeits- verhältniss von den gemessenen Niederschlagsmengen in Karlsbad und Eger auf Grund der dermalen vorliegenden Messungen nicht zu erweisen. C. Erläuterungen hiezu. An die im Vorstehenden festgestellten wichtigen, wenn auch zum Theile nur negativen Resultate der 25 jährigen Beobachtungsreihe an den Quellen lassen sich die folgenden Bemerkungen knüpfen. Die Messungen der Sprudelquellen vor dem Jahre 1883 sind grossentheils sogenannte summarische Messungen der Springerquellen, welche bei anderen Ausflussbedingungen, wie sie bei den Einzel- messungen jeder Quelle im Springerraume herrschen, vorgenommen werden und daher naturgemäss wegen des veränderten (verringerten) Spannungszustandes durch die hiebei zum Theile vorgenommene Ent- fernung der Ständer andere Werthe als die Einzelmessung ergeben. Dieselben lassen sich also mit den aus den Einzelmessungen erhaltenen Summen nicht in directen Vergleich bringen. Da aber be- züglich der vor d. J. 1883 gemachten Messungen nicht bekannt ist, ob die erhaltenen Werthe aus Einzel- oder Summenmessungen der Quellen im Springerraume erhalten wurden, so können die vor 1883 liegenden Messungen der Gesammtmenge nur eine orientirende Be- deutung beanspruchen. ') Es findet dadurch die von altersher beobachtete Erscheinung, auf welche Dr. R. Mannl und Dr. Gallus v. Hochberger wiederholt aufmerksam gemacht haben, dass nämlich der Schlossbrunnen gleichsam der „Indicator“ der Sprudel- quellen sei, ihren klaren Ausdruck. 690 A. Rosiwal. [20] Eine Beurtheilung der Beziehungen der einzelnen Quellenaus- läufe des Sprudels zu einander hat mit Rücksicht auf die Verschieden- heit ihrer Verwendung wohl technisches Interesse; sie kann aber mit Bezug auf die in dieser Studie zu erörternden Fragen als von minderem Belange bezeichnet werden. | Jedenfalls wird für diese Beurtheilung die Erfahrungsthatsache massgebend sein, dass man es innerhalb wie ausserhalb der Sprudelschale nur temporär mit so stationären Zuständen zu thun hat, während welcher bloss die Gesammtwassermenge eine variable ist. Die Geschichte der Quellen lehrt, dass ihre gegenseitigen Wechselbeziehungen noch grösseren Veränderungen unterworfen sind, als die jeweiligen Schwan- kungen in der Ergiebigkeit der Thermen selbst. Dieser Wechsel ist naturgemäss bedingt durch die Veränderlichkeit der unterirdischen Wege, namentlich innerhalb der Sprudelschale, in welcher Versinterung und Erosion ihr wechselvolles Spiel so oft bis an die Oberfläche fort- setzen und hier durch die Ausbrüche neue Quellenbildungen einleiten, denen die schon bestehenden zum Opfer fallen. Wir sind bestrebt, die letzteren künstlich mit allen Mitteln der Technik unverändert zu erhalten daduıch, dass wir die äussersten - Schichten der Sprudelschale nach jeder Verletzung durch die Thermen oder den Teplfluss wieder in den vorhergehenden Stand zurückver- setzen (verbauen), die bestehenden Quellöffnungen aber alljährlich bis zu einer gewissen Tiefe nachbohren. Dadurch wird ein wenigstens vorübergehend stationärer Zustand in den Beziehungen der einzelnen Quellen erreicht, der sich bei den Messungen durch die oben angeführte gleichsinnige Undulation ihrer Ergiebigkeiten kennzeichnet und oft mehrere Jahre vorhält. Er ist dadurch charakterisirt, dass bei der Zu- oder Abnahme der Gesammt- menge des Thermalwassers jede im stationären Zustande ihres Zu- laufcanales befindliche Quelle in gleichem Sinne davon betroffen wird. Diese Erwägungen haben nicht nur auf die Sprudelquellen unter- einander Bezug, sondern gelten allgemein auch bezüglich der Art des Zusammenhanges derselben mit den übrigen Thermen, von denen ja insgesammt in Folge ihrer nahezu gleichen chemischen Zusammen- setzung erwiesen ist, dass sie miteinander communieiren. Die umstehend in Punkt 3 und 4 genannten von ihnen zeigen aber eine besonders weitgehende Variabilität ihrer Mengen, also eine grosse Empfindlichkeit für Spannungschwankungen ihres Zu- laufes. Das gleiche dürfte nach den mir späterhin seitens des Stadt- bauamtes Karlsbad nach der Erschliessung und Neufassung der Quelle „Zur russ. Krone“ (s. w. u. S. 703) mitgetheilten Daten mit dieser hochgelegenen Therme der Fall sein. Ich möchte diese Quellen daher als die natürlichen Manometer aller Thermen und der Sprudelquellen insbesondere bezeichnen und auf diese wichtige Eigenschaft die im folgenden Abschnitte formulirten Vorschläge begründen. Es ist nämlich klar, dass, solange der Zustand der Communi- cationsverhältnisse zwischen dem Mittelpunkte der thermalen Aeusse- rungen, dem Sprudel, und den vorgenannten Quellen stationär bleibt, [21] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 691 man in Folge des Bestehens der dadurch bedingten gleichsinnigen Undulation aus den Veränderungen der kleinen Quellen auf analoge Veränderungen der Sprudelquellen schliessen darf. Ja noch mehr. Werden innerhalb eines Jahres auch nur einige gleichzeitige Beobachtungen am Sprudel und an diesen ausgezeichneten Quellen gemacht, so wird es möglich sein, durch blosse Messung dieser letzteren im Wege der Proportional-Interpolation die Ergiebigkeit der Sprudelquellen injedem beliebigen Zeitmomente mit grosser Genauigkeit zu bestimmen, ohne sie selbst ge- messen zu haben. Diese wesentliche Erleichterung in der präcisen Evidenzhaltung des gesammten Quellenregimes wird den nachfolgenden Vorschlägen zu Grunde gelegt. Sie ist jedoch an das Bestehen von Zuständen ge- knüpft, wie sie nach den Klarlegungen der Tafel XVI innerhalb der Jahre 1888 bis 1893 für alle drei Vergleichsquellen in Geltung waren. Dieselben müssen, wie oben ausgeführt wurde, der Natur der Thermen und ihrer Circulationsweise entsprechend von Zeit zu Zeit Aenderungen erfahren, es treten Störungen ein, die eine gegensinnige Undulation und damit das Aufhören der ermittelten Beziehungen zur Folge haben. Als Ursache derselben wird im allgemeinen jede Aenderung im unter- irdischen Wasserlaufe zu bezeichnen sein, also vorwiegend Verände- rungen des Querschnittes durch Versinterung, ein Fall, der ja oft ge- nug eingetreten und durch das beständige Sinken der Ergiebigkeit der betreffenden Quelle leicht kenntlich ist. Namentlich sind die Fassungsstellen dieser Gefahr oft ausgesetzt und mussten diese im Ver- laufe grösserer oder geringerer Zeiträume bei fast allen Quellen recon- struirt werden. Bei den Sprudelquellen sind es wieder die Ausbrüche, welche sich der Evidenzhaltung entziehen und auf deren jedesmaligen ehesten Verbau auch als auf eine Vorbedingung jeder richtigen Messung hingewiesen werden muss. Durch die genannten Umstände könnte allerdings der Rück- ‚schluss aus den Mengenveränderungen der kleineren Vergleichsquellen, die hier der Kürze halber als Versuchsquellen oder Normal- quellen, wenn sie im stationären Zustande gleichsinniger Undulation mit dem Sprudel befindlich sind, bezeichnet werden sollen, auf die Ergiebigkeit der Sprudelquellen temporär unmöglich werden. Es ist aber wohl nur selten der Fall, dass die ursächliche Störung alle 3 genannten Quellen zugleich betreffen wird, und lässt sich demgemäss aus dem Verhalten der übrigen, davon nicht betroffenen die beabsichtigte Continuität der massgebenden Beobachtungen erlangen. Als Beispiele hiefür seien die mit denen des Sprudels gleichsinnigen Undulationen der Theresienquelle auch vor 1888 (1855—1888 — 1892) und des Schlossbrunnens (1884—1887) angeführt (vgl. Tafel XVJ). Durch ihre im verflossenen Winter erfolgte Neufassung stünde ausser- dem — wie bemerkt — als vierte Controlquelle die Quelle der „Russ. Krone“ zur Verfügung. Es wäre nun noch der negativen Frgebnisse der bisherigen Quellenmessungen in Bezug auf die Frage der Abhängigkeit 699 A. Rosiwal. [22] . der Thermen von den Niederschlagsmengen zu gedenken. Ist ja doch die Möglichkeit der Feststellung ihres Infiltrationsgebietes von der Lösung dieser Frage mit abhängig, und muss es doch auch vom Stapdpunkte prophylaktisch eingreifender Folgerungen aus den durch genaue Messungen constatirten Schwankungen wichtig erscheinen, der Ursache derselben nachzugehen, so weit man es immer vermag. Die bisherigen Messungen müssen nun nach den an der graphischen Darstellung der Tafel XV anzustellenden Vergleichen als viel zu selten vorgenommen bezeichnet werden, um genügende Anhalts- punkte zu einer Beantwortung dieser Frage zu bieten. Wenn es auch den Anschein hat, als fände eine solche Abhängigkeit statt — es sind diesbezüglich als Beispiele die zunehmenden Mengen einzelner Quellen in regenreichen Jahren (1882, 1888), sowie deren Abnahme in trockenen Jahren (1887) anzuführen — so zeigen sich im Laufe der dargestellten Zeitepoche doch genugsam gegentheilige Fälle, die für die Möglichkeit eines nur zufällig gleichsinnigen Verlaufes von Ergiebigkeit und Niederschlagsmenge und die vollkommene Unab- hängigkeit der Thermalwässer von letzterer sprechen. In dieser Frage kann also eine Entscheidung — wenn überhaupt — erst auf Grund häufigerer und genauer Beobachtungen an den Quellen ge- troffen werden, deren Inauguration Gegenstand dieser Darlegungen ist. Ich komme daher zu den nachstehenden Nutzanwendungen der Erfahrungen, welche aus den bislang ermittelten Verhältnissen an den Quellen gewonnen wurden. IV. Ueber die zweckmässigste Art der Quellenmessungen. A. Messungen der Ergiebigkeit der Thermen. Wie es in der Natur der Sache liegt, werden von allen Messungen diejenigen der Wassermenge die wichtigsten sein. Es muss dabei aber vom Standpunkte einer prophylaktisch bedeutsamen Verwendung der Messungsergebnisse die Forderung aufgestellt werden, dass die Messungsreihe in Bezug auf die Zahl der Beobach- tungen ein continuirliches Bild des zu schützenden OÖbjecetes liefern soll, das sowohl als Kriterium des unverän- derten Bestandes der Thermen als auch als Massstab für eine even- tuell eingetretene Störung dienen kann. Mit Hilfe von Messungen, welche nach den Erörterungen im Punkte II am Sprudel auf 1 Procent, bei den kleineren Quellen aber auf '/; Procent genau durchzuführen sind, könnten immerhin plötz- 2795 (Gesammtmenge) 100 FTD j f bis 333 Litern d.i. von28! herab auf 9! noch messbar sein und damit das Mittel gewonnen werden, um den mög- lichenEinfluss von Wassereinbrüchen in den Bergbauen von 100--300 ! pro Minute mit Sicherheit zu constatiren. In diesem Sinne wird den beantragten Messungen ein eminent pro- phylaktischer Werth nicht abgesprochen werden können. liche Abgänge vonThermalwasser von [23] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 693 1. Für die Sprudelquellen, deren Messung umständlichere und zeitraubende Vorkehrungen bedingt, würde jährlichnach der im Punkte II abgeänderten Methode zunächst eine vier- bis sechsmalige Messung senügen. Für die Zeit dieser Messungen, welche in thunlichst gleichen Intervallen vorzunehmen wären, empfehlen sich mit Rücksicht auf die Feststellung eventueller meteorologischer Einflüsse, also namentlich des Einflusses der Niederschläge, der Beginn der Monate Februar, April, Juni, August, October und December. Bei nur viermaliger Messung aber die Monate Jänner, April, Juli und October an ihrem Ende. 2. Die Ausflussbedingungen, unter denen die Messung jeder einzelnen Sprudelquelle stattfindet, müssen dieselben bleiben, wie sie während der ganzen übrigen Zwischenzeit herrschen. Es darf daher zum Zwecke der Messung weder eine Erhöhung der Ständer, noch eine Abnahme derselben stattfinden, damit das Spannungsverhält- niss zu den übrigen Quellen, namentlich aber zu den Normalquellen während der Messung keine Aenderung erfährt. 3. Unmittelbar vor und nach jeder Nachbohrung der Sprudel- öffnungen (incl. Hygieenquellen) wäre eine Messung der Wassermenge - unter den angeführten Vorsichtsmassnahmen durchzuführen. 4. Gleichzeitig mit jeder Sprudelmessung ist eine sorgfältige Messung der Normalquellen vorzunehmen, am besten so, dass jede derselben am gleichen Tage vor sowie nach der erfolgten Messung der Sprudelquellen untersucht wird. 5. Für die Normalquellen, welche durch ihre in Folge der gleich- zeitigen Vermessung mit den Sprudelquellen festgestellten Beziehungen zu denselben ein fortlaufendes Bild der Variation der gsesammten Thermen liefern sollen, sind zuförderst durch einen längeren Zeitraum tägliche Messungen vorzunehmen. Die hierbei sich ergebenden Differenzen werden einen Anhaltspunkt bieten, ob und um wieviel dieses Zeitintervall ohne Schaden für die Continuität der Beobachtungen vergrössert werden darf. 6. Ueber den möglichen Einfluss der Abnahme der Ständer, welche anlässlich des Nachbohrens der Sprudelöffnungen stattfinden muss, auf die Ergiebigkeit der Normalquellen sind besondere Studien anzustellen, damit die Beobachtungsreihe an letzteren durch in unbe- kannter Weise veränderte Werthe keine Unterbrechung erfährt. 7. Für die übrigen kleineren Thermalquellen genügen monat- liche Messungen von Menge und Temperatur. Diese Messungen haben sich auch auf die Eisenquelle und den Dorotheensäuerling sowie die Stephaniequelle zu erstrecken. 8. Von den fortlaufenden Messungsresultaten wären nach Analogie der Tafeln XIV bis XVI graphische Darstellungen zu geben. B. Messungen der Quellen-Temperatur. 1. Ergebnisse früherer Untersuchungen. Linien der Normaltemperatur. Vergleicht man. die in den Messungsprotokollen während der langen 25jährigen Beobachtungszeit enthaltenen Variationen der Quellen- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 90 694 A. Rosiwal. ; [24] temperaturen mit den innerhalb eines so grossen Zeitraumes ganz bedeutenden Veränderungen in der Ergiebigkeit, so fällt sofort der Umstand auf, dass der grösseren Ergiebigkeit im allge- meinen auch eine höhere Temperatur entspricht und umgekehrt. Dass diese Beobachtung allgemeine Giltigkeit besitzt, zeigt eine Zusammenstellung der betreffenden Messungen an einigen Quellen, welche ich auf Tafel XVII gegeben habe, um dadurch ein übersicht- liches Bild der Abhängigkeit beider Grössen zu erlangen. Die anlässlich jeder Mengenmessung gefundene Temperatur ist als Höhe (Ordinate) über der als Grundlinie (Abseisse) gewählten Ergiebigkeit (in Litern pro Minute) aufgetragen. Die vielen Beob- achtungen lassen trotz mancher Abweichungen, welche durch die Aussentemperatur, sowie die Verwendung verschiedener Thermometer oder einen sonstigen mangelhaften Vorgang bei der Messung (siehe weiter unten) leicht erklärbar sind, deutlich wahrnehmen, dass sich dieselben zu einer Zone gruppiren, in welcher sich die am wenigsten abweichenden Werthe um eine Mittellinie drängen, welche sich aus den alle Beobachtungen einschliessenden Randlinien leicht con- struiren lässt. Diese Mittellinie zeigt die wahre Abhängigkeit der Temperatur von der Ergiebigkeit und ist für jede Quelle je nach den örtlichen physikalischen Verhältnissen ihres Laufes verschieden; sie ist dagegen unabhängig von den Zuständen der äusseren Atmosphäre. Ich nenne sie die Linie der Normaltemperatur jeder Quelle, weil sie uns den richtigen Durchschnittswerth für die jeder Ergiebigkeit zukommende Temperatur der Quelle in analoger Weise angibt, wie die ebenfalls aus vieljährigen Beobachtungen abgeleiteten Normalgrössen meteorologischer Orts- und Zeiteonstanten. Betrachtet man den Verlauf der Linie der Normaltemperatur für die abgebildeten Quellen, so zeigt sich trotz der Verschiedenheit ihrer absoluten Werthe u. a. zweierlei: 1. Ein gemeinsamer Zug: die raschere Abnahme der Temperatur für geringere, die langsamere Zunahme für grössere Ergiebiekeits- grade, ein aus dem physikalischen Grunde der kleineren, beziehungs- weise grösseren Geschwindigkeit des Zulaufes und der daher im ersten Falle entsprechend stärkeren, im zweiten geringeren Abkühlung her- vorgehender Umstand. 2 Vor allen anderen Thermen ist auch durch die Empfindlichkeit seiner Temperatur analog wie bezüglich der Ergiebigkeit derSchloss- brunnen eine besonders ausgezeichnete Quelle; er ist demzufolge nicht nur als das Manometer des Sprudels, er ist auch in gewissem Sinne als „Thermometer“ des Gesammtzustandes der Heilquellen zu bezeichnen. Jede der einzelnen kleinen Heilquellen Karlsbads hat sozusagen ihre Geschichte. Die Grösse der Ergiebigkeit und davon mitabhängig die Höhe der ihr eigenthümlichen Temperatur ist nicht nur von dem jeweiligen allgemeinen Zustande (Wachsen oder Abnehmen) aller Quellen abhängig, sondern auch eine Function der besonderen Ver- hältnisse der betreffenden Quellader. [25] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 695 Um nun den Zustand, wenn man so sagen darf, des Gedeihens eines einzelnen der Gesundbrunnen richtig beurtheilen zu können, dient die graphische Darstellung des jeweiligen Zustandes in der Tabelle XVH und seine Beziehung zu der aus einer langjährigen Beobachtungs- reihe abgeleiteten Linie der Normaltemperatur. Das Zurückgehen des Bernhardsbrunnens und Schlossbrunnens, das Anwachsen der Theresien- und Unteren Orchesterquelle, welche gleichsam für den erstgenannten Brunnen vicarirend eintraten, springt sofort in die Augen. Für die letzten Jahre ist durch die Verbindung der gefundenen Werthe die Veränderungstendenz jeder Quelle zu finden. Gegenwärtig sind die infolge der zu seltenen Messungen resultirenden, scheinbar sprungweisen Veränderungen noch weit davon entfernt, ein im Detail richtiges Bild zu liefern. Für die in der Tafel XVII dargestellten Brunnen gibt sich aber unschwer die folgende Charakteristik für die letzten 3 Jahre: 1. Bernhardsbrunnen. Tiefstand an Menge und Temperatur. Letztere war bedeutend unternormal in den Jahren 1891 und 1892, nähert sich aber in letzter Zeit der normalen. 2. Schlossbrunnen Wie oben. Seit 1891 eine Zunahme der Ergiebigkeit bei noch unternormaler Temperatur. 3. Theresienbrunnen. Seit 1390 ziemlich constant, Tempe- ratur der letzten Messung nahe normal, früher unternormal. Die Ableitung zur Parkquelle, deren Messungen für das Graphicon fehlten, stört das richtige Bild. Die Tafel XVII lässt aber auch noch erkennen, wie bedeutend das Zustandsgraphicon durch selbst geringe Messunesfehler der Temperatur beeinflusst würde, welches Gewicht man daher für eine wissenschaftlich genaue Feststellung des Quellenzustandes auch der Temperaturmessung einräumen muss. Es würde gegenwärtig zu weit führen, die Wege anzudeuten, welche durch Summirung aller Einzel- erscheinungen dazu führen können, nicht nur ein Bild, sondern auch einen Massstab für die Messung der Gesammtenergie der thermalen Aeusserungen in Karlsbad zu erlangen und die Schwankungen der- selben in präciser Weise zusammenzufassen. Dazu wird sich Ge- legenheit bieten, wenn die ersten Resultate der verbesserten Messungen vorliegen werden. 2. Ueber die Ausführung der Temperatur-Messungen. Bei dem geringen Betrage der Schwankungen, welchen die Temperatur der Thermen unterliegt, muss auf die Messung derselben die denkbar grösste Sorgfalt verwendet werden, weshalb an dieser Stelle einige Angaben gemacht werden sollen, welche die Genauig- keit des bisherigen Verfahrens zu erhöhen geeignet erscheinen. a) Die Instrumente zur Messung sollen nach Art der Geissler- schen Thermometer in Glas montirte Maximalthermometer sein, welche Zehntelgrade angeben, damit die höchste Tempe- ratur der Quelle zur Zeit der Messung mit Sicherheit er- halten werde. 90* 696 A. Rosiwal. [26] b) Da die Abkühlung des Thermalwassers in den zinnernen Fassungsständern bei geringen Lufttemperaturen nicht unerhebliche Werthe annehmen kann, soll das Thermometer in die Ständer ver- senkbar sein, etwa in der Weise, dass in den bei der Mehrzahl der Ständer vorhandenen Deckel eine centrale Oeffnung zur Ein- führung des Instrumentes angebracht wird, damit es an einem Kaut- schukpropf dampfdicht befestigt und bis unter das Niveau des aus- fliessenden Thermalwassers versenkt werden kann. Bei den täglich zu messenden Vergleichsquellen würde sich eine Umhüllung des Ständers durch Wärmeisolatoren, beziehungsweise in den Winter- monaten eine Holzverschalung empfehlen. c) Bei jenen Quellen, welche eine anderweitige Gestaltung ihres Auslaufes besitzen, der eine derartige Anordnung nicht gestattet, sollen nach einer provisorisch zum Zweck der genaueren Messung hergestellten Umhüllung des Auslaufrohres mit Wärmeisolatoren die Thermometer möglichst tief in das Auslaufrohr eingefügt werden, was durch winkelig gekrümmte Instrumente (Kniethermometer) ermöglicht wird. d) Die Instrumente sind in der Mehrzahl zu beschaffen, mit einem Normalthermometer zu vergleichen und die betreffende auf Zehntelgrade genaue Correctur an jedem Instrumente ersichtlich zu machen, damit im Falle des Bruches die Vergleichbarkeit der Beob- achtungen keiner Störung ausgesetzt ist!). ec) Die Temperatur-Messungen an den Normal- Quellen sollen während des ersten Versuchszeitraumes ebenfalls täglich, jene er anderen Thermen monatlich anlässlich ihrer Mengenmessung ge- schehen. Die gleichzeitige Lufttemperatur, der Barometerstand, sowie Zeitangabe der Stunde. der Messung?) sind gleichfalls zu registriren. f) Die Messung der Sprudelquellen hat zur Zeit ihrer Mengen- messung durch vollständige Einsenkung des Maximal - Thermometers in die Ständer zu erfolgen. g) Die Beobachtungsresultate sind in der Art der Tafel XVII graphisch darzustellen. C. Messungen des Gasgehaltes der Thermen. 1. Vorversuche. Die Untersuchungen der den Quellen frei entströmenden Gase, welche anlässlich der chemischen Untersuchung der Karlsbader Thermen von Prof. Dr. E. Ludwig und Dr. J. Mauthner im Jahre 1878 vorgenommen wurden), haben ergeben, dass damals mit Aus- nahme der Elisabethquelle alle Thermen mehr oder weniger Gas führten, welches entweder ausschliesslich oder doch zum weitaus ') Ein früher weniger beobachteter Umstand, dessen Berücksichtigung durch die vielen differirenden Temperaturmessungen (Vol. Taf. XVII) motivirt wird. ?) Behufs Oontrole des Barometerstandes durch die meteorologische Regi- strirung, °) Vgl. die Ergebnisse von Ludwig und Mauthner’s Arbeiten in Tscher- mak’s „Mineralogischen und na ei Mittheilungen“ 1879. [27) : Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 697 grössten Theile aus Kohlensäure besteht '). Eine Quantitätsbestimmung dieser Gase wurde noch nie vorgenommen, obgleich sie wiederholt in Vorschlag gebracht wurde ?). . Einen Vorversuch zu dem Zwecke, um- festzustellen, in welcher Weise etwa derartige Messungen sich bewerkstelligen liessen, habe ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. L. Sipöcz während meines Karlsbader Aufenthaltes an einigen der kleineren Quellen vorge- nommen. Leider war bei der dermaligen Gestaltung der Ausfluss- mündungen und des Abflusses der Zinnständer der Quellen ein voll- kommen gasdichter Verschluss nicht zu erreichen, weshalb die da- mals gefundenen Gasmengen kaum einen anderen als orientirenden Werth bezüglich der relativen Gasführung der untersuchten Thermen beanspruchen können. Es lieferte pro Minute an Gasen: Der Neubrunnen . . .. - 90 Kubikcentimeter „ Theresienbrunnen . . . „450 \ ohschlossbrunten .s.8U.:.#% 58 7 Genauere als diese in Folge der uncontrolirbaren Verluste an den undichten Stellen jedenfalls zu gering ausgefallenen Messungen würden sich nach den anlässlich der obigen Vorversuche gewonnenen Erfahrungen an den kleineren Quellen mit einfachen Mitteln erzielen lassen. Ausserdem glaube ich, dass es durch eine sinngemässe Wahl der für die Messung nöthigen Gefässe möglich sein wird, ohne besondere Schwierigkeiten auch die wasserarmen unter den Sprudelquellen, also gerade die gasreichen (Hygieen) der- selben zu messen. Was die sehr wasserreichen Sprudelöffnungen (Nr. II, V, VI und die Zapfenlöcher) betrifft, so müssten erst künftig einzuleitende Versuche Anhaltspunkte für die Möglichkeit, das von ihnen mitgeführte Kohlensäuregas zu seiner Messung getrennt auf- zufangen, liefern. Immerhin ist bezüglich der Bedeutung der Gasmessungen nicht ausser Acht zu lassen, dass es sich hiebei mehr um einen für die Charakterisirung der Karlsbader Thermen wichtigen Bestandtheil von bisher unbekannter Grösse, als um eine vom Standpunkte des Thermen- schutzes erforderliche prophylaktische Massregel, wie dies nach meiner Ansicht die Ergiebigkeitsmessungen der Thermalwasser in hohem Grade sind, handelt. Mit Rücksicht auf die zahlreich im Be- reiche des Circulationsgebietes der Thermen vorhandenen Kohlen- säureausströmungen dürfte es kaum möglich werden, die Gesammt- menge der zur FExhalation gelangenden Kohlensäure mit nur an- nähernder Sicherheit zu ermitteln. Auch hier ist von einem genauen Festhalten der Variationen im CO,-Gehalt einzelner kleinerer, aber genau beobachtbarer Quellen mehr zu erwarten, als von oft wieder- holten, aber ungleich weniger genauen Messungen grösserer Mengen. %) Nur der Markt- und Schlossbrunnen enthielten ausser 96—97”o Kohlen- säure noch Stickstoff und sehr wenig Sauerstoff (beim Marktbrunnen 3'70% N und 037% O.). 2) Von Schardinger 1883 und zuletzt von Dr. Hochberger 1891. 698 Ailileal [28] 2. Ueber die Ausführung der Gasmessungen. Auf Grund der obigen Ausführungen und der mit Herrn Dr. L. Sipöcz angestellten Vorversuche an einzelnen Quellen würde sich die folgende Anordnung empfehlen : a) Zum Zwecke der Gasmengenmessung ist der Deckel der Quellenständer mit Kautschuk vollkommen zu dichten, die gewöhn- lichen Austlussöffnungen desgleiehen mit Kautschuk zu verschliessen und an ein gasdicht eingefügtes Messrohr ein für die volle Wasser- menge ausreichender Kautschukschlauch zum Einleiten des Gases in eine flach (10—15 cm hoch), aber dabei thunlichst gross gewählte pneumatische Wanne zu benützen. Dieselbe soll unter- halb des gewöhnlichen Ausflusses der betreffenden Quelle aufge- stellt sein, damit keine Aenderung der Spannung und damit der Er- giebigkeit der Quelle an Wasser und Gas eintrete. Das Auffangen des Gases geschieht in Glaskolben von bekanntem Inhalt (500, 1000 cm?) unter Beobachtung der zur Füllung nöthigen Zeitsecunden, oder ge- nauer in hohen in Kubikcentimeter getheilten Messcylindern. Die Ab- lesung erfolgt zweckmässig bei der Temperatur des Thermalwassers unter Berücksichtigung der Abkühlung, durch die Aussentemperatur, und wird nachher das Gas- unter Abzug des Wasserdampf-Volumens auf den Normalzustand (0° C. u 760 mm Barometerstand) reducitt. b) Die Gasmessungen sind an allen kleineren Thermen anlässlich ihrer Wassermessungen monatlich einmal, womöglich an demselben Tage, vorzunehmen. c) Sollten sich bedeutende Schwankungen (über 10 —20 Procent) ergeben, so wären die Normalquellen innerhalb engerer (etwa wöchentlicher) Zeiträume zu messen, wobei sich zur Feststellung der Abhängigkeit von Schwankungen des meteorologischen Zustandes, ins- besondere vom Luftdrucke an einer derselben (die sich am empfind- lichsten herausstellt) selbst tägliche Messungen für einen bestimmten Versuchszeitraum empfehlen. d) Die Vorversuche zur Messung des Gasgehaltes der Sprudel- quellen können auf die Zeit der Nachbohrung der Oeffnungen be- schränkt bleiben. e) Um ein Bild der Variation des Kohlensäuregehaltes der Hygieen-Quellen zu erhalten, soll eine für gewöhnlich verschliessbare Anzapfung ihres Ständers und Ableitung eines Bruchtheiles der ganzen Menge durch ein enges Rohr stattfinden, welches zu fortlaufenden monatlichen (eventuell bei grösseren Schwankungen wöchentlichen) Messungen in der oben für die kleineren Quellen angedeuteten Art in Ver- wendung gebracht wird. Auf dieses Princip der Ableitung und Messung eines aliquoten Theiles der ganzen Menge werden auch die Vorversuche an den Sprudelquellen zu basiren sein. f) Ueber die Resultate dieser Messungen sind ebenfalls graphische Darstellungen anzulegen. [29] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 699 V. Wasserstände bei Karlsbad. Im Anschlusse an die im Vorstehenden präeisirten Quellen- messungen sind als Ergänzung der meteorologischen Daten über die Menge der Niederschläge fortlaufende Beobachtungen der Wasser- stände der Eger und Tepl überaus wichtig. Nimmt man dieselben an einer solchen Stelle vor, wo das von Zeit zu Zeit zu ermittelnde Flussprofil (nasser Querschnitt) und Ge- schwindigkeits-Beobachtungen gestatten, auf Grund der beobachteten Wasserhöhe einen wenigstens annähernden Schluss auf die Menge des abziehenden Theiles der Niederschlagswässer zu ziehen, so hat man eine Grundlage für die Grösse der oberflächlichen Wassercireulation, deren Schwankungen, fortlaufend festgestellt, in hohem Maasse geeig- net erscheinen, für die Ermittelung einer vorauszusetzenden oder möglichen Abhängigkeit der Thermalwässer von den Niederschlägen die Basis zu geben. Die Feststellung der Relation zwischen Pegelablesung und Was- sermenge der beiden genannten Flüsse ist eine einmalige, erst in längeren Perioden nachzucontrolirende, hydrotechnische Aufgabe. Die Wasserstands-Beobachtungen müssten, um dem genannten Zwecke zu entsprechen, tägliche sein. 700 A. Rosiwal. [30] II. Theil. Topik der Thermen. Beiträge zur Topik der Thermen und Vorschläge zur Erweiterung unserer Kenntniss derselben. Der zweite Gegenstand meiner speciellen Information während des Aufenthaltes in Karlsbad bildete ausser den Beobachtungen an- lässlich der Messungen auch das thunlichst genaue Studium der räum- lichen Verhältnisse der Thermen — deren Topik — hinsichtlich der Art ihres Auftretens sowohl im Einzelnen, wie in Beziehung auf ihren Zusammenhang. Unter der freundlichen Führung des städtischen In- senieurs Herrn Ad. Schärf, welcher von Seite der Stadtverwaltung Karlsbad seit Jahren mit den technischen, auf die Thermen Bezug habenden Arbeiten betraut ist, wurden nicht nur alle vorhandenen Thermen wiederholt besucht und deren Fassungsstellen, soweit die- selben zugänglich waren, der Besichtigung unterzogen, sondern auch eine Reihe von Oertlichkeiten begangen, wo irgendwelche thermale Aeusserungen theils noch gegenwärtig zu beobachten waren, theils vor Jahren bemerkt worden sind. Die betreffenden Studien haben in mir die Ueberzeugung zur Reife gebracht, wie nothwendig es wäre, eine genaue kar- tographische Darstellung der gesammten, Zus Thermen Bezug habenden Erscheinungen in Karlsbad zu besitzen. Dieser Wunsch findet sich schon in v. Hochstetter’s und v. Warnsdorff's, sowie ©. Naumann’s Arbeiten wiederholt ausgedrückt durch das Verlangen nach einer geodätischen Vermessung des Stadtgebietes, welche einer geologischen oder topischen Darstellung der Thermalverhältnisse die Basis liefern muss. Dieses „pium desi- derium“ v. Hochstetter’s ist durch die Neuaufnahme des Stadt- gsebietes im Massstabe von 1:500 in allerneuester Zeit in Erfüllung gegangen; die auf die Quellen bezüglichen Detailarbeiten können so- mit in Angriff genommen und mit entsprechender Genauigkeit darge- stellt werden. Auf Grund dieser Möglichkeit werde ich im zweiten Theile dieses Abschnittes die betreffenden Vorschläge erstatten. Es war aber auch möglich, während der Zeitdauer des Auf- enthaltes in Karlsbad einen directen Einblick in die Ver- hältnisse der Thermalwasser-Circulation zu gewinnen, welcher durch die Demolirung des Hauses der Quelle zur „Russischen Krone“ in nächster Nähe des Schloss- brunnensgeboten wurde. Von der Darstellung derselben und den. daraus ableitbaren Folgerungen soll im Nachstehenden die Rede sein. Die Beobachtungen zerfallen in zwei Kategorien: 1. Einzel- beobachtungen an den Quellen theils an Ort und Stelle, theils aus Aufzeichnungen in den Acten. 2. Zusammenfassende Be- obachtungen über die Gesammtanordnung der Thermen und ihren geologischen Verband. [31] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 701 I. Beobachtungen von Quellenspalten. A. Die Thermalspalte der Quelle des Hauses „Zur russischen Krone‘. (Man vergleiche hiezu die Darstellung der Tafel XVIII.) Die Quelle des Hauses „Zur russischen Krone“ bildete bisher nach derjenigen des Schlossbrunnens (391985 m) den höchstgelegenen Thermalauslauf in etwa 390 m Seehöhe. Messungen der Ergiebigkeit lagen nicht vor, da die Quelle bis zur Steighöhe in einem hölzernen Fassungskasten gespannt war. Der Temperatur nach war sie — von der entfernt liegenden Stephaniequelle abgesehen — mit 3150 C. die am wenigsten warme der Thermen, ihr Wasser war durch Tagwässer nicht nur abgekühlt, sondern auch — Herr Dr. Sipöcz wies zur Zeit meines Aufenthaltes darin Nitrate und Ammoniak nach — durch Zersetzungsproducte verunreinigt'). ') Als Resultat der neu vorgenommenen Analysen Dr. L. Sipöcz’s wurden späterhin (10. Aug. 1894) die folgenden Angaben im Cireularwege den praktischen Aerzten in Karlsbad mitgetheilt: „In Folge Neubaues des Hauses „Zur russischen Krone“ musste die dort befindliche Quelle einer Neufassung unterzogen werden. Bei der Verfolgung des Wasserzulaufes wurde eine 7'20 Meter tiefe Spalte entdeckt, an deren tiefstem Punkte die Quelle mit allen Vorsichtsmassregeln gefasst und durch ein langes Zinn- rohr in der neuen Trinkhalle zum Auslaufe gebracht wurde. Durch die Neufassung hat die Quelle sowohl an Temperatur als auch an Salzgehalt bedeutend zugenom- men. Gegenüber dem Bestande vor der Neufassung sind in den wichtigsten Bestand- theilen nachfolgende Zunahmen zu constatiren: | Alte Fassung | Neue Fassung | | 27. Sept. 1893 | 22. Mai 1894 Temperatur in Celsius . . . nr: 315° | 455° | 10.000 Theile Wasser enthalten | |) in Grammen: Troekenrückstand . . 1... ..,08. 39:70 49:20 | hievon: Gesammtkohlensäure . . -» »:: 22 .. 17°600 23040 Schwefeisäure REDE FR FE} 10'556 | 12.874 5 berechn. als Natriumsulfat 18.795 22.857 Chlor KT ER IR nk; I 4.490 Se » berechnet als Chlornatrium . . . 7.408 9.282 Die Uebereinstimmung der „Russischen Kronen-Quelle“ mit den übrigen Thermalquellen ist vorhanden, wenn man die Summe der festen Bestandtheile —= 100 setzt und die Werthe für Schwefelsäure und Chlor in Procenten berechnet: Russische | Sprudel | Kronenquelle Summe der festen Stoffe - - . SEN BELLE 55.165 49.200 A enthalten Pro cente: Sehwetelsaure, . wa» s 3611°], 26:17°15- Chlor ee DIE. DR a7 4 11:46°|, | 1437%, Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalr, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 91 702 A. Rosiwal. [32] Während der Grundaushebungen für den Neubau wurde nun gegen das Hötel „Zur Stadt Hannover“ zu, SSO von der Kronen- quelle, eine neue kleine Thermalader geöffnet, welche zuerst aus der jenen Theil des Bauplatzes erfüllenden sandigen Lehmschichte hervor- brach, später jedoch bis auf den Granit abgeteuft wurde. Das Niveau ihres Ausflusses befand sich damals etwa 2 m tiefer, als der Spiegel in der Holzkastenfassung der alten Quelle. Andererseits wurde ein natürliches kleines Bassin oberhalb der alten Fassung der Quelle „zur russischen Krone“ an der Grenze des Bauplatzes gegen den Garten des oberen Hauses „Zur Stadt Lübeck“ im anstehenden Granit angetroffen, welches aufgestautes Thermal- wasser in einem Spalt enthielt, der längs einer Kluftfläche im Ge- steine verlief. Im weiteren Verlaufe der Arbeiten quoll zwischen diesem Spalte und der alten Fassungsstelle die eigentliche (obere) Quelle in jenem Niveau aus dem Granite hervor, das sie von früherher durch die Holzfassung erhalten hatte. Ergänzt man diese am Bauplatze des Hauses „Zur russischen Krone“ zum Aufschlusse gekommenen Thermalausflüsse durch jene beiden Quellen, welche in den Jahren 1845 und 1846 im tiefer ge- legenen Nachbarhause „Zur Stadt Hannover“ geöffnet und später über ein Gutachten der medieimischen Faeultät in Prag vom 20. Juni 1846 wieder verbaut wurden, so ergibt sich die in dem beiliegenden Plane auf Tafel XVIII ersichtlich gemachte Situation, deren Cöten nach der Aufnahme des Herrn Ingenieurs A. Schärf eingetragen und aus den im Archive des Stadtrathes von Karlsbad befindlichen Acten über die seinerzeitigen Verhandlungen betreffs der Quellen im Hause „Han- nover“ ergänzt worden sind. Die Situation der Tafel XVIII zeigt deutlich, was ich selbst an Ort und Stelle durch Anvisiren mit Hilfe des bergmännischen Com- passes feststellen konnte, dass alle die genannten Thermal- ausflüsse aus einer Spalte kommen, welche von NNW nach SSO verläuft (Stunde 10 observirtes Streschen) und die derjenigen Richtung entspricht, welche als die wichtigste der Zerklüftungsrichtungen des Granites, allenthalben auch am Bauplatze zu beobachten ist. Der Granit des Bauplatzes ist der feinkörnige Granit des Drei- kreuzberges. Er ist theils normal von hellrother Farbe, theils halb kaolinisirt und an mehreren Stellen durch die von v. Hochstetter und F. Teller aus dem weiter unterhalb an der Stelle der jetzigen Marktbrunneolonnade gelegenen Aufschlusse beim Abrisse des Hauses „Zum weissen Adler!)“ geschilderten Zersetzungsvorgänge grün ge- färbt. Hornsteingänge sind ebenfalls zu beobachten, und zwar in der gleichen Richtung wie die Thermalspalte ver- laufend, Die Eigenschaften der zwei Quellen auf dem Bauplatze waren zur Zeit meiner Anwesenheit (8. November 1893) die folgenden: !) Denkschr. der Akad. der Wissensch. Wien. XXXIX. Bd., 1878. [33] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 703 Menge in Liter pro Min, Temperatur Obere Quelle nahe an der Stelle der alten Fassung . 