N ‘ \ 4 war Verndi seine ng X + We . , vr. DIL rm > ‚ir 4 BA she „ Ä entre genn Y VE. . « ver \ ) ’ \ } 52 5 y . N Ki [ f I v ı ’ ü - ( ” x ww “ 3 r : Ir + kı “ an mr ” [2 Eher £$ H “ < ne ie ehe, a FE Fe en Re S ‘ ” Pe Em N er 55 Er JAHRBUCH DER - KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bEULDGISLHEN RBICHSANSTALT Mn Ss vNATID re LIV. BAND 1904. Mit 16 Tafeln. Oo» O\ EICH .@®e N RER \ or n) IN N Wien, 1905. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt. In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, I., Graben 31. Inhalt. Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (20. Februar 1905) . Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt Heft 1. Geologische Beobachtungen auf einer Reise in die Gegend von Silistria und in die Dobrudscha im Jahre 1892. Von Franz Toula. Mit drei lithographierten Tafeln (Nr. I—-III) und 19 Textfiguren Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. Von Dr. W. Petrascheck. Mit einer Tafel (Nr. IV) und einer Textfigur Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. Von Br Vlsund Ri Zunkotspien. Im Text . u. 2 u na en. nen a Über eine neue Krabbe (Cancer Bittneri n. sp.) aus dem miozänen Sand- steine von Kalksburg bei Wien. Von Franz Toula. Mit fünf Text- ERANEEE ee le kur a LE RE Sr ee a me A a Heft 2. Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. Von K. Richter. Nuarer Zinkoty pien sims Text u. aan ala: wa ee Geologische Beschreibung der Mosor planina. Von Dr. Fritz v. Kerner. Mit einer geologischen Karte in Farbendruck und zwei Profiltafelu NE VEORL VELE [II] 7. 08" ee. Heft 3 und 4. Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. Von P. Steph. Richarz. S. V.D. Mit einer lithographierten Tafel (Nr. IX) und zwei Zinkotypien im ee ee en. Er öre : Kritische Besprechung einiger im Verlaufe der letzten Jahre erschienenen Arbeiten über Fucoiden. Von Theodor Fuchs. Mit einer Lichtdruck- KASTEN ee N ee N he, se Das Grundgebirge im Kartenblatte St, Pölten. Von Dr. Franz E. Suess. Mit zwei Zinkotypien im Text . 169 215 343 359 389 IN Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. Von Dr. Franz E. Suess. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XI) und fünf Zinkotypien im Text 04... ve a ee ee Geologisch-petrographische Mitteilungen aus dem Gebiete des Kartenblattes Böhm.-Leipa und Dauba, Zone 3, Kol. XI der österr. Spezialkarte. Von H. V. Graber in Böhm.-Leipa. Mit drei Zinkotypien im Text . Das Verbreitungsgebiet der Prominaschichten im Kartenblatte Novigrad— Benkovac (Norddalmatien). Von R. J. Schubert. Mit einer geo- logischen Übersichtskarte (Tafel Nr. XD). .... 2... ....., Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. Von Dr. W. Petrasfcheck..Mit zwei’ Ziukotypien im Text un er Die kristallinen Alpen des Ultentales. II. Das Gebirge nördlich der Faltschauer, Von Dr.W. Hammer. Mit einer Tafel (Nr. XIII) und 13 Zinkotypien im. Text. -.... 600% wen ee a re Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. Von A. Hofmann und A. Zdarsky. Mit: drei Lichtdrucktafeln (Nr. XIV xy ze Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. II. Teil. Das kristallinische Gebiet bei Reichenau a. d. Kn., Blatt Reichenau— Tynist, Zone 5, Kol. XIV. Von Dr. Karl Hinterlechner Verzeichnis der Tafeln: I-II zu: Franz Toula: Geologische Beobachtungen auf einer Reise in .die Dobrudschar. v0. ren. re IV zu: Dr. W. Petrascheck: Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen . V zu: Dr. OÖ. Ampferer: Studien über die Inntalterrassen VI—VII zu: Dr. F. v. Kerner: Geologische Beschreibung der Mosor planina .. “u 22 la, a ß IX zu: P. Stephan Richarz: Neokombildungen bei Kaltenleut- Beben. = eye ee I 2 ro teste x zu: Theodor Fuchs: Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden . .» “Rue ra er ES ee | XI zu: Dr. F. E. Suess: Über Perthitfeldspäte . . 222.2... XU zu: R. J. Schubert: Das Verbreitungsgebiet der Promina- schichten im Blatte Novigrad— Benkovac. . . 2... XIII zu: Dr. W. Hammer: Die kristallinen Alpen des Ultentales XIV—XVI zu: A. Hofmann und A. Zdarsky: Beitrag zur Säugetier- fauna von .Leoben..ı. . . Vai Seite 431 Personalstand der raesnloerschen KReichsanstalt Direktor: Tietze Emil, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der Eisernen Krone III. Kl., Besitzer des kaiserl. russischen Set. Stanislausordens II. Kl. und des Komturkreuzes II. Kl. des königl. schwedischen Nordsternordens, Ritter des königl. portugiesischen Set. Jakobs- ordens und des montenegrinischen Daniloordens, Phil. Dr., k. k. Hofrat, Mitglied der kaiserl. Leop. Carol. deutschen Aka- demie der Naturforscher in Halle, Präsident der k. k. Geogra- phischen Gesellschaft in Wien, Ehrenmitglied der Societe geo- logique de Belgique in Lüttich, der königl. serbischen Akademie der Wissenschaften in Belgrad, der uralischen Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften in Jekaterinenburg, der Gesell- schaft für Erdkunde in Berlin, der rumänischen Geographischen Gesellschaft in Bukarest und der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau, korrespondierendes Mitglied der Geological Society of London, der Societe Belge de Ge&ologie, de Pal&ontologie et d’Hydrologie in Brüssel, der Geographischen Gesellschaft in Leipzig ete., III., Hauptstraße Nr. 6. Vizedirektor: Vacek Michael, IlI., Erdbergerlände Nr. 4. Chefgeologen: Teller Friedrich, Phil. Dr. hon. causa, k. k. Bergrat, korr. Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften, III., Kollergasse Nr. 6. Geyer Georg, III, Hoernesgasse Nr. 9. Bukowski Gejza v., III., Hansalgasse Nr. 3. Rosiwal August, a. 0. Professor an der k. k. Technischen Hochschule, IIl., Bechardgasse Nr. 10. VI Vorstand des chemischen Laboratoriums: John von Johnesberg Konrad, k. k. Regierungsrat, Mitglied der kaiserl. Leop. Carol. deutschen Akademie der Naturforscher in Halle, korr. Mitglied der Gesellschaft zur . örderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen etc., II., Paffrath- gasse Nr. 6. Geologe: Dreger Julius, Phil. Dr., IL, Ungargasse Nr. 63. Chemiker: Eichleiter Friedrich, II, Seidlgasse Nr. 37. Adjunkten: Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., XIII, Penzingerstraße Nr L2RS. Suess Franz Eduard, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. Universität, II., Afrikanergasse Nr. 9. Kossmat Franz, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. Universität, III., Metternichgasse Nr. 5. Abel Othenio, Phil. Dr., Honorardozent an der k. k. Universität, korr. Mitglied der Soc. Belge de Geologie, de Pal&ontologie et d’Hydro- logie in Brüssel, XIII, Jenullgasse Nr. 2. Hinterlechner Karl, Phil. Dr., XVIIL, Klostergasse Nr. 37. Bibliothekar: Matosch Anton, Phil. Dr., III., Hauptstraße Nr. 33. Assistenten: Hammer Wilhelm, Phil. Dr., DI., Blattgasse Nr. 8. Schubert Richard Johann, Phil. Dr., HI., Rasumofskygasse Nr. 2. Waagen Lukas, Phil. Dr., III., Sophienbrückengasse Nr. 10. Ampferer Otto, Phil. Dr., XVIIL, Haizingerstraße Nr. 49. Petrascheck Wilhelm, Phil. Dr., III., Geusaugasse Nr. 31. Praktikanten: Trener Giovanni Battista, Phil. Dr., III, Untere Viaduktgasse Nr. 1. OÖhnesorge Theodor, Phil. Dr., UI., Geusaugasse Nr. 43. v1 Für das Museum: Zelizko Johann, Amtsassistent, 1II., Löwengasse Nr. 37. Für die Kartensammlung: Aeichner: Jahn Eduard, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone, III., Messenhausergasse Nr. 8. Skala Guido, III, Hauptstraße Nr. 81. Lauf Oskar, VII., Kaiserstraße Nr. 8. Für die Kanzlei: Girardi Ernst, k. k. Rechnungsrat, III, Marxergasse Nr. 23. In zeitlicher Verwendung: Frenzl Olga, III., Eslarngasse Nr. 8. Diener: Erster Amtsdiener: Schreiner Rudolf, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone Laborant: Kalunder Franz Zweiter Amtsdiener: Palme Franz Dritter Amtsdiener: Ulbing Johann Präparator: Spatny Franz III., Rasumofsky- gasse Nr. 23 u. 25. Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: Felix Johann Amtsdienergehilfe für das Museum: Kreyda Alois J Portier: Schmid Josef, k. u. k. Invaliden-Feldwebel, III., Hauptstraße Nr. 1. VII Korrespondenten der k.k. geologischen Reichsap. oa 1902--1904. Johann Krahuletz, k. k. Aichmeister i. P. und Vorstand des städtischen Museums in Eggenburg, Niederösterreich. Dr. Karl Hintze, Professor der Mineralogie an der kgel. Univer- sität in Breslau. Dr. Anton Rzehak, a. o. Professor an der k. k. deutschen tech- nischen Hochschule in Brünn. NIGLICHEN ISERLICH-KÖ JAHRGANG 1904. z | EN Heit. N en EN a Milon, 1904. > 2 Verlag der R. k. geologischen Reichsanstalt. In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. &. Hofbuchhandlung, A u "4 2 "1, Graben 31. BE N NOHRLNE. 6 ee ‚Ausgegeben am 15. September 1904. | er ; Re ; b 102 20x l INA Eu ee PR Geologische Beobachtungen auf einer Reise in die Gegend von Silistria und in die Dobrudscha im Jahre 1892. Von Franz Toula. Mit 3 lithographierten Tafeln (Nr. I—III) und 19 Textfiguren. Der erste, welcher in neuerer Zeit auf die Wichtigkeit von Untersuchungen über die ‚geologische Beschaffenheit der südlich von der unteren Donau gelegenen Länder und deren Gebirge hingewiesen hat, war Karl F. Peters. In einem kurzen Aufsatze „Über die Bedeutung der Balkanhalbinsel als Festland in der Liasperiode“ (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch., 19. Nov. 1863) hat er die Aufmerksamkeit der kais. Akademie auf jene Gebiete gelenkt und erreichte damit, daß ihm der Auftrag zuteil wurde, die Lösung der offenen Fragen in Angriff zu nehmen und zu erheben, ob und inwieweit die geologischen Formationen jener Länder in der Tat „denselben Charakter an sich tragen“, der die „Alpen- und Karpathen- distrikte so auffallend von den westeuropäischen Ländern scheidet“. Er durfte es damals noch unangefochten aussprechen, daß diese Er- hebungen „eine natürliche Aufgabe österreichischer Geologen seien“. Peters wählte sich die östlichen Landstriche am Schwarzen Meere zum Ausgange seiner Studien und schenkte uns darüber seine „Grundlinien zur Geographie und Geologie der Dobrudscha*, ein Werk, auf das wir österreichischen Geologen immer mit berechtigtem Stolze blicken werden, da es trotz der einen und anderen Ergänzung und Veränderung der Auffassung mustergültig geblieben ist. Und doch war die Wahl für den zu erreichenden Zweck eigent- lich eine nicht ganz glückliche, denn das kleine Inselgebirge spielt eine ganz absonderliche Rolle sowohl dem Karpathen- als dem Balkansystem gegenüber; es ist, wie sich Suess (Antlitz der Erde I, S. 613 [1885]) ausdrückte, „ein ganz unaufgeklärtes Rätsel“, da es seiner Entstehung nach viel älter ist sowohl als die genannten Systeme als auch der Kaukasus, trotz der „kaukasischen“ Streichungs- richtung. Es zeigt dies nur aufs neue, wie wenig unter Umständen solche tektonische Erscheinungen benützbar sein können und wie verwirrend es sein kann, solche UÜbereinstimmungen besonders zu betonen. Peters verbrauchte seine Kraft an der hochinteressanten kleinen und alten Gebirgsscholle, seine Gesundheit wurde unter- aırbarı d k.k. gel. Rzichsanstalt, 1994 54 Band, 1, left. (F. Toula.) 1 2 Franz Toula. [2] graben und an eine Fortsetzung seiner Aufnahmsarbeiten konnte fürderhin nicht gedacht werden. Erst ziemlich lange nach v. Hochstetters erfolgreicher Reise nach Mösien, Rumelien und Thrakien im Jahre 18691) gelang es mir, meinen Lehrer und ehemaligen Vorstand Prof. Dr. Ferd. v. Hoch- stetter zu bewegen, das Interesse der kais. Akademie der Wissen- schaften in Wien für die Fortsetzung der von Peters so erfolgreich inaugurierten Untersuchungen zu bestimmen, und ich erhielt im Jahre 1875 in der Tat den ehrenvollen Auftrag, nach dem von mir ent- worfenen Plane eine „geologische Durchforschung des Balkangebietes“ in Angriff zu nehmen und im westlichen Balkan zu beginnen (1875 und 1880), welche herrliche Aufgabe ich nach dem vorzeitigen Hin- sange des Förderers derselben (v. Hochstetter starb 1883) mit Unterstützung der Boue-Kommission der kais. Akademie (1884) und des Unterrichtsministeriums (1884, 1883 und 1890) glücklich zum Abschlusse bringen konnte. Ohne die Förderung von seiten des Ministeriums wäre die Untersuchung des zentralen Balkans, sowie jene des östlichen Teiles dieses Gebirges, unmöglich geworden und meine Arbeit ein Torso geblieben. Bei dieser Arbeit stellte sich die Wichtiekeit heraus, welche es für mich haben mußte, auch die benachbarten Gebirge einer ver- gleichenden Untersuchung zu unterziehen, und war es auch in diesem Falle das k. k. Unterrichtsministerium, welches mir diese Studien auszuführen ermöglichte, wogegen ich meine gesamten, auf den Balkanreisen gemachten Aufsammlungen dem hohen Ministerium behufs Ubergabe an das k. k. naturhistorische Hofmuseum überließ. Auf diese Weise wurde es mir auch möglich gemacht, die Dobrudscha zu durchreisen, den Jaila Dagh in der Krim kennen zu lernen, sowie an der unteren Donau und in den Östkarpathen Studien anzustellen. Bei meiner Bereisung des transsylvanischen Gebirges erfreute ich mich außerdem eines Zuschusses von seiten des königlich rumänischen Domänenministeriums. Meine weiter aus- blickenden Arbeiten in Kleinasien 1895 wurden mir durch ver- schiedene Umstände nach einem in wissenschaftlicher Beziehung nicht unerfreulichen Beginn verleidet. Im nachfolgenden beginne ich mit der Bearbeitung der reich- haltigen und mannigfaltigen Aufsammlungen, welche ich während dieser Reisen zusammenzubringen imstande war. Die Materialien der kleinasiatischen Reisen sind bereits bearbeitet. (Beiträge zur Palä- ontologie und Geologie Osterreich-Ungarns und des Orients. X. 1896 und XII. Bd. 1900.) Eine Schilderung meiner Reisewege in der Dobrudscha gab ich in einem Vortrage im Vereine zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien (8. März 1895). !) Die ersten Meldungen finden sich in den Verhandlungen der k. k. geol. R.-A. 1869, S. 285 u. S. 352—356, während die beiden aufs neue bahnbrechenden Abhandlungen in den Jahrbüchern dieser Anstalt erschienen: 1870, S. 265 —461 und 1872, S. 331--388. u ati un [3] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 3 Im nachfolgenden werde ich nach den Aufzeichnungen des Reisetagebuches und nach Durcharbeitung der gemachten Aufsamm- lungen die Ergebnisse darzulegen versuchen, wobei ich sofort unum- wunden erkläre, daß ich die Peters’schen Darlegungen in den weit- aus vorherrschenden Fällen als vollkommen richtig und zutreffend zu bestätigen habe. Die Angaben der geologischen Karte sind von einer fast durchweg mustergültigen Schärfe und Genauigkeit und nur intensive Detailarbeit könnte die von ihm gemachten Angaben vertiefen und verbreitern. Diese Aufgabe hatte ich mir von vornherein nicht gestellt und bei der Kürze der für meine Besichtigungen zur Verfügung stehenden Zeit — es waren nur wenige Wochen — wäre dies auch ganz und sar unmöglich gewesen und mußte ich mich darauf beschränken, die zu einer schließlichen zusammenfassenden und vergleichenden Studie nötigen eigenen Beobachtungen anzustellen. Nach mir wurde die Dobrudscha mehrfach besucht, so von den Herren V. Anastasiu, Dr. Redlich und von Kustos E. Kittl. Meine Reisen in die Dobrudscha trat ich von Rustschuk aus an, wo mir von seiten des Brunnenbauunternehmers F. Brocks mehr- fache Freundlichkeit erwiesen wurde. Diesem Herrn verdanke ich auch die Mitteilung, daß im Kanal von Giurgewo zwei Meter unter dem Nullwasserstande dieselben Requinienkalke anstehend gefunden wurden, wie ich sie am Gestade von Rustschuk angetroffen habe. Ich fand bei Giurgewo zwar keine Fossilien, doch ist der petrographische Charakter des Gesteines in der Tat in schönster Übereinstimmung mit jenem bei Rustschuk. 1. Beobachtungen in der Gegend von Silistria. (Fig. 1.) Auf der Fahrt nach Silistria sieht man am rechten Steilufer der Donau an zwei Stellen horizontal gelagerte Kalkbänke mit mürben Zwischenmitteln, und zwar zuerst etwa auf halbem Wege zwischen Tutrokan (Turtu Kai) und Silistria und bald darauf vor Popina, wo zu oberst eine weiße Kalkbank zu liegen scheint. Es werden dies wohl Anzeichen einer Fortsetzung der Rustschuker Kreidetafel gegen Osten sein, deren Vorkommen bei Silistria selbst, und zwar südlich davon, ich bald sicherstellen konnte. Vor Popina ist das Steilufer besonders hoch und gleichfalls horizontal geschichtet unter den die Höhe einnehmenden schönen Tumulis. Ob diese Kreidetafel oberhalb Silistria gleichfalls eine jüngere Decke trägt (unter den Lößbildungen), wird noch sicherzustellen sein. Als Bausteine fand ich in Silistria helle oolithische Kalke in Anwendung neben dichten Nerineenkalken. Die ersteren sind reich an zum Teil stark abgerollten, zum Teil aber doch sehr wohlerhaltenen kleinen Fossilien, die sich aus dem weniger festgebundenen Material leicht herausbringen lassen. Von den durchweg sehr kleinen Dingen sind die überaus spärlichen und abgescheuerten Orbitolinen das be- zeichnendste, so daß kein Zweifel bestehen kann, daß man es mit 1* 4 Franz Toula. [4] ganz ähnlichen Gesteinen zu tun habe, wie sie in der Nähe von Rus- tschuk in den Steinbrüchen am Lom so schön aufgeschlossen vorliegen. Außerdem fand ich in dem Probestück Reste von walzlichästigen Bryozoenstöckchen, kleine Gastropoden, winzige Bivalven und ebenso winzige Terebrateln (Taf. I, Fig. 9). Auch spätige Stückchen (Reste von Echinidenstacheln) sind hie und da sichtbar. Die walzlichästigen Bryozoen erinnern mit ihren einfachen, in Quinkunx stehenden Grübchen an gewisse Vinculauria-Formen, zum Beispiel an V. dubia zer | DD nsene es Srebrenad 4 5 \‘ Rumänien N > 64.3 [6) I EN San A iR 61+: , ‚PDoi muschlar N Birts im = H “, ax i e "O0 ..Kara SG % [e] z 6R6 ° YOrmMarn (0 % (eo) EG BE} „Kapakli OO nr } © e N 6 Haskiöi u „® 4, 5 ” BBalebanlar 0 a N Si De f } g oHarasukiöi £ Pr 0 Anadschifh ""Harazmirler I , - 983 4 ” £ ren delar = ten Weg des Autors 1 70 20 420000 Go Wersr Hgg pn pp 2 m Fig. 1. d’Orb. (Pal. france. Terr. Cret., Taf. 601, Fig. 14 und 15); feinere Details sind verwischt. Mehrere sehr kleine Scheibchen (1’5—2'4 mm Durchmesser) mit sehr zierlicher fünfzähliger Furchung und kleinen zentralen Knötchen dürfen wohl als Steinkerne winziger Echiniden, ähnlich etwa mit Discoidea subucutus Klein (Galerites subuculus Quenst.), ge- deutet werden. Im Nerineenkalk der Bausteine von Silistria findet sich der Steinkern einer hochgewundenen Nerinea, welche in der Form der Einschnürung und nach dem Querschnitte der Umgänge an Nerinea Crozetensis Pictet et Camp. von St. Croix (Taf. LXVUI, Fig. 3) [5] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 5 erinnert, also in dieselbe Gruppe mit Nerinea Coquandana d’Orb. (ebenda Taf. LXII, Fig. 1) aus dem Urgon zu stellen sein dürfte, Außerdem liegen zwei Gastropoden in verhältnismäßig wohl- ausgeprägten Abdrücken vor. Der eine Abdruck ist hochgewunden und hat eine an Fusus oder Murex erinnernde Skulptur mit kräftigen, etwas schräg stehenden Querwülsten und scharf ausgeprägten Spiral- linien, der zweite stammt von einer ovalen Schale mit großem letzten, schön gerundeten Umgang und scharf und etwas treppenförmig ab- gesetzten Windungen, von welchen sechs erkennbar sind. In der Spindel erscheint die ganz glatte Schale etwas ausgezogen, ähnlich so wie es Quenstedt (Gastropoden Taf. 202, Fig. 116) von Actaeon Staszycii zeichnet. Auch die Form der Außenlippe hat Ähnlichkeit. Man könnte auch vielleicht an T’ylostoma denken. Ob jene Bau- steine aus der Gegend von Silistria stammen, ist nicht sicher, obwohl ich dieselben Kalke südlich von Silistria wiedergesehen habe. Es wäre aber sehr leicht möglich, daß sie den großen Steinbrüchen bei Rustschuk entnommen sind, deren Material leicht verfrachtet werden kann und auch tatsächlich verfrachtet wird. 8 Strasse Fig. 2. Östlich von Silistria, gleich außerhalb der Stadt, und ganz nahe an der Grenze von Rumänien befindet sich ein Aufschluß in offenbar jungtertiären Ablagerungen. Zu oberst liegt (Fig. 2) ein mergeliger Lehm (1.), darunter (zirka 0'8 m) gelbe mürbe Mergel (2.), dann 0'8 m blaugraue sandig- tonige, im Aussehen an den Silt erinnernde Ablagerungen mit kleinen Konkretionen und zahlreichen ansehnlich großen Planorbis- Schalen und -Steinkernen (3.), darunter lagert 12 m mächtiger gelber, etwas toniger Sand (4.) und zu unterst liegt der verwendbare gelbliche Sand (5.), der undeutliche, stark verwitterte Cardien enthält und etwa 4 m tief aufgeschlossen war. Plattige Konkretionen sind darin recht häufig. | CH Diese Konkretionen enthalten stellenweise eine Menge von Cardien, vorwaltend kleine Formen von geringer Höhe (bis 7 mn) und großer Breite (bis 11 mm). Die rückwärtige Hälfte der Schale ist, ähnlich so wie bei gewissen kleinen Formen von Cardıum obsoletum (Taf. I, Fig. 5), am Stirnrande gegen rückwärts etwas. verlängert, vorn abgerundet. Die ganze Schale ist gleichmäßig mit zarten Radial- rippen und mit noch zarteren Anwachslinien bedeckt. Unter. den mir bekannt gewordenen Abbildungen ist jene von Cardium (Monodacna) simplexe Th. Fuchs aus den „Congerienschichten von -Radmanest 6 Franz Toula. [6] im Banate“ (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1870, S. 359, Taf. XV, Fig. 4-6) am ähnlichsten. Unsere Form ist nur wenig größer, die Rippen aber sind zarter. Da mir nur Steinkerne und Abdrücke vor- liegen, kann ich an keine nähere Bestimmung denken. Fuchs er- wähnt, daß Cardium (Monodacna) pseudocatillus Abich aus dem Kalk- steine von Odessa sich durch eine bedeutendere Ungleichseitigkeit von Cardium simplex unterscheidet. Eines meiner Stücke unterscheidet sich ebenfalls durch besonders auffallende Ungleichseitigkeit, so daß man dabei an die Odessaer Form denken könnte. Ein Steinkern (Taf, I, Fig. 6) ist 22 mm breit und 14 mm hoch, also ziemlich genau doppelt so groß. Stammt wohl aus naher Verwandtschaft. Ein anderer Steinkern ist leider auf der rückwärtigen Seite abgebrochen. Er stammt von einer viel stärker gewölbten Form her. Die Steinkern- höhe einer Klappe beträgt über 21 mm. Auch hier erscheint eine ziemlich gleichmäßige Rippung. Vielleicht könnte man an Cardium banaticum Fuchs erinnert werden. (Ebenda Taf. XV, Fig. 9.) Diese Vorkommnisse erinnern an jene, welche Peters (l. e. S. 197) in der Gegend von Rassova an der Donau, westlich von 'Kokerlenj, angetroffen hat und welche schon Spratt (Quart. Journ. XVI, 1860, S, 282) erwähnt hat nach Mitteilungen, die ihm durch Kapt. Leford geworden sind, und welche er mit den von ihm am Yalpuksee am linken Ufer der Donau oberhalb Ismail gefundenen verglichen hat. In der Tat beschreibt er ein Profil aus der Gegend von Bolgrod (Bol- grad), wo offenbar ganz ähnliche Sande und sandige Mergel mit Süß- wasser-Schaltierresten, über Sanden und Mergeln mit Cardien, ver- zeichnet wurden. Bei „Inputsitza“ weiter unterhalb wurde in sandigen Mergeln, über „Cardium oder Didacna“ führenden Lagen, das Vor- kommen von Planorbis corneus und Lymnaea peregra, Dreissena poly- morpha (nach S. P. Woodwards Bestimmung, ebend. S. 286) an- geführt. Ich führe diese Beobachtung hier an, weil Peters („Grund- linien* II, S. 53) bei der Besprechung der „miocänen Süßwasserstufe*“ aus der Gegend von Rassova an der Donau auf die Wahrscheinlichkeit hingewiesen hat, daß gerade bei Silistria bessere Aufschlüsse zu er- hoffen seien. Wie diese eine von mir erbrachte Beobachtung zeigt, hat Peters ganz richtig geschlossen. Solche Aufschlüsse werden in der weiteren Umgebung von Silistria gewiß noch manche zu finden sein. Kapt. Spratts Mitteilungen über die Freshwater-Deposits (Quart. Journ. XIII, S. 204 u. S. 312 und XVI S. 281) sind noch immer die wichtigsten. An der unteren Donau hat er solche zum Beispiel beschrieben vom Yalpuksee östlich von der Pruthmündung, wo er sie in Sandsteinen und sandigen Mergeln antraf (l. ec. XVI, S. 285 ff). In einer Liegendschichte fanden sich auch Cardien. Die Ablagerungen daselbst scheinen auch petrographisch jenen von Silistria ähnlich zu sein. Peters führt aus der Gegend von Rassova an .der Donau gegen Kokerlenj, hier unter Löß und Lokalschotter, Sande (,„Drift- bildung“ ?) und sandige Mergeln mit Cyprisschälchen an, unter welchen Sande folgen, die er mit ungarischen Congerienschichten (von rn bei Fünfkirchen) in Vergleich gebracht hat. [7] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 7 In den grauen, feinglimmerigen, sandigen Tonen von Silistria (3.) liegen Planorbis - Steinkerne mit stark ver- witterten Schalenresten in großer Zahl vor; es sind fast durchweg große Exemplare (Taf. I, Fig. 1), welche in den meisten Stücken auf das beste mit Planorbis cornu Brongniart aus dem „Obermiocän“ übereinstimmen. (Sandberger, Land- und Süßwasserkonchylien, S. 577, Taf. XXVIII, Fig. 18.) Neumayr hat diese Art von Mioeic in Dalmatien aus dem Süßwassermergel angeführt (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1869, XIX, S. 366, Taf. 12, Fig. 21). Unsere Stücke erreichen Schalendurchmesser bis über 30 mm. Neben dieser Art finden sich auch sehr stark aufgebläht er- scheinende Stücke, die wohl nur durch Druck veränderte, besonders große Exemplare vorstellen. Außerdem fand sich in meinem ziemlich reichlichen Material nur noch ein einziges Stück einer ZLymnaea (Taf. I, Fig. 2), ein ziemlich ansehnliches Exemplar, welches jedoch zu wenig gut erhalten ist, um es mit Sicherheit bestimmen zu können. Es fällt durch die schlanke Schale auf, die auch im letzten Umgange keine sonderliche Aufblähung erkennen läßt. Das Land an der Grenze ist auf der Höhe, bis zu 80 m über der Donau, tafelflach und mit Lößlehm überdeckt. Bei Birtschma (Burtschima klang der Name), etwa 10 km im SSO von Silistria, treten unter dem Löß und Jungtertiär — gelbe und grauweiße Sande, welche in den oberen Partien reich sind an Kalkkonkretionen und mit den Ablagerungen bei Silistria übereinstimmen — helle, dichte, zum Teil porzellanartige und löcherige Kalke auf, welche in den Tälern gegen Süd und Südost beiderseits Steilwände bilden. Sie sind von lichtgelblicher Färbung und enthalten in den unteren Lagen große Nerineen. Ich fand nur übersinterte Steinkerne, während in den oberen Bänken kleine stumpfe Nerineen und Bivalven auftreten. Es fand sich auch ein vereinzeltes Kelchstück einer Koralle von elliptischem Querschnitt mit hoch hinaufragenden Sternleisten, etwa 44 an der Zahl, und einem langgestreckten hohlen Mittelsäulchen. (Vgl. Taf. I, Fig. 14.) Sie erinnert an die von Quenstedt als Anthophyllum bezeichneten Formen, läßt jedoch keine genaue Be- stimmung zu. In dem cafionartigen Tale bei Birtschma fand ich in dem er- wähnten gelblichen, dichten, porzellanartigen und löcherigen Kalke vor allem eine Menge von großen hochgewundenen Nerineen. Aber auch Monopleuren fehlen nicht, wenn es mir auch nicht gelang, an dieser Stelle besseres Material davon zu finden. Der beste meiner Nerineensteinkerne gehört zweifellos in die- selbe Gruppe mit Nerinea Coquandana d’Orb. (St. Croix, Taf. LXVIL, Fig. 1, 2) und Nerinea Traversensis Pict. et Camp. (St. Croix, Taf. LXVII, Fig. 4), und zwar nach dem Querschnitte der Röhre mehr der letzteren Form angenähert, so daß ich das Stück als Nerinea spec. (cf. Traversensis) bezeichnen will. (Vgl. Taf. I, Fig. 7.) Die Einschnürung an der Außenseite ist auch etwas stärker als bei der angeführten Art (l. ce. Fig. 4 e). Der Querschnitt der Spindel ist groß. Zwischen die beiden angeführten Urgonarten dürfte unsere Nerinea zu stehen kommen. g | Franz Toula. [8] Auch die von Sharpe aus Portugal beschriebene Nerinea Olisiponensis (Quart. Journ. VI. 1850 S. 114, Taf. XII, Fig. 3) gehört in dieselbe Gruppe, doch reichen die Falten auffallend tief in die Röhre und sind die Umgänge viel enger aneinander gerückt. Auch mehrere Abdrücke einer kleinen hochgewundenen Nerinea liegen vor, mit schön gewölbten Umgängen und feinen Spirallinien, deren oberste leieht gekörnt erscheint. Beim Anblicke der Abdrücke allein. wird. man an gewisse jüngere Tuırritellen erinnert. (Vgl. Taf. I, Fig. 13.) Einer der Reste weist aber auch ein Stück des einge- schnürten Steinkernes auf, so daß an der Bestimmung als Nerinea nicht gezweifelt werden kann. Mir ist eine derartige Form nicht bekannt, doch ist das vorliegende Material nicht ausreichend, um daraufhin eine neue Form zu gründen. Dies mag besseren Funden vorbehalten bleiben. Auch ein Bivalvensteinkern liegt mir von derselben Lokalität vor, der eine sichere Bestimmung leider gleichfalls nicht zuläßt. Der Umriß ist fast kreisförmig. Das Schloß der linken Klappe läßt zwei kräftige Zähne erkennen, etwa so wie bei der jüngeren Corbis rotundata. Ein vorderer Seitenzahn ist deutlich erkennbar, während rückwärts eine scharf ausgeprägte Längsfurche auf der Area verläuft. Der Talboden bei Birtschma scheint streckenweise förmlich ohne Gefälle zu sein. Es lag derselbe zur Zeit meines Besuches (am 7. Juni 1892) bis auf vereinzelte Pfützen und ver- sumpfte Stellen trocken und ist weithin von dichtem Eichenbuschwerk bedeckt, das den ganzen Talgrund überzieht. Ich verfolgte das weit nach Süden reichende, allenthalben (canonartig) steilwandig begrenzte trockene Tal bis über Atlatlar. An einer Stelle zwischen Birtschma und Aflatlar fand ich einen hellfarbigen, oolithischen, löcherigen Kalk mit vielen un- deutlichen Fossilien, darunter eine kleine hochgewundene Nerinea, In einem Seitentale gegen Aflatlar tritt im Hangenden der Tafel- kalke ein ungemein feinkörniger, weißer und mürber Oolith auf, der gleichfalls Fossilien führt, darunter eine kleine Auster, welche in die Formengruppe der Exogyra plicata Goldf. (Petref. germ. 37 [5—7]) gehören dürfte. Die stark gewölbte Schale zeigt gegen den Stirn- rand grobe Falten und ist gegen den Wirbel zu faltenlos und nur mit Anwachsstreifen versehen. Ostrea flabellata d’Orb. hat große Ähnlichkeit. Auch ein Pectenbruchstück liegt vor. Die Fahrt war nichtsweniger als angenehm, da der Buschwald von Prozessionsspinnenraupen über und über besetzt war, die ihn weithin kahl fraßen und vor denen man sich bei dem Passieren der Büsche kaum bewahren. konnte. Bei Aflatlar (Afatlar) liegt unter dem Löß, der reich an „Lößkindeln“ ist, ein roter Lehm und unter diesem ein dünnplattiger Kalk. Fast jede der dünnen Bänke ist in der Mitte dicht und kieselig. Cardien und Cerithien finden sich darin. (Fig. 3.) Die Lage 3 bei Aflatlar besteht aus gelbem, dichtem, etwas oolithischem Kalk der sarmatischen Stufe. Derselbe enthält eine Menge von Abdrücken und Steinkernen von Gastropoden, deren Ab- formung vor allem das Vorkommen des typischen Cerithium pictum [9] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 9 Bast., auf das beste übereinstimmend mit der von M. Hoernes (Foss. Moll. des Wiener Beckens, Taf. 41, Fig. 17) abgebildeten schlanken Form nachweisen ließ. Weniger häufig ist eine etwas gedrungene Varietät, bei welcher, unter der derben Knotenreihe an der Naht, nur leichte Andeutungen von weiteren Spirallinien auftreten. Außerdem liegt nur noch ein Abdruck vor, der auf das Vorkommen der kleinen Paludina Frauenfeldi M. Hoernes hindeutet (l. c. pag. 582, Taf. 47, Fig. 28). Echte typische Monopleurenkalke mit zahllosen Exemplaren der kleinen Monopleura trilobata d’Orb. in Steinkernen und Abdrücken, die auf das beste übereinstimmen mit den von Matheron abge- bildeten Formen (Rech. paleont. dans le Midi de la France, III. Part, Taf. 12, Fig. 5) bilden das Liegende. Aber auch eine Form mit etwas gewundenem Wirbel der großen Klappe ließ sich durch einen Abdruck feststellen, wodurch man an Monopleura varians Math. (1. e. Taf. 12, Fig. 3) erinnert wird; freilich ist die Windung nicht so beträchtlich wie bei dieser Form. Eine zarte, aber deutliche Kante läuft gegen den Wirbel. Auf demselben Fig. 3. Brunnengrabung. 1. Löß mit vielen Lößkonkretionen. — 2. Roter Lehm (Terra rossa-Material. — 3. Dünnplattige, dichte Kalke des Sarmatischen. — 4. Oolithische Monopleuren- Nerineenkaike. Handstück findet sich auch ein Eindruck, der sich ganz gut abformen ließ und das Vorkommen einer hochwirbeligen Bivalve ergab, die ich jedoch nicht näher zu bestimmen vermag. — Nun fuhren wir nach SW gegen Anadschik. Auf dem Wege dahin kamen wir über mürbe, zum Teil förmlich aufgelöste Mono- pleurenkalke. Allenthalben herrscht hier Wassermangel und wurden vielfach tiefe Brunnen abgeteuft bis auf 25 m Tiefe. Bei Akkandelar wandten wir uns wieder gegen NW und fuhren über Balabanlar. Auch hier war man im Graben, NW von diesem Orte, mit einer Brunnengrabung beschäftigt und hatte 22 m Tiefe erreicht. Dabei kam man durch grellroten und gelben Lehm und nach Durchschlagung einer festen Bank jenes löcherigen dichten Kalkes auf weiße, ganz mürbe, mergelige Kalke mit Monopleuren, Nerineen und Cardien, die über festem, splitterigem Kalke mit Jahrbuch d. k,k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F, Toula.) 2 10 Franz Toula. [10] spärlichen Abdrücken und Steinkernen von Fossilien lagern. Der weiße mürbe Kalk enthält dunkle Punkte, die wohl nichts anderes sind als vereinzelte zersetzte glaukonitische Körnchen. Aus diesem weißen mürben Kalke gelang es mir, ein Bruchstück einer kleinen, scharf gekielten ZRequienia herauszupräparieren, welche an die von d’Orbigny (Terr. eretace, Taf. 576, Fig. 5) abgebildete Form an- schließen dürfte, welche er als Varietät der Regwienia Lonsdalii be- zeichnete, jener Form, welche Matheron (Catalogue meth., Taf. II, Fig. 1—5) als Requienia carinata bezeichnet hat (vgl. Taf. I, Fig. 19). Dadurch dürfte die Zugehörigkeit der weißen weichen Kalke zum Urgon erwiesen sein. In dem weißen mürben Kalke hat auch ein sehr schlankes Individuum einen Abdruck hinterlassen, der eine Form ergab, welche sroße Ähnlichkeit besitzt mit jener von Cerithium Michaillense Pict. et Camp. (St. Croix, Taf. LXXI, Fig. 1). Die Wülste liegen genau übereinander, die Spirallinien sind wohlausgeprägt. Die Schale war nur noch schlanker als die genannte Form aus dem Urgon; sie er- scheint in den Anfangswindungen förmlich zugespitzt. Von Haskiöi (weiter im NW) ging es weiter gegen Doi- muschlar. Bei einer Brunnengrabung auf der Plateauhöhe (!) fanden wir einen dichten grauen Süßwasserkalk in Verwendung, der in einzelnen Blöcken reich an Limnaeus, Helix und Planorbis war, und den wir, gegen Osten in den Graben schreitend, auf dem Wege zur Donau bald auffanden und zwar unter Verhältnissen, die sicherlich bemerkens- wert sind. Der schön plattig brechende, etwas dunkelfarbige Süßwasserkalk umschließt in einzelnen Blöcken eine große Anzahl kleiner Planorben, die mit der Schale erhalten sind, während größere Schalen viel seltener sind. Die Schalen sind schön in der Ebene gewunden und lassen bis fünf Umgänge erkennen. Dieselben sind an der Extern- seite mit einem deutlichen stumpfen Kiel versehen. Die Oberfläche erscheint glatt und glänzend; unter der Lupe erkennt man ungemein feine Querlinien. Ober- und Unterseite sind ganz evolut, die Ober- seite hinter dem stumpfen Kiel leicht eingeschnürt. Auch Quer- einschnürungen sind vorhanden. — Scheint sich an Planorbis compla- natus Poir = Pl. (Anisus) umbilicatus Müller (Sandberger |. c. Ss. 779, Taf. XXXV, Fig. 8) anzuschließen, welche Form aus dem unteren Pleistocän (aus den Moosbacher Sanden) angeführt wird, sowie aus den Tuffen von Oannstadt und Weimar. Die erwähnte abge- bildete Form ist den genannten Formen jedenfalls recht ähnlich. Anstehend habe ich gerade dieses Gestein nicht finden können. — Wir folgten dem Tale, das weiter unten bei Srebrena in die weite versumpfte Inundationsbucht ausmündet, die von der Donau nach Süden ins Land hineinreicht und in ihrem südlichen Teile einen kleinen See enthält, der von einem versumpften Saume umgeben wird. Ich habe das Auftreten dieses an der Ausmündung des Trockentales von Doimuschlar gelegenen kleinen Sees sowie. der limanartigen Bildungen auf der rechten Uferseite der Donau an anderem Orte [11] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 11 geschildert (Schriften d. Ver. z. Verbr. naturw. Kenntn. Wien 1893, XXXII. Bd., S. 560 ff.), worauf ich wohl verweisen darf. Auf dem Wege von Doimuschlar nach Srebrena traf ich den Süßwasserkalk anstehend. (Vgl. Fig. 4.) Zu unterst lagern, auch oben weithin entblößt, weiße dichte Nerineenkalke (1), welche mit kaum 5—10° gegen WNW verflächen. Zu oberst dünnbankig, sind die betreffenden Kalkbänke stellenweise löcherig ausgewaschen und unterhöhlt, mit gerundeten Formen, oben aber ist der Kalk glatt gescheuert, und zwar in hozizontaler Richtung, wie abradiert und zwar schräg gegen die Schichtung. Rechts von unserem Wege erhebt sich nun ein flach gerundeter Terrainhöcker, der in halber Höhe, etwa 15—20 m über der abradierten Fläche der Nerineenkalke, eine fast horizontale Bank des Süßwasserkalkes (2.) bildet und mit den oben erwähnten Bausteinen vollkommen über- einstimmt.. Aus dem löcherigen, durch kristallisiertes Material gebundenen Monopleurenkalk lassen sich die eingeschlossenen Schalenreste leider nicht berauspräparieren, doch glaube ich an einem der von mir ge- sammelten Handstücke den Zahnbau zu erkennen. Der Kittabdruck läßt die Form der Ausfüllung der vor dem großen Zahn der rechten Fig 4. Klappe gelegenen Zahngrube der linken Klappe erkennen. Der Zahn der rechten Klappe ist abgebrochen, die hintere Zahngrube aber ist wieder zu erkennen. Ich möchte dabei an Monopleura varians Math. aus dem Urgon denken, wofür auch die Form der Windungen der Schale und der Steinkernreste sprechen. Sicheres läßt sich bei dem Charakter des Gesteines nicht bestimmen. An einem Schalenbruchstücke kann ich die beiden Schichten der Schale recht gut erkennen. In einem Seitengraben traf ich einen hellgelblich gefärbten dichten Kalk mit muscheligem Bruche. Derselbe enthält innig umschlossene kleine Gastropoden, vor allem faltenlose Formen. Auch vereinzelte Aus- witterungen von Bivalvenschalen zeigen sich. Nerineen, Requienien oder Monopleuren lassen sich hier nicht erkennen, doch ist kaum daran zu zweifeln, daß man es mit Bildungen dieses Horizonts zu tun hat, da an benachbarten Stellen dieselben Kalke auch Nerineen aufweisen. Im Süßwasserkalke sammelte ich hier vor allem eine an- sehnliche Helix spec. (Taf. I, Fig. 1). Große Helixsteinkerne sind ungemein häufig. Breite 28—30 mm, Höhe 24—-26 mm. Die Schale ist bauchig mit stumpfem oberen Gewinde und einem. wohlausgeprägten, nicht sehr breiten, abwärts gerichteten 9% 12 Franz Toula. | [1 2] Mundsaume. Der Nabel dürfte gedeckt gewesen sein, wenigstens reichen an den Steinkernen die Schalenabdrücke der Innenlippe über den Nabel hinüber. Am ähnlichsten erscheint unter den von Fr. Sandberger (Land- und Süßwasserconchylien der Vorwelt, Taf. XXXV, Fig. 37) zur Abbildung gebrachten Arten Helix (Pentataenia) Vindobonensis Pfeiffer, eine Art, welche auch heute noch im südöstlichen Europa und donauabwärts „in den österreichischen und fürstlichen Donau- ländern“ lebt. Unsere Steinkerne deuten auf eine etwas größere Form. Sandberger führt bei der genannten Art eine Höhe von 20—21 mm und eine Breite von 23 mm an. In demselben Kalke findet sich auch der Steinkern einer an- sehnlichen Planorbis, die in schöner Übereinstimmung steht mit der in den Süßwasserkalken am Eichkogl bei Mödling unweit Wien auf- tretenden Planorbis cornu Brong. (Vgl. Sandberger |]. c. Taf. XX, Fig. 26.) Der Durchmesser der Steinkerne beträgt etwa 23 mm, übertrifft also etwas jenen der zitierten Form. Sowohl die liegenden Nerineen-Monopleurenkalke als auch die hangenden Süßwasserkalke — die ersteren fortwährend mit den An- zeichen von Abrasion, die letzteren als eine förmliche, weit hin- reichende Tafel — halten an bis gegen den erwähnten See und auch bei Witren, einem auf einem Plateau mehr als 50 m hoch über der Donau gelegenen kleinen Dörfchen, stehen die Süßwasserkalke an. Der Nachweis des Vorkommens einer räumlich so ausge- dehnten Süßwasserkalkbildung jungen Alters ist gewiß von Interesse. Die Höhenlage, welche ich auf etwa 50 m schätzte, würde also kaum viel unterhalb der Sattelhöhe gegen Constantza (Küstendsche) zurück- bleiben, die nach der russischen Karte an der Bahnlinie zwischen 20 und 50 Saschehn liegt, von Peters aber mit 30'6 Wr. Klafter — 57'6 m angegeben wurde. Von Srebrena fuhr ich ostwärts durch Lößschluchten hinauf auf die Terrasse, wo wir abermals den Süßwasserkalk anstehend fanden. Der Löß bedeckt ihn weiterhin in sehr bedeutender Mächtigkeit; unter demselben tritt weiter abwärts gegen Tatarica der Süß- wasserkalk nochmals hervor, offenbar in einer herabgebrochenen großen Scholle. 2. Aus der Umgebung von Tschernawoda in der Dobrudscha. Von Silistria fuhr ich mit dem Donaudampfer nach Tscher- nawoda, von wo aus ich zunächst das merkwürdie Tal des Karasu besuchte, hinauf bis Medschidje. Vor allem wollte ich die Steinbrüche von Mirdschawoda (bei „Karaburlak“ auf der Petersschen Karte) kennen lernen. — Das Karasutal ist sicherlich mit den südrussischen Limantälern zu vergleichen und stellt, zum mindesten in der jüngst vergangenen Zeit, bis weit über Medschidje hinaus ein Inundationsbecken der Donau [13] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u, s. w. 13 dar. (Vgl. bei K. Peters I, S. 40 ff.) Im alluvialen Talboden finden sich Viviparen und kleine Dreissensien in Unmasse, (Peters hatte gerade in den Sümpfen des Karasu krankheitshalber keine Ge- legenheit, auf die Fauna zu achten; er führt (l. ec. I, 8. 482 [128]) das Vorkommen von Unio und Anodonta an, die mir in den Talboden- furchen nicht aufgefallen sind). In der Nähe der Einmündung in die Donau erweitert sich das Tal nach einwärts und ist weit hinauf beiderseits oft sehr steilwandig begrenzt. Diese Steilhänge bestehen bei Tschernawoda aus mit Löß und „Alluviallehm“ bedeckten Nerineen-Monopleurenkalken, die auch tal- aufwärts mehrfach aufgeschlossen sind. Bei Tschernawoda sind die Kalkbänke leicht gegen Ost geneigt, und zwar an beiden Talseiten, wie schon Peters angegeben hat. Ich fand bald die Anzeichen des Vorkommens von Requienien und Monopleuren. 1. Zu oberst eine Lage von humosem Lehm. — 2. Ein Schotterhorizont, eine Roll- steinablagerung, welche stellenweise die Form von Schotternestern annimmt, — 3. Auf- gelöste sandige Nerineenbänke. — 4. Feste, splitterigbrechende, löcherige Kalke. — 5. Oolithische Tagen. — 6. Schiefrig mergelige Gesteinsschichten mit Kalkbänken wechsellagernd, — 7. Schutt des Abbaues. Zunächst fuhr ich an den nördlichen Hängen hin, welche an den Lehmwänden eine gewisse Andeutung von Schichtung und farbige Streifung erkennen lassen, so besonders unterhalb der „Kolonie“, Dort, wo das Tal sich scharf gegen Ost wendet, treten zu unterst an der Talsohle feste Gesteinsbänke hervor, Ziemlich genau südlich von der „Kolonie“ liegen an der südlichen Talsohle die Steinbrüche von Mirdschawoda, wo man zur Zeit meines Besuches Gesteine für die großen Pfeiler der Donaubrücke brach. Die Lagerungs- verhältnisse an dieser Stelle zeigt das obenstehende Profil Fig. 5. In einem lichtgelblich gefärbten, etwas oolithisch feinkörnigen Kalke fanden sich viele Nerineen. Der beste Steinkern, der mir vor- liegt, stimmt überein mit jenem von Nerinea Orozetensis Pict. et Camp. (St. Croix, Taf. LXIII, Fig. 5) aus dem Urgon. Ein Abdruck eines etwas größeren Exemplars lieferte ein Positiv, welches auf das beste mit Nerinea Coquandiana d’Orb, (Terr. Cretaces, 14 Seh Franz Toula. | [14] Taf. 156, Fig. 3) übereinstimmt sowohl in der Knotung an der Naht, als auch in der Art der Schaleneinschnürungen, dem Winkel der Schale und der Höhe der Umgänge. Unter den Nerineenüberresten des fast weißen oolithischen Kalkes finden sich der Abdruck und Teile des Steinkernes einer sehr schlanken Form, welche mich an Nerinea Vogtiana Mort. (Pictet et Campiche St. Croix, II, 240, Taf. LXVII, Fig. 1, 2) erinnert, in deren nahe Verwandtschaft sie gehören dürfte. Sie unterscheidet sich nur durch die etwas abweichende Skulptur der Schale. Es findet sich wohl eine Knotenreihe nahe der Naht, diese ragt aber weiter vor; weitere Fig. 6. Steilhänge im Karasutale, linkes Ufer. Vor Mirdschawoda. Knötchenreihen sind nicht erkennbar, dagegen tritt in der mittleren Einschnürung der Umgänge eine zarte, aber deutliche Rinne auf. _ 2 Die Faltung der Röhre gibt im Querschnitt der Umgänge ganz dasselbe Bild wie bei der Nerinea Vogtiana aus dem Urgon. Unter den Nerineen von Stramberg ist die Nerinea Defrancei var. posthuma (Zittel, Taf. 42, Fig. 6) sicherlich in dieselbe Formengruppe zu stellen. Ihre Umgänge sind aber viel weniger tief eingeschnürt und fehlt auch die erwähnte zarte Spiralrinne. Ganz nahebei traf ich an kulissenartig vorragenden Steilwänden mit Schutthängen im Talgrunde ein Gesteinsvorkommen, welches ich [15] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 15 besprechen muß, denn wenn es auch Peters offenbar nicht ent- gangen ist, so konnte ich doch eine sichere neue Erkenntnis er- en (Vgl. Fig. 6 nach einer photographischen Aufnahme und PieiüT, Zu oberst und vom Plateaurand abwärts liegt ein lößähnlicher Lehm (Fig. 7, 1.) in größerer Mächtigkeit als vorhin, darunter, wie im vorigen Profil, eine Rollsteinlage, das heißt ein sandiger Lehm mit Gerölleinlagerungen (2.), darunter folgen nun mächtige Massen eines mürben feinkörnigen Sandsteines (3., 4.), der vielfach in Sand aufgelöst erscheint, aus welchem einzelne festere Lagen vorragen. Der Sandstein besteht aus feinen Quarzkörnchen, spärlichen Glimmerschüppchen und nicht sehr häufigen glaukenitischen Körnchen. Hie und da findet sich ein größeres Quarzkorn. Das mürbe Material ist von bräunlicher Färbung und enthält eine Unmasse von zum Teil winzigen Körnern eines dunklen Quarzes, Fig. 7. so daß das Gestein beim ersten Anblicke an Grünsand erinnert, Wirklichen Glaukonit konnte ich darin an dieser Stelle nicht finden '!). Im Sande kommen ziemlich viele kleine Fossilreste vor, allein ungemein häufig, förmlich nesterweise eine kleine Ostrea mit ge- wundenem Wirbel, so daß man an die kleinen Exogyren. denken muß, wie sie sich sowohl im oberen Malm als auch in der Kreide so häufig finden. 1) Peters bespricht (l. c. II., 8. 48 [192]) das Vorkommen der oberen Kreide bei Umurdscha auf der Südseite des oberen Karasutales. Dieser Ort liegt nach der russischen Karte unweit, und zwar oberhalb Murvatları — Peters hebt je- doch ganz bestimmt hervor, daß von glaukonitischen Körnern auch hier keine Spur zu finden sei und daß diese überhaupt in dem ganzen Gebiete fehlen. V. Anastasiu (Contribution a l’etude geologique de la Dobrogea. These. Paris 1898) hat nach mir, die kleine „Ostrea“, gleichfalls bei Tschernawoda auf- gefunden und als Ostrea tuberculifera (Koch u. Dunker) Cog. (S. 101) be- zeichnet. Als eine weitere Lokalität wird Hinogü südlich von Tschernawoda an der Donau angegeben, von wo (8. 108) Ostrea cf. arduennensis d’Orb., praelonga Sharpe und aquila d’Orb. genannt werden. Die betreffenden Ablagerungen werden als Aquivalente des Aptien oder des Albien bezeichnet. 16 Franz Toula. [16] Daneben ließ sich das Vorkommen von Otodus-Zähnen und von Serpula-Röhrchen beobachten. Peters führt eine „Exogyra sp., ähnlich der E. sinuata Sow., aber kleiner“, aus dem Crinoidenkalkstein von Jenissala am Rasimsee an, den er in den mittleren Jura einreiht, während die Exogyra sinuata Sow. (nach Coquand = Exogyra aquia d’Orb.) eine Form des unteren Grünsandes ist. Die kleinen ungefalteten Exogyren von Mirdschawoda im Karasutale (bei Tschernawoda). In dem erwähnten Sande habe ich zahlreiche Exemplare von Exogyren gesammelt, die nesterweise, so dicht beisammen auftreten, daß nicht selten eine Schale in der anderen steckt. Die Bestimmung dieser überaus verschiedenförmigen Individuen macht einige Schwierig- keit, sie haben trotz ihrer Formenverschiedenheit so viele Merkmale gleichartig entwickelt, daß es mir nicht möglich wird, sie mit einer der verschiedenen Arten, wie sie seit Sowerby aufgestellt worden sind, in voller Übereinstimmung zu finden. Dazu kommt, daß die meisten Exemplare, die ich sammeln konnte, junge Individuen sind. Weiters sind sie fast durchweg dünnschalig und leicht zer- brechlich, so daß die meisten am Stirnrande etwas beschädigt sind. Ich glaube, sie etwas näher in Betracht ziehen zu sollen. Es liegen mir zumeist nur Unterklappen für sich und Deckel- klappen für sich vor, und nur bei zwei kleinen Individuen sind beide Klappen im Verbande geblieben. Was die Deckelklappen anbelangt, so sind diese (ich habe sie Taf. II, 1, «—i zur Abbildung gebracht) zum Teil recht gut erhalten. Das größte der Stücke (a) ist in seiner Form überaus ähnlich der von Sowerby (Min. Conch. Taf. 25, Fig. 4) abgebildeten Deckelklappe von Exogyra haliotordea Sow. Die Lage, Form und Größe des eingerollten Wirbels stimmt vollkommen, auch die an der Konvexseite verlaufende scharfe Kante ist vorhanden und ebenso die steil abfallende Hinterseite, welche jedoch bei unserer Form außer den Anwachslinien sehr scharf gedrängt stehende Transversallinien aufweist, wie ich sie in gleicher Weise bei keiner anderen der mir aus der Literatur bekannt gewordenen Formen wiedergefunden habe, mit Ausnahme der Erxogyra aurieularis Goldf. (Petr. germ., Taf. 88, Fig. 2.) Die von d’Orbigny (Terr. ceret., Taf. 478, Fig. 5) abgebildete stark verlängerte Form zeigt nur Andeutungen davon; die Kopie bei Coquand (Ostr. cret., Taf. 52, Fig. 16) läßt nichts davon er- kennen. Die von Coquand (l. c. 8.28) mit Ostrea auricularis Geinitz (es soll wohl Reuss heißen, der den Wahlenbergschen Namen zu- erst wieder aufgenommen hat) vereinigte Exogyra pyrenaica Leymerie (Mem. Soc. geol. de Fr. IV, Taf. X, Fig. 4) zeigt einen ähnlichen Abfall; die Querstreifen treten aber nur in der Wirbelregion auf. Die von Reuss (Verst. d. böhm. Kr. II, S. 44, Taf. 27, Fig. 11) abgebildete Deckelklappe aus dem unteren Plänerkalk der Schillinge bei Bilin (es lagen ihm nur Deckelklappen vor) ist der Form des [17] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 47 Umrisses nach recht ähnlich, zeigt jedoch die weiteren Verhältnisse am Vorderrande der Innenseite nicht. Die trefilich abgebildete Unterklappe von Exogyra pyrenaica Leym. zeigt einen ganz gerade verlaufenden Vorderrand ohne einen vorgezogenen Lappen. — Ooquand zeichnet eine ähnliche Streifung am Abfall des Hinterrandes bei der Deckelklappe seiner Ostrea (Exogyra) cornu-arietis (l. ec. VIII, Fig. 9). Die Oberfläche unseres hübschen Stückes ist mit dicht stehenden Querrunzeln bedeckt, über welche gegen den Hinterrand einige mit der Kante parallele feine Streifen hinwegziehen. Nach vorn ist die Schale nur bei der Sowerbyschen Form etwas vorgezogen. Die Innenseite zeigt unter dem Wirbel einen zahnartigen Höcker mit zarter Körnelung; der vorgezogene Vorderrand ist mit etwas quer vorgezogenen Höckerchen dicht bedeckt, die sich um den Muskel- eindruck herumziehen. Im übrigen ist die Innenfläche sanft, gleich- mäßig vertieft und glatt. Vergleiche ich damit die übrigen mir vorliegenden Deckel- klappen, so finde ich bei einer zweiten kleineren (b), trotz einer querüber verlaufenden Wachstumsunregelmäßigkeit alle Hauptzüge wieder. Nur ist die Schale flacher und der hintere Rand zeigt die Transversal-(Quer-)Linien nicht, dagegen scharfe, mit dem Konvex- rande parallel verlaufende Anwachslinien. Auch ist die Oberfläche fast glatt. Die Innenseite läßt noch das zahnähnliche Höckerchen mit der zierlichen runzeligen ÖOrnamentierung erkennen, im übrigen nähert sich diese Form aber der von Reuss abgebildeten EZxogyra auricu- laris Goldf. (Wahlenberg), nur die starke Vorziehung des Vorder- randes unterscheidet. Eine dritte Form (c) ist im Umrisse fast elliptisch, ohne Vorziehung des Vorderrandes. Die Oberfläche ist stark vertieft, der Hinterrand zeigt scharf ausgeprägte Anwachslinien, die weit in die Schalenfläche hineinreichen. Die Innenseite läßt am Wirbelrande nach rückwärts eine scharfe Körnelung als leichte Andeutung der erwähnten Querlinien erkennen, ganz ähnlich wie bei Exogyra auri- cularis Reuss (l. c.). Der Verlauf des Wirbels ist auf der Innenseite wohl angedeutet, das gerunzelte Zahnhöckerchen ist mit dem eben- falls gerunzelten und dadurch von der Exogyra auricularis Keuss unterschiedenen Vorderrande verschmolzen, während es bei der Form a durch eine scharf ausgeprägte Furche davon geschieden ist. Eine vierte, etwas kleinere Form (d) ist oben gegen den Vorderrand stark vertieft, zeigt am rückwärtigen Rande nur wenige scharfe Anwachslinien mit einer Andeutung einer trennenden Kante ‚zwischen dieser und der mittleren Region der Schale. Der sanfte Abfall zeigt sehr zarte, aber deutliche Querstreifung. Der Wirbelrand ist zart gekörnelt, das Zahnhöckerchen fehlt. Der Vorderrand ist unter dem fast bis zur Schalenmitte reichenden Wirbel etwas weniges -vorgezogen, mit nur ganz leicht angedeuteter Runzelung. Eine fünfte Form (e) ist stark verlängert; der Wirbel schön gerollt, endet weit oben. Unter dem Wirbel ist der Vorderrand der Schale deutlich vorgezogen, nach unten (gegen den Stirnrand) aber Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 3 18 Franz Toula. [18] stark verschmälert. Der Hinterrand zeigt den Abfall mit scharfen Anwachslinien und nur in der Wirbelgegend deutliche, aber sehr zarte Querlinien, die wieder die Körnelung des Wirbelrandes be- dingen. Die Oberfläche ist verwischt quergestreift, mit unregel- mäßigen Aufwölbungen und einer Vertiefung in der Schalenmitte. Wenn irgendeine Form ohrförmig genannt werden kann, so ist es bei dieser der Fall. Gegen den vorgezogenen Vorderrand zeigen sich dem Hinterrande parallele, zarte, fast punktförmige Vertiefungen. Dadurch ist der Vorderrand scharf abgegrenzt, was wieder an die Sowerbysche Form (l. e. Taf. 25, Fig. 4) erinnert. Die sechste, in Fig f dargestellte Form schließt sich der vorhergehenden innig an und ist durch einen Verbruch der Schale gerade der vorgezogene vordere Teil beschädigt, so daß man ihn nur als vorhanden gewesen vermuten kann; seine Abgrenzung gegen die Schalenmitte zu ist jedoch nicht angedeutet. Das kleine Schälchen g gleicht im Umriß und in dem scharf abgetrennten Abfalle an der konvexen Hinterseite ganz der ersten Form (a). Die Querstreifung ist in der Wirbelgegend sehr deutlich. Von besonders guter Erhaltung ist die siebente Form, das Schälehen h, mit hohem Steilabfall an der Konvexseite, die, an der Oberkante etwas abgeblättert, gegen den unteren Rand hin die Quer- streifung sehr gut erkennen läßt. Der Vorderrand ist wohl nicht auf- fällig vorgezogen, doch ist die betreffende Schalenpartie — sie trägt den Schließmuskel — wohl abgegrenzt. Auch das zahnartige Höckerchen ist zu erkennen. Die Stellung des Schließmuskeleindruckes erinnert an jene der Fxogyra sigmoidea Reuss (l. ce. Taf. 27, Fig. 4). — Einige Eigentümlichkeiten zeigt aber das Schälchen :. Der Wirbel liegt weiter oben, der Abfall am Hinterrande ist deutlich und die Quer- streifung auf demselben läßt sich erkennen. Der Vorderrand ist vor- gezogen, die Oberfläche der Schale aber stark aufgewölbt und mit konzentrischen Runzeln bedeckt. Wenn all diese Details angegeben wurden, so geschah dies aus dem Grunde, um zu zeigen, welche Variabilitäten sich erkennen lassen und wie schwierig es ist, diese Formen mit den bisher be- schriebenen in Übereinstimmung zu bringen. Man könnte sie viel- leicht alle zu Exogyra haliotoidea Sow. stellen. Geinitz hat ja (l. ec. Taf. 41, Fig. 1—13) aus dem Unterpläner von Plauen eine ähuliche Verschiedenartigkeit zur Darstellung gebracht. Die von ihm unter Fig. 11 gezeichnete Form läßt sich nun aber, abgesehen von der Verschiedenheit und der Größe, von Exogyra aurieularis Reuss (l. e. Fig. 11) kaum unterscheiden. Gerade diese beiden Formen kommen bei den geschilderten Deckelklappen vor allen anderen in Betracht und stehe ich vor der- selben Schwierigkeit, wie so viele andere Autoren vorher, sie aus- einander zu halten. Daß der Unterschied : ohrförmig und nierenförmig, nicht stich- haltig ist, geht aus der Schilderung und Abbildung meiner Stücke hervor; man vergleiche nur die Figuren a, c und e miteinander. Aber auch unter den Geinitzschen sind beide Umrißformen vorhanden. Ebensowenig scheint mir die Größe der Wirbelwindung, die bei Exogyra auricularis [19] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. 8. w. 19 Goldf. (1. e. U, S. 39) hervorgehoben wird, nicht entscheidend zu sein, denn ich habe unter meinen, bestimmt aus einem und demselben Muschelneste stammenden Deckelklappen solche mit engem und solche mit breitem Wirbel, der auch ganz ähnlich so scheibenförmig wird, wie es Goldfuß so schön darstellt (l. c. Taf. 88, Fig. 2). Coquand (Monogr., S. 144) vereinigt die Reusssche Exogyra auricularis mit Exogyra haliotoidea d’Orb. — gerade die ’Orbigny- schen Abbildungen sind jedoch in diesem Falle nicht ausreichend, um sie mit Sowerbys Formen zu vereinigen, während sie mit der Goldfußschen Type wohl übereinstimmt; die Coquandsche Ostrea auricularis Geinitz aber (l. c. S. 28) wird als solche bei Coquand nicht abgebildet. Er verweist auf seine Tafel VIII, wo sie offenbar als Ostrea cornu-arietis Coqu. bezeichnet wird, im Texte aber nur unter den Synonymen auftritt, einmal S. 26 als Ostrea Tourneti Cogu. (von Oonstantine), dann S. 30 als Ostrea decussata Coqu. (Charent und Constantine), S. 134 als Ostrea Africana Cogu. (Constantine), von den Formen dieses Namens anderer Autoren (Coquand, S. 140 u. 180) ganz abgesehen. In dem reichen Vergleichsmaterial des k. k. naturhistor. Hof- museums sind es vor allem die mittelgroßen Deckelklappen, die von Exogyra haliotoidea Sow. aus dem Hilskonglomerat von Essen vorliegen, welche sich am besten zum Vergleiche herbeiziehen lassen, wenn auch kein einziges Stück darunter ist, welches mit der Sowerbyschen Type so schön übereinstimmt, wie es bei unserer Form «a der Fall ist. Fast alle lassen die Beschaffenheit des Hinterrandes mit der charakteristischen Streifung erkennen und auf der Innenseite das kleine wohlausgeprägte Zähnchen. Recht ähnliche Deckelklappen von jungen Exemplaren liegen in der genannten Sammlung auch aus dem oberen Grünsande von Essen vor. Wenn ich nun aber die von mir selbst an einer Stelle ge- sammelten zahlreichen Unterklappen einer Betrachtung unter- ziehe (Taf. II, Fig. 2 a—s), so komme ich sofort zu dem Ergebnis, daß weitaus die größte Anzahl der besser erhaltenen Stücke, etwa 26, weder mit den Goldfußschen Originalen von Exogyra haliotoidea Sow. noch mit jenen von Exogyra auricularis Goldf. in Zusammen- hang zu bringen sind; es sind durchweg stark gewölbte Schalen, die sich ihrer Form nach eher mit Exogyra conica Sow. (Min. conch., Taf. 605, Fig. 1—3) oder mit der jüngeren Exogyra plieifera« Coquand in den von d’Orbigny zu Exogyra Matheroniana (Terr. eret., Taf. 485, Fig. 5 u. 6) gestellten glatten Formen vergleichen ließen. Das am besten erhaltene Exemplar (a) zeigt eine eigenartig verlängerte, hoch gewölbte dünne Schale, welche nur nahe der Wirbel- spitze angewachsen war. In der Schalenmitte ist sie an der Hinterseite weit vorgezogen und zeigt einen Stirnrand, der von den beiden Seitenrändern, durch Einbuchtungen des Schalenrandes geschieden, weit vorragt, so dab man an die Form der Schale erinnert wird, wie sie Coquand (l. c. Taf. 36, Fig. 6, 9 und 11) bei Exogyra plicifera aus dem Santonien zeichnet, wenigstens was den hinteren Rand anbelangt. 3+ 20 | Franz Toula. [20] Die von d’Orbigny als Ostrea Matheroniana bezeichnete Cenomanform (l. c. Taf. 485, Fig. 5. u. 6), welche von Coquand (l. e. S. 80) mit seiner Ostrea (Exoggra) plicifera vereinigt wurde, zeigt eine recht ähnliche Schalenhöhe. und Schalenoberflächen- beschaffenheit und läßt auch eine ähnliche flache Einsenkung hinter dem gerundeten Kiele erkennen, doch ist die Ausrandung nicht auf- fällig. Auch an Pxogyra arduennensis d’Orb. (l.c. Taf. 472, Fig. 1—4, Coquand |. ce. Taf. LX, Fig. 5—12) könnte man denken. Unsere Schale ist jedoch auffallend hoch gewölbt. Diese Erscheinung ist so auffällig, daß man diese Form, wenn sie allein vorläge, füglich als eine neue bezeichnen müßte. Auf der Innenseite fällt eine ganz schwache Vorziehung unter- halb und vor dem Wirbel auf. Auf der zarten Vorragung für das Auf- lager der Deckelklappen sind auf der Hinterseite zierliche Grübchen in einer Reihe hintereinander sichtbar. Unter dem Wirbel ragt ein kleines Leistchen auf. Ein zweites, am Rande etwas verbrochenes Exemplar (b) der- selben Form ist in der Wirbelgegend etwas gegen den Hinterrand zu aufgebläht. Bei einem dritten Individuum (c), welches noch weiter auf- gebläht erscheint, ist die Oberfläche in der Wirbelgegend mit wulstigen Erhöhungen in der Richtung der Anwachslinien bedeckt und nur gegen den Stirnrand sind diese in gewöhnlicher Ausbildung vorhanden. An der Vorderseite ist hinter dem Wirbel eine dreieckige Vorragung ausgebildet, die rückwärts durch den Rand eines Schalenausschnittes begrenzt ist, welcher in einer tiefen Furche gegen den Wirbel sich erstreckt. Auf der Innenseite erkennt man die scharfe Umgrenzung sehr wohl. Unter dem Wirbel verläuft eine scharfe Leiste, darunter von der Vorragung abziehend eine stumpfe Kante, zwischen beiden eine lange Grube; eine dritte Leiste geht vom Hinterrande des Aus- schnittes aus, eine seichte dreiseitige Grube begrenzend. Bei einem weiteren Stücke (d), einer weniger hohen Schale mit gegen rückwärts gerücktem stumpfen Kiele, offenbar eine Folge der Unterlage der Schale, besteht gleichfalls eine Furche. Betrachtet man jedoch die Innenseite, so sieht man hinter dem Wirbel und unter der Furche eine Schalenpartie dachartig vorragen, wodurch eine etwa an das Avicula-Ohr erinnernde Bildung entsteht, welche sich im Vergleich mit den übrigen Formen recht eigenartig ausnimmt. Noch extremer als diese Form ist ein weiteres Exemplar ausgebildet (e), mit breiter Anwachsfläche am Wirbel, gegen den ein scharfer Kiel hinabführt; der dachartige Schalenvorsprung vorne läuft fast parallel mit dem Schloßrande. Der gerade Stirnrand gibt dem Innenraume eine fast vierseitige Umrandung. Ein anderes Stück (f) war an der Wirbelseite auf einer größeren FErstreckung aufgewachsen. Die übrige Oberfläche ist un- regelmäßig gewölbt, hinter dem Wirbel ragt am Vorderrande ein Plättchen vor. Die lange Grube unter dem Wirbel auf der Innen- seite ist tief und setzt sich gegen den Hinterrand fort, wo sich die feinen Grübchen einstellen. [21] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 21 - Eine Anzahl von Exemplaren von im allgemeinen kürzerer und am Stirnraud verbreiterter Form zeigt in allmählicher Zunahme, von leichten Andeutungen bis zur ausgesprochenen Erscheinung, eine hinter der gegen die vordere Ecke des Stirnrandes verlaufenden gerundeten Schalenhöhe auftretende Furche, so daß die Form der kleinen Schalen in ihrer extremsten Ausbildung auf das lebhafteste an die Ostrea (Exrogyra) proboscidews Arch. erinnert, wie sie von Coquand (I. c. Taf. 16, Fig. 6) abgebildet wurde nach einer der von d’Orbigny (Il. ec. Taf. 487, Fig. a) als Ostrea vesicularis Lam. bezeichneten kleinen Formen, wobei aber an der Zugehörigkeit unserer Formen zu Exogyra nicht gezweifelt werden kann, wegen des deutlich erkennbaren eingerollten Wirbels. Eine Anzahl solcher Schalen sind unter 9 - k von der Außen- und zum Teil von der Innenseite gezeichnet. Eines der Schälchen besitzt noch — es ist eines der winzigen Stücke — Reste der Deckelklappe (k). Alle diese Formen fasse ich als eine polymorphe Entwicklung einer und derselben Art auf, die ich als Exogyra poly- morpha bezeichnen möchte, um auf ihre Variabilität hinzudeuten. Außer diesen durchweg dünnschaligen kleinen und durchweg höher gewölbten Individuen liegen nur noch einige Stückchen vor, welche flachere Schalenform aufweisen und zum Teil etwas stärkere, das heißt dickere Schalen besitzen. Das eine derselben hat ganz den Umriß der kleinen Exogyra sigmoidea Reuss, wie wir sie zum Beispiel von Plauen bei Dresden kennen. Die Abbildung, wie sie von Reuss (Verst. d. böhm. Kreidef, II., S. 44, Taf. 27, Fig. 1—4) von viel größeren Individuen gegeben worden ist, stimmt aufs beste, bis auf gewisse Einzelheiten, welche an die Beschaffenheit der Innenseite der hochgewölbten Individuen von der Mirdschawoda mehr erinnern als an die Reuss-Geinitz- sche Art. Die zarte Streifung oder Körnelung des Vorsprunges des Vorderrandes wird bei der letzten nicht gezeichnet und auch die feinen Grübchen und Höckerchen am inneren Hinterrande sind ganz so wie bei den gewölbten Stücken vom Karasutale ausgebildet, da- gegen zeigen diese die Steifung der Schloßfurche unterhalb des Wirbels nicht, während sie bei den beiden abgebildeten Stücken (l und m) ebenso deutlich erhalten sind, wie bei dem großen Exemplare, trotz der Kleinheit der Schälchen, welches Reuss (l. ce. Fig. 3) abgebildet hat. Bei dem dünnschaligen Stücke (!) legt sich die Schale förmlich um den Wirbel herum in der Form einer zierlichen Faltung, ganz ähnlich so wie bei meinem größten Stücke (a). Eine fast kreisrunde, sehr kleine, aber überaus wohlerhaltene Schale (n) sei als eine extreme Ausbildung gleichfalls angeführt. Die Schale war mit dem Wirbel angeheftet und zeigt am Rande ringsum die feinen Grübehen und Höckerchen, welche am Stirnrande in eine zarte Streifung übergehen. Am vorderen Rande ist auch die ohrartig vorgezogene Randplatte mit solchen unregelmäßig verteilten Grübchen bedeckt. Dieses Schälchen, für sich betrachtet, steht isoliert da; es fehlt aber nicht an einem Zwischengliede zu der ohrähnlichen Form (m), durch ein ebenso kleines, aber viel schmäler gebautes Schälchen 29 Franz Toula. [22] mit geradem Vorderrande, bei welchem die Grübchen bis auf ganz schwache Andeutungen am Hinterrande verwischt sind. Endlich möchte ieh auch eine auf der Außen-(Unter-)Seite in- folge der Anwachsung auffallend deformierte Schale zur Abbildung bringen, welche in bezug auf die Aufblähungsverhältnisse an die kleinen Formen g—%k erinnert, auf der Innenseite aber besonders durch den ohrförmigen Lappen, der auf dem Wirbelrande aufliegt, speziell an die Formen b und g anschließt. Dieser Lappen ist durch zwei scharfe, in eine Spitze zusammen- laufende Kanten begrenzt, muldig vertieft und zeigt gegen den äußeren Rand Anwachslinien, gegen den inneren Rand aber unregelmäßige, etwas gebogene Streifen. Diese Form (p) würde sich wieder recht gut mit der Exogyra („Chama“) conica Sow. (l. ec. Taf. 26, Fig. 3 aus dem Grünsande) in Verbindung bringen und mit diesem Namen auch bezeichnen lassen, wenngleich die auf der Innenseite unter dem Wirbel auftretende längliche, wohl umgrenzte Grube bei der angeführten Sowerbyschen Abbildung nicht angedeutet ist. Grübchen auf dem Auflager der Deckelklappe sind bei unserem Stücke am Hinterrande nur in der Nähe des Wirbels zu erkennen. In der Wirbelgegend treten an der Außenseite zwei Höckerchen hervor, welche an jene bei Exogyra plicifera Coqu. (l. ec. Taf. 36, Fig. 5, 11 u. 14) erinnern könnten, eine Form, welche zwischen Exogyra conica Sow. und Exogyra Matheroniana d’Orb. (1. ec. Taf. 485, Fig. 4 u. 7) zu stehen kommen dürfte. Im Anschlusse an die Besprechung der so überaus variablen kleinen Exogyren von Mirdschawoda möchte. ich auch die winzigen Formen in Betracht ziehen, welche ich in den zweifellos gleich- alterigen Schichten an den Uferfelsen der Donau zwischen Kokerleny und Tschernawoda gesammelt habe. Die hier gesammelten Individuen sind durchweg viel dick- schaliger, auch bei gleicher Größe, verglichen mit den Stücken aus dem Karasutale. Eines der lose vorliegenden Stücke, sehr ähnlich der mit 5 bezeichneten Varietät, ist mit der Deckelklappe erhalten, welche sich an die unter 1. d—f bezeichneten Formen anschließt und ganz die charakteristische Skulptur dieser Klappen aufweist. Der unter dem Wirbel vorgezogene Vorderrand ist sehr wohl zu erkennen. Ein zweites wohlerhaltenes Stück schließt sich innig an die unter « abgebildete Form an, nur ist hier der eingerollte Wirbel deutlich erkennbar. Ein drittes Stück kann mit der unter g bezeichneten Unter- klappe zusammengestellt werden, nur ist hier das kleine Grübchen oberhalb des vorgezogenen Lappens deutlicher ausgeprägt und die Furche unter dem Wirbel tiefer und schärfer markiert. Wir haben sonach auch an dieser Stelle eine weitgehende Variabilität derselben Art vor uns, ganz so wie im nahen Karasutale. Da das mit den beiden Klappen erhaltene Exemplar einen etwas stärkeren Wirbel aufweist und den Verband der beiden Klappen er- kennen läßt, soll es unter r zur Abbildung gebracht werden, ebenso wie unter s ein stark verlängertes Schälchen, welches an die Varietät «a [23] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 23 anschließt, aber die Reihe von Formen verlängert, mit einer gewissen Annäherung an Exogyra arduennensis d’Orb. (Terr. eret., Taf. 472, Fig. 2 und Pictet et Roux., Gres verts., Taf. 47, Fig. 6). Aus dieser Gegend des Donaugeländes, gegenüber der lang- gestreckten Donauinsel, stammt auch ein gelblich gefärbter, fest ge- bundener Sandstein mit vereinzelten größeren Quarzkörnern, der im übrigen aber ganz aus demselben Material besteht wie die losen Sande von Mirdschawoda. Derselbe enthält eine Anzahl von Schalen einer etwas größeren Exogyra, welche der Form nach gleichfalls recht ähnlich ist der Exogyra conica Sow., wie sie von Sowerby (Min. Conch., Taf. 605, Fig. 3) abgebildet worden ist oder von Goldfuß (Petr. germ. II., Taf. 87, Fig. 1), nur daß die Einrollung des Wirbels durch die Anwachsung etwas deformiert erscheint. Der an der Stirnseite scharfe Kiel ver- läuft weiterhin so ziemlich in der Schalenmitte und verbreitert sich gegen den Wirbel, wo die Schale ziemlich gleichmäßig gerundet er- scheint. Die Oberfläche ist mit etwas gerunzelten Anwachslinien dicht bedeckt. Die Zeichnungen bei Sowerby stimmen mit jener bei d’Orbigny (Terr. cret., Taf. 478, Fig. 5—8) nicht überein. d’Orbigny hat eine Form mit ausgesprochen quer gerunzelter Schale mit diesem Namen belegt, welche sich annähert an die Exogyra plicata, wie sie Goldfuß zur Abbildung gebracht hat, eine kleinere Form, welche Coquand offenbar als Varietät neben der typischen Sowerbyschen Form zur Abbildung gebracht hat, denn diese immer- hin scharf ausgeprägte Oberflächenbeschaffenheit läßt sich bei der größeren Form in der Wirbelgegend nicht erkennen. Die Exogyra decussata Coquand (1. e. S. 30, Taf. 7, Fig. 1—16) gehört sicherlich in dieselbe Formengruppe mit Exogyra conica, wie schon aus der reichen Synonymik hervorgeht. Die Goldfußsche Form (l. ce. Taf. 86, Fig. 11) ist nur durch eine eigentümliche Skulptur der Oberfläche ausgezeichnet, welche sich bei den Coquandschen Abbildungen (Taf. 53, Fig. 5—7 und 14) wiederfindet. Dasselbe gilt von der Exogyra cornu-arietis Goldf. (l. ec. Taf. 87, Fig. 2). Über diese Form habe ich mich schon an anderer Stelle geäußert. Bei einer der von Coquand unter diesem Namen angeführten Formen (Taf. 8, Fig. 12) erscheint der Kiel weit gegen den Hinterrand ge- rückt, was bei einem zweiten Exemplar meines Handstückes auffallend ähnlich so ist, wobei der Kiel nur viel schärfer erscheint, eine Er- scheinung, welche mit der Goldfußschen Abbildung durchaus nicht stimmt. In diese Formengruppe gehört wohl auch Exogyra arduen- nensis d’Orb. (Coquand, |. c. Taf. 60, Fig. 10) aus dem Albien, mit am Stirnrande ähnlich so verbreiterter Schale wie Exogyra conica; wenigstens liegt mir ein Stück von Warmünster (Grünsand) vor, welches damit in schönster Übereinstimmung stünde. Aber auch die von Coquand auf Taf. 50, Fig. 9 abgebildete Unterklappe von Exogyra haliotoidea und im Anschlusse daran die von demselben Autor als Ostrea (Exogyra) plicifera (1. ec. Taf. 36, Fig. 6 u. 9) bezeichnete Form hat einen ähnlich gebauten Wirbel.. Doch davon vielleicht an einer anderen Stelle. 94 Franz Toula. [24] In diese Formengruppe, und zwar in die nächste Nähe von Exogyra conica Sow. möchte ich das obenerwähnte, von mir ge- fundene Exemplar stellen, das sich äußerlich nur durch den Umstand unterscheidet, daß es direkt mit dem Wirbel angewachsen war. Aus den Sanden mit den kleinen Exogyren stammen auch zwei Haifischzähne: Otodus sp. Das eine, besser erhaltene Stück zeigt auf der einen Seite den Nebenzahn, der auffallend weit nach rückwärts gerückt erscheint, etwa so wie es Geinitz (Elbetalgebirge, II,, S. 209, Taf. 38, Fig. 55) bei Otodus semiplicatus zeichnet, mit welcher Form unser Stück in bezug auf die ungewöhnlich kräftige, in der Mitte stark angeschwollene Wurzel Übereinstimmung zeigt, welche in ihrem Umriß an jene der viel jingeren Lamna-Arten erinnert, etwa an Lamna Hopei Ag. (Poiss. foss., III., Taf. 37 a, Fig. 27), indem die beiden Wurzeläste scharf nach abwärts gezogen sind. Fig. 8. Die Zahnkrone ist an der Basis stark verdickt und zeigt keinerlei Anzeichen irgendeiner Faltung in der Schmelzschichte. Diese ist viel- mehr glatt und glänzend. Die Außenseite ist flach, die Innenseite stark gewölbt, wie dies Geinitz (l. ec. S. 208) bei den Zähnen von Otodus appendiculatus angibt, von denen unser Stück durch die so auffallende Verdickung an der Basis und durch die weiter unten -aufsitzenden Nebenzähne sich unterscheidet. Das zweite Stück ist etwas schlanker und läßt unter der Lupe an der Basis der Innenseite eine zarte Längsstreifung erkennen. Die Form der Zahnkrone mit den scharfen Seitenrändern würde am besten mit Otodus sulcatus Geinitz stimmen (Elbetalgebirge, I., S. 294, Taf. 65, Fig. 4), doch. ist auch bei dieser Art die Schmelzschichte an der Basis an beiden Seiten deutlich gerieft. Die Spitzen sind bei unseren beiden Stücken abgebrochen. Außerdem sammelte ich in den Exogyrensanden nur noch im Querschnitte fast kreisrunde Serpula - Röhrchen mit Dimensionen, [25] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 25 welche etwa jenen von Serpula gordialis Schloth. (8. plexus Sow.) gleichkommen (Geinitz |. c. 1.,.S. 282, Taf, 63, Fig. 3). Von Mirdschawoda talaufwärts halten die besprochenen Bildungen weiterhin an. Bei der Haltestelle Saturno — sie ist nicht auf der russischen Karte verzeichnet — vor Medschidje zeigte der Steilhang (Fig. 8) an der Basis dieselben an „Grünsand“ erinnernden Bänke. Hier bilden sarmatische Kalke den Plateaurand. Es sind hellfarbige Kalkbänke (1.), aus Abdrücken und Steinkernen von Bivalven und Gastropoden bestehend. Viele Abdrücke von kleinen Cardien (Cardium obsoletum) und eine kleine Modiola spec. sowie Buccinum cf. baccatum Bast. in mittel- großen Abdrücken; auch das Vorkommen von Trochus ist nachzuweisen, und zwar eine an Trochus pietus Eichw. anschließende Form mit Spirallinien. Darunter liegen Sandsteine ohne Fossilien, welche wohl gleich- falls sarmatischen Alters sein dürften. Tief unten folgt dann eine aufgelöste Schichte (2. a) und darunter der Kreidesandstein (2. b). Dieser liegt horizontal und besteht aus gelblichen festen Bänken (3) mit großen Gastropoden und Bivalven. Es sind lichtgelbbräunliche dichte Kalke (3.), welche splitterig brechen. Reich an Abdrücken und Steinkernen von Bivalven und Gastropoden. Unter den letzteren finden sich kleine hochgewundene Schalen wie Cerithien und stark bauchig aufgeblähte Schälchen, deren letzter Umgang geradezu kugelig aufgebläht erscheint. Ein Abdruck läßt auch den zweiten sehr kleinen Umgang erkennen. Dürfte als Natica anzusprechen sein. Durchmesser des letzten Umganges etwa 3°5 mm, Höhe etwa 4 mm. Die Bivalvenabdrücke lassen vorwaltend radial gestreifte Formen erkennen. Ein Abdruck zeigt abwechselnd. stärkere und schwächere Rippen, über welche die Anwachslinien hinüberziehen; der rückwärtige Teil der Schale zeigt eine Art Kiel und einen abgestutzten Hinter- rand. Die Radialstreifen und Anwachslinien ziehen auch über den Hinterteil der Schale. Wirbel etwas nach vorn gerückt. Es wird wohl eine neue Form sein, doch reicht das Material zur sicheren Feststellung nicht aus. Liegt in mehreren Abdrücken vor. Ein zweites Handstück von derselben Fundstelle besteht aus einem oolithischen gelben Kalke, auf dem sich der Abdruck einer großen, bauchig aufgeblähten Schale erkennen läßt, bei der man an Natica bulimoides d’Orb. (1. e. Taf. 172, Fig. 3) erinnert wird. Eine genauere Bestimmung ist mir unmöglich. Eine Strecke weiter gegen Medschidje hin zeigt der süd- liche Steilhang wieder etwas andere Verhältnisse (Fig. 9), indem er hier auch auf der mittleren Höhe des Hanges Entblößungen erkennen läßt, wo mergelige mürbe weiße Kreidekalke mit Ostrea vesicularis anstehen (2), wie sie Peters (l. c. II, S. 48 [192]) bei Umurdscha angetroffen hat. Peters hat in der Umgebung von Medschidje auch das Mitvorkommen von Sandsteinen ganz richtig beobachtet, aber keine Fossilienführung nachzuweisen vermocht. Das Profil, welches ich an der erwähnten Stelle beobachten konnte, bringt Fig. 9 zur Ansicht. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 4 96 Franz Toula. [26] Die oberste Bank (1.) besteht aus typischen sarmatischen Kalken von gelblicher Färbung mit vielen Fossilresten. Am häufigsten findet sich Cardium obsoletum Eichw., selten Cardium plicatum Eichw. Beide meist in kleinen Exemplaren (Abdrücke und Steinkerne). Von einem kleinen Trochus mit gerundeten Umgängen liegt nur ein Abdruck vor mit zarten Spirallinien. Dürfte zu Trochus pietus Eichw. gehören (M. Hoernes, Gastr, Taf. 45, Fig. 12). Von einem großen Trochus liegt nur ein Abdruck vor. Er ist leider etwas übersintert, läßt aber deutliche Knotenreihen auf den Spirallinien erkennen. Echte Vesiculariskreide folgt darunter; es sind feinkörnig sandige, reich glaukonitische Gesteine (2.) mit der Ostrea vesicularis Lam. Eine stark aufgeblähte Unterklappe liegt mir vor, ganz ähnlich Fig. 9. 1. Sarmatische Stufe. — 2. Vesiculariskreide. — 3. Sandstein (Exogyrensandstein- horizont). — 4. Oolithische und feste, splitterig brechende Kalke mit Zwischen- schichten. Die oolithischen' Bänke liegen zu unterst. Die Bänke dieser Kalke entsprechen dem Nerineenhorizont. derjenigen Form, welche Coquand (Genre Ostrea, Taf. XIII, Fig. 2) aus dem Campanien abgebildet hat. Die Ränder sind etwas ver- brochen. Auch ein großes, ziemlich vollständig erhaltenes Exemplar einer Ostrea vesicularis habe ich gesammelt, mit abgerolltem Wirbel, 10 cm lang, 7 cm breit, 5'’3 cm hoch. Bei der Eisenbahnstation von Medschidje stehen die Sandsteine (3. des vorigen Profils) in mächtigen wohlgeschichteten Bänken an. Dieselben sind an der Oberfläche ganz mürbe und ver- flächen leicht geneigt gegen NNO. Der Talboden ist hier weit, flach und versumpft. Die Hänge sind zum Teil steil, mit künstlichen Aushöhlungen hoch über dem Talboden, Bildungen, wie man sie ähnlich so zum Beispiel in der Krim und in der Gegend von Rustschuk und Schumla antrifft. In den festeren Sandsteinen dieses Steilhanges fand ich außer einem Bruchstücke von einem Haifischzahne nur Spuren von Fossil- resten. . [27] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 27 Ein Profil, das ich hier gezeichnet habe, ist in Fig. 10 dar- gestellt. Zu oberst liegen fast horizontal, nur leicht nordwärts geneigt, gröber körnige Sandsteine mit bis erbsengroßen Quarzkörnern (1.). Darunter folgen abwechselnd mürbe und festere Sandsteinbänke (2.), bei welchen die festeren Bänke stellenweise wie Gesimse vorragen. Mergelige, dünngeschichtete Bänke lagern darunter (3.). In den mächtigeren Bänken zu unterst (4.) konnte ich außer den undeutlichen röhrigen Gebilden nichts irgendwie Bestimmbares auffinden. Fig. 10. Mein zweiter Ausflug von Tschernawoda galt der Umgebung von Kokerlenj südlich von Tschernawoda. Daß die Ufer daselbst interessant zu sein scheinen, hat Peters bemerkt (l. e. S. 43 [187]. Er führt an, daß die „kalksteinigen, zum Teil tonigen Jurabänke von einer mehr oder weniger mächtigen Schichte von miocänem Kalkstein überlagert werden“ und daß Ab- rutschungen der Lößmassen und der miocänen Süßwassertone — im Profil Il. e. S. 183 werden nur Kalksteine der sarmatischen Stufe eingezeichnet — die anstehenden Felsen „stark überschüttet“ haben. Ich fand, daß die sarmatischen Schichten in der Form einer weißen Erde schon vor dem hier etwa 7 m hohen Trajanswalle, und zwar an beiden Seiten der Fahrstraße auftreten. Bei Kokerlenj selbst beobachtete ich das in Fig. 11 dargestellte Profil. Unter diesen Schichten treten erst die nerineenführenden Ge- steine auf (8). Von hier liegt mir auch ein weißer, ausgesprochener Requienienkalk vor. (Findling.) Ich fand nur Steinkernbruchstücke von einer ansehnlich großen Nerinea mit einer breiten und tiefen Falte an der Außen- und zwei kleineren, aber wohlausgeprägten Falten an der Spindelseite. Die Außenfalte zeigt eine rinnenförmige Vertiefung in der Mitte. Ich will diese Form als Nerinea Dobrudschensis n. f. bezeichnen (lar.-l, Eig. 18 u. 18 0). Auch in einem grauweißen, oolithischen und feinkörnigen Kalke fand ich diese Nerineen, welche sich anschließen lassen an die schon erwähnten, von Pictet und Campiche (St. Croix II, S. 223—231) aufgestellten und Taf. LXV und Taf. LXVI, Fig. 1—4 zur Abbildung gebrachten Formen Nerinea Favrina, valdensis und Blancheti, welche zweifelsohne in nächsten Beziehungen stehen zu der von Ferdinand Römer (Versteinerungen des norddeutschen Oolithgebirges. 1836, S. 143, Taf. XI, Fig. 27) als Nerinea Gosae bezeichneten Art aus dem 4* 98 Franz Toula. [28) „Portlandkalk“ von Langenberg bei Goslar, wenngleich der Windungs- querschnitt das Vorhandensein der Spindelfalten nicht erkennen läßt. Am nächsten scheint der Form aus der Dobrudscha die Nerinea Favrina zu stehen, doch unterscheidet sich der Querschnitt meiner Stücke durch einfachere Faltung an der Spindel. Bei Nerinea Favrina tritt nämlich eine deutliche sekundäre Einfaltung der mittleren inneren Vorwölbung auf, von welcher an meinem Stücke nichts zu bemerken ist. (Vgl. Taf. I, Fig. 18 5.) 1. Schöne Oolithe mit sarmatischen Fossilien. Auch ein weißer Kalk tritt auf, der nur aus den Abdrücken und Steinkernen von kleinen Bivalven besteht. Kleine Cardien aus der Formengruppe des Cardium obsoletum, kleine Ervilien, Tapes usw. — 2. Eine sandigschieferige Bank. — 3. Weiße kreidige Bildungen. — 4. Eine tonige Schichte. — 5. Eine feste Kalkbank, unten mit Cardien. — 6. Weiße Mergel. — 7. Gelbliche, gegen SW verflächende Mergel. — 8. Nerineen-Requieniengestein. Von derselben Stelle liegt mir ein Stück vor, auf dem sich eine wohlerhaltene Deckelklappe von Regquienia befindet (Taf. I, Fig. 10). Dieselbe stammt von einer kleinen Form her, welche nach erhalten gebliebenen Teilen der Schale spiral gerollt gewesen sein dürfte, mit gleichmäßig gerundetem Schalenquerschnitte, ähnlich dem kleinen Exemplar von Requienia ammonia Goldf., wie es Matheron (!. e. C—2, Fig. 3e) aus dem Urgon abbildete. Sie ist von der Innenseite sichtbar und läßt erkennen, daß der Wirbel sehr klein war. Die Ober- [29] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 29 fläche ist mit ungemein zarten, radial verlaufenden Linien bedeckt. Auch ein ziemlich großer hochgewölbter Steinkern eines Cardium liegt vor, welches an Cardium Gillieroni Pict. et Camp. (St. Croix, Taf. XIX, Fig. 2) aus dem Valang erinnert. In einem hellfarbigen, etwas oolithischen Gesteine liegt der Ab- druck einer großen Pleurotomaria spec. vor, welche der Pleurotomaria Blancheti Pict. et Camp. (St. Croix, Taf. LXXVIIL, Fig. 1) aus dem Valang zum mindesten sehr nahe stehen dürfte. Sie besitzt grobe Spirallinien, und zwar nur fünf an der Zahl, von welchen die mittlere die stärkste ist. (Bei der zitierten Art sind deren sieben gezeichnet.) Die Röhre ist in den oberen Umgängen gleichmäßig gewölbt, während der letzte Umgang durch die stärkere Mittelspirallinie etwas kantig erscheint. Eines der interessantesten Fundstücke von dieser Stelle ist ein Sphärulit, den ich als Sphaerulites Dobrudschensis n. f. bezeichnen will. eRaf Il, Fig. 1.) Es gelang mir, aus einem größeren Blocke dieses ziemlich vollständige Exemplar herauszupräparieren. Ich stehe bei der Be- stimmung einigen Schwierigkeiten gegenüber, weil der Erhaltungs- zustand ein etwas eigenartiger ist. Beide Klappen sind erhalten. Die Unterklappe ist der Form nach sehr unregelmäßig und war aufgewachsen. Nur in der Nähe der Anwachsstelle erkennt man etwas deutlicher den für Sphaerulites charakteristischen zelligblätterigen Bau, der obere Teil der Schale dagegen ist durch Verkalkung förmlich in dichten Kalk umgewandelt. Die Oberfläche ist unregelmäßig quer gerunzelt. Die Deckelklappe ist sehr flach, am Stirnrande ziemlich dick, gegen den Schloßrand zu aber viel schwächer gebaut. Die flache Oberfläche ist konzentrisch gerunzelt und besitzt zwei leichte An- deutungen von Furchen, ähnlich etwa jenen, wie sie von Matheron (Rech. pal&eont. Midi de France, Taf. C—11, Fig. 3 d) bei seiner Monopleura Coguandi sehr scharf ausgeprägt gezeichnet worden sind. Am Stirnrande läßt sich am Auflager eine zarte Körnelung erkennen. Die Form des Tieres ist als Steinkern recht wohlerhalten. Der gegen den Wirbel der Deckelklappe hinziehende Steinkernteil ist leicht nach rückwärts gekrümmt und liegt flach geneigt, jener der Unterklappe ist gegen unten und vorn gezogen und zieht sich in der Nähe des Stirnrandes als ein wenig dicker Lappen am Rande hin, unter welchem man ganz ähnlich so, wie es Bayle bei seinen treff- lichen Abbildungen von Sphaerulites Hoeninghausi de Moul. zeichnet (Bull. soc. geol. de France, XIV, 1857, Taf. XIV, Fig. 2), den (nach Zittel) vorderen Muskel (a) erkennt. (Bayle bezeichnete ihn, bei offenbar anderer Aufstellung, als Adducteur posterieur [e].) Zwischen diesem und dem Steinkerne des Tieres zieht sich ein eigenartiger Strang aus parallel laufenden, wie es scheint, zylindrischen Teilen vom vorderen Steinkernlappen gegen das untere Ende der Unterklappe hinab. Dieser Strang ist vollkommen in kristallisiertes Material um- gewandelt. Unter der Steinkernspitze der kleinen Klappe glaube ich die ebenfalls kristallinisch umgewandelten Teile der Schloßfalte zu erkennen, mit der Grube am inneren Ende (y bei Zittel, vo bei 30 Franz Toula. [30] Bayle). Rechts und links davon liegen die beiden Zahngruben (d und d‘ bei Zittel, Paläontologie II, S. 89). Von den Zähnen selbst sind nur eigenartige lockere Körperchen erhalten, welche bei der Präparation zum größten Teile zerfallen sind. Auch sie waren kristallinisch überkrustet. An das eine Individuum war vorn ein zweites kleines ange- wachsen. Im hinteren Teile befindet sich zwischen dem Steinkerne und der Schale ein leerer Raum. Unter allen Individuen des zahl- reichen Vergleichsmaterials des Naturhistorischen Hofmuseums, das ich dank der Liberalität der Abteilungsvorstände benützen konnte, sind jene von Sphaerulites Hoeninghausi de Moul. sicherlich die am nächsten stehenden. Meiner immer geübten Gepflogenheit getreu, bringe ich das Stück aus der Dobrudscha zur Abbildung, damit der eine oder andere Spezialforscher Kenntnis von dem Vorkommen er- hält. Vielleicht daß sich dadurch eine genauere Deutung ergibt, als ich zu geben vermag. — An einer weiteren Stelle, unmittelbar an der Donau, treten die sarmatischen Bildungen in größerer Mächtigkeit hervor, und zwar etwas weniges gegen die Donau verflächend. Nahe der kleinen langgestreckten Insel dachen diese Bildungen unmittelbar gegen die Donau ab, wo sie einen kleinen Vorsprung bilden. Hier sammelte ich einige sehr wohlcharakterisierte sarmatische Gesteine. In einem weißen Kalke fand ich ausnahmsweise ein Schalen- exemplar eines großen dickschaligen Individuums von Tapes gregaria Partsch, und zwar eine linke Klappe, die sich gut herauspräparieren ließ. Es stimmt auf das beste mit der typischen sarmatischen Form überein, nur die Zweiteilung der beiden vorderen Schloßzähne ist nicht einmal angedeutet, was übrigens auch bei größeren Exemplaren im Wiener Becken ähnlich so beobachtet werden kann. (Vgl. Mor. Hoernes, Wiener Becken IH, Taf. 11, Fig. 2d.) Auf demselben Handstücke fand sich auch Trochus podolicus Eichw. in der typischen Form als Abdruck. Aber auch ein kleines wohlausgeprägtes Individuum eines Trochus mit leicht und zierlich geknoteten, scharf kielartig vor- tretenden untersten Reifen fand sich als Abdruck vor. Ein anderes Stück mit konvexen Umgängen und einer zarten Spiralstreifung erinnert an Trochus pietus Eichw., nur tritt der unterste Reifen schärfer hervor. Auch Cardium obsoletum fand ich. Hellgelbe bis weiße Oolithe enthalten zahlreiche Steinkerne einer großen Mactra podolica, nebst zahlreichen kleinen Exemplaren von Tapes gregaria in Abdrücken und Steinkernen. Weniger häufig sind in dieser Bank Abformungen von Gastro- poden, sie fehlen jedoch nicht, so von Buccinum baccatum Bast. Hie und da finden sich Steinkerne und Abdrücke von Cardium obsoletum. Die Rückfahrt machte ich in einem Boote, unmittelbar dem Donauufer entlang, in einem von Tschernawoda nach Kokerlenj beorderten Kahne, welchen ich der Brückenbauunternehmung zu verdanken hatte. Gegenüber dem nördlichen Ende der schmalen Donauinsel stürzt das Plateau steil gegen die Donau ab. Hier traf ich dieselben Exogyrengesteine wie unweit Mirdschawoda. [31] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s, w. 31 Unter dem Löß findet man geschichtet sandig lehmige Bildungen, welche offenbar nichts anderes sind als aufgelöste Exogyrensandsteine mit vielen kleinen Zxogyra-Schalen. Der unterste Teil des vertikalen Steilhanges unmittelbar über dem Wasserspiegel der Donau (vgl. das nebenstehende Profil Fig. 12) ist von festen Sandsteinbänken gebildet. Diese Verhältnisse lassen sich der erwähnten Insel gegenüber auf eine weite Strecke bis gegen Tschernawoda hin verfolgen. Peters hat auf seiner Karte die betreffenden Aufschlüsse als oberen Jura bezeichnet. Da er nur anführt (l. c. II, S. 43), daß die Ufer südlich von Tschernawoda „namentlich in der Umgebung des Dorfes Kokerlenj“ interessant zu sein „scheinen“, so dürfte er gerade hier keine eingehenderen Untersuchungen vorgenommen haben, obgleich er einen Absturz von Kokerlenj zeichnet (l. c. II, S. 44) und Kalkstein und tonige Gesteine angibt. Er führt aus ersterem eine Nerinea an, Fig. 12. 1. Löß. — 2. Aufgelöster Exogyrensandstein mit vielen kleinen Exogyren. Hat zum Teil ganz das Aussehen von Grünsandstein, Wie bei Mirdschawoda ist es ein sehr feinkörniger Quarzsandstein mit eingestreuten dunkelfarbigen Quarzkörnern. Hier fanden sich Exogyren, welche sich der Form nach vollkommen an jene von Mirdschawoda anschließen lassen (Typus Taf. II, Fig. 2a). — 3. Überrollter Hang. — 4. Feste Sandsteinbänke mit mürben wechselnd. Diese)ben sind wohl durch eine Wechselwirkung der Hochwasser und der Sandgebläse in den obersten Lagen löcherig, wie zerfressen, aus letzterem eine kleine Astarte, die er als Astarte submultistriata d’Orb. (= Astarte minima Goldf.) bestimmte. Die Nerinea bezeichnete er als Nerinea nodosa Voltz. Gegenüber der kleinen langgestreckten Insel, die nahe dem Ufer liegt, stehen die Exogyrensandsteine gleichfalls an und zeigen etwas auffallenden Wechsel von festeren und mürben Bänken, welch letztere hoch hinauf ausgewaschen sind, während die festeren Bänke vorragen, was einen eigenartigen Anblick gewährt. (Vgl. Fig. 13.) Darunter, immer noch der Insel gegenüber, ist das Ufer ganz flach, indem die mürben Sandsteine abgetragen wurden, doch treten höhere Ufer mit den Vorragungen der festeren Bänke bald wieder, und zwar auf eine längere Strecke auf. An einer Stelle bemerkte ich eine Schotterlage darüber, mit ziemlich kleinkörnigem Material, auch 99 Franz Toula. [32] gelbliche, wie rostig aussehende Sandsteine treten im Hangenden der erwähnten Liegendsandsteine auf und finden sich in diesem oberen Horizont größere Austern und Serpula-Röhrchen. An einer anderen Stelle unterhalb der Insel, wo die Höhe des Steilabsturzes auf etwa 40 bis 50 m zunimmt, fand ich das in Fig. 14 abgebildete Profil. An einer wohlentblößten Stelle des Steilhanges, dort, wo er am höchsten ansteigt, konnte ich die in Fig. 15 wiedergegebene Schicht- folge beobachten. Die festen gelblichen Kalksandsteine (Fig. 15) enthalten ver- einzelte Quarzrollsteinchen und erscheinen ähnlich jenen an der Basis des vorigen Profils. (Fig, 14, 5.) Fig. 14. 1. Löß. — 2. Aufgelöste mürbe, etwas schiefrige Gesteine. — 3. Feste Kalksand- steine. — 4. Helle geschichtete Mergel, mürbe und zerfallend (wie 2.). — 5. Kalk- sandsteine in festen Bänken (wie 3.) unmittelbar über dem und am Donauspiegel. Dieselben liegen hier hoch über dem Niveau der Donau und enthalten neben Bruchstücken größerer echter Ostreen auch die kleinen Exogyren in Menge. Außerdem finden sich auch spätige Stücke (Stacheln und Schalentrüämmer von Echiniden). Auch eine feinfaserige Brachiopodenschale, vielleicht von einer fast glatten Rhynchonella herrührend, und viele Serpula-Röhren liegen vor. Ebenso auch kleine Korallen und kleine Nerineen. Diese Kalksandsteine sind ziemlich mächtig. An einer Stelle findet sich in diesem Niveau eine förmliche Muschelbreceie mit Exogyren. [33] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s, w. 33 Es ist ein ziemlich festgebundenes breccienartiges, aber nicht sehr grobkörniges Gestein, wie gesagt, mit vereinzelten, aber nicht seltenen Quarzeinschlüssen. Enthält eine Unmasse von zerbrochenen Schalen. Deutlich erkennbar sind ziemlich grobröhrige Serpulen mit ge- runzelten Röhrenoberflächen und kielartigen scharfen Vorragungen, ähnlich so wie sie bei Serpula Trachinus Goldf. (Petr. germ., Taf. LXX, Fig. 8) auftreten, oder bei Serpula lophioda Goldf. (1. e. Taf. LXX, Fig. 2). Bei den von mir gesammelten Stücken (Taf. I, Fig. 20) sind diese Kiele durch das Zusammenstoßen der Anwachslinien gebildet und etwas unregelmäßig in ihrem Verlaufe. Sie sind nicht, wie dies gewöhnlich der Fall ist, auf Austernschalen angewachsen, sondern Doonocoo 6 2000000 1. Löß — Lehm. — 2. Feste gelbe Sandsteine. — 3. Eine tonig mergelige Schicht, bröckelig zerfallend. — 4. Graue oder graugelbliche bis bräunliche mürbe Sandsteine (Exogyrengestein). — 5. Tonigsandige Gesteine. — 6. Konglomerate mit größeren Quarzrollsteinen. die Röhrchen liegen frei in der Breccie eingebettet vor. Hie und da findet sich auch hier ein Bruchstückchen von feinfaserig gebauten Brachiopodenschalen. Eine nähere Bestimmung derselben ist nicht möglich. Die spätigen Stückchen sind wohl Cidaritenstachelstücke. Von Exogyren fand ich meist nur Bruchstücke. Wieder an einer anderen Stelle, unmittelbar am Ufer der Donau, werden diese Sandsteine sehr fest, wenigstens in einzelnen Bänken., Die Kalksandsteine zeigen also ein etwas verschiedenes petro- graphisches Verhalten in den verschiedenen Bänken, und hin und wieder nehmen sie auch ein teilweise oolithisches Aussehen al. Ein derartiges löcheriges, etwas oolithisches Gestein könnte man Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 5 34 Franz Toula. [34] geradezu einen Exogyrenkalk nennen. Auch darin die vereinzelten Quarzsteinchen. Er enthält außer den Exogyren auch Abdrücke verschiedener unbestimmbarer anderer Bivalven und walzlich ästige Bryozoen- stämmehen bis zu 15 mm Durchmesser in einer Form, welche auf Ceriopora schließen läßt. Aber auch große, napfartig vertiefte, spongienartige Körper kommen vor. Eines der Stücke hat 12 cm im Durchmesser. In demselben lebten Lithophagen eingesenkt. In einer solchen in einem Cerioporenstocke eingesenkten Litho- phagenhöhle läßt sich eine deutliche und kräftige schräge Riefung erkennen, so daß man die betreffende Form wohl mit Lithodomus pistilliformis Reuss (Böhm. Kreidef., II, S. 20, Taf. 36, Fig. 7 u. 8) vergleichen könnte, eine Form, welche auch Geinitz (l. ec. ], S. 219, Fig. 21) gezeichnet hat aus dem unteren Pläner von Plauen. Es dürfte sich bei dem betreffenden Cerioporenstocke — der Erhaltungszustand läßt leider viel zu wünschen übrig — um eine an Ohenendopora undulata Mich. anschließende Form handeln, wie sie von Geinitz (l. c. L, Taf. VII, Fig. 5) abgebildet wurde. Darüber liegt auf der einen Seite eine Masse, welche in bezug auf die Öffnungen der Oberfläche an Elasmostoma consubrinum d’Orb. erinnert. (Geinitzl. c. I, Taf. Nee 9) Außerdem sammelte ich einen rundlichen Bryozoenstock mit vielen Anbohrlöchern. Zahlreiche dünne Blätter liegen übereinander, deren Oberflächen ganz das rundbucklige Aussehen aufweisen, wie es Quenstedt (Petrefaktenkunde Deutschlands, VI., S. 302, Taf. 154, Fig. 13) bei Ceriopora mamillosa Röm. (Nordd. Kreidegeb., Taf. V, Fig. 25) gezeichnet hat, oder Michelin (Iconogr. zoophyt., Taf. 57, Fig. 5) bei Ceriopora globosa aus dem „Juraoolith von Calvados“. Von großen Austern liegen mir von hier nur Bruchstücke vor. Sie lassen an die flachen Formen von ÖOstrea hippopodum Nilss. (Geinitz ]. c. I, Taf. XXXIX, Fig. 12) kaum denken. Von den von Coquand (Genre Östrea, Taf. XX) abgebildeten Stücken ist das Fig. 5 dargestellte von recht ähnlicher Form (Etage Santonien). Vielleicht hat man es dabei mit Ostrea vesicularis Brongn. zu tun (nach d’Orbigny, Terr. cret., III., Taf. 482, Fig. 2). Bessere Stücke zeigen ziemlich hohe Wölbung, dabei aber auch eine beträchtliche Stärke der Schale. In einem anderen Stücke, einem gelben braunfleckigen, sandig feinkörnigen und etwas oolithischem Kalke, finden sich zahlreiche Spuren von Fossilien. Deutlicher sind: Ein Abdruck einer glatten, an der vorderen Seite gerippten Schale, die man als Protocardium cf. hillanum Sow. sp. ansprechen darf. Die Skulptur ist sehr bestimmt ausgeprägt und auch die Form stimmt. Ein schräg dreiseitiger Abdruck zeigt in der Abformung eine Gestaltung, so daß man beim ersten Anblicke an gewisse Congerien lebhaft erinnert wird; es ist wohl der Rest einer kleinen Perna. Eine sichere Bestimmung ist unmöglich, da nur der Abdruck eines Teiles der äußeren Oberfläche vorliegt und es sich nicht feststellen läßt, ob Bandgruben vorhanden waren. Der Wirbel ist scharf vor- [35] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 35 gezogen und spitz, ähnlich so wie bei Perna lanceolata Gein. (Reuss, Böhm. Kreide II, Taf. XXXII, Fig. 15) oder bei Perna acuminata Zittel (Gosaugebilde, Taf. XIII, Fig. 3). Der Vorderrand verläuft gerade. Die Anwachslinien sind kaum angedeutet und ziehen am Vorderrande gegen den Wirbel hin. Perna lanceolata liegt im „untersten Quader von Tyssa“. Alle die übrigen zahlreichen Abdrücke sind noch unvollkommener, doch läßt sich das Vorkommen einer kleinen schlanken Nerinea feststellen. Auch ein kleines gewölbtes Cardium (der eine Zahn ist angedeutet) und ein Abdruck eines kleinen Schälchens mit scharfen konzentrischen Rippen ist erhalten, welch letzteres an Astarte ef. similis Mstr. denken läßt. Auf den Abwitterungsflächen erkennt man eine Menge kleiner, leider nicht näher bestimmbarer Schälchen. Darunter aber auch winzige Exogyren. Auch das Köpfchen eines Cidaris-Stachels liegt vor und ein vereinzeltes elliptisches Plättchen, bei dem man an Antedon-Gliederchen denken könnte (Geinitz, I, Taf. XXIII, Hieriiie). 2 Fig. 16. Der Cidaritenstachel zeigt nur ein kurzes Stückchen von der zylindrischen Säule über dem Gelenkskopfe, welches Längsrippen er- kennen läßt. Etwas unterhalb der großen Donaubrücke der Eisenbahn bei Tschernawoda finden sich zu oberst Massen mit den netzartig aneinander grenzenden grubigen Vertiefungen auf den Oberflächen (Sandgebläse?). Es sind (vgl. Fig. 16) mürbe Kalksand- steine oder sandige Kalke mit Nerineen (1.), wie sie bei Kokerlenj zu unterst auftreten; dann folgt darunter eine feste Kalkbank (2.) mit großen schraubenzieherförmigen Nerineen (Nerinea Dodrudschensis n. f.), dann mürbe (3., 5., 6.) sandige Schichten mit festeren Bänken (4. u. 5.) dazwischen. Hier sammelte ich in einem hellfarbigen, grauweißen, sandigen Kalke viele Bivalven. Vorwaltend sind flache Schalen, welche an Tellinen erinnern könnten. Auch ein Natica-Steinkern liegt vor. Nicht näher zu bestimmen. Dürfte sich am besten an Natica Brouguieri Ph. Math. (l. ec. Taf. B—16, Fig. 1, Etage neoc. d’Allauch) an- schließen lassen, wenngleich sie von einem viel kleineren Exemplar Hr 36 Franz Toula. [36] stammt. Die Art der Einrollung ist eine ganz ähnliche. Der Abdruck der Wirbelregion einer stärker gewölbten Trigonia mit einer kräftig ausgeprägten Skulptur nach Art der Trigonia scabra Lam. (d’Orbigny l. e. Taf. 296) fand sich in dem Nerineenkalke. Auch ein Abdruck eines größeren Bruchstückes aus der Stirn- randregion liegt mir vor, welches auf dieselbe Formengruppe aus der chloritischen Kreide hinweist. Der Abdruck einer zierlichen kleinen, konzentrisch gefalteten Trigonia erinnert einerseits an die Trigonia longa Agassiz (d’Orbigny, Terr. eret., Taf. 285, Fig. 3) aus dem Neokom der Provence, ander- seits aber auch an die Trigonia Sanctae Orueis Pict. et Camp. aus dem Valang von St. Croix (l. e. III, Taf. COXXVII, Fig. 1 u. 2). Der Form nach schließt sie sich mehr an die erstere an; sie ist beträchtlich in der Breite entwickelt, die Faltung aber gleicht mehr der zweit- genannten Form, welche jedoch viel höher ist. (Dieser Rest ist als Trigonia sp. auf Taf. III, Fig. 3 abgebildet.) Es fand sich auch ein hellgelblich gefärbter, fester, sehr fein- körniger Oolith mit zahlreichen, aber durchwegs abgerollten kleinen, walzlich stenglichen und scheibenförmigen Körperchen auf den Ver- witterungsoberflächen. Leider läßt sich nichts sicher Bestimmbares fest- stellen. Bei den Scheibchen könnte man an gewisse winzige Echiniden, wie sie schon oben erwähnt wurden, denken; noch näher aber läge es, vielleicht anzunehmen, man habe es mit kleinen abgescheuerten Bryozoenstöckchen zu tun. Gewisse Andeutungen von radial ange- ordneten Furchen, die gegen eine zentrale Vertiefung hinführen, erinnern an Heteroporella collis d’Orb. sp., wie diese von Geinitz (l. ec. I, Taf. 35, Fig. 6«) dargestellt wurde. Daß Bryozoen in diesen Oolithen auftreten, dafür spricht auch ein sehr zierliches kleines, fächer- oder halbmondförmiges Stückchen mit einer stielförmigen Vorragung an der schön gekrümmten Konkav- seite, welche Form mich an Berenicea, zum Beispiel an Berenicea diluviana Lam. erinnert. An der freien Oberfläche dieses Fächers sieht man deutliche, sehr zarte konzentrische Runzelungen und am Rande lassen sich kreisförmige Zellmündungen mehr ahnen als be- stimmt sehen. Die Form stimmt mit jener der Berenicea Olementina d’Orb. (Terr. eret. V, S. 865, Taf. 636, Fig. 1) aus dem Apt recht gut überein. Geinitz bildete eine ähnlich geformte Kolonie als Berenicea (Diastopora) Hagenowi Reuss (Elbetalgebirge I, S. 109, Taf. XXVI, Fig. 12) ab. Unser Stück ist durch die Regelmäßigkeit der Form, das zierliche Stielchen an der Konvexseite und die verhältnismäßig beträchtliche Dicke auffallend. (Abgebildet auf Taf. III, Fig. 2.) Typische Monopleurenkalke sammelte ich oberhalb der Brücke bei Tschernawoda nur als Findlinge. Sie enthalten Monopleura_ tri- lobata d’Orb. mit langgestreckter konischer Unterklappe, ganz so wie sie Matheron (Rech. paleont., Taf. O—12, Fig. 5) abgebildet hat. Aber auch Steinkernformen mit deutlich gewundenem Wirbel liegen vor, welche an Monopleura varians Math. (1. ec. Fig. 3) denken lassen. Gewisse der Hohlformen erreichen recht ansehnliche Größen und [37] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 37 zeigen schöne Spiralkrümmung, während die Steinkerne nur wenig sekrümmt sind. Von Tschernawoda abwärts bis Hirschowa konnte ich das obenerwähnte Boot der Bauunternehmung benützen. Gleich bei Tschernawoda zeiet der nördliche Uferfels unter der hier sehr mächtigen Lößlage die Exogyrenschichten haupt- sächlich in mürben sandigen Bänken mit einer Zwischenlagerung einer Reihe von fester gebundenen Lagen (vgl. Fig. 17). Aus dem Horizont der „festeren Bänke“ liegt mir auch ein gelblicher Kalk mit vereinzelten Einschlüssen von gröberen, über erbsengroßen Quarzrollstückchen vor, mit vielen kleinen gefalteten Exogyren in einzelnen Lagen. Auch ein großer, fast kreisrunder Austerndeckel fand sich in einem oolithischen Kalksandsteine mit dunklen, winzig kleinen Ein- schlüssen von glaukonitischem Aussehen. Hier sammelte ich auch einige andere Reste von Bivalven und Gastropoden, darunter auch das erwähnte, an Asiarte erinnernde Schälchen. 1. Löß. — 2. Exogyrenhorizont: feinsandige, teils mürbe, teils fester gebundene Bänke mit kleinen gefalteten Exogyren. — 3. Gröbere Sandsteine, zum Teil konglomeratartig. — 4. Mergelige Sandsteine mit den kleinen gefalteten Exogyren. Diese Ablagerungen halten eine Strecke weit an, bis gegen Sejmen. Überall mit den kleinen Exogyren. Unterhalb Sejmen — vor Boatschik („Boastschik*) — fand ich die folgenden Verhältnisse (Fig. 18): Zu oberst (1.) sarmatische Sandsteine mit Tapes und Mactra. Der Hang darunter (bis 2.) ist mit Gehängeschutt überdeckt. Darunter bemerkt man eine Schotterlage (2.) über einer Kalkbank mit Pecten (3.) und erst unter dieser, wenig über dem Niveau der Donau, den grünsandartigen Exogyrensandstein (4.), und zwar braungelbliche Quarzsandsteine mit dunklen (glauko- nitischen) Körnchen. Die Pecten-führende Schichte besteht aus einem gelblichweißen Kalke und enthält zahlreiche Pectenschalen und Abdrücke, die mich an die Pectenform aus den „Pectenoolithen* der Umgebung von Varna (Denkschr. der Wiener Akad. der Wiss., LIX. Bd., 1892, S. 426 ff., Taf. IV, Fig. 24) erinnern. Mit voller Sicherheit wage ich es nicht zu behaupten. Es wäre gewiß von einigem Interesse, wenn es sich bei späteren Aufsammlungen in dieser Gegend herausstellen sollte, daß diese Pectenoolithe in der Tat auch in der Dobrudscha vor- handen seien. Ähnliche Pectenformen kommen wohl auch in der 38 Franz Toula. [38] mittleren Kreide vor, zum Beispiel Pecten multicostatus Nilss. (Geinitz l. c. IL, S. 199, Taf. 45, Fig. 1). Leider lassen die beiden besser erhaltenen Stücke nur die Innenseite erkennen. Es ist sowohl eine linke Klappe mit dem Ohre als auch eine rechte Klappe vorhanden. Sonst liegen davon nur schlechterhaltene Abdrücke vor. Daneben fanden sich hie und da undeutliche Bivalvensteinkerne oder -Abdrücke; auch eine Austerndeckelklappe fand ich, und zwar Fig. 18. in einem Gesteine ganz ähnlich dem obenerwähnten festen gelben Kalksteine mit den vielen kleinen gefalteten Exogyren. Diese gehört sonach nach meiner Meinung zur Kreide. Das Tertiär hält dann eine Strecke weit an. Bei Boastschik selbst sind die Hänge alle mit Lehm be- deckt und bemerkte ich hier vom Strome aus keine älteren anstehen- den Gesteine. Die kleinen gefalteten Exogyren aus den Exogyrenschichten von Tschernawoda und nördlich davon. Gleich unterhalb Tschernawoda sammelte ich zuerst kleine, recht wohlausgebildete, besonders an der Hinterseite der Unterklappe zierlich gefaltete Exogyren, welche wieder einige Variabilität auf- weisen, indem neben verhältnismäßig niederen und stark verlängerten Formen auch kürzere und höhere auftreten. Von den gefalteten Arten, welche d’Orbigny beschrieb und abbildete, kommt in erster Linie seine Ostrea (Exogyra) Boussingaulti (Terr. ceret., III, S. 702, Taf. 468, Fig. 6—8) in Vergleich. Die Zahl der Falten meiner Stücke ist jedoch etwas größer als bei der ge- nannten französischen Neokomform. Dasselbe gilt von der Ostrea flabellata (Goldf.) d’Orb. (1. c. Taf. 475, Fig. 4,5) aus dem Aptien und Albien, mit welcher Coquand (Gen. Ostr., S. 126) auch die Kxogyra plicata Goldf. (Petr. germ., LXXXVH, Fig. 5 b—f) vereinigt hat. Das beste meiner Stücke hat eine Länge von 19 ınm bei einer größten Breite von 14 mm und einer Höhe von 6 mm. Die Zahl der [39] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 39 Falten an der steil aufsteigenden Hinterseite, von der vorderen Ecke bis in die Nähe des Wirbels, beträgt 18. Dieselben Falten ziehen bis zur Schalenhöhe hinauf und sind an der flachen vorderen Seite nur schwach angedeutet, während hier die Anwachslinien vorherrschen. Die Innenseite zeigt große Ähnlichkeit mit den Verhältnissen, wie sie Goldfuß bei seiner Zxogyra plicata gezeichnet hat (l. c. LXXXVIL, Fig. 5 ec). Ich lasse diese Form sorgfältig zeichnen (Taf. III, Fig. 4) und will sie als Zxogyra flabellata d’Orb. var. multiplicata bezeichnen. Bei einem zweiten kleinen Stücke sind die Verhältnisse etwas anders (Länge 14, Breite 9, Höhe 5°8 mm). Es ist gegen den Stirn- rand zu gröber gefaltet. (Taf. III, Fig. 5.) Die kurze Form hat 9:7 mm Länge bei einer Breite von 7T’4 mm und einer Höhe von 5'8 mm. Zwischen Sejmen und Boastschik sammelte ich auch eine fast kreisförmige kleine Exogyra derselben Form; sie ist 10 mm lang, 8°5 mm breit, 42 mm hoch. (Taf. III, Fig. 6.) Die Schloßregion ist von demselben Baue. Auch die kleinsten Exemplare sind immer mit ganz wohlausgeprägten zahlreichen Falten versehen. Die Deckel- klappen sind ähnlich jenen auf Taf. IX, Fig. 1e dargestellten, nur sind sie am Stirnrande noch mehr verjüngt. (Taf. III, Fig. 7.) Von dieser Lokalität liegt mir eine zweite Form vor mit weniger zahlreichen und besonders gegen den Stirnrand zu kräftigeren Falten, wodurch die Annäherung an Erogyra Boussingaulti d’Orb. eine sehr weitgehende wird. Ich will diese Form daher als EKxogyra cf. Boussingaulti d’Orb. bezeichnen. Gegen den Wirbel zu treten noch die schwächeren Falten auf (Länge 12 mm, Breite 8 mm, Höhe 9:5 mm). Die Anwachslinien sind scharf ausgeprägt und bilden zum Teil wulst- förmige Runzeln. (Taf. III, Fig. 8.) An der „Ecke bei Boastschik“ sammelte ich eine der Exogyra Boussingaulti nahestehende Form, ganz ähnlich jener auf Taf. III, Fig. 8 dargestellten. Außerdem aber auch eine rundliche Form, ähnlich der in Taf. III, Fig. 6 dargestellten, aber mit Falten, welche auf der Schalenhöhe eine Art Kamm entstehen lassen. (Vielleicht durch eine Abformung der fremden Unterlage beeinflußt, auf welcher das Schälchen aufsaß.) Von hier stammen auch zwei sehr wohlerhaltene Deckelklappen, wovon die eine das Aussehen der der Zxogyra haliotoidea Sow. ähn- lichen Form hat (Sowerby Il. c. Taf. 25, Fig. 4), aber noch mehr der Deckelklappe sich annähert, welche Sowerby von Exogyra conica abgebildet hat. (Taf. 605, Fig. 2.) Man vergleiche die zitierten Abbildungen mit der von meinem Stücke gegebenen. (Taf. III, Fig. 9.) Eine andere Deckelklappe erscheint viel mehr verlängert, nimmt also die Form an, bei der man an Exogyra sigmoidea Reuss (Böhm. Kreidef., Taf. XXVII, Fig. 1—4, auch Geinitz, Elbetalgeb., I, Taf. 41, Fig. 14-27) denken könnte, wenn nicht die Beschaffenheit der Innenseite einige der Charakterzüge der Exogyra haliotoidea aufweisen würde (vgl. Reuss I. c. Taf. XXVI, Fig, 5), beziehungs- weise solche, wie ich sie bei der ausgesprochen ohrförmigen Varietät aus der Gegend von Kokerlenj angegeben habe. (Vgl. Taf. II, Fig. 1 e.) 40 Franz Toula. [40] Der Abfall der Hinterseite ist hoch, zeigt die Anwachsstreifung und eine leichte, aber recht wohlausgeprägte Faltung, wodurch man etwa an die von Coquand (Genre Ostrea, S. 183) als Ostreau Minos von der Exogyra (Ostrea) Boussingaulti d’Orb. abgetrennten Varietät, erinnert wird. Die zahlreichen kleinen Exogyren lassen sich sonach in unge- faltete glatte, an Exogyra conica Sow. oder Exogyra plieifera Cogqu. und in gefaltete, an Zxogyra plicata Goldf, anschließende Formen recht bestimmt unterscheiden, wobei jedoch der Umstand, daß bei den kleinen Individuen von Exoggra conica in der Fassung, wie sie von Orbigny und Coquand gegeben wurde und wie es die kleinen Formen zum Beispiel von Essen an der Ruhr oder von Bannewitz bei Dresden erkennen lassen, auch die Neigung zu einer Art von schräger Faltung deutlich hervortritt, die auch bei etwas größeren Exemplaren in der Wirbelgegend erhalten bleibt. Daß auch die Zxoyyra Matheroniana d’Orb. aus der oberen Kreide zu den verwandten Formen gehört, ist klar. (Vgl. d’Orb., l. ec. 485.) Zittel (Bivalven der Gosaugeb., Taf. XIX, Fig. 3.) hat 1863 die ungefalteten Formen noch als Varietät beibehalten, während sie Coquand (l. c. 1869, S. 80) zu seiner Ostrea plicifera stellte. Gerade die schlanke Form, welche Coquand (l. c. Taf. XXXII, Fig. 19) abbildete, zeigt manche Ahnlichkeit und auch die freilich viel mehr ausgesprochene Faltung der Oberklappe (Coquand |. ce, Fig. 18) läßt dies erkennen. Es deutet dies auf Wiederholung gleich- artiger Variabilitäten in den verschiedenen Horizonten, welche es wohl verdienen würden, gerade bei einer zu so großer Variabilität geneigten Gattung, wie die Kxogyra eine ist, eingehender verfolgt zu werden; für meinen Zweck genügt es, die Formen, wie ich sie in ganz bestimmten Schichten sammelte, zur Darstellung zu bringen, um sie bekannt zu machen und dem eingehenderen Vergleiche zu- zuführen. Zwischen Sejmen und Boastschik sammelte ich in den Exogyrenschichten auch mehrere Stücke einer kleinen dünnschaligen, zum Teil stark gewölbten Anomia sp., die vielleicht zu Anomia truncata Geinitz zu stellen sein wird. (Reuss, Böhm. Kreidef., II, Taf. XXXI, Fig. 13 u. 14,) Die stark gewölbten Schalen unterscheiden, da nach Geinitz (Elbetalgeb. II, Fig. 30) die Schalen der angeführten Art flach oder gleichmäßig flach gewölbt sind, bei unseren Stücken dagegen die Oberfläche sogar Wülste oder leichte Falten erkennen läßt. Die sehr dünnen Anwachslamellen sind bei dem einen und anderen Stücke unter der Lupe recht deutlich zu erkennen. Es fehlen jedoch auch ganz flache Schälchen nicht. Außerdem fand ich auch einen abgerollten rundlichen, sehr fein- zelligen Bryozoenstock, der von Pholaden angebohrt, auf der einen Seite bedeckt ist von zahlreichen Schalen von Exogyra, nebst ver- einzelten Serpula - Röhrchen; er dürfte aus einem kalksandigen Horizont stammen, ähnlich dem mit den Requienienschichten bei Rustschuk im Verbande stehenden oolithisch - sandigen Orbitolinen- horizont, [41] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria a. s. w. 41 Etwas unterhalb Boastschik, dort, wo das Ufer etwas gegen den Strom vorspringt („an der Ecke“ schrieb ich in mein Notizbuch), läßt sich wieder anstehendes Gestein beob- achten. (Vgl. Fig. 19.) Hier fand ich zu unterst hellfarbigen Monopleuren-Requienien- kalk (3.), darüber über einer wenig mergeligen mächtigen Schichte löcherigen, grobkörnigen Sandstein (2.), überdeckt von einer tonigen Schichte (1.), darüber aufgelöste und löcherige Kalksandsteine mit gefalteten Exogyren, und zu oberst eine Lößlehmdecke. Die braunen aufgelösten Sandsteine halten nun am Steilufer weithin an. Etwas weiter flußabwärts kommt man an unter verschiedenen Neigungen gegen W verflächenden Sandsteinen und Konglomeraten vorüber. Bis hierher wird, wie ich meine, über die Zugehörigkeit der betreffenden Bildungen zur Kreideformation ein Zweifel kaum auf- kommen können. Fig. 19. In der untersten Schichte liegt ein typischer, gelblich fleckiger Monopleuren - Requienienkalk vor. Er ist weiß und erfüllt von ge- wundenen, also an Monopleura varians erinnernden Schalen !. Hier 1) Schöne Monopleurenkalke, ganz von demselben Aussehen, wie ich sie unterhalb Tschernawoda und viel früher schon im Lomtale bei Rustschuk auf- gefunden habe, traf ich wenige Tage später als Bausteinfindlinge bei der alten Ruinenstätte von „Tromos“, südlich von Matschin. Sie müssen seinerzeit von weiter oben herabgebracht worden sein, am wahrscheinlichsten aus dem Lomtale, wo die Steinbrüche wohl schon im Altertum bearbeitet worden sind, wie die künstlichen, sicherlich in der Zeit weit zurückreichenden, ausgemeißelten Kammern an den Steilwänden beweisen dürften. Das interessanteste Stück, welches ich in diesen Monopleurenkalken auf- fand, ist eine eigenartige” Nerinea, welche ich bezeichnen will als: Nerinea (Iltieria?) isteriana nov. spec. (Taf. I, Fig. 15). Eine Form aus der Verwandtschaft der Nerinea eyathus Piet. et Camp. (St. Croix, Taf. 63, Fig. 6 u. 7) aus dem Valangien. — Die beiden Autoren haben diese Form als zu der von Sharpe (Quart. Journ. 1850, S. 104) als Piygmatis bezeichneten Untergattung gestelit, was mir mit der dort gegebenen Beschreibung nicht zu stimmen scheint. Wie der von mir gesammelte Rest, so hat auch die angeführte Art von St. Croix weit übergreifende, sehr hohe und schmale Quer- schnitte der Umgänge, wodurch die Zustellung zu Itieria sich ergeben würde, Ich habe von dieser Art nur ein einziges Steinkernbruchstück gesammelt, welches nur wenige Umgänge erkennen läßt, in der Ausbildung der Faltung aber so auffallend erscheint, daß ich das Stück mit einem Namen versehen will. Der Steinkern ist sowohl außen als auch innen mit wohlausgeprägten Spiralrippen und mit tiefen Zwischenfurchen versehen, die den Faltenlappen entsprechen. Diese Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 6 42 Franz Toula. [42] fand ich auch eine sichere Regwienta, welche an die von mir im Lom- tale bei Rustschuk gesammelte Form von Requienia Lonsdalei erinnert. (Geol. Unters. im östl. Balkan. I, LX. Bd. d. Denkschr. der Wiener Akad.d: Wiss. 1892, Taf. I, Fig. 9, Ein im Verhältnis vorzüglich erhaltenes Stück, das, wenngleich die Erhaltung immer noch viel zu wünschen übrig läßt, wohl keinen Zweifel aufkommen läßt über die Zugehörigkeit zu ZRequienia Lons- dalei d’Orb. aus dem Urgon. Man vergleiche die Abbildung (Taf. I, Fig. 19) mit jener von d’Orbigny (l. c. Taf. C 576, Fig. 5) oder jener bei Pictet und Campiche (St. Croix, IV, CXLI, Fig. 3), welche freier gewundene Formen vorstellen, ähnlich jener von der unteren Donau, von Paz mir von dieser Stelle nur die gewundene Unterklappe vorliegt. In feinkörnigen, ee gefärbten sandigen Kalken (Kalk- sandsteine) an der oberen Grenze der älteren Schichten finden sich wieder vor allem kleine Exogyren, und zwar ausschließlich solche von den gefalteten Formen, ähnlich so wie an der Fundstelle nahe Tschernawoda und bei Boastschik. An den drei genannten Fundstellen habe ich glatte Formen ebensowenig gefunden, als an der Lokalität bei Mirdschawoda und Kokerlenj gefaltete Stücke. Die Unterklappen sind je nach der Art der Anheftung ver- schiedenartig deformiert, im allgemeinen von nicht sehr beträchtlicher Höhe, mit kräftigen Rippen, welche von dem hinteren Rande gegen die Schalenhöhe hinaufreichen, wo sie zum Teil an einer kleinen Kante enden. Nun folgen oberhalb Topälo ausgedehntere Aufschlüsse, in welchen viele Steinbrüche angelegt sind. In dem obersten der- selben beobachtete ich ein Streichen von NW nach SO mit süd- westlichem Verflächen. Der Stein von Topälo ist ein dichter, porzellanartig aussehender Kalk. Von Topälo bis Kischtaresch (Ghisdaresei) treten niedere Wände Faltung ist überaus weitgehend. Auch Nerinea cyathus hat solche Spiralrippen aber in viel geringerer Zahl. Der Querschnitt der Umgänge ist unten weiter, verschmälert sich aber dort, wo das Übergreifen beginnt, auffällig. Auf dem unteren Teile treten drei Spiral- rippen auf; zwischen der ersten und zweiten finden sich in der Furche weitere zwei zarte Spirallinien, und zwischen der zweiten und dritten nur eine solche. Am oberen verjüngten Teile zählte ich 11 Spirallinien, wovon drei stärker vorragen. Der Spindelraum ist sehr weit. — In diesen Kalken finden sich typische Moncpleuren in großer Menge, und zwar in Steinkernen und Abformungen, an welchen zum Teil noch die Schalen erhalten sind. Zwei dieser Formen finden sich auf Taf. I, Fig. 16 u. 17 abgebildet. Das eine dieser Stücke stimmt auf das beste überein mit Monopleura trilo- bata d’Orb., derjenigen Form, welche in dem von mir besuchten Gebiete am häufigsten auftritt; das zweite (Fig, 17) zeigt gewundene Hörner und schließt sich enger an Monopleura varians Matheron an. Die von Peters (l. c. II, S. 184, Taf. II, Fig. 6) als Diceras monstrum bezeichnete Form scheint mir damit in schönster Überein- stimmung zu stehen, bei welcher Form Peters auch an „Requienia“ varians Math. erinnert wurde. Die von Peters unter demselben Namen abgebildeten Formen (l. ec. Fig. 7 u. 8) schließen sich näher an die Monopleura trilobata d’Orb. [43] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 43 auf, aus wohlgeschichteten hellen Kalken, von dem ganz gleichen Aussehen, die jedoch besonders in den unteren Lagen viele Horn- steinkonkretionen umschließen und geknickt erscheinen. Oberhalb Hirschova treten stark erodierte und am Ufer förmlich in bizarre Pfeiler und Säulen aufgelöste Uferfelsen auf. Ahnliche, aber klotzige Felsmassen bilden die Ufer bei Hirschova, wo zwischen dieselben alte Befestigungen hineingebaut sind. Hornstein- führende Kalke mit einer Decke aus mürberen Gesteinen. Auf der Strecke zwischen Topälo und Hirschova wurden meine Beobachtungen durch heftige Gewitter und Regengüsse ungemein erschwert, ja auf eine weite Strecke hin förmlich unmöglich gemacht, infolge der teilweisen UÜberflutung der Aufschlüsse. Auf dieser Strecke liegen aber die Fundstellen, an welchen nach Anastasius Dar- stellung und nach seinen Aufsammlungen die Juraformation vorherrscht (vgl. Anastasiu, Contribution & l’etude geologique de la Dobrogea. These. Paris 1898, S. 66—87), während bis über Boastschik hinaus die Kreide auftritt. Uber das Gebiet zwischen Rassova an der Donau und Küstendsche am Schwarzen Meere gab Michel (Bull. soc. geol. de Fr., 2. Ser., XIII, 1856, S. 539—542) eine geologische Notiz, welche K. Peters ent- sangen sein dürfte, da er sie in dem Literaturverzeichnisse nicht an- geführt hat. Michel erwähnt die gleichmäßige Bedeckung des Landes mit einem sandig glimmerigen Lehm, unter welcher auf der genannten Strecke Kalke und Sande der Kreide in fast horizontaler Lagerung hervortreten. Er deutet die Kalke mit Nerineen, Pteroceras, Korallen und anderem zutreffend als Neokom. Auch Kalke mit „Orbitolithes“ führt er an, was die Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei Rustschuk noch vermehrt. Weiter im Osten (8 km von der Donau) fand er Schichten des Grünsandes und der echten Kreide zum Teil mit Feuer- stein. Der Grünsand wurde durch gröberen Sandstein eingeleitet. Aus dem Grünsande gibt er nur das Vorkommen von Resten einer großen Ostrea an. Auch die tertiäre Überlagerung hat er beobachtet ohne Angabe über den betreffenden Horizont. Das namhafte Vorkommen von Cardien wird hervorgehoben und verrät das Sarmat. Das Vor- kommen der Äquivalente des Grünsandes ist mir gelungen zu be- stätigen, wenn die betreffenden Gesteine auch zumeist in Wirklichkeit als „Grünsand“ nicht angesprochen werden können, da die Glaukonit- körner an den meisten der von mir besuchten Stellen nicht nach- gewiesen werden konnten. Das (S. 541) erwähnte Vorkommen von Kalken mit Orbitolithes (6 km von der Donau) habe ich nicht gesehen und auch Peters hat ähnliches nicht wahrgenommen. Am Karasu habe ich nur ein Stück gefunden, welches mich petrographisch leb- hafter an die Orbitolinenkalksteine von Rustschuk (Lomtal) erinnerte. Interessante neuere Beobachtungen hat V. Anastasiu mitgeteilt (Bull. soc. geol. de Fr. 1896, 3. Ser., XXIV, S. 595—601), und zwar an Felsen des Steilufers der Donau bei Tschernawoda, Topälo und Cekirgeoa (Tschikirdsche bei Peters). Nur bei Tschernawoda wird das Vorkommen von Monopleurenkalk über tonigen Kalken des Kimeridgien mit Terebratula subsella festgehalten, während an beiden anderen Stellen nur Malmschichten (Rauracien, Sequanien und Kimeridgien) 6* 44 Franz Toula. [44] angenommen wurden. Besonders das Kimmeridge von Tschikirdsche erscheint festgestellt durch das Verkommen „zahlreicher Ammoniten“. Es sind vier Planulaten: Perisphünctes cf. Achilles d’Orb., Per. Fontannesi Chofat, Per. Wartae Buk. und Per. Mazuricus Buk. Außerdem wird Peltoceras bimammatum (Quenst. genannt. Anastasiu war glücklicher als Peters, der wohl zahlreiche Fossilien fand, die sich schwierig herausbringen ließen, und ich, der gerade vor Topälo, auf vorher herr- licher Bootsfahrt, ein fürchterliches Unwetter durchzumachen hatte, das ich in einer elenden Steinbrecherbaracke über mich ergehen lassen mußte, worauf ich dann in den überschwemmten Aufschlüssen nichts arbeiten konnte. In einer späteren Notiz (Bull. soc. geol. de Fr. 1898, 3. Ser., XXVI, S. 192—194) besprach derselbe Autor die Kreide der Dobrudscha. Von „Tschernawoda, Rassova, Saligny (? auf der russischen Karte nicht angegeben) etc.* wird das Vorkommen von Neokom, Barr&me und Apt, das erstere in mediterraner Fazies, angegeben. Obere Kreide weit verbreitet. V. Paquier hat die Fauna der Rudistenkalke der Dobrudscha (Anastasius Material) durchbestimmt und darunter die mit bulgari- schen Formen übereinstimmenden bezeichnet. [Matheronia aus der Gruppe der Math. gryphoides, Monopleura sp., Diceras, Heterodiceras sp., Valletia sp.) (Bull. soc. geol. de Fr. 1901, 4. Ser. I, S. 473 u. 474.) Die ausführlichere Abhandlung Anastasius aus demselben Jahre wird an der geeigneten Stelle zur Benützung herbeigezogen werden. (These: Contribution & l’etude geologique de la Dobrogea [|Roumania]. — Terrains secondaires. Paris 1898.) Das Verhältnis, in welchem Jura und Kreide in der südlichen Dobrudscha zueinander stehen, ist ein gewiß immer noch sehr rätsel- haftes und bedarf noch der näheren Aufklärung. Das Vorkommen von Jura bei Medschidje im Karasutale ist nach Peters (l. c. II, S. 44 [188]) ein räumlich sehr beschränktes, „ein kleiner Buckel“, der „aus dem Gehänge hervorragt“. Anastasiu hat auf der Karte zu seiner inhaltreichen Abhandlung eine größere Fläche unmittelbar bei dem genannten Orte als Jura ausgeschieden, dagegen den langen Jurastreifen auf der Petersschen Karte, der von West nach Ost verlaufen soll, nicht verzeichnet, was mir begreiflich erscheinen könnte, doch finde ich im Text nichts Ausführlicheres darüber an- geführt. Nur auf S. 110 finde ich eine ganz kurze Erwähnung. Das zweite Gebiet, wo die beiden Formationen nahe aneinander treten, ist jenes unterhalb Tschernawoda oder vielleicht genauer unter- halb Boastschik, denn bis dahin, das heißt bis nach der Krümmung des Stromlaufes bei dem letztgenannten Orte, glaube ich die untere Kreide, etwa Neokom, Apt, und vielleicht auch unteres Cenoman, an- nehmen zu dürfen. Wie es sich in der Gegend von Silistria verhält, bedarf auch noch der Aufklärung, denn daß die Kalke des Gebietes von Silistria südwärts Kreidekalke — Monopleuren-Requienienkalke — sind, dürfte aus meinen Darlegungen hervorgegangen sein. Bei Ostrov jedoch, östlich von Silistria, kaum 5 km weit davon entfernt, verzeichnet Anastasiu Jura, der sich bis gegen Rassova erstrecken würde. [45] Geologische Beobachtungen in der Gegend von Silistria u. s. w. 45 Sowohl die Angaben, welche Peters über die Vorkommnisse in den Tälern von Rassova macht (l. ec. S. 44 [188], als auch jene bei Anastasiu (l. ce. S. 78 u. 79) lassen erkennen, daß es an wirklich zur Altersbestimmung überzeugend verwendbaren Fossilien mangelt. Angenommen, die Verteilung von Jura und Kreide auf der Karte Anastasius sei als vollkommen zutreffend zu bezeichnen, so würde dies schließen lassen auf eine sehr merkwürdige Zerstückung des Tafellandes in eine Anzahl von zumeist wohl an Seigerklüften vor der Abtragsperiode und vor Ablagerung der weithin recht gleichmäßig entwickelten sarmatischen Bildungen in verschiedene Höhenlage gelangte Schollen: jene von Silistria, Tschernawoda—Constanza (Küstendsche), wo Kreide, und jene von Ostrov—Essenkiöi—Aliman und Hirschova—Topälo, wo Jura wie die Kreide in schwebender Lagerung der Schichten die heutige Plateaufläche bilden. Es ist dies ein Verhältnis, welches es wohl verdienen würde, eine genauere Feststellung durch neuerliche Untersuchungen im südlichen Teile der Dobrudscha zu erfahren. 46 Franz Toula. [46] Inhaltsangabe. Seite Kanleitung-.. ..2 m. 206. ie MORE re [1] 1. Beobachtungen 3 in der Gegend von Silistria . N en [3] Bausteine von Silistria. Oolitb, Nerineenkalk ......... Sue [4] Süßwasserablagerungen östlich von Silistria . . 22.2 222.2. [5] Congerienschichten 7 )% "757 aha srtrukape, Se BAER ET re [5] Nerineenkalke von Birtschma. u ui an j [7 Zwischen Birtschma und Aflatlar. Oolith und Exogyr a "plicata er [8] Bei Atlatlar Diluvium und sarmatische Schichten über Monopleuren- kalk, welche weithin anhalten (Akkandelar, Balabanlar). Wasser- armut des Gebietes; tiefe Brunnen ."... „gas dstea. uns ie [9] Bei Haskiöi Süßwasserkalk als Baustein . . [10] Zwischen Doimuschlar und Srebrena. Süßwasserkalk anstehend über Nerineenkalk. Abrasionsfläche auf Nerineenkalk ... . - [11] Auch bei Witren und auf der Donauterrasse gegen Tatarica Süß- wasserkalk . ... . a Dr [12] . Aus der Umgebung von Tee in der Döhendscha ee Das Karasutal mit den südrussischen Limanen zu vergleichen .. . [13] Nerineen-Monopleurenkalk bei Mirdschawrda. . . [13] Grünsandartige Gesteine, unter Lößlehm, mit t Gerölleinlagerungen. im unteren Teile...» BEE 5) Die kleinen ungefalteten Exogyren von Mirdschawoda . . ... [16] Bei Saturno vor Medschidje: Sarmatische Schichten mit Cardien, Trochus, Cerithium etc. über Kreide. Vesicularis-, Exogyren- und Nerineenhorizont . . en Ausflug nach Kokerlenj südlich von Tschernawoda . . [27] Oolithe sowie kreidige und tonige Ablagerungen des Sarmatischen über weißen Mergeln (obere Kreide?) und Nerineenkalk .... [27 Sphaerulites Dobrudschensis . . . a ee Diese [29] Mächtiges Sarmat unmittelbar an dr Donau a RR [30] Exogyrensandstein mit Bryozoen nördlich von Kokerlenj . RE [31] Vorkommen von Protocardium hillanum 2. nn mn. hs. [34] Sandiger Nerineenkalk unterhalb der großen Donaubrücke. . . . . [35] Monopleurenkalk oberhalb der Brücke. . ... . :. 2 2 2 2202. [36] Exogyrensandsteine bei Tschernawoda. . . [37] Sarmat und Pectenoolith über Exogyrensandstein zwischen Sejmen und Boatschik 7 00 eu [37] Die gefaltetenExogyren von Tschernawoda und nördlich davon [38] Monopleuren-Requienienkalk unterhalb Boastschick . . ...... [4] Von. Topälo nach Hirschawar 2... a [42] Uber Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. Von Dr. W. Petrascheck. Mit einer Tafel (Nr. IV) und einer Textfigur. Als ein Glied des periadriatischen Bogens tritt nördlich von Brixen eine Masse granitischer Gesteine zutage, die als Brixener Masse bekannt ist, obwohl der ihr den Namen gebende Ort außer- halb derselben gelegen ist. Aus diesem Grunde versuchte Löwl!) für sie den Namen Iffinger Kern zu substituieren, es blieb jedoch trotzdem der althergebrachte Name in Gebrauch, Seit den eingehenden, von einer chemischen Analyse des Hauptgesteines begleiteten Beschrei- bungen, die Pichler?) im Jahre 1871 von den Gesteinen dieser Masse geliefert hat, sind dieselben nicht mehr Gegenstand spezieller Untersuchung gewesen. Dahingegen erfuhren die tektonischen Ver- hältnisse durch die Aufnahmen Tellers?) ein eingehendes Studium, durch welches unter anderem der Zusammenhang der Brixener Masse mit derjenigen des Iffinger sichergestellt wurde, für welche letztere neuere Untersuchungen von Grubenmann®, und Künzli°) vor- liegen. Tellers Aufnahmen zeigten ferner, daß die Judikarienlinie in der Gegend von Peus ihr Ende erreicht und eine Kontaktzone, bestehend aus feldspatreichen oder quarzitischen lamellaren Grenz- gesteinen, den Südrand der Masse begleitet. Die schon Pichler aus der Umgebung von Mauls bekannten und als Oligoklasschiefer bezeichneten Gesteine wurden als eine nördliche, als Derivat des Hauptgesteines aufzufassende Grenzzone von Tonalitgneis erkannt, wodurch die Analogie mit den Verhält- nissen am Nordrande der Adamellomasse festgestellt wurde. Neuerlich beschäftigte sich auch Rothpletz®) vorübergehend mit der Brixener Masse. Sein Profil verquert die Masse in der Gegend von Meransen. Rothpletz spricht das Hauptgestein ebenso wie Löwl als Granit an. 1) Petermanns Geogr. Mitteil. 1893, pag. 112. 2) Neues Jahrbuch 1871, pag. 256. 3) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 69. 4) Vierteljahrschrift d. Naturf. Ges. Zürich 41 (1896), pag. 340. 5) Tschermaks Mitteilungen 18 (1899), pag. 412. %) Querschnitt der Ostalpen, pag. 162. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (W. Petrascheck.) 48 Dr. W. Petrascheck. [2] Kurze Erwähnung finden die Felsarten der Brixener Masse auch noch durch Cathrein!), Blaas?) und in dem Führer zur Tauern- exkursion durch Becke?°). Während nun für ähnliche Massen tonali- tischer und granitischer Gesteine neuere petrographische Spezial- untersuchungen von Salomon, Grubenmann, Becke und Graber vorliegen, fehlt es an solchen für die Brixener Masse. Diese Lücke auszufüllen ist die Aufgabe der folgenden Zeilen. Das Material hierzu rührt in erster Linie von Aufsammlungen Herrn Prof. Dı. F. Beckes her, in dessen Institut und mit dessen vielfacher Unterstützung die nachfolgenden Untersuchungen ausgeführt wurden. Ergänzt und erweitert wurde dieses Material durch die im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt niedergelegten Belegstücke zu den Aufnahmen des Herrn Bergrates Dr. F. Teller, über welche er mir auf Grund seiner eingehenden Tagebuchnotizen ausführliche Auskünfte zu erteilen die Güte hatte. Beiden Herren sei hier auf das wärmste gedankt. Ich selbst kenne die Brixener Masse nur von einem kurzen Besuche der Aufschlüsse zwischen Mauls und Grasstein her. Granitit. Das Hauptgestein der Brixener Masse ist ein mittelkörniger Granitit mit weißen Feldspaten, reichlichem graulichweißen Quarz und kleinen, glänzend schwarzen Biotiten. Unter dem Mikroskop erkennt man, daß Plagioklase die Hauptmasse des Gesteines bilden, Orthoklas tritt dagegen zurück. Allotriomorpher Quarz ist in fast gleicher Menge wie letzterer vorhanden und gibt sich als jüngstes Erstarrungsprodukt kund. Die Menge des Biotits ist gering. Apatit und auch Zirkon sind häufige, Orthit ein seltener akzessorischer Bestandteil. Die meist automorphen Plagioklase haben meist nach M tafelförmige Gestalt. Neben M sind noch die Flächen P,!, T, o und x des öfteren zu beobachten. Wo sie nicht selbst ausgebildet sind, geben sie sich doch oft an den Anwachsstreifen der sehr ausgeprägten Zonenstruktur zu erkennen. Zwillingsbildung nach dem Albitgesetze herrscht, seltener sind Periklinlamellen. Karlsbader Doppelzwillinge sind häufig. Auch in dem verhältnismäßig frischen, in den Steinbrüchen von Grasstein ge- wonnenem Gesteine machen sich an den Plagioklasen Zersetzungs- erscheinungen unter Muscovitbildung geltend, die mit Vorliebe in den basischeren Kernen beginnen. Zonenstruktur mit von innen nach außen abnehmender Basizität ist sehr schön ausgebildet. Nicht selten gewahrt man basische Rekurrenzen, oft mehrere in einem Kristall. Die vorgenommenen Messungen lehrten folgendes: Bei einem Karlsbader Doppelzwilling, von dem ein Individuum | zu M und P geschnitten war *), ergab !) Neues Jahrbuch 1890, I, pag. 73. ?) Geologischer Führer durch die Tiroler und Vorarlberger Alpen, pag. 559. ®) Führer für die geologischen Exkursionen in Österreich. IX. Internationaler Geologen-Kongreß, VIII, pag. 40. *) Über die Methode vergl. Becke in Tschermaks Mitteil. 18 (1899), pag. 506. [3] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 49 inrder Hille»! ı. =; 267% d. i.. 4995: An, in der Außenzone . 17°, d. i. 30-400], An. Eine noch nicht zersetzte Stelle des Kerngerüstes im Zwillings- individuum hatte eine Auslöschungsschiefe von 23:70, was nach den Tafeln von Michel Levy’) einem Plagioklas von ungefähr 60%, An entspricht, eine Basizität, wie sie in diesem Gesteine nicht wieder beobachtet wurde. In dem sich an die Außenzone anschließenden Myrmekitsaum ging die Auslöschungsschiefe bis auf die der Grenz- oligoklase herab. Ein nur durch den äußeren Teil eines Kristalles gehender, also den Kern nicht mehr treffender Schnitt ließ die Untersuchung nach der ebenfalls von Becke?°) angegebenen Methode . durch Bestimmung des Achsenaustrittes zu. An einem Albitzwilling wurde gemessen anen 2. welehe ‚310 dasssentsprichti86/, An, n=der Hüllesun wABe.—=,170 , h 29%), An. Dieselbe Methode ergab an einem anderen Albit und Periklin- zwilling ZUIen .. cumn Aba — 15'5%.d. 1,29%. An, AB 220, d.1,2300 AR, in der Hülle. ABa = 11°, d. i. 26°), An. Ein senkrecht zu M und P getroffener Schnitt zeigte insder Hölle, =... ...1%11,,289,,d. 11469), An, ineder, Außenzone.., ., -. 1% d.ii. 20%, An. Die optische Untersuchung der Plagioklase eines anderen Hand- stückes, das der unten mitgeteilten chemischen Analyse unterworfen wurde, ergab an einem Schnitte senkrecht zu M und P in der Hauptmasse. . +19, d. i. 390), An, im Myrmekitsaun . . —13'5, d. i. 20), An, an einem anderen ebensolchen Schnitt innen.) | 30311 170, du. 36% ,..An, außen) ENT 1 250, An. Die Hauptmasse der Plagioklaskristalle besteht sonach aus Oligoklasandesinen, die in den Kernen noch basischer werden können, in den Außenzonen aber Oligoklasen angehören. Unvermittelt rasch sinkt die Basizität in den Myrmekitsäumen, die die Kristalle krustenförmig umziehen. Diese sind in dem Gesteine sehr häufig in bester Aus- : ) Etude sur la determination des feldspaths dans les plaques minces. Paris 1894— 1896. 2) Tschermaks Mitteil., Bd. 14, pag. 413 und 563. Die zu den gemessenen Winkeln gehörenden An-Gehalte wurden einer Manuskripttafel des Herrn Prof, Becke entnommen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (W. Petrascheck.) 7 50 Dr. W. Petrascheck. [4] bildung zu beobachten. Nie fehlen sie in dem Hauptgesteine und fast nie in den später zu behandelnden basischen Ausscheidungen, überall dort, wo Plagioklas an Orthoklas angrenzt. Niemals aber trifft man Myrmekitsäume an der Grenze zwischen Plagioklas und Quarz. Unsere Fig. 1 auf Taf. IV illustriert ein Beispiel, wie ein breit entwickelter Myrmekitsaum dort scharf absetzt, wo an Stelle des Orthoklas Quarz an den Plagioklas herantritt. Daß. der Myrmekit immer in Verbindung mit Kalifeldspat auftritt, ist bereits von Becke!) beobachtet worden; es ist aber die Abhängigkeit in unseren Gesteinen eine so auffällige, daß sie hier nochmals ausdrücklich hervorgehoben werden muß. Immer sind es Glieder der Albitreihe, welche die als Myrmekit bekannten Verwachsungen von Plagioklas und Quarz bilden. Über die Art ihres Feldspats gab ein senkrecht zu M und P getroffener Schnitt in dem der Analyse unterworfenen Gesteine Auskunft. Es zeigte sich eine Aus- löschungsschiefe von 26°, d. i. 47°), An in der Hülle, 0°, d. i. 190%), An in der Außenzone, — 8°, d. i. 10%, An im Myrmekit, — md. wie er sich nicht selten als sehr schmale Zone noch außerhalb des Myrmekitsaumes findet. Viel häufiger, selbst bei dünnster Ausbildung der Quarzstengel, läßt sich die Natur des Plagioklases im Myrmekit nach der Methode Beckes?) durch Vergleich der Lichtbrechung mit derjenigen des Quarzes feststellen. Die Anwendung dieser zeigte 0%, An in dem quarzfreien Saume, >, So Era; was ebenfalls einem Albit entspricht. Der ziemlich frische Kalifeldspat bildet große xenomorphe Körner. In der Regel ist er von zarten perthitischen Spindeln durch- wachsen, zu denen noch ungemein feine Lamellen kommen, die an Zwillingsstreifung erinnern. In einem Schnitte | M löschte der Orthoklas unter 8°, die Spindeln unter 17° aus. Sie gehören also zum Albit; Mikroklin ist nicht vorhanden. Die xenomorphen Blättchen des Biotits erreichen selten 2 mm Größe. Das Achsenkreuz der Spaltblättchen öffnet sich im Konoskop nicht. Der Dichroismus ist sehr kräftig, a lichtgelblich, c=b dunkel- braun. Mit dem Babinetschen Kompensator gemessen ist „—a— 0'051. Gern häufen sich im Biotit Apatitnadeln an. Da sie älter sind als dieser, dienten sie ihm bei der Kristallisation offenbar als Anheftungspunkt. Lichtgrüner Chlorit von anormaler Doppelbrechung und Zoisit gehen durch Zersetzung aus dem Biotit hervor. Chloritaggregate finden sich auch mitunter als Ausfüllung kleiner miarolitischer Hohlräume. Quarz tritt als zuletzt zur Ausscheidung gekommener Bestand- teil auf. Er ist sehr reich an Flüssigkeitseinschlüssen. Undulöse Aus- !) Petrographische Studien am Tonalit der Rieserferner. Tschermaks Mitteil. 13 (1893), pag. 411. 2) Sitzungsber. der Akad. d. Wiss. Wien I, Bd. 102 (1893), pag. 358. [5] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 51 löschung zeigt an den untersuchten Handstücken die Spuren des Ge- birgsdruckes an. Die Ausscheidungsfolge der Hauptgemengteile läßt sich durch folgendes Schema illustrieren: Plagioklas Biotit Orthoklas Quarz Über die Quantitätsverhältnisse der Gesteinskomponenten gab eine nach der von Rosiwal!) angegebenen Methode vorgenommene Vermessung folgende Auskunft: Prozente Plagioklasırs:1.5.,:0.2839 Boerse HT Oeihoklası.d ware. 47097 Quarz sch 13 sianıı 27 Das dieser Messung unterworfene Gestein wurde von Herrn Regierungsrat von John auch einer chemischen Analyse unterzogen, wofür ihm an dieser Stelle bestens gedankt sei. Dieselbe ergab: v. John Scherer 1866?) Ba in HR 69:78 te 0) © SDUuR 0 60 DOReEn .. . "0°2D 22], (0P ee Fr TERN Mir \e 12:79 EUR ee Be WE 5 V Deo werte Er Nr 6.510 4:51 Iran: DL. 1,8 301°OpUr Game Ennelerıın, e.r.072:80 2:96 RIO Wr el. 009 1:05 DIROEn an, „1 9r „ir 52297 3:62 IN ROn ee. Ganz, KARTE 2:37 Giuhverlust 20 20...02.0°56 1.55 101.29 99-26 Bis auf den Tonerdegehalt stimmen beide Analysen gut überein. Es ist wahrscheinlich, daß die Tonerde etwas zu hoch befunden wurde, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß das Gestein nicht mehr völlig frisch war. Die Plagioklase waren häufig getrübt und auch der Biotit zeigte Spuren beginnender Umwandlung. Das Gestein ist mit Tonerde übersättigt. Die Aufstellung einer Typenformel nach der von Ösann angegebenen Berechnung erfordert die Berücksichtigung des H-haltigen Glimmermoleküls. Die Berechnung der nachstehend ange- 1) Verh. d. k. k geolog. Reichsanstalt 1898, pag. 143. a, Vel, Pichler, ]..c. pag. 258. 52 Dr. W. Petrascheck. [6] gegebenen Molekularprozente auf die entsprechenden Atom- gruppen lehrt, was schon die mikroskopische Untersuchung zeigte, daß es sich um einen normalen Granitit handelt. 305. 5 0 le AO ee F&0; 2. #60. EEE ER BE OD da 100.2 2 m Be KO. walk heeee Na EINES Es könnten noch die aus Nordamerika in weiter Verbreitung bekannt gewordenen Granodiorite zum Vergleiche herangezogen werden. Doch ist die chemische Zusammensetzung dieser stets Hornblende führenden Gesteine deutlich verschieden. Nach den Mittelwerten, die Lindgren!) angibt, zu urteilen ist der S&O,- und Al, O,-Gehalt der Granodiorite beträchtlich geringer, während der CaO- und Na, O-Gehalt höher ist. Basische Ausscheidungen. Sehr verbreitet sind in dem Granitit basische Ausscheidungen. Sie werden schon von Pichler?) erwähnt und auch Grubenmann’) gedenkt ihrer bei Beschreibung des Tonalits vom Iffinger. In den Steinbrüchen von Grasstein wird man auf jeder mehrere Quadratmeter großen Gesteinsfläche einige derselben finden. Ihre Dimensionen schwanken in der Regel zwischen Nuß- und Kopfgröße. Nur nahe am Südrande in der Gegend von Franzensfeste und in den Steinbrüchen beim Obersee in der Brixener Klause beobachtete Teller, daß basische sowohl wie saure Schlieren größere Bestandmassen bilden können. Bei den kleineren herrschen rundliche Konturen vor, doch kommen auch eckige Umgrenzungen selbst mit einspringenden Winkeln vor, so daß man zunächst an Einschlüsse zu denken versucht ist, die aber nicht vorliegen. NT Der Struktur nach kann man sehr feinkörnige, fast dichte Aus- scheidungen von mittel- bis kleinkörnigen und endlich porphyrischen unterscheiden. Eine Art Übergang zu den basischen Ausscheidungen bilden mittelkörnige, dunkelgefärbte Schlieren mit porphyrischen Plagioklasen, die neben den größeren Biotitblättchen des Hauptgesteines noch wolken- artige oder gruppenförmige Anreicherungen winziger idiomorpher Biotit- blättchen aufweisen. Der Kalifeldspat (Mikroperthit) bildet größere !) Gold-quartz veins of Nevada City. Un. St. Geol. Surv. VII. Ann Rep. (Washington 1896), pag. 35. 2) ]. €. pag.7259, 1. €. page 345 und Tab 4, Fig. 2. [7] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 53 poikilitische Körner, die von diesen Biotiten sowie kleinen Quarzen, auch Plagioklas erfüllt sind. Die Plagioklase stehen an der Grenze von Oligoklas und Andesin. Die Struktur der basischen Ausscheidungen ist die bei derartigen Bildungen gewöhnliche. In einer im Verhältnis zu den Einsprenglingen grobkörnigen, hypidiomorphen, aus Quarz und Orthoklas bestehenden Grundmasse liegen zahlreiche kleine automorphe Biotit- und Plagioklas- kriställchen. Oft erkennt man die bis mehr als 1/, cm großen poikilitisch struierten Orthoklase schon mit unbewaffnetem Auge an ihren ein- spiegelnden Spaltflächen, die aber erfüllt sind von den winzigen Ein- sprenglingen. Ein Strukturbild einer basischen Konkretion aus dem Tonalit des Iffinger hat Grubenmann gegeben !). Die Mineralkomponenten der Ausscheidungen sind in der Haupt- sache dieselben wie im Hauptgesteine. Nur in der Gegend von Franzens- feste fand Teller Schlieren, die unten besprochen werden sollen, da sie wegen des Gehaltes an Diopsid eine Sonderstellung einnehmen. Im übrigen zerfallen die Ausscheidungen nach ihrem Gehalte an ÖOrthoklas in zwei Gruppen, die aber nicht ganz scharf auseinander- zuhalten sind. Der einen fehlt der Kalifeldspat ganz oder fast ganz, in der zweiten ist er reichlich entwickelt. In letzterer stellt sich dann auch grüne Hornblende ein, die im Hauptgesteine nicht vorhanden war. Alle diese Ausscheidungen führen braunen Orthit verhältnis- mäßig häufiger als das Hauptgestein. Gern ist er mit Epidot ver- wachsen. Auch Apatit ist sehr verbreitet. Wiederum liegt er mit Vor- liebe im Biotit. Bei einem sehr feinkörnigen Einschluß fanden sich feinste, fast mikrolithenähnliche Apatitnädelchen in Menge in der Grundmasse verstreut. Hinsichtlich der Größe der Bestandteile sind bedeutende Schwan- kungen zu konstatieren. Es gibt Gesteine, die noch als mittelkörnig, und solche, die bereits als dicht zu gelten haben. Die Schwankungen machen sich sowohl an den idiomorphen Einsprenglingen wie an den Bestandteilen der Grundmasse bemerkbar. Werden erstere klein, so sind auch die Körner der letzteren kleiner. In dem feinkörnigsten Einschluß beträgt die Dicke der Plagioklastafeln im Durchschnitt 0:02 mm und der Durchmesser an Biotitblättchen 0:053—0°06 mm. In anderen, die aber noch nicht die gröbsten sind, steigen die Dimen- sionen fast auf das Zehnfache. Namentlich am Biotit bemerkt man, daß seine Blättchen um so schärfer umgrenzt sind, je kleiner sie sind. An den kleinsten Körnern des feinkörnigsten Gesteines beobachtet man gar nicht selten, und zwar besonders dort, wo sie im Quarz liegen, rundlich eiförmige Umrisse, wie man sie aus Kontaktgesteinen kennt. Auch das Mengenverhältnis zwischen Einsprenglingen und Grundmasse ist ein verschiedenes. Während in den einen beide ziemlich im Gleich- gewicht sind, treten erstere in anderen merklich zurück. Besonders merkwürdig ist die auffallende Abnahme an Plagioklaseinsprenglingen in den großen, oft schon mit bloßem Auge wahrnehmbaren Ortho- klasen, während die Biotite darin nicht spärlicher werden. DANERaNFien 2. 54 Dr. W. Petrascheck. [8] Orthoklasfreie und -arme basische Ausscheidungen. Diese sind entschieden seltener. Die Grundmasse wird von Quarz gebildet, in dem nur ganz vereinzelt wasserklarer Orthoklas auftritt. Biotit und Plagioklas störten sich oft im Wachstum und liegen nicht in isolierten Körpern in der Grundmasse eingebettet. Zonen- struktur ist am Plagioklas sehr gut und regelmäßig ausgebildet. Schnitte senkrecht zu M und P ergaben in: der Hülle tar ala MA a2 ir in der Außenzone . . . 12% d. i. 31%, An in einem anderen Falle Hülle, a Ha. Fe Be Außenzone 1.2 30% somBrkilid 2130 AR in einem dritten Falle | Kern; ar ee er Hülle. 2.2 .1E07..20 MEER Zoneste NUMERO TR Ze A Myrmekitsäume kommen, da es an ÖOrthoklas fehlt, nicht vor. Bei den Plagioklasen handelt es sich also um Andesine, deren Kern noch Labrador sein kann und die in der Außenzone Oligoklase sind. Hieraus folgt, daß im Vergleiche zu den Plagioklasen des Haupt- gesteines diejenigen der basischen Ausscheidungen nicht eigentlich basischer sind. Es fehlen ihnen nur die äußeren Zonen, die sich dort durch weitere Fortwachsung noch gebildet haben. Sie stellen gewisser- maßen auf einer älteren Entwicklungsphase stehen gebliebene Indi- viduen dar. Die Mengenverhältnisse der Gesteinsbildner ergeben sich aus einer nach der Methode Rosiwal vorgenommenen Vermessung wie folgt: Prozent Quarzdr ze ran: 2A Plagi0klas.ı? 2... Aura Bioliiamam: Shanlfr22 Hornblendde . . . 1 Das Anschwellen der Plagioklas- und Biotitmenge ist also im Vergleiche zum normalen Granitit sehr bedeutend. Als Gestein für sich betrachtet, würden derartige basische Aus- scheidungen noch als Quarzglimmerdiorite zu bezeichnen sein. OÖrthoklasführende basische Ausscheidungen. Die Mengenverhältnisse der ‘beiden Komponenten der Grund- masse sind verschieden. Es gibt Gesteine, in denen der Quarz in der Grundmasse überwiegt, während er bei anderen: zwischen großen Orthoklasen verhältnismäßig kleine Körner bildet. Außer *Orthoklas, der in frischen Stücken ganz klar ist, findet sich auch noch, und zwar [9] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 55 vorwiegend, Mikroperthit. Sein Habitus ist derselbe wie im Haupt- gesteine, wie dort weist er neben den perthitischen Spindeln noch ganz feine Lamellen auf. Orthoklas und Mikroperthit können in einem Gesteine nebeneinander vorkommen. Für die Plagioklase wurden in verschiedenen Ausscheidungen einigermaßen auseinandergehende Werte gefunden. Die basischeste hatte ein durch ziemlich große Biotite mittelkörniges Gestein, dessen Grundmasse vorwiegend aus Quarz bestand. Die gedrungen leisten- förmigen Durchschnitte der Plagioklase wiesen sehr gute Zonen- struktur auf. Bei zwei zu M und P senkrechten Durchschnitten löschte der Kern bei 35°5° aus, d. i. 650), An die Hülle des einen bei 23°, d. i. 43%), An die des anderen ging bis 209 70.70 290 An Eine ebenfalls noch quarzreiche Ausscheidung, von der Teller am Bahndamme bei Franzensfeste große Blöcke fand, die aber auch große, einspiegelnde Orthoklase enthielt, besaß größere Plagioklas- kristalle als obige. An denselben maß ich an zu M und P senkrechten Schnitten an drei Individuen im Kern 225°, d. i. 45%), An die Außenzone ging bei einem bis auf 10 4. 19299, An bei einem anderen auf 7 a0. 1. 220, An herab, während der Myrmekitsaum — 89, d. i. 10%), An zeigte. Bei einer an Mikroperthit reichen basischen Ausscheidung zeigte ein Karlsbader Doppelzwilling konjugierte Auslöschungsschiefen, die nach den Tabellen von Michel Levy auf einen Anorthitgehalt von 50—60°/, im Kern schließen ließen, während die Hülle etwa 40°), An besaß. In einem anderen Gesteine zeigten Durchschnitte senkrecht zu M und P Imnen®ans ..... „o000..d 41,030, An AUbERSE alıdzs 2m 0:00, d..1,, 280, AR Innerhalb der hier angegebenen Zahlen bewegen sich noch einige andere Messungen, die an derartigen basischen Ausscheidungen vor- genommen wurden. Es handelt sich sonach um Plagioklase, deren Kerne Labradore sind, deren Hüllen zum Andesin gehören und die nach außen in Oligoklase übergehen. Im Kern sind sie also etwas basischer als diejenigen des Hauptgesteines. Anderseits sind die albit- reicheren Teile, die Außenzonen, weniger breit entwickelt, vielleicht 56 Dr. W. Petrascheck. [10] auch etwas basischer. Endlich ist aber beim Vergleiche zu berück- sichtigen, daß in den viel feinkörniger ausgebildeten basischen Aus- scheidungen die Wahrscheinlichkeit, im Dünnschliff den Kern der Plagioklase zu treffen, bedeutend. größer ist als bei dem grobkörnigen Hauptgesteine. Darum konnte auch bei den Ausscheidungen eine weit größere Anzahl von Plagioklasdurchschnitten zur Prüfung gelangen. Bemerkenswert ist, daß man in dem normalen Granitit häufig Durch- schnitte mit einem Kerngerüste trifft, bei dem also die basischen Plagioklase durch nachträgliche magmatische Umwandlungen wieder teilweise zerstört wurden. Derartige Kerngerüste fehlen den Plagio- klasen mancher basischer Ausscheidungen völlig. Myrmekitist in den Ausscheidungen recht verbreitet und tritt sowohl in Säumen wie in Zapfen auf, die im Verhältnis zu den Plagio- klasen, an denen sie haften, oft recht groß sind. Die Quarzstengel derselben sind manchmal sehr zart und dünn, manchmal ziemlich kräftig. Quarzfreie Säume sind häufig vorhanden, öfters sind nur diese entwickelt, der eigentliche Myrmekit fehlt also. Die strenge Ab- hängigkeit vom Kalifeldspat ist auch hier vorhanden. Ofter als in dem Hauptgesteine kann man aber die Wahrnehmung machen, daß ein Plagioklas im Orthoklas liegt, ohne daß es zur Ausbildung von Myrmekit kommt. Ist jedoch der Kalifeldspat ein Mikroperthit, so ist Myrmekit immer vorhanden. Die kleinen, gut begrenzten Biotitblättchen zeigen sehr kräftigen Pleochroismus, a lichtgelb, c dunkel schwarzbraun. Die Doppelbrechung ist nach Messung mit dem Babinet Y—x = 0'050, also so wie im normalen Granitit. Hornblende ist in diesen Ausscheidungen sehr verbreitet. Sie tritt meist in einzelnen gedrungenen, in der Prismenzone scharf ausgebildeten Kriställchen oder in Nestern angehäuft auf. In letzteren ist sie gern mit Biotit verwachsen. In einem Schnitte angenähert parallel 010 war die Auslöschungsschiefe c:c = 18%. Die Doppel- brechung y—a wurde mit dem Babinet zu 0'023 gemessen. Der Pleochroismus ist kräftig, a sehr licht gelblichgrün, b dunkel bräunlich- grün, c dunkelgrün. Die Vermessungen einer Probe gab nachfolgende prozentuelle Verteilung der Mineralkomponenten: Quarz 272.20 Ortheklas.,. 2... „18 Plagioklas . . . . 44 Bios 2 n,22.07312 Hornplende> 2. TR Als Gestein für sich betrachtet, würden diese basischen Aus- scheidungen den Tonaliten am nächsten kommen, haben aber für diese einen ziemlich hohen Gehalt an Kalifeldspat aufzuweisen. Diopsidhaltige basische Ausscheidungen. Eine ganz isolierte Stellung nehmen Diopsid führende basische Ausscheidungen ein. Teller fand dieselben in mächtigen Gangschlieren [11] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 57 bei Franzensfeste. Der Diopsid bildet kleine iodiomorphe Kristalle. Außerdem ist noch grüne Hornblende und brauner Biotit vorhanden. Die Körner des Plagioklases haben ebenfalls idiomorphe Gestalt und gute Zonenstruktur. Schnitte, die zu M und P senkrecht waren, er- gaben: im Kern 37°, d. i. 68%), An in der Außenzone 14°, d. i. 330), An bei einem anderen Durchschnitte im Kern 42°, d. i. 90—100°), An in der Hülle 22°, d. i. 42%), An Da sich die Kurve der Auslöschungsschiefen in Schnitten senk- recht zu M und P bei sehr basischen Plagioklasen nur wenig ändert, sind Messungen in diesem Gebiete zur genaueren Bestimmung nicht verwendbar. Es ließ sich jedoch an Kernen mit großer Auslöschungs- schiefe feststellen, daß sie optisch positiv sind, woraus hervorgeht, daß noch Labradore vorliegen, die in den Außenzonen nur bis auf sehr basische Oligoklase heruntergehen. Die Grundmasse, welche die Zwischenräume erfüllt, besteht aus Quarz und Oligoklas, die häufig mikropegmatische Verwachsung zeigen. Wegen seines Diopsidgehaltes und der basischen Plagioklase möchte man das Gestein dieser Ausscheidungen mit Monzonit vergleichen, mit dem es auch gewisse strukturelle Eigentümlichkeiten gemein hat. Der bedeutende Quarzgehalt jedoch zeigt an, daß wir es hier mit einem anderen Gesteinstypus zu tun haben. Nicht selten, an feinkörnig bis dichten Ausscheidungen deutlicher als an mittelkörnigen, beobachtet man, daß die dunkle Masse der Aus- scheidungvoneinem hellen Saume umgeben wird, dem der Biotit völlig oder fast völlig fehlt. Betrachtet man den Rand der Aus- scheidungen unter dem Mikroskop, so bemerkt man, daß er lediglich durch das Aufhören der kleinen idiomorphen Einsprenglinge gebildet wird. Die Quarze und ÖOrthoklase, die die Grundmasse bilden, hören nicht mit dem Rande der Ausscheidung auf, sondern setzen sich noch in das umgebende Gestein von normalem Gefüge oder in den hellen Saum hinein fort. Auch ist die Konstitution der Plagioklase dieser biotitfreien Säume dieselbe wie diejenige der Plagioklase des Haupt- gesteines. Endlich sind die Mikropertithe in der umgebenden Gesteins- masse ebenso ausgebildet wie in den Ausscheidungen. Deutet die Verwachsung der Grundmasse der Ausscheidungen mit dem Haupt- gesteine darauf hin, daß erstere ein integrierender Bestandteil des letzteren sind, so geht weiters aus dem Vorhandensein eines biotit- freien oder biotitarmen Saumes hervor, daß Spaltungsvorgänge an der Bildung der Ausscheidungen beteiligt sind und diese nicht etwa nur mechanische Anhäufungen der ersten Kristallisationsprodukte sind. Das Auftreten von Hornblende, die in dem umgebenden Gesteine fehlt, weist auf ein an CaO reicheres Magma hin, das sich auch in den anorthitreicheren Feldspaten äußert. Auffällig ist dabei, daß die Plagioklase des unmittelbar an die Ausscheidungen angrenzenden Ge- Jahrbuch d.k.k, geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (W. Petrascheck.) 8 58 Dr. W. Petrascheck. [1 2] steines auf keine Verminderung des Kalkgehaltes im Vergleiche zu der übrigen Gesteinsmasse schließen lassen, denn es wurden, wie erwähnt, in hellen Säumen dieselben Werte aufgefunden wie in dem angrenzenden Hauptgesteine. Tonalitgneis. Ähnliche Wege wie in den basischen Ausscheidungen schlug die Differentiation bei der Bildung der basischen Randfazies, dem Tonalit- gneis ein, der, wie Teller gezeigt hat, die Masse im Norden mantel- artig umgibt. Im Anstehenden zeigen die Gesteine deutliche Schieferung, die im Handstücke manchmal verloren geht. Die Gesamtfarbe ist wegen des größeren Reichtums an Biotit und der oft vorherrschenden Hornblende dunkler. Die letztere ist in größeren Individuen ausgebildet als der Plagioklas, ihre Säulen erreichen zuweilen 1 cm Länge und 0°5 cm Dicke. An ihnen bemerkt man oft schon mit unbewaffnetem Auge die Spuren des Gebirgsdruckes, der die Parallelstruktur des Gesteines erzeugt hat, denn sie sind zerbrochen. Es zeigt sich ferner, daß Quarz und Feldspate zu schweifartigen und linsenförmigen Körpern ausge- zogen sind, sowie daß Häute von Biotit und Hornblende Augen von Plagiogklas umgeben. Wie schon der bloße Augenschein lehrt, so ent- hüllt auch das Mikroskop das Bild reinster Kataklasstruktur ganz ebenso wie es von Salomon!) an dem Tonalitgneis des Adamello beobachtet wurde. Es wurde schon von Becke?) hervorgehoben, daß reine Druckschieferung unter Erhaltung des ursprüng- lichen Mineralbeständes diese Gesteine im Gegensatz zu den kristallisationsschiefrigen Tonalitgneisen der Tauern auszeichnet. An- deutungen dieser letzteren finden sich nur in einem eigentümlichen Tonalitgneis mit porphyrischen Plagioklasen vom Rabenstein, der später behandelt werden wird. Wie immer in derartigen dynamometamorph veränderten Ge- steinen trifft man auch hier sehr verschiedene Pressungsgrade neben- einander. Es lehren das die Aufschlüsse südlich von Mauls ebenso wie der mikroskopische Befund der Belegstücke von anderen Lokali- täten. Steigert sich die Pressung in einzelnen Gesteinen (vom Nockbach bei Mauls) so weit, daß Mylonite zustandekommen, die aus einem durch das Mikroskop nicht mehr auflösbaren feinen Zerreibsel, in dem ein- zelne etwas größere eckige oder gerundete Quarz- und Feldspatsplitter liegen (vgl. Taf. IV, Fig. 5), so zeigen andere nur eine geringere Zer- trümmerung und beginnende randliche Kataklase. Hornblende, Plagioklas, Quarz und Biotit sind die Hauptgemeng- teile, deren Mengenverhältnisse beträchtlichen Schwankungen unter- liegen. Als Nebengemengteile treten Epidot, Zoisit, Chlorit und Eisen- glanz, ferner Orthit, Apatit, Titanit und Zirkon auf. Erstere sind Neubildungen, letztere akzessorische Gemengteile. Die Plagioklase zeigen gute Zonenstruktur, außerdem sind sie häufig, doch nicht in allen Gesteinen von feinen Adern mit geringer !) Neue Beobachtungen aus den Gebieten der Cima d’ Asta. Ts chermaks Mitt. 12 (1891), pag. 411. 2 ?) IX. Intern. Geologenkongreß. Führer VIII, pag. 41, [13] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 59 Lichtbrechung durchzogen, deren Zugehörigkeit zum Albit sich er- weisen ließ, ganz ebenso wie dies Becke!) bei den Plagioklasen im Tonalit des Rieserferner beobachtet hat. Über die Beschaffenheit der Plagioklase geben folgende Messungen Aufschluß: Schnitt senkrecht zu M und P mem N. 3a iA Elallen un: sn y28rd, 1. DO AN Dieser letztere Wert oder ganz nahe an demselben liegende wurden in sehr zahlreichen Durchschnitten verschiedener Handstücke gefunden. Der optische Charakter dieser Plagioklase ist positiv. Ein Karlsbader Doppelzwilling, von dem ein Individuum (1) zu M und P senkrecht getroffen war, gab unter Anwendung der Tafeln von Michel Levy folgende Resultate: 1. 2, Kerns. 41'5° 249, °d. 1. ca. 80% An Hülle. . . 2850 220, d.i. ca. 490), An Noch basischer war der Kern des Plagioklases eines südlich von Mauls geschlagenen Gesteines, das eine Hornblende von ziemlich lichter Färbung und 16° Auslöschungsschiefe besitzt. Hierselbst maß ich bei einem Karlsbader Doppelzwilling von dem ebenfalls ein Individuum (1) zu M und P senkrecht getroffen war: Ir 2. Bern 7, ,0"430 a0 dr, 230, An Lanllen 0. '1.,.7290 19°, d. i. 40—50°/, An Bis zu welchen Werten der Anorthitgehalt in den Außenzonen herabgegangen sein mag, darüber konnte kein Aufschluß erhalten werden. Zum Teil mögen die äußeren Partien der Kristalle der Mörteistruktur zum Opfer gefallen sein. Nur in einem Gesteine, das neben Hornbleude viel primären Biotit enthielt, wurde außer Plagio- klasen, die an der Grenze von Labrador und Andesin standen, ein Durchschnitt gefunden, der zu M und 7° senkrecht getroffen war und eine Auslöschungsschiefe von 180, d. i. 370), An gab. Wie die Messungen lehren, ist also Labrador der herrschende Feldspat, im Kern aber ist er wesentlich basischer (meist Bytownit). Auch die Plagioklase eines orthoklas- führenden Tonalitgneises vom Nockbache sind ebensolche Labradore von 50°/, Anorthitgehalt. Myrmekit fehlt allen den Gesteinen, mit Ausnahme des zuletzt erwähnten, in dem einige Reste gefunden wurden. Delee.pa2.2392: 8*+ 60 Dr. W. Petrascheck. 14] Daß die Plagioklase von einem sehr feinen Albitgeäder durch- zogen werden, wurde schon erwähnt. Die Bestimmung des Albits erfolgte durch Vergleich der Lichtbrechung nach der von Becke angegebenen Methode. Die Albitadern kommen nicht überall in gleicher Stärke zur Entwicklung, manchen Gesteinen fehlen sie, was nicht bloß mit der stärkeren oder geringeren Pressung, die das Gestein erfahren hat, in Verbindung zu bringen ist. Man kann beobachten, daß die Adern sich zuweilen aus dem Plagioklas in angrenzenden Quarz oder Hornblende hinein fortsetzen. Anderseits kommt es vor, daß in Plagioklaskörnern mit klaffenden, von zerträmmertem Quarz erfüllten Rissen die Albit- adern durch den Quarz abgeschnitten werden, um sich jenseits der Spalte wieder fortzusetzen. Die einen Adern sind somit jünger, die anderen älter als die Zertrümmerung. Es ist demnach wahrscheinlich, daß ihre Bildung zu gleicher Zeit mit der Pressung erfolgte. Die Hornblende zeigt oft in schönster Ausbildung die Croßsche Streifung. Der Pleochroismus ist kräftig, a gelblichgrün, b dunkelgrün, c blaugrün. Die Auslöschungsschiefe in Schnitten parallel der Achsen- ebene ist 14°, die Doppelbrechung y—x = 0'021. Der Achsenwinkel wurde zu 2/7 = 70° gemessen. Ähnliche niedrige Werte fand Becke am Adamellotonalit und am Tonalit des Rieserferner. In einem ungemein hornblendereichen, südlich von Mauls anstehenden Gestein wurde die Auslöschungsschiefe zu 15%, y—ax = 0'021, 2 V = 68° gemessen. Die Farben der Hornblende waren etwas lichter. In anderen Handstücken wurden noch Auslöschungsschiefen von c:c = 13° und 16° beobachtet. Von dem Biotit ist ein Teil unzweifelhaft sekundär aus Hornblende hervorgegangen, während ein anderer Teil primär ist. Das erstere geht daraus hervor, daß der Biotit oft dort mit Hornblende verwachsen ist, wo diese starker Pressung ausgesetzt war. Am deutlichsten erkennt man es (vgl. Fig. 2, Taf. IV) an großen Hornblenden, die quer durchgebrochen wurden, da in der Bruchzone die Hornblende in Biotit umgewandelt worden ist. Bei dem primären Biotit ist, wie Einschlüsse von Biotit in Hornblende beweisen, jener älter als dieser. Die Farben des Biotits sind nicht sehr intensiv, a lichtgelblich, c kräftig braun. Mit dem Babinet wurde y—x« als zwischen 0'040 und 0'047 liegend bestimmt. Die häufigsten Neubildungen sind Epidot und Chlorit. Ersterer ist lichtgelblich und optisch positiv. Er bildet unregelmäßige Körner in der Nähe von Hornblenden und in Zonen gesteigerter Pressung. Auch Risse in der Hornblende sind zuweilen von Epidot erfüllt. Gern umwächst er die nicht selten vorkommenden Orthite. Chlorit ist aus Hornblende und aus Biotit hervorgegangen. Oft kann man beobachten, daß Biotit in Chlorit von anormaler Doppelbrechung übergeht. Ebenso wie der Epidot liegt auch der Chlorit gern in den Strähnen stark zerdrückter Mineralkörner, in denen außerdem oft die Biotitblätter, soweit sie nicht zerrieben wurden, zusammengeschoben sind. In diesen Strähnen finden sich häufig opake, nur im stärksten Lichte durch- scheinende, dünne, oft scharf sechsseitige Blättchen, die in der Richtung der Schieferung eingelagert sind. Es ist Eisenglanz, der sich mit kochender Salzsäure auflösen läßt. Bemerkenswert sind ziemlich große Apatitkörner, die ebenfalls in den Trümmersträhnen [15] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen, 61 liegen. Es scheint, als sei der Apatit dem Gebirgsdrucke gegenüber ziemlich widerstandsfähig. Im übrigen ist das Bild dieser kataklastischen Gesteine das bekannte und vielfach beschriebene. Zeigte der Quarz schon in dem normalen Gesteine oft undulöse Auslöschung und die bekannte Felder- teilung durch in der c-Achse liegende Risse, so ist er hier völlig deformiert und zerdrückt. Als eine plastisch gewordene Masse drängte sich sein Pulver in die Risse, die im Feldspat und der Hornblende entstanden, wovon unsere Fig. 4 ein Bild gibt. Wie immer ist die Zertrümmerung des Plagioklases eine viel geringere, oft nur eine randliche, während der Quarz völlig deformiert wurde. Noch widerstandsfähiger gegen den Druck erweist sich die Hornblende, von der die relativ größten Körner erhalten geblieben sind. Gern folgen die Sprünge in ihr der Spaltbarkeit, noch öfter aber bemerkt man, daß ihre langen Prismen ein oder mehreremal quer durchgebrochen sind. Undulöse Aus- löschung oder Zerfall in Felder von um ein geringes verschiedener Auslöschung ist an den Hornblenden der stark gepreßten Gesteine die Regel. Neubildungen liegen meist in den Strähnen stark zerriebenen Gesteinmaterials oder sie erfüllen klaffende Sprünge in einzelnen Mineral- körnern. Auch die Beobachtung, daß verschiedene Minerale verschieden stark von der Pressung beeinflußt werden, daß der Quarz viel leichter zerdrückt wird als die Feldspate, ist häufig gemacht worden, letzteres sogar die Regel, trotzdem die Druckfestigkeiten von Quarz und ÖOrthoklas, wie Rinne!) gezeigt hat, eher das Gegenteil vermuten ließen. Man darf deshalb wohl annehmen, daß die Verhältnisse bei dem die Kataklasstruktur erzeugenden Gebirgsdrucke von denen des Experiments sehr verschieden waren. Sie müssen, sobald eine Lockerung des Mineralgefüges erfolgt war, denen des allseitigen Druckes viel näher kommen. Auch kann die Durchfeuchtung und die Erwärmung der gepreßten Masse nicht ohne Wirkung geblieben sein. Letztere kann auf die Kohäsionsverbältnisse modifizierend einwirken, beide zusammen im Vereine mit dem Drucke müssen von größtem Einfluß auf die Mineralneubildungen sein, die in unserem Gesteine eine sehr seringe Rolle spielen. Starker Druck war vorhanden, eine gewisse Erwärmung muß seine Folge sein. Von dem Grade der letzteren sowie von der Art der Durchfeuchtung dürfte die Menge und Art der Neubildungen beeinflußt sein. Über die chemischen Verhältnisse des Tonalitgneises gibt eine Analyse, die Herr Regierungsrat von John für mich auszuführen die Güte hatte, Auskunft. Das Gestein stammt von Mauls und ist vollkommen frisch, Hornblende und Biotit (letzterer überwiegt) treten gegen Quarz und Plagioklas stark zurück. In ihm wurde der oben erwähnte Plagioklas von nur 37°/, An-Gehalt gefunden, andere Durch- schnitte deuten auf an der Grenze von Andesin und Labrador stehende Plagioklase hin. Die Analyse ergab: !) Zentralbl. f. Mineralogie, 1902, pag. 262. 62 Dr. W. Petrascheck. | [16] SO AEe TO; er AR 20:8 SR EnRIN 0:43 Al, Os re. 370 Pe DATEN 96 Be are Mn Os \\. Sram. Erd CO HE EEE MOSE El a Be KON an Nas (0) 3 5 : 2-28 Glühverlust OT Summe . .... 10042 In Molekularprozenten ausgedrückt ist die Zusammensetzung: be PB N ABO BE N Pie, 0, I TE OO ER OO MIDTEN TANRBRETES MOM el, DIRUEREGD KM Br NO ar a3 Es handelt sich wieder wie bei dem oben behandelten Granitit um ein Gestein mit Tonerdeüberschuß. Nach der von Osann an- gegebenen Gruppierung läßt sich folgende Typenformel aufstellen, bei der die überschüssige Tonerde in Verbindung mit Wasserstoff als Glimmermolekül berechnet wurde: S66-6 ds (7 fa Bei der Betrachtung der chemischen Konstitution des Tonalit- gneises, insbesondere beimVergleiche mit ähnlichen, aber unveränderten Eruptivgesteinen sind die chemischen Umwandlungen zu berücksichtigen, die, wie Reinisch!) gezeigt hat, die mechanischen Umformungen zu begleiten pflegen. Nach Reinisch macht sich in kataklastisch deformierten Gesteinen eine Abnahme an S0,, CaO, Na, O und eine Zunahme an Al, 0,, FeO, Fe, OÖ, K,O und H,O bemerkbar. Für die Beurteilung der Größe dieser nachträglich im chemischen Bestande unseres Tonalitgneises eingetretenen Verschiebungen fehlt es an der nötigen Grundlage. Vielleicht darf man annehmen, daß sie nur unbedeutend war, da die Menge der Neubildungen eine verschwindende ist. Immerhin aber beeinträchtigt die Beobachtung Reinisch’ etwas den Wert obiger Typenformel wie der Analyse überhaupt, sobald es sich um einen Vergleich mit anderen tonalitischen Gesteinen handelt. !) Druckprodukte aus Lausitzer Biotitgranit und seinen Diabasgängen. Leipzig 1902. [17] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 63 Eigenartige Ausbildung nimmt der Tonalitgneis zwischen Raben- stein und der Heißbodenalpe südwestlich vom Penser Joch an. Das beistehende Profil Tellers veranschaulicht die Verhältnisse dieses die Verbindung .des Iffinger mit der Brixener Masse herstellenden Gebirgsstückes. Über dem Tonalit des Iffinger Kernes liegt ein flaseriger feinkörniger Biotitgneis von graulichgrüner Farbe, aus dem kleine Feldspataugen hervorschimmern. Diese bestehen aus einem sauren Oligoklas von siebartiger Struktur. Runde und längliche, dann oft ge- krümmte Quarztropfen und Quarzkörner liegen in Menge in ihm. Sonst bemerkt man nur noch Quarz, dann Biotit, Chlorit von anormaler Doppelbrechung, Granat und Apatit. Es ist ein kristalliner Schiefer, der Spuren hochgradigen Gebirgsdruckes aufweist. Dieser ist an der Grenze gegen den Tonalitgneis der Eruptivmasse eingelagert. Auch aus der Fortsetzung des Tonalitzuges im Iffinger Gebiete erfahren wir durch Künzli!), daß „in dem randlichen Hornblendetonalitgneis 1—2 Fig. 1. Weinsenb, Bl ( Hesokeden) enbac a Alpe 50 Slacialterzanse NW von Negele Ay Raketen ” N = 52 8% 1 Profil von Rabenstein (nach Teller). 1. Quarzphyllit mit Gangbildungen von Diahasporphyrit (y). — 2. Granit. — 3. Gneiszug. — 4. Tonalitgneis. — 5. Bänderkalkzüge (z) mit dünnen Phyllitgneis- zwischenlagen. — 6. Granatführender Phyllitgneis. — 7. Wechsel von Glimmer- schiefer und Gneisen. meist wenige Meter mächtige Zonen von kristallinen Schiefern, in denselben Ausbildungsarten, wie sie etwas weiter außen den zusammen- hängenden Mantel aufbauen, eingelagert sind“. Spuren einer Kontakt- metamorphose konnten an diesen Biotitgneisen nicht gefunden werden. Es ist möglich, daß sie durch den Gebirgsdruck nachträglich verwischt wurden. Auch Künzli konnte nur in vereinzelten Fällen an derartigen Einlagerungen sowohl, wie an den Gesteinen des Mantels Erscheinungen der Kontaktmetamorphose nachweisen. Uber dem Biotitgneis folgt der Tonalitgneis, der hier einen ganz abweichenden Habitus hat. Es sind das grobkörnige feldspatreiche Ge- steine, die Teller wegen ihres Habitus Arkosegneise nannte 2). Ihr !) Die Kontaktzone um die Ulten-Iffingermasse. Tschermaks Mitt. 18 (1899), pag. 26 (Sep.). 2) Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1881, pag. 70. 64 Dr. W. Petrascheck. [18] Hauptgemengteil sind bis !/, cm große zwillingsgestreifte Plagioklaskörner, die gute Zonenstruktur besitzen. Ein zu M und P senkrecht getroffener Schnitt ergab eine Auslöschungsschiefe von 22'5°%, was einem Andesin von 43°/, Anorthitgehalt entspricht. Undulöse Auslöschung, Biegungen der Lamellen und Risse, welche diese verschieben, geben einen Beweis von den Pressungen, denen diese großen Plagioklaskörner ausgesetzt waren. Neben Plagioklas ist auch etwas Orthoklas vorhanden. Zwischen den gerundeten Feldspatkörnern hindurch zwängt sich ein gänzlich zerdrücktes, vorwiegend aus Quarz bestehendes Gesteinsmaterial. Auch ganz zerriebener Biotit liegt in diesen Strähnen, daneben noch neu- gebildete kleine Körner von Epidot sowie Biotite, die nur schwache Biegungen aufweisen und zum Teil Neubildungen sein können. An der Basis dieser grobkörnigen Tonalitgneise bemerkte Teller eine scharf begrenzte Einlagerung eines dunklen amphibolitähnlichen Gesteines mit vielen porphyrisch hervortretenden, über zentimeter- großen, wohlumgrenzten, lichtbräunlichen Feldspatkristallen. Auch dies ist ein Tonalitgneis. Die Grundmasse desselben besteht aus Plagioklas, Quarz und grüner Hornblende. Die Hornblende zeigt vielfach aufs deutlichste beginnende Umwandlung in Biotit. Die dünnen Biotit- blättchen setzen gern längs der Spaltrisse der prismatischen Spalt- barkeit der Hornblende ein und sind in paralleler Stellung mit der Hornblende verwachsen, so daß also die Achsenebene des Biotits mit der Querfläche der Hornblende zusammenfällt. In geringer Menge ist Epidot vorhanden. Die kleinen Plagioklase zeigen Zonenstruktur. Bei einem zu M und P senkrechten Schnitt zeigten sich Auslöschungs- schiefen von 38°. .innen, U. dr ne il. SO ZEN AR 320 außen, d. 1. SR a 550%), An Es handelt sich somit um sehr basische zwischen Labrador und Bytownit stehende Plagioklase. Niemals zeigt sich an ihnen kristallo- graphische Begrenzung. Vielmehr bilden die Plagioklase und die kleinen undulösen Quarze ein gleichförmiges Mosaik. Nur die Hornblende besteht oft aus größeren Individuen, an denen man öfters noch deut- liche Bruchflächen bemerkt. Fein zerriebener Detritus fehlt, ebenso Zonen stärkerer Pressung. Es hat bereits eine Umkristalli- sierung stattgefunden, die an die Kristallisations- schieferung, die durch Becke!) ausden Tauern bekannt sewordenist, erinnert. In dieser Grundmasse liegen Einsprenglinge von Plagioklas mit scharfer kristallographischer Begrenzung. Diese sind in ihren äußeren Teilen sehr reich an Einschlüssen. Hauptsächlich sind es oft zonar angeordnete Quarztropfen und Stengel, die einigermaßen an den Myr- mekit erinnern, hierzu kommen in manchen Durchschnitten noch dünne Hornblendesäulen. An Periklinlamellen ergab Beckes Methode der Messung des Achsenaustrittes: im Ken ABr 11%, d.i. . . . 24%, An im Saum ABr 345%, d.i. . . . 360%), An !) Anzeiger der k. Akad. d. Wiss. Wien 1903, pag. 113. [19] Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. 65 Es ist somit der Saum basischer als der Kern. Für letzteren konnte auch noch der Vergleich der Lichtbrechung mit Quarz durch- geführt werden. Es wurden bei Parallelstellung Kreuzstellung a. 2 e>a, w>y was einem sauren, auf der Grenze zu Albit stehenden Oligoklas ent- spricht. Stets hat der Plagioklas des Myrmekits dieselbe Orientierung wie der Kristall, dem er aufsitzt, so daß man bei orientierten Durch- schnitten des letzteren in der Lage ist, auch den Feldspat des Myr- mekits zu bestimmen. Nicht selten kann man beobachten, daß sich die Zwillingslamellen des Plagioklases in den Myrmekit hinein fortsetzen, woselbst sie aber, weil viel saurer, oft entgegengesetzte Auslöschung ı) 1. c. pag. 412 2 Dr. W. Petrascheck. r [26] zeigen. An Schnitten, die zu M und P senkrecht waren, erhielten wir in einem Falle eine Auslöschungsschiefe von — 13:50, d. i. 2%, An, in einem anderen Durchschnitte desselben Gesteines (analysierter Granit von Grasstein) im Myrmekit .«. . 2 —89 d. i. 10%, An im quarzfreien Saum . —15°%, d. i. 0%), An Ein Plagioklas desselben Gesteines, der zu M parallel getroffen war, gab folgende Werte: Kern... 2. en ae innen Hülle. -. +. 0. 9.2.0 2a el, Außenzone..........le. ne ed 1A Myrmekit +... 0... .0°. 222042209, 042 1.7240, An quarzfreier Saum ... +16%d.i. 6%, An In dem Pegmatit, dessen Plagioklas sehr sauer war, fehlen die Myrmekitsäume meist. An einem solchen wurden senkrecht zu M und P, wie oben bereits erwähnt, — 149, Wr AR beobachtet. Nicht selten wird man bemerken, daß die Albitspindeln des an- gsrenzenden Perthits mit dem Myrmekit oder dem quarzfreien Saum !) desselben gleich orientiert sind und zu gleicher Zeit auslöschen ; da sie auch dieselbe Zusammensetzung haben, liegt es nahe, sie als gleich- altrige Bildungen aufzufassen. An den soeben erwähnten, zu M paral- lelen Plagioklas grenzte ein Orthoklas, der ebenfalls zu M parallel getroffen war. Die Perthitspindeln in ihnen zeigten zu den Spaltrissen von F eine Auslöschung von 15°, gehören also zum selben Albit, wie der quarzfreie Saum. In dem Aplit zeigten ebenso geschnittene Perthit- spindeln + 16°, in dem Pegmatit + 190 Auslöschungsschiefe. Sie ge- hören also in letzterem reinem Albit an. Es ist aber auch wiederholt schon für den Perthit eine sekundäre Entstehung angenommen worden. Neuerlich hat sich Wenglein?) dafür eingesetzt, daß die perthitischen Albitlamellen erst nach Ver- festigung des Gesteines eingelagert wurden. Für die Perthite unserer Gesteine kann solches nicht angenommen werden, denn einmal zeigen !) Zwar scheint für die quarzfreien Säume der Name Myrmekit nicht mehr zu passen, weil ihnen die charakteristischen Quarzstengel fehlen. In der Art ihres Auftretens geben sie sich aber unzweifelhaft als ein Teil, und zwar als das jüngste Produkt der Myrmekitbildung zu erkennen. Gerade so wie die Quarzstengel im Myrmekit an einer Linie gleichzeitig mit einer Änderung der Auslöschungsschiefe des Plagioklases einsetzen, geradeso enden sie an einer Linie, jenseits deren dann ebenfalls sich ein rascher Wechsel der Auslöschungsschiefe vollzieht. In manchen basischen Ausscheidungen kam es sogar vor, daß nur der quarzfreie Saum vor- handen war, der sich aber in der ganzen Art seines Auftretens doch deutlich als Analogon des echten Myrmekits zu erkennen gab. 2) Über Perthitfeldspate, Diss. Kiel 1903. wu [27] Über Gesteine der Brixner Masese und ihrer Randbildungen, N: die perthitführenden Gesteine oft nicht die geringste Beeinflussung durch Gebirgsdruck sowohl wie durch zirkulierende, Umsetzungen her- vorrufende Lösungen, dann aber ist die Perthitbildung oft eine so feine, daß sie unmöglich sekundärer Entstehung sein kann. Außer von den Perthitspindeln werden die Orthoklase nämlich noch von außerordentlich feinen und zarten, ganz geraden dünnen Albitlamellen, die an Zwillings- streifung erinnern, durchzogen. Wo dieselben von den Spindeln ge- schnitten werden, kann man beobachten, daß sie verblassen. Es ist ganz unmöglich, die feine Streifung, die der Orthoklas durch diese Lamellen erhält, auf Kontraktionsrisse oder durch Pressung erzeugte Spalten zurückzuführen !). Dahingegen kann man wohl annehmen, daß der Orthoklas die Fähigkeit hat, eine begrenzte Menge Albit und Anorthit zu lösen ?), die bei Erstarrung zur Ausscheidung kommt. Es ist sehr leicht begreiflich, daß sich diese Albit- und Anorthitsubstanz nicht nur in den perthitischen Spindeln und Lamellen, sondern auch auf den schon vorhandenen, mit dem Orthoklas in Berührung stehenden Plagioklaskristallen niederschlägt und mit letzteren, gerade so wie die ergänzende Kieselsäure in Sandsteinen, orientiert verwächst. Der Um- stand, daß bei basischen Kristallen der Plagioklas des Myrmekits nicht ebenfalls wesentlich basischer ist, daß vielmehr dann ein plötzlicher Umschlag in die saure Zone des Myrmekits eintritt, während in allen anderen Plagioklaszonen die Anderung sich langsamer und kontinuier- licher vollzieht, dieser Umstand scheint darauf hinzudeuten, daß sich der Myrmekit nicht in derselben Weise wie die anderen Zonen aus- geschieden hat. Könnte dem Orthoklas die Fähigkeit, neben Plagioklas- substanz auch noch Quarz zu lösen, zugesprochen werden, so könnte durch Ausfall der letzteren die Bildung der Quarzstengel erklärt werden. In diesem Falle aber sollte man vermuten, daß Myrmekit sich aus dem Orthoklas auch gegen Quarz hin, soweit solcher schon verfestigt war, ausgeschieden habe, wovon aber nichts zu bemerken ist. Eine chemische, von Abscheidungvon 8 O, begleitete Wechselwirkung zwischen Orthoklas und den kalkreichen Plagioklasen ist nicht denkbar, obgleich das mikroskopische Bild sehr zur Annahme einer solchen verleitet. Wir können uns demnach noch keine Vorstellung davon machen, wie der quarzstengelführende Myrmekit entstanden sein soll. Das letzte Er- starrungsprodukt kann dieses Quarz-Plagioklasgemisch nicht sein, da sich nach ihm noch aus dem Orthoklas der quarzfreie Albitsaum abge- schieden hat. Auf jeden Fall aber haltenwir den Myrmekit für eine primäre und magmatische Bildung. Die Quarzstengel des Myrmekits als einen „quartz de corrosion“ !) Es soll damit die Möglichkeit, daß Pertithe zuweilen auch sekundärer Ent- stehung sein können, nicht in Abrede gestellt werden. Die schon von Becke be- obachteten und auch oben erwähnten, während der Pressung entstandenen Albit- adern sprechen dafür, daß auch in Orthoklas nachträglich Albit infiltriert werden kann. Die Albittrümmer können sich in manchen Pressungszonen so häufen, daß sie, wie in einem Falle zu beobachten war, die ursprüngliche Substanz eines Ab- schnittes von einem Plagioklaskorn ganz verdrängen können. Ein zwillingsgestreifter Plagioklas wurde von einem dichten Netzwerk albitischer Trümmer durchsetzt, dessen zentraler Teil aus einheitlicher Albitsubstanz bestand. ?) Vgl. Vogt: Die Silikatschmetzen. I, pag. 155. Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (W. Petrascheck.) 10 74 Dr. W. Petrascheck. [28] aufzufassen, der, wie Baur!) ausführt, eingreifen muß, wenn der Feldspat, wie es unter bestimmten Voraussetzungen der Fall ist, be- standesunfähig wird, ist nicht angängig, weil die Einfügung der quarz- führenden Zone in die Zonenstruktur der Plagioklase und ebenso der Umstand, daß dem Myrmekit ganz bestimmte, nämlich saure Plagio- klase eigentümlich sind, sich damit nicht in Einklang bringen lassen. Auch ist die Wirkung der Korrosion, wie zum Beispiel die Quarze von Porphyren zeigen, eine ganz andere. Sie führt nicht zur Heraus- bildung so feiner, annähernd parallel gestellter oder, was in dem Zapfen der Fall ist, divergierender Kanäle, wie sie so häufig im Myr- mekit zu beobachten sind. Ebenso können wir den Myrmekit nicht, wie Futterer wollte, als eine Ausfüllung von bei der Kataklase entstehenden Hohlräumen betrachten. Es spricht dagegen nicht nur die Art des Auftretens in Säumen und Zapfen zwischen Plagioklas und Orthoklas, sondern auch die völlige Unabhängigkeit der Myrmekitbildung von der Pressung. In ganz oder fast ganz von Gebirgsdruck verschont gebliebenen Ge- steinen beobachteten wir reichlich Myrmekit, in den stark veränderten Tonalitgneisen fehlte er dagegen. Tropfenförmige, massigere Quarzeinschlüsse oder solche, wie wir sie oben aus den porphyrischen Plagioklaseinsprenglingen des Tonalit- gneises vom Rabenstein erwähnt haben und wie sie auch unsere Ab- bildung Taf. IV, Fig. 5 erkennen läßt, ließen sich eher auf Korrosion zurückführen. Die zonare Anordnung dieser letzteren Quarztropfen und Stengel aber deutet wieder darauf hin, daß sie während des Wachs- tumes des Kristalls entstandene Quarzeinschlüsse sind, die sehr wohl in flüssigem Zustande eingehüllt worden sein können. Ihre por- phyrischen Plagioklase haben einen sauren Kern, der korrodiert worden ist, worauf sich erst eine basischere Hülle um ihn gelegt hat. Es ist aber der Kieselsäuregehalt der anorthitreichen Oligoklase geringer als der der albitreichen. Deshalb ist es wohl denkbar, daß ein Magma, das erst saure Plagioklase ausscheidet und später basische, mit diesen zugleich freie Kieselsäure zur Abscheidung bringt. Auf jeden Fall halten wir es für wahrscheinlich, daß äußerlich dem Myrmekit ähnliche Gebilde auf verschiedene Entstehungsursachen zurückzuführen sein können, weshalb es zur Vermeidung von Verwechslungen nötig ist, sie nach ihrem Auftreten genau zu scheiden. !) Chemische Kosmographie, pag. 83. Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. Von Jaroslav J. Jahn. Während meiner Aufnahmsarbeiten im Gebiete der ostböhmischen Kreideformation habe ich zahlreiche neue Fossilienfundorte entdeckt, von denen ich einige wichtigere in den vorliegenden Zeilen be- sprechen will. Ich bemerke gleich hier, daß ich nur einen Teil der weiter unten angeführten Fossilien selbst bestimmt habe; ein Teil der Be- stimmungen rührt vom Herrn Dr. W. Petrascheck, ein anderer vom Herrn J. V. Zelfzko her. Den beiden Herren zolle ich für die freundliche Bestimmung der Kreidefossilien aus meinem Aufnahmsgebiete meinen verbind- lichsten Dank. I. Cenoman. Im Gebiete des Kartenblattes Reichenau—Tynist (Zone 5, Kol. XIV), südlich von der von K. Hinterlechner beschriebenen archäischen Insel von Pottenstein !), treten zwischen Cuclava und Cerny les cenomane Schichten zutage. Sie sind bei Häjek in großen Steinbrüchen aufgeschlossen, in denen der cenomane Quader zu Bau- und Steinmetzzwecken gewonnen wird. Dieses Vorkommen von Öenoman ist auf der alten Karte nicht ausgeschieden. Auch in den Erläuterungen zu dieser alten Karte ?) wird dieses Cenoman mit keinem Worte erwähnt. Die cenomanen Schichten bestehen in diesem Gebiete aus grob- bis feinkörnigen Quarzkonglomeraten, die stellenweise eisenschüssig sind, aus weißen und gelblichen Quadersandsteinen, hauptsächlich aber aus grob- bis feinkörnigen, zumeist dunkelgrünen, glaukonitischen Sandsteinen. !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1900, Bd. 50; Verhandl. 1901, pax. 139. ?) Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1863, Bid. XIII, pag. 452 ft. Jahrbuch d. k. k. gceol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Weit. (J. J. Jahn.) 14* —] (er) Jaroslav J. Jahn. [2] In den Steinbrüchen bei Häjek bilden in der Tiefe von 15 m das Liegende der besprochenen Quadersandsteine dunkelgraue Letten und Tone mit unbestimmbaren, zum Teil verkohlten Pflanzenresten, schwachen Lignitschmitzen und Suceinit (Perucer Schichten). Diese Lignitvorkommnisse haben in der dortigen Gegend wiederholt zu selbstverständlich aussichtslosen Schürfungen nach Kohle Veranlassung gegeben (so zum Beispiel bei Prorub, bei Vrbice u. a. m.). Auf den Kluftwänden der Quadersandsteine bei Häjek finden sich öfters Quarzkristalle, Kalksinter und tropfsteinartige Gebilde, im Sandsteine selbst zahlreiche knollige bis kugelige Pyrit- und Limonitkonkretionen, mitunter konzentrischschalige, gelblichbraune Limonitkonkretionen, auch Pseudomorphosen von Brauneisenstein nach Pyrit (Hexaeder). Der feinkörnige, helle, gelbliche Quadersandstein zeigt an einer Stelle kugelige Absonderung, die Kugeln am Querbruch sehr scharfe, regelmäßige, konzentrische Entfärbungsringe. Der Glaukonitsandstein von Häjek enthält zahlreiche Fossilien der Korycaner Schichten. Der Verwalter dieser Steinbrüche, unser Korrespondent Herr Förster Jos. Ed. Kny in Häjek, der sich als eifriger und sachkundiger Sammler dieser Fossilien erwiesen, hat sowohl der k. k. geol. R.-A. als auch der k. k. böhmischen technischen Hochschule in Brünn große Mengen von Versteinerungen nicht nur aus dem Glaukonitquader von Häjek, sondern auch aus dem Pläner der dortigen Gegend gewidmet. Fossilien aus dem Glaukonitsandstein von Häjek. Polyptychodon. — Fragment einer Mandibula (25 cm lang, 10 cm breit) und vier andere näher nicht bestimmbare Knochenbruchstücke (nach gefälliger Bestimmung des Herrn Prof. Dr. Fr. Bayer). Lima simplex dOrb. — 1 Exemplar. „. carinata. — 1 Exemplar. „ aspera Gein. — 1 Exemplar. „sp. — Mehrere nicht näher bestimmbare Steinkerne. Pecten undulatus Nils. — 1 Exemplar. „ laminosus Mant. — 1 Exemplar. „ orbieularis d’Orb. — 1 Exemplar. „ lamellosus. — Mehrere Exemplare. »„ elongatus Lamk. — Sehr häufig. R multicostatus Nilss.? — 1 Exemplar. h Gallinei d’Orb. — Mehrere Exemplare. „. acuminatus Gein. — 1 Exemplar. „sp. — Zahlreiche nicht näher bestimmbare Steinkerne, mehreren Arten angehörig. Janira (Vola) aequicostata Lamk. sp. — Das häufigste Fossil bei Häjek. R „. quadricostata Sow. — 2 Exemplare. h „. quinquecostata Sow. sp. — 1 Exemplar. € » praseola Lamk. sp. — Sehr häufig. [3] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 1 Spondylus hystrie Goldf. — Mehrere Exemplare. Pectuneulus ventruosus Gein. — Häufig. Inoceramus bohemicus Petr, — Sehr häufig. £ labiatus Gein. — 2 Exemplare. a cf. striatus Mant. — Mehrere Exemplare, von Inoe. bohemicus sicher verschieden. Modiola siligua Math. — 2 Exemplare. Pholas sclerotites Gein. — Bohrkerne, sehr häufig; zwei Pflanzenreste (50 und 60 cm lang), bedeckt mit Bohrkernen von Pholas. Crassatella sp. — 1 Exemplar. Eriphyla (Lucina) lentieularıs Sow. — Mehrere Exemplare. Exogyra columba Lam. — Häufig. 2 sp. — 1 Exemplar. 3 haliotoidea Sow. — Häufig. % conica Nilss. — Häufig. Alectryonia carinata Lamk. — Häufig. Ostrea hippopodium Sow. — Häufig. 4 sp. — Mehrere Exemplare. Ichynchonella compressa Lamk. — Häufig. Oribrospongia subreticulata Münst. sp. — 2 Exemplare. Spongites saxonicus Gein. — Häufig. Unbestimmbarer Seeigel. Verkohltes Holz. — Häufig. Ein Baumstamm, 30 cm lang, 10 cm breit. Das Hangende von dem soeben besprochenen Glaukonitsandstein bei Häjek bildet ein lichtgrauer, dickbankiger Pläner (sehr kalkhaltig); darauf liegt ein glaukonitischer lichtgrauer Pläner (mit wenig (a CO ;) mit zahlreichen /noceramus labiatus Gein. Am Hügel Chlum?!), westlich Homole, nördlich Jung-Koldin, westlich von Häjek, fand Herr Förster Kny in dem dortigen festen, lichtgrauen Plänersandstein der Weißenberger Stufe folgende Fossilien: Nautilus sublaevigatus d’Orb. — Ein riesiges Exemplar. Lima canalifera Goldf. — Mehrere Exemplare. »„ Multicostata Gein. var. laticostata. — Mehrere Exemplare. „ multicostata Gein. — Mehrere Exemplare. Pecten curvatus Gein. — 1 Exemplar. Inoceramus Brongniarti Park. — Mehrere große Exemplare. n labiatus Gein. — Mehrere sehr große Exemplare. Große Steinbrüche in dem cenomanen Glaukonitsandstein be- finden sich unweit von dem bisher besprochenen Gebiete nordöstlich von Pottenstein in der Waldschlucht „V dolich“. In diesen Sandstein- brüchen ?) fand ich zahlreiche Alectryonia carinata, Pecten asper, ı) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1863, XIII. Bd., pag. 460. 2) K.M. Paul nennt diese Steinbrüche in seiner Arbeit im Jahrbuch 1863, Bd. XIII, „Steinbrüche von Merklovie“ (pag. 452, 454). 78 Jaroslav J. Jahn. (4 Exogyra columba, Kriechspuren von Würmern, Spongites saxonicus, einige Schlangensterne, Trocknungsrisse, dann auffallend zahlreiche srüne Algenreste, nach freundlicher Bestimmung des Herrn Dr. Edv. Bayer: Chondrites n. sp. (erinnert an Chondrites caespitosus Fisch. aus dem Eocän und an Chondrites flabellaris Sap. aus dem Liassand- stein) und Chondrites n. sp. (verwandt mit Chondrites affinis Sternb. sp. aus dem Flysch, mit Chondrites serpentinus Heer aus dem Neocom und der oberen Kreide, zum Teil mit Zuwcoides latifrons Heer aus der oberen Kreide). Einige von diesen Fossilien hat Herr Lehrer Heinr. Stahl in Vamberg gefunden. Auch in diesen Steinbrüchen befinden sich im Liegenden der Glaukonitsandsteine sowie im Sandstein selbst 2—3 mm mächtige Lignitflözchen mit Suceinit. II. Iserschichten. In seiner Monographie der Iserschichten beschreibt A. Fritsch (= Fri@) aus den Iserschichten von Lhota Zäfeckä bei Chotzen Vogel- reste Ornithochirus (Cretornis) Hlavddi Frie sp. (l. c. Fig. 45 a—f.) Während meiner Aufnahmsarbeiten in der Umgebung von Chotzen habe ich wiederholt die großen, Herrn Tiehy aus Neustadt a./M. gehörigen Plänerbrüche östlich von dem dortigen Eisenbahntunnel besucht und dabei einigemal auf den dortigen Schutt- und Abraum- halden Ornithochirus-Reste gefunden, im ganzen neun Fragmente im festen, blaulichgrauen Plänerkalk. Herr Prof. Dr. Fr. Bayer hat unter diesen Ornithochirus-Resten unterschieden: Zwei Fragmente von Ulna, Flügel- (Finger) Knochen, zwei Exemplare von Femur, ein Sternum, Fragment eines Flügels und des dazugehörigen Schulterblattkreises und zwei unbestimmbare Knochenfragmente. Auch in den bekannten Steinbrüchen bei Vinar!) fand ich eine Ulna von Ornithochirus Hlavdaki. Sämtliche hier angeführten Ornithochirus-Reste sind in den Samm- lungen der k. k. geol. R.-A. deponiert. Einige Knochenreste, die ich anläßlich einer Exkursion mit meinen Hörern in demselben Stein- bruche bei Chotzen gefunden habe, befinden sich in den Sammlungen der k. k. böhmischen technischen Hochschule in Brünn. III. Priesener Schichten. Im Bereiche der Priesener Schichten entdeckte ich während meiner Aufnahmsarbeiten zahlreiche neue Fossilienfundorte. Im Gebiete des Kartenblattes Reichenau-Tynist kommen an mehreren Stellen auch verkieste Fossilien vor, wie ich sie seinerzeit aus der Umgebung von Pardubitz und Holie beschrieben habe ?). !) Fri (Fritsch), Iserschichten, Fig. 40. ?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1895, Bd. 45, pag. 158 ff. [5] Einige veue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 79 Bei dem an der von Zämrsk nach Holie ‚führenden Straße ge- legenen Wirtshause östlich Tynisko, westlich 253, werden die Mergel der Priesener Stufe in einer Grube als „Düngungsmaterial“ für die benachbarten sandigen Felder gewonnen. Auf den abgeregneten Wänden dieser Mergelgrube fand ich folgende, zumeist verkieste, gelbe, zum Teil goldglänzende Fossilien: Scaphites Geinitzi d’Orb. — Häufig. Baculites Faujassi var. bohemica Fr. — Häufig. Helicoceras Reussianum Gein. — 1 Exemplar. Turritella acicularis Rss. — 1 Exemplar. Trochus amatus d’Orb. — Häufig. r sp. — Zahlreiche Steinkerne. Cerithium binodosum Röm. — 1 Exemplar. ; sp. — Zahlreiche Steinkerne. Mitra Römeri d’Orb. — Häufig. Nucula pectinata Sow. — Häufig. „. .semilunaris v. Buch. — 1 Exemplar. Ostrea sp. — Viele Fragmente (kalkig). Gastrochaena amphisbaena Gein. — 2 Exemplare (kalkig). Zahlreiche verkieste Steinkerne von Bivalven. Parasmilia centralis Mant. sp. — 2 Exemplare. h sp. — 1 Exemplar. thizopoterion cervicorne Goldf. — Häufig. Oraticularia vulgata Poc. — Häufig. Viele unbestimmbare Spongien. Ein anderer Fundort von gleicherhaltenen Fossilien befindet sich zwischen den Ortschaften Vysoka und Ostretin östlich von der Straße. Es ist dies wiederum eine Mergelgrube mit abgeregneten Wänden, auf denen ich folgende Fossilien fand: Trochus Engelhardti Gein. — Häufig. amatus d’Orb. — Häufig. ”» Ostrea hippopodium Nilss. — 1 Exemplar. Oidaris subvesiculosa d’Orb. — Häufige Schalenbruch- stücke und Stacheln. Rhizopoterion cervicorne Goldf. — Häufig. Oratieularia vulgata Pod.” — Häufig. Zwischen den Städten Sezemie und Holic zieht sich in OW- Richtung eine Anhöhe, deren Unterlage aus Priesener Schichten be- steht, die aber oberflächlich mit mitunter mächtigen Diluvialablagerungen (Sand und Schotter) bedeckt sind. Bei Podtäple westlich Sezemie schneidet sich in den westlichen Rand dieser Anhöhe die Elbe ein. Der Einschnitt besteht aus einer 80 Jaroslav J. Jahn. [6] hohen, steilen, mitunter fast senkrechten Uferlehne, die sich am linken Ufer der Elbe von PodÖäple bis Lukovna hinzieht. In dieser Uferlehne sind die Priesener Schichten sehr gut auf- geschlossen. Sie bestehen hier ähnlich wie bei Srnojedy !) im unteren Niveau aus dünnplattigem, fast schiefrigem, dunkelgrauem Pläner, im oberen Niveau aus grauem und gelblichem Mergel und Tonmergel. Das untere schiefrige Gestein enthält nur wenig Fossilien und die- selben sind von dem durchsickernden Elbewasser erweicht und halb zerstört. Ein Exemplar von Micraster de Lorioli Nov., einige schlecht erhaltene Inoceramen und Nucula fand ich in diesem schiefrigen Ge- steine. Dafür stellen aber die abgeregneten Flächen des oberen Teiles der Uferlehne einen ungemein reichhaltigen Fundort von Priesener Fossilien vor. Herr Anton Sluga, Lehrer in Kunetie, den ich auf diese Fossilien aufmerksam gemacht habe, hat auf dieser Uferlehne zwischen Pod- cäple und Lukovna Tausende von ausgewitterten, zumeist in Schwefel- kies umgewandelten Fossilien gesammelt. Unter den von mir und meinem Freunde Sluga bei Podcäple und Lukovna gefundenen Fossilien habe ich bisher folgende Arten be- obachtet: Ptychodus latissimus Ag. — 1 Zahn. Chimaera sp.? — Fragment eines Stachels. Nautilus Reussi Fr. — 1 Exemplar. Baculites sp. — Häufig. Hamites sp. — Mehrere Steinkerne. : bohemicus Fr. — Mehrere Exemplare. Turritella multistriata Rss. — Häufig. Scala sp. Fri@ Priesener Schichten Fig. 65. — 1 Exemplar. Natica vulgaris Rss. — Häufig. Turbo Buchi Goldf. sp. — Häufig. „. ‚subinflatus Rss. — Selten. „ decemcostatus Rss. — Häufig. Trochus amatus d’Orb. — Sehr häufig. R Engelhardti Gein. — Sehr häufig. e sp. — Zahlreiche Steinkerne, mehrere Arten. Rissoa cf. Reussi Gein. — Steinkerne. Pleurotomaria baculitarum Gein. — 1 Exemplar. Fusus sp. — 1 Exemplar. Oerithium Luzicianum Gein. — Häufig. x Fasciatum Rss. — Selten. ‘ subfasciatum d’Orb. — Häufig. 5 binodosum Röm. — Selten. h pseudoclathratum d’Orb. — Häufig. r Dupinianum d’Orb. — Selten. !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1895, Bd. 45, pag. 158. [7] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 81 Cerithium provinciale d’Orb. — 1 Exemplar. sp. — Zahlreiche Steinkerne. Mitra Römeri d’Orb. — Sehr häufig. „ elathrata Rss. — Selten. Actaeon ovum Duj. — Selten. Trochactaeon sp. — Mehrere Exemplare. Dentalium medium Sow. — Häufig. 3 ellipticum Sow. — Selten. Zahlreiche unbestimmbare Gastropodensteinkerne. Nucula semilunaris v. Buch. — Häufig. » peetinata Sow. — Sehr häufig. Arca (Cueullaea) undulata Rss. — 1 Exemplar. Gastrochaena amphisbaena Gein. — Mehrere Exemplare. Venus laminosa Rss. — Selten. „ pentagona Rss. — Selten. Plicatula nodosa Duj. — Mehrere Exemplare. Perna sp. — 1 Exemplar. Inoceramus planus v. Münst. — Selten. A sp. — Sehr zahlreiche Schalen und Schloßbruchstücke. Exogyra lateralis Rss. — Mehrere Exemplare. Ostrea proteus Rss. — 1 Exemplar. »„ .5p. — Zahlreiche Schalenbruchstücke von größeren Austern. Zahlreiche unbestimmbare Steinkerne von Bivalven. Terebratulina chrysalis Schl. — Selten. Serpula gordialis Schl. — Mehrere Exemplare. » sp. — Mehrere Exemplare. Oidaris sceptrifera Mant. — Häufig (Stacheln). „ subvesiculosa d’Orb. — Sehr häufig (Stacheln und Schalen- bruchstücke.) Cidaris sp. — Schalenbruchstücke. Micraster de Lorioli Nov. — Mehrere Schalenbruchstücke. 2 cor testudinarium Goldf. sp. — Mehrere Schalenbruchstücke. Hemiaster depressus Nov. — 2 Schalenbruchstücke. Parasmilia centralis Mant. — Häufig. 5 cf.. @uillieri de Fr. — 1 Exemplar. E n. sp. — 1 Exemplar. Trochosmilia compressa Lamk. sp. — Häufig. Micrabacia coronula Goldf. — Selten. Trochocyathus Harweyanus M. Edw. et Haime. — Selten. E conulus Phil. sp. — Sehr häufig. R n. sp. -— 1 Exemplar. Craticularia vulgata Pod. — Sehr häufig. subseriata Röm. sp. — Häufig. sp. — 1 Exemplar. n ” Pleurostoma bohemicum Zitt. — Häufig. h scyphus Pod. — Häufig. 2 sp. — Häufig. a sp. — Mehrere Exemplare. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (J. J. Jahn.) 11 82 Jaroslav J. Jahn. [8] "entriculites marginatus Poec. — Häufig. 2 radiatus Mant. — Häufig. ‚ sp. — 1 Exemplar. Plocoscyphia pertusa Gein. — Häufig. e sp. — Häufig. Scyphia pedunculata Rss. — Häufig. Rhizopoterion cervicorne Goldf. sp. — Sehr häufig. Corynella sp. — Sehr häufig, verkiest. : n.? sp. — Mehrere vollständige Exemplare. Elasmostoma sp. — Häufig. Zahlreiche verschiedene, unbestimmbare Spongien. Ein ähnliches Vorkommen von ausgewitterten, verkiesten Fossilien der Priesener Stufe fand ich bei $achov, östlich Borohrädek (Karten- blatt Reicheuau—Tynist, Zone 5, Kol. XIV). Trochus amatus d’Orb. — Häufig. Zahlreiche Gastropodensteinkerne (Mitra sp., Trochus sp., Cerithium sp., Natica sp., Scalaria sp.). Nucula semilunaris v. Buch. — Häufig. Zahlreiche Bivalvenbruchstücke. Cidaris subvesiculosa d’Orb. — Stacheln. Parasmilia centralis Mant. — Mehrere Exemplare. Ventriculites radiatus Mant. — Häufig. Rhizopoterion cervicorne Goldf. sp. — Häufig. Unbestimmbare Spongien in großer Menge. Sequoia Reichenbachi Gein. sp. -— In lichtgrauem Mergel. Zahlreiche Fossilien der Priesener Stufe enthält auch der Pläner- mergel bei Dobrenic (Kartenblatt Zone 5, Kol. XIII, Pardubitz, Elbe- teinitz-NeubydZov). Das hiesige Gestein besteht aus einem weichen, gelblichgrauen bis dunkelgrauen, bläulichen Plänermergel, in den, namentlich in seinen oberen Lagen, zahlreiche ockergelbe Knollen eingelagert sind. Diese Knollen sind regelmäßig kugelig bis unregelmäßig knollig, klein bis über 20 cm im Durchmesser, haben konzentrisch schalige Struktur, im Innern sind sie gefaltet. Die äußeren ockergelben Schichten be- stehen aus Sphärosiderit, im Innern sind manchmal die Flächen dieser Schichten mit reinem, mitunter kristallisiertem Siderit bedeckt. Der Kern dieser Knollen besteht oft noch aus reinem Siderit. Solche Sphärosideritknollen sind für die höheren Lagen der Priesener Schichten sehr bezeichnend. Ich fand sie in großer Menge bei Bezdekov, Osice, westlich Rohoznice, Oujezdec, nördlich Ostretin, Dolni Redice, Casy etc. In Ostböhmen enthalten diese Sphärosiderit- knollen nur selten Fossilien (bei Casy), während sie im westlichen Böhmen, zum Beispiel bei Priesen, zahlreiche, sehr schön erhaltene Fossilien führen !). !) Fri& (= Fritsch), Monographie der Priesener Schichten, pag. 17. [9] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 83 Der besagte Plänermergel von Dobrenie ist südlich Michnovka, nordwestlich Präv, in einer Mergelgrube aufgeschlossen, welche folgende Fossilien geliefert hat: Baculites sp. Turritella multistriata Rss. Scala decorata Gein. Trochus Engelhardti Gein. Dentalium medium Sow. B glabrum Gein. Nucula transiens Fr. „.. semilunaris v. Buch. Avicula pectinoides Rss. Inoceramus Brongniarti Park. : labiatus Gein. a latus Mant. Holaster placenta? Ag. Hemiaster sp. Zahlreiche Fossilien enthält ferner der Plänermergel in der Umgebung von Zäravice nördlich Pielous, namentlich im Tälchen zwischen Zäravice und VoleC. Anläßlich meiner Aufnahmstouren fand ich in diesem Tälchen: Osmeroides Lewesiensis Ag. (Schuppen) Nucula semilunaris v. Buch. Inoceramus Brongniarti Park. Inoceramus sp. (cf. Cuvieri Sow.) Terebratulina chrysalis Schloth. Nebstdem sandte mir Herr Direktor J. V. Divis Ritter v. Cistecky aus Prelouö noch folgende Fossilien von Zaravice: Oladocyclus Strehlensis Gein. Hamites cf. bohemicus Fritsch. Östrea proteus Rss. Inoceramus hercynicus Petr. R latus Mant. Terebratulina gracilis Schloth. Micraster de Lorioli Nov. Sequoia Reichenbachi Gein. sp. Zahlreiche Foraminiferen. Sämtliche Fossilien befinden sich in einem hellgrauen, ziemlich festen Plänermergel. 11* 84 Jaroslav J. Jahn. [10] In der Mergelgrube im Walde nordöstlich von der Straße zwischen Kosofin und Chotzen (Kote 856), welchen Fundort ich im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1895, Bd. 45, pag. 181 beschrieben habe, fand ich neuerlich außer den 1. c. bereits angeführten Fossilien noch folgende Arten: | Scaphites Geinitzi var. Lamberti Gross. Baculites Faujassi var. bohemica Fr, Hamites bohemicus Fr. Helicoceras Reussianum ein. Aptychus Scala decorata Gein. Trochus Engelhardti Gein. Cerithium provinciale d’Orb. Dentalium glabrum Gein. Astarte nana Rss. Nucula ovata Mant. : transiens Fr. Leda siligqua Rss. Arca undulata Rss. Venus laminosa Riss. Inoceramus latus Mant. ß Cuvieri Som. Pollieipes sp. Holaster placenta Ag. Zum Schluß will ich noch einige Nachträge zu den Fossillisten der von mir bereits anderenorts beschriebenen Fundorte im Gebiete der Priesener Schichten in der Umgebung von Pardubitz mitteilen. Fundort Srnojedy westlich Pardubitz. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1895, Bd. 45, pag. 158): Scala decorata Gein. Natica Gentii Sow. Rissoa Reussi Gein. Actaeon ovum Du). Trochocyathus conulus Phil. sp. Plocoscyphia sp. Fundort Nemosicer Lehne südöstlich Pardubitz, ibid. pag. 167: Mehrere Fischzähne. Arca undulata Rss. 2 J.V. Zelizko, Sitzungsberichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften 1599, Nr. XVIIT. [11] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 85 Aviculu pectinoides Rss. Inoceramus labiatus Gein. Anomia subtruncata Gein. Fundorte in der Umgebung von Holic nordöstlich Pardubitz, ibid. pag. 163. In meiner zitierten Arbeit habe ich erwähnt, daß verkieste Fossilien der Priesener Stufe beim Holicer Friedhofe, an den Bachufern in der Stadt selbst und auf zwei Stellen nördlich Holie (westlich Koudelka und „Na kamencfch“) vorkommen und habe auch die Liste der an den zwei letztgenannten Stellen gefundenen Fossilien ver- öffentlicht. Während meiner Aufnahmstouren in der Umgebung von Holic habe ich mich überzeugt, daß verkieste Priesener Fossilien nicht nur an den genannten vier Stellen, sondern noch an mehreren anderen Orten reichlich vorkommen und daß auch unverkieste Fossilien in dem dortigen Pläner und Plänermergel an mehreren Stellen leicht zu finden sind. Namentlich in den großen Ziegeleien Häjeks und Rychliks südlich vom östlichen Ende der Stadt Holic, am Fuße der bewaldeten Anhöhe „Na hradefch‘“, fand ich zahlreiche verkieste Fossilien. Der Mergel der Priesener Stufe wird nämlich auch hier sowie „Na kameneich* (l. e. pag. 164) der Zersetzungswirkung der Luft und des Regens ausgesetzt, aus dem erweichten und aufgelösten Mergel werden dann Ziegel fabriziert. Wenn nun Halden dieses Mergels längere Zeit hindurch dem Regen ausgesetzt gewesen waren, findet man auf ihren abgeregneten Flächen die ausgefallenen Priesener Fossilien in großen Mengen. Ich fand in diesen Ziegeleien folgende Fossilien: Lamna subulata Ag. (Zähne). — Selten. Otodus appendiculatus Ag. (Coprolith). — 3 Exemplare. Helicoceras Reussianum Gein. — Selten. Hamites bohemicus Frid, — Selten. Baculites sp. ind. — Selten. Turritella acicularis Rss. — Selten. 5 sp. Fri Priesener Schichten, pag. 82, Fig. 65. — 1 Exemplar. Scala decorata Gein. — Selten. Natica Gentii Sow. — Selten. » vulgaris Rss. — Sehr häufig. Turbo decemcostatus v. Buch. — Sehr häufig. „ subıinflatus Rss. ” Sp. Trochus amatus d’Orb. — Sehr häufig. a Enngelhardti Gein. — Sehr häufig. ; sp. — Steinkerne, sehr häufig. Rissoa Reussi Gein. — Sehr häufig. »„ sp. — Zahlreiche Steinkerne. Aporrhais megaloptera Rss. sp. — Selten. 86 Jaroslav J. Jahn. [12] Fusus depaupertatus Rss. — Selten. Tritonium sp. — Sehr häufig. Cerithium LuZicianum Gein. — Häufig. + fasciatum Rss. — Häufig. n binodosum Röm. — Selten. ” pseudoclathratum d’Orb. — Sehr häufig. Voluta Roemeri Gein. — Häufig. Mitra Roemeri d’Orb. — Sehr häufig. „. clathrata Rss. — Sehr häufig. Actaeon ovum Duj. — Sehr häufig. Dentalium medium Sow. — Sehr häufig. 5 glabrum Gein. — Selten. P sp. — Zahlreiche Steinkerne. Zahlreiche unbestimmbare Gastropodensteinkerne. Cardita tenuicosta d’Orb. — Häufig. Nucula pectinata Sow. — Sehr häufig. „ semäilunaris v. Buch. — Sehr häufig. Plicatula nodosa Duj. — Selten. Venus parva Sow. — 1 Exemplar. „ sp. — 1 Exemplar. Inoceramus Brongniarti Park. — Einige Exemplare im Gestein. sp. — Sehr häufig, Schalen und Schloßfragmente. Pecten Nilssoni Goldf. — 1 Exemplar im Gestein. Spondylus sp. — Häufig, Schalenbruchstücke. Exogyra lateralis Rss. — Selten. Ostrea hippopodium Nilss. — Selten. »„ proteus Rss. — Selten. »„ sp. — Zahlreiche Schalenbruchstücke (cf. O. semiplana). Schalenbruchstücke und Steinkerne von unbestimmbaren Bivalven. — Sehr häufig. Terebratulina chrysalis Schl. — Selten. Pollicipes sp. — 1 Exemplar. Cidaris sceptrifera Mant. (Stachel). — Häufig. 5 subvesiculosa d’Orb. (Stachel, Schalenbruchstücke). — Häufig. 5 Sorigneti Desh. (Stachel). — Selten. »„ Reussi Gein. (Stachel). — Selten. Holaster placenta Ag. — 1 Exemplar im Gestein. Parasmilia sp. pl. — Häufig. Trochocyathus sp. pl. — Häufig. Craticularia vulgata Poc. — Sehr häufig. Pleurostoma scyphus Pod. — Sehr häufig. a bohemieum Zitt. — Häufig. Ventriculites odontostoma Rss. — Selten. Plocoscyphia pertusa Gein. — Selten. khizopoterion cervicorne Goldf. sp. — Sehr häufig. Corynella sp. — Häufig. Porosphaera globularis. — Selten. Viele unbestimmbare Korallen und Spongien. [13] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 87 Südlich Chvojno bei Holic, südlich Kote 249 befinden sich einige Steinbrüche im lichtgrauen, sehr festen, sogenannten klingenden Inoceramenpläner. Ich fand in diesem Pläner: Fischzähne. Oyclolepis Agassizi Gein. (Schuppen). Dentalium medium Sow. Pinna nodulosa Rss. Pecten Nilssoni Goldf. Inoceramus Brongniarti Park. (riesige Exemplare). R labiatus Gein. Ostrea sp. Oristellaria rotulata d’Orb. Sequoia Reichenbachi Gein. sp. Frenelopsis? bohemica Velen. Fundort Kunöticer Berg nordnordöstlich Pardubitz. Die im dortigen gefritteten Plänermergel (Porzellanjaspis) vor- kommenden Fossilien habe ich zuerst im Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1895, Bd. 45, pag. 162, besprochen. Später hat Herr Dr. K. Hinterlechner im Jahrbuch 1900, Bd. 50, pag. 473, und in Verhand- lungen 1902, pag. 192, nach meinen brieflichen Mitteilungen einige Nachträge zu meinem Verzeichnisse vom Jahre 1895 veröffentlicht. Seit diesen letzten zwei Publikationen habe ich am Kunöticer Berge weitere für diese Lokalität neue Fossilien gefunden, ferner hat mir auch der obgenannte Herr Lehrer Ant. Sluga aus Kunetie viele Fossilien aus dem gefritteten Plänermergel vom Kunßticer Berge zugesandt. Es sind also bis heute am Kundticer Berge folgende Fossilien gefunden worden: Oxyrrhina angustidens Rss. (Zähne, ein Wirbel). Lamma sp. (Zähne). Corax sp. ind. (Zähne). Osmeroides Lewesiensis Ag. (Schuppen). = divaricatus Gein. (Schuppen). Beryx ornatus Ag. (Schuppen). Oladocyclus Strehlensis Gein. (Schuppen). Oyclolepis Agassizi Gein. (Schuppen). Lepidenteron (Knochen). Koprolithen. Peroniceras sp. — Sehr nahe verwandt mit Peroniceras (Schlönbachia) subtricarinata d’Orb. sp. (nach freundlicher Bestimmung des Herrn Dr. Fr. Kossmat; Herr Dr. W. Petrascheck hat ein zweites Exemplar von dieser Stelle als 88 Jaroslav J. Jahn. cf. Schlönbachia tricarinata d’Orb. bezeichnet; ich habe dasselbe Exemplar in der Arbeit K. Hinter- lechners im Jahrbuch 1900, pag. 473, als Cos- moceras Schlönbachi Fritsch, Gruppe der Schlön- bachia [Peroniceras], angeführt). Hamites bohemicus Fritsch = Fric). h sp. (cf. verus Fr.). Helicoceras Reussianum Gein. Baculites sp. ind. Aptychus cretaceus v. Münst. Natica vulgaris Rss. Trochus Engelhardti Gein. E amatus d’Orb. 1 sp. ind. (vielleicht zwei verschiedene Formen, stark gefrittete, zum Teil verunstaltete Steinkerne). Turbo decemcostatus v. Buch. Pleurotomaria elongata? Röm. Aporrhais megaloptera Rss. sp. »„.... papillionacea Goldf. sp. 2 Reussi Gein. sp. Rostellaria coarctata Gein. H stenoptera Goldf. Cerithium Luzicianum Gein. - pseudoclathratum d’Orb. = fasciatum Rss. u sp. ind. (2—3 verschiedene, nicht näher bestimmbare Formen). Voluta elongata d’Orb. Avellana sp. Acmaea depressa Gein. Patella sp. pl. Dentalium medium Sow. R glabrum Gein. Turritella sp. (zwei verschiedene Formen). Scala decorata Grein. ” Sp. Cardium n. sp. ’ sp. Venericardia sp. ind. Astarte nana Rss. Nucula semilunaris v. Buch. = ovata Mant. e pectinata Sow. Leda siligqua Rss. Arca Geinitzi Rss. „. undulata Rss. Gastrochaena amphisbaena Gein. Corbula caudata Niülss. Inoceramus latus Mant. [14] [15] Einige neue Fossilienfundorte in der ostböhmischen Kreideformation. 89 Inoceramus labiatus Gein. (= mytiloides Mant.) S planus Münst. - Brongniarti Park. Pecten squamula Lamk. „ Nilssoni Goldf. Plicatula nodosa Duj. Terebratulina gracilis Schl. Öytherella complanata Rss. Bairdia subdeltoidew Münst. Scalpellum maximum Sow. var. Holaster placenta Ag. » Sp. Micraster de Lorioli Nov. Unbestimmbare Echinidenreste. Holothuria (Fri@ Priesener Schichten, Fig. 150). Parasmilia centralis Mant. Trochocyathus sp. Spongiennadeln. Oristellaria rotulata d’Orb. Nodosaria Zippei Rss. lorgneiana d’Orb. : oligostegia Rss. h annulata Rss. 5 aculeata d’Orb, A Mayeri Fr. Marginulina ensis Rss. Flabellina cordata Rss. Frondicullaria angusta Nülss. inversa Kess. apiculata Rss. 2 Cordai Rss. Globigerina sp. cf. Salix macrophylla Rss. F'renelopsis? bohemica Velen. Sequoia keichenbachi Gein. sp. Mehrere unbestimmbare Algenreste. B)] ” Die gehobene Scholle des gefritteten Plänermergels am süd- lichen Abhang des Kunöticer Berges erscheint also als einer der reichhaltigsten Fundorte im Gebiete der Priesener Schichten. Ich habe bereits im Jahrbuch 1900, pag. 476 gesagt, daß am Kunticer Berge in dem gefritteten Pläner sich dieselbe Fauna vor- findet, wie am linken Uferabhange der Elbe bei Pode&äple und Lukovna. Ferner habe ich bereits in Verhandlungen 1902, pag. 192 darauf hingewiesen, daß in Sezemice im Mergel der Priesener Stufe derselbe Ammonit (Peroniceras aus der Gruppe der Schlönbachia subtricarinata) gefunden worden ist, der auch im gefritteten Pläner am südlichen Abhange des Kunäticer Berges vorkommt, und daß zwischen diesen beiden Lokalitäten ein beträchtlicher Höhenunterschied existiert. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (J. J. Jahn.) 12 90 Jaroslav J. Jahn. [16] Wenn man nun die soeben mitgeteilte Liste der Fossilien vom Kuntticer Berge mit dem weiter oben angeführten Verzeichnisse der Versteinerungen aus den Priesener Schichten am linken Uferabhange der Elbe bei Podöäple und Lukovna vergleicht, so sieht man, daß sowohl bei Lukovna und Pod£äple als auch am südlichen Abhange des Kunßticer Berges, also um zirka 80 m höher, dieselben Leit- fossilien vorkommen, so daß der weiche, schmierige Mergelton am Fuße des Kunsticer Berges zu demselben Horizont der Priesener Stufe gehört wie das porzellanjaspisartige, sehr harte Gestein am Kunöticer Berge. Während der Eruption des Kunsticer Nephelin- Tephrits hat also außer der Frittung auch eine beträchtliche Hebung des untersenonen Sediments der Priesener Stufe statt- gefunden. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die diesbezüglichen Er- örterungen des Herrn Dr. K. Hinterlechner im Jahrbuch 1900, pag. 476. a a Studien über die Inntalterrassen. Von Dr. O0. Ampferer. Mit einer Tafel (Nr. V) und 17 Zinkotypien im Text. Die Erforschung der Inntalterrasse hat vor allem durch die Arbeiten von Blaas und Penck einen gewissen Abschluß gefunden, indem eine Erklärung ihrer Entstehung und ihres Alters gegeben werden konnte, gegen deren Wahrscheinlichkeit keine der bisher bekannt gewordenen Beobachtungen Einsprache erhebt. Penck hat dieser Erklärung in der dritten Lieferung der „Alpen im Eiszeitalter“ folgende Gestalt verliehen. Die Terrasse ist während einer großen Schwankung beim Rück- zug der Würmvergletscherung entstanden, als das Inntal bis über Imst hinauf eisfrei geworden war. In diesen Raum schütteten der Inn und seine Zuflüsse mächtige Schuttkegel, bis durch ein neuer- liches Anschwellen der Eismassen der Zillertalergletscher als ge- waltiger Querwall das Inntal abdämmte und so Veranlassung zur Aufstauung des Achen- und Inntalsees gab. Der letztere See gewann zeitweise eine Ausdehnung von 70 km bei einer mittleren Breite von 3:5 km und etwa 200 m Tiefe. Statt der Schuttkegel luden nun die Bäche steilgeschichtete Deltas in den See, dessen Verlandung durch Einschaltung von Bändertonlagern, Sanden, Kiesen und gröberen Schottern vor sich ging. Dann drangen von allen Seiten die Gletscher darüber vor und vereinigten sich im Inntale zu einem großen Eis- strom, der seine Endmoränen oberhalb von Kufstein im Kirchbichler Walde (Bühlstadium) hinterlassen hat. Für die nachfolgenden Untersuchungen bilden diese Ergebnisse insofern die Unterlage, als dieselben von der Voraussetzung aus- gehen, daß die Inntalterrasse als eine zusammenhängende, einheit- liche Talausfüllung von dem vordringenden Eise überdeckt wurde, welche nicht vorher durch Erosionsvorgänge in einzelne Stücke zer- schnitten worden war. Die Annahme einer vorhergegangenen Erosions- periode erscheint überhaupt bei der Art der Entstehung der Inntal- terrasse als ausgeschlossen. Die Terrasse als Rest der Verlandung eines durch den quervorliegenden Zillertalgletscher bedingten Stau- sees konnte nur dadurch dem Eingriff der Erosion verfallen, daß dieser Querwall sich zurückzog. Solche Schwankungen des vorliegen- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (O. Ampferer,) 12* 92 Dr. 0. Ampferer. [2] den stauenden Eisdammes können nicht als ausgeschlossen betrachtet werden und sie hatten jedenfalls beträchtliche Erosionswirkungen in dem dadurch freigelegten Stauland zur Folge. Indessen mußten bei dem Wiederanschwellen der Vergletscherung die Lücken, welche die Erosion eingerissen hatte, neuerdings gefüllt werden. Der Mechanismus dieser Vorgänge zwingt, zur Annahme, daß die Auf- schüttung des Inntalstausees bis zur Überdeckung durch die darüber vorrückenden Gletscher entweder überhaupt nicht oder nur vorüber- gehend durch Erosion unterbrochen wurde, wobei die entstandenen Hohlräume immer wieder geschlossen wurden. Der Eisstrom des Bühlstadiums mußte sich im Gebiete des Inntales von Imst bis zur Mündung des Zillertales über die annähernd horizontale Oberfläche einer gewaltigen Talausfüllung von Lehm, Sand und Schotter bewegen. Heute sind von jener großartigen Schutteinlage des Inntales nur mehr einzelne Stücke erhalten, welche als Terrassen abwechselnd im Süden oder Norden des Flusses lagern. Umfangreiche, durch mehrere Jahre fortgeführte Begehungen im gesamten Verbreitungsgebiete der Inntalterrasse haben mir nun den Nachweis gebracht, daß diese Zerstücklung der ursprünglichen Schuttausfüllung zum allergrößten Teil nicht ein Werk der Wasser- erosion, sondern ein solches der Gletschererosion ist. Die Begrenzung und Formung der einzelnen Terrassenstücke ist hauptsächlich durch glaziale Arbeit geschehen, wie an zahlreichen Stellen noch der Mantel der darüber gebreiteten Grundmoränen sicherstellt. Ausgehend von der Annahme, daß der vorliegende Eiswall des Zillertalgletschers die Ursache zur Aufstauung einer riesigen Schuttlage im Inntale war, läßt sich beweisen, daß die vorstrebenden Eismassen in diesen Schutt- körper mit annähernd ebener Oberfläche mächtige und eigenartige Hohlformen eingruben, deren Erzeugung man bisher vielfach der Flußerosion zuschob. Da die Schuttausfüllung an vielen Stellen aus- gedehnte Felsterrassen verhüllte, so sind auch diese in ganz gleicher Weise dem Einfluß der Eiserosion erlegen. Die Gletscher fanden ein mehrere hundert Meter hoch mit Schutt ausgefülltes, sehr breites, sehr flaches Tal, in das sie ihre Bahn eintieften. Es soll nun die Aufgabe der nachfolgenden Untersuchungen sein, von Stelle zu Stelle nachzuforschen, in welcher Weise aus der großen Schuttanfüllung die heutigen Formen und Teile der Terrasse entstanden sind. Die in ‘den Arbeiten meiner Vorgänger nieder- gelegten Summen von Beobachtungen habe ich, soweit sie mir zu- gänglich waren, benützt und auch meist an Ort und Stelle geprüft. Ohne die Früchte ihrer zahlreichen mühsamen Wanderungen und Forschungen wäre die vorliegende Untersuchung zur Unmöglichkeit geworden. Von einer Aufzählung der in Betracht kommenden Arbeiten habe ich abgesehen, da sie nur eine Wiederholung bieten könnte von dem, was in Blaas „Geologischer Führer durch die Tiroler und Vorarlberger Alpen“ und in Penck und Brückner „Die Alpen im Eiszeitalter“ bequem zusammengefaßt zu übersehen ist. Die Arbeit bringt zuerst eine Beschreibung der einzelnen Terrassen, wobei aus dem reichen Formenschatz derselben diejenigen Züge, welche noch von der Einwirkung des Eises überliefert sind, eine [3] Studien über die Inntalterrassen. 93 besondere Beachtung finden. So schafft die Untersuchung eine ge- nauere Würdigung der glazialen Oberflächenelemente eines großen Alpentales. Im Anschluß ist dann noch eine Übersicht der wichtigeren Ergebnisse und Schlußfolgerungen beigefügt. Beschreibung der einzelnen Terrassen. Terrasse von Imst—Tarrenz. (Fig. 1 und 2.) Die breite Terrasse, welche an der Westseite von Imst vorbei in mächtigem Bogen aus dem Inntal ins Gurgltal gespannt ist, besteht nur in sehr untergeordneter Weise aus geschichteten Sanden und Schottern. Nur an den Mündungen der Rosengartlschlucht (Fig. 1 u. 2), des Melchbaches, des Salvesentales sind Reste von horizontalgeschich- teten Sanden und Schottern zu einer Nagelfluh verkittet erhalten. Fig. 1. ENTE CA a Nord ; 800 7 Zeichenerklärung: 2 Horizontal geschichtete Grundgebirge. === Tone, Sande,Kiese, Schotter (lose oder verkittet). Ba Grobes Blockwerk oder Bachschuttkegel. Grundmoräne. WeLer2 ELLE Fig. 1 stellt einen Schnitt entlang der Rosengartlschlacht gegen Inst dar. Fig: 2 gibt einen Schnitt wieder, der an derselben Stelle (920 m) beginnt und ungefähr rechtwinklig zum ersten verläuft. Sämmtliche Profile sind im gleichen Verhältnis von Höhe und Länge gezeichnet. 94 Dr. OÖ. Ampferer. [4] Obwohl diese Vorkommnisse gleichsam im Rachen von reichlich schutt- liefernden Bächen der Kalkalpen lagern, bestehen sie zum weitaus größten Teile aus wohlgerundeten zentralalpinen Geröllen einer Fluß- ablagerung. Ihre Bedeutung für den Aufbau der anliegenden Terrasse beruht nicht auf ihrer verschwindend geringen Masse, sondern viel- mehr auf dem Umstande, daß sich aus ihrer Lagerung in Zusammen- hang mit einigen Schotterresten am Nordwestfuße des Simmerings der Schluß auf eine vollständige Ausfüllung des Gurgltaies und Verbindung mit den Schuttmassen der Mieminger Terrasse ziehen läßt. Die noch erhaltenen Reste dieser Nagelfluh lehnen sich in der Umgebung von Imst und Tarrenz in Nischen der Felsterrasse an. Diese selbst ist allenthalben sehr gut erschlossen und von gut gearbeiteten Grundmoränen überlagert. An sehr vielen Stellen ist die Auflagerung der Grundmoränen auf dem geschliffenen und geschrammten Fels zu sehen, so besonders bei Gunglgrün, westlich und nördlich von Imst und im Norden von Tarrenz. Während sich aber diese Grundmoränen sowohl durch die Art ihrer Ausbildung und die Gesellschaft ihrer Ge- schiebe als Erzeugnisse des Inntalgletschers ausweisen, finden wir in den höheren Teilen der Terrasse über diesen Grundmoränen massen- haften kalkalpinen Schutt. Wenn wir die Formen seiner Ablagerung und seine Zusammensetzung eingehender verfolgen, so kommen wir zur Anschauung, daß wir darin die Ablagerungen von Lokalgletschern zu erkennen haben. Sie nehmen ihren Ausgang vorzüglich aus den sroßen Karen am Muttekopf und im Norden des Lakesberges. Natür- lich wurden ihre Ablagerungen von den kräftigen Bergbächen mannig- fach ergriffen und umgestaltet. Damit ist in kurzen Strichen der Aufbau dieser Terrasse be- zeichnet. Sie unterscheidet sich von allen anderen Stücken der Inn- talterrasse durch ihren bogenförmigen Verlauf, der die Krümmung des Gurglbaches in verstärktem Ausmaß befolgt. Der breite und ausgedehnte Abschnitt zwischen Inn und Rosengartlschlucht ist voll- ständig quer ins Gebirgsstreichen hineingegraben. Soweit die mäch- tigen auflagernden Schuttmassen den Einblick in die Gestaltung des Felsgrundes gestatten, haben wir eine bergwärts ansteigende, unregel- mäßige Fläche vor uns, die mit breiten, an- und absteigenden Furchen und mit Rundbuckeln besetzt ist. Eine der auffallendsten Felsfurchen zieht über Gunglgrün hinweg. Sie hebt sich entschieden ansteigend aus der ungegliederten felsigen Innflanke bis zur Ortschaft Gunglgrün, wo sie sich dann verbreitert in mehrere Furchen gabelt, zwischen denen Rundhöcker aufragen, und wieder absenkt. An mehreren Stellen kann man an den geschrammten Felsen erkennen, daß die Richtung des großen Furchenzuges mit der Richtung der Schrammen übereinstimmt. Ausgezeichnet erschlossen sind auch schräg ansteigende Schlifffllächen an dem Wege, der südlich der Rosengartlischlucht bergan führt. An diesem Wege sieht man auch die Grundmoränen, welche stellenweise die Schliffe bedecken, ganz bis zu den Häusern von Imst herabsteigen. Nördlich von Imst, entlang dem Wege, der sich ins Salvesental und zum Hochtennsattel emporzieht, begegnen wir eben- falls oberhalb der Reste von geschichteten Schottern großen, schön geschliffenen, ebenen Felsflächen, auf denen mächtige Grundmoränen [5] Studien über die Inntalterrassen. 95 aufruhen. Auch hier ziehen die Grundmoränen ins Tal hinunter. In großartiger Weise tritt die Felsunterlage östlich der Salvesenschlucht auf der Hochfläche von Ober-Tarrenz hervor. Breite Furchen, Wannen und ausgeprägte Rundhöcker treten uns entgegen, häufig von Resten gut gearbeiteter Grundmoräne begleitet. Die Furchen steigen in nordöstlicher Richtung bergan. An allen Stellen, wo Reste der ge- schichteten Schotter der Inntalterrasse hier vorhanden sind, ragen dieselben nicht über die Oberfläche der umgebenden geschliffenen Felshöhen hinaus. Aus den Aufschlüssen im Süden der Rosengartl- schlucht geht außerdem hervor, daB der an der Mündung jener Schlucht erhaltene Rest von geschichteten Schottern nicht bloß in der Höhe, sondern auch im Abfall gegen das Gurgl- und das Inntal von den Schlifflächen und der dazugehörigen Grundmoränendecke abge- grenzt wird. Dieser so durch Glazialgebilde begrenzte Konglomerat- rest von Imst stellt zugleich das westlichste Vorkommen der Inntal- aufschüttung dar. Betrachten wir nun noch die Terrasse von Imst in ihrer ge- samten Lage, so beobachten wir, daß sowohl ihr südwestliches wie ihr nordöstliches Ende nicht frei ausgeht, sondern von höheren, vor- lagernden Rücken des Grundgebirges eingeschlossen wird. Der Berg- rücken des Lakeswaldes, welcher sich über Gunglgrün herabstreckt, scheidet die Imster Terrasse vom oberen Inntal. In der Gegend von Ober-Tarrenz schiebt sich hinwiederum vom Sinnesjoch der Sießen- kopf kräftig vor und bildet den Abschluß der Terrasse gegen Nord- osten. So ähnelt die ganze Terrasse einem breiten Sofa mit Seiten- und Rückenlehnen. Die Seitenlehnen sind jedoch in gewissem Sinne durchbrochen. Die mächtige Furche, welche sich aus dem Inntale gegen Gunglgrün erhebt und den Scheiderücken des Lakeswaldes durchsägt, ist schon erwähnt worden. Bei Ober-Tarrenz erheben sich die Furchen des Felsgrundes gegen den vorliegenden Bergkörper, ja es steigt eine steile und schmälere Fortsetzung der Terrasse zum Sießenkopf empor und verbindet so die tiefere Terrasse von Tarrenz mit jener hochgelegenen, die sich zwischen dem oberen (1657 m) und unteren (1532 m) Sießenkopf ausbreitet. Auch gegen die zurück- liegenden Berge erhebt sich die Terrasse in mehr allmählichem Anstieg. Diese gewaltige Gehängeeinbuchtung mit den geschilderten Eigentümlichkeiten ist als Erosionsbildung fließenden Wassers nicht verständlich. Wenn wir auch anzunehmen berechtigt sind, daß der heutige Gurglbach durch die Zuflüsse, welche ihm aus dem damals noch offenen Fernpaßtale zuteil wurden, beträchtlich verstärkt war, so kann er doch unmöglich diese seitliche Aushöhlung der Berghänge bewirkt haben. Auch der Inn kann nicht zur Erklärung dieser Form herangezogen werden. Gegen die Bildung dieser Terrasse durch Wasserkräfte des Gurglbaches oder des Inns sprechen auch die drei Bäche, welche jetzt tiefe, aber schmale Gräben in dieselbe einge- schnitten haben. Da sie sehr reichlichen Schutt aus ihren Einzugs- gebieten zu Tal bringen, bauen sie große Schuttkegel in das Gurgltal hinaus und drängen dessen Bach ganz in das jenseitige Felsufer des Tschirgants. Wie man fast in jedem Tale beobachten kann, schützen solche stark schuttfördernde Bäche am besten ihr eigenes Bergge- 96 Dr. 0. Ampferer. [6] hänge vor dem Angriffe durch vorbeifließendes Wasser, indem sie das- selbe mit Hilfe der entgegengestreckten Schuttkegel wirksam abhalten. Auf Grund dieser Beobachtung ist die Annahme sehr wahrscheinlich, daß der Schinder-, Melch- und Salvesenbach vereint mit ihren Schutt- kegeln jederzeit einen bedeutsamen Angriff vorbeiströmenden Wassers auf ihre Berggehänge verhindert haben. Aber auch durch die Wirkung dieser Bergbäche kann die Terrasse nicht erklärt werden, da deren Lauf durch die tiefen Täler, welche bis zu den Karen hinaufleiten, bei der beträchtlichen Neigung der Terrasse ein eng vorgeschriebener ist. Die noch jetzt ausgedehnte Grundmoränendecke, die vielfach klar erhaltenen Schliffflächen sowie in Fels gegrabene Wannen, steil auf- und absteigende, einfache und verzweigte Furchen in Gesellschaft von Rundhöckern verbürgen uns eine getreue Überlieferung der Terrassenformen, aus der sich der Zustand nach dem Rückzuge des letzten großen Eisstromes mit Sicherheit erkennen läßt. Die seither eingetretenen Veränderungen äußern sich hauptsächlich in den Ein- schnitten der Bergbäche und in der mächtigen Überschüttung der Terrasse durch die Ablagerungen von jüngeren Lokalgletschern. Na- türlich hat sowohl die Grundmoränendecke als auch der glaziale Formenschatz des Felsgrundes durch Wassererosion und Gehänge- schutt manche Verminderung erfahren, jedoch nicht so, daß die wesentlichen Züge bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden wären. Wie wir schon früher betont haben, stehen nun die Reste der seschichteten Schotter und Sande im Bereiche der Imster Terrasse in der engsten Beziehung zu der Gestalt des glazial bearbeiteten Felsgrundes. Gletscherschliffe und Grundmoränendecke überspannen gleichsam die Schotterreste, indem die Schottereinlagen nicht über die geschliffenen Felshöhen vorragen und die darauflagernden Grund- moränen an mehreren Stellen bis ins Tal hinabsteigen. Die Schotter und Sande sind gemeinsam mit dem umgebenden Grundgebirge umgestaltet worden und da wir annehmen müssen, daß die Schotter vor der Bedeckung durch das Eis nicht so erodiert wurden, kann die Umformung nur als Wirkung des darüber bewegten Eises aufgefaßt werden. Einigen Einblick in den Betrag der Erosion können wir durch Vergleich mit den Schottermassen der Mieminger Hoch- fläche erreichen. Während nämlich die Schotterreste der Imster Terrasse allenthalben unter 900 m Meereshöhe bleiben, erheben sich die breiten Schotter und Sandlagen östlich von Dormiz, am Abhang gegen das Gurgltal, bis über 1000 m, wo sie dann von einer zusammen- hängenden Grundmoränendecke abgeschlossen werden. Auch hier ist die ursprüngliche Oberfläche der Schottereinlagerung sicherlich höher gewesen, so daß wir bei einer Annahme der ursprünglichen Schotter- höhe um Imst von über 1000 » nicht zu hoch greifen. Uber 100 m sind sonach die höchsten Teile der Imster Schottermassen und ihre Felsumgebung erodiert worden und da die Grundmoränen ja weit ins Tal herabsteigen, muß die Erosionswirkung entlang dem Tale noch eine erheblich mächtigere gewesen sein. Die steil auf- und abstrebenden Furchen im Fels, die sich teilen und Rundhöcker umspannen, machen uns mit der Eigenart der Eiserosion bekannt. Während wir bei der Beschreibung der meisten anderen Terrassen- [7] Studien über die Inntalterrassen. 97 stücke der Hauptsache nach nur Reste der großen Schuttausfüllung vor uns haben, ist hier fast die ganze Terrasse von dem strömenden Eise angelegt. Mieminger Ilochfläche. (Fig. 3—8.) Der mächtige Rest der Inntalschuttfüllung, welcher zwischen Nassereith und Telfs erhalten liegt, bildet höchstwahrscheinlich die Einlage in einer Talfurche, welche zwischen der Miemingerkette und dem Bergkamm Tschirgant—Simmering— Grünberg—Nachberg einge- senkt ist. Tiefe Ein- und Anschnitte durch Wassererosion haben den Aufbau der Schuttmassen hinreichend klar eröffnet. Östlich von Nassereith beginnt die Schuttfüllung mit steiler Böschung aus dem Gurgltale aufzustreben. Durch den Strangbach, dessen Schlucht die Straße gegen Holzleiten folgt, werden diese Ablagerungen in zwei auch stratigraphisch verschiedene Teile zerlegt. Nordwärts von diesem Bache lagert sich an das Gehänge des Wannecks eine harte Nagelfluh an, deren stellenweise horizontal geschichtete Massen bis über 1000 m Höhe erreichen. Sie besteht aus stark gerollten Flußgeschieben, in deren Bestand neben reichlichen und verschiedenartigen zentralalpinen Geröllen auch viele Gesteinsarten der Kalkalpen vertreten sind. Stücke dieses festen Konglomerats, das am Abfall gegen Nassereith von mehreren kleinen Verwerfungen in plumpe, schichtungslose Klötze und Türme zerschnitten wird, finden sich in den Schottern und Grundmoränen der Umgebung. Als eine etwas im Gehänge vortretende Stufe zieht sich diese Nagelfluh in gleicher Höhe (ungefähr 1000 m) an der Nordseite des Strangbaches hinein, bis sie unter den Schottern verschwindet, auf denen der Weiler Aschland steht. An der Südseite des Baches erscheint diese Nagelfluh nirgends aufgeschlossen und an ihrer Stelle bauen lose Sande und Schotter eine ebenso hohe Terrasse auf. Am Abfall der Nagelfluh gegen Dormiz und Nassereith lagern vielfach kleinere Reste von Grundmoränen auf derselben, die sehr viele zentralalpine Geschiebe enthalten. Weiter talaufwärts sind an die Bänke der Nagelfluh geschichtete Schotter, sandiger Lehm, dann Schotter mit Einlagen von Mehlsanden angelagert. Die besten Auf- schlüsse erhält man in der Umgebung des Annastollens (1016 m), der selbst genau längs der Oberfläche der hier deutlich geschichteten Nagelfluh hineingetrieben ist. Unmittelbar über der anscheinend geglätteten Decke der Nagelfluh finden sich hier Spuren einer Grund- moräne, dann folgen Mehlsande und Schotter, darüber deutliche Grund- moräne mit gekritzten Geschieben. Gewaltige Massen von Gehänge- schutt schieben sich vom steilen, zerrissenen Berggehänge herunter. Dem südlich des Strangbaches gelegenen Teile der Schuttmassen ist ein mächtiger, schräger Schuttkegel vorgelagert, der durch den Strangbach und zahlreiche Gräben der höher ausstreichenden Schotter und Grundmoränen gebildet wurde. Am südlichen Ufer des Baches begegnen wir unklaren Vor- kommnissen von Grundmoränen, in höherer Lage sehr mächtigen, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (0. Ampferer.) 13 98 Dr. O. Ampferer. [8] horizontal geschichteten Lagen von gröberem und feinerem, vorzüglich zentralalpinem Schotter. Die Hochfläche, welche diese Schotter tragen, besteht aus einer Decke von gut gearbeiteter Grundmoräne, die überall an der Stirn des Steilabfalles frei in die Luft ausgeht. Die Grundmoränendecke liegt nur an den Rändern frei vor, in dem ganzen Gebiete zwischen dem Abhange des Simmerings und den Ortschaften Holzleiten— Weißland—Oberstraß—Finsterfiecht breitet sich noch eine jüngere glaziale Ablagerung eines Lokalgletschers darüber. Derselbe entstammte dem Lehnbergtale und warf in der Gegend südlich von Weißland seine Morännenwälle und Schuttfelder auf, die vorzüglich aus Wettersteinkalk und Hauptdolomitgesteinen bestehen. Eigentümliche Wechsellagerungen von geschichteten Schottern, Sanden, Bänderton und Grundmoränen erschließt der obere Graben des Strangbaches gegenüber der Ortschaft Aschland (Fig. 3). Wir finden bei 1020— 1040 m Höhe nahe über dem Bache an seiner Südseite ein Lager von gut Fig. 3. Holzleiten gearbeiteter Grundmoräne (6) mit schönen gekritzten Geschieben. Darüber lagern gröbere horizontal geschichtete, lagenweise verkittete Schotter (5), sehr dünn geschichteter, feinsandiger Bänderton (4), ge- schichtete, feinere Schotter (3), endlich wieder sehr deutliche Grund- moräne (2) mit einer Decke von geschichteten Schottern (1). Da weiter aufwärts im Bachbett schon das Grundgebirge (Hauptdolomit) ansteht und beide Grundmoränen sehr stark bearbeitet sind (reich an gekritzten Geschieben), können sie nicht von kleinen Lokalgletschern abstammen, obwohl der größte Teil der Geschiebe aus Hauptdolomit besteht. Der untere Rest von Grundmoränen ist nicht weit erschlossen, der obere keilt gegen Westen deutlich zwischen den geschichteten Schottern aus. Es liegt die Annahme nahe, die untere Grundmoräne einer älteren Vergletscherung zuzusprechen und das Auskeilen der oberen durch teilweise Erosion und UÜberschüttung von seiten des Lokalgletschers des Lehnbergtales zu erklären. Östlich des Schuttfeldes des eben [9] Studien über die Inntalterrassen. 99 senannten Lokalgletschers gelangen wir in die großartigste Grund- moränenlandschaft des tirolischen Inntalgebietes. Der aus dem Lehn- bergtal herabfließende Sturlbach schneidet von seinem Eintritt in die Mieminger Hochfläche bei Arzkasten bis zum Felsdurchbruch bei Schloß Klamm unausgesetzt in mächtige Massen von vorzüglich und typisch entwickelter Grundmoräne ein. Die ganze Breite der Terrasse vom Abfall des Nißkogels bis zu dem des Grünberges und Saßberges nehmen von Oberstraß und Finsterfiecht im Westen bis über Barwies und Obermieming hinab Grundmoränen ein. Daß es sich nicht bloß um eine dünne Decke, sondern um eine mächtige Auflagerung handelt, zeigen die vielen eingeschnittenen Gräben. Wenn wir die Unterlage dieser gewaltigen Decke kennen lernen wollen, so bietet uns das Tal des tief einge- fügten Klammbaches und seine Seitengräben den besten Aufschluß. Während wir in der Umgebung von Holzleiten schon in einer Höhe von über 1000 m unter der Grundmoränendecke auf die geschichteten Schotter stießen, reichen dieselben im Aufrißgebiete des Klammbaches nirgends über 870 m empor. Ich habe alle Gräben dieses Tales genau untersucht und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß nicht nur im Westen nnd Osten von dieser Talfurche die Grundmoränen schräg Fig. 4. R Schloß Klamm Sue Mötz a N über die Schotterunterlage bis nahe an das Innbett herabsteigen, sondern daß die Oberfläche der Schotter und Sande auch quer zur Talrichtung eine starke Abschrägung erfahren hat. An der Westseite des Tales überdecken die Grundmoränen bei Schloß Klamm (Fig. 4) und in den Gräben, welche zur Ortschaft Wald ansteigen, ungefähr bei 870 m, die geschichteten Ablagerungen, wogegen an der Ostseite gegenüber die Grenze stark herabsinkt und unterhalb der Streichenkapelle bei 740 m durchzieht. Dabei ist die Grenze ziemlich scharf und die hellen, weißlichgrauen Grundmoränen heben sich deutlich von den horizontal geschichteten Schottern ab, die vielfach Lagen von feinerem Sand ent- halten. Außerordentlich verschiedenartig ist auch die Gesteinsführung der beiden Ablagerungen. Die Grundmoränen bestehen, obwohl sie auf den Schottern ruhen, welche vielleicht 60—70°/, zentralalpine Gerölle enthalten, zum größten Teile aus Kalk und Dolomitgeschieben. Die zentralalpinen Geschiebe erreichen im Durchschnitt nicht 10°/, der mit freiem Auge erkenntlichen Bestandteile. Die geschichteten Schotter gehen in der Tiefe des Tales in mehr verfestigte Lagen über, wobei die feineren Sandlagen ein festeres Gefüge besitzen. Diese verkitteten Schotter und Sandlagen sind an mehreren Stellen im Klammtale als lotrechte Wände mit ausgehöhlten Galerien er- schlossen. Der nördlichste Aufschluß unterhalb von Schloß Klamm 13* 100 Dr. O. Ampferer. [10] zeigt ein mäßiges Fallen gegen Süden (6—8%), aus dem Penck den Schluß ziehen will, daß eine deltaartige Aufschüttung vorliege. (Alpen im Eiszeitalter Seite 334.) Dem steht jedoch entgegen, daß die großen Aufschlüsse dieses Konglomerats zu beiden Seiten des Baches weiter südlich in derselben Höhe horizontale Lagerungen aufweisen. Nach oben gehen die ver- kitteten Lagen allmählich in die losen über, mit denen sie auch gleiche Zusammensetzung verbindet. Einzelne auskeilende oder trans- sredierende Sand- und Schotterlagen sind vielfach zu sehen, ohne jedoch den Charakter der horizontalen Lagerung zu stören. An dem Eckhange zwischen Walder Graben und Klammtal gerade gegenüber und oberhalb von der innersten Mühle kann man beobachten, wie die hellgraue Grundmoräne sackartig in die gelblichen Schotter und Sandlagen eingreift. Wie schon erwähnt, ziehen die Grundmoränen auf beiden Tal- flanken bis hart zur heutigen Innebene hinab. Im Westen des Klamm- baches verkleiden sie von Wald herab in großer Ausdehnung die unteren Gehänge des Grünberges, wobei sie gleichmäßig auf den eingeschichteten Schottern und auf dem vielfach geschliffenen Grund- gebirge aufruhen. Westlich von Mötz sind mehrere größere Gletscher- schliffe erhalten, welche steil gegen Nordosten ansteigende Flächen und Schrammen besitzen. Auf der Ostseite des Klammbaches senken sich die Grundmoränen größtenteils über abgeschrägte Schotter herab und nur am Felsrücken, welcher die Wallfahrtskirche des Locherbodens trägt, liegen sie direkt auf abgerundetem Felsen und ziehen daran fast bis zum Dorfe Mötz herab. Zugleich weicht auf der einen Seite der Felswall des Grünberges gegen Norden, auf der anderen der des Locherbodens gegen Süden, so daß gleichsam in dem Sinne der geschrammten Felsen eine breite Furche in schiefer Richtung aus dem Inntale auf die Mieminger Terrasse emporführt. Diese Beobachtung ist geeignet, auf eigentümliche Bewegungen der großen Eisströme aufmerksam zu machen. Die Grundmoränen steigen zu beiden Seiten des Klammbaches bis nahezu in die. Tiefe des heutigen Inntales und ziehen sich am Gehänge des Grünberges bis ganz auf dessen Südseite nahezu zusammenhängend und über Glettscherschliffe herum. Es ist undenkbar, daß sich die Eismassen, welche über die Mieminger Hochfläche hinfloßen, hier mit völliger Umkehr ihrer Bewegungsrichtung zum Inntal absenkten. Wir müssen annehmen, daß bei Mötz Eis aus dem Inntale in schräger Richtung gegen die Mieminger Hochfläche emporgepreßt wurde. Damit stimmt die Richtung der Felsschrammen, die Form der Felsgehänge, das Auseinanderweichen der Bergkämme in diesem Sinne und die starke Abtragung der geschichteten Schotter nördlich des Kammes des Locherbodens. Es geht auch nicht an zu denken, daß das Eis nur zu einer Zeit hier aufwärts getrieben wurde, als kein Eisstrom sich auf der Mieminger Terrasse bewegte. Der zusammenhängende Grund- moränenmantel und seine gleichartige Entwicklung läßt diese Annahme als unwahrscheinlich erscheinen. In der Gegend nördlich von Barwies (Fig. 5), Obermieming und Affenhausen bedeckt wiederum die mächtige Ablagerung eines jüngeren [11] Studien über die Inntalterrassen. 101 Lokalgletschers des Städtlbachquellgrundes die Grundmoränendecke. Zu beiden Seiten des Städtlbaches sind gewaltige Seitenmoränen erhalten, am Hochbüheleck haben wir Stirnmoränen, von denen ein breites Schuttfeld seinen Ausgang nimmt. Bei Barwies, Lehnsteig (Fig. 6) und Obermieming ist die Auflagerung dieses Schuttfeldes auf die Grundmoränen deutlich zu ersehen. So bedeutend die anschüttenden Wirkungen dieses Lokalgletschers waren, so ausgedehnt sind auch die erodierenden Einflüsse seiner Schmelzwässer. Während der Gletscher des Lehnbergtales nur zwischen Obsteig und Gschwent ein Geflecht von nunmehr toten Talzügen veranlaßte, gab der des Städtlbaches die Ursache zur Anlage mehrerer großer Talzüge und zur Weg- schwemmung der Grundmoränendecke in weiter Ausdehnung. Fig. 5. N J 7138 Eos Sassberg 850 Barwies 881 REEL er fer TEELELOLELTOLTEGLLLLERELNE LE IST BEN ZERMP SG rupra2“ Jan , Östlich von dem mächtigen Schuttfelde des Städtlbachgletschers begegnen wir auf der Mieminger Terrasse nur mehr einzelnen spärlichen Resten von Grundmoränen, von denen der ausgedehnteste südlich von Wildermieming das Trockental begleitet, in dem die Straße von Ober- mieming gegen Telfs hinabzieht. Die Höhe der Terrasse nimmt in demselben Sinne gegen Osten an Höhe ab und ihr Gefüge wird durch drei tiefe Trockentäler zerlegt. Es sind dies der Talzug des Pulet, jener von Fiecht und der, welchem die Poststraße zwischen Ober- Fig. 6. ep Ay | # Lehnsteig 880” 2000 7 Mühlried 830” Keiner See 893 u FAR EU ETERTERTETTTER er Rh on SET a a ya ra Ta mieming und Telfs folgt. Das Fiechtertal mündet in das Tal der Poststraße, das jedoch völlig unabhängig von dem des Pulet gegen die Talweitung von Telfs sich öffnet. Die schön geschlungene, überaus gleichmäßig geneigte Rinne des Pulet beginnt bei Wildermieming zwischen niedrigen Vorragungen von Hauptdolomit und schneidet dann im ganzen Verlaufe nicht mehr ins Grundgebirge. Nur an den Grund- moränenhügeln oberhalb von Wildermieming kommt dieser Tallauf mit Grundmoräne in Zusammenhang. Der Talzug, in dem die Poststraße angelegt ist, nimmt seinen Anfang bei Obermieming, wo im Süden noch die flache Bodenschwelle aus Grundmoränenmaterial - besteht, während von Norden das Schuttfeld des Judenbaches herabdrängt. Das Schuttfeld dieses Baches ist mit dem glazialen Schuttfelde des 102 Dr. O0. Ampferer. [12] Städtlbaches innig vereint, obwohl die enge Felsschlucht des Juden- baches keinen eigenen Gletscher von Belang beherbergen konnte. Das anfangs breite, flache Tal gewinnt erst unterhalb von Affenhausen engere Begrenzung, wobei an seiner nördlichen Flanke, von der eben erwähnten Ortschaft bis zur Abzweigung des Weges zum Gerhartshof, Grundmoränen mit gelegentlich geschichteten Einlagen anstehen. Im untersten Teile ist das Tal in eine kurze Hauptdolomitschlucht ein- gegraben, welche wegen der Straße künstlich erweitert wurde. Das kurze Tal von Fiecht senkt sich von diesem Dorfe gegen Osten, während gegen Westen etwas nördlicher ebenfalls flache Talmulden hinabziehen, die bei Untermieming in dem nunmehr verlandeten Becken des Zeiner Sees münden. Dieser See selbst liegt in der Grund- moränendecke eingetieft und berührt nur am Südufer den Felshang des Saßberges. Das Tal von Fiecht berührt an seiner Südseite stellenweise den Felskörper des Achberges. Deutliche Grundmoräne ist in seinem Be- reiche nirgends erschlossen. Das große Schuttfeld des Städtl- und Judenbaches, von dem wir wissen, daß es durch einen jüngeren Lokalgletscher des ersteren Talgebietes im wesentlichen geschaffen wurde, ruht einerseits der mächtigen Grundmoränendecke auf, ander- seits bildet es gegen Süden und Osten den Ursprung der Terrassen- abschwemmung und der Trockentäler. Nur das Tal der Poststraße zeigt eine Strecke weit ältere Veranlagung, indem es eine Einlage von Grundmoränen aufweist. Die weitere Ausgestaltung dieses Tales sowie die Schaffung der anderen dürfen wir mit großer Wahrscheinlich- keit den Schmelzwassern des Städtlbachgletschers zuschreiben. Für die Rinne des Pulet haben wir sogar einen bestimmten Altersbeweis. Wie nämlich aus dem Lehnbergtale und dem Städlbachquellgrunde Lokalgletscher (des Gschnitzstadiums von Penck) hervorquollen, so geschah dies auch gleichzeitig aus dem Hintergrunde des Giesbachtales. Ein großer Teil des durch diesen Lokalgletscher geschaffenen Schutt- feldes, das fast nur aus Wettersteinkalk besteht, begleitet nun nicht bloß den Talzug des Pulet an seinem Nordufer, sondern findet sich sogar auf dem entgegengesetzten Ufer. Der breite, überaus glatt ausgehöhlte Talzug muß daher mindestens noch im Wasserbetrieb gestanden sein, als schon die äußersten Teile des eben beschriebenen Schuttfeldes des Giesbachgletschers abgelagert waren, da er sonst jedenfalls zugeschüttet worden wäre. Noch wahrscheinlicher ist es, daß er überhaupt erst nach der Ausbreitung jenes Schuttfeldes von Wassern des Städtlbachgletschers angelegt wurde. Die Unterlage des Schuttfeldes des Giesbachgletschers ist am schönsten am Ostrande der Mieminger Terrasse gegen den Giesbach (Fig. 7) und das Becken von Telfs offengelegt. Der Giesbach tritt aus seiner engen Felsklamm in eine breitere Talfurche heraus, die er quer in die Schuttmassen der Mieminger Terrasse eingeschnitten hat. Die Westseite dieser Tal- furche zeigt nun die geschichteten Schotter und Sande in typischer Entwicklung, unter denen nur am Fuß der Terrassenecke zwischen Mörderloch und der Mündung des Puletgrabens ein Grundmoränenrest zutage tritt. Die geschichteten, größtenteils zentralalpinen Schotter gehen [13] Studien über die Inntalterrassen. 103 am Westufer des Giesbaches genau bis an die Felsen seiner Klamm heran. In einer Höhe von 780—790 m überlagern stark bearbeitete Grundmoränen mit zentralalpinen Geschieben die Schotter. Die Grenze ist nicht scharf und die Grundmoräne wird erst in den höheren Lagen frei von gerundeten Geröllen. Oberhalb der Schlauchfabrik wechsel- lagert die Grundmoräne an ihrer südlichen Endigung eine kleine Strecke mit den Schottern, indem sie geschichtete Lagen aufnimmt, zwischen denen sie gegen Süden zu verschwindet. Weiter südlich bauen die Schotter die Terrasse bis über 800 m Höhe allein auf. Die Grundmoränen setzen sich dagegen nach Norden, unmittelbar auf den Felskanten der Klamm ruhend, bis gegen 1000 m Höhe fort. Über ihnen lagert anfangs feiner Kalkschutt, der nach oben in gröberes Blockwerk von Wettersteinkalk übergeht. Dieser feinere Kalkschutt und das gröbere Blockwerk sind die Ablagerung des Giesbachgletschers, welche sich über den nordöstlichen Teil der Mieminger Terrasse, den Zimmerberg, bis zum Tal des Pulet und stellenweise sogar noch jenseits ausbreitet. Der darunter befindliche Grundmoränenrest ist sichtlich in einer Furche der Schotter eingelagert worden und die Wechsellagerung mit demselben durch gleichzeitige Wasserwirkung zu Fig. 7. Sa S 1200 "NV I N 3 ES N rt RS X iR DES — 37 626 erklären. Bemerkenswert ist auch die Erscheinung, daß hoch über der Mieminger Terrasse und über dem Schuttfelde des Zimmerberges längs des Weges, welcher von Wildermieming zu den Straßberger Mähdern leitet, Reste von gutgearbeiteter Grundmoräne mit zentral- alpinen Geschieben erhalten sind. Folgen wir dem Giesbache aufwärts, so gelangen wir ins sogenannte „Alpeltal“, in welchem wir zwei lange Seitenmoränen beobachten können, die an beiden Seiten des Baches talab ziehen. Auf einer derselben steht auch die „Alpelhütte* der Sektion München des D. u. OÖ. A.-V. Der diesen mächtigen Moränen- wällen zugehörige Gletscher breitete indessen seine Ablagerungen nicht bloß auf der Westseite des Giesbaches, sondern auch auf seiner Ostseite aus. Durch die tiefe Furche dieses Baches wird nämlich von der Mieminger Terrasse ihre Fortsetzung gegen Osten, die kleine Terrasse von St. Veit und des Emat Bödele, abgetrennt. Diese Abtrennung dürfte nicht sehr alt sein, da sich genau gegenüber der Mündung des Pulettales als Fortsetzung das in gleichem Sinne geneigte Trockental von Hinterberg einstellt, welches die höhere Terrasse von St. Veit von der tieferen des Emat Bödele scheidet. Die Mündung des Pulettales trifft bei 700 m den Boden des Giesbaches, 104 Dr. O0. Ampferer. [14] die breite Mulde des Tales von Hinterberg setzt jenseits in 760 m Höhe ein und senkt sich sehr allmählich bis zum riesigen Schuttkegel der Erzbergklamm, der seine Öffnung schräg abschneidet. Da die beiden einander ergänzenden Stücke der Trockentäler fast senkrecht auf die Richtung des Giesbaches streichen, kann man kaum annehmen, daß derselbe das Stücktal von Hinterberg angelegt habe. Daher bleibt am währscheinlichsten die Annahme, daß darin eine Fortsetzung des Pulettales zu erblicken ist. Da nun aber der Beginn des Hinterberg- tales um ungefähr 60 m höher liegt, muß zur Zeit, als der Giesbach diesen Talzug entzweischnitt, die Stelle der jetzigen Mündung der Puletrinne um mehr als 60 m höher gewesen sein. Der Talzug des Pulet—Hinterbergtales wäre somit der ältere, den der fast senkrecht einmündende Giesbach durchbrach und so den östlichen Teil desselben außer Gebrauch setzte. Seit diesem Durchbruche haben sowohl der Giesbach als auch jener des Pulet ihre Sohlen an der Vereinigungs- stelle um 60 m erniedrigt. Weil höchstwahrscheinlich durch die gewaltige Aufschüttung des Giesbachgletschers der ältere Bachlauf verstopft und verteilt wurde, kann man die ganze Einschneidung dieses Baches, soweit sie unter das Niveau des jungglazialen Schuttfeldes fällt, als seit dem Gschnitzstadium vollbracht ansehen. Die Terrasse von St. Veit ist an der Oberfläche ınit mächtigem, kalkalpinem, eckigem Schutt übergossen, der in der Nähe letzterer Ortschaft sich zu Wällen formt. Eine ununterbrochene mächtige Schuttablagerung (fast ausschließlich aus Wettersteinkalk) zieht sich bis gegen die Straßberger Mähder hinein. Durch gewaltige Runsen werden von den Gehängen der Hohen Munde außerdem stete, große Mengen von Schutt in die Giesbachklamm hinabgeschoben. Auch hier treffen wir an den Hauptdolomithängen hoch über der Terrasse kleine Reste von stark bearbeiteter Grundmoräne. Unter gröberem Kalkschutte liegt feinerer, der besonders oberhalb von den Felsrändern der Schlucht des Giesbaches den Charakter schwach bearbeiteter, hellweißlicher Grundmoräne zeigt. Tiefer streichen die geschichteten Schotter und Sande durch, unter welchen längs dem Fußrande des Emat Bödele Reste von Grundmoräne vorschauen. Der Körper des Emat Bödele besteht aus größtenteils horizontal geschichteten Schottern und Sanden, welche aber auch schräg ein- fallende Lagen umschließen. An seiner Oberfläche verrät sich eine schwache Decke von Grundmoräne. Im Osten durchbricht der gewaltige Schuttkegel der Erzberg- klamm Terrassen und Trockental. Östlich von diesem weiten, regel- mäßig gebauten Schuttkegel begegnen wir noch den kleinen Terrassen- resten von Birkenberg und Brand, welche aus horizontal geschichteten Schottern und Sanden erbaut sind. Beide erreichen nicht mehr als 800 m Höhe. Höher oben treffen wir sowohl an den Gehängen des Birkenkopfes als auch an denen des Buchener Berges nur Reste von Grundmoränen. Der bedeutendste Aufschluß von sehr stark bearbeiteter Grundmoräne findet sich nordwestlich von Birkenberg am Abhang des Birkenkopfes gegen den Schuttkegel der Erzbergklamm. Vom Klamm- eingang abwärts überziehen hier größere Massen typischer Grund- moräne mit zentralalpinen Geschieben die unteren Felshänge und [15] Studien ‘über die Inntalterrassen. 105 lagern sich dann nordwärts vom Fahrweg nach Birkenberg über die geschichteten Schotter (bei 740 m Höhe). Auch an der Ostseite des Birkenkopfes steigen die Grundmoränen bis zur Schotterterrasse herab, die westlich von Birkenberg Mehlsande enthält. Der letzte Rest von geschichteten Schottern bildet die kleine Terrasse von ‘Brand, welche schon östlich von dem Kochentale sich aufbaut. Weiter abwärts finden wir die nächsten Ablagerungen geschichteter Schotter erst an der Terrasse nördlich von Innsbruck. Das ganze lange Fels- gehänge weist bis dorthin nur Reste von sehr gut entwickelten Grund- moränen auf. Bevor wir den Abschluß der großen Mieminger Terrasse mit ihren kleinen östlichen Fortsetzungen untersuchen können, muß noch der lange Felsrücken zur Beschreibung gelangen, der von Mötz bis Telfs den Südrand der Mieminger Terrasse bildet. Dieser lange, flache Kamm erhebt sich von Mötz zum Locherboden, steigt dann zum Saßberg empor, wird darauf bei Mühlried vom Lehnbach (im Oberlauf Städtlbach genannt) in steiler Klamm durchbrochen und schwingt sich zum breiten Achberg 1033 m auf, dessen absinkende Ausläufer sich bis zu den Häusern von Telfs hinziehen. Im ganzen Verlauf tritt der Hauptdolomit seines Körpers meistens nackt zutage und seine Oberfläche zeigt an vielen Stellen mächtige Furchen, welche meist parallel mit dem Inntale hinstreben. Besonders deut- liche stellen sich am Saßberg, bei Mühlried und am Ostabfall des Achberges ein. Am großartigsten ist diese eigentümliche Ober- flächengestaltung am Ostende des Kammes in der Umgebung von St. Moriz zur Entfaltung gekommen. Der anfangs steil, dann flacher absinkende, sehr breite Felsrücken spaltet sich in mehrere lang hin- ziehende schmälere Rücken, welche durch breite Felswannen von- einander geschieden werden. Die zwei nördlichen Felsfinger reichen bis an die Häuser von Telfs, zwei südlichere tauchen schon früher in die Schuttebene des Inntales, der kürzeste, südlichste bildet über- haupt nur eine vorspringende Kante. Die breiten, flachen Felswannen dazwischen sind 10—20 m tief eingegraben und ihre Felssohlen ver- schwinden rascher in der Innebene, so daß die Rücken wie Riffe vorragen. Auf den Abhängen des südlichen Felsrückens gelang es, durch Abheben der Grasdecke ziemlich deutliche Gletscherschliffe zu entdecken. Auf dem nördlichsten Rücken sind schlecht erhaltene geglättete Flächen in größerem Umfang zu sehen. Auf diesem letzt- genannten Rücken ist östlich vom Mörderloch ein großer Rest von sehr gut entwickelter Grundmoräne erhalten, der einerseits unmittelbar dem Felsgrunde aufsitzt, anderseits am Abfall gegen die Poststraße horizontal geschichtete Mehlsande übergreift, unter denen feinblättriger Bänderton erschlossen ist. Hier steigt die Grundmoräne bis 670 m herab. Gegen Westen verliert sich die Grundmoränendecke bald, dagegen finden wir auf den Höhen im Norden des Achberges nicht selten kleine Reste von Grundmoräne, vermengt mit den geschichteten Schottern. Solche Aufschlüsse sind besonders in der Umgebung der Buchwiese zu sehen. Ganz in der Talfläche tritt Grundmoräne am Wege von Telfs nach der Häusergruppe Emat zutage. Der Abschluß der Mieminger Terrasse im Osten kann nicht Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (0. Ampferer.) 14 106 Dr. O0. Ampferer, [16] durch Seitenerosion des Inns erfolgt sein, da aus den wilden Schluchten des Giesbaches, der Erzbergklamm und des Kochentales riesige Schutt- kegel vorgeschoben werden, welche den Fluß ganz an die Südseite des Tales drücken. Erst ziemlich unterhalb der Terrasse von Brand drängt sich der Inn an die nördliche Felsflanke. Wir haben bei der Beschreibung der Mieminger Terrasse erkannt, daß die Grund- moränendecke von Westen nach Osten immer tiefer sich senkt. Am Westrand der Terrasse sehen wir die obere Grenze der geschichteten Ablagerungen in über 1000 m Höhe, bei Schloß Klamm nur mehr in 870 m, östlich vom Mörderloch überlagert die Grundmoräne in 670 m Höhe Mehlsande und Bänderton. Die gewaltige Abschrägung der Schotter und Sandschichten durch Grundmoränen in der Richtung von Schloß Klamm gegen Mötz ist schon erwähnt worden. Im Ver- gleich zu der Abschrägung, welche bei einer Entfernung von 2 km ein Gefälle von 200 m aufweist, ist jene in der Richtung von West nach Ost unbedeutend, da hier erst auf 13 km 330 m Gefälle kommen. Allerdings ist dieser Abfall in Wirklichkeit stellenweise beträchtlich größer, da zwischen steileres Fallen am West- und Östrande eine sehr flache Mittelzone eingeschaltet ist. Wie die Aufschlüsse im Fig. 8 S 2 N Felsfurchen in der Umgebung von St. Moriz. SS NR ‚N SQ * ® S 5 N ha‘ ER —_—— RE” Westen des Giesbaches beweisen, liegt auch hier die Grundmoräne im Norden höher (780 m) als im Süden (670 m). Am Emat Bödele finden sich Reste derselben in Höhenlagen von 700—780 m. Bei Birkenberg gehen die Grundmoränen bei 740 m über die Schotter herab. Trotzdem nördlich von Telfs die große Terrasse durch die Schluchten des Giesbaches, der Erzbergklamm und des Kochentales in bedeutendem Maße durchbrochen und eingeschränkt ist, erkennt man aus der Verteilung der Reste der Grundmoränendecke doch sicher die glaziale Abschrägung der geschichteten Ablagerungen. Die Reste von Grundmoränen, welche in der Umgebung der Ort- schaft Emat am Fuße der geschichteten Schotter auftreten, gehören wahrscheinlich einer älteren Vergletscherung an. Neben dem allgemeinen Niederstreben der deckenden Grund- moränen bildet die Felsfurchenlandschaft von St. Moriz (Fig. 8) den besten Beweis für den glazialen Abschluß der Terrasse. Ausgehend von den Abhängen des Achberges, strecken sich die Felsrücken wie Finger einer Hand in schwach nordöstlicher Richtung gegen Telfs und tauchen dabei in die Schuttebene des Inntales. Solche Formen können unmöglich durch die Erosion eines Flusses geschaffen werden, dafür ist auch ihr Abstieg vom Achberggehänge ein viel zu steiler. Auf [17] Studien über die Inntalterrassen. 107 dem nördlichsten Rücken ist zudem die Grundmoränendecke umfang- reich neben Gletscherschliffen erhalten. Die Art, wie die Wannen und Rücken dieser Landschaft in die Schuttebene hinabtauchen, beweist, daß hier das Eis in der Gegend von Telfs den Felsgrund bis unter die heutige Innebene hinab auszuhobeln vermochte. Hätte der Inn die Abtragung der Mieminger Terrasse im Osten bewirkt, so wäre das kaum denkbar ohne Zerstörung dieser eigentümlichen, mit Grundmoränen und Schliffen engverbundenen Felsformen, welche ja zwischen ihm und den Terrassenresten sich hinziehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Becken von Telfs eine vom Inn teilweise zugeschüttete. größere glaziale Felswanne darstellt, welche sich un- mittelbar an die Felsfurchen von St. Moriz anschließt, deren Zwischen- wannen sich ja gegen Osten verbreitern. Das Inntalgehänge zwischen Telfs und Kranebitten. Die Hochfläche Buchen—Mösern— Seefeld. Unterhalb des Beckens von Telfs treten in langer Erstreckung größtenteils kahle Felshänge unmittelbar an das Innbett heran. Bis gegen Kranebitten hinab fehlen der nördlichen Talflanke geschichtete Ablagerungen völlig, was anscheinend nicht verwunderlich ist, da der Inn von den Schuttkegeln der südlichen Seitenbäche kräftig ans Nordgehänge gelenkt wird und dasselbe bespült. Nur bei Zirl kommen von der Nordseite der Schloß- und Ehnbach, welche mit ihrem großen vereinigten Schuttkegel den Inn an die Südflanke weisen. Bei eingehender Untersuchung dieser langen Felsflanke kommen wir indessen zur Anschauung, daß das völlige Fehlen der geschichteten Bändertone, Sande und Schotter, welche südlich des Inns hier überall in großartiger Weise erhalten sind, nicht als Abschwemmung durch den Inn erklärt werden kann. Das Inntal beschreibt unterhalb von Telfs eine bedeutende Drehung in seiner Richtung, die aus einer nordöstlichen in eine süd- östliche übergeht. Dabei verläuft sowohl der Talzug oberhalb als unterhalb des scharfen Umbuges weithin in nahezu gerader Richtung. Die Ablenkung des oberen Talzuges gegen Süden beträgt ungefähr 50% Diese Ablenkung betrifft indessen nur die tiefe Furche des Inntales, denn oberhalb der geschlossenen Talwendung finden wir im Gebiete der weiten Einsenkung von Seefeld—Leutasch fast genau in der Richtung des oberen Inntallaufes vier mächtige Felsfurchen, welche gleichsam in der Höhe Fortsetzungen des ungebrochenen Talstreichens vorstellen. Es sind dies die doppelte Furche von Buchen, die Talung von Wildmoos, das Becken des Möserer Sees und die breite Talverbindung Mösern—Seefeld. Diese großangelegten Fels- furchen beginnen in einer Höhe von 1000-1200 m, steigen dann eine kurze Strecke an, um bald jenseits sich abzusenken. Nur das Felsbecken, in dem der kleine Möserer See liegt, verschwindet nach kurzem, ziemlich steilem Anstiege. Wenn wir das allgemeine Streichen des aus Hauptdolomit aufgebauten Grundgebirges beachten (ungefähr ostwestlich), so erkennen wir, daß diese Täler in spitzem Winkel diese Richtung kreuzen. 14* 108 Dr. O0. Ampferer. [18] Daß sich seit der letzten Vergletscherung weder die Formen des Talgehänges zwischen Telfs und Kranebitten, noch auch die der großen Felsfurchen der Einsenkung von Seefeld—Leutasch im wesent- lichen verändert haben, beweisen zahlreiche Reste von Grundmoränen, welche noch jetzt darüber verteilt liegen. Die kleine Terrasse von Brand an der Ostseite des Kochen- tales besteht noch aus geschichteten, meist zentralalpinen Geschieben. Auf den Felshängen darüber treffen wir erst nördlich von Buchen srößere Anhäufungen von gut entwickelter Grundmoräne. Weiter abwärts weist am Nordgehänge des Inntales die kleine Felsstufe von Bairbach nur eine dünne Decke von Grundmoränen auf, an der auch am Gehänge gegen Ober-Pettneu mehrfach kleine Reste anstehen. Einer größeren Anhäufung von ausgezeichnet entwickelter Grund- moräne begegnen wir knapp nördlich der Häuser von Ober-Pettneu, welche hier einen einspringenden Winkel des Felsgehänges ausfüllt und bis 630 m herabzieht. ‘Bei den untersten Häusern von Unter- Pettneu setzt wieder hinter einem Felsvorsprunge eine große Lage typischer reiner Grundmoräne ein, welche längs einer schräg gegen Osten aufsteigenden Felsstufe über Leiblfing ins Tal des Niederbaches hinaufsteigt. Diese Felsstufe beginnt hinter dem kleinen Felshügel, welchen die Kirche von Leiblfing krönt und sie erhebt sich in flachem Anstieg bis zu dem Felskopfe oberhalb von Dirschenbach. Von dort senkt sie sich zum Niederbach und strebt jenseits desselben steil zu jenem Sattel empor, welcher die breite Felswanne von Leithen nach Westen zu öffnet. Diese Felswanne selbst, welche hinter dem Buchwieselkopfe parallel mit dem Inntale hinstreicht, hebt sich allmählich gegen Osten, bis sie östlich an der Ortschaft Leithen das Gefälle ändert und nun gegen die Schloßbergklamm absinkt, von der sie quer abgeschnitten wird. Jenseits dieser Klamm setzt sich nördlich von Zirl ebenfalls wieder eine Felsterrasse fort, die durch die tiefe Ehnbachklamm nur durchschnitten, nicht aber begrenzt wird. Ihre Fortsetzung wäre in der breiten Mulde zu suchen, welche nördlich vom Höhenberg zu den Zirler Mähdern emporführt. Die Zusammengehörigkeit dieser durch zwei tiefe Schluchten getrennten Felsstufen ist jedoch nicht sicher zu erweisen. Nur der erste Teil dieser Felsstufenfolge ist bis über den Niederbach hinaus mit einer zusammenhängenden Grundmoränendecke überkleidet, in welche der eben genannte Bach vor seinem Absturz in die Felsklamm von Dirschenbach einen großen Aufriß eingefressen hat. Die Felswanne von Leithen besitzt nur im Osten eine mächtige Einlage von schön entwickelter Grundmoräne, die Felsstufe oberhalb des Dorfes Zirl ist dagegen in bedeutendem Maße von solchen Ab- lagerungen bedeckt, welche am Weg zum Erlsattel bis gegen 1200 m Höhe aufstreben. Im tieferen Inntalgehänge sind noch in einer Felsnische hinter Eigenhofen sowie längs des Felsfußes vom Zirler Kalvarienberg bis Martinsbichl einzelne kleinere Reste von Grundmoräne erhalten. Schon diese Zusammenstellung weist auf die merkwürdige Erscheinung hin, daß an der Nordflanke dieses Inntalgebietes zwar alle Spuren von ge- schichteten Ablagerungen fehlen, wogegen besonders in Nischen und [19] Studien über die Inntalterrassen. 109 auf Stufen des Gehänges vielfach sehr gut entwickelte, reine Grund- moränen, manchmal sogar in bedeutenden Massen, vorhanden sind. Diese Reste von Grundmoränen sind auch nicht auf eine bestimmte Höhenlage beschränkt, sie finden sich knapp über der Flußebene und von dort aufwärts bis über 1200 m. Durch Abschwemmungen des Inns kann das Fehlen der ge- schichteten Ablagerungen, welche südlich des Flusses längs der ganzen Strecke in einer Folge von Bänderton, Mehlsand und Schotter vor- liegen, nicht erklärt werden. Es müßten doch ebensogut auch Reste der geschichteten Ablagerungen noch erhalten sein, da nicht einzu- sehen ist, warum nur sie allein überall herausgepült worden sein sollen. Wären nach dem Rückzuge der letzten Vergletscherung auch längs der Nordflanke dieses Inntalstückes die geschichteten Ablage- rungen noch vorhanden gewesen, so müßten doch die Grundmoränen dieser Vergletscherung auf ihnen ihren Platz gefunden haben. Wäre dann die geschichtete Unterlage von dem Inn entfernt worden, so hätte damit notwendig auch ihre Grundmoränendecke verschwinden müssen. So könnte man die jetzt noch erhaltenen Grundmoränenreste vielleicht als einer älteren Vergletscherung angehörig betrachten wollen, die schon ursprünglich unter den geschichteten Ablagerungen lagen und nach deren Entfernung wieder zutage kamen. Auch da bliebe es höchst auffallend, daß nicht Reste der darauf gelagerten geschichteten Ab- lagerungen stellenweise mit erhalten wurden. Stammen diese Grund- moränenreste von der vorletzten Vergletscherung, so waren sie der Erosion einmal bis zur Bedeckung durch die geschichteten Ablage- rungen und dann ein zweitesmal nach deren Ablagerung preisgegeben. Eine Erhaltung von vielen Grundmoränenresten einer älteren Ver- gletscherung auf so großer und steiler Flanke ist jedenfalls äußerst unwahrscheinlich. Sämtliche anderen Reste von älteren Grundmoränen sind nur an Orten erhalten, wo sie durch überlagernde Ablagerungen geschützt worden sind. Wenn hier die geschichteten Ablagerungen mit ihrer Grundmoränendecke durch Wassererosion vollständig ent- fernt wurden, so müßten Reste einer älteren Vergletscherung noch viel sicherer abgespült worden sein. Es ist weitaus am wahrschein- lichsten, daß diese Grundmoränen von der letzten Vereisung abstammen. Dann müßten aber vom Eise die geschichteten Ablagerungen mindestens bis fast zur Tiefe des heutigen Innlaufes abgetragen worden sein, da nur nach diesem Vorgange die Grundmoränen unmittelbar auf dem nackten Felsgrunde zum Absatze gelangen konnten. Die schräge Fels- gasse von Leiblfing ist wohl nur durch aufsteigende Eisströmung zu erklären, weil der Niederbach bei dem sehr steilen Abfalle der Fels- lehne keine Ursache hatte, von der Richtung des größten und kürzesten Falles abzuweichen und quer an dem Felshange in auffallend flacher Neigung mehr als 2 km weit hinzuziehen. Diese Felsgasse ist ebenso wie die gleichsinnig, aber schwächer ansteigende Felswanne von Leithen als ein sicheres Zeichen der eigenartigen Erosion des Eises zu be- trachten. Auch die Felsterrasse oberhalb von Zirl, welche in etwas über 800 m Höhe beginnt und nur von großen Massen schön ausge- bildeter Grundmoränen sowie von Gehängeschutt bedeckt ist, dürfte 110 Dr. O0. Ampferer. [20] vom Eise geschaffen worden sein. Unter der Grundmoränendecke zeigt der Fels mehrfach noch gut erhaltene Gletscherschliffe. Östlich von Zirl tritt steilstehende ältere Trias, Wetterstein- kalk, Partnachschichten und Muschelkalk an das Inntal heran, wobei der Wettersteinkalk über den überkippten älteren Schichtgliedern in gewaltigen Felswänden aufragt. Bis Martinsbichl finden wir am Fuße der Steilwände Spuren von Grundmoränen. Weiter abwärts überwiegt mit dem Hochstreben der Felswände der aus ihren Schichten ab- stürzende frische Schutt, welcher bis gegen Kranebitten den unteren Teil der Gehänge beherrscht. Nur östlich des Mailbrünndl (Quelle bei Punkt 588) finden wir knapp über dem Spiegel des Inns reichliche Quellen, welche aus dem Gehängeschutt über einer Grundlage von festem, kalkigem Lehm hervorquellen. Nachdem wir nun die untere lange Talwandung besprochen haben, müssen wir noch die eigentümlichen Talzüge genauer betrachten, welche über derselben einsetzen und die Einsenkung von Seefeld—Leutasch durchziehen. Während der tiefe Taltrog des Inntales unterhalb Telfs um 50° gegen Süden abbiegt, sehen wir über der nördlichen Tal- wandung die schon erwähnten Felsfurchen in der ungebrochenen Richtung gegen Nordosten fortstreben. Von den vier schon erwähnten Furchen sind die von Wildmoos und jene von Mösern— Seefeld nicht bloß die größten, sondern auch die eigenartigsten. Der Talzug von Wildmoos beginnt in etwa 1200 m Höhe ober- halb von Bairbach mit einer doppelten Felsfurche, welche von Resten sehr stark bearbeiteter Grundmoräne besezt ist. Die Verdopplung der großen ansteigenden Felsfurche zieht sich bis zum ersten großen Becken hin, an welchem das Jagdhaus Wildmoos erbaut ist. Der die beiden Felsrinnen scheidende Rücken besteht aus einer Anzahl von flach auf- und abschwellenden Felshöhen. Kurz vor dem Becken mit dem Jagdhause erheben sich die beiden Flächen zu einem flachen Sattel, der sie über eine Erniedrigung ihres Scheidekammes hinweg verbindet. Dann senkt sich die südliche Rinne, indem sie sich zugleich kräftig verbreitert und bildet so die Felswanne des Wild- mooser Beckens, welche zeitweilig von einer Wasseransammlung gefüllt wird. Die nördliche Felsfurche vereinigt sich mit dem großen Becken, nachdem der Scheidekamm verschwunden ist. Jenseits des Beckens mit dem Jagdhause verschmälert sich die nunmehr einfache Felsfurche und steigt dabei wieder an. Auf dieser ansteigenden Strecke hat die neuangelegte Straße typische Grundmoräne angeschnitten. Nach Über- schreitung eines schmalen Sattels senkt und verbreitert sich die Furche zu dem weiten Becken, an welchem die Wildmoosalpe steht. Dieses Becken ist noch größer als das erste und seine Felswanne ist von Torfablagerungen erfüllt, die auch abgebaut werden. Dieses Becken bildet die Ausstrahlungsstelle von drei Felsfurchen, welche jenseits seiner Felsumwallung mit steilerem Abfall einsetzen. Der nördlichste Ast der Verzweigung ist das Kellental, welches nach längerer, engerer Strecke sich zu einem Felsbecken erweitert. Schon die Flanken dieses Beckens sind mit bedeutenden Massen von Grundmoränen bekleidet, was noch mehr von dem folgenden sehr langgestreckten Becken gilt, in welches das erstere mit einer [21 ] Studien über die Inntalterrassen. 111 verengten Steilstufe absinkt. Dieses zweite Becken wird an der Straße, welche von Seefeld nach Leutasch führt, auf einem Damm durchquert. Schon in diesem Becken und noch mehr im weiteren Verlaufe des Talzuges macht sich der verändernde Einfluß von rinnendem Wasser bemerkbar. In der Gegend, wo die Leutascher Straße unseren Talzug kreuzt, überziehen mächtige Massen von stark bearbeiteter Grundmoräne die niedrigen Sattelhöhen zu beiden Seiten und stellen so zwischen der Talweitung von Leutasch bis in die Nähe von Seefeld eine zusammen- hängende Grundmoränendecke her. Der mittlere, von der Wanne der Wildmoosalpe ausgehende Tallauf vereinigt sich bald mit dem südlichen, welcher von dem Klammbache benützt wird. In beiden Talläufen finden sich reichliche Einlagerungen von Grundmoränen, aus deren Lage man den geringen Betracht der nacheiszeitlichen Wassererosion ersieht. Dieser Talzug mündet nach ziemlich kurzem Lauf in das von Seefeld nach Scharnitz ziehende Tal, welches eine Fortsetzung der Felsfurche von Mösern darstellt. Außer diesen weit verfolgbaren Talzügen, welche an die Wanne der Wildmoosalpe geknüpft sind, besitzt dieselbe noch eine gerade Fortsetzung, indem sich ihre Felsfurche jenseits eines sehr flachen Sattels jäh mit mehreren Rinnen in ein sehr weites Becken absenkt, das in der Mitte von der Leutascher Straße durchzogen wird. Der südliche, sumpfige Teil wird jetzt vom Achermoosbach entwässert, welcher in den Klammbach mündet. Bedeutende Massen von Grund- moränen überziehen die weite Einbuchtung, welche aus mehreren mit- einander verschmolzenen Wannen besteht. Bei Punkt 1252 übersteigt die Straße einen von Grundmoränen gebildeten Sattel. Östlich davon ist in einer Grube horizontal geschichteter, nicht abgerollter Schutt erschlossen, der größtenteils aus Hauptdolomit besteht, aber auch zentralalpine Geschiebe enthält. Es ist diese Einlage wohl als eine von den Schmelzwassern der rückziehenden Vereisung umgelagerte Grundmoräne anzusehen. Die große Furche, welche Mösern und Seefeld verbindet, setzt in der Umgebung des ersteren Ortes bei 1200 m Höhe mit mehreren flachen Felsfurchen ein, welche gegen einen Sattel (1240 m) aufstreben, der durch einen Felsbuckel geteilt wird. In diesen aufsteigenden Fels- rinnen sind mehrfach Grundmoränenreste sowie östlich von Mösern schlechterhaltene Gletscherschliffe vorhanden. Jenseits des gedoppelten Sattels sinkt die nunmehr einheitliche Furche etwas ab und verbreitert sich dabei zu einer großen Wanne, welche mit Torfablagerungen aus- gefüllt ist. Aufragende Felshügel bilden im Nordosten eine Schwelle, welche ein kleiner Bach in schmalem Einriß durchschneidet. Diese Felsschwelle sinkt rasch in ein tieferes, noch viel breiteres und viel längeres Becken ab, das bis in die Gegend des Seefelder Seekirchls sich ausdehnt. Große Grundmoränenmassen bekleiden die Stufe zwischen den beiden Becken, besonders an den beiden Seiten. Durch einen künstlich angelegten Querdamm wurde in früherer Zeit das Becken in einen See verwandelt. Möglicherweise sind die kleinen Schutterrassen im östlichen Abschnitte des Beckens Andeutungen von einer Verlandung dieses künstlichen Sees durch Einschüttungen des Raabaches. In der 112 ‚ENZZAT TE O. Ampferer. Bi [22] Gegend des Seekirchls engen von beiden Seiten abgerundete Fels- hügel das Becken ein, das jedoch nach kurzer, von Grundmoräne be- sleiteter Enge sich zu dem noch größeren von Seefeld öffnet. Das- selbe ist keine einfache Wanne mehr, da sich von Süden her ein zweites Felsbecken ausdehnt, das in der Gegend des Dorfes Seefeld mit jenem ersteren zusammenwächst. Leider sind hier durch den großen Schuttkegel des Hagelbaches vielfach die charakteristischen Züge des sroßen vereinigten Felsbeckens verdeckt, da er nahezu */, von dessen Oberfläche verschüttet hat. Der aus der Vereinigung des Hagelbaches und des Raabaches gebildete Seebach hat außerdem in die Fels- schwelle, welche das Seefelder Becken im Norden umschließt, eine tiefe Schlucht hineingefügt. Trotzdem ist der Charakter der durch die Eiserosion geschaffenen Formen ein unverkennbarer. Der breite Felswall, der das Becken gegen Norden umfaßt, zeigt ausgezeichnete serundete Buckel mit Furchen dazwischen, welche gegen Nordosten weisen. Wo der Seebach seine schmale Schlucht einzugraben beginnt, streben eine Anzahl von Felshöckern empor, welche anzeigen, daß der Boden der Felswanne sich dort seiner Anlage nach noch im Ansteigen befindet. Erst beträchtlich weiter nördlich senkt sich das ganze Fels- gehänge, wobei es, in steile Furchen zergliedert, zum Klamm- und zum Seebach abfällt. Besonders an der östlichen Seite ist diese Felsstufe von reichlichen Massen gut entwickelter Grundmoräne begleitet; welche schöne Aufschlüsse längs der Straße nach Scharnitz ergibt. Nordwestlich von Seefeld ist dem Wannenzuge, der von Mösern herüberstreicht, noch eine kleine seitliche Felswanne angegliedert, deren Becken von Torf ausgefüllt ist. Die mächtige Felswanne, welche sich vom Seefelder Sattel gegen Norden absenkt, wird gegenwärtig noch zum Teil vom Wildsee ein- genommen, welcher vom Schuttkegel des Hagelbaches aufgedämmt und von dessen Wasser gespeist wird. Nur an der vom Schuttkegel freien West- und Südseite der Felswanne treten die flachen, ge- glätteten Buckel aus Hauptdolomit zutage. Auf der Südseite bilden dieselben, stellenweise überdeckt von Grundmoränen, die Unterlage des Sattels. Entlang dem Tale des Mühlbaches (im Unterlauf-Niederbach) ziehen von ihm die Grundmoränen in bedeutenden zusammenhängenden Massen auf beiden Talhängen gegen das Inntal abwärts. Am westlichen Ufer enden dieselben mit der großenteils von ihnen erbauten Terrasse von Mühlberg, auf der östlichen Talseite ziehen sie bis unterhalb von Reith hinab und kommen hier der Grundmoränendecke, welche über die Felsgasse von Leiblfing aus dem Inntale heraufsteigt, so nahe, daß ihr ursprünglicher Zusammenhang sicher anzunehmen ist. Im Grunde dieselben in Fels gegrabenen Formen sehen wir auch in kleineren Verhältnissen am Möserer See und an dem Sattel von Bucher. Der Möserer See füllt eine kleine, zwischen Felsköpfen ein- getiefte Wanne (1292 m) aus. Gegen Nordosten setzt sich dieselbe erst verdoppelt; dann einfach in ziemlich steilem Anstiege gegen den Punkt 1496 fort, wo sie zwischen den Hängen des Brunschberges und des Kirchenwaldes ausgeht. Der Sattel von Buchen besteht aus zwei nebeneinander fast parallel verlaufenden Felsfurchen, welche am Abfalle gegen das Kochental in [23] Studien über die Inntalterrassen. 113 etwas über 1200 m Höhe beginnen. Sie streichen sowohl mit dem Laufe des Inntales oberhalb seines Buges, als auch mit den Furchen von Wildmoos, Möserer See und Mösern gleichsinnig gegen Nordosten. Beide Furchen steigen anfangs an, bilden dann flache Sättel und spalten sich im Hinabsteigen gegen die Niederung von Moos. Die nörd- liche Furche biegt dabei gegen Norden um, mehrere aufragende Fels- kuppen stellen sich ein, zwischen denen kleine mit Moor und Torf gefüllte Becken liegen. Drei prägen sich besonders aus, die wie Stufen einer äußerst flachen Treppe im Süden des Weilers Moos an- geordnet sind. Die südliche Furche, längs welcher der Fahrweg von Buchen nach Leutasch führt, besitzt östlich ihres Sattels ein großes, seitliches, von sumpfigen Wiesen bedecktes Felsbecken, das jedoch stumpf am Abhange des Hochmooskopfes (1555 m) endet. Die Hauptfurche lehnt sich mit steilerem Abfalle gegen die Niederung von Moos hinab. Der Steilabhang der beiden Buchener Furchen gegen die eben genannte Niederung ist mit bedeutenden Massen kräftig bearbeiteter Grund- moräne verkleidet. Diese Niederung gehört schon zu der großen Tal- weitung von Leutasch, deren weitere Schilderung uns hier allzusehr von dem Ziele unserer Arbeit ablenken würde. Daß auch dieses große Talbecken wesentlich durch Eismassen des Inntalgletschers und solche aus dem Gaistale ausgestattet wurde, hoffe ich bei anderer Gelegenheit zeigen zu können. Die Schilderung der eigenartigen, über der Tal- wandung des Inntales eingreifenden Felsfurchen konnte nicht wegge- lassen werden, weil ihre Formung mit der des Haupttales aufs innigste verbunden ist. Die Terrasse nördlich von Innsbruck. (Fig. 9 und 10.) Die Terrasse im Norden von Innsbruck beginnt bei Kranebitten und endet zwischen Thauer und Absam. Längs dieser kurzen Er- streckung wird dieselbe von sechs Quertälern vollständig und von mehreren kleineren Gräben unvollständig zerschnitten. Der Aufbau der Terrasse ist in diesem Gebiete ein sehr verwickelter, da sich unter den geschichteten Inntalablagerungen neben Felsstufen auch noch Reste der interglazialen Höttinger Breccie und Grundmoränen älterer Vergletscherungen finden. Uns sollen hier nur jene Erscheinungen be- schäftigen, aus denen sich Schlüsse auf die Umformungen der Terrasse in und nach der Zeit der letzten Vergletscherung gewinnen lassen. Aus der tiefen Kranebitter Klamm baut sich ein flacher, frischer Schuttkegel heraus, welcher den Inn gegen Süden abdrängt. Dieser Schuttkegel wird an seiner Ostseite von einem gewaltigen Reste eines älteren Kegels überragt, der viel steiler aufgeschüttet war und weit gegen Osten sich ausdehnte. Aus diesem älteren Schuttkegel heraus- gemodelt sind die Eckterrasse des Kerschbuchhofes sowie die vier viel kleineren und niedrigeren Hügelkämme, deren östlicher noch vor einigen Dezennien als Hinrichtungsplatz benützt wurde (Galgenbichl 640 m). Schon am Ostgehänge der Kerschbuchhofterrasse begegnen wir bedeutenden Auswaschungen durch Wassererosion und die folgenden Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band 1. Heft. (0. Ampferer.) 15 114 Dr. O. Ampferer. (24) Hügel sind durch breite, sehr steile Talstücke voneinander getrennt. Eine Grundmoränendecke fehlt den Resten dieses Schuttkegels, dessen Material fast ausschließlich aus den Gesteinen des Auffanggebietes der Kranebitter Klamm besteht. Nicht selten trifft man einzelne an den Kanten abgerundete, oberflächlich geschrammte Stücke. Im Osten lagert dieser Kegel horizontal geschichteten Schottern auf, welche in schräger, etwas gewölbter Fläche gegen den Ausgang des Höttinger- tales anstreben. Auf den ersten Blick könnte man aus dieser Form an einen großen, aus dem Höttingertale herausgeschobenen Schutt- kegel denken, doch zeigen zahlreiche darein eingetriebene Schutt- gruben meist ebenschichtige, stark gerollte Schotter und Sande, in denen zentralalpines Material weitaus vorherrscht. Schon knapp ober- halb der Hügelkämme des alten Kranebitter Kegels finden wir am Felsgehänge vielfach Reste von deutlicher Grundmoräne. Dieselbe läßt sich nun, nicht völlig zusammenhängend, bis zum tiefen Einschnitt des Höttingertales verfolgen, wobei sie vorzüglich die höheren Teile der aus geschichteten Ablagerungen erbauten Terrasse überzieht. Der AchselKopf > Kuchseck OE ER EIS" Höttinger Au —” Allerheiligenhöfe 7 untere, flache, schuttkegelförmige Teil der Terrasse erhebt sich nämlich gegen das Gehänge des Achselkopfes (Fig. 9) hin zu einer bedeutend höheren Stufe, welche durch kurze Quertälchen in eine Reihe von Rücken aufgelöst ist. Auf diesen Rücken und an ihrem geschlossenen Hinter- gelände finden sich nun fast allenthalben die schon erwähnten Grund- moränen. Dieselben steigen im Zusammenhange nur vom Höttingerbilde über die Terrasse des Planezenhofes gegen Hötting und längs einem Trockentale bis zum Schlotthofe (709 m) herab, wo in den geschichteten Schottern ein Lager von Bänderton mit einer Mehlsanddecke einge- schaltet ist. Weiter westlich lagern, von der oberen Grundmoränendecke völlig getrennt, am Fuße der sieileren Terrasse beträchtliche Massen von Grundmoränen, die höchstwahrscheinlich ursprünglich ebenfalls mit jener Decke in Verbindung standen, welche die geschichteten Ab- lagerungen überdeckt. Dieser untere Streifen von sehr gut entwickelter Grundmoräne beginnt schon westlich von dem Schuttgraben des Höllen- tales und findet östlich von der bei 687 m Höhe angelegten Lehm- grube (Bänderton, Mehlsand und Schotter) in der Umgebung der Allerheiligenhöfe seine größte Verbreitung. Hier bestehen die kleinen [25] Studien über die Inntalterrassen. 115 Hügelkämme ober der Fahrstraße aus gut ausgebildeter Grundmoräne, welche sich bis zur Straße herabzieht. Wenn wir die Erscheinung beachten, daß im Westen des Höttinger- tales die ganze Masse der geschichteten Ablagerungen in eine höhere, stark erodierte und eine tiefere, flach abgeschrägte Stufe gegliedert ist und daß sich auf beiden Reste einer Grundmoränendecke befinden, so erscheint auch hier der Gedanke an eine Umformung durch die Eiserosion berechtigt. Die Grundmoränenaufschlüsse reichen nicht unter 650 m herab. Der alte Schuttkegel aus der Kranebitter Klamm ruht mit seinen östlichen Ausläufern auf der unteren Stufe der ge- schichteten Schotter und Sande und er besitzt keine Grundmoränen- decke. Diese Beobachtungen führen zu dem Schlusse, daß in der Gegend von Karnebitten die geschichteten Ablagerungen fast gänzlich entfernt worden sind und sich erst weiter gegen Osten in ziemlich flachem Anstiege erheben. Als Ursache für die Bildung des hohen, mächtigen Schuttkegels aus der Kranebitter Klamm kann man unge- zwungen einen Lokalgletscher des Gschnitzstadiums annehmen. Da dieser Schuttkegel durch steile Trockentälchen ebenso kräftig zer- schnitten ist wie die östlich von ihm lagernden geschichteten Ab- lagerungen, so werden wir nicht weit fehlen, wenn wir darin Wirkungen der Schmelzwasser dieses und wahrscheinlich auch eines noch jüngeren Rückzugstadiums (Daunstadium) erkennen. Spuren dieses bereits sehr hoch emporgerückten Stadiums finden wir nämlich unterhalb der beiden Kare der Inntalkette am Schneekar und bei der Seegrube. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß sich zu beiden Seiten des unteren Höllentalgrabens in der Bergneigung geschichtete, verfestigte Bänke aus wenig bearbeiteten Kalken des Talgebietes befinden, von denen kleine Reste noch hart über der Innebene anstehen. Sie werden von den geschichteten Schottern und von den Grundmoränen überlagert und besitzen ein höheres Alter. Östlich von dem Höttingertale hat der Inn, durch den Schuttkegel der Sill gedrängt, das Gehänge der nördlichen Terrasse stark ange- griffen und ihren Felskern auf längere Strecke bloßgelegt. In dem Gebiete zwischen Höttingertal und Mühlauer Graben ist daher der Abschluß der Terrasse gegen Süden durch die Angriffe des Inns völlig verändert worden. Die Decke der Terrasse bilden ausgedehnte Massen sehr gut entwickelter Grundmoräne, welche im westlichen Abschnitte unmittelbar den geschichteten Schottern und Sanden, im östlichen hingegen den Bänken der höher ansteigenden Höttinger Breccie auflagern. An dem Hügelgelände östlich des Höttinger- tales kann man betrachten, wie die geschichteten Ablagerungen an der Grundmoräne südlich abfallend abgeschrägt werden. Vom Gramart- boden steigen sie zusammenhängend über geschichtete Schotter und Sande von etwa 850 m bis 760 m herab. Diese Angabe gilt nur an- nähernd, da in diesem Gebiete eine überaus lebendige Formung des Geländes zu Hügel und Tälchen statthat und die Grundmoränendecke ebenfalls keine ebene Unterlage besitzt. Uberlagert wird diese deutliche, an zentralalpinen und gekritzten Geschieben reiche Grundmoräne oberhalb des Gramartbodens und westlich des Höttingertales, in der Umgebung des Wallfahrtskirchleins „Höttingerbild“, von großen Massen 15* 116 Dr. O0. Ampferer. [26] vorzüglich kalkalpinen Schuttes, der vielfach den Eindruck einer schwach bearbeiteten Grundmoräne liefert. Er läßt sich aufwärts bis ungefähr zur unteren Buntsandsteinzone verfolgen. Talabwärts greifen diese Schuttmassen auf beiden Talseiten breit aus und von ihrer unteren Grenze an stellt sich östlich des Tales die reiche Hügellandschaft, westlich das breite Trockental ein, welches an der Höhe des Planezen- hofes zum Schlotthofe hinableitet. In diesem Trockentale ziehen, wie ich schon erwähnte, an der Nordseite typische Grundmoränen hinab, welche von Schutt aus dem Höttingertale (Bundsandstein, Muschelkalk ... Stücke der Höttinger- breccie) überdeckt sind. Gegenwärtig kann kein Schutt aus dem Höttingertale mehr in dieses Trockental gelangen, weil der östliche Rand desselben beim Planezenhofe 100 m über der Sohle des ersteren in die Luft ausgeht. Diese Beobachtung führt uns wieder zu der Vor- stellung, daß zur Zeit des Gschnitzstadiums ein Lokalgletscher den oberen Teil des Höttingertales erfüllte, der über die Terrasse sein Schuttfeld vorschüttete, während seine Schmelzwasser die Hügel und Trockentäler oberhalb von Hötting modellierten. Auch von dem Ge- hänge zwischen Höttingertal und Mühlauer Graben dürften durch Fig. 10. Magdaleinhof Ei Lokalgletscher die großen, wenig abgenützten Schuttmassen herabge- schüttet worden sein, welche in dieser Gegend auf den Grundmoränen lagern. Starke Schuttmassen hat auch ein Lokalgletscher zu beiden Seiten der Mühlauer Klamm über die Terrasse gebreitet. Seiner Wasserwirkung entstammen wohl die Trockentäler, welche von der Höhe des Rechenhofes sich gegen Südosten absenken. Östlich des breiten Rumer Grabens finden wir wieder sowohl eine Grundmoränendecke auf der Höhe der Terrasse als auch einen mächtigen Streifen am Fuß derselben. Letzterer setzt in der Gegend des Bändertonlagers nordwestlich von Rum ein und bildet dann die unteren Anhöhen bis Thaur. Die obere Decke ist vielfach erodiert und von kalkalpinem Schutt (Lokalgletscher!) überschüttet, während die untere Zone vorzügliche Aufschlüsse von reiner, stark bearbeiteter Grundmoräne, besonders westlich von Tbaur bietet. Kein Aufschluß reicht jedoch. so tief, daß man mit Sicherheit entscheiden könnte, ob diese Grundmoränen die geschichteten Ablagerungen unterlaufen oder bloß steil daran angelagert sind. Für die letztere Ansicht lassen sich zwei Wahrscheinlichkeitsbeweise anführen. Westlich von Thaur liegt auf einer schrägen Vorstufe aus Grundmoräne der Magdaleinhof (Fig. 10). Etwas nordwestlich von diesem Hofe wurde in den Fuß [27] Studien über die Inntalterrassen. 7 der höheren Hinterterrasse eine Schuttgrube eingetieft, welche ein horizontal geschichtetes Lager von Mehlsand eröffnete. Diese Mehl- sande liegen um 10—30 m tiefer als die in der Nähe und östlich vor- lagernden Grundmoränen. Außerdem vereinigen sich aber im Osten von Thaur der obere und untere Grundmoränenzug auf abgerundeter Felsunterlage. Damit betreten wir ein Gebiet, in welchem der Abschluß der Innsbrucker Terrasse durch glaziale Wirkung deutlich hervortritt. Thaur wird im Norden von Hügeln umgeben, welche aus typischer Grundmoräne erbaut sind. Durchbrochen werden sie von der Thaurer Klamm, an deren Ausgang die Felsen tief herabsteigen. Im Osten dieser Klamm ziehen Grundmoränen einerseits hoch über abgerundete Felskuppen empor, anderseits lehnen sie sich ganz ins Tal hinab und setzen fast ausschließlich die Bodenwelle zusammen, welche sich von Thaur fast bis nach Absam erstreckt. Oberhalb der Kinzachmühle und bei Thaur ist ihr Aufbau gut erschlossen. Bei dieser Mühle reichen die Grund- moränen bis in die Tiefe von 600 m herab. Nordwestlich von diesem Höhenzug steigen die Grundmoränen von der Höhe der Terrasse herab und lassen öfters den abgerundeten, im gleichen Sinne geneigten Felsgrund hervorschauen. Nordöstlich dagegen drängt ein riesiger Schuttkegel her, der aus den tiefen, wilden Schluchten des Zunder- kopfes genährt wird. Dieser Schuttkegel vereinigt sich weiter im Süden mit der Thaurer Klamm sowie auch mit jenem des Halltales. Der flache Schuttkegel der Thaurer Klamm verwächst dazu im Westen mit dem Schuttkegel von Rum, so daß hier im Norden des Inns unter der Terrasse ein riesiges, durch Verschmelzen mehrerer Schuttkegel gebildetes, schräges Schuttfeld entsteht. Nur bei Melans ist zwischen dem Schuttkegel des Halltales und jenem des Zunderkopfes ein Rest von geschichteten Ablagerungen mit einem Überzuge von Grundmoräne erhalten. Das gewaltige Vorherrschen von Schuttkegeln, welche in der Gegend von Hall die volle Breite des Inntales in Anspruch nehmen, könnte man nach oberflächlichem Eindrucke als die Ursaclıe der Verminderung und des Verschwindens der Terrasse betrachten. Wir haben aus der Verteilung der Grundmoränen gesehen, daß die Terrasse östlich von Thaur durch die erodierende Kraft des Eises bereits abgetragen und mit Grundmoränen überspannt worden ist. Erst durch die vom Eise hier besorgte tiefe und weite Gehängeein- buchtung fanden die Schuttkegel so ungehinderten Raum zur Ver- breitung. Die- Gnadenwalder Terrasse. (Fig. 11.) Der große Schuttkegel des Halltales begrenzt im Osten die breite Terrasse des Gnadenwaldes in einer Weise, welche zeigt, daß ihr Rand durch die Erosion des Hailtalbaches angegriffen wurde. Wenn wir das Halltal in bezug auf seinen Schuttinhalt untersuchen, so fällt uns in seinem Innern der Mangel an Schuttmassen auf, welche in den meisten Nachbartälern von den jüngsten glazialen Rückzugs- stadien angehäuft wurden. Die Reste von 'Breccien im Eibental, bei 118 Dr. O. Ampferer. [28] den verzauberten Knappen und am Törl können wegen ihres höheren Alters nicht hierher gerechnet werden. So ist der Gedanke nicht unwahrscheinlich, daß das Riesenausmaß des Mündungsschuttkegels auf die Wirksamkeit seiner Lokalgletscher zurückzuführen ist. Östlich und westlich von seiner Talöffnung treffen wir übrigens Schuttmassen, deren Bildung durch einen Gletscher des Halltales sehr wahrschein- lich ist. Nach dem Stande der Grundmoränen zu beurteilen, befindet sich die tiefste Erniedrigung der Terrasse zwischen Thaur und Absam, wo sich dieselben bis 600 m herabsenken. Am Hügel von Melans treffen wir Spuren von Grundmoränen in 700 m Höhe und jenseits des Halltaler Schuttkegels von 800 m aufwärts. Über die Oberfläche der breiten Gnadenwalder Terrasse hin sind fast allenthalben Reste von Grundmoränen verteilt, welche gewöhnlich im Norden gegen den Gebirgshang höhere Lagen einnehmen als im Süden am Rande der Terrasse. Doch überschreitet in keinem Profil das Gefälle der Grund- moräne 100 m. Der ganze Abschnitt der Terrasse, welcher zwischen dem Halltaler Schuttkegel und dem Vomperbach liegt, zeigt in keinem seiner tiefen Gräben das Grundgebirge, woraus wir auf die gewal- tige Entwicklung der geschichteten Ablagerungen schließen können. Dieselben liegen hier in der ziemlich ungestörten Verlandungsserie eines Sees vor, die meist mit Bänderton beginnt und sich dann all- mählich zu Mehlsand, Kies und Schotter vergröbert. Im Liegenden der Bändertone ist in der Lehmgrube bei Fritzens eine ältere Grund- moräne mit sehr schönen gekritzten Geschieben erhalten. Diese Grube hat übrigens das Bändertonlager in einer Weise erschlossen, welche zu erkennen gestattet, daß dasselbe eine ältere Talfurche ausfüllt, indem im Osten und Westen bereits seine Grundlage ent- blößt ist. Bemerkenswert ist außerdem, daß die feingeschichteten Tonlagen eine kräftige Neigung gegen Westen sowie wellenförmige Verbiegungen, besonders in der Richtung N—S aufweisen. Der Aufbau der Terrasse ist am tiefsten durch die Schlucht des Vomperbaches enthüllt. Die geschichteten Ablagerungen werden hier von einem verkitteten älteren Schuttkegel des Vomperbaches unter- teuft, der seinerseits Gletscherschliffe und Grundmoränen überlagert. Dieser Aufschluß gewinnt dadurch an Bedeutung, daß hier zweifellos das Vorhandensein einer älteren Grundmoräne bewiesen wird (s. Ver- handl. d. k. k. geol. R.-A. 1905, Nr. 11). Während wir hier unter der Terrasse etwa in 630 m Höhe geschliffenen und von Grundmoränen bedeckten Felsgrund haben, setzt sich die Grundmoränendecke un- gefähr 200 m höher über die Furche des Vompertales auf die Terrasse des Vomperberges fort. Diese Erscheinung zeigt in deutlichster Weise, daß die Terrasse des Gnadenwaldes sowie auch die des Vomperberges fast ohne einen Kern von Grundgebirge sich aufbaut. Die Oberfläche der Gnadenwalder Terrasse zeigt besonders in der Richtung des Inntales eine nahezu gleiche Höhe ihrer Rand- punkte. Auffallend ist der Umstand, daß sich die Oberfläche der Terrasse vom südlichen Rande flach gegen die Mitte einsenkt und erst dann wieder gegen den Berghang zu erhebt. In dieser eingesenkten Mittelzone sind besonders im östlichen Abschnitte große Trockental- [29] Studien über die Inntalterrassen. 119 züge entwickelt, während im westlichen die Wasserrinnen des Hoch- gebirges sich tiefe Abflußrinnen in die Terrasse gegraben haben. Das größte Trockental ist jenes von St. Maria-Larch, welches mit zwei Furchen ganz allmählich auf der Terrassenfläche nördlich vom Dorf Fritzens beginnt und bei Terfens sich ins Inntal öffnet. Das Tal wird nur in seinem untersten Stück noch von einem kleinen Bache benützt, der oberhalb Terfens über einem Bändertonlager der Terrasse entquill. Grundmoränen kleiden die zwei Einfurchungen aus, mit denen dieser Talzug im Westen einsetzt. In der Gegend von St. Maria- Larch schließt sich ihm ein anderes Trockental an, welches am Ost- rande der Gnadenwald Terrasse anfängt und sich gegen Westen neigt. Es ist auf der Höhe der Terrasse breit angelegt und von Grund- moränen überzogen, senkt sich dann so steil gegen das Tal von Maria-Larch, daß es den Eindruck macht, als ob es von letzterem unterschnitten worden wäre. Gegen Osten geht es frei über der Schlucht des Vomperbaches aus. Die Ausbildung dieser Trockentäler dürfen wir sicherlich eben- falls wieder mit Lokalgletschern in Verbindung bringen, die am Ge- hänge der Bettelwurfkette ihren Ausgang nahmen. Besonders nörd- lich von St. Martin treffen wir Reste eines mächtigen, älteren Schutt- kegels, der hoch am Gehänge emporstrebt. Doch muß neben diesen späteren ausgiebigen Erosionen fest- gestellt werden, daß aus der Lage der Grundmoränen die glaziale Austiefung einer breiten, mittleren Furche entlang der Terrasse her- vorgeht. Während nun aber die Grundmoränendecke auf der Höhe der Terrasse vielfach erschlossen liegt, vermissen wir eine solche voll- ständig am Abfall gegen das Inntal. Dafür stellt sich hier allent- halben eine Art von schräger Vorstufe aus horizontal geschichteten, stark gerollten Schottern ein. Zu einem Teile wurde diese Vorstufe durch Verschmelzen zahlreicher kleiner Schuttkegel aus den Gräben der höheren Terrasse gebildet, zum anderen jedoch durch Ab- schwemmung des Inns. Solche Vorstufen finden wir besonders an jenen Stellen, wo die Terrasse nicht glazial, sondern durch Wasser- erosion begrenzt wurde. Auch hier ist längs der ganzen Südseite des Gnadenwaldes und auch noch der Vomperberger Terrasse die Begrenzung durch den Angriff des Inns erfolgt. Die Terrasse des Vomperberges erstreckt sich zwischen den Querschluchten des Vomperbaches und der Stanser Klamm. Diese Terrasse ist beträchtlich schmäler als die Gnadenwalder und in der Gegend von Fiecht tritt sogar der Felsgrund hervor. Trotz der Ver- schmälerung zeigt sich auch hier deutlich auf der Höhe der Terrasse die Eintiefung einer mittleren Zone. Der westliche Teil der Terrasse, der eigentliche Vomperberg, weist neben dieser Einsenkung noch ein Trockental auf, welches ziemlich steil zum Dorfe Vomp hinableitet. Der östliche Abschnitt, die Terrasse mit den Höfen Eggen, Weng und Bauhof, trägt die breite Furche eines Trockentales, das von Westen gegen Osten abfällt. Dieses Trockental prägt sich nordwestlich vom Eggenhof ein, wo sein Rand gegen einen Quergraben frei ausgeht. Bis zum Weng- 120 Dr. O. Ampferer. [30] hof ist sein Gefälle ein mäßiges. Hier schließt sich ihm von Südosten eine zweite, schmälere Talwanne an und fallen beide vereint steil gegen das Dorf Stans ins Inntal ab. An seinem Beginn lagern Grund- moränen, welche bis zum Wenghof dann seine Nordflanke überkleiden. Die Terrasse erhebt sich über dem eben geschilderten Trockental zur Anhöhe des Bauhofes (Fig. 11), welche hinter den Felsrücken des Vomperjoches zurückgeht. An dieser Anhöhe, welche aus horizontal geschichteten, vorzüglich zentralalpinen Schottern, Sanden und Bänder- ton besteht, fallen uns zwei Eigentümlichkeiten besonders auf. Erstens steigen hier die geschichteten Ablagerungen bis zur Höhe von 920 m empor und zweitens werden dieselben von sehr gut entwickelter Grundmoräne bedeckt, welche im Süden bis zum Trockental beim Wenghof (755 m) hinabsteigt. Wir haben hier auf !/, km Ent- fernung ein Gefälle der Grundmoräne von über 150 m, welches nur auf Rechnung der glazialen Erosion gebracht werden kann. Die auf- fallend hohe Lage der geschichteten Ablagerungen ist wohl dadurch zu erklären, daß dieselben hier hinter dem vorstehenden Eck des Vomperjochrückens vor der Abstreifung durch das vorbeidrängende Eis des Inntalgletschers geschützt wurden. Wir werden später am Achenseedamm und bei der Besprechung der Terrassen auf der Süd- Fig. 11. St.Georgenberg Bauhof seite des Inns zwischen Schwaz und Zillertal mehrere Stellen kennen lernen, wo noch in Höhen von über 900 m geschichtete Schotter und Mehlsande anstehen und von Grundmoränen übergriffen werden. Diese Beobachtungen verdienen deswegen eingehende Würdigung, weil sie zeigen, daß die Oberfläche der geschichteten Ablagerungen sicherlich in mehr als 900 m Höhe lag. Wenn nun die Grundmoränen- decke größtenteils in 800 m die geschichteten Ablagerungen überzieht, so folgt auch für die annähernd ebenen Oberflächen der großen Terrassen eine glaziale Erniedrigung von mindestens 100 m. Damit sind wir in der Beschreibung der Terrassen bis zur Stanser Klamm vorgerückt. Jenseits derselben liegt noch die Terrasse des Heuberges, welche in der Nähe von Schloß Tratzberg endet. Unterhalb von diesem Schlosse steigt die Bergwand des Stanserjoches unvermittelt bis zur Innebene herab. Während die Terrasse im Westen der Stanser Klamm noch zum srößten Teile von losen Aufschüttungen erbaut wird, tritt im Osten das Grundgebirge bei weitem in den Vordergrund. Dabei zieht sich diese Felsterrasse am Südabfall des Stanserjoches weit ins Stansertal hinein, da noch die Felsschulter, auf welcher St. Georgenberg steht, zu ihr zu rechnen ist. Auch gegenüber von St. Georgenberg auf der [31] Studien über die Inntalterrassen. 121 Südseite des Stanserbaches finden wir Felsschultern, welche eine Fortsetzung der Heubergterrasse ins Stansertal hinein beweisen. Be- merkenswert ist dabei, daß alle diese schon im Bereiche des Stanser- tales gelegenen Felsschultern tiefer eingeschnitten sind als der West- rand der Felsterrasse von Heuberg. Diese Terrasse selbst weist nur Anlagerungen von geschichteten Schottern und Sanden auf, welche ein größeres Ausmaß bei den Höfen Heuberg und Durch erreichen. Sowohl an der Oberfläche der Terrasse als auch am Abfall gegen das Inntal herrscht das Grundgebirge vor und wir finden wieder jene eigentümlichen glazialen Formen. Abgerundete Felshügel ragen auf, hinter denen breite Furchen vorbeiziehen, und die ganze Fläche neigt sich stark gegen Osten, wo sie bei Ried das Inntal erreicht. Ried selbst liegt jedoch in einer Art Felslehne, da östlich der Felsgrund der Terrasse noch einmal zur Höhe von Schloß Tratzberg sich auf- schwingt, um dann erst vollständig zu verschwinden. Auf der ganzen Heuberger Terrasse liegen Reste von Grundmoränen sowohl über den Felsgrund als auch über die Reste von geschichteten Ablagerungen verstreut. Bei Ried ziehen dieselben über Fels nahe zur Innebene herab. Hier bildet auf fast 1 km Erstreckung ein abgeschliffener und vorragender Felskamm die Begrenzung der dahinter eingetieften Terrasse. Diese Merkmale geben der Terrasse des Heuberges den Stempel kräftiger glazialer Bearbeitung, welche vor allem in dem steilen Abfall der eingegrabenen Furchen sich äußert. So fällt zum Beispiel die Felsunterlage bei Ried auf ?/, km Erstreckung um 120 m. Die Terrasse von Heuberg bildet den glazialen Abschluß für die zusammenhängenden Terrassen des Gnadenwaldes und Vomperberges. Durch den von Grundmoränen bedeckten Abstieg der Heubergterrasse wird auch hier wieder die Möglichkeit einer Terrassenbegrenzung durch Erosion des Inns ausgeschlossen. Den kurzen neuerlichen Anstieg der Felswanne von Ried gegen Schloß Tratzberg möchten wir den schon früher beschriebenen, schräg ansteigenden glazialen Fels- gassen anreihen. Bevor wir nun zur Besprechung des Achendammes übergehen, sollen noch kurz die Glazialaufschlüsse des Stallentales (im Unter- lauf-Stanser Klamm) berücksichtigt werden. Die Terrasse des Bauhofes baut sich als mächtiger Einsatz ganz in die Tiefe der Stanser Klamm hinab. In einer Tiefe von fast 1700 m begegnen wir auf der Südseite über den Felsen der engen, Jungen Klamm Lagen von sandigem Bänderton, der aufwärts in Mehlsand und riesige Massen horizontal geschichteter Schotter übergeht. Die Gesamtmächtigkeit dieses Einbaues in die Stanser Klamm beträgt bis zur Grundmoränendecke ober dem Bauhofe über 200 m. Wir wissen bereits, daß sich auch jenseits der Stanser Klamm Reste von Ab- lagerungen mit einer Grundmoränenlage befinden, woraus zu ersehen ist, daß der Eisstrom des Bühlstadiums die von Schottern, Sanden und Bänderton verstopfte Furche der Stanser Klamm mit einem geringen Gefälle überschritt, das erst weiter östlich bedeutend zu- nahm. Aus dem Vorhandensein dieser so tief herabreichenden Einlage können wir aber gleichzeitig den Schluß gewinnen, daß die Stanser Klamm schon vor der Einlagerung der geschichteten Ablagerungen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (0. Ampferer.) 16 122 Dr. O. Ampferer, [32] fast bis zu ihrer jetzigen Tiefe ausgenagt war. Innerhalb dieser Schottereinlage treffen wir im Bachbett bis oberhalb der Mündung der Gamsbachklamm ziemlich reichliche Urgebirgstrümmer und in letzterer Klamm sogar viele sehr große Klötze. Oberhalb der Gams- bachmündung beginnt dann von 900 m an ein Einsatz von Kalk- und Dolomitschutt, der in den unteren Lagen völlig den Charakter einer nicht besonders stark bearbeiteten kalkalpinen Grundmoräne annimmt. Bis über 1200 m steigt dieser Schutteinbau empor, die Quellen des Stanser Baches brechen oberhalb der schlammigen Grundmoräne daraus hervor und der herrliche, flache Boden der Stallenalpe liegt auf ihm. Es erscheint nun fraglich, ob wir diese sicherlich glaziale Ablagerung für eine durch den vorliegenden Inntalgletscher bewirkte Staubildung oder für die Spur einer jüngeren Lokalvergletscherung halten sollen. Ich neigte anfangs der ersteren Ansicht zu, bin jedoch jetzt geneigt, das letztere für wahrscheinlicher zu halten und eine Ablagerung aus der Zeit des Gschnitzstadiums darin zu erblicken, da in dem ganzen Tale bis zum Lamsenjoch außer den hochgelegenen Moränenringen des Daunstadiums keine anderen jenem Stadium entsprechenden Schuttreste vorhanden sind. Außerdem wäre die Bildung einer solchen Staustufe nicht recht erklärlich, weil ja der aus dem Stallentale vor- dringende Gletscher mit dem Inntalgletscher zusammenschmolz und mit in dessen Bewegung eingezogen wurde. Der Umstand, daß die Felsterrasse des Heuberges sich absteigend ziemlich weit ins Stanser Tal hineinzieht, spricht dafür, daß diese Terrasse zum Teil durch den herausdrängenden Stanser Gletscher geschaffen wurde Wenn derselbe aber, wie diese Beobachtung verlangt, seine Bewegung entlang dem Bergrücken des Stanserjoches fortsetzte, ist nicht einzusehen, warum er in seinem Ursprungstale eine so mächtige Staustufe an- gelegt haben sollte. Auf der Höhe der Bauhof- und Heubergterrasse fehlen die Reste von jüngeren darüber gebreiteten Schuttfeldern, welche wir häufig noch über der Grundmoränendecke trafen und als Ablagerungen von Lokalgletschern des Gschnitzstadiums erkannten. Es ist daher durchaus wahrscheinlich, wenn wir in der Staustufe unter der Stallenalpe ebenfalls Reste der Ablagerung eines jüngeren Lokalgletschers erblicken, der auf dem Boden der Stallenalpe lange verweilte und nicht bis zur Tiefe der Inntalterrasse hinabreichte. Der Achenseedamm. (Fig. 12 und das Profil auf Tafel V.) Der Aufbau des mächtigen Achenseedammes ist von Blaas und Penck in eingehender Weise geschildert worden. Nach den Unter- suchungen von Blaas und eigenen Begehungen hat Penck in den „Alpen im Eiszeitalter“ auf Seite 322 ein Profil mitgeteilt, welches seiner Auffassung der Verhältnisse Ausdruck gibt. Ich habe den Achenseedamm mehreremal begangen und bin mit Berücksichtigung der weiter östlich liegenden Aufschlüsse zu einer etwas anderen Deutung der Lagerungen gekommen. Ich stelle im folgenden dem Profil, welches Penck mitgeteilt hat, dasjenige an die Seite, welches nach meiner Ansicht den tatsächlichen Verhältnissen näher kommt. [33] Studien über die Inntalterrassen. 123 Beide Profile unterscheiden sich im wesentlichen nur darin, daß ich das. keilförmige Eingreifen der tiefer liegenden Grundmoräne nicht beobachten konnte und deshalb dieselbe als später angelagert be- trachte. Blaas hat zuerst in den Verhandlungen d. k. k. geol. Reichs- anstalt Wien 1889, S. 232 die Aufschlüsse, welche durch den Bau der Zahnradbahn am Achenseedamm geschaffen wurden, dargestellt. Er weist darauf hin, daß die Grundmoräne, welche oberhalb der Sohle des Trockentales von Erlach an der Bergnase von Eben an- steht, nach oben in Sand und Kies übergehe, welche sehr unregel- mäßig gegeneinander lagern und vielfach an scharfen, kleinen Ver- werfungsspalten aneinander stoßen. Geht man von diesem Aufschluß an der Bergkante gegen den tiefen Einschnitt des Käsbaches hinein, so trifft man in gleicher Höhe nach einer kurzen, verwachsenen Zone auf mächtige Lagen von horizontal geschichtetem Bänderton (2). Dieser Bänderton zieht sich, vielfach von herabgerutschtem Schutt bedeckt, bis zum Bach hinein und ist auf der anderen Talseite sehr schön er- schlossen, wo man sieht, daß Kies, Sand und Schotter (1) schräg gegen Norden abfallend ihn. überlagern. Auch am Berghang unter Eben finden wir über dem Bänderton gegen Norden fallende Kies- und besonders große Sandmassen vertreten. Das von Penck angegebene doppeltkeilförmige Eingreifen der Grundmoräne ist hier nicht zu erkennen. Begeben wir uns von dem Ebener Bergkamm gegen Osten, so treffen wir beim Stangelgut in gleicher Höhe auf Grundmoränen, welche sich von dort am Fuße des Berghanges in einzelnen, nicht zusammenhängenden Resten bis Erlach herabziehen. Sie bilden be- sonders nördlich und östlich von diesem Dorfe am Fuße des steilen Felshanges kleine vorgelagerte Hügel, welchen mehrfach Quellen entströmen. Die Grundmoräne, welche hier auftritt, ist sehr stark bearbeitet und von ganz ähnlicher Zusammensetzung wie die weit- verbreitete Inntaler Grundmoräne. Die untere Grundmoräne an der Achenseebahn, die gleich hoch gelegene vom Stangelgute und endlich die von Erlach haben als ge- meinsames Merkmal, daß sie an der Nordflanke eines Trockentales liegen, das im Westen nördlich von Fischl in breiter, freier Öffnung über dem Tal des Käsbaches beginnt und sich gegen Osten in flacher Neigung absenkt. Der obere Teil dieses Trockentales ist vorzüglich in Mehlsande eingebettet, tiefer treten dann geschichtete Schotter hervor. Dem Gefälle dieses Trockentales entsprechend, steigen auch die Grundmoränen von etwa 740 m im Westen bis gegen 640 m bei Erlach und östlich davon am Wege nach Astenberg sogar bis unter 600 m herab. Südlich von diesem Trockentale sind auf den Höhen von Fischl und Burgeck nur ziemlich spärliche Reste einer Grund- moränendecke verbreitet. -Die Grundmoränen von Erlach (Fig. 12) stehen gegen Osten in unmittelbarem Zusammenhange mit jener Hügelzone, welche in den riesigen Schuttkegel von Münster eingreift. Diese Hügelzone weist nördlich von Wiesing in mehreren Aufschlüssen eine innige Vermischung von Grundmoränenmaterial mit vorzüglich zentralalpinen Sanden und Schottern auf. ‘Dagegen zeigen die Hügel südlich und westlich von Astenberg, welche sich dem Felshange der Ebener Spitze anschmiegen, 16* 124 Dr. O. Ampferer, [34] wieder einen Aufbau aus reiner, sehr stark bearbeiteter Grundmoräne. Auf diese Weise umgreifen Grundmoränen von der Höhe von Eben herab über Stangelgut, Erlach bis Astenberg den Berghang der Ebener Spitze. Dabei ist ihr Zusammenhaug zwar kein völliger, doch sind die Lücken von einer Art, daß sie leicht durch nachträgliche Erosion zu erklären sind. Von 960 m bei Eben sinkt dieser Grundmoränen- streifen bis unter 600 m, um dann noch einmal über 3800 m Höhe in der Nähe von Astenberg zu erreichen. Nach Ausbildung und Ver- teilung gehören diese übrigens nur. unbedeutend von einander ge- trennten Grundmoränen Resten einer und derselben Decke an. Wo die Grundmoränen an den Berghang der Ebener Spitze stoßen, sind sie stets rein und frei von geschichteten Schottern und Sanden, welche sie bei Eben, an der Achenseebahn und in der Umgebung des Stangel- gutes überlagern und mit denen sie sowohl am Aufschluß der Zahnrad- bahn westlich vom Stangelgut als auch nördlich von Wiesing innig verbunden sind. Aus der Beobachtung, daß der untere Grundmoränenstreifen einerseits geschichtete Ablagerungen überdeckt und anderseits frei dem felsigen Berghange aufliegt und dabei sich im Gefälle jenem des Trockentales anschließt, dem entlang er streicht, geht hervor, daß wir Fig. 12. S Thiergartenr sl. 77 Ve : es auch hier höchstwahrscheinlich mit glazialen Erosionswirkungen zu tun haben. Wir haben an der Mündung des Stanser Tales bei Be- sprechung der Bauhofterrasse und des Trockentales von Weng bereits ganz ähnliche Verhältnisse gefunden, welche sich in nahezu gleichen Höhenverhältnissen ausdrücken. Wie am Bauhof, treffen wir auch bei Eben in einer Höhe von über 900 m auf die Grundmoräne, welche sich dort zusammenhängend, hier getrennt bis zur Sohle des südlich vorbeiziehenden Trockentales (von Weng, von Erlach, 755—790 m) herabzieht. Die Abschrägung der geschichteten Ablagerungen und die Bildung des Trockentales von Erlach sind beides Werke der glazialen Erosion. Wenn wir der Vollständigkeit wegen noch den westlich des Käsbaches gelegenen Teil des Achenseedammes untersuchen, so stoßen wir hier westlich von Jenbach am Südfuße des Zeiseleckes auf Reste von sandigem Bänderton. Höher empor streichen geschichtete Schotter und Sande aus, unter denen wir in der Gegend des Sensenwerkes auf die verfestigten, sehr flach südfallenden Bänke des alten Achentalschutt- kegels (3) stoßen. Die gerollten Inntalschotter und Sande übergreifen den Achentalschuttkegel und begrenzen das tiefer zurück liegende mächtige Lager von Bänderton gegen Süden, bis sie endlich vielfach [35] Studien über die Inntalterrassen. 125 schräg aufgeschüttet darüber nach Norden vorwachsen. Die auf diesen Schottern lagernde Grundmoräne ist hier nirgends gut erschlossen, doch scheint sie am Nordhange des Zeiseleckes ziemlich tief herab- zusteigen. Die Hauptmasse der Käsbachquellen tritt oberhalb des Bändertonlagers aus den Schottern hervor und dürfte sicherlich dem Achensee entstammen. Wie schon die Aufschlüsse zu beiden Seiten des Käsbaches lehren, wird das große Bändertonlager im Süden von Schottern und Sanden abgeschlossen, welche auch seine Bedeckung bilden. Diese Bändertonlagen gehen oben indessen nicht allmählieh in Mehlsand, Kies und Schotter über wie die meisten der im Inntale befindlichen Lehmlager, sondern sie werden diskordant von schräg geschichtetem, meist gröberem Flußschutt überschritten. Diese Schotter reichen im Einschnitt des Käsbaches knapp unter Maurach bis über 940 m empor, alsa beträchtlich höher als bei Eben bereits die Grundmoränendecke ansteht. Dabei werden sie noch größtenteils von zentralalpinen Geröllen aufgebaut, wenn auch die Beimengung von kalkalpinen schon mehr in den Vordergrund drängt als bei den unteren Lagen. Weiter nordwärts überwiegen an der Oberfläche des Achenseedammes seitliche Aufschüttungen aus den benachbarten Berg- gräben. Sehr wichtig für das Verständnis der Bildung dieses herrlichen Alpensees sind Vorkommnisse von typischer, stark bearbeiteter Grund- moräne des Inntalgletschers am Seeufer zwischen Seespitz und Pertisau und an beiden Felsflanken der Schuttbucht von Pertisau. (Siehe Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1903, S. 209.) An allen übrigen Uferlinien wird der See von frischem Schutte oder von Felsen umspannt. Um nun zu klaren Vorstellungen über die Bildungsgeschichte des Sees zu gelangen, müssen wir die Höhenlagen der verschiedenen Bestand- teile des Dammes in Vergleich zu dem jetzigen Relief des Seegrundes zu bringen suchen. Der alte verfestigte Schuttkegel des Achentalbaches reicht nach den Aufschlüssen im Käsbachtale etwa bis 730 m empor. Die darüber einsetzenden Bändertonlagen steigen in den hinteren Verzweigung:n des Käsbaches und am Weißenbach bis über 820 m hinan, wobei sie noch von etwa 150 m mächtigen Schottern überdeckt werden. Die Lotungen des Achensees haben dessen Reliefverhältnisse genügend genau bestimmt. Die 100 m Tiefenlinie umschließt ein sehr langes Becken von der Gegend von Pertisau bis gegen Scholastika, innerhalb von dem mehrfach Tiefen über 120 m und einzelne über 130 m erschlossen wurden. Die heutige Spiegelfläche des Sees kann man zu etwa 929 m annehmen, so daß sich darauf bezogen die tiefsten Stellen des Sees bis zu 800 m hinabsenken. Bedenkt man die gewaltigen Schuttmassen, welche an den steilen Schluchten der umliegenden Gebirge unaufhörlich in den See geschüttet werden, so wird man zu dem Schlusse gedrängt, daß der Seeboden seit dem Schluß der letzten Vergletscherung eine bedeutende Erhöhung erlitten hat. Jedenfalls war das Gebiet, welches damals bis 800 m hinab- reichte, ein weit umfassenderes. Aus dieser Zusammenstellung lassen sich unmittelbar folgende Schlüsse aufstellen, Da das Achental nach Süden entwässert wurde, mußte das ganze 126 Dr. 0. Ampferer. [36] Gebiet bis zur Wasserscheide ein Gefälle gegen Süden besitzen. Wurde nun die Talöffnung im Süden verstopft, so mußte der dadurch ent- stehende Stausee seine größte Tiefe im Süden aufweisen. Die Bänder- tone, welche jetzt am Käsbach über dem alten Schuttkegel des Achen- tales erschlossen liegen, zeigen uns den Stand des damaligen See- bodens an. Diese Bändertone werden nach ihren höchstgelegenen sichtbaren Aufschlüssen in 820 m Höhe durch darüber transgressiv vordringende Schotter und Sande abgeschlossen. Der Boden des alten Achensees war also bereits vor dem Vor- dringen der Schotter im Süden an seinen tiefsten Stellen über 820 m hoch. Da der Boden des heutigen Achensees stellenweise bis 800 m hinabreicht, müßte man annehmen, daß sein Hohlraum seit dem Ab- schlusse der Bändertone nicht nur nicht verschüttet, sondern sogar noch vertieft worden sei. Es dürfte im Gebiete des heutigen Achen- sees, also seit Beendigung der Bändertonablagerung nichts mehr ein- geschüttet worden sein, während am Achenseedamm über den Bänder- tonen noch mindestens 130 m Kies, Schotter und Grundmoräne an- gehäuft wurden. Dazu zeigen alle Aufschlüsse, daß der Schotter in lebhafter und rascher Weise über die Bändertone gegen Norden vor- drang. Hätte der See noch weiter ungestört fortbestanden, so ist nicht einzusehen, warum die Ablagerung der Bändertone durch schräg- ge- schichtete Schotter beschlossen worden wäre. Diese Verhältnisse zwingen zu der Annahme, daß der alte Achensee in der Entwicklung mit dem heutigen nicht unmittelbar zusammenhängen kann. Der alte See muß vor der Ankunft des Inntalgletschers bereits vollständig durch Bänder- tone sowie Schotter, Kies, Sand des Inns und Schutt der Seitenbäche verlandet gewesen sein. Der jetzige Achensee aber ist durchaus eine glaziale Wanne, welche von einem Seitenzweige des Inntalgletschers während des Bühl- stadiums ausgehöhlt wurde. Da der Achenseedamm nicht vom Achensee durchbrochen wurde, ist eine Vertiefung seines Grundes nur durch Eiswirkung oder durch tektonische Veränderungen möglich. Von letz- teren haben wir keine so jugendlichen wahrnehmen können. Heute birgt der See seine tieferen Stellen in der nördlichen Hälfte seines Bettes. Wenn wir den alten See als Rückstauung eines nach Süden fälligen Tallaufes betrachten, muß die Verteilung der Tiefen eine genau umgekehrte sein: im Norden flaches Erheben des Seebodens, gegen Süden zunehmende Tiefe. Diese Umkehr der Tiefen- verteilung kann ebenfalls nur ein Werk der glazialen Erosion sein. Da wir die höchsten erschlossenen Reste des alten Achentalschutt- kegeis bei 730 m Höhe am Käsbach finden, so können wir uns das alte Talgefälle ungefähr wieder ergänzen, wenn wir Verbindungslinien mit der Felssehwelle von Achenkirchen bei etwa 920 m und mit den noch im Fels befindlichen Hintergründen des Pletzach-, Falzthurn- und Tristenautales ziehen. Aus dieser Zusammenstellung geht ebenfalls die auffallend veränderte Form des heutigen Seebettes gegen das alte hervor. Im Norden erscheint das Becken des Achensees durch die Felsschwelle, auf der Achenkirchen liegt, abgeschlossen. Die breiten Sohlen des Pletzach-, Falzthurn- und Tristenautales öffnen sich in der Schuttbucht von Pertisau vereinigt gegen den Achensee. Daß das Eis [37] Studien über die Inntalterrassen. 127 des Inntalgletschers sogar in diese Bucht hineindrang, beweisen an beiden Seiten die Reste von typischer Grundmoräne, welche neben gekritzten auch viele zentralalpine Geschiebe enthält. Einzelne erra- tische Gerölle finden sich noch bei der Falzthurnalpe. Diese drei Täler besitzen ganz ausgesprochene Trogformen und waren jedenfalls zur Zeit, als der Zweig des Inntalgletschers den Hohlraum des heutigen Achensees aushob, von: ihren eigenen Gletschern erfüllt. Die Grund- moränen von Pertisau scheinen dafür zu zeugen, daß der Imntal- gletscher diese Karwendelgletscher unterschob und sich in ihr Gebiet ein Stück weit hineindrängte. Die Tatsache, daß am Abhange des Stampfer Köpfls, nordwestlich von Pertisau, etwa 100 m oberhalb des Streifens von Inntalgrundmoräne, eine kalkalpine, viel weniger be- arbeitete Grundmoräne ansteht, läßt sich leicht in dem angegebenen Sinne erklären. Ob diese Talzweige auch so tief vom Eise ausgefegt wurden wie der Trog des heutigen Achensees, läßt sich nicht beweisen. Da bei Pertisau eine Teilung und Stauung der Eisströmung stattfand, ist es wahrscheinlich, daß hier eine höhere Schwelle blieb, die sich sowohl gegen den Achensee als auch die hinterliegenden, zu Becken ausgehöhlten Täler erhob. Die Bildung des heutigen Achensees zeigt uns in ausgezeichneter Weise die eigenartige Wirkungsweise der glazialen Erosion. Der gegen das Inntal vorgeschobene Teil des Walles besitzt an dem mächtigen talab gestreckten Rundhöcker des Tiergarten und an den Trocken- tälern von Wiesing und Erlach gewaltige, in der Richtung des Inn- tales streifende Einfurchungen. Wie durch einen Pflug erscheinen diese Furchen eingegraben, wobei im Vergleiche zur Höhe der Aufschüttung stellenweise weit über 300 m abgetragen wurden. Der weiter zurück- liegende Teil des Achenseewalles wurde durch den vorstehenden Fels- rücken des Stanserjoches vor der von West nach Ost gerichteten Eis- strömung geschützt. Als sich vom Strom des Inntaleises ein Seitenarm loslöste, wurde der unter der Ablösungsstelle befindliche Schuttgrund sehr wenig angegriffen. Erst in einiger Entfernung entfaltete dieser abzweigende Eisstrom seine aushöhlende Tätigkeit und grub so das Becken des Achensees, das bei Achenkirchen durch eine Felsschwelle abgeschlossen wurde, über 150 m tief ein. Peuck vertritt in dem Werke „Die Alpen im Eiszeitalter“ die Anschauung, daß der Achenseedamm am Rande eines Gletschers auf- geschüttet wurde, welcher einzelne Vorstöße gegen das Achental machte und endlich nach Ablagerung des Walles dorthin vordrang. Dieser Gletscher könnte nur der des Zillertales gewesen sein. Wären die Grundmoränen des Trockentales von Erlach und von Eben wirklich von diesem Gletscher, wogegen schon ihre Zusammensetzung spricht, so müßte doch durch diesen vorliegenden Gletscher der Zufiuß von Inn- talgeröllen verhindert worden sein. Solche beteiligen sich aber in der hervorragendsten Weise an dem Aufbau der Schotter und Kiese bis zu den höchsten Lagen hinauf. Die Mündung des Zillertalgletschers liegt noch beträchtlich unterhalb der Öffnung des Achentales, so dab es nieht wahrscheinlich ist, daß derselbe so weit talauf zurückgegriffen haben könnte, wo ihm außerdem anfangs der Druck des angestauten Inntalsees, später die aufgeschütteten Schuttmassen entgegenwirkten. 128 Dr. O. Ampferer. [38] Der Riegel von Karres. (Fig. 13.) Südlich von Imst durchschneidet der Inn in enger Schlucht die Felsterrassen, auf denen nördlich die Ortschaften Karrösten und Karres, südlich Arzl und Wald liegen. Nach dem Vorgange von Blaas soll auch hier zur Gesamtbezeichnung der Name: „Riegel von Karres“ gebraucht werden. Was uns an diesem Riegel besonders auffällt, ist der Umstand, daß hier gleichzeitig auf beiden Seiten des Inns eine Felsterrasse auftritt, welche im Westen mit sehr steilem Gefälle aus dem Imster Becken aufstrebt und gegen Osten weit flacher absinkt. An dem Aufbau der Terrasse ist vorzüglich das Grundgebirge beteiligt, während die losen Aufschüttungen nur Ausfüllungen von Einsenkungen und eine dünne Decke bilden. Geschichtete, gerollte Schotter finden sich nur an der Südseite des Inns auf dem Sattel von Arzl und bei Wald, wo sie in ungefahr 800 m Höhe einsetzen und von Grund- moränen bedeckt sind Die Grundmoränen beherrschen die Terrasse sowohl südlich als besonders nördlich vom Inn, indem sie aus der Tiefe des Imster Beckens von etwa 720 m an (über den Felsen des Imster Bahnhofes, bei der Königskapelle und am Abhange bei Brenn- bichl) in zahlreichen Überresten die Felshöhen überkleiden und jenseits derselben nordöstlich von Roppen unmittelbar an den Lauf des Inns (680 m) herantreten. Die Oberfläche des Riegels ist sehr unregelmäßig, indem neben dem beträchtlichen Gefälle gegen Osten noch mehrfach aufragende Felshügel sich finden, von denen die bedeutendsten nördlich von Arzl (946 m), bei der Königskapelle, westlich von Karrösten (986 m), süd- östlich von Karres und nördlich von Roppen liegen. Die Felshügel südöstlich von Karres stellen die Umrandung eines Felsbeckens dar, in dem auch der letztgenannte Ort sich ausbreitet. Alle diese Felshügel zeigen in der Richtung des Inntales ge- streckte und abgerundete Formen. Nicht selten weisen dieselben noch verwaschene Gletscherschliffe auf, an denen die Felshöhen um Karres und Karrösten überhaupt reich sind. Nördlich von Karrösten, am Beginne des Weges zur Karröstner Alpe und dann in den Gräben, welche nördlich von Karres (Fig. 13) gegen die Karreser Alpe aufsteigen, finden sich unmittelbar unter sehr stark bearbeiteten Grundmoränen einzelne noch vollständig blanke Schlifflächen. Die Offnung des Riegels gegen das Becken von Imst ist sehr breit und wird durch die großen Felshügel von Karrösten, Arzl sowie durch den kleineren von der Königs- kapelle in vier Furchen zerlegt, welche sich gegen Osten nähern und undeutlich verschmelzen. Zwischen Karres und Karrösten ist die ganze nördliche Terrasse durch eine schräg von der Königskapelle und von der Innschlucht aufstrebende Fläche unterbrochen, welche sich mit den steilen Furchen verbindet, die vou ihr zur Karreser Alpe empor- steigen. In diesem Gebiete, das gleichsam eine in den Bergkörper des Tschirgants einspringende Nische darstellt, gelangen die Grundmoränen in ausgezeichneter Entwicklung und vielfach über geschliffenen Felsen zu einer gewaltigen Entfaltung. Vom Steilabfall der Innschlucht (bei 780 m) ziehen sie fast ununterbrochen bis gegen 1400 m Höhe hinauf. [39] Studien über die Inntalterrassen. 129 An dieser über 600 m hohen Berglehne kann man fort und fort die besten Aufschlüsse in der typisch entwickelten Grundmoräne finden, welche neben reichlichen zentralalpinen sehr schön geschliffene und gekritzte Geschiebe aus Kalk und Dolomit enthält. Bei dem Dorfe Karres springt wieder die Felsterrasse weiter vor und bildet eine große flache Wanne, welche durch aufragende Hügel sowohl gegen die Inn- schlucht als auch gegen das viel tiefere Becken von Roppen abge- grenzt wird. Ein steiler gefurchter Abfall leitet in das letztere Becken hinab, dessen Grund teilweise durch geschichtete Innschotter und Sande angefüllt ist, welche von jener Innstauung herrühren, die durch den großen Bergsturz des Tschirgants herbeigeführt wurde. Die Ein- buchtung von Roppen wird im Osten durch einen Dolomithügel be- schlossen, hinter dem die Grundmoränen in großer Mächtigkeit bis zum Inn herabstreichen. Die südliche Terrasse zeigt nicht so große Unregelmäßigkeiten, aber ebenfalls eine Grundmoränendecke. Am auf- fallendsten ist der groß« abgerundete Felshügel nördlich von Arzl. Fig. 13. Karres 837" Inn 00 Jenseits der Pitztalschlucht liegt die Terrasse von Wald, welcher die höhere von Schweighof und die tiefere von Ried angelagert ist. Dann findet sich östlich noch ein kleiner Vorsprung bei Hoheneck, der aber bereits unmittelbar gegen das Inntal in steiler Neigung abfällt. Durch die bisher beschriebenen Oberflächenformen, die Gefällsverteilung und die Grundmoränendecke ist die glaziale Gestaltung des Riegels zu seiner vorliegenden Form erkenntlich gemacht. Die Grundmoränen- decke hebt sich, aus der Tiefe des Imster Beckens steil ansteigend, auf die Terrassen, überkleidet nicht nur dieselben, sondern greift ander- wärts noch bis 1400 m an das Berggehänge empor und steigt dann mit ihnen bis zum jetzigen Innbett hinunter. Aus der Beobachtung, daß die Grundmoränendecke im Westen von beiden Seiten noch ziemlich tief in den Einriß der Innschlucht herabstreicht, kann man den Schluß ziehen, daß wenigstens ein Teil derselben bereits durch das Eis aus- gehobelt wurde. Die Frage nach dem Alter und der Entstehung des Felsriegels von Karres ist besonders durch Blaas mehrfach berührt worden. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (0. Ampferer.) 17 130 Dr. OÖ. Ampferer. [40] Um hier zu einiger Klarheit durchzudringen, müssen wir die Aufschlüsse des Gurgltales, der Mieminger Terrasse und des Inntales zwischen Imst und Telfs zusammenhalten. Nach dem Rückzuge der Würmvergletscherung dürften beide Inntalzweige, sowohl der nun unter der Mieminger Terrasse begrabene als auch der heutige, offen gestanden sein. Damit soll aber keineswegs behauptet werden, daß der Tallauf Imst—Nassereith— Telfs auch noch vom Inn benützt werden konnte. In die Reliefverhältnisse der damaligen Zeit können uns unter der Voraussetzung, daß inzwischen keine tektonischen Ver- änderungen diesen Alpenteil betrafen, die verschiedenen geschichteten Ablagerungen einigen Einblick gewähren. Sie füllten die Hohlräume der Talzüge aus und haben so wenigstens einige spärliche Reste derselben vor der späteren Erosion aufbewahrt. Bei Imst stoßen wir unter der Nagelfluh in etwas über 800 m Höhe auf den alten Talboden, bei Nassereith ist bei 820 m der Felsgrund noch nicht erschlossen. Dann fehlen die Aufschlüsse bis zum Klammbach bei Mötz, der sehr wichtige Angaben liefert. In seinem Hintergrunde ragt der Felsgrund, welcher Schloß Klamm trägt, bis 871 m empor. Durch die umliegenden Gräben wird aber erschlossen, daß wir es hier mit einer Felsnase zu tun haben, die beträchtlich über ihre Umgebung aufragte. Nahe an der Mündung dieses Tales sehen wir die geschichteten Ablagerungen in etwas unter 700 m Tiefe. Da hier sicher schon damals eine Verbindung mit dem Inntale bestand, so können wir seine Höhe zu jener Zeit bei Mötz als fast gleich der jetzigen einschätzen. Durch diese Tatsache wird eine weitere Ver- folgung der beiden Talläufe gegen Osten unnötig, da sie ja bereits bei Mötz gleichsohlig gewesen sein dürften. In der Nähe von Telfs finden wir übrigens am Ostrande der Mieminger Terrasse den Fels- boden in den maßgebenden mittleren Lagen nirgends erschlossen. Östlich vom Mörderloch lagert Bänderton bis 670 m an die Fels- rücken von St. Moriz. Im Tallauf des heutigen Inntales fehlen geschichtete Ablage- rungen aus jener Zeit fast völlig. Nur auf den Terrassen von Arzl und Wald sind geschichtete Schotter aufbewahrt geblieben, welche von Grundmoränen überlagert sind. Ihre untere Grenze gegen das Grundgebirge dürfte in 800 m Höhe zu setzen sein. Wie wir aber wissen, greifen die deckenden Grundmoränen beträchtlich tiefer in die Innschlucht hinab, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß jene Furche in der Gegend vom Imster Bahnhof in tieferer Lage einst von Schottern erfüllt war, welche durch das Eis wieder herausgefegt wurden. Aus diesen Beobachtungen kann gefolgert werden, daß beide Tallinien in der Gegend von Imst in ungefähr 800 m Höhe sich zu teilen begannen und bei Mötz in 690—680 m Höhe miteinander in Verbindung standen. Wahrscheinlich lag jedoch schon damals die südlichere Linie tiefer und die nördliche wurde nicht mehr zusammen- hängend benützt. Für die südliche Linie kam in der Strecke von Imst bis Mötz damals ein Gefälle von ungefähr 100 m auf 18 km zur Verwendung (jetziges Gefälle = 60 m). Das Becken von Imst war oberhalb des Riegels von Karres nach dem Rückzuge der Würm- vergletscherung noch nicht unter S00 m hinab ausgehölt und der [41] Studien über die Inntalterrassen. 131 Inn schnitt seinen Weg als flache Rinne in den eben genannten Fels- riegel ein. Durch die Talverstauung des Zillertaler und Otztaler Gletschers kam die gewaltige Aufschüttung von Bändertonen, Sanden und Schottern zustande. Da der mächtige Ötztaler Gletscher das heutige Inntal zwischen Imst und Mötz sperrte, wurde besonders die Talfurche Telfs—Nassereith—Imst mit riesigen Schuttmassen erfüllt, welche aus dem Imster Becken sich auch zum Riegel von Karres herüberbreiteten. Später dürfte das Gebiet des genannten Felsriegels wohl sicher durch den Pitztalgletscher bedeckt worden sein. Die Schotter von Arzl und Wald deuten darauf, daß wenigstens zu Beginn der Aufschüttung der Riegel von Karres noch eisfrei war. Beim Vor- rücken der Vergletscherung dürfte der Gletscher des Pitztales sich am Felshang des Tschirgants gestaut und geteilt haben. Ein Teil wendete sich talab und vereinigte sich mit dem Ötztaler Eise, ein anderer kehrte sich gegen das Gurgltal. Auf diese Weise bedeckte der Pitztalgletscher den Riegel von Karres, bis der Gletscher, welcher im Inntal herabrückte, jenen Überdruck gewann, der genügte, um den Pitztalgletscher völlig inntalabwärts zu lenken. Der Inntalgletscher, welcher sich ins Gurgltal hineinschob, höhlte in der Gegend von Imst ein tiefes Becken aus, welches sich gegen Nassereith ausdehnte. Die Erosionskraft des Pitztalgletschers wurde auf dem Riegel von Karres durch die Stauung am entgegenstehenden Tschirganthang nahezu aufgehoben und gewann erst wieder gegen Osten eine Zu- nahme. So schützte dieser Gletscher seine Unterlage im Gebiete seiner Anstauung (den Riegel von Karres), während der Inntal- gletscher das Becken von Imst eintiefte. Daß dieser letztere Gletscher endlich aus seinem Becken gegen den Riegel von Karres anstieg und den Pitztalgletscher dabei unterschob und zur Seite drückte, geht wohl aus den ansteigenden Felsfurchen, der Form der Felshügel und der Zusammensetzung der hinterlassenen Grundmoränen hervor. Jeden- falls aber verdankt der Riegel von Karres seine Erhaltung vor allem dem Eisstrome, der von Süden herkam und einerseits seine eigene Kraft am Tschirganthange brach, während er anderseits auch die Einwirkung des Inntalgletschers an dieser Stelle bedeutend ver- ringerte. Nach dem Rückzuge der Bühlgletscher lag der Riegel von Karres ungefähr in seiner jetzigen Form da. Oberhalb war das Becken von Imst um mindestens 100 m eingetieft und unterhalb senkte sich ebenso ein Felsbecken ein, das, wie die Grundmoränenaufschlüsse von Roppen zeigen, unter das jetzige Innniveau hinabtauchte. Zu- gleich hatte der Inntalgletscher beim Anstieg aus dem Imster Becken in den Riegel von Karres Furchen eingeschliffen, deren tiefste der Inn, nachdem er in jenem Becken einen genügenden Stausee ge- schaffen, zum Überfall ins tiefere Becken von Roppen benützte. Das Vorhandensein solcher tieferer Furchen folgt aus der Beobachtung, daß die weitverbreitete Grundmoränendecke nicht abgeschwemmt wurde. Die großartige, bis 1400 m aufsteigende Grundmoränendecke nördlich von Karres zeigt in ausgezeichneter Weise die gewaltigen hier stattgefundenen Aufstauungen an, welche sich sowohl hier als auch westlich von Karres am Kopfschwindl (982 m) in der Ausprägung steil bergan steigender Furchen äußerte. fi 132 Dr. O0." Ampferer. [42] Das Becken von Imst setzt sich ins Gurgltal fort. Bei Nasse- reith sehen wir mit hohem, steilem Abfall die Mieminger Terrasse anheben. Von ihrem Westrande ist ein großes Stück das Werk von Wassererosion, wie der Schuttkegel von Dormiz beweist. Anderseits ziehen aber im nördlichen Teile ihres Abfalles Grundmoränen gegen Nassereith (bis 880 m) herab. Wichtig für das Verständnis der Talbildung ist auch die Beobachtung, daß im Fernpaßtal beim Gipsbruch stark bearbeitete Grundmoränen unmittelbar über dem Talboden bei 910 m erhalten sind. Berücksichtigt man dann das junge Alter des großen Bergsturzes, welcher erst den Fernpaß auftürmte (siehe Verhand- lungen der k. k. geol. R.-A. Wien 1904, Heft 3), so liegt es nahe anzunehmen, daß der Strom des Inntalgletschers sich bei Nassereith einerseits eine tiefe Furche im Tal des Fernpasses gegen Norden grub, während er anderseits auf der Höhe von Holzleiten die unter- liegenden Schotter nur sehr unbedeutend angriff. Das Tal des Fern- passes, welches vor dem Bergsturze höchstwahrscheinlich gegen Süden geneigt war, dürfte ja ebenfalls in beträchtlicher Weise von Schottern und Sanden aufgeschüttet worden sein, in welche dann der nordwärts fließende Zweig des Inntalgletschers die Fortsetzung des Imster Beckens einhöhlte.e Ob nach dem Rückzuge des Bühlvorstoßes das Tal nach Süden entwässert wurde, ist nicht sicher, doch liegt außer dem großen Bergsturze kein Grund zur Umkehr seines Gefälles vor. Eigentümlich bleibt aber die Erscheinung, daß bei Nassereith der Gletscher lieber das geschlungene, enge Fernpaßtal als die breite Fortsetzung des Gurgltales, die Schutterrasse von Holzleiten ein- tiefte. Nur an wenigen Stellen ist die Oberfläche der Schutterrasse bis zu solcher Höhe erhalten wie bei Holzleiten (über 1000 m). Nach den übrigen Höhenständen der geschichteten Ablagerungen und ihrer Grundmoränendecke zu schließen, müssen wir annehmen, daß die Schotter von Holzleiten beinahe gar nicht von dem darüber strömen- den Eise angegriffen wurden. In grellem Gegensatz dazu finden wir im Imster Becken am Imster Bahnhof und bei Brennbichl die Grund- moränendecke in 720 m Höhe, von wo sie sich längs dem Gurgltale nur allmählich hebt und östlich von Nassereith bei 880 m, am Gips- bruch vor Fernstein bei 910 m ansteht. Der Anstieg der Grund- moränendecke aus dem Imster Becken auf die Hochfläche der Mieminger Terrasse beträgt über 300 m, wobei mindestens 120 m auf den kurzen letzten Aufschwung östlich von Nassereith fallen. Zur Erklärung dieser eigentümlichen Verhältnisse kann man vielleicht anführen, daß die Mieminger Terrasse, als sie der Inntal- gletscher längs des Gurgltales erreichte, bereits von den Lokal- gletschern ihres Hochgebirgskammes besetzt war, welche längere Zeit der Einwirkung des Inntalgletschers Widerstand zu leisten ver- mochten. Das Fernpaßtal aber war wenigstens in seinem Beginne vom Einfluß der Lokalgletscher weniger betroffen. Diese Umstände werden schon durch die Verteilung der Schuttablagerungen aus der Zeit des Gschnitzstadiums erläutert. Während die Mieminger Terrasse mehrfach von Schuttwällen und Schuttfeldern dieses Stadiums über- deckt ist, bleiben dieselben längs der Fernpaßfurchen in den Seiten- tälern zurück. [43] Studien .über die Inntalterrassen. 133 Die südliche Inntalterrasse zwischen Telfs— Volders. Die größte Ausdehnung in Länge und Breite gewinnt die Inntal- terrasse südlich des Inns. Sie setzt hier mit Felshügeln und Furchen östlich von Telfs bei Pfaffenhofen ein und zieht ununterbrochen bis in die Gegend von Wattens, wo sie ebenfalls mit Felsstufen endigt. Durch die tiefen Schluchten der Melach und der Sill wird ihr Be- reich in drei Stücke zerlegt, von denen wieder jedes noch durch unbedeutendere Bacheinrisse weiter zergliedert wird. Am Aufbau dieser lang hinstreichenden Terrasse ist vor allem das Grundgebirge beteiligt und nur im westlichsten Abschnitte ober- halb der Mündung des Sellraintales herrschen die geschichteten Ab- lagerungen vor. Geschichtete Ablagerungen und Grundgebirge sind jedoch in einer Weise aneinandergefügt, daß die Terrasse in ihrer Gesamtheit aus einiger Entfernung den Eindruck von Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit erweckt. An keinem anderen Teile der Inntal- terrasse tritt die Eigenart ihres Felskernes so unverhüllt zutage und ohne die Verkleidung und Ausfüllung mit geschichteten Ablagerungen, Grundmoränen und Gehängeschutt würde niemand diese unregel- mäßigen Felsschwellen für Werke von Wassererosion, für Reste alter Talböden gehalten haben. Wenn wir diese Terrasse von ihrer Schutt- bedeckung befreit vor uns liegen hätten, würden ihre Formen, ihr auf- und absteigendes Gefälle ohne weiteres die Gedanken an Wassererosion als völlig unzutreffend erscheinen lassen. Der westlichste Abschnitt der Terrasse zwischen Pfaffenhofen und Sellraintal zeigt einen verhältnismäßig recht einfachen Aufbau, welcher besonders an den Einschnitten des Flaurlinger und Inzinger Tales sowie am „Reissenden Ranggen“ südlich von Zirl erschlossen ist. Am Flaurlinger und Inzinger Graben haben wir mächtige, ziem- lich grobe, meist horizontal geschichtete Schotter vor uns, in denen sehr reichlich Gesteine des betreffenden Bachgebietes sich finden. Diese Ablagerungen werden von sehr undeutlich entwickelten Grundmoränen überlagert. Da in ihnen Kalke, Serpentine, Dolomite und andere leicht schleifbare Gesteine äußerst selten sind, wird die Unter- scheidung der Grundmoränen eine ziemlich unsichere. Erst unterhalb des Sellraintales finden sich in den Grundmoränen wieder häufiger deutliche, geschliffene und gekritzte Geschiebe, da von den Triasgesteinen der Kalkkögel und weiter abwärts von denen der übrigen Sillbuchtgebirge, dann von den Serpentinen und Brenner- schiefern leicht bearbeitbares Material gespendet wurde. Der mächtige Aufschluß am „Reißenden Ranggen“ wurde von Blaas im Jahrbuche der k. k. geol. Reichsanstalt, Wien 1890, 1. Heft, S. 33 und neuerdings von Penck in dem Werke „Die Alpen im Eiszeitalter“, S. 330 ein- gehender beschrieben. Wir haben bis 790 m schräg nordwestlich fallende Deltaschotter und Sande, darüber horizontal geschichtete grobe Schotter, auf der Höhe bei 836 m Spuren einer Grundmoränen- decke. Infolge der undeutlichen Ausbildung der Grundmoränen ist es für dieses Terrassenstück sehr schwer, genau ihre Verteilung anzugeben. Der Beginn der Terrasse besteht, wie schon erwähnt, aus ziemlich wenig ausgeprägten Felsstufen, an die sich schon westlich des Flaur- 134 Dr. OÖ. Ampferer. [44] linger Tales eine Stufe aus groben Schottern lehnt. Östlich von diesem Tale verbreitert sich die Schotterterrasse rasch und bildet an der Oberfläche zwei Stufen, welche nach kurzem Hinstreichen am Pollinger Berge von einer Anzahl aus dem steilen Berggehänge herabschießender Gräben zerschnitten werden. Am Abhange gegen das Dorf Flaurling lassen sich Grundmoränenreste ziemlich tief gegen das Inntal hinab verfolgen und sind auch auf der Höhe des Flaurlinger Berges weit verbreitet. Südlich von Inzing gewinnt die Terrasse neuerlich bedeutend an Breite und zugleich stellt sich ein ausgesprochenes Trockental ein, welches frei über dem Inzinger Graben beginnt und sich gegen das Schindeltal nach Osten absenkt. Der Giggl- und Kienberg trennen dieses Trockental vom Inntale. Der Aufbau dieser Anhöhen ist durch große Ziegeleien teilweise eröffnet und wir sehen von der Innebene an Bändertone emporwachsen, die in Mehlsande und gröbere Schotter übergehen. Östlich und westlich werden die Bändertone durch Sande und Schotter ersetzt, welche besonders in der Nähe der Seitentäler vorherrschend werden. Das Schindeltal durchschneidet die ganze lose aufgeschüttete Terrasse bis zum Abfall des Gebirges und zeigt deren bedeutende Mächtigkeit. Hoch über der Terrasse von Inzing treffen wir am Nordabhange des Rangger Köpfls (1160 m) auf die gegen Osten abfallende Fels- furche des ersten Ebener Bergls. Zwischen Schindeltal und Melach wird die sehr breit gewordene Terrasse durch das lange und tiefe Rettenbachtal in einen südlichen und nördlichen Streifen zerlegt. Der Rettenbach hat höchstwahr- scheinlich nicht selbst dieses paralell mit dem Gebirgshange hinziehende Tal geschaffen, sondern nur das einmal vorhandene benützt und weiter ausgebildet. Das Tal beginnt in der Nähe der Ortschaft Ranggen mit flachen, weiten Mulden, welche gegen den Graben des Schindeltales offen abbrechen und den wenigen Aufschlüssen nach von Grundmoränen bedeckt sind. Eine ziemlich ausgedehnte Decke von Grundmoränen überzieht die Terrassenstufe südlich des Rettenbaches, auf welcher Ober-Perfuß liegt. Auch hier weist die Oberfläche mehrere gegen Osten abfallende Trockentäler auf, welche am Steilabfalle gegen den tief eingesenkten Schuttkegel der Melach abgerissen enden. Südlich von Ober-Perfuß setzt sich die Terrasse ansteigend bis in die Öffnung des zwischen Roßkopf und Rangger Köpfl eingetieften Krimpenbach- tales fort. Das Sellraintal begrenzt die Terrasse von Ober-Perfuß und die Abhänge derselben scheinen hier, soweit erkennbar, Erosionsränder zu sein. Jenseits dieses Tales gewinnt die Terrasse, obwohl ihr Nord- rand bedeutend zurückweicht, sehr an Breite. Während nämlich im Westen des Sellraintales der mächtige Bergwall des Rangger Köpfls (1933 m) die Terrasse südlich begrenzt, drängt sich die letztere östlich von diesem Tale so weit nach Süden, daß sie die Fortsetzung dieses Bergrückens zu bilden scheint. Wenn man von Osten her über die Terrasse wandert, glaubt man nach dem Gesichtseindrucke, daß das Rangger Köpfl der Terrasse aufgesetzt sei, da es sich mit sehr [45] Studien über die Inntalterrassen, 135 allmählichem Anstiege darüber erhebt. Die plötzliche Verbreiterung der Inntalterrasse ist aufs engste mit der Mündung des Sellraintales verbunden und wir werden die gleichen Erscheinungen nur in noch viel größerem Maßstabe an der Sillmündung wiederfinden. In beiden Fällen treffen wir an der Westseite der Talmündung stark vortretende, abgerundete Bergrücken, an der Ostseite eine breit entfaltete Ter- rasse, die sich auffällig in das Seitental hineinzieht. Wollte man diese eigentümlichen Ecken der Terrassen auf Wassererosion zurückführen, so müßte man annehmen, daß sowohl die Melach als auch die Sill bei ihrem Eintritte ins Inntal plötzlich eine diesem Tale fast parallele Richtung eingeschlagen hätten. Für ein so merkwürdiges Verhalten ist kein Grund ersichtlich und wir werden außerdem sehen, daß sich noch andere Beobachtungen, welche dagegen sprechen, aufführen lassen. Die Mündung des Sellraintales ist eine enge, gewundene Fels- klamm, welche sich erst in der Gegend der Ortes Sellrain erweitert. Ungefähr zugleich mit der Talerweiterung macht sich am östlichen Talgehänge der Beginn der Terrasse, und zwar zuerst als eine gegen das Inntal hin ansteigende Leiste erkenntlich, Die Weitung von Sellrain und die zur Terrasse von Grinzens hinaufführende Gehänge- leiste weisen Schuttbedeckung von der Art der Grundmoränen auf. Deutlicher wird die Grundmoränendecke auf der breiten Terrasse von Grinzens, Axams, Birgitz und Götzens, wenn sich auch noch vielfach darüber jüngerer Schutt ausbreitet. Die Grundlage dieser weitflächigen Terrasse bildet Fels und nur am nördlichen Rande ist eine Zone angelagert, wo sich vom Niveau des Inns bis über 820 m empor nur lose Schuttablagerungen finden. Diese Zone beginnt südlich von Kematen als schmale Anlagerung, wird dann im Gebiete des Axamer und Geroldsbaches ziemlich breit und verliert sich an den Abhängen des Klosterberges westlich von Wilten. Ihr Aufbau ist der gewöhnliche mit Bändertonlagern in der Tiefe, die an den Mündungen von Seitentälern von Mehlsand oder Schottern ersetzt werden, velche überall die höheren Lagen beherrschen. Je nach der wechselnden Höhe der Felsunterlage greifen die ge- schichteten Ablagerungen mehr oder weniger weit nach Süden. Die Felsunterlage wird durch die Schlucht der Melach und den Graben des Sendersbaches im Westen ausreichend erschlossen. Letzterer zeigt deutlich, daß die Oberfläche der Felsterrasse gegen das Imntal zu mit einer Erhebung abschließt, welche jetzt von diesem Bache mit Wasserfällen durchsägt wird. Diese durch den Sendersbach erschlossene Felswanne senkt sich gegen Osten, wie die Aufschlüsse am Axamer Bache beweisen, der das Grundgebirge bereits in tieferer Lage ent- blößt. Während wir aus diesen Aufschlüssen eine breite, aus dem Sellraintale unter sehr spitzem Winkel gegen Völs sich senkende alte Felswanne erkennen, begegnen wir östlich des Geroldsbaches beträchtlich höheren Felsrücken. Unterhalb von Axams, bei Birgitz treffen wir Grundgebirge; Götzens liegt teilweise auf demselben, das einen Höhenrücken bildet, welcher den Geroldsbach überschreitet und dann ununterbrochen in flach gerundeten Kuppen mit Felswannen und Furchen bis zum Durch- bruche der Sill hinstreicht. Westlich von Götzens ist sein Verlauf 136 Dr. O0. Ampferer. [46] durch den Schuttkegel des Geroldsbaches größtenteils verhüllt, östlich davon kann man ihn fortlaufend beobachten. Er wird von dem südlichen Gebirge durch ein breites, gegen Osten abfallendes Trockental ge- trennt, in dem das Dorf Natters erbaut ist. Der Rücken selbst zeigt auf weite Strecken nackten, gerundeten, gefurchten Fels und hebt sich in flachen Wellen auf und ab. Wie die Aufschlüsse im unteren Teile des Geroldsbaches beweisen, streicht die Felswanne, welche jetzt das Trockental von Omes trägt, parallel, aber in viel tieferer Lage mit diesem Felsrücken gegen das Inntal. Nach diesen Angaben können wir, falls wir von einer noch eingehenderen Gliederung Ab- stand nehmen, die Felsterrasse zwischen Sellrain- und Silltal als eine breite, flache Mulde, als einen hohen, flachkuppeligen Rücken und eine höhere, schmälere Mulde auffassen. Von diesen streichen die beiden ersteren Elemente schräg gegen Nordosten, während die Mulde von Natters den Raum bis zum Gebirgshange einnimmt und mit der Terrasse am Westufer verschmilzt. Der Felsrücken, welcher die beiden Wannen trennt, ist bei Götzens noch schmal, verbreitert sich dann aber im Bereiche des Klosterberges. Seine Forsetzung bildet jenseits der Sill der Kamm der Lanser Köpfe. Dabei geht dieser Felsrücken aus seiner nordöstlichen Richtung in eine fast westöstliche über und streicht so quer über die Mündung der Sill hinweg, die ihn zwar mit tiefer Schlucht entzweigesägt, aber nicht in seiner Fortsetzung ge- hemmt hat. Die Oberfläche der Terrasse zwischen Sellrain- und Silltal bringt diese bedeutenden Unebenheiten des Felskernes nicht zum Ausdrucke, da dieselben durch die geschichteten Ablagerungen, durch eine Grund- moränendecke und jüngeren Schutt (wahrscheinlich von Lokalgletschern) verhüllt werden. Die nach der Aufschüttung der geschichteten Ab- lagerungen angelegten Oberflächenformen laufen ziemlich gleichmäßig über Schutt und Fels. Das in die geschichteten Ablagerungen neu eingeprägte Relief deckt sich im großen und ganzen mit dem der Felsunterlage. Der breiten, aus dem Sellraintale gegen das Inntal geneigten Felswanne entsprechen in der Neigung und Richtung kleine Trockentäler bei Grinzens und etwas nördlicher die große Talwanne von Omes, welche frei über dem Graben des Sendersbaches beginnt und sich nach Völs hinabsenkt. Der größere Teil dieses Talzuges wird jetzt vom Axamer- bache benützt, der nach Durchschneidung der höheren Mulden unter- halb von Axams seitlich einmündet und die untere Hälfte des Tales durchfließt. Daß der Talzug von Omes in seiner ersten Anlage nicht ein Werk der Wassererosion sein kann, hat bereits Blaas (1885) in seiner Arbeit über die Glazialformation im Inntal (Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg, Ill. Folge, 29. Heft, Innsbruck 1885) eingehend erörtert ıS. 89-—-97). In jener Arbeit wird überhaupt den Erscheinungen der glazialen Erosion in hervorragender Weise die Aufmerksamkeit zugewendet und die Darstellung der südlichen Inntalterrasse zwischen Sellraintal und Volders ist in dieser Hinsicht so vortrefflich, daß man sie heute noch als mustergültig anerkennen muß, Ich kann dieses Umstandes um so dankbarer gedenken, als mir dadurch vielfach die Mühe einer neuerlichen Beschreibung erspart [47] Studien über die Inntalterrassen. 137 blieb. Einzelne Stücke des Trockentales von Omes sind auch durch Reste von Grundmoränen als glaziale Bildungen festgelegt. So treften wir nordwestlich von Omes Grundmoränen und bei der Ruine Vellen- berg steigen dieselben von der Höhe der Terrasse beträchtlich an dem Abhange gegen unser Tal hinab. Der alte Felsrücken, welcher unterhalb von Axams sich zeigt und über Birgitz, Götzens zum Klosterberge und zu den Lanser Köpfen sich fortsetzt, weist eine sehr geringe Schuttbedeckung auf. Deutliche Grundmoränen sind davon unterhalb von Axams, an der Brennerstraße westlich vom Berge Isel und östlich von den Lanser Köpfen erhalten, undeutliche Reste dagegen finden sich in ziemlich weiter Verbreitung. Der Felswanne zwischen diesem Höhenzug und dem Gebirge entspricht das Trockental, welches von Edenhaus nach Natters zieht. Bei Natters finden wir in demselben umfangreiche Einlagen von Grundmoränen. Oberhalb von diesem Trockentale streicht südlich noch eine breite Mulde herüber, welche mehrere Tälchen gegen das erstere Tal herabsendet. In der Gegend von Natters weiten sich diese Trockentäler zu einem großen Kessel aus, in dem, wie schon erwähnt, deutlich entwickelte Grundmoränen eingelagert sind. Die Mulde von Natters bricht gegen Osten an den Steilabhängen des Silltales ab. Als charakteristisch für diese Mulde muß noch hervorgehoben werden, daß der größte Teil derselben eine Einbuchtung in den nördlich vorbeistreichenden Felszug des Klosterberges darstellt und man gewissermaßen hier eine ältere von Süd gegen Nord sich hebende Felswanne vor sich hat, welche von der jüngeren ostwestlichen Ein- furchung überkreuzt wird. Daß die Grundmoränen vom Klosterberg gegen die ersten Serpentinen der Brennerstraße bei Wilten über geschichtete Schotter, Sande und über Grundgebirge bis nahezu 600 m herabsteigen, ist von Blaas und Penck bereits mehrfach betont worden. Es erübrigt nun noch kurz die Aufmerksamkeit auf die Spuren von Ablagerungen jüngerer Lokalgletscher zu werfen. Hier stehen mir leider ziemlich wenig Beobachtungen zu Gebote, von denen sich die meisten auf die höheren Gebiete der südlichen Quertäler beziehen. Im Bereiche der Terrasse zwischen Telfs und Sellraintal begegnen wir sowohl im Flaurlinger- als auch im Hundstal deutlichen Resten von jüngeren glazialen Ablagerungen. Dasselbe gilt auch für die Seitentäler der Terrasse östlich des Sellraintales, für das Senders-, Axamer- und Geroldstal. Als bezeichnend mag gleich der Umstand hervorgehoben werden, daß meistens die Alpen auf solchen von den Talgletschern angehäuften Schuttmassen liegen. Dies gilt in unserem Gebiete für die Flaurlinger (1695 m), Inzinger (1640 m), Kematner (1646 m), Lizumer (1665 m) und Götzner Alpe (1590 m). Diese in annähernd gleich großen Tälern, gleich hoch gelegenen Schuttstufen sind meistens sehr beträchtliche Anhäufungen von Gesteinstrümmern des Talhintergrundes. Diese Schuttmassen bilden in den engen Bergtälern Einlagen, welche vorn in steilen Anbrüchen abfallen und rückwärts häufig einen fast ebenen breiteren Boden aufstauen, dessen Lage für die An- siedlung von Alpen besonders günstig ist. Der Bach strebt von unten Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (O0. Ampferer.) 18 138 Dr. O. Ampferer. [48] herauf diesen Schuttpfropfen entzweizuschneiden, während er ihn oft gleichzeitig von oben her mit Schutt überschüttet. Ein aus- gezeichnetes Beispiel einer solchen Schuttstufe haben wir im Stallen- tal, jedoch in wesentlich tieferer Lage kennen gelernt. Oberhalb dieser scharf ausgeprägten Zone von glazialen Ab- lagerungen, welche sich meistens leicht von Bergsturzmassen oder Muren durch ihre Form und Gesteinsführung unterscheiden lassen, finden sich noch höher gelegene Gruppen von kleineren, gut erhaltenen Moränenringen. Es ist hier nicht der Ort, weiter auf die Verteilung der einzelnen Rückzugsstadien in dem angrenzenden Gebirge einzu- gehen, da sie mit dem Ziele unserer gegenwärtigen Untersuchung nur lose zusammenhängt. Während nun aber diese höheren Zonen von glazialen Ab- lagerungen sehr deutlich entwickelt vorliegen, finden wir auf der Inntalterrasse selbst keine sicheren jüngeren Glazialschuttmassen, wie wir solchen zum Beispiel auf der Mieminger Terrasse begegnet sind. Ausgedehnten Schuttfeldern über der Grundmoränendecke begegnen wir allerdings besonders im Bereiche des Senders-, Axams- und Geroldsbaches, doch muß es erst genaueren Untersuchungen über- lassen bleiben, ob wir darin wirklich Ablagerungen von tief herab- reichenden Lokalgletschern vor uns haben oder nur mächtige Schuttkegel, welche Bäche aus der Abtragung von höher gelegenen Schuttstufen bereiteten. Solche Schuttkegel sind tatsächlich noch heute in der Fortbildung begriffen, wie man am Geroldsbach beob- achten kann, der die hochgelegenen Schuttmassen unterhalb der Götzneralpe unaufhörlich zu Tal reißt und über die Terrasse breitet. Die große Schuttstufe am Fingang ins Senderstal oberhalb von Grinzens und einzelne wallförmige Höhenzüge lassen jedenfalls den Gedanken an jüngere Glazialablagerungen auf der Terrasse als be- rechtigt erscheinen. Durch die bedeutenden Wassermassen und den Schuttreichtum dieser Täler dürften eben wahrscheinlich die Spuren solcher Ablagerungen hier viel mehr verändert worden sein als auf der Mieminger Terrasse. Die großen Trockentäler von Omes und Natters können ihrem Verlaufe und ihrer Grundmoränen wegen nicht als Werke solcher Lokalgletscher bezeichnet werden, dagegen ist die Bildung der ihnen von Süden angeschlossenen kleinen Talmulden sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen. Daß dadurch nicht bloß der südliche Teil der Terrassenfläche eingreifend ummodelliert wurde, sondern auch noch die großen ostwestlichen Talzüge verändert wurden, braucht wohl nicht eigens hervorgehoben zu werden. Sie dienten gleichsam als Sammeltröge für die zahlreichen von Süden herströmenden Rinnsale. Aus der ganzen Art der Verteilung der Trockentäler und Tälchen kann man also mit Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein von Lokalgletschern auf der südlichen Inntalterrasse schließen. Im Gebiet der Terrasse zwischen Melach und Sill reichten diese Gletscher nicht über die Talfurchen von Omes und Natters hinaus, welche ihre Gewässer sammelten und gegen Osten zu ableiteten. Das Silltal scheidet die Terrassen zu beiden Seiten seiner Mündung in bedeutungsvoller Weise. [49] Studien über die Inntalterrassen, 139 Die Talfurche, welche die Sill nach der Vereinigung mit der Ruez (Stubaital) durchströmt, ist großenteils eine junge Felsschlucht, an deren Seiten mehrfach Stücke ihres alten Bettes verschüttet durch geschichtete Ablagerungen erhalten sind. Diese Abweichungen des jungen und älteren Laufes sind indessen keine sehr bedeutenden und wir können feststellen, daß die Sill bereits vor der Ablagerung der geschichteten Schotter und Sande im großen und ganzen in der- selben Richtung und in derselben Einschnittstiefe dem Inntale zueilte. Den wichtigsten Aufschluß in dieser Richtung finden wir in der Nähe der Stephansbrücke, wo die geschichteten Schotter und Sande bis zum heutigen Bett der Ruez (ungefähr 660 m) herabreichen, wobei sich zwischen ihnen und dem Grundgebirge Spuren von Grundmoränen einstellen. Dadurch ist der Lauf der Sill, tektonische Veränderungen des Grundgebirges ausgenommen, festgelegt, weil sich entlang der Östflanke der Sillschlucht von Patsch bis zu den Lanser Köpfen das Grundgebirge nirgends beträchtlich unter 800 m herabsenkt. Ein Aus- weichen auf die Terrasse gegen Westen ist ebenfalls durch die viel höheren Grundgebirgsrücken des Klosterberges verhindert. Die Sill- schlucht war bereits in die alte Felsterrasse in ähnlicher Lage wie heute als tiefe nordsüdliche Furche eingesenkt und die Schaffung der Terrasse kann in keiner Weise durch ihre Wasserwirkungen er- klärt werden. Man darf die Felsmulde, welche sich im Osten der Sill von den Höhen der Dörfer Vill und Igls gegen Amras absenkt, nicht als eine alte Fortsetzung des Stubai- und Silltales ansehen, soweit es sich nämlich dabei um den Lauf ihrer Bäche handelt. Diese breite Felsmulde beginnt im Osten durchschnittlich mehr als 100 m oberhalb des alten Sillbettes, strebt dann teilweise ansteigend bis über den Lansersee hinaus und fällt von dort ziemlich steil zum Inntal hinab. Dabei lagern nach den Beobachtungen von Blaas von Amras bis Egerdach am Fuß der schrägen Felsfläche ältere Grund- moränen, welche bei letzterem Orte am Frohnleitenbichl durch kon- glomerierte, geschichtete Schotter überdeckt werden. Eine Grundmoränendecke der letzten Vergletscherung über- zieht diese schräge Felsfläche und ist an vielen Stellen besonders bei Amras, Aldrans und Lans erschlossen. In wirklich großen Massen und typischer Entwicklung sind Grundmoränen mit vielen gekritzten ‘Geschieben durch den Bahneinschnittt zwischen Lansersee und Station Aldrans bloßgelegt worden. Geschiebe aus den Triasgesteinen des Sillgebirges und Serpentine von Matrei sind häufig darin zu finden. Nach diesen Ausführungen kann die Sill auch nicht nach der großen Inntalaufschüttung und der darangeschlossenen letzten Groß- vergletscherung über die Terrasse gegen Osten geflossen sein. Einmal spricht die weitverbreitete Grundmoräne dagegen, dann das Fehlen der scharfen Einschnitte einer großen Wasserschlucht. Außerdem liegt in der Gefällsverteilung ein entscheidender Gegengrund. Es müßte die Sill bis in die Gegend des Lansersees mit sehr geringem, von hier gegen Amras mit sehr bedeutendem Gefälle geströmt sein. Nun treffen wir gerade auf letzterer Strecke eine breite Felsabschrägung, welche bei so großer Neigung niemals von fließendem Wasser ge- schaffen worden sein könnte. Es muß also die Sill nach dem Rück- 18* 140 Dr. O0. Ampferer. [50] zuge der letzten Vergletscherung eine nordsüdliche Einfurchung ge- funden haben, welche bereits tiefer lag als der Ostrand der großen Abschrägung Vill— Igls—Lans—Amras, denn sonst wäre sie sicherlich auf dieser breiten Bahn ungehindert ins Inntai geströmt und hätte in sie eine Schlucht eingeschnitten. Zu bedenken ist dabei, daß ja längs dieser Abschrägung die geschichteten Ablagerungen bereits entfernt waren, da die Grundmoränendecke direkt dem Grundgebirge aufliegt. Die Mulde von Natters, als deren Fortsetzung östlich der Sill jene von Vill und Igls erscheint, liegt beträchtlich tiefer, doch weist letztere anfangs ein Gefälle gegen die Sillschlucht auf. Nördlich von diesen beiden Muldenstücken bilden die Höhen des Klosterberges und der Lanser Köpfe einen stark aufragenden Wall, der quer über die Sillschlucht und parallel zum Inntal hinstreicht. An ihm tritt die Unabhängigkeit der Entstehung der alten Felsterrasse von den Wasser- wirkungen besonders deutlich hervor. Er legt sich nicht nur quer vor die Mündung des Silltales, sondern wird von diesem zwischen seinen zwei höchsten Erhebungen durchschnitten. Die Durchschneidung ist eine doppelte, indem sich östlich vom Berg Isel die junge Schlucht und westlich die ältere, zugeschüttete befindet. Gehen wir von diesem Wall der Sill entlang gegen Süden, so treffen wir zu beiden Seiten auf südwärts geneigtes Grundgebirge. Das gilt ganz besonders für die westliche Talseite, wo die einge- lagerten Schotter und Sandsteine eine bedeutende Höhlung des Grund- gebirges verhüllen. Der Felsgrund des vordersten Silltales hebt sich in breiter Mulde gegen diesen Querwall und der Fluß hat sich darin eine tiefe Furche eingeschnitten. Der Querwall selbst wird im Westen von jener breiten Fels- mulde, welche sich aus dem Sellraintal gegen Völs absenkt, im Osten von der großen Felsmulde, die nach Amras abfällt, begrenzt. Wie erstere sich ins Sellraintal hineinzieht und westlich von diesem Tale keine Fortsetzung mehr findet, sondern durch den breiten Rücken des Rangger Köpfels ersetzt wird, so zieht sich auch die Mulde von Vill und Igls weit ins Silltal hinein, während auf der Westseite dieses Tales über einem schmalen, aufgeschütteten Terrassensaum die mäch- tigen Bergrücken der Saile ihre Stelle einnehmen. Diese einseitige Verbreiterung der Inntalterrasse an der Ostseite von südlich zu-' strömenden Seitentälern ist um so auffallender, als wir wenigstens im Sillgebiete zeigen konnten, daß man dieselbe nicht so ohne weiteres als eine Wasserwirkung ansehen darf. Daß übrigens auch die Felsmulde an der Ostseite des Sellraintales vor der Ablagerung der geschichteten Schotter nicht von der Melach überströmt wurde, scheint nach den Beobachtungen von Blaas aus den Resten von Grundmoränen zwischen Grundgebirge und aufgelagerten Schottern im unteren Teile des Tales von Omes zu folgen (Glazialformation. Zeitschr. des Ferdinandeums. Innsbruck 1885, 29. H., S. 95). Nach dem Rückzuge der letzten Ver- gletscherung hat die Melach diese Mulde ebensowenig als Abflußrinne benützt, wie die Sill jene von Amras. Charakteristisch für den Wall der Lanser Köpfe ist neben den Furchen und Wannen der weithin entblößten Grundlage auch noch [51] Studien über die Inntalterrassen, 141 die reiche Bedeckung mit einzelnen Grundmoränenresten, welche im Norden und Osten fast bis zur Inntalebene hinabreichen. Das ganze Gelände der Felsterrasse östlich der Sill hat in der früher angeführten Arbeit von Blaas bereits mit Rücksicht auf die glaziale Bildung der ÖOberflächenformen eine eingehende und zu- treffende Schilderung erfahren (S. 70-89), auf welche ich mich hier vielfach berufen muß. Wie auf der Westseite der Sill sich von der Mulde von Natters eine in einzelnen Fetzen aufgelöste Grundmoränendecke über Mutters, Raitis, Kreit ins Stubaital hineinzieht und dabei im Bereiche der Seitentäler vielfach mit jüngerem Schutt überladen erscheint, so strebt auch an der Ostseite dieses Flusses eine Grundmoränendecke gegen Süden, die dabei öfters bis zur Brennerbahn am Felsgehänge herab- geht. In der Gegend südlich und östlich von Igls treffen wir darüber ausgebreitete jüngere Schuttmassen, die von zahlreichen Trocken- rinnsalen durchfurcht werden. Diese Schuttmassen setzen sich ost- wärts bis in die Gegend zwischen Rinn und Tulfes fort und es ist ziemlich wahrscheinlich, daß wir in ihnen Ablagerungen von Lokal- gletschern vor uns haben, welche ihren Ausgang von den Furchen und Karen des Bergkammes nahmen, der sich vom Patscher Kofl (2214 m) zum Glungezer (2676 m) emporhebt. Bemerkenswert ist der Umstand, daß diese unruhige, von viel verästelten Trockentälchen zergliederte Ablagerung sich nordwärts nicht über die großen Talzüge hinaus erstreckt, welche unsere Terrasse in nordöstlicher Richtung durchziehen. Am deutlichsten ist diese Schuttablagerung südlich und ‘östlich von Igls erhalten, wo sie oberhalb der breitflächigen, mit Grundmoränen bekleideten großen Muldenzone eine höhere, lebhaft auf und abwogende Hügelterrasse bildet, welche im Gegensatz zu ihrem wiesenbedeckten Vorland ganz von Hochwald bestanden wird. In dieser Landschaft begegnen wir nicht selten einzelnen von Ring- wällen umschlossenen Becken neben zahlreichen Trockentälchen. An der Außenseite dieser halbkreisförmig begrenzten Hügel- und Mulden- landschaft liegen die Dörfer Igls, Lans und Sistrans. Die alte Brenner- straße benützt von Lans bis gegen Patsch eine Folge von tiefer darin eingesenkten Talzügen zur Durchfahrt. Wir haben bisher die Gestaltung der Felsunterlage bis zu jener breiten Mulde verfolgt, die sich von der Höhe von Lans nach Amras hinabsenkt. Östlich davon tritt das Grundgebirge wieder in höherer Lage zutage und bildet einen Felsrücken, der sich zwischen Agenbach- und Zimmertal hinzieht. Auch die Höhen zwischen Zimmer- und Polten- tal bestehen im südlichen Abschnitt aus mehreren aufragenden Grund- gebirgsrücken. Ebenso wird der Kamm zwischen dem Poltentale und der Mulde von Tulfes größtenteils vom Grundgebirge zusammengesetzt. Diese großen Felsrücken sind wieder durch Furchen und Einsatte- lungen in eine Menge von kleineren Erhebungen zerlegt, welche den Haupterhebungen als längsgestreckte, auf der Westseite schön abge- rundete Rundhöcker aufgesetzt erscheinen. Der Lauf der jetzigen Talfurchen stimmt nicht genau mit der Streichrichtung der benach- barten Felsfurchen überein, indem diese Täler streckenweise quer solche Furchen durchschneiden. Am reinsten erhalten ist die Fels- 142 Dr. 0. Ampferer. [52] wanne von Tulfes, welche zwischen einem hohen und langgestreckten . Felswall (952 m) und dem südlichen Gebirgshange hinstreicht. Sie neigt sich gegen Nordosten anfangs flach, dann mit starker Neigung, wobei sie sich in mehrere Furchen zerspaltet. Soweit sich äus den vorhandenen Aufschlüssen das Relief der alten Felsterrasse beurteilen läßt, haben wir östlich von der Lans— Amraser Mulde ein Gebiet von Höhenzügen vor uns, welche einer- seits durch eine Einsenkung vom südlichen Gebirgshang getrennt werden und anderseits nach ihrer Aufwölbung viel südlicher als die heutige Terrasse ins Inntal niedersteigen. Die neben- und hinter- einander in ungefähr gleicher Richtung angelegten Schwärme von Rundhöckern und Furchen sprechen deutlich genug für ihre glaziale Entstehung. Wie schon Blaas sehr richtig erkannt hat, ist nun das heutige Relief, welches sowohl das Grundgebirge als auch die später an- und auf- gelagerten, geschichteten Ablagerungen und Grundmoränen beherrscht, ebenfalls wieder ein typisch glaziales. Hätten nach der Inntalauf- schüttung grosse Wassermassen die Terrasse modellieren können, so würde ihre Arbeit vor allem in einem Wegschaffen der losen Auf- schüttungen und einem Freilegen der Felsrücken bestanden haben. In Wirklichkeit sehen wir die Talzüge und Höhenrücken bald aus Fels in Schutt oder umgekehrt übergehen. Aus den Grundmoränen, welche westlich vom Berge Isel, am Nordhang der Lanser Köpfe und in der Mulde Lans—Amras bis nahe an die heutige Innebene hinab noch erhalten sind, geht hervor, daß die Eintiefung des Inntales durch die Erosion des Eises damals die heutige nahezu erreichte. Wenn nun nach dem Rückzuge der letzten Vergletscherung einerseits das Inntal so tief ausgehöhlt war und anderseits die Furchen des Agenbach-, Zimmer- und Poltentales noch nicht bestanden hätten, so würden doch ihre vom südlichen Gebirge herabströmenden Bäche ungefähr auf dem kürzesten Wege quer über die Terrasse ins Inntal geeilt sein. Ihre gleichmäßige, nahezu rechtwinklige Ablenkung ist ohne das Vorhandensein von nord- östlich streichenden Furchen auf der Terrasse nicht verständlich. Außerdem setzen alle diese Talfurchen in ihrer Anlage noch be- trächtlich über jene Stelle aufwärts sich fort, an welcher sich der Bach von der Seite in sie hineinstürzt, wodurch am allerdeutlichsten bewiesen wird, daß diese Furchen nicht von ihm geschaffen sein können. Dieselben müssen schon nach dem Rückzuge des Eises vor- handen gewesen sein. Man könnte nun noch denken, daß diese Furchen von seitlichen Schmelzwassern des rückweichenden Inntalgletschers aus einer Zeit herrühren, wo durch das Eis das tiefere Inntal noch rückwärts erfüllt war. Penck hat diesen Gedanken zur Bestimmung des Oberflächen- sefälles der rückweichenden Gletscherzunge benützt und einen Betrag von 30°/,, dafür errechnet. Wenn nämlich das Eis die Terrassen- höhe früher verließ als den Talboden, so ergibt sich aus der Höhe der Terrasse und der Länge eines solchen Schmelzwassertälchens ein Maß für die Neigung des Gletscherrandes, da ja das Schmelz- wasser erst in die eisfreie Inntalsohle einmünden konnte. [53] Studien über die Inntalterrassen. 143 Die an vielen Stellen auf den Inntalterrassen vorhandenen Trocken- täler, welche meist unter sehr spitzem Winkel sich dem Tale an- schließen, scheinen für diese Art der Entstehung zu zeugen. Betrachten wir, um zu einer Entscheidung zu gelangen, noch einmal genauer die Anordnung der Talzüge auf der Terrasse zwischen Sill- und Voldertal. Wenn wir die Mulde von Tulfes auch mitzählen, haben wir vier nordöstlich und ungefähr parallel zueinander streichende Talzüge, von denen je zwei benachbarte nirgends mehr als 2 km voneinander abstehen. Will man diese Talrinnen als Schmelzwasserläufe des Gletscher- randes erklären, so muß man einerseits annehmen, daß der Eisrand zur Schaffung jedes einzelnen Tales lange ruhig stand, anderseits sich aber von einem Tale zum nächsten so rasch zurückzog, daß der zwischenliegende Landstreifen von den Abwassern nur sehr wenig angegriffen werden konnte. Nimmt man einen mehr allmählichen Rückzug des Eisrandes an, so ist nicht einzusehen, warum die Schmelz- wasser ihre tiefen Rinnsale nicht nach rückwärts verlängert, sondern immer wieder parallele und neue angelegt haben. Die Bildung von paral- lelen, schräg in die Terrasse eingesenkten Talzügen könnte von Schmelz- wassern nur bei einem eigenartigen, ruckweisen Rückzug des Eises besorgt werden, wobei die Bewegung von einer Talrinne zur nächsten so rasch erfolgen müßte, daß die Schmelzwasser mit dem Rück- schneiden der alten Rinne nicht zu folgen vermöchten. Auf einer annähernd ebenen Terrassenfläche ist die Anlage solcher verhält- nismäßig zu ihrer Länge schmaler Talrinnen durch Schmelzwasser eines rückweichenden Gletschers sehr unwahrscheinlich, weil ihre Form nicht dem raschen Wechsel und der steten Veränderlichkeit der dem bewegten Eisrande entweichenden Wasseradern entspricht. Bemerkenswert ist auch der Umstand, daß nur die Mulde von Tulfes und das Poltental sich unmittelbar ans südliche Berggehänge anschmiegen, während das Zimmertal ungefähr auf der Mitte der Terrasse, das Agenbachtal noch nördlicher seinen Anfang nimmt. Man müßte zur Erklärung dieser Erscheinung auch noch ein Zurückweichen des Eisrandes gegen Norden annehmen. Die steile Abschrägung von Lans gegen Amras mit ihren vielen Grundmoränenresten ist nicht durch Abspülung von seiten der Schmelzwasser geschaffen, sondern höchstens verändert werden. Das Oberflächenrelief, welches von Schmelzwassern eines zurück- gehenden Gletschers auf einer ebenen Terrasse gebildet wird, weist viel unruhigere und vor allem miteinander innig verbundene Rinnen- systeme auf, indem dieselben ja mit den zurückweichenden Quellen ebenfalls nach rückwärts verlängert worden. Die Anlage unserer Terrassentäler ist für ursprüngliche Schmelz- wasserläufe eine viel zu streng parallele, eine viel zu einheitliche und gegenseitig unabhängige. Es wäre unsinnig, das Vorhandensein des Einflusses von Schmelz- wasserwirkungen auf der Terrasse zu leugnen, doch sind die von ihnen erzeugten Formen nicht die herrschenden, sondern sie schmiegen sich einem schon früher vorhandenen Relief an. 144 Dr. O. Ampferer. [54] Dieses Relief, welches die zahlreichen Rundhöcker und Furchen der Felsrücken und die parallelen Talrinnen in den geschichteten Ab- lagerungen umfaßt, kann nur durch die Bewegung der Eismassen selbst entstanden sein. Die vielen durch die Eigenart der Eiserosion ge- schaffenen Rinnen und Wannen, welche alle in der Strömungsrichtung orientiert erscheinen, boten nun den Schmelzwassern des Gletscher- rückzuges ihre Bahnen an, welche dabei vielfach umgestaltet, vertieft und mannigfach miteinander verbunden wurden. Die auf den Scheide- rücken der größeren Talzüge oft vorhandenen, nunmehr beiderseitig in die Luft frei ausgehenden Querrinnen dürften höchstwahrscheinlich eine Wirkung jener Schmelzwasser sein. Nimmt man das von der Eisbewegung eingeprägte Relief zur Grundlage für die Anlage des darüber gebreiteten Schmelzwasserreliefs, so werden die eigentüm- lichen Terrainformen verständlich, welche durch das letztere allein nicht erklärbar sind. Diese ausführlicheren Darlegungen wurden vor- züglich durch den Mangel an geeigneten Aufschlüssen in der Grund- moränendecke dieser Gebiete hervorgerufen. Die einzelnen Aufschlüsse von Grundmoräne sind so weit entfernt, daß man aus ihrer Lage wenig sichere Schlüsse ziehen kann. Auf der Höhe von Rinn und Judenstein treffen wir gelegentlich grundmoränenartige Massen. Eine deutliche und mächtige Grundmoräne ist oberhalb von Aldrans am Eingange zur Mulde des Herzsees erschlossen. Im Agenbachtal hat Blaas bei dem Weiler Häusern am Inn unter horizontal geschichteten Flußschottern der Talsohle 1 m mächtige, typische Grundmoräne gefunden, welche über Mehlsand und Lehm lagert. Im Zimmertale finden sich an den Hügeln des „Kolbenturmes“ Reste von undeutlicher Grundmoräne, Dieses Tal sowie das Poltental und der dazwischen liegende Rücken sind nach den Angaben von Blaas mit zahlreichen, oft geschliffenen Gneis- und Amphibolitblöcken aus dem Stubaigebiete übersät, die stellenweise riesige Größen erreichen. Die An- und Auflagerung der geschichteten Schotter und Sande, welche am Abfalle gegen das Inntal von Egerdach bis in die Gegend der Volderer Innbrücke reicht, stellt gegenüber der alten Felsterrasse eine namhafte Verbreiterung der Terrasse dar. Eine solche Ver- breiterung haben wir auch am Nordrande der Terrasse zwischen Melach- und Geroldsbach angetroffen. Auf der Höhe der weiter zurückliegenden Felsterrasse sehen wir auch die geschichteten Ablagerungen verbreitet, jedoch nicht in großen zusammenhängenden Beständen, sondern als einzelne meist an Felsrücken gelehnte Reste. Uberschaut man in großen Zügen das Relief der alten Felsterrasse und dasjenige, welches nunmehr die aus Fels und losen Aufschüttungen zusammengefügte Neuterrasse zeigt, so bemerkt man trotz vieler Abweichungen eine unverkennbare Ähnlichkeit in der Verteilung der erhabenen und ver- tieften Zonen. Die größte Abweichung liegt in der Vorschaltung einer mächtigen Schotter- und Sandbank zwischen Egerdach und Volderer Innbrücke, welche jedoch im Gefällssinne der alten mehr zurück- liegenden Felsterrasse von mächtigen Talfurchen zerschnitten wird. Der Inn hat den Nordrand der von Schotter und Sanden auf- geschütteten Terrasse in bedeutendem Umfange angegriffen und schneidet so das Agenbach-, das Zimmer- und Poltental nacheinander [55] Studien über die Inntalterrassen. 145 schräg ab. Bei der Volderer Innbrücke drängt sich der Fluß un- mittelbar an das südliche Felsgehänge und läuft dabei eine kurze Strecke auf Felsgrund. Es ist jener mächtige Felsrücken, welcher von der Sonnenspitze (2646 m) abzweigt, mit steilen Wänden das Voldertal an der Westseite begleitet und hier sich bis zum Inn vorschiebt. Dieser flach ansteigende lange Bergrücken, der gegen Westen sanfte, leicht gewellte Flächen, gegen Osten durchaus schroffe, jähe Abstürze aufweist, besitzt nun an seiner Kante mehrere auffallende Einkerbungen. Die hervorragendsten treten ungefähr bei 660 m, 840 m, 1200 m, 1500 und 2300 m auf. Kleinere Staffeln sind noch dazwischenge- schaltet. Terrassen zwischen Volders— Schwaz. Östlich von diesem scharf hervortretenden Felskamm begegnen wir bis zur Mündung des Weerbaches keinen größeren Schutterrassen. Allenthalben tritt im Gehänge der nackte Fels zutage, in den jedoch vielfach auf- und absteigende Furchen, Stufen und Wannen eingeprägt sind. Alle Vorsprünge sind an der Westseite abgeglättet, an der Ost- seite dagegen rauh. Der Berghang, welcher zwischen dem Volder- und Wattentale ins Inntal niedersteigt, ist von Felsfurchen und Stufen im unteren Teile reich gegliedert, während der Berghang zwischen Watten- und Weertal in nahezu glatter Neigung sich aufbaut. Die gegen Osten sich absenkende Neigung der Felsterrassen von Tulfes und Rinn beginnt bereits westlich vom Volderer Bach sich in eine gegen Osten ansteigende umzukehren. Östlich von diesem Bache zeigen sich eine ganze Anzahl von derartig aufsteigenden Felsfurchen. Die nördlichste tiefgelegene Furche trennt hier einen mächtigen Rund- höcker, den „Kreuzbichl“, vom Berggehänge ab. Derselbe liegt bereits vollständig in der Innebene. Die südlicheren Furchen steigen gegen die breiteren Felsstufen an, auf denen die Höfe Buggl (711 m) und Halbeis (709 m) liegen. Taleinwärts treffen wir dann an der West- flanke des Wattentales oberhalb von diesen Felsterrassen im Gebiete der Gemeinde Vögelberg auf Schuttmassen, welche wahrscheinlich einen Rest der Inntalaufschüttung darstellen. Dieselben stellen sich auch in geringerer Menge am gegenüberliegenden Talhange ein. Zu erwähnen ist hier, daß im Voldertale, und zwar gegenüber vom Volderer Wild- bade, von etwas unter 1100 m an der Rest einer mächtigen Ablagerung befindet, welche in den tieferen Lagen entschieden das Aussehen von Grundmoränen an sich trägt. Wir haben darin höchstwahrscheinlich die Spuren einer Lokalvergletscherung vorliegen. An dem Berggehänge zwischen Watten- und Weertal treten am Abfalle gegen das Inntal keine Felsterrassen auf. Eine schmale Fels- terrasse zieht sich hoch an der Ostseite des Wattentales taleinwärts, auf der die spärlichen, schon erwähnten Schuttreste gegenüber von Vögelberg lagern. Eine bedeutend breitere Fels- und Schutterrasse begleitet das Weertal an dessen Westseite, welche in breitem Aus- gusse sich bis ins Inntal hinabneigt. Der unterste Teil dieser Terrasse dürfte allerdings schon wieder als der Beginn einer neuen Inntal- Jalırbuch d. k. k. geol. Reiclhsanstalt, 1904, 54. Band, 1. lleft. (O. Ampferer.) 19 146 Dr. O0. Ampferer. [56] terrasse anzusehen sein, welche sich östlich des Weertales in statt- licher Breite wieder einstellt. Jedenfalls ist dieser flach gegen Osten ansteigende Ansatz der Inntalterrasse mit der Weertalterrasse aufs innigste verbunden. Steigen wir von der breiten untersten Terrasse, welche einen Felssockel besitzt, zu der westlichen Weertalterrasse aufwärts, so treffen wir auf eine mächtige, vornehmlich aus den Talgesteinen zu- sammengesetzte Schuttablagerung, die an manchen Stellen an Grund- moränen erinnert, an anderen dagegen deutlich sich als geschichtete Ablagerung erweist. In diese taleinwärts ansteigende, ziemlich breite Schuttmasse ist ein langes, breitsohliges Tal eingegraben, welches parallel mit der tieferen, vom Weerbach durchbrausten Schlucht hin- streicht. Dieses Nebental reicht bis zu einem weit ins Tal vortretenden Bergrücken, während der Schuttwall zwischen ihm und dem Weerbache sich als Stufe bis zur Mündung des Sagabaches in 1020 m Höhe hinan- zieht. Auf der gegenüberliegenden Talseite treffen wir im Verhältnis dazu nur sehr spärliche Schuttmassen auf den felsigen Gehängen, welche taleinwärts nicht so weit zu verfolgen sind und gegen das Inntal zu mit der Terrasse des Weerberges zusammenhängen. Auch hier können wir wie im Volder-, Watten- und Pilltal beobachten, daß die Westseite weit reicher an Schuttablagerungen als die Ostseite ist, an der größtenteils das Grundgebirge nur von einer dünnen Ver- witterungsschichte bedeckt wird. Die niedrige, breite Vorstufe, welcher wir an der Westseite der Weerbachmündung begegnen, setzt sich über dieselbe hinweg fort und bildet jenseits ein breites, flach gegen Osten absinkendes Trockental mit den Höfen Seltsam und Ebner, welches durch einen aus ge- schichteten Schottern und Sanden erbauten Höhenzug vom Inntal ge- schieden wird. Wie an der Westseite des Weertales sich darüber mit steilerem Anstiege die ins Tal hineinstreichende Terrasse erhebt, so baut sich an der Ostseite eine mächtige Schotter- und Sandterrasse darüber auf, welche die Hochfläche von Mitterweerberg bildet. Aus den Aufschlüssen am vordersten Weerbach erkennen wir, daß sowohl die Vorstufe als ihre östliche Fortsetzung, das Trockental von Seltsam, einen flachen Sockel aus Grundgebirge besitzen. Dieser Grundgebirgssockel erhebt sich südlich ungefähr zugleich mit dem Steilanstiege der Schutterrassen an beiden Talseiten. An der Westseite des Weerbaches nimmt jedoch die Höhe der Felsunterlage taleinwärts so langsam zu, daß der größere, innere Teil der darüber lagernden Schutterrasse hier bis zum jetzigen Bachlaufe hinabreicht und dadurch eine bedeutende und auffallende Verbreiterung des alten Tallaufes verraten wird. Die niedrige Vorstufe und das östlich anschließende Trockental von Seltsam können nur als Wirkungen der glazialen Erosion ver- standen werden. Ihr Streichen bildet eine leichte Ausbuchtung der Inntalrichtung, die fast genau senkrecht auf den Lauf des Weertales steht. Da die Terrasse an der Westseite des Weertales in gleicher Weise von der Vorstufe abgeschnitten wird wie die Inntalterrasse von Mitterweerberg von dem Seltsamer Trockental, so ist es sehr wahr- scheinlich, daß wir in der ersteren Terrasse eine Verlängerung der [57] Studien über die Inntalterrassen. 147 Inntalterrasse ins Weertal hinein zu erblicken haben. Damit stimmt auch die eigentümliche Erscheinung, daß diese Terrasse nur bis wenig über 1000 m Höhe ansteigt. Ob auch Schuttreste eines jüngeren Seitengletschers mit dieser Terrasse verknüpft sind, vermag ich vor- derhand nicht zu entscheiden. Die breite Terrasse von Mitterweerberg ist einem ziemlich niedrigen Grundgebirgssockel aufgesetzt. Von ihrer Hochfläche, auf der sich Reste von deutlicher Grundmoräne des Inntalgletschers finden, senken sich gegen Norden zahlreiche Einschnitte ab, welche ein aus- gezeichnetes Bild für die Zerstücklung und Umformung einer Terrasse durch quer darüber fließende Wasseradern geben. Wir sehen, wie die kleinen Wasserrunsen des breiten südlichen Berghanges sich auf die Terrasse ergießen, diese in gerader Richtung überqueren und dann in deren Abfall oft eng nebeneinander tiefe Gräben einreißen. Hier fehlt der Terrassenoberfläche eine größere, vom Eise eingeprägte Längs- furche und deswegen haben die verschiedenen Bächlein keine Ursache gehabt, von ihrer geraden, kürzesten Bahn weiter abzuweichen. Daß die Terrasse von Mitterweerberg sich an .der Ostseite des Weertales hinein fortsetzt, ist schon erwähnt worden. In viel breiterer Stufe spannt sie sich an der Westseite des Pilltales einwärts. Wir können hier geschichtete Schotter, welche jedoch sehr unregelmäßig gelagert sind und zahlreiche Gerölle des Talhintergrundes enthalten, bis nahe an 1000 m Höhe verfolgen. Auch undeutliche Grundmoränen sind an der Oberfläche der Terrasse vorhanden. An der gegenüber- liegenden Talseite finden wir am Pillerberg Schotterterrassen bis über 1000 m Höhe, welche sich jedoch gegen das Inntal hinaus verlieren. Die Schotterterrassen füllen hier eine Talweitung aus, welche durch einen mächtigen, kahlen Felsrücken von dem Inntale abgesperrt wird. Dringen wir in der Schlucht des Pillbaches von. seiner Mündung aufwärts, so begegnen wir bald an der Ostseite sehr hohen Fels- wänden, welche die Fortsetzung der Schotter und Sandmassen der Mitterweerbergterrasse bilden. Am Westufer des Baches treffen wir nur niedrige Felswände, welche weiter im Tale drinnen ganz zurück- weichen, so daß die losen Aufschüttungen bis zum Bach hinabreichen. Innerhalb der hohen Felswände des Ostufers der „Steinwand“ liegen zwei isolierte Hügel hintereinander im Tale, welche Umschaltungen des Bachlaufes ihre Entstehung verdanken. Auch darin drückt sich die beträchtliche Ausweitung dieses Tales aus, welche sich gegen das Inntal zu einschnürt. Die Schutterrassen zu beiden Seiten des Pill- baches sind ebenfalls wahrscheinlich als Teile der großen Inntal- aufschüttung zu betrachten, da sie sich auch nur bis ungefähr 1000 m Höhe erstrecken. Zwischen Pilltal und Schwaz ist am südlichen Inntalgehänge nur eine schmälere Terrasse ausgebildet, die zudem besonders im Osten von Wassergräben stark zerschnitzelt ist. Der westliche Abschnitt, der Pill-Niederberg, besteht fast ganz aus Grundgebirge. Östlich davon gewinnen die angelagerten Schotter und Sande mehr Bedeutung und südlich von Schwaz bauen sie den größten Teil der Terrasse auf. Grundmoränen sind nur sehr spärlich erhalten am Pill-Niederberg und auf der Terrasse von Schmadl und Holzl (852 m) südlich von 19* 148 Dr. 0. Ampferer. [58] Schwaz, wo sie Schotter und Sand überlagern. Der Lahnbach hat die Terrasse stark angegriffen und zum Teil aus ihrem Material den großen Schuttkegel aufgeworfen, auf welchem die Stadt Schwaz erbaut ist. Ein anderer Teil seines Schuttstoffes stammt von den hochgelegenen Moränenwällen jüngerer Lokalgletscher bei der Proxen- alpe (1660 m) und am Nordabhang des Arbeser Kogel. Nebenbei mag hier bemerkt werden, daß der Stock des Kellerjoches (2344 m) in allen seinen Karen und hohen Talfurchen deutliche Moränenwälle birgt und so ein ausgezeichnetes Bild einer selbständigen Lokalver- gletscherung gewährt. Terrasse zwischen Schwaz—Zillertal. (Fig. 14 und 15.) Die Terrasse zwischen Schwaz und der Mündung des Zillertales besteht fast nur aus Grundgebirge und zeigt dabei einen sehr unregel- mäßigen Verlauf. Schwaz selbst liegt auf dem Schuttkegel des Lahnbaches und erst weiter östlich erhebt sich die Felsterrasse mit ziemlich breitem aber niedrigem Ansatz. Der Raum zwischen dem Schuttkegel des Lahnbaches und dem Felsaufschwunge der Terrasse stellt sich als eine ziemlich tiefe Einbuchtung des Gehänges dar, deren Bau durch die mächtigen Halden der Bergbaue größtenteils verhüllt wird. In der Gegend von Ried treffen wir beträchtliche Lehmmassen, welche stellenweise an der Oberfläche gerundete Geschiebe enthalten. Wahr- scheinlich haben wir es mit Bändertonen zu tun. Glücklicherweise schaffen in diese Unklarheit die vorzüglichen Aufschlüsse des tief - angelegten Erbstollens Licht. Dieser Stollen !) (Fig. 14) setzt bei 540 m, also etwa 10 m über dem Niveau des Inns, an und führt in geringer Neigung gegen Falken- stein in das Gebirge. Durch Zufall konnte ich bei meinem Besuche im Herbst 1902 in Begleitung des Herrn Bergverwalters Petri in den vorderen Teil der Stollenwände Einblick erlangen, da gerade deren Holzverschalung in Auswechslung begriffen stand. Wir treffen hier nach mächtigen Massen von Schottern und Sanden (1) ein großes Lager von plastischem, feinem Lehm (2), der in der Tiefe des Stollens keine Gerölle enthält. Struktur war keine bemerkbar, doch dürfte sicherlich ein großes Bändertonlager vorliegen, dessen Schichtung entlang den Stollenwänden unklar wurde. Dahinter stoßen wir auf Sand (3) und ein festes Konglomerat (4) aus groben zentralalpinen und ortsnahen Geröllen. Vor allem fällt der Reichtum von Buntsandsteingeröllen auf. Nach Durchfahrung dieses Konglomerats gelangen wir in eine mächtige, ausgezeichnet feinschlammige Grundmoräne (5), welche reichlich prächtig geglättete und gekritzte Geschiebe umschließt. Unter den Geschieben bemerken wir sowohl zentralalpine Gesteine als auch ver- !) Nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Bergverwalters Petri sind vom Erbstollen (1) 220 m Gerölle (Schotter, Sande), (2) 28 m Lehm, (3) 20 m Sand, (4) 97 m Nagelfluh, (5) 45 m Grundmoräne und (6) 720 m Buntsandstein durchstoßen worden. [59] Studien über die Inntalterrassen. 149 schiedenartige Kalke. Gegen Süden grenzt diese Grundmoräne an Bunt- sandstein (6), mit dem die heftig gestörte Serie des Grundgebirges beginnt. Die an der Oberfläche erschlossenen Lehmmassen dürften sicher mit der ersten Lehmablagerung in Zusammenhang stehen. Von dem Konglomerat und der unterliegenden Grundmoräne sind hier an der Oberfläche keine Spuren zu entdecken. Die vordere Lehmmasse dürfte zu den liegenden Bändertonlagern der Inntalterrasse, das Konglomerat und die darunter befindliche Fig. 14. Erzschutthalden Ss Erbstollen. Grundmoräne jedoch zu einer älteren Vergletscherung zu rechnen sein. Auch hier können wir wieder beobachten, in wie tiefer Lage bereits ältere Grundmoränen sich im Inntalgebiete befinden. Aus dieser Einbuchtung des Berggehänges östlich von Schwaz, die am besten durch diese Vorkommnisse im Erbstollen ausgedrückt wird, erhebt sich das Grundgebirge zu einer dreistufigen Felsterrasse (Fig. 15). Alle drei Stufen steigen von Westen gegen Osten an und werden von der tiefen Schlucht des Buchbaches durchschnitten. Auf der tiefsten Fig. 15. Mehrerkopf Kogelmoos 1136” Ss 600”* liegt die Häusergruppe Gasteig (682 m), auf der nächsthöheren jene von Hof (800 m), endlich auf der obersten die von Kogelmoos (1136 m). Geschichtete Ablagerungen und Grundmoränen sind stellenweise auf den zwei niedrigeren Stufen zu finden. Am besten erschlossen sind sie am Einschnitt des Buchbaches. Hier treffen wir oberhalb der Terrasse von Hof geschichtete Schotter und Sande bis über 900 m Höhe, wobei dieselben von Grundmoräne überzogen werden. Alle drei genannten Stufen sind eigentlich ansteigende Felsfurchen, welche 150 Dr. O. Ampferer. [60] gegen das Inntal zu von vorragenden Felsrücken eingesäumt werden. Jenseits des Buchbaches ist keine Fortsetzung der Furche von Kogel- moos zu erkennen, dafür teilt sich die Furche von Hof in die von Gallzein und Niederleiten. Die unterste Stufe zerspaltet sich bei Schöllenberg und schickt einen Arm zur breiten Furche von Gallzein empor. Diese letztere Furche weitet sich östlich von Gallzein zu einer ansehnlichen Felswanne aus, welche im Norden von den Fels- kuppen des Schöllen- und Seilberges beträchtlich überragt wird. Be- sonders in der Umgebung von Niederleiten sind Grundmoränenreste vorhanden. Die tiefe und wilde Schlucht des Schlierbaches schneidet die Wanne von Gallzein von ihrer östlichen Fortsetzung, der Anhöhe von Troi, ab. Die Anhöhe von Troi zeigt wieder zwei Abstufungen, eine in etwas über 900 m, die andere bei 1000 m Höhe. Auf der unteren Stufe treffen wir noch in über 900 m Höhe geschichtete Schotter und Mehlsande, während die Grundmoränen darüber bis über 1000 m emporziehen und besonders am Abhang gegen den oberen Schliergraben schön entwickelt und aufgeschlossen sind. Am Rücken von Troi steigt die Grundmoräne auch bis unter 800 m hinab. Östlich des Rückens von Troi zieht an den Halden des Ringen- wechsels ein Graben herab, der einen Schuttkegel ins Inntal hinaus- schiebt, auf welchem das Dorf Maurach liegt. Der Graben entsteht aus der Vereinigung von zwei Einrissen, zwischen denen sich etwa bei 860 m ein Hügel erhebt, welcher aus einem Konglomerat besteht, wie wir ein ganz ähnliches im Innern des Erbstollens antreffen. Gröbere, stark abgerollte Gerölle aus zentralalpinen und ortsnahen Gesteinen sind zu einem festen Konglomerat verbunden. Das Vor- kommnis liegt ganz ohne Verbindung mit gleichen Ablagerungen frei auf einem Hügel. Die Schotter und Sande sowie die Grundmoränen von Troi müssen. es seiner Höhenlage nach einst in bedeutenden Massen überdeckt haben. Zwischen dem Graben von Maurach und dem von Rotholz zieht der Berghang bis 700 m ohne deutliche Stufung herab. Erst in dieser Höhe finden sich Felsvorsprünge. Auf einem solchen steht die Ruine Rottenburg, in deren Nähe sich Grundmoränen finden. Zwischen Rotholzer Graben und Zillertal prägt sich wiederum eine hochgelegene, deutliche Felsfurche ein, in welcher die Höfe „Am Raffel“ (943 m) liegen. An ihrem Westrande über dem Rot- holzer Graben steht Grundmoräne an. Gegen das Inntal ist diese gegen Osten absinkende Furche von einem Felswalle aus Schwazer Dolomit geschieden, Ostwärts läßt sich diese Furche in undeutlicher Ausbildung bis zum Abfalle ins Zillertal verfolgen. Von der Höhe, wo sie endet, senkt sich hinter dem vorspringenden Felswalle, auf dem das Kirchlein St. Maria-Brettfall steht, eine steile Runse bis an die Sohle des Zillertales hinunter. [61] Studien über die Inntalterrassen. 151 Allgemeine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie Schlussfolgerungen und theoretische Annahmen. Wir haben im Vorherigen sämtliche Terrassenreste des Inntales in der Strecke von Imst bis zur Mündung des Zillertales mit Rücksicht auf jene Erscheinungen beschrieben, welche geeignet sind, über den Aufbau, die nachherige Abtragung und Umformung derselben Licht zu verbreiten. Wir gingen von der Annahme aus, daß durch den vorliegenden Eiswall des Zillertalgletschers in dem eben begrenzten Gebiete des Inntales und seiner Seitentäler eine Schuttaufstauung veranlaßt wurde, welche nach dem höchsten heute noch erhaltenen Reste über 900 m, ja vielleicht sogar über 1000 m Meereshöhe im Mittel erreichte. Diese gewaltige Schuttaufspeicherung ist in einer Weise mit dem Vordrange der Vergletscherung verbunden, daß sie vor der Bedeckung durch die Eisströme von Wassererosion nicht dauernd angegriffen werden konnte. Bis zur Eisbedeckung mußte die Aufschüttung stetig fortschreiten. Kleinere Schwankungen des sperrenden Zillertalgletschers und damit verbundene Erosionseingriffe wurden immer von neuem wieder geschlossen. So konnte diese Aufschüttungsebene erst durch die darüber gleitenden Eismassen eine ununterbrochene Erosion erleiden. In den früheren Abschnitten habe ich nun an der Hand zahl- reicher Beobachtungen zu zeigen versucht, daß die heute vorliegenden Terrassenreste zum großen Teile nicht durch Wasser, sondern durch Eiserosion abgegrenzt sind und folglich die Inntalfurche bereits vom Inntalgletscher (im Bühlstadium Pencks) in die Aufschüttung hinein- gehöhlt wurde. Diese vom Eise geschaffene Inntalfurche unterscheidet sich nun allerdings in wesentlichen Zügen von der heutigen, in welcher die glaziale Prägung in großem Umfange durch bedeutsame Fluß- erosion umgemodelt wurde. Es soll nun im folgenden versucht werden, im Umrisse ein Bild von jenen Formen zu entwerfen, welche durch die Gletscherarbeit der Inntalfurche verliehen wurden. Die Charakteristik dieses Formenschatzes führt uns dann zu einer solchen der Eisbewegung und Eiserosion. Zum Schluß soll noch ein Erklärungsversuch der Eigenart der FEiserosion etwas weiter ausgeführt werden, der geeignet erscheint, die Fähigkeit des bewegten Eises, Wannen und Furchen in den Untergrund zu höhlen, verständlich zu machen. Der bequemen Übersicht wegen habe ich alle im folgenden aufgeführten Beobachtungsgruppen, Schlußfolgerungen und Annahmen der Reihe nach mit Zahlen bezeichnet. 1. Jede der beschriebenen Inntalterrassen besitzt einen Fels- kern, der meistens niedriger, kürzer und schmäler als die darüber befindliche Schutterrasse ist. 2. Daraus folgt, daß das Inntal bereits vor der Aufschüttung Felsterrassen in ungefähr derselben Anordnung wie die heutigen Felsschutterrassen hatte. 152 Dr. O. Ampferer. [62] 3. Wir haben an vielen Stellen beobachten können, daß die Oberfläche dieser älteren Felsterrassen eine sehr unregelmäßige ist, welche von auf- und absteigenden Furchen, von Wannen und Rund- höckern gegliedert wird. 4. Obwohl diese Felsterrassen weit kleiner als die heutigen Inntalterrassen sind, weisen sie dennoch viel größere gegenseitige Höhenunterschiede als die letzteren auf. Wir können in ihnen un- möglich alte Flußterrassen des Tales erblicken. 5. Mit ihren Schutterrassen sind die darunterliegenden Fels- terrassen aufs innigste durch ein jüngeres, gemeinsames Relief ver- bunden, das Schutt und Fels gleichmäßig überspannt. 6. Die Abgrenzung der aus Schutt und Fels bestehenden Ter- rassen erfolgt an der Ost- und Westseite durch Abschrägungen, welche ungefähr in der Richtung des Inntales an- oder absteigen. 7. Diese Abschrägungen sind keine ebenen Flächen, sondern meist nebeneinander gereihte Furchenzüge, die noch jetzt an vielen Stellen mit einer Grundmoränendecke überzogen sind. 8. Solche gefurchte Abschrägungen treffen wir sowohl ins Grund- gebirge als in die losen Aufschüttungen eingegraben. 9. Die Oberflächen sämtlicher Terrassenstücke zeigen im Ver- gleich mit der oberen Grenze der Aufschüttung eine bedeutende und allgemeine Erniedrigung. 10. Außer dieser allgemeinen Abtragung stellen sich darauf noch eine größere Anzahl von Talfurchen ein, deren Aushöhlung durch Eis wenigstens angelegt sein dürfte. 11. Der Abhang der Terrassen gegen das heutige Innbett ist an manchen Stellen tief, an einigen sogar bis nahe an die Talsohle herab mit einer Grundmoränendecke überzogen, welche beweist, daß wenigstens teilweise die glaziale Inntalfurche nahezu die Tiefe der heutigen erreicht haben muß. Wahrscheinlich lag sie jedoch sogar tiefer. 12. Aus den Resten älterer Grundmoränen bei Egerdach, an der Mündung des Vomperbaches und im Schwazer Erbstollen wissen wir auch, daß das Inntal bereits vor der Schuttaufstauung ungefähr so tief wie heute ausgehöhlt war. 13. Die Schutt- und Felsterrassen wechseln im breiten Teile des Inntales auf der südlichen und nördlichen Seite im allgemeinen mit einander ab, wobei sie sich gegenseitig übergreifen. 14. In dem geraden, schmalen Inntallaufe zwischen Imster Bahn- hof und Telfs liegt am Beginne eine doppelseitige Terrasse, dann überhaupt keine mehr. 15. Auf der ebenfalls ziemlich geraden Strecke zwischen Nasse- reith und Telfs ist der ganze alte Talzug verschüttet geblieben und hat nur eine allgemeine Abschrägung gegen Osten stattgefunden. 16. Längs der geradlinigen Strecke von Telfs gegen Kranebitten ist als Folge des großen Talbuges bei Telfs der nördliche Teil der Talaufschüttung ganz entfernt, während im Süden eine gleichmäßige Terrasse verblieben ist. | | [63] Studien über die Inntalterrassen. 153 17. An der großen Inntalweitung bei Innsbruck haben wir sowohl eine südliche als eine nördliche Terrasse. 18. Die Anordnung der Terrassenreste erfolgt nicht nach der Vorzeichnung des Inns, sondern nach der Gestaltung des Talgeländes und dem Einfluß großer Seitentäler, was sich besonders an der ein- seitigen Terrassenverbreiterung unterhalb der Mündungen des Sellrain- und Silltales ausdrückt. 19. Die durch die Terrassenstücke angezeigte Bahnkrümmung ist eine sehr großzügige, welche einerseits in vergrößertem Ausmaß die Biegung des ganzen Tallaufes widerspiegelt und anderseits zu steif ist, um in durch Vorsprünge geschützte Ecken eindringen zu können. 20. Vergleichen wir den heutigen Innlauf mit der Verteilung der Terrassen an seinen Seiten, so finden wir, daß seine Flußwindung nur durch die wechselseitig ins Tal geschobenen Bachschuttkegel be- stimmt wird und deswegen scharf, unregelmäßig und vor allem kurz- wellig ist. 21. Die einzelnen Terrassen sind meist so umfangreich, daß der Inn im Gebiete jeder einzelnen mehrere Schlingen beschreibt. 22. An einigen Stellen ergießen sich gerade in solche Räume, wo die Terrassen fehlen, mächtige Schuttkegel von Seitenbächen, welche den Fluß sicherlich verhindert hätten, in ihrem Schutzbereiche die Terrasse zu entfernen. 23. Da an mehreren längeren Strecken die Talabhänge der Terrassen durch den Angriff des Inns je nach der Lage gegen Norden oder Süden zurückgedrängt wurden, so muß die Krümmung der glazialen Inntalfurche gegenüber der heutigen lebhafter gewesen sein. 24. Die Entfernung der seitlichen Terrassenstücke kann nicht durch eine seitlich hereindrängende Erosionskraft erklärt werden, da die vorhandenen Abschrägungsflächen an den Ost- und Westseiten deutlich einen in der Talrichtung auf- und absteigenden Kraftstrich verraten. 25. Wie die Terrassenstücke an ihren östlichen und westlichen Enden nicht durch seitlich hereindringende Wassererosion erklärbar sind, so ist auch der Gedanke an seitliche Aushöhlung durch bewegtes Eis ausgeschlossen. 26. Aus diesen Beobachtungen folgt, daß die Eismassen wenigstens an den Talseiten zwischen längeren, weniger angegriffenen Strecken beträchtlich tiefe Einsenkungen ausheben konnten. 27. Diese an den Talseiten ersichtlichen Einhöhlungen legen die Annahme nahe, daß entsprechend auch die Inntalfurche größere und kleinere Vertiefungen mit erlitten hat, daß mit anderen Worten der Felsboden des Inntales nach dem Rückzuge des Eises aus einer Reihenfolge von flachen Wannen bestand, die durch niedrige Schwellen voneinander getrennt waren. Erst durch neuerliche Flußaufschüttung dürfte darüber ein gleichmäßiger Schuttboden angelegt worden sein. 28. Der Erscheinung, daß wenig angegriffene Terrassenteile unmittelbar neben stark vertieften liegen, begegnen wir in allen Querschnitten durch das von uns betrachtete Inntalstück, indem wir Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (0. Ampferer.) 30 154 Dr. 0. Ampferer. [64] einerseits wenig abgetragene Terrassen neben der tief ausgehöhlten Talfurche erkennen. 29. An mehreren Stellen sind wir schrägen, von Grundmoränen bedeckten Felsfurchen begegnet, die in der Richtung der Eisbewegung ziemlich steil an- oder absteigen. Wenn wir überhaupt die große Anzahl .von in Fels gegrabenen Furchen durchmustern, finden wir fast. alle geneigt und viele ziemlich steil. 30. Aus diesen Beobachtungen kann man den Schluß ziehen, daß die Erosion eines Eisstromes sowohl in der Bewegungsrichtung als auch senkrecht dazu bedeutenden Schwankungen unterliegt. öl. Die Schwankungen der Frosionsgröße senkrecht zu der Bewegungsrichtung sind viel bedeutender, obwohl bisher mehr die- jenigen in der Bewegungsrichtung beachtet wurden. Auch bei kleineren Felsfurchen ist der Aushöhlungsbetrag in der Querrichtung viel bedeutenderen Schwankungen unterworfen als in der Längsrichtung. 32. Diese Schwankungen in der Erosionswirkung können aber nicht allein auf die ungleiche Widerstandsfähigkeit der jeweiligen Grundlage des bewegten Eises zurückgeführt werden, weil auf der großen ursprünglichen Aufschüttungsfläche des Inntales überall unge- fähr dieselben Verhältnisse geherrscht.haben dürften. Auch auf Felsgrund ist die Anlage der Furchen und Wannen nicht allein von der Widerstandskraft der Gesteinsstellen abhängig, was in unserem Gebiete am schönsten an den mächtigen Furchen der Seefelder Hochfläche hervortritt, welche mehr oder weniger quer zum Schichtstreichen des Hauptdolomits angelegt sind. 85. Das Eis graviert jede größere Bahnfläche noch mit vielen kleinen Furchen, Höckern und Wannen. Da sich dieselben stets in der Strömungsrichtung des Eises orientiert finden, kann man auch darin nicht bloß den Ausdruck weicherer und härterer Stellen der Unterlage sehen. 34. Wie wenig empfindlich das Eis für die Widerstandskraft der Unterlage ist, geht daraus hervor, daß sich häufig an einen felsigen Rundhöcker ein fast gleich hoher Rücken aus losem Schutt unmittelbar anschließt. Furchen und Kämme treffen wir übrigens oft genug ganz in lose Aufschüttungen eingegraben. Dabei ist natürlich im Auge zu behalten, daß nur die Verteilung und Richtung von Furchen und Wannen auf der Gletscherbahn nicht von der Widerstandsfähigkeit des Untergrundes abhängt, während die Geschwindigkeit und Art des Eintiefens sogar in hohem Maße dadurch bestimmt wird. 35. Da die verschiedenen Widerstandsfähigkeiten der Grundlage nicht ausreichen, um die eigentümliche Anlage der Eisbahnfläche zu erklären, muß die Erklärung in der Eisbewegung selbst, in der Ver- teilung von Druck und Geschwindigkeit gesucht werden. 36. Je besser das vom Eise zurückgelassene Relief erhalten ist, desto mehr tritt die Eigenart der darauf wirksam gewesenen Erosion zutage, welche auf an- oder absteigendem Grunde häufig [65] Studien über die Inntalterrassen. 155 mehrere benachbarte Furchenzüge, auf flacherem Boden dagegen Wannen anlegt. 37. Eigentümlich für die Eiserosion ist auch die Erscheinung, daß von einer größeren Wanne mehrere auseinanderstrebende Furchen wie Strahlen ausgehen. Während die Eisbewegung auf geneigter Fläche zu Verbreiterung und Teilung ihrer Furchen im Sinne der Bewegung strebt, faßt die Wassererosion ihre Rinnsale in der entgegen- gesetzten Weise im Weiterlaufe zusammen. 38. Wo immer sich das Bett eines Eisstromes teilt, ist für den aus der geraden Richtung abzweigenden Arm eine deutliche Abnahme der Erosionskraft zu beobachten. 39. Ebenso wird durch das Zusammentreffen von zwei Eis- strömen unter rechtem oder gar stumpfem Winkel die Erosionskraft unter der Vereinigungsstelle herabgemindert. 40. Strömt ein Gletscher durch ein Tal, das abwechselnd weiter und enger wird, so finden wir fast regelmäßig in den Weitungen Wannen eingetieft, während die Engen von höheren Schwellen besetzt gehalten werden. 41. Da die Talwandungen keines größeren Alpentales gieich- mäßig parallel sind und zudem vielfach Seitentäler einmünden, so kann es als Regel gelten, daß ein durchströmender Gletscher dem Tale entlang eine Anzahl von Wannen ausfegt, welche durch mehr oder minder bedeutende Stufen voneinander getrennt werden. Die Schaffung eines gleichmäßigen Gefälles ist dem Gletscher nur in den seltensten Fällen möglich. Er wird selbst ein völlig aus- geglichenes Talsystem in eine Folge von Wannen und Stufen ver- wandeln, daer in bedeutendem Maße dem Einflusse der unregelmäßigen Seitenwandungen und Seitentäler unterworfen ist. 42. Wechseln in einem Eisstrome die Druck- und Geschwindig- keitsverhältnisse, so greift er eine ebene, völlig gleichartige Fläche dennoch ungleichmäßig an. Es ist die Grundfläche eines Eisstromes die Abbildung der damit wirksamen Kräfte, welche nach dieser Ansicht nicht nur im großen, sondern auch im kleinen wechseln. 43. Es ist jedenfalls anzunehmen, daß durch kleineren Druck und größere Geschwindigkeit dieselbe Erosionsleistung erzielt werden kann wie durch höheren Druck und kleinere Geschwindigkeit. 44. Gehen wir, um einen Einblick in die Druckverhältnisse eines Gletschers zu erlangen, von einem schmalen V-förmigen Tal- einrisse aus, der von einem Eisstrome erfüllt wird (Fig. 16). Da das Eis eine gewisse Druckfestigkeit (25 kg/cm?) besitzt, können wir uns den Eiskörper in eine Anzahl von übereinander liegenden Gewölben zerlegt denken, von denen jedes imstande ist, sein eigenes Gewicht zu tragen. Aus dieser Anordnung ist sofort ersichtlich, daß in einem solchen Tale, wenn dasselbe für die Druckfestigkeit des Eises nicht zu weit ist, an der tiefsten Stelle nur ein geringer, dagegen auf den mittleren Seitenwänden ein sehr bedeutender Druck lasten muß (Fig. 17). Mit Hilfe dieses einfachen Schemas ist es leicht begreiflich, warum die Gletscher- 20* 156 Dr. 0. Ampferer. [66] ströme stets die V-förmigen Täler in U-förmige verwandeln, da die Hauptlast eben an die Seitenwände hingepreßt und daran weiterge- schoben wird. 45. Diese Verlegung des Hauptdruckes auf die Seitenwände kann so weit ausgebildet werden, daß der mittlere Teil des Talbodens als erhabener Rücken hervortritt, weil zu beiden Seiten davon Längs- rinnen ausgearbeitet werden. 46. Je mehr sich die V-förmigen Talformen in U-förmige ver- wandeln, desto mehr nimmt die Seitenbelastung ab und die Sohlen- belastung zu. Steile Wände bieten daher der Eiserosion eine sehr geringe Angriffsmöglichkeit. Fig. 16. 47. Erweitert sich ein solches schmales V-förmiges Tal zu einem breiteren, so ist klar, daß die Eisgewölbe beim Eintritte in die Talweitung ihre Spannung verlieren und daher der ganze bisher von den Seitenwänden getragene Druck nunmehr viel direkter auf den Tal- boden wirkt. Diese Übertragung gibt uns eine Erklärung, warum die Eisströme die Talweitungen zu Wannen ausschliffen und an den Engen Schwellen stehen ließen. 48 Durch die Bewegung der Eismassen wird die Druckverteilung im allgemeinen verschoben, jedoch in engen Talfurchen nicht so be- trächtlich, daß die Seitenwände dadurch entlastet würden. 49. In breiteren Tälern kommt natürlich eine Gewölbespannung von einer Talseite zur anderen nicht in Betracht, weil das Eis viel zu nachgiebig ist, um größere Spannungen aushalten zu können. Dafür können sich hier teilweise Entlastungen der Grundlage durch Gewölbe- [67] Studien über die Inntalterrassen, 157 spannungen zwischen zusammenstoßenden Gletscherströmen heraus- bilden. Auf diesem Vorgange dürfte die viel beobachtete Tatsache beruhen, daß die seitlich einmündenden Täler häufig durch eine höhere Schwelle vom vorbeistreichenden Haupttal geschieden werden. 50. Aus den beiden Elementen, der Umformung eines V-förmigen Einrisses in einen U-förmigen Trog infolge Gewölbedruckes gegen die Seitenwände und der Herabminderung der Erosionskraft an der Mündung eines Seitengletschers in den Talgletscher, kann man die Form der Karwände, der Karmulde und der Karschwelle ableiten. 51. Wie zwischen zusammendrängenden Eisströmen die Grund- lage vom Druck teilweise entlastet werden kann, so ist dies auch Fig. 17. bei der Teilung von Eisströmen möglich, indem einerseits Stauungs- spannungen am teilenden Widerstand auftreten und anderseits ein großer Kraftverbrauch für die Trennung der Eismassen erforder- lich ist. 52. Wir sehen, daß sich in einem vielfach zusammengeschweißten Eisstrom eine Anzahl von mehr oder weniger stark den Untergrund drückenden Zonen vorfinden können. Ebenso ist die Verteilung der Geschwindigkeiten eine im Querschnitt beträchtlich wechselnde. Be- denkt man außerdem, daß in einem solchen großen Eisstrom, der eigentlich ein Gletscherfadenbündel vorstellt, reiche Schuttnähte neben fast schuttfreiem Eise herliefen, so erscheint der Oberflächenreichtum einer Gletscherbahn mit ihren zahlreichen Furchen, Wannen, Buckeln und Kämmen der entsprechende Ausdruck für den Reichtum und die Mannigfaltigkeit seiner Angriffsmittel. 158 Dr. OÖ. Ampferer. [68] 53. Während viele Forscher in dem Umstande, daß sich oft mitten in der Gletscherbahn wenig veränderte Aufragungen finden, einen Beweis für die Unbedeutendheit der Eiserosion erblicken, sehen wir darin nur den Ausdruck der Eigenartigkeit jener Erosion. 54. Nach den vorhergehenden Überlegungen erscheint die Ansicht von Dr. H. Heß, daß durch einen Gletscher vorspringende Leisten an dem von ihm bestrichenen Talgehänge unbedingt abge- schliffen werden müssen, als unbegründet, da wir zeigen konnten, daß der Eisstrom nicht nur vorhandene Unregelmäßigkeiten seiner Bahn belassen, sondern auch neu schaffen konnte. (Siehe Dr. H. Heß, Der Taltrog. Petermanns Mitteilungen, 49. Bd., IV. Heft, Gotha 1903, und Die Gletscher S. 363 u. f. Braunschweig 1904.) Damit entfällt auch die Notwendigkeit, aus der Zahl von vor- handenen Gehängeknickungen auf ebensoviele ineinander gesenkte glaziale Taltröge zu schließen. Einmal haben wir aus der Anlage der Terrassenstücke erkannt, daß der glaziale Erosionssaum an den Talgehängen vielfach Wellen- linien beschreibt und daher ganz wohl einzelne um 200—300 m ver- schieden hoch gelegene Reste von Gehängestufen einem einzigen Glazialsystem angehören können. Aus der Tatsache, daß wir im Inn- tale bald auf der einen Seite eine Terrasse, auf der anderen eine tiefe Furche oder zwei Terrassen und in der Mitte eine solche Furche finden, erkennen wir weiter, daß Terrassenreste, welche in gleicher Höhe auf beiden Talseiten vorragen, nicht unbedingt gleichaltrig sein müssen, während es verschieden hoch gelegene sein können. Damit wird auch die Ansicht desselben Autors hinfällig, daß man aus den verschiedenen Gehängeknickungen die Mächtigkeit der sie jeweils schaffenden Eisströme ableiten kann. Für die Tatsache, daß der Gletscher seinen Untergrund sehr unregelmäßig angreift und neben Furchen auch Stufen anlegt, gibt das von Dr. H. Heß in seinem Werke „Die Gletscher“ auf Seite 124 mitgeteilte Querprofil durch den Hintereisferner einen vorzüglichen Beleg. Da zugleich die Geschwindigkeitsverteilung längs dieses Quer- schnittes angegeben ist, kann man erkennen, daß die Form des Gletscher- bettes nicht genau der Geschwindigkeitskurve entspricht (der größeren Geschwindigkeit = größere Tiefe, der gleichen Geschwindigkeit = gleiche Tiefen), weil selbst bei gleichem Material der Grundlage eben noch die Funktion der Druck- und Schuttverteilung im Eiskörper zur Einwirkung gelangt. 55. Der geschilderte Vorgang, welchem die heutige Inntalterrasse ihre Entstehung verdankt, dürfte sich schon bei früheren Vergletsche- rungen eingestellt haben, da höchstwahrscheinlich auch damals beim Vordringen einer Vergletscherung der Gletscher des Zillertales viel früher das Inntal erreichte als der eigentliche Inntalgletscher und so eine großartige Schuttaufführung erzwungen wurde. Durch eine solche Schuttanhäufung wurde der damit bedeckte Talboden in bedeutsamem Maße gegen den Angriff der Eiserosion geschützt, welche erst den losen Schutt hinausräumen mußte, bevor sie den Felsboden des Tales [69] Studien über die Inntalterrassen. 159 selbst bearbeiten konnte. Die höheren Talgehänge, welche nicht wie der Talgrund von einer Schuttsohle geschützt waren, mußten im Ver- hältnis stärker beansprucht werden als der Felsgrund der Talsohle. Die gewaltige Verbreiterung der oberen Talgehänge mag viel- leicht auf diese Ursache zurückzuführen sein. Jedenfalls war zur Wesschaffung solcher Schuttaufstauungen eine ungeheure Arbeitskraft erforderlich. Wir haben den Umfang, die Form und Lage der Terrassen- stücke als eine Funktion des darüber gleitenden Eisstromes verstehen gelernt. Damit ist schon die Abhängigkeit der Terrassenstücke von dem Wechsel des Eisstromes gegeben. Weil nicht so sehr wesentlich Schuttanhäufung, sondern die Wegschaffung für die Eisarbeit charak- teristisch ist, mußten die Terrassenstücke einer fortwährenden Ver- kleinerung unterliegen. Hätte der Eisstrom des Bühlstadiums ebenso lange und mächtig im Inntale gewaltet wie die früheren Vergletsche- rungen, so wären die losen Terrassen wohl vollständig entfernt und neue Felsstufen bewirkt worden. Da die Schutterrassen bedeutend umfangreicher und regelmäßiger wie die älteren Felsterrassen sind, können wir schließen, daß der Gletscher im großen und ganzen nicht vermochte, den Talhohlraum der Würmvergletscherung, soweit er ver- schüttet war, wieder freizulegen. Weil die alten Felsterrassen und die neuen Schutterrassen ungefähr an denselben Stellen erhalten ge- blieben sind, kann man das als einen Beweis nehmen, daß sie sich an Stellen befinden, welche im Verlaufe verschiedener Vergletsche- rungen eine bestimmte ausgezeichnete Anordnung besaßen. Es mag hier noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß im allgemeinen an den heutigen .Terrassenresten die Felskerne mehr den östlichen, talab gelegenen Teil beherrschen. Sie sind gleichsam etwas gegen Osten vorgeschoben, was den Anschein erweckt, als ob die Wannen da- zwischen besonders an der Ostseite ihre Vergrößerung erfahren hätten. 56. Wir haben im besprochenen Inntalgebiete an vielen Stellen über der Grundmoränendecke des Bühlstadiums Ablagerungen von Jüngeren Lokalgletschern vorgefunden, welche jedoch nirgends bis zur Inntalsohle herabreichen. Uber diesen Ablagerungen stellen sich vielfach in größerer Höhe noch weitere ein, deren Ringformen meistens deutlich erhalten sind, falls sie nicht in zu engen Tälern lagern. Diese Gebilde schmiegen sich allenthalben ganz den jetzigen Gehängeflächen an. Zum Schlusse soll hier noch die Bemerkung angefügt werden, daß kein zwingender Grund für die Annahme vorliegt, daß sich der Inntalgletscher vor der großen Schuttaufstauung nicht beträchtlich über Imst hinauf zurückgezogen haben und die letztere in jener Gegend ihr oberes Ende gefunden haben soll. Wir treffen allerdings oberhalb von Imst keine größeren Schutterrassen, haben aber gesehen, daß die Auf- schüttung noch in der Gegend von Nassereith über 1000 m Meeres- höhe erreicht. Das Inntal ist auch weiter aufwärts noch von typischen 160 Dr. O. Ampferer. [70] slazialen Felsterrassen und Wannen besetzt, welche Abschrägungs- flächen- und Grundmoränenbezug besitzen. Bedenkt man, daß der Tallauf oberhalb von Imst nicht nur viel enger ist, sondern auch be- deutend länger unter der Einwirkung der Eiserosion lag als die untere Talfortsetzung, so wird man den Gedanken nicht unwahrscheinlich finden, daß sich die Inntalaufschüttung noch weit talauf erstreckt hat. In dieser Arbeit ist nur jene Strecke näher berücksichtigt worden, in welcher sich noch die geschichteten Ablagerungen jener Aufschüttung unmittelbar betrachten lassen. Erklärung zur schematischen Skizze eines Teiles der Bahn- furche des Inntalgletschers (Tafel V). Das schraffierte Gebiet stellt das angrenzende, über 1000 m emporragende Bergland dar. Der geschummerte Streifen gibt ein Kartenbild der unter 1000 m Höhe eingesenkten Inntalfurche. In diesem Streifen bedeuten die dunkleren Stellen die tieferen, die lichteren die höheren Gebiete. Ganz weiß sind Zonen, welche ungefähr 1000 m Höhe einnehmen. Die Pfeile zeigen größere in Fels gegrabene Furchenzüge an, welche gegen das höhere Gehänge tmporstreben. Dr. OÖ. Ampferer: Inntalterrassen. Schematische Skizze eines Teiles der Bahnfurch (Nach dem Bühlstadium Pencks.) w Profillinie der Terrassen an der Süds Riegel von Karres lerasse zw ische Ä N Achensee 929” —1 Jahrbuch der k. k. geologiscl Verlag der k. k. geologischen Reic, | | j s Inntalgletschers. des Inntales zwischen Telfs—-Zillertal. | 3 Zillertal. ® und Valders Milterweerberg S Mündung, 500m (chsanstalt, Band LIV, 1904. ı, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. j Über eine neue Krabbe (Cancer Bittneri n. sp.) aus dem miocänen Sandsteine von Kalksburg bei Wien. Von Franz Toula. Mit 5 Textfiguren. Fig. 3. FE REN € AT Sera a en: ITS \ < A Fig. 2. Fig. 5. Fig. 1. Während Alexander Bittner in seiner Abhandlung über Phyma- tocarcinus speciosus Reuss (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. LXXV, 1877) es noch aussprechen konnte, daß bis dahin die von Gonvers im Rauchstallbrunnen-Steinbruche bei Baden im Leithakalkkonglomerat aufgefundene Krabbe (Phymatocarcinus speciosus Reuss, Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss, LXIII, 1871) der einzige Brachyurenrest aus Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. (F. Toula.) 21 162 Franz Tonla. [2] dem österreichischen Miocän!) sei, sind uns nun vor allem durch Bittner selbst mehrere Formen bekannt geworden. Zuerst wies er das Vorkommen von Phymatocarcinus speciosus im Leithakalke von Gamlitz in Steiermark nach (Samnl. Dr. R. Hoernes in Graz), von wo bis dahin nur Scherenfinger, die dem Genus Scylla „angehören mögen“, sowie Portunidenscheren und ein sehr schad- hafter Cephalothorax (Hofmuseum in Wien), vielleicht zu Carpilius gehörig, gesammelt worden waren, Bittner erwähnt in der ange- führten Abhandlung auch das Vorkommen eines winzigen Titanocarcinus- Cephalothorax. Wenige Jahre später konnte er weitere Krabbenreste aus Öster- reich beschreiben. (Beitrag zur Kenntnis tertiärer Brachyurenfaunen. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss. XLVII, 1883.) Es sind dies: Cancer styriacus n. sp. aus dem Leithakalke von Aigen bei Fehring in Mittelsteiermark (Oephalothorax, Samml. d. k. k. geol. R.-A.). Cancer illyricus n. sp. aus dem oberen marinen Miocän zu Sagor in Krain (Cephalothorax, Univ.-Samml. Graz) und Cancer carniolicus n. sp. aus „höchstwahrscheinlich dem Miocän angehörenden“ Ablagerungen zwischen Teinitz und Stein in Krain (10 Exemplare, zwei davon in der Samml. d. k. k. geol. R.-A.) und zwischen Trifail und Hrastnigg. In einer späteren Arbeit über „Decapoden des pannonischen Tertiärs“ (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. CII, 1893) besprach Bittner Neptunus efr. granulosws A. Milne Edw. aus einem sandigen Leithakalke von Felsö-Orböo (Klausenburger Miocän) sowie Cancer cfr. illyrieus Bittn. und Ranidina Rosaliae n. g. und n. sp. aus dem Tegel von Walbersdorf (D. Sturs Aufsammlung). Die Walbersdorfer Stücke von Cancer, alle „mehr oder minder verzerrt“, ließen es ihm zweifel- los erscheinen, ob Cancer illyricus und Cancer carniolicus „wirklich spezifisch verschieden“ seien. Achelous Krambergeri Bittn. von Warasdin-Teplitz in Kroatien und ?Grapsus sp. ind. von Krapina sollen nach Kramberger aus dem Oligocän stammen. E. Lörenthey hat in seiner Abhandlung: „Beiträge zur Decapodenfauna des ungarischen Tertiärs“ (Termes zetrajze Fuzetek. XXI. 1898) aus dem Leithakalke von Räkos bei Budapest folgende Arten beschrieben und zum Teil auch abgebildet: Calappa Heberti Broce.?), Matuta inermis Brocc., Lambrus spec. ind., Portunus pygmaeus 1) Die erste aus dem Leithakalke beschriebene Krabbe ist übrigens Lobo- carcinus cf. Sismondai H.v. Meyer (Reuss, Zur Kenntnis fossiler Krabben. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss. XVII, 1857 [1859]) von Bruck an der Leitha. Eine Form, die zu Cancer gestellt wird. Cancer Sismondai wurde aus dem Pliocän von Asti beschrieben. Reuss hat aber auch aus dem Steinsalze von Wieliezka eine Krabbe als Mierodium (n. gen.) nodulosum beschrieben, welche Form von Zittel wohl gleichfalls mit Recht zu dem Geschlechte Cancer gestellt wurde. Es ist ein kleines Kopfbrustschild (15 mm breit und 11'5 mm lang), dessen Oberfläche recht gut erhalten ist. Reuss führte übrigens 1871 das Vorkommen von Scheren, die er als zu Scylla gehörig betrachten wollte, aus dem Tegel von Vöslau und aus dem Leithakalke von Gamlitz an. 2) P. Brocchi, Note sur les crustaces fossiles terrains tertiaires de la Hongrie. (Ann. des sc, g60ol. XIV. 1883). [3] Über eine neue Krabbe aus dem miocänen Sandsteine von Kalksburg. 163 Broce., Neptunus cfr. granulatus A. Milne Edw., Cancer cefr. carniolieus Bittn. (aus dem Leithakalk von Szaboles im Baranyaer Komitat). Endlich ein vortreffliches Stück von Cancer Szontaghi n. sp. aus dem Leithakalk von Tasädfö im Komitat Bihar. Reste (eine Hand) eines Cancer habe ich selbst in dem Tegel von Neudorf an der March (Deveny-Ujfalu) in Ungarn, den ich als dem Schlier entsprechend bezeichnen konnte, besprochen und abge- bildet (Verhandl. d. Ver. f. Natur- und Heilkunde zu Preßburg. XI (XX). 1899 (1900). Zu dieser Brachyurenfauna des österreichisch-ungarischen Miocäns gesellt sich nun ein Fundstück, das ich vor kurzem bei einem Besuche der Kalksburger Strandbildungen erlangen konnte. Einer meiner Begleiter fand beim Zerschlagen eines fester gebundenen sandigen Blockes eine Krabbe in Bruchstücken, die sich leidlich gut zusammenfügen ließen. Es war offenbar ein vollständiges Individuum, doch war es nicht möglich, alle Teile zu erhalten. Die Fundstelle ist der erste Aufschluß auf der linken Talseite des Liesingbaches unterhalb des bekannten, von Th. Fuchs so genau geschilderten, leider zum größeren Teile verbauten alten Kalksburger Steinbruches „im marinen Konglomerat“ (Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1869, pag. 189), aus welchem das Vorkommen von Krebsscheren lange bekannt ist. In neuester Zeit wurde der erwähnte untere Stein- bruch lebhafter betrieben. Von hier habe ich vor einiger Zeit ver- schiedene Knochenreste, darunter Reste von Halitherium und auch eine neue Testudo-Art beschrieben (Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. XLVIII, 1896). (Ich ergreife die Gelegenheit, eine irrige Annahme richtigzustellen. Der weniger gut erhaltene Humerus-Rest wird nach Dr. Oth. Abels Bestimmung als wahrscheinlich von Acerotherium stammend aufzufassen sein.) Der neueste Aufschluß, zu unterst an der linken Seite des Stein- bruches gelegen, zeigt leicht gegen O verflächende sandige Schichten, welche besonders reich sind an Treibholz und Konkretionen mit Teredogängen, an schönen, ansehnlich groß werdenden, fächerförmigen Bryozoenkolonien und an den bezeichnenden sandholden Mollusken. Aus diesem Horizont stammt auch die zu besprechende Krabbe. Im Hangenden lagern Breccienbänke von verschiedener Bindung. Von der Krabbe liegt der Cephalothorax vor, besonders die rechte Hälfte in vollkommenster Erhaltung der Zähnelung des Seiten- randes. Dort, wo der vordere und hintere Teil des Seitenrandes zusammentreffen, liegt die größte Breite und springt hier ein großer Zahn dornartig vor. Der vordere Rand bis zu diesem Dorn ist schön bogenförmig, der hintere Seitenrand erscheint etwas eingezogen. Die Breite vor dem Dorn gemessen . . . ee BE Die Breite an der Seitendornspitze gemessen! kan. u3%6 >; Die Länge . . . er Er Der Vorderrand zwischen den äußeren Orbitalwinkeln . u: FEN Der Vorderseitenrand. bis’ zur Doruspitze » . 0.0 .:.187., Be kinterseitenrande nut, Eee 5 Rn BErinterrandaese ne a esldpei .. wann mol ARE 5 21* 164 Franz Toula. [4] Zum Vergleiche seien die Maßverhältnisse der verwandten Arten angeführt: Breite Länge Verhältnis Cancer (Microdium) nodulosum Rss... . 155 : 115 = 1'347 3 N SCHTIACHSDIMER . mern 2 ne REN = 1'405 N NAblyecHS. DULmern., x; vo ae 0 „ee ln 38 26. und) AB carniolicus Bittneı 5 9 Be, : utiseontaghi. Lörentheys wı»2 al sur IB u. 0382 se WWBitineri 'nov.ispee, v vr. ht Ah INSIDE 39:69): 25° = 75824 Der Stirnrand zeigt zwei breite Zähne, deren Spitzen leider beschädigt sind, mit fein gekörnelten Rändern. Der Augenhöhlenrand ist deutlich dreizähnig, der vorderste Lappen ist am breitesten. Furchen trennen diese drei Augenrandlappen, welche einen schönen Bogenrand bilden. Dahinter treten bis zum Seitendorn sieben stumpfe Zähne auf, mit feiner Körnelung der Ränder. Der sechste und der siebente dieser Zahnlappen sind spitz mit einer Verdickung an der Spitze. Der Seitendorn ist spitz ausgezogen und trägt an seinem Hinterrande kleine spitze Höckerchen, die sich dann längs einer wohlausgeprägten Kante des hinteren Seitenrandes in der Form von kleinen Knötchen fortsetzen bis zum Hinterrande; drei von diesen Knötchen schwellen zu förmlichen kleinen Dornen an. Der Hinterrand zeigt ganz dieselbe perlenschnurartig, mit zarten Knötchen verzierte Kante, wie sie Lörenthey bei seinem Cancer Szontaghi zeichnet. Auch die tiefe Furche, durch welche sich der Hinterrand von der Herzregion scheidet, ist vorhanden, vor derselben erhebt sich eine Leiste, die gegen den hinteren Seitenrand verläuft und in einem Dorn endet. Daß die Regionen der Oberfläche bei dem Kalksburger Individuum nur durch ganz seichte Furchen geschieden sind, wurde bereits erwähnt. Stellenweise lassen sich diese trennenden Furchen nur durch ihre Glätte verfolgen. Im allgemeinen ist die Furchung ganz analog wie bei Cancer carniolicus Bittner und bei Cancer Szontaghi Lörenthey. Die in der Medianlinie gelegenen Magenherzregionen: — die Epigastralregionen sind wie bei Cancer nodulosum Reuss ausgeebnet — die Mesogastralregion schiebt sich lanzettlich zungenförmig zwischen die beiden Protogastralfelder bis gegen den Stirnrand hin. Der Abstand dieser Spitze bis zur Furche hinter der Cardialregion mißt bei dem Kalksburger Stück 191 mm, die größte Breite beim Hypogastricus beträgt 5’1 mm, das Verhältnis ist sonach = 3:74, während diese Maße bei Cancer Szontaghi 264 mm : 87T mm — 3'0 betragen. Diese Mittel- region ist sonach viel schmäler. Ihre größte Breite liegt bei der Biharer Form bei den Hypogastralieldern, bei der Kalksburger Form dagegen !) Vor dem Dorn. ?) Am Dorn gemessen. [5] Über eine neue Krabbe aus dem miocänen Sandsteine von Kalksburg. 