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KAISERLICH-KÖNIGLICHEN

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LXIV. BAND 1914.

Mit 40 Tafeln. & Pe a e 3

Wien, 1915.

Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt.

In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, I. Gräben 31.

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"Die Autoren allein sind für den Inhalt.

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Inhalt.

Seite Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (Ende Dezember 1915). . V Korrespondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt 1915 . ....... VII

1. und 2. Heft.

K. C. von Loesch: Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. Mit 3 Tafeln (Nr. I—III), einem Schollenkärtehen und 4 Illustrationen RE NO Er ar NEE Dr. K. A. Weithofer: Über Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. . . . . 99 Dr. Richard Schubert: Pavonitina styriaca, eine neue Foraminifere aus dem mittelsteirischen Schlier. Mit einer Tafel (Nr. IV) ..... a Dr. Georg Gillitzer: Geologie des Südgebietes des BeiBeabeeen Konlerle reviers im Kg]. bayr. ärar. Reservatfeld. Mit einer geologischen Über- sichtskarte (Taf. Nr, V) und 4 Profilen (Taf. Nr. VI-VIID.. ee 0) Max Bamberger und Karl Krüse: Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. (VI. Mitteilung). Aus dem Laboratorium für anorganische Chemie an der k. k. Technischen Hochschule in Wien und aus dem chemischen Laboratorium der k. k. Lehrerbildungsanstalt in

Innsbruck. Mit einer Textillustration . . . . 189 Ernst Nowak: Geologische Untersuchungen im Südflügel Er mittelböhäktech&n

Silur. Mit 1 Tafel (Nr. VII) und 11 Textfiguren ..... re Richard Beck in Freiberg: Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Bölken.

Mit 5 Tafeln (Nr. IX— XIII) und 15 Textfiguren. ... . . 269 Dr. Otto Ampferer: Über den Bau der westlichen Lechtaler En Mit einer

Tafel (Nr. XIV) und 4 Textfiguren . . . . 30 Prof. Dr. Rudolf Zuber: Beiträge zur Geologie des Pihjäb (Ostiodien)” Mit

3 Tafeln (Nr. XV— XVII) und 19 Textfiguren . . . . 827 Kustos F. Siebenrock, Wien: Testudo kalksburgensis Toula aus dern alkha,

gebirge. Mit einer Tafel (Nr. XVII) ..... . 857

Erwin Kittl: Geologisch - petrographische Studien im ee Eö: he masse (Rottenmanner Tauern). Mit Benützung der Aufnahmen von Ernst

Kittl (7). Mit einer Kartenskizze (Tatel Nr. XIX). . ... . . .:.863 3. Heft. Eberhard Fugger: Das Tennengebirge. Mit einer Tafel (Nr. XX) und 5 Illu- strationen im Text . .. . 369

Wilhelm Hammer: Das Gebiet der Biindserschiefer im mölischen Oberinnlı Mit 31 Figuren im Text, einer Übersichtstabelle (Tafel Nr. XXI) und RR TE RER ee ee ee

IV 4. Heft. N

Bruno Sander: Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteins- gefüge. (Erste und zweite Folge, November 1914) Mit 12 Tafeln (Nr. XXVU-XXZVID SE far 5 BASE

Franz Toula: Über den marinen Tegel von en an der March (Deveny- Ujfalu in Ungarn) und seine Mikrofauna. Mit einer Textfigur und einer

Tafel (Nr. XXZIR) .. ; 2 a AA ER er Ra E. Stolley in Braunschweig: Über einige Brachyuren aus der Trias und dem Dogger der Alpen. Mit einer Tafel (Nr. XL) . .. . 22.2 2.020.676

Verzeichnis der Tafeln:

Tafel Seite

I—Ill zu: K. C. von Loesch: Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge . . . De - 1

IV zu: Dr. Richard Schubert: Benanlin ac eine neue Foraminifere aus dem mittelsteirischen Schlier. . . 143

v—VIl zu: Dr. Georg Gillitzer: Geologie des Südgebietes des

Peißenberger Kohlenreviers im Kegel. er ärar. Reservatfeld‘ .. s.,%2: . 149

VII zu: Ernst Nowak: Ge Enteruhnngen im Süd flügel des mittelböhmischen Silur. . . . . 215

IX— XII zu: Richard Beck: Die Zinnerzlagerstätten von Geaupen in: Böhmen 7 a a OR

XIV zu: Dr. Otto Ampferer: Über den Bau der westlichen LeechtalersAlpen. a IE ©.%. . A a

AV—XVIl zu: Prof. Dr. Rudolf Zuber: Beiträge zur Gevlogie des Punjab (Ostindien) mr. ... 3 . 327

XVIl zu: F. Siebenrock: Testudo hngenais, Toula ans "den Leithagebirge . . . . 307

XIX zu: Erwin Kittl: Beoei eraphische Stindien im Gebiete der Bösensteinmasse (Rottenmanner Tauern) 363 xXX zu: Eberhard Fugger: Das Tennengebirge . . . . . 369

XXI—XXVI zu: Wilhelm Hammer: Das Gebiet der Dindefersahieier im tirolischen Oberinntal. . . . . . 443

XXVI—-XXXVII zu: Bruno Sander: Beiträge aus den Zentrelpen zur Deutung der Gesteinsgefüge eu: © . 567

XXXIX zu: Franz Toula: Über deu marinen Tegel von Neudorf:

an der March (Deveny-Ujfalu) in Ungarn und seine Mikrofauna . ... . 635

XL zu: E. Stolley: Über er Brachguan aus de N a

dem Dogger der Alpen. . . me SEE

Personalstand

der

k. k. geologischen Reichsanstalt. (Ende Dezember 1915.)

Direktor:

Tietze Emil, Phil. Dr., Ritter des österr. kaiserl. Ordens der Eisernen Krone III. Kl., k. k. Hofrat, Ehrenpräsident und Inhaber der Hauermedaille der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien, III. Hauptstraße Nr. 6.

Vizedirektor: Vacek Michael, k. k. Hofrat, III. Erdbergerlände Nr. 4.

Chefgeologen:

Geyer Georg, Ritter des kais. österr. Franz Josef-Ordens, k. k. Re- gierungsrat, korr. Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften, III. Hörnesgasse Nr. 9.

Bukowski Gejza v. Stolzenburg, III. Hansalgasse Nr. 3.

Rosiwal August, a. o. Professor an der k. k. Technischen Hochschule, UI. Kolonitzplatz Nr. 8.

Dreger Julius, Phil. Dr., k. k. Bergrat, Mitglied der Kommission für die Abhaltung der ersten Staatsprüfung für das landwirtschaft- liche, forstwirtschaftliche und kulturteehnische Studium an der k.k. Hochschule für Bodenkultur, Ehrenbürger der Stadt Leipnik und der Gemeinde Mösel, III. Ungargasse Nr. 71.

Ober-Bibliothekar:

Matosch Anton, Phil. Dr., kais. Rat, Besitzer der kais. ottomanischen Medaille für Kunst und Gewerbe, III. Geusaugasse Nr. 35.

Vorstand des chemischen Laboratoriums: Eichleiter Friedrich, kais. Rat, III. Kollergasse Nr. 18.

VI

Geologen:

Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., k. k. Bergrat, korr. Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, III. Keil- gasse Nr. 15.

Hinterlechner Karl, Phil. Dr., XVIIL Klostergasse Nr. 37.

Hammer Wilhelm, Phil. Dr., XIII. Waidhausenstraße Nr. 16.

Adjunkten: Waagen Lukas, Phil. Dr., Besitzer des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone, III. Sophienbrückengasse Nr. 10. Ampferer Otto, Phil. Dr., II. Schüttelstraße Nr. 77. Petrascheck Wilhelm, Phil. Dr., XVIII. Scherffenbergstraße 3. Ohnesorge Theodor, Phil. Dr., k. k. Landsturmleutnant, Besitzer des Sienum laudis (derzeit eingerückt zur militärischen Dienst- - leistung), III. Hörnesgasse Nr. 24. . Beck Heinrich, Phil. Dr. (z. M. eingerückt), III. Erdbergstraße Nr. 35. Vetters Hermann, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. montanistischen Hochschule in Leoben, k. k. Landsturmingenieur (z. M. eingerückt), V. Stollberggasse Nr. 11.

Assistenten:

Hackl Oskar, Techn. Dr., IV. Schelleingasse 8.

Götzinger Gustav, Phil. Dr., Preßbaum bei Wien.

Sander Bruno, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. Universität in Wien, 1. Valeriestraßbe Nr. 44.

Praktikanten: Spitz Albrecht, Phil. Dr. (z. M. eingerückt). Spengler Erich, Phil. Dr., Privatdozent an der k. k. Universität in Graz (z. M. eingerückt), III. Marxergasse 39.

Für das Museum: Zelifzko Johann, Amtsassistent, III. Löwengasse Nr. 37.

Für die Kartensammlung: Zeichner:

Lauf Oskar, I. Johannesgasse 8. Skala Guido, III. Hauptstraße Nr. 81. Huber Franz (z. M. eingerückt), VIII. .Hamerlingplatz 3.

v1 Für die Kanzlei: Unbesetzt.

Kanzleioffiziantin: Girardi Margarete, III. Geologengasse Nr. 1.

Diener: Amtsdiener:

Palme Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 23,

Ulbing Johann, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes, II. Rasumofskygasse Nr. 23,

Wallner Mathias, k. k. Offiziersstellvertreter, Besitzer der kleinen Silbernen Tapferkeitsmedaille (z. M. eingerückt), II. Rasumofskygasse Nr. 25.

Präparator: Spatny Franz, III. Rasumofskygasse Nr. 25.

Laborant: Felix Johann, III. Lechnerstraße 13.

Amtsdienergehilfe für das Museum: Kreyeda Alois, III. Erd- bergstraße 33.

Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: Bartl Anton (z. M. eingerückt).

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Korrespondenten

der

k. k. geologischen Reichsanstalt. (Ende Dezember 1915.)

Aus Anlaß seines siebzigsten Geburtstages am 20. Dezember 1915

wurde Herrn Hofrat Dr. Franz Toula dessen Diplom als Korre-

spondent der k. k. geologischen Reichsanstalt vom Jalıre 1869 erneuert.

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| hi Ausgegeben Mitte August 1914.

JAHRBUCH.

KAISERLICH-KÖNIGLICHEN

GEOORSCHEN EICHSANSTALT

JAHRGANG 1914. LXIV. BAND.

1. und 2. Helft.

Wien, 1914. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt.

In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung

l. Graben 31.

Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger- Gebirge. Von K. C. von Loesch.

Mit 3 Tafeln (Nr. I—lII), einem Schollenkärtchen und 4 Illustrationen im Text.

I. Einleitung.

A. Begrenzung des Gebietes.

Die Arbeit beschränkt sich in der Hauptsache auf die Darstellung des Wetterstein- und Miemingergebirges und ihrer Vorberge. Doch wurden das westliche Karwendelgebirge, ferner die im Westen und Norden anstoßenden Gebiete, soweit sie zum Schollenbau Beziehungen haben, mitbesprochen.

Es wurde absichtlich vermieden, über die beiden letzteren Theorien aufzustellen, da für sie hinreichende Grundlagen noch fehlen. Eine geologische Karte des Gebietes der Bichelbacher Mulde ist zwar im Blatt Zirl-Nassereith veröffentlicht worden, doch steht eine Be- schreibung noch aus. Das Kramergebiet!) ist seit 1894 nicht mehr bearbeitet worden, über das des Krottenkopfes liegt seit Gümbels Zeit nur ein Profil im Rothpletzschen Querschnitt (13) vor.

B. Ziele der Arbeit.

Das Ziel dieses Versuches ist, genauere Vorstellungen von der Natur der tektonischen Vorgänge zu gewinnen und sie chronologisch ?) einzuordnen.

Dazu war es unumgänglich notwendig, die Gebirgsmassen in größere und kleinere Einheiten zu trennen. Eine solche Einheit, für

!) Nachdem diese Arbeit im wesentlichen vollendet und ihre Ergebnisse in einem Vortrage (4. März 1913) veröffentlicht waren, begann Herr cand. geol. Otto Wolf die Neuaufnahme des Kramers und nach W angrenzenden Gebiete.

Im gleichen Sommer 1913 fing Herr Dr. J. Knauer die Aufnahme des zwischen Loisach, seiner Herzogstand—Heimgarten-Karte (16) und der Reisschen Karte gelegenen Gebirges an.

Mit Herrn Otto Wolf undin Gesellschaft von Herrn Dr. OttoSchlagintweit besuchte der Verfasser das Arbeitsgebiet des erstgenannten. Mit Rücksicht auf dessen bevorstehende Publikation hat sich der Verfasser eine größere Beschränkung in der Außerung über das Kramergebiet auferlegt, als sie ursprünglich vorgesehen war. Vgl. die Bemerkungen zur Profiltafel pag. 29.

2) Es handelt sich vorerst um eine nur relative Chronologie. Vgl. pag. 5 ff.

Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64, Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 1

2 K. C. von Loesch. [2]

die die neutrale Bezeichnung Scholle gewählt wurde, hat ein bestimmtes, ihr eigentümliches Schicksal erlitten: während in frühen Faltungs- zeiten das ganze Gebirge einem Prozeß mehr oder weniger einheitlich unterworfen war, erlitten nach Eintritt der Schubphasen die Einzel- schollen abweichende Geschicke, wirkten in unserem Gebiete zunächst aktiv (Hammer) und wurden zum Teil später passiv (Ambos). Durch die Gemeinsamkeit der Schicksale wurden Bruchstücke ver- schiedener Herkunft unter Umständen zu einer tektonischen Einheit: zu einer Scholle.

Der Herkunft dieser Schollen wird nachgeforscht, die gegenseitige „Wertigkeit“ in tektonischem Sinne erwogen, die Schubbewegungen werden auf ihre Richtung und ihre Natur (primär, sekundär, aus Schub entstehende Faltung) geprüft.

Die Verhältnisse bringen es mit sich, daß die Untersuchungen über die zeitlich am kürzesten zurückliegende Schubphase fast den gesamten Raum einnehmen. Unsere Vorstellungen von den Vorgängen vor der Schubphase sind heute noch recht unbestimmt; mit dem Fort- schritte der Untersuchungen über die Schubphase, die vor allem nottun, werden sie von selbst Gestalt annehmen.

Diese Untersuchungen sind erst dann als erfolgreich anzusehen, wenn es gelungen sein wird, alle Schubvorgänge über weite Gebiete ohne innere Widersprüche chronologisch einzuordnen.

Die Arbeit schließt mit einem solchen Versuch für unser ver- hältnismäßig kleines Arbeitsgebiet ab: er muß noch primitiv sein, da natürlich nur die gerade hier deutliche Spuren hinterlassenden_ Vor- gänge erfaßt werden konnten und bedarf des Ausbaues und der Über- prüfung durch die Verfolgung der hier gewonnenen Richtlinien zunächst in die Nachbargebiete, wobei sich für das Wetterstein- und Mieminger- gebirge zahlreiche neue Gesichtspunkte wiederum ergeben dürften.

Es darf nicht der Zweck einer tektonischen Untersuchung sein, etwas „beweisen“ zu wollen; mit Recht ist man Arbeiten gegenüber mißtrauisch, die zum Beweis einer Theorie unternommen zu sein scheinen. Diese sind dann auch zumeist geringwertiger als die, an welche ein unbefangener Verfasser heranging: der nicht das Endurteil schon mitgebracht und nur die Mühe hat, sich und andere davon zu über- zeugen, daß im untersuchten Gebiete keine seiner vorausgesetzten, ihm vielleicht ganz anderswo bewiesenen Theorie entgegengesetzten Tatsachen vorhanden sind.

Ein Verfasser hat zunächst alle kombinationsfähigen Momente auf ihre Erheblichkeit kritisch zu prüfen: nach Erlangung eines voll- kommenen Überblicks wird aus der Versenkung in die Materie erst der Aufbau einer wertvollen Lokalarbeitshypothese möglich sein.

Ist sie gewonnen, so beginnen die größten Schwierigkeiten vielleicht erst jetzt mit der Darstellung. Denn es ist unmöglich, den Werdegang der Hypothese, die anfangs beständig sich wandelnden Ideen, die sich allmählich um einen ruhenden Punkt, den Angel- punkt, kristallisierten, wiederzugeben: eine so angelegte Arbeit wäre unlesbar.

[3] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 3

Vielmehr muß er wenn auch im einzelnen viele verschiedene Methoden der Darstellung möglich sind stets als Endziel die Moti- vierung seiner Ergebnisse im Auge haben.

Von Fall zu Fall wird er die Kombinations- und Erklärungs- möglichkeiten, die sich bieten, vortragen, abwägen und seine Ent- scheidung rechtfertigen. Die Beobachtungen, die er für seine Auffassung anführt, mag man als „Beweise“ bezeichnen.

Sie nehmen oft einen größeren Raum ein, als dem Verfasser wünschenswert erscheinen mag, besonders wenn schon eine reichlich vorliegende Literatur polemische Verbreiterung erheischt.

II. Allsemeiner Teil.

A. Voraussetzungen und ‚„Boeweisführung“.

Bisweilen ist es schon nicht leicht, der Beweisführung über die Tektonik eines Gebietes zu folgen, dessen Morphologie und Schicht- verteilung man, vielleicht durch Exkursionen [mit einer geologischen Spezialkarte] kennt.

Handelt es sich aber um noch nicht besuchte Gebiete, so wird das Folgen schwerer, selbst wenn ein besonders günstiger Fall genügend Muße zum Studium der unerläßlichen Spezialkarte, die noch dazu unparteiisch sein muß, zu Gebote steht.

Doch sind diese beiden Hindernisse zweifellos überwindbar.

Schlechter steht es mit der Beweiskraft der Argumentierung selbst. Mathematische „Beweise“ wird niemand in geologischen Arbeiten erwarten.

Es kann sich vielmehr nur um Wahrscheinlichkeitsurteile handeln, wobei die Wahrscheinlichkeit irgendeines Nachweises dem Leser um so zwingender erscheinen wird, je mehr die Prämissen des Ver- fassers sich mit den seinen decken. Je mehr Deutungen von Tatsachen- komplexen (vielleicht aus anderen Gegenden) von beiden anerkannt werden und vorausgesetzt gesetzt werden können, umso mehr Ver- ständigungs- und damit Beweismittel stehen zu Gebote.

Darum ist es verhältnismäßig leicht, einem Kreise von Gleich- erfahrungsreichen und damit Gleichvoraussetzenden, ja ein ähnliches Resultat Erwartenden etwas zu „beweisen“: ein Ziel, mit dem nur Bescheidene sich begnügen.

Dieser Kreis wird weiter oder enger sein, je nachdem die Voraussetzungen des Verfassers sich mit denen der größeren oder kleineren Gruppen decken, in die die Alpengeologen nach ihren so entgegengesetzten Anschauungen sich einteilen lassen.

Weil mancher Verfasser zunächst keine gleichvorbereitete Leserschaft finden konnte, verhallten manch treffliche Arbeiten zunächst fast völlig; sie wurden nicht immer, wie so oft behauptet wird, aus Voreingenommenheit totgeschwiegen, sondern begegneten nur einem verständlichen Unverständnis und die so oft erlebte glänzende Auf- erstehung, die manche Werke feierten, mußte mit dem Augenblick

1*

4 K. C. von Loesch. [4]

eintreten, in dem die Leserschaft in die vorauseilenden Voraussetzungen des Verfassers hineingewachsen war.

Hierfür gibt es Beweise in jedem Zweige der Naturwissenschaften.

Wie für jene grundlegenden Arbeiten, so gilt das im kleinen für alpentektonische Spezialuntersuchungen.

Wem ist es nicht schon so ergangen, daß er einer Beweisführung zu folgen suchte und beim besten Willen das Beweisende nicht perzipieren konnte ? Es fehlte an den Voraussetzungen, die dem Verfasser so selbstverständlich waren, daß er nicht auf den Gedanken kam, sie seinen Ausführungen voranzustellen. Beabsichtigt man aber eine solche Vorauseinandersetzung, so ist die Auswahl aus der Materie eine neue Schwierigkeit, mit der man sich so gut als möglich abfinden muß. Daß man bei solcher Gelegenheit dem einen oder anderen Selbstver- ständliches sagt, ist ein geringes Übel; jeder Leser kann ja über- schlagen.

Zur Natur der „Beweise“ selbst. Einzelbetrachtete Beobachtungs- tatsachen sind meist vieldeutig; örtlich kann eine vielleicht näher- liegende Deutung den Vorzug verdienen, die in Ansehung eines größeren Komplexes unhaltbar wird. So entsteht aus dem Bedürfnis, vermeid- baren Irrtümern aus dem Wege zu gehen, der Wunsch, immer größere Gebiete zu überblicken, was vorderhand mangels guter Detailauf- nahmen vieler Gegenden noch unmöglich ist.

Dieser Beschränkung wegen sich von tektonischen Untersuchungen der schon gutbekannten Gebirgsstöcke abhalten zu lassen, sie etwa auf die Zeit nach der Vollendung der Gesamtalpenaufnahme zu verschieben und auf diese alle Kraft zu konzentrieren, wäre verkehrt.

Denn eine kritische Untersuchung der gut durchforschten Gruppen auf ihren Bau und ihre Entstehung so ist der Begriff „tektonische“ Untersuchung aufzu- fassen ist für das Weiterschreiten geologischer Untersuchungen und die Ver- feinerung ihrer Methoden unbedingt erforderlich.

Zudem wird nach Vollendung der Alpenaufnahme das Bedürfnis nach Her- aushebung der den einzelnen Gebirgsgruppen eigentümlichen Erscheinungen noch immer bestehen.

Für gewisse Beobachtungen (wie zum Beispiel für die Richtung eines Schubes) gibt es eine Anzahl positiver Beweismittel, von denen dem einzelnen (wie zum Beispiel den Rutschflächen, den Schubstreifen, dem Neigungswinkel und der Neigungsrichtung der angenommenen Schubfläche) allein noch keine Überzeugungskraft innewohnt. Sie werden erst durch den Nachweis wirksam, daß sie alle oder mehrere von ihnen gleichzeitig beobachtet wurden, daß sie sich nicht wider- sprechen und daß sie mehr als lokale Bedeutung haben.

In einem Gebiete können zum Beispiel viele Lokalüberschiebungen, jedesmal von verhältnismäßig großem Ausmaße, beobachtet werden und doch kann die Frage berechtigt sein, ob sie nicht als Neben- erscheinungen unwesentlich sind und ob die Haupthorizontalbewegung sich nicht anders als in Form von einer flach deckenförmigen Über- schiebung, wie man sie sich leicht nach Analogie der obigen Lokal- erscheinungen vorstellen könnte, vollzogen hat?

[5] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 5

Solche Fragen von grundlegender Wichtigkeit entziehen sich meist einer exakten Beantwortung: je peinlicher der Untersucher vorgeht, um so schwerer gelangt er zu einer Entscheidung, um so öfter wird er sich mit einer negativen Außerung begnügen müssen.

Noch schlechter steht es mit den Beweisen, die auf gewisse Voraussetzungen und solchen, die auf Ergebnisse anderer Abschnitte der Arbeit aufgebaut sind.

Während im letzteren Falle das Versagen auch nur eines Gliedes in einer langen Kette logischer Schlußfolgerungen ein scheinbar fest- gefügtes Gerüst von gedanklicher Arbeit zu erschüttern vermag, bewegt man sich beim Beweise durch Voraussetzungen in einem eirculus viciosus.

Teilt man zum Beispiel ein Gebiet nach Bezirken unterschied- lichen Schichtenreichtums in gegensätzliche Einheiten, so dürfte streng genommen nicht in Zweifelsfällen aus der vorausgesetzten Einteilung für irgend etwas, wie zum Beispiel für Schübe Beweiskraft hergeleitet werden.

In der Praxis dürfte das kaum immer zu umgehen sein und in der Tat ist der Fehler geringer als oben dargestellt.

Die Zurechnung zu einer Einheit soll ja selbst, wenn sie viel- leicht bei der Darstellung vorausgesetzt wird, auch das Resultat der gedanklichen Gesamtarbeit sein, die kein entgegenstehendes Argument ergeben und jede weitere Einteilungsmöglichkeit erwogen und verworfen hat, was dann im Laufe der Deduktion nachgewiesen werden muß.

Das, was sich aber der Darstellung entzieht, weil es allzuweit abführt und nur angedeutet werden kann, sind Beziehungen, die feinen Fäden gleich zwischen fast allen Teilen eines noch so kompliziert gebauten Gebirges gefunden werden können. Da finden sich Analozien, Wiederholungen, abweichende und gleichsinnige Lösungen der ähnlichen Probleme, die ohne für die Erkenntnis des Gebirgsbaues gerade aus- schlaggebend zu sein, vielleicht der beste Prüfstein des Wertes der sefundenen Bauformel sind.

B. Die Faltungen vor der Schubphase.

(Grundsätzliche Erwägungen.)

In Übereinstimmung mit Reis, Ampfererund Schlagintweit wird angenommen, daß die Schubphase ein bereits gefaltetes Gebirge erfaßte.

Die primären Falten streichen longitudinal und sind scheinbar lokal verschieden kräftig: nie sind sie, wenn nicht nachweislich jüngere Kräfte tätig waren, sehr eng, ja manchen Ortes, wie im Puitental und in der Hohen Kranzberg-Scholle recht flach.

Die Faltung muß nachneokomisch sein: das zeigt die Mitfaltung des Neokoms, sonst bietet unser engeres Gebiet keine Anhaltspunkte für die absolute Altersbestimmung.

Ampferer unterscheidet in den benachbarten Lechtaler Alpen analog den Beobachtungen in anderen Alpengegenden vor der Schubphase zwei Faltungen, auf die Meereseinbrüche erfolgten, welche marine Sedimente hinterließen:

6 K. C. von Loesch. [6]

die präcenomane mit geringerer Faltung,

die prägosauische mit kräftigerem Faltenwurf.

Die der letzteren folgende Überflutung hinterließ die Gosauablagerungen des Muttekopfes innerhalb der Fortsetzung unserer Mieminger Scholle; die der ersteren folgende cenomane Kreideschiefer, die von den in Inseln zerlegten Frontteilen der gleichen Schubmasse noch überschoben werden.

Hieraus folgt, daß sowohl die präcenomane als auch wahrscheinlich die prägosauische Faltung und die gosauische Sedimentationsperiode der Schubphase vorangingen.

Die Annahme eines weittragenden Ostschubes der Mieminger Scholle (= Ampferers Inntaldecke) in nachgosauischer Zeit würde das Vorkommen der Grauwackengerölle in der Muttekopfgosau ungezwungen erklären. Die heute etwa 100 km betragende Entfernung bis zum nächsten Anstehen von Grauwacken wäre ganz oder zum Teil das Resultat des Ostschubes?).

Es scheint nach Sachlage keineswegs ausgeschlossen, -daß auch in unseren Gebieten zwei Faltungen vor der Schubphase stattgefunden haben: zur Zeit ist es aber noch unmöglich, sie nachzuweisen, ja selbst von der Konfiguration der damals geschaffenen Gebirge ein auch nur einigermaßen anschauliches Bild zu entwerfen.

Denn die Schubphase mit ihren gewaltigen Veränderungen hat die vorherbestehenden Züge stark verundeutlicht.

Heute sieht man Reste einer westlichen Urscholle mit Haupt- dolomit an den Rändern und Jura im W, Neokom noch im O im Kern unter und neben den Schollen der östlichen Triasurschubmasse liegen, deren Basis im Frontteil des Nordflügels aus Muschelkalk, Partnachschichten und Wettersteinkalk besteht.

Dieser Nordflügel enthält im Kern westlich der Isar noch Haupt- dolomit, östlich derselben scheinbar dieselbe junge Serie wie die west- liche Urscholle; im Leitersteiggewölbe sind noch zum Teil ältere Schichten als an der westlichen Schubfront entblößt (Reichenhaller Schichten).

Der Südflügel dagegen zeigt?) an den westlichen Frontteilen Hauptdolomit, später erst (gegen O) stellt sich ältere Trias ein; cha- rakteristisch 3) scheint: für ihn das Fehlen aller jüngeren Schichten als Hauptdolomit (mit Ausnahme der transgredierenden Muttekopfgosau) zu sein.

Hieraus ergibt sich, daB eine bedeutende Erosionsdiskordanz vorliegt, die auf eine lange dauernde Abtragungsphase vor Eintritt der Schübe schließen läßt.

Betrachtet man nur den Schichtreichtum der Mulden und sieht man vom Schichtbestand der Schollen, für den die Abscherungs- (die Abhubs)fläche noch wichtiger ist, ab.) —, so scheint der gegen O

') Vgl. 0. Ampferer, Über die Gosau des Muttekopfes. Jahrb. R.-A. 1912, 62, Bd., 2. Heft. Diese Lösung ist einfacher als die entsprechenden nappistischen Erklärungsversuche.

*) Ich hoffe, Ampferer, auf dessen Angaben ich mich stütze, nicht miß- verstanden zu haben.

®) Ampferer, l. c. pag. 303.

*) Bis nicht die Beschreibung und die Karten [Ampferers] von den Lech- taler Alpen vorliegen, muß die Diskussion der an den unterschiedlichen Schicht- reichtum der westlichen Frontteile der Einzelschollen sich anknüpfenden Fragen zurückgestellt werden.

[7] Der Schollenbau im. Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 7

zunehmende Schichtreichtum mit der Tendenz von W nach O abzu- sinken!) ursächlich verknüpft.

Diese scheint vor der Schubphase schon vorhanden gewesen zu sein und bei Eintritt, des O—W-Druckes den Ausgleich der Spannung durch westgerichtete Überschiebungen erleichtert zu haben : ostgerichtete, die theoretisch durch den gleichen Druck gleich leicht hätten entstehen können, fehlen in den nördlichen Kalkalpen fast immer).

Es wäre ein Zirkelschluß und hieße die allgemeine Bedeutung dieses Phänomens verkennen, wenn man das Absinken nur als die Folge der Ostschübe ansehen wollte.

Die Faltungsphasen scheinen also durch Vertikalsprünge [vor der Schubphase noch] gefolgt worden zu sein, zu deren Ostseite eine Hebung, zu deren westlicher eine Senkung der Mulden erfolste. Dagegen kann die heutige Transversaiverteilung von Gruppen ge- ringeren Schichtreichtums im S (und im äußersten N) und größeren nördlich von ihnen (Mesozoikum sowohl in der westlichen Urscholle als auch im Nordflügel der Urtriasschubmasse) erst eine Folge der Bewegungen der Schubphase gewesen sein.

Das Wiedereinstellen von Neokomschichten im östlichen Kern des Nordflügels ist hochbedeutsam und wird sicher einmal ein gutes Hilfsmittel zur Wiederherstellung des Faltenverlaufes vor den Schubphasen abgeben.

Das sollte bei der von vielen Seiten so beliebten Aufstellung großzügiger nappistischer Einheiten zur Vorsicht mahnen, zumal der sroße Unterschied im Schichtbestande zwischen westlicher Urtrias- kreidemulde und Nordflügel der Triasschollenmasse nur am Westrande des Wettersteingebirges und teilweise am Nordrand sehr groß ist, der zum Teil?) mit den gewaltigen Erhebungen durch die Östschübe und die stark verarmende Wirkung der Erosion nach der Schubphase erklärt werden kann.

Ampferers Zurechnung der Wettersteinscholle zur „Lechtaldecke“ trägt dieser Erwägung Rechnung und es besteht zweifellos eine gewisse Gemeinschaft zwischen beiden, besonders wenn man das noch nicht hinreichend durchforschte nördliche Vorland von dem westlichen und der Jurakreidemulde trennt. Die Prä- judizierung durch den vorgreifenden Gebrauch des vieldeutigen Ausdruckes „Decke“ erschwert die Verständigung ungebührlich: der Deckenbegriff ist so dehnbar, daß jeder ihn scheinbar in einem etwas anderen Sinne anwendet; dabei ist er doch nicht plastisch genug, um den eigentümlichen Erscheinungen des bewegten Schollen- gebirges gerecht zu werden. Ich wende ihn nur dann an, wenn eine klare decken- förmige Überlagerung vorliegt, wie zum Beispiel in unserem Arbeitsgebiet in be- schränkter Ausdehnung am Westende des Wettersteingebirges und im Puitental.

Es steht keineswegs fest, wie sich die Schubmassen nach unten zu in größerer Entfernung von den Westenden verhalten und es müßte erst ein prägnanter Ausdruck

!) Es erübrigt, Beweise dafür, die so häufig sind, einzeln aufzuführen.

2) Anmerkung während der Korrektur. F. Broili nimmt in einer erst nach Abschluß des Manuskriptes erschienenen Arbeit (Neues Jahrbuch für Mineral. etc., Stuttgart 1914) an der Kampenwand in der bayrischen Voralpenzone eine west- gerichtete UÜberschiebung an.

°®) Zum anderen Teile durch Vertikalverschiebungen vor der Schubphase.

8 K. C. von Loesch. [8]

für ihr so wechselvolles Verhalten, das den raschen Übergängen von Arlagerung (steile Randspalte) und Überlagerung (Überschiebung) gerecht wird, gefunden werden.

Dazu fehlt aber noch die Vorbedingung, die genaue Erkenntnis dieser

Vorgänge.

Die Schubphase wird also, da die Gosauschichten noch mit- geschoben zu sein scheinen, wohl der dritten Bewegungsperiode, der tertiären, angehören.

Reis glaubt, daß wegen anfänglich noch größerer Hangend- belastung zuerst gefaltet wurde und daß nach der Erleichterung durch die Erosionsperiode Überschiebungen auftreten konnten und mußten.

Ich meine, wichtiger ist ein Wechsel in der Richtung des ein- tretenden Druckes: denn wäre der Druck gleichgerichtet geblieben, so hätten im Sinne von Reis wohl Uberschiebungen folgen müssen, aber nordgerichtete. Solche von Bedeutung sind aber (trotz der gegen- teiligen Behauptung von Schlagintweit) noch nie beobachtet worden.

Mir scheiut, als wäre der Druck in der zweiten gebirgsbildenden Phase senkrecht zur Richtung des Druckes desjenigen der ersten gerichtet gewesen und darum liegt die Rothpletzsche Erklärung näher, welche annimmt, daß dann erst UÜberschiebungen eintreten müssen, wenn ein neuer, senkrecht zum früheren Druck und gleich- gerichtet mit den durch jenen geschaffenen Längssätteln und Mulden eintretender Druck nicht mehr falten kann (Beispiel: Wellblech) und sich jetzt in Überschiebungen entspannen muß.

Ferner habe ich mit Reis an der Rothpletz’schen Auffassung festgehalten, daß wir uns in Mitte der in ihrer Gesamtheit nach W bewegten rhätischen Schubmasse befinden. Naturgemäß kann aus einem so zentral gelegenen Gebiete kein Argument für die Richtigkeit dieser Anschauung, die übrigens für die Erklärung der lokalen Erscheinungen des Wettersteingebietes von geringer Bedeutung ist, erwartet werden. Momente, die gegen diese Auffassung sprächen, wurden nicht beobachtet.

Nur in einem kann sie hier Bedeutung gewinnen. Die oben charakterisierten Urschollen erscheinen im Wettersteingebirge in einem schroffen Gegensatze: die westliche vorwiegend aus jungen Schichten stets leidend, über- und verschoben, die östliche Trias- urscholle schiebend. Letztere zerfällt in zahlreiche Einzelschollen mit eigenen Geschicke, die teils frühzeitig in eine leidende Stellung ge- drängt werden. Eine solche Teilung muß naturgemäß am [westlichen] Stirnrand stärker sein als in den östlichen Enden einer Hauptscholle ; immerhin entspringt es der Annahme einer rhätischen, ostwärts be- wegten Masse, auch in der westlichen [Lechtaldecke] einen Schollen- zerfall anzunehmen und vor allem in der Zone junger Schichten am südlichen Wettersteinugebirgsrand eine zurückgebliebene Scholle zu sehen. Hier muß ich mich mit dieser Andeutung begnügen.

Die Frage nach der Form der westlichen Grenzlinie der Trias- urscholle in der Zeit vor der Schubphase ist ziemlich gleichbedeutend mit der Frage nach dem Ausmaße der durch die einzelnen Schübe zurückgelegten Entfernungen. Sie ist heute noch keineswegs einwandfrei zu beantworten, aber von höchster Wichtigkeit.

[9] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 9

Schließlich sei die Aufmerksamkeit auf die Form der Unter- einheiten, in die die Urschollen zerfallen, gelenkt. Sie sind alle schmal in transversaler, lang in longitudinaler Richtung und ähneln im kleinen jener Inntaldecke Ampferers, die bei einer Erstreckung von 136 km vom Spuller See im W bis Münster im nur eine Durchschnittsbreite von etwa 10 km haben soll.

III. Literaturbesprechung-

A. Allgemeiner Rückblick.

Während alle noch älteren Arbeiten über unser Gebiet heute nur ein literarisches Interesse besitzen, bleibt die Karte der Gümbel- schen Generalaufnahme aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts für Gebietsteile, die bislang keine monographische Bearbeitung wieder erfahren haben, die einzige Quelle, aus der wir schöpfen können.

Das benachbarte Karwendelgebirge hat in neuerer Zeit zweimal von österreichischer Seite eine eingehende Bearbeitung erfahren !), während für den bayrischen Anteil die von Rothpletz und einigen Fachgenossen (1888) unternommene Kartierung die Grundlage ge- blieben ist.

In den Bereich unseres Gebietes fällt noch die 1895 erschienene Aufnahme Heimbachs in den Farchanter Alpen (Kramergebiet, 10). Ihre Karte (1:50.000) gewinnt dadurch an Bedeutung, daB Roth- pletz an einigen Begehungen teilgenommen hatte. Sie ist heute bis zu einem gewissen Grade veraltet.

Noch unter Gümbels Leitung begann die geognostische Abtei- lung des Oberbergamts in München 1893 eine umfangreiche Aufnahme des Wettersteingebirges im Maßstabe 1:25.000, deren Karte nach 18jähriger, freilich nicht ununterbrochener Arbeitszeit zur Veröffent- lichung gelangte (2). Ihr Titel nennt O. Reis und F. Pfaff als Ver- fasser. Da die uns hier interessierenden Teile der Arbeit fast aus- schließlich von Reis verfertigt sind, dürfen wir der Kürze wegen ihn schlechtweg als Autor nennen, zumal auch der I. Teil des be- gleitenden Textes von ihm ausschließlich herrührt.

Die Karte stellt ein Gebiet von beiläufig 320 km? geologisch koloriert dar und ist die Grundlage aller weiteren Arbeiten. Reis’ Sachlichkeit ist vorbildlich. Ihre schon von Ampferer?) gerühmte Zuverlässigkeit kann ich besonders im eigentlichen Wettersteingebiete °), das heißt den zwischen Isar, Leutascher Ache, Gaistal, Loisach und Kankerbach gelegenen Teilen auf Grund zahlreicher Begehungen vollauf bestätigen.

!) Ampferer und Hammer 1898 für das südliche Karwendelgebirge (11), Ampferer 1903 für das nördliche Karwendelgebirge (3).

2), 7,.Dag. 197.

®) In den angrenzenden Gebieten, die noch auf dem Kartenblatt zur Dar- stellung gelangten, fand ich einige Ungenauigkeiten. Vgl. pag. 28, 37, 39 und 41. Hier mußte sich Reis wohl auf ältere Aufnahmen stützen und mit kursorischen Begehungen begnügen.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 9

10 K. C. von Loesch. [10]

Sie ist um so höher einzuschätzen, als bei der Größe des Gebietes und seiner bedeutenden Höhenlage, wie Reis es mitteilt, nicht überall jene Reambulationen durchführbar waren, die nach völliger Fertig- stellung einer Aufnahme oft noch wünschenswert sind.

(Leider läßt die topographische Unterlage einiges zu wünschen übrig. Sie bietet nur Höhenkurven von 100 zu 100 m, während die entsprechenden Positionsblätter des gleichen Maßstabes, die für den bayrischen Anteil die Grundlage der Karte bildeten, Abstände der Niveaukurven von 10 m aufweisen. Diese Verarmung des Kartenbildes ist wohl darauf zurückzuführen, daß auch österreichische Gebietsteile in die Karte einbezogen wurden, in denen es an Zehner-Kurven mangelte. Vielleicht wäre es unter Verzicht auf eine Gleichartigkeit der Unterlage günstiger gewesen, alle Details des bayrischen Anteils in die Gesamtkarte zu übernehmen und im Österreichischen Gebiete, so gut es eben das grundlegende Kartenmaterial zuließ, sich zu be- helfen.

lange Dauer der Wettersteinaufnahme brachte es mit sich, daß Reis während ihrer die Entwicklung der verschiedenen modernen Ideen über Tektonik erleben konnte, Die uns heute scharf begrenzten Fragen nach der Chronologie, nach der Natur, auch nach Richtung der alpenbauenden Krustenbewegungen der Erde waren bei Beginn der Aufnahme noch keineswegs wenigstens nicht in einer vergleich- baren Form öffentlich gestellt. Reis trat also auch nicht, wie es heute vielfach geschieht, mit fertigen tektonischen Theorien an die Arbeit, sondern er durfte und mußte sich die seinen erst während der Wettersteinaufnahme und an ihr bilden, zugleich konnte er die in anderen Gegenden gewonnenen Theorien während ihrer prüfen. Das war sicherlich in vielen Beziehungen ein Vorzug, der, soviel Un- bequemlichkeiten er ihm auch mitbrachte, in der Qualität des Resultats und in der hohen Brauchbarkeit der Arbeit zum Ausdruck kommt.

Leiderist der begleitende Text bisher unvollständig, da nur Teill(1) erschienen ist; in ihm kündigt Reis an, daß er „eine Zusammen- stellung der gesammelten Faunen und eine größere Anzahl der vom Verfasser dieser Begleitworte (d. h. von ihm Verf.) aufgenommenen, für die Schichtfolge innerhalb der Formationen und für die Tektonik wichtigen Profile in einer eigenen Abhandlung als II. Teil der Er- läuterungen zur Wettersteinkarte zusammenstellen will“.

Also fehlt uns bis heute noch ein wichtiges Moment zur Er- kenntnis des Wettersteingebirgsbaues und der Anschauungen, die Reis über dessen Bau gewonnen hat.

Es ist vielleicht mehr wie ein glücklicher Zufall, daß die Landes- aufnahme des anderen Ostalpenstaates, die k. k. Geologische Reichs- anstalt in Wien, die Untersuchung der dem Wettersteingebirge be- nachbarten, jenseits der Grenze liegenden Alpenteile gleichzeitig unternahm. Sie betraute mit diesen Arbeiten O. Ampferer, der durch seine kurz vorher mit W. Hammer unternommene Aufnahme des südlichen Teiles des Karwendelgebirges (1898, 3) dazu prä- destiniert war.

as] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 11

[Diese schließt mit ihrer gleichfalls im Maßstab 1:50,000 gehaltenen geo- logischen Karte an die ältere bayrische (Rothpletzsche etc.) unmittelbar nach S an.]

Zunächst untersuchte Ampferer nunmehr für die Reichs- anstalt das nördliche Karwendelgebirge (4) und dessen östliche Anschlußgebiete von neuem, später das Seefelder- und das Mieminger- Gebiet (5), denen sich in neuerer Zeit die weiter westlich gelegenen Gebiete anschlossen.

Während der Begehung der zwischen dem Mieminger Zuge und der Landesgrenze (Kammhöhe im Südzuge des Wettersteingebirges), gelegenen Gebiete lag ihm die dort schon in der Hauptsache fertig- gestellte Reissche Manuskriptkarte vor.

Anderseits haben die südlich des Gaistals und von Scharnitz gelegenen Teile der Reisschen Karte eine auf Ampferers Auf- nahmen basierte Darstellung gefunden ein vorbildliches Zusammen- halten zweier Forscher und zweier Anstalten.

Kürzlich sind als Resultat dieser Aufnahmen drei Kartenblätter von der Reichsanstalt (27 bis 29) herausgegeben worden, die aber nur noch teilweise in dieser Arbeit verwertet werden konnten, da das Manuskript schon fast vollendet war.

Endlich hat Ampferer im Querschnitt (6) nur streifend, in seinen Gedanken über die Tektonik des Wettersteingebirges (7) aus- führlicher (diesmal in einer Kontroverse mit OÖ. Schlagintweit) seine neueren Anschauungen über den Bau unserer Gebirge niedergelegt.

Kurze Zeit nach dem Erscheinen der Reisschen Karte und unmittelbar nach dem des Ampfererschen Querschnitts (6) erschien OÖ. Schlagintweits „Die Mieminger - Wetterstein - Überschiebung“ (8, vgl. daselbst pag. 92), auf die er nach Ampferers herber Kritik (in 7) noch eine Entgegnung folgen ließ: Zum Problem des Wetter- steingebirges (9).

B. Die Auffassung von O. Reis. 1. Allgemeine Ergebnisse.

Reis äußert keinerlei extreme Anschauungen und ist in seiner Ausdrucksweise sehr vorsichtig, ja gelegentlich so einschränkend, daß es nicht immer gelingt, ohne Gefahr eines Irrtums seine Stellung festzulegen und kurz zusammenzufassen. Es mag sein, daß er manches für den uns versprochenen II. Teil zurückhält.

Im allgemeinen steht er auf dem Boden der Rothpletzschen Anschauungen von 1905 (15). Er sieht in dem von ihm untersuchten Gebiete einen Teil der in ihrer Gesamtheit nach W bewegten

Rhätischen Schubmasse.

„Es ist die Rothpletzsche Lehre des Alpinen Ost-Westschubes, welche hier von Reis auf das Wettersteingebirge übertragen wird.“ (Ampferer, 7, pag. 199.) Reis kommt dabei zu folgenden Resultaten:

Es trat eine ältere Faltungsperiode ein, darauf folgte ein Zeit- raum starker Längs- und Quererosionen und endlich „eine durch

die so vorhandenen vielfältigen Öberflächen- N.

12 K. C. von Loesch. [12]

sestaltungengeleiteteundgerichteteMöglichkeitder Abspaltung und Überschiebung.* (1, pag. 105).

Präalpine Faltungs-, Verwerfungs- und Erosionsstadien also gingen der Schollenabspaltung voraus. Diese Faltungen konnten durch die Schubbewegung gelegentlich noch Verstärkungen erfahren !).

Tangentiale Verkürzung unter großem Druck soll (also vor der Erosionsperiode) zu einer ungestörteren Faltenbildung geführt haben; später dann aber, nachdem die Hangendbelastung geringer wurde, sollen die Überschiebungen eingetreten sein.

Die Gesamtbewegung soll von nach W stattgefunden haben (in longitudinaler Richtung).

Transversale Schiebungen vonS und N dagegen seien „nur notwendige Begleiterscheinungen“.

Als der östliche Druck eintrat Reis denkt sich diesen als Folge der durch die Südnordfaltung nur einseitig gelösten Entspannung (nach Rothpletz, 15, pag. 234) und es zu einer flachen Abspaltung und zu Schüben kam, zerriß die abgescheerte Masse (den Ausdruck Decke gebraucht Reis im allgemeinen nur für die Ostalpine = Rhä- tische Decke) in

Längsschollen.

Ein typisches Beispiel für diese soll die Wettersteinscholle sein, „die sich von O nach W in die Höhe hob und das wohlausgeprägte Bild eines mächtigen Stirnrandes bildet“.

Diese Bewegung der Schollen soll eine doppelte sein. Einmal sollen sie

„als Teilschuppen der rhätischen Überschiebung‘

den Weg der ganzen Ostalpinen Decke zurückgelegt haben (als Folgerung aus der Annahme der Ostalpinen Decke, von der Reis darum sich angezogen fühlt, weil sie ihm die alleinige Möglichkeit zu bieten scheint, einheitlich das Bau- und Bewegungsbild der Kalkalpen zu erfassen). Ferner sollen sie noch einen

Teilweg für sich

zurückgelegt haben, entweder weil sie rascher vorrückten als die Gesamtheit oder weil die Nachbargebiete zurückblieben. Letzteres ist ihm wahrscheinlicher.

Die Längsschollen, deren Bewegung keineswegs als eine gleich- mäßig ostwestliche gedacht ist, haben sich nebeneinander (bisweilen ungleichschnell) an ihren ostwestlich gerichteten Randspalten bewegt (longitudiuale Verwerfungen).

Dabei kann es möglich sein, daß am „transversalen Neben- einander (in nordsüdlicher Richtung, d. Verf.) der Teile (Schollen, d. Verf.) sich wenig* geänderthat, während beträchtliche Verschiebungen inostwestlicher Richtung stattfanden.

Dieser Art Bewegungen, meint Reis können daran erkannt werden (ihr Charakteristisches ist), „daß an ihren beiden Seiten

!) Nur so kann der Relativsatz am Ende des ersten Abschnittes auf Seite 105 zu verstehen sein.

[13] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 13

Uberschiebungen (plötzlich, d. Verf.) auftauchen, aber auch scheinbar plötzlich verschwinden.“

Die Sperrung auch der wörtlich zitierten Stellen rührt stets vom Verfasser her, der sich in diesem Abschnitt eng an Kapitel 12 von Reis gehalten, jedoch seine Äußerungen etwas weniger eingeschränkt als der Autor selbst vorgetragen hat.

In einer Zusammenfassung sagt Reis, „das sei als sicher zuzugestehen, daß man mit Hilfe der Rothpletzschen An- schauung in die verwirrende Tektonik ostalpiner Ge- biete, zum Beispiel das Wettersteingebirge eine gewisse Klarheit und Einheit der Auffassung bringen kann“, daß man aber aus dem Wettersteingebirge Gegengründe nicht ableiten könne.

Er betont, daß zum Beispiel die Wamberger Scholle anders nur durch Annahme einer totalen faziellen Vertretung des Wetterstein- kalkes durch die Partnachschichten erklärbar sei. (Vgl. Ampferers diesbezügliche Erklärungsversuche [7)).

Als Beispiel des Überganges einer scheinbaren Nord- überschiebungin eine Westüberschiebung wird auf das Karwendel- gebirge und auf die Beziehungen zwischen der Nordgrenze des Zentral- alpinen Massivs (Inntal) und der Aufrichtung von Karwendel- und Wettersteingebirge hingewiesen.

2. Die Scholleneinteilung durch ©. Reis.

Nach Reis teilt sich das Wettersteingebirge in 2 Hauptschollen, in die Sattelscholle von Wamberg (II) mit ihren mehrfachen Teilauf- wölbungen im N und in

I. die Wettersteinscholle im S, welche die vorige teilweise (tektonisch) einfaßt.

Sie stellt nach Reis ein (enger zusammengehöriges) tektonisches Ganzes dar mit den höchsten Erhebungen und den ältesten Schichten (Muschelkalk und Wettersteinkalk) im S und W. Sie bildet eine große Mulde, die sich nach (ONO) senkt und in der sich in normalem Verbande gegen O immer jüngere Schichten einstellen.

Während aber nach NW, W und S (an den Muldenrändern aufgebogener) Muschelkalk und Wettersteinkalk die Basis der Schubmasse bilden, wird diese im N von Raibler Schichten gebildet.

Die nördlich der Wamberger Scholle liegenden Raiblerkomplexe hängen nach Reis tektonisch mit der Wettersteinscholle zusammen, sodaß dieser sich folgende (Unter-) Schollen anschließen.

1. Die Risserkopfscholle, nach SW, S und SO gegen die Wam- berger Scholle abstoßend (überschiebend), nach den anderen Richtungen heute [durch Erosion] freistehend: in spiegelbildlicher Lagerung zur südlich (jenseits der Wamberger Scholle) gegenüberliegenden Kreuzjoch- scholle.

2. Die Partenkirchen— Barmseescholle, im Westen noch ausschlieB- lich aus den 3 Gliedern der Raibler Schichten bestehend, die sich mit einer eigenen Sattelung diskordant an die Wamberger Scholle legen.

14 K. C. von Loesch. [14]

Grenze nach N gegen den Hauptdolomit und Plattenkalk bis zur Linie Gschwand—Roßhütte tektonisch, von da an nach legt sich der Hauptdolomit konkordant auf die Raibler Rauhwacken. Östgrenze etwa das Isartal und dessen südnördliche Verlängerung über Wallgau hinaus; südöstlich zwischen Weigmannsee und Barmsee scheint diese Scholle und die Hohe Kranzbergscholle zusammenzuhängen.

3. Die Hohe Kranzbergscholle und ihre direkte Fortsetzung nach W, die Kreuzjochscholle, sind aus den gleichen Elementen aufgebaut ; sie bilden eine Mulde mit Hauptdolomit im S als Kern; noch weiter südlich sollen sich am anderen Muldenflügel darunter normal wieder Raibler, später auch Wettersteinkalk und Muschelkalk einstellen.

Jenseits der Isar setzt die Wettersteinmulde nach fort; hier stellen sich im S noch ältere Schichten, im Muldenkern noch jüngere, freilich in etwas gestörter Lagerung ein.

Für die

Il. Wamberger Scholle gebraucht Reis verschiedene Ausdrücke gleichsinnig: Sattelscholle, Wamberg—Partnach— Hammersbacher Scholle, Sattelzug, Waldeck— Wamberger Scholle.

Er teilt sie in den Wamberger Rücken (Wamberger Muschel- kalkzug, Muschelkalkzug Drehwiesen, Partnachklamm, Hirzeneck) im O, den Drehwiesen—Waldeckzug (mittlere Muschelkalkscholle oder Muschelkalkrücken Waldeck—Rimlermoos) in der Mitte und einen westlichen Zug, der 750 m östlich des Eibsees endet.

Er lehnt die Möglichkeit einer völligen faziellen Vertretung des Wettersteinkalkes durch Partnachschichten ab?!) und hält diesen für erodiert.

Über eine alte Erosionsbasis der Sattelzüge sollen die heute in der Mitte und im O begrenzenden Raibler geschoben sein.

„Hat es nicht den Anschein, als ob eine Decke der höheren Trias sich an diesem Muschelkalksattel geteilt, gegabelt hätte und die Gabelteile sich an ihr entlang auf über 15 km vorgeschoben hätten, so daB ein nach W offenes Fenster oder fensterartiger Schlitz, das gewiß auch zu einem nicht geringen Teil Erosionsfenster sein könnte, entstand ?*

Die Karwendelüberschiebung setzt sich nach Reis über das Arnspitzenmassiv (Nordrand Wildsteigkopfüberschiebung) ins Puiten- tal fort (pag. 92), wo Muschelkalk Neokom überschiebt. „Ihr nördlicher Stirnrand setzt über den Öfelekopf (Nordhang) nach W fort und die Schubfläche scheint steiler geworden, an dem hohen Auftauchen des Muschelkalkes im hinteren Schüßel- und Oberreintalkar schuld zu sein.“

Also rechnet er Arnspitzenmassiv, Ofelekopf, Gehrenspitz, ferner die Gaistalmulde (? und wohl auch das Mieminger Gebirge implicite) zur

Ill. Karwendelüberschiebungsmasse. Die Schichten(Einfallens)umkehr am Westende des Gehrenspitz soll die Folge einer „präalpinen“, starken, vertikalen Senkung an

') Freilieh nicht gänzlich. Vgl. pag. 21, letzter Absatz in dieser Arbeit.

[15] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 15

einer „Querstörung“ oder aber, was ihm wahrscheinlicher dünkt, „einer einfachen flachen, durch die späteren Prozesse verstärkten Sattelung“ mit nachträglichen Firsteinbrüchen oder Einfaltungen aufzufassen sein, deren Achse mit der späteren Längsrichtung der heutigen Schollen- zerteilung einen Winkel bildet.

Daß er die Vorbergstrias (ohne die Gehrenspitzen) zur Jura- Trias-Mulde (vgl. unten) rechnet, wird durch folgende Bemerkung, die sich auf das Verhältnis der Jura-Kreideschichten zur südlichen Trias bezieht, erhellt: „Das, was noch in der Leutasch und Puitalpe Überschiebung ist, das ist im Predigtsteinzug einfache Zusammen- faltung ._. :*

Wie die Wamberger Scholle im N, so stößt am Südrand des Wettersteingebirges eine enge, steilgestellte, ostwestlich streichende

IV. Trias-Jura-Mulde

ab. Im Kern enthält sie noch Kreideschichten, an den (nach S ausstreichen- den) aufgebogenen Muldenrändern ferner noch Trias (Wetterstein- schichten, jaam Vorderlähnskopf noch Muschelkalkschichten). Sie reicht von den Issentalköpfln bis zu den Gehrenspitzen, „...einungeheurer Teil von den tieferen Schichten des Nordflügels fehlt, wobei aber weder am Ostrand noch am Westrand dieser Scholle das Bild einer einfachen linearen Absenkung oder von entsprechenden inneren Ablösungen deutlich ist“.

Zur Erklärung des fehlenden Hauptdolomits werden Flächen- abtragungen, Zusammendrückungen und UÜberschiebungen im Sinne von Ampferers!) hier ausklingender Karwendelüberschiebung her- angezogen. Die Grenze zwischen den Jura-Kreide-Schichten im N und der triassischen Vorbergszone (Issentalköpfl—Gehrenspitz) wird als eine ältere (präalpine) Störung aufgefaßt.

Als die westliche Fortsetzung dieser Trias-Jura-Mulde, genauer der Jura-Neokom-Mulde vom Hohen Kamm, wird die

V. liegende nordsüdlichgestellte Quermulde

von Jura-Neokom-Schichten unter der Wettersteinwestwand aufgefaßt. Sicher sei, daß ihr die Wettersteintrias (hier einen Stirnrand bildend) eine kleine Strecke weit + flach aufgelagert ist. Dies sei eine Folge der schon nördlich vom Gaistal durch Querstellungen bemerkbaren Longitudinal-(O—W)Bewegung, „gleichsam als ob hier die Schubmasse mit steilerer Grenzfläche vorrückend eine letzte Stauung vor dem Stillstand erfahren und die jurassisch-kretazischen Schichten vor sich hergeschoben, gefaltet und nach W umgelegt habe“. Diese Trias-Jura Mulde steht mit der

VI. Großen Hauptdolomit-Jura-Mulde westlich Ehrwald scheinbar in Verbindung und hängt selbst wieder mit dem westlichen Kramergebiet zusammen. Sie umfaßt das Gebiet

‘) Ampferer, dem Reis mit diesen Ausführungen folgt, hat diese Auf- fassung inzwischen aufgegeben. Er zieht jetzt die Nordgrenze der Mieminger Scholle längs dieser Grenze.

16 K. C. von Loesch. [16]

um den Eibsee, die Thörlen, das Lermooser Gebiet und zieht nach dem Fernpaß. Ihre Muldenachse soll sich nach O senken.

C. Die Anschauungen O. Ampferers.

Bei der Verarbeitung, ja schon bei der Besprechung der Ampfererschen Arbeiten begegnet man der eigentümlichen Schwierigkeit, daß er seine Grund- anschauungen über den Gebirgsbau erheblich geändert hat.

Eine weitere, nunmehr glücklich behobene war die, daß uns bisher außer seiner Karte des südlichen Teiles des Karwendels keine Kartierungen vorlagen. Die nunmehr erschienenen (27—29) leiden sehr unter dem für diesen verwickelten Gebirgsbau viel zu kleinen Maßstab 1:75.000, der zu Schematisierungen zwang, ferner der allzu breiten Eintragung von Verwerfungen, die das Kartenbild in unerwünschter Weise vergröbern.

Er stand anfänglich auf dem Boden einer rein lokalen Erklärungsweise und sah zum Beispiel, obschon er 1903 die Überschiebungen im Karwendelgebirge als erster erkannt hatte, noch 1905 die jungen Schichten am Südrand des Wetterstein- gebirges als „eingebrochen“ an.

Erst 1911 mit dem Querschnitt (6) geht er zur Annahme großer Decken über, modifizierte jedoch 1912 seine 1911 vorgetragenen Anschauungen über den Bau von Wetterstein- etc. Gebirge wiederum.

Das ist nicht nur sein gutes Recht und es wäre unbillig, [ohne Beibriugung von neuen sachlichen Gründen] zum Beispiel seine früher geäußerten Grundanschau- ungen nunmehr, nachdem er sie aufgegeben hat, gegen ihn auszuwerten, wenn sie mit den unseren zusammenpassen sollten. Im Gegenteil, es spricht für den hohen Wahrheitssinn Ampferers, daß er unbekümmert um die Folgen das einmal für richtig Erkannte vertritt und Überlebtes fallen läßt.

Bisher hat Ampferer leider noch nicht Gelegenheit gefunden, den Teil seiner früheren Ergebnisse, den er aufrechtzuerhalten gedenkt, genau auszuscheiden und ihn mit seinen neugewonnenen regionalen Hauptanschauungen zu verbinden.

Das ist ja auch gerade bei ihm bis zu einem gewissen Grade weniger dringlich als bei anderen, die sich etwa in der gleichen Lage befänden, da er

sich stets bemüht hat, das „Beobachtete* von dem „Dazugedachten“ zu trennen. (Vg). 4, pag. 169.)

Bis das nicht geschehen ist, werden wir die Resultate seiner Arbeiten nicht ausschöpfen, nicht voll genießen können. Denn die einschlägigen Abschnitte im (JQuerschnitt und in seinen „Gedanken“ (7) können nicht als eine Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit angesehen werden, da er in dem ersteren nur Theorien aufgiebt, ohne auf Einzelheiten einzugehen, letztere aber durchaus den Charakter einer bis zu einem gewissen Grade vergänglichen Streitschrift trägt.

Von einer Besprechung seiner älteren Anschauungen aus der Zeit der lokalen Erklärungen darf um so eher abgesehen werden, als ihrer bei Besprechung der Reisschen?!) Ausführungen Erwähnung getan ist. (Vgl. pag. 14, 15.)

') Reis sagt in der Vorrede (1, pag. 62), daß sich Ampferers (ältere) Anschauungen und die seinen „sowobl in sachlicher Hinsicht als auch in den, wie ich meine, letzten Endes nicht unvereinbaren tektonischen Anschauungen gegenseitig ergänzen.“

[17] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 17

3 1. Im Querschnitt (1911)

äußert sich Ampferer über unsere, von seinem eigentlichen Thema abliegenden Gebiete summarisch.

„Für das Wettersteingebirge“, sagt er in bezug auf die tekto- nische Skizze (Fig. 24), „wurde von einer völligen Umgrenzung ab- gesehen, da die Verhältnisse an seinem Nordrand in dieser Hinsicht nicht genügend studiert werden konnten.“

Dagegen faßt er eine

Große südliche Scholle

zusammen, welche von einer einheitlichen zusammenhängenden Schub- fläche begrenzt, westlich von Innsbruck beginnend, das südliche Kar- wendelgebirge umfaßt und, am Mieminger Nordrand weiter ver- laufend, sich (gradlinig) bis zum Ausgang des Alperschontales er- streckt. Nach S soll sie, von dem äußersten W abgesehen, unter dem kristallinen Gebirge verschwinden. Sie soll (wie er in 7, pag. 204, ausführt, wo eine genaue Beschreibung gegeben wird) bei einer Länge (von O nach W) von 130 km im Durchschnitt 10 km (von S nach N) breit sein.

Ohne diese Scholle direkt hier schon als Decke!) zu bezeichnen, nimmt er für sie eine große, einheitliche, basale Bewegungsfläche an, was das gleiche bedeutet, und läßt sie von S?2) herkommen, da man sie „wegen ihrer weiten Erstreckung nicht gut von O her ab- leiten könne*,

Hiermit gibt er seine früheren lokal tektonischen Erklärungen auf und meint, „die fast der ganzen Nordfront folgende, so äußerst intensiv verfaltete und verkeilte Zone der jungen Schichten“, für die er früher äußerst komplizierte, heute noch von Reis (vgl. pag. 15) in ähnlicher Form vertretene Erklärungen abgegeben hatte, sei „als Schub- und Schürfzone doch ungleich verständlicher und in ihrer so hoch komplizierten und variablen Architektur viel besser in der Ge- folgschaft von großen Horizontalbewegungen erklärbar“.

Freilich sei das Freischwimmen nur für den Westrand beweis- bar, für das größere östliche Stück der Scholle ließe sich die Decken- natur nicht direkt beweisen, aber auch nicht direkt widerlegen.

Diese durchaus unmißverständlichen, über fast zwei Druckseiten sich hinziehenden Ausführungen stehen in einem gewissen Gegensatze zu einem an ihren Anfang gestellten Satze, über den hinweggegangen werden könnte, wenn nicht Schlagintweit (in 9) hieran eine Kontroverse geknüpft hätte.

Nachdem gesagt war, daß in der Gegend des Querschnittes keine einheitliche UÜberdeckung, sondern eine Zerfransung in Schollen vorhanden sei, fährt Ampferer fort, daß weiter gegen eine ge- waltige geschlossene, bis in die Gegend von Schwaz verfolgbare

!) ..., für welche die Auffassung als frei schwimmende Decke wahrschein- lich ist (6, pag. 681).

?) In seiner jüngsten Veröffentlichung, erst am 16. November 1913 mir zu- gekommenen Publikation, nimmt er Ostschub für diese Scholle und damit auch für die Inntaldecke an (siehe 30, pag. 12ff. Vgl. pag. 84, Anm. 1 in dieser Arbeit).

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 3

18 K. C. von Loesch. [18]

Decke auftrete, die unter anderem das Mieminger-, Wetterstein- und Karwendelgebirge umfasse.

Damit stellt Ampferer, freilich nur programmatisch, eine große Decke auf, die das Wettersteingebirge mitumfaßt, trennt es dann aber auch auf dem Kärtchen (pag. 668, Fig. 24) wieder ab und setzt es zur „südlichen Scholle“ in betonten Gegensatz.

So hat er als erster den Deckenbau in diese Teile der Kalk- alpen getragen (wenn man von Rothpletz’ Rhätischer Decke und mehr theoretischen Erwägungen von nappistischer Seite absieht) und für die südliche Scholle Südschub, freilich nur per exclusionem an- genommen.

2. „Gedanken über die Tektonik des Wettersteingebirges“ (1912).

Inzwischen war die Arbeit von O. Reis und die erste Schlagintweits erschienen, in der letzterer unabhängig von Ampferer!) und aus anderen Gründen gleichfalls zur Annahme eines Südschubes gekommen war und die Einheit von Wetterstein und Miemingern in einer Decke behauptete. Gegen diese Arbeit wendet sich Ampferer mit schrofister Kritik.

Auf Grund der Reisschen Arbeit spezialisiert Ampferer nun- mehr seine Einteilung.

Jetzt benennt er die Süddecke

Inntaldecke.

(Da er nichts über ihre Schubrichtung sagt, so hält er wohl noch ?2) an der Südrichtung [siehe oben] fest.) Sie soll nirgendwo mit der Wettersteindecke zusammenhängen. Ihre Nordgrenze zieht er längs der Jurakreidemulde (rechnet also die Vorberge dazu) durch das Puitental, weiterhin durch das untere Tal der Leutascher Ache, läßt sie an der Wildsteigkopfüberschiebung aufsteigen, ins Isartal gegen S zurückspringen und endlich in die Nordgrenze der vorderen Kar- wendelüberschiebung fortsetzen.

Die Inntaldecke soll nur Triasschichten von Buntsandstein bis zum Hauptdolomit enthalten.

Die Scholle älterer Trias zwischen Eng- und Unterinntal (im östlichen Karwendelgebirge) wird als ein Teil der Inntaldecke, als ein „ganz abgetrennter, mächtiger Deckenzeuge*, der nach N vor- geschoben ist, angesprochen (pag. 207).

Die Inntaldecke liegt entweder auf der Wettersteindecke oder neben ihr, durch jüngere Schichten getrennt. „Wo ihre Grenze mehr gradlinig verläuft, haben wir steile Stellung, sonst flach ausgreifende Uberschiebung.* „Diese ganze, von einer zusammenhängenden Be- wegungsfläche unterfahrene Gebirgswelt* sei sehr wahrscheinlich „als eine tektonische Einheit, als eine Schubdecke aufzufassen.“

ı) 8, letzte Seite, letzter Absatz.

?) Anmerkung während der Korrektur. Neuerdings nimmt Ampferer Ost- schub an. Vgl. pag. 84, Anm. 1.

[19] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 19

-Ihr lagere nach N die Lechtaldecke

vor, die große Teile der Allgäuer und Lechtaler Alpen und in unserem Gebiete das ganze Hauptdolomit bis Kreidevorland umfaßt, ferner die Teildecke des Wettersteingebirges und den Zug von Jura-Kössener Schichten, der sich innerhalb des Karwendelgebirges vom inneren Johannistal bis Schwaz erstreckt (vgl. 7, Fig. 1, pag. 203). Also be- steht ein ungewöhnlicher Schichtreichtum von den Reichenhaller Schichten bis zum Neokom. (Von den transgredierenden jüngeren Schichten ist hier stets abgesehen.)

Innerhalb der Lechtaldecke soll der „Untergrund“ in den Fenstern von Hinterhornbach, Nässelwängle-Reutte und von Wam- berg!) aufgeschlossen sein.

Die Wettersteindecke

wird als eine unselbständige Teildecke der Lechtaldecke aufgefaßt, weil sie einerseits nirgends mit der Inntaldecke zusammenhängt, son- dern sogar auf weite Strecken von dieser überschoben wird, „ander- seits das Wettersteingebirge und dessen östliche Fortsetzung im Kar- wendelgebirge gegen N zu größtenteils normale Schichtverbindungen zeigt.“

Die Südgrenze schildert er dann als tektonisch scharf begrenzt, die mit Ausnabme des östlichen Abschnittes von einer steilgestellten Bewegungsfläche (Randspalte) gebildet wäre. Die Westgrenze wird als unzweifelhafter Uberschiebungsrand aufgefaßt (einer der wenigen Punkte, über den allseitige Übereinstimmung zu konstatieren ist). Im N jedoch, von der Zuggasse bis zum Enstal im Kar- wendel, soll eine regelmäßige Verbindung mit den tie- feren nördlichen Schichten derLechtaldecke i.e.S. be- stehen.

Für diese unselbständige Wettersteindecke wird ein Schub von angenommen, der dies höher gelegene Stück der Lechtaldecke eine Strecke weit über die tieferliegende Nachbarschaft derselben Decke schob, ohne daß sie im allgemeinen aus ihrer Nachbarschaft losgerissen wurde (pag. 207).

Die Möglichkeiten, daß der Nordrand maskiert ist und daß die Decke nach N zu tiefer taucht und jüngere Schichten aufnimmt, wird erwogen und abgelehnt. Wie lang die Strecke des Wettersteinost- schubes ist und wie sich das Fehlen der jüngeren Trias am Süd- abbruch des Wettersteingebirges [wo Wettersteingebirge und die junge Mulde zu Lechtaldecke gerechnet werden] erklärt, wird nicht aus- geführt.

1) Vergl. 7, Fig. 1 und pag. 212. Ampferer hält außer dieser Annahme, die ihm die „gehaltvollere* zu sein scheint, noch eine Erklärung der Wamberger Scholle durch Fazieswechsel für möglich.

3*+

90 K. C. von Loesch. [20]

D. Schlagintweits einheitliche Wetterstein- Miemingerdecke.

Als Ampferers Querschnitt erschien, war diese Arbeit (8), wie schon erwähnt, bereits gesetzt.

Diese Decke (im nappistischen Sinne) soll von S gekommen sein. Die Jurakreidemulde vom Leutaschtale bis Ehrwald wird als ein „Fenster“ aufgefaßt, in dem das basale Gebirge herauslugt.

In seiner neuesten Veröffentlichung!) rechnet er sie zu Amp- ferers „Lechtaldecke® und nennt die hangende Triasdecke Inntal- decke, indem er durch Einbeziehung des Wettersteingebirges in diese einer Bezeichnung Ampferers einen neuen Sinn unterlegt ?).

Erstere soll wie die Mieminger-Wettersteindecke ein Teil der ostalpinen Decke sein und mit dem „Fenster* der Jurakreide-Mulden von der Ehrwalderalm bis zum Puitental in die letztere hereinreichen. Dieses Fenster soll teils tektonischer Entstehung sein auf Grund einer Emporwölbung des Untergrundes während oder kurz nach dem Süd- schub, im Puitental dagegen erosiv.

Die Bichelbachermulde Ampferers und der Zug junger Schichten am Westrand vom Mieminger- und Karwendelgebirge sollen zum basalen Gebirge, dagegen die älteren Triasschichten bis zum Hauptdolomit inklusive (der Seefelder Berge und des Wetterstein- vorlandes) der Mieminger-Wettersteindecke angehören, welche im des Puitentales im Arnspitzenmassiv zusammenhängen soll.

Die Überschiebungen ‚am Westrand der Wetterstein- und Mie- mingergebirge sollen keine Stirnränder sein, da der Schub von S an- genommen wird; sondern es wird die inzwischen durch Ampfe- rers Arbeiten als irrig erwiesene Möglichkeit erwogen, daß die Decke nördlich der Heiterwandlinie und westlich des Wettersteinabbruches sich fortgesetzt habe und dort vielleicht noch in später auffind- baren Schollen (Inseln) vorhanden sei.

Vorläufig wird für diese Decke eine Schichtverarmung (Trias bis Hauptdolomit) in der näheren und weiteren Umgebung Ehrwalds und im Karwendelgebirge festgestellt: „Es wird sich noch zeigen müssen, ob dieses Gesetz für die ganze Erstreckung der Wetterstein- decke gilt oder ob in anderen Gegenden nicht doch noch jüngere Schichten über dem Hauptdolomit liegen.“

Wo der Nordrand der Decke liege, sei noch nicht abzusehen (pag. 87).

‘) Diese ist hier mitbesprochen, da sie in der Hauptsache nur eine Polemik gegen Ampferer enthält.

°) Die Folge ist natürlich eine Verwirrung, da unter Ampferers und Schlag- intweits Inntaldecken etwas grundsätzlich Verschiedenes zu verstehen ist.

Man hat zu unterscheiden:

Ampferers Inntaldecke;

. Ampferers Wettersteindecke;

. Ampferers Lechtaldecke;

. Schlagintweits frühere Wettersteis-Mieminger-, jetzt Inntaldecke. . Schlagintweits frühere ostalpine, basale, jetzt Lechtaldecke.

spomH

[21] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 21

. Möglich sei, daß auf große Strecken hin gleichalterige Glieder (z. B. Hauptdolomit) als Überschobenes und Übergeschobenes aneinander stießen, möglich, daß der Nordrand in der Nordgrenze der Wamberger Scholle gegen die Raibler zu sehen sei.

Doch zur Diskussion dieser Fragen bedürfe es noch weiterer geologischer Aufnahmen. „Wie jedoch immer die Verhältnisse im NO liegen mögen, es genügt vollauf, daß sich die Wettersteinüberschie- bung bis zum Zugmösel verfolgen läßt, um ihre Natur als Decken- überschiebung erkennen zu können!“ (pag. 88). (Das Ausrufungs- zeichen ist von Schlagintweit.)

Den Schwierigkeiten, die der höchst ungleichmäßige Bau der Triasdecke gegen diese Auffassung biete, begegnet Schlagint- weit, der sich ihrer bewußt ist (pag. 85), durch die Annahme von östlich und westlich auskeilenden Schuppen innerhalb derselben.

In 9 wird das eigentliche Wettersteingebirge und dessen öst- liche Fortsetzung als eine untere Schuppe, die tiefer als Ampferers Inntaldecke liegt, aufgefaßt, an der höheren Einheit beider aber fest- gehalten.

Nur für die Wamberger Scholle werden weitere Erklärungs- versuche gegeben.

1. Entweder soll sie als eine Anschoppung weicherer Gesteins- massen (Anhäufung der Partnachschichten) beim Überschiebungs- vorgang verstanden werden oder

2. es ist an die totale fazielle Vertretung des Wettersteinkalks zu denken oder

3. die Wamberger Scholle soll als ein Teil der Lechtaldecke aufgefaßt werden [während, im Gegensatz zum Ampfererschen Pro- fil in 7, Fig. 4II, das Wettersteingebirge zur Wetterstein-Mieminger- decke zu rechnen wäre].

E. Zusammenfassung.

Die in den vorigen Kapiteln kurz charakterisierten Anschauungen von Reis, Ampferer und Schlagintweit [sowie die des Ver- fassers] weisen, trotzdem sie heute noch in vielem weit auseinander- gehen, manche Übereinstimmungen auf. So scheint eine !) frühe Faltungs- phase und eine darauffolgende Überschiebungsphase allgemein ange- nommen zu werden, ferner auch flache Abspaltungen und horizontale Schübe, wern auch im Einzelnen in recht verschiedener Auffassung.

Im Speziellen weist niemand den Gedanken an eine totale fazielle Vertretung des Wettersteinkalkes in der Wamberger Scholle gänzlich von der Hand, wenn Reis ihn auch für unwahrscheinlich hält. Dieses Problem kompliziert bedauerlicherweise die anderen großen Wetter- steinfragen übermäßig und allem Anschein nach ist wenig Aussicht vorhanden, daß es je mit absoluter Gewißheit gelöst werden könnte.