1 28:80 C. Untere Quelle (8 m Ssso der oberen Quelle) 03 38:10 ©. Die obigen Beobachtungen der Quellenspalte stimmen mit den- jenigen, welche deren Richtung im unterhalb gelegenen Hause „Zur Stadt Hannover“ vom Jahre 1846 bezeichnen, vollkommen überein. Auch dort wurde nach einem in den Acten befindlichen Plane die Richtung des Quellspaltes (in obigen Plan Tafel XVII durch Copie übertragen) als „muthmassliche Lage die Felsenkluft, aus welcher die Quelle A fliesst,“ angegeben. Inzwischen hat aber die aus der topographischen Lage der einzelnen Quellpunkte hervorgehende Richtung der Thermalspalte ihre thatsächliche Feststellung durch die weiteren behufs Fassung der oberen Quelle vorgenommenen Tiefergrabungen in den Granitfelsen gefunden. Die Mitte November 1895 am Bauplatze aufgeschlossene höhlen- artige Erweiterung der Spalte hatte in der Richtung der Quellspalte eine Länge von ca. 2 m bei einer Breite von 0'6 und Tiefe von ca. 10 m unterhalb des beräumten Granites der Baustelle. Nach Nachrichten vom Beginne des Monats December, welche ich Herrn Ingenieur Schärf verdanke, erweiterte sich diese Höhle linsenartig auf ca. 35 m Länge und 1 m Breite und wurde ‚bis in eine Tiefe von weiteren 4 m verfolgt. Die Ausfüllung bestand bis 15 m Tiefe aus sandigem Granitdetritus; darunter aber aus reinem Eisenocher. Es konnte eine Verbindung mit der oberhalb des Terrains bestandenen kleinen Blase im Spalte an der Grenze gegen den Garten des oberen Nachbarhauses („Stadt Lübeck*) nachgewiesen werden. Die Quelle selbst war im Zunehmen !), dagegen sank die Ergiebigkeit des Schloss- brunnens beim Aushube des Schlammes in der erwähnten Höhle von 95 auf 73 Liter pro Minute. Dieser Rückgang des Schlossbrunnens in Folge des beseitigten Aufstaues der Kronenquelle, deren Ergiebigkeit an der ca. 3 m unter- halb der neuen Ausflussöffnung gelegenen Fassungsstelle das ganz bedeutende Maass von 18 Litern bei 575° C. erreichte (s. u. Messung ') Noch neuere Nachrichten und Messungen ergaben für die: am 11./1. 1894 Liter Grad C. Kronenquelle ana an der ir Bet 708 ne .180 575 Schlossbrunnen 4 2 : 665 46 -_ Kaiser Karl-Quelle . \ 1:80. 35 Marktbrunnen . . 4:12 342 am 4/2. 5./2: 1894 am 21./3. 1894 Liter Liter Grad ©. ‚Kronenquelle (Ausfl. ende m) 5:03, 9:17 een Ausfl. 390:668 m) 5'338 _47'8 Schlossbrunnen ..... gi 7:30 :47'3 Kaiser Karl-Quelle . a 2:68 378 Marktbrunnen . . (neu gefasst) 526 - 41'9 91% 704 A. Rosiwal. [34] vom 11. Jänner 1894), beweist die hohe Empfindlichkeit der Thermen für Spannungsbeeinflussungen. Solche Erfahrungen bei derartigen Auf- scehlüssen innerhalb der Thermalzone geben im Kleinen ein getreues Bild dessen, was geschehen könnte, wenn ein bergmänni- scher Aufschlussbau in tiefem Niveau die Thermal- spalten anfahren würde, worauf im III. Theile dieser Darle- sungen zurückzukommen sein wird. Die für die Beurtheilung des ganzen Quellensystems von Karls- bad wichtigen Beobachtungen an den Verhältnissen der Quellen des Hauses „Zur Russischen Krone“ sind die folgenden: 1. Die directe Blosslegung eines in Stunde 10 (genau 10 hora 20) verlaufenden, steil (80°) gegen ONO fallenden Quellspaltes von ca. D m Länge; 3. die Aufdeckung der zweiten (unteren) Quellader in der Ver- längerung des Queilspaltes, der damit eine Länge von 10'2 m er- reicht; 3. endlich der Zusammenhang mit den beiden Quellen im Hause „Stadt Hannover“, der durch den im Jahre 184% beobachteten Ver- lauf festgestellt erscheint. " Dadurch ergibt sich eine von sechs Quelladern auf 22 m Länge gebildete und durch directe Beobachtungen festgestellte Thermalspalte in der Richtung der Stunde 10 bis 10!/), des bergmännischen Kompasses (obser- virtes Streichen). / B. Die Thermalspalte des Felsenabhanges in der Mühl- badgasse. Noch an einer zweiten Stelle konnte während meines Aufent- haltes durch directe Beobachtung der Verlauf einer Thermalspalte fest- gestellt werden. Es ist dies die durch die Lage der Zerklüftung im Granite wie durch eine Reihe längs des Abhanges desselben hervorbrechender Quelladern bestimmte Thermenlinie der Mühlbadgasse, auf deren Wichtigkeit in anderer Hinsicht später zurückzukommen sein wird. Die Felswand hinter den Häusern Nr. 16 und 610 liess drei kleinere (Juelladern beobachten, welche in einer Linie liegen, deren Richtung abermals mit Stunde 10 (hora 10 und 4° obs.) übereinstimmt. Die Entfernung der Quellader im Hause 610 von der südlicheren im Nachbarhause Nr. 16 beträgt etwa 12—15 m. Die Fallrichtung der Zerklüftung ist — wie schon v. Hochstetter feststellte — steil widersinnisch WSW gegen den Schlossberg bis seiger. Es dürfte bei eingehenderer Nachforschung leicht sein, die Verlängerung dieser Spalte sowohl gegen den Mühlbrunnen, wie auch gegen den Markt- brunnen hin nachzuweisen. Auf der geologischen Karte (Tafel XIX) finden sich die drei genannten Quelladern und ihre Spalte in der Situation angegeben. Zunächst wäre dieses Vorkommen als zweiter Fall der Beobachtung einer Quellspalte in Stunde 10'/, fest- zuhalten. [35] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 705 Bauplan der Schlossbrunnquellfassung aus dem Jahre 1846. (Nach der Copie eines alten Planes in dem Stadtarchive von Karlsbad.) Schloosbzunnternpel Be mnd Divihah mi AB. Be ZB FAR "hramit = N N "51° Gallroinkel AN dev Spalte mach EN, 1a Bickwand des Gem pe in hora 9 Mrd) > WER DegST Sr EA ZN SERDS REN Fig. 1. a — Granitplatte. b — Felsenriss, woraus das Wasser hervorquillt. b' — Fortsteigender Felsenriss, mit Oement vermauert. S — Ständer. d —= Ziegel in Cementbau. e = Wasserschale. f = Einfassung der Quelle. 9 = Fussboden des Tempels. 706 A. Rosiwal. [36] C. Die Quellspalten des Schlossbrunnens und Mühlbrunnens, Aus dem mir zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellten Acten- materiale der Stadtgemeinde Karlsbad erlangten für die vorliegende Frage eine Anzahl von Protokollen über die Verhandlungen anlässlich von Neufassungen der Schlossbrunn- und Mühlbrunnquelle in den Jahren 1846, 1851, 1864 und 1879 einen ganz. besonderen Werth. Dieselben lassen weitere Angaben entnehmen, welche eine Ergänzung zu den oben angeführten Beobachtungen in Bezug auf die Lage der (Juellspalten bilden. Den Verhandlungsprotokollen liegen nämlich Pläne bei, welche nicht nur bezüglich des constructiven Theiles der Quellfassungen detaillirte Angaben enthalten, sondern auch über die örtlichen Ver- hältnisse der aufgeschlossenen Quellen Aufschluss geben. Aus diesen Plänen ist das Folgende zu entnehmen. a) Am Schlossbrunnen. Die älteste der Darstellungen der Schlossbrunnenquellfassungen, jene aus dem Jahre 1846, ist in vorstehender Figur 1 mit einigen erläuternden von mir hinzugefügten Angaben reproducirt. Die Quell- spalte kommt in diesem Plane sehr deutlich zur Darstellung und zwar sowohl im Aufrisse, welcher den Fallwinkel mit etwa 57° zu bestimmen gestattete, als auch in der Situation. Unter der Voraus- setzung, dass die im Originalplane dargestellte Wand (Z& in Fig. 1) im senkrechten Schnitte von A B getroffen wurde, ergibt sich bei bekannter Richtung der Rückwand R des Schlossbrunnentempels, welche ich aus dem Stadtplane mit 9" 11° (redue.) entnehme, eine Richtung für die sehr klar eingezeichnete Schlossbrunnenquellspalte b im Grundrisse von hora 10. Bei den Reconstructionen in den Jahren 1851/2 und 1878/9 wurde abermals das Vorhandensein einer Quellspalte constatirt, welche nach den Angaben Dr. Mann!’s aus dem Jahre 1851 (März— April) sich einerseits gegen die „Stadt Paris“ hin fortsetzte, im Jahre 1878 aber aufwärts unter den Stufen der Stiege einen Ausbruch der Schloss- brunnquelle durch Unterwühlung des Verbaues aus dem Jahre 1852 ermöglichte. Diese unter der ganzen Breite des Tempels des Schloss- brunnens befindliche Spalte wurde 1879 neuerdings bis auf die eigent- liche Quellöffnung verschlossen, wobei ihrem Verlaufe nachgeforscht und derselbe auf eine Erstreckung von etwa 4 Klafter sichergestellt werden konnte. Die Spalte fällt mit ca. 40—-60° nach ONO. Die beiden Verbaupläne von Baumeister Hein (ex 1851) und Bauamtmann Renner (ex 1879), welche ich in der nachstehenden Figur 2 com- binirt zur Darstellung bringe, und bezüglich deren Details auf die Erklärungen auf S. 708 u. s. f. verwiesen sei, gestatten nun ebenfalls zu entnehmen, dass die Spaltenrichtung nur wenig von der Richtung der Rückwand des Brunnentempels abweicht. Nach dem Plane Renner’s vom Jahre 1879 beträgt diese Abweichung kaum 6° im Sinne einer gegenüber der Lage der Colonnade zunehmenden Drehung gegen den Meridian. 707 Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. [37] (NOS 9PU9sfoF ayaıs nZIIg UOSUNLSMBLLT]) &\ 03 6 S B elsr er cm 9, > de ie N 7 cp H la, Wera KANS ee 4 emp hmohma|vssh (@7.y#) 49 000%) 277 wre) keeeraran MV Dr NY DZ: Danunnsuuunnmuenhien -“ a a woran ER 0% If narop biaV ey enıyof op numpoufyonngyode np map mern merseborebewe yg06 G “ [73 [78 “ “ wagaRnaeganuch eywoge 444 em nern Hin „2 am Tun Kae: , RR a Te ERS (rIsoduowwesnz Tduuay pın uray UaLOH Aop uaugfdneg uayaıyuw uop YoeN) "6,87 pun JesT usage uap ul nequig WOUIDS OA 9Bdsfpnd A9UTDs pun Suauundgssojyos SPp 9[yoAıg pun »sstapundg 708 A. Rosiwal. [38] Fällt nun, wie ich direet beobachten konnte, sowie nach der An- sabe des neuen Stadtplanes, die Lage der Colonnade in die Richtung hora 10, 5° (obs.), so ergibt sich für die Riehtung der Quellenspalte des Schlossbrunnens unterhalb des Tempels die Stunde 10 und 11° (hora 103/, obs. = hora 10, 2° red.). Die etwas unbestimmte Richtungs- angabe Dr. Mannl’s „gegen die Stadt Paris“ (Haus Nr. 435) ist aber im allgemeinen etwas geringer, etwa mit hora 9%/, bis 97/, (obs.), anzu- schlagen. Aus der Zusammenfassung beider erhellet aber zweifellos, Erläuterungen zur Figur 2. 1. Verbau aus den Jahren 1851 und 1852. Vom Eingange E aus wurde der Fels bis auf die durchschnittliche Tiefe von 87 cm abgespitzt und theilweise mit Holzkeilen gesprengt. (‘11 m von der Wand R eröffnet sich eine Kluft in einer Weite von 2:29 m und Länge von 2:77 m, welche sich in einer Tiefe von 3'62 m (gerechnet von der Parapetmauer) bis auf eine Länge von 158 m verengt, wodurch der Absatz D E entsteht, in welchem sich die Spalte F befindet, die sich in schräger Richtung nach abwärts hinzieht. In einer Tiefe von 391 m vom Parapet ist das alte Ziegelpflaster zu bemerken, welches als Lager des Quadersteines diente, in dem der frühere Ständer eingelassen war, Die Kluft verengt sich hier bis auf 1'03 m. Von diesem Pflaster bis auf die Tiefe von 1'42 m (von der Parapetmauer daher 5'43 m) verläuft sich die Kluft in eine Spalte, welche zugleich den Aufsatzpunkt des hiernach zugespitzten und ein- gekeilten Ständers bildet und 13 cm breit ist. Die Quelle entspringt im Punkte Q@, 66 cm von D entfernt, Der Ständer 5 ist 3535 m lang, seine Steigung auf 63 cm Höhe : 22 cm gegen den Eingang. In einer Tiefe von 1'53 m befindet sich die jetzige Ausflussöffnung Nr. 1; 12 cm unter ihr die Kanalsohle, ihr gleich. die letzte Schichte des Einbaues. Ueber dieser Oeffnung sind noch 3 Zapfenlöcher je 32 cm weit von einander. Es ist somit die Höhe der ausfliessenden Wassersäule im Ständer 2'24 ın. 2. Auszug aus dem Berichte von Dr. J. Hofmann und Bauamtmann L. Renner über die Reeconstrucetion vom Jahre 1878/9. - Bei dem erhöhten Interesse, welches der Schlossbrunnen vermöge seiner exceptionellen Höhenlage und als Normalquelle beansprucht, mag es hier gestattet sein, den wesentlichsten Theil des Bauberichtes vom Jahre 1879, welcher auch auf die Aufzeichnungen Dr. Mann!’s über den Bau aus den Jahren 1851/2 Bezug nimmt, zu reprodueiren; Als am 13. December 1878 aus Anlass des Verbaues der Sprudelausbrüche die Quelle gemessen wurde, ergab sich per Minute bloss das Quantum von 1075 Litern. Man war geneigt, diese Abnahme mit den erwähnten Ausbrüchen in Zu- sammenhang zu bringen, welche Voraussetzung sich jedoch als irrig herausstellte, Als nämlich am 23. December die untersten Stufen der vom Eingange zum Schlossprunnen links liegenden Treppe und das Steinpflaster abgenommen wurden, zeigte es sich, dass das Mineralwasser aus einer Stelle hervordrang, welche innerhalb jener Felsspalte lag, die sich vom Ständer nach aufwärts hinzieht, und dass das Wasser sich unterhalb der Treppe eine Art Bassin ausgewühlt hatte, in welchem es mit der Ausflussöffnung des auf dem Ständer befestigten Zinnrohres auf gleicher Höhe stand. Als man dem so ange- sammelten Wasser gegen den Abflusskanal hin einen Abzug verschaffte, ver- schwand der Ausfluss aus dem Ständer und stellte sich derselbe erst wieder her, wenn jener Abzug durch Ziegel und Lehm wieder verlegt wurde und das Wasser sich wieder zur früheren Höhe staute. Es war sonach klar, dass zwischen dieser, unter der Stiege in der sonst verschlossenen Felsspalte befindlichen neuen Aus- flussöffnung und dem Ständer eine Communication bestand, und dass es gelingen müsse, dem Wasser den früheren directen Weg in den Ständer wieder anzuweisen, | | | | | . [39] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 709 dass auch der auf etwa 6—-8»n sichergestellten Thermal- spalte des Schlossbrunnens ein Verlauf in Stunde 93/,—10°/, im Mittel Stunde 10!/, obs. Streichen eigen- thümlich ist. Auf der schematischen Darstellung der Tafel XVII sind die observirten Werthe ersichtlich gemacht. Die um den Deeli- nationsbetrag (ca. 90 westlich) redueirten Masse der beiden Textfiguren 1 und 2: hora 10 und hora 10, 2° stimmen damit überein. indem man ihm den Weg verschliesst, welchen es sich in der Felsspalte nach aufwärts gebildet hatte. Zur genauesten Information über die beim Schlossbrunn bestehenden localen Verhältnisse dienten die beim Gemeindeamte aufgenommenen Protokolle vom 17. Februar, 7. März und 22. April 1851, namentlich aber das von Herrn Dr. Rudolf Mannl verfasste Journal über die im Jahre 1850 an beiden Mineralquellen vor- genommenen Arbeiten und Beobachtungen, sowie der diesem Journale beiliegende, von Herrn Baumeister Hein angefertigte Plan über den Schlossbrunn vor dem Einbau im Jahre 1851. (Vergl. Fig. 2, S. 707.) Es ist aus diesen Aufzeichnungen und dem Plane die Tiefe und Richtung der Felsspalte nach dem damaligen Bestande ersichtlich und daraus ferner zu entnehmen, dass die Felsspalte vor dem eigentlichen Einbauen des Ständers ganz mit Thon verschlossen wurde, um das Wasser aus derselben in den Ständer zu drücken. Später wurde die feste Vermauerung der Felsenspalte beschlossen (17. Februar 1851). Im März 1851 wurde der Felsen von Bergleuten abgearbeitet und mit diesen Arbe'ten bis zum 12. April fortgefahren. Dabei: kam es vor, dass das gesammte Wasser einmal aus einem Felsenriss herauskam und im Ständer verschwand. Dieser Riss wurde mit Holz verkeilt, worauf das Wasser in den Ständer zu- rückkehrte. Bei dem weiteren Vordringen in die Tiefe fand man, dass die Spalte sich gegen die „Stadt Paris“ (Haus Nr. 433) hin fortsetzte und dass auch in dieser Richtung Wasser abfloss; auch dieser Abfluss wurde vermauert. Der Ständer (in der Länge von 3'58 m) wurde nun eingesetzt und dicht ver- mauert und hiermit d.e Arbeiten vorläufig abgeschlossen. Im April 1852 wurde, wie aus einer weiteren Bemerkung des Journals her- vorgeht, der Einbau vollendet und war als gelungen anzusehen, da der Schloss- brunn am 1. October 1852 in einer Minute 24 Seidel — 8° Liter ergab, während er im Jahre vorher bloss 6!/, Seidel — 2'3 Liter geliefert hatte. Ueber die Art, wie dieser Einbau vollendet wurde, finden sich keine näheren Angaben. Aus dem aber, was bei dem Aufdecken eines Theiles der Felsenspalte gegenwärtig (1578) zum Vorschein kam, lässt sich annehmen, dass die Spalte zunächst dem Ständer in der Richtung gegen den Schlossberg zu, mit dem damals beliebten, aus Ziegel- stücken, Eiseufeilspänen und hydraulischem Kalk bestehenden Verbaumateriale geschlossen wurde. Dieses compact und ziemlich fest gewordene Materiale reichte in der blossgelegten Spalte 2:23 m weit vom Uentrum des Ständers; w.e weit es in die Tiefe reicht, ist nicht zu ermitteln. Weiter nach links, d. i. bergauf, war die Felsspalte mit weiss-grauem Thon , (Kaolin), der reichlich weissen Granitsand enthielt, verschlossen, Gerade unter der untersten Treppenstufe zeigte sich ein Loch in dieser Thonmasse, aus der das Wasser hervorsprudelte. ‚Es ist wohl als gewiss anzunehmen, dass man in den Jahren 1851 und 1852, als der Ständer eingemauert worden war und die Felsenspalte ausgefüllt werden sollte, das vorher erwähnte Materiale nur zum Verschlusse des breiteren Theiles jener Spalte in der Nähe des Ständers verwendete, die engere Partie derselben aber mit Thon ausschlug, um durch dieses „undurchlässige“ Materiale das Heraus- dringen des Wassers an dieser Stelle, wo man der Enge der Spalten wegen mit gröberen Massen nicht hantiren konnte, zu verhüten. Im Laufe der Zeit wurde der Thon ausgeschlämmt, einzelne Bestandtheile desselben in dem kohlensäurereichen Wasser gewiss auch gelöst, der Sand fiel in der Spaltenenge hinab und das Wasser spülte Jalırbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 4. Heft. (A. Rosiwal.) 99 710 A. Rosiwal. [40] b) Die Mühlbrunnspalte. In Folge einer Ergiebigkeitsverminderung des Mühlbrunnens im Jahre 1563 wurde im darauffolgenden Frühjahre eine Neufassung der (Quelle vorgenommen, deren technische Details in einem Plane des Bauamtmannes Renner niedergelegt wurden. Derselbe enthält auch die näheren Angaben über den Verlauf der Quellspalte des Mühl- brunnens, wie die Reproduction des Yerbauungsplanes in der nach- stehenden Figur 3 angibt. Das Wasser desselben sammelt sich in einer Spaltenerweiterung, einem Becken, in welches ein aus der Brunnstube kommender Spalt (Canal) läuft. Die ganze Längenerstreckung dieses Canales sammt dem Becken beträgt nahe 15 Wr. Fuss — #8 m. Die Streichungs- richtung der Quellspalte ist auf dem Originalplane irrthümlich mit hora 17 angegeben. Eine Nachcontrole, welche ich vornahm, hat nach der Situation ergeben, dass diese Richtung um 90° falsch ab- gelesen wurde, und dass die Richtung der Mühlbrunnspalte mit der sich unter dem Thon und durch denselben einen Gang aus, der schliesslich unter der ersten Treppenstufe nach aussen mündete. Dieser mit nach unten zu immer weicher werdendem Thon ausgefüllte Theil der Spalte wurde Fun soweit gereinigt, als man mit der Hand und mit löffelartigen Instrumenten eindringen konnte, während gleichzeitig eine in den Ständer eingesetzte Pumpe das Wasser aus der Spalte entfernte. Es wurde in den Tagen vom 28. bis 30. December mit kurzen Unter- brechungen gepumpt und viel Sch'amm dadurch heraus befördert. Die Communication zwischen dem Ständer und der Spalte war so eclatant, dass man, wenn das Wasser in der letzteren ziemlich tief stand, jeden Pampenhub daselbst hören und die dadurch hervorgebrachte Bewegung des Wassers sehen konnte. Nach dem Ausräumen der Spalte konnte dieselbe mittelst einer hinabge- lassenen Kerze erleuchtet und constatirt werden, dass in derselben kein Wasser aus dem Felsen ausströmte, sondern dass dasselbe im Grunde der Spalte unter dem Verbau vom Jahre 1551—1852 von der Gegend des Ständers, also der eigent- lichen Quelle herkam. Das Wallen des Wassers bei damit erfüllter Spalte, welches namentlich an der Stelle, wo das früher erwähnte Loch in der Thonmasse sich fand, stark war, rührte nur von ausströmender Kohlensäure her. Beim Sondiren des Ständers mittelst einer eisernen Stange konnte die Stelle markirt werden, wo der Ständer zu Ende ging (6° 6“ — 205 em von oberen Rande desselben); 2° = 63 cm tiefer erreichte die Sonde den Grund der Felsspalte. Da- selbst konnte die Gegenwart von Schlamm und Sand constatirt werden, zu deren Beseitigung ein sogenannter Schmandbohrer angewendet wurde. Am 30. December Vormittags wurde mit dem Verbauen begonnen und die tieferen engeren Partieen der Spalte mit kleinen Cementsäckchen (1 Theil Sand, 3 Theile Portlandeement) ausgefüllt. Darauf kamen grössere Säckchen, endlich Gementmörtel und trockener Cement. Die so ausgefüllte Strecke reicht 149 em weit von dem früher erwähnten alten Verbaue an gerechnet, endet also 372 em vom Centrum des Ständers. Am 31. December früh wurde die letzte Cementschichte aufgetragen, nachdem die Stellen, an denen die Kohlensäure sich durch die noch nicht erhärtete Masse kleine Gänge gewühlt hatte; mit Holz verkeilt worden waren. Sodann wurde das zinnerne Abflussrohr auf dem Ständer befestigt, wo- rauf das Wasser, welches seit dem Verschlusse der Spalte aus der Mündung des Ständers hervorgequollen war, in wenigen Minuten auszuströmen begann, Um 10 Uhr Vormittags gab die Quelle bei einer Temperatur von 442° R. (55°3 0) in der Minute 10'25 Liter, am Nachmittage 11 Liter, am 3. Jänner 1879 1175 Liter, am 4. Jänner 12°15 Liter. IST TOPIOM BATIA JUIWOF)-PURTMOT UL spejuaga y gung Toq Sunuyaog Hp rqfpsom ‘opeyorT APuassogsug Sup mr SIq offeg -JULL], Ip Aongwen) wop Toyun J] opumgg ap ur Iy98 /» [rue)-uunsgrgupt 10 "LIONBULTHA UfODATZ pun Ju9wa/)-puBg]}1oT ru) pun 1 NAoMIoneW oyw sep pun zz apumm -S[O,] 9Tp uB sIq IST TOpurıg up wın wneyy Tocf "IST ITONOFUD ZJOqUIOJOT‘M] UOA aapupıg Ip — m ULIOM YDOLNDANP yasıuoy ‘uayaag wap 1aqn ayrrdyuzin = 7 YEAIINBN = O UN opugauosp] = wng ‘mer » f aypedg op ne usuungfgnpy Top soyafpm ur uospog wur uo9ag = ul ‘8 a1 NEE nee Fl 1 ie Su \ = Au N RE Pay eT, ‘ Fexoy a! LT 77 a er Ueber neue Massnahmen zam Schutze der Karlsbader Thermen. a (DEgII A USLIYNFIDENE 795] aAyef wer uop TSgn A9auuay "I sauuBwypwuenßg "IP%IS SOP AURIT ump WDeN) SUAUUNLATINIL SPP »yyedsjpnd 41] 712 A. Rosiwal. [42] Längsrichtung der Nische beziehungsweise der jetzigen Colonnade einen Winkel von ca. 20° einschliesst, was einem Azimuth von 165° oder Stunde Il obs. Streichen entspricht’). D. Die Quellspalte der Elisabeth- und Orchesterquellen. Ausser an den vorerwähnten beiden Brunnen wären wohl noch mannigfache Beobachtungen über die Beschaffenheit der Austrittstelle der Thermen beim Baue der Mühlbrunncolonnade möglich gewesen. Leider befinden sich keinerlei darauf bezügliche Angaben in den zu meiner Kenntniss gelangten Acten und Plänen, unter welchen sich nur ein Grundriss der ganzen Colonnade mit den eingezeichneten Fassungs- stellen der Quellen als bloss topographisch verwerthbares Material vorfindet. Eine verjüngte Wiedergabe des Planes der Neubrunncolon- nade mit den in derselben entspringenden Quellen gibt die auf Seite 715 befindliche Figur 5. Eine Angabe über einen Spaltenverlauf — und darum handelt es sich wesentlich bei der Beurtheilung der ganzen Tektonik des Quellenterrains — könnte noch einem alten Situationsplane ent- nommen werden, welcher das Signum des Herrn Hugo Göttl trägt, im städtischen Museum aufbewahrt ist und eine Felsenaufnahme bei der Mühl- und Neubrunncolonnade darstellt. Die nebenstehende Text- figur 4 stellt eine Reproduction dieses Planes dar. Es werden darauf an der Stelle der Fassung der heutigen süd- lichsten Quellader der Elisabethquelle (I Fig. 5) drei bis vier Quelladern als „Ausflüsse der Theresienquelle* angegeben, die unter sich. sowie mit einem anderen Quellenausbruche (P des Planes, etwa in der Hälfte des Abstandes der Theresienquelle vom Bernhardsbrunn) in einer geraden Verbindungslinie liegen, die im Längenprofile als fortlaufende zu- sammenhängende Klüftung (I, H, II) angegeben erscheint. Die Länge dieser, nach der heutigen Bezeichnung etwa als Spalte der unteren Elisabeth- und Orchesterquellen anzusprechenden Quellspalte beträgt nach dem alten Plane 9 Klafter (ca. 17 m); ihre Richtung geht in Stunde 9), bis 10'/, (obs. Streichen). Die topographische Grundlage des angeführten Planes Fig. 4 ist aber leider keine unanfechtbare, da sich nach dem genauen Plane der Neubrunnencolonnade, welchen die nachfolgende Figur 5 mit Hin- weglassung des quellenlosen Nordflügels darstellt, die Situation der Quellausbruchspunkte zum Theile abweichend herausstellt 2). Die Angaben dieser letzten und zweifellos genauesten Aufnahme dieser Quellengruppe sind auf eine Grundrissaufnahme der ganzen Colonnade, ausserdem aber auf mündliche Mittheilungen basirt, welche ich Herrn Ingenieur Ad. Schärf verdanke. ') Aus dem Protokolle über den 1864 durchgeführten Verbau der Mühl- brunnquelle wäre die Beobachtung erwähnenswerth, dass das Wasser der Spalte aus der Gegend K kam, was aus dem Umstande geschlossen wurde, dass das Wasser durch flockige Reste eines aufgelockerten schwarzen Kittes, die einem alten Verbaue an jener Stelle entstammten, temporär getrübt war. ”) Die wesentlichste Differenz besteht in der Situation der Theresienquelle in Fig. 4, welche weder der Fassungsstelle, noch dem gegenwärtigen Auslaufe, offenbar wohl einer früher vorhandenen Auslaufstelle entspricht. tn en A it ep ch 115 Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 3] [4 Q ‘7 'DLı I ER D)] ‚e Fuupapaı rpm r “BAT, EN ION Mr sg ‘ f) uvm ern tme ,,, urn a rent Pr 77? een nprom gurretechbem 7 7210) ee 2 TiPREBT yo hama »G g! armen ° (ILST 9Ayep wap sn® [1304 odng uns Sop Jurjg WaUuT (ORN) Syanıqsny A931 pum uopfond) Tap uoyenng MM "9peuuojon-uumagnoN pun -JyunW A9p I9q Atyeuzneuaspad 714 A. Rosiwal. [44] Bezüglich der Fassungen des Neubrunnens und des Bern- hardbrunnens, welche durch Ständer analog wie jene des Schloss- brunnens und Mühlbrunnens bewerkstelligt werden, liegen nähere Angaben über den Verlauf der Quellspalten nicht vor. Ihr Auslauf erfolgt aus zinnernen Ständern in nächster Nähe der Fassungsstellen. Bezüglich der Theresienquelle ist anzuführen, dass die- selbe nur in den Wintermonaten an der angegebenen, um eine Treppe höher liegenden Stelle vollständig zum Auslaufe gelangt, da ein Theil derselben während der Ourzeit seit dem Jahre 1881 als „Parkquelle“ in den Stadtpark abgeleitet wird. Auch über die Theresienquelle konnte ich nähere Angaben in den mir zur Verfügung gestellten Auf- zeichnungen nicht finden. Interessanter sind die Verhältnisse des Elisabethbrunnens, dessen Auslauf, der am Nordende der Oolonnade symmetrisch zu jenem des Neubrunnens angebracht wurde, eine Summe der Zusammenfassung von vier Quelladern (I bis IV des Planes) darstellt. Dieselben liegen, wie die Fig. 5 zeigt, durchaus nicht etwa auf derselben Quellspalte, da die „Obere Orchesterquelle* (I) zweifellos einem mehr bergwärts gelegenen Ausbruchspunkte ent- springt. Es ist bei genauerer Controle der Distanzen vom Neubrunnen und Bernhardsquell aber unschwer zu entnehmen, dass von den drei Punkten «, b, ce der Fig. 4, welche am Göttl’schen Plane ‘als „Aus- flüsse der Theresienquelle* bezeichnet wurden, etwa der Punkt 5 der heutigen Fassung I der Elisabethquellen entspricht. Ebenso ist der „Starke Quellen-Ausbruch ?* der Fig. 4 im weiteren Verlaufe der Klüftung gewiss mit einer der Unteren Orchester- quellen zu identificiren. Auf der Fig. 5 ist die Verbindung mit den Quelladern III und IV ersichtlich gemacht. Die Richtung der so festgelegten Quell- spalteisthora9unddÖ5"redueirt. Die Verbindung „Elisabeth I* mit der in die Curhausbäder abgeleiteten eigentlichen Unteren Örchesterquelle, deren relativ grössere Ergiebigkeit ausserdem noch für die Identität mit dem „Starken Quellen-Ausbruch P* der Fig. + spricht, ergäbe ein um 6° grösseres Azimuth der Quellspalte. Jedenfalls lässt sich aus dem Zusammenhalte der Figuren 4 und 5 dieLage der Spalte der UnterenElisa- beth- und Orchesterquellen als zwischen Jhorasse ll Grad reducirtem, also Stunde 10—10'/; obs. Streichen liegend bei einer Länge von 16—19 m feststellen. Einen in Fig. 5 durch die Profillinie A PB angedeuteten Quer- schnitt durch die Neubrunncolonnade gibt die auf Seite 717 befindliche Fig. 6 in etwas (2'2 maliger) vergrösserter Darstellung '). ') In dem Archive der Stadtgemeinde fand sich eine kurze Beschreibung der Quellenfassung der „Unteren Orchesterquelle“ im Bermhardsbrunnen- canal, sowie der „Oberen Orchesterquellen“ vom 4. und 6. April 1875. Leider konnten die detaillirten Verbaupläne dieser Quellen mit Ausnahme der mehr generellen Darstellung der Fig. 5 nicht vorgefunden werden, so dass uns, wie oben bemerkt, gerade für die Stelle der grossen Colonnade andere als die oben behandelt:n Anhaltspunkte für die gegenseitigen Beziehungen dieser ganzen Reihe interessanter Quellen mangeln. Dieser Umstand, der im Vergleiche zur grossen Sorgfalt, mit der seinerzeit ähnliche Fälle (z. B. Aufschluss beim — SUN], TOPBASIBM UaToUurs]y 1op oddnız, uatropyıwm ap. sopnepsuy sop pun u9jjoIssdunsse T Ip uorenng = En I NÜNINUNNUISUURUNV u ESIITNISNIUNINÄNNE AUSNÄNIÄNNUUUÜÜUÜNUUÄNUÜUUS e®8 appwuog o 229° unpaoy, ur AA uw mPyorag vp ARAZEEZAEE, Zu aunwoom? 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Als Richtung dieses Hornsteinganges wird von v. Warnsdorff gleichermassen die Stunde 10'!/; bei 70—75° Einfallen in SW an- gegeben. Aus den im Vorstehenden angegebenen, sechs vor- handenen Fällen theils gegenwärtig von mir, theils von früherher beobachteter und durch Aufzeichnungen sichergestellter Richtungsbestimmungen von Quell- spalten geht hervor, dass dieselben mit ganz geringen Abweichungen insgesammt der Hauptrichtung in Stunde 10 folgen. Baue der Marktbrunneolonnade, Demolirung des „Weissen Adler“) behandelt wurden, als ein überaus bedauerlicher bezeichnet werden muss, rechtfertigt wohl die weiter unten in Bezug auf Beobachtungen bei Aufschlüssen im Quellenterrain gemachten Vorschläge. (Vergl. S. 729.) Um ein beiläufiges Bild über die Art der Fassung der Orchesterquellen zu geben, sei einer der obgenannten Berichte des Bürgermeisters Dr. Sorger hier angeführt. (Man vergleiche hiezu die nebenstehende Fig. 6.) Beschreibung der Quellenfassung im Bernhardsbrunnen-Üanal unterhalb des Orchesters in der Neubrunn-Colonnade, (Untere OÖrchesterquelle.) Das heisse Wasser strömt aus zwei im härtesten quarzitähnlichen (!) Granit sich vorfindenden 16 cm von einander entfernten Felsenspalten heraus. Ueber den besagten Ausflüssen wurde ein 79 cm langer und 42 cm breiter Kasten aus starkem Zinn derart postirt, dass die Oeffnungen in dem Felsen be- deckt erscheinen. Die sich ergebenden Zwischenräume zwischen dem Kasten und dem Felsen wurden mit Portland-Cement in kleinen Leinwandsäcken und Werg ausgefüllt. Dies wurde so lange fortgesetzt, bis die an der Oberfläche der Cementmassa zum Vorschein getretenen (rasbläschen während eines mehrstündigen ununter- brochenen Wasserauspumpens verschwanden, und der Beton hart geworden war, Während dieser Operation hatte das heisse Wasser (relegenheit, durch ein Seitenrohr, welches am Kasten angebracht ist, abzufliessen. Nach vollständiger Erhärtung der Cementmasse wurde der Ausfluss ver- stopft, während ein 47 cm hohes Steigrohr angeschraubt wurde, welches an den Seitenwänden des 95 cm hohen Canales durch Mauerhaken befestigt ist und das heisse Wasser in die Bäder des Ourhauses leitet. Diese Leitung geschieht durch Eisenröhren von 72 mm Durchmesser. Die Fassung selbst ist durch den Canal gut zugänglich. Das Wasser hat eine Temperatur von 681° C. Die Quelle liefert pro Minute 34:65 Liter. Ueber die Fassung der Oberen Orchesterquellen besagt ein zweiter Bericht, dass die analog gewählten „Fangkästen“ in zwei 42, bzhw. 63 cm messende Vertiefungen versenkt wurden. Die gleich warmen (50° ©.) Quelladern wurden vereinigt und gaben 3°2 Liter pro Minute. ‘) Jahrbuch der geol. R.-Anst. 1855, S. 88. [47] Ueber neue Massnahmen zum Sehutze der Karlsbader Thermen. TUT II. Die Hauptthermenlinie. Von Seite des löbl. Stadtbauamtes Karlsbad wurde mir ein Exemplar des neuen Stadtplanes im Massstabe 1:500 zur Verfügung gestellt, in welchem die Mehrzahl der Quellenfassungen sowie andere Aeusserungen der Thätigkeit der Thermen von Herrn Stadtbauinge- nieur A. Schärf markirt worden waren, und das von mir bezüglich der eigenen Beobachtungen sowie aus den Acten zu ersehender Daten über sämmtliche Quellen ergänzt wurde. Dieses erste Exemplar eines auf unanfechtbarer geodätischer Grundlage verfassten Quellenplanes, welches als Basis für die weiter unten präcisirten Vorschläge zur Erweiterung desselben dienen soll, gab zu den folgenden Beobachtungen und Erwägungen Anlass. Querschnitt durch die Neubrunn-Colonnade. (Vergrössertes Profil AB der Fig. 5.) | \ Auslauf des EypBernhardbr | Ge ZUETENS ae. = EN AEIZZETS SINT- IRSSS FR Braeskers d IH HiWV N mm at BE e x Ahtastkar J m, un el Lt MI BuS SS ZELLE SI SSCCTTTTTIIUUNÄNSS SI SSII S Gpeteoteuewelfe He" TIERES NEE karten. 3 EEE SINE : SITZEN Fig. 6. Mit der Fassungsstelle der Unteren Orchesterquelle und des Bernhardbrunnens. A. Rückblick auf bisherige Forschungsergebnisse. Ferd. v. Hochstetter war auf Grund seiner im Jahre 1855 stattgehabten offieciellen geologischen Aufnahme des Karlsbader Ge- bietes zur Ansicht gelangt!), dass sich alle Karlsbader Thermen hin- sichtlich ihrer Lage auf zwei parallele Quellenzüge nach Stunde 9-10 zurückführen lassen, welche er den Sprudel-Hauptzug und den Mühlbrunn-Nebenzug nannte. Diese beiden Quellenzüge lägen auf zwei parallelen Gebirgsspalten, der Sprudel-Hauptspalte und der Mühlbrunn-Nebenspalte, welchen an der Gebirgsober- 1) Vgl. seine Schriften: Karlsbad, seine geognostischen Verhält- nisse und seine Quellen (mit einer geol. Karte), Karlsbad 1856: ferner: Ueber die Karlsbader Thermen in zwei parallelen Quellenzügen auf zwei parallelen Gebirgsspalten. Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wissenschaften 1856, Bd. XX; endlich: Ueber einen neuen geol. Auf- schluss im Gebiete der Karlsbader Thermen. Denkschriften d. Akad. d. Wissenschaften 1878, Bd. XXXIX. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 93 718 A. Rosiwal. [48] fläche die Thalbildungen der Schlucht der Pragergasse und des Tepl- thales vom Mühlbrunn abwärts entsprächen. Als Urs ache dieser Thal- bildung wurde die Haupt-Zerklüftungsrichtung des Karlsbader Granites nach Stunde S— 10 angenommen und aus einer zweiten hervorragenden Zerklüftung senkrecht zur ersteren nach Stunde 2—4 auf eine Seiten- spaltenbildung geschlossen, welche durch den Lauf der Tepl oberhalb des Sprudels sowie durch das Thal von Klein-Versailles ihren oro- graphischen Ausdruck finde. Das Centrum der heissen Wasser-Erup- tion, der Sprudel, liege im Kreuzungspunkte der Sprudelhauptspalte mit der Seitenspalte des Teplthales längs der Alten Wiese; alle anderen Quellen seien Nebenquellen auf Seiten- und Nebenspalten, welche ihr Wasser einer Communication dieser Spalten mit der Sprudelhauptspalte verdanken. Diese Darstellung gipfelt mit Bezug auf die vor Hochstetter zum Ausdrucke gelangten Ansichten über den geologischen Zusammen- hang der einzelnen Thermen in dem Satze: „Die Hoff’sche Quel- lenlinie') hat nur topographische Bedeutung, keine geologische“. Der wichtigen Studie, welche wir Prof. C. Naumann über die gegenseitigen Beziehungen der Karlsbader Granitvarietäten verdanken), ist auch anhangsweise eine kurze Darlegung „Ueber die Richtung der Quellenlinie in Karlsbad“ angefügt. Naumann controlirte eine Reihe von Richtungsbestimmungen verschiedener Quellenverbindungs- linien, und indem er die Abweichungen des Alignements derselben untereinander verglich, gelangte er zur Schlussfolgerung, „dass der eigentliche Sprudel, der Marktbrunnen, der Mühlbrunnen, der Bernhard- brunnen, die Felsenquelle und der Kaiserbrunnen sehr nahe längs einer und derselben Linie geordnet seien. Ja, selbst der weit südlich gelegene Sauerbrunnen (Dorotheenau) und die weit nördlich gelegene Eisenquelle fallen so nahe in dieselbe Linie, dass sie sich ‘) Als solche ist die Verbindungslinie des Sprudels mit dem Sauerbrunnen in der Dorotheenau zu verstehen, in deren V erlängerung auch die später gefundene Eisenquelle im Wiesenthale gelegen ist. v. Hoff, Geologische Bemerku ngen über Karlsbad, Gotha 1825. ’) „Ueberden Granit desKreuzberges bei Karlsbad“. (Mit 2 geol. Kartenskizzen.) Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1866. Naumann erkennt ganz bestimmt den Oharakter des feinkörnigen Granites, „dessen Auftreten in gangartigen Zügen und seine scharfe Trennung im Contaete mit dem grobkömnigen Granite zum Schlusse auf sein Jüngeres Alter berechtigen.