165 in der Cardialregion. Die beiden Protogastralfelder sind bei der Kalks- burger Form mit drei wohlmarkierten rundlichen Höckern geziert, die Leberfelder tragen je einen zitzenförmig aufragenden Höcker. Ähnliche Höcker erheben sich auf den flachen Aufwölbungen der Kiemenregion, von welchen jene der Mesobranchialregion die kräftigsten der ganzen Oberfläche sind. Diese Höcker sind wie bei den verwandten Arten durch Anhäufung von kleinen Tuberkeln gebildet, welche die sanze Schalenoberfläche bedecken, in den Furchen aber ganz winzig werden, während sie auf den flachen Aufwölbungen der genannten Regionen größer sind und sich in den Höckern häufen. Die Teilung der Branchialregion ist eine ähnliche wie bei Cancer Szontughi, nur sind die Furchen unseres Stückes, obwohl gegen den Hinterrand am schärfsten ausgeprägt, doch viel flacher als bei dem ungarischen, freilich etwas größeren Individuum. Bei unserer Form kann man am Augenrande nur von einem paarigen Dorn sprechen, der ganz ähnlich gestellt ist wie bei der ungarischen; weitere paarige Randlappen sind nicht vorhanden. Die mit Tuberkeln gezierten Aufwölbungen in der Cardialregion sind bei Cancer Bittneri etwas anders gestaltet als bei Cancer Szontaghi, die beiden vorderen sind kreisrund, die hintere der Quere nach ver- längert, während bei der ungarischen Form die vorderen elliptisch, die hintere kreisrund gezeichnet sind. Auf der Unterseite sieht man die Pterygostomalfläche, welche mit zarten Tuberkeln bedeckt ist, und erkennt am Rande die wohl ausgeprägte Furchung zwischen den Zahnlappen des vorderen Seiten- randes. Man erkennt auch Teile der im Peristom gelegenen Gebilde und des Sternums mit der zur Aufnahme des Abdomens dienenden Mittelrinne und die Ansätze der ersten Fußeglieder. Erhalten ist auch vom Scherenfuße das Propodit oder das Handglied und der Metatarsus (Carpodit), sie konnten aber nur teil- weise herauspräpariert werden. Das Handglied wendet eine mit. zierlichen Dornen besetzte Kante nach oben, der Metatarsus ist mit stärkeren Dornen besetzt. Erwähnt sei endlich, daß vor der rechten Orbita ein zylindrisches Stielchen liegt, das ich wohl als Augenstiel deuten darf. Von den genannten Cancer-Arten des Miocäns stehen mit der Kalksburger Form Cancer nodulosum Reuss, Cancer ilyricus Bittner, Cancer carniolieus Bittner und Cancer Szontaghi Lörenthey in näherem Verwandtschaftsverhältnis. Das von Bittner als Cancer styriacus beschriebene und (l. c. Taf. I, Fig. 6) abgebildete Exemplar ist nur ein Steinkern und schon aus diesem Grunde schwieriger in Vergleich zu bringen, während alle übrigen Arten in Schalenexemplaren zur Abbııdung gebracht werden konnten. In bezug auf die Oberflächen- beschaftenheit besitzt Cancer Szontaghi die größte Ähnlichkeit, wenn- gleich bei Cancer Bittneri die Furchen viel weniger scharf und tief ausgeprägt sind als bei der ungarischen Art. Der Hauptunterschied liegt in der Beschaffenheit der Form im allgemeinen und der Aus- bildung der Randzacken im besonderen. 166 Franz Toula [6] Im nachstehenden gebe ich die mir bekannt gewordenen Ab- handlungen in chronologischer Folge, in welchen sich Mitteilungen über marine miocäne Brachyuren finden: 1847: E.Sismonda (Memor. di Torino. X. 1847 [1849]) beschrieb von miocänen Krabben: j Xantho Edwardsi aus-der Molasse von Turin und den Mergeln von Asti. Ranina palmea aus der Molasse von Turin. Palaeomyra bispinosa aus dem Miocän von Turin. 1857. A.E. Reuss. Zur Kenntnis fossiler Krabben. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss. 1857. XVII, 8. 41, Taf. IX7 Bier] nnd 2 Lobocarcinus cf. Sismondai v. Meyer aus dem Leithakalke von Bruck an der Leitha, 1. c. 8.41. Taf. IX. Fig. 1 und 2. Kommt bei der Kalks- burger Art nicht in Betracht. 1862—1871. Milne Edwards. Alph. Hist. des Crustaces podophthalmaires fossiles. Il. Portuniens et Thalassiens. II. Canceriens. Ann. des Sec. nat. Zoologie. 4. ser. XIV. 1871. XVIII. 1862. XX. 1863. 5. ser. I. 1864. III. 1865. Beschreibt vier große Cancer-Arten aus dem Miocän. Palaeomyra bispinosa und Titanocarcinus pulchellus aus dem Miocän von Turin (Supergahügel), wo auch Ranina palmea Sismondai gefunden wurde. Außerdem Atelecyclus rugosus Desm. und Neptunus Monspeliensis aus dem Miocän von Montpellier und Lobonotus sculptus aus dem Miocän von San Domingo. Von jüngeren Formen wäre der große Cancer Deshayesü (Taf. XXI. Fig. 2) aus dem Pliocän von Oran in Vergleich zu ziehen, wie schon Bittner es getan hat. Seine größte Breite fällt in den letzten Dorn des vorderen Seitenrandes und auch der hintere Seitenrand zeigt eine Ähnlich- keit, während der Cancer Sismondai aus dem Pliocän von Asti außer Vergleich bleibt. Phlyctenodes depressus aus dem „terrain miocene du Monte - Gruni Vincentin“. Bleibt außer Betracht. 1867. A. E. Reuss. Die fossile Fauna der Steinsalzablagerungen von Wieliczka in Galizien. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. LV. 1867. Jännerheft. , Microdium nodulosum ‚Rss. S. 157 (d. Sep.-Abdr.). Taf. VIII. Fig. 7 u. 8. . Ein Kopfbrustschild und ein Scherenbruchstück. Ein winziges Stück im Vergleiche mit jenem von Kalksburg. Kopfbruststück 15 mm breit und 115 mm hoch, von ähnlichem Umriß und einfacher Oberflächendornung. 1871. A. E. R. v. Reuss. Phymatocarcinus speciosus, eine neue Krabbe aus dem Leithakalke des Wiener Beckens. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. LXI1I. 1871. Aprilheft. 6 S. mit Taf. Ein Kopfbrustschild vom Rauchstallbrunnen bei Baden. Nach rück- wärts verschmälert. Mit hohen und breiten, am Schild abgestutzten oben fein gekörnelten und sehr regelmäßig verteilten Höckern. 1877. Alex. Bittner. Über Phymatocarcinus specivsus Reuss. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. ,XXV. 1877. Aprilheft. 13 S. mit 1 Taf. Aus dem Leithakalke von Gamlitz in Steiermark. Angegeben wurden von miocänen Formen von Gamlitz: Scherenglieder von mehreren Arten. Carpilius, glatt, mit ungezähntem Vorderseitenrande. Portunidenscheren (auch von Pöls bei Wildon). Außerdem wird ein Kopfbrustschild beschrieben, sowie Fuß- und Handglieder. Macrophthalmus aus dem sandigen Tegel von St. Florian. Titanocarcinus A. M. Edw., 3 mm lang. Sie wären nach Bittner zur Genus Daira de Haan zu stellen. [7] 1881. 1883. 1883. 1893. 1898. 1898. Über eine neue Krabbe aus dem miocänen Sandsteine von Kalksburg. 167 Fritz Noetling. Über einige Brachyuren aus dem Senon von Mastricht und dem Tertiär Norddeutschlands. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XXXII. 1881. S. 358—365. Mieromithrax holsatica Noetl. Aus dem miocänen Sandstein von Sege- berg in Holstein. A. Bittner. Beiträge zur Kenntnis tertiärer Brachyurenfaunen. Denkschr. d. Wiener Akad, d. Wiss. XLVIII. 1883. S. 15—30 mit 2 Taf. Brachyuren aus dem miocänen Tegel von Radoboj, im Liegenden des Leithakalkes: Neptunus Radobojanus Bittn. (II, Fig. 1), Nept. stenaspis Bittner (II, Fig. 2), Mioplax socialis nov. gen. nov. sp. Bittn. Neuere Cancer-Arten aus österreichischen Miocänablagerungen: Cancer styriacus Bittn. aus dem Leithakalke von Aigen bei Fehring in Mittelsteiermark (Kopfbrustschild). Cancer illyricus Bittner aus dem oberen marinen Miocän von Sagor in Krain (aus mergeligsandigen Schichten). Ein Kopfbrustschild. Cancer carniolicus Bittn. Aus „höchstwahrscheinlich‘ dem Miocän angehörigen Ablagerungen zwischen Teinitz und Stein in Krain. An die zwei letztgenannten Formen dürfte sich der Krabbenrest von Kalksburg anschließen lassen. Cancer styriacus Bittner wird mit ©. Deshayesi M. Edw. einer mio- und pliocänen Art und mit dem noch näherstehenden C. Edwardsi M. Edw. in Vergleich gebracht. P. Brocchi. Note sur les crustaces fossiles des terrains tertiaires de la Hongrie. Ann. des sc. geol. Hebert und Milne Edwards. XIV. 75. Taf. IV und V. Aus dem Miocän von Räkos bei Pest. Portunus pygmaeus, Calappa Heberti, Maluta inermis. Al. Bittner. Decapoden des pannonischen Tertiärs. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. 1893. CII. I. Jänner. Neptunus cfr. granulatus A. Milne Edw. Leithakalk von Felsö-Orbö. Cancer cfr. illyrieus Bittn. Aus dem Tegel von Walbersdorf. Dem Autor erscheint es zweifelhaft, ob seine Arten: Cancer illyricus und Cancer carniolicus wirklich spezifisch verschieden sind. Ranidina (n. 9) Rosaliae Bittn. E. Lörenthey. Beiträge zur Decapodenfauna des ungarischen Tertiärs. Termeszetrajzi Füzetek. XXI. 1898. 1—133. Aus dem Leithakalke wurden beschrieben, und zwar von Räkos: Calappa Heberti Broce. Matuta inermis Broce. Lambrus sp. ind. Portunus pygmaeus Broce. Neptunus ef. carniolicus Bittn. von Szaboles (Baranyaer Komitat). Cancer Szontaghi Lörenth. (der Kalksburger Art nahe stehend) von Tasädfö im Biharer Komitat. Pilodius mediterraneus Lörenth. Th. Studer. Zwei neue Brachyuren aus der miocänen Molasse. Abh. d. Schweiz. paläont. Ges. 1898. 25. S. 1—9 mit Taf. Osachia Frechei Stud. (Marchbachgraben am Belpberge. Sceylla molassica Stud. Muschelsand (Meeresmolasse) vom Weiherhof bei Ludwigshafen. Außerdem kennt man aus der miocänen Molasse: ? Cancer Rietmanni C. Mayer, ? Lupea dubia C. Mayer, Portunus Kisslingi Th. Stud. und Dorippe Fankhauseri Th. Stud. Weist auf den entschieden atlantischen, lusitanisch-westafrikanischen Typus der miocänen Crustaceenfauna hin. 168 1899. 1900. 1901. Franz Toula. [8] Franz Toula. Über den marinen Tegel von Neudorf an der March (Deveny- Ujfalu) in Ungarn. Verhandl. d. Ver. f. Natur- und Heilkunde zu Preßburg. XI (XX). 1899 (1900). Cancer spec. 8. 17 (im Sep.-Abdr.). Fig. 10 u. 11. Eine Hand ähnlich jener von Microdium nodulosum Rss., aber etwa doppelt so groß, besser erhalten und etwas anders verziert A. S. Packard. A new fossil crab from the Miocene greensand bed of Gay head, Marthas Vineyard with remarks of the phylogeny of the Genus Cancer. Proc. Am. Ac. ofarts and Sc. XXXVI. 900. S. 3—9 mit 2 Taf. Cancer proavitus n. Sp. Diese Art und Archaeoplox signifera Stimpson bilden die Vorläufer der zwei an der Küste Nordamerikas lebenden Cancer-Arten. Bleibt beim Vergleiche außer Betracht. E. Lörenthey. „Andorina“ und „Daränyia“, zwei neue Brachyuren- Gattungen aus Ungarn. Math. u Naturw. Berichte aus Ungarn, XVII. 1901. S. 328—336 mit Taf. Andorina elegans n. sp. aus dem Leithakalke. Telepigasse in Budapest. (Daränyia granulata n. sp. stammt aus dem Obereocän). Zählt man die im vorstehenden angeführten Formen, so ergeben sich 36 Arten, von welchen ?/; zu den Bogenkrabben (Üyclometopa) gehören, Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, III., Erdbergstraße 3. Tafel I. Geologische Beobachtungen auf einer Reise in die Gegend von Silistria und in die Dobrudscha im Jahre 1892. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 1. Heft. 22 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Erklärung zu Tafel I. 1. Planorbis sp. Ähnlich ist Planorbis cornu Brongn. Von Silistria. . Lymnaea sp. von Silistria. 3. Helix sp. Zu vergleichen mit Helix Vindobonensis Pfeiffer. Steinkern aus dem Süßwasserkalke nördlich von Doimuschlar (Silistria W.) . 4. Planorbis sp. Aus dem Süßwasserkalke von Doimuschlar. (Aus einem Bausteine.) 5 und 6. Cardien aus der Formengruppe des Cardium simplex Fuchs von Silistria. 7. Nerinea sp. Aus der Verwandtschaft von Nerinea Coquandana d’Orb. und N. Traversensis Pictet et Camp. Aus dem Nerineenkalke von Birtschma bei Silistria. 7a. Querschnitt von Nerinea Olisiponensis Sharpe. (Zum Vergleiche.) 7b. Nerinea sp. Aus dem Nerineenkalke von Mirdschawoda im Karasutale. (Nach einem Kittabdrucke.) 8. Winzige Echinidensteinkerne. Ähnlich: Discoidea subuculus Klein. Aus einem Bausteine von Silistria. 9. Terebratula sp. Aus einem Bausteine von Silistria. . 10. Deckelklappe von Reqwienia spec. (Von der Innenseite) Aus dem Requienienkalke bei Kokerlenj. . 11. Actaeon cf. Staszycii Quenst. Kittabdruck. Von Birtschma bei Silistria. ..12. Abdruck einer Gastropodenschale (Murex [?]). Von Birtschma bei Silistria. . 13. Abdruck einer kleinen Nerinea sp. ind. Von Birtschma bei Silistria. . 14. Anthophyllum sp. ind. Aus dem Nerineenkalke von Birtschma. . 15. Nerinea Isteriana n. sp. Aus dem Nerineenkalke von Birtschma. . 16 und 17. Steinkerne von Monopleur« Aus Bausteinfindlingen. Gegend von „Iromos“ an der Donau. Aus der Formenreihe der Monopleura trilobata d’ Orb. . 18. Steinkerne einer Nerinea (Nerinea Dobrudschensis n. f.) aus der Verwandt- schaft von: Nerinea' Favrina, Valdensis und Blancheti Pictet et Camp. Bei Kokerlenj an der Donau, aus dem Hangenden der Requienienkalke. . 19. Reqwienia Lonsdalei d’Orb. var. Aus dem Requienienhorizont südlich von Tschernawoda. . 20. Serpula sp. Ähnlich sind Serpula Trachinus Gldf. und Serpula lophioda @ldf. Nördlich von Kokerlenj, unterhalb der Donauinsel. . 21. Otodus sp. Ähnlich: Otodus suleatus Gein. Aus den Exogyrensanden im Karasutale. Franz Toula: Silistria u. Karasu. Data A,Swobodan.d.Nat.gezulith. Lith.AnstvAlb.BergerWienVIll. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt, Band LIV.1904. VerlagderkkGeologischen Reichsanstalt Wien,llRasumoffskygasse 23. W Im ir ö . 5 F we ae a. . 2 * we. 5 DAR ® u» ze ‚ D u. Tafel I. Geologische Beobachtungen auf einer Reise in die Gegend von Silistria und in die Dobrudscha im Jahre 1892. 22* Erklärung zu Tafel II. Ia—i. Deckelklappen von den kleinen ungefalteten Exogyren aus dem Karasutale unterhalb Mirdschawoda. lIa—p. Unterklappen der kleinen ungefalteten Exogyren aus dem Karasutale. II” und s. Ungefaltete kleine Exogyren von den Uferfelsen zwischen Kokerlenj und Tschernawoda. Franz Toula: Silistria u. Karasu. Taf. I. A,Swobodan.d.Nat.gezulith. Lith.AnstvwAlb.BergerWienVIl. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt, Band LIV.1904. Verlagderkk6eologischen Reichsanstalt Wien,IllRasumoffskygasse 23 Tafel Ill. Geologische Beobachtungen auf einer Reise in die Gegend von Silistria und in die Dobrudseha im Jahre 1892. Erklärung zu Tafel III. Fig. 1. Sphaerulites Dobrudschensis n. sp. . a. Von vorn. b. Von oben (bei x war ein zweites Individuum angewachsen). Fig. 2. Berenicea Dobrudschensis n. f. Fig. 3. Tiigonia spec. ind. von Tschernawoda, Fig. 4—10. Gefaltete kleine Exogyren Fig. 4 und 5 von Tschernawoda, nahe dem östlichen Uferpfeiler der großen Brücke. Fig. 6—10. Bei Boastschik „au der Ecke“. Franz Toula: Silistria u. Karasu. Tat. 1. Lith.Anstv.Alb.BergerWienVIl. A.Swobodan.d.Nat.gezulith. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt, Band UV. 1904. Verlaßderkk6eologischen Reichsanstalt Wien llRasumoffskygasse 23. &s # ri er} - r S d Eee f DER er es R . = iR u a6 N a f De i { » P R ern % u zu. =. = . . ee 2 ra 5 Pr #1 PR, u a I 4 a ae D Re " Der Be Di ne EZ & Pl - . ve - EN einem a © nee _ Über Gesteine der Brixener Masse und ihrer Randbildungen. [er Ro ale Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Erklärung zu Tafel IV. Plagioklas aus einem Aplit. Der Kristall besitzt dort, wo er an Orthoklas grenzt, eine Myrmekitkruste mit quarzfreiem Saum. Diese setzt scharf ab, so wie Quarz an den Plagioklas herantritt. (Vgl. pag. 50 [4], und 71 [25].) Gekreuzte Nikols. Vergrößerung 51. Hornblende aus dem Tonalitgneis südl. von Mauls. Der Kristall ist quer durchgebrochen und an der Bruchstelle in Biorit umgewandelt. (Vgl. pag. 60 [14].) Parallel polarisiertes Licht. Vergrößerung 23. Tonalitgneis vom Nockbach bei Mauls. Hochgradige Kataklase. Mylonit- artige Pressungszone. Unpolarisiertes Licht. Vergrößerung 20. Tonalitgneis südl. von Mauls. Veranschaulicht die Kataklasstruktur. Horn- blende mit Rissen nach der Spaltbarkeit. Plagioklas links oben mit Albit- adern und einem von Quarz erfüllten Riß. Gekreuzte Nikols. Vergrößerung 15. Tonalitgneis mit porphyrischen Plagioklasen vom Rabenstein. In dem Plagioklaseinsprengling am Rande zonenweise ‚angeorduete Quarzstengel und -Tropfen, außerdem Hornblendeeinschlüsse. (Vgl. pag. 64 [18].) Gekreuzte Nikols. Vergrößerung 5. W. Petrascheck: Gesteine der Brixener Masse. Tafel IV. Prof. Dr, Becke phot, Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. | NB. Die Autoren allein una far An Tnhait und ‚die Form Inhalte BR ER ER 1. Hefe. a Geologische Beobachtungen auf einer Reise in 3 Gmen:: von eiietria und in die Dohrudscha im Jahre 1892, Von Franz Toula. Be 3 Jithographierten Tafeln (Nr. 1-1 und 19° Textfiguren . Über "Gesteine der. Brixener Masse ‘nnd ihrer Randbildungen. "Von Dr. W, Petrascheck. Mit einer Tafel ar IV) und einer ‚Text. ı figur . ne . * “ . “ ” . * } » wie f4 ae rc Einige neue Fossilienfundorte in ai ostbölimischen Kreideformation. FE RT Vou Jareslav. J. dahn ..... .. EA BL FRA Studien über die Inntalterrassen. ‘Von Di. 0. Ars; rer. ae einer Tafel (Nr. V) und 17 Zinkotypien im Text ı. L.. 0... re Über eine neue Krabbe’ (Cancer Bittneri n. sp). aus dem miocänen Sand- steine von Kalksburg bei. Wien. Van -Franz Toula. Mit. 5 Text- . Aparen RN N Ne a ; ee x L; £ * A wi ” , & B i Ev « « 9 [ ihrer Aufsätze verantwortlich. 7 EI TI a en PTR AL ET ae UF ne a BE ITRNERATARRLT., iesellschufts- Kuchärnekerei Brüder Hollinek, he dd Präberemrate ® RE, arr mund wien, 1904: gedlogis schen Reichsanstalt. AIR 4 Bi SR eae: der! “R Lechner Mi, Müller), k. u, k. Hofbuchhandlung, ar uf, Graben 31. Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. Von K. Richter. Mit drei Zinkotypien im Text. Einleitung. Der 418 m hohe bewaldete sogenannte Kalkberg, dessen Kalk- steinlager in der vorliegenden Arbeit besprochen werden soll, liegt an der böhmischen Nordseite des Isergebirges bei dem Dorfe Raspenau, am linken Ufer der hier in nordwestlicher Hauptrichtung fließenden Wittig. Bisher hat der Raspenauer Kalkstein, obwohl er nicht selten in der Literatur angeführt wird, weder eine eingehendere geologische noch mineralogische Bearbeitung erfahren. Da die geologischen Ver- hältnisse, besonders was das Liegende und Hangende betrifft, infolge des weit vorgeschrittenen Abbaues im einzelnen schon jetzt nur noch mit Schwierigkeit zu erkennen sind, so scheint es angebracht, das Gebiet einer genauen Untersuchung zu unterziehen, ehe noch die Lagerungsverhältnisse durch die Materialgewinnung ganz unkenntlich gemacht werden. Um nur eins zu erwähnen, sei hier angeführt, daß zum Beispiel die hangenden Gesteine schon jetzt nur noch in einer ganz geringen Erstreckung annähernd deutlich erkennbar erhalten sind und daß der weitere Abbau sie vielleicht schon in wenig Jahren beseitigt haben kann. Bevor näher auf das Geologische eingegangen wird, soll zunächst eine Zusammenstellung derjenigen kurzen Angaben — soweit sie dem Verfasser bekannt geworden sind — angeführt werden, die bis jetzt über das zu behandelnde Gebiet vorliegen. 1822. Dlask. Versuch einer Naturgeschichte Böhmens. Prag. Hier wird Seite 310 bloß erwähnt, daß „Urkalk, durch den gänzlichen Mangel an Versteinerungen wesentlich von dem Flötzkalk unterschieden“, außer an anderen Orten auch „bei Raspenau im Isergebirge“ vorkommt. 1859. Joh. Jokely, Jahrb. d. k. k. geolog. R.-A. X. 382. 1866. A. Fritsch, Sitzungsbericht der böhmischen Gesellschaft der Wissen- schaften 36. 1866. A. Fritsch, N. Jahrb. f. Min. u. s. w. 352. 1867. J. Roth, Erläuterungen zur geognostischen Karte vom niederschlesischen Gebiete und den umliegenden Gegenden. 27. Berlin. 1868. G. Menzel, Physiographie des Isergebirges und seiner nächsten Umgebung, mit Rücksicht auf Land- und Forstwirtschaft. 37. Reichenberg und Friedland. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 33 170 K Richter. [2] 1869. Krejdi, Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen. 1. Bd., 2. Abteilg. 19. Prag. Hier finden sich ferner Angaben über das Eozoon von A. Fritsch (247) und die mineralogisch - chemische Unter- suchung desselben von Hoffmann (252). 1875. Kalkowsky, Über den Salit als Gesteinsgemengteil. Min. Mitteilgn. 50. 1892. Blumrich, Einige Mineralien vom Kalkberge bei Raspenau (Nordböhmen). Tschermaks min. u. petr. Mitteilgn. 13. Bd. 257. 1892. Katzer, Geologie von Böhmen. 42. 465, 476, 481. 482. Originalangaben bringt Katzer allerdings nicht. Geologische Übersicht. Am Anfange dieses kurzen geologischen Teiles sei zunächst bemerkt, daß es nicht Zweck der nachfolgenden Ausführungen ist, eine spezielle geologische Beschreibung der Gegend um Raspenau zu liefern, sondern daß die geologischen Verhältnisse nur so weit berück- sichtigt werden sollen, als für die richtige Auffassung des Kalkstein- lagers nötig erscheint. Fig. 1. Maßstab: 1:25.000. Mildenau Hundshübel \ A ss; . \ @ — Öberer oder Wildner’scher Bruch. ö = Unterer oder Ressel’scher Bruch. Wo keine nähere Bezeichnung angegeben ist (West-, Nord- und Ostseite des Kalk- berges), findet sich weder anstehendes Gestein, noch gestatten Lesestücke eine absolut sichere Angabe. [3] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. ik Es muß zunächst auf die verschiedenen Anschauungen betreffs der Einlagerung des Kalksteines eingegangen werden, die einerseits Jokely, dem sich Katzer anschließt, andererseits Roth und Krejti vertreten haben. Nach Joke&ly liegt der Kalkstein in Phyllit, nach den letzteren beiden Autoren aber in Glimmerschiefer, den Krejöi als „quarzigen Glimmerschiefer* bezeichnet hat. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung hat sich nun ergeben, daß die Ansicht von Roth und Krejti die richtige isst Der Glimmer- schiefer, der später noch beschrieben werden wird, ist gegen- wärtig nur noch in geringem Umfange auf der Ostseite des Kalkberges anstehend erhalten. Er hat ein Streichen von NO—SW bei einem mittleren Einfallen von 40% nach NW. Auf der Höhe des Berges tritt in seinem Hangenden ein heller Gneisglimmer- schiefer zutage, der mit dem eigentlichen Glimmerschiefer Streichen und Fallen gemeinsam hat. Er steht allerdings nur noch in einigen unbedeutenden Resten an. Eigentümlicherweise erwähnen weder Jokely, Roth und Krejci das Vorkommen desselben, noch ist er auf der österreichischen und auf Roths geologischer Karte ange- geben. Auf der Südseite des Kalkberges schiebt sich quer zur Streich- richtung des Glimmerschiefers zwischen den Berg und den südlich von ihm erscheinenden Granit eine schmale Zunge eines gestreiften Gneises ein, die auch Joke&ly erwähnt. Ihre Begrenzung einerseits durch den Berg, andererseits durch den Granit kann allerdings nicht scharf bestimmt werden, da der Gneis anstehend nirgends zutage tritt und man nur auf Lesestücke angewiesen ist. (Fig. 1.) Nach Westen zu scheint sich dieser Gneisstreifen zu verbreitern und sogar noch auf den Nordabhang des Berges überzugreifen. Der petrographisch-mineralogischen Beschreibung soll folgende Anordnung zugrunde gelegt werden: A) Der Kalkkomplex nebst seinem Hangenden und Liegenden. B) Der Glimmerschiefer. C) Der Gneisglimmerschiefer. D) Der gestreifte Gneis. A. Der Kalkkomplex nebst seinem Hangenden und Liegenden. Der dem Glimmerschiefer untergeordnete Kalkstein ist auf der Ost- und Südseite des Kalkberges in einer Reihe von Brüchen gut aufgeschlossen, von denen allerdings gegenwärtig nur drei in Betrieb sind !). Die beiden größten derselben, die auch das meiste zu dieser Arbeit verwendete Material geliefert haben, sind der obere oder Wildner’sche und der untere oder Ressel’sche Bruch. Der erstere liegt am oberen Ostabhange des Berges, der letztere weit unten an demselben, noch jenseits der Friedland-Reichenberger Bahnlinie. Als Mittel vieler Messungen kann für den Kalkstein ein NO— SW-Streichen und ein Einfallen von 40° nach NW an- 1) Die Angaben beziehen sich auf den Sommer 1903. 23* 172 K. Richter, [4] gegeben werden. Es wiederholt sich also hier das Streichen und Fallen des Glimmerschiefers, in welchem der Kalkstein sonach eine konkordante Einlagerung bildet. — In ihrer Meinung über die Natur derselben stimmen Jok&ely und Krejöi darin über- ein, daß sie beide den Kalkstein des Kalkberges für ein lager- förmiges Vorkommnis halten. Aber während er nach Krejti als „ein in einige Bänke abgesondertes Lager“ auftritt, glaubt Jokely, daß er drei durch Phyllit getrennte Lager bildet. Letzterer Ansicht entsprechend ist der Kalkstein auch auf der nicht publizierten öster- reichischen geologischen Karte im Maßstabe von 1:75.000 in drei parallelen Zügen angegeben. — Von den unteren am Fuße des Berges liegenden Kalkpartien nimmt Joke&ly an, daß sie „wahrscheinlich bloß verworfene Teile“ der weiter oben befindlichen Kalkmasse seien. Es würde also da besonders der Ressel’sche Bruch in Betracht kommen. Und in der Tat zeigt der Kalkstein hier ganz unregelmäßige Lagerungsverhältnisse, die sich am einfachsten und natürlichsten durch die Annahme erklären lassen, daß er nur eine abgesunkene Partie des höher liegenden Kalksteinkomplexes ist. Zur Begründung sei an- geführt, daß hier weder Streichen noch Fallen mit den oben für den Glimmerschiefer und Kalkstein angegebenen Messungen überein- stimmen, ferner, daß nur hier Schichtenwindungen in größerem Maßstabe und kleine Verwerfungen mit einer Sprunghöhe von 2 cm beobachtet wurden, die infolge einer schwarzen Bänderung des Kalksteines gut zu erkennen waren. Während also Krej®i und Joke&ly diesen Kalkstein für ein oder einige Lager halten, ist der Verfasser der vorliegenden Arbeit zu der Ansicht gelangt, daß er wahrscheinlich eine dem dortigen Glimmerschiefer konkordant untergeordnete einheitliche linsen- förmige Einlagerung bildet, deren Längsdurchmesser mit der angeführten Streichrichtung zusammenfällt. Abgesehen von den ver- worrenen Lagerungsverhältnissen im unteren Bruche schwankt näm- lich auch in den anderen Brüchen die Streichrichtung immer um kleine Differenzen, die aber doch so gering sind, daß die Auf- stellung eines mittleren Wertes keine Schwierigkeiten macht. Diese Schwankungen lassen sich am einfachsten durch die Annahme erklären, daß der Kalkstein in Form einer Linse auftritt, die infolge ihrer Gestalt fortwährende kleine Abweichungen vom mittleren Streichen sogar nötig macht. — Die mutmaßliche Linse ist allerdings gegenwärtig nur noch in ihrem südwestlichen Teile vorhanden, während die nord- östliche Fortsetzung — wohl hauptsächlich durch die denudierende Wirkung der Wittig — abgetragen ist und höchstens noch in Resten unter den Alluvien des Wittigtales erhalten sein dürfte. Außer dem auf der Ost- und Südseite des Kalkberges aufge- schlossenen Kalkstein tritt noch auf dem unteren Nordabhange in der Nähe des Raspenauer Bahnhofes eine kleine Partie Kalkstein zutage. Soweit sich an diesem geringen Vorkommnis fest- stellen läßt, stimmen Streichen und Fallen mit den für die Hauptkalk- masse angeführten Angaben überein. Doch können die auf so engem Raume vorgenommenen Messungen nicht auf unbedingte Richtigkeit Anspruch machen. — Es wäre nun zu entscheiden, ob dieser Kalk- [5] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 173 stein am Bahnhofe noch mit der großen Kalklinse in Beziehung zu bringen ist oder ob er vielleicht einer kleineren Nebenlinse angehört, die parallel der vorigen eingelagert ist. Daß die Hauptlinse sich bis zum Bahnhofe erstrecken sollte, ist trotz ihres nordwestlichen Einfallens nicht sehr wahrscheinlich, und es fehlen auch andere Aufschlüsse, die Klarheit verschaffen könnten, auf dieser Seite des Berges vollständig. So muß vorläufig jene zweite Möglichkeit als die wahrscheinlichere gelten und es läßt sich ferner vermuten, daß der Kalkstein, der nach Roth einst im Wittigbett bei der Raspenauer Kirche zu- tage trat, ebenfalls mit dieser Nebenlinse in Verbindung zu bringen ist. G. Rose hat, wie Roth in seinen „Erläuterungen“ angibt (Seite 7), an dem in der Wittig anstehenden Kalkstein ein Streichen h 5 bei nordwestlichem Einfallen bestimmt, und diese Angabe steht mit der an dem Kalksteine beim Bahnhof gemachten Messung in Einklang, so daß ein Zusammenhang beider Vorkommnisse wohl nicht zu be- zweifeln ist. Auch Krejöi erwähnt diesen in der Wittig hervor- tretenden Kalk noch, der aber jetzt nicht mehr aufgefunden werden kann. Wahrscheinlich ist er beim Bau der dortigen Ufermauer beseitigt worden. Dieser kleineren Nebenlinse gehört natürlich auch der Kalk- stein an, der bei der Anlage eines Brunnens beim Bahnhofe angebohrt wurde. Nähere Angaben über die Nebenlinse können infolge des gänzlichen Fehlens anderer Aufschlüsse nicht gemacht werden. Katzer bringt eine von Jok&ly übernommene Notiz, daß auch einst bei Mildeneichen Kalkstein vorgekommen sei. Er schreibt nämlich Seite 481 bei Erwähnung der Hornblendegesteine, daß solche gefunden würden auf dem Raspenauer Kalkberge, „sowie wahrschein- lich in der nordöstlichen Fortsetzung dieses letzteren auf einem kleinen Hügel bei Mildeneichen, wo sie ebenfalls mit Kalkstein in Verbindung standen“. Diese Ortsangabe beruht aber auf einer Verwechselung von Mildeneichen mit Mildenau, und der „kleine von Lehm begrenzte Hügel“ Jokely’s ist der hinter Mildenau links von der nach Neustadt führenden Straße liegende sogenannte Hundshübel!). Jetzt ist von dem einst hier gebrochenen Kalksteine nichts mehr zu sehen, und so ist man in betreff seines Verhältnisses zu den übrigen Kalk- aufschlüssen nur auf Vermutungen angewiesen. Es ist nicht unmöglich, daß der Kalkstein des Hundshübels die Fortsetzung und nordöstliche Spitze der vorhin angenommenen Nebenlinse gewesen ist. Doch könnte man ebensogut auch annehmen, daß er einer zweiten noch kleineren Nebenlinse angehört habe; denn daß es sich hier nur um ein unbe- deutendes Vorkommnis gehandelt hat, folgt daraus, daß der Abbau schon vor vielen Jahren aufgegeben worden ist und daß sich nicht einmal mehr Spuren des hier gewonnenen Kalksteines auffinden lassen. — Jetzt stehen am Hundshübel nur noch geringe Reste eines dunkelgrünen schiefrigen Gesteines an, das sich durch die mikro- skopische Untersuchung als ein Hornblendeschiefer erwiesen hat, der ein mit dem Glimmerschiefer und dem Kalksteine der Haupt- und !) Mildeneichen liegt nämlich nicht nordöstlich, sondern fast südöstlich vom Kalkberge; für Mildenau aber stimmt die von Jokely und Katzer angegebene Richtung. 174 K. Richter. [6] Nebenlinse übereinstimmendes Streichen und Fallen besitzt. Er ist aller Wahrscheinlichkeit nach im Hangenden des hier einst vor- gekommenen Kalksteines aufgetreten. Da nun als sicher gelten kann, daß letzterer dasselbe Streichen und Fallen wie sein Hangendes gehabt hat, so läßt sich mit Hilfe des Amphibolschiefers der Schluß ziehen, daß der Kalkstein des Hundshübels eine dem übrigen Kalk- steine konkordante Lagerung besessen hat. Im direkten Hangenden der Hauptlinse am Kalkberge erscheint ein dunkelgrünes Gestein von massigem Habitus, das keinerlei Andeutungen einer Schichtung erkennen läßt. Es ist, wie schon am Eingange hervorgehoben wurde, nur noch in einer ganz geringen Er- streckung anstehend erhalten, und zwar im Wildner’schen Bruche. Jokely, auf dessen Angabe sich Katzer stützt, hat es seinerzeit als ein „Amphibolgestein“ bezeichnet. Nach Roth soll ein „Hornblende- schiefer“ das Hangende sein, und auch noch Blumrich, von dem die letzte auf das vorliegende Gebiet bezügliche Notiz stammt, spricht von einem „Hornblendeschiefer“ als Hangendem. Nun besitzt dieses hangende Gestein aber, wie schon erwähnt, einen durchaus massigen Habitus, so daß man esauf keinen Fall als einen Schiefer ansprechen kann. Es ist aber überhaupt kein Amphibolgestein, sondern wie die mikroskopische Untersuchung gezeigt hat, en Pyroxengestein. Dasselbe geht allerdings nach oben in einen deutlich geschichteten Hornblendeschiefer über, der wohl die Veranlassung gewesen ist, daß Jokely, Roth und Blumrich auch das unter ihm liegende dichte Gestein für ein Amphibolgestein gehalten haben. Die Angabe von Krej@i, der sonderbarerweise „rote streifige Gneise“ als Hangen- des bezeichnet, bedarf nach den vorangegangenen Erörterungen erst keiner besonderen Zurückweisung mehr. Im Liegenden des Kalksteines sollen sich nach Jokely „be- reits unter diluvialem Lehm angeblich ebenfalls Amphibolgesteine“ befinden, und auch Roth gibt „Hornblendeschiefer* als Liegendes an. Es ist jedoch zur Zeit nur noch in einer äußerst geringfügigen Partie am Eingange eines Stollens anstehend zu sehen, der vor einigen Jahren durch Verrollen plötzlich sichtbar wurde und den man mit dem einst unter Wallenstein besonders stark betriebenen Eisenberg- bau in Zusammenhang gebracht hat!). Durch die mikroskopische Untersuchung wurde aber festgestellt, daß dies liegende dunkel- grüne Gestein ebenfalls kein Amphibolit, sondern ein mit dem un- mittelbaren Hangenden identisches Pyroxengestein ist. Für das Kalksteinvorkommen beim Bahnhofe können gegenwärtig weder die liegenden noch hangenden Gesteine anstehend gefunden werden. Doch soll nach glaubwürdiger mündlicher Angabe hier einst ein grünes schiefriges Gestein angestanden haben, das außer- ordentlich granatreich war. Es läßt sich sonach vermuten, daß das- selbe eingranatführender Hornblendeschiefer gewesen ist. Am Schlusse der vorangegangenen Ausführungen sollen die Hauptergebnisse zusammengestellt werden. !) Siehe die geschichtlichen Angaben am Schlusse der Arbeit. [7] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 175 1. Der Raspenauer Kalkstein ist wahrscheinlich eine dem dortigen Glimmerschiefer konkordante linsenförmige Einlagerung, mit welchem er ein NO—SW-Streichen und das Einfallen von 40° nach NW ge- meinsam hat, 2. Die Hauptlinse wird vermutlich von zwei kleineren parallel gelagerten Nebenlinsen begleitet. 3. Die untersten an der Ostseite des Kalkberges befindlichen Kalkpartien sind wahrscheinlich bloß verworfene Teile der höher liegenden Hauptmasse des Kalksteines, wie die unregelmäßige Lagerung, die Schichtenwindungen und Verwerfungen schließen lassen. 4, Im Liegenden und Hangenden der Hauptlinse erscheinen dunkelgrüne Pyroxengesteine, die im Hangenden nach oben in, Horn- blendeschiefer übergehen. Die näheren Erörterungen über den Kalkkomplex gliedern sich naturgemäß in die Besprechung I. des körnigen Kalkes, I. der hangenden und liegenden Gesteine. I. Der körnige Kalk. Die Hauptmasse des gegenwärtig anstehenden körnigen Kalkes ist von einer weißen Farbe, die nach den Angaben von Krej£i, der ihn als „grauweiß“, von Hoffmann, der ihn als „graulichweiß“, -und von Roth, der ihn sogar als „blendend weiß“ bezeichnet, auch in früheren Abbauperioden vorgeherrscht hat. Damit stimmt die Beobachtung der ältesten Arbeiter überein, die sich nicht besinnen können, bedeutendere Massen eines anders gefärbten Kalksteines gebrochen zu haben. Kleinere Partien vondunklembisschwarzem Kalkstein sind allerdings schon mehrfach vorgekommen, und ich selbst sah im März 1903 eine solche an der Südostecke des Wildner- schen Bruches und im August desselben Jahres etwa in der Mitte dieses Bruches eine 2 m mächtige, der Hauptmasse des Kalkes. kon- kordant eingelagerte Bank eines dunklen Kalksteines. _ Ebenfalls im oberen Bruche wurden Blöcke eines gelblichen Kalksteines gefunden, dessen Färbung, wie die mikroskopische Untersuchung gelehrt hat, von einem reichlich vorhandenen blonden Glimmer herrührt. Diese selbe Varietät, die in der nachfolgenden speziellen Besprechung als Glimmerkalkstein bezeichnet werden soll, hat jedenfalls wie das zuletzt erwähnte dunkle Gestein eine bankförmige Einlagerung in der weißen Hauptmasse des Kalkes gebildet. Im Ressel’sChen Bruche wurde eine Schicht einer grün gefärbten Kalkvarietät von | 20 cm größter Mächtigkeit beobachtet, welche ihre Färbung einem massenhaft eingelagerten mikroskopischen Pyroxen verdankt und deshalb bei der späteren Betrachtung als Pyroxenkalkstein an- geführt werden wird. Roter Kalkstein fehlte gänzlich }). Sämtliche Aufschlüsse zeigen, daß der körnige Kalk in seiner ganzen Ausdehnung eine deutliche Schichtung besitzt, die in- 1!) Derselbe ist nach Aussage der Arbeiter auch früher nicht vorgekommen. 176 K. Richter. [8] folge des Wechselsvongröber- und feinerkörnigen Lagen von sehr verschiedener Mächtigkeit und infolge einer der Streich- richtung parallel verlaufenden Bänderung stets gut erkennbar ist. Letztere Erscheinung war besonders schön bei den an der Nordost- ecke des Wildner’schen Bruches anstehenden Kalkmassen zu sehen, die von schwarzen und grünen Streifen in ziemlicher Anzahl durchzogen wurden, während die übrigen Gesteinspartien dieses Bruches und der Kalk im unteren Bruche nur schwarze Bänderung, aber viel vereinzelter, zeigten. Nach dem Hangenden zu hört die Streifung allmählich auf, wie wenigstens im oberen Bruche konstatiert werden konnte. Vertikale Absonderung und Klüftung wurden nicht beob- achtet. Abgesehen von den in einem früheren Zusammenhange bereits erwähnten Lagerungsstörungen ließ auch der Kalkstein des Wildner- schen Bruches, besonders an der Nordostecke desselben, sehr deut- liche Zeichen mechanischer Beeinflussung erkennen. Es ist an dieser Stelle zu einer Steilaufrichtung der Schichten ge- kommen, und diese Erscheinung war infolge der hier vorhandenen Bänderung besonders auffällig. Außerdem aber haben die betreffenden Schichten noch eine mehrfache und sehr steile Faltung erfahren, die ebenfalls durch die Streifung wieder recht deutlich sichtbar wurde. In der Nähe dieses Ortes waren die Bänder anderer, gleichfalls steil aufgerichteter Schichten in der Vertikalen S-förmig gebogen worden, und eine hier beobachtete krummschalige Ablösung großer Blöcke des Kalksteines kann auch nur als eine Folge hohen Druckes auf- gefaßt werden. — An einigen Stellen traten in einer grauweißen und feinkörnigen Kalkschicht ganze Schwärme von kürzeren Linsen und lang ausgezogenen Schmitzen eines gröberkörnigen und rein- weißen Kalksteines auf, die mit ihren Längsachsen alle parallel eingestellt waren. Die breiteren Linsen hatten eine Durchschnitts- länge von 15cm, die sehr schlanken Schmitzen eine solche von etwa 30 cm. Man wird auch diese Gebilde auf eine Pressung zurückführen müssen, und zwar sind zwei Fälle ihrer Entstehung denkbar. Entweder wurde eine vorhandene Schicht eines reinweißen Kalksteines in die genannten isolierten Gebilde zerdrückt, oder der Kalkstein wurde durch starken Druck gewissermaßen aufgeblättert, worauf die ent- standenen länglichen Hohlräume mit neu kristallisierendem Kalkspat ausgefüllt wurden. Die durch den Gebirgsdruck entstandenen Risse und Spalten sind mit einem oft sehr grobspätigen Caleit wieder erfillt worden, dessen Spaltflächen bis 6 cm breit gefunden wurden. Aus dem Umstande, daß letztere oft gebogen sind und außerdem eine dichte, schon makroskopisch deutlich sichtbare, mitunter sogar doppelte Zwillingslamellierung besitzen, die nur sekundär sein kann, muß ge- schlossen werden, daß noch einmal eine dynamische Beeinflussung erfolgte, als sich dieser großspätige Calcit schon gebildet hatte. Die Druckeinwirkungen im großen zeigen sich also in einer Aufrichtung, Faltung und Biegung der Schichten, in der Entstehung von Schmitzen und Linsen grobkörnigen Kalkes innerhalb einer fein- körnigen Gesteinsmasse, in krummschaliger Ablösung und in Spalten- [9] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. #77 bildung. Endlich muß am Schlusse dieser Ausführungen erwähnt werden, daß im Kalksteine auch fremde silikatische Einlage- rungen gefunden wurden. Die nun vorzunehmenden speziellen petrographisch-mineralo- gischen Untersuchungen über den körnigen Kalk sollen nach folgenden Gesichtspunkten angeordnet werden: 1. Die weiße Hauptmasse des Kalksteines ; 2. der dunkle und gebänderte Kalkstein; 3. der Pyroxen- und Glimmerkalkstein ; 4. silikatische Einlagerungen im Kalkstein. 1. Die weisse Hauptmasse des Kalksteines. Der Kalkstein gibt sich unter dem Mikroskop als ein Mosaik meist unregelmäßig eckig oder rundlich aneinanderstoßender Caleit- körner zu erkennen, die in grobkörnigen Lagen bis 4 mm breit werden. Doch wurden auch — freilich selten und nur in grobspätigen Varie- täten — kristallographisch begrenzte Kalkspate gefunden. S Die weitverbreitete Zwillingsbildung nach —!/; R (0112) ist entweder einfach oder findet nach zwei und — wie Horizontal- schnitte zeigen — auch nach allen drei Flächen dieses Rhomboeders statt. Die Lamellen sind oft sehr ungleich entwickelt, und während die einen das ganze Calcitkorn durchsetzen, brechen andere im Innern desselben plötzlich ab. Es scheint ein Zusammenhang einerseits zwischen der Dichte der Zwillingsstreifung oder der Zahl der Lamellen auf derselben Schnittfläche und andererseits der Zahl der ausgebildeten Zwillingssysteme zu bestehen, und zwar derart, daß sich meist nur ein System entwickelt hat, wenn die Lamellierung sehr dicht ist‘), während bei einer Verzwillingung nach zwei oder gar nach den drei Flächen von —!/; R die einzelnen Systeme meist viel weniger Lamellen aufweisen als im ersteren Falle. Ein einfach verzwillingter Caleit von 0'8 mm Breite zeigte zum Beispiel 60—70, ein anderer, doppelt gestreift und 1'2 mm breit, dagegen in der einen Richtung nur 14, in der anderen gar bloß drei Lamellen, und die drei Systeme eines horizontal geschnittenen und 1'’3 mm breiten Kornes waren mit 45, 29 und 18 Lamellen vertreten. Einige Male wurde beobachtet, daß breitere Zwillingsbänder in ihrem Innern noch einmal dicht ver- zwillingt waren. Diese Zwillingstreifung zweiter Ordnung kann, da sie bloß in Präparaten gefunden wurde, die auch sonst Pressungserscheinungen zeigten, jedenfalls nur als eine Folge hohen Druckes aufgefaßt werden. Damit stimmt die Tatsache überein, daß F. Rinne derartige Zwillingsbildung zweiter Ordnung künstlich durch Anwendung starken Druckes erzeugt hat?). Während aber nach Rinne !) Damit soll aber nicht gesagt werden, daß das Vorhandensein nur eines Systems von Zwillingsbändern immer mit so dichter Lamellierung verbunden sein muß. 2) F. Rinne, Beitrag zur Kenntnis der Umformung von Kalkspatkristallen und von Marmor unter allseitigem Druck. Neues Jahrb. f. Min. usw. 1903, Bd. 1. 169. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 24 178 K. Richter. [10] diese Erscheinung nur bei starker Vergrößerung sichtbar wird, konnte ich sie in den noch einmal lamellierten Zwillingsbändern, deren breitestes einen Durchmesser von 0'08 mm hatte, schon bei gewöhn- licher 7Ofacher Vergrößerung erkennen. — Doch gibt es auch Caleite ohne Zwillingslamellierung, die dann aber von Spaltrissen durch- setzt werden. Oft zeigt dasselbe Individuum jedoch Spaltbarkeit neben der Zwillingsbildung, und zwischen beiden Erscheinungen ist dann eine Beziehung insofern zu erkennen, als bei sehr großer Zahl der Spaltrisse in der Regel nur wenig oder gar keine Zwillingstreifen ausgebildet sind. Es sei.noch bemerkt, daß bei solchen Schnittlagen, bei denen man zwei ausgebildete Spaltsysteme erwarten sollte, viel- fach nur eines derselben entwickelt ist. Die infolge der hellen Färbung vermutete Homogenität der Hauptmasse des Kalkes ist, wie der in Säuren unlösliche Rückstand und die mikroskopische Untersuchung zeigen, in Wirklichkeit nicht vorhanden. Vielmehr ist auch in reinweißem Marmor dem Kalkspat immer eine Menge Mineralien untergeordnet. An erster Stelle unter ihnen steht, was Häufigkeit des Vor- kommens betrifft, ein aus Olivin hervorgegangener grüner bis gelblicher Serpentin. Der früher bedeutendere Serpentinreichtum hat im Laufe der Zeit, je mehr der Abbau in das Innere des Kalkkomplexes vordrang, immer mehr abgenommen, und schon Jok&ly bemerkt 1859: „Ophiol- artige Lager finden sich gegenwärtig seltener als sonst im Kalkstein“. (Soll wohl heißen „ophicaleitartige“ Lager.) — Im oberen Bruche (Öst- seite des Kalkberges) werden gelegentlich noch bis kopfgroße Serpentin- partien angebrochen. Sonst aber findet sich Serpentin nur noch in kleinen Nestern bis Faustgröße und in breiteren Bändern, schmalen Streifen und Adern, die mitunter der Streichrichtung des Kalkes parallel ver- laufen, ihn aber auch ganz unregelmäßig durchziehen. — Noch ser- pentinärmer ist zur Zeit der untere Bruch (Ostseite des Berges), und es scheint, als ob die unteren Kalkpartien an und für sich weniger Ophicaleit enthielten; denn Roth erwähnt schon 1867 das Vorkommen von Serpentin überhaupt nur für den oberen Bruch. Die Umrisse der abgerundeten, bis 3 mm großen Olivine, deren Umwandlung den Serpentin geliefert hat, sind unter dem Mikroskop oft noch zu er- kennen. Eisenerzausscheidung hat nicht stattgefunden. Als einziges Accessorium enthält der Serpentin grünlichen, schwach, aber deutlich pleochroitischen Muscovit. InZusammenhang mit dem Serpentin müssen die Bänder und Adern von grünem, seidenartig schimmerndem Chry- sotil erwähnt werden, die sowohl den Ophicaleit durchziehen, als auch unabhängig von ihm in serpentinfreien Kalkpartien gefunden werden. Die meisten durchsetzen ihr Nebengestein in allen möglichen Richtungen, nur wenige verlaufen parallel der Streichrichtung des Kalksteines. Die größte Breite der Chrysotilschnüre, deren parallele, optisch posi- tive Fasern senkrecht auf der Längserstreckung des Bandes stehen, betrug 2 cm. Mitunter besteht ein Chrysotilstrang aus mehreren Lagen; zum Beispiel wurde ein 1'5 cm breites, aus drei Faserschichten ZU- sammengesetztes Vorkommnis gefunden. Früher ist, entsprechend dem größeren Serpentinreichtum, nach Aussage der Arbeiter auch der Chrysotil, von ihnen als „Faserstein“ [11] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 179 bezeichnet, häufiger vorgekommen als jetzt. Damit stimmt folgende Angabe Menzels überein: „Dieser Ophicaleit ist oft von Schnüren des gemeinen Asbest durchzogen.* Krejöi berichtet, daß der Chry- sotil einzelne Kalksteinbänke voneinander getrennt habe. Abgesehen von den Olivinanhäufungen, welche zur Entstehung von kompaktem Serpentin geführt haben, kommen auch kleine Schwärme von vereinzelten Olivinen vor, die in grobkörnigem Kalk bis 3 mm groß werden!). Die größeren sind immer länglich oval gestaltet, die kleineren aber auch automorph ausgebildet; zum Beispiel wurden regelmäßige Schnitte nach dem Makropinakoid (100) beobachtet. Man trifft in demselben Schliffe die Olivine in allen Stadien der Serpentin- bildung an, von ganz frischen und solchen, die eben erst mit Eisenerz- ausscheidung begonnen haben, bis zu vollständig umgewandelten, welche die für die Olivinserpentinisierung charakteristische Maschenstruktur sehr schön zeigen. Wie ungleich die Olivine selbst auf so engem Raume zusammengesetzt sein können, beweist der Umstand, daß, während die meisten bei ihrer Umwandlung am Rande und im Innern sehr viel Eisenverbindungen ausgeschieden haben, andere Serpentinschnitte in demselben Präparat nichteine Spur davon aufweisen. Mancher Olivin- schnitt zeigt außer Serpentin, Eisenerz und frischen Oilivinkernen noch Caleit. In feinerkörnigem Kalkstein werden bisweilen runde und wasserhelle, stets frische Olivine von 0'15 mm Maximalgröße gefunden. Mit dem aus vereinzelten Olivinen entstandenen Serpentin ist nicht selten eine unregelmäßig gestaltete farblose Hornblende mit Spalt- barkeit und Querabsonderung, Tremolit, verwachsen. Es würde nahe liegen, sie als Neubildungsprodukt bei der Serpentinisierung aufzu- fassen, wenn sie nicht auch neben Olivin und Serpentin noch isoliert vorkäme. Deshalb ist wohl nur an eine primäre Verwachsung mit Olivin zu denken. Der Tremolit zeigt seinerseits an den Rändern und den Rissen der. Querabsonderung ebenfalls Serpentinbildung, die aber nie so weit wie beim Olivin vorgeschritten ist. — Außer in olivin- führendem Kalkstein ist Tremolit, dessen Maximalauslöschung 17° beträgt, auch sonst ein verbreiteter accessorischer Gemengteil. Er bildet dann jedoch zum Unterschiede von den eben besprochenen un- regelmäßig begrenzten Vorkommnissen immer in der Prismenzone gut entwickelte Säulen ohne terminale Flächen, die oft parallel gelagert sind, mitunter auch nesterartige Anhäufungen bilden und fast immer Querabsonderung und prismatische Spaltrisse aufweisen. Diese Tremolit- säulen schließen vielfach hellgrünliche, gerundete Körnchen, wahr- scheinlich Pyroxen, ein. — In diesem Zusammenhange soll ein anderes gleichfalls vielfach serpentinisiert vorliegendes Mineral erwähnt werden, der Chondrodit. Die gelbe Farbe und der Pleochroismus (Wechsel von gelb und farblos) charakterisieren seine runden, lebhaft polari- sierenden Körner gegenüber dem ebenfalls lebhaft polarisierenden Olivin sehr gut. Der Chondrodit, der bei seiner Umwandlung in Ser- !) Derartige Olivinschwärme sind wohl für A. Fritsch die Veranlassung gewesen, hier das Vorkommen eines Eozoon zu konstatieren, das sich vom kanadischen durch eine größere Ungleichheit in der Kammerung unterscheiden sollte und das er als Kozoon bohemicum bezeichnet hat. Fritsch trat mit Krej®&i für die organische Natur des Eozoon ein, während Roth sich für seine anorganische Natur entschied. 24* 180 K. Richter. [12] pentin Eisenerz ausgeschieden hat, wurde nur in feinkörnigem Kalk- stein beobachtet, in dem er zusammen mit farblosen Granatkörnern und feinstrahligen Glimmeraggregaten kleine nesterartige Anhäufungen bildete. Nicht selten kommt in breiten Schuppen und radialfaserigen Ag- gregaten ein farbloser Glimmer vor. Bei der optischen Untersuchung ergab sich die auffallende Tatsache, daß, während bei den bisher ge- prüften Glimmern c spitze negative Bisektrix ist, bei diesem sich c als spitze positive Bisektrix erwies. (Das heißt also c sehr angenähert = c.) Dieselbe weicht in einigen Fällen von der Vertikalachse bis 3° ab. Der Achsenwinkel des nach o P oft dicht zwillingslamellierten Glimmers beträgt 40—42°, | Quarz sitzt, doch nur in seltenen Fällen, im Kalkstein in kleinen Knollen bis über Nußgröße und mitunter als mikroskopische Füllmasse. Er ist aber kein häufiges Accessorium. Die Angabe von Menzel, nach welcher der Kalkstein unterhalb des Hangenden, das er als einen „Schiefer“ bezeichnet, „Quarzkörner bis zur Größe einer Erbse“ enthält, konnte nicht geprüft werden, da der Kontakt zwischen dem Kalksteine und dem geringen noch erhaltenen Reste der hangenden Gesteine nicht mehr zugänglich war. — Noch seltener erscheinen ein makroskcpisch grüner, mikroskopisch aber nur äußerst schwach grün- licher und nicht pleochroitischer Chlorit, kleine eckige Körnchen von grünem Spinell, runde gelbliche Titanite und lavendelblau polari- sierende Zoisitkörner. — Von Erzen sind vertreten: Magnetkies, Pyrit und Magnetit, die sich gelegentlich alle drei in demselben Schliffe vorfinden, von denen aber nur der Magnetit kristallographische Ausbildung besitzt. In bezug auf Häufigkeit steht Magnetkies an erster Stelle. Er bildet mit Pyrit nicht selten Verwachsungen, und zwar sind beide entweder randlich aneinandergelagert, oder der Pyrit wird all- seitig von Magnetkies eingeschlossen. Der letztere ist, entweder ein- gesprengt oder als Spaltenmineral, vielfach schon makroskopisch zu erkennen. Nach Menzel, der — freilich selten erscheinende — Kalkpartien „mit eingesprengtem Schwefelkies* erwähnt, gehört auch der Pyrit zu den makroskopischen Accessorien des Kalksteines. Endlich muß — zugleich in Beziehung auf die chemischen Ver- hältnisse des Kalksteines — noch auf den Dolomit eingegangen werden, der besonders, allerdings in sehr wechselnden Mengenver- hältnissen, den feinkörnigen Schichten eigen ist, so daß also in diesen Fällen dolomitischer Kalkstein vorliegt, dessen Dolomit in vereinzelten Individuen und in Aggregaten erscheint. Bei der mikroskopischen Unter- suchung dieses feinkörnigen dolomitischen Kalksteines ließen sich vier Unterschiede zwischen Dolomit und Caleit konstatieren. a) Den Dolomitindividuen fehlen meist Spaltrisse und fast regel- mäßig Zwillingslamellen. Sind Spaltrisse — dann aber immer nur in ganz geringer Zahl — vorhanden, so ist gewöhnlich nur ein System derselben entwickelt. Dasselbe gilt von den sehr viel seltener zu be- obachtenden Zwillingsstreifen. Der Kalkspat dagegen besitzt stets be- deutend mehr Spaltrisse und Zwillingsbänder. b) Die Dolomitindividuen lassen mehr oder weniger deutlich die Tendenz erkennen, ihre äußere kristallographische Gestalt zur Aus- [13] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 181 bildung zu bringen, während die Oaleite stets ganz regellose Umrisse haben und nie die geringste Andeutung einer gesetzmäßigen Begrenzung aufweisen. Es kommt also hier der zuerst von Renard!) betonte, dann auch von Vogt?) erwähnte Gegensatz, daß die Dolomite im all- gemeinen besser rhomboedrisch konturiert seien als die Calecite, sehr deutlich zur Geltung. c) Die Dolomite sind — in demselben Schliffe — meist annähernd von gleicher Größe, und so veranlassen sie im Verein mit ihrem Be- streben nach kristallographischer Umgrenzung eine deutliche zucker- körnige Struktur in solchen Partien des dolomitischen Kalksteines, in denen sie gegenüber den Kalkspaten vorwiegen. Letztere wechseln dagegen — auch in demselben Präparat — in ihrer Größe viel mehr und sind gewöhnlich viel größer als die Dolomite, welche nie die Größe der Caleitkörner erreichen. d) Der Kalkspat des dolomitischen Kalksteines ist meist durch massenhaft eingelagerte staubartige Interpositionen grau getrübt; der Dolomit aber, im Vergleich zu ersterem immer nur äußerst schwach verunreinigt, erscheint ganz hell. Dieser Farbengegensatz erleichtert sehr die Unterscheidung beider Mineralien. Daß die hellen, unge- trübten Schnitte tatsächlich Dolomit waren, ergab die bekannte Lemberg’sche Reaktion, nämlich die Behandlung eines Präparates mit Fe,Cl, und die nachfolgende Färbung mit (NA,) 5; denn während sich die grauen Caleite mit einer dichten Schicht von schwarzem Eisensulfid bedeckt hatten, waren die farblosen Stellen völlig unange- sriffen geblieben und erwiesen sich eben durch dieses Verhalten als Dolomit. Die in dieser Weise behandelten Schliffe geben zugleich eine sehr gute Vorstellung von der ungleichen Beteiligung des Dolo- mites und Kalkspates an der Zusammensetzung verschiedener Schichten des dolomitischen Kalkes. Vielfach bildet der Dolomit in größeren Kalkspatkörnern Einschlüsse, mitunter oval bis fast kreisrund ge- staltet, und auch in diesem Falle kommt der vorhin erwähnte Farben- gegensatz zum Ausdruck, der auf den ersten Blick eine Unterscheidung beider Mineralien ermöglicht. Wurden Schliffe von grobkörnigem Gesteine der Lemberg’schen Reaktion unterworfen, so blieben entweder gar keine oder nur wenige und geringfügige Stellen ungefärbt, woraus folgt, daß der grobspätige Kalk ein fast reines Caleiumkarbonatgestein ist. Da grobkörnige Kalk- schichten unmittelbar mit feinerkörnigen Lagen von dolomitischem Kalkstein wechsellagern, so ist die Annahme, letztere könnten etwa aus ersteren ihre Entstehung genommen haben, hier wohl ausge- schlossen. Diese abwechselnde Beteiligung des Dolomites in den fein- und grobkörnigen Schichten bedingt eine große Verschiedenheit des Kalk- steines in chemischer Hinsicht, um so mehr, als natürlich der Dolomit- gehalt in den verschiedenen feinkörnigen Lagen selbst wieder Schwankungen zeigt. Daraus folgt, daß sich allgemein gültige Angaben über die Beteiligung des kohlensauren Kalkes und der kohlensauren !) Renard, Bull. de l’acad. r. de Belgique. 1879. 541. 2) Vogt, Salten vog Ranen. Kristiania. 1891. 211. 182 RT; K. Richter. [14] Magnesia gar nicht machen lassen. Als Beweis für die große Ver- schiedenartigkeit der chemischen Zusammensetzung des Kalksteines seien aber wenigstens einige der älteren vorliegenden Analysen ange: geben. Analyse I, von Rammelsberg, findet sich in Roth’s „Erläuterungen“. Die Analysen II und III, von Hoffmann, finden sich mit noch anderen in dem in der Literaturangabe angeführten Bande des Archivs der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen. II bezieht sich nach Hoffmann auf einen „graulich- weißen und schwarz geäderten Kalkstein“, III auf einen „graulich- weißen feinkörnigen, durchscheinenden Doiomit“. T II LI 040057. „2.0081. C0O OUTLET: A Mg9CO, : . . 2452 MgCO; . . 4708. Mg0O,.. . 20420 76,0, . . . 024 Rückstand 2552. 720: ALOE ae ee, Mückstand ‚mem 10063 100'132 9,0 0 Magens 99-3870 Wechsellagernd mit den Kalkschichten treten auch Schichten von reinem Normaldolomit auf (vgl. Analyse III), in welchem den Dolomitindividuen verschwindend wenige Calcitkörner beigemenst sind, die in manchen Schliffen sogar ganz fehlen. Ehemalige Spalten im Dolomit sind immer mit einem gröberkörnigen Aggregat von Kalkspat- individuen ausgefüllt, die sich von den kleineren Dolomitkörnern ohne weiteres durch ihre zahlreicheren Spaltrisse und besonders durch ihre Zwillingslamellen unterscheiden lassen. Außer den besprochenen Mineralien enthalten die Calecite oft einen dunklen Staub, mit dessen winzigen, nicht näher bestimm- baren Körnchen sie mitunter so vollgestopft sind, daß ihre Polarisations- farben verdeckt werden. Derartige Calcite haben meist weder Zwillings- lamellen noch Spaltrisse entwickelt. Wenn aber, wie vielfach beob- achtet wurde, am Rande die fremden Substanzen fehlen, so sind hier Spaltrisse entstanden, die jedoch vor der Verunreinigung plötzlich abbrechen. In anderen Fällen besitzt nur das Innere eines Kalkspates mit dunklem Staub erfüllte Partien, die ebenfalls nicht von den Spaltrissen durchsetzt werden. Doch kommen auch anderseits Fälle vor, wo in einem sonst schwach durchstäubten und von Spaltrissen durchzogenen Caleitkorn sich die staubartigen Interpositionen parallel den Spaltrissen besonders dicht eingelagert finden. Vielfach enthält der Kalkspat außerordentlich zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse, in denen nicht selten bewegliche Libellen beobachtet werden. Mechanische Deformationen zeigen sich in Verbiegungen der Zwillingslamellen der Kalkspate, die auch oft undulös auslöschen. Ebenfalls sind die Tremolitsäulen und Glimmerleisten vielfach gebogen. An besonders dynamisch beeinflußten Stellen sind die Kalkspate mit- unter zu einem feinpulverigen Grus zermalmt worden. Hauptergebnisse: 1. Die weiße Hauptmasse des Kalk- steines besteht aus wechsellagernden Schichten eines grobkörnigen, ent- [15] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 183 weder dolomitfreien oder sehr dolomitarmen Kalkes und eines fein- körnigen dolomitischen Kalksteines mit sehr wechselndem Dolomit- gehalt. Untergeordnet treten auch Lagen von Normaldolomit auf. 2. In diesen Gesteinsschichten wurden außer Kalkspat und Dolomit folgende Mineralien gefunden: Olivin, daraus entstandener Serpentin, Muscovit, Chrysotil, Tremolit, Chondrodit, farbloser Granat, optisch positiver und farbloser Glimmer, Quarz, Chlorit, Spinell, Titanit, Zoisit, Magnetkies, Pyrit, Magnetit. 3. Von diesen Accessorien sind Serpentin, Chrysotil, Olivin, Quarz, Chlorit, Magnetkies und Pyrit schon makroskopisch erkennbar. 4. Vollständig automorphe Ausbildung besitzen unter den Acces- sorien nur bisweilen Olivin und Magnetit. 5. Dolomit und Kalkspat des “dolomitischen Kalksteines unter- scheiden sich in bezug auf Zwillingsstreifung und Spaltbarkeit, kristallo- graphische Ausbildung, Größe und Färbung. 2. Der dunkle und gebänderte Kalkstein. Der dunkle Kalkstein von der Südostecke des oberen Bruches ver- dankt seine Färbung einem reichlich eingelagerten Fisenerz, das in srößeren Körnern und feinen Stäubchen in ihm erscheint. Er ist ein fein- körniger, dolomitischer Kalkstein und enthält außer Serpentin und dem optisch positiven Glimmer keine Accessorien. Der Serpentin ist hier das Umwandlungsprodukt einer Hornblende, deren Querabsonderung manchmal gut erkennbar ist, und vielleicht ist das diese Kalkvarietät färbende Eisenerz als sekundäres Produkt der Hornblendeserpentini- sierung aufzufassen. Der dunkle Kalkstein ist von einem dichten Netz weißer Adern durchzogen, die aus gröberkörnigem Oaleit bestehen und die natürlich als durch Pressung entstandene und wieder ausgefüllte Risse aufzufassen sind. Der Umstand, daß die länglichen Serpentin- partien und die Glimmerleisten alle parallel eingestellt sind, ist hier jedenfalls auch auf dynamische Einwirkung zurückzuführen. Eben- falls feinkörnig ist der dunkle, in sehr hohem Grade dolomitische Kalkstein (beinahe reiner Normaldolomit', der in der Mitte des oberen Bruches die erwähnte 2 m mächtige Bank bildete. Da das schwarze, ihn färbende Pigment, wahrscheinlich eine kohlige Substanz — da das Gestein sich schon nach kürzerem Glühen entfärbte — aber hier nur spärlich in staubfeiner Verteilung auftritt, so erscheint er etwas. heller als die vorige dunkle Varietät. Auch er kennzeichnet sich durch Accessorienarmut, indem er nur spärlich verbreitete Quarzkörnchen und Glimmerschüppchen besitzt. Druckerschei- nungen zeigt er nicht. Von den nun zu besprechenden gebänderten Varietäten wurden die schwarz gestreiften häufiger als die grün gestreiften gefunden. In ihrer mineralogischen Zusammensetzung zeigen die schwarzen und grünen Bänder eine Reihe von Verschiedenheiten. Nur das Vorkommen von Olivin, respektive von daraus entstandenem Serpentin ist allen gemeinsam. .Die bis 3 cm breiten schwarzen Streifen erhalten in der Hauptsache durch die bei der Serpentinisierung des Olivins. ausge- 184 K. Richter. [16] schiedenen Eisenverbindungen ihre Farbe, an der sich in geringem Maße auch kohliges Pigment beteiligt. Sie sind entweder pyroxen- haltig oder pyroxenfrei. Der Hauptbestandteil der Bänder der letzteren Gruppe ist Olivin-Serpentin, und die Menge der Olivine, respektive der Serpentinvorkommnisse ist oft erstaunlich. Es wurden zum Beispiel in einem Gesichtsfelde von 0:3 mm Durch- messer gegen 30 Olivine von 008 mm mittlerer Größe gezählt. Vollständig frische Olivine liegen vielfach neben gänzlich serpen- tinisierten. Meist erscheinen sie in abgerundeten, mitunter ovalen und fast kreisrunden Durchschnitten; doch wurden auch automorphe gefunden. Auffallend ist es, daß nicht wenige der Olivine bei ihrer Serpentinisierung keine Spur von Eisenerz ausgeschieden haben, während die meisten Serpentinpartien entweder einen dunklen eisen- haltigen Rand besitzen oder im Innern eine Anhäufung solcher Sub- stanz zeigen. Nächst Olivinserpentin ist der Glimmer mit der abweichenden optischen Orientierung der zweithäufigste Gemensteil der pyroxenfreien dunklen Bänder, an deren Zusammensetzung dann noch untergeordnet Magnetkies, Pyrit, Zirkon und farblose Granatkörner teilnehmen. In den pyroxenführenden Bändern treten Olivin und Serpentin weit zurück gegen einen vorherrschenden farblosen Pyroxen, der immer nur unregelmäßige Körner und längere spindelförmige Individuen bildet. An letzteren, die Querabsonderung und Spalt- barkeit besitzen, wurde eine Auslöschung von 36—43° gemessen. Dieses Verhalten, sowie die Farblosigkeit gestatten wohl, den Pyroxen als Glied der Diopsid-Malakolithgruppe zu deuten. Auch hier ist der optisch abweichend orientierte Glimmer der zweithäufigste Bestandteil. Daneben kommt aber noch zweifelloser Muscovit vor, der sich durch die ihm eigene optische Orientierung (c=a) von jenem Glimmer sicher unterscheiden läßt. Die naheliegende Vermutung, daß die Pyroxenspindeln und Glimmersäulen mit ihrer Längserstreckung parallel der Streichrichtung der Bänderung einge- stellt seien, trifft nicht zu; sie sind vielmehr ganz regellos angeordnet. Granat fehlte den pyroxenhaltigen Streifen, wohl aber fanden sich in geringer Verbreitung Magnetkies, Apatit und Titanit- körnchen vor. Die seltener vorkommenden schmutziggrünen Bänder, bis 4 cm breit, enthalten als Hauptgemengteil ebenfalls Olivin, der gelegentlich noch frisch, meist aber völlig serpentinisiert ist. Der Serpentin zeigt zum Unterschiede von demjenigen der schwarzen Bänder weder am Rande noch im Innern Eisengehalt. Die grünen Bänder gliedern sich in eine glimmerführende und eine glimmer- freie Gruppe. Zum Olivinserpentin und Glimmer gesellen sich in den Bändern der ersteren Gruppe noch farbloser Granat und Magnetkies, während die glimmerfreien Bänder noch Granat, Magnetit und sechsseitige Täfelchen und Körner von Eisenglanz besitzen. Es scheint geboten, die Bänder nach ihrem Mineralgehalt noch einmal übersichtlich zu gruppieren, wobei die Reihenfolge der Mine- ralien zugleich ihr Mengenverhältnis bezeichnen soll. [17] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 185 1. Schwarze Bänder. a) Pyroxenfrei: Olivin-Serpentin, optisch positiver Glimmer, Maenetkies, Granat, Pyrit, Zirkon, kohlige Substanz. b)Pyroxenhaltig: Pyroxen, optisch positiver Glimmer, Olivin- Serpentin, Magnetkies, Muscovit, Apatit, Titanit, kohlige Substanz. 2. Grüne Bänder. a) Glimmerfrei: Olivin-Serpentin, Magneteisen, Eisenglanz, Granat. b) Glimmerhaltig: Olivin-Serpentin, positiver Glimmer, Magnet- kies, Granat. 3. Der Pyroxen- und Glimmerkalkstein. Der Pyroxen, dem der nur im unteren Bruche !) gefundene grüne Pyroxenkalk seine Färbung verdankt, erscheint unter dem Mikroskop meist noch blaßgrünlich und ist dann bisweilen schwach pleochroitisch, oder er ist fast farblos. Kristallographische Begrenzung zeigt er nicht einmal andeutungsweise. Vorherrschend sind kleine abgerundete und eckige Körner, die in und zwischen den Caleiten liegen; nur untergeordnet treten auch größere Individuen mit Quer- absonderung und einer allerdings meist schlecht ausgebildeten Spalt- barkeit auf, weshalb auch in Querschnitten die charakteristische Pyroxenspaltbarkeit nicht häufig gefunden wird. Wie es scheint, kommt außer der vorwaltenden prismatischen Spaltbarkeit auch eine solche nach den vertikalen Pinakoiden vor, welche die Tatsache erklären würde, daß einige Horizontalschnitte parallel ihren rechtwinkligen Spaltrissen auslöschten. Durch die zwischen 36° und 45° schwankende Auslöschung, sowie durch sein schwach grünliches bis farbloses Aus- sehen beweist dieser Pyroxen seine Zugehörigkeit zur Diopsid- Malakolithreihe. Während der Pyroxenkalk im Handstück ganz.homogen erscheint, erkennt man in manchen Präparaten desselben schon makroskopisch parallel verlaufende, bis 2 mm breite graue Streifen und bis 3 mm große graue Partien, die beide ebenfalls aus einer An- häufung von vorwiegendem Pyroxen bestehen, der zwar mit dem vorhin beschriebenen identisch ist, sich aber von ihm durch seine Verunreinigung mit einer nicht näher bestimmbaren staubähnlichen Substanz unterscheidet. Ein ungestreifter Feldspat, der hier zum erstenmal zu erwähnen ist, bildet die Füllmasse zwischen dem Pyroxen dieser grauen Partien und Streifen, an deren Zusammen- setzung dann noch Zirkonkörnchen und abgerundete gelblich- graue Titanite teilnehmen. Letzteres Mineral erscheint — aber selten — auch in schwach pleochroitischen rhombischen Schnitten. Zweimal wurden im Pyroxenkalk dunkle Mineralanhäufungen !) Zur Zeit ist alierdings infolge des Abbaues von dieser Varietät nichts mehr ersichtlich. Daß sie aber auch schon in früheren Abbauperioden vorge- kommen ist, beweist ein an einer jetzt verlassenen Stelle des Bruches gefundener Block von Pyroxenkalk, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 25 186 K. Richter. [18] von 3—5 cm Durchmesser gefunden. Bei der Untersuchung zeigte sich, daß große Lappen und kleine Körnchen von Magnetkies, der sonst dieser Varietät fehlt, sowie kräftig pleochroitischer Biotit, der in den bisher besprochenen Kalkvarietäten überhaupt nicht vorhanden ist, die Ursachen für die Färbung dieser Vorkommnisse sind, als deren weitere Hauptbestandteile sich der schon erwähnte Pyroxen und Feldspat vorfinden. Auch Titanit ist wieder beteiligt. Ferner ist ein ziemlich häufiger Gemengteil dieser dunklen Mineralkombinationen ein farbloses, stets nur unregelmäßig begrenztes Mineral, das sich durch seine anomalen Interferenzfarben (Wechsel von „zitronengelb und preußischblau*), sowie durch seine schiefe Auslöschung gegen die Spaltrisse als der Klinozoisit Weinschenk’s zu erkennen gibt!). Derselbe bildet in Caleit und Pyroxen auch Einschlüsse. Endlich treten hier noch kleine farblose Epidotkörner auf, durch ihre lebhaften Polarisationsfarben von den weniger lebhaft polarisierenden farblosen Pyroxenen gut zu unterscheiden. Im Gegensatz zu dem eben behandelten grünen Pyroxenkalk wurde der gelbliche Glimmerkalk nur im oberen Bruche beob- achtet. Der reichlich verbreitete Glimmer, dem er sein Aussehen verdankt, ist bisweilen auch zu 1—2 cm breiten Lagen augehäuft. Ferner zeigt diese Kalkvarietät schmale schmutziggrüne Lagen, die aus einem vorherrschenden Pyroxen bestehen. Der Glimmer ist jeden- falls der für körnige Kalksteine typische Phlogopit. Er besitzt auch unter dem Mikroskop eine gelbliche Farbe, die in Horizontal- schnitten etwas dunkler ist als in Vertikalschnitten. Letztere, mit feinen Spaltrissen versehen und immer gerade auslöschend, sind schwach, aber doch deutlich pleochroitisch. Durch diesen Pleochrois- mus, sowie durch seine makroskopisch und mikroskopisch gelbe Farbe ist der Phlogopit mit aller Bestimmtheit sowohl von dem stets bedeutend dunkleren und viel kräftiger pleochroitischen Biotit als auch von Muscovit zu unterscheiden. Nur selten ist er fast farblos. Von den lagenweisen Anhäufungen abgesehen bildet dieser Glimmer meist eine strähnige Zwischenklemmungsmasse zwischen den Kalk- spatkörnern, doch auch Einschlüsse in ihnen. Um eingelagerte Pyroxene und Zirkone erscheinen in seinen Horizontalschnitten sehr häufig zitronengelbe pleochroitische Höfe. Der Phlogopit enthält zahlreiche sechsseitige isotrope Querschnitte und niedrig polarisierende, optisch negative, gerade auslöschende und mit Querabsonderung versehene Vertikalschnitte eines farblosen Minerals, das nur als Apatit gedeutet, werden kann. Daß derselbe hier nicht so grell hervortritt wie in anderen Vorkommnissen, beruht auf der ziemlich geringen Differenz zwischen seinem mittleren Brechungsexponenten und demjenigen des Phlogopits. Der mikroskopisch stets farblose Pyroxen stimmt in bezug auf Ausbildung, Spaltbarkeit, Querabsonderung und Auslöschung mit dem des Pyroxenkalkes überein, von dem er sich nur dadurch unter- !) Weinschenk, Die gesteinsbildenden Mineralien, pag. 83. Freiburg im Breisgau 1901. Ferner von demselben Verfasser die Abhandlung: „Über Epidot und Zoisit“ in der Zeitschrift für Kristallographie, 26. Bd., 1896. 161, 166. [19] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 187 scheidet, daß er auch oft parallel angeordnete, längere spindel- förmige Individuen bildet. Er ist, vergesellschaftet mit Glimmer und ungestreiftem Feldspat, der Hauptbestandteil der schmutzig- grünen Lagen, fehlt aber auch den Glimmerlagen und den übrigen Partien nicht. Nicht selten finden sich kleinere und größere Quarz- partien, die stets aus einer großen Zahl außerordentlich kleiner Quarzindividuen zusammengesetzt sind, welche immer geradlinig- polygonal, sehr oft vollkommen sechsseitig, aneinander stoßen und so eine vorzüglich ausgeprägte Pflasterstruktur bedingen. Lokal erscheinen mitunter förmliche Schwärme von gelblichgrauen Titanit- körnchen, denen gegenüber die verstreut vorkommenden hellen, mit bestimmteren hohen Farben polarisierenden Zirkone sehr zurück- treten. Von Erzen sind Pyrit und vorwiegender Magnetkies vorhanden. Wie schon in der Hauptmasse des Kalksteines lassen sich auch hier randliche Verwachsungen beider und allseitige Um- wachsungen des ersteren durch letzteren konstatieren. Der Magnet- kies verdient deshalb noch besonders hervorgehoben zu werden, weil er nicht nur wie Pyrit lappige Vorkommnisse bildet, sondern auch in Individuen mit einigen Kristallflächen und sogar, wie sechsseitige Umrisse beweisen, in rundum entwickelten Kristallen zu finden ist. Bevor Dathe nachgewiesen hatte, daß der Magnetkies des sächsischen Pyroxengranulits einzelne Kristallflächen ausgebildet habe, glaubte man dagegen, er käme gesteinsbildend überhaupt nur derb vor !). — Die in der grünen und gelben Kalkvarietät dem Caleit untergeordneten Mineralien sollen nun noch in einer ihr Mengen- verhältnis bezeichnenden Reihenfolge gruppiert werden. 1. Pyroxenkalk: Blaßgrüner Pyroxen, Feldspat, Magnetkies, Biotit, Klinozoisit, Epidot, Titanit, Zirkon. 2.Glimmerkalk: Phlogopit, farbloser Pyroxen, Apatit, Magnet- kies, Pyrit, Quarz, Feldspat, Titanit, Zirkon. 4. Silikatische Einlagerungen im Kalkstein. Es wurde je eine Einlagerung im oberen und im unteren Bruche gefunden. Diejenige des oberen Bruches, an dessen Nordostausgang auftretend, besitzt, wenigstens gegenwärtig, von beiden die größere Mächtigkeit (3—4 m). Da sie nur zum Teil erhalten und außerdem von den dynamischen Einwirkungen, welche ja gerade an der Nord- ostecke des oberen Bruches besonders bemerklich sind, stark betroffen worden ist, so läßt sich jetzt nicht mehr feststellen, ob sie eine dem Kalkstein konkordant untergeordnete Linse oder eine derartige Bank gebildet hat. Diese Einlagerung besitzt keine einheitliche Zusammen- setzung, besteht vielmehr aus miteinander wechsellagernden, bis 4 cm mächtigen rotbraunen und bis 3 cm mächtigen grünen Lagen. Erstere erhalter ihr Aussehen durch sehr reichlich eingelagerten Biotit (glimmer- reiche Lagen oder kurz Glimmerlagen), letztere durch Pyroxen und einen grünen Amphibol (pyroxenreiche Lagen oder kurz Pyroxenlagen). !) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1877, Bd. XXIX. 294. 25* 188 K. Richter, [20] Die Glimmerlagen zeichnen sich durch großen Mineral- reichtum aus. Ihre Hauptbestandteile sind eine durch Pressung meist außerordentlich beeinflußte Quarzmasse mit ganz fleckiger Aus- löschung, ein in einem Gewirr kleiner Schüppchen und feiner Flitterchen auftretender Biotit und strähnige Sericitpartien mit parallel angeordneten Schüppchen. Außerdem ist auch noch, gegenüber dem Biotit und Sericit allerdings zurücktretend, eigentlicher Muscovit vorhanden. Recht häufig erscheint in fast quadratischen Querschnitten und gedrungenen Vertikalschnitten ein farbloses, ziemlich stark licht- brechendes Mineral, das sich als optisch negativ erwies und von Säuren (auch HF) nicht angegriffen wurde: Andalusit. Außer den kurzen und dicken Längsschnitten, deren Länge sich zur Breite ungefähr wie 2:1 verhält, kommen — aber sehr vereinzelt — auch solche vor, deren Länge die Breite etwa um das Vierfache übertrifft. Sie sehen auf den ersten Blick Turmalinsäulen, die in geringer Verbreitung übrigens auch vorhanden sind, täuschend ähnlich, unterscheiden sich aber von ihnen durch feine Längsspaltrisse und durch den fehlenden Absorptionsgegensatz. Der Andalusit enthält zahlreiche Interpositionen: schwarze Körnchen (wahrscheinlich Magnetkies), runde Glimmer- schüppchen, Zirkonkriställchen und viele Flüssigkeitseinschlüsse. Letztere sind manchmal in geradlinigen Zügen parallel c eingelagert. — Von den bedeutenden dynamischen Einwirkungen, denen diese Einlagerung unterworfen gewesen ist, zeugt auch der Umstand, daß die Andalusit- säulen bisweilen zerbrochen sind. Zwischen den Bruchstücken hat sich dann entweder Caleit oder Plagioklas angesiedelt. Beide, auch sonst noch auftretend, haben sich in Spalten und Löchern ab- gesetzt und sind deshalb als sekundäre Produkte aufzufassen. Unter den reichlich vertretenen Erzen steht Magnetkies an erster Stelle. Er bildet hier, wie auch schon im Glimmerkalkstein, unregel- mäßige Körner, Individuen mit einzelnen Kristallflächen und vollständig begrenzte Kristalle, welche senkrecht auf die Basis sechsseitigen, parallel derselben vierseitigen Anblick darbieten. Dann aber zeigt er manchmal noch recht zusammengesetzte Wachstumsformen. (Fig. 2.) Isoliert und in Verbindung mit Magnetkies findet sich ferner ein metallglänzendes Erz von grauer Farbe, wahrscheinlich Arsenkies. Auch Kupferkies ist mit Magnetkies verwachsen. Er zeigt bei abgeblendetem Lichte einen deutlichen Stich in das Grünliche, der ihn von Pyrit unterscheidet. Auch Zinkblende kommt vor. Nach ihrem Mengenverhältnis sind die vier Erze in folgender Reihe anzuordnen: Magnetkies, Arsenkies, Kupferkies, Zinkblende. Außer den bisher angeführten Mineralien enthalten die Glimmer- lagen noch einen gelblichgrünen, offenbar aus Biotit entstandenen, fast gar nicht doppeltbrechenden Chiorit, Aggregate einer feinstrahligen farblosen Hornblende mit einer Auslöschung von 16%, Schwärme von Titanitkörnern, Zirkon, Korund, eckige Körnchen von grünem Spinell und vereinzelte Rutile. Manche Glimmerlagen aber führen sehr reichlich Rutil, der in längeren haarfeinen Nädelchen, kürzeren lichtgelben Säulchen, dunkelgelben bis braunroten Körnern und spindelförmigen. Individuen, ferner in Individuen mit gegabelten Enden auftritt. Auch vereinzelte Kniezwilinge wurden beobachtet. Alle [21] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen, 189 die genannten Ausbildungsformen des Rutils erscheinen in demselben Präparat. Die Pyroxenlagen sind im Vergleich zu den Glimmerlagen mineralarm. Zunächst führen sie weder Biotit noch Muscovit, sind also gänzlich glimmerfrei; ferner fehlen ihnen die farblose Horn- blende, Spinell, Chlorit und Turmalin. Von den vier Erzen der dunklen Lagen enthalten sie nur wenig Magnetkies, und auch Andalusit tritt sehr zurück. Dagegen besitzen sie außer Quarz Pyroxen, einen grünen Amphibol und spärlichen Klinozoisit. — Der weitaus vorwiegende Pyroxen, unter dem Mikroskop farblos und stets äußerst verunreinigt, ist ein Glied der Diopsid-Malakolithgruppe mit der dieser zukommenden Auslöschung. Kristallographische Ausbildung fehlt ihm völlig. Die schmalen Amphibolsäulen müssen infolge ihrer blaßgrünen Farbe und ihres im Vergleich zur gemeinen grünen Hornblende schwachen Fig. 2. E D Kristalle und Wachstumsformen von Magnetkies. Vergrösserung: 100. Pleochroismus als eine dem Aktinolith nahe stehende Hornblende gedeutet werden. — Zusammenfassend läßt sich die in ihren minera- logischen Verhältnissen eben charakterisierte Einlagerung des oberen Bruches vielleicht bezeichnen als ein Gesteinskomplex, der aus wechsellagernden Schichten eines. erzreichen und andalusitführenden glimmerschieferähnlichen Gesteines und eines Horn- blende-Pyroxengesteines besteht. Auch die Einlagerung des unteren Bruches ist nur teilweise erhalten. Aus diesem Grunde und infolge des Umstandes, daß bekanntlich die Lagerungsverhältnisse in diesem Bruche infolge der vermutlichen Abrutschung große Störungen erfahren haben, von denen die Ein- lagerung in besonders hohem Grade betroffen worden ist, läßt sich nicht mehr entscheiden, ‚ob sie dem Kalksteine in Form einer Linse oder Bank eingeschaltet gewesen ist. Ihr dunkelschmutziggrünes, deutlich geschichtetes Material ist an den am meisten beeinflußten 190 K. Richter. [22] Stellen so gepreßt, daß es fast erdig geworden ist und sich mit den Fingern zerreiben läßt. Andere Teile sind krummschalig gebogen und besitzen glatte und glänzende Harnische mit zahlreichen Friktions- linien. Verglichen mit der vorhin besprochenen Einlagerung des oberen Bruches fällt die jetzt in Rede stehende durch Mineralarmut auf. Unter dem Mikroskop charakterisiert sie sich als ein parallel struiertes Ge- menge von vorherrschendem Amphibol und Biotit. Ersterer ist auch hier eine feinstrahlige, nur in der Prismenzone entwickelte, dem Aktinolith verwandte Hornblende mit feinen Spaltrissen, die infolge einer reichlicheren Beimischung von Ca Fe Si, O5 auch im Schliff noch ein deutliches Blaßgrün, verbunden mit gut erkennbarem Pleochrois- mus, besitzt. Der lagenweise angehäufte, makroskopisch tiefschwarz glänzende Biotit erscheint unter dem Mikroskop mit dunkelbrauner, manchmal fast roter Farbe. Mit ihm zusammen tritt auf den Spaltflächen sehr reichlich Magnetkies auf, der zum Unterschied von seinem Vorkommen in der Einlagerung des oberen Bruches nie kristallographische Begrenzung hat und das einzige hier eingesprengte Erz ist. Auffallend ist der ganz außergewöhnliche Reichtum dieses Gesteines an Titanit, mit dessen bis O'15 mm großen Körnchen und spitzrhombischen Schnitten die Präparate förmlich übersät sind. Ferner sind noch untergeordnet vorhanden ein Plagioklas (vielleicht Albit) und Quarz. Es scheint geboten, diese Einlagerung, die nach ihren Haupt- gemengteilen als Biotit-Hornblendeschiefer zu bezeichnen ist, in bezug auf ihren Mineralgehalt mit derjenigen des oberen Bruches zu vergleichen. 1. Einlagerung des oberen Bruches. a) Glimmerlagen: Quarz, Biotit, Serieit, Muscovit, Maguet- kies, Arsenkies, Kupferkies, Zinkblende, Andalusit, Chlorit, farblose Hornblende, Turmalin, Titanit, Zirkon, Spinell, Caleit, Plagioklas, Korund, Rutil. b) Pyroxenlagen: Pyroxen, Quarz, grüne Hornblende, Magnet- kies, Andalusit, Titanit, Klinozoisit, Zirkon, Caleit, Plagioklas. 2. Einlagerung desunteren Bruches: Grüne Hornblende, Biotit, Magnetkies, Titanit, Plagioklas, Quarz. Krejdi erwähnt „Übergänge von Amphibolit in Serpentin“, die einzelne Kalksteinbänke voneinander trennen sollen, die aber zur Zeit nicht mehr beobachtet werden können. Auf sie verweisen jedoch aller Vermutung nach mehrfach gefundene Stücke eines schwarzen Serpentins, der sich bei mikroskopischer Untersuchung vorwiegend aus ungefähr parallel gelagerten, serpentinisierten Hornblendesäulchen zusammengesetzt erweist. Daß diese Säulchen tatsächlich einem ehe- maligen Amphibol angehören, beweisen die ebenfalls vorhandenen spitz- rhombischen Querschnitte. Die bei der Serpentinisierung massenhaft ausgeschiedenen Eisenverbindungen, die in staubfeiner Verteilung die Ränder der Hornblendeleisten umgeben, wodurch sich dieselben deutlich voneinander abgrenzen, die aber auch in größeren Körnern vorkommen, verleihen dem Gesteine seine schwarze Farbe. Außerdem enthält der Serpentin den schon mehrfach erwähnten optisch positiven Glimmer, Caleit, überraschend viel Apatit, dessen bis 0'2 mm lange Säulen eine sehr ausgesprochene Querabsonderung aufweisen, endlich zahlreiche [23] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 191 unregelmäßige, stets isotrope Partien, die aller Wahrscheinlichkeit nach Opal sind. Es ist also ein glimmer- und apatitführender Horn- blendeschiefer erst serpentinisiert und dann teilweise opalisiert worden. Ferner wurden Bruchstücke eines dunkelflaschengrünen Serpentins gefunden, der weder Apatit noch Eisenverbindungen enthält. Er ist aus dicht aggregierten großen Individuen einer farb- losen Hornblende, Tremolit, entstanden, wie durch erst teilweise umgewandelte Vorkommnisse, die noch die amphibolische Auslöschung besitzen, mit aller Sicherheit bewiesen wird. Solcher eben in der Umwandlung begriffener Tremolit zeigt, daß die Serpentinisierung von den Sprüngen der Querabsonderung und den Spaltrissen aus gleich- zeitig vorschreitet, an den ersteren aber energischer ist. Da nun Spaltbarkeit und Querabsonderung ungefähr rechtwinklig aufeinander- stoßen, muß der Serpentin bei vollendeter Umwandlung der ehe- maligen Vertikalschnitte zwei Systeme sich rechtwinklig kreuzender Linien zeigen. Es entsteht also dieselbe Erscheinung, die man einst bloß für die Pyroxenserpentinisierung in Anspruch genommen und als Balkenstruktur bezeichnet hat. Die Entstehung von kompaktem Serpentin aus einem Amphibol- gestein sei hier deshalb noch ganz besonders betont, weil Weinschenk dieselbe leugnet und weil nach ihm scheinbar „Pyroxene und Amphibole nur dort von der Serpentinisierung mitergriffen worden, wo sie unter- geordnete Gemengteile von ursprünglichen Peridotiten waren, die der Umwandlung in Serpentin anheimgefallen sind !). Bei den im vorher- gehenden besprochenen Fällen von schwarzem und grünem Serpentin ist aber an ehemalige Peridotite absolut nicht zu denken, und Olivine, respektive deren Umwandlungsprodukte, sind nicht einmal accessorisch darin enthalten. Vielmehr verdanken sie ihre Entstehung zweifellosen Amphibolgesteinen, und so muß für diese Raspenauer Serpentinvor- kommnisse die Richtigkeit der folgenden Angabe Weinschenks ent- schieden in Abrede gestellt werden: „Jedenfalls dürfte sicher sein, daß ehemalige Pyroxen- oder Amphibolgesteine nicht zur Serpentinbildung Anlaß geben —“* usw. Außer den Übergängen von Amphibolit in Serpentin sollen nach Krejti auch „Streifen von rotem chloritischen Gneis und Phyllit“ Kalksteinbänke voneinander trennen. Nach den jetzt vorliegenden Abbauverhältnissen kann diese Angabe, die auch Katzer zitiert, ebenfalls nicht mehr bestätigt werden. Es ist aber wohl anzunehmen, daß zur Zeit, als Krejöi das Gebiet untersuchte, derartige Gesteine tatsächlich die angegebene Rolle gespielt haben; und da kommt jeden- falls der Teil des Ostabhanges des Kalkberges zwischen dem oberen und unteren Bruche in Betracht, auf dem einst eine Menge gegen- wärtig fast sämtlich zugeschütteter Brüche in Betrieb gewesen sind ?). !) Weinschenk. Die gesteinsbildenden Mineralien, 121. Freiburg im Breisgau, 1901. ?) Wohl werden auch jetzt noch, aber nur auf den höheren Abhängen des Kalkberges, besonders in der Nähe des oberen Bruches, Stücke eines roten gneis- ähnlichen Gesteines gefunden; sie deuten aber auf einen ganz andern als den von Krej&i angeführten Zusammenhang und werden erst an späterer Stelle mit zu besprechen sein (Seite 209 [41]). 192 R. Richter. [24] II. Die hangenden und liegenden Gesteine. Da, wie schon erwähnt, das Liegende des Kalksteines entweder nicht zugänglich oder abgebaut ist, hat sich dieser Teil der Arbeit in der Hauptsache auf die Betrachtung des besser, aber auch nur teilweise erhaltenen und ebenfalls nur unvollkommen zugänglichen Hangenden zu beschränken. Der ganze Komplex der hangenden Gesteine zerfällt in einige Gruppen. Seine unterste Partie, welche dem Kalksteine direkt auf- lagert, ist ein bereits in einem früheren Zusammenhange erwähntes dichtes, dunkelgrünes Pyroxengestein, das aus weitaus vorwiegendem Malakolith besteht und deshalb Malakolithfels genannt werden wird. Derselbe geht nach oben in einen dunkelgrünen Hornblende- schiefer über, welcher mehrfach mit Feldspatamphibolit wechsellagert. Wievielmal diese Wechsellagerung stattfindet, kann nicht festgestellt werden. Endlich ist an der Zusammensetzung dieses hangenden Gesteinskomplexes ein Chloritschiefer beteiligt, von dem aber nur eine einzige Schicht gefunden wurde. Es sind also nun zu betrachten: 1. Der Malakolithfels, 2. der Hornblendeschiefer, 3. der Feldspatamphibolit, 4. der Chloritschiefer. I. Der Malakolithfels. Der Malakolithfels bildet ein richtungslos struiertes Gemenge von Malakolithindividuen, die auch im Präparat noch ein deutliches Grün zeigen!). Sie sind meist in der Prismenzone entwickelt und besitzen zahlreiche prismatische Spaltrisse, wogegen Querabsonderung gewöhnlich fehlt. Mitunter ist der Malakolith auch sehr kleinkörnig und läßt dann weder prismatische Ausbildung noch Spaltbarkeit erkennen. Andernteils wurden auch divergentstrahlige Aggregate gefunden, die aus längeren Malakolithstengeln zusammengesetzt waren. Zwillingsbildung war nicht zu beobachten. Querschnitte und klinopinakoidale Schnitte des sehr lebhaft polarisierenden Pyroxens zeigen Pleochroismus, und zwar ist a gelb, b und c grün. Daraus folgt, daß Schnitte nach oFPmw keinen Farbenwechsel haben können. Die maximale Aus- löschungsschiefe erreicht 45°, die mittlere bewegt sich zwischen 38° und 40°, Mitunter ragen Malakolithe in Caleitpartien hinein, und dann haben sie vielfach terminale Flächen entwickelt. Diese Tatsache und die außerordentlich zahlreichen, oft mit beweglichen Libellen versehenen Flüssigkeitseinschlüsse des Oaleites berechtigen vielleicht zu der Annahme, daß letzterer hier ein sekundäres Ausfüllungsprodukt ursprünglicher kleiner Hohlräume im Malakolithfels ist. Außerdem enthalten die Präparate aber noch andere, stets kleinere Caleitpartien, 1) Dieser Malakolith ist offenbar der von Kalkowsky als „Salit“ bezeichnete Pyroxen. [25] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 193 die, weil sie im Verhältnis zu den vorigen sehr wenig Flüssigkeits- einschlüsse aufweisen und weil die an sie angrenzenden Malakolith- körner keine terminalen Flächen besitzen, wohl als primäre Bestand- teile gelten müssen. Abgesehen von den eben erwähnten sekundären und primären kleineren Kalkspatvorkommnissen werden im Malakolithfels auch über faustgroße Nester eines sehr grobspätigen Calcites gefunden, dessen 1—2 cm breite Spaltflächen eine schon makroskopisch erkenn- bare Zwillingslamellierung zeigen. Es muß wohl angenommen werden, daß diese Calcitnester größere Hohlraumausfüllungen im Malakolith- fels sind. Außer Caleit finden sich im Schliffe nicht selten wasserhelle Plagioklaspartien, pleochroitische und manchmal mit feinen Spalt- rissen versehene Epidotkörnchen und Schwärme von saftiggrünen Chloritschüppchen, deren lebhafter Pleochroismus sich in einem Wechsel von dunkelgrün und gelbgrün ausspricht. Außerdem aber ist noch ein offenbar von jenem abweichender Chlorit vorhanden, dessen vereinzelt auftretende Schüppchen, ebenfalls lebhaft pleochroitisch, bei der Drehung zwischen grün und bräunlichgelb wechseln. Blumrich berichtet, daß der „Hornblendeschiefer“, den er auch „Amphibolit* nennt, — das ist aber ganz wahrscheinlich der von ihm nicht mikro- skopisch untersuchte Malakolithfels — „stellenweise sehr dicht und durch Anreicherung an Epidot gelblichgrün gefärbt* sei. Vielfach zeigen die Malakolithfelspräparate schon makroskopisch auffallende, hellglänzende kleine Partien, die sich bei mikroskopischer Betrachtung als nesterartige Anhäufungen einer grünlichen Hornblende erweisen. Dieselbe bildet nur in der Prismenzone begrenzte, ungefähr gleichlange und auch gleichbreite Säulchen, die feine Spaltrisse be- sitzen. Querabsonderung (dagegen wird nur an Individuen beobachtet, welche die Durchschnittsgröße überschreiten t). Die Hornblende besitzt einen deutlichen Pleochroismus, und zwar ist a farblos bis ganz schwach gelblich, b gelb (mit einem kaum erkennbaren Schein in das Grün- liche) und c bläulichgrün. Das ihren Horizontalschnitten also fehlende deutliche Grün, ferner ihr blaßgrünes Aussehen unterscheiden sie von der stets bedeutend dunkler gefärbten gemeinen grünen Hornblende. Jedenfalls haben wir es hier mit einem Amphibol zu tun, der zwischen dem Strahlsteine und der gemeinen grünen Hornblende steht, ersterem aber näher kommt als letzterer. Die mittleree Auslöschung beträgt im Maximum 16—18°; doch wurden auch Auslöschungsschiefen von 19— 22° gemessen. Manchmal besitzt diese Hornblende um nicht sicher be- stimmbare Interpositionen dunkelgrüne pleochroitische Höfe, die jedoch bei keiner Stellung ganz verschwinden. — Eigentümlich ist vielen Hornblendeleisten eine fleckige Beschaffenheit, die wahrscheinlich auf ungleichmäßiger Verteilung des Eisengehaltes beruht und sich in zwei- facher Weise zeigt. Entweder treten in ihrem Innern unregelmäßige farblose oder nur schwach gelblich gefärbte und wenig pleochroitische. ?) Es handelt sich hier jedenfalls um die „maigrüne, stark dichroitische Hornblende“, deren Vorkommen bei Raspenau schon Kalkowsky erwähnt hat. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 26 194 K. Richter. [26] Partien auf, oder sie enthalten dunkelgrüne, ebenfalls unregelmäßig gestaltete, aber kräftig pleochroitische Flecken, die in Schnitten nach »#Pmw einen Farbenwechsel von blaugrün-gelb (manchmal fast farblos), in Schnitten nach © Po» einen solchen von blaugrün-gelbgrün zeigen. Der Pleochroismus der letzteren dunkelgrünen Flecken weicht also von demjenigen der sie einschließenden Hornblendesäulen ab. — Es sei besonders noch darauf hingewiesen, daß die eben beschriebene Horn- blende nicht etwa ein uralitisches Umwandlungsprodukt des Malakoliths ist, sondern daß sie als primärer Gemengteil gelten muß. Vielfach enthalten die Präparate des Malakolithfels ein rotbraunes bis gelblichbraunes Mineral, das man auf den ersten Blick vielleicht für Rutil halten könnte, wenn nicht sein isotroper Charakter dagegen spräche. Da vermutet wurde, daß es sich um Zinkblende handeln könnte, die Blumrich, aber bloß als Saum um größere Calcitnester in seinem „Amphibolit* schon nachgewiesen hat, so wurde eine ge- pulverte Portion des Gesteines in Salpetersäure gekocht und das Filtrat hierauf mit H,S behandelt. Das auf diese Weise erhaltene Zinksulfid bestätigte jene Vermutung. Zugleich wurde durch dieses Ver- fahren der Nachweis geliefert, daß der Blende ziemlich viel Fe S bei- gemischt ist, was übrigens schon ihr dunkles Aussehen unter dem Mikroskop erwarten ließ und ebenfalls schon von Blumrich ange- geben wird. Die nur an den dünnsten Rändern in höherem Grade durchscheinende Zinkblende bildet fast immer unregelmäßige In- dividuen; nur selten sind einige Kristallflächen entwickelt. Größere Individuen lassen nicht selten zahlreiche parallele Spaltrisse erkennen, die den kleineren meist fehlen. In einigen Fällen wurde eine Ver- wachsung der Blende mit Pyrit, seltener mit Magneteisen beobachtet, die beide ihr randlich ansitzen. Der Umstand, daß die Zinkblende Malakolith und Plagioklas in sich einschließt, daß sie umgekehrt aber auch zusammen mit Malakolith Einschlüsse in Plagioklas bildet, spricht für ihre Gleichaltrigkeit mit Malakolith und Plagioklas.. Damit stimmt die Tatsache überein, daß sie auch sonst durchaus den Eindruck pri- märer Entstehung macht, nicht etwa zum Beispiel reihenweise An- ordnung ihrer Individuen zeigt, die auf das Vorhandensein ehemaliger Spalten deuten könnte, in welche sie sekundär eingedrungen wäre. In Einklang hiermit steht ihr Auftreten in kleinen und dichten nester- artigen Anhäufungen, die infolge ihrer dunkelroten Farbe in dem grünen Muttergesteine schon makroskopisch erkennbar sind und ganz den Eindruck eingesprengter Vorkommnisse machen. Freilich kommt die Zinkblende andererseits auch — aber seltener — unter Verhältnissen vor, unter denen ihre primäre Natur unwahrscheinlich ist. Sie bildet nämlich, wie zuerst Blumrich angegeben hat, auch um die im Mala- kolithfels mitunter zu findenden Nester von grobspätigem Caleit, die jedenfalls nur als Hohlraumausfüllungen gedeutet werden können, einen — freilich nicht kontinuierlichen — Saum, der aus bis 2 mm großen rot- braunen und metallisch glänzenden Plättchen besteht. So muß also wohl angenommen werden, daß die Zinkblende, welche die kleinen dichten An- häufungen im Malakolithfels bildet, primär, der aus größeren Plättchen bestehende Zinkblendesaum um die Caleitnester aber sekundärer Natur ist; denn an einem Orte, an dem Zinkblende primär entstehen konnte, [27] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 195 muß auch schließlich die Möglichkeit einer nochmaligen nachträglichen Bildung zugestanden werden !). Außer Zinkblende enthält der Malakolithfels von Erzen noch Magneteisen, Magnetkies und Pyrit. Das erstere, am reich- lichsten vertreten, bildet meist derbe Partien, und ich verdanke Herrn Oberlehrer Weber in Voigtsbach (bei Reichenberg in Böhmen) ein Handstück von Malakolithfels, welches so magnetitreich ist, daß es die Magnetnadel sehr stark beeinflußt. Außerdem findet sich das Magnet- eisen gelegentlich in kristallinischer Ausbildung, durchzogen von Strähnen von Malakolith oder Hornblende, und derartige Vorkommnisse zeigen mikroskopisch kristallographische Begrenzung durch einzelne Flächen. Blumrich hat sogar makroskopische Magnetitkristalle gefunden, von denen er sagt, daß sie sich „nach den Oktaederflächen gut spalten lassen und dabei stark glänzende Spaltflächen liefern*?). Magnet- kieshaltiger Malakolithfels steht mir nicht zur Verfügung, weshalb auch über das Auftreten und die Ausbildung des Magnetkieses nichts Näheres gesagt werden kann. Daß er aber in dem beschriebenen Gesteine vor- kommt, folgt mit Sicherheit aus der Angabe von Blumrich, nach welchem in dem Material, das 1890 aus einem auf der Südostseite des Kalkberges eingetriebenen Stollen herausbefördert wurde, „in reichlicher Menge Magnetkies eingesprengt“ war?). Der Pyrit, dessen Verwachsung mit der Zinkblende schon erwähnt ist, wird auch in voll ausgebildeten Kristallen gefunden; zum Beispiel wurden Würfel von 0:6 cm und 0'8 cm Kantenlänge gemessen ?). In der Nähe des vorhin erwähnten Stollens hat Blumrich ziemlich dicke „schwefelgelbe Krusten“ eines Minerals gefunden, das in seinen hauptsächlichsten Eigenschaften mit denen des Metavoltins übereinstimmte. Blumrich erklärt die Krusten dieses Minerals, „die durch ihre knospige Gestaltung den Eindruck von stalaktitischer Bildung“ machen, als einen Absatz aus Wasser, welches das magnetkieshaltige Nebengestein ausgelaugt habe. Herr Oberlehrer Weber hat mir ein Handstück von Malakolith- fels zur Verfügung gestellt, das größere rötliche Flecken zeigt, die scharfe Grenzen besitzen. Sie bestehen, wie durch das Mikroskop klar wird, aus einem dichten Gemenge von vorwiegendem Granat, einem Zoisitmineral, Epidot und Malakolith. Der auch im Präparat noch blaßrötlich gefärbte Granat, von unregelmäßigen Sprüngen durchzogen, ist meist nicht kristallographisch begrenzt, doch !) Für eine technische Ausbeutuzg würde der Gehalt des Gesteines an Blende bei weitem nicht ausreichend sein, weshalb auch eine solche hier nie versucht worden ist. 2) Vermutlich handelt es sich hier aber nicht um Spaltbarkeit, sondern um Schalenbau nach dem Oktaeder; denn „eigentliche Spaltbarkeit fehlt“ nach Zirkel dem Magnetit. Zirkel, Elemente der Mineralogie. 14. Aufl. 1901. 518. ®) Dieses Material ist eben von Blumrich als „Hornblendeschiefer“ oder „Amphibolit“ bezeichneter Malakolithfels. *) Zum ersten Male findet sich bei Jok&ly, aber nur vermutungsweise, die Angabe, daß das Hangende des Kalksteines „Magneteisenerz, Blenden und Kiese*“ enthalte, bis dann Blumrich zuerst das tatsächliche Vorhandensein von Magnet- kies, Magnetit und Zinkblende nachgewiesen hat. 26* 196 K. Richter, [28] wurden gelegentlich einige Kristallflächen beobachtet, die auf das Rhombendodekaeder zu verweisen schienen. Der farblose Epidot ist durch seine stärkere Lichtbrechung und durch seine lebhaften Polari- sationsfarben von dem ebenfalls farblosen Zoisitmineral gut zu unter- scheiden. Ob letzteres, das wie Epidot immer nur in unregelmäßigen Körnchen auftritt, rhombisch oder monoklin ist, läßt sich, da infolge _ des Fehlens von Spaltrissen die Auslöschung nicht bestimmt werden kann, nicht mit Sicherheit feststellen. Der Granat ist in allen Fällen förmlich vollgestopft von kleinsten Zoisit- und Epidotpartikelchen, die bei der Drehung des Präparates bei gekreuzten Nicols lebhaft auf- blitzen. In meist kleinen runden Körnchen, aber auch in größeren Schnitten mit Längsspaltrissen erscheint ein wasserhelles, im Querschnitt isotropes Mineral, dessen zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse bewegliche Libellen zeigen: Skapolith. Derselbe bildet auch Einschlüssa in größeren Granatkörnern. Neben Malakolith tritt recht häufig eine feinstrahlige grüne Hornblende auf. Sie ist wie die schon beschriebene offenbar auch ein Glied in der Reihe vom Strahlstein bis zur gemeinen grünen Hornblende, steht aber infolge ihrer dunkleren Färbung letzterer, mit welcher auch ihr Pleochroismus übereinstimmt, näher als ersterem. Zwischen den Leisten dieses Amphiboles liegen auffallend viele abge- rundete Körnchen, aber auch Kristalle von Zirkon, und einer der letzteren, 0'15 mm lang, zeigte quer zur Vertikalachse Sprünge, die ganz den Eindruck einer Querabsonderung machten. Um kleinere ein- geschlossene Körnchen und Kriställchen von Zirkon erscheinen in den Hornblendesäulen dunkelgrüne pleochroitische Höfe. Weitere unter- geordnete Bestandteile dieser rot gefärbten Mineralkombinationen sind ein ungestreifter Feldspat, Calcit, Magnetkies und Pyrit. Nach Blumrich ist im „Amphibolit“ auch ein brauner Granat „in kleinen Nestern und feinen Lagen“ vorgekommen, der, wenn ihm genügend Raum zur Verfügung stand, ein bis mehrere Millimeter große Kristalle von der Kombination (110) (211) entwickelte. Ich habe derartige Vorkommnisse von braunem Granat nicht gefunden. Im Malakolithfels werden also außer dem Hauptbestandteile Malakolith noch folgende Mineralien gefunden: Caleit, Plagioklas, Epidot, dem Strahlstein nahestehende grüne Hornblende, Chlorit, brauner Granat, Zinkblende, Magneteisen, Magnetkies, Pyrit. — Lokal treten noch auf: roter Granat, Klinozoisit, Skapolith, ungestreifter Feldspat, der gemeinen grünen Hornblende nahestehende Hornblende, Zirkon. Quarz fehlt). 2. Der Hornblendeschiefer. Nach dem höheren Hangenden zu stellt sich im Malakolithfels eine Hornblendevarietät, welche der schon besprochenen, dem Strahl- steine nahestehenden Hornblende verwandt ist, immer reichlicher ein. Der Malakolith dagegen tritt allmählich zurück, verliert gleichzeitig seine prismatische Ausbildung und erscheint endlich nur noch in !) Das Fehlen von Quarz erwähnt auch schon Kalkowsky. [29] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 197 kleinen abgerundeten Körnchen, die zuletzt auch noch verschwinden. Der richtungslos struierte Malakolithfels geht so in einen Hornblende- schiefer über, dessen Hornblendesäulen eine so ausgesprochene Parallelstruktur bedingen, daß in genau nach der Schieferungsebene geschliffenen Präparaten auch nicht ein Querschnitt zu finden ist. In einem der Übergangsglieder, das infolge des UÜberwiegens der Hornblende schon deutliche Parallelstruktur besitzt, haben sich braune Biotitschüppchen eingestellt, so daß also ein biotitführender Pyroxen-Hornblendeschiefer entstanden ist. Ein anderes dieser Übergangsgesteine kann infolge des Auftretens von Chlorit als chloritischer Pyroxen-Hornblendeschiefer bezeichnet werden. Die verschiedenen Schichten des reinen, pyroxenfreien Horn- blendeschiefers sind durchaus nicht einheitlich beschaffen, wie man wohl vermuten möchte; vielmehr bestehen in bezug auf die Art und Größe der Hornblende und in bezug auf Accessorienführung Unter- schiede. Das Fehlen von Quarz ist dagegen allen gemeinsam. Es gibt Lagen des Hornblendeschiefers, die aus einer außer- ordentlich feinstrahligen Hornblende zusammengesetzt sind, deren Säulchen weder Spaltbarkeit noch Querabsonderung erkennen lassen und — nach dem blaßgrünen Aussehen und dem nur schwachen Pleochroismus zn schließen — jedenfalls dem Strahlsteine ziemlich nahe kommen. Nur untergeordnet erscheinen in einem solchen fein- filzigen Gemenge auch größere, mitunter nesterartig angehäufte, dunkler grüne und kräftiger pleochroitische Hornblendeindividuen, die ent- weder lang und sehr schmal oder kürzer, dafür aber breiter sind; und diese zeigen Querabsonderung, aber keine Spaltbarkeit. Sie sind offenbar der gemeinen grünen Hornblende mehr genähert. In ihnen finden sich gelegentlich farblose, tropfenförmige Körnchen, vielleicht Pyroxen. An accessorischen Bestandteilen ist dieser Hornblende- schiefer sehr arm. Nur ganz vereinzelt erscheinen farblose, an ihren hohen Polarisationsfarben erkennbare Epidotkörnchen, lavendel- blau polarisierende und mit Querabsonderung versehene Zoisitleisten, sowie grünliche pleochroitische Chloritschüppehen. Andere Schichten des Hornblendeschiefers sind zusammengesetzt aus Individuen einer größeren Hornblende, welche der in den eben besprochenen Lagen nur untergeordnet vorkommenden in bezug auf Farbe und Pleochroismus entspricht. Sie zeigt häufig die früher er- wähnte fleckige Beschaffenheit. In diesen Schichten nun stellt sich mitunter eine noch größer ausgebildete Hornblende ein, die für eigent- liche gemeine grüne Hornblende gehalten werden muß. Charakteristisch ist für sie das Auftreten eines oft sehr breiten Orthopinakoides, das die Prismenflächen weit überwiegt und immer vorhanden zu sein scheint, während andererseits das den Hornblenden eigene Klinopina- koid niemals beobachtet wurde. So entstehen nach der Orthodia- gonale langgestreckte Horizontalschnitte, die in der Richtung von 5 oft 3—4mal länger sind als in derjenigen von a. Nicht selten findet nach diesem Orthopinakoid eine Parallelverwachsung statt. Neben den für die gemeine grüne Hornblende üblichen Auslöschungsschiefen wurden auch solche von 19—24° gemessen. Auch dieser Hornblende- 198 K. Richter. [30] schiefer ist durch Accessorienarmut gekennzeichnet, und außer zer- streut vorkommendem Pyrit und Zirkon wurde nur in einem Falle Skapolith etwas reichlicher in ihm gefunden, so daß man also von einem Skapolith-Hornblendeschiefer sprechen könnte. Wie schon in den roten granatführenden Flecken des Malakolithfels bildet der Skapolith auch hier keine Kristalle. Seine rundlichen, manchmal sogar elliptischen Körner enthalten Flüssigkeitseinschlüsse und äußerst feine Hornblendenädelchen. — Auf einen 0'12 mm langen abgerundeten, aber nach einer Richtung gestreckten Zirkon sei noch hingewiesen. Derselbe besitzt parallele Risse, welche, da ihnen parallel die Aus- löschung erfolgt, als prismatische Spaltrisse zu deuten sind, die be- kanntlich an mikroskopischen Zirkonschnitten nicht allzuhäufig beob- achtet werden. Der Hornblendeschiefer zeigt manchmal die Spuren starker Druckwirkungen, und man findet ganz krummschalig gebogene und mit glatten und glänzenden Rutschflächen versehene Vorkommnisse, die durchaus nicht mehr an ein früher ebenflächig schiefriges Gestein erinnern. Präparate von solch gepreßtem Material lassen schon makro- skopisch hervortretende Windungen erkennen, die sich unter dem Mikroskop in ein Gewirr schmaler Hornblendesäulchen auflösen. Von letzteren löschen viele undulös aus; andere aber werden überhaupt bei keiner Stellung völlig dunkel, sondern besitzen auch im Maximum der Auslöschung noch ein deutliches Grün; wieder andere löschen fleckig aus, d. h. sie haben nur einzelne Stellen, die nie ganz dunkel werden. Größere Hornblendeindividuen derartig beeinflußten Gesteines besitzen oft einen großen Reichtum an Flüssigkeitsein- schlüssen. Diese sind entweder regellos verteilt oder bilden ungefähr parallele, quer zur Längsachse der Hornblende verlaufende gerade Züge, die oft in großer Zahl auftreten. In einer 0‘4 mm langen Amphibolsäule wurden zum Beispiel 14 solche Reihen gezählt. — Da der normale, nicht dynamisch beeinflußte Hornblendeschiefer nur wenig Flüssigkeitsein- schlüsse besitzt, ist vielleicht der Schluß berechtigt, daß ihr reich- liches Vorhandensein in dem gepreßten Gesteine mit Druckwirkungen in Beziehung zu bringen ist. Bei der Verwitterung liefert die dem Strahlsteine verwandte Hornblende als Endprodukt Caleit, und in günstigen Präparaten lassen sich alle Stadien dieses Prozesses verfolgen, dessen Anfang die Weg- schaffung des Eisengehaltes ist. Je nachdem letzterer ganz oder erst teilweise verschwunden ist, sehen die Hornblenden farblos oder gelblich aus und sind unpleochroitisch geworden. Nun setzt die Aus- scheidung von Caleit ein. Dadurch werden die Amphibole in schmale Fasern oder zackige Streifen zerlegt, die noch durch gleichzeitige Auslöschung und gleichartiges Polarisieren ihre Zugehörigkeit zu einem Individuum beweisen. Gelegentlich befindet sich innerhalb einer Caleit- partie ein noch nicht ganz umgewandelter Hornblenderest, der mit- unter sogar noch grün gefärbt ist und der beweist, eine wie ver- schiedene Empfänglichkeit selbst auf so engen Raume gegenüber den Verwitterungseinflüssen besteht, jedenfalls veranlaßt durch kleine Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung. In stark zersetztem und weitgehend dynamisch beeinflußtem [31] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 199 Hornblendeschiefer treten auffallend viel pleochroitische Höfe auf, von denen in einem Gesichtsfelde von 0'8 mm Durchmesser zum Beispiel gegen 20 gezählt wurden, und ein Amphibolsäulchen von 0:15 mm Länge zeigte drei pleochroitische Höfe. Die größten haben einen Durchmesser von 008 mm, die kleinsten einen solchen von etwa 0'02 mm. Die meist vollkommen kreisrund, um längliche Ein- schlüsse auch oval gestalteten pleochroitischen Höfe sind dunkel- bis schwarzgrün gefärbt, und sie verschwinden bei keiner Stellung voll- ständig, sondern besitzen auch im Minimum der Absorption noch ein lebhaftes Grün. Manche Höfe haben einen fast unmerklichen Pleochrois- mus. Die sichere Entscheidung über die Natur ihrer zentralen Interpositionen wird durch ihre dunkle Färbung erschwert, besonders wenn diese noch dazu mit einer kaum wahrnehmbaren Aufhellung verbunden ist. In einigen Fällen aber sind Zirkonkriställchen als Einschlüsse wohl erkennbar. Ob jedoch die winzigen abgerundeten Körnchen, die in anderen auftreten, Zirkon- oder Epidotpartikelchen sind, läßt sich nicht entscheiden. Meist ist nur eine zentral gelegene Interposition vorhanden, mitunter aber zwei, sogar drei. In einigen Fällen beobachtet man zwei exzentrische Einschlüsse, die so liegen, daß ihre Verbindungslinie einem Durchmesser des pleochroitischen Hofes entsprechen würde. Wenn, wie bisweilen zu beobachten ist, sich ein Einschluß gerade am Rande einer Hornblendesäule befindet, so ist nur ein halbkreisförmiger Hof entstanden. Ziemlich häufig aber ist überhaupt kein Einschluß zu sehen. Zur Erklärung hierfür ist bekanntlich angenommen worden, der Einschluß liege entweder dennoch versteckt darunter, oder der Schliff sei so geführt, das er entfernt wurde). Da der normale Hornblendeschiefer wenig pleochroitische Höfe enthält, das gepreßte und verwitterte Gestein aber auffallend reich an ihnen ist, erscheint vielleicht der Schluß berechtigt, daß ihre Entstehung durch Druckwirkungen und Verwitterungseinflüsse be- günstigt wird. Durch den Reichtum zersetzten Hornblendeschiefers an pleo- chroitischen Höfen erfährt also die Annahme Romberg’s, nach der sie auf ein Verwitterungsprodukt oder eine chemische Verbindung des Einschlusses zurückzuführen sind, eine Bestätigung?). Die Er- scheinungen, daß manche Höfe überhaupt keine Interposition erkennen lassen, daß ferner um größere und scharfflächig umgrenzte Einschlüsse Höfe mit einem verhältnismäßig geringen, um kleine abgerundete Körnchen aber solche mit einem relativ viel größeren Durchmesser liegen, würden dann nur verschiedene Stadien des Prozesses sein, den Romberg annimmt. Seine Erklärung würde zugleich verständlich machen, warum in der Regel nur in größeren Höfen kein Einschluß sichtbar wird, der sich in kleinen fast immer vorfindet. Am Schlusse dieses Abschnittes mag noch hervorgehoben werden, daß auf keinen Fall an eine Entstehung des Hornblendeschiefers aus !) Zirkel, Lehrbuch der Petrographie. 2. Aufl. 1893, I. 92. ?) Neues Jahrb. f. Min., Beilageband VIII. 354, 9200 K. Richter. [32] Malakolithfels gedacht werden kann, wogegen übrigens auch die mehr- fache Wechsellagerung mit dem gleich zu besprechenden Feldspat- amphibolit sprechen würde. 3. Der Feldspatamphibolit. Nach der Art des Amphibols, der entweder ein Zwischenglied zwischen der gemeinen grünen Hornblende und dem Aktinolith oder eigentliche gemeine grüne Hornblende ist, lassen sich hier zwei Varietäten von Feldspatamphibolit unterscheiden. Derjenige mit der gemeinen grünen Hornblende tritt in einer größeren Anzahl von mit den Hornblendeschiefern wechsellagernden Schichten auf, deren Mächtigkeit zwischen 2 cm und 20 cm schwankt. Sein Material sieht im Handstück ziemlich kompakt aus; unter dem Mikroskop aber besitzt es infolge der parallelen Anordnung der Horn- blendesäulen eine deutliche Parallelstruktur. Die Hornblende ist an ihren Enden und Rändern oft wie angefressen, so daß förmlich ausgehöhlte und eingebuchtete Querschnitte entstehen, deren Löcher immer mit ungestreiftem Feldspat ausgefüllt sind. Manchmal zeigt sie Zonenbau, der infolge des Farbenunterschiedes einer inneren dunklen und äußeren helleren Schicht schon in gewöhnlichem Lichte zu erkennen ist. In einigen Fällen gelang es, zwischen Kern und Rand Auslöschungsdifferenzen von 4° zu messen. Die Neigung c:c überschreitet nicht selten 20° und erreichte in einem Falle sogar 26°. Wie die zahlreichen einfach -spitzrhombischen Querschnitte zeigen, tritt an der Hornblende weder das Ortho- noch Klinopinakoid auf. Kleinen Horizontalschnitten fehlen vielfach die charakteristischen Spalt- risse. Um Zirkon erscheinen dunkelgrüne pleochroitische Höfe. Isoliert und in Verwachsungen mit der Hornblende ist sehr reich- lich Biotit vorhanden, dessen größere Lappen von Hornblendeleisten oft förmlich durchschnitten werden; und es wurde beobachtet, daß dann die pleochroitischen Höfe des Glimmers mitunter auf eine solche nahe gelegene Amphibolsäule übergreifen. — Der ungestreifte Feldspat, dessen Körner eigentümlich verzahnt ineinandergreifen, ist geradezu übersät mit einer Fülle längerer und kleinster Hornblende- mikrolithen und feiner Apatitsäulchen, die alle unter sich und den größeren Hornblenden parallel eingestellt sind. Ihnen gesellen sich zahlreiche runde Apatitkörnchen, Biotitschüppchen, Quarzkörnchen und Zirkone bei. Im Gegensatz zu diesem ungestreiften, mit Inter- positionen förmlich vollgestopften Feldspat sind die kleinen, ganz untergeordnet erscheinenden Körner eines fein lamellierten Feld- spates einschlußfrei. — Das eben besprochene Gestein ist infolge seines reichlichen Biotitgehaltes als Biotit-Feldspatamphibolit zu bezeichnen. In einem Falle ließ sich mikroskopisch ein Ubergang desselben in reinen Hornblendeschiefer beobachten, indem Feldspat und Biotit allmählich zurücktraten, Hornblende sich aber immer reich- licher einstellte. Der Feldspatamphibolit, dessen Hornblende zwischen dem Strahl- stein und der gemeinen grünen Hornblende steht, wurde nur einmal gefunden. Außer Amphibol und ungestreiftem Feldspat, welcher die [33] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 201 Füllmasse zwischen ersterem bildet, enthält er noch Chlorit, so daß er ein Chlorit-Feldspatamphibolit genannt werden kann. Nicht anstehend, sondern nur in Bruchstücken fand ich ein Gestein, dessen Fundstelle mit Sicherheit auf einen Zusammenhang mit den Amphibolgesteinen und speziell mit dem Feldspatamphibolit verweist und das deshalb hier noch besprochen werden muß. — Sein Hauptbestandteil ist eine im Handstück glänzend schwarzgrüne Horn- blende, deren Säulen über 1 cm lang werden. Sie ist mit der gemeinen grünen Hornblende identisch. Die Lücken zwischen den Hornblendeleisten sind von Caleit, Orthoklas und Plagioklas Fig. 3. Vierfach geknickte Hornblendesäule. Die im Text angegebene Zerbrechung und Auffaserung ist hier nicht mehr zu sehen, Zwillingslamellierter Calcit (hell) und darin dunkle Hornblendepartikelchen. Vergrösserung: 50. ausgefüllt. Der erstere, am reichlichsten vertreten, enthält isometrisch viereckige, unregelmäßig scharfeckige, auch abgerundete Körnchen eines schwach rötlich- violett gefärbten, wahrscheinlich regulären Minerals, das infolge seiner hohen Lichtbrechung mit deutlichem Relief hervortritt. Seine nähere Diagnose ist nicht möglich. — Der Orthoklas ist immer mit einer solchen Menge kleinster Inter- positionen, wohl zumeist Flüssigkeitseinschlüssen, erfüllt, daß er gelblichgrau erscheint und seine Polarisationsfarben mitunter verdeckt werden. Es wurde hier an ihm der ziemlich seltene Fall einer Durchkreuzung zweier Bavenoer Zwillinge beobachtet. Im Gegensatz Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 27 202 K. Richter. [34] zu ihm ist der Plagioklas, von beiden der häufigere, meist voll- kommen wasserhell und einschlußfrei. Untergeordnete Bestandteile sind Skapolith, Magnetkies und bis 2 mm große Zinkblende- plättcehen. Ersterer bildet meist Körner bis fast 1 mm Durchmesser, aber auch Individuen mit einigen Kristallflächen. Seine Querschnitte zeigen mitunter eine undeutlich ausgeprägte rechtwinklige Spalt- barkeit, seine Vertikalschnitte Quersprünge nach oP. Wie Caleit und Orthoklas enthält er viele, oft geradlinig angeordnete Flüssigkeits- einschlüsse mit Libellen, die in Vertikalschnitten gelegentlich in der Form negativer Kristalle, nämlich in Rechtecken mit deutlichem Uberwiegen einer Längsachse, gefunden wurden. Merkwürdigerweise aber sind diese rechteckigen Flüssigkeitseinschlüsse mit ihrer Längs- richtung quer zur Vertikalachse des Skapoliths, also parallel den Sprüngen der Querabsonderung, eingestellt. Starke Druckwirkungen haben die Hornblende außer- ordentlich deformiert, sie in schmale Leisten auseinandergepreßt, gebogen, zerbrochen, an den Enden besenartig divergierend aufge- fasert. Eine einzige Hornblendesäule hat zum Beispiel eine vierfache Knickung, außerdem eine Zerbrechung und seitliche Auseinander- pressung in schmale Leisten erfahren. (Fig. 3.) Caleit und Feldspate, die infolge des Druckes undulös auslöschen, sind oft übersät von einem dichten Gewirr feiner Mikrolithen und unregelmäßiger Fetzen von Hornblende, die hier nur durch Zermalmung größerer Individuen entstanden sein können, wobei dann allerdings wohl auch Feldspat und Caleit als sekundär gelten müssen. Außerdem beobachtet man kleine rhombisch gestaltete grüne Partikel. Sie liegen immer in direkter Nähe zerquetschter grüner Partien, die sich durch die im Innern noch erhaltene charakteristische Spaltbarkeit als Hornblendequer- schnitte zu erkennen geben. Es sind also infolge des Druckes Amphibole in die durch die Spaltbarkeit gleichsam vorgezeichneten Teilstücke zerpreßt worden, deren Querschnitte dann die erwähnten rhombischen Partikel geliefert haben. In den aufgefaserten Horn- blenden haben sich Caleit, Plagioklas und Orthoklas angesiedelt, welche auch die durch Pressung entstandenen Spalten mit einem dichten Aggregat ausfüllen. 4. Der Chloritschiefer. Der nur in einer einzigen 3—4 cm mächtigen Schicht gefundene schuppig-schieferige, weiche Chloritschiefer besteht aus einer klein- schuppigen und aus einer großschuppigen Lage, deren Individuen schon makroskopisch unterscheidbar sind. Übergänge bestehen nicht zwischen beiden Lagen. Abgesehen vom Größenunterschiede ist der grüne Chlorit in beiden Varietäten identisch. Seine dicht lamel- lierten Vertikalschnitte sind gut pleochroitisch (a und b grün, c gelblich bis fast farblos) und zeigen die üblichen blauen Polarisationsfarben, wogegen die Horizontalschnitte unpleochroitisch sind und fast keine Farbenerscheinungen erkennen lassen. Immer ist der Chlorit optisch negativ. Dieses Verhalten sowie die lavendelblauen Polarisationsfarben würden gegen seine Natur als Klinochlor sprechen. Gemeinsam ist [35] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 203 beiden Varietäten des Chloritschiefers das massenhafte Auftreten von farblosem Epidot, welcher den ebenfalls vorhandenen Zoisit weit überwiegt, so daß also ein Epidot-Chloritschiefer vorliegt. Aber die Ausbildung der genannten Mineralien ist in den beiden Lagen verschieden; denn während sie in dem großschuppigen Gesteine nur in kleinen Körnern auftreten, die nie Spaltbarkeit erkennen lassen, erscheint in der kleinschuppigen Varietät der Epidot sowohl in Körnern als auch in leistenförmigen Schnitten mit feinen Spaltrissen nach o P, der Zoisit in längeren Leisten mit Spaltrissen und Quer- absonderung. Um kleine FEpidotpartikelchen zeigen sich im Chlorit sehr häufig pleochroitische Höfe, die sich aber nur in Vertikal- schnitten aufhellen. Der kleinschuppige Chloritschiefer enthält außer- dem noch vereinzelte größere Zirkonkörner, verstreute Säulchen einer ganz blaßgrünen, kaum merklich pleochroitischen und einer dunkelgrünen und kräftig pleochroitischen Hornblende, welche in der anderen Varietät nicht gefunden wurden. Oberhalb des Wildner’schen oder oberen Bruches wurde — aber nur in Bruchstücken auf einer kleinen Halde — ein Gestein gefunden, das als Tremolitschiefer bezeichnet werden soll. Da es nach seiner Fundstelle nur in eine Beziehung zum Komplex der hangenden Gesteine gebracht werden kann, soll es hier anhangsweise noch besprochen werden. Unter den Bestandteilen dieses Tremolitschiefers wiegen Tremolit, ein farbloser Glimmer und Graphit vor. Außerdem enthält es — die Reihenfolge soll das ungefähre geschätzte Mengenverhältnis angeben — Magnetkies, Korund, Spinell, Apatit, eine serpentinöse Masse, Karbonat, Sillimanit. — Das ausgezeichnet schiefrige Gestein zeigt einen Wechsel von etwa 1 cm dicken hellen oder Tremolitlagen und von dunklen graphitischen Lagen. Die ersteren lassen makroskopisch außer dem hell seidenartig glänzenden Tremolit, dessen Individuen bis 1 cm lang werden, noch reichlichen Magnetkies erkennen; an den letzteren sieht man makroskopisch ebenfalls Magnetkies, aber nur einzelne kleinere Tremolitsäulen. Der Tremolit, der weitaus überwiegende Bestandteil der hellen Lagen, erscheint unter dem Mikroskop in langen farblosen Säulen, die nie Endflächen besitzen und meist in paralleler Erstreckung nebeneinander liegen. Sie zeigen stets zahlreiche prismatische Spalt- risse und Querabsonderung. Die Neigung ce:c beträgt im Durchschnitt 15—18° doch wurden auch Auslöschungsschiefen von 19% und 20° gemessen. Die meisten Tremolitsäulen’ sind reich an Einschlüssen : Korundkörnchen, Apatite, Magnetkieskörnchen, Graphitblättchen und Karbonat; außerdem sind sie noch mit einer grauen, staubfeinen Verunreinigung manchmal dicht erfüllt. Die Lücken zwischen den Tremolitleisten sind in den hellen Lagen von Glimmer, Magnetkies und Graphit ausgefüllt, zu denen sich stellenweise die Serpentinmasse, ein Aggregat feiner Karbonatpartikel, wohl Caleit, und Sillimanit hinzu- gesellen. Der Glimmer, der mit dem schon mehrfach angeführten 27* 204 K. Richter, [36] farblosen, optisch positiven Glimmer identisch ist, tritt in diesen Zwischenräumen in großen Blättern auf, während er in den graphiti- schen Lagen, in denen er den Hauptbestandteil ausmacht, ein dichtes Gemenge von kleinen Schüppchen bildet, die schmale leistenförmige Vertikalschnitte geliefert haben. Der Graphit ist nächst dem Glimmer der zweithäufigste Gemengteil der dunklen Lagen, die ihm ihre Farbe verdanken. Bekanntlich erscheint der gesteinsbildende Graphit meist in ganz unregelmäßigen Formen, zeigt aber nicht selten in quarzreichen Ge- steinen und auch körnigen Kalken kristallographische Umgrenzung. Im vorliegenden Falle hingegen entwickelt er gut begrenzte Individuen, nämlich sechsseitige Täfelchen, in einem Gesteine, das keine Spur von Quarz enthält. Mitunter sind freilich nur einige Flächen voll entwickelt. Auch leistenförmige Vertikalschnitte lassen sich beobachten. Die Haupt- masse des Graphits allerdings besteht auch hier aus runden Blättchen und regellos begrenzten Schüppchen und Flitterchen. Die Angabe von Weinschenk, daß Rutil das „charakteristischste Begleitmineral“ des Graphits sei, kann für dieses Graphitvorkommen nicht bestätigt werden !). Vielmehr fehlt Rutil hier vollkommen. Der Magnetkies besitzt im Tremolitschiefer im Gegensatz zu seinem Auftreten in der Einlagerung des oberen Bruches und im Glimmerkalkstein nie eine Andeutung kristallographischer Begrenzung, erscheint vielmehr immer nur in Körnern und zerfetzten Lappen. Er schließt Glimmer, zahlreiche Graphitblättehen und manchmal Tremolit ein. — Ein reichlich vorhandenes, stark lichtbrechendes, aber schwach doppelbrechendes und stets wasserhelles Mineral erwies sich bei einer speziellen Untersuchung als Korund; denn es wurde von Säuren, auch von HF, nicht angegriffen, färbte sich beim Glühen mit Kobalt- solution blau und ritzte den Topas ganz deutlich. Der Korund kommt meist in einzelnen Körnchen vor, die aber auch gelegentlich kleine Anhäufungen bilden. Nur selten läßt sich eine Andeutung gesetz- mäßiger Ausbildung konstatieren, die sich dann in annähernd prismati- schen Formen ausspricht, welche eine Art Querabsonderung zeigen. Die Körner dagegen besitzen nur ganz unregelmäßig verlaufende Sprünge. Der Dünnschliff ließ gar nicht ahnen, in wie reichlicher Menge Korund in dem vorliegenden Gesteine auftritt; erst die Isolierung mit HF gab davon einen deutlichen Begriff. In annähernd demselben Mengenverhältnis wie Korund tritt ein grüner Spinell in Körnern auf. Er kommt wie dieser, mit dem er übrigens öfters in Verwachsungen erscheint, in einzelnen Individuen und kleinen Anhäufungen vor. Der reichlich vorhandene Apatit bildet bis 0'15 mm lange, meist gedrungene, entweder gut begrenzte oder mangelhaft entwickelte Säulen mit basischer Absonderung, die bisweilen Magnetkieskörnchen einschließen. — Über die Natur des Mutterminerals des gelblich oder grünlich gefärbten, seltener farblosen Serpentins, der in kleinen Aggregaten und größeren Partien vorkommt, ist kein Aufschluß zu erlangen. Eine an und für sich mögliche Entstehung aus ı) Weinschenk, Die gesteinsbildenden Mineralien. 53. Freiburg im Breisgau 1901. [37] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 205 Tremolit, die für den früher beschriebenen flaschengrünen Serpentin mit Sicherheit nachgewiesen ist, erscheint hier wohl deshalb ausgeschlossen, weil der Serpentin oft direkt neben und zwischen ganz frischen Tremolit- säulen liegt. — Der Sillimanit tritt als Haufwerk und Büschel feiner Nädelchen auf, die sich auch durch ihren optisch positiven Charakter als Sillimanit zu erkennen geben. Es soll nun noch eine Vergleichung der zweierlei Lagen dieses Gesteines in bezug auf ihren Mineralgehalt vorgenommen werden. Daß Tremolit der Hauptbestandteil der hellen Lagen ist, Glimmer und Graphit in den dunklen Lagen vorwiegen, ist bereits hervorgehoben worden. Ferner wurde schon auf die verschiedene Ausbildung des Glimmers in-den wechselnden Lagen hingewiesen. Der Tremolit, der in den hellen Schichten als lange Säulen ausgebildet ist, erscheint in den dunklen nur vereinzelt in kurzen schmalen Leisten, die aber eben- falls sehr einschlußreich sind. Magnetkies, Serpentin und Sillimanit sind in ungefähr gleichen Mengen verteilt. Dagegen fehlt den graphitischen Lagen das Karbonat, während Apatit umgekehrt fast auf sie beschränkt ist und sich in den hellen Lagen nur hin und wieder an den Ein- schlüssen im Tremolit beteiligt. Das vom Apatit Gesagte gilt auch vom Korund. Die grünen Spinelle sind zwar in den graphitischen und Tremolitlagen vorhanden, aber in verschiedener Größenausbildung; denn während sie in ersteren nur kleine Körnchen bilden, erscheinen sie in letzteren in Individuen, die bis 0'31 mm groß werden. Das Liegende des Kalksteines. Aus den schon am Anfange dieses Teiles angeführten Gründen läßt sich gegenwärtig nicht mehr bestimmen, ob der liegende Mala- kolithfels ebenfalls in Hornblendeschiefer übergeht. Die Angaben von Joke&ly, welcher allgemein „Amphibolgesteine*, und von Roth, der „Hornblendeschiefer“ als Liegendes bezeichnet, machen es aber wahr- scheinlich. So kann jetzt auch nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden, ob es der Malakolithfels oder Hornblendeschiefer war, dessen Gehalt an Magneteisen einst ausgebeutet wurde !). Höchstens darf nach Analogie des Hangenden vermutet werden, daß auch hier ersterer die erzführende Partie gewesen ist. Außer Magneteisen sind nach Jokely im Liegenden „angeblich ebenfalls Blenden und Kiese“ vor- gekommen. Endlich soll noch auf den am Hundshübel anstehenden Hornblendeschiefer kurz eingegangen werden. Auch er ist aus einer zwischen der ge- meinen grünen Hornblende und dem Strahlsteine stehenden, meist ebenfalls sehr feinstrahligen Hornblende zusammengesetzt. Vom Horn- blendeschiefer des Kalkberges unterscheidet er sich durch seinen Epidot- und Granatreichtum. Epidot, der im Hornblendeschiefer des Kalkberges nur in einzelnen farblosen Körnchen auftritt, erscheint !) Siehe die geschichtlichen Bemerkungen am Schlusse der Arbeit. 206 K. Richter. [38] hier außerordentlich zahlreich in gelben und deutlich pleochroitischen Individuen, denen sich untergeordnet Zoisit und vereinzelte Zirkone beigesellen. Mitunter ist der Epidot sogar zu 2—3 cm mächtigen gelben Lagen angehäuft, in denen die Hornblende vollständig zurück- gedrängt ist. Es entsteht also der sogenannte gebänderte Epidot- Amphibolschiefer. Ein nur mikroskopischer roter Granat, der im Hornblende- schiefer des Kalkberges überhaupt nicht gefunden wurde, erscheint hier stellenweise so häufig, daß es lokal zur Bildung eines Granat- Hornblendeschiefers kommt. Seine Körner und Kristalle (Rhombendodekaeder) sind gewöhnlich nach einer Richtung etwas gestreckt und alle parallel dieser Streckung, welche mit der Längs- richtung der Hornblendesäulchen zusammenfällt, angeordnet. Die höchstens 0:09 mm großen Granatindividuen, die meist keine Sprünge besitzen, sind vielfach lagenweise angehäuft, und zwar in solchen Mengen, daß zum Beispiel in einem Gesichtsfelde von 0:8 mm Durch- messer gegen 200 gezählt wurden. Außer Epidot, der aber im Vergleich zur vorigen Varietät hier sehr zurücktritt, enthält der Granat-Hornblendeschiefer noch etwas Calcit und ebenfalls verein- zelte Zirkone. B. Der Glimmerschiefer. Der Glimmerschiefer ist nur auf der Ostseite des Kalkberges in beschränktem Maße anstehend zu beohachten. Seine Mächtigkeit kann nicht festgestellt werden. Er enthält schmale Quarzgänge. Schon die makroskopische Betrachtung läßt ihn als Lagenglimmer- schiefer erkennen, indem er aus dunklen Glimmerlagen und hellen Quarzlagen besteht, die, mitunter außerordentlich dünn, regelmäßig miteinander abwechseln. Auf dem Querbruche zeigt er gelegentlich eine zarte parallele Fältelung seiner Lagen. Unter dem Mikroskop erweisen sich die dunklen Lagen fast immer als eine Anhäufung von Biotit und Musecovit (also Zweiglimmerschiefer). Der Biotit bildet meist kleinere Schüppchen, seltener auch größere Lappen. Er ist vielfach gänzlich in einen grünen pleo- chroitischen Chlorit mit lavendelblauen Polarisationsfarben umge- wandelt. Es lassen sich ferner die auch sonst beobachteten Erschei- nungen wahrnehmen, daß innerhalb einer Chloritpartie eine noch ganz frische Biotitlamelle liegt oder daß eine Biotitleiste nur in ihrem Innern chloritisiert ist, ihre Ränder aber völlig unangegriffen geblieben sind. Die Horizontalschnitte dieses sekundären Chlorites zeigen vielfach feine und mitunter recht lange, aber auch kürzere und breitere Rutilnädelchen, die oft büschelförmig angeordnet und so eingelagert sind, daß sie sich unter einem Winkel von 60° schneiden. Da dieser sogenannte Sagenit in den Biotittäfelchen möglichst frischen Glimmerschiefers nicht beobachtet wurde, muß er hier wohl als sekundäres Produkt bei der Chloritisierung des Biotites aufgefaßt werden, dessen Gehalt an 7iO, seine Entstehung veranlaßte. Im Gegensatz zum Biotit kommt Muscovit, ungefähr in [39] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 207 gleicher Menge wie dieser vorhanden, fast immer in größeren Blättern vor, deren oft breite leistenförmige Vertikalschnitte die Glimmerlagen vielfach quer durchsetzen. Mit Biotit ist in manchen Präparaten ein im Querschnitt zitronengelbes, im Vertikalschnitt gelblichgrünes Chlorit- oder Glimmermineral verwachsen, das als primär gelten muß. Die rundlich einander stoßenden Quarzkörner enthalten zahl- reiche Interpositionen: Flüssigkeitseinschlüsse, Biotit-, Muscovit- und Chloritschüppchen, Apatitnädelchen und Zirkonkriställchen. Feldspat fehlt dem Glimmerschiefer gänzlich; dagegen erscheinen accessorisch Turmalin, Andalusit, Zirkon (meist Körner) und sechsseitige Täfelchen von Eisenglanz, die manchmal unter Erhaltung ihrer Form in Eisen- ocker umgewandelt sind. Der grünliche Turmalin kommt außer in schlanken, bis 014 mm langen Säulchen, die gelegentlich durch ver- schiedene Entwickelung an ihren Enden ihre hemimorphe Natur ver- raten, auch in sehr gedrungenen Säulchen vor, die 2—3 mal breiter als die vorigen, aber nur wenig länger als breit sind. Er schließt schwarze Körnchen und Glimmerschüppchen ein. Der etwas reichlicher als Turmalin auftretende Andalusit bildet auch hier wie in der Einlagerung des oberen Bruches kurze und dicke Säulchen, die aber vielfach recht unvollkommen entwickelt sind und deshalb dann nur unregelmäßig begrenzte Querschnitte liefern. Er ist stets farblos und enthält wie Turmalin Einschlüsse von runden Glimmerschüppchen und dunklen Körnchen, die gewöhnlich zentral angehäuft sind. Wie es scheint, kommen außer den aus Biotit, respektive Chlorit, Muscovit und dem gelben Chlorit- oder Glimmermineral zusammen- gesetzten Lagen auch solche vor, die nur aus Biotit bestehen. C. Der Gneisglimmerschiefer. Der Glimmerschiefer geht nach oben in ein Gestein über, in dem Biotit und das gelbe Chlorit- oder Glimmermineral allmählich verschwinden; dafür aber stellen sich kleine runde Körner und Linsen von Orthoklas, ein und es entsteht also der Gesteinstypus, den man als Gneisglimmerschiefer bezeichnet (Feldspatglimmerschiefer). Im Anstehenden sind diese Übergänge allerdings auf keiner Seite des Kalkberges zu verfolgen, aber die zahlreich vorhandenen Bruchstücke ergeben mit aller Bestimmtheit, daß sie existieren. Die untersten Partien des Gneisglimmerschiefers sind, wie Bruchstücke beweisen, ausgezeichnet schiefrig. Nach dem höheren Hangenden zu aber, in dem die erst nur vereinzelt auftretenden kleinen Orthoklase größer werden und sich immer zahlreicher einstellen, wird das Gefüge all- mählich minder vollkommen parallel, und der helle Gneisglimmer- schiefer, der auf der Höhe des Berges in einigen kleinen Kuppen noch ansteht, zeigt dieses Verhalten in noch höherem Grade. Das eben erwähnte Gestein wird sowohl parallel als auch quer zu seiner Streichrichtung von 20—30 cm mächtigen Quarzgängen durchzogen, die das Auftreten von kopfgroßen und noch größere Dimensionen erreichenden Quarzblöcken auf den Abhängen des Kalkberges erklären. Außer den Quarzbruchstücken finden sich auf den Bergabhängen und 208 K. Richter, [40] den anstoßenden bebauten Feldern zahlreiche Bruchstücke des hellen Gneisglimmerschiefers selbst. Unter dem Mikroskop gibt sich der eigentliche Gneisglimmer- schiefer — von den Ubergangsgliedern soll abgesehen werden — als ein Gemenge von vorwiegendem Quarz und ÖOrthoklas zu erkennen, zu denen Muscovit und grüner Chlorit als weitere Bestandteile treten. Plagioklas fehlt vollständig. Außer dem Biotit des eigent- lichen Glimmerschiefers werden hier auch dessen accessorische Gemengteile Andalusit und Turmalin gänzlich vermißt; dafür aber erscheinen Korund und zahlreiche größere Zirkone. Die meist runden bis linsenförmigen, selten eckigen Orthoklas- körner, vielfach von Spaltrissen durchsetzt, werden allseitig von einem Saume von Chlorit- und Muscovitschüppchen umschmiegt, in dem bald das eine, bald das andere Mineral vorwiegt. Dadurch, daß der Saum sich meist nach zwei entgegengesetzten Seiten auskeilt, entsteht eine deutlich ausgeprägte mikroskopische Augenstruktur. Die bis 3 mm großen Feldspate sind in allen Fällen förmlich vollgestopft von einem gelblichen Staube, dem sich Muscovitschüppchen, Zirkonkriställchen und Apatitnädelchen beigesellen; und sie sind infolge ihrer dichten Be- stäubung, welche meist die Polarisationsfarben völlig verdeckt, im Präparat schon mikroskopisch als hellgraue Stellen deutlich zu unter- scheiden. Nur in einem einzigen Falle wurde eine Verzwilligung des Feldspates, und zwar nach dem Bavenoer Gesetz (2 P&) beobachtet. Der Quarz zeichnet sich ebenfalls durch großen Reichtum an Ein- schlüssen aus, unter denen Chlorit- und Muscovitschüppchen, feine Apatitsäulchen, Zirkonkriställchen, dunkle Mikrolithen, Gasporen und Flüssigkeitseinschlüsse zu erkennen sind. Die beiden letzteren Arten von Interpositionen, besonders die runden, ovalen oder schlauchförmig ausgezogenen und mannigfach verästelten Flüssigkeitseinschlüsse, sind oft so gehäuft, daß der Quarz stellenweise getrübt wird. Die um die Orthoklase den Saum bildenden Mineralien Muscovit und Chlorit kommen auch sonst regellos verstreut in den Schliffen vor. Der grüne Chlorit ist hier im Gegensatze zu seinem Auftreten im Glimmerschiefer ein primärer Gemengteil. Der accessorische Korund bildet meist bis 02 mm große, ge- wöhnlich von unregelmäßigen Sprüngen durchzogene Körner, erscheint aber auch in kleinen sechsseitigen Täfelchen. In biotithaltigen Über- gangsgliedern vom Glimmerschiefer zum Gneisglimmerschiefer wurden kleine Biotitschüppchen als Einschlüsse in ihm gefunden. Der Zirkon tritt in abgerundeten Formen, aber auch in scharf entwickelten Kristallen mit Prisma und Pyramide auf. Seine Größe ist eine für ein derartiges Gestein manchmal recht bedeutende. So wurde zum Beispiel ein 0:21 mm langer und 0°09 mm breiter Kristall gemessen, an dem im Gegensatze zu den ebenfalls vorhandenen schlankeren Individuen die im Verhältnis zur Breite recht geringe Länge auffällt. Der Zirkon beherbergt mancherlei infolge seiner hohen Lichterechung aber nicht näher bestimmbare Einschlüsse. In schiefrigen Vorkommnissen des hellen Gneisglimmerschiefers wurden nicht selten sechsseitige Täfelchen von Eisenglanz, manchmal recht groß, gefunden. In direkter Nähe des auf der Berghöhe anstehenden Gesteines [41] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 209 fanden sich Blöcke, die eine Verbindung von hellem und rotem Gneisglimmerschiefer zeigten und es wahrscheinlich machen, daß letzterer, ebenfalls von minder vollkommener Parallelstruktur, untergeordnete Einlagerungen in ersterem bildet. Nach Analogie dieses Vorkommens kann geschlossen werden, daß die in tieferen Horizonten vielfach gefundenen roten, deutlicher schiefrigen Bruchstücke gleich- falls auf untergeordnete Einlagerungen in tiefer gelegenen ausgeprägter schiefriger Schichten von hellem Gneisglimmerschiefer verweisen. Die Farbe dieses roten Gneisglimmerschiefers rührt von massen- haft eingelagertem Eisenglanz her, der in großen unregelmäßigen Lappen, sechsseitigen Täfelchen, kleinen Schüppchen und zusammen- hängenden Häuten, welche die Quarzkörner voneinander abgrenzen, vorkommt. Dieses rote Gestein hat mit der hellen Varietät das Auf- treten von dichtbestäubtem Orthoklas, von Muscovit, Zirkon, Korund und den großen Einschlußreichtum der Quarze gemeinsam, ferner das Fehlen von Biotit, Andalusit, Turmalin und Plagioklas. Auch er besitzt die mikroskopische Augenstruktur. Aber die Feldspate werden in ihm nicht von einem Chlorit-Muscovitsaum, sondern von einem Hämatit- Muscovitsaum umschmiegt. Durch den fast gänzlichen Mangel an Chlorit und durch die große Menge seines Eisenglanzes unterscheidet. sich dieser rote Gneisglimmerschiefer von dem hellen. Die schiefrige rote Varietät besitzt infolge der lagenweisen Anhäufungen von vor- wiegendem Eisenglanz und untergeordnetem Muscovit, die regelmäßig mit quarzreichen Lagen abwechseln, eine deutliche Parallefstruktur, welche die ausgezeichnete Schieferung veranlaßt. D. Der gestreifte Gneis. Die Bruchstücke des gestreiften Gneises, der sich auf der Süd- seite zwischen den Kalkberg und den südlicher angrenzenden Granit in einer schmalen Zunge einschiebt, befinden sich meist in einem sehr zersetzten Zustande, der sich schon makroskopisch durch die zahl- reichen Muscovitblättchen verrät, mit denen sie überstreut sind. Auf dem Querbruche erscheinen oft bis 1/; em große Orthoklaskörner. Sie sind unter dem Mikroskope ebenso wie der spärlicher vorhandene Plagioklas stets sehr unfrisch und enthalten filzige Aggregate kleiner sekundärer Muscovitschüppchen. Außerdem treten aber auch größere, offenbar primäre Muscovitblätter auf, die meist mit einem grünen, lavendelblau polarisierenden Chlorit verwachsen sind, der, wie Über- gänge und die eingelagerten Rutilnädelchen beweisen, das Umwandlungs- produkt von Biotit ist. Es handelt sich also um einen Zweiglimmer- gneis. In etwas weniger verwitterteu Bruchstücken ist der Biotit mit- unter noch frisch und besitzt außerordentlich kräftigen Pleochroismus, der zwischen völlig dunkel und hellgelblich wechselt. Er tritt vielfach, und dann immer in Verbindung mit kleinkörnigem Quarz, der sehr schön die sogenannte Pflasterstruktur zeigt, in einem dichten Gewirr kleiner Schüppchen auf. Außerdem kommen aber, sogar in demselben Schliffe, auch größere Quarzkörner mit rundlicher Begrenzung vor, die Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (K. Richter.) 283 210 K. Richter. [42] sehr einschlußreich sind. Accessorisch erscheinen Korund, Zirkon, Eisenglanz und andere opake Eisenerzkörnchen. Der Korund bildet bis 0'42 mm große, von unregelmäßigen Sprüngen durchzogene Körner, die Flüssigkeitseinschlüsse und Biotitschüppchen beherbergen. Genetische Auffassung. Wenn nun noch etwas über die Entstehung des Kalkkomplexes und der zugehörigen kristallinen Silikatgesteine ermittelt werden soll, so ist zunächst der Gedanke, es könnte sich um umgewandelte ur- sprüngliche Eruptivmassen handeln, gänzlich ausgeschlossen. So bleibt nur übrig, an ehemalige Sedimente zu denken, die entweder durch Regional- oder Kontaktmetamorphose umgewandelt worden sind. Da sich nun südlich vom Kalkberge, nur durch die schmale Zunge des zuletzt besprochenen gestreiften Gneises von ihm getrennt, eine ge- waltige Granitmasse !) erstreckt, liegt es nahe, der letzteren Annahme den Vorzug zu geben und die Entstehung des Kalkkomplexes und seiner Nebengesteine auf eine von diesem Granit ausgehende Kontakt- metamorphose zurückzuführen. Es wäre nun zu erwarten, daß in erster Linie der gestreifte Gneis Kontaktwirkungen zeigen müßte, und als solche sind wohl auch die deutliche Pflasterstruktur seines kleinkörnigen Quarzes und die damit verbundene eigentümlich kleinschuppige Ausbildung des Biotites, welche beide ganz den Anblick gewähren wie im kontakt- metamorphen sogenannten Quarzglimmerfels, aufzufassen. Ferner kann vielleicht auch das Auftreten der bis 0'42 mm großen Korund- körner im Gneis als eine Folge der granitischen Einwirkung gedeutet werden, um so mehr, als ja bekanntlich der Korund nicht zu den gewöhnlichen Accessorien eines Gneises, besonders nicht in dieser Größe, gehört. Daß der Gneiß nicht noch mehr Merkmale einer Kontaktmetamorphose besitzt, rührt wohl auch mit daher, daß er über- haupt nicht besonders empfänglich für ihre Einflüsse ist. Außerdem ist zu bedenken, daß das gesamte für die Untersuchung zugängliche Gneismaterial nur in Lesestücken besteht. Wichtiger ist es, den Kalkkomplex selbst und seine hangenden Gesteine zu prüfen, ob und was für Merkmale sie besitzen, die für Kontaktmetamorphose sprechen könnten. Die Struktur des Kalksteines kann dabei außer acht gelassen werden, da sie kein ent- scheidendes Kriterium mehr sein kann, seit Weinschenk?) für den kontaktmetamorphen Tiroler Marmor die sogenannte verzahute Struktur nachgewiesen hat, die Vogt?) nur für regionalmetamorphen Kalkstein in Anspruch nahm, während in kontaktmetamorphem die Kalkspat- !) Joke&ly beschreibt diesen Granit im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. X, pag. 375 und scheidet ihn infolge seines weißen Orthoklases von dem sogenannten „Granitit“, der durch die Führung von fleischrotem Orthoklas charakterisiert ist. (Siehe darüber denselben Band des angegebenen Jahrbuches, Seite 370.) 2) Weinschenk, „Die Tiroler Marmorlager“. Zeitschrift für praktische Geologie. 1903, Heft 4. ®) Vogt, „Der Marmor in bezug auf seine Geologie, Struktur und seine mechanischen Eigenschaften“, Zeitschrift für praktische Geologie. 1898. 4 und 43. [43] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. a körner (nach Vogt) mit verhältnismäßig ebenen Konturen aneinander- stoßen sollten. Dagegen kann wohl der stellenweise sehr bedeutende Accessorienreichtum des Kalksteines im Sinne von Kon- taktmetamorphose gedeutet werden. Es ist hierbei zum Beispiel die reichliche Olivinführung und der Granatgehalt der schwarzen und grünen Bänder und der Pyroxengehalt eines Teiles der ersteren zu erwähnen; und vielleicht kann angenommen werden, daß es sich bei den Olivinen der dunklen Bänder, die bei ihrer Serpentinisierung im Gegen- satz zu anderen kein Eisenerz ausgeschieden haben, um Forsterit handelt, der bekanntlich in kontaktmetamorphem Kalkstein auftritt. Ferner kommen der bedeutende Pyroxenreichtum des Pyroxenkalksteines und dessen Pyroxen, Biotit, Klinozoisit und Epidot führende dunkle Mine- ralkombinationen in Betracht. Auch ist an den reichlichen Pyroxen und Apatit des Glimmerkalksteines, besonders aber an dessen Plagopit zu denken, den Weinschenk als ein „typisches Mineral kontakt- metamorpher Kalke“ bezeichnet‘). Endlich muß auch der in der weißen Hauptmasse des Kalksteines gefundene farblose Granat, grüne Spinell, Olivin und Chondrodit erwähnt werden, und besonders ist die mineralreiche Einlagerung des oberen Bruches (zum Beispiel Andalusit, Pyroxen, Rutil, Turmalin, grüner Spinell, Korund) nicht zu vergessen. Auch die hangenden Gesteine bieten manche Erschei- nungen dar, die mit Kontaktmetamorphose zusammenhängen dürften. Es sei erinnert an die roten granatreichen Flecken des Malakolith- fels, an die von Blumrich in demselben Gesteine gefundenen braunen Granaten, an den Epidotreichtum des Chloritschiefers und den graphitreichen Tremolitschiefer mit seinem beträchtlichen Gehalt an grünem Spinell, Korund und Apatit. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der farblose, optisch posi- tive Glimmer, der in der weißen Hauptmasse des Kalksteines, in schwarzen und grünen Bändern, in dem schwarzen Hornblendeserpentin und im Tremolitschiefer gefunden wurde, als Kontaktprodukt aufzu- fassen ist. Schließlich soll auch noch auf den Turmalin und Andalusit des Glimmerschiefers, auf den Korund des Gneisglimmerschiefers und den außergewöhnlichen Epidot- und Granatreichtum des Hornblende- schiefers am Hundshübel hingewiesen werden. Es gibt also eine ganze Reihe von Argumenten, die sicher mehr für Kontakt-als für Regionalmetamorphose sprechen und die mitviel Wahrscheinlichkeitgestatten, die EntstehungdesKalkkomplexes und der zugehörigen Gesteine auf eine Kontaktmetamorphose des Granites zurückzuführen, trotzdem ein direkter Kontakt desselben mit den in Betracht kommenden Gesteinen nicht konstatiert werden kann und einige typische Kontaktmineralien, zum Beispiel Wollastonit und Vesuvian, nicht gefunden wurden ?). !) Weinschenk, „Die gesteinsbildenden Mineralien“. 116. Freiburg im Breisgau 1901. 2) Nach Weinschenk fehlen in den „unzweifelhaft kontaktmetamorphen Marmorlagerstätten“ Tirols die „gewöhnlichen Mineralien der Kontaktmetamor- phose“, Siehe die schon zitierte Abhandlung. 28* 212 K, Richter. [44] Den Schluß der Arbeit sollen einige kurze geschichtliche Angaben bilden. Wie weit die Gewinnung des Kalksteines zurückreicht, wird sich jedenfalls nicht mehr genau ermitteln lassen. Zippe bringt die unbestimmte Angabe, daß in den Raspenauer Kalksteinbrüchen „seit Jahrhunderten“ schöner, weißer, grüngefleckter Marmor gewonnen und verarbeitet werde!). Die älteste mir bekannt gewordene Nach- richt bezieht sich auf das Jahr 1610, in welchem ein bei Raspenau ge- brochener „Marmor von weißer Farbe“ für das Mausoleum teilweise verwendet wurde, das Katharina von Rädern ihrem Gemahl in der Friedländer Stadtkirche bauen ließ ?). Im Urbarium der Stadt Fried- land vom Jahre 1631 wird unter der Rubrik „Kalkofen“ erwähnt, daß sich in Raspenau ein Kalksteinbruch und daneben ein Kalkofen befinde). 1834 sollen nach Zippe „zwei herrschaftliche und fünf den Untertanen gehörige Kalköfen“ in Betrieb gewesen sein). Sie wurden später durch solche neuer Konstruktion ersetzt, deren es jetzt zwei gibt. Der erste derselben wurde 1851 gebaut. Von den beiden größten gegenwärtig noch betriebenen Brüchen ist der untere oder Ressel’sche (am unteren Ostabhange des Kalkberges gelegen) älter als der obere oder Wildner’sche (am oberen Ostabhange des Kalk- berges gelegen), welch letzterer nach mündlicher Angabe 1865 ange- legt worden ist. Jetzt findet der Kalkstein nur noch als Mauer- und Ackerkalk Verwendung. Die liegenden und vielleicht auch die hangenden Gesteine wurden einst auf Eisenerz ausgebeutet. Zu diesem Zwecke bestand in Raspenau ein sogenannter „Eisenhammer“, dessen Gründung in das Jahr 1521 fällt. Nach verschiedenem Besitzerwechsel fiel das Eisenbergwerk mit der ganzen Herrschaft Friedland an Wallenstein, und es war besonders stark in Betrieb etwa von 1627 —1634. Nach Wallensteins Tode ging es in den Besitz des Grafen Matthias Gallas über. 1699 wurde, wie es heißt infolge des Eindringens von Wasser, jedenfalls aber, weil der Ertrag nicht mehr lohnte, die Gewinnung von Eisen aufgegeben. Nachdem allerdings in Friedland ein Eisen- hammer errichtet worden war, wurde auch — und zwar bis 1709 — im Raspenauer Eisenbergwerk der Betrieb wieder aufgenommen, der nach einer freilich unverbürgten Nachricht sogar bis 1720 gedauert haben soll). !) Das Königreich Böhmen. Statistisch-topographisch dargestellt von J. G. Sommer. Prag. 2. Bd. 1834. 319. 2) Ressel, „Geschichte des Friedländer Bezirkes“. Friedland 1902. 91. s) Helbig, „Der Eisenhammer in Raspenau“. Erschienen in der „Reichen- berger Zeitung“ 1898 in den Nummern vom 6. und 7. Januar. *) Diese Angabe, welche sich in dem erwähnten Bande von Sommer’s „Böhmen“ findet, soll, wie in Raspenau eingezogene Erkundigungen ergeben haben, allerdings nicht auf Wahrheit beruhen. 5) Speziellere Angaben über den Betrieb und über die Schicksale dieses Raspenauer Eisenbergwerkes finden sich in der schon angeführten Abhandlung von Helbig. [45] Der körnige Kalk des Kalkberges bei Raspenau in Böhmen. 213 Erst nach langer Pause, nämlich 1890, machte man wieder einen und bis jetzt den letzten Versuch, das Eisenerz des Kalk- berges auszubeuten, indem man in den hangenden Malakolithfels auf der Südostseite des Berges einen Stollen eintrieb!). Aber da der Befund den Erwartungen nicht entsprach, stellte man die Arbeiten wieder ein. Die Untersuchungen zu vorliegender Arbeit wurden im Minera- logischen Institut der Universität Leipzig ansgeführt. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, dem Direktor desselben, Herrn Geheimen Rat Prof. Dr. Zirkel, für die Einführung in das Studium der Mine- ralogie und für seine vielfachen Unterstützungen herzlich zu danken. Ebenfalls spreche ich dem Assistenten des Institutes, Herrn Privat- dozent Dr. Reinisch, für seine Unterstützung meinen Dank aus. !) Infolge des seitdem weiter vorgeschrittenen Abbaues des Kalksteines ist dieser Stollen, dem das von Blumrich als „Hornblendeschiefer“ oder „Amphi- bolit“ bezeichnete Material entstammt. gegenwärtig nicht mehr zugänglich. 214 K.Richter. [46] Inhaltsübersicht. Seite Einletunetiie::, NEN. Le PRIERTREN IST I EREEREE 169 [1] Literaiyranfade u „SR RIM. RHEIN TREE SR 169 [1] Geologische Übersicht 7... AHA EEE Re SE 170-812] A. Der Kalkkomplex nebst seinem Hangenden und Liegenden . . . 171 [3] 1.De Ko TmIge MRalle re 0 12 12 EEE EEE MEN EEE Wo 1. Die weiße Hauptmasse des Kalksteines . . . . . 2 = 2 2.0. 177 1 2. Der dunkle und gebänderte Kalkstein .. . 2... 2 2.. 183 [15] 3..!Der Pyroxen- und Glimmerkalksten" I 77 SM 185 [17] 4. Silikatische Einlagerungen im Kalkstein. . . . 2. 2 2 2 2.0. 187 [19] II. Die hangenden und liegenden Gesteine... . 2.2... 192 [24] Das Hangende: 1.Der. Malskolithfels’ , 7%. 2 meer ee ee Et 192 [24] Der Hornblendeschiefer res ee: 196 [28] 8:,Der) Beldspafamphibolit 1 LA. 1 Fe A ae £ 200 [32] 4. Der. Chlozitsehieier 2. Ska ze. Ya ee er 202 [34] In den Zusammenhang der hangenden Gesteine gehörig: Der Tremolutschieter 000. Sn 203° [33] Das Liegende des Kalksteines und der Hornblendeschiefer des Höndshübels 7.71: NT RE 205 [37] B> Der Glimmerschiefer 2.2 . . wup verlegen > BA m 206 [38] 6. Der/sneisslimmerschiefer +... 0. 20 a uch ER 2a 207 [39] D..Der gestreitte ones... . ... 1. um 0 kan 2 ne . 209 Ja Genetische AuffaRaung dee ee ee SE 2 er ma 210 [42] Greschichtliche Angaben za TR ne N 212 [44] Geologische Beschreibung der Mosor planina. Von Dr. Fritz v. Kerner. Mit einer geologischen Karte in Farbendruck und 2 Profiltafeln (Nr. VI mM—VIN [II1)). Vorbemerkung. Die im folgenden mitgeteilten Beobachtungen sind das Ergebnis von etwa 30 Tagesexkursionen, welche ich teils im Frühsommer 1902, teils im Frühlinge und Herbste 1903 unternommen habe. Die über- wiegende Mehrzahl dieser Exkursionen erfolgte anläßlich der geo- logischen Detailaufnahme des Blattes Sini—Spalato, in dessen Süd- hälfte der größere Teil der Mosor planina fällt. Die übrigen Touren fanden, soweit sie nicht zur kartographischen Sicherung der Süd- grenze jenes Blattes nötig waren, zu dem Zwecke statt, der geologischen Untersuchung des Mosor einen Abschluß zu verleihen. Der Forschungsreisende ist im Mosorgebiete, sofern ihm nicht die zur Installierung eines Zeltlebens erforderlichen Mittel zu Gebote stehen, fast ganz auf Gastfreundschaft angewiesen. Dieselbe wurde mir dank der die Bewohner von Dalmatien auszeichnenden gast- freundlichen Gesinnung in reichstem Maß zuteil. Ich fühle mich gedrängt, gleich hier jenen Herren meinen innigsten Dank zu sagen, welche mir durch die liebenswürdige Aufnahme, die ich bei ihnen fand, die geologische Durchforschung des Mosor ermöglicht haben. Es sind dies die Herren P. Petar Mihanovic, Pfarrer in Sitno, P. Herceulian Luger, Pfarrer in Srinjine, P. Nathalis Macanovig, Pfarrer in Dugopolje. P. Lukas Zuljevic, Pfarrer in Srijani, ferner die Herren L. Miotto in Kotlenice und A. Skrivanic in Almissa sowie auch Herr Jelid in Dolac. Die Mosor planina kann als ein für den Aufnahmsgeologen sehr dankbares Arbeitsfeld bezeichnet werden. Hochgradige Aufgeschlossen- heit des Untergrundes, Gleichförmigkeit in der Ausbildungsweise der einzelnen Schichtglieder und leichte Unterscheidbarkeit derselben von- einander, häufige deutliche Erkennbarkeit der Schichtlage und eine weitgehende Abhängigkeit des Reliefs von der Art und Lagerungsform der Gesteine, all’ diese Wünsche des geologischen Kartographen gehen am Mosor in mehr oder weniger vollkommener Weise in Erfüllung und machen so dieses Gebirge zu einem Eldorado für den Aufnahms- geologen. Die dem Meere zugewandte Seite des Mosor wird in bezug Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 216 Dr. Fritz v. Kerner. [2] auf die Berechtigung, so gerühmt zu werden, von den für die geolo- sische Kartierung günstigsten Gebieten des nördlichen Dalmatien, wie den Uferlandschaften der unteren Kerka, dem Küstengebiete von Sebenico und der zentralen Zagorje, kaum erreicht, gewiß nicht übertroffen. Der Tektoniker und der Stratigraph werden dagegen in der Mosor planina nicht auf ihre Rechnung kommen. Das Dominieren einer der einfachsten und klarsten Formen der Gebirgsstruktur, der Faltung, und das Fehlen hochkomplizierter und kaum zu ergründender, doch eben darum das Interesse im höchsten Maße fesselnder Störungen werden dem Tektoniker die Mosor planina als ein nicht sehr an- ziehendes Terrain erscheinen lassen, es sei denn, daß ihm schon der Anblick des Ideals eines Faltengebirges eine Freude macht. Der Stratigraph wird aber am Mosor geradezu sehr unbefriedigt sein, da völliger Mangel an organischen Einschlüssen und schlechte, zur Be- stimmung unzureichende Erhaltung der Fossilien für die überwiegende Mehrheit der am Aufbaue des Gebirges beteiligten Gesteine bezeichnend sind, und jene Schichtkomplexe, welche bestimmbare Fossilien führen, eine Gliederung auf faunistischer Grundlage nicht zulassen. Die eben besprochenen Verhältnisse bedingen es auch, daß der Mosor als Gegenstand für die verschiedenen Formen der geologischen Publikation sehr ungleich geeignet ist. Dasjenige, was als publi- zistisches Resultat einer geologischen Untersuchung des Mosor in erster Linie in Betracht kommt, ist eine auf topographischer Grund- lage ausgeführte geologische Karte und eine Serie von quer durch das Gebirge gelegten Durchschnitten. Für eine geologische Beschrei- bung ist die Mosor planina dagegen wenig geeignet, da zu Fest- stellungen, deren Mitteilung den Inhalt einer geologischen Abhandlung zunächst ausmachen sollen, wie Detailprofile mit genauer Angabe des lithologischen Charakters der einzelnen aufeinanderfolgenden Gesteins- bänke und mit Aufzählung der in ihnen enthaltenen Fossilien, sowie auch zu eingehenden Erörterungen über tektonische Komplikationen teils wenig, teils gar keine Gelegenheit gegeben ist; und anderseits jene geologischen Verhältnisse, über welche am Mosor Notizen in reichster Zahl gesammelt werden können, wie Verlauf von Schicht- grenzen, Beziehung derselben zu Relieflinien, Richtung und Grad des Schichtfallens, nur in beschränktem Maße der Gegenstand einer Mit- teilung durch Worte sein können und viel besser und weit voll- ständiger auf einer Karte und in Profilen zur Darstellung gelangen. Zu FErörterungen karstmorphologischen Inhaltes, die auch in einer geologischen Gebietsbeschreibung nicht ganz beiseite zu lassen sind, bietet der Mosor allerdings mehrfachen Anlaß. Die Einschaltung solcher Erörterungen nebst Hinweisen auf paläogeographische Gesichts- punkte reichen aber höchstens dazu aus, die streckenweise bis zu einem unerträglichen Grade sich steigernde Langweiligkeit der Auf- zählung von verschiedenen Kalkvarietäten und Einfallswinkeln etwas zu mildern, nicht aber dazu, eine im großen und ganzen interessante Lektüre herzustellen. Es sei darum gleich hier bemerkt, daß die folgenden Zeilen keine Bereicherung der geologischen Literatur um eine spannende oder auch nur halbwegs genießbare Abhandlung be- [3] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 317 deuten und nur den Zweck verfolgen, demjenigen zu dienen, der eine nähere Orientierung über die geognostischen Verhältnisse irgend- einer Region des Mosorgebirges wünscht. Lage, Grenzen und Einteilung des Mosor. Die Mosor planina ist das nordwestliche Endstück des Gebirgs- zuges, welcher die dinarisch streichende Küste von Süd- und Mittel- dalmatien begleitet. Der Westfuß des Mosor fällt fast zusammen mit der Stelle, an welcher die dalmatische Festlandsküste das im Bereiche der Inselvorlagen schon in Mitteldalmatien herrschende lesinische Streichen annimmt, dem dann nach Einschaltung einer meridional ver- laufenden Küstenstrecke in Norddalmatien wieder normales SO—NW- Streichen folgt: Gegen seine Umgebung grenzt sich der Mosor ziemlich gut ab. Längs der Landseite bilden die Einsenkung von Srijani und Dolac und das Dugo polje scharfe Scheiden gegen das benachbarte Terrain ; aber auch in dem dazwischen liegenden Gebiete läßt sich eine Grenze unschwer ziehen, da der Übergang der flachwelligen Dolinenlandschaft von Kotlenice in die unteren Abhänge des Berges ziemlich rasch er- folgt. Gegen W bilden der dem Jadro tributäre Zavlic potok und weiter küstenwärts der Unterlauf des Stobree potok wohlmarkierte Grenzen. _ Nur in dem dazwischen liegenden Gebiete ist ein all- mäliger Ubergang des Mosor in das Hügelland der Kila östlich von Spalato vorhanden, der eine exakte Grenzziehung illusorisch macht. Verhältnismäßig schwerer ist es, das dem Mosor zuzurechnende Gebiet gegen SO abzugrenzen. Am nächstliegenden erschiene es, die Stelle, an welcher sich der Kamm des Mosor gegen O abflacht, als maßgebend für eine Grenzziehung zu betrachten. Da jedoch in den dem Hauptkamme land- und meerwärts angeschlossenen Vorbergen unterhalb jener Stelle keine natürlichen Grenzen ziehbar sind und jene Stelle nur für die Achse des Gebirges einen Markstein darstellt, ist dieselbe als Ausgangspunkt für eine Abgrenzung des ganzen Ge- birgssystems nicht geeignet. Am passendsten erscheint es, als Ostgrenze des Mosor eine Linie anzunehmen, die von Almissa über Zakudac und Gata und die Raselka nach Dolac gornji verläuft. Längs dieser Linie wird das ganze meer- wärts vom Hauptkamme gelegene Gebiet durch einen tiefen Einschnitt quer durchtrennt; die tiefe Einsenkung auf der Landseite des Ge- birges tritt bei Dolac gornji am nächsten an den Mosorkamm heran und letzterer erleidet im Bereiche der Einschnürung, die so im N von Almissa das ganze Bergsystem erfährt, eine rasche und bedeutende Abnahme seiner Höhe, die es gestattet, den Sattel von RaSelka als östlichen Endpunkt des eigentlichen Mosorkammes anzunehmen und das noch folgende Kammstück, die LiSnica, als einen Gebirgsausläufer zu betrachten. Der Anstieg des Geländes vom Meere zum Hauptkamme des Mosor vollzieht sich unter wiederholten, sehr verschieden großen Os- Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 99 DR Dr. Fritz v. Kerner. [4] zillationen. Bald senkt sich das Terrain nach früher erfolgtem An- stiege wieder so bedeutend, daß eine selbständige Vorkette und ein Längstal zustande kommen, bald ist die Senkung im Vergleiche zu dem vorher erfolgten Anstiege so gering, daß man nur von einer Ter- rasse mit erhöhtem Rande sprechen kann. Die Mehrzabl der die Südseite des Mosor durchziehenden Vor- ketten, Längstäler und Terrassen erstreckt sich nicht über die ganze Längsausdehnung des Gebirges. Zum Teil gehen auch die beiden vor- senannten Formen von Bodenwellen ineinander über, indem sich ein Terrassenrand zu einem Bergkamm aufwölbt und der Boden der Ter- rasse, ohne eine Senkung zu erfahren, sich in ein Längstal fortsetzt oder indem sich eine Stufe in ihrer Längsrichtung rasch senkt, ihr Rand dagegen in derselben Höhe bleibt und sich die Stufe so in ein Tal verwandelt, ihr Rand dagegen, ohne an Höhe zuzunehmen, sich zu einer Vorkette umgestaltet. Nur die letzte, den Küstensaum begleitende Vorkette erstreckt sich ohne Unterbrechung entlang der ganzen Südseite des Haupt- kammes und nimmt dadurch, daß sie die anderen Ketten zugleich an Breite bedeutend übertrifft, eine Ausnahmsstellung ein, die es zuläßt, diese letzte Vorkette vom Mosor im engeren Sinne abzutrennen und als Poljicaner Küstengebirge zu bezeichnen. Auf der Landseite des Mosor kommt es nur an einer Stelle zur Bildung einer Vorkette und eines hinter ihr eingreifenden Längstales; auch die Terrassenbildungen sind hier von weit geringerer Entwicklung als am Südabhange und stellenweise durch Gehängezonen, in denen die Neigungswinkel mehr oder minder stark verringert sind, ersetzt. Im Hauptkamme des Mosor hebt sich ein höchster mittlerer Ab- schnitt scharf von den beiden Seitenteilen ab. Da auch das Relief der land- und meerwärts abdachenden Gehänge unterhalb dieses mittleren Kammstückes verschieden ist von dem im W und SO, läßt sich das ganze Bergmassiv des Mosor abzüglich des Poljieakammes in morpho- logischer Beziehung in drei Teile gliedern. Der Kamm des Westmosor erstreckt sich vom Debelo brdo, in welchem die auf der Ostseite der Gebirgsbucht von Clissa ansteigenden Gehänge gipfeln, bis zum Fuße des Berges Lubljan. Gegen N dacht dieses Kammstück mit einem ziemlich monotonen, nur in seiner oberen Zone durch unvollkommene Stufenbildung unterbrochenen Gehänge gegen das Dugo polje ab. Gegen S erfolgt der Abfall zu dem Tale des Stobrec potok unter Einschaltung einer breiten, weit vortretenden Terrasse. Das Mittelstück des Mosorkammes reicht vom Westfuße des Berges Lubljan bis zu der Einsattlung des Luti kamen. In ihm erhebt sich der Kulminationspunkt des ganzen Bergmassivs. Gegen NO ist diesem Teile des Kammes ein Rücken vorgelagert, dessen höchste Kuppe, Jabukovac, den Mosorgipfeln an Höhe nicht viel nachsteht. Vom Hauptkamme ist dieser Rücken durch eine an Trichtern und Schlünden reiche Einsenkung geschieden, gegen NO dacht er mit einem von vielen schmalen Stufen unterbrochenen Gehänge zum dolinenreichen, flachwelligen Terrain von Kotlenice ab. Die dem Meere zugewandte Seite des zentralen Abschnittes des [5] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 219 Mosorkammes ist der am mannigfaltigsten geformte Teil des ganzen Bergmassivs. Längs einer Linie, die durch die Mitte dieses Teiles gezogen wird, kann man drei Stufen und (abzüglich des Poljiea- kammes) eine Vorkette unterscheiden. Gegen NW erfährt diese Konfiguration insofern eine Anderung, als sich die mittlere Stufe zu einem Hochtale vertieft und die untere Stufe sich gegen S vorschiebt. und senkt. Gegen SO zu tritt eine Modifikation des in der Mittellinie vorhandenen Reliefprofils dadurch ein, daß sich der Rand der unteren Stufe zu einem hohen Kamme aufwölbt und die Vorkette eine Ab- flachung erleidet. Der Ostabschnitt des Mosorkammes reicht vom Luti kamen bis zum Sattel von RaSelka. Zum größten Teile von geringerer Höhe als das Mittelstück des Kammes, steigt er im Kozik fast bis zur Höhe des Hauptgipfels der Planina an. Dieser Teil des Kammes dacht gegen NO mit einem — ähnlich dem Nordabhange des West- mosor — in seiner oberen Zone von Stufen unterbrochenen Gehänge zur Einsenkung von Dolac ab. Meerwärts ist ihm ein langer Rücken vorgelagert, der die Fortsetzung des vorerwähnten, aus dem Rande der unteren Terrasse des Mittelmosor aufsteigenden Kammes bildet. Stratigraphische Übersicht. Das älteste am Mosor zutage tretende Schichtglied ist der mittelkretazische Dolomit, welcher in vielen Teilen Dalmatiens das Liegende des Rudistenkalkes bildet. Er ist ein ungleichmäßig körniges oder mürbsandiges Gestein von schmutzigweißer bis lichtgrauer Farbe, ziemlich gut geschichtet, minder zerklüftet und darum weniger wasser- durchlässig als der Rudistenkalk. Bei der Verwitterung bildet er stellenweise grotesk geformte Felsen. Durch dunklere Farbe und mildere Oberflächenformen hebt sich das Gebiet des Dolomits land- schaftlich scharf von dem des umgebenden Kalkes ab. Die Grenze gegen letzteren ist zumeist scharf und nicht durch eine petro- graphische Ubergangszone vermittelt. Der Dolomit erscheint in einer Aufbruchszone in der mittleren Terrasse am Südabhang des mittleren Gebirgsteiles und unterhalb des Randes der breiten Terrasse auf der Südseite des Westmosor. Uber diesem Dolomit folgt der Rudistenkalk, welcher die obere Kreide, abzüglich deren oberster Horizonte, vertritt. Dieser Kalk zeigt mehrere verschiedene Ausbildungsweisen. Er ist teils sehr grobkörnig, teils mehr oder minder feinkörnig bis dicht. Seine Farbe schwankt zwischen reinem Weiß und lichtgelblich oder blaßgrau. Von organischen Einschlüssen finden sich neben Foraminiferen zumeist Bruchstücke von Radiolitenschalen, seltener Reste von anderen Bivalven und von Gastropoden. Die Verteilung dieser Einschlüsse ist sehr ungleichmäßig. Die grobkörnigen, rein weißen Kalke sind oft dicht von Schalenfragmenten erfüllt, die dichten Kalke häufig fossil- arm. Stellenweise sind dem Rudistenkalke kleine Dolomitlinsen und Zonen von Breccienkalken und mehr oder minder deutlich plattig 29* 220 Dr. Fritz v. Kerner. [6] abgesonderten Kalken eingeschaltet. Die Hauptmasse der ober- kretazischen Kalke ist ziemlich gut in dicke Bänke geschichtet, doch erscheint die Schichtung oft durch das wüste Karrenrelief undeutlich gemacht oder ganz verwischt. Der Rudistenkalk ist das am Aufbaue der Mosor planina am meisten beteiligte Gestein und bedingt den wilden Karstgebirgscharakter derselben. Er setzt die ganze Landseite, den Hauptkamm und die oberen Teile der dem Meere zugewandten Seite der Planina zusammen und erscheint über- dies in mehreren langen und breiten Zügen in den unteren Partien dieser letzteren Gebirgsseite. Der Rudistenkalk wird nach oben hin breccienartig und geht dann in Trümmerbreccien und Konglomerate über. Diese Gesteine enthalten außer Stücken von weißem, gelblichem und grauem Kreide- kalke stellenweise auch Fragmente eines bräunlichen Kalkes, welcher eozäne Foraminiferen einschließt. Bezüglich der Form der Bestandteile dieser klastischen Gebilde zeigen sich alle Übergänge zwischen scharfkantigen Trümmern und völlig abgerundeten Kieseln und Geschieben. Die Größe der Frag- mente ist sehr wechselnd. Nach unten hin läßt sich hier kein Grenz- wert angeben, nach oben hin erscheint er durch Blöcke von zirka 1 m? Rauminhalt gegeben. Auch das Gefüge ist sehr variabel, teils sehr kompakt, teils mehr oder minder locker. Bei den kompakten Breccien und Konglomeraten ist nur eine sehr spärliche oder gar keine Kittmasse zu sehen; die lockeren Kon- glomerate und Breccien haben ein kalkig sandiges Zwischenmittel, welches stellenweise vereinzelte Nummuliten führt. Die kompakten Breccien und Konglomerate sind sehr dick gebankt, doch wird auch bei ihnen die Schichtung oft durch das wüste Karstrelief undeutlich. Die lockeren Breccien zeigen eine ausgezeichnete Schichtung in ziemlich dünne Bänke. Diese klastischen Gesteine erscheinen teils auf der Westseite des Westmosor, teils am Nordostabhang des östlichen Mosor als randliche Auflagerung auf dem zusammenhängenden Rudistenkalkkomplex des Hauptgebirges, teils besäumen sie die vorerwähnten isolierten Streifen von Rudistenkalk in der Vorgebirgszone, teils endlich bilden sie selb- ständige Züge innerhalb derselben. Ein Teil der Breccien ruht dem liegenden Rudistenkalke sehr deutlich diskordant auf. An manchen Orten ist dagegen das Vorhandensein einer Diskordanz nur wenig ausgesprochen oder gar nicht zu erkennen. In enger Verbindung mit den Breccien und Konglomeraten erscheint ein bräunlicher, sehr ungleichmäßig gekörnter Kalk, welcher eine ziemlich spärliche Mischfauna von Milioliden, Alveolinen, Nummu- liten und Orbitoiden aufweist. An vielen Orten läßt sich feststellen, daß dieser Foraminiferenkalk eine etwas höhere Position einnimmt als die Hauptmasse des Konglomerats, an anderen Stellen hat man den Eindruck eines gegenseitigen Ineinandergreifens, beziehungsweise einer gegenseitigen Vertretung dieser beiden Gesteine. Am Nordost- fuße des östlichen Mosor erscheint in Verbindung mit den Breccien des Kreidekalkes ein stellenweise von Alveolinen dicht erfüllter Kalk. [7] Geologische Beschreibung der Mosor planina. Dr! Während die kompakten Breccien und Konglomerate zur Bildung plumper, klumpiger Felsformen neigen, trifit man im Bereiche des Foraminiferenkalkes sehr stark zernagte Karrenfelder und Scherben- felder mit scharfkantigen Steinen an. Die Breccien und Konglomerate des Mosor sind zum größeren Teile ins mittlere Eozän zu stellen und als ein ungefähres Äquivalent der tiefsten unter den Promina- schichten liegenden Breccien zu betrachten. Uber dem mitteleozänen Foraminiferenkalke folgt am Mosor ein an Hornsteinknollen ziemlich reicher, lichtgelber, dünn geschichteter mergeliger Kalk. Je nach seinem geringeren oder größeren Tongehalt ist dieses Gestein noch schlechtweg als Plattenkalk, als plattiger Mergel- kalk oder als Mergelschiefer zu bezeichnen. Es hat das Aussehen der härteren Mergelschiefer des Monte Promina und des Opor und scheint wie letztere keine Pflanzenreste zu führen. An seiner oberen Grenze erscheinen stellenweise diekbankige, graubraune, schwach bituminös riechende Mergelkalke, welche sehr stark mazerierte Blatt- fetzen und Steinkerne von Gastropoden von mitteleozänem Habitus enthalten. Den Plattenkalken sind an manchen Orten Bänke von Breceien und Konglomeraten eingelagert. Auf der Nordostseite des Poljicaner Küstengebirges erscheinen an Stelle der plattigen Kalke sehr grobknollige Konglomerate. Das Verbreitungsgebiet der mergeligen Plattenkalke sind die unteren Südwestabhänge und die südwestlichen Vorketten des mittleren und östlichen Mosor. Sie erscheinen hier in langen, zumeist schmalen Zügen an den Rändern der Kalk- und Kon- glomeratzone. Uber den Plattenkalken folgt als jüngstes von der Gebirgs- faltung noch mitbetroffenes Schichtglied der Flysch. Er ist zum Teil in reiner Mergelfazies, zum Teil als Mergel mit Sandsteinbänkchen, zum Teil in reiner Sandsteinfazies entwickelt. Die Flyschmergel sind zumeist engklüftig splittrig und von grünlichgrauer Farbe, seltener mehr schiefrig, blättrig und schmutziggelb gefärbt. Die stets sehr gut seschichteten Kalksandsteine sind fein- bis grobkörnig und grau oder braun gefärbt. Als Einlagerungen in den Mergeln erscheinen dicke Bänke von Breccienkalken und Konglomeraten sowie von sandigen und mergeligen Kalken. Der Flysch repräsentiert ein oberes quellenführendes Niveau. Sein Verbreitungsgebiet sind die unteren Teile der Südwestseite des Mosor. Er füllt hier das gesamte zwischen den Zonen der älteren Gesteine gelegene Terrain aus. Den Plattenkalken liegt er konkordant auf. Letztere dürften ungefähr an die Grenze von Mittel- und Ober- eozän zu stellen sein und der Flysch demnach dem Obereozän an- gehören. Von quartären Ablagerungen sind zu nennen, Terra rossa, vor- wiegend am Grunde der zahllosen Dolinen im Rudistenkalke, Eluvial- schutt, zumeist im Gebiete der lockeren Breccien und Konglomerate (sekundäre Geröllfelder), der Foraminiferenkalke (Scherbenfelder) und Plattenkalke (Plattenfelder) sowie im Gebiete der Flyschgesteine, Gehängeschutt, besonders am Fuße der Steilabstürze der Terrasse von Kovatlevi6 stan, der oberen und mittleren Terrasse des Mittel- mosor und auf der Südwestseite des Makirinakammes und Poljica- 2223 Dr. Fritz v. Kerner. [8] kammes, Blockanhäufungen im Grunde tiefer Einsturztrichter, Torrenti- schotter, hauptsächlich in der Studenica und in der Strana bei Naklice sowie in den Rinnsalen des Brisine potok, Veliki potok, Smovo potok und Bila, endlich noch Kalktuff in mächtiger Entwicklung am OÖber- laufe des Stobrec potok bei Zernovnica. Tektonische Übersicht. Die Mosor planina ist ein Komplex von Falten und Flexuren innerhalb des Gesamtsystems der Dinariden. Das Streichen der Mosorfalten ist dinarisch und geht im westlichsten Teile des Gebietes rasch in das lesinische Streichen über, so daß ostwärts von Spalato ein gegen die adriatische Senkung konkaver Faltenbogen zustande kommt. In ihrem Streichen zeigen die Mosorfalten verschiedene Ver- änderungen, Aufsteilungen und Abflachungen mit oder ohne Anstieg, beziehungsweise Senkung der Faltenachsen und dementsprechenden Variationen in der Breite. Auch gegenseitige Übergänge von Falten und Flexuren kommen vor. Zumeist sind diese Veränderungen der Querprofile mit entgegengesetzten in den Nachbarfalten kombiniert, so daß es zu Erscheinungen gegenseitiger Verdrängung und gegen- seitigen Ersatzes der Faltenzüge kommt. Die Mehrzahl der Mosor- falten ist asymmetrisch und hat einen mäßig steilen diekeren Nordost- und einen sehr steilen dünneren Südwestflügel. Streckenweise kommt es zu partiellem Schwunde dieses letzteren, doch sind Faltenver- werfungen am Mosor eine untergeordnete Erscheinung. Anderseits treten auch annähernd symmetrische Schichtauf- wölbungen auf. Ihrer Struktur nach sind die Mosorfalten domförmig. Man kann bei ihnen völlig flache Lagerung in der Region der Falten- achse und allmälige Hinabbiegung der Schichten zu beiden Seiten der Achsenregion feststellen. Knickungen (Dachstruktur) und Zer- reißungen in der Faltenachse und partielle gegenseitige Vertikalver- schiebungen der beiden Faltenflügel kommen nur ausnahmsweise vor. Die oft sehr schön entwickelte Domstruktur der Faltenzüge ist als tektonisches Charakteristikon der Mosor planina zu bezeichnen. In bezug auf die Gesteinsarten, welche am Aufbaue der Falten Anteil nehmen, kann man das Gebirgssystem des Mosor in zwei Zonen gliedern: in eine äußere, landwärts gelegene Zone, in welcher nur kretazische Schichten vorkommen, und in eine innere, meerwärts gelegene Zone, in welcher auch eozäne Schichten an der Zusammen- setzung der Falten beteiligt sind; und zwar die mitteleozänen Ge- steine entweder als Mantelschichten in Falten mit kretazischem Kern oder als Faltenkernschichten und die obereozänen Flyschgesteine als Muldenkerne. Die erstere Zone entspricht den Hochregionen des Mosor und kann demnach als Hauptfaltenzone angesprochen werden, die letztere entspricht den küstenwärts angereihten Gebirgsvorlagen und ist somit als Vorfaltenzone zu bezeichnen. Das älteste Schichtglied des ganzen Gebirgssystems, der mittel- [9] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 223 kretazische Dolomit, tritt nur in der innersten Aufwölbung der äußeren Faltenzone auf und gerät dadurch in die nächste Nachbarschaft der obereozänen Schichten im äußersten Muldenzug der inneren Falten- zone. Es kehrt somit am, Mosor das im norddalmatischen Küsten- lande häufige Bild einer UÜberschiebung mit Mittelflügelresten, be- ziehungsweise einer Überfaltung mit stark reduziertem Mittelflügel in sehr vergrößertem Maßstabe und mit der Modifikation wieder, daß die dem oberen und unteren UÜberschiebungsflügel entsprechenden Schichtmassen selbst in viele Falten und Flexuren gelegt sind. Man darf jedoch, wenn man sich dieser Ausdrucksweise bedient, nicht die Vorstellung damit verbinden, daß der Mosor das Ergebnis zweier verschiedener posteozäner Faltungsprozesse sei. Er ist vielmehr wie alle dalmatischen Gebirge durch die große altmiozäne Faltung gebildet worden. I. Die Westabhänge des westlichen Mosor. Nordwestwärts von den Anhöhen, welche den Salonitaner Golf umrahmen, türmt sich über einem aus mehreren Pfeilern zusammen- gesetzten Unterbau der Gipfel des Debelo brdo auf. Der südwest- liche Eckpfeiler des Gebirgsgerüstes wird durch den Felssporn ober Kudine gebildet, welcher in dem Hügellande zwischen dem Jadro- flusse und dem Stobrec potok wurzelt. Ober diesem Felssporne zieht sich ein Rücken gegen NO hinan, der den der Bucht von Clissa zu- gekehrten Westabhang von der gegen Süden abdachenden Terrasse von Kovacevi€ stan scheidet. Der nordöstliche Eckpfeiler des Ge- birgssockels wurzelt in der Gegend ober Clissa. Von ihm steigt ein sehr schroffer Grat gegen OSO empor, der den Westhang des Debelo brdo von den dem Vucje polje zugekehrten Nordabhängen dieses Berges trennt. An der Vereinigungsstelle der beiden vorgenannten Kammausläufer, die den westlichen Endpunkt der Mosorkette bildet, erhebt sich, weithin sichtbar, die ganze Gegend von Salona und Spa- lato beherrschend, der Westgipfel des Debelo brdo. Das Gehängedreieck, dessen Spitze dieser Gipfelpunkt und dessen Schenkel die vorgenannten Kammausläufer bilden, wird von mehreren, zum Teil schluchtartigen Gräben durchfurcht, zwischen welchen die das Mittelstück des Bergabhanges stützenden Grundpfeiler aufstreben. Der größte dieser Gräben zieht durch die Mitte des Gehänges bis dicht unter die Gabelung des Mosorkammes hinan und scheidet so den Abhang in zwei bis zur Spitze hinauf getrennte Hälften. In jede dieser Abhanghälften dringt wiederum je ein in seinem oberen Teile sich gabelnder Graben ein. Vom mittleren Graben sind diese beiden seitlichen Talfurchen durch zwei Felsrücken getrennt, die in der Einsenkung des Zavlic potok unterhalb Clissa wurzeln. Zwischen diesem Potok und dem Jadroflusse erhebt sich noch ein Felskamm, der den am meisten gegen W vorspringenden Grundpfeiler des Debelo brdo darstellt. 224 Dr. Fritz v. Kerner. [10] In geologischer Beziehung konzentriert sich am Westabhang des Mosor das Interesse auf das Vorkommen von Breceien, welche speziell diesem Gebiete eigentümlich sind und dem ihre Unterlage bildenden Rudistenkalke diskordant aufruhen. Sie bestehen aus zu- meist kleinen eckigen Fragmenten dieses Kalkes, die durch eine spärliche Kittmasse zusammengehalten werden. In dieses Zwischenmittel sind mitunter vereinzelte kleine Num- muliten eingeschlossen. Die Dimensionen der Fragmente schwanken häufig nur zwischen Nuß- und Apfelgröße. Mehr als faustgroße Stücke sind an manchen Orten eine Seltenheit. Stellenweise kommen auch Partien vor, die aus nur erbsengroßen Steinchen zusammengekittet sind. Die Farbe der Bruchstücke ist zumeist weiß, seltener lichtgrau, gelblich oder bräunlich. Die Kittmasse erscheint bald tonig, bald mehr sandig und rostrot bis braun gefärbt. Das hervorstechendste Merkmal dieser Breccien ist ihre aus- gezeichnete Schichtung. Die Dicke der Bänke schwankt zwischen einigen Dezimetern und einem Meter, als Mittelwert kann vielerorts etwa !/; m angenommen werden. Diese Schichtung in scharf vonein- ander abgesetzte dünne Bänke tritt beim Anblick der aus diesen Breccien bestehenden Gehängeteile in einer höchst auffälligen Weise hervor, und zwar nicht bloß beim Anblick aus der Nähe, aus weiter Ferne noch kann man diese Breccien von ihrer Unterlage, dem Rudistenkalke, deutlich unterscheiden. Besonders eigenartig gestaltet sich das Bild, das man vor sich hat, wenn man den Westabhang des Mosor von Clissa aus betrachtet. Man gewahrt hier eine Unzahl von dünnen, dicht nebeneinander hinlaufenden, mehrfach gewundenen Streifen, die in verschiedenen Richtungen die unteren Abhänge des Berges überziehen und an mehreren Stellen zungenförmig in die oberen Gehängeteile eingreifen. Es dürfte schwerlich Fälle geben, in welchen die Lagerung der Schichten das Bergrelief so vollkommen und ausschließlich beherrscht wie hier. So scharf die Breccien an der Westseite des Mosor in ihrer typischen Entwicklung charakterisiert erscheinen, so gibt es doch auch Fälle, in welchen eine Entscheidung schwer ist, ob man noch von solchen Breccien sprechen solle oder nicht. Die Notwendigkeit, eine solche Entscheidung vorzunehmen, drängt sich bei der geologi- schen Kartierung des Gebietes zwingend auf. In lithogenetischer Hinsicht kann es nicht befremden, daß Ubergänge zwischen den die Kalkmasse des Mosor umhüllenden verschiedenen Gesteinsbildungen vorhanden sind. An manchen Punkten trifft man Felsen an, die das die Er- kennung der Schichtlage oft ganz ausschließende Karrenrelief des Rudistenkalkes zeigen, dabei aber eine mehr oder minder deutliche klastische Struktur erkennen lassen. Desgleichen gibt es Übergänge zu dem Konglomerat von Clissa, so sehr auch dieses letztere in seiner typischen Entwicklung (klastisches Gestein aus durchwegs runden, sehr verschiedenfärbigen Kalkstücken und kleinen dunklen Horn- steinchen) von den Westmosorbreecien abweicht. Als Unterscheidungs- merkmal kann hier die Vergesellschaftung mit Mergelschichten gelten, [11] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 2925 welche für die Konglomerate der Clissaner Bucht die Regel, für die in Rede stehenden Breccien eine äußerst seltene Ausnahme ist. Der nordöstliche Eckpfeiler des Debelo brdo wird durch den Rücken dargestellt, welcher sich ostwärts von dem steilen Riffe, den das Sperrfort Clissa krönt, erhebt. Dieser Rücken besteht aus Kon- glomeraten vom Typus jener, welche man bei Clissa antrifft. Neben vielem Schutt und Trümmerwerk bemerkt man kleine Schichtkopfriffe, die auf der Kuppe oben ein 50—70° steiles Einfallen gegen Süd erkennen lassen. Hinter diesem Rücken beginnt der schroffe Grat, welcher die Nord- und Westabdachung des Debelo brdo scheidet. An seiner Basis trifft man zunächst noch Breccienkalke und zertrümmerten Rudistenkalk, der aber bald in homogenen Kalk übergeht. Der landschaftliche Kontrast zwischen dem aus Konglomeraten aufgebauten Rücken und dem dahinter sich erhebenden Kalkgrat ist äußerst scharf. Beim Anstiege auf den letzteren gerät man alsogleich in ein sehr wüstes Karstterrain mit großen, von vielen Regenrinnen durch- furchten Felsbuckeln, zwischen denen vielverzweigte Löcher und Klüfte in die Tiefe gehen. Unterhalb des Felskopfes Jame (637 m) trifft man zwei Schlünde. Der größere derselben ist zirka 20 m tief, oben spaltartig verengt, unten erweitert und zeigt einen ebenen schuttbe- deckten Boden von einigen Metern im Geviert. Was die Lagerungs- verhältnisse betrifft, so kann man auf der Nordseite der Gratlinie ein 200 sanftes Einfallen gegen NW bis N erkennen. Ob die steilen Felsflächen auf der Südseite des Grates auch der Schichtung parallel sind, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Gratlinie selbst erscheint zu regellos zerklüftet, um einer bruchlosen scharfen Um- biegung der Schichten zu entsprechen. Weiter oben passiert man dann am Grate selbst zum Teil ziemlich flache Felsbuckeln. Man hat dort mehr den Eindruck, daß eine Bogenfalte vorliegt, an deren Südwestseite sich die Schichten scharf hinabbiegen. Wo aber gleich unterhalb des Grates steile Ab- stürze gegen S. vorhanden sind, scheinen dieselben doch bloßgelegten Klüftungsflächen zu entsprechen. Bemerkenswert ist hier und weiter oben das sporadische Vorkommen von Ephedragestrüppen in dem fast gänzlich kahlen Felsterrain. Der oberste Teil des Grates ist wieder schwerer zu passieren. Gegen die Korito draga, das kleine Hochtal, in welches sich der mittlere der drei in die Westseite des Debelo brdo eindringenden Gräben fortsetzt, fällt er mit steilen Hängen ab, an denen, wie weiter unten, die Lagerung nicht deutlich zu erkennen ist. Am oberen Ende des westlichen der zwei Äste, in welche sich die Korito draga spaltet, trifft man große Felsplaques, welche gegen N bis NW abdachen und so die Schichtlage markieren. Die Südseite des Rückens an der Basis des im vorigen genannten Grates ist zum großen Teile mit Schutt bedeckt. Zwischen der oberen und unteren Hüttengruppe von Smodlaka treten anstehende Partien von Clissakonglomerat zutage. Das ostwärts folgende Kreidekalkterrain grenzt sich hier sehr scharf gegen die Flyschformation ab. Selten stößt selbst in Dalmatien Jahrbuch d. K. k, geol, Reichsanstalt, 1904, 54, Band, 2. Heft. (F, v. Kerner.) 30 226 Dr. Fritz v. Kerner. [12] die Karstformation in ihrer abschreckendsten Entwicklung so unver- mittelt an das kultivierte Land wie hier. Nur jüngere Lavaströme und im Vorrücken begriffene Gletscherzungen bilden manchmal Anlaß zu einem so unvermittelten Zusammenstoßen toter und lebender Natur. Ein Vergleich mit Gletschereis, das sich in gut bebautes Land vor- wälzt, drängt sich bei den erschreckend wüsten Kalkfelsmassen am Westfuße des Mosor auch hinsichtlich der Farbe und Oberflächenge- staltung einigermaßen auf. Nordwärts vom FEingange in den kleinen Graben unterhalb Smodlaka sieht man Mosorbreccien, welche das Liegende von Mergel- schichten bilden, dem Rudistenkalke aufruhen. In dem sehr wüsten Kalkterrain,. das sich vom unteren Teile des Nordwestgrates herab- senkt, trifft man zum Teil jene schon früher erwähnten Gesteine an, die eine mehr oder minder deutliche Brececienstruktur mit dem Relief des Rudistenkalkes kombinieren. Entlang der Drateva draga, dem nördlichen der drei in die Westseite des Debelo brdo eingeschnittenen Tälchen, erstrecken sich die Mosorbreceien bis in die Nähe des Nordwestgrates hinauf. Sie bilden die Seitenwände des unteren Talabschnittes, den Rücken zwischen den beiden Ästen, in die sich das Tälchen weiter oben gabelt und treten dann noch im Umkreise des obersten Talkessels an drei Stellen auf. Auf dem flachen Rücken, welcher die Dradeva draga nordwärts begrenzt, gelangen die Mosorbreceien zu typischer Entwicklung. Man trifft dortselbst sehr ausgedehnte, zumeist genau 20% gegen WSW ge- neigte Felsflächen, auf denen stellenweise umfangreiche Felsplatten als Reste der nächsthöheren Gesteinsbank aufruhen. Zuweilen liegen noch die Reste von mehreren einander folgenden Bänken überein- ander, was zur Entstehung sogenannter Ruinenreliefs führt. Die Ober- flächen dieser Felsplatten sind — entsprechend der Breccienstruktur. — schwach höckerig und oft von vielverzweigten Regenrinnen tief durchfurcht. Weiter oben trifft man auf dem Rücken viel Schutt und Trümmerwerk und nur vereinzelte Felsflächen, die 20° SW fallen. Die Grenze gegen den stark zerfressenen Rudistenkalk am Ab- hange unter dem Nordwestgrate ist sehr scharf. Sie nähert sich dann dem nördlichen Hauptaste der Drateva draga und folgt hierauf, schief absteigend, diesem mit großen abgestürzten Kalkblöcken erfüllten Tälchen selbst. Der Farbenkontrast zwischen den mit weißlichgrün- blättrigen Kompositen reich bewachsenen Breccienbänken und dem fast kahlen Kreidekalkterrain ist hier besonders auffällig. Am Rücken, der die obere Drateva draga von ihrem südlichen Seitenaste trennt,, reichen die Mosorbreccien weit hinauf. Der untere Teil dieses Rückens ist mit vielem Eluvialschutte und einer reichen Kompositenvegetation bedeckt; höher oben sieht man große Felsflächen, die 15—20° gegen W abdachen. Dann folgt ein sehr wüstes Kreidekalkterrain, das nordwärts bis zum wiederholt genannten Taleinschnitte hinabreicht. Zur Linken des- selben lagert an der Südseite des Felsvorkopfes Jame eine kleine isolierte Breccienmasse, die 30° SW einfällt. Ein zweites isoliertes Vorkommen von Mosorbreccien, das sich schon aus der Ferne als [13] Geologische Beschreibung der Mosor planina, 2397 srünlicher Fleck von seiner Umgebung abhebt, ist auf der rechten Seite des obersten Teiles der Drateva draga anzutreffen. Die Ab- hänge, welche hinter dem Anfangsstücke dieser Draga zum Nordwest- grate hinansteigen, scheinen aus mäßig steil gegen SW abfallenden Kalkschichten zu bestehen. Am untersten Teile des Rückens, welcher die Drateva draga gegen Süd begrenzt, hat man dasselbe Bild wie am Abhange nord- wärts von der Mündung dieses Tälchens. Auch hier sehr ausgedehnte, sanft gegen W abdachende Gesteinsflächen, auf denen mehr oder minder.umfangreiche Felsplatten als Reste nächst jüngerer Breccien- bänke aufruhen. Der unterste Teil der Dradeva draga selbst bietet ein geradezu ideales Bild einer kataklinalen Talstrecke. Weiter auf- wärts folgt am vorgenannten Rücken zerklüfteter Rudistenkalk, der an einer Stelle nordwärts bis gegen die Dradeva draga hinabreicht. Talaufwärts von dieser Stelle stehen dann eine Strecke weit auch auf der Südseite des Tälchens wieder gut gebankte Mosor- breccien an. Dann folgt ein Zug von Kreidekalk, welcher vom Fels- kopfe Ostrovac in nordwestlicher Richtung zur Dradeva draga hinab- streicht und noch auf die Nordseite derselben übergreift. Diese Stelle, wo das Tälchen ganz in Rudistenkalk eingeschnitten ist, befindet sich ganz nahe jenem Punkte, an welchem es gegen Süden einen Seiten- graben abgibt. Auf der Nordseite des Ostrovac lagert im Bereiche dieses muldig erweiterten Grabens eine isolierte Partie von Mosor- breccien. Dieselben fallen sanft gegen WNW und sind stellenweise sehr dünnbankig. Am Rücken des Ostrovac erscheint es besonders schwierig, die Grenze zwischen Rudistenkalk und den ihm diskordant auflagernden Breccien kartographisch zu fixieren. In ihrer typischen Form heben sich diese Auflagerungen durch ihre gute Bankung wohl deutlich von ihrer Unterlage ab; es kommen hier aber jene Übergangsgebilde zu größerer Entwicklung, welche bei mehr oder minder deutlicher ‚Breccienstruktur ein wüstes Karrenrelief aufweisen. Die Lagerungsverhältnisse des Rudistenkalkes sind hier sehr schwer zu erkennen. _ Es dürfte sich beim Rücken des Ostrovac um eine kleine Schichtauffaltung handeln, deren beiderseitige Neigung geringer ist als jene der beiderseitigen Gehänge. Gegen Süden fällt der schroffe Felskopf Ostrovac mit einem steilen Abhang zu dem mittleren und größten der drei in die West- seite des Debelo brdo eindringenden Gräben ab. Dieser Graben wird in seinem schluchtartigen unteren Teile nur mit dem Gattungsbegriffe -„na doci“ oder „dol“, in seinem oberen Teile als Korito draga be- zeichnet. An der Mündung dieses Grabens trifft man zu beiden Seiten typische Mosorbreccien an. Zur Linken (Nordseite), woselbst in einen Fels eine römische Inschrift eingehauen ist, fallen diese Brecceien sanft gegen Süden ein. Weiter taleinwärts wird das steile Nordgehänge durch Rudisten- kalk, das Südgehänge durch Breccien gebildet. Die nördliche Schlucht- seite ist ein wüstes, schwer passierbares Felsgehänge ohne erkennbare Lagerung der Schichten. Die südliche Talseite zeigt dagegen einen schönen treppenförmigen Aufbau, Der Grund der Schlucht ist mit 30* 228 Dr. Fritz v. Kerner. [14] vielem, von Brombeergestrüpp umranktem Blockwerk erfüllt. Unter- halb des Ostrovac greifen die Breccien eine kurze Strecke weit auf die nördliche Schluchtseite hinüber. Weiter taleinwärts ist dagegen die Schlucht, die hier steil ansteigt, ganz in Rudistenkalk einge- schnitten, da sich die Basis der Breccien auf der südlichen Schlucht- seite hinanzieht. Jenseits eines Vorsprunges, den das südliche Gehänge schief gegenüber vom Ostrovac bildet, reichen die Breccien wieder bis zur Schluchtsohle hinab, welche dort infolge ihres eben erwähnten steilen Anstieges viel höher liegt als unterhalb jenes Vorsprunges. Diese Senkung der unteren Brecciengrenze erfolgt aber nicht allmälig, sondern plötzlich längs einer am Gehänge hinabziehenden Störungs- linie, an welcher die Brecceienbänke haarscharf abgeschnitten sind. Diese Stelle bezeichnet den Ubergang des unteren schluchtartigen Teiles des in Rede stehenden Grabens in den erweiterten oberen Teil desselben. Die südliche Begrenzung des ersteren Teiles wird durch einen flachen Rücken dargestellt, welcher in seiner Gesamtheit aus Mosorbreccien besteht; die Südseite des oberen Grabenteiles wird dagegen von den Nordabhängen eines Grates gebildet, welcher oberhalb jenes Rückens zum Südwestgrate des Debelo brdo ansteigt und fast ganz aus Kreidekalk besteht. Während man daher im unteren schluchtartigen Grabenteile beim Anstiege über das Südgehänge stets Mosorbreccien passiert, gelangt man ober jenen Breceien, welche an der erwähnten Bruchlinie scharf abschneiden, bald wieder auf Rudisten- kalk. Man kann dort deutlich sehen, daß die Breccien diesem Kalke, welcher 30° NW fällt, diskordant aufliegen. Das Breccienlager besteht aus 1/, bis !/; m dicken Bänken, welche in ihrem O—W-Streichen eine schwache Senkung gegen W erfahren, so daß das zirka 15° sanfte Einfallen gegen WNW gerichtet ist. Die Brecceie besteht hier aus zumeist wallnuß- bis erbsengroßen, sroßenteils eckigen Fragmenten, die durch ein spärliches Zwischen- mittel verkittet sind, in welchem vereinzelte Nummuliten liegen. Zufolge seiner außerordentlich regelmäßigen Bankung und scharfen Abgrenzung gegen das umgebende Felsgewirre macht dieses Breccien- lager am unteren Ende der Korito draga fast den Eindruck einer künstlich ausgehauenen gigantischen Felsentreppe. Taleinwärts erstreckt sich dieses Breccienlager nicht sehr weit und es reicht dann der Rudistenkalk bis zu dem begrasten Schutt- saume hinab, welcher den Fuß der südlichen Talseite begleitet. Auf der gegenüberliegenden Seite hat man zu unterst eine mit magerem Rasen bewachsene Schuttzone, in welcher an vielen Stellen dünn- bankige 10—15° W fallende Breccien zutage treten. Weiter oben folgt ein abschreckend wüstes Felsgehänge, das zum obersten Ab- schnitte des Nordwestgrates des Debelo brdo aufsteigt. Die Sohle des Hochtälchens ist von einem zumeist trocken liegenden Rinnsale durchfurcht. Etwas weiter talaufwärts trifft man vor der Mündung eines rechts (Südseite) abgehenden Seitengrabens auch auf der südlichen Talseite wieder eine Anzahl Breccienbänke, welche 15° gegen NW einfallen. Am Fuße des Grates, der sich zwischen diesen Seiten- [15] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 224 graben und den Hauptast der Korito draga vorschiebt, liegt aber in der begrasten Talsohle wieder eine Felsmasse von Rudistenkalk. Im ziemlich steil ansteigenden Hauptaste der Korito draga be- findet sich ein breiter Wiesenstreif, der sich gegen das zu beiden Seiten aufsteigende Felsterrain scharf abgrenzt. Man trifft hier stets noch dünnbankige, zirka 20% gegen W geneigte Breccien bis zu einer Stelle, wo der Wiesenstreif inmitten einer flachen Felsmulde, die den Anfang der Korito draga darstellt, sein Ende findet. Im Grate auf der Südseite dieses Talbeginnes befindet sich neben einer schmalen Scharte eine kleine Höhle. Der breite Wiesenstreif ist mit vielen Blöcken und Trümmern von Rudistenkalk bestreut und in seiner Mittellinie von einem Aufrisse durchzogen, an dessen Seiten unter einer dünnen Humusdecke Schutt sichtbar ist. Der südliche Seitenast der Korito draga steigt in seinem untersten Teile steil empor, so daß sein Mittelstück höher liegt und von seiner Felsumrahmung weniger hoch überragt wird als der Hauptast. Der Boden dieses ziemlich flachen Grabens besteht zum großen Teile aus anstehenden Felsmassen, so daß es hier nicht zur Entwicklung einer zusammenhängenden, mit Rasen bewachsenen Schuttdecke kommt. Typische Mosorbreceien fehlen hier. Auf seiner Südseite wird der unterste Teil dieses Seitengrabens durch eine Felswand begrenzt, in deren zahlreichen Klüften eine reiche Moosvegetation zur Entwicklung kommt. Ober dieser Wand steigt das Terrain zu jenem Vorkopfe des Debelo brdo auf, welcher den westlichen Endpunkt des Mosorkammes darstellt (939 m) und zufolge seiner weit vorgeschobenen Lage einen wundervollen Blick auf das dem Beschauer tief zu Füßen liegende Gelände von Salona und Spalato gewährt. Das streng westlich streichende Verbindungs- stück dieses Vorkopfes mit dem Gipfel des Debelo brdo ist ein schwer passierbarer schroffer Grat aus stark zerworfenen Felsmassen. Die Lagerungsverhältnisse sind in den Graten zu beiden Seiten der Korito draga nicht mit Sicherheit erkennbar. Der mittlere, welcher sich zwischen die beiden Wurzeln dieses Hochtales vorschiebt, scheint aus gegen W einfallenden Schichten zu bestehen. Dasselbe dürfte bei dem eben genannten Grate im Süden der Korito draga der Fall sein. An der Westabdachung des letzteren trifft man an mehreren Stellen zirka 30° gegen W bis NW geneigte Felsflächen, die als Schichtflächen zu betrachten sind. Das Schichtfallen wäre dann in jenen Graten parallel zu deren Längserstreckung. Daneben dürften aber auch lokale Schichtwölbungen mit zur Längsrichtung der Grate paralleler Achse vorhanden sein. Am Südabsturz des Grates, welcher die Korito draga im Norden begrenzt, ist die Lagerung der Kreideschichten ganz unklar. Am Rücken von Vindi, welcher die untere schluchtartige Fort- setzung der Korito draga im Süden begrenzt, kommt das durch die Mosorbreccien bedingte Relief zu schärfstem Ausdrucke. Dieser völlig kahle Rücken zeigt eine höchst auffällige Streifung und Bänderung und übertrifft betreffs der Regelmäßigkeit derselben womöglich noch die Abhänge zu beiden Seiten der Draleva draga. Am Nordabhang des Rückens fallen die Breccienbänke gegen den 230 Dr. Fritz v. Kerner. [16] Berg zu, eine deutliche Treppenform des Abhanges bedingend. Sie zeigen aber gleichzeitig in der Streichungsrichtung O—W eine Senkung gegen West, so daß das Einfallen südsüdwestlich ist. Auf der Rücken- fläche sind sie 10° gegen West geneigt. Höher oben, im Bereich der Wurzelresion des Rückens, südlich von der Stelle, wo der schlucht- artige untere Abschnitt der Korito draga in den oberen talartig er- weiterten Teil übergeht, ist schwach hemizentroklinale Lagerung mit WSW—WNW-Fallen zu bemerken. Am Westabhang des Rückens Vinöi sind die Breccienbänke gleichfalls 10% sanft gegen NW—WNW geneigt. Südwärts von dem Rücken Vinci befindet sich der dritte jener Gräben, welche in die Westseite des Debelo brdo eindringen. Durch eine breite flache Vorwölbung, welche der untere Teil der Westab- dachung des wiederholt genannten Vorkopfes des Debelo brdo bildet, wird dieser dritte Graben in zwei Aste gespalten. Der größere nörd- liche dieser beiden Aste führt zu einer umfangreichen, mit Terra rossa erfüllten dolinenartigen Einsenkung hinauf, in welcher sich eine reiche Baumvegetation entfaltet. Es ist dies die einzige Oase im Bereich der unwirtlichen Westabhänge des Debelo brdo, die einzige Stelle, wo der Wanderer in dieser öden Felsengegend Schutz vor Sonnenglut und vor Unwetter finden kann. Der Graben, welcher zu dieser Baumoase ansteigt, bezeichnet ungefähr die südliche Grenze jenes mächtigen Komplexes von Mosor- breccien, welcher den Rücken Vindi aufbaut. Der Abhang auf der Südostseite des Grabens ist ein sehr wüstes Kreidekalkterrain. Die Grenze folgt jedoch nicht überall genau dem Talwege. Am Nordabhange des Grabens, beziehungsweise am Süd- abfall des Rückens Vindi erscheint innerhalb der Breccienmassen ein Streifen von Rudistenkalk, welchem eine schmale, sehr steile Gehängezone entspricht. Man sieht die Breccienbänke diesem mauer- ähnlichen Kalkzuge deutlich aufliegen und seinem Fuße diskordant anlagern. Der kleinere südliche der beiden Gräben, welche den Westfuß des Debelo. brdo-Vorkopfes zwischen sich aufnehmen, ist ganz in Ru- ‚distenkalk eingeschnitten. Das Schichtfallen ist hier, soweit es sich erkennen läßt, mäßig steil nördlich. Etwas westwärts von diesem Graben beginnt das dritte der großen Brecceienlager am Westfuße des Mosor. Dieses dritte Lager überdeckt die unteren Westabhänge jenes Rückens, welcher die untere Kovatevicterrasse gegen West begrenzt. Die Ostgrenze dieses Lagers ist ziemlich scharf und zieht sich in einer Entfernung von ungefähr 150 m vom vorigen Graben am Abhange empor. Die obere Grenze ist streckenweise nicht gut im Detail verfolgbar; sie verläuft wellig, indem die Breccien bald höher, bald weniger hoch am Abhange hinaufreichen. Die Mosorbreccien fallen hier 20—25° gegen N bis NNW ein. Ihre Schichtköpfe verlaufen in der Neigungsrichtung des Gehänges, so daß die durch sie gebildeten Stufen in der Streichungsrichtung des Gehänges von WSW gegen ONO aufeinanderfolgen. Größere, polygonal zerklüftete Felsflächen trifft man besonders im östlichen [17] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 231 Teile dieses Breceienlagers. Mehr gegen SW zu ist das mit einer mäßig reichen Wachholdervegetation bekleidete Gehänge zum großen Teile mit den Zerfallsprodukten früherer Breceienbänke überstreut. Gegen SW reicht diese Breccienmasse bis zu jener Schlucht, welche in der östlichen Verlängerung des Jadrotales liegt. Die Nord- ostwand dieser Schlucht zeigt einen sehr markanten treppenförmigen Aufbau. Die langen, den Breccienbänken entsprechenden Felsstufen senken sich gegen NW in der Richtung gegen die Schluchtmündung, so daß das Einfallen mehr nördlich als nordöstlich ist. Der. Steilrand, längs welchem die nordöstliche Schluchtseite mit dem gegen NW. ab-: dachenden, mit Juniperus bewächsenen Gehänge zusammenstößt, wird: durch den mauerähnlichen Schichtkopf einer mächtigen Brecceienbank. markiert. An diesem Steilrande trifft man als Einlagerung zwischen zwei dicken Brecceienbänken eine schmale Zone von gelbem, im Bruche grauem Mergelschiefer. Die Breccien bestehen hier aus kantigen weißen Kreidekalkfragmenten von sehr verschiedener Größe. Auch. Gesteinspartien aus sehr kleinen Splittern kommen vor. Das Binde- mittel ist eine bräunliche, sandige Masse. Nach abwärts setzt sich dieser Steilrand in jenen Grat fort, dessen Ende sich bis zu der au an des Zavlie Bote mit- dem Jadro vorschiebt. Dieser Grat baut sich bereits aus einem Seentkompiek auf, welcher einen oftmaligen Wechsel von klastischen Gesteinen und Mergeln zeigt, wie er für die Gebirgsbucht von Clissa charakteristisch ist. Die ersteren sind hier betreffs der Form der Fragmente mehr- als Konglomerate denn als Breccien zu bezeichnen und verraten sich als fluviatile Bildungen auch durch die lithologische Verschieden- artigkeit ihrer Bestandteile. Am letzten Vorkopfe des Grates trifft man 45° NO fallende kom- pakte weiße Breccien an, dann folgen Sandsteine, grauer Kalk, Flysch- mergel und wieder weiße Breccien und grauer Kalk. In der Um- gebung der Kapelle Sv. Ivan stehen mäßig steil gegen ONO ein- fallende Konglomerate aus weißen, gelblichen und rötlichen Kalk- stücken an. Am Südabhang des Grates sieht man viel Flyschmergel aufgeschlossen. Der wilde Felszirkus, aus dessen Grund der Jadrofluß hervorquillt, besteht aus jenen festen weißen, oft von bläulichen. Flecken und Adern durchsetzten Breccien, welche ich nach diesem Fluß benannt habe. II. Die Nordabhänge des westlichen Mosor. Das im folgenden zu schildernde Gebiet umfaßt die Nordseite des Grates, welcher aus der Gegend ober Clissa zum Debelo. brdo, aufsteigt und die nördliche Abdachung des Kammes, welcher sich von dieser Kuppe bis zum Berge Lubljan hinzieht.. Letzterer Kamm dacht: gegen das Dugo polje ab, wogegen der von ihm gegen WNW ab- gehende Grat zu einer Tiefenzone abfällt, welche in der westlichen. Fortsetzung. des Dugo polje liegt. Der östliche Teil dieser von flachen Dolinen erfüllten Zone wird durch einen niedrigen Riegel vom nördlich. 232 Dr. Fritz v. Kerner. [18] anstoßenden Vucje polje getrennt. Der westliche Teil der Zone wird durch den Ko&ino brdo abgegrenzt. Die Nordseite des Westmosor ist wohl der in jeder Hinsicht am wenigsten interessante Teil des ganzen Bergmassivs. In geologischer Beziehung ist allerdings die ganze Nordflanke des Mosor infolge ihrer ausschließlichen Rudistenkalkbedeckung und einfachen Tektonik wenig anziehend; am Nordabhange des Mittelmosor bietet aber wenigstens die ziemlich mannigfaltige Terraingestaltung einige Abwechslung und auch der Nordabfall des Ostmosor gewährt zufolge seiner größeren Steilheit einen interessanten Anblick. Das hier zu schildernde Gebiet ist aber auch in morphologischer Beziehung ziemlich monoton und ohne landschaftliche Reize, Der Nordwestgrat des Debelo brdo dacht gegen N mit einem sehr einförmigen Gehänge ab, das nur in der Mitte seines Fußteiles durch eine isolierte Kuppe, die Gradina sutain, unterbrochen wird. In den Nordabhang des Kammes, der sich vom Debelo brdo zum Lubljan hinzieht, sind dagegen drei Terrassen eingeschaltet, jene von Simi6c staje, jene von RogoSic staje und die Gebirgsstufe westlich von der Kuppe Trnavaec nebst der weiter westlich gelegenen Terrasse von Korito. Der Rücken ober Clissa, welcher die Basis des Nordwestgrates des Debelo brdo bildet, besteht, wie schon im vorigen Abschnitte er- wähnt wurde, aus Olissakonglomerat. Gegen N dacht er zu jenem Taleinschnitte ab, der sich hinter dem genannten Orte in das Karst- plateauland vorschiebt und eine Seitennische der Clissaner Bucht darstellt. Die Ostseite des inneren Teiles dieser Nische wird durch einen Sporn von Kreidekalk gebildet, welcher aus dem Karstplateau bei Grlo gegen Süden vorspringt. Vom Nordrande des Konglomeratrückens wird die Spitze dieses Spornes, auf welcher die Reste eines alten Wacht- turmes stehen, durch einen kleinen Paßeinschnitt getrennt, über welchen ein Pfad zu den Hütten von Miovilovid hinüberführt. Auf diesem Passe stehen sehr stark verbogene und verquetschte Flyschgesteine an, welche steil gegen N einfallen. In der östlichen Fortsetzung des aus Konglomeraten aufgebauten Rückens, dessen Nordabhang von vielen Schichtkopfriffen durchzogen ist, liegen terrassierte Acker, in welchen die Humusunterlage aus eluvialem Schutt besteht. Die untere Grenze dieses gegen N ab- dachenden Kulturterrains ist von der Terra rossa-Mulde am steilen Östrande des Kreidekalkspornes bei MioviloviC durch eine schmale Zone von anstehendem Konglomerat getrennt. Diese Zone setzt sich — einige Terra rossa-Felder in sich schließend — und zum Teil mit Gebüsch bewachsen bis halbwegs zwischen Rizvan und Kurtovie gegen ONO fort. Man hat hier typisches Clissakonglomerat mit kleinen dunklen Hornsteinen, welche auf. den Gesteinsflächen häufig ausgewittert sind. Südwärts von dieser Zone erhebt sich bei Rizvan ein kleiner Felskopf. Am Nordabhange desselben trifft man stark zerrissene Fels massen von Rudistenkalk, Auf seiner dem Mosorgrate zugekehrten Südseite ist das Gestein mehr breccienartig. Zwischen diesem Felskopfe [19] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 233 und dem Fuße des Gehänges, das zum Grate des Mosor aufsteigt, lagern ostwärts von einer sehr umfangreichen Terra rossa-Mulde schön- gebankte Breceien, die mehr gegen den Felskopf zu 10° sanft nach WNW und mehr gegen den Fuß des Mosorgrates hin noch sanfter gegen WSW einfallen. Auf der Ostseite des Felskopfes bei Rizvan begrenzt sich dieses Breccienlager mit einem gegen O konvexen Bogen. Die diskordante An- lagerung der dort 10—15° gegen NW bis WNW einfallenden Breceien- bänke an den umgebenden Rudistenkalk ist sehr deutlich zu erkennen. Im flachen Steingefilde, das sich zwischen der Glavica bei Rizvan und der Gradina sutain am Nordfuße des Mosor ausbreitet, trifft man vor- zugsweise lichtgrauen dichten Kreidekalk, der stellenweise zu plattiger Absonderung neigt. Dieses von zahlreichen Dolinen erfüllte Karstterrain ist reich an großen schönen Karrenformationen. Das Einfallen der Schichten ist sanft nördlich. Seine Bezeichnung Zelena verdankt der östliche Teil dieser Karstlandschaft der ziemlich reichen Vegetation, in welcher hier sommergrüne Eichen stark vertreten sind. Am Abhange, der von diesem Steinfelde zum Nordwestgrate des Debelo brdo aufsteigt, tritt demjenigen, der die Nordseite des Mosor in der Richtung von W gegen SO durchstreift, zum erstenmal ein geomorphologischer Typus vor die Augen, welcher weiter ostwärts, vor- nehmlich an den Nordgehängen des Lubljan und Jabukovac zu noch schärferer Entwicklung kommt und der geradezu als Charakteristikon der Nordseite des Mosor zu bezeichnen ist. Es ist diejenige Ober- flächenform eines Berggehänges, welche dann zustande kommt, wenn ein in dicke Bänke abgesonderter Gesteinskomplex mit einer schwächeren Neigung, als jene des Gebänges ist, gleichsinnig mit diesem abdacht. Während treppenförmige Gehänge, welche durch sanft gegen das Gebirge zu einfallende, gut gebankte Schichten hervorgerufen werden, in Norddalmatien häufig in schöner Ausbildung und großer räumlicher Erstreckung anzutreffen sind, kommt jene Stufung der Gehänge, die infolge exokliner Lagerung der Schichten auftritt, ziemlich selten und nur lokal zu deutlicher Entwicklung. Am Nordabhange der westlichen und mittleren Mosor planina ist sie aber eine regionale, das ge- samte Landschaftsbild oft ausschließlich beherrschende Erscheinung. Der Anblick einer solchen durch exokline Lagerung bedingten Stufung ist von der durch endokline Schichtlage veranlaßten ganz verschieden. Bei letzterer hat man eine deutliche Felstreppe vor sich mit mehr oder minder scharf voneinander abgesetzten, weithin verfolgbaren Stufen. Bei sanfter exokliner Lagerung nehmen aber Schichtflächen und Denudationsflächen von Schichtköpfen abwechselnd an der Zu- sammensetzung des Gehänges Anteil. Dieser Wechsel ist indessen nicht so regelmäßig, daß man — derselben Isohypse folgend — stets über Schichtflächen oder stets über Schichtköpfe schreiten würde. Es wechseln infolge ungleichmäßiger Abtragung auch in der Streichungs- richtung Schichtflächen und Schichtkopfflächen miteinander ab. Letztere lassen ihre Zusammensetzung aus schiefen Durchschnitten von aneinanderstoßenden Gesteinsbänken manchmal nur schwer er- kennen, indem es zu gar keiner Stufenbildung kommt. Das Karren- relief trägt das Seinige dazu bei, die Schiehtung zu verwischen, so Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 31 234 Dr. Fritz v. Kerner. [20] daß es nicht immer möglich ist, mit Sicherheit festzustellen, ob man sich auf einer Schichtfläche oder auf einer schiefen Durchschnitts- fläche einer Gesteinsbank befindet. An Gehängen mit endokliner Lagerung wird man hingegen darüber kaum je im Zweifel sein. In vielen Fällen sind aber doch auch bei exokliner Lagerung die einzelnen Schichtköpfe voneinander abzugrenzen und beim Gesamt- anblicke der Abhänge auf der Nordseite des Mosor tritt der Aufbau aus übereinander folgenden Gesteinslagen ziemlich gut hervor. Blickt man an einem so beschaffenen Gehänge bergaufwärts, so zeigt sich eine mehr oder minder deutliche Segmentierung in horizontale Fels- bänder, die den Durchschnittsflächen der einzelnen Kalkbänke ent- sprechen, und zwar wird infolge des angenäherten Zusammenfallens des Gesichtswinkels mit der Schichtneigung der Anblick einer Quer- streifung auch dann vorhanden sein, wenn die Demarkationslinien der einzelnen Gesteinsbänke einen sehr welligen Verlauf nehmen, be- ziehungsweise dieselben Bänke in sehr wechselnder Höhe abgeschnitten sind. An einem Gehänge mit endokliner Lagerung würde letzterer Umstand bei bergaufwärts gerichtetem Blicke sich sogleich durch Sichtbarwerden einer Nische oder ausgebrochenen Stelle in dem Stufenbau verraten. Beim Blick bergabwärts ist dagegen bei exokliner Lagerung meist keine Stufung und Quergliederung wahrnehmbar, da man dann die Trennungslinien der Bänke größtenteils nicht zu Gesicht bekommt. Auf eine besondere Eigentümlichkeit dieser exoklinen Abhänge der Nordseite des Mosor soll gleich hier aufmerksam gemacht werden. Es ist das häufige Erscheinen nasser Streifen oder der Residuen derselben, nämlich schmaler, mit feinem eingetrockneten Schlamm überzogener schmaler Bänder auf den stärker geneigten Felsflächen. Diese Streifen gehen von querverlaufenden feinen Ritzen oder klaffenden Spalten aus und finden sich zuweilen in größerer Zahl nebeneinander. Im Zusammenhange mit diesen Streifen trifft man zumeist eine reiche Laubmoosvegetation. Man hat hier jene Erscheinung vor sich, die, wenn sie in größerem Maßstabe auftritt, den einfachsten Fall der Quellbildung repräsentiert. Die Erscheinung tritt am Mosor in sehr verschieden starker Ent- wicklung auf. Neben Stellen, wo sich nur kurze Zeit nach heftigem Regen ein nasser Streifen einstellt und die meiste Zeit hindurch nur ein trockenes Schlammband sichtbar ist, gibt es solche Punkte, wo selbst noch eine Woche nach einem letzten Regen etwas Wasser rieselt. Letzterer Fall setzt das Zusammentreffen mehrerer günstiger Umstände voraus: das Vorhandensein einer Gesteinsbank, die bis weit in den Berg hinein von keiner offenen Spalte durchsetzt ist, und eine derartige Gruppierung der Klüfte in den Hangendschichten, daß durch dieselben eine möglichst große Menge von Niederschlägen auf jene unterste Bank gelangen kann, und eine solche Gestalt der Ober- fläche dieser letzteren, daß eine Sammlung der Wassermengen in eine einzige Abflußrinne stattfindet. Es wird Sache individueller Auffassung sein, ob man die hin- sichtlich der Dauer und Quantität der Wasserführung günstigsten Stellen am Nordabhang des Mosor (sie gehören dem mittleren Gebirgsteile an) [21] Geologische Beschreibung der -Mosor planina. 235 schon als sehr schwache regellos intermittierende „Quellen“ gelten lassen will oder nicht. Es hängt davon die prinzipielle Beantwortung der Frage ab, ob man von „Quellen im Rudistenkalk“ sprechen könne oder nicht. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen in Gebieten, welche nicht die am Nordmosor vorhandenen, für Quellbildung günstigsten Bedingungen aufweisen, mußte diese Frage bis jetzt stets in ver- neinendem Sinne beantwortet werden. In praktischer Hinsicht ist in einem so erschreckend wüsten Felsterrain, wie es der Mosor darstellt, jede zutage tretende Wasserspur von hohem Werte. Die Häufigkeit des Auftretens der nassen Streifen und Schlammbänder ist der Deutlichkeit der Schichtung nicht proportional. Es gibt Regionen, wo trotz vollkommener Entwicklung des im vorigen erörterten Gehänge- typus nasse Streifen und Moospolster nur sehr selten anzutreffen sind; es sagt dies nur, daß gute Schichtung und starke Zerklüftung kombiniert sein können. Anderseits sind in verworrenen Felsterrains zuweilen viele feuchte Stellen und eine reiche Moosflora zu finden. In den letzteren Fällen kann der Moosreichtum als Erkennungsmittel der Lagerungsweise dienen. Am Nordabhange der Vidakova greda (oberer Teil des Nord- ostgrates des Debelo brdo) fallen die Kalkbänke 15—20° gegen N. Im Gegensatze zu manchen sehr felsigen Partien der nördlichen Gebirgsseite hat dieser Abhang viele zum Teil miteinander in Ver- bindung stehende Rasenflecke zwischen den Felsflächen eingeschaltet und ist daher leicht zu begehen. Die Gradina sutain (der Spezialkarte), auch Sutina gradina und Veliki suse (487 m) ist ein zirka 150 m ziemlich steil über seine Umgebung aufragender, großer Hügel am Nordfuße des Debelo brdo. Die Südseite dieses Hügels besteht aus zerworfenen Felsmassen, an denen die Lagerung nicht erkennbar ist; auf der flachen Hügelkuppe scheint horizontale Schichtlage vorhanden zu sein. Das Nordgehänge ist in tektonischer Hinsicht wieder unklar; vermutlich hat man mäßig steiles WNW- und NW-, vielleicht auch N-Fallen vor sich. Im Terrain nördlich der Gradina sutain dürfte flache Lagerung vorhanden sein. Der kleine Hügel (389 m) nordostwärts von der Gradina scheint aus zirka 300 gegen NW geneigten Schichten zu bestehen. Zwischen diesem Hügel und dem Doppelhügel, welcher an der Südwestecke des Dugo polje aufragt, liegt ein flaches Felsterrain, in welchem man die Lagerung nicht erkennen kann. Östlich von diesem Doppelhügel, bei Smodlaka ist sanftes nördliches Einfallen konstatierbar. Der Kalk ist hier ziemlich gut geschichtet. Weiter ostwärts wird die Schichtung weniger deutlich und nimmt an Steilheit zu: 45—60° Einfallen gegen Nord. Der ostwärts von Smodlaka in das Dugo polje vorspringende Felssporn besteht aus sehr mangelhaft geschichteten Kalkmassen. Östlich von der Gradina sutain trifft man teils gut gebankte Kalke, die mittelsteil gegen NO fallen, teils undeutlich geschichtete Kalkmassen, die zur Entwicklung einer Felswildnis Anlaß geben. In dieser Gegend befindet sich unfern der Hütten von Balic eine große Höhle. Ihr durch ein flach bogiges Felstor gebildeter Eingang ist etwa 25 m breit und 10 m hoch. | Von diesem Tore zieht sich in südöstlicher Richtung ein zirka 312 236 Dr. Fritz v. Kerner. [22] 35° geneigter Kanal hinab, der bei 15 m hoch und bis gegen 30 m breit ist. Der Eingang und der Boden dieses großen Felskanals ist mit wüstem Blockwerk hoch bedeckt, die gewölbte Decke mit spär- lichen Tropfsteinleisten überzogen. Dieser Kanal verengt sich dann auf 15—5 m Breite und 10—8 m Höhe und ändert zugleich seine Richtung in SSO. Der Boden dieses unteren zirka 25 m langen Höhlenganges ist sehr uneben und mit großen Sinterklötzen besetzt, auf welchen kurze Stalagmiten stehen. Zur Rechten gewahrt man eine hohe Tropfsteinsäule und hinter derselben an der Höhlenwand einen hübschen Sinterüberzug. Die Höhle ist sehr feucht, da an vielen Stellen von der Decke Wasser abtropft. Im Eingangsteile trifft man ein üppiges Staudendickicht, im unteren Grottenteile sehr viel Moos- und Algenvegetationen an. Man wird hier bezüglich des Gesamtbildes an den äußern Teil der später zu erwähnenden Grotte von Kotlenice erinnert und möchte fast vermuten, daß, so wie dort, auch hier in größeren Tiefen reich mit Tropfsteinbildungen gezierte Hohlräume vorhanden seien. Es ist darüber aber nichts bekannt und auch am Fond der Höhle keine Spalte offen, die einen Weg ins Innere weisen würde. Die Hütten von Bali6 stehen am Fuße eines mächtigen Berg- vorsprunges, der in einer 663 m hohen Kuppe kulminiert. Oberhalb der Gradina sutain wölben sich an der Nordseite des Debelo brdo gleichfalls zwei schmale Abhangrücken auf, welche einen tiefen Graben einschließen. Zwischen dem östlichen dieser beiden Rücken und dem großen Bergvorsprunge ober Balic kommt so eine breite und flache, gegen unten sich verschmälernde Einmuldung des unteren Mosor- abhanges zustande. Auf der Rückseite derselben trifft man viele um- fangreiche 10—15° gegen N einfallende Felsschichtflächen. Da hier das Gehänge selbst sehr sanft und durchschnittlich mit dem Neigungs- winkel der Schichten abdacht, kommt hier ein anderes morpholo- gisches Bild zustande, als an der Vidakova greda weiter westwärts. Auf der Kuppe des Gehängevorsprunges ober der Gradina sutain liegen die Schichten horizontal und biegen sich gegen N und OÖ sanft hinab. An der Ostseite der Kuppe trifft man große flache Felswülste mit vielen scharfrandigen, durch Regenwasser ausgewaschenen Becken. Auf der Rückenfläche des großen Bergvorsprunges ober Bali6 kon- statiert man vorzugsweise sehr sanftes Einfallen gegen NNO bis N und völlig horizontale Schichtlage mehr als lokalen Befund. Betreffs der lithologischen Beschaffenheit der Kalke, welche diese Region aufbauen, sei bemerkt, daß in den untersten Gehängezonen dichte, mehr bergaufwärts körnige, rudistenreiche Kalke dominieren; lokal kommen auch weiße Breccien mit in die Kittmasse eingeschlossenen Rudistentrümmern vor. Oberhalb jenes beiläufig bei 600 m liegenden Niveaus, in welchem sich die erwähnten Beıgvorsprünge entwickeln, zieht sich ein sehr einförmiges, von keinerlei Vorsprüngen und Furchen unter- brochenes Gehänge zur Terrasse von Korito hinan. Dasselbe gliedert sich in eine untere und obere steile und eine mittlere sanft abdachende Zone, welch letztere weiter ostwärts in der Gebirgsterrasse von RogoSiö ihre Fortsetzung findet. An diesem Abhange lernt man zum [23] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 231 erstenmal zwei anthropogeographische Eigentümlichkeiten der Nord- seite des Mosor kennen. Es sind dies kleine Kornfeldchen und sehr primitive kleine mit Stroh gedeckte Steinhütten. Erstere sind mit möglichster Ausnützung des gesamten, nicht von Fels bedeckten Bodens angelegt und setzen sich, da die mit Erdreich ausgefüllten Zwischen- räume der Felsen oft räumlich sehr beschränkt sind, aus winzigen, zuweilen kaum 1 m im Geviert messenden, zum Teil getrennten, zum Teil konfluierenden Fleckchen zusammen. Stellenweise werden allerdings durch Aufführung von kleinen Mauern und künstliche Aus- füllung der hinter diesen liegenden Vertiefungen etwas größere Par- zellen hergestellt. Dieselben folgen manchmal in größerer Anzahl übereinander, eine künstliche Terrassierung der Abhänge bedingend. Diese Kornfeldehen am Nordabhang des Mosor bedeuten wohl die denkbar fleißigste Ausnützung eines jeder ökonomischen Verwertung feindlichen Gebietes für den Ackerbau. Im Frühlinge verleihen diese Kornfelder den Abhängen des Mosor auf weite Strecken hin einen grünlichen Schimmer. Im Sommer weicht derselbe der lichtgelben Farbe des reifenden Getreides, welche sich in den Augen der Poeten zum „Ährengold“ verklärt hat. Unter den verschiedenen Versuchen, die auffällige Erscheinung zu erklären, daß ein so wüstes Karstgebirge wie der Mosor in der Römerzeit den stolzen Titel Mons aureus erhielt, befindet sich auch einer, welcher die Bezeichnung Goldberg auf den durch reife Kornfelder bedingten güldnen Glanz der Abhänge zurückführt, und noch ein anderer, welcher das Ährengold im übertragenen Sinne auf den durch Acker- bau zu gewinnenden Wohlstand bezieht. Beide Erklärungsversuche erscheinen so wenig befriedigend, wie einige andere später zu er- wähnende. Ober dem vorhin genannten, teilweise mit Kornfeldern über- deckten Abhange, in welchem die Schichten mehr oder weniger steil gegen N einfallen, breitet sich die Terrasse von Korito aus. Diese ist ein etwa 1 km langes und !