Leider kann es nicht von der Diskussion der tektonischen Fragen abgelöst (ausgeschaltet) werden, (was um so wünschenswerter

1) Mindestens.

22 K. C. von Loesch. [22]

wäre, als es scheinbar die Aufstellung phantastischer Theorien heraus- fordert

ve jungen Schichten am Südrand des Wettersteingebirges werden heute nur noch von Reis als „eingesunkene“* Teile der an sie gren- zenden Vorbergscholle aufgefaßt. Ampferer, der als erster dieser Auffassung Raum gab, hat sie inzwischen aufgegeben und nimmt mit Schlagintweit [und dem Verfasser] an, daB die Vorbergzone und die Wettersteinscholle nur durch tektonische Vorgänge in die [heute] unmittelbare Nähe dieser fremden, zum westlichen Vorland gerechneten Zone junger Schichten gebracht worden sind. Die drei letztgenannten sind indessen über die Natur und die Richtung!) der Schübe, ferner über die Wertigkeit der Schollen uneins.

F. Die Hauptmängel der vorstehenden Auffassungen.

Die Auffassung der Jurakreidemulde und der Vorbergscholle als springender Punkt für die Erklärung von Wetterstein- und Miemingergebirge.

1. Einwendungen gegen 0. Reis.

Reis’ Erklärung der Verhältnisse am Wettersteinsüdrand muß ich als einzigen, freilich hochwichtigen Punkt (mit Ampferer und Schlagintweit) ablehnen.

Reis faßt die Vorbergscholle, das Gehrenspitz- massivund dieJurakreidemulde alseineursprüngliche Einheit auf: das heißt er erklärt lokal und wie man sehen wird auf überkomplizierte Weise.

So faßt er?) den Wechsel im Einfallen der Trias der Gehren- spitze (im OÖ) einer- und der Vorbergscholle (im W) anderseits

entweder „als Folge einer starken vertikalen, in ‚präalpiner‘ Zeit erfolgten Senkung an älterer Querstörung*

oder „als Folge einer einfachen flachen, durch die. späteren Prozesse verstärkten Sattelung, deren Achse mit der späteren Längs- richtung der heutigen Schollenzerteilung einen Winkel bildet“ mit schmalen Einbrüchen im First (Feldabhang) auf.

Für die westlichen Gebiete muß er sich zu einer noch umständ- licheren Hypothese entschließen, da hier außerdem noch das Fehlen des Hauptdolomits und das oft abweichende Verhalten der jungen Schichten (verschiedene Intensität ihrer Faltung) zu erklären sind: im Puitental waren sie, was Reis betont, noch überschoben. Er.hält die Gehrenspitzen für von S überschoben (eine Wiederholung der tektonischen Verhältnisse am westlichen Karwendelgrat, für den er uns nicht zustimmlich mit Ampferer eine UÜberschiebung von S annimmt); das Ofelekopf- massiv soll aber, sagt er, außerdem noch (?) von N überschoben sein.

Da die jungen Schichten nun westlich vom Karlsjoch nicht mehr unter die begleitende Trias einschießen, sie sogar gegen S hin über- lagern, folgert er,

!) Vgl. pag. 18, Anm. 2, der vorliegenden Arbeit. 2) 1, pag. 93.

[23] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 23

- daß hier nur eine einfache Zusammenfaltung vorläge.

Das dem widersprechende Fehlen des Hauptdolomits will er durch Annahme

„bedeutender Flächenabtragungen von der Zusammendrückung“ erklären ; die jungen Schichten sollen hier später von N her auf die Abrasionsfläche der Trias geschoben sein.

Der Bewegung von N soll dann rasch eine von gefolgt sein, die die Vorberge zerlegte und die bekannte Verschiebung der Bruch- stücke bewirkte.

Die schwindende Karwendelüberschiebung soll in der nordsüd- lichen Überschiebung zum letzten Ausdruck gelangen (?).

Wenn man sich überhaupt zur Annahme größerer Horizontal- schübe entschlossen hat, wird man diesen Erklärungen kaum mehr zustimmen können.

Dem Verfasser scheinen sie [in Voraussetzung, daß er Reis nicht mißverstanden hat]. bisweilen einander zu widersprechen ; zudem setzen sie höchst merkwürdige Vorgänge voraus, wie die Teilerosion des Hauptdolomits in einer Mulde, in der noch sehr junge Schichten [wie das Neokom] in großem Areale erhalten sind. Für diese ältere Abra- sionsfläche innerhalb der einheitlichen Mulde findet man im Felde keinerlei Anhaltspunkte.

Die Natur der OW- und der NS-Bewegungen bleibt im Dunkeln: der Zusammenhang mit den Bewegungsbildern der anderen Gebirgs- teile fehlt fast völlig.

M. E. muß mit den Folgen eines vielgestaltigen Schubes ge- rechnet werden, der die Triasschubmasse in die unmittelbare Nach- barschaft der jungen Schichten brachte (Regionale Erklärung). Der Schub hatte Lokalstörungen zur Folge, die die Einzelerscheinungen (Überlagerung der jungen Schichten auf die Vorbergstrias usw.) ver- ursachten (Lokale Erklärung).

Hierbei mache ich die Trennung von Triasschubmassen und jungen Schichten nach Ampferer und Schlagintweit) zur Voraussetzung.

Die übrigen Unterschiede in der Auffassung sind gegen diesen gering und größtenteils Folgen des Ausbaues der Auffassung dieser Gegenden.

2. Einwendungen gegen O. Ampferer.

Während m. E. Wetterstein-, Mieminger- und Vorbergscholle [hier wenigstens] als gleichwertige Einheiten anzusehen sind, die ein- ander gegenüberstehen, rechnet Ampferer

die Vorbergscholle zur Mieminger Scholle („Inntaldecke“): lokal ist das zu weitgehend, da die Trennung sehr scharf ist, im höheren Sinne (historisch aufgefaßt) jedoch vertretbar. Unbedingt irrtümlich ist seine Trennung von Gehrenspitz- und Ofelekopfmassiv. Sie wider- spricht dem Augenschein im Felde, der nicht nur eine Einheit beider mit flachen Schubflächen versehenen Massive, die nurdurch ein „Fenster“ nachträglich gespalten sind, ergibt, sondern auch den Gegensatz im Einfallen der Trias zwischen Vorbergscholle und Gehrenspitzen.

Die Wettersteinscholle rechnet er zur Lechtaldecke, wogegen schon Schlagintweit (9) sich gewendet hat. Das Unzutreffende

94 E. C. von Loesch. [24]

liegt einmal an der Schiefheit des hier wenig passenden Begriffs „Decke“ im allgemeinen, zudem in der übermäßigen Ausdehnung der

„Lechtaldecke“ }).

3. Einwendungen gegen 0. Schlagintweit.

Beizustimmen ist Schlagintweit in der Teilung in zwei Ober- einheiten, von denen die Jurakreidemulde die eine, die Triasschub- massen eine weitere darstellen.

Diese Einheit der Triasschubmassen ist aber meiner Ansicht nach in allererster Linie durch den Schub geschaffen, der die andere zur basalen macht.

Was die Herkunft, den ursprünglichen Zusammenhang der Schollen vor der Schubphase angeht, so kann sehr wohl die Wetter- steinscholle die Jurakreidemulde ursprünglich einfach gegen O fort- gesetzt haben, was Ampferer wohl durch die Zurechnung der Wettersteinscholle zur „Lechtaldecke“ zum Ausdruck ?) bringen wollte.

Die von Schlagintweit behauptete deckenförmige UÜber- lagerung ist nicht allgemein nachweislich; sie besteht an den aus- gehenden Westenden der Einzelschollen: sonst ist sie nirgends aufge- schlossen und es fragt sich, wie die Sohlen der Schubmassen gestaltet sein können ?). Die zahlreichen Ostwest streichenden steilen Randspalten widersprechen jedenfalls seiner Auffassung vom

Südschub

Es fehlt ein Stirnrand im N, statt dessen sind nur westliche Stirnränder bekannt geworden.’

Die Parallellagerungen von drei Nordgewölbeschenkeln längs der Jurakreidemulde *#) verweisen seine Auffassung ins Reich der Un- möglichkeit: die ostweststreichenden Schubstreifen®) an der Basis der Schubmasse beweisen im Gegenteil direkt Ostwestbewegungen.

IV. Eine neue Scholleneinteilung.

Diese Einteilung ist zur Erleichterung der Übersicht ohne Begründung vor- ausgestellt. Die Grenzen selbst sind in das Übersichtskärtchen eingetragen, vgl. die Bemerkung zu demselben pag. 27.

A. Westliche Urscholle.

In unserem Gebiete sind zwei fast stets mit Leichtigkeit gegen einander abgrenzbare Komplexe zu scheiden: ein ursprünglich östlicher

!) Vgl. Anm. 2, ferner pag. 19 und 91.

?) Es ist unbedingt erforderlich, wenn man irgendeine Einheit aufstellt, an- zugeben, worin diese besteht.

®) Es steht nicht fest, daß die Jurakreidemulde unter die Wetterstein- und die Miemingerscholle über beträchtliche Strecken fortsetzt.

*) Vel. pag. 66 und 67, Anm. 1.

°) Vgl. pag. 39 und 55.

25 Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge, 25 g

ausschließlich aus Trias mit aktiver tektonischer Bewegung (B östliche Urscholle) und ein ursprünglich westlicher aus Kreide bis junger Trias, der hier stets leidend ist (A = westliche Urscholle).

[Schlagintweit verbindet letztere mit dem nördlichen Vorland in Umdeutung von Ampferers Lechtaldecke, eine Frage, auf deren Beantwortung mangels hinreichender Durchforschung der Grenzgebiete vorerst verzichtet wird].

Hier sind die Gebiete der Thörlen, die unter dem Wetterstein- westabbruch und die Bichelbacher Mulde zu A. gestellt, im Einzelnen jedoch nicht gegliedert. Nur die heute rings von Triasmassen einge- schlossenen Gebiete zwischen Ehrwald und dem unteren Leutaschtal wurden als die östlichste Scholle junger Schichten [als Jurakreide- mulde —= A,] abgetrennt. Ihr Schichtreichtum besteht in Rhät (Haupt- dolomit?) bis Neokom.

[Die Frage, ob die Jurakreidemulde eine zurückgebliebene Scholle sei, deren ursprünglich transveral nebengelagerte Schollen nach W weggeschoben sind, kann erst nach Vollendung der Detailaufnahmen untersucht werden].

B. Östliche Urscholle.

Die Triasschubmassen können nach verschiedenen Gesichts- punkten !), [wie es zum Beispiel auf dem Übersichtskärtchen nach der Breitenerstreckung von N nach S geschehen ist], eingeteilt werden.

Die hier vorgenommene Einteilung trägt dem jeweils verschieden- zeitig eintretenden Verluste der Eigenbewegung Rechnung, der zu einer passiven Beanspruchung der abgelösten Schollen führte.

In frühen Schubphasen von den nachdrängenden Triasmassen abgetrennte und zum Teil überschobene, zum Teil anderweitig gestörte Schollen sind 5 1—3.

Bı.

1. Die Wamberger Scholle vom Weigmannsee bis etwa 750 m östlich des Eibsees; Muschelkalk-Partnachschichten ;

la. westliches Viertel, gegen S von der Vorschuppe begrenzt;

1b. östliche drei Viertel, von den Raiblerschichten der östlichen Hauptwettersteinscholle umgeben.

o) Waldeckscholle (Reis) in einfacher Lagerung.

ß) Wamberger Sattelscholle im engeren Sinne mit Sattelmehrung vom Rimlermoos gegen ©.

2. Die Vorschuppe(n) der Hauptwettersteinscholle = Muschel- kalkscholle des Ehrwalder Köpfls (mit Dj zusammen besprochen). Muschelkalk-Partnachschichten, stets von der westlichen Hauptwetter- steinscholle überlagert.

3. Die Vorbergscholle zwischen Feldernalm und Gehren- spitzmassiv (beide ausschließlich) ;

!) Eine Einteilung nach der ursprünglichen Ostwestlage der Massen vor der Schubphase ist heute noch nicht durchführbar.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C, v. Loesch.) 4

96 K. C. von Loesch. [26]

Muschelkalk bis Hauptdolomit. Gegen N von der Jurakreidescholle A,, gegen S von der Mieminger Scholle Bır6, gegen von der Leutaschscholle Bir 5, begrenzt.

B II.

Ursprünglich weiter östlich als die ihnen entsprechenden Schollen von Br gelagerte, diese überfahrende oder pressende Schollen.

4. Die Wettersteinscholle. Muschelkalk bis Hauptdolomit. (Von der gleichnamigen Reisschen Scholle ist das zwischen Wetterstein- wandzug, Dreitorspitzenzug und Ofelekopf liegende Massiv abgetrennt und zur Leutaschscholle Bjr 5 gestellt.) Die Vorschuppe gehört [nach anderer Einteilung] eng zu dieser Scholle. |

4a. Westliche Hauptwettersteinscholle. Muschelkalk und Wettersteinkalk. Waxensteinzug, Plattsüdbegrenzung bis zum Gatterl.

4b. Östliche Hauptwettersteinscholle

im N Raibler Schichten und (?) Hauptdolomit, im Kern Raibler Schichten und Hauptdolomit, im Raibler Schichten und Wettersteinkalk, im S Raibler Schichten, Wettersteinkalk und etwas Muschelkalk.

«) nördliche Umrahmung der Wamberger Scholle bis zum Risserkopf. «4. Risserkopfscholle mit Loisachrauhwacken. %». Partenkirchen—Barmseescholle.

ß) Kreuzjoch—Bodenlähnscholle westlich der Partnach.

x) Hohe Kranzbergscholle östlich der Partnach. {ı. Das Schollendreieck des Schachen.

[6) Karwendelvorgebirge !) östlich der Isar.]

4c. Die Zwischenscholle. Muschelkalk-Raiblerschichten; an der südlichen Talwand des Partnachoberlaufes, vom Gatterl bis zur Schüsselkarspitze; zum Teil auch aus fremden Elementen zusammen- gesetzt und von der Wettersteinscholle durch 5 abgerissen und an ihren heutigen Platz geschoben.

5. Leutaschscholle. Muschel- und Wettersteinkalk. Arn- spitzenmassiv, Gehrenspitzen und die sub 4 (in der Klammer) er- wähnten Massen. Die Leutaschscholle ist die westliche Fortsetzung der vorderen Karwendelschubmasse.

6. Mieminger Scholle. Keine jüngeren Schichten als Haupt- dolomit mit Ausnahme der Muttekopfgosau.

[e) Das westliche Gebiet in den Lechtaler Alpen außerhalb des Rahmens unserer Arbeit.]

b) Der isolierte Südgewölbeschenkel westlich des Mariabergjochs. Muschelkalk-Hauptdolomit in der südlichen anschließenden Mulde.

c) Der eigentliche Mieminger Sattel mit nördlichem und südlichem Gewölbeschenkel und südlich anschließender Mulde. Muschelkalk bis Hauptdolomit.

!) Mit größerem Schichtenreichtum nach oben und unten hin.

[27] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 27

- d) Die nördlichen Randzonen. Wettersteinkalk-Hauptdolomit. (Im Schachtkopf Partnachschichten angefahren.) e) Seefelder Hochfläche. Hauptdolomit. f) Seefelder Hochgebirge. Hauptdolomit und älteren Schichten (im S und N Raibler, Wettersteinkalk). [Westliche Fortsetzung in den südlichen Ketten des Karwendel- gebirges. ] B; ist ein in früher Schubphase abgelöster Bestandteil dieser Scholle.

C. Bemerkungen zu dem Übersichtskärtchen.

Die Umrisse der Schollen mußten schematisiert werden, weil über die Zurechnung im einzelnen nicht immer entschieden werden konnte, ferner damit die Grenzlinien nicht durch zu großen Detail- reichtum [wie durch Eintragung aller jüngeren oft bedeutungslosen Störungen] unklar würden. Näheres vgl. die Besprechung der einzelnen Schollen. Hier nur soviel, daß

im Gebiete der Raibler Schichten des Schachen,

in der Abgrenzung der Zwischenscholle gegen N,

in der Abgrenzung der westlichen und östlichen Haupt- wettersteinscholle und

im bunten Wechsel von Muschelkalk und Partnach- schichten westlich des Hammersbaches

die Grenzeintragungen provisorisch sind.

[Von einer Scholleneinteilung des westlichen und nördlichen Vorlandes (= Schlagintweits Auslegung von Ampferers Lechtal- decke) wurde mangels gründlicher Durchforschung abgesehen.

Die durch Signaturen angedeutete Verteilung von älteren und jüngeren Schichten ist nach Erscheinen der Karte Ampferers!) großenteils bedeutungslos geworden.

Sie sollte einen schwachen Begriff wenigstens von den dortigen Verhältnissen geben. ]

Die unweit Garmisch im Loisachtale eingetragene Rauhwacke ist tektonisch wichtig.

Einmal kann sie zur Partenkirchen—Barmseescholle und zur Risserkopfscholle gestellt werden, von denen sie durch Erosion und nachträgliche Verwerfungen getrennt sein könnte.

Reis hat (1, pag. 101) schon darauf hingewiesen, daß sie in der Fallrichtung der Katzensteinrauhwacke (Risserkopfscholle) liegt; es ist noch hinzuzufügen, daß sie ferner das Streichen der Raibler Rauh- wacken von der Faukenschlucht bei Partenkirchen nach W fortgesetzt.

Die andere Möglichkeit besteht darin, in ihr das wahre Liegende des Kramerhauptdolomits aufgeschlossen zu sehen.

Letzterer zeigt an der Nordseite zweifaches Einfallen : in den oberen Lagen im O söhlige Lagerung (diese stellt Heimbach auf

!) Vgl. pag. 16. 4*

98 K. C. von Loesch. | [28]

dem Hauptprofil und dem Profil auf pag. 22 dar), die nach W hin in ein schwaches westliches Fallen übergeht.

Ferner in den tieferen ein ziemlich steiles S-Fallen, das bei Reis durch Fallzeichen schon vermerkt ist.

Diesem S fallenden Hauptdolomit ist die Rauhwacke der Loisach örtlich benachbart, der Kontakt jedoch allseitig verdeckt.

Daher wird wohl nie Gewißheit über die Zusammenhänge erbracht werden können. Um nicht eine überkippte Lagerung anzunehmen, habe ich der vorgenannten Deutung den Vorzug gegeben und die Loisachrauhwacke zur Risserkopfscholle gestellt. [Reis läßt es offen, welcher Auffassung er zuneigt.]

Dazu kommt, daß nördlich der Loisach die (bisweilen gedoppelte) durch den Schubfetzen [Aptychenkalk !)] der Ochsenhütten deutlich offenbarte, große tektonische Linie von nach W verläuft gegen den Plansee hin.

Textabbildung 1.

Aufschluß von Aptychenkalken zwischen Hauptdolomit und Plattenkalk im Brand- graben bei den Ochsenhütten.

J = Aptychenschichten. Pl = Plattenkalk. HD = Hauptdolomit.

Der Talboden der Loisach liegt 800 m hoch und wird durch den Schuttkegel des Brandgrabens erhöht.

Diese wenig mächtigen, höchst gequälten bunten Kalke können als analoge Erscheinungen zu jenen Schubfetzen des ehemaligen Scharnitzer Bleibergwerks (pag. 39), der Sulzleklamm (pag. 34), des Brunnensteinecks (pag. 38) und des Hochjochs aufgefaßt werden. Sie sind geradezu ein Charakteristikum der großen longitudinalen Be- wegungen.

Die Vorschuppe(n) 2) ist der Übersichtlichkeit wegen durchgezogen worden. Möglicherweise besteht sie aus 2, ja vielleicht mehr Schuppen.

!) Reis verzeichnet in seiner Karte Neokom, das Herr O. Wolf und ich nicht auffinden konnten. Dagegen steht etwa 2—300 westlich der Reisschen Ein- tragung im Bachriß des Brandgrabens, dessen Schuttdelta in unmittelbarer Nähe der Ochsenhütten aufgebaut ist, ein kleiner Fetzen von Aptychenkalken an, dessen Lagerung aus dem Profil hervorgeht.

2) Vgl. pag. 89.

[29] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge: 29

-Der Issentalköpflkomplex ist als ein Unterteil der Mieminger Scholle, als ein Teil der Randzonen des nördlichen Gewölbeschenkels bezeichnet. Von der nächstsüdlicheren Zone hebt er sich deutlich ab, so daß es keine Schwierigkeiten macht, wenn man ihn zur Vorberg- scholle rechnen will).

D. Bemerkungen zur Profiltafel.

Nach Skizzen des Verfassers von Herrn A. Birkmaier in München ausge- führt. Bei einer Änderung der ursprünglichen Anordnung der Zeichen wurde be- dauerlicherweise die chronologische Folge nicht innegehalten.

Anfänglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, soll die Profil- tafel lediglich zur besseren Übersicht und zur Veranschaulichung hier vorgetragener Ideen dienen.

Keineswegs lag es in der Absicht des Verfassers, durchsie einen Ersatz für die [schon angekündigten] schmerz- lich entbehrten Profile von O. Reis zu geben, was.aus der Wahl eines sehr kleinen Maßstabes (1:135.000), der nur eine stark schematisierende Darstellung zuläßt, und der systematischen Vertei- lung der Profile hervorgeht.

Außer der freilich guten Reisschen Karte waren fast keine brauchbaren Vorarbeiten (Profile) vorhanden oder solche, deren Mängel (Heimbach) schon die ersten Begehungen ergeben. Eine Ausnahme bildet der Südrand des Wettersteingebirges und die Mie- minger Kette, für die prächtige Profile aus Ampferers Hand vor- liegen.

Für das übrige Gebiet lagen nur die wenigen Profile des Roth- pletzschen Querschnitts und die veralteten Gümbels und noch früherer Autoren vor.

So war die Aufgabe des Verfassers, der das Gebiet ja nicht kartiert, sondern nur auf Exkursionen von schließlich doch beschränkter Dauer untersucht hat, schwierig. Dementsprechend möge man bei Benützung der Profiltafel vor etwaigen Fehlern auf der Hut sein.

Alle Profile verlaufen von N nach S und sind, soweit es anging, in regelmäßigen Abständen voneinander gelegt worden. Darüber kann man sich auf der Übersichtskarte, in die ihr Verlauf eingetragen ist, am schnellsten orientieren.

Wenn ich mich entschlossen habe, die Heimbachschen Profile mit den allernötigsten Verbesserungen wiederzugeben, so geschah es nicht zum geringsten Teile, weil diese [nur als Dissertation ge- druckte] Arbeit heute schon recht selten geworden ist. Dadurch, daß das Kramergebiet in die Profile einbezogen worden ist, kommt auch erst die Tatsache so recht zur Anschaulichkeit, daß die Wamberger Scholle in einer (alten) Depression liegt.

Erst nachdem die Profiltafel (März 1913) vollendet war, begann Herr OÖ. Wolf seine Neuaufnahme des Kramer etc.- Gebietes. Hätte

') Vgl. pag. 33, 77 und 81 ft.

30 K. C. von Loesch. [30]

ich gewußt, daß eine solche in so kurzer Zeit bevorstände, würde ich das dargestellte Gebiet beschränkt haben.

Was die einzelnen Profile anlangt, so bin ich in der Hauptsache den Anschauungen, denen Reis mit seiner Karte Ausdruck gegeben hat, gefolgt und nur dort abgewichen, wo neue oder abweichend ge- deutete Beobachtungen vorlagen.

Denn es handelt sich für unsere Zwecke in erster Linie um die Darstellung der großen tektonischen Bewegungen, deren Narben als Schollengrenzen in die Übersichtskarte eingetragen wurden. In der Profiltafel kommen sie als die roten Verbindungslinien zum Aus- drucke, die von einem Profil zum anderen leiten und jeweils die Schnitt- punkte der Schollengrenzen verbinden. Minder wichtige, aber weithin verfolgbare Verwerfungen wurden durch geringer kräftige, punktierte rote Linien verbunden. Da auch punktierte Linien innerhalb der ein- zelnen Profile unvermeidbar waren (letztere sind schwarz angelegt), so ergab sich eine unerwünschte Häufung und Kreuzung. Man wird am leichtesten durchfinden, wenn man erst die Einzelprofile und später die [roten] Verbindungslinien betrachtet.

Die Besprechung der Einzelprofle geht stets von N aus, von links nach rechts.

Profil: 1;

Die ganze nördliche Hälfte wird durch die östliche Wetterstein- scholle eingenommen, deren Störungen, da unwesentlich, fortbleiben konnten.

Das Einfallen der Raibler Schichten nördlich der Leutaschklamm ist wohl nicht hinreichend steil eingetragen. Auf die Darstellung der lokalen Mulden und Sättel im Wettersteinkalke mußte hier wie in den folgenden Profilen verzichtet werden.

Die Wildsteigkopfüberschiebung der Leutaschscholle kommt deut- lich zum Ausdruck. Die Störung zwischen dem Muschel- und Wetter- steinkalk der letzteren ist schematisiert.

Von grundlegender Bedeutung ist die dritte tektonische Linie, welche, hier noch zwischen zwei Wettersteinkalkmassen durchstreichend, den Südflügel der Triasschubmassen gegen N abgrenzt.

Profil 2.

Der nördliche Hauptdolomit scheint hier noch zur östlichen Hauptwettersteinscholle zu rechnen zu sein. Die in Frage kommen- den Aufschlüsse habe ich nicht besuchen können.

Die Raibler liegen mit abweichendem Faltenwurf über der Wam- berger Scholle, die überschoben zu sein scheint (Erosionsfenster).

Ihre Falten sind hier wie unten schematisch dargestellt, auf die Einzeichnung der meisten Längsstörungen wurde verzichtet.

Die Längsstörungen des Wettersteinkalkes wurden angedeutet.

Die Nordgrenze des Südflügels scheint hier durch zwei Bruch- spalten gebildet zu werden, zwischen denen der Hauptdolomit wider- sinnig südlich fällt. Die Aufschlüsse sind zum Teil mangelhaft.

[31] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. sl

-Die schwarzen Verbindungslinien unter den Profilen sollen nicht etwa den ungefähren Verlauf des Schubmassenfußes darstellen, sondern nur gewisse Einheiten andeuten. Es wäre ein Mißverständnis, nach Profil 3 und 5 etwa schließen zu wollen, daß die Wamberger Scholle und die Jurakreidemulde ein einheitliches Basalgebirge bildeten. Viel- mehr sind beide nur Fenster in Teilschollen der Hauptschubmasse, die Wamberger Scholle selbst ein Teil dieser Schubmassen. Es wäre vielleicht besser gewesen, die punktierten Linien auch unter der Wamberger Scholle durchzuführen (Profile 2, 3, 5—7).

Pronl 3.

Von diesem Profile an tritt das nördliche Vorland in den Bereich der Tafel. Hier erreicht die Leutaschscholle ihre größte Breite. Die Puitalpüberschiebung ist nicht hinreichend flach gezeichnet.

Profil 4a

soll die deutliche Diskordanz zwischen dem nördlichem Vorlande und den Raiblern, welche noch eine kleine lokale Sattelvermehrung auf- weisen, zeigen.

Profil 4.

Die Störungen des Schachengebietes kommen hier zur Darstel- lung. Ferner ist der eigentümliche Bau der Wettersteinsüdwand an- gedeutet. Die Vorbergscholle tritt zum erstenmal ins Profilbild; der Unterschied ihres Baues von dem der Mieminger Scholle [und der Gehrenspitze (Leutaschscholle) in Profil 3] ist auffallend.

Die partielle Überlagerung der jungen Schichten über die Vor- bergscholle (Profil 5 und 6) wurde fortgelassen, ebenso die Über- schiebung des Muschelkalkes der Vorbergscholle über die nördliche Randzone der Mieminger Scholle in Profil 6.

Profil 5.

Die im äußersten N des Profiles beobachteten Plattenkalke sind versehentlich fortgeblieben. Für unsere Zwecke sind sie ohne Belang.

Die (von der westlichen nicht abgetrennte) östliche Hauptwetter- steinscholle gelangt zum letztenmal zur Darstellung.

Bezüglich der Hauptdolomitmulde und der Hohen Munde vgl. pag. 84 ff.

Profil 6.

Bei Heimbach legt sich im Südflügel der Steppbergmulde noch Hauptdolomit unter den Plattenkalk. Ich beobachtete mehrfach im Lahnewiesgraben (vielleicht etwas östlich von unserem Profil), wie die Steppbergmulde mit dem Plattenkalk abschließt, der vom flachliegen- den Kramerhauptdolomit wenigstens lokal flach überschoben wird. Diese charakteristischen Verhältnisse habe ich wiedergeben zu sollen ge- glaubt. [Dabei ist es durchaus möglich, daß das Heimbachsche Profil seine Richtigkeit an anderen Stellen erweist.]

Neuerlich ist es mir fraglich geworden, ob das Einfallen des Hauptdolomits zwischen der Loisach und Ober-Greinau richtig ein-

32 K. €. von Loesch. [32]

gezeichnet ist. Das gleiche gilt für seine Fortsetzung im Gschwand- wald (Profil 7). Doch kann ich keine diesbezügliche Notiz in meinen Aufzeichnungen finden. Dieser tiefgelegene Hauptdolomitzug ist, weil mit diehtem Walde bedeckt, schlecht aufgeschlossen.

Die Liegendgrenze der [westlichen] Hauptwettersteinscholle am Nordfuße des Waxensteines mag besser zwischen die Partnachschichten und den Muschelkalk zu legen sein.

Hier versagt der Maßstab unserer Profile; denn bei der erforder- lichen Vereinfachung können so schwierige Verhältnisse [wie die in und um den Stangenwald] nicht auch nur annähernd wiedergegeben werden.

In den oberen Partien des Wettersteinkalkes ist noch ein Teil der östlichen Wettersteinscholle enthalten, der über die westliche ge- schoben ist. Der Maßstab ließ leider die Trennung beider nicht zu. Die UÜberschiebung ist vom Platt aus leicht erkennbar.

Im Hohen Kamme erreicht die Zone junger Schichten ihre größte Höhe. Beachtenswert sind Muschelschichten, die sich im Gaistale nord- fallend unter dem Wettersteinkalk der Vorbergscholle einstellen. (Man vergleiche dieses Profil mit Schlagintweits Fig. 1 in 8, pag. 83.)

Pronl 7.

Zum letztenmal ist die Wamberger Scholle dargestellt. Mit ihrem Verschwinden nimmt [nehmen] die Vorschuppe[n] der westlichen Haupt- wettersteinscholle an Mächtigkeit zu! Südlich des Wettersteingebirges geht das Profil gerade durch jenen Abschnitt, in dem Schutt- und Moränenmassen die westliche Fortsetzung der Vorbergscholle (Feldern- alm) verdecken. Da hier erhebliche Zweifel über die Gestaltung des Anstehenden vorliegen !), wurde von einer Eintragung abgesehen.

Profil 8 und Profil 9.

Wenizer weit voneinander entfernt, als die anderen Profile unter- einander, geben sie die Verhältnisse am Issentalköpflkomplex wieder.

In beiden ist der Hauptdolomit zur Triasschubmasse und nicht zum basalen Gebirge gestellt worden. Vgl. die eingehenden Bespre- chungen pag. 77 und pag. 81 ff. Die Schichtenwiederholungen sind hier sehr auffallend; der Maßstab ließ hier eine Eintragung von Verwer- fungslinien nicht zu.

Versehentlich blieben hier [wie in Profil 7, 10 und 11] die Ver- werfungen im Wettersteinkalke, welche die hintere nördliche Randzone gegen S begrenzen, fort. Die „Terrasse“ tritt ganz schön heraus.

Profil 10. Die jungen Schichten (J) am Südfuße des Raueck sind die ein- geklemmten Aptychenschichten vom Brandgraben (vgl. pag. 28).

Die Vorschuppe und die Wettersteinscholle werden unmittelbar hinter dem Stirnrande von Profil 10 geschnitten.

ı) Vgl. pag. 82 ft.

E

[33] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 33

» Prone It:

Nur noch der Südflügel reicht bis in unser letztes Profil hinein. Die Störungen des Drachensees deuten schon die anormale Entwick- lung im W des Mieminger Gewölbes an.

Die roten Verbindungslinien.

Um das Bild nicht allzu sehr zu belasten, wurde von einer Ab- trennung in eine westliche und eine östliche Hauptwettersteinscholle abgesehen.

Die Absonderung der hinteren nördlichen Randzone in den Pro- filen 6 bis 11 unterblieb jedoch aus Versehen.

Mit Absicht wurde bei der Abgrenzung der Vorbergscholle die Version dargestellt, die den Issentalköpflkomplex zur Vorbergscholle rechnet (vgl. pag. 81 ff.). N

Wer die andere, auf dem Übersichtskärtchen dargestellte, be- vorzugt, wird die Vorbergscholle zwischen Profil 6 und 7 ausgehen lassen.

Die Verbindungslinien im nördlichen Vorgebirge westlich der Loisach sind nur approximativ.

V. Die Begründung der Scholleneinteilung. Besprechung der einzelnen Gebirgsteile.

A. Karwendelabbruch und Arnspitzenzug.

Während die Gipfel der östlichen Isartalseite von N nach S an Höhe im allgemeinen verlieren!) und dieser westliche Karwendelzug ’’) bei Scharnitz das Tal erreicht, bietet die gegenüberliegende westliche Talseite ein gerade entgegengesetzes Bild: im N liegen geringere Höhen °), die noch dazu durch das Leutaschtal getrennt sind; allmählich steigt der Arnspitzenkamm *) gegen S hin an, um dann fast schon in der Breite von Scharnitz wieder abzusinken.

Die Isar läuft diesen SSW gerichteten Kämmen nicht parallel, da ihr Oberlauf von der Porta Claudia bis zur Breite des Schwarz- waldes und Tiefen Tales NNW gerichtet ist: eine Folge des Wetter- steinkalkquerriegels vom Arntalkopf (1524 m).

Nördlich vor diesem liegt der Riedboden, eine sehr bemerkens- werte Erweiterung des Talbodens der Isar, welche die Enge von Scharnitz durchbrochen hat.

‘) Von der vorderen Karwendelspitz [2373 m] im N bis zur Brunnenstein- spitz [2044 m] im S = 25 km.

?) Von dort bis Scharnitz (960 m) fällt der Kamm stark [wiederum 2°5 km].

®) Burgberg 1194 m, Wildsteigkopf 1422 m.

4) Schartenkopf 1619 m, die Scharte selbst mit 1447 m, hinter ihr die Vor- gipfel |1743 m, 1931 m und 2008 m) und die Arnspitze mit 2196 m. Von hier biegt der eigentliche Kamm gegen WSW ab.

Jahrbuch d. K. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v, Loesch.) 5

34 K. C. von Loesch. [34]

Der Wettersteinkalk zu beiden Seiten dieser Enge muß einer tektonischen Einheit zugerechnet werden; die auf beiden Talseiten unmittelbar und konkordant!) auf dem Wettersteinkalk folgenden Raibler Schichten bei Eisack und im Arntalwalde!) beweisen dies und lassen erkennen, daß nicht einmal eine [junge] Blattverschiebung hier stattgefunden hat.

Dafür scheint aber der Riedboden eine Folge hier sich sammeln- der, zu Tale gehender Störungslinien zu sein.

Dahin konvergieren einmal von NNO und NNW die Schubflächen der Vorderen Karwendel- und der Wildsteigkopfüberschiebung; ferner streichen hier ostnordost-westsüdwest verlaufende Längsstörungen durch, die sowohl am Karwendel- als auch am Arnspitzenzuge auffallen.

Während die Schubflächen (im O stärker und im W weniger stark) geneigt sind, stehen die Longitudinalstörungen steil.

Die Wildsteigkopfüberschiebung, deren Fallwinkel am Würzberg- gewölbe feststellbar ist, muß zwischen überschobenem und überge- schobenem Muschelkalke etwas südlich von P. 957 am Ausganz des „Tiefen Tales“ zu Tal- gehen.

Die nach Rothpletz SO fallende Schubfläche der [von Ampferer als erstem nachgewiesenen] Vorderen Karwendelüberschiebung ist in den höheren Lagen des Westabbruches des Karwendelgebirges ziemlich gut aufgeschlossen. Sie gliedert sich nach Ampferer (3, Fig. 49) in mehrere Schuppen. Sie liegt in größeren Höhen ziemlich flach und soll etwa vom Wasserfalle an steiler fallen.

Wo sie zu Tal geht, konnte bisher nicht einwandfrei nachge- wiesen werden, da das Schuttdelta der Roßlahne viel Gelände bedeckt und eine nördlich von ihr talabwärts streichende Verwerfung (?) eine Rolle spielen mag. Wenn es darum zweifelhaft bleibt, ob der Wetter- steinkalkklotz des Brunnensteinköpfls noch zur Schubmasse oder zu deren Unterlage zu rechnen ist, so kann doch mit Sicherheit an- genommen werden, daß die vordere Karwendelüberschiebung nicht wesentlich südlicher als das Brunnensteinköpfl zu Tale geht.

Mit der Wildsteigkopfüberschiebung wird sie wohl unter der Sohle des Riedbodens [vielleicht 500 m nördlich P. 954 am Knick des Weges Porta Claudia- ehemaliges Scharnitzer Bleibergwerk der Reis- schen Karte] zusammenhängen.

An den aus Muschelkalk und Wettersteinkalk unterschiedlicher Schollenzugehörigkeit bestehenden Isartalgehängen sind drei getrennte Vorkommen von jüngeren Schichten, jedesmal von sehr geringem Um- fange aufgeschlossen.

Das erste bei der Sulzleklamm in Höhe von rund 1600 »» wurde durch die Rothpletzsche Karwendelaufnahme bekannt und weist Kössener- und Juraschichten auf.

Das zweite |von Ampferer entdeckte] liegt an der anderen Tal- seite unmittelbar über der Talsohle beim Scharnitzer Bleibergwerk (941 m) und besteht aus Juraschichten 2).

.‘) Ampferer zeichnet unrichtigerweise in Blatt Zirl eine Störungslinie hier ein. Näheres siehe pag. 41.

?) Schlagintweit beobachtete hier noch Neokomschichten.

[35] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 35

„Ein drittes [suchte und] fand ich am Brunnensteineck, wiederum auf der Karwendelseite, wo die Rothpletzsche Karte ein kleines Muschelkalkvorkommen eingezeichnet enthält. Nur Aptychenkalke [und Muschelkalk|.

[Näheres über dieses Vorkommen s. pag. 39. Vorgreifend sei bemerkt, daß das Sulzleklammvorkommen mit den Überschiebungen des Karwendel- und Arn- spitzenzuges zusammenhängt.

Die beiden anderen sind durchaus anderswertig, weil anders gelagert: sie sitzen auf steilgestellten Längsspalten innerhalb der Schubmassen.]

(Die Auffassungen anderer Autoren.)

Während Schlagintweit (ohne Angabe von Gründen) einen ur- sächlichen Zusammenhang dieser Vorkommen sowohl mit den Über- schiebungen als auch „mit anderen Schuppen innerhalb der Trias- massen* ablehnt, sehen Rothpletz und Ampferer sie als Charak- teristika der Schollenbewegung des Karwendelgebirges an, die über das Ausmaß der Fortbewegung unter Umständen Anhaltspunkte geben können. Dem schließt sich der Verfasser vollkommen an.

Rothpletz!), der nur die Sulzleklammschichten bespricht, will sie als notwendige Folgen von großen Schollenverschiebungen gelten lassen.

Dagegen hält Schlagintweit das Sulzleklamm- und das Blei- bergwerkvorkommen „für ein emporgepreßtes Stück des Unter- grundes“, der „vielleicht sogar aus dem Zusammenhang mit dem basalen Gebirge gelöst“ ist.

Es ist auffällig, daß er, der doch das ganze Wetterstein- und Mieminger Gebirge durch den horizontalen S-Schub über eine Basis von jungen Schichten gleiten läßt, hier mit einer rein vertikalen Auf- pressung des Untergrundes rechnet.

In diesem Aufschluß erblickt er eine Bestätigung dafür, „daß die Zone der jungen Schichten“ [sc. des Puitentales und südlich der Wettersteinsüdwand] „entsprechend ihrem Absinken nach O vom Scharnitzjoch an unter das Arnspitzenmassiv untertaucht und unter ihm nach O fortsetzt.“ (Eine weitere Fortsetzung dieser jungen Schichten soll in denen des östlichen Karwendels „unter der lasten- den Decke wieder ans Tageslicht treten“. Für die letzte Annahme fehlt jeder Beweis, doch scheint Ampferer von ähnlichen Vorstel- lungen beeinflußt zu werden.)

Mir erscheint es zweifelhaft, ob überhaupt junge Schichten unter dem ganzen Arnspitzenmassiv liegen. Denn wenn es auch den An- schein hat, als ob die Jurakreidemulde des Puitentales nach O hin unter das Arnspitzenmassiv sänke, so wissen wir nichts davon, wie weit sie reicht.

Eine „Aufpressung“ so kleiner Mengen von der Tiefe kann man sich nicht leicht vorstellen. Es ist natürlicher, sie als mitgerissene Fetzen bei Horizontalbewegungen aufzufassen, die dann freilich nur als longitudinal gerichtet aufzufassen sind.

!) 15, pag. 200.

36 K. C. von Loesch, [36]

Schlagintweit (8, pag. 80) und Ampferer (4, pag. 454) vermuten, daß die Vorkommen an der Sulzleklamm und am Bleiberg- werk zu ein und derselben Störungslinie gehören (Schlagintweit), daß sie einander fortsetzen (Ampferer). Wäre das zutreffend, so müßte gefolgert werden, daß eine gleiche Ursache (derselbe Schub) sie abgerissen und an ihren heutigen Platz gebracht hätte, ferner daß sie zwischen zwei jeweils gleichwertigen ‚Schollen auf ein ‚und derselben Spalte säßen.

Identität von Karwendel- und Wildsteigkopfüberschiebung.

Selbst wenn man davon absieht, daß an der Sulzleklamm Kössener Schichten vorkommen, die am Bleiberg fehlen, dort aber Schlag- intweit wiederum Neokom beobachtet hat, so kann aus anderen Gründen die obige Vermutung als unwahrscheinlich erwiesen werden.

Das Sulzleklammvorkommen ist nämlich an die Basis der schräg- fallenden Karwendelüberschiebungsschubfläche angeklebt, deren öst- liche Fortsetzung die Wildsteigkopfüberschiebungist (Reis, Ampferer), was Schlagintweit freilich nicht wahr haben will.

Der Aufschluß nördlich des Bleibergwerks liegt aber etwa 800 m südlich der Stelle, wo die Wildsteigkopfüberschiebung zu Tale gehen muß. Auch ist er zwischen zwei senkrecht stehenden Wänden von Wettersteinkalk eingeschlossen, die man noch mehrere hundert Meter bergauf bis etwa Punkt 1340 an der bayrisch-tirolischen Grenze un- schwer verfolgen kann. Er liegt also an einer sehr steilstehenden Störungslinie, die eben darum schon, weil sich junge Schichten hier eingeklemmt finden, als eine solche erster Ordnung bezeichnet wer- den muß (vgl. Ampferer 4, pag. 453 und 454, Fig. 2, steilstehende Rutschflächen!),. Ampferers Annahme, daß er „ungefähr an der Sohle der Überschiebungsdecke“ liegt, ist darum nicht aufrechtzu- erhalten. |

Anderseits ist aber der innige Zusammenhang zwischen Schollen- bewegung und dem Einschlusse junger Schichten ebensowenig : zu leugnen, wie ganz im allgemeinen die Herkunft beider junger Schichteinschlüsse aus dem Anstehen dieser Schichten im östlichen Karwendel in Frage zu ziehen. Sie entsprechen den Juraeinschlüssen, „wie wir, solche durch das ganze Karwendelgebirge am Fuße der großen ÜUberschiebungsdecke verfolgen konnten (Ampferer 35, pag. 240). Das Vorkommen an der Hochalp zum Beispiel ist als ein analoges, vermittelndes anzusehen.

Hier gewinnen wir also ein sprechendes Argument für die öst- liche Herkunft der großen Triasschollen.

Was spricht nun dafür, daß die Wildsteigkopfüberschiebung die des vorderen Karwendelzuges fortsetzt? (Daß das Juravorkommen am Scharnitzer Bleibergwerk hier nicht in Betracht kommt, ist oben nachgewiesen. Das gleiche gilt für das Brunnensteineckvorkommen.)

l, Beide Schubflächen konvergieren auf den Riedboden zu.

2. Der Bau der Schubmassen ist ein ähnlicher, im N und zu- unterst Muschelkalk, im S darauf Wettersteinkalkschichten, die zu- meist SO bis SSO fallen,

[37] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 37

3. Schuppen sind in beiden Schubmassen häufig. Im Karwendel hat Ampferer sie nachgewiesen. Im Arnspitzenmassiv ist der Bau wohl verwickelter, als die Profile von Ampferer es angeben !).

4, Die erhebliche Höhendifferenz erklärt sich großenteils aus der. verschiedenen Höhenlage des unterliegenden Gebirges zu beiden Seiten der Isar. Denn während die Schubmasse auf der Karwendel- talseite dem fast saiger stehenden Leitersteiggewölbe (Rothpletz 15) aufruht, das an der Sulzleklamm 1400—1650 m, dessen nördlicher Wettersteinkalk aber mit dem Gerberkreuz (= südlich Karwendel- kreuz) 2300 m erreicht, liegt die Arnspitzenschubmasse. auf dem sehr flachen und niedrigen Würzberggewölbe. Es ist wohl nichts gegen die Annahme einzuwenden, daß dies Würzberggewölbe die westliche, an Höhe und Steilheit verlierende Fortsetzung des Leitersteiggewölbes sei.

[Ob zwischen der Höhe der Aufrichtung sowohl der Überschiebung als auch des überschobenen Gebirges direkte Wechselbeziehungen bestehen, kann die Frage sein.

Für unsere Untersachungen ist es nicht von Belang, ob das Leitersteig- gewölbe in der Tat so regelmäßig gebaut ist, wie es Rothpletz (15, pag. 199) gemäß den Aufnahmen Jaeckels annimmt. Ampferer will im südlichen, süd- fallenden Muschelkalkzuge des Rothpletzschen Leitersteiggewölbes die Fort- setzung der überkippten Schollen des östlichen Karwendelkammes’ erkennen.]

Entsprechend der stärkeren Auffaltung sind im Leitersteiggewölbe noch Reichenhaller Schichten entblößt. Diese finden sich auch in der Karwendelschubmasse, fehlen aber jedoch das ist der einzige Unter- schied auf der westlichen Talseite.

Longitudinale Störungen innerhalb dieser Schubmassen.

Nunmehr bleiben noch die longitudinalen Störungen zu besprechen, die in der Hauptsache südlich der Linie zu finden sind, auf der Kar- wendel- und Wildsteigkopfüberschiebung zu Tale gehen.

Sie scheinen jünger als die UÜberschiebungen zu sein, da sie die Schubmassen abschneiden. Sie durchlaufen gleichfalls den Riedboden und lassen diese Talerweiterung als tektonisch angelegt erscheinen.

Eine vordere zieht, wie schon erwähnt, von der Rothwand im (und später, wenn die Auffassung der Rothpletzschen Karte richtig ist, etwas nördlich vom) Tal der Roßlähne herab und schneidet mög- licherweise noch einen Teil des Leitersteiggewölbes (siehe oben) ab.

Jenseits der Isar setzt sie wohl in die Schlucht der Hasellähne fort und verbindet sich mit jener Störung am Nordabbruch der eigent- lichen Arnspitz (2196°9 m), auf die Ampferer (in 4) schon hinge- wiesen hat. Der neue Arnspitzenweg der Sektion Hochland hat eine

!) Das sehr unregelmäßige Einfallen ist durch den neuen Gratweg der Sektion Hochland von der „Scharte* bis zum Riedkopf sehr schön aufgeschlossen, an welchem ferner gut zu beobachten ist, daß der Muschelkalk über die Scharte am Nordhang des Achterkopfes noch weit heraufreicht. [Dieser Teil der Reisschen Karte ist nicht ganz einwandfrei. Man beachte die erheblichen Abweichungen auf dem Blatt Zirl und Nassereith.]

Die starke Quelle unterhalb der Scharte selbst, am Wege vom Wirtshaus zur Mühle spricht für das Durchstreichen einer nicht unbedeutenden Verwerfung.

38 K. C. von Loesch. [38]

ausgesprochene Mylonitzone im Wettersteinkalk unter der Scharte bei 1979 m aufgeschlossen.

Ob und inwieweit diese tektonische Linie mit einer der gleich- gerichteten jenseits des Leutaschtales (vielleicht mit jenen am Süd- abhang des Öfelekopfes oder im Puitalpfenster selbst?) zu verbinden ist, wird um so schwerer feststellbar sein, als gerade hier das Leu- taschtal durch eine jüngere Verwerfung zerschnitten ist.

Erst nach Vollendung dieses Manuskriptes war mir die Wichtigkeit dieser Linie vollkommen klar geworden und damit der Wunsch ent- standen, ihre Fortsetzung im Karwendelgebirge zu untersuchen. Ich besuchte das Brunnensteineck, wo die Rothpletzsche [und die Reissche] Karte ein kleines Muschelkalkrechteck anzeigt.

Hier fand ich die Fortsetzung unzweifelhaft belegt durch einen

weiteren Jurafetzen,

dessen Vorhandensein ich gewissermaßen als Prüfstein der Richtigkeit meiner Anschauungen gefordert hatte !).

Den Aufschluß, dessen rote Gesteine man schon von der Mitten- walder Bahn und Straße mit bloßem Auge erkennen kann, besucht man am leichtesten vom Leitersteigwege, wenn man etwa in Höhe der beiden etwas vom Wege abliegenden Aussichtsbänke auf dem Brunnenstein- köpfi nach S ohne Höhenverlust erst durch jungen, aber ziemlich lichten Föhrenwald, später über geneigte kahle Wettersteinkalkplatten traver- siert. Man gelangt dann auf ein nach unten breiter werdendes Schutt- feld, das von Wettersteinkalkwänden eingeschlossen wird, die sich nach oben hin zu einer Schlucht verengen, am Talboden aber über 200 m von einander entfernt sind.

Unterhalb dieser Verengung stehen, unter einer Bergahorngruppe, steilgestellte Juraschiefer typische, meist sehr gequälte Aptychen- kalke?) etwa in 1200 m Höhe an, welche ein reichliches Schutt- material ins Tal senden. Wie mir Herr Dr. Schlagintweit, der gleichfalls an der Schlußexkursion teilnahm und nach mir diesen Auf- schluß aufsuchte, mitteilt, sollen noch erheblich tiefer, unweit der südlichen Wettersteinkalkmauer, wo ich nur Juraschutt fand, an- stehender Aptychenkalk aufgeschlossen sein. (Unteres Profil.)

Etwas tiefer und nördlicher als der erste Juraaufschluß fand ich gleichfalls im Schuttkegel braunen Muschelkalk in geringer Ausdehnung. Dieser war es wohl, den die Rothpletzsche Karte anzeigt. Steigt man die meist nur 10 m breite steile, mit Muschelkalkschutt erfüllte Schlucht zwischen den beiden Wettersteinkalkmauern an (mittleres Profil), so gelangt man nach etwa 70 m an einen Abbruch. Während die südlich begleitende Wettersteinwand bis zu diesem Abbruch reicht, tritt die nördliche vorher gegen N zurück und verliert an Höhe.

'!) Am Tage zuvor gesprächsweise Herrn Privatdozenten Dr. Leuchs und einigen Teilnehmern der von ihm und Herrn Privatdozenten Dr. Dacque& geführten Sommersemesterschlußexkursion der Münchener Universität gegenüber.

?) Fossilleere rote, blaßgelbe, graulichgrünliche oder bunte Mergelkalke mit Tonhäutchen und vielen Spiegelflächen, zum Teil hornsteinführend.

[39] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 39

Der Abbruch selbst besteht aus Muschelkalkschichten, die gegen N verhältnismäßig gut erhalten sind, nach S hin immer mehr gequält erscheinen, um mit einer typischen Reibungsbreceie abzuschließen. (Oberes Profil.)

Zwischen dieser Breccie, von der schon am Einstieg in die Schlucht Reste [an der nördlichen Wettersteinwand] zu beobachten

Textabbildung 2.

N S ca. 1300 m { I ur nt R Fran K ca. 1250 m ca, 1200 m

Schubfetzen von Aptychenkalk zwischen alter Trias am Brunnensteineck. (Karwendelgebirge),

Zeichenerklärung:

Mk —= Muschelkalk. Wk —= Wettersteinkalk.. A = Aptychenschichten. $ Schutt.

= Ungequäiter Muschelkalk. 2 == Gequälter Muschelkalk. 3 = Reibungs- breccie. 4 = Rutschfläche. Die Kluft zwischen den beiden letzteren ist in den unteren Partien zu einer kleinen Höhle erweitert.

waren, und der südlichen Wettersteinwand klafft eine deutliche, wenn auch enge Spalte, die sich nach unten hin zu einer Art Höhle erweitert. Der Wettersteinkalk selbst ist abgeschliffen und zeigh liegende, in den Berg hineinstreichende Rutschstreifen.

Dieser neue Aufschluß liegt dem länger bekannten vom Schar- nitzer Bleibergwerk, nur duch das Isartal getrennt [1'5 bis 1'6 km', gegenüber. Beide sind von steilen Wettersteinkalkmauern umgeben, die

40 } K. C. von Loesch. [40]

bergan sich verengernd noch über eine gute Strecke!) hinaus ver- folgbar sind. i Es wird wohl niemand daran zweifeln, daß hier nur ein und dieselbe Störungslinie aufgeschlossen ist und daß ihr eine erhebliche Bedeutung zukommen muß. TEE WERE

In diesem Falle würde also der Wettersteinkalk südlich dieser Linie [mit dem Arntalkopf (1524 m) und vielleicht auch dem Arnkopf 1750 m], welcher ja ziemlich normal (Ampferer 4, pag. 455!) unter die Raibler des Arntalwaldes und damit unter den Hauptdolomit, des Hohen Sattels einfällt, zur Seefelder Hauptdolomit- scholle [Mieminger Scholle] zu rechnen sein.

Nach meinen (allerdings flüchtigen) Beobachtungen im Arnspitz- gebiete hat Reis dem Wettersteinkalk eine zu große Ausdehnung gegeben. Dessen Areal auf der Karte entspricht etwa dem des Wettersteinkalkschuttes, der von der Arnsteinspitze herabkommt. Aus ihm ragen aber Raibler Schichten (Rauhwacken !) sicher noch weiter ostnordöstlich hervor 2).

In der direkten Fortsetzung der oben charakterisierten Linie liegt der Unterlauf der auf pag. 37 besprochenen Hasellähnestörung. Vielleicht haben wir mit einer Gabelung und einer Verzweigung der Störungen so gut zu rechnen, wie mit der längst bekannten Duplizität. Welche Rolle die etwas anders gerichtete Verwerfung spielen mag, welche den Arntalkopf selbst vom Hauptteil des Wettersteinkalkes abschneidet, mag unerörtert bleiben.

Wenn auch der genaue Nachweis des Verlaufes der Hauptstörung im Wettersteinkalk über eine kurze Strecke hinweg noch aussteht, so ist doch sicher:

daß die Hauptstörungslinie des Bleibergwerks- und des Brunnen- steinecks identisch ist und

daß sie mit der Nordgrenze der Mieminger Scholle (Unterahren— Hoher Sattel—Arntalwald) konvergiert.

Daraus schließe ich, daß die Nordgrenze der Mieminger Scholle am Scharnitzer Bleibergwerk und am Brunnen- steineck fortsetzt.

Die westliche Verlängerung der Nordgrenze über die Leutascher Ache hinaus ist auf pag. 53 besprochen.

Die wichtigste Frage ist jetzt, wohin diese Störung in ihrem Verlauf nach W streicht, ob nördlich oder südlich um den Arnkopf (P. 1750 m) herum. In diesem Gebiete liegen keine neueren Beobachtungen. vor.

‘) Die tektonische Linie des Bleibergwerks habe ich bis zur Landesgrenze _ abgegangen, die des Brunnensteineck jedoch nicht weiter als bis zum oben ge- schilderten Abbruch. Möglicherweise steht sie mit der der Roßlahne in höheren Lagen in irgendeinem Zusammenhang. Es ist sehr schwer, ohne so schlagende An- haltspunkte, wie Einschlüsse fremder Schichten, eine tektonische Linie innerhalb von Wettersteinkalkmassen zu verfolgen, da in diesem einmal das Einfallen oft

a sennbar ist, zum anderen andere mehr untergeordnete Verwerfungsklüfte nie fehlen.

.) Bei 1660 m nach meiner Barometerablesung, am Wege vom Arntalwalde zur Hinteren Arnsteinspitze. Das Schuttband zwischen Wettersteinkalk und Raiblern ist von Reis zu schmal gezeichnet worden.

[41] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 41

Es mag sein, daß sie mit jener Linie im Wettersteinkalk zu verbinden ist, die am Südfuße der Arnspitz (P. 21969 m) durch- streichend, die unbedeutende Vorerhöhung P. 1967 m [oberhalb der Hütte und südlich des Gipfelweges] abschneidet. Diese läßt sich, so- weit sie nicht mit Schutt bedeckt ist, gut nach WSW, immer parallel mit dem Gipfelzuge Arnspitz Hinter-Arnsteinspitz (P. 2172 m) ver- laufend, verfolgen. Hier sind stets zwei verschiedene voneinander ab- stoßende Wettersteinkalkmassen unterscheidbar, bis mit dem Absteigen in ein niedrigeres Niveau Geröll- und Latschenbedeckung jeden sicheren Einblick verwehrt. Es scheint, daß diese Linie die direkte Fortsetzung jener Verwerfung ist, die am Hohen Sattel durch das schräge Abstoßen der Raibler und des Hauptdolomits der Seefelder Scholle vom Arn- spitzen Unter-Ahrenkopf-Wettersteinkalk auf der Reisschen Karte leicht erkennbar ist.

Die Lösung der Frage nach Fortsetzung der Nordgrenze über den Arntalwald nach O, welche Reis (durch eine punktierte Linie) andeutet, entbehrt nämlich des Zwingenden; die neuerdings von Ampferer im Blatt Zirl Nasserreith versuchte er trennt die Raibler vom Wettersteinkalk durch eine Verwerfung widerspricht seinen früheren Angaben (4, pag. 455).

Der Wettersteinkalk der Mieminger Scholle findet in den Massen des Brunnsteinspitz und des Brunnsteinkopfes seine östliche Fortsetzung. Diese fallen in schöner Regelmäßigkeit gegen S ein und stehen dabei in deutlichem Gegensatze zum Wettersteinkalk nördlich von ihnen. Ihr Zusammenhang mit den südlich bei Eisack angrenzenden Raiblern ist nicht gut aufgeschlossen : die Ampferersche Karte verzeichnet hier keine Störung.

Die Verfolgung des Verlaufes unserer Nordgrenze, die als steil- stehend angenommen werden muß, noch weiter nach fällt außer- halb des Rahmens der Arbeit.

B. Wo setzt die Wildsteigkopfüberschiebung nach W fort ?

Zurück zur Wildsteigkopfüberschiebung, die Reis einmal in den Ferchenseestörungen (die Leutasch überquerend) sich äußern, zum anderen mit Ampferer (7)!) durchs Leutaschtal auf- wärts sich fortsetzen läßt. Während aber letzterer die Nordgrenze [seiner Inntaldecke] durchs Puitental legt, läßt sie Reis vorher schon nach W abbiegen und den Ofelekopf[nordfuß] von der Wetterstein- scholle abtrennen, ein Gedanke, an den Schlagintweit (in seiner Polemik gegen Ampferer, 9, pag. 321) anknüpft.

Die von Ampferer bevorzugte Möglichkeit dürfte durch Schlagintweit (9) hinreichend widerlegt sein. Gegen die von Reis vorgeschlagene (Ofelekopfnordfuß) habe ich gleichfalls Bedenken. Denn es ist willkürlich, die Wildsteigkopfüberschiebung durch das Leutasch- tal über eine kürzere oder längere Strecke verlaufen zu lassen, da in diesem nur eine an der Verschiebung des Arnspitzenmassivs nach

!) Vergl. Ampferers interessante Ausführungen in 4, pag. 542. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Htf. (K. C. v. Loesch.) 6

49 K. C. von Loesch. [42]

N nachweisbare junge Querverwerfung zu beobachten ist. Letztere verschiebt die Nordgrenze von Mieminger Scholle (Gaistalmulde) und Seefelder Hauptdolomitscholle von der Oberen Gasse in Leutasch nach Ahren.

Noch weniger Anlaß liegt vor, am Nordfuß des Öfelekopfes eine tektonische Grenze zwischen diesem und der „Wettersteinscholle* zu konstruieren. Wo soll sie denn verlaufen ? Durch die Berglklamm ? Am Südabhang des Ofelekopfes mag eine wenig bedeutende Störung durchstreichen (Neokomaufschluß an der Ostseite), weiter nördlich aber bietet sich auch auf der Reisschen Karte gerade das Bild einer für diese Gegenden selten kompakten Muschelkalk-Wetterstein- kalkmasse mit nur wenigen, fast nördlich verlaufenden Verwerfungen.

Eine der schon von Ampferer beobachteten ostwestlichen Störungen !), etwa die nördlich des Arnspitzgipfels, mag sich im Puitental fortsetzen und neben anderen Ursachen Anlaß zu der dort fensterbildenden Erosion gewesen sein.

Das Hervortreten von Muschelkalk im Oberreintalkar etc. ist, wie an anderer Stelle auszuführen sein wird, auch anderweitig er- klärbar.

Für die Unbefangenheit von Reis spricht, daß er die Störungs- linie nördlich der Leutascher Dreitorspitze viel tiefer als das Aus- streichen des Muschelkalkes (etwa 2050 m), in zirka 1800 m Höhe durchs Schüsselkar streichen läßt. R

Es liegt also kein zwingender Grund vor, den Ofelekopf vom Wettersteinwandmassiv abzureißen.

So bleibt nur übrig, die Überschiebungsgrenze beim Gasthaus „zur Mühle“ die Leutasch überqueren zu lassen.

Wie schon erwähnt, verbindet Reis die Diskordanz zwischen dem Muschelkalk vom Südfuße Wettersteinspitz und dem Wetterstein- kalk des Grünkopfes mit der großen Blattverschiebung des Ferchen- seeraumes.

Meines Erachtens ist der Zusammenhang zwischen der letzteren und der Wildsteigkopfüberschiebung höchstens ein indirekter. Das geht schon daraus hervor, daß solche Blattverschiebungen bis weit nach O hin [im Zuge der Ferchenseewände] zwischen Raiblern und Wetterstein- kalk häufig sind und darum wohl auf die gleichen Ursachen, wie diese westlichste und bedeutendste zurückgeführt werden müssen. Zu ihrer Verstärkung mag die Wildsteigkopfüberschiebung immerhin + direkt ‚beigetragen haben; in ihr kann aber unmöglich eine Bewegung, die das Arnspitzenmassiv, Gehrenspitzen und Ofelekopf vortrug, ausgegangen sein. [Eher scheint die von der Scharte (zwischen Achterkopf und Schartenkopf) nach SO zwischen Wetter- steinkalk und Muschelkalk offenbar werdende, auf Punkt 941 beim Scharnitzer Bleibergwerk laufende Störungslinie mit der Ferchensee- störung verknüpft werden zu dürfen.]

Reis weicht auch mit seiner Linienführung von der durch die Grenze zwischen Muschelkalk und Wettersteinkalk nordwestlich des W. H. an der Brücke vorgezeichneten Störungslinienrichtung ab, was

') Siehe oben, pag. 37.

[43] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 43

durch den Böschungswinkel nicht hinreichend motiviert wird. Ampferer deutet im Blatt Zirl—Nassereith (27) diejenige an, der ich den Vorzug geben möchte, eine ausgesprochen nordwestliche.

Die S-Grenze der Hohen-Kranzbergscholle.

Ich glaube, daß die Grenze am Nordabhang der Wetterstein- spitze dann nach W umbiegt und allgemein auf eine größere Strecke diese Richtung beibehält, ziehe also die ganze Wettersteinwand, Musterstein und Dreitorspitzen zum ÖOfelekopfmassiv und zur Arn- spitzengruppe.

Hierfür sind folgende Erwägungen maßgebend. Die Kranzberg- scholle, die östliche Fortsetzung der Wettersteinmulde, erreicht nach W ihre breiteste Ausdehnung. „Unter den Wänden“ streicht steil- gestellt, aber normal (nur mit den schon erwähnten transversalen Blattverschiebungen) die Raibler Folge und der Wettersteinkalk heraus. Die tiefsten Depressionen finden sich im Gebiete der weichen Raibler (etwa in 1000 m Höhe). Der wenig gestörte, meist nordfallende Wetter- steinkalk, der ja härter ist, erreicht Höhen von 1200— 1589 m (Grün- kopf). Dann folgt das Leutaschtal (hauptsächlich hier ein Erosionstal) und schließlich stellt sich südlich des Würzberges der Muschelkalk unter dem Wettersteinkalk ein (kleines Würzberggewölbe). Alles in allem eine recht einfache Lagerung!), trotzdem dieses Gebiet mit südfallender Schubfläche vom Arnspitzmassiv überschoben ist.

Diese Höhen vom Grünkopf bis zum Burgberg sind erheblich niedriger ?), sowohl als die ihnen im SW benachbarten des Wetter- steinwandzuges als auch als die im O im Karwendelgebirge.

Nachdem wir dort mit einer großen UÜberschiebung rechnen und diese mit der Wildsteigkopfüberschiebung, wie im vorigen Kapitel nachgewiesen wurde, identisch ist, so liegt es nahe, die große Höhen- lage des Wettersteinwandzuges auf die gleichen Ursachen zurückzu- führen, indem man die Wildsteigkopfüberschiebung nördlich von ihm weiterlaufen läßt und den Wettersteinwandzug zur gleichen Schubmasse [Leutaschscholle] rechnet.

Wie schon darauf hingewiesen ist, liegt uns in den Bergmassen der Wettersteinwand bis zum Ofelekopf trotz unverkennbarer nord- südlicher Dislokationslinien ein selten kompaktes Massiv vor. Wir haben aber noch mehr Gründe), es von der eigentlichen Wetter- stein[mulden]scholle abzutrennen.

!) Vergl. das pag. 55 f. über lokale Sattelungen, die erst weiter westlich und nördlich sich finden, Gesagte,

?) Sicherlich ist der Abtrag durch (Glazial-) Erosion am Grünstein und am Burgberg nicht gering zu veranschlagen. Er langt aber nicht hin zur Erklärung dieser eklatanten Höhendifferenz, zumal ein solcher ja auch am Wetterstein- und Karwendelzuge, wenn auch in etwas geringerem Maße, stattgefunden hat.

®) Hier stellen sich an der Fleckalpe (in gestörter Lagerung?) Partnach- schichten ein, die abgesehen vom äußersten westlichen Norden, dem Nordabfall des Waxenstein, der Wettersteinscholle fremd sind, in der östlichen Haupt- wettersteinscholle aber gänzlich fehlen. Ihr Anstehen an der Fleckalpe darf vielleicht für die allogene Herkunft der Scholle als Symptom mitverwendet werden. Ich erinnere hier an die durch Stollen am Schachtkopf (Westabfall der

6*

44 K. C. von Loesch. [44]

Es mag etwas Bestechendes haben, in den Wettersteinkalk- und Muschelkalkmassen dieses Massivs das natürliche Liegende der west- lichen Teile der Hohen Kranzberg-Scholle zu erblicken, wie wir es mit den entsprechenden Schichten des Grünkopfes und Würzberges für deren östlichen Teil getan haben.

Dann bleibt aber einerseits die Frage nach der Fortsetzung der Arnspitzenmasse ungelöst, nachdem wir es für unmöglich gefunden haben, die Grenze nordöstlich des Öfelekopfes oder durchs Puitental zu legen und man müßte die Arnspitzenüberschiebung mit dem Leu- taschtal überhaupt endigen zu lassen, wozu die Verhältnisse keines- wegs auffordern. (Übergreifen des Muschelkalks beim „W.H. an der Mühle“ über das Tal der Leutascher Ache.)

Anderseits ist die große Mächtigkeit des Wettersteinkalkes [der Dreitorspitz— Wettersteinwand-- Öfelekopfmasse] und die Ver- mehrung der Raibler Züge vom Gamsanger unter der oberen Wetter- spitz bis zum Aussichtspunkt am Königshaus dann völlig unerklärlich.

Hier bedarf es eines weiteren Ausholens, einer Einschaltung morphologischer Betrachtungen.

C. Der Verlauf der Gipfelzüge in den beiden Haupt- wettersteinschollen.

Sicher ist, daß mit der ich sage der Kürze wegen nur Wetterstein- wandmasse ein fremdes Element [von O her] in (den Bau und) die Anordnung der Züge des Wettersteingebirges tritt. ;

Vorgreifend bemerke ich hier, daß ich den Wettersteinkalkzug vom Zug- spitzgatterl bis zum Schüsselkar als Zwischenscholle gleichfalls von der Haupt- wettersteinscholle abtrenne und ihn in eine gewisse, später näher zu bezeichnende Verbindung mit der Leutaschscholle bringe.

Morphologisch zeigt das Wettersteingebirge zumeist Längstäler, einige un- bedeutende Diagonaltäler und ein ausgesprochenes Quertal, das des Partnach- Südnordverlaufes von der Bockhütte bis zum Eintritt des Baches in die Loisach- niederung.

Diese Längstäler!) entsprechen dem Gebirgsstreichen, und zwar entweder dem der gleichfalls meist O—W streichenden tektonischen Linien (zum Beispiel Ferchenbach—Düsselgraben) oder seltener sind sie direkt aus dem Faltenbau, respektive dem Schichtstreichen zu erklären. (Beispiele Bodenlähne und die De- pression am Ferchensee und Lautersee.)

Im allgemeinen kann gesagt werden: die Hauptkamm- und die Haupttalzüge entsprechen dem ursprünglichen Muldenbau der Schollen vor der Schubphase, die die Unregelmäßigkeiten (außer jenen durch die verschiedene Härte der Gesteine, die jungen Störungen und die Ereignisse der Vergletscherungsperiode bedingten) im Gebirgsbau und der Talanlage erst geschaffen hat.

Mieminger Berge) aufgeschlossenen Partnachschichten und ähnliche Vorkommen, ohne weitgehende Schlüsse ziehen zu wollen, für die hinreichende Argumente noch nicht beisammen sind.

!) Das Entwässern, das heute manche Anormalitäten zeigt, wäre gesondert zu untersuchen, würde aber zu weit vom Thema abführen.

[45] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 45

Im Westen begrenzen ein südlicher Zug (Wettersteinwände—Gatterköpfe) und ein mittlerer Zug (Zugspitze—Höllentalspitzen) die primäre Plattmulde der west- lichen Hauptwettersteinscholle. Der nordöstliche Verlauf des Höllentalzuges, der durch das Partnachdurchbruchstal im O durchschnitten wird, zeigt dieses Bild weniger klar: hier mag neben anderen Ursachen!) die schuppende Heraufschiebung der östlichen Hauptwettersteinscholle über die westliche als Hauptgrund der Ano- malie angesehen werden.

Diese Scholle, die deutlich?) von Osten heraufgeschoben ist Reis hat die Schuppungszonen sehr deutlich dargestellt unterscheidet sich zwar nicht uner- heblich im Bau von der westlichen, [indem ihr nach N zu die Muschelkalk- und Wettersteinkalktrias fehlt], ist aber doch als die ursprüngliche direkte östliche Fortsetzung der westlichen anzusehen: in der allgemeinen Längenerstreckung wird durch den Schub eine Verkürzung eingetreten sein, deren Folgen wir in dem sonst keineswegs erklärbaren Erscheinen eines zweiten nordsüdlichen Zuges erblicken müssen. Dieser läuft dem westlicheren [Wetterwandeck— Schneeferner- kopf und Zugspitz-Riffelwand] parallel und ist [ähnlich wie dieser] als ein jedoch etwas maskierter Stirnrand anzusehen.

Sahen wir einerseits nun in der östlichen Scholle die natürliche Fortsetzung der westlichen, so muß anderseits konstatiert werden, daß der Zusammenschub nicht ganz rein [d. h. nicht in der primären O—W-Folge] die in nunmehr ostwest- licher Richtung aufeinander folgenden Teile wenn auch mit Auftürmung des am meisten zerpreßten Mittelstückes aneinander gebracht hat. Ein Blick auf die Karte von Reis (und anf meine Übersichtskarte) zeigt, daß die östliche Scholle nach N vorspringt. Aber auch schon in der westlichen Scholle ist [von W nach O] nördlich der Linie Wiener-Neustädterhütte Zugspitz ein solches Zurückweichen und Vorbiegen nach N der östlicheren Teile zu beobachten.

Wir erhalten den Eindruck, daß der ursprüngliche Verlauf der Urwetter- steinmulde (vor der Schubphase) wohl kein rein westöstlicher war.

Ob die Gebiete nördlich und südlich des „mittleren Zuges“ der östlichen Scholle nicht wiederum in manchem als einander gegenüberstehende Einheiten von gewisser Selbständigkeit aufzufassen sind, kann erwogen werden; desgleichen die Frage, ob nicht die Urwettersteinscholle eine Anschwellung nach S (Plattmulde) besaß und sich nach O zu verjüngte. Immerhin scheint diese Annahme nicht un- bedingt nötig, da die Tatsachen des Zusammenschubes und der Abweichung vom reinen Westoststreichen nach N die heutigen Verhältnisse hinreichend erklären dürften.

Ferner beobachten wir, wie im oberen Partnachtale (östlich der nach O ab- sinkenden Plattmulde) ein Querriegel, der jenem nördlich des „mittleren Zuges (von der Alpspitz über den Höllentorkopf zum Schwarzenkopf) entsprechen sollte, fehlt.

Daraus schließen wir, daß die östliche Wettersteinscholle entweder nie nach S bis ins Partnachoberlauftal reichte oder daß sie dort nur noch so schwach ver-

ı) Die Vorschuppe, die Aufwölbung des Höllentalangers und vielleicht noch andere mehr.

2) Die Verhältnisse liegen dabei hier sehr kompliziert: die Störungen im Wettersteiukalk sind zahllos; zunächst sind sie leicht aufzufinden, aber dann un- endlich schwer mit Sicherheit zu verfolgen, so daß eine sichere Trennung der zu der westlichen und der östlichen Scholle zu stellenden Komplexe kaum je exakt durchführbar sein wird.

46 K. C. von Loesch. [46]

treten war, daß sie der Erosion keive wesentlichen Hindernisse entgegenzustellen vermochte.

Am Aufbau des „mittleren Zuges“ mögen beide beteiligt sein, die westliche stärker im W und in den unteren Wettersteinlagen, die östliche im (äußeren) Osten und hauptsächlich in der Gipfelregion. Letzterer scheint mit dem Hohen Gaif- kopf das Tal zu gewinnen und möglicherweise sich mit dem Zunderkopf das heutige Partnachtal übergreifend am Aufbau von dessen Südwand noch zu beteiligen. Doch handelt es sich hier, ganz ausdrücklich bemerkt, erst um Wahr- scheinlichkeitsurteile. Weiter nach O hin wird die östliche Scholle durch die Part- nach mit ihrem Nordsüdlaufe quer durchschnitten.

Die Mehrzahl der Täler dieser Region folgt nicht dem Muldenkern, der durch den verhältnismäßig harten, noch dazu etwas aufgewölbten Hauptdolomit gebildet wird, sondern den ihn unterteufenden Raiblern, wenigstens im N und östlichen S, während diese im SW eine sehr hohe Lage und eine Vermehrung der Züge er- fahren haben.

Sehen wir noch von der Wettersteinsüdwand zwi- schen Gatterl und Schüsselkarspitz ab, so können wir nunmehr zum eigentlichen Thema zurückkehrend, fest- stellen,daß sichim Wettersteinwand-, Dreitorspitz- und Ofelekopfgebiet neue Gipfelzüge, sowohllongitudinale als auch ein transversaler einstellen.

Allein hieraus schon sollte man auf die Möglichkeit schließen, daß sich hier eine neue tektonische Einheit einstellt.