“ Aber er fügt auch bezüglich der Altersverschiedenheit beider Granite weiter hinzu, „das ein langer Zeitraum ohnedies nicht zwischen ihrer Bildung liegen dürfte; sie verhielten sich zu einander wie so häufig die feinkörnigen und die erobkörnigen Granite einer und derselben (Gegend, "und seien wohl Jedenfalls mehr als successive (Glieder einer und derselben Granitformation, denn als zwei völlig verschiedene Formationen zu betrachten“. Damit ist auch für ihn die Ausscheidung nur zweier Granitvarietäten gerechtfertigt. Reyer’s lichtvolle genetische Darlegungen (Die Tektonik der Granitergüsse von Neudeck und Karlsbad. Jahrb. d. geol. RA. 1879. S. 405) haben gezeigt, wie sehr Naumann’s Auffassung der Wahrheit nahe kam, und ein Vergleich der Naumann ’schen Kartenskizze mit der neuen geolo- gise hen Karte Karlsbads von Fr. Teller (Tafel XIX) zeigt, mit welcher Präcision Na umann unter Benützung der ersten besseren Karte des Stadtgebletes (dem Fı nn Promenadenplane) damals schon die Abgrenzung der Granite vernahm [49] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 719 bei einem allgemeinen Ueberblicke recht wohl als deren beide Endpunkte betrachten lassen“!),. Naumann wendet sich aber auch bereits gegen die Zweitheilung des Quellenzuges im Sinne v. Hoch- stetter’s, indem er die ungenauen Richtungsangaben der von v. Hochstetter benützten Micoletzkyschen Karte durch die genaueren des Franieck’schen Planes corrigirt ?). Ich stelle die nachfolgenden Angaben Naumann’s in eine Tabelle zusammen. Quellenlinien auf Grund von Naumann’s Angaben. Aus nebenstehenden 5 | Differenz vom |) Werthen folet: Topographische | wahren Meridian j —- en Han Quellenlinie: nach Naumann’s) Wahres aus ı Beobachtungen | &* ' | Stunde des | | Azimuth | berem. Comp. Neubrunnen — Mühlbrunn — | Marktbrunn — Sprudel | — 27° 153° 100 3° (Fast genau in einer Linie) Felsenquelle — Bernhardsbr. — Neubrunn — 36° 144° 9h 9° ‘(Sehr nahe in 1 Gerade fallend) | ! Kaiserbrunn —- Felsenquelle — 39° | Held 9h 6° Mittlere Richtung = Oorri- | girte Hoff’sche Quellen- — 32 148° 9h 13° linie. | Das Resultat dieser Beobachtungen kleidet Naumann in die folgenden Worte: „Ist also die Annahme erlaubt, dass die Quellen- spalte vom Sprudel bis gegen den Kaiserbrunn ihre anfängliche Richtung um 12° ändert, so würden sich alle diese Quellen aus einer gemeinschaftlichen Spalte deriviren lassen, deren mittlere Streichrichtung etwa 32° vom Meridiane abweicht, also sehr nahe hora 11 ist. Die übrigen Quellen würden aus oberen Abzweigungen derselben Hauptspalte entspringen, in welcher tiefer abwärts die sämmtlichen Wässer ihren Lauf nehmen, während die hauptsächliche Wassereruption an der Stelle des Sprudels stattfindet.“ „Wir können daher bis auf Weiteres hora 11 als die eorrigirte Richtung der Hoffschen Quellenlinie be- u Ara. 0:8:32 8 f. ?) S. 34 sagt Naumann direct: „Uebrigens scheint sich die Existenz zweier nach hora 9 (oder hora 9'4) orientirter Quellenzüge selbst topographisch kaum nachweisen zu lassen, sobald man einen richtigen Plan von Karlsbad zum Anhaltspunkte nimmt,“ 93* 720 A. Rosiwal. [50] trachten“ '). In Bezug auf deren geotektonische Ursache ver- weist Naumann nur auf die Andeutung v. Warnsdorff's, dass sie der Erhebungslinie des Böhmerwaldes parallel laufe. Von einem späteren Beobachter und genauen Kenner der geo- logischen Verhältnisse des. Karlsbader Gebietes, Herrn Geologen F. Teller, wurde betont?), „dass die Thermalwässer auf Spalten eireuliren, die sich in ihrer Gesammtheit zu einer schmalen, aber auf eine Länge von nahezu 2 Kilometer zu verfolgenden Zone gruppiren*“. Herr Geologe Teller sagt weiter: „Diese Thermalzone streicht von SSO nach NNW und folgt somit einer Richtung, welcher bekanntlich in dem Gebirgsbau des Böhmerwaldes wie in jener des Erzgebirges eine hervorragende Bedeutung zukommt“. In dieser wie in der vorhergehenden Darlegung von C. Nau- mann ist jedenfalls ein Zurückgreifen auf die Ansicht v. Hoffs über die Lage der Quellen zu erblicken. Von welcher wesentlichen Bedeutung die Klärung der Frage nach dem präcisen, zunächst nur aus den Austrittspunkten der Quellen an die Oberfläche zu constatirenden Verlaufe der Thermalspalten ist, erhellet aus den für die Prophylaxe in Bezug auf den Thermenschutz sich hieraus ergebenden Folgerungen, welche Herrn Geologen Teller zum Vorschlage der Aufstellung eines Schutzrayons von elliptischem Umfange, der mit seiner, der Thermalspalte entsprechenden längeren Achse bis in das Erzgebirge reichen soll, bewogen haben. Aus diesen Gründen babe ich sofort versuchen müssen, an der Hand des genauen Stadtplanes und der darin angegebenen Quellen- ausbruchspunkte, Thatsachen, welche entweder für oder gegen eine der beiden divergirenden Ansichten über die Lage der Thermen sprechen könnten, zu sammeln. Das Ergebniss dieser Studien lässt sich in Folgendem übersichtlich zusammenstellen. B. Alle Thermen von Karlsbad liegen auf einer Hauptspalte, welche der Hoff’schen Quellenlinie entspricht. a) Quellenfunde nach Hoff. 1. Alsv. Hoff im Jahre 1825 seine „Geognostischen Bemerkungen über Karlsbad“ veröffentlichte, war als nördlichste der Quellen diejenige des Hospitals (Spitalbrunn) bekannt, der sich noch einige Anzeichen thermaler Aeusserungen im untersten Theile des Thales von Klein- Versailles gegen Nord anschlossen. Durch die Erschürfung der Militär- badehausquellen (Kaiserbrunnen und Hochbergerquelle) wurde die Ther- menlinie um 170n über den Spitalbrunnen nach NNW hinaus, durch .') Die Angabe „nahezu hora 11“ ist als observirter Werth des Jahres 1866 aufzufassen. Die aus den Azimuthe reducirte Stunde beträgt nur 9 h. 13° (5. Tabelle), was mit meinen Beobachtungen (s. w. u.) fast vollständig übereinstimmt, ) In dem Gutachten, das in der Aeusserung der Stadtgemeinde Karlsbad vom 18. November 1839 auf die Vorschläge des mit der Ueberwachung der Berg- baue und Kaolingruben im Schutzrayon betrauten bergbehördlichen Organes vom 25. August 1888 enthalten ist. S. Anhang 8. 773—774. [51] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 721 die Eisenquelle im Wiesenthale aber um weitere 587m in gleicher Richtung verlängert, während im äussersten SSO durch die 1884 er- schlossene Kronprinzessin Stephaniequelle, welche wieder in der Richtung der Hoff’schen Quellenlinie gelegen ist, eine Verlängerung um 69m über den von Hoff gekannten Endpunkt hinaus erfolgte. 2, Durch die letztgenannte der drei Quellen wurde die Hoff bekannte Länge der directen thermalen Aeusserungen, da der Sprudel bis zu dieser Zeit als südlichste der eigentlichen Thermen galt, auf fast das Dreifache d.i. von 400 auf 1100m verlängert. Denn die Stephaniequelle bildet durch ihre 22° C. betragende Temperatur und den im relativ gleichen Mengenverhältnisse wie beim Sprudel vorhandenen Gehalt an fixen Bestandtheilen eine Therme im eigentlichsten Sinne des Wortes, deren Zusammenhang mit den übrigen heissen Quellen chemisch auf das Bestimmteste erwiesen ist!). 3. Durch die angegebenen, nach Hoff gemachten Quellenfunde, welche aber durchwegs in der Richtung der von ihm aufgestellten Linie: Dorotheen-Sauerbrunn — Sprudel — Spitalquelle fielen, ver- grösserte sich die Entfernung der äussersten bekannten Punkte der thermalen Thätigkeit von 998 m (im Jahre 1825) auf 1324 im Jahre 1884, wuchs also auf fast die doppelte Länge. Es erübrigt nach diesen, an den äusseren Theilen der Hoff- schen Thermallinie gemachten, dieselbe so wesentlich erweiternden, sowie ihre Lage bestätigenden Wahrnehmungen noch, dem Verlaufe derselben im eigentlichen Quellenrayon von Karlsbad erhöhte Auf- merksamkeit zu schenken. b) Lage der Quellen im engeren Thermalgebiete von Karlsbad. Um die Richtungen, in welcher einzelne oft genannte Quellen- züge liegen, in Vergleich bringen zu können, wurden die folgenden genaueren Bestimmungen derselben auf dem neuen Stadtplane mit Hilfe der Boussolenbeobachtung durchgeführt und die im vorher- gehenden Abschnitte präeisirten Quellspaltenbeobachtungen in der nachstehenden Tabelle angefügt. ‘) Vgl. die ausführliche Analyse von Dr. L. Sipöcz: Ueber die chemische Zusammensetzung der neuen Mineralquelle in der Dorotheenau in Karlsbad. Karls- bad, Franieck 1386. Beweisend ist die dort von Sipöcz gegebene Tabelle der Verhältnisswerthe der Hauptbestandtheile, welche sich wie folgt darstellt: Sprudel Stephaniequelle nach Ludwigund nach Su, Mauthner “ Ipe* Gramme in 10.000 Theilen: Summe der festen Stoffe . . .. . . 55'165 38:2726 | enthalten Procente: Schwefelsäureanhydrid Es 2 2611 2622 | ER EFT HREN 11:46 11:40 ie | 3:27 | 3:72 RER er 1:44 1'45 ee N 44:82 44:26 [52] ?) Karte in: Sitzungsberichte d. Ak. d. Wiss. Wien, 1856, XX. Bd. °) Nach Schindler’s Situationsplan 1:2880. ’) Unter Zugrundelegung einer Declination von 9° westlich. (1893 4.) 722 A. Rosiwal. Tabelle der Azimuthe verschiedener Quellenlinien. Bezogen auf die Stundentheilung des bergmännischen Compasses. | I | | z lI= , | Name Hoff Hochstetter | Autor > = ge | || In 2.35 | Nr. || des Ben == | —— ae == (Quellenzuges 35 || 18562 | Ig7ga, | obser- | redu- |>453 | N > | 1825 || 1856°) | 1378°) | virt | eirt *) a=s=& | 7 Hofl’sche Quellen- S17’60| S 36° 0 S32" 10) ) Kronprinzessin | linie: | ER | Stephaniequelle— | Sprudel !) | | N35° w| Eisenquelle | , —Dorotheensäuer- | N u Weich 1. Nach Schindler’s | ling | gleich || gleich | gleich Karte | N | 10h5° | 911° | ) | 1 913° 2 Aus dem Stadt- I110h12°4|| 9u9® | | plane 1:500: || \ | | | ' 9h 109" | =. | 9b 12° SEE 2 1 Nah u m al ! Nebenzug* | | v. Hochstetter’s 1878; l ach s 0 | Kaiserbrunn— | 95° ||. 1082 98 Dahn Bernhardbrunn— | 5 Mühlbrunn | | | 3) „MWühlbrunn- RN BI NEE; | Nebenzug* | \ ıv.Hochstetter’s 1856, R hım 0 | "Paralleler Theil: = 109%, | SEITE \ Felsenquelle— | a | Ei aan 2 4 | Kaiserbrunn— | | ' Marktbrunn — har n11e | Ober. Zapfenloch 1025 911 y. | @prade) | | | 5 |, Sprudelhauptzug* | " v. Hochstetter’s: Is; (Springer | 90° 9h 1? 9b 11° | 2er Im [-%. Zapfenloch | | 9b 7° | 8h 14% || 129 184 Hygiea | | 9b, 0°..|: 8b, 6° Ve 3 | -Marktbrunnen- N | | 12 \- Unt.Zapfenloch ee 8h ‚80,1 Bug 7260) ' 6) Kaiserbrunn— | | | Sprudel— | | | Kohlensäure- | | | exhalationen in = | h 6° h 11° der Röhrengasse— | N = Se. s | | Stephaniequelle | \ (Corrig. Hoff’sche | | dnle, aus yE: BODA EUER \ a 9 7 | Spitalbrunnen— | | Schlossbrunnen | | 10h4° | 910° | — 1° ') A.a. ©. Tafel I. Ebendaraus entnahm Naumann 18° als Winkel mit dem Meridian. [53] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 72: | Name | Hoff: || Hochstetter | Autor Es Bi Quellenzuges 3: Fi 7g obser- | redu- |e5,<® N g 1825 1856 1878 an eirt. |E=Hs 8 | Quellenlinie der | | | Kreuz- u. Sprudel- l | | | gasse: „RotherStern*| Il 10%10° | 9h16° || + 5° (Nr. 92) — Haus Nr. | =(10% 1°) 141') r. Tepl- Ufer 7 9 | Verlängerung der eigentl. Thermen- | | linie nach Nord: 10 0 Ba re u SI FE 3 Eisenquelle— | | | Kaiserbrunn | Tabelle der Richtungen der beobachteten Quellspalten?). l ;E I re 1° | | | Differenz | | | von der Nr. Quellspalte observirt | redueirt | corrig. | Hoff’schen | | Linie 102112, Bussische' Krone“ '.'. ... . . 109% | | Er Ih 10h50 | gute | . 00 | | | | 11 | „Russ. Krone“ — „Hannover“ A. 106 7%, | | | ! 1 | | 8 (Aus dem Plane 1846 (Fig. I)... . | 10699 | 104° + 4° ı5 jAus dem Plane Hein’s | \ "= 1851 (Fig. 2) nahezu. } ca. 10. 9° | | 12 © parallel zur Oolonnade x 1073”, | 910° — 1° 8 [Gegen die „Stadt Paris“ em ie (Dr. Man) . } En | 'A \Aus dem Plane Renner’s (1879) . I 10W.12° | 102° || >46" | | ER FE ont 13 || Mühlbadgasse Nr. 16-610. - . . . -. | 10h 4°, | nl | 0° | | z um T E: = N sera 14 | Mohlbrunmen 2 se. oh | (9208 + 9° ' (Nach dem Plane Renner’s 1863) | (==4108 5°) | 3 I 5 j I 46) 15 | Untere Elisabeth- und Rn [ UHR, ll, > ;6° ia Sams, Kia 5.8, 715)... RT ae 0" ı (Nach dem Plane H. Göttls). ca. 10% || | 9h 6% | 5° | | 16 | Kaiserbrunnen er | 10» 7° ,| ‚9b 9 ee: \ (Hornsteingang nach Warnsdorff 1855) || | N ') Vgl. Becher, Karlsbad, S. 189, Tab. III (C). 2) Vgl. die Textfiguren 1-5 8. 705 , 707, 711 713 und 715. Als wesentliche Ergebnisse der in den vorstehenden Tabellen zusammengestellten Messungen sind anzuführen: (M. vgl. Die Uebersicht der Thermen auf der geologischen Karte von F. Teller Tafel XIX.) 1. Die Nichtübereinstimmung des von v. Hochstetter angenom- menen „Sprudel-Hauptzuges“ mit dem „Mühlbrunn-Neben- zuge“ in der Richtung. Die durch Messung für die beiden Hochstetter’schen Rich- tungen gefundenen Werthe sind (Vel. die Tabelle): Redue. Streichen nach dem Stadtplan 1:500 Mühlbrunn-Nebenzug 1856 5]... „oe x i 1878,12] = 2 Se Mittel 2. Ko, Sprudel-Hauptzug [5]: Oh 20 Schloss —Spr Be chlossbrunn— Sprudelquellen | (— 81 170) R — Oberer. Zapfen - . . .... sh 140 D) —Hygiea ') sd EHE N er re gh 60 Mittel .. :.-...'.... Seal Diese Differenz beträgt 12°, ist also gegenüber allen anderen Richtungsunterschieden (Vg ol. die letzte Columne der Tabellen) eine ganz allen grosse. (S. weiter unten Punkt 3.) Der Mühlbrunn-Nebenzu & (Kaiserbrunn — Bernhardsquelle — Mühlbrunn) schliesst sich mit seinem richtiggestellten Verlaufe in Stunde 9 und 8° [2] innig an die Richtung der Hoff’schen Quellen- linie (Stunde 9 und 11°) an. 2. Die Richtung der nach v. Hochstetter’'s Annahme mit ‘dem „Sprudelhauptzuge“ vollkommen parallel ziehen sollenden Linie: Felsenquelle — Mühlbrunn [3] fällt mit der Hoff’schen Richtung (9% 110) auf den Grad genau (hora 9, 10°) zusammen. Vollkommen ist dies bei der Verbindungslinie der am weitesten abstehenden Thermen: Kaiserbrunn—Marktbrunn—Sprudel der Fall (9% 11°) [4 u. 7), in deren genauer Verlängerung auch die Kohkenk säureexhalationen in der Röhrengasse (C.-Nr. 702 und 717) sowie die Kronprinzessin Stephanie-Quelle gelegen sind). 3. Der „Sprudel-Hauptzug“ v. Hochstetter’s ist nur als ein aliquoter Theil der ganzen einheitlichen Thermal- linie aufzufassen, der sich in die Verlängerung der Kaiserbrunn — Mühlbrunn-Linie zwanglos einfügt. Seine Abweichung (9" 20) von der Richtung der Hauptspalte ist einerseits durch die zu grosse 2) Yon dem doch auch zum Sprudelgebiete gehörigen Unteren Zapfenloche (Löwenzapfen) wurde ganz abgesehen. *) Dem gefundenen genauen Werthe von 9 hora 11 Grad entspricht die Correction, welche schon Naumann der Hoff’schen Linie gab, d. i. 91 13° (vgl. S. 719), auf das Beste. [55] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 125 Unbestimmtheit des einen Endpunktes, der Sprudelquellen, bedingt, als deren innerhalb der Sprudelschale wechselnden „Mittelpunkt“ auch v. Hochstetter bald die eigentlichen Sprudelquellen, bald das obere Zapfenloch in Berücksichtigung der Hygieenquellen wählte, andererseits aber durch die grosse Nähe des zweiten Fixpunktes — des Schlossbrunnens — bedingt. Nur selten liegen nämlich zwei be- nachbarte Quellen im genauen Streichen der Hauptrichtung, weil sie sonst unmittelbar aus derselben Felsspalte ausbrechen müssten, wie dies bei der „Russischen Krone“ oder am Felsabhange der Mühl- badgasse beobachtet wurde. Brechen sie aber, wie dies nach dem tektonischen Charakter einer Thermalspalte, wie jene Karlsbads ist, von vorneherein angenommen werden muss, aus einem Systeme von Klüften derselben Streichungsrichtung hervor, so können die Austrittspunkte nächstliegender Quellen in ihrer gegen- seitigen Lage erhebliche Richtungsabweichungen zeigen, ohne der Gesetzmässigkeit des Ganzen Eintrag zu thun. Was aber beim „Mühl- brunnzuge* Hochstetter’s nicht Wunder nimmt, — d. i. die vor- oder zurückspringende Lage einzelner Quellen (z. B. der Neubrunn mit östlicher, der Theresienbrunn mit westlicher Abweichung) — darf auch beim Schlossbrunnen der, wie die Quelle „zur Russischen Krone“, bergwärtshöher liegenden Quellspalten ange- hört, nicht befremden. Denn der Schlossbrunnen steht mit dem Sprudel tektonisch in keiner anderen Art von Verbindung, als etwa der Markt- oder Mühlbrunnen u. Ss. w.; desgleichen der Theresienbrunnen nicht. Das Argument v. Hochstetter's für eine bevorzugtere Verbindung desselben mit dem Sprudel, das Ausbleiben des Schloss- und des Theresienbrunnens im Jahre 1809, ist einfach als eine Folge der Spannungsverminderung durch den Sprudelausbruch, welcher diese am höchsten liegenden und desshalb empfindlichsten Brunnen am meisten betraf!), anzusehen. 4. Die sich aus v. Hochstetter’s Darstellung er- sebende Lücke zwischen den auf zwei „getrennten“ Spaltenzügen liegenden beiden Quellengruppen des Mühlbrunnens und Sprudels existirt nicht, da ‚die Quellenlinie der Mühlbadgasse (Häuser Nr. 610, 16, 3, 499) von der von Becher erwähnten „Felsenquelle* hinter dem Mühlbad- gebäude angefangen über die vorgenannten Häuser im Streichen der Hoff’schen Thermallinie, die Verbindung mit dem Marktbrunnen und weiter dem Sprudel, herstellt. Die Richtung der Quellenspalte des Mühlbrunnens (hora 11) weist aber geradezu nach dem Sprudel und zwar eher südlich von dem derzeitigen Ausbruchscentrum, als nach Hochstetter's Quellenlinie folgen müsste, bedeutend nördlich von demselben. 5. Das in Punkt 3 bereits erwähnte System paralleler Spalten, welches die Hauptspaltenrichtung in Stunde 9 und 11° (red.) begleitet, ist, wie die im ersten Theile ange- !) Beim Schlossbrunnen betrug die Depression 4° 9° (— 1:50 m) wie im Jahre 1823 durch Tieferlegung des Ausflusspunktes, eonstatirt werden konnte. Jahrbuch d..k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 94 796 A. Rosiwal. [56] führten Beobachtungen gelehrt haben (Nr. 10-15 der Quellspalten- | Tabelle) identisch mit den Quellspalten einzelner oder ganzer Gruppen von Thermen. Dadurch erklärt sich in erster Linie die seitliche Lage einzelner (Quellen, wenn auch der Einfluss von Spaltensystemen anderer Richtungen, deren Vorhandensein aus den Zerklüftungsrichtungen des Granites folgt, auf die Communication der Thermalwässer mit- wirken kann. Direct wurden Quellspalten in solchen abweichenden Richtungen im anstehenden Granitfels bisher nieht beobachtet. Indi- reet könnte z. B. aus der Abnahme des Schlossbrunnens beim Abteufen der Quellspalte der „Russischen Krone“ im Winter 1893/94 auf eine quer gegen die eigentliche Quellspalte verlaufende Verbindung, wie sie v. Hochstetter annahm, geschlossen werden. Indessen gibt die Spannungsverminderung bei Oeffnung communicirender Parallelspalten, die sich bei verschieden geneistem Einfallen in der Tiefe schneiden müssen, auch hiefür den naheliegendsten Erklärungsgrund. 3ei den Beobachtungen der. Zerklüftungsrichtungen des Granites in Karlsbad konnte ich neben der Richtung der Hauptspalte (h. 10 obs.) und jener der Seitenspalte des oberen Teplthales v. Hochstetber's (h. 2—3 obs.) auch noch ebenso häufig überall die Richtung in Stunde 6—7 (obs.) feststellen. (Vgl. die Tafel XVII, Bauplatz der „Krone“. 6. Als von der Thermalspalte in gegenwärtiger Zeit am ent- ferntesten liegende Parallelspalte wäre im Osten die Quellenlinie der Kreuz- und Sprudelgasse am Fusse des Felsgehänges des rechten Tepl- Ufers (Linie: Quelle im Hause „Zum rothen Stern* — Alter Thermalausfluss unter dem Hause Nr. 52/141) mit dem Azimuth von hora 10 und 1° [Nr. 9] zu betrachten. Im Westen findet sich ausserhalb der Spital—Schlossbrunnlinie noch die ausgezeichnete Parallelspalte der „Russischen Krone*, und eine kleine Quellader an der Rückseite des Hauses „Stadt Hannover“. Sieht man von den innerhalb der Sprudelschale stattfindenden Ortsveränderungen der Sprudelquellen selbst ab, so kann man aus der Entfernung der oben genannten äussersten Quellspalten im an- stehenden Granitfels auf eine Breite der ganzen Spalten- zone von 150 m schliessen. Eine ungefähr gleiche Breite senkrecht zur Thermallinie nimmt aber auch der Raum ein, innerhalb dessen die Sprudelquellen selbst im letzten Jahrhunderte durch die Sprudelschale emporbrachen. (Haus Nr. 378 mit einem verbauten Sprudelauslauf im Souterrain bis zu den untersten Ausbruchsstellen im Teplbette.) Die Erstreckung der Sprudelschale längs der alten Wiese, und. am gegenüberliegenden Tepl-Ufer bis jenseits des Theaters lässt allerdings auf eine in früherer Zeit noch grössere Breiten-Ausdehnung der Thermalzone schliessen. Auf Grund der Detailaufnahme der Grenzen der Sprudelschale, welehe Teller durchführte (siehe die geolog. Karte Tafel XIX), würde sich diese Breite auf 380 m erhöhen. Im Zusammenhalte mit dem Umstande, dass auch jetzt noch am linken Tepl-Ufer bergwärts so hoch liegende Thermalausflüsse ):Becher. 8..189:IJ], Tab TH. (0): Fuel h F R > [57] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Tan wie jene des Schlossbrunnens, der „Russ. Krone“ ete. stattfinden, erscheint das Abwärtswandern des Sprudels, der früher, allerdings in weit zurückliegender vorhistorischer Zeit, in höherem Niveau weiter teplaufwärts ausbrach, als eine kaum anzuzweifelnde Thatsache '). An die Erkenntniss einer ziemlich bedeutenden lateralen Ausbreitung der Spaltenzone innerhalb Karlsbads muss sich aber der Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit schliessen, dass nicht nur die in der gegen- wärtigen Thermalzone und ihrer Verlängerung liegenden Gebiete, sondern auch deren Nachbarschaft in den Circulationsbereich der thermalen Wässer fallen. Dort, wo dieTeplin die Spaltenzone einschneidet, ist sonach der:Ort der Thermalquellen. Dies gilt für die südöstlichste der Thermen, die Stephaniequelle, ebenso wie für die Quellen innerhalb der Stadt Karls- bad selbst. 7. Resume. Auf Grund der in den vorstehenden Punkten an- geführten Detailbeobachtungen komme ich zu dem Schlusse, dass alle Thermen von Karlsbad auf einem Systeme paralleler Spalten liegen, welche im Mittel 'nach Stunde 10 (genau hora 119%), also nach der Hoff’schen Quellenlinie verlaufen. Ihre Gesammtheit bildet zur Zeit eine eirca 150 m breite, von Thermalwasser er- füllte Zone, welche überall dort, wo sie einem unter 390 m Meereshöhe — dem obersten Niveau, bis zu welchem, das Wasser gsegenwärtis cespannht ist — emschnmeidenden Angriife aussesetzt erscheint, die Thermen freigibt. Das Teplthal bildet einen solchen natürlichen Einschnitt. Die Länge der Spaltenzone ist gegenwärtig auf 1825 m mit Sicherheit zu verfolgen. (Vergl. die Uebersicht der Karlsbader Thermen auf der geologischen Karte, Taf. XIX.) III. Massnahmen zur Erweiterung unserer Kenntnisse über die Topik der Thermen und zu deren genauer Evidenzhaltung. A. General-Quellenplan. Die Nothwendigkeit der Herstellung einer genauen kartographi- schen Darstellung der gegenwärtigen Kenntnisse über die örtlichen Verhältnisse an den Thermen wurde eingangs dieses Theiles (Vgl. S. 700) betont, und ist durch die Art der in diesem Theile erörterten Be- obachtungen und der davon abhängigen Folgerungen wohl hinlänglich begründet. !) Ueber die Schlüsse, welche in dieser Beziehung auf das Alter des Sprudels gezogen werden können, habe ich mich an anderer Stelle ausgesprochen. (Schriften des Ver. zur Verbr. naturw. Kenntn..35. Bd. 1895. Anhang.) 94* 728 "A. Rosiwal. [58] Als ersten Versuch einer solchen, weitergehenden Ansprüchen auf die Präeision der Darstellung genügenden Quellenkarte habe ich das mir vom löblichen Stadtrathe Karlsbad freundlichst zur Verfügung gestellte Exemplar des neuen Stadtplanes meinem Originalberichte angeschlossen. Es soll den Anfang einer umfassenderen Wieder- gabe aller auf die Quellen Bezug nehmenden Momente in plan- mässiger, auf der neuen Stadtaufnahme 1:500 fussender Darstellung bilden und soll enthalten: 1. Die durch Cöten in der Situation wie im Niveau präeisirte Lage der Fassungsstelle Jeder Quelle, sowie ihres Ausflusspunktes. 2. Die örtliche Angabe aller früheren Sprudelausbrüche, sowie aller jetzt noch ausser den eigentlichen Heilquellen beobachteten Quelladern mit Rücksicht auf deren Ergiebigkeit, welche durch eine sraduell abgestufte schematische Darstellung anzudeuten wäre. Die mindestens in der Situation anzugebende Lage jeder, von Alters her bekannt gewesenen Thermalader, wenn sie entweder aus der älteren Literatur!) oder durch die Tradition mit genügender Schärfe zu ermitteln ist. 4. Die Ortsangabe früher beobachteter oder jetzt noch bemerk- barer Kohlensäureexhalationen und im Zusammenhange damit Die Verzeichnung aller Säuerlinge und verwandter Erscheinungen. . 6. Die Angabe der Streichungsrichtung der beobachteten Quell- spalten und deren Verflächen. An diesen Punkt würde sich eine Detailaufnahme des Spalten- netzes nicht nur innerhalb der Thermalzone, sondern im Granite des ganzen Karlsbader Stadtgebietes anschliessen, von welcher später die Rede sein soll. Umfassende Vorarbeiten in dieser Richtung liegen bereits in der geologischen Karte Fr. Teller’s vor. 7. Die Angabe früherer thermaler Thätigkeit: Grenzen der Sprudelschale, Reste von Sinterbildungen, Ocherklüfte und der Hornsteingänge im Granite als Leitfäden für dessen Zerklüftung. S. Endlich die Einzeichnung der im Folgenden näher zu be- gründenden Temperaturbestimmungen zur Ermittlung von Boden- isothermen. Dieser Quellenplan wäre in mehreren Exemplaren anzufertigen, auf den gegenwärtigen Stand unserer Kenntniss zu vervollständigen und durch die in Punkt 6 und 3 angeregten neuen Beobachtungen in der Folgezeit zu ergänzen. Er hat die Zusammenfassung aller bisher nur zer- streutenBeobachtungenüberdaszuschützendeObject: die Thermen und ihre Aeusserungen in authentischer Form zu enthalten und diese selbst in technisch und wissenschaftlich präciser Weise zu definiren. ') Zumal aus den ausführlichen Abhandlungen und Tafeln der Werke von Summer, Becher, v. Hoff u. s. w. [59] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 129 B. Specialpläne. Wie bisher in mehrfachen Fällen über Beschluss der betreffen- den Commissionen specielle Pläne der örtlichen Verhältnisse einzelner Thermen in grösserem Massstabe angefertigt wurden, welche nach- träglich Schlüsse aus den festgestellten Daten zu ziehen erlaubten (vergl. die im Punkte I angeführten Details über die Schlossbrunn- und Mühlbrunnspalte), so sollen in Hinkunft principiell über alle anlässlich baulicher Herstellungen im Thermalgebiete gewonnenen Auf- schlüsse Pläne im grösserem Massstabe (etwa 1:100 bis 1:50), in besonders wichtigen Fällen unter Intervention eines geologischen Sach- verständigen angefertigt werden. Dieselben hätten ausser den technischen Details der Verbauungs- oder Fassungsweise zu enthalten: 1. Die genaue mit Dimensionscöten versehene Aufnahme von (Juellspalten, ihrer Richtung und Neigung und die eventuelle Circula- tionsbewegung des in ihnen enthaltenen Thermalwassers; 2. Menge und Temperatur des letzteren; 3. die Bezeichnung der Punkte, von welchen charakteristische Gesteinsproben oder andere Bodenarten entnommen worden sind, welche als Belegstücke in einer noch zu schaffenden Abtheilung des städtischen Museums aufzubewahren wären; 4. im Falle gänzlichen Verbauss der Quelle eine Spannungs- messung durch Beobachtung der Steighöhe der zu diesem Zwecke provisorisch gefassten Quellader; 5. Angabe der Stellen, wo deutliche Kohlensäure-Exhalationen, bezw. temporäre Bildung von Säuerlingen beobachtbar sind; 6. Eintragung von Gesteinswechsel, Sinterabsätzen, Hornstein- gängen u. dgl. in allem Detail, soweit dieses in dem Generalplane nicht zum Ausdrucke gelangen kann. Im Allgemeinen soll diesen Detailplänen das Bestreben zugrunde gelegt werden, alle Umstände, welche immer in Bezug auf die Thermen von Belang sein könnten, während der Zeit des Aufschlusses zu erheben, damit die Beobachtungen während solcher nur temporär vorfallender, durch Bauanlagen bedingter Verritzungen bleibenden Werth erlangen. Diese Detailpläne sammt textlichen Erläuterungen wären in eine eigene Abtheilung des städtischen Archives zu vereinigen, welcher auch alle auf die Thermen bezüglichen, gegenwärtig vorhandenen Baupläne oder deren Copien einzuverleiben sind. C. Ueber die detaillirte Beobachtung der Zerklüftungs- richtungen des Karlsbader Granites und neu aufzustellende Messungen der Bodentemperatur. L Im Abschnitte A. wurde als Erforderniss für die Vollständigkeit des Generalquellenplanes zunächst unter Punkt 6 auch eine Detail- aufnahme der Zerklüftungsrichtungen des Granites 7130 A. Rosiwal. [160] angeführt, deren thunlichst genaue (nicht approximative) Richtung an möglichst vielen Punkten bestimmt und in den Plan eingetragen werden soll Diese Feststellungen erscheinen nicht nur für die mögliche Verbindungsrichtung der einzelnen, bisher nur vom topo- graphischen Standpunkte ihres Ausbruchspunktes zu .beurtheilenden (uellen von Belang, sondern sie sollen alle an der Oberfläche er- mittelbaren thatsächlichen Momente zusammenfassen, welche für eine Tektonik des ganzen Quellspaltensystems die Basis bilden könnten. Ob dieses Resultat mit Sicherheit zu gewinnen sein wird, lässt sich gegenwärtig nicht voraussagen; jedenfalls aber bilden diese Erhe- bungen einen unerlässlichen Factor für alle die Art des Auftretens der Thermen und ihre unterirdischen Circulationsverhältnisse im Detail zu erklären strebenden geologischen Untersuchungen. Die im folgenden Abschnitt noch zu präcisirenden gleich- artigenParalleluntersuchungenim Gebietedesvonder Bergindustrie angefahrenen oder abgebauten Grund- gebirges machen diese Art der Erhebung in Karlsbad selbst un- bedingt nöthig. Ich würde demnach vorschlagen, in Vervollständigung der bisher nur orientirenden Spaltenaufnahmen v. Hochstetter’s, an die sich meine eigenen Beobachtungen (s. oben die Tabellen S. 722, 725) anschlos- sen, und welche durch die zahlreichen Beobachtungen des Herrn Geologen Teller, die dessen geologische Karte enthält, eine weitere wesent- liche Ergänzung erfahren haben, detaillirte derartige Aufnahmen mit möglichster Genauigkeit im ganzen Stadtgebiete von Karlsbad unter Intervention eines Geologen vorzunehmen. Die Angaben auf dem (Juellenplane haben Richtung, Neigung und nach einem noch fest- zustellenden Schema — etwa durch mehr oder minder dichte Parallel- schratfen in der Spaltenrichtung — auch die Häufigkeit, beziehungs- weise Vollkommenheit der Klüfte zu enthalten. HM. Eine weitere wichtig erscheinende Art von Untersuchungen, welche allen divergirenden Anschauungen über die Art des Verbandes der Thermen untereinander ein Ende bereiten könnte '), wäre die Anstellung möglichst zahlreicher Messungen der Bodentempe- ratur. Auf Grund derselben wäre man im Stande, die Linien gleicher Bodentemperatur (Bodenisothermen) zu construiren, deren Verlauf wohl endgiltig die oben berührte Frage der Existenz einer oder mehrerer Hauptthermalspalten zu lösen gestatten würde. Das an anderen Orten in Anwendung gebrachte sehr zweckent- sprechende Verfahren der Temperaturmessung aller Brunnen- wässer?) als Massstab für die Bodentemperatur ist wohl nur für ') Welche also hauptsächlich über die von Naumann, Teller und dem Autor angefochtene Existenz des Zweispaltensystems v. Hochstetter’s mit zu entscheiden hätte. °?) Man vergleiche ‘als Beispiel einer solchen Darste'lung die Thermalkarte von Baden bei Wien, welche auf Grund der Temperaturmessung aller Brunnen dieser Stadt durch L. Jellinek von Prof, E. Suess entworfen wurde. Abhand- [61] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 131 einen kleinen Theil von Karlsbad und für von der Thermalzone zumeist fernab liegende Oertlichkeiten durchführbar. Der Mangel solcher sozusagen vorbereiteter Messpunkte macht daher die Erhebungen weit schwieriger, und wird es grösserer Zeiträume bedürfen, das Netz von Beobachtungspunkten genügend dicht zu gestalten, um an die Con- struetion der Isothermen schreiten zu können. Da der Einfluss der. jeweiligen Lufttemperatur natürlich umso grösser ist, in je geringerer Tiefe die Messung der Bodentemperatur stattfindet, so schlage ich zunächst vor, die Keilersohle aller mit, einem Souterrain versehenen Häuser auf ihre Temperatur zu prüfen. Die betreffenden Messungen hätten unter Anwendung der fol- senden. Methode bei Beobachtung gewisser Vorsichtsmassregeln zu geschehen: 1. An einer dem Luftzuge möglichst wenig ausgesetzten Stelle der Kellersohle wird ein etwa !/, Meter tiefes Loch gebohrt, das gerade hinreicht, um das Thermometer einsenken zu können. Die Zwischenräume zwischen Thermometer und Bohrlochwandung sind mit einem gutleitenden Pulver, etwa Eisenfeile auszufüllen. 2. Die Ablesung erfolgt bei stationär gewordenem Stande?) oder besser unter Anwendung eines Maximalthermometers, ddas vor dem Einsenken künstlich unter die Bodentemperatur abge- kühlt wurde. 3. Die Lufttemperatur ist gleichzeitig zu beobachten und zu registriren. 4. Zur Messung eignen sich vorzüglich die späteren Nachmittags- stunden und nur solche Jahreszeiten, wo die Schwankungen der Tages- temperatur geringe sind. Gleichmässig warme Tage von 16 —20° R. sind hiezu am besten tauglich. 5. Die Tiefe des Messungspunktes unter dem Strassenniveau ist zu bestimmen. 6. An mehreren solchen Messungspunkten ist durch Messungen bei verschiedener Lufttemperatur die Art der Abhängigkeit von der- selben experimentell zu bestimmen, um an den Messungsresultaten eventuell die nöthigen Correcturen anbringen zu können. 7. Für Messungen auf Felsboden, in welchen ein Bohr- loch abzuteufen zu umständlich wäre, würde sich ein den Boden nur wenig nachnehmendes Verfahren empfehlen, das die Temperatur des- selben durch eine gutleitende Substanz (Eisenfeile) auf das Thermo- metergefäss überträgt, welches sowie die nächste Partie des Bodens durch Wärmeisolatoren geschützt wird. Die nach vorstehender Angabe durchzuführenden Messungen werden für den verbauten Theil des Karlsbader Stadt- lungen der k. k. geol. R.-A., Band IX, 1877, Taf. XITI. in „Geologie der Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung“* von F. Karrer. ») Wobei zur Sicherheit eine Isolation der Quecksilberkugel etwa nach Art der von Oberingenieur J. Wagner angegebenen, Oel enthaltenden Hülse ange- bracht werden könnte, (Vergl. Jahrb. der geol. R.-A. 1834. S. 744.) 132 A. Rosiwal. [62] geebietes in voraussichtlich genügender Menge Beobachtungspunkte für die Construction einer Bodenisothermenkarte bieten. Soll dieselbe aber für die Feststellung des im ersten Theile begründeten Verlaufes und insbesondere der Verlängerung der Thermalspalte massgebende Bedeutung erlangen, so wird es nöthig sein, analoge Beobachtungen nicht nur in Karlsbad, sondern auch m den Gebieten des Kaolin- und Kohlenbergbaues anzustellen, worauf im folgenden Abschnitte des Näheren eingegangen werden soll. Um die räumliche Continuität der Bodentemperaturmessungen zu sichern, müssen dieselben auch im Norden von Karlsbad, dies- wie jenseits der Eger vor- senommen werden, also im Gebiete der Gemeinden Fischern, Drahowitz, den Bahnhofanlagen der Buschtiehrader Eisenbahn, sowie in Zettlitz, Weheditz und Ottowitz. Die soleherart gewonnenen Resultate, soweit sie die Messungen von Brunnenwassertemperaturen und der Bodenwärme von Keller- räumen umfassen, werden im günstigen Falle entweder direete Schlüsse zu ziehen gestatten oder weitere Anhaltspunkte für eine eventuelle Ergänzung durch auf andere Weise zu ermittelnde Bodentemperaturs- beobachtungen liefern. Ihre Durchführung erscheint mir als ein Mittel, um möglicher Weise auf dem Wege direeter Beobachtung das voraussichtliche VUeber- sreifen der Thermallinie in das durch den Bergbau bezüglich des unveränderten Bestandes der gegen- wärtig massgebenden Grundwasserverhältnisse be- drohte Gebiet festzustellen, und daher vom Stand- punkte erweiterter prophylaktischer Massnahmen in Bezug auf den Thermenschutz dringend erwünscht. [63] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 33 III. Theil. Thermen und Bergbau. I. Ueber die Beziehungen der Thermen zum Braun- kohlenbergbau und der Kaolingewinnung. Die in den beiden ersten Theilen behandelten Fragen geben die Resultate der auf die Thermen Bezug habenden: Beobachtungen wieder, welche ich zum Theile während meines Aufenthaltes in Karls- bad selbst, theils nachträglich auf Grund des mir zur Verfügung ge- stellten Materiales anzustellen in der Lage war. Sie betreffen die Studien an dem zu schützenden ‘OÖbjecte selbst, die Präcisirung desselben nach Raum und Quantität durch erweiterte und schärfere Beobachtung. Der Zweck ist dabei ein doppelter: Einerseits die fortschreitende Kenntniss des Wesens und der Cireulation der Karlsbader Thermen auf Grund beobachteter Thatsachen und ohne Zuhilfenahme hypo- thetischer Annahmen, andererseits die verschärfte Beobachtung der- selben behufs der Ermöglichung, etwaige durch irgendwelche Ein- griffe in das Quellenregime verursachte, selbst minder tiefgehende Störungen sofort zu erkennen. Der erste Zweck ist grundlegend für die Art der zu ergreifenden Schutzmassregeln; der zweite hat die wichtige Bestimmung, die supponirten und durch eine Reihe von Be- obachtungen bislang erst als wahrscheinlich erscheinenden Be- ziehungen zwischen Thermen und Grubenwässern, möglicherweise durch directe Beobachtung der Abhängigkeit zur Gewissheit zu machen. Diese Untersuchungen wären indessen einseitig und ihre Ver- besserung von nur halbem Werthe, wenn sie nicht auch in das Gebiet hinübergreifen würden, in welchem sich der Bergbau bewegt. Erst im Zusammenhalte der im Laufe der Zeit sowohl im Thermengebiete wie dort gemachten Wahrnehmungen kann unsere derzeitige zwar begrün- dete, aber noch nicht erwiesene Annahme ihre Bestätigung finden. Je allmählicher diese Bestätigung erfolgt, desto besser ist dies selbst- redend für den ungeschmälerten Bestand der zu schützenden Thermen. und es wird ein Massstab für die Zweekmässigkeit der ergriffenen prophylaktischen Massregeln sein, wenn die vermuthete Erstreckung der Thermalspalte bis in das Terrain des Bergbaues sich nicht plötz- lich als folgenschwere Gewissheit darstellt. Die letzteren sollen indessen nicht blossen Befürchtungen aus Anlass der anderweitig eingetretenen Schädigung von Thermalquellen entspringen, sondern auf denjenigen Gründen basiren, welche die geologischen Verhält- nisse des Karlsbader Thermalbezirkes und der Bergbaugebiete sowie hierauf bezügliche bereits gemachte Erfahrungen an die Hand geben. Aus den wiederholten Erörterungen über diese Frage lässt sich gegen- wärtig das folgende Bild gewinnen, welches in Kürze zusammengefasst den neu in Vorschlag zu bringenden Massnahmen als Einleitung voraus- geschickt werden soll. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 95 734 A. Rosiwal. [64] A. Geologische Uebersicht. In den folgenden Punkten sollen jene Erfahrungen über den »eologischen Aufbau des Karlsbader Thermal- und Bergbaubezirkes angeführt werden, über deren Deutung in den Fachkreisen volle Einig- keit herrscht). 1. Das Circulationsgebiet der Thermen bilden Spalten im Granite des Karlsbader Gebirges, welche mit Rücksicht auf die Temperatur des Sprudels mindestens in eine Tiefe von 2000 m reichen müssen ?). Die wesentlichste Richtung dieser Spalten folet der Stunde 10 (genau 9" 11° red.), und ist ausgedrückt durch die Verbindung der am fernsten von einander abliegenden Thermen, sowie durch die oro- graphische Lage eines Theiles des Teplithales. 2. Die geologische Verbindung des Karlsbader Granites mit dem Granite des Erzgebirges stellt das Granitgrundgebirge des Falkenau- Elbogen-Karlsbader Braunkohlenbeckens dar, welches als ein um ca. 300 ın (Maximum 400 m) tiefer gerücktes Bruchstück der ganzen Erz- sebirgs-Karlsbader Granitmasse zu betrachten ist. 3. Dieser Niveauverschiebung verdanken die Bildungen der unteren — „vorbasaltischen“ — Braunkohlenformation im Falkenau- Elbogener Becken mit ihren Braunkohlenflötzen ihre Erhaltung, während sie auf der Höhe des Karlsbader Gebirges, das sie einstmals bedeckten, bis auf geringe Denudationsreste verschwunden sind. Ueber dieselben lagerten sich vielerorts 4 die Basalte und Basalttuffe ab, deren Eruption der Zeit nach in die Mitte der Braunkohlenformation fiel, und deren Empordringen in ursächlichem Zusammenhange mit der in Punkt 2 genannten Niveau- verschiebung, dem „Einbruche“ des mittleren Granitkörpers zwischen Erzgebirge und Karlsbader Gebirge und damit der Entstehung des Falkenau-Karlsbader Beckens steht. 5. Die darauffolgenden Ablagerungen der oberen oder „nachba- saltischen“ Braunkohlenformation enthalten wie z. Thl. die vorige Stufe mehr oder weniger mächtige Lignitflötze und bilden die obersten Schichten, welehe nur innerhalb der Grenzen der neugebildeten Süss- wasserbecken im tiefer gelegten Niveau entstanden sind. 6. Die Oberfläche des Granitgrundgebirges an der Basis des Braunkohlenbeckens ist eine undulirte (eine alte Denudationsfläche) mit Erhebungen und Vertiefungen, in welchen sich die Schichten der Braun- kohlenformation abgelagert haben. Sein Relief ist ebenso wechselnd, wie dort, wo es von den Jüngeren Ablagerungen entblösst ist, im Karlsbader- ') Die folgende kurze Zusammenfassung möge mit Rücksicht auf ausserhalb der geologischen Fachkreise stehende Leser zur Einschaltung gelangen, um zusammen mit den Darlegungen des Abschnittes B die späteren Erörterungen zu erklären. °) Es ist für unsere Frage irrelevant, einerseits ob das von v. Hochstetter diesem Werthe zugrunde gelegte Mass der geothermischen Tiefenstufe in grösseren Tiefen möglicherweise zu gering wird, da die Gesammttiefe für die Sprudeltempe- ratur in diesem Falle noch steigt; andererseits, ob es nicht das Wasser selbst ist, sondern die als Wärmebringerin functionirende Exhalation, die ja wesentlich auch aus Wasserdampf bestehen muss, da die Kohlensäure allein für die erforderlichen Wärmemengen bei weitem nicht ausreicht. (Vgl. bezügliche Angaben im Anhange meines Vortrages über Karlsbad. Ver. z. Verbr. naturw. Kenntn. 35. Bd. 1895.) [65] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 7135 und Erzgebirge selbst. An mehreren Stellen ragen daher Erhebungen des Granites im Braunkohlenbecken inselartig aus den Ablagerungen dieser Formation empor und bilden somit ober Tag sichtbare Ver- bindungsglieder derselben geologischen Einheit, aus welcher das Nord- wie das Südufer sowie der ganze Bodengrund im östlichen Theile des einst bestandenen Braunkohlensees gebildet sind. Dasselbe granitische Liegendgebirge stellt aber auch sammt den darauf erfolgten Ablage- rungen der unteren Braunkohlenformation ein Senkungsgebiet dar (Punkt 2); es wird daher von vielfachen Verwerfungen, die vorwiegend den Muldenrändern folgen müssen, durchzogen und gegen das Innere der Mulde hin gleichsam „abgetreppt“ sein. Erst über diese abge- sunkenen Terrainschollen haben sich die Lignite der mittleren und oberen Braunkohlenformation (Punkt 5) und deren Decke abgelagert. 7. Der Kaolin ist an Ort und Stelle durch Zersetzung der Feld- spathe aus dem Granite entstanden und geht nach der Tiefe zu all- mählich in den festen Granit über. Eine Umschwemmung ist dabei nur ganz lokal zu beobachten, wesshalb die Kaolinlager als zwar chemisch veränderte, aber nicht geologisch differente Theile des Grund- gebirges zu betrachten sind. B. Geologische Kriterien des Braunkohlenbergbaues und der Baue auf Kaolin. Aus den vorstehend angeführten kurzen Daten geht hervor, dass die beiden bergmännisch gewonnenen Rohstoffe mit Rücksicht auf ihre geologische Stellung von wesentlich verschiedener Art sind. Diesem Umstande ist bei jeglicher, zum Schutze der Thermen unter- nommenen Massregel in erster Linie Rechnung zu tragen, wesshalb an dieser Stelle noch auf einige specielle Kriterien dieser beiden Zweige der Bergindustrie in Bezug auf die Geologie ihrer Lagerstätten kurz hingewiesen sein mag. Ein ganz allgemein gehaltenes, der Uebersicht dienendes Bild gibt von diesem Theile des Erzgebirges und Karlsbader- beziehungs- weise Kaiserwaldgebirges ein von Prof. Dr. G. Laube construirtes Profil, welches sich in seinen eingangs erwähnten „Geolog. Excur- sionen ete.“ auf Taf. II, Fig. 4 befindet. Man ersieht daraus die muldenförmige Einlagerung der Braun- kohlenformation in die beckenförmig vertieften Stellen des Granites, ferner die Undulationen der Oberfläche desselben, welche an den Stellen geringer Tiefe die Kaolinbaue trägt. Auf Grund der Angaben der Schardinger’schen Uebersichts- karte der Braunkohlenbergreviere von Elbogen-Karlsbad habe ich versucht, diese Profillinie im Detail näher auszugestalten und wurde diese dem Originalberichte in dem Längenmassstabe der genannten Karte beigegeben. Als eine zweite von der vorigen wenig ab- weichende Profillinie wurde noch die Richtung der Thermenlinie von Karlsbad und ihre Verlängerung gewählt, so dass durch diese beiden erweiterten Profile und die als Situation hiezu einzusehende Karte Schardinger’s die folgenden Darlegungen ihre graphische Erläuterung finden mögen. Freilich muss hierzu noch bemerkt werden, 95* [66] A. Rosiwal. Fig. 7. Profil in der Richtung der Karlsbader Thermalspalte hora 9 Wilhel- minen- - Katharina- a Zeche Zeche 3 ° —— = S 3 os = = Fe 5 ae ee <—€ Sittmesgrün. a - er re ee u 5 7 E85 SOrSH4 SE = “rn oe 3 Ssanm"o,. < z . —_ 32 EN EN = 4 NA SI = ze AsSssn En nt a RT En TE en ”- Bo vn Fe he | +8 ai -_ . 08 u ‚r See re Er) in ca ri co” Mm HıaanNnH ee: ; eh \ nn 450 a ' Ä a tt ’ Ü h 1 h | i a ! ’ 2 ’ N H H ' 400 Fr B 1 7 ua 7) 360 320 23 K (2:9) 397. IS o S 7 = - ae s an un = SE E m n = 2 2 Sy ei ee 7 2 2 - >80 ) nn fe 21 _ f : ' f : ! { H i H r ’ ’ % D | h Da i ' ’ lt ! H ’ ' 1 N ’ f on’ EZ UA =) Schlossberg. Sprudel 381 m. Fu und 11° (red.). Laurenzi Berg. Tepl. hen E = an BZ S iz] N S sl na R x =3 u = . 9 ” zs 1221 = Erklärung: Rx & EIS A) . .. ” .. . no) . 2 Farblos: Granit allmählich übergehend in =“ Wirr strichlirt: Kaolin. Lagenweise strichlirt: Untere- Dünne schiefe Schraffen: Mittlere- r ; Braunkohlenformation. und Obere- Gekreuzt schraffirt: Lienit- ab — Niveau des Normalpunktes der Teplmündung — 360 m an- genommen. (Neuere Niveaucöte 371'203 m.) Die Zahlen vor K. (Kohle), Ka. (Kaolin) und Gr. (Granit) bedeuten die Teufe des Flötzes ete. unterhalb der Terrainoberfläche, die nach- gestellten Zahlen die Seehöhe des Daches der aufgeschlossenen Schichte. Die Zahlen in Klammern bedeuten die Mächtigkeit. Längen: 1:81.500; 5 I 10 11 3 45678910 Quellen: Wassereinbruch P. 62 Zettlitz ( Wassereinbruch (Johannizeche) Fisennuella 7 2.0.2 0 0% Kaiserbrunnen #2 ..2 22.0.2, Curhausquelle BR re Eu Theresiengnelles. 2 22. =, Mühlbrunnden m = er =: Schlossbrumen . . . ... Marktbrunnen . Sprudelquellen 3; Dorotheen-Säuerling . . 12 Kronprinzessin Stephanie-Qunelle Höhen ca. fünffach. Einig keits- Jıeche) Liter Meter 377 337 395 373 375 383 377 392 379 381 391 381 [67] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 137 dass auch diese beiden Zeichnungen nur generell aufzufassen sind, da die zur Grundlage genommenen Angaben Schardinger’s bei aller Reichhaltigkeit für diesen Zweck doch zu spärliche genannt werden müssen. Eine genaue Darstellung dieser Art setzt nicht nur die Kenntniss aller Grubenpläne und Bohrprofile voraus, über welche ich zur Zeit nicht verfüge, sondern auch zahlreiche Terrainbegehungen zum Zwecke geologischer Untersuchungen über Tag. Eine Reduction der beiden Profile stellen die beiden Text- figuren Fig. 7 und 8 dar. FErstere gibt den Durchschnitt in der Richtung der Thermenlinie durch das Tepl- über das Egerthal und durch die ganze Karlsbader Braunkohlenmulde bis zum Südfusse des Erzgebirges bei Sittmesgrün. Die Mulde dürfte in dieser Richtung wohl kaum besondere Tiefen erreichen, denn bei Zettlitz ist der Liegendkaolin in der Nähe des dortigen Granitrückens in wenig tiefen Schächten überall im Abbaue. Jenseits .des Meierhofes Prem- lowitz fehlen Angaben über die Tiefe des Grundgebirges. Aus Schardinger's Karte sind die Angaben der Teufen der Lignit- flötze der Katharina- und Wilhelminen-Zeche zur Construction des Profiles verwendet worden. Die beiden östlich von der Profillinie gelegenen Wassereinbrüche der Einigkeitszeche im Granit (1) und der Johanni-Braunkohlenzeche an einer Verwerfungsstelle der Kohle (2) sind zur Beurtheilung ihres Niveaus in die Profilrichtung projieirt worden und markiren die bisher gefundenen Stellen grosser Wasser- führung im Gebiete der Mulde nördlich der Eger, während die Reihe der Karlsbader Quellen die derzeitige Länge der Thermalzone im Karlsbader Gebirge vergegenwärtigt. Die Tiefenlage des Wasser- einbruches der Johannizeche (3372 m) zeigt, wie die Mulde an Punkten der Nachbarschaft in weit beträchtlichere Tiefen reicht. Schardinger erachtet z. B. in der Richtung Drahowitz— Wehe- ditz— Annazeche (vgl. Bohrlochprofil auf Taf. XX, Fig. 10) ein Hinab- reichen bis auf ca. 200 m Seehöhe für wahrscheinlich (vgl. weiter unten 8. 741). Fig. 8, das Profil vom Aberg über Donitz und Fischern nach Zettlitz zur Vogelherdberg-Basaltkuppe, ist ebenfalls unter der An- nahme einer durch die bisherigen Aufschlüsse an dieser Stelle als wahrscheinlich erscheinenden nur flachen Muldenentwicklung construirt, da unweit der Katharina-Zeche in geringer Teufe der Liegendkaolin abgebaut wurde. Sie entspricht der Richtung des oben genannten Profiles von Prof. Laube. Es muss aber bemerkt werden, dass die Tiefengrenze des Grundgebirges durch spätere Aufschlüsse oder eventuell vorhandene, deren Kenntniss sich mir heute noch entzieht, infolge einer bedeutenderen Entwicklung der unteren Stufe der Braun- kohlenformation sich wohl wesentlich erniedrigen kann '). Es muss da- her nochmals der bloss orientirende Charakter der beiden Profile betont werden. Die Reduction der Originalfiguren kann leider als keine gelungene bezeichnet werden, da u. a. die Höhencöten etwas verzeichnet wurden. Immerhin ist daraus zunächst zu ersehen, ') Eine besagtem Umstande Rechnung tragende Variante dieser Darstellungen habe ich der geologischen Karte zu meinem Vortrage (A. a. O.) angefügt. [68] Fig. 8. Profil vom Aberg über Donitz und Fischern nach Zettlitz und zum Vogelherdberg. Caroli- = i Zeche. = jae) E=| „© 3 u Nomen a» D > a a Katha- 2 = =Ä 3 32 S ER rina- 2 Y Sun. 2, ne Be En Zeche. Ss - = ix o 33 eo 0.,© R=| gs 4 : re Be ea ee u e- S se: g Aue Fe ee a Ei Eee = a: Vogelherd 8 = © a3 ea ee Se a 5 3 i r- n Bee: ee re: ee 3 (Basaltkuppe 492 m.) = ine Sen = IE Sen E BR: e + 77) , = te SE Sum. NS gan en H 500 : ne ! \ U esr ef | ; i Br ‘3 Di: i 9] rei . ! : 450 ! 15 \ m ; : — “ ‘ ' . H nz . (1 S : H 1 H Krdh H ı er .. ; 5 Pt we. = 360 a EEE BF “0 15 Ka. 405 15:6 Ka. 375 Erklärung: Farblos: Granit allmählich übergehend in @b — Niveau des Normalpunktes der Teplmündung — 360 m Wirr strichlirt: Kaolin. angenommen. (Neuere Niveaucöte 371'203 m). Lagenweise strichlirt: Untere- Die Zahlen vor K. (Kohle) und Ka. (Kaolin) bedeuten die Teufe .. . * x ” . } .. . .. ® Dünne schiefe Schraffen: Mittlere- | Bramkohlenformation des Flötzes unterhalb der Terrainoberfläche; die nachgestellten und Obere- | £ 5 i Zahlen die Seehöhen des Daches dieser Schichten. Die Zahlen Gekreuzt schraffirt: Lignit- in Klammern bedeuten die Mächtigkeit. Be Längen 1: 92.400; Höhen ea. fünffach. [69] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 139 1. dass der Braunkohlenbergbau sich normalerweise in der jungen tertiären Decke bewegt, welche über dem Granitgrundgebirge abgelagert ist und 2. dass die Kaolingräberei dieses Grundgebirge selbst, soweit es der Kaolinisirung der Feldspathe unterlag, zum Gegenstande des Ab- baues macht. I. Die Braunkohlenformation. Aus den vorangehenden Ausführungen folgt, dass durch den Bergbau auf Braunkohle das Granit-Grundgebirge normalerweise nicht, in Ausnahmsfällen aber aus bergtechnischen und Be- triebsrücksichten verritzt wird. Dabei ist festzuhalten, dass sich der Abbau der Kohle in einer ganzen Reihe übereinanderliegen- der Flötze bewegt, welche zum Theil wesentlich verschiedene Eigen- schaften und verschiedenes geologisches Alter besitzen, wodurch sich ihre wechselnden Beziehungen zum Grundgebirge erklären. Nach den ausführlichen Angaben, welche Schardinger über die Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Kohlenflötze veröffent- lichte ’), und welche auf die Erschliessung derselben, theils durch die Bergbaue selbst, theils auf Bohrlöcher basirt sind, habe ich der Uebersicht halber die in der Tafel XX enthaltenen Profile construirt. Aus denselben geht hervor, dass sich der Kohlenbergbau in der Elbogen-Karlsbader Mulde vornehmlich in zwei geologischen Horizonten bewegt, entweder 1. in dem, dem Alter nach der unteren Formationsstufe, den Saatzer Schichten Jokely’s (Mittel-Oligocän nach Stur, „Vorbasaltische Stufe* v. Hochstetter’s) angehörigem Unteren oder Braunkohlen- (auch Glanzkohlen-) Flötz oder 2. in dem oberen oder Lignit-Flötz, welches in der Regel von der Oberen Braunkohlenformation (Unter-Miocän nach Stur, „Nach- basaltische Stufe“ v. Hochstetter’s) bedeckt ist und- die Ablage- rungen der Mittleren oder Basaltischen Epoche der Braunkohlen- formation (Ober-Oligocän nach Stur = „Basaltische Stufe“ v. Hoch- stetter’s) z. Thl. in sich schliesst, zum Theile überlagert. Die schematischen Darstellungen der Tafel XX geben hierüber die orientirenden Aufschlüsse. Fig 13 stellt das allgemeine Schema der Aufeinanderfolge der drei geologischen Altersstufen dar. Fig. 14 gibt eine detaillirtere Schichtfolge durch die Ablagerungen der beiden Hauptformationsstufen, welche von D. Stur herrührt. In derselben kommen die beiden Kohlenarten, die liegende Braunkohle (zum Theil Gaskohle) und der hangende Lignit gut zur Unterscheidung. Ausser- dem wird die ältere vorbasaltische Stufe, die Saazer Schichten Jokely’s, nach Analogie der Fig 15 näher gegliedert In dem Schema Fig. 12 habe ich die Beschreibung, welche v. Hochstetter in seinem „Karlsbad ete.“ S. 40—44 von den Schichtgliedern der Braun- kohlenformation gibt, zur Darstellung gebracht. Im Zusammenhalte mit ') Das Braunkohlen-Bergrevier von Elbogen—Karlsbad. Berg- und Hütten- männisches Jahrbuch XXXVIII. Band, 1890. S. 245. 740 A. Rosiwal. [70] den beiden danebengestellten Figuren Stur’s und Jokely’s gewährt die gezeichnete Schichtenreihe einen zutreffenden Ueberblick über die Vertheilung und Aufeinanderfolge der einzelnen Glieder der kohlenführenden Formation, über deren Mächtiekeit und Detailver- halten die unten zu besprechenden Profile, welehe Schardinger mittheilte, präcisen Aufschluss geben. Um Wiederholungen zu ver- meiden, sei an dieser Stelle nur auf die betreffenden Angaben der genannten Figuren auf Tafel XX verwiesen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beziehungen der- jenigen Bergbaue, welche das untere oder Braunkohlenflötz abbauen, zum Grundgebirge schon aus dem Grunde ihrer räumlichen Lage. viel engere sein müssen. als jene sind, welche beim Lignitabbaue ein- treten werden. Finden wir doch durch die Mehrzahl der Schacht- und Bohrlochprofile die Thatsache bestätigt, dass sich das abgebaute Braunkohlenflötz schon in geringer Entfernung vom Muldenrande fast unmittelbar an das granitische (kaolinisirte) Grundgebirge anlegt. Es tritt aber noch ein zweiter Grund durch die Tektonik der Flötz- ablagerung hinzu, um die Baue auf dieses Flötz in ganz besonderem Maasse nicht nur von dem Grundgebirge abhängig zu machen, sondern auch zu veranlassen, dieses letztere selbst aus Rücksichten des Be- triebes zu verritzen. Indem das Flötz an den Senkungen des Grund- gebirges, welche nach allgemeiner Annahme nach der Ablagerung der unteren Braunkohlenformation eingetreten sind, theilgenommen hat, stellt es keine eigentliche Decke über demselben mehr dar, sondern es folgt dem rasch wechselnden Relief desselben. Die Folge davon sind viele Auskeilungen, Verwerfungen, Brüche namentlich im südlichen Muldenflügel, wie die Profile, welche Herr Oberberg- commissär J. Schardinger in der eitirten Arbeit entworfen hat, illustriren. Es werden also Spalten, welche das Grundgebirge durchsetzen, nieht nur häufig, sondern in der Regel ihre Fortsetzung innerhalb der unteren Braunkohlenformation finden, und Wässer, welche auf diesen Spalten eireuliren, können nach Massgabe der Wasserdurchlässig- keit der Schichten und der vorhandenen Verwerfungen in den ganzen Complex dieser Formation umso eher eindringen, als die Abbauniveaux im allgemeinen tieferliegende sein werden, wie jene beim Bau auf das hangende Lignitflötz. | Fassen wir zunächst die Verhältnisse in der Elbogen—Neusattler Mulde ins Auge. Die Fig. 1—3 auf Taf. XX stellen Bohrloch-Auf- schlüsse innerhalb dieses Muldentheils dar, welche bis zum liegenden Braunkohlenflötz, bezw. bis zum Grundgebirge reichen Der unterhalb der Kohle gegen den Muldenrand zu mächtige Liegend-Sand und -Sandstein fehlt in diesen drei Aufschlüssen fast gänzlich, statt dessen ist der Schieferletten im Hangenden der Flötze mächtig entwickelt. Eine sichere Zwischenschaltung der basaltischen Stufe konnte aus (den der Zeichnung zu Grunde liegenden Mittheilungen Schardinger’s’) nicht entnommen werden: es liegen die betreffenden Ablagerungen von Tuffmaterial wohl in der Lienitzone, wie es analog die Fig. S—10 1) A. a. 0. $. 263 u. 264. [71] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 741 des Karlsbad—Ottowitzer Muldentheiles zeigen. Bezüglich dieser mächtigen lignitführenden Schichten liegen hier Detailgliederungen nicht vor. Das Muldentiefste des unteren Braunkohlenflötzes liegt nach den Angaben Schardinger’s in diesem vom Karlsbader Thermalge- biete am meisten entfernten Theile der ganzen Elbogen—-Karlsbader Mulde, d. i. in der Elbogen—Neusattler Mulde in 210—220 m See- höhe, etwa um !/, der ganzen Muldenbreite von deren Südrand ent- fernt, sinkt also beträchtlich (um circa 145 m) unter die Normal- ebene der Teplmündung. Das Muldeninnere ist in diesen Tiefen noch nicht im Abbau; es ist aber bei dem allmählig vom Rande gegen das Innere fortschreitenden Bergbaue zu gewärtigen, dass in immerhin absehbarer Zeit diese für die Thermen wegen ihrer Tiefenlage sehr gefahrdrohenden Abbaubezirke in Angriff genommen werden. Dort, wo sich der Bergbau im Liegendflötz jetzt bewegt, beträgt die Seehöhe der Bausohle circa 300 m (Union-Schacht). Günstiger liegen die Niveauverhältnisse des Abbaues in der Chodau—Münchhofer Partial- mulde, deren seichte Ablagerungen nur bis 350-360 m Meeres- höhe hinabreichen (Taf. XX, Fig. 4—6), während das Liegendflötz in dem Janessen— Taschwitzer Muldentheil wieder auf 300 m (Bausohle der Karoli—Johannizeche 301°5 m) Meereshöhe sinkt. (Fig. 7.) Das Vorhandensein eines dem vorerwähnten entsprechenden Liegendflötzes der unteren Brannkohlenformation wurde in dem an Karlsbad zunächst angrenzenden Muldentheil von Karlsbad—Ottowitz nach Schardinger mit Sicherheit noch nicht constatirt, obgleich die Bohrlochprofile (vergl. Tafel XX, Fig. 8, 9) fast allenthalben die Existenz mächtiger Liegendflötze ergeben haben. Die Bergbaue bewegen sich daselbst nur in den Hangend -Lienitflötzen, welche zwischen Ottowitz und Dalwitz ihre Maximaltiefe von 50—70 ın erreichen und mit ihrer Bausohle bis 340 m Seehöhe hinabreichen. Nach Schardinger’s Angaben (vergl. das Bohrlochprofil im Gruben- Mass Anna .V" a. 2.0. 8.278, Taf. AXX, Fig. 10.) findet sich. das Grundgebirge der Karlsbad— Ottowitzer Mulde theilweise erst in viel beträchtlicherer Tiefe (stellenweise in 200 m Seehöhe). Sollte sich also in Zukunft der Bergbau auf die Liegendflötze ausdehnen, so würde mit Rücksicht auf die unmittelbare Nähe der Thermen. das mit Bezug auf die weiter westlich gelegenen Abbaue in denselben Gesagte in noch weit höherem Masse Giltigkeit erlangen, Gegenwärtig sind hier wie allerwärts für die Baue im Hangend- Lignitflötz die folgenden Gesichtspunkte im Auge zu behalten: 1. Sowie die Baue unter das Niveau der Karlsbader Thermal- ausflüsse reichen, ergibt sich aus hydrostatischen Gründen die Möglichkeit, mit Thermalwasser in Connex stehende Gruben wässer zu erschroten — wie im Jahre 1887 auf der Johannizeche bei Ottowitz geschah. 2. Diese Möglichkeit wird umso grösser, je näher die Baue aı der Verlängerung der Karlsbader Thermalspalte liegen, je unruhiger die Lagerungsverhältnisse des Flötzes sind, und je grösser die Höhendifferenz zwischen Bausohle und dem Quellenniveau, also der- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 96 749 A. Rosiwal. [72] hydrostatische Druck (die Spannung) der unterirdisch circulirenden Wässer ist. il. Die Kaolinlagerstätten. Ungleich dem Abbaue der tertiären Kohle, welcher sich im Prineipe nur in den Deckschichten des Grundgebirges innerhalb der erossen Kohlenmulde bewegt und ein dem Verbande dieser jungen Deckgebilde angehörendes geologisches Element dem Boden ent- nimmt; welcher sich dem Grundgebirge nur dort nähert, wo er dies, durch die Lagerungsverhältnisse gezwungen, thun muss; welcher endlich das Grundgebirge nur in Ausnahmsfällen durch Streckenan- lagen für Förderungszwecke zu verritzen in die Lage kommt, be- wegen sich die Kaolinbaue nur im Liegenden der Kohlenablage- rungen, indem sie das Granitgrundgebirge im kaolini- sirten Zustande um seiner selbst willen zum Gegen- stande des Abbaues machen. Es wurde im Obigen wiederholt darauf verwiesen, dass die Kaolinlagerstätten nicht als etwas seinem geologischen Verbande nach vom Granit zu Trennendes aufgefasst werden können, also insbe- sondere nicht als eine sedimentäre Decke etwa nach Analogie der Braun- kohlenschichten. Wie dies schon von früherher durch Hochstetter bekannt war, habe auch ich mich bei den während meines Karlsbader Aufenthaltes unter der Führung des Herrn k. k. Oberbergeommissärs K. Kahlich vollzogenen Befahrungen einer Reihe von Kaolingruben in den Gemeinden Zettlitz, Weheditz und Ottowitz zu überzeugen Ge- legenheit gehabt, dass der Kaolin allenthalben nicht nur in der massigen Beschaffenheit des Granites vor Ort ansteht, sondern dass es ausserdem möglich ist, in jedemspeciellen Falle anzu- seben, welche der bekannten Strueturvarietäten des Granites vorlag und durch Kaolinisirung ihrer Feld- spathe in die sogenannte „rohe Kaolinerde“ umgewandelt worden ist. Das petrographische Gefüge des Granites bleibt — wie die weitaus grösste Zahl der beobachteten Fälle gelehrt hat, und wovon man sich beim Bespülen der Proben mit Wasser leicht überzeugen kann — ganz unverändert, und die „Erde“ selbst geht allmählich in den wenig, schliesslich aber in grösserer Tiefe in den nicht ver- änderten Granit über. Es bildet sonach der „Kaolin“ nichts anderes als eine mehr oder weniger mächtige, durch chemische Einwirkungen aufgelockerte Oberflächenschichte des unzersetzten Granites, welche nichtsdesto- weniger, solange ihre Lagerung nicht gestört wird, in Folge ihrer verringerten Wasserdurchlässigkeit gleichsam eine schützende Rinde, eine Hülle um denselben bildet. Vom Standpunkte der Erhaltung der Thermen in ihrem gegenwärtigen Zustande wenigstens kann man füglich von der „Kaolinerde“ wie von einer Schutzhülle des Granites sprechen. In dieser Schutzhülle des G ranites bewegen sich aber nicht nur alle Baue auf Porzellanerde, sondern LT wird durch dieselben direet abgebaut, d.h ent eLndt. [73] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 743 Die Entfernung des im allgemeinen seiner Substanz nach als wasserdicht!) zu bezeichnenden Kaolins, beziehungsweise der in ihrem feldspathigen Gemengtheile chemisch veränderten Granitoberfläche von dem nicht veränderten Theile der Granitmasse wird im Wesent- liehen einer Oeffnung des eventuellen Verschlusses von in letzterer vorhandenen Spalten gleichkommen und ein Ausströmen des in ihnen eirculirenden Wassers ermöglichen. Es erklärt dies die Thatsache des Auftretens der meisten Grubenwässer in den Kaolinbauen, die nur selten in den Hangendschichten der Braunkohlenformation ihren Ursprung haben, sondern in der grossen Mehrzahl der Fälle aus dem Granite stammen, wie ihre Zusammen- setzung mit Sicherheit beweist. (Vergl. die Darstellung der Analysen der Grubenwässer von Dr. L. Sipöcz auf Tafel XXI.) Nach Obigem sind die Kaolinbaue als im Grossen betriebene Aufschlussbaue innerhalb des Grundgebirges zu bezeichnen, in höchstem Grade geeignet, jegliches bis an die Granitoberfläche reichende Circulationsgebiet von Wässern innerhalb desselben zu öffnen und diesen letzteren das etwa vom Kaolin verlegte, auf natür- lichem Wege verdämmte Abfliessen freizumachen. Ueber die speciellen geologischen Verhältnisse der Kaolingruben, zumal jener der Karlsbad—Ottowitzer Mulde, liegen Detailangaben in der Literatur nur in geringer Menge vor. Da die Gewinnung des Kaolins gegenwärtig eine ganz und gar bergmännische, nach den Regeln des bergtechnischen Abbaues unter Tags stattfindende ist, so wäre eine detaillirte Evidenzhaltung aller Erfahrungsdaten, die während des Abbaues gemacht werden, in ebensolchem Maasse geboten, wie dies bei den Bauten auf Kohle Vorschrift ist. Die Vorschläge des Schluss- capitels dieser Darlegungen werden sich damit zu befassen haben. Aus einigen, in der wiederholt erwähnten, bisher reichhaltigsten Publication über das Bergrevier Elbogen—Karlsbad, jener von Ober- bergeommissär Schardinger enthaltenen Angaben (A. a. O. 8. 250 ff.) und daraus von mir ausgewählten Profilen (s. Taf. XX) ergibt sich, dass die Mächtigkeit der „Kaolinerde“* bei Zettlitz (vergl. Bohr- loch auf Parzelle 62, Schardinger, S. 253; Taf. XX, Fig. 11) bis zu 29 m anwächst, wovon in der Regel nur etwa 20 m schlämmbar sind. Die Ausbeute an Kaolin, d. h. Zersetzungsproducten des im Granite enthaltenen Feldspathes beträgt nach Dr. Sipöcz 33—45%/, ; den Rest bilden unveränderte Granitbestandtheile: Quarz, Glimmer, noch unzersetzter Feldspath, Turmalin ete., die als Grobsand und Fein- sand bis Schlicker beim Schlämmprocesse abfallen. Diese „Abfalls- producte“ sind es unter anderen auch, welche durch ihre gleich- mässige Beimengung den Beweis liefern, dass sich die Umwandlung des Granites in Rohkaolin an Ort und Stelle ohne Umschwem- mung vollzog. 3 Es spricht dafür aber auch noch ein weiterer Grund, welcher sich mir bei den Befahrungen aufdrängte: die Thatsache, dass sich ') Jedoch im relativen Sinne, da, wie Versuche gezeigt haben, jede kluft- freie Kaolinmasse je nach ihrer Mächtigkeit nur bis zu einer gegebenen Maximal- spannung dem Wasser den Durchtritt wehrt, 96* 144 A, Rosiwal. [74] auch im Kaolin ein deutliches Netz von Klüften con- statiren lässt, welches den Zerklüftungs- und Spaltenrichtungen des unzersetzten Granites entspricht, beziehungsweise sieh als eine Fortsetzung derselben darstellt. Dieser Umstand erlangt nicht nur für die Frage der Möglichkeit einer Fortsetzung der Karlsbader Thermalspalte über das Egerthal hinweg nach Nordnordwest erhöhte Bedeutung, worauf im nächsten Abschnitte (C.) zurückzukommen sein wird, sondern er ist es auch, welcher in vielen Kaolinerde- sruben durch Eröffnung solcher Spalten den Granit- wässern einen Austritt verschafft. Es erübrigt noch der „Grenzschichten“ zwischen Kaolin und un- zersetztem Granit zu gedenken, welche etwa als halbzersetzter Granit angesprochen werden mögen. Ihr Vorhandensein ist der directe Beweis für die geologische Zugehörigkeit des Kaolins zum Granite, indem sie die wohl der Zersetzung anheimgefallenen, jedoch für die Praxis wegen zu geringer Kaolinisirung der Feldspathe an Ausbeute noch zu minderwerthigen Partieen des Granites vorstellen. Durch ihren allmählichen Uebergang nach beiden Seiten hin haben sie uns aber auch die Möglichkeit geliefert, einen Einblick in die Ent- stehungsgeschichte des Kaolins zu gewinnen. v. Hochstetter stellte sich vor, es wäre die Zersetzung der Granitfeldspathe zu Kaolin unter der Wasserbedeckung des tertiären Braunkohlensees vor sich ge- gangen. Eine Umschwemmung und damit Sonderung des reinen Kaolins von den beigemengten anderen Bestandtheilen (Quarz u. Ss. w.) des Granites konnte nur in beschränktestem Masse local, zumeist an der Oberfläche, nicht aber in der Tiefe vor sich gehen, daher die Lagerung des Umwandlungsproductes, der „rohen Kaolinerde“, die ungestörte des Granites blieb. Dass bei dem Vorgange der Kaolinisirung redu- cirende Processe eine Rolle gespielt haben, folgt aus der Gegenwart von Schwefe kies, der in Knollen im Kaolin von Zettlitz gefunden wird. Eine Erklärung der Kaolinbildung auf ganz analogem Wege. haben in jüngerer Zeit Teller und v. John in jener Studie v. Hochstetter’s gegeben, welche die geologischen Verhältnisse, die durch den Abriss des Hauses „Zum weissen Adler“ am Markt- platze in Karlsbad (1878) blossgelegt wurden, erörtert. Aus deren Ausführungen zieht v. Hochstetter den Schluss, „dass abnorme Verhältnisse, wie die Durchtränkung einer zerklüfteten Granit- masse mit Thermalwasser, das neben überschüssiger Kohlensäure eine ganze Reihe chemisch wirksamer Stoffe in Lösung erhält, in einem so leicht zerstör- baren Gestein, wie der Karlsbader Granit, mannigfache Umwandlungsprocesse anregen musste, deren Resultate nach den vorangehenden Auseinandersetzungen (Teller’s und John’s) bestehen: In der vollständigen Kaolinisirung nicht nur der Feldspathe, sondern sämmtlieher überhaupt angreifbarer Bestand- theile des (Granites, der schliesslich in vollständig unkenntliche, grünliche Zersetzungsproducte übergeführt wird, in dem Absatze eigenthümlicher Kiesel- säureausscheidungen, und endlich in der Bildung von Schwefelkies und Eisen- carbonat u. s. w.“ Ich hatte Gelegenheit, anlässlich des Umbaues des Hauses „Zur russischen Krone“ eine ähnliche Kaolinisirung des Granites durch Thermalwasser beobachten zu können, so dass die Kaolin- bildung im Teplthale analog wie im Gebiete der Braunkohlenmulde [75] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 745 verfolgt werden kann. Dort, wo die Bedeckung durch jüngere Bildungen, wie dies im Braunkohlenbecken stattfindet, fehlt, musste aber der Kaolin naturgemäss der Denudation zum Opfer fallen. Als Verbindungsglied mit dem, durch die Decke der jungen Sedimente vor dem Abtrag geschützten eigentlichen „Kaolin“-Gebiete der Mulde und zwar noch im Stadtgebiete von Karlsbad, also diesseits der Eger, wurden bei der Kanalisirung der Bahnhofstrasse nach den Beobachtungen des Herrn Ingenieurs Schärf sowohl im Beginne derselben unweit der Franzensbrücke als auch zwischen Schützenstrasse und Gasanstalt, dort im Liegenden des Quarzsandsteines ausgedehnte Kaolinlager angetroften. Aus dem Vorhergesagten folgt, dass bei der Bildung des Kaolins thermale Agentien immerhin eine Rolle gespielt haben können, !) wenn- gleich das Auftreten von Kaolin an sich noch kein Kriterium für die Existenz der letzteren geben kann, weil wir wissen, dass auch ge- wöhnliche Meteorwässer diesen Umwandlungsprocess zu vollziehen im Stande sind Jedenfalls lässt sich aus den gegebenen Ausführungen bezüglich der geologischen und petrographischen Charakteristik desjenigen Horizontes, in welchem sich die Baue auf Porzellanerde bewegen, dersschluss« ziehen: ‚Der ,sogenaänte »,Kaolin*, wie er in den-Gruben gewonnen wird, ist nichts anderes als anstehender Granit, welcher durch hydatogene Zer- setzung seines Feldspathes einen Procentgehalt von 33-—45°/, reiner Porzellanerde (Kaolin der Mineralogen, „Massa“ der Schlämmwerke) aufweist. Minder zersetzte Partieen des Granites bilden die sogenannten Uebergangs- schiehten, welche sieh dureh ihren mürben Gesteins- ehatakteribeis-hoher Wasserdurchlässigkeit»als be: sonders kritische Stellen bezüglich der Möglichkeit von Wassereinbrüchen darstellen. Die Tiefenlage der kaolinisirten Granitpartieen reicht in der Karlsbad—Ottowitzer Mulde von ober Tags, wo sie die Granitrücken und -„Inseln* im Braunkohlenbecken umsäumen, bei der grossen Tiefenzunahme der Kohlenformation in sehr niedrige Niveaux. Die Bohrprofile auf Taf. XX lassen nach den Angaben Schardinger's stellenweise ein Hinabreichen bis auf 200 m Seehöhe erwarten. Bei Zettlitz, wo ein Granitrücken in der Gegend des Meierhofes Premlo- witz emportaucht, gehen die Baue gegenwärtig?) wie aus den beiden Textfiguren 7 und 8 zu ersehen ist, unter das Niveau der Teplmündung nicht hinab. Es ist aber bereits geschehen, ') Als Analogon zur Beobachtung der Kaolinbildung an den Karlsbader Thermen sei angeführt, dass man bei der Abteufung der Quellenschachte im Teplitzer Porphyr dieselbe Wahrnehmung machte. Vergl. Laube, Geologische Excursionen im Thermalgebiete des nordwestlichen Böhmens. S. 45. „Der vom Thermalwasser durchströmte Porphyr zeigte dagegen die unzweifelhaftesten Spuren der Auslaugung, indem die feldspathigen Bestandtheile desselben in dem Maasse stärker kaolinisirt waren, als sie den Spalten näher lagen.“ ?) Nach dem Inspectionsberichte des k. k, Oberbergcommissärs K. Kahlich vom 10. October 1893. 746 A. Rosiwal. [76] dass auch oberhalb dieses Niveaus (in 377 m Meeres- höhe) durch die Verritzung des wenig oder nicht zersetzten Granites bedeutende Wassermassen von erhöhter Temperatur (speciell: 274 ! pro Minute von 15—16° C.!) erschrotet wurden, welche zur Ausserbetriebsetzung der betretfenden Anlage (Einigkeits- zeche auf Parzelle 62, Gemeinde Zettlitz) geführt haben, eine That- sache von grossem Belange, auf welche später noch wiederholt zurückgekommen werden muss. Es wird aber nach Massgabe des fort- schreitenden Abbaues in den höheren Schichten immer wieder ver- sucht werden, auch die tiefer gelegenen Lagerstätten auszubeuten ; dass dies ein für den ungestörten Bestand der Thermen von Karls- bad in hohem Grade bedenkliches Unternehmen ist, mag aus dem folgenden Abschnitte erhellen. . Gründe für die Möglichkeit der Fortsetzung der Thermal- spalte in das Gebiet nördlich der Eger. Nach der vom geologischen Standpunkte gegebenen Charakteristik der Bergbaue auf Braunkohle und Lignit, sowie der Gewinnung der rohen Kaolinerde im Gebiete der Elbogen—Karlsbader Terrainmulde erscheint die Beleuchtung der Gründe geboten, welche zur Annahme der Möglichkeit eines Hinübergreifens der mit Thermalwasser er- füllten Spaltenzone in das Gebiet nördlich der Eger, und demzufolge zur Schaffung eines erweiterten Schutzrayons für die Thermen, sowie zu anderweitigen prophylaktischen Massregeln geführt haben, be- ziehungsweise noch weiter führen sollen. ‘ Wie in der Einleitung zu diesem Theile meiner Darlegungen hervorgehoben wurde, hat man es — im Interesse des Normalbe- standes der Karlsbader Thermen muss man sagen glücklicher- weise — derzeit noch mit ener Annahme, einer begründeten Vermuthung dieses Uebergreifens in ein Gebiet zu thun, wo der Bergbau beständig aufschliessend in das Terrain und damit abändernd und störend in das Regime der unterirdisch eirculirenden Wässer eingreift. Es ist nothwendig, an dieser Stelle zunächst eine Zusammen- stellung der in dieser Angelegenheit von Seite der Geologen bisher ausgesprochenen Ansichten zu geben. In der Commissionssitzung vom 20. Mai 1880 gaben die drei geologischen Sachverständigen v. Hauer, v. Hochstetter und Wolf im Punkte 6 ihres Gutachtens wörtlich zu Protokoll (vgl. Anhang S. 770): „Als das Oireulationsgebiet der Karlsbader Thermalwässer betrachten wir den Granit des Karlsbader Gebirges, der sich, theilweise bedeckt von tertiären Braunkohlenbildungen und durchbrochen von Basalten in einer breiten Zone auch nördlich von der Eger bis in das Erzgebirge erstreckt.