/; km breites, stark welliges Fels- terrain mit vielen von Terra rossa erfüllten kleinen Mulden. III. Die Nordostabhänge und der Kamm des westlichen Mosor. Das ostwärts von dem Bergvorsprunge ober Bali befindliche Gehänge steigt zu dem östlichen Teile des Westmosor, dem Grate des Plisevae empor. Dieses Gehänge ist durch drei mehr oder minder deutlich ausgeprägte Stufen unterbrochen. Vom Südrande des mittleren Dugo polje steigt das Terrain ziemlich steil zu einer unteren Gebirgs- terrasse an, die sich aus einem tieferen westlichen und einem höheren östlichen Teile zusammensetzt. Am Rand des ersteren erhebt sich die flache Kuppe Na brdac zu 395 m. Am Nordfuße dieser Kuppe fallen die Bänke des Rudistenkalkes zum Teil — wie weiter westwärts — steil gegen Nord, zum Teile 30—40% gegen West bis Nordwest ein. Man konstatiert einen wiederholten Wechsel dieser beiden Lagerungs- weisen. Auf der Ostseite und auf der Kuppe des Na brdae trifft man 238 | Dr. Fritz v. Kerner. [24] einen dünnbankigen, sehr gut geschichteten Kalk mit Einlagerungen von Plattenkalken. Derselbe zeigt 30—35° steiles nördliches Einfallen. Östlich vom Na brdac sind am Rande des Dugo polje gegenüber dem auf der Nordseite des Polje gelegenen Hügel von Sv. Mihol mehrere 30—45° gegen NW einfallende Felsflächen zu sehen. Der steile Abhang, der von hier zum östlichen höher gelegenen Teile der unteren Terrasse aufsteigt, besteht aus sanft, zum Teil nur 10— 15° gegen NNO einfallenden Bänken eines blaßbräunlichen dichten, an Fossilspuren armen Kalkes. Der westliche tiefere Teil der unteren Gebirgsterrasse (zirka 400 m hoch), auf welchem die Hütten von Simica stehen, ist ein flach- welliges, von Terra rossa-Flecken durchsetztes Felsterrain. Die Schichten fallen hier sehr sanft gegen N, lokal scheint schwebende Lagerung einzutreten. Im östlichen Teile der Simicaterrasse (zirka 440 m hoch), an dessen Rand ein Felskopf, Vela gradina, zu 480 m aufragt, trifft man verworrenes Felswerk; erst am Südrande sind zirka 50 gegen N geneigte Schichtflächen zu sehen. Das Gehänge, welches diese untere Terrasse von der nächst höheren trennt, setzt sich aus einem steilen unteren und einem sanft geneigten oberen Teile zusammen. Am ersteren trifft man wieder den für die Nordseite des Mosor bezeichnenden Gehängetypus angedeutet. Die Schichtflächen fallen etwa 15—20° das Gehänge 25--30° zum Teil steiler ein. Weiter bergaufwärts, ober einer Gruppe von drei kleinen Hütten, ist der genannte Typus ziemlich gut entwickelt. Noch weiter aufwärts ist dann eine Koinzidenz von Gehänge- und Schicht- neigung wahrzunehmen. Die weiter unten an vielen Stellen sichtbaren Sickerwasserstreifen und Moospolster fehlen hier fast ganz. Die Einfallswinkel sind hier 20—25°, weiter ostwärts 30—355°. Im Bereiche der nun folgenden Terrasse von Rogosi6 staje ist eine bedeutende Abflachung des nördlichen Einfallens, lokal selbst sanftes südwestliches Einfallen erkennbar. Das Relief des westlichen Teiles dieser Stufe ist verschieden von dem der anderen Terrassen dieser Gegend und nähert sich mehr demjenigen, das man in den höchsten Teilen des mittleren Mosor antrifft. An Stelle seichter, in ein Netz von flachen Rücken eingesenkter Mulden treten hier tiefe steilwandige Dolinen, die durch ziemlich schmale Felsbrücken von- einander geschieden werden. Die steilen Seitenwände dieser letzteren zeigen vertikale Trennungslinien, die man stellenweise für Schicht- fugen halten möchte. Ihre Rückenflächen sind jedoch auch dann, wenn sie quer zum Schichtstreichen verlaufen, oft von langen glatten Felswülsten gebildet, ein Umstand, der auf flache Lagerung hinweist. Denn würden diese Brücken schmale, aus einem steil gestellten Schicht- komplex herausgeschnittene Streifen sein, so müßten sie im letzteren Falle (wenn sie quer zum Schichtstreichen verlaufen) doch auch auf ihren Rückenflächen Andeutungen von Segmentierung zeigen. Es ist in der Tat auch näher liegend, anzunehmen, daß dieses Auftreten steiler Oberflächenformen an Stelle der vorherrschenden sanften nicht durch eine Einschaltung steil gestellter Schichten, sondern durch eine abweichende, zu stärkerer Zerklüftuung neigende Beschaffenheit des Gesteines verursacht sei. [25] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 239 Der steile Hang, der die Terrasse von RogoSie von der dritten obersten Terrasse trennt, zeigt wieder deutlich den Nordmosortypus. An diesem Hange und im Bereiche der seinem Fuße vorliegenden Terrasse trifft man da und dort auch Breccien an Stelle homogener Kalke, so zum Beispiel bei den westlichen Hütten der RogoSic-Alm. Die nun folgende breite Bergterrasse am Westfuße der Kuppe Trnavac (999 m) entspricht wieder einer von sekundären Wellungen durch- setzten Abflachung der Schichten im Nordflügel der großen Falte, welche den Westmosor aufbaut. Ebenso wie in der weiter westwärts in fast gleicher Höhe gelegenen Stufe von Korito sind auch hier in das flache Felsterrain sehr viele kleine Terra rossa-Mulden eingesenkt. Zwischen beiden Stufen liegt eine weite Mulde mit unebenem Boden, die nach außen durch einen Rücken abgeschlossen wird, der die Ränder der beiden Gebirgsstufen verbindet. Dieser Rücken entspricht einer Schichtflexur, In seinem westlichen Teile liegen die Schichten in der Mitte völlig flach. Hinter dem gegen Süden ausgebauchten Südrande des östlichsten Dugo polje ist der untere Teil des Mosorgehänges in der Höhe der vorhin erwähnten Simicaterrasse durch keine Stufe und auch durch keine Zone sanfterer Neigung unterbrochen. Am Rande des Polje fallen die Schichten am NO-Fuße der Vela gradina 20° gegen NO, südwärts von Gavranovic 300 gegen NNW. Beim Aufstieg über das ziemlich gut mit Hopfenbuchen bewachsene Gehänge trifft man hier sehr stark zerworfenes Felsterrain; man kann nur mühsam sanftes Nordfallen der Kalkbänke erkennen. Das weiter ostwärts gelegene Gebiet ist schon dem Mittelmosor zuzurechnen. Die Unterscheidung des Mosor in drei Teile gründet sich, wie eingangs schon erörtert wurde, auf das Verhalten des Hauptgebirgs- kammes, dessen mittlerer Teil hoch über seine beiden Seitenteile aufragt. Eine Grenzziehung zwischen dem westlichen und mittleren Teile des Mosorkammes wird dadurch noch natürlicher, daß diese beiden Kämme gar nicht ihre unmittelbaren gegenseitigen Fort- setzungen bilden. Der Kamm des Westmosor läuft gegen Ost in eine Kuppenreihe aus, die sich an die Südseite des mittleren Kammteiles anlehnt, so daß der westliche Fußpunkt des letzteren nordwärts vom ersteren zu liegen kommt. Auf dem Nordgehänge des Gebirges ist keine in die Augen springende Grenze zwischen dem westlichen und mittleren Gebirgsteile vorhanden. Dagegen ist für den Nordfuß des Gebirges eine scharfe Grenze durch den östlichen Endpunkt des Dugo polje gegeben. Will man eine Trennung zwischen den dem West- und Mittelmosor zuzurechnenden Partien der nördlichen Gebirgsflanke vornehmen, so wird man sich deshalb an solche untergeordnete Relief- linien halten, die der geraden Verbindungslinie des Westfußes des mittleren Mosorkammes mit dem Ostende des Dugo polje möglichst nahe liegen. Im oberen Teile des Abhanges ergibt sich dann zunächst die große, bis nahe an den Kamm einschneidende Vertiefung südöstlich von der Kuppe Trnavac als Grenze und weiter abwärts jener Graben, der östlich von den Vorstufen des Trnavac zum Westrand der Ter- 240 Dr. Fritz v. Kerner. [26] rassen von Jurenie staje und Peri$iö staje hinabzieht. Von hier kann man als Grenze die Ostseite jenes Abhanges betrachten, der hinter dem Südrande des östlichsten Dugo polje ansteigt. Bevor jedoch die eintönige Darstellung der ostwärts von dieser Grenzlinie gelegenen Teile der monotonen Nordseite des Mosor fortgesetzt wird, sollen vor- erst der Kamm und die Südseite des Westmosor beschrieben werden. Der westlichste, lesinisch streichende Abschnitt der Kammregion des Westmosor besteht aus mehreren breiten, flachen Kuppen, die ihm die Bezeichnung Debelo brdo oder Debeljak eingetragen haben. An der äußersten von diesen Kuppen (1043 m), welche einen weiten Rundblick über das Gebiet von Spalato gewährt (der indessen nicht so umfassend ist wie jener von dem früher erwähnten Vorkopfe 989 m), läßt sich flache periklinale Schichtlage erkennen. Auf ihrem Nord- abhange ist an einigen Stellen das Abschneiden der Schichtköpfe am Gehänge und im Zusammenhang damit eine ziemlich reiche Moosflora vorhanden. Auf der östlichen Nachbarkuppe zeigt sich das Zusammen- fallen des morphologischen mit dem tektonischen Bilde in ganz be- sonders schöner Weise. Man sieht hier eine schwachgewölbte Kuppe mit großen, ringsum sanft abfallenden Felsflächen, in denen große scharfrandige Becken ausgewaschen sind. Desgleichen ist auf der ostwärts sich anschließenden Kuppe (1017 m) eine flach domförmige Lagerung der Schichten deutlich sichtbar. An der Nordseite dieser Kuppe findet aber wieder ein Abschneiden der Schichtköpfe an einem steilen, moosigen Abhange statt. Von der neben ihr aufsteigenden vorgenannten Kuppe zieht ein Grat nordwärts zu der Terrasse von Korito hinab. Derselbe scheidet die Nordseite des Debelo brdo-Gipfels in zwei Kare. (Dieses Wort im morphologischen, nicht im genetischen Sinne gebraucht.) Am Fuße des westlichen befindet sich eine umfangreiche Mulde, deren Boden zum größeren Teile felsig ist, wogegen im Grunde des östlichen Kares eine Wiesenmulde liegt. Gegen Süd dacht der Gipfel des Debelo brdo mit einem sehr einförmigen, wüsten Felsgehänge ab, an welchem ein mäßig steiles Südfallen stellenweise erkennbar ist. Auf der Süd- ostseite der Kuppe, von welcher nordwärts der Grat abzweigt, beob- achtet man lokal den grobkörnigen weißen, unvollkommen plattigen Kalk, welcher auf dem Kamme des Ostmosor zu größerer Entwicklung kommt. Die Hauptmasse des Debelo brdo-Gipfels ist aber dichter, weißer, stark zu Schrattenbildung neigender Kalk mit nicht gerade spärlichen, jedoch recht schlecht erhaltenen Rudistenresten. Durch einen kleinen, zwischen Felsen eingeschnittenen Engpaß vom Debelo brdo getrennt, erhebt sich im Kamm des Westmosor ein zweiter Gipfel (1061 m), genannt Medovina, der im Gegensatze zu dem ersteren schroff aufsteist. Im Bereiche dieses Gipfels vollzieht sich die Drehung der Streichungsrichtung des Mosorkammes aus W—0O in NW—SO. Die Lagerung der Schichten der Medovina ist unklar, vermutlich fallen sie mäßig steil gegen Nord. Am Abhang weiter ostwärts, welcher zur Mulde zwischen den Terrassen von Korito und Trnavac abdacht, ist 300 steiles nördliches Einfallen zu konstatieren. Jenseits des vorgenannten Gipfels erhebt sich der lange, schon [27] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 241 dinarisch streichende Grat des PliSevac, auch Kunjevada genannt. An diesem Grate ist hemiperiklines Einfallen von N über NW nach W vorhanden. Je nachdem sich die Gratlinie mehr gegen NO oder SW ausbiegt, fällt sie noch in den Bereich von mehr gegen N oder schon in den von gegen W einfallenden Schichten. Dazwischen trifft man Stellen, wo die Schichten in der Gratrichtung einfallen (gegen NW). An der Südwestseite des Plisevac fallen die Schichten gleichsinnig mit dem Gehänge ein. Auf der Ostseite seines Gipfels (1077 m) befindet sich eine mit Trümmerwerk erfüllte Mulde. Gegen SO setzt sich der Plisevac in einen Grat fort, an dessen Nordostseite 20—25° steiles Einfallen der Schichten gegen N zu kon- statieren ist. Längs dem nordöstlichen Fuße dieses Grates zieht sich eine längliche Einsenkung hin, jenseits welcher ein breiter Rücken liegt, dem drei große Felskuppen aufgesetzt sind. Gegen N fällt dieser Rücken zu einer zweiten tiefer gelegenen Muldenzone ab, in welche viele Rasenflecken eingestreut sind. Trotz ihrer trostlosen Ode besitzt diese reich gegliederte Gebirgsregion für denjenigen, der totenstarre Felslandschaften in ihrer stimmungsvollen Größe und Er- habenheit zu schätzen weiß, einen eigentümlichen Reiz. In geologischer Hinsicht wird man hier durch die oft unerwartet großen Schwierig- keiten, Klüftung und Schichtung zu unterscheiden, vor Langweile be- wahrt. In den Kalkmassen am Nordabhange des Plisevac bemerkt man steil zur Tiefe gehende Trennungslinien und ist versucht, die- selben für Schichtfugen anzusehen; dann läßt sich ganz nahe von diesem Abhange, westlich von einigen Hüttchen, sanftes Nordostfallen konstatieren, und es schiene hier so unwahrscheinlich, eine rasche Anderung der Schichtlage anzunehmen, daß man sich doch wieder fragt, ob jene steilen Trennungsflächen nicht auf eine schief zur Schichtung orientierte Klüftung zu beziehen seien. Am Rande jener unteren Muldenzone mit den Rasenflecken befindet sich ein Hügel, der, von der Westseite gesehen, so deutlich steiles nordöstliches Schichtfallen zu besitzen scheint, daß man jedem ins Gesicht lachen würde, der hier sanftes Einfallen gegen SW behaupten wollte, und dennoch sieht man bei der Östansicht desselben Hügels deutlich große Felsbänke sich am Gehänge gegen SSW hinabziehen. Am nächsten Hügel kann man das scheinbare steile Nordostfallen und das sanfte Südwestfallen kombiniert sehen. Beobachtungen dieser Art müssen begreiflicherweise dazu geneigt machen, alle steilen Felsflächen dieser Region als Kluft- flächen anzusehen, und man wird nicht fehlgehen, wenn man diese Muldenzone unterhalb des PliSevac als eine flache sekundäre Syn- klinale im Nordflügel der Westmosorfalte auffaßt. Der Gesamteindruck, den man bei eingehender Durchmusterung der Nordseite des Mosor gewinnt, ist so sehr der des Vorhandenseins einer mächtigen, sanft gegen NO einfallenden, von vielen flachen sekundären Wellen und Flexuren durchsetzten Schichtmasse, daß man sich nur in den seltensten Fällen zur Annahme einer streckenweisen steilen Aufrichtung der Kalk- bänke entschließen könnte. Im Innern der Muldenzone unterhalb des Plisevac trifft man große fast ebene Felsflächen, die bestimmt auf horizontale Schichtlage hinweisen, zusammen mit steilen Riffen, die man für die Köpfe stark aufgerichteter Schichten halten möchte. Am Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 32 BYE, Dr. Fritz v. Kerner. [28] Querriegel, der die vorgeschobene Kuppe Trnavac (999 m) mit dem breiten nördlichen Vorrücken des Plisevac verbindet, läßt sich sehr flache Lagerung konstatieren. IV. Die Terrasse auf der Südseite des westlichen Mosor. Das reich gegliederte Gehänge nordwärts des Stobrec potok, über welches die Hütten von Zernovnica malerisch verstreut sind, wird von einer hohen Felsmauer gekrönt. Die mittleren und östlichen Partien dieser Mauer, welche über den Geländen zur Rechten der ost— westlich fließenden Teilstrecke des Stobrec potok aufsteigen, bilden den Steilabfall am Südrande der Kovacevidterrasse. Der Westabschnitt der Felsmauer, welcher die einsamen macchienbedeckten Anhöhen im N der Ebene des unteren Stobrec potok überragt, entspricht dagegen dem Südabsturze des Felskammes ober Ku&@ine, welcher den süd- westlichen Eckpfeiler des Mosor bildet. Gegen N entsendet dieser Kamm drei schroffe Seitengrate gegen das Jadrotal und gegen jene Schlucht hinab, in die sich dieses Tal ostwärts der Felsnische des Jadroquells fortsetzt. Nordwärts von dieser Schlucht erhebt sich jener Kamm, der westwärts bis zur Vereinigung des Zavli@ potok mit dem Jadro vordringt und von jener Stelle ausgeht, an welcher der west- liche Begrenzungsrücken der Kovaöeviöterrasse mit deren Südrand zusammenstößt. Die Schlucht in der östlichen Verlängerung des Jadro- tales geht ostwärts in eine flache Rinne und weiterhin in eine schmale Stufe über, welche den Südrand der Kovatevicterrasse von der öst- lichen Fortsetzung des Felskammes bei Ku£@ine trennt und die Fels- abstürze oberhalb Zernovnica in zwei Zonen scheidet. Der vorerwähnte Felssporn, welcher auf einem ersten Vorsprunge die Kapelle Sv. Petar und weiter oben ein verfallenes Gemäuer trägt, baut sich aus Breccien auf, die in dem Bahneinschnitte am besten aufgeschlossen sind, welcher den von Sv. Petar zum Jadroflusse ab- fallenden kleinen Grat durchquert. Man sieht dort ein Gestein aus weißen, grauen und dunkelblaugrauen Kalkfragmenten, die durch ein bläuliches kalkiges Zwischenmittel fest zusammengekittet sind. Ganz dieselben Breccien kann man in dem zweiten Bahneinschnitte kon- statieren, der jenen Grat durchquert, welcher in einem oberhalb Sv. Petar sich erhebenden Felskopfe gipfelt. Auf diesem Kopfe oben sieht man auch rötliche Kalke und rötlichgraue Sandsteine an der Zusammen- setzung der Felsmassen Anteil nehmen. Diese haben hier wie auch etwas tiefer unten an einer Stelle, wo man auf schmalem Pfade um den Grat herumgelangen kann, zum Teil mehr den Charakter von Konglomeraten. Der Tobel, welcher zwischen den beiden vorgenannten Graten gegen das Jadrotal hinab- zieht, ist großenteils mit Schutt erfüllt. Nahe oberhalb der Stelle, an welcher ihn die Bahn verquert, ist ein Aufriß von Flyschmergel zu bemerken. Die Lagerung der Schichten in den genannten Graten ist nicht deutlich zu erkennen, vermutlich hat man mehr oder minder steiles nordnordöstliches Einfallen vor sich. Ostwärts von dem zweiten Grate befindet sich ein großer Tobel, [29] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 243 der nahe vor der Jadroquelle in das Tal dieses Flusses mündet und nach oben in eine breite Mulde übergeht. Gegen Ost begrenzt sich diese Mulde durch einen dritten Grat, der von den Kuppen ausgeht, die ostwärts vom Felskopfe ober Sv. Petar im Kamme ober Kuline aufragen. Längs der Achse dieser Mulde verläuft am Westabhang des sie im Osten begrenzenden Grates ein breiter Zug von sanft gegen NNO geneigten, gut gebankten Konglomeraten. Gegen abwärts setzt sich dieser Zug durch den vorerwähnten Tobel fort und bildet weiterhin die viel gewundenen Felsmassen, welche ober der Nische des Jadro- quells vorbeiziehen. Nach oben gehen die Bänke dieses Zuges in jene über, welche die Felskuppen östlich von Sv. Petar aufbauen. Auf der westlichsten derselben, welche steil über dem Dorfe Ku£fine aufragt, kann man 35° NNO-Fallen konstatieren; auf der flachen Kuppe weiter ostwärts ist die Lagerung ziemlich unklar. Im westlichen Teile der vorerwähnten Mulde und am Kamme, der sie im Süden abschließt, trifft man Rudistenkalk, dessen zerrissene Oberflächenformen in scharfen Gegensatz zu der durch die gutgebankten Konglomerate bedingten Stufenbildung im östlichen Muldenteile treten. Der First und die Ostseite des Grates, dessen Westseite von den oben er- wähnten Konglomeraten eingenommen wird, besteht gleichfalls aus Rudistenkalk. Gegen Süd reicht dieser Kalkzug jedoch nicht, wie der weiter westlich gelegene, bis an den oberen Rand des Steilabsturzes ober Ku£ine hinaus, da, wie bereits erwähnt, die Felskuppen, von welchen der genannte Grat abzweigt, aus Konglomeraten und Breccien bestehen. In der Richtung gegen den Jadroquell hinab endet der Rudistenkalk kurz oberhalb des kleinen Tunnels, mit welchem die Bahn den untersten Teil des Grates durchbohrt. Am Westportal dieses Tunnels stehen schon Konglomerate an. An der Grenze dieses Zuges von Rudistenkalk gegen das ihn im Westen begleitende Band von Konglomeraten trifft man im oberen Teile des Tobels unterhalb der Mulde einige Blöcke von graubraunem Flyschsandstein. Auf der Ostseite des vorerwähnten Tunnels sind gleichfalls Konglomerate und Breccien aufgeschlossen. Diese ziehen sich längs der Südseite der Schlucht hinan, welche in der östlichen Fortsetzung des Jadrotales liegt. Sie fallen hier gleich jenen an der Nordseite der Schlucht sanft gegen N bis NNO ein. An der Grenze dieser Konglomerate gegen den Kreidekalk, welcher die Nordostabhänge des vorhin wiederholt genannten Grates bildet und streckenweise ein 30—40° steiles nörd- liches Einfallen erkennen läßt, verläuft ein schmaler Zug von Horn- steine führendem Kalk mit Nummuliten. Dieser Zug hebt sich durch Bildung sehr großer Felsbuckeln von seiner Umgebung ab und läßt sich, zum Teil auch Alveolinen führend, durch den Fond der Schlucht in die schmale Muldenzone hinauf verfolgen, welche sich zwischen dem Kamme, der gegen Kuäine abstürzt, und dem gleichfalls steil abfallenden Südrande der Kovadevidterrasse gegen OSO hinzieht. Er ist dort stellenweise von kleinen Partien von Knollenmergel begleitet. Im wüsten Kreidekalkterrain auf der Südseite der Schlucht öffnet sich kurz vor dem Fond derselben eine Seitenschlucht, deren untere Abhänge mit Schutt bedeckt sind. Oberhalb der Hauptschlucht, am westlichen Ende der vorhin 32* 244 Dr. Fritz v. Kerner. [30] erwähnten Muldenzone, in welche die Schlucht übergeht, befindet sich eine längliche, mit Eluvien erfüllte Einfriedung. Von dieser führt über den Felskamm, welcher in den Vorkopf von Sv. Petar ausläuft, ein Weg nach Kuöine hinab. Am Nordhang dieses Kammes passiert man hier weißen Kalk mit schlecht erhaltenen Rudistenresten. An der Stelle, wo der Kamm überschritten wird, befindet sich in diesem ein breiter Einschnitt, gegen welchen die vorerwähnte Seitenschlucht hinaufzieht. Auf diesem Einschnitte (430 m) stehen Flyschmergel an. Das Vorhandensein einer kleinen Lokva entspricht hier der Undurch- lässigkeit des Untergrundes. Westwärts von diesem mit Rasen be- deckten Einschnitte erheben sich die aus Breceien und Konglomeraten aufgebauten Felskuppen, welche an früherer Stelle besprochen worden sind. Die Kreideschichten ostwärts von der Einsattlung scheinen mittelsteil gegen SO einzufallen. Von der vorerwähnten Einfriedung zieht sich ein breiter Rasen- streif gegen SO hinan. Zur Linken erhebt sich der etwa 20—30 m hohe Steilrand der Kovaöevicterrasse. Sein Fuß ist hier von Gruppen schöner Eichenbäume besäumt. Zur Rechten begleitet den Rasenstreif der mächtige Felszug von Hornsteinkalk, welcher hier stellenweise viele Alveolinen und Nummuliten führt. In seinem weiteren Verlaufe kommt dieser Zug von eozänem Kalk dem oberen Rande des Steil- absturzes hinter Ku£ine sehr nahe, da sich die Zone des Rudisten- kalkes ostwärts vom früher genannten Wege sehr verschmälert. Ganz bis zum Steilrande reicht der Eozänzug aber auch weiter ostwärts nicht, da in der Fortsetzung des wüsten Grates, welcher ostwärts vom kleinen Paßübergange ansteigt, eine schmale Randzone von Rudisten- kalk verbleibt. An der der Mulde (in welcher der Rasenstreif ver- läuft) zugekehrten Seite des Zuges von eozänem Hornsteinkalke kann man auch hier kleine verquetschte Partien von Knollenkalk bemerken. Die Muldenzone ist mit losen Stücken des eozänen Foraminiferen- kalkes bestreut, daneben findet sich auch lehmige gelbe Erde, die im Vereine mit dem Vorhandensein eines Bunars (roh ummauerte Zisterne) darauf hinweist, daß unter dem Oberflächenschutte hier eozäner Mergel durchstreicht. Anstehend ist er nicht zu sehen. An der Basis der Kreide- kalkmauer zur Linken sind stellenweise auch Felspartien des eozänen Hornsteinkalkes anzutreffen. Diese Befunde deuten darauf hin, daß hier eine schmale, eng zusammengepreßte alttertiäre Mulde vorliegt. Weiter ostwärts flacht sich diese Muldenzone völlig ab und es tritt an ihre Stelle ein schmaler, gegen Süden abdachender Gehänge- streifen. Uber diesen zieht das Band des Hornsteinkalkes weiter, wogegen die Felswände oberhalb und unterhalb des Streifens aus Kreidekalk bestehen. Auch in dieser Gegend ist noch stellenweise eine lehmige gelbe Erde zu bemerken, wie sie als Verwitterungs- produkt von eozänen Mergeln auftritt. Oberhalb der westlichsten Gehöfte des Dorfes Zernovnica, süd- westlich von dem Punkte, dessen Höhe in der Spezialkarte zu 585 m angegeben ist, treten die obere und untere Felswand weiter aus- einander, wodurch das zwischen ihnen eingeschaltete Gehänge eine Verbreiterung erfährt. Es ist hier großenteils mit Schutt bedeckt, unter welchem stellenweise noch anstehende Partien des Hornstein- [31] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 245 kalkes sichtbar sind. Das Gehänge senkt sich zugleich in seiner Längs- richtung, so daß die obere Felswand, obschon der Rand der Kovatevid- terrasse keine Aufwölbung erfährt, an Höhe zunimmt. Der obere Rand der Felsabstürze unterhalb des Schuttgehänges löst sich in eine Kette sehr schroffer Riffe auf, zwischen denen steile Runsen ein- geschnitten sind. Ober dem Gehängevorsprunge mit der Kapelle St. Sebastian ver- tauscht die Felsmauer zu Häupten des Gehänges von Zernovnica ihren ostsüdöstlichen Verlauf mit einem ostnordöstlichen. Jenseits des stumpfen, gegen Süd ausspringenden Winkels, den demzufolge der Rand der Kovadevidterrasse macht, hat man plötzlich ganz andere geologische Verhältnisse vor sich. War westwärts von der Südecke des Kovacevicplateaus eine steile Einklemmung jüngerer Schichten in ältere erkennbar, ist im Osten dieser Ecke ein Hervortreten älterer zwischen jüngeren Schichten offenkundig. Dort ließ sich eine schmale Zone von mitteleozänem Kalk zwischen Rudistenkalken nachweisen, hier tritt zwischen Felszügen dieses letzteren Kalkes der Dolomit der mittleren Kreideformation zutage. Die westlichsten Ausläufer dieser Dolomitvorkommnisse sind in der südlichen Randzone der Kovaöevicterrasse anzutreffen. So traver- siert man auf dem Wege, der von dem früher erwähnten Gehänge- streifen über die oberen Steilwände zur Terrasse aufsteigt, ostwärts von Punkt 585 dolomitische Schichten. Auf der Westseite des Tobels, welcher unter der Südecke des Kovadevicplateaus in dessen Abstürze eingeschnitten ist, sieht man aus den Schuttmassen, welche die mitt- leren Gehängeteile einnehmen, eine Kalkfelsmasse aufragen und rechts davon zwei größere Gesteinspartien, die sich durch die dem Dolomit eigentümliche dunklere Färbung von jener Masse unterscheiden. Auf der Ostseite dieses Tobels bildet der Dolomit einen kleinen seltsam geformten Felskopf. Am schuttbedeckten Abhang ostwärts davon er- scheint er stellenweise in größeren anstehenden Partien. Über diesem Abhange türmt sich eine von vielen tief ausgewaschenen Rinnen und Höhlen durchsetzte Kalkwand auf. Am Fuß des Abhanges ist gleich- falls eine schmale Kalkzone konstatierbar. Etwas weiter ostwärts, jenseits der Hütten von Milidevie, dringt in den Südabfall der Kovalevicterrasse ein großer Tobel ein, genannt PuSte Katice, in dessen Mitte ein kleiner Schrofen aufragt. Die West- seite dieses Tobels besteht fast ganz aus Dolomit, welcher hier große, mit dem Gehänge abdachende Felsflächen (nicht Schichtflächen) bildet. Nur einige kleine Riffe setzen sich hier aus Rudistenkalk zusammen. Der Schrofen in der Mitte ist gleichfalls aus Rudistenkalk bestehend. Auf seiner Ostseite sieht man den Dolomit mit dem Kalke mehrmals wechsellagern und die ganze Schichtfolge sanft gegen Nord einfallen. Weiter unten, an der Mündung des Tobels, stehen Dolomite an, welche die diesem Gesteine eigentümlichen, an Pilzfelsen erinnernden Reliefformen zeigen. Neben diesen Felsen springt rechts von der Tobel- mündung ein großer Schrofen vor, welcher gegen Süden mit steilen Wänden abfällt. Derselbe besteht aus ziemlich sanft gegen Norden ein- fallendem Rudistenkalk. Über diesem Schrofen trifft man an der Ost- seite des Tobels wieder Dolomit, zum Teil in Trüämmerwerk zer- 246 Dr. Fritz v. Kerner. [32] fallend, zum Teil grotesk geformte Felsen bildend. Er ist hier von einer Kette von kleinen Kalkriffen durchzogen, welche derselben Kalkzwischenlage angehören wie der Schrofen in der Mitte des Tobels und die kleinen Kalkpartien an seinem Westgehänge. Nach oben reicht hier der Dolomit bis nahe an den Terrassen- rand hinan. Längs des Südfußes des großen Schrofens, welcher rechts von der Tobelmündung aufragt, zieht sich ein Schuttband hin, in welchem einige Dolomitfelsen zutage treten. Unter diesem Bande folgt wieder ein Zug von 30—45° gegen NNO einfallendem Kalke, dessen unterer Rand von Blockwerken besäumt ist. Die Grenze zwischen Kalk und Dolomit ist hier an Stellen, wo letzterer unmittel- bar über ersterem in anstehenden Partien angetroffen wird, sehr scharf und nicht durch Gesteinsübergänge vermittelt. ÖOstwärts von PuSte Katice treten die beiden Kalkzüge, von denen der obere dem Rande der Kovaöevicterrasse entspricht und der untere die Basis des Steilabfalles unter der Terrasse bildet, weiter auseinander und werden durch ein breites, steiles Schutt- sehänge getrennt. An vielen Stellen tritt innerhalb desselben auch anstehendes Gestein zutage — teils Dolomit, welcher eigentümliche Pilzfelsen oder flache Felspartien bildet, teils Kalk — und man gewinnt den Eindruck, daß hier die Kalkeinlagerung im Dolomit an Mäch- tigkeit gewinnt. Am Wege, der über dieses Schuttgehänge von Mianovi6G nach Perdic stan auf das Kovatevicplateau hinaufführt, gelangt man oberhalb der Baumgruppe, in deren Umkreis Dolomit ansteht, an einem Felsvorsprunge vorbei, wo eine Wechsellagerung von Kalk und Dolomit schön aufgeschlossen ist. Die Kalkmauer an der Basis des Schuttgehänges erfährt im Westen von Mianovic, am oberen Ende des Grabens ober Knizie, eine starke vorübergehende Erniedrigung, so daß hier der Dolomit fast bis zum Weg hinabreicht, welcher längs dem Fuße der Kalkmauer von MilicevicG nach Mianovie verläuft. Ostwärts von Mianovic gewinnt die Schuttbedeckung am vorgenannten Abhang noch an Ausdehnung und führt streckenweise zu völliger Verhüllung des anstehenden Gesteines. Ober Gajne treten dann wieder Felsriffe zutage, die größtenteils aus Kalk bestehen. Die über dem im vorigen beschriebenen Steilgehänge gelegene Terrasse von Kovatevic stan zerfällt in zwei durch einen Abhang getrennte Stufen. Die untere ist ein völlig flaches Felsterrain, in dessen Bereich man flachwellige bis horizontale Schichtlage kon- statieren kann. Noch deutlicher läßt sich letztere im oberen Terrassen- teile erkennen. Man sieht da umfangreiche flache Felsplaques, denen stellenweise noch die Reste der nächst höheren Gesteinsbänke kappen- förmig aufruhen. Aus den Grenzfugen mancher dieser Felsauflagerungen gegen ihre Basis treten breite Schlammbänder, die Residuen von Riesel- wässern, aus. An vielen Stellen sieht man seichte scharfrandige Becken und Rinnen in den Felsflächen ausgewaschen. Besonders gegen den Fuß des Abhanges hin, welcher zum Debelo brdo aufsteigt, sind flache Felsplaques von großen Dimensionen anzutreffen. Stellenweise sieht man dann am Fuße des Abhanges deutlich die Hinaufbiegung der zuvor fast horizontal gelagerten Schichten. Die kleinen Hügel und Kuppen im Bereiche der Terrasse lassen gleichfalls ihren Aufbau aus [33] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 247 flach liegenden Kalkbänken erkennen. In der Region, in welcher die Kovacevidterrasse in das von ihr zur Bucht von Qlissa abfallende Gehänge übergeht, trifft man ein sehr zerworfenes Felsterrain. An manchen Stellen sieht man jedoch auch hier die vorerwähnten Ober- flächenformen und die an ihr Auftreten geknüpften kleinen Becken, Schlammstreifen und Moosvegetationen. Im östlichen Teile der oberen Terrasse ist ein längliches Terra rossa-Feld vorhanden, um welches sich die Hütten von Kovatevic stan, Mianovid stan und Baric stan gruppieren. Im östlichen Teile der Gebirgsstufe am Südabhang des Westmosor geht die flache Lagerung streckenweise in sanftes NNO- und NNW-Fallen über. Der Kalk ist hier teils dicht, teils feinkörnig, stellenweise nimmt er eine oolithische Struktur an. Neben Rudistendurchschnitten trifft man hier auch un- deutliche Korallenreste an. Gegen Osten begrenzt sich die Kovacevidterrasse durch den Rücken des Golo brdo (909 m). Derselbe scheint einer ziemlich flachen, meridional streichenden Schichtwelle zu entsprechen. Es ist an seinem der Kovatevicierrasse zugekehrten Abhang westliches Einfallen und an seiner der Mokrice zugewandten Seite östliches Einfallen nach- weisbar. Gegen den PliSevac zu scheinen die Schichten sanft gegen N zu fallen, am Abhange des letzteren aber steil gegen SSW geneigt zu sein. Am Südostfuße des Golo brdo liegt die große flache Eluvial- mulde von Rastite. Ostwärts vom Golo brdo breitet sich ein sehr stark hügliges, von tiefen Mulden durchsetztes, gut bewaldetes Terrain aus, welches ohne natürliche Grenze in das schon dem Mittelmosor angehörige Gebiet von Mokrice übergeht. V. Die unteren Südabhänge des westlichen Mosor. Das Gehänge, das sich unterhalb der mächtigen, im vorigen beschriebenen Felsmauer hinzieht, geht westwärts in die sanften Anhöhen über, welche das Tal des Jadroflusses von der Ebene des Stobrec potok scheiden. Vor der Basis des Felsspornes von Sv. Petar, in welchen der Steilrand der Kovatevicterrasse ausläuft, streichen drei einander parallele Felszüge vorbei, die dem Nordflügel jener Schichtaufwölbung angehören, die durch den flachen Rücken von Mravince gebildet wird. Dieser Rücken besteht aus Schichten der unteren Zone des Spalatiner Flyschkomplexes und der äußere der drei genannten Felszüge entspricht ihrer oberen Begrenzung, bezie- hungsweise dem Liegendzuge der Mittelzone des Komplexes. Er besteht aus feinkörnigen, lichtgrauen Kaiken und Nummulitenbreccien- kalken. Der nächste Felszug repräsentiert die Kalkeinlagerung, welche für die mittlere Zone des Spalatiner Flysches bezeichnend ist. Diese Kalkeinlagerung besteht hier aber nicht, wie weiter westwärts, aus einer Kette von Klippen von weißem Nummulitenkalk, sondern aus einem mächtigen Riffe jener lichten festen Breccien, welche ich als Jadrobreccien bezeichnet habe (Verhandl. d.k.k. geol.R.-A. 1903, Nr. 5). Das dritte, dem Fuße des Spornes von Sv. Petar zunächst gelegene Felsband entspricht dem Hangendzuge der mittleren Flysch- 248 Dr. Fritz v. Kerner. [34] zone. Derselbe besteht aus einem blaugrauen körnigen Kalke, der gegen unten hin in eine lockere, an großen glatten Münzensteinen reiche Breccie übergeht. Diese drei Kalkbänder ziehen aus dem Jadrotale zum flachen Rücken unterhalb des wiederholt genannten Felsspornes hinan, um sich dann wieder gegen den Stobrecfluß hinabzusenken. Der Liegend- zug und der aus festen Breccien bestehende mittlere Felsriff verlieren sich jedoch schon bald in den oberflächlichen Verwitterungsschichten. Der nummulitenreiche Hangendzug läßt sich bis Sv. Luka gegen SO verfolgen. Alle drei Kalkzüge fallen mäßig steil gegen NO ein. Westlich von Sv. Luka trifft man inmitten des mit Weingärten überzogenen Geländes auf ein Felsterrain aus sehr zernagtem weißen Kalk. In den Steinmauern am Südrande desselben sind große Trümmer von typischem oberen Rudistenkalk zu bemerken. An einigen der stark zerfressenen Felszacken ist aber Brecciengefüge nachzuweisen. Gegen NW verschmälert sich dieses Felsgewirre zu einem Felszuge, der fast bis zu den östlichsten Häuschen von Mravince reicht. Er liegt in der südöstlichen Verlängerung der Achse des Aufbruches von unteren Flyschschichten, welcher von Mravince zum Jadroflusse hinab- streicht. Anderseits wird er von der nordwestlichen Verlängerung der Achse des Poljieakammes genau getroffen. Es gewinnt daher den Anschein, daß hier ein kleiner Aufbruch der Flyschunterlage vorliegt. Unterhalb des östlichen Endes dieses Felsgewirres befindet sich ein Band von plattigem, grünlichgrauem Kalk, welches mit drei gegen W, NW und N gerichteten hemizentroklinalen Schlingen in die Wurzel- stücke eines gegen die Stobrecebene hinabziehenden Grabens ein- greift. Nahe ostwärts von Sv. Luka verläuft in meridionaler Richtung ein steiler Riff von Jadrobreccien, welcher 50—60° NW bis NNW fällt. In dem von mehreren Erosionsrinnen durchzogenen, rebenumsponnenen Gehänge, mit welchem der flache Rücken von Mravince zur Talmulde des Torrente Trstenik abdacht, treten an vielen Stellen kleinere und größere Felsmassen von Kalkkonglomerat zutage. An zwei Stellen sind auch Jadrobreccien zu konstatieren. Außerdem trifft man noch mehrere Flyschaufrisse. Das Einfallen der Schichten ist hier sehr ver- schieden. Auf den Terrainvorsprüngen unter Mravince sanftes W- bis SW-Fallen, weiter unten mehr oder minder steiles N- bis NO-Fallen; auf den Hügeln oberhalb des Austrittes des Torrente Trstenik in die Ebene des Stobree potok mittelsteiles Einfallen gegen N. An das im vorigen beschriebene Gelände, welches zu der W—O verlaufenden Talmulde des Torrente Trstenik abdacht, schließt sich als Mittelstück des ganzen Berggehänges unter dem Steilabfalle der Kovacevidterrasse ein Abhang an, dessen Basis dem Nordrande der Stobrecebene entspricht. Dieser Abhang wird von drei langen Erosions- rinnen durchfurcht, welche nahe dem Durchbruche des Stobree durch das Nordwestende des Poljieakammes in die vorgenannte Ebene münden. Im Gegensatze zu den westlich und östlich anschließenden Gehängeteilen, welche großenteils dem Anbau von Reben dienen, ist dieser mittlere Gehängeabschnitt mit dichten Macchien bedeckt. Man kann hier deshalb über die geologische Beschaffenheit des Unter- grundes fast nur an den Seitenwänden der vorerwähnten Rinnen nähere [35] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 249 Aufschlüsse erhalten. Man konstatiert hier einen Wechsel von dickeren Sandsteinbänken mit Zonen, in welchen Sandsteine und Mergel in dünnen Lagen alternieren. Die Lagerungsverhältnisse sind sehr variierend. In der unteren Hauptrinne, welche aus der Vereinigung der westlichen und mittleren Rinne hervorgeht, beobachtet man zu- meist 80° steiles OSO- bis O-Fallen, im unteren Teile des westlichen Torrente steiles Einfallen gegen NNO, im obern Teile desselben 60— 70° gegen NW bis N. Im mittleren Torrente hat man zu unterst OSO- Fallen, weiter aufwärts 30—60° steiles Fallen gegen W bis N vor sich. In der östlichen Erosionsrinne, in welcher vorwiegend Flyschmergel aufgeschlossen sind, trifft man zumeist seiger stehende, NNW—SSO streichende Schichten an. Stellenweise sind, besonders im westlichen Torrente, lokale Biegungen und Knickungen der Flyschschichten vor- handen. Man kann hier instruktive Miniaturformen von isoklinalen und ortho- oder plagiodiaklinalen Talstrecken sehen. Außer Flyschschutt sind auch viele Blöcke und kleine Trümmer von Kreidekalk in den Rinnsalen zerstreut. Am Abhang zwischen den Anfängen des westlichen und mittleren Torrente kann man in den zumeist aus Wacholder, Haidekraut, Myrten, Pistazien, Zistrosen und Phyllireen zusammengesetzten Macchien- gestrüppen stellenweise die Schichtköpfe von gegen NW einfallenden Flyschbänken sehen. Am Abhang zwischen dem mittleren und östlichen Torrente kamen mir gegen NO geneigte Schichtköpfe zu Gesicht. Die oberste Zone dieses einförmigen Gehänges zwischen Ku£ine und Zernovnica ist mit mächtigen Schuttmassen bedeckt, die von den darüber aufragenden hohen Felswänden stammen. Der Ostabschnitt des Berggehänges unter dem Steilrande der Kovateviöterrasse dacht gegen die von OÖ nach W verlaufende Teiil- strecke des Stobrec potok ab. Dieser Abschnitt ist in orographischer Beziehung reich gegliedert, indem er eine Reihe von Terrainvor- sprüngen aufweist, zwischen denen viele kleine Gräben und Schluchten eingeschnitten sind. In geologischer Beziehung zerfällt der Nordabhang des Stobrec- tales in zwei Teile, in einen westlichen, der, gleich dem eben be- schriebenen Gebirgsabschnitte, aus Flyschgesteinen aufgebaut ist, und in einen östlichen, in welchem die das Liegende des Flysches bildenden Schichten in der für die Südseite des Mosor charakteristischen Ent- wicklungsart zutage treten. Zu Füßen der an früherer Stelle erwähnten Südecke der Kova- Gevicterrasse springt ein kleiner Rücken vor, welcher die schon in die Stobrecebene ausmündenden Torrenti von jenen trennt, die noch der oberen Teilstrecke des Stobrec potok zueilen. Auf der Kuppe dieses Rückens (394 m) trifft man eine Felsfläche von Flyschsandstein, die 45° gegen N einfällt. Die Felsmasse, welche dahinter aufragt, besteht aus einem körnigen Nummulitenkalk ; daneben trifft man etwas Kon- glomerat und schiefrigen Knollenmergel an. Im westlichen Teile des Rückens ist eine Antiklinalstellung der Flyschsandsteine sichtbar. An den Südabhängen 70° WSW-Fallen, weiter unten, gegen das auf der Westseite des Rückens eingeschnittene Tälchen zu, auch westliches Einfallen, höher oben 40° NNO- und 60° ONO-Fallen. Dann folgt eine Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner) 33 350 Dr. Fritz v. Kerner. [36] zweite kleine Antiklinale, deren Kern durch eine Konglomeratmasse gebildet wird, die anfänglich 40° SSW fällt und dann sich abflacht. Südwärts davon fallen die Flyschbänke steil gegen SSW. Weiter gegen die hinter dem Rücken aufsteigenden Felswände zu ist wieder mittel- steiles Einfallen gegen NO und NNO zu sehen. Auf der Südostseite des Rückens konstatiert man an der Stelle, wo der hier östlich von der Kapelle St. Sebastian (322 m) am Gehänge hinanziehende Weg gegen N umbiegt, einen Synklinalkern aus Flysch- sandstein. Seine Bänke fallen zirka 300 gegen NNO und SSW ein. Weiter nordwärts stehen die Sandsteinbänke, denen dort auch Mergel eingeschaltet sind, fast seiger. Uber den Ostabhang des Rückens ziehen zwei steile Riffe von Konglomeraten gegen einen Graben hinab, jenseits dessen sich ein zweiter Rücken erhebt, der südwärts von den Hütten von Milicevit von der Basis des Steilabfalles der Kovaöevicterrasse ausgeht. Dieser Rücken besteht gleichfalls größtenteils aus Flyschsand- stein; aufseiner Kuppe (382 m) trifft man auch zerklüftete Brececien an. Unter dem Südwestfuße des früher genannten Rückens springt ein zweiter Rücken vor, der die Formverhältnisse des ersteren in auffälliger Weise wiederholt. Seine Südabdachung bildet die rechte Seite jener Strecke des Stobrectales, welche zwischen der Mündung des Zernovnicatales und dem Durchbruche des Stobrec durch das Nordwestende des Poljieakammes liegt. Am Abhang nordwärts von dieser Durchbruchsstelle trifft man zunächst einen Wechsel von Flyschmergel und Flyschsandstein, weiter aufwärts nur letzteren; er fällt hier, gut gebankt, 30—40° gegen NNO ein. Hinter der Kuppe des Rückens, bei der Kapelle St. Antonio stehen seine Bänke seiger. Auch weiter taleinwärts ist die Einschal- tung von Mergeln auf die unteren Abhänge beschränkt. Ostwärts von diesem unteren Rücken breitet sich zu Füßen des oberen Terrain- vorsprunges mit der St. Sebastiankapelle ein sanfter Abhang aus, welcher von mehreren Erosionsrinnen durchfurcht ist, die gegenüber dem Eingange in das Zernovnicatal in den Stobree potok münden. Dieser Abhang ist zum größten Teile mit Weingärten bedeckt, so daß man, abgesehen von den eben genannten Rinnen, nur an wenigen Stellen anstehendes Gestein erblickt. Am Wege, welcher von den Hütten von Kosaöi6 hinansteigt, ist eine Synklinale zu bemerken, welche durch 20° gegen N und ebenso sanft gegen S geneigte Sand- steinbänke gebildet wird. Weiter aufwärts fallen die Kalksandsteine mittelsteil gegen NO ein. Im unteren Teile dieses Abhanges tritt zum erstenmal die Unterlage der Flyschformation zutage. Man trifft hier bei der vorgenannten Hüttengruppe inmitten des rebenbedeckten Geländes eine große steinige Fläche an, die aus lichtgelbem, merge- ligem Plattenkalk besteht. Derselbe fällt unterhalb der Hütten 20 — 250 gegen ONO und oberhalb derselben 15° gegen NNW ein. Auf der Strecke von dem vorerwähnten Rücken bei Militevie bis zu der Schlucht von Studenica springen unterhalb des Steil- abfalles der Kovalevidterrasse drei Abhangrücken vor. Diese Rücken werden durch die nordwestliche Fortsetzung jenes Faltenpaares auf- gebaut, welchem südostwärts von der Studenica der Höhenzug: des Gradac und der denselben nordostwärts begleitende Felszug ent- [37] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 951 spricht. Letzterer ist ein kleiner Faltensattel, in welchem vorzugs- weise der dem Mosor eigentümliche eozäne Foraminiferenkalk zutage tritt. Ersterer repräsentiert ein Schichtgewölbe, das sich aus Breccien und Konglomeraten aufbaut. In der Mulde zwischen beiden Sätteln, die wegen ihrer nahen Nachbarschaft auch als eine Doppelfalte be- zeichnet werden können, lagern lichtgelbe mergelige Plattenkalke. Die einander abgekehrten Flanken der beiden Sättel werden gleich- falls von schmalen Zonen dieser Plattenkalke besäumt. In dem nord- westwärts von der Studenica gelegenen Gebiete beobachtet man nach- folgende Verhältnisse. Zu beiden Seiten des oberen Teiles jenes Grabens, welcher ostwärts von dem Rücken bei Militevic eingreift, stehen Konglo- merate an, welche auf der Ostseite des Grabens ein Einfallen gegen WNW erkennen lassen. Im unteren Teile des Grabens sind rechts (westlich) Flyschsandsteine, links (östlich) Plattenmergel anzutreffen. Oberhalb des Grabens stößt man zunächst gleichfalls auf einen Zug von Plattenmergeln, die mäßig steil gegen N einfallen. Weiter oben trifft man Flysch, dann folgt jenes Blockwerk, welches östlich von Milicevi6 dem Fuße der Steilabstürze vorliegt. Ostwärts von diesem Blockwerk befindet sich an der Basis des Steilabfalles ein Terrain- vorsprung, der aus Flyschmergel im Wechsel mit Flyschsandstein und einer stark zerklüfteten Nummulitenbreccie besteht. Unter diesem Vorsprunge befindet sich der westliche der drei vorhin genannten Abhangrücken zwischen Militevic und Studenica. Beim Abstiege über diesen Rücken passiert man mergelige Plattenkalke, wobei man an der Ostspitze des vorgenannten Konglomerataufbruches dicht vorbei- kommt, tiefer unten ein Scherbenfeld von Foraminiferenkalk, dann, schon nahe ober den Hütten von Knizic, wieder Plattenmergel. Der Foraminiferenkalk keilt gleich westwärts vom First des Rückens in den Plattenkalken aus. Gegen Ost verbreitert er sich aber rasch, so daß die zwischen dem westlichen und mittleren Abhangrücken gelegene Schlucht zum großen Teile in diesen Kalk eingeschnitten ist. Der- selbe läßt hier wie in der ostwärts folgenden Schlucht antiklinale Schichtstellung erkennen. Am mittleren der drei Abhangrücken hat man zu oberst steil gestellte Nummulitenbreccien und Konglomerate, dann folgt eine ziemlich flache Mulde von mergeligen Plattenkalken, die sanft gegen SSW und NÖ einfallen. In der Achsenregion derselben liegen flach synklinal gestellte Flyschsandsteine und Konglomerate mit kleinen bunten Kieseln, ein Konglomerattypus, wie er für die Gegend von Clissa besonders charakteristisch ist. Weiter abwärts folgen Nummu- litenkalke und Konglomerate, zunächst 20° gegen NO, dann steil gegen SW einfallend; an der Basis des Rückens, ostwärts von Knizi6, hat man wieder steil gestellte Plattenmergel. Ein Profil durch den östlichen der drei Abhangrücken ergibt von oben gegen unten zunächst Flyschschichten, zum großen Teile mit Schutt bedeckt, dann steil gestellten Plattenmergel uud an- schließend daran einen Felszug von steil gegen SSW einfallendem Foramiiferenkalk. Dann folgt eine Zone von muldig gelagertem Mergelkalk. Der Felskopf weiter unten besteht aus mittelsteil gegen 33* 252 Dr. Fritz v. Kerner. [38] NO, der Abhang zu seinen Füßen aus steil gegen SW einfallendem Foraminiferenkalk und Konglomerat. Am Fuße des Rückens stehen steil gegen NO geneigte Plattenmergel an. Auf der der Studenica zugekehrten Südostseite des Rückens keilt die synklinal gestellte Kalkmergelzone hoch über dem Fond dieser Felsschlucht aus. An den Wänden zur Rechten des innersten Schluchtteiles, welche durch die Liegendschichten dieses Kalkmergelzuges gebildet werden, ist der Nordostflügel und die Scheitelregion einer Mulde deutlich auf- geschlossen. Der Südwestflügel erscheint hier längs einer gleich neben der Muldenachse verlaufenden Bruchlinie in die Tiefe abgesunken. Unterhalbdes Zuges von steil gestellten Plattenmergeln, welcher längs der Basis der drei Abhangrücken im Westen der Studenica hinstreicht, verläuft eine Zone von Flyschmergeln, denen mehrere breite Riffe von Konglomeraten und Breccienkalken eingeschaltet sind. Diese Mergelzone bildet die rechts vom Stobrec potok gelegene Fortsetzung jenes Flyschbandes, das sich am Nordabhange des Brisinetales hin- zieht, und geht gegen NW hin in den Flyschkomplex über, welcher die Gehängerücken unterhalb Milicevic aufbaut. Das zwischen dieser Flyschzone und dem Stobrec potok gelegene Terrain besteht zum größten Teile aus mergeligen Plattenkalken. Die- selben fallen rechts von dem Torrente unter KniZie, welcher dieses Terrain in meridionaler Richtung durchschneidet, mittelsteil gegen NO ein. Bei dem kleinen Kirchlein weiter westwärts, woselbst die Mergelkalke zwar gut gebankt, aber nicht plattig abgesondert sind, beobachtet man 25—30° ONO-Fallen. Auf der Seite gegen den das Terrain westwärts abgrenzenden Torrente, jenseits dessen die Flysch- region beginnt, ist 20° flaches NO- bis ONO-Fallen der Plattenkalke deutlich zu erkennen. Das südlichste Endstück des Geländes, welches von den beiden eben genannten Torrenti im Ost und West und vom Stobrec potok im Süd begrenzt wird und gegen letzteren steil abfällt, besteht aus Jadrobreccien. Es entspricht dem Nordwestende jener Falte, welche südwärts vom genannten Flusse den Höhenzug der Sridivica bildet. (Vergl. Taf. VII [II], Profil I.) VI. Die Nordostabhänge des mittleren Mosor. Die Nordostseite des mittleren Mosor wird durch eine tiefe Querfurche in einen nordwestlichen und südöstlichen Teil geschieden. Der erstere stimmt in seinem Habitus ganz mit der Nordseite des westlichen Gebirgsteiles überein. Auch hier ein wiederholter Wechsel von Abhängen und Terrassen, denen zugleich ein mehrmaliger Wechsel von nördlichem Schichtfallen und flacher Schichtlage entspricht, jedoch so, daß ersteres hinsichtlich der Steilheit hinter der Gehängeneigung zurückbleibt, so daß jener Gehängetypus zu allgemeiner Entwicklung kommt, der in betreff seiner morphologischen und hydrologischen Eigentümlichkeiten schon früher erörtert wurde. Auch hier die kleinen Kornfeldchen und über die Abhänge verstreuten strohgedeckten Stein- hütten, welche dazu beitragen, dieser Gebirgsgegend ein charak- [39] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 253 teristisches Aussehen zu verleihen. Ein Unterschied gegenüber dem Westmosor besteht nur darin, daß die Wechsel in der Schichtlage noch etwas häufiger und stärker ausgeprägt sind und dementsprechend auch die Oroplastik reicher ist. Letzterer Umstand komnit besonders darin zum Ausdrucke, daß sich der Rand des obersten Gebirgsvor- baues mächtig aufwölbt, so daß der höchste Punkt desselben, der Berg Jabukovac (1250 m), dem Hauptkamme an Höhe nicht viel nach- steht. Südostwärts von der vorerwähnten Querfurche erleidet die zwischen dem Hauptkamme und seinem nördlichen Vorbaue gelegene Muldenzone eine tiefe Senkung, so daß sich dieser letztere zu einer selbständigen Vorkette gestaltet. Gegen Nord fällt dieselbe ziemlich steil und ohne Stufenbildung ab. Die zunächst südöstlich vom Dugo polje gelegene Randzone des Mosor wird durch ein coupiertes Hügelland gebildet. Die Einsen- kungen sind hier alle mit Korn bepflanzt, die Abhänge und die Kuppen mit ziemlich reicher pontischer Waldvegetation bedeckt. Der Umstand, daß die tektonische Fläche hier nur in abgeschwächtem Grade den Änderungen der Terrainoberfläche folgt, kommt hier be- sonders darin zum Ausdrucke, daß die Hügel keinen periklinalen, sondern einen isoklinalen Bau besitzen und ihre dem Mosor zuge- kehrten Seiten eine Quergliederung erkennen lassen. Doch handelt es sich nicht um reine Isoklinalen; man bemerkt, daß sich die Schichten auch im Streichen zu beiden Seiten der einzelnen Hügel schwach hinabbiegen, so daß dieselben nicht alleinige Produkte un- gleichmäßiger Denudation darstellen und gewissermaßen starke Über- höhungen sehr schwacher Schichtaufwölbungen sind. Vorherrschend ist hier ein feinkörniger bis dichter weißer Kalk mit Rudisten- und Gastropodendurchschnitten. In den Mulden der unteren und oberen Perisic-Alm trifft man stellenweise ganz schwebende Lagerung an; an den Abhängen er- reicht die Schichtneigung 20° Alle steileren Gehänge zeigen den im folgenden der Kürze halber als Nordmosortypus bezeichneten Gehänge- typus. Die obere Perisic staje befindet sich mit der etwas höher gelegenen Jurenid staje auf einer fast 1 km breiten, sehr welligen mittleren Gebirgsstufe. Hinter den hübsch gelegenen, von Eichen- bäumen überschatteten Hütten der Jurenic-Alm steigt ein Abhang auf, an dem die Schichten 25—30° gegen NNO geneigt sind. Würde man den Ausdruck isoklin, welcher schon zur Bezeichnung einer Form des gegenseitigen Lagerungsverhältnisses von Schichten vergeben ist, für eine Form des Verhaltens der Gehänge- zur Schichtneigung — für die Übereinstimmung beider — anwenden dürfen und den Ausdruck plioklin für ein Gehänge von Nordmosortypus gebrauchen, so könnte man den Abhang ober Jurenic staje als Ubergangsform zwischen einem isoklinen und plioklinen Abhange bezeichnen. Es folgen sich hier nämlich die Schichtkopfstufen in ziemlich großen Abständen, so daß verhältnismäßig breite Gehängezonen durch Schichtflächen ge- bildet sind. Zudem sind die Stufen zum Teil nur durch einen einzigen Schichtkopf gebildet und sehr niedrig. Es kommt so hier die Erscheinung der Rinnstreifen bei verhältnismäßig sanfter Ab- dachung des Terrains zustande. 254 Dr. Fritz v. Kerner. [40] An diesem Abhange befindet sich die bemerkenswerteste der früher erwähnten Andeutungen von Quellbildung im Rudistenkalke. Oberhalb einer größeren Felsfläche aus weißem Kalk trifft man einen Tümpel von etwa 7 m Länge und 6 m Breite, über dessen Rückwand in der nassen Jahreszeit an drei Stellen Wasser rieselt. In diesem Tümpel entfaltet sich in einem Dickicht von Wasserpflanzen ein reiches Tierleben. Rechts (westlich) von diesem Tümpel sieht man auch mehrere nasse Streifen auf ausgehöhlten Felsen. Zur Linken befindet sich oberhalb des Tümpels eine kleine Höhle und unter ihr eine Reihe von großen breiten Rinnstreifen auf einer stark abschüssigen Felswand. Unter dieser Wand liegt eine Felsbarre und unter dieser in gleicher Höhe mit dem Tümpel ein Wiesenfieck, der hinten und seitlich von stark bemoosten Felsen umrahmt ist. Auch etwas unter- halb dieses Fleckes trifft man noch feuchte moosige Stellen an. Vom Tümpel rieselt das Wasser durch eine Felsrinne ab, um etwas weiter unten im Felsgeklüfte zu versiegen. Die aus weißem, etwas körnigem Kalk bestehenden Bänke dieser Region fallen 20° gegen NNO. Das Wasserbecken müßte deshalb, sofern es nicht alleiniges Produkt der Erosion ist, mit einer lokalen Schichtabflachung in Beziehung gebracht werden. Der östlich von Perisie staje und Jurenid staje befindliche Teil des unteren Mosorgehänges führt den Flurnamen Konoplista. Es ist ein sehr coupiertes Terrain, ein wirres Durcheinander von Hügeln und Dolinen, Bergvorsprüngen und Gehängenischen. Die Auffassung, daß das Oberflächenrelief die Unebenheiten der tektonischen Fläche in mehrfacher Uberhöhung wiederhole, dürfte wohl auch hier mit Aus- nahmen im allgemeinen zulässig sein. Im Bereiche der ersten Gehänge- stufe, welche mit der oberen Perisie staje beiläufig in derselben Höhe liegt, trifft man horizontale und selbst sanft gegen SW und S ein- fallende Schichten. Auch hier sind neben Radiolitenresten Längs- und Querschnitte von Gastropoden, wahrscheinlich Nerineen ziemlich häufig. Weiter aufwärts passiert man sanft gegen NNO einfallende, dann flach liegende, dann wieder gegen NNO geneigte Schichten. Dann folgt die Terrasse von Doman staje, wo man in weitem Umkreise horizontale Schichtlage konstatiert. Ober Doman staje kommt man zu einer sehr moosigen überhängenden Wand, unter welcher sich einige kleine, von einer reichen Vegetation von Quellenpflanzen umgebene Wasserbecken befinden, deren eines von einem Mäuerchen umgeben ist. In der nächsten Umgebung dieser Stelle sieht man auf geglätteten rost- farbigen Felsflächen viele nasse Streifen. Die Speisung dieser klaren Becken erfolgt zum Teil durch Wasser, das von der überhängenden Wand abtropft, zum Teil durch solches, das durch eine Fuge von innen her zurieselt. Die Schichten fallen am Abhang ober Doman staje sanft gegen NNO und scheinen zugleich eine schwache Ein- senkung im Streichen zu erfahren, deren Scheitel in die Gegend der Wasserbecken zu liegen kommt. Der Abhang, an welchem ober Doman staje und Jurenid staje Tropf- und Sickerwässer zutage treten, bildet den Abfall einer Terrainstufe, über welcher ein Doppelrücken aufsteigt, der durch eine interessante Einsenkung, das Lubljanski doci, vom Hauptkamme des [41] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 255 Mosor getrennt ist. Im westlichen Teile dieses von vielen Gruben durchspickten Rückens erhebt sich der Felskopf Dusna zu 1080 m. Beim Aufstiege von Doman staje zum Lubljanski doci passiert man zwei sehr flache Schichtaufwölbungen, von denen die untere der vorerwähnten Terrasse, die obere dem äußeren Wall des Doppel- rückens entspricht. Im Bereiche des östlichen Endes dieses Rückens, welches man auf der eben genannten Route traversiert, trifft man eine Breccie aus weißen Kalkfragmenten mit grünlichgrauer Kittmasse, welch’ letztere stellenweise zu größerer Entwicklung kommt und dann kleine Nester im Kalkstein bildet. Desgleichen konstatiert man auf der Ostseite der Felskuppe DuSna im Westabschnitt des Doppelrückens Breccien mit zum Teil grünlichem Zwischenmittel. Das Lubljanski doci ist eine zirka 1 km lange und einige Dutzend Meter breite ringsum abgeschlossene Einsenkung in der Hochregion des mittleren Mosor. Auf ihrer Nordostseite wird sie von dem vor- erwähnten Doppelrücken, auf ihrer Südwestseite vom Abfalle der obersten Vorstufe des Mosorhauptkammes begleitet; gegen SO erscheint sie durch die westlichen Vorhöhen des Berges Jabukovac begrenzt, gegen NW durch einen Querriegel abgeschlossen, welcher den Fels- kopf Dusna mit dem mächtigen Kegel des Lubljan verbindet. Der Boden dieser Einsenkung steigt gegen NW an und wird durch eine Anzahl niedriger Querriegel in eine Reihe flacher rundlicher Partial- mulden geschieden. Diesen Mulden, etwa ein Dutzend an der Zahl, entsprechen ebensoviele Wiesenflecke, durch deren Anblick man in dieser trostlosen Umgebung sehr angenehm berührt wird. Die oberste und größte dieser Mulden ist ein sehr hübsches, ganz ebenes Rondeau. Die Südwestseite des Lubljanski doci ist ein von seichten Gräben durchfurchtes monotones Felsgehänge. Es scheint dasselbe aus mäßig steil gegen NO fallenden Schichten zu bestehen und die sehr steilen Felsflächen dürften hier auf eine diagonale Klüftung zu beziehen sein. Die Nordostseite des Doei ist ein steiler Felshang. Obschon an dem- selben keine deutliche Stufung sichtbar ist, besteht derselbe doch wahrscheinlich aus einer Aufeinanderfolge von Schichtköpfen ziemlich flach gelagerter Kalkbänke. Längs der Basis dieses steilen Felshanges tritt Dolomit zutage. Derselbe fällt anscheinend ziemlich sanft nach SSW, gegen die benach- barte Muldenzone hin. Die Grenze zwischen diesem Dolomit und dem darüberliegenden Kalke ist nicht scharf; man sieht beide Gesteine ineinander übergehen und dolomitische Linsen innerhalb des Kalkes liegen. Es scheint damit zusammenzuhängen, daß man hier keine Spuren des Hervortretens von Sickerwässern findet. Da der kretazische Dolomit Dalmatiens infolge seiner geringen Zerklüftung das Wasser weniger leicht in die Tiefe läßt als der Rudistenkalk und auf der Südseite des Mosor sogar zum Auftreten eines Quellenhorizonts Anlaß gibt, würde man an einer flachliegenden Schichtgrenze von Kalk und Dolomit zum mindesten jene Rinnstreifen vermuten, welche in der nördlichen Nachbarregion sogar innerhalb des Rudistenkalkes auftreten. Nur dann, wenn sich der Dolomit gleich hinter jener Linie, längs welcher er anscheinend unter dem Kalk verschwindet, gegen NO hinab- biegen würde, wäre es verständlich, daß längs jener Linie keine Sicker- 256 Dr. Fritz v. Kerner. [42] wässer zutage treten. Es müßte dann aber auch die Kalkmasse, welche den inneren Wall des Doppelrückens auf der Nordseite des Lubljanski doci aufbaut, gegen NO einfallen. Soweit sich aber dort die Lagerung erkennen läßt, scheint sie eher eine flachwellige zu sein. Es erscheint darum zweifelhaft, ob die am Nordrande des Lubljanski doci entblößten Dolomitflächen bereits die Basis des Rudistenkalkes repräsentieren, ob es sich bei diesem Dolomit nicht vielmehr um eine Einlagerung in der oberkretazischen Kalkmasse handelt. Allerdings sind dolomi- tische Einschaltungen an der Nordseite des Mosor wohl sehr selten und auch in den Kalken, welche den Dolomitaufbruch auf der Süd- seite des Berges flankieren, nicht zu bemerken. Falls dieser Dolomit schon an die Basis der Kalkformation zu stellen ist, so kann man sich sein Auftreten durch Annahme eines geschleppten Bruches mit Absinken des südwestlichen Flügels ver- ständlich machen. Man hätte dann auch auf der Nordseite ein par- tielles Einsinken der Gipfelregion des Mosor vor sich, wie es strecken- weise auf der Südseite vorhanden zu sein scheint. Wegen der Struktur der Nordgehänge des Mosor würde man dann aber auch erwarten, daß der Dolomit in den unteren Zonen dieser Abhänge zutage trete und man müßte zur Erklärung seines Nichterscheinens Brüche supponieren, für deren Existenz sich an jenen Abhängen allerdings kein halbwegs deutlicher Beweis erbringen ließe. Faßt man den Dolomit des Lubljanski doci nur als eine linsen- förmige Einlagerung im Rudistenkalke auf, so fällt der Zwang zur Annahme solcher Brüche weg, ja es wäre dann nicht gänzlich aus- geschlossen, das Lubljanski doci als flachmuldige Flexur zu deuten. Eine sichere Erkenntnis läßt sich nicht erzielen, solange genaue Niveaubestimmungen innerhalb des Rudistenkalkkomplexes auf Grund von Fossilresten nicht möglich sind und so die Altersbeziehung der Kalkbänke aın Boden des Lubljanski doci und jener auf der Höhe seines nordöstlichen Begrenzungswalles ungewiß bleibt. Im westlichsten Teile der Einsenkung konstatiert man hemizentroklinale Lagerung von Süd (Südseite der DuSna) über SO nach NO (Nordfuß des Lubljan) und man gewinnt daselbst den Eindruck, daß der westliche Abschluß einer flachen Schichtmulde vorliegt. Es schließt dies aber nicht aus, daß der mittlere Teil der Mulde von einer Längsverwerfung durch- setzt ist. Am südöstlichen Ende des Lubljanski doci trifft man Dolomit- felsen, die sich durch weniger scharfkantige Formen und dunklere Farbe von den umgebenden Kalken unterscheiden und an die später zu erwähnenden, seltsam gestalteten Felsen im Dolomitaufbruche auf der südlichen Gebirgsflanke erinnern. Ferner sind hier Kalkkonglo- merate mit höckerigen Schichtflächen zu beobachten. Das Einfallen scheint hier auf der südlichen Muldenseite 30—40° steil gegen Nord zu sein. Die Westabdachung des Felskopfes Dusna ist ein sehr wüstes Felsterrain; auf der Westseite des Grates, der sich zwischen die Dusna und den Rücken des Trnavac vorschiebt, beobachtet man ver- schiedene Fallrichtungen, N, NW, vielleicht auch WSW; es dürfte sich hier um das Westende jener vermutlich aus mehreren sekun- [43] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 257 dären Wellen bestehenden Schichtaufwölbung handeln, die das Lubl- janski doci gegen NO begrenzt. Der Gehängeabschnitt, welcher die vorhin erwähnte Querfurche, die den Nordabhang des Mittelmosor in zwei Teile scheidet, gegen West begrenzt, springt stärker vor als der weiter westlich folgende Abhang, auf welchem die Almen von JureniC und Doman liegen. Er gliedert sich in eine Anzahl Stufen, über welchen sich der Berg Jabukovac erhebt, der höchste außerhalb des Hauptkammes gelegene Punkt des Mosor, abgesehen vom Lubljan, welcher zwar auch nicht in der Gratlinie, wohl aber im Bereich des Hauptkammes gelegen ist. Die Basis der Nordabhänge des Jabukovac führt den Flurnamen Suplja stiena, auch Supla stina. Es ist dies eine Karstwildnis mit mächtigen Felsbastionen und dazwischen eingesenkten Tricht:rn und Dolinen. Nahe dem Nordrande dieser Gegend befindet sich der Ein- gang zu einer wunderschönen Grotte. Man gelangt hier durch einen weiten Felskanal und über eine große Trümmerhalde auf den Boden eines mächtigen kuppelförmigen Hohlraumes hinab und von da durch einen unscheinbaren Spalt in der Südostwand dieses Raumes in einen niedrigen gewölbten Korridor und weiter durch eine mit schönen Sinterbildungen gezierte Felskammer zum schmalen Eingange in einen umfangreichen Grottenraum, der durch unvollständige Scheidewände in mehrere miteinander in Verbindung stehende Abteilungen zer- fällt. Die schönen Tropfsteinbildungen, die in den unterirdischen Hohlräumen des Karstes unsere Bewunderung erregen, entfalten sich hier in ihrer ganzen Pracht und Formenfülle.. Die Wände sind mit glitzernden, vielgliedrigen Steinkaskaden übergossen; von dem sehr unebenen Boden ragen mannigfach geformte Stalagmiten auf, teils schlanken Türmchen, teils knorrigen Baumstrünken vergleichbar. Von der Decke hängen Stalaktiten, die zum großen Teile zu Draperien konfluieren, in reicher Zahl herab und dort, wo die einander zu- wachsenden Tropfsteingebilde längst vereinigt sind, entzücken uns gewaltige, reich skulpturierte Säulenschäfte. Hinsichtlich der morphologischen Beschaffenheit der untersten Mosorgehänge in der Gegend Supla stina gilt dasselbe, was betreffs der Nachbargegend Konoplista schon gesagt wurde. Der Kalk ist hier zum Teil grobkörnig, rein weiß und reich an Radiolitenresten. Außer- dem trifft man hier auch viele, meist nesterweise vorkommende Durchschnitte von Nerineen (?), so zum Beispiel am Wege, der von Tuki& nach Jurenic staje führt, so daß das Vorhandensein eines gastropodenreichen Horizonts am untersten Nordabhang des Mittel- mosor festgestellt erscheint. In geringerer Menge werden diese Schneckendurchschnitte — zum Teil in Gemeinschaft mit an Rad. lumbricalis erinnernden Fossilspuren — auch in den höheren Gehänge- teilen angetroffen. Die Schichten fallen hier steiler als in Konoplista ein. Man konstatiert südwestlich ober Tukic 40 — 50° NNO-Fallen. Im Zusammen- hange damit erleidet hier auch die für die Nordseite des Mosor im großen und ganzen gültige Regel, daß jede Gehängestufe durch eine Schichtenflexur bedingt sei, bemerkenswerte Ausnahmen. Die Terrasse, über welche der Weg von Tukic nach Doman staje führt, besteht Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 34 258 Dr. Fritz v. Kerner. [44] nicht aus flachliegenden, sondern aus ziemlich steil gegen NO ein- fallenden Schichten. Die in Form von Wällen oder Hügelketten auf- gewölbten Terrassenränder sind hier mehr oder minder steile Iso- klinalen und die Neigung ihrer Abhänge stimmt streckenweise mit dem Einfallswinkel der Schichten überein. Höher oben trifft man dann wieder Stellen, wo man sich schwer ein Urteil darüber bilden kann, ob steiles Schichtfallen vorliegt oder — wie dies auf der Nord- seite des Plisevac der Fall zu sein scheint — eine schwach geneigte Schichtmasse vorhanden ist, die durch parallele Klüfte in dicke, Gesteinsbänken .ähnliche Platten zerschnitten ist. Dann passiert man eine ausgedehnte 25° geneigte Felsfläche, die zugleich einer Schicht- fläche entsprechen dürfte. In zirka 800 m Höhe gelangt man auf eine breite, sanft an- steigende Gehängestufe, über welcher sich der Berg Jabukovac steil erhebt. Hier liegen die Schichten zum Teil horizontal, stellenweise sind sie sogar sehr schwach gegen SW geneigt. Man bemerkt hier außer mehreren Dolinen zwei tiefe Felstrichter mit zum Teil glatten Wänden. Noch kurz bevor man die Terrasse erreicht, kommt man bei einer mit klarem Wasser erfüllten Felsaushöhlung, einer natür- lichen Zisterne, vorbei. Hinter dieser Vorstufe baut sich das Gehänge steil empor. Es ist hier einer der wenigen Anstiege im Bereich des Mosor, der auch alpin-touristisch einigen Reiz besitzt. Seiner Struktur nach scheint dieses Gehänge plioklin zu sein. Die steilen Wändchen, über die man hier emporklimmt, sind als Kluftflächen anzusehen. Weiter oben kommt dann der Nordmosortypus des Gehänges zu deutlicher Entfaltung. Am nördlichen Vorkopfe (1165 m) des Jabukovac eröffnet sich dann der Blick auf eine interessante Karstlandschaft. Man sieht ein unregelmäßiges Netz von schmalen Felsrücken vor sich, in dessen Maschen tiefe Trichter eingesenkt sind. Die Wände dieser Trichter, beziehungsweise die Abhänge der Rücken sind sehr steil, zum Teil durch glatte Felsflächen gebildet, die mit schmutzigen Schlammstreifen — den Residuen zeitweiser Überrieselung — beschmiert sind, stellen- weise auch von mehr oder minder tiefen, durch Regenwasser aus- gewaschenen Rinnen durchfurcht erscheinen. Die Felssepten zwischen den Dolinen sind oben nicht zu scharfen Graten zugeschnitten, sondern zumeist abgeflacht, stellenweise fast geglättet, so daß man ohne Schwierigkeit auf ihnen hinschreiten kann. Diese Eigenschaft kommt sowohl den im Schichtstreichen als auch den schief oder quer zum Streichen verlaufenden Scheiderücken zu, so daß man annehmen muß, daß flachwellige Lagerung vorhanden ist. Am Grunde der etwa 10—20 m tiefen Trichter befindet sich teils von Stauden überwuchertes Trümmerwerk, teils mit Rasen bedeckte Terra rossa. Aus den Klüften in den Seitenwänden der Felstrichter sprießt an vielen Stellen Gesträuch hervor; außerdem erblickt man da und dort vereinzelte Eibenbäumchen, die im Spätherbst und Vor- frühling, wenn die übrigen Gesträucher ein blattloses Gestrüpp bilden, durch ihre glänzend dunkelgrüne Farbe auffallen. Einst vermutlich auch im mittleren Dalmatien verbreitet, hat sich die Eibe nun in die ver- stecktesten Felswinkel der schwer zugänglichen Hochregion des Mosor [45] i Geologische Beschreibang der Mosor planina. 259 zurückgezogen. Man fühlt sich bei dem Anblicke dieser in starrer Fels- wildnis ihr Dasein fristenden Eibenbäumchen wehmütig gestimmt, da man es deutlich fühlt, daß man hier ein dem Untergange geweihtes, schon dem Verschwinden nahes Element der Waldflora vor sich hat. Landläufigen Anschauungen würde es entsprechen, auch für den Mosor nicht nur ein früheres häufigeres Vorkommen der Eibe, sondern überhaupt eine frühere reiche Bewaldung anzunehmen. Es würde dies alsdann die Zulässigkeit einer anscheinend nahe liegenden Erklärung des Namens mons aureus in Frage stellen. Diese Erklärung — es ist diejenige, für welche sich schon Partsch entschied — geht dahin, daß der Name Goldberg auf den goldigen Schimmer des Mosor im Schein der Abendsonne zu beziehen sei. Wäre der Mosor in der Römerzeit mit dichten Wäldern überdeckt gewesen, so hätte er die prächtige Erscheinung des Frglühens in den Strahlen der unter- gehenden Sonne wohl nicht so auffällig darbieten können, daß ihm diese Eigenschaft seinen Namen gab. Das im vorigen beschriebene Karstrelief mit schmalen Fels- rücken und tiefen Trichtern ist der Hochregion am Nordabhange des Mittelmosor eigen und tritt in Gegensatz zu der durch breite flache Rücken und seichte Mulden charakterisierten Plastik, welche an den oberen Nordabhängen des Westmosor und im Lubljanski doci ange- troffen wird. Das vorherrschende Gestein ist auf der Nordseite des Jabukovac bis zur Gipfelregion hinauf ein körniger, weißer, rudisten- reicher Kaik. Sporadisch trifft man Trümmerkalke und Breccien mit grünlicher Kittmasse. Nur an einer Stelle fand ich kleine Putzen von Hornstein, wie er auch am östlich benachbarten Lukovo brdo vor- kommt. Der Gipfel des Jabukovaec ist ein SW—NO streichender, leicht zu begehender Grat mit abgerundeter Rückenfläche. Stellenweise hat man sehr den Eindruck, daß hier horizontale Felsbänke übereinander lagern. Im obersten Trichter auf der Nordseite des Gipfels sind die an seinen Seiten ausgewaschenen Rinnen so tief, daß durch sie förm- . liche Steinpfeiler aus der Wand herausgeschnitten werden. Am Süd- abhange des Jabukovac glaubt man stellenweise 60° NO-Fallen wahr- zunehmen; man überzeugt sich aber bald, daB es sich hier um Klüftungserscheinungen in einer mäßig steil gegen SW einfallenden Schichtmasse handelt. Auf der Westseite des Gipfelkegels trifft man Dolomitlinsen im Kalke; die Lage derselben weist gleichfalls auf mäßige Schichtneigung gegen SW hin. In der Einsenkung zwischen dem Jabukovac und dem Haupt- kamme des Mosor nimmt dann die anscheinend steile Stellung der Schichten eine regionale Verbreitung an und da möchte man doch in Zweifel kommen, ob es sich nicht tatsächlich um steile Aufrichtung der Schichten handelt. Dann sieht man aber wieder stellenweise Fels- massen, die sich nach oben mit fast horizontaler Fläche abgrenzen und von dieser Fläche parallelen Trennungsfugen durchsetzt sind. Daß diese letzteren auf Klüftung in seigeren Schichten zu beziehen wären, ist nicht anzunehmen. Die Oberseiten der Rücken zwischen den Dolinen sind stellenweise durch größere glatte Felsflächen gebildet, während doch bei allgemeiner steiler Schichtenstellung dort die 84* 260 Dr. Fritz v. Kerner. [46] Schichtköpfe als eine Folge von einander parallelen mauerähnlichen Felszügen in Erscheinung treten müßten. Bemerkenswert ist ferner, daß die wie steil aufgerichtete Bänke aussehenden Felsplatten von geringerer mittlerer Dicke sind als jene, welche man in hinsichtlich der Tektonik klaren Teilen der Nordseite des Mosor als Schichtbäuke erkennt, und daß umgekehrt dort, wo sanftes Einfallen nachzuweisen ist, keine dünnen Bänke vorkommen. Naheliegend ist es, daß die den ganzen Nordmosor beherrschende Erscheinung, die wiederholte flach- wellige Biegung der Schichten, bis zur Gipfelregion hinauf anhalte, daß der durch den Jabukovac und Lukovo brdo repräsentierte Vorbau des Hauptkammes eine oberste, selbst von sekundären Wellen durch- setzte Schichtaufwölbung darstelle und die Einsenkung zwischen diesem Vorbau und dem als Antiklinalfalte von Domstruktur erkannten Gipfel- kamme einer Schichtmulde entspreche. In den beiden Flügeln dieser Mulde könnten immerhin Stellen, wo die Schichten steiler fallen, ein- geschaltet sein; eine regionale sehr steile Aufrichtung der Schichten in der Einsenkung am Nordfuße des mittleren Gipfelkammes ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Durch einen Querriegel, der vom Südfuße des Jabukovac zum Nordostfuße der Signalkuppe, das heißt jenes Mosorgipfels, auf welchem die Triangulationspyramide steht, hinüberzieht, wird diese Einsenkung in einen westlichen und östlichen Teil geschieden. Am Übergange dieses Riegels in die Nordabhänge der Signalkuppe befindet sich ein größeres linsenförmiges Dolomitvorkommen. Es handelt sich auch hier um eine Einlagerung im Kalke und nicht um einen Aufbruch. Das Einfallen scheint hier steil gegen NO zu sein. Das westwärts vom vorgenannten Querriegel gelegene Terrain hat in morphologischer Beziehung Ähnlichkeit mit dem vorhin beschriebenen nordwärts des Gipfels des Jabukovac, doch sind die Felstrichter von bedeutenderen Dimensionen. Es präsentiert sich als ein Netz von schmalen, schroff abfallenden Felsrücken, zwischen denen weite, steilwandige Schlünde gähnen, deren Grund mit Trümmerwerk erfüllt ist. Der Einschluß zwischen hohen wüsten Bergen trägt das seinige dazu bei, den wild- romantischen Charakter dieser Gegend zu verschärfen. Man fühlt sich hier so recht im Herzen einer wüsten Karstgebirgswelt. Besonderes Interesse bietet eine Höhle an der Nordwand eines der weit geöffneten Abgründe. Man tritt hier durch ein riesenhaftes Felstor in einen steil zur Tiefe gehenden weiten Höhlengang, dessen Boden eine wüste Block- und Trümmerhalde darstellt. Am unteren Ende dieser Halde fanden sich bei meinem zu Anfang Mai erfolgten Besuche mehrere große flache Kuchen von körnigem Eis. Der von hier nach rechts abgehenden ebenen Fortsetzung der Höhle folgend, stieß ich bald auf einige bizarr geformte, vom Boden aufragende Eis- zacken, die den Gestalten des Büßerschnees der Anden ähnlich waren. Hinter diesen Zacken sah ich den Höhlengang sich unter rechtem Winkel in zwei dunkle Nischen von unbekannter Tiefe teilen. Die Länge des etwa 35° geneigten Höhlenganges kann zu 30 m, jene seiner ebenen Fortsetzung zu 20 m, die Breite des ersteren zu 10, jene der letzteren zu 5 m veranschlagt werden. Die eben erwähnten Eisgebilde können wohl nicht in Eis um- [47] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 261 sewandelte Reste von durch Stürme weit in die Höhle hinein- gepeitschtem Winterschnee sein. Es ist bemerkenswert, daß sich unmittelbar über dem Felsentore der Ledenicahöhle eine steile, kahle, gegen Süden exponierte Fels- wand befindet. Diese Wand muß sich unter dem Einflusse der Beson- nung stark erhitzen, dadurch die benachbarte Atmosphäre sehr er- wärmen und zur Entstehung eines aufsteigenden Luftstromes Anlaß geben. Zum Ersatze der aufsteigenden Luftmassen wird — da vor den Seitenwänden und vor der dem Höhlentore gegenüberstehenden Süd- wand des Ledenicaschlundes sich gleichfalls eine Tendenz zur Luft- auflockerung geltend machen muß — vorwiegend Luft aus dem Höhlen- gange nachgezogen werden. Dieser Vorgang wird dann weiter eine Aspiration von Luft aus den vom Höhlengange in das Innere des Berges eindringenden engen Spalten, die wieder durch andere mit der Außenwelt kommunizieren mögen, im Gefolge haben. Von der Höhlen- decke tropft an mehreren Stellen Wasser nieder und da wäre es wohl denkbar, daß die durch den soeben erörterten Luftzug beschleunigte Verdunstung stellenweise eine solche Temperaturerniedrigung der Felsoberflächen am Höhlenboden erzeuge, daß es daselbst gelegentlich zur Bildung dünner Eiskrusten kommen kann. Ist einmal die Eisbildung eingeleitet, so wird deren weiteres Vorschreiten unschwer vonstatten gehen. Es kann hier jedoch diese Entstehungsursache der Eiszacken in der Ledenicahöhle nur als eine Vermutung ausgesprochen werden. Um sie zu erweisen, wäre ein zu ne Jahreszeiten mehrmals, und zwar nach verschiedenen Witterungsperioden wiederholter Besuch der Ledenica nötig, da eventuelle, hierbei feststellbare Größen- und Formänderungen der Eisgebilde in ihrer Abhängigkeit von meteorischen Verhältnissen erkennbar wären. Man müßte, um die ausgesprochene Vermutung zu begründen, zunächst finden, daß mit zunehmender Insolation die Eisbildung wachse, doch wäre nicht zu erwarten, daß sie zur Zeit des höchsten Sonnenstandes ihr Maximum erreiche, weil dann die die Eiserhaltung begünstigende nächtliche Abkühlung der Höhlenluft geringer ist als im Winter und die Temperatur der Gesteins- oberflächen am Höhlenboden etwas höher ist als in der kalten Jahres- zeit. Es handelt sich ja um einen relativ kurzen weiten Höhlengang; in welchem die Lufttemperatur noch eine tägliche und die ober- flächliche Bodentemperatur wenigstens noch eine jährliche Schwankung erkennen lassen muß. Auch eine Beziehung der Eisbildung zur stark ausgeprägten jährlichen Periode der Niederschläge sollte man nach- weisen können. Der Aufnahmsgeologe ist jedoch nicht in der Lage, hydrologische Probleme, welche zu ihrer Lösung periodische Beobachtungen er- heischen, näher zu verfolgen, am wenigsten in einem Gebiete, in welchem — wie auf der Nordseite des Mosor — wiederholte Ex- kursionen an dieselbe Stelle hin ihm weder an dieser selbst noch auch auf den überdies nur wenig variierbaren Hin- und Rückwegen irgend- welche Gelegenheit zu nennenswerten ergänzenden Beobachtungen in geologisch-kartographischer Hinsicht versprechen. 262 Dr. Fritz v. Kerner. [48] vII. Die nordöstliche Vorkette des mittleren Mosor. Die früher erwähnte Querfurche, welche den Nordabhang des Mittelmosor in zwei Teile scheidet, setzt sich aus mehreren über- einanderfolgenden Teilstücken zusammen. Am Fuße des Mosor dringt zunächst eine Nische ins Gehänge ein, an die sich in der Mittelhöhe des Gebirges ein Kar anschließt; letzteres setzt sich nach oben in eine Felsschlucht fort, in deren Verlängerung eine Muldenzone liegt, die bis zum Fuße des Gipfelkammes reicht. Ober den Hütten von Tukic, welche an der Mündung der Quer- furche liegen, trifft man 40—45° gegen NNO geneigte Kalkschichten, welche reich an jenen, wahrscheinlich auf Nerineen zu beziehenden Fossildurchschnitten sind, die auch in Supla stina nahe dem Fuße des Gebirges zahlreich angetroffen werden. In der untersten Ein- muldung des Gehänges passiert man ganz ebene Gesteinsflächen, gegen SO begrenzt sich diese Mulde durch einen Hügel, der sehr sanftes nördliches Einfallen, zum Teil ganz horizontale Lagerung erkennen läßt. An der ihm nordwärts vorgelagerten Kuppe sieht man die Schichten aus der schrägen Stellung in die flache Lagerung umbiegen. Auf der Westseite der Mulde sieht man die Kalkbänke gleichsinnig mit dem Abhange fallen; weiter oben, in der Umgebung einer kleinen Staja, scheint mehr flache Lagerung vorzuherrschen. Die Rückseite der Mulde scheint dem vorhin als plioklin bezeichneten Gehängetypus zu entsprechen. Durch eine zwischen zwei weit vortretenden Felsspornen befind- liche Enge steht die Mulde hinter Tukic mit einem großen höher gelegenen Kare in Verbindung. Der östliche Felssporn scheint aus mittelsteil gegen NNO bis O einfallenden Schichten zu bestehen. Betrachtet man den Sporn von Westen, so könnte man geneigt sein, die steilen Gesteinsfugen, die man sieht, für Kluftlinien zu halten, da die Beschaffenheit seiner Kuppe auf flache Lagerung hindeutet. Es scheint jedoch, daß letztere beim Anblicke von West nur durch das östliche Einfallen vorgetäuscht wird. Unterhalb dieses Felssporns befindet sich eine natürliche Zisterne mit klarem, allerdings von Amphibien bewohntem Wasser. Etwas weiter unten trifft man noch zwei wasserführende Spalten. Bei der kleinen Hütte am Eingange in das Kar scheint sanftes NO-Fallen vorzuherrschen, soweit hier die Zerworfenheit der Felsen eine Beurteilung der Lagerung gestattet. Beim Aufstiege durch das Kar (dies Wort stets nur in rein morphologischem Sinne genommen) verquert man alsdann eine Zone von steil gestellten Schichten. Besonders auf der Ostseite des Kares ist das sehr steile Einfallen der Kalkbänke gegen NNO deutlich zu erkennen. Es scheint hier auch eine Längsverwerfung durchzuziehen. Weiter oben zeigt die Rückwand des Kares das typische Bild eines plioklinen Abhanges. Die vielen nassen Streifen, die sich hier ein- stellen und eine reiche Moosflora bedingen, scheinen zum Teil nicht von Schichtfugen, sondern von dünnen, zur Schichtung parallelen Fissuren ihren Ausgangspunkt zu nehmen. Auf der Ostseite des Kares grenzt sich diese feuchte, mit reicherer Vegetation versehene Gesteins- zone nach unten durch eine überhängende Wand ab, über welcher [49] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 263 zunächst eine steile, mangelhaft geschichtete Felsmasse folgt. Ober diesem moosigen Abhange, an welchem das Gestein zum Teil breccien- artig wird, folgt eine wüste Felsmulde. Ober dieser Mulde öffnet sich eine wilde Schlucht, die zwischen dem Jabukovac und dem Lukovo brdo eingeschnitten ist und in die Einsenkung hinaufführt, welche diese beiden Berge vom Mosorhaupt- kamm trennt. Am Ostabhange dieser Schlucht sind die Lagerungs- verhältnisse der dort befindlichen, sehr stark zerklüfteten Felsmassen ganz unklar. Dagegen läßt sich auf der Westseite der Schlucht ein 35-—-40° steiles Einfallen gegen ONO sehr deutlich konstatieren. Man passiert hier sehr umfangreiche schräge Felsflächen, die nach der eben genannten Richtung hin geneigt sind. Uber eine Felsbarre hinweg gelangt man aus dieser düsteren Schlucht in eine Muldenregion, in deren Hintergrund der Gipfelkamm des Mosor sichtbar wird. Zur Rechten hat man jenen Querriegel, der vom Jabukovac zum Fuße der Signalkuppe hinüberführt, zur Linken verläuft gleichfalls ein hoher Wall, der den östlichen Nachbar des Jabukovac, den Lukovo brdo, mit dem Fuße des östlichen Nachbar- gipfels der Signalkuppe in Verbindung bringt. Die eben erwähnte Felsbarre scheint einer Schichtaufwölbung zu entsprechen. Am Fels- kopf ostwärts von dem Sattel, in welclıem man die Barre überschreitet, glaubt man den Scheitel eines Faltenbogens zu erkennen, wogegen am Sattel selbst ein Antiklinalaufbruch vorhanden ist. Man sieht hier die Schichten auf der Nordseite gegen ONO und auf der Südseite 40° steil gegen WSW fallen. In den tiefsten Teil der Muldenzone sind hintereinander drei Dolinen eingesenkt, in deren Boden Rasenflecken liegen. In den Fels- rücken zwischen diesen Dolinen kann man sanftes Einfallen nach verschiedenen Richtungen hin konstatieren; mehr gegen den Mosor- kamm hin ist steiles Einfallen gegen NÖ bis NNO vorhanden. Zum Querrücken unter dem Jabukovae steigt das Terrain wellig und mit mäßiger mittlerer Neigung an. In seiner Mitte wölbt sich ein kleiner Felsgrat auf. Die Lagerungsverhältnisse sind hier unklar. Ostwärts von den drei Dolinen steigt das Terrain sehr steil empor. Die Ver- bindung zwischen dem Lukovo brdo und dem Fuße des Mosorgipfels Ljubirna wird durch zwei Grate hergestellt, deren Mittelstücke als steile Schrofen aufragen und durch einen Quergrat miteinander in Verbindung stehen. Von den beiden so zustande kommenden Einsenkungen zwischen den beiden Graten ist die nördliche, welche an den Lukovo brdo grenzt, eine einzige große und sehr tiefe, von jähen Wänden umgebene Doline; in der südlichen, welche an den Fuß der Ljubirna stößt, befinden sich dagegen mehrere kleinere sehr tiefe Felstrichter. Der kleine Verbinduugsgrat zwischen den beiden Schrofen scheint einer kleinen domförmigen Schichtaufwölbung zu entsprechen. Am westlichen Grate glaubt man steiles NO-Fallen der Schichten wahr- zunehmen, doch schiene es nicht ausgeschlossen, daß es sich um Klüftungen in einer nicht steil stehenden Schichtmasse handelt. Am östlichen Grate gewinnt man den überzeugenden Eindruck, daß etwa 60° steiles nordöstliches Fallen vorhanden ist. Man sieht hier jene 264 Dr. Fritz v. Kerner. [50] Zackung und Sägezähnung des Grates, deren Fehlen in der Gegend von Ledenica ein starkes Argument gegen die vermeintliche steile Schichtstellung bildet. Allerdings ist auch im Süden des Lukovo brdo die Steilstellung mit Dünnbankigkeit kombiniert. (Vergl. Kapitel VI, S. 46.) Beim Anblicke des Ostgrates von Norden aus hat es den An- schein, als wenn in dessen mittlerem Teile steile und flache Lagerung in nächster Nachbarschaft vorhanden wären. Auf der dem Mosor zu- gekehrten Seite des Lukovo brdo fallen die Schichten oberhalb der sroßen tiefen Doline zirka 20° sanft gegen SSW ein. In welcher Weise das Zusammentreffen der beiden einander entgegengesetzt und ver- schieden steil einfallenden Schichtkomplexe sich vollzieht, ob eine Umknickung oder eine Verwerfung vorliegt, läßt sich nicht erkennen. Südwärts von der Muldenzone mit den drei Dolinen zeigt der Nordabhang des Hauptkammes eine Einbuchtung, durch welche man ziemlich leicht auf die Kammlinie hinaufgelangen kann. Während weiter west- und ostwärts steile, schwer passierbare Felsgehänge aufsteigen, zeigen sich in jener Einbuchtung die Felsmassen vielfach durch Wiesen- flecken und kleine Trümmerhalden unterbrochen. Diese Halden sowie auch die anstehenden Felsen sind reich mit Moos überzogen und mit steifstämmigem Gestrüpp bewachsen, während die Abhänge zur Rechten und Linken ziemlich kahl erscheinen. Etwas östlich von dieser Einbuchtung des Gehänges befindet sich die Jama sniega, das auf der Spezialkarte angegebene Schnee- loch. An einem steil gegen NNO abstürzenden Felshange Öffnet sich ein in dieser Richtung in die Länge gezogener Schlund von 3—4 m Breite, dessen Boden steil in den Berg hinein abfällt. Zufolge der entgegengesetzten Neigung der Schlundöffnung und des Bodens ist die senkrechte Südwand des Schlundes viel höher als seine Nordwand. Der tief unterhalb des Südrandes gelegene Nordrand der Schlund- öffnung mag etwa 8 m hoch über dem oberen Ende des Schlundbodens liegen. Der vertikale Abstand des Südrandes der Öffnung vom Schlund- boden mag hingegen bei 30 m betragen. Unten biegt der Felsschlauch gegen NNW um, zugleich wird seine bis dahin senkrechte Südwand überhängend, so daß eine nach oben geschlossene Nische zustande kommt. Die Wände derselben sind stark ausgewaschen und geglättet und von ihrer Decke tropft Wasser ab. Zur Zeit meines Besuches, anfangs Mai, war dieser Felsschlund mit einer Schneemasse erfüllt, die an seiner Nordwand bis etwa 5 m unterhalb der Schlundmündung hinaufreichte und sich nach unten bis in die von Fels überdachte Nische hinein erstreckte, welche das blinde Ende des Schlundes darstellt. Die Schneemasse endete dort zungenförmig bei einigen am Nischenboden liegenden Felstrümmern. Die Neigung ihrer Oberfläche war etwa 40°, die Dicke der Schnee- masse mag kaum mehr als 2 m betragen haben; sie nahm gegen unten :nicht zu, an der Stelle, wo der Felsschlot umbiegt, betrug sie etwa 1—1!/;, m. An seinen beiden Längsseiten zeigte das Schnee- lager scharfe, freie, schwarz gefärbte Ränder, seine Oberfläche war dagegen ziemlich rein. Der Schnee war ziemlich weich und von einer härteren Firnkruste überzogen. Das Persistieren von Schnee in diesem Felsloche zu einer Zeit, [51] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 265 wann derselbe ringsum längst geschwunden ist, erscheint darin be- gründet, daß hier eine lokale starke Schneeanhäufung vor Insolation ziemlich geschützt bleibt. Verdunstung und Luftwärme zehren, sofern sie sich in mäßigen Grenzen halten, im Vergleiche zu Sonnenschein und Regen den Schnee nur langsam auf. Zur Zeit des höchsten Sonnen- standes, in den Mittagsstunden der Frühsommertage, wird allerdings ein Teil des Schlundbodens von den Sonnenstrahlen getroffen. Die Luftwärme wird auch im Sommer innerhalb des Schlotes nicht hoch sein, da die über den Felsflächen der Umgebung erhitzte Luft auf- steigt und keine Tendenz hat, sich mit der kühleren Luft im Schnee- loche zu vermischen. Dagegen wird zum Ersatze der bei diesem Aufstiege aus dem Schlote mitgezogenen Luft relativ kühle Luft aus den Klüften des Berginnern aspiriert werden. Die Ausfüllung des Fels- schlundes zur Winterszeit wird teils durch Einwehung von Schnee bei Borastürmen, teils, und zwar größerenteils, durch Absturz von Schneemassen von dem sehr steilen Felshange oberhalb der Schlund- öffnung erfolgen. Der Lukovo brdo (ca 1050 m) ist eine umfangreiche Bergkuppe, deren abgeflachte Gipfelregion ganz dasselbe Bild darbietet, welches man auf der Nordseite des Gipfels des Jabukovac zu Gesicht bekommt: ein Gewirre von schmalen Graten und zwischen denselben eingesenkten tiefen Trichtern. Die Lagerung ist nicht überall erkennbar. Man sieht Stellen, wo die Schichten gegen NO, und solche, wo sie gegen SW einfallen, und auch solche Stellen, wo man fast schwebende Lagerung vermuten möchte. Auf der Südostseite und Nordostseite des Berges dachen die Schichtflächen gleichsinnig mit dem Gehänge ab. Spora- disch trifft man in den Kalken des Lukovo brdo Putzen von Hornstein. Gegen Osten fällt die Bergkuppe zu einem Sattel ab, an welchem der Rücken von Orje seinen Ausgangspunkt nimmt. Auf der Nordseite des Sattels fallen zu beiden Seiten eines mit moosbedeckten Trümmern erfüllten Grabens die Schichten 35—40° steil gegen NO. Weiter unten liegt dem Lukovo brdo eine Terrasse mit wallartig erhöhtem Rande vor, in deren Bereich entschieden flachwellige Schichtlage vorhanden ist. Unterhalb dieser Terrasse folgt dann ein sehr gleich- mäßig geneigtes Gehänge, an das sich erst in der untersten Gebirgs- region wieder ein mehr coupiertes Terrain anschließt. Die östliche Fortsetzung des Lukovo brdo gestaltet sich, wie schon an früherer Stelle erwähnt wurde, zu einer selbständigen Vor- kette des Mosor, da sich das Terrain, welches den Nordfuß des Hauptkammes begleitet, gegen SO stark senkt, so daß in die süd- östliche Verlängerung der muldenreichen Hochstufe von Ledenica ein tiefes Tal zu liegen kommt, das bis an den Fuß des Gebirgsstockes hinabreicht. Es ist dies der einzige Fall von Vorkettenbildung auf der Nordseite des Mosor im Gegensatze zu den Verhältnissen auf der südlichen Gebirgsseite, wo selbständige Vorketten eine große Rolle spielen. Gegen NO dacht der Rücken des Orje, gleichwie die Vorstufe des Lukovo brdo, welche in der Verlängerung dieses Rückens liegt, mit einem sehr gleichförmigen Gehänge ab, welches so in Gegensatz tritt zu den von vielen kleinen Terrassen unterbrochenen Abhängen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 35 266 Dr, Fritz v. Kerner. [52] unter dem Lubljanski doci und Jabukovac. Zu Füßen dieses Gehänges breitet sich ein tief gelegenes hügel- und dolinenreiches, gut be- waldetes Terrain aus, jenseits dessen die Bergmasse des Veliki hum aufsteigt. Am Wege von Cosi6 zu den Hütten von Lutovia, welche am Fuße des Nordostabhanges des Orjerückens liegen, fallen die Schichten sanft gegen N, unterhalb Lutovia auch 30° gegen NO. Ober Lutovia trifft man sehr verworrene Felsmassen und Blockwerke mit reicher Staudenvegetation. Im großen und ganzen dürfte hier 30° NO-Fallen vorhanden sein, doch kann man lokal auch SW-Fallen konstatieren. Weiter oben scheint eine Abflachung einzutreten, der dann wieder deutliches ONO-Fallen folgt. Die von vielen Kuppen und Dolinen durchsetzte Rückenfläche des Gebirges begrenzt sich gegen SW mit einem steil erhöhten gratförmigen Rande. An der Stelle, wo man am Wege von Lutovia nach Vrutka staje diesen Grat überquert, glaubt man in dem gegen NW hin benachbarten Gratteile den Scheitel eines Faltenbogens wahrzunehmen. Dieser Grat ist jedoch im Gegensatze zu jenen, die durch solche Bogenscheitel gebildet werden, schwer passierbar, so daß es sich wohl um ein zerknittertes Gewölbe handeln dürfte. Ostwärts von der Stelle, wo man den Grat oberhalb Vrutka staje traversiert, sieht man auf der Rückenfläche des Gebirgszuges deutlich sanftwellige Schichtlage. Gegen das Tal von Vrutka staje fällt der Rücken des Orje mit einem sehr steilen Gehänge ab; es ist eines der steilsten im ganzen Mosorgebiete. Beim Abstiege über dieses Gehänge sieht man zunächst viele mit demselben gleichsinnig und gleich steil abfallende Fels- flächen. Dessenungeachtet hat man hier doch fast den Eindruck, als wenn ziemlich sanftes ONO-Fallen vorhanden wäre. Es kombiniert sich hier beinahe scheinbare Isoklinie des Gehänges mit Andeutungen von Stufenbau. Auf dem in halber Gehängehöhe sich hinziehenden, mit Rasen bewachsenen Felsgesimse glaubt man entschieden mäßiges ONO-Fallen wahrzunehmen. Weiter unten scheinen die Kalkbänke gegen SW einzufallen. Man sieht große Felsplaques am Gehänge hinabziehen, auch einige Rinnstreifen und Wasserbecken sind hier zu bemerken. Am Fuße des Abhanges trifft man bei den innersten Alm- hütten ein Terrain mit deutlich 20° gegen SW einfallenden Schichten. Von hier aus fällt beim Anblicke des SW-Absturzes des Orjerückens das vorerwähnte Felsgesimse als eine am Gehänge sanft gegen Osten abwärts ziehende Linie auf. Sie scheidet deutlich eine obere Zone des Gehänges, in welcher man Andeutungen einer jener Linie parallelen Streifung wahrnimmt, und eine untere Zone, welche ganz regellos von Klüften durchsetzt erscheint. Diese Verhältnisse deuten darauf hin, daß der Südabsturz des Orjerückens einem Längsdurchschnitte durch die Achsenregion eines unregelmäßig verbogenen Faltenkernes entspricht. Der Kalk ist auf der Route Lutovia— Vrutka staje auf der Nord- seite des Orjerückens sehr feinkörnig bis dicht, auf der Südseite mehr körnig; an verschiedenen Stellen, so am Grate und am schmalen Fels- gesimse sind Breccien zu bemerken. Bei den innersten Hütten der Vrutka-Alm findet man eine Breccie aus weißen Kalktrümmern, die in eine graugrüne körnige Grundmasse eingebettet sind. [53] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 267 Im Muldenterrain in der Umgebung der Vrutka staje sind die Schiehten flach wellig gelagert. Die Hügel weiter talaufwärts bestehen aus 20—30° gegen Ost geneigten Schichten. Alsdann kommt man zu 60° steil gegen NO einfallenden Kalkbänken und weiterhin zu einer NNW-—SSO streichenden Zone von saigeren Plattenkalken. Dann scheint es fast, als ob dieser Plattenkalk unmittelbar an 30° gegen SSO fallende Schiehten stoße, beinahe unter sie einfiele. Weiter oben hat man wieder eine Zone 'von dünnbankigem Kalk, der 45—50° steil gegen ONO fällt. Die oberen Hügel im Hintergrunde des Vrutkatales scheinen aus Schichten zu bestehen, die bei 30—35° Neigung zwischen ONO und SSO schwankende Einfallsriehtungen besitzen. Der Kalk ist im obersten Vrutkatale teils homogen, dicht, lichtgrau, teils zertrümmert und mehr oder weniger brecceienartig. In der Nähe der Plattenkalk- zone sieht man auch vereinzelte Bänke von Dolomit. Am oberen Ende des gegen den Lukovo brdo hinaufziehenden Grabens, welcher von der Zone der Plattenkalke durch einen Rücken getrennt ist, trifft man auch Kalke mit Hornstein und nahe dabei auch Breccien aus zum Teil sehr tossilreichen Rudistenkalkfragmenten. Die Nordseite dieses Grabens, welche dem Südabfalle des Anfangsteiles des Orjerückens entspricht, wird durch sehr zerklüftete schroffe Fels- abstürze gebildet, an denen man die Lagerungsverhältnisse nicht er- kennt. Am Grate oben fallen die -Kalke 45—60° steil gegen -NNO, vorher, noch etwas unterhalb desselben gegen S. Man gewinnt hier deutlich den Eindruck, daß man sich auf dem Scheitel eines Falten- bogens befindet. Die den eben erwähnten Steilabstürzen gegenüberstehende Nord- ostseite des Mosorgipfels Ljubirna ist ein hohes, sehr ödes und mono- tones Felsgehänge aus ziemlich steil gegen NO einfallenden Schichten. Seinen nordwestlichen Abschluß erhält das Tal von Vrutka staje durch den östlichen der beiden Grate, welche den Fuß der Ljubirna mit dem Lukovo brdo verbinden. Auf der Ostseite dieses Grates herrscht 30° steiles SO- bis SSO-Fallen vor, das dann auf dem Grate durch 60° steiles nordöstliches Einfallen ersetzt wird. Unterhalb der Hütten von Vrutka staje senkt sich das Terrain zum Westende eines schmalen, länglichen. Talbodens hinab, welcher die Sohle des unteren Vrutkatales bildet. Der Bergzug Orje wendet sich zirka 2!/, km südöstlich von seinem Ausgangspunkte gegen Ost, um sich unter sukzessiver Absenkung in die Dolinenlandschaft von Okruglice hinein zu verlieren. Aus seinem Südfuße entsendet er unter- halb. jener . Wendungsstelle einen Rücken gegen SO. Durch diesen Rücken wird die Sohle des unteren Vrutkatales vom tief gelegenen Dolac. Polje abgesperrt, dessen Westende in den Winkel zwischen diesem: Rücken und dem gegen Ost abgelenkten Endstücke des Orjerückens zu liegen kommt. Dieses Endstück führt die Bezeichnung Kamena. Am Nordfuße dieses Rückens breitet sich ein sehr coupiertes, reich bewaldetes Terrain aus, in dessen. östlichem Teile die Hütten von Osoje liegen. Auch der untere Teil der- Nordabhänge des Rückens zeigt ein ungemein kompliziertes Relief, ein wirres Durcheinander von kleinen Rücken, Kämmen, Hügeln, Gräben und Mulden. An den: oberen Nordabhängen des Kamena sieht man am Wege von Lutovia 35* 268 Dr. Fritz v. Kerner. [54] nach Bravic stellenweise die Schichten deutlich 20—30° gegen ONO einfallen. Dazwischen liegen Strecken mit fast ungeschichteten Fels- massen. Am Wege von Osoje nach Bravi6 beobachtet man zunächst sanftes, im Mittel 200 betragendes O-Fallen, dann 400 NNW- bis N-Fallen. Weiterhin führt der Weg zwischen hohen Hügeln hin- durch, die aus sehr schroffen Felsmassen bestehen, in denen sich die Lagerungsweise nicht entwirren läßt. Der Hauptsache nach dürften die Fallrichtungen im Quadranten zwischen N und OÖ liegen. Dort, wo man das östliche Ende des Kamenarückens überquert, fallen die Kalke 30° gegen SO und OSO. Sie enthalten dort Putzen von Hornstein. Da Einlagerungen von Hornstein auch am Jabukovac, am Lukovo brdo und Orje von mir gefunden wurden, erscheint das Vorhandensein eines Zuges von hornsteinführendem Kreidekalk, welcher der nörd- lichen Vorkette des Mosor folgt, nachgewiesen. Die Hornsteinknollen sind hier jedoch überall sehr spärlich und die Kalke, welche sie ent- halten, heben sich noch viel weniger durch sonstige Merkmale von den hornsteinfreien Kalken ab, als dies bei den hornsteinreichen Kalken der Umgebung von Trau der Fall ist. Es ist nicht anzunehmen, daß am Nordmosor die Kalke, welche Hornsteine führen, in gleicher Weise wie die hornsteinreichen Kalke bei Trau dem tiefsten Teil des Kreidekalkkomplexes angehören. Da sowohl auf der Südseite des Mosor, als auch in dem nördlich von ihm gelegenen Berglande von Radinje, Dolomit an der Basis des Rudistenkalkes zu Tage tritt, wäre es sehr unwahrscheinlich, daß in der dazwischen liegenden Region Hornsteinkalk als Vertreter der Cenomanstufe erscheine. Die Lage- rungsverhältnisse sprechen ganz dagegen, daß in der nördlichen Vor- kette des Mosor viel tiefere Schichten als in anderen Teilen der Nordseite des Bergmassivs vorhanden seien. Allerdings entspricht diese Vorkette einem unregelmäßigen Faltensattel; die besonderen Strukturverhältnisse an der Nordseite des Mosor bedingen es aber, daß hier auf der Rückenfläche eines Bergzuges, welcher einer Falte entspricht, Schichten anstehen, die eher jünger, denn älter als jene sind, welche die unteren Abhänge dieses Bergzuges aufbauen. Gegen Süd fällt der Rücken des Kamena steil gegen den west- lichsten Teil des Dolac Polje ab. Am Ahhange ober Bravi6 fallen die Schichten zu beiden Seiten des Stufensteiges, welcher sich dort zwischen den Felsen hinaufwindet, mittelsteil gegen SSO, gegen das Polje zu ein; weiter ostwärts, am Wege der nach Osoje führt, scheint das Fallen mäßig steil südlich bis südsüdwestlich zu sein. Westwärts von den Hütten von Bravi6 fällt der Kamena bis zum Poljenrande steil ab; ostwärts von diesem Dörfchen liegt dem Steilhang noch ein flacheres Terrain vor, das durch eine schmale Aussackung des Polje, welche wieder bis zum Fuß des Steilabhanges eingreift, in zwei Teile geschieden wird. An diesem südlichen Vorvaue des Kamena trifft man grobe, ziemlich lockere Breceien, welche jenen ähnlich sind, die auf der Südseite des mittleren und östlichen Dolac Polje (Polje von Srijani und Polje von Dolae gornji) zu mächtiger Entwicklung gelangen. Diese Breccien beginnen am Poljenrande westwärts von Bravid und reichen ostwärts bis in die Nähe der Hütten ober der Kirche von Dolaec dolnji. [55] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 269 In der Gegend von Bravic ist die Zone dieser Gesteine ziemlich schmal; ostwärts von der erwähnten Aussackung des Polje reichen sie dagegen bis zum Fuße des Steilabhanges des Kamena hinauf. Ein kleines isoliertes Vorkommen solcher Breccien befindet sich höher oben an der östlichen Abdachung des Kamena unweit der früher erwähnten Kalkfelsen mit Hornstein. Diese Breccien bestehen zum Teil aus großen, ziemlich locker zusammengekitteten Kalkbrocken und sind dann an der grobhöckerigen Beschaffenheit der Felsoberflächen schon von weitem zu erkennen. Daneben gibt es auch Gesteinspartien aus fest zusammengefügten Trümmern, bei welchen der Brecciencharakter erst im Bruche sichtbar wird. Diese Breccien werden unmittelbar von jenen Flyschschichten überlagert, welche das Dolac polje ausfüllen. Auf der gegenüber- liegenden Poljenseite, bei Simunic und DesSisevic, trifft man dagegen an der Grenze zwischen der Flyschausfüllung des Polje und dem Rudistenkalke der Poljenumrahmung eine schmale Zone eines mit Alveolinen dicht erfüllten Kalkes. In der Gegend des heutigen Dolac Polje haben sich demnach auch zur Mittel- und Obereozänzeit marine Sedimente abgelagert. Dieselben besitzen jedoch einen ganz anderen Charakter als jene, welche sich einige Kilometer weiter nordostwärts, längs des rechten Ufers der Cetina, erhalten haben, Letztere zeigen eine Schichtfolge und eine Ausbildungsweise, welche sich jener in den Küstengebieten zwischen Trau und Sebenico nähert. Es folgt dort über dem Rudistenkalke zunächst eine die Cosinaschichten vertretende Zone von fossilarmen, blaßgrauen bis rötlichen Kalken, dann Milioliten-, Alveolinen- und Nummulitenkalk, welch’ letzterer vom Knollenmergel überlagert wird. Bei Dolac geht dagegen der Rudistenkalk nach oben hin in Breccien über, an die sich eine schmale und inkonstante Zone eines stellen- weise dicht mit Alveolinen erfüllten Kalkes anschließt, über welcher sogleich der Flysch folgt. Während die Tertiärablagerungen am rechten Ufer der mittleren Cetina auf eine Meeresbedeckung während des größten Teiles der Eozänzeit hinweisen, sind die Grenzschichten zwischen Kreidekalk und Flysch am Fuße des Mosor bei Dolae als randliche Bildungen aufzufassen, Auf der Südseite des Mosor sind zwischen dem bereits zum Obereozän zu rechnenden Plattenkalke, welcher das Liegende des Flyschkomplexes bildet, und dem Rudisten- kalke gleichfalls vorwiegend Brececien und Konglomerate eingeschaltet, die eine inkonstante Begleitung durch schmale Zonen eines Kalkes finden, welcher eine spärliche Mischfauna verschiedener eozäner Foraminiferensippen aufweist. Es hat demnach einige Wahrscheinlich- keit für sich, das Fehlen jedweder Reste von marinen Eozänkalken im Bereiche der Nordseite des Mosor nicht ganz auf Rechnung nach: träglicher Abtragung zu bringen. sondern, wenigstens zum Teil auf gar nicht erfolgte Ablagerung zurückzuführen, oder mit andern Worten, anzunehmen, daß in der Gegend des heutigen Mosor die nach der protozänen Festlandsperiode in Dalmatien eingetretene allgemeine Überflutung keine vollständige war. Der Westrand des Dolac Polje ist in hydrologischer Beziehung wichtig, weil hier das Innere des Mosor zeitweise größere Wasser- 270 Dr. Fritz v. Kerner. [56] mengen zugeführt erhält: Das Westende des Polje zwischen Bravic und DeSisevid bildet den tiefsten Teil desselben und es sammeln sich darum hier die Niederschläge, welche in der Regenzeit auf den un- durchlässigen Poljenboden fallen. Hierzu kommen die Wassermengen, welche die im Dolac Polje vorhandenen Quellen liefern und einen bereits durch Erdboden hindurchgegangenen Teil der Gesamtnieder- schläge des Polje darstellen. Dicht am Westrande desselben befinden sich mehrere Löcher, welche das in das Dolac Polje gelangte Regen- wasser wiederum verschlucken und den verborgenen Tiefen des Mosor zuführen, solange das Karstwasserniveau tiefer als das Polje liegt. Nach anhaltenden Spätherbst- und Frühjahrsregen wird dagegen der westliche Teil des Polje zeitweise überschwemmt. Auf der nordsüdlichen Teilstrecke des Poljenrandes zwischen DesiSevic und Bravi6 sieht man zwei kleine Löcher im Kalkfels unmittelbar am Poljenrande. Der Hauptponor befindet sich bei Bravic und erscheint als ein gegen 10 m tiefer, an. seiner Mündung zirka 8 m langer und einige Meter breiter Trichter in moosüberzogenem Fels. In der Nähe ist noch ein anderer, dem vorigen ähnlicher Ponor vorhanden. Westwärts von den Hütten von Desisevic trifft man noch Alveo- linenkalk am Poljenrande, anstehend und in Trümmern, daneben auch Bruchstücke von körnigem Rudistenkalk. In der Gegend der beiden kleinen Abzugslöcher reicht der Rudistenkalk bis an die Ebene. Das Einfallen ist hier 35° NO. Dann folgt bald Breccienkalk und mehr lockere Breccie, jedoch nur die zunächst an die Ebene anstoßenden Felsen bildend. Dahinter trifft man homogenen Rudistenkalk. Das Einfallen ist hier, soweit es erkennbar ist, steiler. Auf der Nordseite des westlichen Poljenteiles wird die Brecceienzone allmälig breiter, um dann, wie erwähnt, jenseits der tiefen, schmalen nördlichen Aus- sackung des Polje östlich von Bravic fast das ganze hügelige Terrain am Südfuße des Kamena aufzubauen. VIII. Der Kamm des mittleren Mosor und die obere Terrasse auf der Südwestseite desselben. Der höchste Teil des ganzen Mosorgebirges ist der zirka 5 km lange Abschnitt des Hauptkammes zwischen dem Plisevac und Luti kamen. Es erhebt sich dieser Teil noch um ein Bedeutendes über die westlich und östlich benachbarten Abschnitte des Kammes und grenzt sich gegen dieselben deutlich ab. Es ist ein wüster Felskamm, der inmitten einer öden Karstgebirgswelt, dieselbe weithin beherrschend, aufragt. Der Gipfelkamm des Mosorgebirges bildet, wie schon erwähnt, nicht die direkte Fortsetzung des Westmosorkammes. Sein Fußpunkt liegt einige hundert Meter nordostwärts von jener Hügelkette, in welche der Grat des PliSevac gegen SO hin ausläuft, in der südöst- lichen Verlängerung der Längsmulde, welche sich auf der Nordostseite:. des Plisevac hinzieht. Man konstatiert hier gleich ostwärts vom Wege, welcher von RogoSiö staje nach Mokrice hinüberführt, 20° nördliches Einfallen der Schichten. Von da steigt ein schroffer, zum Teil sehr stark zerklüfteter [57] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 97 Grat zur Höhe des Gipfelkammes empor. An diesem Grate ist gleich- falls nördliches und nordnordwestliches Einfallen zu erkennen. Oben, am westlichen Ende des Gipfelkammes glaubt man 45-60 steiles Einfallen gegen NO wahrzunehmen; es scheint sich aber um Klüftung in einer nicht steil gelagerten Schichtmasse zu handeln. Diesem westlichen Ende des Gipfelkammes liegt nordwärts der mächtige Felskegel Lubljan (1261 m) vor. Es ist dies eine weithin sichtbare Bergspitze, die besonders beim Anblick des Mosorgebirges von Nordwesten sehr in die Augen fällt. Von hier aus erscheint der Lubljan als ein auf der Rückenfläche des Mosor vor dem Nordwest- ende des Gipfelgrates ziemlich isoliert aufragender, oben abgerundeter Kegel. Beim Anblick von Süden her kann der Berg keine solche Selbständigkeit vortäuschen, da die Scharte, die ihn vom Westende des Gipfelkammes trennt, nicht tief eingeschnitten ist. Vom westlichen Abfallgrate des letzteren zweigt gegen N ein Felskamm ab, der in einer sehr schroff aufsteigenden Spitze gipfelt. Die Einsenkung zwischen diesem Kamme und dem Lubljan wird durch einen steilen Querwall in eine rings umschlossene Mulde und in einen nach Nord sich öffnenden Graben abgeteilt. Der letztere vereinigt sich mit einem zweiten Graben, welcher von dem Sattel zwischen Lubljan und Dusna nach West hinabstreicht. In der Gegend, wo diese Vereinigung statt- findet, tritt an den Rändern zweier vertiefter Rasenflecke etwas Dolomit zutage. Das Terrain westwärts des Lubljan präsentiert sich als eine sehr wüste Felslandschaft, in der die Lagerungsverhältnisse nicht erkennbar sind. Auch über die Struktur des Lubljan kann man sich beim Anblick des Berges von Westen kein bestimmtes Urteil bilden. Man sieht wohl Andeutungen eines Faltenbogens, doch kein nur einiger- maßen klares tektonisches Bild. Am Nordwestfuße und an dem zum Teil mit Schutt bedeckten Nordabhange des Lubljan fallen die Schichten 40—45° steil gegen Nord. Am Gipfel des Lubljan trifft man völlig horizontale Lagerung an; man sieht sehr schön, wie sich die Kalkbänke am Nordrande der Gipfelkuppe gegen Nord hinabbiegen. Der westliche Teil des Gipfelkammes, die Javorska (1272 m), scheint einem großen Falten- bogen zu entsprechen. An ihrer Nordostseite dachen die Schichten steil gegen die von großen Felstrichtern erfüllte Muldenzone ab, welche sich oberhalb des Lubljanski doci hinzieht. Auf der Südwest- seite des Kammes sieht man die Schichten ebenfalls gleichsinnig mit dem Gehänge einfallen. Ostwärts von der Javorska steigt der Kamm allmälig bis gegen 1325 m an und verharrt dann eine etwa | km lange Strecke in ungefähr dieser Höhe. Der Punkt, auf welchem das Triangulierungszeichen steht, ist zu 1330 ın bestimmt worden und befindet sich nahe dem östlichen Ende dieser Strecke. An diesem mittleren Teile des Gipfelkammes kann man deutlich sehen, daß er einer Falte mit Dornstruktur entspricht. Am Gipfel mit der zerfallenen Steinpyramide ist horizontale Schichtlage stellenweise mit Bestimmtheit zu erkennen und an anderen Stellen wenigstens angedeutet. Der Übergang in das steile SW-Fallen am südwestlichen und in das steile NO-Fallen am nordöstlichen Abhange, vollzieht sich rasch und man hat beiderseits weit mehr den Eindruck, daß eine 972 Dr. Fritz v. Kerner. [58] scharfe Umbiegung, als daß eine Knickung vorhanden ist. Die Zone flacher Schichtlage ist sehr ‘schmal, auf die Kammlinie beschränkt. Es handelt sich sonach um einen ganz eigenartigen Faltentypus, um eine Bogenfalte mit einer in ihrer Breite auf ein Minimum reduzierten Scheitelregion. Am Südabhange der mittieren,Partie des Gipfelkammes kommt jener Gehängetypus zu großartiger Entwicklung, welcher bei Gelegen- heit der Besprechung der am Nordmosor vorherrschenden Gehänge- form als Isoklinie bezeichnet wurde, das Koinzidieren von Schicht- und Gehängeneigung. Man sieht den Bergabhang auf weite Strecken hin durch riesige Felsflächen gebildet, die zugleich Schichtflächen sind. Von der Ferne aus gesehen, erscheinen die so beschaffenen Gehänge- teile als lichte große Flecke, da hier die vielen starken Unebenheiten fehlen, die bei jedem beliebigen Sonnenstande stets die Beschattung einer Anzahl kleiner Oberflächenteile bedingen und dann beim Anblick aus der Ferne — infolge gleichmäßiger Durchmischung mit besonnten Stellen — einen dunkleren Gesamtton der Felsmassen veranlassen. Diese riesigen, bei entsprechender Beleuchtung förmlich glänzenden Felsflächen bilden ein Charakteristikon der Abhänge des Mosorkammes und treten auf der Südseite seines Mittelstückes am auffallendsten in Erscheinung. Der An- und Abstieg über solche Isoklinalgehänge gestaltet sich nicht leicht. Mein direkter Aufstieg zur Mosorpyramide vom Rücken zwischen den beiden Sipacmulden aus gestaltete sich zu einer etwas beschwerlichen Kletterei; weiter links, hinter der west- lichen Sipacmulde kann man dagegen auf einer von mir zum Abstiege gewählten Route den Aufstieg ohne besondere Mühe ausführen. West- wärts vongda sind am Gehänge aber wieder sehr ausgedehnte Fels- schichtflächen wahrzunehmen. Die steilen Nordabhänge des Pyramiden- grates sind gleichfalls zur Begehung wenig einladend. Von der Stelle mit der Triangulationspyramide senkt sich der Kamm allmälig zu einer Einsattlung hinab, die etwa 1275 m hoch liegt. Diese ist von Norden her durch eine breite, wenig felsige Rinne des Gehänges unschwer zugänglich. Der Kontrast des mit Mo°s und Rasen bewachsenen Nordabhanges gegen den kahlen wüsten Südabhang ist hier sehr auffällig. Dieser Sattel entspricht ebenfalls dem Scheitel eines scharfen Faltenbogens. Südostwärts von diesem Sattel steigt die Kammlinie wieder an, um endlich in der Ljubirna ihren Kulminationspunkt zu erreichen. Nach der Spezialkarte ist dieser Gipfel noch um 10 m höher als jene Stelle des Grates, auf welcher die T'riangulationspyramide steht. Die Ljubirna besteht aus zwei durch eine enge Scharte getrennten, nahezu gleich hohen Kammstücken. Auf dem westlichen konnte ich horizontale Schichtlage erkennen. Weiter ostwärts, gegen die Scharte zu, schien es mir, als wenn der Kamm noch aus gegen SW einfallenden Schichten bestünde. Auf der östlichen Ljubirna sah ich hauptsächlich kleine Felsriffchen, aber auch mehrere, auf horizontale oder flachwölbige Lagerung hindeutende Felsplaques. Die Aussicht, welche sich vom Grate mit der Steinpyramide und vom Ljubirnagipfel aus darbietet, wirkt durch die Weite ihres Umkreises überwältigend. Gegen Westen sieht man das rebenreiche Gelände von Spalato in der Ferne tief [59] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 275 unter sich. Gegen Südwesten und Süden schweift der Blick über die dem Beschauer zu Füßen liegenden Vorketten und Vorstufen des Mosor auf die mitteldalmatische Inselwelt mit ihren langgezogenen Rücken und darüber hinaus auf das adriatische Meer. Im Südosten erhebt sich hinter dem im Vordergrunde steil aufragenden Grat des Kozik der mächtige Biokovo. Gegen Nordost erblickt man jenseits öder Karstlandschaften die Ebene der Oetina und den Kamm des Prolog, hinter welchem die zum Teil mit Schnee bedeckten Gipfel der bosnischen Gebirge sichtbar werden. Nordwärts streift das Auge über die Höhen der Svilaja, nordwestwärts über das Hügelgewirre der Zagorje. Von der Ljubirna senkt sich der Kamm ziemlich rasch zur tiefen Einsattlung des Luti kamen, welche die Grenze zwischen dem mittleren und östlichen Mosor darstellt. Auf diesem Gebirgspasse (1089 m) stößt man auf einen völlig unerwarteten geologischen Befund. Man trifft hier einen lichten Kalk mit sehr vielen Alveolinen und Nummuliten. Erstere heben sich in Längs- und Querdurchschnitten rein weiß vom Blaßgelb des Gesteines ab, letztere erscheinen als graue Auswitterungen. Dieses äußerst merkwürdige Vorkommen von Alveolinen und Nummu- liten ist auf die Stelle, wo der Pfad von Sitno nach Dolac den Sattel überschreitet und auf die nächste Umgebung dieser Stelle beschränkt. Die Felsriffe, welche die östliche Fortsetzung der Felsen am Paß- übergange bilden, sind ein fossilleerer weißer Kalk. Steigt man west- wärts am Grate hinauf, so sieht man die Alveolinen ebenfalls schon bald im Gestein verschwinden. Die Felsen zeigen hier an einer Stelle quer zur Streichungsrichtung des Kammes eine Trennungs- linie, die wohl einer Verwerfung entsprechen kann. Am Nordabbang des Luti kamen hinab konstatiert man einen fossilleeren rein weißen Kalk, dann einen schmutzig gelblichen, welcher zum Teil Partien des ersteren umschließt, zum Teil auch Andeutungen von plattiger Ab- sonderung zeigt. Auch Breccienkalke treten hier stellenweise auf. Alveolinen und Nummuliten fehlen aber. Am Südabhang des Passes trifft man Kreidekalk mit Splittern von Rudistenschalen und feste Breccien aus lichtgrauen, weißen und gelblichen Fragmenten. Da die Felsen am Luti kamen, welche Alveolinen und Nummuliten enthalten, reich an diesen Resten sind, deutet das plötzliche Fehlen dieser so charakteristischen Foraminiferen im Umkreise des Sattels darauf hin, daß in der Tat nur die unmittelbare Umgebung des Paßüberganges, somit ein räumlich sehr beschränktes Terrain dem Tertiär zugehört, ein Umstand, der das Vorkommen noch seltsamer erscheinen läßt. Die Lagerung ist am Luti kamen ziemlich unklar. Es muß auch hier eine Antiklinale vorliegen, da man an den Südabhängen mit Bestimmt- heit südliches, an den Nordabhängen sicher nördliches Schichtfallen konstatieren kann. Eine scharfe, aber bruchlose Umbiegung der Schichten an der Kammlinie, wie sie stellenweise am weiter westlich gelegenen Teile des Kammes erkennbar ist, läßt sich nicht feststellen. Am Sattel könnte noch südliches Einfallen herrschen. Allem Anscheine nach sind lokale Störungen vorhanden. Das Vorkommen eines isolierten Restes von tertiärem Kalk inmitten des Kreidekalkgebietes des Mosor ist äußerst interessant. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 36 274 Dr. Fritz v. Kerner. [60] Es wurde an früherer Stelle hervorgehoben, daß die an den Rändern des Mosorgebirges zu beobachtende Vertretung der für Dalmatien normalen eozänen Schichtfolge durch eine mit Breccien und Kon- glomeraten innig verbundene inkonstante Kalkbildung von geringer Mächtigkeit und sehr ungleichmäßiger Fossilführung, sowie das auf weite Strecken anhaltende Fehlen von eozänen Kalken in den klasti- schen Ablagerungen des Mosor darauf hinweisen, daß das Gebiet, welches jetzt von diesem Gebirge eingenommen wird, beim Vordringen des Meeres nach der Protozänzeit nicht vollständig überflutet wurde. Man hätte auf Grund dieser Verhältnisse annehmen können, daß das Fehlen eozäner Kalke am Mosor allerorts auf nicht erfolgte Ab- lagerung zurückzuführen sei. Der Befund am Luti kamen zeigt, daß das nicht berechtigt gewesen wäre, daß das Fehlen eozäner Kalke am Mosor stellenweise auch auf nachträglicher Abtragung beruhen kann. Denn der Tertiärrest am Luti kamen muß entweder mit den Eozänablagerungen bei Dolac am Nordfuße des Mosor oder mit jenen bei Dubrava auf der Südseite des Berges oder mit beiden in Zu- sammenhang gestanden sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Tertiärrest am Luti kamen seine Erhaltung einem Einbruche verdankt, mit welchem zugleich die Depression der Kammlinie in jener Region in Beziehung stehen könnte. Ich war, als ich auf Grund der an den Südabhängen des Mosor gemachten Beobachtungen die Ansicht aussprach, daß am Mosor zur mittleren Eozänzeit für Dalmatien abnormale physische Verhältnisse bestanden, so vorsichtig, nur von „sehr seichten Meeresstellen und wohl auch flachen Inseln“ zu sprechen (Verhdl.d.k.k. geol. R.-A. 1902, pag. 422). Rechnet, man mit einer solchen teilweisen Überflutung des Gebietes, so wird allerdings das Vorkommen von brackischem Mittel- eozän gerade am Luti kamen am wenigsten unbegreiflich sein. Er liegt gerade in der Mitte zwischen jenen Stellen, an welchen sowohl die nord- als südwärts vom Mosorkamme vorhandenen mitteleozänen Ablagerungen demselben am meisten nahe kommen. War irgendwo die Verbindung zwischen dem Meere auf der Nord- und Südseite des Mosor in keinem Abschnitte der Mitteleozänzeit ganz unterbrochen, so ist es aus den eben angeführten Gründen am nächstliegenden, daß dies zwischen Dolac dolnji und Dubrava der Fall war. Es würde dann am Mosor das heutige Relief zu dem alttertiären nicht nur insofern Bezug haben, daß dort, wo heute ein das ganze um- liegende Gebiet beherrschendes Gebirge aufragt, zu einer Zeit, da jenes umliegende Gebiet noch überflutet war, schon Land vorhanden wär, sondern sogar eine nähere Beziehung zu erkennen sein, indem die beiden durch ein Depressionsgebiet getrennten Erhebungszentren des Gebirges (mit den Kulminationspunkten Ljubirna 1340 m und Kozik 1319 m) zweien durch einen Meereskanal getrennten Inseln der Mitteleozänzeit entsprechen würden. Es kann dabei der tiefste Teil der Kamm- depression, der Luti kamen, doch noch — wie oben als wahrscheinlich hingestellt wurde — mit einem späteren Einbruche im Bereiche des schon emporgestauten Gebirges im Zusammenhange stehen. Das südostwärts von der Meeresstraße des -Luti kamen nicht überflutet gewesene Terrain müßte man sich als einen sehr schmalen Inselzug vorstellen [61] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 275 Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine sehr genaue Durchforschung des Mosor, auf welche viel mehr Zeit verwendet würde als auf jene, welche ich durchführte, noch weitere kleine Tertiärreste in den Hoch- regionen des Gebirges aufdecken könnte. Wahrscheinlich ist es bei der Dichte des von mir über dieses schwer zu begehende Gebirge gelegten Routennetzes allerdings nicht. Aber selbst solche neue Funde könnten nur zur Annahme mehrerer seichter, sich kreuzender Meeres- kanäle und mehrerer durch sie getrennter Inselchen führen, das im vorigen erörterte paläogeographische Hauptresultat jedoch nicht alterieren. Auf jeden Fall müßte der Nachweis von anstehenden Partien eozänen Kalkes geliefert werden, denn dem gelegentlichen Vorkommen vereinzelter loser Trümmer von Alveolinen- und Nummulitenkalk in- mitten von Rudistenkalkterrains, fernab von den nächsten Tertiär- strichen liegt nämlich eine ganz ungeologische Ursache zugrunde. Es pflegen die Landleute, wenn sich das Gleichgewicht der auf die beiden Seiten eines Tragtieres zu verteilenden Lasten nicht leicht erzielen läßt, durch Hinzubinden eines Gesteinstrummes auf die weniger beschwerte Seite den Gewichtsausgleich herzustellen und dann dieses Gesteinstrumm, sobald es seinen Zweck erfüllt hat, wegzuwerfen, völlig unbekümmert darum, ob sie sich noch in demselben geologischen Hori- zont befinden, in welchem sie den Stein aufhoben, oder nicht. Dem später kommenden Geologen wird im letzteren Falle — sofern er ohne Kenntnis dieser Art von Gesteinsverschleppung ist -—- unnützes Kopfzerbrechen aufgenötigt. Zu Füßen des Südabhanges des mittleren Mosorkammes breitet sich die große Gebirgsterrasse von Mokrice und Sipac aus. Dieselbe bildet die östliche erhöhte Fortsetzung der Kovacevicterrasse, welche dem Kamme des Westmosor im Süden vorliegt. In ihrem westlichen Teile ungefähr 1 km breit, verschmälert sie sich gegen SO hin all- mälig auf die Hälfte dieser Breite und endet dann mit einem gegen SO gekehrten Steilrande am Fuße des Ljubirnagipfels. Die Region von Mokrice und Sipae entspricht noch weniger, als es die schmalen Stufen auf der Nordseite des Mosor tun, dem engeren Begriffe einer Bergterrasse. Sie ist ein äußerst kompliziert gestaltetes Terrain mit vielen Rücken und mehr oder weniger isolierten Hügeln und dazwischen eingesenkten großen und kleinen tiefen Mulden. Der Umstand, daß die Durchschnittshöhe der Basislinie des Mosorkammes mit der mitt- leren Erhebung der südwestlichen, durch einen Steilrand dargestellten Grenze des Terrains beiläufig übereinstimmt, gestattet aber, von einer Gebirgsterrasse im weiteren Sinne des Wortes zu sprechen. Die Terrasse am Südfuße des mittleren Mosorkammes gliedert sich in einen tiefer gelegenen westlichen und in einen höheren östlichen Abschnitt, die beide durch einen gegen NW geneigten Abhang von einander geschieden sind. Im ersteren Teile, dem der Flurname Mokrice zufällt, liegen die ärmlichen Almhütten von Vickov staje, Mandir staje und Smoljane staje; letztere beide an den Rändern einer großen, mehrfach ausgebuchteten Vertiefung von zirka 830 m Höhe. Im höheren Teile, an dessen Westecke die Kuppe Kitere (937 m) aufsteigt, liegen am Fuße des Pyramidengrates zwei große, 86* 276 Dr. Fritz v. Kerner, [62] von der Isohypse von 1000 m umgrenzte große Mulden, deren öst- liche den Namen Sipae führt. In diesem dem Kamme des Mittelmosor gegen Süden vorgelagerten Terrain sind weitgehende Beziehungen zwischen Gebirgsbau und Relief vorhanden. Westwärts von der 882 m hohen Kuppe oberhalb der Hütten von Gajne entspricht der südsüdwestliche Rand der Mokriceterrasse einer Abflachung der am Abhang unterhalb derselben steil gegen SW einfallenden Schichten. Nordwärts von der eben genannten Kuppe fallen die Schichten gegen O, ONO und OSO. In der Längsmulde nordwestwärts von Vickov staje konstatiert man horizontale Schicht- lage und kurz vor dieser Staje eine flache Synklinale: sanftes Ein- fallen gegen NNO und SSW. Weiter östlich, am Westfuße der 867 m hohen Kuppe zwischen Vickov staje und Smoljane staje, dürfte west- liches Einfallen vorhanden sein. Der Hügelwall, zu welchem sich der Terrassenrand südwärts von Vickov staje aufwirft, entspricht einer Schichtaufwölbung mit sanft gegen NO oder ONO und steil gegen SSW einfallenden Flanken. Ähnliche Verhältnisse erkennt man am Rande der östlichen höheren Terrasse, woselbst die früher erwähnte Kuppe Kitere durch horizontal liegende Bänke in der Mitte einer flachen Schichtaufwölbung gebildet wird. In der großen Mulde von Sipac ist horizontale Lagerung deutlich zu erkennen. Au den Hügeln südwestwärts von Sipac ist nordöstliches, an den weiter gegen den Terrassenrand zu gelegenen Kuppen südwestliches Fallen feststellbar. Der Boden der Mulde von Sipac ist uneben und nur in seinen tiefsten Teilen mit Terra rossa bedeckt. Dazwischen tritt viel anstehendes Gestein zutage. Dasselbe ist in der westlichen Nachbarmulde der Fall. Die ganze im vorigen beschriebene Region am Südfuße des mittleren Mosorkammes ist ziemlich reich mit pontischer Waldvege- tation bedeckt. Am Fuße des Ljubirnagipfels begrenzt sich die Terrasse von Sipac ostwärts mit einem erhöhten Rande, von welchem das Terrain steil gegen SO abdacht. Diese Abdachung bildet im Vereine mit den Südabhängen des Kammstückes zwischen Ljubirna und Luti kamen die Westwand einer ausgedehnten, gegen Süd sich Öffnenden Gebirgs- bucht, durch welche die Grenze zwischen dem Mittel- und Ostmosor zu ziehen ist. Der westliche, noch dem Mittelmosor zuzurechnende Teil dieser Region ist ein gut bewaldetes Terrain mit steil aufstrebenden Felshügeln und tiefen Mulden. Die Kalkschichten scheinen hier auch eine flachwellige Lagerung zu besitzen. Vom Rande der breiten Terrasse von Mokrice und Sipaec fällt das Terrain steil zu einer tieferen Gebirgsstufe ab. Dieser Steilhang entspricht zugleich einer Zone steil gegen SSW einfallender Schichten. Man kann dies an den beiden Fußsteigen, welche vom Zagradjetal nach Mokrice hinaufführen, sowie am Abhange östlich von der Kuppe Kicere und in der Gegend von Polilina an mehreren Stellen ziemlich deutlich wahrnehmen. [63] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 277 IX. Die mittlere Terrasse auf der Südwestseite des mittleren Mosor. Die Terrainzone, welche sich zu Füßen des soeben besprochenen Steilabfalles hinzieht, kann auch nur insofern als eine Gebirgsstufe bezeichnet werden, als sie, da unter ihr wiederum ein jäher Absturz folgt, zwischen zwei Steilgehänge eingeschoben ist. Dem engeren Begriffe einer Gebirgsterrasse entspricht sie keineswegs. Durch einen Querrücken, welcher eine Strecke weit ostwärts vom Fuße des Kitere liegt, wird diese Zone in zwei Abschnitte geschieden. Der östliche zerfällt durch einen zweiten kleinen Querwall in zwei gegen Süden offene flache Mulden. Im westlichen Abschnitt kommt es aber dadurch, daß der nach innen zu, das heißt gegen NO gelegene Teil tief absinkt, der Rand dagegen nur eine mäßige Höhenabnahme erfährt, zur Bildung eines Längstales und einer selbständigen Vorkette des Gebirges. Dieses Tal, das Hochtal von Zagradje liegt in der östlichen Verlängerung des im dritten Kapitel beschriebenen Gehänges ober Mianovi6 und Gajne. Die Felsmauer, welche jenes Gehänge krönt, setzt sich in die Felsabstürze auf der Nordseite des Zagradjetales fort, die Felsmauer, welche unter- halb jenes Gehänges verläuft, findet in dem Grate, der das eben genannte Tal im Südwesten begleitet, ihre Fortsetzung. Zwischen der Felsmauer ober Gajne und dem Westfuße des Grates öffnet sich eine enge wilde Schlucht, die hinter diesem letzteren zum unteren Ende des Zagradjetales aufsteigt. Auf der Nordseite des unteren erweiterten Teiles dieser Schlucht sieht man eine große schiefe Felsfläche von Dolomit. Dieses Gestein streicht demzufolge aus der Gegend ober Mianovi&, wo es noch in anstehenden Partien zutage tritt, unter dem Öberflächenschutte des Gehänges ober Gajne gegen Osten weiter. Oberhalb dieser Dolomit- fläche steigen Kalkwände an, die aus mäßig steil gegen SSW ein- fallenden Schichten zu bestehen scheinen. Im oberen engen Teil der Schlucht befinden sich gleichfalls Klippen von Dolomit zwischen Kalk- massen eingezwängt. Auf der Nordseite des Schluchtbeginnes trifft man eine löcherige, der Nagelfluh ähnliche Breccie an. Diese Schlucht entspricht einer Verwerfungskluft ; an ihrer linken Seite ist eine Rutsch- fläche sichtbar. Das Hochtal von Zagradje zerfällt in einen etwa 1 km langen unteren Teil mit schmalem ebenen Talboden und in einen oberen grabenartigen Teil, der aus der Vereinigung mehrerer Wurzelgräben hervorgeht. Das Gehänge zur Rechten des untersten Talabschnittes ist mit viel Schutt und Bergsturztrümmern bedeckt; weiter taleinwärts sieht man den Dolomit — teilweise auch noch von Schutt überlagert — die untere Gehängezone bilden und sich nach oben hin längs einer taleinwärts sanft ansteigenden Linie scharf gegen den Kalk abgrenzen, welcher die oberen steileren Gehängeteile aufbaut. Der Dolomit scheint mäßig steil nach SSW, der Kalk dagegen sehr steil nach dieser Richtung einzufallen. Man gewinnt den Eindruck, daß der Kalk dem Dolomit nicht aufliegt, sondern neben ihm sehr steil zur Tiefe geht. 378 Dr. Fritz v. Kerner. [64] Die linkseitige Begrenzung des unteren Zagradjetales bildet der früher erwähnte Felsgrat, welcher nach einer ihn krönenden Kapelle (717 m) als Grat von Sv. Kuzman bezeichnet werden soll. Gegen Süd fällt dieser Grat mit steilen Wänden ab. Gegen das Hoch- tal von Zagradje dacht er mit einem mäßig steilen Gehänge ab. Zur Linken des untersten Talabschnittes besteht dasselbe ganz aus Rudisten- kalk, weiter taleinwärts tritt auch hier am Rande des Talbodens Dolomit zutage und nimmt dann, da seine Grenzlinie gegen den Kalk am Ge- hänge schief hinanzieht, mehr und mehr am Aufbaue desselben Anteil. Die oberen Gratteile bestehen aber auch dann noch aus Rudistenkalk. Auf der Südseite des Zagradjetales fällt der Dolomit ziemlich sanft segen N bis NNO. Der anstoßende Kalk liegt hier dem Dolomit auf und zeigt gleichfalls nördliches Einfallen. Die Südabstürze des Kuzman- srates scheinen aber durch steil gegen S einfallende Schichten ge- bildet zu sein. Es dürfte deshalb dieser Grat einer Auffaltung mit steilem Süd- und sanftem Nordflügel entsprechen. Auf der Südseite des untersten Zagradjetales sind die Lagerungsverhältnisse schwer zu beurteilen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß auch im niedrigen nord- westlichen Teile des Kuzmangrates eine der eben genannten analoge Umbiegung der Kalkschichten stattfindet. (Siehe Taf. Il, Prof. III u. IV.) Durch die mit Rasen bewachsene Sohle des unteren Zagradjetales schlängelt sich ein großenteils trocken liegendes Bachbett, das die in den Talwurzelstücken bei Regengüssen rasch sich sammelnden Ge- wässer abführt. An den Seitenwänden dieses Rinnsales sieht man feinen, mit roter Erde durchmengten Schutt aufgeschlossen. Am oberen Ende des Talbodens ist die synklinale Lagerung der Dolomite zu beiden Seiten des Zagradjetales deutlich zu erkennen. Der Dolomit bildet bis dahin auf beiden Talseiten schiefe, mit dem Gehänge abdachende Felsflächen. Weiter aufwärts formiert er aber eine große Zahl grotesker und bizarr gestalteter Felsklippen, welche an die Pilzfelseu der Wüste erinnern. Diese Klippen sind von jenen Felsbastionen, welche in diekbankigen Rudistenkalken auftreten, im Aussehen sehr verschieden und heben sich von den Kalkfelsen auch durch ihre dunkelgraue Farbe ab. Mit solchen Klippen ist haupt- sächlich der kleine Grat besetzt, welcher die Spaltung des obersten Zagradjetales in zwei Hauptäste veranlaßt, von denen der südliche noch mehrere Seitenäste abgibt. Die Dolomitpilzfelsen zeichnen sich hier sowohl durch Größe als auch durch Formenmannigfaltigkeit be- sonders aus. Es sei gleich hier bemerkt, daß der Dolomit des Mosor auch einigermaßen wasserhaltend ist und so zum Auftreten von Sicker- wässern und zeitweise rieselnden Quellfäden Anlaß gibt und daß er die vom Haidekraut bevorzugte Gesteinsart darstellt, auf welcher dieser im Blütezustande so schöne Strauch sehr üppig wuchert.. Dies alles wirkt zusammen, dem Hintergrunde des Zagradjetales einen eigenartigen, gegen die umgebenden Kalkwildnisse kontrastierenden Landschaftscharakter zu verleihen. 4 Die Dolomitzone erstreckt sich über beide Aste des Zagradje- tales; das rechtseitige Gehänge des nördlichen Talastes, unterhalb der Kuppe Kiöere, ist zum Teil von Kalkschutt überlagert, auf der linken Seite des südlichen Astes reicht der Dolomit bis auf den [65] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 279 Rücken hinauf, welcher die östliche Fortsetzung des Kuzmangrates bildet. Auf dem Querrücken, welcher das Zagradjetal gegen Ost ab- schließt, erheben sich zwei Hügel, zwischen welche sich ein breiter Sattel einschiebt. Der nördliche dieser beiden Hügel besteht aus Kalk. Es kommt so eine halbkreisförmige Einbuchtung der nördlichen Dolomitgrenze zustande, welche, da ihr nur eine sehr seichte Aus- bauchung der südlichen Grenze gegenüberliegt, zugleich eine Ein- schnürung der Dolomitzone mit sich bringt. Zwischen der Kuppe des soeben genannten Hügels und dem Steilgehänge unterhalb der Sipac- stufe befindet sich ein zweiter, höher gelegener Sattel. Auf der West- seite desselben fallen die Schichten sanft gegen Süden ein und stoßen scharf an die steil gegen S einfallenden Kalke am Abhange unter der Terrasse von Sipac. Auf der Kuppe des Kalkhügels liegen die Schichten flach. Gegen den oberen Sattel hin sind sie sanft gegen NO geneigt, auf der Ostseite desselben zeigen sie ein sanftes östliches Einfallen. Hier sieht man deutlich, daß der Dolomit unter dem Kalke hervor- tritt und somit der wiederholt genannte Hügel eine dem Dolomit flach auflagernde Kalkkappe bildet. Am Steilabfalle unterhalb der Sipac- terrasse fallen die Schichten ziemlich steil, wenn auch weniger steil als an der Nordwand des obersten Zagradjetales gegen SW. Die Grenze zwischen diesen Schichten und den sanft gegen NO und OÖ geneigten am Hügel ist nicht scharf und deutlich, doch hat man den Eindruck, daß eine Störungslinie vorliegt und nicht eine scharfe bruch- lose Umbiegung der Schichten stattfindet. Es zieht sich hier somit der Längsbruch, welcher auf der rechten Seite des Zagradjetales konstatierbar ist, gegen Ost weiter. (Siehe Taf. II, Prof. V.) Der südliche der beiden Hügel, welche sich am Rücken, der das Zagradjetal gegen Ost abschließt, erheben, ist niedriger und flacher als der vorerwähnte. Die Nordhälfte seiner Kuppe baut sich — gleichwie der Sattel zwischen den beiden Hügeln — aus Dolomit auf. Die Südhälfte seiner Kuppe besteht aus Kalk. Am Südabhang des Hügels tritt aber wieder Dolomit zutage. Dieser Dolomit und der Kalk, welcher die Südhälfte der Hügelkuppe bildet, formieren schmale Felszüge, welche in entgegengesetzten Richtungen zungenförmig in den Komplex des benachbarten Gesteines eindringen, und zwar in.der Weise, daß sich die Dolomitzunge von Westen her in den Kreidekalk vorschiebt und die von letzterem dadurch abgegliederte Randpartie als ein von Osten gegen Westen in die Dolomitzone eindringender schmaler Keil erscheint. Auf dem schon wiederholt erwähnten Sattel, welcher vom Zagradjetale in das östlich benachbarte Dolomitgebiet hinüberführt, befindet sich ein halb verfallenes Schurfloch. Hier soll in längst vergangenen Tagen nach Gold gegraben worden sein. Dies wäre noch nichts Undenkbares. Wunderbar klingt es dagegen, daß man am Mosor in alter Zeit auch Gold gefunden haben soll. Noch wunderbarer als dieses Märchen ist der Umstand, daß es heute noch geglaubt wird. Das heftige Montanfieber, welches im letzten Dezennium des verflossenen Jahrhunderts in Dalmatien grassierte, scheint zwar etwas nachgelassen zu haben, die angeblichen Berge vorzüglichen Beauxits, welche Dalmatien eine führende Rolle auf dem Aluminiummarkte hätten verschaffen sollen, scheinen zwar 280 Dr. Fritz v. Kerner. [66] auch in den Augen der Nichtgeologen zu kleinen, wenig mächtigen Lagern eines seines größeren Kieselsäuregehaltes wegen technisch kaum verwertbaren Beauxits (als was sie den Geologen bereits be- kannt waren) herabgesunken zu sein. Die negativen Ergebnisse von Bohrungen scheinen die Hoffnung auf Realisierung des heißen, aber leider nach Ansicht der Geologen unerfüllbaren Wunsches, im Promina- gebiet auf ein dem Flöz von Carpano äquivalentes großes unteres Flöz zu stoßen, etwas herabgestimmt zu haben. Auch die Überzeugung von der enormen Ausdehnung der Kohlenlager im nördlichsten Dal- matien, welche dieses Land einst zur Kohlenkammer Europas machen sollten! (obwohl die supponierte große flache Mulde gar nicht existiert), scheint an Festigkeit verloren zu haben und selbst betreffs des seiner Qualität nach guten Asphaltsteines scheint die Erkenntnis aufzukeimen, daß man sich in bezug auf die Ausdehnung und Mächtigkeit seiner Vorkommnisse allzu kühnen Illusionen hingegeben hat. Der Gedanke, daß Dalmatien auch einen von Goldadern durchzogenen Berg besitze, ist aber zu süß, als daß sich die Bewohner dieses Landes dazu ent- schließen könnten, ihn aufzugeben. Und doch sind kretazischer Dolomit und Rudistenkalk am allerwenigsten dazu geeignet, Hoffnungen auf Goldvorkommnisse zu erwecken. Eine Stütze für die Annahme der Goldhaltigkeit des Mosor scheint man darin zu erblicken, daß in einem Torrente in der Nähe der vom Westfuße des Berges nicht weit entfernten Ruinen von Salona lose Goldkörnchen gefunden wurden. Ich bekam ein solches zu Gesicht und es schien dasselbe von dem slitzernden Geschmeide einer einstigen Bewohnerin des antiken Städtchens herzustammen. Was ein zweites dalmatinisches Goldvor- kommen anbelangt, das durch seinen chemischen Nachweis blenden und diejenigen verstummen machen soll, welche die gelegentlich von Landleuten in Dalmatien gemachten Goldfunde auch ungesehen für Pyrit erklären möchten, so erhielt ich von dem an der Spalatiner chemisch - landwirtschaftlichen Versuchsstation tätigen Fachmanne, welcher jenen Nachweis lieferte, die Auskunft, daß es sich in jenem Falle um ein zwei Goldschüppchen enthaltendes Quarzstückchen ge- handelt hat, welches sehr nahe der dalmatinischen Grenze in Bosnien gefunden worden war. Diejenigen, die schon auf den Gedanken an Goldadern verzichten, möchten wenigstens ein Vorkommen goldhaltigen Pyrits annehmen. Doch sind Pyritvorkommnisse im Kalk des Mosor äußerst selten. Ich bekam nur einmal bei Gata ein Kalkstückchen mit eingesprengtem Eisenkiese zu Gesicht. Sobald man übrigens anfängt, in der Angelegenheit des Mons aureus zur Annahme des Vorhandenseins bloß von Spuren von Gold herabzusteigen, so wird, sobald dieser Abstieg mutig und in aus- reichende Tiefe unternommen wird, auch der Geologe nicht unerbittlich sein. Gold zählt bekanntlich zu den häufiger verbreiteten Grundstoffen, ist es doch im Meerwasser nachgewiesen worden! Da könnte es wohl in dem zum größten Teile aus marinen Sedimenten aufgebauten Mosor vorhanden sein. Freilich wird mit dem Zugeständnis einer Goldhaltigkeit des Mosor in diesem Sinne kein Dalmatiner zufrieden sein. Ich gebe mich indessen nicht der Vermutung hin, daß der süße [67] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 281 Traum vom Goldgehalt des Mosor bald ausgeträumt sein wird. Ich erinnere mich, wie mein seliger Vater wiederholt erzählte, daß einst- mals einer seiner Kollegen an der Universität Innsbruck, ein klassischer Philologe, bei einem Widerspruche zwischen den Angaben des Plinius und jenen der modernen Forschung in bezug auf das Vorkommen einer Pflanzenart in Süddeutschland nach einigem Schwanken sich dafür entschied, es mit Plinius zu halten. So würde es mich auch nicht wundern, wenn es Leute geben sollte, die der Ansicht wären, Plinius müsse die Geologie Dalmatiens doch schon besser verstanden haben als Hauer und Stache und diejenigen, die im Anschlusse an die grundlegenden Arbeiten dieser beiden Gelehrten nun seit einem Dezennium an der harten Arbeit sind, die geologischen Verhältnisse Dalmatiens genauer zu erforschen. Trotzdem steht es fest, daß sich der römische Name des Mosor, Mons aureus, nicht auf eine Goldhaltigkeit dieses Berges beziehen kann und daß man unter den an früheren Stellen erwähnten Erklärungen dieses Namens wählen muß. Da sich im folgenden nicht mehr Gelegenheit ergeben wird, auf die Namensfrage zurückzukommen, sei hier noch einer Ansicht Erwähnung getan, die dahin geht, der heutige Name des Gebirges östlich von Spalato stamme nicht von dessen in der Römerzeit ge- bräuchlich gewesenen Bezeichnung. Der Name Mosor sei von einem altarnautischen Worte Masaron abzuleiten, welches so viel wie Hügel oder Berg bedeute. Es würde dann die von Penck kreierte Ver- wendung des Wortes Mosor als karstmorphologischer Gattungsbegriff sprachkundlich gerechtfertigt sein. Dem Nichtfachmanne erschiene die Ableitung des Wortes Mosor von Masaron viel plausibler als jene von Mons aureus. Doch soll angeblich manches gegen die erstere Ableitung sprechen. Jenseits des Rückens, welcher das Hochtal von Zagradje gegen OÖ abschließt, befindet sich eine Mulde, in deren Zentrum ein kleiner, völlig ebener Wiesenboden liegt. Nach Süden zu ist diese Mulde offen, gegen O begrenzt sie sich durch einen kleinen Querrücken, welcher aus dem Steilgehänge unterhalb Sipae gegen SSW vorspringt. Die Abhänge im Westen, Norden und Osten dieser Mulde bestehen aus Dolomit, gegen Süd liegt ihr ein ganz flaches Kalkterrain vor, in welchem sich mehrere niedrige Hügelchen erheben. Man kann hier deutlich sehen, daß der Dolomit unter dem flach gelagerten Kalke her- vorkommt. Nicht so klar sind die tektonischen Beziehungen zwischen Dolomit und Kalk an dem gegenüberliegenden Rande der Dolomitzone, welcher sich über das zum Teil mit Schutt bedeckte eingebuchtete Nordgehänge der Mulde hinzieht. Man sieht hier hinter der am oberen Rande der Dolomitzone befindlichen Quelle Ljubae die unterste Kalk- bank einer Felswand aufliegen, welche dem Grenzniveau zwischen Kalk und Dolomit entspricht. Am Fuße dieser Felswand ist 30° gegen SW einfallender blättriger Dolomit vorhanden. In der Nähe dieser Stelle scheint es, daß der Dolomit in den die Felswand bildenden dolomitischen Kalk direkt übergeht. Weiter ostwärts wird eine genaue Verfolgung der Verhältnisse an der Grenze von Dolomit und Kalk durch partielle Schuttbedeckung erschwert. Man gewinnt so den Ein- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Hett. (F. v. Kerner.) 37 282 Dr. Fritz v, Kerner, [68] druck, daß in der Region der Quelle Ljubac eine Auflagerung des Kalkes ‘auf den Dolomit stattfindet. An anderen Stellen kann: man dieses Lagerungsverhältnis nicht deutlich erkennen, so daß es möglich schiene, daß die Störungslinie, welche weiter westwärts an der Nord- srenze des Dolomitaufbruches konstatierbar ist, sich über den Quer- rücken hinter dem Zagradjetale nach Ost fortsetzt und hier keine Auflagerung, sondern eine Anlagerung des Kalkes an den Dolomit bei ziemlich gleicher Neigung und Einfallsrichtung beider stattfinde. Das Kalkgehänge ober dem Dolomit zeigt die bei früherer Gelegenheit als Plioklinie bezeichnete Strukturform. Am Gehänge westlich von der Ljubacmulde und besonders am Fuße dieses Gehänges trifft man eine große Menge von bizarr geformten Dolomitfelsen. Auch über das Gehänge auf der Ostseite der Mulde sind viele Dolomitfelsen zerstreut. Jenseits des kleinen Querrückens, welcher die Ljubacmulde gegen O begrenzt, liegt eine zweite gegen Süden offene Einbuchtung des Gehänges mit einem ebenen Boden in der Tiefe. Das Eluvium liegt hier über der unteren Grenze zwischen Dolomit und Kalk, so daß sein Südrand schon von Kalk gebildet wird. Auch zu beiden Seiten dieser Mulde kann man schon die Auflagerung des Kalkes auf den Dolomit erkennen. An dem Abhange, welcher vom Nordrand- dieses Eluvialboden sansteigt, sieht man viele gegen SSW abdachende Dolomit- felsflächen. Ostwärts von diesem zweiten Eluvialboden tritt eine rasche Ver- schmälerung der Dolomitzone ein. Am Wege, welcher von Sitno zum Luti kamen führt, passiert man einen noch etwa 15—20 m breiten Dolomitstreifen. Nordwärts von dieser Stelle dringt ein tiefer Graben in östlicher Richtung in das Kalkterrain von Na metac ein. Dem Höhen- zuge, welcher diesen Graben südwärts begrenzt, ist ein schroffer langer Felsriff aufgesetzt. Längs der Südseite dieses Riffes verläuft der Dolomitzug, schon sehr schmal, noch ostwärts vom vorgenannten Wege weiter. Man trifft hier vorzugsweise loses Trümmerwerk, aber auch noch anstehende Felspartien. Südostwärts von dem Kalkriffe ragt ein Hügel auf, welcher gleichfalls aus Kalk besteht. Der Dolomit zieht zwischen Riff und Hügel hindurch und endet dann in einer kleinen nordwärts von dem letzteren gelegenen Doline. Der Felsriegel, welcher diese Doline gegen Ost begrenzt und von einem tiefen, gegen Süd abfallenden Graben scheidet, besteht schon ganz aus Kalk. In dieser Grenzzone des Dolomits trifft man Breccien und viele Brocken von ziegelrotem Mergel, wie er in den kretazischen Dolomitresionen von Norddalmatien nicht selten auftritt. Die Dolomitzone auf der Südseite des mittleren Mosor ist ein wasserführender Horizont, der durch seine hohe Lage und die Er- scheinungsform mehrerer der in ihm befindlichen Quellen besonderes Interesse bietet. Ich hatte Gelegenheit, diesen Quellenhorizont in drei verschiedenen Stadien der Wasserführung zu betreten. Zunächst im Frühsommer, zur Zeit eines ungefähr mittleren Wasserreichtums, dann in den letzten Tagen einer langen, völlig regenlosen sommerlichen Dürreperiode (1905) im Zustande größter Wasserarmut und unmittel- bar nach einem heftigen Gußregen im Beginne der Herbstregenzeit. Der das Hochtal von Zagradje durchziehende Potok ist der Abfluß [69] Geologische Beschreibang der Mosor planina. 283 einer Quelle, welche nahe ober dem Ostende der Sohle des genannten Tales entspringt. Diese Quelle, Vrutak genannt, entsteht aus jenen Regenwassern, welche auf die wahrscheinlich hemizentroklinal gela- serten Dolomite des obersten Zagradjetales fallen. Ein Teil dieser Wässer tritt schon in den Wurzelgräben jenes Tales aus, um bald wieder zu:versiegen und dann noch ein zweitesmal an der Speisung einer Quelle teilzunehmen. Das Wasser tritt bei Vrutak an der Grenz- fuge zweier flach gelagerter Dolomitbänke aus und füllt dann ein von Binsen umstandenes seichtes Becken. Weiter abwärts sind dann noch ein. paar:-kleine Tümpelchen im Rinnsale vorhanden. Zu Ende: der sommerlichen Trockenzeit war diese Quelle total versiegt, nach dem heftigen Regengusse : war sie wasserreich und das Rinnsal des Zagradje potok von einem -Bächlein durchrauscht. - Beim Anstiege -durch das Felsgeklüft im rechtseitigen Aste des Zagradjetales kommt man bald zu einer Stelle, wo unter Dolomit- felsen: ein kleines, von nassen Moospolstern umgebenes Wasserbecken liegt. - Diese Stelle war die einzige im Bereiche des Zagradjetales, wo zu Ende der sommerlichen Trockenzeit Wasser anzutreffen war. . Etwas weiter- oben befindet sich eine überhängende Felswand, in welcher zwei tiefe glattwandige Nischen ausgewaschen sind. Eine derselben ‚setzt sich in einen kleinen runden Felskanal fort. Aus diesem Kanal: .schoß bei meinem Besuche der Felsenwildnisse oberhalb der Vrutakquellenach dem erwähnten heftigen Regen ein mächtiger Wasser- strahl:hervor. Auch von den Wänden der anderen Nische, deren Boden mit Wasserpflanzen überzogen ist, tropfte und rieselte viel Wasser ab. Etwas höher: oben. brach damals links von einer natürlichen Fels- brücke eine gleichfalls starke Quelle hervor. Beim Besuche der Region zu Ende der sommerlichen Dürreperiode waren sowohl diese Quelle als auch die vorerwähnte, aus einem Felskanal fließende total versiegt. Dasselbe war bei einer Anzalıl von kleinen Quelladern der Fall, welche nach Beginn der. herbstlichen Regenzeit zu beiden Seiten des Riegels aufbrachen, der das Zagradjetal von der Ljubacmulde scheidet. Zwei dieser Wasseradern befinden sich auf der Ostseite des eben genannten Riegels; die eine, hinter welcher sich ein kleines Steinmäuerchen erhebt, liegt etwas unterhalb der märchenhaften alten Goldmine, die andere, schwächere, südwestlich von:der vorigen. - Eine größere Zahl: von Stellen, an welchen nach röiehkchen Niederschlägen Wasser zutage tritt, befindet sich auf der Ostseite des vorgenannten Riegels, beziehungsweise am Westabhang der Mulde, an. deren Nordabhang die Ljubacquelle liegt. Eine dieser Stellen liegt am. oberen Rande des Gewirres von bizarren Felsklippen, welches sich am ÖOstfuße des Riegels ausbreitet. Hier kommt das Wasser unter einem hohen FErikabusche hervor und fließt über eine schiefe Dolomitfelsfläche ab. Eine zweite, durch oberflächlich eingedrungene Wasser -gespeiste Quelle tritt am Ostabhang des Riegels unter einem zwischen -zwei Dolomitfelsflächen stehenden Erikabusche zutage. Eine dritte Quelle liegt nahe der vorigen und ist gleich dieser südöstlich exponiert. -Eine weitere kleine Wasserader entspringt nach voraus- gegangenen Niederschlägen am Ostfuße -des Riegels nordwärts von dem genannten Klippeugewirre und nahe der in der Regenzeit ver- 37* 284 Dr. Fritz v. Kerner. [70] sumpften oder inundierten Sohle der Ljubacmulde. Eine andere kommt etwas oberhalb der vorigen aus einem Dolomitfels heraus. Zwei weitere Quellen liegen endlich höher oben am Nordwestabhang der Mulde und nur wenig tiefer als jene, welche am Nordgehänge dieser Mulde ent- springen, Diese letzteren sind die wichtigsten des ganzen Dolomitgebietes. Die Quelle Novak ist ein tiefes, künstlich erweitertes Quellbecken von zirka 1 m im Gevierte. In der nassen Jahreszeit ist dasselbe mit klarem Wasser ganz gefüllt und letzteres fließt am Beckenrande über. In der Trockenzeit liegt der Wasserspiegel in dem Becken merklich tiefer und es spielt dann bei der Erhaltung desselben in gleichem Niveau wohl auch die Verdunstung eine Rolle. Diese Quelle liegt sehr nahe der oberen Grenze der Dolomitzone. Die Quelle Ljubac ist die schönste und interessanteste der ganzen Dolomitregion. Man sieht hier ein sehr tiefes längliches Quellbecken, welches nach rückwärts in eine Felsnische eingreift und nach vorn zu durch eine schmale Felsbarriere abgeschlossen wird. Unter dieser letzteren befindet sich ein kleines Becken, in welches das Wasser des vorhergenannten durch eine in der schmalen Barriere befindliche enge Spalte, bei großer Wasserfülle wohl auch über die Barriere ein- fließt. Von diesem kleinen Becken gelangt das Wasser durch einen kurzen offenen Kanal in eine ovale Wanne. Letztere entleert sich durch einen an ihrer vorderen Schmalseite befindlichen Einschnitt in eine breite tiefe Rinne; bei hohem Wasserstande fließt das Wasser auch über die rechte Längsseite der Wanne in eine sehr flache Rinne ab. Die Quelle Ljubac, welche sich gleichfalls an der oberen Grenze der Dolomitzone befindet, ist die einzige dauernd fließende Quelle in der Dolomitregion des Mosor. Allerdings schrumpft auch bei ihr die Wassermenge zu Ende der Sommerszeit auf ein bescheidenes Maß zusammen. Noch im Frühsommer sah ich hier das Wasser mächtig aus dem Felsen sprudeln, im Herbste rieselte nur ein schwaches Wässerchen hervor. Die Quelle Ljubac verdient noch deshalb besondere Erwähnung, weil sie — abgesehen von der den Namen Quelle nicht zu Recht ver- dienenden Quelle Traposnik im Ostmosor — die höchstgelegene Quelle der ganzen Mosor planina ist (zirka 900 m). Die Quellen Novak und Ljubac unterscheiden sich von den früber genannten dadurch, daß sie nicht innerhalb der Dolomitzone, sondern an der Grenze derselben gegen den Kalk entspringen. Während die früher erwähnten Quellen der Auflagerung relativ durchlässiger verwitterter Schichten auf relativ undurchlässigen frischen Schichten desselben Gesteines ihre Entstehung verdanken, liegt beim Novak und Ljubac die Ursache der Quellbildung im Kontakt zweier ver- schiedener Gesteine. Die einfachste Erklärung des Auftretens dieser Quellen bestünde darin, daß sie Kombinationen von Überfall- und Schichtquellen darstellen, daß sie durch Wassermengen gespeist seien, welche sich auf der undurchlässigen Unterlage der Kalke der Sipac- stufe sammeln und über die stark geneigte Basis der Kalke am Steilabfalle unter dieser Gebirgsterrasse abfließen. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß die Oberfläche des Dolomits, welcher die flach wellig gelagerten Kalke der oberen Mosorterrasse unterteuft, selbst [71] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 285 sehr uneben ist und einzelne rings umwallte seichte Mulden aufweist, welche zu größeren Ansammlungen von Wasser im Geklüft der diese Mulden ausfüllenden Kalke Anlaß geben können. An den tiefsten Stellen der undurchlässigen Umrandung dieser Mulden wird sodann das Wasser in niedriger gelegene Nachbarmulden übertreten und alsdann über den flachen Wall, welcher — entsprechend der Aufwölbung der Kalke am Rande der Sipacterrasse — auch in der Dolomitbasis vorhanden sein wird, abfließen. Es tritt dann in der mittleren Gebirgsterrasse an der Grenze des Kalkes gegen den unterlagernden Dolomit zutage. Diese Erklärung setzt voraus, daß in der Gegend der in Rede stehenden beiden Quellen die Grenze zwischen Dolomit und Kalk einer Schicht- grenze entspricht, Zu dieser Auffassung wird man beim Anblicke jener Gegend gleich oberhalb der beiden Quellen — dem an früherer Stelle Gesagten zufolge — auch geneigt sein. Bei der Quelle Novak kommt nun aber das Wasser anscheinend von unten herauf und beim Ljubac scheint es sich ebenso zu verhalten, Man braucht deswegen noch nicht anzunehmen, daß ein Emporsteigen des Wassers aus erößeren Tiefen stattfindet. Es dürfte sich in beiden Fällen um Überfallquellen handeln. Man kann aber nicht annehmen, daß die beiden Quellen unmittelbar an einer steil abfallenden Schicht- srenze zutage treten. Man könnte doch zu der Ansicht neigen, daß hier die Grenze zwischen Kalk nnd Dolomit einer steilen Verwerfung von allerdings vielleicht nur mäßiger Sprunghöhe entspricht und daß das aus der Höhe kommende Wasser an der undurchlässigen Wand des Hangendflügels der Verwerfung aufgestaut wird. Die Orte des Wasseraustrittes entsprächen dann den tiefsten Punkten der Schnitt- linie der Verwerfungsfläche mit dem Abhange oder solchen Stellen, wo die Verwerfung durch einen Querbruch abgeschnitten wird. Es erscheint nun allerdings nicht unbedingt notwendig, daß das Überfallen der Quellen Novak und Ljubaec durch eine Verwerfung zwischen Dolomit und Kalk bedingt sei. Es könnten immerhin im Dolomit selbst Hohlräume und Klüfte existieren, so daß das Wasser, welches über den erhöhten Rand des dolomitischen Grundes der Sipac- stufe abfließt, schon oberhalb des unteren Randes der Kalkdecke, welche den Steilabfall jener Stufe bildet, in den lolomit eindringt, in einem Kluftsystem desselben aufgestaut wird und dicht unterhalb jenes Deckenrandes austritt. Der östlich von der Ljubacmulde befindliche Eluvialboden ist gleichfalls der Sammelort von Wassern, welche in das hinter ihm ansteigende Dolomitgehänge oberflächlich eindringen. Nach dem wieder- holt erwähnten Regengusse brach hier außer vielen Rieselwässern an einer Stelle ein mächtiger Quell hervor. Zu Ende der sommerlichen Dürreperiode war dieser Abhang gänzlich wasserlos und nur eine große Zahl von ausgetrockneten Schlammstreifen auf den Dolomit- felsflächen sichtbar. Das Gehänge, welches sich unterhalb der mittleren Mosorterrasse hinzieht, besteht aus steil gegen SSW einfallenden Rudistenkalken. Am Pfade, welcher von den Hütten von Poliine zur Dolomitregion hinaufführt, ist die steile Stellung der Kalkbänke gut erkennbar. Streckenweise stehen sie hier beinahe seiger. Am schmalen Steige, 286 Dr. Fritz v. Kerner. [72] welcher :sich ober .den Hütten. von Orisine .emporwindet, fallen: die Kalke .60—70° SSW. Sie sind hier gut gebankt und. ziemlich reich an'Rudisten. Die engen Beziehungen zwischen Schicht- und. Gehänge- peigung, welche man .im Mosorgebiete so häufig. konstatieren kann, sind auch. am Rande .der mittleren Mosorterrasse sehr auffällig. -. :In- dem .Maße,. in :welchem man nach dem Emporstiege über die jähen Felsabstürze. .ober. Politine und Ori&ine bei der Annäherung an die Dolomitzone die. Neigung des Terrains abnehmen sieht, ver- mindern sich. auch die Neigungswinkel der Kalkbänke. . ©....Ostwärts.von OriSine nimmt — entsprechend dem Auskeilen der Dolomitzone —. das unter ihr verlaufende Kalkgehänge an Breite zu und!. zugleich an. :Steilheit ab. Unterhalb des früher beschriebenen östlichen Endes des Dolomitzuges schiebt sich sogar eine kleine Terrasse in den Abhang ein. .Man trifft in dieser Gegend: weißen körnigen Kalk mit vielen.Resten von -Rudistenschalen, aber stellen- weise auch Gesteine mit Breccien- und Konglomeratstruktur, welche im Gegensatze zu.den. homogenen Kalken Pe ee Fels- plagues bilden. > x „Die nn Terrassen auf der. Südwestseite des mittleren Mosor. Die unteren Südwestabhänge des Mittelmosor sind der am kom- pliziertesten geformte Teil der. südlichen Gebirgsseite. Es sind hier zwei. Terrassen und. eine. selbständige Vorkette zu unterscheiden, Von.:den. beiden Terrassen eıstreckt sich jede nur über je eine Hälfte der Längsausdehnung des Gehänges. Sie liegen aber nicht in: gleicher Höhe. nebeneinander, sondern. sind in: bezug auf Höhe und. Lage derart gegeneinander verschoben, daß die nordwestliche die tiefere und :weiter vorgeschobene ist. Der in der nordwestlichen Fortsetzung der oberen, . weiter. zurückliegenden Terrasse befindliche .Abhang kommt so hinter die untere .Terrasse zu liegen und das in der süd- östlichen Verlängerung.der letzteren gelegene Gehänge entspricht dem Steilabfalle der ersteren. Zwischen beiden Terrassen. schneidet die Schlucht von Duplina in das Gebirge ein. Der Rand der nordwest- lichen Gebirgsstufe ist nur zu einem flachen. Rücken, dem Gradae. (422 m) aufgebogen;.der Rand der südöstlichen Terrasse wölbt sich dagegen:hoch empor, so daß eine selbständige Vorkette. des Mosor, die. Makirina (702 m) zustande kommt und der Terrassenboden in einen: .Talboden. übergeht.. Die Terrasse des Gradac. wird gegen NW hin durch .die Schlucht begrenzt, ‚welche sich in der: Verlängerung des. Stobrectales gegen die. Mündung. des Hochtales von Zagradje hinanzieht.. Diese Schlucht ‚befindet sich ziemlich genau zu -Füßen jener Stelle des Hauptkammes, welche als Grenze zwischen dessen West- und Mittelabschnitt zu.gelten hat. Der Kamm der Makirina und.die hinter.ihr. gelegene Talebene von Dubrava erfahren dagegen unterhalb des Luti kamen, welcher für die oberen Regionen. des: Gebirges .als.Scheide. zwischen Mittel- und Ostmosor zu betrachten. ist,. keine Begrenzung durch eine Querschlucht. Wohl aber findet zu 73] Geologische Beschreibung der. Mosor planina. DR Füßen ‚jenes Sattels eine Umgestaltung der Reliefverhältnisse , statt, so daß auch für-die unteren Südabhänge des Gebirges ‘eine natür- liche Grenze zwischen dessen Mittel- und Ostabschnitt gezogen werden kann. Die breite Talebene von -Dubrava zerspaltet sich dadurch; daß sich in ihrer südöstlichen Fortsetzung ein breiter Rücken. aufwölbt; in zwei Äste und der Kamm-der Makirina erfährt: im :Passe von Rudina eine tiefe Depression. Die früher erwähnte Vorkette, wetche in der Sridivica kulminiert und nordwestwärts bis zum Stobrec potok reicht, flacht sich südostwärts ungefähr in jener Gegend ab,: in weicher. sich der Rand der Dubravaterrasse zur Makirina aufwirft. -In ihrer südöstlichen Fortsetzung zieht sich ein Gehänge hin, in welchem unter- halb- des vorerwähnten Rudinapasses eine Hügelmasse, der Kravar, vorspringt, in der Region des Gebirgsfußes die Grenze zwischen Mittel« und Ostmosor -markierend. Zwischen dem Kamme der Sridiviea und dem Rücken des- Guam dringt das Tal des BriSine potok ein. Die Südwestseite der Sridivica und: das in ihrer östlichen Fortsetzung gelegene Gehänge von Srinjine bilden die rechtseitige Wand des Zernovnicatales, welches den Mosor im engeren Sinne vom Poljicagebirge trennt. Gleich dem Relief ist auch: der geologische Bau der: teren, Südabhänge des Mittelmosor ziemlich kompliziert: Es sind hier‘ fünf einander pärallele Faltenzüge zu unterscheiden. | ‘An der .Nordostseite des BriSinetales ‘kann man, gleichwie zu beiden Seiten des Sridivicakammes, eine untere mit Weingärten: be- deckte Berglehne und ein darüber schroff ansteigendes Felsgehänge unterscheiden. Im Bereich der unteren Lehne sind nur wenige Auf- schlüsse vorhanden, doch kann man konstatieren, daß sie sich geolo= gisch in drei Zonen gliedern läßt, in einen oberen und unteren Mergel- schieferzug und in eine dazwischen eingeklemmte Zone von Flysch- mergel. Man hat hier die enge vierte Mulde in der Vorfaltenzone des Mittelmosor vor sich. (Siehe Taf. II, Prof. IT u. III.)- ER An der Westseite der Schlucht unter Sitno sieht man seiger stehende Bänke von Flyschsandstein und etwas Mergel aufgeschlossen. Die den Muldenkern im NO begleitenden Plattenmergel 'sind hier wenig mächtig und steil gegen NNO einfallend. Weiter talauswärts beobachtet man beim Anstiege am rechtseitigen Gehänge des Brisine- tales zunächst über den Foraminiferenkalken des Bachrinnsales gut gebankte Mergelschiefer, die unter 60° und sukzessive steiler gegen NNO einfallen, dann seigere Flyschschicehten, streckenweise mit Schutt bedeckt, hierauf steil gegen SW einfallende Kalke und dann eine Zone von Mergelschiefern, bei denen es sich schwer erkennen läßt, ob sie steil gegen NO oder SW einfallen. Der Höhenzug des Gradaec, welcher sich über diesen Mergelabhängen erhebt, entspricht: dem dritten Sattel in der Vorgebirgszone des mittleren Mosor. Er besteht aus groben Konglomeraten und Breceien, aus weißen, lichtgrauen und bräunlichen Rudistenkalken, zum Teil auch eozänen Kalken, und aus sehr kompakten, von feinen roten Adern durchzogenen Breccienkalken. Homogener Kreidekalk, wie er in den Sätteln der Poljica und Sridivica vorherrschend ist, tritt dagegen sehr zurück. An der Grenze gegen die Plattenmergelhülle treten auch hier Nummuliten führende Kalke auf. 288 Dr. Fritz v. Kerner. [74] Der Faltenzug des Gradac zeigt, wie jener der Sridivica, eine vollkommene Domstruktur. Wie dort, sieht man auch hier mit der Annäherung an die Sattelachse die Schichtneigung beiderseits mehr und mehr abnehmen und in der Achse selbst in horizontale Lagerung übergehen. Am Rücken verhindert streckenweise das Karstrelief die Feststellung der Lagerungsverhältnisse, sehr schön dagegen ist der Gewölbebau der Gradacfalte an der Westwand der Schlucht von Duplina erkennbar. Desgleichen läßt er sich von der Schlucht von Studenica aus am ÖOrlice, dem nordwestlichen Vorberge des Gradac wahrnehmen. Nordostwärts vom Felsrücken des Gradac verläuft parallel zu ihm ein zweiter Felszug, welcher jedoch nur in seinem Nordwest- abschnitte einen flachen Rücken bildet und weiter südostwärts nur als eine felsige Gehängezone verfolgbar ist. In der Mitte seiner Längs- erstreckung hängt er durch einen Querwall mit dem Gradacrücken zusammen, so daß die Einsenkung zwischen den beiden Rücken in zwei Teile zerfällt, in ein flaches Tälchen, das sich südostwärts sanft gegen die Schlucht von Duplina hinabsenkt und in einen engen Graben, welcher gegen NW steil zur Schlucht von Studenica abfällt. Der Felszug nordostwärts vom Gradac besteht aus bräunlichem, ungleichmäßig gekörntem Nummulitenkalke. In der Gegend der Kuppe (452 m) oberhalb des Sattels, der zum Gradacrücken hinüberführt, und nordwestlich davon treten auch Konglomerate zutage. Dieser Fels- zug repräsentiert die zweite Schichtwelle am unteren Südgehänge des Mittelmosor und zeigt, wie die vorher besprochenen, einen Gewölbe- bau. In der Gegend der eben genannten Kuppe und weiter im Nord- westen sieht man die Schichten auf der dem Gradac zugekehrten Seite gegen SW, auf ler dem Mosor zugewandten gegen NO einfallen und in der Mittellinie des Rückens stellenweise flach lagern. An vielen Punkten verhindert allerdings das wüste Karstrelief, zu dessen Entwicklung der Foraminiferenkalk des Mosor Anlaß gibt, die Fest- stellung der Lagerungsweise. (Siehe Taf. II, Prof. III.) Die Einsenkung zwischen dem Gradac und dem eben genannten Felszuge ist mit Mergelschiefern ausgefüllt und entspricht der dritten Mulde im System der Parallelfalten am Südabhange des Gebirges. Im Bereich des flachen Tälchens, welches den Nordostabschnitt der Mergelmulde bildet, fallen die Plattenmergel zumeist 30% gegen NO; ein nordöstlicher Muldenflügel ist dort wenig ausgesprochen. Gegen den Sattel zu verengt sich die Mergelzone und ist hier von Bänken von lichtbraunem, grobkörnigem Kalk durchsetzt. Auf der Nordwest- seite des Sattels zieht sich die Mergelzone gegen die Schlucht von Studenica hinab und keilt noch hoch über derselben aus. Kurz vorher bemerkt man einen Fels mit deutlich synklinaler Schichtstellung, der die Lage des Muldenkernes markiert. Die Konglomerate des Orlice fallen zur Linken der Schlucht, welche vom vorgenannten Sattel zur Studenicaschlucht hinabführt, 40—45° gegen NO ein. Die Kalke des benachbarten Faltenzuges biegen sich gleichfalls sehr steil gegen SW hinab und formieren zur Rechten der Schlucht eine Felswand. Am Wege, welcher sich oberhalb der Schlucht von Duplina gegen das untere Ende des Zagradjetales hinanzieht, beobachtet man [75] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 289 zunächst mäßig steil gegen NO fallende lichtgelbe, plattige Horn- steinkalke, dann sehr kompakte Breccien vom Jadrotypus. Dann folgen Konglomerate mit Rollstücken von außerordentlich wechselnden Dimensionen. Neben Geschieben von Faust- bis Kopfgröße liegen Anhäufungen von nuß- bis erbsengroßen Steinchen. Die Farbe der Fragmente ist lichtgrau, lichtbraun oder weiß. Stellenweise sieht man Alveolinen und Nummuliten in diesem Konglomerat. Auch Gesteins- partien vom Typus der Clissakonglomerate, für welche die Einstreuung kleiner dunkler Kiesel charakteristisch ist, trifft man hier an. Die Lagerung ist unklar, vermutlich steiles Einfallen gegen N. Dann folgt ein plattiges bis bankiges, dunkelgraues oder schmutzigbraunes, sandiges Gestein, welches ein mittelsteiles Einfallen gegen NO bis NNO deut- lich erkennen iäßt. Beim weiteren Aufstieg über das Gehänge zu Füßen des Kuzmangrates passiert man viel Gebirgsschutt. Der Unter- grund wird wohl auch hier durch den soeben genannten dunklen Sandstein gebildet. Uber diesem liegt sehr gut geschichteter, plattiger Mergelkalk von blaßgelber bis lichtbräunlicher Farbe. Derselbe fällt 40° NO. An diesen schließt sich ein Zug von mittelgrobem Konglo- merat, das eine deutliche Schichtung erkennen läßt und 45° gegen NO einfällt. Über letzterem lagern lichte schiefrige Mergel, die sanft gegen NO zu fallen scheinen. Schließlich folgen Breccien, die bald in den homogenen weißen Kreidekalk übergehen, welcher die Süd- abstürze des Kuzmangrates aufbaut. Weiter ostwärts ist das Gehänge unterhalb dieser Abstürze großenteils mit Schutt bedeckt, so daß man über die Beschaffenheit des Untergrundes nur spärliche Aufschlüsse gewinnen kann. (Siehe Taf. II, Prof. III.) Das Gehänge, welches sich südostwärts von der Schlucht von Dradevice unterhalb der rückwärtigen der beiden unteren Mosor- terrassen hinzieht, wird durch die südöstliche Fortsetzung jener Falte gebildet, welche den Höhenzug des Gradac aufbaut. Diese Falte er- fährt hier eine Absenkung in ihrer Streichungsrichtung, ein Umstand, der es mit sich bringt, daß ostwärts von der genannten Schlucht auch in der Faltenachse zumeist die Plattenkalke anzutreffen sind und die Mosorkonglomerate nur im Grunde der tiefen Gräben auftauchen, welche das Gehänge quer durchziehen. Der unterste Teil des Gehänges wird von Flysch eingenommen. Im Rinnsale des obersten Brisinetales trifft man seiger stehende Bänke von Flyschsandstein. In dem von hier nordostwärts sich hinanziehenden Abhange sind nur spärliche Aufschlüsse vorhanden,. da derselbe ganz mit Ackern und Gärten bedeckt erscheint. Aus der grünlichgrauen Färbung des Ackerbodens kann man aber schließen, daß hier Flyschmergel ansteht. Die Grenze des Flysches gegen die Plattenkalke wird ostwärts von der Schlucht von Dra&evice durch eine dicke Bank von mergeligem Kalk bezeichnet, welche eine lange Felsmauer formiert, zu deren Füßen sich das Dorf Sitno hinzieht. Die Hütten dieses Dorfes sind zum Teil an die reich von Schlinggewächsen umrankte, stellenweise überhängende Felswand angeklebt, was sehr malerische Detailbilder hervorbringt. Gleich ober dem am Westende des Dorfes gelegenen Pfarrhause, woselbst ich zu wiederholtenmalen eine sehr liebens- würdige, mir in angenehmster Erinnerung bleibende Aufnahme fand, Jahrbuch d. k.K. geol. Reichsanstalt, 1904. 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 38 290 Dr. Fritz v. Kerner. [76] ist dieser Mergelkalk von sehr dünnen Lagen einer braunen, schwach bituminös riechenden Substanz durchsetzt, welche aus den Resten sehr stark mazerierter Blattfetzen zu bestehen scheint, doch war es mir nicht möglich, Bruchstücke mit auch nur andeutungsweise er- haltener Nervatur zu finden. Ein paar Steinkerne von Gastropoden von mitteleozänem Habitus, welche ich in Sitno zu sehen bekam, dürften auch aus diesem Mergelkalke stammen, da eine Provenienz derselben aus dem Flysch oder aus den Plattenkalken wenig Wahr- scheinlichkeit besitzt. Vom Pfarrhause von Sitno steigt man zur Linken der Schlucht von Dratevice zunächst ziemlich steil hinan, wobei man an einer kleinen Kapelle vorbeikommt, in deren Nähe nun eine schöne neue Kirche erbaut wird. Oberhalb der Kapelle beginnt dann das Gehänge sanfter anzusteigen. Man trifft hier plattigen Hornsteinkalk in steiler Stellung, dann grobe Konglomerate in flacher Lagerung, dann wieder plattigen Kalk mit Hornsteinen, wechselnd mit ungleich körnigem, Nummuliten führendem Kalksandstein. Das Einfallen dieser Schichten ist 10—30° NO. Beim Einstieg in die Schlucht von Dratevice passiert man nur eine schmale Zone von steil gegen N einfallendem plattigen Kalk. Dann folgen körnige weiße und bräunliche Kalke mit Nummuliten. Im Innern der Schlucht stehen sehr grobe Konglomerate an. Am Grunde sieht man große glatte Felsflächen, in welchen viele Rinnen und Becken ausgewaschen sind. Weiter aufwärts hat man wieder körnige Kalke. (Siehe Taf. II, Prof. IV.) Die Konglomerate, welche man ostwärts der Schlucht von Draöe- vice am sanften Abhang ober Sitno antrifft, keilen bald in der Richtung gegen SO aus und weiterhin ist auch in der Achsenregion der Falte nur Plattenkalk vorhanden. Man kann hier die Umhüllung des Kon- glomeratkernes mit einem Mantel von Hornstein führenden Platten- kalk sehr deutlich sehen. Auf der Rückenfläche der Gehängewölbung, welche zwischen der Schiucht von Dratevice und dem hinter den östlichsten Hütten von Sitno eindringenden Graben sich befindet, liegen die Plattenkalke ganz horizontal. Man passiert diesen Gehängerücken beim Aufstiege von Sitno zur Kirche Sv. Luka. In der Tiefe des soeben erwähnten Grabens östlich von Sitno kommen wieder die Mosorkonglomerate heraus. Sie bilden hier den Grund und die unteren Seitenwände des mittleren Grabenteiles. An den letzteren begrenzen sie sich nach oben hin bogenförmig, so daß die Horizontalprojektion ihres Aufbruches die Gestalt einer Linse hat. Ein in seinen Form- verhältnissen dem vorigen völlig ähnlicher, an Größe ihm jedoch nach- stehender Konglomerataufbruch befindet sich in dem kleinen Graben nordwärts von Visak, welcher von dem erstgenannten durch einen schmalen Abhangrücken geschieden wird. Auf diesem letzteren fallen die Plattenkalke zunächst sehr steil gegen SW und weiter oben sanft gegen NO ein. Am Gehänge oberhalb des Dorfes Visak, auf der Ostseite des zweiten Grabens, ist die antiklinale Stellung der Hornstein führenden Plattenkalke deutlich sichtbar. Auch hier ist der Südwestflügel der Falte sehr steil gestellt, der Nordostflügel dagegen ziemlich sanft geneigt. (Siehe Taf. II, Prof. V u. VL) Gleich weiter ostwärts wölbt sich die Falte wieder stärker auf. [77] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 291 Die Kernschichten derselben, welche — wie soeben erörtert wurde — ostwärts von der Schlucht von Draievice nur in tiefen Einschnitten des Terrains zutage traten, formieren von Visak angefangen wieder einen am Gehänge stark vortretenden Felszug, welcher sich von hier dann ohne Unterbrechung bis zur Quelle Rastita erstreckt, welche schon in: dem Bereiche des Ostmosor gelegen ist. Dieser Zug formiert die hohe schroffe Felsmauer, welche sich zu Häupten des reben- umsponnenen Geländes von Srinjine hinzieht. Von den zwei Platten- kalkzügen, welche den Konglomeratkern als Faltenflügel beiderseits begleiten, bildet der nordöstliche die schmale sanft ansteigende Ter- rasse, welche sich oberhalb jener Felsmauer hinzieht. Die Hornstein führenden, dünngeschichteten Mergelkalke fallen hier 30—40° NO, Unterhalb des im folgenden zu erwähnenden Rudinasattels erfährt die Zone des mergeligen Plattenkalkes eine Verbreiterung und die vordem durch ihn gebildete Terrasse geht hier in ein gegen SO ab- dachendes Gehänge über. Der Mergelkalk im Südwestflügel der Falte bildet einen langen Felszug, welcher sich zu Füßen der erwähnten schroffen Konglomerat- wand hinzieht. Das Einfallen ist hier steil gegen ONO. Stellenweise sind die überkippten Bänke umgebrochen, so daß man da und dort auch horizontale und gegen SW geneigte Felsflächen wahrnimmt. In dieser Gesteinszone verläuft der Weg, welcher von der obersten Hüttengruppe von Srinjine (Sirotkovic) nach Raönik führt. (Siehe Taf. III, Prof. I.) Nordostwärts schließt sich an den eben besprochenen Faltenzug eine alsbald näher zu beschreibende Konglomeratzone. An der Grenze gegen diese letztere treten Flyschgesteine auf. Unterhalb Sv. Luka fallen dieselben anscheinend ziemlich flach unter die darüber an- stehenden Konglomerate ein. Es scheint sich hier jedoch nur um ein lokales Umgestürztsein steil gestellter Schichten zu handeln. Ostwärts von Sv. Luka sieht man stark zerrüttete Flyschsandsteine steil gegen NO unter steil gegen SW geneigte Kalkkonglomerate einfallen. Stellen- weise ist auch Flyschmergel das unmittelbar vom Konglomerat über- lagerte Gestein. Der Abhang unterhalb der Felsmassen des letzteren ist großenteils mit Schutt bedeckt und stellenweise auch mit Kalk- blöcken bestreut. Auch ein Gemenge aus kleinen Kalksteinchen und roter Erde ist hier in größeren Massen abgelagert. Weiter südost- wärts, längs der vorerwähnten schmalen Terrasse ober Srinjine, läßt sich dann wieder eine schmale Zone von Flyschsandsteinen nachweisen. Sie liegen hier den Plattenkalken konkordant auf und werden von Konglomeratmassen, deren Schichtungsweise nicht klar erkennbar ist, überlagert. Vermutlich fallen diese Konglomerate sehr steil gegen SW ein. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie an der Grenze gegen den Flysch eine Zurückbiegung gegen SO erfahren, so daß der letztere annähernd konkordant unter sie einfiele. Es kann sich aber auch um eine diskordante Überlagerung handeln. Im ersteren Falle läge eine gesetzmäßige Faltenverwerfung vor, im letzteren hätte man es mit einer steilen Uberschiebung, deren Flügel in der Lagerungsweise nicht übereinstimmen, zu tun. Das am Mosor sichtbare Dominieren steiler Faltung als Strukturprinzip würde für die erstere Annahme sprechen. Am südöstlichen Ende der schmalen Terrasse ober Srinjine 38* 292 Dr. Fritz v. Kerner. [78] entspringt nahe der Grenze zwischen dem Flysch und dem ihn unter- teufenden Plattenkalke die Quelle Rudina. Man sieht hier unter einem kleinen efeuumrankten Eichenbaume ein von Brombeerhecken um- wuchertes, roh ummauertes Quellbecken voll Algen und Wasserpflanzen. Von dem Becken zieht sich ein Rinnsal eine Strecke weit am Abhange hinab. Da die Umgebung ganz mit Rasen bedeckt ist, läßt sich die am Quellenorte selbst vorhandene Beschaffenheit des Untergrundes nicht genau ermitteln. Im Graben von Duplina, in welchem sich die Schlucht von Dradevice nach oben hin fortsetzt, endet der den Gradae im NO begleitende Felszug und es verschwindet hier auch jene kleine schmale Falte, deren Kern durch den genannten Felszug repräsentiert wird. Es treten alsdann jene beiden Zonen von mergeligem Plattenkalk, welche den besagten Zug von Foraminiferenkalk flankieren, zusammen, um sich weiterhin am Aufbaue des Nordflügels der südöstlichsten Fortsetzung der Gradacfalte gemeinsam zu beteiligen. Kurz vor dem östlichen Endpunkte des genannten Kalkzuges tauchen etwas weiter oben am Gehänge in der Grenzregion des Plattenkalkes gegen die erwähnten sandigen Gesteine, welche am Abhange unter Sv. Kuzman anstehen, Kalkkonglomerate auf. Dieselben sind der Beginn eines mächtigen Konglomerat- und Breccienzuges, welcher sich von hier bis an das südöstliche Ende des Mosor und noch darüber hinaus erstreckt. Sein nordwestliches Anfangsstück repräsentiert für jene Region, die es durchzieht, die erste an das Hauptgebirge angeschlossene südliche Vorfalte des Mosor. Seine weitere Fortsetzung wird durch neue auf seiner Nordostseite sich vollziehende Schichtaufwölbungen vom Haupt- gebirgskamm abgedrängt. Das Anfangsstück des Faltenzuges bildet den höher und weiter rückwärts gelegenen Teil der unteren Mosorterrasse: Der steile Südflügel der Falte formiert eine hohe schroffe Felsmauer, welche sich zu Häupten des Plattenkalkzuges oberhalb der Schlucht von Draßevice hinzieht. Der schwächer geneigte nördliche Falten- flügel baut ein oberhalb jener Wand sanft ansteigendes felsiges Ge- lände auf. Dann folgt eine völlig flache, zum Teil von Eluvialgebilden bedeckte Terrainzone. Auch hier trifft man in den konglomeratischen Gesteinspartien Einlagerungen von ungleichkörnigen Kalken mit Nummuliten und Alveolinen. Die Verteilung dieser Kalke ist so unregelmäßig, daß es kaum möglich scheint, eine kartographische Trennung derselben von den Konglomeraten durchzuführen. Die Lagerung der Schichten ist hier flach ; oberhalb der Knickung, welche die von Sv. Luka nach Sv. Klement führende Straße macht, trifft man völlig horizontal liegende Konglomeratbänke an. In der Gegend zwischen den eben genannten beiden Kirchen sind in die flachwellig gelagerte Schichtmasse viele größere und kieinere, mit Terra rossa erfüllte Mulden eingesenkt. Am Gehänge, welches von dem eben besprochenen flachen Fels- terrain zum Südfuße der Steilabstürze der mittleren Mosorterrasse aufsteigt, ist die geologische Beschaffenheit des Untergrundes nur teilweise erkennbar. Der westliche Teil dieses Gehänges ist fast ganz mit Feldern bedeckt. Es streichen hier wahrscheinlich jene Sandstein- schichten aus, welche unterhalb des Kuzmangrates anstehen. Weiter [79] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 293 ostwärts treten neben vielem Schutte auch konglomeratische Gesteine und Foraminiferenkalke auf. Oberhalb der früher erwähnten Straßen- kniekung springt ein Felskopf vor, auf welchem ziemlich flach liegende Konglomeratschichten angetroffen werden. Der am Abhang ober Sv. Klement zu Füßen der Felswände zwischen Politine und Orisine vortretende Felskopf besteht aus Blöcken von Kreidekalk, zwischen denen Partien einer lockeren Breccie aus kleinen Trümmern des- selben Kalkes liegen. ÖOstwärts von Sv. Luka wölbt sich der Rand der Terrasse zu einem Höhenzuge auf. Das gleich ober Sv. Luka ansteigende Anfangs- stück desselben ist ein schroffer Felsgrat. Weiter nach oben hin flacht sich die Kammregion des Höhenzuges zu einem schmalen Rücken ab, welcher in der Kuppe Makirina (702 m) kulminiert. Das in der Fortsetzung der früher besprochenen Terrasse gelegene Terrain ge- staltet sich zufolge dieser hohen Randaufwölbung zu einem Talboden. Derselbe wird durch eine ihn parallel zu seiner Längserstreckung durchziehende, gegen NO abfallende Böschung in einen höheren süd- westlichen und einen tieferen nordöstlichen Teil zerlegt. Der letztere gestaltet sich zu einer kleinen eluvialen Ebene, der erstere ist ein flachgewelltes Felsterrain, welches in ungefähr demselben Niveau wie die Terrasse liegt. (Siehe Taf II, Prof. VI.) Der Makirinarücken ist eine jener Ortlichkeiten, wo man die für das Mosorgebiet charakteristische Faltenform besonders schön entwickelt sieht. Auf der Rückenfläche selbst liegen die Konglomerat- bänke flach und man kann deutlich sehen, wie sie sich zu beiden Seiten derselben rasch hinabbiegen. Auch am Sattel östlich von der Makirinakuppe ist die Domstruktur des Faltenzuges gut erkennbar. Etwas weiter südostwärts vertauscht die Kammlinie auf eine ganz kurze Strecke den dinarischen Verlauf mit einem rein west-östlichen. An dem’Winkel, an welchem dann neuerdings das NW —SO-Streichen einsetzt, befindet sich die breite Einsattlung von Rudina (949 ı).: Dieselbe bezeichnet die Grenze zwischen dem zum Mittelmosor und dem zum Ostmosor gehörigen Teile des Makirnakammes. Auf diesem Sattel trifft man horizontal gelagerte Konglomerate an, welche zur Entwicklung ausgedehnter Felsflächen Anlaß geben. Streckenweise verlieren die Gesteine, welche am Aufbaue der Makirina Anteil nehmen, mehr oder weniger ihren klastischen Charakter und nehmen fast oder ganz das Aussehen homogener Kreidekalke an. Hand in Hand mit dieser Umgestaltung des Gefüges geht eine Um- wandlung des Reliefs. An Stelle der oft umfangreichen, flachen Fels- plaques der konglomeratischen Gesteinspartien treten stark zernagte und zerfressene Grate. Diese Wechselbeziehung zwischen Gefüge und Relief ist allerdings keine durchgreifende Erscheinung. Man trifft auch Felsen an, die flach gerundete Formen zeigen und sich gleich- wohl als homogener Kalk erweisen. Die weißen Kreidekalke treten zum Teil am Nordabhange und insbesondere in der flachen Terrain- stufe vor dem Nordfuße des Makirinarückens auf. Sie sind hier steil gegen das nahe Blato zu geneigt und es hat den Anschein, daß die südwestwärts benachbarten konglomeratischen Gesteinsbänke unter diese Kreidekalke einfallen. Ein ganz analoges Lagerungsverhältnis 294 Dr. Fritz v. Kerner. [80] kann man streckenweise an der Nordostseite des zum Ostmosor ge- hörigen Teiles des Makirinakammes feststellen. Bei Gelegenheit der Beschreibung dieses letzteren Gebietes soll auch auf die tektonische Deutung dieser für das Mosorgebiet abnormen Lagebeziehung zwischen Rudistenkalk und Kalkkonglomerat näher eingegangen werden. Das Blato ist eine kleine eluviale Talebene, welche bei Sv. Klement, unterhalb Orisine beginnt, sich gegen SO hin allmälig verbreitert und alsdann in zwei Aste spaltet, von denen der linkseitige als Talboden von Dubrava den Südfuß des östlichen Mosorkammes eine Strecke weit begleitet, der rechtseitige hingegen sich in das Tal des Smovo potok fortsetzt, welches entlang dem Nordfuße des Makirinakammes bis zum östlichen Gebirgsende verläuft. Das Blato ist ganz mit Ackern und Weingärten bedeckt und der Untergrund darum nicht sichtbar. Vermutlich besteht derselbe aus undurchlässigen Mergelschichten, da in ihm ein kleines Rinnsal zur Entwieklung kommt, welches den Beginn des Smovo potok darstellt. In den eluvialen Mulden mit rein kalkiger Unterlage pflegen Rinnsale zu fehlen, da die Terra rossa zu wenig undurchlässig ist, um horizontale Sickerwasserbewegungen in nennenswertem Ausmaße zu ermöglichen. Am Beginne des Blato bei Sv. Klement sind Mergel aufge- schlossen, mit deren Vorkommen das Erscheinen einer kleinen Quelle im Zusammenhange steht. Im Anfangsteile des Smovotales, des linken Astes der Blatoebene, sind auch Eluvien von Flyschmergel sichtbar. So darf man wohl annehmen, daß auch das zwischen diesen beiden Ortlichkeiten gelegene Terrain einen mergeligen Untergrund besitzt. Das Gehänge, welches sich vom Nordostrande des Blato zum Fuße der Steilwand bei Orisine hinanzieht, erscheint in morpho- logischer Beziehung als südöstliche Fortsetzung der Abhänge, welche von der Terrasse ober Sv. Luka zu den Felsabstürzen bei Poli&ine emporsteigen. In geologischer Hinsicht entspricht es aber einer von tertiären Kalken umgebenen Aufbruchszone von Rudistenkalk, welche sich zwischen den Konglomeratzug der unteren Mosorterrasse und die Kalkabhänge der mittleren Terrasse einschiebt. In der unteren Zone des Abhanges auf der Nordseite des Blato trifft man sehr zackige Felszüge von steil gegen die Blatoebene zu einfallendem, eozänem Foraminiferenkalk. Auch der dem felsigen Rande der Ebene vorgelagerte isol.erte Riff besteht aus solchem Kalke. Diesen Rand begleitet streckenweise eine schmale Zone von plattig schiefrigem, gelblichgrauem Kalk, Im südöstlichen Teile der untersten Gehängezone ist die steile Aufrichtung des Foraminiferenkalkes deutlich zu erkennen. In der mittleren Gehängezone hat man grobkörnigen weißen Radiolitenkalk. Hier sind die Lagerungsverhältnisse schwer festzustellen. Höher oben am Gehänge trifft man östlich von den Hütten von OriSine Alveolinenkalk, etwas Kalkkonglomerat, graugelben schiefrigen Mergel und braunen Flyschsandstein. Der Alveolinenkalk bildet Felszüge, die anscheinend sanft bis mittelsteil gegen den Berg zu einfallen. Er ist. hier ziemlich fossilreich. Die anderen soeben genannten Gesteine sind nur in isolierten Felsen oder nur in großen Brocken und kleinen Trümmern sichtbar. Letzteres gilt besonders vom Flyschsandstein. Der Alveolinenkalk [81] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 295 formiert dann eine kleine quer zum Streichen verlaufende Felsstufe. Man hat es hier mit einer lokalen Querverschiebung. zu tun. : Öst- wärts von dieser Stufe folgt Flysch und dann ein Acker auf Flysch- eluvium. Unmittelbar vor diesem sieht man dünnbankigen bis plattigen Foraminiferenkalk mittelsteil gegen ONO einfallen. Weiter aufwärts am Gehänge folgen noch Felsen von Alveolinenkalk und konglomera- tische Gesteinspartien und alsdann — die Steilabstürze oberhalb des Gehänges bildend — Kreidekalk. Dieser scheint auch hier gleichwie ober Orisine steil gegen SW einzufallen. Ohne Zweifel handelt es sich bei der im vorigen beschriebenen Terrainzone um eine stark ver- quetschte Einklemmung eozäner Schichten. (Siehe Taf. III, Prof. 1.) Gegen NW hin keilt der Zug von Radiolitenkalk, welcher die Mittelzone des Gehänges auf der Nordostseite des Blato einnimmt, unterhalb der östlichsten Hütten von OriSine aus. Beim Aufstiege von Sv. Klement nach Orisine befindet man sich schon ganz im eozänen Mantel des kretazischen Faltenkernes. Man trifft hier einen körnigen bräunlichen Kalk mit vereinzelten Nummuliten und Alveolinen. Der- selbe fällt in der nordwestlichen Verlängerung des Kreidekalkzuges mäßig steil gegen SW ein. Die Stelle, wo dieser letztere gegen SO hin auskeilt, läßt sich nicht ermitteln, da das südöstliche Endstück des Gehänges links vom Blato ganz mit Kulturen bedeckt erscheint. Westlich von den Hütten von Radicic, woselbst der Kreidekalk unter diesen Kulturen verschwindet, schließt sich an seinen Nordrand zunächst eine Zone von Weingärten. Dann folgt, einen Steilrand bildend, dünn- geschichteter, bräunlicher Kalk mit spärlicher Foraminiferenfauna und darüber ein Felshang von Alveolinenkalk. Das südöstliche Endstück des im vorigen beschriebenen Gehänges oberhalb des Blato dacht gegen die linkseitige Fortsetzung dieser Ebene, den Dubravaner Talboden ab. Dementsprechend senkt sich auch der Zug von Eozängesteinen, welcher die oberste Zone jenes Gehänges bildet, in der Richtung gegen SO hinab, um nach dem Abflachen des Geländes den Nordostrand des Talbodens von Dubrava zu bilden. Vor den westlichsten Hütten dieses Dorfes trifft man am Fuße des Gehänges zunächst einen schiefrigen gelben Kalk, dann 40° NO fallenden bankigen Kalk mit Milioliten, darüber mangelhaft geschichteten bräunlichen Kalk, welcher zunächst Alveolinen, dann Nummuliten und weiter aufwärts wieder Alveolinen führt. In dem vorhandenen Schutte befinden sich auch Trümmer von Kreidekalk, welche von den oberen Partien des steilen Felsgehänges- stammen. XI. Die südwestliche Vorkette des mittleren Mosor. Der Bergkamm der Sridivica, welcher dem Südwestfuße des mittleren Mosor vorliegt, besteht aus einer Kernzone von Rudisten- kalk und Breccien dieses Kalkes, um die sich obereozäne Mergel- schiefer und Flyschgesteine herumlagern. Im äußeren Zernovnicatale kommt diese Bauart sehr deutlich durch eine Gliederung der nord- östlichen Talseite zum Ausdruck. Der untere Teil derselben ist eine mit Weingärten bedeckte terrassierte Berglehne, der obere ein mit spärlichem Gestrüpp bestandener Felshang. Zwischen beiden verläuft 2965 Dr. Fritz v. Kerner. [82] eine gleichfalls schon im Landschaftsbilde erkennbare Grenzzone, welche den Verlauf der Plattenmergel bezeichnet. Die untere Berg- lehne, welche durch den Flysch gebildet wird, der die Mulde zwischen den Kreidekalkfalten der Poljica und Sridivica ausfüllt, erfährt tal- einwärts eine allmälige Verschmälerung, so daß etwa 2 Im südostwärts vom Talende die Felsgehänge des Rudistenkaikes der Sridiviea bis weit gegen die Tahlsohle hinabreichen. Am Nordufer der Zernovnica sieht man in jener Gegend stark gefaltete und verquetschte Flyschbänke anstehen, am Südufer sind 50—70° gegen NO fallende hornsteinreiche Mergelschiefer aufgeschlossen. (Siehe Taf. I, Prof. III u. IV.) Dieselben bilden eine Strecke weit einen den Bach begleitenden Felswall. Weiter talauswärts sind beide Uferseiten mit vielem Schutt bedeckt, auch größere Blöcke liegen umher. Dann kommen dicht am Bache Mergelschiefer zutage, die auf der rechten Uferseite völlig horizontal liegen, zur Linken sich schon am Ufer etwas aufbiegen und oberhalb der dem Fuße des südwestlichen Talgehänges folgenden Straße mäßig steil gegen NO einfallen. Etwas später sieht man dann die Mergel auch zur Rechten des Bachrinnsales sanft gegen NO fallen. Zur Linken ziehen die Plattenmergel längs der Straße weiter, sind aber streckenweise durch den Schutt verdeckt. Näher gegen die Talmündung zu sieht man dann an der recht- seitigen Uferböschung und bald darnach auch auf der linken Bachseite Flyschmergel im Wechsel mit Sandsteinbänkchen aufgeschlossen, Sie fallen rechts sehr steil gegen W, links sehr steil gegen ONO. Sonst trifft man hier zu beiden Seiten des Baches sehr viel Schutt und im Rinnsale auch große Kalkblöcke. Im Bereiche der mit Weingärten bepflanzten rechtseitigen unteren Abhänge des äußeren Zernovnicatales sind nur an wenigen Stellen Auf- schlüsse vorhanden. Am besten läßt sich die spezielle Schichtfolge gleich rechts vom Taleingange beobachten. Man passiert dort beim Anstiege zu den Hütten von Barbaric als Einlagerungen in den Mergeln mehrere Bänke von bläulichen körnigen und gelblichen plattigen Kalken und grauen Nummulitenbreccienkalken. Das Einfallen dieser Bänke ist steil, teils gegen NNO, teils gegen W. (Siehe Taf. II, Prof. I.) Das Liegende der Flyschmergel bilden am Nordostgehänge des Zernovnicatales Hornstein führende Plattenmergel von grauer bis gelb- licher Farbe. Die Hornsteinputzen erreichen stellenweise eine ansehn- liche Größe. Sie treten vorwiegend an den Schichtflächen auf und bilden darum, wenn sie sehr zahlreich sind und teilweise konfluieren, förmliche Zwischenlagen zwischen den Mergelbänken. In Verbindung mit diesen Mergeln erscheinen sehr ungleichmäßig gekörnte graue Kalke mit einer spärlichen Nummulitenfauna und konglomeratische Schichten. Im nordwestlichen Teile der rechtseitigen Talwand fallen die Mergelkalke steil gegen WSW ein; streckenweise stehen sie ganz seiger. Sie sind hier von einem schmalen Breccienzuge durchsetzt. Weiter südostwärts fallen sie 60—40° WSW ein. Dann sieht man eine Zone von Breccien und Konglomeraten schief über das Gehänge herabziehen. In dieser Zone ist zunächst noch steiles südwestliches Einfallen konstatierbar. Dann folgt eine tektonisch unklare Region und weiter unten glaubt man flache Lagerung bis sanftes nordöst- [83] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 297 liches Schichtfallen wahrzunehmen. Tiefer unten biegen sich die Breceienbänke wieder hinab und es folgen dann zernagte, bankige Kalkmergel mit großen Massen von Hornstein. Dieselben scheinen steil gegen WSW bis W zu fallen. Man hat es hier mit einer sekun- dären Welle im Südwestflügel der Sridivicafalte zu tun. Der Kalkzug der Sridivica, welcher die mergelige Ausfüllung des Zernovnicatales im NÖ flankiert, entspricht einer Falte mit schön entwickelter Domstruktur. Die Felsgehänge, welche über den mäßig steil gegen das Tal geneigten Mergelschiefern aufsteigen, bestehen aus Bänken von Rudistenkalk, die steil, 55—65° gegen WSW einfallen. Weiter gegen oben nimmt die Schichtneigung stetig ab und in der Kammregion des Rückens tritt völlig flache Lagerung ein. Jenseits der Kammlinie biegen sich die Kalkbänke dann wieder mehr und mehr hinab und an der Grenze gegen die Plattenmergel, welche der Nordostseite des Rückens angelagert sind, ist steiles NO-Fallen der Kalkbänke konstatierbar. Besonders schön ist dieser Gewölbebau in der Region der Hauptkuppe des Bergrückens (434 m) zu beobachten. Dort trifft man auch noch an den oberen Südabhängen horizontal liegende Kalkbänke und zwischen ihnen und den steil gegen WSW einfallenden Schichten der tieferen Abhänge ist dort eine Zone ein- geschaltet, in welcher das wüste Karstrelief die Lagerungsverhältnisse unkenntlich macht. Der Rudistenkalkzug der Sridivica tritt südwestlich von Visac aus den ihn umhüllenden mergeligen Gesteinen hervor und taucht östlich vom Dorfe Zernovnica wieder unter Plattenmergeln hinab. Gleich dem Kamme der Poljica wird auch die innere Vorkette des Mosor nahe vor ihrem nordwestlichen Ende vom Stobrec potok durch- brochen. Dieser innere Durchbruch ist ungefähr dreimal so lang als der äußere und dementsprechend auch die isolierte Felsmasse, welche nordwärts vom inneren Durchbruche zu liegen kommt, viel umfang- reicher als der Felshügel zur Rechten der äußeren Durchbruchsstelle. Das Einfallen der Schichten ist in jener isolierten Masse ziemlich steil gegen N. Längs der Südwand des Durchbruches ist Antiklinal- stellung, Übergang des Einfallens nach W in solches nach NO schön aufgeschlossen. Das Gestein, aus welchem sich das nordwestliche End- stück des Sridivicakammes aufbaut, ist eine sehr feste Breccie aus weißen, lichtgrauen und bläulichgrauen Kalkfragmenten. Diese Breccie stimmt in ihrem Habitus ganz mit jener überein, welche zu beiden Seiten des äußeren Stobrecdurchbruches und in der Umgebung des Ursprunges des Jadroflusses (hinter Salona) ansteht. Talauswärts von der westlichen Pforte des engen Durchbruches des Stobree durch die Sridivicafalte strömt dieser Fluß zirka !/, km weit zwischen steilen Uferwänden von Kalktuff dahin. Diese von vielen Höhlungen durchsetzten, teilweise mit Strauchwerk bewachsenen lichtgelblichbraunen Uferwände mit dem zwischen ihnen in der Tiefe über Klippen rauschenden Gebirgsflusse bilden einen malerischen Vordergrund für die bei Zernovnica sich dem Anblicke darbietende Gebirgslandschaft. Am ersten Vorkopfe des Sridivicakammes trifft man viel loses Trümmerwerk von Nummuliten und Alveolinen führenden Kalken und Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 89 298 Dr. Fritz v. Kerner. [84] Brocken von Kalkkonglomeraten. Dem Kamme gegen SO weiter folgend, kommt man dann allmälig in den Bereich des Rudistenkalkes. Die unterhalb der nordöstlichen Felsabhänge der Sridivica sich hinziehende Berglehne, welche gegen das Tal des Brisine potok ab- dacht, zerfällt in ihrem nordwestlichen Teile in zwei lithologisch und tektonisch differente Zonen. Die obere Zone besteht aus Hornstein führenden Mergelschiefern, die im äußersten Teile des Bri$inetales eine synklinale Lagerung erkennen lassen. Die untere Zone besteht aus dem dem Mosorgebiete eigentümlichen mitteleozänen Foramini- ferenkalke und zeigt antiklinale Schichtstellung. Aus diesem Fora- miniferenkalke besteht auch noch die Basis des nordöstlichen Gehänges des BriSinetales, so daß das Bachbett ganz in ihn eingeschnitten ist. In der Mündungsregion des BriSinetales stehen jedoch noch zu beiden Seiten des Baches Plattenmergel an und der Foraminiferenkalk kommt erst etwas taleinwärts unter den Mergeln hervor. Eine kurze Strecke unterhalb der Schlucht, welche bei Unter-Sitno rechts in das Brisinetal mündet, taucht der Foraminiferenkalk wieder unter die Plattenmergel hinab und gegenüber von Sitno sind die unteren Nordostabhänge der Sridivica bis zu ihrem Fuße hinab aus Mergeln bestehend. Dieser Auf- bruch von Foraminiferenkalk ist der vierte kleine Faltenzug in der Vorfaltenzone des mittleren Mosor. (Siehe Taf. II, Prof. H u. III.) Auf der Strecke vom oberen Ende des inneren Stobrecdurch- bruches bis zum Eingange in das Brisinetal trifft man zunächst unter den obersten Konglomerat- und Breccienbänken im Nordostflügel der Sridivicafalte wohlgeschichtete, 25—30° gegen NO einfallende blau- sraue und gelbe Mergelschiefer, dann jenseits einer Zone mit lokalem Lagerungswechsel verschieden steil gegen W bis WNW geneigte Mergelschichten. Dann folgt taleinwärts brauner körniger Nummuliten- kalk, sanft gegen W einfallend, und dann sehr grobes Konglomerat von ebensolcher Fallrichtung. Etwas später ist SW-Fallen auf der linken und NO-Fallen auf der rechten Talseite konstatierbar, so daß der Brisine potok hier der Achse des Antiklinalaufbruches folgt. Weiter einwärts zeigt das Nordostgehänge den für endokline Lagerung charakteristischen Treppenbau und stehen auch südwestwärts von der Talschlucht 40° gegen ONO geneigte Schichten an, so daß das Bach- bett hier einem Isoklinaleinschnitte (im nordöstlichen Flügel der BriSinefalte) entspricht. Unterhalb des Sattels zwischen der ersten und zweiten Kuppe des Sridivicakammes ist am Südgehänge des BriSinetales in der Region der Muldenachse (zwischen dem Sattel der Sridivica und dem Antiklinalaufbruche des BriSinetales) ein Querbruch mit Absenkung des westlich von ihm gelegenen Terrains zu kon- statieren. Gegenüber von Unter-Sitno besteht das Gehänge — wie schon erwähnt — vom Bachbette bis zu den untersten Kreidekalkfelsen der Sridivica hinauf aus Mergelschiefern. Nur vor der Mündung des Bach- rinnsales, welches sich unterhalb Sitno mit dem BriSine potok ver- einigt, trifft man nochmals Kalkkonglomerate an. Die Mergelschiefer- masse fällt 40— 60° steil gegen ONO und entspricht hier drei eng aneinandergepreßten Faltenflügeln, den Flanken der fünften Mulde und des vierten Sattels in der Vorfaltenzone des mittleren Mosor. [85] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 299 In dem keilförmigen südöstlichen Endstücke des Kreidekalk- zuges der Sridivica konstatiert man ein Schichtfallen gegen NNO, OÖ und SO. Um diesen Keil legt sich ein Mantel von eozänen, Alveolinen und Nummuliten führenden Kalken, Breccien und Konglomeratgesteinen. Im Bereiche des kleinen Grabens, welcher sich von der Biegung des Zernovnicatales westlich von Srinjine am rechten Talgehänge hinan- zieht, kann man in diesen Deckschichten des Kernes der Sridivicafalte die hemiperiklinale Lagerung sehr schön feststellen. Auf der Ost- seite des Grabens sieht man drei stufenförmig übereinander folgende, gegen den Graben konkave Bogen beschreibende Felszüge. Dieselben entsprechen den Schichtköpfen dreier mächtiger Konglomeratbänke, deren Fallrichtung sukzessive aus NO über O in S übergeht. Auf der Westseite des Grabens zieht sich ein breites Band von Platten- mergeln hinan, das von einer kleinen Partie von Konglomeraten durch- setzt wird. Diese Plattenmergel nehmen innerhalb des eozänen Mantels der Sridivicafalte ein tieferes Niveau ein als die früher genannten drei Konglomeratbänke. Die oberste dieser Bänke entspricht ihrem Niveau nach schon den hangendsten Partien des Plattenkalkkomplexes, da sie unmittelbar vom Flysch überlagert wird. Die teilweise Ver- tretung des eben genannten Schichtkomplexes durch Konglomerate, wie man sie auf dem Südostende der Sridivica wahrnimmt, bildet einen Ubergang zu der Faziesentwicklung, welche auf der Nordost- seite des Poljieagebirges angetroffen wird. Dort fehlen die mergeligen Plattenkalke völlig und besteht die ganze Schichtmasse zwischen dem Rudistenkalke und dem Flysch aus Breccien und Konglomeraten. Mit den steil gestellten Mergelkalken, welche auf der Südwestseite der Sridivicafalte bei Sv. Nikola anstehen, sind die früher erwähnten, von Konglomeratbänken überlagerten Plattenmergel am Südostende der Falte nicht in Verbindung. Die mergelige Umhüllung des südöstlichen Endes des Falten- kernes ist hier im Bereiche der Sohle des Zernovnicatales denudiert. Unterhalb des Dorfes Sitno tritt auf der linken Seite des Brisine- tales Flyschsandstein auf. Derselbe bildet das nordwestliche Ende eines mächtigen Sandsteinkomplexes, welcher, gegen SO hin sich ver- breiternd, zunächst den flachen Rücken aufbaut, welcher den Berg- zug der Sridivica mit den unteren Abhängen des Makirinakammes verbindet und weiterhin — nach dem Abflachen des ersteren Berg- zuges — den ganzen Raum zwischen dem Makirinakamme und dem Poljicagebirge ausfüllt. Der nordwestliche Teil dieser Sandsteinmasse entspricht einer steilen Synklinale. Im Rinnsale des obersten Brisine potok, welches sich zwischen die Sandsteine und die Mergel am Abhang unter Sitno einschiebt, trifft man seiger stehende Bänke von Flysch- sandstein. Auf der linken Seite des Baches nehmen die Schichten allmälig eine nordöstliche Fallrichtung an. Zunächst sehr steil gegen NO einfallend, vermindern sie dann ihre Neigung. Am Anfangsstücke des Weges, welcher vom kleinen Talboden unter Sitno nach Visac hinaufführt, sind mäßig steil gegen NO geneigte Kalksandsteine auf- geschlossen. Westwärts von diesem Wege folgt alsbald der Mergel- kalk, welcher die Flyschschichten unterlagert. Dieser Kalk zeigt hier die gleiche Lagerungsweise wie der Flysch; am nordwestlichen 39* 300 Dr. Fritz v. Kerner, [86] Ende der Sandsteinmasse fällt er aber in ostsüdöstlicher Richtung unter diese ein. Da, wo der vorerwähnte Weg über den Rücken hinläuft, welcher die Gelände von Sitno und Srinjine scheidet, sind die Kalksandsteine mittelsteil gegen SW geneigt. Man befindet sich hier im Nordostflügel der Sandsteinsynklinale. Die Hütten von Visac liegen schon in der südöstlichen Fortsetzung der Zone von Flysch- mergeln unter Sitno. Bei der obersten Hüttengruppe von Srinjine sind gleichfalls Flyschmergel dominierend. Am Wege von Visac nach Srinjine trifft man viele schmale Felszüge, welche den Schichtköpfen steil gestellter härterer, kalkigsandiger Einlagerungen in der Flyschmasse entsprechen. In der Gegend der kleinen oberen Kirche von Srinjine fallen die Flyschbänke 40—50° ONO. (Siehe Taf. II, Prof. V u. VI.) Oberhalb des früher erwähnten Grabens am Östende des Sridivica- rückens lehnt sich der Südwestrand der Flyschzone an den äußeren der drei Konglomeratzüge, welche dortselbst an der Ostseite des Grabens sichtbar sind. Die Grenze zwischen Konglomerat und Flysch ist hier besonders neben der kleinen Steinhütte vor den westlichsten Gehöften von Srinjine schön aufgeschlossen. Weiter ostwärts trifft man diese Grenze gleich oberhalb der Steinbrücke an, über welche der Weg von der Zernovnicer Straße zur unteren Kirche von Srinjine führt. Am rechten Ufer des Veliki potok sieht man hier mäßig steil, lokal auch ziemlich steil, gegen NO einfallende Konglomerate. Das flache, mit Weingärten bedeckte Terrain oberhalb der steilen Ufer- böschung fällt schon in den Bereich des Flysches. An das Rinnsal des Veliki potok tritt die eben genannte Schichtgrenze aber erst in der Gegend von Cer£ig heran. Bis dahin sieht man auch noch in den Wein- särten am rechten Ufer des genannten Potok Konglomeratriffe aufragen. Das sanft ansteigende Gehänge südostwärts von Srinjine ist ganz mit Weingärten bedeckt, so daß man hier über die Lagerungsweise der Flyschschichten keine Aufschlüsse erhält. Im Bereiche der Hügel- masse des Kravar, welcher eine inmitten der Rebengelände von Srinjine aufragende unbebaute Insel bildet, tritt dann wieder Flyschsandstein anstehend zutage. Der steil ansteigende, künstlich terrassierte Abhang oberhalb des Kravar ist ganz mit Schuttmassen bedeckt. Es läßt sich deshalb nicht ermitteln, ob die Sandsteinmasse auch noch hier nord- ostwärts von einer Mergelzone begleitet wird. Der Kravar besteht aus zumeist 35—45° ONO bis NO fallenden Flyschsandsteinen. Auch der Felsriff an seiner Nordostseite, welchen man ob seiner weißen Farbe aus der Ferne für Kalkstein halten könnte, verdankt diese Farbe nur einem Überzuge von Krustenflechten. Auf der Nordseite des Kravar ist östliches Schichtfallen festzustellen. Unterhalb des Hügels sieht man in den Weingärten mehr grünlich- graue, lehmige Erde, was darauf hinweist, daß sich hier Flyschmergel den Kalksandsteinen einschalten. Im Bereiche des großen, im vorigen besprochenen Flyschkomplexes treten mehrere Quellen auf. Die bedeutendsten derselben entspringen unterhalb des Dorfes Srinjine. Einige hundert Schritte nordwestlich von dem Pfarrhause kommt aus einer Ummauerung ein kleiner klarer Quellbach hervor. Das sehr sanft gegen S geneigte umgebende Terrain besteht aus mäßig steil gegen ONO einfallenden Flyschschichten. [87] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 301 Gleich neben dem Pfarrhause, an welches sich für den Schreiber dieser Zeilen die Erinnerung an eine dort genossene äußerst liebens- würdige Gastfreundschaft knüpft, bricht eine gleichfalls schöne und - reiche Quelle unter ganz analogen Verhältnissen wie die vorige auf. Etwas weiter südostwärts befindet sich nahe dem Nordwestfuße des Kravar die Quelle Brisnik. Eine andere Quelle entspringt vor dem Südwestfuße dieses Hügels am rechten Ufer des Veliki potok. XII. Die Nordostabhänge und der Kamm des östlichen Mosor. Der östliche Mosor stellt sich als ein mächtiger Gebirgskamm dar, der im Gegensatz zum Mittelmosor ohne breite Vorbaue aufsteigt. Gegen Süden dacht er mit steilen Hängen ab, die keinerlei Andeutung von Stufenbildung erkennen lassen; sein Nordabhang weist mehrere, jedoch nur schmale und nicht weit in die Länge sich erstreckende Terrassen auf. Als Grenze gegen den Mittelmosor ist auf der Nordseite des Gebirges eine Linie anzunehmen, die den Luti kamen mit dem oberen Ende des Talbodens unter Vrutka staje verbindet. Der Weg vom Dolac zum eben genannten Sattel kommt so mit Ausnahme seines obersten steilen Stückes noch in den Bereich des Ostmosor zu liegen. Der Nordostfuß des östlichen Mosor fällt mit dem Südrande des Dolac polje zusammen. Hier treten im Liegenden der Mergel- schichten, welche — von Eluvien überdeckt — den Poljenboden bilden, alveolinenreiche Kalke und Breccien auf. Erstere sind auf eine schmale, mehrmals unterbrochene Randzone beschränkt; das von den letzteren eingenommene Gebiet gewinnt dagegen gegen SO hin sehr an Breite, so daß sie am östlichen Ende des Mosorkammes an dessen Nordabhängen weit hinaufreichen. Vom Südrande des westlichen Dolae polje wird die Strecke von Simunidc bis etwas westwärts von DeS$iSevic von tertiären Kalken ge- bildet. Zwischen MandiC und Simunid reicht weißer Kreidekalk bis dicht an die Eluvien des Polje. Gleich westwärts von den Hütten von Simunic trifft man am Poljenrande eine Breceie, an deren Zu- sammensetzung weißer körniger Rudistenkalk, ein dichter bis blaß- gelblicher Kalk, welcher gleichfalls Rudistenreste enthält, und ein licht- bräunlicher Kalk mit spärlichen Milioliden Anteil nehmen. Von letzterem sind auch kleine Blöcke vorhanden. Weiterhin ist der körnige weiße Kreidekalk als Bestandteil der Breceie dominierend. Vor Desisevic, bei einem efeuumrankten verfallenen Gemäuer trifft man dieht mit kleinen Alveolinen erfüllten Kalk anstehend und in losen Trümmern, gleich weiter oben aber schon weißen Kreidekalk. In dem dann folgen- den Steinbruche steht eine Breccie an, welche aus Stücken von weißem, körnigen und dichtem Kreidekalk, Alveolinen- und Miliolidenkalk, sowie aus Trümmern von rötlichen und bräunlichen Kalken ohne Fossilien zusammengesetzt ist Die Kittmasse ist grünlicher Flysch- mergel. Oberhalb Desisevic, vor dem unteren Ende des Talbodens von Vrutka staje, stehen grobkörnige, rudistenreiche Kalke an, die 25—30° steil gegen NO einfallen. Lokal trifft man hier auch Breccienkalke. 