Mag man auch noch vorerst im Öfelekopfzug, der freilich stark aus der rein ostwestlichen Richtung des Zuges Gatterl— Scharnitzspitz abbiegt, seine Fortsetzung erblicken wollen, so ist es ganz aus- geschlossen, im Zuge Törlspitz Musterstein— Wettersteinwand eine Fortsetzung des vorbesprochenen „mittleren“ Zuges (Zugspitz-—-Gaif- kopf) zu sehen und ersteren über den Grünkopf nach O verlängern zu wollen. Die wahre, freilich durch Erosion teilweise auf- velöste Fortsetzung dieses „mittleren® Zuges ist die GipfelreiheSteilenberg— Kämikopf—Zirbelkopf,denen sich nach W der niedere, aber geschlossene Zug Grün- kopf— Burgberg unmittelbar anschließt. Hier haben wir das natürliche südliche Ausstreichen der östlichen Wettersteinmulde vor uns. Die Gipfel werden hier (wie dies schon im „mittleren“ Zuge jenseits der Partnach vereinzelt der Fall war) bisweilen auch von Raibler Gesteinen gebildet. Zu dieser aufgelösten Gipfelreihe sind auch in gewissem Sinne die aus der Zuganordnung nach S vorgeschobenen Gipfel des Schachentorkopfes und des noch südlicheren Schachen- kopfes zu rechnen.

Wir haben es mit einem großen mittleren Zuge, der sich von der Zugspitze über den Gaifkopf (das Partnachdurchbruchstal über- setzend) in die Reihe der aufgelösten Kette bis zum Burgberg an der Isar fortsetzt, zu tun, dessen Gipfel etwa vom Hohen Gaif an nach O von unter dem Hauptdolomit zu Tag streichenden Raibler- und Wettersteinschichten gebildet wird.

Der diesem Zuge unmittelbar südlich vor- [und orographisch höher] gelagerte Zug der Wettersteinwand von der Törlspitze bis zur Wettersteinspitze verläuft im Gegensatz zu dem vorigen rein ostwest-

[47] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 47

streichenden in westsüdwest-ostnordöstlicher Richtung und gabelt sich mit ihm gerade dort, wo die Wildsteigkopfüberschiebung in nord- westlicher Richtung jenseits des Leutaschtales zu Berge steigt. Es ist auffallend und sichertektonisch begründet, daß der Wettersteinwandzug nicht in einer Geraden verläuft. Genau die gleichen Erscheinungen (Richtung und Un- gradheit) bemerken wir im Zuge Schüsselkarspitz (ex- klusive»—Öfelekopf und dem zwischen beiden lie- genden Tale.

Ein weiterer nordsüdlicher Querzug, der der beiden Dreitor- spitzen, bildet ein Analogon zu dem oben besprochenen (Alpspitz- Schwarzenkopf) und ist wie dieser als Stirnrand zu deuten, der das Wettersteinwandmassiv nach W abschließt. Die Dreitorspitzen hängen nach O über den Söllerpaß mit dem Öfelekopf zusammen. Letzterer ist, wie pag. 50 ausgeführt, nicht vom Gehrenspitzmassiv zu trennen. Beide finden ihre Westgrenze an der gleichfalls unten besprochenen Schichten- umkehr. Nach S hin ist die Gehrenspitze vom Hauptdolomit der Gais- talmulde leicht zu unterscheiden.

So sehen wir nach N und W das Wettersteinmassiv gut abge- schlossen. Gegen SO grenzt es mit dem Arnspitzenmassiv längs der Leutascher Ache. Da wir für dieses keinen nordwestlichen Abschluß finden konnten, das Leutaschtal aber nur ein Erosions- und Ver- werfungstal ist, so vereinigen wir Wettersteinwandzug, Ofelekopf, Gehren- spitzen- und Arnspitzenmassiv als eine neue Scholle und nennen sie die Leutaschscholle.

D. Das Puitental.

Auf den von Ampferer zu Unrecht bestrittenen hohen Er- kenntniswert der Puitalpaufschlüsse zuerst hingewiesen zu haben, ist ein Verdienst von Schlagintweit.

In der Verallgemeinerung seiner Schlußfolgerungen wird ihm jedoch kaum jemand folgen wollen.

Anderseits sind manche wichtige Einzelheiten !) von ihm nach- lässig oder unrichtig dargestellt worden.

!) So besteht die von ihm (8, pag. 79) behauptete spiegelbildliche Lagerung der Trias zu beiden Seiten des Puitentales, wie allein schon ein Blick auf die Reissche Karte lehren sollte, keineswegs.

Der Muschelkalksockel der Gehrenspitze (S) ist weit schmäler als der ent- sprechende im N und nur in der östlichen Hälfte vorhanden. Sein Verschwinden iu zirka 1600 m Höhe ist leicht zu beobachten. Überquert man gerade von dort aus die Puitalpe, um den rauhen Pfad zum Söllerpaß (2200 m) hinaufzusteigen, so bleibt man fast bis zur Paßhöhe (bis etwa 2100 m) im Muschelkalk. Eine so beschaffene Lagerung sollte man nicht als „genau die gleichen Verhältnisse“, als „genaue Spiegelbilder“ bezeichnen.

Damit werden für die Gesamtauffassung wichtige Tatsachen, die später be- sprochen sind, unterdrückt.

Dementsprechend sind auch die Formationen auf dem Lichtbild Nr. 14 durch Schlagintweit unzutreffend eingetragen.

Der Muschelkalk reicht [auf dessen rechter Seite] noch mindestens über die Buchstaben e und = von Wettersteinkalk herauf. Der Söllerpaß oder doch dessen allernächste Umgebung sind von dem Photo noch getroffen.

[48]

K. C. von Loesch.

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[49] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 49

Erklärung zu vorstehender Karte,

Das halbdiagonal stehende, schrägschraffierte Fastrechteck gibt etwas sche- matisiert die Lage der Leutaschscholle wieder; die der südlichen Haupt- scholle ist durch senkrechte Striche, die der Jura-Kreidemulde, die noch unter die Leutasch-Scholle einschießt und dort ein Erosionsfenster bildet, durch etwas unregelmäßig verteilte Kreischen signiert, die Vorbergscholle schwarz.

- Die wagrechten, sehr schwachen aber engen Striche zeigen die Gegenden an, wo im Tal der Leutascher Ache und im Isartal (im äußersten Osten) das an- stehende Gebirge unter Schutt etc. versinkt.

Weiß gelassen ist das Gebiet östlich der Isar (Karwendelgebirge), das der östlichen Haupt-Wettersteinscholle im Nordosten, das der Schmalen- Schollenregion, welche durch die punktierten Linien (= Längsverwerfungen) begrenzt werden, und die Zwischenscholle [ein fast rechtwinkliges Dreieck, das nach NNW durch die (längere, stark punktierte) Linie @ (= Zugspitz—Gatterl) bis F (= Frauenalp) als Hypotenuse, nach Osten durch den Dreithorspitzzug der Leutaschscholle und nach Süd durch die Nordgrenze der Jura-Kreidemulde als Katheten begrenzt wird]. Die kürzere, stark punktierte Linie zeigt die Nordgrenze der oberen Etagenschuppen der Zwischenscholle an.

Die an den Längsverwerfungslinien (punktierten Linien) oft auftretenden Überschiebungen haben keine gesonderte Darstellung gefunden.

Die Signaturen für de Kammzüge und die isolierten Gipfel sind auf der Figur selbst erklärt.

Der Pfeil zeigt die ungefähre Hauptschubrichtung der Leutasch-Scholle an, die der allgemeinen Schubrichtung entsprechen dürfte.

Der nördlichste eingetragene Gipfelzug [rö. des Partnach-WO-Laufes und des kurzen Leutascher Achen-WO-Laufes kurz vor deren Mündung in die Isar] ist der unterbrochene „mittlere Kammzug des Wettersteingebirges, den die drei nörd- lichen isolierten Gipfel des (von W nach O) Steilenbergs, Kämikopfs und Zirbel- kopfs repräsentieren.

Die ostwestlich bewegte, aber wie der Verlauf ihrer Gipfelzüge schon an- zeigt, halbdiagonalachsige Leutaschscholle hat vom mittleren Wettersteinkamm, den sie unter einem spitzen Winkel traf, die obgenannten schmalen Längsschollen abgespalten und nach W bewegt.

Die Südgrenze der normal unter dem Hauptdolomit der östlichen Haupt- wettersteinscholle herausstreichenden Raibler liegt fast stets nördlich des mittleren Kammzuges, der von Wettersteinkalk gebildet zu sein pflegt.

M = Mittenwald. $S = Seefeld. a—a —= SO-Grenze der Leutasch- scholle (zwischen Unterahren und dem ehemaligen Scharnitzer Bleibergwerk).

Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1 u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) gi

50 K. C. von Loesch. [50]

Freilich, daß im Puitental eine deckenförmige Überlagerung des Neokoms durch die Trias vorliegt, hatte Reis schon vor ihm erkannt.

Ampferer (4, pag. 554) sieht im Puitental nur eine beschränkte Über- lagerung. Schon 1905 rechnete er nur die Gehrenspitze zum Arnspitzenmassiv und stellte sie in einen tektonischen Gegensatz zum Öfelekopfmassiv, das erst mit der Wettersteinsüdwand (von W bis zur Scharnitzspitze), dem Dreitorspitzenzuge und dem Wettersteinwandzuge als den Südflügel seiner Wettersteinmulde?!) ansieht.

Es ist meines Erachtens nicht erforderlich, die schon von Schlag- intweit (8) zusammengestellten Beweise für die Annahme der flachen, nach N wenigstens ziemlich weitreichenden Puitalpüberschiebung zu dis- kutieren, bis nicht Ampferer, der in seiner letzten Veröffentlichung noch die gegenteilige Ansicht vertritt oder ein anderer zwingende Gegengründe gebracht hat.

Nur ein bisher unbetont gebliebenes, sehr starkes Argument sei hier heraus- gehoben: die auffallende und anderweitig nicht hinreichend erklärbare Tatsache, daß das Einfallen ihrer Triasschichten sich gleichzeitig an den Westenden sowohl der Gehrenspitzen als auch des Öfelekopfes (in Höhe von Punkt 1860 unterhalb des Karlsjoches) ändert. Diese Änderung vollzieht also auf einer nord- südlich verlaufenden Linie und es spricht stark für die tektonische Einheit der Leutaschscholle, daß gerade auf dieser Linie sich der Anschluß des NS ver- laufenden Dreitorspitzquerzuges nach N vollzieht.

Daß die steile Auffaltung der Jurakreidemulde nicht zufällig gerade an dieser Linie beginnt, ist weit unter als Erklärungsmoment verwertet.

Das Puitalpfenster beweist unter anderem für die Triasdecke, daß im N wohl gewisse Störungen die Erhebung des Muschelkalkes am Söllerpaß verursacht haben, für die esim S (Gehrenspitzen) kein Gegenbeispiel gibt, für das überfahrene Gebiet, daB die ziemlich flach (vgl. 4, pag. 542) gelagerten Neokomschichten durch den Überschiebungsvorgang nur gepreßt und gequält 2), aber nicht gefaltet wurden.

Nirgendwo in der ganzen Umgebung sind uns so wenig gefaltete Neokomschichten bekannt, selbst die Bichelbacher (Jura) Mulde scheint stärkere "Aufrichtungen zu zeigen. Diese Tatsache muß um so mehr überraschen und von einem um so höheren Erkenntniswert sein, als wir uns ja hier mitten in einem Gebiete gewaltiger Gebirgsaufrichtung befinden.

Unter dem Öfelekopfmassiv sind noch kleine Partien von Aptychenkalken an der Sohle der Decke aufgeschlossen und zum Teil ins Neokom eingepreßt. Die Reissche Karte gibt sie nicht an. Wenn ich nicht irre, machte Schlagintweit mündlich mich auf sie aufmerksam. Der Augenschein überzeugte mich davon, daß hier nicht etwa die aufgebogenen Ränder der unter dem Neokom liegenden Malmes vorliegen, wie im W des Scharnitzjoches, sondern gequälte Schubfetzen wie am Scharnitzer Bleibergwerk, Brunnensteineck, an den Ochsenhütten etc.

!) Bisweilen gebraucht Ampferer (4, pag. 550) den Ausdruck Wetterstein- kamm, der, weil mißverständlich, besser vermieden würde.

Man unterscheidet den Wettersteinwandzug im O vom Hochwannerzuge im W [= Südabbruch oder Südkette des Wettersteingebirges], letzteren wiederum vom Öfelekopfzuge, seiner östliehen Fortsetzung über die Scharnitzspitze.

?) Die Schichtenverknitterung ist unter dem Öfelekopfabbruch besonders stark; sie mag hier auf örtliche Sonderbewegungen zürückführbar sein.

[51] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 51

Wer, wie der Verfasser, im Puitental ein Erosionsfenster sieht, muß auch annehmen, daß der Erosion tektonisch vorgearbeitet war.

Daß Längsverwerfungen (nur solche können in Betracht kommen) die Leutaschscholle zerlegen, ist schon in pag. 37 bemerkt, wo die- jenige nördlich des Arnspitzgipfels besprochen ist.

Gerade weil sie auf die von Reis auch eingezeichnete, durch den Südbruch des Ofelekopfes gehende (heute) zuläuft, möchte ich beide in Berücksichtigung der jungen Leutaschtalverwerfung (pag. 42) nicht verbinden, sondern halte sie eher für identisch mit der Puit- alpverwerfung.

Die Öfelekopfverwerfung mag etwas nördlicher durchs Arnspitzenmassiv setzen und heute vielleicht nicht erschlossen sein. „Es ist sehr wahrscheinlich, daß in den mächtigen Kalkmassen vielfach kleinere Störungen durchlaufen, doch vermögen sie nicht den einheitlichen Bauplan zu ändern.“ (Ampferer 4, pag, 455.) Es wäre aber auch möglich, daß die Öfelekopfstörung dem östlichen Leutaschtal eigentüm- lich wäre und zum Ausgleich von während des Schubes über eine ungleich kon- figurierte Oberfläche entstandenen Spannungen diente.

Heute sehen wir im Puitalpfenster die nördliche Decke nach N, die südliche nach S fallen: es bietet sich uns das Bild eines in seinem First gebrochenen Sattels, in dem die Erosion natürlich leicht einsetzen konnte.

Hierbei ist es ganz a ob der Sattel schon während der Schubphase in der Leutaschscholle ganz oder teilweise vorhanden war oder nicht. Es wäre nämlich möglich, daß die starke Hebung des Neokoms am Westende des Puitentalfensters eine Folgeerscheinung der starken Emporfaltung der Jurakreidemulde westlich des Karlsjoch war, eine Erscheinung, die unter dem Druck der Leutaschschollen-Trias rasch gegen O hin abgenommen haben müßte.

[Immerhin ist sie leicht vorstellbar; denn die Decke war, wie wir unten sehen werden, schon vor der Hebung zerrissen. ]

Die völlige Abtragung der Decke wird aber erst durch die Berück- sichtigung des ungleichen Schicksals verständlich, das wie wir sehen werden, “den Öfelekopf einer- und die Gehrenspitzen anderseits traf. Es führte mit Notwendigkeit schon vor der Hebung zu einer völligen Zerstörung ihres beiderseitigen Verbandes.

Einmal ist es durch die von Schlagintweit übersehene Er- hebung des Muschelkalkes am Söllerpaß, der gerade ein Verschwinden an den Gehrenspitzen gegenüber- steht, charakterisiert.

Diese Erhebung ist nur als Stauungserscheinung bei Ostschub zu deuten; die Gehrenspitzen sind nicht auf- gepreßt.

Was sind die Gründe hierfür ? Sie liegen wohl in der verschiedenen Beschaffenheit des Vorlandes, auf das diese beiden Teile der Leutasch- scholle stießen.

Die Gehrenspitze im S traf auf die Vorbergscholle, das Ofele- kopfmassiv im N auf Wettersteinkalkmassen, die zur Hauptwetterstein- masse gehören.

7*

52 K. C. von Loesch. [52]

Während die Gehrenspitze keine Stauung erfuhr die ihr vor- gelagerte Vorbergscholle !) zerbrach mußte sich das Ofelekopf- massiv stauen: auf Widerstand der westlichen Hauptwetterscholle, der durch die dazwischenliegende Zwischenscholle vermittelt wurde.

Vor ihrem Stirnrande haben sich sehr komplizierte, an ver- schiedenen Stellen dargestellte Vorgänge ?) in der Zwischenscholle ab- gespielt.

E. Die Leutaschscholle.

Einen ursprünglichen Zusammenhang von Gehrenspitzen und Öfelekopf mit dem Arnspitzenmassiv nahmen Reis und Schlag- intweit bereits an. Neu ist nur die Hinzuziehung des Wetterstein- wand-Dreitorspitzenzuges.

Die Absonderung einer Leutaschscholle schließt die Annahme ein, daß ihr nördlicher Wettersteinkalk (des Wettersteinwandzuges) und der diesem benachbarte der östlichen Hauptwettersteinscholle un- gleichwertig sind, wogegen keine gegenteiligen Tatsachen bekannt sind.

Damit erklärt sich die geringe Höhe des Grünkopfzuges im Ver- hältnis zum Wettersteinwandzug von selbst und zum erstenmal, während alle früheren Auffassungsvorschläge versagten.

Die Grenzen und der Schichtbestand der Leutaschscholle.

Da wir mit Ampferer und Reis (s. oben) ein Fortsetzen der Karwendelüberschiebung nach W durch die Leutaschscholle ange- nommen haben, so können wir in ihr nur einen westlichen Teil der vorderen Karwendelschubmasse erblicken.

Die heutige Ostgrenze der Leutaschscholle gegen das Isartal wäre demnach als das Resultat der in diesem besonders kräftig wirkenden Erosion anzusehen.

Bis zum Wettersteinwandzug ist ihre NO-Grenze schon oben ver- folgt worden. Die N-, genauer NNW-Grenze scheint am Nordabbruch dieses Zuges zu liegen, und zwar wird unter den vor ihm hinziehen- den zahlreichen, später noch eingehend zu besprechenden °) Störungs- linien wohl die südlichste, orographisch höchste den eigentlichen NNW- Rand der Scholle bezeichnen. (Die Raibler Schichten sind sämtlich zur vorgelagerten östlichen Hauptwettersteinscholle zu stellen.)

Wie schon gesagt, ist ihre Westgrenze ein zunächst maskierter Stirnrand, der westlich vor dem Querzug der beiden Dreitorspitzen liegen mag, weiter nach S hin jedoch tadellos durch die Einfallens- umkehr an den Westenden des Öfelekopfzuges der (Scharnitzspitze) und der Gehrenspitze aufgeschlossen ist.

!) Schon Ampferer und Reis haben das Zerbrechen der Vorbergscholle auf Ostdruck zurückgeführt.

Ob die Querstellung der jungen Mulde vor dem Issentalköpflkomplex eine Folge des Östschubes der Gehrenspitzen oder des Südflügels ist, wird pag. 77 erwogen.

2) Vgl. pag. 60 und pag. 75,

3) Über diesen letzteren möge man den Abschnitt, in dem die Verhältnisse um den Schachen dargestellt sind, vergleichen (pag. 57 ff).

[53] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 53

Die Südgrenze der Leutaschscholle ist im Gegensatz zur West- und wohl nur teilweise zur Nordgrenze eine steile. Wir haben sie schon vom Scharnitzer Bleibergwerk bis Ahren an der Leutasch ver- folgt. Jenseits dieser Ache ist sie durch den freilich schlecht aufge- schlossenen Gegensatz von Wettersteinkalk und Hauptdolomit gekenn- zeichnet.

Da sie weit nach W hin als Grenze zwischen der Vorbergscholle im N und der Gaistalmulde (Mieminger Scholle) im S bis zur Pest- kapelle fortsetzt (vgl. pag. 65), so kann geschlossen werden, daß die Mieminger Scholle noch westwärts bewegt wurde, als die Leutascher schon zum Stillstand gekommen war. Denn die Nordgrenze der Mie- minger Scholle ist die längste der ostwestlichen Verschiebungslinien und bis auf untergeordnete Querverwerfungen vollkommen intakt.

Die Länge der Leutaschscholle beträgt zirka 10 km, die Breite zirka 5 km. Ihre Tiefe ist nicht sicher zu fixieren, sie war vielleicht vom Anfang an ungleich (vgl. die schräge Abscherungsfläche unten pag. 53). Die durchschnittliche Mächtigkeit des Muschelkalkes ist mit 200—250 m wohl nicht zu hoch angesetzt, die des Wettersteinkalkes, zumal da hangende Raibler fehlen, nur zu schätzen (500—700 m). Danach hätte man mit einer (heutigen) Gesamtmächtigkeit von 700 bis 950 m zu rechnen.

Die Verteilung von Muschelkalk und Wettersteinkalk erscheint zunächst als unregelmäßig.

Im Arnspitzenmassiv !) überwiegt der Wettersteinkalk bei weitem, nur im streicht unter dem Achterkopf noch Muschelkalk heraus. Im kleinen besteht hier noch die Schichtverteilung des Vorderen Kar- wendelzuges.

Im W der Leutasch dagegen ist längs des Leutaschtales ein nach SW freilich schwächer werdender Muschelkalkstreifen überall aufgeschlossen, über dem der Wettersteinkalk folgt.

Die Beziehungen zwischen dieser Verteilung des Muschelkalkes und den Erhebungen der beiden von ihr überfahrenen Schollen (siehe unten) sind augenfällig.

Der [teils sehr gut aufgeschlossene] Sockel der Schubmasse läßt im Puitental erkennen, daß der unterlagernde Muschelkalk von N (NO) nach SW an Mächtigkeit verliert.

Auf der Nordseite ist er überall aufgeschlossen, an der Südseite nur im W unterhalb 1600 m; daß er im O durch Schutt verdeckt sei, ist unwahrscheinlich.

Diese Verteilung zeugt für eine ungleichmäßige Abscherung der Leutaschscholle von ihrer natürlichen Unterlage.

Der Muschel- und der Wettersteinkalk fallen an der Südseite des Wettersteinwandzuges meist nach NW, doch sind Abweichungen

') Uber den Bau des Arnspitzenmassivs vergleiche man Ampferers an- schauliche Schilderungen (4, pag. 452ff). Es sei auf eine kleine Inkongruenz hin- gewiesen. Ampferer betont lebhaft die konkordante Schichtfolge von Muschel- kalk und Wettersteinkalk zwischen Schartenkopf und Achterkopf (Arnspitzenkamm), zeichnet aber zwischen beiden an der allein kolorierten nordwestlichen Hangseite eine Dislokation ein (die bei Reis dort fehlt, aber auf der bei Ampferer nicht- kolorierten östlichen dafür sich findet). (27 und 2.)

54 K. C. von Loesch. [54]

wie das widersinnige Einfallen der unteren Lagen über Unterleutasch häufig. Gegenüber der Kirche ist in dem Muschelkalk sogar ein kleiner Fleck Wettersteinkalk eingemuldet. [Bezüglich der Partnach- schichten der Fleckalpe siehe oben.] |

In der Gipfelregion des Wettersteinwandzuges überwiegt saigere Stellung, doch ist ein nördliches und südliches steiles Fallen nicht selten. Vielleicht sind auch hier lokale Mulden anzunehmen und als Folgen des stauenden Schubes zu erklären, womit zugleich ein Argu- ment für die übergroße Anhäufung des Wettersteinkalkes gefunden wäre.

Der Untergrund der Leutaschscholle.

Im SW ist sie flach auf die (Jura-) Kreidemulde des Puiten- tales geschoben, die im Zentrum der Leutaschscholle, am Puiten- und Bergltalausgang bei 1200 m, noch aus dem Schutt herauslugt. Trotz- dem an der östlichen Leutaschtalseite die Aufschlüsse um über 100 m tiefer reichen, tritt diese Basis nirgends mehr zutage, was mit Schlag- intweit als ein Zeichen für das energische Absinken der Schub- fläche nach aufgefaßt werden mag, zu dem noch ein Absinken der Arnspitzenseite und eine Querverschiebung nach N hinzutritt.

Dagegen ist es fraglich, ob die Mulde am Westende sich’ schon zur Zeit der Leutaschschollenschubphase zu solchen Höhen, wie heute erhob. Diese extreme Erhebung scheint erst später im Zusammenhang mit der intensiven Auffaltung westlich des Karlsjoches erfolgt zu sein ?). Immerhin mag mit einem wenn auch minderen Ansteigen der Schub- fläche nach © schon während der Schubphase gerechnet werden.

Im NO lagert die Leutaschscholle der östlichen Hauptwetter- steinscholle auf, und zwar an der Wildsteigkopfüberschiebung lokal wenigstens ziemlich flach. Diese Basis sinkt von O, wo sie unter der Vorderen Karwendelüberschiebung erhebliche Meereshöhen noch einnimmt, gegen W immer mehr ab.

Doch ist es schwer, auf ihre Konfiguration vor der Schubphase der Leutaschscholle und es wäre nötig, diese festzustellen, um damit die Anomalien der Leutaschscholle zu beleuchten aus ihrer heutigen Gestalt zu schließen, da diese sicherlich in höchstem Maße durch den Schub der Vorderen Karwendel- und der Leutaschschollen- überschiebung beeinflußt wurde.

Eher gelangen wir zum Ziele, wenn wir berücksichtigen, daß die südlichen Randteile der östlichen Wettersteinscholle ursprünglich ebenso aufgebogen waren, wie es die relativ weniger gestörten Teile dieser und der westlichen (Plattmulde) noch heute sind (vgl. pag. 59 u. 61) und daß der „mittlere“ Zug allmählich nach O niedriger wurde. Wie waren die primären Grenzen zwischen der östlichen Wettersteinmulde und der Scholle junger Schichten beschaffen ? Das ist nicht mehr mit Sicher- heit anzugeben, da das Zentrum der Leutaschscholle sich ja gerade hierüber geschoben hat; wahrscheinlich lag hier eine Depression, in welche, falls ein größerer Zwischenraum zwischen den einzelnen Schub-

1) Vgl. pag. 5l und pag. 70 ff.

[55] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 55

phasen lag, eine Urpartnach, wie an anderer Stelle erwähnt, hatte ent- wässern müssen.

Auch wenn die heutige Erhebung des Neokoms am Westende des Puitentales größtenteils erst während und nach Leutaschschollenbewegung bewirkt wurde, so bestand wahrscheinlich doch bereits eine Art Hohl- form, über die die Leutaschscholle hinweg mußte: eine Wanne, deren Achse in der Tiefe etwa O—W oder SO—NW strich.

Daß eine über einen so konfigurierten Untergrund geschobene Scholle zerbrechen mußte und der Erosion geringen Widerstand leisten konnte (Puitentalhalbfenster und Leutaschtal) ist sicher.

Den Brüchen bei der Anpassung an die Unterlage sind wohl die zahlreichen, etwa NS verlaufenden Verwerfungen des Wettersteinwand- zuges zuzurechnen; ob dagegen die oben erwähnten Anomalien, z. B. der Feldalp mit Resten der Tektonik der Leutaschscholle vor dem Schube in Verbindung zu bringen sind, kann unentschieden bleiben.

Aus welcher Richtung kam die Leutaschscholle ?

Da wir in ihr einen westlichen Teil der Vorderen Karwendel- überschiebung sehen, so könnte ebensogut nach deren Schubrichtung gefragt werden.

Ampferer und Rothpletz beantworten sie verschieden; ersterer läßt sie gemäß ihrem Schubflächenwinkel aus S kommen, letzterer weist (15, pag. 200) nach, daß sie theoretisch genau so leicht von O gekommen sein kann. Aus der Vorderen Karwendel- schubmasse sind keine Schubstreifen bekannt geworden; an der Basis der Leutaschscholle fand !) ich im Puitental, wo sie unter dem Muschel- kalke des Ofelekopfes oft so prächtig aufgeschlossen ist, jene

liegenden ostwestlichen Schubstreifen,

die ein Beweismittel sind.

Die Neigungswinkel der Schubflächen können ja wie oft und von vielen Seiten betont wurde über die Schubrichtung keine Aufklärung geben, in unserem Falle natürlich um so weniger, als ja die Neigungs- winkel der Leutaschscholle im NO und in SW fast aufeinander senk- recht stehen.

Gerade dort, wo die Schubfläche der Leutaschscholle nach S (genauer SSW) fällt, im Gebiete der Hohen Kranzbergscholle, war das Vorland schon vor dem Schube in Falten gelegt, die senkrecht dazu strichen. (Longitudinale Faltung der Hauptwettersteinscholle.)

Darum kann, wenn man auch die Steilerstellung des Südflügels der Wettersteinscholle als Folge des Schubes der Leutaschscholle an-

!) Die Teilnehmer der auf pag. 38, Anm. 1 schon erwähnten Schlußexkursion hatten Gelegenheit, sich von den Schubstreifen zu überzeugen. Sie finden sich in der äußersten Tiefe der Höhlungen (Guffeln) unter der überhängenden Triaswand, deren Neokom-usw.-Unterlage weggewittert ist. Man besucht sie auf einem von dem wald- losen Almboden der Puitalp bei zirka 1610 m zunächst nach der großen Schuttreiße nord- und abwärtsführenden Pfade. Steigt man diese herauf, so gelangt man rasch zu diesem weithin sichtbaren Aufschlusse, zu dem Herr Dr. Schlagintweit die Exkursion führte. Im Sommer 1913 waren sie in den westlichsten Guffeln gerade am deutlichsten.

56 K. C. von Loesch. [56]

sehen will, daraus kein Argument gerade für den Südschub gewonnen werden. Denn jeder gleichviel wie gerichtete Schub (außer den nicht in Betracht kommenden Schüben von NW, N und NÖ) muß in einem aus so starren Massen (wie Wettersteinkalk) bestehenden Kom- plex bis zu einem gewissen Grade gleichsinnig mit der schon herr- schenden Faltung ‚gewirkt haben.

Gegen einen Südschub, für einen Schub von Osten zeugt, daß gegen W, gegen das Schachengebiet?!) hin, Zerreißungen und Verschiebungen der abgerissenen Teile die (sekun- dären) Falten immer mehr ablösen.

Für einen Ostschub ?) sprechen ferner folgende Gründe:

Die im Puitalphalbfenster aufgeschlossenen jungen Schichten sind trotz ostwestlichen Streichens, trotzdem sie [durch Überfahrung] in höchstem Maße tektonisch beansprucht sind, nur schwach gefaltet: sobald sie aber jenseits des Karlsjochs aus der Leutaschschollen- decke heraustreten, sind höchstmöglich gefaltet.

Wäre die Leutaschscholle von S geschoben, so hätte sie diese widerstandsunfähigen Neokomschichten sehr stark falten müssen, so

stark wie diese im W gefaltet sind und weit leichter als die Raibler-, vor allem aber als die Wettersteinkalkschichten des mittleren Zuges.

Nur beiAnnahme eines mit dem ursprünglichen OW- Streichender Neokommulde gleichgerichtetenSchubes derLeutaschscholle istdie geringe AuffaltungdesNeo- koms verständlich.

Auch Reis und Ampferer erklären die Störungen der Vorbergszone durch Druck von OÖ, der nur durch die Leutasch- scholle ausgeübt sein kann. (Vgl. pag. 51.)

Das gleiche gilt für die durch Längsdruck flach wurzellos ab- gespaltene Zwischenscholle von der Scharnitzspitze bis zum (Zug- spitz-) Gatterl. (Vgl. pag. 60 ff.)

Der Dreitorspitzenzug bildet"einen deutlichen Stirnrand, der der Urpartnach vielleicht ihren natürlichen Abfluß

nach O verlegte und sie zur Entwässerung nach N zur Anlage eines Durchbruchtales, das tektonisch vorbereitet gewesen sein mag zwang.

Während, wie wir oben sahen, die südliche Grenze der Leutaschscholle eine steilstehende Bewegungslinie ist, an der die Mieminger Scholle auch noch nach der Verankerung der ersteren weiter westwärts glitt, während im Puitental und am Wildsteigkopf die Über- schiebung eine mäßig geneigte ist, so wird sowohl am Stirnrande im W, als auch im eigentlichen NNW das tektonische Bild dadurch un- klar, daß Wettersteinkalk auf Wettersteinkalk?) zu liegen kam.

!) Näheres siehe pag. 59 ft.

2) Vielleicht war es kein reiner Ostschub, sondern ein Schub von OSO.

») Wo iınmer im Gebiete des Wettersteinkalkes zwei Schollen dieses Gesteins aufeinander liegen, werden wir zumal er häufig nur undeutlich, oft gar nicht gebankt ist solange Wahrscheinlichkeitsurteile gelten lassen müssen, als es nicht gelingt, diese Massen von oft 800 und mehr Metern Mächtigkeit zu gliedern, was noch vorderhand ausgeschlossen erscheint.

[57] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 57

Am Nordrand haben wir vielleicht gleichfalls mit einer flachen Überschiebung zu rechnen, vielleicht aber auch mit einer steilen Stellung, die veranlaßt wäre durch den Widerstand des nach W gleich- mäßig an Höhe gewinnenden „mittleren Zuges“.

[„Theoretisch verlangt meine Auffassung des Vorganges“, so sagt Rothpletz in 15, pag. 201 von der Vorderen Karwendelüber- schiebung, „daß im allgemeinen die Schubfläche sich sowohl nach der Tiefe immer steiler stelle, als auch da, wo eben der nachbarliche Widerstand ein größerer war“.]

Die Halbdiagonalstellung der Leutaschscholle.

Während Diagonalstellungen im kleinen (nach Reis) nicht selten sind, so weichen die Hauptschollen doch nur wenig von der OW- Richtung ab. Die Halbdiagonalstellung der Leutaschscholle, der NNW- Verlauf des sie beherrschenden Wettersteinwandzuges bedarf daher einer Erklärung.

Offensichtlich steht sie mit dem Bäaue der nordöstlich vorge- lagerten Zone der Raibler Längsschöllchen in engem Zusammenhange. Beide sind bei Annahme eines Ostschubes am leichtesten verständlich.

Die Leutaschscholle kam von O [vielleicht von OSO], wie es Rothpletz für die vordere Karwendelüberschiebung annimmt, fand zunächst keine Hindernisse vor, die nicht leicht zu überfahren ge- wesen wären (Würzberggewölbe) oder richtete das sich entgegen- setzende Ostende des „mittleren“ Zuges auf. An dessen nach W hin ansteigender Kette fand sie härteren Widerstand, spaltete vom Vorland die nachher in ein Dreieck!) zusammengeschobenen Raibler Längsschollen nacheinander ab, mußte sich dann aber verbiegen (un- gerader Kammverlauf) und die ursprüngliche Richtung aufgeben.

Die Veränderungen, die der Schub der Leutaschscholle im W, in den vor seinem Stirnrande gelegenen Gebieten hervorrief, sind auf pag. 60 und 68 ff. besprochen.

F. Das Schachengebiet.

Leider bespricht Reis die in den vorigen Kapiteln behandelten Gebiete so knapp, daß seine Stellung zu einzelnen Problemen un- sicher bleibt,

Dagegen widmet er dem Schachengebiete etwas eingehendere Ausführungen, denen wir abgesehen von den aus der abweichenden Scholleneinteilung sich ergebenden Konsequenzen im ganzen zu- stimmen (1, pag. 90 und 97, 98).

Er schildert, wie am Jägersteig und an der Südwestecke des Schachenplateaus ie eine flach südeinfallende Überschiebung von Wettersteinkalk über Hauptdolomit und Raibler Schichten auftritt; beide lassen sich nach O (die letztere weit bis zum Zirbelkopf) ver- folgen ; nordfallende Überschiebungslinien kleineren Ausmaßes sollen auch nicht selten sein.

!) Vgl. das Kärtchen auf pag. 48, Jahrbuch d, k. k. geol, Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u, 2. Hft, (K. ©. v. Loesch,) 8

58 K. C. von Loesch. 58]

Außer diesen flachfallenden Überschiebungen ist am Teufels- gesaß „eine steile, die Überschiebungen scheinbar begleitende, vertikale Schubfläche bloßgelegt, welche liegende Schubstreifen hat. Die Fläche streicht NO bis SW (also etwa parallel dem Wettersteinwandzuge, d. Verf... Hieraus ist auch einerseits das ausgeprägte Bild verti- kal übereinander geordneter Schuppen, anderseits durch einander ent- gegengesetzte Bewegungen auch das Auftreten so schmaler Einbrüche wie am Schachensee verständlicher“.

Ganz ähnliches soll auch für den südlichsten Raiblerzug Fauen- alp—Hirschbühl, „was die Anzeichen kleiner Schubwirkungen betrifft“, gelten.

Es ist am einfachsten, mit derBesprechung desSchachen- gebietes im O zu beginnen, wo am Lauter- und Ferchensee Raibler Schichten !’) und Wettersteinkalk unter dem Hohen Kranzbergdolomit der östlichen Hauptwettersteinscholle konkordant zutage streichen.

Der Nordrand der Leutaschscholle ist hier noch über 15 km entfernt. Wir befinden uns hier im Gebiete der schon oben besprochenen Blattverschiebungen.

Diesen Raibler Zug können wir westlich von der letzten und be- deutendsten Blattverschiebung nach einigen Unterbrechungen durch Gehängeschutt über den „Schützensteig“ zur Quelle [w. s. w. der Wind- fallhütte] verfolgen und finden ihn am flachen Bergrücken westlich des Kämitales, an der Schwarzen Leine und über dem Keilschrofen wieder. Weiterhin fehlt er am Jägersteig, wo dafür (vgl. pag. 57) Wettersteinkalk flach von S sofort den Hauptdolomit überschiebt: eine Uberschiebung, die sich nach O zu am Steilenberg und der Schwarzen Leine [wo sich die Raibler, wie gesagt, normal wieder einstellen] deutlich, aber mit steilerem Einfallen fortsetzt (Reis, l. c., pag. 90).

Der orographisch über, tektonisch unter dem ersten Raibler Zuge liegende Wettersteinkalk scheint am Kämikopf und Zirbelkopf mit ihm in normalem Verbande zu stehen; freilich ist ihr Kontakt nicht aufgeschlossen.

Außer diesem ersten bemerkt man einen zweiten, süd- licheren, der vom Gamsanger unter der Oberwettersteinspitze über den Zirbelkopf (SW-Seite) und die Kämialpe hinzieht und meist aus Raibler Sandsteinen besteht, ferner noch weiter gegen S einen dritten vom Kämitor bis zum Schachentor und schließlich einen vierten in höchster und südlichster Lage an der Frauenalpe unter dem Nordabbruche des Musterstein-Dreitorspitzgrates.

Diese nur teilweise durch eingeschalteten Wettersteinkalk ge- trennten Züge setzen sich nicht über das Partnachtal nach W fort; dort fehlt es an einigermaßen ähnlichen Parallelerscheinungen.

Die im folgenden vorgeschlagene Deutung dieser Erscheinungen rechnet damit, daß alle Raibler Schichten hier der östlichen Hauptwettersteinscholle an-

gehören (vgl. pag. 43), da Raibler Schichten, wenn wir von den weit abliegenden Mieminger und Vorbergschollen absehen, allein in ihr aufgefunden wurden.

!) Vgl. pag. 42.

[59] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 59

Die steilen, mit liegenden Schubstreifen versehenen Schubflächen sind von ungleich größerem Erkenntniswerte für die Eutstehung des Gebirges als die flach [nördlich oder südlich] fallenden, die einen lokalen Sonderfall!), bedingt durch den Vorstoß der Leutaschscholle und die größere Höhenlage des südlichen Wettersteinwandgebietes etec., bilden.

Die Richtung dieser langen und schmalen Parallelzüge?) im sind es zwei, im W drei bis vier —, die meist durch steile Schub- flächen begrenzt werden, ist weiterhin für die Auffassung wichtig).

Für die nördlicheren ist noch die Richtung der Hohen Kranz- bergscholle maßgebend, im südlichsten herrscht schon die des Wetter- steinwandzuges und damit der Leutaschscholle: die mittleren sind allzu stark gestört.

Innerhalb dieser Parallelschöllchen. bemerkt man öfters größere und kleinere, offenere und engere Muldchen, die um so ausgesprochener werden, je näher sie dem Wettersteinwandzuge liegen (Frauenalpe, Gamsanger).

Daraus wird wahrscheinlich, daß die Leutaschscholle am Nord- fuß des Wettersteinwandzuges noch südlich des südlichsten Raibler Schollchens endet, daß die Südgrenze des ungestörten Verbandes der östlichen Hauptwettersteinscholle erst südlich des nördlichsten Raibler- und Wettersteinkalkzuges beginnt.

Sicher ist, daß die Störungen und die Zahl der Züge von nach W zunehmen: denn deren Vermehrung beginnt gerade dort, wo die Leutaschscholle mit der Wettersteinspitze in die unmittelbare Nähe der Raibler Zone tritt: wo die Kammzüge (vgl. pag. 46) sich gabeln: wo die sonst aller Orten herrschende OW-Richtung teilweise verlassen wird. Diese Erscheinungen verschwinden in der Höhe des Partnachtales, denn dort erreicht auch mit dem quergestellten Stirn- rand der beiden Dreitorspitzen die Leutaschscholle ihr Westende.

Unbeschadet der später folgenden Erwägungen kann ferner hier gefolgert werden, daß die Anordnung der mehrfachen Raibler- und Wettersteinkalkzüge in schmale longitudinal streichende Schollen, deren Randklüfte liegende Schubstreifen zeigen, auf eine gleichfalls longitu- dinale Bewegungsrichtung hinweist.

Da die Verhältnisse im O (am Ferchensee) und im W (jenseits der Partnach) in der östlichen Wettersteinscholle heute noch einfacher sind als im Schachen- gebiet, so ist es wohl zulässig, aus dem Mittel zwischen beiden das ungefähre Bild zu rekonstruieren (vgl. pag. 44), daß vor Eintritt der Störungen der jüngeren Schub- phase (vor dem Heranrücken der Leutaschscholle) bestanden haben mag.

Im Westen zeigt die Reissche Karte im Gebiete der Bodenlähnemulde zwischen Stuibenwald—Stuibenspitz und Partnachsüdnordlauf weite Flächen von Raibler Schichten. (Die flächenhafte Verbreitung ist hier eine so große, weil die Neigung des Geländes mit der der Schichtung ziemlich zusammenfällt. Die Schichten dieser S-Flanke der Bodenlähnemulde stehen keineswegs steil.)

!) Nach Reis.

?) Parallel ist nicht allzu eng zu fassen, sie ist nur fast parallel. .

°) Darum habe ich im Profil 3 und 4 der Profiltafel die unwichtigen Über- schiebungen fortgelassen.

8*

60 K. C. von Loesch. [60]

Im Osten ist der Muldenkern des Kranzbergs schwach gefaltet, nur der Muldenrand steil aufgerichtet (saigere Raibler!) ete.).. Diese Aufrichtung ist aber möglicherweise eine Folge der Wildsteigkopfüberschiebung, der Stauung vor der nur noch 1'5 km entfernten Leutaschscholle. (Näheres pag. 55/56.)

Für die geringe Intensität der Faltung(en) vor der Schubphase spricht das große Areal des Hauptdolomits im N mit seinen lokalen Sattelungen. Ähnliche zeigt der Wettersteinkalk nicht nur am Würzberggewölbe, sondern auch zwischen Wasserfall und Gamsanger, nahe der Leutaschscholle.

Hieraus folgt, daß im westlichen (Schachen) Gebiete ursprünglich, wenn wir aus den Lagerungsverhältnissen östlich und westlich der Hauptstörungszone ein Bild der vormaligen Verhältnisse machen, wohl eine durch die Gleichsinnigkeit von Böschungs- und Fallwinkel begünstigte weite fächenhafte Ausdehnung der Raibler Schichten vorhanden war; sie mag nur wenig der heutigen westlich der Partnach nachgestanden haben. Damit ist eine Erklärung für die heute bei weitgehender Zerstückelung noch so große Verbreitung von Raibler Schichten im Schachen- gebiet gefunden.

Im östlichen Gebiete ist wohl ursprünglich durchweg eine so schwache Faltung verbreitet gewesen, wie sie heute noch die unberührteren Kernteile und die Raibler im N zeigen. Daß die für dieses Gebiet so charakteristischen Lokalmulden erst durch die Stauungen beim Zusammenstoß von Leutaschscholle und östlicher Hauptwetter- steinscholle entstanden, wird dadurch wahrscheinlich, daß sie gerade längs der ersteren angeordnet sind.

G. Die Zwischenscholle.

So bezeichne ich ein rechteckig begrenztes, morphologisch ein- heitliches Gebiet, dessen westlichster spitzester Winkel am Zugspitz- gatterl liegt. Von hier reicht die längere Kathete entlang dem S-Ab- bruch des Hochwannerzuges bis zur Schüsselkarspitz und bildet mit dem Stirnrand der Leutaschscholle (Dreitorspitzzug) [= die kürzere Kathete] einen nach NW geöffneten annähernd rechten Winkel. Etwa in der Höhe des unteren Karbodens des Oberrheintals (15 bis 1600 m) zieht sich die Hypotenuse zum Zugspitzgatterl.

Das Westende der eigentlichen Leutaschscholle und den Beginn der Zwischenscholle bezeichnet die Umkehr im Einfallen der Trias an der Schüsselkarspitze. Hier hört das vom Söllerpaß an herrschende flache Nordfallen der Ofelekopftrias auf und der Muschelkalksockel verschwindet. Es wird durch ein sehr steiles Einfallen ?2) abgelöst, mit dem gleichörtlich das beispiellose Auftreten von Muschelkalk in den nach N geöffneten Karen (Oberreintal- und Schüsselkar) des Hoch- wannerzuges einsetzt.

In dieser Steilheit des Einfallens erkennen wir ein Charakte- ristikum der hohen Lagen der Zwischenscholle: es erhält sich durch

!) Die Raibler Schichten im Profil1 der Profiltafel sind versehentlich nicht steil genug gezeichnet worden.

?) „Während ... am Ofelekopf und an der Leutascher Dreitorspitze flach nord- fallende Muschelkalk- und Wettersteinkalkschichten die hohe Begrenzungswand der jungen Schichten aufbauen, zeigt diese vom Scharnitzjoch an bis gegen den West- abbruch des Wettersteingebirges sehr steile, oft saigere Schichtstellungen. Dieser Übergang zu steilerer Aufrichtung fällt zusammen mit dem Wechsel der Fallrichtung im westlichen Abschnitt der Gehrenspitzen.“ (Ampferer, 4, pag. 543.)

[61] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 61

den ganzen Hochwannerzug und endet mit diesem am Zugspitzgatterl], wo diese auf die nur mäßig geneigten Schichten der Plattmulde der westlichen Hauptwettersteinscholle stößt. Der Gegensatz zwischen den in- takten, wenig stark (NO) geneigten Wettersteinkalkschichten der Platt- mulde und den steilgestellten, stark zertrümmerten der Zwischen- scholle ist am „Gatterl“ gut zu beobachten; dort liegen zahlreiche Muschelkalkblöcke, die für einen westlichen Stirnrand in Auspruch genommen werden können.

Gegen S grenzt sie über 7'5 km gegen die Juraneokommulde. Von der WNW-Grenze [und der Liegendbegrenzung] wird unten Näheres gegeben werden.

Diese Scholle ist aus mehreren inhomogenen Stücken zusammen- gesetzt, deren Gemeinsames es ist, daß sie in der Schubphase von anderen Schollen abgespalten wurden, nunmehr wurzellos sind und von der Leutaschscholle vor sich hergeschoben in ihre heutige Lage gebracht wurden. Die Zerstückelung in ihrem Areal ist die größte, die im Wettersteingebiet beobachtet wurde und übertrifft wohl noch die des im vorigen Kapitel geschilderten Schöllchendreiecks am Schachen, mit dem sie viele Züge und manche Schicksale gemein hat.

Für ihre Entstehung ist vor allem der Ostschub der Leutasch- scholle, speziell der des Öfelekopfmassivs!) wichtig.

Doch ist die Bewegung, die zur Emporfaltung der ihr südlich unmittelbar benachbarten Jurakreidemulde führte, in ihr noch gleich- falls wirksam gewesen.

Der schon auf pag. 5dff. besprochene Ostschub der Leutasch- scholle äußert sich in der Zwischenscholle in zahlreichen Verwerfungs- klüften ?) mit Rutschstreifen von O nach W.

Diese Verwerfungsklüfte ziehen vielfach in die Trias [in spitzem Winkel zum Streichen des Gipfelzuges] hinein?) und stehen wohl in engstem Zusammenhange mit der durchgehends zu beobachtenden höchst auffälligen Tatsache *), daß das Schichtfallen sich mit dem Gipfelzugstreichen in spitzem Winkel schneidet.

Schon innerhalb des Ofelekopfmassivs sind (nach Scehlagint- weit) solche Klüfte mit Rutschstreifen zu bemerken. Dieser sagt: „Ihre Häufigkeit in dieser Gegend wird verständlich, wenn man sie als Zerrungs-, besser Pressungserscheinungen auffaßt, Folgen der Ver- biegung der Schubmasse ..

Sie können nur durch Östdruck, durch Ostschub hervorgerufen sein und finden durch die von Schlagintweit übersehene 5) Empor- pressung des Muschelkalkes am Söllerpaß ihre Bestätigung.

!) Vgl. pag. 51f.

®) Von denen Ampferer eine der größten, die schön aufgeschlossen ist, in 7, pag. 206, Fig. 2 darstellt. „Jedenfalls“, sagt er dazu, „illustrieren diese Ver- hältnisse in ausgezeichneter Weise die Mitwirkung von starken ostwestlichen Ver- schiebungen, für die in der Arbeit von O. Reis so viele wertvolle andere Beweise gegeben wurden.“ (7, pag. 211.)

3) Schlagintweit 9, pag. 324

*) Auf die Reis aufmerksam macht.

5) Vgl. pag. 47, Anmerkung 1, und pag. 51.

Schlagintweit erwäbnt diese Rutschstreifen des Öfelekopfes, um zu be- weisen, wie wenig Rutschflächen zu bedeuten haben! Das ist verkehrt; sie sind

62 K. C. von Loesch. [62]

In der Zwischenscholle herrscht Wettersteinkalk vor. Muschel- kalk und Raibler finden sich nur in sehr kleinen Partien, doch ist ihr Vorkommen für die Gliederung der Scholle ausschlaggebend.

Ihre Unhomogenität ist zweifach: nach der Vertikalen und nach der Horizontalen.

Von O nach W stehen (in der oberen „Etage“, siehe unten) zwei fremdartige Bestandteile sehr verschiedener Größe einander gegenüber: ein östlicher, dessen Südabbruch ausschließlich von Wetter- steinkalk gebildet wird und in welchem Muschelkalk nur in den nörd- lichen Karen austritt, und ein westlicher bis zum Gatterl, in dem am Südabbruche stets Muschelkalk den Wettersteinkalk unterteuft.

Eine tektonische Linie zwischen beiden schneidet den Kamm schräg von SO nach NW, sie zieht von dem östlichsten Muschelkalk- vorkommen an der Südseite im westlichen Teil zum westlichen des östlichen Teiles an der Nordseite des Hochwannerzuges. Beide Muschelkalkvorkommen verlaufen hier über eine Strecke von etwa 700 m einander parallel.

Daß von oben nach unten (topographisch) verschiedene Bau- glieder unterschieden werden müssen, lehrt schon der Blick auf die südliche Partnach (-Oberlauf) -Talwand [vom Stuiben und vom Aus- sichtspavillon am Königshaus des Schachen]. Man vergleiche die hier aufgenommene höchst instruktive Photographie (beiReis, 1, pag. 91).

Ohne weiteres sind trennbar (von oben nach unten):

1. Die schief zum Grat gestellten (schon oben erwähnten), meist steil NW fallenden Schichtkomplexe des Gipfelzuges;

2. darunter an den nach N vorspringenden Quergraten schön aufgeschlossen Komplexe mit vorwiegend saigerer Stel- lung, die gegen N zum Teil mit deutlicher Muldenbildung

3. einen tieferen in Höhe der unteren Karböden liegenden Komplex von nahezu horizontaler Lagerung überschieben.

Nur 1 und 2 sind zur Zwischenscholle gerechnet worden, 3 da- gegen zur östlichen Hauptwettersteinscholle.

Darauf einzugehen, ob diese Einteilung zweckmäßig ist, lohnt nicht recht, da einmal die Einteilung ja nur die Übersicht erleichtern soll und in manchen Fällen zweifelhaft bleiben muß. Zum anderen kommt der Zwischenscholle nur eine untergeordnete Stellung zu und es wäre möglich gewesen, sie wie das Schöllchen- dreieck unselbständig zu lassen. Doch läßt sich dessen natürlicher Verband noch nachweisen, was für manche Teile der Zwischenscholle noch nicht gelungen ist.

Eine Lösung, die nur 1 als Zwischenscholle ablöst, 2 und 3 dagegen zur östlichen Hauptwettersteinscholle schlägt, hätte auch manche Vorzüge.

ein wichtiges Symptom für den Nachweis der Richtung der Schübe, wobei natür- lich zu prüfen ist, inwieweit nur örtliche Erscheinungen vorliegen oder ob es sich, wie im Wettersteingebirge, um wichtige, allerorten gefundene handelt. So findet man sie am Brunnensteineck, an der Schubfläche der Leutaschscholle im Puiten- tal, im Schachengebiet (1, pag. 91), in der Höllentalklamm etc. Dagegen fehlen südnördliche fast immer.

Schlagintweit kehrt (8, pag. 91, 92) die Sachlage gerade um.

[63] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 63

Abgesehen von den Raiblern der Stuibenspitze findet man im oberen Partnachtal nur in 2 und 3 noch Raibler Schichten !), und zwar in Vorkommen von geringem Umfange.

Sie stehen nach der Reisschen Karte zu urteilen ?) mit dem jeweils sie unterlagernden Wettersteinkalke in ungestörtem Verbande. Nur an einer Stelle zeichnet Reis nördlich der Raibler Schichten eine Störungslinie ein.

Da, wie oben ausgeführt ®), Raibler Schichten aus der Leutasch- scholle nicht bekannt sind, so ergibt sich ohne weiteres für die durch sie charakterisierten Teilstücke eine Herkunft aus Wettersteinscholle, und zwar wahrscheinlich aus der östlichen, wenn auch der Gedanke an die westliche, die sich ja gegen ONO herabsenkt und in der sie sich nach oben einstellen könnten, nicht unmöglich #) ist. Viel stärker weisen sie aber auf das Schöllchendreieck im O. Reis hat diesen Beziehungen in seinem Übersichtskärtchen Ausdruck verliehen.

Er nimmt an, „daß die westliche Fortsetzung der Überschiebung am Jägersteig als Längsbewegung durch das obere Partnachtal zieht und am Gatterl in einer diagonalen Verschiebung ausläuft“ 5).

Das ist nicht direkt nachweisbar. Der ihr Streichen fortsetzende westöstliche Lauf der Partnach, durch deren Talsohle Reis diese tektonische Linie legt, entspricht zugleich dem Absinken der Platt- muldenachse, braucht also in keinem ursächlichen Zusammenhange mit der Störung zu stehen.

Die Verbindung der Störungen, die oberhalb des Zundernkopfes nach W in den großen und den kleinen Hundstall streichen, mit denen der Schachenalp und der Frauenalp ist jedenfalls sicherer, zumal die Strecke gering ist, welche durch Schutt und Latschen im Oberrhein- tal verdeckt ist. Ich möchte hier der von Reis in der Karte ange- deuteten Lösung folgen.

Folgende Merkmale sind den Schollengebieten westlich und nörd- lich der Leutaschscholle eigentümlich:

l. das Vorkommen von langen, longitudinalgerichteten, dabei sehr schmalen Schöllchen ;

2. diese sind:

a) (Normalfall) mit steilen Randspalten versehen, welche bisweilen

b) (Spezialfall) in flache Überschiebungen übergeben, eine Folge vom. S-Druck.

1) Welche (nach Reis) von Dr. F. W. Pfaff untersucht wurden.

?) Verf. hat diese Plätze nicht besucht. Oft behinderte die Witterung die Untersuchung an Ort und Stelle, wie überhaupt der regenreiche Sommer 1912 das Arbeiten, ‚zumal in größeren Höhenlagen, allzuoft nicht zuließ.

3) Vgl. pag. 52.

*#) Ebenso schwer ist die Frage zu entscheiden, wie weit sich die westliche Hauptwettersteinscholle noch an der Bildung des südlichen Partnachgehänges be- teiligt. Vielleicht geschieht dies mit den flacher fallenden Schichten östlich der Angerhütte. Daß die westliche Hauptwettersteinscholle das Liegende zum mindesten der westlichen Partien der Zwischenscholle bildet, steht außer Frage.

°) 1, pag. 98.

Im Gegensatz hierzu scheint in seinem Übersichtskärtchen angedeutet zu sein, daß sie durch eine Diagonalverwerfung abgeschnitten wird.

64 K. C. von Loesch. [64]

Die Folgen des Ostdruckes können von denen des Süddruckes unterschieden werden; ersterer ist der der westwärts vordringenden Leutaschscholle: er spaltete die schmalen Längsschollen von der öst- lichen Hauptwettersteinscholle ab und

co) schob!) sie teils vor sich her (Zwischenscholle),

ß) teils drängte er sie in das spitzwinkelige Dreieck ?) zusammen, das die Leutaschscholle heute mit den noch unzerstörten Teilen der östlichen Hauptwettersteinscholle bildet (Schollendreieck).

Während, wie wir sahen, die Bauteile der unteren Etagen mit der Schöllchenregion und damit der östlichen Hauptwettersteinscholle in organischem Zusammenhange stehen oder standen, haben wir für die Herkunft der oberen keine Anhaltspunkte. Das allein schon recht- fertigt die Abtrennung der Zwischenscholle.

Diese obersten Bauteile bestehen nur aus Wettersteinkalk, der einen schmalen Muschelkalksockel hat. Sie können nicht von der west- lichen Wettersteinscholle stammen, da sie über Teilen der östlichen liegen, die diese überschiebt.

Die Umkehr im Einfallen an der Schüsselkarspitze, die erst durch die Gleichzeitigkeit der Umkehr an dem Westende der Gehren- spitze ihre richtige Beleuchtung erhält, beweist, daß sie, falls sie aus dem Zusammenhange der Leutaschscholle stammen sollten, dort ab- gerissen und in eine leidende Rolle gebracht wurden. Möglicherweise aber sind sie bereits in einer früheren Schubphase (im ganzen oder zum Teil) durch die Leutaschscholle irgendwo im O von einer vielleicht später überfahrenen Scholle abgerissen und vor sich hergeschoben worden. (Leitersteig- oder Würzberggewölbe ?)

Die horizontalen Bewegungen der Zwischenscholle mußten am Gatterl ein Ende finden, als sie auf die große Masse der Plattmulde trafen. Letztere sinkt nach ONO ab, wodurch die geringe Höhenlage des Wettersteinkalkes sowohl der Plattmulde als auch der Zwischen- scholle eine Erklärung findet.

Zugleich ist das allmähliche Verjüngen der Zwischenscholle gegen W zur Erklärung der Gatterldepression heranzuziehen.

Letzten Endes ist auch hier die Ausbildung der heutigen, so extremen Verhältnisse mit der erst nach?) dem Ostschub der Zwischen- scholle eintretenden lokalen Faltungsbewegung von S?) in Verbindung zu bringen.

Der Süddruck, der östlich der Frauenalp und des Dreitorspitz- zuges auftritt, ist eine Folge der Raumverengung’), die bei dem Ost- schube der Mieminger Scholle durch das Zurückbleiben der Vorbergs- scholle entstand; er legte die Jurakreidemulde zwischen den Issen-

') Und bildete damit zunächst die untere Etage der Zwischenscholle. Anfäng- lich lag wohl die heutige obere transversal neben der unteren und wurde erst zur Zeit der Aufrichtung und engen Faltenlegung der südlich benachbarten Jurakreide- mulde auf diese geschoben.

?) Vgl. die Erläuterungen zu dem Übersichtskärtchen auf pag. 49. Die vier heute nebeneinander liegenden Längsschöllchen haben scheinbar durch Verkürzung die Zahlvermehrung erfahren, wofür die Ineinanderschiebung am Kämitor zeugt.

®) Oder ungefähr gleichzeitig, siehe pag. 73—76.

*) pag. 71.

5) Näheres vgl. pag. 84.

[65] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 65

talköpfln und dem Scharnitzjoch in enge Falten und bewirkte (vgl. pag. 64, Anm. 1) die Überschiebungen des Hochwannerzuges.

Reis glaubt, daß diese Überschiebungen bei S-Druck um so leichter eintreten konnten, als ja das Gebirge von N nach S stufen- weise ansteigt. Dies mag für den Wettersteinwandzug gelten, keines- falls aber für den Hochwannerzug von der Scharnitzspitze bis zum Gatterl, denn dieser scheint seine Aufrichtung erst dem Süddrucke zu verdanken.

3. Auffallend ist die so oft wiederkehrende Dreieckform ; nicht nur die Zwischenscholle und die Schollenregion sind dreieckig be- srenzt, sondern deren Einzelschöllchen haben zumeist diese Gestalt; natürlich ist das kein Zufall, sondern die Folge davon, daß einmal die Achsen von Hauptwetterstein- und Leutaschscholle in einem spitzen Winkel zu einander stehen, daß die Bewegungsrichtung der Leutasch- scholle keine rein longitudinale ist, daß die Plattmulde nach ONO absinkt und schließlich daß der S-Druck nach N überschob.

H. Die Vorbergscholle. Ihre Grenzen.

[Ihre Grenze gegen W hängt von der Frage der Zurechnung des Issentalköpflkomplexes ab, die [vgl. pag. 77 und pag. 82] nicht mit Sicherheit entschieden werden kann.

Rechnet man die Issentalköpfl zur Vorbergscholle hinzu, so liegt deren Westgrenze östlich der quergestellten Juraneokommulde der Ehrwwalder Alm, andernfalls östlich des großen Schuttfeldes der Feldernalp.]

In diesem Abschnitte ist stets diese engere Begrenzung unter Vorbergscholle verstanden, die Schicksale des Issentalköpflkomplexes sind an den oben zitierten Stellen besprochen.

Da der Schichtbestand der Vorbergscholle !) ein anderer ist, als der der Jurakreidemulde ?), so kann über die Nordgrenze so wenig ein Zweifel aufkommen, wie über die Südgrenze. Soweit letztere auf- geschlossen ist, stoßen NO fallender Wetterstein- und Muschelkalk der Vorbergscholle gegen die nördlichen Raibler oder den Haupt- dolomit der Mieminger Scholle ab oder überschieben diese lokal.

Gegen S folgt vielmehr (abgesehen von der hier unwesentlichen Randzone) sofort der weitere Nordschenkel desMieminger Gewölbes, dem sein Südschenkel unmittelbar, aber nicht ohne daß im Gewölbefirst eine bedeutende tektonische Linie durchzöge, folst.

Hier liegen also zwei getrennte Einheiten nebeneinander, deren Sekundärstörungen auch nicht durchsetzen. Darum ist die Vereinigung beider zu einer tektonischen Einheit?) nicht ohne weiteres zu- lässig.

!) Muschelkalk bis Hauptdolomit.

h *) Der längs dieser Abschnitte der Vorbergscholle aus Kössenern bis Neokom besteht.

®) Wie Ampferer es in der Inntaldecke tut. Sicherlich gehörte die Vorberg- scholle einst der „Inntaldecke“ an, trennte sich aber in einer relativ frühen Schubphase (vgl. pag. 94) ab und blieb zurück. Ampferer müßte die Nordgrenze

Jahrbuch d. k. K. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. €. v. Loesch.) 9

66 K. C. von Loesch. [66]

Die Ostgrenze zieht längs der Westgrenze des Gehrenspitzen- massivs mit seinem saigeren oder südfallenden Wettersteinkalk (Leu- taschscholle), während die Raibler und der Wettersteinkalk der Vor- bergscholle gegen NNO fallen. Ein Zwickel Neokom zwischen beiden Schollen (4, pag. 533, Profil 31) erleichtert die Auffindung der Grenze in den oberen Partien.

Der Bau der Vorbergscholle

ist ein beispiellos klarer, trotz zahlreicher sekundärer (unten be- sprochener) Störungen, weil diese durchaus regelmäßig sind und eine Rekonstruktion des vormaligen Zustandes zulassen.

Vor der Zerlegung und der Abdrehung der Teilstücke strichen alle Schichten der Vorbergscholle ostwestlich, ausgesprochen longitu- dinal und fielen gegen N ein.

Zuunterst und gegen S lag ein heute noch teilweise erschlos- sener Muschelkalksockel, auf diesem Wettersteinkalk, zuoberst und gegen N Raibler und endlich noch bisweilen Hauptdolomit, der jedoch zur Zeit der Schubphasen schon zum größten Teil abgetragen war.

Die Vorbergscholle stellt sich also als ein Nord-

schenkel eines Gewölbes!) dar. Diesem folgt gegen S nicht der entsprechende Südschenkel; er ist also isoliert. Am Südrande der Plattumrahmung des Wettersteingebirges fällt gleichfalls die Trias nach S. Zuunterst und am meisten südlich liegt hier wie auch in der Zwischenscholle Muschelkalk unter steil- stehendem oder nordfallendem Wettersteinkalk.

Also liegt nördlich parallel zur Vorbergscholle ein dritter Gewölbenordschenkel im Wettersteingebirge, dem wie dem des Vorbergs der Südschenkel fehlt, nur getrennt von ihm durch die Jurakreidemulde.

Diese Paralleilagerung von drei Nordschenkeln kann nur die Folge von Ostschub sein, der die Längsschollen eines längs- streichenden Gebirges ungleich weit vorschob und ur- sprünglich einander nicht benachbarte Schollenteile nebeneinander brachte.

Daß sie keineswegs mit einer Theorie, die Wetterstein- und Miemingergebirge von S über die Jurakreide schiebt, in Einklang zu bringen ist, geht schon aus dem sorgfältigen Studium der Karten von Reis (2) und Ampferer (27) hervor. Wer für diese Fragen Inter- esse hat, der möge an der Hand der Karten diese großartigen Ver hältnisse südlich des Wettersteingebirges aufsuchen, um selbst zu ent- scheiden.

der „Inntaldecke“ längs des Nordrandes meiner Mieminger Scholle ziehen, südlich der Gehrenspitze [der Leutaschschollej, welche ein ganz entgegengesetztes Ein- fallen als die Vorbergscholle zeigt, längs der Juraaufschlüsse des ehemaligen Schar- nitzer Bleibergwerkes und des Brunnensteineck.

...) Das bei dem später eintretenden sekundären Südschub mit der Jura- kreidemulde gehoben und nach N ein wenig verschoben wurde.

[67] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 67

Mit kleinen Mitteln dieses Großzügige verkleinern zu wollen, wie Schlagintweit es unternahm !), ist ein Versuch der Rettung der Süddecke mit untauglichen Mitteln.

ı) Es ist nicht nötig, in eine Polemik einzugehen. Man möge nur die von beiden Seiten vorgebrachten Gründe nebeneinander stellen und womöglich im Ge- lände prüfen. Nur soviel sei zur Richtigstellung bemerkt:

Ein Schuppenbau, wie Schlagintweit ihn [innerhalb seiner großen Decke] glaubhaft machen will, besteht südlich der Jurakreidemulde nicht. Hier liegen Vor- bergscholle, „nördliche“ und Sattelzone der Mieminger Scholle transversal neben- einander mit OW streichenden steilen Randspalten. Eine Überlagerung besteht nur von der hypothetischen Ostüberschiebung der Tajaköpfe und der Sonnspitze über die Lange Lähnstufe (pag. 81), einer Nebenwirkung des Ostschubes, abgesehen am Südfuße der Vorderen Oberlähnkopfswand. Hier überschiebt lokal die Vor- bergscholle (von N) die „nördliche Zone“ der Mieminger Scholle. Diese Erscheinung kann nie für, nur gegen Schuppenbau sprechen, da sie der partiellen Überlagerung der Jurakreidemulde über die Vorbergscholle analog [von N gegen S gerichtet] als eine Rückstauerscheinung bei der sekundären SN-Faltung anzusehen ist oder als Folge des Schubes der Zwischenscholle (pag. 60). Höchstens für einen Rückstau kann auch die Zurückbiegung”des Hochwannerkopfes (nach S), der Schlagintweit Erklärungswert beimessen will (8, pag. 83, Fig. 1), sprechen, nie aber für eine Umbiegung der Decke nach N über die Jurakreidemulde. Trägt man sich die vonSchlagintweitvermiedene Schichtenverteilung in dessen Fig. 1 ein (etwa gemäß Profil 7 der Profiltafel) und verbindet man dann die Vorberg- scholle durch einen kühnen Luftsattel mit dem Wettersteingebirge, wie Schla- gintweit es im Sinne hat, so trifft normalliegender Wettersteinkalk auf über- kippten Wettersteinkalk. Die Raibler der Vorbergscholle treffen auf den Muschel- kalk des Wettersteingebirges!

„Der Unterschied (sc. im Bau der Schlagintweitschen „Fensterränder“ [der Verf.]) ist wohl nicht gar so groß, als er auf der Karte erscheint“ (8, pag. 84). Eines der kleinen Mittel, diesen Unterschied zu verringern, findet Schlagintweit in dem Nachweis, daß Reis in seiner Karte dem Muschelkalk eine zu große Ver- breitung am Südfuße des Wettersteingebirges zugewiesen habe (8, pag. 84).

Als ob das für die Gesamtauffassung, für die das Einfallen der Trias maß- gebend ist, nicht ganz gleichgültig wäre. Wem es einmal gelungen ist, diese sich klar zu machen, für den kommt es nicht darauf an, ob der Muschelkalk etwas zu breit gezeichnet ist, ein belangloses Versehen, was Reis (1, pag. 113, Nr. 14), wie Schlagintweit hätte nachlesen können, selbst schon vorher richtig ge- stellt hatte.

An der gleichen Stelle bezweifelt Schlagintweit ein weiteres kleines Mittel „ob sich Wettersteinkalk und Raiblerkalk stets mit Sicherheit unter- scheiden lassen, wenn man von den Lagerungsverhältnissen absieht.“

Zugegeben, daß ihm die Unterscheidung [subjektive] Schwierigkeiten machen kann. Der aufnehmende Alpengeologe jedoch, der mit der Fazies vertraut ist, ein so feiner Beobachter wie Reis, wird sie stets überwinden.

Seine Verlegenheit diesen [zwingenden] Tatsachen gegenüber gibt er, der sonst so sicher erscheint, zu und bringt’allerhand nur unklar angedeutete, einander widersprechende Vorschläge zur Beseitigung der den Südschub ausschließenden Schwierigkeiten. Wer ihn um jeden Preis retten will, der muß die Einzelheiten des Deckenbaues vor der Südüberschiebungsphase irgendwo fern in S entstanden sein lassen. Selbst dann aber fehlen noch immer alle Beweise für Südschub (Stirnrand, Schubstreifen) und die Aufpressung des basalen Gebirges im Gebiete der Decke wäre noch nicht erklärt. Anderseits müßte man noch immer den Bau innerhalb der Decke doch durch Ostschub erklären und seine Entstehung nur zeitlich vor den Südschub und nach 8 hin verlegen.

Endlich blieben die Querstellungen der jungen Schichten am Westrande unter dem Stirnrande, die für den Ostschub der Triasmasse so beweisend sind, ungeklärt; denn daß sie, wie Schlagintweit will, auch durch Südschub bewirkt sein könnten, ist unrichtig.

Schlagintweit irrt, wenn er die Verhältnisse im O und im W als zwin- gend beweiskräftig für Südschub ansieht (pag. 85, 2. Absatz). Besser sind sie

9*

68 K. C. von Loesch. [68]

Die Störungen der Vorbergscholle.

Die Störungslinien streichen [heute] NNO—SSW, NO—SW und ONO-—WSW. Die Stärke der Ablenkung des Streichens, das stets zu den Störungslinien senkrecht steht, von der Longitudinalrichtung !) ist [nicht regellos, sondern] in der einzelnen Berggruppe ungefähr gleich- stark und durch Übergänge mit dem der benachbarten Berggruppe ver- bunden. Man kann Komplexe mit intensiverer Ablenkung (Roßkopf, Vorderer Oberlähnskopf) solchen mit geringerer (Feldalpe, Hinterer Oberlähnskopf) gegenüberstellen.

Ich kann Reis nur zustimmen, wenn er die Abbiegungen der einzelnen Teilschöllchen auf longitudinalen Druck zurückführt (1,

ag. 94). R ; n scheint, daß wir hier zwei modifizierte Außerungen des Ost- druckes unterscheiden können, die jedesmal auf die passive, das heißt schon an Ort und Stelle befindliche Vorbergscholle, die keine Figen- bewegung mehr hatte, wirkten.

1. Ostdruck der Leutaschscholle. Diese prallte mit dem Gehrenspitzmassiv auf die Vorbergscholle und zerlegte sie in Bruch- schöllchen, deren Brüche N—S senkrecht zur Druckrichtung verliefen.

[Noch nie ist eine Zerlegung dieser Art so gut bekannt geworden. Freilich liegen hier auch die Verhältnisse für eine Kartierung selten günstig. Die reiche transversale Gliederung und die Regelmäßigkeit der sekundären Ablenkung der Teilschöllchen gestatten eine gute Übersicht.] |

Für die Zerlegung kann wohl nur das Gehrenspitzmassiv in Be’ tracht kommen, das allein an das Ostende der Vorbergscholle stößt-

Die einzelnen NS-Bruchlinien lassen sich weder in die Jura- kreidemulde noch in die nördliche Zone der Mieminger Scholle hinein verfolgen. Sie sind der Vorbergscholle eigentümlich und bilden zu- gleich einen Beweis für die Ostbewegung der Leutaschscholle (des Gehrenspitzenmassives).

2. Der Ostschub der Mieminger Scholle. Man kann sich kaum vorstellen, daß der Ostschub der Gehrenspitze auch die Ablenkung der Teilschöilchen hätte bewirken sollen, zumal die Ab- lenkung in den unmittelbar der Gehrenspitze benachbarten Partien sehr gering ist.

dieser Nachweis zieht sich wie ein roter Faden durch meine Arbeit durch Ost- schub erklärbar. Er sagt: „Unter ihrer meines Erachtens zwingenden Beweiskrafi muß eben auch das abweichende Verhalten eines Teiles der Vorberge unter An- nahme dieser Schubdecke zu verstehen gesucht werden.*

Mit diesem „muß“, mit dem Verstehenmüssen von Unverständlichem mutet er dem Leser zuviel zu. Nur wer für eine Anschauung voreingenommen ist, wird vor den beiden großen Hindernissen, die sich seiner Auffassung entgegenstellen, nicht zurückschrecken:

1. dem Parallelbau von Mieminger Gebirge, Vorbergen und Wettersteingebirge;

2. dem Mangel eines nördlichen Stirnrandes,

Sie allein reichen zur Ablehnung des Südschubes vollkommen aus, so daß es nicht nötig ist, die vielen anderen widersprechenden Einzelbeobachtungen auf- zuführen. Sie würden diese Arbeit übermäßig belasten.

!) Die Ursprünglichkeit der Längsrichtung vor der Bruchphase ist voraus- gesetzt (und noch nie bezweifelt worden).

[69] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 69

Dagegen besteht ein örtlicher und wahrscheinlich auch ein ur- sächlicher Zusammenhang zwischen dem Bau des Nordrandes!) der Mieminger Scholle und den Stärkegraden der Ablenkungen der Vor- bergschollteilchen. Der Nordrand der Mieminger Scholle springt bald nach N vor, bald wieder nach S zurück. Je nördlicher er vordringt, um so größere Höhen nimmt er auch ein. Die Zonen seiner tiefsten südlichsten Lagen entsprechen denen der geringsten Ablenkung in der Vorbergscholle und nehmen den äußersten O und den äußersten W ein (Feldalpe und hinterer Oberlähnskopf), die dazwischenliegende des stärksten Vorstoßes der Zone der stärksten Abdrehungen in der Vorbergscholle. [Innerhalb dieser mittleren Zone ist die Nordgrenze (nach den schlechten Aufschlüssen zu urteilen) wiederum ungleich: mäßig beschaffen und analog der verschiedenen N-Erstreckung der einzelnen Teile scheinen auch die Vorbergschöllchen verschieden in- tensiv abgedreht zu sein.]

Die Komplexe mit stärkster Abdrehung?) liegen stets etwas nordwestlich der höchsten (nördlichsten) Erhebung der Mieminger Scholle, die Zonen relativer Breite der Jurakreidemulde ?) wiederum etwas nordwestlich der Komplexe größter Abdrehung in der Vorberg- scholle.