“ Und weiter im Punkte 7 ihres Gutachtens: „Sollen die Quellen von Karlsbad vor jeder möglichen Gefahr geschützt werden, so muss der Schutzkreis auch auf das Gebiet nördlich von der Eger bis zum Erzgebirge ausgedehnt werden, jedoch nur in der Weise, dass das ') Vergl. Inspectionsbericht vom 25. Februar 1891. rs [77] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 147 granitische Grundgebirge vor tieferen Eingriffen geschützt wird, d. h. dass nicht durch etwaige Bereb: we bis in Tiefen, welche unter das Niveau des Sprudelausflusses (371 mi Meereshöhe nach Kofistka)!) im Tep!- bett oder unter das Niveau der Eger beiKarlsbad (360 m) reichen, (ranitspalten geöffnet werden, welche den Thermalwässern einen leichteren Ausfluss gestatten würden.“ Eine nähere Begründung für diese ihrer Ueberzeugung ent- sprechende Ausdehnung des Circulationsgebietes der Thermalwässer zu geben, hatten die genannten Geologen damals keinen Anlass. Nähere Studien hierüber wurden erst im Jahre 1838 von Ober- bergcommissär Schardinger beantragt (vgl. S. 674), was dem Geologen der k. k. geol. Reichsanstalt Herın Fr. Teller zu einer gutachtlichen Aeusserung an den Stadtrath Karlsbad Gelegenheit gab, in welcher er in den Schlussfolgerungen seiner geologischen Erhebungen im Stadtgebiete und der nächsten Umgebung von Karls- bad in Bezug auf die Möglicheit einer F ortsetzung der Thermalzone nordwärts der Eger im P unkte 3 und 4 (vgl. S. 774) Folgendes anführt: „3. Der Thermalwasser führende Granitkörper, das sogenannte Karlsbader Gebirge, endet nordwärts mit einem nahezu ostwestlich streichenden Bruch- rande, welcher in dem nördlichen Steilabfall der Donitz- und Hühnerleiten, sowie der Kreuzberg- und Sooser Masse auch landschaftlich scharf. ausge- prägt erscheint. Die nördlich von diesem Bruchrande sich ausbreitenden Tertiärgebilde ruhen auf einer abgesunkenen Granitscholle. „Es ist möglich, dass die thermale Spaltenzone des Tep|- thales an diesem Bruchrande ihr Ende findet, oder dass ihre Fort- setzung durch die genannte Schollensenkung in ein so tiefes Niveau gerückt wurde, dass eine Erschliessung derselben durch den Kohlenbergbau nordwärts der Eger nicht zu befürchten wäre. Wir besässen sodann in dieser Störungs- linie einen natürlichen und den wirksamsten Schutz des Karlsbader Thermal- bezirkes gegen die bergbaulichen Eingriffe, aber es darf nicht vergessen werden, ze. ss man mit diesen Betrachtungen bereits das un- sichere Gebiet der Hypothese betreten hat, das den Erörte- rungen über Schutzmassregeln nie als Basis dienen sollte. „4. Setzt die Spaltenzone "des Teplthales über den Bruchrand nach Nord in das Tertiärgebiet fort, so kann für die Beurtheilung ihrer Richtung nur die Erfahrung massgebend sein, welche wir über ihren Verlauf im Bereiche des Teplthales besitzen. Es liegt "kein Grund vor, eine seitliche Ablenkung vorauszusetzen.“ „Aus diesem Umstande folgt aber mit Nothwendigkeit, dass das Ge- biet, in welchem sich die Kaolingruben von Zettlitz bewegen, sowie die das- selbe umgebenden Kohlenreviere die lebhaftesten Befürchtungen hin ichtlich einer unfreiwilligen Erschliessung der Thermalwässer erwecken müssen. Es treffen hier alle Umstände zusammen, welche für die Ausscheidung eines engeren Schutzgebietes massgebend sein sollten.“ Wie aus den vorstehenden Aeusserungen geologischer Fach- männer zu entnehmen ist, finden sich die thatsächlichen Gründe für die Entscheidung der in Rede stehenden Frage, wie es ja bei der Natur solcher noch ungelöster Probleme zu erwarten steht, nur spärlich vor. Durch die Anführung der folgenden Gründe, welche für die hohe Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung der Thermal- spalte in das Granitgebiet nördlich der Eger sprechen sollen, mögen nicht nur der fachwissenschaftlichen Discussion dieser ') D. i. 3531 m nach dem neueren Nivel ement, welchem eine Meereshöhe des et (oben 360 m) nach Gröger von 369-777 m entspricht. Neueste Cöte des Normalpunktes: 371'203 m. 748 A. Rosiwal. [78] für den Thermenschutz ausschlaggebenden Frage Anknüpfungspunkte seboten werden, sondern auch den schwierigen Entscheidungen, die anlässlich der Collision mancher Interessen des Bergbaues mit den Schutzmassreeeln für die Thermen zu fällen sind, eine Basis ver- schafft, beziehungsweise die Berechtigung der Schutzvorkehrungen begründet werden. 1. Der als „rohe Kaolinerde* abgebaute zersetzte Liegendgranit der Elbogen—Karlsbader Mulde istidentisch mit den Granitvarietäten des Karlsbader Gebirges. Beweisend hiefür mögen die beifolgenden Beobachtungen an den Materialproben sein, welche ich bei den unter der Führung des Herrn Oberbergeommissärs K. Kahlich stattgehabten Befahrungen der Kaolingruben am 8. und 16. November 1893 gesammelt habe, und welche in der gegenüberstehenden Tabelle der "Granitvarietäten in den Kaolingruben” zusammengestellt erscheinen. 2. Der Granit der Mulde bildet genetisch und sub- stantiell mit dem Granite desKarlsbader Gebirges und des Erzgebirges eine geologische Einheit. Bezüglich des gleichen Ursprunges sind wohl alle Geologen über die Zusammen- gehörigkeit der ganzen Granitmasse einig; die substantielle Gleich- artigkeit kann aus der Gleichheit des Materiales dies wie jenseits der Eger sozusagen auf Schritt und Tritt bewiesen werden. 3. Die räumliche Continuität der Granite, welche aus jeder geologischen Karte ersichtlich wird undin den aus derDecke der jüngeren Braunkohlenformation emporragenden Granitrücken ober Tags ihren Ausdruck findet, wurde‘durch den Bergbau allenthalben bestätigt. Es braucht an dieser Stelle nur auf die Darstellungen in den an- geführten Publieationen von J. Schardinger, Laube (Excursionen etc.) sowie die Schichten-Profile der Tafel XX verwiesen zu werden. 4. Die durch das Absinken der Granitmasse der Mulde bedingte Bruchlinie längs des Egerthales (sowie parallel dazu längs des Erzgebirges) ist an sich kein Grund gegen die Möglichkeit des Hinübergreifens der Ther- malzone in das Gebiet jenseits der Eger. Die Begründung hiefür mag in folgender Erwägung liegen. Um die hohe Temperatur der Karlsbader Thermen zu erklären, muss man annehmen — was von keiner fachmännischen Seite angefochten wird — dass das Thermalspaltensystem bis in eine Tiefe von etwa 2000 m reiche ’). Das vertikale Mass der grossen Senkung, welcher die Braunkohlenmulde ihre Entstehung verdankt, ist aber ein viel kleineres. Aus der Höhenlage der theilweise noch erhaltenen Ablagerungen der älteren Braunkohlenformation auf der ') Vergl. Anmerkg. ?) S. 734 [71 Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 749 Tabelle der kaolinisirten Granitvarietäten in einigen Kaolingruben von Weheditz, Ottowitz und Zettlitz, sowie aus dem \ Liegendguerschlag des Rudolfschachtes bei Putschirn. Seehöhe Art des kaolinisirten Granites Name der Grube der nach den von v. Hochstetter aufge- Bausoble !) stellten Typen. Feinkörniger, Muscovitschüppchen führender Granit mit Turmalin (Schörl). Einzelne grössere Quarzkrystalle. Rein weiss kaolinisirte Feldspathe. Typus: Kreuzberggranit. Weheditz 1 Parc. 575 (R. Gottl) ll. Bausohle 370 m Grobkörniger, 1—2 cm grosse, voll- ständig (rein weiss) kaolinisirte Feld- Strecke 60 m spathe führender Granit, dessen Biotit 9 I ee ı östl. vom gleichfalls in bräunlichgelbe bis graue (Dekisch u. Pfeiffer) Schachte erdige Massen zersetzt ist. Der Quarz- 2A 378°2 gehalt sinkt bis '/, der ganzen Gesteins- masse. Typus: Hirschensprunggranit. RE _ Gleichmässig feinkörniger Granit ohne 3 De 91 389 Glimmerblättchen. Kaolinreich. re Structurtypus: @limmerarmer Kreuz- (K. Kno']) PR ber ggr anit. Neben vorstehendem kaolinisirten | lid, Granit local in Putzen vorkommend Bares] 389 [4 (Umschwemmpngsprodukt): Grün- (K. en oll) licher „Schlicker“ (Unrein. Kaolin) mit nur wenig Quarz und u. d. M. sichtbar etwas Spatheisenkryställchen. | Tetklite | Gleiehmässig mittel- bis feinkörnig, Kr von ca. 1 mm Korngrösse, fast glimmer- Parc. 239 und 240 S > 2 : RR 4 (Chr. Fischer’s 368 frei; Feldspath rein weiss kaolinisirt, : Erben) j ohne auffallende Accessorien. Typus: @röberer Kreuzberggranit. Gleichmässig mittel- bis feinkörnig, von ca. I mm Korngrösse,;, die Musco- Yettlitz vite in sehr zarte Schüppchen aufge- Pa II. Bausohle löst; reichlich Quarz und etwas Tur- s a: 361'9 malin (R. Gottl) \ Typus: Kreuzberggranit von etwas eröberem Korn, doch fast ohne Ein- sprenglinge. Feinkörniger, etwas Muscovit führen- der Granit mit Schörlnestern. Verein- Zettlitz | zelt grössere Quarze und Feldspathe, 6 Parc. 305 u nn letztere in etwas bräunlichen Kaolin ver- (W. Lorenz) wandelt. „Sandsteinartige“ Varietätdes Kreuzberggranites. ; Grobkörniger, gleichkörniger Granit ES | 379 mit ‘etwas eisenschüssig (bräunlich ge- das endeifs BANEN ‚5 färbten) kaolinisirten Feldspathen: ; ; Hirschensprunggranit. ) Nach gütiger Angabe des Herrn k. k. Oberbergeommissärs K. Kahlich; alle Höhen sind auf den Normalpunkt — 360 m bezogen. Auf Grundlage des neuesten Nivellements der Buscht. E.-B. wären dieselben, wie der Normalpunkt selbst um 11'203 m zu erhöhen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band. 4. Ileft. (A. Rosiwal.) 97 I 750 A. Rosiwal. ! [BM Wasserscheide des Karlsbader Gebirges (bei Buchau, Böhm.-Killmes, Leimgruben u. s. w.) berechnete v. Hochstetter den Betrag der Muldensenkung auf etwa 1000 Fuss — ca. 520 m. Nehmen wir selbst an, dass der Granit des Muldentiefsten im Karlsbad— Otto- witzer Becken (in ca. 200 m Meereshöhe) einst im Niveau des Drei-Kreuzberges gewesen sei (D5l m Meereshöhe), so kommen wir über 350, im Maximum 400 »n als Betrag der Senkung nicht hinaus. Es besteht also für die mindestens um das Fünf- fache tiefer reichenden Quellspalten die Circulations- möglichkeit in der Tiefe auch nach der Senkung der nördlichen Granitscholle in ausreichendstem Maasse fort. Dass aber diese Möglichkeit auch in den obersten Theilen der abgesunkenen Granitscholle des Muldentheils gegeben ist, kann nicht bezweifelt werden, wenn man in Betracht zieht, dass bei einer supponirten Senkung des Karlsbader Gebirges um 400 m die Quellen sehr wohl Gelegenheit hätten, auf den” zahlreichen Spalten des Granites nach oben wieder zu Tage zu treten, was bei dem, infolge der Senkung noch mehr von Verwerfungen und Klüftungen durch- zogenen Granit der Mulde umso leichter "stattfinden kann. 5. Die Existenz von Klüften in analoger Richtung, wie jene des Karlsbader Gebirges sind, ist aber jen- seitsderEger in den Kaolinbauenvielfach zu erweisen. Ich hatte Gelegenheit beim Befahren der Kaolingruben dort, wo ein Streckenort vorhanden war, diese Beobachtung wiederholt zu machen. Selbst in ganz trockenen Strecken konnten diese Klüfte, welche nichts anderes als die Fortsetzung der im un- zersetzten Granit verlaufenden und dort wasser. führenden Spalten sind, beobachtet werden. Die beobachtete Uebereinstimmung ihrer Richtung mit jener der Spalten im Karls- bader Granit spricht dafür, dass, wie von vorneherein anzunehmen ist, bei der Senkungsbewegung des Muldeneranites eine seitliche Drehung nicht erfolgte, und dass somit die wahrscheinliche Richtung, in welcher sich die Thermen im Gebiete der Mulde fort- setzen können, dieselbe ist, welehe sie in Karlsbad haben. Weitere Beobachtungen nach dieser Richtung gleichzeitig mit den Spaltenbeobachtungen im Teplthale werden demzufolge eine erhöhte Bedeutung erlangen. Es ist hier wohl der Ort, um auf den Zusammenhang der Richtung hinzuweisen, welche der Thermalzone einerseits und der Gesammtlängserstreckung der ganzen Granitmasse des Karlsbader- und Erzgebirges bis nach Sachsen hin andererseits eigenthümlich ist. Schon v. Warnsdorff hat 18551) die Lage der Thermalspalte mit der Erhebungslinie des Thüringer- und Böhmerwaldes verglichen, worauf auch F. Teller hinweist, indem er sagt (s. Anhang 8. 774) „dass die SSO—NNW streichende Thermalzone. einer Richtung folge, welcher bekanntlich im Gebirgsbaue des Böhmerwaldes wie in jenem des Erzgebirges eine hervorragende Bedeutung zukommt.“ ‘) Jahrb. d. geol. R.-A. VI. Bd. S [81] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 751 Es würde zu weit führen, die grosse Bedeutung dieser geo- logisch so ausgezeichneten uralten Dislocationsrichtung im Detail zu schildern. Für die in Rede stehende Hinsicht genügt die Bezugnahme auf Prof. Reyer’s lichtvolle Darstellung der „Tektonik der Granit- ergüsse von Neudeck und Karlsbad*,!) worin nicht nur aus der Ge- sammtanordnung des Granitmassives, dessen Längsachse auf der Linie Karlsbad—Eibenstock—-Kirchberg in Sachsen in (die Richtung der Stunde 10 fällt’), und welcher nach der alten Naumann’schen Beobachtung auch die Reihen kleinerer elliptischer Granitdurch- brüche bei Schneeberg und Aue in Sachsen parallel liegen, sondern auch aus der Art der Vertheilung der feinkörnigen Granite innerhalb der grobkörnigen (man vgl. die unten angegebenen Kartenskizzen Reyer’s) auf die Richtung der Eruptionsspalten des Granites mit grosser Sicherheit geschiossen wird. Alle diese Spalten folgen der Stunde 10. Diese quer gegen das Erzgebirge verlaufende Spaltenbildung hielt auch in viel späterer Zeit noch an. Die Granite, welche in mindestens vorpermischer Zeit auf ihr empordrangen, wurden selbst wieder davon betroffen, wie die in ihnen aufsetzenden Quarz- und die Mitter- nachts-Erzgänge sowie die gleichen überall zu beobachtenden Kluft- richtungen beweisen. Dieser Hauptzerklüftungsrichtung parallel liegt nun die Thermal- zone im Karlsbader Gebirge. Die allgemeine Verbreitung einer so prägnant in Erscheinung tretenden Störungsrichtung spricht nach meiner Ansicht in hohem Masse für die Möglichkeit, dass das inner- halb derselben geologischen Einheit — des Granites — ceirculirende Wasser dem durch dieses Spaltensystem vorgezeichneten Wege folgt, d. h. sich nordnordwestlich weiter erstreckt. 6. Für die Möglichkeit der Fortsetzung der Ther- malspalte nach Nord spricht mittelbar auch das sehr lückenhafte Auftreten des Basaltes. Wir können dort, wo tektonische Störungen vorhanden sind, welche das Empordringen von Eruptivgesteinsmassen ermöglichten, im allgemeinen zwei Fälle unterscheiden. Entweder hat man es mit zusammenhängenden Massen zu thun, welche in mächtigen Gängen in die Tiefe setzen, dann kann man dieselben auch ober Tags als langgestreckte Gangmassen oder Reihen von Kegelbergen — wie dies im benachbarten Basaltgebirge Böhmens zu beobachten ist — weithin verfolgen. Oder es sind nur Gänge von geringer Mächtig- keit vorhanden, gleichsam Infiltrationscanäle des Eruptivmagmas im spaltenreichen Hauptgesteine — hier Granit — welche apophysen- artig verzweigt einzelne der grösseren Spalten ausgefüllt haben, ohne aber die Mächtigkeit zu besitzen, um ganze Gebirgsglieder scheiden zu können. !) Jahrb. d. geol. R.-A. 29. Bd. S. 405 u.s. f., Kartenskizze S. 407. Vgl. auch _ Theoretische Geologie S. 146. Kartenskizze S. 147 und die schematischen Darstellungen S. 154. . 2) Auf der Naumann’schen geolog. Karte von Sachsen hora 9 und 14° redueirt. 97* 7152 A. Rosiwal. [82] Zu den letzteren muss man die Basalte der Umgebung von Karlsbad stellen, welche, wenn die Bruchlinie an der Grenze der Braunkohlenmulde eine Zerstörung der innigen Beziehungen d.i. der Continuität der beiderseits vorhandenen Granitgebiete zur Folge gehabt hätte, gewiss in dieser Dislocationsspalte in reichlichem Maasse, etwa wie indem benachbarten Duppauer Basaltgebiete emporgedrungen wären. Statt dessen bemerken wir, dass die Basaltvorkommnisse im Innern sowie am Rande der Mulde, ganz besonders aber bei Karls- bad ganz minimale, ja auffallend geringe genannt werden müssen, welche sich in der Art ihres Auftretens in nichts von denjenigen einzelnen Eruptivstellen unterscheiden, welche auf der Höhe und mitten im Granite des Karlsbader Gebirges anzutreffen sind. Zwischen dem Gebiete der Karlsbader Thermen und dem demselben zunächst befind- lichen Muldenantheil von Zettlitz-Ottowitz ist anstehender Basalt bislang gar nicht nachgewiesen worden, denn die Vorkommnisse von Basalt- tuff bei Fischern (Kappelberg) und Weheditz sind geschichtete Glieder der mittleren Braunkohlenformation und gehören als solche der Decke der Tertiärbildungen an. Den nächsten anstehenden Basalt bildet das Vorkommen am Altrohlauer Bach oberhalb der Wobesmühle; erst 2’), Kilometer öst- lich vermuthet man ein unterirdisches Vorkommen bei Weheditz und ebenso gross ist wieder die Entfernung bis zu den Basaltaus- bissen im Giesshübler Herrschaftswalde. Solche Entfernungen entsprechen aber jenen, welche den Basalt- durchbrüchen zukommen, die auch am Plateau und an den Abhängen des Granitstockes des Karlsbader Gebirges auftreten: Veitsberg, Schloss- berg bei Funkenstein, Jägerhausberg bei Aich, Hornerberg u. s. w. Es treten somit zur geotektonischen Bedeutung der Dislocations- spalte des Egerthales keinerlei Momente hinzu, welche die Circulation von Grundwässern schwieriger gestalten könnten, als dies innerhalb des südlichen Theiles des Granites — im Karlsbader Gebirge selbst — der Fall ist, woraus die Möglichkeit einer Verbindung des in direetem Contact stehenden wassererfüllten Spaltensystemes im Granite dies- wie jenseits der Eger zur Wahrscheinlichkeit wird. 7. Die Erschrotung von Grubenwässern mit wenigs- tens partiell thermischen Eigenschaften spricht für die grösste Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung des Circulationsgebietes der Thermen nach Nord. Die «rubenwässer der Elbogen—Karlsbader Mulde. Dieselben lassen sich mit grosser Präcision in zwei scharf ge- trennte Gruppen theilen. l. In die aus dem Hangenden, der Braunkohlenformation, kommenden Wässer und 2. in die aus dem Liegendgranite stammenden Gruben- wässer. Das Braunkohlenbecken enthält in seinen sandigen, wasserdurch- lässigen Ablagerungen sowie auf vielen Verwerfungsspalten jenes Niederschlagswasser, welches direct auf die Mulde fällt. Es ist ein Chemische Zusammensetzung von Grubenwasserproben aus den Kohlenwerken bei Karlsbad. Nach den Analysen von Dr. Ludwig Sipöcz in Karlsbad '!). 10.000 Theile enthalten: Zu Seite 753 [33]. | . E Dreikönigzeche | Joseni; s i Ottowitz | Heinrich-Jakobizeche B3 Caroli-Johannizeche |c zoll he nnd | Andreas & I Johannizeche bei Ottowitz des R. Gottl & Cons. | bei Ottowitz des | = ee Er | (Riedel’sches Kohlenwerk) des A. Leonhardt bei | Ba a £ | Antoni-Z. Brunnen IE Fe BSR, : Br TE, el ME Mader-& Gen. Ei, Fr 79! Dallwitz v. Springer & Co. Janessen 2 | ar ma 2 | Taschwitz. | | Ten en , ‚Hauptstrecke nes || nun | Förder | Förder- : Pe | : rat Eee | | | | Verwerfungsstelle im südlichen Grubenfelde, | ir rel -. | Nördliches | schacht 8m | = schacht 30m | >Sehacht | Strecke | Fahr- Nördliche | Südwestliche | n | 2 ‚ bei Zebisch | Premlowitzer Dörr, | | rei 2 7 ar ala * | | ar de \ R \ i | | ER a ER Be. ie... ir m VERS nr i Verwerfung sohache ı| | Fe | | nn, I II schacht Strecke Strecke * | | \ in Zettlitz Hof* 12 tief, * u | Se a 2. En 1. Tapeskran | lagen | | ee | I well 8 Auinne Meier. (| Bar u Baer | ve || 865 | 377 | 830 | 30 337 337 37 | som | or | 540 | 850 ss” | 40 | 39 410 Probe entnommen am ||19: Septemb. d. Decemb, 26. Februar ' 24. Februar 24. Februar | 26. Februar | 26. Februar | 26. Februar | 11. März | 26. Februar ‚, 11. März 11. März | 26. Februar 9. Mi | 9. Mai | 11. März || 16. April | ı6. April | 14. Januar | 9. Februar 26. Februar BEN _ A ERBE 1888 | 1889 1591 1891 80 | 1895 | 18 1 1885 1839 | 1885 1855 1889 | 1889 1889 1865 | 1 | 1886 18865. | 1885 1889 a ee 16:0 160 15:8 157 | 155 a0 ae u | 140 | 140 140: | 118 13:5 142 11:0. >| 108 0 Gen en wu mE ui } j Zoe wurd | .IrTIn | ‚ru ae u Ba 2 | | || | Kaliumoxyd. a ae | N 2 £ 15 02782 02550 0'2657 02715 01140 0:0540 0.0763 0.0483 0.0608 | 0.0657 01323 01072 | 02106 | 01410 00652 0.0356 | 0:0628 | 00937 0.0812 00792 | Ramozyd 32.3 nasse | 38370 3:5528 3:4993 3:5023 3:5080 0:5939 0:7254 095 | 05352 0.4026 0:5127 15020 0.7164 10172 05661 0.2092 01586 | 02020 0:3007 0.1919 123 er M a ee | 0.3650 0.4100 0.4200 0.4200 0.4100 1'0200 14300 22300 | 0,9730 0:8150 15980 0:6680 16350 0.6750 0.5400 0:6040 03520 | 33620 | 05440 0.4640 0450 a ande van 0.1694 0.1675 0.1622 0:1676 0.4955 0:7009 1:0031 0:3495 0:3225 0:6138 0:2983 06378 | 03009 0.2258 0.3297 01279 | 10378 | 0.1355 0:1059 0:1946 Haanpayı und Thonerde 0.0050 09100 Spuren 00100 0.0100 0:U050 0.0050 00100 Spuren 0.0050 0.0220 00130 0.3850 0:0300 0.0100 0:0100 0.0060 | 09420 | Spuren Spuren 01150 Ohlor . . co r.... 0.4044 0.3230 03317 | 0:3265 0:3265 00908 | 01919 0,2466 0.0443 0:0433 0:0535 . 0.0821 0:0946 0.2238 0.0544 0.0386 00337 | 00312 | 02295 0.1080 0097| Schwefelsäure .. .... 0,5338 0.4463 0.4462 0:4428 0.4360 05321 | 10218 5.1668 0,2650 02557 | 3:9398 2.4160 40610 0:7071 0.8633 10161 | 02379 | 7937 | 08508 0.5441 0:0498 BmalEauzs . u... 0:3800 04550 0.4500 | 04450 04450 | 0.1550 0.4500 0,3100 0.4120 0.3150 0.1120 0.1820 0.2300 0,2950 03450 02450 0.4300 03750 | 00915 0.1160 | 04100 Kohlensäure ....... «.2400 6.0500 | 61600 60600 | 72200 | 31000 | 3:6800 1:0800 2:5700 2:3000 1:7000 19600 2:0400 34500 15500 09000 12100 | 0.6500 0:3600 2.1000 ANUMDNIHES ee re. -- -— Spuren = zus | ee I en = | Be E E 0.0150 | Eike &- | E* ec | > ii =, =: -=e | Salpetrigesäure ..... - _ - = = | 3 | 2 wer = — = = = | = _ | _ — = = — | Salpetersäure . ... .... _ — — = == = 09573 = | — | — l = — Es — | = — == = , Organische Substanzen . | = — 0:0505 0:0474 00474 |. 07015 | 03729 0.3144 — 0.1169 — _ | 0,1532 _ _ -- - ı _ | - — 0:2623 , Trockenrückstand bei ! | | | Da, 7 er 59500 50500 ! 8:3000 | 82000 31000 45000 | 61500 11°500 41500 3'300 8.100 \ 65500 56500 4.5500 32000 33000 | 1.9000 ' 152000 \ 30000 2.2000 23500 welche zu Salzen gruppirt ergeben: | Kaliumsulfat ....... 05020 05145 05270 | 04913 0.5015 02108 01556 O-1411 0:0593 01125 0'1215 0,2447 0:1952 03594 0,2608 ' 0.1206 00714 01161 0.1733 0.1501 \ 0.1066 | Kaliumehlorid ...... _ — _ — — = = = = — : = — — = = 00326 | | Natriumsulfat ...... 0.5353 03729 \ 0.3626 0'3360 Omar 2761 1:6794 03979 0'3623 1.0665 39607 14505 0.9354 11572 04012 02955 0.3997 1 02232 | Natriumehlorid ..... 0:6672 0.5330 05473 0:5387 01490 | 0,3167 0:4069 0.0731 00714 0.0883 0.1355 01561 0.3693 0:0598 0:0637 0.0556 0.0515 0.3757 0.1782 | | Natriumcarbonat. .... 35491 58013 5'2121 52074 2: 0.3032 -— 05511 03525 —_ —_ — 0.7029 — — = _ _ —_ | { | , Eisensulfat (FeS0,)... - _ _ _ = | _ — — 0.0418 0:0247 07317 _ 0.0190 _ 1.5902 | _ —_ = ı Eisencarbonat (!e.('0,) . 0:0072 00145 | Spuren 0:0145 0:0145 0.0072 0:0072 | -0:0145 Spuren 0.0072 —_ _ - 0:0435 0:0145 _ 0:0057 = || Spuren Spuren 1667| | Caleiumsulfat ...... — _ —_ H — 0.3928 5:0262 — 3.8532 01027 3:9731 _ 0.1272 0:0655 51697 | 1:0913 11037 _ | Caleiumearbonat . . . . . 0:6517 07321 0,7497 07500 07321 15014 2.2650 | 17375 1'4554 _ 1'1172 — 12053 0.8705 05855 _ 01695 0.0175 0,5661 | | Galeiumnitrat ... .. u -- _ _ — — _ 04659 — = = = — = — |! SE | = = — | Magnesiumsulfat... . . . = — = = = = 17964 = = 1:4640) —_ = = = 2:8555 | _ — _ | | Magnesiumcarbonat . ...\ 03367 0:3557 03517 0:3406 0:3519 10393 1.4719 0:8547 0,7340 06773 | 02653 0.6265 0,6304 04505 | 06924 02724 0.1795 | 02845 0.2224 04136 | BieRelaaurae: „nn. >> 0,3500 04550 04500 04450 04450 01550 0,4500 0,3400 0,4120 03150 || 01120 01520 02950 03450 02450 | 0.4300 03750 | 00915 ' 01160 | 04100 | Kohlensäure halbgebund, 2.7670 27159 2:6756 2:6734 2:6820 14749 17703 0'4477 13776 11442 0:1379 0:5197 1.1690 06404 0.4672 0.4014 0.0942 | 02236 | 01242 0763| Kohlensäure frei... .. 17060 0.6182 0.8090 07132 18560 01504 0.9004 0,6268 0.1148 00116 15621 ‚03206 15747 11120 02695 1.1456 0,2399 | 21:0216 | 0:2028 ' 01116 0.7804 | | (Fig. 12.) (Fig. 11.) | (Fig. 7.) (Fig. 9.) (Fig. 10.) (Fig. 8.) (Fig. 5.) (Fig. 6.) | (Fie.3) | dig. 4) | 1) Die in der Tafel XXI graphisch dargestellten Analysen (*) sind fett gedruckt und enthalten die Figurenangabe am Fusse. 2) Die beobachtete hohe Temperatur dieses Grubenwassers, dessen Provenienz aus den Oberflächenschichten u, a. auch aus dem relativ hohen Gehalt an Salpetersäure und organischen Substanzen erhellet, wurde wahrscheinlich durch das Condensationswasser einer benachbarten Kesselanlage verursacht. Jabrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) Chemische Zusammensetzung der Grubenwässer aus den Kaolinschächten in Zettlitz und Unter-Meierhöfen. Nach den Analysen von Dr. Ludwig Sipöcz in Karlsbad”). 10.000 Theile enthalten: EHRE Zu Seite 753 [33]. IW. Lippert, Untermeier- höfen | Einigkeitszeche des E. Mader & Cons. in Zettlitz. R. Gottl, Zettlitz. | en u |; ji Granitstrecke!| | I = | N ‚(temengt mit Zebisch & Pfeiffer, Zettlitz. W. Lorenz, Zettlitz. 13 . iz Haspel- nördlich vom! schachte * Ee r Maschinen- tranit- ranit- Obere Unter K . Haspel- üdöstlich Schacht Ablauf n nn R Er Granit Granit PR Jere ntere » Kunst aspe südöstlich | 23 \Zufli | * 3 | Schacht schacht | Förder streeke strecke * Strecke Strecke Ablauf schacht* Schacht* | vom Kunst- | ee | ] | schacht | e > | | ter, wet! > Re . Be 2 B x er ie Probe genommen am || Septemb. | 14. Jänner | 14. Jänner '10. Novemb., 9. Februar | 19. Jänner 15. Septemb. 5. December! 24. Februar | 24. Februar | 9, Septemb. 10. Februar | 10. Februar | 27. Jänner | 9. Septemb. | 14. Jänner 10. Novemb.| 9. Februar | 16. April und frei 1) Die auf der Tafel XXI graphisch dargestellten Analysen (*) sind fett gedruckt und enthalten die Angabe der Figuren am Fusse, Jahrbuch d. k. K. geol. Reichsanstalt 1894 | 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) (Fig. 14.) (Fig. 20.) (Fig. 18.) (Fie. 19.) | (Fig. 15.) (Fig. 16.) (Fig. 17.) 1} | 1884 1884 1885 | 1885 | 1885 | 1386 | 1337 1857 | 1888 | 1392 1392 1834 1885 1885 1891 1384 1885 | 1885 1336 | 1884 _ ae u ! < ui ze Ed 2 Be er | > | & 5 . Z | Sn Il Er a Seehöhe der Bausohle | — — | 37746 | 379.05 377-46 377-4 377-4 3770 3770 = = 361 361 3619 | = | 381719 || 372.415 347:0 353:369 = = x. 1 a | B- u | || | ® Wassertemperatur in ©. | 14:0 ee Pi) 1227| 150 145 15:0 150 14:5 15:7 149 117 102 11-4 121 10:8 100 10:5 97 | 84 II | | | | a = —— —— om = = i une len en en 8 oe | || Kaliumoxyd ....... 0'272 0.241 0:2347 02370 02512 0.2400 | -0:2531 0:2425 0.255 0.2236 0.2570 0'226 0214 0.2251 | Natriumoxyd Be alpin 3'215 3:024 32629 32162 3:2704 E 33111 33191 33201 3'023 2.4975 34353 2:978 3.0252 | 4.1971 | 3896 Caleinmoxyd ....... 0:308 0'353 03300 03500 0.3300 0.2920 0.3050 0.3050 0.3050 03000 0728 11950 0.3650 0.288 02750 | 03030 | 09780 Magnesiumoxyd ..... | 0:122 0137 01351 01441 0:1297 0:1182 01207 22 0:1189 0.1159 01207 0:287 04150 0.1459 0'116 0:1099 | 01218 |) 0310 Bissnoxyd? u. ..... 0:033 0018 0°'0150 00100 0:0080 0:0030 Spuren 0:0100 Spuren Spuren Spuren 0:128 3:6700 0:0015 0013 0.0050 | 0.0050 | Spuren DH 0:266 0279 0.2670 0.2557 0:2592 02546 0,2696 0.2745 0,2738 0.2463 0.2745 0.513 0.5048 0.3400 0.322 02as | 07363 0,6080 Schwefel sä N 0'376 0'833 0:6540 0.6213 0.3065 0:2660 03003 0.3484 0:3742 0:32)9 04257 3:850 154168 0.4995 0:383 0.3193 10463 | 1.6307 Kieselsäure . 2.2. 0568 0533 | 0:5250 05400 05700 0.5680 0.5750 0.5500 0.5350 0.5800 0.5800 0.355 0.7000 0.5400 | 0498 0.4900 0.3580 04180 | 02520 Kohlensäure .. .....| 6'660 nieht bestimmt 6:4000 47934 5'2700 68000 6:8900 71500 638400 7:0000 6.9600 nicht bestimmt 0,4000 4.2667 65000 ‚nieht beslimmi 5.6000 43600 51700 2:0900 Trockenrückstand bei DO en | 7'800 7800 77500 7.9000 7.8000 79000 79090 S:0000 77000 7.3000 7.8000 10:000 36:3000 9.2000 53000 7300 72000 9:5000 9.7500 63000 welche zu Salzen gruppirt ergeben: ' Kaliumsulfat ©... 2... 0'503 0445 0,4343 04380 04645 04662 04443 0.4454 04930 04680 04484 0471 0.4135 04015 0.4752 0418 03965 0,4949 0.4163 02179 | Natriumsulfat ...... 0'257 1116 08070 0.7463 0:1670 0:0923 0:1706 0.2530 02624 01882 0:3902 5'893 4.7061 4.7589 0,4994 0.339 0,2434 15154 19624 Natriumchlorid..... . . 0439 0.460 04403 04220 04277 04367 04449 0.4530 0.4515 04064 04530 0:347 0.5329 0.8668 05610 0.531 04455 12150 1:0032 Natriumcarbonat. ..... 4.903 3°917 4.5734 4.5554 5.0733 52173 5:1266 5.1002 5°1277 5:1620 49706 _ 05490 4.9580 4.348 4.5507 4.9363 - Eisensulfat (FeSO,). . . —_ —_ _ — — - = = = z = == = == 5 u = = — Eisencarbonat (FeÜO,) . | 0047 0'026 0:0217 00145 00116 0.0116 Spuren 0:0145 Spuren Spuren Spuren 0'185 ; 0.0478 0.0342 0:019 0:0072 00155 | 00116 ‚ Spuren Caleiumsulfat ...... _ | _ | _ _ — — — - — — — 0,534 2.9039 = e & 2 = | ai \ 07300 Oaleiumearbonat . | 0550 | .0:630 | .0'5893 0.6250 0:5893 05214 0.5446 0.5625 0.5446 05446 0:5357 0.907 = 13593 0.6518 0514 0,4910 1.9038 ' 05410 | 12101 Magnesiumsulfat . ... . — | = | = = = re EZ = = gr | == = 12548 BE Ina = are FE | Y Sn Magnesiumecarbonat ... . | 0'256 0'288 | 02537 03026 0:2724 02482 0.2535 0.2572 0:2497 0:2497 702535 0,603 u 0.6531 0.3065 0'243 02308 0.5554 | | 07287 | Kieselsäure . ......- | 0.568 0'533 05250 05400 05700 0.5680 05750 0:5500 0.5550 05500 | 0.5800 0'353 0.7000 0.3420 0.5400 0'493 0.4900 03580 02520 | Kohlensäure, halbgeb. | 2'427 2:062 | 2:3105 23281 2:5112 2:5273 24985 2:5028 2.5269 2:5112 2.4298 0.785 — 11992 25365 | 2'161 23993 19030 | 09142 Kohlensäure, frei ....|| 1'806 | nieht bestimmt 17790 0:1372 0:2476 17454 15930 21444 1'5163 1:9778 2.1004 nicht bestimmi 04000 15653 174270 | nieht bestimm | 11214 05540 | | 02618 Schwefelsäure, halbgeb. | | 5 u x = ee 3:3558 „re - | = ER * | MX | (Fig. 13.) [3 [83] Ueber neue Massnahmen zum .Schutze der Karlsbader Thermen. 753 Tagwasser, welches sich nach der Tiefe zu mit löslichen Stoffen, die es den Braunkohlen-Ablagerungen entnimmt, anreichert. Sein Cireu- lationsgebiet können wir das Braunkohlenreservoir nennen. Das aus dem Granite kommende Wasser stammt jedoch aus fernerab liegenden Niederschlagsgebieten, wahrscheinlich aus den Ge- hängen und den Höhen der Grenzgebirge (Karlsbader- und Erzgebirge) der Mulde. Es kann entweder durch nur oberflächliche Circulation in den Granitgebieten die gewöhnliche Temperatur der Oberflächen- schiehten des Bodens aufweisen, es kann aber auch durch Eindringen in die Tiefe thermische Eigenschaften erlangen. In beiden Fällen hat man es aber in solchen Bergbauen mit einem aufsteigen den Wasser- strome zu thun, der, weil seine Circulation nur innerhalb des Granites liegt, ganz charakteristische chemische Eigenschaften aufweist, an denen man jedes specielle Vorkommen erkennen kann, selbst dann, wenn — wie es bei der Johannizeche in Ottowitz der Fall war — dieses Granitwasser schon in den Ablagerungen der Braunkohlenformation angefahren wird. Die Grösse der Entfernung vom Granite selbst, innerhalb welcher ein solcher Anbruch geschieht, wird dafür massgebend sein, ob „aemischtes Gruben- wasser“ — wie ich es nennen will — auftritt, d. h. solches, welches durch weitere Circulation von Granitgrundwasser in den darüber be- findlichen Braunkohlen-Ablagerungen beziehungsweise durch Beimischung von Wässern aus dem Braunkohlenreservoir auch Bestandtheile der durchsetzten hangenden Gebirgsglieder aufzunehmen im Stande war. Aus dem Gesasten erhellet die ausschlaggebende Wichtigkeit der chemischen Untersuchungen der Gru- benwässer für die Feststellung der Provenienz der- selben, auf welchen Punkt in den Schlussvorschlägen zurückzukommen sein wird. In den hier eingefügten beiden Tabellen, deren Mittheilung ich der Güte des Herrn Dr. Sipöcz verdanke, sind die Resultate der von ihm vorgenommenen eingehenden chemischen Untersuchung einer Reihe von Grubenwässern enthalten. Um die selbst dem Auge des Fachmannes in ziffermässiger Dar- stellung schwer übersichtlichen Ergebnisse der Analysen zur Grund- lage der nachfolgenden Erörterungen machen zu können, habe ich eine Auswahl der von Herrn Dr. Sipöcz ausgeführten Analysen in der Tafel XXI graphisch dargestellt. Es wurden die Alkalien (Kali- und Natronsalze) in gelber Farbe, die alkalischen Erden (Kalk und Magnesia) in rother Farbe zur Darstellung gebracht, während der Kohlensäuregehalt (halb gebundene und freie Kohlensäure) in blauer Farbe den Schluss bildet. Als Massstab für die Menge diente 1 cm — 1 Zehntel Promille (oder 1 cm — 1 Theil im 10000 Theilen Wasser). Nur die Analysen des Sprudels und der Stephaniequelle wurden des gegebenen Raumes wegen in halbem Masse (0°5 cm = 0'1°/,,) darge- stellt. Die Säuren der Salze wurden durch Schraffen angegeben, und zwar für Carbonate (kohlensaure Salze) . . horizontal Sulfate (schwefelsaure Salze) . . . vertikal Chloride (salzsaure Salze) . . . . punktirt. 154 A. Rosiwal. | [84] Damit wurde ermöglicht, die Zusammensetzung aller in Betracht kommenden Wässer mit einem Blicke zu übersehen und zu vergleichen. Fassen wir nun die Ergebnisse der bisherigen Analysen unter den vorausgeschickten Gesichtspunkten in Gruppen zusammen, so er- gibt sich: l. Aus den Figuren 5, 6, 7, 8 und 11 als Charakteristisch für die Wässer des Braunkohlen- TeseTtwo!rs- Die Menge der Kalk- und Magnesiasalze [roth] über- wiegt jene der Alkalien normalerweise um das zwei- bis dreifache (in Ausnahmsfällen |[Fig. 6] auch bedeutend mehr). Sie gleichen in dieser Hinsicht vollkommen den gewöhnlichen Brunnenwässern (Fig. 3, 4), welche im Gebiete der Mulde vor- kommen, und die dem etwas verdünnteren Wasser der Oberfläche des Reservoirs entnommen werden. 2. Aus den Figuren 12 und 14 bis 19 als Charakteristisch für die Wässer des Granites: Die Menge der Alkalisalze (Kali- und vorwiegend Natron- salze |gelb]) überwiegt jene der Kalk- und Magnesia- gruppe beträchtlich, und zwar lässt sich dies umso zu- treffender constatiren, je zweifelloser eine Communication und Beimischung von Wasser aus dem hangenden Braunkohlenre- servoir an der Entnahmestelle ausgeschlossen erscheint. Daher nähern sich die Wässer in den Kaolingruben im relativen Mengenverhält- nisse der beiden massgebenden Salzgruppen überaus der Zusammen- setzung, wie sie — in concentrirterem Zustande — die Karlsbader Thermen aufweisen. Es beträgt beispielsweise das Verhältniss der Alkalisalze : \ragnesinsalzen Im’Sprudelre.’22) wie rn 1017 % 1 Stephanrequeile- (ke, 21, „om, er 1 Zettlitzer Kaolingruben: Grube: W.. Lorenz (Es. AO) 4 ist 10,75 1 Thermalwasser der Granitstrecke der Einigkeitszeche (Fig. 14) et Grubenwasser (Zebisch und Pfeiffer) | Mic 2]ö)g: Hera re Thermalwasser der Johanni - Braun- kohlenzeche Ottowitz (Fig. 12) . . Die angeführten Beispiele sind typisch für die chemische Beschaffenheit des Granitwassers, welches sich als kaltes und verdünntes, nur in der relativen Menge der drei Natronsalze untereinander etwas variirtes Sprudel- wasser charakterisiren lässt. Die Analogie in der Zusammensetzung mit dem Karlsbader Thermalwasser geht so weit, dass man aus einzelnen der Granitwäs- Tiere 1 ‘) Auf Einheiten abgerundet. Le [85] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 755 ser, beispielsweise jenen, welche die Analyse aus den Kaolingruben von W. Lorenz in Zettlitz angibt’) (Fig. 16 u. 17), durch Abdampfen Sprudelsalz erzeugen könnte, das dem Karlsbader Salze der Zusammensetzung nach fast völlig gleich- käme, so dass es nur analytisch, kaum aber durch den Geschmack davon zu unterscheiden wäre. - 3. Die Analysen Fig. 9, 10 und 13 dienen als Beispiele für die Charakteristik der Gemischten Wässer. Das Mengenverhältniss der Alkalien- zu den Kalk- Magnesia-Salzen stellt sich nahezu gleich. Die betref- fenden analysirten Vorkommnisse aus dem W. Lippert’schen Kaolin- baue in Unter-Meierhöfen (Fig. 13), dann aus der Caroli-Johanni- Zeche in Janessen (Fig. 9 u. 10) sind räumlich benachbart und zeigen, dass einerseits Kaolingruben auch mit Wässern zu thun haben können, welche zum Theile aus dem Hangend-Braunkohlenreservoir gespeist werden (Fig. 13), andererseits aber Kohlenbaue mit solchen, die (wie beim Bau auf das Liegendflötz naturgemäss ist) auch theilweise (anderenorts selbst gänzlich [Fig. 12]) aus dem Granite entspringen. Nach diesen Bemerkungen über die Art der unterirdischen Wässer müssen wir als Kriterien jener derselben, welche wir als mit thermischen Eigenschaften nach Art der Karlsbader Quellen ausgestattet erkennen wollen, folgende Bedingungen erfüllt sehen: 1. Es muss nach seinen chemischen Eigenschaften en Granit- wasser von 2. einer über das Jahresmittel der der betreffenden Tiefe zu- kommenden Bodentemperatur reichenden Erwärmung vorhanden sein. Es kann 3. eventuell gleichzeitig damit eine Concentration durch An- reicherung der festen Bestandtheile verbunden sein Die ersten beiden Bedingungen erfüllen die beiden Wasser- einbrüche, welche a) im Braunkohlenbaue der Johannizeche bei Ottowitz. am 23. August 1887 und b) im Kaolinbaue der Einigkeitszeche (Parz. 62 der (Gremeinde Zettlitz), u. zw. in der Granitstrecke derselben in besonders ergie- biger Weise, erschrotet wurden. Ersterer wi 5° C. über die normale Boden- wärme sich erhebenden Temperatur (von 16—17° in 3372 m See- höhe) und einer von Dr. L. Sipöcz als constant nachgewiesenen Zusammensetzung eines „schwachen Natronsäuerlings® (vgl. Analyse Taf. XXI, Fig. 12) die Zusammensetzung eines kohlensäure- reichen Granitwassers bei einer Zuflussmenge von 90-168 Litern pro Minute auf. Letzterer zeigte bei nahezu derselben Temperatur (15° C. ın 377 m Seehöhe) auch eine fast vollständig gleiche Zusammensetzung mit ') Infolge ihres bedeutenden Gehaltes an Chlornatrium. 