302 Dr. Fritz v. Kerner. [88] Am Abhang südwärts von dem eben genannten Talboden passiert man eine Zone von weißem bis lichtgelblichem, dichtem, gut geschichtetem Kalk, welcher sehr steil, 55—70° gegen NO einfällt. Das Schichtfallen ist hier bedeutend steiler als die Gehängeneigung. ÖOstwärts vom Wege zum Luti kamen zieht sich ein sehr einförmiges, mit Gestrüpp bewachsenes Gehänge empor. Oberhalb desselben breitet sich auf der Ostseite des Grates, der vom Luti kamen gegen SO hinansteigt, eine Dolinenregion aus. Am östlichen Rand derselben, wo das Terrain steil gegen: das Vrutkatal-abzufallen beginnt, trifft man 100 gegen Ost ein- fallenden weißen bis lichtbräunlichen Kalk, der in dünne scharfkantige Bänke abgesondert ist. Im Innern dieser Dolinenregion ist die Schicht- lage im allgemeinen schwer zu beurteilen. Es scheint zum Teil ziemlich flache Lagerung vorhanden zu sein. Südwärts erhebt sich in dem Grate, welcher vom Luti kamen zur Botajna, dem ersten Gipfel des Ostmosor, hinanzieht, die Kuppe Pulesva (1119 m). Im Südosten begrenzt sich die Dolinenzone mit der Kuppe Kosira, welche aus jenem Grate gegen NO vorspringt. Bezüglich der Pule$va kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sie einer Schichtfalte entspricht; man sieht die Kalkbänke an ihrem Südabhange deutlich mäßig steil (ca. 30%) gegen SW, und an ihrem Nordgehänge 50 —60° steil gegen NO einfallen. Die Kosira scheint gleichfalls einer Schichtaufwölbung zu entsprechen. Wenn man sie — unterhalb der Nordwände der Pulesva stehend — von Westen her betrachtet, so gewinnt man den Eindruck, daß eine Falte von Domstruktur vorliege und daß gleich südwärts neben ihr noch eine zweite Auffaltung vorhanden sei, die dann die östliche Fortsetzung der Pulesvafalte wäre. Der oberste Teil des Grates zwischen dem Luti kamen und dem Botajnagipfel, südwärts von der Abgangsstelle. der Kosira, hält eine rein meridionale Richtung ein. Auf seiner Ostseite sieht man große Felsflächen sich gegen das am Nordfuße der Botajna gelegene Hochtal hinabsenken, auf seiner Westseite ist ein Abfallen der Schichten gegen die Region „Na metac“ zu erkennen. Es scheint sich auch hier um eine Bogenfalte zu handeln, doch ist die Gratlinie etwas mühsam zu begehen, was gegen eine bruchlose Umbiegung der Schichten spricht. Dieser Grat kann nur in hydrographischer Beziehung als ein Teil der Hauptkammlinie des Mosor angesehen werden, insofern man nämlich diesen Begriff mit dem der Wasserscheide zusammenfallen läßt. In orographischer Hinsicht erscheint es weit naturgemäßer, von zwei einander parallelen Hauptkämmen des Mosor zu sprechen, die durch einen Quergrat miteinander in Verbindung stehen. Der Umstand, daß der eine dieser Kämme sich dort abflacht, wo der andere empor- zusteigen beginnt, und daß dieselben somit nicht einmal auf eine kurze Strecke weit in ungefähr derselben Höhe nebeneinander hin- laufen, täuscht bei flüchtiger Betrachtung das Vorhandensein nur eines an einer Stelle quer zum Streichen verschobenen Kammes vor. Bei näherer Betrachtung ergibt sich aber, daß als östliche Fortsetzung des Hauptkammes des Mittelmosor nur die Kuppe Kosira und der in ihrer südöstlichen Verlängerung gelegene Rücken gelten können und daß die westliche Fortsetzung des Ostmosorkammes in dem Grate von Lukaj zu suchen ist, welcher von der Botajna gegen NW abgeht. [89] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 303 Noch mehr als in morphologischer Beziehung müßte in tektonischer Hinsicht die Annahme einer Einheitlichkeit des Mosorkammes zurück- gewiesen werden. Man hat es mit zwei einander parallelen Haupt- falten zu tun, die nordwärts des Botajnagipfels durch eine Querfalte verbunden sind. Bezüglich des Grates von Lukaj kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß er einer steilen domförmigen Falte entspricht. Auf seiner Südseite sieht man große schiefe Felsschichtflächen, auch im Bereich der Gratlinie sind flach gewölbte Felsplaques vorhanden und dieselbe ist nicht schwierig zu begehen. An den Nordabstürzen sind die Lagerungsverhältnisse allerdings ziemlich unklar. Auch die tieferen westlichen Teile des Lukajgrates lassen in ihrem Aussehen auf das Vorhandensein einer allerdings scharf gebogenen Falte schließen. Es scheint sich bei dem Auseinandertreten der Grate auf der Westseite des Botajnagipfels um den seltenen Fall einer Faltengabelung zu handeln. Das zwischen dem Lukajgrate und dem Verbindungsgrate der Botajna mit der Kosira gelegene Gebiet ist ein äußerst wüstes Felsterrain mit zahlreichen Dolinen inmitten eines Gewirres von kleinen Kämmen und Kuppen. Es dürfte sich hier um flachwellige Schichtlage handeln. Auf seiner Südseite entsendet der Grat von Lukaj einen Seitengrat gegen West, mit welchem er ein kleines, sehr ödes Hochtal einschließt. Dieser Seitengrat scheint einer Schichten- flexur zu entsprechen. Die Struktur des Botajnagipfels (1197 m) ist nicht klar erkenn- bar. Vermutlich entspricht er einer flachen Schichtaufwölbung. Dicht unter ihm befindet sich ein Vorkommen von stengligfasrigem Kalzit. Die Lage der Botajna halbwegs zwischen den Kulminationen der mittleren und östlichen Mosor planina verleihen der Rundsicht, die man von ihrem Gipfel aus genießt, einen besonderen Reiz, insofern der Blick nach zwei einander entgegengesetzten Seiten hin durch wilde Vordergrundpartien malerisch unterbrochen wird. Im Nordwesten ragt der Kamm der Ljubirna — von seiner Schmalseite aus gesehen — als mächtiger Felsdom auf. Im Südosten steigt der Grat des Kozik — in völliger Verkürzung als kühn geformtes Horn erscheinend — steil empor. Gegen Norden dacht der Botajnagipfel zum oberen Ende eines kleinen Hochtales ab, dessen linkseitige Begrenzung durch den Grat gebildet wird, welcher von der Kosira gegen SO abgeht und dessen Rückwand die Ostseite des Verbindungsgrates zwischen der Botajna und Kosira ist. Der vorgenannte Grat erfährt indessen eine so rasche Abflachung zu einem niedrigen Rücken, daß die Bezeichnung Tal nur. für das obere Endstück des Terrains am Nordfuße der Botajna_ an- gewendet werden kann und dessen übriger Teil als eine Terrasse mit schwach erhöhtem Rande zu bezeichnen ist. Dieser wallartig. auf- geworfene Rand entspricht einer von lokalen Störungen durchsetzten Schichtflexur. In seinem Mittelstücke hat es den Anschein, .als wenn die Kalkbänke, die seinen First formieren, schon gegen. SW_ ein- fielen und gleich darunter noch nordöstliches Schichtfallen vorhanden wäre. An anderen Stellen scheint der ganze Wall aus gegen NO geneigten Schichten zu bestehen. In der flach eingesenkten Terrasse 304 Dr. Fritz v. Kerner. [90] neben dem Walle ist teils schwebende Lagerung, teils sanftes SW- Fallen vorhanden. Der Kalk ist am Nordabhange der Botajna grob- körnig und rudistenführend, im Bereiche der vorgelagerten Terrasse zum Teil breccienartig, am erhöhten Rande derselben dicht und ohne deutliche Versteinerungen. Der westliche, auf drei Seiten von öden, zum Teil schuttbedeckten Abhängen umgebene Terrassenteil wird von einem großen Eluvialfelde eingenommen, das zum Teil als Kultur- boden Verwertung findet. Der östlichste, tiefst gelegene Teil der nördlichen Vorstufe der Botajna ist stark felsig und mit Gestrüpp bewachsen. Wie schon erwähnt, entspricht die Kozira und der von ihr ab- gehende Rücken, welcher den erhöhten Rand der Botajnaterrasse bildet, der östlichen sich abflachenden Fortsetzung jener Schicht- aufwölbung, welche den Gipfelkamm des Mittelmosor aufbaut. Das Nordgehänge dieses niedrigen Endstückes des Gipfelkammes zerfällt hinsichtlich seiner Profillinie in zwei Teile. Der westliche Gehänge- abschnitt unterhalb der Kozira erfährt in seiner untersten Zone eine Unterbrechung durch eine kleine Stufenbildung und baut sich von da mit großer Gleichmäßigkeit empor. In den südöstlichen Gehängeteil schiebt sich dagegen in dessen Mittelhöhe eine Stufe ein. Die erstere Gehängestufe oberhalb DesiSeviö ist ein sehr hügeliges Terrain, in das eine große Zahl von Dolinen mit als Ackerboden verwerteter Eluvialausfüllung eingesenkt sind. Auch die Stufe in der Mittelhöhe des Gehänges ober Simunic, auf welcher eine Anzahl ärmlicher Alm- hütten steht, ist ein sehr unebenes, stark welliges Terrain. Beide Stufen sind — wie dies bei den Terrassenbildungen am Nordabhang des West- und Mittelmosor zumeist der Fall ist — durch eine Abflachung der nordöstlichen Schichtneigung bedingt. Bei Simuni& ist die Breccienentwicklung am Rande des Dolaec polje sehr spärlich. Man trifft hier schon weit unten am Gehänge körnige Kalke an, die in ziemlich dünne Bänke abgesondert sind und 30—40° gegen NO einfallen. Weiter hinauf ist das Gehänge mit vielem Trümmerwerk bestreut und nur stellenweise eine 40—45° steile Neigung der Schichten gegen NO erkennbar. Oberhalb der Gehänge- stufe mit den Almhütten hört die grobkörnige Entwicklung des Kreide- kalkes auf und es folgt, allmälig aus dieser hervorgehend, ein fein- körniger bis subdichter weißer Kalk mit spärlichen Fossilspuren. Stellenweise kann man hier 30° NO-Fallen konstatieren. Oberhalb Simuni6 sind mehrere Steinbrüche vorhanden, in welchen ein schöner grobkörniger Radiolitenkalk gewonnen und an Ort und Stelle zu prismatischen Klötzen für Tür- und Fensterstöcke, zu Stiegen- stufen und Steinplatten verarbeitet wird. Höher oben, am Rande der Terrainstufe mit den vielen Stajas, wurde an einer Stelle als Aus- füllung einer kleinen Kalkkluft gutes Brauneisenerz gefunden. Im all- gemeinen scheint der Mosor nicht reich an solchen Vorkommnissen zu sein, zum mindesten dem seinem Nordfuße vorgelagerten Terrain von Kotlenice an Erzreichtum sehr nachzustehen. Östwärts von Simuni& reicht weißer körniger Kreidekalk bis an den Rand des Dolac polje. Bei Mandie ist derselbe reich an Rudisten und streckenweise ganz aus Splittern von Rudistenschalen bestehend. [91] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 305 Er fällt hier 25—30° gegen NNO. Nur an einer Stelle traf ich hier am Poljenrande einen Fels von rötlichgrauem Kalk und daneben ein loses Gesteinsstück mit massenhaften Alveolinen. Bei Latkoviö tritt dann Alveolinenkalk, eine schmale Zone bildend, am Poljenrand zutage. An dem am meisten in das Dolac polje vorspringenden Teil des Mosorfußes steht ein Kalk an, der dicht mit kleinen kugeligen und ovalen Alveolinen erfüllt ist und stellenweise fast nur als Alveolinen- gehäusen besteht, eine Alveolinenbreccie bildend. Er ist in dünne schiefrige Lagen geschichtet und fällt 25—55° gegen NO ein. Hinter ihm folgt eine schmale Zene eines nur spärliche Alveolinen führenden Kalkes, der vom Kreidekalke unterteuft wird. Vor Putisic ist der dicht mit Alveolinen erfüllte Kalk rosenrot gefärbt und würde hier einen schönen Ornamentstein liefern können. Hier folgt unter dem Alveolinenkalke zunächst eine Breccienzone und dann erst Kreide- kalk. Letzterer ist an den Abhängen ober Mandic und Latkovic zu- meist grobkörnig, weiß und reich an Radioliten. Oberhalb der Randzone des Alveolinenkalkes breitet sich zwischen Latkovid und Putisic ein sehr coupiertes, von vielen Dolinen erfülltes Terrain aus, in dessen Bereich die Schichten zum Teil ganz horizontal liegen, zum Teil sehr sanft gegen das Dolac polje zu einfallen. Hinter diesem trichterreichen Terrain steigt ein Gehänge hinan, in dessen westlichem Teile, ober Latkovic, ein Eichenwäldchen steht (Lokalität Rastovi). Beim Aufstieg über die Gehänge westlich von diesem Wäldchen passiert man zunächst parallel zu deren Neigung 30° gegen ONO einfallende Schichten, dann wird die Lagerung undeutlich, dann kann man wieder 30—35° NO-Fallen ziemlich dünnbankiger, an Radiolitensplittern reicher Kalke konstatieren. Beim weiteren Auf- stiege gelangt man über einen Grat, der gegen oben hin sehr felsig wird. Die Schichtlage ist dort nicht erkennbar. Hinter und ober diesem Grate liegt ein kleiner Wiesenboden mit zwei ärmiichen Stajas. Ober diesem Boden steigt dann ein jäher Hang empor mit sehr steil 50— 70° abfallenden großen Felsflächen, die großenteils Schichtflächen sein mögen. Dieser Steilhang, in dessen Bereich man viel Trümmerwerk antrifft, reicht bis zum Kamme des Gebirges hinauf Ostwärts vom Rastoviwäldchen trifft man am Abhange ober Latkovi& Breccienkalke, die teils aus weißen Kalkstücken mit grünlich- grauem Zwischenmittel, teils aus weißen, grauen und bräunlichen Fragmenten ohne Kittmasse bestehen. Das Einfallen ist dort 25—50° NO. Höher oben sieht man neben grobkörnigen radiolitenreichen Kalken auch dichte fossilleere Kalke anstehen. In dem Terrain ost- wärts von dem früher erwähnten felsigen Grat unterhalb des Wiesen- bodens mit den Steinhütten gewahrt man sehr wilde Felsformationen, die durch Schichtköpfe von mittelsteil gegen NO einfallenden dick- bankigen Kalken gebildet werden. Der Kamm des östlichen Mosor kann in einen nordwestlichen und in einen südöstlichen Teil geschieden werden. Die Grenze zwischen beiden wird durch eine Einsattlung bezeichnet, welche oberhalb des am weitesten in das Dolac polje vorspringenden Teiles des nördlichen Gebirgsfußes liegt. Den nordwestlichen Endpunkt des ersteren Kamm- abschnittes bildet die Botajna. Östlich von diesem Gipfel tritt am Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Hett. (F. v. Kerner.) 40 306 Dr. Fritz v. Kerner, [92] Mosorkamme jene Varietät der dalmatischen Kreidekalke auf, welche an anderen Orten Chondrodonta Joannae und Radiolites angeiodes führt und dann zugleich ein stratigraphisch fixiertes Schichtglied bildet. Hier konnte ich trotz eifrigen, bei zweimaligem Besuche der Region erfolgten Suchens nichts von diesen Leitfossilien des unteren Rudisten- kalkes finden und es muß daher bei der Unsicherheit von Niveau- bestimmungen auf Grund petrographischer Übereinstimmung noch zweifelhaft bleiben, ob man hier jenes Ostreenniveau vor sich hat. Es ist ein weißer grobkörniger Kalk, welcher in plattige, aber nicht eben- flächig begrenzte Stücke zerfällt, so daß die von ihm eingenommenen Regionen als Plättchenfelder gegen die stark felsigen Terrains der höheren Rudistenkalke scharf kontrastieren. Diese Zone von plattigen Kalken nimmt die Rückenfläche des Gebirgskammes und den obersten Teil seines Nordgehänges ein. Auf der Südseite des Kammes reichen die felsbildenden Kalke bis zum Rande seines flach gewölbten Rückens hinauf. Sie bilden dort ein Steilgehänge mit großen Felsflächen von jener Art, wie es am Südabhange des Gipfelkammes des Mittelmosor typisch entwickelt ist. Auf der Nordseite des Rückens treten erst in einiger Tiefe unten Felsschrofen zutage. Innerhalb der Region des plattig zerfallenden Kalkes sind mehrere Partien von felsbildendem Kalk vorhanden. Eine dieser Gesteinspartien formiert eine runde Felskuppe, auf welcher flach domförmige Lagerung der Schichten fast ebenso schön und deutlich zu sehen ist, wie auf den Kuppen östlich vom Debelo brdo im Westmosor. Diese Kuppe ist fast ringsum von Plättchenfeldern umgeben und bildet so. eine inselförmige Masse innerhalb derselben. Die andere Partie von felsbildendem Kalk innerhalb der plattig zer- fallenden Kalkschichten baut eine zweite Kuppe auf, welche östlich von der vorigen liegt. Diese zweite Felskuppe stößt südwärts an die Kalkmassen, welche die Plattenzone gegen Südwest begrenzen. Von den obersten Schrofen am Nordgehänge ist sie aber durch einen mit plattigem Trümmerwerk bedeckten Abhang getrennt. Diese Plattenzone östlich vom Botajnagipfel entspricht dem ent- blößten Kerne einer domförmigen Falte. Die eben erwähnten Fels- massen innerhalb derselben sind als Einlagerungen in die obersten Schichten des plattigen Kalkes anzusehen und nicht als von der Denudation verschont gebliebene Deckenreste. Denn die über den Gewölbekern ergänzt gedachte Fortsetzung der Schichten des süd- lichen Faltenmantels würde über jene Einlagerungen zu liegen kommen und zur Annahme eines Bruches, durch welchen die Achsenregion der Falte in ein tieferes Niveau gelangt wäre, ist am Südrande der Plättchenzone kein Anlaß gegeben. Dieser Rand ist unregelmäßig hin und her gebogen und erweist sich als eine Denudationsgrenze, nicht als Verwerfungslinie. Östlich von dieser Zone von plattigem Kalk, an dessen Er- scheinen eine rückenförmige Verbreiterung des Ostmosorkammes ge- knüpft ist, wird derselbe wieder schmal und gestaltet sich zu einem schroffen Grat. Gegen Süden fällt derselbe mit steilen, flach wellig gebogenen Felsflächen ab. Eine Strecke weit gehen hier die Schichten fast senkrecht in die Tiefe. Auf der Nordseite des Grates lagert viel [93] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 307 grobes Blockwerk, in dessen Nischen ınoosige Rasenflecken eingesenkt sind. Tiefer unten folgt auf dieser Seite ein coupiertes, mit vielen kleinen Trichtern durchspicktes Felsterrain, in dessen Bereich zahl- reiche kleine Bäume stehen. Das Schichtfallen ist hier zumeist mäßig steil gegen NO, auch an einem gegen N vorspringenden Felskopf ist diese Lagerungsweise zu sehen. Der Kalk ist im Bereiche dieses schroffen Grates weiß, körnig, zum Teil breccienartig. Der östlich von dem Rücken mit den Plattenkalken gelegene Abschnitt des Mosorkammes kann wohl nur teilweise als sehr steiler Antiklinal- oder Homoklinalsattel angesehen werden, streckenweise dürfte er nur dem steil emporstehenden Süd- flügel einer in ihrer Achse geborstenen Schichtfalte entsprechen, Südostwärts von diesem schroffen Gratstücke wird der Kamm des Ostmosor wieder allmälig breiter und flacher. Man gewahrt hier viele Felsplaques, aus deren Formen man mehr oder weniger deut- licb das Vorhandensein einer flachen Schichtwölbung herauslesen kann, Dann folgt ein breiter, mit Rasen überzogener und mit vielen Steinen bestreuter Rücken, aus welchem einige_niedrige Felsriffe auf- ragen. An den gegen NO hin gelegenen erkennt man nordöstliches, an den am Südwestrande des Rückens befindlichen südwestliches Schichtfallen. Die Faltenachse verläuft dicht neben dem Südwest- rande des Rückens. Weiterhin folgt eine Kuppe aus stark zerworfenen Felsmassen, an die sich südostwärts ein mäßig breiter Rücken an- schließt, auf welchem man wieder auf domförmige Schichtlage schließen darf. Der südöstliche Teil des Ostmosorkammes besteht aus zwei sehr schroffen Gratstücken, die durch eine dolinenreiche Hochfläche zusammenhängen. Das erstere Gratstück kulminiert im Kozik (1319 m), der zweithöchsten Erhebung des ganzen Mosorkammes, das letztere im steilwandigen Pole (zirka 1100 m). Der Anstieg zum Kozikgipfel erfolgt über einen schmalen, beider- seits jäh abstürzenden Felsgrat. Das Anfangsstück desselben mag vielleicht noch einem engen steilen Faltenbogen entsprechen. Seine höheren Teile bestehen aber ganz aus sehr steil aufgerichteten, zum Teil seigeren Kalkbänken, deren Schichtköpfe als freie Felsmauern und schmale kleine Grate emporstreben. Man muß hier eine aufrecht stehende Isoklinalfalte annehmen oder den ganzen Grat noch dem Südflügel einer in ihrer Achse geborstenen Antiklinalfalte zurechnen. Auf dem Kozikgipfel befinden sich ein Triangulationszeichen und eine kleine verfallene, dem heiligen Georg geweiht gewesene Kapelle, die höchstgelegene der ganzen Gegend. Das eingebrochene Kapellendach war mit Steinplatten gedeckt. Dieselben unterscheiden sich von den plattigen Trümmern, in welche der Kalk am Kamme ostwärts der Botajna abgesondert ist, durch ihre Ebenflächigkeit und bedeutendere Größe und sind als typischer Plattenkalk zu bezeichnen. Es wurde von mir ein solcher Kalk im Bereiche des Ostmosor nur in der Nähe der Quelle Traposnik, am östlichen Ende des Gebirges angetroffen, Es ist aber wahrscheinlich, daß die zum Eindecken der Kapelle am Kozikgipfel verwendeten Steinplatten von einem viel näher gelegenen Vorkommen von Plattenkalk herstammen, Ein greuliches 40* 308 Dr. Fritz v. Kerner. [94] Unwetter, das mich beim Aufstiege über den Westgrat des Kozik- gipfels überraschte, zwang dazu, den Gipfel nach dessen Erreichung schleunigst wieder zu verlassen und hinderte so eine auch nur flüchtige Untersuchung von dessen nächster und näherer Umgebung. Die Nordseite des Kozikgrates wird durch jäh gegen NO ab- stürzende Felswände gebildet. Zu Füßen derselben zieht sich ein Steilgehänge hin, in dessen Mitte eine kleine Terrasse eingeschaltet ist. Aus diesem mit vielem Trümmerwerk bestreuten Gehänge ragen Schrofen auf, an denen die Schichtlage jedoch nicht zu erkennen ist. Unter diesem Steilabhange folgt wieder eine hohe Felswand. Vom Fuße derselben senkt sich das Terrain zu einer breiten, von vielen Trichtern und Dolinen durchsetzten Muldenzone hinab, die auf ihrer Nordostseite von einer Hügelkette begleitet wird. Im nordwestlichen Teile dieser Muldenzone ist die Lagerung ziemlich verworren. Man konstatiert wohl lokal horizontale Schichtlage und mehr oder minder sanftes SW- und SSW-Fallen, regionale flachmuldenförmige Lagerung ist. aber nicht zu erkennen. Ebensowenig läßt sich an dem benach- barten Hügelwalle eine Gewölbestruktur deutlich wahrnehmen. Weiter ostwärts sind die Verhältnisse etwas klarer. In der etwas tiefer gelegenen, südostwärts sich anschließenden Mulde von Modri dol ist flachwellige Schichtlage sichtbar. Der erhöhte Rand dieser letzteren Mulde besteht aus sehr zerworfenen Felsmassen. Das vorherrschende Gestein ist auf der Nordseite des Kozik gleichwie an den weiter nordwestlich gelegenen Abhängen der grob- körnige weiße, an Bruchstücken von Radiolitenschalen stellenweise ziemlich reiche Kalk. In der vorerwähnten Mulde treten auch fein- körnige Kalke auf. Am Gehänge unterhalb der Hügelkette, welche den erhöhten Rand der vorerwähnten muldig eingesenkten Terrasse bildet, stehen vorwiegend dichte, sehr fossilarme Kalke an. Der unterste Teil dieses Gehänges wird durch Breccien gebildet; zwischen PutisiC und Srijani reichen. dieselben bis unmittelbar an die Eluvien des mittleren Dolac polje, bei Putisic und gegenüber von den Hütten von Srijani wird der felsige Poljenrand durch Alveolinen- kalk gebildet. Bei Putisie ist dieser Kalk ziemlich arm an Alveolinen. Dann folgen grobe Konglomerate mit höckeriger Oberfläche. Unter diesen liegt gut gebankter, 30° NO fallender Rudistenkalk ; derselbe geht stellenweise unmittelbar in eine kompakte Breceie mit grünlicher Kittmasse, stellenweise in eine mehr lockere Breccie über, die ganz aus Trümmern seiner Art besteht. Bergaufwärts folgen zunächst noch grobe Breccien. Auf der Höhe der untersten Vorstufe des Gebirges stehen aber schon homogene Kalke ar, die zunächst flach liegen, dann sanft (15°) und weiterhin, wo das Gehänge steiler zu werden beginnt, 30% gegen NO einfallen. Weiter ostwärts reichen die Breceien höher am Abhange hinan. Gegenüber von Srijani bilden sie räumlich sehr ausgedehnte, "zelappte Felsplaques. Diese riesigen, ‚verzweigten Plaques sind eine für. manche Konglomerat- und Breccienbildungen des dalmatischen Eozäns. charak- teristische Erscheinung. Sie kommen dadurch zustande, daß die Denu- dationsreste der jeweilig obersten Bank, welche als umfangreiche [95] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 309 Platten der nächst tieferen aufruhen, durch Erosion gelappt und tief ausgefranst, zum Teil auch . durchlöchert werden. Manche dieser verzweigten flachen Felswülste möchte man der Form nach fast mit riesigen, ihre Arme nach verschiedenen Seiten hin ausstreckenden Kraken vergleichen. Im Bereiche des Rudistenkalkes trifft man zu- weilen ähnliche Felsformationen. Dieselben halten sich aber in gerin- geren Dimensionen. Jene riesigen, gelappten Felsplaques, welche in ihrem längsten Durchmesser zuweilen 50 Schritte und noch mehr messen,. sind aber nur im Gebiete von Breccien und Konglomeraten anzutreffen. Gegenüber von Srijani treten aber auch noch nahe dem Fuße des Gebirges Partien von fast homogenem Kreidekalk zutage und es ist hier sehr schwer, eine Grenze zwischen der kretazischen. Basis und der tertiären Auflagerung zu ziehen. Das Einfallen ist hier nord- östlich. In dem östlich benachbarten hügelreichen Terrain von Jese- novaca, welches zum östlichen Dolac polje abdacht, trifft man ähn- liche Verhältnisse. Auch hier erscheinen Partien homogenen Kalkes zwischen den mehr oder minder groben Breccien. Hier fallen die Schichten mäßig sanft gegen Ost. . Am Südrande des östlichen Dolac polje (Polje von Dolac gornji), dort, wo der Weg zum Raseljkapasse anzusteigen beginnt, besteht die Breceie vorwiegend aus weißen und lichtbraunen, eckigen oder wenig abgerundeten Kalkfragmenten von Haselnuß- bis über Faustgröße. Auch rötliche Kalkstücke und bräunliche Hornsteine nehmen an der Zusammensetzung der Breccie Anteil. Unmittelbar am Poljenrande mischt sich ihr auch Flyschmergel bei. Sie fällt hier. 30—35° gegen NO. Etwas weiter ostwärts, wo sich der Poljenrand nordwärts um- biegt, konstatiert man nordwestliches Einfallen. Es ist somit im Um- kreise der südlichen Ausbuchtung des Polje von Dolac gornji hemi- zentroklinale Lagerung vorhanden. Am Abhang südlich von dem eben genannten Dorfe fallen die Schichten wieder nordwärts ein. An diesem Abhange steht eine sehr grobe Breceie an mit vielen über fausteroßen Kalkbrocken, die der Gesteinsoberfläche ein grobhöckeriges Aussehen verleihen. Am Wege zur Raseljka kommt man bald ober den vorerwähnten Brececien zu Kalken, welche außerordentlich reich sind an Aus- witterungen, die teils auf Nerineen, teils auf Rudisten zu beziehen sind. Dann folgen wieder zertrümmerte Kalke, die große 20 25° gegen NO geneigte Felsflächen bilden, auf denen man viele Rinnen und Becken ausgewaschen sieht. Das südlich vom Polje von Dolae gornji befindliche Gehänge steigt zum schroffen Grat des Pole hinan, welcher das. südöstliche Endstück des Ostmosorkammes bildet. Im Bereiche dieses Gehänges erreicht der horizontale Abstand des nörd- lichen Gebirgsfußes vom Kamme des Mosor seinen kleinsten Wert. Er beträgt hier nicht viel mehr als 1 km, während er auf der Nordseite der Botajua und des Kozik zirka 2 km mißt und dazwischen bis gegen 21), km erreicht. Das Nordgehänge des Pole ist in seinem unteren Teile durch eine breite Einsenkung unterbrochen. In der. östlichen Fortsetzung derselben, jenseits der schmalsten Stelle des Gehänges, befindet sich eine zweite Einsenkung, welche bedeutend tiefer liegt 310 Dr. Fritz v. Kerner. [96] und in mehrere Partialmulden zerfällt. Da der Kamm des Mosor in dieser Gegend rasch an Höhe abnimmt, vollzieht sich hier eine Um- gestaltung des Terrainprofils auf seiner Nordseite. Während dasselbe in der Gegend des Pole noch einem von einer Terrasse mit erhöhtem Rande unterbrochenen Abhange entspricht, hat man in der Gegend der Ra$eljka eine zwischen zwei Gehängen von ziemlich gleicher Höhe gelegene Einsenkung vor sich, Im östlichsten Teile des Mosor reichen die Breccien an dessen Nordgehänge weit hinauf. Oberhalb der Hütten von Kremeno, welche an dem Abhange liegen, der die höher gelegene der beiden vor- genannten Mulden von der tiefer eingesenkten trennt, bilden die Breccien umfangreiche Felsflächen, welche mit derselben Neigung wie das Gehänge einfallen. Im Bereiche dieser Breccienbänke kommt jene Art von Quellenbildung, welche anläßlich der Beschreibung der Nordabhänge des Mittelmosor erörtert wurde, zu größerer Entwicklung, Hat man es im Bereiche der Rudistenkalke unterhalb des Lubljan doch nur mit Andeutungen oder Spuren von Quellbildung zu tun, so darf man auf der Nordseite des Pole schon von wenn auch sehr schwachen Quellen sprechen. Die eine der beiden Bedingungen dieser Art von Quellenentstehung, eine solche Beschaffenheit der Gesteinsbänke, welche die dem Kalke als solchem zukommende Eigen- schaft der Undurchlässigkeit zur Geltung kommen läßt, scheint sich bei den Mosorbreccien viel mehr realisieren zu können als beim Rudistenkalke. Gleichwie an der Terrainoberfläche die durchschnitt- liche räumliche Ausdehnung der noch zusammenhängenden Partien der in Abtragung befindlichen Schichtbänke bei den Kalkbreccien viel größer ist als bei den homogenen Kreidekalken, müssen wohl auch die tiefer liegenden Bänke der Breecien eine viel weniger weit- gehende Zerklüftung zeigen als jene des Rudistenkalkes. Es werden sich dann umfangreiche Teile einzelner Breceienbänke wie undurch- lässige Schichtlagen verhalten und wenn — stets Plioklinie oder Iso- klinie des Gehänges vorausgesetzt — die Anordnung der vorhandenen Klüfte eine solche ist, daß sich die wasserhaltende Wirkung mehrerer solcher über- und hintereinander gelegener kluftloser Teile von Breccienbänken summieren kann, wird eine von oberflächlich einge- drungenen Wassern gespeiste schwache Schichtquelle entstehen können, Zur Zeit meines Besuches, im Frühlinge nach mehrtägiger regen- freier Zeit, traf ich am Gehänge ober Kremeno ein aus der Ver- einigung zweier Quelladern hervorgegangenes murmelndes Bächlein an. In weitem Umkreise zeigten sich nasse Streifen auf den schrägen Gesteinsflächen und von den überhängenden Felspartien tropfte Wasser ab. Der Boden war feucht und allerorts wucherten üppige, von Wasser triefende Moospolster. Man glaubte sich fast in ein Schiefergebiet ver- setzt, Sonst pflegt in dalmatischen Kalkgebieten nur wenige Stunden nach dem Aufhören selbst länger dauernder Regen ein ähnlicher Zustand zu herrschen; daß er hier noch nach mehrtägigem Nieder- schlagsmangel anhält und daß eine ungewöhnlich üppige Moosflora gedeiht, weist darauf hin, daß im Bereiche der Kalkbreccien am Nord- abhange des östlichsten Mosor die Gelegenheit zum tiefen Eindringen der Niederschläge viel weniger günstig ist als sonst in Kalkgebieten, [97] Geologische Beschreibung der Mosor planina. all Die Breccien des Westmosor verhalten sich ganz anders. Sie 'zer- springen oberflächlich oft in polygonale Plätten, sind auch in ihren tieferen Lagen gewiß von einem dichten Kluftnetze durchsetzt und können so das Eindringen der Niederschläge in die Tiefe nicht ver- hindern. In der Tat sind an den unteren Westabhängen des Debelo brdo, obschon die Lagerungsweise der Breccien daselbst für stellenweisen Wiederaustritt oberflächlich eingedrungener Niederschläge günstig wäre, keine Spuren von Quellbildung vorhanden und nasse Rinn- streifen und Moospolster eine ziemlich seltene Erscheinung. In der hügel- und dolinenreichen Einsenkung zwischen Kremeno und Pocernja, welche man am Wege von Dolac gornji zum RaSeljka- passe durchquert, bilden die Breccien große flache Felskuppen und Felswülste, in welchen viele scharfrandige Becken, Wannen und Rinnen ausgewaschen sind. Das Relief scheint hier ein getreuer Ausdruck der Unebenheiten der tektonischen Oberfläche zu sein. Am Abhang hinter dieser Muldenregion fallen die Schichten 40% gegen NO. Erst hoch oben, nicht mehr weit unterhalb der Kammlinie, gehen die Breccien zunächst in kompakte Breceienkalke und dann in homogene Kalke über. Weiter westwärts vollzieht sich dieser Übergang in der Gegend von Zuganove staje. Der Grat des Pole senkt sich ostwärts zu einem zirka 950 m - hohen Sattel hinab, welcher vom Paßübergange der Raseljka (833 m) durch eine 938 m hohe Kuppe getrennt ist. Im Bereiche dieses Kammabschnittes sind die Lagerungsverhältnisse unklar. Am RaSeljka- sattel, dem östlichen Endpunkte des Mosorkammes im engeren Sinne, läßt sich aber wieder jene Strukturform feststellen, welche schon an seinem Westende, dem Debelo brdo, auftritt und weiterhin an vielen Stellen seines Mittel- und Ostabschnittes, zum Teil in großer Deutlich- keit, erkennbar ist, die Domstruktur. Gleich westlich vom Paßüber- gange ist das Vorhandensein einer flachen Schichtwölbung gut zu sehen, weniger deutlich ist es ostwärts von der Paßhöhe sichtbar. XIII. Die Südwestabhänge des östlichen Mosor. Die dem Meere zugekehrte Seite des Nordwestabschnittes des Ostmosor ist ein steiles Berggehänge, welches keine Andeutungen von Terrassenbildung zeigt, dagegen durch eine Anzahl schluchtartiger Gräben eine reiche Quergliederung erhält. An diesem Gehänge sind zwei morphologisch sehr voneinander abweichende Zonen unter- scheidbar. Eine obere felsige, welche als eine Kette von steil auf- ragenden Schrofen erscheint, die durch die karförmigen Anfänge der vorgenannten Gräben getrennt sind, und eine untere Zone, welche sich aus einer Reihe von gerundeten Bergvorsprüngen zusammensetzt, zwischen welchen die unteren Partien jener Gräben eingeschnitten sind. ‘Von seiner Südseite aus gesehen gewährt der Ostmosor das großartige Bild eines steil aufsteigenden wilden Karstgebirges. Der Anblick ist weit imponierender als jener, welchen die nördliche Seite des Gebirges bietet. Es scheint, als ob durch die Monotonie des Unterbaues die schroffen Felsbildungen des oberen Gehängeteiles in ihrer wilden Schönheit um so mehr zur Geltung kämen. Zumal 312 Dr. Fritz v. Kerner. [98] bei Abendbeleuchtung ist das Bild des im Kontrast zum grünen Tale von Dubrava völlig kahlen hohen Bergkammes sehr wirkungsvoll und prächtig. | Das Südwestgehänge des Ostmosor baut sich fast ganz aus Rudistenkalken auf. Nur seine unterste Zone wird durch eozäne Schichten gebildet. | Östwärts von den Hütten von Dubrava steht am Südwestfuße der Botajna ein in scharfkantige Bänke abgesonderter Kalk an, welcher plattige Einlagerungen enthält. Stellenweise erscheinen in diesem Kalke Milioliden. Zwischen Domikulic und Usinic trifft man am Fuße des Gebirges zunächst ein grobes Konglomerat mit Bruch- stücken von Alveolinenkalk, dann einen an Alveolinen sehr reichen Kalk und dann einen grobkörnigen weißen Kalk mit zahlreichen, aber undeutlichen Fossilspuren. An der Mündung des tiefen schluchtartigen Grabens, welcher zu dem östlich von der Botajna gelegenen Kamm- stücke hinaufzieht und auf seiner Ostseite von einem bewaldeten Bergvorsprunge begrenzt wird, ist nur eine schmale Zone von Alveo- linenkalk nachweisbar. Gegenüber der engen Schlucht, welche den Vorrücken der Botajna bei Sv. Arnerio durchbricht, sieht man am Fuße des Mosorkammes zunächst einen plattigen, .blaßgrauen Mergel- kalk, welcher 45—50° gegen NNO einfällt, dann einen schmalen Streifen von alveolinenreichem Kalk, an den sogleich grobkörniger Radiolitenkalk anstößt. (Siehe Taf. III, Prof. III u. IV.) Ein analoger Befund bietet sich an der Mündung des steilen Grabens ostwärts von Cotic dar. Gegen Ost wird dieser Graben durch den westlichen der zwei Gehängevorsprünge begrenzt, über welchen sich der wilde, dem Mosorgipfel Kaba vorgelagerte Felskopf auftürmt. Am Fuße des östlichen dieser zwei Vorsprünge trifft man eine breite Zone von dünnbankigem, wohlgeschichtetem Mergelkalk, welcher Horn- steine enthält und 60% gegen NNO bis NÖ einfällt. Darüber folgt eine schmale Zone eines alveolinenreichen Kalkes und dann rein weißer Rudistenkalk. Alveolinen- und Rudistenkalk stoßen hier scharf aneinander, sind aber in ihren Reliefformen nicht zu unterscheiden. Am Fuße des nächsten Gehängevorsprunges, welcher schon dem Kozjak angehört, steht ein Kalk mit Alveolinen und Nummuliten an. Die ihm _ vorliegenden Mergelkalke sind hier schon in Eluvium umgewandelt. Der Südabhang des nordwestlichen Teiles des Ostmosor unter- scheidet sich hinsichtlich seiner Struktur sehr wesentlich von den bisher besprochenen Gebirgsteilen. Bei den innigen Beziehungen, welche im dalmatischen Karstgebiete zwischen Gebirgsbau und Relief bestehen, erscheint dies leicht begreiflich. Es wurde früher erwähnt, daß diesem Gebirgsteile die für die ganze Nordflanke und für die Südseite des West- und Mittelmosor charakteristischen Terrassen mangeln. Es fehlt hier dementsprechend auch jene Strukturform, an deren Vorhandensein die Stufenbildungen geknüpft sind, nämlich ein flachwellig hin- und hergebogener, in seiner Gesamtheit ziemlich sanft geneigter Faltenflügel, beziehungsweise eine Schichtmasse, die einen. quer zum Streichen stattfindenden wiederholten Wechsel von flacher Lagerung und mäßig. steiler Neigung aufweist. An Stelle dieser im übrigen Mosorgebiete mehr oder weniger [99] Geologische Beschreibung der. Mosor planina. 313 deutlich ausgesprochenen Strukturform tritt an der Südseite des ÖOst- mosor ein Faltenflügel, der in der Richtung von der Faltenachse hin- weg eine Zunahme seiner Neigung aufweist. Die obere steile Gehänge- zone besteht, gleichwie die Südseite des westlichen und mittleren Mosorkammes, aus ziemlich stark gegen SW geneigten Kalkbänken. Die sanftere Gestaltung der uuteren Gehängeteile entspricht hier aber nicht einer Verminderung der Schichtneigung, vielmehr einer Zunahme derselben bis zur Seigerstellung. Die für den Mosor — von Lokalbefunden abgesehen — im allgemeinen gültige Regel, daß die Steilheit der Terrainformen mit dem Grade der Schichtneigung zu- nimmt, so daß die schwebende Lagerung zur Bildung flacher Böden, die seigere Stellung zur Entstehung schroffer Felshänge führt, erfährt demnach am Südabhange des Ostmosor eine Ausnahme. In anderen dalmatischen Karstregionen ist es keine seltene Erscheinung, daß die von steil aufgerichteten Kalkbänken aufgebauten Terrains sehr flache Höhenzüge oder sogar die ebenen Böden von Trockenpoljen bilden und es ist auch leicht verständlich, wenn in einem Kalkgebiete die schroffsten Oberflächenformen an mittlere Schichtneigung gebunden sind und wenn bei sehr steiler Aufrichtung der Kalkbänke die Steilheit der Terrainformen wieder abnimmt. Die Regionen mit sehr steil gestellten Schichten entsprechen oft den Kernzonen von Faltenzügen, in welchen die Schichten viel häufiger als in den Faltenflügeln zerrissen und zerknittert und somit auch der Zerstörung leichter zugänglich sind als in jenen. In den oberen Teilen des Südabhanges der Botajna sieht man vielerorts große schiefe Felsflächen, wie sie für die südlichen Ab- hänge des Mittelmosor charakteristisch sind. Ein Unterschied. gegen- über der Gestaltung dieser letzteren Abhänge besteht aber darin, daß auf der Südseite der Botajna mächtige Felsvorbaue und Seiten- srate vorhanden sind. Die zahlreichen flach gerundeten Gehängevor- sprünge, aus welchen sich die untere Zone des Südwestgehänges des Östmosor zusammensetzt, sind. mit vielem Trümmerwerk überdeckt; an manchen Stellen sieht man aber langgestreckte Riffe, die den Schiehtköpfen seigerer, parallel zum Gehänge streichender Kalkbänke entsprechen, und auch zu beiden Seiten der zwischen den Gehänge- vorsprüngen eingeschnittenen Gräben ist mancherorts die steile Auf- richtung der Schichten gut zu sehen. Das Gestein, aus welchem sich die Südabhänge der Botajna und der Kaba aufbauen, ist der in der Mosor planina häufig anzutreffende grobkörnige, reinweiße, stellenweise an Bruchstücken von nicht näher bestimmbaren Radiolitenschalen reiche Kalk. Auf der Südseite des Kozik reichen die wilden Felsabstürze weit hinab, so daß hier die untere, mit eluvialem Felsschutt be- deckte Gehängezone in ihrer Breite sehr reduziert erscheint. Die Südabstürze des Kozik sind der steilste Teil der dem Meere zu- gewandten Seite des Ostmosor. Ostwärts vom Kozik ist das Gehänge eine Strecke weit etwas weniger felsig. Längs seines Fußes zieht sich hier eine kleine Steilwand hin, die aus 60° gegen NO einfallenden dünnbankigen Mergelkalken besteht, denselben, die auch weiter west- wärts an der Basis des Ostmosorkammes auftreten. Uber diesen gut Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. left. (F. v. Kerner.) 41 314 Dr. Fritz v. Kerner. [100] gebankten Schichten folgt hier kein typischer Alveolinenkalk, sondern ein brauner bis rötlichbrauner Kalk, der anscheinend arm ist an makroskopisch sichtbaren Foraminiferen. Oberhalb der Zone dieses Kalkes folgt sogleich weißer körniger Kreidekalk. Auf der Südseite des Pole kommt es zur Entwicklung eines den Hauptkamm begleitenden Vorgrates, der im Kupinovae bis zu 1049 m ansteigt. Das zwischen dem Haupt- und Nebengrate gelegene Terrain ist eine dolinenreiche Felswildnis, die durch einen schief verlaufenden Querrücken in einen westlichen und östlichen Teil zerfällt. Gegen Süden stürzt der Grat des Kupinovac mit schroffen Wänden ab, unter- halb welcher sich ein Steilgehänge hinzieht, das durch eine hohe Fels- mauer in einen breiten oberen und schmäleren unteren Teil geschieden wird. Auch hier läßt sich entlang dem Fuße des Gebirgskammes ein Saum von eozänen Schichten nachweisen. Beim Aufstiege von Gata zum Paßübergange von Raseljka passiert man oberhalb Sv. Rok zu- nächst eine Zone von Alveolinenbreccienkalk. In dem dann folgenden Kreidekalkgehänge ist das Einfallen der Schichten der Abhangneigung ungefähr parallel. Höher oben, auf einem kleinen Boden, welcher in der südöstlichen Fortsetzung des Grates des Kupinovac gelegen ist, tritt flache Schichtenlage ein. Von da gelangt man über einen Steilhang zu einem Querriegel hinauf, hinter welchem der östliche Teil jener früher erwähnten Felswildnis zwischen Kupinovac und Pole ausgebreitet liegt. In dieser an Höhlen und Trichtern reichen Hochmulde trifft man sehr viel Moosrasen zwischen den Felsen, ein Zeichen verminderter Durchlässigkeit des Kalkterrains. Anzeichen einer Dolomiteinlagerung sind hier nicht vor- handen. Am wüsten Felshang, welcher sich von dieser feuchten Mulde zum Hauptkamme hinaufzieht, befindet sich die Quelle Traposnik. Dieselbe gehört in die Kategorie jener schwachen Ausläufe von oberflächlich eingedrungenen Niederschlägen, von denen mehrere schon im vorigen beschrieben wurden. Man sieht in einer niedrigen Höhlung ein paar kleine Wasserbecken, die sich in schmale, tief ein- geschnittene Rinnen fortsetzen, und ein Wasserbecken außerhalb der Höhlung. In der Umgebung dieser Becken gewahrt man einige mit Rinnstreifen überzogene Felsflächen und eine feuchte Kluft. Zur Zeit - meines Besuches, im Frühling, waren die kleinen Becken mit Wasser erfüllt und die Rinnstreifen noch naß. Dagegen war in den Abfluß- rinnen der Becken kein rieselndes Wasser zu sehen und nur in der Höhlung ein Abtropfen von Wasser hörbar. Die Felsen unterhalb der wasserführenden Höhlung sind stark zerklüftet. Der Boden der kleinen Becken wird durch eine nicht zerklüftete Bank eines sehr festen Breccienkalkes gebildet. Handelt es sich bei der Quelle Traposnik auch nur um eine spärliche Wasserführung, so ist es doch schon interessant genug, daß in so großer Nähe der Kammlinie des Mosor überhaupt noch eine Andeutung von Quellbildung angetroffen werden kann. Denn es dürfte sich auch hier nur um den Austritt von Niederschlagswasser handeln, welches in das oberhalb der Austrittsstelle befindliche Terrain ein- gedrungen war, nicht aber um eine Spaltquelle, in welcher Wasser zutage träte, welches unter dem Drucke des in entfernteren, höheren [101] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 315 Gebirgsteilen (Mittelmosor und Biokovo) zirkulierenden Wassers empor- gehoben worden wäre. Die Umgebung der Quelle Traposnik ist ein sehr wüstes, zerfressenes Karstterrain, in welchem ein näherer Ein- bliek in die Lagerungsverhältnisse versagt bleibt. Zwischen der Quelle TrapoSnik, die die Bezeichnung Quelle allerdings nicht verdient, und dem Sattel westlich von der Raseljka stößt man mitten im Gewirre von Felsgraten und Trichtern auf eine räumlich beschränkte Einlagerung eines lichtgelblichen bis rötlichen dickplattigen Kalkes. Auf der Süd- seite des Raseljkapasses stehen reinweiße dichte bis sehr feinkörnige, ziemlich fossilarme Rudistenkalke an, welche mittelsteil gegen SW einfallen. XIV. Die Längstäler auf der Südwestseite des östlichen Mosor. Die unteren Südwestabhänge des Ostmosor sind weniger kom- pliziert gestaltet als jene des mittleren Gebirgsteiles. Sie werden ihrer ganzen Länge nach von einer tiefen Furche, dem Tale des Smovo potok, durchschnitten. Dieses Tal ist der südwestliche der beiden Äste, in welche sich der Talboden Blato unterhalb des Luti kamen spaltet, und wird meerwärts durch eine Bergkette begrenzt, die in der öst- lichen Fortsetzung der Makirina liegt, welch’ letztere die südwestliche Begrenzung des Blato bildet. Diesen Verhältnissen entsprechend gliedert sich das untere Südwestgehänge des östlichen Mosor in drei Zonen. Die obere Zone wird durch jene Abhänge gebildet, welche sich vom Smovo potok zum Südfuße des im vorigen Abschnitte beschriebenen Hauptkammes des Ostmosor hinanziehen. Die mittlere Zone entspricht der Südwestwand des Smovotales, beziehungsweise dem Nordostgehänge des Makirinakammes. Als untere Zone ergibt sich das Südwestgehänge dieses Kammes, welches zum oberen Teile des Zernovnicatales und zu dem in dessen östlicher Verlängerung gelegenen Tale von Pod Bila abdacht. Im Gegensatz zum Tal des Smovo potok, welches — wie erwähnt — den unteren Südabhang des Ostmosor seiner ganzen Länge nach durchzieht, erstreckt sich das Tal von Dubrava, der nordöstliche der beiden Äste, in welche sich der Talboden Blato spaltet, nicht viel über den Südfuß der Botajna hinaus. Es erleidet dort durch eine Terrainaufwölbung eine Spaltung in zwei Zweige, die aber gleichfalls schon nach kurzem südöstlichen Verlaufe ihr Ende finden. Der Rücken, welcher die beiden Äste des Blato scheidet, verliert sich nach vor- hergegangener Verschmälerung etwas ostwärts von der Stelle, an welcher die Gabelung des Tales von Dubrava stattfindet. Die Terrain- aufwölbung, durch welche diese Gabelung bedingt wird, hat aber nur in ihrem nordwestlichen Endstücke den Charakter eines flachen Rückens. Sie geht sehr bald in einen stark vorgewölbten Abhang über, welcher jenseits des Ostendes des vorgenannten Rückens den ganzen Raum zwischen dem Südfuße des Mosorkammes und dem Smovo potok ein- nimmt. Diesen Verhältnissen entsprechend geht der östliche der beiden Zweige des Dubravaner Tales allmälig in eine schmale Terrasse über, welche sich zwischen den Südabhängen des Ostmosorkammes und 41* 316 Dr. Fritz v. Kerner. [102] dem vorgenannten Abhang hinzieht. Auf dieser Terrasse liegen die Hütten von Beoviöa staje. Der Rücken zwischen dem Dubravaner Tale und dem Tale des Smovo potok entspricht einem Faltenaufbruche mit einem Kern von Rudistenkalk und konglomeratischen Mantelschichten. Auf der. Nord- seite des Rückens bilden die Konglomerate gegenüber von Dubrava nur eine schmale Zone am Rande der Talebene. Sie sind daselbst sehr grobkörnig und fallen anscheinend mittelsteil gegen ONO. Ost- wärts von dem Kirchlein Sv. Luka gewinnt die Zone dieser klastischen Gesteine an Breite und reicht bis auf die Höhe des Rückens- hinauf. Westlich von Sv. Arnerio bilden sie eine steile gegen ONO geneigte Felswand. Die Rudistenkalke in der Mittelzone des Rückens zwischen Dubrava und Smovotal lassen nur streckenweise ihre Lagerungs- verhältnisse erkennen. Im nordwestlichen Endstücke des Rückens ist Hemiperiklinie gegen W bis N als Ausdruck der Faltenabflachung gegen die Blatoebene hin erkennbar. Mehr gegen das Smovotal zu fallen die Kalke steil gegen WSW. Die dem Tale von Dubrava genäherte Kammregion des Rückens gehört noch dem Nordostflügel der Falte an. In der Gegend von Sv. Luka bilden die Schichtköpfe dieses Flügels eine von SW gegen NO ansteigende Felstreppe. (Siehe Taf. III, Prof. I.) Im mittleren Teile des Rückens sind die Lagerungsverhältnisse verworren. Doch gewinnt man den Eindruck, daß ein von Unregel- mäßigkeiten im Schichtverbande durchsetzter Faltenaufbruch vorhanden sei. Gegen das Tal des Smovo potok fällt der in Rede stehende Rücken sehr steil ab. In seinem westlichen Teile wird dieses Steil- gehänge durch Breccien gebildet, welche stark gegen WSW geneigt sind. Weiter ostwärts stehen dieselben stellenweise seiger. Noch mehr talabwärts stehen zur Linken des Smovo potok sehr grobe Konglomerate an, welche gleichfalls steil gestellt sind und eine Felsmauer formieren. Am Serpentinenwege, westwärts vom Südausgange der Schlucht -von Sv. Arnerio, fallen die groben Konglomerate 30—35° steil gegen ONO ein. Die eben genannte wilde Schlucht durchbricht den Rücken zwischen dem Tale von Dubrava und dem des Smovo potok kurz vor der früher erwähnten Gabelung des ersteren. Die Seitenwände dieser Durchbruchs- spalte bieten aber kein sehr klares Bild der Strukturverhältnisse jenes Rückens. Am Nordeingange der Schlucht von Sv. Arnerio sieht man die Schichten rechts sehr steil gegen ONO einfallen, links seiger stehen ; in ihrem Innern glaubt man Andeutungen von flach bogiger Schicht- lage wahrzunehmen, am Südausgange ist beiderseits 30° WSW- Fallen deutlich zu erkennen. (Siehe Taf. III, Prof. II.) Einen Kilometer weiter südostwärts wird die Falte zwischen Dubrava und Smovo potok von einer zweiten Schlucht durchschnitten. Zu beiden Seiten dieser letzteren Schlucht ist der Antiklinalbau schön zu sehen, besonders auf der östlichen Seite. Der Rudistenkalk im Faltenkerne ist hier gut geschichtet. Er fällt im Südflügel 60—700 gegen SW, im Nordflügel 25° gegen NO bis ONO. Auch der zwischen den genannten beiden Schluchten gelegene Teil des Faltenkernes ist sowohl auf seiner dem Smovo potok zugekehrten Südwestseite als auch auf seiner Nordostseite, welche gegen den rechtseitigen Ast des Tales von Dubrava abdacht, von Konglomeraten und Breecien besäumt. [103] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 317 Auch im Terrain zwischen dem sackartigen Ende dieses Talastes und der zweiten Schlucht stehen klastische Gesteine an. Ostwärts von dieser. Schlucht sind solche Gesteine als zusammenhängender Komplex aber nicht mehr nachzuweisen und hiermit verliert die Falte ihre deutliche Begrenzung gegen das nordwärts benachbarte Rudisten- kalkgebiet. Ihre orographische Selbständigkeit büßt sie schon am Ende des südwestlichen Astes des Dubravaner Tales ein. Das zwischen den beiden Ästen des Tales von Dubrava gelegene Terrain ist das nordwestliche Ende einer Schichtaufwölbung, die — gleichwie die eben besprochene im Süden des Dubravaner Tales — aus einem von tertiären Schichten umsäumten Kern von Kreidekalk besteht. Dieser zweite Faltenaufbruch am Südfuße des Ostmosor- kammes übertrifft den ersteren etwas an Länge und um mehr als das Doppelte an Breite. Am nordwestlichen Endstücke dieser Falte ist die mantelartige Umhüllung der Kreide durch das Tertiär sehr schön zu sehen. Im Faltenkerne zeigen die Rudi:tenkalke hemiperi- klinale Lagerung von SW über W nach N. In dem Terrain ostwärts vom rechtseitigen Ast des Dubravaner Tales ist der bogenförmige Ver- lauf der Schichtkopfriffe deutlich zu verfolgen. Um diese Kernschichten lagert sich eine Hülle von Milioliden- und Alveolinenkalken, weiche Hemiperiklinie von NW über N nach NNO zeigen. Diese Kalke bilden teils Felsriffe, teils Plättchenzonen. Die Schichtköpfe der Riffkalke sieht man grofe flache Bögen um die stärker gekrümmten Felsbögen des Rudistenkalkes beschreiben. Westlich von den Hütten von Cotiö sind drei große konzentrisch angeordnete, bogenförmig verlaufende Felszüge von Alveolinenkalk vorhanden. Diese Umkreisung der Schicht- kopfbögen des Rudistenkalkes durch jene der alttertiären Kalke betrifft aber nur die Nordostflanke und die Scheitelregion der ersteren. Die Achsenregion des Faltenendes ist dem Südrande der ganzen Schicht- aufwölbung sehr genähert. so daß die Südwestseite des kretazischen Faltenkernes bis nahe an den kleinen Taleinschnitt herantritt, welcher den Südwestast des Dubravaner Tales bildet und die Felszüge (es Alveolinenkalkes gegen den äußeren Teil jenes Einschnittes ausstreichen. Man trifft demzufolge auf der Nordostseite jenes von Eluvium erfüllten Taleinschnittes zuerst gegen NW und W einfallenden Alveolinenkalk und weiter einwärts gegen W und SW fallenden Rudistenkalk. In dieser Region sind aber keine auf längere Erstreckung hin verfolgbare bogenförmige Felszüge vorhanden, wie an der Mündung des Nordost- astes des Dubravaner Tales. Der tertiäre Schichtmantel scheint hier in mehrere gegeneinander verschobene Schollen zerstückt zu sein. Sehr seltsam ist hier das Vorkommen kleiner, zwischen den Kalkmassen eingeklemmter Fetzen von stark verquetschten klüftigen Mergeln; ein Befund, der auf intensive tektonische Störungen hinweist. Ostwärts von den Hütten von Cotic, welche im nordöstlichen Aste des Dubravaner Tales stehen, verschmälert sich die Zone von Alveolinenkalk im Nordostflügel der Falte und ist dann stellenweise schwer. verfolgbar. Die diesen Kalk unterteufenden Rudistenkalke zeigen zu beiden Seiten des Anfangsteiles jenes vorerwähnten Grabens, welcher unterhalb der Schlucht von Sv. Arnerio: in das Tal des Smovo potok mündet, sehr deutlich mittelsteiles Einfallen gegen NO. Beim °. 318 Dr. Fritz v. Kerner. [104] Abstieg zum Smovo potok über das Gehänge ostwärts von diesem Graben gelangt man nach Passierung der gegen NO einfallenden Kalke bald in ein Gebiet mit flacher Schichtlage. Dann folgt sanftes Einfallen der Kalkbänke gegen SW und weiter unten, in der Loka- lität Rudine, wieder horizontale Lagerung. Stellenweise ist sogar wieder schwache Neigung gegen NO vorhanden, die gegen den Graben hin dann deutlicher wird. Man hat es hier mit der Abflachung der Schichten im östlichen Ende jenes Faltenzuges zu tun, welcher den Rücken zwischen Dubrava und Smovo potok aufbaut. Da, wo das Gehänge dann steil zum Smovo potok abzufallen beginnt, geht die flache Schicht- lage rasch in steiles Südwestfallen über, das sich lokal bis zur Seiger- stellung verstärkt. Beim Abstiege von Beovica staje zur Velika studena, dem unteren Teile des Smovo potok, zeigt sich ein ähnliches Profil. Zunächst passiert man eine Zone von deutlich gesclhichtetem, mittel- steil gegen NO einfallendem Rudistenkalk, dann folgt, der Achsen- region der Falte entsprechend, eine Zone, wo die Lagerungsverhält- nisse unklar sind, hierauf ist sanftes Einfallen gegen SW und endlich im steilen unteren Teile des Gehänges 600 SW-Fallen zu konstatieren. Jenseits Beovica staje entwickelt sich im Abhang unterhalb der Süd- abstürze des Kozjak eine Schlucht, die in südöstlicher Richtung gegen die Mündung des Smovotales hinabzieht. Der Südwestrand dieser Schlucht ist zu einem Grate aufgewölbt. Dieser Grat scheint noch dem Nordostflügel der Falte anzugehören, welche sich an die Haupt- falte des Ostmosor im Süden anschließt Auf der Ostwand des unteren Teiles der Schlucht sind aber schöne Felsbögen sichtbar, welche auf antiklinale Schichtstellung hinweisen. (Siehe Taf. III, Prof. V u. VI.) Am Nordostsaume der Falte, welcher sich über die ostseitigen Gehänge der vorgenannten Schlucht hinzieht, ist jenseits Beovica staje kein Alveolinenkalk zu sehen. Ostwärts von Bartic staje sind die Flyschmergel, welche den Kern der engen Mulde bilden, die die Falte vom großen Faltenzug des Gipfelkammes scheiden, von einem Gesteine unterteuft, das äußerlich einem Mergel ähnlich sieht, im Bruche aber dem dünnbankigen Foraminiferenkalke gleicht, welcher am Südfuße des Gipfelkammes ansteht. Dieses Kalkgestein fällt 40 bis 45% gegen NO und lagert über Bänken eines Konglomerats, das Bruchstücke von Alveolinenkalk enthält und dem Kreidekalke auf- ruht. Das Vorkommen von Flyschmergel ist in dieser Gegend aus dem Vorhandensein einer Lokva und eines Bunars zu erschließen. In anstehenden Partien erscheint er weder hier noch weiter westwärts, doch ist es wahrscheinlich, daß auf der ganzen Strecke von Cotic bis Barti6 staje ein schmaler Zug von Flysch die Grenze zwischen der Hauptfalte und der innersten Vorfalte des Ostmosor markiert. Er ist aber oberflächlich in Eluvium umgewandelt und dieses ist mit Kalk- schutt, welcher von den Steilabhängen des Mosorkammes stammt, sehr stark vermischt, zum Teil ganz damit bedeckt. Auf seiner Südwestseite ist der breite Zug von Kreidekalken, welcher die Abhänge unterhall, des Südfußes des Kozjak bildet, seiner ganzen Länge nach von Konglomeraten und Breccien begleitet. In der Gegend Rudina lassen sich diese zum Teil groben und sehr steil gestellten Konglomerate an der Nordostwand des Smovotales als ein [105] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 319 langer Felszug verfolgen, welcher sich von dem von kleinen Klippen durchspiekten, dahinter ansteigenden Rudistenkalkterrain gut abhebt. Am Fuße dieses Felszuges stehen klüftige Mergel an und diesen lagern am Rande der schmalen Sohle des Smovotales Flyschgesteine vor. Aus steil aufgerichteten Flyschsandsteinen besteht auch der Tal- sporn, welcher gegenüber dem Nordfuße der Kuppe Privaj (im Makirinakamme) aus der Nordostwand des Smovotales vorspringt. In der Wurzelregion dieses Spornes herrscht Flyschmergel vor. Ostwärts von diesem isolierten Talsporne ist die den. Konglomeraten vorge- lagerte Flyschzone zu einem künstlich terrassierten Kulturgehänge umgewandelt. Diese Zone, in welcher Flyschsandsteine zu dominieren scheinen, endet gegenüber der schönen Quelle, welche am Nordfuße der Bergkuppe Sutina entspringt. Ostwärts von da reichen die Kon- glomerate bis zum Fuße des steilen Nordostabhanges des Smovotales herab. Sie bilden hier eine ziemlich schmale, vom benachbarten Rudistenkalke deutlich abgrenzbare Zone und fallen steil, etwa 60° gegen SW ein. Etwa 1 km ostwärts von dem unteren Ende der früher erwähnten, bei Beovica staje beginnenden Talschlucht keilt der breite, den Süd- westfuß des Ostmosor begleitende Aufbruch von Kreidekalken aus. Südwestwärts von dem Dörfchen Kocibue kann man in dem keil- förmigen Ende des Faltenkernes hemiperiklinale Lagerung von ONO über O nach SSO mit gleichzeitiger Zunahme der Neigungswinkel von 30 zu 60° feststellen. Die alttertiären Schichten legen sich bogen- förmig um diesen Keil herum. Im Scheitel dieses Bogens trifft man weiße harte Breccienkalke vom Typus der Jadrobreccien, Breccien aus Trümmern von Alveolinenkalk, grobe Konglomerate mit höckeriger Oberfläche und sehr scharfkantige, zernagte Felsmassen eines Kalkes, welcher Alveolinen, Nummuliten und Orbitoiden enthält. Über den Konglomeraten, welche deutlich gegen Ost einfallen, liegen 30° nach derselben Richtung hin einfallende Plattenmergel. Aus solchen besteht auch die kleine isolierte Felsmasse in den ostwärts anstoßenden Wein- gärten. Stellenweise sind auch hier — gleichwie am nordwestlichen Faltenende — kleine Partien von verquetschten, klüftigen Mergeln in den Foraminiferenkalk hineingepreßt. Das Tal des Smovo potok verdankt der Einklemmung von Flyschgesteinen zwischen Kalkkonglomeraten seine Entstehung. Der Flysch ist aber nicht bloß auf die Talsohle beschränkt. Er bildet streckenweise auch die unteren Abhänge zu deren beiden Seiten. Zu seiner Linken wird der Smovo potok — wie bereits erwähnt — tal- abwärts von der Gegend Rudina von Flyschsandstein besäumt. Zu seiner Rechten kommt der Flysch gegenüber von der Schlucht von Sv. Arnerio zu größerer Entwicklung und tritt dann streckenweise auch am Südwesthange des unteren Smovotales auf. In der Anfangsregion des Smovotales sieht man gelblich- bis bläulichgrüne Eluvien des Flyschmergels dem Fuße des Nordost- gehänges anlagern, welches hier durch eine Felsmauer von Konglo- merat gebildet wird. Zur Rechten des obersten Smovo potok hat man ein zum Teil mit Schutt bedecktes felsiges Gehänge. Es stehen da grobe, Nummuliten führende Breccien und grobknollige Konglomerate 320 Dr. Fritz v. Kerner. [106] an, welche steil gegen WSW zu fallen scheinen. An einer Stelle sieht man zu Füßen des rechten Talgehänges mäßig steil gegen WSW geneigte Mergelkalke. Von hier bis etwas oberhalb der Einmündung der Schlucht von Sv. Arnerio durchzieht das häufig völlig trockene Bett des Smovobaches einen schmalen begrasten, zum Teil mit Trümmer- werk bestreuten Talboden, der beiderseits von steilen Konglomerat- felsmauern eingeschlossen wird. Die rechtseitige Mauer ist gegen die groben Konglomerate, welche zur Rechten des Talbeginnes anstehen, etwas gegen NO verschoben. Es handelt sich hier um das Ausklingen jener Querstörung, welche den Faltenzug der Makirina in der Gegend des Rudinasattels durchsetzt und in der auffälligen Verschiebung des Makirinakammes in jener Gegend ihren orographischen Ausdruck findet. An mehreren Stellen des Talbodens gewahrt man kleine Partien eines stark zerquetschten Mergelkalkes. Zu Füßen des rechtseitigen Gehänges sind an einigen Punkten braune Flyschsandsteine auf- geschlossen. Sie lassen Steilstellung erkennen, sind aber stark zer- worfen. Etwa 600 m oberhalb der Einmündung der Schlucht von Sv. Arnerio tritt auf der Südwestseite des Smovotales der Rand des Kalkgebirges einige hundert Meter weit gegen SW zurück, wogegen die Talsohle in der bisherigen Richtung weiterstreicht. In den Raum, der so zustande kommt, schiebt sich eine Flyschmasse ein. Dieselbe besteht aus einem breiten Zuge von braunen Sandsteinen und zwei denselben beiderseits begleitende:: Mergelstreifen, von denen der nord- östliche wieder von einem Bande von Sandsteinen durchzogen ist, der südwestliche hingegen talabwärts auskeilt. Alle Glieder dieses Schicht- komplexes befinden sich in sehr steiler bis seigerer Stellung. Durch mehrere kleine, dem Smovotale tributäre Gräben wird dieser Flysch- komplex in eine Reihe von kurzen Querrücken zerteilt. In dem mittleren Sandsteinzuge wechseln härtere und weichere Bänke in oftmaliger Wiederholung miteinander ab. Die aufgerichteten Schicht- köpfe. der ersteren formieren eine große Zahl von in geringen Ab- ständen parallel nebeneinander hinziehenden Reihen von Felszacken und Felszinnen, welche sich quer über die eben erwähnten kleinen Rücken und quer durch die zwischen ihnen gelegenen Gräben weithin verfolgen lassen. Diese Zinnenreihen verleihen der Gegend ein eigen- tümliches Aussehen. Stellenweise wird man beim Anblick der teils aufrecht stehenden, teils schiefen, teils umgefallenen tafelartigen Felsklötze an die Grabsteinreihen in alten orientalischen Friedhöfen semahnt. Ebensolche Zacken- und Zinnenreihen beobachtet man in dem den nordöstlichen Mergelstreifen durchsetzenden Sandsteinzuge. Manche der Sandsteinklötze sind stark ausgenagt und nehmen dann seltsame Formen an. Die: klüftigen Mergel heben sich durch lichte Farbe von den dunkelbraunen Sandsteinzinnen lebhaft ab, so daß ein Farben- kontrast zustande kommt, wie er infolge von Kontakt verschiedener Gesteine in solcher Schärfe wohl nur selten in der Natur auftritt. Hierzü_gesellt sich noch der Gegensatz der grasigen Flyschregion zu (den umgebenden Karstwildnissen. Dies alles wirkt zusammen, um das sanz unbewohnte, einsame mittlere Smovotal zu einer der landschaftlich merkwürdigsten Gegenden des Mosorgebietes zu gestalten. Der. nord- [107] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 321 östliche, von Sandsteinen durchsetzte Mergelzug formiert die gegen den Smovobach vortretenden spornartigen Enden der vorhin genannten kleinen Querrücken. Der südwestliche verläuft quer über die Wurzel- stücke dieser Rücken. In einem der Gräben dieser Flyschregion be- findet sich eine Quelle, welche aus steil gestelltem Flyschsandstein hervorkommt. Sie war zur Zeit meines Besuches (im Herbst) versiegt und scheint nicht stark zu sein. (Siehe Taf. III, Prof. III.) Gegen Nordwest hin schneiden die seigeren Schichten des Flysch- komplexes an einer fast meridional verlaufenden Linie haarscharf ab. Sie stoßen hier an eine stark zerworfene Masse von Foraminiferen- kalk. Etwas unterhalb der Mündung der Schlucht von Sv. Arnerio tritt am Fuße des südwestlichen Talgehänges, dessen unterste Zone — wie erwähnt — hier von Mergeln gebildet wird, noch einmal ein kurzer schmaler Zug von Flyschsandsteinen auf. Dieser Zug, sowie die benachbarte Mergelzone tauchen dann bald unter die Eluvien der Talsohle hinab und weiter talabwärts herrscht am Südwestabhange der Smovo draga die psammitische Fazies des Flysches vor. Gegen- über von Rudina erscheint dann noch einmal ein Mergelstreifen, welcher sich in jene Mergel fortzusetzen scheint, die an der Wurzel des früher erwähnten isolierten linkseitigen Talspornes anstehen. Es würde diese letztere Annahme ein das Smovotal schief durchsetzen- des lesinisches Streichen zur Voraussetzung haben, wie es als lokale Deviation wohl möglich ist. Die Talsohle ist von der Sv. Arnerio- schlucht abwärts etwas breiter als zuvor, das Bachbett folgt dem Fuße des Südwestgehänges. Entlang der Basis des Nordostabhanges läßt sich in diesem Teile der Smovo draga ein schmaler Zug von Platten- mergeln, welche jenen von Sitno ähnlich sind, nachweisen. Talabwärts vom isolierten Talsporne gegenüber der Kuppe Privaj stehen auf der zum Teil gut bewaldeten Südwestseite des unteren Smovotales (= Velika studena) nur Flyschsandsteine an. Am Fuße des Gehänges tritt etwas Konglomerat zutage. Auf der Nord- ostseite der Kuppe Sutina fallen die Sandsteinschichten am Fuße des Abhanges 40° steil, weiter oben noch steiler gegen NNO ein. Darüber folgt hier eine ziemlich breite Zone von plattigen Mergel- kalken. Die Talsohle der Velika studena ist teilweise mit Weingärten bedeckt. Im Rinnsale des Baches, das die talauswärts sich verbreiternde Talsohle in flachen Windungen durchzieht, stehen stellenweise Flysch- sandsteine an. Am Fuße des Südwestgehänges der Velika studena befindet sich unterhalb der Sutina eine reiche und sehr schöne Quelle. ÖOstwärts von dem Dörfchen Smovo schiebt sich von Norden her ein flacher Riegel quer über die Talsohle und drängt das Bachrinnsal bis an den Fuß des südwestlichen Talgehänges ab. Die mittleren Partien dieses Riegels sind mit Kulturen bedeckt. Sein Endstück, auf welchem das Kirchlein Sv. Maria steht, läßt seinen Aufbau aus stark geneigten Bänken von Flyschsandstein erkennen. Dieselben liegen in der östlichen Fortsetzung jener Sandsteinschichten, welche die Abhänge ober der früher erwähnten schönen Quelle aufbauen. Am Hügel weiter südostwärts stehen Plattenmergel an, die — wie erwähnt — auch weiter westwärts im Liegenden des Flysches auftreten. Die enge Schlucht, durch welche sich das schmale Bett der Velika studena Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 42 399 Dr, Fritz v. Kerner, [108] zwischen Sv. Maria und Sv. Jure zwängt, ist schon in den Foraminiferen- kalk eingeschnitten, welcher das nächst tiefere Glied in der Schicht- reihe der Makirinafalte bildet. Ostwärts von dem flachen Riegel, welcher die Sohle der Velika studena gegen Ost abgrenzt, befinden sich die ganz mit Kulturen bedeckten sanften Abhänge von Gata. Dieselben ziehen sich zunächst zum Endstücke der Vorfalte des Kozik und weiter ostwärts direkt zum Fuße der Hauptkette des Ostmosor hinan. Beim Abstiege vom Raseljkapasse nach Gata trifft man am Fuße der Felsgehänge ober Sv. Rok, woselbst in einer ummauerten Höhlung eine kalte Quelle aufbricht, bei einem in der Nähe befindlichen Bunar etwas bläulichen Flyschlehm und viel Gebirgsschutt:. Am Wege nach Sv. Rok hinab folgt ein Gestein, welches aus einer Grundmasse von erhärtetem Flyschmergel, in der gerundete Kalkbrocken von sehr wechselnder Größe eingebacken sind, besteht. Stellenweise tritt die tonige Grund- masse zurück, so daß ein reines Kalkkonglomerat zustande kommt. Beim weiteren Abstiege nach Gata passiert man außer engklüftigen Mergeln auch Flyschsandsteine und blaugraue Mergelkalke. Am Abhange östlich von dem Querriegel, welcher das Tal der Velika studena nach unten hin abschließt, entspringen mehrere Quellen, deren Abflüsse nach ihrem Eintritt in das Bett der Velika studena die wilde Schlucht ober Zaku@ae durchrauschen und alsdann über die hohe Felswand niederstürzen, welche unterhalb der Mündung jener Schlucht zur Tal- ebene der Cetina abfällt. In den räumlich beschränkten, zwischen Konglomeraten und Sandsteinen eingezwängten Mergellagen des Smovo- tales sollen sich Kohlenspuren gefunden haben, welche bei den Eingebornen den Traum von großen Schätzen dieses Brennstoffes erzeugten. XV. Die südwestliche Vorkette des östlichen Mosor. Die südwestliche Begrenzung der langen Talrinne des Smovo potok wird durch den Makirinakamm gebildet, welcher — vom Poljica- gebirge abgesehen — die mächtigste und längste Vorkette des Mosor darstellt. Dieser Bergkamm wölbt sich schon auf der Südseite des Mittelmosor auf und begleitet dann den Ostmosor bis nahe zu dessen äußerstem Ende, noch über jene Stelle hinaus, die hier als Ostgrenze des Gebirges angenommen wurde. Als Grenze zwischen dem, dem Mittelmosor und dem, dem östlichen Mosor zuzurechnenden Abschnitte des Makirinakammes ergibt sich naturgemäß der Rudinapaß, an welchem eine auffällige Querverschiebung der Kammlinie stattfindet. Auch ost- wärts von diesem Passe sind Kalkkonglomerate die am Aufbaue des Kammes in erster Linie beteiligten Gesteine. Daneben treten die im Mosorgebiete mit den Konglomeraten eng verbundenen Foraminiferen- kalke auf. Als Verbindungsglied zu den die Muldenzonen beiderseits des Kammes ausfüllenden jüngeren Flyschgesteinen erscheint auch hier ein lichtgelber, etwas mergeliger Plattenkalk. Außerdem gibt es im Bereiche des Makirinakammes Zonen, in welchen ein ganz homogen erscheinender weißer Kalk zutage tritt. Man wäre wohl geneigt, in [109] Geologische Beschreibung der. Mosor planina. 323 diesem Gesteine doch ein festgefügtes klastisches Gebilde aus litho- logisch durchwegs gleichartigem Material zu vermuten. Im Falle, daß es sich um ein Hervorkommen des Rudistenkalkes handelt, muß man zur Annahme tektonischer Störungen seine Zuflucht nehmen. Die Terrasse, welche dem Nordfuße der Makirina vorliegt und zum Anfangsstück des Smovo potok abfällt, reicht südostwärts bis in die Gegend gegenüber von der Schlucht von Sv. Arnerio, In dem süd- ostwärts vom Rudinasattel gelegenen Teile jener Terrasse trifft man viele einander parallele mauerähnliche Felszüge, welche aus steil, 55—-60% gegen ONO einfallenden Kalkbänken bestehen. Die mehr gegen den Smovo potok zu gelegenen Felsen enthalten eozäne Fora- miniferen, die mehr dem Fuße des Bergkammes hin genäherten haben das Aussehen des Rudistenkalkes, Eine scharfe Grenze ist bei der vorhandenen Fossilarmut und dem Mangel auffälliger lithologischer Unterschiede nicht zu ziehen. Im Foraminiferenkalke wechseln felsige Zonen und solche, in welchen das Gestein in kleine plattige Stückchen zerfallen ist, miteinander ab. Plättehenzonen sind besonders im Terrain nordwestwärts von dem früher beschriebenen Flyschkomplex zur Rechten des mittleren Smovobaches zu bemerken. Die Konglomerate, welehe die Kuppe östlich vom Rudinapasse aufbauen (623 m), liegen auf der Höhe derselben ziemlich flach, biegen sich dann am Nordost- gehänge sukzessive stärker hinab und scheinen unter die steil gegen NO geneigten homogenen weißen Kalke am Fuße der Kuppe einzufallen, Ganz dasselbe ungewohnte Lagerungsverhältnis bekommt man weiter südostwärts, in der Gegend Brni6 zu Gesichte. Auch hier hat man den Eindruck, daß die weißen Kreidekalke mit nordöstlicher Fallrichtung den gleichfalls gegen NO geneigten Konglomeraten aufliegen. Ost- wärts von der Kuppe ober Osi6 keilt der Zug der weißen Kalke am Nordabhang des Makirinakammes aus. (Siehe Taf. III, Prof. II u. III.) Auf der Nordseite des Sattels, welcher zwischen der eben er- wähnten Kuppe (566 m) und der Kuppe Privaj (559 m) gelegen ist, beobachtet man folgenden Befund: Zunächst ober dem Flyschkomplex, welcher den untersten Teil der Südwestflanke des mittleren Smovo- tales aufbaut, grobes Konglomerat, dann ein Kalk mit Alveolinen, Nummuliten und Orbitoiden. Oberhalb dieses Kalkes stehen Konglo- merate an, dann folgt eine schmale Wiesenterrasse mit einigen kleinen Partien von schiefrigem, verquetschtem Mergel. Die Konglomerate, welche den Rand dieser Terrasse begleiten, zum Teil in sie eingreifen, dürften steil gestellt sein. Die Mergel bilden nur eine schmale Linse und keilen bald gegen NW und gegen SO hin aus. In der Richtung gegen das südöstliche Ende dieser Mergellinse scheinen die Konglo- merate eine kleine Auffaltung zu bilden und gegen die Mergel süd- westwärts einzufallen. Auf ihrer Südwestseite wird die Terrasse von einer Kalkbank mit kleinen Alveolinen begrenzt. Beim weiteren Auf- stiege überquert man eine Folge von ebenflächigen, scharfkantigen Schichtköpfen eines gut gebankten fossilarmen Foraminiferenkalkes, Das Einfallen ist hier 50—60° NO. Stellenweise stehen die Schicht- köpfe fast seiger. Nach oben hin schalten sich diesem Foraminiferen- kalke konglomeratische Zwischenlagen ein. Der oberste Teil des Ab- hanges baut sich dann ganz aus Konglomeraten auf. Dieselben fallen 42* - 324 Dr. Fritz v. Kerner. [110] zunächst 50—60° steil nach NO ein, um in der Region des Sattels völlig flache Lagerung zu zeigen. (Siehe Taf Il], Prof. IV.) Etwas weiter ostwärts, gegenüber der Gegend Rudina, schieben sich zwischen den Flyschsandstein und den Foraminiferenkalk nicht grobe, sondern sehr feinkörnige Konglomerate mit kleinen Horn- steinchen ein. In der Gegend der Bergkuppe Privaj (559 m) und auf dem Sattel östlich von derselben trifft man wieder homogenen weißen Kalk. Die Lagerung desselben ist unklar, vielleicht mäßig steiles Fallen gegen NO. . Am Südrande der Rückenfläche des Bergzuges stehen Konglomerate an, die sich steil gegen SW hinabbiegen. Der Nordost- abhang des Privaj besteht aus Foraminiferenkalk. Der obere Teil dieses Abhanges ist felsig und mit vielen großen eckigen Trümmern und Platten bestreut. Zwischen diesem Kalke und den Flyschsand- steinen, welche den untersten Gehängeteil aufbauen, verläuft. auch hier ein Konglomeratzug. Das Einfallen des Foraminiferenkalkes ober- halb desselben ist 50 - 60° NO. Auf der Nordseite der Sutina ist oberhalb der Flyschsandsteine eine ziemlich breite Zone von Platten- kalk vorhanden, dann folgt eine felsige Zone von steil gegen NO einfallendem Foraminiferenkalk. Oben am Rücken stößt man auf flach liegende Kalkkonglomerate, auf der Südseite der Kuppe sind Kon- glomerate, homogener Rudistenkalk und Foraminiferenkalk zu kon- statieren. (Siehe Taf. III, Prof. V u. VI.) Ostwärts von der Sutina befindet sich eine Kuppe, jenseits welcher der Makirinakamm mit verminderter Höhe weiterstreicht, um alsbald einen raschen Abfall zu einer zweiten noch niedrigeren Kamm- fortsetzung zu erleiden. An diesem Abfall, welcher einen Querschnitt durch die Gipfelregion des Kammes repräsentiert, sind grobe Kon- glomerate. aufgeschlossen. Der unterhalb dieses Steilabfalles gegen OSO weiter streichende Rücken erfährt nach kurzem Verlaufe eine Durchschneidung durch die tiefe Schlucht, durch welche die. auf seiner Nordseite sich sammelnden Gewässer zur Cetina gelangen. Diese schon bei früherer Gelegenheit erwähnte Schlucht ober Zakucac ergibt sich als naturgemäße Ostgrenze der südlichen. Vorkette des Ostmosor, sofern man als östliches Ende der Hauptkette desselben den Paß von RaSeljka annimmt. Im Bereiche dieses abgeflachten End- stückes des Makirinakammes ist domförmige Faltenstruktur gut er- kennbar. Am Nordabhange, über welchen die von Gata kommende Straße in Serpentinen ansteigt, fallen die Schichten 40—42°% gegen NNO bis NO ein. Dann nehmen sie auf der Rückenfläche des Berg- zuges eine völlig flache Lage an, um sich dann am Rande des schroffen Südabfalles steil gegen SSW hinabzubiegen. . Die. Gesteine, welche am Aufbaue des östlichen Endstückes des Makirinakammes Anteil nehmen, sind teils sehr feste, dem Gesteine am Jadroursprung ähnliche lichte Breccien, teils körnige Kalke mit Milioliden, Alveolinen und kleinen Nummulinen. Eine kartographische Trennung von Kalk und Breccie ist hier, wie auch. an vielen anderen ‚Orten. im Mosor- gebiete, nur schwer möglich. Das auf. der Nordseite des Makirinakammes zu. beobachtende Auftreten einer Zone von steil gegen N einfallendem Rudistenkalke [111] Geologische Beschreibung. der Mosor planina. 325 zwischen analog gelagertem eozänen Foraminiferenkalk und. Konglo- merat ist eine eigentümliche Erscheinung. Es ist wohl möglich, Erklä- rungen dafür zu geben, doch sind dieselben insofern unbefriedigend, als sie die Annahme von tektonischen Verhältnissen bedingen, welche in der Vorfaltenregion des Mosor sonst nicht vorkommen und man gerade hier zur Supponierung von Ausnahmszuständen um so weniger seine Zuflucht nehmen möchte, als man den Eindruck gewinnt, daß das Mosorgebiet nach einem einheitlichen Bauplan geschaffen wurde. Man könnte den Kreidekalkzug zur .:Rechten des oberen Smovo- tales als einen steilen schiefen Faltenaufbruch ansehen. Zu dieser Annahme paßt es aber nicht, daß zu beiden Seiten jenes Zuges ver- schiedene eozäne Gesteine anstehen. Bei der innigen Verbindung, in welcher der Foraminiferenkalk des Mosor und die Mosorkonglomerate auftreten, ist es wohl leicht denkbar, daß sich dieselben gelegentlich an den Flanken eines Kreidekalkaufbruches lokal vertreten.. Als regionale Erscheinung ist aber eine solche Vertretung dennoch un- wahrscheinlich. Noch mehr spricht aber die — soweit das Karrenrelief die Lagerung feststellen läßt — sichtbare Isoklinie des Kreidekalk- zuges gegen dessen Auffassung als Falte. Für die anderen Kreidekalk- aufbrüche auf der Südseite des Mosor ist das Vorbandensein von steilen Bogenantiklinalen charakteristisch; daß gerade eine von diesen Falten des. Mosor im Gegensatze zu den anderen so weit unter ihre Scheitelregion hinab denudiert sein sollte, daß nicht einmal mehr eine Andeutung von Dachstruktur vorhanden ist, erscheint schwer glaublich. Eine zweite Annahme wäre die einer steilen Überschiebung des Kreidekalkes auf die Konglomerate. Die am benachbarten Süd- abfalle des Makirinakammes vorhandene Überlagerung des Flysches durch die Mosorbreceien und Konglomerate ist allerdings: als eine Faltenverwerfung aufzufassen, da an dem gleich darunter befindlichen Abhange der Flysch von den Konglomeraten durch eine breite Zone von Plattenmergeln getrennt ist. Mit der Annahme einer vereinzelten Überschiebung von Rudistenkalk auf Mosorkonglomerate wird man sich aber inmitten eines Gebietes mit durchwegs nach demselben Typus gebauten sehr steilen, von Konglomeratmänteln umgebenen Kreidekalk- falten nicht gern befreunden. Es bliebe noch die Supponierung eines großen Bruches mit tiefer Absenkung der Achsenregion der Falte entlang dem stehen gebliebenen Nordflügel derselben. Mag man sich auch zu dieser Erklärungsweise nicht gern bekennen, da den anderen Vorfalten des Mosor derartige große Störungen ganz fremd sind, so wird man ‚anderseits doch zu- geben müssen, daß dort, wo ein von der Norm abweichender Befund vorliegt, auch die Annahme einer ungewöhnlichen Ursache zulässig ist. Betrachtet man den Verlauf der Faltenzüge im mittleren Ab- schnitte des Mosor, so sieht man, daß dieselben alle eine ungefähr dinarische Richtung einhalten. mit Ausnahme des Poljicakammes; welcher. in der Region .der Grajenica von:der eben genannten Richtung etwas gegen S abweicht, ober Jesenice sich aber gegen OSO kehrt. Er: bildet: demnach einen gegen NO. offenen «flachen Bogen - und. es kommt .so eine Ausweitung. des Raumes zwischen "der. 'Küstenkette 396 Dr. Fritz v. Kerner. _ [112] und dem Hauptgebirge zustande. Es ist nun naheliegend, daß dem Wechsel in der Breite des Raumes zwischen Vor- und Hauptgebirge auch eine Verschiedenheit im tektonischen Verhalten der zwischen beiden gelagerten Schichtmasse entspricht. Es wird diese Masse in ihren beiden Seitenteilen, welche sich in einem schmäleren Raume zurecht finden müssen, viel stärker zusammengepreßt sein als in ihrem Mittelstücke, welchem ein breiterer Raum zu seiner Entfaltung zur Verfügung steht. Im nordwestlichen Teile der zwischen Vor- und Hauptgebirge gelagerten Schichtmasse sieht man in der Tat den steilen Kamm der Sridivica sich aufwölben. Da wäre es wohl denkbar, daß die relative Dilatation im Mittelstücke der Schichtmasse zu einem Längsrisse in demselben mit nachfolgendem Absinken des meerwärts gelegenen Streifens geführt hat. Der Kreidekalkzug auf der Nord- ostseite des Makirinakammes liegt in der Tat der Scheitelregion des gegen NO konkaven Bogens des Poljicakammes gegenüber. Die Auffassung der weißen Kalke auf der Nordostseite des Makirinakammes als sehr kompakte klastische Gebilde aus durchwegs sleichartigem Kalkmaterial würde zwar die Annahme tektonischer Störungen überflüssig machen, ist aber auch nicht zulässig. Als lokale Vorkommnissestrifft man allerdings nicht selten homogene Kalke inner- halb der Breccienzonen; daß man daselbst beim Anschlagen einer Felsecke eine Bruchfläche von homogenem Kalk erhält, ist sogar recht häufig und bei einer aus großen Trümmern zusammengefügten Breccie leicht begreiflich. Dagegen wäre es sehr unwahrscheinlich, daß innerhalb einer Breccienzone in weitem Umkreise die Kontakt- flächen ihrer Bestandteile mit den jetzt die Breceienbänke durch- setzenden Sprüngen und Klüften stets zusammenfallen sollten, so daß man nie geschlossene und stets nur klaffende Trennungslinien im Gesteine zu Gesicht bekäme und der Eindruck eines homogenen Kalkes vorgetäuscht würde. / Würde man die Möglichkeit des Vorkommens solcher pseudo- homogener Kalke als regionalen Befund zugeben, so wäre damit im Mosorgebiete überhaupt jede Unterscheidung zwischen ursprünglichen kretazischen Kalkmassen und durch Zertrümmerung derselben und nachträgliche feste Wiederverkittung ihrer Trümmer entstandenen Felsmassen illusorisch und der geologischen Kartographie der Boden ganz entzogen. Südwestwärts fällt die Gipfelregion des Makirinakammes steil zu den Berglehnen ab, welche sich gegen das obere Zernovnicatal und gegen die Talschlucht von Pod Bila hinabsenken. Dieser Steil- abfall entspricht einer raschen Hinabbiegung der am Kamme oben ziemlich flach gelagerten Konglomerate gegen SW. Unterhalb dieser Schichten stehen Flyschsandsteine an. Dieselben fallen an der Grenze gegen die Konglomerate und Breccien steil unter diese gegen NO ein. An dem mit vielem Schutt bedeckten Südwestabhange der Kuppe östlich vom Rudinapasse und auch unterhalb des Sattels nordwärts von Petridevid ist man zu der Annahme geneigt, daß sich die Breccien- bänke an der Flyschgrenze gegen NO, umbiegen und somit eine. kon- kordante Unterlagerung derselben durch die Flyschsandsteine statt- findet. Das Oberflächenbild zeigt allerdings ein Aneinanderstoßen steil [113] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 327 gegen SW geneigter Breccienfelsflächen und steil gegen NO einfallen- der Sandsteinschichten. Oberhalb der Hütten von Osic bilden die jälı zur Tiefe gehenden Konglomeratbänke eine schroffe Felswand. Östlich von Sv. Kata ist eine der teils steil gegen SW fallenden, teils seigeren, teils überkippten Bänke von der Masse der anderen losgelöst und bildet mehrere bizarre Klippen, die durch eine breite Kluft von dem steilen Felshange getrennt sind. An der Basis desselben stehen hier Gesteine vom Typus der Jadrobreccien an, weiter aufwärts trifft man auch hier Breccien und Konglomerate aus verschieden gefärbten Stücken. Bei dem weiter südostwärts unterhalb der Kuppe Privaj gelegenen Kapell- chen Sv. Maria ist die Grenze zwischen den Konglomeraten und den Flyschsandsteinen großenteils durch Schutt verdeckt. Das Gehänge, welches sich vom Fuße des im vorigen bespro- chenen Steilabfalles zur flachen Rinne des oberen Zernovnicatales und zur tiefen Furche des Pod Bila niedersenkt, wird durch ein Ge- wölbe von Flysch gebildet, in dessen Achse streckenweise Plattenkalk und Kalkkonglomerat zutage treten. Zur Linken des obersten Zernov- nicatales zieht sich die östliche Fortsetzung jenes Zuges von Konglo- meraten hin, welcher dem Südabhange der Makirina folgt. Derselbe ist zu beiden Seiten von Plattenkalkzonen eingesäumt. Die obere, nordöstliche, dieser beiden Zonen bildet das Liegende jener Flysch- sandsteine, welche von den Konglomeraten des Makirinakammes über- schoben sind. In dieser oberen Zone von gut gebankten, hornstein- führenden, teilweise etwas mergeligen Plattenkalken konstatiert man ein Einfallen von 35—40° gegen ONO; darunter folgt zunächst ein schmaler Zug von Foraminiferenkalk, der etwas steiler 40 —-45° nach derselben Richtung hin einfällt. Die Beschaffenheit der Konglomerate und die Art ihrer Verbindung mit den Plattenmergeln läßt sich an den Straßenserpentinen unterhalb des. Rudinasattels gut studieren. Man sieht hier den hornsteinführenden Plattenkalk allmälig in den Foraminiferenkalk übergehen, welch’ letzterer im Bruche stellen- weise ganz das Aussehen von weißem Rudistenkalke hat. Dieser Foraminiferenkalk ist reich an grau ausgewitterten Nummuliten und weißen Durchschnitten von Alveolinen und geht durch Beimischung von Gesteinsbrocken direkt in eine grobe Breceie über. Die Gesteine, welche an der Zusammensetzung derselben Anteil nehmen, sind weißer, rudistenreicher, körniger Kalk, weißer, blaßgrauer und bräunlichgrauer dichter Kalk ohne Fossilien, ferner Alveolinenkalk (selten) und Horn- stein. Die einzelnen Gesteinsfragmente sind haselnuß- bis faustgroß, meist sehr fest und ohne Bindemittel zusammengebacken und großen- teils nur wenig abgerundet, so daß man hier im allgemeinen eher von einer Breccie als von einem Konglomerat sprechen kann. An anderen Punkten überwiegen dagegen abgerollte Stücke. Das Einfallen ist im Bereiche der Straßenserpentinen sehr steil gegen SSW. Höher oben dürfte nordöstliches Fallen vorhanden sein. (Siehe Taf. III, Prof. II.) Die schmale Terrasse, welche ostwärts vom Rudinapasse das Südwestgehänge des Makirinakammes unterbricht, liegt schon im Be- reiche der Kernschichten des Faltenzuges, wogegen die bedeutend höher gelegene Terrainstufe westwärts vom Rudinasattel noch von Plattenkalken des Nordostflügels gebildet wird. ÖOstwärts von der 328 Dr. Fritz v. Kerner. [114] ersteren Terrasse wird das Gehänge von einem Graben quer durch- furcht, in dessen unterem Teile die Quelle Rastita voda gelegen ist. Eine. kurze Strecke weiter ostwärts keilt der Konglomeratzug aus: Anden Wänden des schluchtartigen Grabenstückes, welches. in die Konglomerate eingeschnitten ist, läßt sich die Struktur des Faltenkernes nicht sehr klar erkennen; dagegen ist höher oben im östlichen Teile der Terrasse gut zu sehen, wie sich die vorerst mäßig steil gegen ONO geneigten Konglomeratbänke gegen SO drehen und dann steil gegen SSO hinabbiegen. Sehr schön ist die hemiperiklinale Lagerung im östlichen Halbumkreise des zur Tiefe tauchenden Faltenkernes zu erkenner, da sein Mantel aus sehr gut geschichteten Gesteinen besteht. Nordostwärts von dem Ende des Konglomeratfelszuges fallen die hornsteinführenden Plattenkalke 15° NO, weiter ostwärts 10° O; dann sieht man in der Achsenregion der Falte die Fallrichtung der Plattenkalke in eine süd- östliche bis südliche übergehen und gleichzeitig die Einfallswinkel sehr rasch wachsen, so daß im südwestlichen Flügel östlich von der Quelle Rastita voda schon seiger stehende Mergelkalke angetroffen werden. Der den plattigen Mergelkalk umhüllende Flysch erfährt eine ähnliche Drehung seiner Einfallsrichtung und Zunahme ‚seiner Fall- winkel, doch sind diese Veränderungen bei ihm weniger gut verfolg- bar, da das Flyschterrain zum Teil in Kulturland umgewandelt ist. Von der das Zernovnicatal durchziehenden Straße aus hat man in der Richtung gegen Nord ein äußerst instruktives tektonisches Landschafts- bild vor sich. Das zungenförmige Ende des konglomeratischen Falten- kernes hebt sich scharf als grauer Felszug von einer ihn umgreifenden U-förmigen felslosen Zone ab, die durch lichtgelbliche Farbe gegen die. umgebenden bräunlichen Flyschabhänge kontrastiert. In der Höhe oben erblickt man noch den Felszug der Konglomerate, welche die Gipfelregion des Makirinakammes aufbauen. Die schon erwähnte Quelle Rastita voda tritt nahe unterhalb der Grenze der Plattenkalke gegen die Flyschschichten im seiger stehenden Südwestflügel des im vorigen besprochenen Faltenzuges hervor. Gleich oberhalb der Quelle zieht eine Konglomeratbank durch. Es handelt sich hier um aufsteigendes Grundwasser, das in einem kleinen ummauerten Becken gefaßt wird. In der Umgebung dieser Quelle und zu beiden Seiten ihres Abflusses steht eine Anzahl hoher Pappelbäume. Im nordöstlichen Faltenflügel bricht an der Grenze zwischen Plattenkalk und Flyschmergel auch eine Quelle auf. Sie befindet sich nordwestwärts von PetriGevic unterhalb der Einsattlung von Brnic und ist gleichfalls ummauert. In dem Flyschgebiete südostwärts von der eben beschriebenen Aufbruchsfalte tritt an mehreren Stellen Quellwasser zutage. Bei dem Kirchlein Sv. Kata kommt eine Quelle unter großen, vom Makirina- kamme. abgestürzten Kalkblöcken aus steil gestelltem Flysch hervor. Ein kleines Quellbecken, Vrelo Golubanac, liegt etwas weiter unten am Gehänge. Am Wege, der von Sv. Kata gegen SO zur Straße, welche von Srinjine nach Gata führt, hinabzieht, befindet sich ein Brünnlein, das — ausgenommen die sommerliche Dürreperiode — ziemlich reichlich zu fließen scheint. Das Wasser kommt auch hier aus steil gegen NNO.einfallenden bis seiger stehenden Flyschschichten [115] Geologische Beschreibung der. Mosor planina. 329 und hat eine steinerne Auslaufrinne. Alle diese Quellen dürften in zerklüfteten Sandsteinzonen zwischen undurchlässigen Mergelwänden aufsteigen. Auf der Südwestseite der Kuppe Privaj taucht innerhalb der Flyschgesteine, welche kurz zuvor, unterhalb der Hütten von Za Stine, noch den ganzen Abhang aufbauen, wieder hornsteinführender Platten- kalk hervor, erst als schmale Linse, dann als ein sich rasch ver- breiternder Gesteinszug. Die obere Grenze dieses Zuges reicht bis nahe an die Konglomerate der Gipfelregion hinau, so daß die von denselben überschobene Flyschzone eine sehr starke Verschmälerung erleidet. Zu Füßen des Sattels, östlich von der Kuppe Privaj, beginnen die Plattenkalke schon bei der kleinen Kapelle Sv. Maria, die nur durch eine schmale Schuttzone von den Konglomeraten der Gipfel- region getrennt ist. Die Plattenmergel fallen hier zunächst bergabwärts von dem Kirchlein deutlich mittelsteil gegen NO ein; weiter unten stellen sie sich völlig auf. Die Grenze gegen den Flysch im südwest- lichen Faltenflügel wird durch eine mächtige Konglomeratbank gebildet, welche ein kleines Felswändchen formiert. (Siehe Taf. III, Prof. V.) Eiwa 1 km südostwärts von der Stelle, an welcher im Flysch- gehänge unterhalb der Kuppe Privaj der Plattenkalk auftaucht, treten in dem ziemlich breiten Zuge desselben die nächst älteren Glieder der tertiären Schichtreihe des Mosor, Foraminiferenkalk und Kalk- konglomerat zutage. Die Aufbruchszone dieser innig miteinander ver- bundenen Gesteine läßt sich längs der Südabhänge des östlichsten Makirinakammes bis zu dessen Ende hin verfolgen. Die Zone bleibt stets beiderseits von Plattenkalken besäumt. Am Südabhang der Kuppe Sutina folgt unterhalb der Kalkfelsen, welche die Gipfelregion auf- bauen, zunächst nicht Flysch, sondern eine schmale Zone von plattigen, steil gegen NO einfallenden Mergelkalken, dann Flyschsandstein, dann eine Konglomeratbank und alsdann die breitere Zone der den Nord- ostflügel des Konglomerataufbruches bildenden Mergelkalke. Unter- halb des Felszuges der Konglomerate und Foraminiferenkalke folgt wieder Plattenkalk und Flyschsandstein, welch’ letzterer 60° NO fällt. @uehe: Taf. TIL, Prof.’ Vl.) Entlang der Straße von Srinjine nach Gata, welche den Südabhang der Sutina schief durchschneidet, beobachtet man in der Richtung gegen Ost zwischen den beiden Konglomeratzonen, jener am Abhange und jener in der Kammregion, das folgende Profil: Zunächst sieht man sehr schön in dünne Bänke abgesonderten Plattenkalk, der 45° NO fällt. Hieran schließt sich ein Weingarten, dessen Boden aus Flysch- eluvien besteht, dann folgen ein Konglomeratzug, Flysch und junge Breccien, dann wieder 60° NO fallender mergeliger Plattenkalk mit Hornsteinen und endlich ein sehr grober Nummuliten- und Alveolinen- kalk, der rasch eine konglomeratische Beschaffenheit annimmt. Östwärts von der Straße senkt sich das Terrain zur Ebene der Cetina hinab und endet dort mit einem breiten Vorsprunge, der sich zwischen die nördliche Ausbuchtung der Cetinaebene bei Zakucae und zwischen die breite tiefe Talschlucht unter Naklice vorschiebt, welche von der Cetinaebene gegen WNW in das Gebirge eindringt. Die Auf- bruchszone der Konglomerate unterhalb der Sutina bildet hoch ober Jahrbuch d. k. k. gcol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. IIeft. (F. v. Kerner.) 43 330 Dr. Fritz v. Kerner. [116] dieser Schlucht noch einen felsigen Vorkopf und senkt sich dann gegen OSO hinab, um oberhalb des Friedhofkirchleins von Setiste zu enden. Die Sandsteinbänke in der Flyschzone nordwärts von diesem Konglomeratzuge liegen unterhalb der Straße ziemlich flach. Am Wege von der Straße zum Rande der Cetinaebene hinab trifft man sehr viel Schutt, zum Teil ist der Untergrund auch durch Gestrüpp und Weingärten verdeckt. Man passiert einige Bänke von Flyschsandstein, die 40—45° gegen NNO fallen, und Bänke von weißen Breccien und körnigen lichten Kalken, die dem Flyschkomplex eingelagert sind. Auf der Südwestseite des Konglomerataufbruches läßt sich die Zone der lichten Plattenkalke am steilen Nordostabhang der Schlucht unter Naklice bis über den früher erwähnten Felskopf hinaus gegen SO verfolgen. Wegen der Mangelhaftigkeit der Aufschlüsse am Steilabhange westlich von der Schlucht von Zakuöac soll hier noch jener Befund Erwähnung finden, welcher sich beim Aufstiege nach Gata ostwärts von jener Schlucht darbietet, obwohl dieser Weg schon außerhalb des hier dem Mosor zugerechneten Gebietes liegt. An diesem Wege trifft man zunächst Schutt, dann aus demselben hervorkommende Ge- steine der Flyschformation und dann lichtgelben Mergelkalk, welcher reich an Hornsteinknollen ist und sehr steil gegen das Üetinatal ein- fällt. Derselbe geht allmälig in einen härtereu reineren Kalkstein über, welcher Milioliden und Nummuliten führt. Beim weiteren Auf- stieg folgen wieder mehr fossilfreie Kalkzonen, dann ein grobes, aus völlig abgerundeten Rollstücken bestehendes Konglomerat, dann Alveolinenkalk und endlich mehr verfestigte Konglomerate und Breccien aus kleineren Gesteinsfragmenten. Das Einfallen ist, soweit der Steilhang reicht, sehr steil talwärts; am Rücken oben tritt dann alsbald flache Lagerung ein. Am Abhang gegen Gata zu sind die Breccien und Konglomerate sanft gegen NO geneigt und werden weiter talabwärts von hornsteinführenden Plattenmergeln überlagert, die gleichfalls sanft nach derselben Richtung hin einfallen. Die tiefe Einsenkung, welche den Ostmosor vom Poljieagebirge scheidet, setzt sich aus zwei durch einen Rücken getrennten Tal- furchen zusammen: aus dem obersten Abschnitte des Tales der Zer- novnica oder des Veliki potok, welcher nordwestwärts dem Stobrec potok zuströmt und mit diesem vereint vor dem Nordwestende des Poljicakammes zwischen Stobrec und Strossanac das Meer erreicht, und aus dem Tale der Bila, welche südostwärts fließt und sich am Südostende des Poljicakammes bei Almissa dicht vor der Mündung der Cetina in diesen Fluß ergießt. Bezüglich der Gestaltung der beiden soeben genannten Täler ist erwähnenswert, daß ersteres auf seiner Nordostseite ein einförmiges Gehänge, auf seiner Südwestseite ein durch tiefe Seitengräben in Querrücken zerschnittenes Gehänge aufweist, das letztere dagegen einen ungegliederten Südwesthang und einen von Querschluchten durchfurchten Nordosthang besitzt. Der die beiden Täler scheidende Bergrücken vermittelt die Verbindung zwischen den Querrücken auf der Südwestseite des Zernovnicatales und den Quervorsprüngen auf der Nordostseite des Bilatales, woraus erhellt, daß letzteres nicht in der Fortsetzung des Zernovnicatales [117] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 331 liegt, sondern gegen dessen südöstliche Verlängerungslinie gegen SW verschoben ist, Die Abhänge, welche sich unterhalb des bei Rastita voda aus- keilenden Konglomerataufbruches gegen den Veliki potok nieder- senken, sind größtenteils mit Weingärten bedeckt, so daß man nur einen mangelhaften Aufschluß über die geologische Beschaffenheit ihres Untergrundes erhält. Einen guten, wenn auch zur Streichungs- richtung schiefen Durchschnitt durch die Flyschmasse, welche diese Abhänge aufbaut, gewinnt man aber längs der Straße von Srinjine nach Gata, dort, wo dieselbe — nachdem sie den Anfangspunkt des Zernovnicatales erreicht hat — dem nördlichen Wurzelgraben dieses Tales folgt. Man beobachtet dort am Nordabhang des Rückens Gajne, welcher die beiden Wurzeln des eben genannten Tales trennt, längs der von WSW gegen ONO gerichteten Strecke des Straßenzuges steil gegen NNO geneigte Flyschmergel. Längs der von WNW gegen OSO gerichteten Straßenstrecke stehen Flyschmergel in Wechsellagerung mit durchschnittlich etwa !/; m dicken Bänken von braunem Kalk- sandsteine an, welche teils steil gegen NNO einfallen, teils seiger stehen, teils steil gegen SSW geneist sind. Der Untergrund des Abhanges zur Rechten des Veliki potok entspricht demnach einer sehr stark zusammengepreßten steilen Flyschmulde. Steil gestellten Flysch beobachtet man auch stellenweise an den Seitenwänden der tiefen Einrisse, von welchen die Nordostseite des oberen Bilatales durchfureht ist. Die Rückenflächen der zwischen diesen Einrissen gelegenen Terrainvorsprünge sind größtenteils mit Kulturen bedeckt, In weitem Umfange ist aber dann der Flysch an der Rückwand der breiten Schlucht unter Naklice entblößt. Dieselbe ist der großartigste Flyschaufriß der ganzen Gegend. Die Schichten fallen hier steil gegen NNO. Zur Linken des unteren Bilatales kann man westwärts von Naklice dieselbe Einfallsrichtung bei etwas weniger steiler Neigung feststellen. Zwischen der vorgenannten breiten Schlucht und der schmalen Felsspalte, zu welcher sich der unterste Teil des Bilatales verengt, erhebt sich eine Felsmasse, die fast ringsum mit steilen Wänden abstürzt und eine breite völlig ebene Rückenfläche hat. Mit dem westlich benachbarten Terrain hängt sie durch einen schmalen Kamm zusammen, auf welchem die Kirche von Naklice steht. Diese Felsmasse bildet im Vereine mit den westlich von dem Bilabache gelegenen, ihr ähnlich gestalteten Felsspornen, in welche der Poljicakamm ausläuft, eine morphologische Eigentümlichkeit der Gegend von Almissa. Von diesem Städtchen aus gesehen, welches den Schmalseiten jener Felssporne gegenüber liegt, erscheinen dieselben als steil aufragende Felstürme. Mehr von der Seite aus betrachtet, nehmen sie die Form von schroffen Graten an; den Besitz von völlig ebenen Rückenflächen lassen sie aber bei dem Anblicke aus der Tiefe nirgends ahnen, Auf der Rückenfläche des Tafelberges nordwärts von der Bila trifft man Gesteine von deutlicher Konglomeratstruktur. Die lokal vielfach gestörten Lagerungsverhältnisse derselben lassen vermuten, daß ein Faltenaufbruch mit Hemiperiklinie von N bis W vorhanden ist. Die zur engen Schlucht der Bila jäh abstürzenden Felswände 45* 339 Dr. Fritz -v. Kerner. ; ; [118] bestehen aus sehr steil bis seiger stehenden Konglomerat- und Breccien- bänken. Am Nordabfalle des Tafelberges fallen die Konglomerate steil gegen NNO und bilden hier das Liegende der Flyschmassen, welche die Rückwand der früher erwähnten breiten Schlucht unter Naklice aufbauen. An der Grenze zwischen den Konglomeraten und dem Flysch erscheint sowohl hier als auch im Bilatale ein ebenflächiger schiefriger Kalkmergel. Längs des Weges, welcher sich auf der rechten (westlichen) Seite des romantischen Cetinadurchbruches hinter Almissa hinzieht, steht weißer Rudistenkalk an. Man durchquert hier den Kern der steil emporgewölbten Falte, welche den Tafelberg von Naklice aufbaut. In der Mündungsregion der Bilaschlucht, woselbst man sich noch im Bereich des steilen südlichen Faltenflügels befindet, enthalten die Konglomerate auch Brocken von Alveolinenkalk. Vor der Ostspitze des Tafelberges entspringt am rechten Ufer der Cetina, deren Spiegel hier schon fast im Meeresniveau liegt, eine kleine Quelle. Die Konglomeratmasse von Naklice stellt eine in der südöstlichen Verlängerung der Sridivicafalte gelegene steile Schichtaufwölbung dar. Diese Felsmasse beansprucht insofern noch ein allgemein geogra- phisches Interesse, als sie ein Beispiel des wohl seltenen Falles ist, daß sich die morphologischen Charaktere eines Tafelberges, die doch zumeist an schwebende Lagerung geknüpft sind, mit steiler Schicht- aufwölbung kombinieren. XVI. Das Poljicagebirge. Das dem Mosor vorgelagerte, durch die Täler der Zernovnica und Bila von ihm getrennte Küstengebirge erstreckt sich von der Ebene des Stobrec potok bis zum Durchbruchstale der Cetina. Es zerfällt in zwei Abschnitte von beiläufig gleicher Länge: in einen nordwestlichen, welcher eine streng dinarische Richtung einhält und eine breite, sanft gegen NO abdachende Rückenfläche hat, und in einen südöstlichen, welcher von WNW gegen OSO streicht und zu einem schmalen Kamme zugespitzt ist. Die dem Mosor zugewandte Seite der Poljica besteht zum größten Teil aus steilen, sehr einförmigen Abhängen. Nur im Anfangsstücke der südöstlichen Gebirgshälfte ist auf der Nordostseite ein von Querfurchen durchschnittener Gehängevorbau anzutreffen. Die dem Meere zugekehrte Seite der Poljica ist dagegen ein sehr kom- pliziert gestaltetes, von vielen zum Teil verzweigten Gräben durch- zogenes Gehänge mit mehreren in Kapen endenden Gebirgsvorsprüngen. Die Poljieakette entspricht — wie mehrere der kleineren dem Hauptkamme des Mosor im Südwesten vorgelagerten Bergrücken — einer steilen Falte mit einem Kern von Rudistenkalk, um welchen sich die Glieder der Mosorfazies des dalmatischen Eozäns, Breecien und Konglomerate, Plattenmergel und Flysch herumlegen. Das Nordwest- Felsende der Kalkzone der Poljica wird durch einen kleinen isolierten Hügel gebildet, welcher noch nordwärts vom Stobrec potok zu liegen kommt. Dieser Hügel besteht aus festen weißen Breccienkalken vom Typus jener, welche am Jadroursprung anstehen. Die Schichten fallen hier 30-——40° steil gegen ONO. Südwärts vom Stobrec potok steigt ein schroffer Felsgrat gegen SO hinan. [119] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 333 Der Durchbruch des Stobree durch das Nordwestende des Poljica- kammes bezeichnet für dieses Flüßchen die Grenze zwischen jenen zwei stark kontrastierenden Teilstrecken des Laufes, welche bei kurzen Küstengewässern des Mediterrangebietes häufig zu unterscheiden sind. Von der Mündung landeinwärts zunächst das bekannte Bild der potamogenen Küstenstrecken: Sumpfwiesen mit Röhricht und Schilf- beständen, durch die sich der Fluß, von Gebüsch und hohen Pappeln besäumt, träge hindurchschleicht; weiter landeinwärts, jenseits der Stelle, wo das Flüßchen die Felsbarre des Küstengebirges durchbricht, ein völlig veränderter Anblick: steile hohe Berge zu beiden Seiten einer engen Talschlucht, in deren Grund ein klarer Gebirgsbach zwischen Blockwerk und Schotterbänken dahinbraust. Im Hintergrunde sieht man über Vorbergen und von Schluchten durchfurchten Terrassen den hohen Kamm des Mosor aufragen. Beim Dorfe Zernovnica ist das sich darbietende Landschaftsbild besonders schön; die malerische Gruppierung und Formung der Berge und der über die Gegend ge- breitete südliche Duft erscheinen hier fast als ein voller Ersatz für das Fehlen der Reize der Alpentäler. Der vorerwähnte schroffe Grat, welcher von der Durchbruchsstelle des Stobrecflusses gegen SO emporsteigt, gipfelt' in einer 440 m hohen Spitze, die von einer kleinen Kapelle gekrönt wird und einen pracht- vollen Rundblick gewährt. Diese Felsspitze bildet den nordwestlichen Endpunkt des Bergrückens der Poljiea. Jenseits einer kleinen Scharte spaltet sich der Grat in zwei etwas divergierende Kämme, zwischen denen eine flache Einsenkung liegt. Die dem Mosorgebiete eigentüm- liche völlige Abhängigkeit des Reliefs vom Gebirgsbaue kommt hier zu deutlichem Ausdrucke. Indes die Abstürze an den Außenseiten der beiden Kämme von steil gegen SW und NO einfallenden Schichten gebildet werden, entspricht die von ihnen umschlossene Mulde ‘einer flachen Synklinale, in deren Achse an vielen Stellen horizontale Schicht- lage zu beobachten ist. An der zweiten und dritten der im südwest- lichen Kamme aufragenden Kuppen (460 und 485 m) ist flaches hemiperiklinales Einfallen von NW bis NO, auf der ihnen zugekehrten Seite der Kuppe im nordöstlichen Kamme (445 m) sanftes Schicht- fallen gegen SW konstatierbar. Man hat es hier mit dem in sich eingesunkenen Firste eines Faltengewölbes zu tun. Gegen NO fällt der mehrmals erwähnte Grat und der in seiner südöstlichen Fortsetzung gelegene östliche Kamm der Poljica mit einem steilen Felsgehänge ab. Der nordwestliche Teil dieses Gehänges bildet die linke Seite jenes Abschnittes des Stobrectales, welcher bergauf- wärts vom Stobrecdurchbruche liegt. Die weiter gegen SO folgenden Abschnitte des Gehänges dachen bereits gegen das Tal der Zernovnica ab, welche 1 km oberhalb der wiederholt genannten Durchbruchsstelle des Stobree potok in diesen mündet. Das Tal der Zernovnica verläuft streng dinarisch, wogegen der unterhalb seiner Einmündung gelegene Teil des Stobrectales von OSO gegen WNW streicht. Der unterste Teil der Nordostabhänge des Poljicarückens ist auf weite Strecken hin mit Schuttmassen überdeckt; da, wo dieselben fehlen, tritt im äußeren Zernovnicatale auch noch am Fuße des eben genannten Berg- rückens Rudistenkalk und Rudistenbreecienkalk zutage. Erst weiter 334 Dr. Fritz v. Kerner. [120] südostwärts, wo sich das Tal stark verengt, sieht man am Nordfuße des Poljicarückens jene plattigen Mergelkalke anstehen, welche im Mosorgebiete das Liegende der Flyschschichten bilden. Beim Aufstieg über die Nordostabhänge des Kriz (533 m), des höchsten Punktes am Südwestrande des Rückens der nordwestlichen Poljica, passiert man zunächst Plattenmergel, dann eozänen Foramini- ferenkalk und Konglomerat, dann folgt schon, noch ziemlich weit herunten am Gehänge, Rudistenkalk. Derselbe bildet ein sehr wüstes Felsterrain, das stellenweise schwer passierbar ist. Die Schichtneigung scheint hier jener des Gehänges analog zu sein. Oben auf dem Rücken des Gebirges ist dann mittelsteiles Einfallen gegen NO bis NNO deutlich sichtbar. Man trifft hier einen sehr zerfressenen und zernagten weißen Kreidekalk. Südwärts vom Kriz gestaltet sich die Rückenfläche des Poljiecagebirges zu einer breiten, von vielen Dolinen durchspickten öden Hochfläche, der Grajenica. Die Grenze des Kreidekalkes am Nordgehänge der Poljica steigt südostwärts an, so daß man sie gegen- über dem südöstlichen Ende des Sridivicakammes in viel größerer Höhe antrifft als zur Linken des unteren Zernovnicatales. Entsprechend diesem Anstiege der Grenze zwischen Kreidekalk und Konglomerat zieht sich auch die Zone der Plattenkalke langsam in die Höhe. Bis in die Nähe des kleinen Kapellchens Sv. Nikola am rechten Ufer der Zernovnica begleitet diese Zone den Fuß des link- seitigen Talgehänges. Dann folgt sie zweien kleinen Gräben, welche sich von einer, der erwähnten Kapelle gegenüberliegenden Einbuchtung der linken Talwand gegen SO hinanziehen. Jenseits des Beginnes dieser kleinen Gräben kann man die Plattenkalke längs des Abhanges, welcher dem Dorfe Visac gegenüber liegt, eine Strecke weit gegen SO verfolgen; gegenüber von Srinjine scheinen sie dann auszukeilen. “Unterhalb der mergeligen Plattenkalke tauchen gegenüber von Sv. Nikola am Ufer des Zernovnicabaches Konglomerate auf. Diese bilden das westliche Ende eines Felszuges, welcher, allmälig sich verbreiternd, unterhalb der Plattenkalke am südwestlichen Talgehänge sanft gegen SO hinansteigt, um sich nach dem Auskeilen jener Kalke mit den höher oben am Gehänge anstehenden Konglomeraten zu ver- einen. Der Nordostrand dieses Konglomeratzuges folgt von Sv. Nikola ostwärts eine Strecke weit der Straße, welche das untere Zernovnicatal durchzieht. Hier kann man ein Einfallen der Schichten gegen ONO feststellen. An der Grenze gegen die Plattenkalke konstatiert man in dem Konglomeratzuge westsüdwestliches Einfallen. Auch die Platten- kalke selbst fallen in der Nachbarschaft gegen WSW ein. Man hat es demzufolge mit einer Auffaltung von Konglomeratschichten zu tun. Ostwärts von der Straßenecke gegenüber von Sy. Nikola ver- quert der Straßenzug wieder eine Zone mit Mergeltrüämmern und anstehenden Partien von plattigem Kalk. Diese Mergel- und Platten- kalke liegen in der östlichen Fortsetzung jener, welche am rechten Ufer der Zernovnica bei Sv. Nikola angetroffen werden und weiter talauswärts an den untersten Südwestabhängen des Sridivicakammes fortstreichen. Die Mergelkalke auf der Südseite der Straße (östlich von Sv. Nikola) liegen fast flach. Weiter taleinwärts folgen längs der Straße wieder Konglomerate, welche von plattigen Kalken durchsetzt [121] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 335 sind und gleichfalls eine fast horizontale Lage einnelımen. An der Talbiegung westlich von der Kirche von Srinjine ist wieder nordöst- liches Einfallen der Konglomerate und Breccien vorhanden. Dieselben enthalten in dieser Gegend viele Nummuliten und Orbitoiden im Binde- mittel und kleine Alveolinen in den durch dieses zusammengekitteten Kalkstücken. Gegenüber von Srinjine dacht das breite Gebirgsplateau der .Grajenica gegen NO mit einem sehr einförmigen, von seichten Gräben durchzogenen Gehänge ab. Die Konglomerate und Breccien reichen hier weit hinauf und erst hoch oben am Gehänge tritt Kreidekalk hervor. Am Fuße des Gehänges fallen die Schichten 30° NO. Die Konglomerate sind hier mit Partien eines Nummuliten und Alveolinen führenden Kalkes vermischt. Das Streichen ist parallel dem Flußbette, so daß letzteres eine isoklinale Rinne darstellt. Zwischen den beiden Hüttengruppen von Cvreie steht Plattenmergel an. Der kleine Vorkopf ober der zweiten Hüttengruppe besteht aus einem sehr groben lockeren Konglomerat mit vielen über kopfgroßen Rollstücken. Östwärts von diesem Vorkopfe lagert dem Nordgehänge des Poljieakammes eine mächtige Flyschmasse vor, welche von mehreren dem Tale des Veliki potok tributären Gräben durchschnitten wird. In der Nachbarschaft der groben Konglomerate ober Cvr&ic scheint der Fiysch steil gegen den Veliki potok einzufallen. Am Nordfuße des breiten Rückens Oblik, welcher sich zwischen den ersten und zweiten der Flyschgräben vorschiebt, sieht man entlang der Straße Flysch- mergel aufgeschlossen, die in ziemlich regelmäßigen Abständen von etwa 1/, bis 1 m dicken Bänken von Kalksandstein durchsetzt werden. Diese Schichten zeigen lokale Absenkungen und Verbiegungen; die generelle Einfallsrichtung ist ONO bis O, die Neigung zunächst 30%, weiter ostwärts 45—60°. Im benachbarten Bachbett des Veliki potok sind gleichfalls viele, dasselbe schief durchsetzende Schichtkopfriffe von steil gestellten Kalksandsteinen sichtbar. Auf der Westseite des kleinen Tälchens, welches ostwärts vom Oblik in das Poljieagebirge eindringt, sieht man Flyschsandsteine aufgeschlossen. Dieselben fallen im äußeren Teile dieser sehr sanft ansteigenden Talrinne 30° NO, weiter einwärts steil bis sehr steil gegen NNO, dann wieder mittelsteil NO. An der alsdann stattfinden- den Gabelung des Tälchens in zwei unter stumpfem Winkel diver- gierende Äste sind Flyschmergel aufgeschlossen. Diese beiden Taläste sind auch noch in den Flysch eingeschnitten. An der dem Veliki potok zugewandten Nordostseite des nächsten Rückens, ostwärts vom eben besprochenen Tälchen, sind längs der Straße große 35° NO fallende Felsschichtflächen von Kalksandstein zu sehen. Denselben ist auch eine dicke Bank von Nummulitenbreccienkalk eingelagert. Das Streichen ist auch hier parallel der Faltenrichtung. Es foigen nun gegen Ost drei kleine rasch ansteigende Gräben und alsdann wieder eine ziemlich eben ins Gebirge eindringende Talrinne. In dieser Rinne, welche sich gleich jener auf der Ostseite des Oblik, der sie an Größe nachsteht, in zwei stark divergierende Äste teilt, sind nur mangelhafte Aufschlüsse vorhanden. Man durchquert eine Anzalıl von mit Mergeln alternierenden, steil gegen NO einfallenden Sand- 336 Dr. Fritz v. Kerner, [122] steinbänken, An der Gabelungsstelle trifft man Flyschmergel an. Auf den Anhöhen zur rechten Seite dieses Tälchens stehen die Hütten von Tugari. In den zu beiden Seiten des Oblik eindringenden Tal- furchen und in dem letztgenannten Tälchen unter Tugari entspringen kleine Quellen. Unterhalb Tugari tritt das Wasser in einem kleinen Felsbecken aus sehr steil gegen NNO einfallenden Kalksandstein- schichten aus. Oberhalb des Flyschkomplexes zur Linken des Veliki potok folgt am Nordabhange des Poljicarückens eine Zone von Konglomeraten und dann Kreidekalk. Die Plattenkalke, welche anderwärts im Mosor- gebiete zwischen dem Flysch und dem Konglomerat erscheinen, fehlen hier. Dies Fehlen der Plattenkalke ist hier wohl nicht — wie am Südwestabfalle des Makirinakammes — auf eine tektonische Störung zurückzuführen, sondern auf eine abweichende Entwicklungsweise der Schichtfolge zu beziehen. Die Konglomeratzone ist oberhalb des Oblik und weiterhin bis über Baric hinaus ziemlich schmal. Am Gehänge hinter dem Tälchen unter Tugari kommen die Konglomerate und Breccien wieder zu mächtigerer Entwicklung. Man trifft hier wieder die ausnehmend groben, aus kopfgroßen Rollstücken bestehenden Konglomerate, dann solche mit Geschieben von geringeren Dimen- sionen, ferner grobe Breccien aus eckigen und kantigen Fragmenten, feste weiße Brececienkalke und lichte Kalke mit Alveolinen. Das Ein- fallen dieser Schichten im Liegenden der Flyschmasse ist mehr oder minder steil gegen NO. Die Hochfläche der Poljica erleidet da, wo sich an ihren Nord- abhang der Flyschkomplex anlegt, eine bedeutende Verschmälerung und verliert sich weiter südostwärts ganz, so daß ober Tugari ein auch gegen Norden ziemlich steil abdachender Gebirgskamm vorhanden ist. Oberhalb des Felsvorsprunges ober Ovr£ic fallen die Kreidekalke mittelsteil gegen NO, am oberen Ende des Grabens westlich vom Rücken Oblik ziemlich sanft gegen Ost. In der Gegend des Veliki ostrog (westlich ober Jesenice) ist flaches Einfallen gegen NNO bis NNW erkennbar, am südlichen Steilabsturze, zu Häupten der Punta Crillo, biegen sich die Kreideschichten steil gegen SW hinab. Etwas ostwärts von dem Pfade, welcher hier das Gebirge überschreitet, be- findet sich eine kleine Höhle. Oberhalb des Konglomeratzuges im Liegenden des Flysch- komplexes fallen die Kreidekalke 30° NO. In der Gegend von Sv. Maxin ober Tugari scheint der Poljieakamm einer geknickten Falte mit seigerem Südflügel zu entsprechen. Am Nordabhange ist die Lagerung hier nicht deutlich zu erkennen, vermutlich mäßig steiles Einfallen gegen NO; doch scheinen sowchl in dieser Gegend als auch weiter westwärts sekundäre Aufwölbungen vorzukommen, welche lokale Abweichungen vom generellen Nordostfallen bedingen. Die steilen Südabstürze des Poljicakammes verleugnen ihren Aufbau aus seiger stehenden Kalkschichten auelı unterhalb Sv. Maxin nicht. Der Gebirgs- übergang führt hier durch einen engen interessanten Felseinschnitt. Der überraschende Blick auf ein in der Tiefe liegendes rebenreiches Ufergelände und das im Hintergrunde ausgebreitete Meer, welcher sich dem aus dem Zernovnicatale Kommenden beim Überschreiten [123] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 337 des Poljicakammes darbietet, gewinnt hier demzufolge eine prächtige felsige Umrahmung. Die Nordabhänge des südöstlich von Sv. Maxin gelegenen Ab- schnittes des Poljicakammes dachen zum Bilatale (Pod Bila) ab. Der untere Teil dieser Gehänge besteht aus Flysch, ihr oberer aus Kreide- kalk. Dazwischen schiebt sich eine Zone von Konglomeraten ein, welche in der Mittelhöhe des Gehänges hinstreicht. Die schon früher erwähnten ausnehmend groben Konglomerate trifft man hier gleichfalls, und zwar als oberste, vom Flysch unmittelbar bedeckte Grenzschichte des konglomeratischen Komplexes. Man kann sie demnach hier — was ihre Position betrifft — als eine Vertretung des Hornsteine führenden Plattenkalkes ansehen. Ob sie auch ein genaues zeitliches Aquivalent dieses Kalkes sind, bleibt zweifelhaft, da keine Gewißheit vorliegt, daß die Basis der Flyschformation im Mosorgebiete überall genau das nämliche Niveau einnimmt. Diese sehr groben Konglomerate stehen hinter Mala Gospa und am Wege von dieser Kirche nach TruSa an. ÖOstwärts von den Hütten von Trusa sieht man an einem ziemlich schuttreichen Abhange steil aufgerichtete Flyschsandsteine unmittelbar an steil gestellte sehr grobknollige Konglomerate stoßen. Nordwestwärts von dem kleinen Kirchlein Gospe Tomorice ver- schmälert sich die Konglomeratzone sehr stark und zieht sich mit der Kreidekalkgrenze höher am Gehänge hinan. In der so sukzessive breiter werdenden Flyschzone kommt alsdann ein zweiter Zug von Konglomeraten hervor. Die Lagerungsverhältnisse sind in demselben ziemlich unklar, doch scheint es, daß derselbe einer Vorwölbung, beziehungsweise einer Flexur im Nordostflügel der Poljieafalte ent- spricht. Die Flyschsandsteine unterhalb des Konglomeratzuges sind nämlich steil gestellt, diejenigen aber, welche in dem zum großen Teil mit Schutt bedeckten Abhange oberhalb des Zuges sichtbar werden, liegen völlig flach. Unterhalb Gospe Tomorice tritt in diesem Konglomeratzuge Kreidekalk zutage. Kurz vor Naklice taucht dann zur Rechten des Pod Bila noch ein Zug von Kreidekalk im Flysch hervor. Es sind demnach rechts von der Öetinamündung bei Almissa drei ein- ander parallele, durch Flysch geschiedene Züge von Rudistenkalk vorhanden: das östliche Endstück des Poljicakammes, der früher erwähnte Kalkzug unterhalb Gospe Tomorice und der zuletzt genannte, welcher. die Bilaschlucht gegen SW begrenzt. Das östliche Ende des Poljicakammes ist ein schroffer, steil auf- strebender Grat. Bei dem in romantischem Felseneinschnitt gelegenen Kirchlein von Tomorice stehen die Schichten seiger; weiter ostwärts scheinen sie — gleichwie westwärts von Tomorice — sehr steil gegen NO geneigt zu sein. Deutlich kann man steiles nordöstliches Einfallen in dem wild zerrissenen, zur Cetina abfallenden Endstück des Grates feststellen. Zwischen diesem Grate und dem nordwärts benachbarten Felsrücken verläuft ein flacher Graben, welcher sich gegen Ost in eine steil zur Cetina abfallende Schlucht fortsetzt. Dieser flache Graben besteht aus synklinal gestellten Kreidekalken. In seiner Mittel- linie kann man deutlich horizontale Lagerung feststellen, gegen seine beiden Seiten hin sieht man die Schichten sich aufbiegen. Auf der Südseite der Schlucht, welche in der östlichen Verlängeruug des Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Band, 2. Heft. (F. v. Kerner.) 44 338 Dr. Fritz v. Kerner. [124] Grabens liegt, sieht man stellenweise dünnbankige Flyschsandsteine aufgeschlossen, welche in wechselnder Steilheit gegen SW. einfallen. In losen Platten liegen sie in der Umgebung massenhaft umher. Man hat hier wieder dasselbe Lagerungsverhältnis wie auf der Südseite des Makirinakammes, steiles südwestliches Einfallen unter steil gegen NO einfallende Schichten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß diese Flyschsandsteine mit den flach gelagerten am Abhang westlich von Gospe Tomorice in Verbindung stehen und daß sie auf der Zwischen- strecke nur großenteils durch Schutt verhüllt sind. Weiter abwärts verliert sich der Flyschschutt und der verengte untere Schluchtteil ist ganz mit Kalkschutt ausgefüllt. In der Mündungsregion der Schlucht ist viel Blockwerk angehäuft. An einer Stelle tritt hier nochmals eine kleine Partie von Flyschsandstein zutage. Der Rücken nordwärts von dem vorerwähnten Graben entspricht einer Aufwölbung der Kreidekalkschichten. Dieser Rücken läuft in den mittleren der drei Felssporne aus, weiche gegenüber von Almissa aufragen. Man wäre geneigt, auch diesen Sporn für eine schmale sehr steile Schichtauffaltung anzusehen. Auf seiner Rückenfläche liegen die Schichten vermutlich flach und es findet beiderseits anscheinend eine Hinabbiegung derselben statt, doch müßte man wohl annehmen, daß die Neigung der Faltenflügel geringer ist als jene der Seitenwände dieses Felsspornes. Zwischen dem Felszuge, welcher in den eben genannten Sporn ausläuft, und dem Rücken, welcher die Bilaschlucht gegen Süd begrenzt, verläuft eine breite Rinne, die gegen WNW zum Bilatale oberhalb Naklice und gegen OSO zur Cetinamündung abfällt. Der mittlere ziemlich ebene Abschnitt dieser Rinne ist ganz mit Weingärten bedeckt; in dem gleichfalls mit Pflanzungen erfüllten kleinen Graben, der sich gegen das Bilatal hinabsenkt, sieht man steil gestellte Flyschmergel und Mergelkalke aufgeschlossen. Am Ge- hänge südwärts von diesem kleinen Graben sieht man unterhalb der steil gegen NNO geneigten Kreidekalke im Nordflügel des früher besprochenen kleinen Faltenzuges den Flysch steil gegen SSW ein- fallen. Gegen OSO setzt sich die von Weingärten erfüllte Terrain- furche in eine wilde Schlucht fort, welche hinter dem ehemaligen Seminar gegenüber von Almissa mündet. Am Anfange dieser Schlucht sieht man an einer Stelle anstehenden Flysch, der steil SW fällt, und im weiteren Umkreise auch lose Brocken von Flyschsandstein. Weiter abwärts ist diese Schlucht mit wüsten, smilaxumrankten Blockwerken von Kreidekalk erfüllt. Gegen NO begrenzt sich die vorhin genannte Rinne durch jenen schmalen Rücken, dessen nordöstlicher Steilabfall die rechtseitige Wand der Bilaschlucht formiert. Dieser Rücken läuft in jenen kühn geformten Felsturm aus, welcher gerade gegenüber von den Häusern von Almissa aufragt und für das Straßenbild der Hauptverkehrsader dieses Städichens (in der Richtung gegen W) einen Gebirgshintergrund von seltener Großartigkeit bildet. Auf der Rücken- fläche dieses schmalen Tafelberges trifft man gegenüber von Naklice verzweigte große Felsplaques, die auf flache Schichtlage bezogen werden müssen; in dem benachbarten Flyschterrain sind auch noch horizontale Felsflächen vorhanden. Weiter südostwärts wird die Lage- rung weniger deutlich, doch kann man wenigstens eine Hinnabbiegung [125] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 339 der Schichten am Nordostrande des Rückens wahrnehmen. Man wird nicht fehlgehen, wenn man auch diesen dritten Kreidekalkrücken am Ostende der Poljica als eine kleine sehr steile, von lokalen Störungen durchsetzte Schichtauffaltung ansieht. Doch dürften wohl auch hier die Neigungswinkel der Faltenflügel weniger steil sein als jene der seitlichen Abstürze des Rückens. Die Schluchten, welche sich zwischen diese schmalen Felsrücken zur Rechten. der Cetinamündung ein- schieben, mögen darum wohl kleinen Grabenversenkungen ihre Ent- stehung verdanken. Von Almissa aus kann man auf der Ostseite des Felsturmes zur Rechten der Bilaschlucht eine den ganzen Steilabsturz durchsetzende, schief von SW gegen NO ansteigende Trennungslinie wahrnehmen. Ob derselben auch eine tektonische Bedeutung zukommt, oder ob sie nur einem schiefen Felsgesimse entspricht, läßt sich nicht erkennen. Vom Fuße dieses gigantischen Felskolosses zieht sich ein schmaler Riff bis an das Ufer der Cetina hinaus. Derselbe trennt die Allu- vionen vor der Mündung der mit Blockmassen erfüllten Bilaschlucht von dem Schwemmlande, das sich zur Rechten der Mündungsregion der Cetina ausbreitet. Dieser Riff besteht aus weißem Kreidekalk. Unterhalb des mittleren der drei Felssporne, gegenüber von Almissa, entspringt an der Grenze des seinem Fuße vorgelagerten Schuttes gegen das benachbarte versumpfte Schwemmland im Meeresniveau eine schöne Quelle. Der steile Felsgrat, welcher vom Durchbruche des Stobrec gegen SO hinansteigt, stürzt meerwärts mit steilen hohen Wänden ab. Unter- halb dieser Wände zieht sich ein Gehänge hin, das sich gegen die Alluvialebene des Stobrec hinabsenkt und aus den Flyschgesteinen besteht, welche die Kalkzone der Poljica im SW flankieren. Der obere Teil dieses Gehänges ist großenteils mit Schuttmassen bedeckt, welche vom vorgenannten Felsgrate stammen; tiefer unten tritt Flyschmergel im Wechsel mit mächtigen Kalkbänken zutage. Die Schichten sind hier mehrfach gewunden und auch im Streichen undulierend, so daß sowohl die Richtung als auch die Steilheit des Einfallens sehr variiert. An der Küste bei Strossanac sieht man plattige Kalke und Flysch- bänke 60—70° gegen NNO einfallen. Bergaufwärts nimmt die Schicht- neigung im allgemeinen ab; in der Mittelzone des Gehänges trifft man aber wieder 60° gegen SSW geneigte Kalke und Kalksandsteine und höher oben neuerdings steil gegen das Gebirge zu einfallende Mergel. Südostwärts von Strossanae ist der Abhang des Poljicarückens von vielen kleineren und größeren, zum Teil verzweigten, tief ein- geschnittenen Gräben durchfurcht. Die Flyschmergel sind hier von zahlreichen härteren Kalklagen und Nummulitenkalkbreccien durch- setzt. Dieselben zeigen einen unregelmäßig hin und her gewundenen, zum Teil bogenförmigen Verlauf und lassen wechselnde Fallrichtungen und Neigungswinkel erkennen. Man hat es hier mit sekundären Auf- faltungen und Biegungen der Schichtmasse zu tun. In der Gegend von Kokotevice reicht das hügelige Terrain bis an das Meer und es kommt hier zur Entwicklung einer Steilküste. Das Flyschterrain ist hier zum großen Teil nicht in Kulturland umgewandelt und mit üppigem Gesträuch von baumförmigen Eriken und von Spartien über- 44* 340 Dr. Fritz v. Kerner. [126] wuchert. Auch Meerstrandskiefern treten hier in großer Zahl, zum Teil kleine Wäldchen bildend, auf. Südwärts von dieser Region ist an der Küste eine schmale Kieszone vorhanden, an die sich ein niedriger Steilabfall anschließt, über welchem flache Weingärten aus- gebreitet liegen. Entsprechend der großen Zahl von Gräben im Ge- hänge überquert die längs der Küste hinziehende Straße viele kleine geröllerfüllte Bachrinnsale. Die bedeutendsten derselben sind der Torrente Strossanac, Torrente Kute und Torrente Marie. Südwärts vom Torrente Kute steigt das Terrain von .der Küste zunächst sanft hinan, dann folgt ein steilerer, von vielen kleinen Gräben durchfurchter Abhang; im unteren Teile desselben tritt der Flyschuntergrund stellenweise zwischen den Haidekrautgestrüppen nackt zutage. Die oberen Teile dieses Abhanges sind zu terrassiertem Kulturland umgestaltet. Zu beiden Seiten der Mündung des Torrente Mari6 ist dann wieder eine sehr sanft ansteigende Küstenzone vor- handen. An den oberen Teilen des Gehänges sieht man viele kleine Trümmerhalden und abgestürzte Felsblöcke, stellenweise auch ganze Blockwerke als Residuen von Bergstürzen. Der südwestliche Steil- abfall des Poljicarückens ist zwischen Strossanac und Podstrana ein steiles Felsgehänge. Felswände treten hier nur untergeordnet auf. Vor der Punta Monte grosso (Mutogras) zieht sich von der Küste ein Steilabhang mit vielen tiefen Ravins empor, in welchen bläuliche Flyschmergel aufgeschlossen sind. Man hat hier das typische Bild undurchlässigen Terrains vor sich: tiefe Einrisse, die sich in eine große Zahl von kleinen Furchen und Gräben verzweigen, durch welche der Abhang in eine Menge kleiner Rücken und Kuppen zer- schnitten wird. Auch hier sind viele Meerstrandskiefern sichtbar. Die Punta Monte grosso bildet die Spitze eines Hügels, welcher den in der Landschaft am meisten auffallenden Vorsprung am Südwestabhange des Poljicarückens darstellt. Auf der Meeresseite dieses Hügels sind Flyschmergel aufgeschlossen, welche von einigen härteren kalkigen Lagen durchsetzt sind und sanft landeinwärts zu fallen scheinen. Schon vor der Punta kann man mehrere Einlagerungen von Kalk- mergeln sehen, welche sanft gegen NO einfallen. Südwärts von der Punta führt die Straße an steilen, bis zum Meere reichenden ravinierten Abhängen vorbei, auf welchen viele Meerstrandskiefern stehen. Die südöstliche Hälfte der dem Meere zugewandten Seite des Poljicakammes ist etwas schmäler und steiler als die nordwestliche. Sie ist von sehr vielen kleinen Gräben durchschnitten, welche alle mehr oder weniger quer zur Streichungsrichtung des Gehänges ver- laufen, während bei den in den Nordwestteil des Gehänges ein- sefurchten auch größere Biegungen und Krümmungen vorkommen. Das Terrain steigt hier auf große Strecken hin gleich von der Küste an, nur nordwärts von der Punta Lunga ist eine kleine Küstenebene vorhanden. Die oberste Zone des Gehänges wird von Jesenice angefangen bis zur Cetinamündung durch hohe schroffe Fels- wände gebildet. Das Flyschterrain ist im südöstlichen Gehängeab- schnitte zumeist in Kulturland umgewandet und größere gestrüpp- [127] Geologische Beschreibung der Mosor planina. 341 bedeckte Haidefl, wie sie in der Gegend von Kokolevice angetroffen werden, kommen hier nicht vor. An der Punta Lunga, welche das am weitesten vorspringende Kap der ganzen Küstenstrecke bildet, sieht man viele lose Blöcke und auch anstehende Massen einer sehr groben lockeren, anscheinend quartären Breccie. Jenseits dieser Punta ist dann an stark ravinierten Steilgehängen Flyschmergel aufgeschlossen. Hier trifft man nochmals viele Meerstrandskiefern an. Das östliche Endstück der Südseite der Poljiea ist fast ganz in terrassiertes Kulturland umgewandelt. Man sieht hier nur einige Felszüge von Nummulitenbreccienkalk, aber keine brachliegenden Flyschmergelzonen. 342 Dr. Fritz v. Kerner. Inhaltsverzeichnis. Vorbemerkung .. ...... Lage, Grenzen und Einteilung . ... 2.2.2... Stratigräphische Übersicht : ..:. „2.2.2... Tektonische, Epersicht.n. 22 Inner. N I. Die Westabhänge des westlichen Mosor. .. .. II. Die Nordabhänge des westlichen Mosor III. Die Nordostabhänge und der Kamm des Fallelen Biasdr BD IV. Die Terrasse auf der Südseite des westlichen Mosor. . V. Die unteren Südabhänge des westlichen Mosor VI. Die Nordostabhänge des mittleren Mosor . VII. Die nordöstliche Vorkette des mittleren Mosor VIllI. Der Kamm des mittleren Moscr und die obere du de Südwestseite desselben IX. Die mittlere Terrasse auf der Eee des mittleren Mosor X. Die unteren Terrassen auf der Südwestseite des mittleren Mosor XI. Die südwestliche Vorkette des mittleren Mosor X1I. Die Nordostabhänge und der Kamm des östlichen Mosbr XIII. Die Südwestabhänge des östlichen Mosor . . . . XIV. Die Längstäler auf der Südwestseite des östlichen Mosor XV. Die siidwestliche Vorkette des östlichen Mosor XVTI. Das Poljicagebirge . , Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, IIlI., Erdbergstraße 3. [128] Seite - ‚25 19 217. a RT =: 219 [5] le ER ER 2 5 Di ensı .223 [9] „2317 02 .237 [23] .242 [28] ..247 [33] .252 [38] .262 [48] Ben. 2 0 270 [56] .277 163] 286 [72] . 295. 181] .801 TE ee: 311 [97] . 915 MOR] . 322 [108] .332 [118] D" F.v. Kerner : Mosor Planina . Tafel VI (1) as 2 en ‚N Clissa © Ostrovac I vu: Koriolengan., Nr et Tr rdo g UL a, a Ur Dugo Polje Sur NS UTTRSNL orito N ii "a Ze ' LE kisivac Ü "Terrasse von Kovate Zu 7 77 ” Felskopfv.S mer Kuline® Farbenschema : Mittelleretazischer Dolomit Rudistenkalk der Oberkreide Breccien u. Konglomerate des Mosor Mitteleozäner Foraminiterenkalk Plattenkalk w Plattenmergel Flyschmergel u. Flyschsandstein Gehängeschutt 9 , ge” un MM, Kiöere a 5 num Zn om un INN Mona, mis r DIRBRR PR rpm I, 7 HM, u, , Elnvialboden, Torrentischotter w Allwvialebenen 12 IM, % Day km Be) Q Geologische Übersichtskarte der MOSOR PLANINA Mittel-Dalmatien von D! F.v. Kerner Malsstab 1:75.000. Kamena 77 mp UM, 1 Mg, Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt, Band LIV.1904. VerlagderkkGeologischen Reichsanstalt Wien lIlRasumoffskygasse 23. Lith.AnstwAlb.BergerWienVIll. Dr. F. v. Kerner: Mosor Planina. Jnnerer Durchbruchdes Änixie Mündung.des Velikipotok Stobree potok \\ 23 Oo N N} ° S 7 (>) S8 FASHION No nn 30 Mündung des u ISY ar 5, Veliki potok EEBESSS Zrisine polok DIN I Ss SINE gif 4 TETEERN ES ZT S Il. Drareevice a, han ER TE i gel Aber £L% SID IV. IN N Ä ZN Jı v1. Profile durch die Vor Jahrbuch der k. k. geoli Verlag der k. k. geologischen Maryrr | 024 AR | Gene AM | 2er ww er | LE 5: (g eı N Bya Auzman RI 4 : IN PR dagradiepotok ST REEr w 192 zu ? 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Vien, III, Rasumofskygasse 23. | | | ij ® x REN ie „Mit einer AS, Karte i und 9 2 Profi UN VID VOR FORD. we BER 28. Februar 1905... he . x ae * CH-KÖ JAHRGANG 1906 LIV. BAND. | EL a en ’ . } RK w KEEP " | | BR a nn BIT, | | 'mmission bei R, Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, | | 4 Im j A ln Graben 81. - fi | j N I j Ga # "ur PLANFER “ Bild, RR 5 \ j 2 % EN Be Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. Von P. Steph. Richarz. S. V. D. Mit einer lithographierten Tafel (Nr. IX) und zwei Zinkotypien im Text. Im Jahre 1886 berichtete Toula (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. in Wien 1886, pag. 189) über ein Neokomvorkommen bei Kaltenleut- geben. Er konnte damals so viele Fossilien beibringen, daß das Neokom sichergestellt war. Nun sind seit jener Zeit noch recht viele Ver- steinerungen im selben Gebiete gesammelt worden. Besonders zwei Punkte sind es, welche ausgebeutet werden konnten, nämlich ein Steinbruch am großen Flößel, welcher den Mergel liefert für die Zementfabrik in der Nähe der Station Kaltenleutgeben, und ein etwas später eröfineter Zementbruch zwischen Fischerwiese und Waldmühle, welcher das Zementwerk bei der Waldmühle mit Material versieht. (Es führt aus dem Bruche eine Drahtseilbahn zur Fabrik.) Außerdem wurden noch einige Fossilreste in einem kleinen Aufschlusse und einige vereinzelte Stücke im Walde gefunden. Herr Hofrat Toula und Herr Kustos Kittl hatten die Freund- lichkeit, mir ihr seit Jahren gesammeltes Material in liebenswürdigster Weise zur Bestimmung zu überlassen. Dafür spreche ich ihnen hiermit meinen ehrerbietigsten Dank aus. A. Beschreibung der Fossilien. Die Fossilien sind der großen Mehrzahl nach Ammoniten oder Aptychen; vereinzelt kommen auch Belemniten, Brachiopoden und Fischzähne vor. Der Erhaltungszustand ist ein recht ungünstiger; wenige Exemplare sind ganz erhalten, von vielen sind nur einzelne Bruchstücke vorhanden und alle ohne Ausnahme sind verdrückt, so daß an keinem einzigen der ursprüngliche Querschnitt zu erkennen ist. Doch war es trotzdem möglich, viele Arten mit Sicherheit, andere mit Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Die Resultate dieser Arbeit, welche ich im paläontologischen Institut der Wiener Universität unter der Leitung der Herren Professoren Dr. Diener und Dr. Uhlig ausführen konnte, seien im folgeuden wiedergegeben. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (P. St. Richarz.) 45 344 P. Steph. Richarz. [2] I. Steinbruch am grossen Flössel. Am großen Flößel sind die Neokomschichten fast in ihrer ganzen Mächtigkeit aufgeschlossen. Das Gestein ist ein oft heller, kalkiger (65—70°/,), oft dunkler, mehr tonhaltiger Mergel, welcher bis jetzt folgende Fossilien geliefert hat: Phylloceras Thetys d’Orb. Ammonites semistriatus: d’Orbigny, Paleont. francaise, terrains eretaces. Tom. T, pl. 41, fig. 3 und 4, pag. 136. Ein plattgedrücktes, ellipsenförmiges Exemplar, dessen Bestimmung aber vollständig zuverlässig ist. Es entspricht genau dem Ammoniten, welchen Sarasin und Schöndelmeyer (Mem. de la soc. paleont. Suisse. Vol. XXVIII. 1901, pl. I, Fig. 9) abbilden. Die Loben sind zum Teil noch sichtbar und weisen unzweifelhaft auf Phylloceras hin, während die Skulptur die Art mit Sicherheit kennzeichnet. Lytoceras subfimbriatum d’Orb. Ammonites subfimbriatus: d’Orbigny, ]. c. pl. 35, pag. 121. Von dieser Art wurden mehrere Exemplare gefunden. Eines von ziemlicher Größe ist nur als Steinkern erhalten, zeigt aber doch noch Reste von Schale mit der feinen Skulptur, wie sie für unsere Art charakteristisch ist. Nimmt man dazu noch die Einschnürungen und die vielen sichtbaren Windungen, so besteht kein Zweifel mehr, daß es zu genannter Art gehört. Es sind noch einige andere Exemplare und Bruchstücke von Lytoceras vorhanden, welche auch zu dieser Art gehören dürften. Aber eine sichere Bestimmung läßt der Erhaltungszustand nicht zu. Schloenbachia Kittli n. sp. Taf. IX, Fig. 1a und b. Die Skulptur besteht aus groben, geschwungenen Rippen in folgender Anordnung: Eine Hauptrippe geht vom Nabel bis zum Kiel. Daran schließt sich jederseits eine Rippe, welche sich, kurz bevor sie den Nabel erreicht, mit der Hauptrippe vereinigt und dadurch eine Anschwellung bewirkt. Manchmal schaltet sich auch eine Rippe ein, welche unabhängig verläuft und am Nabel verwischt ist. Am Externteil sind alle Rippen vollständig gleich, stehen gleichweit voneinander entfernt und sind nach vorn geschwungen. Die Rippen sind dort unter- brochen durch einen scharfen Kiel. Die Skulptur der inneren Windungen ist nicht sichtbar. Die Loben sind nicht bekannt. Diese Form steht der Schloenbachia cultrata d’Orb. (l. ce. pl. 46, fig. 1 und 2, pag. 115) sehr nahe. Sie ist auf die Abweichung in der Skulptur hin abgetrennt. Denn während bei der d’Orbigny’schen Art die meisten Rippen die ganze Breite der Flanke einnehmen und [3] Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. 345 die anderen unregelmäßig nahe dem Kiel endigen, ist es b&i der neuen Art etwa nur ein Drittel der Rippen, welche bis zum Nabel gehen. Die anderen aber enden nicht schon in der Nähe des Kieles, sondern ganz nahe dem Nabel. Nur ein Exemplar vorhanden. Holcostephanus (Astieria) Astieri d’Orb. Taf. IX, Fig. 2«@ und db. Ammonites Astieri: d’Orbigny, ]. c. pl. 28, pag. 115. Das ist eine Art, welche sehr häufig in den verschiedensten Größen vorkommt und wegen des guten Erhaltungszustandes sicher bestimmbar ist. Viele zeigen auf dem letzten Umgange sehr schön nach vorn geschwungene Einschnürungen. An einem Stück ist der Mundrand vollständig erhalten. In Fig. 2 ist dieses Exemplar abgebildet, Fig. 2b gibt die Ansicht in der 45° Stellung. Holcostephanus (Astieria) Sayni Kelian. (Vgl. Sarasin und Schöndelmeyer, ]. c. pl. IV, fig. 2 et 3, pag. 38.) Finige Exemplare, welche sonst ganz den Charakter von Holcost. Astieri zeigen, kann man der feinen Rippen wegen zu der neuen von Kilian abgetrennten Art rechnen. Holcostephanus Jeannoti d’Orb. Taf. IX, Fig. 3@ und 5b, Ammonites Jeannoti: d’Orbigny, ]l. c. pl. 56, fig. 3—5, pag. 188. Seit d’Orbigny wurde diese Art nicht mehr abgebildet (mit Aus- nahme der schlechten Abbildung Winklers). Da ich nun einige Exemplare vor mir habe, die zwar deformiert sind, aber doch die Skulptur noch deutlich zeigen, so dürfte eine neue Beschreibung und Abbildung am Platze sein. d’Orbigny beschreibt die Skulptur unserer Art folgendermaßen (l. e. pag. 188): „Die Seiten sind mit scharfen, nahestehenden, ge- schwungenen Rippen verziert, welche über den Rücken hinweglaufen. Diese Rippen vereinigen sich zu zwei und zwei mit größeren, welche den Nabel umstehen. Zwischen zwei auf diese Weise vereinigten Rippen befindet sich fast immer eine dritte, welche frei ist und endet, bevor die anderen sich vereinigen. Und so kommen drei schwächere Rippen auf eine stärkere.“ Vergleiche ich meine Stücke mit dieser Beschreibung, so finde ich wohl im allgemeinen Übereinstimmung, aber doch im einzelnen bedeutende Unterschiede. Zunächst sind die eingeschalteten Rippen nicht das Gewöhnliche, sondern die Ausnahme. Ich zählte zum Beispiel auf 25 Umbilikalrippen nur 53 Extern- rippen; also schoben sich zwischen 50 gewöhnliche nur drei Rippen ein. Auf die Wohnkammer zu verschwinden die Einschaltrippen voll- ständig oder vielmehr — und das ist ein zweiter Unterschied — die Nabelrippen laufen fort bis zum Fxternteil und zwischen sie 45* 346 P. Steph. Richarz. [4] schalfet sich je eine neue Rippe ein, welche entweder frei verläuft oder sich mit der ersteren verbindet, noch bevor sie den Nabelrand erreicht. Die Umbilikalrippen sind naturgemäß etwas verdickt und machen den Eindruck von schwachen, langgezogenen Knoten. Die angeführten Unterschiede scheinen auf den ersten Blick eine neue Spezies zu begründen. Aber ich glaube trotzdem nicht, daß es notwendig der Fall ist. Denn ohne Zweifel hat d’Orbigny bei seiner Beschreibung nur ein Jugendexemplar oder die inneren Windungen zur Verfügung gehabt, während meine Stücke die Merkmale erwachsener Tiere zeigen und so keinen Widerspruch, sondern eine Ergänzung der Orbigny’schen Beschreibung bilden. Die Skulptur der innersten Win- dung ist leider nicht deutlich sichtbar und deshalb läßt sich nicht fest- stellen, ob diese genau die Merkmale zeigen, welche d’Orbigny angibt. Die Loben sind an keinem Exemplar sichtbar. Die Dimensionen iassen sich nicht genau angeben, weil die Fossilien so sehr gepreßt sind. Die beiden Durchmesser der abgebildeten elliptischen Form sind 80:50 mm. _ Drei guterhaltene Exemplare und mehrere Bruchstücke. Holcodiscus incertus d’Orb. Ammonites incertus: ’Orbigny, ]. c. pl. 30, fig. 3 et 4, pag. 120. Mehrere stark deformierte Stücke. Ich stelle sie zu dieser Art, obschon die Skulptur nicht ganz mit der Beschreibung Orbignys übereinstimmt. Er sagt nämlich, zwischen zwei Einschnürungen seien 20 Rippen. Auf meinen Exemplaren sind aber deren nur 10--12. Doch stimmt sonst alles so gut mit der Orbigny’schen Art überein, besonders auch die Tatsache, daß die Einschnürungen die Rippen schief durch- schneiden, daß ich keine Veranlassung zu einer Abtrennung habe, und die schwankende Rippenzahl als individuelles Merkmal auffasse. Hoplites neocomiensis d’Orb. Hoplites neocomiensis: ’Orbigny, ]. c. pl. 59, fig. 8—10, pag. 202. Hopl. neoc. ist eine Art, über welche noch wenig Klarheit herrscht, wie ein Blick in die Literatur sofort zeigt, und das neue, schlecht- erhaltene Material, das meistens aus Bruchstücken besteht, ist nicht geeignet, mehr Klarheit zu verschaffen. Wenn ich deshalb meinen Fossilien den oben zitierten Namen gebe, so soll das nur heißen, daß sie in die Gruppe des Hopl. neoc. hineingehören. Mehr kann nicht entschieden werden. Aber das genügt auch vollständig, da genannte Gruppe auf ein engbegrenztes Niveau, auf das Valanginien be- schränkt ist. Hoplites angulicostatus d’Orb. Taf. IX, Fig. 4. Ammonites angulicostatus: ’Orbigny, ].c. pl. 46, fig. 3 et 4, pag. 146. Hoplites angulicostatus: Sarasin und Schöndelmeyer, 1. c. pl. IX, fig. 8, pl. X, fig.' 3, pag. a Von dieser Art fanden sich mehrere typische Exemplare, welche gute Ubereinstimmung zeigen mit der Beschreibung Sarasins und [5] Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. 347 Schöndelmeyers (l. e.): „Auf den ersten Umgängen feine, scharfe Rippen, vollständig gleich untereinander, welche vereinzelt oder zu zweien vom Nabel ausgehen und in einer leicht gebogenen Linie über die Seite hinziehen.* Der letzte Umgang zeigt auf dem abgebildeten Exemplar die Skulptur, wie sie d’Orbigny angibt: „Zwischen den Hauptrippen, welche vom Nabel ausgehen und über den Externteil hinwegsetzen, schalten sich eine oder zwei Rippen ein, welche am Externteil beginnen und nicht ganz die Mitte der Seite erreichen.“ Am großen Flößelberg fanden sich bis jetzt 6 Exemplare, auf welche diese Beschreibung paßt, und alle diese zeigen die schon oft erwähnte Eigentümlichkeit, daß der letzte Umgang zwar wenig, aber deutlich die Spirale verläßt (vgl. Fig. 4). Dieser Umstand ist deshalb von besonderem Interesse, weil es sich hier wirklich um einen typischen angulicostatus handelt, was man von den früher abgebildeten Stücken nicht behaupten kann (vgl. Pietet: Melanges paleontologiques, pl. I, pag. 11; Nolan: Notes sur les Crioceras du groupe du Orioc. Duwvalı. Bull. de la Soc. geol. de France, tome XXI, pl. X, pag. 183— 196), wie Sarasin und Schöndelmeyer (l. cc. pag. 85) deutlich nachweisen. Crioceras Quenstedti Ooster. Ooster: Petrifications remarquables des Alpes suisses, tome I, 5. partie, pag. 54, pl. 49, fig. 1—6, besonders fig. 3. Es wurden drei Exemplare von dieser Art gefunden, welche man, wie schon Sarasin und Schöndelmeyer (l. c. 110) bemerken, wirklich auf den ersten Blick mit einem Hopl. angulicostatus, dessen innere Windungen ausgewittert wären, verwechseln könnte. Diese Verwechslung liegt noch näher, wenn man, wie es bei mir der Fall ist, nur Angulicostaten hat, deren letzter Umgang die Spirale verläßt. Aber eine genauere Betrachtung zeigt doch recht deutliche Unter- schiede. Das auffallendste Unterschiedsmerkmal bilden die sehr deut- lichen Nabelknoten und die Flankenknoten auf den inneren Umgängen. Besonders charakteristisch ist ferner das Verschwinden dieser Flanken- knoten bei einer Größe von 20—25 mm, während die Umbilikalknoten noch schärfer hervortreten. Und so zeigen sie deutliche Überein- stimmung mit der Abbildung Oosters (l. c. fig. 3) und Sarasins und Schöndelmeyers (l. c. pl. XII, fig. 4—7). Crioceras Duvalii Leveille. Leveill&: M&m. de la soc. g&ol. Tome II, pl. XXII, Fig. 1, pag. 313. Dieses Fossil findet sich in großer Häufigkeit und paßt im allgemeinen gut zu der Beschreibung d’Orbignys (Pal. franc. pl. 113, pag. 453). Allerdings sind einige Formen darunter, welche sich dem Orioc. Emmerici durch das Hervortreten der Knoten, andere, welche sich dem Crioe. Villiersianum durch die große Zahl der Zwischenrippen nähern. Doch das ist ja eine Erscheinung, wie sie immer wieder beschrieben wird und über die sich noch nichts Endgültiges sagen läßt, bis genaue Studien an guterhaltenen Exemplaren gemacht worden 348 P. Steph. Richarz. : sind. Soviel ist jedenfalls sicher, daß die Mehrzal der Exemplare vom großen Flößelberg zum typischen Crioc. Duvalii gezählt werden muß. Es fand sich noch ein unbestimmbares Crioceras, welches vielleicht auch zu dieser Art gehört. Es ist bei ihm noch ein etwa 10 mm langer Externdorn vorhanden, während bei den übrigen Exemplaren die Dornen alle abgebrochen sind. Orioceras cf. Kiliani Simion. Simionesceu: Studii geologice si paleontologice din Carpatii Sudici. Tab. VII, Fig. 1, pag. 88. Es ist ein Bruchstück von einem riesigen Crioceras vorhanden, das eine Breite von 65 mm zeigt. Es scheint der zitierten, von Simionescu beschriebenen Form am nächsten zu stehen. Aptychus Didayi Cog. Aptychus angulicostatus Pict. et de Lor. Aptychus Seranonis Cog. Pictet et de Loriol: Neocomien des Voirons (Materiaux pour la Paleontologie de la Suisse), pl. X, fig. 1—12, pl. XI, fig. 1—8. Diese Aptychen sind sehr häufig am großen Flößelberg. Zu be- sonderen Bemerkungen geben sie keinen Anlaß. Belemnites sp. Mehrere schlechterhaltene Exemplare. köhynchonella sp. Pyenodus Couloni Ag. Pictet: Terr. cr&t. de Ste. Croix (Materiaux pour la paleont. de la Suisse. II. ser.), pl. VII, Fig. 5—17. Ein fast vollständig erhaltener Kiefer, in dem nur einige Zähne fehlen. Er stimmt genau mit den Abbildungen überein, welche Pictet (l. ec.) gibt, so daß eine weitere Beschreibung und Abbildung über- flüssig ist. Uberschaut man die angeführten Fossilien des großen Flößel- berges, so ist es auf den ersten Blick klar, daß wir es hier mit Mittelneokom zu tun haben. Dafür sprechen vor allem die Leitfossilien: Orioceras Duvalii, Crioc. Quenstedti, Hoplites neocomiensis usw. Ferner sieht man, daß beide Horizonte des Mittelneokoms vertreten sind, das Valanginien und das Hauterivien. Für Valanginien spricht ganz ent- schieden Hoplites neocomiensis. Holcostephanus Jeannoti findet sich nach Angabe Kiliansin Südfrankreich stets an der Grenze von Valanginien und Hauterivien. Charakteristisch für Hauterivien hingegen sind folgende Formen: [7] Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. 349 Schloenbachia Kitti n. sp. Holcostephanus Sayni d’Orb. Holcodiscus incertus d’Orb. Hoplites angulicostatus d’Orb.!) Crioceras Duvalü Lev. Orioceras Quenstedti Ooster während indifferent sind: Phylloceras Thetys d’Orb. Lytoceras subfimbriatum d’Orb. Holcostephanus Astieri d’Orb. Aptychen, Bynchonella, Belemniten, Pycenodus Couloni. II. Fossilien von der Waldmühle. Dieser Steinbruch, welcher dunklen, sehr tonreichen Mergel enthält, lieferte bis jetzt folgende Formen: Phylloceras infundibulum d’Orb. Ammonites infundibulus: d’Orbigny, ]. c. pl. 39, fig. 4 et 5, pag. 131. Es ist nur ein Exemplar bekannt und dieses nur zum Teil er- halten, aber doch bestimmbar. Das so charakteristische Skulpturmerk- mal, daß nur eine Rippe bis zum Nabel reicht, die andere aber etwa auf dem äußeren Drittel endet, zeigt sich noch ganz deutlich, Und so herrscht vollkommene Übereinstimmung mit der Abbildung Sara- sins und Schöndelmeyers (l. ce. pl. I, fig. 1). Lytoceras sulfimbriatum d’Orb. Ammonites sulfimbriatus: d’Orbigny, ]. c. pl. 35, pag. 121. Es wurde nur ein Exemplar gefunden. Costidiseus recticostatus d’Orb, Ammonites recticostatus: d’Orbigny, ]. c. pl. 40, fig. 3 et 4, pag. 134. Costidiscus recticostatus: Uhlig (Denkschriften der Akademie der Wissenschaften, 46. Band), Wernsdorfer Schichten, Taf. II, Fig. 5; Taf. V, Fig. 15; Taf. VII und VIII, Fig. 1—3, 8. 19. Von dieser Art wurden ziemlich viele Exemplare gefunden, welche zwar schlecht erhalten sind, äber sich doch noch mit Sicherheit bestimmen lassen. Die scharfen, gerade verlaufenden Rippen, die zahl- reichen Umgänge, die geringe Involution, das sind alles Merkmale, die jede Verwechslung ausschließen. Hoplites angulicostatus d’Orb. Ammonites angulicostatus: ’Orbigny, ]. c. pl. 46, fig. 3 et 4, pag. 146, Sehr viele Exemplare, aber schlecht erhalten. ') Wenigstens im Gegensatz zum Valanginien. 350 P. Steph. Richarz. [8] Orioceras Emmerici Lev. Orioceras Emmerieci: Leveille, M&m. de la societe geol. tome 2, pl. XXL, fig. 1 et 2, pag. 314. Zwei recht typische Stücke, welche unzweifelhaft zu dieser Art sehören und sich von Crioceras Duvalii vom Flößelberge ganz deut- lich unterscheiden durch die scharfen Knoten und die feinen, wenig zahlreichen Zwischenrippen (3 und 4). Orioceras (Ancyloceras) Tabarelli Ast, Ancyloceras Tabarelli: Astier, Catalogue descr. des Ancyloceras, pl. 21, n. 9, pag. 449. Zwei nur zum Teil erhaltene Exemplare lassen sich mit ziemlicher Sicherheit als zu dieser Art gehörig bestimmen. Die Einrollung, die Knoten, die Anzahl der Zwischenrippen, alles paßt ganz genau auf die Beschreibung Astiers (l. c.). Allerdings gehen die Rippen nicht in gerader Linie, wie die Abbildung Astiers es anzugeben scheint, sondern bilden deutlich eine schwach gebogene Linie. Doch könnte das schwerlich ein Grund sein, bei der sonstigen Übereinstimmung die beiden Exemplare anders zu bestimmen. Jedenfalls steht die nahe Beziehung zu Ancyl. Tabarelli fest und diese Beziehung ist größer als zu einer jeden anderen bis jetzt beschriebenen Art. Von Crioceras Quenstedti zum Beispiel unterscheidet sie ganz deutlich die größere Involution der inneren Umgänge, die weiter auseinanderstehenden Hauptrippen und das schärfere Hervortreten der Knoten; von ÜUrioceras Emmerici der geringere Abstand der einzelnen Windungen und die geringere Nähe der Hauptrippen. Eine Abbildung gestatten die schlechten Stücke nicht. Desmoceras cf. cassidoides Uhl. Uhlig (Denkschriften der Akademie der Wissenschaften, 46. Band), Wernsdorfer Schichten, Taf. XVI, Fig. 4, S. 103. Haug (Beiträge zur Paläontologie Österreich - Ungarns und des Orients, VII. Band), Beitrag zur Kenntnis der oberneokomen Ammonitenfauna der Puez- alpe, Taf. IX, Fig. 1 und 2, 8. 201. Mehrere Exemplare glaube ich zu dieser Art rechnen zu dürfen. Sie sind charakterisiert durch die scharfen Einschnürungen (5 und 6 auf dem Umgang), die von Wülsten begleitet werden, und durch den vollständig abgerundeten Externteil. Jedenfalls stehen die Stücke der zitierten Art sehr nahe, was für die später zu ziehenden Schlüsse genügt. Belemnites (Duvalia). Ein Bruchstück. [9] Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. 351 Überschaut man nun auch diese Fossilien, so fällt sofort die eigentümliche Tatsache auf, daß die Formen, welche am Flößelberge vorherrschten, hier bis auf eine verschwunden sind. Abgesehen von den langlebigen Phylloceras und Lytoceras ist nur noch Hoplites anguli- costatus vorhanden. Die neu auftretenden Arten aber weisen unzweifel- haft darauf hin, daß wir es jetzt mit dem Barremien zu tun haben. Es fanden sich ja die typischen Barr&ämeformen: Costidiscus recticostatus d’Orb. Desmoceras cf. cassidoides Uhl. Orioceras Emmerici Lev. Ancyloceras Tabarelli Ast. Das sind vier Formen, welche noch niemals tiefer gefunden worden sind als im Barr&me. Einige Schwierigkeit könnte noch machen der Hoplites angulicostatus, welcher nach der Literatur im französischen Barr&me nicht vorkommt, sondern nur im Hauterivien. Ebenso scheint er in der Fauna der Puezalpe in Südtirol zu fehlen. (Siehe die eben zitierte Arbeit von Haug.) Doch man vergleiche nur die Abhand- lung Uhligs „Uber neokome Fossilien von Gardenazza in Südtirol“ (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Band 37) und man wird finden, daß dort (auf Seite 73) die in Frage stehende Art in acht Exemplaren unter typischen Barr&meformen aufgezählt wird. In den Karpathen kommt sie nach den Arbeiten Uhligs weder im Hauterivien noch im Barremien vor. Es ist also unzweifelhaft, daß an der Waldmühle das Barremien vertreten ist. Und somit ist es nun gelungen, auch in den Nordost- alpen nicht nur die Fossilien des Neokoms zu finden, wie es in den Roßfeldschichten schon der Fall war (vgl. Uhlig: Zur Kenntnis der Cephalopoden der Roßfeldschichten. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 32, S. 375), sondern auch dieselben Horizonte zu unterscheiden, wie in Südfrankreich und in den Karpathen. Freilich herrscht hier bei uns kein so scharfer lithologischer Unterschied vor wie dort. Aber trotzdem ist die Fauna der einzelnen Niveaus, wie gezeigt wurde, scharf genuß unterschieden. Ich sagte, es herrscht kein scharfer lithologischer Unterschied. Aber ein feiner Unterschied ist doch vor- handen. Die Gesteine des Valanginien sind nämlich im allgemeinen etwas sandig, es wechseln an der Basis Sandsteinbänke mit dünn- schichtigen, kalkigen Mergeln ab, das Hauterivien besteht aus hellen und dunklen kalkreichen Mergeln und endlich im Barr&me herrschen dunkle, tonreichere Mergel vor. Das ist der Eindruck, den ein größerer Aufschluß macht. Aber trotzdem dürfte es ungemein schwer, ja meistens unmöglich sein, aus einem Handstücke zu entscheiden, welchem Niveau es entnommen ist. Außer diesen Fundorten wurden noch einige Fossilien an einem anderen kleinen Aufschluß gefunden. Er befindet sich an der anderen (linken) Seite des Kaltenleutgebener Tales, unmittelbar neben dem großen Steinbruche, in welchen die Zementfabrik der Waldmühle Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (P. St. Richarz.) 46 352 P. Steph. Richarz. [10] hineingebaut ist, östlich von diesem. Es läßt sich aber aus den gefundenen Fossilien kein Schluß auf das Niveau machen und deshalb möge eine einfache Aufzählung genügen. Phylloceras cf. infundibulum Hoplites angulicostatus? Ptychoceras sp. ‚Hamulina? Aptychus angulicostatus s Deranonis & Didayi. Auffallend ist das Vorherrschen der Aptychen. Sie finden sich in großer Menge, während man schon lange suchen muß, ehe man einen Ammoniten findet. Doch kann man eines dieser seltenen Exem- plare mit einiger Wahrscheinlichkeit zu Hopl. angulicostatus rechnen. Es wäre also das Hauterivien oder Barremien vertreten. Ganz in der Nähe, aber wieder auf der rechten Talseite, wurden noch einige bestimmbare Fossilreste aufgesammelt, und zwar Formen, welche einer- seits für Barr&mien, anderseits für Hauterivien sprechen, nämlich: Desmoceras cf. cassidoides Uhlig, genau gleich den schon beschriebenen Exemplaren vom Steinbruch an der Fischerwiese, COrioceras Villier- sianum d’Orb., Hoplites angulicostatus?, und endlich ein Haploceras @rasi d’Orb. Davon sind Desm. cassidoides und Crioceras Villiersianum charakteristisch für Barr&emien, Hoplites angulicostatus und Haploceras Grasi können dem Hauterivien angehören, kommen aber auch im Barremien vor. B. Lagerungsverhältnisse. Die Lagerungsverhältnisse sind am deutlichsten am großen Flößel aufgeschlossen. Es wurde schon erwähnt, daß dort zwei Horizonte vertreten sind, nämlich Valanginien und Hauterivien. Eine Unter- suchung an Ort und Stelle ergab folgendes: In den untersten Schichten fand sich .außer Aptychen und Belemniten nur Hoplites neocomiensis d’Orb. und ein Bruchstück, welches dem Hoplites hystricoides Uhl. anzugehören scheint. (Vergl. Uhlig: Denkschriften 72, Grodischter Schichten, Taf. I, Fig. 8, S. 39.) Bald aber stellten sich auch die oben beschriebenen, für Hauterivien charakteristischen Fossilien, be- sonders das Crioceras Duvalü Lev. ein, während Hoplites neocomiensis vollständig verschwand. In den noch höher gelegenen Partien fand sich bis jetzt nur ein Exemplar von Holcostephanus Jeannoti d’Orb., die abgebildete Form, also auffallenderweise ein Ammonit, welcher im französischen Neokom die Grenzschichten zwischen Valanginien und Hauterivien charakterisiert. Daraus würde folgen, daß die Neokom- schichten eine schiefe Synklinale bilden mit konstantem, erst steilen, dann sich verflachenden Einfallen nach Nordwesten. Die Schichten, welche wiederum dem Valanginien entsprechen müßten, wurden unter- sucht auf bezeichnende Fossilien, aber leider ohne jeden Erfolg. Doch [11] Die Neokombildungen bie Kaltenleutgeben. 353 wurde in letzter Zeit ein Fxemplar von Crioceras Emmerici Lev. sefunden gerade an der Stelle, welche der Muldenmitte entsprechen müßte. Entscheidend aber für diese Fragen ist das Verhältnis des Neokoms zu den angrenzenden Bildungen, welches das Profil — Figur 1 — klarstellen soll. Wie aus diesem Profil ersichtlich, liegt das Neokom unmittelbar auf Hierlatzschichten (Funde von Spiriferinen, und zwar Spiriferina alpina Opp. und Spiriferina angulata Opp. beweisen das liassische Alter dieser roten Krinoidenkalke). Im Profil ist allerdings über dem Lias noch Jurakalk eingezeichnet. Doch ist das Alter dieses roten Kalkes mit Hornsteinen unbestimmt. Er könnte auch dem Lias an- sehören. Im Nordwesten grenzt an das Neokom unmittelbar das Tithon an, wie durch Aptychen (Aptychus Beyrichi Opp.) sichergestellt ist. Dann folgt am kleinen Flößel ein jurassischer Knollenkalk mit Fig. 1. JuraKalk Jurakalk mit Perisphinetes Lies | Valang. Hauterivien DValang. Tithon Rhat. Perisphincte. Dann endlich beginnt mit den versteinerungsreichen Kössener Schichten die Trias, deren Profil bis auf den Reiflinger Kalk deutlich erkennbar ist. Es müßte nun zwar zwischen dem Knollenkalke und den Kössener Schichten der Lias liegen. Davon ist aber weder hier noch im ganzen Gebiete etwas zu sehen. Es ist überhaupt eine eigentümliche Erscheinung, daß die Kössener Schichten immer vom Lias getrennt sind; entweder ist der eine oder der andere Horizont entwickelt, nie aber beide an derselben Stelle. Den Grund für diese Verhältnisse zu erforschen, muß späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Jedenfalls können sie die Mulde nicht in Frage stellen. Auffallend ist außerdem noch, daß auf den Hierlatzschichten nicht direkt Tithon aufliegt, wie man erwarten sollte, sondern Neokom. Man könnte es vielleicht durch ein Absinken des einen Muldenflügels erklären. 46* 954 P. Steph. Richarz. [12] Zu sehr interessanten Resultaten hat das Studium der Ver- breitung des Neokoms in der Umgebung von Kaltenleutgeben ge- führt. Diese Verbreitung wird am besten die Kartenskizze Figur 2 erläutern. Es bildet das Neokom, respektive Tithon-Neokom — denn eine Trennung ist in den meisten Fällen nicht möglich — einen zusammen- hängenden Zug von der Ruine Kammerstein bis weit über Kaltenleut- geben hinaus. Diesen Zug begleitet im Südosten fast ununterbrochen der obenerwähnte liassische Krinoidenkalk. Im Nordwesten aber schließen sich Jurakalke und vor allem, durch Versteinerungen nach- gewiesen, die Kössener Schichten an, und zwar in lückenlosem Zuge von dem Wege, welcher von der Vereinsquelle nach Kaltenleutgeben führt, bis auf die Höhe des kleinen Flößels (491 m hoch). Dann aber verschwinden sie allmählich, das Neokom erstreckt sich weiter hinein in den Hauptdolomit und geht bei der Waldmühle in einem Aste über Lunzer Sandstein und Reiflinger Kalk hinweg auf die andere Taiseite, während der andere Ast in normaler Weise weiterstreicht, bis er an der Ruine Kammerstein verschwindet, wo dann nur noch Tithon zu finden ist. Diese merkwürdige Tatsache bot Veranlassung zu eingehenderen Lokaluntersuchungen. Um genannte Erscheinung zu erklären, könnte man zwei verschiedene Wege einschlagen. Zunächst wäre eine Graben- versenkung denkbar, durch welche die Neokomschichten in die triadischen Bildungen eingebrochen und so vor der Zerstörung bewahrt . geblieben wären. Es müßte in diesem Falle das Neokom an einigen Stellen in normaler Lagerung geblieben sein, an anderen aber bald an den Hauptdolomit, bald an den Lunzer Sandstein, bald an den Reiflinger Kalk angrenzen, je nach der Tiefe des Einbruches oder der Ausdehnung der späteren Erosion. Eine zweite Annahme wäre die, daß das Neokom transgredierend auftrete, daß es sich also auf die gehobenen, zum Teil erodierten triadischen Bildungen abgelagert habe. Für diese letztere Annahme glaube ich vollständig zuverlässige Beweise anführen zu können. Eine solche Transgression macht zunächst höchstwahr- scheinlich der Umstand, daß die Trias in einem ununterbrochenen Zuge fortstreicht, was man besonders ersieht aus den leicht erkenn- baren Kössener Schichten, welche bei der Ruine Kammerstein, nördlich vom Neokom wieder zum Vorschein kommen 2), nachdem sie am kleinen Flößel verdeckt worden waren. Ferner zeigt dasselbe der Lunzer Sandstein, welcher in gerader Linie fortstreicht. An der Waldmühle verliert man allerdings seine Spur, aber die Terrainverhältnisse ver- langen entschieden, daß man unter dem Alluvium der dürren Liesing seine Fortsetzung suche. Doch würde dies alles nicht direkt gegen einen Einbruch sprechen. Deshalb mußten bessere Beweise gesucht werden. Wie schon gesagt, verschwinden die Kössener Schichten auf dem kleinen Flößel und dort, wo sie liegen müßten, findet man das Neokom. Ist diese Lagerung durch einen Bruch zustande gekommen, so müssen !) In die Kartenskizze sind sie durch ein Versehen nicht eingezeichnet worden. nn ‘000'°7:1 :qeIsgeN "oJIos[e], uayum I9p ue gufyasmy —= 'IJI "OSOIMIIAUISTT I9P U® yonıqumaıg "[9SSO]J UTAH, we yanıquraıg wi + BIIYUUDL a7yr ungy v9 + JPuDmu137, usgvsbnpg GLagual4g,7-p + YIOZSII WU DUEH S13g[SNDYEBIG -woyoaN pun vom], EB aresreang (MN BISRFETERER . RIESE ATeNZyeLIOIE RETTET "uaJyalyag AOUISSOJ] ETZZ "ur94spues A9zun EEE] :Zunae[219uoy9lez 356 P. Steph. Richarz. [14] natürlich die Kössener Schichten unter dem Neokom und unter den Jurakalken in der Tiefe liegen. Nun ist es mir aber geglückt, eine kleine Partie von Kössener Schichten mit den bezeichnenden Terebrateln (Coenothyris gregaria) als Klippe im Neokom aufzufinden und, was von großer Bedeutung ist, gerade an der Stelle, wo man sie erwarten mußte, nämlich genau auf der Verbindungslinie von der Spitze des kleinen Flößels (von der Höhe 491 m) bis zur Ruine Kammerstein. Das zeigt, daß die Trias auch unter dem Neokom regelmäßig fort- streicht und daß das Neokom nicht nur oberflächlich an den Haupt- dolomit oder den Lunzer Sandstein oder den Reiflinger Kalk anstößt, sondern unmittelbar auf diesen Bildungen liegt, daß also vor seiner Ablagerung schon eine weitgehende Abwaschung stattgefunden haben muß. Da aber wiederum eine Erosion von diesem Umfange nur auf gehobenen Schichten statt- finden kann, so mußauch eine mehr oder wenigerintensive Faltung dem Neokom vorausgegangen sein. Man kann sich diesen Vorgang etwa so denken: Nach Ablagerung des Doggers oder vielleicht erst nach Ablagerung des unteren Malms bildete sich die Antiklinale, deren Scheitel heute an der Waldmühle von der dürren Liesing durchschnitten ist, und ihr entsprechend ent- stand eine Mulde, deren südlicher Flügel durch die Hierlatzschichten bezeichnet wird. Dann setzte die Erosion ein, vertiefte die Mulde und durchschnitt quer die Antiklinale; es bildete sich einerseits ein Längs- tal, entsprechend der Mulde, anderseits ein Quertal, welches auf dem kleinen Flößel mündete und sich östlich von der heutigen Waldmühle erstreckte. Dann drang das Tithonmeer vor, füllte die Vertiefungen aus und bedeckte das ganze Gebiet mit seinen Ablagerungen. Das Neokommeer bildete noch mächtigere Sedimente. Diese alle wurden nun vor der Bildung der Oberkreide zugleich mit den älteren Schichten, diese zum zweiten Male, gefaltet und steil aufgerichtet. Die spätere Erosion und Denudation entfernte das Tithon-Neokom von den höher gelegenen Stellen. Nur in den tiefen Mulden konnte es sich erhalten und so sehen wir es heute teils normal und scheinbar konkordant ein- seklemmt zwischen den jurassischen Bildungen, teils aber über die obere und untere Trias transgredierend. Auch das Alter dieser Transgression läßt sich bestimmen. Im Jahre 1871 hat Toula einen Steinbruch in der Nähe der Neumühle am „Nordabhang des Bierhäuselberges“ beschrieben (Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt in Wien 1871). In diesem Steinbruche sind zu unterst Kössener Schichten aufgeschlossen, dann folgt der berühmte Klauskalk, welcher die vielen, schönen Ammoniten geliefert hat. Er wird überlagert von einem weißen oder rötlichen Kalke, welchen Toula dem unteren Malm zuteilt. Auf ihn aber folgt ein roter, sandigtoniger Kalkmergel. Dieser wurde von Toula (l. ce. pag. 446) bezeichnet als roter Kalk mit „weißen Flecken.“ Diese „weißen - Flecken“ sind nichts anderes als weiße Kalkstücke, welche dem ganzen Gesteine das Aussehen eines Konglomerats verleihen. Es sind Roll- stücke von jurassischem Kalke, welche in der roten Masse eingebettet sind. Es handelt sich also um ein echtes Grundkonglomerat. Und da _ es ferner gelungen ist, einige Aptychen in dem roten Bindemittel zu [15] Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. 357 finden, nämlich Aptychus punctatus Voltz und Aptychus Beyrichi Opp., und zwar in der untersten Lage des Konglomerats, so ist es klar, daß die Transgression mit dem Tithon beginnt. Das Konglomerat ist an genannter Stelle etwa 2 m mächtig, geht dann über in rötliche Kalkmergel und endlich in das weiße Material, welches bei Rodaun so schön aufgeschlossen ist und so viele Aptychen ge- liefert hat. Diese Transgression des Tithons erklärt auch noch manche andere Lagerungsverhältnisse, welche ohne sie einfach unverständlich wären. So findet man zum Beispiel an mehreren Stellen kleine Partien des Tithons als letzte Denudationsreste auf dem Hauptdolomit oder dem Reiflinger Kalke auflagern. Doch müssen diese Verhältnisse im Zusammenhange mit dem Baue des ganzen Gebietes von Gießhübel bis Kalksburg betrachtet werden. Die Untersuchungen darüber sind aber noch nicht zum Abschluß gekommen. Sie seien deshalb einer späteren Abhandlung vorbehalten, in welcher dann auch die vor- liegende Arbeit durch eine genaue Karte, sowie durch noch andere Fundorte des Neokoms ergänzt werden soll. Die Verhältnisse bei Kaltenleutgeben dürften geeignet sein, auch auf eine andere viel zitierte und berühmte Lokalität ein neues Licht zu werfen, nämlich auf die Klippen von St. Veit. Schon Gries- bach schreibt („Der Jura von St. Veit bei Wien“, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt in Wien, 1868, pag. 129): „Während der ganzen Zeit des unteren und mittleren Malms mußte die Lokalität St. Veit soweit gehoben sein, daß sie trockenes Land darstellte. Erst später trat eine Senkung ein, die dann die UÜberflutung durch das Meer des oberen Malms und die Ablagerung roter Aptychenkalke zur Folge hatte. In dieser Periode ragten die Schichten des Doggers als Inseln aus dem Meere empor, um welche sich zonenförmig der rote Schiefer ablagerte.“ Auch Hochstetter hat gefunden („Klippe von St. Veit bei Wien“: Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt in Wien, 1897), daß der ganze Schichtenkomplex von den Kössener Schichten bis einschließlich Bathonien konkordante Lagerung zeigt, während Malm und Neokom senkrecht zu ihnen streichen“ (l. c. pag. 150). Er sucht dieses zwar durch eine Verwerfung zu erklären (l. ec. pag. 151). Aber da nun einmal die Transgression bei Kaltenleutgeben nach- gewiesen ist, so liegt es am nächsten, sie auch auf die Klippen von St. Veit anzuwenden und so wieder auf die Ansicht Griesbachs zurückzugehen, welche entschieden den Vorteil hat, daß sie die Er- scheinungen einfach und ungezwungen erklärt, was man von einem Bruche oder von Brüchen keineswegs sagen kann, wie ein Blick auf die geologische Karte von St. Veit (Griesbach in angeführter Ab- handlung) sofort zeigt. 358 P. Steph. Richarz. Erklärung zu: Tafel IX. Fig. 1. Schloenbachia Kittli n. sp. a) Seitenansicht. b) Rückenansicht Fig. 2. Holcostephanus (Astieria) Astieri d’Orb. a) Flankenansicht. d) Der Mundrand in der 45°-Stellung. Fig. 3. Holcostephanus Jeannoti d’Orb. a) Flankenansicht. b) und c) Von der Externseite gesehen. Fig. 4. Hoplites angulicostatus d’Orb. [16] Das Original zu Fig. 1 befindet sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum, zu Fig. 2 in der Sammlung der k. k. technischen Hochschule in Wien. Die Originalien zu Fig. 3 u. 4 sind in der Sammlung des Missionshauses St. Gabriel bei Mödling. Steph. Richarz: Neokom v.Kaltenleutgeben. Tafel IX. ASwoboda nd Nat gezullith. Lith.Anst v. Th.Baunwarth Wien Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt.Band LIV. 190%. Verlag der kk.Geologischen Reichsanstalt Wien lll.RasumoffskySasse 23 . Kritische Besprechung einiger im. Verlaufe der letzten Jahre erschienenen Arbeiten über Fucoiden. Von Theodor Fuchs. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr, X). Im Verlaufe der ietzten acht Jahre sind von seiten hochacht- barer Fachkollegen eine Reihe von kleineren und größeren Arbeiten erschienen, welche sich mit der Natur der sogenannten „Fucoiden* im allgemeinen, sowie mit jener der „Flyschfucoiden“ im speziellen . beschäftigen, Arbeiten, in denen die betreffenden Autoren, von ver- schiedenen Gesichtspunkten ausgehend, doch insgesamt gegen die von mir und Nathorst in dieser Sache vertretene Anschauung Stellung nehmen. Da die verehrten Kollegen sich hierbei meist direkt gegen meine - Arbeiten wenden, so wäre es meiner Ansicht nach wohl bereits seit langem meine Aufgabe gewesen, mich hierüber öffentlich zu äußern, sei es, um meinen Standpunkt zu verteidigen, sei es, um einen Irrtum offen einzugestehen. 3 | Es würde wohl für die Öffentlichkeit ohne Interesse sein, die Gründe anzugeben, warum dies bisher nicht geschah, doch will ich nur so viel bemerken, daß die Ursache davon keineswegs in der Materie der Diskussion selbst lag und daß ich während dieser ganzen Zeit durch die Argumente meiner verehrten Gegner nicht einen Augen- blick an der Richtigkeit meines Standpunktes irre wurde. Ich will es nunmehr versuchen, im Nachfolgenden eine alte Schuld einzulösen und die Gründe auseinanderzusetzen, welche mich hindern, meinen bisherigen Standpunkt in dieser Frage aufzugeben. Die Arbeiten, welche ich hierbei im Auge habe und auf die sich meine kritischen Bemerkungen beziehen sollen, sind in chronologischer Reihenfolge die nachstehenden: 1896. W.v. Gümbel. Vorläufige Mitteilung über Flyschalgen. (Neues Jahrbuch für Mineralogie.) 1896. A. Rothpletz. Über die Flyschfucoiden und einige andere fossile Algen sowie über liasische, diatomeenführende Horn- schwämme. (Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft.) 1897. J. Lorenz v. Liburnau. Eine fossile Halimeda aus dem Flysch von Muntigl (monticulus) bei Salzburg. (Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften.) Jahrbuch @. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Th. Fuchs.) 47 360 Theodor Fuchs. [2] 1900. J. Lorenz v. Liburnau. Zur Deutung der fossilen Fucoiden- gattungen Teenidium und Gyrophyllites. (Denkschriften der kais. Akad. der Wissenschaften Wien.) 1901. W. Pfaff. Bemerkungen über Chondriten und ihre Entstehung. (Geogn. Jahreshefte. Jahrg. XIV. München 1901.) 1902. J. Lorenz v. Liburnau. Ergänzung zur Beschreibung der fossilen Halimeda Fuggeri. (Sitzungsberichte der Wiener kais. Akademie der Wissenschaften.) Ich glaube jedoch bei Besprechung dieser Arbeiten nicht die chronologische Reihenfolge einhalten zu sollen, sondern halte es für zweckmäßiger, mich hierbei von der Natur des Inhaltes derselben leiten zu lassen. Ich will daher in erster Linie die Arbeiten Lorenz v. Libur- naus besprechen, da dieselben sich nicht nur durch besondere Objek- tivität, Gründlichkeit und Genauigkeit auszeichnen, sondern überdies von einem Autor herrühren, der zu den ausgezeichnetsten Kennern des Meereslebens gehört und dessen Ansichten in dieser Materie daher von vornherein ein hoher Grad von Autorität innewohnt. In zweiter Linie werde ich die Arbeit Rothpletz’ behandeln, die sich ebenfalls durch Gründlichkeit auszeichnet und in welcher ein ganz neuer Gesichtspunkt in die Diskussion gebracht wird. Die Arbeiten Gümbels und Pfaffs werde ich nur anhangs- weise kurz besprechen; die erstere enthält nicht viel Neues und letztere bringt einen Gesichtspunkt in die Diskussion, der wohl voll- kommen neu und originell ist, wie ich aber gleich hier bemerken möchte, mir vollkommen unhaltbar erscheint. Bevor ich jedoch zu meiner eigentlichen Aufgabe übergehe, halte ich es für zweckmäßig, hier eingangsweise Dasjenige zu präzi- sieren, was ich als das Wesentliche meines Standpunktes betrachte, und halte ich dies um so mehr für geboten, als ich ja in nebensäch- lichen Dingen meine Ansichten im Verlaufe der Zeit mehrfach modi- fiziert habe. Als wesentlichen Punkt meiner Anschauung betrachte ich dem- nach, daß die fraglichen pflanzenähnlichenFossilien (Fucoiden) nach Maßgabe aller konkurrierenden -Um- stände unmöglich Organismen gewesen sein können, welche frei wuchsen und sodann als Fremdkörper im Sediment eingebettet wurden, daß vielmehr alle Fucoiden entweder vom Anbeginn an oder im weiteren Verlaufe ihrer Ausbildung ein verzweigtes Röhren- system darstellten, welches von außen her mit anor- ganischem Sediment ausgefüllt wurde, aus welcher An- schauung weiter folgt, daß Fucoiden niemals ver- schwemmte Körper sein können, sondern stets genau an jener Stelle entstanden, an der sie gegenwärtig gefunden werden. Wodurch und auf welche Weise diese pflanzenähnlichen verzweigten Röhrensysteme gebildet wurden, darüber läßt sich meiner Ansicht nach im gegenwärtigen Augenblicke nichts Bestimmtes und [3] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 361 Positives sagen und alle Ansichten, die bisher über diesen Punkt geäußert wurden, erheben sich nicht über das Niveau von Mut- maßungen. Zuerst nahm man an, daß diese Gänge durch Würmer gegraben wurden, später deutete ich auf die Möglichkeit hin, daß dieselben als Nester für gewisse Tiere oder aber auch zur Aufnahme von Eiern dienten, wobei ich jedoch weniger an die eigentlichen Fucoiden (Chondriten und Verwandte), als vielmehr an die Alectoruriden (Spirophyton, Taonurus, Rhizocorallium, Dietyodora ete.) dachte. Gegenwärtig möchte ich noch auf eine weitere Möglichkeit hin- weisen, die sich namentlich auf die eigentlichen strauchartig ver- zweigten Fucoiden bezieht, eine Möglichkeit, die übrigens bereits von Potonie angedeutet wurde. Ich halte es nämlich gegenwärtig nicht für ausgeschlossen, daß diese verzweigten Fucoiden tatsächlich Pflanzen- oder Tierkörper darstellen, aber es müßten solche gewesen sein, welche nicht frei wuchsen, sondern im Boden oder auch im festen Gestein bohrten. Daß es eine ganze Reihe von pflanzlichen Organismen, und zwar sowohl Algen als Pilze gibt, welche in festen Substanzen wie Knochen, Zähnen, Kalkstein usw. bohren und strauchförmig verzweigte Gänge von der Oberfläche aus gegen das Innere vortreiben, ist ja hinläng- lich bekannt und möchte ich zur Orientierung nur auf eine Arbeit von Bonnet und Flahault hinweisen), in der nicht weniger als zehn derartige pflanzliche Organismen behandelt werden, von denen acht zu den Algen und zwei zu den Pilzen gerechnet werden. Wenn man die beigegebenen Tafeln durchsieht, so wird man sewiß in vielen Fällen eine "große Ähnlichkeit mit manchen Fucoiden finden und zeigt namentlich der auf Taf. X, Fig. 1 abgebildete Sipho- nocladus voluticola in auffallender Weise alle wesentlichen Eigenschaften eines im Mergelkalke freischwebenden Chondrites. Allerdings muß ich sofort hervorheben, daß die vorerwähnten ver- zweigten, bohrenden Thalome durchschnittlich viel kleiner als unsere gewöhnlichen Fucoiden, ja daß die Mehrzahl derselben geradezu von mikroskopischer Kleinheit ist, so daß dieselben nicht unmittelbar zur Vergleichung mit den in Rede stehenden Objekten herangezogen werden können. Es sind jedoch auch ähnliche, augenscheinlich von sehr ein- fachen Organismen erzeugte verzweigte Gänge bekannt, die bedeu- tend größer sind und sich in ihren Dimensionen ganz gut mit manchen Fueoiden vergleichen lassen. Wenn man eine beliebige Belemnitella mueronata aus der weißen Kreide in die Hand nimmt und die Oberfläche aufmerksam betrachtet, wird man auf derselben fast immer eine Anzahl zierlicher weißer Rosetten erkennen, die von dichotomisch verzweigten Ästen gebildet werden, die von einem Punkte aus radial ausstrahlen. !) Bonnet und Flahault, Sur quelques plantes vivant dans le test cal- quaire des mollusques. (Bull. Soc. botaniques de France XXXVI. 1889. Enthält auch sehr viel Literatur.) 47* 362 Theodor Fuchs. ' i [4] : Betrachtet man dieses Gebilde mit einer Lupe, so erkennt man, daB das Zentrum dieser Rosette von einem feinen Loche gebildet wird und daß die ausstrahlenden Äste nichts anderes als hohle, dichotomisch verzweigte Gänge sind, welche unter der Oberfläche der Belemnitella verlaufen und mit weißer Kreide angefüllt sind. Diese kleinen Rosetten sind für mich das Prototyp eines Fucoiden, es sind verzweigte Gänge, die von einem Punkte aus nach verschie- denen Richtungen in eine feste Unterlage getrieben und hinterher von außen her mit anorganischem Sediment. ausgefüllt. wurden. Es zeigt dieser Fall zugleich, daß derartige Gänge nicht notwendig in -die Tiefe der Unterlage eindringen müssen, sondern auch knapp unter der Oberfläche des Substrats horizontal verlaufen können. Außer diesen Rosetten kommen jedoch auf denselben Belem- ‚nitellen unter ganz gleichen Umständen noch andere Gänge vor, von denen einige unregelmäßig oder streng dichotomisch strauchförmig ver- ästelt sind, während andere ungeteilt bleiben und geradlinig verlaufen. Quenstedt und Hagenow!) haben diese Gänge unter dem Namen Dendrina und Talpina beschrieben, ohne sich jedoch ‚bestimmt über die Natur der Organismen auszusprechen, durch welche die- selben erzeugt wurden. In neuerer Zeit wurden ähnliche verzweigte Röhren von Fischer in verschiedenen rezenten Muschelschalen beobachtet und nachge- wiesen, daß dieselben von sehr einfach gebauten Sarcodetieren, wahr- scheinlich Protisten, erzeugt würden ?). Daß es auch Spongien gibt, die in festem Substrat bohren, ist wohl allgemein bekannt und die Gattung Vioa ein naheliegendes Bei- spiel hierfür. Die Vioen bilden in ihrem Substrat kugelige Kammern, die durch feine Gänge untereinander in Verbindung stehen. In den meisten Fällen liegen diese” Kammern gleichmäßig nach allen Richtungen hin dicht aneinander, so daß das harte Substrat, möge dasselbe ein Kalkgeschiebe oder ein dickes Konchyliengehäuse sein, schließlich das Aussehen einer blasigen Lava erhält. Es ist dies jedoch nicht immer so. In manchen Fällen reihen sich vielmehr die kugeligen Kammern nach einer Richtung reihenweise aneinander, ja es kommen auch Fälle vor, wo diese Kammerreihen sich äußerst regelmäßig wiederholt ‘dicehotomisch teilen. Sehr ausgezeichnete Beispiele hiervon fand Kustos Kittl auf Kalkgeschieben von Lussin piccolo und erlaube ich mir, auf Taf. X einige Proben dieses interessanten Vorkommens nach photographischen Aufnahmen darzustellen. Stellt man sich vor, daß derartige Gänge in früheren geologischen Epochen im festen Gestein gebildet und nachträglich von einer anderen Substanz, allenfalls einem grauen Schlamme ausgefüllt wurden, so würde man dieselben, wenn man sie heutigentags im Gesteine fände, ganz !) Quenstedt, Petrefaktenkunde Deutschlands 1846 —1849, pag. 469, Tab. 30, Fig, 36,,37, Hagenow, Monographie der Rügenschen Kreideversteinerungen. II. Abt. (Leonh. und Braun. Neues Jahrbuch 1880, pag. 670.) 2) Comptes rendus. 1875. Vol. 81, pag. 1131 5] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 363 ohne Zweifel für Fucoiden halten und wahrscheinlich mit der Gattung Hormosir«a identifizieren, wie denn auch Heer tatsächlich ganz ähnliche Gebilde unter diesem Namen abgebildet und beschrieben hat). Ich gehe nun zu meinem eigentlichen Thema über, indem ich, wie eingangs erwähnt, in erster Linie die Arbeiten von J. v. Lorenz bespreche. Lorenz sieht in den Flyschfucoiden wirkliche Algen, und zwar gewöhnliche Algen, die frei im Meere wuchsen und entweder an Ort und Stelle von Sediment umhüllt oder aber von ihrer Unterlage los- gerissen und weiter fortgeschwemmt als Fremdkörper in Schlamm und Sand eingebettet wurden. Zur Begründung und Bekräftigung dieser Ansicht sucht er die fossilen Fucoiden mit den lebenden Algen zu vergleichen und den Nachweis zu führen, daß dieselben sich großenteils gauz ungezwungen ‚auf bestimmte lebende Gattungen zurückführen ließen. Den ersten Anstoß zu diesen Studien gaben ihm, wie es scheint, einige Stücke, welche er im Salzburger Museum in der reichen Sammlung von Flyschfucoiden fand, die daselbst durch die Be- mühungen von Prof. Fugger, Prof. Kastner und Baron v. Dobl- hoffaus dem kretazischen Flysch von Muntigl und Bergheim zusammen- gebracht worden, welche Stücke er so sehr mit der lebenden Gattung Halimeda übereinstimmend fand, daß er dieselben direkt als Halimeda Fuggerii beschrieb und abbildete (l. c.). Ich muß gestehen, daß bereits diese Stücke keinen überzeugenden Eindruck auf mich machten. Das Fossil ist für,eine HZalimeda von wahrhaft riesiger Größe 2); der Thallus ist, obwohl er aus acht Gliedern besteht, vollkommen unverzweigt, von einer Inkrustation ist keine Spur vorhanden; was aber die Hauptsache ist,. das Fossil scheint gar nicht aus einer Folge aus- einandersprossender Glieder zu bestehen, sondern es macht vielmehr den Eindruck einer bandförmigen Achse, an der hintereinander paar- weise Ausweitungen ständen. Lorenz hebt übrigens alle diese Differenzen selbst hervor, doch scheinen sie ihm nicht von prinzipieller Bedeutung zu sein, und was den letzten Punkt betrifft, so sucht er denselben mit der Be- merkung zu erklären, daß die einzelnen Glieder ungewöhnlich lang gestielt seien. Es scheint jedoch, daß Lorenz bei weiteren Studien und bei der Vergleichung weiterer Stücke selbst von einigen Skrupeln erfaßt wurde, so daß er in einem Nachtrage zu seiner ersten Publikation den Namen Halimeda Fuggerii in Halimedides Fuggerü änderte. Was bei Lorenz hauptsächlich Skrupel erzeugt zu haben scheint, ist folgendes: Er fand unter den zahlreichen Stücken der Salzburger Samm- lung auch solche, bei denen die einzelnen vermeintlichen Glieder soweit auseinandergerückt erschienen, daß der sie verbindende bandförmige ı) Siehe Heer, Flora foss. Helv. Taf. LXVII., Fig. 8, 9, 10, 12, 13. °’) Die gegebene Abbildung ist auf die Hälfte der natürlichen Größe redu- ziert und trotzdem noch bedeutend größer als irgendeine bekannte Halimeda. 364 Theodor Fuchs. [6] Strang nieht gut mehr als „Stiel“ der Glieder betrachtet werden konnte, ja es fand sich schließlich ein Stück, an dem nach einer Folge weit auseinanderstehender blattförmiger Glieder diese Blattbildung voll- ständig aufhörte und der verbindende bandförmige Strang sich ohne jede Anhänge vollkommen selbständig ungegliedert und unverzweigt eine weite Strecke hinaus fortsetzte. Um diese sonderbaren Verhältnisse zu erklären und trotz den- selben die Verwandtschaft der in Rede stehenden Fossilien mit Hali- meda aufrecht zu erhalten, geht Lorenz auf den inneren Bau der lebenden Halimeda-Arten ein. Er weist darauf hin, daß bei manchen Halimeda-Arten die einzelnen Glieder eine mediane Rippe besäßen, ja daß es Arten gäbe, bei denen diese medianen Rippen der einzelnen Glieder sich zu einem fortlaufenden Strang verbänden, der gegenüber den blatt- förmigen Erweiterungen der Glieder eine gewisse Selbständigkeit zeige. Diese Selbständigkeit drücke sich darin aus, daß bei manchen Arten die seitlichen blattförmigen Ausbreitungen der Glieder sich vom Strange ablösen ließen, ja daß bisweilen an einzelnen Zweigen des Thallus die Bildung blattförmiger Spreiten ganz unterbleibt, so daß streckenweise nur der nackte Strang übrig bleibe. Wenn man diese Darstellung einfach liest, so scheint darin allerdings ein vollkommenes Analogon zu den erwähnten eigentüm- lichen Verhältnissen des vorerwähnten Fossils gegeben und man könnte die Frage damit als befriedigend gelöst betrachten. Wesentlich anders gestaltet sich die Sachlage freilich, wenn man sich nicht mit dieser prinzipiellen Darlegung begnügt. sondern die fraglichen Objekte seibst in Betracht zieht und vor allen Dingen untersucht, was es denn mit den vorerwähnten, angeblich nackten Strängen von Halimeda für eine Bewandtnis habe. Bei dem vorerwähnten Fossil erscheint der mediane Strang als einfaches, unverzweigtes und ungegliedertes Band. Betrachtet man jedoch die Abbildungen, die Lorenz von den sogenannten nackten Achsen von Halimeda gibt, so findet man, daß dieselben verzweigt und so deutlich gegliedert sind, wie der Halimedenthallus überhaupt. Die Gestalt der einzelnen Glieder ist hierbei zylindrisch, tonnen- förmig, keilförmig, oder aber, wenn in den einzelnen Gliedern außer der medianen Rippe auch noch zwei seitliche Nebenrippen vorhanden waren, dreiteilig, kleeblattförmig. Es geht schon aus diesen Um- ständen hervor, daß der Vergleich des medianen Bandes der in Rede stehenden Fossilien mit dem medianen Strange bei Halimeda sich nicht aufrecht erhalten lasse, Noch mehr dürfte sich dies jedoch aus nachstehender Darstellung ergeben. Zu den häufigsten Vorkemmnissen im Flysch von Bergheim und Muntigl gehören lange, glatte, unverzweigte und ungegliederte Bänder, die gewöhnlich einen wellenförmigen Verlauf zeigen und was die äußere Form betrifft, vielleicht am besten mit Posidonienblättern verglichen werden können. Derartige Vorkommnisse sind auch sonst vielfach beschrieben worden und werden gewöhnlich mit dem Namen Halymenites belegt. [7] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 365 Mitunter findet man nun an diesen bandförmigen Körpern paarige seitliche Auftreibungen, die eine verschiedene Form besitzen, zumeist aber zusammen ‘einen herz- oder nierenförmigen Umriß zeigen und in jeder Beziehung vollkommen einem sogenannten Gliede der ver- meintlichen Halimeda entsprechen. Diese herz- oder nierenförmigen seitlichen Verbreitungen kommen entweder vereinzelt vor oder sie wiederholen sich an demselben Haly- menites-Band in ganz unregelmäßigen Abständen. Bisweilen folgen dieselben auch ziemlich dicht nacheinander und derartige Vorkommnisse sind es, die Lorenz als Halimeda be- schrieben hat. Von den einfachen glatten Halymenites-Bändchen bis zu der von Lorenz zuerst als Halimeda Fuggeri beschriebenen Form sind alle Übergänge vorhanden und unterliegt es für mich keinem Zweifel, daß alle die Formen nur im Zusammenhange betrachtet werden dürfen. Faßt man aber alle diese Formen als eine zusammengehörige Einheit auf, dann dürfte es meines Erachtens nach keinen Phycologen geben, der in derselben eine Halimeda oder auch nur eine mit Halimeda verwandte Form sehen würde. Der Thallus von Halimeda ist verzweigt und ge- gliedert. Das fragliche Fossil von Muntigl ist unverzweigt und ungegliedert. Das Thallom von Halimeda bildet sich dadurch, daß aus dem Rande der vorhandenen Glieder neue Glieder hervorsprossen. Das vermeintliche Thallom des fraglichen Fossils von Muntigl kommt augenscheinlich dadurch zustande, daß an einem unverzweigten, bandartigen Strange sich mitunter seitliche Aussackungen oder blattartige Ver- breitungen bilden. Wenn mir auf diese Weise der Nachweis der Übereinstimmung der fraglichen Muntigler Fucoiden mit einer bestimmten rezenten Algen- sattung, speziell mit Halimeda nicht erbracht erscheint, so scheint es mir auch, daß die von Lorenz, rücksichtlich des Genus Taenidium gegebene Erklärung, einer genaueren, kritischen Prüfung nicht stand- zuhalten vermag. Lorenz ist der Ansicht, daß die scheinbare Gliederung der Taenidium-Aste tatsächlich keine Gliederung ist, sondern daß viel- mehr die Thallusäste Spirale darstellen, und vergleicht die Taenidien infolgedessen mit den spiralig gewundenen Formen von Volubilaria, speziell der Volubilaria mediterranea. Nun ist esja gewiß, daß innerhalb jener problematischen Fossilien, die im allgemeinen als Hieroglyphen und Fucoiden zusammengefaßt werden, das Auftreten von Spiralwindungen sehr verbreitet ist und will ich in dieser Richtung nur auf die bekannten Gattungen Daimon- helix, Spirophytum und die wunderbare Gattung Ditcyodora hinweisen. Aber auch unter den eigentlichen Fucoiden kommen wirkliche 366 Theodor Fuchs. [3] Spiralwindungen vor. Squinabol?) beschreibt unter dem Namen Bostricophyton Pantanelli aus dem eozänen oder oligozänen Flysch von San Martino in Vallato einen Fucoiden, der vollständig einem Chondrites intricatus oder arbusculus gleicht, mit dem einzigen, allerdings sehr wesentlichen Unterschiede, daß die feinen, fadenförmigen Ästchen in einer zierlichen feinen Spirale eingerollt sind. Ich habe derartige Vorkommnisse in den verschiedenen italieni- schen Museen mehrfach gesehen und habe die Form neuerer Zeit. auch im Flysch der Umgebung Wiens in der Pfalzau bei Preßbaum aufgefunden. Außer diesen beschreibt Squinabol aus dem Flysch von Settignano noch eine zweite Art, die er Bostricophyton etruscus nennt. Es ist dies eine geradlinige Spirale von zirka 4 cm Länge mit fünf Umgängen. Die Windungen sind viel dicker als bei der erstgenannten Art und am Rücken zugeschärft ?). Auch diese Form habe ich mehrfach in italienischen Museen gesehen und gleichen die Stücke stets vollständig der von Squinabol gegebenen Abbildung. Es waren stets unverzweigte, geradlinige Spirale mit scharfem Rücken. Das von Heer aus dem Flysch der Prättigau unter dem Namen Caulerpa Eseri Ung.?) beschriebene und abgebildete Fossil stellt, wie ich mich durch Besichtigung des Originalexemplars im Züricher Museum überzeugen konnte, ebenfalls einen mit dunklem Sediment ausgefüllten Spiralgang dar, wobei die Windungen jedoch einen ge- wölbten Rücken besitzen. Unter solchen Umständen hätte das Vorkommen auch eines größeren Fucoiden mit spiralgewundenen Ästen gewiß nichts Auffallen- des, ja man möchte es eigentlich beinahe erwarten und ich muß be- kennen, daß ich bereits lange vor dem Erscheinen der Lorenzschen Arbeit selbst oft die Frage erwog, ob die scheinbare Gliederung der Taenidien nicht in Wirklichkeit auf einer Spiralwindung beruhe. So sorgfältig ich aber auch alle mir zugänglichen Taenidien unter- suchte, so konnte ich doch absolut keine Stütze für diese Ansicht finden und das Schlußresultat blieb immer, daß hier eine einfache Gliederung, respektive eine Reihe von Einschnürungen vorliege und die Taeni- dien einen Typus darstellen, der in weiterer Entwicklung zu Formen führen müßte, wie sie Heer als Hormosira beschreibt, Formen, bei denen die einzelnen kugeligen Glieder nur mehr in ganz losem Zu- sammenhang miteinander stehen ?). Die Glieder der Taenidien liegen häufig schief, indem sie ent- weder von rechts nach links oder von links nach rechts aufsteigen. Würde diese schiefe Stellung der Ausdruck einer Spiralwindung sein, so müßten die Umgänge offenbar auf der rückwärtigen Seite in um- gekehrter Richtung aufsteigen. Hiervon konnte ich mich jedoch nie- mals überzeugen. !) Squinabol, Alghe e Pseudoalghe fossili italiane (Atti della Soc. Ligust. di Sc. nat. e geogr. I. 1890). pag. 40, 2) 1. .c. pag. 41], Taf. X es a a sa LET 1 BD, a 2 *) Siehe Heer, l. c. Taf. LXVII, Fig. 8, 9, 10, 12, 13. [9] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 367 Der rückwärtige, verkehrt aufsteigende Teil war niemals zu sehen und niemals bloßzulegen und man hatte stets das Bild eines gegliederten, respektive eingeschnürten Schlauches vor sich. Was auch weiter sehr für das Vorliegen einer Gliederung spricht, ist die Beschaffenheit der Astenden. Diese sind regelmäßig kuppel- förmig, wie man dies erwarten muß, wenn man eine Gliederung an- nimmt. Wäre eine Spirale vorhanden, so müßten dieselben stets in einer seitlichen Spitze enden. Lorenz hat dieses Moment selbst ganz richtig erkannt, glaubte sich aber dadurch über diese Schwierigkeit hinaussetzen zu können, daß es ihm mitunter doch gelang, unregelmäßig zugespitzte Zweig- enden aufzufinden. Es liegt aber wohl auf der Hand, daß bei der Unregelmäßigkeit der Ablösung des Gesteines derartige Verzerrungen des Umrisses not- wendigerweise vorkommen müssen und bin ich überzeugt, daß es sich in den von Lorenz erwähnten Fällen tatsächlich nur um solche handelt. Tatsache ist, daß in allen Fällen, in denen man gut erhaltene Zweigenden von Tänidien vor sich hat, dieselben kuppelförmig enden. Lorenz scheint auch sehr viel Gewicht auf den Umstand zu legen, daß man nicht selten Taenidienäste findet, bei denen die ein- zelnen Glieder scheinbar isoliert und durch Sediment voneinander getrennt erscheinen und scheint er hierin einen Beweis für die Existenz von Spiralwindungen zu sehen. Es wäre dies jedoch ganz verfehlt, denn ein gegliederter Strang muß bei oberflächlicher Bloßlegung genau dasselbe Bild geben. Lorenz hat wohl selbst das Gewicht der Tatsache erkannt, daß man bei den Taenidienästen niemals eine freie Spirale wirklich sieht, hat sich aber über diese Schwierigkeit durch den Nachweis hinwegzuhelfen gesucht, daß enggewundene und gepreßte Äste von Volubilaria ein Bild geben, welches ganz einem gegliederten Strange gleicht und von Taenidienästen nicht unterschieden werden kann. Dies ist nun allerdings ganz richtig, aber hieraus folgt meiner Ansicht nach nur, daß enggewundene Spirale und gegliederte Stränge unter gewissen Umständen sich nicht unterscheiden lassen und daß demnach die Taenidien trotz des gegenteiligen äußeren Aussehens Spirale sein könnten, keineswegs liegt aber hierin der Beweis, daß sie auch wirklich Spirale sind. Ich habe bei meiner bisherigen Darstellung von einer soge- nannten Taenidienform abgesehen, welche Lorenz auf Taf. II, Fig. 7 abbildet, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil mir dieses Fossil absolut nicht in den Formenkreis von Taenidium zu gehören scheint und meiner Ansicht nach einen vollkommen fremden Körper darstellt !). Hier sieht man allerdings eine deutliche freie Spirale, deren Umgänge einen scharfen, schneidenden Rücken zeigen, und stimmt dieses Fossil auf das genaueste mit jenem von mir bereits erwähnten überein, welches Squinabol(l. ce.) als Bostricophyton etruscus beschreibt. 1) Lorenz gibt leider nicht an, woher die von ihm gegebene Abbil- dung stammt. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Th. Fuchs.) 48 368 Theodor Fuchs. [10] Ich habe, wie bereits vorher erwähnt, ganz gleiche Vorkomm- nisse in Italien mehrfach gesehen und stimmten dieselben stets unter- einander vollkommen überein. Immer waren es geradlinige, unverzweigte Spirale von mäßiger Länge mit freien, scharfrandigen Umgängen. Von irgendwelchen Übergängen in Taenidien oder von einer Zugehörigkeit zu diesem Genus war niemals eine Spur zu bemerken und so lange etwas Derartiges nicht nachgewiesen ist, hat man meines Erachtens kein Recht, diese Vorkommnisse in den Formenkreis von Taenidium mit einzubeziehen. L Nach alledem scheint mir die Ubereinstimmung der spiralge- drehten Formen von Volubilaria und Taenidium nicht nachgewiesen zu sein und vermag ich daher auch den daraus abgeleiteten Beweis von der Algennatur von Taenidium nicht anzuerkennen. Ich komme nun zu dem dritten von Lorenz behandelten Genus, nämlich dem Genus Gyrophyllites. Lorenz sieht in dem Genus Gyrophyllites eine Alge aus der Familie der Acetabularien und glaubt dasselbe infolge der verhält- nismäßig dicken Achse und den zahlreichen übereinanderstehenden Quirlen mit Pleiophysa vereinigen zu sollen. Wollte man bloß‘ die äußeren morphologischen Verhält- nisse ins Auge fassen, so läßt sich nicht leugnen, daß dieselben in diesem Falle so übereinstimmend sind, daß sich von diesem Stand- punkte aus keine ernstlichen Bedenken gegen die von Lorenz ge- machte Identifikation erheben ließen. Anders verhält sich freilich die Sache, sobald man etwas genauer auf das Objekt eingeht, und fallen hier vor allem die eigentümlichen siechelförmigen Querlinien auf, welche die einzelnen radialen Blätter tragen und welche wie Zuwachsstreifen aussehen. Diese eigentümlichen Pseudozuwachsstreifen sind ein ganz cha- rakteristisches Kennzeichen sehr vieler Pseudoalgen und findet sich in ganz ähnlicher Weise bei Aymenocyclus, Taonurus sowie bei vielen Spirophyton-Arten, Münsterien und dergleichen. Um zu zeigen, wie bezeichnend diese eigentümliche Zeichnung ist, möchte ich nur Folgendes anführen. Zur Zeit, als die Steinbrüche von Bergheim und Muntigl so reich an Fucoiden waren und die jetzige schöne Fucoidensammlung im Salz- burger Museum angelegt wurde, besuchte mich eines Tages Baron J. Doblhoff, der sich lebhaft für diese Vorkommnisse inter- essierte, und zeigte mir eine große Anzahl von Photogrammen, die er von diesen Vorkommnissen hatte anfertigen lassen. Unter diesen befand sich auch eine größere Anzahl der in Rede stehenden Gyrophylliten, die mir damals noch insofern vollkommen neu waren, als ich sie bis dahin noch niemals in natura gesehen hatte. Auffallend war nur hierbei der Umstand, daß mehrere dieser Gyrophylliten in ganz übereinstimmender Weise einen längeren Stiel zeigten, der sich scheinbar im Zentrum der Sterne ansetzte und dem Ganzen täuschend das Aussehen einer gestielten Blüte gab. [1 1] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 369 Einen ganz ähnlichen Stiel zeigt auch der von Glocker ab- gebildete Gyrophyllit, von dem Lorenz in seiner Arbeit eine Repro- duktion der Abbildung gibt. Glocker war tatsächlich der Ansicht, daß hier ein gestielter, blütenförmiger Körper vorliege, und dasselbe war auch die Ansicht Baron Doblhoff’s in bezug auf die Gyrophylliten von Salzburg und hatte er für dieselben sogar einen provisorischen Namen vor- geschlagen, durch den er dieser Anschauung Ausdruck verlieh. Würde man zu jener Zeit bereits die Anschauungen Lorenz’ ventiliert haben. so würde man in diesen gestielten Sternen unzweifel- haft flach gepreßt auf der Schichtfläche liegende Exemplare von Poly- physa gesehen haben. Als ich nun die Bilder der Gyrophylliten näher ins Auge faßte, fielen mir sofort die vorerwähnten sichelförmigen Querstreifen auf und ich sprach sofort die Vermutung aus, daß hier ein Spirophyton- artiges Fossil vorläge. ja ich hielt es sogar für möglich, daß das Ganze nichts anderes als ein winziges Spirophyton wäre. Ich teilte dies auch Baron Doblhoff mit und ersuchte ihn in Salzburg, an den Originalstücken zu prüfen, ob die Gyrophylliten sich nicht spiral- förmig senkrecht zur Oberfläche der Schichtung in das Innere des Gesteines fortsetzen. Baron Doblhoff versprach auch, dies zu veranlassen und kurze Zeit hierauf erhielt ich auch (soviel ich mich erinnere, von Prof. Fugger) einen Brief. in dem mir mitgeteilt wurde, daß meine Ver- mutung sich bestätigt habe, indem der Gyrophyllit sich tatsächlich senkrecht auf die Schichtung im Gestein fortsetze und eine zentrale Achse vorhanden sei, die senkrecht das Gestein durchdringe. Auf mein Ansuchen wurde mir hierauf eine größere Anzahl von Gyrophylliten und sonstigen Fucoiden zur Ansicht, Untersuchung und eventuellen Bestimmung zugeschickt. An diesen Stücken bestätigte ich denn auch sofort die senk- rechte Stellung der Gyrophylliten im Gestein, erkannte aber auch zugleich, daß hier keine spiralförmig gedrehte Form vorliege wie bei Spirophyton, sondern daß die einzelnen Gyrophylliten Quirle bilden, die in ganz kurzen Abständen dichtgedrängt an einer zen- tralen Achse aufgereiht seien, so daß man beim Absprengen eines Gyrophylliten unter demselben sofort einen neuen Gyrophylliten an- trifft ). Lorenz hat die erwähnten sichelförmigen oder bogigen Quer- striche auch gesehen und bei der großen Genauigkeit und Gewissen- haftigkeit seiner Beobachtungen hat er auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß derartige Querstreifen bei Polyphysa und Pleiophysa nicht vorhanden wären. Er glaubte diesem .Punkte jedoch keine größere Bedeutung beilegen zu sollen und da er an getrockneten Exemplaren der vorerwähnten Algen bisweilen verschiedene unregel- !) Lorenz bemerkt in seiner Arbeit pag. 54, daß Fugger und Kastner zuerst das Vorkommen mehrerer Gyropbylliten im Gestein konstatiert hätten und dieses Merkmal von mir hinterher als allgemeines Charakteristikum der Salzburger Gyrophylliten aufgestellt worden wäre. — In Wirklichkeit verhielt sich die Sache wie vorerwähnt. ds“ 370 Theodor Fuchs. [12] mäßige Schrumpfungsfalten beobachtete, glaubte er annehmen zu dürfen, daß die erwähnte Zeichnung der einzelnen Blätter von Gyro- phylliten durch ähnliche untergeordnete Umstände hervorgerufen sein könnte. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen. Die Schrumpfungs- falten, die man bisweilen an Exemplaren von Polyphysa und Pleiophysa beobachtet, haben einen ganz verschiedenen Charakter und anderseits erweisen sich diese zuwachsstreifenartigen, sichelförmigen Querstreifen bei zahlreichen Pseudoalgen als so beständig und charakteristisch, daß dieselben meiner Ansicht nach unbedingt mit der Entstehungs- geschichte dieser Fossilien in einem ursächlichen Zusammenhange stehen müssen. Muß mir daher von meinem Standpunkte aus bereits die vor- erwähnte sichelförmige Querstreifung als ein Moment erscheinen, das ein sehr ernstes Hindernis für die Identifizierung von Gyrophyllites mit Pleiophysa bildet, so gibt es noch einen anderen Umstand, der mir diese Vergleichung gänzlich unstatthaft erscheinen läßt, und dies ist die Erhaltungsweise der Gyrophylliten. Alle bekannten Gyrophylliten stecken senkrecht im Gestein. Nun wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, daß ja Algen am Orte ihres Wachstums allmählich von feinem Sediment umhüllt und so körperlich in das Sediment eingeschlossen werden könnten. Man könnte auch vom grünen Tische aus meiner Ansicht nach die Möglichkeit eines solchen Vorganges gewiß nicht geradezu in Abrede stellen, aber ich glaube, daß jedermann, der nur einiger- maßen Studien am Meeresufer gemacht hat, wird zugeben müssen, daB solche Vorgänge doch nur ganz ausnahmsweise eintreten könnten. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um keine Aus- nahme, sondern um ein typisches Vorkommen. Es sind gegen- wärtig eine lange Reihe von Gyrophylliten aus den verschiedensten Formationen bekannt und alle ohne Ausnahme stecken senk- recht im Gestein. Da kann wohl von ausnahmsweisen Mös- lichkeiten nicht gut die Rede sein und ich glaube, daß jeder Naturforscher, der das Gesetz des Kausalnexus im Auge behält, sich wird sagen müssen, daß hier ein notwendiger Zusammen- hang zwischen äußerer Form und Art des Vorkommens vorliegt, der in der Entstehungsweise-des 'Fossils begründet sein muß. Hiermit aber ist, wie ich glaube, der Vergleichung von Gyro- phyllites mit Pleiophysa oder überhaupt mit den bekannten Acetabu- larien der Boden entzogen. Nachdem ich auf diese Weise das Wesentliche dessen vor- gebracht habe, was ich in Bezug der Arbeiten Lorenz’ bemerken zu sollen glaubte, wende ich mich nunmehr der Arbeit von Roth- pletz zu. Rothpletz steht auf einem vollständig anderen Standpunkte als Lorenz. Er hält von vornherein die Identifizierung der fossilen Fucoiden [13] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. a7l mit bestimmten lebenden Algengattungen für aussichtslos und sucht durch eine möglichst genaue chemische und mikroskopische Untersuchung der fossilen Fucoidenkörper die wahre Natur dieser Fossilien festzustellen. Es muß ohne Zweifel zugestanden werden, daß diese Methode von vornherein als eine wissenschaftlich vollkommen korrekte be- zeichnet werden muß und die auf diese Weise gewonnenen Resultate die höchste Beachtung verdienen. Ich glaube daher auch die von Rothpletz gegebene Dar- stellung möglichst eingehend besprechen zu sollen und tue dies in der Weise, daß ich mich den von Rothpletz an erster Stelle be- handelten Flyschfucoiden zuwende. Rothpletz glaubt in dem Fucoidenkörper organische Elemente nachweisen zu können, die aus gegliederten und verzweigten Zellfäden sowie aus Spuren eines parenchymatiscnen Zellgewebes bestehen. Das parenchymatische Zellgewebe wird von Rothpletz aller- dings mehr angenommen, als wirklich direkt nachgewiesen, indem er annimmt, daß die im Chondritenkörper zerstreuten Partikelchen von Eisenoxyd Ausfüllungen von Zellenlumina darstellen; die gegliederten und verzweigten Zellfäden aber werden von ihm direkt abgebildet und man muß nach der Zeichnung wohl zugeben, daß die dargestellten Gebilde Zellfäden ähnlich sind und, soweit man urteilen kann, solche sein könnten. Sollte sich dies nün wirklich so verhalten, und durch eine Beob- achtung Gümbels, der an Chondrites affinis ebenfalls Zellfäden beobachtet haben will, erhält diese Angabe noch eine weitere Stütze, so wäre meiner Ansicht nach die pflanzliche Natur der Chondriten so ziemlich sichergestellt. Aber auch in diesem Falle dürfte man meiner Ansicht nach nicht an freilebende Algen, sondern man müßte an bohrende Pflanzen denken, die nach der Art der Mycelien in das feste Substrat hinein- wuchsen. Man könnte hierbei noch an etwas Anderes denken. Es ist ja bekannt, daß die bohrenden Thallophyten zumeist im kalkigem Substrat bohren und daß sie hierbei den kohlensauren Kalk auflösen. Stellen wir uns nunmehr vor, daß in einer Bank von festem Kalkmergel das verzweigte Thallom eines Thallophyten sich ver- breitet und hierbei den kohlensauren Kalk auflöst, so müßte ja schließlich ein Gebilde entstehen, das im wesentlichen vollkommen einem Flyschfucoiden gleicht. Wir würden dann in der Mergelbank einen pflanzenähnlichen Körper finden, der der Hauptsache nach aus von Zellfäden durchzogenen kalkfreien Silikaten besteht, in dem zu- gleich die im Mergel zerstreuten Kohlenpartikelchen sich angereichert hätten. Ich muß gestehen, daß diese Idee außerordentlich verführerisch ist und mich lange Zeit beschäftigte, dennoch aber glaube ich nicht, dab sie sich aufrecht erhalten läßt, und zwar aus dem Grunde, weil die zwischen den Mergelbänken des Fiysches liegenden weicheren, schieferigen Zwischenschichten meist aus genau demselben 379 Theodor Fuchs. [14] kalkfreien und kohlenreichen Silikatmaterial be- stehen wie die Körper der Fucoiden. Rothpletz hat diesen Verhältnissen auch seine Aufmerksam- keit zugewendet, gibt aber an, er hätte bei Untersuchungen im Felde die fraglichen Zwischenschichten stets kalkreich, mithin wirkliche Mergel darstellend gefunden, während die Fucoidenkörper an der- selben Ortlichkeit vollkommen kaikfrei gewesen seien. Es kann mir natürlich nicht beifallen, die so bestimmt gemachten Angaben Rothpletz’ in Zweifel ziehen zu wollen und kann ich daher nur konstatieren, daß dieselben im Widerspruche mit meinen eigenen Erfahrungen stehen. Ich habe sofort nach Lektüre der Rothpletzschen Arbeit das ganze Material von derartigen Zwischenlagen vorgenommen, welches ich eben zur Hand hatte. Es waren im ganzen neun Proben von sehr verschiedenen Fundpunkten. Von diesen neun Proben verhielten sich acht gegen Salzsäure vollkommen indifferent und ließen nicht die geringste Kohlensäureentwicklung erkennen, ja sie änderten ihr Ver- halten auch nicht im mindesten, nachdem ich die Substanz pulverisiert und die Salzsäure erwärmt hatte, genau so wie die entsprechende Substanz der Fucoidenkörper, mit der sie auch die äußerst zarte pelitische Struktur, den eigentümlichen Fettglanz und in vielen Fällen eine talkartige Beschaffenheit teilten, die bei den Fucoiden so ver- breitet ist und auch von Gümbel ausdrücklich hervorgehoben wird. Die neunte der vorerwähnten Proben, aus einem Bruche bei der ehemaligen Zementfabrik vom Fuße des Leopoldberges an der Straße nach Klosterneuburg stammend, zeigte ein schwaches Brausen. Es war dies ein sehr kohlenreiches, tiefschwarzes Material. Die Fucoiden im Liegenden dieser Zwischenschichte (es waren ungewöhnlich große und reichverzweigte Exemplare von Chondrites affinıs, welche die Mergelbank nach allen Richtungen durchzogen), bestanden aber ebenfalls aus diesem tiefschwarzen Material und zeigten dasselbe leichte Brausen wie die darüber liegende Zwischenschichte. Ich will damit. nicht im mindesten in Abrede stellen, daß im Flysch überhaupt Mergelzwischenlagen vorkommen, dies würde der Wirklichkeit durchaus nicht entsprechen. Ich habe selbst im Flysch- gebiete genug weiche Mergelzwischenlagen beobachtet, doch fanden sich dieselben zumeist zwischen Sandsteinbänken und nicht zwischen den fucoidenführenden Mergelkalkbänken. Übrigens fehlen sie gewiß auch hier nicht ganz und ich erinnere mich speziell eines auch in anderer Beziehung merkwürdigen Falles, den ich einmal in einem Steinbruche am Anfange des Kierlinger Tales bei Klosterneuburg beobachtete. Hier fanden sich in einer Bank von lichtem Mergelkalk zahl- reiche. Exemplare eines dicken, scheinbar gegliederten Fucoiden von tieischwarzer Farbe, während doch zu meinem Erstaunen das un- mittelbar Hangende von einem weißlichen Mergel gebildet wurde. Als ich aber diese weißliche Mergelschichte näher untersuchte, indem ich mit dem Hammer tiefer hineinarbeitete, fand ich, daß die- selbe ganz von unregelmäßig schlierigen Lagen der vorerwähnten schwarzen Substanz durchzogen war und war demnach doch auch hier 15] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 373 die schwarze Substanz der Fucoiden auch in der hangenden Bank vorhanden. Auch sonst fand ich, daß das kalkfreie Material im Hangenden einer fucoidenführenden Bank bisweilen nur sehr geringe Mächtigkeit hatte und daher auch leicht übersehen werden konnte. Die Herkunft und die Bildungsweise dieser sonderbaren kalk- freien Zwischenschichten inmitten von Bänken, die zum größten Teile aus kohlensaurem Kalke bestehen, ist allerdings an und für sich auch wieder eines jener Rätsel, deren der Flysch noch so viele bietet, und wüßte ich für den Augenblick durchaus keine befriedigende Erklärung für die Entstehungsweise derselben zu geben. Anfangs dachte ich daran, daß hier ein einfacher Auslaugungs- prozeß vorliege, indem das auf den Schichtflächen zirkulierende Wasser den kohlensauren Kalk, den es im Verlaufe seines Weges antraf, auf- selöst und fortgeführt hätte. Solche Prozesse finden ja bekanntlich im Kalkgebirge nicht selten statt, aber das Resultat derselben ist stets ein erdigtoniges Residuum, nicht aber eine so eigentümlich, meist ölgrüne fettglänzende Sub- stanz und überdies würde dies auch nicht erklären, warum denn die Fucoidenkörper aus genau derselben Substanz beständen. Als ich später die Möglichkeit ins Auge faßte, daß die Flysch- fucoiden durch bohrende Pflanzen hervorgebracht wurden, die hierbei den Kalkgehalt des Substrats auflösten, schien es mir, daß man die- selbe Erklärungsweise vielleicht auch auf die kalkfreien Zwischen- schichten anwenden könnte. Man könnte sich ja vorstellen, daß ähnliche kalkverzehrende Mycelien auch in den weichen Mergellagen der Oberfläche gewuchert und hier kalkfreie Schichten erzeugt hätten, während dabei ihre Form eben infolge der Weichheit des Materials nicht erhalten blieb. Dies alles hätte sich zur Not annehmen lassen, wenn man bloß die Verhältnisse des Wienerwaldes ins Auge faßt, wo die in Frage stehenden Zwischenlagen stets nur von untergeordneter Mächtigkeit, ja mitunter von so geringer Entwicklung sind, daß sie leicht über- sehen werden können. Ganz anders gestalten sich freilich die Verhältnisse, wenn man den Flysch der Apenninen, zum Beispiel jenen der Umgebung von Bologna, Modena usw. in Betracht zieht. Hier erreichen diese Materialien, die bei uns nur Zwischen- schichten von geringer Mächtiekeit bilden, eine Mächtigkeit von mehreren hundert Metern und treten mitunter selbständig gebirgs- bildend auf. Es sind dies die berüchtigten „Argille scagliose*, der Schrecken aller Ingenieure, die in solchem Terrain eine Straße zu bauen, eine Eisenbahn zu führen oder gar einen Tunnel anzulegen haben. Es ist dies eine kalkfreie, sich fettig anfühlende, fettglänzende und meist ölgrüne Substanz, die bis ins kleinste hinein von glänzen- den Rutschflächen und Harnischen durchzogen, scheinbar durch Druck in kleine linsenförmige Körper aufgelöst ist, die sich aber ihrerseits wieder zwiebelartig abschuppen lassen, wobei immer wieder neue glänzende Flächen zum Vorschein kommen. 974 Theodor Fuchs. [16] In einem solchen Gebirge ist alles wie im Flusse und einen Tunnel in solchem Gebirge anzulegen, ist genau so, als wenn man einen Tunnel in einem Reisbrei anlegen wollte. In den Massen dieser „Argille scagliose* gleichsam schwimmend, findet man Bänke von Kalkmergel (Alberese), die mitunter ganz erfüllt sind von Fucoiden, die aus derselben Substanz bestehen wie die umgebenden Argille scagliose. i Die italienischen Geologen bringen diese Argille scagliose mit Vorliebe mit vulkanischen und plutonischen Vorgängen in Zusammen- hang, sie behaupten, daß sie meist mit Serpentinen in Verbindung stehen und durch allmähliche Übergänge vermittels Serpentinschiefer in massigen Serpentin übergehen. ! Es muß jedoch betont werden, daß die Argille scagliose auch im Flysch des Apennin durchaus nicht immer so vorwaltend ausge- bildet sind, sondern daß sie auch hier meist nur Zwischenlagen zwischen den Alberese-Bänken bilden, wenn dieselben auch durch- schnittlich eine bedeutendere Mächtigkeit zeigen als bei uns. Rothpletz geht von der Tatsache aus, daß die Zwischenlagen der fucoidenführenden Mergelbänke auch aus kalkigem Mergel be- stehen und die kalkfreie Substanz der Fucoidenkörper etwas denselben Eigentümliches sei, und erwächst ihm hieraus naturgemäß die Aufgabe, nachzuweisen, auf welchem Wege diese eigentümliche Versteinerungs- weise zustande gekommen. Er meint, daß man sich den Vorgang folgendermaßen vorstellen könne. Das Gestein ist von Gesteinsfeuchtigkeit durchzogen, welche in demselben langsam zirkuliert und Kieselsäure und kohlensauren Kalk in Lösung hält. An jenen Stellen nun, wo dem Mergel Pflanzenkörper eingelagert sind, findet eine fortwährende Entwicklung von Kohlen- säure statt, durch welche der Absatz von kohlensaurem Kalke ver- hindert wird, während sich Silikate unbehindert bilden können. Auf diese Weise wurde der ursprüngliche, kohlige Pflanzenkörper in ein kalkfreies Thonerdesilikat verwandelt. Es möchte mir nun allerdings scheinen, daß man in diesem Falle eigentlich eher eine Verkieselung des Pflanzenkörpers als eine Bildung so komplizierter Silikate hätte erwarten sollen, doch will ich diesem Einwurfe keine größere Bedeutung beilegen. Weitaus bedenklicher ist aber ein anderer Einwurf. Fossile Pflanzenreste gehören doch zu den häufigsten Vorkomm- nissen und finden sich solche in allen Weltteilen in den Schiefern und Mergelschichten aller Formationen in ungeheurer Menge. Wie kommt es nun, daß man bei diesen noch niemals jene eigentümlichen Silikate als Versteinerungsmittel gefunden hat, welche bei den Flysch- fucoiden, man möchte fast sagen ausnahmslos, gefunden werden? Bei allen diesen unzweifelhaften Pflanzenresten findet bei der Fossilisation ein ganz anderer Vorgang statt. Die Pflanzensubstanz verkohlt in der Regel und bleibt, wenn der Pflanzenteil ein Blatt gewesen, ein zusammenhängendes Kohlenhäutchen zurück, welches je nach Umständen von größerer oder geringerer Dicke ist und an dem man, wie bekannt, noch sehr häufig den [17] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 3 mikroskopischen Bau der Epidermis und der Spaltöffnungen nach- weisen kann. In manchen Fällen ist dieses Häutchen allerdings so dünn, daß es sich nicht mehr selbständig abheben läßt, sondern nur als schwarze Färbung erscheint, und schließlich kommen auch sehr viele Fälle vor, in denen die Pflanzensubstanz vollständig verschwunden ist und das Fossil nur als Abdruck erscheint. Diese Erhaltungsweise zeigt sich aber nicht nur etwa bei Teilen von Phanerogamen, sondern auch bei allen unzweifelhaften Algen, wie zum Beispiel bei den an manchen Orten in unseren sar- matischen Schichten in so großer Menge vorkommenden Uystosiren, bei der auch von Rothpletz unter dem Namen Siphonothallus taenitatus aus der oberoligozänen Molasse von Siegsdorf beschriebenen sowie bei zahlreichen anderen Algen, deren Aufzählung hier wohl nicht nötig ist. In allen diesen Fällen finden wir entweder ein- fache Verkohlung oder aber einen bloßen Abdruck, niemalsabereine ErsetzungdesPflanzenkörpers durch eine fettglänzende, kalkfreie, vonstaubfeinen Kohlen- partikelehen durchsetzte tonige Substanz. Umgekehrt ist aber noch kein Beispiel bekannt, daß man einen Flyschtucoiden in der Form eines zusammenhängenden Kohlenhäutchens aufgefunden hätte und treten’ dieselben vielmehr fast ausnahmslos in der vorbeschriebenen Form aus einer kalkfreien Tonsubstanz be- stehend auf. Bei solchen Umständen wäre es wohl die Aufgabe Rothpletz’ gewesen, nachzuweisen, welches denn die besonderen Umstände gewesen, welche bei den Flyschfucoiden fast ausnahmslos diese ganz einzig dastehende Versteinerungsweise bedingen, welche in anderen Ablagerungen weder bei Phanerogamen noch auch bei wirklichen Algen gefunden wird. Von einem derartigen Nachweise ist jedoch bei Rothpletz nieht eine Spur zu finden und vermag ich daher auch nicht, der ver- suchten Erklärung desselben einen ernsteren Wert beizumessen. Fasse ich weiter ins Auge, dab Rothpletz’ Annahme von der stets mergeligen Natur der Zwischenschichten eine ganz sicher irrige ist, daß vielmehr in sehr großer Verbreitung Zwischenschichten vor- kommen, welche genau ebenso kalkfrei sind wie die Substanz der Fucoidenkörper und sich überhaupt substantiell gar nicht von den- selben unterscheiden, so ist es mir unmöglich, den Ausführungen Rothpletz’, soweit dieselben die substantielle Beschaffenheit des Fucoidenkörpers in Betracht ziehen, irgendwelche Beweiskraft zu- zugestehen. So viel, was die Mitteilungen Rothpletz’ über die Flysch- fucoiden betrifft, und gehe ich nunmehr zur Betrachtung jenes Teiles der Rothpletzschen Arbeit über, in dem er die sogenannten Fu- coiden der bituminösen Sehiefer von Boll behandelt. Hier bietet sich uns nun ein vollständig verschiedenes Bild. Bestanden die Fucoiden des Flysches aus einer kalkfreien Sili- katsubstanz, welche meistens in eine kalkreiche Matrix eingeschlossen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Th. Fuchs.) 