Daraus ist die Chronologie der Ereignisse abzulesen. Die Mie- minger, die an der Vorbergscholle vorbeiglitt, übte zugleich mit ihrem Vorschreiten nach W den (faltenden) Sekundärsüddruck aus. Süddruck und Ostdruck mußten also die einzelnen Teilchen der Vorbergscholle aus der NS-Lage in eine NO—SW-Lage abdrehen. Da der Nordrand, wie die Randzone beweist, ungleich konfiguriert war, da die Hebung der Vorbergscholle (und der Jurakreidemulde) ihrer Intensität nach ganz von den örtlichen, raumverengenden und darum druckverstärken- den Schollenbreiten abhing, so wurde die wohl anfänglich gradlinige Südgrenze der Vorbergscholle durch ungleiches Nachgeben gegen einen ungleichen Süddruck ungleichförmig. Bei fortschreitendem Östschube der Mieminger Scholle mußten deren vorspringende Rand- teile diejenigen der Vorbergscholle, die ihnen nunmehr gegen W be- nachbart waren und im Wege standen, abdrehen. Darum liegt die Zone der intensivsten Störung stets westlich des nördlichsten Mieminger Vor- stoßes. Die benachbarten Teilschöllchen der Vorbergscholle folgten automatisch nach, doch wurde die Intensität der Abdrehung von Schöll- chen zu Schöllchen geringer. Im O, wo die weit nach S reichende Gehrenspitzenmasse schützte, und im W, wo die nördliche Zone der Mieminger Scholle sich verjüngte (wenn nicht auskeilte), war die Ab- drehung am geringsten.

Wenn der Ostschub des Gehrenspitzenmassivs die Abdrehung bewirkt hätte, so müßte sie im Gebiete der Feldernalpe am stärksten sein (Reibung am Stirnrand); hier ist sie aber am schwächsten. In den Issentalköpfin fehlt eine analoge Erscheinung überhaupt oder sie ist durch die nachfolgenden Freignisse völlig verwischt worden.

!ı) Vgl. pag. 79fE. ?) Plattert, Vorderer Oberlähnskopf, Predigtstein, Roßberg. °) Vgl. pag. 70 ff.

70 K. C. von Loesch. [70]

Wer mit einem Ostschub der Triasmassen rechnet, der kann Fragen, welche die Anhänger der großen Südschubdecke in Verlegenheit setzen, leicht beantworten. Warum fehlt der Mieminger Scholle jen- seits des Mariabergjoches der nördliche Gewölbeschenkel, warum der Vorbergscholle der entsprechende südliche? Aus welchem Verbande stammte die Vorbergscholle ?

Die Antwort lautet: Die Vorbergscholle ist der westlich des Mariabergjoches fehlende Gewölbeschenkel, transversal neben dem einst [in einer vergangenen Schubphase]| der heute um 16 km nach W vorbeigeschobene Südschenkel lag. Warum blieb die Vorbergscholle zurück? Weil die westlich von ihr gelegene westliche Wetterstein- scholle ihr den Durchzug nach W verwehrte, sei es direkt sei es in- direkt durch Auffaltung der Jurakreidemulde westlich der Vorberg- scholle im engeren Sinne.

I. Die Jurakreidemulde.

Die Vorbergscholle, die für die Erkenntnis der Jurakreidemuldenschicksale so wichtig ist, ist auf pag. 65 ff., das Puitentalneokom auf pag. 50 u. 56 besprochen.

Die Jurakreidemulde hängt im W mit dem „Vorland“, der Region der vor dem Stirnrand der Hauptwettersteinscholle quer- gestellten Schichten und der offenen Bichelbacher Mulde zusammen. Ihre Westgrenze zieht man am besten dort, wo sie aus der unmittel- baren Nachbarschaft der Triasmassive heraustritt, also längs der Linie Wettersteinwestabbruch—Westabbruch der Sonnspitze im Mieminger Gebirge.

Gegen N grenzt sie bis zum Zugspitzgatterl an die westliche Hauptwettersteinscholle, von da bis zur Einfallensumkehr an der Schüssel- karspitze an die Zwischenscholle.

Im O verschwindet sie unter der Leutaschscholle.

Im S grenzt sie (von der Einfallensumkehr im O bis zu den Issen- talköpfin im W) an die Vorbergscholle.

Weiter nach W hin mit dem Zurücktreten der letzteren legt sie sich an die Mieminger Scholle, der sie schon vorher im „Loch“ der Feldernaipe nahe kam.

Die Gründe für ihre grundsätzliche Abtrennung von der Vor- bergscholle, mit der sie Reis noch verbindet, sind auf pag. 22 und 23 dargelegt und werden im folgenden bestätigt.

Die Jurakreidemulde ist hauptsächlich aus Jura- und Neokom- gesteinen gebildet. Im O im Puitental besteht sie entsprechend der geringen Auffaltung nur aus Neokomschichten. (Die Juravorkommen sind wohl an der Basis der Schubmasse mitgeschleppte Schubfetzen). !)

Vom Karlsjoch nach W treten oberer Jura und Lias hinzu und nehmen beträchtliche Areale ein. Kössener Schichten spielen erst von der Feldernalpe ab gegen W eine Rolle. Ob und von wo an Haupt- dolomit noch zu unserer Mulde gestellt werden muß, ist kaum zu ent- scheiden und für unsere Zwecke von geringem Belang.

!) Vgl. pag 55, Anm. 1.

[71] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 71

Die eruptiven Ehrwaldite wurden nach Reis, was ich bestätigen kann, bisher stets in den unteren Lagen der oberjurassischen Horn- steine gefunden.

Wir können in der Jurakreidemulde verschiedene Stadien der Intensität der Faltung unterscheiden. Das der geringsten entspricht der (präcenomanen?) primären Faltung, die der Schubphase voranging. Vgl. pag. 6ft. '

Die der höheren Faltung dagegen sind keine allgemeinen Er- scheinungen, sondern rein lokale, die lokal erklärt werden müssen: und zwar aus dem Verhalten der Schubmassen während der Schub- phasen, deren Vorgänge sie widerspiegeln.

1. Stadium der Erhaltung des Zustandes vor der Schubphase (östlich vom Karlsjoch) im Bereiche der Leutaschscholle.

Recht flache Lagerung mit leichten O—W streichenden Falten; diese blieb erhalten, da die UÜberschiebung der Triasdecke in der Richtung der Faltenachse erfolgte und darum die Intensität der Faltung nicht vermehren konnte. Unter dem Druck der lastenden Triasdecke ist eine Quälung der Oberfläche des Neokoms eingetreten.

2. Stadium der mittleren Verstärkung der Faltung (zwischen Ehrwald im W und der Ehrwalder Alm im OÖ): im N im Bereiche der westlichen Hauptwettersteinscholle, im S im Bereiche der Mieminger Scholle.

Mittelenge, W—0O streichende Falten, die auf erneuten N- oder S- Druck schließen lassen.

Auffallende Längsstörungen, fast mit den Faltenachsen gleich- laufend. (Blätter.)

Quälung fehlt, da nie eine Decke über den jungen Schichten lag.

3. Stadium der höchsten Verstärkung der Faltung (zwischen der Ehrwalder Alm im W und dem Karlsjoch im O): im N im Bereiche der westlichen Hauptwetterstein- und der Zwischen- scholle, in S im Bereiche des Issentalköpflkomplexes und der Vor- bergscholle.

Sehr enge, oft saigere Falten, die auf einen höchsten Sekundär- druck von S oder N schließen lassen. Teilweise Überlagerung der südlich anschließenden Trias.

Quälung fehlt (s. oben).

1. Unterstadium im ©. Mittlere Breite der jungen Schichten (zwischen Karlsjoch und Mitterjöch!).

Verhältnismäßig einfachere Sekundärfaltung.

. 2. Unterstadium im Zentrum. Größte Breite (zwischen Mitter- und Feldernjöchl). Weitere Vermehrung der Faltenelemente durch Ostschub.

Höchste Erhebung des Neokoms, Überragen auch der nördlichen Trias.

12 K. C. von Loesch. [72]

Aufbruch von Eruptivgesteinen !).

3. Unterstadium im W. Geringste Breite (vom Feldernjöchl bis östlich der Ehrwalder Alm).

Sehr enge Sekundärfalten; ferner:

a) Einpressung von Muldenteilen nach S zwischen Vorbergscholle und Nordrand der Mieminger Scholle.

b) Fast vollendete Querstellung!) von Muldenteilen vor dem Stirnrand des Issentalköpflkomplexes.

Im Puitentalfenster ist uns das Jurakreidegebirge im Stadium der geringsten Faltung wieder erschlossen worden. Dieses kann nur den Zustand vor der Schubphase widerspiegeln: den Zustand nach der primären Faltung, die der Schubphase vorausgegangen zu sein scheint. (Vgl. pag. 6 u. 56.)

Immerhin sind die Aufschlüsse im Puitental nicht gut [und vor allem nicht breit] genug, um uns ein klares Bild von der Intensität der primären Faltung zu geben; wir können nicht entscheiden, ob der in der Bichelbacher Mulde (im W unseres Gebietes) erhaltene Faltungs- zustand dem des Puitalpfensters und damit der primären Faltung ent- spricht. Es scheint fast, als ob er dort schon etwas durch Sekundär- faltung kompliziert wäre; doch ist eine Gewißheit hierüber kaum zu erlangen, für unsere Zwecke hat diese Frage nur untergeordnete Be- deutung.

Denn vom Karlsjoch im W bis zum Westende des Wetterstein- gebirges und längs des Teiles der Mieminger Scholle, in dem beide Ge- wölbeschenkel nebeneinander liegen [östlich vom Mariabergjoch], ist die Faltung erheblich stärker, sowohl als im Puitental, als auch im Gebiet der Bichelbacher Mulde.

Diese Verstärkung der Faltung steht sicher im ursächlichen und im örtlichen Zusammenhange mit der Breite der Mieminger Scholle und der zwischen dieser und der Jurakreidemulde liegenden Schollen.

Sie fehlt östlich der Hauptnordsüdliniie Westrand der Leutaschscholle bis Innknie und westlich der NS-Linie West- rand des Wettersteingebirges bis Mariabergjoch: ist also als Lokal-

erscheinung die Folge einer Sekundärfaltung, die, wie wir später sehen werden, von S erfolgt ist. Westlich der Hauptnordsüdlinie entspricht:

die Faltung mittlerer Intensität der mittleren Breite der Mie- minger Scholle mit zwei Gewölbeschenkeln (Süd- und Nordschenkel); die Faltung höchster Intensität der größten Breite der Mieminger Scholle mit zwei Gewölbeschenkeln (Süd- und Nordschenkel) und der Breite der zwischen Mieminger Scholle und Jurakreide liegenden Vorberge.

') Ahnlich intensive, auf Abscherung durch Schub zurückführbare Störungen kennzeichnen die jungen Schichten unter dem westlichen Stirnrand der westlichen Wettersieinscholle. Querstellung der vorher longitudinalen Mulde. An der Umbruch stelle im Lähngrabenbach Aufdringen von Eruptivgesteinen. (Vgl. 1, pag, 96, 97.

[73] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 13

Westlich der zweiten Nordsüdlinie (s. oben) entspricht: die geringe Faltung der Bichelbacher Mulde der geringen Breite der Mieminger Scholle, die vom Mariabergjoch an nur noch aus dem Südschenkel besteht.

Es sind also Beziehungen zwischen der Breite der Mieminger Scholle und der Intensität der Faltung mit Sicherheit konstatierbar. Mit anderen Worten je breiter diese ist, desto enger ist jene auf- gefaltet. Die Sekundärfaltung ist eine Folge der von W nach fort- schreitenden Raumverengung durch die Mieminger Scholle. Diese, scheint es also, hat bei östlicher Bewegung nach S nicht ausweichen können. (Die östliche Bewegung der Mieminger Scholle ist in pag. 84 im Zusammenhange besprochen.)

Sie mußte nach N ausweichen und die dort liegende, seit der primären Faltung nur leicht ostwestlich gemuldete Jurakreidescholle stärker falten. Je breiter die Mieminger Scholle war, je stärker raum- verengend die zwischen ihr und der Jurakreidemulde liegenden Vor- berge wirkten, desto intensiver wirkte auch diese Sekundär-S-Faltung.

Sie trat wahrscheinlich weder einheitlich ein das heißt nicht gleichzeitig längs ihrer ganzen späteren Erstreckung, sondern zuerst im mittleren W und später im —, noch blieb ihre Intensität gleich. Diese steigerte sich allmählich, war lokal bald stärker und bald schwächer, indem sie von der jeweiligen Breite der ostwärts geschobenen Schub- masse (Mieminger Scholle) und der Breite der passiv wirkenden, raum- verengenden Masse, die schon die Eigenbewegung verloren hatte, abhing.

Die Wirkung der Sekundärfaltung hing dabei zum Teil von Be- schaffenheit des hinter (n.) der Jurakreidemulde gelegenen vorwiegend aus Wettersteinkalk gebildeten Geländes ab. Sie mußte am größten sein [und die Jurakreidemulde auf das kleinste Gebiet zusammen- drücken], wo der Widerstand am stärksten war.

Dieses bestand vom W bis zum Gatterl aus der verhältnis- mäßig weit nach S (SW) vorgeschobenen westlichen Hauptwetterstein- scholle: der aufgebogenen Umrandung der Plattmulde. Daß eine solche Masse einem Sekundärdrucke kaum nachgeben konnte, ist einleuchtend ; dementsprechend ist die Jurakreidemulde aufs schmalste dort zusammen- gedrängt, wo die Vorberge bis zu den Issentalköpfln noch mit der westlichen Hauptwettersteinmulde parallel laufend raumverengend wirkten. Westlich der Issentalköpfl öffnen sich die nördlichen und süd- lichen Triasmassen trompetenförmig, geradeso wie die Mulden des jungen, Gebirges zwischen ihnen.

Östlich der Gatterlköpfe dagegen, mit denen die westliche Haupt- wettersteinmulde ihren Vorstoß nach SW abschließt, verbreitet sich die Jurakreidemulde wieder.

Zugleich aber springt ihr N-Rand mit einer auffälligen Stufe nach N vor. Das beweist, daß der sekundäre S-Druck im Wettersteinkalk des Plattmuldengebietes sich nicht geltend machen konnte, wohl aber westlich davon. Möglich (aber unentscheidbar) ist es, ob die westliche Hauptwettersteinscholle bei ihrem Vorstoß gegen WSW schon mit einer Faltung begonnen hatte (ONO-Faltung); höchstwahrscheinlich aber, daß die Sekundärfaltung von S zuerst längs der westlichen Haupt-

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd,, 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 10

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wettersteinscholle begann. Denn das Areal der Jurakreidemulde wurde zum erstenmal durch sie (von N her) eingeengt, zu einer Zeit, wo im weiteren die Zwischenscholle sich noch nicht zwischen Jura- kreidemulde und die nach NNO zurückweichenden Hauptwetterstein- schollen eingeschoben hatte.

Wir müssen also mit dem Beginn der Sekundär-S-Faltung im W rechnen, und zwar konnte sie schon unmittelbar vor und mit dem Zurückbleiben der Vorbergscholle (der Folge des WSW-Vorstoßes der westlichen Hauptwettersteinscholle) eintreten.

[Östlich davon begann die Sekundärfaltung erst später, und zwar wohl vom Ostende her. Näheres s. unten.]

Die größere transversale Breite des Jurakreidegebirges westlich der Gatterlköpfe ist einmal als die Folge der geringeren Widerstands- kraft der Zwischenscholle, die nördlich dieses Abschnitts liegt, anzu- sehen. Letztere ist aus heterogenen Elementen erbaut und mußte einen Teil des S-Druckes in sich aufnehmen. Dieser. hat die nord- gerichteten Überschiebungen der einzelnen Stockwerke (diean seinem N-Abfall zu sehen sind, vgl. pag. 62) verursacht, vielleicht auch indirekt die Steilstellung des Gipfelzuges.

Ferner mag die Auffaltung im O schon begonnen haben, bevor die Zwischenscholle in ihre heutige Lage von O her vollends geschoben war.

Während dieses Schubes mußte die Zwischenscholle direkt und indirekt auf die Faltung beeinflussend wirken. [Bezüglich dieses Ein- flusses, der im Gebiete des Hohen Kammes natürlich besonders stark wurde, vgl. unten. Die endgültige Gestaltung der Zwischenscholle wurde anderseits durch die Auffaltung der Jurakreideschichten und durch den Süddruck gleichfalls beeinflußt. ]

In dem zwischen den Gatterlköpfen und dem Karls- Joch liegenden Abschnitte der Jurakreidemulde wechselt die trans- versale Breite nicht unerheblich. Die Nordgrenze verläuft im allge- meinen gradlinig, von bis jenseits des Hochwanners ostwestlich, von da bis zum Gatterl knickt sie gegen WNW ab; die Südgrenze ist höchst wechselreich und folgt den [pag. 68 beschriebenen] Abdrehungen der Vorbergschollenteile. Den Komplexen größerer Abdrehung ent- spricht eine breitere, denen geringerer Abdrehung eine mindere Breite der Jurakreidemulde, und zwar folgt die größte Süderstreckung der Mulde gegen O dem Höhepunkt der Abdrehung nach.

In der Jurakreidemulde scheint sogar die durch die Abdrehung geschaffene bald größere, bald geringere Breite in einem lokalen Enger- oder Weiterwerden der Falten längs der einzelnen Komplexe sich widerzuspiegeln. Dies beweist, daß die Faltung nach der Abdrehung noch weiter fortschritt.

Auch die Elemente des Baues des Jurakreidegebirges bleiben nicht immer in diesem Abschnitte die gleichen. Eine sehr breite Neo- kommulde im N und ein Sattel mit Lias im Kern im S sind jedoch stets vorhanden.

An diesen Sattel schließt sich noch eine Mulde an, deren Reste zumeist jedoch (Neokomtrümmer am N-Rande der Vorbergscholle) undeut- lich sind; nur im äußersten O (im Gebiete der Wangalpe) ist sie an- nähernd normal ausgebildet. Von dort nach W hin gewinnt der Lias-

[75] Der Schollenban im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 75

sattel entsprechend dem fast völligen Auskeilen der südlichen Mulde an Breite (zwischen Hinterreintalschrofen und Schönberg).

Die Verhältnisse um den Hohen Kamm.

In Höhe des Hochwannerzuges ändert sich das Bild; der Mulden- bau wird durch längs der Achsen streichende Longitudinaldislokations- linien, die jetzt auftreten, gestört. Es scheint, als ob sich zwischen den Liassattelzug (der zum „südlichen“ wird) und die nördliche Neo- kommulde ein neues tektonisches Element, das gegen N und S von Störungen begrenzt ist (Reissche Karte), einschöbe.

Dieses scheint aus zwei sehr engen Sätteln zu bestehen, die eine sehr enge Mulde einschließen ; letztere enthält fast nur oberen Jura mit wenig Neokom (im W) im Kern; ihre transversale Breite ist sehr gering. In beiden einander parallelliegenden Sattelgebieten haben Auf- brüche von Eruptivgesteinen stattgefunden, und zwar kam es nicht zu Deckenergüssen; sondern es scheint, als ob die Ehrwaldite in sehr engen Schlöten !), jedesmal an den unteren Hornsteinen empordrangen.

Im äußersten W dieses Abschnittes, unmittelbar vor der größten Verengung der Mulde am Felderjöchl ist diese Gliederung am reichsten.

Intensive Faltung und transversale Schichtenverdopplungen durch Östschub haben das bewirkt.

Diese abnormen Verhältnisse werden durch das Auftauchen der oberen Juraschichten am Mitterjöchl in dernördlichen Neokommulde ja schon durch eine kleine Adventivsattelung unter dem Hinterreintal- schrofen gewissermaßen vorbereitet und lassen Längsstörungen in der nichtgegliederten Neokommulde vermuten.

Die wechselnde Enge der Falten kann auf die wechselnde In- tensität des Druckes bei gleichem Ausdehnungsraum und gleicher Widerstandskraft des Widerlagers zurückgeführt werden.

Warum war nun die Wirkung, die Faltungsintensität im Gebiete des Hohen Kammes am größten, wo das Widerlager zweifellos am schwächsten ?) war?

Der Grund liegt in der Wirkung des Ostschubes, den die Zwischen- scholle ausübte. Wir sahen oben, daß sie während der Sekundär- faltung nach W geschoben wurde und westlich des Hochwanners nach NW abgedrängt wurde. Der Hochwannerzug mußte also Ostdruck aus- üben, einen Ostdruck übte ferner direkt die Leutaschscholle aus.

Da die westliche Hauptwettersteinscholle mit ihrem SW—NO streichenden Rande (Gatterlköpfe—Gatterl) und die Vorbergscholle ein Ausweichen nach W nicht erlaubten, so wurden die jungen Schichten

') Gelegentlich der pag. 38, Anm. 1 schon erwähnten Exkursion wurden noch einige neue Vorkommen an den zerrissenen Graten des Südabfalls des Hohen Kammes entdeckt. Das Material, welches in der Münchener Staatssammlung liegt, ist gleichfalls stark zersetzt.

2) Denn die Zwischenscholle nimmt von nach W nicht nur an Höhe, sondern auch an Breite ab; im Gebiete des Hohen Kammes stehen ihre Trias- schichten durchweg saiger.

10*

76 K. C. von Loesch. [76]

hier gestaut und es kam zu jenen Mulden- und Sättelverdoppelungen, die wir oben geschildert haben.

Dadurch wurde aber eine neue Raumverengung geschaffen, die sich in der Erhöhung der Wirkung des Süddruckes bemerkbar machte, in einer Hochpressung des Hohen Kammes, in der Überwältigung der nördlichen Trias.

Die Intensität der Faltung hatte schon vorher ein festes Gerippe in der Jurakreidemulde geschaffen, welches eine Querstellung der zwischen Triasmauern eingeschlossenen jungen Schichten analog den Barren an den westlichen Stirnrändern nicht mehr zuließ, sondern nur noch Steigerungen der Wirkung in den ein- für allemal vorge- zeichneten Bahnen: OW streichende Falten und Längsverschiebungen. Jede mehr oder weniger gleich gerichtete Kraft mußte sich nach diesen Richtungen bewegen und summierend wirken.

Da Ostschub und S-Faltung gleichzeitig wirkten, so ist der Nach- weis des Wirkungsanteils eines jeden Druckes kaum möglich.

Der Zusammenhang zwischen dem Ostschub der Zwischenscholle und den Längsverschiebungen südlich des Hohen Kammes ist nach- zuweisen: die Abbiegung der ersteren nach WNW nämlich beginnt gleichörtlich mit den Faltenverdoppelungen westlich der Linie Hoch- wanner—Mitterjöchl.

Die Verhältnisse östlich des Feldernjöchls.

Hier beschränkt der Widerstand der nördlich vorgelagerten Plattumrandung die Jurakreidemulde auf ihre kleinste transversale Breite längs des verengenden Issentalköpflkomplexes. Westlich des- selben werden die Mulden wieder weiter; doch steht die Grenze zwischen Trias und Neokom längs des ganzen Wettersteingebirgsrandes steil. (Vgl. Textabbildung 4.)

Leider sind sehr große Areale mit Schutt bedeckt, so daß manch wichtige Frage unentschieden bleiben muß.

Die Enge der Faltung ist die Folge des Süddruckes. Die transver- sale Schichtenwiederholung in der Trias, die Querstellung der jungen Schichten westlich der Trias [der Issentalköpfl] und die Longitudinal- verschiebungen der westlich der Ehrwalder Alm offener werdenden Kreidejuramulden sind Folgen des Ostschubes.

Die beiden letzteren Phänomene scheinen nicht von noch jüngeren Störungen abgeschnitten worden zu sein, wohl aber das erstere. Da wir hier mit zwei Ostschubphasen zu rechnen haben [erstens der Phase, die die Vorbergscholle, respektive die nördliche Randzone der Mie- minger an Ort und Stelle brachte, zweitens der Phase, in der die Leutaschscholle an die Vorbergscholle stieß, ihr den Schub mitteilte (re- spektive in der die Vorbergscholle wiederum dem Issentalköpflkomplexe diesen zweiten Ostschub mitteilte)], so könnte es sein, daß die Schicht- wiederholungen schon in einer früheren Ostschubphase bewirkt wurden und vollendet waren, als mit dem zweiten Ostschub der Leutasch- scholle die schon vorhandenen mittleren Mulden einmal aufgeschürft und quergestellt, ein andermal längsverschoben wurden.

[77] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 77

Wie sind die jungen Schichten (nahe der Feldernalphütte 1512 m») in jene so weit südliche Lage zwischen die Vorbergscholle und die Mieminger Scholle geraten ?

Es liegt kein Anlaß vor, diesen Vorgang mit Hilfe einer „Dia- gonalverwerfung* zu erklären; sondern die S-Faltung, welche die Vor- bergscholle (zugleich) zum Teil heben mußte, und der Ostschub durch die Leutaschscholle reichen theoretisch zur Vorstellung der hier einst

Textabbildung 4.

Neokomaufschluß am S-Fuße der Wettersteinspitzen (P. 2750 m).

Zeichenerklärung: Mk = Muschelkalk. Wk = Wettersteinkalk. N = Neokom. S Schutt.

Das gleiche Bild bietet sich an allen Aufschlüssen des Wettersteinschubmassen- sockels zwischen den Holzerwiesen im W und dem Goasel im O.

tätigen Vorgänge aus, ganz gleich, welcher der beiden (pag. 81 f. erwogenen) Möglichkeiten man den Vorzug gibt.

Wer die Issentalköpfl zur Vorbergscholle rechnet, muß annehmen, daß der Süddruk ein Zerreißen der Vorbergscholle herbeiführte. Während längs der westlichen Wettersteinscholle die jungen Schichten nicht gegen N ausweichen konnten, also die ihnen benachbarten Teile der Vorbergscholle auch nicht nach N vorgeschoben wurden, so wich im des Feldernjöchls die Jurakreidemulde um einige 10OOm gegen N aus!) und der östliche Teil der Vorbergscholle mußte nachfolgen. In die entstehende Lücke konnten die Jurakreideschichten eindringen und sich mit den Trümmern der Trias an der Reißlinie mengen. Der ÖOst-

1) Vgl. pag. 73 u. 74.

78 K. C. von Loesch. | [78]

schub der Leutaschscholle schob später die nunmehr etwas nördlicher liegende Vorbergscholle an den jungen Schichten (östlich der Feldalp- hütte) teilweise vorbei.

Stellt man aber die Issentalköpfl zur nördlichen Randzone der Mieminger Scholle und läßt man die Vorbergscholle in Höhe des Feldernjöchls enden, so muß man mit dem Vorbeigleiten der ersteren längs der in Hebung und im Vordringen gegen N begriffenen Vor- bergscholle rechnen.

So entstand wohl ein Dreieck zwischen Wettersteingebirge im N, Vorbergscholle im O und Mieminger Scholle im SW, in dem die jungen Schichten sich befanden, in das beim Ostschub der Leutasch- scholle die Vorbergscholle hereingepreßt wurde.

Es bedarf wohl keiner näheren Ausführungen, daß so hypotheti- sche Vorstellungen nicht zur Entscheidung der Zurechnungsfrage bei- tragen dürfen.

Die Querstellung der jungen Schichten unter dem Westab- bruch des Wettersteingebirges

kann nie, wieSchlagintweit meint, durch Südschub, sondern nur durch abschürfenden Ostschub herbeigeführt sein. Die Juraschichten südwestlich des Ehrwalder Köpfls liegen genau im Streichen der nach N abgebogenen Mulde und sind wie diese als vor der Schubmasse her- geschobene Teile des Untergrundes anzusehen. Unbegreiflicherweise läßt Reis, der sonst den Östschub uns ja als erster gezeigt hat, diese Juraschichten das Ehrwalder Köpfl von S her „überschieben“, als ein letztes Stadium einer Art Stirnrand,„verkeilung* (1, pag. 95).

Da die jungen Schichten keinen aktiven Schub hatten, so müßte also eine aktiv schiebende Masse einst von S her diese Jura- kreideschichten auf das Ehrwalder Köpfl geschoben haben. Eine solche gab es aber nie; es ist unendlich viel einfacher, diese Jura- schichten mit der quergestellten Mulde gemeinsam abgeschert und gemeinsam von der Wettersteinscholle [von O her] geschoben sein zu lassen.

Wann fand der Erguß der Ehrwaldite statt?!). Jedesmal finden wir sie an Stellen höchster Intensität der Faltenbildung, einmal süd- lich des Hohen Kammes, zum anderen am Lähngrabenbach: dort, wo die Jurakreidemulde aus ostwestlicher in die Südnordrichtung um- biegt [oder besser umbricht. Denn es scheinen, nach den Aufschlüssen des neuen Jagdweges, an der Umbruchstelle stärkere Störungen durch- zustreichen, als das die Reissche Karte andeutet.]

Wenn nun die Ehrwalditaufbrüche auf die Stellen höchster Störung beschränkt sind, so liegt der Schluß sehr nahe, sie als eine Folge dieser intensiven Faltung?) anzusehen, wogegen keine Beobachtungen sprechen. |

1) Vgl. pag. 75. ?) Sekundärfaltung, bzw. Sekundärumbiegung.

[79] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 19

Reis dagegen läßt sie nach einer „ersten nicht geringen Zu- sammenfaltung“ aufsteigen, aber vor der Muldenabbiegung nach N, vor der letzten „Aufpressung“. Leider gibt er keine Gründe für diese Annahme an.

K. Die Mieminger Scholle.

Sie deckt sich mit den Grenzen !) von Ampferers Inntaldecke bis auf den Nordrand, den ich südlicher verlaufen lasse, da ich Vor- berg- und Leutaschscholle für selbständig halte.

Die Westgrenze zieht soweit sie nicht aus dem Gebiete herausfällt am Westfuße der Wettersteinkalkmassen der Sonnspitz und des Schachtkopfes entlang.

In unserem Gebiete lassen sich zwei recht verschieden ausge- bildete Abschnitte in der Mieminger Scholle unterscheiden: ein öst- licher, mit vorwiegend junger und ein westlicher mit vorwiegend älterer Trias, dies- und jenseits der Hauptsüdnordlinie ?2) Innknie— Buchen— Wackerle in der Plaik—Westende der Gehrenspitze, der schmalsten Einschnürung unserer Scholle.

Im äußersten W, noch jenseits des Fernpasses liegt das Heiter- wandgebiet, das uns jetzt nicht angeht. Anschließend folgt das Mie- minger Gewölbe. Dies zerfällt (nach Ampferer) in zwei Abschnitte: einen östlichen bis zum Mariabergjoch, in dem nur der Südschenkel des Gewölbes erhalten ist, und einen westlichen von dort bis Buchen, mit beiden Gewölbeschenkeln.

Der Sattel ist im First geborsten und bald überschiebt der nörd- liche Schenkel den südlichen, bald der südliche den nördlichen (Süd- Norddruck!).

[Nach S folgt eine Mulde mit Hauptdolomit im Kern und alter Trias an den aufgebogenen südlichen Rändern.]

Im Mieminger Gebirge selbst überwiegen Wetterstein- und Muschelkalk, die die hohen Lagen bilden. Auch gegen N stellen sich immer jüngere Schichten im Nordschenkel ein (Gaistal), in W nur Raibler Schichten, in O Raibler und Hauptdolomit; doch sind die ur- sprünglichen Verbände stark gestört.

Jenseits der oben erwähnten Nord-Südlinie des Innknies findet man zunächst nur noch Hauptdolomit. Es folgt die Seefelder Hoch- fläche, die [bei starker (Glazial-) Erosion] nur verhältnismäßig geringe Meereshöhe mehr aufweist, auf sie das Seefelder Gebirge mit be- trächtlichen Erhebungen [auf gleichfalls nur aus Hauptdolomit beste- hend]. Seinen Faltenwurf konnte Ampferer nicht nur bis ins Kar- wendelgebirge hinein verfolgen, sondern er glaubte auch die Identität des Mieminger Zuges mit dem vordersten der Seefelder Gebiete zu erkennen und sah hierin einen Beweis für den natürlichen Zusammen- hang aller dieser Gebiete [und die Scholleneinheit der Mieminger Scholle].

!, Soweit sie in unser Gebiet fallen. ?) Vgl. pag. 72 u. 85.

80 K. C. von Loesch. [80]

Auf’pag. 40 sahen wir, daß noch Teile des Wettersteinkalkes der Arnspitzengruppe und Raibler Schichten zur Mieminger Scholle zu stellen sind, die ja jenseits der Isar-Nord-Südlaufverlängerung gegen S wieder viel alte Trias zutage gehen läßt.

Solange die Mieminger Scholle an die Leutaschscholle grenzt, ist ihre steilstehende Nordgrenze fast gradlinig und ganz regelmäßig (vgl. pag. 53). (Nur wurde sie durch den Sprung bei Ahren, der von einer Horizontalbewegung begleitet ist, ein wenig nachträglich ver- schoben [vgl. pag. 42 u. 51)).

Vom Hohen Sattel bis zum Westende der Leutaschscholle (aus Wettersteinkalk) bilden Hauptdolomitschichten die Nordgrenze der Mieminger Scholle.

Sobald diese an die Vorbergscholle stößt, wird die Grenze un- regelmäßig, gleichörtlich (d. h. etwa von der Verlängerung der West- begrenzung der Leutaschscholle gegen S nach W an) mit der Auf- wölbung des eigentlichen Mieminger Gebirgssattels, der in so auf- fallendem Gegensatze zum Hauptdolomit der Seefelder Gebirge und zur Seefelder Hochfläche steht. Mit anderen Worten ausgedrückt: So- lange die Mieminger Scholle über Tag nur Hauptdolomitschichten zeigt und damit einen geringeren Grad von Auffaltung und Abtragung, ist ihre Nordgrenze gradlinig.

Jenseits der Innknienordsüdlinie, mit dem Eintritt in die Region der Vorberg- und der Zwischenscholle [in die Region der intensiven Auffaltung der Jurakreidemulde] wird die Nordgrenze gleichzeitig mit dem Aufbrechen des Mieminger Sattels unregelmäßig; sie springt bald nach N vor, bald gegen S zurück.

Zugleich sind Längsstörungen und Querstörungen im Bau des nördlichen Gewölbeschenkels zu beobachten. Die ersteren scheinen die primären zu sein und sind wohl auf Widerstände gegen die Ost- bewegung der Mieminger Scholle zurückzuführen. Diese trennten an longitudinalen Reißlinien Parallelschöllchen vom Nordrande ab und schufen durch das Vorbeigleiten der Hauptmasse an den passiv ge- wordenen Randteilen jene Verdopplungen, die auf der Reisschen Karte und meinem Übersichtskärtchen gut heraustreten.

Bis zum Nollenkopf ist der ungestörte Verband der Mieminger Scholle, der die Nordgrenze mit Hauptdolomitschichten bildet, wohl in der Hauptsache noch erhalten.

Vom Leithentale bis zu. dem Bache, der von dem Feldernjöchl herabzieht, ist sie von verschiedenen Schichten gebildet, die einer stark durch Querstörungen zerstückten „nördlichen Randzone“ ange- hören. [Die Hauptmasse des Mieminger Gewölbes beginnt erst jen- seits der Leutascher Ache.] Bald sind es Glieder der Raibler, bald ist es wiederum Hauptdolomit. Wo die Schuttmassen der Vorberge sehr weit nach S vordringen, ist sogar bisweilen der Wettersteinkalk als nördlichstes Schichtenglied erschlossen; doch darf dann wohl stets mit einer Verschüttung jüngerer Schichten gerechnet werden.

Das ganze Randgebiet nördlich des Mieminger Gewölbes ist früher als Gaistalmulde bezeichnet worden; dies ging zu weit. Eine tektonische Mulde kann höchstens im geschlossenen Hauptdolomitgebiet zwischen Klamm- und Leithenbach gefunden werden, wo im S der Haupt-

[81] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 81

dolomit normal nordfällt, im N dagegen bisweilen gegen S (SO). Diese verallgemeinernde Deutung [in Profil IV meiner Profiltafel] ist also fraglich, da die Abweichungen vom N-Fallen in Anbetracht der für den Hauptdolomit charakteristischen Wechselfähigkeit in der Richtung des Einfallens ganz gut als lokale Erscheinungen ange- sehen werden könnten.

Aus dem gleichen Grunde ist es schwer [in diesen, noch dazu schlecht aufgeschlossenen, oft schichtungslosen Massen] die lokalen Störungen von den weiterreichenden zu trennen und letztere zu verfolgen. Sie werden vielleicht im Hauptdölomitgebiet noch vorhanden sein, da sie ja im anstoßenden Raibler Gebiet so häufig sind, in welchem die reiche Gliederung an Hand der sorgfältigen Reis’schen Aufnahmen einen guten Überblick gestattet.

Im W fehlen südfallende Schichtenkomplexe nicht. Immerhin kann von einer „Mulde“ bei der so weitgehenden Zerstücklung schwer- lich die Rede sein.

Nördlich der eigentlichen Mieminger Sattelscholle kann man (vgl. das Übersichtskärtchen) zwei Randzonen unterscheiden, die sich mehr oder weniger deutlich voneinander und vom Hauptgewölbe abheben, je nachdem die Schuttbedeckung eine größere oder geringere ist.

Die südlichere und im allgemeinen westlichere besteht aus Wettersteinkalk und ist gegen das Hauptgewölbe durch eine höchst auffallende Terrasse abgesetzt!).

Ihr Wettersteinkalk liegt im W wenigstens (westlich der Pest- kapelle) zumeist horizontal.

Sie erstreckt sich von der Langenlähn über die Pestkapelle und die Feldernalmhütte (bis hierher ist ihre Nordgrenze leicht zu ver- folgen erst besteht sie in einer Geländestufe, dann folgt sie dem von der Quelle bei der Pestkapelle entspringenden Zufluß des Geißkaches) bis zur Tillfußalm; ja vielleicht sind die am Leutascher Wege vor dem Köthbache anstehenden Wettersteinkalkschichten noch zu dieser Zone zu stellen. Gegen S bildet hier die Leutascher Ache die Grenze, südlich deren noch die Raibler Schichten des Mieminger Hauptgewölbes ins Tal einschießen. Gegen W wird der Nachweis mit dem Auskeilen der Raibler schwieriger; doch besagt der Gegensatz zwischen dem steil- nordfallenden Wettersteinkalke (Breitenkopf, Igelskopf, Tajakopf, Sonnspitz) des Gewölbes und der breiten schutt- und moränenbedeckten Terrasse, auf der der Negelsee und die Seebenalmhütte liegen, genug.

Ob der Schachtkopf zu dieser Zone zu stellen ist, wie es das Übersichtskärtchen andeutet, mag dalıingestellt bleiben.

Diese südlichere Randzone "mußte, weil aus Wettersteinkalk be- stehend, besser erhalten bleiben als die nördlichste, in der Raibler Schichten den Hauptdolomit und den Wettersteinkalk weit über- wiegen.

Ihr östlicher Abschnitt zwischen dem Leithenbach und dem vom Felderjöchl kommenden Bache, [dem Wettersteinkalk fehlt], mag noch

!) Wer je am Holzereck oder unter dem Wetterwandeckeinstieg gestanden hat, dem wird diese so deutliche, so weithin verfolgbare Terrasse sich ins Gedächtnis geprägt, den wird sie zum Nachdenken veranlaßt haben.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 11

32 K. C. von Loesch. [82]

enge Zusammenhänge mit der südlich benachbarten Zone aufweisen und erst in verhältnismäßig später Schubphase von ihr abgetrennt sein. Aber er ist weit stärker gestört als jene. Quer- und Diagonal- verwerfungen (letztere im „Gaiselt“) sind häufig, korrespondieren aber nicht direkt mit den Abdrehungen der Vorbergscholle (pag. 68 ff.).

Südlich der Westbegrenzung der Vorbergscholle im engeren Sinne stellen sich am Westende dieses östlichen Abschnittes ganz junge Schichten, Teile der Jurakreidemulde, am Nordrand der Mie- minger Scholle ein.

Im Gebiete der Feldernalm sind die Aufschlüsse spärlich. In den Bachrissen sieht man Teilschöllchen älterer und mittlerer Trias (die, da der natürliche Verband bei der weitgehenden Zerstückelung fast stets gelöst und der Schichtbestand der Vorberg- und der Mieminger Scholle der gleiche ist, jeder von beiden ursprünglich angehören könnte) mit sicher aus der Jurakreidemulde herrührenden jüngeren Schichten gemengt.

Weiter westlich werden die Aufschlüsse im Issentalköpflkomplexe besser und die jungen Schichten sind auf die quergestellte Mulde und den Nordrand beschränkt: die Zerstückelung ist aber noch denk- ‚bar groß.

Hier stehen wir vor 3 Fragen:

1. Ist die Herkunft der Einzelschöllchen im Issentalköpflkomplex noch auch nur mit annähernder Sicherheit nachzuweisen ?

2. Ist dieser Komplex überhaupt noch als eine „Einheit“ von tektonischer Bedeutung anzusehen und, wenn ja,

3. ist er dann zur Vorberg- oder zur Mieminger Scholle zu stellen ?

Prüfung der einzelnen Bestandteile.

Die Kössener Schichten, die gleichfalls (siehe oben) randlich ange- ordnet sind und geringe Verbreitung haben, sind in den beiden Trias- schollen noch nicht nachgewiesen worden und dürften zur Jurakreide- mulde zu rechnen sein. Der Kössener Zwickel am Fuß des vorderen Oberlähnkopfes, welcher in der Karte fehlt (vgl. 1, pag. 113, Nr. 13), braucht nicht als Zeuge für das Vorkommen von Rhät im normalen Verbande der Mieminger Scholle angesehen zu werden; sein Vor- kommen muß wohl tektonisch erklärt werden.

Am unsichersten ist die Herkunft des Hauptdolomits.

Die Hauptdolomitschichten könnten in allem 3 Schollen ange- hören, aber auffallenderweise finden wir sie in keiner der dreien in unmittelbarer Nähe des fraglichen Bezirkes.

Am nächsten noch in der nördlichen Zone unter dem Muschel- kalk des Vorderen Oberlähnskopfes; in der Vorbergscholle noch weiter westlich erst am Steinernen Hüttl.

Aus der eigentlichen Jurakreidemulde ist zwar kein einwandfreies Vorkommen von Hauptdolomit bekannt, aber wo Kössener Schichten gefunden werden, da würde auch eine Entblößung des Hauptdolomiits, zumal Plattenkalke fehlen können, nicht unmöglich sein. Es ist viel- leicht kein akzidentielles Zusammentreffen, daß der Hauptdolomit

[83] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 83

stets neben Gliedern der Jurakreidemulde gewissermaßen in randlicher Lage liegt, wie zum Beispiel der den Gipfel der Issentalköpfl bildende neben den so versteinerungsreichen Kössenern der Ehrwalder Alm. Für eine Zurechnung zur Jurakreidemulde spricht die Tatsache, daß hier die Störung und Aufpressung besonders stark war: gegen die zu den beiden anderen Schollen, daß in beiden der Schichtbestand von nach W sichtlich verarmt.

Endlich wäre es nicht ausgeschlossen, daß der Hauptdolomit keiner der 3 Schollen entstammt, daß er irgendwo abgerissen und vor den Schubmassen hergeschoben ist. Doch fehlen dafür alle Anhaltspunkte.

Die Raibler und der Wettersteinkalk können dagegen nur den beiden Triasschollen entstammen. In der Vorbergscholle überwog bis dahin der Wettersteinkalk an Areal der Raibler weit, während in den nördlichen Zonen und im Issentalköpflkomplex das Verhältnis eher umgekehrt ist.

Die Vergleichung der Areale darf aber kein Argument für eine Zurechnung sein, da große Gebiete zwischen den Issentalköpfln und den Westenden der beiden in Frage kommenden Schollen durch Schutt und Moräne verdeckt sind, in denen sich zum Beispiel eine Abnahme des Wettersteinkalkes der Vorbergscholle gegen W hätte anbahnen können. Eine solche ist vielleicht schon in den aufge- schlossenen Gebieten vorbereitet. (Der Muschelkalk fehlt vom Schön- berge ab nach W).

Wir beantworten Frage 1 folgendermaßen:

Nur für die Schichten vom Neokom bis zum Rhät einschließlich kann die Herkunft mit Sicherheit festgestellt werden. Sie entstammen der Jurakreidemulde. Für den Hauptdolomit, die Raibler und den Wettersteinkalk ist das nicht möglich.

Trotz obiger Feststellung kann nach Ausscheidung der älteren Schichten bis zu den Kössenern einschließlich hinauf in diesem Kom- plexe [unter Bejahung von Frage 2] eine Einheit, die tektonisch ist, gesehen werden.

Sie besteht in dem Gegensatz zu den nachweislich zur Jura- kreidemulde gehörigen Gliedern der quergestellten NS-Mulde westlich unseres Komplexes.

Dieser hat, nachdem er die heutige Zusammensetzung erhalten hatte, jene Schichten abgeschert und quergestellt. Hätte er nach dieser Querstellung noch wesentliche Veränderungen erfahren, so würden diese eine erhebliche Störung der Quermulde bewirkt haben müssen, was aber nicht der Fall ist.

Die weite Erstreckung des letzteren steht in einem nur so be- greiflichen Gegensatz zur kleinlichen Zerstückelung innerhalb des Issentalköpflkomplexes, dem die Hauptdolomitmassen [gleichgültig, welcher Herkunft sie sind] schon zur Zeit der Querstellung angehörten.

Die dritte Frage ist folgendermaßen zu beantworten:

Da die Hauptstreichrichtung innerhalb des Komplexes die gleiche ist, wie innerhalb der Vorberg- und Mieminger Scholle (O—W), da die Bauelemente die gleichen sind und da er endlich beiden be-

11*

84 K. C. von Loesch. [84]

nachbart -- in der Verlängerung sowohl der Vorbergscholle als auch der Randzone liegt, versagen die Hauptkriterien, die für die Zurechnung zu Schollen zu Gebote stehen.

[Eine Bewegung gegen O, die die Einheitlichkeit des Komplexes nachwies, machen gleichfalls beide Schollen durch. Die den Durch- schnittshöhen der Vorbergschollengipfel annähernd entsprechende Höhenlage der Issentalköpfl kann durch die Hebung beim sekundären Südschub hinreichend erklärt werden.]|

So muß wohl die 3. Frage offen bleiben.

(Bezüglich der Entscheidung. die eine graphische Darstellung verlangte, vgl. pag. 29 und pag. 32).

Für die Gesamtauffassung ist es ziemlich belanglos, ob der Ost- schub der Vorbergscholle oder der der Mieminger Scholle die Fast- querstellung ausführte.

Der Schub der Mieminger Scholle.

Die Mieminger Scholle geht in unserem Gebiete noch nicht aus,” . sondern erstreckt sich weiter nach W in die Lechtaler Alpen. Darum kann auch in unserem Gebiete kein so prächtiger Stirnrand, wie er sich am Westende des Wettersteingebirges bietet, erwartet werden.

Jenseits des Madauer- und Parseiertales bieten quergestellte Mulden junger Schichten einen sicheren Beweis für einen Ostschub. Jenseits dieser Linie löst sich die Schubmasse in immer kleiner werdender Inselchen auf, die entsprechend der Hebung der Schub- fläche in den Lechtaler Alpen von nach W schließlich nur noch die Gipfel krönen (nach Ampferer 30).

Aber selbst innerhalb unseres Gebietes findet man hinreichende Beweise für den Ostschub der Mieminger Scholle: so am Westfuße des Schachtkopfes, an welchem Juraschichten mitten im Hauptdolomit- Plattenkalkareal des Fernpasses aufgeschlossen sind. Leider ist dieser partielle Stirnrand stark verschüttet.

Die beiden nördlichen Randzonen der Mieminger Scholle und ihre Störungen sind hierher zu rechnen: sie sind longitudinal abge- spalten, die Negelseeterrassenzone ist vielleicht noch einseitig in ihren südlichen Partien durch Ostschub überfahren worden. Der Schacht- kopf selbst ist ein Analogon des Ehrwalder Köpfls.

Endlich sind die Vorbergscholle selbst (ihre heutige transversale Lage) und die sekundären Ablenkungen ihrer Einzelschöllchen nur durch den Ostschub der Mieminger Scholle zu erklären.

Gegen Norden und Süden begrenzen Randspalten in steiler Stellung die Mieminger Scholle sowohl in unserem Gebiete wie in den Lechtaler Alpen !).

') 30, pag. 12: „Die Grenze zwischen Kalkalpen und Kristallin ist eine mächtige Bewegungszone, der entlang verschiedenes Gebirge steil gepreßt anein- ander stößt.“ „... daß entlang der ‚Inntallinie‘... nach der Gosauzeit bedeu- tende Verschiebungen stattgefunden haben...“ Pag. 13: „Die Grenzfläche steht in unserem Bereiche allenthalben steil“. Soweit handelte es sich um die Grenzfläche zwischen Kristallin und der Lechtaler Alpen überhaupt. Über die Südgrenze der „Luntaldecke“, die in der Gegend von SchönfließB von W her das Inntal erreicht,

[85] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 85

An der Nordgrenze scheint die Randspalte nur dann vollkommen steil zu stehen, wenn sie auch vollkommen ostwestlich verläuft. So- bald diese Grenze im rechten Winkel nach S abbiegt, kommt es zu Stirnrand ähnlichen Bildungen mit flacher Schubfläche. So wie sie schräg diagonal gegen WSW gerichtet ist, ergibt sich der Effekt eines ein- scharigen, einseitigen, einseitig den Untergrund aufrichtenden Pfluges (vom Mariabergjoch nach W gegen die Heiterwandlinie).

Die „Inntallinie* (Ampferers) im Süden ist von fast noch größerer Wichtigkeit als die Nordgrenze. Sie muß während der Schub- phase der Mieminger Scholle das feste Scharnier gewesen sein, ent- lang dem sich diese gegen W schob und das nicht nachgab. So erklärt sich, daß aller Druck, welcher beim Ostschub der gegen sich verbreiternden Scholle entstand (deren Durchzugsraum noch da- zu durch das Zurückbleiben der Vorbergscholle verengt war), inner- halb dieser Scholle und gegen N wirkte.

Innerhalb dieser Scholle: bald ist der nördliche Gewölbeschenkel des Mie- minger Hochgebirges über den südlichen, bald der südliche über den nördlichen geschoben.

Gegen Norden: Quetschung der nördlichen Randzone, Hebung der Vorberg- scholle, intensive Sekundärfaltung der Jurakreidemulde.

Östlich der Hauptnordsüdlinie !) (von der Zone zwischen dieser und dem Mariabergjoch mag hier, weil sie „unnormal“ ist, abgesehen werden) divergieren die Nordgrenzen von Mieminger Scholle und Kristallin sehr stark. Erstere streicht longitudinal mit, einer unbedeutenden Abweichung nach ONO bis zum Brunnensteineck weiter haben wir sie noch nicht verfolgt letztere gegen OSW auf Innsbruck zu.

In diesem offeneren Felde fehlen nicht nur alle Sekundärstörungen, sondern es ist auch fast nur junge Trias aufgefaltet.

Betrachtet man diese Verhältnisse vom Standpunkt der Ost- westbewegungen, so fällt zunächst auf, daß die Leutaschscholle gerade an der Hauptnordsüdlinie ihr Westende erreicht, zum Stehen kommt.

Die Mieminger Scholle gleitet an ihr (mit steiler Randspalte) vorbei, erfährt aber von nun an die größten Störungen in sich, Ab- spaltungen und Stauungen; diese äußern sich in südlichem Sekundär- druck, heben die Vorbergscholle und falten die Jurakreidemulde intensiv.

An anderer Stelle?) wurde der Zusammenhang dieser Erscheinun- gen mit den Schubphasen des Nordflügels nachgewiesen. Dieser konnte

sagt Ampferer pag. 16: „Hier scheint sich diese Bewegungsfläche jener an der Grenze von Kalkalpen und Urgebirge anzugliedern.“

Damit scheint Ampferer, ohne es deutlich auszusprechen, den Ostschub seiner „Inntaldecke“ anzunehmen, im Gegensatz zum Querschnitt (6, pag. 683) in- dem er noch sagte:

„Da wir nun diese Scholle von N nicht aus ihrem Untergrund und wegen ihrer weiten Erstreckung auch nicht gut von O her ableiten können, so bleibt nur übrig, sie von S her zu beziehen.“ Diese neue Anschauungsweise deckt sich voll- kommen mit den Resultaten dieser Arbeit.

1) Vgl. pag. 72 u. 79. 2) Vgl. pag. 76, 94 u. 95.

86 K. C. von Loesch. [86]

aber nur die Faltung verstärken, konnte den Anlaß bieten zum Zu- rückbleiben zum Beispiel der Vorbergscholle.

Die Vorbedingungen hierzu, dieZertrüämmerung des Gewölbefirstes, mußte schon vorher in östlicherer Lage geschehen sein, und zwar war dies möglich bei der Passierung der Hauptnordsüdlinie.

Es hat also den Anschein, daß die Enge von Telfs, der Nord- vorstoß des Kristallin schon vor der Schubphase bestand, eine Frage, die ich mich mangels hinreichender Detailkenntnisse vom Bau des Zentralmassivs nicht zu entscheiden getraue.

Ampferer hat (unter anderem in 4) die Vermutung ausge- sprochen ich weiß nicht, ob er noch an ihr zurzeit festhält oder Gegenbeweise gefunden hat —, daß das Zentralmassiv mit dem Telfser Zipfel auf den Kalkalpen läge und die Depression der Seefelder Hoch- fläche mitverursacht hätte. Ein solcher Vorstoß müßte also erst nach der Schubphase eingetreten sein und zu beiden Seiten der Haupt- nordsüdlinie gleichsinnig gewirkt haben, wovon nichts zu sehen ist. Da die Hauptnordsüdlinie auch nicht in das Zentralmassiv fortsetzt (vgl. dessen regelmäßigen Bau auf Blatt Zirl, 26), so kann kein ein- seitiger aus dem Zentralmassiv kommender Stoß von S die Ursache der auf die Westhälfte der Mieminger Scholle beschränkten Störun- gen sein.

Nimmt man aber, vorerst als Arbeitshypothese, an, daß der Vor- stoß schon vor der Schubphase bestand, so erklären sich die Störungen westlich der Nordsüdlinie von selbst. Die Mieminger Scholle, die vor Passierung dieser Linie nur schwächer gefaltet war, erlitt, als sie durch die Enge gezwängt wurde, Katastrophen.

Nach Ampferer bestehen die westlichsten Teile der Inntal- decke noch aus Hauptdolomit. Als diese Westenden!) des Südflügels der großen Schubmassen die Enge überschritten, war [abgesehen von ihrer vielleicht geringen Breite] der Ausweichraum nach N hin noch nicht durch den erst allmählich sich verkeilenden Nordflügel versperrt.

Die Ursachen, aus denen die Hinteren Karwendelketten (der Mieminger Scholle) so hoch gefaltet sind das Seefelder Hochgebirge vermittelt zwischen diesen und der Seefeider Hochfläche und die östliche Fortsetzung der Leutaschscholle-Vorderen Karwendelschub- masse sollen in einer weiteren Arbeit untersucht werden.

L. Das Problem der Wamberger Scholle und die Vor- schuppe(n).

Der Gedanke an die gänzliche Vertretung des Wettersteinkalkes ?) ist, wie schon gesagt, von keiner Seite a limine abgewiesen worden. Freilich neigt Reis, auf dessen Urteil es in erster Linie an- kommt, ihm nieht zu. Es nimmt eine doppelseitige Vertretung der Partnachschichten durch Muschel- und Wettersteinkalk (und umge- kehrt) an, glaubt aber, daß stets noch Wettersteinkalk entwickelt war ;

!) Vgl. pag. 21, 93 u. 9. °) Wie er in anderen Gebieten der Ostalpen angenommen worden ist.

[87] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 87

wo dieser, wie, über der Wamberger Scholle, fehlt, soll er ero- diert sein.

Dementsprechend sieht er die Raibler Schichten, die die Wam- berger Scholle zu Dreiviertel umgeben, für von O her überschoben an: „so daß ein nach W offenes Fenster oder ein fensterartiger Schlitz, das gewiß auch zu einem nicht geringen Teil Erosionsfenster sein könnte, entstand.“

Nirgendwo ist ein für eine konkordante Ablagerung der Raibler Schichten über die Partnachschichten zeugendes Profil zu beobachten ; vielmehr legen sich erstere mit eigenem Faltenwurf neben und über die Wamberger Scholle.

Gleichwohl ist diese weitverbreitete unmittelbare Nachbarschaft von unteren Raibler Sandsteinen und Partnachschichten der Wamberger Scholle derart frappierend, daß anfänglich ein jeder, der mit jenen Verhältnisse sich zu beschäftigen beginnt, dem Vertretungsgedanken als der scheinbar einfachsten Lösung Raum gewähren wird.

Was spricht für fazielle Vertretung?

Zunächst die große Mächtigkeit der Partnachschichten (400 m und mehr); „es ist ausgeschlossen, daß diese Zahl etwa eine mehrfache Wiederhulung geringerer Mächtigkeit darstellt“ (Reis).

Im Falle der totalen Vertretung müßte man also der Mergel- fazies mindestens die halbe Mächtigkeit der Kalkfazies!) zuerkennen; ja die ursprüngliche Mächtigkeit der recht weichen Mergel könnte bedeutender gewesen sein. (Vgl. 1, pag. 65 ff.)

Ferner ist es gewiß bemerkenswert, daß nirgends im Bereiche oder an den Grenzen der Wamberger Scholle Partnachschichten und Wettersteinkalk, und sei es nur tektonisch zusammengebracht, anein- anderstoßen.

Daraus freilich, daß beide, die Wamberger Scholle und die sie begleitenden Raibler, ausgesprochen längsgesattelt sind, kann kein Argument für oder wider eine Lösung gewonnen werden. Denn ähn- liche Längssättel [und Längsmulden] finden sich als Folgen der primären SN-Faltung überall in unserem Gebiete, wo keine besonders unnormalen Verhältnisse vorliegen, und der Schub von O nach W mußte ein dem heutigen ähnliches Bild hervorbringen.

Daß ein Ostschub, wie Reis ihn annimmt, tatsächlich stattgefunden hat, das beweisen die zahlreichen Quer- und Diagonalstörungen im östlichen Dreiviertel der Wamberger Scholle ?2) einwandfrei, ebenso die transversale Vermehrung der Zahl der Sättel an manchen Stellen, die nur als eine Verkürzung der Längenerstreckung, als Folgen der Ausweichbewegung bei Ostdruck auffaßbar sind.

Jedoch schließen sich Ostschub und völlige fazielle Vertretung nicht aus. Man könnte ersterem Rechnung tragen und trotzdem um der Annahme einer den Wettersteinkalk völlig abtragenden Erosion

!) Das „Riff“ des Wettersteinkalkes hat über 800 m Mächtigkeit.

?) Die in gewissem Sinne ein Analogon zur Zerstückelung der Vorberg- scholle bilden.

88 K. C. von Loesch. [88]

zu entgehen, weil für diese zunächst positive Argumente noch fehlen an der völligen faziellen Vertretung festhalten.

In diesem Falle müßte man annehmen, daß die Raibler Sandsteine konkordant über den obersten Partnachschichten abgelagert wären und daß der Östschub wenigstens an manchen Stellen (siehe unten) keine erhebliche Längsverschiebung !) hervorgebracht habe.

Dagegen habe er die Verwischung des ursprünglichen Bildes, vor allem die Zerstörung der normalen Profile bewirkt (indem längs der Auflagerungsfläche eine solche Abspaltung eingetreten sei, wie sie diejenigen annehmen müssen [Abspaltung des Raibler vom Wetter- steinkalk], die mit Reis die Raibler von O her über die Partnach- schichten geschoben sein lassen). Die nach W bewegten Raibler müßten nach der Ablösung partiell dann die tektonisch basal gewordenen Part- nachschichten überfahren und gestaut, ja auch den Muschelkalk auf- gepreßt haben. Damit wäre zwanglos der Muschelkalkklotz nördlich des Salzgrabens und die Anhäufung der Partnachschichten am Fuchs- stern nordwestlich der Partnachklamm, ferner die relativ einfache Lagerung in dem Teil der Wamberger Scholle zwischen Risserjoch und Kreuzjoch erklärt, wenn man nur diese beiden höch- sten Erhebungen der Raibler als die am wenigsten weit nach verschobenen Widerlager ansähe, vor dem sich die Hauptmasse der Wamberger Scholle gestaut hätte. Letztere hätte wiederum das auffällige Ausweichen des nördlichen Raibler Zuges [Partenkirchen—Barmsee] nach N verursacht.

Diese Erklärung hat etwas Bestechendes und doch keinen Be- stand; denn die Wamberger Scholle erstreckt sich noch weiter nach W bis fast an den Eibsee und die unten besprochenen Zusammen- hänge mit den Muschelkalk- und Partnachschichten im Riffel- und Stangenwalde sind unverkennbar.

Warum fehlt dort die Raibler-Nachbarschaft vollkommen ? Be- sonders im N, westlich vom Risserkopf, hätte sie sich leicht erhalten können und müßte einmal aus der Blockbedeckung herauslugen. End- lich ist es doch befremdlich, daß kein einziger gemeinsamer Zug durch die Störungen der Wamberger Scholle und der sie begleitenden Raibler geht.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei gleich hier bemerkt: Aus den Stauungen vor den aus Risserkopf- und Kreuzjochraiblern gebildeten Widerlagern ist gleichfalls kein Argument für oder wider die totale fazielle Vertretung abzuleiten. Hat man die letztere Er- klärungsmöglichkeit im Auge, so ist mit mehreren Schubphasen, wie an der Südseite des Wettersteingebirges, zu rechnen. Eine erste hätte dann eine An- und Überschiebung im Sinne von Reis bewirkt; sie wäre mit der Verankerung der Risserkopf- und Kreuzjochschollen be- endet gewesen; eine weitere hätte dann die oben geschilderten Stau- ungen bewirkt.

ber, ') Von einem Süddruck ist nirgends etwas wahrzunehmen. Von S her kaun die östliche Hauptwettersteinscholle nicht über die Wamberger Scholle hin- weggegangen sein; denn sie müßte in den empfindlichen Partnachschichten ent- sprechende Störungen hervorgebracht haben.

[89] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 89

- Die Vorschuppe(n) der Hauptwettersteinscholle.

Wie schon ausgeführt, lag das erheblichste Bedenken gegen die Reissche Anschauung darin, daß keine Argumente für die Erosion des vielleicht einstmals die Partnachschichten bedeckenden Wetter- steinkalkes gefunden wurde. Die folgende Erwägung setzt sie in ein neues Licht.

Am Westabbruch des Wettersteingebirges wird die Muschel- kalkscholle des Ehrwalder Köpfls durch die Hauptwettersteinscholle überschoben. Durch die zwischen beide eingeschalteten Jurafetzen wird sie als eigene Vorscholle besonders deutlich gemacht.

Es ist erheblich, daß sie ausschließlich aus Muschelkalk besteht, daß sich in den überschiebenden Triasmassen nach O hin immer Jüngere Schichten einstellen. Diese Beobachtung ist nicht für unser Gebiet, sondern für große Teile der nördlichen Ostalpen die Regel und mag als Gesetz angesehen werden.

Diese Vorschuppe!) findet in dem Muschelkalk vom Zuggraben, vom Riffelwald und Stangenberg eine Analogie. Es ist kein kühner Schluß, alle diese Massen älterer Trias (im N stellen sich noch Part- nachschichten ein) als Reste des westlichen Frontteiles der Wetter- steinschubmasse aufzufassen, die, abgelöst, vorzeitig zum Stillstand kamen und dann teils über-, teils angefahren wurden.

In unmittelbarer Nähe dieser Vorkommen findet sich (in etwas tieferer Lage) das letzte westliche Viertel der Wamberger Scholle ?), dem, wie schon bemerkt, die Raibler Nachbarschaft fehlt.

Da beide aus fast gleichaltrigen Schichten bestehen [nur nach S hin wiegt der Muschelkalk vor, während gerade der äußerste West- teil der Wamberger Scholle fast ganz aus Partnachschichten gebildet ist], da ferner die Vorkommen im Stangen- und Riffelwald noch im Streichen der Wamberger Scholle liegen, so muß man sie wohl zu- sammenfassen und beide, wie die Vorschuppe des Ehrwalder Köpfls als die zurückgebliebenen, respektive überschobenen Reste des west- lichen Frontteiles der großen Triasschubmassen ansehen.

Mit dieser auf den ersten Blick vielleicht befremdlichen An- nahme lösen sich in der Tat fast alle Schwierigkeiten.

Der Wettersteinkalk fehlt über den Partnachschichten schon seit Zeiten, die vor dem Ostwestschub liegen, und zwar aus gleichen

!) Die großen Schuttmassen nordwestlich des Zugspitz-Waxensteinzuges verdecken den Sockel der Schubmasse. So ist es nicht möglich festzustellen, ob eine einheitliche tektonische Linie vom Ehrwalder Köpfl bis Hammersbach durch- streicht, etwa so wie das Übersichtskärtchen es darstellt.

Möglicherweise ist sie innerhalb der gewaltigen Muschelkalkmassen des Sockels teilweise aufgeschlossen und es waren nur die Schroffheit der Abstürze im W, die Waldbedeckung im N der Auffindung hinderlich.

Man kann also eutweder mit einer oder mit zwei Vorschuppen rechnen; im Grunde ist es ohne Belang, wozu man sich entscheidet.

Die Partnachschichten am Zuggraben, bei der Alplehütte und im Stangen- walde beweisen die Selbständigkeit der Vorschuppe(n).

?) Wenn auch die Blockanhäufeng und Diluvialbedeckung das westliche Viertel in Inseln zerlegen und damit den Zusammeuhang der einzelnen Teile stören, so wäre eine Abtrennung von der geschlossenen östlichen Hauptmasse jenseits des Hammersbaches durch nichts gerechtfertigt.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd.. 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 12

90 K. C. von Loesch. [90]

Ursachen, aus denen der Schichtbestand der großen Triasschubmassen [gesetzmäßig] von W nach O hin erst zunimmt.

Seine Erodierung mag durch seine geringere Mächtigkeit auf Grund einer partiellen Vertretung durch die Partnachschichten er- leichtert worden sein.

Es ist ein Vorzug dieser Auffassung, daß sie die totale fazielle Vertretung keineswegs ausschließt. Wer sie jedoch, wie der Verfasser als nicht hinreichend motiviert erachtet, dem erklärt sich das Fehlen der Raibler im W damit, daß sie dort nie zur Ablagerung gekommen sind, ihr Vorhandensein in O aber, wie schon oben angedeutet, durch tektonische Vorgänge. Ein Schub von O hat es bewirkt, daß die spiegelbildlich zueinander gelagerten Risserkopf- und Kreuzjochschollen etwa auf einer nordsüdlichen Linie ihr Westende erreichen. Während sich der Risserkopischolle keinerlei Hindernisse entgegensetzten, kam die Kreuzjochscholle, ein Teil der östlichen Hauptwettersteinscholle, zum Stillstand, als die Schubenergie nicht mehr hinreichte, die überfahrene westliche Hauptwettersteinscholle noch weiter zu überfahren. Dieser an sich unmotivierte, gleichörtliche Stillstand der (nördlichen) Risser- kopfscholle ist von Erkenntniswert.

Darin liegt ein Beweis für die Scholleneinheit der gesamten Raiblerumrandung der Wamberger Scholle.

Von der weiteren Schubphase, die die Stauungen etc. herbei- führte, ist schon oben ausführlich gesprochen worden.

Die hier vorgeschlagene Lösung, die eigentlich nur eine Modi- fikation der Reisschen ist, rückt manche wenig beachtete Tatsache in ein neues Licht.

Wenn sie auch die Entstehung der Eibseedepression nicht er- klärt, so läßt sie diese doch als sehr alt erscheinen. Denn in ihr scheint sich die Wamberger Scholle „verfangen“ zu haben.

Die tiefe Lage der Wamberger Scholle, die höhere der Vor- schuppen vom Riffel- und Stangenwald, die höchste der (westlichen) Hauptwettersteinscholle scheinen jedoch nicht ohne weiteres als Grundlage zu einer Chronologie der Schubphasen ausgewertet werden zu dürfen wegen der Mangelhaftigkeit der Aufschlüsse, die es auch untunlich erscheinen lassen, aus der Anordnung des Vorkom- mens von Partnachschichten am Nordfuß des großen Waxensteins Schlüsse über die Faziesverteilung vor den Schubphasen zu ziehen.

Dagegen mag die Wamberger Scholle als ein nördliches Gegen- stück, das aber im Vorstoß nach W vorzeitig gehemmt wurde, zur Mieminger Scholle (Ampferers Inntaldecke) gesehen werden, die sich ja weit nach W bis ins Bschlapstal erstrecken soll.

M. Das nördliche Vorland. Für dieses lassen sich aus den Ergebnissen des vorigen Kapitels

nur wenige Erklärungsmomente gewinnen und ich glaube, daß wir erst die Neuaufnahmen !) abwarten müssen.

!) Vgl. pag. I, Anm. 1.

[91] Der Schollenbau im Wettersteiu- und Mieminger-Gebirge. 91

Es handelt sich jetzt nur um die Frage, ob und wie weit die Schollen des Wettersteingebirges sich nach N erstrecken.

Jenseits der Loisach scheinen sich diese, wenn wir von dem Raibler Aufschluß am Loisachknie unweit Garmisch absehen !), nicht mehr zu erstrecken. Vielmehr bildet der Loisachlauf von der Schmelz bis Garmisch (SW—NÖ) eine ausgesprochene Grenze: im NW liegt Hauptdolomit von eigentümlichem Baue, im SO das Wetter- steinkalkgebirgssystem. Diese Grenze läßt sich gradlinig über die Schmelz hinaus nach NSW bis in die Gegend des Eibsees—Zuggasse verfolgen. Sie markiert sich durch eine von ganz jungen Gebilden überdeckte Depression, der auch die Eibseestraße folgt. Hier an der Zuggasse stoßen wir auf Kössener, die unzweifelhaft als basal anzu- sehen sind.

Jenseits der Loisach liegen die Verhältnisse schwieriger. Bei Partenkirchen sind Vorland (Plattenkalke und Hauptdolomit) von den Raiblern der Fauckenschlucht leicht zu trennen. Erstere sind wohl einem Vorlandsystem, letztere mit Sicherheit der östlichen Haupt- wettersteinscholle zuzurechnen. Je weiter wir aber nach O gehen, desto weniger Anhaltspunkte finden wir für eine derartige Teilung. Wir müssen uns hier bescheiden, bis die Neuaufnahme unsere Kennt- nisse erweitert.

Aus diesen Gründen, d. h. wegen unzureichender Kenntnis des Vorlandbaues vermeide ich es auch, die von Ampferer auf diese Ge- biete ausgedehnte Lechtaldecke zu übernehmen.

N. Die beiden Hauptwettersteinschollen

sind in den vorstehenden Kapiteln, je nach Erfordernis, schon mit- besprochen worden °), so daß nur eine Zusammenfassung erforderlich ist.

Die Vorschuppen bilden anfänglich wohl hinter der Wamberger Scholle liegend mit dieser den westlichsten Teil des Nordflügels ?) und sind von der westlichen Hauptwettersteinscholle überschoben, diese wieder von der östlichen mit einem schönen Stirnrand östlich des Höllentalbodens.

Da beide Schollen aus dem gleichen Material bestehen, ist die Trennung der einzelnen Teile oft schwer, besonders im Partnachtale.

Von W nach O nimmt der Schichtenreichtum zu: so stellen sich in der östlichen Raibler und Hauptdolomit ein, während der Wetter- steinkalk auf die randlichen Zonen beschränkt wird. Muschelkalk scheint nur noch im Würzberggewölbe erschlossen zu sein.

Die östliche Scholle scheint ihren natürlichen Verband nach N besser als die anderen gewahrt zu haben und ich folge Reis, inlem ich die Raibler Schichten nördlich des Wamberger Halbfensters zu dieser Scholle stelle.

"). Vgl. Bag. 27. ?) Vgl. pag. 43—47, 55—66, 73—79 und 89,. 90. °) Gemeint ist der Nordlügel der östlichen Urscholle-Triasschubmasse (vgl. pag. 25 5). Dieser ist in der Zeichenerklärung des Übersichtskärtchens determiniert. 1.2*

99 K. C. von Loesch. [92]

Die Zwischenscholle besteht zum Teil aus Teilen der östlichen Hauptscholle, die die Leutaschscholle abgeschert hat.

Jenseits der Isar setzt das Karwendelvorgebirge !) die Kranz- bergscholle, das Leitersteiggewölbe wahrscheinlich das Würzbergge- wölbe fort: beide Male scheinbar mit wachsendem Schichtenreichtum nach oben und unten.

Diese Gebiete sollen in einer späteren Arbeit behandelt werden.

Dadurch, daß die Vorschuppen an der Wamberger Scholle süd- lich vorbeirückten, wurde auch für die westliche Hauptwetter- steinscholle gegen N eine Art von Widerlager geschaffen, das zur Abdrängung dieser Scholle gegen WSW führte.

(Übersicht über den Nordflügel.)

Wir können im N-Flügel einen einheitlichen Faltenbau zurück- verfolgen, der durch die Schubstauungen unregelmäßig wurde: einen Sattel im N und eine Mulde im S.

Die Wamberger Scholle freilich besteht scheinbar nur aus dem nördlichen Sattel: ob die Vorschuppen, die später an ihr vorbei ge- drängt wurden, eine ursprünglich gegen S anschließende Mulde bildeten, kann nicht mehr aufgeklärt werden.

In der westlichen Hauptwettersteinscholle ist auch trotz starker späterer Störung eine Sattelanlage (im N, Höllental) und trefflich erhalten (im S) die Plattmulde zu erkennen.

Der Raibler-Sattel im N und die Bodenlähnmulde (Hohe Kranz- bergmulde) im S der östlichen Hauptwettersteinscholle sind tadellos deutlich.

Durch die transversale Verkürzung und die Abdrängung nach WSW wurde nur die primäre westöstliche Mulden- und Sättelfolge gestört.

Der Höllentalsattel legte sich südlich neben dem Wamberger Sattel und glitt an ihm vorbei; der Raibler Sattel wich aber wiederum gegen N aus und glitt über den Wamberger Sattel, so daß unter Aus- schaltung des Mittelgliedes (der westlichen Hauptwettersteinscholle) die Longitudinalrichtung wieder hergestellt wurde.

Dafür kam aber die südlich an ihn anschließende Bodenlähn- mulde longitudinal hinter den nördlichen Höllentalsattel der west- lichen Hauptscholle zu liegen und das Ostende der Plattmulde mußte zunächst frei bleiben. [Hier füllte die Leutaschscholle später mit der vor ihr hergeschobenen Zwischenscholle eine „Lücke“ aus.]

Die neuerliche Abdrängung der Wettersteinscholle kann einfach als eine Beibehaltung der primären Ostwestrichtung angesehen werden; der Riß zwischen westlicher und östlicher Hauptwettersteinscholle

‘) Vgl.26, pag. 338, ß, 3 und pag. 3395, «. Hahn irrt, wenn er die „Wetter steindecke* dem tieferen (?) Karwendel gleichsetzen will, falls unter „tieferem Kar- wendel“ die vordere Karwendelschubmasse verstanden sein soll. Die Wetterstein- schubmasse Nordflügel entspricht seiner „südlichen Kreidemulde von der Ver- einsalpe“, dem Karwendelvorgebirge; die gegen W auskeilende Leutaschscholle der Vorderen Karwendelüberschiebung und wahrscheinlich erst dessen hintere südliche Ketten der Mieminger Scholle Südflügel der Triasschubmassen.

[93] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 93

mußte erfolgen, sobald kräftige Mittelglieder zwischen N- und S-Flügel (Leutaschscholle, Vordere Karwendelschubmasse) der westlichen Haupt- wettersteinscholle ein Nachfolgen in der WSW-Richtung zur mechanischen Unmöglichkeit machten !).

Rechnet man mit der Verschiebung der Faltenelemente an zwei NS- Brüchen und vergegenwärtigt man sich die Zunahme des Schichtreich- tums nach oben gegen OÖ, so ist der Bau des nördlichen Wetterstein- gebirges aufs einfachste erklärt und die Entstehung der Talungen leicht abzuleiten.

Die Lagerungsverhältnisse zwischen der Zwischenscholle und Jura-Neokom- mulde sind nirgends mit hinreichender Deutlichkeit erschlossen. Ihre Grenze kann stark geneigt, sie kann auch was vielleicht wahrscheinlich ist senkrecht stehen.

Trotzdem wurde die erstere Möglichkeit im Schollenschema zum Ausdruck gebracht; sonst hätte die Längenerstreckung der Jurakreidemulde (im untersten Profile des Schollenschema II) nicht dargestellt werden können: auf jene war es jedoch in erster Linie abgesehen. Dieses Profil verlauft nicht gradlinig, sondern läogs des Kammes.

Die untere W-Grenze der Wamberger Scholle im obersten Profile des gleichen Schemas ist gleichfalls recht hypothetisch: - mindestens ebenso wahr- scheinlich ist es, daß diese PEual eine größere Tiefe hat: ihr Liegendes ist nicht aufgeschlossen.

VI. Schluss.

Versuch einer Chronologie der Ostschubphasen,

Es handelt sich hier um die Festlegung der einzelnen Stadien des Baues von Wetterstein- und Mieminger Gebirge durch die (nach dem Ende der auf die [letzte] Faltung folgenden Ruhezeit eintretende) Schubphase:

In Sonderheit um den Moment des Eintritts der einzelnen Schub- schollen in unserem Gebiet, ihrer Verankerung, ihrer nachträglichen Umgestaltung oder des Zeitpunktes ihres Wiederaustritts (Durchzuges nach W).