756 A. Rosiwal. [86] jenem. (Vgl. Analyse Fig. 14.) Auch der hohe Kohlensäuregehalt, der sich ausser in den Thermen bei keinem der untersuchten Gruben- wässer in gleicher Höhe wiederfand, ist für die Verwandtschaft beider Grubenthermen, wie ich sie benennen möchte, charakteristisch. Die Wassermenge war aber in dem Kaolinbaue, welcher direct den Granit durcehörterte (!), naturgemäss eine grössere. Sie betrug in der Zeit vor der Betriebseinstellung und Ersäufung des Baues 274! pro Minute und war unverhältnissmässig das stärkste von allen im Bereiche der Kaolingruben auftretenden Grubenwässern. - Es muss besonders betont werden, dass dieser ausgiebige Wasser- einbruch in einem Werke mit relativ hoher Bausohle (17m über dem sogenannten‘ Normalpunkt der Teplmündung) erfolgte, also etwa im Niveau des Sprudels, um die Bedenklichkeit der Verritzung desGranites selbst in höheren Niveaux als 360 ,n darzuthun. Auch hierauf wird bei den Vorschlägen zur Ergänzung der bestehenden Massregeln für den Thermenschutz zurück- zukommen sein. 8. Es bedarf nach der Darstellung der Grubenwas- serverhältnisse in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der Thermenfortsetzung nach Nord nur mehr des Hin- weises auf die bei der Abteufung der Stephaniequelle im Süden der Thermalspalte gemachten Erfahrungen. Noch v. Hochstetter misstraute der Annahme einer Ver- bindung des Dorotheen-Säuerlings mit den Thermen und kannte der Hoff’schen Quellenlinie nur eine topographische Berechtigung zu'). Den Beweis für deren geologische Bedeutung, welche v. Hochstetter negirte, erbrachte die Auffindung der Stephanie- quelle unter den bekannten eigenthümlichen Umständen, welche dar- thun, wie unberechenbar Art und Intensität der thermalen Aeusse- rungen beim Eindringen in den Granit sich gestalten. Das Terrain, auf welchem die Stephaniequelle erschlossen wurde, war als kohlen- säurereich bekannt. Nach den Ausführungen im zweiten Abschnitte dieser Arbeit ist der Grund hiefür leicht einzusehen: Es ist die Stelle des Einschnittes der Tepl in die Thermasr spaltenzone. Wenn nun der Dorotheen-Säuerling wegen seiner höheren Lage (391 m) nur kaltes, jedoch sehr kohlensäurereiches Wasser führt (u. zw. echtes alkalireiches Granitwasser, wie die alte aber hinlänglich genaue Analyse [Fig. 2 der Taf. XXI] von Berzelius zeigt), so musste, wenn man es mit der Fortsetzung der Thermen- zone zu thun hatte, nach Massgabe des Eindringens in ein tieferes Niveau die Temperatur rasch zunehmen. Die unerwartete Schnellig- keit, mit der dies erfolgte (bei den vorgenommenen Sondirungen für 12m von 16” auf 25°,‘ C.), sowie der Umstand, dass ein so con- centrirtes Thermalwasser?) im geringer Tiefe auftrat, lässt ersehen, ') Ueber die Lage der Karlsbader Thermen ete. Sitzber. Wr. Ak. 1856. S. 17. [e7]. ”) Nach der Analyse von Dr. L. Sipöcz von gleicher percentueller Zusam- mensetzung der Salze wie im Sprudel. (Vgl. Fig. 21 Tafel XXI, sowie Anmkg. S. 721.) Dr. Sipöcz nennt die Stephanieque’le daher mit Recht „Kalter Sprudel“. H7 [57] Ueber neue Massnahmen zuni Schutze der Karlsbader Thermen. in welcher rapiden Weise bei der Verritzung des Grundgebirges auch anderswo Ereignisse eintreten können, welche ein unerwünschtes Analogon hiezu bieten würden. Der Spiegel der Stephaniequelle liegt in circa 381 m Seehöhe (Niveaucote 385°2 m), also etwa im Niveau der Sprudelausläufe, der Schlossbrunnen liegt dagegen 392 m hoch; trotzdem nun das tiefere Teplbett zwischen den genannten Quellen liegt, erscheint doch der Schlossbrunnen bis zu einer derartigen Höhe gespannt, d. i. um 13°75 m höher als die Teplfurche am Sprudel. Es liegt nichts vor, was gegen die Möglichkeit spricht, dass Aehnliches nicht auch in Bezug auf das Egerthal der Fall sein könnte. 9. Denn die Spannungshöhe der Granitwässer ist zu beiden Seiten des Egerthales höher als dessen Nivelette. Es ist hier der Ort, um auf jenen Factor zu sprechen zu kommen, welcher für die Bestimmung des Tiefenniveaus massgebend war, bis zu welchem bisher ein ungehinderter Bergbau gestattet ist, ein Horizont, oberhalb dessen auch die Sachverständigen des Jahres 1580 das Verritzen des Grundgebirges für unbedenklich hielten. Man folgerte damals aus dem orographischen Charakter der Eger- thalfurche und noch mehr aus dem tektonischen Grunde, weil die- selbe bei Karlsbad der Bruchlinie parallel zum Muldenrande folgt, dass die Eger auch in hydrographischer Hinsicht unbedingt auf- schliessend und drainirend für alle oberhalb ihres Spiegels eireuli- renden Grundwässer wirken müsse, ob diese nun thermale Eigen- schaften besitzen oder nicht. Die Eger hätte nach dieser Annahme die Aufgabe, einerseits im Norden alle Granitwässer der Mulde bis zu ihrem Spiegel abzuführen, andererseits in gleicher Weise die Thermen, falls deren Zone bis zum Egerthale reichen würde, zum Abflusse zu bringen. Dieser so gefolgerte Ausfluss von Thermen im Egerthale wäre aber nur dann eine unbedingte Öonsequenz des Einschnittes der Eger in die Thermalzone, wenn das vom Thermalwasser erfüllte Spaltennetz in unveränderlicher Continuität bis an das Gehänge des Egerthales streichen würde. Eine solche durchstreichende Continuität von bis an die Oberfläche reichenden Quellspalten ist aber nach den über die Topik der Thermen gewonnenen Erfahrungen selbst im engsten Quellgebiete Karlsbads nicht nachzuweisen. Dort stellen sich alle Thermen als auf einem Systeme von parallelen Einzelspalten liegend dar, deren unterirdischer Verband über allem Zweifel ist, deren oberflächlieche Communication aber nur in wenigen Fällen und nur auf geringe Erstreckung nachgewiesen werden konnte („Russische Krone“ — „Stadt Hannover“ mit 22 m; Schlessbrunnen mit 6—8 m, etc.). Es wäre nicht möglich, dass die Karlsbader Thermen in so verschiedenen Niveaux zu Tage treten, wenn nicht die Ver-. zweigungen im Spaltennetze untereinander soweit unabhängig wären, als zur Erklärung der grossen Differenzen an Ausflusshöhe, Wasser- menge und Temperatur bei minimalen Entfernungen nothwendiger-- weise angenommen werden muss. Versinterungen, Ocherabsätze, Aus- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1894. 44. Band. 4. Heft. (A. Rosiwal.) 98 758 A. Rosiwal. [88] füllungen mit Granitgrus, Ueberdeckung mit thonigen Sedimenten können einen wirksamen oberflächlichen Spaltenverschluss bilden. Die Geschichte der Auffindung der Quellen hat dies vielfach erwiesen. So wurde z. B. die nördlichste der eigentlichen Thermen, der Kaiserbrunnen, im Jahre 1852 bei den Grundgrabungen zum Militärbadehause zufällig erschürft. Das Profil des oberflächlichen Spaltenverschlusses dieser Therme hat uns v. Warnsdorff aufbe- wahrt '), indem er angibt, dass unter einer Torfschichte und darunter- folgenden starken Lage von Granit-, Quarz- und Hornsteinblöcken, sowie Sand und Grus eine zwei bis drei Fuss mächtige rothgefärbte Thonschichte die Quellspalte (den Hornstein- gang) bedeckte. Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse an der Stelle der Stephaniequelle; und neuestens hat der Aufschluss der Quelle der „Russ. Krone“ ergeben, dass die unteren Quelladern sowie einst jene im Nachbarhause „Stadt Hannover“ bei der Entfernung einer Schichte Gehängelehm, die vielfach den Ostfuss des Hirschensprunges bedeckt, hervorbrachen. Analoge Verhältnisse müssen wir aber auch annehmen, um beispielsweise eine Erhaltung des Niveaus der Eisenquelle auf 395 m, d. i. 35m über dem Egerspiegel, zu erklären. Die Erfahrungen des Kaolin-Bergbaues haben in zweifelloser Weise erhärtet, dass dem Egerthal die ihm beigelegte Eigenschaft eines Draingrabens für die Granitwässer nicht zukommt. In einer, die Entfernung des Kaiserbrunnens von der Eger nur wenig übertreffenden Distanz jenseits derselben wurden, wie oben erwähnt (Punkt 8: Wassereinbrüche) in Zettlitz die Granite der Einigkeitszeche durchörtert, welche nahezu im Niveau des Sprudels, u. zw. 17m über dem Egerspiegel die abnorm grossen Wasser- mengen geliefert haben, welche, wie ausnahmslos alle in dieser Zeche angetroffenen Grubenwässer aus dem Kaolin, die typische Zusammen- setzung echter Granitwässer zeigen. Es geht daraus zunächst die wichtige Thatsache hervor, dass der Granitjenseits der Eger in höheren Niveaux wie diese bedeutende Wassermassen führt. Zieht man ferner in Erwägung, dass die über das Jahresmittel der Bodenwärme reichende höhere Temperatur derselben (15° C.) mindestens auf einen mittelbaren Zusammenhang mit den Thermen hinweist, so kann aus dem Umstande, dass im Egerthale seibst keine thermalen Aeusserungen auftreten, noch immer nicht gefolgert werden, dass ein Zusammenhang der Granitwässer dies- wie jenseits des Flus- ses nicht bestehen könne. Die genannten Thatsachen zwingen vielmehr zu der Annahme, dass die wasserführenden Spalten des Granites in der Tiefe communiciren. Es kann nun aus den in Punkt 1—8 angeführten Gründen eine directe Verlängerung der aufsteigendes Thermalwasser führenden Spaltenzone in das Gebiet jenseits der Eger bestehen oder nicht, so wird in jedemFalle durch eine Entlastung miteinander communicierender Spaltensysteme einerseits — d.i. ‘) Jahrbuch geol. R.-Anst. 1855, S. 88. [89] ‘ Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 759 durch eine Wasserschrotung in den Bergbauen — eine Druckver- minderung (Spannungsabnahme) andererseits im Ther- malgebiete zu gewärtigen Sein. Wenn diese Möglichkeit, wie ich hinlänglich begründet zu haben glaube, besteht, wenn auch nur geringe Wassermengen durch einen Wassereinbruch in tiefen Niveaux der Bergbaue aus dem Thermal- bezirke Karlsbads abgezogen werden sollten, so ist in Consequenz davon schon eine geringe Einbusse an Spannung im Thermen- bereiche bereits hinreichend, um beispielsweise den empfind- lichsten Brunnen der Karlsbader Thermen, das „Mano- meter“ des Sprudels, den Schlossbrunnen, dessen Bedeutung bereits Dr. v. Hochberger und Dr. Mannl erkannt haben, zu alteriren oder — im ungünstigen Falle — gar zum Versiegen zu bringen. Wassereinbrüche in den Bergbauen von 168, bezw. 274 Litern pro Minute, also 6—16°/), der Thermalwasser- mengen, sind aus diesem Grunde schon wegen des dadurch bedingten Nachrückens der Thermalwässer und eines zu gewärtigenden Druckverlustes an den gegenwärtigen Ausflusspunkten der einzelnen Quellen für den ungefährdeten Bestand derselben bedenklich. Die in dem ersten Theile vorgeschlagenen Verschärfungen der Beobachtung der Thermen werden, wie ich glaube, in der- artigen Fällen den Schlusspunkt unter die im Vorhergehenden an- geführten Wahrscheinlichkeitsgründe für die Fortsetzung der Thermen- eireulation nach Nord setzen, d. h diese bisherige Annahme auch ohne den Eintritt einer Katastrophe auf eine für den Bestand der Thermen nicht gefahrdrohende Art beweisen und damit zur Ge- wissheit erheben. Dann wird es an der Zeit sein, in Betreff weiterer Sicherungen die naheliegenden Consequenzen zu ziehen. II. Massnahmen und Beobachtungen im Bereiche der Bergbaue auf Braunkohle und Kaolin zur Erweiterung der bestehenden Schutzmassregeln für die Thermen. Ausgehend von dem Gesichtspunkte, dass die Anlagen für die Kaolinerdegewinnung in bergtechnischer Hinsicht jenen der Berg- baue auf Kohle durch die Art ihres Betriebes und Abbaues völlig gleichen, wäre die Uebertragung aller bereits bezüg- lich der letzteren geltenden Grundsätze in Bezug auf den Thermenschutz auf die ersteren in umso höherem Maasse geboten, als sich, wie aus den Ausführungen des I. Abschnittes hervorging, die Kaolinbaue principiell nur im Grundgebirge bewegen. Es wären demnach bezüglich der Evidenzhaltung aller Baue auf Kaolin die für dieselbe auf den Braunkohlenzechen geltenden Vor- schriften sinngemäss zu übertragen, und zwar, soweit analoge Be- stimmungen nicht schon in den Paragraphen 37—39 des Regulativs der Hg E 760 A. Rosiwal. [90] k. k. Bezirkshauptmannschaft Karlsbad erlassen sind, für beiderlei Berg- baue in der im Nachfolgenden ausgeführten Weise. Dabei wird als leitender Grundsatz aller Detailangaben die Forderung aufgestellt, alle geo- logisch verwerthbaren Momente, welche sich während der Eröffnung und des Betriebes eines Bergbaues durch dessen Aufschluss von selbst ergeben, festzuhalten, um nicht nur einen zutreffenden Einblick in die Lagerungsverhältnisse jedes Baues während seines Betriebes zu erhalten, sondern auch zu dem Zwecke, um für alle späteren Fälle das Beobachtungsmaterial fixirtund damit stets erfügbar zu haben. Als die für den Geologen und alle in der Angelegenheit des (uellenschutzes mitbetheiligten Factoren wesentlichsten Momente müssen die Verhältnisse der Grubenwässer bezeichnet werden. Das Wo und Woher ihres Auftretens, also ihre räum- liche Vertheilung in Bezug auf Situation, Niveau und das zuletzt passirte Gebirgsg ‚lied (Lit. Er B und C der weiter unten formulirten Erfordernisse), ihre Artbestimmung durch die chemische Analyse, die Mengen und Temperaturmessung muss für jeden speciellen Fall als unbedingt nöthig erklärt werden. So sehr die im vorhergehenden Theile erörterten Beziehungen der Grundwässer dies- wie jenseits der Eger die zur Präcisirung dieser hochwichtigen Fac- toren erforderlichen Massregeln fast als selbstverständlich erscheinen lassen, kann ich doch nicht umhin, die in meinem Originalberichte aufgestellten Forderungen, welche der Geologe erheben muss, um einen Einblick in das unterirdische Wasserregime zu erhalten, hier anzuführen. Ich möchte dies umsomehr, als mir die Inaugurirung — wenn ich so sagen soll — einer Art von Grund- beziehungsweise Grubenwasserpolizei, welche die Werksbesitzer im eigenen Interesse wie zu Nutz und Frommen der Thermen grossentheils selbst aus- zuüben im Stande sind, nicht nur als für die Kenntniss der unter- irdischen Wassereirculation unentbehrlich, sondern auch als ein Prä- ventivmittel zweckmässigster Art erscheint gegen die Gefahren, welche den Thermen wie der Betriebsführung aus einem bedeutenden Wasser- einbruche drohen. Demgemäss wäre für jede Werksanlage die Führung der folgenden Aufzeichnungen aufzutragen: A. Grubenkarten. 1. Die obligatorische Führung der Grubenkarte im Massstabe 1:500, Situation und Aufriss, welche ‚ausser der planmässigen Dar- stellung der Schächte und Strecken, Abbaue, Bohrlöcher ete. zu ent- halten hat: F a) Die Angabe aller Stellen, wo Wasser zusitzt, b) die Bezeichnung der Richtung, aus welcher das Wasser ZU- sickert (Firste, Sohle, Ulm), c) die ziffermässige Angabe der Menge er einzelnen Wasserzulaufes pro ] Minute, d) die Temperatur jedes einzelnen Wasserzulaufes, e) die Bodentemperatur (Temperatur der Berge vor Ort), [91] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 761 /) Eintragung von Richtung und Verflächen aller Verwerfungen, wie solche beim Vortrieb der Strecken im Kaolin vor Ort zu con- statiren sind, 9) Einzeichnung der eventuell durchfahrenen Granitrücken oder vorkommendenfalls von Basaltgängen sowie aller in diesem Grundgebirge beobachtbaren Details, als: Spaltenrichtung, Structur, Grad der Zer- setzung etc. 2. Die Angabe der Art des Materials, also der Art der Han- send- und Liegendschichten der Flötze, deren Mächtigkeit und Neigungs- richtung in den Kohlenbauen; der Art der Kaolinerde (ob grobkörnig, feinkörnig), der eingeschlämmten Putzen von reiner Massa oder even- tuell.von Sand, „Schlicker“, von unbauwürdigen Partieen (halbzersetztem Granit), den sehr wichtigen Uebergangsbildungen in den noch festen Granit. 3. Die unter Punkt 2 fallenden Angaben der Grubenkarte be- züglich des durchfahrenen Materials sind durch Handstücke, deren Ent- nahmestelle im Grubenplane mittelst Nummer genau zu bezeichnen ist, zu belegen. (Vgl. weiter unten C.) 4. Diese Grubenkarte wäre in duplo zu führen und ein Exemplar derselben an das mit der Ueberwachung betraute bergbehördliche Organ abzuführen. Für die Richtigkeit ihrer Angaben hätte die Leitung jeder Werksanlage die Verantwortung zu übernehmen, und werden dieselben durch das bergbehördliche Organ im Sinne der un- verzögerten Ergänzung controlirt. B. Uebersichtskarte der Bergbaue. Die oben präcisirten Grubenkarten bilden die Detailgrundlage für die Uebertragung aller ihrer wesentlichen Angaben in den Katastralplan- zum Zwecke der Uebersicht, wie dies: bezüglich der Evidenzhaltung der verliehenen Grubenmaasse hinsichtlich der Berg- baue bergbehördlich gepflogen wird. Mit Rücksicht auf die Bestimmung einer den Thermenschutz bezweckenden prophylaktischen Massregel wäre insbesondere der Markirung der Grubenwasser-Verhältnisse, der Verritzun- gen des Grundgebirges, sowie der Festlegung der Verwer- fungsriehtungen bei der Einzeichnung in die. Katastralmappe besondere Aufmerksamkeit zu schenken, und würde es sich empfehlen, im Uebrigen an der bisherigen Gepflogenheit der Darstellung, wie sie im k. k. Revierbergamte Elbogen geführt wird, festzuhalten. Es würde sich also darum handeln, die Evidenzhaltung der Braunkohlenberg- baue im gegenwärtigen erweiterten Schutzrayon nach den genannten drei Richtungen im Detail zu ergänzen, sowie die bisherigen Wahr- nehmungen auf den Kaolinschächten unter Zugrundelegung der nach Obigem vervollständigten Grubenpläne nachzutragen. Auf Grund dieser Darstellung, welche zweckmässig in zwei Exem- plaren für das k. k. Revierbergamt, wie für die k. k. Bezirkshaupt- mannschaft, anzufertigen wäre, kann in weiterer Folge die Her- stellung von Uebersichtskarten in kleinerem Massstabe (etwa mit Benützung der Schardinger’schen Karte 1:11520), welche 762 A. Rosiwal. [92] 1. die Grubenwasservertheilung, 2, die Art der Grubenwässer, 3. die Niveauverhältnisse des Grundgebirges gesondert zur Darstellung zu bringen hätten, in’s Auge gefasst und damit eine grosse Reihe von wichtigen Beobachtungen benützbar ge- macht werden, welche geeignet erscheinen, zur Lösung der Frage der unterirdischen Wassercireulation in wesentlichem Maasse beizutragen, und dadurch ein neues Licht auf die Beziehungen der Thermen zu den Grubenwässern zu werfen. C. Belegstücke für die Gebirgsärten der Grubenbaue. Nach Punkt 3 Lit. A wären die Angaben der Grubenkarten mit nummerirten Handstücken, deren Entnahmestelle im Grubenplane mit der gleichen Nummer einzutragen ist, zu belegen. Es soll damit das auf- geschlossene oder abgebaute Material in einem für die Lösung auch später auftauchender Fragen dienlichen Zustande erhalten werden und selbst dann noch verfügbar sein, wenn die betreffenden Baue eingestellt und unzugänglich geworden sind. Die obligatorische Einführung dieser Massregel empfiehlt sich umsomehr, als dieselbe bei jedem Bergbau- betriebe, weil im Interesse einer rationellen Betriebsführung gelegen, bereits durchgeführt sein dürfte. Die Handstücke (zweckmässig im Formate von 8x 12 cm) wären in duplo zu entnehmen und je 1 Exemplar auf der Zeche (Werksleitung, Besitzer) aufzubewahren, eines aber einer gemeinsamen Aufbewahrungsstelle (K. k. Revierbergamt, eventuell einer Museumsabtheilung in Karlsbad) zuzuweisen. D. Evidenzhaltung der Grubenwässer. Da der Zustand der unterirdischen Wässer nach den vorher- gehenden Ausführungen den für den Thermenbestand wichtigsten und kritischesten Faktor bildet, so muss die genaueste Beobachtung der- selben einen Hauptpunkt aller prophylaktischen Massregeln bilden. Ueber die örtliche Evidenzhaltung aller Aufschlüsse derselben sowie in Bezug auf deren Menge und Temperatur haben die Gruben- karten die nöthigen Angaben zu enthalten. Es muss aber auch die Art jedes Grubenwassers wenigstens inso- weit bekannt sein, um es einer der bezüglich ihrer Zusammensetzung und Provenienz bestimmt charakterisirten Gruppen zuweisen zu können (vgl. Abschnitt I, Analysentabelle und Lit. ©, Punkt 7, S. 754). Es wäre daher vorzunehmen: l. Für jede einzelne bedeutendere Wassererschrotung, als welche schon Grubenwässer von einer Ergiebigkeit von 101 pro Minute auf- zufassen sind, und zwar von an der Einbruchstelle entnommenen Proben eine vereinfachte Analyse, welche zu enthalten hat: a) Trockenrückstand, b) Alkalien (Summe), 3 4 [93] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen, 163 c) Schwefelsäure, d) Chlor, e) Kohlensäure. 2. Für jeden Bau (beziehungsweise Zeche) aber mindestens eine vollständige Analyse und zwar desjenigen Wasserzuflusses, welcher der relativ grösste ist. 3. Für alle über 20/7 pro Minute liefernden Einbruchstellen eine vollständige Analyse. 4. Ueber die Wasserhaltung, sowie über die Beobachtungen der einzelnen Wasserzuflüsse in den Gruben bezüglich ihrer Menge und Temperatur ist ein Journal zu führen, für dessen Angaben die Werksleiter verantwortlich sind. Die Beobachtungen können bei den kleineren (unter 10! pro Minute) Zuflüssen wöchentliche sein. In als wasserlästig bekannten Strecken und Bauen sind tägliche Aufschreibungen zu führen. 5. Wassererschrotungen von über 20 ! pro Minute oder von einer 15° C. übersteigenden Temperatur unterliegen sofortiger Anzeige- pflicht an die mit der Ueberwachung betraute Behörde. E. Beobachtung der Zerklüftungsrichtungen des kaolinisirten Granites. Wie im I. Abschnitte Seite 750 hervorgehoben wurde, ist der kaolinisirte Granit von Klüften durchzogen, welche als die Fort- setzung der in der Tiefe wasserführenden Spalten des unzersetzten Granites zu betrachten sind. Es kann daher aus der Richtung und dem Fallen dieser Klüfte auf deren Fortsetzung nach der Tiefe zu geschlossen werden und damit Lage und Verlauf der Granitspalten im Gebiete der Mulde dort bestimmt werden, wo ein aufgeschlossenes Streckenort zu diesen Beobachtungen Gelegenheit bietet. Diese Spaltenbeobachtungen bilden eine Fortsetzung derjenigen Arbeiten, welche mit Rücksicht auf die Detailbeobachtungen der Granitspalten im Gebiete des Karlsbader Gebirges in Vorschlag gebracht worden sind. Ihrer Durchführung muss die Herstellung der nach Obigem ergänzten Grubenkarten der Kaolinwerke vorangehen. F. Specielle Schutzvorkehrangen anlässlich bestimmter Be- dürfnisse des Bergbaues. In den nachfolgenden Erörterungen sollen einzelne Fälle be- rührt werden, welche mir bei der Kenntnissnahme der Verhandlungs- acten zum Zwecke besonderer Massnahmen für den Thermenschutz Anlass gegeben haben, Erweiterungen derselben mit Rücksicht auf etwaige Wiederholungsfälle in Vorschlag zu bringen. Diese Vorschläge können füglich als VorsichtsmassregelnbeimEingriffin’s Grundgebirge bezeichnet werden und enthalten somit nicht nur alle Schutzvorkehrungen beim Abbaue der Kaolinerde in sich, sondern andererseits auch Specialfälle von Verritzungen des Liegendgranites in Braunkohlenbergbauen aus Anlass technischer Betriebserfordernisse. 64 A. Rosiwal. [94] | Der Grundgedanke aller Schutzmassregeln liegt in dem Principe der Niveauerhaltung der Thermen, welches die geologischen Experten des Jahres 1880 mit dem Satze ausgesprochen haben (Punkt 6 ihres Gutachtens vom 20. Mai): „Wenden wir die Erfahrungen von Teplitz auf die Karlsbader Verhält- nisse an, so handelt es sich vor allem darum, alle solchen Eingriffe in das Cireulations- und Ausflussgebiet der Thermalwässer zu vermeiden, welche den- selben einen Abfluss in einem tieferen Niveau als dem gegenwärtigen ermög- lichen würden.“ Demzufolge wurde das Verritzen des Grundgebirges innerhalb des erweiterten Schutzrayons nur bis zu dem, damals mit 360 ın Seehöhe angenommenen „Normalpunkte*“ freigegeben, unterhalb dieser, mit Rücksicht auf die Tiefenlage des Egerthales sowie dessen oro- graphischen und tektonischen Charakter festgestellte Grenze aber die von Fall zu Fall einzuholende behördliche Genehmigung zur. Vorbedingung gemacht. Diese Massregel ist, wie ich glaube, nur als Minimum dessen zu betrachten, was vom Standpunkte der Niveauerhaltung gefordert werden darf. Den Erör- terungen im Punkte 9 des vorangehenden Theiles zufolge ist der von den Geologen des Jahres 1880 angenommene Charakter des Egerthales als einer für die Grundwässer des Granites aufschliessend und drainirend wirkenden Terrainfurche nicht nur nicht erwiesen, sondern es sprechen die gewichtigsten Gründe für die Communieation der Grundwässer dies wie jenseits der Eger, welche Wässer auch in höheren Niveaux als die Eger selbst, jenseits derselben in grosser Menge angehäuft sind. Esmussdaher das Princip der Niveau- erhaltung der gegenwärtigen Ausflusshöhen der Ther- men dahin ausgesprochen werden, dass zur Wahrung desselben eine Verritzung granitwasserführender Schichten des Grundgebirges, in welches .der „Kaolin“, ebenso wie etwa vorkommender anstehender Basalt!) einzubeziehen ist, unter einem Niveau von 380 m, .d. i. des mittleren Horizontes der Karlsbader Thermen innerhalb. des ganzen weiteren Schutzrayons nicht stattfinden darf. Die Uebertragung dieses Prineipes aut die in der Praxis des Bergbaues eintretenden Fälle müsste sich wie folgt gestalten: I. In den Braunkohlenbergbauen. l. Hat sich durch die (sub 3 Lit. D) vorgeschlagene Analyse in Fällen grösserer Wassererschrotungen in den Schichten der Braun- kohlenformation, als welche Wassermengen an der Einbruchsstelle‘ von über 20 ! pro Minute zu betrachten sind, ergeben, dass die Einbruchswässer aus dem Liegendgranite stammen, so ist namentlich dann, wenn sie auch gleichzeitig eine höhere Temperatur aufweisen, wie seinerzeit anlässlich des Wassereinbruches auf der Johannizeche bei Ottowitz, von Fall zu Fall unter Beiziehung geologischer und ') Dagegen nicht der zur mittleren Braunkohlenformation gehörende. Basalttuff. w um [95] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 165 bergtechnischer Fachmänner zu entscheiden. ob und welche specielle Schutzmassregeln für die Thermen nothwendig erscheinen, beziehungs- weise in welchem Maasse der Abbau an der gefährdeten Stelle ein- zuschränken sei. 2. In einem Horizonte unter 330 m Seehöhe erscheint eine Verritzung des Grundgebirges vom Standpunkte des vollkommen un- sefährdeten Bestandes der Thermen als principiell unzulässig. Die ausnabmsweise Gestattung in Fällen unbedingt erforderlicher, technisch auf andere Weise nicht durchführbarer Betriebsanlagen würde mir mit Rücksicht auf die Interessen des Bergbaues aber segen die ausgesprochene Integrität einer zuverlässlich wirksamen Prophylaxe in Bezug auf den Quellenschutz nur dann minder be- denklich erscheinen, wenn die nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind: a) Es darf die projectirte Verritzung auf keine grössere Tiefe, d.h. nur bis auf wenige (unter 5) Meter in das Grundgebirge ein- dringen. b) Die Umgebung der aufzufahrenden Strecke, nachzunehmenden Sohle ete. darf von vorneherein nicht als wasserlästig, bezw. viele, wenn auch geringe Quantitäten Einbruchswasser liefernde Stellen ent- haltend, bekannt sein. c) Während des Eindringens in das Liegendgebirge ist dem etwa auftretenden Wasser die grösste Beachtung zu schenken. Tägliche Messungen von Menge und Temperatur sind journalmässig zu verzeichnen. d) Klüfte im Grundgebirge müssen nach Richtung und Fall im Grubenplane verzeichnet und Materialproben nach Massgabe vorkom- mender Aenderungen desselben, mindestens aber von 10 zu 10 m entnommen werden. e) Tiefer als die projectirte Verritzung gehende Bohrungen sind unzulässig. Vorbohrungen von kleinem Kaliber in der Richtung des Vordringens (der Nachnahme) jedoch nothwendig. f) Pflicht sofortiger Meldung bei Wassererschrotungen von über 20 ! pro Minute oder einer über 15° steigenden Temperatur. 9) Wassererschrotungen von über 50 ! pro Minute einer 20° C. übersteigenden Temperatur, oder einem Gehalte von über 16 Theilen Alkalisalzen in 10.000 Theilen Wasser, wären je einzeln schon als Grund anzusehen, den weiteren Vortrieb einzustellen und die Strecke wieder wasserdicht zu verbauen. Il. In den Kaolinerdebauen. Die Baue auf Kaolinerde sind, weil sie sich im Grundgebirge d. i. im Granit bewegen und diesen in seinen zersetzten Theilen direct abbauen, als um so gefährlicher für die Thermen zu bezeichnen, in ein je tieferes Niveau sie hinabdringen. Solange also ein Horizont über 350 Meter Seehöhe nicht unterschritten wird, wird man. weil durch etwaige Grubenwässer eine Verminderung der Spannung der Thermen nicht zu erwarten steht, unbeschadet darum, ob zersetzter oder unverändeter Granit durchfahren wird, dem Bergbaue mit Be- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. (A. Rosiwal.) 99 766 A. Rosiwal. [96] zug auf den Thermenschutz vollkommene Bewegungsfreiheit conce- diren: können, und nur für den Fall der Erschrotung be- deutender (über 50!pro Minute) oder über 15°C. warmer Wassermassen aus dem Granite eine Meldepflicht und in der Folge eine Feststellung von Fall zu Fall zu er- örternder Schutzmassregeln im Auge behalten müssen. Eingreifender gestalten sich die möglichen Folgen des Kaolin- erdeabbaues für die Thermen, wenn derselbe unter dem mittleren Ausflussniveau derselben betrieben wird. Es genügt an dieser Stelle der Hinweis auf die im Punkte 9 Lit. Ü des I. Abschnittes dargelegten Gründe, um die folgenden Vorschläge als gerechtfertigt erscheinen zu lassen: 1. In einem Niveau unter 380 m, jedoch über dem Normal- punkte wäre der Kaolinerdeabbau mit Rücksicht auf die bisherigen Erfahrungen in den Kaolinschächten und auf das Interesse der Porzellanindustrie, aber ausgesprochenermassen gegen die volle Integrität eines unbedingt zuverlässieen Schutzes der Karlsbader Thermen, welcher das Hinab- sehen unter 380 m ausschliessen würde (vgl. umstehend I. 2.) unterfder Einhaltung der folgenden Vorsichtsmassregeln, sowie der allgemein für die Bergbaue in Vorschlag gebrachten Schutzmassregeln Lit. A—E auch weiterhin zu gestatten: a) Wenn die Aufschliessung der Strecken wie der darauffol- gende Abbau nur innerhalb des zersetzten Granites (Kaolinerde) sich bewegt, und jedes Durchörtern festen oder halbzersetzten Granites von vorneherein ausgeschlossen wird. Zu diesem Zwecke sollen - Vorbohrungen am Streckenort wohl gestattet sein, Sohlenboh- rungen zum Zwecke der Feststellung der Kaolinerdenmächtigkeit nur über Anmeldung und unter Ueberwachung seitens des bergbehörd- lichen Controll- Organes durchgeführt werden. c) Wenn die Menge des Grubenwassers an keiner ie stelle über 50 ! pro Minute, oder über eine Temperatur von 159 C. steigt oder dasselbe einen Gehalt an Alkalisalzen von mehr als I6 Gramm in 10 ! Wasser aufweist. Davon sind nur jene Gruben- wässer ausgenommen, welche durch die Analyse, als mit Sicherheit aus dem hangenden Braunkohlenreservoir stammend, erkannt werden. d) In Gruben, wo der Wasserzufluss constant über 100 I pro Minute [beträgt, ist der Betrieb einzustellen und für einen wasser- dichten Verbau Sorge zu tragen. 2. In einem Niveau unter dem Normalpunkte’) er- scheint der Abbau von Kaolinerde im ganzen Gebiete des erweiterten Schutzrayons unter allen Umständen als unzulässige. ?) Nach dem alten Nivellement 360 m, nach Gröger 369.777 m, nach dem neuen Nivellement der Buschtiehrader Eisenbahn 371203 m. [97] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 767 In der vorliegenden Arbeit habe ich über jene Wahrnehmungen berichtet, und an dieselben die zum Schutze der Thermen dienlich erscheinenden Vorschläge geknüpft, welche ich auf Grund der Beob- achtungen in Karlsbad, sowie in den Terrains der Bergbaue, ausser dem auch auf Grund des darauffolgenden Studiums des mir vom löblichen Stadtrathe von Karlsbad zur Verfügung gestellten Materiales schon jetzt für durchführbar erachte. Nach Imauguration der im Obigen in Vorschlag gebrachten Massnahmen und nach Ablauf einer gewissen Zeitdauer der neu an- zustellenden Beobachtungen wird sich ergeben, ob und in welchem Maasse eine neuerliche, sei es principielle oder nur ergänzende Er- weiterung, beziehungsweise Abänderung der derzeitigen Schutzvor- kehrungen geboten sei. Man wird aus diesen Beobachtungsergebnissen nur die Schluss- folgerungen zu ziehen haben, um, auf festgestellten Thatsachen fussend, in Betreff weiterer Schritte eine vorgezeichnete Bahn vor- zufinden. Die vorgeschlagenen Massregeln aber sind bis auf ie zeitraubenden Analysen der Grubenwässer so einfacher Natur, dass sie, einmal im Gange, für die Leitung der Bergbaue fast gar keinen, für die Stadt Karlsbad aber einen durch den Werth des zu beob- achtenden und dadurch mittelbar zu schützenden Objectes — der Thermen selbst — wohl hinlänglich gerechtfertigten Mehraufwand von Arbeit bedingen. Am Schlusse meiner Ausführungen angekommen, gebe ich mich der Hoffnung hin, dass die formulirten Vorschläge von competenter Seite die entsprechende Würdigung finden und damit der praktische Zweck meiner Mission zur Erfüllung gelangen möge. Für das in mich gesetzte Vertrauen der Direction der k. k. geolog. Reichsan- stalt sowohl, als für die nach jeder Richtung gewährte Unterstützung meiner Arbeiten von Seite der k. k. Bezirkshauptmannschaft in Karlsbad, des k. k. Revierbergamtes in Elbogen und des löblichen Stadtrathes von Karlsbad, sage ich wiederholten ergebensten Dank. Für die mit einer Reproduction der wesentlichsten Tafeln meines officiellen Berichtes verbundene Ausstattung dieser Arbeit bin ich der Direction, für die einleitend hervorgehobene Beigabe der geo- logischen Karte des Stadtgebietes von Karlsbad aber Herrn Geologen Fr. Teller der k. k. geolog. Reichsanstalt zu bestem Danke ver- pflichtet. 99” 768 A. Rosiwal. [98] Anhang. Geologische Gutachten betreffend den Schutz der Karlsbader Thermen‘). I. Auszug aus dem Protokolle aufgenommen am 20. Mai 1550 in Karlsbad. (regenstand ist die zufolge berghauptmannschaftlichen Auftrages vom 24. April 1880, Z. 1295, vorgenommene Verhandlung behufs Revision des von der vorbestandenen k. k. Berghauptmannschaft in Komotau im Einver- nehmen mit dem k. k. Bezirksamte in Karlsbad unterm 26. April 1859, Z. 821 für die Karlsbader Thermen festgesetzten Schutzraumes segen Bergbauunternehmungen. Sachverhalt. Ein von Professor Harlacher in Prag verfasster, und in Nr. 51 des Jahrganges 1879 der „Bohemia* veröffentlichter Aufsatz über die an- sebliche Gefährdung der Karlsbader Thermen durch den benach- barten Bergbaubetrieb erregte die Aufmerksamkeit der politischen: Behörde und veranlasste das h. k. k. Ackerbauministerium hierüber ein Gutachten der geologischen Reichsanstalt einzuholen. Dieses erstattete Gutachten geht allerdings dahin, dass die von Professor Harlacher in Betreff der Karlsbader Thermen aufge- stellten Thesen nicht richtig seien, gleichwohl empfahl die k. k. geo- logische Reichsanstalt behufs Gewinnung eines vollkommen sicheren Urtheiles über die ganze Angelegenheit und zur Beruhigung der auf- geregten Öffentlichen Meinung analog wie in Teplitz auch in Karlsbad Erhebungen der massgebenden Verhältnisse anzuordnen. Die Karlsbader Stadtgemeinde, hievon verständigt, ist nun im Wege der k. k. Bezirkshauptmannschaft um die auf ihre Kosten vor- zunehmende Erhebung aller bergtechnischen und geologischen Mo- mente eingeschritten, welche auf einen vollständigen Schutz der Karlsbader Thermen gegen Gefahren aus dem Bergbaubetriebe Bezug nehmen, in Folge dessen das h. Ackerbauministerium mit dem Er- ') Als Anhang seien die sich mit der Thermenschutzfrage beschäftigenden geologischen Gutachten reprodueirt, welche aus dem mir zur Einsicht gelangten Actenmateriale stammen, Für die Beleuchtung der ganzen Schutzfrage sind dieselben umso wichtiger, als in neuester Zeit abermals fachmännische Stimmen ihr Votum abzugeben Gelegenheit hatten, deren Publication an dieser Stelle mit Rücksicht ee A in Schwebe befindliche Verhandlungen jedoch gegenwärtig nicht statt- Inden Kann. [99] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 769 lasse vom 2. September 1879, Z. 8775/8100 dieses Einschreiten der Berghauptmannschaft in Prag zur Amtshandlung mit. der Weisung übermittelte, dass die hierüber einzuleitende Erhebung. welche sich als eine Vorarbeit zur allenfälligen Revision des für die Karlsbader Thermen bestehenden Schutzgebietes darstellt, gemäss 8 222 .a. B.