49 376 Theodor Fuchs. [18] war, so haben wir hier pflanzenähnliche Körper vor uns, die um- gekehrt “fast nur aus kohlensaurem Kalk bestehen und in einem dunk- len, schwärzlichen, bituminösen Tonschiefer eingeschlossen sind. In den kalkreichen Flyschbänken heben sich die stets dunkler gefärbten Fucoiden meist scharf von der lichten Matrix ab. In den nunmehr in Betracht kommenden Vorkommnissen von Boll ist das Verhältnis aber umgekehrt, hier ist die Matrix dunkel, nahezu schwarz, während die Fucoiden lichtgrau oder geradezu weiß sind. Es ist wohl natürlich, daß Rothpletz, der ein so großes Gewicht auf die chemische Natur dieser Objekte legte, bereits durch diesen Umstand dahin geführt werden mußte, in den Fucoiden der Boller Schiefer etwas ganz anderes zu sehen als in den Flyschfucoiden und schien ihm auch eine mikroskopische Untersuchung dieses Körpers bald den Schlüssel zur Erklärung des Rätsels zu bieten. Eine mikroskopische Untersuchung der weißen Substanz, aus der die sogenannten Fucoiden der Boller Schiefer bestehen, ergab nämlich, daß dieselben zum weitaus größten Teile aus Kokkolithen bestehen, zwischen denen sich in zweiter Linie Spongiennadeln, Foraminiferen, Diatomeen und eigentümliche braune, bisweilen ver- zweigte Fasern fanden, die. bisweilen einen Zentralkanal erkennen ließen und eine vollständige Übereinstimmung mit den Fasern von Hornschwämmen zu zeigen schienen. Auf diese Beobachtungen gestützt, hielt sich Rothpletz für berechtigt, diese sogenannten Fucoiden für Hornschwämme zu erklären, welche in ihrem Grundgewebe Kokkolithen, Foraminiferen und Dia- tomeen einschlossen, wie dies in ähnlicher Weise auch die rezenten Hornschwämme tun sollen. Den Gehalt von Bitumen, den bereits Maillard in den soge- nannten Fucoiden der Boller Schiefer nachgewiesen, führt Roth- pletz auf die vorerwähnten Hornfasern zurück. Ich muß gestehen, daß, sofern sich die Angaben Rothpletz’ bestätigen sollten, man auf Grund der von ihm gegebenen Darstellung keine ernstlichen Einwürfe gegen seine Auffassung erheben könnte und möchte ich nur auch hier die Bemerkung machen, daß, falls hier wirklich Hornschwämme vorliegen sollten, dieselben meiner Ansicht nach bohrende gewesen sein müßten. Es fällt allerdings auf, daß Hornschwämme bisher noch niemals fossil gefunden worden sind, daß es höchst unwahrscheinlich erscheint, daß sich Hornfasern als solche sollten fossil erhalten haben; auch sind Hornschwämme, welche Kokkolithen so massenhaft in ihrem Grundgewebe aufspeichern, meines Wissens nicht bekannt und was schließlich den Bitumengehalt dieser Körper betrifft, so ließe sich derselbe meiner Ansicht nach viel einfacher aus dem Bitumengehalte der Schiefer ableiten; ist dieser in demselben doch so groß, daß die Schiefer zur Petroleumerzeugung, ja mitunter direkt zur Feuerung benutzt werden und müßte es ja geradezu wundernehmen, wenn keine Spur dieses Bitumens auch in die eingeschlossenen Körper sollte eingesickert sein. Alles dies wäre jedoch nicht gerade ausschlaggebend, dagegen [19] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 377 gibt es einen anderen Punkt, der mir viel bedenklicher zu sein scheint und der mich einstweilen noch verhindert, mich der Rothpletzschen Ansicht anzuschließen. Unter den sogenannten Fucoiden der Boller Schiefer lassen sich der äußeren Beschaffenheit nach zwei Formen unterscheiden: eine glatte und eine gekörnelte; die erstere wurde zumeist als Fucoides oder Chondrites bollensis, die zweite als Phymatoderma oder Sphaero- coccoites crenulatus beschrieben. Rothpletz hält beide Formen für Hornschwämme und glaubt von diesem Standpunkte aus der Oberflächenbeschaffenheit keine be- sondere Bedeutung zuschreiben zu können und faßt beide Typen unter dem Namen Phymatoderma zusammen, indem er zugleich diesen Namen nur auf solche Fossilien beschränkt wissen will, die nach- wejisbar Hornschwämme sind. Rothpletz spricht von der granulierten Oberfläche des Phymatoderma crenulatum als von einem unwesentlichen Merkmale, scheint mir aber hierbei ganz zu übersehen, daß diese sogenannte Körnelung der Oberfläche sich eigentlich nur auf der Oberfläche des eingeschlossenen Körpers findet; untersucht man jedoch nach der Ent- fernung des Materials, aus dem der Pseudofucoid oder der Horn- schwamm gegenwärtig besteht, die Innenfläche des auf diese Weise bloßgelegten Hohlraumes, so findet man hier nicht unbestimmte Ab- drücke einer oberflächlichen Granulierung, sondern man findet einen sehr scharf ausgeprägten zelligen oder klein wabenförmigen Bau, der mir ein sehr charakteristisches und typisches Merkmal zu bilden scheint. Einen ganz genau gleichartigen zelligen Bau findet man aber auch bei Phymatoderma (Granularia) arcuatum und habe ich den- selben auch in ganz ausgezeichneter Weise in der Sammlung Bos- niaskis auf einigen Spirophyten gesehen, die in sehr zartem Schlamm eingeschlossen, eine außergewöhnlich gute Erhaltung der zarteren Details erkennen lieben. Diese zellig-wabige Schicht scheint mir viel zu typisch und charakteristisch zu sein, als daß ich mich entschließen könnte, die- selbe für eine qualite negligeable zu halten und von fucoidenälhn- lichen Fossilien, welche sie in absolut identischer Weise zeigen, die einen zu den Pflanzen, die anderen zu den Spongien zu stellen. Ich habe Phymatoderma arcuatum im Flysch von Rignano bei Florenz in großen Mengen und in ganz ausgezeichneter Erhaltung ge- sammelt; dasselbe bestand aber keineswegs aus kalkiger Substanz, sondern vielmehr aus genau derselben glänzenden, schwarzgrünen Schmiere wie alle anderen Fucoiden, die hier in so großer Menge und Abwechslung vorkommen. Ein Hornschwamm, der durch den Abdruck seiner Oberfläche ein ähnliches Maschenwerk erzeugen könnte, ist mir nicht bekannt, dagegen erzeugen allerdings bohrende Vioen an der Oberfläche von Kalksteinen mitunter ganz ähnliche Muster, indem dichtgedrängte, un- regelmäßig polygonale Zellen entstehen, die durch scharfe, papier- dünne Scheidewände getrennt sind. Allerdings sind diese Zellen be- deutend größer als jene der vorerwähnten Fucoiden 498 378 Theodor Fuchs. [20] Ich möchte hier zur weiteren Unterstützung meines Standpunktes noch einige besondere Fälle anführen. Rothpletz erwähnt, daß die Flyschfucoiden ausnahmslos eine dunklere Farbe zeigen als das Nebengestein und daß sie niemals kohlensauren Kalk in nennenswerter Menge enthalten. Ich habe dieser Angabe bisher nicht widersprochen, weil dies in der Mehrzahl der Fälle tatsächlich zutrifft und dadurch jedenfalls die Regel ausgedrückt wird. Wirklich ausnahmslos ist dies jedoch durchaus nicht und habe ich an anderem Orte bereits vor längerer Zeit erwähnt, daß im Flysch von Stammersdorf nächst Korneuburg Fucoiden vor- kommen, die aus einer weißen, kalkigen Substanz bestehen, die mit Salzsäure lebhaft braust. Ein anderer Fall ist folgender. Bei Port Cneri auf Zante, in der Nähe der bekannten Petroleumquelle dieser Insel, stehen in großer Mächtigkeit kompakte, weiße Miozänmergel an, die sich bereits makroskopisch, noch mehr aber unter dem Mikroskop als ein wahrer Globigerinenschlamm er- weisen. In diesem weißen Globigerinenmergel findet sich nun eine Lage, die durch Bitumen dunkelschwarzbraun gefärbt ist und zahlreiche Fischreste enthält. Zugleich aber sind diese dunklen Schiefer von zierlichen, feinen, reichverzweigten Fucoiden durchzogen, die den Flyschfucoiden sehr ähnlich sind, aber aus einer weißen, kalkartigen Substanz, der Sub- stanz der einschließenden Globigerinenmergel, bestehen. Wir hätten demnach hier ein vollständiges Analogon zu den Fucoiden der Boller Schiefer, doch glaube ich nicht, daß selbst Rothpletz diese zarten, reichverzweigten Körper für Hornschwämme halten würde, Ein dritter Fall ist folgender. In den sogenannten „Zopfplatten“ des braunen Jura sowie in den Angulatensandsteinen Schwabens kommen in großer Menge zier- liche, reichverzweigte Fucoiden vor, die genau so pflanzenähnliche Formen zeigen wie die kleineren Flyschfucoiden und der Form nach von denselben kaum zu unterscheiden sind. Diese Fucoiden bestehen aber ausschließlich aus — Quarzsand! Für was sollte man vom Rothpletzschen Standpunkte aus nun diese Sandfucoiden halten? Etwa für „Sandschwämme“? Es wäre ja auch dies schließlich nicht gerade unmöglich, aber für den Moment scheint es mir im Zusammenhalt mit allen einschlägigen Tatsachen doch als höchst unwahrscheinlich. Bemerken möchte ich noch, daß diese „Sandfucoiden“ fast immer, auch wenn sie horizontal liegen, vollkommen stielrunde Astchen zeigen. Es dürfte dies wohl daher rühren, daß Sand sich eben nicht so leicht zusammendrücken läßt wie ein toniges Material: Wenn es mir daher vorläufig noch ‘nicht möglich ist, die Rothpletzschen Anschauungen zu adoptieren und ich mich vorder- hand noch genötigt sehe, auf meinem Standpunkte zu verharren, nach welchem ich die Substanz der Boller Fucoiden nicht für autogen, sondern für von außen zugeführt halte, so möchte ich zur [21] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 379 Bekräftigung :dieser Anschauung mich schließlich noch auf eine Autorität. berufen, die in der vorliegenden Frage gewiß vollkommen unbefangen ist und deren peinliche Genauigkeit und absolute Ver- läßlichkeit gewiß von niemand in Zweifel gezogen wird: es ist dies Quenstedt. \ Quenstedt sagt in seiner „Jura“, pag. 270 und 271, über das Vorkommen der Boller Fucoiden nachstehendes: „Algacites granulatus“. Schlotheim, Nachträge I, pag. 46, be- schreibt und bildet sie fälschlich mit gekerbten Rändern ab, was den Grafen Sternberg (Flora der Vorwelt, letztes Heft, pag. 28) zu. dem neuen Namen Sphaerococcites crenulatus veranlaßte. Alle späteren Schriftsteller, die Monographen (Kurr l. c. pag. 17, Tab. 3, Fig. 1) nicht ausgenommen, folgten diesem Irrtume; auch bildeten ‘sie nicht die Pflanze, sondern den aschgrauen Schlamm ab, welcher ihre hohlen Räume erfüllt. Und doch ist die Beobachtung so leicht! Die Zweige finden sich nämlich noch in den fetten Schiefern un- mittelbar über dem Tafelfleims in Unterepsilon und waren so kräftig, daß sie trotz der Kompression doch noch eine ansehnliche Dicke von 1/o-—1‘ behielten. Die organische Masse ging später verloren und nun setzte sich in die hohlen Räume aschgrauer Schlamm, und zwar derselbe, welcher unmittelbar darüber folet. Möglicherweise könnte es auch ein Verwitterungs- produkt sein. Diese mürbe, erdige Masse kann man leicht heraus- waschen und dann zeigen sich blasenförmige Zellen in überraschender Deutlichkeit und Schärfe. Auf der breiten Seite erkennt man die Zellen am besten, sie bilden im ununterbrochenen Gewebe rundliche Maschen, auf den schmalen sind die Umrisse stark verschoben. Brongniarts dGeschlechtsname Phymatoderma im Pariser Museum spielt wahrscheinlich auf diese Figentümlichkeiten an. Wenn Zweige zufällig quer durch den Schiefer gehen, so zeigen sie einen rundlichen Umriß, auch sieht man es der Verzweigung noch zu bestimmt an, daß sie nicht in einer Ebene lagen. Aus allem würde folgern, daß das Laub nicht breit, sondern rundlich war und nach allen Seiten seine Nebenzweige aussandte. Diese allseitige Verzweigung erschwert das Verfolgen der Äste in hohem Grade, zumal da immer Massen aufeinandergepackt liegen. Die Nebenzweige gehen zwar stets unter scharfen Winkeln ab, aber der eine nicht selten unter dem anderen durch. Zwischen dieser breitblättrigen Spezies liegt stets auch eine schmalblättrige (Fig. 10) zerstreut, die wenige Zoll drüben an Zahl vorherrschender wird. Herr Prof. Kurr (Flora- u. Juraf., Tab. 3, Fig. 3) scheint sie unter Zweoides Bollensis zu begreifen, sie ist auf der Oberseite glatt, wenigstens kann ich keine Zelleindrücke finden. Indes der echte Fucoides Bollensis, Tab. 39, Fig. 9 (Zieten, Korresp. d. Landw. Ver. 1839, I., pag. 18) nicht hier liegt, sondern in der aller- obersten Grenzschicht von Oberepsilon, pag. 120. Die schönen Platten von Boll waren in unseren Sammlungen längst be- kannt, -aber nicht so das scharfe Lager. Endlich fand ich in den Steinbrüchen von Frittlingen das wahre, äußerst dünne Schieferblatt unter der Jurensisbank. Ich teilte die Sache 380 Theodor Fuchs. [22] Hildebrand mit und bald war sie auch bei Boll an dem Fund- orte des Bollensis aufgedeckt. Jetzt bilden diese zierlichen Abdrücke einen nicht minder sicheren Horizont als der Granulatus.“ Aus dieser Darstellung geht nun eine äußerst wichtige Tat- sache hervor. Jeder, der eine größere Suite der sogenannten Boller Chondriten durchzusehen Gelegenheit hatte, wird wohl dabei die Bemerkung gemacht haben, daß sich unter denselben, was die Er- haltung betrifft, zwei verschiedene Typen unterscheiden lassen. Bei dem einen Typus besteht der Körper des Fucoiden aus einem weichen, aschgrauen Mergel, der abfärbt und sich mit einer Bürste entfernen läßt, bei dem zweiten jedoch aus einem lichten, weißlichen oder gelblichweißen Mergel, der mehr steinige Beschaffenheit besitzt und sich mit der Bürste nicht entfernen läßt. Wie man nun aus den Angaben Quenstedts entnehmen kann, kommen in den sogenannten „Boller Schiefern“ eigentlich zwei Lagen von Fucoiden vor, von denen die untere an der Basis des Komplexes liegt und namentlich Phymatoderma granulatum enthält, während die zweite eine dünne Schichte darstellt, die sewissermaßen die Decke des Schiefers bildet, unmittelbar von den weiblichen Jurensismergeln bedeckt wird und ausschließlich den echten Chondrites Bollensis führt. Wie man nun aus obiger Darstellung weiter erfährt, enthält der tiefere Fucoidenhorizont die weichen, aschgrauen Fucoiden und es scheint mir schon hieraus hervorzugehen, daß die aus weißem, steinigem Mergel bestehenden Fucoiden eben diejenigen der oberen Fucoiden- schicht sind. Es scheint mir dies auch dadurch bestätigt zu werden, daß ich immer nur den echten Chondrites Bollensis in dieser Er- haltungsweise sah. Verhält sich dies nun aber wirklich so, so erhält die gesamte Sachlage mit einem Schlage ein vollkommen neues Ansehen. Quenstedt führt nämlich ausdrücklich an, daß die untere Fucoidenbank (Seegrasschiefer) unmittelbar von einem weichen, aschgrauen Mergel bedeckt wird, der in jeder Beziehung voll- kommen mit dem Material übereinstimmt, aus dem die Fucoiden bestehen, und die Identität dieser beiden Substanzen drängte sich ihm so unmittelbar auf, daß er direkt die Ansicht ausspricht, die Fucoiden müßten einmal Hohlräume gewesen sein, die von oben mit dem aschgrauen Material ausgefüllt wurden. Bei der oberen Fucoidenschichte macht Quenstedt eine gleiche Bemerkung zwar nicht. Wenn man aber bedenkt, daß diese Schichte nur ganz dünn ist und unmittelbar von den! Jurensis- mergeln bedeckt wird, die der Farbe und Konsistenz nach vollständig mit der Substanz der darunterliegenden Fueoidenübereinstimmen, so wird man wohl nicht fehl- sehen, wenn man auch hier einen gleichen Zusammen- hang annimmt. Es wäre gewiß von größtem Interesse, wenn Rothpletz diese Sache verfolgen und nicht nur die Fucoidenkörper, sondern auch in gleicher Weise die Substanz der darüberlagernden Mergel untersuchen [23] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 381 würde; ich für meinen Teil bin vollkommen überzeugt, er würde in diesem Falle in dem Mergel dieselben Kokkolithen, Diatomeen, Fora- miniferen und Spongiennadeln, ja vielleicht auch sogar dieselben Fasern finden, die er in den Fucoiden nachgewiesen. Ich glaube hiermit auch dasjenige vorgebracht zu haben, was ich in Bezug auf die Darstellungen Rothpletz’ zu bemerken hatte, und da die Ausführungen Gümbels sich in allen wesentlichen Punkten vollständig mit jenen Rothpletz’ decken, so erscheint es mir wohl überflüssig, auf dieselben besonders einzugehen. Ich kann mich daher sofort zur Arbeit Pfaffs wenden. Die Ansicht Pfaffs ist ganz originell, indem derselbe bei der Entstehung der Fucoiden die Mitwirkung organischer Wesen über- haupt vollständig ausschließt und in denselben sozusagen Eisblumen sieht, wie man solche im Winter bei plötzlich entstandenem Froste sehr häufig im Straßenkot beobachten kann. Er hat auch zahlreiche hierauf bezügliche Experimente gemacht und die von ihm |. c. in Fig. 3, noch mehr aber in Fig. 4 nach photographischen Aufnahmen gegebenen Abbildungen zeigen allerdings croße Ähnlichkeit mit den kleineren Arten der Fiyschfucoiden. Ich kann nicht Jeugnen, daß diese Anschauung in meinen Augen etwas außerordentlich Bestechendes hat, ja ich will gestehen, daß ich selbst diese Möglichkeit einmal ernstlich erwog. Diese Sache kam so. Im Oktober des Jahres 1881 machte ich einen kleinen Erholungs- ausflug ins Waldviertel, und zwar in die Gegend von Zwettl, Otten- schlag, Kottes, Mühldorf und Spitz. Bei dieser Gelegenheit hatte ich nun wiederholt Gelegenheit, den Prozeß des Graphitschlemmens anzusehen und war dabei erstaunt, wie sehr die beim Fließen des breiigen Graphits entstehenden Oberflächenformen jenen glichen, die man so häufig auf der Oberfläche von Flyschbänken findet. Besonders war dies bei einem Werke in der Nähe von Kottes der Fall, das ich eines Abends besuchte. Hier fanden sich auf kleinem Raume vereinigt fast alle die verschiedenen Oberflächenformen, an denen der Flysch so reich ist. Da waren die eigentümlichen gekröseartigen Windungen, die langgezogenen Fließwülste, die wulstigen Fließränder, die mannig- fachen, durch Wälzen hervorgebrachten, mehr weniger zylindrischen Formen, die sogenannten Klauenwülste usw. Ich wurde nicht müde, immer neue Ähnlichkeiten zu entdecken und bedauerte nur, daß ich nicht das ganze Schlemmbecken mit nach Wien nehmen oder das- selbe doch wenigstens photographieren konnte. Als ich am anderen Morgen wieder zu meinem Graphitflysch sing, um mir die merkwürdigen Oberflächenbildungen noch einmal anzusehen, blieb ich plötzlich wie eingewurzelt stehen und wollte meinen Augen nicht trauen: mein Graphitflysch war von den schönsten Flyschfucoiden erfüllt! Es war über Nacht ein scharfer Frost ein- getreten und so hatten sich in dem feuchten Graphitschlamme die prächtigsten Eisblumen gebildet, die namentlich aus einiger Entfer- nung täuschend Flyschfucoiden glichen. Wie gesagt, ich beschäftigte mich damals ernstlich mit dem 382 Theodor Fuchs. [24] Gegenstande, indem mir eine Reihe von sonst rätselhaften Punkten von diesem Gesichtspunkte aus eine einfache Lösung zu finden schien. So würden dadurch namentlich folgende Punkte eine sehr be- friedigende Lösung gefunden haben: a) Daß die Fucoiden immer nur in besonderen Schichten, hier aber meist massenhaft vorkommen; b) daß die fucoidenführenden Schichten meist sehr arm an anderen Fossilien sind; c) daß die Fucoiden durch alle Formationen hindurch einander so ähnlich sind; d) daß von Fucoiden niemals abgerissene Stücke, geknickte, um- gebogene oder untereinander verfilzte Äste gefunden werden; e) daß man noch niemals Fucoiden beobachtet hat, die von Bryozoen, Spirorbis oder anderen sitzenden Tieren besiedelt gewesen wären, was doch sowohl bei den lebenden als auch bei den fossilen, wirklichen Algen so häufig vorkommt. Hierzu kommt aber noch eine weitere Erwägung. Es ist bekannt, daß von seiten vieler Geologen, vor allem von Renevier und Bosniaski der Flysch als das Ergebnis einer Eiszeit aufgefaßt wird und läßt sich nicht in Abrede stellen, daß von diesem Gesichtspunkte aus viele Eigentümlichkeiten des Flysches eine sehr befriedigende Erklärung finden würden. So würden sich hierdurch namentlich folgende Eigenheiten sehr einfach erklären: a) Daß der Flysch ausschließlich aus klastischen Sedimenten auf- gebaut ist und organogene Kalksteine so gut wie vollkommen fehlen; b) daß der Flysch allenthalben Massen von exotischen Blöcken enthält, welche bisweilen die Größe selbständiger Berge erreichen, anderseits aber bis zur Erbsengröße hinabsinken können; c) daß der Flysch fast in allen Schichten, in denen er auftritt, petroleumführend ist; d) daß im Flysch nur äußerst selten schaltragende Mollusken sefunden werden, während die massenhaft vorkommenden Kriech- spuren doch den Beweis von dem Vorhandensein eines reichen tierischen Lebens bieten, das aber höchstwahrscheinlich vorwiegend aus nackten Tieren, zumeist wohl aus Würmern, bestand. Würde es sich nun nachweisen lassen, daß die Fucoiden durch Gefrieren von nassem Schlamme entstanden, so wäre nicht nur eine neue höchst wichtige Stütze für obige Annahme gefunden, sondern man müßte dieselbe geradezu als erwiesen betrachten. So verführerisch mir unter solchen Umständen nun auch die vorerwähnte Anschauung von der Natur der Fucoiden erscheinen mußte, so mußte ich mir doch bald gestehen, daß sich dieselbe. bei kritischerer Prüfung nicht aufrecht erhalten ließe und schienen mir hierbei besonders nachstehende Punkte ausschlaggebend zu sein: a) Durch Gefrieren von Wasser, respektive durch Eisblumen konnten allenfalls Formen gebildet werden, welche den kleinen Flyschfucoiden (Ch. arbuscula, Targioni) ähneln, niemals aber solche, welche dem Ch, affinis ähnlich waren, von Formen wie Teenidium, Spirophyton, Gyrophyllites ete. etc. ganz zu schweigen; [25] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 383 b) die durch gefrierenden Schlamm entstehenden Eisblumen können immer nur in der oberflächlichen Schichte, parallel zur Ober- fläche entstehen, unmöglich aber senkrecht in das Gestein eindringen, wie dies die Flyschfucoiden doch so häufig tun; c) die Flyschfucoiden müßten doch bisweilen Äste zeigen, die nadelförmig spitz ausliefen, was bekanntlich niemals der Fall ist. Unter solchen Umständen mußte ich meine Idee wohl bald wieder aufgeben und als ich nach Wien zurückkehrte, fand ich (ein seltenes Spiel des Zufalles) auf meinem Tische die bekannte Arbeit Nathorsts über verzweigte Kriechspuren, die meinen Gedanken sofort eine neue Richtung gab. Jetzt nach 20 Jahren taucht mit einemmal durch die Arbeit Pfaffs die Idee von der Entstehung der Fucoiden durch Gefrieren wieder auf und man wird mir wohl glauben, daß ich diese Arbeit mit dem größten Interesse zur Hand nahm, um zu sehen, ob der Verfasser zur Begründung seiner Ansicht nicht doch mir neue Tat- sachen oder Gesichtspunkte vorbringen werde. Leider muß ich bekennen, daß dies nicht der Fall war und die Bedenken, die mich seinerzeit zum Aufgeben dieser Idee nötigten, durch die neue Arbeit Pfaffs durchaus nicht behoben wurden. Pfaff faßt am Schlusse seiner Auseinandersetzungen diejenigen Punkte zusammen, welche seiner Ansicht nach zur Stütze seiner Anschauung dienen sollen, aber ich muß gestehen, daß die wesent- lichsten derselben meinen Erfahrungen nach unrichtig sind, ja daß in den meisten Fällen die Verhältnisse geradezu umgekehrt liegen. Ich will nur folgende Punkte anführen: „ti. Die Lagerung der Chondriten ist im Gestein meist annähernd horizontal, das heißt den Schicht- flächen parallel.“ Dies ist nur sehr bedingungsweise richtig. In schiefrigen Lagen liegen die Fucoiden allerdings meist flach, in den festen Kalkmergel- bänken schweben sie dagegen fast ausnahmslos körperlich im Gestein. Bei den großen Arten (Ch. affinis, Taenidium Fischeri) kommt sehr häufig der Fall vor, daß eine Hauptachse senkrecht in das Gestein eindringt und von ihr aus horizontal verlaufende Nebenäste aus- gehen. „2. Andernfalls ist ihre Verzweigung ebenso häufig nach oben als nach unten gerichtet.“ Dies ist meiner Erfahrung nach entschieden unrichtig, sie sind vielmehr fast ausnahmslos nach abwärts gerichtet. „3. Das unverwittente Muttergestein hat fast genau die Farbe der Chondriten.“ Dies würde an und für sich nicht viel zu sagen haben, verhält sich aber in Wirklichkeit doch etwas anders. An frisch gebrochenen, noch von der Beugfeuchtigkeit durchtränkten Stücken ist allerdings der Farbenunterschied zwischen Gestein und Fucoiden bisweilen sehr gering, es genügt aber, das Stück an der Sonne trocknen zu lassen, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Th. Fuchs.) 50 384 Theodor Fuchs. [26] um den Farbenunterschied sofort auffallend hervortreten zu sehen. Das Gestein wird ganz licht, oft fast weiß, der Chondrit schwärzlich. „4 Die Farbe der Chondriten entsteht teils durch Absorption desLichtes, teils ist sie bedingt vom Eisen- gehalt.“ Durch den Eisengehalt ist wohl wahrscheinlich die ölgrüne Farbe der Chondriten erzeugt, die schwärzliche rührt aber doch wohl von den eingestreuten Kohlenpartikelchen her. „8. Der Chondrit enthält nicht mehr kohleals das Nebengestein.* Dies ist, was die Chondriten in den Mergelbänken betrifft, ent- schieden unrichtig. Wo Ohondriten in den dunkeln Zwischenlagen vorkommen, mag es zutreffen. Die Punkte 6—10 scheinen mir ganz unwesentlich zu sein. Punkt 11 und 12 gibt nur die Ansicht des Verfassers wieder. Ich möchte nun zum Schiusse noch etwas ausführlicher einen Punkt besprechen, der mir von größter Wichtigkeit zu sein scheint, in den vorerwähnten Arbeiten aber nur so nebenher und vorüber- sehend berührt wird, und dies ist die Stellung der Fucoiden im Gestein. Ich habe seit langer Zeit und bei den verschiedensten Gelegen- heiten immer wieder auf den merkwürdigen Umstand hingewiesen, daß die Fucoiden fast ausnahmslos verkehrt im Gestein stecken. Die Chondriten verhalten sich wie Wurzeln und bei Spiro- phyten und Verwandte ist die spiral gerollte Spreite nach unten geöffnet. Es ist dies nicht nur ein wichtiger Punkt, sondern ich be- trachte diese Eigentümlichkeit geradezu als einen Kardinalipunkt der ganzen Frage, als den wichtigsten Stützpunkt meiner Auf- fassung. Die meisten Autoren und so auch die Autoren der vorbesprochenen Arbeiten gleiten über diesen Punkt, wie es scheint, geflissentlich hinweg. Sie meinen, in der Flyschformation sei infolge der vielfachen Störungen das ursprünglich Liegende und Hangende schwer zu be- stimmen, ja wenn ich mich nicht irre, scheinen sie geradezu der Ansicht zu sein, ich hätte mir diese Angabe in der Flyschformation willkürlich zusammengestellt. Dies wäre allerdings ein großer Irrtum. Um eine sichere Entscheidung zu freffen, was an einer Bank oben und was unten sei, dafür gibt es heutzutage in sehr vielen Fällen ganz sichere Kennzeichen, und zwar sind dieselben keineswegs im Flysch festgestellt worden, in dem es wirklich meist kaum möglich ist, von vornherein aus den Lagerungsverhältnissen allein zu bestimmen, was oben und was unten ist, sondern es wurden diese Kennzeichen auf ganz anderen Gebieten, in ganz anderen Formationen sewonnen, wo bei ganz regelmäßiger Schichtfolge ein Zweifel über oben und unten überhaupt gar nicht entstehen konnte. [27] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 385 Den ersten Anlaß, sich mit dieser Frage überhaupt zu be- schäftigen, dürfte die Auffindung der bekannten aut ae im Buntsandstein geboten haben. Man fand hier auf der Oberfläche von Sandsteinplatten ‚oe bare Tierfährten, doch waren dieselben nicht vertieft, wie ursprünglich Fährten naturgemäß sein müssen, sondern erhaben und überdies waren die Platten mit erhabenen Leisten bedeckt, die unregelmäßig polygonale Felder umgrenzten. Hier war es nun klar, daß man unmöglich die ursprüngliche Fährte, sondern nur einen Abguß derselben vor sich haben konnte und konnten sich derartige erhabene Fährten demnach nur auf der Unterseite der Sandsteinbänke finden, was auch tatsächlich ausnahmslos zutraf. Die vorerwähnten Leisten wurden auch ganz richtig als Ausfüllungen von Trockenrissen erkannt. Später kam nun Nathorst mit seiner epochemachenden Arbeit über die Kriechspuren von Meerestieren, in der er nachwies, daß auch Meerestiere vertiefte Spuren im Boden erzeugen, welche durch darübergelagertes Material abgeformt werden können und dann auf der unteren Fläche der Hangendbank als erhabene Reliefs erscheinen. An diese schloß sich Saportas bekannte Arbeit über die „Fossilisation en demi-relief“ und schließlich wurde in weiterer Folge die Frage in zahlreichen anderen Arbeiten berührt, unter denen ich nur diejenige Wähners über das Vorkommen der Ammoniten von Adnet auf der unteren Fläche der Mergelbänke als besonders wichtig hervorheben will?). Nachdem nun im Flysch außer den Fucoiden und Fließwülsten in ungeheurer Menge Kriechspuren sowie auch Körper vor- kommen, die augenscheinlich organische Körper im Zustande der „Fossilisation en demi-relief“ (Graphoglypten) darstellen, so hatte man wohl eine sichere Basis gefunden, um die obere Fläche von der unteren unterscheiden zu können, und dies war auch die Basis, von der ich bei meinen Studien ausging. Was die oft erwähnten „Fließwülste“ betrifft, so war ich von vornherein eigentlich überzeugt, daß dieselben auf der oberen Fläche der Bänke vorkommen müßten, wie dies ja auch aus den vorerwähnten Beobachtungen an den Graphitschlemmwerken hervorzu- gehen scheint, und war ich nicht wenig überrascht, im Verlaufe der Untersuchungen zu finden, daß in Wirklichkeit das Gegenteil statt- findet und die Fiießwülste inklusive jener gerollten und mit klauen- artigen Gebilden versehenen ÖOberflächenformen, die einmal sogar als Schildkrötenfährten gedeutet wurden, sich tatsächlich regelmäßig an der unteren Fläche der Bänke finden. Ich habe es versucht, diese Tatsache experimentell zu behandeln, will aber gern gestehen, daß sie mir noch immer viel Rätselhaftes zu haben scheint; doch kann ich an ihrer Richtigkeit nicht zweifeln. ') Zahlreiche Bemerkungen über das Vorkommen von Fossilien auf der unteren Seite der Gesteinsbänke findet man auch in: Engel, Geognostischer Wegweiser durch Württemberg. Stuttgart, 1883. 50* 386 Theodor Fuchs. [28] Von allen diesen Erfahrungen ausgehend und in erster Linie auf die zahllosen Fährten des Flysches gestützt, habe ich nun die Lage der Chondriten im Flysch zu bestimmen gesucht und habe dabei gefunden, daß dieselbe fast ausnahmslos eine umgekehrte sei. Wenn daher Lorenz im Steinbruche von Bergheim an Professor Fugger die; wie er selbst bemerkt, etwas „skeptische“ Frage richtete, ob in der Umgebung von Salzburg das Auftreten der Fließwülste an der unteren Fläche der Mergelbänke auch an solchen Orten konstatiert wurde, wo über die Lagerungsverhältnisse des Flysches kein Zweifel sein könnte, so hat Lorenz mit dieser Frage nur bewiesen, daß er mit dem fraglichen Gegenstande nicht im entferntesten vertraut war. Da wir aber schon einmal von Bergheim und Professor Fugger sprechen, so sei es mir gestattet, auch eines Erlebnisses zu gedenken, das ich vor Jahren an dem genannten Orte hatte. Im Jahre 1896 machte ich eine größere Reise durch Nord- und Mittelitalien, die Schweiz und Süddeutschland, wobei ich mich namentlich in Bologna, Florenz, Pisa, San Guiliano, Genua, Luzern, Zürich, Tübingen und München aufhielt, um die Fucoiden und Hieroglyphen dieser Sammlungen zu studieren. Auf der Rückreise machte ich noch kurze Zeit in Salzburg Station, wo man damals gerade mit der Aufsammlung der Fucoiden von Muntigl und Bergheim begonnen hatte. Ich machte bei dieser Gelegenheit auch in Gesellschaft Pro- fessor Fuggers einen Ausflug nach Bergheim und Muntig], wobei wir die Frage der Fucoiden natürlich eifrig besprachen. Da ich nun zu bemerken glaubte, daß Professor Fugger rücksichtlich der verkehrten Stellung der Fucoiden im Gesteine einige Zweifel hege, machte ich ihm den Vorschlag, er möge, ohne daß ich ihm zusehe, Gesteinsstücke mit Fucoiden vom anstehenden Gesteine los- schlagen und an denselben eine beliebige, natürlich nur ihm selbst verständliche Marke anbringen, durch welche die ursprüngliche Lage im Gestein festgelegt sei, wobei ich mich anheischig machte, diese Lage aus der bloßen Betrachtung des Stückes anzugeben. Professor Fugger ging auf diese Probe ein und nachdem wir dieselbe mehrmals, ich glaube vier- oder fünfmal, wiederholt hatten, stellte sich heraus, daß meine Angaben stets das Richtige getroffen. Daß wir die umgestürzte Lage der Flyschschichten an diesen Lokalitäten hierbei in Betracht zogen, braucht wohl kaum ausdrück- lich erwähnt zu werden. Um aber nicht nur immer von mir selbst und dem Flysch zu sprechen, möchte ich zum Schlusse noch das Zeugnis eines anderen Forschers anrufen, der auf ganz anderem Terrain arbeitete, und zwar ist dies Dr. E. Zimmermanr. Zimmermann, dessen außerordentliche Genauigkeit und kri- tische Gewissenhaftigkeit bekannt ist, hat als Geologe der Preußischen geologischen Landesanstalt durch mehrere Jahre geologische Auf- nahmen im Frankenwalde gemacht. Der größte Teil seines Aufnahms- terrains wurde hier durch Dachschiefer gebildet, die teils der Devon- formation und teils dem Kulm angehören und in zahlreichen großen [29] Kritische Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden. 387 Schieferbrüchen ausgezeichnet aufgeschlossen sind, von denen die bekannten gewaltigen Schieferbrüche von Lehesten einen Weltruf genießen. Die devonischen. Schiefer dieses Gebietes enthalten in großer Menge sogenannte Nereiten, während die Kulmschiefer durch das häufige Vorkommen von Chondrites Göpperti und vor allem durch die geradezu wunderbare Dictyodora Liebeana Zimm. ausgezeichnet sind. Die benannten Schiefer zeigen eine sehr gestörte Lagerung und sind namentlich in eine Reihe teilweise überschobener Falten gelegt, deren glückliche Entwirrung ein glänzendes Zeugnis von Zimmer- manns Genauigkeit, Geduld und Scharfsinn bildet. Zimmermann war bei diesen Studien natürlich geradezu darauf angewiesen, sich in jedem Augenblick darüber Rechenschaft zu geben, was oben und was unten sei, ob er eine normale oder eine verkehrte Schichtenfolge vor sich habe, und müssen daher alle seine Angaben, die er in dieser Richtung macht, einen besonderen Grad von Authentizität besitzen). Zimmermann hat nun auch der Lage des Chondrites Göpperti seine Aufmerksamkeit zugewandt und das Resultat seiner Studien sipfelt darin, daß dieser so häufig vorkommende, reich verzweigte Fucoid regelmäßig verkehrt im Gesteine steckt und dieschiefernachArteiner Wurzelvon oben nach unten durchdringt. Dieselbe verkehrte Lagerung zeigt aber auch ausnahmslos die merkwürdige Dictyodora, indem deren scheinbarer Anheftungspunkt stets nach oben liegt, die soit disant trichterförmige Öffnung der sich allmählich verbreiternden Spirale aber ausnahmslos nach abwärts gerichtet ist ?). ') Ich habe im Sommer des Jahres 1896 das Glück gehabt, durch vier Tage unter Führung Dr. Zimmermanns die Schieferbiüche in der Umgebung von Lehesten studieren zu können und hatte hierbei reichlich Gelegenheit, mich von der geradezu penibeln Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit zu überzeugen, mit der Zimmermann alle seine Arbeiten durchführt, so daß seine Angaben unbedingtes Vertrauen verdienen. 2?) Zimmermanns Dictyodora Liebeana und ihre Beziehungen zu Vexillum, Palaeochorda marina und Crossopodia Henrici (Jahrber. der Gesellsch. von Freunden der Naturwissensch. in Gera, 33.—35. Jahresber.). Zimmermann drückt sich in dieser Arbeit folgendermaßen aus: „Sehr wunderbar jedoch ist selbst für mich die folgende Beobachtung an dem gewöhnlichen Begleiter der Dictyodora, nämlich dem, einem zierlichen Sträuchlein von 1—4 cm löhe gleichenden Chondrites Göpperti. Dieser steht auch fast stets rechtwinklig zu den Schichtflächen (sehr selten ist er umgefallen und auf den Schichtflächen liegend zu finden) und wenn dann gleich mehrere Individuen neben- einander auf demselben Gesteinsstück stehen, so richten sie alle in gleicher Orientierung den als Hauptstämmchen zu deatenden Teil nach der einen, die Ver- zweigungen nach der anderen entgegengesetzten Seite. Man möchte nun auch hier (von vornherein) vermuten, daß das Hauptstämmchen nach unten gerichtet gewesen sei, meine Beobachtungen aber am Anstehenden und in gleichen Gesteinsstücken mit Dietyodora belehrten mich, dsß das Hauptstämmchen in gleicher Weise wie die Dietyodora-Kegelspitze nach dem Hangenden gerichtet ist, die Zweiglein aber ähnlich einer zerfaserten Wurzel nach unten! Nun — die Dictyodora ist eben mit fast allen ihren Begleitern ein an Merkwürdigkeiten, Überraschungen und Pro- blemen reicher Körper, zu dessen völliger Erkenntnis noch mancherlerlei Unter- suchungen und Beobachtungen nötig sind!“ 388 Theodor Fuchs. [30] Unter solchen Umständen glaube ich, daß in Zukunft Forscher, die sich mit dieser Frage zu beschäftigen beabsichtigen, sich werden entschließen müssen, diesem Punkte ihre volle Aufmerksamkeit zuzu- wenden, auch wenn sich diese Frage im Museum an Handstücken allein. nicht entscheiden läßt, und daß jede Erklärung, welche diesen Punkt nicht berücksichtigt oder mit demselben in Widerspruch steht, von vornhereinalsunzureichend betrachtet werden muß. Allerdings möchte ich hierbei auch zugleich bemerken, daß eine wirklich wissenschaftliche Lösung des Problems nicht damit gefunden werden kann, daß man angibt, was unter besonderen Umständen allen- falls vorkommen könne und was man sich allenfalls vorstellen könne; es muß vielmehr zwischen der zu erklärenden Erscheinung und der zur Erklärung angenommenen Ursache ein notwendiger Zusammen- hang bestehen, kraft dessen die erstere mit Notwendigkeit aus der zweiten folgt; ist dies nicht der Fall, so ist das Vorgebrachte über- haupt keine wissenschaftliche Erklärung. Wien, 28. Oktober 1904. Theodor Fuchs: Ueber Fucoiden. Tafel Kittl phot. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Bohrgänge von Vioa auf Kalkgeschieben von Lussinpiccolo. E 2 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumoffskygasse 23. Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. Von Dr. Franz E. Suess. Mit zwei Zinkotypien im Text. In der Umgebung von St. Pölten rücken die Ausläufer der böhmischen Masse südwärts über die Donau und nähern sich mit den Höhen des Dunkelsteiner Waldes und des Hiesberges bei Melk dem Außensaume der Alpenkette. Sie sind von diesen durch eine etwa 10 km breite Mulde tertiärer Sedimente getrennt. Ein Teil dieser Ausläufer, nämlich das Südgehänge des Dunkelsteiner Waldes (530 bis 550 m), die Hügel an der Pielachmündung bei Melk, und weiter im Süden der östliche Teil des Hiesberges liegen noch im Karten- blatte St. Pölten (Zone 13, Kol. XIII) der Spezialkarte. Die Hügel bei Melk stehen durch den Prackersberg (356 m) mit dem Dunkel- steiner Walde im Zusammenhang; der Hiesberg jedoch wird durch die miozänen Sande des Wachberges abgetrennt und bildet ein geson- dertes Gebiet kristallinischer Schiefergesteine. Die alpine Sandsteinzone im Süden dieses Kartenblattes ist vor Jahren durch Herrn Oberbergrat ©. M. Paul aufgenommen worden; das breite Band tertiärer Sedimente hat Herr Dr. OÖ. Abel kartiert !) und mir wurde die Kartierung des kristallinischen Anteiles zugewiesen. Löß, Lehm und tertiäre Sande steigen an den Abhängen der genannten Berge bis zu Höhen über 350 m hinauf und verhüllen große Strecken des Grundgebirges. Einen Ersatz bieten die Aufschlüsse an der Pielach, in dem Lochau genannten Teile des Tales und in der Nähe der Mündung dieses Flusses, der ein typisches, epigenetisches Durchbruchstal in das Grundgebirge eingeschnitten hat?). Bereits im Jahre 1852 hat J. C2jZzek?°) die Berge im Süden der Donau zwischen Mautern, Melk und St. Pölten gründlich durch- wandert und die Verbreitung der einzelnen Gesteine in den Haupt- zügen festgestellt. Der größere östliche Teil dieser Berggruppe ist ein ziemlich einförmiges Granulitgebiet. Nach CäjZeks Beschreibung bildet die Schieferung des Granulits ein breites, allseits gegen auben 1) C.M, Paul, Der Wienerwald. Jahrb. d.k. k. geol. R-A. 1889, pag. 53. — OÖ. Abel, Studien in den Tertiärbildungen d. Tullner Beckens. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 91. ?®) R. Hödl, Das untere Pielachtal. Ein Beispiel eines epigenetischen Durch- bruchstales. Festschrift des 200 jährigen Bestandes des k. k. Staatsgymnasiums im VIIL. Bez. Wien 1901. ®) J. Czjzek, Geologische Zusammensetzung der Berge bei Melk, Mautern und St. Pölten in Niederösterreich. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1853, pag. 264. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 390 Dr. Franz E. Suess. [2] abdachendes Gewölbe. Der südliche Randstreifen des Gewölbes zwischen den Orten Ober-Mamau und Windschnur liegt im Karten- blatte St. Pölten. In Ubereinstimmung mit dem gewölbeförmigen Aufbau des Ganzen fallen die Granulitbänke im Osten, unweit Ober- Mamau, nahe ihrem endgültigen Verschwinden unter der sich immer mehr ausbreitenden Lehmdecke, steil südwärts; im Westen dagegen bei Rittersberg und Eniglberg sowie am Rande des Granulitgebietes bei Würmling mehr gegen SSW und SW mit 40—50°. Im Matzengraben bei Windschnur legt sich auf den Granulit ein Streifen von Diopsid- Amphibolit; mit einer Breite von 300—800 m streicht er von hier nordwestwärts fort gegen den Dunkelsteiner Wald. Diese Gesteine sind vergesellschaftet und wechsellagern mit mittel- bis kleinkörnigen slimmerarmen Gneisen und Aplitgneisen. Nicht selten ent- halten diese Gneise Granaten und nähern sich dadurch dem Granulit, von dem sie aber durch gröberes Korn und durch das Zurücktreten der Parallelstruktur stets wohl zu unterscheiden sind. Beim Dorfe Windschnur am Urgebirgsrande erheben sie sich als niedriger, aber wohl bemerkbarer Kamm um 30—40 m’ über die umgebenden Am- phibolite, denen sie mit konkordantem nordwestlichen Streichen ein- gelagert sind. Weiter im Westen beim Weghofe ist abermals aplitischer oder Biotit führender Gneis als Einlagerung eines schiefrigen Diopsid- Amphibolits bloßgelegt. Noch weiter im Westen überwiegt der glimmer- arme oder aplitische Gneis über den Amphibolit. Beim Windhofe und bei Eichberg trifft man an mehreren Stellen schmale Einlagerungen und unterhalb der Ruine Hohenegg 1!/, m lange Linsen von Amphi- bolit in dem weißen Gesteine. Sie sind zu unbedeutend, um auf der Karte angegeben werden zu können. Die Zone, in welcher Amphibolite und aplitische Gneise wechsel- lagern, wird gegen Nordwest — gegen den Dunkelsteiner Wald — fort- streichend, immer breiter. In den bewaldeten Bergen kann man die einzelnen Züge nicht mehr mit Sicherheit abgrenzen. An den Abhängen der Ederleiten bis zur Ruine Hohenegg und ebenso im Walde ober- halb Hengstberg und Egertsberg sind die häufigen Blöcke von Amphi- bolit mit denen des Aplitgneises regellos vermischt. Eine nächste breite Zone legt sich auf die der Amphibolite und Aplitgneise. Sie umfaßt noch die steilen Abhänge der Lochau und reicht im unteren Pielachtale bis nahe zur Mündung in die Donau. Das weitaus herrschende Gestein dieser dritten Zone ist sehr biotit- reicher und granatführender, oft auch fibrolithhaltiger Plagioklas- sneis (Glimmerschiefer bei Cz2jZek). Das Streichen schmiegt sich noch immer konkordant an den Rand des Granulitgewölbes und ist noch immer gegen Nordwest gerichtet. Nur in der Nähe der Donau, im unteren Teile des Sichtergrabens und in der Nähe der Pielach- mündung, wendet sich das Streichen mehr gegen West. Getrennt von dem zusammenhängenden Gebiete liegt eine kleine Partie dieses biotitreichen Plagioklasgneises weit im Osten beim !) Der Serpentin von der Höhe des Dunkelsteiner Waldes (bei Kote 622 im Ka:tenblatte Krems) wird nahe dem Nordrande des Blattes St. Pölten wohl in Lesesteinen, aber nicht anstehend gefunden. ze [3] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 391 Fuchsenwalde unweit Wernersdorf, nordwestlich von St. Pölten. Das Gestein ist dort teils grobschuppig, teils recht feinkörnig; im ersteren Falle enthält es viel Fibrolith und erbsengroße Granaten. Schmale Streifen und Linsen von Amphibolit sind hier, wie anderwärts, ein- geschaltet. Die Schieferung fällt steil gegen Süd und legt sich somit auch hier auf den Aplitgneis und den Granulit. Die östliche Fort- setzung der Zone der Plagioklasgneise kommt somit hier spuren weise zum Vorschein. Die Plagioklasgneise enthalten zwei knapp übereinanderfolgende Lagen von kristallinischem Kalkstein. Sie sind beim Dorfe Kornig in Steinbrüchen bloßgelegt und lassen sich hier am Gehänge oberhalb der Straße nach Egertsberg verfolgen. Unmittelbar beim Dorfe Egertsberg wird das nördliche Lager abgebaut, das zweite etwa 300 Schritte weiter südwärts an der Strabenbiegung. Jenseits der 1/; km breiten Lößmulde von Umbach und Egertsberg ziehen die Kalke in zwei gesonderten Streifen gut aufgeschlossen und stets gleich- sinnig südwestfallend über Nölling zu den großen Marmorbrüchen von Häusling, die bereits außerhalb des Kartenblattes gelegen sind. Außer- dem fand ich am Fahrwege beim Reiserhofe südöstlich von Mauer im Verwitterungslehm mehrere größere Blöcke von kristallinischem Kalk- stein }). Eine Anzahl von Graphitvorkommnissen gehört ebenfalls der Zone der Plagioklasgneise an. Bereits Stutz erwähut in seiner „Oryktographie von Unterösterreich“ (1807) Graphitbaue bei Rohr über der Pielach, im Eggersberge und im Haigsberge (jetzt Eckarts- berg und Hengstberg) am Abhange des Dunkelsteiner Waldes. Die beiden letztgenannten Baue sind gegenwärtig nicht vorhanden. Bei Rohr, und zwar zwischen der Straße und dem Walde oberhalb der Lochau, wurde dagegen vor kurzem neuerdings auf Graphit geschürft. Auf dem Feldwege zwischen Untergraben und Kornig und unmittelbar über/dem Kalklager von Kornig befinden sich kleine Graphitlinsen, deren Abbau versucht wurde. Graphitschmitzen im Gneis fand ich überdies in der Nähe des Kalkbruches von Nölling, westnordwestlich von Eckartsberg und am Waldrande oberhalb Hengstberg. Überhaupt begleitet der Graphit gern den Zug der Kalke im Hangenden oder im Liegenden. Zahlreiche breite und schmale Züge von Amphibolit sind dem Plagioklasgneis eingeschaltet. Der mächtigste unter ihnen erscheint etwa S00 m breit am Nordrande des Kartenblattes bei Gerolding und beim Reithofe. Er streicht fast genau NS, wendet sich aber bald gegen SO. In den Löß- und Tertiärabhängen kann man das Fortstreichen des Zuges an weniger ausgedehnten Aufschlüssen verfolgen ; man findet ihn wieder unterhalb Pfaffing beim Kronhofe, südlich von Lanzing, in der Lehmschlucht bei Untergraben und dann noch einmal in der Nähe von Raumersdorf am Feldwege nach Wimpassing. Ein zweiter, im Maximum (bei Ursprung) etwa 300 m breiter Amphibolitzug zieht 1) CäjZek (l. c. pag. 270) erwähnt noch eine Kleine Partie von körnigem “ Kalkstein im Lößterrain westlich von „Rainersdorf* (wohl Raumersdorf) bei Oster- burg. Ich konnte das Vorkommen nicht mehr antreffen, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 51 392 Dr. Franz E. Suess. [4] weiter im Westen etwas weniger gut aufgeschlossen über den oberen Teil des Sichtergrabens und über den Prackersberg in die Gegend oberhalb Ursprung und verschwindet am lößbedeckten Abhange gegen Mauer. Wenn man eine Wendung gegen Südost unter der Lößdecke voraussetzt, kann man die Fortsetzung dieses Zuges erkennen in den Amphiboliten beim Raiserhof und westlich von Edlitzberg und vielleicht auch noch in schmäleren, dem Schiefergneis eingeschalteten Bänken am Wege von Osterburg nachı Edlitzberg. Er erreicht nicht das Pielach- tal. Häufig trifft man recht schmale Bänke und Linsen und wieder- holte, nicht kartierbare Wechsellagerungen von Amphibolit mit Pla- gioklasgneis; so zum Beispiel oberhalb Hengstberg, bei Albrechtsberg und im Sichtergraben. Der Felsen, welcher das Stift Melk (knapp jenseits des Karten- randes) trägt, besteht aus stark zersetztem und «durch jüngere Kata- klase verändertem Quarzdiorit. Im Gehänge längs des Donauufers gegen die Pielachmündung enthält das Gestein stellenweise mehr amphibolitische Zwischenlagen und stellenweise auch solche von Pyroxen führendem Gneis. Den wiederholten Wechsel von Amphibolit und Gneis abwärts der Pielachmündung beschrieb bereits CZjZek. Auch diese Gesteine sind in der Regel sehr stark zersetzt und ihre Verbandsverhältnisse sind durch Waldwuchs verschleiert. Die Gneise oft als Augengneise entwickelt, mit etwa 3—5 mm großen porphyrischen Plagioklasen, dürften ein Bestandteil des Eruptivgesteines sein. Ahn- liche hochgradig kataklastische Gesteine begleiten gegen Westen die Bahnlinie und die Straße gegen Winden. Dort zeigte mir Herr Prof. Sigmund einen stark kataklastischen Amphibolgranitit, mit dessen genauer Beschreibung er eben beschäftigt ist. Das Gestein enthält ebenfalls dioritische und gneisartige Einschlüsse, und ich halte den Diorit vom Stifte Melk für eine Abart und einen Ausläufer des Stockes von Winden. Ob die Amphibolite an der Pielachmündung als ‚basische Randbildungen und die unten näher beschriebenen Pyroxen und Hornblende führenden Adergneise bei Spielberg ‘an der Pielach als Imprägnationen in der Nachbarschaft dieses Stockes aufzufassen sind, wage ich nicht zu entscheiden. Das Streichen der Plagioklasgneise im Pielachtale oberhalb der Herrenmühle ist noch nordsüdlich mit steilem Westfallen und fügt sich noch ziemlich gut in den gewölbeförmigen Aufbau, welcher den Granulit des Dunkelsteiner Waldes ummantelt. In der Nähe der Donau jedoch, sowohl im unteren Sichtergraben als auch im Pielachtale unter- halb der Herrenmühle, wendet das Streichen plötzlich nach Westen oder Nordwesten, das Fallen ist gegen Süd oder Südwest gerichtet. Die Schieferung der kataklastischen Diorite bei Melk streicht eben- falls ostwestlich und fällt mit etwa 30° gegen Süd. Ein isolierter Aufbruch von granatführendem Plagioklasgneis befindet sich unter dem tertiären Sande des Wachberges, an der Straße von Loosdorf nach Melk beim Wächterhause Nr. 100. Wird schon im nördlichen Gebiete die Beobachtung und die Verfolgung der einzelnen Gesteinszüge häufig erschwert durch die Lößbedeckung und den stellenweise recht mächtigen Verwitterungs- lehm, so ist das in noch weit höherem Maße der Fall im Süden, in [5] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 393 den östlichen Ausläufern des Hiesberges. In den südlichen Abhängen des Höhenzuges, gegen Ponsen und Siegendorf, sowie gegen Hermers- dorf und Lebers(dorf findet man nur recht selten anstehendes Gestein; in der Regel sind nur Lesesteine von glimmerarmen oder glimmer- reichem Gneis und Amphibolit verstreut im Verwitterungslelim. Buchten von feinkürnigem tertiären Sande greifen tief ein zwischen die Ur- gebirgshügel bis Maria-Steinparz. Das herrschende Gestein in dem ganzen Gebiete ist ein weiber, manchmal recht glimmerarmer, mittel- bis feinkörniger Biotitgneis, unzweifelhaft ein Orthogneis, oft nicht unähnlich den glimmerarmen Gneisen, welche den Granulit des Dunkelsteiner Waldes umranden. In großen Blöcken und auch anstehend trifft man diese Gesteine am Wege von Anzendorf zur Schallaburg. Die feldspat- und quarzreichen Partien sind dort durchzogen von ziemlich grobschuppigen, teils scharf begrenzten, teils wolkigen Glimmerflasern. In der Nähe der Schalla- burg und auf den westlichen Höhen stellen sich in großer Zahl Blöcke ein von massigem oder schiefrigem Amphibolit und auch einzelne Blöcke eines Gneisglimmerschiefers. Bei der Schallaburg bildet der Amphibolit wohl umgrenzte deutliche Linsen und Streifen im ziemlich glimmerreichen, flaserigen weißen Gneis. Ein NNW- SSO zum Waida- berge bei Lebersdorf streichender Zug von Amphibolit läßt sich mehr vermuten als mit Sicherheit nachweisen. Bei Maria-Steinparz nächst der Kapelle steht Amphibolit an, vergesellschaftet mit glimmerreichem, sranatführendem Gneis. Letzterer läßt sich mit ziemlicher Sicherheit an den Lesesteinen südwärts verfolgen, quer über die Straße gegen den Bauernhof Ponser. Weitere Einlagerungen von glimmerreichem Gneis im weißen Gneis befinden sich auf der Hohen Mais nördlich von Siegendorf bei Kote 366 und in undeutlichen Spuren nachweisbar oberhalb der Kohlwiese beim Hofe Herrenreitli westlich von Steinparz. Die Schieferung streicht im ganzen Gebiete im allgemeinen gegen NNW oder NS; sie steht senkrecht oder fällt sehr steil gegen WNW oder NW und demnach im entgegengesetzten Sinne, wie die gegen- überliegenden Plagioklasgneise bei Loosdorf und in der Lochau. Die Nordwestecke des Kartenblattes St. Pölten wird von der Donau durchschnitten und somit fällt noch ein kleines Stück des link- seitigen Grundgebirges gegenüber von Melk in das Kartenblatt. Man erkennt deutlich, daß die Donau in dieser Strecke einer Störungslinie folgt, die Gesteine an beiden Ufern sind gänzlich verschieden. Während die rechte Seite von den erwähnten kataklastischen Dioriten und Amphi- boliten gebildet wird, besteht das linke Ufer bei Emmersdorf aus hellfarbigem Granulitgneis. Mit diesem letzteren mag hier eine kurze Beschreibung der wichtigsten Gesteinstypen beginnen. I. Granulitgneis von Emmersdorf. Das weiße Gestein, wie es nächst der Überfuhr von Melk nach Lubereg, bei Emmersdorf und bei Reith an mehreren Stellen gebrochen wird, unterscheidet sich vom typischen Granulit weniger durch den 51* 394 Dr. Franz E. Suess. [6] seringen Biotitgehalt als durch ungleiches,. meist gröberes Korn und durch das Zurücktreten der Parallelstruktur. Die äußerst zarten, rötlichbraunen Biotitschüppchen sind in unbestimmt wolkig umgrenzten Streifen stellenweise angereichert und fehlen vollständig in manchen erobkörnigen, aplitähnlichen Lagen. Die für die echten Granulite bezeichnende bandstreifige Schieferung kann hier nicht wahrgenommen werden. Der rötlichbraune Granat kann selbst erbsengroB werden, in der Regel erreicht er aber nur die Größe eines Hirsekornes oder eines Stecknadelkopfes; er wird stets noch mit freiem Auge wahr- senommen. Am größten wird er in den weißen glimmerfreien, zucker- körnigen Lagen, wo er zu rotbraunen, streifigen Gruppen angereichert ist. Farblose, etwa !/; mm große Körner von Disthen sind relativ spärlich; ebenso sind die Anflüge von Fibrolith auf den Schieferungs- flächen hier etwas seltener als sonst in den niederösterreichischen Granuliten. Auch unter dem Mikroskop fällt der unbestimmt streifen- weise Wechsel der Korngröße auf und erinnert an Kataklasstruktur. Orthoklas bildet mindestens die Hälfte, meistens aber ?/; oder 3/, der Gesteinsmasse. Bei sehr starker Vergrößerung erweist er sich stets als äußerst feingefaster Mikroperthit, der fast zum Krypto- perthit wird. Wie ich im folgenden Aufsatze ausführe, sind zweierlei Plagioklaseinlagerungen im Mikroperthite zu beobachten, und zwar zunächst die unmeßbar zarte Lamellierung von Albit, welche in jedem Korne (außer in Schliffen parallel der Querfläche) sichtbar ist; sie durch- zieht als vollkommen geradlinige Streifung das Korn und entspricht nach Brögger und anderen einem steilen Orthodoma (801). In vielen Körnern befinden sich außerdem größere spindelförmige oder linsen- förmige oder rundliche Körper von Oligoklas, welche entweder parallel der feinen Lamellierung oder ganz unregelmäßig angeordnet und ver- teilt sind. Gegitterter Mikroklin wurde nur an einer Stelle in einem Schliffe vom Ostende des Dorfes Emmersdorf beobachtet. Quarz mit den gewöhnlichen Zügen von Gas- und Flüssigkeitsein- schlüssen und stellenweise mit undulöser Auslöschung ist nach Orthoklas der reichlichste Bestandteil; er bildet rundliche und stumpfeckige Körner und Körnergruppen, während der Orthoklas, zufolge seiner tiefen Stellung in der kristalloblastischen Reihe, gern hohlgeformte Umrisse annimmt, sich spitzeckig zwischen die Fugen der Nachbar- körner drängt oder auch in Form ganz kleiner, unregelmäßiger Lappen die Zwischenräume ausfüllt. Plagioklas, nach der Lichtbrechung und den Auslöschungen in Schliffen L M und P ein ziemlich basischer Oligoklas (etwa Ab, An,), ist etwas häufiger als sonst in Granuliten und wird besonders häufig in einigen weniger orthoklasreichen Varietäten im Steinbruch unmittelbar bei der UÜberfuhr über die Donau und bei Reith, nörd- lich von Emmersdorf. Dann erreichen die Oligoklase nicht selten die Größe der Orthoklaskörner und es kommt durch die Einwachsung der Orthoklaskörper im Oligoklas häufig zu antiperthitähnlichen Bildungen ?). Relativ große Lappen von Orthoklas (oder Kryptoperthit ?), !) Als Antiperthite bezeichne ich Plagioklase, welche regelmäßige Einschlüsse von Orthoklas enthalten, Siehe den folgenden Aufsatz in diesem Bande. 7] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 395 rechteckig oder unregelmäßig begrenzt oder spindelförmig und keulen- förmig in die Länge gezogen, auch in paralleler Lage durch Aste und Verzweigungen miteinander verbunden, sind im allgemeinen bei- läufig in der Längsachse des Wirtes gestreckt. Es ist auffallend, daß der Ortlhoklas im Gestein oft etwas getrübt, der Ogligoklas da- gegen vollkommen klar geblieben ist. In anderen Schliffen findet sich allerdings stark getrübter Plagioklas, daneben aber auch ganz klare, kleine gestreifte Körnchen, wie wenn. zweierlei Plagioklase vorhanden wären. Hie und da sieht man zonare Auslöschung, auch in einzelnen von Orthoklas durehbrochenen Körnern. Die symmetrische Auslöschung ist gegen außen um wenige Grade höher und läßt somit auf inverse Zonenstruktur, das ist eine weniger saure Hülle gegen- über dem Kerne schließen, wie das nach Becke der Regel für die kristallinischen Schiefer entspricht‘). Myrmekitische Anwachs- zapfen an den Rändern der Orthoklase fehlen in keinem Schliffe, sie werden häufiger und größer in den an Plagioklas reicheren Varietäten. Kleine Schüppchen von Biotit (tiefrotbraun-blaßgelb) sind un- regelmäßig verteilt, oder in lockeren Reihen geordnet. Er enthält manchmal, aber nicht häufig, in Form von Gruppen und Büscheln oder vereinzelt, zarte Nädelchen, die an den knieförmigen Zwillingen als Rutil erkannt werden. Im vollkommen frischen Biotit scheinen sie zu fehlen; wo der Biotit aber besonders stark zersetzt und gründlich gebleicht ist, treten an ihre Stelle stark lichtbrechende und lebhaft polarisierende, längliche oder unregelmäßige Körnchen (Epidot?) oder infolge der Kleinheit völlig undurchsichtiges Körnerhanfwerk. Der Granat ist farblos, nur selten blaßrot; kleinere Individuen sind rundlich, manchmal mit Andeutung stumpfeckiger Umrisse, die größeren bilden meistens unregelmäßige, halbmondförmige oder ringförmige Peri- morphosen um Quarz und Feldspat und Biotit. Farbloser Disthen fand sich nur in einem Schliffe von Reith bei Emmersdorf. Auffallend häufig ist Apatit; die .kleinsten Individuen bilden kristallographisch sehr scharf umgrenzte Säulchen; größere Körner von 0:1 bis 0:3 mm Länge sind unregelmäßig gestaltet. Weit seltener ist Zirkon und vereinzelt auch Rutil in Form tiefbrauner Körner oder Säulchen (bis 0:6 mm lang). Opake Bestandteile sind recht selten. Man sieht glänzende oder rotbraun zersetzte Erzschüppchen und in wenigen Fällen auch weißliche, undurchsichtige Massen, die für Leu- koxen zu halten sein dürften (Emmersdorf). II. Granulite nordwestlich von St. Pölten. Die Gesteine des Abhanges gegen Ober-Mamau, Watzelsdorf und Sasendorf sind glimmerarme und stets granatführende Granulite mit scharf liniierter Parallelstruktur. — Orthoklas, in derselben mikro- perthitischen Ausbildung wie in den Gesteinen bei Emmersdorf, bildet abermals wenigstens 3/, der Gesteinsmasse; neben Quarz ist stets auch ') F.Beck e, Über Mineralbestand und Struktur der kristallinischen Schiefer. Denkschriften der kais, Akad. d. Wissensch., Math.-nat. Kl. Bd. LXXV, 1903, S. 45. 396 Dr. Franz E. Sness. [8] etwas gestreifter Oligoklas und auch Myrmekit im Grundgewebe zu sehen; farbloser oder blaßroter Granat in Körnern und Perimorphosen, etwas Disthen und sehr kleinschuppiger Biotit ergänzen das für Granulite typische Bild. Allerfeinste Sagenitbüschel finden sich oft im Biotit (Apatit, Zirkon, Rutil und spärliche Erze). Im Waldgebiete, südwestlich vom Schlosse Goldeck und nörd- lich von Windsehnur, wo der Granulit in zahlreichen Blöcken entlang der Wege umherliegt, beobachtet man nicht selten faustgroße und größere dunkle und dichte Einschlüsse im lichten Gestein. Die Ein- schlüsse zeigen dieselbe Parallelstruktur und dasselbe Gefüge wie der umgebende Granulit, in den sie verschwommen und ohne scharfe Grenze übergehen. Unter dem Mikroskop erkennt man sie als plagio- klasreichen und hypersthenführenden Granulit. Der Hyper- sthen wird in plagioklasreichen Gesteinen am häufigsten und über- trifft dort in einzelnen Abarten, in denen er besonders angereichert ist, zwar nicht an der Größe der Individuen, aber an Menge be- deutend den Granat. In den Gesteinen, in welchen Orthoklas noch den Hauptbestandteil ausmacht, tritt er nur spärlich auf. Er bildet völlig farblose oder sehr blaßgrünliche, unregelmäßige Körner, oder in die Länge gezogene, lappige und gleichsam zerfressene Gestalten ; sie können 1 mm Länge erreichen, sind jedoch meistens bedeutend kleiner. Es sind dieselben Ausbildungsweisen, welche Dathe von den Pyroxenen mancher sächsischen Granulite beschreibt !); nach der relativ geringen Doppelbrechung sowie nach deren negativem Charakter in Schnitten senkrecht zu einer optischen Achse konnte das Mineral als rhombischer Pyroxen erkannt werden?) Ein nicht sehr plagioklasreicher Schliff enthält an Stelle der Pyroxenkörnchen Flecke einer durch feine opake Stäubcehen getrübten grünlichen Substanz, mit lebhafter Doppelbrechung. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man wirr durcheinanderliegende oder beiläufig parallel gestellte Fasern und Schüppchen mit sehr deutlichem Pleochroismus (Schwingungen parallel zur Längsachse [c] schmutziggrünlichgelb, quer [a] fast farb- los) und kleiner Auslöschungsschiefe. Obwohl keine Spur von frischem Hypersthen in dem Schliffe vorhanden ist, vermute ich hier faserige Hornblende (Dathes „Viridit“) als Zersetzungsprodukt des Pyroxens. In dem an Orthoklas (Mikroperthit) sehr armen Granulit kommen die Antiperthite (Oligoklas-Mikroperthite) zur schönsten und ele- santesten Ausbildung. Die Orthoklasmenge, welche dann selbständig als Füllmasse zwischen den umgebenden Körnern auftritt, ist geringer als jene, welche in Form zarter Spindeln oder einseitig abgestumpfter Keilgestalten in sehr ungleichmäßiger Verteilung dem Oligoklas ein- gelagert sind. Wie ich an anderer Stelle näher ausführe, nehmen diese Spindeln in den Körnern verschiedene kristallographische Richtungen !)E. Dathe, Die Diallaggranulite der sächsischen Granulitformation. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch., Bd. 29, 1877, S. 280. ?) Die einfache Methode der Bestimmung des optischen Charakters in Schnitten senkrecht zı einer optischen Achse wurde mir von Herrn Prof. Becke gütigst mitgeteilt. Sie wird demnächst in den Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften näher beschrieben werden. Hierfür sowie für manche andere Ratschläge bin ich Herrn Professor Becke zu großem Danke verpflichtet. [9] Das Grundgebirge im Kartenbiatte St. Pölten. 397 ein. Ein Teil ist reichlicher an den Zwillingsgrenzen eingeschaltet und in seiner Richtung beiläufig parallel der Hauptachse gestreckt, ein zweiter Teil liegt quer zur Zwillingsgrenze und, wie es scheint, parallel den Kanten zwischen den Prismen und den Endflächen; doch werden die Richtungen nicht stets streng eingehalten, meistens werden leichte Abweichungen von der Hauptrichtung und Krümmungen der Spindeln beobachtet. Das Bild ist gänzlich verschieden von dem der zart lamellierten Orthoklasmikroperthite. Dagegen konnte in den Ortlo- klasspindeln selbst nicht selten die äußerst feine Mikroperthitlamnel- lierung beobachtet werden. Der Plagioklas, der nach der symmetrischen Anslöschung in Schliffen [L (001) und (010)] als Andesin oder basischer Oligo- klas bestimmt wurde, zeigt häufig, aber nicht immer, zonare Aus- löschung. Die Erscheinung ist, wie es scheint, am schärfsten ausgeprägt, wo ein Plagioklaskorn unmittelbar an einen Granat oder einen Pyroxen anstößt. Dort begleitet oft ein schmaler Saum anorthitreicherer Sub- stanz, welche um zehn oder mehr Grade von der Auslöschung des übrigen Kornes abweicht, die Grenze zwischen beiden Mineralien. Der blaßrote Granat bildet unregelmäßige, eingebuchtete und ausgezackte Gestalten, deren Umrisse in eigentümlicher Weise den be- ‘ nachbarten Biotitschüppchen ausweichen. Wo ein leistenförmiger Quer- schnitt von Biotit gegen den Granat heranragt, bildet die Grenze des letzteren eine deutliche Einbuchtung, so daß zwischen beiden Mineralien noch ein etwa 0.02—0:05 mm breiter Saum von farbloser Substanz bleibt, der in mehreren Fällen als Plagioklas erkannt werden konnte. Fast an jedem Granatkorne kann diese Erscheinung beobachtet werden. Häufig durchbricht eine querstehende Biotitschuppe die Schale einer Granatperimorphose. Hat sich der Granat in seinem Wachstum der Breitseite einer Biotitschuppe genähert, so verläuft seine Grenze parallel der letzteren und manchmal sieht es aus, als wäre das völlig unregelmäßig gestaltete Granatkorn von einem lockeren und unter- brochenen Gerüste von Biotitleisten umrahmt. Kleinere Einschlüsse von Biotit im Granat sind ebenfalls von einem Hofe farbloser Substanz umgeben. Nur selten kommt der Granat mit dem Biotit in unmittel- bare Berührung. Hie und da umzieht noch ein Kranz von Hypersthen- körnern die ganze Gruppe. (Siehe Fig. 1 und'2, S. 394 ) Die gleiche Erscheinung bildet Lehmann ab aus Granuliten des sächsischen Granulitgebirges; der Biotit ist dort noch reichlicher vertreten und umeibt nicht selten den regelmäßigen Rest eines Granat- kernes in einer Anordnung, in welcher scheinbar noch der äußere Umriß des ehemals größeren Granaten zum Ausdrucke kommt. Leh- mann nimmt an, daß der Biotit aus dem Granat entstanden und auf Kosten des Granats gewachsen ist. Man kann sich vielleicht aber auch vorstellen, daß die Kristalloblasten von Granat und Biotit im Grundgewebe gleichzeitig gewachsen sind, daß beide im vorliegenden Falle in chemischer Hinsicht sehr nahe verwandt sind und daß, wo sich ihre Ränder sehr genähert haben, der Gehalt an Substanz in der kapillaren Lösung für beide Moleküle nicht mehr ausreichte: Der wachsende Biotit entzog dem unmittelbar benachbarten Granat die Nahrung und verursachte so eine Einbuchtung der Granatumrisse in 398 Dr. Franz E, Suess. [16] Fig. Granatperimorphosen im pyroxen-führenden Granulit NW von St, Pölten. [111] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 399 seiner nächsten Umgebung. Wenn die Annahme Lehmanns!) hier selten sollte, müßte man einen beträchtlich größeren Reichtum von Biotit in der nächsten Nähe der Granaten erwarten; durchaus nicht immer befindet sich Biotit in der Nachbarschaft der Granate und er ist keineswegs in der Nähe der Granate in irgendwie auffallender Weise gehäuft. Bei der ziemlich gleichmäßigen Verteilung der Glimmerschuppen im ganzen Gestein in gleichartiger Ausbildung und ähnlicher Anordnung macht das örtliche Zusammentreffen von Biotit und Granat vielmehr den Eindruck des Zufälligen. Die Annahme eines selbständigen Wachstums des Biotits sowohl wie des Granats aus dem Grundgewebe, das nur dort behindert wird, wo die beiden gleicher Metalle bedürftigen Kristalloblasten nahe aneinandertreten, scheint mir im vorliegenden Falle demnach größere Wahrscheinlichkeit zu besitzen. Wo eine Granatperimorphose ein größeres Feldspatkorn oder auch eine Gruppe von Körnern teilweise umschließt, sind in der Regel die Spindel der Mikroperthite viel größer entwickelt als in den Mikro- perthiten des Grundgewebes (Fig. 1 und 2). Der äußere Umriß der Perimcrphose ist xenoblastisch, der Hohlraum dagegen idioblastisch gegenüber dem umschlossenen Perthit. Orthoklas und Plagioklas sind hier häufig in Form von Streifen und Spindeln oder als lang- sezogenes Netzwerk, beiläufig in. gleicher Menge durcheinander gewachsen, so daß oft in einem Teile des Kornes längliche Spindeln von Orthoklas im Plagioklas liegen und an einem anderen Teile wieder das umgekehrte der Fall ist und das Korn demnach teils als Antiperthit und teils als Perthit zu bezeichnen wäre. Der der geradlinigen Granat- wand unmittelbar anliegende Saum ist jedoch klarer Plagioklas ohne Örthoklaseinlagerungen und anorthitreicher als der Kern, eine Er- scheinung, die an die schmalen basischen Feldspatsäume an den Pyroxen- oder Granatgrenzen in Amphiboliten und Gabbros erinnert. Alle diese Erscheinungen erklären sich leicht durch das kristallo- blastische Wachstum der Bestandteile in der starren Gesteinsmasse, wobei ein Austausch der Substanzen in unmittelbarer Nähe erfolgt, wenn sich vielleicht auch eine bestimmte Formel für den Austausch der Moleküle in den benachbarten Körnern vorläufig nicht geben läßt. In den Kammern der Granatperimorphosen mag die Zirkulation der kapillaren Lösung verlangsamt und weniger durch Pressung beeinflußt gewesen sein; es herrschten geänderte Kristallisationsbedingungen, welche andere Feldspatarten und eine andere Entwicklung der Perthite ermöglichten. Hornblende wurde nur in einem Schliffe zusammen mit Hypersthen, aber in geringerer Menge gefunden; die Farbe ist recht intensiv braun oder bräunlichgrün, schmutziggrün und blaßgelblich- grün (b> c > a), Auslöschung zirka 15%. Die Prismenflächen sind manchmal gut entwickelt und man trifft die charakteristischen spitz- rhombischen Querschnitte; manchmal sind die Körner unregelmäßig lappig gestaltet, ähnlich wie der Hypersthen. !) Lehmann, Untersuchungen über die ne der altkristallinischen Schiefergesteine. Bonn 1884. 8. 223. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 52 400 Dr. Franz E. Suess. [12] Die akzessorischen Bestandteile: Apatit, Zirkon, Rutil, Erze (Titaneisen, Magnetit, selten Pyrit) sind im allgemeinen in hypersthen- führendem Granulit etwas reichlicher vertreten als im normalen Granulit. III. Aplitischer und glimmerarmer Gneis im Dunkel- steiner Walde, bei Hohenegg und nördlich von St. Pölten. In petrographischer Hinsicht steht dieses Gestein mit Granuliten, seiner Verbreitung nach aber mit den benachbarten Diopsidamphi- boliten in naher Beziehung. Der Hauptbestandteil ist abermals Mikro- perthit; sehr reichlich ist Quarz vorhanden, weit spärlicher Plagioklas; Biotit tritt in recht wechselnder Menge auf, er kann ganz fehlen und wird kaum je so häufig, wie etwa in den typischen Formen des Waldviertelgneises der Gegend um Gföhl. Granat fehlt meistens ganz, ist aber in anderen Fällen auffallend angereichert und selbst erbsen- sroß (Windschnur, bei der Ederleiten im Dunkelsteiner Walde u. a. a. O.). Disthen oder Fibrolith wurden weder mit freiem Auge noch im Dünnschliffe gefunden. Was das Gestein beim ersten Anblicke vom Granulit unterscheiden läßt, ist das bedeutend größere Korn und das Zurücktreten der Parallelstruktur. Gesteine von gröberem Korne, die oft ziemlich große Granate enthalten (Windschnur), sind oft fast glimmerfrei, erhalten bei der Verwitterung rötliche Streifen und durch das Hervortreten der Quarzkörner ein sandsteinähnliches Aussehen. Bei wechselndem Glimmergehalte und nicht allzu grobem Korne nähern sich die Gesteine bald einem ziemlich feinkörnigen Granit (zum Beispiel Eichberg unterhalb Ruine Hohenegg), bald einem unbestimmt flaserigem Gneis (zum Beispiel Weghof bei Hafnerbach). Nur im Osten, bei Ober-Mamau tritt das Gestein mit dem echten Granulit in unmittelbare Berührung, im Westen ist es von diesem durch die obener- wähnten breiten Züge von Diopsidamphibolit getrennt. In dem schlucht- ähnlichen Wasserriß rechts der Straße bei „Kalbling“ nach Ober-Mamau sieht ein stellenweise ziemlich glimmerreicher Gneis an, den ich zu derselben Gesteinsgruppe rechne; er streicht WNW—OSO, fast O—W mit sehr steil gegen Süd geneigter oder fast senkrechter Schieferung. Der Gneis enthält zahlreiche Zwischenlagen oder wenige Meter lange Linsen aplitischer und granulitischer Gesteine, manchmal gehen sie in den benachbarten Gneis über; ferner enthält er wenige Zentimeter oder auch bis 3 m mächtige wiederholte Zwischenlagen verschieden- artiger, zum Teil porphyrischer Amphibolite, welehe in der Regel ziemlich stark zersetzt sind. Stellenweise schwellen sie plötzlich zu mächtigen Linsen an und keilen nach wenigen Schritten bereits zu dünnen Streifen aus, welche den Faltungen und Biegungen der im allgemeinen senkrechten Schichtflächen folgen. Außerdem werden alle Gesteine in dieser ziemlich ausgedehnten Regenschlucht nach den verschiedensten Richtungen von geradlinigen pegmatitischen Adern und Gängen durchzogen. Der Mikroperthit ist äußerst feinfaserig, in der gleichen Aus- bildung wie in den Granuliten. Er kann ?/, der Gesteinsmasse ausmachen; [13] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 401 dann fällt der Rest fast ganz dem Quarz zu. Saurer Oligoklas ( o>vy,.> eo, mit stets sehr kleiner symmetrischer Auslöschung) findet sich dann nur in wenigen myrmekitischen Zapfen und in einigen sestreiften Körnern; dazu kommen noch wenige Schuppen von sehr lebhaft pleochroitischem, holzbraunem Biotit, mit sehr kleinem Aclısen- winkel. Größere Quarzkörner zeigen undulöse Auslöschung. Ein großer Teil des Quarzes bildet aber mit rundlichen oder abgestumpft eckigen Umrissen Einschlüsse im Feldspat. Es vollzieht sich eine Annähe- rung von der granoblastischen zur granophyrischen Struktur. Andere Abarten enthalten bedeutend mehr Oligoklas; die Orthoklasmenge sinkt dann kaum auf !/; herab und beträgt wohl immer noch mehr als die Hälfte aller übrigen Bestandteile. Gestreifter Oligoklas scheint dann in Gruppen von Körnern stellenweise angereichert zu sein und einzelne besonders große Körner (bis 2 mm) treten auffallend hervor. Ein zonarer Aufbau innerhalb enger Grenzen wird dann stellenweise sogar auch in den Myrmekiten beobachtet. Rechteckig umgrenzte oder längliche Orthoklasfleckchen finden sich hie und da gruppenweise im Oligoklas; doch kommt es nicht zur Entwicklung regelmäßiger Anti- perthite. Sekundäre Albitausscheidungen finden sich in mechanisch beeinflußten Gesteinspartien, besonders auf den Spaltflächen der Ortho- klase. Granat, wenn überhaupt vorhanden, bildet mehr vereinzelte, aber dem allgemeinen gröberen Korn entsprechend, größere Gestalten als im Granulit; wo ihm Glimmerleisten entgegenragen, zeigt er die- selben tiefen Einbuchtungen, wie die Granaten des Granulites. Apatit erscheint in Gruppen größerer Körner oder sehr dünner, etwa 0:05 bis O1 mm langer Nädelchen im Feldspat. Zirkon findet sich in den gewöhnlichen kleinen Eiformen. IV. Weisser Gneis im Süden (bei Schallaburg, Hiesbersg, Hohe Mais, Waidaberg). Schliffe dieses Gesteines von der Höhe NÖ der Schallaburg und von Oed nahe dem westlichen Kartenrande zeigen in Bezug auf Struktur und Mineralbestand große Ähnlichkeit mit den glimmerarmen Gneisen von Hohenegg und Windhof. Wie dort herrscht Mikroper- thit und Quarz, ersterer überwiegt in der Regel um weniges über den zweiten. Ein Oligoklas (Auslöschung L PM: >a—y>o) findet sich hauptsächlich in Form myrmekitischer Zapfen im Mikro- perthit, seltener in Form größsrer Körner. Einen Unterschied gegen das genannte Gestein bilden die ziemlich grobschuppigen Flasern von Biotit (tief rotbraun bis blaßzelb). In dem Gesteine von Oed fand sich gegitterter und äußerst feinfaseriger Mikroklinperthit, verbunden mit Anzeichen von Kataklase und sekundären, breiteren Albitaus- scheidungen. Ein Epidotkorn im Plagioklas deutet ebenfalls auf be- ginnende mechanische Umwandlung. Dasselbe Gestein enthält über- dies sehr spärliche kleine Granaten und kleine Hornblendebüschel, sowie rechteckige und rundliche Körnchen von Pyrit. Die gewöhn- lichen UÜbergemengteile Apatit und Zirkon sind in diesen Gesteinen auffallend großkörnig entwickelt. Ho 402 Dr. Franz E. Suess. [14] V. Diopsidamphibolit. Die Gesteine, welche bei Windschnur und im Walde nördlich von Hafnerbach in breiten Zügen mit dem Aplitgneis wechsellagern, sind dunkelgraugrün, grob gebankt, richtungslos oder bandstreifig körnig, mit kleinem, seltener feinem Korn, so daß man mit freiem Auge meistens recht gut den wechselnden Gehalt an weißem Feld- spat, die etwa !/, bis 1 mm, vielleicht auch 2 mm großen Spaltflächen der dunklen Hornblende und weniger deutlich den hellgrünen oder gelblichgrünen Pyroxen erkennen kann. Nicht selten gewahrt man außerdem tiefrote Granate, in der Regel in Form kurzer Streifen und Linsen. Wo der Fußweg westlich von Würmling bei Windschnur einen kleinen Graben überschreitet, triftt man nahe der Granulitgrenze sroße Blöcke von dunklem, etwas streifigem, porphyrischem Diopsid- amphibolit; sie enthalten in großer Zahl 5—10 mm große Feldspat- augen, welche, wie das Mikroskop lehrt, aus Gruppen großer durch- einandergewachsener Körner von schön gestreiftem basischen Plagioklas bestehen. Diablastische, stellenweise auch Kelyphitstruktur,, poikilo- blastische und Siebstruktur sind in diesen Gesteinen vertreten. Die Mengenverhältnisse der drei Hauptsbestandteile: Plagioklas, Augit und Hornblende sind ziemlichen Schwankungen unterworfen; ersterer macht nicht selten fast die Hälfte der Gesteinsmasse aus, die letzteren beiden sind oft in ziemlich gleicher Menge vorhanden oder sie sind in streifigen Lagen abwechselnd angereichert. Nur in einem Schliffe aus dem unteren Tale des Matzengrabens bei Wind- schnur fehlt der Augit vollständig. Der Plagioklas, stets mit prächtiger Zwillingsstreifung nach beiden Gesetzen, wird an der symmetrischen Auslöschung (in der Regel 26— 30°) der Lamellen nach dem Albitgesetze in Schnitten senkrecht zu (010) und (001) als Labrador erkannt mit einer beiläufigen durchschnittlichen . Zusammensetzung Ab, An,. Seltener sind noch höhere symmetrische Auslöschungen in solchen Schnitten, über 35° ja selbst stark über 40° (einzelne Schliffe aus dem unteren Teile des Matzengrabens). In diesem Falle zeigte der deutlich optisch positive Charakter, daß der Plagioklas bereits sehr dem Anorthit genähert ist. Zonarer Aufbau ist die Regel und be- wegt sich etwa vom sauren Labrador im Kern bis zum basischen Labra- dor oder Bytownit in der Hülle. Dort, wo der Plagioklas unmittelbar an Pyroxen oder Amphibol grenzt, ‚befindet sich ein ganz schmaler basischer Saum, in welchem die Auslöschung ziemlich plötzlich wech- selt; die Erscheinung ist hier weit allgemeiner und deutlicher als in den pyroxenführenden Granuliten. Der Diopsid ist unter dem Mikroskop farblos oder sehr blaß- meergrün, mit Spuren von Dichroismus; er bildet ganz unregelmäßige Körner mit deutlich prismatischer Spaltbarkeit und die Querschnitte, in denen sich die Spaltrisse nahezu rechtwinklig kreuzen, zeigen den Austritt einer optischen Achse und positiven Charakter. Fast immer ist der Diopsid erfüllt und selbst siebartig durchlöchert von rundlichen und tropfenförmigen Einschlüssen von Plaeioklas — im Gegensatz zur Hornblende, welche fast ganz frei ist an fremden Interpositionen. T15] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 403 Nieht selten ist auch poikiloblastische Durchwachsung von Plagioklas und Diopsid in der Art, daß letztere in wurmförmigen, gleichzeitig auslöschenden Körnern den Plagioklas durchdringt. Die Farbe der Hornblende ist in verschiedenen Schliffen recht verschieden; häufig blaßkaffeebraun, blaßgelblichbraun, fast farblos oder auch grün bis grünlichbraun und blaßgelblichgrün (stets c>b>a) und sehr wechselnd an Intensität. Auslöschungen wurden mit zirka 16° in Schnitten parallel zur Achsenebene gemessen. Die Gestalt ist im allgemeinen unregelmäßig, nur die Prismenflächen sind da und dort etwas deutlicher entwickelt. Manchmal ist die Hornblende parallel verwachsen mit Diopsid oder umhüllt denselben und bildet längliche Einschlüsse. Granat ist meistens vorhanden, im Schliffe blaßrot gefärbt. Er bildet längliche Körner oder ganz unregelmäßige, gerade oder verbogene Streifen und wurmförmige Gestalten. In der Regel ist er sanz durchlöchert von Einschlüssen, manchmal so, daß sich unter ge- kreuzten Nicols ein buntes Mosaik von Diopsid und Titanitkörnern vom danklen.Granat abhebt. Nicht selten übertrifft die Masse der Einschlüsse diejenige des Wirtes, der sich randlich unbestimmt in einzelne Körner auflöst. Die Granate sind in vielen Schliffen umgeben von den bekannten kelyphitischen Strukturen, mit ringsum ausstrahlenden, stengeligen und keulenförmigen und stumpfhackenförmigen Gestalten von Amphi- bol oder Diopsid. Die einzelnen Stengel enden spitz in der Richtung gegen den Granat, ohne ihn zu berühren. Die zwischenliegenden kleinen Plagioklaskörner zeigen die zonare Auslöschung hier in besonders hohem Grade; sie macht in den kleinen Körnern fast einen ähnlichen Eindruck wie undulöse Auslöschung. Es finden sich jedoch zuweilen die gleichen zentrischen Strukturen, ohne den zentralen Granatkern; dann stehen die inneren verschmälerten Enden der Stengel einander gegenüber, gleich den Zähnen von Kämmen — eine Erscheinung, die sich durch eine sekundäre Entstehung dieser zen- trischen Strukturen recht gut erklären ließe, indem eben in diesem Falle der Granat durch den neugebildeten Amphibol oder Pyroxen gänzlich aufgezehrt worden wäre. Sehr verbreitet ist der blaßrötlichbraune Titanit, meist in Form ‚beiderseits zugespitzter Körner, relativ seltener der Apatit und nur in recht kleinen Individuen findet sich Zirkon in manchen Schliffen, ferner nicht selten bräunliche Nädelchen von Rutil. An Erzen findet sich nicht selten Magnetit, am häufigsten aber der oft in Limonit zersetzte" Pyrit. Ein Schliff des Gesteines, das oberhalb Hafnerbach mit dem aplitischen Gneis wechsellagert, enthält nebst Labrador-Bytownit, Diopsid, Granat und Titanit noch ziemlich reichlich Skapolith und einzelne kleine Oaleitkörnchen; es nähert sich somit den unten er- wähnten Para-Augitgneisen.. Es wird hier schwierig, eine Entscheidung zu treffen, ob das Gestein zu letzteren oder zu den hier beschrie- benen Orthogesteinen zu rechnen ist. Das Fehlen des Quarzes in allen hier erwähnten Gesteinen und in dem von Hafnerbach kann vielleicht als Unterscheidungsmerkmal gelten. 404 Dr. Franz E. Suess. [16] Die übrigen Amphibolite des Gebietes, soweit sie näher untersucht wurden, zum Beispiel die Gesteine, welche als Einlage- rungen im Diorit von Melk und an der Donau unterhalb der Pillach- mündung auftreten, unterscheiden sich von den eben beschriebenen durch das Fehlen von Pyroxen und den nicht wunbedeutenden Quarzgehalt; manchmal kommt dazu noch etwas Orthoklas, meist in Form sechseckiger Einschlüsse im Plagioklas oder als xenoblastische Füllungen in den Zwischenräumen. Diese Gesteine nähern sich somit den Dioriten. Der Plagioklas ist weniger basisch (basischer Oligoklas oder Oligoklas-Andesin). In einem Schliffe fanden sich dünne, ganz geradlinige Fäden einer schwachen, lichtbrechenden Substanz dem Plagioklas eingelagert, namentlich äußerst feinfaseriger Anti- perthit. Albit ist auf Spalt- und Kluftflächen der ziemlich katakla- stischen Gesteine angesiedelt. Die Hornblende, höchstens ein Drittel der Gesteinsmasse, wechselt in den Farben: in mehr schmutziggrün- lichbraunen bis ganz blaßgelblichbraunen Tönen (b > c > a) oder auch lauchgrün, bräunlichgrün bis blaßgrünlichgelb (c>b > a). Ferner: Pyrit, Titaneisenerz mit Leukoxen, Eisenglanz, Apatit, Zirkon. Ahnlich ist der Ampbibolit von Maria-Steinparz. Mehr als ein Drittel des Gesteines ist Labrador- Andesin (L PM 19—25° sym- metrische Auslöschung) mit inverser Zonenstruktur; lauchgrüne bis grünlichbraune Hornblende (Auslöschung zirka 20°, mehr als Quarz. Dazu kommen noch einzelne Biotitschuppen, Pyrit, Apatit und Zirkon. VI. Biotitreicher Plagioklasgneis. Die typische Ausbildung dieses weitverbreiteten Gesteines, wie es zum Beispiel an der Straße von Loosdorf nach Mauer, in der Lochau, bei Pielachberg, bei Neubach oder bei Albrechtsberg angetroffen wird, besteht aus ebenschiefrigen oder stark gefalteten Lagen von ziemlich srobschuppigem, rotbraunem oder sehr dunklem, mehr grauem Biotit und verschwommenen dünnen Streifen von Feldspat und Quarz. Der Glimmergehalt ist bankweise sehr verschieden; einzelne Zwischenlagen können fast als Glimmerschiefer bezeichnet werden (Pielachhäusel) und da und dort können die Quarzfeldspatlagen zu größeren Linsen und aderartig anschwellen. Rotbrauner Granat ist entweder sehr groß (bis erbsengroß) und sehr häufig oder nur mikroskopisch nachweisbar ; er fehlt niemals. Dagegen kann Fibrolith nicht in allen Schliffen nach- gewiesen werden. Er wird recht oft mit freiem Auge gesehen (besonders bei Loosdorf, Osterburg, zwischen Pielach und Neubach, Albrechtsberg, Rammersdorf) und ist dann nicht selten in bestimmten Streifen ange- reichert, die ausschließlich aus grobschuppigem Biotit, weißen Schmitzen von Fibrolith und etwas Quarz bestehen. An manchen Stellen, wie zum Beispiel im Steinbruche östlich der Osterburg und oberhalb Neubach, wird der Gneis sehr feinkörnig bis dieht, kornubianitartig und ver- liert die deutliche Parallelstruktur; unter dem Mikroskop erkennt man aber dieselben Bestandteile wie im umgebenden schuppigen Gneis. Der Hauptbestandteil ist stets Plagioklas, und zwar, wie aus dem Vergleiche mit Quarz € > 2, @=y) und aus der stets sehr kleinen [117] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 405 symmetrischen Äuslöschung hervorgeht, ein Oligklas; nur manch- mal trifft man auch basischere Feldspate mit einer Auslöschung von + 5—9° in Schnitten senkrecht zu den Flächen M und P. Er mag im Durchschnitte etwa die Hälfte der Gesteinsmasse oder noch mehr ausmachen. Weitaus die überwiegende Menge der großen unregel- mäßigen Körner sind einfache Individuen, nur da und dort zeigt ein vereinzeltes kleines Korn oder eine Partie eines größeren Kornes, meistens in der Nähe des Randes, sehr feine Zwillingsstreifung. Zonare Auslöschung wird nur selten und in unvollkommener Weise angetroffen, doch findet man recht häufig geringe Verbiegungen der Zwillingsstreifen; demnach muß wohl auch die teilweise ungleiche Auslöschung in unge- streiften Körnern als mechanische Einwirkung gedeutet werden. Ebenso zeigt auch der Quarz häufig undulöse Auslöschung, er ist stets durch- zogen von Streifen zahlreicher, manchmal recht großer Gasporen und Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglichen Libellen; beide Arten von Einschlüssen treten vermischt in denselben Zügen auf. Die feinkörnigen, karnubianitähnlichen Abarten des Gesteines sind besonders reich an Quarz; er kann dort die Hälfte der Gesteinsmasse ausmachen. Ortho- klas ist nur in sehr geringer Menge vorhanden, er füllt da und dort in Form schmaler Bänder und ganz kleiner ausgezackter Flecken die Zwischenräume, oder er ist mit rechteckigen oder unregelmäßigen Umrissen gruppenweise im Plagioklas eingewachsen, jedoch ohne merk- liche Gesetzmäßigkeit, ohne daß ein regelrechter Antiperthit zustande kommt. Nur ein sehr fibrolithreicher Schliff vom Pielachhäusel enthält etwas mehr Orthoklas; die Schliffe senkrecht zur Mittellinie c zeigen dann genau dieselbe feine, mikroperthitische Lamellierung wie in den Granuliten. Biotit bildet unregelmäßige ausgefranste Schuppen, in frischem Zustande ist er lebhaft rotbraun bis blaßgelb, häufig ganz erfüllt mit pleochroitischen Höfchen. Nur manchmal, aber durchaus nicht immer und in sehr wechselnder Menge, enthält er die äußerst dünnen, aber sehr langen Sagenithaare und -büschel; in basalen Schnitten, welche das fast einachsige Achsenbild zeigen, durchkreuzen sich die Haare in Winkelu von 60 oder 30°. In mehr zersetztem und etwas entfärbtem Biotit treten an die Stelle der Sagenithaare dickere Stäbe mit unregelmäßigen knotigen Konturen, welche aus aneinandergereihten Körnchen zu bestehen scheinen (Titaneisen ? vder Titanit?). Die gewöhnlichen lebhaft polarisierenden Epidotkörnchen kommen, wie das allgemein beobachtet wird, erst in den ganz gebleichten oder in grünlichen Chlorit verwandelten Schüpp- chen zum Vorschein. Granaterscheint im Dünnschliffe blaßrötlich, fast farblos, manch- mal idioblastisch, weit häufiger aber ganz unregelmäßig gestaltet. Im Gegensatz zu den Granaten der Granulite (s. S. 393) lehnt er sich häufig unmittelbar an die Biotitschuppen an oder schließt sie vollständig ein; die größeren Individuen sind überdies in der Regel ganz erfüllt von opaken und von tropfenförmigen oder rhomboedrisch umgrenzten farblosen Einschlüssen in ähnlicher Weise, wie dies Becke bei den Granatamphiboliten von Dürnstein beschrieb; auch hier ergab die wiederholte Prüfung im konvergenten Lichte stets nur Quarz. Fibrolith fehlt in den meisten Schliffen vollständig, ist aber 406 Dr. Franz E. Suess. [18] in bestimmten Lagen dafür um so reichlicher angehäuft. Neben den verbogenen, langfaserigen Aggregaten finden sich Kriställchen von bedeutend größeren Dimensionen mit langrechteckiger Umgrenzung und quer gegliedert. Manchmal ist der Fibrolith innig mit dem Biotit. verbunden, die Faserbüschel scheinen aus den quer ausgefransten Biotitschuppen hervorgewachsen oder die Biotitschuppen werden nach allen Richtungen von den Nadeln durchspießt. Dementsprechend kann gerade den fibrolithreichen Lagen der Biotit fast gänzlich fehlen. Solche Lagen (zum Beispiel bei Kote 322, Weg von Pielach auf den Prackersberg) sind dann besonders reich an feinfaserigem Mikro- perthit, der eine innige poikilitische Verwachsung mit dem Oligoklas eingeht, ohne die Gesetzmäßigkeit der echten Antiperthite. Kleine Kriställchen von grüner Hornblende wurden nur ganz vereinzelt angetroffen (Loosdorf); Apatit findet sich recht hänfig; Zirkon weit seltener; Pyrit wird oft schon mit freiem Auge wahrgenommen. Hypersthen- und amphibolführender Plagioklas- gneis bildet die Felsen an der Pielach bei Spielberg und am jen- seitigen Ufer bis in die Nähe der Herrenmühle. Der sehr stark ge- faltete Gneis ist aus sehr wechselvollen Lagen zusammengesetzt, bald gerobschuppig, glimmerschieferartig, bald wieder ganz feinkörnig und kornubianitartig. In dieses dunkle Gestein sind in großer Zahl unregel- mäßige Flecken und schmale oder auch über 1 dm breite Bänder und Linsen eingeschaltet, die vorwiegend aus weißem Plagioklas bestehen; dadurch wird eine große Ähnlichkeit mit manchen durch feldspätige Intrusionen entstandenen Adergneisen hervorgerufen. Die Adern können recht grobkörnig werden, so daß in einzelnen Fällen die spiegelnden: Spaltflächen 1 cm? Größe erreichen. Biotit. und Quarz, letzterer manchmal überwiegend, ist dem Plagioklas beigemengt. Hier kann man oft schon mit freiem Auge oder mit der Lupe den mattgrünen Pyroxen und die dunkler grüne Hornblende wahrnehmen. Anflüge von Pyrit sind sehr häufig. Manchmal tritt der Plagioklas im Gesteine selbst augenartig hervor (z. B. gegenüber der Herrenmühle). Das Mikroskop lehrt, daß die Mineralien der Adern dieselben sind wie die des Hauptgesteines; ein Umstand, der die nachträgliche Einpressung sehr unwahrscheinlich macht. Es sind dieselben Oligo- klase, die entweder gar keine oder eine äußerst feine Zwillings- streifung zeigen. Gesteine mit etwas höherem Hypersthengehalt ent- halten basischere, dem Andesin genäherte Plagioklase, dann ist die Zwillingsstreifung die Regel, und zwar findet sich neben der gewöhn- lichen Albitstreifung häufig auch solche nach dem Periklingesetz. Örthoklas ist auch hier auf rechteckige Kinschlüsse im Plagioklas beschränkt. Wo Hypersthen auftritt, fehlt der Granat, doch wird jener nie so häufig, daß man ihn für den- Vertreter des letzteren im Gestein halten könnte. Er ist kenntlich durch die fast vechtwinklige Spalt-: barkeit, die relativ geringe Doppelbrechung und den optisch nega- tiven Charakter. Die Prismenflächen sind nur manchmal entwickelt, meist ist der Umriß der Körner unregelmäßig. Die Färbung ist sehr blaß, der Pleochroismus aber ziemlich deutlich, a = fast farblos, b= blaßrötlich, c = blaßgrünlich. Wo Hornblende neben dem [19] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 407 Hypersthen auftritt, ist sie mit diesem und mit dem Biotit innig ver- sesellschaftet; sie ist ebenfalls nur in der Prismenzone und hier oft unvollkommen idioblastisch entwickelt. a = blaßgelb, b = grünlich- braun c = tiefgrün oder schmutziggrün; in anderen Schliffen (Spiel- berg) ungemein blaß, fast farblos. b > c > a. Hypersthen und Hornblende sind an den Rändern und auf Spalten häufig in Chlorit verwandelt; an die Stelle des letzteren kann auch ein serpentin- ähnliches, sehr blaßgrünes, schwach doppelbrechendes Maschenwerk treten. Apatit und Zirkon kommen hier etwas häufiger und in größeren Individuen vor als in den pyroxenfreien Plagioklasgneisen. Diese Gesteine, sowie überhaupt der Pielach abwärts anschließende Gebirgsstreifen, sind von jüngeren Gebirgsbewegungen beeinflußt worden. Die grobkörnigen, feldspatigen Lagen bei Spielberg und bei der Herrenmühle geben unter dem Mikroskop nicht selten typische Bei- spiele kataklastischer Zertrümmerung; die Quarzkörner löschen in höherem Grade undulös aus, als das sonst in den kristallinischen Schiefern dieses Gebietes der Fall ist. Die großen Oligoklaskörner sind umgeben von randlichen, feinkörnigen Zertrümmerungszonen und in hohem Grade verdrückt; die Zwillingsstreifung gekrümmt, steil ab- sestuft oder zusammengequetscht, so daß die Streifen nicht parallel verlaufen, sondern förmlich radial auseinanderzustreben scheinen. Ein verworrenes Bild entsteht, wenn gekreuzte Zwillingsstreifung von einer solchen Verbiegung betroffen wurde. Uberdies ist jedes solche Korn überzogen von einem engmaschigen Netz feiner Sprünge; diese ver- laufen teils unregelmäßig wellig, teils folgen sie den Spaltrissen; sie sind ausgefüllt mit schwächer lichtbrechender und schwach doppel- brechender Substanz. Das Geäder löscht einheitlich aus, aber nicht gleichzeitig mit dem Wirte. Das eilt auch für größere Sprünge, welche das dünne Geäder durchqueren. Dabei kann man sehen, daß da und dort so ein Sprung ohne Unterbrechung durch mehrere Oligo- klaskörner hindurchsetzt, daß aber die Ausfüllungsmasse an den Korn- grenzen ihre Orientierung und ihre Auslöschung wechselt. Nach der Analogie mit einem unten zu erwähnenden ähnlichen Vorkommnisse kann man die Ausfüllungsmasse für neugebildeten Albit halten, der hier im Oligoklas oder Andesin auftritt. Am rechten Pielachufer gegenüber von Spielberg ist der Gneis besonders reichlich von Adern durchzogen; er enthält ungeschichtete, aplitische, linsenförmige Einlagerungen in der Breite von 2 m und mehr und von mehreren Metern Länge. Rotbraune oder karminrote Granaten sind in der Gesteinsmasse sehr unregelmäßig verteilt, stellenweise geradezu massenhaft und sehr wechselnd in der Größe, sie können mehr als haselnußgroß werden. Durch den Granatgehalt und durch Glimmer- armut gewinnt das Gestein ein granulitähnliches Aussehen. Unter dem Mikroskop erkennt man jedoch auch hier wieder die Bestandteile des Plagioklasgneises, wenn auch in anderem Mengenverhältnis. Haupt- bestandteil ist auch hier wieder der Oligoklas mit seinen rechteckigen und rhombisch umgrenzten Einlagerungen von Örthoklas. Quarz ist ziemlich reichlich. Rotbrauner Biotit mit vielen pleochroitischen Höf- chen ist selten. Myrmekite wurden hier ebensowenig angetroffen wie Jahrbuch d. k. K. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 53 408 Dr Franz E. Suess. [20] im Plagioklasgneis überhaupt, ein Umstand, der gewiß ebenfalls gegen die nachträgliche Intrusion dieser Adern spricht. Dagegen ist eine etwa 10m mächtige Bank von weißem Aplit, welche dem granatführenden glimmerreichen Plagioklasgneis am rechten Abhange nahe der Pielachmündung oberhalb und gegenüber von „Am Ufer“ mit flachem NW-Fallen konkordant eingeschaltet ist, gewiß als nachträgliche Intrusion aufzufassen. Das Gestein besteht aus stark getrübtem und mit doppelbrechenden Schüppchen erfülltem basischen Oligoklas mit zweierlei Zwillingsstreifung und einer symmetrischen Auslöschung von 11—14° in Schliffen senkrecht M und P im spitzen Winkel. Er ist unbestimmt granophyrisch verwachsen mit dem Quarz. Dazu kommt noch etwas unsicher bestimmter, ebenfalls stark zersetzter ÖOrthoklas und wenige grünliche Schüppchen von zersetztem Biotit. Das Gestein ist ziemlich kataklastisch und hat auf Adern ein Mineral der Epidotgruppe angesiedelt. VII. Kristallinischer Kalk und Kalksilikatfels. Die Marmore des Zuges zwischen Kornig und Häusling (nördlich von Gerolding) sind grobkristallinisch, weiß bis hellgrau und zwischen den mehrere Millimeter großen Spaltflächen des Caleit ist hellblonder oder glänzend bronzebrauner Phlogopit eingestreut; dieser ist im Schliffe sehr blaß und rötlich gefärbt oder vollkommen farblos, nahezu optisch einachsig. Da und dort werden kleine Nester von Pyrit mit freiem Auge wahrgenommen. Quarz ist im Gestein sehr ungleich verteilt und stellenweise stark angereichert. Ebenso die Kalksilikatmineralien; vor allem Diopsid, dann auch Hornblende, Plagioklas und Skapolith. Die beiden erstgenannten Mineralien verleihen dem Gesteine in un- bestimmten wolkigen Zonen eine dunklere graugrüne Farbe oder sind in scharf begrenzten, sehr dunkeln Schmitzen und Lagen ange- reichert. In sehr grobkörnigen Lagen (Häusling) können die Spalt- flächen des Diopsid 2—5 mm groß werden. Spargelgrüne und dunkellauchgrüne ophicaleitische Partien be- finden sich in der Nachbarschaft der Augit-Amphibol-Nester. Im Schliffe sieht man die bekannten, körnigen Pseudomorphosen nach Olivin mit der bekannten Maschenstruktur rings von Caleit umgeben. Diese Lagen enthalten überdies unregelmäßige Gestalten von im Schliffe farblosem Granat. Der Diopsid ist im Dünnschliffe kaum merklich meergrün ge- färbt oder auch farblos; optisch positiv mit Axenaustritt in der Nähe der Querfläche. Er bildet ein Pflaster von rundlich oder unregelmäßig umgrenzten Kristalloiden. Die Hornblende aus einer Skapolith und augitführenden Lage des Kalkes von Häusling ist sehr blaßbraun (c und b) bis gelblich, fast farblos (a), optisch positiv mit großem Achsen- winkel und einer Auslöschung von zirka 20° demnach hellbrauner Pargasit. Plagioklas mit Zwillingsstreifung nach beiden Gesetzen ist nicht selten von den benachbarten Bestandteilen poikiloblastisch [21] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 409 durchwachsen. Er gehört nieht immer sehr basischen Gliedern an und wurde in einem augitreichen Schliffe von Kornig nach der sym- metrischer Auslöschung in Schnitten senkrecht zur a-Achse als Oligo- klasandesin (optisch negativ) erkannt. Auch etwas Orthoklas ist häufig vorhanden und an schwacher Lichtbrechung kenntlich; er bildet schmale, xenoblastische Streifen und Flecken an den Rändern der Plagioklase. Blaßrotbrauner oder farbloser Titanit durch- schwärmt stellenweise sehr reichlich das Gestein. Große Blöcke von Kalksilikatfels, vorwiegend Skapo- lithaugitfels liegen verstreut am steilen Abhange unter der Ruine Hohenegg und an der Straße, welche von Hafnerbach zur Ruine hinaufführt nahe dem Waldrande. Der Felsen selbst, welcher die Ruine trägt, besteht aus einem bankweisen Wechsel von Para-Augit- und Para-Amphibolgneisen mit quarzreichen und caleitführen- den Zwischenlagen. Die Mächtigkeit der einzelnen Bänke schwankt von wenigen Zentimetern bis zu 1 und 2 Meter. Grünlichbraune oder braune, lebhaft diehroitische Hornblende c>b>>a; zum Beispiel: c schmutziggrünlichbraun, b braun, c blaßgrünlichgelb) kann in einzelnen Lagen zum herrschenden Bestandteil werden; sie ist hier optisch negativ, Auslöschung zirka 20°. Sie fehlt in manchen quarz- reichen. Lagen und ist sonst nicht selten mit bronzebraunem, zersetztem Glimmer vergesellschaftet. Der farblose oder blaßgrünliche Diopsid kann ebenfalls in manchen Lagen vollkommen fehlen, während er anderseits, besonders wenn er mit Skapolith vergesellschaftet ist, mit der für Hornfelse sehr bezeichnenden Pflasterstruktur, die Hauptmasse des Gesteines ausmacht. Ebensosehr wechselt der Gehalt an Plagioklas in den Gesteinen; die weitgehende Saussuritisierung macht in der Regel die Bestimmung schwierig. Doch konnte in einer an undulös auslöschendem Quarz sehr reichen Lage noch basischer Plagioklas, und zwar sehr basischer Labrador oder Bytownit (Aus- löschung L PM 39°) nachgewiesen werden. Farbloser Granatim Para- Amphibolgestein, in kleinen, ganz unregelmäßigen Gestalten, ist in eine farblose und lebhaft polarisierende, saussuritähnliche, schuppige Masse eingebettet, welche viel Glimmer zu enthalten scheint. Caleit und Quarz fehlen auch nicht dem Augit-Skapholithfels und können für sich auch ganze Streifen im Gesteine bilden. Titanit wird stellenweise zum reichlichen UÜbergemengteil; auch Apatit kann in Körnern bis !/; mm Größe angereichert sein. Zirkon ist weit seltener; als häufiges sekundäres Zersetzungsprodukt ist noch Chlorit zu erwähnen. VIII. Quarzdiorit vom Stifte Melk. Der Felsen, welcher bereits außerhalb des Kartenblattes, unter dem Prachtbau der Melker Abtei zum Donauufer abfällt, besteht aus ziemlich stark zersetzten und durch Gebirgsdruck stark zertrümmerten Gesteinen, sehr wechselnd sowohl in bezug auf Korngröße als auch auf Struktur und durchsetzt von verschiedenartigen Neubildungen und Gängen. Im typisehen Gestein gewahrt man vor allem den reinweißen 53* 410 Dr. Franz E. Suess. [22] Feldspat, reichlicher als Quarz, oft streifig angeordnet oder augen- ratig hervortretend mit Korngrößen bis !/, oder 1 cm. Wo chloritische Substanz in den Plagioklas eingewandert ist, kann er auch matt hell- grüne Farbe annehmen. Der dunkelgrüne Bestandteil wird mit freiem Auge nur als ehemalige Hornblende erraten und ist zum größten Teile in Chlorit verwandelt; er zieht sich flaserig zwischen den Feldspataugen hindurch oder ist streifig angeordnet. Die Menge der einzelnen Bestandteile wechselt außerordentlich und neben fast aplitischen, grobkörnigen finden sich feinkörnige, bandstreifige, amphibolitähnliche Lagen. In anderen Lagen, besonders weiter gegen Westen, in der Nähe des Kartenblatt- randes überwiegt der Biotit, ebenfalls stark zersetzt, über die Horn- blende; diese Lagen gewinnen dann gneisartigen Habitus. Wenn man am Fuße des Felsens ostwärts wandert, so hat man Gelegenheit, den raschen Wechsel der im allgemeinen steil südfallenden Gesteine zu beobachten, doch sind die Grenzen der einzelnen Abarten meistens durch den Waldwuchs verhüllt; dazu kommen noch die Blöcke apliti- scher Zwischenlagen, grobkörniger Pegmatite oder lamprophyrischer Ganggesteine; an einzelnen Stellen triftt man örtliche, vollkommen chloritisch-schiefrige Quetschzonen. Im Gehänge innerhalb des Karten- blattes erscheinen bald die mehr kleinkörnigen quarz- und plagioklas- führenden Amphibolite, welche an der Donau bis über die Pielach- mündung hinaus anhalten und wiederholt wechsellagern mit den granat- reichen Plagioklasgneisen; sie wurden bereits oben erwähnt. Aus einer Anzahl von Proben aus dem Gehänge zwischen Stift Melk und der Pielachmündung gibt jeder Schliff ein Musterbeispiel von Kataklasstruktur. Sprünge und Zertrümmerungszonen durchziehen nach allen Richtungen die Gesteinsmasse und Trümmerzonen umgeben die großen Plagioklasaugen; Quarz löscht stets hochgradig undulös aus und beginnt in Körnergruppen zu zerfallen. Die zarte Zwillings- streifung des Plagioklases ist in mannigfacher Weise verbogen oder flexurartig geknickt ; überdies sind die Plagioklase, wo sie nicht allzu stark getrübt und mit Glimmerschuppen erfüllt sind, stets durchzogen von einem unregelmäßigen Netz wechselnd zarter Adern von neuab- geschiedenem Albit wie im Plagioklasgneis des Pielachtales (siehe oben S. 403). Wenn man beobachtet, daß viele Oligoklaskörner ganz un- gestreift sind, andere dagegen enggedrängte Streifungen zeigen, ohne daß ein Zwischenstadium vorhanden wäre, wie recht häufig die äußerst zarte Streifung an den kataklastisch korrodierten Kornrändern auftritt, gegen die Mitte zu aber auskeilt, oder wie sie Sprünge und Ver- biegungszonen begleitet, muß man vermuten, daß in diesem Falle der Gebirgsdruck wenigstens stellenweise die Zwillingsstreifung hervor- gerufen hat. Das gilt natürlich keineswegs für andere Vorkommnisse und zum Beispiel gewiß nicht für die breiter und weit regelmäßiger entwickelte Streifung in den basischen Plagioklasen der oben be- schriebenen Amphibol- und Pyroxengesteine. Wo die Zersetzung noch nicht weit vorgeschritten ist, läßt die symmetrische Auslöschung in Schnitten L PM auf einen Oligoklas mittlerer Zusammensetzung (12—13°), in anderen Fällen (14— 16°) auf einen bereits dem Andesin recht nahestehenden Feldspat schließen. [23] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 411 Zonarstruktur läßt sich wegen der zu häufigen Trübungen und Ver- biegungen der Körner nicht mit Sicherheit beobachten. Orthoklas ist fast nur auf die recht seltenen kleinen, rechteckigen Einschlüsse im Plagioklas beschränkt, ähnlich wie in den Plagioklasgneisen. Quarz kann selbst die Hälfte der Gesteinsmasse ausmachen, in der Regel bleibt er aber hinter dem Plagioklas zurück. Hornblende istin den srobkörnigen Abarten recht spärlich und auf einzelne größere Körner beschränkt, in feinkörnigen, etwas geschieferten Varietäten nimmt sie aber sehr zu und zwar, wie es scheint, hauptsächlich auf Kosten des Quarzes, so daß sie in nahezu gleicher Menge mit dem Plagio- klas fast das ganze Gestein zusammensetzt. Farbe und Pleochroismus sind von ganz verschiedener Intensität; wenig gefärbte Varietäten sind anscheinend auch etwas schwächer doppelbrechend: a grün oder bräunlichgrün, selten braun mit grünlichem Ton; b bräunlich- grün oder braun; c sehr blaßgelblichgrün oder gelblichbraun, fast farb- los (= oder >b>a). In vielen Schliffen ist die Hornblende be- reits ganz durch Chlorit ersetzt; immer kann man die beginnende Chloritisierung beobachten. An die Stelle der Spaltrisse sind dann breite Chloritbänder getreten und, im Querschnitte sieht man in solchen Fällen kleine, rhombisch umgrenzte Hornblendereste regel- mäßig verteilt in der schwach doppelbrechenden Chloritmasse. Ebensa ist der Biotit kaum noch an irgendeiner Stelle frisch erhalten. Bis auf wenige, etwas lebhafter polarisierende und bräunlich pleochroi- tische Teile einzelner Schüppchen ist er gebleicht und grünlich ent- färbt und mit kleinen Körnchen (Epidot?) erfüllt; die Interferenz- farbe ist allersings in der Regel noch merklich höher, als das gewöhn- lich beim Chlorit der Fall ist. Biotit war ursprünglich bedeutend weniger verbreitet als Hornblende. Nur in einem Schliffe vom Rande des Kartenblattes unterhalb Melk, der neben Hornblende auch farblosen, monoklinen (optisch positiven) Pyroxen mit Zwillingslamellierung enthält, wird der Biotit etwas häufiger, bleibt aber immer noch ein spärlicher Gemengteil. Die eiförmigen oder stabförmigen Zirkone erreichen in diesem Gestein Längen bis zu O1 und 02 mm; die häufigen Körner von Apatit werden gelegentlich noch bedeutend größer. Erze sind im allgemeinen relativ spärlich vorhanden. Pyrit wird häufig schon mit freiem Auge gesehen, er ist meist in Limonit verwandelt. Daneben findet sich noch stellenweise Magnetit und Titaneisenerz. Neben den aus Biotit hervorgegangenen gebleichten Schüppchen, in denen Chlorit- und Glimmermoleküle noch vermengt sein mögen, finden sich noch recht häufig selbständige, zum Teil wohl umgrenzte, aber meistens ebenfalls verbogene Chloritschuppen; sie sind deutlich pleochroitisch, blaßseladongrün bis fast farblos, etwas gelblich und zeigen die charakteristischen Interferenzfarben des Pennin. Zu den Neubildungen gehören auch die sehr verbreiteten, im Schliffe farblosen Körner eines Minerals der Epidotgruppe, sie können recht grobkörniges (bis 1 mm) Haufwerk bilden und sind vor allem als Aus- füllung eines Netzwerkes von Sprüngen fast in allen Schliffen zu sehen. Daß die Feldspate außer der Trübung noch häufig mit farb- losen Glimmerschüppchen erfüllt sind, wurde bereits erwähnt. 412 Dr. Franz E. Suess. [24] Die weitgehende Zertrümmerung dieser Gesteine in der Nähe der Donau dürfte eine Begleiterscheinung der erwähnten Dislokation sein, welcher der Strom in dieser Strecke folgt. IX. Ganggesteine. Die verschiedenartigen Ganggesteine, welche man da und dort in dem besprochenen Gebiete antrifft, dürften zur Gefolgschaft des in einiger Enfernung, im Kartenblatte Ybbs, bei Zelking gelegenen Stockes von Granitit und Amphibolgranit gehören, denn ganz ähnliche Gang- gesteine begleiten in vielen Gegenden des böhmischen und mährischen Urgebirges ‘die weitverbreiteten Amphibolgranitite. Die größte Verbreitung besitzen allenthalben aplitische Adern. Schmale pegmatische Gänge durchziehen zum Beispiel in besonders großer Zahl den grobkörnigen, glimmerreichen Gneis bei Egertsberg oder den glimmerreichen Gneis im Fuchsenwald bei Wernersdorf NW von St. Pölten. Turmalinführende Pegmatitgänge durchsetzen an mehreren Stellen den Granulitgneis von Emmersdorf. Im Felsen des Stiftes Melk, unweit unterhalb des Landungsplatzes der Lokaldampfer, „befindet sich ein wenig mächtiger Gang von weißem feinkörnigen Aplit. Unter dem Mikroskop erweist sich das Gestein, ebenso wie die benachbarten Diorite, als hochgradig kataklastisch. Quarz und Orthoklas (Mikroperthit und Kryptoperthit), welche die Hauptmasse des Gesteines ausmachen, sind in randliche Trümmerzonen aufgelöst und unregelmäßig begrenzt. Der Orthoklas löscht wolkig aus und hat auf Spaltrissen nach ?P und M neugebildeten Albit angesiedelt. Ein basischer Oligoklas mit Zwillingsstreifung, der in ziemlich großen Körnern nicht spärlich auftritt, ist, gemäß seinem zonaren Aufbau im Kerne in höherem Grade mit stark doppelbrechenden Schüppchen erfüllt, als in der Randzone. Entfärbter Biotit tritt nur vereinzelt auf. Dazu gesellen sich noch gruppenweise angereichert 0:5 mm große und kleinere Pseudomorphosen von Chlorit, Glimmer und Quarz nach Turmalin. Der stärker doppelbrechende Glimmer und der schwach doppelbrechende Chlorit sind wirr faserig. durch- scheinender gewachsen und das eine oder das andere Mineral an ein- zelnen Stellen angereichert. Quarzkörner sind dazwischen eingestreut. Der, namentlich im Querschnitte, sehr charakteristische Umriß ist in der Regel gut erhalten und da und dort sind noch unzerstörte Reste des gelbbraunen, pleochroitischen Minerals nachzuweisen, Am rechten Pielachufer, etwas unterhalb Spielberg, durchsetzt ein 2 m breiter, steiler Gang von grobkörnigem Granitit den Plagio- klasgneis. j Nicht weit unterhalb dieser Stelle, wo sich der Fluß in einer Biegung knapp an den steilen Abhang anlehnt, durchbricht den Gneisfelsen ein Doppelgang von graubraunem, feinkörnigem Ker- santit. Er erhebt sich fast senkrecht mit sehr steilem Nord- fallen und besteht aus zwei gleichartigen, geradlinig begrenzten Gängen von je zirka 1/, m Breite, welche durch eine Gneisbank von etwa !/); m Breite voneinander getrennt sind. Das Gestein gleicht [25] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 413 sanz den von F. Becke aus dem niederösterreichischen Waldviertel beschriebenen Pilitkersantiten‘!, Stellenweise kann man die Pseudomorphosen nach Olivin auch mit freiem Auge als etwa 1 mm sroße, schmale, bräunlichgelbe Fleckehen auf der Gesteinsoberfläche wahrnehmen. In der sehr feinkörnigen Grundmasse ist die Leisten- form der Feldspate unbestimmt angedeutet und die unruhige Aus- löschung deutet auf zonaren Bau der einzelnen Leisten. Aus der Lichtbrechung kann man schließen, daß neben Plagioklas auch Ortho- klas in ganz kleinen Partien im Gestein verteilt ist. Die Ränder der Plagioklase, weniger zersetzt als der Kern, sind schwächer lichtbrechend als Quarz, der vereinzelt auftritt. Man kann annehmen, daß der Oligoklasrand einen basischen Kern umhüllt. Der braune Glimmer, dessen schmale, leistenförmige Durchschnitte die Feldspatgrundmasse nach allen Richtungen durchschneiden, erweist sich als optisch zwei- achsig mit kleinem Achsenwinkel; die Achsenebene liegt parallel einer Seite, wie das bei den Glimmern der Kersantite die Regel ist. Die Blättehen sind sechsseitig idiomorph oder unregelmäßig korrodiert und eingebuchtet, oft auch bandartig in die Länge gezogen. Meistens sieht man auf der Endfläche ein ausgezeichnetes Netz von Sagenit, die Nädelchen liegen parallel den Sechseckseiten. Im Querschnitt bemerkt man bei starker Vergrößerung, daß diese Nädelchen haupt- sächlich an der Oberfläche der Blättchen und am seitlichen Rande angereichert sind, während sie in der Mitte meistens fehlen. Das läßt vielleicht auf eine sekundäre Entstehung durch beginnende Ein- mischung des Glimmer-Moleküles schließen. Farbloser Augit (Diopsid) findet sich _in geringerer Menge vor als Biotit, ist aber doch im ganzen Gestein reichlich enthalten. Er bildet schmale Säulen von etwa 1/, oder !/,, seltener über 1 mm Länge. Die Auslöschungsschiefe ist sehr bedeutend, nahe an 44°. Sehr häufig ist die gewöhnliche Zwillingsbildung nach (100). Außerdem und in Ver- bindung mit diesem Gesetze finden sich recht häufig Durchkreuzungs- zwillinge, bei denen die Zwillingsebene senkrecht steht auf der Sym- metrieebene, vermutlich nach (101). Die Säulen sind entweder noch unzersetzt oder an den Rändern uralitisch zerfasert oder auch be- reits gänzlich in ein Aggregat blaßgrüner Uralitstengel verwandelt. In anderen Fällen ist Uralit unzweifelhaft aus Biotit hervorgegangen und umschließt unveränderte Biotitreste; die Faserung der Horn- blendestengel liegt dann parallel der ehemaligen Biotitspaltbarkeit. Weitaus die größten Bestandteile sind die unter dem Namen Pilit bekannten Pseudomorphosen nach Olivin. Die Aggregate von schmäleren und breiteren Leisten und Stengeln farbloser Hornblende zeigen die spitzrhombische oder länglich rechteckige oder auch poly- gsonale Umgrenzung der Olivinkristalle und nicht selten auch die ein- springenden Winkel der Zwillinge. Sie sind außerhalb der ehemaligen Kristallgrenze von einem Mantel sehr feinschuppigem, hellschmutzig- gelblichsrünem, stark doppelbrechendem Körnerhaufwerk umgeben, das entweder ziemlich scharf gegen den farblosen Kern absetzt oder seltener auch in das Innere der Pseudomorphose eingreift. In diesem !) Becke, Tschermaks Mineralog. Mitt. Bd. V, 1883, S. 163. 414 Dr. Franz E. Suess. [26] vermutlich aus Uralit bestehenden Mantel sind deutlich größere, leb- haft pleochroitische (hellbraun bis farblos) Biotitschüppchen eingebettet, sie legen sich oft in paralleler Stellung an die Fläche des ehemaligen Olivinkristalls. Kleinere Pseudomorphosen sind manchmal auf diese Weise förmlich in Biotit eingeschachtelt. In anderen Fällen können aber auch die Biotitschuppen senkrecht zur ehemaligen Kristallgrenze oder unregelmäßig angeordnet sein. Sehr reichliche zarte, schwach doppelbrechende Nädelchen in der Grundmasse dürften zum Apatit gehören. Ein ganz ähnliches Gestein wird am Feldwege nordwärts von Albrechtsberg gegen Mauer, unweit der Kote 322, angetroffen. Die relativ grobkörnige Grundmasse besteht aus leistenförmigen Plagio- klasen. Biotittafeln finden sich sowohl in der Grundmasse als auch in einer zweiten Generation in Dimensionen von O'5—1 mm und darüber; die Querschnitte erreichen eine Dicke bis zu 05 mm. Der Biotit ist zumeist grünlich entfärbt und zum großen Teile in schwach doppel- brechenden Chlorit umgewandelt. Der Feldspat, hochgradig zonar auslöschend, ist an den Be- rührungsflächen mit den wenigen in der Grundmasse verstreuten (Quarzkörnern schwächer lichtbrechend als dieser. Augit, viel spär- licher als Biotit, ist bis auf geringe Reste in Uralit verwandelt. Un- regelmäßige, pilitähnliche Gruppen farbloser Hornblende sind eben- falls ziemlich spärlich und in kleinen Dimensionen entwickelt. Einen weiteren Kersantit, jedoch mit gröberer, panidiomorph- körniger Struktur, fand ich anstehend im östlichen Gehänge des Hies- berges, etwa 200 m nordöstlich vom Bauernhofe „beim Schrollen“ am Feldwege zur Schallaburg; die Plagioklase sind tafelförmig nach M. Einzelne langgestreckte, von Biotit und Augit durchwachsene leistenförmige Durchschnitte können über 1 mm lang werden. Ganz allgemein wird hochgradig zonarer Bau wahrgenommen, und zwar so, daß sich ein ziemlich plötzlicher Wechsel der Auslöschung in einem schmalen Randsaume der idiomorphen Körner vollzieht. Zwillings- streifung ist nicht häufig, doch konnte der Plagioklas in günstigen Schnitten senkrecht nach M und P im Kern mit Sicherheit als La- brador (Ab, An,) bestimmt werden; die Randzone reicht mindestens bis zum Oligoklas. Schwächer lichtbrechende Schüppchen von Orth.o- klas sind recht häufig in den Plagioklas eingewachsen und parallel der Hauptachse orientiert. Da und dort findet sich ein unregelmäßiges Quarzkorn in der Feldspatmasse. Augit war in geringerer Menge als Biotit vorhanden, jedoch in größeren und mehr gedrungenen Indi- viduen, er ist bereits vollständig uralitisiert. Pilitnester, von Biotit- schüppehen umstellt, sind seltener und kleiner als in dem Gesteine an der Pielach. Sehr zarte Apatitnädelchen finden sich allenthalben im Plagioklas. An der Straße vom Stift Melk zur Pielachmündung und etwa 1), km vor dieser trifft man im Amphibolit einen etwa 4 m breiten Gang eines sehr feinkörnigen, dunkelgrünen Gesteines, das man wohl am besten als Dioritporphyrit bezeichnen wird, trotzdem die grobporphyrische Struktur bereits stark der panidiomorphkörnigen genähert ist. Die Hauptbestandteile sind ein basischer Plagioklas und [27] Das Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten. 415 Hornbiende, letztere bildet weniger als ein Drittel der Gesteinsmasse. Die Plagioklasleisten sind von sehr wechselnder Größe; größere heben sich manchmal unbestimmt einsprenglingsartig heraus, während die kleineren stellenweise den Ubergang vermitteln in eine körnige Grundmasse. Das Innere der Leisten ist stets stark saussuritisiert und mit stark doppelbrechenden Schuppen erfüllt, während ein äußerer schmaler und ziemlich scharf begrenzter Saum vollkommen klar geblieben ist. Zwillingsstreifung ist vorhanden, doch ist eine nähere Bestimmung durch die weitgehende Zersetzung erschwert. Weniger zersetzter Kern wurde in einem Falle als optisch positiv erkannt (Andesin oder Labrador?). Die Außenzone zeigt in Schnitten beiläufig senkrecht zur negativen Bisektrix eine äußerst zarte, nur bei starker Vergrößerung wahrnehmbare Zwillingsstreifung mit kleinen syminetrischen Auslöschungen (Oligoklas). Die schlanken Horn- blendesäulen werden mehr als 1 mm lang, aber sie übertreffen kaum die größten Plagioklasleisten. Außer den Prismen und dem Klino- pinakoid ist auch die Endfläche gut entwickelt. Die Farbe ist ein heller und lebhaft rötlichbrauner Sepiaton (a und b), der Pleochrois- mus sehr deutlich bis sehr blaßgelblichbraun (c). Zwillinge nach der Querfläche sind häufig. Auslöschung zirka 16%. Außer der braunen findet sich noch blaßgrünliche und vollkommen farblose Hornblende; sie ist parallel mit der ‘ersteren verwachsen und offenbar aus der- selben hervorgegangen. Auch der nicht selten blaßgrünliche, pleo- chroitische Chlorit (Pennin) ist ohne Zweifel ein sekundäres Pro- dukt und vermutlich aus Biotit entstanden, der nun nicht mehr vor- handen ist; der Chlorit bildet wohlbegrenzte Schüppchen, in denen kleine, stark lichtbrechende Körnchen (Epidot?) gehäuft sind. Kleine Quarzkörnchen wurden nur an drei Stellen im Schliff angetroffen. Apatitnadeln liegen im Feldspat. Erze, darunter Titan- eisenerz mit Leukoxen, sind nicht sehr häufig. X. Schluss. Das wenig ausgedehnte Grundgebirge im Kartenblatte St. Pölten ist somit ziemlich mannigfaltig zusammengesetzt. Wie nicht anders zu erwarten, trifft man hier im wesentlichen dieselben Gesteinstypen wieder, die schon von Becke aus dem niederösterreichischen Wald- viertel beschrieben worden sind, wie überhaupt das Grundgebirge süd- lich der Donau nur eine Fortsetzung des genannten Gebietes darstellt. Die Granulite und die Diopsidamphibolite sind solche Wiederholungen, die glimmerreichen Plagioklasgneise entsprechen dem von Becke beschriebenen Plagioklasgneis am linken Donauufer ’); auch die Gang- gesteine sind dieselben. Neu sind dagegen die hypersthenführenden und plagioklasreichen Granulite von Windschnur und Schloß Goldeck als basische Schlieren im Orthoklas-Granulit. Die Granulite, die Aplitgneise sowie die orthoklasreichen weißen ') ]. ec. 8. 217. Doch fehlt hier der Turmalin, den Becke aus dem Gesteine von Marbach anführt. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 54 416 Dr. Franz E. Suess. [28] (zneise im Süden, alle mit häufigem Myrmekit, sind unzweifelhafte Orthogneise. Hierber werden auch die quarzfreien, plagioklasreichen Diopsidamphibolite zu rechnen sein, welche mit den aplitischen Gneisen wechsellagern. Es liegt nahe, diesen Wechsel von basischen und sauren Gesteinen, die den Granulitstock umgeben, als eine Randfazies des ehemaligen Batholithen anzusehen, der nun durch kristalloblastische Umwandlung die konzentrische Parallelstruktur und den Mineralbestand eines kristallinischen Schiefers erworben hat. Ebenso sicher sind die Plagioklasgneise mit ihrer Einlagerung von Graphit und kristallinischem Kalkstein als Paragneise zu deuten. In diesen wurde niemals Myrmekit beobachtet. Die glimmerarmen Adern und Linsen (s. S. 407) in den Gneisen an der Pielach bei Albrechtsberg und an anderen Orten, welche äußerlich den Eindruck nachträglicher Intrusionen machen, bestehen vorwiegend aus denselben Plagioklasen, welche das Hauptgestein zusammensetzen. Sie erinnern lebhaft an die granitoiden, glimmerarmen Lagen in manchen Sediment- gneisen des Schwarzwaldes, auf welche Sauer neuerdings aufmerksam gemacht hat und die ebenfalls nicht als Gangbildungen gedeutet werden können. Sauer versucht sie durch den Wechsel verschiedenartiger, mehr sandiger, kieselsäurereicher und mehr toniger Lagen im ur- sprünglichen Sediment zu erklären; bei der Umkristallisation erfolgte ein Aufsaugen von Alkalien aus dem tonigen Sediment, daher rührt der größere Glimmerreichtum in der unmittelbaren Nachbarschaft der Adern !). Wie die Gmeise des: Schwarzwaldes gehört auch das hier be- sprochene Gebiet den tieferen Umwandlungsstufen an ?). Sehr bezeich- nend ist in dieser Hinsicht das gänzliche Fehlen des Muskovit als typomorphen Bestandteil in allen erwähnten Gesteinen. Nichts deutet auf Entstehung der Parallelstruktur im Granulit durch Protoklase; die Schieferung des Granulits ist die gieiche und gleich- sinnig mit der der umgebenden Paragneise. Sie wurde von beiden Gesteinen gleichzeitig bei kristalloblastischer Umwandlung des Mineral- bestandes erworben; die Struktur ist in beiden Gesteinen recht ähnlich und in beiden sind reichlich Porphyroblasten von Granat zur Entwick- lung gelangt; nur hat das Grundgewebe des Plagioklasgneises oft ein mehr schuppiges Gefüge. Spätere Kataklase, in typischer Ausbildung und verknüpft mit den bezeichnenden Neubildungen von Chlorit und Epidot, sind im wesentlichen beschränkt auf die Diorite und Amphibolite an der Donau und im unteren Pielachtale. Sie sind eine Begleiterscheinung der Dislokation, welche dem Donaustrome in der Strecke unterhalb Melk seinen Lauf vorschreibt und die verschiedenen Gesteine au beiden Ufern scheidet. Auch die Granulite am linken Donauufer bei Emmers- dorf haben Kataklase in geringerem Grade erlitten. !) A. Sauer, Das alte Grundgebirge Deutschlands. Comptes rendus IX. Congres geol. internat. Wien 1903, S. 598. 2) F. Becke, Über Mineralbestand und Struktur der kristallinischen Schiefer. Denkschriften der Akademie der Wissenschaften Wien, Bd. 75, 1903, S. 32. Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. Von Dr. Franz E. Suess. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XI) und fünf Zinkotypien im Texte. In nachfolgendem sollen einige Beobachtungen an Perthitfeld- späten mitgeteilt werden, welche sich gelegentlich der Durchsicht einiger kristallinischer Schiefer aus Mähren und Niederösterreich er- geben naben. Uber das Wesen dieses vielbesprochenen Gegenstandes, als einer Verwachsung von Plagioklas mit Orthoklas, existiert kein Zweifel mehr, wenn auch über die Einzelheiten ihrer Entstehungs- bedingungen die Meinungen noch geteilt sind !). Becke erkannte die von Dathe zuerst beschriebene Faserung der Feldspäte in Granuliten und Gneisen als zarte Spindeln und keilförmige Einlagerungen von Oligoklas-Albit im Orthoklas und schuf den Namen Mikroperthit). Klockmann konnte an Feldspäten des Riesengebirgsgranits feststellen, daß die eingelagerten Fasern und Spindeln in Schnitten nach der Klinopinakoidfläche nicht parallel der Hauptachse gelegen sind, sondern mit der Spaltbarkeit nach P einen Winkel von 72° bilden?). Brögger zeigte an den Perthiten der südnorwegischen Syenitpegmatitgänge, daß die Verwachsungsebene der Albiteinlagerungen in vielen Fällen nicht das Orthopinakoid sei, sondern ein steiles Orthodoma (801), welches mit der Kante PM einen Winkel von zirka 72° bildet und der unvollkommenen Teilbarkeit des Murchisonites entspricht *#). Natronhaltige Orthoklase, in denen diese Albiteinlagerungen so fein werden, daß sie sich der mikroskopischen Beobachtung entziehen, bezeichnet er als Kryptoperthite. Andere unregelmäßigere Einlagerungen, welche parallel der Hauptachse ge- streckt sind, erklärt Brögger beim Feldspat vom Gomsöwege (8. 537) im Gegensatze zu den ersteren ausdrücklich als durch Spaltung des 1) 8. d. ausführliche Literaturreferat bei 0. Wenglein: Über Perthitfeld- späte. Inauguraldissertation. Kiel, ©. Peters Erben, 1903. 2) F, Becke, Die (neisformation des niederösterreichischen Waldviertels. Tscherm. Min. Mittlgn. Bd. IV. 1882, S. 395. — E. Dathe: Beiträge zur Kenntnis des Granulits. Zeitschr. d. Deutschen Geol. Gesellsch. Bd. 34. 1882, S. 14—28 ») F. Klockmarn, Beitrag zur Kenntnis der granitischen Gesteine des Riesengebirges. Zeitschr. d. Deutschen Geol. Gesellsch. Bd. 34. 1882, S. 382. *#) W. C. Brögger, Die Mineralien der Syenitpegmatitgänge der südnor- geschen Augit- und Nephelinsyenite. Zeitschr. f. Kristallographie. 1890. Bd. 16, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 54* 418 Dr. Franz E. Suess. fs] ursprünglich auskristallisierten „Natronorthoklases“ gebildet. In anderen Fällen, namentlich wenn die Verwachsungsebene parallel dem Ortho- pinakoid verläuft, haben spätere Umsätze eine größere Rolle gespielt. Von anderen Autoren Lehmann, Sauer, Kühn, Rombersg, Salomon, Milch) wird die Ausbildung des Perthits ebenfalls in größerem oder geringerem Maße nachträglichen Einwirkungen, wie Gebirgsdruck, zirkulierenden Lösungen und beginnender Verwitterung zugeschrieben. Auch Kontaktwirkung wurde in einzelnen Fällen an- genommen. Im allgemeinen stimmen aber die Autoren darin überein, daß der Zerfall eines Kalinatronfeldspats den ersten Anlaß zur Perthit- bildung gegeben hatte. Die allerfeinsten Lamellen (Kryptoperthit) werden von manchen Autoren (Ussing, Milch) für die eigentliche und ursprüngliche Form des Natronorthoklases gehalten. Ein unentbehrliches Hilfsmittel zum genaueren Studium der Mikroperthite ist die Verwendung der Irisblende nach Beckes Methode; sie ermöglicht die Wahrnehmung geringster Unterschiede der Lichtbrechung in benachbarten Substanzen !) und gestattet nicht nur die relative Bestimmung der Feldspäte, sondern auch die genaue Unterscheidung kleinster Sprünge oder Trennungsflächen von körper- lichen Gebilden. A. Hennig bediente sich bereits dieses Hilfs- mittels bei dem Studium der Mikroperthite aus den Graniten von der Halbinsel Kullen im Kattegat?). Die Albiteinlagerungen liegen in diesen Gesteinen zumeist in gegittertem Kalifeldspat und sind zweierlei Art, nämlich: 1. Größere, stengelförmige oder linsenförmige Körper, gestreckt in der Richtung der Vertikalachse, von der Basis- fläche begrenzt, mit gerundetem oder eliptischem Querschnitte, in der makrorediagonalen Richtung meist etwas breiter als in der brachy- diagonalen, angeordnet in den Flächen (010) und (801) („Murchisonit- fläche“); die Zusammensetzung dieser größeren Spindel ist nach ihrer Auslöschung mit der Trace von P im Schnitte senkrecht zur Bisectrix c (+19°) zirka Ab,, An,, also nahezu reiner Albit. 2. Sehr dünne tafel-, förmige Einlagerungen in der Fläche (801), welche im Schnitte nach M und im Schnitte nach P als äußerst zarte Verbindungsstränge oder Fäden zwischen den größeren Albitspindeln oder als fadenförmige Ausläufer derselben erscheinen; sie ummanteln diese Spindeln als saure und etwas schwächer lichtbrechende Randzone und verlaufen oft in einen äußeren Albitsaum um den Mikroklinwirt; ihre Zusammen- setzung ist fast reine Albitsubstanz (zirka 2°), An). Die ersteren Bildungen werden als „Stengei“ (stänglar), die letzteren als „Lamellen“ (lameller) bezeichnet. Die Stengel ‘haben sich nach Hennig primär bei der Verfestigung ausgeschieden und sind manch- mal von einem schmalen Saume reinen Kalisilikats im Anorthoklas umgeben; die Lamellen sind auf Spalten, welche sich durch Gebirgs- druck entlang der Murchisonitflächen und zwischen den Stengeln und 1) F. Becke, Über die Bestimmbarkeit der Gesteinsgemengteile, besonders der Plagioklase auf Grund ihres Lichtbrechungsvermögens. Sitzb. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien. Math. nat. Ol. Bd.102. 1893, S. 367. ?) A. Hennig, Kullens kristalliniska bergarter. Acta Universitatis Lundensis, Lund 1898. XXXIV. Afdeln. 2. No. 6. 3. 8. [3] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. 419 dem Wirte geöffnet haben, nachträglich eingedrungen. Sie bilden die scheinbare saure Umrandungszone der größeren Albitstengel. In neuerer Zeit wurde von Graf Keyserling!) auf den Unterschied hingewiesen zwischen den scharf begrenzten Spindeln im ÖOrthoklas und den nachträglichen Sprungausfüllungen mit Albitsubstanz. Wenn die ersteren auch erst im verfestigten Gesteine ausgeschieden wurden, sind sie dennoch jedenfalls älter als diese und von ihnen scharf zu trennen. Als Antiperthite bezeichne ich hier, einem Vorschlage Prof. Beckes Folge leistend, diejenigen mehr oder minder regel- mäßigen Verwachsungen zweier Feldspäte, bei denen Plagioklas den Wirt, Orthoklas oder Mikroperthit dagegen die Einschlüsse bilden. Solche Gebilde erwähnt bereits F. Becke?) als „interessantes Analogon zu dem Mikroperthit“ aus dem Plagioklas- gneis von Kammegg nördlich von Gars in Niederösterreich. Cohen?) lieferte eine Abbildung einer „mikropegmatischen Verwachsung zwischen Plagioklas und Orthoklas* aus dem Augitgneis vom Seybererberge in demselben Gebiete. Diersche#) vermutete bereits ganz richtig Orthoklas als Substanz der Interpositionen in den Plagioklasen der Pyroxengranulite von Ceylon; er bemerkte jedoch, daß eine Identifizierung mit der Er- scheinung des Mikroperthits, also eine Bezeichnung als Plagioklas- mikroperthit ausgeschlossen scheine, da die Ausbildungsweise dieser Interpositionen eine von der der Mikroperthite verschiedene sei. Die von Weinschenk°) in der Beschreibung der Granulite von Ceylon und in seinem Buche: „Die gesteinsbildenden Mineralien“ abgebildete „Verwachsung zweier Feldspäte“ ist sehr ähnlich den Antiperthiten aus niederösterreichischen Granuliten. Doch erwähnt Weinschenk, daß beide Feldspäte in der Menge sehr wechseln, daß einmal der Orthoklas und das anderemal der Plagioklas als Wirt erscheint. Wie sich unten zeigen wird, ist in der Tat der allgemeine Habitus der Antiperthite ein anderer als der der Mikroperthite und auch in den mährischen und niederösterreichischen Vorkommnissen kann die Menge des eingeschlossenen Orthoklases die des Wirtes übertreffen oder es kann auch eine netzförmige oder pegmatitähnliche Verwachsung beider Feldspäte zustande kommen. * Aus schwedischen Banatiten und Hypersthengabbros wurden solche Gebilde von Hennig (l.c.) unter dem Namen Oligoklas-Mikro- perthitund Andesin-Mikroperthit ausführlich beschrieben. In ') H. Graf Keyserling, Der Gloggnitzer Forellenstein ein feinkörniger Ortho-Riebeckitgneis. Tscherm. Min. Mittlgn. Bd.22. 1902, S. 109. 2) ]. c. 8. 218. >) E. Cohen, Sammlung von Mikrophotographien. 3. Aufl. Stuttgart. 1900. Taf. XXXIV, Fig.1. *#) M. Diersche, Beitrag zur Kenntnis der Gesteine und des Graphitvor- kommens Ceylons.. Jahrb. d. geol. R.-A. Bd. XLVIII. 1898, S. 251, Taf. VII, Fig.3. 5). E. Weinschenk, Die Graphitlagerstätten der Insel Ceylon. Abhandl, d.bayr. Akad. d. Wissensch. Bd. XXT., Abt. 2, S. 299, 1900. 420 Dr. Franz E. Suess. [4] den Plagioklasen der genannten Gesteine sind Orthoklaseinschlüsse in sehr wechselnder Menge enthalten; ihre Gestalt ist stengelig gestreckt in der Richtung der Hauptachse oder unregelmäßig mit geraden oder gebogenen Kanten und mit gerundetem oder elliptischem Querschnitte, an den schmalen Enden häufig begrenzt von der Basisfläche. Ihre optische Orientierung stimmt überein mit der des Wirtes. Zarte Risse in der Richtung (801) deuten auf das Vorhandensein von Kryptoperthit unter den Einschlüssen. Wie es scheint, sind die Einschlüsse reichlicher vorhanden in den getrübten Plagioklaskörnern der Banatite; in den klaren Plagio- klasen fehlen sie bisweilen gänzlich. Durch optische Prüfung wird häufig erwiesen, daß ein schmaler Saum in der unmittelbaren Um- randung der Einschlüsse reicher ist an Anorthitsubstanz als die übrigen Teile des Wirtes. Die Einschlüsse stehen nicht in Verbindung mit der Umgebung des Oligoklases und die Orthoklassubstanz wurde nicht von außen zugeführt. Nach Ansicht Hennigs hat sich der Alkalifeldspat aus einer ursprünglich homogenen Mischung von kali- haltigem Oligoklas unter Mitwirkung zirkulierender Lösungen in Form von Stengeln abgeschieden. Verbogene Zwillingslamellen des Oligoklases sind Zeugen der Wirkung des Gebirgsdruckes, welcher nach Hennig den Abscheidungsprozeß vorbereitet haben soll. Ähnliche Verhältnisse zeigt der Andesin-Mikroperthit aus den Hypersthengabbros. Der Andesin ist zonar gebaut mit saurem Kerne, entsprechend der Regel, die sonst für die kristallinischen Schiefer gilt. Die Orthoklasstengel sind häufiger in den zentralen Partien und fehlen in basischen Randzonen. Letztere werden als Umbildungsprodukt angesehen, entstanden im Zusammenhange mit der Zertrümmerung der Gesteine, als das primäre Andesinkorn unter Mitwirkung von Lösungen im Innern bereits in den Andesinwirt und die Orthoklas- stengel zerfallen war). Ich fand Antiperthite in sehr schöner und regelmäßiger Aus- bildung im hypersthenführenden Granulit bei Schloß Goldegg und Windschnur, NW von St. Pölten ?2), im pyroxenführenden Granulitgneis bei Kadoletz unweit Krzischanau und im cordierit- und spinellführenden, disthen- und granatreichen „Hornfelsgranulit* von Borry und Bobrau in Mähren). Vereinzelte Einschlüsse von Orthoklas im Plagioklas finden sich bekanntlich häufig in Tiefengesteinen und weniger regel- mäßige Durchwachsungen beider Feldspäte fand ich auch nicht selten in plagioklasreichen Paragneisen. !) Der Oligoklas „avec inclusions fusiformes“, welchen Lacroix aus Gneisen von Ceylon (Gneis granulitique & mincrocline) abbildet, entspricht der Darstellung nach vollkommen upseren Antiperthiten, doch bemerkt Lacroix ausdrücklich, daß die Einschlüsse stärker lichtbrechend und stärker doppelbrechend seien als der Wirt. Demnach wären sie nicht als Orthoklas zu deuten. —- Contribution & l’&tude des gneis ä pyroxene et des roches ä wernerite. Bull. de la Soc. Francaise de Mineralogie. Tome XII. Paris. 1889, pag. 299. ?) Siehe den vorhergehenden Aufsatz in diesem Bande S. 396. ®) Der Granulitzug von Borry in Mähren. Jahrb. d. geol. R.-A., Bd. 50, 1900, 8. 641. [5] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. 421 1. Mikroperthite. In zahlreichen Granuliten und verwandten Biotitgneisen aus dem mährischen und niederösterreichischen Grundgebirge sind Mikro- perthite ganz allgemein verbreitet, und zwar kann man mit starken Systemen fast immer zweierlei Plagioklaseinlagerungen unterscheiden, nämlich die feinsten, ganz geradlinigen Lamellen und die größeren Spindeln?!) in ganz ähnlicher Weise, wie sie von Hennig aus den schwedischen Graniten geschildert werden. Die Lamellierung wird in der Regel erst bei einer mehrbundertfachen Vergrößerung sichtbar und hebt sich dann oft noch recht gut durch stärkere Lichtbrechung und andere Auslöschung ab von ihrer Umgebung. Zumeist sind die Lamellen vollkommen geradlinig begrenzt und durchziehen in gleicher Breite das ganze Korn, so daß bei starker Vergrößerung in gewisser Stellung ein Bild entstehen kann, welches einer feinsten Plagioklaszwillings- streifung nicht unähnlich ist. Eine Verwechslung der Lamellen mit Spaltrissen oder Zwillingsstreifung ist durch die Lichtbrechung und durch die Verhältnisse der Auslöschung nicht möglich. Doch werden die Lamellen nicht selten von einer äußerst feinen Durchspaltung in paralleler Richtung begleitet. Allerfeinste Trübung ist in manchen Fällen an den Rändern einzelner Lamellen oder in unbestimmt streifigen Wolken angereichert. Aus der Richtung solcher Streifen kann in einzelnen Fällen schon bei schwächerer Vergrößerung die Richtung der Lamellierung erraten werden. Oft folgen aber diese. Trübungsstreifen anderen Richtungen; manchmal sind sie parallel der Hauptachse. Die Lamellierung ist meistens in verschiedenen Teilen desselben Kornes etwas ungleich entwickelt; stellenweise finden sich Gruppen von dünnen, sehr zart auskeilenden Streifen, die durch zunehmende Zartheit sich der mikroskopischen Beobachtung entziehen, bis der Feldspat zum Kryptoperthit wird. Von dem zart linierten Untergrunde heben sich in der Regel die weit größeren Spindeln recht deutlich ab. Je nach der Schnitt- richtung und nach ihrer jeweiligen Gestalt erscheinen sie rundlich, elliptisch, tropfenförmig oder mit stumpfen oder spitzen Enden in die Länge gezogen. Ihre Menge wechselt sehr im selben Schliffe und im selben Korne. Ihre Verteilung ist ganz unregelmäßig und sie können ebensowohl im Innern eines Kornes wie in einer Randpartie zu dichten Schwärmen zusammengedrängt sein. Nur selten finden sich mittelgroße Zwischenstufen und Übergänge von etwas größeren und kürzeren Lamellen zu langgestreckten und dünnen Spindeln (Taf. XI, Fig. 1). Im selben Schliffe kann ein Mikroperthitkorn dicht erfüllt sein mit den rundlichen oder unregelmäßigen Durchschnitten, während sie in einem Nachbarkorne gänzlich fehlen oder nur vereinzelt auftreten. Es scheint mir wohl möglich, daß bei manchen Beschreibungen von Granuliten und Gneisen, in denen von Mikroperthiten die Rede ist, !) Ich wähle im Deutschen den Ausdruck „Spindel“, denn trotzdem diese Körper ziemlich wechselvolle Gestalt haben, scheint mir diese Bezeichnung besser zu entsprechen als der Ausdruck „Stengel“. 499 Dr. Franz E. Suess. [6] nur diese größeren Spindeln in Betracht gezogen wurden, die Lamellen aber übersehen worden sind, da sie meist nur bei stärkster Ver- größerung und bei Anwendung der Irisblende deutlich hervortreten }). In dem leicht kemntlichen Schnitte nach dem Klino- pinakoid sind die Lamellen am schärfsten und deutlichsten aus- geprägt. Die Spindeln erscheinen in die Länge gezogen mit zugespitzten oder keilförmigen Umrissen, an einem oder an beiden Enden nach der Basis abgestumpft (Taf. XI, Fig. 1). In Schnitten mit genau zentralem Austritte der Mittellinie c betrug der Winkel zwischen den Spalt- rissen P (ooı) und den Lamellen 73'3° (Fig. 2). Die Lamellen liegen somit in dem von Brögger, Hennig, Ussing u. a. angegebenen steilen Orthodoma (s01). Die Spindeln liegen manchmal vollkommen parallel mit den Lamellen, häufiger aber weichen sie etwas ab von dieser Richtung. Wegen der keilförmigen Zuschärfung ihrer Längsschnitte und geringen Unregelmäßigkeiten ihrer Form ist die Messung weniger genau. Auch liegen sie nicht immer vollkommen parallel. In vielen Fällen wurde der Winkel mit den Spaltrissen von P mit 63'649 gemessen; hier liegen sie somit parallel der Hauptachse. Taf. XI, Fig. 1 zeigt die feine Streifung nach (801) und die etwas abweichende Lage der Spindeln. Wenn sich die Auslöschung des Wirtes und die der Lamellen wegen allzu großer Feinheit nicht gesondert unter- scheiden läßt, so beträgt die Auslöschung der Gesamtmasse des Mikroperthits gegen die Trace von P meistens 11—12°. Ein solches optisches Verhalten ist nach Brögger das notwendige Resultat einer innigen Vermengung von Kalifeldspat und Natronfeldspat. Wo die Auslöschung des Wirtes und die der Lamellen für sich gemessen werden kann, ist erstere in der Regel zu groß für reinen Orthoklas (5—79), letztere zu klein für reinen Albit (16—17°. Nur wo die Lamellen besonders scharf ausgeprägt sind, kommen die wahren Auslöschungsschiefen fast rein zum Ausdrucke (5° in der Hauptmasse und 19° in den Lamellen. Wo in den besagten Schnitten die Auslöschungsschiefen der Spindeln von der der Lamellen unterschieden werden kann, ist sie geringer als die der Lamellen. Das stimmt mit der Beobachtung von Hennig überein, daß die Spindeln etwas anorthitreicher sind als die Lamellen. Je reicher das Gestein an Plagioklas im allgemeinen war, desto basischer waren auch die Spindeln; der fragliche Betrag in einem Granulit vom Valinberge bei Bobrau war 15° im Hornfelsgranulite vom Peklowalde bei Borry nur etwa 9—10°, was auf einen Oligoklas von der Zusammensetzung Ab, An; hindeutet. Ein zonarer Aufbau innerhalb der Spindeln, wie ihn Hennig beschreibt, konnte nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Dagegen fanden sich Anhaltspunkte für die von Brögger und auch von Hennig beobachtete Erscheinung, daß in der unmittelbaren Nähe der größeren Albit- oder Plagioklasausscheidung der Wirt etwas !) Deutliche photographische Darstellungen der Lamellen und der Spindeln finden sich in Romberg’s: Petrographischen Untersuchungen an argentinischen Graniten (Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. Beilage, Bd. VIII, 1893, Taf. XIV). Erstere werden als „gefaserter Feldspat“ (Fig. 43), letztere als „Albitblättchen“ (Fig. 44) bezeichnet. [7] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. 423 andere optische Erscheinungen, das heißt, andere chemische Zusammen- setzung zeigt. Wo die Spindeln in dichten Wolken auftreten, gibt sich die Änderung nur durch unruhige, etwas undulöse Auslöschung kund und eine gesetzmäßige Beziehung läßt sich schwer feststellen; wo die Spindeln vereinzelt auftreten, ist die Erscheinung vermutlich nur sehr schwach ausgeprägt und entgeht der Wahrnehmung. Taf. XI, Fig. 4 gibt jedoch ein Beispiel, in welchem durch besondere Umstände die Erscheinung deutlicher wird. In dem großen Feldspatkorne, von dem ein Teil in der Figur dargestellt ist, sieht man stellenweise die geradlinige Streifung, durch welche dieser als Kryptoperthit kenntlich wird. Wegen ihrer allzu großen Zartheit konnte sie nicht in der Photographie zur Darstellung gebracht werden. Die Spindeln sind, wie das häufig der Fall ist, innerhalb des Kornes ganz unregelmäßig zerstreut und verschieden gestaltet. Eine Stelle jedoch, in welcher die Spindeln zu einem schmalen Zuge zusammengedrängt und zum Teil etwas größer sind als in der Umgebung, ist in die Mitte des Gesichts- feldes gebracht. Die etwas unruhige Auslöschung in der Hauptmasse des Wirtes erfährt eine auffallende Anderung in der unmittelbaren Nähe dieses Zuges. Bei Drehung unter gekreuzten Nikols verdunkelt eine Zone in der unmittelbaren Nachbarschaft des Spindelzuges anders als die Umgebung, und zwar befindet sich die Dunkelstellung der Hauptmasse bei gleichmäßiger Drehung in einer Richtung, knapp zwischen jener der Hüllzone und jener der Spindeln, ganz wie man erwarten muß, wenn eine Auslaugung von Albitsubstanz aus dem Kryptoperthit in der Nähe der Spindeln erfolgt ist. Wenn zuerst der Albit oder Oligoklas der größeren Spindeln auslöscht, so folgt ihm zu- nächst der Kryptoperthit der Hauptmasse und dann erst der dem Orthoklas genäherte Feldspat in der Auslaugungszone, dessen Dunkel- stellung in der Figur zur Darstellung gebracht ist. Im Schnitte nach der Basis verlaufen die feinen Lamellen senkrecht zur Spaltbarkeit nach M und die Spindeln sind abermals ganz unregelmäßig verteilt, bilden rundliche oder längliche oder auch verzogene und wurmförmige Gestalten; Zwillingsstreifung wurde in diesen primären Gebilden niemals angetroffen, während die nachträglich auf Spaltrissen nach M oder P angesiedelten breiteren Albitbänder, wo sie auftreten, nicht selten verzwillingt sind. Im Schnitte senkrecht zur Mittellinie a sind natürlich die Lamellen nicht sichtbar. Die Auslöschung ist in der Regel etwas unbestimmt, manchmal wie marmoriert, manchmal bemerkt man eine unbestimmte Streifung parallel der Trace von P, welche aber von sehr feinen Rissen herrühren mag. Die von Becke!) beschriebenen, aus feinsten Trübungen be- stehenden Gitterzeichnungen wurden in einzelnen Fällen bei stärkster Vergrößerung wahrgenommen, jedoch nicht in sehr deutlicher Aus- bildung. Die Spindeln erscheinen in diesen Schnitten ebenfalls länglich, kurz stabförmig oder lanzettförmig oder auch als etwas breitere, nach der Basis abgestumpfte Blättchen. Brögger beobachtete außer den Einlagerungen in der Fläche (801) 2) ].c. 8. 200. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 5. u. 4. Hft. (F. E. Suess.) 55 424 Dr. Franz E. Suess. [8] im „Natronorthoklas“ aus den Fredriksvärner Gängen noch der Vertikal- achse parallel orientierte mikroskopische Fetzen, Streifen und Lamellen von Albit, welche fast immer an das Auftreten eines Feldspats von den Eigenschaften eines Kaliorthoklases gebunden sind. Die ersteren hält er für ursprünglich, die letzteren dagegen durch eine Spaltung des ursprünglich auskristallisierten „Natronorthoklases“ sekundär gebildet. Aus unten angeführten Gründen glaube ich, daß die etwas Anorthit- substanz enthaltenden Spindeln, auch wenn sie parallel der Hauptachse liegen, nicht jünger sind als die Lamellen in der Orthodomenlage. Dagegen sind andere Albitstreifen unzweifelhaft aus fortschrei- tender Umlagerung hervorgegangen. Sie liegen parallel der Haupt- achse (vielleicht in der Spaltrichtung des Prismas) und stehen häufig in naher Beziehung zu einzelnen etwas breiteren Lamellen der ÖOrthodomenfläche (801). Sie scheinen vorwiegend in solchen Schliffen aufzutreten, in denen bereits Wirkungen des Gebirgsdruckes bemerk- bar werden. Fig. 2 auf Taf. XI — abermals ein Schnitt senkrecht auf die Mittellinie c — mag als ein Beispiel unter vielen dienen. Man sieht in dem fast reinen Orthoklas (Auslöschung gegen P 5.70) die allerfeinste Albitlamellierung (Winkel gegen P 72'3°) in feinen Streifen über die ganze Bildfläche fortlaufend oder auch da und dort dünn und spitz auskeilend. Daneben sieht man eine Anzahl im Relief etwas stärker hervortretender und etwas breiterer Streifen. In diesen Streifen ist der Albit nur stellenweise erhalten geblieben und ver- dunkelt dann in einem Winkel von 189% gegen die Trace von P. Der größte Teil des Albits dieser Streifen ist in farblosen Glimmer (Paragonit) verwandelt, dessen verworren gefaserte Blättchen parallel den Wänden der Spalten gelegen sind, welche er ausfüllt, so daß alle diese lebhaft doppelbrechenden dünnen Streifen im Schliffe gleichzeitig und gerade auslöschen. Es ist auffallend, daß man auch noch zwischen den Glimmerfasern sehr deutlich die Spaltrisse nach P des ehemaligen Albits erkennen kann. An einzelnen dieser Streifen gewahrt man nun recht deutlich ein Umbiegen gegen rechts (in der Figur) in stumpfem Winkel; an einzelnen Stellen kommt die neue Richtung auch in der Weise zum Ausdrucke, daß einzelne Spindel- formen knapp nebeneinander der Reihe nach von links nach rechts immer staffelweise weiter nach abwärts rücken, Die neue Richtung ist weniger bestimmt ausgeprägt als die erste und bildet mit der Trace von P einen Winkel von 63—64°, was beiläufig der Hauptachse ent- spricht. Die Albitsubstanz hat somit das Bestreben, aus der ursprüng- lichen Richtung der steilen Orthodomenfläche herauszuwandern in die Richtung der Hauptachse oder der prismatischen Spaltbarkeit. Auch auf den Spaltrissen nach P hat sich stellenweise in dünnen Streifen Albit abgesetzt. Durch weitere sekundäre Umlagerungen des Natriumsilikats in Gesteinen, welche in höherem Maße dem Gebirgs- drucke ausgesetzt gewesen sind, entstehen die breiteren Albitstreifen entlang den Spaltflächen und anderen Rissen. Sie sind ebenfalls wieder- holt als Mikroperthite beschrieben worden. [9] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen, 425 2. Antiperthite. Mehr oder minder regelmäßige Verwachsungen zwischen Plagioklas und Orthoklas sind sowohl in Tiefengesteinen als auch in Ortho- und Paraschiefern recht verbreitet. Sie scheinen in plagioklasreichen Gesteinen häufiger zu sein als in orthoklasreichen. Dann sind die Ein- schlüsse von Orthoklas im Plagioklas (meist basischer Oligoklas oder Andesin) stellenweise in Gruppen gehäuft; im Schnitte parallel dem Klinopinakoid mit dem charakteristischen rhomboidischen Umrisse dieser Fläche, im Schnitte nach der Endfläche oder nach der Quer- fläche mit rechteckiger oder quadratischer Umgrenzung. Auch bei unregelmäßiger Gestaltung sind sie manchmal in der Richtung der c-Achse verlängert und nähern sich bereits in ihrer Erscheinung dem von Hennig abgebildeten Oligoklasmikroperthit. In bezug auf Regel- mäßigkeit und Eleganz der Ausbildung stehen sie aber weit zurück hinter den typischen Antiperthiten, in denen die Orthoklasein- schlüsse zumeist die sehr bezeichnende stengel- oder spindelförmige Gestalt besitzen. Die Entstehungsbedingungen dieser letzteren, extremen Aus- bildung sind gewiß andere als die der größeren Orthoklasblättchen in Eruptivgesteinen und Paragneisen, doch werden auch Übergänge und Vermengungen beider gefunden, die eine strenge Abgrenzung des Antiperthitbegriffes schwierig machen. In Fig. 1a auf S. 426 sind zum Beispiel teils spindelförmige, teils unregelmäßige Einlagerungen von Orthoklas im Oligoklas in einem Korne vergesellschaftet, und zwar aus dem „Hornfelsgranulit*, einem ehemaligen Kontaktgesteine mit Cor- dierit, Granat, Disthen und Spinell, welches den Granulitzug von Borry in Mähren begleitet und nach der Ansicht des Verfassers durch kristallo- blastische Metamorphose in der unteren Tiefenstufe in ein granulit- ähnliches Gestein umgewandelt wurde. Der dargestellte Schnitt zeigt etwas seitlichen Austritt der positiven Mittellinie. Die Auslöschung des Oligoklases beträgt 910% die des Orthoklases 5'6° gegen die Spaltrisse von P. Eine pegmatitähnliche Verwachsung von Plagioklas und Orthoklas aus einem sicheren Paragneis zeigt Fig. 3 auf Taf. XI. Sie ist offenbar genetisch sehr verschieden von den gleich näher zu beschreibenden Verwachsungen in Orthogneisen und wird nicht aus dem Zerfalle einer ursprünglich einheitlichen Substanz, sondern nur durch gleichzeitiges kristalloblastisches Ineinanderwachsen beider Feldspäte zu erklären sein. Die eigentliche Heimat der am elegantesten entwickelten Anti- perthite sind nach meinen bisherigen Beobachtungen die hypersthen- führenden Granulite und Gneise. Wo sie beobachtet wurden, treten sie zugleich auf mit typischem Mikroperthit, und zwar scheinen sie um so reichlicher und vollkommener aufzutreten, je reicher das Gestein an Plagioklas ist. Im Hypersthengranulit aus der Gegend nordwestlich von St. Pölten sind sie in manchen orthoklasreichen Schliffen noch recht spärlich vorhanden. Die meisten Plagioklaskörner, ob gestreift oder ungestreift, sind dann noch frei von den Ortho- klasspindeln, andere enthalten nur zwei oder drei Spindeln. in anderen wieder sind sie im Kerne etwas gehäuft. Massenhaft treten bö*r 426 Dr. Franz E. Suess. [10] sie auf in dem Hypersthengneis nördlich von Kadoletz bei Krzischanau in Mähren (Taf. XI, Fig. 5). Das Gestein enthält neben vorwiegendem Antiperthit auch reichlich Quarz, etwas Mikroperthit, große Granate, unregelmäßige Körner von Hypersthen — letztere häufig in den bekannten kelyphitischen Strukturen von den Granaten stengelig aus- strahlend — ferner etwas Biotit und Sillimanit. Der meist gestreifte Plagioklas ist nach der symmetrischen Auslöschung in Schnitten senk- recht auf P und M basischer Oligoklas mit verkelirter Zonen- struktur. Der äußere Rand ist oft bereits reiner Andesin mit der Fig. 1. EZ Fig. 1. Antiperthite. a. b. ec. Schnitte nach dem Klinopinakoid. — d. Schnitt beiläufig nach der End- fläche. — a. Aus Hornfelsgranulit vom Valinberge bei Borry. — b. Aus pyroxen- führendem Granulit NW von St. Pölten. — ec. und d. Aus Pyroxengneis von Kadoletz in Mähren. Zusammensetzung Ab, An; (17%). Auch hier ist die Anzahl der Orthoklasspindeln in verschiedenen Plagioklaskörnern sehr verschieden. Oft sind die Spindeln im ganzen Korne und bis an den Rand so dicht gedrängt, daß von der Substanz des Wirtes nur wenig sichtbar bleibt. Manchmal ist der Plagioklas an einzelnen Stellen des Außenrandes frei von Einschlüssen, doch kann dies nicht als Regel gelten. Eine basischere Zusammensetzung des Wirtes in der unmittelbaren Um- randung der Spindeln, wie sie Hennig beschreibt, konnte nirgends mit Sicherheit beobachtet werden. [11] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. 497 Im Gegensatze zu den rechtwinklig umgrenzten Orthoklas- einschlüssen in den Plagioklasen der Paragneise und der Tiefengesteine, sind Einschlüsse in diesen Orthogneisen, ob sie nun reichlich oder spärlich auftreten, stets schmale und langgestreckte Körper, an den Enden mehr oder weniger verschmälert oder durch die Endflächen begrenzt. Manchmal werden sie bis O'Ol mm dick. Nur ganz vereinzelt findet man noch größere unregelmäßig gelappte Orthoklaseinschlüsse. Die Querschnitte der Spindeln sind in der Regel nicht gerundet, wie bei den Spindeln der Mikroperthite, sondern unregelmäßig eckig, oft rhombisch oder trapezförmig abgekantet, auch hie und da mit einspringenden Winkeln. Die Anordnung der Spindeln innerhalb des Wirtes ist durchaus nicht so regelmäßig wie die der Lamellen in den Mikroperthiten; doch auch nicht so ganz willkürlich, wie das oft bei den größeren Spindeln der Mikroperthite der Fall ist. Mit Sicherheit lassen sich drei Haupt- richtungen der Antiperthitspindeln erkennen, wenn auch die einzelnen Hauptrichtungen gar oft nicht streng eingehalten werden und im einzelnen sehr weitgehende Abweichungen stattfinden. Die einzelnen Fig. 2. Richtungen sind in verschiedenen Körnern in sehr verschiedenem Maße vertreten; bald ist in einem Korne nur eine Richtung vorhanden, recht oft zwei, nicht selten auch alle drei Richtungen. Uberdies kommt es auch vor, daß, während die Hauptmenge der Spindeln den Hauprichtungen entsprechend gelagert ist, einzelne wenige Spindeln willkürlich dazwischen gestreut oder nach weiteren, schwerer bestimm- baren kristallographischen Richtungen angeordnet sind. Der zonare Bau der Plagioklase (Oligoklas und Andesin) erschwert sehr das sichere Erkennen der Schnitte nach dem Klinopinakoid und der seitliche Austritt der Mittellinie c bleibt in einem gewissen Grade unbestimmt. Immerhin kann man in den dem Klinopinakoid nahe gelegenen Schnitten leicht erkennen, daß ein Teil der Spindeln bei- läufig der Hauptachse parallel gelagert ist (Fig. 15). Solche Spindeln sind im allgemeinen am häufigsten und am dichtesten gedrängt. Daneben erkennt man nicht selten die Spindeln, welche eine Richtung parallel mit den Spaltrissen nach P (o01) einhalten (Fig. Le). In Schnitten nach der Querfläche liegen die Spindeln der ersten Hauptrichtung parallel mit den Zwillingsgrenzen. Die Spindeln der zweiten Hauptrichtung werden hier nicht quer durehschnitten, wie man 4928 Dr. Franz E. Suess. [12] vielleicht zuerst erwarten sollte, sondern erscheinen langgestreckt und querliegend in beiläufig senkrechter Stellung zu den Zwillingsgrenzen. Wenn die parallel zur Hauptachse gestreckten Spindeln besonders dicht gedrängt sind, scheint es manchmal, als ob sie in sehr spitzem Winkel gruppenweise konvergieren würden. Die Täuschung wird am bemerkbarsten in Schnitten, die mit geringer Neigung von der Quer- fläche abweichen. Beim Heben und Senken des Tubus unterscheidet ınan aber leicht, daß die spitzwinklig konvergierenden Striche, welche auf den ersten Blick in die Augen fallen, nur dadurch erzeugt werden, daß die Ränder und die zugespitzten Enden benachbarter Spindeln knapp übereinander zu liegen kommen (Fig. 2). Die Stellen, an denen die schwächere Lichtbrechung durch das UÜbereinanderliegen der Spindeln verdoppelt wird, treten dann stärker hervor, scheinbar als selbständige Spindeln mit etwas abweichender Richtung. Besonders lehrreich sind Schnitte beiläufig senkrecht zur Haupt- achse. Hier sieht man die kantig umgrenzten Querschnitte der häufigsten Spindeln und deren reihenweise Anordnungentlang den Zwillingsgrenzen (Fig. 1d und Taf. XI, Fig. 5, Mitte). Wo die Zwillingsstreifung sehr eng ist, können die Querschnitte dieser Spindeln zu dichtem Mosaik zusammendrängt sein. Die übrigen Spindeln schneiden die Zwillingsgrenzen- beiderseits ziemlich symmetrisch in Winkeln von zirka 60°. Im Vereine mit den Beobachtungen an anderen Schnitten kann man schließen, das diese Spindeln der zweiten und dritten Hauptrichtung im großen und ganzen parallel mit den Kanten zwischen den Prismen und der Endfläche angeordnet sind. In Schnitten, welche mit einer leichten Drehung um die Normale auf das Orthopinakoid die Zwillingsebene in sehr spitzem Winkel schneiden, so daß eine breite, verschwommene Zwillingsstreifung senk- recht zur Hauptachse auftritt, erscheinen die parallel zur Achse c und in der Zwillingsebene liegenden Spindeln in senkrechter Stellung auf der Zwillingsgrenze mit sehr geringer Neigung zur Schliffebene. Die drei Hauptrichtungen der Spindeln sind demnach die Ortho- achse und die beiden Kanten zwischen den Prismen und der Endfläche. Da und dort kann man beobachten, daß die Spindeln der ver- schiedenen Richtungen miteinander verwachsen und zu kleinen kantigen Blättchen verbreitert sind, so daß skelettartige Gestalten von Orthoklas im Plagioklas zustande kommen. Der Orthoklas befindet sich in gleicher Orientierung wie der Wirt. Breitere unregelmäßige Flächen, in welchen die Mittellinie c zentral austritt, zeigen oft eine Auslöschung von 9° oder 14° gegen die Trace von P und werden hierdurch als Kryptoperthit erkannt. In solchen Schnitten fällt die Auslöschung des Orthoklases nicht selten sehr nahe zusammen mit der des umgebenden Oligoklases; letzterer zeigt dann ebenfalls zentralen oder wenig seitlichen Austritt der Mittellinie. Die meisten Autoren, welche sich mit dem Gegenstande befaßt haben, sind der Ansicht, daß in den Mikroperthiten der Kalifeldspat und der Natronfeldspat ursprünglich zu Anorthoklas vereinigt gewesen. sind. Die Anschauungen gehen darüber auseinander, ob und in welchem [13] Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. 499 Maße äußere Einflüsse, wie Gebirgsdruck, beginnende Gesteinszer- setzung und zirkulierende Wässer, bei der Ausscheidung von Albit aus der isomorphen Mischung, eine Rolle gespielt haben und inwie- weit auch Albitsubstanz von außen zugeführt wurde. Primäre Albit- einlagerungen in den Mikroperthiten werden häufig von sekundären unterschieden, aber die Ausdrücke primär und sekundär reichen an- scheinend nicht hin, um den Entwicklungsgang alles dessen, was als Mikroperthit bezeichnet wurde, ausreichend zu definieren. Bei Besprechung des chemischen Gleichgewichtes in kristal- linischen Schiefern bemerkt Becke!) bezüglich der perthitischen Verwachsungen: „Bei Temperaturen, die dem Erstarrungspunkte von vulkanischen Gesteinen entsprechen, dürfte K- und XNa-Feldspat in erheblichem Grade homogen mischungsfähig sein. Ist die Mischung einmal gebildet und wird sie rasch abgekühlt, so bleibt sie erhalten wie eine stark unterkühlte Schmelze, die im amorphen Zustande ver- harrt, oder vielleicht noch besser: wie die unstabile Modifikation gewisser Substanzen erhalten bleibt, wenn sie rasch unter die Um- wandlungstemperatur abgekühlt wird. Bei längerem Verweilen in einer höheren Temperatur, die aber unter der Temperaturgrenze der völligen Mischbarkeit liegt, wird namentlich unter dem begünstigenden Ein- flusse von Wasser oder anderen Mineralisatoren der Zerfall in Mikro- klin und Albit eintreten. Offenbar geschieht dies vielfach schon in den körnigen Massengesteinen, bei denen die Abkühlung langsam genug fortschreitet, um das Gestein lange in dem Bereiche der Umwandlungs- temperatur verweilen zu lassen.“ Mit diesen Worten ist, wie ich glaube, im wesentlichen die Deutung der hier beschriebenen Vorkommnisse gegeben. Die größeren Körper, die Spindeln in den Mikroperthiten, welche nach einigen Beob- achtungen neben Albit auch Spuren von Anorthitsubstanz enthalten, mögen sich zuerst aus einem homogenen Anorthoklas ausgeschieden haben. Sie sind teils ganz unregelmäßig zerstreut, teils in der Richtung der Hauptachse gestreckt. Das Caleiumsilikat dürfte noch weniger misch- bar sein mit Kalisilikat als das Natronsilikat. Diese ersten Ausschei- dungen haben, wie manchmal beobachtet wird, dem Anorthoklas in der unmittelbaren Umgebung die Albitsubstanz entzogen und sind dann von schmalen albitfreien Höfen umgeben. Die weitere molekulare Umlagerung im festen Gesteine bei etwas niedrigerer Temperatur vollzog sich entlang der steilen Orthodomenfläche (801) in Form gerad- liniger, sehr feiner Lamellen. Die Entmischung wird gesteigert bei Hinzutreten des Gebirgsdruckes. Die Lamellen mögen zu Flächen geringerer Kohäsion geworden sein und sie zeigen (das Bestreben, breiter zu werden; ferner öffnen sich in den Spaltflächen des Feld- spats neue Wege für die Albitabscheidung. Zuerst zeigen die breiteren Lamellen das Bestreben, aus der Richtung des Orthodomas in die Richtung der Hauptachse (Prismenfläche) immer mehr auszuweichen (Taf. XI, Fig 2). In weiteren Stadien der dynamischen Einwirkung !) F, Becke, Über Mineralbestand und Struktur der kristallinischen Schiefer. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, math.-naturw. Kl., Bd. LXXV. 1909, S- 5. 430 Dr. Franz E. Suess. [14] füllen sich auch die Spaltrisse nach der Endfläche mit Albitsubstanz. Auch andere Sprünge bilden sich und die Verwachsung verliert immer mehr an Regelmäßickeit. Es entstehen jene gebogenen und gewellten, auch „flammenartigen“ Ausscheidungen oder Umrandungen von ge- streiftem Albit, welche, gleich häufig in gequetschten Tiefengesteinen wie in gequetschten Schiefern, wiederholt als Perthite oder Mikro- perthite beschrieben worden sind. Gitterung des Orthoklases ist in der Regel eine Begleiterscheinung. Solche sekundäre Bildungen sind zum Beispiel alle jüngst von Wenglein beschriebenen Verwachsungen von Albit und gegittertem Kalifeldspat. In anderen Fällen wird oft reichlich Albitsubstanz von außen zugeführt und als Endprodukt können sogar Pseudomorphosen von Albit nach Orthoklas zustande kommen. Diese sekundären Bildungen sind wohl zu unterscheiden von den bier beschriebenen Spindeln und Lamellen. Die Einlagerungen von Orthoklas oder Kryptoperthit in den Antiperthiten sind der Entstehung nach wohl am besten den Spindeln von Albit oder Oligoklas in den Mikroperthiten zu vergleichen, wenn sie auch etwas anders gestaltet und angeordnet sind als diese. Ein sicheres Analogon zu den „Lamellen“ der Mikroperthite wurde in den Antiperthiten der Schiefergesteine nirgends gefunden. Es wird offen- bar sämtlicher K-Feldspat in Verbindung mit etwa Na-Feldspat gleich zu Anfang ausgeschieden und zu weiterem Zerfalle des Plagio- klases ist keine Veranlassung }). Weder die Spindeln der Perthite noch die der Antiperthite können als protogene Reste aus einem früheren Zustande des Örthogneises betrachtet werden. Sie sind ebenso wie die Lamellen typomorph im Sinne Beckes, indem sie dem chemischen Gleichgewichte des kristallinischen Schiefers entsprechen. Die Gesteine tragen im ganzen vollkommen das Gepräge ‚kristalloblastischen Wachstums. Bei den Antiperthiten finden sich Übergänge zu pegmatitartigen und diabla- stischen Durchwachsungen. In den Pyroxengranuliten wird eine deut- liche Beziehung der Ausbildung der Antiperthite zu Porphyroblasten von Granat beobachtet. Letztere, meistens als Perimorphosen entwickelt, umschließen mit idioblastischen Umrissen antiperthitische Plagioklase, in denen die Durchwachsung beider Feldspate, bedeutend vollkommener und größer zur Ausbildung gelangt ist als im umgebenden Grund- gewebe?). Da die Granaten gewiß nicht protogen sind, muß auch die vom Wachstum der Granaten abhängige Ausbildung der Antiperthite zugleich init der Umprägung des Gesteines zum kristallischen Schiefer entstanden sein. E 1) Nur in einem Falle, in dem Oligoklas eines Diorits von Melk in Nieder- österreich, wurden neben größeren eckig umgrenzten Ortoklaseinschlüssen stellen- weise zarte geradlinige Lamellen einer schwächer lichtbrechenden Substanz gesehen. Sie lassen sich kaum anders auffassen, als daß hier Orthoklas in ähnlicher Weise nachträglich ausgeschieden wurde, wie der Albit der Mikroklinlammellen, und deutet vielleicht darauf hin, daß unter Umständen in Intrusivgesteinen der Plagioklas noch K-Feldspat nach der Erstarrung nicht nur in Form von Einschlüssen, sondern auch in molekularer Mischung festhalten kann. . ?) S. Fig. 2 im vorhergehenden Aufsatze dieses Bandes, Seite, 398, Geologisch - petrographische Mitteilungen aus dem Gebiete des Kartenblattes Böhm.-Leipa und Dauba, Zone 3, Col. Xi der österr. Spezialkarte. Von H. V. Graber in Böhm.-Leipa. Mit drei Zinkotypien im Text. Das Kartenblatt umfaßt weitaus zum größten Teile das Gebiet der böhmischen Kreideplatte, die drei Viertel des ganzen Raumes bedeckt. Das übrige Viertel wird vom böhmischen Mittelgebirge eingenommen, das sich von Südwesten her wie ein Keil in die Kreide- ablagerungen hereinschiebt. Die allgemeinen landschaftlichen Gegen- sätze dieser beiden geologischen Komponenten sind hinlänglich bekannt. Fremdartige und morphologisch wohlindividualisierte Gebilde innerhalb der Kreideplatte selbst sind die zahlreichen kuppen- und rückenförmigen Aufbrüche von Basalt und Phonolith, die mit der Annäherung an das Mittelgebirge immer häufiger werden. Oft ist der Basalt gangförmig entwickelt, die Zugehörigkeit der Gänge zu bestimmten Zentren aber nicht immer ersichtlich. Ein berühmtes, durch Steinbruchbetrieb leider ganz zerstörtes Beispiel dieser Art war die Teufelsmauer bei Hühnerwasser, von deren einstiger Anwesen- heit nur noch ein langer Graben zeugt. Decken- und stromartige Ergüsse sind fast ausschließlich auf das Mittelgebirge beschränkt und nur vereinzelt in den randlichen Teilen der Quaderplatte selbst nach- weisbar. Die Denudationsreste der isolierten Ergässe sind scheinbar regel- los über die Landschaft verstreut; aber überall ließ sich ihre Ab- hängigkeit von Störungslinien nachweisen. Ihre Anwesenheit wurde öfters ein wichtiges Kriterium für die Deutung mancher Struktur- linien als Bruchzonen, wo-die petrographischen und stratigraphischen Verhältnisse das Vorhandensein einer Verwerfung verschleierten. Charakteristisch für das Oberflächenbild der Kreideplatte sind die baumartig verzweigten Talsysteme, die sich nach den größeren, meistens an Störungslinien entlang laufenden Depressionon Öffnen. Ein lehrreiches Studiumsobjekt dafür ist das Kummergebirge. Die einzelnen Talstrecken weisen im Bereiche der Quadersandsteine stets eine sehr deutliche Abhängigkeit von den Clivagen auf, wodurch sich analog den Tälern der Granitplateaus geradezu eckige Biegungsstellen herausgebildet haben. Jahrbuch d. k. K. geol. Reichsanstalt, 1904. 54. Bd,, 3. u. 4. Hft. (H. V. Graber.) 56 432 H. V. Graber. [2] Nach der Richtung der Clivagen erfolgt auch die Zerlegung des Quaders in die bekannten Obeliskenformen. Eine Trennung der Platte in einzelne Rücken ist nicht gerade selten zu beobachten, aber an keinem anderen Orte äußert sie sich in so auffälliger, nirgends wiederkehrender Weise wie im Aschen- dorfer Revier südlich von Leipa. Es sei gestattet, hier etwas näher auf diese Erscheinung einzugehen. Das Aschendorfer Waldrevier wird begrenzt von der später zu schildernden Verwerfungslinie Robitz—Aschendorf, dem Senkungs- felde von Mickenhan, der Bruchlinie entlang dem Nordrande der Teichtalung Drum—Hirschberg und dem Tale des Robitz- baches. Deutlich ist die beiderseitige Abdachung von den durch- schnittlich 290 m hohen Nord- und Südrändern nach der Mitte zu. Die Nordabdachung ist eine völlig ebene Platte, in der nur an der Talkrönung des Robitzbaches einige unbedeutende Erosionsschluchten von etwa °/, km Länge eingerissen sind. Die Südabdachung ist durch parallele Züge von tief eingeschnittenen, NW—SO gestreckten Talungen in langgestreckte schmale Rücken und Tafeln zerlegt. Die völlig wasser- losen Furchen werden teilweise als Verkehrswege benützt, besonders zur Holzbringung, erfreuen sich aber wegen ihrer tiefen Versandung keiner großen Beliebtheit. Am wichtigsten ist die „Sandstraße“, die von Rehdörfel, an der „weißen Kapelle“ vorbei, in der tiefsten Talung gegen Leipa verläuft. Ihr stetiges Gefälle beträgt auf eine Längen- entwicklung von 4km bloß 18 m. Eine zweite, südlicher gelegene Tiefenlinie zieht von Mickenhan über die Ortschaften Kühberg und Zuckmantel nach Robitz und hat ebenfalls ein stetiges Ge- fälliges, das bei einer Länge von 7 km 37 ın beträgt. Im ersten Falle erhält man eine Gefällsentwicklung von 0'5°/,, im zweiten von 0'45°/,, also nahezu das gleiche Resultat. Die Hauptverkehrsader war in alter Zeit die „Kummerstraße“, die sich am Rande der großen Kreideplatte gegen das Bruchfeld von Leipa zog. Unverständlich und eine förmliche Ausnahme in der ver- kehrsgeographischen Regel ist dagegen die nordsüdliche Richtung der gegenwärtigen Reichsstraße von Leipa nach Prag, die zunächst im Zuckmantler Berg die Bruchkante erklimmt, um dann mit starkem Gefälle gegen Neuschloß und Habstein zu verlaufen. Vielleicht ist die Ursache in der Lage von Leitmeritz zu suchen, da eine rasche Verbindung zwischen dieser Stadt und Leipa nur über Neu- schloß möglich ist, vielleicht aber verursachte der alte Herren- sitz Neuschloß als einstiger Post- und Amtsplatz die eigentümliche Ablenkung der Straße von einer Richtung, die die Natur gezeichnet hat. Möglicherweise ist aber die neue Straße ähnlich wie die von Leipa nach Haida führende absichtlich nach der Luftlinie gebaut worden; Beispiele derartiger Straßenanlagen sind in Böhmen sehr verbreitet. Nördlich von der weißen Kapelle streichen die Rücken bereits mehr .WNW--SOS, am Nordrande selbst fast O—W. Man kann sich messend überzeugen, daß diese Schwenkung auch von den Clivagen mitgemacht wird und denkt unwillkürlich an die aus den Bruchfeldern radial in die Horste verlaufenden Sprünge. Diese Vermutung wird hier gestützt durch die weiter unten näher zu erörternde Tatsache, [3] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 433 daß die Ebene von Leipa ein Senkungsfeld ist. Die Lage des Schnitt- punktes der konvergierenden Tieienlinien bei Robitz, also am Bruch- rande selbst, ist wohl gewiß kein Zufall. Der schnurgerade Verlauf und der geringe Abstand der einzelnen Talungen, die durch so außerordentlich schmale und lang hinstreichende Rücken voneinander getrennt sind, schließt die Annahme, daß sie analog den zahlreichen gewundenen Tälchen der Kreideplatte durch die Wirkung des fließenden Wassers entstanden sind, vollständig aus. Die bedeutende Porosität und Wasserdurchläßigkeit des Aschendorfer Quaders, die sogar wolkenbruchartige Niederschläge wie durch ein Sieb laufen läßt, im Verein mit dem immerhin geringen Flächen- ausmaße des Aschendorfer Reviers und dem Fehlen eines gefällreichen Hinterlandes, behinderte die Entwicklung von Regenschluchten. Alle Niederschlagswässer kommen erst an den Rändern des Reviers in den klaren Quellen des Höllengrundes und den Sümpfen und Teichen der Niederungen zum Vorschein, während die Böden innerbalb des Reviers fast unmittelbar nach dem Regen bereits staubtrocken sind. Sogar im heurigen, abnorm niederschlagsarmen Sommer war eine wesentliche Abnahme der Wasserführung dieser Quellen nicht zu beobachten. Der Kiefernforst von Aschendorf fristet aus diesen Gründen stellenweise ein trauriges Dasein. Einzelne Distrikte liefern die niedrigsten Zuwachsprozente unter allen Forsten Böhmens und spotten allen Meliorationsversuchen. Als erodierende Kraft, die an der Modellierung der Achendorfer Talungen den einzigen, direkten Anteil nahm, dürfen wir den Wind in Betracht ziehen. Die NW —SO- Cliveagen wirkten zunächst und im Verein mit den übrigen Abson- derungssystemen als Orte geringsten Widerstand für die Verwitterung, also als Denudationsminima. Der sich bildende lose Sand wurde vom Winde verweht, es entstanden seichte Furchen, die durch die ab- radierenden äolischen Kräfte sich mehr und mehr vertieften und all- mählich vereinigten. Die Herausarbeitung der schmalen Talungen in der NW—-SO-Richtung erfolgte namentlich durch die Stoßkraft des unter allen Winden vorherrschenden West- und Nordwestwindes, be- ziehungsweise der in unserer Gegend heimischen Nordweststürme des Frühjahres. Das Dominieren der westlichen und nordwestlichen Luft- strömungen !) ist deutlich zu entnehmen aus der in den Alleen nach SO geneigten Stellung der Pappelbäume. Die Aschendorfer Talungen sind mithin als Deflationsfurchen aufzu- fassen, entstanden durch die Wirkung von westlichen und nordwestlichen Winden auf die NW—SO laufenden Denudationsminima des vorherrschenden Clivagen- systems. Der größte Teil des Kartengebietes gehört dem Flußsystem des Polzen an und dementsprechend ist die allgemeine Abdachung des nördlichen Teiles eine südliche, des mittleren Teiles eine nord- westliche. Ein kleiner Abschnitt, der südwestliche, gehört dem Ge- !) Von Wünsch wurde für den Zeitraum 1881—1901 für die W- und NW- Winde die perzentnelle Verteilung von 38 festgestellt. (Heimatskunde d. polit. Bezirkes B.-Leipa. Herausgeg. v. Bezirkslehrerverein. 1904, 1. Lieferung, pag. 40. &6* 434 H. V. Graber. [4] biete des Auscherbaches an; die Landschaft zwischen Hühner- wasser und Weißwasser wird nach der Iser zu entwässert. Der tiefste Punkt ist für das Polzengebiet unterhalb der Mündung des Algersbaches, also in der NW-Ecke der Karte in 200 m Seehöhe, der tiefste Punkt überhaupt in der SW-Ecke bei der Stelle, wo der Auscherbach in 180 m Seehöhe das Kartengebiet verläßt. Die höchsten Punkte liegen nicht im böhmischen Mittelgebirge, wie das in Anbetracht der größeren mittleren Höhe zu erwarten wäre, sondern innerhalb der Kreideplatte auf den Gipfeln der isolierten Basalt- und Phonolithkuppen: Rollberg bei Niemes (695 m), Wilhoscht bei Neugarten (610 m), Bösig bei Hirschberg (605 m). Am eifrigsten wurden bisher die Gebiete der NW- und SW- Sektion der Karte beobachtet. Folgende Gesteinsarten konnten auf der Karte ausgeschieden werden: 1. Quadersandstein (cenoman, unter- und mittelturon) ; 2. plänerige, wenig mächtige Zwischenschichten im Quader der Stufe des Inoceramus Brongniarti;, 3. Tonmergel der Stufe des Inoceramus Ouvieri (Priesener Schichten); 4. loser Kreidesand dort, wo er charakteristisch wird; 5. litorale Sande und Mergel über den Uuvieri-Mergeln; 6. tertiärer Sandstein, wahrscheinlich oligozänen Alters; 7. diluvialer Schotter und Löß; 8. Gehänge- schutt und Gehängelehm; 9. Torf. Von Eruptivgesteinen wurden ausgeschieden: 1. Keratophyr und Quarzkeratophyr (s. unten), 2. Basalt, 3. Phonolith, 4. Lapillituffe. Schließlich vorbasaltische, nicht eruptive Konglomerate. Eine Trennung der einzelnen Basaltvarietäten wurde bisher nicht vorgenommen, da die Aufnahmen im eigentlichen Mittelgebirge noch wenig fortgeschritten sind, und die genauere Klassifizierung nur auf mikroskopischem Wege möglich ist. Die besondere Ausscheidung der Sandflächen und Ver- witterungsböden geschah im Interesse der Forst- und Landwirtschaft, ohne die Leserlichkeit der Originalblätter zu beeinträchtigen. Im allgemeinen sind die Aufschlüsse gut, die Grenzen aber nicht immer so scharf vorgezeichnet, als es für eine detaillierte Auf- nahme wünschenswert wäre. Durch die Terrainbegehungen wurde reiches Material aufge- sammelt. Der Stand dieser Sammlung beträgt gegenwärtig 700 Stücke. Gleichzeitig wurde die petrographische Untersuchung der Eruptiv- gesteine begonnen und teilweise (s. unten) zum Abschluß gebracht. Das älteste anstehende Gestein des Kartengebietes ist ein dynamometamorpher Keratophyr, der mit seiner Randfazies, einem ebenfalls dynamometamorphen Quarzkeratophyr, den Sockel des phonolithgekrönten Maschwitzberges bei Habstein bildet. Uber die geologisch-petrographischen Beobachtungen an diesem in der Literatur!) bereits bekannten Berge liegt eine nahezu abge- schlossene Arbeit vor, die demnächst erscheinen wird. Uber die wichtigsten Ergebnisse möge hier referiert werden. ı) V. Bieber, Die Urgebirgsscholle am Maschwitzer Berg zwischen Hab- stein und Dauba i. B. Eger 1883. Selbstverlag. (Dort auch Literatur über Jokelys Bericht. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XII.) [5] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 435 Ringsum von postkretazischen Sprüngen umgeben, ragt der Maschwitzberg mit einer Höhe von 513 m als Horst über die wenig hohe Umgebung hervor und ist deshalb seit alter Zeit als Aussichtsberg berühmt. An den Keratophyrsockel schmiegen sich dis- kordant mit kleinem, ursprünglichem Fallwinkel dünngeschichtete, kalkig-plänerige Sandsteine des Cenomans, mit Ostrea carinata und mächtigen Exogyrenbänken. Bisher wurden diese Ablagerungen für Mallnitzer Schichten erklärt. Die Schichten fallen überall deutlich vom Berge weg. Zwischen beiden Gesteinen ist in den tiefen Gräben der westlichen Abdachung eine ausgezeichnete Brandungszone er- schlossen. -Sie besteht aus (Fig. 1 und 2) breceiösen Konglomeraten von Keratophyr und Quarzkeratophyr, die durch ein ziemlich dunkles, teilweise chloritisiertes Bindemittel verkittet sind. Nicht selten führen >o SI SBBEISSII Oo’o Sop22 eo0roQ 7 Profil im zweiten Graben an der Straße von Podlitz nach Klum, an der rechten Talwand. D. Qu. Ker. = Dynamometamorpher Quarzkeratophyr. — B. Br. — Brandungsbreccie mit Ostrea carinata. — C.8. —_Cenomaner Sandstein. diese Breccien Schalenfragmente von Östrea carinata!) und einer dick- schaligen Exogyra (columba?). s Auch auf der Nordseite des Berges, etwas unterhalb der Grenze zwischen dem Nosean-Nephelinphonolith des Gipfels und dem Kera- tophyr, treten gleichfalls deutliche Anzeichen dieser Strandbildung zutage; auf der Südseite fehlen sie. Dort läuft eine Bruchlinie und die Quader der Stufe des Inoceramus Brongniarti? lehnen sich unmittel- an den Keratophyr. An dieser Verwerfung ist der kleine Phonolith- Lakkolith von Klum und der gangförmige Gipfelphonolith empor- gequollen. Auf der Ostseite trennt ein seichtes Tälchen den ceno- manen Sandstein von den grobkörnigen Quadern mit Inoceramus !) Die Bestimmung wurde nach einem selten schönen Exemplar aus Podlitz durchgeführt, das im Besitze des Herrn Pfarrer Hahnel in Habstein ist und vom verstorbenen Prof. ©. Nowak als Ostrea carinata festgestellt wurde. 436 H. V. Graber. [6] labiatus, die bis zur Birschberger‘ Straße reichen. Leider sind die Verhältnisse infolge mangelhafter Aufschlüsse verschleiert und man kann nicht ohne weiteres sagen, ob hier die Carinatenstufe abschneidet oder bruchlos unter die jüngeren Quader (mit Inoceramus labiatus, Pinna decussata, Exogyra columba und Lima canalifera) hinabtaucht. Die als "Semitzer Mergel“. bezeichneten Übergänge wurden nicht beobachtet. Gegen Norden schneiden die cenomanen Sandsteine an einer mit der Hand zu greifenden Verwerfung gegen die fossilleeren Profil der Braudungskorrosionen am oberen Ende der Schlucht des zweiten Grabens an der Straße von Podlitz nach Klum. (Aufschlußhöhe 4 Meter). ' D. Qu. Ker. = Dynamometamorpher Quarzkeratophyr. — Br. Br. = Brandungs- breecie mit Ostrea carinata — C. S. — Cenomaner Sandstein, plänerartig. -- "Ss. — Mit Sand erfüllte Korrosionskarre. Quader (höchst wahrscheinlich der Br ongniarti-Stufe) ab; im Westen läuft ebenfalls eine Verwerfung, aber nicht, wie man vermuten würde, am. Steilabbruch des Quarzkeratophyrs gegen die Straße Podlitz— Klum, sondern jenseits der sanften Böschung an der Prager Reichs- straße. Der Westabfall des Quarzkeratophyrs ist ein cenomaner Steilrand. Nach dem Gesagten unterliegt es nicht dem geringsten Zweifel, daß das cenomane Meer hier gebrandet hat, daß also Jokelys [7] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 437 Auffassung der „Urgebirgsscholle* als einer Insel — im Gegensatz zu Bieber, der das Fehlen von Strandbildungen hervorhebt — der Wahrheit entsprechen dürfte Ü). Entweder hat dieser Autor die müh- sam zu begehenden Gräben der Westseite nicht besucht oder er ist — was aber kaum anzunehmen wäre — an den sehr guten Aufschlüssen achtlos vorbeigewandert. Der dynamometamorphe Keratophyr ist bald „grünsteinartig“, bald erinnert er an einen „Aphanitschiefer“. Es finden sich aber auch Partien, die durch den Druck nur sehr wenig beeinflußt wurden und den ursprünglichen Habitus besitzen. Stark geschieferte und ver- witterte Varietäten nehmen oft eine gelblichbraune Färbung an und sind dann einer sedimentären Grauwacke nicht unähnlich. Der Mineral- bestand ist: Diopsidischer Pyroxen, uralitische Hornblende, barke- vikitische Hornblende (seltener) und Albit nebst Anorthoklas. Quarz nur spärlich in der Grundmasse und als dynamometamorphe Neu- bildung in Form von Adern und Zwischenklemmungsmasse. Serpentin und Chlorit verleihen dem Gesteine eine grünliche Färbung. Muskovit fehlt im ungepreßten Keratophyr, in den schiefrigen Varietäten ist er häufig. Die Struktur ist meist porphyrisch, mit gelegentlicher Annähe- rung an eine körnige Ausbildungsweise. Die Parallelstruktur der Gemengteile verläuft im allgemeinen von NO—SW mit steilem Ein- fallen nach NW, schwenkt aber nicht selten mit sigmoidaler Krüm- mung um oder macht auch plötzlich einer NW—SO gerichteten Streckung Platz. h Dieses Gestein nennt Bieber eine „echte kambrische Grauwacke“, ohne den Beweis für Grauwacke im allgemeinen, für das kambrische Alter im besonderen zu erbringen. Durch schlierige Durchdringung ist der Keratophyr mit dem Quarzkeratophyr verknüpft, der, auf den Westabfall des Berges beschränkt, an der Straße Podlitz— Klum ausgezeichnet erschlossen ist. Das Gestein ist in seinen weniger gepreßten Partien sehr frisch. Die Färbung der felsitischen Grundmasse ist lichtgrau, die Größe der Einsprenglinge (Quarz und Feldspat) übersteigt niemals den Betrag von 4 mm. Stark dynamometamorphosierte Partien sind meistens mehr oder weniger zersetzt, ihre Zugehörigkeit zum Hauptgestein aber bereits an Ort und Stelle mittels zahlreicher UÜbergangsstadien zweifellos zu erkennen. Es sind dies stark serizitisierte Lagen, die dem weniger gepreßten Gesteine eingeschaltet sind oder es schalen- artig. umgeben. Zuweilen: besteht eine solche Schale, die 1 cm Mächtigkeit erreichen kann, nur aus Serizit mit wechsellagernden hauchdünnen Quarzlagen, und gleicht in verwitterten Stücken oft täuschend einem Phyllit. Der Mineralbestand des normalen Quarz- keratophyrs ist: Hämatit in kleinen, überaus zahlreichen Schüppchen von Eisenglanz, Quarz mit gelegentlicher Birnenform und dicktafeliger Albit (Adyoo ANü)- Die Grundmasse dieses ausgezeichnet porphyrisch struierten Gesteines besteht nur aus Quarz, Anorthoklas und wenig !) Ob Insel oder Kontinentalrand ist nicht zu entscheiden; ich glaube aber mit Rücksicht auf die zweifellose Nähe des alten Kontinents eher an letzteren. Das sind indessen Nebensächlichkeiten. 438 H. V. Graber. [8] Albit, ihre Struktur ist heute eine streifige und allotriomorphkörnige. Wie sie einst gewesen ist, ob granophyrisch oder mikrogranitisch, ist nicht einmal angedeutet. Daß sie aber ursprünglich glasig war, könnte mit Rücksicht auf die winzige Größe ihrer Bestandteile und ihren splitterigen Bruch angenommen werden. Kataklase und Mörtelstruktur ist stets zu beobachten. Die Bestimmung der Feldspate geschah teils mit Hilfe der optischen Methoden von Becke und M. Levy, teils mittels mikro- chemischer Prüfung von zuvor optisch bestimmten Spaltblättchen. Ebenso wurde nur optisch untersuchte Grundmasse der mikrochemi- schen Analyse unterzogen. In ähnlicher Weise wurde mit den seri- zitisierten Varietäten verfahren. Es konnte festgestellt werden, dab die Serizitbildung stets nur auf Kosten des Anorthoklas stattgefunden hat. Die mikrochemische Reaktion ergab stets viel Kali, nur gelegent- WNW. 0S0. Profil durch den Maschwitzberg. Maßstab: 1:25.000 mit !/, Überhöhung. D. Ker. = Dynamometamorpher Keratophyr. — D. Qu. Ker, = Dynamometamorpher Quarzkeratophyr. — C.S. — Genomaner Sandstein. — B.Z. == Brandungszone. — —V, = Verwurf der Nordwestseite. — L. Qu. — Labiatusquader. — B. Qu. = Brongniartiquader. — Ph. = Nosean-Nephelin-Phonolith des Maschwitzberggipfels. B.@. — Basaltgang im Labiatusquader des Schützenbergels. lich etwas Natron und Magnesia. Kalkspat bildet gern dünne Häutchen zwischen Serizitlagen. Er enstammt dem Anorthoklas. Den Quarzkeratophyr nennt Bieber „Eisenglimmergneis“, obwohl kein Eisenglimmer vorhanden ist; er bemerkt ja selbst, daß sein „Eisenglimmer“ völlig opak ist. Überdies betont er den porphy- rischen Habitus, ohne sich aber in der fehlerhaften Auffassung dieses Gesteines beirren zu lassen. Die mehr oder weniger serizitisierten und druckgeschieferten Abarten behandelt er wie den: „Eisenglimmer- gneis“ als völlig selbständige Sedimentgesteine und unterscheidet: „Eisenglimmerschiefer“, „Phyllitgneis“, „Phyllit* und „Talkschiefer“. Mit was für Gesteinen der böhmischen Schiefergebirge der Keratophyr und Quarzkeratophyr des Maschwitzberges zu vergleichen wäre, ist noch unbestimmt; doch vermute ich einen Zusammenhang mit den kambrischen, durch Rosiwal bekannt gewordenen Gang- gesteinen von Tejrovie. ! [9] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 439 Die Kreideplatte selbst ist zum größten Teile aus grob- körnigen Quadersandsteinen zusammengesetzt, die gelegent- lich ein feineres Korn annehmen, aber auch förmlichen Kieskonglome- raten Platz machen. Die feinkörnigen Abänderungen führen Fossilien in bloß gelegentlich erheblicher Menge, die grobkörnigen und konglo- meratischen sind noch ärmer an Versteinerungen !) (Lima multicostata im Schloßfelsen von Habstein). Gar nicht selten aber sind Quader mit Hohlräumen nach zweifel- loser, nun gänzlich unkenntlichen Fossilien. Die Wandungen dieser Hohlräume sind gewöhnlich eisenschüssig. Eine präzise Abgrenzung der zwei bedeutendsten Quaderstufen des unter- und mittelturonen Quaders ist oft überaus erschwert und erfordert ein schrittweises Vorgehen, da die zahlreichen Verwerfungen immer aufs neue zur Aufsuchungen eines bestimmten Horizonts nötigen. Die Fossilarmut ist oft geradezu trostlos und trifft man endlich ein Petrefakt, so ist es meistens ein ganz unbestimmbarer Steinkern von einem zur Stufenfeststellung nicht brauchbaren Tier. Petrographisch unterscheiden sich die Quaderstufen gar nicht. Als jüngstes sicher bestimmtes Element der mittelturonen Stufe tritt ein kalkreicher, feinkörniger Quader mit zahlreichen Scheren von Calianassa antigua, nordöstlich von Leipa, bei Pießnig auf. Bieber?) hat über diese fossilreiche Schichte referiert und hebt hervor, daß sie ohne Bedeckung durch den Mergel der Priesener Schichten in die Quader der Chlomeker Schichten übergehe. Dies ist nun nicht richtig; denn knapp vor dem westlichen Ende des Dorfes lagern auf den NW fallenden Calianassa -Schichten die grauen Mergel des Inoceramus Cuvieri, die den Boden und die Umrandung der großen zirkusartigen Mulde im SO des Spitzberges bilden und am südlichen Gehänge mächtig anschwellen. Biebers Chlomeker Schichten sind die längs der Schwoikaer Verwerfung in einen höheren Horizont entrückten älteren Glieder der Brongniarti-Stufe. Selır problematische Gebilde sind eintweilen noch die absolut versteinerungsleeren, mürben Quader von Schießnig, die stellenweise mit Tonmergeln der Cwvieri-Stufe in einem Horizont zu liegen scheinen. Leider ist nirgends eine scharfe Grenze zu sehen, als am Hasel- berge östlich vom Forsthause Vogelbusch bei Aschendorf, wo ein schmaler Basaltgang schnurgerade den Sandstein durchsetzt. An seinem östlichen Ende schwillt der Gang plötzlich an und zer- trümmert sich in umgeschmolzenen, fossilreichen Mergeln mit Inoce- ramus Cuwvieri, die deutlich über dem Sandsteine liegen. Es dürften hier, nahezu im Zentrum des Senkungsfeldes, kleinere Schollen- verschiebungen vom Charakter der Nachsackungen stattgefunden haben, wodurch auch das keilförmige Eingreifen mancher Quader in die Mergel zu erklären wäre. So »ragt der Dohlenstein bei Zuckmantel klippenartig aus den Lettenmergeln heraus, ist aber nur ein erhaltener !) Die Armut des modernen Kiessandes an Lebewesen wird von J. Walter besonders betont. Lithogenesis der Gegenwart. ‚Jena, G. Fischer, 1894. 3. Teil. ®?) V. Bieber, Verhandl. d. k.k. R.-A. 1882, pag. 136. Dort auclı die Liste der Fossilien dieses petrefaktenreichen Quaders. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd, 3. u. 4. Hft. (H. V. Graber.) 57 440 H. V. Graber. [10] Rest einer abgesunkenen, kalkreicheren Quaderzunge des Aschen- dorfer Reviers. Ebenso wie die Schießniger Quader sind auch die feinkörnigen hellen Quadersandsteine von Bokwen und am NO-Fuße des Münz- berges bezüglich ihrer Stellung unsicher. Es finden’sich in ihnen lediglich die bogenförmigen, meist °/, cm dicken Wülste, die an einem Ende zuweilen birnenförmig anschwellen. Diese Wülste konnten in den Quadern und plänerartigen Straten aller Stufen beobachtet werden. Trotz eifrigstem Suchen und Versprechen von Belohnungen an die Steinbrecher wurde nicht ein Fossil, nicht einmal ein halb- wegs als Fossilrest deutbares Stückchen gefunden. Wenn die Zuweisung mancher Quader (zum Beispiel des Aschen- dorfer Reviers) zur Stufe des /noceramus Bongniarti bestimmt, aus- gesprochen wurde, so geschah es stets mit Rücksicht auf die UÜber- lagerung der fraglichen Quader durch die immer bestimmbaren Mergel der Stufe des Jnoceramus Cuvieri, die durch Basaltgänge von der Denudation bewahrt blieben. Für das weite Quadergebiet zwischen dem Wilhoscht und Habstein (Sischkenberger Revier) wurde eine noch zu erwähnende plänerige Zwischenlage mit Inoceramus Bongniarti maßgebend, indem die Hangendschichten dieser Stufe zu- gewiesen wurden, ein Vorgang, der stratigraphisch freilich nicht ganz einwandfrei ist. So viel ist aber gewiß, daß ein großer Teil der Quadersandsteine an den Bruchrändern des Senkungsfeldes von Leipa von den älteren böhmischen Geologen nur deshalb der Chlomeker Stufe zuge- wiesen wurde, weil sie in einem orographisch höhereu Niveau liegen. Es konnte aber leicht nachgewiesen werden, daß das oro- graphische Niveau mit dem geologischen nicht übereinstimmt und einen entgegengesetzten geologischen Charakter hat. Eine der sogenannten Übergußschichtung ähnliche Schichtenentwicklung des Grobquaders macht sich besonders schön in der Umgebung von Neuschloß und Drum bemerkbar. Als Studien- objekt eignen sich dazu vortrefflich die Erosionsschluchten des Paulinengrundes und das breite Tal des Robitzbaches zwischen Neuschloß und Hirnsen. Die horizontalen Liegendschichten sind in den tiefen Schluchten noch einige Meter über der Talsohle auf- geschlossen, nehmen dann aber eine geneigte Lagerung an, indem sie nach oben immer steiler einfallen und schließlich einen Winkel von 30—33° gegen die Horizontale bilden. Fast regelmäßig erfolgt das Steilerfallen der Hangendschichten so, daß die Schichtenfugen sehr flach bogenförmig verlaufen. Ich nenne das Phänomen „Löffelstruktur“, weil es mit dem Verlaufe der Ränder ineinandergeschachtelter EB- löffel die größte Ähnlichkeit hat. Uberall, wo ich bisher Messungen vornahm, fallen die Schichten nach SSW mit lokalem Abschwenken nach SW. Besonders ebenflächig, mit förmlich linierten Schichtfugen, ist diese Schichtung an den Felsen am Abfiuß des Hirnserteiches aus- gebildet. Dort läßt sich auch deutlich beobachten, daß sie nach oben von einer horizontalen Schicht abgelöst wird. Der Abstand zwischen der liegenden und hangenden Horizontalschicht beträgt etwa 10 m. Kleinere Erscheinungen dieser Art, wobei der ganze schräg geschichtete [11] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 441 Teil 1/a—1!/; m mächtig ist, sind weitaus häufiger. Das SSW-Fallen bleibt aber unter allen Umständen konstant. Wo die Übergußschichtung allein entwickelt ist, ein Fall, der an den frei aus den Feldern um Neuschloß und Drum ragenden Felsen oft eintritt, könnte sie leicht mit einer tektonischen Schichten- störung verwechselt werden. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß die hier seschilderte Übergußschichtung streng genommen nur eine schräge Str andschichtung ist und mit der echten, für Korallenriffe eharakteristischen Übergußsschichtung nur im allgemeinen den Ort der Entstehung, die Küste, gemein hat. J. Walter (a. a. O. pag. 639 und 908) betont, daß nur die Ränder der Korallenriffe Überguß- sehichtung aufweisen und gibt auch eine Erklärung für ihre Ent- stehung, die völlig abweicht von derjenigen der ebenflächigen, schrägen Strandschichtung. „Wie ein Zaun, wie eine Reuse umgeben die ästigen Korallen den Saum des Korallenriffes, sie umziehen den Kalksandhügel, schützen ihn gegen die Angriffe der Wogen und sie bedingen es, daß das Kalksediment nicht horizontal ausgebreitet wird, sondern vertikal in die Höhe wächst.“ Und weiter oben: „Das Wesen der Riffbildung besteht im Sandfangen, im Festhalten des Kalksandes am steilen Böschungen, im Fixieren des Sandes innerhalb der brandenden Seichtwasserzone.“ Es wäre vielleicht angezeigt, in Zukunft den Aus- druck „Übergußschichtung“ nur im ursprünglichen Sinne zu gebrauchen. Über die Entstehung der „schrägen Stra ndschichtung“ die im Gegensatze zur “echten, an steilen Brandungsufern sich ent- wickelnden Übergußschichtung einen flachen Sandstrand voraussetzt, referiert J. Walter!) im Anschlusse an Hagen: „Wie Hagen und andere durch Versuche gezeigt haben, modellieren die einen gleich- mäßig abgedachten Sandstrand treffenden Wellen das Profil desselben in der Weise um, daß sich eine Sandterrasse unter Wasser in das Meer hinaus auflagert, während gleichzeitig der Sand über Wasser zu einem flachen Wall aufgeschüttet wird. Der Strand fällt unter einem Winkel von 5—25° gegen das Meer. Wenn nun dieses immer eine neue Schicht absetzt, ohne sein Niveuu zu ändern, so bildet sich allmählich ein System von geneigten Schichten, welche nach oben von einer diskordanten hori- zontalen Schicht abgeschnitten werden. Aber nur selten ist der Bestand so regelmäßiger Litoralschichten dauernd. Jeder Sturm verändert ihre Form und damit auch ihre innere Struktur.“ Das häufigere Auftreten der schrägen Strandschichtung an dem einen Orte, ihr vollständiges Fehlen an anderen, erscheint durch ihre geringe Beständigkeit hinreichend erklärt. Das konstante SSW-Fallen, das nur ausnahmsweise ein südwestliches wird, gibt die Richtung an, woher die Transgression kam. Das Meer lag in SSW und dies er- weist die Tatsache, daß mit der Annäherung an das kristallinische Grundgebirge die Entwicklung der Quaderfazies gegenüber der plänerigen fortschritt. Damit hängt natürlich auch die Abnahme der Fossilien zusammen. !) A. a. O. pag. 838. 57* 442 H. V. Graber. [12] Die Quadersandsteine sind sehr häufig so reich an limo- nitischem und hämatitischem Bindemittel der Quarzkörner, daß ihr spezifisches Gewicht ein sehr hohes wird. In den Eisenwerken von Hammer wurden die Eisensandsteine des Kummergebirges ver- hüttet. Die Härte der Eisensandsteine ist eine bedeutende und schützt sie vor der Verwitterung. Das Auftreten dieser nur lokal in größeren Massen erscheinenden eisenschüssigen Sandsteine ist verschiedenartig. Häufig bilden sie rötliche Platten als Ausfüllungen der söhligen und saigeren Klüfte. Bei der Verwitterung wurden sie ausgespart und ragen gegenwärtig als horizontale Söller und vertikale Schilder mit gezackten Rändern ins Freie. Ausgezeichnet wurden in diesen Schichten die Fossilien konserviert. Eine ziemliche Verbreitung haben die Eisensandsteine in der Form von Röhren und Schalen. Die Röhren sind meistens einige Zentimeter dick. erreichen aber auch die Dimension von einem Dezi- meter. Der axiale Hohlraum, dessen Querschnitt bald rund, bald viereckig ist, ist mit lockerem Sand erfüllt. Die Eisensandstein- schalen haben einen Durchmesser bis zu einem Meter mit 3—5 cm dicken Schalenwänden. Auch sie umschließen den eisenfreien Sand- stein. Zuweilen sinken die Dimensionen der Schalen bis auf 1), cm Gesamtdurchmesser herab. Durch die große Widerstandsfähigkeit gegen die Verwitterung wurden diese Röhren und Schalen freigelest und bedecken stellen- weise in Form von gebogenen Platten, Röhrenstücken, Kugeln und an Granatensprengstücke erinnernden Splittern den Sandboden. Man trifft sie, oft in Gesellschaft von Quarzitblöcken, auf den abradierten Sanden zwischen Oberliebich und Manisch bei Leipa, wo sie den Waldboden buchstäblich bedecken, dann auch auf den Feldern und in den Wäldchen westlich von Habstein, im Walde der Horka von Schwora und an vielen anderen Orten. Die Oberflächenbeschaffenheit der losen Eisensandsteinplatten ist eine recht interessante. Bald ist sie glatt, mit flachen Ein- drücken und einem matten, seidenartigen Schimmer, bald hoch- glänzend, wie von einem schwärzlichen Lack überzogen, bald wieder von bogenförmigen, parabolisch aus einem Punkte ausstrahlenden Runzeln bedeckt. Auch die Röhren- und Schalenfragmente zeigen diese Erscheinungen. Bezeichnend für das Aussehen dieser Gebilde ist, daß ich in ihnen lange Zeit durch Basalt angeschmolzene Sand- steine erblickte, zumal ich die ersten von ihnen stets in der Nachbar- schaft von Basalt fand und die Härtung, Eisendurchtränkung etc. als Kontaktphänomen ansprach. Wir dürfen die beschriebene Oberflächenbeschaffenheit der Eisensandsteinplatten und -röhren als ein Werk der korrodierenden und polierenden Kraft des Flugsandes betrachten. Auch an Wüsten- steinen finden wir die beobachteten Phänomene der Glättung, und die lackglänzende schwarze Oberfläche („Wüstenlack“) ist ebenfalls ein lang bekanntes Kennzeichen für den Wüstenschutt. Zeitlich verlegen (13] Geo].-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 443 wir die Herausbildung dieser Formen und der noch näher zu beschrei- benden Quarzitdreikanter in die Eiszeit, da die Mächtigkeit der Sande, in denen diese losen Steine liegen, eine zu große ist, als daß sie einen Schluß auf ein jüngeres Alter zuließen, anderseits zwischen der Kreidezeit und Diluvium in Böhmen kein Wüsten- oder Steppenklima geherrscht hat. Der etwaige Einwand, daß die Polituren durch Ver- witterung seit so langer Zeit sich verwischt haben müßten, wird durch den Hinweis auf die Erhaltung der feinsten Kritzen in glazialen Ge- schieben beseitigt. Es mag aber gern eingeräumt werden, daß auf den dürren Heideflächen auch gegenwärtig noch Nachpolituren durch den losen, von Stürmen aufgewirbelten Flugsand stattfinden. Großes lokales Interesse haben besonders in Leipa von jeher die sogenannten „Gewitterkugeln*, und in der Tat. verdienen die oft sehr zierlichen, wie künstlich gedreliten Kügelchen auch die Beachtung des Geologen trotz ihres gewöhnlichen, konkretionären ‚Charakters. Morphologisch sind die „Gewitterkugeln* mit den großen sand- erfüllten Eisensandsteinschalen in Parallele zu stellen; sie unter- scheiden sich von diesen bloß durch ihre geringen Dimensionen, die zwischen 5 mm und 5cm schwanken. Gewöhnlich haben sie einen Durchmesser von 1—1'5 cm. Bekannte Fundorte sind die Felder von Manisch und Sonneberg N von Leipa und die Mariannen- höhe im kaiserlichen Tiergarten von Reichstadt. Kleine, außerordentlich zierliche Kügelchen in ungeheuren Mengen fand ich nebst Plättchen von Eisensandstein im (wahrscheinlich oligozänen) Sand beim neuen Friedhofe von Petersdorf unter dem SW-Rande des K osel- plateaus. Den Namen führen die Kugeln, weil sie nach einem Gewitterregen besonders zahlreich auftreten. Der Grund dafür ist ja begreiflich, aber die Bevölkerung sieht in den Dingen ähnliche über- natürliche Gebilde wie in den Nummuliten des Kahlenberges von Wien. Nicht immer ist die Form der „Gewitterkugeln“ kugelig, häufig sind sie birnen-, tropfen- und biskuitförmig. Nach dem Zerschlagen zeigen sie folgendes Bild. Auf eine äußere, durch winzige Sand- körnchen gerauhte, gelbliche Verwitterungsrinde folgt die schwarz- braune, auch rötlichschwarze Schale von Eisensandstein, deren Di- mension mit der Größe der Kugeln wächst. Das erzige Bindemittel ist oft, ja in der Regel Hämatit. Bei einem äußeren Durchmesser von 2 cm hat die Schale eine Dicke von 3--4 mm, bei 3°5 cm Durch- messer 5—6 mm. Sodann kommt wieder eine dünne Rinde von bald rötlicher, bald brauner oder gelber Farbe, je nach der Stärke des Verwitterungsgrades, und schließlich eine meist gelbliche, zuweilen 'auch grünliche Füllmasse, die aus lockerem Sand besteht. Zwischen dem Korne des Sandes innen und außen besteht nicht der geringste Unterschied. Die innere Rinde und die Schale selbst reagiert stark auf Mangan. Häufig liegen auf den Fundstätten halbkugelige und kleinere Schalenreste von Gewitterkugeln umher, die ihrer Sandfüllung natür- lich beraubt sind. Dies hat die älteren Beobachter zu der Annahme verleitet, daß auch die ganzen Kugeln hohl sind, was aber niemals der Fall ist. Von einigen Dutzend Kugeln war auch nicht eine hohl. A44A H. V. Graber. [14] Den Versuch einer Erklärung über die Entstehung der Gewitter- kugeln gab vor vierzig Jahren K. Watzel?). Er beobachtete auf den stark eisenschüssigen Sandsteinen, die dem Quader der Mariannenhöhe bei Reichstadt eingelagert sind und sich in Gestalt von mehr oder weniger großen Platten aus dem mürben Quader leicht herausbrechen lassen, „halbkugelförmige Er- habenheiten, die wie Blasen, kleiner oder größer, vereinzelt oder dicht gedrängt, auf demselben lagern, so daß es scheint, als ob sie aus einer kochenden, dickflüssigen Masse aufgestiegen wären, um alsbald zu erhärten“. Sodann beschreibt er die losen „Gewitterkugeln“ selbst und bemerkt mit Rücksicht auf ihre verworrene, ungeschichtete Lagerung, daß sie als eine Art Kontaktmetamorphose des Quaders durch den Basalt anzusehen sind. Diese Erklärung ist entschieden unrichtig. Die kleinen „Gewitter- kugeln* sind ebenso wie die riesigen sanderfüllten Eisensandstein- kugeln konkretionäre Gebilde, wie sie durch Einwirkung von Eisen- lösungen auf Sand auch gegenwärtig entstehen, und unterscheiden sich nur durch ihre Größe. Es ist auffallend, wie rasch das Eisensalz im Sande ausgefällt wird und wie zähe es Quarzkörner verkittet. Man hat dies an alten Bomben am Boden des Rheinbettes?) beobachten können. Eine Erklärung erfordert nur die Schalennatur der Kugeln. Ich knüpfe dabei an das sogenannte „Traube’sche Experiment“ an, das vor Jahren viel von sich reden machte; allerdings aus einem ganz andern Grunde, da es zur Erklärung der Entstehung und des Wachstums von pflanzlichen Zellen verwendet wurde. Wirft man einen Splitter von Kupferchlorid in eine wässerige Lösung von gelbem Blut- laugensalz, so scheidet sich auf dem Splitter sofort eine amorphe Haut von braunem Ferrocyankupfer ab, die nun als Membran zwischen zwei osmotisch verschieden wirksamen Medien fungiert. Bei einem gewissen osmotischen Überdruck im Innern der zu Anfang des Ver- suches mit einer nahezu konzentrierten Kupferchloridlösung gefüllten Blase reißt die Membran, verschließt sich aber sofort infolge der nun frei stattfindenden Reaktion. So wächst die Blase zusehends bis zu einer gewissen Grenze, die erreicht ist, wenn der osmotische Gleichgewichtszustand eintritt. Das „Reißen der Membran“ ist nur figürlich zu nehmen; wahrscheinlich findet ein Finschieben neu- gebildeter Molekel von Ferrocyankupfer in die Lücken zwischen den auseinanderweichenden älteren Molekeln statt; denn selbst unter dem Mikroskop vollzieht sich der Prozeß zwar schnell, aber ohne sichtbares Zerreißen der Membran. Bei diesem Versuche entstehen auch sehr häufig dünne, schlauch- artige „Traubesche Zellen“. Übertragen wir diesen Versuch auf die Natur, so wird man zugeben, daß eine von Eisenlösung vollgesogene Sandablagerung des Litorals sehr leicht diagenetischen Umwandlungen unterliegt, die sich s !) Dr. K, Watzel, Beschreibung der im Horizont vou Böhmisch - Leipa vorkommenden Gesteine und Mineralien. Programm d. k. k. Obergymnasiums zu Bölhm.-Leipa 1861/62. A. a. O. pag. 12—13. 2) Noeggerath, Verh. d. Niederrh. Ges., November 1855. [15] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 445 durch Eisenanreicherungen an der einen, Eisenentziehung an der anderen Stelle bemerkbar machen werden. Denn wird zum Beispiel unter Mitwirkung verwesender Tiere, zum Beispiel Globigerinen, oder Pflanzen der Anstoß zur Ausscheidung des gelatinösen Eisenoxydhydrats gegeben, so setzt sofort eine Diffusionsströmung ein, die allerdings langsamer verläuft als in einer leichtbeweglichen Flüssigkeit. Wurden doch solche diagenetische Wanderungen der Eisensalze selbst in den lehmartigen Lateriten?!) zur Erklärung des Wechsels zwischen den eisenreichen Knollen und Eisenoolithen mit eisenarmen Zwischenmitteln herangezogen. Gleichzeitig entsteht aber auch eine osmotische Strömung durch die amorphe Haut von Eisenoxydhydrat hindurch, die so lange anhalten wird, bis däs osmotische Gleichgewicht erreicht ist. Es liegt dann eine Blase mit einer eisenreichen Haut oder Rindenkruste in einem eisenärmeren Medium. Die überaus große Häufigkeit mancher Sandfelder an „Gewitter- kugeln“ und Eisensandsteinplatten und -röhren darf uns in Anbetracht des Umstandes, daß sie ja nur die auf eine Fläche projizierten Denudationsrelikte einstens weitaus mächtigerer Ablagerungen sind, nicht wundern. Noch in größerer Tiefe ist der lichtgelbe Sandstein sehr mürbe. Wo die „Gewitterkugeln“ noch im ursprünglichen Gesteins- verbande liegen, ist die Zahl nur lokal eine auffällig große. Die Anreicherung des Litoralsandes an Eisensalzen in bedeuten- derer Mächtigkeit und großer Ausdehnung ist nach J. Walther teilweise auf die Rechnung von Strandmooren zu setzen. Auch Dünen enthalten häufig eisenreiche Lagen eingeschaltet, die aber niemals so mächtig werden wie die Eisenlager unter den Torfmooren der Küste. Der Kreidesandstein unseres Gebietes zeigt diese beiden Entwicklungstypen und es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß manche Felsen alte Dünen sein dürften. Beweiskräftige Schichtungsformen konnten aber bisher noch nicht ermittelt werden. Um die in den vorigen Zeilen niedergelegte Theorie über die Entstehung der „Gewitterkugeln* zu prüfen, wurden folgende Ver- suche gemacht. In einem geräumigen Becherglase wurde ein Brei von Sand und einer fast kaltgesättigten Eisenvitriollösung angerührt. Sodann wurden, um den Verlauf des Versuches beobachten zu können, entlang der Innenwand des Gefäßes kleine Stückchen von Atznatron bis in die Mitte des steifen Breies eingesenkt, was sehr schnell ge- schehen mußte, um einer vorzeitigen Füllung zu begegnen. Es bildete sich bereits nach wenigen Sekunden ein amorpher grüner Nieder- schlag von Eisenoxydulhydrat, der als dünne Haut das Atznatron- stückchen umhüllte. Diese Membran nahm rasch an Dicke und Umfang zu und breitete sich schließlich als kreisförmige Projektion einer Kugelschale an der Innenwand des Becherglases aus. Nach einigen Stunden war ein stationärer Zustand erreicht, indem keine Ausbreitung der Membran mehr stattfand. Dagegen reicherte sich die Rindenpartie an Eisen an, während das Innere der kugel- und birnenförmigen Gebilde sich aufhellte.e. Am anderen Tage war zu sehen, daß die äußerste ı) J. Walther, Lithogenesis der Gegenwart. Jena, G. Fischer, 1894, Vel. für diese Fragen besonders pag. 591, 700-702, 709, 808 ft. 446 H. V. Graber. [16] Peripherie eine 2—3 mm dicke, scharf abgegrenzte Rinde bildete, die bereits so hart war, daß sie dem Eindringen eines stumpfen Holzes kräftigen Widerstand leistete. Die nächste innere Zone der Kon- kretionen war noch immer schwach lichtgrün gefärbt. Übergänge verbanden diese Zone mit der Kernpartie, die eine ähnliche Färbung zeigte wie der äußere graue Sandbrei. Nach mehrstündigem scharfen Trocknen des Breies konnten die Konkretionen mittels warmem Wasser als harte Knollen und Kugelschalen isoliert werden. Diese Versuche werden noch fortgesetzt. Plänerige Schichten des Turons wurden bisher nur als Einlagerung im Quader angetroffen. So erstreckt sich ein im frischen Zustande blaugrauer, ziemlich dünnplattiger Pläner (lokal Kalkstein genannt) mit zunehmender Mächtigkeit von der Auscha—Sterndorfer Verwerfung gegen Süden. Die Schichte ist ziemlich reich an Fossilien. Kleine, aber gut ausgebildete Exemplare von Inoceramus Brongniarti ermöglichen die Bestimmung der Stufe. Der allmähliche Ubergang dieser Plänerschichte in Quadersandstein läßt sich über Hirschmantel und Oschitz gegen Dürcheln gut verfolgen. Als Baustein taugt dieser Pläner nicht, weil er an der Luft bald aufblättert und mürbe wird. Dagegen liefert er ein gutes Binde- mittel für den Straßenbau und läßt sich auch zu Kalk brennen. Düngungsversuche, die auf Anraten des Verfassers mit diesem Pläner gemacht wurden, ergaben auf Sandböden ausgezeichnete Resultate. Weite Verbreitung, aber bezeichnenderweise nur in den Tiefen- lagen, haben die bisher als die jüngsten Vertreter der marinen Ab- lagerungen der Kreide erkannten blauen Tonmergel der Stufe des Inoceramus ÜCwvieri (Priesener Schichten, Bakulitentone). Sie besitzen eine bedeutende Mächtigkeit. Bei Robitz, am Ausgange des romantischen Höllengrundes SW von Böhm.-Leipa, reichen sie nicht bloß ziemlich hoch am Gehänge des Koselplateaus hinauf, sondern wurden auch bei einer Tiefbohrung (auf Kohle!) in 80 m Teufe noch nicht durchschlagen. Hier wechsellagern sie in mächtigen Bänken mit 0°5—1'5 m dicken, sehr feinkörnigen Sandsteinen und fallen längs der Mittelgebirgsverwerfung vom Drongniarti-Quader des Höllen- srundes weg nach WNW ein. Die feinsandigen Zwischenlagen "sind vollständig fossilleer, die Mergelschichten aber enthalten hier wahr- hafte Riesen von Inoceramen bis 0'5 m? Größe. Außer Inoceramus Cuvieri wurde auch ein Wirbel von Inoceramus Brongniarti gefunden. Leider wollte es noch nicht geliugen, ganze Exemplare dieser leicht zerfallenden Bivalven zu erhalten. Aus den Cuvieri-Mergeln am südlichen Gehänge des Spitzberges von Leipa wurden zahlreiche wohlerhaltene Vertreter der für diese Stufe bezeichnenden Zwergfauna zutage gefördert. Aus der Fülle der Aufsammlungen erwähne ich von dieser Fundstätte: Einige Arten von Seeigeln, Scala decorata, Turritella multistriata (sehr häufig), Nucula semilunaris (sehr häufig), Hamites bohemicus, Baculites sp., Dentalium medium, Inoceramus Cuvieri ete. ete. Die Aufzählung aller Arten würde hier zu weit führen. Auch Ammonitenfunde wurden in den Mergeln dieser Stufe ge- macht; ihre Bestimmung konnte noch nicht durchgeführt werden [17] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 447 Die größte bisher konstatierte Mächtigkeit dieser Stufe beträgt etwas über 100 »z (Pießnig 240 m — SO-Fuß des Spitzberges bei Leipa 343 m). Von besonderer Wichtigkeit wurde die Fixierung dieser Stufe für die Erkenntnis des Leipaer Beckens als Senkungsfeld, ferner für die Bestimmung der fossilleeren Quader des weitausgedelhnten Terrains zwischen Kosel und Habstein, da am Lettenhübel') bei Neuschloß die Cuvieri-Mergel diesen Quader unmittelbar über- lagern. Dem „Emscher“ entsprechende Ablagerungen wurden nicht beobachtet. Die „Chlomeker Schichten“ der älteren böhmischen Geologen erwiesen sich bisher stets als ältere Schichten, anderseits als tertiäre Ablagerungen. Durch den Ausbau der Lokalbahn Böhm -Leipa—Steinschönau wurden in nächster Nähe der Stadt im Hangenden der Cuvieri-Mergel dieseiben eigentümlichen Wechsellagerungen von Tonen und Sanden bloßgelegt, wie wir sie aus Robitz beschrieben haben; außer schlecht erhaltenen Pflanzenresten erwiesen sie sich gänzlich fossilleer. Die zumeist in Einschnitten gewonnenen Profile wurden wegen Terrainrutschungen zugeschüttet und konnten nur als photographische Aufnahmen erhalten werden. Unterhalb des Bahnhofes „B.-Leipa-Stadt- park“ waren langgezogene Bänke von feinem Sand mit glimmerführen- den Mergeln wechsellagernd erschlossen. Trotz langem Suchen wurden nur schlecht erhaltene Blattabdrucke und der Stengelteil einer an Bärlapp erinnernden Pflanze gefunden. Dagegen war die Oberfläche der durchfeuchteten Mergel- und Sandplatten reich an Kriechspuren. Die Mächtigkeit der wechsellagernden Schichten schwankt zwischen 10 und 50 cm, Streichen h 23, Fallen zirka 100 SW. Länes einer flach nach NO fallenden diskordanten Abrasionsfläche und dieser parallel aufgelagert folgten auf die liegenden Sande und Mergel abermals ähnliche, aber dünner geschichtete Wechsellagerungen von dem gleichen Material in einer Mächtigkeit von mehreren Metern. In den mürben, gelben Sanden, die weiter unterhalb eine Auf- schlußmächtiekeit von etwa 5 m erreichten, konnte neben vertikalen, unregelmäßigen Absonderungen auch wellige, untereinander ronparallele Absonderungen beobachtet werden, die sich durch ihre breiten, bräunlichen Verwitterungssäume scharf abhoben. Eingelagert in diesen Sanden fand sich eine große, unregelmäßige, linsenartige Partie von 3 m Länge und !/, m Dicke, die aus zahlreichen größeren und kleineren Mergeleinschlüssen, von eckigen Formen gebildet wurde. Die Mergel und Sande erwiesen sich absolut versteinerungsleer. Bei dem 150. Kilometerstein der „Böhmischen Nordbahn“ war eine Verwerfung bloßgelegt. Die dünngeschichteten Sandwechsellage- rungen schnitten längs einer nach Süden fallenden Linie an dem gelblichen Quadersandsteine ab, der bei Ober-Liebich und Manisch ansteht. Die Verwerfung war beiderseits durch eine 31/, m mächtige, sehr eisenschüssige und harte Sandlage begrenzt. Die wechsellagernden Schiehten zeigten ein südwestliches Einfallen. !) Hier fand Herr Pfarrer P. Hahnel in Halstein außer der sehr häufigen Nueula semilunaris schöne Exemplare von Hamites bohemicus und Aporrhais sp. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (H. V. Graber.) 58 448 H. V. Graber. [18] Wo der Weg von der Ziegelei an der Ober-Liebicher Straße zur Schleifmühle durch die neue Bahntrace geschnitten wird, waren wieder die wechsellagernden Schichten (der Sand 15—20 cm mächtig, ebenso, gelegentlich auch mächtiger, die rötlichen Mergel) aufge- schlossen mit Streichen N 335°, Fallen 20° WS. Das Streichen und Fallen änderte sich stellenweise so rasch und im entgegengesetzten Sinne, daß der Schluß auf eine Art Diagonalschichtung nahegelegt war, und in der Tat trat unterhalb des Feldkreuzes Kote 282 m, 2 km vor Manisch, an der rechten Wand des Einschnittes eine etwa 25 m lange, | m mächtige Linse zutage, an die sich eine zweite an- schloß. Sie bestand aus Wechsellagerungen von Mergel und Sand mit bemerkenswerter Geröllführung. Bei der Papier- und Schleifmühle läuft der Bach auf den blauen Letten der Cuvieri-Stufe. Sie werden von den hier beschriebenen Straten überlagert. Knapp vor Manisch war die rasch auskeilende und wechselnde Schichtung besonders aus- geprägt. Die Mergel nahmen an Mächtigkeit ab, der Sand zu. Die Gerölle wurden immer häufiger; das Material bestand aus Granit, Kieselschiefer, Hornstein, Quarz und Quarzporphyr. Der Grad der Verwitterung dieser Gerölle war ein hoher. Im Hangenden folgte eine Lage weitaus frischerer Gerölle der diluvialen Schotterterrasse mit Basaltgeschieben. Zwischen Manisch und Ober-Liebich, am zweiten, westlichen Feld- weg parallel zur Straße, befindet sich am Rande eines Wäldchens eine Sandgrube. Zu unterst liegen gelbliche Sande mit spärlichen Geröllen (Quarz, gelegentlich ein Porphyrstückchen), darüber eine '/, m mächtige Bank von sandigen, glimmerhaltigen Mergeln, die namentlich als Besteg angereichert sind. Massenhaft finden sich in diesen Mergeln kohlige, plattgedrückte Reste von unbestimmbaren Stengelteilen. Darüber kommt wieder Sand mit mergeligen Schichten. Eine Linsen- struktur ist schwach, aber deutlich genug ausgeprägt. Diesem Sehiehthorizont gehören auch die Sande der Manischer Sandgrube an, die frei von Mergeleinlagerungen. zahlreiche und sroße Gerölle führen und aus einem System von auskeilenden Schielten bestehen. Zwischen Manisch und Wolfersdorf liegen deutliche Anzeichen vor, daß die geschilderten Schichtenverbände später wieder umge- lagert worden sind. Bei Schwora wurden die sandig mergeligen Wechsellagerungen im Hangenden der Cuvieri-Mergel angetroffen. Ebenfalls fossilleer, zeigen sie hier ein UÜberwiegen der sandigen Schichten. Es wurde folgendes Profil gewonnen: 1. Ackerkrume 10—30 cm. | 2. Mergelund Sand, wechsellagend in dünnen Schnüren, 40 em. 3. Lockerer Sand mit Tonschmitzen, „Gewitterkugeln“, Ein- sprenglingen von Rötel, einem schwärzlichen, an Kohle erinnernden Metalloxyd, 5 m. 4. Blaue Letten der (wvieri-Stufe, an der Luft zu grauen, glimmerreichen Mergeln zerfallend, mit zahlreichen verkohlten Pflanzen- resten und marinen Fossilien (Arca, Astarte, Nucula ete.). 1 m aufge- schlossen, geht in unbestimmte Tiefe, [19] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 449 Die Sande an der Kaiser Franz Josefstraße in Leipa gehören sicher dieser Stufe an, der Boden der Stadt Leipa selbst besteht zum srößten Teile aus den geschilderten Sandmergelwechsellagerungen, die, auf den blauen Cwvieri-Mergeln lagernd, im Hangenden von Diluvialschottern begrenzt werden. Nach den von Herrn Lindner, städtischem Wassermeister von B.