Die Schubmassen rückten zunächst mit ihrem S-Flügel und ihrem N-Flügel gegen W vor und ließen zwischen beiden Flügeln ein Gebiet (Jurakreidemulde) anfänglich frei. Dieses wurde in in späteren Phasen zum Teil überschoben, zum Teil seitlich eingeengt und sekundär gefaltet.

I. Schubphase des ersten Vorrückens gegen W.

Die heute am weitesten westlich oder am tiefsten gelegenen Frontteile der Triasschubmasse treten mit Aktivbewegung in unser Gebiet von her hinein.

') Hier ist zu berücksichtigen, daß die Leutasch- = Vordere Karwendelschub- masse wahrscheinlich zur Zeit der Überschiebung der östlichen Hauptwetterstein- scholle über die westliche nuch nicht in unsere Gebiete getreten war, sondern noch weiter östlich (östlich der heutigen Isar) lag. Trotzdem muß mit ihrem Voriiandensein gerechnet werden.

94 K. C. von Loesch. [94]

1. Im N. Die westlichste, die Wamberger Scholle, gleitet in eine heute noch teilweise erkennbare Depression (Eibseedepression) ein.

Mit dem Ende dieser Schubphase erreicht die Wamberger Scholle mit ihrer heutigen Lage ihren Ruhepunkt: zusammengeschürfte junge Schichten werden am Eibsee vor den Hauptdolomit- und Plattenkalk- mauern aufgestaut.

Die Vorschuppen lagern südlich an [und über] die Wamberger Scholle; hierin könnte schon eine weitere oder eine Unterphase ge- sehen werden. Jedenfalls gleiten sie von O her an der Wamberger Scholle vorbei.

2. Im S gleiten die später bis weit in die Lechtaler Alpen vor- geschobenen westlichen Frontteile, ohne wesentliche Hindernisse zu finden, gegen W vor und durchziehen unser Gebiet, ohne Spuren zu hinterlassen. Entweder hat die Bewegung des S-Flügels früher ein- gesetzt als die des N-Flügels oder der S-Flügel hatte schon bei Be- ginn der Schubphase eine westlichere Erstreckung als. der N-Flügel.

Die Längenverkürzung des N-Flügels durch den stärkeren Zu- sammenschub reicht nicht zur Erklärung seines so beträchtlichen Zu- rückbleibens aus.

Das Jurakreidegebirge innerhalb unseres Gebietes ver- bleibt im Stadium der primären Faltung.

2. Schubphase. Beginn der Verkeilungen im N.

1. Im N Vorschub und Verkeilung von (Vorschuppen und s. oben) westlicher Hauptwettersteinscholle. Letztere wird durch die nördliche Vorschuppe nach SW abgedrängt und nähert sich dem Durchzugs- wege des S-Flügels. Sie wird von nun an passiv (= „Ambos“).

2. Im S rückt der S-Flügel frei weiter nach W vor.

Das Jurakreidegebirge im Innern verbleibt noch in seinem Primärstadium.

Westlich von der Hauptwettersteinscholle wird es aufgeschürft, quergestellt und überfahren. (Stirnrand der Wettersteinscholle, Jura- keil zwischen ihr und der Vorschuppe des Ehrwalder Köpfls.)

3. Schubphase. Verstärkung der Verkeilungen.

Das Westende des nördlichen Flügelvorstoßes ist schon erreicht.

l. Im N schiebt sich die natürliche Fortsetzung der westlichen Hauptwettersteinscholle, die östliche über diese mit einem Stirn- rand längs der Linie Henneneck-Schwarzenberg-Alpspitz und Über- schiebungen im mittleren Gipfelzuge (Höllentalspitzen), und über die Wamberger Scholle mit ihren nördlichen, aus Raibler Schichten be- stehenden Teilen.

2. Im S zunächst weiterer freier Vorstoß nach W. Da die trans- versale Breite inzwischen zugenommen hat, findet der S-Flügel nicht mehr hinreichend Raum zum Durchzug nach W, weil die westliche Haupt- wettersteinscholle (2, 1.) weit nach SW vorgeschoben war. Folgen:

Zurückbleiben des Nordflügels des Sattelgewölbes. Dieser ver- hängt sich an der weit nach SW vorgeschobenen Plattmulde oder

[95] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 95

die jetzt beginnende Auffaltung des Jurakreidegebirges versperrt ihm den Durchzug Zurückbleiben der Vorbergscholle.

Das Jurakreidegebirge wird im W der inneren Mulde aufgefaltet, zwischen westlicher Hauptwettersteinscholle und Mieminger Scholle, zunächst noch mäßig intensiv. Diese Auffaltung mag sich nach hin noch in der Nähe der Gatterlköpfe bemerkbar gemacht und der später dort so hohen Auffaltung vorgearbeitet haben, weiter östlich zunächst aber noch nicht, da gegen N ein Ausweichen der Jurakreideschichten noch möglich war und auch stattfand. [Die Zwischen- scholle wurde erst in 4 vorgeschoben. Das Ausweichen westlich des Felderpjöchls tritt auf dem UÜbersichtskärtchen schön hervor.]

4. Schubphase der höchsten Verkeilung der Triasmassen und der höchsten Sekundärfaltung des Jurakreidegebirges.

1. Im N sind die Schübe im wesentlichen beendet, doch macht sich zusammenstauender Östschub vielleicht noch immer geltend. Die östliche Hauptwettersteinscholle ist Widerlager geworden.

2. Der Ostschub der nunmehr in unser Gebiet tretenden, die Mittelzone zwischen Wetterstein- und Mieminger Scholle einnehmenden Leutasch- [resp. Vorderen Karwendel-] Schubmasse füllt die zwischen beiden offen gebliebene Lücke aus.

Uberfahren von Teilen der östlichen Hauptwettersteinscholle und von den östlichsten [noch im primären Faltungszustand verharrenden] Teilen des Jurakreidegebirges. Abspaltung von Teilen der östlichen Haupt- wettersteinscholle und ihre Anordnung im Schollendreieck (im N) und zur Zwischenscholle (im W der Leutaschscholle). Anstoßen und Zer- legung der gegen Ende der 3. Phase passiv gewordenen Vorbergscholle.

3. Im S liegt zu Beginn der Phase die natürliche Südfortsetzung der Vorbergscholle, der heute westlich vom Mariabergjoch liegende isolierte Südschenkel, noch transversal neben der Vorbergscholle und wird während dieser Schubphase um etwa 16 km nach W in ihre heutige Lage geschoben. Neben die Vorbergscholle wird die an Breite zunehmende Ostfortsetzung der Mieminger Scholle geschoben. Sie besteht aus

einem nördlichen und einem südlichen Gewölbeschenkel, ferner 1—2 „Randzonen*.

Nebenerscheinungen des Ostschubs der Mieminger Scholle in dieser Phase:

1. Abspaltung der Randzonen vom N-Gewölbeschenkel; 2. Abdrehung der Teilschöllehen der Vorbergscholle ; 3. Sekundärer Süddruck:

a) Zusammenschub in der Mieminger Scholle.

b) Intensive Südfaltung im Jurakreidegebirge, besonders stark längs der raumverengenden passiven Zwischenglieder.

Ausweichen östlich der Gatterlköpfe nach N, südlich derselben höchste Pressung (Feldernalm).

96 K. C. von Loesch. [96 ]

Die Ostbewegungen der Zwischen- und Leutaschscholle und der Süd(Ost-)Druck der Mieminger Scholle erfolgen zeitweise gleichzeitig. Sie prallen an die westliche Wettersteinscholle an. Dazwischen im Gebiet der Hohen Munde höchste Hochpressung des Neokoms.

VII. Literaturzusammenstellung. A. Neuere örtliche Literatur.

1. 1911. Otto M. Reis, Erläuterungen zur geologischen Karte des Wetterstein- gebirges I. Kurze Formationsbeschreibung, allgemeine tektonische und orographische Übersicht. Geognostische Jahreshefte 1910, XXII. Jahrg,, München. 93. 1911. u. Friedrich Pfaff, Zwei Kärten usw. Ebenda. 3. 1903. ©. Ampferer, Geologische Beschreibung des nördlichen Teiles des Karwendelgebirges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 53.

1905. —, Geologische Beschreibung des Seefelder, Miemiuger und südlichen Wettersteingebirges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 55.

1905. —, Einige allgemeine Ergebnisse der Hochgebirgsaufnahme zwischen Achensee und Fernpaß. Verh. d. k. k. geol. R.-A. Wien.

1911. u. W. Hammer, Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Gardasee. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 61.

1912. —, Gedanken über die Tektonik des Wettersteingebirges. Verh. d. k. k.

geol. R.-A. Wien.

1912. O0. Schlagintweit, Die Mieminger-Wettersteinüberschiebung. Geol.

Rundschau III, 2., Leipzig.

9. 1913. —, Zum Problem des Wettersteingebirges. Verh. d. k. k. geol. R.-A.

Wien.

er EN m

B. Arbeiten über angrenzende Gebiete und ältere Arbeiten

10. 1895. H. Heimbach, Geologische Neuaufnahme der Farchanter Alpen. Diss. München.

11. 1898. O©. Ampferer und W. Hammer, Geologische Beschreibuug des süd- lichen Teiles des Karwendelgebirges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 48, 2.

12. 1883. A. Rothpletz, Das Karwendelgebirge. Zeitschr. d. D. u. OÖ. Alpenver.

13 1894. —, Ein geologischer Querschnitt durch die Ostalpen nebst Anhang über die sogenannte Glarner Doppelfalte. Stuttgart.

14. 1900. —, Alpenforschungen I. München.

15. 1905. —, Alpenforschungen II. München.

16. 1906. I. Knauer, Geologische Mouographie des Herzogstand Heimgartengebietes, Geogn. Jahresh. München.

17. 1910. —, Die tektonischen Störungen des Kesselberges. Landeskundl. Forsch. (Geogr. Ges. München.) H. 9.

18. 1912. D. Aigner, Das Benediktenwandgebirge. Geol. Neuaufn. der Lenggrieser Berge vom Isartal bis hinüber zu den Bergen bei Kochel. Landeskunül. Forsch. (Geogr. Ges. München.) I. 16.

19. 1912. C. Lebling, Ergebnisse neuerer Spezialforschung in den deutschen Alpen. 2. Die Kreideschichten der bayrischen Alpen. Geol. Rundschau, Leipzig, III, 7.

20. 1896. U. Söhle, Das Labergebirge. Geogn. Jabresh. München, Jahrg. 9.

21. 1898. —, Das Ammergebirge. Geogn. Jahresh. München, Jahrg. 11.

22. 1893. E. Böse, Geologische Monographie der Hohenschwangauer Alpen. Geogn. Jahresh. München Jahrg. 6.

23. 1861. K. W. Gümbel, Geogun. Beschreibung des bayrischen Alpengebirges und seines Vorlandes. Gotha.

24. 1894. —, Geologie von Bayern. Il. Bd. Kassel.

25. 1902. I. Blaas, Geol. Führer durch die Tiroler und Vorarlberger Alpen.

26. 1912. F. F. Hahn, Versuch zu einer Gliederung der austroalpinen Masse west- lich der österreichischen Traun. Verh. d. k. k. geol. R.-A. Wien,

[97] Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge. 97

Die drei folgenden Karten und Nr. 30 erschienen erst, nachdem das Manuskript in der Hauptsache vollendet war und konnten darum nicht in allen Teilen ver- wertet werden.

27. 1913. GeologischeSpezialkarteder Österreichisch-Ungarischen Monarchie. K. k. geol. R.-A. Wien. Blatt: Zirl und Nassereith. Zone 16, Kol. 4.

28. 1913. GeologischeSpezialkarteder Österreichisch-Ungarischen Monarchie. K. k. geol. R.-A. Wien. Blatt: Innsbruck und Achensee. Zone 16. Kol. 5. &

29. 1913. Geologische Spezialkarte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. K. k. geol. R.-A. Wien. Blatt: Achenkirch und Benedikt- beuren. Zone 15, Kol. 5.

30. 1913. 0. Ampferer, Das geologische Gerüst der Lechtaler Alpen. Zeitschr. d. D. u. OÖ. Alpenver. Wien. XLIV.

VII. Inhaltsverzeichnis.

I. Einleitung. Seite

A. Begrenzung des Gebietes B. Ziele der Arbeit ..

II. Allgemeiner Teil. Ei Voraussetzungen und „Beweisführung®”. . . 4,4 saw are en 3

B. Die Faltungen vor der Schubphase. (Grundsätzliche Erwägungen) .... . 5 III. Literaturbesprechung. BR-Allsememer Bückblick.. „|. + lontimleloN nr Allen ee 9 2, Die Auffassung ıv0n OO Bela.. = EN MENT BEN N LE 11 RrAlgememe; Ergebnisse," 7 SEE DENN RER ET 11 2. -Die Beholleinteilung‘ durch ©: Bei. GEH Et: 13 [I. Wettersteinscholle S. 13, II. Wamberger Scholle S. 14, III. Karwendel- überschiebungsmasse S. 14, IV. Trias-Jura-Mulde S. 15, V. Liegende nordsüdlichgestellte Quermulde S. 15, VI. Große Hauptdolomit-Jura- Mulde S. 15.] Pmauungen O0: Ampferers. . ..:. ».: nun ee . 16 EIER EIRERSCHBIIEICLAETIIS 22.0.7 a er a a 7 2. „Gedanken über die Tektonik des Wettersteingebirges“ (1912) . . . . „18 D. Schlagintweits einheitliche Wetterstein-Miemingerdecke . . „2... 20 Pr ZUSENBHORfASSUnE . 0 Ste HS 21 F. Die Hauptmängel der vorstehenden Auffassungen... 2.2.20... 22

Die Auffassung der Jurakreidemulde und der Vorbergscholle als sprin- gender Punkt für die Erklärung von Wetterstein- und Miemingergebirge 22

LaBuiwerdangen. geren.O. Beis: nn IN er ARTEN EG 22

Einwendungen gegen O. Ampfetrer..’.. „u. A men a EL . 23

3. Einwendungen gegen O. Schlagintweit .. ....: 22222 .. 24 IV. Eine neue Scholleneinteilung.

DAEWERTERZRSEUEEeBOllan. 0: en MEET Den ea ee up lg er 24

Aı. Jurakreide-Mulde . . . .. . ET RE HOIN CAVTERFEIDRIDENG BEN IERSEUL EN IRB, 25

B. Östliche Urscholle. . . . . Re u ee ET DET EN BE . 25

Da umiborper Behölleo .... %,. „= enleın autetile ae raten le 25

BEWMEVOTFERHDUBINN . » = .4 came ne SE RT.

en 22229 | De Es en.

BDyurs, WosmnstemzecHollö 7... . . . . . nn una ne RER

a) westliche Wettersteinscholie. . . -. .. 2 22 2 2 re... .26

b) östliche Wettersteinscholle ee . 26

c) Zwischenscholle . . . 2 2. 2 2 2 0. PR 9. 2 0: . 26

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. C. v. Loesch.) 13

98 K. ©. von*Loesch. [98]

Seite Bir.''5. Leutaschscholle MA BUND RR EN 27 By. 6. Mieminger Scholle, wu u Ha en a 27

C. Bemerkungen zu dem Übersichtskärtchen . ... 2.2 22.2... ETEH

D. Bemerkungen zur Proßltafelu. ... Mn nv, ulNgU nn ET E BE NIEENE JE 229 V. Die Begründung der Scholleneinteilung.

Besprechung der einzelnen Gebirgsteile.

A. Karwendelabbruch und Arnspitzenzug. .. . 2.2.2220. ne Idendität von Karwendel- und Wildsteiekopfüberschiebung N 0388 Longitudinale Störungen innerhalb dieser Schubmasse . ..:...... 37

B. Wo setzt die Wildsteigkopfüberschiebung nach W fort? .. . 2. 22.2... 4l Die S-Grenze der Hohen Kranzbergscholle . .. 2. 2.2 2 2 2 2 2 20. 43

C. Der Verlauf der Gipfelzüge in den beiden Hauptwettersteinschollen.. . . 44

D. ‘Das Puitental 2.0 „7 7 Se: RR ni. 47

E. Die Teutaschscholle Ysera 52 Der Untergrund der Leutaschscholle . . ... 2.2.2 2.2. an ee 54 Aus welcher Richtung kam die Leutaschscholle? .... 2.2... 22 2.. 55 Die Halbdiagonalstellung”der Beutaschscholle. .. . ann Bu Er 57

%. Das (Schachengebiet - 1... 3.0... san „u ..0.) HN 57

@. Die Zwischenscholle. . . ....... Ben en a 2 Po ee Er 60

H. Die Vorbergscholle. Ihre. Grenzen’ 22. . x. 2 0 ae Pe ne . 65 Der"Bau 'deräVorberoseholle’ 7...) „Wer... . 2 ea u ee "ru Die "Störungen der Vorbergscholle Wr... .7 „En Re Ne 68

1..Die Jurakreidamnlde Tem 22 SEE 20 are een 18 IrR7O Die Verhältnisse’ um den Hohen Kaum! . !... sm unn 0un 75 Die Verhältnisse östlich des Feldernjöchls . . .... 2 22.. . 76 Die Querstellung der jungen Schichten unter dem Westabbruch des Wetter-

steinwebirsen . ... Ka. Ann. Nun KUREN WRRRETE LERNEN 18

%. Die Miemmger'Scholle Su... u... EEr, Bun A NITN OR) 2 RURIERRENER BER: le io) Der Sehub der. Miemingerischolle men (7 07 SEE Mr 88

L. Das Problem der Wamberger Scholle und die ee Sa Me ie SR 86 Was. spricht far fazielle Vertretung 70 . „ms aan. ea 87 Die Vorschuppe(n) der Hauptwettersteinscholle . .. 2.2... 2 2... 89

M.. Das "nördliche Morlandy" „nn. Dear. ae 2 20

N. Die beiden Hauptwettersteinschollen . .... 2 Je... u... PARTIEN, 91 (Übersicht über: den .Nordilhgel rn 0. le Are LI VI. Schluß.

Versuch einer Chronologie der Östschubphasen. .. . . 22... sl 293 1. Schubphase des ersten Vorrückens gegen WW... . 2.22.00. 93 2. Schubphase. Beginn der Verkeilung im N... Ener nn. 94 3. Schubphase. Verstärkung der Verkeilungen .... .. 94 4. Schubpnase der höchsten Verkeilung der Triasmassen und der höchsten

Sekundärfaltung des Jurakreidegebirges . . -. 2. 22.2.2020. 95

VII. Literaturzusammenstellung . . . . .0..0 u a neuerer 0 A 96

III. Inhaltsverzeichnis . ..... =... -. 22 See: 97

Erklärungen zur Profiltafel findet man auf pag. 29, zu dem Übersichtskärtchen auf pag. 27 und zu dem Schollenschema auf pag. 93.

Über Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. Von Dr. K. A. Weithofer.

Über Gebirgsschläge !) sind, insbesondere im letzten Jahrzehnt, eine ganz ansehnliche Reihe von Veröffentlichungen in verschiedenen Fachzeitschriften erfolgt, die über dieses Phänomen bereits eine ziemliche Fülle von Material bekannt werden ließen. Nichtsdestoweniger ist man sich über die Natur dieser Erscheinungen wie auch über deren Ursachen noch immer recht im unklaren.

So sind sie für die einen um nur zwei Hauptanschauungen hervorzuheben Ergebnisse ausschließlich des Schweredruckes der darüber lastenden Schichten, für andere wieder nur Außerungen eines lateral wirkenden Druckes von gebirgsbildenden Kräften. Es wird jedoch kaum möglich sein, so einfach eine einzige Ursache als in allen Fällen wirksam hinzustellen. Schon die Erscheinungsform dieser Gebirgs- schläge ist eine ziemlich mannigfaltige; es liegt nahe, daß auch die Ursachen verschiedene werden sein können. Wenn man die bisher bekanntgewordenen Tatsachen prüft, wird man in der Tat auch zu diesem Schlusse geführt.

Es sollen im folgenden zunächst die Erscheinungen in der Kohlengrube von Hausham beschrieben werden, die als ein her- vorragendes Betätigungsfeld für solche Gebirgsschläge seit nahezu einem Vierteljahrhundert sich erwies, und daran anknüpfend dann jene in anderen Grubengebieten, Tunnelen und Steinbrüchen, um derart vielleicht zu gemeinsamen Gesichtspunkten zu kommen, unter denen die Natur dieser oft recht bedenklich sich äußernden Kräfte zu er- klären ist.

!) Für Erscheinungen dieser Art sind die verschiedenartigsten Bezeichnungen gebraucht worden: Gebirgsschläge, Bergschläge, Gesteiusschläge, Detonationen, Abbrennen, Absprengungen, Pfeilerschüsse, Kohlenstoßexplosionen u. dgl. Als ge- eignete Ausdrücke, die allgemein genügend alle vorkommenden Äußerungen um- fassen, kommen wohl nur die beiden ersten in Betracht. Wenn ich mich dabei für das Wort „Gebirgsschläge“ entscheide, so hat dies seinen Grund darin, daß die Bekanntschaft mit diesen Erscheinungen wohl in erster Linie aus dem Bergbau stammt. Das anstehende Gestein, das die Schläge verursacht, nennt der Bergmann aber „Gebirge“, daher Gebirgsschläge. „Berg“ ist das erhauene taube Material, das in den Versatz oder auf die Halde wandert; dieses ist unter allen Umständen tot, aus diesem kommen keine Schläge mehr. Sonst wird das Wort „Berg“ als Be- stimmungswort wohl nur in alten Zusammensetzungen, wie Bergwerk, Bergmann ı.dgl. gebraucht, wo es den „Berg“ als Ortsbestimmung gegenüber der Ebene bezeichnete, denn bei der geringen Kunst der Alten in die Tiefe zu gehen, war der Bergbau damals eben vorwiegend an die Berge gebunden.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. A. Weithofer.) 13*

100 Dr. K. A. Weithofer. [2]

Die Grube Hausham, am Alpenrande südlich von München gelegen, baut Flöze der oberbayrischen Oligocänmolasse.

Bezüglich der Schichtenfolge und des Gebirgsbaues dieser letzteren sei auf frühere Arbeiten des Verfassers verwiesen!). Nur über den Gebirgsbau möge hier folgende Zusammenfassung und Ergänzung, ins- besondere mit Rücksicht auf die in Rede stehende Ortlichkeit ge- stattet sein.

Wie in dem Aufsatze vom Jahre 1914 geschildert, lassen sich in der oberbayrischen Molasse zwischen Salzach und Lech drei Falten- zonen unterscheiden:

a) Eine südliche Falte, die vom Westen nur bis zum Kochelsee oder zur Loisach reicht, sich hier schließt und an einer vorspringenden Alpengebirgsstaffel abstößt, sie besteht in ihrem Innern aus wenig Cyrenenschichten und hauptsächlich unterer bunter Molasse und ist ringsum von unterer Meeresmolasse umgeben.

b) Eine mittlere Falte, die gegen Osten über erstere hinaus bis zum Inn sich erstreckt und hier in ganz gleicher Weise an dem vor- springenden Alpenrand abstößt. An der Isar hebt sie sich bei Tölz sattelförmig heraus, so daß hier im Streichen die untere Meeresmolasse zutage tritt und eine östliche, vollständig in sich abgeschlossene und rings von unterer Meeresmolasse umgebene Teilmulde, die Haushamer Mulde, von einer westlichen, der Penzberger Mulde, die nur an ihrem Südrand untere Meeresmolasse zeigt, trennt. Sie sind über dem tiefsten Horizont, der genannten unteren Meeresmolasse, beide von den brak- kischen Cyrenenschichten erfüllt, in welche sich nur in der westlichen (Penzberger) Mulde die untere bunte Molasse in schon mehrfach geschilderter Weise zwischenschiebt. In der Haushamer Mulde scheinen höchstens Spuren von letzterer vorhanden zu sein.

c) Ein nördlicher Faltenzug; dieser enthält keine einheitliche Falte, wie unter « und b, sondern meist neben einer Hauptfalte noch mehr oder weniger deutlich vorgelagerte Nebenfalten. Die untere marine Molasse ist hier wohl nirgends einwandfrei bekannt; dagegen alle höheren Schichten bis zur oberen bunten Molasse.

Uns interessiert hier ausschließlich der mittlere Faltenzug, ins- besondere dessen östlicher Teil, die Haushamer Mulde, und auch von dieser hauptsächlich der mittlere Teil, vor allem etwa zwischen Schlierach und Leitzach, der durch die Haushamer Grubenbaue auf über 15 km streichende Erstreckung in sehr eingehender Weise auf- geschlossen ist.

Durch drei bei Hausham im Schlierachtale auf 255 m (Auer- sohle), 515 m (III. Tiefbausohle) und 715 m (VI. Tiefbausohle) niedergebrachte Förderschächte (Meershöhe des Tagkranzes derselben etwa 770 m) werden die zwei bauwürdigen Flöze dieser Mulde (das

!) Weithofer, Zur Kenntn. der oberen Horizonte d. oligoc. Brackwasser- molasse Oberbayerns etc. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1899, pag. 269. Einige Querprofile durch d. Molassebildungen Oberbayerns. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1902, Bd. 52, pag. 39. Über neuere Aufschlüsse in den jüngeren Molasse- schichten Oberbayerns. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1912, pag. 347. Die Entwick- lung der Anschauungen über Stratigraphie und Tektonik im oberbayr. Molasse- gebiet. Geolog. Rundschau 1914, Bd. V, pag. 65.

[3] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 101

sogenannte Großkohl- und Kleinkohlflöz) aufgeschlossen. Die obere Breite dieser Mulde zwischen Nord- und Südflügel genannter Flöze ist etwa 2 km. Der Nordflügel fällt überall ziemlich flach gegen Süden ein, das Muldentiefste liegt, soweit heute bekannt, in ca. 800—850 m Tiefe unter Tagkranz, der Südflügel steigt daraus steiler empor, geht vornehmlich östlich der Schächte sogar in überkippte Lage über. Die Überkippungsstelle befindet sich dabei in der Nähe der Schächte über der Auersohle bei etwa 200 m Tiefe!). Gegen Westen verliert sich die Uberkippung sehr bald vollständig und. der Südflügel fällt hier dann steil gegen Norden ein). Gegen Osten von den Schächten wird die Uberkippung hingegen immer schärfer, sinkt dabei immer tiefer, so daß sie 4 km östlich der Schächte bereits in der Mitte zwischen Auersohle und dritter Tiefbausohle liegt. Auch legt sich der überkippte Schenkel in dieser Richtung immer flacher und hat in einer Entfernung von 4 bis 45 km nur mehr ca. 40° südliches Ein- fallen 3).

Aus diesen Profilen ist zu ersehen, daß der Muldenteil öst- lich vom Schlierachtal einer ganz außerordentlichen seitlichen Pres- sung ausgesetzt war, die schließlich den Südflügel gegen Norden zu weit über die Mulde hinüberschob. Im Schlierachtal sind die Schichten dabei noch in einem sanften Bogen überkippt, weiter gegen Osten wird der überkippte Schenkel immer energischer, förmlich von oben her, muldeneinwärts hereingedrückt. er wird flacher, die ÜUberkippung selbst schärfer, bis sie zu einer förmlichen Knickung wird.

Etwa 1 km östlich der Schächte stellen sich dabei in diesem Flügel in dem Flöze eine Reihe von kleinen Verwerfungen ein ®). Sie fallen sämtlich mehr oder weniger steil gegen das Muldeninnere zu ein. Der hangende Teil ist auch stets gegen die Mulde zu abgesunken. Diese Verwerfungen bilden fast ausnahmslos einen ziemlich spitzen Winkel gegen das Flöz also gegen die Schichten im allgemeinen und stehen auffallender Weise im allgemeinen desto steiler, in je höherem Niveau (über dem Meere) sie auftreten. Sie machen dadurch den Eindruck, daß sie zu einer Zeit entstanden sind, da die Haus- hamer Mulde noch ganz flach war. Mit der Aufrichtung und schließ- lichen Überkippung des Südflügels scheinen dann auch diese ursprüng- lich ganz flachen, von der Horizontalen nicht viel verschiedenen Ver- werfungen hier dann besser Uberschiebungen genannt ge- hoben und nach oben zu daher immer steiler aufgerichtet worden zu sein. Sie sind daher ebenfalls anfängliche Resultate des gleichen Seitenschubes, der dann später den Südflügel samt ihnen emporgehoben und überworfen hat.

Einen Widerspruch zu dieser Präexistenz der Verwerfungen oder Überschiebungen scheint allerdings der Umstand zu bilden, daß gerade an der Knickungsstelle des überkippten Flügels mehrere derselben sich befinden, daher scheinbar wohl auf die Knickung selbst zurück-

!) Vgl. Weithofer, ]. c. a Tail serot DIT.

?2) Ebenda Taf. III, Prof. IV

°) Ebenda Taf. II, "Prof. IT.

4) Ersichtlich bei Baumgartner, Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hittenw.. 1900, Taf. XVI, Fig. 1.

102 Dr. K. A. Weithofer. [4]

zuführen sind. Man kann sich die Sache aber auch so erklären, daß bei der gegen Osten immer schärfer werdenden Umbeugung der Schichten die bereits vorhandenen Verschiebungsflächen zu einer vollständigen Zerknickung des überworfenen Bogens führten. Ähnliche kleine, jedoch zahlreiche und ganz flach liegende Über- schiebungen zeigt auch die unmittelbar nördlich vorgelagerte Mies- bacher Mulde, die bereits dem nördlichen Faltenzuge angehört. Nord- und Südflügel fallen hier annähernd gleich flach südlich, respek-

tive nördlich eint), so daß sie dadurch etwa das Bild der Haushamer.

Mulde in einem frühen Stadium bietet zu einer Zeit, als die heutigen steilen Verwerfungen sich ebenfalls noch als flache Überschiebungen in der flachen Mulde darstellten. 3

Es mögen diese wie Schuppen sich präsentierenden kleinen Über- schiebungen hier ein Vorstadium der ganzen Aktion zeigen, deren mächtiger Nachschub dann die Haushamer Mulde in ihrem Südflügel auftürmte und überwarf, sowie schließlich die oligocäne Molasse an ihrem Nordrande über das vorgelagerte Miocän überschob.

Bei derartigen Faltungen ist es als weitere Folgeerscheinung natürlich unvermeidlich, daß die im Innern der Falten gelegenen Schichten eine Pressung in der Richtung längs ihrer Schichtflächen erfahren, dagegen die äußeren Schichten mehr oder weniger eine Zerrung in gleichem Sinne. Als Folge muß sich einerseits, soweit dies nach dem Gesteinscharakter möglich ist, Komprimierung oder Dehnung einstellen oder aber anderseits Verschiebungen der einzelnen, von der Faltung betroffenen Schichten gegeneinander.

Bildet nach der Beschaffenheit ihres Materials die Stelle geringsten Widerstands irgend eine Schicht selbst, so geht die Ver- schiebung unter vollkommener Zerreibung und Durcheinanderknetung dieser Schicht vor sich. Jedem Bergmann ist dieses Vorkommen von solchen, oft ganz zermahlenen, von Ruscheln und wirren Gleitflächen durchzogenen, stets weicheren Schichten im normalen Schichten- verbande bekannt).

Häufig genug bilden die Flöze diese Stelle geringsten Wider- stands und diese sind dann nicht gebankt und fest, sondern ihre Kohle zerrieben, durcheinandergeknetet und verworren, ohne jeden Grobkohlenanfall. Oft genug werden sie dann als allochthon ange- sprochen. Es sind dies aber wahrscheinlich meist Flöze, in welchen solche Verschiebungsbewegungen der Schichten bei der Faltung, über- haupt Biegung, stattgefunden haben.

Da die einzelnen Bänke eines und desselben Flözes weiter oft genug nicht von gleicher Beschaffenheit und Resistenz sind, so kann man auch finden, daß ein Teil des gleichen Flözes normal abgelagerte,

ı) Vgl. Weithofer, a. a. O., 1902, Taf. II, Prof. III und Taf. III, Prof. IV,

?) Man vergleiche als Beispiel -— das mir aus der Literatur gerade zur Hand ist Briarts Mitteilung und Abbildung in den Annales de la Societe geologique de Belgique, Bd. 17, 1889—1890, pag. 129 u. ff., wo von einer Bank bituminöser Schiefer die Rede ist, die in den Friauler Alpen bei Resiutta, 15 km von der öster- reichischen Grenze entfernt, abgebaut wird, die, vollständig durcheinander- gefältelt, zwischen regelmi äßig gelagerten Triaskalkbäuken liegt; weiter wohl auch: Katzer, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 154 und 155.

[5] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 103

feste, gebankte Kohle enthält, eine Bank derselben also solche voll- kommen mürbe, zerriebene und durcheinandergeknetete Kohle. Man kann dies häufig genug beobachten, so zum Beispiel im Bayerschachte der Pilsener Kohlenmulde, so auch in Hausham, von wo Baum- sartner?!) schon eine Reihe von Flözprofilen abbildet, deren Stö- rungen offenbar nur auf diese Ursachen zurückzuführen sind 2).

Naheliegend ist es nun und nicht ausgeschlossen, daß nach solchen heftigen Bewegungsvorgängen allgemein latente Spannungen in großem Maße in dem betreffenden Gebirge zunächst zurückgeblieben sein mögen. Ein großer Teil mag ja sicher im Verlauf der Jahr- millionen infolge nachgiebigem Nebengestein gegen die Oberfläche oder gegen seitliche Taleinschnitte zu wieder verloren gegangen sein. Man neigt vielfach sogar zur Ansicht, daß solche vorhandene latente Spannungen überhaupt nicht aus der Zeit des tektonischen Sturmes und Dranges jener Gebirge herrühren. Wo sich Spannungen zeigen, seien sie ausschließlich auf den Druck der überlagernden Gebirgsmassen zurückzuführen.

Insbesondere Heim ist ein nachdrücklicher Vertreter dieser Anschauungen. Schon im Jahre 1878 scheint er in seinem monumen- talen Werk „Über den Mechanismus der Gebirgsbildung“ 3) zu dem Resultat zu kommen, daß „der gebirgsbildende Horizontalschub nicht mehr fortdauert*, wenn er auch einige Seiten vorher (pag. 99) die Antwort auf die Frage, „ob jetzt die Alpen, der Jura und so fort gegen den Horizontaldruck, der sie auftürmte, im Gleichgewicht sind oder ob*ihre Stauung noch fort und fort wirkt*, für „heute noch un- möglich“ hält. Auch in einer seiner jüngsten Schriften über den Simplontunnel glaubt er, die Frage, ob statt diesem „allgemeinen und mit der Tiefe mehr und mehr hydrostatisch sich verteilenden Druck durch die Überlagerung“ „vielleicht noch Reste von Gebirgsspannungen aus der Zeit der Gesteinsfaltung“* vorhanden sein könnten, mit Nein beantworten zu müssen ®),

Er glaubt dagegen alle Druckerscheinungen hauptsächlich hat er dabei allerdings die tiefen Alpentunnele der Schweiz im Auge auf Gebirgsdruck infolge der Last der überlagernden Schichten zurückführen zu müssen: „Die Schwerelast des Gebirges setzt sich

ı) Baumgartner, Über Störungen und eigenartige Druckerscheinungen (sog. „Pfeilerschüsse* oder „Kohlenstoßexplosionen“ der oberbayr. tert. Kohlen- mulde auf Grube Hausham. Österr. Zeitschr. f. B. u. H., Bd. 48, 1900, vag. 461, Tat XVI.

?) Verschiebungen der Kohle zwischen ihrem Hangenden und Liegenden sind ja zudem eine sehr häufige Erscheinung. Oft genug ist es zu beobachten, daß infol)ge Druckwirkung das Flöz stellenweise förmlich ausgewalzt und die ausgepreßte Kohle in der Nähe in einer linsenförmigen Anschwellung des Flözes angehäuft ist. Ein bezeichnendes Beispiel bietet die stark zusammengedrückte und in ihrem Südflägel gleichfalls überworfene Penzberger Mulde westlich von Hausham. In der östlichen und westlichen Muldenecke ist die Kohle in einzelnen Flözen beträchtlich ‚angereichert, dadurch eine starke Anschwellung der Flözmächtigkeit bildend, doch ist sie hier sehr unregelmäßig gelagert und vielfach ganz durcheinandergeknetet.

°) A. Heim, Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung. Basel 1878, II. Bd., pag. 102.

*#) A. Heim, Nochmals über Tunnelbau und Gebirgsdruck. Vierteljahrschr. d. Naturf. Ges. in Zürich, 1905, 53. Jahrg., pag. 38.

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in einer je nach der Gebirgs- (Gesteins-) Festigkeit ungleichen durch- schnittlichen Tiefe in einen allseitigen, dem hydrostatischen ähnlichen Gebirgsdruck mit Auftrieb um“).

Nach ihm ist daher in jedem Teil des Gebirges ein Druck ähn- lich dem hydrostatischen vorhanden, dessen Wirksamkeit von der vor- handenen Gebirgsfestigkeit unter Umständen der Gesteinsfestig- keit abhängig ist. Jeder in einem solchen Teil des Gebirges künstlich geschaffene Hohlraum ist daher diesem allseitigenDruck ausgesetzt; ob und in welchem Grade er in einem gegebenen Falle in die Erscheinung tritt, hängt eben von der Gebirgsfestigkeit ab. Bei gleicher Tiefe wird er in weicherem Gestein zuerst ausgelöst werden, bei gleichem Gestein in entsprechend größerer Tiefe.

Schmidt in Basel, der sich auch sehr lebhaft mit diesen Druck- problemen, besonders soweit sie bei den großen Schweizer Tunnel- bauten zum Vorschein kamen, beschäftigte, zollt dieser Anschauung zwar volle Anerkennung, findet aber dech, „daß wir in- den Tiefen, in denen Bergleute und Ingenieure zu arbeiten haben, nicht mit hydrostatischen, sondern mit dynamischen Kräften zu rechnen haben“ ?).

Es ist nun gewiß das zweifellose Verdienst Heims, diesen frucht- baren Gedanken vom Gebirgsdruck eingeführt, scharf formuliert und in allen seinen Konsequenzen durchgeführt zu haben, allein es ist doch nicht zu verkennen, daß diese These in der Praxis sehr schwierig zu handhaben ist, da die dem Gebirgsdruck entgegenstehenden Kräfte, und damit das praktisch allein greifbare Resultat dieses Widerstreites, nämlich jene der Gebirgs- oder Gesteinsfestigkeit und schließlich all die verschiedenen Störungserscheinungen vollkommen unbekannte und in der Wirklichkeit unfaßbare Größen sind. Auch darauf weist übrigens schon Schmidt hin?°). Gegenargumente vorzubringen, wird dadurch eigentlich unmöglich gemacht.

Allerdings scheint ja Heim selbst, schon nach seinen gesamten früheren fundamentalen Darlegungen über Gebirgsbau und Gebirgs- bildung, kaum die ausnahmslose Ansicht zu vertreten, daß primär laterale Schubkräfte unter allen Umständen auszuschließen seien, oder daß sich diese oben zitierten Äußerungen doch in der Hauptsache bloß auf jene Regionen der Gebirge beziehen, die über der Talsohle liegen. „Sodann kann ich mir nicht denken, daß aus der Zeit des Zu- sammenschubes zum Gebirge noch Spannungen übriggeblieben wären, weil seither Tausende von Metern der Überlastung abgetragen worden, Hunderttausende von Jahren verstrichen sind, und auch weil das vom Tunnel durchfahrene Gebirge beiderseits oder in weiterem Umfange rings- um durch Täler umschnitten und dadurch vom Horizontaldruck benach- barter Gebirgsmassen isoliert ist. Die gebirgsbildenden Kräfte sind in diesem oberen Teile des Gebirges über dem Talniveau längst aus- geglichen so wenigstens muß ich es für wahrscheinlich halten ®).*

!) A. Heim, Tunnelbau und Gebirgsdruck. Vierteljahrschr. d. Naturf. Ges. Zürich 1905, 50. Jahrg., pag. 21.

?) C. Schmidt, Die Geologie des Simplongebirges und des Simplontunnels. Rektoratsprogramm d. Univ. Basel f. d. J. 1906 u. 1907. Basel 1908. Pag. 93.

®) A. a. O., pag. 86.

*) Heim, a. a. 0. 1908, pag. 38.

[7) Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 105

Ex contrario kann man daher vielleicht annehmen, daß auch er nicht ausschließt, daß unter der Talsohle einerseits die Horizontal- verspannungen dem Schwerdruck als weiteres Moment noch entgegen- wirken, und anderseits aus der Gebirgsbildungszeit herstammende latente Seitendrücke unter Umständen noch nicht zur Entspannung sekommen sind. Da beides aber gegen die Oberfläche zu nach ihm dann ebenso eintreten müßte, resultierte auch hieraus, daß ceteris paribus solche Gebirgsspannungen, hervorgerufen durch Seitendruck, eigentlich ebenfalls mit der Tiefe zunehmen oder überhaupt erst auf- treten müßten. Da sich zudem für Anhänger einer flüssigkeitsähnlichen Druckverteilung bei entsprechender Größe des Druckes aber auch hier wieder allseitige Druckverteilung ergeben müßte (wie schließ- lich bei jedem Druck, welcher Herkunft immer er sei), wäre für diesen also wohl das Endergebnis folgerichtig in beiden Fällen stets das gleiche und doch die Ursachen sehr verschieden.

Selbst über der Talsohle oder in unmittelbarer Nähe derselben wird man aber auch noch anderweitige Spannungen, unabhängig vom hydrostatisch wirkenden Gebirgsdruck der Schwere, zugeben müssen. Finden sich ja sogar aus Steinbrüchen also über oder nahe der Talsohle gelegenen Bauen Erscheinungen verzeichnet, die nur schwer als Wirkungen der Schwerelast der über- oder umliegenden Gesteinsmassen gedeutet werden können.

So die bekannten Angaben von W. H. Niles!) aus einem in einem niederen Hügel angelegten Gneissteinbruche bei Monson, Mass., in den Vereinigten Staaten; bei dem im Bruche freigelegten Gestein bilden sich häufig flache Antiklinalen, welche oft in ihrer Sattellinie mit lautem Knall aufbersten, wobei Staub in die Luft geworfen wird, oft auch Steine von mehreren Pfund Gewicht; die Knalle sind oft wie Sprengschüsse, einmal glaubte man sogar das Pulvermagazin explodiert. Eine abgelöste, lange Gesteinsplatte, die jedoch an einem Ende noch mit dem Muttergestein zusammenhing, hatte sich, was nach den Bohr- löchern, längs denen die Ablösung erfolgte, gut zn beobachten war, um 1!/, Zoll gelängt.

Niles faßt seinen Bericht dahin zusammen ?), daß die Gneise unter starkem lateralem Druck stehen, der sich nach ihm sogar nur in NS-Richtung geltend macht, welch letzteres später allerdings wider- legt wurde. In der zweiten Mitteilung erwähnt er zudem ähnliche Er- scheinungen aus einem Sandsteinbruche bei Berea, Ohio, und aus einem Kalksteinbruche bei Lamont, Ill. Er betont dabei pag. 275 aus- drücklich: „that the lateral compression could not have been caused by vertical pressure upon adjacent parts of the beds.“ In der Tat wäre es bei der verhältnismäßig geringen Überhöhung der den Brüchen benachbarten Gelände schwer denkbar, daß durch diesen recht geringen Schweredruck die Gebirgsfestigkeit des Gneises bereits überwunden würde. (Vgl. die Bemerkungen am Schlusse dieser Arbeit.)

!) W. H. Niles, Some interesting Phenomena observed in Quarring. Proc. Boston Soc. of Nat. Hist., Vol. XIV, 1870/71, Boston 1872, pag. 80.

?) Auch in einer weiteren Mitteilung in der gleichen Zeitschrift, Vol. XVII, 1875/6, pag. 472. Vgl. auch E.Suess, Über Zerlegung der gebirgsbildenden Kräfte. Mitt. d. geol. Ges. Wien, Bd. VI, 1913, pag. 37 u. ff.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. A. Weithofer.) 14

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Ganz ähnliche Verhältnisse beschreibt auch Hankar-Urband), der Direktor der Steinbrüche von Quenast in Belgien, aus den dortigen Porphyrbrüchen, und in einer weiteren Abhandlung ?) erwähnt er noch andere Fälle aus Kalkbrüchen von Yorkshire (nach Mc. Kennedy Hughe s, Bursting rock surfaces. The geol. Mag. 1887, pag. 511). Auch hier kann die Schwerelast der seitlichen Steinbruchwände wohl nicht gut als den seitlichen Druck verursachend herangezogen werden.

Bekannte Erscheinungen in dieser Hinsicht haben auch die Mar- morbrüche von Carrara geliefert: die Sägespalten drücken sich über dem Sägedraht wieder zusammen, so daß letzterer oft genug gar nicht mehr herausgezogen werden kann; von den freigelegten Wänden springen auch hier wie in Quenast unter starkem Knall größere Schalen ab. Del- haye?) berichtet hierüber und führt die Sache auf Spannungen zu- rück, die von der Gebirgsbildung her zurückgeblieben sind und „en relation tr&s intime avec les mouvements de l’Ecorce terrestre et par- tieulierement avec les plissements de l’epoque miocene* (a. a. O., pag. 38) stehen. Es gibt dort nach ihm auch interessante Unterschiede im Auftreten dieser Erscheinungen: der grobkörnige Statuenmarmor, der dem oberen Niveau der Marmorlager angehört, hat weicheres Neben- gestein, welches die Pressung wie ein Polster aufnimmt, daher er weniger Spannung zeigt; der feinkörnige Marmor von Massa ist da- gegen in Form von schwächeren Bänken oder Linsen in einem sehr harten Triasdolomit eingelagert, daher hauptsächlich in ihm jene oben beschriebenen Äußerungen einer vorhandenen Spannung im Gebirge auftreten.

Lassen sich also schon nahe der Oberfläche Spannungserschei- nungen verzeichnen, die durch den bloßen Schweredruck nicht gut zu erklären sind, so dürfte mit letzterem allein um so weniger auszukommen sein, je tiefer man sich von der Oberfläche nach abwärts zu begibt, denn nach Heims Annahme selbst wäre mit der größeren Tiefe immer mehr und mehr die Möglichkeit einer Entspannung gegen die Ober- fläche und gegen die Seiten zu genommen. Ob und wie weit es aller- dings möglich ist, daß diese oberflächlichen Spannungen nicht auf tektonische Vorgänge, sondern auf andere Ursachen, etwa auf petro- graphische Veränderungen zurückzuführen sind, die in den bezüg- lichen Gesteinen vor sich gingen und eine Volumenvermehrung bewirkten, dies zu beantworten muß berufenerer Seite vorbehalten bleiben ®).

Uber solche Spannungsäußerungen in Bergwerken sind schon zahlreiche Mitteilungen veröffentlicht worden. Auch in der Grube von Hausham, deren tektonische Verhältnisse eingangs geschildert worden waren, findet sich ein in der Literatur schon mehrfach erwähnter und

!)A. Hankar-Urban, Note sur les mouvements spontanes des roches dans les carrieres. Boll. Soc. Belge de G&ol., de Pal. et d’Hydrol., T. XIX, Me&m., Brüssel1905, pag. 527—540. Ferner: Ebenda, T. XX, 1906, pag. 56—61; T. XXI, 1907, M&m., pag. 21—42; T.X XIII, 1909, pag. 260— 270; T.XXV,1911, pag. 173— 175.

°) Ebenda, Mem., 1907, pag 23.

°) Fer. Delhaye, Les bruits de montagnes aux carrieres de marbre de la region de Carrare. Aun. Soc. g&ol. de Belgique. T. 35, 1907/8, Liege, pag. B 35—38.

*) Vgl. diesbezüglich z. B.: J. Cornet, Sur une des causes de phenomenes ae („Bergschläge“ ete.), Ann, Soc. g&ol. de Belgique T. 35, L’ege 1907/8, pag. 2lle

[9] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 107

behandelter Herd von solchen. Insbesondere durch die Aufsätze von H. Müller!) und K. Baumgartner?) sind sie seit längerer Zeit bereits bekannt geworden.

Die Gebirgsspannungen sind hier nicht überall gleich; sowohl nach dem Streichen wie nach dem Verflächen (nach der Tiefe) sind sie recht verschieden. Aus naheliegenden Gründen sind ihre Auße- rungen hauptsächlich in den Flözen bekannt; sie hängen hier aber, wie gleich gesagt sein mag, weniger von der Tiefe, als von der Situation, der Flözbeschaffenheit selbst, vom Nebengestein und den Zwischen- mitteln ab.

Im Bau sind in Hausham, wie bereits erwähnt, zwei Flöze: das ältere Großkohlflöz und das jüngere Kleinkohlflöz, die etwa 5—9 m voneinander entfernt sind. Im überkippten Teil des Südflügels ist daher das Kleinkohlflöz das liegende, im normal gelagerten Teil das Großkohlflöz. Westlich der Schächte ist nur das Großkohlflöz bau- würdig entwickelt und reicht in diesem Zustande bis etwa 4500 m östlich der Schächte. Die Bauwürdigkeit des Kleinkohls beginnt da- gegen erst etwa 700 m östlich der Schächte und reicht in dieser Richtung noch weit über das Großkohlflöz hinaus. Nur über eine Er- streckung von etwa 83/, km werden daher beide Flöze übereinander abgebaut.

Obzwar der Bergbau hier schon seit den sechziger Jahren datiert, hat man die Wechselwirkung der beiden Flöze aufeinander zufolge des Gebirgsdruckes doch erst etwa vom Jahre 1890 an verstehen gelernt. (Vgl. Müller und Baumgartner a. a. OÖ.) Vorher baute man fast nur das schönere und mächtigere Großkohlflöz; jeder Ver- such, nach dem Abbau dieses Flözes auch das schwächere Kleinkohl- flöz herauszunehmen, scheiterte auf die Dauer an dessen außerordent- licher Härte. Es stellte sich aber heraus, daß diese Härte sich stets erst nach dem Abbau des Großkohlflözes bemerkbar macht, daß sie jedem der beiden Flöze zukommt, wenn es nach dem anderen zum Abbau gelangt. Das zuerst abgebaute Flöz ist stets milde, das zweite wird erst hart, wenn das erste herausgenommen ist, und zwar genau für den Bereich der Abbaufläche des darunter oder darüber zuerst abgebauten Flözes.

Über das Verhalten des seinerzeit fast allein gebauten Großkohl- flözes über der Auersohle (255 m), d. h. also über der Uberkippung im überworfenen Teil des Südflügels, ist heute nicht viel bekannt; wahrscheinlich machte hier der Druck keine sonderlichen Schwierig- keiten, da die Tagesoberfläche nicht weit war. Ob man die Schwer- kraft als Hauptenergiequelle ansieht oder einen seitlichen Gebirgs- druck im ersteren Falle war eben der Druck nicht besonders groß, im zweiten konnte sich eine ursprünglich vorhandene latente Spannung gegen oben zum Teil wenigstens verlieren. Druck scheint aber immer- hin vorhanden gewesen zu sein, sonst wäre die Verhärtung des Klein- kohlflözes nach erfolgtem Abbau des Großkohlflözes nicht eingetreten.

ı) 1. Müller, Erfahrungen über Abbaumethoden mit Bergvorsatz. Österr. Zischr. f. B. u. H., Bd. 48, 1900, pag. 347.

2) K. Baumgartner, a. a. O,, pag. 461. 14*

108 Dr. K. A. Weithofer, [10]

Als sich die Baue Ende der achtziger und anfangs der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gegen die Tiefe fortschreitend der Überkippung näherten und dieselbe dann nach abwärts überschritten, stellten sich als Zeichen einer größeren latenten Spannung des Ge- birges die ersten unangenehmen Erfahrungen ein. Vorerst eine erhöhte Pressung des Flözes, die man sich zunächst gern gefallen ließ, da sie die Hereingewinnung der Kohle außerordentlich erleichterte. Ein ständiges Knistern machte sich hörbar, oft genug sprangen auch größere Stücke von den Kohlenstößen ab, es bedurfte nur verhältnismäßig geringer Nachhilfe, um die Kohle hereinzubringen. Dann kam aber die unangenehme Seite: Vorerst in ungefährlicher, wenn auch mehr Kosten verursachender Weise; infolge der lebhaften Pressung wurden die Kohlenstöße in den Strecken zermürbt und langsam in dieselben hereingedrückt. Wo sie nicht rechtzeitig hinter der Zimmerung nach- genommen wurde, wurden die Stempel zerknickt, die Kohle „wuchs in die Strecke herein“, Sohle und First näherten sich. Wiederholte Zimmerung und Nachreißen von Sohle oder First waren die Folge.

Ähnliche, nur entsprechend modifizierte Erfahrungen machte man in den Abbauen. Stellenweise wurde die Pressung aber so stark, daß öfter unter lautem Krachen der Kohlenstoß hereinbrach, mehr oder weniger große Mengen von Kohlenklein und Kohlenstaub in die Abbaue oder Strecken warf und mehrfache Unglücksfälle verursachte: die Gebirgs-, oder vielleicht sogar die Gesteinsfestigkeit der Kohle war überschritten worden. Es mußte aber nicht immer gerade die Kohle sein, es kam auch vor, daß eine besonders spröde Bank von Kalkmergel oder Stinkstein sich als locus minoris resistentiae erwies und als Opfer des Gebirgsschlages vollständig zertrümmert heraus- geschleudert wurde.

Eine Hauptbedingung dabei war stets, daß es sich ausschließlich um harte und spröde Materialien handelte. Eine Einlagerung von einer weichen Schicht hob stärkere Spannung auf. So konnte man z. B. bei einem kleineren Gebirgsschlag am 21. August 1912 (in einem Ab- bau der Brems 1 Ost, VI. T. S.) die Wahrnehmung machen, daß der KohlenstoB in dem Abbau nur zur Hälfte „explodierte“ ; die Kohle der anderen Hälfte war von einer etwas plastischen Lettenbank durch- zogen. Diese scheint also als förmlicher Polster den Gebirgsdruck aufgefangen und unschädlich gemacht zu haben. Aus ähnlichen Gründen scheint vielleicht auch der ganze westliche Teil der Grube von solchen Gebirgsschlägen verschont zu sein, weil hier das Flöz von ähnlichen weichen Mergeln und Lettenbänken durchzogen ist.

Am gefährlichsten waren und sind diese Gebirgsschläge heute noch in einem mittleren Teil der streichenden Erstreckung der Grube, etwa von Brems 1 West bis Brems 5 Ost auf zirka 3°5 km Länge; wo die Kohle am reinsten und das Nebengestein zugleich ein spröder Zementmergel und Saudstein ist. In dieser Partie haben sich auch fast alle die bisher bekanntgewordenen insbesondere die katastrophalen Gebirgsschläge abgespielt. Es läßt sich auch nicht sagen, daß sie hier irgendwie gegen die Tiefe zu häufiger geworden wären, obwohl man gerade hier bereits bis gegen den“ tiefsten Teil der Mulde zirka 800 m vorgedrungen ist. Sie haben sich hier nahe der Über-

[11] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 109

kippung also in 200—300 m Tiefe zuerst bemerkbar gemacht und halten in gleicher Stärke bis zur Tiefe an.

Wie sie im Westen bis zur heutigen Abbautiefe von 600 m noch nicht wahrgenommen wurden, so haben diese Gebirgsspannungen auch im Osten an Intensität stark eingebüßt; sie machen sich nur durch srößeren nicht unerwünschten Druck, mit meist unschädlichem Abspringen größerer oder kleinerer Teile bemerkbar, nicht aber in jenen oft zu heftigen Unglücksfällen führenden Gebirgsschlägen der Mitte. Die Schäden betreffen nur das früher erwähnte Anfangsstadium, die Kohle drängt in die Strecke herein, knickt die Zimmerung und nötigt zu häufigeren Reparaturarbeiten. Vielleicht hängt diese geringere Druckäußerung in diesem östlichen Teile auch damit zusammen, daß hier ungefähr jene kleinen Verwerfungen (Überschiebungen) beginnen, die, wie früher erwähnt, an der Überkippungsstelle sowie auch darüber und darunter gegen Osten sich einstellen. Vielleicht ist dadurch ein Teil der ursprünglichen Spannung im Überkippungsbogen verloren gegangen.

Zu bemerken ist allerdings, daß man aus den bisherigen Er-

fahrungen auch gelernt hat, den Gebirgsschlägen und ihren ver- schiedenen Äußerungen auszuweichen oder zuvorzukommen. Sie müßten sonst bei dem überaus lebhaften Betrieb, der gerade in der gefähr- lichen Zone jetzt mehr denn je stattfindet, zu viel häufigeren Vor- kommnissen gehören. .... Normal kommt der Druck vor der Abbaufront dadurch zur Außerung, daß die Kohle „arbeitet“, daß sie „lebendig“ ist: sie knistert und zerspringt ständig, es bedarf nur verhältnismäßig geringer Nachhilfe bei der Gewinnung. Solange dieser Zustand anhält, ist die Gefahr nicht groß; sie wächst erst wieder wie schon Baum- gartner.a. a. OÖ. pag. 490, anführt mit der Wegnahme dieses zerknisterten und zerklüfteten Mantels, sowie wenn diese Zerklüftung nicht rasch genug im gleichen Schritt mit dem Abbau vom neuen entsteht. Oft kommt es dann vor, daß die Kohle hart wird; obige Erscheinungen des „Arbeitens“ treten dann nicht mehr auf. Damit wird der Zustand erfahrungsgemäß sehr kritisch ; die Kohle muß wieder zum „Arbeiten“ gebracht werden, soll nicht größte Gefahr für den Eintritt eines Gebirgsschlages entstehen. Schon die Arbeit in Pausen ist ein solches Hilfsmittel, indem sich nach gewissem Stillstand der Arbeit die Zerklüftung wieder bildet, dem Abbau nachkommt. Man beschleunigt dies nun auch dadurch, daß man einen oder mehrere Schüsse in der Kohle abtut; meist nimmt man dabei dann zuerst den Stoß und Schall des Schusses wahr und einige Sekunden darauf erst den in dieser Form immer in harmloser Weise ausgelösten und ver- laufenden Gebirgsschlag. Viel Material findet sich in der Regel herein- geworfen, meist „arbeitet“ die Kohle dann wieder.

Auch Spannungen im Sollgestein werden derart oft künstlich durch tiefe Sprengschüsse, die mehr lockern, denn werfen, ausgelöst und die Gebirgsschläge dadurch gleichsam in statu nascendi unschäd- lich gemacht.

Der hier in Rede gestandene mittlere Teil der Grube, der vor- nehmlich Gebirgsschlägen ausgesetzt ist, deckt sich keineswegs mit jenem früher erwähnten mittleren Teil, in welchem beide Flöze bau-

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würdig entwickelt sind; er umfaßt im Gegenteil zur Hälfte Flächen, wo nur das Großkohlflöz allein bauwürdig vorhanden ist und abgebaut wird. In der gefährlichsten Zone mußte sogar das dort gänzlich un- bauwürdige Kleinkohlflöz herausgenommen werden, nur um das dar- unter befindliche Großkohlflöz zu entspannen, damit es gefahrlos ab- gebaut werden konnte.

Am gefährlichsten sind selbstredend immer jene Situationen beim Abbaubetriebe, wo früher (beim Pfeilerbau) der Rückbau sich der Bremse näherte, oder jetzt (beim durchweg eingeführten Streb- bau) der Abbau an der Feldesgrenze gegen den alten Mann zu heran- rückt. Diese führten einigemal zu den bösartigsten Katastrophen.

Unter den gleichen Verhältnissen befinden sich auch die so- genannten „Sicherheitspfeiler* längs der Grundstrecken; im rings abgebauten Felde wurden sie zu einer ständigen Bedrohung der Grundstrecke, weil sie ein immerwährender Herd von Gebirgsschlägen

waren, da diese zurückgelassenen, verhältnismäßig schwachen Kohlen- _

pfeiler die schließliche Belastung nicht mehr aushielten.: Baum- gartner hat mehrere diesbezügliche Unfälle geschildert; sie haben sich noch öfters wiederholt. Zu einem neuerlichen katastrophalen Zu- sammenbruch kam es auf der Grundstrecke der III. Tiefbausohle im Bereiche der Bremse 2 Ost am 21. Januar 1910, wo diese Strecke unter gewaltigen Erschütterungen auf etwa 200 m Länge zusammen- geworfen wurde; das dadurch hervorgerufene Erdbeben wurde auch „och auf der Münchner Erdbebenwarte sehr schön aufgezeichnet.

Als häufigste Begleiterscheinung dieser Gebirgsschläge zeigt sich die Firste durchgebogen oder auch die Sohle aufgeborsten.

Es wurde schon erwähnt, daß nicht immer die Kohle der von der Zerstörung heimgesuchte Teil war; auch spröde Gesteinsbänke wurden davon betroffen, die zum Beispiel beim Abbau mitgenommen werden mußten und daher vor Ort anstanden, sowie die bei dem vor- handenen Einfallen der Schichten im Dreieck nachgerissene Sohlbank, die manchmal allein zerquetscht und unter schußähnlicher Detonation hereingeworfen wurde. Auch beim Teufen des 735 m tiefen Klenze- schachtes, der mit zirka 6,7 m das Flöz durchörterte, machte sich unterhalb des Flözes, insbesondere im Schachtfüllort, im Gestein der- artige Gebirgsschläge höchst lästig, indem unter Krachen starke Schalen absprangen, was zu großer Vorsicht bei der Arbeit nötigte.

Auf eine nicht zu übersehende Eigentümlichkeit muß bei diesen Haushamer Gebirgsschlägen ferner noch hingewiesen werden. Die dortige Kohle enthält nur sehr wenig Schlagwetter, so daß die meisten Orte trotz Sicherheitsgeleuchte mit offenem Lichte befahren werden können. Gelegentlich solcher Gebirgsschläge nun und infolge der da- bei vorkommenden Zermalmung der Kohle treten nicht selten Schlag- wetter auf. Bei der Katastrophe vom 8. Juni 1892 waren sie sogar in sehr bedenklicher Menge bei den damals allerdings sehr reichlich aus- geworfenen Kohlenmengen frei geworden!). Auch in anderen Fällen konnten sie konstatiert werden, so zum Beispiel bei einem größeren Gebirgsschlage im Abbaupfeiler 1 auf Gesenk I West unter der dritten

') Vgl. die Schilderung bei Baumgartner a. a. O., pag. 477.

[13] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 111

Tiefbausohle; daß sie nicht stets beobachtet werden, hat wohl seinen Grund in den verhältnismäßig geringen Gasmengen, die noch dazu durch den guten Wetterzug sofort verdünnt werden, zumal ja ein solcher Ort nach einem Gebirgsschlag, zu befürchtender Wieder- holungen wegen, nicht sofort betreten wird.

Als auffallend muß es immerlin bezeichnet werden, daß selbst bei dem geringen Gasgehalt der Haushamer Kohle durch die Zer- splitterung derselben infolge eines Gebirgsschlages verhältnismäßig so bedeutende Gasmengen entbunden werden können.

Nicht unerwähnt muß schließlich noch folgende, auch heute noch auftretende Erscheinung bleiben, über die auch Baumgartner!) schon berichtet. Die Kohle eines der beiden Flöze wurde heraus- genommen, der entstandene Hohlraum verzimmert. Als dann das andere Flöz darüber oder darunter abgebaut wurde, fielen die Stempel der Zimmerung im erstgebauten Flöz um, die Öffnung war also weiter geworden. Es geht daraus hervor, daß das Hangende oder Liegende des erstgebauten Flözes gegen den neu entstandenen Hohlraum des zweitgebauten Flözes hinein ausgewichen war.

Wenn das zweitgebaute Flöz das untere war, war die Sache ja einwandfrei durch ein Nachsinken des stehengebliebenen, 6—9 ın mächtigen Zwischenmittels infolge der Schwere zu erklären. Wurde dagegen das obere Flöz als zweites herausgenommen, so konnte nur ein Auftrieb von unten oder eine seitliche Pressung die Aufwölbung bewirkt haben. Es kann dies auf die „hydrostatische“ Wirkung der Schwerelast im Heimschen Sinne zurückgeführt werden, kann aber auch die Äußerung einer latenten orogenetischen Spannung sein.

Im ersteren Falle müßte es aber wohl allerdings überall in der Grube auftreten und nicht bloß lokal.

Eine weitere Begleiterscheinung dieser Haushamer Gebirgs- schläge sind endlich die Erdbeben, die in ihrem Gefolge obertags oft auf beträchtliche Entfernungen wahrzunehmen sind. Erwähnt wurde schon das Erdbeben gelegentlich des Gebirgsschlages vom 21. Jänner 1910, das die Münchner Erdbebenwarte in einer Entfernung von etwa 55 km registrierte. Leider besteht diese Warte erst seit 1905, so daß man bezüglich der früheren stärkeren Beben nur auf zufällige Mitteilungen angewiesen ist. Nach Baumgartner war der Gebirgs- schlag vom 8. Juni 1892 sowie jener vom 11. Jänner 1897 weithin auf mehrere Kilometer als Erdbeben fühlbar, so letzterer gegen Norden in Miesbach und Parsberg in 4 km, nach Südost in Schlier- see in 25 km und nach Südwest in Tegernsee in 8 km Entfernung. Aus größeren Entfernungen fehlen Beobachtungen; zweifellos reichten die Wirkungen noch weiter. Sogar recht schwache und unbedeutende Schläge, wie einer vom 2!. August 1912 und besonders ein solcher vom 12. Dezember 1912 wurden deutlich von der Nordsüdkomponente des Münchener Seismographen als Nahbeben aufgezeichnet (die Ost- Westkomponente wies nur Spuren auf) ?).

!) A. a. O., pag. 492.

?) Zur genaueren Registrierung von Erschütterungen wurde übrigens im Ein- vernehmen mit der Münchener Erdbebenwarte kürzlich ein Seismograph nach Prof. Dr. Konrad in Hausham unterirdisch aufgestellt.

112 Dr. K. A. Weithofer. | [14]

Aus dem über Hausham im Obigen Gesagten ergibt sich zu- nächst als Tatsache:

1. daß der ganze Westen der Grube von etwa 700 m westlich der Schächte bis zur heutigen westlichen Baugrenze in etwa 3 km Entfernung und bis zur heute erreichten Tiefe von 600 m nahezu druckfrei ist, d. h. kein wesentlich verstärkter Druck ist zu merken;

2. daß unmittelbar daran gegen Osten der druckhafteste Teil der Grube auf etwa 3°5 km streichende Länge sich anschließt. Auf- fallenderweise beginnt er gerade dort, wo oberhalb die Überwerfung des Südflügels sich einstellt. Gebirgsschläge treten in diesem Teil in gleicher Heftigkeit und Zahl von der UÜberkippungsregion in etwa 200—250 m Tiefe abwärts bis zu den heutigen tiefsten Abbauen in etwa 700 m Tiefe auf; wenigstens könnte man keine irgend in die Augen fallende Vermehrung gegen die Tiefe zu feststellen. Die aus dem letzteren Horizonte (—700 m) in dem aufgerichteten Südflügel bis in den horizontalen Teil der Muldenmitte etwa noch bis 800 m vorgetriebenen Untersuchungsstrecken waren bis nun ohne alle jene Be- gleiterscheinungen auch nicht jener der blähenden oder treibenden Gebirge —, welche sonst Strecken in diesem druckhaften und ge- birgsschlaggefährlichen Teile der Grube zeigen, obzwar doch gerade hier der vertikale Druck der Schwerelast sich am günstigsten äußern könnte. Vielleicht läßt sich das Fehlen hier durch die tauben Ein- lagerungen im Flöz und dessen weichere Kohle erklären, wenn man dann allerdings wenigstens „treibendes“ oder „blähendes“ Gebirge erwarten könnte;

3. der weiter anschließende Osten der Grube zeigt Druck- erscheinungen nur in weit vermindertem Maße; Gebirgsschläge sind hier nur wenig bekannt, obzwar die Abbaue auch hier schon bis zu 600 m Tiefe allseits vorgedrungen sind;

4. im Nordflügel, der allerdings Abbaue in größerem Umfange nur bis 250 m Tiefe hat und wo erst in jüngster Zeit solche in 500 m Tiefe begonnen wurden, hat sich bisher kein bemerkenswerter Druck gezeigt. Auch hier könnte das Gewicht der darüber lastenden Schichten gutzur Wirkung kommen. Die flachere Lagerung wäre nach Schmidt!) gerade geeignet, den Gebirgsdruck viel lebhafter und eher zur Auße- rung kommen zu lassen als steil gestellte Schichten, wie sie der Süd- tlügel führt.

Sollte nun diese Tatsachen im Auge behalten als Ursache die Schwerelast, das Gewicht der darüberliegenden Schichten allein in Anspruch genommen werden, so müßte wohl, besonders unter den sich gleich bleibenden Gesteinsverhältnissen des mittleren Teiles eine sehr merkliche Zunahme ihrer Wirkungen nach der Tiefe zu wahr- zunehmen sein, da ja die Tiefe der Baue von der Überkippungsstelle nach abwärts sich allmählich verdreifacht, insbesondere wenn man dabei berücksichtigt, daß, den vorkommenden Gebirgsschlägen ent- sprechend, das betreffende Material bereits oben bis zur Grenze seiner Festigkeit beansprucht sein muß.

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[15] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 113

Ähnliches müßte auch im Osten der Fall sein; im Westen könnte man ja annehmen, daß die Gesteinsbeschaffenheit nicht danach ist, um bis 600 m Tiefe schon Druckerscheinungen zu bringen.

Es scheint daher, daß mit der Schwerelast oder mit ihr allein die hier in Hausham auftretenden Erscheinungen nicht befriedigend und restlos zu erklären sind; es scheint da wohl nebst dieser natür- lich stets bis zu gewissem Grade wirksamen Last der überlagernden Schichten schon auch noch und zwar in erster Linie auf Spannungen zurückgegriffen werden zu müssen, die für die vorliegenden Außerungen ihren Sitz sichtlich in dem überworfenen Bogen des Südflügelshaben, dessen Entstehung natürlich wieder auf einen seitlichen Ge- birgsdruck zurückzuführen ist, der stauchend und faltend und überschiebend im übrigen hier ja Arbeit genug geleistet hat und nach vielfachen Anschauungen auch heute noch fortgesetzt leisten soll.

Schmidt meint: „Der faktische Beweis für das Vorhandensein derartiger Energiereste wäre, gegeben, wenn ceteris paribus (petro- graphische Natur, Lagerung, Überlastung) tektonisch stärker gestörte Gebiete stärkeren Sohlauftrieb und stärkeres Zusammengehen der Ulme einerseits, energischere Bergschläge anderseits zeigen würden, als relativ normal liegende“ ).

Dies scheint mir gerade auf den mittleren Teil unseres Süd- flügels gegenüber dem Westen und Osten sowie dem Nordflügel an- wendbar zu sein.

Zwar sagt auch Heim?) diesbezüglich: „Solche Gebirgsspan- nungen“ (d. h. obige Energiereste) „müßten sich in ganz anderer Art äußern, vor allem hätten diese keinen Grund, ihre allfälligen Ab- schälungen parallel den Stollenwandungen zu legen, dagegen könnte dadurch etwa ein Abscheren in irgendeiner Richtung entstehen.“ Ich muß jedoch gestehen, es ist mir nicht ganz klar geworden, was damit gemeint sein soll, denn schließlich muß sich überdies jeder Druck, wenn er vorhanden ist und insbesondere nach Heim flüssig- keitsähnlich wirkt, im großen und ganzen gleich äußern. Allerdings ist wieder zu berücksichtigen, daß dies in erster Linie wieder für Tunnele, daher für Gebirgsschichten oberhalb der Talsohle gesagt ist, von Heim selbst daher nach den früheren Ausführungen für die Tiefe vielleicht in etwas anderer Weise aufgefaßt wird.

Für unseren praktischen Gebrauch und für die raschere Ver- deutlichung im folgenden möchte ich die einschlägigen Phänomene in folgende zwei Hauptkategorien einteilen, wobei nur zu bemerken ist, daB der Unterschied nur ein gradueller ist und durch die Tat- sache herbeigeführt wird, daß, sofern die Schwerelast mit der Tiefe wirksam würde, wohl die meisten unserer Bergbaue noch nicht in solche Tiefen gedrungen sind, um an und für sich die Gebirgsfestig- keit der gewöhnlich vorkommenden Gesteine zu erreichen oder zu überschreiten. Nur die oft sehr spröde, dagegen im allgemeinen nicht

2) A, 27 0.:pag. 87. ?) Heim, Nochmals über Tunnelbau etc. 1908, pag. 38.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. A. Weithofer.) ]5

114 Dr.:Kır A. Weithofer. [16]

sehr druckfeste Kohle dürfte da vielleicht zuweilen eine Ausnahme machen und leichter an die Grenze der Gebirgs- oder Gesteinsfestig- keit kommen.

Wir hätten demnach zu unterscheiden:

1. Der Gebirgsdruck gleichgültig welcher Ursache bleibt ziemlich weit unter der Druckfestigkeit der Ge- steine (der Gebirgsfestigkeit), wobei weiter auseinanderzu- halten wäre:

a) etwa vorkommende weiche Gesteine werden sich je nach dem Grade ihrer Konsistenz bereits treibend oder blähend zeigen,

b) harte, feste Gesteine werden standhaft bleiben und keinerlei Druckerscheinungen erkennen lassen.

In der Penzberger Mulde, die gleichfalls dem oberbayrischen Kohlenrevier angehört, zwar stark zusammengefaltet ist, doch keinen dem Haushamer ähnlichen Druck aufweist, sinkt der Südflügel wider- sinnig steil und gradlinig zur Tiefe. Nach einer scharfen Muldung steigt dann der Nordflügel in ziemlich flacher Lagerung wieder empor. Ein Querschlag in 200 m Tiefe traf in der erwähnten Muldenspitze unmittelbar in der First gerade eine weiche Lettenschicht. Wie ein Keil lasteten daher die jüngeren Schichten der Mulde darauf. Wenn nun durch ein Loch in der First dieser Letten in den Querschlag gepreßt wurde, und zwar mit solcher Gewalt Wurstpresse nannten es bezeichnenderweise die Arbeiter daß diese Stelle des Quer- schlages nicht zu halten war, abgemauert und durch einen Umbruch umgangen werden mußte, so ist dies ein charakteristisches Beispiel der Äußerung der bloßen Gebirgslast auf eine weiche Gesteinsschicht. Wenn sonst als ungemein häufige Erscheinung in besonders jüngeren Kohlenrevieren die verhältnismäßig weichen Schiefertone der Sohle, zum Beispiel bei horizontaler Lagerung, blähend ständig in die Strecke wachsen und diese ohne immerwährende Reparatur endlich vollständig zuschließen würden, oft in ganz geringen Tiefen, so ist dies gleich- falls der sonst vielleicht noch lange nicht zum Ausdruck kommende Druck der hangenden Gebirgslast }).

In verhältnismäßig geringen und natürlich nach der Gesteins- beschaffenheit und zwar sowohl der gedrückten wiederdrücken- den wechselnden Tiefen genügt aber der durch die Schwere her- vorgerufene Gebirgsdruck, um die Konsistenz weicher Materialien (Letten, Schieferton, weiche Kohle u. dgl.) zu überwinden und naclı der Entlastungsstelle hier der Stollen zu drängen: treibendes oder blähendes Gebirge. Härtere und festere Gesteine bleiben selbst für längere Zeiträume standhaft; es müßte denn sein, daß sie durch lebhaftere Zerklüftung, Verwitterung oder Lockerung ihrer Festigkeit aus anderen Gründen dazu kommen, unter die Gesteine ersterer Art eingereiht zu werden und dann ähnlich diesen sich zu verhalten. Natürlich gibt es Übergänge aller Art.

!) Vgl. zum Beispiel die Ausführungen und Zeichnungen von Dr. Nieß in der Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen i. preuß. St., 1900, Bd. 58, pag. 420 u. f.

[ 7) Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge, 115

c). Nur wenn aus irgend welchem Grunde Pfeiler festeren, normal

sanz standfesten Gesteines, z. B. Kohle, von Abbauen umgeben, stehen bleiben, (auch freistehende Abbaustöße können es sein), das Dach fest ist und über den abgekohlten Räumen nicht sogleich zusammenbricht, muß es geschehen, daß der Gesamtdruck des Daches, der früher ja auf eine vielfach größere Fläche verteilt war, auf diesen stehenge- bliebenen Pfeiler oder den Abbaustoß konzentriert wird; der Druck auf die Flächeneinheit wird hier daher künstlich vermehrt, ver- vielfacht, bis er unter Umständen groß genug ist, die spezifische Druck- festigkeit des Pfeilergesteines oder des schwächsten Teiles derselben zu überwinden, und durch plötzliche Zermalmung derselben unter Krachen und schweren Erschütterungen und gegebenenfalls auch unter Freimachung großer Schlagwettermengen aus der plötzlich zerkleinerten Kohle einen Gebirgsschlag hervorzurufen. . Man sieht, es beruht dies auf künstlich geschaffener, einfacher Überlastung, daher auf keinem eigentlich tektonischen Vorgang, höchstens kann man einen solchen mitheranziehen, wenn das ganze Geschehnis durch vorhandene Verwerfungen oder sonstige Störungen vorbereitet und befördert wird, sofern dadurch die lastende Decke günstiger und einseitlicher zur Wirkung kommt.