-G. im Einvernehmen mit der k. k. Statthalterei unter Zuziehung von, geologischen und bergtechnischen Fachmännern durchzuführen, und bei der Wahl der ersteren der Wunsch der Karlsbader Stadtgemeinde thunlichst zu berücksichtigen sein wird. Nachdem die Voreinleitungen zu diesen Erhebungen beendet waren und die vom Karlsbader Stadtrathe namhaft gemachten geo- logischen Fachmännver ihre Bereitwilligkeit zur Intervention bei dieser Verhandlung abgegeben haben, wurde im Einvernehmen mit der k. k. Statthalterei diese Verhandlung mit dem Erlasse der k. k. Berg- hauptmannschaft vom 24. April 1850, Z. 1295 auf den 19. Mai 1830 angeordnet, und es bildet nun diese Verhandlung den Gegenstand dieses Protokolles. Als geologische Fachmänner waren anwesend: Der k. k. Hofrath und Direetor dor geologischen Reichsanstalt Herr Franz Ritt. v. Hauer; der k. k. Hofrath und Professor an der technischen Hoch- schule in Wien Herr Ferdinand Ritt. v. Hochstetter; der k. Kk. Bergrath der geolog. Reichsanstalt Herr Heinrich Wolf. Am 20. Mai Nachmittag wurden die Herren geologischen Fach- männer ersucht, ihr begründetes Gutachten abzugeben, ob und in welcher Richtung sich eine Revision des für die Karlsbader Thermen bestehenden Schutzgebietes gegen Bergbau-Unternehmungen als noth- wendig herausstellt. Hierauf haben die Herren geologischen Fachmänner nachstehen- des Gutachten abgegeben: „Aufgefordert,. ein begründetes Gutachten abzugeben, ob un:l in welcher Richtung sich eine Revision des für die Karlsbader Thermen bestehenden Schutzgebietes gegen Bergbau-Unternehmungen als wün- schenswerth oder nothwendig herausstellt. beehren sich die Unter- zeichneten dieser Aufforderung in den folgenden Erklärungen zu entsprechen: 1. Die Bedeutung Karlsbads als Curort, die es einzig und allein seinen heilkräftigen Thermen verdankt, rechtfertigt es, «dass alle diejenigen Massregeln ergriffen werden, welche zum Schutze und zur Erhaltung dieser (Quellen dienen können. 2. Der im Jahre 1859 zum Schutze der Quellen abgegrenzte Schutz- rayon umfasst die (emeindebezirke Karlsbad, Drahowitz, Espenthor und Funkenstein südlich der Eger, d. i. im allgemeinen einen Theil des Quellengebietes der Tepl. Das Prineip, welches dem uns mitgetheilten Protokolle zufolge dieser ziemlich willkürlichen Abgrenzung zu Grunde liegt, besteht darin, alle Bergbau-Unternehmungen auf einem Gebiete zu verhindern, welches als das Infiltrationsgebiet für die Karls- bader Quellen betrachtet wurde. 770 >] I. _ . A Rosiwal. [100] Das Intiltrationsgebiet der Karlsbader Quellen lässt sich wissen- schaftlich jedoch auch nur mit annähernder Sicherheit nicht fest- stellen. — Da die Quellen aus sehr grossen Tiefen, jedenfalls aus einer Tiefe von 1000 bis 2000 Meter aus Granitspalten auf- steigen, so können die unterirdischen Wasserzuflüsse ebensowohl von der Erzgebirgsseite her, oder von der Seite des Duppauer Basaltgebirges herkommen, als von der Seite des Karlsbader (ebirges, wie angenommen wurde. In jedem Falle wird aber das Intiltrationsgebiet der Quellen ein weit ausgedehnteres sein, als jenes, welches durch den be- stehenden Schutzkreis abgegrenzt wurde. Zum Schutze der Quellen handelt es sich jedoch weniger um die Bestimmung des wahrscheinlichen Infiltrationsgebietes der- selben, als vielmehr darum, das Ausflussgebiet derselben und die unterirdische Wassereirculation in der Umgebung dieses Ausfluss- sebietes gegen jede Störung zu schützen. Die unglücklichen Ereignisse in Teplitz im vorigen Jahre haben bewiesen, dass durch tiefergehende Bergbaue die unterirdische Wassercireulation sehr bedeutend gestört werden kann, und dass diese Störungen sich auf grössere Entfernungen erstrecken, als man früher annehmen zu dürfen glaubte. Wenden wir die Erfahrungen von Teplitz auf die Karlsbader Verhältnisse an. so handelt es sich vor Allem darum. alle solehen Eingriffe in das Cireulations- und Ausflussgebiet der Thermal- wässer zu vermeiden, welche denselben einen Aus- oder Abfluss in einem tieferen Niveau als dem gegenwärtigen ermöglichen würden. Als das Circeulationsgebiet der Karlsbader Thermalwässer betrachten wir den Granit des Karlsbader Gebirges, der sich, theilweise bedeckt von tertiären Braunkohlenbildungen und durch- brochen von Basalten in einer breiten Zone auch nördlich von der Eger bis in das Erzgebirge erstreckt. Der bisher bestehende Schutzkreis umfasst aber nur einen sehr kleinen Theil dieses Gebietes und erfüllt daher seinen Zweck, die Quellen vor jeder möglichen Gefahr durch bergmän- nische Arbeiten zu schützen. in keiner Weise. Sollen die Quellen von Karlsbad vor jeder möglichen Gefahr geschützt werden, so muss der Schutzkreis auch auf das Gebiet nördlich von der Eger bis zum Erzgebirge ausgedehnt werden, jedoch nur in der Weise, dass das granitische Grundgebirge vor tieferen Eingriffen geschützt wird, d. h. dass nicht nur etwaige Bergbaue bis in die Tiefen, welche unter das Niveau des Sprudel- ausflusses (371 »n nach Kofistka”), im Teplbett, oder unter das Niveau der Eger bei Karlsbad (360 m*) reichen, Granitspalten seöffnet werden, welche den Thermalwässern einen leichteren Ausfluss gestatten würden. ') 3851 mn nach dem neueren Nivellement. Anm. d. Autors. °) 369777 m nach Gröger, 371'203 m des neuesten Nivellements. [101] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. ae S. 10. Die dermaligen Bergbaue in dem Karlsbader Braunkohlenbecken, — zwischen der Eger und dem Fusse des Erzgebirges — (die Lienitbaue bei Dallwitz und Ottowitz, die Kaolingruben bei Zettlitz, ferner die Braunkohlenbaue bei Aich, Taschwitz, Janessen u. 8. w. scheinen in dieser Beziehung ungefährlich, da sie das granitische Grundgebirge entweder nicht erreichen, oder sieh in Tiefen bewegen, die über jenen Niveaus liegen. Eine Ausnahme in dieser Beziehung bildet nur das Vor- kommen auf dem Grubenfelde „Johanni“* des Herrn Pfob, in welchem, nach den uns gewordenen Mittheilungen, mit dem Bohr- loche Nr. I]I bei Meierhöfen, Katastralgemeinde Donitz, das Liegende des Flötztiefsten erst in 85 m unter der Oberfläche, das ist etwa 60 bis TO m unter den oben bezeichneten Niveaus erreicht wurde. Eine Erweiterung des gegenwärtigen Schutzrayons in dem Sinne, dass bergmännische oder andere Arbeiten nur bis zu einer ge- wissen Tiefe, und zwar biszu dem Niveau desEinflusses der Tepl in die Eger bei Karlsbad, statthaft sind, in grösserer Tiefe aber nicht ausgeführt werden dürfen, wird demnach wenig störend in die gegenwärtigen Bergbauverhältnisse eingreifen und dennoch eine Vorsichtsmassregel sein, welche die Rücksicht auf das Weltbad Karlsbad als wünschenswerth nicht allein, sondern auch als nothwendig erscheinen lässt. Die Unterzeichneten kommen daher zum Schlusse, dass um allen möglichen Eventualitäten, welche die Karlsbader Thermen schä- digen könnten, vorzubeugen, der Schutzkreis für Karlsbad in der Weise erweitert werde, dass derselbe, wie auf der beigebogenen Kartenskizze ersichtlich ist, den ganzen Gerichtsbezirk von Karlsbad — von Donawitz im Süden bis zum Fusse des Erzgebirges im Norden — umfasst, östlich bis an die Eger bei Rodisfort reicht und westlich noch die Gemeindebezirke von Neu-Rohlau, Imligau des Elbogner, Putschirn, Janessen und Taschwitz des Karlsbader Bezirkes umfasst, und dass innerhalb dieses Schutzgebietes Bergbaue oder andere Grabungen wohl gestattet werden können, jedoch da, wo durch solche Arbeiten Granit oder Basalt angefahren wird, nur bis zu einer Teufe, welche unter das Niveau des Bettes der Eger beim Einflusse der Tepl in dieselbe bei Karlsbad, d. i. unter 360 m Seehöhe nichthinabgeht. Fortgesetzt am 21. Mai 1880. | An die Herren bergbaukundigen Fachmänner wurde nun das oleiche Ersuchen wie an die Herren geologischen Fachmänner gestellt, worauf selbe ihr Gutachten erstatteten. Hierauf geben die Herren geologischen Fachmänner nachstehende Aeusserung ab: „Wir erkennen mit Genugthuung, dass in den Endergebnissen, zu welchen die Herren bergmännischen Fachmänner in ihrem Gut- achten gelangen, irgend eine Differenz gegen unsere eigenen An- 772 A. Rosiwal. [102] schauungen nicht besteht, nur was die Ausdehnung des Schutzkreises auf die ‘östliche Hälfte des Braunkohlenbeckens nördlich der Eger betrifft, so glauben wir die Einbeziehung dieses Gebietes um so sicherer aufrecht erhalten zu sollen, als ja nach dem Gutachten der Herren bergmännischen Fachmänner selbst eine Störung des bestehenden Bergbaues hier durch die Ausdehnung des Schutzkreises in keiner Weise zu besorgen steht.“ IL Gutachten des k. k. Adjuncten der geologischen Reichsanstalt in Wien, Herrn Friedrich Teller. erstattet an die Stadtgemeinde Karlsbad im Jahre 1889. Enthalten in der Aeusserung der Stadtgemeinde Karlsbad auf die Vorschläge des mit der Ueberwachung der Bergbaue und Kaolingruben im Schutzrayon betrauten bergbehördlichen Organes. (Bericht des Herrn k. k. Oberbergcommissärs J. Schar- dinger vom 25. August 1888 an das k. k. Revierbergamt Elbogen.) Ad I. Eingehende geologische Untersuchung der Verhältnisse der Thermalquellen zu den Gesteinen und dem Gebirgsbau des Karlsbader- und Erzgebirges. e Die geologische Literatur über Karlsbad ist eine ausserordentlich reiche. Die glänzendsten Namen sind mit der Erforschung des Ursprungsgebietes dieser Thermen verknüpft, und die diesbezüglichen Untersuchungen erstrecken sich über einen Zeitraum von solcher Ausdehnung, dass sich in ihnen ein Theil der Geschichte der Ent- wicklung unserer Wissenschaft wiederspiegelt. Die Mannigfaltigkeit von geistiger Beanlagung und wissenschaftlichen Interesses, die in diesen Forschungen zum Ausdrucke gelangt, gibt eine Gewähr dafür, (dass das Phaenomen der Karlsbader Thermen nicht einseitig, sondern von den verschiedensten Gesichtspunkten aus geprüft und erörtert wurde, und in der That ist eine sorgfältige kritische Darstellung der im Laufe der letzten Decennien erzielten Forschungsergebnisse allein schon eine umfangreiche Arbeit. Wenn die Wissenschaft auf die Frage nach dem Ursprung dieser Thermen und vor Allem nach dem genauen Verlaufe ihrer unterirdischen Bahnen heute trotzdem keine präcisere Anwort geben kann, als eine solche, wie sie in einer „geistreichen Hypothese“ niedergelegt ist, so trägt hieran nicht un- genügendes Verständniss der Erscheinungen oder mangelndes Beob- achtungsmaterial die Schuld, sondern einfach die Thatsache, dass der geologischen Wissenschaft. ebenso wie menschlicher Erkenntniss über- haupt gewisse natürliche Grenzen gesteckt sind. jenseits welcher eben Theorie und Hypothese vermittelnd und ergänzend eingreifen müssen. Ist schon eine präcise, des hypothetischen Charakters völlig entkleidete Construction des Spaltennetzes, in welchem das Thermal- [105] Ueber neue Massnahmen zum Schntze der Karlsbader Thermen. 173 wasser im Teplthal zur Oberfläche gelangt, als ein unlösbares Problem zu bezeichnen, so eilt dies noch in höherem Grade von der Forderung, Verlauf und Ausdehnung dieses Spaltennetzes in dem Gebiete jen- seits der Eger zu bestimmen, wo eine mächtige Ablagerung von kohlenführenden Tertiärbildungen das Grundgebirge bedeckt. Die geologischen Sachverständigen, welche im Jahre 1880 be- hufs Feststellung eines neuen Schutzrayons für Karlsbad zu Rathe gezogen wurden, waren sich dieser Umstände wohl bewusst, und wenn sie sich über die Unlösbarkeit solcher Probleme, wie die Construction eines durch jüngere Deckschichten verhüllten unterirdi- schen Spaltennetzes, nicht direet ausgesprochen haben, so ist der Grund hiefür wohl darin zu suchen, dass diese Angelegenheit damals nieht Gegenstand der Fragestellung war, vielleicht auch darin, dass es dem Fachmann fern lag, eine für ihn selbstverständliche Sache ohne besondere Aufforderung ausführlich zu erörtern oder zu begründen. Die geologische Neuaufnahme des Stadtgebietes und der nächsten Umgebung von Karlsbad, welche vor einigen Jahren in Angriff genommen wurde, ist seit längerer Zeit abgeschlossen und die hierauf bezüglichen Mittheilungen werden sammt den Karten im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt zur Veröffentlichung gelangen. Ich würde mich aber einer absichtlichen Täuschung schuldig machen, wenn ich auf diese Publikation als auf den Messias für die in Schwebe befindlichen Fragen hinweisen wollte. Die oben berührten Probleme werden auch nach dem Erscheinen dieser Publi- kation noch fortbestehen. Die Thesen und Anschauungen, welche auf Grund dieser neuen, ich darf wohl sagen, möglichst eingehenden Erhebungen zu vertreten sein werden, sind in Kürze die folgenden: 1. Der Ursprung der Thermen steht in keinem causalen Zu- sammenhange mit dem Hervortreten einer bestimmten Structur- Varietät des Granits. Die wasserführenden Spalten setzen durch die verschiedensten Abänderungen der Gesteine dieses Granitmassivs hindureh. 2. Zwischen den Zerklüftungsrichtungen, welche den Granit- körper als Ganzes durchsetzen, und dem Verlauf der Quellspalten bestehen allerdings die engsten Beziehungen, aber bei dem Umstande, dass kaum bei einem der zahlreichen Quellausflüsse die Austrittsstelle selbst der Beobachtung zugänglich ist, muss die Construction des Spaltennetzes auf Grund anderer als topographischer Momente, wie sie die Ausflusspunkte darbieten, als eine unerfüllbare Forderung be- zeichnet werden !). Das eine aber steht fest, dass die Thermalwässer auf Spalten eirceuliren, die sich in ihrer Gesammtheit zu einer schmalen, aber auf eine Länge von nahezu 2 Kilometer zu verfolgenden Zone gruppiren. ') Wie die im zweiten Theile (S. 701 bis 716) angegebenen Beobach- tungen von Quellspalten zeigen, ist diese Forderung zum Theile doch bereits erfüllt und kann in Hinkunft durch weitere Beobachtungen noch mehr der Er- füllung nahe gebracht werden. ; Anm. d. Autors. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. IIeft. (A. Rosiwal.) 100 4 A. Rosiwal. [104] —] Diese Thermalzone streicht von SSO nach NNW und folgt somit einer Richtung, welcher bekanntlich in dem Gebirgsbau des Böhmerwaldes, wie in jenem des Erzgebirges eine hervorragende Bedeutung zukommt. 3. Der Thermalwasser führende Granitkörper, das sogenannte Karlsbader Gebirge, endet nordwärts mit einem nahezu ostwestlich streichenden Bruchrand, welcher in dem nördlichen Steilabfall der Donitz- und Hühner-Leiten, sowie der Kreuzberg- und Sooser-Masse auch landschaftlich scharf ausgeprägt erscheint. Die nördlich von diesem Bruchrand sich ausbreitenden Tertiärgebilde ruhen auf einer abeesunkenen Granitscholle. Es ist möglich, dass die thermale Spaltenzone des Teplthales an diesem Bruchrande ihr Ende findet, oder dass ihre Fortsetzung durch die genannte Schollensenkung im ein so tiefes Niveau gerückt wurde, dass eine Erschliessung derselben durch den Kohlenbergbau nordwärts der Eger nicht zu befürchten wäre. Wir besässen sodann in dieser Störungslinie einen natürlichen und den wirksamsten Schutz des Karlsbader Thermalbezirkes gegen die bergbaulichen Eingriffe, aber es darf nicht vergessen werden, dass man mit diesen Betrach- tungen bereits das unsichere Gebiet der Hypothese betreten hat, das den Erörterungen über Schutzmassregeln nie als Basis dienen sollte. 4. Setzt die Spaltenzone des Teplthales über den Bruchrand nach Nord in das Tertiärgebiet fort, so kann für die Beurtheilung ihrer Richtung nur die Erfahrung massgebend sein. welche wir über ihren Verlauf im Bereiche des Teplthales besitzen. Es liegt kein Grund vor, eine seitliche Ablenkung voraus- zusetzen. Aus diesem Umstande folgt aber mit Nothwendieg- keit, dass das Gebiet, in welehem sich die Kaolingruben von Zettlitz bewegen, sowie die dasselbe umgebenden Kohlenreviere die lebhaftesten Befürchtungen hin- sichtlich einer unfreiwilligen Erschliessung der Ther- malwässer erwecken müssen. Es treffen hier alle Um- stände zusammen, welche für die Ausscheidung eines engeren Schutzgebietes massgebend sein sollten. Der gegenwärtig bestehende engere Schutzrayon für die Karls- bader Thermen wird bekanntlich nordwärts von der Eger begrenzt. Die jenseits der Eger liegenden Bergbaue und die Betriebsstätten für Kaolin fallen bereits in das erweiterte Schutzgebiet. Es ist klar, dass diese Abgrenzung des engeren Schutzgebietes nur unter der Voraussetzung begründet erscheint, dass die sub 3 erörterte Störungs- linie die wasserführende Spaltenzone nach Nord abschliesst. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, und setzt somit die genannte Spaltenzone nach Nord fort, so erscheint auch eine Erstreckung des engeren Schutzgebietes in. diese, Richtune hin dringend geboten. Bei dem hypothetise hen Charakter der sub 3 "besprochenen Annahme würde es sich unter allen Umständen empfehlen, zunächst einmal dem Ver- laufe und der Richtung der Thermalzone des Teplgebietes Rechnung > ; | —] —] 1 [105] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. zu tragen, und so einem doch zweifellos sehr wichtigen Factor zu seinem Rechte zu verhelfen, der bisher völlig vernachlässigt wurde. Ich würde vorschlagen, ein Schutzgebiet, von elliptischem Umriss zu construiren, dessen längere Axe mit der eben genannten in NNW streichenden Thermalzone zusammenfällt,und dessen Scheitel nord- wärts bis an den Fuss des Erzgebirges reicht. Innerhalb dieses Raumes könnte der oben näher bezeichnete, besonders gefahr- drohende Bezirk im Norden der Eger insofern enger an das voll- ständig in Bann gelegte Territorium im Süden der Eger angeschlossen werden, als in demselben Aufschlüsse, die unter den Normalpunkt hinabreichen, von einer besonderen behördlichen Bewilligung abhängig zu machen wären. Die Neuaufnahme des Stadtgebietes wurde, wie bekannt, mit bescheidenen Mitteln und ohne Zuhilfenahme künstlicher Aufschlüsse durchgeführt. Den hier zu beantwortenden Fragen gegenüber müssen Grabungen, Bohrungen etc. überhaupt als armselige Hilfsmittel be- zeichnet werden, von denen bei grossem Kostenaufwande kein Erfolg zu erwarten ist. Der grosse, und an sich gewiss lehrreiche Auf- schluss, welcher vor einigen Jahren bei dem Abbruch des Hauses „zum weissen Adler“ studirt werden konnte, hat, obwohl er doch gerade in der kritischen Zone zwischen Sprudel und Schlossbrunn lag und eine Reihe von Quellausflüssen erschlossen hat, über Verlauf und Richtung der Thermalspalten keine Aufklärung gegeben. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass Sondirungen der uns unbekannten Ursprungsstätten der Quellen an anderen Punkten ein günsti- seres Resultat ergeben könnten ’), aber wenn man sich der Ge- schichte der Fassung einzelner Quellen erinnert, verliert man un- willkürlich den Muth, die alten, durch die stille Thätigkeit der Therme selbst gefestigten Einbaue anzutasten. In welcher Weise aber solche künstliche Aufschlüsse zur Eruirung der Fortsetzung des Thermalspaltennetzes unter der Decke tertiärer Bildungen her- angezogen werden könnten, darüber vermag ich mir überhaupt keine präcise Vorstellung zu bilden. In jedem Falle würden solche Unter- suchungen zunächst mit den zum Schutze der Thermen getroffenen behördlichen Verfügungen in grellen Widerspruch treten, und es ist ja auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass dieselben in der That unmittelbar die Gefahren heraufbeschwören, denen man mittel- bar zu begegnen wünscht. Ad II. Ständige Beobachtung der Thermalquellen in ihrem Verhalten namentlich in Bezug auf Temperatur, Wassermenge etc. Ueber diese Frage verbreitet sich das eingangs bezeichnete Gutachten wie folgt: Eine Untersuchung des Verhaltens der Thermalquellen in Bezug auf Quantität, Temperatur, Gasgehalt, ete. in kürzeren Inter- ı) Zum Beispiel im Jahre 1895 am Bauplatze des Hauses „Russische Krone“ S. 701 u. s. f., Taf. XVII. Anmerk. d. Autors. 100 * 776 A. Rosiwal. [106] vallen als den bisher üblichen wäre allerdings in hohem Grade wünschenswerth. Doch würden meines Erachtens für die Beobachtung der Wassermengen monatliche, für Temperaturbeobachtungen acht- tägige Perioden vollkommen ausreichen, ein Bild des normalen Ver- haltens der Quellen zu geben. Sollte eine oder die andere Quelle in ihren physikalischen Verhältnissen besonders auffallende Verhältnisse darbieten, so könnten für dieselbe immer noch enger geschlossene Beobachtungsreihen hergestellt werden. Es sind hiebei allerdings noch gewisse lokale Schwierig- keiten in Betracht zu ziehen, über welche die gegenwärtig mit der Ueberwachung der Quellen betrauten Organe am besten Aufschluss zu geben in der Lage sein werden. So scheint es mir z. B., dass die Bestimmung der Ergiebigkeit der Sprudelquellen während der Saison nicht ohne Störung der für den Kurgebrauch bestehenden Einrichtungen durchführbar sein dürfte. Für solche Fälle müsste selbstverständlich durch Ausnahmsbestimmungen Vorsorge getroffen werden. Eine derartige ständige Ueberwachung der Heilquellen würde sicherlich zu mancherlei neuen Ergebnissen führen und ihre Inaugu- ration müsste sowohl von Seite der Wissenschaft, wie auch vom Standpunkte aller jener, denen die rationelle Pflege eines so kost- baren Besitzes am Herzen liegt, mit lebhaftester Freude begrüsst werden: in Bezug auf die Prophylaxis aber wird man von diesen Beobachtungen nicht allzuviel erwarten dürfen. Bei den Quellen mit geringer Ergiebigkeit fallen Schwankungen auch ohne ad hoc aufge- nommene Beobachtungsreihen während des täglichen Gebrauches der (Quelle schon ins Auge, und man ist ja, wie die Geschichte einzelner dieser Heilquellen lehrt, wiederholt in der Lage gewesen, eine auf diesem einfachen Wege erkannte Störung untersuchen und beheben zu können. Die mächtigeren Ausflüsse von Thermalwasser aber, z. B. die Sprudel- und Hygieenquellen unterliegen in ihrer Ergiebigkeit so bedeutenden Schwankungen, dass selbst ein Minus von 200 bis 500 Litern per Minute, das für einen anderen Heilquellenbezirk schon eine empfindliche Einbusse bedeuten würde, hier erfahrungs- gemäss noch gar keine Bedenken erregt. Aus der Zusammenstellung und Vergleichung der Maasszahlen über die (Gesammtergiebigkeit der Quellen des Sprudelgebietes, welche ich gelegentlich des Wassereinbruches in der Johannizeche unter- nommen habe, ergab sich, dass die Differenz zwischen den Resultaten zweier durch eine Jahresperiode getrennter Messungen noch in der letzten Zeit, wo diese Messungen unter sachverständiger Controlle vorgenommen werden, Beträge von über 400 Litern per Minute erreicht. In einem 10jährigen Durchschnitt ergab die Differenz zwischen dem Maximum und dem Minimum der Ergiebigkeit der Sprudelquellen nicht weniger als 747'8 Minut. Liter. Die Schwierigkeiten, welche sich im Gebiete der Sprudelquellen einer exacten Messung entgegenstellen, der Verlust, welchen die normalen Ausflüsse durch bekannte oder verborgene Ausbrüche des I'hermalwassers im Teplbette erleiden, der mit Sicherheit zu con- ER | [107] Ueber neue Massnahmen zum Schut’e der Karlsbader Thermen. statirende Umstand, dass die einzelnen Quellausflüsse in ihrer Ergiebigkeit vicarirende Verhältnisse aufweisen, und endlich auch meteorologische Einflüsse bedingen so beträchtliche Variationen in den Maasszahlen für die einzelnen Ausflüsse und für die Gesammt- ergiebigkeit der Sprudelquellen, dass hier nur sehr extreme Werthe als Alarmrufe gelten können. Aber gerade diese Umstände lassen es wieder vom wissen- schaftlichen Standpunkte aus als ausserordentlich wünschenswerth erscheinen, den in Punkt 2) des Berichtes gegebenen Anregungen nach Thunlichkeit Rechnung zu tragen. Il. Auszug aus dem Protokolle aufgenommen im Neubade zu Karlsbad am 2. April 1889. Gegenstand ist die mit Erlass des Revierbergamtes Elbogen vom 19. März 1889, 7. 401 auf den 2. April anberaumte Lokalerhebung zum Zwecke, um festzustellen: 1. ob eine Beziehung zwischen dem auf der Johannizeche bei Ottowitz südöstlich der Schachtanlage vorhandenen unterirdischen Wasserzuflusse und den Karlsbader Thermen bestehe, eventuell 2. welche Beschränkungen des Bergbaubetriebes diesfalls auf dieser Zeche zum Schutze de. Karlsbader Thermen erforderlich seien. Als geologischer Sachverständiger fungirte Herr Friedrich Teller, Adjuncet der k. k. geologischen Reichsanstalt. Bergmänni- scher Sachverständiger Herr beh. aut. Bergingenieur W. Mazourek. Hieran schliesst sich im Folgenden der von den geologischen und bergmännischen Sachverständigen anlässlich der Grubenbefahrung der Johannizeche aufgenommene Befund. Die bergmännischen und geologischen Sachverständigen schliessen sich in ihrem Befunde völlig der Darstellung an, wie sie hinsichtlich des Wasserzuflusses und der Grubenverhältnisse in dem Berichte des bergbehördlichen Abgeordneten vom 17. Februar 1889, 7. 267 ge- geben ist und erachten nur das eine betonen zu müssen, dass die dort angenommene Verwerfungszone, wie sie den südlichen Theil der (srubenbaue dortselbst abschliesst, nicht den Charakter einer eigent- lichen Verwerfung, sondern eines Flötzausbisses trägt, der auf dem dort rasch ansteigenden basaltischen Grundgebirge aufgelagert ist. Der geologische Sachverständige gibt hiezu nachfol- gende Erklärung ab: Wie aus den oben citirten amtlichen Erhebungen des Herrn k. k. Revierbergamtbeamten hervorgeht, wurde der abnorme Wasserzufluss in der Johannizeche schon am 23. August 1587 erschlossen und besteht somit in annähernd gleicher Ergiebigkeit seit mehr als andert- halb Jahren fort, ohne den Bestand der Karlsbader Thermen irgendwie 778 A. Rosiwal. [108] zu alteriren. Eine Communication zwischen den wasserführenden Spalten des Grubenbezirkes und jenen des Thermalbezirkes ist also dermalen nieht zu erweisen, und es stimmt damit auch die Thatsache überein, dass die Einbruchswässer nach den wiederholten und sehr sorgfältigen Analysen durch Herrn Dr. L. Sipöcz in ihrer chemi- schen Zusammensetzung keine Anhaltspunkte zu einer specielleren Vereleichung mit den Karlsbader Thermen darbieten '). Seitens des bergmännischen Sachverständigen wird der Befund noch speciell dahin ergänzt, dass die auf der Grubenkarte ersichtlich gemachte Störungszone die natürliche Grenze für den Grubenbau bildet, dass daher, nachdem das Grubenfeld längs dieser Störungszone bis an die östliche Markscheide durch den bisherigen Grubenbetrieb vollständig aufgeschlossen wurde, nunmehr der Abbau der Kohle von der östlichen Grenze heimwärts erfolgen und somit auch die Kohlenpfeiler längs der Wassereinbruchsstelle gewonnen werden müssten. Der Kohlenabbau erfolgt ortsüblich durch jruchbau auf die volle Flötzmächtiekeit von eirca 7 m. Es wird ferner als bedeutungsvoll erachtet zu constatiren, dass längs der mehrfach erwähnten Störungszone und insbesondere in der ! Nähe der Einbruchs- stelle das Flötzansteigen ein sehr bedeutendes (20 bis 28°) ist, dass weiters der im Liegenden des Flötzes auftretende Letten stark blähend ist, und in Folge dessen bei offenen Streckenbauen die Zertrümmerung (der sonst festen Kohle eine sehr bedeutende ist. Nachdem von keiner Seite zu diesem Befund eine weitere Be- merkung gemacht wird, wird der Herr geologische Sachver- ständige ersucht, folgende Fragen zu beantworten: 1. Sind diegefundenen Anhaltspunkte an dem Wasser- zufluss und den Verhältnissen, unter welchen er auftritt, ausreichend, um auf verlässliche Weise eine Beziehung zwischen diesem Wasserzulauf und den Karlsbeder Thermen constatiren zu können? 2. Sollte dies der Fall sein, ist es möglich eine schä- digende Einwirkung in den Beziehungen dieses Wasserzulaufs zu den Thermen hintanzuhalten und in welcher Weise hätte dies zu geschehen? Der geologise he Sachverständige äussert sich hierüber wie folgt: Wie schon oben bemerkt, besteht eine derartige direete Be- ziehung des Wassereinbruches zu den Thermalwässern gegenwärtig nicht. Die Erfahrungen, welche wir jedoch im letzten Jahrzehnt in einem nahe benachbarten Thermalgebiet zu sammeln in der Lage waren, haben uns darüber belehrt, dass in jenen Fällen, wo ein solcher Zusammenhang zwischen Gruben- und Thermalwässern einmal klar vor Augen liegt, von prophylaktischen Massnahmen nicht mehr ') Vergl. Taf. XXI, Fig. 12, 14. Anhaltspunkte zu speciellerem Vergleiche — worunter "natürlich nicht Tdentifieirung verstanden werden muss — siehe oben S. 754—755. Anmkg. d. Autors. [109] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 7179 die Rede sein kann, dass dieser Zusammenhang vielmehr gewöhnlich unter stürmischen, die hydrostatischen Verhältnisse so gänzlich um- gestaltenden Erscheinungen eintritt, dass Berathungen und Erwägungen sanz anderer Art nothwendig werden. Es genügt nach der Ueberzeugung des Sachverständigen durch- aus nicht, den momentanen Stand der Beziehungen zwischen Gruben- und Thermalwässern allein ins Auge zu fassen, man wird vielmehr in jedem einzelnen Falle untersuchen müssen, ob Um- stände vorliegen, welche für die Zukunft Besorgnisse erregen. Von diesem Gesichtspunkte aus soll in Kürze auf einige Momente hin- gewiesen werden, welche zu besonderen Bedenken Anlass geben. Es verdienen folgende Punkte in nähere Erwägung gezogen zu werden. 1. Die relativ geringe Entfernung der Einbruch- stelle von dem zu schützenden Thermalgebiet. Die Johannizeche liegt nur 3050 m vom Mittelpunkte des Karlsbader Thermalbezirkes, dem Sprudel, ab und von dem nördlichsten Aus- tlusspunkte dieses Quellenbezirkes, der Eisenquelle, ist sie sogar nur 2150 m entfernt. Von diesem Betrage sind endlich noch die 220 m in Abzug zu bringen, um welche die Einbruchstelle vom Tag- kranze des Schachtes nach Südost hin abliegt. Wenn man erwägt, dass die Spaltenzone, auf welcher die Karls- bader Quellen zum Vorscheine kommen, heute mit Einbezug der Stefaniequelle bereits auf eine Länge von 2 km verfolgt werden konnte, so erscheint der nicht einmal ganz diesen Betrag erreichende Abstand der Einbruchstelle von dem Nordrand des Quellenterrito- riums als eine gewiss minimale Respectdistanz, für welche wohl nicht ein Analogon in einem anderen mit einem Schutzrayon ausgestatteten Quellengebiete aufzufinden sein dürfte. 2. Das Niveau der Einbruchstelle. Nach den heute vorliegenden Nivellements liegt die Einbruchs- stelle 22:5 m unter dem mit 360 m angenommenen Normal- punkte, oder wenn wir das Nivellement von Koristka zu Grunde legen wollten, 348 m unter dem Ausflussniveau der Sprudel- quellen. Diese Differenz muss im Hinblicke auf den bekannten Einbruch im Döllinger Schachte, der bei einer Niveaudifferenz von 47 m erfolete, immerhin als eine bedeutende bezeichnet werden. Sie erweckt aber umsomehr Bedenken, als es sich hier um eine Schacht- anlage handelt, welche, wie schon oben bemerkt, dem Nordrande des Thermalgebietes so nahe gerückt ist, und die bereits in jenen Theil des Schutzrayons fällt, in welchem bergmännische Arbeiten nach der Tiefe hin keinerlei Beschränkungen erleiden, sofern sie nur das Grundgebirge nicht berühren. 3. Die Uebereinstimmung deschemischen Bestandes der Einbruchswässer mit jenem derGrubenwässer des Kaolingebietes von Zettlitz. Das aus der Flötzmasse der Johanni-Zeche hervortretende Wasser ist keineswegs ein sogenanntes hartes mit kohlensaurem Kalk, Sulfaten und Eisenverbindungen angereichertes Wasser, wie es in 780 A. Rosiwal. [1 10] den die Kohlenflötze begleitenden Sedimenten zu eirculiren pflegt. Es ist vielmehr nach den Untersuchungen von Herrn Dr. L. Sipöcz ein reines alkalisches Wasser, das man mit Rücksicht auf seinen Gehalt an kohlensaurem Natron und das Vorhandensein von freier Kohlensäure als einen schwachen Natronsäuerling bezeichnen könnte. Wässer von ganz übereinstimmender Zusammensetzung wurden den Kaolingruben von Zettlitz entnommen, und es unterliegt somit keinem Zweifel, dass auch die Einbruchswässer der Johannizeche dem Grundgsebirge entströmen. Dieser Um- stand rechtfertigt allein schon die Annahme, dass die Einbruchstelle nicht mehr allzuweit von jenem kritischen Punkte entfernt sei, an welchem nach den behördlichen Verfügungen auch in dem weiteren Schutzrayon die Sistirung bergmännischer Aufschlussarbeiten ein- zutreten hätte. 4. Der Thermalcharakter des Einbruchswassers. Die nun seit langer Zeit fortgesetzten Temperatur-Beobachtungen ergaben für den Wasserzufluss in der ‚Johanni-Zeche constant 16-—16°5° C., also eine Temperatur, welche sich um +-5° des hunderttheiligen Thermometers über das zu erwartende Normale er- hebt: auch der im Kaolin in dem Schacht von Mader u. Cons. erschlos- sene Wasserzufluss weist eine höhere Temperatur auf, u. zw.: 145 | und 15°C. Da nach dem offieiellen Nivellement der Wasserzufluss in dem Mader’schen Schachte die Cote 377 jener in der Johanni- zeche die Cote von 3372 aufweist, so läge es nahe, die höhere Temperatur des Wassers in der Johannizeche als eine Function der tieferen Lage der Einbruchstelle zu betrachten. Es können hier aber auch andere schwer controllirbare Zufällig- keiten. vor Allem das Zusetzen von gewöhnlichen kalten Gruben- wässern mit im Spiele sein Wie dem auch sei, das Eine steht fest, dass sowohl die Wässer des Mader’schen Schachtes, wie auch die analog zusammengesetzten Wässer, welche in der Flötzmasse der Johannizeche zum Durchbruche gelangten, eine höhere Temperatur besitzen, als die in benachbarten Gruben in gleichem Niveau eir- kulirenden Wassermassen, und es ist, — da locale Ursachen der Er- wärmung ausgeschlossen erscheinen — im höchsten Grade wahrschein- lich, dass die genannten Einbruchswässer ihre höhere Temperatur derselben Wärmequelle verdanken, welche die Grundlage der benach- barten Thermalerscheinungen bildet. Damit eröffnet sich nun ohne Zweifel die Möglichkeit einer Be- ziehung dieser Wassereinbrüche zu den warmen Quellen von Karls- bad, eine Beziehung, welche besonders geeignet ist, zur Vorsicht zu mahnen. Jede Vertiefung der Bausohle könnte eventuell zurErschliessungneuerund vielleicht mächtigerer und wärmerer Zuflüsse führen. Wie rasch und unbekümmert um die Gesetze der Wärmezunahme nach der Tiefe eine Temperatur- erhöhung unter Umständen erfolgen kann, dafür besitzen wir ein lehr- reiches Beispiel in jener Teufung in der Dorotheenau, welche der Stephaniequelle ihren Ursprung gegeben hat; die daselbst vor- genommenen Sondirungen ale für 12 m Tiefe eine Temperatur- zunahme von 16 auf 25.80 C.! ’ [111] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 781 Die unter den vorstehenden vier Punkten subsummirten Be- denken charakterisiren den Standpunkt, welchen der geologische Ex- perte in Bezug auf die an ihn gerichtete Frage über die Beziehungen der Einbruchswässer der Johannizeche zu den Thermen in Karlsbad einnimmt. Wenn auch ein atsschicher Zusammenhang zwischen den beiden Gebieten heute nicht besteht, so erscheint doch mit Rücksicht auf die tiefe Lage der Einbruchstelle, auf ihre geringe Entfernung von dem Nordrande des Karlsbader Quellenbezirkes, sowie mit Rück- sicht auf den muthmasslichen Ursprung des Einbruchwassers aus dem Grundgebirge und seine unverkennbaren thermischen Eigenschaften die grösste Vorsicht dringend geboten. In Bezug auf die zweite Frage nach den dem vorliegenden Falle entsprechenden Schutzvorkehrungen muss der Geologe selbstverständlich das Wort dem Herrn Sachver- ständigen für das Bergwesen überlassen, und es soll nur in Anknüpfung an Punkt 2 und 4 der vorstehenden Ausführungen nochmals betont werden, dass unter den obwaltenden Umständen jede Vertiefung der Bausohle neue Gefahren heraufbeschwören kann, und dass somit nur solche Schutzvorkehrungen eine vollkommen ausreichende Bürgschaft zu gewähren vermögen, welche den Niveauverhältnissen der zu schützenden Quellen, dem wichtigsten Factor aller Schutzrayons-Calculationen, in gebührender Weise Rechnungtragen. Inwieweit die Beschränkung auf das bezeichnete Niveau auf die gegenwärtigen Abbauvorrichtungen hemmend wirkt, und in welcher Weise diesen Hemmungen begegnet werden könne, — muss ebenfalls der Erörterung des bergmännischen Sachverständigen überlassen bleiben. Im Anschluss an dieses Gutachten wird seitens des bergmän- nischen Sachverständigen der Herr geologische Sachverständige um sein weiteres Gutachten über folgende Frage ersucht: Ist überhaupt eine Veränderung des jetzigen Was- serzulaufes an der Einbruchstelle der Johannizeche zulässig, ohne eine nachtheilige Aenderung in den möglicherweise bestehenden Beziehungen zu den Karlsbader Thermen hervorzurufen ? Mit Rücksicht auf diese Anfrage praeeisirt der geologische Sach- verständige seine Aussage über die Unzulässigkeit der Ver- tiefung der Bausohle dahin, dass durch dieselbe zugleich die Unzulässigkeit einer Veränderung des gegenwärtigen Ausflussniveaus des FEinbruchswassers ausgesprochen werden soll. ?) ') Zu dem Zwecke, um jede Veränderung des Wasserlaufes an der Ein- bruchstelle der Johannizeche hintanzuha!ten, wurde über Antrag des bergmännischen Sachverständigen eine Beschränkung des Abbaues in dem Sinne für nöthig er- achtet, dass die der Störungszone unmittelbar aufgelagerten Kohlenpfeiler u. zw. sowohl in der Längserstreekung als auch auf eine gewisse Entfernung senkrecht von dieser bezw. dem Ver- flächen nach zurückzulassen wären. Dadurch wurde eine neue Abbau- grenze geschaffen, innerhalb welcher der Bruchbau zu unterbleiben hatte. Die Ein- haltung dieser in der Grubenkarte näher präcisirten Grenzen wurde der Werks- leitung der Zeche ex commissionae aufgetragen. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. ITeft. (A. Rosiwal.) 101 [nase Einleitung . - Sa A ea en 2 I. Theil. Zur Phy oe der RE Dr BEE oe - J. Kritik der bisherigen Messungen, .,. - mar Tabelle der Sprudelmessungen 1879 bis 1894 II. Vorschläge zur Erhöhung des Genauigkeits grades der Quellenmessungen. ....... III. Ergebnisse der bisherigen Messungen. A, Darstellung derselben a Tabelle der Messungen der "Karlsbader Thermen . . B. Beobachtungsergebnisse C. Erläuterungen hiezu . .. . . Versuchs- und Normalquellen .. Unabhängigkeit der Thermen von der Niederschlagsmenge IV. Ueber die zweckmässigste Art der Quellen- NZ; Messungen 74... ee A ee A. Messungen der Ergiebiekeit der Thermen . B. Messungen der Quellen-Temper abnE Ein. Linie der Normaltemperatur . . C. Messungen des Gasgehaltes der Thermen Wasserstände bei Karlsbad ..... II. Theil. Topik der Thermen . . % 18 TIL. Beobachtungen von Quellspalten ei A. Die Thermalspalte der Quelle des era „Zur Russi- schen Krone“ ! .