-Leipa, gütigst mitgeteilten Profilen übersteigt die Gesamtmächtigkeit der Wechsellagen an keiner Stelle den Betrag von 5—6 m. In der Umgebung von Niemes kann man sich ebenso wie in der Sommerschen Ziegelei in Altleipa von dem vorbasaltischen Alter der Sandmergelwechsellagerungen überzeugen. Dort sind am Gehänge des Wachberges, zwischen Barzdorf und Niemes, mehrere Ziegeleien mit guten Aufschlüssen. Der Sand dominiert entschieden über die Mergeln. Einige gegen- wärtig stark verwitterte Gänge und Lagergänge von Basalt haben die Ablagerungen im Kontakt verändert. Die Mergel sind gefrittet und umgeschmolzen, der Sand in Sandstein mit Säulenabsonderung um- gewandelt. Die Mergel zerfallen in polyedrische Stücke, die Sande zu Säulchen mit scharfen Kanten und polygonalem Querschnitt. In der ersten Ziegelgrube beim Bahnhofe Barzdorf zeigt der Sand- stein ein an S-förmige Faltung erinnerndes Bild, doch kann man sich leicht überzeugen, daß diese Erscheinung mit einem Faltenwurf nichts gemeinsam hat, sondern lediglich auf einer bogenförmig verlaufenden Säulenabsonderung beruht. Fossilien wnrden nicht gefunden. Zweifellos liegt dieser Säulenabsonderung eine bestimmtere Ur- sache zugrunde, als die bloße Einwirkung der Hitze des Basalts; denn sonst müßte man sie auch in den älteren turonen Quadern be- obachten, die so häufig von großen und kleinen Gängen durchzogen sind. Das Wahrscheinlichste ist, daß dieses Phänomen nur in lockeren Sanden von mehr oberflächlicher Lagerung ausgebildet werden konnte; denn in tieferen Lagen erfolgte die Auskühlung zu langsam und unter einem zu starkem Druck der hangenden Schichten, um eine Los- lösung in Säulen zu bewirken. Eine direkte Auskunft über das Alter der in den vorigen Zeilen behandelten Ablagerungen ist an keiner Stelle geboten, doch scheint nach ihrem ganzen Charakter, dem sprungweisen Wechsel der Fazies in Form konkordanter Wechsellagerungen von Sand und Mergel für ein tieferes Entstehungsbereich im Litoral zu sprechen. Wohl mögen auch festländische Bildungen unter ihnen sein, teils Transportmassen von Flüssen, teils Dünenrelikte, ohne daß es wegen des Fehlens aller Anhaltspunkte über die Anwesenheit animalischer Lebewesen möglich wäre, einen sicheren Schluß auf Alter und Art zu ziehen. Wir dürften uns indessen vom Richtigen nicht zu weit entfernen, wenn wir die Entstehung dieser litoralen Straten in die Zeit versetzen, als sich das turone Kreidemeer nach SW hin zurückzog, also etwa an die untere Grenze des „Emscher“. Heute haben diese jüngsten Kreideablage- zungen im Gebiete des Kartenblattes eine charakteristische Stellung, insofern sie gemeinsam mit Üwvieri-Mergeln die großen, durch Sen- kungen entstandenen Depressionen am Rande der Quaderplatte er- füllen, wo sie nun nach der teilweisen Entfernung der jüngeren 58* 450 H. V. Graber. [20] Sedimente des Tertiärs entblößt liegen. Auf den Höhen der Kreide- tafel suchen wir sie vergebens; dort erscheinen als jüngste kretazische Ablagerungen die Brongniarti-Quader und nur vereinzelt die durch Basalt gefestigten und vor der Abtragung bewahrten Reste der einst ausgedehnten und mächtigen Cuvieri-Mergel als Beweis der kräftig wirkenden postkretazischen Denudation. So wurden diese Ablagerungen besonders wertvoll für die end- gültige Erkenntnis des Leipaer Beckens als Senkungsfeld. Durch sie wurde auch der Beweis erbracht, daß die von Nord nach Süd gestreckte, 5 km breite Talung von Grünau bei Niemes ein Grabenbruch ist, der an der östlichen und west- lichen Flanke von Basaltaufbrüchen begleitet wird. Die östliche Reihe wird gebildet durch den Roll, Limberg und Tölzberg, die westliche durch den Kamnitzberg, Wellnitz- berg und Laufberg. Der Graben setzt sich nach Norden in das Blatt Haida fort. Im Innern des Grünauer Grabens und des Senkungsfeldes von Leipa sind Basaltergüsse ziemlich verbreitet. Obwohl ein Gesamtbild der tektonischen Vorgänge im Bereiche der Quaderplatte noch nicht gegeben werden kann, so haben die Beobachtungen doch bisher ergeben, daß weit mehr Verwerfungen, beziehungsweise Störungslinien die eintönigen Sandsteine durchziehen, als man auf den ersten Blick annehmen möchte. Besonders scharen sich die Störungslinien und Verwerfungen am Rande des Leipaer Senkungsfeldes, das bei Niemes mit dem Grünauer Graben zusammenhängt. Malerisch ist die Land- schaft am nördlichen und westlichen Bruchrande, wo die Ergußruinen des Mittelgebirges in Form einer grünen Bergmauer abbrechen, durch die sich der Polzen in elbwärts gerichtetem Laufe sein enges Tal gesägt hat. Von den peripheren Bruchrändern aus dringen mehrere Störungslinien in das Innere der Kreideplatte. Von Robitz verläuft eine Bruchlinie in SW-Richtung über die Kosel gegen Auscha, wo sie mit dem Egerbruche zusammentrifft und die Südgrenze des Mittel- sebirges geologisch und morphologisch zum Ausdrucke bringt. Bei Littnitz vereinigt sich diese radiale Bruchlinie mit den peripheren Störungszonen der Teichtalung zwischen Drum und Hirschberg. Über Haida läßt sich der Egerbruch noch weiter nordwärts bis zum Elbbruch (Lausitzer Verwerfung) verfolgen. Der Störungs- richtungen im Gebiete des Aschendorfer Quadersandsteines ist bereits gedacht worden. In ihrem weiteren Verlanfe liegt das Polzental von Straußnitz bis Tetschen. Eine morphologisch bedeutende Stellung nimmt innerhalb der Bruchlinien im Süden des Senkungsfeldes von Leipa das Kummer- sebirge ein als ausgezeichnetes Beispiel für einen rings von Sprüngen umzogenen Horst. Die südliche Bruchlinie der zerfurchten Platte des Kummer- sebirges ist zugleich die nördliche Grenze der großen Teich- talung, die vonNeuschloß an eine deutliche SO-Richtung besitzt. Hier ragen zahlreiche isolierte Kuppen auf und verleihen der Um- [21] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 451 gebung des seenartigen Hirschberger Teiches einen hohen land- schaftlichen Reiz. Noch auffälliger als am Südbruche des Kummergebirges ist die Wechselbeziehung zwischen eruptiven Ergüssen und Bruch- linien am westlichen Abbruch ausgeprägt. Diese Bruchlinie ist hier durch den staffelförmigen Abfall des Kummergebirges deutlich vorgezeichnet und verläuft von SW nach NO. Die Sprunghöhe beträgt über 100 m. Noch im Kummer- gebirge selbst, aber bereits hart an der Bruchstelle erhebt sich weithin sichtbar der buchengekrönte Basaltaufbruch des Eichberges bis zu einer Höhe von 461 m. Außerhalb der Bruchlinie erheben sich dichtgedrängt auf dem kleinen Raume zwischen Rehdörfel und dem Kummergebirge die Mickenhaner Steine, durchwegs phonolithische und basal- tische Aufbrüche. Der Bruchlinie zunächst und mit ihr parallel streicht der schmale Phonolithrücken des „Langen Berges“, von dessen klippigem Kamm aus ein sehr instruktiver Blick auf den geologischen Charakter der nächsten Umgebung geboten wird. Die übrigen Kegelberge sind durchweg basaltisch. Unter ihnen schwingt sich der schwarze Felsenturm des „Kahlsteines“ bis zu 420 m empor. Sein Gestein zeigt sehr schöne, säulenförmige Ab- sonderung. Mit dem benachbarten Meichelsberg (Malcherberg der Karte) bildet er eine Gangruine. Auffällig ist der Olivin-' reichtum des Kahlsteinbasalts. Stellenweise ist der schwarze Felsen wie gespickt von großen und kleinen „Olivinbomben“. Neben kopfgroßen, selten größeren Exemplaren dieser Primärausscheidungen eines magnesiareichen, aber tonerdearmen Magmas finden sich noch faust- bis haselnußgroße, stets abgerundete Knollen. Ihr Habitus gleicht völlig dem grobkörnigen Olivingesteine des Ultentales, be- ziehungsweise dem des mächtigen Ganges, der den Grat Zoccolo— le Mandrie zwischen Ulten- und Rabbital durchquert. Neben den grünen Körnern des Olivins finden sich stets Bronzittäfelchen, Chromdiopsid und Spinell. Wie in allen Gang- und Deckenbasalten tritt der Olivin auch hier als alter, individualisierter Gemengteil auf, freilich nur in Form von Körnern. Kein Basalt im Kartengebiet führt aber den Olivin in so zahlreichen und großen Körnern wie der des Kahlsteins und Meichelbergs. Als Seltenheit fand ich einen individualisierten, vollständig frischen Olivin von der Größe einer Kinderfaust. Selbst die frischesten Olivine sind von unregelmäßigen Sprüngen durchzogen. Die Sprungkanäle sind öfters von gelblicher Glassub- stanz erfüllt. Der Bronzit der Olivinknollen ist eisenreich, das konoskopische Bild von Spaltblättchen homochromatisch. Der Diallag bildet stets kleinere Körner als der Bronzit und ist überreich an Einschlüssen. Der Kahlsteinbasalt führt außer Olivinknollen noch Einschlüsse anderer Gesteine in verschiedensten Größen. Am häufigsten sind umgeschmolzene Einschlüße von Granitit und Sandstein, seltener solche von Glimmerschiefer und einem noritartigen Gestein. 452 H. V. Graber. [22] Die Granitite entbehren jedes glimmerartigen Minerals. An seiner Stelle hat sich ein pleonastähnlicher Spinell und farbloser Augit gebildet. Der Spinell bildet zierliche Kriställchen, sehr häufig zu „Wolken“ (Rosenbusch) gehäuft, der Augit umschließt kranzartig die von Eaiıschen Sprüngen durchzogenen, resorbierten Quarze, die in einer Glaszwischenmasse eingebettet sind. Die Feldspate (Oligo- klas) sind von der Resorption weniger betroffen worden, zeigen aber stets die randliche Kassettenstruktur Foullons. Die von Foullon als Feldspat gedeuteten rhombischen Neubildungen konnten als Kor- dierit bestimmt werden. Die Sandsteineinschlüsse liefern das in der Literatur bekannte Bild. Einzelne fleckenartige Partien der Dünnschliffe sind schwärz- lich bestäubt von einem unbestimmbaren Mineral. Die Einschlüsse vonNorit sind gar nicht resorbiert und sehenso intakt aus, daß man sie eher für einePrimärausscheidung, als für fremde Gebilde halten möchte. Der zeolithenberühmte Neubauerberg besteht aus Hormm- blendebasalt, der als Schlotausfüllung in einem Tuffmantel steckt. Uber die geologischen und petrographischen Beobachtungen an den Mickenhaner Steinen wird im nächsten Jahre ausführlich be- richtet werden. In das Bereiche der Störungslinie am Nordrande ar Teichtalung Drum—Hirschberg gehört auch der Hölzelberg. Er bildet einen unscheinbaren flachen Hügel zwisehen km 746 und km 744 an der Straße von Leipa nach Habstein und erhebt sich sehr nahe am West- ende des Hirnserteiches aus den versteinerungslosen Quadern der Stufe des Inoceramus Brongniarti. Das Gestein ist ein stark zersetzter Hornblendebasalt mit ausgezeichnet periradial struierten Säulen. In den hellgebleichten aus Eruptivbreccie bestehenden Tuffmantel zweigt ein saigerer Gang ab. Das Innere des Schlotes ist durch einen alten, nun verlassenen Steinbruch kraterartig erschlossen und enthüllt. zahlreiche instruktive Einzelheiten. Beim Eintritt fällt sofort ein kolossaler Einschluß (11 m Durchmesser und 6 m Höhe) von schwärzlichen Mergeln auf, die überreich sind an den zierlichen Formen der für die Tone der Stufe des Jnoceramus Cwvieri bezeichnenden Zwergfauna. Bei der gewaltigen Größe dieses Einschlusses und eines nur etwas kleineren zweiten, der im Hangenden eine Partie von Quader trägt, auch mit Rücksicht auf die stratigraphischen Verhältnisse und endlich in An- beracht der geringen randlichen Kontakterscheinungen dürfen’ wir schließen, daß diese Massen bei der Eruption in den Schlot gestürzt sind, also ‚auf gleiche Weise in das Magma gebettet wurden, wie die gewaltige Tufkugel von 4 m Durchmesser mitten im Basalt des Neu- bauerberges. Außerdem befindet sich im Basalt ein etwa Kubikfuß großer, zu Porzellanjaspis gefritteter Mergeleinschluß. Die ausge- bleichte Eruptivbreccie, der zersetzte Basalt und die Mergeleinschlüsse wurden vom Verfasser als Düngungsmittel für die Sandböden der Umgebung empfohlen und von den Ökonomen mit großem Erfolge benützt. [23 Geol -petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 453 Die Störungslinie am 'Südrande der Drum—Hirschberger Teich- talung wurde. bisher erst in ihrem Abschnitte zwischen Littniz und Habstein studiert. Bei Littniz, wo die als Fortsetzung des Eger- bruches verlaufende Verwerfung Auscha-—Sterndorf am Nordrand des domartig sich aufwölbenden Wilhos cht (610 m) vor- überzieht, sind am rechten Bachufer die zu einem zähen Letten ver- witterten Cuvieri-Mergel aufgeschlossen. Sie ziehen sich über Rein am Gehänge des Wilhoscht empor, werden aber schließlich durch versumpfte Wiesen und Gerölle verdeckt. Nördlich von dieser Bruch- linie erhebt sich aus der Niederung die plateauartige Tuffunterlage einer einstigen großen Basaltdecke, von der bloß der spitzkegelförmige Rhonberg erhalten blieb. Hart an der Sandsteingrenze, in etwa 340 m Seehöhe, treten zwei tuffumhüllte Basaltgänge zutage. Im Tuff liegen unter anderem viele Auswürflinge eines phonolithartigen Ge- steines mit zahlreichen idiomorphen, rötlichen Glimmerblättchen. Un- mittelbar am Bruchrande selbst, an der Ausmündung der Sterndorfer Straße in die kleine Ebene von Littnitz, ist rechts im Sinne des Anstieges ein ziemlich mächtiger Gang von dichtem Basalt im Tuff aufgeschlossen, der mit der Verwerfung parallel läuft. . Der Sandstein ist der nämliche Grobquader wie auf der West- und Südseite des Wilhoscht. Während er aber auf diesen Seiten ungestört liegend in mächtigen: horizontalen Bänken bis in eine Höhe von 550 m emporreicht und in großartigen Wänden gegen Sterndorf abstürzt, ist er auf der Ostseite steil geschleppt und zieht sich bloß bis in eine Höhe von etwa 480 m empor. Die Grenze gegen den Gipfelphonolith ist hier durch Gehängeschutt verdeckt. Die Zuge- hörigkeit des versteinerungsleeren Quaders zur Brongniarti-Stufe wurde aus dem Grunde angenommen, weil auf der Westseite eine plänerige Zchwischenschichte mit Jnoceramus Brongniarti zutage tritt, die zu beiden Seiten der Sterndorfer Schlucht im gleichen Niveau liegt und die Quader unterteuft. Auf der Ostseite konnte diese Schicht, die noch auf der Südostseite des Berges gut aufgeschlossen ist, trotz der günstigen Gesteinsentblößung weder im Niyeau der Westseite noch überhaupt angetroffen werden. Der Gipfelphonolith bildet eine flache Kuppe mit verti- kaler Plattenklüftung. Das Gestein ist reich an Tafeln von Sanidin, die bis: l cm groß werden. Der Quader der Westseite ist an der unmittelbaren Grenze gegen den Phonolith außerordentlich hart und bildet eine kiesige Breccie mit quarzitischem Bindemittel. Es ist nach diesen Ausführungen nun nicht länger zu zweifeln, daß der Wilhoscht trotz seiner verloekenden „Kuchengestalt“ kein Lakkolith !) ist. In so groben, spröden Sandsteinen erlischt die Mög- ) Ich. hielt es für notwendig, auf diesen Umstand hinzuweisen, weil die meisten populären Schriften den Wilhoscht geradezu als klassisches Beispiel eines Lakkolithen behandeln. Dies ist auch der Fall im Kapitel „Geologie“ der „Heimatskunde des polit. Bezirkes B.-Leipa“ (herausgegeben vom Bezirkslehrerverein, 1. Heft, 1. . Lieferung 1904). Der anonyme Verfasser dieses Kapitels behandelt Dinge, denen er gar nicht gewachsen ist, in einer Weise und mit einer Unkenntnis der allerelementarsten Lehren der Geologie, wie man sie nicht einmal von einem Volksschullehrer vergangener Jahrzehnte hätte erwarten dürfen. 454 H. V. Graber. [24] lichkeit einer Schichtenaufwölbung, zumal ja die Mächtigkeit der Schichten keine so bedeutende war, daß ihr Druck die Liegend- schichten hätte plastisch machen können. Bei der Sprödigkeit des (QQuarzes ist es überhaupt ausgeschlossen, daß man irgendwo im Ge- biete der Kreideplatte Lakkolithen mit einem periklinalen Quader- mantel antreffen könnte. Im Bereiche der Störungslinie liegen noch die kleineren Basalt- durchbrüche beim neuen Friedhof von Hohlen und am Letten- hübel bei Neuschloß. Eine außerordentlishe morphologische und geologische Selbst- ständigkeit besitzt das weite, bereits dem Mittelgebirge angehörige Koselplateau. Es umfaßt mit seinen Flanken ein Gebiet von über 30 km? und reicht von Neustadtl bis Drum, von Waltersdorf bis Robitz. Die Kosel ist wohl die größte Basaltdecke des Karten- blattes und bildet den letzten östlichen Anteil des Mittelgebirges gegen das Senkungsfeld von Leipa. Der Olivinbasalt ruht im südlichen Abschnitt auf Lapillituff, der eine Mächtigkeit von 70 m erreicht und an der Basaltgrenze einen sehr ergiebigen wasserhaltenden Horizont repräsentiert. Im Koselberg (596 m) wird die Basaltdecke gegen 150 m mächtig, nimmt dann nach Norden rasch an Mächtigkeit ab, so daß stellenweise zwischen Neuland und dem Königsberge die die nördliche Unterlage bildenden weißen Sande des Oligozäns zutage treten. Am Königsberg bildet die Decke einen imposanten Wand- absturz von 50 m Höhe. Ausgedehnte Halden von gewaltigen, zum Teil viele Kubikmeter messenden Blöcken erfüllen den westlichen Abhang des Königsberges. An einer Stelle haben sich einige Blöcke so aneinandergelegt, daß sie eine Höhle frei lassen, die man hier „Krater“ nennt und als Sehenswürdigkeit bezeichnet, obwohl an weit interessanteren Naturgebilden in der nächsten Nähe kein Mangel ist. Am Nordgehänge ragt ein schwarzer Felsenzahn, der basaltische Ertelsberg, aus dem Tuff und bezeichnet den von der Denudation bloßgelegten Ausbiß eines Basaltganges. Am westlichen Fuße des Plateaus, im Tale von Waltersdorf, sind überall Aufschlüsse der fossilreichen, von den weißen Sanden des Oligozäns überlagerten Cuvieri-Mergeln anzutreffen, während der Sockel der Nordseite aus dem Grobquader der Brongniarti-Tuffe zusammengesetzt ist. An der östlichen Flanke des Koselplateaus erhebt sich aus den Mergeln, deren Zugehörigkeit zu den Cuvieri-Mergeln nicht mit Be- stimmtheit erkannt wurde, das periklinale Plattengewöllbe des phono- litbischen Münzberges. Das schöne Gestein, von dem ich leider noch keine Schliffe besitze, erinnert eher an ein körniges Gestein und hat einige Ähnlichkeit mit dem sogenannten Phonolith des Kleis- berges bei Haida. Nirgends ist hier ein unmittelbarer Kontakt des Phonoliths mit den Mergeln zu sehen, so daß kein Anhaltspunkt über die Art der Eruption vorliegt; denn die modellartige periklinale Wölbung der großen Platten, die auf dem Gipfel horizontal liegen, an den Flanken immer steiler werden, spricht ebensogut für eine Quellkuppe als für einen Lakkolithen. Gegen die „Stange* taucht der Phonolith unter die bald gröberen, [25] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 455 bald feineren Quader (Stufe?) hinab, die am unmittelbaren Kontakt gefrittet sind. Oberhalb von Schneiders Ziegelei in Robitz, an der Straße nach dem Dorfe Kosel, liegen kolossale Blöcke von Basalt, die. eine schmale Ellipse einschließen. Die Mergel sind zunächst diesen in Lehm gebetteten Blöcken gefrittet. Die Auffassung dieser Blöcke als Reste einer stromartigen Zunge der Koseldecke dürfte wohl die richtige sein. Hier befindet sich auch ein nun aufgelassenes Bohrfeld, wo vor einigen Jahren auf Kohle gegraben wurde. Aus einem in die Cuvieri- Mergel abgeteuften Schacht wurden Lignitstämme heraufgefördert. Die Markstrahlenblätter dieser schlecht brennenden Kohle sind mit Mar- kasit imprägniert. Häufig wurden harte Kalkkonkretionen gefördert. In meiner Sammlung befindet sich eine solche Kalkkugel mit einem Einschluß von Lignit. Sowohl der Kalk wie der Ligniteinschluß sind von Serpulidenröhren durchzogen. Nach Auffindung eines Haifischzahnes wurden die von Haus aus aussichtslosen Bohrungen aufgegeben. Zwischen dem Münzberge und den großen Basaltblöcken bei Schneider’s Ziegelei liegt in den sumpfigen Wiesen gelegentlich ein Aufschluß von sehr hellen Tonmergeln, die in feuchtem Zustand einen außerordentlich zähen Letten bilden. Hier holten die einst be- rühmten Töpfer Leipas ihr Material. Die Grenze dieser fossilleeren Tone, deren stratigraphische Stellung noch zweifelhaft ist, gegen die Lapillituffe der Decke liegt in einer Höhe von 370 m. In das Bereich der Kosel gehört auch der Basaltgang nördlich von Quitkau. Durch den Polzen vom Koselplateau getrennt, erhebt sich östlich von Schönborn der Mühlberg. Die Unterlage wird von fein- körnigen, weißen Sanden (des Oligozäns?) gebildet, auf denen die Reste einer ziemlich mächtigen Decke von Olivinbasalt lagern. Am westlichen Abhang liegen Anzeichen vor, daß sich hier ursprünglich zwei durch eine Tuftlage getrennte Decken ausbreiteten. Der kleine, aus der Ebene von Leipa aufragende Kahle Berg besteht aus geschichteten Basalttuffen (Brockentuff) mit faustgroßen und kleineren Knollen einer obsidianartigen Masse, die sich bei näherer Untersuchung als Augit erweist. Außerdem führt dieser Tuff abge- rundete Knollen von Olivinbasalt in der Größe einer Erbse bis zu einem Kubikfuß. Anstehender Basalt tritt an keiner Stelle zutage. Von den übrigen Basaltaufbrüchen im Gebiete der Karte wurden besonders der Basaltgang des Haseldammes und Klitschen- berges sowie die Basalte der beiden Horken untersucht und aus- geschieden. Der Haseldamm, 1 km östlich vom Forsthaus Vogelbusch bei Aschendorf, durchzieht in nahezu west-östlicher Richtung den fossilleeren Quader und bildet mit den zu beiden Teilen erhaltenen Quaderresten einen natürlichen Damm von etwa 0°5 km Länge. Weiter östlich wird der Damm von einem künstlichen Abfluß (Schlucken) des Schießniger Teiches durchbrochen. Hier beobachtet man die schwebende Lagerung des Sandsteines und eine ausgezeichnet Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (H. V. Graber.) 59 456 H. V. Graber. [26] » entwickelte Absonderung parallel dem Streichen und Fallen des Basaltganges: N 1100 S, Fallen 72° N. Der Sandstein ist stark verwittert, gelblich gefärbt. Man vermißt auf den ersten Blick die erwarteten Kontakterscheinungen. Bei näherer Untersuchung aber entdeckt man im mürben Gestein frische, außer- ordentlich harte Reste mit dem charakteristischen matten Schimmer der gefritteten Quarzsandsteine. Dies ist umso bemerkenswerter, als schon wiederhoit das Fehlen von Kontakterscheinungen an Quarz- sandsteinen betont wurde mit der Begründung, daß an einem Sandsteine nicht viel zu fritten ist. Im Durchbruche des Baches ist der Basalt selbst nicht aufge- schlossen, da er einige Schritte neben dem Damme auf der Nordseite vorbeistreicht und sich mit den zahlreichen Gängen des Haselberges vereinigt, die sich in den zu Porzellanjaspis gebrannten, schon an einer anderen Stelle erwähnten Cuvieri-Mergeln zertrümmern. Sehr lehrreich ist der Aufschluß auf der Südseite des. Hasel- berges. In einem lockeren Gemenge von Quarzbrocken, abgerundeten Tonmergeln und Sandsteinfragmenten, das nach dem Habitus zu schließen eine (oligozäne?) Flußablagerung sein dürfte, sind einige Basaltgänge aufgeschlossen. An der Sohle zunächst ein mächtiger Gang mit schräg unter 45° gegen Süden fallenden Säulen, durchbrochen von schmäleren, jüngeren Gängen. Am Salband der Gänge entlang zieht sich beiderseits ein ziemlich breiter Streifen von stark gefrittetem Konglomerat. Die Füllmasse ist zu einem dunklen Glas geschmolzen, nur die Quarze haben ihre eckig-rundliche Form behalten. Es gelingt nicht leicht, ein Handstück aus dieser Kontaktzone zu schlagen, da die Masse in kleine Säulen von etwa 10 cm Länge und 2—8 cm Dicke zerfällt. Dagegen erhält man hübsche Stücke von Basalt mit der Kontaktzone. Das westliche Aufschlußende des Haseldammes bezeichnet noch nicht das Ende des Basaltganges überhaupt. Vielmehr sprechen deutliche Anzeichen, zum Beispiel die Basaltblöcke des Vogelbusches in der geraden westlichen Verlängerung des Ganges für sein Weiter- streichen bis in den „Galgenhübel* (Kote 280 nordöstlich vom Wh. 251). Die benachbarte „Schinderhorka“ wird aus einem grobkörnigen, sehr harten Quader zusammengesetzt. Von Basalt ist hier aber keine Spur zu sehen, so daß die Ursache dieser in der Tat sehr auffälligen Härte des quarzitartigen Gesteines im dunklen liegt. Das Eruptivgebiet der Schworer und Schießniger Horka nimmt den kleinen Raum zwischen dem Polzen einerseits, Schwora und Schießnig anderseits ein. Das zersetzte Gestein der Schworer Horka bildet einen Gang im Brockentuff, aus dem sehr schöne und klare Kalkspatdrusen in die Sammlungen wandern. Südwestlich vom Gipfel, im Walde, strebt aus dem lockeren weißen Sande ein kleiner Gang von Olivinbasalt schief nach aufwärts mit etwa 8 cm dicken Säulen, die senkrecht zur Gang- richtung stehen. Die Säulen zerfallen in kugelige Polyeder. Die Schießniger Horka besteht aus dem Ausgehenden eines auf der Südostseite von Tuff umhüllten Ganges von Olivinbasalt. [27] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 457 Der Klütschenberg zwischen Schießnig und Hermsdorf ist ein zierlicher, steiler Kegel von geringer Höhe. Im Zentrum eines Mantels von Eruptivbreccie steckt der Stiel von Hornblendebasalt mit modellartig periradial orientierten Säulen. Nach Osten zieht sich einige hundert Schritte weit ein Gang im Tuff, der am östlichen Ende zu einem Hügelchen anschwillt und eine Scholle von gefrittetem, in Säulchen abgesonderten Mergel umschließt. Auch kleinere, stärker gefrittete Einschlüsse finden sich vor. Die fossilreichen Mergel führen unter anderem Trochus sp., Nucula transiens und seminularis, Turritella multistriata, Dentalium medium. Inoceramen wurden nicht gefunden. Die Umgebung des Klütschenberges besteht aus altdiluvialen Schottern, die den fossilleeren Quader bedecken. Von großem Interesse sind die eigentümlichen, eher geröll- als tuffartigen Massen, die nächst der Mühle von Bokwen bei Pihl, NO von Leipa, durch einige mächtige, hochgradig zersetzte Basalt- gänge von der Abtragung bewahrt blieben. Außer Mergelknollen, Platten und Brocken von Sandstein und Pläner finden sich auch große und kleine eckige und runde Stücke von Phyllit, Granitit und Quarz- porphyr, aber kein loser Basalt. Mit der von einigen Fachgenossen geäußerten Ansicht, daß diese Gesteine durch die Eruptionsvorläufer des Basalts aus der Tiefe emporgerissen wurden, kann ich mich hier ebensowenig befreunden wie am Haselberg. Ich sehe vielmehr in diesen Gebilden alttertiäre Geschiebe, die eben nur dort erhalten wurden, wo sie der Basalt gefestigt hat. Eruptive Tuffe und Explosions- breccien sehen entschieden anders aus. Der zersetzte Basalt ist durchzogen von zahlreichen, mit schönen Kalkspatdrusen bekleideten Sprüngen. Die Melilithbasalte des Spitzberges, Langenauerberges und Kottowitzer Berges sind Deckenrelikte. Besonders deutlich ist dies am Langenauer Berg bei Haida zu beobachten. Dort zieht sich nach den Beobachtungen von H. Vetters der feine weiße Sand des Oligozäns unter dem Berge durch. Tiefe Stollen sind in dieses Material getrieben. Beim Bahnbau Böhm.-Leipa—Steinschönau wurden einige Basalt- gänge durchschlagen. Der Einschnitt im Lapillituff oberhalb der Kirche von Wolfersdorf lieferte schöne Aufschlüsse und außer- ordentlich frisches, sonst nur in lockeren Massen vorhandenes Material. Braunkohlenstückchen und gebleichte Einschlüsse von Baumstämmen und Spänen wurden häufig gefunden. Mächtige Blöcke von Basalt lagen im Tuff eingebettet. Im oligozänen Sand nächst der Station Wolfersdorf wurde beim Abteufen eines Brunnens ein Kohlenflötz von 1 m Mächtigkeit erschürft. Noch fehlen die Anhaltspunkte für die Fixierung des Alters der Basalteruptionen im Gebiete der Quaderplatte und der bisher untersuchten Mittelgebirgsteile; ebenso wurden noch nicht tertiäre Ablagerungen mit sicherer Charakteristik der Stufe vorgefunden. Die alte Beobachtung, daß die Decken-, Strom- und Gangbasalte als Olivinbasalt, die Schlotausfüllungen als Hornblendebasalt entwickelt sind, konnte überall bestätigt werden. 592 458 H. V. Graber. [28] Diluviale Ablagerungen sind vorwiegend in der Gestalt von Schotterterrassen ausgebildet. Besondere Mächtigkeit erreichen diese Ablagerungen im Polzental und bei Brenn sowie bei Bürgstein. Das _ Material stammt durchwegs aus der Lausitz und dem Isergebirge. Die Gliederung in zwei Terrassen, von denen die obere meistens mit Lehm bedeckt ist, ist überall ausgeprägt, am deutlichsten bei Brenn und Leipa. Ausgedehnte Lößablagerungen mit Lößchnecken und LößkindIn breiten sich auf dem Plateau zwischen Dürcheln und Pablowitz SW von Neuschloß aus. Torflager von unbedeutender Tiefe bilden in den Teichtalungen ausgedehnte Flächen. Auffällige Erscheinungen sind die Blöcke von Quarzit, die stellenweise massenhaft angereichert sind. Sie sind gelegentlich mehrere Kubikmeter groß (Hirnsen bei Neuschloß), erreichen aber sewöhnlich nur die Größe eines Kubikfußes und sinken sogar bis zur Faustgröße herab Die kleineren dieser bald weißen, bald gelblichen, bald blutroten Quarzitfindlinge besitzen sehr häufig die Form ausgespro- chendster Dreikanter mit seidenschimmernden Flächen, fingereindruck- artigen Gruben und oft schnurgeraden Kanten. Diese Pyramiden- geschiebe sind zweifellos äolische Korrosionsformen, deren Aus- bildung wohl ins Diluvium verlegt werden darf. Gute Fundstätten für Dreikanter sind an der nördlichen und südlichen Abdachung der beiden Horken, die Umgebung von Kleinhaida bei Drum und das Quitkauer Revier bei Neuschloß. Stellenweise sind die Quarzitfindlinge so zahlreich, daß sie von den Bauern zusammengetragen und an den Feldrainen zu großen Haufen gelagert werden. Die großen Blöcke werden wegen ihrer Härte und Spaltbarkeit nach versteckten Losen als Bausteine gern verwendet. Daß man in den Quarziten die Denudationsreste jüngerer Kreide- ablagerungen zu erblicken hat, wie sie auch aus Gegenden mit vollständig entfernten Kreideschichten beschrieben worden sind, ist bekannt und mag hier nur der Vollständigkeit wegen Erwähnung finden. Sie sind stets fossilleer. Den Verwitterungsprodukten der Gesteine des Kartengebietes wurde im Interesse der Forst- und Landwirtschaft größere Aufmerk- samkeit geschenkt. Die Maschwitzer Keratophyre verwittern infolge des hohen Hämatitgehaltes zu einer hochroten Ackerkrume, die namentlich im Frühjahr lebhaft von den gelben, sandiglehmigen Verwitterungs- produkten des cenomanen Sandsteines absticht. Die plänerigen Schichten geben einen mehr sandigen als lehmigen Boden, der aller- dings stellenweise durch äolische Anreicherung des Tonstaubes ziemlich lehmig wird. Die Quader geben dürftige Böden mit oft sehr verkümmerten Kieferbeständen (einzelne Teile des Aschendorfer Reviers) und neigen im Forstterrain zur Ortsteinbildung. Selbst Kulturen mit mehr- jährigen Bäumchen stellen plötzlich das Wachstum ein. Die Lücken werden immer zahlreicher und nach einigen Jahren breitet sich an der zu den besten Hoffnungen berechtigenden Kultur die Heide aus mit Calluna und Spartium. [29] Geol.-petr. Mitteilungen aus dem Gebiete Böhm.-Leipa und Dauba. 459 Versuche, die in neuester Zeit mit Kainit gemacht wurden, mißlangen aus begreiflichen Gründen. . Durch reichliche Düngerzufuhr, besonders aber durch Basalt- und Phonolithschicht gelingt es ganz gut, aus den Sandflächen brauchbare Ackerböden zu erzielen. Die blauen Letten, die bei der Verwitterung der Cuvieri-Mergel entstehen, liefern stark sumpfige Böden und begünstigen die Anlage von Teichen. Für die Feldwirtschaft können sie durch Beimengung von Quarzsand lüftig gemacht werden und ebenso gedeihen sandige Felder in günstigster Weise,4wenn sie mit Letten, Basalttuff oder „Basaltbux“ gedüngt werden. Auffallend schön stehen die Felder auf manchen Schotterböden und Lößterrassen. Die Basalte verwittern verschieden schnell, die Hornblende- basalte leichter als die Olivinbasalte. Aus ersteren wittern die Horn- blendekristalle heraus, die als lose, kristallographisch wohlbegrenzte Individuen in der mürben Basaltwacke zu finden sind. Zersetzten Basalt nennt man in Nordböhmen „Bux“. Der Phonolith liefert ein helles, fast weißes Verwitterungs- produkt. Basalt und Phonolith verraten sich, abgesehen von der Kuppenform, selbst an den Stellen, wo nur kleine Decken und Strom- reste oder schmale Gänge entblößt liegen, schon aus der Ferne durch das üppige Wachstum der Waldbäume. Charakteristisch für diese Böden sind gemischte Waldungen mit besonderer Entwicklung der Fiehte und Buche. Häufig ist man in der Lage, die Grenze zwischen Sand und Basalt oder Phonolith (am Maschwitzberg außerdem noch Keratophyr) aus dem Bestandwechsel zu erkennen. Gelegentlich gedeiht die Fichte auch in den Erosionsschluchten der Quaderplatte unter dem günstigen Einfluß der Sickerwasser. So sind der Höllengrund und Wassergrund bei Neuschloß berühmt durch ihre Fichtenriesen, die ihresgleichen nur noch in den Schluchten des Kummergebirges finden. Auf den Lettenböden kommt die Fichte ebenfalls vorzüglich fort. Neuschloß bei Böhm.-Leipa, 13. August 1904. A460 H. V. Graber. [30] } Inhaltsangabe. ie Seite Deflationstalungen im Aschendorfer Revier. . . ..: 2 an en. vu 2123 Geptemerder MKartengebietes, ! I. rat Wih zullele ale, Dual Die Keratophyrscholle des Maschwitzberges . . . . 22 2 2 222.2. 5-8 Schräge Strandschiehtung des Quadersandsteins . . » 2.2.2.2... .10—-11 Eisensandsteineinlagerungen im Quader und Windkorrosionen ...... 12 Die „Gewitterkugeln“ nebst einer Theorie ihrer Bildurg ........13-15 Pläner des Oberturons und Tonmergel der Stufe des Inoceramus Cuvieri Heriesener. Schichten), ..... su. auke .äs 2 ee ee Me Litorale Wechsellagerungen von Sanden und Mergeln im Hangenden der Keiesener. Schichten .. 14... Ss u u un At 2 ee ae en Be le Der Grabenbruch von Niemes—Grüssau, das Senkungsfeld von Böhmisch- Keipasund..der. Egerbruchn nad. tl an ea ee Das Senkungsfeld von Mickenhan, der Basalt des Kahlsteines mit seinen Ein- schlüssen und. Konkretionen,.. I RAR EEE 12. 2122 Dersllolzelbere „eu HN RE I ER ERREGER ER DErEWÜROSEHUDETE."".. . . u 2.0.0 a Mel 16 0 ae Be DIN CN) Fo a N Dershlaseldamm:%;.2.3: 23. Sc 09 Zain, we. hl RE ale Eee Guam Dreslanter ren Sn. Enz ae NEE RAR ER LIE 28 Werwitterungsprodukte .I! „on. DIA Kur mE Deere Das Verbreitungsgebiet der Prominaschichten im Kartenblatte Novigrad—Benkovac (Norddalmatien). Von R. J. Schubert. Mit einer geologischen Übersichtskarte (Tafel Nr. XIT). I. Einleitung. Die Nordosthälfte des Kartenblattbereiches Novigrad —Benkovac weicht in bezug auf das geologische Bild, was Alter und petrographische Beschaffenheit der dieses Gebiet aufbauenden Schichten anbelangt, völlig von der Südwesthälfte ab. Langgestreckte, dinarisch streichende, küstenwärts oft stark geneigte, zum Teil überschobene, aus alttertiären Kalken bestehende Sättel, in deren Achsen Kreidekalke und Dolomite zutage treten, sowie mit mitteleozänen Mergeln und Kalksteinen er- füllte, mehr minder offene Mulden charakterisieren dieses letztgenannte Gebiet. (Vgl. meine diesbezüglichen Mitteilungen: I. Die vier küsten- nächsten Falten. II. Das Gebiet zwischen Zemonico und Benkovae. III. Das Gebiet zwischen Polesnik, Smilöi6 und Possedaria !). Mergel und Kalke, Konglomerate, Breccien und Sandsteine von jüngerem, obereozänem bis oligozänem Alter in zum Teil sehr mächtiger, ein eintöniges Kartenbild bedingender Folge sind die vorherrschenden, um nicht zu sagen ausschließlichen Gesteine, aus denen das die Land- schaften Kukalj und Bukovica umfassende Gebiet aufgebaut ist. Es ist dies der nordwestliche Teil der sogenannten Prominamulde, welche Be- zeichnung, wie im folgenden gezeigt werden soll, den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht, eines gegen Südosten sich weit über die Kartenblätter Knin und Kistanje—Drnis erstreckenden Terrain- abschnittes, der sich nicht nur geologiseh, sondern auch landschaftlich vielfach von dem übrigen nord- und mitteldalmatinischen Karstgebiete abhebt. Im Bereiche des Kartenblattes Benkovac—Novigrad wird dieses Gebiet im Norden ungefähr vom Zermanjalaufe, im Süden durch die Linie Benkovac—Islam begrenzt, während im Westen zum Teil das Binnenmeer von Novigrad, zum Teil die zwischen diesem und der !) Verhandl. d.k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 143—150, 204—215 u. 278—288. Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 462 R. J. Schubert. [2] Meeresküste von Castelvenier gelegenen Höhen die Grenzen bilden. Die äußersten nordwestlichen Ausläufer der Prominaschichten dürften auf der Insel Arbe vielleicht auch auf dem kroatischen Festlande vor- handen sein; ich werde die Gründe für diese Annahme später darlegen. II. Stratigraphischer Teil. Wie bereits erwähnt, bilden die Hauptmasse der Schichten ober- eozäne und oligozäne Mergel und Konglomerate, die nach der zuerst studierten Lokalität, wo sie typisch ausgebildet sind — nach dem Monte Promina bei Drnis — von Stache Prominaschichten genannt wurden. Die Mergel sind meist hart, nicht”schlämmbar, von gelblicher, seltener bläulicher oder grauer Farbe, stellenweise diekgebankt, viel- fach jedoch plattig abgesondert, so besonders in dem in Rede stehen- den Gebiete im Kukalj, so daß es mir zweckmäßiger schien, den Namen Plattenmergel statt des dafür gebräuchlichen Mergelschiefer zu ge- brauchen. Denn eine schiefrige Ausbildung weisen diese Mergel nur sanz untergeordnet auf. Große Platten, die zum Decken von Hütten oder als Flursteine benützt werden, sind jedoch meist nicht leicht zu erhalten, da die Platten zumeist von zahllosen Sprüngen durchsetzt sind, ein Umstand, der auch für die Wasserführung ungünstig ist und die Bildung förmlicher Scherbenfelder bedingt. Fossileinschlüsse sind in diesem Mergel lange nicht so häufig und so gut erhalten, wie man bei der Feinheit des Kornes erwarten würde, was offenbar mit der Armut der Gewässer, deren Absätze die Mergel darstellen, an Organismen zusammenhängt. Die dicker ge- bankten Mergel sind nach den Fossileinschlüssen zu schließen, großen- teils mariner Natur. Nummuliten, Orbitoiden, Operkulinen, Hetero- steginen, Milioliden. Orbitolites complanata (bei Novigrad), Gastropoden, Seeigel, Bivalven, Nautilus, wobei besonders die höher organisierten Forinen zumeist ais Steinkerne und verdrückt erhalten sind, kommen über das ganze Gebiet verstreut, jedoch meist vereinzelt vor. Folgende Formen kann ich bisher anführen: Novigrad (an der Straße gegenüber dem Orte): Nautilus vicentinus Zig. Corbula sp. Spondylus af. bifrons Münst. Öypraea sp. nov. Mytilus sp. nov. Natica sp. Pecten aff. biarritzensis Arch. Echinolampas sp. Karin (bei Kontarov stan): Fistulana sp, nov. (af. F. Heyseana Phil.) Rodaljice (zwischen Dobric und Kaianj): Lima sp. nov. Arca af. Sandbergeri Desh. Natica sp. [3] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 463 Bruska (Zedna greda): Pholadomya Puschi Goldf. Lueina sp. Brgud (Banska gora): Pecten corneus Sow. Soweit sich diese Formen bestimmen oder an andere Formen annähern lassen, treten deutliche Beziehungen zu dem venezianischen und norddeutschen Unteroligozän zutage. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Untersuchung der Nummuliten. Eine nähere Altersbestimmung oder gar Horizontierung der Mergel ist infolge des sporadischen und mangelhaften Vorkommens sowie der neuen Formen bisher unmöglich gewesen. Typisch mitteleozäne Formen wie Nummulites perforata in großen dicken Exemplaren fand ich in diesem Mergelkomplex nur nordöstlich von Benkovac, bald hinter den letzten Häusern von Benkovac selo, an der von diesem Orte nach Karin führenden Straße. Dortselbst sind nämlich den plattigen Mergeln mehr massige, sandige, faziell den obersten mitteleozänen gleichende Schichten eingelagert, welche diese typischen perforata-Exemplare in großer Menge enthalten. Es ist nun möglich, daß hier diese für das Mitteleozän so bezeichnenden Formen in die Prominaschichten hinaufreichen. Doch wäre es immer- hin möglich und meiner Ansicht nach sogar nicht unwahrscheinlich, daß diese hier in den obereozänen Schichten vorhandenen mittel- eozänen Typen durch ein Aufbrechen älterer Schichten bedingt sind, wie ich im nächsten Abschnitte näher auseinandersetzen will. Eine Einschwemmung dürfte infolge des guten Erhaltungszustandes wohl ausgeschlossen sein. Die sonst im Prominamergel nicht gerade seltenen Nummuliten sind Paronaeen (radialgestreifte Nummuliten), und zwar aus der Ver- wandtschaft der Paronaea Tehihatcheffi (latispira). Sie unterscheiden sich von dieser Art, mit der sie im Gewinde übereinstimmen, ledig- lich durch die flachere Form. Auffällig ist es, daß diese mit großen Embryonalkammern versehenen Formen zumeist ohne ihre mit einer kleinen Embryonalkammer versehene Begleitform Paronaea complanata vorkommen. Nur bei Novigrad an der Straße gegenüber dem Orte fand ich auch diese Form, sonst kommt P. Tehihatcheffi stets ohne complanata vor, mit welcher Form P. Tehihatcheffi in älteren Schichten zumeist vergesellschaftet ist. Diese flache Abart von P. Tehihatchefi, die zumeist ohne Begleitung von P. complanata und ohne mitteleozäne Typen lediglich im Verein mit kleinen Paronaeen aus der Verwandt- schaft der P. striata und Boucheri vorkommt, bestätigen gleichfalls die schon seit langem auf Grund von Untersuchungen der Pflanzen- und Wirbeltierreste gehegte Ansicht, daß die Plattenmergel obereozänen bis oligozänen Alters sind. Von Orbitoiden sind am häufigsten: Orthophragmina ephippium Sow. 2 patellarıs Schloth. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 60 464 R. J. Schubert. [4] Orthophragmina stellata Arch. R cf. dispansa Sow. x cf. radians Arch. also Typen, die im Eozän und Oligozän vorkommen. Bei Novigrad fand ich in offenbar den tieferen Lagen ange- hörenden Plattenmergeln, an der Straße gegenüber dem Orte, wo ich auch die P. complanata und ein eingeschwemmtes Fragment von Güm- belia perforata fand, Orbitolites complanata in gutem Erhaltungszustande. Es scheint also hiermit bewiesen zu sein, daß diese bisher als für das Mitteleozän bezeichnend geltende Form auch noch in die unteren Lagen der Prominaplattenmergel hinaufreicht. Selten sind im ganzen die Pflanzenreste, darüber am häufig- sten Algenreste vom Habitus des Sphaerococcites flabelliformis, also marine Florideen, die gleichfalls vorwiegend in den dickgebankten sandigen Mergeln vorkommen und im Vereine mit den oberwähnten Faunen für die marine oder brackische Natur dieser wenig deutlich, bis diekgebankten Mergel sprechen. Von höher organisierten Pflanzen sind Reste, meist Blätter über das ganze Gebiet verstreut, aber ver- einzelt und in einem Erhaltungszustande, der manches zu wünschen übrig läßt. Palmenreste (Flabellaria) fand ich bei der Kirche von Slivnica, Medid (Bukovica), Maralovic (BruSka), Dikotyledonenblätter in harten, etwas eisenschüssigen Sandsteinen bei der Kapelle S. Marko (Pridraga) und beim Gehöft Orljak, auch nahe der Küste nordöstlich Novigrad. Diese Süßwassergebilde enthalten auch kleine Kohlen- schmitzen und wie bei Slivnica ein angeblich 1 m mächtiges Lignit- flöz. Die Schichten mit den Landpflanzenresten scheinen älter zu sein als die Mergel, welche die oben angeführten marinen Arten eingeschlossen enthalten. Wenigstens spricht ihr Vorkommen bei Slivnica in den tiefsten Lagen der Mergel unmittelbar über dem Lithothamnien- (oberen Nummuliten-)Kalk sowie in den tiefsten Lagen derselben über den marinen Mergeln des oberen Mitteleozäns bei der Kapelle Sv. Marko (Pridraga) dafür. An den übrigen Vorkommnissen konnte ich keine diesbezüglichen bestimmten Beobachtungen machen. Dagegen fand ich in LiSane?) bei Ostrovica (auf Blatt Zaravecchia) in den unteren Plattenmergeln marine Formen (Psammobia aff. binotata Koenen aus dem deutschen Unteroligozän, Pinna sp. nov.) und Land- pflanzenreste (Magnolia sp., Flabellaria cf. raphifolia Sternb., Andromeda protogaea?) gemeinsam, so daß das Vorkommen von Landpflanzen- resten an über das ganze Gebiet verstreuten Punkten keineswegs auf ein kontinuierliches Niveau von Süßwasserschichten an der Basis der Schichten mit mariner Fauna schließen läßt. Eine Trennuug von Süßwassermergeln (mit Landpflanzen und Kohlen) von den übrigen, zum Teil marinen Mergeln ist auch wegen des vereinzelten unregelmäßigen Vorkommens der Fossilreste unmöglich. !) Ich habe dieses Vorkommen von Lisane bereits in meinem ersten Auf- nahmsberichte über jenes Gebiet (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1901, pag. 180) erwähnt, diese Mergel jedoch damals in dem aus dem Terrain geschickten Berichte irrtümlich noch für mitteleozän gehalten, doch diesen Irrtum bereits im Vorjahre (ibidem 1903, pag. 211) berichtigt. [5] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 465 Desgleichen war eine Trennung der wenig oder gar nicht gebankten Mergel von den schön plattig bis schieferig abgesonderten bei den zahllosen Übergängen undurchführbar und konnten auch die hie und da den harten Mergeln sowie den Konglomeraten eingeschalteten weichen, zum Teil fast plastischen und hierdurch an die mitteleozänen marinen Mergel erinnernden Gebilde nicht selbständig ausgeschieden werden. Eine mikroskopische Untersuchung des Schlämmrückstandes derselben ergab winzige gerollte Mergelstückchen als Rückstand ohne jegliche Spur von Mikroorganismen, wie solche den marinen mittel- eozänen Mergeln fast nie fehlen. In den unteren Lagen der Prominaplattenmergel sind dickbankige bis massige harte Kalke eingeschaltet, die nebst den in den Mergeln vorkommenden Paronaeen und Orbitoiden, Korallen, Lithothamnien, auch Reste höherer Organismen enthalten und sich auch landschaft- lich schon von den Mergeln abheben. Sie ragen besonders zwischen Karin, Smil&i@ und Benkovae in Form von flachen Kuppen, Buckeln oder Rücken aus dem sanftgewölbten, aus Mergeln aufgebauten Terrain hervor, stellenweise sogar klippenartig. Da nun dieses Gebiet gerade dasjenige ist, in welchem alteozäne (Hauptalveolinen-) Kalke in Form von Durchspießungsklippen aus den mitteleozänen Mergeln aufragen, so ist es oft von weitem unmöglich, zu unterscheiden, ob diese klippen- artigen Hervorragungen aus Alveolinenkalk oder aus solchen den Platten- mergeln gleichaltrigen und lediglich petrographisch verschiedenen und durch ihre große Härte bei der Überfaltung klippenartig emporge- preßten Kalkeinlagerungen bestehen. Streckenweise, wo diese Kalk- bänke auf eine größere Strecke anhalten, auch öfter mit den Mergeln wechsellagern und weniger gestört sind, erkennt man allerdings ihren von den Alveolinenkalkklippen abweichenden Bau mit Leichtigkeit schon von weitem. Wo sie, wie in dem erwähnten Gebiete, auch südwestlich von Novigrad, lediglich räumlich unbedeutende Einlage- rungen in den Mergeln darstellen, wurde eine Trennung der Kalke von dem Komplex der Mergelschichten nicht durchgeführt. In be- deutenderer Mächtigkeit sind jedoch Kalke von einer ganz ähnlichen petrographischen Beschaffenheit südlich des Binnenmeeres von Novi- grad und zwischen diesem Meere und der norddalmatinischen Küste von Oastelvenier und Raäance entwickelt, so daß sie auch auf der Karte ausgeschieden werden konnten. Es sind dieselben, die ich im Vorjahre (siehe Verhandlungen 1905, pag. 286) beschrieb und über deren Alter ich im Vorjabre noch nicht im klaren war. „Es sind dies meist helle, massige, tonige bis sandige Kalke ohne Alveo- linen, doch mit kleinen Nummuliten (Paronaeen) und undeutlichen, nieht auslösbaren und ungünstig erhaltenen Korallen, auch Litho- thamnien und Krinoidenresten.“ Bei meinen heurigen Begehungen ge- langte ich nun zur Überzeugung, daß die zwischen dem Imperforaten- kalke!) und den Prominaplattenmergeln eingeschalteten Kalke trotz ihrer petrographischen Ähnlichkeit mit dem ersteren jünger sind als derselbe und als Basalglied der Prominaschichten aufzufassen sind. An jenen Stellen, wo ihnen Alveolinen- und Hauptnummulitenkalke eingelagert ') ef. diese Verhandl. 1903, pag. 204, 205. 60* 466 _ R. J. Schubert. [6] scheinen wie nördlich und westlich der Gehöfte Palju und Buterin, handelt es sich offenbar um an Brüchen emporgepreßte Reste der älteren Kalke. Das Vorkommen von nur kleinen Nummuliten und das Fehlen der für das Mitteleozän bezeichnenden Nummuliten, die fau- nistische sowie petrographische Gleichartigkeit mit den harten Kalk- einlagerungen innerhalb der Plattenmergel spricht dafür, daß diese Kalke wohl schon obereozän sein dürften. Es schien mir angezeigt, diese allerdings stellenweise mergeligen Kalke dort, wo sie in größerer Ausdehnung vorkommen, auszuscheiden. Ich werde diese Kalke im folgenden kurz als Lithothamnienkalk bezeichnen. Zwar bilden die Lithothamnien nicht die überwiegende Fossilgruppe, doch sind auch Nummuliten nicht überall darin enthalten und die Bezeichnung Nummu- litenkalk würde auch deshalb meiner Meinung nach nicht zweckmäßig sein, da Nummuliten in mehreren Niveaus der eozänen Schichten vorkommen, obenso die Orbitoiden, Korallen und Krinoidenreste. Allerdings könnte man durch den Namen oberer Nummulitenkalk den Unterschied gegenüber dem Hauptnummulitenkalke zum Ausdruck bringen, doch läge dann eine Verwechslung mit dem von Kerner als obere Nummulitenschichten bezeichneten, petrographisch variablen Komplex von weichen und harten Mergeln, Sandsteinen und Kon- glomeraten nahe, die unmittelbar dem Hauptnummulitenkalke auflagern. Die eozäne Schichtfolge ist folgende: obereozän [ Plattenmergel und Konglomerate der Prominaschichten, — oligozän | Lithothamnien- oder oberer Nummulitenkalk, obere Nummulitenschichten oder höhere mitteleozäne Gebilde (Mergel und Sandsteine mit Nummuliten und der Fauna von Kasic, Ostrovizza, Dubravizza, Veglia), mitteleozän < Knollenmergel, Hauptnummulitenkalk, Hauptimperforatenkalk (Alveolinen- und „oberer“ Fora- miniferenkalk), untereozän: Kosinakalk. Während jedoch der Lithothamnienkalk an räumlicher Ver- breitung und Mächtigkeit weit hinter dem Komplex der Promina- mergel zurücksteht, ist die dritte der ausgeschiedenen Schichtgruppen der-Prominaschichten, die der Konglomerate, die am weitesten verbreitete. Ganz untergeordnet sind Breccien und Sandsteine, Konglomerate aus nuß-kopfgroßen Geröllen überwiegen. Aus besonders sroßen Geröllen sind die Konglomerate des Orljakzuges (zwischen Karin und KrusSevo) streckenweise zusammengesetzt. Im südwest- lichen Teile sind die Konglomerate den Plattenmergeln in wenig zahl- reichen und wenig mächtigen Bänken eingelagert. In der Terrain- zone Novigrad—Karin wechseln konglomeratische und mergelige Schichten in fast gleicher Mächtigkeit beziehungsweise Anordnung und in der Bukovica (Krusevo— Medvidje—Obrovazzo) überwiegen die Kon- glomerate völlig über die Mergel- und Kalkeinlagerungen, die ihnen segenüber ganz zurücktreten. Ja die Plattenmergelfazies verschwindet 17] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 467 gegen Nordosten fast ganz und an ihre Stelle treten kalkige bis sandig- kalkige, wenig mächtige und daher nicht ausscheidbare Einlagerungen, die oft diekgebankt sind und das gleiche Verwitterungrelief besitzen wie die Konglomerate, bisweilen jedoch, namentlich die weicheren Partien, bei der Auffaltung ganz verdrückt wurden. Bisweilen ent- halten diese. kalkigen Partien auch vereinzelte Gerölle und bilden dann allmähliche Übergänge zu den Konglomeraten. Das Gefüge der Konglomerate ist bald locker, bald fest. Im ersteren Falle entstehen namentlich bei flacher Neigung der Schichtflächen förmliche Schotter- felder, im letzten Karstgebiete, die denjenigen der Kreidekalke sehr ähneln. Gleichwohl unterscheidet sich das Hauptverbreitungsgebiet der Konglomerate — die Bukovica — landschaftlich durch seine wenn- sleich nicht durchgehende Bewaldung von den norddalmatinischen Kreidekarstgebieten. Die Bestandteile der Konglomerate sind zumeist graue bisschwarze Rudisten- sowie Alveolinenkalke; besonders schön sind diejenigen, wo weiße Rudistenkalkbreccien mit rotem Bindemittel als Gerölle eingeschlossen sind wie bei Obrovazzo. Hauptnummulitenkalke und obere Nummulitenschichten sind einerseits durch den Tongehalt und die dadurch bedingte geringere Widerstandsfähigkeit, anderseits jedoch wohl auch durch die noch zu besprechende Lücke in der Schichtfolge sehr selten in den Konglomeraten; am häufigsten fand ich noch solche Gerölle, und zwar aus braunem, zum Teil glimmerigem Mergel, wie sie in den oberen Nummulitenschichen vorkommen, bei Obrovazzo. In dem eingangs umgrenzten Hauptverbreitungsgebiete der Pro- minaschichten im Bereiche des Kartenblattes Benkovac—Novigrad zwischen der Zermanja im Norden und Benkovac—Islam im Süden treten von älteren Schichten lediglich in der Aufbruchszone von Pridraga—Karin—Dobropoljei wahrscheinlich noch mitteleozäne weiche Mergel zutage, die in ihrem Schlämmrückstande marine Mikro- organismen (Polystomella, Truncatulina, Dentalina) erkennen lassen; alttertiäre :und kretazische Kalke setzen jedoch die beiden von Nordwesten her in das Terrain der Prominaschichten streichenden Sättel von Possedaria und vom Zdrilo zusammen, und zwar in einer Ausbildung, wie sie auch aus dem übrigen norddalmatinischen Gebiete größtenteils bekannt sind. Der Kreidekalk dieser beiden Sättel ist meist hellbraun- grau, in den obersten Partien weiß, zuckerkörnig, auch breceiös mit rotem 'Bindemittel. Von Fossilresten kommen Radioliten vereinzelt und‘ nesterweise vor. Im Sattel von Possedaria tritt auch Dolomit unter dem Rudistenkalke zutage (cf. diese Verhandl. i903, pag. 283 ff.), jedoch nur auf eine kurze Strecke als schärfer abgegrenzte, kartographisch ausscheidbare Gesteinszone, sonst zumeist im Wechsel mit dem Rudistenkalke. Die ältesten tertiären Bildungen — Kosinakalk — treten lediglich in einigen unbedeutenden Gastropoden führenden Resten an den Grenzen gegen das Blatt Medak—Sv.Rok östlich von Grn. Slivnica - zutage. Der Kosinakalk ist hier zumeist rot und tonig und enthält viel Gastropoden. Doch ist namentlich dort, wo: nur kleine Reste 468 R. J. Schubert. [8] erhalten sind, nicht leicht zu entscheiden, ob limnischer Kosinakalk oder bereits marine Schichten vorliegen. Denn auch der Alveolinenkalk ist im Bereiche des Zdrilo- sattels oft rot gefärbt und tonig, ganz wie der Kosinakalk, auch die Gastropoden scheinen ähnlichen Formen anzugehören. Die Untersuchung derselben ist jedoch durch den Umstand, daß dieselben, soviel mir bisher bekannt ist, stets in einem ziemlich festen Kalke sich befinden und sich nur fragmentarisch herauspräparieren lassen, mit sehr großen Schwierigkeiten verknüpft. Außerdem ist gerade jener Sattel so stark gestört, daß die roten Kalke, die infolge ihres Tongebaltes offenbar weniger widerstandsfähig waren als die massigen hellgelben und grauen Ausbildungsformen des Hauptalveolinenkalkes, meist zer- trümmert und arg gequetscht sind. Wenn nun einerseits die Trennung des Alveolinenkalkes vom Kosinakalk bisweilen Schwierigkeiten bietet, so ähneln anderseits manche Partien desselben den kretazischen Kalken, da sie auch zuweilen bräunlich und grau gefärbt sind und auch in ihren Verwitterungserscheinungen dem Rudistenkalke gleichen. Im roten sowie grauen Alveolinenkalk kommen namentlich südlich Castelvenier Gastropoden vor, die so eigenartig verwittern, daß in den Kalken nebst Alveolinen anscheinend Radiolites-Querschnitte ersichtlich sind. Doch ergab eine nähere Untersuchung, daß diese scheinbaren Rudistenreste im Alveolinenkalk lediglich Schrägschnitte Cerithium-artiger Gastropoden darstellen. Die rote Färbung des Alveolinenkalkes ist jedoch auf kein bestimmtes Niveau desselben beschränkt, denn zwischen Slivnica und Castelvenier scheint sie mehr den unteren Partien eigen zu sein, während sie bei Jasenice-Ravanjska und südwestlich des Gehöftes Kramarska westlich Obrovazzo offenbar in den oberen Zonen desselben vorhanden ist, in welchen auch Nummulites (Gümbelia) perforata reichlich auftritt, ohne daß jedoch an der letztgenannten Lokalität ein Hauptnummulitenkalk ausscheidbar wäre. Der Hauptnummulitenkalk ist überhaupt nur in vereinzelten kleinen Schollen (zwischen Novigrad und Smildöic sowie zwischen Castelvenier und Possedaria) vorhanden, was wohl einerseits damit zusammenhängt, daß er infolge der größeren Weichheit dem Haupt- alveolinenkalke und Kreidekalke gegenüber bei den Zusammenfaltungen verdrückt wurde, anderseits auch durch eine geringere Absatz- mächtigkeit bedingt sein dürfte. Es ist auffallend, daß die über dem Hauptnummulitenkalke folgende Reihe der oberen Nummulitenschichten (höheren mitteleozänen Gebilde) im Bereiche der Prominaschichten mit Ausnahme der Aufbruchszone von Karin—Popovi@ nur in ganz un- bedeutenden und noch dazu dem Alter nach fraglichen Vorkommen vorhanden sind. Es muß dies um so mehr auffallen, als diese hellen, weichen, eine vom Karstterrain so abweichende Bodenbeschaffenheit bedingenden Mergel im Westen und Nordwesten des Prominaschichten terrains (bei Benkovac—Smildic—Islam, auf Pago und Arbe!) in so großer Mächtigkeit obertags ersichtlich sind. Nun ist ja leicht begreiflich !) L. Waagen: Diese Verhandl. 1904, pag. 284. [9] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 469 daß diese weichen Gebilde infolge ihres petrographischen Charakters bei den starken Störungen, denen der Zermanjabereich ausgesetzt war, im stärkeren Maße zerstört und verdrückt werden mußten als die harten Kalke; auch stammt das Material der so weit ausgedehnten Massen der Prominaplattenmergel (des Kukaljabschnittes) wohl sicher- lich teilweise aus diesen oberen Nummulitenschichten, so daß das jetzige Fehlen durch die Faltungs- und Denudationsvorgänge zum Teil seine Er- klärung findet. Aber der Umstand, daß im Nordosten dieses Abschnittes — in der Bukoviea — nichtkonglomeratische Gebilde so spärlich und dann durch mehr kalkige, massige Bänke ersetzt sind, läßt darauf schließen, daß die jetzige Umgebung des Zermanjalaufes im obersten Mittel- eozän Festland war. Auch der Umstand, daß die Kreide- und Alveolinen- kalke, zum Teil auch noch Hauptnummulitenkalke, ohne von Spuren jüngerer Gebilde begleitet zu sein, aus den Konglomeraten empor- tauchen, spricht dafür, wenngleich auch hier großenteils Störungen im Spiele sind. Wichtig scheinen mir jedoch für die Festlandsannahme die im folgenden zu besprechenden Vorkommen nnd Lagerungsver- hältnisse von Eisenton im Zdrilosattel. Besonderes Interesse verdient das bisher unbekannte Vorkommen von neogenen Süßwasserbildungen. In einem präneogenen Niederbruchsgebiete im Gemeindebereiche von Bilisani zwischen der Straße und der Zermanja fand ich Kalke und Mergel, von denen die letzteren pesonders zwischen den Gehöften Vukadinovic und Diakovidi, östlich des Gehöftes Kurid?a, für das Neogen bezeichnende Süßwasserfossilien. enthalten. Bisher kann ich daraus folgende Formen anführen: Congeria af. claviformis Kr. Congeria cf. subglobosa P. Stimmt mit einigen Stücken aus dem Süß- wasserneogen von Collane (Insel Pago) unserer Sammlung ganz gut. Doch ist die Zugehörigkeit zu subglobosa wohl mehr als fraglich. Congeria sp. nov. Eine scharf gekielte kleine Form. Auch aus dem Neogen von Pago und Mitteldalmatien liegen in der Sammlung der k.k. geologischen Reichsanstalt ähnliche Formen, doch gleichfalls minder gut erhalten, als Steinkerne mit geringen Schalenresten. Melanopsis cf. inconstans Neum. Mehrere Exemplare, die möglicher- weise zu dieser Art gehören könnten. Der Erhaltungszustand ist schlecht, da nur verdrückte Abdrücke und verdrückte kreidige Schalenreste vorliegen. Melania, wahrscheinlich n. sp. Im Habitus einigermaßen an Melania Escheri erinnernd. Melania sp. nov. Eine kleine, sehr schlanke Art. Der Erhaltungs- zustand der beiden als Melania angesprochenen Formen nicht besonders günstig. Bythinia tentaculata L. Die häufigste Form, doch liegen zumeist Abdrücke und Bruchstücke vor. Doch «dürfte es sich wohl sicher um diese auch in Mioti6 so häufige, allerdings auch rezente Art handeln. 470 R. J. Schubert. [10] Litorinella af. dalmatina Neum. Bisher liegt mir lediglich ein im Längsbruch ersichtliches Exemplar vor, das nach dem Gewinde jedoch am nächsten dieser in Miocic so häufigen Art steht. Unio sp. Mehrere Exemplare, die vielleicht verschiedenen Arten angehören dürften. Schloß nicht ersichtlich. Soweit der im ganzen recht ungünstige Erhaltungszustand er- kennen läßt, handelt es sich um eine Fauna, die sowohl an die Fauna von Mio£i6 als auch an die von Pago Anklänge aufweist. Eine nähere Altersangabe ist bisher noch weniger möglich als bei der von Pago. Es dürfte Obermiozän oder Unterpliozän vorliegen. Die Mergel sind zum Teil fest und plattig, zum Teil locker, löcherig, tuffartig, zum Teil weich, plastisch (Quelle Tocak) mit Kohlen- schmitzen, braungelb bis hellgrau. Besonders diese letzteren ähneln denjenigen aus den marinen oberen Nummulitenschichten, auch denen des Prominaschichtkomplexes. Sie unterscheiden sich jedöch von diesen beiden dadurch, daß beim Schlämmen zweier Proben lediglich Limonit- und kohlige Partikelehen zurückblieben, während die ersteren fast stets marine Mikroorganismen, die letzteren zumeist gerollte Mergelklümpchen im Rückstande erkennen lassen. Dieses Vorkommen von Süßwasserneogen an der Zermanja füllt eine Lücke zwischen den bisher bekannten Vorkommen von Mio&ie bei DrniS und den auf der Insel Pago aus. Altquartär kommt in Gestalt von Konkretionen führenden hellbraunen bis roten Sanden und Lehmen mit basalen Terra rossa- Anhäufungen an der Südwestküste des Mare di Novegradi und nördlich von Possedaria vor. Einen kleinen Rest stellte ich auch an der Zermanja beim Friedhofe westlich von Obrovazzo fest, und zwar grobe, braun- gelbe, durch Sinterlagen verfestigte tonige Sande, denen offenbar auch die Weinberge zwischen dem Friedhofe und Obrovazzo ihr Entstehen verdanken. Ehemals dürften dieselben jedoch im Zermanjagebiete, vielleicht auch im „Lug“ weiter verbreitet gewesen, doch der Erosion zum Opfer gefallen sein. Zum Teil könnten dem Altquartär auch die Kalktuffe an- sehören, während die meisten und wohl die in die Augen fallendsten Gebilde, die der Zermanjawasserfälle, geologisch jung, ja in Entstehung und ständiger Weiterbildung begritfen sind. Möglicherweise altquartär sind die kleinen Überreste von Kalktuff (Tuffine) bei Karin. Das für die Altersfrage bezeichnendste Vorkommen ist dasjenige, welches die kleine, etwa 10 m hohe (Punkt 10 der Spezialkarte), aber merklich aus dem Schwemmlande hervorragende Kuppe nördlich des Klosters bildet. Sie fällt gegen das Binnenmeer von Karin als senkrechte Wand ab und wird aus porösen, lockerem, aus inkrustierten Pflanzen- resten (Schilf, Moos, Blätter) bestehendem Kalktuff gebildet, der stellenweise auch erdig ist. Von Schnecken sah ich kleine AHelix-Arten sowie Stenogyra decollata, aber an der Oberfläche, so daß diese Formen rezent sind, wie auch der Erhaltungszustand darauf schließen ließ. Der Kalktuff ruht auf einer gleichfalls isolierten Partie eines gelblichen Mergels, der mit den mitteleozänen marinen Mergeln eine große Ähnlichkeit besitzt, dessen Schlämmrückstand jedoch aus sehr feinem [11] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. a7ı Kalksande besteht. Das anscheinend feste Gestein braust sehr stark mit Säure und löst sich offenbar infolge der feinsandigen Beschaffen- heit so rasch in Wasser, wie das nie bei den marinen Mergeln geschieht, so daß dieser Mergel wohl sicher dem Komplex der Prominaschichten angehört. Solche Mergel kommen auch nördlich der Gendarmeriekaserne am Steilabfalle der Straße gegen das Meer, beziehungsweise gegen das quartäre Kulturengebiet zum Vorscheine. Die isolierte Kalktuffpartie (Kuppe 10) kann lediglich vor dem Nieder- bruche des jetzt mit jungem Schwemmlande erfüllten Terrainstreifens zwischen der Kuppe und der Straße abgesetzt worden sein. Ob jedoch dieser Niederbruch gleichzeitig mit dem Einbruche des Binnenmeeres von Karin oder später erfolgte, ob also der Kalktuff vor (im Diluvium) oder nach dem Niederbruche dieses Binnenmeeres (im Alluvium) abgesetzt wurde, dafür fand ich bisher noch keine entscheidenden Anhaltspunkte. Wenn er auch sicher nicht ganz jung ist, so bleibt nämlich immer noch die Möglichkeit, daß sowohl diese wie auch die anderen Kalktuffpartien (im Klostergarten am linken KariSnicagehänge und an der Straße beim Kloster sowie zwischen der Straße und der Küste bei Visi€ bunar) Reste kleiner Wasserfälle darstellen, über die sich von Südosten kommende Gewässer in das etwa an der Grenze zwischen Diluvium und Alluvium entstandene Niederbruchsgebiet des Mare di Karin stürzten. Die meisten Kalktuffe sind ganz jung, in Weiterbildung begriffen, so besonders diejenigen, welche die Wasserfülle der Zermanja ver- ursachen. Einen Einblick in den Aufbau derselben gewährt besonders der ehemalige Wasserfall zwischen Svinskidol und Ogar. Schon von weitem fällt ein das Zermanjaschwemmland durchquerender Riegel auf und bei näherer Betrachtung sieht man, daB hier ehedem ein Wasserfall bestand, den die Zermanja offenbar erst in jüngster geologischer Zeit durchbrach, um an der Durchbruchsstelle über seine Trümmer, bei hohem Wasserstande möglicherweise auch über größere Teile desselben hinwegzuschäumen. Er besteht aus einer Anzahl gesonderter und doch miteinander mannigfaltig verbundener Tuft- und Sinterterrassen, zwischen denen und über welche die Zermanja- wasser einst tobend hinabschoßen. Er muß einen ähnlichen Anblick seboten haben wie der bei Berberovci mlini. Daß auch hier einst wie jetzt und wie bei diesem Falle mannigfaches Gehölz angesiedelt war, beweisen die überkrusteten Stammstücke sowie deren Hohlräume. Auch Höhlen durchsetzen die Tuffmassen. Zwischen den festen, hauptsächlich aus Pflanzeninkrustationen !) bestehenden Kalktuffen, in denen jedoch Blätter nicht leicht zu finden und herauszubekommen sind, befindet sich feiner erdiger Kalktuff und sandiger Alluviallehm, nur ganz untergeordnet kommt Schotter vor. Diese Alluvionen sind infolge ihres Sandgehaltes und ihrer gelblich- braunen Farbe altquartären Gebilden recht ähnlich, doch die darin eingeschlossenen Konchylien sind teils solche, wie sie in der Nähe im Wasser leben, wie Limnaea (Gulnaria) ovata Drap., Unio sp., Neritina !) Wohl hervorgerufen durch die beim Atmungsprozeß der Pflanzen frei- werdende Kohlensäure. Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 61 AN2 R. J. Schubert. [112] Flwviatilis L., Planorbis (Tropodiscus) af. marginatus, Pisidium sp., teils offenbar eingeschwemmte rezente kleine Helices, auch eine große Helicogena cf. eincta fand ich. Doch ist es möglich, daß diese besonders im „Lug“ verbreiteten Schwemmsande teilweise umgelagertes Altquartär- material sind. Denn an manchen Punkten, zum Beispiel dort. wo das Alluvium nördlich Razovac an die Kreide stößt, sah ich einen braunen Lehm, der vielleicht altquartär sein könnte. Ebenso wäre dies bei den sandigen Lehmen nordwestlich der Einmündung der Dabarnica (auf der Karte fälschlich Dobarnieca) ins Zermanjatal möglich, denn da ich ja westlich von Obrovazzo Pleistozänrelikte im Zermanjatal feststellte, anderseits das Neogen von Bilisani präquartäre Senkungen und Einbrüche in diesem Flußbereiche voraussetzt. wäre es immerhin möglich, daß besonders die jetzige Talweitung der Zermanja im „Lug“ als Tiefenzone bereits im Diluvium bestand und mit vorzugsweise äolischen Gebilden ausgefüllt wurde. Die sonstigen im jüngsten geologischen Abschnitte entstandenen Gebilde im Bereiche des zu besprechenden Gebietes sind teils Ver- witterungsgebilde, teils zusammengeschwemmtes Material. Eine nähere Spezialisierung derselben konnte bei den im ganzen geringfügigen Mengen unterbleiben. Quartärschotter sind minimal, wohl aber erreichen die Schuttanhäufungen der Wildbäche stellenweise, beson- ders am Südwestrande in der Linie Benkovac—Smiltiec, eine nicht unbeträchtliche Mächtigkeit, besitzen dagegen nur eine geringe Aus- dehnung. Auch treten an der Sohle der Wildbachbetten zumeist an vereinzelten Punkten die unterlagernden Gesteine zutage, so daß ich bisweilen an solchen Stellen von einer Ausscheidung von Quartär ganz absehen konnte. Sand und Lehm bilden im Verein mit unregelmäßigen Massen wenig gerollter Gesteins-(Plattenmergel-)Stücke die wesent- lichsten Bestandteile dieser Wildbachanschüttungen. Zum Schlusse des stratigraphischen Abschnittes möchte ich noch des Eisentones ausführlicher gedenken, der seiner Entstehung nach wohl sicher ins Tertiär gehört. Er tritt zumeist in kleinen!), etwa halblinsen- bis trichterförmigen Einlagerungen auf, deren Vorkommen an den Alveolinen- und Kreidekalk geknüpft und fast ganz auf den Zdrilosattel beschränkt sind. Häufig kommt er an der Grenze der Hauptalveolinenkalke gegen die Prominakonglomerate, jedoch noch im Bereiche des Alveolinenkalkes vor?). Nie beobachtete ich, daß er. in Prominaschichten auf primärer Lagerstätte vorkommt. Wohl sind durch Torrenten bisweilen Eisentone und Bohnerz im Konglomerat- terrain in kleinen Niederungen im größeren Umkreise zusammen- geschwemmt, doch bestehen diese aus abgerollten Stückchen und lagern ganz oberflächlich. Ein einziges von mir beobachtetes Vor- kommen von anscheinend primär in Konglomeraten lagerndem Eisenton !) Das größte von mir beobachtete (bei Bilisani) hatte einen größten Durch- messer von zirka 200 Schritten. 2) Auch im Bereiche des Blattes Kistanje—Drnis bilden die „alttertiären, beauxitführenden Eisentone in jenen Gebieten, in welchen der Nummulitenkalk fehlt, eine inkonstante Einschaltung zwischen dem Alveolinenkalke und den Breceien an der Basis der Prominaschichten“ (v. Kerner, Erläuterungen zur geolog. Karte Kistanje—Drois. 1901). 1 3] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 473 erklärt sich leicht dadurch, daß diese Stelle die Fortsetzung eines offenbar in der Tiefe befindlichen Rudistenkalkstreifens andeutet, dessen Eisenton bei den mannigfachen Störungen in die Konglomerate eingefaltet wurde. Ich würde dieses ausschließliche Beschränktsein der Eisentonlager auf die Alveolinen- und Rudistenkalke nicht so ausführlich betont haben, wenn mir dieser Umstand nicht von Wichtig- keit für das Entstehungsalter des Eisentones sowie für die davon abgeleiteten Schlüsse schiene, Das Fehlen des Eisentones in den Prominaschichten ergibt, daß seine Entstehung vor dem Absatze dieser erfolgte, also im Mitteleozän, vielleicht auch im Untereozän. Den Eisenton lediglich als Relikt einer untereozänen (protozänen) Landperiode aufzufassen, verbietet die Tatsache, daß er fast ebenso häufig im mitteleozänen Alveolinenkalk als im Rudistenkalk vorkommt. Obgleich also die Eisentonlager des Kreidekalkes während der untereozänen Landperiode entstanden sein könnten und es wenigstens teilweise auch sind, muß für diejenigen des Alveolinenkalkes eine jüngere Landperiode zwischen dem älteren bis mittleren Mitteleozän und dem Obereozän, vielleicht auch Oligozän angenommen werden. Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen, daß in dem Eisentone ein Produkt lange dauernder Lösungsvorgänge vorliegt, die lediglich während einer längeren Festlandsperiode statt- fanden, also weder zu jener Zeit, als das Gebiet vom Alveolinenkalk- meer bedeckt war, noch auch zu der Zeit, wo es von Süßwasserläufen mit so gewaltigen Schottermassen bedeckt wurde. Daß die Bildung des Eisentones nicht postoligozän in der jungtertiären Festlandsperiode erfolgte, erhellt, abgesehen vom Fehlen primärer Einlagerungen in den Prominaschichten, auch aus der Lagerungsform des Eisentones. Wie ich schon oben erwähnte, besteht er nämlich aus halblinsen- förmigen bis trichterförmigen Einlagerungen, die sich recht gut als mehr oder minder zusammengepreßte Dolinenausfüllungen ansprechen lassen. Der Eisenton ist fest und läßt durch zahllose kleine Harnische erkennen, daß diese Dolinenausfüllungen die im Oligozän oder älteren Jungtertiär erfolgten Zusammenstauungen, Faltungen und mannigfachen Störungen dieses Gebietes mitgemacht haben. Er unterscheidet sich auch hierdurch nicht unwesentlich von den an der Basis der Alt- quartärgebilde lagernden älteren Terrarossalagen, welche offenbar das Produkt der jungtertiären Festlandsperiode darstellen. Ob diese jedoch in ihrer jetzigen Lagerung als altquartär oder jungtertiär zu bezeichnen sind, können nur glückliche Funde entscheiden, Es ergibt sich somit als Entstehungszeit des Eisentones zum Teil das Untereozän, zum Teil das obere Mitteleozän (vielleicht auch das untere Obereozän). Die hierdurch notwendige Annahme eines Festlandes im oberen Mitteleozän steht im Einklang mit den oben erwähnten Tatsachen der geringen Mächtiekeit und Verbreitung des Hauptnummulitenkalkes und der über demselben folgenden mittel- eozänen Gebilde. Die in diesem Gebiete vorhandenen Lithothamnien, ÖOrbitoiden und Nummuliten führenden Kalke stellen sonach nicht das Endglied einer kontinuierlichen marinen mitteleozänen Schichtenreihe dar, sondern Absätze des nach dieser Festlandsperiode wieder vordringenden obereozänen Meeres, das nach einigen Schwankungen 61* 474 R. J. Schubert. [14] sich endgültig zurückzog, um von jenen großen Wasserläufen ersetzt zu werden, denen die Prominaschichten ihre Entstehung verdanken. Das mit dem Namen Eisenton bezeichnete Gebilde ist ein roter, fester, bisweilen recht gleichmäßiger Ton. Wie eine Analyse im chemischen Laboratorium der geol. Reichsanstalt durch Herrn k. k. Chemiker C. F. Eichleiter ergab, ist dieser Eisenton teilweise sehr reich an löslicher Tonerde (bis 48:70/,), so daß er dann als Beauxit bezeichnet werden muss. Obgleich nun dieses Mineral seiner Zusammensetzung nach technisch (zur Tonerdegewinnung) nutz- bar ist, vermindert das Vorkommen in wenngleich zahlreichen, aber oft weit voneinander entfernten im Karste gelegenen Nestern die Brauchbarkeit bedeutend. Auch ist Beauxit von gieichmäßiger Be- schaffenheit selten, denn durch Anreicherung der "Eisenpartikelchen entstanden lokal Bohnerze, deren Übergang in den Eisenton stellen- weise recht gut wahrnehmbar ist. Dieser wird von den Bewohnern der Umgebung zur Mörtelbereitung verwendet und es ist gewiß inter- essant, daß ihn dazu bereits die alten Römer verwendeten, wie ich an einem alten Bauwerke — auf der Gradina von KruSevo — wahr- nehmen konnte. Wie mir Herr Oberlehrer Colnago in Obrovazzo freundlichst mitteilte, bestehen aus diesem Eisentone auch die Fuß- böden von Gemächern bei alten Bauwerken. ‘Der von mir beobachtete Übergang von Tr eaten in Bohnerz legt die Vermutung nahe, daß auch für die Bobnerznester, die auch im übrigen Dalmatien im Rudistenkalk vorkommen, eine ähnliche Entstehung angenommen werden könnte. Das Material, aus dem diese sich bildeten, kann dann wohl mit Wahrscheinlichkeit als Lösungs- rückstand während der untereozänen (nach Stache protozänen) Fest- landsperiode aufgefaßt werden. III. Der Aufbau des Gebietes. Was die Tektonik dieses Gebietes betrifft, so sagt schon der bisher dafür gebräuchliche Name „Prominamulde“, daß man der An- sicht war, es liege im wesentlichen eine mit Prominaschichten gefüllte Mulde vor. In diesem Sinne ist dies auch in dem neuesten geo- logischen Werke über Österreich-Ungarn D) von Prof. Dr. C. Diener (I. Bd., pag. 582) dargestellt: „Eine der Rekamulde analoge tektonische Po sition nimmt in Dalmatien die weite, große Längsmulde von Drnis mit dem Monte Promina ein.“ Allerdings ist bereits seit der Über- sichtsaufnahme durch Stache und Hauer und in noch größerer Klarheit durch v. Kerners Detailaufnahme des Kartenblattes Kistanje— Drnis bekannt, daß im südöstlichen Teile dieser „Mulde“ mehrfache- Aufwölbungen von Kreidekalken vorhanden sind. (Vgl. Kerner, Verhandl. 1895, pag. 414, 416.) Auch Diener erwähnt diese Ver- hältnisse (l. ec. pag. 583): „In der Mulde der Prominaschichten von DrniS sind vier untergeordnete NW — SO streichende Gewölbefalten er- !) Bau und Bild Österreichs. II. Bau und Bild der Ostalpen und des Karst- gebietes. [15] Prominaschichten im Blatte Novigrad - Benkovac. 475 kennbar. Von den fünf Wasserfällen, die die Kerka in ihrem Mittellaufe bildet, liegen vier nahe dem Eintritte, der fünfte nahe dem Austritte des Flusses aus der Synklinale der Prominaschichten.* Obgleich nun schon aus dem Kartenbilde des Blattes Kistanje erkenntlich ist, daß die Aufbrüche der Kreidekalke nicht lediglich unbedeutende Aufwölbungen einer Synklinale darstellen, so ist diese Ansicht doch erklärlich, wenn man das Bild betrachtet, welches die Übersichtskarte von der nord- westlichen Hälfte, von dem im Bereiche des Kartenblattes Benkovac— Novigrad gelegenen Terrain der Prominaschichten gab. Abgesehen von einer schmalen, quer über Obrovazzo streichenden, als selbst- ständige Zone ausgeschiedenen Mulde, streicht auf der alten Karte der ganze Komplex der Prominaschichten in mehrfachem Wechsel von Mergeln und Konglomeraten einheitlich bis über das Binnenmeer von Novigrad, um westlich von Possedaria bei Radovin zu schließen. Die Grenze dieser das Muldeninnerste darstellenden Prominaschichten umgeben nach der alten Karte Mergel und Sandsteine der oberen Nummulitenschichten, die tatsächlich weiter gegen Nordwesten bei Radovin als regelmäßige Mulde gelagert sind und als solche auch ins norddalmatinische Meer ausstreichen. Ich stellte bereits im Vorjahre !) fest, daß dieses alte, Zeitmangels halber aus wenigen Turen und über- wiegend leider nicht immer zutreffender Kombination gewonnene Kartenbild stark von der Wirklichkeit abweicht. Die ganze Südwest- küste des Mare di Novegradi besteht nicht aus Prominamergeln, sondern aus Kreidekalken eines stellenweise ins Dolomitniveau ent- blößten Sattels, der von Nordwesten her, wo er die Halbinsel Bojcete der norddalmatinischen Küste bildet, über Gornje Slivnica, Possedaria gegen Südost streicht und südlich Novigrad unter die Hülle der Pro- minaschichten taucht. In der südöstlichen Fortsetzung dieses Kreide- sattels erscheinen in der Linie Pridraga—Karin—Popovic in den Pro- minaschichten offenbar eine Aufbruchszone höherer mitteleozäner Mergel darstellende weiche, helle Mergel. Diese sind zwar zwischen Fratrovie und Dobropoljei obertags nicht mehr ersichtlich, bei diesem Orte brechen sie jedoch wieder auf und lassen sich über die Nord- ostecke des Blattes Zaravecchia—Stretto in den Bereich des Blattes Kistanje—Drnis verfolgen, wo in ihrer südöstlichen Fortsetzung nach den Kernerschen Aufnahmen abermals Kreidekalke aufbrechen. Diese Aufbruchszone, in welcher streckenweise Kreide- und alttertiäre Kalke, streckenweise obere Nummulitenschichten zutage treten, zwischen Fratrovic und Dobropoljei allerdings infolge geringer Aufwölbung und großer Mächtigkeit der Prominaschichten lediglich diese obertags er- sichtlich sind, teilt das Prominaschichtenterrain des Kartenblattes Benkovae in zwei ungleich große Abschnitte, deren durchaus nicht einfacher Bau im folgenden näher besprochen werden soll. 1. Der Kukaljabschnitt. Es ist dies der kleinere, südwestliche der beiden Abschnitte, der im wesentlichen die Landschaft Kukalj zwischen Smil&ic, Karin und !) Diese Verhandlungen 1903, pag. 282 u. ff. 7 Re R. J. Schubert. [16] Benkovac umfaßt. Er scheint einen recht einfachen Bau zu besitzen, denn an allen größeren ihn querenden Wegen, am Fahrweg von Smil&ie nach Novigrad, an der Straße von Smilöie nach Karin und von Benkovac nach Karin sowie am Wege von Benkovac nach Bruska sieht man fast nur flach gegen Nordosten einfallende Schichten — Plattenmergel, denen erst gegen die Aufbruchszone Pridraga !)— Karin—Popovic zu einige Konglomeratbänke eingelagert sind, die gegen Südosten an Mächtigkeit zunehmen, so daß man auf einen ein- fachen Bau, etwa auf einen einheitlichen Faltenflügel oder eine über- kippte, beziehungsweise liegende Mulde zu schließen geneigt ist, wie dies ja auch bisher in der Tat angenommen wurde. Und doch gibt es einige Tatsachen, die entschieden für einen recht komplizierten Bau dieses Gebietes sprechen, das sich landschaftlich einheitlich als flachgewellter, überwiegend kahler Hügelzug dem Auge darbietet, der sich von dem teils bewaldeten, teils verkarsteten Bukovicaabsehnitte so scharf abhebt, daß auch vom Volke bereits die Unterschiede wahr- genommen und in den Landschaftsnamen Kukalj und Bukovica zum Ausdruck gebracht wurden. Vor allem fällt im Kartenbilde der Klippenzug von Kor- lat—Smilcic auf. (Vgl. diese Verhandl. 1903, pag. 212.) Zwischen den zwei genannten Ortschaften ragt entlang der Grenze der Pro- minaschichten gegen die höheren mitteleozänen Gebilde eine Anzahl von 40—50 wahrnehmbaren, meist ganz kleinen Klippen von typischem Hauptalveolinenkalk aus dem umgebenden Gesteine hervor. Die größere Anzahl befindet sich im Bereiche der Prominaplattenmergel, einige jedoch auch im Bereiche der höheren mitteleozänen Mergel und Sandsteine; dies letztere ist beim Gehöfte Radeka des Fall, wo der Hauptalveolinenkalk auch landschaftlich klippenartig aus den weicheren jüngeren Schichten emporragt. Meist erscheinen die Klippen lediglich als Buckel oder kleine Kuppen und sind dann von weitem leicht mit den landschaftlich ähnlich sich darbietenden, aus dem Lithothamnienkalke der Prominaschichtenreihe bestehenden Kuppen zu verwechseln. Die Alveolinenkalkklippen sind in 3—4 Längsreihen angeordnet, meist klein und oberflächlich im Umriß rund bis längsge- streckt. Die größte derselben ist diejenige von Sv. Jure (nicht ganz 2 ha). Soweit die massigen Klippenkalke ein Einfallen erkennen lassen, entspricht die Richtung desselben meist derjenigen des ganzen gegen Nordosten einfallenden Mergel- und Plattenmergelkomplexes. Doch lassen vereinzelte Klippen, wie die bei Tintor, deutlich ein Einfallen nach Südwesten, also ein der Einfallsrichtung der Klippenhülle ent- gegengesetztes erkennen. Nach der ganzen Art des Vorkommens kann es sich hier meines Erachtens nur um Durcehspießungsklippen handeln, die dadurch zustande kamen, daß ein Komplex von Promina- plattenmergeln und älteren Mergeln über eine Aufbruchszone von Hauptalveolinenkalk geschoben wurde. Aus dem ganzen Kartenbilde des bisher studierten Terrains ergibt sich nun mit großer Wahrschein- !) Das auf der Spezialkarte nicht namhaft gemachte Kulturengebiet südlich Novigrad, in dessen Bereich sich die beiden Kapellen Sv. Martin und Sv. Marko befinden. 117] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 477 lichkeit, um nicht zu sagen Sicherheit, daß diese Aufbruchszone von Hauptalveolinenkalk jener Sattelzone angehört, die von Südosten her streichend im Höhenzuge des VukSi6 (cf. diese Verhandl. 1901, pag. 234) ins Kreidekalkniveau aufgebrochen ist und deren Kern bis Perusic bei Benkovac aus Hauptalveolinenkalk gebildet wird. Bei Benkovac ist an den höheren mitteleozänen Gebilden noch die antiklinale Schichten- stellung bemerkbar (cf. diese Verhandl. 1903, pag. 210, 211). Im Quartärgebiete der Klicevica (Torr. Matieca—Ljubovlje) ist dann die Antiklinalzone nicht näher zu verfolgen, bis in dem besprochenen Klippenzuge der Hauptalveolinenkalk abermals obertags erscheint, um erst weiter nordwestlich beim Gehöfte Rupalj (diese Verhandl. 1905, pag. 281) vom Torrente Bascica an abermals den Kern eines zusammenhängenden Aufbruches zu bilden. Während man an Ort und Stelle zweifeln könnte, ob diese Klippen wirklich so zu deuten sind, scheint mir diese Erklärung bei Berücksichtigung des gesamten Kartenbildes als die einzig mögliche. Stellt nun der Klippenzug tatsächlich die Reste eines zwischen Perusi&E und Rupalj liegenden Hauptalveolinenkalkaufbruches dar, dann könnte man erwarten, Reste der zwischen dem Hauptalveolinen- kalke und Prominaplattenmergel befindlichen Schichtglieder des Hauptnummulitenkalkes und der höheren mitteleozänen Gebilde in der Klippenhülle zu finden. Und in der Tat tauchen die Alveolinen- kalkklippen bisweilen nicht unvermittelt aus den Plattenmergeln auf, sondern lassen allerdings stark gepreßte und verdrückte Reste wahr- nehmen, welche die Reste dieser Zwischenschichten darstellen könnten. Allerdings ist bei der petrographischen Ähnlichkeit aller über dem Hauptalveolinenkalke liegenden Schichten und bei den heftigen Störungen, womit die Überschiebung und Durchspießung verbunden war, eine nähere Bestimmung der verquetschten Mergel und Kalke meist unmöglich. So erstrecken sich vom Gehöfte Ostoic östlich Sv. Jure gegen Südosten, auch gegen Norden zu zwischen Ostoic— Gagie—Opatic Kuppen aus Mergelkalken mit Korallen-, Seeigel-, Krinoiden- und Molluskenresten, die gar wohl den obersten mittel- eozänen Gebilden entstammen könnten. Ebensowohl können es jedoch auch Einlagerungen harter Kalke der Prominaschichten sein. Ich habe daher; zumal die Alveolinenkalkklippen selbst ja zumeist sehr klein sind, mich darauf beschränkt, lediglich die aus Alveolinenkalk bestehenden Klippenkerne auszuscheiden, bei denen ich sicher war, alteozäne Kalke vor mir zu haben. An der Straße von Smilie nach Karin vor km 255 scheint den Prominaplattenmergeln eine Bank mit Nummudkites perforata eingelagert, ebenso sind anscheinend mitteleozäne Kalke bei der Erhöhung 208 aufgeschlossen, die eine nordwestliche Fortsetzung der Klippen westlich des Gehöftes Radmanovic darstellen dürften. Im nordwestlichsten Teile dieser Plattenmergelzone nördlich SmilöicE beim Torrente Katinovac sieht man, daß über den nordöstlich einfallenden, zweifellos marinen höheren mitteleozänen Gebilden plattige Mergelkalke lagern, denen jedoch auch harte Kalkbänke eingelagert sind, wie auch westlich Vujkovic, an der Straße nach Novigrad, östlich Pozder, nördlich Kula Atlagica, die beim Verwittern im Gegensatze zu den scherbig a7s R. J. Schubert. [18] verwitternden Plattenmergeln Karstrelief zeigen und sich wie Klippen aus den weicheren Plattenmergeln abheben. Doch sind diese Bänke, deren Zusammenhang allerdings mehrfach gestört und unterbrochen ist, nicht alteozän. sondern entweder fossilleer oder sie enthalten kleine Nummuliten (Paronaeen), Orbitoiden, Korallen und Mollusken- reste, ähnlich wie die Lithothamnienkalke (= obere Nummulitenkalke) an der Basis der Prominaschichten oder wie die harten Kalk- einlagerungen, die auch sonst dem Prominamergel eingeschaltet sind. Stellenweise sind sie auch mehr oder minder brecciös. Auch östlich und südlich des Gehöftes Kukalj ragen aus den Plattenmergeln solche härtere Kalkbänke hervor; hier stehen sie wohlim Zusammenhange mit der mächtigen Zone der Lithothamnienkalke, welche die Kreide- und Alveolinenkalke des Possedariasattels umgeben und in welchen die am schwierigsten passierbare Strecke des Torrente Mosunja eingeschnitten ist. Ich mußte jedoch, wie ich bereits oben erwähnte, davon absehen, alle diese so zahlreichen, oft minimalen Kalkein- lagerungen der Plattenmergel kartographisch auszuscheiden und mich darauf beschränken, diese Lithothamnienkalke oder oberen Nummuliten- kalke dort auszuscheiden, wo sie in größerer Mächtigkeit auftreten, das ist im Bereiche des Possedaria- und zum Teil des Zdrilosattels. Während also diese scheinbaren Klippen ohne Belang für die Deutung des geologischen Aufbaues des Kukaljabschnittes sind, beweist der aus Hauptalveolinenkalk bestehende Klippenzug von Korlat—Smiltic, daß im westlichsten Teile dieses Abschnittes der Rest einer der Perusi@c—Rupalj-Anti- klinale entsprechenden Aufwölbung zu suchen ist. Unmittelbar hinter den Häusern von Benkovac selo an der von Benkovaec nach Karin führenden Straße scheinen den bisweilen schön plattig ausgebildeten Mergeln der Prominaschichten einige Bänke massigerer sandiger Kalkmergel mit Nummulites (Gümbelia) perfo- rata eingelagert von der Fazies, wie sie in den obersten Lagen der höheren mitteleozänen Gebilde vorkommen. Dieselben enthalten vor- zugsweise dickgebauchte typische Exemplare von Gümbelia perforata. Ganz ähnliche Schichten finden sich etwa 1 /km nördlich davon und dazwischen kommen in den Plattenmergeln nebst Nummulites (Paronaea) Tehichatcheffi, Orbitoiden und Assilinen vor. Während nun dies letztere Vorkommen nicht ungewöhnlich in den Prominamergeln, namentlich in den unteren Lagen derselben ist, läßt das Vorkommen der Num- mulites perforata eine zweifache Erklärung zu. Entweder reicht diese für das Mitteleozän bezeichnende Art auch ins obere Eozän, bezie- hungsweise Unteroligozän hinauf, oder aber es bedeutet diese Fund- stelle einen Aufbruch mitteleozäner Mergel. Denn eine Einschwemmung aus älteren Schichten scheint mir bei dem Erhaltungszustande und Vorkommen ausgeschlossen. A priori scheint es nun nicht unwahr- scheinlich, daß sich diese im obersten Mitteleozän lokal noch häufige Art stellenweise auch in den Gewässern des Obereozäns erhielt. Doch nat auch die andere Ansicht, daß nämlich hier ein Aufbruch vorliegt, einiges für sich. Eine Klippe älterer Schichten aus jenem Sattelzuge, dem die Klippen von Korlat— Smildie angehören, kann allerdings nicht vorliegen, wenn schon das Vorkommen von Nummulites perforata bei [19] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 479 Benkovac selo scheinbar in der südöstlichen Verlängerung jener Klippen liegt, da jener Sattelzug bei Benkovac noch einen antiklinalen Bau besitzt, jedoch so schwach aufgewölbt ist, daß nur die höheren mitteleozänen Gebilde obertags ersichtlich sind. Man müßte annehmen, daß ein Aufbruch einer dem Sattel von Perusi6—Rupalj parallelen, nordöstlich davon streichenden Aufwölbungszone vorliegt. Ein Blick auf die von mir und Dr. von Kerner aufgenommenen Blätter Zaravecchia—Stretto und Kistanje—DrniS zeigt, daß nordöstlich des Sattelzuges Vuksic—Perusie ein Kreide- und Alveolinenkalksattel verläuft, der im Kerkovic 181 m erreicht, welcher schon an der BribiSnica (westlich Ponti di Bribir) unter die mitteleozänen Mergel taucht und dessen nordwestlicher Fortsetzung vielleicht die fast horizontal gelagerte Konglomeratdecke der Oelinka entspricht. Esist daher die Möglichkeit vorhanden, daß das ‘erwähnte Vorkommen der mitteleozänen Nummuliten im Plattenmergel von Benkovac selo auf abermalige Aufwölbung dieser Sattelzone zurückzuführen ist, gleichwie auch die tieferen Schichten der Perusic- antiklinale einigemal emporgepreßt sind. Bei Betrachtung der nordwestlichen und südöstlichen Verlängerung des Kukaljabschnittes fällt auf, daß sich gegen Nordwesten eine breite, regelmäßig gebaute Mulde, die von Islam (cf. diese Verhandl. 1903, pag. 278) anschließt, während im Süden in der Nordostsektion des Blattes Zaravecchia nebst der bereits erwähnten Aufwölbung von Kerkovit— Oelinka und einem kleinen Aufbruche nordöstlich von ÖOstrovizza das breite, vornehmlich mit mitteleozänen Mergeln und Quartärgebilden erfüllte Aufbruchpolje der Ostrovica bara sich befindet. Zwar schließt dieser Aufbruch der älteren (marinen) Mergel nord- westlich Ostrovizza noch im Bereiche des Blattes Zaravecchia, doch dürfte diese Sattelzone, die am Nordwestende des Kukaljabschnittes allerdings nicht mehr wahrnehmbar ist, noch in der Südosthälfte desselben vorhanden sein, wenn sie auch bei der Überkippung des gesamten Schichtkomplexes und der petrographischen Ähnlichkeit nicht abzugrenzen ist, Bei Lisicie östlich Benkovac beginnt eine Quartärzone, deren Kulturen sich angenehm aus den durch Plattenmergel bedingten Scherbenfeldern des Kukaljabschnittes abheben. Sie folgt im ganzen dem Streichen, verschmälert sich gegen Nordwesten bis zur Straße Benkovac— Karin, wird dann wieder etwas breiter und ist alseinheitliche, teilweise mit Buschwald bedeckte Zone bis etwas über Poljak Sirovina .zu verfolgen. Die weitere nordwestliche Fortsetzung bilden einzelne räumlich voneinander durch Plattenmergelstrecken getrennte Quartär- relikte, deren bedeutendstes das bei Kapitanovig ist. In diesem nord- westlichen Teile bildet den Untergrund dieser Quartärzone sicherlich Plattenmergel, doch ist die Quartärdecke auch bedeutend geringer als bei Lisicie, wo auch einige Brunnen vorhanden sind. Besonders der in der Quartärmitte gelegene Brunnen ist mehrere Meter tief und besaß im Juli 1904 zur Zeit großer Hitze und Trockenheit ausgiebiges, sehr kaltes Wasser, während die beiden auf der Spezial- karte am Rande der Kulturzone eingetragenen Brunnen zur selben Jahrbuch d.k. kK. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 62 480 R. J. Schubert. [20] Zeit nur sehr spärliches Wasser enthielten. Dieses Vorhandensein von kaltem Wasser im Bereiche der Plattenmergel, die infolge ihrer intensiven scherbigen Zerklüftung im ganzen wasserarm sind, legt die Vermutung nahe, daß es sich hier um in der Tiefe vorhandene ältere Mergel handeln dürfte, da diese infolge der petrographischen Be- schaffenheit in höherem Grade als die Prominamergel wasserstauend wirken. Und diese Vermutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man diese drei Brunnen von Lisicie verbindet und sieht, daß diese Verbindungslinie in der nordwestlichen Fortsetzung des erwähnten Mergelaufbruches von Ostrovizza gelegen ist. Außerdem liegt in der Verbindungslinie dieses Mergelaufbruches und der Brunnen von Lisidie ein abseits von Gehöften gelegener Brunnen, der „Crnogorac“, und ganz an der Kartenblattgrenze ein anderer natürlicher Wasserbehälter, die Lokva Oatrnja. Auch zeigen die Prominaschichten (Konglomerate) noch nahe dem Südrande des Blattes Benkovac, südlich der Banska gora, einen antiklinalen Bau. Diese antiklinale Schichtenstellung läßt schließen, daß die Auf- wölbungszone von Ostrovizza sich auch in den Kukaljabschnitt des Blattes Benkovac fortsetzt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann daher das Vorhandensein der natürlichen Wasser- behälter Catrnja—Crnogoraece — der drei Brunnen von Lisiei&e in der nordwestlichen Fortsetzung der Auf- wölbungszone von Ostrovizza in Verbindung mit unter- lagernden älteren Mergeln gebracht und die Quartär- zone Lisicic-Kapitanovacalsnordwestliche Fortsetzung der Aufbruchszone von Ostrovizza bezeichnet werden. Einen weiteren Anhaltspunkt dafür, daß der Kukaljabschnitt keineswegs einen einfachen Bau besitzt, bietet auch die petrographische Beschaffenheit der ihn aufbauenden Schichtbänke. Westlich der Quartär- zone Lisicie—Kapitanovac sind Fossilreste nicht selten; abgesehen von den mitteleozänen Nummuliten sind es Nummulites Tehihatcheffi und andere kleine Paronaeen, Orbitoiden, Korallen und Lithothamnien, wie sie für die unteren Lagen der Prominaschichten bezeichnend sind. Ostlich der erwähnten Zone jedoch sind die Mergel meist leer, werden gegen Osten auch diekgebankter und an Stelle der harten Kalkbänke enthalten sie einzelne Geröllagen eingeschaltet wie westlich 202, zwischen 215 und 157 an der Straße nach Karin, die gegen Karin und den Otavac zu an Häufigkeit und Mächtigkeit zunehmen. Diese Konglomeratzonen des Kukaljabschnittes unterscheiden sich jedoch von denen der Bukovica, indem sie nie so massig sind und auf größere Strecken anhalten, sondern zumeist einen Wechsel seröllführender und geröllfreier Bänke oder Zonen erkennen lassen. Die kartographische Ausscheidung ist daher meist schwer und bei der Unübersichtlichkeit des Terrains häufig nur schematisch durchführbar. Die Haupteinfallsriehtung ist im Kukaljabschnitte gegen Nordosten, und zwar mit einem Verflächungswinkel von 10° bis 30°. Abweichungen von dieser Einfallsrichtung sind selten, da es sich im wesentlichen um ein System überkippter bis liegender und überschobener Falten handelt. Eine im Gegensatze zu dem ruhigen Verflächen stehende mehrfache Fältelung ist auf eine kurze Strecke am Südrande der von [21] Prominaschichten im Blatte Novigrad--Benkovac. 481 Smil&i@ nach Karin führenden Straße bei der Brücke 180 wahrnehmbar, ebenso sind sekundäre Aufwölbungen an anderen Stellen, besonders 15 km östlich davon an und nördlich der Straße wahrzunehmen, die offenbar durch Störungen bedingt sind, welche mit denjenigen am Torrente Mosunja im Zusammenhange stehen. Zahlreich sind die Querbrüche, die den ganzen Abschnitt durch- setzen und auch schon landschaftlich als ein System von besonders am Südwestrande. zahlreichen Querrinnen — von senkrecht zum Streichen verlaufenden Torrenten — ersichtlich sind und wodurch das Terrain im Osten von SmilöicE aus quer zum Streichen sich erstreckenden flaehen Hügelzügen besteht. Resumieren wir die Ergebnisse, zu denen die Untersuchung über den Bau des Kukaljabschnittes führte, so ergibt sich, daß der Kukaljabschnitt ein System von zwei (im Westteile drei) liegenden, zum Teilüberschobenen Faltensätteln und drei bis vier gleichfalls gestörten Faltenmulden darstellt. 2. Die Aufbruchszone Possedariasattel— Karin —Dobropoljci. Den von mir bereits im Vorjahre dargelegten Grundzügen des Aufbaues des Possedariasättels (cf. diese Verhandl. 1903, pag. 283 ff.) möchte ich hier einige Ergänzungen anfügen, da ich im Laufe der heurigen Aufnahmen über einige mir im Vorjahre zweifelhaft ge- bliebenen Verhältnisse Klarheit erlangt zu haben glaube. Es handelt sich nämlich vornehmlich um die Stellung der oben von mir unter dem Namen „Lithothamnienkalk“ oder „oberer Nummulitenkalk* aus- geschiedenen Kalke und Mergelkalke, die ich bereits im stratigraphischen Teil als Basalglieder der Prominaschichten bezeichnete. Sie begleiten den Alveolinenkalk des Nordostflügels, und zwar von Grn. Slivnica bis nördlich Possedaria und ebenso südlich des Binnenmeeres von Novigrad. Sie stellen eine Zone dar, welche meist breiter als der Alveolinenkalk ist, nur nahe der Südwestecke des genannten Meeres nimmt der letztere an der Küste eine breitere Zone ein, um jedoch schon an der Straße von Novigrad nach Smil&ie wieder auf die gewöhn- liche Breite reduziert zu sein. Beim Gehöfte Badanj sind sowohl Lithothamnienkalk als auch Alveolinenkalk ganz verdrückt; westlich davon bildet der Lithothamnienkalk das Karstterain im Bereiche der Gehöfte Bratovic, Vlatkovic, Palju, Baraba, Coric, Buterin, Glavica und Portada, ist jedoch vielfach gestört, wie aus dem Emportauchen mehrerer Hauptalveolinenkalk- und Hauptnummulitenkalkschollen er- hellt. Es ist das Gebiet, das mich im Vorjahre zur Vermutung brachte, daß diese damals mir noch problematischen Lithothamnienkalke ‚Einlagerungen im Hauptalveolinen-, beziehungsweise im Hauptimper- foratenkalke darstellen, bis ich heuer nach Kartierung des weiteren Gebietes erkannte, daß die Alveolinen- und Hauptnummulitenkalke eine Art Klippen-Aufbruchsschollen der harten älteren Kalke aus den jüngeren, oft scherbig zerfallenden sind. Solche ältere Schollen sind es offenbar auch, welche die von mir ]. c. Seite 286, Zeile 17 erwähnten Nummulites perforata enthalten. Auf Seite 286 und 287 schrieb ich: 62* 482 R. J. Schubert. [22] „Solange ich daher nicht Anhaltspunkte finde, daß die fraglichen Kalke mit Korallen, Krinoiden, kleinen Nummuliten, Lithothamnien etc. nördlich Palju und Baraba sicher nicht dem Imperforatenkalkniveau angehören, möchte ich sie auf der Karte mit den typischen Imperforatenkalken, von denen sie schwer scheidbar sind, vereinen, da sonst die ohnedies nur schmale Kalkzone zwischen dem Kreideaufbruche und der Linie Portada— Glavica— Buterin—Palju ein äußerst kompliziertes Kartenbild aufweisen würde. wo die Möglichkeit vorhanden ist, daß sie lediglich den vielfach zerstückten, aus Imperforatenkalk bestehenden Südwest- flügel darstellt.“ Nachdem ich heuer die diesbezüglichen Verhältnisse im Gebiete zwischen dem Possedaria- und Zdrilosattel studiert hatte und zur Ansicht gelangt war, daß die fraglichen Kalke jünger sind als die Alveolinenkalke, habe ich bei meinen diesjährigen neuerlichen Begehungen dieses Gebietes die typischen Hauptalveolinen- und Haupt- nummulitenkalke von den oberen Nummulitenkalken getrennt und wenigstens die größeren dieser Schollen auf der Karte auszuscheiden vermocht. Die am Westrande der Karstzone bei den Gehöften Portada, Glavica, Buterin befindlichen kleinen Alveolinenkalkschollen sowie die größere, welche die Straße von Smildic nach Novigrad bald hinter Punkt 153 quert, dürften wohl lediglich Aufbruchsschollen aus dem Imperforatenkalke des Südwestflügels des Sattels darstellen. Ich er- wähne dies, weil die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, wenn auch nicht wahrscheinlich ist, daß hierin Aufbruchsreste einer der auf Blatt Kistanje ersichtlichen Faltenzonen vorliegen. Die Grenze des Sattels gegen den Kukaljabschnitt ist unregel- mäßig. Jung- und altquartäre Lehme und Sande verhüllen dies Grenz- gebiet teilweise, da die Übersiehtlichkeit des Baues nicht bloß während der Auffaltung des Gebietes durch die tektonischen Vorgänge, sondern auch durch präquartäre und quartäre Einbrüche vermindert wurde. Die höheren mitteleozänen Gebilde sind in diesem Grenzgebiete nur in spärlichen UÜberbleibseln vorhanden, während sie im Westen davon mächtig entwickelt sind; dies kann jedoch nicht sonderlich befremden, da ja die harten Alveolinen- und zum Teil Hauptnummulitenkalke eher aus den „oberen Nummulitenkalken“ emporgepreßt werden konnten als die weichen und sandigen mitteleozänen marinen Mergel. Östlich des Gehöftes Badanj schließt der Rudistenkalkaufbruch, bald darauf der des Alveolinenkalkes und an dem Torrente, welcher die Fortsetzung des Torrente Mosunja darstellt, taucht auch der Lithothamnienkalk unter die Hülle der Prominaplattenmergel. Auf- fälligerweise schließt sich jedoch in der Streichungsrichtung dieses Sattels eine Kulturenzone an, die Pridraga, deren Grundlage weiche helle Mergel bilden, die ganz denen der höheren mitteleozänen Gebilde ähneln. Und in der Tat ergab die mikroskopische Untersuchung des Schlämmrückstandes zweier am Fahrwege nördlich der Kapelle Sv.Martin entnommenen Mergelproben das Vorhandensein gut erhaltener mariner Mikroorganismen, von Foraminiferen der Gattungen Nodosaria, Polystomella, Truncatulina und anderer. Allerdings erwiesen sich andere Proben als fossilleer, doch kann dies negative Ergebnis durch Ver- schwemmung der Mergelpartien, denen die Proben entnommen wurden, [23] Prominaschichten im Blatte Novigrad— Benkovac. 483 bedingt sein, da die Proben aus oberflächlichen Partien stammten. Gut aufgeschlossen sind diese Mergel in mehreren seichten Gräben und Wasserrissen südöstlich Sv. Martin. Außer Mergeln erscheinen in dieser Quartärzone der Pridraga auch Kalksandsteine und Konglo- meratbänkchen (bei Sv. Martin und westlich Culine), die gleichfalls noch den obersten Schichten der höheren mitteleozänen Gebilde an- gehören dürften, wenngleich ich darin bisher noch keine bezeichnenden Fossilreste auffinden konnte. Möglicherweise gehören einige dieser Konglomerate, wie diejenigen, welche die eine Hausruine tragende Kuppe südöstlich Sv. Martin bilden, bereits in den Komplex der Prominaschichten und stellen Relikte derselben dar. Eine scharfe Grenze besteht ja zwischen den höheren mitteleozänen Gebilden und den Prominaschichten nicht und bei dem allmählichen Ubergange kann die Trennung dieser beiden in den extremen Partien allerdings gut unterscheidbaren Schichtglieder oft nur schematisch erfolgen. Auch nordwestlich und westlich der Kapelle Sv. Marko treten diese Mergel deutlich zutage, desgleichen Kalksandsteine mit hieroglyphen- artigen Fossilresten, so daß sie einen flyschähnlichen Habitus annehmen. Diese letzteren sind oft in den weichen Mergel förmlich hineingeknetet, was wohl nicht wundernehmen kann, wenn man bedenkt, wie stark die harten Kalke des Possedariasattels gestört sind. Die näheren tektonischen Verhältnisse sind hier ebensowenig als weiter südöstlich wahrnehmbar, nur so viel scheint nach dem ganzen Kartenbilde sicher, daß eine stark gepreßte und gestörte Aufbruchs- zone vorliegt, deren Südwestrand junge Niederbruchslinien begleiten. Denn während am Nordostrande lokal die weichen Mergel direkt vom Plattenmergel überlagert scheinen und die Quartärhülle oft ganz gering- fügig ist, deuten die den Südwestrand begleitenden Wiesen und Wassergerinne und die in letzteren ersichtlichen nicht unbeträchtlichen Jungquartärlagen (namentlich im nördlichen Teile der Pridraga darauf hin, daß nebst den Störungen, welche diese Zone im Tertiär bei der Auffaltung zu erleiden hatte, auch die jungen Einbrüche der Meerbecken von Novigrad und Karin dieselbe in Mitleidenschaft zogen und nament- lich die Senken, beziehungsweise Tiefenzonen am Südwestrande ver- anlaßten. An der Straße von Karin nach Smil&ie sind die Mergel dieser Aufbruchszone von jungen Quartärgebilden ganz überdeckt ebenso am Fahrwege von Karin nach Benkovac. Hier ist auch wahrzunehmen, daß der Südwestrand eine Senke darstellt und daß dort das Quartär die größte Mächtigkeit besitzt, wie dies ja auch weiter gegen Süd- osten zu der Fall ist. Gegen den Nordostrand der Quartärzone bestehen die Seitenmauern des Fahrweges aus lockeren Konglomeraten und sandigen gelblichen Mergeln vom Habitus der höheren mitteleozänen Gebilde. Am Längsfahrwege gegen die Schule zu sieht man, daß diesen gelblichen bis bräunlichen sandigen Mergeln mehr minder häufige Gerölle eingelagert sind. Diese Gesteine erinnern auffallend an jene, die im Muldeninnersten des Poljenzuges Pristeg—Ceranje, bei Ka$ic—Islam, bei Sopot—Benkovac oder bei Zemonico die obersten Lagen der oberen mitteleozänen Gebilde darstellen. Helle Mergel erscheinen abermals gegen den nordöstlichen Rand bei Ivanic—Suz (Sus) zu 484 . R. J. Schubert. [24] zwischen den Konglomeraten und sandigen Mergeln an der Oberfläche sowie beim Brunnen nordöstlich Belan, westlich der Kirche von Karin, in den Weinbergen westlich des Fahrweges und an diesem selbst,. wo sie meist nordöstliches, auf eine kurze Strecke jedoch auch ein süd- westliches Einfallen erkennen lassen, so daß hier ein antiklinaler Bau vorzuliegen scheint. Im weiteren südöstlichen Verlaufe dieser vom Prominaschichten- terrain sich deutlich abhebenden Quartärzone liegen dem Quartär mehr Mergel von der Fazies und wahrscheinlich auch vom Alter der Prominaplattenmergel zugrunde, indem offenbar die Aufwölbung geringer war und die älteren Mergel nur an einzelnen Punkten an die Ober- fläche brachte. Denn in den Steinmauern zu beiden Seiten des Weges von der Kirche von Popovic zum Popovic vrh sind offenbar aus der nächsten Nähe stammende Blöcke von älteren Kalksandsteinen zu sehen und beim Tümpel südlich Fratrovic scheinen abermals Reste älterer Mergel entblößt. Südlich des Gehöftes Vidic enthält das Quartär am Südwestrande (dieser Zone zu Platten vereinte Konkretionen, wie sie dem Altquartär eigentümlich zu sein pflegen, so daß diese Stelle zu der Annahme veranlaßt, daß es sich hier um Relikte ehemals ausgedehnterer Alt- quartärablagerungen handelt. Ich glaubte dies auch auf der Karte wenigstens schematisch zum Ausdruck bringen zu sollen. Von Fratrovic an bis Dobropoljei fehlt sowohl eine zusammen- hängende Quartärzone wie auch ältere Mergel obertags nicht ersichtlich sind. Doch ist es wohl durchaus kein Zufall, daß sämtliche in Betracht kommenden natürlichen Wasserbehälter, die Brunnen und Tümpel (Lokva), von denen sich die oft stundenlang entfernt wohnenden Be- wohner das Wasser holen müssen, in der Verbindungslinie Fratrovic— Dobropoljei angeordnet sind, so die Brunnen zwischen Fratrovic und dem ÖOtavac, Skalice und bei Brgud, die Lokva bei Sapan und die Brunnen und Tümpel bei Dobropoljei selbst. Offenbar liegen hier. die älteren Mergel, die, wie bereits beim Kukaljabsehnitt erwähnt wurde, infolge ihrer petrographischen Beschaffenheit ein besser wasserstauendes Mittel darstellen als die Prominaplattenmergel, in geringer Tiefe. Viel- leicht sind es zum Teil auch bloß die untersten Lagen der Promina- plattenmergel, welche die Wasserführung bedingen, doch ist dies ja schließlich ohne große Bedeutung, da es sich ja im wesentlichen darum handelt, den Verlauf der Sattellinie festzustellen, was allerdings in großen Zügen leichter als im Detail durchzuführen ist. In dieser durch die Anordnung der natürlichen W issefhehall segebenen Sattellinie tauchen zwischen den Konglomeratmassen des Krivolisac südöstlich Brgud und denjenigen vom Nordfuße der Banska gora im Süden von den Plattenmergeln, welche das Kulturengebiet südlich des Krivolisac bilden, narte Kalke mit Korallen, Orbitoiden und kleinen Nummuliten auf, die ganz den oberen Nummulitenkalken oder Lithothamnienkalken entsprechen, ebenso auch weiter gegen Süd- osten zu in der Umgebung der Lokva südwestlich Sapan, auch auf den Blättern Zaraveechia und Kistanje. Obgleich nun diese Kalke sicher ein tieferes Niveau der Prominaschichten darstellen und daher wahr- scheinlich .auch das gleiche Alter wie die „Lithothamnienkalke“. bei [25] -Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 485 Possedaria, Novigrad und Slivnica besitzen dürften, sah ich dennoch davon ab, diese übrigens nur in geringer Mäßigkeit vorhandenen Kalke mit der Farbe der „Lithothamnienkalke“ auszuscheiden, da es sich möglicherweise doch nur um faziell gleiche Einlagerungen in verschiedenen Niveaux der Prominaschichten handeln könnte. Dem Ackergebiete zwischen Sapan und Dobropoljei liegen über- wiegend Plattenmergel zugrunde, wie entlang des ganzen Fahrweges von.der Lokva zum Kirchlein Sv. Jure wahrnehmbar ist. Ab und zu sind denselben die soeben besprochenen diekgebankten Kalke, auch Konglomeratbänke eingelagert. Erst von den auf der Karte als Brunnen und Lokva eingezeichneten Wasserlöchern südöstlich der Kirche Sv. Jure an dürften dem als flache Depression dem Plattenmergelkomplex gegenüber markierten Quartär wieder ältere Mergel zugrunde liegen, wie dies auch weiter südöstlich im Bereiche der Kartenblätter Zara- vecchia—Stretto und Kistanje—Drnis der Fall ist. Dr. F. v. Kerner hat (diese Verhandl. 1895, pag. 419) bereits in der südöstlichen Fort- setzung dieser Aufbruchszone im Bereiche des Blattes Kistanje— DrniS zwischen LeZaid, ZeGevo—Varivode das Vorhandensein eines geneigten Aufbruches von oberen Nummulitenschichten (höheren mitteleozänen Mergeln) festgestellt, die beiderseits von Plattenmergeln (Mergel- schieferzügen) und Konglomeratbänken begleitet sind und nach der- selben Richtung: (das ist Nordost) einfallen. Nordöstlich von Lezaie also fast an der Grenze gesen das Blatt Zaravecchia, fand Kerner, daß die nummulitenführenden Gesteine eine größere Härte und eine mehr scherbige als plattige Absonderung besitzen, worauf er schloß, daß hier bereits in der Achse der schiefen Falte die Grenzschichten gegen den Hauptnummulitenkalk zum Vorschein kommen. Auch ich fand ähnliche Kalke im Jahre 1901 nordwestlich von Lezaic, in der Nord- ostecke des Blattes: Zaravecchia, wo sie häufig Korallen enthalten, die allerdings meist schlecht erhalten sind. Der von Kerner 1895 seäußerten Vermutung, dab diese Kalke die Grenzzone gegen den Hauptnummulitenkalk darstellten, kann ich mich nach meinen heurigen Erfahrungen nicht anschließen. Danach kann wohl kein Zweifel darüber vorhanden sein, daß diese Kalke den von mir südlich des Krivolisae gefundenen näher 'stehen als dem Hauptnummulitenkalke. Es dürften petrographisch sehr ähnliche Kalke sowohl den obersten Bänken der höheren mitteleozänen Mergel (oberen Nummulitenschichten Kerners) als auch den tiefsten Lagen der Prominaschichten ein- gelagert sein, eine: größere Mächtigkeit nach unseren bisherigen Erfahrungen lediglich im Süden und Norden des Mare di Novegradi erlangt haben. Möglicherweise gehört in diese Aufbruchszone auch das Quartär- gebiet von Brgud, obwohl es mir bisher noch nicht gelang, Reste älterer Schichten dort aufzufinden. Von dem im Bereiche dieses Sattelzuges befindlichen Scoglien im Binnenmeere von Novigrad ist der Skolj veliki klein, sehr flach, rundlich im Umrisse und mit alten Mauerresten und Strand- schutt derart bedeckt, daß es fast unmöglich ist, ohne Grabungen die eigentliche Grundlage festzustellen. Nebst Blöcken und Brocken von Prominamergeln und Konglomeraten sah ich Alveolinenkalk‘ 486 R. J. Schubert. | [26] Kreidekalk und Dolomit. Doch kann nach dem ganzen Kartenbilde wohl mit Sicherheit Kreidekalk aus dem Nordostflügel des Possedaria- sattels als Grundlage angenommen werden. Der Skolj mali weist ähnliche Verhältnisse auf wie der erst- genannte Scoglio, doch glaube ich hier den Kreidekalk anstehend gesehen zu haben. Der Scoglio mit der Kapelle Sv. Duh ist noch kleiner, aber höher als die beiden übrigen Scoglien und besteht aus nordöstlich einfallenden Bänken von Kreidekalk mit untergeordneten dolomitischen Lagen. Er hängt gegen Westen mit dem Südwestufer des Mare di Novegradi durch einen sandigen Schlammstreifen einigermassen zusammen, offenbar einem in seiner jetzigen Lagerung jungquartären Schwemmgebilde von ähnlicher petrographischer Beschaffenheit wie die Alluvien an der Münduug des Torrente BaS£ica. 3. Der Bukovicaabsehnitt. Mit diesem Namen bezeichne ich nicht bloß die Landschaft Bukovica, sondern auch das südwestlich derselben bis zur Aufbruchs- linie Possedaria— Karin —Dobropoljei sich erstreckende Promina- schichtenterrain, also auch die Umgebung der Binnenmeere von Karin und Novigrad (mit Ausnahme der Westküste des letzteren) und der Ortschaft BruSka, da sich dies Gebiet dem Baue nach als verhältnis- mäßig einheitlich darstellt. Dieser zweite Abschnitt zeigt in seinem nordwestlichen, nördlich des Mare di Novegradi gelegenen Teile teilweise einen synklinalen Bau, nämlich im nordwestlichen Teile, wo überwiegend mergelige Schichten vorhanden sind, die bei der Kirche Sv. Kuzman i Damjan von Slivnica auch ein angeblich 1 m mächtiges Braunkohlenflöz ent- halten. In den plattigen Mergeln der nächsten Umgebung kommen Palmen- und andere Pflanzenreste vor, in geringer Entfernung davon jedoch schon fehlen dieselben. Das synklinale Einfallen der Platten- mergel ist zwischen den Gehöften Miolovic—Kalac, ebenso noch zwischen Golibrig und den Gehöften Landeka-—-VukoSca wahrzunehmen. Gegen Südosten, anscheinend gegen das Muldeninnere zu, folgen Konglomerate, welche unter anderem die Kuppen der Novakovica glavica und Visoka glavica bilden und in denen der von Possedaria zur Maslenica führende Fahrweg größtenteils verläuft. Bemerkenswert ist eine kleine Ausbuchtung dieses Mergelterrains segen Norden, gegen Castelvenier zu, wodurch dieser nördlichste Teil des zweiten Abschnittes das Bild einer Doppelmulde darbietet. Der in südöstlicher Verlängerung des Alveolinen- und Rudisten- kalkes zwischen Slivnica und den Gehöften Svrakie—MagasS an der Grenze der Prominaplattenmergel südlich Cosina erscheinende Aufbruch von hellgelben und roten Hauptalveolinen- und Hauptnummulitenkalken, der vom Imperforatenkalk des Südwestflügels des Zdrilosattels durch eine gerade hier relativ breite Zone von oberen Nummuliten- und Orbitoidenkalken (Lithothamnienkalk) getrennt ist, dürfte den Rest eines Zwischensattels darstellen, wie im folgenden noch näher aus- geführt werden soll. Eine autiklinale Schichtenstellung ist an den [27] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 487 südöstlich dieses Aufbruches befindlichen Prominaschichten, und zwar bei der Lokva ersichtlich. Während dieses nördlich des Binnenmeeres von Novigrad gelegene Teilstück des Bukovicaabschnittes in der nordwestlichen Hälfte fast ausschließlich aus plattig bis bankig abgesonderten Mergeln besteht und Konglomeratbänke dort nur ganz vereinzelt vorkommen, überwiegen in der südöstlichen Hälfte die Konglomerate, denen gegenüber die mergeligen Bänke zurücktreten, wie dies auch in dem Küstenstreifen dieses Binnenmeeres zwischen der Maslenica und Zermanjamündung wahrzunehmen ist. Umrandet wird dieses Teilstück fast durchweg von Kalken, die in ihrer konstanten Lagerung zwischen Imperforatenkalk und Promina- schichten nur entweder ein Äquivalent der höheren mitteleozänen Gebilde oder ein marines Basalglied der Prominaschichten darstellen können. Der Umstand, daß die darin enthaltenen Nummuliten fast durchweg kleine Paronaeen sind, die mitteleozänen Typen dagegen fehlen, spricht dafür, daß diese Kalke bereits obereozän sind, wie ich bereits im stratigraphischen Teile auseinandersetzte. Diese Kalke bilden nach dem Auskeilen der Plattenmergel von der Kirche Sv. Kuzman i Damjan an das Innerste der zwischen den Rudistenkalksätteln von Possedaria und vom Zdrilo nordwestlich von Slivnica in der Bokulja ins Meer ausstreichenden Mulde. Doch dürften die Plattenmergel und Prominaschichten überhaupt ehedem weiter nordwestlich gereicht haben, denn etwa !/, km westlich davon ist diesen Kalken ein Streifen Platten- mergel mit Blattresten eingefaltet. Derselbe befindet sich in der nordwestlichen streichenden Fortsetzung der von mir bereits im Vorjahre (diese Verhandl. 1903, pag. 287) erwähnten, Nordwest— Südost streichenden präquartären Bruchzone, die jedoch nur nördlich von Possedaria mit diluvialen, Konkretionen führenden Sanden und Lehmen von größerer Mächtigkeit erfüllt ist. Auch bei Castelvenier fand ich Reste von Prominakonglomeraten und die heurigen neuen Unter- suchungen der Insel Arbe durch Dr. L. Waagen ergaben, dab ein Teil der von Radimski als neogen angesprochenen Mergel mit Kohlenschmitzen (Verhandl. d. geol. R.-A. 1904, pag. 287) in den Kom- plex der Prominaschichten gehören dürfte. Auch die von Frauscher (1884) und neuerdings von De Stefani und Dainelli zitierten „harten, roten Konglomerate* von Kosavin (Bribir) im kroatischen Küstenlande sind infolge ihrer Lagerung über den obersten mittel- eozänen fossilführenden Mergeln und Sandsteinen bereits obereozän und könnten als Aquivalent der Prominakonglomerate angesehen werden. Das nordwestlich des Mare di Novegradi schmale Stück des Bukovicaabschnittes nimmt im Südosten dieses Meeres gewaltig an Breite zu. Während es nörd!ich und östlich von Possedaria im Mittel 2 km breit ist, erweitert sich dieses dem Bau nach äquivalente Terrain- stück an der ÖOstgrenze des Kartenblattes auf 16 km etwa. Der Bau des Bukovicaabschnittes ist gleich dem des Kukaljabschnittes nicht einfach. Besonders hinderlich sind für die Auffindung der tektonischen Leitlinien die bei aller Variabilität eintönige petro- graphische Beschaffenheit. Anscheinend gleiche plattige bis unregel- mäßig gebankte Mergel und Konglomerate bauen das ganze Gebiet Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 63 488 R. J. Schubert. [28] auf, und der Umstand, daß diese beiden wesentlichen Typen, wie es in der Natur dieser Gesteine liegt, offenbar bisweilen in einer unregel- mäßig auskeilenden Wechsellagerung übereinander folgen, ließ im Vereine mit den zahlreichen Quer- und Längsstörungen nicht immer die Details des Aufbaues mit wünschenswerter Klarheit erkennen. Im ganzen stellen die Mergel, besonders die mit marinen Fossilien die tieferen, älteren Schichten dar, auf welche die Konglomerate in mächtiger und massiger Ausbildung folgen. a) Die Bukovicamulde. Dem geologischen Kartenbilde, wohl auch dem Aufbaue nach und — wie schon der im Volke gebräuchliche Landschaftsname erkennen läßt — auch landschaftlich am einheitlichsten ist die Bukovica. Nebst ganz untergeordneten Einlagerungen von Kalkmergeln, an. der süd- westlichen Grenze auch plattigen Mergeln, bilden meist massige Konglomerate, deren Gerölle hier bisweilen (wie am Südwestfuße des Vrseljak zwischen Krusevo und Karin) Kopfgröße erreichen, das fast einzig vorhandene Gestein. Dadurch, daß auch Quartärgebilde — Schwemm- und Verwitterungsgebilde in den Bruchgebieten von KruSevo und geringfügige Kalktuffvorkommnisse — als verhüllendes Material nicht in Betracht kommen, tritt diese Eintönigkeit nur um so stärker hervor, die lediglich durch Buchenbestände einigermaßen gemildert wird. Die Konglomeratbänke, welche sich an den nordostwärts den Bukovicaabschnitt begrenzenden Zdrilosattel südlich der Zermanja anschließen, fallen gegen Südwesten ein, so bei OtiSina, Barovina, KruSevo, gehören also zweifellos dem Nordostflügel einer Mulde an. Auch bei Bogatnik folgen südwestwärts von der Kreide Konglomerate, welche mit bis zur Senke am Südwestfuße des Veliki Prosjek süd- westlichem Einfallen den Höhenzug des Prosjek veliki zusammensetzen und wohl ungezwungen mit denjenigen von KruSevo in Verbindung gebracht werden können. Im dazwischen befindlichen Gelände, dessen stärkere Zusammenfaltung auch schon die später zu besprechenden Verhältnisse von BiliSsani beweisen, scheint die bei KruSevo und Prosjek normalgestellte Mulde überkippt, da fast die gesamten Schichten flach segen Nordosten einfallen. Diese Einfallsriehtung besitzen überhaupt, abgesehen vön den südwestlich einfallenden Schichten bei Kru$evo und des Prosjek sowie einer verhältnismäßig schmalen Zone bei BruSka und lokalen Störungs- gebieten, alle übrigen Schichten des Bukovicaabschnittes. Es ist natürlich ganz ausgeschlossen, daß der gesamte Schichtenkomplex südwestlich der Linie Einbruchspolje von Krusevo bis Südwestfuß des Prosjek veliki lediglich den Südwestflügel einer einzigen Mulde darstellt. Da die eigentliche Bukovicamulde in ihrem westlichen und östlichen Teile normal entwickelt scheint, wie aus den südwestwärts einfallenden Bänken des Nordostflügels geschlossen werden kann, dürfte man nicht weit fehlgehen, wenn man als Südwestflügel dieser Mulde die gleichfalls aus massigen Konglomeraten aufgebauten Höhenzüge des Vrseljak—Orljak— Jurasinka— Kunovac und des Terrains östlich Bruska bezeichnet.‘ Es ergibt sich somit das Bild einer breiten [29] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 489 an den Enden synklinalen, in der Mitte südwärts über- kippten, fast durchweg aus massigen Promina- konglomeraten aufgebauten Mulde, deren Achse durch die Poljen von KruSevound die Senke am Südwestfuße des Prosjek veliki verläuft. Dieser Mulde gehört zweifellos, wie, abgesehen vom ganzen Kartenbilde, aus dem Angrenzen an den Alveolinen- und Rudistenkalk des Zdrilosattels hervorgeht, der Küstenstreifen des Mare di Novegradi zwischen der Zermanjamündung und dem Zdrilo, jenem auf der Spezialkarte irrtümlich als Maslenica bezeichneten Kanal, durch welchen das Binnenmeer von Novigrad mit dem Canale della Montagna in Verbindung steht. Im wesentlichen besteht dieser Küstenstreifen aus Konglomeraten der Prominaschichten, denen lokal rot gefärbte mergeligkalkige Lagen nur ganz untergeordnet eingeschaltet sind, obgleich die nicht seltenen Weingärten und anderen Kulturen auf das Vorhandensein größerer Mergelstrecken zu deuten scheinen. In einer derselben südlich Sari€ wurden beim Graben eines Brunnens kleine Kohlenstückchen gefunden, ohne daß jedoch eine Aussicht vorhanden ist, Kohle in größeren Mengen dortselbst zu finden. Auch Quartär- sebilde sind in keiner bedeutenden Mächtigkeit vorhanden. An der Basis der Konglomerate treten namentlich um die Skoljicka draga und gegen die Zermanjamündung zu harte fossilfreie oder kleine Nummuliten, Orbitoiden, Lithothamnien und Korallen führende Kalke auf. Ihre geringe Mächtigkeit und Wechsellagerung mit den Konglomeraten sowie der bisweilen allmähliche Übergang ineinander ließen jedoch gleichwie an der Westküste des Zdrilo von einer Trennung der Kalke von den Konglomeraten hier absehen. Ich folgte hier dem bereits von Stache auf der Übersichtskarte gegebenen Beispiel, indem ich diesen schmalen Küstenstreifen lediglich als Konglomerat ausschied. Die Lagerungsverhältnisse dieses Küstenstreifens sind infolge der vielen Störungen, die mit der Auffaltung des Gebietes und mit dem Einbruche des Mare di Novegradi im Zusammenhang stehen, nicht leicht ersichtlich, ja eigentlich ist lediglich aus dem Zusammenhange zu erschließen, daß bier vorwiegend der Nordostflügel der hier gegen Südwest überkippten Bukovicamulde vorliegt. Die Seoglien im Bereiche dieser Küstenstrecke bestehen aus Konglomeraten. Der Scoglio Jazina besteht aus einigen zum Teil mit Mytilus edulis überwachsenen Konglomeratriffen. Scoglio ZaliSce ist größer, doch mit Gebäudetrümmern derart übersät, daß es schwer fällt, festzustellen, welches Gestein eigentlich zugrunde liegt. An einigen Punkten der Küste sieht man jedoch die Konglomerate anstehen. Ebenso besteht der Scoglio an der Küste nördlich Novigrad sowie die winzigen Klippen in seiner Nähe aus Konglomeraten. Der Scoglio inder Zermanjamündung westlich des Boinik dagegen ist eine aus braunem Rudistenkalk bestehende Klippe. Wenn ich die Bukovica als dem geologischen Kartenbilde nach einheitlich, ja als geradezu eintönig bezeichnete, so bieten doch die verschieden stark verfestigten Konglomerate mit mehr oder minder reichlichem tonigkalkigem Bindemittel, das nicht selten in Form kleiner - 63* 490 R. J. Schubert. [30] Einlagerungen den Konglomeraten eingeschaltet ist, einen mehrfachen Wechsel in landschaftlicher Hinsicht. Während zum Beispiel der Vrseljak—Orljak, Kunovac-—-JuraSinka, Veliki Prosjek oder Stari vrhı langgestreckte massige Höhenzüge bilden, stellt das Gebiet zwischen BiliSani und Medvidje ein von zahllosen Dolinen durchsetztes flach- hügeliges bewaldetes Karstterrain dar. Besonders im Travnjak, zu beiden Seiten des von Obrovazzo nach BruSka führenden Fahrweges sind diese Verhältnisse gut ersichtlich. Die Konglomeratbänke fallen meist sehr flach nach verschiedenen Richtungen anscheinend ein, liegen auch fast horizontal, was wohl zweifellos mit den Dolinen- einstürzen zusammenhängt. Stellenweise sind dadurch sowie durch die Wirkung der Atmosphärilien Formen herausgearbeitet wie in den Kreidesandsteinen der böhmischen Schweiz. Zwischen ViSe gradina und der Kuppe nordöstlich der Quelle Zviezda sind die Konglomerate stellenweise zu wollsackähnlichen Massen verwittert, die mehr oder weniger dem Streichen folgen. Nordwestlich Medvidje sind flach seneigte Schichttafeln von Klüften, welche dem Einfallen folgen, durchsetzt, wodurch ein System von senkrecht zur Streichungsriehtung angeordneten Bänken, eigentlich Wülsten entstand, deren Köpfe die Reste der alten Schichtflächen darstellen. Solche Verwitterungs- erscheinungen sah ich auch am Nordfuße des Otavac. Bisweilen sind einzelne offenbar aus weniger widerstandsfähigem Material bestehende Gerölle ausgewittert, deren Hohlräume durch die Erosion vertieft wurden, so daß förmlich wie von Geschossen durchbohrte Bänke und Platten resultieren. Im weiteren Verlaufe der Verwitterung entstehen dann aus diesen ganz zernagte und zerfressene Gebilde. Zu diesen Verschiedenheiten in den Verwitterungsformen der Konglomerate gesellen sich noch lokal Buchenbestände, nach denen die Landschaft Bukovica ja benannt ist, um das Landschaftsbild wechselnder zu gestalten. Bald und leider nur ganz untergeordnet sind es alte hohe Stämme wie am Velebit, meist jedoch sind es unansehnliche Buchen und niedriges Gestrüpp, das namentlich im Hauptdolinenbereiche fast undurchdringlich ist. Die Kulturen sind in diesem Gebiete fast gänzlich auf die Dolinenböden und einige mergelige Zonen beschränkt, obgleich die Prominakonglomerate dort, wo sie reichlich toniges, bei der Verwitterung zerfallendes Bindemittel besitzen, mit relativ üppigem Pflanzenwuchs bedeckt sind, wie bei Novigrad oder im Zermanjakanon westlich Obrovazzo, wo der Kontrast zwischen den bewaldeten Promina- konglomeraten und den kahlen Kreidekalken auffällig ist. Doch können auch Konglomeratterrains des Bukovicaabschnittes bisweilen an Kahlheit mit dem Kreidekarste wetteifern, wie bei Medvidje, wo sich weitlin im grellen Sonnenlichte grau schimmernde, völlig kahle Konglomerat- strecken hinziehen. Die Dolinen sind meist klein, die größten derselben sind diejenigen von KruSevo, offenbar Einbrüche, an deren Ausfüllung mit Terra rossa-ähnlichem Material Wind und Wasser wohl in gleicher Weise tätig waren. Die Einbrüche sind offenbar gleichaltrig mit denen der norddalmatinischen Küsteneinbrüche. Zum Teil auf Senkungen, zum Teil jedoch auf zugrunde liegende [31] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 491 mergelige Schichten sind die Kulturengebiete südlich Otisina, Basic und Rebinjak zurückzuführen. Für eine Ausscheidung von Altquartär fand ich hier ebensowenig Anhaltspunkte wie bei Krusevo oder in dem südlich sich anschließenden Bruchgebiete. Abseits von dem von Obrovazzo nach Medvidje führenden Fahr- wege im Hauptverbreitungsbereiche der Dolinen fand ich etwa in der Mitte zwischen SoSin bunar und dem Gehöfte Gagie ein ganz kleines Vorkommen von Kalktuff. Offenbar handelt es sich um ein ganz junges Vorkommen, das seine Bildung wie wohl noch manche andere in diesem Dolinenbereiche zerstreute dem Abstürzen kleiner temporärer Quellgeriesel in eine Doline verdankt. b) Die Doppelmulde (?) von Novigrad—Karin—Bruska. Zwischen der Bukovicamulde und der oben besprochenen Auf- bruchszone Possedaria— Karin — Dobropoljci erstreckt sich ein flach- hügeliges Terrain, dessen geologisches Kartenbild, trotzdem es außer Quartär nur Mergel und Konglomerate der Prominaschichten aufweist, im Gegensatze zum Konglomeratterain der Bukovicamulde und dem Mergelterrain des Kukaljabschnittes einen reichen Wechsel von Kon- glomeraten und Mergeln erkennen läßt und so geologisch und land- schaftlich einen Ubergang vermittelt. Die Schichten fallen in diesem von Novigrad über Karin und BruSka sich erstreckenden Terrainstreifen mit einigen lokalen Ausnahmen, über die ich noch berichten werde, nach Nordosten. Da westlich des Mare di Novegradi diesem Streifen anscheinend seine synklinal gebaute Mulde entspricht, liegt die Vermutung nahe, daß wir in diesem Terrainstreifen zwischen der Bukovicamulde und der erwähnten Aufbruchszone mit einer liegenden Mulde zu tun haben. Die geologischen Verhältnisse, welche das sich östlich anschließende Blatt Knin darbietet, sind zwar noch unbekannt, doch werfen die Tatsachen, die Dr. von Kerner im Bereiche des Blattes Kistanje— DrniS feststellte, einiges Licht auf diejenigen des in Rede stehenden Gebietes, da die hier großenteils überkippten Falten sich gleichwie gegen Nordwesten auch gegen Südosten aufrichten und die Aufbau- verhältnisse klarer erkennen lassen. Dr. von Kerner schrieb in seinem „Geologischer Bau des mittleren und unteren Kerkagebietes“ (Verhandl. der geol. R.-A. 1895, pag. 414): „In dem von der Kerka durchquerten Teilstücke der Zone der Prominaschichten lassen sich vier nordwest- bis südoststreichende Antiklinalfalten erkennen, deren Achsen im westlichen Teile des Kerkasees von Bielobir, zwischen dem dritten und vierten Kerkafall, halbwegs zwischen der Ruine Trosenj und dem Kloster Sv. Arkandjel und unterhalb Visala!) sich mit dem Flußlaufe kreuzen. Das zwischen der ersten und zweiten Falte befindliche Wellental ist ziemlich schmal; die zweite und dritte Antiklinale sind dagegen durch eine breite und !) Diese letztere dürfte nach dem ganzen bisher durch die Aufnahmen der Kartenblätter Kistanje, Zaravecchia und Benkovac gewonnenen Kartenbilde wol zwanglos als Fortsetzung der Aufbruchszone von Ze&evo und damit derjenigen von Possedaria—Karin—Dobropoljei bezeichnet werden. 499 R. J. Schubert. [32] flache, auch landschaftlich hervortretende und schon auf Staches Ubersichtskarte durch Pfeile markierte Schichtenmulde getrennt, deren Achse etwas unterhalb des sechsten Wasserfalles die Kerkaschlucht kreuzt. In der darauffolgenden dritten Synklinalzone ist die Mächtigkeit des nach NÖ einfallenden Schichtkomplexes so sehr überwiegend, daß die Annahme nahe liegt, daß in denselben die drei Schenkel einer nach SW geneigten Doppelschlinge enthalten sind.“ Und ferner ebendaselbst, pag. 416: „Auf der von Archiromani nach Kistanje führenden Straße... passiert man vor Rudele eine auch im Terrainrelief sehr deutlich ausgesprochene Schichtmulde, dieselbe, welche weiter südostwärts unterhalb des sechsten Wasser- falles das Kerkatal durchschneidet. Die flache Terrainwelle, welche die Straße kurz vor Kistanje überschneidet, entspricht jener Antiklinale, deren Fortsetzung zwischen Grad Trosenj und Sv. Arkandjel von der Kerkaschlucht durchschnitten wird. Auf der Nordostseite dieser Welle beobachtet man zuerst steiles, dann sanftes NO-Fallen, auf der Südwest- seite schwaches S-Fallen der Schichten. Bei Kistanje fallen alsdann die Mergelschiefer wieder nordostwärts ein.“ Das obenerwähnte erste Wellental dürfte der Mulde von Obrovazzo entsprechen, deren Verlauf allerdings zwischen Bogatnik und der Kerka infolge starker Störungen offenbar streckenweise nicht klar ersichtlich ist, wie dies ja auch westlich Obrovazzo der Fall ist. Demgemäß entspricht die zweite breite Mulde nordöstlich Rudele der im Bereiche des Blattes Benkovac gleichfalls breiten Mulde der Bukovica. Es bleibt somit für die Terrainstrecke Novigrad — Karin — Bruska die dritte der von Kerner erwähnten Mulden übrig, von der schon Kerner im südöstlichen Teile vermutete, daß nicht bloß eine einfache Mulde, sondern eine Doppelmulde mit südwestwärts geneigtem Zwischensattel vorliegt. Schwierig ist es jedoch, die Einzelheiten des Aufbaues festzu- stellen. Der von weitem sichtbare Höhenzug JuraSinka (674 m)— Kunovac (604 m) besteht vorwiegend aus massigen Konglomeraten, denen südöstlich des Kunovac (Vieibaba—Rodaljice) schon breitere Mergelzonen eingeschaltet sind. Dieser von mir ungefähr als Südwest- begrenzung der Bukovicamulde angenommene Hügelzug ist durchweg aus nordöstlich einfallenden Schichten aufgebaut. Er wird südwestwärts von einer wechselnd breiten Mergelzone Alavanja— Bruska—Rodaljice _ begleitet, welche eine Aufbruchszone darzustellen scheint, da zum Teil diese Mergel, zum Teil die gegen Südwesten folgenden Konglomerate deutlich ein südwestliches Einfallen zeigen. Am besten ersichtlich ist dies zwischen den Gehöften Kom und Alavanja, westlich des Gehöftes Kunovac, am Fahrwege von der Gendarmeriekaserne Bruska gegen Benkovac, von dieser Kaserne im Torrente abwärts sowie zwischen der Dubrava gora und Rodaljice. Die gegen Südwesten einfallenden Schichten stehen allerdings, was Mächtiekeit anbelangt, in keinem Verhältnisse zu den mächtigen Schichtmassen des Gegenflügels. Diese Antiklinalzone ist es aber eigentlich, welche in Betracht kommen kann, wenn man nach dem Verlaufe des Zwischensattels zwischen der Bukovicamulde und der südwestlichen Hälfte des Bukovicaabschnittes sucht. Erklären ließe sich dies wohl dadurch, daß auf dieser Strecke [33] Prominaschichten. im Blatte Novigrad—Benkovac. 493 der von Nordosten’ kommende Faltenschub nicht. stark genug war, um diesen Faltensattel zu überkippen, wie weiter nordwestlich bei Karin, daß hingegen möglicherweise ein Teil dieses Südwestflügels an Längsbrüchen niedersank. Südwestwärts fallen auch Konglomerate ein, welche in der nordwestlichen Fortsetzung des als Südwestflügel sedeuteten Terrainstreifens liegen, nämlich am Kanal, welcher die Binnenmeerbecken von Novigrad und Karin verbindet. Doch möchte ich darauf kein Gewicht legen, da die Umgebung des Binnenmeeres von Karin so gestört ist, daß es sich hier lediglich um Folgeerscheinungen der quartären Niederbrüche handeln kann. Allerdings befindet sich dieses Vorkommen in der Verbindungslinie der Aufwölbungszone von Rodaljicee—BruSka— Alavanja und des vermutlich den Rest eines Zwischensattels darstellenden Alveolinenkalkaufbruches jenseits des Mare di Novegradi beim Gehöfte Oosina. So regellos nun die Konglomerate und Mergel zwischen dieser Aufwölbungszone und dem Aufbruche Possedaria— Karin—Dobropoljei angeordnet zu sein scheinen, so läßt sich daselbst doch ohne Zwang eine von zwei massigen Konglomeratzonen begrenzte Mergelzone unter- scheiden. Allerdings kommen auch innerhalb derselben Konglomerate vor, doch sind diese hier lediglich in Lappen und mehr minder breiten, im Streichen nicht anhaltenden Streifen vorhanden, ebenso sind auch den beiden flankierenden Konglomeratzügen Mergelbänke eingeschaltet. Die mittlere Mergelzone, welche die Südostküste des Mare di Karin bildet und von da an südostwärts zwischen dem aus Konglomeraten bestehenden südlichen Orljakhügelzug (mit dem Lacmanovie) und den gleichfalls aus Konglomeraten bestehenden Mestrovine über die Zedna sreda und das Kulturengebiet von Rodaljice sich erstreckt, enthält kleine Nummuliten und Örbitoiden sowie andere marine Fossilien. Solche Fossilreste fand ich östlich des Klosters Karin, südöstlich Kont&arov stan, beim Gehöfte Orljak und östlich davon (hier auch Blätter in einem Sandsteine), südwestlich davon im Torrente südlich Kom, im Torente nördlich und nordwestlich Dobri stani, zwischen dem Gehöfte Draga, Dubrava gora und Popina und im Südosten von Rodaljicee. Auch in der nordwestlich des Mare di Karin gelegenen Fortsetzung so besonders bei Pertora und am Südwesthange der Bucht von Novigrad kommen Fossilien vor. Eine kleine Suite von diesem Fundorte erhielt ich für das Museum der Reichsanstalt von Herrn Öberlehrer A. Colnago in Obrovazzo, wofür ihm auch hier bestens gedankt sei. Soviel nun bisher über die Lagerungsverhältnisse der Promina- schichten in dem in Rede stehenden Gebiete bekannt ist, dürfte diese Mergelzone mit den marinen Fossilien einen Aufbruch aus den massigen sie beiderseits begleitenden Konglomeratzonen darstellen, wofür auch der Umstand zu sprechen scheint, daß an der Straße von Karin bis Simurnavica in den auf dieser Strecke zu überwiegenden Plattenmergeln vielfach weiche helle Mergel eingeschlossen sind, welche den mittel- eozänen ähneln. Zwar dürften diese wohl sicher hier bereits in den Komplex. der Prominaschichten gehören, immerhin kann man jedoch annehmen, daß hier bereits die unteren Lagen derselben zutage treten. Für den Fall, daß diese fossilführende Mergelzone tatsächlich einer Auf- 108 R. J. Schubert. [34] wölbung entspricht, bleibt für die beiden sie begrenzenden Konglomerat- züge lediglich die Annahme übrig, daß dieselben zwei stark geneigte Mulden repräsentieren, was dann mit der bereits von Kerner von dem Baue auf Blatt Kistanje geäußerten Ansicht im Einklang stände. Besonders einheitlich erscheinen die beiden Konglomeratzüge im Orljak einer-, in den Mestrovine anderseits, während sich gegen Südosten zu diese Konglomeratzüge in einen Wechsel von Konglomeraten und Mergel auflösen. Allerdings scheint der Annalıme einer liegenden Mulde besonders das Konglomeratgebiet Mestrovine zu widersprechen, das sich zwischen dem Mergelzug Mare di Karin—-Zedna greda und dem Aufbruche von Karin—Popovic erstreckt, indem, abgesehen von der im wesentlichen nordöstlichen Einfallsrichtung südlich und westlich des Gehöftes JakSiC an der Stelle, wo die kahle, grau schimmernde Konglomeratfläche die größte Breite besitzt, in einer schmalen Zone südwestliches Einfallen ersichtlich ist. Offenbar hängt dies mit den daselbst vorhandenen Längsbruchlinien zusammen, die auch schon landschaftlich zum Teil als dem Streichen folgende Schluchten erkennbar sind. Leichter verständlich würden die Verhältnisse übrigens auch dann nicht, wenn man die beiden Konglomeratzonen Mestrovine—Orljak als Flügel einer mit fossilführenden Mergeln erfüllten Mulde auffassen würde. Da jedoch die oben zitierten, von Kerner zwischen Kistanje und Djeverske festgestellten Verhältnisse bereits auf eine Doppel- mulde schließen lassen, dürfte diese Auffassung des Terrainstreifens zwischen der Bukovicamulde und der Aufbruchszone Possedaria— Karin als liegende Doppelmulde wohl am besten den Verhältnissen entsprechen. Der sich nach Südosten verbreiternde, dann aber mit Mergeln mehrfach wechsellagernde Konglomeratstreifen der Mestrovine wird gegen Nordwesten immer schmäler und erscheint beim Aufbruche des Possedariasattels westlich von Novigrad auf ein nur wenige Bänke mächtiges Band reduziert, das von dem erwähnten Sattel durch eine lokal mit alter Terra rossa und Altquartär ausgefüllte Tiefenzone ge- trennt ist, welche offenbar die Niederbruchlinie eines Teiles des Mittel- schenkels zwischen dem Possedariasattel und der westlichsten Mulde des Bukovicaabschnittes darstellt. Denn jenseits des Mare di Növegradi erscheint mit dem breiter zutage tretenden Possedariasattel, in dessen Achse nun auch Dolomit aufbricht, das Aufbruchsgebiet des Zwischen- sattels der Doppelmulde, in dessen Bereich Novigrad liegt, sowie der sich südwestlich anschließende Konglomeratstreifen ganz von der Oberfläche verschwunden und selbst der relativ breite Konglomeratzug, welcher die Burgruine von Novigrad trägt, ist beim Aufstieg von Possedaria zu za platina staje nur in schwachen Resten ersichtlich. In dieser offen- kundigen Reduzierung der südwestlichen Hälfte der Doppelmulde, die im gleichen Maße vor sich ging, als der Kreidesattel emporgewölbt wurde, und dem Umstande, daß das meiner Ansicht nach dem Orljak- zuge entsprechende Küstenterrain östlich Novigrad jenseits des Mare di Novigrad in eine synklinal gebaute Mulde ausläuft, finde ich eine weitere Bestätigung meiner Ansicht, daß in der südwestlichen Hälfte des Bukovicaabschnittes eine Doppelmulde vor- liegt, deren stark geneigten Zwischensattel die fossil- führende Mergelzone von Karin-Zedna greda darstellt. [35] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 495 An dieser Stelle möchte ich mich gegen einen Einwurf verwahren, den man mir vielleicht machen könnte, warum ich nicht durch Auf- sammlungen und genaue Bestimmung der Fossilien das genaue Alter dieser Mergelzone bestimmt habe. Der wesentlichste Grund liegt in dem Erhaltungszustande und Vorkommen dieser Fossilien. Was die Nummuliten und Orbitoiden anbelangt, konnte ich schon im Terrain an den fest im Gesteine eingeschlossenen Exemplaren sehen, daß ein jüngeres Alter als Mitteleozän (die dritte Nummulitenstufe Oppen- heims, die der kleinen Paronaeen) vorliegt, wußte aber auch, daß auf Grund dieser Fossilien eine nähere Bestimmung, ob die Schichten ober- eozän oder unteroligozän seien, unmöglich ist. Die Mollusken sind nun fast durchweg als Steinkerne erhalten, oft noch dazu so verdrückt, daß eine genaue Bestimmung fast zur Unmöglichkeit wird. Und selbst wenn diese nach mühevoller Aufsammlung der meist vereinzelt vorkommenden Objekte und langer Arbeit durchgeführt wäre, wäre der Erfolg doch problematisch. Denn wo es sich um eine Entscheidung handelt, ob oberes Eozän oder unteres (mittleres) Oligozän vorliegt — und nur darum könnte es sich höchstens handeln -—- müßte bei der Lang- lebigkeit vieler vorkommenden Mollusken (um von Korallen ganz ab- zusehen) schon ein selır reiches, gut erhaltenes Material aus den gleichen Schichten und nicht von zahlreichen wahrscheinlich vertikal etwas verschiedenen Fundstellen vorliegen, um mit Sicherheit auf ein bestimmtes Niveau schließen zu können. Auch ist ein nicht unbeträcht- licher Teil der Fossilien, wie schon aus den im stratigraphischen Teil angeführten Formen zu ersehen ist, neu und daher für eine präzisere Altersbestimmung unbrauchbar. Und selbst wenn dies alles gelänge, ist damit für unseren Fall noch nichts gewonnen, weil die beiden Kon- slomeratzüge völlig fossilfrei sind und diesbezüglich keinerei Anhalts- punkte für eine Altersbestimmung liefern. Wenn ich oben das Küstengebiet östlich Novigrad als Fortsetzung des südlichen Orljakzuges bezeichnete, so geschah dies lediglich nach der geograplischen Lage, da es geologisch nicht unwesentlich von diesem abweicht. Denn schon die landschaftliche Verschiedenheit ist auffällig, indem der letztere einen imposanten einheitlich aufgewölbten, wenngleich durch mehrere Querschluchten zerstückten Höhenzug dar- stellt, das erstere dagegen ein flaches Karstterrain, an dessen Aufbau in so unregelmäßiger Weise Konglomerate und Mergel beteiligt sind, daß besonders hier eine Scheidung schwer und nur schematisch auf der Spezialkarte durchführbar war. Außerdem haben die jungen Ein- brüche der Binnenmeerbecken von Novigrad und Karin dieses Terrain in Mitleidenschaft gezogen, so daß die hier bisweilen ersichtliche SW-—NO-Streichungsrichtung und das stellenweise vorhandene süd- westliche Einfallen zu keinen weiteren tektonischen Folgerungen berechtigen. Übrigens ist auch das Mergelterrain südöstlich vom Mare di Karin vielfach zerstückt und bietet so einen sonderbaren Kontrast zu den langen Konglomerat- und Mergelzonen zwischen Novigrad und Kloster Rarin. Bemerkenswert ist das Quartärgebiet, das vom Verbindungs- kanal der beiden Binnenmeere durch einen hauptsächlich konelo- meratischen Küstenstreifen getrennt ist. Da ich keinerlei Anhaltspunkte Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bu.., 3. u. 4. IIft. (R, J. Schubert.) 64 496 R. J. Schubert. [36] fand, die Lehme für altquartär zu halten, dürfte wohl die jungquartäre Ausfüllung eines ungefähr gleichzeitig mit den beiden Meerbecken entstandenen Senkungsgebietes vorliegen. Vielleicht bestand hier ehe- dem ein zweiter seichterer Meereskanal, dessen Vertiefung ähnlich wie bei Kloster Karin mit Alluvien sowie äolischen Bildungen aus- gefüllt wurde. Ein höheres Alter könnten dagegen die Schutt- und Lehm- anhäufungen am Südrande des Mare di Karin besitzen, da sie dort mit dem im stratigraphischen Teile besprochenen diluvialen oder alt- alluvialen Kalktuft verknüpft sind. Westlich Visie bunar wird die Küste von Torrentenschutt gebildet, der älter sein muß als der Einbruch des Meeres, ebenso bilden nordöstlich davon harte konkretionäre, anscheinend mit Kalktuff wechselnde Bänke den Steilabfall der Straße gegen die Küste. Woher diese Kalktuff- und Schuttablagerungen stammen, ist nicht leicht zu bestimmen. Die heutige KariSnica hat sie sicher nicht gebildet, ja sie arbeitet im Gegenteil an deren Zer- störung, wie man beim Kloster Karin sieht, wo. die Kalktuffe lediglich am linken, dem Stromstriche abgewandten Ufer erhalten blieben, und zwar in einem höheren Niveau, als jetzt die KariSnica einnimmt, deren . jetzige Absätze ein tiefroter Lehm, offenbar verschwemmte Terra rossa bildet. Als starker Bach tritt die KariSnica offenbar nach längerem unterirdischen Laufe zwischen dem Orte Karin und dem Franziskaner- kloster zutage. Wie mir ein Herr Ingenieur aus Zara mitteilte, soll eine Verbindung zwischen der Kerka und KariSnica bestehen. In die erstere geworfenes Stroh (den Ort konnte ich bisher leider nicht in Erfahrung bringen) soll in der KariSnica zutagegetreten sein). Eben- dieser Herr, dem ich die obige Angabe verdanke, drang, wie er mir mitteilte, im Vorjahre, als die KariSnica bei langandauernder Trockenheit versiegte, zirka 60 m in die Schlundhöhle vor. Der Gang habe anfangs im ganzen geradeaus, also vermutlich gegen SW geführt, sei dann scharf gegen Osten abgebogen. Wenn die, wie mir mitgeteilt wurde, durch Versuche festgestellte Verbindung zwischen Kerka und KariSnieca in der Tat besteht, ließen sich dann vielleicht mit der Kerka auch andere Vorkommen starker Karstquellen in Verbindung bringen. Am Nordostrande des Einbruchgebietes des Vranasumpfes treten einige zum Teil sehr starke Quellen zutage. Während nun die schwächeren im Sommer versiegen, erwies sich die Kakmaquelle auch dann noch als beständig, nach Angaben, die ich Herrn k. k. Verwalter Stephan Schneider in Zaravecchia verdanke. Diese Quelle wurde nun fast allgemein als Abfluß des Nadinsees gehalten, eine Ansicht, die um so plausibler scheint, als ja die Abzugskanäle dieses Sees (Ponore) sich in der Südecke desselben befinden. Während nun der genannte See, der sonst in der Regel erst im Sommer austrocknet, im Vorjahre (1905) schon Ende März völlig trocken lag, wie ich bei meinen 1) Herr Ingenieur Horowitz in Zara, den ich diesbezüglich um Auskunft bat, teilte mir kürzlich mit, daß er über diesen Versach nichts näheres erfahren konnte, ja daß seine Richtigkeit nicht außer Zweifel steht. [37] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 497 geologischen Aufnahmen feststellen konnte, versiegte die Kakmaquelle nach den freundlichen Mitteilungen Herrn Schneiders im Vorjahre nicht, welche Tatsache nicht gerade dafür spricht, daß die Quellen am Vranasumpfrande Abflüsse des Nadinsees darstellen. Ich teile diese hydrologischen Verhältnisse hier mit, da sie möglicherweise späteren Studien über die unterirdische Wasser- zirkulation im norddalmatinischen Karste von Wert sind, wozu mir leider meine geologische Kartierung nicht genügend Zeit übrig läßt. 4. Der Zdrilosattel. Diesen Namen gebrauchte und gebrauche ich für jenen Falten- sattel, welcher das als Zdrilo bezeichnete Karstterrain zwischen dem Mare di Novegradi und der norddalmatinischen Küste sowie die Steil- abfälle des gleichfalls Zdrilo (Enge) genannten Kanals zwischen den beiden erwähnten Meeren bildet. Er streicht sodann gegen Südosten quer über die Halbinsel von Jasenice, quert die Zermanja, um süd- westlich von Obrovazzo unter die Hülle der Prominaschichten zu tauchen. Er besteht somit aus drei räumlich voneinander durch die Zdrilo genannte Meerenge und die Zermanja getrennten Teilstücken und bildet teilweise die nordöstliche Begrenzung des Bukovicaab- schnittes. Das westlichste Teilstück, das zur Hälfte im Bereiche des Karten- blattes Benkovac—Novigrad, zur Hälfte im Bereiche des Blattes Medak—Sv. Rok liegt, erscheint landschaftlich als ein völlig ver- karsteter Höhenzug, der die norddalmatinische Küste zwischen dem Zdrilokanal und der Bokulja (Vallone Pametina nach freundlicher Angabe des Herrn Sime Knezevic aus Castelvenier, fälschlich Bometina der Spezialkarte) begleitet, und das nordwestliche Ende des Bukovicaabschnittes des Prominaschichtenterrains vom Meere trennt. Während dieser Sattel in der Halbinsel von Jasenice einen anscheinend regelmäßig antiklinalen Bau besitzt, diesen auch noch, wenn schon gleichfalls von mehreren Brüchen durchsetzt, im Zdrilokanal erkennen läßt, besitzt der anscheinend seine westliche Fortsetzung bildende Küstenstreifen von Castelvenier namentlich im Süden von Castelvenier (Vinjerac) einen recht komplizierten Bau. Zahlreiche Störungen durch- setzen diesen Küstenstreifen, so daß das geologische Kartenbild des- selben ein lebhafteres ist, als es sonst der Fall zu sein pflegt, obgleich lediglich die größeren Schollen auf der Spezialkarte ausscheidbar waren und mehrere kleine und kleinste Fetzen von Cosinakalk, Haupt- nummulitenkalk, Alveolinenkalk und Kreide nur schematisch dargestellt, die beiden ersteren meist mit dem Alveolinenkalke vereint oder ganz fortgelassen werden mußten. Obgleich ich bisher noch nicht ganz den auf Blatt Medak—Sv. Rok befindlichen Küstenstreifen aufgenommen habe, glaube ich doch schon jetzt annehmen zu sollen, daß in dem zwischen Grn. Slivnica und Castelvenier gelegenen Karstterrain nicht allein das nordwestliche Ende des Zdrilosattels zu suchen ist, sondern auch Reste anderer Sättel, so zunächst desjenigen, welcher die wieder zum Kreidekalk aufgebrochene Fortsetzung jenes von mir im vor- stehenden wahrscheinlich gemachten Zwischensattels zwischen der 64* 498 R. J. Schubert. [38] Bukovicamulde und der „Doppelmulde* von Novigrad— Karin — Bruska darstellt. Denn an der Kreide und am Alveolinenkalk nordöstlich Grn. Slivnica läßt sich deutlich ein Sattel mit antiklinalem Bau er- kennen, als dessen südöstliche, allerdings durch eine Plattenmergel- zone getrennte Fortsetzung die bereits obenerwähnten Aufbrüche von Alveolinen- und Hauptnummulitenkalk bei Cosina wohl unschwer er- kennbar sind. Dieser im östlichen Teile der Bokulja ins Meer aus- streichende Sattel, den ich kurz den von Slivnica nennen will, ist nun an den gleichfalls ins Kreideniveau aufgebrochenen vielfach zerstückten Zdrilosattelderart angepreßt, daß eine Trennung mir bisher unmöglich war. Die beiden Küstenvorsprünge, die das Valle Ternovizza östlich Castelvenier begrenzen und auf deren westlichem dieser Ort erbaut ist, bestehen aus Rudistenkalk, an welchen sich gegen Süden Alveolinen- kalke schließen, die beim Aufstieg von Castelvenier gegen Zunid außer von kleinen Kreidestreifen besonders von einer breiteren von der Höhe 92 gegen Westen sich ausdehnenden Rudistenkalkzone unter- brochen sind. Diese ist es nun, welche nach meinem Dafürhalten den Kern des Zdrilosattels südlich Castelvenier darstellt. Die Rudisten- kalkbänke fallen an dieser Strecke fast durchweg gegen Südwesten, man müßte daher auf ein Absinken des Rudistenkalkes aus dem Nord- ostflügel schließen, da die gegen Castelvenier folgenden Alveolinen- kalke nordöstliches Einfallen erkennen lassen. In diesen erscheinen nun südlich und südöstlich des Ortes Konglomerate eingefaltet, die lediglich Prominaschichten sein dürften und dann die westliche Ver- längerung der Mulde von Obrovazzo darstellen. Dafür spricht auch der Umstand, daß hier an der Grenze zwischen Rudistenkalk, Alveolinen- kalk und Konglomeraten Eisentone in gleicher Weise in verhältnis- mäßig großer Mächtiekeit entwickelt und in mehreren Nestern den Kalken eingelagert sind, gleichwie dies auch an der Grenze zwischen Rudistenkalk, Alveolinenkalk und Prominakonglomerat in der südöst- lichen Fortsetzung dieses Sattels bei Jasenice und südlich Obrovazzo der Fall ist. Dementsprechend würden dann die erwähnten Küsten- vorsprünge bereits Reste eines dritten Sattels sein, eine Fortsetzung jener kretazischen Aufwölbungszone bilden, welche Fuß und Gehänge des Velebits zusammensetzt. Doch eine Entscheidung darüber wird erst nach der Fertigkartierung dieses Küstenstreifens möglich sein. Jedenfalls wird unter dieser Annahme, daß im Küstenzuge von Castel- venier zwischen dem Zdrilokanal und der Bokulja die Äquivalente, beziehungsweise Reste dreier Kreidesättel zu sehen sind, das kom- plizierte Kartenbild bedeutend verständlicher. Das zweite Teilstück dieses Sattels zwischen dem Zdrilokanal und der Zermanja erstreckt sich quer über die Halbinsel von Jasenice. Als Halbinsel kann ja füglich das Gebiet von Jasenice bezeichnet werden, da es im Nordwesten vom Canale della Montagna, im Westen vom Zdrilokanal, im Südwesten und Süden vom Binnenmeere von Novigrad und im Südosten von der Zermanja begrenzt wird und lediglich gegen Nordosten mit dem Velebitvorlande zusammenhängt. Die Haupt- masse des Sattels bilden hier Rudistenkalke, die zu einem im ganzen normal gestellten, aber mehrfach gestörten Sattel emporgewölbt sind. Auch landschaftlich erscheint dieser Kreidesattel als Höhenzug, der [39] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 499 in der Dratevaca 200 m und im Sibenik 202 m hoch ist und von den allerdings bedeutenderen Höhen des Velebitfußes durch die land- schaftlich als Senke ausgeprägte Mulde von Obrovazzo getrennt ist. Sowohl gegen den Zdrilokanal, besonders aber gegen die Zermanja weist, er Steilabfälle auf. Seine höchsten Punkte, wie die Kuppe 202 m bei Sibenik, auch na ponturike 181 m, befinden sich hart an der Zermanja, zu deren Wasserspiegel sie steil abstürzen, um sich jenseits derselben ungefähr zur gleichen Höhe zu erheben (im Boinik 201 m), so daß das Durchbruchstal der Zermanja auf dieser Strecke eine imposante Naturschönheit darstellt. Der Länge nach wird dieser verkarstete Kreidesattel von einer Reihe (von etwa 10) zum teil ganz ansehnlichen Dolinen durchzogen, die offenbar Einsturzgebiete darstellen. Ihr Ausfüllungsmaterial ist Terra rossa, wenngleich bei einigen in den oberen Lagen bereits stark mit ganz jungen Bildungen vermengt. Altquartäre Konkretionen führende Sande fand ich zwar in ihrem Bereiche nicht, doch glaube ich, daß diese Kesseleinbrüche nicht jungen geologischen Datums sind, sondern daß diese Terra rossa-Ausfüllungen Äquivalente der sonst au der Basis des Altquartärs vorkommenden Terra rossa dar- stellen. Da der Zdrilosattel die nordostwärts über Obrovazzo streichende Konglomeratmulde von der im vorhergehenden besprochenen Bukovica- mulde trennt, so wird er demgemäß beiderseits von Prominaschichten begleitet. An der Grenze der kretazischen Aufwölbung gegen dieselben erscheinen sowohl am Südwest- wie am Nordostrande streckenweise alttertiäre Kalke, und zwar gelber und roter Alveolinenkalk und Haupt- nummulitenkalk in allerdings verschiedener Mächtigkeit. } Dort, wo die Alveolinenkalke ganz fehlen, wie zwischen Saric und der Skoljicka draga an der Südwestgrenze, ist dies größtenteils eine Folge tektonischer Störungen. Die Auflagerungen von Promina- schichten auf dem Alveolinenkalke ist nur selten zu beobachten. Am Westhange des Boinik, am Abfalle desselben gegen die Zermanja liegen ‚sie diskordant, flach südwestlich einfallend über den steil süd- westwärts geneigten Alveolinenkalken. Weniger sicher scheint es mir, das sporadische Auftreten von Hauptnummulitenkalk und höheren mitteleozänen Schichten auf diese Weise zu erklären. Von dem ersten tauchen an einigen Punkten wie nördlich der Dradevaca und besonders an der Zermanja südlich Sibenik Grenzschichten zwischen dem Alveo- linen- und Hauptnummulitenkalke auf, noch spärlicher und unsicher sind dagegen Reste höherer mitteleozäner Schichten. Spärliche Reste von hellen weichen sandigen Mergeln, die als solche angesprochen werden können, fand ich nördlich des Brunnens von Sarlic, beim Brunnen von BuZenic und beim Brunnen Ogradjenica; die beiden ersteren Vorkommen an der Grenze zwischen Alveolinenkalk und Prominakonglomerat, das letztere zwar innerhalb der Konglomeratzone, doch vermutlich in einer Aufbruchzone älterer Kalke innerhalb der Konglomerate. Dieses vereinzelte spärliche Vorkommen der zwischen dem Alveolinenkalke und Prominaschichtenkomplex sonst vorhandenen marinen Schichtglieder — des oberen Hauptnummulitenkalkes und der höheren mitteleozänen Schichten — scheint mir im Verein mit den im 500 R. J. Schubert. ‘ [40] stratigraplischen Teile erörterten Umständen, unter welchen der Eisen- ton vorkommt, auf eine lokale Trockenlegung des Gebietes im oberen Mitteleozän hinzudeuten. Daß ich das Vorkommen einiger Reste von weichen Mergeln anführen konnte, spricht nicht gegen diese Annahme, da ja deren mitteleozänens Alter bisher noch nicht sicher steht und es sich immerhin um Mergel vom Alter der Prominaschichten handeln könnte, auch anderseits selbst der sichere Nachweis, daß hier Schichten des oberen Mitteleozäns vorliegen, der Annalıme einer lokalen Trocken- legung durchaus nicht entgegensteht. Der Alveolinenkalk des Nordostflügels bildet die Grenze zwischen dem Rudistenkalke und den Konglomeraten von Ravanjska bis Jasenice. Südwestlich dieser Ortschaft trennt eine mit Quartär ausgefüllte Bruch- zone die Prominakonglomerate von dem hier mächtige Eisentoneinlage- rungen führenden Alveolinenkalke. Östlich des Brunnens und Tümpels keilt dieser aus und der Kreidekalk tritt unvermittelt an die Konglo- merate. Nur südöstlich Zubkow taucht die bereits erwähnte Mergel- partie an der Grenze empor. Im Rudistenkalke selbst erscheint jedoch ein gegen Südost zur Zermanja und über diese hinwegstreichendes Band von Alveolinenkalk eingefaltet. Nach dem Einfallen würde die nördlich dieses Alveolinenkalkstreifens befindliche Kreidekalkpartie dem Nord- ostflügel des Sattels angehören. Doch ist es sehr schwer, den Aufbau gerade dieses Gebietes völlig zu klären, da dieses Gebiet östlich Jasenice zu beiden Seiten der Zermanja zu den am stärksten gestörten gehört, wie schon die Auswalzung der Mulde von Obrovazzo in dieser Strecke in mehrere schmale Streifen erkennen läßt. In breitem Zuge streichen die alttertiären und kretazischen Kalke dieses Sattels über die Zermanja, wobei auch hier südöstlich der Zermanja inmitten der Kreidekalke ein Alveolinenkalkstreifen ersichtlich ist. Dieser verbreitert sich bei den Gehöften Kramarka und Juriöina, wo er sich auch mit der südwestlich einfallenden, über die Höhen des Boinik, Selina und die Kuppe, welche nordöstlich des Gehöftes Karamarc liegt, streichende Alveolinenkalkzone des Südwestflügels vereint. Westlich der Gehöfte Kramarka erscheinen auch rote Nummu- litenkalke über dem Alveolinenkalke, doch in einer nicht ausscheid- bar geringen Mächtigkeit. Auch der gegen den Kreidekalk zu folgende Alveolinenkalk dieses Flügels ist streckenweise rot, während er meist hellgelb und massig ausgebildet ist. Außerdem ist eine kleine schmale Alveolinenkalkpartie auch südlich der Doline Zevelinac an der nordöstlichen Grenze des Rudistenkalkes gegen die Konglomerate ersichtlich. Beim Brunnen Blizanae sowie südwestlich davon keilen die beiden Rudistenkalkmassen dieser Sattelzone aus, erscheinen jedoch in einigen Streifen abermals an der Straße von Obrovazzo nach Karin, sind aber südlich derselben bald wiederum von Promina- schichten bedeckt. Die alte Übersichtskarte weist besonders in diesem Teile eine unrichtige Darstellung auf, indem der Zdrilokanal dort überwiegend in Alveolinen- statt in Rudistenkalk eingeschnitten ist, der Alveolinen- kalk des Südwestflügels auch in der Halbinsel von Jasenice dort ver- läuft, wo in Wirklichkeit der Rudistenkalkaufbruch sich erstreckt, der Alveolinenkalk des Nordostflügels dagegen beiderseits der Zermanja [41] Prominaschichten im Blatte Novigrad— Benkovac. 501 sanz fehlt. Auch streicht auf der alten Karte die bis BiliSani im Süden von Alveolinenkalk begleitete Rudistenkalkzone dieses Sattels quer durch das Terrain der Prominaschichten und trennt so die Mulde von Obrovazzo durchgehends von dem übrigen Prominaschichtenterrain, was gleichfalls der Wirklichkeit widerspricht. Denn schon kurz südöstlich der von Karin nach Obrovazzo führenden Straße schließt dieser aus alten Kalken bestehende Aufbruch völlig und sowohl die von Obro- vazzo nach BruSka als auch die nach Bogatnik führende Straße ver- läuft ganz in Prominakonglomeraten. Erst bei Bogatnik tritt wieder Kreidekalk zutage und zwischen diesem Orte und der Krupamündung ist an der Grenze zwischen Kreide und den Konglomeraten auch Alveolinenkalk erhalten. Bemerkenswert ist im Bereiche dieser Aufwölbungszone das Vorkommen von Eisenton unter den bereits im stratigraphischen Teile erörterten Verhältnissen. Der im westlichen Abschnitte bei Castelvenier vorkommende wurde bereits oben erwähnt. Größere Massen finden sich bei Jasenice und nordwestlich davon, auch bei Zubkow, durchweg an der Grenze des Alveolinenkalkes gegen die Promina- konglomerate oder im Kreidekalke nahe dem Alveolinenkalke. Süd- östlich der Zermanja begleiten mehrere kleine Vorkommen die Grenze des Alveolinenkalkes aus dem Südwestflügel gegen die Konglomerate, kommen in ersterem beim Brunnen Blizanac vor. Im Rudistenkalke fand ich daselbst Einlagerungen am Nordwesthange der Velka gradina, nordwestlich der Doline Zevelinac, nordwestlich des Blizanaec und am häufigsten in demjenigen an der Straße von Obrovazzo nach Karin, wo Eisentongruben auch aufgeschlossen sind und zu Bauzwecken aus- gebeutet werden. Eine einzige kleine Partie kenne ich bisher in den Konglomeraten, und zwar westlich dieser Straße; doch ist dieses Vor- kommen wohl zweifellos durch eine Einfaltung eines Rudistenkalk- streifens, an welchen das Eisentonvorkommen geknüpft ist, zu erklären. In den Aufschlüssen an der Straße kann man diese Vorkommen gut studieren, auch Übergänge von Eisenton in Bohnerzbildungen wahr- nehmen, wodurch seine technische Verwertbarkeit allerdings vermin- dert wird. Man kann hier auch bemerken, wie infolge der tektonischen Störungen Konglomeratblöcke in den dem Rudistenkalke eingelagerten Eisenton gepreßt wurden, wie ja auch an dieser Strecke einige auch mächtige Konglomeratstreifen den Alveolinen- und Kreidekalken ein- gefaltet sind. 5. Die Mulde von Obrovazzo. Die Gesteine dieser Muldenzone sind überwiegend Konglomerate, nur südlich Ravanjska sind auch Plattenmergellagen eingeschaltet. Vielleicht gehören auch die an einzelnen Punkten zutage tretenden hellen weichen Mergel, die petrographisch den mitteleozänen so ähnlich sehen, in den Komplex der Prominaschichten. Im Zermanjaabschnitte dieser Mulde, namentlich südlich Obrovazzo, sind den Konglomeraten auch kalkige, bisweilen auch mergeligkalkige Partien eingeschaltet. Meist sind sie massig und dick gebankt, wechsellagern auch mit den Konglomeraten, so daß sie bei gleichen Verwitterungsformen von den- 502 R. J. Schubert. [42] selben nur schwer unterscheidbar sind. Bisweilen gehen sie auch durch Geröllaufnahme allmählich in die Konglomerate über. Infolge ihrer geringen Mächtigkeit konnten sie von denselben nicht geschieden werden. Offenbar stellen sie die Anhäufungen feinen Schlammaterials innerhalb der großen Torrenten- oder Flußläufe dar. Am regelmäßigsten ist die Mulde in der Umgebung von Obro- vazzo gebaut. Wenngleich von zahlreichen Längs- und Querbrüchen durchsetzt, zeigen die Schichten hier ziemlich deutlich ein synklinales Einfallen. Das Zermanjatal ist in die Konglomerate dieser Mulde vom ersten Wasserfall bei den Jankovicevi mlini bis westlich des Fried- hofes von Obrovazzo eingeschnitten. Zwischen Miljanic und Blizanae. ist sie noch ziemlich breit (etwa 1!/, km), westlich davon, zwischen der Doline Zevelinace und Jasenice jedoch so zusammengepreßt, daß sie auf einige ganz schmale Konglomeratstreifen reduziert ist, die den hier zu beiden Seiten der Zermanja massig emporgewölbten Rudistenkalken eingefaltet sind. Nebst einigen ganz unbedeutenden derartigen Resten im Kreidekarst nördlich der Doline Zevelinac und nördlich der Zermanja im Westen des Gehöftes Rontevid ist es vor- nehmlich ein zwar schmaler, aber kontinuierlicher Zug von Kon- glomeraten, der, vom Ostrande der Doline Zevelinae gegen Nordwest über die Kuppe 140 streichend, die Zermanja quert und am Nordost- und Nordhange der PariZevicka (l5l m) nahe der Kuppe derselben, sodann über den Maroni@ bunar hinzieht, um bald westlich desselben auszukeilen. Doch bald erscheinen die Konglomerate dieser Mulde an der Bobarica wieder und streichen in einem zusammenhängenden, wenngleich nicht halb so breiten Zuge wie im erstbesprochenen Gebiete über Jasenice gegen Ravanjska zu, wo sie bei der Obaljenice ganz verschmälert ins Meer ausstreichen. Wie bereits bei Besprechung des Zdrilosattels erwähnt wurde, dürften die in Alveolinen- und Kreide- kalk eingefalteten Konglomeratstreifen südlich und südöstlich Castel- venier die nordwestliche, jenseits des Zdrilokanals gelegene Fortsetzung dieser Mulde darstellen. Auch bei Jasenice besitzt diese Mulde synk- linal gestellte Flügel, in der Umgebung von Ravanjska allerdings ist ihre Verschmälerung abermals durch Zusammenpressung verursacht, desgleichen erscheinen zwischen Ravanjska und Jasenice auch Streifen älterer Schichten (vornehmlich Alveolinen- und Hanptnummulitenkalk). Doch auclı südlich der Zermanja werden die tektonischen Ver- hältnisse der im Zermanjaabschnitte relativ einfach gebauten Mulde wieder verwickelt, so daß es mir bisher noch nicht gelang, hier völlige Klarheit zu erhalten. Zwischen der Straße bei Bilisani und der Zermanja zwischen Ruine Alt-Obrovazzo und dem Kulturengebiete von Lug bildet die Grenzlinie der Velebitkreide gegen die Konglomerate dieser Mulde eine deutlich erkennbare Ausbuchtung gegen Süden. Auch ist sie daselbst nicht einfach wie sonst in der Regel, wenn man von Ein- klemmungen kleiner Fetzen an den Grenzzonen absieht, sondern läßt einen Wechsel von Kreide und Prominakonglomeraten erkennen. Es hat den Anschein, als ob hier die Mulde von Obrovazzo abermals stark zusammengepreßt wäre und diese Erscheinung im Zusammenhange mit einem schmalen Wiederaufbruche des Zdrilosattels stände. Denn den Rudistenkalken dieses zwischen den Gehöften Klakovaec und Gnjatovic [43] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 503 gelegenen ostwestlich streichenden Aufbruches sind mehrere Partien von Eisenton eingelagert, und zwar in derselben Ausbildung und Lagerung wie im Zdrilosattel an der Straße von Obrovazzo nach Karin. Da ich nun in der so mächtig entwickelten Kreide des Velebitgehänges keine Fisentoneinlagerungen bisher fand, sondern diese auf den Zdrilo- sattel beschränkt zu sein scheinen, liegt wohl die Vermutung nahe, daß dieser Eisenton führende Kreideaufbruch dem Zdrilosattel angehört. Es würden dann hier ähnliche tektonische Vorgänge die Reduzierung der Mulde in eine Anzahl schmaler Konglomeratstreifen verursacht haben wie zwischen Jasenice und Zevelinac. Nördlich von diesem gestörten Grenzgebiete, jenseits der Zer- manja fand ich östlich vom Torrente Pelica eine aus einigen sehr kleinen Streifen bestehende Konglomeratzone im Kreidekalk einge- klemmt. Diese Konglomerate sind sicher alttertiär, da ich kleine Alveolinen und Nummauliten in einigen der Gerölle mit Sicherheit erkannte. Ob es sich hier jedoch um Reste der Mulde von Obrovazzo handelt oder ob dies Vorkommen einen Anhaltspunkt für die Annahme einer nördlich von dieser verlaufenden Muldenzone bietet, wodurch der Bau der anscheinend einförmigen Kreidemasse des südlichen Velebithanges klarer würde, kann vor einem gründlichen Studium der Velebitkreide nicht entschieden werden. Auch in der Nordostecke des Blattes fand ich dort, wo der Weg von Muskovei nach Gra@ac knapp vor der kroatischen Grenze aus der nordöstlichen Richtung in die nord- westliche umbiegt, in dem Längstale zwischen den Höhengruppen des Porlok und des Manelovac einen kleinen Streifen von Konglomeraten, in denen ich zwar noch keine Tertiärfossilien fand, die aber dem Gesteinshabitus nach gar wohl Prominakonglomerate sein könnten. Zwischen dem Eisenton führenden Kreideaufbruche nördlich Bilisani und dem Zdrilosattel an der Straße von Obrovazzo nach Karin vermochte ich keine Reste älterer Aufbrüche aufzufinden. Allerdings sah ich an der Straße südlich Pupavac einige Rudisten- kalkblöcke, doch erwiesen sich diese bei näherer Betrachtung als aus den Konglomeraten stammend, in denen in der Nähe andere noch fest eingefügte anstehen; bisweilen, wie östlich des Kozmad an dem von Obrovazzo nach Medvidje führenden Fahrweg, sind die kalkigen fossilfreien Einlagerungen der Konglomerate ganz ähnlich dem Rudisten- kalke, der ja hier. leider meist auch fossilfrei ist. Wo solche Kalke von fraglichem Alter den Konglomeraten deutlich eingelagert erscheinen, ist deren Deutung nicht schwer. Mit großen Schwierigkeiten ist diese Trennung jedoch dann verknüpft, wenn solche Kalke nahe von Störungs- zonen an der Grenze gegen den Rudistenkalk vorhanden sind, wie südlich der Zermanja bei Miljanic. Interessant sind im Konglomeratterrain südlich der Zermanja die schmalen, grabenförmigen Quartärzonen, die bisweilen ungefähr dem Streichen folgen wie bei Bilisani nördlich der Straße, meist dagegen schräg oder senkrecht zum Streichen verlaufen und oft im weiteren Verlaufe in weit verfolgbare Einschnitte übergehen. Die bedeutendsten derselben sind die von Pupavac und Dolovi. Offenbar sind es Bruch- zonen, deren Alter beim Fehlen älterer Ausfüllungen ganz jung, also etwa gleichaltrig mit den Zermanja- und Meereinbrüchen sein dürfte. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. J. Schubert.) 65 504 R. J. Schubert. [44] 6. Süsswasserneogen von Bilisani. An den oben besprochenen kretazischen Wiederaufbruch des Zdrilosattels nördlich Bilisani schließt sich im Osten eine mit dem Zermanjatale in Verbindung stehende Niederung an, aus deren Mitte sich ein flacher Hügelzug erhebt. Die nördliche Hälfte der Umrandung dieser SW—NOÖ streichenden Niederung bilden zum Teil dolomitische Kreidekalke, die südliche Konglomerate der Prominaschichten. Diese Niederung liegt also an der Grenze des Prominaschichtenterrains und der Kreide des Velebitfußes. Der inmitten der Niederung ersichtliche flache Hügelzug besteht aus Kalken und Mergeln, welche letztere besonders östlich der Häusergruppe KuridZa eine relativ arme, im stratigraphischen Teile näher besprochene Fauna von Binnenmollusken enthalten, die auf ein neogenes Alter hindeutet und dafür spricht, daß wir in den Mergein und Kalken, welche diese Niederung ausfüllen, Reste eines jungtertiären Süßwassersees analog den bisher bekannten Vorkommen von Mioöic bei DrniSs und von Pago zu sehen haben. Deutlich fossilführend sind diese Schichten, soviel ich bisher weiß, lediglich im Osten von der erwähnten Häusergruppe, wo ich dies so- wohl in zahlreichen Lesesteinen im Weidegebiete als auch in dem Wasserrisse anstehend beobachtete, der sich gegen den südlich Vuka- dinoviö befindlichen Brunnen hinzieht. Der sich daran anschließende langgestreckte Hügel gegenüber der Quelle Djebinovei besteht aus einem massigen, doch löcherigen grauen, dem über dem Hauptnummu- litenkalke liegenden Knollenmergel ähnlichen Kalke mit undeutlichen kleinen Gastropodenspuren; Reste solchen Kalkes sind auch den Konglomeraten bei der Karstquelle Djebinovei angelagert, kommen als Lesesteine auch im Ackergebiete gegen Berber zu vor. Während im östlichen Teile Kalke vorherrschen, bilden vorwiegend Mergel die Überbleibsel der neogenen Seeausfüllung in der westlichen Hälfte. Abgesehen von den bereits besprochenen fossilführenden sind weiche hellgelbe bis dunkelbraune Mergel in der Schlucht vorhanden, die sich von dieser Niederung gegen Südsüdwest erstreckt. Die Quelle Tocak verdankt ihre Entstehung diesen Mergeln. Sie enthalten hier auch kleine Kohlenschmitzen und ähneln äußerlich sowol den marinen mitteleozänen als auch den im Prominaschichtenkomplex eingeschalteten obereozänen. Fossilien fand ich zwar darin bisher nicht, doch besteht der Schlämmrückstand im Gegensatze zu den durch eine marine Mikrofauna charakterisierten mitteleozänen und aus feinem Kalkgruse bestehenden weichen Prominamergeln lediglich aus sehr spärlichen kohligen und limonitischen Partikelchen, während die ganze Mergelmasse .bei zwei von mir geschlämmten Proben — offenbar der äußerst feine kalkig bis mer- gelige Niederschlag der jungtertiären Gewässer weggeschlämmt wurde. Was nun die Lagerung dieser neogenen Schichten betrifft, so läßt sich an dem aus der Niederung emporragenden Hügel ein im wesentlichen nördliches Einfallen (NW-—NO) erkennen. Zwar weisen die Schichten in der Nähe des Fossilfundortes anscheinend synklinalen Bau auf, doch könnte dies immerhin durch eine zur Hauptbruchlinie senkrechte Störungslinie bedingt sein. Dem Nordrande dieser Niederung entlang verläuft nämlich eine offenbar junge Bruchlinie, an welcher [45] Prominaschichten im Blatte Novigrad— Benkovac. 505 Teile der neogenen Seeausfüllung absanken und deren Verlauf jetzt - durch üppige zu dem die Neogenniederung umgebenden Karste auf- fällig kontrastierende Wiesen erkennbar ist. Vereinzelte kleine Reste der ehemaligen Seeausfüllung sind jetzt auch noch am Nordrande wie bei der Kirche BiliSani, wohl auch beim Zermanjawasserfall, ebenso am Westrande bei GuSine ersichtlich. Durch diesen offenbar im Zusammen- hang mit den Einbrüchen des Zermanjalaufes, also an der Grenze zwischen Alt- und Jungquartär etwa erfolgten Einbruch ist wohl auch die im ganzen nordöstliche bis nordwestliche Einfallsriehtung der neogenen Schichten zu erklären. Beweise einer Zusammenfaltung der neogenen Sedimente fand ich keine, was auch mit der bisherigen Annahme im Einklang steht, daß die Auffaltung des norddalmatinischen Gebietes zum Schlusse des Oligozäns bis Anfang Miozän ihr Ende fand. Auch der schmale Mergelzug, in dessen Bereich die Quelle Tocak sich befindet, setzt keine nachträgliche Einfaltung des Mergels in die Kon- elomerate voraus, sondern ist wohl natürlicher als die Ausfüllung eines schmalen Kanals zu betrachten. Die jetzt dort wahrnehmbare Neigung der Schichten ist durch Rutschungen an den quartären, vielleicht auch schon alten Bruchlinien bedingt. Im Bereiche dieses Neogengebietes fand ich, abgesehen von den - Kalktuffen der Zermanjawasserfälle, drei räumlich getrennte Partien von Kalktuff, die trotz ihrer geringen Größe von Interesse sind. Die östlichste kleinste Partie befindet sich am Ostrande des aus der Niederung sich erhebenden Hügelzuges und offenbar durch den Abfall der Quellwasser in die jetzt durch wiesenbedeckte Alluvien ausgefüllte quartäre Längsbruchzone verursacht. Während das jungquartäre Alter dieses noch in Fortbildung begriffenen Kalktuffes sicher steht, ist dies bei den anderen beiden Vorkommen nicht der Fall. ’ Inmitten der sich gegen Südwesten erstreckenden Ausbuchtung, in welcher das Gehöft Gu$ina liegt, ragt nämlich ein schmaler Hügel empor, scheinbar eine Fortsetzung des inmitten der Niederung befind- lichen, der sich bei näherer Betrachtung als aus Kalktuff bestehend erweist. Die Struktur desselben stimmt derart mit derjenigen der jetzigen Zermanjawasserfälle überein, daß kein Zweifel bestehen kann, daß hier das Überbleibsel eines alten Wasserfalles vorliegt. Verlockend erscheint die Ansicht, daß dieser Kalktuff neogen sei und daß über ihn sich die Wasser einst in den Neogensee stürzten. Abgesehen jedoch davon, daß mir für diese Ansicht nicht die geringsten paläontologischen Anhaltpunkte zu Gebote stehen, dürfte die Niederung in ihrer jetzigen Gestalt ja erst im Quartär entstanden sein. Wenn auch die Wirkung der atmosphärischen Zerstörung des umgebenden Karstterrains seit dem Neogen nicht unterschätzt werden darf, so läßt doch die relativ hohe Lagerung der Mergelpartien in der ToGakschlucht erkennen, daß der neogene Seespiegel hoch lag. Es scheint daher die andere Annahme, dab die Kalktuffmasse von Gu$ine quartär sei, die wahrscheinlichere. Ähnlich verhält es sich mit der dritten mir bekannten Kalktuff- partie zwischen der Todakschlucht und KuridZa, die sowohl fest bis löcherig als auch erdig ist. Besonders die letztere Ausbildungsform ähnelt sehr den neogenen Sedimenten. 65* 506 R. J. Schubert. [46] IV. Tektonische Zusammenfassung. Ich glaube im vorstehenden genügend klargelegt zu haben, daß die bisherige Auffassung des in Rede stehenden Gebietes als einfache oder lediglich von untergeordneten Falten durchzogene Mulde sicher nicht den Tatsachen entspricht: Allerdings war es mir infolge der petrographischen Beschaffenheit des größeren Teiles der dieses Gebiet aufbauenden Schichten sowie der starken Zusammenfaltung und der Jungen Einbrüche nicht durchweg möglich, den Verlauf der einzelnen Falten scharf abzugrenzen. Immerhin erhellt aus dem Aufbrechen älterer, vor allem der kretazischen Schichten in mehreren Faltenzügen am Nordwest- sowie Südostrande des fast ausschließlich von Promina- schichten erfüllten Gebietes, daß in diesem die Äquivalente der im Nordwesten und Südosten davon deutlich ersichtlichen Falten gesucht werden müssen. Man könnte vielleicht einwenden, daß das Nichtauf- brechen älterer Schichten durch zu wenig starke Aufwölbung bedingt sei, daß also doch lediglich eine einzige von untergeordneten Falten durchzogene Mulde vorliese. Wenn sich dies nun so verhielte, müßte dieses Gebiet eher einen flachwelligen Bau besitzen, als, wie dies der Fall ist, größtenteils so stark überfaltet, ja stellenweise überschoben zu sein, so daß an manchen Querungen dieses Gebietes, wie zum Beispiel von Benkovac über Karin—JuraSinka nach BiliSani, fast lediglich nordöstliches Einfallen der Plattenmergel und Konglomerate ersichtlich ist. Daß aber in diesem Terrain die älteren Schichten, besonders die harten Kalke nicht aufbrechen, hat also nicht sowohl in einer geringen Faltungsintensität seinen Grund, als in der Mächtigkeit dieser jüngsten mitgefalteten Schichten, deren Absatz wahrscheinlich noch während der ersten auffaltenden Bewegungen fortdauerte und die viel jünger sind, als die übrigen norddalmatischen (marinen) Schichtglieder. Aller- dings kommen in diesem Gebiete auch anscheinend Zonen schwächerer Auffaltung vor, wie in der Aufbruchszone in der Fortsetzung des Posse- dariasattels Karin— Dobropoljei oder in der Antiklinalzone Alavanja— Bruska—Rodaljice, auch in der weiten flachen Lagerung eines Teiles der Bukovicamulde. Doch unterscheidet sich hierin das in Rede stehende Gebiet in keiner Weise von dem südwest-küstenwärts sich anschließenden Terrain, wo auch Stärke und Art der Faltung, bald Aufpressung älterer Schichten und steilgestellte Sättel, bald Auflösung des Faltenschubes in Überschiebungen, oft auf relativ kurzen Strecken mit ganz flachen Faltenwellen wechseln. Am einheitlichsten in der Art und Stärke der Faltung erscheint das mit Prominaschichten bedeckte Gebiet im Bereiche des Karten- blattes Benkovac in einer Linie, welche man quer durch das Gebiet zwischen Bilisani und Oberbiljane legt, etwa durch das neogene Ein- bruchgebiet bei der ersten und die Durchspießungsklippenzone bei der letzten Ortschaft, indem in dieser Richtung sämtliche Falten gegen Südwest geneigt und zusammengepreßt, stellenweise auch überschoben wurden. Bemerkenswert ist, daß dies auch in der südwestlichen Fort- setzung dieser Linie stärkster Zusammenpressung, auch in dem süd- westwärts sich anschließenden Küstengebiete an den Sätteln von Nadin, [47] Prominaschichten im Blatte Novigrad—Benkovac. 507 des Vröevo und besonders des Tustica erkennbar ist, der hier am stärksten über die Küstenmulde überschoben ist (cf. diese Verhandl. 1903, pag. 144). Ein Überblick über den Verlauf und Zusammenhang der nord- dalmatinischen Falten wird erst nach der geologischen Kartierung des gesamten Gebietes, vor allem des Velebits möglich sein; eben- so scheint es mir verfrüht, Fragen wie über die Herkunft der Promina- konglomerate, Beginn und Schluß der norddalmatinischen Faltungen jetzt schon zum Gegenstande eingehender FErörterungen zu machen, da ja gerade die für die Lösung dieser Fragen so wichtigen näheren Aufbauverhältnisse des Velebits bisher so gut wie unbekannt sind. Ich begnüge mich daher für diesmal mit meinen obigen Aus- führungen, dig ich kurz dahin zusammenfassen kann, daß indem mit Prominaschichten bedeckten Terrain im Bereiche des Blattes Benkovac 6—7 größtenteils geneigte, über- kippte und überschobene Falten enthalten sind, die, was Art und Stärke der Faltung betrifft, sich völligin den Rahmen der sonst in Norddalmatien vorhandenen einpassen. V. Nutzbare Mineralien. Eisen ist als Bohnerz in minimalen und Beauxit auch in geringen Mengen und dazu in technisch schlecht verwertbaren Vor- kommen im Prominaschichtenterrain vorhanden; lediglich die Kohlen- vorkommnisse verdienen daher eine ausführlichere Besprechung. Seit geraumer Zeit wird in Zeitungen und Vorträgen von den großen Kohlenschätzen berichtet, die Dalmatien beherbergen sollte. Veranlaßt wurde diese Meinung offenbar durch die Tatsache, daß dieselben Schichten, welche die Kohlen am Monte Promina bei Siverid und Velusic führen, in Norddalmatien eine sehr große Verbreitung besitzen. Kohlenspuren, die im Bereiche dieser Schichten, der Promina- schichten, an mehreren räumlich weit voneinander getrennten Punkten sefunden wurden, wurden für Anzeichen eines kontinuierlichen, über ein sehr großes Areal verbreiteten Kohlenvorkommens gehalten. Die petrographische Einförmigkeit veranlaßte die Annahme eines einfachen Baues, einer Mulde, in der man in der Tiefe auf Kohlen stoßen müsse. Im vorstehenden wurde nun wohl zur Genüge klargelegt, daß durchaus kein einfacher Bau vorliegt, daß also bei den mannigfachen Störungen mächtigere zusammenhängende Kohlenvorkommen auf weit- aus größere Entfernung hin und in größerer Mächtigkeit ausbeißen müßten, als dies in der Tat der Fall ist. Im Bereiche des Blattes Benkovac—Novigrad sind mir bisher folgende Kohlenvorkommen bekannt geworden. Soviel mir bisher bekannt, ist das mächtigste Vorkommen dasjenige bei Grn. Slivnica, an der äußersten Nordwestgrenze des zusammenhängenden Prominaschichten- komplexes. Dort wurde auf dem Besitze des Herrn Tome Knezevic bei der Kirche Sv. Kuzman i Damjan in den Weinbergen nahe der Lokva bei Brunnengrabungen an mehreren ganz nahe beieinander 508 R. J. Schubert. [48] gelegenen Punkten in einer Tiefe von 5—6 m Kohle gefunden. Das Flöz soll hier eine Mächtigkeit von 1 m besitzen. Gegen Nordwesten zu folgen in geringer Entfernung schon marine Kalke mit kleinen Nummuliten und Orbitoiden, die offenbar auch die Kohle unterlagern, und auch gegen Südosten zu ist auf kein größeres streichendes An- halten des Flözes zu rechnen, da ich nahe den Rändern dieser hier auf eine Strecke synklinal gebauten Mulde nur nahe der Kirche —- also auch des Kohlenvorkommens — Pflanzenreste (auch Flabellarien) fand. Außerdem ist das Gebiet im Südosten des Golibrig vielfach gestört: Auch bei Possedaria sollen Kohlenspuren gefunden worden sein. Ich konnte die Stelle zwar nicht in Erfahrung bringen, doch vermute ich, daß sie inder Nähe der Küste liegt. In der südöstlichen Fortsetzung wurden im Nordosten von Novigrad nahe der Küste in den Weinbergen Kohlenstückchen ‚gefunden, ferner nahe der Maslenica an der Küste bei einer Brunnengrabung nahe dem Gehöfte Saric, auch in Medvidje, bei Karin, doch handelt es sich hier keineswegs um ein zusammenhängendes Kohlenvorkommen, sondern um unbedeutende vereinzelte, räumlich weit entfernte Kohlenbildungen, die meist an wenig mächtige Konglomeraten eingelagerte Mergelzüge geknüpft sind. Ähnlich dürfte es sich auch mit den Kohlenvorkommen von Kistanje, Modrinoselo und Nunic, von welchen in den „Mineralkohlen Österreichs“ !) pag. 193 berichtet wird, verhalten, obwohl auf der Über- sichtskarte (Taf. XII) ein großes zusammenhängendes Braunkohlen- vorkommen eingezeichnet ist. Diese Ubersichtskarte bedarf. aber gerade, was das dalmatinische Kohlenvorkommen betrifft, einer Ver- besserung. Denn nach der Zeichenerklärung sind dort, wo bei größeren Kohlenmulden die Flözführung nicht außer Zweifel steht, nur die Muldenränder eingezeichnet. Danach erscheint in Norddalmatien nicht nur das mit Prominaschichten (Mergeln wie Konglomeraten) bedeckte Terrain nebst einer starken Übertreibung als Kohlenmulde, sondern außerdem das ganze zwischen diesem und der Meeresküste gelegene Gebiet von drei „Kohlenmulden* durchzogen, auch Pago fälschlich als weites Kohlenrevier. Was mit diesen Kohlenmulden. gemeint _ sein soll, ist nicht näher erklärt. Da die Übersichtskarte über die (dalmatinischen) Kohlenvorkommen nach der Stache-Hauerschen geologischen Übersichtskarte entworfen ist, kann es sich bei den drei „Kohlenmulden“ lediglich um eine stark schematisierte Darstellung (in Wirklichkeit sind es nämlich sechs) der norddalmatinischen, mit marinem Tertiär erfüllten Muldenzüge handeln. Und in diesem marinen Eozän kommen nur lokal im Knollenmergel ?), in welchen der Haupt- nummulitenkalk nach oben zu übergeht, Spuren von Kohlen vor, so unbedeutende Reste von kohligen Pflanzenresten, daß man mit dem- selben Rechte die Verbreitungsgebiete aller Sedimentärgesteine als Kohlengebiete bezeichnen könnte. !) Herausgegeben vom Komitee des allgemeinen Bergmannstages. Wien 1903. 2) Da dieser Knollenmergel einen marinen in Küstennähe abgesetzten Kalk (Hauptnummulitenkalk) überlagert und nach oben zu wenigstens. großenteils in (marine) Tiefseemergel übergeht, ist klar ersichtlich, daß dieser Knollenmergel keineswegs eine Süßwasserbildung darstellt. [49] Prominaschichten im Blatte Novigrad—-Benkovac. 509 Ebenso unberechtigt ist die in Laienkreisen noch bisweilen fest- gehaltene Ansicht, daß man in Dalmatien in der Tiefe noch das „istrische Kohlenflöz* erreichen werde. Die istrische Kohle ist an die Cosinaschichten gebunden, die in Dalmatien lediglich in geringer Mächtigkeit vorhanden und kohlenfrei sind, in Norddalmatien und den Inseln übrigens größtenteils ganz fehlen. Ich habe oben die Punkte erwähnt, von denen mir bei meinen vorjährigen und heurigen Aufnahmen im Bereiche des Blattes Benkovac in der Westhälfte der sogenannten Prominamulde Kohlenvorkommen bekannt wurden. Es sind durchweg unbedeutende Vorkommen, die eine Aufschließung wohl sicher nicht lohnen würden. Die Verhältnisse sind so klar ersichtlich, daß sie von unbefangenen Beurteilern gar nicht verkannt werden können. Um so mehr muß es wundernehmen, daß in den letzten Jahren trotzdem immer aufdringlicher von den „ungeheuren Bodenschätzen“ Dalmatiens berichtet wird. Recht bezeichnend ist diesbezüglich ein Vor- trag des Herrn A. König, „Die wirtschaftliche Zukunft Dalmatiens“!), aus dem ich zur näheren Kennzeichnung folgende Stellen anführe. Pag. 9: „Experten verschiedener Nationalitäten, Franzosen, Belgier, Österreicher und Deutsche haben in meinem Auftrage meine Gebiete seologisch und montanistisch durchgeforscht und Gutachten abgegeben. Alle diese Autoritäten sind über die ungeheure Ausdehnung des Kohlenvorkommens und dessen leichte Zugänglichkeit einig... Nur über das Kohlenquantum gehen die Schätzungen auseinander. Die einen schätzen es auf hunderte Millionen Tonnen, die anderen auf Milliarden Tonnen.“ Begrenzt wird die Kohlenmulde nach König „nördlich vom Mare di Novigradi und vom Mare di Karin, südlich ist dieselbe von der Adria eingesäumt“. Auf Seite 11 bringt er eine interessante Darlegung des geologischen Aufbaues von Norddalmatien „an Hand der verfaßten Expertisen“: „Die Schichtenlagerung ist eine sehr regel- mäßige. Alle Dörfer liegen auf oder an dem Konglomeratrücken, weil die Bauern ihr fruchtbares Ackerland, das über den tonigen Schichten liegt, nicht mit Gebäuden besetzen wollten. Dagegen finden sich, weil die Tonmergel wassertragend sind, alle vorhandenen Brunnen in diesen Schichten. Das alles ist so außerordentlich charakteristisch und auf so große Erstreckungen auch auf den österreichischen Generalstabs- karten zu verfolgen, daß dadurch auf die absolute Regelmäßig- keit der ganzen tertiären Ablagerung mit Sicherheit geschlossen werden kann. Das Kreidegebirge bildet nördlich der Kerka eine einzige große Mulde. Die Mulde ist auf ihre ganze Länge mit den oben geschilderten tertiären Gebirgsgliedern ausgefüllt. Aus den mitgeteilten Verhältnissen kann man schließen, daß sich auf der ganzen Fläche von zirka 1500 km? die Ablagerung des Tertiärgebirges und der in ihm enthaltenen Kohlenflöze ganz regelmäßig vollzogen hat.“ Pag. 12: „Würde man annehmen, daß im nördlichen Teile der Mulde nur ein einziges durch- gehendes Flöz von lm Mächtigkeit sei, so reicht doch der !) Verlag des niederösterr. Gewerbevereines. Wien 1900. 510 | R. J. Schubert. [50] Vorrat für eine Jahresförderung von einer Million Tonnen viele hundert Jahre lang“ Herr König schließt seine Ausführungen über den Kohlenreichtum mit den Worten: „Ich sehe davon ab, weitere noch interessantere Stellen aus den Expertisen vorzulesen, denn in ein bis zwei Jahren wird man nicht mehr von Experisen, sondern von Tatsachen sprechen.“ Und hierin hat er Recht behalten, allerdings in einem anderen Sinne, als er es wohl meinte. Inhaltsverzeichnis Seite 1: Einleitung een Bu ren EI ETEREE TEE EBERRLETT ENTER" ERITREUBE 461 II. -Stratigraphischer. Teil’... . 0.0 300 a Re 462 III. Aufbau des Gebietes . . . . . 5 A SE er Tee 2 474 1 Der_Knkaljyabschnäht 0 4.. 00.200 ae . 475 3. Die Aufvruchszone en: Kr ra 3... Der. Bukovicaabschnitt een Sa Er ERRANG >); #);Die;Bükoyagamnlder) sis rs uohsteit anbu 5. b) Die Doppelmulde (?) von Ne Karin—Dobropoljei. . . 491 4::Der.Zdrilosattelsnz ) role u ee OARaR. Frrerke e 5..Die, Mulde vonObroyazzo Be EEE a ee 6:,BüBßwasserneogen von. Bilisani sy... zurpe aa te de, a ee ee IV. Tektonische Zusammenfassung . .... 2 Al en ee, ee WE Nutzbare Mineralien. . LIT I ERS ETERN 91: 290507 Zur neuesten Literatur über das böhmisch- schlesische Grenzgebiet. Von Dr. W. Petrascheck. Mit zwei Zinkotypien im Texte. Seit einer langen Reihe von Jahren bewegen sich die Aufnahmen der königl. preußischen geologischen Landesanstalt sowie die der k. k. geologischen Reichsanstalt in den Sudeten. Verhältnismäßig wenig ist aber erst von den umfangreichen bisher geleisteten Arbeiten der Öffentlichkeit übergeben worden, was seinen Grund zum Teil darin hat, daß vergleichende Beobachtungen in den ausgedehnten Gebieten gemacht werden mußten, ehe ein abschließendes Urteil ermöglicht wurde. Nie hat dabei die das Gebiet teilende politische Grenze eine Scheide gebildet. Beyrich hat von böhmischen Landesanteilen eine Karte geliefert, welche nach meinem Dafürhalten sogar die teilweise später erfolgten Österreichischen Aufnahmen in manchen Punkten über- ragt. Die Berichte der Mitarbeiter der ersten geologischen Aufnahme unserer Anstalt geben andererseits Zeugnis, daß sie das Studium der schlesischen Gebietsteile nicht vernachlässigt haben. Auch die beider- seitigen neuen Aufnahmsberichte lassen erkennen, daß sich die Beob- achtungen jeweilig über die Landesgrenzen hinaus erstrecken. Die für die angrenzenden böhmischen Landesteile hochbedeut- samen Spezialkartierungen Dathes sind nunmehr so weit vorgeschritten, daß im Sommer die Ausgabe der ersten Kartenlieferung erfolgen konnte. Dieselbe enthält die Sektionen Wünschelburg, Neurode, Rudolfswaldau und Langenbielau, somit unmittelbar an der Landes- grenze liegende Gebiete. In ihnen ist die mühevolle Arbeit vieler Jahre niedergelegt. Erheischen sie schon darum unsere besondere Beachtung, so gewinnen sie durch die im Karbon und Perm erzielten Resultate unmittelbare Bedeutung für die Aufnahme der böhmischen Grenzgebiete. Gleichzeitig erschienen anläßlich der letzten Tagung der deutschen geologischen Gesellschaft als Festschrift drei Arbeiten von A. Schmidt, Herbing und Flegel!), die ein wegen seiner Lage an der böhmisch- !) Zur Geologie des böhmisch-schlesischen Grenzgebirges. Dargebracht der Deutschen geol. Gesellsch. zu ihrer Tagung in Breslau, September 1904, von der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. A. Schmidt, Oberkarbon und Rotliegendes im Braunauer Ländchen und der nördlichen Grafschaft Glatz. J. Herbing, Über Steinkohlenformation und Rotliegendes bei Landeshaut, und Schwadowitz. K. Flegel, Heuscheuer und Adersbach-Weckelsdorf, eine Studie über die obere Kreide im böhmisch-schlesischen Gebirge. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 66 312 Dr. W. Petrascheck. [2] schlesischen Grenze angeblich etwas stiefmütterlich behandeltes Gebiet zum Gegenstand ihrer Untersuchung machen und damit den beider- seitigen gerade in diesen Gegenden umgcehenden Landesaufnahmen zuvorzukommen suchen. Aber eben dieser Versuch drückt die Arbeiten zu ganz ephe- meren Erscheinungen herab, denn schon am Tage des Erscheinens waren sie durch die bei den fortlaufenden Aufnahmsarbeiten gemachten Erfahrungen in fast allen Punkten überholt. Um dies zu beweisen, sollen bei der folgenden Besprechung eine größere Zahl der von letztgenannten Autoren begangenen Irrtümern richtig gestellt werden. Begleitet wird die Festschrift von einer geologischen Karte im Maßstabe 1:75.000. Man erkennt in ihr leicht die Konturen der Karten Beyrichs und Weithofers samt ihren Fehlern und Ungenauigkeiten wieder. Verhältnismäßig wenige Abweichungen sind zu konstatieren und diese sind unglücklicherweise meist zum Nachteil der neuen Karte ausgefallen. Die in den nachfolgenden Erörterungen von mir verwerteten eigenen Beobachtungen werden in der, späterer Zeit vorbehaltenen, zusammenfassenden Darstellung des in Frage kommenden Gebietes wiederzufinden sein, auch werden dort einzelne Dinge weiter begründet werden. Das Nachfolgende hat nur den Zweck den Inhalt der neuesten Publikationen kurz darzustellen und kritisch zu beleuchten. Für die kristallinen Schiefergesteine, die Gneisformation, des Eulengebirges, die schon seit langem durch die eingehenden Untersuchungen von Kalkowsky, Stapff und Dathe selbst gut bekannt waren, liegt nunmehr eine geologische Karte vor. Ist zwar auf den bisher erschienenen Blättern noch nicht das ganze archaische Gebiet, des Eulengebirges fertiggestellt, so erhält man doch schon einen Überblick über die Art des Auftretens und die Verbreitung seiner interessanten Gesteinstypen, zu denen die Reiburgsbreccien gehören, die einen Beweis abgeben von den gewaltigen Störungen, die das Gebirge durchsetzen. Letztere machen sich bekanntlich schon im Streichen der Schichten (O—W im Süd, NW—SO weiter nördlich) - und dem unvermittelten Wechsel der Streichungsrichtungen bemerkbar. Die zwei Abteilungen der Gmneisformation, die Biotit- und die Zwei- glimmergneise, werden in ihren mannigfachen strukturellen Abände- rungen und mit ihren zahlreichen Einschaltungen von Amphiboliten, Serpentinen, einzelnen Kalklinsen, weißen Granuliten und Graphit- sneisen zur Darstellung gebracht. Die Gesteine erinner:, wie F. E. Suess!) mit Recht hervorhebt, an die des Waldviertels, insbesondere an die Gföhler Gneise. Von dem Herzogswalder Silur liegt nur ein sehr kleiner -Teil auf dem Blatte Neurode. Zum Devon, dessen klassische Lokalität der Ebersdorfer Steinbruch ist, werden auch noch Kalke und Schiefer zwischen Eckersdorf und Gabersdorf gestellt. Schiefer, Quarzite und Adinole nicht näher bestimmbaren Alters sind vorläufig als Herzogs- walder Schichten ausgeschieden, !) Bau und Bild der Böhmischen Masse, pag. 271. [3] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 513 Den breitesten Raum in den neuesten Publikationen nehmen die weit ausgedehnten und reich gegliederten Ablagerungen des Karbon und Perm ein. Die ungemein sorgfältigen Untersuchungen Dathes haben als Resultat einer fast zwei Jahrzente dauernden mühseligen Arbeit eine ebenso detaillierte stratigraphische Durchforschung und Gliederung, wie genaue tektonische Erkenntnis des Jüngeren Paläozoi- kums der Mittelsudeten geliefert. In einigen Umrissen skizziert, waren sie der Öffentlichkeit übergeben worden; das hauptsächlichste Doku- ment aller Forschungen aber, die Karte, war im Druck, als durch die genannten Schüler Frechs eine Prüfung der Datheschen Ergeb- nisse vorgenommen wurde, die namentlich im Perm zu grundver- schiedenen Anschauungen und ebenso heftigen wie — was im folgenden gezeigt werden soll — unberechtigten Angriffen geführt hat. Da auch auf österreichischer Seite in den gleichen Horizonten die von mir durchgeführten Neuaufnahmen so weit vorgeschritten sind, daß sie zur Kritik herangezogen werden können, ist eine ein- gehende Besprechung doppelt motiviert. Die Ablagerungen des Kulms, die auf Blatt Neurode einen weiten Flächenraum einnehmen und den nördlichen Anteil von Beyrichs Warthaer Grauwackengebirge ausmachen, bilden eine teils archäischen, teils altpaläozoischen Schichten diskordant aufgelagerte Mulde, als deren jüngste Ausfüllung, und zwar wiederum diskordant, oberes Karbon auftritt. Einzelne Schollen liegen im Gneis des Eulengebirges. Zwei Stufen lassen sich im Kulm unterscheiden. Die untere wird gebildet aus Gneisbreccien, die nach oben in Gneiskonglomerate und Gneissandsteine übergehen, aus nicht niveaubeständigen Gabbro- konglomeraten, Kohlenkalken, in denen altberühmte Fossilienfundstätten liegen, Tonschiefern, Grauwackensandsteinen und Kieselschiefern. Einzelne Konglomeratlager sind ausgezeichnet durch die Führung von leicht kenntlichen Variolitgeröllen. Auch diese sind in der Karte besonders ausgeschieden. Der oberen Kulmstufe fehlen Kieselschiefer und Kohlenkalke gänzlich. Das Oberkarbon des niederschlesischen Anteiles am Becken wird nach Dathe gebildet aus: 1. Waldenburger Schichten (Liegendzug). 2. Weißsteiner Schichten, auch Reichhennersdorf — Hartauer Schichten genannt (Zwischenmittel). 3. Saarbrücker Schichten (= Schatzlarer Schichten inkl. Xaveri- stollen-Flözzug). 4. Ottweiler Schichten (= Schwadowitzer Schichten [das heißt Idastollen-Flözzug| und Radowenzer Schichten). Neu ist daran im Vergleiche zur älteren Gliederung die Aus- scheidung der diskordant auf dem Liegendzuge lagernden Weiß- steiner Schichten und die Erkenntnis des Vorhandenseins von Ött- weiler Schichten, die man früher allein vom böhmischen Flügel kannte. Der Liegendzug, die Waldenburger Schichten, spielt auf den vorliegenden Spezialkarten eine nur unbedeutende Rolle. Er hat 66* 514 Dr. W. Petrascheck. [4] bei Altwasser und Charlottenbrunn seine hauptsächlichste Entwicklung, erreicht aber bei Niederwüste-Giersdorf ein Ende, da sich im weiteren Verlaufe des Beckenrandes die Saarbrücker Schichten den Gneisen und dem Kulm auflagern. Erst weiter im Südosten treten die Walden- burger Schichten wieder auf, sie liegen dort diskordant auf der oben erwähnten Kulmmulde. Die Weißsteiner Schichten, das flözarme über dem Liegend- zuge von Waldenburg liegende Mittel, konnte auf den Blättern Langen- bielau und Neurode nicht mehr zur Darstellung gebracht werden, da ihre Ausscheidung in der Waldenburger Gegend erst gelang, als diese Blätter bereits in Druck waren. Dieser Horizont ist daher nur auf Blatt Rudolfswaldau eingetragen, wo er ebenfalls bei Nieder-Wüste— Giersdorf endigt. Im Vergleiche zu seinem Liegenden zeichnet sich dieser Complex durch grobstückige, reichlich Kieselschiefer führende Konglomerate aus’). In dieses Niveau, das, wie erwähnt, auch als Reichhennersdorfer Schichten mit dem Sattelflözhorizont Oberschlesiens parallelisiert wird, stellt A. Schmidt?) das tektonisch höchst interessante Karbon- vorkommen von Mittelsteine. Im Steinetale mitten in, wie man zu- nächst meinen sollte, mächtigen Rotliegendschichten, wurde unter einer dünnen Rotliegendbedeckung Karbon angefahren. Hornblendeschiefer und Phyllite, die, wie Dathes Karte lehrt, in der Nähe zutage aus- streichen, zeigen jedoch, daß wir uns hier in einem Gebiete intensiver Störungen befinden. Ob freilich die Altersbestimmung A. Schmidts richtig ist, bleibt bei den bisherigen Funden noch fraglich. A. Schmidt stützt sich auf Neuropteris Schlehani Stur, das ebenso wie das hier vorkommende Mariopteris muricata für den Sattelflözhorizont charak- teristisch ist, doch aber auch in die Schatzlarer Schichten hinaufgeht, auf welche Alethopteris decurrens und Palmatopteris furcata hinweisen. Etwas eingehendere Studien hat Herbing in dem Niveau der Reichhennersdorfer Schichten gemacht und seine Resultate außer in der oben genannten Arbeit in einer vorläufigen Mitteilung?) zur Kenntnis gebracht. Es sind in einem auf den alten Karten dem Kulm zugezählten Gebiete zwischen Landeshut und Liebau zahlreiche Flözausbisse vor- handen, die vor Jahren zu lebhaften bergbaulichen Versuchen nament- lich von seiten des Liebauer Kohlenvereines geführt hatten. Von den Ergebnissen der zahlreichen Schürfungen und Bohrungen ist Herbing einiges zugänglich gewesen. Vieles scheint, nach seinen Angaben zu schließen, verschollen zu sein. Auch gelang es ihm, eine kleine Flora zum Teil aus dem in Abbau gewesenen Flözen aufzubringen, die unsere auf Potonie zurückzuführende Kenntnis der Flora dieses Horizonts um einiges bereichert. Wesentlichere Fortschritte in diesem 1) Vgl. Dathe: Über die Verbreitung der Waldenburger und Weißsteiner Schichten in der Waldenburger Bucht. Zeitschr. d. Deutschen geol. Gesellsch. Bd. 54, Hft. 4 (1902), pag. 189. 2) Vgl. auch 80. Jahresbericht d. schles. Gesellsch. für vaterl. Kultur (1903), pag. 20. 3) Über eine Erweiterung des Gebietes der produktiven Steinkohlenformation bei Landeshut in Schlesien. Zentralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläon- tologie, 1904, pag. 403—405. [5] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 515 Punkte stehen erst bevor, da die k. k. geol. Reichsanstalt aus den auflässigen Bauen ein paläontologisches Material besitzt, dessen fach- männische Bearbeitung gesichert zu sein scheint. Die übrigen Angaben Herbings dürften sicher auch in kurzer Zeit Korrekturen und Er- gänzungen erfahren, da erstens die amtliche Neuaufnahme durch die königl. preuß. geol. Landesanstalt im Zuge ist und zweitens die den Untersuchungen Herbings zugrunde liegenden Daten sehr lücken- hafte sind. Ohne den bevorstehenden Arbeiten vorgreifen zu wollen, sei zur Wertschätzung der Mitteilungen Herbings erwähnt), daß er die Positionen verschiedener Bohrungen falsch angibt. So liegt das Bohrloch Nr. XIII, dessen Profil pag. 66 abgedruckt wird, 400 m süd- östlich von der in der Kartenskizze angegebenen Stelle. Es tritt dort östlich einer über Bethlehem streichenden Dislokation wieder Porphyr zutage, wovon in Herbings Karte nichts zu sehen ist. Das Bohrloch Nr. XXIV?) erreichte eine Tiefe von 201 m. Es wurde 600 m im Hangenden des Alexanderflözes auf einer Linie angesetzt, die die Faule Brücke bei Liebau mit der Ziegelei Lindenau verbindet. Das Rot- liegende, das man dort zunächst erreichte und das mit einem Bruche gegen den Porphyr grenzt, ist in Herbings Karte nicht verzeichnet. Richtig ist, das zeigen die verschiedenen bergmännischen Profile, daß das Rotliegende hier diskordant auf dem Karbon liegt. Trotzdem ist das Profil, das Herbing auf seiner Tafel gibt, falsch, weil es den viel verwickelteren tektonischen Verhältnissen nicht im geringsten Rechnung trägt. Die vorgeschlagene Einteilung der Reichhennersdorfer Flöz ablagerungen, die Herbing selbst hypothetisch nennt, wird das noch mehr, wenn man berücksichtigt, daß dort im Karbon zahlreiche Ver- werfungen aufsetzen, die Herbing nicht gekannt hat. Bezeichnend dafür, daß die Exkursionskarte im Wesentlichen nur eine Wieder- gabe älterer Karten ist, ist der Umstand, daß die von Herbing bei Landeshut und Liebau konstatierte Verschiebung der Grenze zwischen Kulm und Oberkarbon nicht zur Darstellung gebracht wurde. Der nächst jüngere Schichtenkomplex, die Saarbrücker oder Schatzlarer Schichten, liegen auf dem schlesischen Flügel ebenso wie auf dem böhmischen übergreifend auf. Dabei ist aber ausdrücklich hervorzuheben, daß auf böhmischer Seite unterkarbone Bildungen bisher nicht nachgewiesen werden konnten. Eine Bemerkung A. Schmidts?), die das glauben machen könnnte, beruht auf Unkenntnis der diesbe- züglichen Literatur, denn Dathe®) sagt, daß die in dem Petryschachte in der vierten Tiefbausohle aufgefahrenen schwärzlichen bis rötlichen Tonschiefer der Phyllitformation angehören, eine Tatsache, die ich auf Grund anderer Erfahrungen bestätigen kann. Am Aufbau der Schatzlarer Schichten beteiligen sich weiße oder graue Sandsteine, Konglomerate, in denen ebenso wie im böhmischen Anteil Lydit eine hervorragende Rolle spielt, und Schiefertone, unter denen die feuer- !) Es erliegen hieramts Briefe mit Profilen, Karten und an Ort und Stelle gemachten Notizen Sturs, die hier zu Rate gezogen wurden. 2) Profil pag. 69. ®) pag. 22. *) Geologische Beschreibung der Umgebung von Salzbrunn, pag. 123. 516 Dr. W. Petrascheck. [6] festen, durch Abschlämmung des Gabbros bei Neurode entstandenen Tone von besonderer Bedeutung sind. s In langem Zuge begieitet der Ausstrich der Saarbrücker Schichten den Ostrand des Beckens auf den von Dathe publizierten Blättern von Donnerau bis über Hausdorf hinaus, woselbst durch die Wenzes- lausgrube noch ein lebhafter Abbau stattfindet. Muldeneinwärts tauchen sie (infolge der sich am Ostrande des Volpersdorfer Gabbros hinziehenden Hauptverwerfung) nördlich von Neurode im Felde der bekannten Rubengrube wieder empor und begleiten den Westrand des Gabbros, bis sie in der Gegend von Rotwaltersdorf nach einer Umbeugung gegen SW durch unbedeutende Brüche abgeschnitten werden. Bisher erblickte man in dieser Umbiegung das Ende der Karbonmulde am preußischen Flügel. Südwestlich von dem soeben betrachteten Flöz- zuge liegt jenseits der Rotliegendbedeckung das schon behandelte Karbonvorkommnis von Mittelsteine, nordöstlich treten ältere und nachı Dathe auch noch jüngere Oberkarbonschichten in die bekannte Kulmmulde ein. Zwischen dieser und dem Gabbro liegt aber noch eine schmaler, aber tiefer Rotliegendgraben, den Dathe erkannt hat. Seinen Westrand bildet der bereits erwähnte Hauptbruch, dessen Sprung- höhe auf 1000 m geschätzt wird, Nach A. Schmidts Ansicht liegen hier mehrere Spezialmulden vor. Eine derselben nur, die sich zwischen den Gabbro und die Möhltener Hornblendeschiefer, welche bis Mittel- steine reichen, gelegt hat, werde durch die bei Rotwaltersdorf endigenden Schatzlarer Schichten gebildet. Durch Brüche, die in den Beginn der Rotliegendperiode zu verlegen sind, bildeten sich Flözgräben, deren einer letztgenannte Spezialmulde sein soll. Auf böhmischer Seite sind die Schatzlarer Schichten durch Potonie auf Grund der Floren in eine untere, die eigentliche Schatz- larer Stufe und eine obere, die des Xaveri- oder Erbstollens, zerlegt worden. Zu letzterer glaubte er auch die Hangendenpartien der Rubengrube stellen zu müssen). A. Schmidt vermehrt diese beiden Stufen noch um eine dritte, jüngste, die durch die flözführenden Schichten des Wilhelminenschachtes bei Zdarek repräsentiert wird. Von der reichen durch Stur bearbeiteten Flora führt er einige Arten an, zitiert dann noch Feistmantels und eigene Bestimmungen. Er scheint aber doch — und das ist bei der Unbekanntschaft mit den im Museum der k. k. geol. Reichsanstalt aufgestellten Suiten nicht ver- wunderlich -— eine falsche Vorstellung von der dortigen Flora zu haben, sonst würde er nicht von einem Zurücktreten oder Fehlen der Farne sprechen. Trotzdem kann es mit der Behauptung, die Zdareker Flöze seien etwas jünger als die des Erbstollens, seine Richtigkeit haben. Stur selbst soll dies bereits, wie auch A. Schmidt bekannte Mon- tanisten der dortigen Gegend erzählen, ausgesprochen haben. Wie weit die auf Grund der verschiedenen Floren aufgestellten Zonen sich kartographisch unterscheiden lassen, wird die Landes- aufnahme zu zeigen haben. Auf der Weithoferschen Karte und auch auf der „Exkursionskarte* ist das nicht geschehen. Wenn Herbing der Meinung ist, daß das Tal des Litschebaches die Südgrenze zwischen !) Vgl. Floristische Gliederung des deutschen Karbons und Perms, pag. 7. 7 Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 517 den eigentlichen Schatzlarer Schichten und den Xaveristollenschichten bildet und zur Begründung auf die verschiedene Färbung der Acker auf den beiden Talseiten hinweist, so ist er im Irrtum, denn letztere Erscheinung ist auf andere Ursachen zurückzuführen, die Schichten aber streichen schräg über das Tal hinweg. Unrichtig ist ferner die Behauptung, daß Weithofer die Xaveristollenschichten bis Zbeenik durchstreichen lasse, denn seine Karte zeigt deutlich, daß er ihr Ende bei Bohdasin annimmt. Aller- dings findet man nördlich von Zbeönik graue Konglomerate, die den Ausstrich des Cenomanquaders begleiten, Konglomerate, über die bisher noch nichts ausgesagt worden ist und über die wir erst nach völligem Abschluß unserer Untersuchungen berichten werden. Die Annahme Potonies, daß der Xaveristollenflözzug auch auf preußischer Seite, und zwar in den Hangendflözen der Ruben- grube vertreten sei, versucht A. Schmidt durch den Fund einer neuen, Sphenopteris neuropteroides Boulay nahestehenden Varietät zu stützen. Ebenso wie in der Rubengrube ist auch in den Saarbrücker Schichten der \Wenzeslausgrube bei Hausdorf eine Hangendgruppe vorhanden. Auf Grund eines Toneisensteinbänkchens parallelisiert A. Schmidt die Flöze beider Hangendgruppen. Da ihm endlich aus dem Hangendzuge der Waldenburger Gegend zahlreiche Stücke von Neuropteris tenuifolia Schloth. vorlagen, hält er es für wahrscheinlich, daß obere Saarbrücker Schichten in höherem Maße, als man bisher annahm, auf preußischer Seite vertreten seien. Es ist aber damit von A. Schmidt nur bewiesen worden, daß der gesamte Hangendzug nördlich vom Volpersdorfer Flözgraben vorhanden ist. Den Beweis, daß noch jüngere Schichten als dieser dort entwickelt sind, hat er nicht sich, sondern, soweit Rotliegendes in Frage kommt, älteren Autoren, soweit ÖOttweiler Schichten in Frage kommen sollten, aber Dathe zuzuschreiben. OÖttweiler Schichten kannte man bisher nur vom böhmischen Muldenflügel, woselbst sie in mächtiger Entwicklung mit zwei flöz- führenden Horizonten als Schwadowitzer (Idastollen) und als Rado- wenzer Schichten das Rotliegende unterteufen. Zwischen den beiden Flözzügen ist ein mächtiges, vornehmlich aus groben Arkosen gebildetes Mittel, die Hexensteinarkose vorhanden. Eine Vertretung dieser Hori- zonte konnte bisher auf schlesischer Seite nicht festgestellt werden. Erst den Aufnahmen Dathes ist es geglückt, eine ebenfalls zur Hauptsache aus Arkosen gebildete Schicht auszuscheiden, in der er die Ottweiler Stufe des anderen Muldenflügels erblickt. Uber die in Böhmen gut gegliederten und schön aufgeschlossenen ÖOttweiler Schichten erfahren wir, wenn wir die ihm unterlaufenen Irrtümer abziehen, durch Herbing nichts Neues. Wie Weithofer legt auch er die Grenze gegen die vornehmlich grauen Schatzlarer Schichten dort, wo darüber die rote Farbe der den Schwadowitzer Schichten zuzuzählenden Schiefer, Sandsteine und Konglomerate ein- setzt. Seit Weithofer weiß man noch, daß diese Grenze durch eine Reihe von Porphyr- und Melaphyrvorkommnissen ausgezeichnet ist, die zwar nicht unmittelbar auf ihr, aber doch dicht unter ihr den 518 Dr. W. Petrascheck. [8] Schatzlarer Schichten eingelagert sind. Die Exkursionskarte enthält auf Grund der Eintragungen Herbings das auf den bisher zur Veröffentlichung gelangten Karten fehlende Eruptivlager des Heiden- berges bei Schatzlar, sie ist aber auch in diesem Punkte selbst bei Berücksichtigung der nur textlich erwähnten Porphyrvorkommnisse nicht vollständig. Zur Auffindung eines weiteren solchen hätte ihm die von Jokely herrührende alte Aufnahme der k.k. geol. Reichs- anstalt verhelfen können. Es befindet sich westlich vom Spitalwalde. Damit ist die Zahl der an dieser Grenze aufsetzenden Eruptivlager noch nicht erschöpft, denn ich fand eine bisher noch nicht bekannte Porphyreinlagerung an der Bergkoppe, ein Melaphyrlager, das vielleicht mit dem im Idastollen 940 m vom Eingang angefahrenen Lager zusammenzubringen ist, an der Vodolov-Hertiner Straße, woselbst es im Straßengraben über grauen Sandsteinen ansteht. Auch an dem östlich vom Wilhelminenschacht liegenden Talgehänge fand ich nahe der Grenze zwischen Schatzlarer und Schwadowitzer Schichten Melaphyrbruchstücke. Hierbei sei eingeschaltet, daß über die Art des Auftretens von Melaphyr und Porphyr bei Trautenbach an und seit- wärts des dort durchstreichenden Bruches!) bislang noch nichts Sicheres bekannt ist. Wenn Herbing hier die Hauptmasse des Melaphyrs auf einer dem Streichen der Schichten parallelen Spalte emporgedrungen sein läßt, so hat er entschieden Unrecht. Seine kartographische Darstellung weicht von den alten Karten ab und ist dadurch un- richtiger geworden. Die Verhältnisse sind komplizierter als der Ver- fasser glaubt. Es tritt westlich vom Stachelberge unter dem Mela- phyr der Grünschiefer nochmals anstehend zutage. Zwischen dem Porphyr des Stachelberges und dem Melaphyr stehen Schatzlarer Konglomerate an. Zwischen dem Flözzuge des Idastollens und dem von Radowenz treten in dem südwärts der Linie Markausch—Slatin gelegenen Kohlen- gebirge die Hexensteinarkosen als ein zirka 1200 m mächtiges flözleeres Mittel auf, das, wie Weithofer?) in mehreren Schriften hervorgehoben hat, den mittleren Ottweiler Schichten gleichzustellen ist und wegen seiner Eigenart, die nach Weithofer in bei seiner Bildung herrschenden besonderen klimatischen Verhältnissen ihren Grund hat, als Leithorizont für die Parallelisierung anderer Karbonareale verwendbar ist. Wie Weithofer hervorhebt, geht dieser mächtige Arkosenzug nördlich oben genannter Linie durch auskeilende Wechsel- lagerung in herrschende rote Schiefer, mürbe rote Sandsteine und rote, aber kleinstückigere Konglomerate über, die man früher für Rotliegendes gehalten hat, wozu ihr Gesteinscharakter sehr verleitet. Es ist aber ganz gleichförmige Lagerung vorhanden. Außerdem — das ist erst beweisend — läßt sich die, wenn auch vertaubte oder nicht bauwürdige, ununterbrochene Fortsetzung des Idastollenflözzuges in das Gebiet dieser roten Schichten hinein bis nach Döberle erweisen und auch durch Begehung des Terrains leicht an den die Flöze ') Der, das ist richtig, bei der Reußenhöhe ein wenig anders als auf der Weithoferschen Karte verläuft. :) Zuletzt „Lotos“ 1904, Nr. 1. [9] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. _ 519 begleitenden Sandsteinen erkennen !). Diese Umstände schließen es aus, daß die früher als solches angesprochenen Schichten zum Rot- liegenden gehören. Die auskeilende Wechsellageruug, durch die diese roten Schichten mit den Hexensteinarkosen verknüpft sind, kommt im Terrain sehr deutlich an den schmalen, sich nach N verjüngenden . und schließlich, den hangendsten allein ausgenommen, verschwindenden Arkosenrücken zum Ausdruck. Sehr klar und, soweit es der Maßstab erlaubt, auch mit einiger Genauigkeit kommen diese Züge in der Karte Weithofers zum Ausdruck. Herbing kopiert zwar für die Exkursionskarte die Konturen Weithofers, hält aber die sich aus- keilenden Arkosenbänke?) für durch Erosion bedingte lappenförmige Auflagerungen auf die Schwadowitzer Schichten, was bei dem unter 30° nach NO gerichteten Fallen der Schichten ein völliges Mißverstehen der Tektonik und des Terrains bedeutet. Daß auch A. Schmidt die klaren und richtigen Darstellungen Weithofers nicht richtig erfaßt zu haben scheint, läßt eine Bemerkung auf pag. 18 vermuten. Es ist fernerhin unrichtig, wenn Herbing behauptet, daß sich im ganzen Bereiche der Hexensteinarkosen, die übrigens auch dort, wo sie dominieren, Konglomerate, Kaolinsandsteine und rote Schiefer in viel- fachem Wechsel eingeschaltet enthalten, im allgemeinen zwei Zonen unterscheiden lassen. Es treten nämlich auch im unteren Rotliegenden, unter anderem bei Jibka, Wüstrey und in der Gegend des Türken- berges, einige Arkosenzüge auf, die sich zwar von denen des Ober- karbons nicht oder kaum unterscheiden lassen, aber trotzdem mit den Hexensteinarkosen in keinerlei Zusammenhang stehen. Da sie ins Rotliegende gehören, darf selbstverständlich die Bezeichnung Hexen- steinarkose auf sie nicht angewendet werden. Dadurch, daß Herbing beide zusammenwirft, gelangt er zu seiner Zweiteilung der Hexen- steinarkose. Die petrographische Entwicklung der Hexensteinarkosen geht auch noch in die sogenannten Radowenzer Schichten hinein, die dadurch, daß ebensolche graue Arkosen als Mittel zwischen einzelnen Flözen auftreten, auf das innigste mit ihrem Liegenden ver- knüpft sind. Rote Konglomerate, rote Schiefer und Sandsteine spielen namentlich dort, wo die Hexensteinarkosen mächtig entwickelt sind, eine nur sehr geringe Rolle. Überlagert und infolgedessen gegen O begrenzt werden die Radowenzer Schichten vom Rotliegenden, nicht von der Kreide, wie Herbing schreibt. Es werden demnach die Radowenzer Schichten von dem im Vergleiche zu den übrigen Karbon- horizonten des Gebietes nur wenig mächtigen Komplex gebildet, der aus den Flözen und ihren Begleitern und Mitteln besteht. Die Flora dieser Flöze ist bisher nur wenig bekannt geworden. Auch die vor- liegende Arbeit Herbings bringt hierzu nur einen kleinen Beitrag. Nimmt man, wie es Herbing ganz richtig tut, das durch einen feuerfesten weißen Ton gekennzeichnete weißmittelige als das Leitflöz 1) Es ist demnach falsch, wenn Herbing sagt, daß die Flöze nördlich des Petersdorfer Tales bisher nicht bekannt geworden sind. 2) Es sei hier eingeschaltet, daß gerade die schmalen Arkosenrücken vor- nehmlich aus Konglomeraten gebildet werden. Jalırb. der k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 67 50 - Dr. W. Petrascheck. [10] an, so ergibt sich, daß man sieben Flöze zählen kann, von denen das hangendste und das liegendste nur ganz lokal entwickelt sind. Im hangendsten Flöz, das in Albendorf abgebaut wurde, fand Frech!) Walchia piniformis, woraufhin er die Albendorfer Flöze ins Rotliegende stellte. Unter ihnen sollten noch die fünf Radowenzer Flöze folgen. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung wurde von Dathe bereits hervor- sehoben, da es seit langem bekannt ist, daß es ein und derselbe Flözzug ist, der von Radowenz über Albendorf nach Teichwasser streicht. Herbing führt noch einige Pflanzen aus dem hangendsten (Walchien) Flöz an, darunter Callipteridium gigas. Er stellt es deshalb ins Rotliegende, legt somit die Grenze zwischen Karbon und Perm noch in den Flözzug der Radowenzer Schichten. Dabei hält er es weiter für möglich, daß auch noch das nächst tiefere, vielleicht sogar alle Radowenzer Flöze ins Rotliegende gehören, eine Meinung, für die sich bekanntlich Katzer erklärt hat, während man sonst allgemein die Rädowenzer Schichten für obere Ottweiler Schichten erklärt. Sieben Pflanzen kennt Herbing im ganzen aus dem Walchienflöz. Auf Grund dieser „Flora“ konstatiert er die Verschiedenheit von jener von Radowenz (die auch nur schlecht bekannt ist). Ersterer sollen im Gegensatze zu letzterer Lepidodendron, Sigillaria und Stigmaria gänzlich fehlen. Zweifellos beruht dieses Fehlen nur in der mangelhaften Durchforschung, fand ich doch in den von mir bei der Kartierung ins Unterrotliegende gestellten, den Radowenzer Flözzug unmittelbar über- lagernden Konglomeraten eine Stigmaria ficoides?). Bei dem gegen- wärtigen Stande der floristischen Durchforschung des Gebietes ist es auf jeden Fall nicht opportun, die Grenze in den Flözzug zu legen. Für die Kartierung ergeben sich daraus gar keine Anhaltspunkte, wohl aber, wenn man die Grenze unmittelbar über den Flözzug lest. Auf jeden Fall ist die Verknüpfung von Perm und Karbon hier eine sehr innige und es folgt daraus, daß keineswegs eine scharfe Grenze zu konstatieren sein muß. Herbing fühlt sich auch berufen, auf Grund der vorhandenen Literatur, insbesondere der Schriften Weithofers einen Vergleich der Saarbrücker und Ottweiler Schichten mit den in der Regel zum Perm gestellten Schichten am Südfuße des Riesengebirges zu geben. Er gerät dabei in Widerspruch mit seiner eigenen Praxis bei der Verwertung von Leitpflanzen des Rotliegenden. Indem er Jokelys untere Rotliegendetage den obersten Partien der Schatzlarer und den Schwadowitzer Schichten gleichstellt, setzt er Schichten mit Walchia piniformis Schl. sp. (Zweig mit Zapfen aus dem tiefsten Brandschiefer- flöze Hrabacov bei Starkenbach), Callipteris conferta und Walchia pini- formis (Kozinee bei Starkenbach), Callıpteridium gigas (Gutb.) Weiss. (Nedwez, zahlreiche Stücke), Walchia piniformis und Acanthodes gracilis (Hermannseifen) fast in die Mitte des Oberkarbons! Wohl konnte der Autor diese und andere Fossilien, die teils im Museum der k.k. geol. Reichsanstalt aufgestellt, teils in handschriftlichen Aufzeichnungen Sturs notiert sind, nicht kennen (ausgenommen den Acanthodes, den 1) Zentralblatt f. Mineralogie etc. 1901, pag. 338. ?) Das Stück liegt in einem großen Block auf der Höhe südlich Qualisch, [11] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 521 schon Beyrich und Römer erwähnen), aber eben deshalb ist nicht einzusehen, warum er sich ohne jede eingehendere eigene Erfahrung so weit in diese Frage einläßt, zumal ihm bekannt war, daß die, auch von ihm als wünschenswert erachtete Neuaufnahme dieser Ablagerungen im Gange ist. Mit den hier angeführten paläontologischen Belegen werden natürlich auch die Versuche, die Eruptivstufen zur Paralleli- sierung in der von Herbing geübten Weise heranzuziehen, hinfällig. Es entsteht vielmehr neben der Frage, ob nicht in verschiedenen Schichten nur tektonische Wiederholungen zu suchen sind, noch die- jenige, ob etwa Aquivalente des Zechsteines vielleicht in einer der von Frankenberg nicht unähnlichen aber terrestren Ausbildung vor- liegen könnten. Die zuletzt besprochenen jüngsten Karbonstufen, die Ottweiler Schichten, deren Gesamtmächtigkeit ich auf 1300—1400 m schätze, sollten, wie schon oben erwähnt, nach der bisherigen Annahme in dem östlichen Muldenflügel nicht entwickelt sein. Erst Dathe hat eine zirka 250 m mächtige Zone ausgeschieden, in der er den gesuchten Vertreter erblickt. Diese Zone besteht dort aus Arkosen und Kon- slomeraten, die einen Übergang zu denen des Unterrotliegenden bilden. Ihr Ausstrich begleitet ganz konform den der tiefsten Rotliegendzone. Wie im Westflügel trifft man auch hier gelegentlich eine vielfache Wechsellagerung der dickbankigen grauen und rötlichen Feldspat- sandsteine mit braunroten sandigen Schiefertonen. Ein dünnes Kohlen- flözchen wurde angefahren, außerdem fand sich unreiner Kalkstein, der auch den Schwadowitzer Schichten nicht fehlt, in schwachen Bänken vor. Pflanzenreste sind in diesen Schichten ungemein selten. Undeutliche Pecopteriden, Reste von Cordaiten (Cordaites Ottonis Gein.) und Walchia piniformis und filiciformis sind alles, was man bisher kennt. Letztere Funde sind die tiefsten, die bisher im niederschlesischen Becken gemacht wurden. Da im hangendsten Flöz der Radowenzer Schichten ebenfalls eine Walchia gefunden wurde, so können diese wohl zur Parallelisierung herangezogen werden und wären die Arkosen demnach an die Grenze von Perm und Karbon zu stellen. Die Kontinuität nach oben ist hier wie dort eine vollständige. Nach Dathe ist sie es aber auch nach unten in beiden Fällen und so sieht er in diesen Arkosen einen Repräsentanten der gesamten Ottweiler Schichten des böhmischen Flügels, der hier allerdings an Mächtigkeit außer- ordentlich verringert sein müßte. Das Vorkommen von Walchia in Öttweiler Schichten aber sucht Dathe damit zu stützen, daß er auf den „versteinerten Wald“ der Hexensteinarkosen hinweist!). Ob er hierbei aber ganz recht hat, ist vielleicht doch nicht genügend sicher, denn auch mit Cordaiten lassen sich Araucarites-Stämme in Beziehung bringen. Wegen der mangelhaften Kenntnis der Flora der Ottweiler Schichten des niederschlesisch-böhmischen Beckens bewegt sich der Fortschritt der Erkenntnis desselben auf einer Spirale. O. Feist- ’) Über das Vorkommen von Walchia in den Ottweiler Schichten des nieder- schlesisch-böhmischen Steinkohlenbeckens. Zeitschr. d. Deutschen geol. Gesellsch. 55 (1903), pag. 12. 67* 522 Dr. W. Petrascheck. [12] mantel und Katzer stellten die Hexensteinarkose und die Rado- wenzer Schichten zum Perm, Frech und Herbing legen den Schnitt oben in die Radowenzer Schichten, Dathe rechnet aber alles inklusive der die ersten Walchien führenden Schichten zum Karbon, wie es schon Stur bei Aufstellung der Gliederung tat. In der Tat hänst die Frage der Grenzziehung zurzeit nur von der Frage ab, ob das erste, wenn auch vereinzelte Auftreten von Rotliegendarten oder der Florencharakter entscheidend sein soll. Zieht man das erstere vor, wodurch, wie aus den Ausführungen Weithofers!) hervorgeht, ein recht natürlicher Parallelismus verwischt wird, so würde für unser | Gebiet an der noch herrschenden Auffassung auch nur wenig geändert werden, indem die Grenze um ein nur unbedeutendes Maß, das in Böhmen besonders klein ist, in die Tiefe gerückt werden würde. Konkordant überlagert diese Ottweiler Schichten Dathes das über 2000 m mächtige Rotliegende, das durch die subtilen Unter- suchungen genannten Autors eine detaillierte Gliederung erfahren hat. Besonders günstig für das Studium ist wegen der vollständigen und charakteristischen Entwicklung der Schichten die Gegend zwischen Neurode und Wünschelburg. Deutlich erkennbar und weithin verfolg- bar heben sich hier die mächtigsten Stufen im Gelände ab. Dathe konstatierte hier folgende Schichtfolge, aus der man ersieht, daß er die Schichten mit denen des Saar-Nahegebietes in Übereinstimmung bringt. Unteres Rotliegendes — Cuseler Schichten. Untere Cuseler Schichten. Rotbraune Konglomerate und Sandsteine, allmählich ru & aus den Arkosen des Liegenden (Ottweiler Schichten) her- vorgehend. Gerölle von kristallinen Schiefern und Porphyr. Walchia imbricata, Datheosaurus macrourus Schroed. Rotbraune Schiefertone und dünnplattige Sand- rw, B steine mit wulstigen oder runzligen Schichtflächen, Regen- tropfen und Wellenfurchen. Finlagerungen von grauem Arkosesandstein. Walchia imbricata. Zone der Anthrakosienschiefer, bestehend aus licht- ru, Yy gelblichgrauen Mergelschiefern, feinkörnigen tonigen Kalk- sandsteinen, Kalkbänkchen und Brandschiefern. Anthracosia Goldfussiana, Pecopteris Pluckeneti, P. oreop- teridea, Callipteris conferta, Odontopteris suberenulata, O. osmundaeforrmis, O. obtusa, Calamites gigas, Walchia pini- formis, W. imbricata, W. linearifolia. Lyditkonglomerate. Kleinstückige Konglomerate bis 20m r u, 9 mächtig. Reich an Lydit, aber auch Gneise, Glimmer- schiefer und Porphyr führend, alles wohl gerundet. Binde- !) Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. 1902, pag. 411. [13] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. mittel ist graue Arkose, die auch allein in dünnen Bänken auftritt. Faziell überwiegen Sandsteine und Schiefer über die Konglomerate. Die beiden letzten Zonen lassen sich nicht überall unterscheiden, sie können durch graue Arkosen, Kaolin- sandsteine und Konglomerate vertreten werden, in die sich nach dem Hangenden zu auch rotbraune Schiefertone und Sandsteine einschalten können. Auch ein Kohlenflözchen wurde konstatiert. Zone der braunroten Sandsteine und Konglo- merate. Ein vielfacher Wechsel beider Gesteine. Auch an ihrer Stelle können braunrote Sandsteine und Schiefer- tone auftreten. Im Hangenden Einlagerungen von dünn- blättrigem schwarzen Anthrakosienschiefer. Zone der hellrotbraunen Bausandsteine mit Kalkflözchen. Eine sehr mächtige, im Terrain sofort auffallende Sandsteinzone, bestehend aus dicken rotbraunen oder gräulichen Sandsteinen und Arkosesandsteinen, in denen einzeln eingestreute oder in dünnen Lagen ange- ordnete Gerölle bemerkenswert sind. Zone der hellbraunrotenSchiefertone und Sand- steine mit Kalkflözchen. Die Schiefertone über- wiegen immer mehr. Im Hangenden ein dunkler, im Aus- gehenden etwas rötlicher Plattenkalk. Amblypterus vratislavensis, Xenacanthus Decheni, Callipteris Naumanni, Walchia linearifolia. | Obere Cuseler Schichten. Porphyrtuffe (Pisolithtuffe) mit Medullosen. Rotbraune Schiefertone und Sandsteine, graue Arkosesandsteine mit Kalkflözchen und Walchien- schiefern. Die feinkörnigen grauen Arkosen bilden das Liegende dieser Zone. Walchia piniformis. Rotbraune sandige Schiefertone und Sandsteine mit untergeordneten grauen Arkosesandsteinen, Kalkstein und Flözspuren. Taeniopteris jejunata. Braunrote Konglomerate und Sandsteine vertreten faziell die unteren Schichten der: Zone der oberen Bausandsteine. Diese bestehen aus dickbankigen hellbraunroten Sandsteinen mit nach dem Hangenden sich vermehrenden Schiefertonen. Außer durch die Farbe unterscheiden sie sich von den unteren Bau- sandsteinen durch reichlicheren weißen Glimmer und geringere Festigkeit. Im Hangenden befindet sich ein rötlichgrauer Kalk. 923 Y.Uo 5 rugs run a 5 Y Up % 594 Dr. W. Petrascheck. [14] Mittleres Rotliegendes — Lebacher Schichten. Untere Lebacher Schichten. Untere Stufe: Grauschwarze Walchienschiefer mit unter- r m, & geordneten Arkosen, dunkelbraune Schiefer und Sandsteine und Kalkstein. Callipteris conferta, Walchia piniformis. Unter dieser Zone, aber auch in ihr treten Melaphyre auf. Sie enthält ferner Melaphyrtuffe, Porphyrtuffe und (Juarzporphyr. Obere Stufe: Graue, aber auch braune glimmerige und r m, B sandige Walchienschiefer. Schwarzer plattiger Ruppers- dorfer Kalk. Callipteris conferta, Walchia piniformis, iliciformis, Amblypterus vratislavensis. Obere Lebacher — Tholeyer Schichten. Rötelschiefer, hellrotbraune Schiefertone mit Reduktions- ? Ms flecken (solche auch schon in den oberen Bausandsteinen). Dünne, feinkörnige Sandsteinbänke. Rötlicher dünnplattiger Kalk. Callipteris conferta, Estheria tenella, Amblypterus. Oberes Rotliegendes — Wadener und Kreuznacher Schichten. Untere Stufe: Kleinstückige lockere rote Konglomerate. rg Obere Stufe: Klein- bis mittelkörnige rote Schiefer und Y 09 Sandsteine mit Kalkbänken und Karneol. Nicht überall aber sind alle diese vielen Schichten zu unter- scheiden. Fazielle Veränderungen können das Profil wesentlich verein- 'fachen. Dies ist ganz besonders auf Blatt Rudolfswaldau der Fall, auf dem die tonige und sandige Entwicklung einer aus Sandsteinen und Konglomeraten Platz macht, wobei sich verschiedene Zonen (selbst die mächtigen unteren Bausandsteine r u; £) auskeilen, während andere etwas mächtiger werden. Im ganzen ist aber doch die Mächtigkeit dieser sandig-konglomeratischen Fazies eine wesentlich geringere. Die liegendste Zone (r u, «) besteht hier nur aus Konglomeraten, in r u, B dominieren anfangs Sandsteine, später die Konglomerate, ru, y und machen der schon oben erwähnten Entwicklung Platz, die übrigens auch südöstlich von Neurode bemerkbar ist. Auch die auffällige aus Tuffen bestehende Eruptivstufe, keilt sich völlig aus, ebenso die in dieser Richtung sich erst einstellenden Konglomerate und Sandsteine "ügY. Dahingegen gehen die oberen Bausandsteine durch das ganze Gebiet hindurch und werden von der jüngeren Eruptivstufe überlagert. Was über dieser liegt, fällt in den Österreichischen Anteil auf das Blatt Schönau bei Braunau und wurde nicht kartiert. Wenn es also auch möglich ist, die zahlreichen im Rotliegenden zu beobachtenden Schichten kartographisch auszuscheiden, sc sind, [15] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 525 das zeigt das Vorstehende zur Genüge, die faziellen Abänderungen doch so große und auf kleinem Raume so rasch einsetzende, daß es bei einer Übersichtskartierung im Maßstabe 1:75.000, wie sie hierzulande erfolgt, nicht möglich ist, in gleicher Weise alle Schichten zur Darstellung zu bringen. Das Gebiet, in dem alle diese faziellen Manmnigfaltigkeiten zu konstatieren sind, macht nur einen kleinen Teil eines unserer Kartenblätter aus. Hier wird es also notwendig sein, in noch weitergehendem Maße Schichtgruppen zusammenzufassen. Über dieses Rotliegende hat nun A. Schmidt durchaus ab- weichende Anschauungen geäußert. Unterrotliegendes soll überhaupt fehlen und Mittelrotliegendes diskordant auf Oberkarbon liegen. Die mächtige Schichtfolge Dathes soll auf mehrfache Wiederholungen infolge dreier großer Verwerfungen zurückzuführen sein. Die Frage, ob Unterrotliegendes vorhanden sein kann, soll später behandelt werden und zunächst auf die Tektonik eingegangen werden. Schon die Karten Dathes!) zeigen auf das augenscheinlichste, wie unberechtigt und wie verfrüht die Angriffe A. Schmidts sind. Aus den Kartenblättern geht hervor, daß die Lagerung der Schichten von Dathe selbst keineswegs als so ungestört erkannt worden ist, wie A. Schmidt es glaubt. Dathe hat im Gegenteil eine Menge Ver- . werfungen, darunter sehr intensive Störungen nachgewiesen, die A. Schmidt völlig unbekannt geblieben sind. Da es trotz dieser Dislokation immer wieder möglich ist, eine Vorstellung über den ehedem bestandenen Schichtenverband zu ge- winnen, konnte Dathe mit Recht von einer vollständigen Entwicklung sprechen. Auf dem östlichen und dem westlichen der drei Brüche A. Schmidts soll Porphyr in Gangform emporgedrungen sein. Abgesehen davon, daß der östliche dieser „Gangporphyre* nach Dathes Untersuchung ein Porphyrtuff mit Bomben ist, in dem auch Kieselhölzer gefunden wurden, und abgesehen davon, daß die Begrenzungslinien auf das deutlichste die lagerartige Einschaltung erkennen lassen, folgt aus dem A. Schmidt fremd gebliebenen Baue der Gegend auf das bestimmteste, daß der vermeintliche Gang ein Lager ist. Dieselben Porphyrtuffe treten nämlich im Hangenden derselben Gesteine wieder bei Ebersdorf auf. Aber auch dicht in der Nachbarschaft des vermeintlichen Ganges steht dieser infolge einer von Dathe nachgewiesenen Störung ein zweites- mal über denselben Gesteinen an. Den Hang des Annaberges gegen Niedersteine abwärts schreitend, kommt man nach Passierung des Hangenden der Porphyrtuffe wieder in diese und trifft in umgekehrter Reihenfolge die dieselben unterlagernden Gesteine an. Es ist somit gar kein Zweifel, daß wir es hier mit einem Lager zu tun haben. Die Aufrichtung der Schichten beruht auf einer Schleppung an dem Ver- wurfe, wobei der östliche Flügel als abgesunken gedacht werden kann, Auch die von Dathe im nahen Hainwalde konstatierten Verhältnisse !) Deren Zuverlässigkeit in den hier herangezogenen Punkten nicht zu be- zweifeln ist, wovon sich die Teilnehmer der Exkursion Dathes im September d.J., ich selbst dank dem freundlichen Entgegenkommen Dathes auch schon bei früherer Gelegenheit, überzeugen konnten. 526 Dr. W. Petrascheck. [16] lassen solches wahrscheinlich erscheinen. Wie die punktierte Linie des Profils Fig. 1 andeutet, wären dieselben den Porphyrtuff begleitenden Schichten im Steinetale wieder zu erwarten. Das Karbon von Mittel- steine könnte dann der Kern dieser Antiklinale sein. Ganz so einfach scheinen die Verhältnisse aber doch nicht zu liegen. A. Schmidt selbst hebt hervor, daß das Karbonvorkommnis von Mittelsteine einem keilförmigen Horst entspricht und auch Dathes Karte läßt auf durch unter der Diluvialdecke verborgene Brüche hervorgerufene Kompli- kationen schließen. Gewissermaßen als Fortsetzung der besprochenen Verwerfung der Schulzenkoppe kartiert Dathe bei Rudelsdorf eine andere, bei der aber der westliche Flügel im Vergleich zum östlichen der gesunkene ist. Einen Moment könnte man vielleicht doch glauben, daß durch den Bruch an der Schulzenkoppe eine Wiederholung der Schichtfolge bedingt ist. Man könnte, wie es die Fig. 1 ebenfalls andeutet, ver- sucht sein, die Porphyrtuffe an dem Bruche mit denen, die bei Nieder- rathen auftreten in Verbindung zu bringen, so daß die oberen Bau- Fig. 1. AnnaBerg KRathen Steine Tal Ile kayoßyys BD a ı ! - { n sandsteine nur eine Wiederholung der unteren wären. Die deutliche Verschiedenheit der Gesteine aller in Frage kommenden Rotliegend- zonen sowie das Fehlen jeder Andeutung des in den hangenden Teilen der oberen Bausandsteine liegenden Melaphyrs in den weithin verfolgbaren unteren Bausandsteinen des Annaberges!) sprechen sehr gegen eine solche Annahme, desgleichen die von Dathe westlich des Walditztales kartierten Verhältnisse. A. Schmidt bringt seinen vermeintlichen Porphyrgang von Walditz in Beziebung zu einem von Schütze angenommenen Bruch, der die Flöze in der Frischaufgrube abschneiden soll. Die Existenz eines bedeutenden Bruches ist nach den neuen Aufnahmen fraglich geworden, es hat sich nur das Vorhandensein einer Bruchzone ergeben. Die verschiedene Richtung, sowie das anscheinend ungestört dazwischen liegende Gebiet, schließen aus, eine Beziehung zwischen diesem Bruch- 1!) Erst weiter östlich am Hockenberge ‘finden . sich Melaphyre, die nach Dathe in diesem Niveau liegen. [17] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 527 felde und der von A. Schmidt irrigerweise angenommenen Dis- lokation zu suchen. j Nicht anders als mit dem soeben besprochenen, angeblich als Verwerfer auftretenden Porphyrgange steht es mit dem zweiten, der bei Schloß Rathen das von Wünschelburg kommende Tal verqueren soll. In großen Profilen stellt A. Schmidt kleine Störungen in den Ablagerungen dar; Störungen von so geringem Ausmaße, daß sie auf jeder Spezialkarte vernachlässigt werden müssen, weil ihre Auffindung nur von zufällig vorhandenen Aufschlüssen abhängig ist. Am Rathener Porphyrgang, der nach Dathe ebenfalls ein Porphyrtuff ist, läßt sich nach dem Profil A. Schmidts ein Absinken der Schichten um zirka 1 m wahrnehmen. Daß irgend ein bedeutenderer Verwurf vorliegen soll, ist ausgeschlossen, denn es zeigt sich keinerlei Wiederholung der Schichten. A. Schmidt läßt seinen vermeintlichen Porphyrgang einen gerad- linigen Verlauf nehmen, während nach Dathes Darstellung die Begrenzungen deutlich vom Gelände abhängig sind. Es ergeben sich auf diese Weise beträchtliche Abweichungen. Eine Nachprüfung dieser für die Deutung des Lagers wichtigen Frage wäre ein leichtes, scheint aber bei der sorgfältigen Ausführung der Aufnahmen Dathes und bei dem Reichtume der „Exkursionskarte“ an großen zum Teil auch auf A. Schmidt zurückzuführenden Irrtümern und Ungenauigkeiten kaum notwendig. Seitlich dieses vermeintlichen Porphyrganges will A. Schmidt in Grenzschichten Kontakterscheinungen wahrgenommen haben (Ent- färbung und Ausscheidung von Glimmerschüppehen). Er unterläßt es aber zu sagen, ob diese angeblichen Kontakterscheinungen im Han- genden oder im Liegenden gefunden wurden, ebenso wie er es nicht versucht, den Leser von dem Vorhandensein der Kontakterscheinungen durch genauere Beschreibung zu überzeugen. Die bloße Erwähnung von Glimmerschüppchen beweist gar nichts, denn diese treten gerade in solchen Schiefergesteinen oft genug auch als Neubildung auf. Ebenso nichtssagend ist die Entfärbung. Der Porphyrtuff ist, wie A. Schmidt selbst zugibt, zersetzt. Seine grüne Farbe läßt auf Reduktionen schließen. Warum sollen nun die reduzierenden Lösungen nicht auch die angrenzenden roten Gesteine ergriffen und gebleicht haben? Daß diese letzteren durch Reduktion nicht grün oder wenigstens so intensiv grün wie der Rathener Porphyrtuff werden, habe ich oft genug beob- achtet und läßt sich auch bei Rathen an den runden Flecken, die eben durch Reduktion um kleine Kohlenpartikelchen !) sich gebildet haben, konstatieren. Nach alledem ist auch die Existenz des Rathen-Tuntschendorfer „Porphyrganges“ sehr fraglich, das Fehlen eines bedeutenden Ver- wurfes aber sicher. Nicht viel besser steht es mit der dritten der großen Ver- werfungen, dem Steinetalsprung. Er soll unter den jungen Ablage- rungen dieses Tales verborgen sein. Wie weit er reicht, ob bloß bis nach Scharfeneck oder bis in das Gebiet der Melaphyre nordwestlich !) Auch schwarze Schiefer-(Kieselschiefer-)Fragmente können diese Er- scheinung hervorrufen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1904. 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 68 528 Dr. W. Petrascheck. [18] davon, kann der Verfasser nicht sagen. Zur Umdeutung der Gliederung des Rotliegenden nimmt er einen Bruch an. Vorher aber, bei Be- sprechung des Karbonvorkommnisses von Mittelsteine, spricht er von einer keilförmigen Scholle, die, von Verwerfungen fast allseitig begrenzt, horstartig emporragt. Dieser Horst aber fällt mit der Richtung des Steinetales zusammen. A. Schmidt zeigt selbst, wie an seinen beiden Längsbrüchen die Karbonschichten nach abwärts geschleppt sind. Ein solcher keilförmig aufragender Horst ist aber kein Staffelbruch, wie er hier die Wiederholung der Schichtenfolge bewirken soll. Was nun diese selbst betrifft, so sei auf die obige Besprechung der Schulzen- koppenverwerfung verwiesen. Das dort Gesagte kommt auch hierfür in Frage. Die von A. Schmidt vermuteten Verwerfungen existieren also zum Teil gar nicht, zum Teil sind sie sehr fraglich. Wollen wir aber trotzdem ihr Bestehen annehmen, so treffen die Schlußfolgerungen, die A. Schmidt in bezug auf die Gliederung des Rot- liegenden zieht und die er in einer Tabelle darstellt, doch nicht zu. Alle Rotliegendschichten fallen nach West. An allen drei Brüchen läßt A. Schmidt den westlichen Flügel den gesunkenen sein‘). Daraus folgt, daß eine Wiederholung der Schichten, wie A. Schmidt will, unmöglich ist; im Gegenteil müßte das Profil lücken- haft, das Rotliegende also noch mächtiger und noch komplizierter gegliedert sein. Wir sehen also, daß die Angriffe, die A. Schmidt gegen Dathe gerichtet hat, in sich selbst zusammenbrechen wegen der falschen Prämissen, auf die sie aufgebaut sind, und wegen der falschen Schlüsse, die außerdem daraus gezogen wurden. Auf Grund der vorhandenen Fossilien bestreitet A. Schmidt ferner die Altersbestimmungen Dathes. Die Gliederung, die letzterer aufgestellt hat, ist im wesentlichen auf die Gesteine und die ein- geschalteten Eruptivstufen, beim Oberrotliegenden aber auf die Diskordanz gegründet. Dathe findet in den aufeinanderfolgenden Gesteinszonen so viel ‚Analogien mit denen des Saar-Nahegebietes, daß er sich veranlaßt sah, die dort gebräuchlichen Benennungen eben- falls zur Anwendung zu bringen. Eine vollkommene Sicherheit in der Parallelisierung der Schichten kann hiernach kaum erwartet werden, ist wohl auch bei der Art der Ablagerungen schwer zu erzielen. In gewissen fundamentalen Fragen kann man aber doch eine Antwort erhalten, so in jener nach der Vertretung des Unterrotliegenden, die von A. Schmidt bestritten wird. Bezüglich mancher Punkte, wie derBestimmung der Anthrakosien, muß den beteiligten Autoren die Feststellung überlassen werden. in anderen scheinen mir die Schlußfolgerungen A. Schmidts nicht glücklich zu sein, wie bezüglich des Fundes von Datheosaurus macrourus. Wenn man auch bisher die ältesten Rhynchocephalen aus dem Mittelrotliegenden erst 1) Dabei ist bemerkenswert, daß A. Schmidt bei seinem Profil vom „Porphyr- gang“ von Rathen-Tuntschendorf den östlichen Teil als den gesunkenen zeichnet. Im Text sagt er das umgekehrte! Derartige Verwechslungen sind keineswegs ver- einzelt. Wiederholt ist in dieser, wie den anderen Arbeiten Ost und West in sinn- störender Weise vertauscht worden. [19] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 529 kannte und die genannte Art in der Palaeohatteria dieses Horizonts, beziehungsweise den wenigen bisher bekannten ältesten Reptilien seine nächsten Verwandten hat, so folgt daraus doch noch lange nicht, daß im Unterrotliegenden kein solcher Fund gemacht werden kann. Es ist gewiß einseitig gefolgert, wenn man aus dem Vorhandensein eines Rhynchocephalen auf Mittelrotliegendes schließen will, auch Frech hat sich gehütet, einen solchen Trugschluß zu ziehen, wenn auch A. Schmidt solches glaubt. Etwas eingehender befaßt sich A. Schmidt mit der Fossil- führung der Braunauer und Ottendorfer Kalke, von denen er die letzteren als etwas älter wie die ersteren erkennt, während Frech!) beide nur als Fazies betrachtet. Beide Kalkhorizonte stellt er ins Mittelrotliegende, ist also dabei in vollster Ubereinstimmung mit Dathes neuester Publikation. Nur in der Frage, ob Ottendorfer oder Braunauer (Ruppersdorfer) Kalk vorliegt, besteht eine Differenz, die sich am besten durch die Aufnahme des angrenzenden österreichischen Gebietes (Braunauer Land) klären lassen dürfte. Sicher kann man schon heute annehmen, daß die von A. Schmidt herausgefundenen paläontologischen Unterschiede nicht haltbar sein werden, denn die in Frage kommenden Fische und Amphibien sind bei weitem nicht so . gute Leitfossile, wie es hierzu nötig wäre. Dies zeigt, abgesehen von Erfahrungen in anderen Formationen, recht deutlich der Streit, der sich um die Nyraner Gaskohle entwickelt hat, die trotz ihrer reichen Fauna fälschlich ins Perm gestellt wurde. Auch von den Stegocephalen des Mittelrotliegenden kennt man einige durch L. v. Ammon schon aus den Öuseler Schichten. Wenn A. Schmidt, nachdem seine tektonischen Spekulationen gefallen sind, nunmehr auf Grund soleker Fossilfunde die Kalkflöze der Cuseler Schichten (zum Beispiel dasjenige von Biehals) aus diesen zu entfernen geneigt sein sollte, müßte man sich auf Grund dieser Erfahrungen auch dem gegenüber skeptisch verhalten. Bis auf die noch schwebende Anthrakosienfrage sind somit auch A. Schmidts paläontologische Einwendungen gegen das Vorhanden- sein von Unterrotliegendem nicht stichhaltig. Gegen die Cuseler Schichten von Neurode wird ferner noch geltend gemacht, daß von den schwarzen, sogar flözführenden Schiefer- tonen des Unterrotliegenden von Albendorf?) nicht die geringste Andeutung vorhanden sei. Uns scheint dies eine ungerechtfertigte Aufbauschung der Bedeutung dieses untergeordneten Albendorfer Vorkommnisses zu sein. Bei, Qualisch und Radowenz überlagern zweifellos dieselben Unterrotliegendschichten wie bei Albendorf den Radowenzer Horizont und doch fehlen die „schwarzen Tonschiefer“ mit Walchia völlig. Solange nicht nachgewiesen wird, daß das Alben- dorfer Walchienflöz mit Sicherheit weithin verfolgbar ist, solange bleibt es eine ganz lokale Flözschmitze, die nicht als Leithorizont verwendet werden kann. Aus dem Fehlen dieser Schiefertone folgt gar nichts. Ja es ist nicht einmal sicher, ob sie fehlen, denn das Walchienflöz !) Lethaea palaeozoica II, pag. 522. ?2) Das oben schon besprochene Walchienflöz, 68* 530 Dr. W. Petrascheck. [20] ist nur der hangendste Teil des Radowenzer Flözzuges und dieser hat nach Dathe auf schlesischer Seite auch in Kohlenschmitzen seine Vertreter: die Ottweiler Schichten. Die Verhältnisse im Unterrotliegenden auf dem böhmischen Flügel sind sehr wichtig für die Beurteilung des Rotliegenden bei Neurode. Meine Aufnahmen, die bei Radowenz und Qualisch im vorigen und in diesem Jahre durchgeführt wurden, haben gezeigt, daß sich über den Radowenzer Schichten unschwer die unteren Cuseler‘ Schichten der Gegend von Neurode wieder erkennen lassen, ein Umstand, der Frech und ins- besondere Herbing gänzlich entgangen ist. Daß die Radowenzer Schichten zur oberen ÖOttweiler Stufe gehören, ist aber geradezu herrschende Meinung. Daß über den Radowenzer Schichten ganz konkordant das Rotliegende folgt, ist allgemein anerkannt. Daß also hier untere Cuseler Schichten vorliegen. ist zweifellos und wird auch von Frech und Herbing angenommen. Herbing hat die auf das Karbon von Albendorf folgenden Schichten Potsehendorfer und Teichwasser Schichten genannt. Er unterläßt es, diese Schichten kartographisch auszuscheiden, über ihre Mächtigkeit sagt er kein Wort, die Gesteine derselben zu charak- terisieren, erscheint ihm überflüssig. Zu den Teichwasser Schichten setzt er den nichtssagenden Ausdruck „dunkle Gesteine“. Herbing beschäftigt sich lediglich mit dem „Walchienflöz“ und den dünnen Kalkbänkchen, die in dem mächtigen Schichtkomplex enthalten sind. Besucht man die Gegend, so erhält man durch die Herbingsche Einteilung gar keinen Anhaltspunkt dafür, ob man Gesteine, die man da und dort aufgeschlossen findet, zu dieser oder jener Schicht zählen soll. Gerade so wie die Benennung eines Fossils, das nicht beschrieben und nicht abgebildet wurde, nicht zu berücksichtigen ist, gerade so wenig sind die Bezeichnungen Herbings als gegeben zu betrachten. Die Namen Potschendorfer und Teichwasser Schichten sind zu verwerfen und dafür der schon vorher von Dathe in dem nieder- schlesischen Becken eingeführte Begriff der unteren Cuseler Schichten anzuwenden. Aus den soeben erläuterten Gründen läßt sieh nicht einmal feststellen, welche der Unterabteilungen, die Dathe in den unteren Cuseler Schichten unterschieden hat, mit der einen oder anderen der Schichten Herbings zusammenfallen. Herbings Bezeichnungen sind eben gänzlich unbrauchbar. Meine Aufnahmen in diesem Niveau haben dieses Jahr ihr Ende an der Landesgrenze zwischen Albendorf und Qualisch gefunden. Ich kartierte dortselbst über dem Bereiche des Radowenzer Flözzuges folgende Schichten: Liegendkonglomerate, zirka 30 m mächtig, sich nur lokal auskeilend. Braunrote Konglomerate, wesentlich Quarz führend. Sie enthalten auch Lydit, etwas Phyllit, Grünschiefer und Gneis, von letzterem lokal bis 1 dm große gerundete Stücke. Bemerkenswert sind Bruchstücke von feinkörnigem roten und grünlichgrauen Sandstein. Die letzteren gleichen durchaus demjenigen, der unter dem Schwado- witzer Flözzuge eine weithin verfolgbare Einlagerung bildet. Da Grün- schiefer, Phyllit und Gneis in den oberen Teilen der Hexensteinarkose [21] Zur neuesten Literatur über das bömisch-schlesische Grenzgebiet. 531 und in den Radowenzer Schichten recht selten anzutreffen sind, deutet ihr Häufigerwerden auf veränderte Zufuhrsbedingungen hin. Die roten und graugrünen Sandsteine aber lassen auf eine Abtragung karboner Schichten schließen und stehen im Einklange mit der weiter nördlich wahrgenommenen Diskordanz zwischen Karbon und Rotliegendem. Aus diesen Gründen, ferner deshalb, weil es sich hier um eine weit verfolgbare Schicht handelt, lasse ich mit diesen Konglomeraten das Rotliegende beginnen. Der Radowenzer Flözzug liegt dicht darunter. ‚Es folgen 20-30 m mächtige rote Schiefer mit dünnen roten Sandsteinbänken, auf diesen liegen graue Kalke und grau- schwarze Anthrakosienschiefer mit Najatites Fischeri Am. und Mengen von Östrakoden. Die Mächtigkeit des Kalkes beträgt in den alten Bauen südlich Qualisch !/, m. Unmittelbar darüber liegen Konglomerate, die bald mit grauen Arkosen und untergeordneten roten sandigen Schiefertonen wechsellagern. Die Konglomerate bestehen vorwiegend aus Quarz und Lydit. Einzelne Quarzporphyrgerölle finden sich darin vor. Das Binde- mittel ist graue oder rötlichgraue Arkose. Die Mächtigkeit dieses Komplexes ist auf 50 m zu veranschlagen. Hierauf folgen zirka 500 m mächtige braunrote Schiefer- . tone, die auch dünne braunrote Sandsteinbänke führen. In drei verschiedenen Niveaus treten darin dünne Kalkflözchen auf. Vom Rabengebirge herüberstreichend überlagern diese mächtige Zone Porphyrtuff und Porphyr, die beide dicht diesseits der Landesgrenze endigen. Wo diese Eruptivstufe fehlt, treten graue Arkosen als Hangendes der vorigen Zone auf und bilden zu gleicher Zeit den jüngsten Rotliegendhorizont des hierselbst bisher in der Neuaufnahme fertiggestellten Gebietes. In noch höherem Maße als bei Neurode dominieren somit hier die tonigen Sedimente. Unschwer erkennt man in den mächtigen braunroten Schiefertonen unter der Eruptivstufe die Vertreter der unteren Bausandsteine. Die Sandsteine und Konglomerate r u, = sowie die Lyditkonglomerate ru, entsprechen den Konglomeraten und Arkosen im Liegenden der Schiefer. Darunter liegen hier wie dort anthrakosienführende kalkige Gesteine, die von roten Schiefern und endlich von Konglomeraten unterteuft werden. Herbing beschäftigt sich eingehend mit den Kalken der Umgebung Albendorfs und bringt über dieselben manche Details. Da ihm aber die Stratigraphie des Rotliegenden fremd blieb, unterlaufen ihm bei der Identifizierung der einzelnen Kalklager Verwechslungen. Das Lager, das bei dem Forsthause oberhalb Qualisch abgebaut wurde, entspricht demjenigen vom Pfarrkreuze in Qualisch und dem, das beim Grenzstein 307 ansteht. Sie alle fallen ziemlich in die Mitte der mächtigen braunroten Schieferzone. Der Schönberger Kalk aber liegt viel höher. Noch tiefer in derselben Schieferzone liegt das Flözchen zwischen Wernersdorf und der alten Kupferhütte, das keineswegs zum Schönberger Kalk gehört. Zu letzterem Irrtum wird er durch die unrichtige Parallelisierung des bei Wernersdorf befindlichen Porphyrs mit dem des Rabengebirges geführt, die in Wirklichkeit ganz ver- schiedenen Niveaus angehören. Herbing wie A. Schmidt sind 532 Dr. W. Petrascheck. [22] geneigt, die im Rotliegenden so häufigen Vorkommnisse von Kupfer- erzen zur Identifizierung von verschiedenen Schichten heranzuziehen, da sie die Kupfererze offenbar für sedimentärer Natur halten. Bei Wernersdorf spricht Herbing, obwohl ich schon hervorgehoben hatte, daß es sich auch hier um Imprägnationen handelt), von einem sedimentären Lager, das er als Kupferschieferflöz bezeichnet. Letzterer Ausdruck ist unzutreffend und kann zu Mißverständnissen Anlaß geben. Es grenzen an das Wernersdorfer kupfererzführende Konglomeratlager beiderseits rote Schiefertone an, die infolge der Inäiltration auf 30—79 cm Entfernung von dem Konglomerat blau- graue Farbe angenommen haben. Die Grenze zwischen diesen fetten grauen Letten und den roten Schiefern ist eine unregelmäßige. Es liegt also keine Schicht vor. In den Letten ist der Erzgehalt dicht am Konglomerat eben infolge der Adsorptionsfähigkeit des Tones segenüber den im Konglomerat zirkulierenden Lösungen am größten. Daß das Kupfer im Rotliegenden nicht niveaubeständig ist, habe ich in der zitierten Arbeit schon hervorgehoben und lassen sich die Beispiele dafür noch vermehren. Wohl aber kann man bemerken, daß es sich mit Eruptivlagern oder mit Verwerfungen in Beziehung bringen läßt. Auch in der Lagerstättenkunde von Stelzner-Bergeat hat die irrige Meinung, daß die Kupfererze im böhmischen Rotliegenden sedimentärer Entstehung sind, Platz gefunden. Ebenso wie Kupfer trifft man Kalk und Eisenerze im Karbon an. Das Zusammentreffen dieser nutzbaren (leider nur in geringer Quantität vorhandenen) Mineral- produkte mit Kohle ist aber nicht nur der Grenze zwischen Karbon und Perm eigentümlich, es läßt sich auch unterhalb des Schwadowitzer Flözzuges konstatieren. Im Gebiete der Kreide bewegten sich allein die Arbeiten Flegels. Das von Dathe aufgenommene Blatt Wünschelburg enthält nur einen wenige hundert Quadratmeter großen, an der Grenze liegenden Ausschnitt des Heuscheuergebirges, in dem der in der äußersten Südost- ecke liegende Teil irrtümlich als Cenomanquader koloriert wurde. Es ist vielmehr die Fortsetzung des turonen Quaders der Wünschel- burger Lehne, der erst auf böhmischem Gebiete von Cenoman unter- teuft wird. Flegel gibt zunächst eine historische Entwicklung der Kenntnis der Kreideablagerungen in der Adersbach-Weckelsdorfer Mulde und dem Heuscheuergebirge. Dabei ist auffallend, daB er die Arbeit Jokelys?) hier wie im folgenden gänzlich übergeht. Bekanntlich war Jokely der zweite, der das Gebiet einer geologischen Aufnahme unter- zog, und liegt seine Karte unter anderen derjenigen von Fri, die Flegel benutzt hat, zugrunde. Jokely hat auch ein Querprofil durch die Adersbacher Kreidemulde gegeben, mit dem dasjenige Flegels ganz gut übereinstimmt und das Anschauungen zur Darstellung bringt, die Flegel als seine Entdeckung in Anspruch nimmt. Es ist das um so !) Mineralquellen der Gegend von Nachod und Oudowa. Jahrb. d. k.k, geol. R.-A. 1903, pag. 471. ?) Verhandl. d. k. k. geol. R-A. 1861/1862, pag. 174. [23] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 533 bemerkenswerter, als Flegel der Erwähnung der Resultate anderer Forscher auch - sonst nicht genügend Rechnung trägt. Beispielsweise ist die altbekannte, von Geinitz ausreichend betonte Tatsache, daß Exogyra columba kein Leitfossil für das Cenoman ist, ein besonders hervorgehobenes und gesperrt gedrucktes „Ergebnis“ der Arbeit Flegels. Ebenso kennt man seit Beyrich und Jokely ein anderes solches „Ergebnis“, nämlich, daß die Kreideablagerung von Adersbach- Weckelsdorf eine Mulde ohne Brüche ist. Bemerkenswert ist auch die dem historischen Teile angefügte vergleichende Tabelle, da man in ihr die Teplitzer Schichten in der Brongniarti-, die Priesener Schichten in der Scaphitenstufe findet. Die Chlomeker Schichten sind richtig im Emscher untergebracht. Da hierdurch eine Lücke entsteht, werden für die Cuvieri-Stufe die Kreibitzer Schichten erfunden. Die Arbeit Flegels kommt zu zwei wesentlichen Ergebnissen. Das erste ist, daß der obere Quader der Heuscheuer dem Kieslings- walder Sandstein gleichzustellen ist. Verfasser hat dies schon in einer vorläufigen Mitteilung!) bekanntgegeben und wurde dieses Resultat, das mit einer längst schon von Rominger?°) ausgesprochenen Ver- mutung übereinstimmt, von mir bereits einer Kritik unterzogen 3). Die verschiedenen Altersbestimmungen, die auf Grund derselben Fossile gemacht wurden, zeigen aufs deutlichste, daß die Frage noch nicht gelöst ist. Das zweite Ergebnis ist, daß die Quadersandsteine der Adersbach- Weckelsdorfer Felsen gleichen Alters sind mit den isolierten Quader- schollen nördlich und östlich derselben, mit dem Quader des Stern- gebirges, somit auch mit dem der Wünschelburger Lehne. Sie sollen daher älter als der Heuscheuerquader sein und der Zone des Inoceramus Brongniarti entsprechen. Dieses sich teilweise mit den Ansichten Jokelys deckende Resultat verdient eine genauere Be- trachtung, die zeigen wird, daß es noch nicht einwandfrei ist. Der Verfasser bespricht folgende seit langem aus dem Gebiete bekannte Horizonte. Das Liegendste ist der Cenomanquader, der an seiner Basis oft harte kieselige Bänke führt, in denen man nach meinen Erfahrungen die Perutzer Schichten Böhmens vermuten kann. Die Grenzen des Cenomanquaders sind auf der Karte durchwegs falsch eingetragen. Oft kann man dort, wo dieser bereits angegeben ist, schöne Aufschlüsse und Profile des Rotliegenden wahrnehmen. Auf diese Weise erscheint der Horizont um vieles mächtiger, als er in Wirklichkeit ist, ein Fehler, der auch in dem Profil vorhanden ist. Jokelys Profil ist in diesem Punkte richtiger. An der Braunauer Lehne läßt Flegel diese Stufe fehlen oder durch Gehängeschnitt verdeckt sein. In Wirklichkeit läßt sie sich wiederholt besonders deutlich beispielsweise unter der Ringelkoppe nachweisen. Nördlich von Hronow soll sich der Cenomanquader auskeilen, beziehungsweise an einem von Flegel vermuteten Bruche in die Tiefe sinken. Auch dies ist falsch, seine Schichten stehen vielmehr dort, wo er in der Karte ') Zentraiblatt für Mineralogie etc. 1904, pag. 395. ®) Neues Jahrb. 1847, pag. 662. ®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 280. 534 Dr. W. Petrascheck. [24] fehlt, wiederholt an, auch ist er bei Zlicko in einem Steinbruche auf- geschlossen. Unsere Kartenskizze (Fig. 2) zeigt, daß sein Ausstreichen hier ununterbrochen ist. Unmittelbar über den Genomanquader läßt Flegel das Turon folgen. Eine Arbeit über den hier in Frage kommenden Horizont ist in Vorbereitung. Es ist früher viel darüber gestritten worden, ob der- selbe ins Turon oder noch ins Cenoman gehört. Auf Grund seiner Fauna stellen wir ihn noch in das letztere. Es liegt nämlich über dem Cenoman- quader ein blaugrauer toniger Sandstein, den Flegel Grenzquader nennt. Letzterer ist wahrscheinlich nichts anderes als ein Teil des Plänersandsteines. Diesen selbst wirft Flegel mit gewissen zur Labiatus- Stufe gehörenden Plänern zusammen und betrachtet ihn infolgedessen fälschlich als Aquivalent der Dabiatus-Stufe, durch welchen Irrtum natürlich die darüberliegenden Schichten höher hinaufrücken. Im Hangenden des echten Plänersandsteines befinden sich an Glaukonit auffällig reiche Bänke, auf die Michael zuerst die Aufmerksamkeit lenkte. Sie sind ein wichtiger, das Kartieren sehr erleichternder Grenz- horizont, der von mir in weiter Verbreitung nachgewiesen wurde. Auch er enthält noch Leitfossile des Cenomans. Erst über diesen Glaukonitbänken setzt Inoceramus labiatus ein. Flegel scheint diesen Leithorizont gar nicht zu kennen, denn er erwähnt seiner mit keinem Worte. Auch die Fossilarmut, die Flegel beim Plänersandstein unter Hinweis auf ähnliche Erfahrungen Fries erwähnt, trifft gerade für diesen Horizont nicht so sehr zu, wie für die anderen. Schon Michael hat aus diesem Horizont eine Reihe von Fossilien hervorgeholt, ebenso habe ich von verschiedenen Lokalitäten eine kleine Fauna zusammengebracht und auch Friäs Fossilien von Schwadowitz stammen, wie ich mich überzeugen konnte, aus dieser Schicht. Uber dem Plänersandsteine folgt erst der Labiatus-Pläner, der von Flegel teils mit diesem, teils mit dem dann erst folgenden Brongniarti-Pläner vereinigt wird. Wie weit sich diese Pläner, von denen die letzteren möglicherweise noch bis in die Scaphitenpläner hinaufreichen, kartographisch unterscheiden lassen, werde ich erst nach Abschluß meiner Aufnahmen richtig beurteilen können. Flegel hat versucht, den Brongniarti-Pläner von dem oberen Pläner des Karlsberger Plateaus zu scheiden, doch scheinen dabei die Isohypsen der Karte eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Sind doch, wie aus Fossilfunden hervorgeht, dieselben Pläner auch weiter im Nordwesten vertreten, ohne daß es von Flegel bemerkt worden wäre. Daß das Alter des Karlsberger Pläners ebenso wie des oberen Heuscheuer- quaders noch strittig ist, ist schon bemerkt worden. Abstrahiert man von dem vom normalen, mitunter abweichenden Vorkommen mancher als Leitfossile brauchbaren Reste in Böhmen und läßt man auch den Inoceramus labiatus, als vielleicht einer Revision bedürftig, vorläufig außer acht, so kann man die Diagnose auf Scaphitenpläner stellen. Der Pläner des Karlsberger Plateaus wird aber von dem Quader der Wünschelburger Lehne unterteuft. Auch aus diesem kennt man bisher nur so wenig Fossilien, daß die Altersbestimmung noch unsicher ist. Ich schwankte zwischen Brongniarti- und Labiatus-Stufe. An letztere [25] Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet. 535 dachte ich vor allem wegen der auffallend geringen Mächtigkeit, die diese hier haben müßte, wenn nur Brongniarti-Quader vorliegt, was aber schließlich kein stichhaltiger Grund ist. Nachdem ich darauf hingewiesen hatte, daß die Fauna aller zu untersuchenden Horizonte noch zu mangelhaft bekannt ist, um ein sicheres Urteil zu erlauben, daß aber anderseits Fossilien vorhanden sind, wäre es wohl angezeigt gewesen, in diesem Gebiete eine Zeit lang gründliche Aufsammlungen vorzunehmen. Flegels Fossillisten sind aber keineswegs vollkommener als die meinigen. Der von mir erbrachte Nachweis, daß sich der Quader der Wünschelburger Lehne gegen Westen auskeilt und durch Pläner ver- treten wird, wird von Flegel akzeptiert. Trotzdem aber zeigt seine Karte bei Straußenei diesen Quader an. Es ist das ein Fehler, auf den sich weiter die fälschliche Annahme einer Verwerfung gründet. In Wirklichkeit wird der angebliche Turonquader von unverkennbarem Plänersandsteine überlagert, ist also Cenomanquader. Der Quader der Wünschelburger Lehne setzt sich in die Braunauer Lehne, das Sterngebirge, fort. Ihm ist muldeneinwärts eine Reihe schmaler Quadervorkommnisse vorgelagert, die einen durch Täler oft unterbrochenen, dem Sterngebirge parallelen Kamm bilden. . Flegel kennt von diesen Vorkommnissen nur ein einziges. In einer Entfernung von 2 km treten erst wieder, und zwar mit einer nur wenig tieferen Unterkante Quadersandsteine auf. Da das Gefälle der Schichten 5—10° nahe dem Muldenrande aber mehr beträgt, muß man entweder ein nicht unbedeutendes Plänermittel oder eine Ver- werfung vermuten. Ein solches Mittel nimmt Fri@ an und zeichnet es in seinem Profil, das allerdings manche Fehler hat, ein. Es ist auch gar nicht ausgeschlossen, daß er damit recht hat, denn ich erwarb aus den, den angeblichen Mittelquader unterteufenden Pläner- schichten Fossilien, die auf die Teplitzer Schichten (Scaphitenpläner) schließen lassen, was wohl eine Vertretung des Heuscheuerquaders wahrscheinlich machen könnte. Flegelund Jokely können demnach bei der Altersbestimmung der Quader in der Adersbacher Mulde einen und denselben Fehler begangen haben und es bleibt auch hier der geologischen Landesaufnahme vorbehalten, Klarheit zu schaffen. Auch der Quadersandstein bei Görtelsdorf. wird von Flegel dem von Adersbach—Weckelsdorf gleich und zur Brongniarti-Stufe gestellt. Die südwestlich vom Heuscheuergebirge sich bis an den Fuß des Schneegebirges erstreckenden Kreidegebilde sind nicht mehr Gegenstand eingehender Untersuchungen geworden. Die Kenntnis der Horizonte, die hauptsächlich Sturm zu verdanken ist, ist noch eine sehr ungleiche. Die Kieslingswalder Tone sind keineswegs so fossilarm, als daß ihr Studium sich nicht lohnen würde. Auch in bezug auf die faziellen Verschiebungen in den tieferen Horizonten bleibt noch manches klarzustellen. Einzelnes Neues bringt der von Flegel ver- faßte Führer zu der Frechschen Exkursion in die Glatzer Kreide. So erfährt das unrichtig in bezug auf das Alter seiner Schichten gedeutete Profil am Roten Berge die gewünschte Korrektur. Im Gold- bacher Quader bei Reinerz wurde Lima canalifera und Exogyra columba Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 69 536 Dr. W. Petrascheck. [26] nachgewiesen, zwei Fossile, die in dem mittleren Quader der dortigen Gegend verbreitet sind. Flegel und A. Schmidt haben sich auch mit der Tektonik der Gegend zwischen Hronov und Straußenei befaßt. Diese Versuche sind ihnen aber so gänzlich mißraten, daß ich zur Illustrierung der tatsächlichen Verhältnisse die Ergebnisse meiner eigenen im Paläozoikum allerdings noch nicht ganz abgeschlossenen Aufnahmen darstelle, um an dieser Skizze einige von den genannten Autoren begangenen Fehler zu erläutern. Zunächst ist es falsch, wenn bei Zdarek südlich des Bruches der Heuscheuerquader eingetragen ist, es steht vielmehr Cenoman- quader an, der deutlich vom Plänersandstein mit seinen Glaukonit- bänken überlagert wird, wie esin der Karte Michaels ganz richtig eingetragen ist. Erwähnt wurde schon oben, daß das Auskeilen des Cenomanquaders an einem nördlichen Bruche ein Irrtum ist. Vielmehr läßt sich der Quader auf das deutlichste ringsum verfolgen. Er liegt auch auf dem Karbon oberhalb des Wilhelminenschachtes und hebt sich bei Zavrchy in einer deutlichen Terrainstufe ab. Von einer Verwerfung, an welcher der Quader in die Tiefe gesunken sein soll, kann somit keine Rede sein. Er liegt, wie der Verlauf seiner Unterkante am Hange des Tales von Straußenei zeigt, dem Karbon auf. Die Verwerfung, die im Wilhelminenschacht angefahren wurde und die die dortigen Flöze abschneidet, ist allerdings auch obertags zu konstatieren. Sie setzt aber nicht an der Grenze von Karbon und Kreide, sondern noch im Karbon auf. Die Kreidegrenze liegt beträchtlich von dem Verwurfe entfernt, was am besten aus den Grubenrissen hervorgeht. Die Be- hauptung Schmidts und Flegels, daß hinter dem Bruche Kreide angefahren wurde, beruht demnach offenbar auf einer Verwechslung oder falschen Bestimmung der Gesteine. Daß die Verfasser die Gesteine nicht genügend gekannt haben, wird geradezu zur Gewißheit durch die Bemerkung A. Schmidts, daß die von Weithofer bei Zdarek als Karbon kartierte Insel durch Flegel als Cenoman erwiesen wurde. Tatsächlich ist aber dieser Karbonaufbruch in dem. von Sedmakowitz kommenden Tale ganz zweifellos vorhanden und wird von Cenoman deutlich überlagert! Es sollen hierselbst sogar nach mündlichen Mitteilungen des Herrn Maırkscheider Irmann Flözspuren, die man als Vertreter der Idastollenflöze aufzufassen hat, erschürft worden sein. Am deutlichsten geht, wie ich schon früher erwähnt habe, das Fehlen des nördlichen Randbruches aus dem Vorhandensein einer das Karbon überspannenden Kreidedecke hervor. Zur Bekräftigung seiner Annahme eines das Karbon auch im Norden begrenzenden Bruches („Straußeneier Sprung*) hebt Flegel noch hervor, daß bei Zlieko Plänerschichten bis zu 90° aufgerichtet waren. Es ist ihm hier ein verzeihlicher Irrtum passiert, er hat die Transversal- schieferung des Pläners mit der Schichtung verwechselt, ein Irrtum, der bei kleinen Aufschlüssen leicht unterlaufen kann. Gerade in dieser Gegend ist die Transversalschieferung des Pläners oft auf das deutlichste zu beobachten, so längs des ganzen Weges von Sedmakowitz bis zum Sattel südlich Machau. Wären hier wirklich- aufgerichtete 537 | re BALL ZAU0DN0N,) = Re, a n u = Be 2 UTSPUMSIBM] (MIT a ar Le 3 } Lapam) mu) 32 © n ER SE Si ; ONRNPFBEISCIEDF NIIN = BOT WEISUDCHT I 5 = | APDMPZ NIIN Al \) TuS== UL DZIMODDMML © re = ge | ° UNENPLIEMZL ın N.‘ ° 'n — l SHoge 2 ne Paaee ° RUN] N EVER LIEN AN 3 : NN 2,8 BER UDO q E N i Bi =, \ = ag E=| N Be2 Do L83Y ; nn 1 —e 3 = Ä | > Kr ERS ) „ er. el = g: Tl b=7 Terre 3 © = , 3 = u = y7 ke 323 TAYN E20 E> o #59 re o © — 2] © >i © | ER. = N PIRGIVG - Bono F N BT [5 ‚ a N 69* 538 - Dr. W. Petrascheck. [28] Schichten vorhanden, so müßte der Pläner mehr als 1000 »r mächtig sein. Es haben die tieferen, den Plänersandstein unmittelbar über- lagernden Labiatus-Schichten die Schieferung viel deutlicher ange- nommen als die darüber folgenden dickbankigen Plänerkalke. Wo sich diese Druckschieferung an dünnschichtigen Gesteinen geltend macht, kommt es zu griffelförmiger Absonderung, die schon von Beyrich!) erwähnt wird. Der „Straußeneier Sprung“ Flegels existiert also nicht. Das mit diesem in Verbindung gebrachte Verschwinden des Rotliegenden von Drewitz ist aber weiter nichts als eine Folge der Transgression der Öberkreide. Die im Karbon bei Straußenei aufsetzende Verwerfung ist von Flegel falsch kartiert worden, diejenige aber, die dortselbst in der Kreide aufsetzt, kennt er gar nicht. Ob also die „Reinerzer Quellenspalte* noch bis nach Straußenei reicht, ist zurzeit nicht bekannt. Nordwestlich vom Ingwerberg ist sie noch vorhanden. Für die Fortsetzung dieser Dislokationslinie sind noch genauere Unter- suchungen nötig, da hier die Frage auftritt, ob nicht Flexuren oder Faltung an dem Gebirgsbau beteiligt sind. Südlich von dem hohen Ratschenberge, von dessen Glimmerschiefern die Kreide noch gegen NÖ abfällt, setzen augeufällige Brüche auf: das ziemlich komplizierte Bruchsystem von Reinerz. Auf einer tektonischen Skizze der weiteren Umgebung des Neißegrabens ist das Bruchnetz zum Teil textlichen Erläuterungen vorgreifend dargestellt. Die Karte bringt einiges Neue, einzelnes davon wird allerdings bald fallen müssen. Die Mineral- quellen von Reinerz werden von Frech?) in einer kleinen Schrift behandelt, in welcher die zum größten Teil bekannte Abhängigkeit der Säuerlinge von Verwerfungen ausgeführt wird. Eine mehr spekulative Behandlung erfährt der besonders durch Weithofer genauer bekannt gewordene Parschnitz—Hronover Bruch. Da an diesem im Gebiete der Bergkoppe bei Markausch die älteren Karbonschichten erst widersinnig einfallen, dann saiger stehen und schließlich erst das normale NO-Fallen annehmen, da ferner im Ida- stollen ebenfalls widersinnig fallende Schatzlarer Konglomerate vor einem kleinen Schleppungssattel anstehen, glaubt Flegel an eine durch Schleppung an dem Bruche bedingte Sattelbildung und will auf diese Weise den Prozeß, nach dem man sich diese Dislokation ent- standen zu denken hat, vereinfachen. In der Bergkoppe sahen bereits Zobel und Carnall?°) einen Sattel der Steinkohlenschichten. Gegen die Annahme desselben und für die Weithofersche Darstellungsart des Profils spricht aber, daß in dem ostfallenden Teile zwei Flöze und ein Porphyrlager, in dem westfallenden Teile aber nur ein Flöz vor- handen ist, es ist somit von einer Wiederholung der Schichten nichts zu bemerken. In den zwischen der Bergkoppe und dem .Idastollen gelegenen Xaveri- und Hugostollen hat man gar nichts, was auf eine solche Schleppung hindeuten könnte, angefahren. Im Idastollen ist zwar die von Weithofer verzeichnete Sattelung deutlich aufge- !) Erläuterungen zur geogr. Karte vom niederschles. Gebirge, pag. 352. 2) Reinerz, das Zentrum der Glatzer Mineralquellen. Reinerz 1904. ®) Karstens Archiv. Bd. 4 (1832), pag. 11. [29] Zur neuesten Literatur über das böhmiseli-schlesische Grenzgebiet. 539 schlossgA, vor derselben verdeckt eine Mauer ein wahrscheinlich brüchiges Gebirge. Nach den Stollenprofilen der Bergverwaltung setzen unmittelbar vor der Sattelung saigere und dann erst etwas flachere Schichten auf. Mit einer einfachen Schleppung kommt man somit nicht aus, wie überhaupt die einfachsten tektonischen Profile keineswegs immer die richtigsten sind. R Bei Hronov geht der Bruch in eine Überschiebung über, die Weithofer und auch Flegel sich noch weiter nach Ost fortsetzend denken. Hierfür felılt es zunächst-noch an Beweisen. Die bei Zdarek von Weithofer!) vermutete Überschiebung kann, wie aus den Beob- achtungen Michaels?) hervorgeht, keine solche gewesen sein, denn die von Michael zweifellos beobachtete Verwerfungskluft fiel unter 29° nach SW.. An ihr stießen unter 60° gegen NO fallende Karbon- sandsteine gegen sich nach SW verflächende Kreidequader ab. Damit lassen sich die Beobachtungen, die wir beiın Kartieren machten, gut in Einklang brivugen. Dicht östlich von Hronov sind: saiger stehende Kreidequader zu beobachten, allmählich stellt sich gegen S gerichtete Neigung ein, die Schichten und ihre Grenze gegen das Karbon. werden immer flacher. Zwischen Podborky und Zdarek ist nur mehr eine Flexur vorhanden, in der kein Bruch mehr nachweisbar ist. Weiter . nach SO tritt dann die sehr flach einfallende, von Michael beo- bachtete Verwerfung auf. Da auf der nördlichen Seite des Karbon- zuges die Kreideschichten unter flachen Winkeln in die Adersbacher Mulde einfallen, kommt es bei Zdarek zur Ausbildung einer flachen schiefen Antiklinale.e Das Karbon zwischen Hronov-und Straußenei ist aber ein Antiklinalaufbruch. Südlich und westlich ist dieser Sattelregion der breite Graben von Cudova_ vor- gelagert. Dieser biegt bei Hronov jäh aus seiner N—S-Richtung in eine erst fast westliche, dann mehr nordwestliche um und läßt sich, zwischen Hronov und Kostelez stark verschmälert, allmählich breiter werdend weithin verfolgen. Wo er am engsten ist, wird er südwärts von Karbon überschoben. Innerhalb des Grabens kann man hier keine flach gelagerten Schichten nachweisen und scheint man somit Berechtigung zu haben, denselben auch als eine eng zusammengepreßte Mulde auf- zufassen, die der nach S überschobenen Falte des Karbonzuges vor- gelagert ist. Die über Tag zu beobachtende Schichtfolge und ebenso die mir von der Schatzlarer Bergverwaltung freundlichst zur Verfügung gestellten Ergebnisse der daselbst vorgenommenen Schürfungen und Bohrungen geben aber keinerlei Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Überstürzung der tiefsten daselbst aufgeschlossenen Karbon- schichten. Es stehen somit auch der Annahme einer Faltenüberschiebung, die an sich eine einfache Erklärung der tektonischen Verhältnisse wäre, !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 47 (1897), vag. 417. ?, Zeitschr. der Deutschen geol. Gesellsch. 1893, pag. 215. Wie aus den Grubenrissen hervorgeht, muß in der Angabe des Ortes ein Irrtum unterlaufen sein, denn 850 m südlich vom Eingangsstollen befindet sich gar keine Strecke. Nach mündlichen Mitteilungen des Herrn Markscheider Irmann ist bei Zdarek nur einmal Kreide angefahren worden, und zwar im Karolinenstollen zirka 800 m westlich vom Eingange. Die übrigen Daten Michaels passen ziemlich auf diesen Ort. 540 Dr. W. Petrascheck. | [30] Schwierigkeiten gegenüber. Im Gegensatze zu der Annahme Fiegels ist man auf dieser Linie gezwungen, die gebirgsbildende Bewegung, abgesehen von den vorkarbonischen, auf zwei Phasen zurückzuführen, eine postpermische, aber vorkretazische und eine postkretazische. Dies näher auszuführen, wird Aufgabe einer späteren Mitteilung sein. Inhaltsübersicht. — Seite Goeisformation, Silur, Devon, Herzogswalder Schichten und Kulm im Eulengebirge. Gliederung des Oberkarbons . .... . 512 [2] --513 [3] De, Waltenburser Sehjchteh.. . >... mes sure we EIER EN Pe WEIBStEIREr Schichten‘... ..-.. u n.mu a arme a DB, ]S], oa Die Schatzlarer Schichten . . . . . A TE N 515 [5] — 517 [7] DIE UL WEHEESS imehLen... 1 u0\ nn nr Me 517 [7] — 522 [12] Schwadowitzer Schichten und Hekendteinarkoss RE Hl BaNOWERZELSSCHICHLEN EN Se rn 519 [9] Ortweller, Schichten ne Schlesien 4.021 1121 TDDANRODIEFENdE.ı en Se N a 522 [12]—532 [22] DAUhES /GlICHErInB. an et ae nn a: 522 [12] A. Schmidts Staffelbrüche ee ee ir - .,.525 [15] A. Schmidts Einwendungen gegen die Be Schichten - .. 528 [18] Untere Cuseler Schichten bei Albendorf. ....... - 530 [20] ER IOE EI 0 Ver ae Aa a RE N 532 [22] -536 [26] 2 [22] Tektonik der Gegend zwischen Hronov und Straußenei 2.2. 536.[26] —540 [30] Die kristallinen Alpen des Ultentales. Il. Das Gebirge nördlich der Faltschauer. Von Dr. W. Hammer. Mit einer Tafel (Nr. XIII) und 13 Zinkotypien im Text. Der vorliegende zweite Teil der geologischen Beschreibung der Ultentaler Alpen (ersten Teil siehe Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1902, pag. 105) umfaßt den Bergkamm vom Rabbijoch über die Eggen- spitzen bis zum Marlingerjoch bei Meran. Seine Nordseite senkt sich ins Vintschgau, beziehungsweise Martelltal hinab, seine Südflanken werden von der Faltschauer, beziehungsweise dem Torrente Rabbies im Süden und Westen umsäumt. Der vergletscherte Kamm von den Esgenspitzen zur Zufrittspitze schließt am Lorkenspitz an den firn- bedeckten Hauptkamm der ÖOrtlergruppe an. Vom Zufrittspitz bis zum Marlinserjoch erhebt sich der sanftgeformte Kamm nur mehr am Hasenohr bis zu vergletscherter Höhe; von ihm an nordöstlich verläuft der Kamm in wenig eingeschartetem Verlauf als Schutt- oder Felskamm bis zur waldbestandenen Höhe des Marlingerjoches. Das Kuppelwiesertal und das Falkomaital — beide auf der Südseite des. Kammes — sind die einzigen bedeutenden Seitentäler der um- srenzenden Haupttäler, die in diesen Kamm eingreifen, sonst senken sich nur steile, meist tief eingerissene Gräben nach allen Seiten hinab. Der oberste Teil des Ultentales liegt, wie schon in der Einleitung zum ersten Teile betont wurde, ganz innerhalb dieses zweiten Teiles des Gebietes. Das im ersten Teile beschriebene Gebiet ist größtenteils auf dem Blatte Cles der geologischen Karte der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder der österr.-ungar. Monarchie (1:75.000) zur Darstellung gekommen und in der fünften Lieferung dieses Werkes erschienen. Das übrige Gebiet der Ultentaler Alpen wird auf den Blättern Meran, Glurns--Ortler und Bormio—Tonale in den folgenden Lieferungen erscheinen. ‘Zuerst untersucht und für die k. k. geologische Reichsanstalt in. Wien aufgenommen wurde auch dieser Teil von G. Stache!). Außer den Angaben dieses Forschers liegt in der Literatur noch eine Beschreibung des Marlingerjoches von C. W. C. Fuchs?) vor. . =. 1. Verhandl. d: k. k. geol. R.-A. 1876, pag. 314, und 1877, pag. 205; Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1879, pag. 317; Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1880, pag. 127. ?) C.W.C. Fuchs: Die Umgebung von Meran. Neues Jahrb. f. Min. n. Geol. 1875, pag. 812. Jahrbuch d. k. k.-geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Hammer.) 542 W. Hammer. [2] A. Grubenmann hat die Töllitgänge bei Meran, der Verfasser!) die sehr zahlreichen, über das ganze Gebiet verstreuten Porphyrit- gänge sowie die Pegmatite beschrieben. Die Marmore bei Tarsch behandelt Weinschenk?) in seinen „Tiroler Marmorlagern* sowie Lindemann?). Die geologische Detailaufnahme wurde vom Verfasser in den Sommern 1901, 1902 und 1903 durchgeführt. I. Gesteine und deren Verbreitung. 1. Phyllitgneisformation. Während diese Gruppe der kristallinen Schiefer im südlichen Ultener Kamme die alleinherrschende, ist, treten im nördlichen und westlichen” Teile der Ultentaler Alpen daneben noch Gesteine der jüngeren phyllitischen Formation .auf. Die Phyllitgneisformation baut aber auch hier den größeren Teil des Gebirges auf und: nur. die ganze Kammregion liegt in den Phylliten. Die Gesteine, durch: welche diese Formation hier vertreten ist, sind die gleichen wie im südlichen Teile (unter Wegfall der Granulite), ihre Mengenverteilung ist dagegen eine andere. Da die einzelnen Gesteinstypen schon im ersten Teile besprochen wurden, brauchen hier nur noch die Abweichungen von jener Entwicklung ‘und. ihre Verbreitung näher beschrieben zu werden. a) Zweiglimmeriger phyllitischer Gneis. Im Gegensatze zum südlichen Teile, wo die gemeinen Gneise die vorherrschenden Vertreter der Gneisformation sind, a hier weitaus die phyllitischen Gneise. Ihre petrographische Ausbildung entspricht im größeren Teile’ ihres Bereiches dem im ersten Teile gegebenen Bild: Gesteine, die aus Quarz, Feldspat, Muskovit, Biotit und wenig Granat bestehen, wobei die Glimmer in zusammenhängenden Lagen und Häutchen angeordnet sind; im Querbruche sieht man die Quarzfeldspatlagen. Es wurde schon dort hervorgehoben, daß betreffs des Mengenverhält- nisses zwischen hellem und dunklem Glimmer immer die Tendenz zum Vorherrschen des Kaliglimmers besteht und es werden hier auch die früher eigens besprochenen phyllitischen Muskovitgneise nicht eigens mehr besprochen werden, da sie besonders in diesem nördlichen Teile des Gebietes nur mehr den Charakter von Fluktuationen haben. Die im ersten Teile der Arbeit beschriebene Zone von mechanisch und chemisch umgewandelten Phyllitgneis, welche die Judikarien- bruchlinie begleitet, setzt sich auch im nördlichen Teile weiter fort: Br !) Porphyrite a Diorit aus den Ultentaler Alpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 65. Uber die Pegmatite der Ortlergruppe. Verhandl.d.k.k. eol. R.-A. 1903, -pag. :345. ?) Zeitschr. f. prakt. Geol. 1903, Heft 4. 3) Neues Jahrb. f. Min. 1904. [3] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 543 vom Hofmahd durch das Maraunertal bis zur Faltschauer und längs des Nordrandes der Kreuzbergtonalitmasse hin bis ins Etschtal. Gerade in dieser Zone ist an der Mündung des Maraunertales ein Vorwalten des Muskovits zu bemerken. Diese von der Einwirkung des Gebirgsdruckes an dieser Bruchlinie getroffenen Schiefer haben besonders stark phyllitische Struktur; oft ist das Gestein auch in kleine linsenförmige Scherben aufgelöst oder von dicht aufeinander- folgenden Rutschflächen durchzogen; die Schieferungsflächen sind dunkelgrüngrau serizitisch ; einzelne größere Glimmerblättchen treten noch hervor. Derartige Ausbildungen des Phyllitgneises treten auch an anderen Stellen wieder auf, so im Birchberggraben, bei Mels- bach, im Falkomaital und anderen Orten. Ich führe auch hier diese Struktur auf die gleiche Ursache zurück, wenn auch an diesen Stellen tektonisch die Störung nicht nachweisbar ist, teils wegen der Unbe- kanntheit der stratigraphischen Folge der einzelnen Horizonte, teils weil es sich wahrscheinlich oft um Verschiebungen parallel den Schicht- flächen handelt. Die mikroskopische Untersuchung derartiger Phyllitgneise be- stätigt zunächst ihre Gmneisnatur insofern, als Feldspat in großer, in manchen Proben in selır großer Menge vorhanden ist. Dabei zeigt er sehr oft Ausbildung in großen rundlichen Körnern, die augenartig von den Glimmerlagen umschlossen werden; daneben tritt er aber in denselben Gesteinen in ganz kleinen Aggregaten auf, die man teilweise als Zerreibungsprodukte größerer Körner wird auffassen können. Soweit sich an noch frischen Teilen der sonst stark in Glimmer, Epidot und Zoisit umgewandelten Feldspate feststellen ließ, sind unter diesen Orthoklas, Albit und auch basischere Plagioklase beteiligt. Der Quarz ist der Kristallisationsschieferung entsprechend in ganz langgestreckten, wellig auslöschenden Körnern vorhanden; an einem der Schliffe wurden in ihm Büschel von Sillimanitnadeln getroffen. In den Glimmerlagen sind immer beide Glimmerarten vertreten, und zwar Muskovit meist vorherrschend. Die Glimmerlagen sind aus sehr kleinen Schüppchen zusammengesetzt. Die Umsetzung in Chlorit ist meistens stark vor- geschritten. Magnetit, Pyrit, Illmenit, Granat und Apatit sind als Nebengemengteile zu nennen; die Erze sind oft in sehr großer Menge imprägnationsartig verteilt. Zu den Phyllitgneisen stelle ich auch jene stark verbreitete Abart, welche durch eine individuellere Ausprägung der einzelnen Glimmerblättchen eine Übergangsform zu den gemeinen Gneisen bildet. Es ist dies ein Gneis, den man fast ebensogut zum Phyllitgneis wie zum gemeinen Gneis stellen kann. Es sind sehr glimmerreiche Gneise mit Biotit und Muskovit, bei welchen noch eine undeutliche Sonderung in Glimmerlagen und in Quarzfeldspatlagen oder Flasern besteht; die Glimmer sind aber nicht in ganzen Häuten und Flasern verschmolzen, sondern als einzelne Schüppchen ausgebildet, die aber dicht auf- und nebeneinander liegen. Diese Ausbildung entspricht fast ganz den Gneisen im Gehänge ober Rabbi, die im ersten Teile als Abart der Phyllitgneise beschrieben wurden. Dieser Gneis zeigt auch im Dünn- schliff durchaus gröberes Korn. Biotit und Muskovit sind in ungefähr gleicher Menge vorhanden (Pleochroismus des Biotits von hellgrünlich- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Hammer.) 7U AAA: Dr. W. Hammer. [4] gelb zu schwarzbraun). Der Feldspat gehört zumeist dem Oligoklas an. Der Habitus dieses Gneises entspricht am ehesten einem Glimmer- schiefer, die große Feldspatmenge stellt ilın aber zum Gneis. Dieser grobkörnige Phyllitgneis tritt besonders am Marlingerjoch und dem vorderen Ultentale, aber oft auch im Vintschgauer Gehänge auf, ohne daß eine deutliche Abgrenzung gegen die anderen typischen Phyllitgneise möglich wäre. Schon oben wurde gesagt, daß im mikroskopischen Bilde mancher Phyllitgneise der Feldspat augenartig hervortritt. Dies ist an manchen Stellen auch makroskopisch zu sehen. Besonders auffälligerweise ist dies am südlichen Gehänge unter der Wallfahrtskirche St. Helena (am Kamm zwischen Falkomaital und Ultental) der Fall. Der Phyllitgneis hat hier die oben beschriebene grobkörnig gneisige Struktur. Darin treten nur lagenweise angereichert Feldspataugen hervor, und zwar massenhaft ganz kleine, aber auch größere sind reichlich zu sehen. Die größten erreichen eine Dimension von 8 cm Durchmesser. Sie sind dicklinsenförmig mit runder Oberfläche, so daB man sie oberflächlich für Flußgerölle halten könnte. An den auseinandergeschlagenen Stücken sieht man, daß kleine Schmitzen von Glimmer in ihnen eingelagert sind, während anderseits die einheitlichen matt glänzenden Spaltflächen die kristallographische Finheitlichkeit des Gebildes anzeigen. Das Muttergestein dieser Feldspatknollen bietet das normale Bild eines zweiglimmerigen glimmerreichen Gneises. An dem Quarz besonders ist starke Kataklase zu beobachten: er ist randlich zerdrückt, in Flasern von kleinen Körnchen ausgewalzt. Der mittelgroße Feldspat ist lagenweise angesammelt; es sind ungestreifte Durchschnitte da, die ich ihrer Lichtbrechung nach zum Orthoklas rechne, und verzwillingte, die einem Oligoklasandesin angehören dürften. Ein Schliff durch einen der großen Feldspatknollen zeigt, daß der Feldspat fein verzwillingt ist. An den zahlreichen eingeschlossenen Quarzkörnern stellte ich fest, daß bei Parallelstellung © > «‘ Ei r bei Kreuzstellung o < y‘ EI Die symmetrische Auslöschungsschiefe ist sehr klein. Die Boricky- sche Probe ergab Kieselfluornatrium in großer Menge und Kieselfluor- kalzium, letzteres auch ziemlich viel. Ich: spreche den Feldspat demnach als einen Andesinoligoklas an. Wie schon bemerkt, ist er reich an Einschlüssen ; besonders Quarz in rundlichen Körnern, dann Muskovit; ein Feldspatkorn, das wahrscheinlich Orthoklas ist; Biotit. Die Abgrenzung gegen das umgebende Gestein ist wellig und rauh. Zu erwähnen ist schließlicn noch, daß an einzelnen Stellen der Granat als makroskopischer Bestandteil auftritt. Dies ist zum Beispiel im Birchberggraben der Falle Ob die im Hangenden des Granits des Forstergrabens (gegenüber Naturns) auftretenden Granatphyllite hierher oder zu den jüngeren Phylliten zu stellen sind, kann bei der Isoliertheit dieses Vorkommens nicht entschieden werden; ihrem petrographischen Bilde nach gehören sie zu den jüngeren Phylliten. [5] Die kristallinen Alpen des Ultentales. : 545 b) Gemeiner zweiglimmeriger Gneis. Ich wähle hier den Namen gemeiner Gneis als gleichbedeutend mit dem normalen Gmeise des ersten Teiles, weil erstere Bezeichnung in der petrographischen Literatur gebräuchlicher ist. Während der Phyllitgneis und seine Abarten die ganzen Gehänge des Rabbijoch—Marlingerjochkammes bis in ihre höheren Teile hinauf einnehmen, ist der gemeine Gneis nur streifenweise in ihnen ein- geschaltet. Derartige Zonen von gemeine Gneise sind zu verzeichnen längs der Nordbasis des Kammes, im Vintschgau, vom Martelltale bis zur Töll hinab, im mittleren Teile des Tarschergrabens, bei der Naturnser Alpe, im Gehänge des Marlingerjoches gegen Lana (bei Pawigl) und anderen Orten. Es sind, wie schon früher angegeben wurde, Gneise, die durch geringere Menge des Glimmers und durch den Wegfall der Sonderung in Quarzfeldspat- und in Glimmerlagen charakterisiert sind. Im Gegensatze zu den Phyllitgneisen neigen diese Gneise sehr einem Vorwalten des Biotits zu bis zu starkem Vor- herrschen desselben. Das Korn ist meist ein feines, beträchtlich feiner als bei der glimmerschieferähnlichen Abart der Phyllitgneise. Ein guter Vertreter dieser gemeinen Gneise ist zum Beispiel der Gneis an der Töll bei Meran. Es ist ein graugefärbtes, feinkörniges Gestein, in dem Biotit stark vorherrscht. Betreffs der mikroskopischen Beschaffen- heit dieser Gneise ist der im ersten Teile gegebenen Schilderung nichts Neues hinzuzufügen. Ein reiner Biotitgneis steht am Eingange in den Birchberggraben an. Hier mag auch ein Gestein beschrieben werden, das im makro- skopischen Anblicke am ehesten solchen gemeinen glimmerarmen Gneisen gleicht, im mikroskopischen Befund aber einen bemerkenswerten Unterschied aufweist. Ich fand im Gehänge von dem Kamme Gleck- Nagelstein gegen den nördlichsten der zahlreichen Seen des Rabbi- joches eingelagert in den anderen Gneisen ein dunkelgraugrünes, deutlich schiefriges Gestein von sehr feinem Korn. Im Querbruche treten kleine graulichweiße Körnchen mit mattem Glanze hervor. Im Dünnschliffe ergeben sich als wesentliche Bestandteile Quarz, Cyanit und Biotit. Quarz ist sehr reichlich vorhanden, er zeigt Mörtelstruktur ; Biotit ist in kleineren Schüppchen zu Flasern vereint. Der Disthen ist farblos und ganz unregelmäßig umgrenzt, oft zerklüftet und aus- gefranst. An seinen verschiedenen Durchschnitten sieht man die zwei verschieden vollkommenen Spaltbarkeiten und die Querabsonderung nach oP. Auch Zwillinge treten auf. Die obenerwähnten im Querbruche sichtbaren Körnchen sind wohl die Cyanite. Es ist dieses Gestein noch ein Anklang an die im Gampertale und Umgebung auftretenden Cyanitgranatgneise und Kinzigite, die aus den gemeinen Gneisen hervorgehen. An zwei Fundorten wurden beim gemeinen Gneis porphyroidische Ausbildungen beobachtet durch augenartiges Hervortreten der Feld- spate. Diese Augen besitzen nur geringe Größe bis zu 05 cm. Diese Abarten stehen beim Bad „in der Lad“ (St. Pankraz) und im Hagel- bachtale an, 70* 546 Dr. W. Hammer. [6] c) Einlagerungen in den Gneisen. In Kürze aufzuzäblen sind hier weiters die Einlagerungen in den Gneisen; vertreten sind hier weniger derartige als im südlichen Teile. Die Cyanitgranatgranulite und verwandten Gesteine sowie die Olivinfelse!) felılen in diesem nördlichen Abschnitte vollständig (mit Ausnahme des ÖOyanitgneises am Rabbijoch). Über die Amphibolite und die Quarzite ist nichts Neues mitzuteilen, da ich auch weitere mikroskopische Studien über diese Gesteine nicht anstellte.e Sowohl die einen wie die anderen treten in geringen Mengen im ganzen Terrain dort und da auf, ohne irgendwo besonders hervorzutreten. Hornblendegneise und Hornblendeschicfer treten zum Beispiel im unteren Teile des Tarschergrabens, bei Freiberg und Eben (im Vintschgau), im Kuppelwiesertal, Falkomaital und am Peilstein auf. Ein von allen diesen Amphiboliten abweichender horblende- haltiger Gneis bildet die Talstufe zwischen den Alpen Stablazol und Saönt im Rabbital. Makroskopisch hat man ein sehr feinkörniges silbergraues Gestein vor sich, in welchem die Schieferstruktur durch parallele Einlagerung kleiner Hornblendesplitterchen (1—2 mm) ver- anschaulicht wird. Die Hornblende ist aber nicht in so großer oder überwiegender Menge wie in den anderen Amphiboliten vorhanden, sondern verhältnismäßig spärlich, lagenweise etwas reichlicher, in anderen Lagen fast ganz zurücktretend. Auf den Spaltflächen sind feine Muskovitschüppchen sichtbar. Unter dem Mikroskop erscheint ein feinkörniges Gemenge von Quarz und Feldspat, welcher keine Zwillingsbildung zeigt und geringere Lichtbrechung als Quarz besitzt. Der Feldspat wurde künstlich durch Färbung hervorgehoben. Vereinzelt wurden in dem einen Schliffe zwei große Feldspatkörner gefunden, von denen der eine ein Plagioklas war. Dann sieht man in geringer Menge Muskovit und endlich jene Hornblende, ganz in der unvoll- ständigen Ausformung wie in den anderen Amphiboliten. Ihre Farben sind b 2 2 n z cd RG ge as, wor? >” 2 lin N, Ansicht eines Teiles des je mit dem Schieferdach; zwischen Granit und Schiefer eine aplitische Randzone. Der Kellerberggranit ist dem Kuppelwiesergranitit petrographisch sehr ähnlich, ja fast gleich. Es ist ein grobkörniges Gestein von grani- tischer Struktur, ganz wie dort (makroskopische Korngröße 2—4 mm). Man unterscheidet leicht mit freiem Auge den glasiggrauen Quarz und den mehr weißlichen Feldspat und als dritten Bestandteil den Biotit, der aber hier beträchtlich reichlicher vorhanden. Ich führe hier gleich das am Dünnschliff gewonnene Auszählungsergebnis an; es ist: 55-40), Feldspat, 26°8°/, Quarz, 15°/, Biotit, 2:20), Granat, 0 6°), Erz (Magnetit sehr wahrscheinlich). Im Vergleiche mit dem Kuppelwieser- gesteine sieht man, daß der Zunahme des Biotits hier eine Abnahme des Feldspates entspricht; der Quarzgehalt ist in beiden fast ganz gleich. Die Feldspate sind, wie sich im Dünnschliff bestimmen läßt, Orthoglas und Oligoklas, letzterer noch vorherrschend, doch ist der Orthoklas hier stärker vertreten als im Kuppelwiesergestein. So wie dort sind auch hier die Feldspate in großen, vollständig xenomorphen [21] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 561 Körnern entwickelt, die Oligoklase zeigen eine sehr feine Zwillings- lamellierung; der Orthoklas ist meist dicht durchspiekt mit Muskovit und Zoisit. Zwischen den Feldspatkörnern ist oft ein „Mörtel“ aus sanz feinen Feldspat- und Quarzkörnern. An einer mehr randlich gelegenen Partie ist dies so stark ausgebildet, daß makroskopisch der Anschein einer porphyrischen Struktur hervorgerufen wird, im Dünnschliff sieht man aber, daß es nur auf einer starken Entfaltung jener Mörtelstruktur beruht. Der Quarz tritt außer in diesem „Mörtel“ auch noch in Nestern von gröberem Korn, mit zackigen Rändern in- einandergreifend, auf. Der Reichtum an Biotit wurde schon oben er- wähnt. Auch Granat ist hier mehr und in größeren Körnern vor- handen als im Kuppelwiesergestein und wurde daher auch noch sein Prozentgehalt berechnet. Als Nebengemengteile finden sich Magnetit, Apatit und Zirkon; letztere beide als erstgeboren in den anderen Gemengteilen eingeschlossen. In analoger Weise wie im Kuppelwiesertale tritt auch hier eine hornblendeführende Abart auf; sie ist aber hier nicht so deutlich geschieden von dem Normalgesteine, beziehungsweise die lokalen Ver- hältnisse lassen eine solche Konstatierung nicht zu. Ich fand sie sowohl an der Ostseite des westliehen Begrenzungskammes des Kellerberg- grabens als an der Talschwelle dieser obersten Talweitung. An dem schon durch sein höheres spezifisches Gewicht auffallenden Gesteine sieht man neben dem etwas zurücktretenden Biotit als zweiten dunklen Bestandteil ganz unregelmäßig geformte schwärzliche Hornblendesplitter von 2-10 mm Länge bei geringer Breite. Die Feldspate sind die gleichen wie im Hauptgestein, auch die anderen Bestandteile sind gleich (Granat hier in Kriställehen); die Hornblende zeigt a hell- graugelb, b bräunlichgrün, c bläulichgraugrün. An der Grenze gegen den Schiefermantel wurde an mehreren Stellen ein aplitischer Rand der Granititmasse beobachtet. An dem oben abgebildeten Köpfl ist diese Randzone 1—2 m mächtig, aber an anderen Stellen wieder schwindet diese Randausbildung auf 05 cm Mächtigkeit herab. Die Schiefergesteine, welche an den Granitit grenzen, zeigen durchweg einen hochkristallinen Habitus, das in der obigen Skizze dargestellte Gestein über dem Granit sieht makroskopisch wie ein biotitreicher Gneis aus, die Schiefer vom Felskamm (Punkt 2057 m) besitzen den Habitus von Glimmerschiefern ; man sieht auf den Spalt- flächen große Glimmerschuppen, im Querbruche dicke glasige Qarz- lagen zwischen den Glimmerflasern und Lagen. Auch große Granat- körner sind darin partienweise in Menge zu sehen. Untersucht man die Gesteine mikroskopisch, so erhält man auch wieder das Bild hochkristalliner Glimmerschiefer: man sieht wechselnde Lagen von Quarz und von Glimmer. Das Korn ist ein sehr grobes, die Glimmer- blättchen erreichen eine Größe, wie sie in den Gneisen dieser Gegend sonst nirgends zu finden ist. Es ist Biotit und Muskovit vorhanden, ersterer wohl vorwaltend. Manche Partien der Kontaktgesteine bestehen fast ausschließlich aus solchen Glimmern !). Dabei tritt zwischen den !) Bildung glimmerreicher Gesteine als Zeichen von Kontaktbildung unter Druck: siehe Weinschenk, Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Gesellsch. 1902. 72* 5692 Dr. W. Hammer. [22] sroßen Täfelchen ein wirres Aggregat ganz kleiner Glimmerschüppchen auf. Der Quarz ist reich an Flüssigkeits- und Gaseinschlüssen, die sich in Linien quer zur Erstreckung der Quarzlagen anordnen; die Aggregationsweise der Quarzkörner ist ganz wie die in den Schiefern, ein Mosaik fein ineinander verzahnter, gelegentlich etwas länglicher Körner. Feldspat ist gar keiner oder nur sehr wenig zu finden. Stets ist Granat mehr oder weniger vorhanden. Er ist in den einen Schliffen in kleinen Kriställchen, in anderen (von Gesteinen mit makroskopisch sichtbarem Granat) im unregelmäßigen Körnern und Splittern aus- gebildet, die Biotit, Quarz und Erz einschließen. Die Schieferlage, die in der Skizze abgebildet ist, ist auffallend reich an Illmenit und Leu- koxen. Letzterer bildet sehr kleine länglichrunde, sehr stark licht- brechende Körnchen, die sich meistens ährenartig aneinanderreihen ; man sieht auch, daß manchmal mehrere solche Ahren sich neben- einanderlegen. An manchen Stellen ist im Innern der Ähre noch Illmenit als Füllung zu sehen. Der Leukoxen zeigt hohe Interferenz- farben und schiefe Auslöschung; im auffallenden Licht sieht man den charakteristischen weißgelben Ton. Das Gesteinspulver ergab bei der Prüfung mit Kaliumbisulfat und Wasserstofisuperoxyd einen sehr starken Titangehalt, der der durch Zählung erhaltenen Zahl von ungefähr 10°/, Leukoxen und Illmenit entspricht. Auch der Hornblendegneis wurde an einem Kontaktstücke mit Granit mikroskopisch untersucht. Der Kontakt ist ganz unscharf; stellenweise ist die Hornblende des Schiefers zipfelartig in den Granit hineingezogen. Der Schiefer ist sehr hornblendereich, Feldspat ist wenig und Quarz noch weniger vorhanden. In sehr großer Menge ist Titanit in Ameiseneierform verstreut im Gestein. Das Gestein im ganzen und dessen einzelne Bestandteile haben durchaus das gewöhnliche Aus- sehen der Hornblendeschiefer, ohne daß von Kontaktwirkungen seitens des Granits etwas zu spüren wäre. Letzterer selbst ist am Kontakt slimmerfrei. Trotzdem in den Schliffen und im Felde in diesen Gesteinen keine typischen Kontaktmineralien und Kontaktstrukturen entdeckt wurden, so bin ich doch der Meinung, daß alle diese hochkristallinen (resteine, welche den Granit umbüllen, durch Kontakt umgewandelte Phyllite sind. Einesteils spricht im Mineralbestand der Mangel (oder die Seltenheit) des Feldspates dafür; der Gehalt an großen Granaten erinnert auch an die Phyllite des Hauptkammes, in denen auch Horn- blendeschiefer eingelagert vorkommen. Vor allem aber gehen gegen Westen diese Schiefer im Streichen in die typischen Granatphyllite über, auch im Liegenden des Granits kommen wieder die Phyllite zutage, so dab hier der Granit ganz in diese eingebettet erscheint. Gegen Osten folgt im Streichen ein Schiefer, der in der Mitte zwischen Phyllit und phyllitischem Gneis steht, so daB man ihn weder ersterem noch letzterem sicher zuteilen kann. Der Mangel an Feldspat wurde deshalb als Grund für obige Meinung angeführt, weil die phyllitischen Gneise beträchtlich Feldspat enthalten und dort, wo sie feldspatarm sind, gleich auch einen mehr phyllitischen Charakter annehmen, wie zum Beispiel an der unteren Grenze der Hauptkammphyllite. Gesteine [23] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 563 von derartigem kristallinen Habitus, wie jene Kontaktgesteine ohne Feldspat als wesentlichen Gemengteil, kommen hier sonst nicht vor. Dieser Kontaktmantel des Granits ist übrigens ein wenig mäch- tiger, überall kommt man sehr bald zu den unveränderten Gesteinen. An der südlichen Grenze, also an der Decke des westlichen Teiles, schätze ich diese Kontaktzone auf höchstens 50 m. c) Unterer Granit im Forstergraben. Diese und die folgenden Granite sind etwas geringer an aufge- schlossener Ausdehnung und sind wegen ihrer Lage in den tieferen Gehängen weit weniger gut sichtbar und erforschbar als die vorher- gehenden. Es ist daher auch nicht so viel über sie mitzuteilen. Der Graben, der hinter dem Bauernhofe Forst bei Tschirland ins Vintschgau mündet und dessen Quellen aus dem Kellerberggranit entspringen, durchschneidet in seinem mittleren Teile zwischen den Höhenlinien 1000 und 1200 m eine Granitmasse, die beiderseits bis zu dem begrenzenden Bergrücken hinaufreicht. Das Liegende bildet der phyllitische Gneis, der hier größtenteils die Gehänge bildet und auch keine Veränderung am Kontakt zeigt. Im Hangenden treten Granatphyllite auf, ein ganz isoliertes Vorkommen, da gleich darüber wieder der Phyllitgneis kommt und auch östlich und westlich keine Fortsetzung derselben gefunden wurde. Auch an ihm ist keine Kontakt- umwandlung zu sehen. Gegen Osten greift der Granit zackig in die Phyllitgneise ein. Der Granit ist nicht durch die ganze Masse konstant in Zusammen- setzung und Struktur. Großenteils ist er als mittelkörniger (etwas feineres Korn als am Kellerberggranitit) Biotitgranit ausgebildet, im oberen Teile nimmt das Gestein durch Hervortreten besonders eroßer Feldspate einen porphyroiden Charakter an, gleichzeitig tritt Muskovit neben Biotit auf und endlich beobachtete ich auch bei allen diesen Graniten aplitische Abarten. Übrigens zeigen die Feldspate schon in der granitischen vorherrschenden Ausbildung eine Neigung zu ein- sprenglingsartigem Hervortreten. Unter dem Mikroskop zeigen diese Feldspate ganz xenomorphe Formen. Hier sind nun die Kalifeldspate deutlich vorwiegend an Menge gegenüber dem Plagioklas, wir haben also einen eigentlichen Biotitgranit vor uns. Neben großen Orthoklas- körnern, die durch ihre Auslöschungsschiefe und die Lichtbrechung deutlich erkennbar sind, tritt hier auch Mikroklin in geringer Menge auf. Der Plagioklas ist wieder ein saurer Oligoklas. Quarz ist viel vorhanden; auch myrmekitische Einwachsungen im Orthoklas kommen vor. Glimmer ist ziemlich wenig vorhanden, Muskovit scheint nur sekundär aufzutreten. Granat ist hier wie früher ein ständiger Neben- gemengteil. Die porphyroide Ausbildung zeigt nun auch im Feldspat- gehalt einen Unterschied: hier ist Mikroklin der herrschende Feldspat; er zeigt vorzüglich entwickelte Gitterstruktur, oft aber nicht über die ganze Fläche, sondern nur fleckenweise. Karlsbader Zwillinge mit der charakteristischen Auslöschung von 15° wurden auch beobachtet. Dabei treten strahlig angeordnete Quarzeinwachsungen auf; in einem Karls- bader Zwilling laufen diese Strahlen symmetrisch gegen die Zwillings- 564 Dr. W. Hammer. [24] naht zusammen. Orthoklas tritt ganz zurück dagegen. Ein Querschnitt wurde mit schön entwickelter Mikroperthitstruktur gefunden. In geringer Menge finden sich endlich noch kleine Körner eines sauren Plagio- klases. Auch dieses Gestein ist glimmerarm, Muskovit ist aber neben Biotit auch primär vorhanden. In deutlicher Weise offenbaren sich die Einwirkungen des Gebirgsdruckes: der Quarz ist oft in mörtel- artig feine Aggregate zerdrückt, besonders aber sind an den Mikroklin- gittern schön mannigfache Verbiegungen zu beobachten. d) Granit im Schleidertal. Nahe benachbart mit den vorbeschriebenen Graniten tritt ein solcher auch im Schleidertal auf, das bei Tschirland ins Etschtal mündet. Er wird in der Talrinne vom Bach angeschnitten zwischen den Höhenlinien 1200 und 13500 und ist gegen Nordost bis zum Kamm hinaus zu verfolgen, während er gegen Westen im untersten Teile des Gehänges endet. Eine kleine Granitmasse tritt im nord- östlichen Gehänge unter ihm auf und zwei langgestreckte schmale Zonen kommen ober ihm zutage, die eine am Rande der Talterrasse bei Punkt 1772 m im südöstlichen Zuflußgebiete des Schleidertales, die zweite etwas höher oben an demselben Gehänge. Die Gesteine der großen Granitmasse sind petrographisch dem Granit im Forstergraben entsprechend. Es ist ein echter Biotitgranit, denn seine Feldspate sind Orthoklas, Mikroklin und Oligoklas; der Glimmer ist Biotit; der vorhandene Muskovit ist größtenteils sekun- dären Ursprunges. Die Kalifeldspate zeigen perthitische Fasern, und zwar fransenartig längs dem Rande. Auch myrmekitischer Kalk findet sich in ihnen vor. Sonst ist der Quarz in Menge vorhanden in den bekannten Körneraggregaten. Die großen Feldspate lösen sich oft in Aggregate kleinster Körnchen auf, die dann zwischen den großen Körnern mörtelartig eingeschlossen liegen. Trotz diesem Zeichen der Zertrümmerung ist weder am Feldspat noch am Quarz wellige Aus- löschung zu sehen. Deutliche Spuren starker Umformung zeigen die schmalen Granit- streifen im höheren Teile des Gehänges. Hier hat man schon makro- skopisch das Bild eines ausgewalzten und gestreckten Gesteines vor sich. Auf den Bruchflächen der einen Richtung erscheinen große, ungefähr isodimensionale rundliche oder viereckige weiße Feldspat- anschnitte und viele kleine solche und etwas länglich lagenförmige wellige Anschnitte; in der darauf senkrechten Richtung dagegen sieht man sehr lang hinziehende, ganz dünne weiße Lagen zwischen den dunklen Glimmerlagen und gelegentlich langgestreckte Augen; an der Kante kann man sehen, wie die nahe isodimensionalen Anschnitte der einen Seite sich als lange Flasern durch die andere Fläche hinziehen. Unter dem Mikroskop sieht man den Feldspat in Lagen durch den Schliff ziehen, die aus ganz feinen Körnchen des Feldspates bestehen, selten sieht man (in Anschwellungen der Lagen) noch Stückchen von Mikroklin und Orthoklas. Neben diesen Feldspatzonen treten dann solche auf, die ausschließlich aus Quarz bestehen, und solche, die aus Biotit mit wenig Feldspat und Quarz zusammengesetzt sind. [25] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 565 Hier tritt übrigens auch Leukoxen wieder in ähnlichen ährenförmigen Gruppen auf, wie früher beim Kontaktgestein vom Kellerberge be- schrieben wurde. ? Das Gestein ist vorwiegend einer Streckung unterworfen worden und dabei sind die Feldspate in die Länge gezogen und unter gleich- zeitiger Zertrümmerung in kleine Körnchen zu Lagen, beziehungsweise schmalen Streifen gewalzt und gestreckt worden. Es stehen ja auch im nicht gestreckten Gestein und — wie oben beschrieben — auch in den ganz normal struierten anderen Graniten dieser Gegend die Feldspate durch ihre Größe den anderen Bestandteilen weit vor und so entsteht dann hier eine den Augengneisen sich nähernde Strukturform. e) Granit von Saönt. Schließlich ist hier noch ein Vorkommen im Rabbital anzuführen, nämlich auf der Alpe Saönt. Es werden die die Alpe umschließenden Wände größtenteils von diesem zweiglimmerigen Granit aufgebaut, welcher sich gegen Ost und West weit ins Gehänge hinein fortsetzt. Im Kerne ist er grobkörnig und massig struiert, gegen den Rand zu wird er feinkörnig und schiefrig (Lagengneis), wodurch die Grenze . gegen den Phyllitgneis, der ihn unter- und überlagert, unscharf wird. Die schiefrige Randzone im Hangenden ist aplitisch. Anhangsweise ist noch eine kleine Intrusion von zweiglimmerigem Granit am Südhange des Hochwart im Falkomaitale zu erwähnen. Muskovitgranitgneis und Pegmatit. Ebenso wie im südlichen Teile der Ultener Berge, so bilden auch hier diese beiden Gesteinsarten eine eng verbundene Gruppe; ihre Ausbreitung ist aber hier, wenigstens was den Pegmatit anbetrifft, eine ungleich größere. Muskovitgranitgneise treten besonders an der Nordseite des Kammes, in den Vintschgauer Gehängen, auf. Es sind da vor allem zwei große Lager anzuführen: Das eine liegt an der Gabelung des Kellerberggrabens (gegenüber Naturns). Es reicht nach Ost und West bis auf die begrenzenden Bergrücken hinauf, die steile Grabensohle liegt durch 400 m Höhenintervall in ihm. Die größte Erstreckung OW ist 13 km. Eine kleine Masse, die beim derzeitigen Stand der Erosion selbständig erscheint, liegt etwas höher im Graben, gehört aber wohl dazu. Die zweite derartige Intrusivmasse erstreckt sich vom Tablander- wald — westlich der Tablanderalpe, im Schleidertal — über den vom Maierguteck zum Markukberg ziehenden Kamm bei Punkt 2186 m bis zur Zirmtalalm. Auf jenem Kamm hat das Lager eine horizontale Mächtigkeit von rund 600 m. Die längste Erstreckung OW ist 1'7 km. Beide Lager haben im Kartenbild eine plump linsenförmige Gestalt. Ein Lager von geringerer Mächtigkeit als dieses, aber größerer Längen- ausdehnung erstreckt sich vom Rücken zwischen Pawigl und dem Klausbache (vorderes Ultental) unter dem Guggenbergalpl durch über mehrere Gräben hin bis gegen den Höferbach (Seitengraben des Falkomaitales), das heißt über ungefähr 3°5 im bei einer Durchschnitts- 566 Dr. W. Hammer. [26] mächtigkeit von 250 m. Weitere kleinere Lagen finden sich im unteren Teile des Schleidertales, am Peilstein (ober St. Walburg) und an dessen Nordostkamm, am Hochwart (Falkomaital) und am Marlingerjoch (Lärsch- kogel). Die Lager am Peilstein liegen im Granatphyllit, das am Markuk- kamm an der Grenze von Phyllitgneis und Granatphyllit, die anderen vollständig im zweiglimmerigen phyllitischen Gneis. Der petrographische Habitus dieser Gesteine ist ganz gleich dem der Muskovitgranitgneise von Zoccolo (Mandrie), welche im ersten Teile dieser Arbeiten beschrieben wurden. Auch diese Granitgneise haben den Landschaftscharakter der Granite infolge ihrer schweren Verwitterbarkeit gegenüber den Schiefern und ihres massigen, groß- klotzigen Bruches. Auch sie haben im größeren Teile ihrer Erstreckung bei den kleinen Lagern ganz gneisige Struktur durch Parallelstellung und öfters auch flaserige Scharung des Muskovits. Am Markukkamm und auch bei anderen Vorkommen ist in größerer Ausdehnung eine quarzreiche, aplitische Ausbildung entwickelt, während im Kellerberg- graben wieder Schwankungen in der Richtung gegen die Pegmatite auftreten. Wo gneisige Struktur auftritt, ist die Schieferung parallel der der umgebenden Gneise. Eine durchgreifende Lagerung gegenüber dieser wurde nirgends beobachtet, auch keine Apophysen. Das Gestein vom Kellerberggraben untersuchte ich mikroskopisch. Es ist kleinkörnig, die Bestandteile allotriomorph; Glimmer, und zwar Muskovit, ist wenig vorhanden. Die Hauptmasse besteht aus Quarz und Feldspat. Als Kalifeldspate finden sich Mikroklin mit schöner Gitterstruktur und Orthoklas, letzterer mit Einlagerungen von Albit; zurückstehend an Menge gegenüber diesem Feldspat ist außerdem noch Oligoklas vorhanden. Sehr selten als Nebengemengiteil ist Granat zu . sehen. Die hohe Azidität und das Vorherrschen der Kalifeldspate scheidet diese Gesteine von den zweiglimmerigen Graniten dieser Gegend und zeigt ihre enge Beziehung zu den Pegmatiten. Pegmatite treten in sehr großer Menge im Vintschgau auf, aber auch im äußeren Ultental. Besonders schön entwickelt sind sie im Martelltal, dessen Tiefe in mächtige Lagermassen solcher Pegmatite eingeschnitten ist, während die höheren Berghänge sehr zahl- reiche ausgedehnte, geringmächtige Lager und querdurchbrechende Gänge in den Schiefern enthalten, besonders schön auf der Flimalpe. Es sind meist Muskovitpegmatite, die in den großen Lagermassen in Muskovitgranite und Aplite übergehen und so ihre enge Verwandt- schaft, ja Gleichheit teilweise mit den früher genannten Muskovit- granitgneisen dartun, daneben aber auch Turmalinpegmatite, Quarz- feldspatpegmatite und reine Quarzgänge. Ich habe von diesen Gesteinen, deren Lagerung, Kontaktmetamorphose etc. in den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1903, pag. 345 („Über die Pegmatite der Ortlergruppe®) eine eingehende Darstellung gegeben und verweise daher auf diese, statt hier näher darauf einzugehen. Tonalit. An der Südostgrenze des Gebietes tritt der Tonalitstock des Kreuzberges am Eingange des Ultentales auf. Da er nicht mehr zu [27] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 567 diesem Rabbijoch— Marlingerkamm gehört, sondern nur an dessen Fuß ansteht, ist hier nicht näher darauf einzugehen. Es liegt über ihn die eingehende Bearbeitung von U. Grubenmann!) vor und die Kontaktzone an den Schiefern des Ultenkammes wurde von E. Künzli?) genau untersucht und beschrieben. Bei der Aufnahme des südwestlichen Viertels des Blattes Meran wurden wesentliche Abweichungen in der Ausdehnung des Tonalits gegen SW von den Angaben Künzlis getroffen. Diese neuen Befunde beziehen sich aber auf den süd- westlichen Teil der Tonalitmasse, der vollständig außerhalb des hier zu behandelnden Gebietes liegt, und werden später eigens mitgeteilt werden. Am Nordrande des Kreuzbergmassivs stimmen meine Beob- achtungen im Felde, soweit sich die Kontaktverhältnise makroskopisch verfolgen lassen, mit den Angaben Künzlis überein. Mikroskopische Untersuchungen machte ich keine mit Rücksicht auf die vorliegende genaue Bearbeitung. Diorit und Porphyrite. In dem Tale „in der neuen Welt“ und auf der Weißbrunner Alpe, also an den Quellwurzeln des Ultentales, treten Diorite auf; Porphyrite sind besonders auch in dieser Gegend, außerdem aber im ganzen Rabbijoch—Marlingerkamm reichlich vertreten, und zwar treten Horn- blendeglimmerporphyrite, Granatporphyrite, Quarzglimmerporphyrite und aplitische Porphyrite auf. Über diese Gesteine und über die Diorite habe ich im Jahrbuch 1903, I. Heft, eine eingehende Schilderung veröffentlicht und verweise daher auf diese. D II. Tektonik. Die Faltenzüge, welche den nördlichen Teil des Ultener Gebietes aufbauen, schließen sich unmittelbar an die des südlichen Teiles an. Das tektonische Element, das die Verbindung beider Teile bildet, ist die „Ultentalantiklinale*, wie ich im ersten Teile die Schichten- antiklinale nannte, die das Kirchbergtal als Luftsattel überwölbt. Die am Nagelsteinkamm NO— SW streichenden und NW einfallenden Gneise und Quarzite bilden den Nordschenkel, dem die ähnlichen südfallenden Schichten auf den Gehängen der Klapfberger Kachel- stuben als Südschenkel gegenüberstehen. Hier wie dort sind Quarzite im Gneis eingelagert; die Kalke des Kirchbergtales sind im Nord- schenkel nicht mehr entwickelt. Dieses Gewölbe setzt sich dem allgemeinen Schichtstreichen entsprechend längs der Sohle des Uiten- tales gegen NO zu fort. In ganz ähnlicher Weise aber, wie es von den südlichen Faltenzügen gezeigt wurde, ist auch diese Falte gegen NO zu enger zusammengepreßt; es ist kein deutlicher Scheitel mehr !) U. Grubenmann, „Über den Tonalitkern des Iffinger bei Meran“. Mittlgn. d. naturforschenden Gesellsch. in Zürich. XLI, 1896, 340. ?) E. Künzli, „Die Kontaktzone um die Ulten-Iffingermasse bei Meran“. Tschermaks min. Mittlgn. 1899, 412. Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Hammer.) 73 568 Dr. W. Hammer. [28] zu sehen. An der Schlucht des Mesnerbaches bei St. Nikolaus ist noch ein steiler Sattelbau der Schichten erkennbar, bei St. Walburg dagegen bilden die Hänge nur mehr seiger stehende und nach N überkippte Schichten. Hier treten wieder Kalke in diesem Horizont auf. Auch weiter gegen NO zu ist nichts mehr von einem antiklinalen Bau zu bemerken; die sonnseitigen Gehänge des Ultentales werden von mehr weniger nordwestfallenden Schichtkomplexen der Gneisformation gebildet; diese sind es auch, welche über dem Tonalitkerne am Ein- gange ins Ultental liegen und vom Etschtal angeschnitten werden. Marlinger Joch HXEEY on rgn En / Lebenberg Rabland : \ Profil 1 PIR oe ale Domsberg BE gnPFPP Ph a: PBIR g Man PIR (243 T Dadın derbad : ing PER Wlental IR M = Profil 3 gn. Gemeiner zweiglimmeriger Gneis. — pgn. Phyllitischer Gneis. — g. Quarzite. — K. Kristalliner Kalk. — h. Amphibolit. — Ph. Phyllit. — P. Pegmatit. — Mgn. Muskovitgranitgneis. — to Tonalit. In Profil 2 ist zu berichtigen: „Dornsberg“ statt „Domberg“ und (auf der rechten Seite des Profils) % statt «a. An das Gewölbe des Nagelsteinkammes gliedert sich nordseits die Mulde der Weißbrunner Alpe an, eine sehr flache Schichtenmulde. An dem innersten Teile des Nagelsteinkammes liegen hier auf den Gneisen bereits die Phyllite und ihre rostigen Quarzite und diese bilden in ihrer muldenförmigen Lagerung den Gleckkamm; der Kamm Gleck — Schwärzerjoch liegt in Südschenkel der Mulde, der zum Eggenspitz aufsteigende Kamm im Nordflügel. Die ganze Talform schließt sich hier im innersten Winkel des Ultentales der Schicht- lage an. Wo die Falschauer in tiefem Sturz von den Almboden in die waldige Talschlucht hinter St. Gertraud hinabstürmt, schneidet sie noch tief in die Gmneisformation hinein, einförmige zweiglimmerige Gneise ans Licht bringend. [29] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 569 Der Mittelschenkel dieser „Ultentalfalte“, aus den Gneisen des Nagelsteinkammes bestehend, richtet sich nach seinem Übeftritte auf das sonnseitige Gehänge des Tales steil auf; er bildet den einen Schenkel jenes obenerwähnten steilen Gewölbes ober St. Nikolaus. Der nördliche Muldenschenkel aber bildet mit seinen flachen Schichten die Gehänge der Pilsbergalpe, der Tuferalpe und der Kaserfeld- alpe, kurz die Waldhänge und untersten Almhänge talaus bis gegen St. Nikolaus. Auf den hangenden Gneisen liegen hier immer noch die Phyllite. An diesen Muldenbau schließt nordseits nun ein mächtiger Gewölbebau an, dessen Südschenkel dem Nordschenkel jener Mulde entspräche. Zwischen Mulde ‚und Gewölbe schieben sich hier aber Störungszonen ein, die aus Überfaltung hervorgehen. Nur an den weiten Hängen des Schwemmberges scheint Mulde und Gewölbe kontinuierlich ineinander überzugehen. Jene Störungszone beginnt an dem schroffen Felsbau der beiden Eggenspitzen. Die Phyllitschichten der großen Weißbrunner Mulde richten sich, je näher man dem vorderen Eggenspitz kommt, immer steiler auf, von kleineren Schwankungen abgesehen; an dem Felsgrate zwischen vorderem und hinterem Eggenspitz klettert man anfangs noch über diese steil südfallenden Schichten, dann aber kommen nord- fallende Schichten, der Gipfel des hinteren Eggenspitz wird wieder von flach südfallenden Schichten gebildet, am Nordgrat aber neigen sich die Schichten dann wieder nördlich, wie auch die Schichten auf der Sternaialpe gegen das Saöntjoch zu liegen. In der Fortsetzung gegen NO nimmt diese enge Zusammenfaltung in der Gipfelregion der Eggenspitzen aber durchaus bruchartigen Charakter an. An dem Kamme, der die Tuferalpe von der Flatschbergalpe trennt, stoßen an die sehr flach südfallenden Phyllite der Mulde eingeklemmte Schicht- pakete, die einen steil nordwestfallend, die anderen seiger stehend, und ebenso verwerfungsmäßig stoßen von ihnen die anfangs ziemlich steil, später flacher südostfallenden Phyllite ab, welche zum Schenkel des nächsten Sattels gehören. Ober der Flatschbergalpe ist diese Bruchzone noch deutlich zu bemerken, auf den öden kahlen Hängen des Steinberges und Kaserberges ist aber in der Fortsetzung im Streichen von dieser Bruchzone nichts deutliches mehr zu bemerken; wohl aber tritt weiter südlich am Steinberg noch einmal für kurze Zeit eine Steilstellung der Schichten ein, die unvermittelt zwischen die darüber und darunter flach am Hange sich senkenden Schichten den Charakter einer parallel jener verlaufenden Störungszone hat. Die weiten Alphänge des Schwemmberges aber werden von den konform dem Gehänge flach südfallenden Schichten gebildet, die dem ganzen Berge seine Form, sein Aussehen und auch seine Wasserarmut gegeben haben. Erst tief unten bei den Höfen Grubberg, Vogelegg und darunter treten — durch aufschlußlose Vegetationshänge getrennt — plötzlich die steilstehenden Schichten auf, in deren westlicher Fort- setzung jenes steile Gewölbe ober St. Nikolaus liegt. Jene Störungs- zone, die vom Fggenspitz her gegen NW zieht, verliert sich also südöstlich des Hasenohr, ebenso eine kleine parallele weiter südlich und am Schwemmberge bilden Mulden- uud Sattelschenkel eine zu- sammenhängende weite flach abwärts sich wölbende Platte. 73* Dr. W. Hammer. [30] 570 "sjyorg sap apuq uaIy99ı we Sıngfem IS ‘voyum we 3891] SIuyds] :usjje4snzwun oJyundpum Aep usweN oIp purs G [Yoag uf ‘nugaspogeyduy ‘ıön — yueag *d — 'Yıdy '» — 'SIOUSNURISMAONSUN ud — Yyewdadg ‘I "Asyg ya — Nogqigduy 'y — 'gfeyp Jourpegstuuy y — Mzıend) D — 'steun) aayasıyıy[Äyg "usd — 'sIHuN A9FLIEWWUTSTOMZ A9UTWaN "uf 1140J4 i ub udd ZOS2U] en HY an SADJoyzy FR 9 114024 TR | > & he Mi Te I usgtast sermjodanz I, 4 Bel ub. ö g 11301 SL B GINZIIEM IS 3 11J0I1d Pupjaryosz PDPZ22770 7. 571 Die kristallinen Alpen des Ultentales. [31] m: sy 9a — Yeusad ‘I AÄeyg ya — moqiyduy 'y — "qleyy gouregskuy 'y — 'NZıend) D — 'sIoun) aoyosmmı[kyg ubd — "SIaUK) ERICH NIEICHNGZ A9UT9WaH) Tr Uy02q N A UL EG er IN d x N „= = g- 2 iz N 2 z = 2“ 07,7 ZH =_ x vn 472379 Yer N 3 07 101g Warzz BUIEz S7 H PSFOTJEOT 572 Dr. W. Hammer. [32] Diese Aufwölbung der Schichten, von deren Südschenkel wir jetzt sprachen, zusammen mit der nördlich darangegliederten Mulde, besonders letztere selbst, bildet das besterkennbare und verfolgbare tektonische Element dieses Teiles und ist für den ganzen Bau sehr charakteristisch. Diese Falte, die man als „Kammfalte“ des Ulten— Vintschgauerkammes bezeichnen kann, liegt ganz im Bereiche der Phyllite. Diese liegen an ihrem Beginn am Ultener Hochjoch flach muldenförmig am Kamme des Gebirges und diese Mulde bleibt längs des ganzen Bergzuges hin erhalten, und zwar ist die Muldenmitte fast hin und wieder etwas auf seine Nordseite gerückt. Zwischen Hasenohr und Tuferspitz tritt sie auf die Südseite über und hier ist auch die Mulde mehr zusammengepreßt, während sie sonst, gerade zum Beispiel am Hasenohr, fast durchweg flach ist. Aber nach dem Tuferjoche verläuft die Muldenmitte der hier steil aufgerichteten Mulde wieder auf der Nordseite und zieht über die Aplitscharte ins obere Martelltal hinein. Die bei Beginn der Mulde im NO einen schmalen Streifen bildenden Phyllite greifen im oberen Falkomaital auf den Peilsteinkamm über, auch hier wie an der Südseite des Hauptkammes nordfallend. Doch zeigen die steil südfallenden Partien, die an der Schattenseite des Peilsteinrückens anstehen, daß diese mächtige Phyllitmasse nicht einfach die Fortsetzung des Südschenkels jener Mulde ist, sondern ein unregelmäßig angegliederter Flügel ist, der wahrscheinlich einem Absinken längs einer an der Nordseite des Peilsteinrückens ver- laufenden Verwerfung seine Angliederung verdankt. Dies kommt auch in der südwestlichen Fortsetzung, im Marschnelltale, zum Ausdruck, wo diese Phyllite steil südfallen und durch eine eingeklemmte schmale Zone von Gneis und Hornblendeschiefer von der Hauptkammulde getrennt sind. Hier im Marschnelltale endet diese Störungszone und es dürfte dies in Verbindung damit stehen, daß hier wieder solche NW--SO streichende Schollen und Verwerfungen auftreten. Im unteren Teile des Marschnelltales sind die Schichten in der mannigefaltigsten Weise durcheinandergeschoben und auf ganze kurze Strecken wechselt das Streichen zwischen NO—SW und NW-—SO und dazwischen gelegene Richtungen vielmals. Hier an dem das Marschnell- vom Koflraster- und Kuppelwiesertal trennenden Rücken, dem Riemerbergl, taucht zuerst das zur „Kamm- falte“ gerechnete, südlich angegliederte Gewölbe auf. Am Riemerbergl haben wir nicht mehr die gleichförmig gegen den Hauptkamm ein- fallenden Phyllite wie weiter nordöstlich, sondern die Schichten liegen fast söhlig, neigen sich bald nach der, bald nach jener Seite ein wenig. Schauen wir aber gegen SO, so sehen wir als Fortsetzung in der Tiefe des Kuppelwiesertales den mächtigen Granitintrusivrücken dieses Tales, durch die Erosion angeschnitten, als die Grundlage und darüber auf den beiderseitigen Kämmen die zu einem darüber- liegenden Gewölbe einander entgegenstrebenden Phyllite: links die mächtige nach S geneigte Schichtplatte des Schwemmberges, rechts den nordfallenden Südschenkel der Kammulde. Jedenfalls setzt sich der Granit noch beiderseits unter dem flach gewölbten Dache fort. Diese Schiehtwölbung läßt sich dann übers Hasenohr zum Südgrat [33] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 573 des Tuferspitzes hin verfolgen. Aber auch sie wird hier, ebenso wie ihre Mulde, steiler emporgeschoben und in der weiteren südwestlichen Fortsetzung, wo ihr Scheitel nahe dem Gipfel des Zufrittspitzes hin- zieht, stehen beide Schenkel sehr steil aufgerichtet. In dieser Form setzt sie sich gegen das oberste Martelltal hin fort. In dieser Kamm- falte findet also ganz im Gegensatze zu allen südlichen Falten, die sich gegen NW zu erweitern, in dieser Richtung eine stärkere Zu- sammenpressung statt. Es kommt dadurch eine gewisse Kompensation in dem Zusammenschube des Gesamtquerschnittes zustande, dement- sprechend auch in den nördlichen Teilen des Gebietes das Streichen noch ein nordost- bis südwestliches oder ostnordost- bis westsüdwest- liches ist, während sonst ja ein Streichen der Schichten bei einem durchgehenden Auseinandertreten der Falten gegen SW in OW-Richtung eintreten müßte in den nördlicheren Falten. Es bleibt nun schließlich noch der Bau des Vintschgauergehänges zu erklären. Dies ist eine Aufgabe, die dem Geologen sehr wenig Erfolg bietet. Auf der ganzen Strecke vom Martelltal bis nach Meran hinab haben wir eine vorwiegend NO—SW und ONO—WSW streichende Schichtfolge vor uns, die fast durchweg in sehr steiler Stellung zu- sammengepreßt ist. Durch die wie ungeheure Knollen in den Schiefern steckenden granitischen Massen entstehen einerseits dadurch, daß die Schichten um sie herum aufgewölbt wurden, Veränderungen in jenem allgemeinen Streichen, zu denen andererseits noch die besonderen Störungen kommen, zu welchen die Einschaltungen derartiger harter, mehr widerstandsfähiger Massen in den leichter zertrümmerbaren oder verbiegbaren Gneisen bei der Zusammenfaltung Veranlassung gaben. Berücksichtigt man noch, daß auch hier jene im ersten Teile be- schriebenen Störungen in NW—SO-Richtung auftreten, so erhellt daraus, daß bei dem Mangel einer feineren stratigraphischen Gliederung in den Gneishorizonten es nicht möglich ist, ein sicheres Faltungsbild dieses Teiles zu geben. Es treten in dem einen Profil steile Anti- oder Synklinalen auf, die schon im allernächsten Profil nicht mehr oder nur sehr gezwungen wieder gefunden werden können. Meistens ist wohl die ganze Masse zu einem fast gleichförmig steil bergein fallenden Schichtpaket zusammengestaut. Ein Faltenrudiment dieser Hänge, das schon Stache!) auffand, ist jene nach Ansicht Staches unter die älteren Gneisphyllite ein- fallende Falte der Laaser Schichten. Betreffs meiner stratigraphischen Deutung siehe oben. Am deutlichsten ist sie an dem von Tarsch zur Tarscher Alpe führenden Weg erschlossen. Man sieht hier die Gneise und Pegmatite weiter außen am Hang flach bergein fallen, an den Hängen des Tarschergrabens aber steil zur Tiefe abbiegen bis zu steil nord- fallender Stellung. Eine gleiche Schichtbiegung sieht man im untersten Teile des Schlumsbachgrabens (bei Spineid). Weiter gegen NO und auch gegen SW zu ist diese Erscheinung nicht mehr erschlossen; das allseitige steile Bergeinfallen tritt an seiner Stelle auf. Immerhin können obige Aufschlüsse als Belege dafür dienen, daß die im Laaser Gebiete deutlich sichtbare überkippte Falte sich hierher fortsetzt. !) Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. 1880, pag. 129. 574 Dr. W. Hammer. [34] Am Marlingerjoch treffen die steil aufgerichteten Schichten der Nordseite des Gebirges mit den analogen der Ultener Sonnseite zusammen, eine gewaltige Synklinale bildend, deren Mitte dem Joch- kamme entlang läuft. Von St. Vigil zur schwarzen Lacke schneidet eine Verwerfung im NNO—WSW- Richtung die beiden „Schenkel“ von- einander ab; das ganze Nordostende- des Gebirges, das heißt das Gehänge ober der Töll, ist von zahlreichen kleinen NS verlaufenden Verwerfungen durchschnitten, die an der staffelförmigen Verschiebung der Pegmatite ober Josefsberg gut zu sehen sind. Man sieht übrigens schon an der Reichsstraße auf die Töll, wie dort der Gneis dicht von NS-Klüften durchschnitten ist. Die große Marlingerjochsynklinale ist wahrscheinlich auch keine einfache Mulde, sondern durch voll- ständig zusammengeklappte Falten kompliziert. Stache!) gibt an, daß längs der ganzen Vintschgauer Basis des Gebirges eine Bruchlinie verlaufen müsse wegen des Gegensatzes der beiderseitigen Talhänge. Es ist auch entschieden auffällig und dafür sprechend, daß von den Laaser Schichten am sonnseitigen Gebirgsfuß durchaus nichts vorhanden ist und ebenso umgekehrt auf der Südseite nichts von den mächtigen Augengneismassen, die auf jener Sonnseite eine Hauptgesteinsart sind. Nur bei Egartbad tritt ein grobkörniger, flaseriger, stellenweise der Augenstruktur sich nähernder Gneis auf, der ähnlichen Gesteinen auf der anderen Seite entspricht. Von der Töll nach dem Eingang des Passeiertales hin setzen sich dagegen die gleichen pegmatithaltigen Gneishorizonte ununterbrochen fort, die am Marlingerjoch anstehen. In der Nordostecke des Gebirges, am nörd- lichen Teile des Marlingerjoches, herrscht ein OW-Streichen vor, das im Gehänge ober Quadratsch in NNW-Streichen übergeht, so daß jene Augengneise der Texelgruppe noch hier herüberstreichen. Auch der Marmor ober Quadratsch zeigt noch NNW-Streichen. Im ersten Teile der Arbeit wurde eingehend über die eigen- artige tektonische Erscheinung berichtet, daß mitten in den NO—SW streichenden Faltenzügen Sehollen mit quer dazu liegenden Streichungs- richtungen auftreten, so am Monte Pin und Le Mandrie, am Rabbijoch und anderen Orten. Die Störungszone, die vom Rabbijoch bis Magras hinabzieht, den Unterlauf des Rabbitales bestimmend, bildet die geo- logische und geographische Grenze zwischen den zwei Abschnitten, in welche bei dieser Beschreibung der ganze Ultentaler Bergkranz geteilt wurde. Leider sind in der weiten Weideregion der oberen Caldeseralm die Aufschlüsse zu weit voneinanderliegend, um im einzelnen die Schollenbildung zu verfolgen. Der Rücken, auf dem die obere Caldeseralm steht, besteht aus einer eingesunkenen Scholle. Denn die Gesteine, welche sie zusammensetzen, sind Phyllite, die ihrem Habitus nach vollständig den Phylliten am Gleck entsprechen. In sie eingebettet am Bache, der vom Rabbijoch kommt und die Westgrenze dieser Scholle bildet, ist ein Lager von Bänderkalk und aplitischem Gestein, die total zertrümmert sind. Das Streichen der Schichten schwankt nahe um NS, das Fallen ist steil gegen O gerichtet; unter dem Hauptkamme werden sie quer abgeschnitten von der das E)Rlere: [35] Die kristallinen Alpen des Ultentales. 575 sanze Rabbijoch und Saßforagebiet einnehmenden NO streichenden und sehr flach südfallenden Phyllitmasse mit ihren Quarzitlagen; gegen Osten stoßt die Scholle an eine Scholle von NW-—SO streichenden gemeinen Gneisen (mit Quarzit*und Hornblendeschiefer in gleicher Lagerung). Gegen SO zu, in dem östlichen Seitenarme des vom Rabbi- joch kommenden Tälchens, dreht sich das Streichen mehr gegen NO—SW; hier sind wieder Quarzite eingelagert, die eine brecciöse Struktur angenommen haben. Sie haben noch NNO—SSW-Streichen. Die Phyllite darunter haben schon NO —SW-Streichen. Ein Stück unter dem von der Alpe in den Graben hineinführenden Weg, also im ganzen unteren Teil des Grabens, wird aber dann wieder die Gneisformation angeschnitten, die zuerst feste grünliche, tiefer unten phyllitische Gneise zeigt, die beide die im Saßforagehänge herrschende sehr flache Lagerung besitzen. Da die oberen Gneise OW, die tieferen aber auf einmal NS streichen, läuft hier vielleicht die Fortsetzung jener Ver- werfung durch, welche die Phyllitscholle längs dem vom Joch kom- menden Bache von der Saßforagneismasse trennt und die in ihrer Richtung die Fortsetzung der Verwerfung im unteren Rabbitale bildet. Parallel dazu treten Verwerfungen und Störungen des Streichens im Gehänge ober Piazola, am Eingang in die Val Maleda und gegen- über deren Ausmündung ein. Infolge der dichten Bewaldung konnte ich sie hier nicht zusammenhängend beobachteu. Im Berghange west- lich Coller sieht man das Auftreten einer dieser Verwerfungen sehr gut an dem kniefömig gebrochenen Verlaufe der hier im Gneise liegenden Amphybolite. Im dem Ulten—Vintschgauer Bergzug treten derartige Erschei- nungen ebenfalls, aber seltener und in geringerer Ausdehnung auf. Die größte derartige NW-—SO streichende. Scholle dürfte die zwischen dem Teebrunnen ober Latsch und dem Zwölferspitz sein. Im unteren waldigen Terrain kommt sie durch die im Gneise liegenden mächtigen Pegmatitlager zum Ausdruck; am Zwölferspitz selbst ist ihre Um- grenzung durch Bruchlinien an der Scharte südöstlich der Spitze deutlich zu sehen; an der Schönen Blais sehiebt sich wieder eine NW-—SW streichende Schichtmasse ein, an dem nach NW absteigenden Rücken aber liegen wieder die plattigen großen Pegmatitlager parallel dem Kammverlaufe. Schon oben wurde als hierher zu zählend auch die verwirrte Schichtlage im unteren Teile des Marschnelltales an- geführt. Ebenso dürfte das NW—SO-Streichen ‘größerer Partien im obersten östlichen Quellast des Kellerberggrabens und im Schleidertale hierher zu zählen sein. In der Nähe der Granitlakkolithe entsteht aber auf ganz normale Weise durch die Form der Granitintrusion eine derartige Änderung im Streichen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Hammer.) 74 576 Dr. W. Hammer. Inhaltsverzeichnis. Einleitung I. Gesteine und deheh Terbueiting, 1. Phyllitgneisformation . . ...... u a) Zweiglimmeriger phyllitischer Gneis . b) Gemeiner zweiglimmeriger Gneis. . ec) Einlagerungen in den Gneisen . ß Nachtrag zur Stratigraphie der Be 2. Die Laaser Schichten 3. Phyllitformation 4. Eruptivgesteine N Biotit- und An hkibeienanite PER .. a) Granitit und Amphibolgranit de Kulppelviekunleh ! b) Granit des Kellerbergs ; ec) Unterer Granit im Tossteroruhen d) Granit im Schleidertal e) Granit von Saönt. } Muskovitgranitgneis und Posenäiit: Tonalit Diorit und Ponphyritei. ll. Tektonik Erklärung zu Tafel XI. Fig. 1. Pegmatitlager im Schiefer in den Wänden über den unteren Flimsen. Fig. 2. Block mit Pegmatitintrusion im Schiefer. PER De Er Ze [36] Dr. W. Hammer: Ultental. Tafel XII. Autor phot. Fig. > Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k.k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofskygasse 23. Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. Von A. Hofmann und A. Zdarsky. | Mit drei Lichtdrucktafeln (Nr. XIV—XVI) und einer Zinkotypie im Texte. Die Säugetierfauna aus dem Leobener Tertiär wurde bereits der öfteren Beachtung zuteil. Bereits Stur erwähnt sie in seiner Abhandlung „Über die neogenen Ablagerungen an der Mürz und Mur“ !) und eingehender beschreibt Redlich eine ganze Reihe von Funden aus dieser Lokalität?). Wenn wir daher dieses Thema wiederum be- rühren, so geschieht dies auf Grund neuerer Funde, welche zum Teil das bereits Bekannte bestätigen und ergänzen, zum Teil aber auch diese Fauna um einige interessante Spezies bereichern. Die Ablagerung des erwähnten Tertiärs schildert Redlich l. ec. pag. 1 u. ff. in ausführlicher Weise. Wir glauben daher von einer solchen Beschreibung Abstand nehmen zu können, indem wir auf jene Publikation hinweisen. Zu seinem Berichte über die Fund- stelle der beschriebenen Fossilien selbst haben wir noch hinzuzufügen, daß nicht nur die Sandsteinschichten des Versatzbruches nächst dem alten, jetzt verstürzten 'Tunnerschachte dieselben führen, sondern daß auch im Versatzbruche zu Münzenberg, von dem erwähnten etwa 3), km entfernt, in eben demselben mergeligen Sandsteine, wie wohl seltener, Zähne, Knochen und dergleichen gefunden wurden, wie wir übrigens im Text zu erwähnen Gelegenheit nehmen werden. Bevor wir uns zur Beschreibung der einzelnen Fundstücke selbst wenden, entledigen wir uns noch der angenehmen Verpflichtung, dem Herrn L, Sterba, Direktor in Seegraben, sowie den Herren Bergingenieuren Fr. Mayer in Seegraben und Gustav Santarius in Münzenberg für die freundliche Unterstützung, die sie beim Auf- sammeln der Stücke uns zuteil werden ließen, den besten Dank aus- zusprechen. Dinotherium bavarıcum H. v. Meyer. Taf. XIV, Fig. 1-14. Der erste Fund einer kompletten Bezahnung dieser Art wird von Roger?) angeführt, kurz beschrieben, leider aber nicht abgebildet. Bacıdem, die uns vorliegenden Reste ohne Zweifel einem und dem- .) Jahrb: d. k. k. geol. R.-A. 1863. *) Sitzungsber. d. kaiserl. Akademie d. Wissensch. Wien 1898. >») OÖ. Roger, Über Dinotherium bavaricum H. v. Meyer. Palaeontographica, Bd. XXXIL Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1904, 54. Bd.,3.u.4. Hft. (Hofmann u. Zdarsky.) 74* GH TS A. Hofmann und A. Zdarsky. [2] selben Individuum angehören und zum Teil recht gut erhaltene Zähne aufweisen, so nehmen wir an, daß eine kurze Beschreibung und gute Abbildung der Bezahnung des Ober- und Unterkiefers dieser Art vielen Fachgenossen nur willkommen sein dürfte. Da die allgemeine Charakteristik der Zähne, die uns Weins- heimer!) über Dinotherium giganteum lieferte, fast durchweg auch für D. bavaricum zutrifft und bisnun lediglich nur die Größenverhält- nisse diese Arten trennen, so Schließen wir uns größtenteils dieser Beschreibung, ohne dieselbe zu wiederholen, an und fügen nur Be- merkungen und Abweichungen hinzu, die unsere Reste betreffen. Von dieser Lokalität hat bereits Redlich?) einige Zähne dieser Art abgebildet und beschrieben. Um allen Irrtümern und Wiederholungen vorzubeugen, beschreiben wir, Rogers Beispiel folgend, die einzelnen Zähne in der Reihen- folge, wie dieselben Weinsheimer (l. c.) vom vordersten Prämolar des Oberkiefers, den er als P, bezeichnet [2 P,M, M, 2) und endigen mit dem letzten Molar des Unterkiefers. Oberkieferbezahnung. Taf. XIV, Fig. ı. Der zweite Prämolar des linkseitigen Oberkiefers hat eine sagittale Länge von . . . zirka 48 mm ' » vom 45 eine transversale Breite von | EEE i 48 ” 2 ”» Die Maße konnten nicht genau abgenommen werden, da der seit- liche Schmelzbelag zum großen Teile abgesprengt ist und deshalb wurde die Dicke des Schmelzbelages zu den am Zahne abgenommenen Dimensionen zugeschlagen. Dieser Zahn ist um einen Zentimeter kleiner als der kleinste, den Weinsheimer (l. ce.) seiner zehn untersuchten Exemplare angibt. Die Hauptform dieses Zahnes entspricht einem Trapezoid, dessen längste Seite außen und die kürzeste vorn zu liegen kommt. Der ganze Zahn besteht aus zwei äußeren zu einem Längsjoch verbundenen Hügeln, dessen Außenfläche konvex, die Innenfläche schwach konkav sich gestaltet, und aus zwei Innenzapfen, dessen vorderer höherer mit dem korrespondierenden Außenhügel durch ein herablaufendes Joch. in Verbindung steht. Die beiden Innenhügel sind bis tief an ihren Grund hinunter durch ein scharf eingeschnittenes, schief von vorn und innen nach hinten und außen laufendes Quertal 1) Weinsheimer, Über Dinotherium giganteum Kaups. Paläontologische Abhandlungen von Dames und Kayser. I. Bd. 1883. 2) K. A. Redlich, Eine Wirbeltierfauna aus dem Tertiär von Leoben. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien 1898. [3] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben 579 getrennt, dessen Ausgang durch einen Basalwulst, der hier nur durch wenige Warzen angedeutet, versperrt war. Diese Beschreibung deckt sich mit jener Rogers (l. ce. pag. 219). Die Wurzelbildung entspricht auch vollkommen Rogers Be- schreibung; übrigens zeigen auch sämtliche Molare des Oberkiefers im Prinzip die gleiche Wurzelstellung wie beim P;. Die Größenverhältnisse unseres Exemplars mit. den Angaben Rogers des D. bavaricum von Breitenbronn decken sich derart, daß wir es hier nur mit einem schwächeren Individuum, nicht etwa einem jungen zu tun haben, wie eben die Abnützung der Zähne selbst zur Genüge zeigt. Ob diesem Zahne noch ein Prämolar voranging, läßt sich, da der seitliche Schmelzbelag fehlt, nicht konstatieren. Der erste Prämolar (Taf. XIV, Fig. 2) des rechtseitigen Öberkiefers hat eine größte sagittale Länge von . . . 48 mm h > vorn zirka — ,„ eine transversale Breite von | ninten 592 n En Von diesem fast quadratischen Zahne ist leider nur das hintere Innenjoch erhalten, fast die ganze Krone ist zertrümmert, weshalb die Maße nur teilweise abgenommen werden konnten. An der Hinterwand des rückwärtigen Joches befindet sich eine kräftige Basaltwulst fast der ganzen Breite nach. Was sich an den Fragmenten ersehen läßt, stimmt mit Weinsheimers Beschreibung überein. Der erste Molar (Taf. XIV, Fig. 3) des Oberkiefers hat M, rechts M, links eine größte sagittale Länge von . zirka 68 mm — mm vorn » BEL 54 b) eine transversale Breite von * mitten „ 51 „ R hinten ı „ 45 -, —y Dieser dreijochige Zahn, und zwar des rechten Oberkiefers (Taf. XIV, Fig. 5) ist in seinem rückwärtigen Teile recht gut erhalten, das vorderste Joch ist leider an der Vorder-, Innen- und Außenseite abgesprengt; der gleiche Zahn des linken Öberkiefers (Taf. XIV, Fig. 4) zeigt jedoch das erste Joch wohl erhalten und das hinterste Joch ist nur durch ein unbedeutendes Fragment repräsentiert. Die Innenseite dieses Zahnes ist deutlich konvex, die Außenseite etwas konkav. Die beiden rückwärtigen Joche sind nur um weniges länger als das Vorderjoch, was wir an keiner Abbildung ersehen und bei der Beschreibung des D. bavaricum auch nicht erwähnt wird. Ob dieses Verhältnis als ein spezifisches Charakteristikon angesehen werden kann, müßten wohl noch andere Funde dahin geprüft werden. Im allgemeinen stimmt sonst die Beschreibung Weinsheimers (l. e. pag. 22) mit unserem Zahne überein. Was die Wurzelbildung dieses Zahnes anbelangt, so stimmt die- selbe mit Rogers Beschreibung (pag. 220) vollkommen überein. 580 A. Hofmann und A. Zdarsky. [4) Der zweite Molar (Taf. XIV, Fig. 5 u. 6) des Oberkiefers hat eine sagittale Länge von . . . . 60 nım h e YOrn: 00, eine transversale Breite von | hinten 58 , Von diesem Zahne liegen uns beide vor, sowohl der rechtsseitige (Taf. XIV, Fig. 5) wie linksseitige (Taf. XIV, Fig. 6), in einem recht vollkommenen Erhaltungszustande und zeigen beide gleiche Dimen- sionierung. Der M, ist der massivste Zahn im ganzen Oberkiefer. Die Bildung der einfachen Zahnkrone entspricht recht gut Weinsheimers Beschreibung. Da diese Zähne nur geringe Abnutzung zeigen, so sind die starken Schmelzwülste am Hinterjoche lateralseits prächtig entwickelt. Der dritte Molar (Taf. XIV, Fig. 7 u. 5) des Oberkiefers hat eine sagittale Länge von . . . . 60 mm vorn 62°, eine transversale Breite von | hinten 56 , Die aus beiden Kiefern stammenden Zähne sind nur wenig beschädigt, zeigen in ihrer Größe nahezu keine Differenzen und ent- sprechen” Weinsheimers Charakteristik; zu bemerken wäre jedoch, daß dieser Zahn trapezoide Form zeigt, hingegen der M, nahezu ein Rechteck vorstellt. Besonders charakterisiert diesen Zahn der hintere Ansatz, der vollkommen der klaren Beschreibung Rogers entspricht, als wenn unser Zahn diesem Autor vorgelegen wäre. Der schleifenförmige Ansatz am Hinterjoche besteht aus aufeinanderfolgenden Warzen, die am Schmelzwulst aufsitzen und lateralwärts hinziehen, wie dies an Fig. 7 (rechtseitig) und Fig. 8 (linkseitig), Taf. XIV prächtig zu ersehen ist. Dieser Wulst ist auch entwickelter als am M,, da eben dem M, kein weiterer Zahn mehr folgte. Behufs Vergleiches der Größenverhältnisse der hier besprochenen und abgebildeten Zähne des Oberkiefers von D. bavaricum mit jenen, die Roger von Breitenbronn beschrieb, möge folgende Tabelle Auf- nahme finden: | Ohaalsikfer D. bavaricum D. bavaricum | von Seegraben von Breitenbronn pP Hanser ge, Mia 48 mm mm 2 SE a 2 ee ANEE Breite | hinten 48 „ 175 £ p Ye 48 mm | 50 mm 1 „. j vorn | — , Sl „ Breite | hinten 5 | Fr | [5] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 581 Oberkieter D. bavaricum D. bavaricum von Seegraben von Breitenbronn | Lane, wa, zirka 68 mm 72 mm M vor DA DA, 1 Breite | mitten .. 5,1 5A) , hinten . . 45 „ 44.6, Lamm... 7 60 mm 64 mm s EMO. 0 615 „ Breite hinten... . 5, 2. | E21 | EN 60 mm 63 mm | : MOL ee. 2 boss, | 9%. Beeke H hinten . . 86%, 66, | Aus dieser Tabelle ergibt sich die Länge der Prämolarreihe des Dinotherium von Seegraben 96 mm, jene des von Breitenbronn 102 mm und die Länge der Molarreihe beträgt beim ersteren 188 mm und beim letzteren 199 mm; die Differenz ist im Verhältnisse zu der Größe der Zähne, abgesehen davon, daß auch die einzelnen Zähne keine genauere Messungen zulassen, ganz unbedeutend, so daß wir dieselbe ohne weiteres auf die individuelle Entwicklung zurückführen können. Unterkieferbezahnung. Taf. XIV, Fig. 9—14; Taf. XV, Fig. 1. Vom rechtseitigen Unterkieferaste liegt eine Partie des Kiefers mit den P, P, und dem M, vor; nur der P, ist fast ganz, P, und M, hingegen nur aus Bruchstücken zusammengesetzt, wohl die Hauptform zeigend, aber der Schmelzbelag ist an den Zahnkronen zum großen Teile abgesprengt. Vom gleichen Kieferaste liegen noch der zweite und dritte Molar vor. Vom linkseitigen Kieferaste wurde nur der P, P, und M, gerettet. Der zweite Prämolar (Taf. XIV, Fig. 9) des rechtseitigen Unterkiefers hat eine sagittale Länge von . . . zirka 45 mm R : NORD m eine transversale Breite von | hinten „ 34 „ Die noch ersichtlichen Partien der Krone stimmen ganz gut mit Weinsheimers Beschreibung so auch die Wurzelbildung, die an unserem Exemplare vollkommen intakt ist. Der erste Prämolar (Taf. XIV, Fig. 10 u. 11) des Unterkiefers hat eine sagittale Länge von . . . .„ 49 mm ine ie Breit vorn. ‚48..; eine transversale Breite von | ninten 48 ” 582 A. Hofmann und A. Zdarsky. [6] Von diesem Zahne liegen uns aus beiderseitigen Kiefern Zähne vor, die nur unbedeutende Schrammen aufweisen. Zu Weinsheimers Beschreibung (. e. pag. 29) ist nur zu bemerken, daß diese rektangu- lären Zähne durch die nach vorn konkaven Joche in nahezu gleiche Hälften geteilt werden. Von dem ersten Molar (Taf. XIV, Fig. 12) liegt uns nur der rechtseitige vor, dessen Zahnkrone leider ganz zertrümmert ist, das Vorderjoch, vom mittleren und dritten Joch sind nur Fragmente erhalten, die wohl alle Zweifel beheben, daß es den M, vorstellen soll; die Dimensionierung dieses, Zahnes kann, abgesehen von seiner Länge, bei den Angaben der Breite nur annäherungsweise geliefert werden. Dieser Zahn zeigt vorn keinen Basalwulst, auch am hinteren Joche ist keine Spur eines solchen zu ersehen. In den Umrissen stimmt dieser Zahn recht gut mit Bachmann!) (l. e. Fig. 2) überein, nur ist unser Zahn etwas kleiner. Weinsheimer (l. ec. pag. 31) gibt die Maße von 12 Exemplaren dieser Gattung an, welche in der Länge zwischen 95 mm und 91 mn variieren. Unser Zahn mißt 61 mm Länge bei einer Breite vorn von 40 mm (mitten kann nicht abgenommen werden) und hinten mit 38 mm. Weinsheimer gibt die Länge von Nr. 12 mit 61 mm bei einer transversalen Breite vorn und mitten mit 43 mm und hinten 37 mm an. Unser Molar dürfte ähnliche Größe besessen haben wie die eben angeführten. Bei dem Breitenbronner Exemplar ist leider dieser Molar zer- trümmert. Der zweite Molar des Unterkiefers (Taf. XIV, Fig. 13) hat eine-sagittale Länge von . . .„. . 59 mm ı vorn « :D8 „ eine transversale Breite von | hinten 54, Die Schmelzlage fehlt an den Seitenflächen des Vorder- uud Hinterjoches ganz, so daß die Dicke derselben zugerechnet wurde bei der Angabe der Breitenverhältnisse. Zwischen den beiden lateralen Zapfen an der Basis der Zahn- krone sitzt eine starke Warze, die außen mit der Schmelzfalte zu- sammenfließt. Am Hinterjoche zeigt sich im Bruche ein starker : Ansatz, der jedoch nicht die ganze Breite des Joches einnahm. Sonst stimmt die Bildung der Zahnkrone und der Wurzeln mit Wennshern iz s Be- sehreibung gut überein. Der dritte Molar des rechtseitigen Unterkiefers (Taf. XIV, Fig. 14) hat eine sagittale Länge von . . . . 70 mm : e NE OT ansver eine transversale Breite von | Hinten 47 „ ') Isidor Bachmann. Beschreibung eines Unterkiefers von D. bavaricum H. v. Meyer aus dem Berner Jura. [7] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 583 Vom letzten Molar fanden sich aus beiderseitigen Kieferästen die Zähne vor, nur sind leider beide mehr oder weniger beschädigt; dem linkseitigen fehlt die Schmelzlage am Vorderjoch und an der medialen Seite bis zum hinteren Ansatze ganz. Der hintere Ansatz ist bei beiden Zähnen an der ganzen Außenfläche ebenfalls von der Schmelzlage entblößt. Auch hier müssen die Dimensionen zum Teil durch Hinzufügen der Dicke der Schmelzlage ergänzt werden. Die Bildung der Zahnkrone und der Wurzeln entspricht sonst der Beschreibung Weinsheimers (pag. 33) vollkommen, soweit eben der Erhaltungszustand unserer Zähne einen Vergleich zuläßt. | Behufs Vergleiches der Größenverhältnisse der Unterkieferbezah- nung der gleichen Art auch anderer Fundpunkte mag die folgende Ver- gleichstabelle ergänzen, was bis nun im Text nicht angeführt wurde. D. bavaricum|| D. bavaricum | D. bavaricum| D, bavarieum Unterkiefer von von von Mont || von Bayern | Seegraben ||Breitenbronn Chaibent H. v. Meyer p Länge . . .. ||zirka 45 mm 42 mm _ — E h vom . DIR, 37 1, — _ Breite { hinten ira ke a£ pP Länge. . 49 mm 515 mm 54 mm 48 mm L vorn . A: 42 a 44 „ _ al { hinten a84,, FEDeNe Ayla ” N Länge) 61 mm — 66 mm 64 mm M, : vorn . Auge — LA - Breite [ hinten 38. % de re | N hänge) ur, : 59 mm 62 mm 64 mm 63 mm | M, - vom . DSn 5 ae» Dome, 60 „ Breite [ hinten DA, Hl HOIEE = Länge. . J 70 mm| 73 mm 62 mm 72 mm : vorm . DU, 6057 5 Bar, DOMEr zus [ hinten ro la aim, ; Ss, u Länge des An- M. satzes . 0 zirka le, ve. er = Breite des An- satzesa ec 200 33 5 — = Höhe des An- Satzes. er ziekan 20%, 20 5 — _ Aus der vorangehenden Tabelle ersehen wir, daß die Grenz- werte der Längen der Prämolar- und Molarreihen geringfügige sind, indem sich dieselben bei Dinotherium bavaricum stellen wie folgt: von See- von Breiten- von Mont L graben bronn Chaibent von Bayern Länge , HP 7... 941 mm ' 95 mm — mm 104 mm SD ae 100) 1% Mayı Nik, lihggni Häuagal, Jahrbuch d. k.k. geol, Reichsanst., 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hofmann u. Zdarsky.) 75 584 A. Hofmann und A. Zdarsky. [8] Die allgemeinen Betrachtungen und Vergleiche ganzer Zahn- reihen des Ober- und Unterkiefers sowohl beim D. giganteum wie beim D. bavaricum und die hieraus folgernden Schlüsse hat bereits Roger (l. c. pag. 222) in sehr umfassender und klarer Weise geliefert; da,unser Rest mit jenem von Breitenbronn übereinstimmt, so glauben wir berechtigt zu sein, nur auf diese Ausführungen hinzuweisen, ohne dieselben zu wiederholen. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß der M, im Ober- wie im Unterkiefer verhältnismäßig sehr klein und schmal erscheint, insbe- sondere im Verhältnis zu den Dimensionen der beiden ihm folgenden Molare. Außer den angeführten Zähnen wurden auch noch vier Fragmente von Stoßzähnen vorgefunden, die einiges Interesse erwecken. Das besterhaltene Stück, welches aber durch mehrere Verwürfe etwas in der natürlichen Krümmung deformiert ist (Taf. XV, Fig. 1) zeigt einen ziemlich kompletten linkseitigen Stoßzahn, dessen oberer Teil in der Alveole gesessen haben mag, da die Oberfläche unversehrte deutliche Zuwachsstreifen zeigt, hingegen etwa zwei Drittel gegen die Spitze zu der ganzen Länge nach deutliche Spuren der Grabearbeit. aufweist. Die Spitze dieses Zahnes ist schief von innen nach außen abgeflacht; diese Abnutzungsfläche stellt sich als eine langgezogene Ellipse dar. Die verschiedenen Querschnitte dieses Zahnes sind in Taf. XV, Fig. 1 durch die gelegten Profile («—x, y—y) versinnlicht. Dieser Stoßzahn ist innen stark abgeplattet und trägt eine Furche, die vom oberen Teile gegen die Spitze zu sich rasch abflacht. Wahrscheinlich demselben Individuum angehörend, liegt noch der rechtseitige Stoßzahn vor, dem fehlt aber der größere Teil der Spitze. Ein weiterer Fund stellt ein Fragment eines rechtseitigen Stoß- zahnes vor von einem jungen Individuum; die Spitze dieses Zahnes zeigt nur ganz unbedeutente Abnutzungsfläche. Im großen und ganzen zeigen alle diese Stoßzahnfragmente eine starke Abplattung an der Innenseite, einen schwächeren und zierlicheren Bau als jene des D. giganteum, dürften auch bei älteren Individuen nie die Größe und Plumpheit jene des D. giganteum erreicht haben. Leider ist vom Kiefer, respektive der Alveole an keinem dieser Stücke eine Spur vorhanden. Die Dimensionen müssen hier entfallen, da der Ausgangspunkt, die Stelle, wo der Stoßzahn aus der Alveole herausreicht nicht fixiert werden kann. Aus dem Kieferfragment, das die Prämolare und den ersten Molar noch trägt, ist das Foramen mentale, und zwar unter dem P, erhalten; dasselbe ist queroval, 15 mm lang und 7 mm hoch. Außer unbedeutenden Rippenbruchstücken liegen uns sonst keine Skeletteile vor. Mastodon augustidens Cuv. Einige sehr abgenützte Zähne und vielfache Bruchstücke bekun- den, daß auch hier diese Art nicht zu den Seltenheiten gehörte. [9] Beitrag zur Sängetierfauna von Leoben. 585 Aceratherium tetradactylum Lart. Tar XIV, Eis 15 u. 16. Ein einziger Zahn, dieser Art angehörend, wurde in dem Versatz- bruche am Münzenberge bei Leoben gefunden, und zwar aus dem gleichen Horizont, in welchem in Seegraben zahlreichere Funde ge- macht wurden. In einem feinkörnigen, tonigen, grauen Sandsteine waren beide Kieferäste eingebettet und nur der letzte Molar des linken Unter- kiefers war in situ geborgen; von dem rechtseitigen Unterkiefer sind nur Hohldrücke der rückwärtigen Hälfte des M, M, und des M,; nebst dem aufsteigenden Kieferaste saınt kleinen Knochenfragmenten des Kieferkörpers erhalten, aus welchen das Positiv durch einen Abguß angefertigt wurde. Der vorliegende Molar (Taf. XIV, Fig. 15 u. 16) ist schwächer als der entsprechende der gleichen Art von Göriach !), (der als Acera- therium incisivum Kaup. Taf. X, Fig. 6 angeführt wurde). M, von Leoben M, von Göriach TaBBer ur, „u... SU Mm 417 mm : vom . 240 „ 2000 Breite | ninten. 250 „ 353, In Seegraben dürften diese Reste häufiger sein, denn Bruch- stücke von Ober- und Unterkieferzähnen sind zahlreich, jedoch zumeist so zertrümmert, daß von einer Bestimmung nicht die Rede sein kann. Nur ein vorletzter Backenzahn M, aus dem linkseitigen Oberkiefer ist doch so weit erhalten, daß man seine Zugehörigkeit erkennt; er stimmt mit dem von Göriach (l. e. Taf. X, Fig. 3) abgebildeten voll- kommen überein. Hyotherium Sömmeringi H. v. Meyer. Taf. XV, Fig. 2—9. Die Gegenwart dieser in den sonstigen Lokalitäten Untersteier- marks häufige Art ist nur durch wenige Reste dokumentiert, denn die, bisnun spärlichen Funde dürften nur von drei Individuen herrühren, nämlich von einem ganz jungen, einem völlig erwachsenen und einem alten Tiere. Von dem Milchgebisse erhielten wir nur den Abdruck des letzten dreiteiligen Milchzahnes und den vorderen Pfeiler des ersten Backen- zahnes (Taf. XV, Fig. 5). Die Länge dieses Milchzahnes beträgt 19 mm. Außerdem liegen noch zwei Molare (Taf. XV, Fig. 6—9) aus dem rechtseitigen Unterkiefer vor; Taf. XV, Fig. 6 u. 7 stellt den ersten Molar von oben und außen dar und Taf. XV, Fig. 8 u. 9 den zweiten Molar; beide entstammen einem ganz jungen Individuum und zeigen nur Spuren der anfangenden Abnutzung. !) A. Hofmann. Die Fauna von Göriach. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1893. 75* 586 A. Hofmann und A. Zdarsky. [10] Weiters fand sich noch eine Molarreihe des linken Unterkiefers eines alten Tieres in prächtiger Erhaltung vor (Taf. XV, Fig. 2—4). Die Charaktere der einzelnen Backenzähne entsprechen vollkommen der Beschreibung, die uns Peters!) in ausführlicher Weise (l. ce. pag. 20—22) geliefert hat, und zwar so, als wenn unser Rest als Original ihm mit vorgelegen wäre. Die Abkauung sämtlicher Molare ist weit vorgeschritten, ähn- lich wie bei jenen Resten von Eibiswald; es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß wir es im vorliegenden Falle mit einem echten H. Sömmeringi zu tun haben. Hoffentlich werden weitere Funde bald die Sicherheit der Bestimmung erbringen. Palaeomeryx Meyeri Hofm. Zwei Unterkieferfragmente, einer mit fast ganzer Molarreihe, ein anderer nur mit M, versehen, sind derartig dürftig erhalten, daß die eventuelle Zugehörigkeit zur oberwähnten Art nur lediglich nach der Größe angenommen werden kann. Bei dem ersteren ist der Schmelz- belag der Molaren ganz matt, angeätzt und die Details grob verwischt. Die Länge der ganzen Molarreihe mißt zirka 32 mm. Hyaemoschus crassus Lart. Tat. XV, Pig. 10,0. 11. Schon durch Redlich (l. c. pag. 13) wird diese Art von Leoben beschrieben; der Grund, daß wir diese insbesondere in Göriach so häufige Art abermals hervorheben und abbilden, ist der, daß die vorliegenden Reste so kräftig und massiv gebaut sind, daß man un- willkürlich eine größere Art in denselben vermutet‘ und das wäre Hyaemoschus Peneckei Hofm. Bei näherer Untersuchung jedoch gelangt man zu dem Resultat, daß die wenigen Funde einem ungewöhnlich starken Exemplar angehören. In dem linkseitigen Unterkieferfragment (Fig. 10 u. 11, Taf. XV) ist nur der M, und M, erhalten. Beide Zähne sind sehr nieder, stumpf und breit, durch Abkauung stark abgenutzt; die sonst sehr deutliche Schmelzfältelung ist kaum mehr sichtbar, die von dem Gipfel des Vorderhalbmondes steil nach der Zahnmitte absteigende Faite, ein Anaiogon der Palaeomeryxfalte, fehlt oder ist durch Usur total verwischt. Nachdem die wenigen bekannten Ayaemoschus-Arten bei voll- kommen gleichem Zahnbaue sich nur durch ihre Größenverhältnisse unterscheiden, so ergeben auch die Resultate der Messungen ihre Zugehörigkeit. ') K. F. Peters, Zur Kenntnis der Wirbeltiere aus den Miozänschichten von Eibiswald in Steiermark. II, Abhandl. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien 1868, [11] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 587 | | M, m, Hyaemoschus crassus Lart. ana om 19-8 von Leoben. ne Redlich, Sitzb. d. k. Akad. . i : d. Wiss. Wien 1898. BREINE .... an. NEREUET, 108 , Hyaem»schus erassus Lart. Baneuı MR... 12:5 mm | 20°0 mm von Leoben. | Tafel XV, Fig. 10. u. 11. Breite 0.2 22.22 10:08 > EIG, g . - | (Poreatherium Naus Kaup.) Länge 11—13°5 mm|| 17—19 mm von Eppelsheim. et H. v. Meyer, Georgensgmünd, Breite 758 9:0 pag. 98. N e se Hyaemoschus erassus Lart. n : f von Labitschberg. Länge na: lea ;\ | 12:2 mm 198 mm | Hofmann, Göriach. Abhandl. : | p i d.k.k. geol.R.-A. 1893, pag. 76. Trene u On 1 Hyaemoschus Peneckei Hofm. = > . on Stallholen, länge... «. 21 ,. 19:8. 0m. 240 mm Hofmann, Jahrb. d.k.k. : $ j geol, BR 1892, pag. 73. Breiter. A 4 Nase 5 13:83.0% Aus diesen Messungen ergibt sich, daß insbesondere der letzte Molar die größten Dimensionen der bisnun bekannten Arten des Hyaemoschus crassus Lart. aufweist. Auch der Kieferkörper ist beim vorliegenden Reste ausnahms- weise kräftig und massiv, wie noch bei keinem Reste dieser Art beobachtet werden konnte. Hyaemoschus sp. Taf. XV, Fig. 12—14. Aus dem Oberkiefer eines Moschiden liegen zwei Molare und der letzte Prämolar vor, die sich durch ihre Größe und massiven Bau auszeichnen. Die Molare M, und M, aus dem rechtseitigen Oberkiefer (Taf. XV, Fig. 12 u. 13) sind niedrig, sehr kräftig, die Mittelfalte der Außen- wand (Fig. 13) pyramidenförmig, vorderer und hinterer Randpfeiler kräftig, die Innenhalbmonde sind stumpf, nieder, die Marken sehr seicht und an der Basis sind die beiden Halbmonde von einer stark entwickelten Schmelzfalte umsäumt. Die Messungen beider angeführten Zähne ergeben, wie weiter folgt Resultate, die sich nicht recht unter die bekannten Hyaemoschus- Arten einreihen lassen, denn für Ayaemoschus erassus Lert. sind die- 588 A. Hofmann und A. Zdarsky. [12] selben viel zu lang und breit und für die größte Art, den Hyaemoschus Peneckei Hofm., fast zu klein, so daß nur weitere Funde Klarheit und Zugehörigkeit dieser Reste betreffs der Artbestimmung entscheiden können. | | M, Mm, Hyaemoschus sp. Länge . a Anm 155 mm von Leoben. Breite, vorn. . . 1610 „ 16.005 | Badel XV, Bie.,12 u. 13. „. "lintent. ze. AGD; ;, 16°0 | Hyaemoschus Peneckei Hofm. || Läuge ..... > 16:0 mm | von Stätzling. | Roger, 35. Bericht d. naturw. || Breite, vorn. . . — 190 -„ Vereines für Schwaben etc. 1902, | pag. 7. P hinten . . — 15:02 | Hyaemoschus crassus Lart. || Länge . . . . .| 105 mm 110 mm | von Göriach. Hosmann,le. Taf.XxWV, Fig. 6.) Breite IT ER 292 1305, (Dorcatherium Naui Kaup.) LaDge’ur2 Ina 10:0 mm 12:0 mm | von Eppelsheim. Kaup, l. c. pag. 97—98. Breite: as: 19:97, 130577 | Auch der letzte Prämolar (Taf. XV, Fig. 14) der seinem Bau nach nur hierher gestellt werden kann, zeigt ähnliche Differenzen in der Größe, so daß derselbe dieselben Bedenken hervorruft wie die beiden früher angeführten Molare. | Seine Länge beträgt 11’0O mm, seine Breite 13:5 mm, bei Dorca- therium Naui Kaup. von Eppelsheim 100 mm und 10°0 mm. Vom Hyaemoschus Peneckei kennen wir außer den Molaren des des Oberkiefers, die Roger aus den Sanden von Stätzling berichtet, bisnun keine Prämolare. Hyaemoschus Guntianus H. v. Meyer. Taf. XV, Fig. 15—17. Diese kleinere Art des Wassermoschussbockes, deren Reste in Süddeutschland (Günzburg, Stätzling ete.) häufig sind, wird durch die vorliegenden Funde in Steiermark zum erstenmal erwiesen. Es liegen, höchstwahrscheiniich einem Individuum entstammend, zwei linkseitige Unterkieferstücke vor (Taf. XV, Fig. 15—17); das eine Bruchstück trägt den letzten Prämolar und den ersten Molar, das zweite den letzten Backenzahn, außerdem wurden noch ziemlich frag- mentäre Reste des zweiten und dritten Prämolars vorgefunden. Alle diese Reste stimmen vollkommen mit jenen des Dinotherien- sandes von Stätzling überein, wie durch direkten Vergleich konstatiert [13] Beitrag zur Sängetierfauna von Leoben. 589 werden konnte. Diese Art, wie Roger |. c.!) pag. 67 berichtet, gleicht dem Dorcatherium Naui Kaup— Hyaemoschus cerassus Lart. vollkommen und unterscheidet sich von dieser nur dnreh das Größenverhältnis, indem vorliegende Art etwa um ein Drittel kleiner war. Die Größenverhältnisse dieser Zähnchen stellen sich wie folgt: M, M, 1 Lamee 7»... 82 mm 140 mm Breite. 28, 607, “0, Auch die Höhe des Kieferkörpers unter M, ist nahezu gleich jener von Stätzling, die Roger l. e. mit 13°5 mm, bei unserem dieselbe 145 mm mißt. Antilope eristata Biederm. Taf. XV, Fig. 18—20; Taf. XVI, Fig. 1—26. Die größte Zahl der Funde in Seegraben, insbesondere an Zähnen, entstammen einer Antilopenart aus der Gruppe der Gemsen. Uber ein Dutzend Funde aller möglichen Altersstadien, vorwiegend aus losen Zähnen und Unterkiefern selbst und nur wenige aus dem Öberkiefer und das wertvollste zuletzt gefundene Stück ein zertrümmerter Schädel mit beiden Zahnreihen und dem unteren Ansatze des Hornzapfens, zeichnet diese Lokalität besonders aus. Der Schädel hat durch Druck sehr gelitten, ist mehrfach überschoben, aber noch größeren Schaden dürfte derselbe bei der Grabearbeit erlitten haben, denn überall sind frische Bruchflächen sichtbar, ein Beweis, daß bei größerer Sorgfalt der ganze Schädel samt den beiden Hornzapfen hätte gerettet werden können. Bei der unklaren Kenntnis der Antilopen ist um so mehr so ein Verlust zu beklagen, we das wichtigste Unterscheidungsmerkmal, die Fom und Lage der Hörner, ohne Zweifel hätte im vollsten Maße konstatiert werden können. Vom Schädel sind erhalten: die Stirnbeine mit dem linkseitigen Hornansatze, die Gehirnkapsel zum großen Teile (Taf. XVI, Fig. 1a). Die Stirnbeine sind unterhalb des Hornansatzes gebrochen und überschoben, dann abermaliger Bruch, der auch die Nasalia betroffen hat, so daß von den letzteren nur geringe Fragmente der rückwärtigen Teile überliefert sind. Aus Fig. 1a, Taf. XVI kann entnommen werden, daß die Hörner auf dem Sinus frontalis näher den Orbita standen, so daß die Ent- fernung von der Mittellinie der Stirnbeinnaht fast doppelt so weit sich stellt als bei A. rupicapra. Die Gehirnkapsel war etwas kleiner als unserer Genise und war flach gewölbt. Die Orbita waren groß, der Durchmesser, aus dem Segment konstruiert, beträgt zirka 31 mm. 1) 34. Bericht des naturwissenschaftl. Vereines für Schwaben und Neuburg in Augsburg. 590 A.”Hofmann und A. Zdarsky. [14] Der Gaumen ist nur zum geringen Teile erhalten, so daß man über denselben nichts Bestimmtes berichten kann (Taf. XVI, Fig. 1). Von größter Wichtigkeit ist die Form und ’Lage der Hörner und da läßt sich aus unserem Fragment herauslesen, daß die Hörner Schematische Darstellung des Schädelfragments mit dem ergänzten Hornzapfen. entschieden nicht vertikal, sondern nach rückwärts geneigt waren, und was ihre Form anbelangt, so war dieselbe seitlich komprimiert und rückwärts breiter als vorn. Was die Bezahnung des Oberkiefers Taf. XVI, Fig. 1—7 betrifft, so haben wir schon eine detaillierte Beschreibung von Biedermann!) der ganzen Zahnreihe vergleichend mit A. rupicapra, auf welche wir verweisen. Ein kleiner Unterschied, der wohl nur als individueller angesehen werden könnte, sind die basalen Pfeiler zwischen den inneren Halbmonden des M, und M, Biedermanns Abbildung, welche allen Molaren, die uns vorliegen, fehlen. Die Form und Größe der vorliegenden Zähne stimmt sonst in jeder Hinsicht vollkommen überein, insbesondere auch in der Größe, wie aus folgender Tabelle erhellt. Öberkiefer % | M, || M, || M, reihe 2 ” Länge der Prämolar- Länge der Molarreihe A. cristata Biederm. Länge . | 921:10978:5.. 10" 12713 von Leoben. Größte Taf, VL Die; 1! Breite 7 93.19 || 1311-14. 143) u = [S@) {op} SS} o !) Biedermann, Petrefakten der Umgebung von Winterthur. 4. Heft, 1873, Taf. VIII und IX. [15] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 591 u - © =2,|°3 Oberkiefer PR,| RI A|ı|M|m |m,|s35| 38 au a: AH a2 A. eristata Biederm. Länge .\ — | — || — | — || 13 || 12 — von Leoben. Größte Pal. XV BIsrbr0rT., Breite. | — | — | — || — | 14 | 13 | — || — Desgleichen. | Se ee Taf. XVI, Pig. 2 u. 3 | Größte . N Breite | =... No a ee Desgleichen. ER I re Taf. XVI, Fig. 4 u. 5. Brite a ee A. eristata Biederm | Länge .| 8 | 8 | 9 | 9 | ı1 | 13 | 26 || 38 von Veltheim. Biedermann |. c. Breite .I\ 6 | 7| 91,9 | 1110| — — A. clavata (Lart.) Länge . | — || — || — || — || — || — || 32 || 34 von Sansan. Eilkol ce Ipae 297. | Breiter sin — = | II || ml u A. Martiniana (Lart) | Länge . || 10 || 11 || 8 || 11 || 12 || 13 || 29 || 36 von Sansan. | | Filholl. c. pag. 288. || Breite . | 8 ı 10 || 12 | 12 | 13 | 13 || — — A. sansaniensis Lart. || Länge . | — || — | — || 12 || 13 |\12°5||- 28 | 36 von Sansan. | | Filholl. c. pag. 290. | Breite . || — || — || — | 13 | 14 || 14 | — || — | Unterkieferbezahnung. Taf. XV, Fig. 18—20; Taf. XVI, Fig. 10—20. Der Unterkieferkörper selbst ist an Fig. 10, Taf. XVI zum srößten Teile erhalten; derselbe ist leicht geschwungen und nur weniges höher als bei A. rupicapra. Die Höhe unter M, beträgt 25 mm, unter P, 13—15 mm. Von Schneidezähnen ist unter den alten Resten nur ein einziger — .J, rechts — Fig. 8 u. 9, Taf. XVI vorgekommen, der einem Palaeomeryx-Schneidezahn sehr ähnlich ist, der Form und Größe nach dürfte er wohl am ehesten zur vorliegenden Art gehören. Die Charakteristik der Backenzähne, sowohl der Prämolare wie auch der Molaren ist zur Genüge geschildert worden |. ce.2) pag. 548, ') M. H. Filhol, Etudes sur les mammiferes fossiles de Sansan. Ann. de Geol. XXI. 1891. ?2) Hofmann, Beiträge zur Säugetierfauna der Braunkohle des Labitsch- berges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1888. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanst., 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hofmann u. Zdarsky.) 76 592 A. Hofmann und A. Zdarsky. [16] weshalb wir, um Wiederholungen zu vermeiden, hierauf verweisen; hier muß nur bemerkt werden, daß die Anschwellung des Schmelz- bleches zwischen dem Vorder- und Hinterhalbmonde zu einem Basal- säulchen an manchen Zähnen sehr entwickelt ist (Taf. XVI, Fig. 10), an anderen nur angedeutet und bei manchen dasselbe ganz fehlt, ein Hin- weis, daß dasselbe nicht als Speziescharakter angesehen werden kann. Es erübrigt uns noch, die wichtigsten Dimensionen anzuführen ; zugleich setzen wir auch die Maße der beschriebenen Arten von Sansan ein. | 5. | 52 =3o| 3 Unterkiefer P, || ?,ı P, | M, |M, || mM, | 9235| &5 Ar em EEE Antilope cristata Biederm. | Länge . | — || 9 95 || 9 || 11 | 155 — 36 von Leoben. Tat. -XVL Fig. 10 Breite . | — || 5 5 3 Su _ — 2 I : | BRNEEE R Eee ir Desgleichen. Länge 6 95 || 11 |1051 — | — | 27 - TER VL. Big. Breite 18 Pan el. Sa ar Desgleichen. Länge 7 RP TE TH neo Taf. XVI, Fig. 12-14. Breite | tr lioe oc. Tommi) Zr Desgleichen. Tanzen a, = lar hzmnilmmmn En aa N Taf. XV, Fig, 4520. pyante | les una MT ä Be pet er . ‚u “Ri Desgleichen. Länge . 10:51] 12 || 17 88°5 ') Sehr altes Indem: Bra air 3) le Desgleichen. Länge |: = |. 10 || .12.|| = til, == +5 JUN, a a a a er Desgleichen. Länge, 2) == 1 9 © 7a] BB Lean en | Breite . I || — || — || — | 7575 | — | — A. eristata Biederm. || Länge .|| v2 || +4) 10 |1os |11-1.\17-6 || 260 || 87-0 | von Labitschbere. | l. @::p3g:7550 Breite .|) 35 || 481 57 73|| 8488| — = !) Direkt gemessen. [17] Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 595 Et as | 32 .|=3 Unterkiefer P|PBR|RAR|M|M,|Mm, 3823| 95 | | ERH eE EEE — | A. clavata (P. Gero.) Länge . || — | — || — | 11 || 1215 | — || 40 | von Sansan. | Filhol]. c. pag. 291. || Breite — || — || — || 6 7 7 — — | | 4. Martiniana (Lart.) Länge . | 8 || 1L || 10 || 11 || 13 | 17 || 30 44 von Sansan. Filhol ].c. pag. 286. Breite .| 4 |5 | 6 | 7 | 9 | 8 — — A. sansaniensis Lart. | Länge. — | ı1 || ı2 | 2 \ı3s |ı7 | sı | 5 von Sansan. | | Filholl. c. pag. 289. || Breite . | — | 6 7 M 808 _ | Beim Vergleich mit bereits bekannten miozänen Antilopenarten kommt in erster Reihe die Antilope cristata, die Biedermann von Veltheim beschrieb. in Betracht, die sowohl im Schädelbau wie auch im Zahnbau mit unseren Resten die größte Ubereinstimmung ergibt. Daß diese Art im Miozän auch in Steiermark lebte, bezeugen die Reste von Labitschberg (l. e.) und nun werden diese durch die vorliegenden in reichem Maße ergänzt. Nach Filhols Beschreibung der Antilopen von Sansan sind es die A. Martiniana (Lart.), A. sansaniensis Lart. und A. clavata (P. Gerv.), die zum Vergleiche herangezogen werden müssen. Die A. sansaniensis hat vertikales, gemsenähnliches Gehörn, die A. Martiniana fast vertikale Hornzapfen und die A. clavata nach hinten gerichtete Hornspindeln und alle drei Arten sind mit einem rehähnlichen Gebiß versehen. Bei A. eristata ist die Lage der Hornzapfen nach Biedermann (l. e. pag. 15) folgend: „Die Hörner erscheinen, verglichen mit der Gemse, ein wenig mehr nach hinten gerückt, die Hornzapfen gerade, in der Vertikalebene liegend, aber beträchtlich nach hinten geneigt, seitlich stark komprimiert, die Längenachse ihres (uerschnittes — an der glatten Basis 21 mm haltend — von vorn und innen nach hinten und ein wenig nach außen gerichtet.“ Unser Rest kann sonach nur mit A. clavata und A. cristata in naher Beziehung stehen, da die Lage der Hornzapfen anscheinend mit diesen beiden übereinstimmt. Uber die eventuelle Identität und Vereinigung der A. cristata mit A. clavata ohne Kenntnis der Originale — etwa nur auf Grund der Filholschen Abbildungen — etwas zu sagen, wäre gewagt, weshalb wir bemüßigt sind, diese Frage offen zu lassen. 76* 594 A. Hofmann und A. Zdarsky. [18] Knochen der Extremitäten. Taf. XVI, Fig. 21—26. Von den zumeist zerdrückten Knochen sind die abgebildeten noch jene, welche eine Bestimmung zuließen, es ist dies der proximale Teil des rechtseitigen Femur Taf. XVI, Fig. 21 von vorn, Fig. 22 von hinten. Taf. XVI, Fig. 23—25 ist der distale Teil einer Tibia ab- gebildet, und zwar Fig. 23 von vorn, Fig. 24 von hinten, Fig. 25 von den Gelenkflächen aus. Die Stärke und Ausbildung dieser Knochenfragmente lassen einen zufriedenstellenden Vergleich mit den gleichen Knochen einer Saiga-Antilope zu. Beiträge zur Kenntnis der geologischen Ver- hältnisse Ostböhmens. | II. ‚Teil. (Das kristallinische Gebiet bei Reichenau a. d. Kn, Blatt „Reiehenau und Tynist“, Zone 5, Kol. XIV.) Von Dr. Karl Hinterlechner. Gleichzeitig mit der Untersuchung der Gneisgranitinsel von Pottenstein!) an der Adler (in Böhmen) wurde mir von der Direktion unserer Anstalt auch die Aufnahme des kristallinischen Ge- bietes im Bereiche der nordöstlichen Ecke des Spezialkartenblattes Reichenau—Tynist (Zone 5, Kol. XIV) zugeteilt. Im Osten bildet der Kartenrand die Grenze des aufgenommenen Terrains zirka 10 km, im Norden beiläufig 7 km weit. "Die südliche Grenze verläuft als schwach gebogene Linie von Reichenau (genauer Habrovä) über Bründlbad (Studänka) nach Jawornitz (Nachbar- blatt Senftenberg) ; ihre Länge beträgt zirka 3 km. Die westliche Grenze fällt beiläufig mit dem Meridian von Habrovä zusammen, falls wir vom schmalen Sporne am nördlichen Blattrande absehen. Dieses so umgrenzte Gebiet gehört dem Adlergebirge an und schließt sich im Westen und Süden an das ostböhmische Kreide- becken unmittelbar an. Lokal ruht die Kreide auch inselförmig — als letzter Denudationsrest — auf den kristallinischen Schiefern und den eruptiven Bildungen auf. Zwischen der Kreide und den Schiefern sind örtlich mutmaßliche ältere Bildungen — vermutlich permischen Alters — eingeschaltet. Gemäß dem bezüglichen Aufnahmsplane unserer Direktion fiel die Kartierung und Beschreibung der Sedimente des Kartenblattes Reichenau Herrn Prof. Dr. J. J. Jahn zu. Meine Angaben beschränken sich hiermit nur auf das kristallinische Gebiet Auf die Sedimente komme ich deshalb nur dort zu sprechen, wo es die Verhältnisse unbedingt erheischen. Alle Wasseradern unseres Aufnahmsterrains haben ein zumeist südwestliches Gefälle (Alba, Kn&zna—Reichenauer, Rehberg und der !) Siehe: Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. IL. Teil.’ Der Gneisgranit und die Dislokation von Pottenstein a. d. Adler. Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1900, pag. 593 — 613. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904. 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hinterlechner.) 596 Dr. Karl Hinterlechner. [2] Jawornitzer Bach). Nur das Tal mit dem langen Dorfe Lukawitz verläuft in nordsüdlicher Richtung. Gehen wir am Jawornitzer Bache talaufwärts, so lernen wir folgende Grenzverhältnisse kennen. An der Mündung des in Rede stehenden Tälchens in das Kn@änatal sehen wir an beiden Talgehängen Plänerbildungen anstehen. Hier bilden diese auch die Sohle der Tal- furche. Am rechten Gehänge macht der Pläner erst zwischen der Mühle und Kote 327 (1:25.000) den kristallinischen Bildungen Platz. Am linken Gehänge geschieht dies etwas früher. Je weiter wir talaufwärts wandern, um so weiter sehen wir den Pläner nach Süden und Norden zurücktreten. Dies letztere gilt besonders von den Weißenberger Schichten am linken Gehänge, denn das Gebiet zwischen Bründl- bad (Studänka) und Drbalov, Blattrand östlich Kote 426 und zwischen der Häusergruppe „zu Jawornitz“ nördlich Cihadlo ist schon vollkommen frei davon. Im V&telny les und bei Kote 426 (am Blattrande auf dem kleinen Plateau zwischen Habrovä und Jaroslav) herrscht im Gegensatze dazu nur der Pläner, der noch über die östliche Kartengrenze hinweggreift. Altere Gebilde konnte ich bei den Grenzbegehungen auf dem rechten Gehänge nicht sicher konstatieren. Die dortigen Waldbestände verhinderten jeden Einblick in die Bodenverhältnisse, sofern es sich um Sedimente handelte. Ich bemerke, daß von mir in der Diekung des Vtelny les zwar ein paar weiße (Sandstein-) Konglomeratbrocken gefunden wurden. Da jedoch eine Verschleppung möglich wäre, ziehe ich aus diesen Funden keine Konsequenzen. Möglich, ja sogar wahr- scheinlich ist‘ es jedoch, daß auch im VGelny les unter dem Pläner noch das Zenoman auftritt, ähnlich wie es gelungen ist, auch in der Umgebung des Bründlbades, also im selben Niveau am linken Gehänge, dieses Schichtglied zu erkennen. Fast östlich vom Bründlbade und nördlich von der Häuser- gruppe „zu Jawornitz“ unmittelbar am Blattrande fand ich im Graben, der bei Kote 336 in den Jawornitzer Bach mündet, eine Grube, in der ein roter, toniger Sand mit minimalen Spuren von Kupfererzen gewonnen wurde; es dürfte hier Perm anstehen. Ver- läßliche Angaben kann ich darüber keine bieten. Rotliegendes geben aus besagter Gegend übrigens schon H. Wolf!) und Reuß?) an. Wie schon bemerkt, besteht das Plateau nördlich vom Jawornitzer Bache aus Pläner, der auch über die östliche Blattgrenze hinweggreift. Das südliche Gehänge des Rehberggrabens ist jedoch schon nur aus kristallinen Gebilden aufgebaut. In nördlicher Richtung begegnen wir von hier aus erst bei Benätek südöstlich Skuhrov (Pf.) einem Kreidevorkommen. Dieses ist ein glaukonitischer Sandstein, aus dem Platten und Wassertroge erzeugt werden. Im Dorfe Habrovä sind kristalline Gebilde nur in der Talsohle und an den Gehängen entblößt. Talaufwärts von der Mündung des !) H. Wolf, Erster Bericht über die geologische Aufnahme im östlichen Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 14, pag. 492. ?) Aug. Em. Reuß, Kurze Übersicht der geognostischen Verhältnisse Böhmens. Prag 1854. F. Tempsky. t [3] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 597 Rehberggrabens ins Kn&änatal sehen wir bis oberhalb der Kirche von Lukawitz am linken Gehänge sowie überhaupt gegen Osten keine Spur von Sedimenten mehr. Ober dem westlichen, ebenfalls kristallinen Gehänge tritt dagegen wieder Pläner auf dem Plateau auf. Bei der Lukawitzer Kirche steigt der Pläner vom westlichen Plateau ins Tal hinab und erscheint in Form einer Insel auch am linken Gehänge. An der Basis des Pläners tritt hier eine dunkelrote, tonigsandige Ackererde, beziehungsweise Spuren dunkelroter, tonig zersetzter Schiefer auf. Diese könnten ebensogut permischen Alters!) sein als sie auch nur ein zersetztes fragliches eisenschüssiges Glied des Schiefer- komplexes 2) repräsentieren könnten. Zwei gleiche Funde ?) wurden auch östlich bis nordöstlich von obiger Stelle gemacht. Eine zweifel- hafte Perminsel könnte auf Grund der rotgefärbten, tonigsandigen Ackererde östlich Rybnitek verzeichnet werden. Im nördlichen Teile von Lukawitz tritt einmal zenomaner Sandstein (Konglomerat) unmittelbar an das Alluvium heran, um bald hierauf einem grauen, Pflanzenreste führenden Horizont Platz zu machen. Bei einem neu aufgestellten Kreuze (in der Karte nicht ver- zeichnet) findet man darin einen kleinen Aufschluß. Entlang der weiteren Grenze stoßt das Kristalline bald an Schotter (? aufgelöste Kreidekonglomerate), wie zum Beispiel westlich vom Wirts- hause Slav&nka und nordwestlich Skuhrov bei Beranec und Svinna, bald grenzt es an wirkliche zenomane Konglomerate (Kon- glomeratsandsteine), wie bei der Papierfabrik in Skuhrov und bei Svinna, manchmal jedoch auch an Pläner und nordwestlich Roudne beziehungsweise nordnordöstich Weiss—Aujezd (Pf.) am linken Bachufer an einen pflanzenführenden Horizont. Besonders sei hier nur noch das Auftreten von zenomanem Konglomerat nördlich Skuhrov und westlich Rybnitek erwähnt. Es führt nämlich so viel kohlige Substanzen, daß es zu Schurfversuchen Veranlassung gab ?). Dies die genauere Umgrenzung meines Arbeitsgebietes, in dem wir im allgemeinen granitische Gesteine, einen Melaphyr, Grünschiefer und phyllitische Gesteine unterscheiden werden. Justus Roth brachte auf seiner Übersichtskarte nach Beyrich im Bereiche unseres Aufnahmsgebietes Granite, dann Tonschiefer, Glimmerschiefer und Kreidebildungen zur Ausscheidung. !) Wolf nimmt an (]. c. pag. 492), man habe es mit Rotliegendbildungen zu tun. ?) Roth sagt in seinen Erläuterungen zu der geognostischen Karte vom niederschlesischen Gebirge und den umliegenden Gegenden (mit i Übersichtskarte und 3 Tafeln. Berlin 1867. Neumann), pag. 237 nach Beyrich bezüglich seiner Glimmerschiefer, was auch da gilt wörtlich: „Man glaubt bei naßem Wetter über liegerdes fortzuschreiten‘“. ®) Auch diese faßte Wolf (l.c.) als Perm auf, nar trennt er sie nicht von- einander in der Karte. Autor dieser Zeilen hat keine Beweise für, jedoch auch keine gegen diese Auffassung anzuführen. Als ausdrücklich problematische Aus- scheidungen sollen sie auch in der Karte ihre Aufnahme finden. *) Gelegentlich einer Brunnengrabung wurde in der Gegend angeblich einmal sogar so viel Kohle gefunden, daß eine kurze Zeit damit gefeuert wurde. 598 Dr. Karl Hinterlechner. [4] Von dieser Karte fiel die Kartierung durch H. Wolf nur wenig verschieden aus, der außer über Kreide und Perm auch über Syenite, grüne Schiefer und einen Melaphyrmandelstein berichtete. 1. Amphibolgranit von Studänka (Bründlbad) bei Reichenau. Der genannte Amphibolgranit ist östlich von Studänka ganz im Walde gelegen. In einem Steinbruche ist er gut aufgeschlossen. Diesem haben wir die Kenntnis von dem in Rede stehenden Gesteine zu verdanken. Der Waldbestand verhüllt alles und macht es auch unmöglich, die Granit(it)grenzen genau zu fixieren. Sicher ist es nur, daß wir in südlicher Richtung im Walde auf Kreidekonglomerate und im Graben, der gegen Norden führt, auf eisenschüssige und daher rotgefärbte Phyllitgneise stoßen. Dem unbewaffneten Auge fällt vor allem die fleischrote Färbung der überwiegenden Mehrzahl der Feldspate auf. Neben diesen tritt relativ selten ein farbloser Feldspat auf. Ersterer ist fett, letzterer glasglänzend. Als Zwillingsgesetz wurde an beiden das Karlsbader Gesetz beobachtet. Während jedoch die roten Feldspate bis auf die kleinsten Dimensionen herabsinken, zeigen .die farblosen mehr den Charakter von Einsprenglingen. Die Dimensionen der Querschnitte erreichen mitunter die Längen: 1'2 und 0°8 cm. Die Bestimmung beider Feldspate wurde an Spaltblättchen | (010) und |(001) vorgenommen. In allen Fällen wiesen die erzielten Resul- tate auf Orthoklas hin. Gleichzeitig mit dem roten Orthoklas fällt eine überaus große Menge von dunkelgrüner Hornblende auf. Derselben hat das Gestein seine im allgemeinen dunkle Färbung zu verdanken. Bezüglich der Größenausbildung steht die Hornblende den Feldspaten im all- gemeinen nach. Bis 1 cm lange Hornblendebildungen trifft man selten. Der Glimmer tritt als Biotit auf. Lokal fehlt er ganz. Durch seine Zersetzung bildet sich grünlicher Chlorit. Infolge Parallel- ordnung des Glimmers bilden sich auch zum Teil schiefrige Varietäten des Gesteines aus. Quarz wird mit freiem Auge nicht immer viel vorgefunden. Deshalb wäre man ab und zu vielleicht geneigt, von einem Syenit zu sprechen, wie es Wolf!) so wie auch Autor ?) dieser Zeilen schon tat. Unter dem Mikroskop verrät er sich stets in so großer: Menge, daß das Gestein als Granit zu bezeichnen ist. Auf die geringe Menge Quarz weist auch Beyrich hin’). Unter dem Mikroskop gelang es, außer Orthoklas, Quarz und grüner, durchsichtiger Hornblende noch einen Plagioklas, und ferner Apatit nachzuweisen. Gestreifter Plagioklas war sehr selten gefunden worden in biotitfreien Varietäten des Gesteines. Wo !) ]. ec. pag. 484—485. 2) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1901. S. 141. ») Roth, Erläuterungen etc., pag. 249. [5] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 599 auch Biotit auftrat, war der Plagioklas häufiger. Mit Bezug. auf die Zwillingsgrenze symmetrisch auslöschende Lamellensysteme wiesen nur minimale Auslöschungsschiefen auf. Das Maximum betrug 15°. Allem Anscheine nach dürfte man es mit einem sehr sauren Gliede der Plagioklasreihe zu tun haben. Beyrich bezeichnete den Plagioklas als Oligoklas (l. c. pag. 249). Während der Granit aus besagtem Steinbruche sehr hornblende- reich ist, wurden am Wege von Studänka zum Sv. Ivan im Jawornitzer Tale rechter Hand zwischen Gmneisblöcken auch Belege für aplitische Bildungen angetroffen. Diese sehen auf den ersten Blick saurer aus. Der Hornblendereichtum fehlt ihnen ‚und dafür tritt neben Biotit auch Muskovit auf. Die Korngröße sinkt hier bedeutend herab. Im Gegensatze zum mittelgrobkörnigen (auch fast porphyrischen) Gefüge des Gesteines aus erstgenanntem Stein- bruche ist die Struktur hier feinkörnig und erinnert sehr an Aplite. 2. Amphibolgranitit von Lukawitz—Benätek. Das Gestein wurde im oberen Teile des Dorfes Lukawitz aufgeschlossen angetroffen. Die Tallehne besteht da zum Teile aus Granitit. Derselbe ist jedoch derart verwittert und zersetzt, daß es der Bevölkerung gelang, darin eine große Höhlung herzustellen, in der zur Zeit meiner Aufnahmstätigkeit in bezüglicher Gegend eine arme Familie hauste ). Alle sonstigen Beobachtungen und Aufzeichnungen wurden auf Grund von Feldlesesteinen vorgenommen, falls man von einem Straßengrabenaufschlusse absieht. Schon Wolf führt an, daß dieses Gestein zum Teile Gneis- struktur aufweist und viel chloritischen Glimmer verriet. Horn- blende führt es weniger als der Granit im Jawornitzer Tale. Deshalb ist auch die durch die Zersetzung hervorgerufene rote Farbe weniger intensiv; mitunter ist die Farbe sogar ganz grau. Wolf bezeichnet auch dieses Gestein als Syenit. An manchen Stellen wurden Belegstücke gefunden, die für eine (lokal) aplitische Natur des Granits oder für vorhandene Aplite sprechen. Das Gefüge derselben ist ziemlich feinkörnig. Östlich Kote 545, nordwestlich Benätek und östlich Skuhrov, wurde einmal ein Feldlesestein von grauer Farbe und porphyrischer Struktur bei sehr geringen Korndimensionen vorgefunden. Der Feld- spat bildet zwei Generationen. In beiden zeigt dieses Mineral unter dem Mikroskope die Tendenz, leistenförmige, idiomorphe oder an idi- omorphe Schnitte erinnernde Gestalten anzunehmen. Die Grundmasse besteht aus gestreiftem und ungestreiftem Feldspat, Quarz, grüner Hornblende, Biötit und Apatit- leistchen. Bis auf den Feldspat nehmen alle Elemente unregelmäßige Körnerformen an. Wollte man obiges Gestein als Gangbildung deuten, so wäre es wahrscheinlich am besten, dasselbe als quarzfreien Amphibol- !) Wolf bemerkt, daß die Einwohner ihre Keller wie in Lößhügel in den Granit hineingraben, ]. c. pag. 485. Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hinterlechner.) 77 600 Dr. Karl Hinterlechner. [6] sranitporphyr zu benamsen. Die auffallend verschiedene Ausbildung des Gesteines mit Bezug auf den Amphibolgranitit selbst sowie obige Angaben berechtigen vielleicht dazu. Der Ausdruck „quarzfrei* soll nur das Fehlen des Quarzes unter den Einsprenglingen bedeuten. Von der kartographischen Ausscheidung stand ich ab, da nur ein Feldlesestein vorlag. Was die Altersfrage unserer Amphibolgranite mit Bezug auf die Schiefergesteine betrifft, liegen keine Beobachtungen aus unserem Gebiete vor. Mit dem erstbeschriebenen Amphibolgranit von Studänka ist vorstehender Granitit verwandt. Der wesentlichste Unter- schied liegt nach meiner Meinung nur in der zum Teile verschiedenen Biotitführung. 3. Melaphyr. Wolf!) berichtet über ein Melaphyrmandelsteinvorkommen nach- stehendes. „Außerdem?) findet sich aber auch an der unteren Kreidegrenze, am rechten Talgehänge in der Mitte von Lukawitz bis hinter das Slavienker Wirtshaus, ein sehr zersetzter Melaphyrmandel- stein, außen rotbraun, im Innern grünlichgrau, vollständig auch in Varietäten übergehend, die rotem Toneisenstein gleichen. Das Eisenoxydhydrat ist dann so herrschend, daß man diese Mandelsteine bisher vollkommen als Eisensteine betrachtete. Die Zersetzung ist so weit vorgeschritten, daß die Hohlräume der Mandeln, welche früher was immer für Zeolithe erfüllt haben mögen, nun mit Brauneisenstein erfüllt sind. Die Behandlung mit Säuren weist keine Spur eines kohlensauren Kalkes mehr nach. Der vorherrschende Tongeruch und der matte erdige Bruch bezeugen das höchste Stadium der Zersetzung, in welchem dieses Gestein sich befindet, auf dessen ursprünglichen Typus außer der Form der Hohl- räume kaum irgendein Merkmal mehr hinweist.“ In der Beyrichschen Karte und in der, die den Rothschen „Erläuterungen“ beigegeben ist, sehen wir bezüglichen Melaphyr nicht verzeichnet. Zu den Wolfschen Auseinandersetzungen hätten wir nur weniges zu bemerken. Der Melaphyr reicht nicht von „der Mitte von Lukawitz bis hinter das Slavienker Wirtshaus“. Er reicht nämlich nur von den letzten Häusern von Lukawitz bis hinter das Wirtshaus Slavenka. Der makroskopische Habitus ist in einzelnen Fällen ein der- artiger, daß er an Laven zumindest erinnert. Die Oberfläche ist nämlich ganz unregelmäßig, wie zerhackt oder zersprungen und wulstig. In einem (einzigen) Falle glaube ich sogar eine Art Schichtung beobachtet zu haben. Das mikroskopische Studium lieferte wegen der enormen Zer- setzung nur sehr spärliche neue Resultate. Von den ursprünglichen ı\ 1. c. pag. 49. ?) Gemeint ist (nach Wolf) das Rotliegende in Lukawitz. [7] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 601 Gemengteilen wurde nur ein zersetzter Feldspat sicher erkannt. Über die Herkunft der manchmal reichlich vorhandenen, unregelmäßig begrenzten Quarze wage ich nichts Bestimmtes vorzubringen. Als sekundäre Minerale werden Chlorit, Chalcedon(), Quarz, tonige Elemente, Limonit und hie und da Epidot erkannt. Die ersteren treten einzeln in unregelmäßigen Formen auf; sie können jedoch auch Aggregate bilden. Der Limonit imprägniert das ganze Gestein, der Epidot tritt selten auf. Wo die Zersetzungsprodukte zu unregelmäßigen Formen zusammengeballt erscheinen, da glaubt man es mit einem zersetzten Tuffe zu tun zu haben. Auf ein derartiges Gebilde scheinen übrigens auch die Quarzsplitter hinzuweisen. Manche Quarze werden nämlich bis über linsengroß. An solchen wurde eine unanfechtbare Kantenrundung beobachtet. Sie sind also gewiß Fremdlinge im Gesteine. Auch diese sprechen mithin für die Tuff- natur des Melaphyrmaterials. 4, Phyllitgneis aus dem Jawornitzer Tale. in der Karte ist dieses Gestein mit den weiter unten sub 5 beschriebenen Phylliten zusammengezogen. Fassen wir in unserem Aufnahmsgebiete den Mittellauf des Jawornitzer Baches und die Gegend südlich von Drbalov vor allem ins Auge. Auf den beiden Gehängen des Jawornitzer Tales und in den drei Gräben, die von Südost kommend ins genannte Tal ein- münden, treffen wir auf ein Gestein mit folgenden Eigentümlichkeiten. Die Farbe ist verschieden dunkelgrau, dann braun, rotbraun und kann (in der Schlucht von Studänka gegen Sv. Ivan) auch grün werden. In den allermeisten Fällen ist das Gestein deutlich dünn- schiefrig, manchmal auch phyllitisch gefältelt. Auf den Schieferungs- flächen ist der Glimmer entweder in Gestalt kleiner Schuppen deutlich und leicht zu erkennen oder er bildet dünne Häute, welche dem Gesteine einen rein phyllitischen Habitus einbringen. Diese Häute fehlen auch ganz. Im Handstücke kann man deshalb Proben von verschiedenen Fundpunkten bald direkt als Phyllit und bald auch als Gneis, bezie- hungsweise vielleicht als Glimmerschiefer!) ansprechen. Bei der Betrachtung im allgemeinen macht jedoch das Gestein im Felde zumeist den Eindruck eines Zwischengliedes zwischen Phyllit und Gneis, be- ziehungsweise ersterem und Glimmerschiefer. An manchen Stellen, wie zum Beispiel beim Sv. Ivan-Felsen, dann bei Kote 336, in dem Graben, der von Studänka zum Sv.Ivan führt, und am linken Ufer des Jawornitzer Baches bei Sv. Ivan erinnert das Gestein mitunter auch an kontaktmetamorphe Gebilde. An den angeführten Stellen zeichnet sich der Phyllitgneis durch eine besondere hornfelsartige Zähigkeit aus. Die schiefrige Struktur wird undeutlicher. Im Querbruche ist das Gestein fast körnig oder man bemerkt hie und da ein quergestelltes Glimmerblättchen. Es sei gleich hier bemerkt, daß die Beobachtungen unter dem Mikroskop ') Beyrich faßte das Gestein als Glimmerschiefer auf und schied es auch in solcher Weise aus. Fi 602 Dr. Karl Hinterlechner. [8] die Annahme eines Kontaktmetamorphismus, der vom Studänka- granit hätte ausgeübt werden sollen, nicht erweisen. Das unbewaffnete Auge erkennt mit Sicherheit nur Quarz und Glimmer!), Feldspat nicht immer. Die ersten zwei Komponenten scheinen auch im mikroskopi- schen Bilde zu herrschen. Der Quarz ist unregelmäßig begrenzt und wasserhell; er be- herbergt wie gewöhnlich Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse. Die für die Struktur von kontaktmetamorphen Gesteinen charakteristische Ausbildung fehlt dem Quarz ebenso wie jedem der folgenden Elemente. Die Glimmergruppe ist durch den Biotit und Muskovit (Serieit) vertreten. Der Biotit ist wie gewöhnlich braun. Nur in den grünen Gesteinsmodifikationen nimmt er, wie es scheint, infolge Zer- setzung‘ eine grünliche Farbe an. Die Grünfärbung schreitet von außen gegen innen vor. Damit Hand in Hand tritt im dunklen Glimmer in Körnerform auch ein Erz neben nadelförmigen Gebilden auf, die ich für Rutilnadeln halte. Außer diesem Zersetzungsprozeß haben die grünen Gesteins- modifikationen ihre Farbe auch (wenn nicht in gleichem Maße) dem Auftreten von Chlorit zu verdanken. Verhältnismäßig selten tritt Biotit in der Form von Tropfen im Quarz als Einschluß auf. Während der Muskovit in den mehr gneisartigen Habitus auf- weisenden Varietäten etwas zurücktritt, herrscht er dagegen in den phyllitischen. Feldspat war in einzelnen Schliffen sicher vorhanden und leicht zu erkennen. Er bildet da unregelmäßige Körner, ist infolge Zersetzung stark getrübt und verrät in Schnitten mit deutlicher Zwillingsstreifung mit Bezug auf die Zwillingsgrenze eine Auslöschungs- schiefe von 5—6° in ein paar Fällen. Um sich volle Klarheit zu ver- schaffen, ob das Gestein stets Feldspat führt, wurde ein scheinbar feldspatfreier Schliff mit Flußsäure geätzt und mit Anilinblau gefärbt nach den Angaben Beckes?). Die Probe stammte von dem sehr frischen, harten, dunkelgrauen (zum Teile etwas hornfelsartigen) Gesteine des Sv. Ivan-Felsens. Vor der Behandlung'mit 4 Fl waren die unregelmäßig begrenzten farb- losen Bestandteile fast ganz wasserklar. Eine Unterscheidung von Quarz und Feldspat war bei Berücksichtigung des Brechungsquotienten allein sehr schwer. Ein Bild von der Menge der einzelnen Gemeng- teile konnte man überhaupt nicht bekommen. Nach der oben ange- führten Behandlung zeigte es sich jedoch, daß vom Feldspat doch ziemlich viel vorhanden ist; er ist wesentlicher Gemensteil. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß mancher Forscher in Rede stehendes Gestein aus dem Jawornitzer Tale vielleicht kurzweg als Gneis wird bezeichnet wissen wollen). !) Deshalb ist auch gegen die Bezeichnung Glimmerschiefer nichts einzuwenden. ?) Unterscheidung von Quarz und Feldspat in Dünnschliffen mittels Färbung. Tschermaks Min.-petrogr. Mittlgn. 1888, X, 90, und 1891, XII, 257. ®) Im Gegensatze zu Beyrichs Glimmerschiefer. [9] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens, 603 Ein fast farbloses, zweiachsiges, unregelmäßig begrenztes Mineral mit sehr deutlichem Relief, sehr schwacher Doppelbrechung und einem System ziemlich gut ausgebildeter Spaltrisse wurde als Zoisit (? Zoisit «) gedeutet. Manche Durchschnitte zeigen hellrosa Achsenfarben; andere weisen nur derartige Flecke auf (Thulit): Winzig kleine Körnchen, die ich für Zirkon halten möchte, wurden als Einschlüsse im Muskovit vereinzelt gefunden. Um diese Körner wurden pleochroitische Höfe beobachtet. In einigen ganz ver- einzelten Fällen wurden Fibrolithaggregate angetroffen. Auf den Schieferungsflächen tritt Pyrit, manchmal in Form feiner Über- züge, auf. Im Anschlusse an die gneisartigen Gesteine aus dem Jawornitzer Tale seien hier die gleichen Funde aus dem Dorfe Habrovä (nördlich Reichenau) angeführt. Wo die Weißenberger Schichten in Habrovä auf der östlichen Lehne hinreichend weit zurücktreten, um den kristallinen Untergrund erscheinen zu lassen, überall finden wir den Phyllitgneis wieder). Auch das in. Rede stehende Vorkommen vom östlichen Gehänge des Kn&änatales in Habrovä (am westlichen Talgehänge wurde es nur vis-&-vis der Mündung des Rehberggrabens angetroffen) wird von manchen vielleicht ohne weiteres als Gneis statt als Phyllitgneis aufgefaßt werden. Als wesentliche Gemengteile kann man schon mit freiem Auge Quarz, Feldspat und dunklen sowie hellen Glimmer erkennen. Das Mikroskop enthüllt ziemlich viel Feldspat. Die schiefrige Struktur macht an manchen Stellen einer schuppigen bis körnigen Platz. Hie und da sind jedoch auch hier die Glimmer in Form feiner dünner Häute vorhanden. Die Struktur wird dann flaserig und das Korn im allgemeinen bedeutend kleiner. 5. Phyllitische Gesteine. Unter diesem Namen fassen wir die Phyllite, respektive phyllit- ähnlichen Gesteine des Rehberggrabens, des oberen Kn&ina- und Albatales und die Vorkommen am nördlichen Blattrande zusammen. Wie schon bemerkt, nähern sich die oben Seite 601 bis 603 beschriebenen Schiefer habituell den Gneisen (Glimmerschiefern) und können vielleicht auch mit diesen identifiziert werden. Im Gegensatze dazu tragen die nachstehend zu erörternden schiefrigen Gesteine einen rein phyllitischen Habitus zur Schau, obschon jedoch auch diese lokal etwas gneisartig werden können. Im Kartenbilde wurde im Gegensatze zur Beschreibung die Trennung deshalb nicht vorgenommen, weil die Grenzlinie manchen Ortes nach Ansicht des Autors subjektiv hätte ausfallen müssen. Um jeder Deutung bezüglich des Alters obiger „Phyllit- gneise“ und dieser „Phyllite* im voraus schon hier den Boden zu entziehen, bemerke ich ausdrücklich, daß ich diese Namen nur deshalb !) Besonders schön hinter dem Wirtshause „Emaus“. 604 Dr. Karl Hinterlechner. [10] gewählt babe, um das Äußere der Gesteine zu charakterisieren. Die Altersfrage will ich mit dieser Namenswahl nicht angeschnitten wissen. Unser Aufnahmsgebiet ist dafür zu klein! In vielen Fällen erscheinen unsere Phyllite dünnblättrig und eben- flächig, oft sind sie jedoch auch deutlich „phyllitisch“ gefältelt. Auf dem Hauptbruche verraten sie einen seidenartigen Glanz, schimmern slimmerähnlich oder lassen den Glimmer auch schon mit freiem Auge erkennen. Der erwähnte Glanz kann eventuell auch nur schlecht zur Ausbildung gelangt sein. Gänzliches Fehlen wurde ebenfalls beobachtet. Die Farbe ist zumeist grau, dunkelgrau bis schwarz und graubraun, sie kann jedoch auch grünlichgrau. oder schmutziggelblich werden. Durch Zersetzungsprozesse wird sie Tot. Die erwähnte rote Farbe der Phyllite rührt von dem lokalen reichlichen Eisengehalte her. So wurden bei der Kirche in Lukawitz und auf den von da gegen Osten führenden Feldwegen rote Schiefer angetroffen, die im Wesen nur aus Quarz, Feldspat und roten Eisen- erzen bestehen. Diese Bildungen wäre ich geneigt hypothetisch als eisenschüssige Phyllite zu deuten. Bei Kote 455, ostsüdöstlich Wirtshaus Slavönka, ging in dem dortigen eisenschüssigen Quarzit (oder vielleicht Quarzphyllit) seiner- zeit sicher der Bergbau herum. Auf den Schieferungs- und Kluftflächen wurden reichlicher Limonit (Hämatit) und einmal auch winzig kleine schwarze Kristalle von (?) Eisenglanz beobachtet. Abgesehen von den angeführten Stellen wurden derlei rote Gebilde auch noch südwestlich Neudorf und bei Roudne an der nördlichen Blattgrenze angetroffen. Der matte Querbruch der Phyllite läßt entweder keinen Einblick in die Zusammensetzung des Gesteines zu oder er verrät nur Quarz und Feldspat. Der Glimmer wird, wie schon oben bemerkt, auf dem Hauptbruche in Form von Schüppchen oder feinen Häutchen an- getroffen. Die Korngröße der Bestandteile ist durchgehends geringer als in den Phyllitgneisen. Die mikroskopischen Studien lehren folgendes. In hervorragender Weise beteiligen sich an der Zusammensetzung des Gesteines Quarz, Muskovit (Serieit), ferner auch Biotit und chloritische Sub- stanzen. Feldspat scheint im allgemeinen nicht nur nicht zu fehlen, sondern tritt in nicht vereinzelten Fällen sogar ziemlich reich- lich auf. In variablen Mengen wurden kohlige Elemente und Rutil beobachtet. Die Begrenzung obiger Bestandteile ist stets unregelmäßig. Das gleiche kann manchmal von ihrer Verteilung im Gesteine selbst bemerkt werden. Relativ mächtigere Lagen ohne alle farbigen Bestandteile wech- seln ab mit solchen, die auch letztere führen. | Neben dem Muskovit und dem grünlichen Chlorit tritt brauner Biotit auf. Derselbe muß sehr häufig geradezu als wesentlicher Bestandteil aufgefaßt werden. Wie die beiden erstgenannten Elemente, so bildet auch dieser bald kurze Leistchen, bald unregelmäßige Lappen. Zwischen den farblosen Elementen tritt der Biotit in Form von Häuten oder im Schliffe von braunen Strängen auf. [11] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 605 Das Mineral hat nur einen kleinen Achsenwinkel. Hochkristallin entwickelte Biotitphyllite bilden das Bindeglied der eigentlichen Phyllite mit dem Phyllitgneis des Jawornitzer!) Tales. Der Feldspat verrät sich am häufigsten durch die Zersetzungs- prozesse, denen er anheimfällt. Diese erleichtern zumindest die Unter- scheidung gegenüber dem Quarze, von dem nichts besonderes anzuführen ist. Polysynthetische Lamellierung wurde nur ganz ausnahmsweise beob- achtet; selbst einfache Zwillinge sind selten. Zumeist fehlt jede Zwillingsbildung. Fraglicher Magnetit und (auf dem Hauptbruche) Pyrit sind neben kohligen Substanzen selten fehlende Bestandteile. Letztere können so sehr überhandnehmen, daß man esmit Graphitschiefern zu tun bekommt. Derartige Funde wurden vornehmlich im Rehberg- graben gemacht. Sowohl am Fuße des „Mlynärüv kopec“ als wie auch auf dem gegenüberliegenden Ufer fand ich westlich bis nordwestlich von VochosS und östlich von der Häusergruppe „zu Habrovä“ im Tale Spuren bergmännischer Tätigkeit, die auf Versuchsbaue auf Graphit hinwiesen. Das bezügliche Gestein von diesen Lokalitäten ist schön phyllitisch gefältelt, grauschwarz gefärbt, erdigmatt oder auch fast metallisch glänzend und färbt zum Teile ab. Mit der Lupe erkennt man zahlreiche, jedoch winzig kleine Pyritkriställchen. Durch Verwitterung derselben bilden sich Limonithäute und, wie es scheint, (?) Eisenvitriol- UÜberzüge. Daher stammen die unregelmäßig schmutziggelben Flecke des Gesteines. Unter dem Mikroskope verrät sich in den Gesteins- partien mit dem größten Gehalte an kohligen Bestandteilen abgesehen von diesen noch Quarz und etwas weniges von Glimmer und Chlorit. Selbst in den günstigsten Fällen ist der hohe Quarzgehalt ein Hindernis für die technische Gewinnung des Graphites. 6. Grünschiefer. Unter diesem Namen sollen alle hornblendereichen Gesteine zusammengefaßt werden. Ausgeschlossen sind, was schon aus der Über- schrift erhellt, selbstverständlich die Amphibolgranite. Schon H. Wolf?) konstatierte in unserem Gebiete „grüne Schiefer“. In seiner bezüglichen Arbeit findet sich auch folgende Analyse des „grünen Schiefers aus dem V&elnywalde östlich von Reichenau“. !) Durch die Existenz derartiger Gebilde wird, abweichend von der Beyrich- En Auffassung, auch das Vereinfachen des Kartenbildes gerechtfertigt er- scheinen. ?) Bericht über die geologische Aufnahme im östlichen Böhmen. Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1864, pag. 479. 606 Dr. Karl ‚Hinterlechner. [12] Prozente Kieselsäure.,.r u... Zr BL Tonerde iii. Er mob ARE 148 Eisenoxydul’ 2 a sspme 13:2 Kalk. REN er 9:6 Magnesia 2:7 War 6°5 Glühverlust — . ma 2:6 1004 Spezifisches Gewicht... . . 2:19 Die Farbe unserer Grünschiefer ist im allgemeinen graugrün bis dunkelschwärzlichgrün. Braune Farben werden durch die Verwitterung erzeugt. Durch eine lagenweise Verteilung der Hornblende und eventuell des Epidotminerals kann eine Bänderung hervorgerufen werden. Es bilden sich hellere und dunklere Streifen. Zumeist sind die Grün- schiefer deutlich schiefrig (dünnschiefrig) struiert; hie und da sind sie phyllitisch gefältelt und dann seidenglänzend (Lesesteine nord- östlich von der Kreide in Lukawitz). Außerdem werden sie dick- schiefrig und lokal fast körnig, wie zum Beispiel südlich Mezdrit im Rehberggraben und bei Kote 545 auf der Anhöhe ostsüdöstlich von der Rosahütte im Albatale. Mit Rücksicht auf die Größe der Gemengteile können »diese Gesteine dem unbewaffneten Auge dicht, fast dicht oder feinkörnig erscheinen. Je nach der lokalen Ausbildung kann man daher auf diesem Wege entweder kein Mineral sicher erkennen oder nur Hornblende, und schließlich auch Quarz und Feldspat. Das letztere ist besonders bei den körnigeren Varietäten der Fall. In einigen wenigen Fällen wurde auch (sehr wenig) Biotit mit freiem Auge erkannt. Der Bruch der Grünschiefer ist in frischem Zustande splitterig. In der eingangs zitierten Arbeit H. Wolfs heißt es pag. 481: „An dem Jawornitzer Bache im Vtelnywald in der Nähe der Häuser Drbalov fanden sich am rechtseitigen Gehänge des Tales Trümmer eines (solchen) Konglomerats, bestehend aus grüner körniger Grund- masse, in welcher einzelne deutlich abgerollte Quarzkörner bis zur Erbsengröße eingeschlossen sind.“ Daraus leitete Wolf den sedimentären Ursprung seiner „grünen Schiefer“ ab. Ich muß leider gestehen, weder okiges noch ein anderweitiges derartiges makroskopisch wahrnehmbares Phänomen beobachtet zu haben. | Als wesentliche Gemengteile unserer Grünschiefer erweisen sich unter dem Mikroskop: Hornblende, Quarz und Feldspat, lokal ist viel Chlorit beobachtet worden; reichlich ist mitunter Epidot und Calcit vorhanden; sonst sind noch anzutreffen: Magnetit, Ilmenit, Titanit, Leukoxen, Zoisit, Biotit und Limonit. Die Struktur ist unter dem Mikroskope mit einzelnen Aus- nahmen deutlich schiefrig. Die Hornblendenadeln lagern sich mit [13] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 607 ihrer vertikalen Achse parallel oder nahezu parallel zueinander. Bei strenger Einordnung des genannten Minerals in die Schieferungsebene können auch die übrigen Gemengteile nicht anders in den Verband eintreten. Nimmt jedoch die Hornblende mehr Körnerform an, wie dies vornehmlich in den makroskopisch körnigen Varietäten und in gewissen amphibolitartigen Abarten unserer Grünschiefer der Fall ist, so kann der schiefrige Charakter der Struktur für das mikroskopische Bild mehr oder weniger (auch ganz) verloren gehen. In dieser Hinsicht können wir dann folgende drei Fälle unterscheiden. Die Struktur ist wie makroskopisch so auch unter dem Mikroskope fast rein körnig, das heißt, alle Elemente sind unregelmäßig körnig begrenzt. Im zweiten Falle können die wesentlichen Gemengteile (Hornblende, Feldspat und Quarz) zwar in kristallographischer Beziehung auch unregelmäßig begrenzt sein, die Elemente zeigen jedoch hier nur geradlinige Konturen. Es bildet sich da eine Art Pflasterstruktur aus. Die dritte Strukturmodifikation kann man endlich wie folgt charakterisieren. Die Hornblende liegt in Form von Nadeln von verschiedener, zumeist jedoch mäßiger Breite vor. Ihre Anordnung ist eine vollständig unregelmäßige. Manchmal „verfilzen* sich die Nadeln förmlich. Den zwischen ihnen freibleibenden Raum füllen die übrigen Bestandteile aus. In dem Falle scheint mir nun folgendes beachtenswert. Mit Fuess’ Okular 2, Obj. 4, sehen wir zwischen den Hornblendenadeln unregelmäßige weißgraue Felder. In parallel polarisiertem Lichte erscheinen die Felder einheit- lich, die Lichtbrechungsverhältnisse sind also in den einzelnen Feldern an allen Stellen gleich oder scheinen zumindest gleich zu sein. Bei gekreuzten Nikols zerfällt dagegen jedes derartige Feld in eine Anzahl kleinerer. Studiert man nun diese Gebilde mit Fuess’ Okular 2, Obj. 9, bei gekreuzten Nikols an den dünnsten Schliffstellen, so erkennt man, daß man es mit Aggregaten zu tun hat, in denen die einzelnen Elemente nicht oder verschieden scharf voneinandergeschieden sind. In Rede stehende Aggregate scheinen zumindest aus zweierlei Elementen zu bestehen. Das eine sieht fast wasserhell, das andere wie bestaubt aus. Ich vermute, daß das erstere Quarz, das letztere Feldspat ist; dieser scheint zu herrschen. Die geschilderten Aggregate durchtränken förmlich den Schliff. Sie dürften also zumindest ähnlich, wenn nicht gleich sein den „Grund- aggregaten*, die A. Pelikan!) beschrieb. Die Hornblende zeist fast ausnahmsweise lange, dünne, nadel- und säulchenartige Formen. Körner wurden daran nur untergeordnet beobachtet. Die Nadeln und Säulchen endigen unregelmäßig; häufig zerfasern sie sich in noch feinere (dünnere) Gebilde. Größere Gebilde werden auch deutlich ausgewalzt und sehen infolgedessen wie geschwänzt aus. Quergliederung der Nadeln war auch zu beobachten. Die Farbe des Amphibolminerals war nie braun; in der Regel ist sie grün, sie kann jedoch im Schliffe auch hellgrün, gelblichgrün bis sehr licht (fast farblos) werden. Neben diesen Nuancen kann man ‘) Über die mährisch-schlesische Schalsteinformation. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. 107. Bd. 1898. Wien. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1904, 54. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hinterlechner.) 78 608 Dr. Karl Hinterlechner. [14] auch die für den Karinthin besonders bezeichnende blaugrüne Farbe des der Längsrichtung zunächst schwingenden Strahles beob- achten. Die überwiegende Mehrzahl der Hornblendedurchschnitte zeigt nur schwachen bis kaum merkbaren Pleochroismus. Solche wurden für Aktinolith gehalten. Da die Hornblende der einzige oder wenigstens der bei weitem vorwiegende gefärbte Gemengteil des Ge- steines ist, kann man unsere Grünschiefer auch als Bornblende- srünschiefer bezeichnen. Als nie fehlende farblose wesentliche Gemengteile wurden Quarz und Feldspat erkannt. Wo sie aus gleich frischen Substanzen bestehen, sind sie sicher nur durch Tinktion voneinander zu trennen. Die Zwillingslamellierung und besonders die Umwandlungsprozesse, denen die Feldspate anheimfallen, helfen zum Glück häufig darüber hinweg. Eine Art „Grundaggregat“ wurde unter dem Mikroskope in den Gesteinsproben nördlich Kote 583 westlich Klein-Aufim, am rechten Gehänge des Albatales beobachtet. Der Feldspat zeigt nur ganz ausnahmsweise größere Durch- schnitte. Diese sind übrigens durch die zahlreichen sekundären Bildungen vollkommen getrübt und für eine optische Bestimmung durchaus un- geeignet. Polysynthetisch verzwillingte Individuen verraten mit Bezug auf die Zwillingsgrenze nur kleine Auslöschungsschiefen. Letztere lassen die Vermutung zu, es seien recht saure Glieder vorgelegen. Als sekundäre Bildungen wurden zumeist Kaolin und ein heller Glimmer (Serieit) beobachtet. Zu diesen tritt jedoch sehr häufig noch ein, respektive noch zwei Minerale hinzu. Man unterscheidet nämlich Schnitte sekundärer Minerale mit verschiedener Stärke der Doppelbrechung. Die stark doppelbrechenden wurden für Epidot, die schwach doppel- brechenden für (?) Zoisit gehalten. Ganz zersetzte größere Feldspate erscheinen unter dem Mikroskope manchmal von den Hornblendenadeln wie umflossen, das heißt umsäumt. In solchen Fällen hat man es mit förmlichen mikro- skopischen Augen zu tun. Aus dem Plagioklas entstehen durch Zer- setzung außer den schon angeführten Mineralien noch Carbonate und Quarz. Für Magnetit wurden die winzigen, schwarzen Körnchen eines Erzes gehalten. Ihre Anordnung war manchmal eine streifen-, ketten-, beziehungsweise schnurartige. Am Ausgange des Rehbergrabens, südlich von der Häusergruppe „zu Habrovä“, wurde namentlich in den etwas gröberkörnigen Ab- arten, die gleichzeitig etwas weniger deutlich schiefrig struiert waren, Ilmenit, beziehungsweise 7% O,-haltiger Magnetit angetroffen. Die Ausbildung war dieselbe, wie sie vom Maenetit bekannt ist. Im Gegen- satze zu diesem wiesen jedoch die Schnitte im Schliffe im reflektierten Lichte einen weißen Saum von Leukoxen auf, der als Zersetzungs- produkt eines Ilmenits zu deuten sein dürfte. Häufig ist er als Ein- schluß in den grünen Hornblendekörnern beobachtet worden. Der Ilmenit tritt jedoch auch außerhalb derselben auf. In Gesellschaft des Ilmenits wurde stets auch ein auffallend großer Gehalt des Titanits gefunden. [115] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 609 Titanit. Unregelmäßige kleine Körner und Mineraldurchschnitte von spitzrhombischer Form (Briefkuvertform) verrieten eine ausnahms- weise hohe Licht- und starke Doppelbrechung. Auf Grund dieser Eigentümlichkeit wurden sie für Titanit gehalten. Zwillinge, in denen die Zwillingsgrenze die rhombischen Querschnitte halbiert, waren selten. Stellenweise waren die Schliffe wie mit „Insekteneiern“ übersät; es waren dies Anhäufungen winziger, länglicher oder rundlicher Titanite. Ab und zu wurde in vereinzelten Proben in Spuren ein brauner Glimmer — Biotit — vorgefunden. Calcit verriet sich sowohl bei der mikroskopischen Untersuchung als auch bei der Behandlung mit verdünnter kalter Salzsäure (durch das Brausen). Seine Menge war eine wechselnde, häufig fehlte er ganz. Die Eingliederung in das Gestein war eine lagenweise; er kann es jedoch auch förmlich durchtränken. Dabei wird er zum herrschenden oder zumindest vorwiegenden farblosen Bestandteile. Im Umrisse linsenförmige Quarzaggregate mit Epidotbildungen in der Randzone führen Caleit als unregelmäßig begrenzte Kerne. (Diese Quarz-Oaleit- Epidot-Aggregate haben zum Teile wenigstens den Anschein einer aus- sewalzten Substanz. Die Linsen liegen in der Schieferungsfläche, verfließen ineinander oder sind voneinander völlig abgeschnürt. Der Epidot ist bald lagenweise, bald ganz unregelmäßig ver- teilt angetroffen worden. Er ist fast völlig farblos oder verrät eine nur sehr blaßgrünliche Färbung. Die Doppelbrechung ist sehr kräftig. Manche Epidote scheinen dagegen auch schwache Doppelbrechung aufzuweisen. Deriei Durchschnitte waren fast ganz farblos. Ein kurz leistenförmiger Schnitt mit unregelmäßiger Endigung verriet sich am Rande schwach, in einer mittleren Zone dagegen stark doppelbrechend. Parallel zu dieser und zur Längsrichtung des kurzen Säulchens war ein System zwar weniger, jedoch ziemlich scharfer Spaltrisse, quer dazu verliefen unregelmäßige Sprünge. Parallel zu diesen Sprüngen, also 1 zur Längsrichtung lag die Achsenebene. Viel Epidot findet man in manchem breccienartig zerklüfteten Materiale (Albatal). Limonit ist das Zersetzungsprodukt der Eisenerze. Manchmal bildet er Uberzüge auf Kluft- und Schieferungsflächen. Er kann auch in Gesellschaft des Chlorits das ganze Gestein imprägnieren. In einem Falle wurde im Jawornitzer Tale bei B&ölidlo der Versuch gemacht, das Eisenerz zu gewinnen. Das Material ist dort (am linken Ufer) sehr stark zersetzt und schmutzigbraun gefärbt. Manche Ab- arten sind auch braungrau und schwarz gebändert. Die Mächtigkeit der Bänder beträgt häufig nur Bruchteile eines Millimeters. Neben dem Erze wurde viel tonige Substanz beobachtet. Beim Anhauchen riecht das Gestein ganz wie ein Ton. Ein oder mehrere farblose Bestandteile bilden winzige Körnchen. Der Chlorit wurde in sehr wechselnden Mengen vorgefunden. In zahlreichen Schliffen wurde er gar nicht konstatiert. Dem Chlorit kann sowohl in den körnigen als wie auch in den schiefrigen Varietäten die Rolle eines sekundären reichlich vorhandenen Gemengteiles zufallen. Das genannte Mineral ist unregelmäßig begrenzt, ist fast farb- los oder zeigt eine blaßgrüne Färbung. Deshalb ist es bei geringer 78* 610 Dr. Karl Hinterlechner. [16] Korngröße einfach unmöglich, dasselbe in jedem Falle von der farb- losen oder blaßgrünen Hornblende zu trennen. Von dieser ist er häufig nur durch seine geringe Doppelbrechung zu unterscheiden. Aus diesem Grunde dürfte man annehmen, daß der Chlorit häufiger auftritt, als dies zu sein scheint. Lagerungsverhältnisse. Die Lagerungsverhältnisse wurden bereits im ersten Abschnitte der vorliegenden Arbeit vorübergehend berührt. Hier folge das Ergänzende. Im westlichen Teile des Jawornitzer Tales fallen die kristal- linen Schiefer unter einem Winkel von 50—70° gegen Nordwest ein; sie streichen also von Nordost gegen Südwest. Beim Sv. Ivan, also ungefähr in der Mitte des Bachlaufes (in unserem Terrain), fallen die Schiefer nördlich unter einem Winkel von zirka 70° ein. Streichen Ost—West. Am Blattrande dagegen finden wir ein Streichen in h 7—9 mit nordöstlichem Einfallen unter einem Winkel von abermals bei- läufig 70°. Rehbergraben. Die Angaben bezüglich des Streichens und Fallens der kristallinen Schiefer bleiben hier fast dieselben wie für das Jawornitzer Tal. Nur beobachtete ich am Kartenrande ein ost- westliches Streichen mit nördlichem Einfallen. Winkel 70°. Kneäznatal. Im Dorfe Lukawitz ist das Streichen wieder nordöstlich bis südwestlich, das Einfallen ist nordwestlich. Winkel 60%. Schon bei Kote 389 treffen wir jedoch auf ostwestliches Streichen bei nördlichem Verflächen unter einem Winkel von zirka 30°; südlich Benätek streichen die Schiefer nordnordöstlich und fallen in west- licher Richtung ein. Alle bisher angeführten Streichungsänderungen vollziehen sich langsam und nie sprungweise. Ganz anders ist es damit im Albatale bestellt. Von SW gegen NÖ fortschreitend, sehen wir die Schiefer südwestlich Skuhrov nordöstlich— südwestlich streichen und am rechten Ufer nordwestlich, am linken südöstlich einfallen. Winkel 60—70°. Dasselbe gilt für die Gegend in und unmittelbar nordwestlich Skuhrov mit einer einzigen Ausnahme nördlich von der Brücke (nordwestlich Skuhrov), wo die Phyllite am rechten Ufer einmal nordwestliches, und einmal südöstliches Einfallen aufweisen. Auch bei der Rosahütte sehen wir die Grünschiefer am rechten Ufer gegen Nordwest, am linken gegen Süd, beziehungsweise Südost sich verflächen bei gleichbleibender nordöstlicher, beziehungsweise südwestlicher Streichungsrichtung. Der Fallwinkel betrug am rechten Ufer über 70°, am linken dagegen kaum 40°. Wo der Albabach .ober der Rosahütte die erste scharfe Biegung macht, ist das Streichen noch immer nordöstlich bis südwest- lich; das Fallen südöstlich. Winkel 80° und darüber. In der äußersten Nordostecke unseres Kartenblattes sehen wir Streichen und Fallen sehr rasch sich ändern. Die Schichten stehen bald seiger, bald fallen sie nordwestlich, nordöstlich oder südwestlich unter verschiedenen, [117] Beiträge zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse Ostböhmens. 611 60° zumeist überschreitenden Winkeln ein. Analog ändert sich auch die Streichrichtung. Ich vermute, wir befinden uns hier im Bereiche von Störungs- linien. In die Verhältnisse auf unserem Gebiete in der alleräußersten nordöstlichen Ecke kann jedoch erst die Aufnahme der Nachbarblätter Licht bringen. Unser bezügliches Gebiet ist dafür zu klein. Möglicher- ‘weise fällt sogar das ganze Albatal (in unserem Gebiete!) mit einer Dislokationslinie zusammen. Nördlich Beranec, Svinna, Viska und Roudne streichen die Schiefer mehr oder weniger nordsüdlich und fallen gegen West ein. Bezüglich der Lagerungsverhältnisse am Granitit von Studänka konnte ich keine Daten sammeln. Betrefis des Granitits von Lukawitz— Benätek möge dagegen folgendes Aufnahme finden. Nordwestlich von der Lukawitzer Kirche wurde’ auf einem der dortigen Feldwege ein nordöstliches Streichen und nordwestliches Einfallen beobachtet. Ein gleichsinniges Streichen und Fallen wurde nahe am Blattrande im KnöäZnatale südlich Benätek vorgefunden. Östlich Debree dagegen streichen die Grünschiefer ostwestlich und fallen nördlich ein. Bei Kote 455 ostsüdöstlich vomWirtshause Slavenka sehen wir schließlich das dortige Schiefergestein nordwestlich streichen und südwestlich einfallen. Daraus folgt, daß auch in der Umgebung des in Rede stehenden Granitits die Lagerung nicht ganz den Ver- hältnissen entspricht und deshalb vielleicht auf lokale Störungen schließen ließe. Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, daß die Längsachse der länglichen Granititausscheidung von Lukawitz— Benätek mit der Richtung des Albatales ganz auffallend parallel verläuft. In welchem Altersverhältnisse Granitite, Grünschiefer und Phyllite zueinander stehen, darüber geben unsere Beobachtungen keinen Auf- schluß. Auf dem kristallinen Untergrunde liegen, wie schon anderen Ortes bemerkt, fragliches Perm und Kreidebildungen. Letztere sicher diskordant. 612 Dr. Karl Hinterlechner. Einleitung, Umgrenzung des Arbeitsgebietes . . ..... 1. Amphibolgranit von Studänka (Bründlibad) bei Reichenau 2. Amphibolgranitit von Lukawitz—Benätek. ...... a ELT e Re... Murat. 4. Phyllitgneis aus dem Jawornitzer Tale. . ... . 2 5. Phyllitische Gesteine . ..... ER Gelerünsähseter.. . TURM. bagerangsverhältausse . . .. .. N. As AN er Inhalt. [18] Su japan ir DET ER a ET a Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, III., Erdbergstraße 3. Taf. Xl. Über Perthitfeldspäte aus kristallinischen Schiefergesteinen. Erklärung zu Tafel XI. Fig. 1. Mikroperthit aus Granulitgneis von Reith bei Melk. Schnitt 1 c. Geradlinige Albitlamellen in der Fläche (801) und größere Spindel von Oligoklas- albit parallel der Hauptachse. Vergrößerung: 80. (Siehe Seite 422.) Fig. 2. Mikropertbit aus Granulit von Milikau bei Tscherna (Mähren). Schnitt 1 c. Umbiegen der Albitlamellen aus der Richtung (801) in die Richtung der Hauptachse. Vergrößerung: 102. (Siehe Seite 424.) Fig. 3. Pegmatitartige Durchwachsung von Plagioklas und Orthoklas aus fibrolitbreichen Lagen im Plagioklasgneis von Pielach bei Melk. Hochstellung des Tubus; Plagioklas hell gerändert. Vergrößerung: 32. (Siehe Seite 425.) Fig. 4. Spindeln von Oligoklasalbit im Kryptoperthit aus Granulit von Unter-Borry (Mähren). In der Nähe der enger gedrängten Reihe von Spindeln befindet sich eine Zone von reinem Kalifeldspat mit anderem optischen Verhalten als der umgebende Kryptoperthit. Gekreuzte Nikols. Vergrößerung: 96. (Siehe Seite 423.) Fig. 5. Antiperthite aus pyroxenführendem Granulitgneis von Kadoletz bei Krzischanau (Mähren). Tiefstellung des Tubus; die Orthoklasspindeln erscheinen hell gerändert. Vergrößerung: 35. (Siehe Seite 426.) Dr. F. E: Suess: Perthitfeldspäte. Tafel Xp. Prof. Dr. Becke phot. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. S g g yS Tafel XI. Verbreitungsgebiet der Prominaschichten. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1904. 54. Bd., 3. u. 4. Hft. 79 Erklärung zu Tafel XII. Durch eine vertikale und eine horizontale Linie ist die Übersichtskarte in vier Sektionen geteilt. Die NW-Sektion entspricht dem Spezialkartenblatte Novigrad—Benkovac, die SW-Sektion dem Blatte Zaravecchia—Stretto, die SO-Sektion dem westlichen Teile des Blattes Kistanje— Drnis, die NO- Sektion dem westlichen Teile des Blattes Knin. Lediglich die beiden westlichen Sektionen wurden von mir selbst auf- genommen, die SO-Sektion nach dem von Dr. v. Kerner aufgenommenen und veröffentlichten Blatte Kistanje—Drnis entworfen, die vermutete Grenzlinie zwischen Kreide und Tertiär im Bereiche der NO-Sektion nach der Übersichtskarte von G. Stache eingetragen. Der Maßstab der vorliegenden Übersichtskarte erforderte naturgemäß mehr- fach ein Weglassen, beziehungsweise Zusammenziehen kleinerer Ausscheidungen, besonders in der Südhälfte der Karte. Auf Blatt Benkovac (NO-Sektion) wurden mehr Details zum Ausdrucke gebracht, und zwar so viel, als mir zum Verständnis der vorstehenden Ausführungen nötig schienen. Der Kosinakalk wurde durch Verdickung der betreffenden Grenzlinien zum Ausdruck gebracht. Das Quartär wurde nur dort ausgeschieden, wo stärkere mit Quartär erfüllte Einbruchsgebiete vorliegen oder wo unter der Quartärhülle der Verlauf der Grenzlinien der Schichten nicht mit genügender Sicherheit festgestellt werden konnte. + bedeatet Brunnen. — oL bedeutet Lokva (Tümpe!). Taf XL. Jerbreitungsgebiet der Irominaschichten/ z Z von % 77 IF RI. SCHUBERT. Halsstab 1:250.000 nı_ — Adarusinkar‘.. t Hedi Hreidekall u Dolomit rg Kosirakalk (Wıtereozän) > N ] Mitteleozäne Kalke Aloeolinen n. Zauptntoiwnnlitenkaby Mitteleuzäne Mergel n. Jandsteine I Zitnottamnienkalk, (@bereozüner Nummulitenkali) Shmsnamergelu. Honglomeratbereozin -Oligezav) BE dnarter /Diluviuw w.Alluooon,) vermutete benzkiuev Fa ny Falkkeiclen ASwoboda gez LitluAnstv. Tl.Baunwarth Wien. Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt.Band LIV.1904. Verla der kk6eologischen ReichsanstaltWienll.Rasumoffskygasse 23 . | DAN Aue! ’ Tafel XIV. Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. 7% Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. m Se a Ben 14. 15 und 16. Te re a Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Dinotherium Erklärung bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum bavaricum buvaricum bavaricum v. Meyer. v. Meyer. = . Meyer. Meyer SERIES IELZSESIIS Ss . Meyer. H; v. Aceratherium tetradactylum Lart. von außen und innen. . Meyer. . Meyer. Meyer. . Meyer. . Meyer. Meyer. . Meyer. . Meyer. Meyer. zu Tafel XIV. P, des linken Oberkiefers. P, des rechten Oberkiefers. M, des rechten Oberkiefers. M, des linken Oberkiefers. M, des rechten Oberkiefers. M, des linken Öberkiefers. M, des rechten Oberkiefers. M, des linken Öberkiefers. P, des rechten Unterkiefers. P, des rechten Unterkiefers. P, des linken Unterkiefers. M, des rechten Unterkiefers. M, des rechten Unterkiefers. M, des rechten Unterkiefers. M, des linken Unterkiefers Alle Originale sind in natürlicher Größe photographiert. Sämtliche Originale befinden sich im Besitze des Prof. A. Zdarsky in Leoben. A. Hofmann und A. Zdarsky: Säugetierfauna von Leoben. Tafel XIV Autor phot, Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoflskygasse 23. erfauna von Leoben. 4 - ag zur Säuget Fig. Fig. Erklärung zu Tafel XV. 1. Dinotherium bavaricum H. v. Meyer. Stoßzahn des linken Unterkiefers. Zirka in halber natürlicher Größe. 2-—4. Hyotherium Soemmeringi H.v. Meyer. M, + M, + M, des linken Unter- kiefers von außen, oben und innen. g. 5. Hyotherium Soemmeringi H. v. Meyer. Milchzahn des linken Unterkiefers von außen. 6 und 7. Hyotherium Soemmeringi H. v. Meyer. M, des rechten Unterkiefers von oben und außen. . 8 und 9. Hyotherium Soemmeringi H.v. Meyer. M, des rechten Unterkiefers von oben und außen. ig. 10 und 11. Hyaemoschus erassus Lart. M, und M, des linken Unterkiefers von außen und von oben. . 12 und 13. Hyaemoschus sp. M, und M, des rechten Oberkiefers von oben und von außen. . 14. Hyaemoschus sp. P, des rechten Oberkiefers von oben und von außen. . 15—17. Hyaemoschus Guntianus H.v. Meyer. P,+ M, + M, des linken Unter- kiefers von innen von außen und von oben. . 18. Antilope eristata Biederm. M, + M, + M, des linken Unterkiefers. . 19 und 20. Antilope cristata Biederm. M, des linken Unterkiefers von außen und von oben. Mit Ausnahme der Figur 1 sind alle Originale in natürlicher Größe photographiert. Sämtliche Originale befinden sich im Besitze des Prof. A. Zdarsky in Leoben. A. Hofmann und A. Zdarsky: Säugetierfauna von Leoben. Tafel XV. Aut. phot, Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 23. R Paihldu a RE, ram tal EN N RE er ra Anh Met ae Are Ren Or ue 7 SERIE \ ba y Ei ehe are neh rd ED re nal ATi 3772 uli) ra jet { j#) Ep Fu, Ka a "21 B ‚rfauna von L | Aoıh we Ariel rinnJ} f MEET NY R y Ve, ey N “ mat, wiurer duhie) 5 e Fig. Erklärung zu Tafel XVI. 1. Antilope eristata Biederm. Gaumenansicht. Fig. ia Schädelfragment, links der Hornzapfen. . 2 und 3. Antilope cristata Biederm. P, + P, des rechten Oberkiefers von oben und von außen. . 4 und 5. Antilope cristata Biederm. P, des rechten Oberkiefers von oben und von außen. .6 und 7 Antilope cristata Biederm. M,-- M, des rechten Oberkiefers von oben und von außen 8 und 9. Antilope ceristata Biederm Erster rechtseitiger Inzisiv von innen und von außen. o. 10. Antilope eristata Biederm. Linkseitiger Unterkiefer. . 11. Antilope eristata Biederm. Rechtseitiger Unterkiefer mit , + P,+PR,+M.. . 12—14. Antilope ceristata Biederm. P, links unten von außen, von oben und von innen. . 15-17. Antilope ceristata Biederm. P, links unten von außen, von oben und von innen. . 18—20. Antilope cristata Biederm. P, links unten von außen, von oben und von innen. . 21 und 22. Antilope cristata Biederm. Proximaler Teil des rechten Femur von vorn; Fig. 22 von hinten. . 23—25. Antilope cristata Biederm. Distaler Teil der Tibia. Fig. 23 von vorn, Fig. 24 von hinten, Fig. 25 von den Gelenkflächen aus. . 26. Antilope cristata Biederm. Distaler Teil einer Tibia (links) von vorn; der untere Teil von kleinen Nagern stark abgewetzt. Alle Originale sind in natürlicher Größe photographiert. Sämtliche Originale befinden sich im Besitze des Prof. A. Zdarsky in Leoben. A. Hofmann und A. Zdarsky: Säugetierfauna von Leoben. Tafel XVT. Autor phot, Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt Bd. LIV, 1904. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 23. en halt. 3. und 4. Heft. Die Neokombildungen bei Kaltenleutgeben. ‘Von P..Steph. Rieharz, 8. V.D. , Mit einer Jithographierten Tafel (Nr,. IX) und zwei _Zinko- | typien un Text al rag BES SIT RE BEE 343.) Kritische Besprechung einiger im Veflauf& der letzten Jahre erschienenen Arbeiten tiber Fucoiden. Von Th&odor Fuchs. Mit einer. Lieht- Arscktateh (NER N a RR 850: Das ‚Grundgebirge im ‘Kartenblatte al Pllten. Von Dr. Franz E. Sness | Mit wwer Zrulotypien im Merk N U TR 389.) Über Perthitfeldspäte aus kristallinisehen Schiefergesteinen. Von Dr. Franz | E. Suess,' Mit 'einer en ra (Nr. XI) und fünf Ziukotypien AB ORL SR TR RR LEE ET N a 0 Ve ER 417 | Geologisch-petrographische Mikteshullken kus dem Gebiete des Kartenblattes Böhm.-Leipa und Dauba, Zone 8, Kel.'XT- der. österr, Spezialkarte. | Von H.-V. Gräber in Böhm.-Leips. Mit drei Zinkatypien im Text.v431 Das Verhreitungsgebiet der Prominäschithten im Kartenblatte Novigrad.— | | Seite Benkovae (Norddalmatien). Von R. J. Schubert. Mit einer geo- logischen Übersichtskarte (Tafel Nr! X). „ .. 2. 2... 0... 461 Zur neuesten Literatur über das Deldisch.Achlennöhe Grenzgebiet. ‚Von Dr. W. Petrascheck, Mit zwei Zinkoötypien im Text ı... ... 51l Die kristallinen Alpen ‘des. Ultentäles, IT: Das Gebirge sördlich der Falt-. > schaner, :Von Dr. W. Hafumer. Mit einer Tafel (Nr. XIII) und 13 Zinkotypien im Text. Beitrag zur Siugetierfauna von Leüben. VonA.HofmannundA.Zdars ky- Mit: drei. Lichtdrucktafeln (Nr. XIV-XVI) we 577 Beiträge zur Kenntnis. der geologischen Verhältnisse Östböhmens. 1. Teil. Das kristallinische ‚Gebiet bei Reichenau a. d, Kn., Blatt Reichenau— Tyniät, Zone 5, Kol. XIV. Vön Dr, Kärl Hinterlechner . .'. 5% NB. Die Autoren allein sind für‘ den Inhalt‘ und die Form | ihrer Aufsätze verantwortlich. An har UM ae a un Hl a A hen Gesellachnfiä-Knekäinkenei Brüder Hollinek, ‚Wien, Im. Erdbergstraße 8: a A te ee v nn je‘ Sa . a - A Rn - N, n; FR ty ee Ei) ei EEE A en ne Ar ® Wh de a a ae a S 2 2 AN“ 7 iz Feen na BD 5 “. wi a " RATE Fe ee > ö) o > L u > oO > [= je) u 1) an II | | 3 1853 Dates Ye rt et Ben ab an - he u en. te . we, uttngen, r ee * ni ’. e + + fi ” oo — —— Ping en, um a re et Ep. ee