Es gehören zu dieser Gruppe daher die meisten Gebirgsschläge dieser Art, die aus Flözen, insbeson- dere beimAbbau bekannt geworden sind. Ich möchte diese Art von Gebirgsschlägen Pfeilerbrüche nennen.

2. Die Gebirgsspannung ist nahe der Druckfestig- keit der Gesteine (der Gebirgsfestigkeit) oder dieselbe erreichend;

a) bei weichem Gestein wird sich das Treiben und Blähen in immer verstärkterem Maße zeigen;

b) harte, spröde Gesteine werden schlagend werden; häufige Gebirgsschläge als normale Erscheinung;

c) Überlastungen durch zu weit freistehendes Hangend auf zu klein gewordene Pfeiler werden sich mit ihren Wirkungen (Pfeiler- brüchen) hier entsprechend früher einstellen.

Je tiefer die Grubenbaue zum Beispiel, die sonst zu 1) gehören, werden, desto stärker wird sich sicherlich theoretisch wenigstens das Gewicht der auflastenden Schichten geltend machen, desto mehr werden sie sich im allgemeinen den Fällen von 2) nähern. Doch scheint, daß dies durch die Tiefe, das heißt durch die Schwerelast allein bei den heutigen Bergbauen nur ausnahmsweise erreicht wird; der große Druck der Fälle unter 2) dürfte vielmehr in erster Linie auf noch andere Kräfte, zum Beispiel eben jenen seitlichen Schub als die Fortwirkung der gebirgsbildenden Energien oder deren Reste, auf petrographische Ursachen, oder drgl. zurückzuführen sein.

Diese zweite Gruppe wird daher von jenen Vorkommnissen ge- bildet, wo von allem Anfang an, schon im unverritzten Ge- birge, die Pressung unabhängig von der Ursache eine so große ist, daß durch diese an für sich schon der Druck auf die Flächen- einheit der spezifischen Gebirgsfestigkeit nahe kommt oder sie sogar

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116 Dr. K. A. Weithofer. [18]

überschreitet. Wenn nun in diesem unter derartigen Druck stehenden Gestein irgendeine künstliche Höhlung geschaffen wird, so trachtet sich diese Pressung in den Hohlraum hinein infolge der Wegnahme des Gegendruckes zu entspannen und es zeigen sich an den Wänden im festen, spröden Gestein allüberall die schon vielfach geschilderten, meist unter allerlei Lautäußerungen vor sich gehenden Zerknisterungen, Ablösungen oder Absprengungen, unter Umständen jene gefürchteten Gebirgsschläge, wie sie soeben, als auch in geringeren Tiefen durch künstliche Mittel hervorgerufen, geschildert wurden.

Bei der verderblichen Wirkung dieser Ereignisse kaun es nicht Wunder nehmen, wenn sie schon seit längerer Zeit auch in der Lite- ratur lebhafte Beachtung gefunden haben; zuerst, soviel bekannt, in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts aus Steinbrüchen und Tunnelen in Nordamerika, dann aus englischen Gruben, in Deutsch- land aus Oberschlesien und Westfalen.

Um die Jahrhundertwende mehren sich die Angaben ganz außer- ordentlich und fließen nun von Jahr zu Jahr verstärkt aus allen Welt- teilen herbei, so daß sich seither bereits eine ganze Literatur darüber gebildet hat. 1905, 1906, 1907 und 1909 hat Hankar-Urban ge- legentlich der interessanten und eingehenden Beschreibung der Ge- birgsschlagerscheinungen in seinen belgischen Porphyrbrüchen einen sroßen Teil derselben zusammengestellt (a. a. O.), ebenso 1907 C. Schmidt!) anläßlich der Besprechung der Gebirgsschläge und Druck- äußerungen im Simplontunnel; auch Rzehak hat bezügliche Literatur- erscheinungen in der Zeitschrift für praktische Geologie 1906 bis 1908 und 1910 gesammelt, ebenso R. Hoernes 1907 in der Laibacher „Erdbebenwarte“ besprochen.

Von erfahrenen Beobachtern führte schon Niles 1870 diese Erscheinungen (in nordamerikanischen Steinbrüchen) auf lateralen Druck zurück und 1900 gab Baumgartner die gebirgsbildenden Kräfte, welche auch die Haushamer Kohlenmulde zusammenschoben, im Ein- klange mit den allgemeinen Anschauungen an Ort und Stelle als Ur- sache an. Auch Hankar-Urban bezeichnet für Quenast 1905 die gleichen seitlichen Kräfte als wirksam. Eine eingehende Durcharbeitung finden diese Fragen an der Hand des außerordentlich reichen Er- fahrungsmateriales der großen Schweizer Gebirgstunnele in den an den Bau anschließenden Kontroversen, insbesondere Heims, Schmidts, und in jüngster Zeit erst sehen wir wieder Prof. E. Sueß2), sich mit ihnen und zusammenhängenden Fragen der Gebirgsbildung beschäftigen.

Es soll im folgenden unter den durch Veröffentlichungen be- kannt gewordenen Fällen von Gebirgsspannungen und deren Auße- rungen Umschau gehalten und geprüft werden, auf welche Ursachen

1) GC. Schmidt, Untersuchungen über die Standfestigkeit der Gesteine im Sim plontunnel. Gutachten, abgegeben an die Generaldirektion der Schweizer Bundes- bahnen. Bern, 1907. Später in erweiterter Form in dem zitierten Rektorats- programm, 1908.

2) E. Sueß, Über Zerlegung der gebirgsbildenden Kraft. Mitteilungen der Geol. Gesellschaft, Wien, Bd. VI, 1913.

[19] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 717

sie zurückgeführt werden können, und gegebenenfalls, wie sie sich zu der oben aufgestellten Gruppierung verhalten.

Aus deutschen Bergbauen dürften die ersten Berichte über hier einschlägige Vorkommnisse auf A. v. Lasaulx!) zurückzuführen sein. Er macht Mitteilung über einen im Sommer des Jahres 1875 erfolgten plötzlichen Einsturz der abgebauten Glocken des zur Königs- srube gehörigen Krugschachtes zu Kattowitz in Oberschlesien. Das Hangende der über vier Lachter mächtigen, abgebauten Flöze scheint länger ausgehalten zu haben und dann plötzlich zusammengebrochen zu sein; die näheren Vorgänge hierbei in der Grube und ihre Vor- bedingungen sind dem Berichte allerdings nicht zu entnehmen. Ein sehr heftiges Erdbeben war aber die Folge. Im späteren soll übrigens noch darauf zurückgekommen werden.

Fernere Angaben rühren von L. Cremer?) her, wenn man von alten Berichten, wie von dem von B. Baumgärtel?) vom Rammels- berg bei Goslar aus dem Jahre 1795 mitgeteilten, vorläufig absieht. Cremer beschreibt drei Erdbeben, vom Jahre 1876, 1880 und 1888, die in den westlichen Stadtteilen von Dortmund wahrgenommen worden waren, die er möglicherweise auf Einsturzbeben unterirdischer Hohlräume, entstanden durch abgebaute Pfeiler, zurückführen zu können glaubt, wobei er als verursachend damals schon die liegenden Fiöze der dortigen Zechen ver. Westfalia und Tremonia vom Flöz Sonnenschein aufwärts im Auge hat.

Eine eingehende Darstellung und Besprechung einer Reihe von Gebirgsschlägen aus dem gleichen Revier wurde 1903 von Dill®) ge- liefert. „Unter schußartigem Knall und starkem Luftdruck platzen die Kohlenstöße auseinander und werfen die Kohlenmassen —- meist fein zerkleinert weit in die Strecken hinein, das Liegende wölbt sich mit heftigem Ruck auf, die Zimmerung wird umgeworfen.*“ Nachträg- lich „findet man das Hangende gewöhnlich unversehrt, den Kohlen- stoß an einer oder mehreren Stellen aufgeklafft und hin und wieder eine starke Schlagwetteransammlung“. „Eigentümlich für diese Erd- erschütterungen ist, daß sie im allgemeinen nur dort auftreten, wo die betroffenen Bauabteilungen sich in unmittelbarer Nähe vom alten Mann befinden oder gar inselartig von ihm umringt sind, wo ein schwung- hafter Abbau mit ungenügendem oder ganz ohne Versatz zeführt worden ist, und wo die Flöze ein äußerst gesundes und kräftiges Hangend haben, welches nur schwer zu Bruche geht.“ „Dasjenige Flöz, welches

!) A. v. Lasaulx, Die Erdbeben. In Kenngott, Handwörterb. d. Min., Geol. u. Pal., Breslau, 1882, Bd. I, pag. 301. Allerdings soll sich in der „Zeitschr. d. Oberschles. berg- u. hüttenm, Ver. in Kattowitz“ bereits 1875 eine Mitteilung über die Einsturzkatastrophe im Krugschachte befinden, welcher Jahrgang mir jedoch nicht erreichbar war.

?) Leo Cremer, Erdbeben und Bergbau. „Glückauf“, Essen, 31. Jahrg. 1895, pag. 367. ®, B. Baumgärtel, Über einen vor längerer Zeit beobachteten Bergschlag

im Erzlager des Rammelsberges bei Goslar. Zeitschr. f. prakt. Geol., Bd. XXI, 1913, pag. 467.

*) Dill, Die in den letzten Jahren auf Steinkohlengruben des Oberberg- amtsbez. Dortmund vorgekommenen Gebirgstöße ete. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- , u. Sal.-W. in preuß. St., Bd. 51, 1903, pag. 439.

118 Dr. K. A. Weithofer. [20]

diese Bedingungen erfüllte und daher Jahre hindurch sich als der einzige Gefahrenträger erwies, war das Flöz Sonnenschein. Erst in jüngster Zeit haben sich zwei andere Flöze, das Flöz Bismarck der Gasflammkohlenpartie und das Flöz Finefrau der oberen Magerkohlen- partie hinzugereiht.“

Die geschilderten Ereignisse sind geradezu typisch für unsere Gruppe 1c. Es ist nicht anzunehmen, wenigstens deutet absolut nichts darauf hin, daß irgendwelche vorbestehende Spannungen vorhanden waren. Durch den äußerst lebhaften und raschen Abbau, wie er betont wird, wurde der Druck des sehr festen und guten Hangenden be- zeichnenderweise ist immer von einem bestimmten Niveau die Rede auf immer kleinere Kohlenpfeiler übertragen, der Druck auf die Flächen- einheit wuchs hier daher ständig, überschritt endlich stellenweise die spezifische Gebirgsfestigkeit der Kohle und die Auslösung mit allen ihren charakteristischen Eigentümlichkeiten trat ein. Es ist dies also ein Vorgang, der mit Tektonik nichts zu tun hat, höchstens daß durch vorhandene Sprünge eine Unterstützung desselben stellenweise ein- treten mochte.

Hingewiesen sei dabei nur noch auf die mit diesen Pfeilerbrüchen, Gebirgsschlägen im allgemeinen, häufig freiwerdenden großen Gas- mengen, auf die auch Broockmann!) in dem großen Sammel- werk über den westfälischen Bergbau 1903 an einer Stelle aufmerksam macht. Was er hier aus Flöz Röttgersbank der Zeche Dannenbaum, Schacht I, beim Pfeilerrückbau beschreibt, sind charakteristische Pfeilerbrüche mit großer Schlagwetterentwicklung.

Uber einen im Sommer 1910 auf der Zeche Consolidation auf- getretenen Gebirgsschlag, und zwar wiederum im Flöze Sonnenschein, macht Rumberg?) ausführliche Mitteilung; auch hier betraf es wieder eine Bauabteilung umgeben vom alten Mann, auch hier die zermalmt hereingeworfene Kohle, das unbeschädigt gebliebene sehr feste Han- gende (und Liegende), auch das Auftreten von großen Schlagwetter- mengen in einem vor dem Gebirgsschlag vollständig schlagwetter- freien Flöze, sowie eines Erdbebens, das übertags gefühlt wurde. Der als Ursache angegebenen Erklärung dürfte aber vielleicht nicht beizustimmen sein; auch hier wird ganz augenscheinlich der Druck des nachsitzenden festen Hangenden auf zurückgebliebene, zu schwach gewordene Kohlenpfeiler schließlich die Festigkeit der letzteren über- schritten und dadurch den Gebirgsschlag, beziehungsweise Pfeilerbruch hervorgerufen haben.

Recht wahrscheinlich muß es nach Hollenders?°) eingehender Darstellung bezeichnet werden, daß auch das große Unglück auf Radbod vom Jahre 1908 primär auf einen Gebirgsschlag zurückzu-

!) Die Entwicklung des niederrhein.-westfäl. Steinkohlenbergbaues in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh., 1903, VI. Bd., Wetterwirtschaft, pag. 102.

2) Rumberg, Der Gebirgsschlag auf der Schachtanlage III/IV der Zeche Consolidation am 10. Juni 1910. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuß. St., 1911, pag. 68.

®) Hollender, Die Explosion auf der Steinkohlengrube Radbod I/II bei Hamm in W. am 12. November 1908, Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuß. St., Bd. 59, 1911, Hft. 5 und „Glückauf“, 48. Jahrg., 1912, Nr. 5.

[21] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 119

führen ist („Glückauf“, 1912, pag. 265). Das Hangende des Unglücks- flözes 3 war sehr fest und gut, und es „wird sich also das Gebirge trotz des Abbaues recht lange gehalten haben, bis endlich der Zeit- punkt eintrat, wo das Gebirge, bis die Spannung zu groß wurde, zu- sammenbrach“. Die Schlagwetter in den Klüften und wahrscheinlich dem oder den Flözen wurden plötzlich in größter Menge ähnlich wie auf Consolidation soeben geschildert frei. Auch wurde ja fest- gestellt, daß die Grundstrecke von Flöz 3 der II. Sohle auf längere Erstreckung stark gehoben und in einem ganzen Klüftesystem aufge- borsten war, wie dies als Folgen solcher Gebirgsschläge auch anders- wo in die Erscheinung trat.

Hier anschließend sei auch gleich des „Berichtes der nach Nord- frankreich und Belgien entsandten Mitglieder der Stein- und Kohlen- fallkommission* !) Erwähnung getan, da er für unsere Zwecke interes- sante Momente enthält. Im allgemeinen wird zwar auffallenderweise über wenig Druck, auch an den Abbauörtern, berichtet, obwohl das Hangende außerordentlich fest ist. Nur gering seien daher die Be- wegungen, welche durch den Abbau in demselben hervorgerufen würden. Allerdings ist dem gegenüberzuhalten, daß Demanet?) genug von sehr großem, ja „ganz unglaublichem“ Druck berichtet, der zum Bei- spiel im Serainger Becken Eichstämme von 20 cm über einen Tag förmlich zersplittert oder nach einer Schicht Strecken so zusammen- drückt, daß 2—3 m rückwärts vom Stoß nicht mehr durchzukommen ist.

Eine Eigentümlichkeit dieser Gruben sind bekanntlich jene plötz- lichenGasausbrüche, die „degagements instantanes“. Nach De- manets Beschreibung (a. a. O., pag. 52) wird dabei „infolge der Gewalt der losgeschleuderte KohlenstoB in feinsten Staub zermalen und vom Gasstrom mitgeführt“. In einem Falle „folgte dieser Staub- wolke eine große Masse zerkleinerter, gleichsam gesiebter Kohle, welche die Strecke fast 30 m zuschüttete und ein Volumen von 175 cm? ergab“. (Ausbruch am 3. Januar 1865 auf Midi de Dour; bei anderen Gelegenheiten wurden sogar noch viel größere Kohlenmengen heraus- geschleudert.)

Und die Steinfallkommission berichtet weiter: „daß Kohlen- wasserstoffgase eine Zerreißung des Gebirges bewirken, wurde auf den belgischen Gruben verschiedentlich behauptet. So wurde auf Grand Hornu angeführt, daß durch plötzliche Schlagwetterausbrüche der Kohlenstoß hereingeworfen oder mit knisterndem Geräusch abgedrückt werde. Auch glaubt man daselbst beim Abbau nahe übereinander liegender Flöze ermittelt zu haben, daß der nachfolgende Abbau eines tieferen Flözes schwieriger wird, sobald die Kohlenwasserstoffgasse Gelegenheit gehabt haben, in die Hohlräume des höher liegenden Abbaues zu entweichen.“ „Von der Zunahme des Druckes mit der Teufe der Baue konnten sichtbare Beweise nicht erbracht werden 3).“

‘) Die Verhandlungen und Untersuchungen der preuß. Stein- und Kohlen- fallkommission. Hft. 5, 1902. pag. 425.

?) Ch. Demanet, Der Betrieb der Steinkohlenbergwerke. 2. Aufl. Deutsch v. Dr. Kohlmann u. Grahn. Braunschweig, 1905, pag. 368 u. ff.

®) A. a. O., pag. 425.

120 Dr. K. A. Weithofer. [22]

Sollten bei dieser Standfestigkeit des Hangenden, diesem wenigstens lokal heftigen Druck, bei dieser ganz auffallenden Über- einstimmung der Äußerungen dieser „degagements instantanes“ mit unseren Gebirgsschlägen, wie sie insbesondere unter 1c beschrieben wurden, die auch schon Dill (a. a. O., pag. 464) auffällt, jene degage- ments instantanes nicht doch zum Teil wenigstens auf solche Gebirgs- schläge zurückzuführen sein? Sollte das, was oben über das Verhältnis zweier nahe beieinander liegenden Flöze beim aufeinanderfolgenden Abbau von der Kommission mitgeteilt wird, nicht vielleicht dem ent- sprechen, was als Folge des Druckes bei unseren Haushamer Flözen erkannt wurde? Es ist jedenfalls auffallend ähnlich. Das Hartwerden des später zum Abbau gelangenden Flözes wird dort nur der Ent- gasung in den Abbauraum des vorher abgebauten Flözes zugeschrieben, während es bei uns die Entlastung vom Drucke bewirkt. (Vgl. auch Demanet, a. a. O., pag. 367.)

In ausführlichster Weise werden diese plötzlichen Gasausbrüche in verschiedenen außerdeutschen Grubenrevieren in zwei größeren Aufsätzen behandelt, die Schausten und Bracht!) auf Veran- lassung des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe veröffent licht haben, denen noch im amtlichen Auftrage angefertigte Beschrei- bungen der bisher beim Steinkohlenbergbau im Ruhrbezirk und bei Saarbrücken beobachteten Fälle angeschlossen sind.

Bald darauf fanden sie auch in W. Schulz?) einen eingehenden Darsteller. Auch er weist dem Druck dabei eine nicht untergeordnete Rolle zu (a. a. O., pag. 105).

Gasausbrüche wurden bisher fast immer ziemlich getrennt von Gebirgsschlägen behandelt; nach den bisher maßgebenden An- schauungen von Arnould?°) sind ihre Ursachen ausschließlich in den unter hoher Spannung in den Poren der Kohle, unter Umständen so- gar in flüssigem Zustande, befindlichen Grubengasen zu suchen.

Eine Grenze zwischen Gasausbrüchen und Gebirgsschlägen läßt sich jedoch augenscheinlich nicht gut ziehen. Beiden liegen sichtlich die Außerungen zweier Agentien zugrunde, die wohl beide getrennt, aber auch beide in verschiedenster Stärke zusammenwirkend auftreten können: der Gebirgsdruck, wie wir ihn früber in verschiedener Form kennen lernten, und der Gasdruck in hiezu disponierten Flözen. Die Kohlenflöze entwickeln ja fast alle mehr oder weniger Gase; oft ist ihre Menge nahezu gleich Null, oft hinwiederum so groß, daß sie sich, insbesondere bei undurchlässigem Nebengestein, unter hohem Druck im Flöze (oder auch im Nebengestein) ansammeln.

Es liegt nun im Bereiche der Möglichkeit, daß die Gase bei solchen stark zusammengepreßten Anreicherungen allein, aber mit Vehe- menz in die Grubenräume austreten können, wobei sie auch starke

!) Gasausbrüche beim Steinkohlenbergbau. A. Sehausten, Gasausbrüche beim ausländischen Steinkohlenbergbau, und B. Bracht, Grubengasausbrüche in Belgien. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuß.St., Bd.58, 1910, pag. 1 u. 24.

®) W. Schulz, Die plötzlichen Gasausbrüche in den belgischen Kohlen- gruben während der Jahre 1892-—19C8. „Glückauf“. Essen 1912, pag. 60.

®) Arnould, Etude sur les degagements instantanes de grisou dans les mines de houille du bassin Belge. Ann. trav. publ. de Belgique 1880, pag. 1 u. 419.

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[23] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 12]

mechanische Wirkungen wie Zersprengen, Fortschleudern der Kohle oder des Gesteines in wechselndem Umfange hervorzubringen im- stande sind.

Kombiniert sich jedoch dieser Gasdruck, wie das häufig genug vorkommt, mit heftigem Gebirgsdruck, der die Kohle (oder sogar auch das Nebengestein) in den früher öfter beschriebenen Zustand äußerster, bis an die Grenze der Gebirgsfestigkeit gehenden Spannung bringt, so muß beim erfolgenden Gebirgsschlag die zermalmte Kohle auch ungeheure Gasmengen entbinden. Man kennt solche Gebirgsschläge mit heftiger Schlagwetterentwicklung, man weiß auch, daß die meisten Gasausbrüche von starken, oft sogar ganz außerordentlich starken mehrere 100, ja 1000 2 Auswürfen von Kohle begleitet wurden.

Die zahlreichen und heftigen Gasausbrüche von Reschitza im Banat erklärt Becker!) geradezu in erster Linie und primär durch den Gebirgsdruck bewirkt, „während den Gasen eigentlich die Neben- rolle eines das Zustandekommen des Phänomens befördernien Agens zukommt“. Durch das in den Streckenraum zufolge des Gebirgsdruckes hereingebogene Hangend und Liegend sollen diese den Kohlenstoß vor Ort zusammenpressen, wodurch einerseits die gewöhnliche Gebirgsdruck- spannung in ihm entsteht und die Kohle zuweilen herausgequetscht wird. Ein Teil der ohnedies bereits in verdichtetem und daher ge- preßtem Zustande befindlichen Gase wird nach ihm dadurch anderseits in das Innere des Pfeilers gedrängt, hier eine Zone größter Pressung hervorrufend, die mit dem Fortschreiten der Strecke auch vor sich hergeschoben wird. Vor Verdrückungen kann sie nicht mehr weiter, die Pressung steigt und unter Umständen erfolgt die Explosion des Kohlenstosses mit allen geschilderten Begleiterscheinungen.

Auch Demanet spricht, wie erwähnt, von den überaus heftigen Druckerscheinungen in vielen belgischen Gruben; ebenso führt nach Harze der Direktor der Grube Dour, Hecquets, die Gasausbrüche auf den durch die Grubenbaue hervorgerufenen Gebirgsdruck zurück ?). Daß Gasausbrüche mit letzterem in gewissem Zusammenhange stehen, darauf weist die allgemein konstatierte Tatsache hin (Arnould, Roberti-Lintermans?), Becker, Schausten), daß dieselben mit der Tiefe an Heftigkeit und Stärke rasch zunehmen, ja zum Teil der Tiefe erst eigentümlich sind. Es ist dies allerdings gewiß auch der hier immer mehr behinderten Entgasung zuzuschreiben. Vor Ein- treten solcher Gasausbrüche werden ferner bezeichnenderweise fast stets Knalle, oft mehrere und längere Zeit hindurch gehört, was doch

1) A. Becker, Zur Theorie der plötzlichen Gasausbrüche. Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw., 55. Jahrg., 1907, pag. 269. Vgl. auch: H. Haßlacher, „Glückauf“, 45. Jahrg., 1909, pag. 262, sowie eine während der Korrektur dieses erschienene Abhandlung von Dr. K. A. Weber, Der Kohlenbergbau von Anina und Resicza unter besonderer Berücksichtigung der Gasausbrüche auf der Doman- grube. „Glückauf“. Essen 1914, 50. Jahrg., pag. 701.

2) E. Harze, Des mesures a prendre en vue des degagements instantands de grisou. Ann. trav. publ. T. 43, Brüssel 1885, pag. 11. Auch die weiteren Darstellungen Harzes sind bezüglich Gasausbrüchen von großem Interesse.

°») Roberti-Lintermaus, Les degagements instantanes de grisou dans les mines de houille de Belgique. Annales des travaux publics de Belgique, 1895, pag. 75.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd, 1. u. 2. Ilft. (K. A, Weithofer.) 16

122 Dr. K. A. Weithofer. . [24]

wohl Spannungsauslösungen im Gebirge durch Bruch vermuten läßt. Dazu müssen aber notwendigerweise erst heftige, die Festigkeit überschreitende Spannungen vorhanden sein. Auch daß sie mit Vor- liebe in der Nähe von Gebirgsstörungen, von. Schichtenbiegungen, Sätteln u. dgl., also von sicheren Schauplätzen früherer Druckäuße- rungen, deren Reste aber noch vorhanden sein können, auftreten, deutet vielleicht auf Ursachen in der gleichen Richtung hin.

Daß diese hohen und höchsten Gasspannungen anscheinend oft genug „nesterweise* vorkommen, mag sich in Wirklichkeit so ver-

halten mir fehlen darüber persönliche Erfahrungen und dann mit wechselnden Eigentümlichkeiten organischen oder physikali- schen der sie bildenden Kohle oder selbst des Nebengesteins zu-

sammenhängen; oder ihre stellenweisen Ausbrüche und Explosionen (aus diesen schließt man ja nur auf stellenweise gesteigertes Vor- kommen und gesteigerten Gasdruck) sind eben auf eine lokale Kom- bination mit heftigem Gebirgsdruck zurückzuführen. Wäre das „nester- weise* Auftreten einwandfrei konstatiert, so kann dies natürlich durch letzteres nur noch mehr verstärkt und dem kritischen Punkte rascher zugeführt werden.

Daß auch in Klüften und sonstigen Hohlräumen im Nebengestein stark komprimiert vorkommendes Grubengas durch Gebirgsschläge gewiß auch ohne solche durch die Grubenarbeiten frei werden kann, ist selbstredend; es wurde darauf bei Erwähnung der Radbod- katastrophe bereits hingewiesen.

Wir sehen daher Gebirgsschläge (besonders Pfeilerbrüche) von Gasausbrüchen begleitet sein. Da es sich dabei aber um zwei ganz verschiedene Ursachen handelt, die vollkommen unabhängig voneinan- der sich entwickeln und je vom geringsten bis zum höchsten Grade vorhanden sein können, wird natürlich auch ihr Auftreten und ihre Kombinierung eine sehr verschiedene sein. Es gibt Gebirgsschläge in Kohle fast ohne Auftreten von größeren Gasmengen, wenigstens wird hierüber nichts berichtet. In nicht ins Auge fallender Weise mögen sie immerhin vorhanden sein. Es werden anderseits auch häufig Gasausbrüche ohne besondere Druckerscheinungen beschrieben, so, wie erwähnt, in Belgien und dem östlichsten Ruhrgebiet (Zechen Werne und Maximilian bei Hamm), von der Saar, die aber meist alle mit Herausschleudern großer Mengen zermalmter Kohle verbunden waren. Weitere Beobachtungen werden über deren Natur wohl noch erst volle Klarheit verschaffen müssen.

Daran anschließend muß auch der Ausbrüche vonKohlen- säure Erwähnung geschehen, die bisher zwar nur an wenigen Punkten beobachtet wurden, immerhin aber unter ähnlichen Erscheinungen vor sich gehen: Im Ostwaldenburger Revier des niederschlesischen Kohlenbeckens und im Kohlengebiet des Departements Gard in Süd-

!) Gasausbrüche beim Steinkohlenbergbau. Zeitschr. f. d. B, H. u. S. im preuß. St., Bd. 58, 1910, pag. 41 (für den Saarbezirk, pag. 44). Hollender, Der Gasausbruch auf der Zeche Maximilian bei Hamm am 11. April 1910. Ebenda, Bd. 59, 1911, pag. 62.

[25] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge, 123

frankreich !). In Niederschlesien sind die von diesen Ausbrüchen her- beigeführten mechanischen Wirkungen meist recht unbedeutend, nur sehr große Gasmengen bis 5000 m? treten plötzlich auf, be- gleitet von Auswürfen fein zerkleinerter Kohle (bis 500 £) und bis- weilen auch von Gestein. Von Druckäußerungen ist nirgends die Rede; es scheint daher, als ob lediglich der außerordentliche Druck der im Flöze oder im Nebengestein angehäuften Kohlensäure die Festigkeit der Kohle in eine Art labilen Gleichgewichtes gebracht habe, so daß bei geringer Veranlassung meist treten die Ausbrüche infolge eines Schusses auf, bisweilen auch schon nach einem Schlag mit der Haue diese Festigkeit bereits überwunden wird und die Kohle vgl. die batavischen Glastropfen förmlich explodiert unter Frei- machung der eingeschlossenen Gasmengen.

Viel zerstörender zeigen sich diese Kohlensäureausbrüche in Süd- frankreich ?2), wie insbesondere aus dem von Werne mitgeteilten Falle der Grube „Alais“ hervorgeht, wo bei Erreichung eines 13 m mächtigen Flözes beim Schachtabteufen allein nach obertags gegen 1000 t Staubkohlen ausgeworfen worden waren, die über 23 ha um die Schachtanlage herum bedeckten und die gesamte Auswurfsmasse die außerordentliche Menge von 4000 £ Kohle überschritt. Der Aus- bruch geschah nicht bei der ersten Bloßlegung des Flözes, sondern beim Einbruch in das Flöz selbst nach den ersten Schüssen, also ähnlich wie in Niederschlesien- Dagegen wird berichtet, daß bei einer weiteren Katastrophe auf der Grube Nord d’Alais Ende November 1912, die 24 Opfer forderte, der Ausbruch „unvermutet mitten in der Arbeit ohne jede äußerliche Veranlassung und, wie angenommen wird, wahrscheinlich infolge Gebirgsschlages oder Ein- sturzes“ erfolgte.

Nicht zu übersehen sind schließlich Gasausbrüche, die offenbar für sich allein wirkend ganz bedeutende mechanische Wirkungen, wenn auch unter wesentlich anderen Bedingungen, ausüben. Bekannt sind ja die mächtigen Erdölspringbrunnen, deren Energiequelle doch gleichfalls nur in hochgespannten Kohlenwasserstofigasen zu suchen ist, die in dem Öl sich angesammelt haben. Nach Überwin- dung des Bohrlochdruckes werden die geförderten Massen oft noch hundert und mehr Meter hoch emporgeschleudert, und zwar nicht

!) Laske, Der Kohlensäureausbruch auf dem Steinkohlenbergwerk Cons. Segen Gottes-Grube bei Altwasser am 7. Dez. 1910. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. i. pr. St., Bd. 59, 1911, pag. 175. Laske, Der Kohlensäureausbruch auf dem Steinkoblenbgw. Cons. Rubengrube b. Neurode am 17. Sept. 1911, ebenda, Bd. 60, 1912, pag. 74. Festschrift z. XII. allg d. Bergmannstag, Breslau 1913, Bd. III, Der Waldenburg-Neuroder Industriebezirk, pag. 120, Wetterwirtschaft v. Prietze. Werne, Vortrag bei gleichem Bergmannstag. Festschr. Bd. VI, pag. 98 und Ref. v. Bartonec, Montan. Rundsch., 1913, pag. 1220. (Anmerkung wäh- rend der Korrektur: Inzwischer erschienen: Werne und Thiel, Kohblen- säureausbrüche beim Steinxkohlenbergbau in Niederschlesien, Südfrankreich und Mähr.-Ostrau. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuß. St. 1914, Bd. 62, pag. 1. Die Kohlensäure ist nach ihnen überall juvenilen Ursprungs worauf durch G. Thiel allein „Glückauf“, Essen 1914, pag. 251, schon eingehend hinge- wiesen wird und lokal in die Kohle eingepreßt; durch Erschütterungen ver- schiedenen Ursprungs wird sie befreit).

?) Schausten, a. a. O. (mit Literaturangaben). Werne, a. a. O. 16*

124 Dr. K. A. Weithofer. [26]

nur Öl und Wasser, sondern oft genug auch Gesteinsmaterial. Höfer!) erwähnt auch trockene, lose Sande, in welchen gespannte Gase sich befanden, die dann beim Anbohren als wahre Sandspringquellen sich entluden.

Als auf bloße Ausbrüche von hochgespannten Kohlenwasserstoffgasen muß endlich auch noch auf die reinen Gasquellen oder Gas- eruptionen hingewiesen werden, die aus verschiedenen Gebieten der Erde schon lange bekannt sind und in den letzten Jahren be- sonders in Siebenbürgen bei Kissärmäs die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Diese Erdgasausbrüche schleuderten hier bis 100 kg schwere Stücke des Gesteins zutage, die nach Böckh um die Eruptionsstellen herum über mehrere hundert Meter ausgedehnte Schutthalden bildeten.

Durch die bloße Energie der Gase allein wurde hier demnach das Gestein zerrissen und mit Gewalt aus dem Ausbruchsschlote befördert.

Wie schon im früheren angeführt, liegt keine Beobachtung vor, welche auf eine Zunahme des Druckes gegen die Tiefe im nieder- rheinisch-westfälischen Kohlenbecken, trotzdem schon recht bedeutende Tiefen erreicht wurden, hindeuten würden ?). Ahnliches wird ja auch ausdrücklich aus Belgien-Nordfrankreich berichtet (vgl. oben den Be- richt der Steinfallkommission).

Dagegen erwähnt Bernhardi°®) aus dem oberschlesischen Kohlenrevier mit der fortschreitenden Tiefe eine erhöhte Spannung der Kohle beim Streckenbetriebe. Er könne jedoch keine sichere Erklärung dafür geben; mit dem gewöhnlichen Druck hätte es nichts zu tun. Die Kohle sei spröder geworden. Es ist ja immerhin möglich, daß sich entsprechend der spezifischen Beschaffenheit der ober- schlesischen Kohle die Schwerelast hier mit fortschreitender Tiefe auf die spröde Kohle immer mehr geltend macht. Anderseits erklärt er aber die nach der Tiefe hin zunehmenden Druckerscheinungen beim fortschreitenden Abbau durch die immer größer werdenden Glocken, die natürlich kuppelförmig das Gewicht der von ihnen ge- tragenen Hangendschichten auf die nebenstehenden Kohlenpfeiler übertragen und deren Druckfestigkeit endlich überwinden ®). Je fester das Hangende, desto auffallender tritt nach ihm bezeichnenderweise diese Erscheinung ein (a. a. O., pag. 174); so sind diese letzteren

') H. v. Höfer, Das Erdöl und seine Verwandten. Braunschweig 1912, 3. Aufl.,"pag. 197,

?) Vgl. auch Wolff, Grubenausbau, in dem Sammelwerk über die Entw. d. niederrhein.-westf. Kohlenbergbaues, Bd. II, pag. 351.

°) Fr. Bernhardi, Über den Gebirgsdruck in den verschiedenen Teufen und seine Folgen für den Abbau der in Oberschlesien in so großer Ausdehnung gebauten mächtigen Flöze. Aus dem Bericht der Abteil. I der Stein- u. Kohlen- fallkommission. Berlin 1902, pag. 171. Ebenso: Friedr. Bernhardis gesam- melte Schriften, hrsg. v. Oberschles. berg- u. hüttenm. Ver. Kattowitz 1908, pag. 91.

*) Vgl. auch Bernhardi, Die durch den Abbau v. Kohlenflözen verursachte Wärmeerzeugung. Zeitschr. d. Oberschl. b.- u. h. Ver. 1886, pag. 367 und Ges. Schriften pag. 89 ff, wo direkt darauf hingewiesen wird, daß „in Oberschlesien die Fälle gar nicht so selten sind, in denen ganze Bremsschachtfelder entweder gar nicht oder doch nur durch ganz schwache Holz- oder Steinkohlenpfeiler unter- stützt, längere Zeit zum großen Teil offen stehen, eine Quelle der äußersten Gefahr für die betreffende Grube“.

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also im Wesen wieder genau die gleichen Vorgänge, wie bei unserem früheren festen Hangenden, daß sich schließlich auf relativ zu klein gewordene Pfeiler stützt.

Wenn er endlich die auch von Lasaulx schon beschriebene (vgl. oben) Zusammenbruchskatastrophe des Krugschachtes der Königs- zeche vom Jahre 1873 erwähnt, so spricht er sogar von einer „statt- gehabten Zerdrückung der vorgerichteten Pfeiler“. Nach Hoffmann waren damals dort „ganze Bremsbergfelder plötzlich zu Bruch ge- gangen, als man versuchte, einzelne der (bei dem schachbrett- förmigen Abbau) stehen gebliebenen Pfeiler nachträglich zu ge- winnen. Ein ähnlicher Einsturz infolge schachbrettartigen Abbaues ereignete sich 1897 in Rosdzin“!). Wahrscheinlich haben wir also bereits damals die gleiche Sache vor uns, wenn auch die Tiefe im Krugschachte bloß 160 m betrug: eine Überlastung der stehen- gebliebenen Pfeiler. Die geringe Tiefe zeigt deutlich, daß von einer Schwerewirkung durch zu große Tiefe keine Rede sein kann ’?).

Übrigens berichtet über einen durch allzu große Verschwächung der Pfeiler im oberschlesischen Kohlenrevier erfolgten Zusammen- bruch eines Bremsberges im Heinitzflöz auf der 340 m tiefen Sohle im Felde der Königin Luisengrube Ackermann?) ausdrücklich und in ausführlicher Weise: Mit Fortschreiten des Abbaues steigerte sich der Druck über den immer schmäler werdenden Bremsbergpfeilern immer mehr, bis ohne vorherige Anzeichen der Zusammenbruch dieser außerordentlich verschwächten und daher nicht mehr tragfähigen Kohlenpfeiler sich ereignete: ein typischer Pfeilerbruch.

Über zum Teil ähnliche Verhältnisse berichtet Krug‘) aus dem Lugau-Ölsnitzer Grubenrevier. Auch er unterscheidet, wie Bern- hardi, erhöhte Spannung im Flöze beim Vortrieb der Strecken in 600-900 m Tiefe, die sich darin äußert, daß „unter heftigem Schlage bis zu ®/; q schwere Kohlenstücke aus dem Einbruche herausgepreßt und auf etwa 6 m Entfernung in die Strecke geschleudert wurden. Gleichzeitig sind die drei oder vier letzten Baue umgeworfen worden und die ursprünglich 2 m hohe Strecke war auf 12 m zusammen- gedrückt“. Schläge geringerer Heftigkeit kamen sehr häufig vor.

Dann führt er die „eigentlichen Gebirgsschläge“* an, die sich in den heftigsten Gebirgserschütterungen äußern, die als Erdbeben bis an die Oberfläche sich fortpflanzen. Sie treten nach ihm bei sehr festem und kompaktem Hangenden auf und wenn der Abbau sehr weit vorgeschritten ist, das tragfähige Hangende daher sehr weit frei liegt. Die Erschütterung soll dann durch den plötzlichen Zusammen-

!) Hoffmann, Die Technik im oberschlesischen Bergbau und Hüttenbetriebe. In: Festschrift z. XII. allg. deutsch. Bergmannstag Breslau 1913, Bd. II, pag. 500.

?) Man vergleiche hierzu übrigens auch die Ausführungen Knochenhauers in der Zeitschr. d. oberschles. berg- u. hüttenmänn. Vereines Kattowitz 1912 (Nov.- Heft) über „Erderschütterungen und Bergschäden“. Der gleiche Aufsatz auch in der „Berg- u. Hüttenmänn. Rundschau“ Kattowitz, 9. Jahrg., 1913, Nr. 7.

°) Ackermann, Wirkungen des Abbaues mit Sandspülversatz auf das Deckgebirge im Felde der Königin Luisengrube. „Glückauf“, 46. Jahrg., 1910, pag. 1287.

*) Krug, Eigene und fremde Beobachtungen über Gebirgsschläge in Lugau- Ölsnitzer Gruben. Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenw. im Kgr. Sachsen, 1903, pag. 31

196 Dr. K. A. Weithofer. [28]

bruch dieses freigelegten Hangenden erfolgen. Wenn dem wirklich so ist und nicht etwa auch hier die überlasteten und plötzlich zer- trümmerten Kohlenstöße die Katastrophe einleiten, so hätten wir in ersterem Falle allerdings überhaupt bloß eine Einsturzerschütterung vor uns, wie solche in geringerem Umfange täglich bei jedem Zu- bruchegehen des Hangenden vorkommen. Mit Gebirgsschlägen hätte es dann überhaupt nichts zu tun.

Es sei dem nun so oder so, jedenfalls sind auch hier wieder keine eigentlichen tektonischen Vorgänge zu verzeichnen. Der Abbau schritt vor, bis die Tragfähigkeit irgendeines Elements überschritten war und der Zusammenbruch erfolgte. In den Strecken im freien Felde mag auch hier speziell die Kohle infolge der großen Tiefe von 600—900 m schon Pressungserscheinungen zeigen, wenn die Ur- sache nicht eine andere ist. Denn nach mir gewordenen brieflichen Mitteilungen sind diese schon damals nur sehr lokalauftreten- den Schläge, die daher auch nicht gut auf irgendwelchen allge- meineren tektonischen Vorgängen beruhen können, in den letzten Jahren nicht mehr oder doch nur in unbedeutendem Maße vorge- kommen. Auf besseren Versatz mit Ausschlämmen, wie vermutet wird, kann dies wohl nicht zurückzuführen sein, da diese Schläge ja beim Vertrieb im unverritzten Gebirge auftreten. Vielleicht tragen, wie stellenweise in Hausham, spezielle lokale Konstitution der Kohle und des Nebengesteins, event. der Zwischenmittel zu ihrem Entstehen bei.

In Böhmen kennt man im Kohlenbecken von Kladno seit langer Zeit gebirgsschlagartige Erscheinungen, welche dort Detona- tionen heißen. Das mächtige Flöz wird daselbst ohne Versatz gebaut. Zeitweise mag es da geschehen, daß das Hangende zuweilen zu lange stehen bleibt und dann allein oder durch Zusammendrücken der unterstützenden Pfeiler plötzlich unter starker Erschütterung der Grubenbaue und der Tagesoberfläche niedergeht. Eine Erklärung für diese Erschütterungen suchte man früher nach Schröckenstein?) in einer durch den Bergbau herbeigeführten Austrocknung und da- durch erfolgenden Zerberstung des ganzen Hangendgebirges. Doch hat diese Hypothese dort keine Anhängerschaft erworben, was in mehrfachen, von Amts wegen erstatteten Gutachten damaliger Zeit (E. Preißig und A. Irmler) über diese Vorkommnisse zum Aus- druck kam. „Solange sich der Abbau in der Tiefe bis zu 225 m Sohle bewegte, hat sich der Pfeilerbau durchaus bewährt, dagegen gestaltete sich der Betrieb wesentlich anders, als der Tiefbau zwischen dieser und der tieferen 514 m Sohle eröffnet war. Beim Rückbau der vorgerichteten Pfeiler wurde der Druck auf diese immer größer, was sich vor den Abbaustößen durch ein Zerfallen der an sich festen Kohle äußerte. In den Teilungsstrecken, Bremsbergen und Fahrüber- hauen zeigten die Kohlenstöße in ungewöhnlichem Maße das Be-

streben, in den freien Raum hineinzuwachsen, verengten dadurch

den Querschnitt und gaben so zu fortwährenden kostspieligen Re-

') Fr. Schröckenstein, Die Erderschütterungen mit Detonationen in den Steinkoblengruben bei Kladno. Montan-Kalender, hrsg. v. Montan.-Ver. f. Böhmen, Jahrg. XVII, 1900, pig. 80 (danach auch in einem Vortrag bei der 66. Naturf.- Vers. in Wien).

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paraturarbeiten Veranlassung. Als dann durch das fortgesetzte Schwächen des Kohlenpfeilers diese nicht mehr imstande waren, dem auf ihnen lastenden Druck Widerstand zu leisten, be- gannen sie zu brechen, was mit heftigem Knallen und Hereinbrechen größerer Kohlenmassen verbunden war und sich übertags durch erd- bebenartige Erderschütterungen bemerkbar machte“ !).

Nach einem vorangehenden, bereits am 3. April 1896 erstatteten Gutachten traten größere Detonationen inneuaufgeschlossenen Felderteilen nie auf, während die Schauplätze für solche stets im Bereiche „der verhauten oder im Verhau befindlichen Bremsberge oder in schmalen, zwischen abgebauten Feldern noch anstehenden Pfeilern liegen“. Man erkennt: genau die gleichen Grundlagen und Ereignisse wie in Hausham oder in Westfalen und an anderen Orten die Kohlenpfeiler überlastet und folgender Zusammenbruch. Wenn sich die Ereignisse wirklich erst in größerer Tiefe bemerkbar machten und hier nicht vielleicht auf andere Ursachen (lebhafterer Abbau u. dgl.) zurückzuführen sind, so kommt dadurch noch hinzu, daß die Kohle für geringere Tiefen druckfest genug gewesen wäre, daß jedoch ihre Gebirgsfestigkeit in größerer Tiefe unter Hinzukommen des künstlich vergrößerten (in der Tiefe, wie gesagt, vielleicht durch leb- hafteren Abbau stärker vergrößerten) Hangenddruckes bereits erreicht und stellenweise überschritten wurde.

Tektonische Ursachen kämen wieder nur unterstützend in Frage, entsprechend den vielen Verwerfungen, welche das Flöz dort durch- setzen ?). In diesem Sinne und als Ablehnung der an gleichem Orte neuerdings angeführten Austrocknungshypothese sind auch meine kurzen Außerungen vom Jahre 19053) über diese Angelegenheit zu verstehen, zumal ja aus dieser Veranlassung ganze, auch über die Abbaue hinausreichende Gebirgskörper, insbesondere soweit sie von Verwerfungen umschnitten und aus dem Zusammenhange mit dem Gebirgsganzen gebracht sind, offenbar in Bewegung gesetzt werden können. Vielleicht sind unter diesem Gesichtswinkel auch Schröcken- steins Angaben a. a. O. bezüglich des Auftretens der von ihm an- geführten Detonationsfälle zu betrachten.

In weit stärkerer Weise läßt Davison*) die Verwerfungen bei der Erklärung solcher Gebirgsschläge beziehungsweise Pfeilerbrüche eine Rolle spielen. Durch den Abbau würde das Hangende auf große Erstreckungen hin seiner Stütze beraubt, trachte daher niederzugehen und den Abbauraum auszufüllen. „Nowhere can this tendency be greater than where the rock is severed by a fault from that which adjoins it. Here the sinking would take place by a series of fault-

!) E. Preißig und A. Irmler, Gutachten betr. die zur möglichsten Ver- hütung von plötzlichen Erschütterungen (Detonationen) in den Steinkohlengruben des Kladnoer Reviers zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen. Prag, 15. April 1901, pag. 15.

?2) Vgl. z. B. die Profile in „Die Mineralkohlen Österreichs“. Wien 1903, pag. 226.

®) Weithofer, Verh, d. Naturf.-Ver. Brünn, Bd. 43, 1904, pag. 44.

#) 6. Davison, On some minor British Earthquakes of the Years 15893 1899. The geol. Mag. 1900, pag. 176. Vgl. auch: Derzselbe, Ebenda 1905, pag. 220.

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slips, each of which might give rise to a rather strong shock on the surface of the ground above.“ Immerhin geht die Sache auch hier auf die Überlastung durch zu weit freigelegtes Hangend zurück und den dadurch hervorgerufenen Druck.

In ähnlicher Weise beschreibt Atkinson!) Gebirgsschläge aus dem Staffordshire-Kohlenfeld, dort „bumps“ oder „goths* genannt. Sie kommen hauptsächlich in mächtigen und tiefen Flözen vor, be- gleitet von schuß-, oft donnerähnlichen Detonationen, manchmal ohne sichtlichen Effekt, manchmal mit Erschütterungen, Niedergehen der First (zuweilen auch Aufbersten der Sohle), Hereinbrechen von Kohle und Zertrümmerung der Zimmerung. Manchmal nähme es den An- schein, als ob. die ganze Grube zu Bruche ginge. Endlich seien öfter als Begleiterscheinungen Gasausbrüche zu verzeichnen. Ursache sei nach ihm „the sudden release by fracture of a state of tension in the strata either preexistent or brought about by the mine-working“. Daß der „Spannungszustand“ nach dem Vorangehenden wohl kaum präexistent war, sondern ebenfalls durch den Abbau hervorgerufen wurde, dürfte kaum zu bezweifeln sein. Daß er nach seiner Ansicht durch keine lateralen Pressungen hervorgerufen werde, teilt er Han- kar-Urban mit.

Interessant sind die Mitteilungen I. E. Carnes?) aus den Kannelkohlengruben Genowlan und New Hartley in Neu-Süd-Wales, in- sofern, als sie ja nach der Konsistenz der Kohle verschiedenes Ver- halten zeigen. Wo weiche bituminöse Kohle in der First ansteht, gibt diese nach und mildert so den enormen Druck auf die steife Kannel- kohle. Wo jedoch harte Kannelkohle in der First ist, kommt der Druck restlos zur Geltung: Ständiges und heftiges Absprengen von Materialteilchen findet statt, besonders wo Abbauräume die seitliche Spannung der Kohle zum Ausdruck kommen lassen, so daß die Häuer nur hinter Schutzschildern und mit Schutzbrillen vor den Augen ihrer Arbeit nachgehen können, um sich vor den abgesplitterten, scharf- kantigen Schieferstücken zu sichern. Es erinnert dies wechselnde Verhalten an gewisse Vorkommen in Hausham, die früher auch er- wähnt wurden.

Die Überlagerung ist hierbei kaum 1000 Fuß, also nicht be- deutend.

Auch aus dem Erzbergbau liegen mehrfache Mitteilungen über Gebirgsschläge vor.

So vor allem aus Przibram von F. Mladek, H. Stefan und N. 3).

Was Mladek beschreibt, sind wieder die schon mehrfach ge-

') W. N. Atkinson, Report of H. M. Inspector of Mines for the Stafford district for the year 1903, pag. 15 (nach Davison, a. a. O., 1905, und Hankar- Urban, a. a. O., T. XXI, 1907, pag. 36).

?) I. E. Carne, The Kerosene shale deposits of New South Wales. Mem. geol. Surv. of N. S. W., Dep. of Mines and Agric. Sydney, 1903, pag. 84.

°») F. Mladek, Über Erderschütterungen im’ PrzibramerBergbauterrain. Österr. Ztschr. f. Berg- u. Hüttenw., 1905, Jahrg. 53, pag. 349. H. Stefan, Spannungen im Gestein als Ursache von Bergschlägen in den Przibramer Gruben. Ebenda, 54. Jahrg., 1906, pag. 253. N., Die Spannungen der Gesteine in den Przibramer Gruben. Ebenda, 1906, pag. 398.

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schilderten Wirkungen des seines unterstützenden Haltes durch den Abbau beraubten Hangenden: „Es ist einleuchtend, daß bei stetig steigender Wirkung des Pfeilergewichtes schließlich die Grenze der Widerstandsfähigkeit der Gebirgsschichten überschritten wird, und die durch diese Gewichtswirkung hervorgerufene Spannung der Schichten an den hierzu geeigneten Stellen zur Auslösung gelangen muß.“ Diese Auslösung „äußert sich durch Ausbauchung des Liegenden oder Han- genden eines solchen entblößten Pfeilers, welche in offenen Verhauen, Strecken usw. unter Umständen sogar in Berstung und völligen Ver- bruch ausartet“. Es erfolgt dies unter kanonenschußartigem Knall und Erschütterung der ganzen enorm großen Pfeilermasse, welche sich mitunter bis zur Erdoberfläche fortpflanzt.“ (Pag. 350.)

Die von Stefan als erste beschriebenen Erscheinungsformen werden von ihm zwar vor allem auf im Gebirgsbau begründete Pres- sungen zurückgeführt, wie sie zum Beispiel „an jenen Stellen ent- stehen, wo der Gang ein anderes Streichen oder Verflächen annimmt“, er deutet aber selbst darauf hin, daß sich „die Lage verschlimmert, und zwar trotz tadellosesten Versatzes, bei fortschreitender Aus- dehnung des Abbaues und der hiermit verbundenen Konzentration des Hangenddruckes auf immer kleinere Gebirgspfeiler“. (Pag. 258.) Wir haben daher offenbar auch hier wieder nur Überlastung des bei fortschreitendem Abbau allmählich zu klein gewordenen Pfeilers einer harten, spröden Flöz- oder Gangmasse durch das feste, tragfähige Hangende vor uns, zumal die daraus resultierenden Gebirgsschläge nach dem Autor auch wirklich nur dann auftreten, wenn die Gang- masse sehr fest, nicht aber, wenn sie milde und zerrieben ist.

Was er an zweiter Stelle als tückischere Erscheinungsform der dortigen Gebirgsschläge aufführt, daß unter schußartigem Knall oder starkem Getöse aus dem Nebengestein größere, „in viele scharfkantige Stücke verschiedener Größe zersplitterte Gesteinsmassen“ losspringen, geht auf eine bereits erfolgte Überschreitung der Gebirgsfestigkeit dieses Nebengesteines durch irgendeinen Druck zurück. Die Vorkomm- nisse dieser Art treten nach ihm nur in einer Tiefe von mehr als 1000 m und nahe der Muldenmitte im flachen Südostflügel auf, niemals im steilen Flügel. Oft folgen dem Hauptschlag an gleicher Stelle noch mehrere kleinere, so daß „eine solche Firstenstraße stunden-, ja tage- lang nur mit größter Vorsicht betreten werden kann“. Und wieder betrifft es auch hier nur „harte, dichte, quarzige, keinesfalls milde, tonige“ Gesteine. Er zieht den Schluß, „daß die Schlagkraft nicht allein in einem senkrecht zur Schichtung wirkenden Drucke der über- liegenden Gebirgsmassen, sondern gleichzeitig auch in einer parallel zu letzterer gerichteten Pressung an der Muldenmitte zu suchen ist“. (Pag. 256.) Es sollen also nach ihm trotz der Tiefe nicht die Schwerelast die allein wirkende Ursache sein, sondern tektonische Verhältnisse, die mit der Schiehtenbiegung in der Muldenmitte zu- sammenhängen. Nachdem er jedoch vorhin von „Firstenstraßen“ als Schauplatz dieser Gebirgsschläge spricht, scheint es, daß auch der Abbau uud die dadurch vermehrte Lastung des Hangenden wenigstens mit eine Ursache dieser Uberlastungserscheinungen ist, die sich dies- mal im Nebengestein abspielen (wie ja öfter auch in Hausham).

Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1914. 64. Bd, 1. u. 2. Hft. (K. A. Weithofer.) 17

130 Dr. K. A. Weithofer. [32]

Daß es nicht mit der Tiefe zusammenhänge, konstatiert über- dies ausdrücklich N., jedoch auch, daß diese Erscheinung in beiden Muldenflügeln, im flachen und steilen, und zwar ohne Unterschied der Tiefe auftritt. Bedingung ist jedoch „dichtes, hartes, und glasiges, sprödes Quarzitgestein“. „Die geringere oder stärkere Außerung wird allerdings mehr oder weniger auch durch äußere Umstände beeinflußt, also durch die Art der Bloßlegung des Gesteines beim bergmännischen Betrieb sowie durch sonstige lokale Grubenverhältnisse.“ Die milden, sraphitischen Schiefer zeigen bloß Blähung und dabei „große Neigung zur Gesteinsabsonderung sowohl der Schichtung wie auch der Trans- versalschieferung nach“.

Da die Tiefe also keinen Einfluß auf die Stärke des Auftretens dieser Gebirgsschläge haben soll, bleibt nur die künstliche Schaffung derselben durch den Abbau oder irgendwelche tektonische oder sonstige Spannungen als Ursache übrig. Erstere sind für einen großen Teil der Erscheinungen wohl als einwandfrei festgestellt zu betrachten, letztere sind aus dem bisher bekannt Gewordenen nicht klar nach- zuweisen.

Damit im Zusammenhange sei auch eines Berichtes vonBr. Baum- gärtel (a. a. O.) über einen bereits im Jahre 1795 im Erzlager des Rammelsberges bei Goslar beobachteten Gebirgsschlag gedacht, sowie wiederholter erdbebenartiger Erschütterungen über diesem in Abbau befindlichen Lager, die er auf Spannungen, verursacht durch Gleit- bestrebungen des gewichtigen Erzkörpers auf einer vorhandenen zer- rütteten Überschiebungszone zurückführen zu sollen glaubt (pag. 472), nachdem er wegen der geringen Tiefe von 230 m die Heimsche Ge- wichtshypothese ablehnt, und auch einen tangentialen Schub, als Rest, der oberkarbonischen Zusammenfaltung der dortigen Schichten, wegen des Vorhandenseins von Verwerfungen mit abgesunkenem Hangenden die also im Gegenteil auf eine Zerrung der Schichten hindeuten würden nicht gut annehmen kann.

Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß diese Erklärung des Autors eigentlich doch nur auf der Heimschen Hypothese beruht, außer man zieht auch noch die ja vorhandenen großen Abbauräume, trotz des er- wähnten guten Versatzes, zur Deutung heran, gegen und in welche hinein sich die ihrer Unterstützung beraubten Erz- oder Gebirgs- körper senkten; wir haben aber dann damit wieder den Druck dieser letzteren auf kleiner gewordene und deshalb unter Umständen über- mäßig beanspruchte Unterlagen als Ursache vor uns?).

Auch aus außereuropäischen Frzgebieten kennt man solche zu den Gebirgsschlägen gehörige Vorgänge. So aus den Goldfeldern von Hillgrove, am Bakers Creek in Neu-Süd-Wales gelegen. Andrew?)

!) Anmerkung während der Korrektur": In jüugster Zeit berichtet B. Baum- gärtel, Zeitschr. f. prakt. Geol. 1914, pag. 38, noch über zwei möglicherweise gebirgsschlagartige Erscheinungen in den Erzbergwerken von Lautental im Ober- harz, von denen man jedoch (1906 und 1912) nur Detonation und Stoß vernahm, ohne ihre Ursprungsstelle näher zu kennen.

?) E. C. Andrew, Report on the Hillgrove Gold-Field. Department of Mines and Agriculture, Geol. Survey, Mineral Resources, Nr. 8, Sydney, 1900, pag. 18

[33] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 331

machte zuerst Mitteilung von metamorphen Schiefern, die beim Schlagen oder Bohren „explodieren“ und mit Gewalt nach allen Richtungen zerspringen; tagelang vorher zeigt sich dies oft schon dadurch an, daß das Gestein zeitweise „spuckt“. Andrew führt es auf große Pres- sungen zurück, die durch die verschiedenen Granitausbrüche dieser Gegend verursacht wurden. Dadurch wird beim Beginn der Arbeiten erst dieses „Spucken“ oder kleinere Schläge herbeigeführt; wenn aber der Abbau fortschreitet und der Druck von allen Seiten fühlbar wird, kommt ein Moment, wo das Gleichgewicht gestört und „a disastrous explosion* ausgelöst wird.

Jaquet!) beschreibt dann zunächst, wie in der Nachbarschaft, als Folge einer heftigen „Gesteinsexplosion“, am 15. Dezember 1904 ein Hauptbremsberg zusammengeworfen wurde; an Andrews An- nahme der Ursache dieser Pressungen (Granitausbrüche) glaubt er jedoch nicht, führt sie vielmehr einmal auf Spannungen in den Stößen zurück woher? sowie auf den Umstand, daß die bezüglichen Schichten spröde sind und sich daher nicht durchbiegen. Aus der bei- gegebenen Zeichnung und der Beschreibung des Vorganges ergibt sich jedoch ohne weiteres, daß es sich auch hier um ein fortgesetztes Verschwächen des tragenden Pfeilers handelt, bis der Gebirgsschlag ein Pfeilerbruch erfolgt.

Von großem Interesse für unseren Gegenstand sind Spannungs- äußerungen, wie sie zu gleicher Zeit W. F. Smeeth aus den Kolar- Goldfeldern von Mysore, in Vorderindien, schildert). Leider war es mir ebenfalls unmöglich, mir diese Veröffentlichungen hier zugänglich zu machen und ich muß mich im folgenden auf den Auszug in Hankar- Urbans Abhandlung (a. a. O., T. XXI, 1907, pag. 30 u. ff.) beziehen.

Danach unterscheidet Smeeth auch hier wieder „Air Blasts“, Gesteinsabsprengungen oder Absplitterungen, wie wir sie im Voran- gehenden schon an vielen Orten angegeben fanden. Einige bezeichnende Beispiele werden erwähnt: Auf der Oregum-Mine zeigt der gold- führende Quarz, ebenso auch Hornblendeschiefer (nach Smeeth basal- tische Laven) in zirka 300—350 m Tiefe Zerknisterungen und Ab- splitterungen. Auf Champion Reef mußte eine Strecke in zirka 590 m Tiefe deswegen sogar eingestellt werden. So heftig trat die Erscheinung hier in der Streckenfirst auf, daß diese sich dadurch um 3 m erhöhte; wobei nur zu bemerken ist, daß im nächsthöheren und niederen Horizonte (zirka 560 und 620 m) nichts zu verspüren war. In der Tank-Mine trat diese Absplitterung in zirka 260 m in basaltischem Gestein, und zwar sogar mit Funkenbildung auf; auch nach längerer Zeit noch löste jeder Hammerschlag diese Absprengungen von Ge- steinssplittern aus.

!) Rapport annuel du departement des Mines de la Nouvelle-Galles du Sud pour 1903, pag. 72—76. Das Original war mir nicht erreichbar; stütze mich daher auf A. Hankar-Urbans Mitteilung im Bull. de la Soc. Belge de G£ol., Mem., T. XXI, Brüssel 1907, pag. 27 u. ff.

?) W. F. Smeetb, Air Blasts and Quakes on the Kolar Gold Field. Mysore Geo]. Dept., Bangalore, 1904, pag. 45, und nach E. Suess, a. a. O.: Rep. of the Chief Insp. of Mines for 1908/09, Madras, 1910 und for 1911/12, Madras, 1913,

17%

132 Dr. K. A. Weithofer. [34]

Diese Air Blasts kämen hier daher in Tiefen von 150— 600 m im Quarz, Basalt und metamorphen Schiefern vor, in dem goldführenden Quarzgang selbst, wie in größerer Entfernung von ihm, in frisch auf- gefahrenen, wie in älteren Strecken. Die Wirkung der Schwere als Ursache erscheine wohl ausgeschlossen. Direktor Bosworth Smith der Tankgrube erklärt diese Erscheinungen im Quarzgang durch seit- lichen Druck infolge der Faltung, im übrigen durch Zugspannungen, entstanden durch Kontraktion bei der Abkühlung. Stellenweise wäre Entspannung möglich ‚gewesen, daher das lokale Auftreten. Smeeth dagegen glaubt alle Außerungen auf Auslösung von Zugspannungen zurückführen zu sollen.

Viel ernsterer Natur sind die Quakes, da sie nicht nur in der Grube sehr zerstörend wirken, sondern auch obertags auf 5—6 km Entfernung als Erdbeben zu fühlen sind. Selbst das sie begleitende Getöse konnte man an der Erdoberfläche zuweilen 1—2 km weit hören. Solche Quakes sind sehr häufig; in der Champion Reef-Grube allein konnte man im Verlauf von zwei Jahren 70 zählen. Er führt davon mehrere Beispiele an: Ein Luftschacht der Oregum-Mine wurde in Hornblendeschiefer zwischen 200—230 m Tiefe auf 20 Fuß unter starkem Knall auf 1—2 Zoll verschoben und zugleich in der Strecke von 230 m Tiefe die Zimmerung auf 20 Fuß Länge niedergebrochen und Gestein abgesprengt. Auf Champion Reef wurde eine Strecke in 400 m Tiefe durch eine Erschütterung auf 140 Fuß Länge zusammen- geworfen; die Sohle barst heftig auf und große Gesteinsschalen bis 12 Zoll Dicke wurden abgeschleudert. Am 13. und 20. März 1903 gab es auf der gleichen Grube wieder große, auch an der Ober- fläche fühlbare Erschütterungen, die von Strecken in der Tiefe von zirka 270 und 325 m ausgingen und hier große Gesteinstrümmer (Dolerit) weit wegschleuderten. Alles Vorgänge ganz ähnlich wie in Hausham.

Smeeth glaubt die Ursachen dieser Quakes zum Unterschiede von jener der Air Blasts in einem Zusammenbrechen der Pfeiler unter dem Gewichte des überlagernden Ge- birges suchen zu müssen: der goldführende Quarzgang sei dort auf große Erstreckung bereits bis zur Tiefe von über 500 m weithin ab- gebaut; Hangend und Liegend sehr widerstandsfähig und spröde. Darin gerade sieht er aber die Hauptvoraussetzungen für diese Er- schütterungen, wenn er sich auch frägt, warum dieselben denn nicht auch in den Nachbargruben, wo die gleichen Verhältnisse herrschen, vorkommen. Auch Hankar-Urban sieht in dieser Lokalisierung des Auftretens ein Hindernis für eine solche Erklärung, zumal nach ihm Air Blasts und Quakes überdies doch auf die gleiche Ursache werden zurückgeführt werden müssen, die er schließlich am wahr- scheinlichsten in seitlichen Pressungen orogenetischer Natur sehen zu können glaubt.

Es scheint mir jedoch diese Schlußfolgerung nicht notwendig zu sein. Da Schwerewirkung des überlastenden Gebirges bei der ge- ringen Tieie und dem festen Gestein ausgeschlossen sind, die Quakes aber hauptsächlich in Abbaufeldern auftreten, kann man sich der Er- klärung Smeeths sicherlich anschließen, die auf Pfeilerbrüche

[35] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 133

hinausgeht. Wenn solche nur stellenweise auftreten, so kann das seine Ursache in lokalen Gesteinsverhältnissen haben, die bisher vielleicht nur nicht genügend berücksichtigt werden, in abweichenden Abbau- vorgängen u. dgl. Übrigens böte dies stellenweise Auftreten der Er- klärung Hankar-Urbans durch seitlichen Druck die gleichen Einwände.

Auch die Air Blasts treten zudem anscheinend nur lokal auf; offenbar hängt auch dieses mit der Gesteinsbeschaffenheit zusammen, die den wirkenden Kräften, seien sie nun welche immer, lateraler Druck, chemische oder physikalische Vorgänge im Gestein, ver- schiedenen Widerstand entgegensetzen und damit auch sich verschieden äußern.

Soweit Gebirgsschläge in Tunnelen beobachtet wurden, fällt bei ihrer Erklärung natürlich die Möglichkeit weg, sie auf Überlastung durch künstlich vergrößerten Hangenddruck zurückzuführen. Es sind primäre Gebirgsspannungen, wie wir solche beim Bergbau, beim V or- trieb von Strecken oder Querschlägen ins freie Feld, kennen gelernt haben (Hausham, Oberschlesien, Sachsen, Indien usw.).

Die Erscheinungen sind die gleichen: Blähen und Treiben bei mildem, Schlagen bei hartem, sprödem Gestein. Selbstredend stellt sich ersteres nur schon bei geringerem Drucke ein.

Das Auftreten von Gebirgsschlägen beim Simplontunnel wurde schon anfangs behandelt!); ebenso die verschiedenen Ansichten über die Ursachen, wie sie insbesondere in den Kontroversen zwischen Heim und Schmidt hervortraten. Ersterer führt sie demnach aus- schließlich auf die Überlastung durch die Schwere der über- liegenden Gebirgsschichten zurück, wobei sich der Druck flüssigkeits- ähnlich nach allen Seiten fortpflanzt, weshalb er unter allen Umständen kreisförmige Ausmauerung tiefer Tunnele verlangt, letzterer möchte auch die gebirgsbildenden Kräfte mit ihrem tangentialen Schub, die „primäre Konsistenz und die Art der Lagerung der Gesteine“ (a.a. O. pag. 82, 87 etc.) nicht ausschalten. Stellenweise scheint ja der Druck in den Tunnelen entsprechend der Heimschen Ansicht, tatsächlich mit der Höhe der Überlagerung zuzunehmen, vielfach wird aber die einwandfreie Beobachtungsmöglichkeit dadurch gestört, daß anderes Gestein, Störungs- und Zerrüttungszonen eintreten, daß ja überhaupt das Gebirgsmaterial kein einheitliches, homogenes ist, sondern ein Gemenge verschiedenartiger Bestandteile oder gleicher Bestandteile in verschiedenartigem Zustand.

Auch aus den großen österreichischen Alpentunnelen werden ähnliche Erscheinungen berichtet. So traten nach Becke?) solche unter Knall erfolgende Absprengungen größerer oder kleinerer Ge-

1) Über das Auftreten in den Gotthardtunnelen vgl. die Angaben bei Schmidt, Rektoratsprogr. a. a. O. pag. 74.

?) F. Beeke, Bericht über den Fortgang der geologischen Beobachtungen an der Nordseite des Tauerntunnels. Anz. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, math.- naturw. Kl. 1905, Nr. XII, pag. 152. Weitere Berichte: Ebenda 1906, Nr. III, pag. 31 und 1907, Nr. X, pag. 164.

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steinsstücke im Zentralgneis beim Bau des Tauerntunnels an der Nord- seite sehr lebhaft bei einer Überlagerung bis zu 1600 m auf. Aber auch hier, wie in der Schweiz, nur in gesundem, kluftarmem, kom- paktem Gestein, nie in Zerklüftungszonen. Auch hier wurde die Be- nina gemacht, daß die abgesprungenen Schalen größer geworden waren, als der Raum, aus dem sie stammten.

Von der Südseite dieses selben Tunnelbaues erwähnt Berwerth!) die gleichen Vorkommnisse, wenn sie hier auch in einer milderen Form sich geltend zu machen scheinen, ebenso aus festem Kalkstein vom Wocheiner Tunnel Klodiö?).

Über Druckäußerungen in oberflächlichen Steinbrüchen wurde gleichfalls schon anfangs berichtet. Sie sind zweifellos vorhanden, und zwar oft in sehr energischer Form. Wenn auch angegeben wird, daB sie zum Beispiel in den Porphyrbrüchen von Quenast in Belgien erst mit 36 m eintreten und weiter in der Tiefe häufiger werden, so kann dies doch kaum mit der Schwerewirkung und ihrer flüssigkeitsähnlichen Druckverteilung zusammenhängen. Der Steinbruch ist dort gegen 80 m tief; selbst eine freistehende Gesteinssäule dieser Höhe angenommen, ergibt sich an seiner tiefsten Stelle bloß ein Druck von kaum 24 kg/acm. Die Druckfestigkeit des Phorphyrs ist dort aber 2344 /g. Es ist daher vollkommen ausgeschlossen, daß bei diesen geringen Tiefen irgendeine Äußerung möglich wäre, die auf Erreichung oder gar Überschreitung der Druckfestiekeit des Porphyrs beruhte. Öbiger Druck von 24 kg/gem ergibt nicht "einmal die Hälfte der sogar für Baukonstruktionen zulässigen Spannung.

Das annähernd Gleiche gilt auch für Granit, der eine nur wenig kleinere Druckfestigkeit hat. Die Druckfestigkeit für Kalk- und Sand- stein ist allerdings wesentlich geringer, aber selbst bei diesen noch außerordentlich viel größer als sie in Tagsteinbrüchen je in Anspruch senommen werden kann.

Nach „Des Ingenieurs Taschenbuch“, hrsg. von Ver. Hütte, 1902, ergibt sich als Bruchbelastung für:

kg/gem Granit, Syenit, Diorit . . . 800-2000 Porphyr We Ser 0023600 Basalt 7.2.08. 50. SEO Grauwacke . . . m... 5900-1500 Kohlensandstein . . . . ....500-—1800 Keupersandstein . . 700 —1800 Bruch- und a 300 1000 Kalkstein , sg Ted 720 ') Fr. Berwerth, Über den Fortgang der geologischen Beobachtungen im d

Südflügel des Tanerntunnels. Anz. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl.. 1907, Nr. XXVII, pag. 487.

®) In Kossmat, Denkschr d. kais. Akad. d. Wiss, Wien, 1907, Bd. 82, pag. 91. Ebenso Lußer nach Schmidt, Rektoratsprogr. a. a. O. pag. 73.

[37] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 135

Bei angenommen 3 kg spezifischem Gewicht also reichlich gewählt resultiert für je 100 Meter Gesteinssäule als Sohldruck derselben für den gem etwa 30 kg.

Es ist selbstverständlich, daß diese so errechneten Werte für das Gestein im Gebirgszusammenhange nicht direkt verwendbar sind, aber mangels anderer Möglichkeiten, den Tiefendruck zahlenmäßig zu erfassen, sollen sie zur allgemeinen Veranschaulichung vorerst dienen.

Man ersieht daraus, daß zum Beispiel für die Przibramer Ver- hältnisse Grauwacke oder Sandstein bei den dort erreichten Tiefen noch immer nicht an der Belastungsgrenze angelangt ist, selbst wenn man den geringsten Wert von 500 kg/gem annimmt. Desgleichen würde der gewöhnliche Kohlensandstein, wieder dessen niedrigsten Bruch- belastungswert eingesetzt, erst bei 1600 m Tiefe seine höchste Be- lastbarkeit erreichen, Bruch- und Quadersandstein bei 1000 m, Kalk- stein bei 1300 m. f

Die schlagenden Mergel Haushams dürften allerdings eine niederere Bruchbelastung haben. Da sie zwar bei 300 m Tiefe durch das Ge- wicht einer ebenso hohen Gesteinssäule bloß’ gegen 75 kg/gem, bei500 m Tiefe erst 125 kg/gem auszuhalten hätten, so wäre es wohl immerhin nicht undenkbar, daß besonders wenig druckfeste, doch spröde Partien derselben zuweilen nahe an die Belastungsgrenze gelangten. Noch mehr wäre dies bei der viel weniger druckfesten Kohle selbst der Fall. Dann müßte sie jedoch, besonders in den größeren und größten Tiefen das Treiben oder Schlagen (Abspringen) viel allgemeiner zeigen. Desgleichen müßten in Hausham in der Muldenmitte da bei 700 bis 800 m Tiefe ein Schweredruck von 180—200 kg/gem sich ergäbe jedenfalls alle weichen Gesteine, wie Letten, milde Schiefertone und dergleichen, herausgepreßt, das heißt sie müßten treibend werden.

Es ergibt sich daraus, daß dieses Gewicht einer den Tiefen gleich hohen Gesteinssäule nicht ohne weiteres in Rechnung gesetzt werden kann, sondern daß der Druck hier im Gesteinszusammenhange in ganz anderer Weise zur Geltung gelangt, was wohl auch im voraus als wahrscheinlich anzunehmen war. Die Belastungsgrenze muß im Gebirgszusammenhange eine viel höhere sein.

Die Ungleichmäßigkeit, in welcher sich der Druck in Hausham in gleichen Tiefen der mehrere Kilometer betragenden streichenden Erstreckung der Grube äußert, die Gleichmäßigkeit anderseits in sehr verschiedenen Tiefen längs des Überwerfungsbogens, sogar der Mangel von solchen Außerungen in der flachen Muldentiefe von 700 bis 800 m deutet sicherlich darauf hin, daß, wie im früheren schon auseinandergesetzt wurde, in erster Linie andere Kräfte als die Schwerkraft bei den dortigen Vorkommanissen ihr Spiel treiben.

Ähnlich wird es gewiß auch in manch anderen Gruben sein, insbesondere wo Spannungsäußerungen beim Vortrieb ins freie, un- zerritzte Feld auftreten, doch möge lokal auch immerhin der Schwere- druck eine Rolle spielen, bei größerer Tiefe, wenig druckfestem Ge- stein und sonstigen, seine Wirkung begünstigenden Lagerungs- und Gebirgsverhältnissen.

136 Dr. K. A. Weithofer. [38]

Wir haben ja im Vorangehenden Druckäußerungen beim Strecken- vortrieb ins freie Feld kennen gelernt beim Kohlenbergbau in Sachsen, Oberschlesien, Ungarn, beim Erzbergbau in Böhmen, Indien, und sie werden sich gewiß noch an vielen anderen Stellen finden, die bisher in der Literatur nur nicht bekannt geworden sind, wenn man der Sache einmal im Detail und mit genauer Scheidung ent- sprechend ihrer Natur nachgehen wird. Es scheint jedoch, daß wäre das Gewicht der überlastenden Massen dabei von vorwiegender und ausschlaggebender Bedeutung die Erscheinung eine vielall- gsemeinere, zu den gewöhnlichsten Vorkommnissen des Bergbaues gehörende sein müßte.