ı.;, . Lu&t. Suada = zuiinz B. Die Thermalspalte des Felsenabhanges in der Mühlbad- BABBE 22,00 Wi BE EL SEEN re C. Die Quellspalten des Schlossbrunnens und Mühlbrunnens D. Die Quellspalte der Elisabeth- und Orchesterquellen E. Hornsteingang der Quellen im Militärbadehause Die Hauptthermenlinie . .. a A. Kückblick auf bisherige Forschungsergebnisse Te B. Alle Thermen liegen auf der Hotf’schen Quellenlinie . Tabelle der Azimuthe verschiedener Quellenlinien . . . Tabelle der Richtungen der beobachteten Quellspalten . Folgerungen aus den Messungen am neuen Stadtplane 1:500N. 2.2 1 Spa a Para EB ET IE Massnahmen zur Erweiterung unserer Kennt- niss der Topik der Thermen A. General-Quellenplan .... u IRRE Im B. Speecialpläne ..2 «4,12 aus „ua erlnin. Fa C. Ueber die detaillirte Beobachtung der Zerklüftungs- richtungen des Karlsbader Granites und neu aufzu- stellende Messungen der Bodentemperatur [115] Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 183 Seite BazTueN,. Thermen und Berta. 2. Es 2a ae na 7 I. Ueber die Beziehungen 1 Thermen zum Braun- kohlenbergbau und der Kaolingewinnung. 733 A. Geologische Uebersicht . 734 B. Geologische Kriterien des Braunkohlenberebaues und der en 3 0 We I. Die Braunkohlenformation | II. Die Kaolinlagerstätten . . . 142 C. Gründe für die Möglichkeit der Fortsetzung der Therma!- spalte in das Gebiet nördlich der Eger . . . oa TAG Tabelle der Granitvarietäten in den Kaolingruben 749 Arten der Grubenwässer der Elbogen—Karlsbader, Mulde 752 Tabelle der Grubenwasseranalysen von Dr. L. Sipöcz 753 Graphische Darstellung der Analysen Dr. L. Sipöcz . 753 „Sprudelsalz“ aus Grubenwasser zu erzeugen . . . 289 i Das Egerthal — kein Aufschluss für alle Granitwässer . 757 II. Massnahmen und Beobachtungen im Bereiche Be ee ee 1 IN ED RA a ie A Belebersichtskagenger a. en ar aan 708 G. Belesstücke 77 M3% u ee FE D. Evidenzhaltung der Grubenwässer . 762 E. Beobachtung der Zerklüftungsriehtungen des kaolinisirten Granites .. 163 F. Specielle Schutzvorkehrungen "anlässlich bestimmter Be- dürfnisse des Bergbaues 763 I. In den Braunkohlenberebauen 764 II. In den Kaolinerdebauen 765 Sellnssbemerkungen . u. Ko m 167 Anhang 768 I. Gutachten der Geologen v. Hauer, v. Hochstetter und Wolf vom 20. Mai 1580 wegen Revision des Schutz- raumes für die Karlsbader Thermen . . 768 Il. Gutachten des Geologen Fr. Teller in Betreff der an schläge des mit der Ueberwachung der Bergbaue im Schutzrayon betrauten bergbehördlichen Organes.. . . 772 III. Gutachten des Geologen F. Teller anlässlich des Wasser- einbruches auf der Johanni-Braunkohlenzeche bei a) Peer Bee a: Pe RE NEE ;’;7; Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, III., Erdbergstrasse 3. hs j Sa - rs > rt ml f et (af A An 6% sr > a rue 7 M u“ . - . ’ 4 he f Dt Ace 7 ' a7 kiırzah 1 » re a Hain ’ BETTER BEE DEV Dh line il) . erh irstr - TEA ne » . Fi * ß J ae DICH > - ö ae realen inet engine A EFT EN BETH CRD De 7 21:1 08 273 10905 BE a ER TEE TE DD BEN RR e- .- et Merle ah re wahlchsn ı > es u gerGile mia Aero Pelze: Be N BRETT, y ‚ ! . r ei wre Warırn.n AtLHızr: Mali ! } i v 5 In ı ir 2 s 3. en ieh Be EL : En Sn U Er e r nr ve Sa Be leere Ye BE = % Gange an we nc Eee Be " Bee u be a : Li 3 ur + EM: . wa m, h BR Pe Be # er ee Be ' # Tafel Vil. Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. Erklärung zu Tafel VII. Fig. 1-41. Rhynchonellina Haueri n. sp. von Risano in Dalmatien, i 4 schiedenen Alters- und ea u. zwi: & Fig. 1 12. var. typica. E Fig. 13. Cruralschliff derselben. Fig. 14—30. var. terebratel oides. e Pi Fig. 31—41. var, laevigat«. Br Fig. 42—47. Rhı ynchonehling Sturi nor, sp. von nz im Tsonzogebiete. nn a = Alle Stücke sind in natürl. Grösse abgebildet. Sie befinden sich sim in der Sammlung der k. k. geolog. Reichsanstalt. Bi - A. Bittner: Rhynchonellina etc. | Taf.VI. A.Swoboda n.d.Nat Sez.ulirh. bitlıAnstv. Ih Bannwarth Wien. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagderkk6eologischen Reichsanstalt,Wien.Il.Rasumoffskygasse 23. Ban, eg Ueber die Gattung Rh; Sr 1—14. 15 16 3. 22. 93 u. 24, 25. 26. 27 u.28. 29. Erklärung zu Tafel IX. Rhynchonellina Stachei n. sp. von Risano in Dalmatien in ver- schiedenen Formen und Altersstadien. Ururalschliff derselben Art. Rhynchonellina Gemmellaroi nov. nom. von Risano in Dalmatien. Rhynchonella Brusinai Eichenb. von Risano in Dalmatien; ein diphyoides Exemplar. — Fig. 22a Schnabel eines grossen Exem- plares von der Seite. Rhynchonellina cfr. bilobata Gemm. von Risano in Dalmatien, da- neben zum Vergleiche (Fig. 23a und 24a) je ein entsprechendes Stück der sieilianischen Rh. bilobata Gemm. Rhynchonellina tubifera Suess spec. Das Original zu Suess’ Ab- bildung im Jahrb. 1858, IX. 5. 351. Von Tolmein im Isonzogebiete. Kleine Klappe derselben Art von innen. Schnabel derselben Art, bei 28 die Zahnstützen sichtbar. Tolmein im Isonzogebiete. Stimhälfte derselben Art mit den Resten der Cruralstäbe in natür- licher Lage (ergänzt). Alle Stücke sind in natürlicher Grösse abgebildet. Sämmtliche Originale, mit Ausnahme jenes von Fig. 25, das dem k. k. naturhist. Hofmuseum gehört, befinden sich in der Sammlung der k. k. geolog. Reichsanstalt. A. Bittner: Rhynchonellina A.Swoboda nd Nat.gezu.lith. LitlLAnstv Th. Bannwarth,Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894. Verlagderkk.eologischen Reichsanstalt.Wien.Ill.Rasumoffskygasse 23. ” Ds nu oe F. E. Suess: Das Gebiet der Triasfalten im N.O. der Brennerlinie. Taf. X. Farben-Erklärung: Gneiss-Glimmerschiefer be a Ba es} Amphibolit-Einlagerungen ıl a | ke Alte Quarzphyllite des Brenner Kalkphyllite des Brenner Quarzphyllite der Steinkohlenformation Eisendolomit-Einlagerungen Quarzsericit-Grauwacken und -Schiefer Tarnthaler Quarzitschiefer (Talk- u. Chloritschiefer von Pfons u. Schl. Matrei) Serpentin Kalk und Dolomit der Triasformation BR re Be Mächtigere Moränenbedeckung Terrassen-Schotter Ze Anhäufungen von Gehängeschutt | Alluvium der Thalböden und Gletscher Mafsstab 1:75.000 Ausgeführt im k. u. k. militär-geographischen Institute. 3 N 5 6 7 8 9 ıokm N ft re | Alle Rechte vorbehalten. 10oom 500 (} 1 1 lııt fi BT N N __... ı —_: rn u T 15 I u T- T T —} Also 1000 500 8 1000 2000 3000 4000 5000 6000 2000 500 3000 10000 Schritte Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIV, 1894. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. Tafel XI. Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Heft. 102 Erklärung zu Tafel XI. Fig. 1. Hippold-Joch (2536) mit dem Hippold (2651) vom Osten aus gesehen CaPh. — Quarz-Phyllite der Carbon-Formation. Qu: = Quarz-Serieit-Grau- wacken der Dyas-Formation. TrD. — Dolomite und TrKPh. — Kalk- phyllite der Trias-Formation. Auf der linken Seite der Zeiehnung liegen normal über den carbonischen Phylliten die Quarz - Serieit- Gesteine und darüber die Dolomite und Kalkphyllite. Auf der Höhe des Joches liegen ebenfalls Quarz-Serieit-Schiefer. Gegen Norden (rechts) steigen diese Ge- steine in einer unterbrochenen Wölbung zum Gipfel des Hippold empor. Die Quarzit-Gesteine rechts im Vordergrunde gehören demselben Zuge an. Am Süd- und Ostgehänge des Hippold, wo der Quarzitzug unterbrochen ist, tauchen abermals die Dolomite hervor. Die Trias-Dolomite rechts stellen den synklinalen Theil einer gegen Nord überschobenen Falte dar. (Siehe S. 607.) . Mieslkopf und Kreuzjöchl vom Westen aus gesehen. Rechts im Vordergrunde die Kuh-Alpe, hinten im Thale die Oxen-Alpe.. TQu. — Tarnthaler Quarzitschiefer. Sp. — Serpentin. Tr. —= Gesteine der Trias- formation. Die übrigen Bezeichnungen wie oben. Man sieht von Norden her die über den carbonischen Phylliten liegenden Quarzitgesteine unter die triadischen Kalkschiefer und Dolomite hineinstreichen. Am Abhange des Mieslkopfes steigen die Tarnthaler Quarzitschiefer zu einer kleinen Syn- klinale empor und verschwinden weiter im Süden unter dem (ehänge- schutt. Am Kreuzjöchl sieht man zwei Synklinalen von Triasdolomit im triadischen Kalkschiefer. Die Stelle, wo der Serpentin ansteht, befindet sich am jenseitigen Gehänge und ist vom Standpunkte des Beschauers aus nicht sichtbar. (Siehe S. 598.) alt, Band XLIV, 1894, n, III., Rasumoffskygasse 23. Tal: -XE Altesbjoch Tafel X. Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. 102* Erklärung zu Tafel XI. Tarnthaler Köpfe von einem Punkte des Nordgehänges des Kreuzjöchls in der Nähe der ©. 2215 aus gesehen. BrPh. = Kalkphyllite des Brenner. ED. = Eisendolomit. Die übrigen Bezeichnungen wie auf Tafel XT. Die Tarnthaler Quarzit- schiefer in Verbindung mit den Serpentinen überlagern auf eine weite Strecke die verschiedenen Gesteine der Triasformation. Näheres siehe S. 604. F. E. Suess: Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie, Autor del. E Kal XI berer Jilz 2858 ıstalt, Band XLIV, 1894, ‚ Wien, III. Rasumoffskygasse 23. DR | = - * ” er Triasfalten am Nordosten der Brennerlinie. s “ weh ii 7 AA Ez > R = L Ka hirae % = ER Erklärung zu Tafel XII. . Quarz - Serieit - Schiefer. Klamm-Spitz (Sonnen-Spitz) nächst dem Klammer Joch. Uebergang von klastischer zu flaserig-schiefriger Structur. Ohne Nikol. Vergr. 18. Siehe S. 645 ff. . Verrucano-artige Quarz-Sericit-Grauwacken von Matrei. Die Quarzkörner sind von Serieithäuten umflossen. Oben ein grosses, durch Einschlüsse ge- trübtes Orthoklaskorn mit Quarzgängen. Ohne Nikol. Vergr. 18. Siehe S. 644. . Fältelungs-Cleavage im plattig-schiefrigen, phyllitischen Kalkstein der Trias- formation. Tarnthaler Köpfe. Ohne Nikol. Verg. 24. Siehe 8. 666. . Ketten grösserer Kalkspathkörner, welche von den Glimmerlagen aus in die feinkörnigere Caleitmasse hineinwachsen. Handstück der älteren Kalk- phyllite des Brenner. Griff-Alpe bei Navis. Ohne Nikol. Vergr. 24. Siehe S. 636. 5 F. E. Suess: Triasfalten NO der Brennerlinie. Taf. Xıll. _ Negative aus dem mineral. Institut der deutschen Universität in Prag. Lichtdruck von Max Jaffe in Wien. a u | Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XLIV., 1894. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23. Tafel XIV. Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Erklärung zu Tafel XIV. (Siehe Seite 684.) Nebenstehende Tabelle soll ein Bild des Grades der Fehlerhaftigkeit der bisherigen Messungen geben, indem um die erhaltenen (gemessenen) Werthe die Fehlergrenzen in der Form von Kreisen aufgetragen wurden. Die Umhüllungslinien um die Kreise geben die Grenze an, innerhalb deren der wahre Werth jeder Messung liegt. Da die Extremwerthe der möglichen Abweichungen vom wahren Zustande durch die (in der Figur weggelassenen) inneren Tangenten an die benachbarten Fehlerkreise dargestellt werden (d. i. also durch die in einem Falle z. B. zu kleine, bei der nächsten Beobachtung zu grosse Messung), so sieht man, wie die gegenwärtige Fehlergrenze das wahre Bild der Variation der Quellen noch in nebelhafter Weise verhüllt. Die neu beantragte Messungsmethode engt die Fehlergrenzen auf + 1°, beim Sprudel und auf + !/,°/, bei den kleineren Quellen ein. Die so zu erwartenden Fehlergrenzen sind durch die innersten schraffirten, stärker ausgezogenen band- förmigen Flächen, bezw. durch die volle Linie von ?/, mm Dicke beim Schloss- brunnen dargestellt. Die Tafel zeigt auch die gleichsinuige Undulation des Schloss- brunnens während der angegebenen Zeitepoche 1886—1893. (S. S. 689.) Die wesentliche Aufgabe dieser Tafel besteht darin, zu zeigen, in welch’ bedeutendem Masse durch Erhöhung der (Genauigkeit der Beobachtungen das ganze Bild des Zustandes der Thermen an Schärfe und damitan Richtig- keit gewinnt. Massstab: Für die Sprudelquellen 63 mm = 100 Liter pro Minute. Für den Schlossbrunnen 68 mm — 1 Liter pro Minute. ; Aug. Rosiwal. Maßnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Taf. XIV. Tabelle der Fehler grenzen, Bwihjahnom Oommgen son a, und Schlonbruinn am dan Jahren 1886- -1893. Pro Nr. ai EN G ER ER 1500] - iR Kyg, (Ce TEN Je TR fe IN ER RN OR sag N IN 3 40] Au00& _—R „> % = = © | S Ochknoknumm: E MM. Fehler . 2 92 N / a8 Marimalıin 35% x G sy 5 500 er” Wurt.Gel Le 44% 3° E: I% | | Fa 5 . Fu u 5: 3 :$ : 3 = 2 ee SS Ge s 5 28 ® ' SS Ss en 2 sa | | | IN | 5 | | s ; © o C Jah. 1886 A887 Auen 1889 1890. 1891 872 1893 Tafel XV, Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1894, 44. Band, 4. Ileft. 103 Erläuterungen zu Tafel XV. (Vergl. Seite 688 u. ff.) Die vorliegende Tafel gibt einen Theil der bei den Messungen der Karls- bader Stadtgemeinde gefundenen Resultate (siehe Tableau auf Seite 688) in graphischer Darstellung wieder, | Die fortlaufenden Jahre von 1869 bis 1893 wurden als Grundlinie aufge- tragen und über jeder Jahresstreeke die betreffenden Thermalwassermengen als Höhen er Durch die fortlaufende Verbindung aller gemessenen Werthe vesultirt das Bild der Ergiebigkeitkeitsschwankungen. Die Darstellung der Sprudelquellen wurde in folgende Einzelsummen zer- gliedert: 1. Sprudelquellen I—-VI in Summe; daran schliessend 3). Die alte und neue Hygieenquelle; daran schliessend or 3. Die Summe der Wassermenge der Zapfenlöcher. Von den kleineren Quellen kam in hundertfach vergrössertem Massstabe zur Darstellung die Ergiebigkeit: 1. Des Schlossbrunnens, \ 2. Der Theresienquelle, Normalquellen. 3. Des Mühlbrunnens, | 4. Des Marktbrunnens, 5. Des Neubrunnens. Zur Beurtheilung der eventuellen Abhängigkeit der Wassermenge der Quellen vom Niederschlage wurden fortlaufend verzeichnet: a) Die Jahressumme des Niederschlages in Eger, b) Die Jahressumme des Niederschlages in Karlsbad, c) Die Monatssumme des Niederschlages in Karlsbad. = graphische Darstellung bringt zum prägnanten Ausdruck: . Die Extremwerthe der Messungen an den dargestellten Quellen (Sprudel im Frühjahr 1874 mit 1626, im Frühjahre 1831 mit 2664 Litern). . Die gleichsinnige Undulation der Ergiebigkeiten der Sprudel- ee mit den } Normalquellen, welche in der Taf. XVI näher speci- fieirt erscheint, sowie der Springerquellen (I—VI) mit der Totalmenge aller Sprudelquellen. 3. Die gegensinnige Undulation der genannten Quellengruppen in „ gnzelnen Yeitabschnitten (vel. S. 689). . Die Unmöglichkeit, eine Abhängigkeit der Quellen von den Nieder- er dermalen zu erweisen. Zur Beachtung. Da die photographische Reduction der in verschiedenen Farben ausgeführten Originaltafel nur schwarze Linien lieferte, so empfiehlt es sich bei Detailstudien zur besseren Uebersicht, die einzelnen Quellenlinien, nament- lich für die S. 689 u. ff. hervorgehobenen Zeit: ıbschnitte durch Ueberfahren mit “arbstiften zu markiren. Das Wort „Üorreetions-Massstab“ ist als hier gegenstandslos zu streichen. P’\ E4 Aug. Rosiwal. Maßnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 2000 2500 2000 1500 0 Sr andelauiel len = Schlossbrumnnen, Summe aller Öpmdel-Quellen NIZ Na... ae |Dygien Iprüdelquellen I-M Nahlbumnnen 9 Nerbrunnen | Gboreo(r Hrıb) Zapfhırılack Taf. XV. Ergrobigheitsachwankungen der Harlsbader Thermen in den Kerzten 24 Johren (1869-1893). Nach den Mlenmngen ‚der SHadigemeinde Karhtad. & ae Yummenmessunfg era Apru delguellen. ’ Y oA N - rel __ FRA SON EPT Zellen: , 6: h) 15 > = Ta zraelgt \ Swmneder temne allcı 372 \ Einzehnemm landen A ‘ Kr N Um) Aygia x Theresienguele PO N... 2 Summeli-rt) 2 a N e_ Hygieen q _- z % R II Trade EN Si Sig; 4 ter & der Ss Eimzelmerng 5 (tm) Meufayaung ö Ben 3 ; o > 7 N X R ‚g00 10% a 5 ) s : o = \ Z _—a | 5 R 7 Nuhlbrmnen \ Ser N e ” Markıbrunnen N SET TEE ei im | na N D Jahressemmne dNiederschlags inbger len &ger S 8 \ SS 400-480 S S ä Set oral | A Iohremmummed. Iuedorachlag: 69" Ym=100 9m. N "s -50 N hatah An d Monabannmen .d, Dnochan Tyan 20 SER SD Maßstab für ie Spnmdelenellen. ö9"m yoolit. zoro Min. n © HN Math für die hleimeren Guellen by" Aller ro Mn B N q Je ung Aan beha ink »elilllagi- IQ | N L \ 69 2 1670 —C— HEN — I-— 18712 — 0-13 —O META —O—N81 5 —O— AB e —O— 7 —O— Oo —117 — O0 — A881 — MB — I— N 33 — O—18 84. -—O— 18835 — O— 1836 1887 — oO — 1888 —O— A887 DO, 1890 —O— 18H —O— 1892 Photoliinugsaphie v. M.Jeliz Wien otoliinugsap \ 2, me Tafel XV. Thermen. 4 © = = = BL, Eu: = S En o = o N — = = an J8 5 N © E Fe = = n a = F © = n a © Erläuterungen zu Tafel XVI. (Vergl. Seite 689, 691.) Zu dem Zwecke, um aus verlässlichen Anhaltspunkten ein fortlaufendes richtiges Bild des Z ustandes der Sprudelquellen und damit des Gesammtzustandes der Thermen zu erhalten, aueh dann, wenn die Sprudelquellen selbst nicht gemessen werden, bezw. in den Zeiträumen zwischen je zwei Sprude- messungen, wurde die tägliche Messung der Normalquellen vorgeschlagen. E Die Tafel XVI zeigt nach Art der Darstellung der beiden vorhergehenden, dass die drei verzeichneten Quellen: Schlossbrunn, Theresienquelle und Mühlbrunn durch oft jahrelange Zeiträume in ihren Schwankungen mit jenen he der Sprudelquellen parallel laufen: d. i. im Stadium gleichsinniger Unau- lation sich befinden. S . Wird das Verhalten einer dieser Quellen nicht normal (gegensinnig), so stehen der Beobachtung in der Regel die beiden von der Störung nicht betrolfinen anderen Quellen zur Verfüguug, Nur selten (in der dargestellten langen Beobach- tungsreihe nur von Ende 1387 bis Anfang 1888) versagen die Normalquellen gleich- B_ E. zeitig den Dienst, als Iudieatoren der Sprudelquellen benützbar zu sein. Die zweite Figur der Tafel gibt ein Bild, wie sich die in Folge der seltenen Beobachtungen jetzt nur sprungweise darstellbaren Zustandsänderungen der Therme in Zukunft durch die Ergebnisse stetiger Beobachtung kennzeichnen werden. Aug. Rosiwal. Maßnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Tabelle ‚Ar Merhaltens de | Maspotab f.A.Ahl. Quellen 25-1 2500.80, Ma 4870 ABA A672 4873 A874 A875 Taf. XVi. monchr- und Normalgnellen. f.d.Oprnaolquedten. 0, © lo- & © o | 1586 1687 1835 1890 ABIA = 4892 ach oder Auormn gen Ars Bao hau armdteo HKarteobar Zum aenı ara zuhelt Tafel XVıl. Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsb Thermen. ader Erläuterungen zu Tafel XVII. (Vergl. Seite 694, 695.) Um den Zustand jeder einzelnen Quelle in Bezug auf ihr früheres, aus einer thunlichst grossen Reihe vorhergehender Beobachtungen (in der vorliegenden Zeichnung für 25 Jahre) basirtes Verhalten darzustellen, dient die Herstellung der in der Tafel XVII veranschaulichten Quellengraphica. Nach den auf Seite 694 des I. Theiles gemachten Angaben lässt sich die jeweilige Menge und Temperatur einer Therme graphisch in direeten Bezug setzen, indem man die erstere als Abseisse (horizontal), die letztere als Ordinate (senkrecht dazu) aufträgt. Die Gesammtanordnung der Einzelbeobachtungen gibt gleichsam ein historisches Zustandsbild , welches die Geschichte der physikalischen Ver- hältnisse jeder Therme auf einen Blick zu übersehen gestattet. Dem Factor der Zeit wird hiebei durch Beifügung der Jahreszahl zu jedem Beobachtungspunkte Rechnung getragen, und kann eine Verbindung der aufeinanderfolgenden Beob- achtungsdaten (wie in der Tafel bezüglich aller drei Quellen für die Jahre 1390— 1893 durchgeführt wurde) über die Veränderungstendenz, in welcher sich der jeweilige Quellenzustand befindet, Aufklärung geben. Alle Beobachtungen gruppiren sich um eine Mittellinie: die Linie der Normaltemperatur jeder (Quelle, welche aus der Umhüllung der Gesammt- heit aller vorliegenden Messungen leicht zu entwerfen ist. Die Oonstruction dieser aus den vieljährigen Beobachtungen abgeleiteten Normallinie gibt den Massstab zur Beurtheilung des jeweiligen Zustandes einer Quelle. Die 25jährige Geschichte der drei verzeichneten Quellen, welche man auf der Tafel] überblickt, lehrt beispielsweise, dass der Schlossbrunnen wie der Bernhardsbrunnen in den verflossenen vier Jahren einen Tiefstand ihrer Ent- wicklung passirten. Legt man diesen Darstellungen einen noch grösseren Massstab zugrunde, so wird die Veränderungstendenz umso deutlicher zum Ausdrucke gelangen. Dieselbe stellt sich als eine Function der speciellen Beziehungen der betreffenden Therme zur Hauptspalte dar und folgt bei den Normalquellen in der Regel den Hauptschwankungen der ganzen thermalen Thätigkeit. Plötzliche Aenderungen des in dieser subtilen Weise definirbaren jeweiligen Quellenzustandes werden daher unter Umständen als Alarmrufe gelten können. Aug. Rosiwal. Maßnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Taf. XV. BE — SS SS Fo 3 En; WW = > le ee a un Fr re SE: ® RR = | © u Zahlen Beduniten da» Jahr a Indiees ;: Frnhyahız 2 herhakmenüng. 20 25 Sirer ‚pro Nonnte. : Weroizrgszeche Aeo Yaclbacamtee AHarlobad. Jaite ‚Wien Tafel XVil. Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. « Erläuterungen zu Tafel XVIN. (Vergl. Seite 701— 704.) Die vorliegende Situation gibt eine Darstellung der im Winter 1893 auf dem Bauplatze des Hauses „Zur russischen Krone“ aufgeschlossenen Quell- spalte, deren Verlängerungen sich über die Grenzen der beiden Nachbarhäuser fortsetzen. Im Zusammenhalte der am Bauplatze der „Russ. Krone“ aufgedeckten „Unteren Quelle“ mit den beiden anderen Quellengruppen, der bergwärts ge- legenen blasenförmigen Klufterweiterung und den Quellen des Jahres 1846 im unterhalb liegenden Nachbarhause „Stadt Hannover“ ergibt sich eine totale Länge der von acht Quelladern gebildeten Thermalspalte von ca. 22 m. Das Streichen dieser ausgezeichneten Quellspalte steht in vollstem Einklange mit dem Streichen der auf der Tafel gleichfalls verzeichneten Quellspaltenrichtung des Schlossbrunnens und folgt der Richtung der Hoff’sehen Quellenlinie in Stunde 10%, (= hora 9, 11’ reduc.). Hornsteingänge parallel zur Quellspalte fanden sich am Bauplatze mehrfach vor. Das Auffinden einer so klar zu verfolgenden, der herrschenden Hauptzer- klüftungsrichtung des Granites am Bauplatze parallel verlaufenden Thermallinie ist von grundiegender Bedeutung für die Erklärung der Gesammtanordnung des Karlsbader Quellenzuges, sowie für die Art der Circulation der Thermalwässer im Granite. Das Auftreten der Kohlensäureexhalation am Abhange der Hirschensprung- gasse und einer minimalen lauen Quellader im rückwärtigen Theile des Hauses „Hannover“ beweisen, dass sich die thermalen Aeusserungen selbst bis auf berg- wärts noch höher liegende Spalten erstrecken. _ um x Aug. Rosiwal. Maßnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Quellen au Jahre 154 in feinkörn igerm Granit mıf Horn stern. Bötef „Hadı Bannover” ©. ro. 386, 39077 an, „Stadt Zübeh” „Saar Hasek” > Ka No. 388, Gr. 389, N ie v.M.Jaffe ‚Wien. Taf. XIX. Aug.Rosiwal: Malsnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. . ° En R mo 8 100 T 3800 U ET) v „20 Ww iR ee ui Teer u - 1 | — De I ee ST] Keuszenae nn — m‘ ERBE BEE a (eologischeKarte des Stadigebietes von Karlsbad eologischeKarte des Stadig | aufgenommen 1887-8 auf Grundlage des vom Stadtbauamte revidirten Schindlerischen Situationsplanes vom Jahre 1885. | A VoN 2 FRIEDRICH TELLER Geologen der kk.geologischen Reichsanstalt. | Situation der Quellen und der Thermalzone von Aug.Rosiwal. Erklärung zur geologischen Karte. Erklärung zum Quellenplan. Grobkörmiger undgrobkörnigporikarisdier Gi ‚Orto- Gele Ergiebigkeitsgrade: = a ger u ee a u A x © Warme Quelladern.. © 0-1... . .ZiterproAlinute. 0 3 == Br 5 Feinkörniger und Teinkörrag-porplogrisch IT Vertiealzund Stal- e = SEE s IN NER BE 2, a © _Stllmehanaliger Quell. Be PERS Mi ö Ä % Sand und Sandstein’ derunterev ©9 Ze. ee u Z | Braunkohlenformation. © Hohlensaare-Echalation. © merak 5... , , , ja \ urcı her " irtes Verbreü sgebü mie der thermalen ÄAuss: av. v0 u‘ a Tee] Gr an ii Spa al -Krann. 9 se \ —— Alte Hoff sche Lime:.Dorotheonquelle-Sprudel, 9712° E Ban Letten und Scueferthon/ der oberen N Dar: Braunkohlentormation ————-_._ (renzen der engeren ame N Di Lehm’ und Schotter der älteren, Ruulsterrassern I . , meaiteren (Terrassen-Diluviom) EN nn | begerawärtige: äulserste Orenze N 3 1 07] Anhänfüngenvon Zertallsproducten. des Grarats der Thermalänfserangen. (Granitgrus) am’Fasse der Berglelmen. Thermal’ Sinterabsätze RN Quellspalten. a DL | (Spradelschale:) N Be] Alluoium. Fa £< 4 rraehtische Ne: A ik» 3 ; A un E jt Mr Ä „un Ya i > Iomeg zum alsale ws W"--- =. 2, # N ä | Fi e_ ji E | = = A i a N ? = Ale: ie (a A Each ffharlı 2, x u Men zchen uw 2 z x 3 ee, va ‚Findlaters Tenpel 3 & ; ar dugustes En S Maanaulab 1-HOON IE ce Druck v.Ti.Bannwartn,Wien. Hr ee Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIV.1894 Verlagderkk.Geologischen Reichsanstalt.Wien Il Rasumoffskygasse 23 ig 5 - #5 ME a a n 5 ? « re W w 4 Thermen. Tafel XX. neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader ber Ue Erläuterungen zur Tafel XX. (Vergl. Seite 739— 741.) Die Mehrzahl der Figuren stellt im Maassstabe 1:1000 Schichtprofile dar, welche nach den von J. Schardinger gemachten Angaben der betreffenden Auf- schlussresultate in den verschiedenen Gebietstheilen der Elbogen —- Karlsbader Braunkohlenmulde construirt wurden. Es lassen sich damit die Lagerungsverhält- nisse in den einzelnen Theilen mit einem Blicke übersehen. Als für den kurz gefassten Text wichtige ergänzende Erläuterungen wurden die einen Gesammtüberblick über die Gestaltung der verschiedenen Horizonte der Braunkohlenformation bietenden schematischen Darstellungen, welche für sich sprechen, den vorgenannten Figuren angereiht. Es ist nöthig zu bemerken, dass in der mitgetheilten Reihe von Bohrloch- profilen stellenweise recht schwer eine Unterabtheilung in die drei gewöhnlich auseinandergehaltenen Stufen der Braunkohlenformation getroffen werden konnte. So ist gerade die Ausscheidung der mittleren Formationsstufe in den Fig. 1—3 auf Grund der vorliegenden Angaben kaum durchzuführen, und werden die Aequi- valente derselben nach Analogie der Fig. S—-10 wohl innerhalb der nicht weiter gegliederten Lignitflötze zu suchen sein. Da die Seehöhen der dargestellten Profile mit Pracision nicht angegeben sind, so möge hier mit Rücksicht auf die Wichtigkeit einer wenigstens annähernden Kenntniss der Tiefenlage der Horizonte, eine Fixirung ihrer Niveaus auf Grund der Schardinger’schen Uebersichtskarte stattfinden. Niveauangaben der Schichtenprofile. Seehöhe der Terrain- . des Liegenden oberfläche nach Grundgebirges Schardinger’s (Kaolin oder Karte Granit) 4. ua 1. Bohrloch Bahnhof Neusattl . . 454 213°5 Neusattler ‘Fig. 2. Bohrloch P. 94, Albernhof . 445 2297 Mulde. |Fig. 3. Bohrloch P. 623, Granesau ) . 431 321°3 B. Chodau— (Fig. 4. Bohrloch P. 1240, Poschezau . 441 406 Münchhofer In 5. Richardschacht, Chodau . . . 425 343°5 Mulde. Fig. 6. Bohrloch P. 413/3, Unt.-Chodau 441 397 2 ren [Fig x. 7. Beim Förderschacht, Caroli- mer Johanni-Zeche 3177 301°8 Mulde. ER Fig. 5. Bohrloch P. 896, Ottowitz . . 407 (?) 356 (2) D.Karlsbad -|Fig. 9. Bohrloch Grubenmass Josef, Ottowitzer Ottowitz . . 406 287 Mulde. |Fir. 10. Bohrloch Grubenmass Anna, Ottowilz! ae 418 unter 224 Zetiliizer [Fig. 11. Kaolinschacht P. 62, Zettlitz . 418 396 Kaolin-Lager. ) Man corrig. die Cöte 10173 der Tafel für die Sohle des Laufers; Dach des Hauptflötzes —= 10188. Aug.Rosiwal: Malsnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. Taf.XX SCHICHTENPROFILE DURCH DIE ABLAGERUNGEN DER BRAUNKOHLENFORMATION. A. Elbogen - Neusattler - Mulde. Kohlenletten mit Kalk Kohle _060 = Kohlen- ® /etten FH = » LLgrit_224 IT = Schieferletien Schieferletten jahnhof Neusattl (Kohlen - Agnesflötz 182 Fig. 1. Bohrloch ! Schieferletten Kohlenschiefer 126 Laufen „_ Dammerde_, 80:95 ERERE =" RITTER Graue und ‚grünliche Schieferletten mit schwachen Talkeinlagen” 53:68 e2) Re} Grave una‘ oO braune u |Sohieferletten 5 7783 » co S {= | SS Ei IH 62) Schieferletten 12) = 1093-48 (B} Do m < 19375 Braune und. graue Schiefer: letten h a. Parzelle 94 Gmde Sandstreifen K 16368 c Braune und ‚graue Schiefer= Jetten Bohrlo bo) [47 mit Sand-= schichten Fig Laufer _0°75 cholt. Br letten E27 Br. leiten rS D (7) nd Ligrit E 2196 je7) & [3 = 3181 ® | An gr rothe u. = blaue . |$ehieferletten =! @ Zi mit p=1 schwachen {aa} Eisenstein 42 und Sr Quarzlagen en IIEREIEREIT > Es m. r few ae [=} m jo?) E u Norge D= Hauptflötz #83 106°71 Kaolin 13 IF 1 17096 ” Granit B. Chodau - Münchhofer - Mulde. Fig. 4. Bohrloch Parz. 1240 C. Janessen -Tasch- witzer-Mulde. Fig. 7. Förderschacht Caroli-Johanni Zeche. Gerolle, letien Kohlenschmitz of 305 Graue und. braunrothe Schieferletten 2750 Grüne Schteferletten 39:00 Vorbasalt Malsstab für Fig Fig. 5. Richardschacht, Gmd Poschezan (Königswrt) (Chodauer Braunk-Gewk)) ‚Schieferletten 050 Zaufer 030 Hauptflölz Sandstein Gelb. grau. U. braun. Letten m. Schwachem Kahlenstreifen Lignit? 22:50 28:20 30 Bunte Schieferletten Sandsteinlagen Laufer 0850.120 | 575 cl Schie Hauptflötz h P896 Gmde Ottowitz. hrloc Fig. 8. B D. Karlsbad - Ottowitzer - Mulde. 170 1 18, Zöller"(Bas-Zur) 79:41 br.letten_ | it 1:1000. an Fig. 6. Bohrloch P 413/, Unt- Chodau (Königswrtr) ME Zettlitzer Kaolinbau. Schiefer- thone = n Fig. 11. Bohrloch P 62 Gmde. Zeitlitz 055] 35:73 Locr/2/erleiter 1 38:57 43:94 Haupiflötz 537 Rear I feinkörag FA Übergang I EIEENISE Lith. Anst.v.Th.Bannwarth,Wien. | 290 m.Kohle, Oberster Lignit Grüner Letten 2. Ihsandiger U45 Schieferletten, 1465 H - 17:21 1733 23:30 3515 3 66:58 18 Zöller =! (Bas-luff) Grüner leiten Gelb. blau, nn 3 ‚grau.Letten 2. Ih.sandıg Kohle, /ett. 090 ferletten at IhIwS. silummöse Schieferletten Kohle_0:40, ER er Grubenmals, Anna V,"Gmde. Ottowitz (Königswarter) Graue, braune, Weisse, hauptsächl. grün, rath u. blau ‚gefärbte Schieferletten Fig. 10. Bohrloch i Die Fig. 1-11 nach Angaben im Schardinger „Braunkohlen- 25:70 19419 Schematische BE 74 20//er [Ba5-/u/f) Schema der Schichtfolge nach v. Hoc Fig. 12. EEE A TE 99 00009009000909000 Obere oder Nachbasaltısche Stufe. Basaltische Stufe. Untere oder Vorbasaltische Stufe. bergrevier Elbog. etc, Ste. 263 usf Die Fig. 15-15 nach Stur, Jahrb. Geol. R-A. 1879, Ste. 159 ıstetter : „Karlsbad ete” Darstellungen. Fig. 13. Allgemeines Schema. Leiten eisenschüssig mit Sand u. Scholterlagen letten Thon- Schiefer mit Kalk und Cyaris- SChietern Basaltische Vorbasaltische_St. Granit 14. Schichtfolge im Falkenauer-Becken nach Stur. Alaunletten Kohle 3m Alaunletten Töpfertihon u. Leiten 35m. Vorbasaltischr Saatzer Schichten Sand u. Sdstein = Sand Conglom. Basalttuff (2. Th. m. Kalk) zu gelbem Lehm zersetzt. Fig 15, Basalt- Con- giomer&. ___ Gliederung der Vorbasalt.Stufe Alaunschieier " = >: 2 ‚partiell, (Saatzer Schichten) n. Jekely. Bunte, n (Kies) theilw. plastische Thone 5 Lehm (Schieferthone) hi Q Kohle 03-10 ERfe Alaunleiten 03 partiell Gaskohle A Kohle 30 Lehm, %- Alaunletten 03 Pflanzenreste, awRR] Schwele/kies g , a . Sandstein S WRRIRRIEB. Braun und n und 50 Conglomerst. & dd Ga 525 -Kohie Al. \IMIZIRIWIIIEEELE. Thon R U Granit (Kaolin) una . Kohle 06 Töpferthon 20 Sand Conglomerat Sand u. Sdstein Tafel XX1. Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen. 104 Erläuterungen zu Tafel XXI. (Vergl. Seite 753—756.) Die beiden Tabellen der (Grubenwasseranalysen von Dr. L. Sipöcz (zu S. 753) bilden die Grundlage der Mehrzahl der dargestellten Analysen. Die graphische Darstellung der 'Thermalwasser-, Grubenwasser- und Quell- wasseranalysen wurde in der Weise vorgenommen, dass die analytisch gefundenen Bestandtheile in dem Massstabe von 1 cm — 0'1°/,, (d. i. 1 Theil in 10.0)0 Theilen Wasser) aneinandergereiht wurden. (Nur Fig. 21 und 22 im halben Massstabe.) Durch verschiedene Farbentöne (siehe Zeichenerklärung wurden die basischen Bestandtheile und die Kohlensäure, durch Schraffen die übrigen Säuren ete. dar- gestellt. Die auf der Tafel verzeichneten Grund- und Quellwässer zerfallen je nach ihrer Provenienz m zwei Hauptgruppen: l. Granitwässer, aus dem Granitgrundgebirge stammend,: deren Gehalt an Alkalisalzen (gelb) jenen an Kalk- und Magnesiasalzen (roth) bedeutend über- wiegt. Hierher gehören auch die Thermen, welche eine con- centrirte Modification der Granitwässer darstellen. 2. Braunkohlengrubenwässer, deren Gehalt an Kalk- und Magnesiasalzen (roth) jenen an Alkalisalzen (gelb) um das 2—3fache überwiegt. Sie stammen aus den Schichten der Braunkohlenformation im Hangenden des Grundgebirges. Die beiden untersuchten Brunnenwässer (Fig. 3, 4) sind verdünnte Modifica- tionen dieser (Grubenwässer. Eine dritte Abart von Grubenwässern bilden die: Gemischten Wässer, deren Gehalt an Alkalien und alkalischen Erden nahezu gleich ist, und welche durch Eintritt von Granitwässern in das „Braunkohlen- i reservoir“ (s. Seite 755) oder umgekehrt entstehen. Wesentlich ist, dass reine Granitwässer auch in die Schichten der Braun- kohlenformation eintreten und dort angefahren werden können (Analyse Fig. 12). Die Wässer der Kaolingruben sind mit Ausnahme seltener Fälle (Fig. 13. Unter- Meierhöfen: gemisehtes Wasser) stets aufsteigende Granitwässer, was durch die zahlreichen Analysen Dr. Sipöcz’s (Fig. 14—19) bewiesen wird. Aug.Rosiwal: Malsnahmen zum Schutze derKarlsbader Thermen. Taf. GRAPHISCHE DARSTELLUNG von GRUNDWASSER-unn QUELLEN -ANALYSEN. Nach den Analysen von DZ L.Sipöcz. Thermal - Wäs Iser. Malsstab für Fig. 1-20: Acm= 01%, d.i. 1 Theil in 10.000 Theilen Wasser. Granit - Wässer. Fig. 21. Stephanie - Quelle. 381 M.?1/, 1886, 22°C. Kalte Quellen. (vgl. Hochstetter S. 92) F Brunnenwässer. Braun - ll kohlen- Gemischtes Wasser. 2% x Gruben- |wässer. ' Egß 7 Kaolingrube in % Urter-Meierhöfen y 353 M. '%/, 1884, 8°4 C. / Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 1. Meierhof | Dörr,i2mtief. Emmy-Zeche | Eisenquelle. Premlowitz. | 410 M.2% 1883, bei Taschwitz. I) (Analyse v.R.Götil) 395M.2/,,1885,6%C| 6°0 6. 350 M. 16/, 1885, ii 1863, 11°0 C. (7°2 - 12°6) 10°C. - 04%. mm [Si0: 05937 | Kohlensäure nach Lampadius 1820, Taschwitz. 349 M.1%, 1885, 11°8 D. in Zettlitz. 381 M. 1%4 1885, 10°0 C. Fig. 6. Andreas-Antoni-Zeche bei i ‚I nit fl Fig. . Dorothea-Säuerling (Berzelius 1822) Quellen d.i. NaCl 0'128 C1,0'033 Fig. 14. Einigkeits - Zeche. Kaolingr. v. Mader u. Consort.in Zettlitz. Fig. 15. Kaolingrub | Granit- Wässer Ei Natriumsalze. EN ei |saıze. ad nach der Analyse von Ludwig ı. Mauthner. 73°C. Halber Malsstab der übrigen Abnormes Grubenwasser (‚Sumpfwasser). Halber Malsstab der Darstel ung der anderen Wässer d.i. 5mm- 01%. Fig. 20. Kunstschacht der von R. Gottl in Zettlitz. 861 M. 10% 1885, 10°z C. bei Ottowitz. | bei Ottawitz. 340M. \t/, 1685, 12°0 C | 340 M. 11/5 1885, 14°2 C, freie Nallız Braunkohlen- Kaolingruben (W Lorenz) Kaolingruben (R. Göttl.) Sä CD,frei 17060 in Zettlitz.. . R halbgebundene) Säure Grubenwasser. Fu Zeitz 3 | & Sulphate. Fig. 11. E Si Carbonate. Dreikönig-Zeche AR & } a Ottowitz. I Fi Gemischte Wässer. 355M.28/, 1889, a g & Caroli-Johanni-Zeche 1°0 C. = S Braunkohlen bei Janessen. © = Grubenwässer. 3014 M. 9, 18883. 5 s s Fig. 7. Fig. 8. BR = = E Josefi-Zeche | Caroli-Zeche Nördl. Strecke 11°3C. R 3 3 = : S S [2} E i 2) © 2 : Bi ss oO un gt mı. Zuflüls. Il! - | j \ IN! | Il an 18. Haspelschacht. 381 M. *9 h Fig. 19. Granitstrecke, | ) i ul " ‚ll Fig. 16. Sauer nn I all I il Kun KEN 6) Liih AnstwIhBannwarthWien. nn y x f en ED % — Be... EB Te Fan Inhalt. Heft 3 und 4. je - ‚Seite Das Tertiärgebiet um Hartberg in Steiermark und Pinkafeld in UIRERSE: Von VineenzHilber ws ss Bemerkungen zur Karpathenliteratur. Entgegnung an Hirm Prof, Y. Uhlig, Von G.:M: Bauten Die Gastropoden der Schichten mit Arcestes Studeri. Von E. Koken. | Mit: 12 Zinkotypien. im Dext ua a 1 9 0: EBK Die Bedeutung der südindischen Kreideformation für die Beurtheilung . der geographischen Verhältnisse N der späteren Kreidezeit. N, Von F. Koesmat . a a De a a ER Ueber die strati raphischen Beziehungen Be Höhne Stufen F,G, H, Barrande’s zum rheinischen Devon. Von E. Kayser und E Holzapfel. Mit. 5 Zinkotypien im Text"... 0... .0.% 2 Der Gross-Venediger. Von F. Löwl. Mit 5 Zinkotypien im Text ., Das Ostende des diluvialen Draugletschers in wg Von Bi miren. DE Mit einer Zinkotypie im Texte . ...., 3 R Ueber die Gattung Rhynchonellina Gemm. Von A. "Birnen Mit 9 lith graphirten Tafeln (Nr. VIH und-IX). ..... 2... BE Das Tertiär im Nordosten von Friedau in Dilefiebritare Von H. Höf e LK Mit 2 Zinkotypien im Texte! . 2. 2. nn. 3 Brachiopoden aus der Trias von Lagonegro in Unteritalien. Von A Bittner r$ Mit 2 Zinkotypien im Text. . ... EN TE EN Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten. der Brelinerknie‘ VonF.E.8uess. Mit 4 Tafeln (Nr. X—XTII) und 2 Zinkotypien im Text... u. Ueber neue Massnahmen zum Schutze der Karlsbader Thermen, Von A. Rosiwal. Mit 7 lithogr. Tafela (Nr. XIV-XVIH, XX-—XXI), einer geologischen Karte des Karlsbader Stadtgebietes von Friedrich _ Teller (Nr. XIX) und 8 Aiekopien im Text . BR ER N rg 0 2, Aa CALIF ACAD OF SCIENCES LIBRARY NIMM N Ferht Sume, Imhanah BL Tas Pre N re an rare PERLE SEM ee rn behasn na { | N fi \ W Er \ s d Pr ı r . 7 ! . I £ x y D b , J , nd " A a Ar} } a : t ' h N N F 178 U.S.A BEGON RULECOJ A