Geradezu ausschließen müssen wird man jedoch wohl die Wir- kung der Schwere in obertägigen Steinbrüchen. Die Überlagerung ist dazu viel zu gering. Die Ursachen mögen da tektonischer, vielleicht auch petrographischer Natur oder je nach dem Falle sonst auf anderen Gebieten zu suchen sein. Ähnlich dürfte dann auch im Bereiche der Gruben die Veranlassung eine verschiedene sein.

Überflüssig ist es, zu bemerken, daß es in jedem Falle immer einer speziellen Feststellung bedürfen wird, welche Kräfte als wirk- sam anzusehen möglich oder zwingend ist. Vorschnelles Verallgemeinern kann auch hier nur von Schaden sein. Einzelne Tatsachen oder be- schränkte Reihen werden dabei wohl stets nur zu spekulativer Ver- wertung ausreichen. Das Verhalten inmöglichst verschiedenen Niveaus auf größere horizontale Erstreckungen unter wechselnden Verhältnissen wird herangezogen werden müssen, um einen tunlichst zureichenden Schluß zu gestatten. Gerade das dürfte aber beim Bergbau am ehesten zu beobachten mög- lich sein.

Die Resultate unseres Versuches, die in Gebirgsschlägen aller Art sich äußernden Spannungen im Gestein uns zurechtzulegen, mögen daher in nachfolgendem nochmals kurz zusammengefaßt werden:

1. Die meisten der in der montanistischen Literatur beschrie- benen Gebirgsschläge haben mit primären Spannungen des Gebirges sehr wenig oder gar nichts zu tun; sie sind ein- fache Folgen des Abbaues: Überlastung von allmählich zu schwach gewordenen Pfeilern oder Abbaufronten durch größere Freilegung eines festen, tragfähigen Hangend. Sie wurden im Vorangehenden speziell „Pfeilerbrüche“ genannt.

Es ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen, daß, wenn auch noch primäre Spannungen vorhanden sind, diese dann den Vorgang noch unterstützen oder ihn früher zur Auslösung bringen.

2. Eine häufige Begleiterscheinung dieser Pfeilerbrüche in Kohle und der damit verbundenen plötzlichen Zermalmung größerer oder kleinerer Flözteile sind Gasausbrüche. Je nach der Menge der ausgeworfenen Kohle und je nach der Gashaltigkeit derselben sind diese Gasausbrüche sehr verschieden heftig. Ist das Gas unter sehr starkem Druck in der Kohle angehäuft, so kann anscheinend sogar

[39] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 137

auch durch diesen Druck allein ein Gasausbruch erfolgen. Meist dürften sie jedoch mit einem vorangehenden Gebirgsschlag (besonders Pfeilerbruch) verbunden sein.

3. Zeigen sich Gebirgsspannungen, gekennzeichnet durch Zer- knisterung des anstehenden Gesteins, durch Hereinwerfen von abge- sprengten Gesteinsschalen, von Gesteins- oder Kohlentrümmern ver- schiedener Größe und mehr oder weniger zerkleinert unter stärkerem oder schwächerem Knall, beim Vortrieb von Strecken oder Quer- schlägen ins unverritzte Feld (natürlich auch beim Tunnelbau), so handelt es sich im Gegensatze zu den Pfeilerbrüchen um pri- mären Gebirgsdruck, der wieder auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden kann, auf solche tektonischer Natur, auf den Schweredruck überlastender Gebirgsmassen, auf molekulare Verände- rungen chemisch-petrographischer Natur, auf physikalische Vor- gänge u. dgl.))

Ist dieser Druck gering, kann er sich bei festem Gestein nicht äußern, bei weicherem höchstens durch „Blähen“ oder „Treiben“. Ist er sehr stark, wird dieses Blähen und Treiben milder Gebirgs- schichten immer energischer. Feste, spröde Gesteine können bei An- näherung an ihre Belastungsgrenze „schlagend*, bei Überschreitung derselben explosionsartig zertrümmert werden.

Übergänge aller Art und Abstufungen sind natürlich möglich.

Welche Ursache wirksam ist, ist in jedem Falle gesondert fest- zustellen.

München, im Dezember 1913.

Nachtrag.

Am 30. Januar 1914, 1/,7 Uhr abends, fand auf der Zeche „Minister Achenbach“ bei Brambauer (Kreis Dortmund) eine heftige Schlagwetterexplosion statt, der 24 Menschenleben zum Opfer fielen. Da die Untersuchungen hierüber zur Zeit noch nicht abge- schlossen sind, kann vorläufig über die eigentliche Ursache des Er- eignisses kein Urteil abgegeben werden. Im preußischen Abgeordneten- hause teilte Handelsminister Sydow nur kurz mit?), daß hier zweifelsohne eine Schlagwetter- und keine Kohlenstaubexplosion vor- liege, daß die Herkunft der Schlagwetter nicht aufgeklärt sei, da die Flöze 19 und 21, der Schauplatz des Unglücks, vorher schlagwetter- frei waren. Der Kommissär der Ministerialabteilung habe bei seiner Befahrung in der Gegend von Flöz 19 eine Senkung gefunden, welche Risse zeigte; allerdings habe er damals keine Schlagwetter entdeckt.

') P. I. Beger führt neuestens einen von ihm in der Zeitschr. f. prakt. Geol. i914, pag. 193, beschriebenen Gebirgsschlag in einem Granititsteinbruch der Lausitz auf eine Kontraktionsspannung im Gestein zurück (Anm. während d. Korr.).

?) Nach der „Deutschen Bergwerkszeitung“ Nr. 29 vom 4. Februar 1914. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (K. A. Weithofer.) 18

138 Dr. K. A. Weithofer. [40]

Nach einer dem Minister am gleichen Tage zugegangenen neuen Mit- teilung habe aber der Bergrevierbeamte bei Befahrung tags vorher aus diesen Rissen das Hervortreten von Schlagwettern festgestellt. Es ist daher verfrüht, sich über Hergang und Ursachen zu äußern.

Nichtsdestoweniger versandte Professor Belar, Vorstand der Laibacher Erdbebenwarte, Anfang Februar an die Presse eine Er- klärung, in der es heißt: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß die in den jüngsten Tagen aufgetretene Grubenkatastrophe auf der Zeche „Minister Achenbach“ bei Dortmund, die Einstürze bei Beuthen in Oberschlesien und auf der Zeche „Fürst Leopold“ bei Dorsten durch die seit einer Woche (andere Leseart: einigen Wochen) in ganz Europa herrschende starke Bodenbewegung und durch die außeror- dentlich starken Fernbebenausläufer vom 30. Januar verursacht wor- den sind. Unsere Warte hat am 30. Januar das katastrophale Fern- beben bereits am frühen Vormittag angezeigt. Das Grubenun- glück auf der Zeche „Minister Achenbach“ wäre leicht verhütet worden, wenn man an diesem Tage, an dem unser Warnungsruf noch rechtzeitig laut wurde, die vorgeschriebenen Vorsichtsmaßregeln verdoppelt hätte“),

Also: Zweifel sind ausgeschlossen, die drei erwähnten Gruben- unglücke sind auf starke Bodenbewegung und Fernbebenausläufer zurückzuführen.

Was man über den Fall „Minister Achenbach* heute Sicheres weiß, wurde soeben erwähnt. Von der Gewerkschaft „Fürst Leopold“ erhalte ich die Mitteilung, daß am 30. Januar, vormittags 10 Uhr, der untere Teil eines 83 m hohen Aufbruches zu Bruche ging, die Ursache sei in dem ungünstigen Gestein (schnittigem Sandstein und in Wasser löslichem Schieferton) zu suchen. Unter diesen Umständen scheint mir die Ursache in mikroseismischen Bodenbewegungen zu suchen etwas weit hergeholt. Sie liegt wohl viel näher.

Was endlich den Einsturz bei Beuthen betrifft, schreibt mir Herr Bergrat Knochenhauer in Kattowitz, daß es sich wahrscheinlich um einen Vorgang auf der Schlesiengrube handle, und zwar um das Niederbrechen der letzten Bergfeste zwischen zwei Gegenörtern beim Abteufen des 4, Schachtes, herbeigeführt offenbar durch eine glatte Gesteinsablösung an der Bruchstelle und die Erschütterung durch die Bohrmaschinen. Wenn man zudem bedenkt, daß hier beim Schacht- abteufen täglich mehrfach eine größere Anzahl von stark geladenen Sprengschüssen auf beiden Seiten der Bergfeste abgetan werden, muB man zugeben, daß gegenüber diesen gewaltigen Erschütterungen des Gebirges irgendeine Bodenunruhe oder Fernbebenwirkung ganz ver- schwindet und überhaupt nicht in Betracht kommen kann.

Ein Echo hat diese Erklärung Prof. Belars jedoch in der preußischen, wie in der bayrischen Abgeordnetenkammer gefunden.

!) Anklingend an Forels etwas „pompös“ wie Harze bemerkt Gesetz genannten Ausspruch: „Redoublez de pr&cautiones contre le grisou dans les Jours qui suivent un grand tremblement de terre dont l’aire sismique s’est &tendue jusqu’au territoire de votre mine.“

[41] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 139

Insbesondere in letzterer glaubte der Abgeordnete Prof. Günther nachdrücklichst anregen zu müssen, daß „in jeder Grube, vor allem aber in solchen Bergwerken, die verdächtig sind, häufig schlagende Wetter zu erzeugen, ein genau arbeitender Erdbebenapparat aufge- stellt wäre“ !). Für ihn sei es „zur Gewißheit geworden, daß unsere zahlreichen Grubenunglücke bis zu einem gewissen Grade durch einen gewissen Zustand der Erdrinde mit bedingt sind, den man gewöhnlich den der Bodenunruhe nennt und der in gewissen Zeiten eine ganz unerwartete und zurzeit auch wissensehaftlich noch nicht ganz klar- zustellende Steigerung erfährt.“ Verstärkung von Schlagwetterbildung und möglicherweise ein Zusammenbruch kann die Folge sein. Wenn aber jede Grube einen Seismometer hätte, „dann wäre iınmerhin eine gewisse Gewähr dafür gegeben, daß ein solches Unglück nicht ganz unvorhergesehen und unvorbereitet eintreten kann“. Bei besonders starken Ausschlägen der Nadel „würde dann selbstverständlich voll- ständig von der Befahrung der Grube abgesehen und es würden alle Vorsichtsmaßregeln getroffen werden müssen“. Zuletzt bezeichnet er die Aufstellung von Seismometern doch nur als Versuch, der auch nega- tiven Erfolg wenn auch gegen seine Meinung haben könnte.

Demgegenüber muß betont werden, daß ein Zusammenhang zwischen derartigen mikroseismischen Bodenbewegungen und der Aus- lösung irgendwelcher Ereignisse beim Bergbau in keinerlei Weise nachgewiesen, oder auch nur wahrscheinlich gemacht ist, und heute auch immer bloß ins Bereich der Vermutungen gehört.

Es ist ja sicherlich nicht ausgeschlossen, daß ein Erdbeben einmal auch in der Grube Schaden anrichtet, obzwar von solchen Wirkungen bisher nicht viel bekannt geworden ist, ja es sogar all- gemein als Tatsache gilt, daß Erdbeben in der Grube merkwürdiger- weise viel weniger gefühlt werden als obertags. Nach meinen voran- gehenden Ausführungen wäre es sogar gewiß nicht unmöglich, daß auch eine schwächere Bodenbewegung als Relaiswirkung irgendeine labile Spannung frei machte. Bei dem soeben wenn auch für einen akuteren Fall erwähnten Umstande jedoch, als Flöz und Neben- gestein einer Grube täglich mehrfach durch viele Sprengschüsse nach allen Richtungen durchschüttert werden, müßte es wohl schon ein verhältnismäßig heftiges Beben sein, das eine noch größere Wirkung ausübte, also Spannungen zur Auslösung brächte, die durch diese künstlichen Erschütterungen noch nicht ausgelöst werden. Es müßte doch wohl erst der genügende Nachweis geliefert werden, daß dies trotzdem durch jene nur den feinsten Instrumenten fühlbaren „Boden- unruhen“ oder Fernbebenausläufer geschehen sollte. Das kann gewiß verlangt werden, ehe man von einer zweifelfreien Gewißheit spricht.

Ein einfaches post hoc, ergo propter hoc für einzeln herausge- griffene Fälle ist wohl hier um so weniger zulässig, als solche Boden- bewegungen Bodenunruhen und schwache Beben, denn auch um solche handelt es sich ja ein fast tägliches Vorkommen sind, und ebenso auch als eventuelle Folgen zu bezeichnende Ereignisse beim Berg-

!) Stenogr. Bericht der bayr. Kammer d. Abg. Nr. 227, v. 12. Februar 1914, S. 391. 18*

140 Dr. K. A. Weithofer. [42]

bau sie müssen ja nicht immer katastrophaler Natur sein und schwere Unglücksfälle nach sich ziehen bei den in solchem Falle stets in Betracht kommenden großen Gefährdungsgebieten (oft ganze Staaten, ja Kontinente) ebenfalls eine tägliche Erscheinung sind. Es wird daher nicht allzu schwer sein, zu jeder Bodenbewegung ein zeitlich zusammen- stimmendes Ereignis beim Bergbau aufzufinden, besonders wenn es zum Beispiel Unfälle in den Schwefelminen Siziliens sein können, bei stärkeren Stürmen in der Nordsee !).

Professor Günther verlangt die Aufstellung von Seismometern auf jeder Grube, insbesondere den schlagwetterverdächtigen. Was damit erreicht werden soll, ist nicht recht klar. Selbst wenn der Zusammenhang Schon erwiesen wäre, und wenn Solche Seismometer eine wirksame Voranzeige gewährleisteten, wäre doch eine zentrale Warte, mit entsprechenden Instrumenten ausgerüstet, von wissen- schaftlich gebildeten Kräften mit der nötigen Sorgfalt und Sachkenntnis bedient, sicherlich viel zweckmäßiger als eine derartige Zersplitterung der Kräfte, die nie den Grad der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Instandhaltung und Beobachtung erreichen könnte, zumal es sich dabei ja um Außerungen von Bodenbewegungen handelt, die nichts weniger als lokaler Natur, über oft weite Gebiete sich gleichmäßig ausdehnen.

Und solcher gut eingerichteter Warten, die speziell dem Berg- bau dienen sollen, besitzen wir ja heute schon nicht wenige; es seien nur jene von Aachen ?) (seit 1906), Bochum °) (seit 1908), Krietern (Oberschlesien), Claustal, Przibram u. a. erwähnt ®).

Es ergibt sich daraus, daß man beim Bergbau die Bodenbe- wegungen und ihr Studium durchaus nicht außer acht läßt. Irgend- welche nennenswerte Resultate auf obigem Gebiete sind aber bis- her noch nicht erzielt worden.

Diese aber abzuwarten, wäre vielleicht zweckmäßiger gewesen, als durch vorschnelle Behauptungen, die doch immer nur persönliche Vermutungen bleiben, störend und verwirrend einzugreifen, und da- durch in der Öffentlichkeit Hoffnungen und Erwartungen zu erregen, die hinterher vielleicht doch nicht zu eıfüllen sind, so sehr wir es wünschen würden.

München, Mitte Februar 1914.

!) Vgl. Belar, Erdbebenwarte, 1908. Bd. VII, pag. 113. Wenn hier Belar zuletzt sagt: „Heute fehlt nur noch das Iuterresse und das Verständnis für diese Beobachtungen auf bergbaulicher Seite“, so kann die Versicherung gegeben werden, daß das allgemeine Verständnis sofort kommen wird, wenn die seismo- logischen Beweise oder selbst Wahrscheinlichkeiten nur etwas greifbarer geworden sein werden. Die ist man bis jetzt aber schuldig geblieben.

’) Haußmann, Die Erdbebenstation d. techn. Hochschule in Aachen. „Glück- auf.“ 1907, pag. 801.

®) L. Mintrop, Die Erdbebenstation d. Westfäl. Berggewerkschaftskasse in Bochum. „Glückauf.“ 1909, pag. 393.

*) Daß auch auf einer der oberbayrischen Gruben ein Seismograph kürzlich aufgestellt wurde, wurde schon erwähnt.

[43] Ueber Gebirgsspannungen und Gebirgsschläge. 14

Weitere Nachträge während der Korrektur:

Inzwischen haben auch einige Fachmänner von seismologischer Seite zu der durch diese Geschehnisse auf. „Minister Achenbach“® angeregten Frage eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen mikro- seismischen Bodenunruhen und Fernbebenausläufern einerseits, sowie Schlagwetterexplosionen anderseits Stellung genommen, wobei nur zu bemerken ist, daß zu einer Schlagwetterexplosion nicht nur das Vor- handensein” von entsprechenden Schlagwettermengen gehört, deren Auftreten in größerer Menge als Folge der erwähnten mikroseismischen Bodenbewegungen eben behauptet wird, sondern auch der gewiß rein zufällige zündende Funke, der sicherlich mit letzteren nichts zu tun hat.

Es müßte daher korrekter eigentlich nachgewiesen werden, daß zu den mikroseismisch unruhigen Zeiten weitaus mehr Gase in den Grubenräumen vorhanden sind, als normal. Meines Wissens ist eine derartige Beobachtung noch nie gemacht worden, trotz der hunderttausende von Sicherheitslampen, die in Deutschland allein täglich brennen und eine solche auffallende Ver- mehrung unfehlbar anzeigen müßten, zumal ja letztere nicht bloß lokal auftreten könnte, sondern der Natur der Verbreitung der Bodenunruhen entsprechend, ganze Länder und Kontinente umfassen müßte.

Veranlaßt durch die dem genannten Unglücke vom 30. Januar 1914 folgenden Erklärungen und Erörterungen in den Tageszeitungen ver- öffentlichte im Heft 9 vom 28. Februar 1914, 50. Jahrg. der Zeit- schrift „Glückauf“ in Essen der Leiter der Berggewerkschaftl. Erd- bebenwarte in Bochum, Dr. L. Mintrop einen eingehenden Aufsatz mit ausführlichen statistischen Zahlentafeln über diesen Zusammenhang, dessen Ergebnisse er schließlich folgendermaßen zusammenfaßt: „Aus den vorstehenden Untersuchungen hat sich ergeben, daß zwischen Erdbeben und Schlagwetterexplosionen kein Zusammenhang besteht. Die Erscheinung, daß Erd- beben und Schlagwetterexplosionen vielfach zeitlich annähernd zusammenfallen, ist ganz zufällig und nicht häufiger, als nach der Wahrscheinlichkeit des gleich- zeitigen Eintrittes zweier voneinander unabhängiger Erscheinungen erwartet werden kann. Ebenso hat sich kein Einfluß der Bodenunruhe (mikroseismische Un- ruhe) ergeben. Auf die Häufigkeit der Unfälle durch Stein- und Kohlenfall sind Erdbeben und Bodenunruhe im niederrheinisch-westfälischen Steinkohlenbezirk ebenfalls ohne nachweisbaren Einfluß *

Auch die in diesem. Aufsatze angeführte Preßeäußerung des Leiters der Potsdamer Erdbebenwarte, Prof. Dr. W. Schweydar, in Nr. 65 des „Berliner Tageblattes“ vom 5. Februar 1914, die ich erst infolge und nach dieser Mintropschen Abhandlung zu Gesicht bekam, geht dahin, daß es nicht gut denkbar sei, daß das Unglück auf Zeche Achenbach auf Erdbebenausläufer oder Bodenunruhen zu- rückzuführen sei. Auch hält er es „für ganz ausgeschlossen, daB man

142 Dr. K. A. Weithofer. [44]

auf Grund von FErdbebenregistrierungen Grubenbesitzer vor Kata- strophen warnen kann“.

„Es ist richtig“, fährt Prof. Schweydar fort, „daß am Unglücks- tage größere Bodenunruhen konstatiert worden sind, die aber nur der empfindlichste Seismograph durch Zittern angibt. Nach der heutigen Kenntnis der Wirkungsweise derartiger Erschütterungen der Erde ist es nicht möglich zu behaupten, daß durch sie ein Gruben- unglück zustandekommen konnte“.

Desgleichen teilt, an gleicher Stelle bei Mintrop angeführt, Prof. Dr. Gg. von dem Borne, der Leiter der Erdbebenwarte von Krietern bei Breslau, in der Schles. Zeitg. vom i3. Februar 1914 mit, daß seine Erdbebendiagramme vom Jahre 1908 bis 1911 bezüglich eines Zusammenhanges „ein völlig verneinendes Ergebnis* hatten. „Die wenigen Fälle eines Zusammentreffens von Erdbeben und Aufflam- mungen, die tatsächlich vorkommen, stellen sich in völlig zweifelloser Weise als Zufälle dar, wie sie nach den Regeln der Wahrscheinlich- keitsrechnung von vornherein zu erwarten waren.“ Er meint schließlich ebenfalls, daß noch eine weitere Untersuchung nötig wäre, um einen Zusammenhang zwischen den Schwankungen des Gehaltes der Gruben- luft an Methan und der Seismizität festzustellen.

Und in einem späteren Aufsatze in der Zeitschr. des Oberschles. Berg- und Hüttenmänn. Vereines (Märzheft 1914, pag. 101) resümiert er: „Wir dürfen schließen: seismische Vorgänge üben bei uns einen nachweisbaren Einfluß auf Schlagwetter- aufflammungen nicht aus. Ein seismischer Warnungs- dienst zur Bekämpfung der Schlagwettergefahr ist deshalb zwecklos.“

München, im Juni 1914.

Pavonitina styriaca, eine neue Foraminifere aus dem mittelsteirischen Schlier.

Von Dr. Riehard Schubert. Mit einer Tafel (Nr. IV).

Von Herrn Bergrat Dreger erhielt ich vor kurzem eine Mergel- probe von Laubegg (südöstlich Graz), in der nebst kohligen Pflanzen- resten und Fischschuppen auch schon makroskopisch kleine weiße Foraminiferen ersichtlich waren. Im Schlämmrückstande des grauen Mergels ist nebst Fischresten, sehr spärlichen Ostracodenschälchen und anorganischen Partikeln eine in mehrfacher Hinsicht interessante Foraminiferenfauna enthalten, die indessen reicher an Individuen als an Arten ist und aus der ich folgende Formen anführen kann:

Bathysiphon filiformis Sars sh. Fragmente Trochammina sp. cf. miocenica Karr. ns. Uyclammina gracilis Grzyb. ns. Bulimina elongata Orb. Ss. R elegans Orb. ss. } pyrula Orb. ss. Bolivina dilatata Reuss ns. Chilostomella ovoidea Kss. SS. Allomorphina macrostoma Karr. ss. Dvigerina tenuistriata Rss. sh. pygmaea Orb. ss. Truncatulina af. haidingeri Orb. s. r Wuellerstorfi S. Pavonitina styriaca n. g. n. sp. DS.

In dieser Fauna fällt zunächst das Vorkommen der als Pavonitina bezeichneten Form auf, die äußerlich etwa das Aussehen flacher Textularien oder Spiroplecten besitzt, nur merkt man auch schon bei schwacher Vergrößerung, daß der Anfangsteil des Gehäuses stärker verdickt ist als das übrige sehr flache Gehäuse. Bei Einbettung in Glyzerin wird das Gehäuse vollständig aufgehellt und läßt nun mit völliger Deutlichkeit erkennen, daß der verstärkte Anfangsteil des Gehäuses wohl aus alternierenden einfachen Textularienkammern be- steht, daß jedoch der größere flache Gehäuseteil aus breiten ein- reihigen Kammern besteht. Anfänglich textularienartige, dann breite einreihige Kammern sind nun für die seltene Foraminiferengattung

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Sehubert.)

144 Dr. Richard Schubert. [2]

Puavonina Orb. bezeichnend; die in Rede stehende steirische Form dagegen unterscheidet sich von Pavonina wesentlich dadurch, daß die einreihigen und vereinzelte der letzten zweireihigen (Textularien-) Kammern deutlich durch zahlreiche Quersepten untergeteilt sind. In dieser Unterteilung der Kammern liegt ein höheres Entwicklungs- stadium der Pavoninen vor, weshalb dafür ein eigener Name gewählt wurde. Trotzdem die auf Tafel IV gegebenen Mikrophotographien nicht nach Schliffen gemacht wurden, ist der Bau, wie sie zeigen, völlig klar, und etwa eine Vortäuschung sekundärer Unterteilung durch In- filtrierungserscheinungen völlig ausgeschlossen, da auch angeschliffene Exemplare diese Sekundärlamellen zeigen. Der Bau wird dadurch noch klarer ersichtlich, daß die Gehäuse partienweise von einer ' schwarzen (anscheinend manganhaltigen) Lösung infiltriert sind und sich die Kammerausfüllung deutlich von der hellen sandig-aggluti- nierten Schalenmasse abhebt.

Die Unterteilung der Kammern erfolgt in der Art, daß vom Dache der Kammern leistenartige Vorsprünge schräg gegen das Innere und gegen die Kammerbasis zu wachsen, und zwar bald kürzere, bald längere; bisweilen entsprechen diesen von oben herab schräg wach- senden Leisten Vorsprünge an der Kammerbasis und in komplizierten Fällen kommt es zu einem fast labyrinthischen Bau der Kammern.

Die Mündung besteht dementsprechend aus mehreren an der schmalen Mündungswand unregelmäßig angeordneten Poren.

Länge der Fragmente: 06—0%9 mm.

Über die Abstammung der Pavonitina von Textularien kann bei dem deutlich ausgeprägten Textularienanfangsteil wohl kein Zweifel bestehen. Der komplizierte Bau der einreihigen Endkammern schließt übrigens auch bei der Annahme einer umgekehrten Gültigkeit des biogenetischen Grundgesetzes in allen Fällen, wo die Festigkeit in Betracht kommt, eine entgegengesetzte Deutung aus, daß nämlich sich aus der flachen Pavonitina eine festere Textularia zu entwickeln im Begriffe stehe. Übrigens sind die flachen Pavonitinenkammern trotz der vielfachen Unterteilung immer noch weniger fest als die zwar nicht untergeteilten, aber durch die alternierende Anordnung dichter aneinandergefügten Textularienkammern, wie schon dadurch erhellt, dab sie meist zerbrochen sind und auch während des Präparierens leicht brechen, während der Textularia-Anfangsteil ganz bleibt oder nur am äußersten Ende leichter abbröckelt. Anschliffe dieser Gehäuse sind übrigens nur sehr schwer möglich, da die sandig-agglutinierte Schale beim Schleifen leicht zerbricht.

Ebenso kann auch das Verhältnis zu der nur rezent und aus dem südtiroler Unteroligoceän (Pavonina agglutinans Schub.) bekannten Gattung Pavonina nicht zweifelhaft sein.

Der Name Pavonitina wurde eingeführt unter der Voraussetzung, daß Pavonina, wie die ganze darauf Bezug nelımende Literatur angibt, einfache und nicht untergeteilte Kammern besitzt. An der oligocänen Pavonina agglutinans konnte ich dies bei dem Balsampräparat mit Sicherheit beobachten und weder Orbigny noch Reuss, Brady, Millett, Phumbler, Chapman und die anderen Foraminiferen- forscher, die sich mit Pavonina beschäftigten, erwähnten das geringste,

[3] Pavonitina styriaca, eine neue Foraminifere. 145

das auf einen labyrinthischen Kammerbau dieser Gattung schließen ließe. Höchstens würde die siebartige Mündungswand Bedenken er- wecken, doch gibt Brady (im Challenger Bericht) ausdrücklich bei Besprechung von Pavonina an, die Schale sei kalkig, dünn und durch- sichtig, von zahlreichen und groben Poren durchsetzt und trotzdem ist weder aus den Abbildungen noch aus den Beschreibungen auf eine Unterteilung der Pavonina-Kammern zu schließen.

Hätte ich nicht vor einigen Jahren!) die alttertiäre Pavonina agglutinans gefunden, so würde die komplizierter gebaute Pavonitina styriaca aus dem Miocän und die einfach gebaute Pavonina flabelli- formis aus der Gegenwart bekannt sein. Nach meinem damaligen Fund ergibt sich der genetische Zusammenhang der Pavonininen, wie man diese Zweigreihe der Textularidenfamilie bezeichnen kann, folgender- maßen. Aus der sandig-agglutinierten, einfach gebauten Pavonina agglutinans entwickelte sich einerseits Pavonitina durch Unterteilung der sandig bleibenden, nur dünner werdenden einreihigen Kammern, anderseits erhielt sich Pavonina, indem das Gehäuse rein kalkig wurde bis in die Gegenwart. Hierbei blieb bei mancher Form das zweireihige Ahnenstadium bestehen, während die von Orbigny ursprünglich ganz einreihig abgebildete Form darauf hinzudeuten scheint, daß sich unter den rezenten Pavoninen auch völlig uniseriale Gehäuse finden. Viel- leicht verhält es sich ähnlich wie bei Cycloclypeus, wo namentlich (oder stets?) bei der geschlechtlichen Generation noch ein deutliches Heterostegina- Anfangsstadium vorhanden ist, das bei der ungeschlecht- lichen häufig (oder stets?) fehlt. Auch bei Biloculina ist es ferner ähnlich, indem die mikrosphärischen (geschlechtlichen Formen) noch einen Miliolina-Anfangsteil besitzen, die makrosphärischen dagegen vollkommenen Biloculinenbau aufweisen. Es scheint übrigens nicht aus- geschlossen, daß auch die uniseriale Ausbildung der sandigen Pavoni- tinen in der (egenwart noch lebt und in der seltenen Neusina agassizü Goes zu suchen ist. Diese besteht ja aus breiten aufeinanderfolgenden Kammern von bisweilen unregelmäßiger Anordnung mit sandiger Schalen- struktur und zahlreichen Mündungen die ja auf ähnlichen Bau hinzu- weisen scheinen, wie ihn Pavonitina besitzt. Als sandige „Vorstufe“ der seit dem Paläozoikum bekannten Frondicularien kann Neusina wohl kaum ernsthaft in Betracht kommen.

Die verhältnismäßig kleine Foraminiferenfauna, in welcher ich die soeben besprochene Form fand, besitzt aber noch in anderer Hin- sicht ein größeres Interesse. Wie mir Herr Bergrat Dreger mitteilte, stammte die Mergelprobe aus einem räumlich beschränkten Aufschlusse, und zwar vom Südrande einer breiten, von Graz südostwärts über Wolfsberg-Gleichenberg streichenden Zone sarmatischer (oder wenig- stens als solche geltender) Schichten. An Ort und Stelle ist über die stratigraphische Stellung der grauen sandigen Mergel nichts Sicheres zu erkennen, doch läßt die erwähnte Mikrofauna zunächst mit aller Sicherheit auf den rein marinen, nicht brackischen Charakter der Mergel schließen, die danach außerdem in beträchtlicherer Tiefe zum Absatz gelangt sein mußten. Denn eine der häufigsten Formen

!) Siehe Beiträge zur Pal. Öst.-Ung. XIV. Bd., pag. 9—26, Taf. I, Wien 1901. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Htf. (R. Schubert.) 19

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Bathysiphon ist eine recht bezeichnende Tiefenforaminifere und auch die anderen Foraminiferenarten sprechen für den Absatz in einigen hundert Faden Tiefe. Auffällig ist dabei das so gut wie völlige Fehlen (oder in Wirklichkeit wohl nur eine große Seltenheit) der Globigerinen, jener pelagischen Foraminiferen, die. in den kalkigen Absätzen aus größeren Tiefen in der Regel nicht fehlen, sogar in Küstensedimenten oft vorhanden sind. Gegen einen Absatz in einer Seichtwasserzone oder gar im Brackwasser spricht, wie erwähnt, der sesamte Charakter der Foraminiferenfauna. Auch eine Umschwemmung der Foraminiferen aus älter miocänen in sarmatische Schichten scheint mir bei dem Erhaltungszustande ausgeschlossen. Dagegen zeigt diese Fauna eine auffallende Übereinstimmung mit der Mikro- fauna des Welser Schlier, besonders der tieferen, das heißt unteren Lagen. Ich hatte seinerzeit Gelegenheit, die Foraminiferen- fauna der zu 1044°5 m niedergebrachten Tiefbohrung durch den Welser Schlier mikroskopisch eingehend zu untersuchen und fand in den tieferen Partien (aus 384—921'5 m Saigertiefe) ganz analoge Fora- miniferenfaunen mit Dathysiphon, Chilostomella ovoidea, Allomorphina macrostoma, Trochamminiden, Uvigerinen etc. Freilich Pavonitina lernte ich dortselbst nicht kennen, Globigerinen waren dagegen, wenn auch spärlich, so doch meist vorhanden; ja in den Proben der aus 10 bis 400 m stammenden Proben dominierten die Planktonformen über die benthonischen Foraminiferen oder waren in manchen dieser oberen Proben ausschließlich vorhanden. Da es sich hier bei den Mergeln der oberen, etwa 400 m mächtigen Schichten von Wels offenkundig nicht um eine Tiefseebildung handelt, kann diese Erscheinung nur so gedeutet werden, daß die abnormen physikalischen Verhältnisse, welche die eigenartige Mikrofauna des unteren Welser Schliers be- dingten, auch während des Absatzes der oberen Welser Schliermergel bestanden, ja derart verschärft wurden, daß die Bodenfaune fast ganz ausstarb.

Ich habe auf diese Welser Verhältnisse deswegen hier hinge- wiesen, weil es mir scheint, daß sie für die Deutung der mittel- steirischen Verhältnisse nicht ohne Bedeutung sein könnten. Ohne hier begreiflicherweise auf die ganze Literatur über dies Gebiet ein- gehen zu können möchte ich nur kurz darauf hinweisen, daß ein süd- lich der Mur weit verbreiteter Mergelkomplex Sturs „Foramini- ferenmergel* von Hilber?) als Schlier angesprochen wurde. Reuss untersuchte bereits 1855 (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. VI, pag. 351—354) von zweien dieser Lokalitäten foraminiferenführende Tegel oder Mergel aus dem Liegenden des Leithakalkes, nämlich von der Landstraße bei St. Egidy und unweit Spielfeld. Beide sind nach Reuss sehr reich an Foraminiferen, unter denen aber nur die pelagischen Globigerinen und Orbulinenstadien derselben häufig sind und denen gegenüber die Bodenformen bedeutend zurücktreten sollen. Schon Reuss fügte hinzu, daß mit Ausnahme einiger weniger neuer Arten fast alle in den Leithakalkbildungen vorkommen und in der Tat

') Mitteilungen d. geol. Ges. Wien I, 1908. pag. 71—76.

5] Pavonitina styriaca, eine neue Foraminifere. 147

scheint. die Foraminiferenfauna der beiden erwähnten Lokalitäten ganz jener des Badener Tegels zu entsprechen, wobei allerdings die Selten- heit der Bodenformen auffällig ist. Stur fügt aber in seiner Geologie der Steiermark (pag. 563) den Reuss’schen Foraminiferenlisten die Bemerkung an, das Fehlen der für den Leithakalk charakteristischen Arten aus den Gattungen Amphistegina, Heterostegina, Verneuilina, Dis- corbina, Bulvinolina (wohl Pulvinulina) und Polystomella in diesem Foraminiferenmergel beweise, daB dieser Foraminiferenmergel dem Niveau des Leithakalkes nicht angehöre. Diese Ansicht, die auch A. Winkler!) in seinen „Untersuchungen zur Geologie und Paläon- tologie des steirischen Tertiärs“ vertritt, ist jedoch nicht richtig, weil die Globigerinenmergel von Egidy und Spielfeld ebensowohl alters- gleiche Aquivalente des Leithakalkes sein könnten, wie dies be- kanntlich ja beim Badener Tegel der Fall ist. Hiermit soll aber nicht gesagt sein, daß die erwähnten Globigerinenmergel gleichaltrig mit dem Leithakalk sein müssen, sondern lediglich gegen die Annahme Stellung genommen werden, daß durch die Verschiedenheit der offen- kundig faziell verschiedenen Mikrofaunen eine Altersverschiedenheit bewiesen sei.

Die Foraminiferenfaunen der beiden von Reuss untersuchten Mergelproben, die aus dem Schlierkomplex Hilbers stammen, 'unter- scheiden sich nun allem Anschein nach recht auffällig von der Fauna, die in der von mir als Schlier angesprochenen Mergelprobe von Laubegg enthalten ist. Die Armlichkeit der Bodenfauna im Verhältnis zu den Planktonformen, die sie von der normalen Fauna des Badener Tegels unterscheidet, erinnert jedoch anderseits auffällig an die Mikro- faunen des oberen Welser Schliers (von 10—382 m) und es wäre meiner Ansicht nach recht gut denkbar, daß in dem Mergelkomplex von St. Egidy— Spielfeld fazielle Aquivalente des oberen Welser Schliers vorliegen, wie bei Laubegg ein Rest unteren Schliers.

- Diesbezügliche Klarheit können nur eingehende mikroskopische Untersuchungen geben, die übrigens unbedingt erforderlich sind, bevor genaue Gliederungen und Gleichstellungen der mittelsteirischen Miocän- sedimente versucht werden.

!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1913, 63. Bd., pag. 521, 522. 19*

148 Dr. Richard Schubert. [6]

Erklärung zu Tafel IV.

Fig. 1—4. Pavonitina styriaca n. g. n. sp. im auffallenden Lichte. 60/1. Fig. 5, 6. Pavonitina styriaca n. g. n. sp. im durchfallendem Lichte unter Glyzerin (nicht retuschiert). 50/1.

Fig. 7. Dieselbe Art wie Fig. 5, 6, doch 70fach vergrößert.

Fig. 8. Dasselbe Exemplar wie Fig. 7 unter Glycerin in durchfallendem Lichte stärker (100 fach) vergrößert und unter Vergleich anderer Fragmente tuschiert.

Fig. 9. Pavonina flabelliformis Orb. 60/1.

Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers im Kgl. bayr. ärar. Reservatfeld.

Von Dr. Georg Gillitzer. Mit einer geologischen Übersichtskarte (Taf. Nr. V) und 4 Profilen (Taf. Nr. VI-VII.

Vorwort.

Die von der Kgl. bayr. Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke seit nunmehr sechs Jahren betriebene Erschließung der Kohlenverbreitung und Ermittlung des gesamt vorhandenen Kohlen- vermögens im ärar. Reservatfeld setzte in der näheren Umgebung der Grube Peißenberg ein und verfolgte die Peißenberger Mulde vom neuen Hauptförderschacht bei Peißenberg zirka 10 km gegen Westen, wobei sich annähernd gleich bleibende Bauwürdigkeit der Flöze so- wohl gegen das Muldentiefste zu (Bohrung III mit 1156 m Teufe) als auch im ganzen streichenden Verlauf gegen Westen zu bis nahe zum Lech ergab. Im Verlauf der Untersuchungen erstand jener Meinungswiderstreit zwischen Koehne und Bärtling einerseits, Stuchlik anderseits, welcher sich in einer Reihe von Aufsätzen längere Zeit weiter spann. Hierbei wurden auch Fragen angeschnitten, welche auf das südlich gelegene Gebiet Bezug hatten und zu durch- sreifender Untersuchung und Erschließung des Südgebietes anregten.

Die geologische Aufnahme dieses Gebietes, verbunden mit Schürfungen auf Kohle, wurde im August und September 1912 vor- genommen und im Winter 1912/13 vier Bohrungen zur Erschließung der Cyrenenschichten niedergebracht.

Die Kartierung erfolgte auf topographische Blätter 1: 25.000, an manchen Stellen auf Steuerblätter 1 : 5000; die Karte wird einst- weilen noch nicht veröffentlicht und befindet sich im Besitze der Geognostischen Abteilung des Kgl. Oberbergamts München sowie des Verfassers.

A. Einführender Teil.

1. Topographisches.

Das zu behandelnde Gelände ist unmittelbar südlich an die Peißenberger Mulde angrenzend und wird des näheren durch die Linien bestimmt:

Jahrbuch d. k.k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (G. Gillitzer.)

150 Dr. Georg Gillitzer. [2]

Süd: Uffing (Staffelsee)—Steingaden—Lechbruch ;

Nord: Huglfing—Ammer = West Ost = Lauf—Schnaitberg— Lech (bei „Riesen“);

Ost: Bahnlinie München—Murnau, und zwar zwischen Station Oberhausen und Uffing;

West: Lechfluß von Lechbruck bis „Riesen“.

Genannte Gegend bildet genau die streichende Fortsetzung der Penzberger Südmulde gegen Westen; zwischen der westlichen Rand- aufbiegung der Penzberger Mulde und der östlichen Cyrenenschichten- aufbiegung unseres Gebietes liegt ein Abstand von etwa 20 km.

In der Ost—Westrichtung durchmißt das Gelände zirka 30 km, in der Querdimension von Süd und Nord rd. 9—8 km.

In orographischer Beziehung treten am Nord- sowie Süd- saume dieses Landstreifens zwei Höhenzüge hervor, welche sich von der durchschnittlichen Höhe der Taldepression von 700 m in der Ge- bietsmitte bis zu etwa 900 m aufschwingen, so in der'„Schnalz“ (904 m), Schnaitberg (905 m), Illberg (938 m), Kirnberg (936 m).

Die Entwässerung erfolgt im Westen durch den Lech, im Osten durch die Ammer und Ach; diese größeren Flüsse vermögen in mächtig erodierendem Querdurchbruch die Molasseschichten zu durchschneiden, deren Nebenflüsse, die Illach (Lech) sowie die Eyach (Ammer) folgen größtenteils dem ostwestlichen Streichen der Molasse- schichten und entwässern teilweise die Talsenkung in der Mitte des Landstreifens; im allgemeinen ist jedoch die Wasserabflußmöglichkeit aus dem tiefer gelegenen Gebiet nicht vollkommen, so daß hierdurch auf weite Erstreckungen hin Hochmoorbildungen entstehen, die ledig- lich in dürftigen Streuwiesen, Torfstichen und sumpfigen Wäldern wirt- schaftlich ausgenutzt werden.

Höhere Bodenkultur, wie Ackerbau und Wiesenpflege gestatten einigermaßen die randlichen Höhenzüge, wo sich auch die Ansiede- lungen finden:

im südlichen: Uffing, Schöffau, Schönberg, Echelsbach, Kirnberg, Wildsteig, Steingaden, Lechbruck;

im nördlichen: Böbing, Holzleiten, Pischlach.

Kloster Rottenbuch liegt zentral zwischen beiden Höhenzügen auf der Sattelhöhe und Wasserscheide (zwischen Lech und Ammer) des „Olberges“.

Für die geologische Aufnahme bildet der Sumpfcharakter des Gebietes mit intensiver Überwachsung und Überdeckung, welche nur an ganz wenigen Stellen Aufschlüsse zutage treten lassen, ein großes Hindernis, mächtige Hangrutschungen und unmerkliche Solifluktionen können Anlaß zu schwerem Irrtum geben, so daß ein endgültiges und unanfechtbares Ergebnis vom geologischen Aufbau unseres Geländes nur durch größte Genauigkeit und eingehendstes Studium auch der anscheinend geringfügigsten Einzelheiten zustande kommen kann.

[3]

Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 151

2. Rückblick auf frühere geologische Forschungen.

a) Literatur.

Die Moöiasseliteratur bis 1902 gibt erschöpfend Bärtling in seiner Dissertation über die Molasse des Hohenpeißenberges etc. [s. unter (5) 1903]; die neuere Literatur von 1900 ab wird | im fol- genden angeführt:

(1) 1900.

(2) 1902.

(3) 1902.

(4) 1902. (5) 1903. (6) 1904.

(7) 1904.

(8) 1905, (9) 1906.

(10) 1906.

(11) 1907.

(12) 1908.

(13) 1909. (14) 1909.

(15) 1911. (16) 1911. (17) 1912.

(18) 1912.

(19) 1912.

(20) 1913.

L. Ammon; v, Über das Vorkommen von Steinschrauben (Dämonhelix) in der oligocänen Molasse Oberbayerns. Geogn. J.-H., Bd. XIII, München.

Liebus, Ergebnisse einer mikroskopischen Untersuchung der organi- schen Einschlüsse der oberbayrischen Molasse. Jahrb. d.-k. k. geol. R.-A., Bd. 52, Heft I, Wien.

C. Weithofer, Einige Querprofile durch die Molassebildungen Ober- bayerns. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 52, Heft 1, Wien.

H. Stuchlik, Profil der Grube Peißenberg. (Siehe in: Weithofer, Einige Querprofile etc.).

R. Bärtling, Die Molasse und das Glazialgebiet des Hohenpeißen- berges und seiner Umgebung. Geogn. J.-H., Bd. XVI, München.

L. Rollier, Die Entstehung der Molasse auf der Nordseite der Alpen. Vierteljahresschr. d. Naturf. Ges. Zürich.

A. Rothpletz, Die fossilen oberoligocänen Wellenfurchen des Peißen- berges und ihre Bedeutung für den dortigen Bergbau. Sitz.-Ber. d. math - phys. Klasse d. Kgl. bayr. Akad. d. Wissensch. Bd. XXXIV, Heft III, München.

A. Rösch, Der Kontakt zwischen Flysch und der Molasse im Allgäu. Mitteil. d. geograph. Ges. München, Bd. I, Heft III.

Arnold Heim, Die Brandung der Alpen am Nagelfluhgebirge. Viertel- jahresschr. d. Naturf. Ges. Zürich, Jahrg. 51.

H. Stuchlik, Die Faziesentwicklung der südbayrischen . Oligocän- molasse. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. LVI.

Arnold Heim, Zur Frage der exotischen Blöcke im Flysch mit einigen Bemerkungen über die” subalpine Nagelfluh. Eclogae geologicae Hel- vetiae. Vol. IX, Nr. 3, Lausanne.

OÖ. Ampferer, Bemerkungen zu den von A.Heim und A. Tornquist entworfenen Erklärungen der Flysch- und Molassebildung am nörd- lichen Alpensaum. Verh. d. k. k. geol. R.-A. Wien.

L. Ammon, v., Die oberbayrische Pechkohle. Geogn. J,-H., XXII. Jahrg, W. Koehne, Über die neueren Aufschlüsse im Peißenberger Kohlen- revier. Geogn. J.-H., XXII. Jahrg., München.

H. Stuchlik. Die Peißenberger Tiefbohrungen im oberbayrischen Kohlenrevier. Zeitschr. f. prakt. Geol., XIX, Jahrg., Berlin.

W. Koehne, Zur Geologie des Peißenberger Kohlenreviers. Geogn. J.-H., XXIV. Jahrg., München.

R. Bärtling, Zur Tektonik des Hohenpeißenberges. Zeitschr. f. prakt. Geol. XX. Jahrg., Heft 1II, Berlin.

W.Koehne, Stratigraphische Ergebnisse einer Tiefbohrung am Bühlach im oberbayrischen Koblenrevier. Zeitschr. d. deutsch. -geol. Ges., Bd. LXIV, Monatsbericht Nr. 1.

Koehne, Geol. Rundschau 1912, Heft IIl, pag. 407.

Weithofer, Die Entwicklung der Anschauungen über Stratigraphie und Tektonik im oberbayrischen Molassegebiet. Geol. Rundschau 1914.

152 Dr. Georg Gillitzer. ve [4]

b) Bisherige Forschungsergebnisse.

Die ersten, mehr mineralogisch und wirtschaftlich beachtens- werten Nachrichten unserer Gegend gibt Flurl!). In eindringlichen Ausführungen hebt er den Nutzwert der Verwendung von Steinkohlen hervor, da diese zu jener Zeit nicht recht beachtet wurden und namentlich für Hausbrand als gesundheitsschädlich, auch als gemein galten; Flurl berichtet von verschiedenen „Steinkohllagern“, so „im Grasleitener Wald unweit St. Nikolaus am Kühbach (6 Zoll = 15 cm), bei Hirschau (10 Zoll = 25 cm), bei Achelsbach“.

Emmerich (Südbayrische Molasse, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855) streift unser Gebiet etwas.

In weiterer Folge behandelt das Böbinger Rottenbucher Ge- lände Güm bel?).‘ Dessen Darstellung verzeichnet im ganzen Gebiete „ältere Süßwassermolasse* (= „untere bunte Molasse“); die aufge- führten Kohlenflöze des Gebietes seien als Einlagerung in die bunte Molasse aufzufassen. Die Gümbelsche Karte gibt an vielen Stellen bunte Molasse an, wo sich nach unserer Beobachtung anscheinend sehr gute Aufschlüsse für bunte Molasse fanden, die sich jedoch bei näherer Prüfung als „Pseudoaufschlüsse“ bekundeten, derart, daß dilu- vial aufgearbeitetes und von Nachbargegend herbeitransportiertes Molassegestein (wahrscheinlich bunte Molasse) als eine Art von „Ge- schiebemergel“ oder „Geschiebelehm“ das wirklich anstehende Gebirge verhüllte; ihrem Aussehen nach ähnelte dieses Gestein anstehender bunter Molasse. Dabei sind gerade die Cyrenen führenden Schichten meist am schlechtesten aufgeschlossen, so daß ein Urteil, als seien Cyrenenschichten überhaupt nicht vorliegend begreiflich erscheint.

Gümbel gibt eine ziemliche Anzahl von Kohlenflözen in un- serem Gebiet an, welche größtenteils wieder aufgefunden werden konnten; andere dagegen mußten trotz intensiveren Suchens unent- deckt bleiben, wohl deshalb, weil die Angaben nur ganz allgemein gehalten sind, wie im „Nesselgraben“, am Schmauzenberg im Kurzen- riedengraben.

In tektonischer BeziehungfaßtGümbel das Gelände als ein- heitliche Mulde in bunter Molasse auf.

Die „Geologie von Bayern“ (1894) stellt die früheren Aus- führungen von Gümbels wesentlich im selben Sinne enger zusam- mengefaßt dar.

Bärtling berührt in seiner Abhandlung (5) den nördlichen Rand unseres Gebietes; er erwähnt einige Kohlenflöze im Talbach- graben bei Rottenbuch, die in Cyrenenschichten gebettet seien; zwischen der bunten Molasse im Kohlgraben und jener der „Schnalz“ konstatiert er einen wesentlichen Unterschied: die in der Molasse der Schnalz vorherrschenden festen und kalkigen Steinmergel- bänke fehlten im Kohlgraben fast ganz; die Mergelschichten seien hier tonreicher und verwitterten leicht zu grauem, gelbem

!) M. Flurl, Beschreibung der Gebirge Bayerns und der oberen Pfalz. München 1792.

2) 6. W.v. Gümbel, Geognostische Beschreibung des bayr. Alpengebirges und seines Vorlandes. Gotha 1861.

[5]: / Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 153

Grus, in dem die rote Farbe nur selten hervortrete, Sandsteine seien im Kohlgraben auch nicht so zahlreich eingelagert.

In seiner stratigraphischen und tektonischen Auffassung reiht Bärtling die Molasse im „Krebsbachl“ (bei Ammer-Brücke der Straße Peißenberg—Böbing) sowie die im Kohlgraben als zur „oberen bunten“ gehörig ein.

Die Molasse des Schnalzberges sowie der östlich hier anschlie- Benden Ammerleite hält Bärtling für „untere bunte Molasse“* und nimmt zwischen dieser und den bei Ramsau (am Ammerknie) auf- tretenden Cyrenenschichten einen steilsüdfallenden Sprung an („Über- schiebung“);!) die Cyrenenschichten am Ammerknie erscheinen bei Bärtling als altersgleiche Fortsetzung der Peißenberger (Bühlacher) Cyrenenschichten.

Die nächste Bearbeitung erfuhr unser Gebiet durch Stuchlik (10). Dessen Kartierung 1:25.000, welche sich von Peißenberg bis nach Murnau erstreckte, wurde nicht im ganzen Umfang veröffentlicht, sondern nur für das nördliche Peißenberger Gebiet, und zwar im reduzierten Maßstab 1:50.000.

In dieser Karte ist der nördlichste Rand unseres Geländes, das ist die südliche Ammerleite von „Schnalz“ an bis Bruckerhof—Ach- . berg—Huglfing zur Darstellung gelangt. Stuchlik unterscheidet analog dem Ostgebiete von Hausham, Penzberg:

„Untere Cyrenenmergel“ („Philipps-, Kammerloher-, Echelsbacher-, Ammerleitenflöze“), welche in unserem West- gebiete technisch nebensächlichere Bedeutung besäßen und weiter:

„Obere Cyrenenmergel“*, auf welchen der Bergbau von Peißenberg umgehe; zwischen beiden Cyrenenpartien liege die „Untere bunte Molasse“.

Sämtliche Cyrenenschichten am Ammerknie bei Ramsau nördlich des Schnalzberges reiht Stuchlik in die Gruppe der „Unteren Cyrenenschichten“ ein (Echelsbacher Niveau), die bunte Molasse südlich der Ammer sei „Untere, bunte Molasse“, der „Krebsbachflöz* indentisch mit dem Echelsbacher Flöz.

. . Demgemäß mußte auch die Tektonik an der Ammerlinie in einer „Überschiebung“ bestehen, welche in zwei Etappen die untersten Mo- lasseschollen gegen die jüngsten Schichten emporheben ließ; der nörd- lichere Teilsprung streicht nach Stuchlik unmittelbar nördlich des Ammerlaufes und hebt die „Echelsbacher Flözgruppe* gegenüber dem fast ganz unterdrückten Südflügel der Peißenberger Mulde mächtig empor; die gehobene Scholle bestehe im Westen aus dem Sattelzug in Cyrenenschichten bei P. 648 am Ammerknie bei Ramsau, der nach Osten zu in den Krebsbachlsattelzug .übergehe, beide Sattelvorkommen ständen in organischem Zusammen- hang und seien ein einziger Sattelzug.

Diese Sattelscholle werde im Süden durch einen weiteren Sprung von überschiebender „unterer bunten Molasse* (Molasse des Schnalz-

1) Unter „Überschiebung“ wurden in der Molasseliteratur und werden auch fürderhin steilfallende (zirka 40— 60°) Sprünge verstanden, welche überschiebende Tendenz haben.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd,, 1. u. 2. Hft. (G. Gillitzer.) 30

154 Dr. Georg Gillitzer. [6]

berges) getrennt. Stuchlik hebt in der Tektonik des Ammerlaufes vom Ammerknie bei Ramsau gegen Ost zu Schuppenstruktur hervor.

Das von Stuchlik von Peißenberg bis nach Saulgrub gelegte Profil offenbart folgende Lagerung:

Im Süden der Peißenberger Mulde setzt hiernach nach eben ge- nannter schuppender Tektonik an der Ammerleite eine Mulde an, deren Südflügel nach Norden stark überkippt erscheint; in der Ge- gend von Kirnberg-Rottenbuch finden wir einen streichenden Sprung vor, welcher diese nördliche Mulde gegen eine zweite im Süden sich anreihende Mulde trennt; umgekehrt ist hier der Nord- flügel nach Süd überkippt, während der Südflügel ziemlich flach mit zirka 40° gegen Nord einfällt.

Beide Mulden bergen nach Stuchlik in ihrer Mitte je einen Kern von Cyrenenschichten, die an sich, da die beiden Mulden nicht besonders tiefgreifend zu denken seien, von vornherein als wirtschaft- lich belanglos erachtet wurden.

Der Südflügel dieser südlicheren Mulde setzt im Pro in mäch- tiger nach Nord überkippt konstruierter Luftantiklinale zur südlichen Bayersoyerner— Murnauer Mulde über.

Gegenüber genanntem Querschnitt, der durch die Mitte unseres zu betrachtenden Geländes gelegt ist, werden die anders lautenden Ergebnisse vorliegender Untersuchung vorzubringen sein.

Im Verlauf der in den Jahren 1909 bis 1912 stattgefunden Debatte, die sich an die Peißenberger Tiefbohrungen anschloß, griff nun neuerdings Bärtling (17) auch in unser Gebiet über, und zwar in Anknüpfung an Veröffentlichungen Koehnes über das nördlichere, eigentliche Peißenberger Revier.

Bärtling und Koehne bringen hier ein ganz neues Moment in die Tektonik des Peißenberger lieviers und dies besteht in der Geltendmachung der Analogie der Peißenberger Tek- tonik mit jener von Penzberg.

Stuchlik hatte an der Ammer, wie oben angeführt, eine Hebungs- („Überschiebungs-“) Tektonik vertreten, Bärtling ver- tritt nunmehr eine S enkungstektonik.

In diesem Sinne mußten die von Stuchlik südlich der Ammer als „untere bunte Molasse“ aufgefaßten Schichten als zur „oberen bunten“ gehörig umgestempelt werden, und zwar beweist dies Bärt- ling durch Identifizierung des „Krebsbachl-“ mit dem „Kohlgraben- flöz“; den Beweis der Identifizierung erbringt Bärtling hauptsäch- lich mit Hilfe der „Helixschichten“, die Koehne (14) als Orien- tierungsmarken bei der Gliederung der mächtigen Serie der oberen bunten Molasse im Kohlgraben (Peißenberger Mulde) aufstellt.

Nach dieser Darstellung hätte man die Peißenberger Kohlenflöze im Süden der Ammer unter der Ammerleite (Krebsbachl Bruckerhof—Schnalzberg) zu suchen und könnten durch Bergbau gar wohl erreicht und mit Vorteil ausgebeutet werden.

Eine Stellungnahme zu dieser wirtschaftlich bedeut- samen Streitfrage sollen die auch hierzu konträren Ergebnisse

[7] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 155

vorliegender geologischen Untersuchung gleichfalls bezwecken und end- gültige Entscheidung in dieser Frage erbringen.

B. Hauptteil. I. Stratigraphie.

Nach den stratigraphischen Veröffentlichungen über die süd- bayrische Molasse durch Gümbel, Wolff, Weithofer, Bärtling, Stuchlik, Koehne möchte es ganz überflüssig erscheinen, nun noch einmal eine beschreibende Darstellung der Molasseschichten zu bringen.

Trotz alledem erscheint eineendgültigeund unzweideutige stratigraphische Sichtung der einzelnen Molasseglieder als ein ganz vordringliches Bedürfnis, wenn man in Erwägung zieht, daß infolge der bisherigen unzulänglichen Normierung namentlich be- trifft dies den Unterschied zwischen oberer und unterer bunter Mo- lasse die Unsicherheit soweit ging, daß gerade in tek- tonisch denkenden Kreisen bislang an zwei verschiedene bunte Molassen gar nicht recht geglaubt und ihr lokalgetrenntes Vor- kommen durch großartige Ueberschiebungstektonik zu erklären ge- sucht wurde.

Auch dieser Gesichtspunkt, nämlich der Gedanke an eine allen- fallsige Identität beider „bunten Molassen“, wurde im Auge behalten und die Untersuchung auch nach dieser Hinsicht durchgeführt.

I. Untere marine Molasse !).

Dieser Schichtenkomplex dürfte in stratigraphischer Darstellung wenig abweichend von früherer zu behandeln sein; gegenüber der Unterteilung von Stuchlik (10) in zwei selbständigere Horizonte des „oligocänen Tiefseetons* und der „Cyprinenschichten“ möchte ich in engerer Zusammenfassung beide Partien formell als „Untere marine Molasse“ zusammenreihen, welche eben teilweise durch Tone, teilweise durch Sandsteine mit vereinzelter Konglomerateinschaltung vertreten wird; gerechtfertigt wird diese Zusammenfassung einmal wegen der faziellen Substitution beider Ausbildungsarten an manchen Stellen ?),

!) Da man sich über die Herkunft des Namens „Molasse“ meist im un- klaren ist, sei der Begriff erläutert: Molasse kommt von: pietra molera = Form- stein, Wetzstein; molera kommt von modelare oder molare = mahlen, wetzen (molette = Wetzstein, molard Schleifer); Molasse hat mit mollis = weich nichts zu tun (efr. Rollier, Die Entstehung der Molasse auf der Nordseite der Alpen. Vierteljahrschr. d. Naturf.-Ges., Zürich 1904).

?) Bei Altenau (Murnauer Mulde) an der Ammer wurde konstatiert, daß zirka 400 m nördlich der „Sägmühle“ Sandsteine mit Kohlenschmitzen anstehen, die in mehrfachem Wechsel mächtigere Serien von Tonschichten dazwischen ge- schaltet hatten und schließlich allmählich im Hangenden (Nord) nach längerer Wechselfolge von Sandstein- und Tonschichten endgültig in reinen gleichmäßigen Ton übergehen; hier findet sich also die Tonpartie im Hangend der Sandstein- partie, was nicht normal erscheinen möchte; Tektonik dürfte hier nicht mit- spielen.

20*

156 Dr. Georg Gillitzer. [8]

so daß der engste Verband in Entstehung und im Alter bei beiden Ge- steinspartien als zweifellos anzunehmen ist; weiterhin erscheint die Be- zeichnung „Cyprinenschichten“ für die Sandsteinpartie deshalb nicht angebracht, da einmal gerade das Charakteristikum hierfür, die Cyprina rotundata Br. in den Sandsteinen unserer Gegend gar nicht (oder höchst selten?) auftritt, andernteils aber die echte Cyprina rotundata in dem jüngeren Horizont der „Promberger Schichten“ mit Sicherheit!) erwiesen ist.

Der Vollständigkeit halber sollen kurz die beiden Glieder der unteren marinen Molasse skizziert werden:

Tonpartie: Diese ist normalerweise die liegendere Partie; die Farbe der Tone ist: dunkelgrünlichbraun mit schokoladebraunen (oder rostfarbig aussehenden) Flecken, Schichtung ist angedeutet durch feine, kohlehaltige Schichtstreifen, so daß zarte Bänderung bisweilen zu beobachten ist. Der den Tonen beigemengte, ganz feinkörnige Sand- gehalt läßt sie nicht so ganz leicht verwittern oder durch Wasser- aufnahme in weichflüssigen Brei verwandeln, vielmehr halten sich diese Schichten im Wasser (Ammer bei Altenau und Echelsbach) ganz widerstandsfähig, auch eine Spaltung oder Zerblätterung infolge Ver- witterung findet bei den Tonen nicht statt, so daß sie ein kompaktes, klotziges Aussehen besitzen. Versteinerungen finden sich hierin gar keine.

Vorkommen: Unterste Lage im aufgebogenen Südrand der Rottenbucher Mulde, anstehend zu treffen spärlich im Osten im Atlas- graben, mehr aufgeschlossen an der Ach südlich vom Kirnberg bis gegen Echelsbach an der Ammer sowie weiter westlich am Südhang des Illberges.

Mächtigkeit: 200 (—250) m.

Sandsteinpartie: Diese Serie kann man auch nach ihrem Verwendungszweck als „Steinbruch- oder Baustein“-Schichten bezeichnen.

Die Sandsteine besitzen ziemlich gleichmäßiges Korn (1, —!/; Stecknadelgröße) und einförmig graue oder braune Farbe.

Die Bestandteile sind hauptsächlich : Quarzkörner, heller Glimmer; an dunklen Gemengteilen: Biotit, Hornblende, Augit, Grünsteinchen; sporadische Einstreuungen von gröberen Quarz-, Kieselkalk- oder Kalksteingeröllen finden sich nicht selten und häufen sich manchmal zu Konglomeratlinsen im Sandstein.

Das Bindemittel ist vorwiegend kalkig und tonig, das Gestein verwittert verhältnismäßig leicht zu mürber Masse und blättert sich in äußerlichen Krusten allmählich ab; in frischem Zustand dagegen besitzt es sehr festes, quarzitartiges Aussehen.

Diese Sandsteine werden gern als Material für Häuser- und Brückenbauten in Brüchen gewonnen (Echelsbach—Lechbruck). Ver- steinerungen hierin sind außer Blätterresten (Cinammomumarten)

') Der Nachweis von Cyprina rotundata Br. gegenüber der äußerlich ähnlichen Cyrena gigas Hofmann läßt sich ohne Diskussion in der typischen Unterscheidung beider in den Schloßzähnen erbringen. Vgl. Lit. (1), pag. 62 und (5), pag. 15.

f9]: Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 157

sehr selten zu finden, der Fossilreichtum der marinen Molasse nimmt - westlich der Isar (bei Tölz), also auch in unserem Gebiete sehr ab; jedoch gelang es, im Knollgraben (südlich vom Kirnberg, östlich von Echelsbach), Gesteinsplatten mit massenhaften Fossilab- drücken aufzufinden, welche durchaus marine Formen zeigten: Thracia sp., Cardium sp., Cerithium sp. ete. Weiter ist ein neuer Fossilfundort aufzuführen, im nördlichen Muldenrandzug, nämlich an der südlichen Ammerleite in der organischen westlichen Fortsetzung des „Krebsbachlsattelzuges® (etwa 600 m nordnordwest- lich vom „Bruckerhof“, wo zwei Bachrinnsale über die südliche Ammer- leite zur Ammer herunterziehen). Hier konnten in Sandsteinen unter zahlreichen Blätterresten bestimmt werden: @Quercus furcinervis und Oinammomum polymorphum'); in der Gesellschaft der Blätterabdrücke konnte deutlich auch ein Cardium-Abdruck konstatiert werden, so daß für dieses Vorkommen der marine Charakter gesichert erscheint. Bei Horizonteinreihung dieses Vorkommens an der Ammerleite bleibt nur die engere Wahl für „Untere marine Molasse“ oder für ‚Prom- berger Sandsteine“; der organische Konnex des Vorkommens mit dem „Krebsbachlkonglomeratsattel“ sowie weitere im tektonischen Teil zu erläuternde Umstände bestimmten jedoch entschieden für Einreihung der Sandsteine in „Untere marine Molasse*“.

Vorkommen: Hauptsächlich verbreitet in der südlichen Mulden- aufrandung von Uffing—Schöffau—Echelsbach—Lechbruck, neuent- deckt wurde das unerwartete Vorkommen am nördlich aufge- bogenen Muldenrandzug der Ammerleite nördlich von Bruckerhof in der westlichen Fortsetzung des „Krebsbach- sattels“.

Mächtigkeit: zirka 150 m.

2. Untere bunte Molasse.

Auf der Basis der unteren marinen Molasse setzt nun die untere bunte Molasse in mächtiger Entwicklung ein; das über- leitende Glied zwischen beiden bildet eine Zone, die vorwiegend aus Konglomeratbänken besteht; zwischen Konglomeratzone und die unteren marinen Sandsteine hinwiederum schaltet sich eine ganz ge- ringmächtige kohlenführende Schichtenserie ein. Hiernach sind im folgenden zu betrachten:

a) kohlenführende Zwischenschichten, b) Konglomeratzone, c) bunte Molasse im engeren Sinn.

a) Kohlenführende Zwischenschichten. (Echelsbacher Kohlenschichten.)

Wie bereits bei der unteren marinen Molasse erwähnt wurde, alternieren in deren hangenderen Schichten vorzugsweise Sandstein-

') Herr kgl. Universitätsprofessor Rothpletz hatte die Freundlichkeit, beide Bestimmungen auszuführen, wofür ihm hiermit bestens gedankt sei.

158 Dr. Georg Gillitzer. [10)

bänke mit Konglomeratschichten, die infolge Auftretens zahlreicherer Gerölleinstreuungen im Sandstein erstehen.

Ziemlich unvermutet setzt Kohlengebirgsbildung ein, die aber nur in geringmächtiger Folge anhält, um dann der Konglomerat- partie das Feld zu räumen. Bei Echelsbach ist beispielsweise fol- gendes Schichtenprofil zu verzeichnen:

Liegendes: Wechsellage von Sandsteinen und Konglomerat.

Sandstein... Ener 2:00 m Kohle und Letten . . 010... Kohlendoz N) pn. r .. 0:30 Kohlenletten «7.7... 025 Tonmergel\ . 2. 0:20 Sandstein. . . ....2:00—3:00 m Koblenflöiz . . . . 005-010 ,

Hangendes: Sandstein (Staubsandstein gefleckt, bunt).

Sehr bemerkenswert bezüglich dieses Kohlenvorkommens ist der Umstand, daß die beiden Kohlenflöze trotz ihrer an sich geringen Mächtigkeit nahezu 30 km im Streichen anhalten, nämlich von Schöffau bis Urspring—Lechbruck.

Schöffau: Östlich des „Spindler“-Anwesens findet sich das mächtigere Flöz mit seiner reinen, tiefschwarzen Kohle in einem Auf- schluß mit einer Mächtigkeit von 0°5 m, ein Umstand, der das kgl. bayr. Bergärar vor einigen Jahren zu weiteren Schurfarbeiten veran- laßte; das Flöz wurde im Streichen auf zirka 30 m verfolgt, ergab aber an der Schurfstelle Unbauwürdigkeit. Die stellenweise Gering- mächtigkeit und das mehrmalige Auskeilen des Flözes, das in dem noch gut zugänglichen Stollen beobachtet werden konnte, ist auf die Wirkung tektonischer streichender Störungen zurückzu- führen, die das Flöz in verschiedenen Varianten auskeilen, daneben aber wieder beginnen lassen. Schurfversuche an anderen Stellen sollen später folgen.

Diese streichenden Sprünge verwerfen das Flöz staffelförmig und zerreißen es in verschiedene Schollenstücke, die Verwerfungen scheinen nicht regelmäßig nach einer Richtung einzufallen, sondern teilweise südlich, teilweise nördlich zu fallen; es ist möglich, daß zeitlich verschiedene Störungen tätig waren.

Solche Störungen kommen in der Schöffauer Gegend nicht un- erwartet, vielmehr ist deren Auftreten ganz natürlich, da sie als die Folgeerscheinungen jener gewaltigen Randtektonik zu deuten sind, welche die Murnauer Mulde von der Rottenbucher trennen (siehe tektonischen Teil); und eben diese große Störung zwischen den beiden

!) Der Kohlenbergbaubetrieb in Echelsbach dem Grafen Dürckheim ge- hörig, der die Kohlen fast ausschließlich in Selbstverbrauch zum Betriebe seiner Brauerei in Steingaden verwendet findet nur im kleinen mit drei Mann Beleg- schaft in Stollenbau statt; der Betrieb ist hoch romantisch, direkt an der Ammer zwischen den steilen Wandhängen der Ammerleiten gelegen, das im Abbau stehende Flöz besitzt nur 25—30 cm Kohle, jedoch von sehr guter Qualität.

[11] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 159

Mulden - liegt bei der Schurfstelle Spindler in unmittelbarer Nähe im Süden.

Urspring: Bei Urspring im äußersten Westen unseres Gebietes gibt ein vortrefflicher Aufschluß in einem Steinbruch bei „Vorder- gründl“ (von der Straße aus führt ein versteckter Hohlweg in den Bruch) folgendes Profil:

Liegendes: Mürb verwitternder Sandstein, Könglomeral . zu 31m _ (Gerölle im allgemeinen Biesohe kerngroß, einige Lagen besitzen Gerölle bis Hühnereigröße ; dazwischen gelagert sind körnige

Sandsteine). Kohlenflözchen mit grünem Ton-

schiefer im Liegenden . . . 10—12 cm Saudsten. 7, a sem, Konglomerat, feinkömig . . . 6m Kohlenflöz . . . 20—25 cm

in der Mitte zirka 9 cm „Feuer- mugel“ (Bezeichnung der Peißenberger Bergleute, weil dies kieselige Mittel beim Schrämen mit dem Pickel Feuerfunken gibt)

Grauer Tonschiefer mit Kohlen- schnüren . . . lea EDCHE

Kohle und as Srnnggel 5 er rem

Hangendes: Sandsteine (= Bausandsteine des Bruches).

Das Hauptkohlenflöz zeigt sich auch verdrückt und verknetet, so daß die normale Mächtigkeit des Flözes noch nicht festgestellt ist.

Aus den Vorkommen der örtlich zirka 25 km entfernt vonein- ander liegenden Aufschlüsse ergibt sich folgendes: sämtliche Vor- kommen finden sich in den Grenzschichten zwischen unterer mariner und unterer bunten Molasse, an sämtlichen Aufschlüssen sind zwei Flöze, ein stärkeres, mit durchschnittlich 25 cm Kohle, und ein schwächeres, mit zirka 10 cm vorliegend. Daraus darf geschlossen werden, daß, wiewohl die Aufschlüsse im Streichen nicht kontinuier- lich sind, die beiden Flöze in den getrennten Aufschlüssen mit Sicherheit in sich identisch sind und mit beachtenswerter Ausdauer auf mindestens 25--30 km im Streichen aushalten.

Vorkommen in der Nordrandung: Krebsbachl. Profil etwa bei ZusammenflußB der beiden Krebsbachlarme (Nordflügel des „Krebsbachlsattels*):

160 ml 0H TB Georg Gillitzer.' >32: 15301099) [12]

Liegendes: Konglomerat des Sattelkernes u Süd)

Sandstein . - ee Kalkmergel, lichtgrau, dünnblätterig : SEE Sandsteine und Tonschichten .. . . re N Sandschiefer (gequält, Verwerfung)). 2 Massiger Sandstein, körnig und glimmerhaltig . . 3 Grünlicher Letten mit Pflanzenresten, Helices 10 (—60) cm Flöz : schöne schwarze Kohle, verruschelt und

verdrückt..2 0 9 5 Tonschiefer, lichtgrünlichgrau REES 7 ir m Ton, bröckelig und Sandis Fra WEIT Grauer Ton,. etwas geschiefent.. 2.07 in u 20 Kohlenschmitz; 2.5, ur ie u N Er e Grauer Ton . DU es Stinkstein, dunkelbraun, mit häufigen Planorbon , 40:% Kohlensehmitz : ".s.. Pr ee Tonsgrau.n. ib 0 9% 9 uk I ausser ala Kohlensehmitz. 2.5. 2m: 1 5.2. Sup Eee Ton, bröckelig . . 3A Stinkstein, hart, sandig, dunkelbraun, mit zahlreichen

Abdrücken von Helices oder Planorben Se a Tone, Jiehteran, Dlätterie, Er. rt un. Dal Sandstein, körnig, glimmerig . u 0.01: Tonschiefer, lichtgrau, mit dunkleren Helixzwischen-

schichten (65° südfallend) .... , ie) Bunte Staubsandsteine (seigerfallend) und intensiv

gefleckte Tonschichten: ...’ „.u....n, .

Das Vorkommen im Krebsbachl zeigt unstreitig sowohl in seiner Ausbildungsweise als auch nach Maßgabe seines Verbandes mit den Kon- glomeratschichten den größten Anklang an die Kohlenschichten der Südrandung. Als Unterschiede gegen die südlichen Vorkommen ist allenfalls hervorzuheben, daß die Mächtigkeit der kohlenführenden Schichten im Krebsbachl zirka 25 m gegen rund 10 m im Süden beträgt und daß die nördlichen Vorkommen Helixfunde aufweisen.

Doch diese Unterschiede müssen der Ausbildungsumänderung im nordsüdlichen Verlaufe zugeschrieben werden. Eine Ähnlichkeit des Krebsbachlvorkommens mit oberer bunter Molasse (Kohl- grabenflöz), wie Bärtling zu beweisen sucht, ist wirklich keines- falls zu erkennen. Die wichtigste Stütze dieser Ansicht, die „Helixschichten“, ist hinfällig (siehe „Helixtone“ in unterer und oberer bunter Molasse später); recht überzeugend erscheint jedoch hier der wichtige Konnex: Konglomerat, weiter kohlenführende Schichten und marine Sandsteine.

In paläontologischer Beziehung geben. diese Kohlengebirgs- schichten allenfalls Planorben und Helixfunde, aber niemals Cyre- nen oder diese begleitenden Fossilien, so daß diese an sich auch geringmächtige Schichtgruppe durchaus nicht den Cyrenenschichten zugezählt werden darf, wie Stuchlik ver- trat. An allen Lokalitäten unseres Gebietes, wo durch unstreitig nor-

[13] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 161

malen Verband diese Schichten mit unterer mariner Molasse ver- kettet sind, werden sich niemals Cyrenen oder ähnliche Fos- silien aufweisen lassen. Wo „untere ÖOyrenenschichten*mit Cyrenen früher angegeben wurden, gehören diese Schichten nicht unseren jetzt betrachteten unteren Kohlenschichten an, sondern ohne jeden Zweifel den Hauptcyrenenschichten, auf denen der Peißenberger Bergbau umgeht.

Die Kohlenbildung unserer älteren Üherkeigssehichten steht unmöglich in irgendeinem genetischen oder faunistischen Zusammen- hang mit den cyrenenführenden „Kammerloher* und „Philippsflözen“ der Penzberger und Haushamer Gegend. Wahrscheinlich ist es jedoch, daß diese unsere Kohlenschichten als Alteräquivalente, als fazielle Differenzierung der östlichen „Kammerloher und Philippsflöze* zu gelten haben, da sie ja analog wie im Osten auch im Westen auf die unteren marinen Sandsteine folgen. Mithin ist als Ergebnis des vor- liegenden Abschnittes zu verzeichnen:

Sogenannte untere brackische Cyrenenschichten (Kammerloher Flöze) sind im Gebiete von Rottenbuch und Peißenberg nicht mehr vorhanden. Das substitu- elle Vorkommen ist wohl hier eine Süßwasserbildung.

b) Konglomeratzone.

Die petrographische Betrachtung ergibt:

Grundmasse: Entweder sehr feinkörnig und gleichmäßig (ähn- lich wie der Sandstein der unteren marinen Molasse) von dunkel- srauer Farbe mit einem schwachen Stich ins Grünliche oder trüb- milchige Grundmasse von Kalkspat, wobei dann die Konglomerate leicht bei der Verwitterung zu „Kies“ zerfallen.

Rollstücke: Im allgemeinen gleichmäßig groß, kirschkern- bis haselnußgroß, selten über 5 cm Durchmesser, durchaus sehr voll- kommen gerollt. Das Material der Gerölle besteht hauptsächlich aus schwarzen kieseligen Kalken (Flysch, Hornsteinkalke aus alpinem Neokom oder Aptychenschichten etc.), aus helleren Kalkgeröllen von weißlicher und gelblicher Farbe. Auch rein weiße Quarzgerölle finden sich vor. Jene merkwürdigen Eindrücke von Geröllen auf die benach- bart anlagernden finden sich oft (häufiger tritt. diese Erscheinung in der südlichen Murnauer Mulde hervor, wo Rollstücke mit über Kinds- kopfgröße nicht selten sind. Die Rollstücke sind hier nicht so voll- kommen gerundet. Das Bindemittel findet sich auf weite Erstreckungen intensiv rot gefärbt).

Art des Vorkommens: Eingeschaltet in die Konglomerat- folge sind körnige Sandsteine und intensiv bunte (rotgefleckte) Stein- mergel. In ostwestlichem Streichen halten die Konglomerate im allgemeinen gleichartig aus, wiewohl ein verhältnismäßig rascher Über- gang in bunte Staubsandsteine und Tonmergel bisweilen beobachtet werden kann, ein Umstand, der einiges Licht in die Genese der letzteren zu werfen imstande ist.

In der südnördlichen Erstreckung ist eine beträchtliche Ab- nahme der Konglomeratschichten zugunsten der Zunahme der „Staub-

Jahrbuch d.k. k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (G. Gillitzer.) Pal

162 Dr. Georg Gillitzer. [14]

sandsteine* und der bunten Tonmergel zu verzeichnen. In dernörd- lichen Verbreitung (südliche Ammerleite-Krebsbachlzug) bilden die Konglomerate nur mehr Einschaltungen in die bunten Mergel, doch ist auch hier festzustellen, daß das ostwestliche An- halten dieser Konglomeratzüge in der Nordzone gleichfalls im all- gemeinen beständig ist. Freilich ist ein kontinuierliches Ver- folgen von solchen, immerhin spärlich gestreuten Konglomeratzügen auf weitere ostwestliche Erstreckung nicht möglich.

Vorkommen: Namentlich in der südlichen Muldenrandaufbie- gung von Uffing bis Lechbruck, doch auch im nördlichen Muldenflügel anstehend im Zug:

Lechner—Krebsbachl, St. Nikolaus—Sattelzug, Schnalzmolasse—Schnaitbereg.

Mächtigkeit: Eine scharf begrenzte Abtrennung ist hier nicht möglich, so daß nur ungefähr eine Mächtigkeit angegeben wird von 170 m.

c) Untere bunte Molasse im engeren Sinne.

Mit Behandlung dieses Schichtgliedes betreten wir umstrittenes und noch unentworrenes Gebiet, denn die wünschenswerte Sichtung der unteren und oberen bunten Molasse wurde durch die bisherigen Untersuchungen noch nicht erzielt und eine auch für die praktische Diagnose wertvolle Horizontierung in den beiden Komplexen liegt gleichfalls nicht vor, so daß man des Öfteren bei praktischen Fragen kaum die Entscheidung treffen kann, ob untere oder obere „bunte“ vorliegt, geschweige denn, daß man den näheren Horizont in der be- treffenden Schichtfolge anzugeben vermag.

Das Ergebnis unserer Untersuchung bestätigt einmal das sichere Vorhandensein zweier altersverschiedener bunten Molassen, einer „unteren“ und einer „oberen“, und erbringt für beide Kom- plexe eine Horizontierung, freilich nur in ganz großen Zügen, da jeglicher Versuch, eine feindifferenzierende Stufung zu schaffen, für die Praxis belanglos erscheint.

Horizontierung der unteren bunten Molasse.

In ermüdender Einförmigkeit kehren in der „unteren bunten“ scheinbar lithologisch ganz gleichartige Schichten immer wieder. Lei- tende Fossilien fehlen vollkommen, doch ist es wohl möglich, im Ammerprofil eine Zweiteilung im großen vorzunehmen, welche unter Umständen für die Praxis schätzbare Richtpunkte zu bieten vermag. Nämlich es ist zu unterscheiden: eine tiefere „rote“ und eine höhere „graue“ (beziehungsweise „grüngraue“) Stufe.

„Rote bunte Molasse.* (Tiefere Stufe.) Dieser Schichtenkomplex bevorzugt intensiv ziegelrote oder violettrote Farbtöne, die in unregelmäßigen maserierten oder „großoolithartigen“ Flecken, welche mit einer grellgelben

[15] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 163

und sattgrünen Farbflammung abwechseln. Vornehmlich drängt sich bei Beobachtung dieser Partie im großen der lebhafte Eindruck der intensiv roten Farbe als Charakteristikum auf, wogegen die anderen Töne etwas zurücktreten. Petrographisch: Den Hauptanteil stellen in petrographischer

Beziehung:

die sogenannten Staubsandsteine,

Tonmergelschichten,

Konglomerate, nur vereinzelt.

Als „Staubsandsteine“ seien Gesteine vonganzfeiner,dichter Textur bezeichnet, welche in inniger Vermahlung Quarz, Glimmer- schüppchen, die an den Schichtflächen angereichert erscheinen, sowie Ton und kalkige Gemengteile enthalten. Typisch ist für sie hervor- zuheben:

zähe Konsistenz des Gesteins, rundbucklige, knollig- flächige Abwitterung und buntflammige, oft großoolith- artige Zeichnung in obig geschilderten Farben !); Bärtling führt diese Gesteine an als: „gelb, rot, grau marmorierte Mergel, deren oft sehr hoher Kalkgehalt der Verwitterung einen nicht unbedeutenden Widerstand entgegenstellt etc.“*, auch die in der Literatur sich bis- weilen findende Bezeichnung „Steinmergel“ will wohl das gleiche wie „Staubsandstein“ bedeuten. Die petrographische Zusammensetzung der Staubsandsteine kann in weiteren Grenzen schwanken, so daß durch Zunahme des Quarzgehaltes und der Korngröße graue körnige Sand- steine, durch wachsenden Tongehalt Tonmergel oder Ton- schiefer erstehen können, die dann meist noch greller bunt ge- flammt sind und durch vorzügliche scharfe Bankung und hakige Bruchflächen auffallen; doch weisen diese Tonschiefer immer noch einen merkbaren Gehalt an Sandbeimengung und Kalk auf, so daß die Gehängeböschung (im Gegensatz zur Böschung der „oberen bunten*) noch ziemlich steil sind.

Konglomeratbänke, petrogr. vollständig gleich denen der „Kon- glomeratzone*, kommen in Zwischenschaltung in die bunten Mergel und Staubsandsteine mehrmals vor.

Sämtliche bisher betrachtete Gesteine sind meiner Beobachtung nach in der Abstammung und Entstehungsart sehr nahe verwandt und können gar wohl in derselben Schicht ineinander übergehen.

Paläontologische Funde wurden in diesen grellbunten Gesteinen nicht gemacht, doch finden sich in der Sammlung der Kgl. Akademie der Wissenschaften (Neuhauserstraße, München) in den gleichen Schichten Blätterreste vor, die meiner Erinnerung nach in der bunten Molasse der südlichen Murnauer Mulde gesammelt wurden.

„Helixtone“. Eine eigene Stellung nehmen hier fettonige, dunkel grünlich bis schwarz gefärbte Zwischenlagen ein, die eine angenehme Abwechslung durch ihr intermittierendes Auf- treten in den bunten Molasseschichten hervorrufen; die ausnahmsweise

') Die Staubsandsteine können jedoch auch in der einförmig grauen Farbe auftreten; man könnte sie auch nenpen: „sandige Kalkmergel mit Glimmer- anreicherung an den Schichtflächen,*“

21*

164 Dr. Georg Gillitzer. [16]

dunklere, manchmal sattblaugrüne Färbung wird zum großen Teil durch kohlige Beimengung erzeugt, die manchmal so weit zunimmt, daß man unreine Kohlenflöze vor sich zu haben vermeint; die Mäch- tigkeit dieser dunklen Tonzwischenschichten beträgt jeweils zirka 20—40 cm.

In paläontologischer Beziehung führte das nähere Stu- dium dieser an sich auffallenden und darum zu schärferer Augen- scheinnahme herausfordernden dunklen Tonschichten zu folgendem Ergebnis: fast durchgehends in der ganzen unteren bunten Molasse (auch in der oberen, wie später gezeigt wird) enthalten diese dunklen Tonzwischenlagen eine relativ individuenreiche Gastro- podenfauna (Helices'), Helix cfr. rugulosa von Mart.); in den un- tersten Horizonten sind die Helixfunde nicht so häufig, die Indivi- duen merklich kleiner, auch die Erhaltung nicht so gut wie in höheren Lagen, der Vergleich der aus den verschiedensten Horizonten gesam- melten Helixindividuen ergab keine befriedigende Unterscheidungs- möglichkeit, da die Schalen verpreßt sind und sich so die Form der Mundöffnung nicht bestimmen läßt, auch die Verwendung dieser Schichten zum Zwecke einer Horizontierung der unteren bunten Molasse ist ausgeschlossen, da man solche „Helixtone“ in den verschiedensten Horizonten sehr zahlreich und vollständig gleichartig antreffen kann, wenn man darauf besonderes Augenmerk verwendet.

Die „graue bunte Molasse*. (Höhere Stufe.)

Eine scharfe Trennung von der „roten bunten“ besteht nicht.

In dieser Partie kommen sämtliche Gesteinsarten wie in der „roten* vor mit Ausnahme der Konglomeratzwischen- schichten, diehierdurchausfehlenund dieser Umstand ist mit für diese Partie typisch; in der Färbung der bunten Schichten muß hier hervorgehoben werden, daß intensiv rot ge- flammte Tonmergel- und -schiefer zwar in derselben Art wie in der roten vorkommen, jedoch mit der Beschränkung, daß die roten Schichten hier nur in einzelnen Bänken, auch mehreren Bänken hintereinander auftreten, aber der ganze weitere Komplex vor- waltend intensiv gelbgrün und grau gefleckt ist; dieser Farbeneindruck ist für diese Partie gleichfalls charakteristisch.

Weiter wird betont, daß die grellbunt maserierten „Steinmergel“ der unteren Partie hier mehr zurücktreten und grauen, teilweise fein- texturigen, meist aber körnigeren dunkelgrauen Sand- steinen, die oft mürb zu Sand verwittern, das Feld räumen; diese Sandsteine bilden bereits die Einleitung zur Ausbildungsweise der Sandsteine in den nun folgenden Cyrenenschichten. Der allgemeine Gesteinshabitus wird in den höheren Lagen toniger und ist am tonreichsten in Annäherung an die Cyrenenschichten. Unmittelbar

!) Nicht bloß „Schalenreste“, sondern ganze, ziemlich gut erhaltene Exemplare.

[17] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 165

unter den Cyrenenschichten ist die Ausbildung der bunten Molasse genau so wie die der oberen bunten und kann also in diesem Fall nicht mehr von der oberen unterschieden werden, was bei Beur- teilung von Bohrproben große Schwierigkeiten bei der Gesteinsdiagnose verursacht.

Die oben erwähnten Helixtonzwischenschiehten a hier ziemlich häufiger vor als in der „roten bunten“, die Helix- individuen florieren an Größe sowie an Güte des Erhaltungszustandes, namentlich direkt im Liegenden der Cyrenenschichten nimmt die Zahl der Helixtoneinschaltungen sehr überhand.

Die Mächtigkeit beläuft sich ungefähr:

für die „rote“ Partie auf: im Süd 750 m, im Nord 600. m _(P) an WERE Br DIE er a

Hiermit Gesamtmächtigkeit der unteren bunten Molasse:.

Ime Sudan 0 Yan in Nord. co. 2.0 2 2000.72

Diese Unterteilung kann jedoch nur für die Gegend von Rottenbuch und östlich hiervon bis zur Eyach gelten; westlich Rottenbuch ist deutlich zu beobachten, daß die Mäch- tigkeit der roten bunten auf Kosten der grauen überhand nimmt und diese wohl am Lech ganz verdrängt; verbunden hiermit ist Über- handnehmen von mehr sandigen Schichten im Westgebiet.

Vorkommen: Aufgeschlossen im Ammertal südlich und nördlich Rottenbuch, im Eyachtal (an der Mündung des „Kühgraben“), an der „Ach“ und im Westen südlich und nördlich der Illach !).

3. Cyrenenschichten oder produktives Kohlengebirge. (Brackwassermolasse.)

Die Cyrenenschichten als das kohlenführende Gebirge stehen im Mittelpunkt unseres bergmännischen Interesses, vorliegende Untersuchung bezweckte auch letzten Endes eigentlich die Feststellung und Erschließung etwa vorhandener neuer, unentdeckter Kohlenschätze im südlichen Teil des ärarialischen Reservatfeldes.

Eine durchgreifende Erforschung der Cyrenenschichten. stößt wegen der Hangverrutschungen, wegen der weitausgedehnten Über- deckung mit diluvialen Schichten sowie mit Mooren und Wäldern auf große Schwierigkeiten. Durchgehende Profilaufschlüsse durch die ge- samten Cyrenenschichten konnten nirgends erhalten werden, sporadisch konnte ein Aufschluß an der einen Stelle, ein zweiter meist in weiterer Entfernung von ersterer kartiert werden. Aus solchen mühsam ge-

!) Anschließend ist zu bemerken, daß die Unterscheidungsmerkmale eben durchgeführter Horizontierung nicht bei speziellem Studium einzelner Gesteins- bänke beobachtet werden können, vielmehr setzt die an sich nicht leichte Unter- scheidung eine längere Vertrautheit mit diesen Gesteinen voraus und es ist mehr Sache „petrographischen Gefühis“, den relativ größeren oder geringeren Tongehalt oder das Vorwalten mehr roter vor gelber Fleckung abzuwägen.

166 Dr. Georg Gillitzer. [18]

wonnenen Ergebnissen mußte ein Bild von der Ausbildungsart, der Kohlenführung, der Mächtigkeit und des tektonischen Aufbaus unserer Gegend kombiniert werden.

Die Konstellation der Cyrenenschichtenaufschlüsse bei der geo- logischen Kartierung, die Art der Schichtenausbildung und der Kohlen- führung gaben vorerst ein sehr ee u. von dem Vorkommen in unserem Gebiet.

Petrographisch sind die Oyrenenschichten wie die des Peißen- bergs ausgebildet; die Fossilienführuig erwies sich an den zu beobachtenden ÖOrtlichkeiten, wie bei Peißenberg reich an brackischen Versteinerungen, Lumachellebänke von Cerithien und Cyrenen in üppiger Ausbildung fanden sich sowohl in Aufschlüssen des Ostens in der Eyach, alsauch weitim Westen im Illachbett nördlich von Staltannen (zirka 3 km nordöstlich von Steingaden). Was die Kohlenführung betrifft, so wurden insgesamt zirka 15 Flöze mit über 10 cm Kohle gefunden, als bedeutendere hierunter sind anzuführen:

A. Westgebiet: Im westlichen Nebenbach des Talbachgrabens bei „Hausgorl“:

Hang.: 10 cm Kohle (rein) 7 Tonschiefer 9 Kohle 15 Stinkstein Kohle (rein)

—= 55 cm Flöz mit 33 cm Kohle (Nordflügel der Mulde).

Im Mühleckgraben südlich P. 827 im Südflügel der Mulde:

Hang.: Cerithienschichten 12 cm Kohle (rein) 5 Stinkstein 4 Schieferton 3 Kohle

24 cm Flöz mit 15 cm Kohle.

B. Im Ostgebiet:

1. An der Eyach in der liegendsten Cyrenenschichtenpartie des Nordflügels zirka 220 m nordwestlich der Mündung des Kühbaches am linken Eyachhang:

Hang.: 4 cm Schiefer 20 ,„ Stinkstein 9 Kohle (rein) 3 Stinkstein 13 Kohle (rein) 39 Letten 37 Stinkstein Lieg.: 14 Kohle (rein)

Hang.: 139 cm Flöz mit zirka 36 cm reiner Kohle.

2. An derselben Aufschlußstelle zirka 15 m saiger darüber:

Flöz mit 18—22 cm sehr reiner, tiefpechschwarzer und harter Kohle ohne jedes Mittel.

[19] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 167

3.-Zirka 400 m südwestlich Mündung des Vogelsbaches an der Stelle, wo die Eyach nach Nord umbiegt am rechten, südlichen Ufer:

Flöz mit 30 reiner, harter Kohle ohne jedes Mittel.

4. Zirka 7 m saiger darüber: Flöz mit 41 bis 45 cm Kohle mit zweimal 2 cm Lettenmittel,

Hierzu berichtet noch Gümbel von 3 Kohlenflözen am Nord- hang des Illberges (westlich von Rottenbuch), wovon eines bis zu 50 cm Kohle besitzen soll; es gelang nicht, diese Flöze aufzufinden.

Mit Berücksichtigung der durch günstige Marktlage weite Ent- fernung von den großen Kohlenzentren unseres Reviers ganz anders fixierten Bauwürdigkeitsgrenzen der oberbayrischen Kohlenflöze, deren Bauwürdigkeit bereits bei 30 cm Mächtigkeit beginnt, mußte nach Maßgabe sämtlicher bei der geologischen Aufnahme gewonnenen Ergebnisse dahin geurteilt werden, daß unter Umständen, falls die auf- gefundenen Flöze horizontal anhielten und sich vielleicht noch weitere bauwürdige Flöze, die unter der Ueberdeckung vermutet werden konnten, fanden, die Aussichten auf ein neu zu sowinnendas Kohlen- revier nicht ungünstig stellten.

Die durchgehende Beschaffenheit der Cyrenenschichten unseres Gebietes konnte ohne künstliche Aufschlüsse niemals erschöpfend er- kundet werden und der Geist unserer Zeit, wo man mit weiter vor- sehendem Blick auf künftige Zeitabschnitte das im Schoß der Erde ruhende Volksvermögen von Kohle und Eisen zu ergründen strebt und bereits sorgsam buchführt mit den noch vorrätigen Bodenschätzen gegenüber dem für die Industrie und das Leben nötigen Verbrauch an solchen, in der Zeit der „Eisen- und Kohleninventuren“ war die durch die Kgl. Bayr. Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke intensive Aufschlußarbeit mittels Bohrungen im ärarischen Reservatfeld als Erfüllung eines zeitgemäßen Erfordernisses zu begrüßen.

Vier in der Gegend von Eyachmühle niedergebrachte Boh- rungen setzen uns in die Lage, neben Erkundung der Tektonik jenes Gebietes das stratigraphische Verhalten der Cyrenenschichten, die im Süden nur mehr ganz spärlich bei Sprengelsbach aufgeschlossen sind von Nord nach Süd zu, zu verfolgen.

1. Niveau der Promberger Schichten.

Nördliches Vorkommen: Die „Hangendsandsteine“ mit Kohlenschmitzen und selten Fossilien— eingroßer Querschnitteiner Schale, gefunden bei Eyachmühle ist wohl Cyprina rodundata Br. angehörend bestehend aus zirka 10—30 m mächtigen, alternierend härteren und weicheren, „faul“ zu Sand (mit Kalk!) verwitternden Sandsteinen; häufig sind fingerdicke astförmig verzweigte Bohrgänge,: welche mit meist andersgeartetem Gestein ausgefüllt sind.

Im Vergleich zu. Peißenberg ist zu betonen, daß abgesehen vom Unterschied in der Mächtigkeit Fossilführung in den Hangend- sandsteinen im allgemeinen sehr gering ist; jedoch zuweilen können einzelne Tonmergelbänke mit marinen oder brackischen Fossilien da-

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zwischen geschaltet, bzw. unmittelbar im Hangenden der Sandsteine vorkommen, so nördlich Rottenbuch am linken Ammerufer unmittelbar am Wasserspiegel.

Südliches Vorkommen (Bohrung P. VIIa an der Kreuzung des Schlichtenbaches mit der Straße Böbing—Schöffau): 2 m mächtige Sandsteine mit nicht selten: T’hracia sp. Psammobia und Cardium sp. vertreten im Süd die Hangendsandsteine.

Die typische Ausbildung der Hangendsandsteine mit Verwitterung in Sand kann als gut brauchbare Leitschicht in unserem Gebiete gelten (Unterlauf des Schichtenbach, Eyachmühle, Ammer).

2. Darunterliegende Schichten: Niveau der Cyrenenschichten.

Im nördlichen Vorkommen sind die Cyrenenschichten an der Eyach von der Ausbildungsart von Peißenberg kaum verschieden.

Gegenüber dem Peißenberger Vorkommen ist hervorzuheben, daß die Mächtigkeit an der Eyach nur mehr zirka 200 m beträgt und daß sich bunte Lagen in die Cyrenenschichten bisweilen einschalten.

Bezüglich der Kohlenführung an der Eyach sei auf oben ver- wiesen.

Gegen Süden zu werden die Mergelschichten der Eyach durch Sandsteine. verdrängt, die nur geringe Einschaltungen von Ton- oder Mergelbänken besitzen; auch greifen, wohl von Süd her bunte Tonschiefer in die Serie fugenartig herein. Die ganze Schichtfolge besitzt etwa eine Mächtigkeit von 200 —240 m. Die Sandsteine zeigten in den liegenden Partien dunkle Farbe infolge von kohligen Beimengen, welche wohl von abradierten Kohlenflözen stammte, sowie dicht nebeneinander gelagerte Kohlenschnürchen in wirt „fuidaler“ Struktur und auch häufige Einschlüsse von Tonlinsen und nestartige Anhäufungen von gröberem Quarzsand, so daß das Gestein im Schliffe ein „großbrekziöses“ Aussehen besitzt.

In diesen dunklen liegenden Sandsteinen fanden sich an Fossilien: kleine Nerita-Arten mit feiner künstlicher Schalenzeichnung, Cerithium margaritaceum, Cerithium plicatum, Fusus sp. Psammobia sp. Gervillia sp. und zahlreiche Gastropodenindividuen kleinerer Art.

Gemäß dem marinen Charakter dieses Schichtprofils, das eine Bohrung an der Kreuzung des Schlichtenbachs mit der Schöffauer Straße aufschloß, trat Kohlenbildung sehr zurück und wur- den im Südflügel der östlichen Mulde nur mehr schwache Ausklänge von den nördlichen Eyachflözen verspürt.

Die Aufnahme weiter westlich bei Rottenbuch an der Ammer und im: Talbach. ergab:

Im Nordgebiete bei Pischlach finden sich Kohlenflöze von zirka 20—30 cm Kohle; ob daneben noch stärkere Flöze vorliegen, darüber kann mangels guter Aufschlüsse nichts ausgesagt werden. Petrographische Beschaffenheit und Fossilführung gleichten jener von Peißenberg, bunte Einlagerungen kommen vor. Die Mächtigkeit be- trägt zirka 220—250 m.

Im:Südgebiet an der Ammer kann nicht so sehr mariner Umschlag der Oyrenenschichten als vielmehr Ueberhandnehmen

[21] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 169

von bunten, unproduktiven Einlagerungen konstatiert werden; immerhin findet sich im Mühleckgraben im Muldensüdflügel noch bemerkenswerte Kohlen- und Stinksteinbildung, welche noch eine stärkere Vormacht der brackischen Einflüsse daselbst als im Südflügel der Eyachgegend bezeugt. Die Mächtigkeit der Cyrenen- schichten mit den bunten Lagen ist im ganzen genommen etwas ge- ringer als im Nordflügel etwa 200 m.

Ein wichtiges paläontologisches Vorkommen bilden die Lagen mit Ostrea cyathula, welche durchgehends in den Ammeraufschlüssen so- wie im Talbach in der liegendsten Partie der Cyrenenschichten kon- statiert werden konnten. Diese Fossilien häufen sich hier zu enormen Mengen in einer Bank an und können als Leitschicht für die tiefsten Cyrenenschichten des Rottenbucher Gebiets gelten.

Die Cyrenenschichten westlich Rottenbuch sind mit einer einzigen Ausnahme an der Illach nördlich Stahltannen überhaupt nicht aufgeschlossen.

Nach dem Bericht Gümbels müssen sie wohl noch kohlen- führend sein. (3 Flöze bis 50 cm am Nordhang des Illbergs), doch betont Gümbel Vorwalten von sandiger Schichtbeschaffenheit, was wohl auf marine Einflüsse und Faziesumänderung deutet.

Der tektonische Bau dieses Westgebietes bedingt übrigens ein rasches HeraushebendesUyrenenschichten-Muldenkernes, so daß am Lech nur mehr liegende bunte Molasse vorhanden sein dürfte; die hochgehobenen Cyrenenschichten sind hier bereits der Abrasion zum Opfer gefallen.

Somit ist als abschließendes Urteil nach unserer Untersuchung hervorzuheben, daß die Cyrenenschichten der Rottenbucher-Böbinger Gegend ein Kohlenvorkommen von größerer wirtschaft- licher Bedeutung nicht in sich schließen; lediglich die nördlichste Cyrenenschichtenscholle in der Östgegend (Eyach) und von hier vielleicht bis Rottenbuch (Talbach) reichend, birgt zirka 2 bis 3 Flöze mit 30—45cm Kohlen- mächtigkeit. Diese Scholle, welche in sich in einer ziemlich schmalen, nicht sehr tief greifenden Muldung mit ganz unter- drücktem Südflügel besteht, ist durch eine Ueberschiebungsverwerfung von der südlich anstoßenden, breiten und tiefausgreifenden Rotten- bucher-Böbinger Hauptmulde getrennt.

Die Hauptmulde dürfte nach den Bohrergebnissen im ganzen streichenden, sowie im querschlägigen Verlauf keine bauwürdigen (d. h. über 30 cm starken) Flöze in sich begreifen. Das Verschwinden der brackischen Cyrenenschichten am Lech und westlich hiervon mußte aus unserer näheren Untersuchung vor allem auf tektonische Einflüsse zurückgeführt werden, wiewohl primärsedimentäre Verschiedenheit in der Faziesausbildung mit überhandnehmender Vertretung von bunten terrestrischen Schichten an Stelle der brackischen im Westen zweifellos auch mitspielte.

4. Obere bunte Molasse.

Ein Gegenstück zur früher betrachteten „unteren bunten Molasse“ bildet die „obere bunte“, die im Hangenden der Cyrenen- Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (G. Gillitzer.) 22

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schichten ansetzt; beide „bunten“ besitzen eine weitgehende litholo- gische Ähnlichkeit, so daß eine sichere Unterscheidung bei- der oft recht schwierig ist und vielfach Anlaß zu ganz konträren stratigraphischen Behauptungen und tektonischen Schlußfolge- rungen gab. |

Petrogr.: Den Hauptanteil am Baumaterial der oberen bunten Molasse liefern:

Tonige Mergel, Schiefertone und Tonschiefer; als vornehmlichstes Charakteristikum der oberen bunten Molasse gegenüber der anderen möchte ich den überwiegenden Tongehalt hervorheben. Die Tonschichten sind bisweilen gut geschichtet, manchmal aber auch klotzig entwickelt mit beliebiger Klüftung, so daß das Schichtfallen auf weitere Erstreckungen hin undeutlich wird. Diese klotzigen Tone fühlen sich oft spezifisch schwer und fett an, brechen in klüftigen, hakigen Flächen, verwittern erdig-grusig und nehmen, wenn sie mit Wasser zusammenkommen, häufig breiflüssigen Zustand an, um so von den Hängen gegen die Bachrinnsale sich zu bewegen. Neben dem charakteristischen Tongehalt ist der „oberen bunten“ die Farbtonung typisch eigen: Fleckung und Flam- mung von lebhaft gelb und grün (dunkles Blaugrün) sind hier hauptsächlich hervortretend; violettrote oder dunkelrotweinfarbige Fleckung kommt hier zuweilen vor, jedoch und dies ist hier wieder typisch! nur in einer oder einigen wenigen Zwischen- bänken; zum Unterschied der unteren „roten bunten*® Molasse sei betont, daB dort sich die Rotflammung über größere Schichtkomplexe durchgehend erstreckt und den vorherrschenden Farbton bildet; auch glaube ich, daß der Rotton in der oberen bunten nicht so intensiv und lebhaft hervortritt als in der unteren; dazu ist auch sicher, daß Rotfleckung in der oberen Molasse sehr selten ist. Sehr zurücktretend gegen die Tonschichten sind hier Sandsteine und Konglomerate.

Die in der „unteren bunten“ behandelten „Staubsand- steine* fehlen hier nahezu ganz, eine Eigenschaft, die hin- wiederum als typisch für die „obere bunte“ zu verzeichnen ist.

Die Sandsteine sind hier fast immer körnig, in den liegenden Schichten manchmal etwas härter und widerstandsfähiger, gewöhnlich aber mürb verwitternd!) und zu dunkelgrauem, morschem Sand zerfallend; ziegelrote Tüpfchen (verwitterte Feldspate) treten häufig auf. Die Sandsteine nehmen manchmal gröberes Korn an, ent- halten vereinzelt Gerölleinschlüsse, die dann und wann schwarmartig in linsenförmiger Anhäufung Konglomerate bilden; im Gegensatz zu den Konglomeraten der unteren bunten Molasse glaube ich einen Unterschied in der Grundmasse der Kon- glomerate zu fühlen; die Konglomerate der oberen bunten Molasse besitzen mehr weißliche (allenfalls noch gelbliche) Grundmasse, die Hauptbestandteile sind hier mehr reine, weiße Quarzkörnchen,

!) Ich möchte die Verwitterungsumwandlung als „Fäule“ bezeichnen (vgl. hierzu auch Dr. O. Reis, Beobachtungen über Schichtenfolge und Gesteins- ausbildungen in der fränkischen Trias. Geog. J. K. 1909, pag. 74, Anm.

[23] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 171

die nicht so vollkommen rund gerollt sind und durch kalzitisches Caement verfestigt werden; das Aussehen der Konglomerate der oberen bunten Molasse ist auch dementsprechend etwas frischer; bei den Konglomeraten der unteren bunten ist die Grundmasse mehr grau und dunkel. Bezüglich der Rollstücke kann vielleicht der feine Unterschied gemacht werden, daß die Gerölle derobere n Konglomerate nicht so vollkommen gerundet sind wie die der unteren, so dab hieraus der Schluß zu ziehen ist, daß diese Gesteinsmaterialien nicht so weit transportiert wurden wie die der unteren bunten. Helixtone: Bereits in der unteren bunten Molasse schalteten sich dunkle Tonschichten in verschiedenen Abständen beliebig ein, die „Helixtone“ benannt wurden; eben diese Helixtone von dunkel- grüner bis schwärzlicher Farbe und bisweilen beträchtlichem Kohlen- gehalt nehmen in der oberen bunten Molasse stark überhand, sie treten auch hier in verschiedenen Abständen zwischen den gelbgefleckten Tonmergeln auf und bilden hier einen ganz beträchtlichen Bestand- teil am Aufbau der „oberen bunten“. Bei genauerer Beobachtung wird man gewahr, daß diese grünen, grusigen Tone Helices in massenhafter Zahl und üppiger Ausbildung beherbergen; paläontologisch neu tritt in manchen Tonschichten eine größere Gastropodenart mit sehr mächtig entwickeltem äußerstem Umgang und großer Mündung hierzu, Paludina cfr. pachystoma; in ähnlichen, mehr grauen Ton- lagen fanden sich auch verkohlte Baumstämme mit sehr deut- lich sichtbaren Jahresringen, Blätterreste und selten auch Süß- wasserkonchylien, anscheinend Anodonta oder Unionenarten in großen Formen und gut erhaltener Perlmutterschicht. welche leider beim Herausnehmen aus dem Gesteinsverbande äußerst leicht zerbrach !). Ein weiteres Charakteristikum für die obere bunte Molasse bildet eine Beobachtung, die sich meines Erachtens auch als paläon- tologisches Vorkommen deuten läßt: es sind anscheinend Konkre- tionen?) von sehr hartem Kalkmergelgestein, welche namentlich bei Abwitterung der Tone als oberster Besatz von kleinen „Erdpyramiden“ oder als sonst umherliegende Kalkstückchen sich bemerkbar machen; einige Ahnlichkeit besitzen diese Kalksteinchen mit „Flinzkonkre- tionen“, wie denn auch das grüngelbe Tongestein der „oberen bunten“ ziemliche Ähnlichkeit mit Flinz hat. Eine Stelle ergab den Schlüssel zu ihrer genetischen Deutung: inmitten der Rottenbucher Mulde bei Rottenbuch südlich der Ammerbrücke am rechten Ufer fand sich in günstigem Aufschlusse ein Querschnitt durch die bunten Tonbänke, welcher röhrenförmige, zylindrische Gänge ausgefüllt mit harter Kalk- mergelgesteinsmasse zeigte; die Röhren standen senkrecht zur Schichtungsebene, indem sie die Tonbänke nach abwärts durchbohrten und ließen sich in längeren Stücken schön herausnehmen; die Ober- fläche dieser fingerdicken Röhren ist wulstig entwickelt, diese Er- scheinung ist wohl als Ausfüllung von Bohrgängen zu deuten und möglicherweise dem von Reis (Geogn. Jahreshefte 1910, „Muschelkalk

!) Solches Vorkommen mit Flelices, großen Konchylienformen und Blätter- resten fand ich auch im oberen „Kohlgraben“ der Peißenberger Mulde. ?) Siehe Stuchliks Dissertat. Pag. 43 unten. 22*

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von Unterfranken“) als „Spongeliomorphaartige“ Gebilde beschriebenen Vorkommen zuzuzählen; eine Tiefbohrung an der Eyachmühle ließ solche Bohrgänge in fossilleeren dunkelgrünen Tonschiefer mit fester Sandsteinausfüllung und eingeschwemmten Fossilschalen zutage fördern, mehrfache Dichotomie dieser Gebilde konnte an den Bohrkernen deutlich wahrgenommen werden.

Kohlenführung: Bezüglich der Kohlenführung der oberen bunten Molasse ist einesteils auf die „Helixtone“* zu verweisen, die kohlehaltig sind, so daß oft nahezu unreine Kohlenflöze in diesen Helixtonschichten erstehen; sonst sind in unserem Gebiete im Bereiche der „oberen bunten“ nur Kohlenschmitzen beobachtet worden, die ihre Entstehung eingeschwemmten Holzstämmen verdanken.

In der Peißenberger oberen bunten Molasse verzeichnet dagegen die Literatur das „Kohlgrabenflöz“ und das Unterbauflöz.

Horizontierung: Eine Unterteilung der oberen bunten ist als praktisch wertlos zuverwerfen. Koehne versucht in der Peißenberger Gegend (im Kohlgraben) eine Gliederung in der oberen bunten Molasse mittels drei Helixschichten durchzuführen. Bei ge- nauer Betrachtung ist jedoch auch diese Untergliederung hinfällig, da sich sowohl in unserem als auch im Kohlgrabengebiet von Peißenberg an ganz beliebigen Stellen beliebig viele Helixschichten beobachten lassen.

Mächtigkeit: Nahezu 500 m.

Vorkommen: Innerste Kernausfüllung der Rottenbucher Mulde (analog wie in der Peißenberger Mulde), aufgeschlossen hauptsächlich durch die Ammertalung bei Rottenbuch (nördlich und südlich der Brücke).

Zusammenstellung der Mächtigkeiten der Rottenbucher Molasse.

Meter Obere ‚bunte’Molasse- .e .12.. „u 008 Oyrenenschiehten ., = 2 Nospee . Untere. bunte { a). graue -. 20°. „2... . 810600 Molasse | b) zote‘ „7.0 N > Nee 5007-75

Konglomeratzone | . 7... me. „gene Untere Kohlenschichten . . . . ... .. 10-25 Untere marine Molasse (Sandsteinzone und

Tonmolasse).. | 2% 2e ........350—400

Gesamtmächtigkeit . . 2240—2685 abgerundet . . 2300-2700

II. Tektonik.

Das Eindringen in die Tektonik vorliegenden Gebietes ist durch die herrschenden Verhältnisse recht erschwert; einmal sind die Auf- schlüsse spärlich, weiter ist die Unterscheidung altersverschiedener Horizonte, wie der oberen von der unteren bunten Molasse nicht leicht, endlich sind selbst große Störungen, auch wenn sie direkt aufgeschlossen

[25] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 173

sind, nicht sonderlich gekennzeichnet, vielmehr scheint normale sedi- mentäre Konkordanz vorzuliegen, wo vielleicht gerade hierbei Ver- werfungen ersten Ranges durchschneiden.

I. Allgemeine tektonische Lagerung.

Im fundamentalen Bau besteht unser Gelände in einer erheb- lich weit von Ost nach West streichenden Mulde; die Dimension in der Streichrichtung beträgt etwa 20 km, beginnt im Osten etwas westlich vom Gut „Grasleiten“ und endet erst gegen den Lech zu; die querschlägige Dimension der Mulde beträgt zirka 5—8 km (von Süd nach Nord gemessen).

Sowohl die östliche als auch die westliche Begrenzung der Mulde wird durch Hochsteigen des Muldentiefsten bedingt.

Im Osten bei Grasleiten greift eine ganz allmähliche Her- aushebung der Muldentiefe bei immer mehr und mehr ver- flächendem bis horizontalwerdendem NordflügelPlatz, deren Schichten dementsprechend aus der Ostweststreichrichtung nahe- zu bis zu kreisföürmigem Umlauf umstreichen, bei Grasleiten ist an Stelle der Mulde die Hebung soweit gediehen, daß ähnlich wie zwischen Hausham und Penzberg bei Tölz das liegende Gebirge der unteren bunten Molasse in streichender Sattelbildung auftaucht.

In der Westgegend gegen den Lech zu findet eine Her- aushebung der Mulde nicht wie im Osten allmählich, sondern in Jäher und gewaltsamer Weise statt. Intensiver Gebirgsdruck preßte hier die Schichten stark zusammen von zirka 8 km auf zirka 3 kim Muldenbreite; Nord- und Südflügel wurden hierbei steil, ja teilweise überkippt gestellt, die liegenderen Schichtglieder emporgehoben und die hangenderen Partien, wie zum Beispiel obere bunte Molasse und Cyrenenschichten sozusagen ausgequetscht.

Das Schichtfallen ist im Nordflügel bei Rottenbuch zirka 45°, im Osten an der Eyach 10—20° bis horizontal, im Westen am Lech 60—70° nach Süd; im Südflügel herrscht Nordfallen vor: am Lech zirka 70—80°, bei Steingaden 65° am Illberg 45°, an der Ammer bei Echelsbach 35—40° am Kirnberg (Kropfleite, Nordhang der Ach) 40—45°, bei Schöffau 65° (Spindler), nördlich von Uffing bei 'Taferts- hofen (Achaufschlüsse) 80—90° bis überkippt.

Interessant dürfte an dieser Stelle eine Vergleichziehung unserer Böbinger-Rottenbucher Mulde mit den tektonischen Formen der östlichen Mulden von Hausham und Penzberg (Weithofer, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1902) sein.

Hausham besitzt im Osten einen überkippten Südflügel, der gegen Westen zu sich allmählich auf den Kopf stellt und dann noch weiter westlich normal nordwärts fällt, Penzberg zeigt hierzu die spiegelbildliche Erscheinung einer im Westen überkippten und gegen Osten zu allmählich in Nordfallen umbiegenden Südflügels; die Rotten- bucher Mulde zeigt im Prinzip denselben Bau wie die Penzberger Mulde, beide sind ja auch als organische, von Ost nach West streichende Fortsetzung aufzufassen. Zwischen genannten drei Mulden kommt je-

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weils in streichenden Sattelwellungen das liegende Gebirge der Cyrenen- schichten zutage (an Isar bei Tölz, an Ach bei Grasleiten).

Wenn wir hier von einer im Streichen begrenzten Mulde reden, muß eine an sich nicht ohne weiteres zu erwartende Erscheinung hervor- gehoben werden: nur die Gebirgsglieder der oberen bunten, der Cyrenen- schichten, sowie der unmittelbar darunter liegenden bunten Molasse nehmen an vorgenanntem Sattelbau teil, die unteren Schichten der unteren bunten Molasse, der Konglomeratzone und der ma- rinen Sandsteinmolasse streichen unentwegt in gleicher Ost- Westriehtung und wenig verändertem Fallen weiter, ohne die streichendeAuf- undAbwärtsbewegungderMuldenachsen ınitzumachen (Ausnahme hiervon der Weilberg am Kochelsee in der Murnauer Mulde), so daß die östliche und westliche Begrenzung nur für die Muldenkernschichten gilt, während die liegenden Mulden- schichten ohne Störung sowohl westlich als auch östlich fortstreichen ).

Was die Stellung der Rottenbucher Mulde im Gesamtsystem der präalpinen bayrischen Molasse anbelangt, so ist sie die zweite ge- waltige Faltenwelle und l’egt zwischen der Peißenberger Mulde (im Nord angrenzend) einerseits und der Murnauer Mulde (im Süd an- grenzend) anderseits. Sämtliche drei Mulden sind gegeneinander durch große streichende Störungen abgetrennt.

Im Verhältnis zur Molasse der Ostgegend von Penzberg gilt: Die Rottenbucher Mulde ist die streichende Fortsetzung der südlichsten Penzberger Mulde, während die eigentliche Peißenberger Mulde, wo zurzeit der Bergbau umgeht, mit der nördlichsten Penzberger, das ist der Nonnenwald- oder Promberger Mulde korrespondiert; die intensiv gestörte Ammertalscholle Ramsau-Schendrichwörth hat wohl als Ana- logon der Langsee-Mulde zu gelten, welche auch in Penzberg starke Pressung erfahren hat und wenig weit in ostwestlicher Richtung fort- streicht.

2. Spezielle tektonische Betrachtung.

Die beste Veranschaulichung des speziellen tektonischen Baues gibt die Betrachtung einiger markanter Querprofile, aus denen sich der gesamte Verlauf der Mulde im Streichen konstruieren läßt.

a) Ammerprofil Echelsbaeh—Rottenbuch— Ramsau. Tafel VI, Profil Nr. 1.

Die Ammeraufschlüsse bilden sozusagen das Rückgrat der geo- logischen Erkundung unserer Gegend.

Direkt unterhalb Rottenbuch (östlich „Ammermühle‘“) zeigt ein schöner Aufschluß am rechten (östlichen) Ammerufer dasallmähliche

!) Ob diese „streichenden Sattelbildungen“ in unterer bunter Molasse nicht besser ihre genetische Erklärung in von Süd nach Nord vorgreifenden bunten Molassestreifen, welche die Bildung von brackischen Cyrenen- schichten überhaupt bereits beiderprimären Ablagerung lokalunter- brachen, das heißt die Cyrenenschichten substituierten (Analogie mit Schuttdeltas?) finden können, muß einstweilen noch unentschieden bleiben.

[27) Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 175

Umbiegen des Nordflügels inhorizontaler Lagerung und von hier den Umschwung in den Muldensüdflügel.

Bei Konstruktion der großen Rottenbucher Mulde stellen sich jedoch bei den korrespondierenden Gegenflügeln Unstimmigkeiten ein.

Die Cyrenenschichten des Nordflügels erscheinen nahezu doppelt so mächtig, als die des Südflügels. Da eine solch plötzliche Abnahme der Cyrenenschichten nicht wahrscheinlich erschien, wurde eine Ver- werfung im Nordflügel angenommen, welche mit zirka 50° oder 60° gegen Süden fallend eine Verdopplung des Cyrenenschichtenkomplexes durch Überschiebung zum Gefolge hat; diese UÜberschiebung wurde in zwei Tiefbohrungen zirka 5 km weiter östlich als tatsächlich vorliegend nachgewiesen.

Die nördliche (überschobene) Scholle fällt nahezu gleich stark nach Süd, so daß scheinbar volle Konkordanz vorliegt, die nördliche Scholle besteht auch nicht in einer vollständigen Separatmulde, da deren zu denkender Südflügel durch die Verwerfung vollständig unterdrückt ist, sondern es liegt lediglich eine Doppellage des Rottenbucher Muldennordflügels vor.

Der Südflügel, der gleich nach Ummuldung der Muldenmitte mit 50—60° nordwärts fällt, nimmt weiter südlich 70—75° Nordfallen an, um sich dann weiter südlich in den liegenden Schichten im allgemeinen zu 45—40° Nordfallen zu verflächen. Hierin offenbart sich eine ge- waltige Sattelflexur des Südflügels zur südlich anstoßenden Murnauer Mulde, welche freilich nicht tatsächlich und ungestört zustande kommt, sondern durch eine streichende Störung zer- schnitten wird.

Der Nordflügel der Rottenbucher Mulde im Ammertal fällt etwa mit 45—60° südwärts und verschiedene Schichtstörungen, etwa beim Schnalzberg, deuten auf kleinere UÜberschiebungs- und einen bedeu- tenderen Senksprung (siehe Tafel VI, Profil Nr. 1) hin.

Mit vorliegender Darstellung ist zugleich Stellung zum Stuch- likschen Profil genommen. Stuchlik fühlte wohl auch die Un- stimmigkeit in der verschiedenen Mächtigkeit der Cyrenenschichten in Nord und Süd und löst diese durch seine bekannten zwei über- kippten Spezialmulden, deren nördliche durch Kombination unserer Cyrenenschichtendoppellage geschaffen wurde; die Spezialsüdmulde wurde aus den Cyrenenschichten unseres normalen Südflügels, der allerdings bunte Einlagerungen aufweist, aufgebaut. Zwischen den beiden Spezialmulden läßt Stuchlik gerade bei Rottenbuch das liegende Gebirge, die untere bunte Molasse, sich auf den Kopf stellen und in gigantischer und durch einen streichenden Sprung gestörter Doppelluftantiklinale zutage treten. Dieser Hypothese gegenüber sei noch besonders hervorgehoben, daß, abgesehen von den vorzüglichen Aufschlüssen an der rechten Ammerseite, mit der gewaltigen Schichtum- muldung und abgesehen davon, daß in der fraglichen „Luftantiklinal- gegend“ durchweg, auch in den Kirnbergnordbächen wo allerdings Aufschlüsse sehr selten sind nur obere bunte Molasse mit der Tendenz der Verflächung und Ummuldung angetroffen wurden, an der Stelle, wo der Schlichtenbach die Straße Böbing—Schöffau kreuzt, eine Tiefbohrung niedergebracht wurde, welche die Durch-

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bohrung des Cyrenenschichtenprofils zum Zweck hatte. Diese Bohrung hat die Cyrenenschichten mit einer Mächtigkeit von 240 m und darunter liegende untere bunte Molasse bei konstant bleibendem Schichtfallen von (10—) 20° südwärts durchsunken, so daß die einheitliche Muldenbildung der Rottenbucher—Böbin- ger Molasse unumstößliche Tatsache ist.

b) Eyachgegend und Achprofil. Tafel VI, Profil Nr. 2,

Von der Ammer finden sich bis „Eyachmühle* (Entfernung 5 km) im Nordflügel keine Aufschlüsse. Erst hier treten in der Eyach Sandsteine, welche mehrere Stufen im Flußbett bilden, auf. Es sind dies die Sandsteine der Hangend-Cyrenenpartie, das Aquivalent der Promberger Schichten. Die Schichten zeigen abweichendes Streichen, nämlich nicht normales Ostweststreichen, sondern biegen mit nord- 60-westlichem Streichen und 15—20° Südfallen um, entsprechend der Heraushebung der Cyrenenschichtenmulde. Diese Sandsteine sind im Bette des Seebaches bemerkbar und weiter im Hangenden am Schlichtenbach südlich der Schöffauer Straße ist ein Sandsteinaufschluß mit eingestreuten Konglomeratlinsen, welcher sich als zur oberen bunten Molasse dokumentierte, wobei das Streichen N60 W und das Fallen söhlig bis 10° südwärts war.

Hier also oder etwas südlich von hier (südlicher Punkt 718 auf Karte 1:25.000) muß die Umbiegung der großen Böbinger Mulde stattfinden. Genauer kann die Muldenmitte trotz der spärlichen Auf- schlüsse fixiert werden durch einen Aufschluß (ob. b. M. flach südfallend) zirka 450 m südlich „Eidemann* im Hehlenbach (südlich Arsbaldhof, Aufschluß genau 200 m südlich Punkt 799), ander- seits ist der Muldensüdflügel gegeben durch die Cyrenenschichten- aufschlüsse in den Bächen südlich von „Sprengelsbach“, wo Cerithien marg., Ostrea cyathula nicht selten auftreten. Das Schichtfallen ist hier bei ostwestlichem (genauer: N80—86 Ost) Streichen im allgemeinen 70 bis 85° nordwärts, doch wurden stellenweise Störungserscheinungen wahrgenommen, welche teils Kleinfältelung, teils überkipptes Schicht- fallen bewirkten. Nach den genannten Aufschlüssen und mit Hilfe der Ammeraufschlüsse ist der ostwestliche Verlauf der Muldenachse mit großer Sicherheit zu fixieren: Ammermühle (an der Ammer)— Richtung des Ruhgrabenlaufes— Vorder- und Hinter-Kirnberg (Punkt 830) Punkt 770 (etwa 350 m nördlich von Gut „Sprengelsbach“). Weiter östlich von Sprengelsbach ist an Stelle der sich mehr und mehr nach Osten verflächenden Mulde horizontale Schichtlagerung, beziehungs- weise Sattelbildung in unterer bunter Molasse zu denken.

Der Südflügel verhält sich bei einem Streichen von N85 Ost und Fallen von 55—80 nordwärts gleich wie im Westen. In den liegenden Schichten ist zu beobachten, daß das Fallen jeweils im Süden flacher wird und in der unteren marinen Molasse an der Ach („Bannholz*) nur mehr 40° nach Nord ist (analog wie an der Ammer).

[29] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. %77

Die Überschiebungsstörung im Muldennordflügel.

Die Überschiebung im Nordflügel ist in der Eyach in keiner Weise aufgeschlossen, so daß vielmehr anfänglich in den Aufschlüssen der „Eyachmühlsandsteine“ und der Cyrenenschichten des Eyachknies (bei Einmündung des Vogelbaches) eine konkordante Cyrenenschichten- folge erblickt werden mußte. Erst die Tiefbohrung bei Eyachmühle, welche ab Rasen 102 m zirka 12—20° südfallende Cyrenenschichten und dann eine südfallende Störung durchsank, auf welche immer steiler fallende (bis 65° bunte Molasse folgte und eine Bohrung beim Vogelbach (in der Nähe von Punkt 687), welche die zirka 500 m nördlich an der Eyach aufgeschlossenen Kohlenflöze von 30 cm und 45 cm Kohlenmächtigkeitbei ungestörterLagerung unbedingt hätte durchteufen müssen, erwiesen deutlich, daß eine Über- schiebungsstörung die Cyrenenschichten des Eyachknies denen der von Eyachmühle trenne und auch in den Eyachknieaufschlüssen lediglich eine VerdopplungdesMuldennordflügels, wie an der Ammer vorliege. Die südlichere, überschiebende Cyrenenschichtenpartie ist die von Eyachmühle, die nördlichere überschobene Scholle sind die Aufschlüsse des Eyachknies.

Der Verlauf der Störung ist ungefähr: Ammer zirka 100 m nördlich Wimpes—Faistenau-Fyachlauf in Richtung N7TOW dann die Eyach nördlich „Grambacher Wald“ nach Süden überschreitend „Auf der Wurz* (zirka 300 m südlich Punkt 681) weiter öst- lich nicht mehr verfolgbar.

ec) Achprofil. Tafel VII, Profil Nr. 3.

Uberraschend ist die Veränderung im Profil, das uns weiter im Osten die Ach nunmehr aufschließt. Südlich, südöstlich und östlich von den Gütern „Rechetsberg“ und „Kirnberg“ ist in spärlichen Auf- schlüssen untere bunte Molasse zu beobachten, und zwar in söhliger oder nahezu söhliger Lagerung, wobei bei ganz ein- gehenden Meßversuchen wohl die Tendenz einer „Kuppengewölbe- tektonik“ in Augenschein tritt. So konnte in den westlicheren Auf- schlüssen, d. ji. genau südlich „Kirnberg—Rechetsberg“* ein reines Westfallen von 5°, 10°, 15° festgestellt werden. Etwa 500 m südlich der Einmündung des Kohlbaches in den Tiefenbach ist deutlich ein ostweststreichender Sattel in unterer bunter Molasse vorliegend (etwa bei Punkt 617, Tiefenbach durchstreichend). Geht man von hier wieder etwas südlich, so beginnt in den unteren Molasseschichten all- mählich Südfallen bei Ostweststreichen, bei Grasleiten 20° dann süd- licher 30, 35, 40. Bei Heimgarten liegt bereits 60—65° Südfallen vor.

Diese Südgegend, das heißt die Gegend von „Grasleiten* süd- wärts bis gegen Uffing, bildet in Fortsetzung der breiteren Westmulde von Rottenbuch eine schmälere tektonische Mulde; der Süd- flügel in unteren marinen Tonschichten und der Sandstein- molasse sowie Konglomeratzone ist die organische Fort- setzung des Südflügels der westlichen Rottenbucher-Böbinger

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (G. Gillitzer.) 23

178 Dr. Bee Gillitzer. j [30]

Mulde, der Nordflügel wird hier lediglich von den gehobenen Schichten der unteren bunten Molasse gebildet.

Es ist wahrscheinlich, daß noch der Kern dieser südlichen Achmulde aus den liegendsten Cyrenenschichten besteht, jedoch gute Aufschlüsse hierfür fehlen; Anlaß zu dieser Vermutung gibt ein Kohlenvorkommen zirka 200 m südlich „Heimgarten“ (westlicher Achhang), welches folgendes Profil zeigte:

Hangendes . . Sandsteinpartie Kohle 14a 0, asiakbiem Liegendes . . Sandige Letten (morsches Aussehen)

Fossilien finden sich daselbst nicht vor, doch läßt neben dem für Cyrenenschichten sprechenden petrographischen Habitus ein weiter westlich erschürftes sicher bestimmbares Oyrenenschichten- vorkommen die Diagnose auf Cyrenenschichten zu. Diese letztere für die Deutung des tektonischen Baus unserer Gegend sehr wichtige Vorkommen ist etwa 1000 m südlich Gut Grasleiten (nördlich P. 637) an der östlichen Uferseite des Tiefenbaches. (Das Vorkommen ist wegen starker Überdeckung nur bei ganz eingehender schrittweiser Begehung zu finden!) Ich ließ an letzterem Orte etwas schürfen und konstatierte in den cerithienreichen Tonmergeln und Stinkkalkvorkommen ÖOst-Weststreichen und 38—45° Südfallen. Dieses Vorkommen ist der einzige Aufschluß in Cyrenenschichten, der sich von der Eyach ab gegen Osten zu vorfindet; das Vorkommen liegt mit dem Kohlenvorkommen bei Heimgarten an der Ach in ostwestlicher Streichrichtung, so daß sich folgern läßt, daß beide Vorkommen organisch zusammenhängen.

Es läßt sich hiernach wohl die Ausbißlinie der Schichten- grenze zwischen Cyrenenschichten und unterer bunter Molasse von der Eyach nach Osten zu folgenderweise konstruieren: nördlich Kühgraben- einmündung zirka 350 m, östlich „Grasleiten* zirka 700 m, am Tiefen- bach nördlich P. 637, an der Ach zirka 200 m südlich Heimgarten. Die analoge Ausbißlinie im Südflügel an der Ach ist nicht weit oder unmittelbar südlich des Kohlenvorkommens von Heimgarten zu denken, da zirka 600 m nördlich von Tafertshofen der Mulden- südflügel in unterer und zwar „roter“ bunter Molasse er- schlossen ist.

Nach Betrachtung der Ach-Südmulde kehren wir zur Sattelgegend von Grasleiten zurück. Das Sattelgelände beginnt im Süden etwa P. 617 (Tiefenbach) und erstreckt sich in querschlägiger (nordsüdlicher) Richtung zirka 1000 m bis zur Einmündung des Tiefenbach in die Ach. In diesem Profil sind mehrfache schwache Auf- und Abwellungen bemerkbar, auch tritt bisweilen selbst in den Aufschlüssen in der Ach die Tendenz des Westfallens (Kuppengewölbe) hervor; bei der Tiefenbacheinmündung neigen sich die annähernd horizontalen Schichten zu Nordfallen, unvermittelt treten jedoch im Unterlauf des Höllgrabens konstant 45—45° südfallende untere Molasseschichten auf, welche mit dem „Grasleitensattel“ kaum in ungestörtem Verbande gedeutet werden können, so daß bei der Tiefenbachmündung wohl ein streichender (O—W) UÜberschiebungs-

[31] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 179

sprung”vorliegt. Die Schichten nördlich dieses Sprunges, welche als Fortsetzung des Mulden-Nordflügels der Rottenbucher Mulde zu gelten haben, verhalten sich tektonisch und petrographisch wie die des Westens. Es erübrigt sich nun die Betrachtung der Muldenprofile im West- gebiet am Leche.

d) Lechprofil. Tafel VII, Profil Nr. 4.

In den Ammeraufschlüssen zeigte der Muldennordflügel bereits die Bestrebung aus der Ost-Weststreichrichtung in N 75—70 Ost um- zubiegen. Westlich Rottenbuch greift dann allgemein im Nordflügel ein Streichen von N 65—60 Ost Platz stellenweise wie im „Steingraben* (an der Straße Schongau—Lauterbach—Steingaden bei P. 759,9) wurde eine Streichrichtung von N 55 bis 50 Ost gemessen. Das Fallen ist unmittelbar an der Verwerfung gegen die Peißenberger Mulde zu, wo Sattelschleppungen auftreten, 10—20° südwärts und wird gegen die Muldenmitte zu 40—60°. DerSüdflügel der Rottenbucher Mulde streicht mit großer Gleichmäßigkeit von den Ammeraufschlüssen gegen Steingaden und Lechbruck, ohne daß hierbei irgend- welche besondere Erscheinungen zu beobachten sind. Däs Ab- schwenken des Nordflügels in südwestlicher Streichrichtung bedeutet gleich eine Heraushebung des Muldentiefsten der Rottenbucher Mulde, so daß am Lech statt der querschlägigen Muldenbreite von zirka 8km an der Ammer nur mehr zirka 3km zu konstatieren ist; im Profil am Lech ist hiernach kein Platz für Cyrenenschichten mehr mit Ausnahme von allenfalls den allerliegendsten, die aber nicht ge- funden werden konnten —, sondern besteht durchweg in unteren bunten Molassenschichten.

Die in den Bohrungen an der Eyach nachgewiesene und in der Ammer zu bemerkende Überschiebungsstörung im Nordflügel der Rottenbucher Mulde läßt sich westlich von Rottenbuch nirgendwo mehr nachweisen; die Konstellation der Aufschlüsse bei Boschach in unterer bunter Molasse (zirka 1000 m nördlich Boschach 55° südfallender Nordflügel) und in Cyrenenschichten (zirka 2000 m westlich Boschach oder 750 m genau nördlich von Staltannen in der Illach 80—85° nordfallender Südflügel) läßt folgern, daß diese Tektonik, welche die Doppellagerung des Nordflügels zum Gefolge hatte hier im Westen keine Rolle mehr spielt.

Endlich das Lechprofil selbst istnur aus bunten Schichten aufgebaut und deshalb der tektonische Bau daselbst nur schwer zu deuten.

Das Streichen des Südflügels in den Schichten der unteren marinen Ton- und Sandstein-Molasse biegt westlich Steingaden aus der Ost-West-Richtung in N 70 Ost; die liegenden Schichten des Südflügels fallen mit 60—65 nordwärts, die hangenderen stehen bei Streichen N 62 Ost auf dem Kopf, der Nordflügel (bei „Bruch“, „Schwefelfilz“) fällt steil südwärts, die Muldenmitte dürfte wohl bei P. 724 vorliegen (etwa 600 m südlich „Bruch“); die Umbiegung geht Jäh und plötzlich vor sich.

23*

180 Dr. Georg Gillitzer. [52]

Im Nordflügel scheint eine Tektonik (Absenkung des südlichen Teiles?) etwa 100 m nördlich „Bruch“ den Lech zu queren (analog südlich Ammerknie bei Ramsau), da hier plötzlich untere bunte Molasseschichten ein Fallen von 30° gegen Süden annehmen; zirka 300 m südlich P. 736 findet sich Sattelbildungin unterer bunter Molasse; da unmittelbar nördlich hiervon bunte Tonschichten, welche wohl der oberen Molasse zuzurechnen sind, auf den Kopf gestellt anstehen und da die wohl analogen Sattelbildungen im östlicheren Gelände von Ramsau (südlich Peiting) am Nordhang des Schnait- berges beobachtet wurden, zudem noch die Weiterkonstruktion der Streichrichtungen (N 60 Ost) dieser Sattelbildungen des Schnaitberges und der Sattelschichten nördlich Bruch am Lech (N 60 bis 65 Ost) den unmittelbar zusammengehörigen, organischen Verband beider Vorkommen darstellt, so ist wohl mit Sicherheit die Nordbegrenzung der Rottenbucher Mulde und damit die Südbegrenzung der Peißenberger Mulde nach etwa 300 m südlich P. 736 oder 500 m nördlich von „Bruch“ am Lech zu verlegen.

e) Randtektonik. Im Süden der Rottenbucher Mulde.

Die Schichten des Muldensüdflügels nehmen gegen Süden zu immer flacheres Fallen an, von 60-—-70° bis auf 40 35°. Diese Erscheinung der Schichtverflächung gegen Süden zu konnte im Osten (Sprengelsbach - Geigersau - Kropfleite), an der Ammer (bei Echels- bach) und ist Westen bei Steingaden gemacht werden und deutet auf eine generelle Sattelflexur des Südflügels der Rottenbucher Mulde hinüber zur südlichen Murnauer Mulde hin. Diese Sattelbildung liegt aber nicht ungestört vor, vielmehr schneidet hier eine Störung von großer Stärke und weiter Ausdehnung ein; dieselbe setzt unent- wegt im ganzen Verlauf des von uns betrachteten Geländes (30 km) von Ost nach West durch und läßt sich durch Profilzeichnung sicher nachweisen, da beispielsweise in dem Aufschluß der Ammertalung bei Echelsbach dem zirka 40° nordfallenden Sattelnordflügel von unteren buntenMolasse-,Konglomerat-, marinenSandstein-undTon- molasseschichten der korrespondierende Südflügel in den ent- sprechenden Schichten abgeschnitten ist und an Stelle des idealen Sattelsüdflügels lediglich jüngere untere bunte Molasse- schichten auf den Kopf gestellt („rote bunte“) auftreten. Zwischen beiden Schichtschollen sind in den Tonmolasseschichten sehr inter- essante Störungserscheinungen wahrnehmbar, deren Analyse auch die Mechanik der Südrandtektonik erklärt: es sind eine Reihe von Über- fältelungen (Aufschluß am östlichen Ammerufer nördlich der Brücke direkt am Wasser zu beobachten, jedoch vom westlichen Ufer, aus!) mit flachem, normalem Fallen gegen Nord und steilen Uber- kippungen gegen Nord vorhanden; der Kontakt zwischen grauer Tonmolasse und den unteren „roten“ bunten Molasseschichten wurde am westlichen Ammerufer sehr deutlich als ein mit zirka 35 45° nordfallender beobachtet (möglicherweise jetzt wieder überdeckt!).

I

[33] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 181

Aus diesen speziellen Beobachtungen geht hervor, daß die ältesten Molasseschichten des Rottenbucher Südflügels (Tonmolasse, marine Sandsteine) mit flach nordgeneigter Fläche auf jün- gere Schichten, das ist untere bunte („rote“) Molasse der Murnauer Mulde geschoben sind; der Sinn dieser tektonischen Dislozierungen auf Grund der Schleppungserscheinungen und die stratigraphische Diagnose der fraglichen Schichtglieder stützen und bestätigen sich hierbei gegenseitig aufs beste.

Die gleiche Tektonik trifft zu im Osten (Kropfleite, Knollgraben, Ach) und im Westen (Steingaden), so daß die Ueberschiebungs- tektonik der Rottenbucher auf die Murnauer Mulde, das ist von Nord nach Süd für den ganzen Bereich des kartierten Gebietes zu ver- allgemeinern ist.

Im Norden der Rottenbucher Mulde.

Das Wahrzeichen der Tektonik zwischen der Rottenbucher und der nördlich angrenzenden Peißenberger Mulde ist Ueberschiebung der älteren Molasseschollen der Rottenbucher Mulde aufdie der Peißenberger Mulde, also eine Ueber- schiebungvonSüdgegen Nord, und zwar in einer mit 60° südwärts geneigten Fläche (die Südrandtektonik, welche vor- dem behandelt wurde, verhält sich zur nördlichen also spiegel- bildlich).

Entsprechend der Intensität der Störung sie bringt die unterste marine Sandsteinmolasse mit Cyrenenschichten in Kontakt, besitzt also eine Sprunghöhe von 1500—2000 m! ist am Nord-

rand unserer Rottenbucher Mulde eine Störungszone vorliegend, welche sowohl zwei nebeneinanderziehende Sattelbildungen im Nord- saum der Rottenbucher als auch ein Schollengebiet in Cyrenen- schichten und oberer bunten Molasse mit Sattelbildung und emporge- schleppten Cyrenenschichtenkeilen in sich begreift. Weiterab von der Störungszone gegen Norden zu dürften wohl Parallelstörungen die Peißenberger Mulde noch durchsetzen, welche für den Bergbau- betrieb und für die Wirtschaftlichkeit der Peißenber- ser Mulde möglicherweise einen erheblichen Einfluß ausüben.

Hier soll speziell von der Tektonik die Rede sein, die auf die Rottenbucher Mulde Bezug hat.

Markant mit zirka 60° südfallend schneidet die Trennungsfläche zwischen Rottenbucher und Peißenberger Mulde durch: nördlich hier- von sind die jüngeren Schichten der Peißenberger, südlich die ältesten Molasseschichten der Rottenbucher Mulde. Der genaue Verlauf dieser Störung erster Ordnung ist zu präzisieren: „Wieser“ „Steinle“ (westlich der Eyach) Ammerbrücke, von hier etwas südlich ab- biegend zum Nordabfall der rechten Ammerleite, an deren Rand sie weiterzieht nach P. 661 (nördlich Lugenauer See) und von hier ent- lang den Steilabsturz des Schnalzberges. und zwar ziemlich genau sich etwas nördlich des Fußweges haltend, der von P. 788 zum Ammer- knie P. 648 führt.

182 . Dr. Georg Gillitzer. - #1 [34]

Das südliche Fallen läßt sich aus den Kartierungsergebnissen im Ammereinschnitt unmittelbar westlich „Schnalz“ zu 60 Ko: 20% konstruieren.

Westlich der Ammer biegt die Störung etwa mit der Än- derung der Streichrichtung der Schichten nach Südwest ab nach P. 816 (Nordhang des Schnaitberges) weiter nach P. 757. Von P. 757 fehlen nunmehr jegliche Aufschlüsse zirka 8 km bis zum Lech, wo unsere mächtige Trennungsspalte ungefähr 500 m nördlich „Bruch“ zu denken ist.

Der Aufbau der nördlichsten Randschollen der Rottenbucher Mulde besteht durchweg in Sattelbildungen, welche sich mehrorts nachweisen lassen.

Im Osten in der Eyach ist ein Sattel in unterer bunter Molasse mit flach südfallender „Platte“ und auf Kopf stehender „Rechten“ direkt unter St. Nikolaus aufgeschlossen..

Dieser Sattel zieht sich unter „Buchen“ nach West, ist aufge- schlossen im Graben zwischen Buchen und „Reitner“ und findet weiter westlich seine Fortsetzung unmittelbar südlich des bekannten „Krebsbachlsattelzugs“* und in der rechten Ammerleite vom „Bruckerhof* bis zum „Schnalzberg“ ; diese Ammerleite stellt in der Hauptsache den Sattelsüdflügel bei einem Fallen von bis 45—50° darf, der Nordflügel ist hier nicht mehr zur Ausbildung gelangt, da nach Auftreten einer geringmerklichen Sattelschleppung plötzlich die jüngeren COyrenenschichten der Peißenberger Mulde abstoßen.

Der Krebsbachlsattel, von dem in der Literatur vielfach die Rede war, zieht nördlich neben eben genanntem Sattelzug und ist bereits fühlbar bei „Lechner“, schön aufgeschlossen beim Zu- sammenflußB der beiden Krebsbachl-Arme (siehe Photographie in Stuehliks Dissertation) genau in der westöstlichen Verlängerung der Sattelachse von Krebsbachl aus tritt am Steilhang der rechten Ammerleite, zirka 400 m südlich Gut „Schendrichwörth“ die unzweifelhafte Fortsetzung des Krebsbachlsattels auf, hier mit den noch weiter liegenden Schichten. der Konglomeratzone, das ist mit den unteren marinen Sandsteinschichten (Echelsbacher Niveau). Der Krebsbachlzug findet hier an der Ammerleite sein Ende, indem die Hauptüberschiebungsspalte zwischen Rottenbucher und Peißenberger Mulde den Sattelzug schräg abschneidet.

An dieser Stelle muß die Kartierung'Stuchliks, soweit sie unser Gebiet berührt, einer näheren Kritik unterzogen werden. Zweifellos ist es Stuchliks Verdienst, die Ueberschiebungs- tektonik“ der Ammertalung erkannt zu haben, Jedoch die be- hauptete Kombination des Krebsbachlzuges mit dem Cyrenenschichten- sattel am Ammerknie bei Schnalz („untere Opeenensphiehien‘.) ist mit Sicherheit unzutreffend.

Sogenannte untere Cyrenenschichten sind in N westlichen Molassegebiet, im Areal der Peißenberger und Rottenbucher—Echelsbacher Gegend infolge fazieller Verände rung der Schichtausbildung gegen Westen zu, nicht: vor- handen; .das verschiedene Alter der Ammerknieschichten, welche zweifellos ganz normale Peißenberger Cyrenenschichten sind („Büh#

[35] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 183

lachschichten®) und das der Krebsbachlschichten, welche dem Echels- bacher Niveau angehören, kann auf Grund stratigraphischer Feststellung ganz sicher erkannt und unterschieden werden. Hätte hier Stuchlik recht, so läge hiernach bei „Schnalz“ eine „Ueberschiebung“ vor von relativ jüngeren Schichten. (Schnalzberg-Molasse) auf ältere (!) Schichten („untere Cyrenenschichten“ beim Ammerknie), m. a. W. gerade die Bedingung der Ueberschiebung, daß relativ ältere auf jüngeren Schichten auflagerten, wäre hiernach nicht erfüllt.

Weiterhin bedürfen die ostwestlichen Kombinationen von tek- tonischen Gebilden mancher Verbesserungen. Die etwa 10 km weit gezeichnete Konglomeratbank von St. Nikolaus-Lugenau-See kann in der Natur keineswegs so genau verfolgt werden, eine Identität von Konglomeratvorkommen beim Lugenau-See mit dem Vorkommen bei St. Nikolaus besteht wohl nicht. Speziell zu dem Zwecke, die nur in Bachrinnsalen aufgeschlossenen Schichten miteinander jichtig zu kombinieren, wurden zahllose und genaueste Kompaß- messungen vorgenommen, welche zu dem Ergebnis führten, daß der Sattel von St. Nikolaus etwa mit N 80 W nach West streicht und mit dem Sattel, welcher südlich neben dem Krebsbachl- sattel zieht, identisch ist; weiter westlich setzt sich derselbe Sattel in der rechten Ammerleite (Schnalz) fort. Die Stuchliksche Karte gibt wohl das Sattelstreichen von St. Nikolaus bis Buchen richtig an, westlich Buchen erfolgt eine Biegung des Streichens nach Süden, welche nicht zutreffend ist.

Des weiteren muß auch der letzten Abhandlung Bärtlings gedacht werden. (Lit. 17.)

Bärtlings Analogisierung der Peißenberger mit der Penzberger Geologie schafft entsprechend der Nonnenwald-Langsee-, Penz- berger-, Mulde in Peißenberg die Folge: Peißenberger- eine unbekannte, die Rottenbucher Mulde. Die mittlere (das Analogon der Langsee-) Mulde würde die oben behandelte Nord- randzone unseres Gebietes einnehmen und würde sich nach Bärt- ling nicht ohne unerhebliche Bedeutung für eine bergmännische Aus- beute gegen Süd verbreiten. Wie jedoch in vorstehenden bereits un- zweifelhaft entschieden wurde, kann an fraglicher Lokalität von einer Muldenbildung in oberer bunter Molasse mit dar- unterliegenden CGyrenenschichten keine Rede sein, da unsere Kartierung, wie auch .vordem die Stuchliks gerade hier zwei nebeneinander ziehende Sättel nachwies, die noch dazu ausschließlich mit den ältesten Schichtgliedern der unteren Molasse gebaut sind, das ist der unteren marinen Sandsteinmolasse, der Konglomeratzone und unteren bunten Molasse. (Die Widerlegung der Identifizierung des Krebs- bachlflözes und des Kohlgrabenflözes sowie den Nachweis der Halt- losigkeit der „Helixbänke als Leitschichten 1) siehe unter: Seite [24] 172.)

Hiermit soll unsere. Untersuchung. ihr. Ende finden.

!) Siehe Koehne, Lit. 14. \

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C. Schluß. Entstehung der Molasse und Verhältnis zur alpinen Geologie.

Es ist noch von Interesse, hieran anschließend einiges über Ent- stehung der Molasseschichten und deren Verhältnis zur alpinen Geulogie hervorzuheben.

Die Möglichkeit der Ablagerung der subalpinen Molasse mußte zur Vorbedingung ganz beträchtliche orogenetische V or- gänge der südlichen Alpenmassen zur Vorbedingung haben; diese mochten wohl in dem Vorrücken der rhätischen (Rothpletz 1905) beziehungsweise ostalpinen Decken (Steinmann, Geolog. Beob. i. d. Alpen, Ber. natur. Ges. 1895 99, Freiburg, siehe auch Suess, Antl. d. Erde III, 1910) bestehen, welche nach Rothpletz in der Zeit vom unteren über das mittlere bis ins obere ÖOligocän statthatte. Durch die Schichtenbewegung, welche die alpine Stratosphäre emporhob, ward der südliche Uferbord, das Molassebecken und das Nähr- gebiet für die Molassesedimente gegeben.

Ganz unwillkürlich drängt sich sogleich die Frage nach der nördlichen Uferbegrenzung des Molassebeckens auf. Der Glaube an das hypothetische vindelizische Urgebirge von Gümbel ist im Laufe der Zeiten, namentlich in unserer Periode der Deckenhypothe- tiker stark verblaßt und möchte wohl der Anhänger dieser Gümbel- schen Hypothese als zurückgeblieben erscheinen.

Doch muß zur Oberoligocänzeit irgendeine Nordküste des Molasse-Beckens bestanden haben, und die ganz ungeheuren Ton- und Quarzdetritmassen der bunten Molassen und der Cyrenenschichten (namentlich der Promberger Sandsteine), lassen einen gewissen Schluß auf die Petrographie der oberoligocänen Randländer zu.

Die Cyrenenschichten wie auch deren marine Hangendschichten nehmen von Peißenberg ab gegen Süden allmählich an Mächtigkeit ab, um noch im Bereiche der Rottenbucher Mulde, hier im ideellen, abradierten Südflügel auszukeilen!). Anzeichen der Küsten- nähe, wie grobe Gerölle, zeigten die marinen Hangendsand- steinein den südlichsten Aufschlüssen (Tiefbohrung am Schlichtenbach) trotz ihrer Reduzierung auf nur wenige Meter nicht. Daher dürfte wohl die Ansicht Berechtigung haben, daß die Herkunft der Detritus- massen für die Promberger Sandsteine und die mit diesen engst verknüpften Cyrenenschichten sowie auch der oberen bunten Molasse von Nord oder Nordosten her stammt.

Der Rückschluß aus dem vorherrschend tonigenundsandigen Baumaterial dieser Sedimente läßt eine Urgebirgsrandung im Norden des Molassebeckens sehr wahrscheinlich erscheinen. Bestärkt wird diese Vermutung durch die unbedingte Forderung des nämlichen Urgebirgsrückens als Südbegrenzung des schwäbischen

!) In der Murnauer Mulde finden sich Cyrenenschichten nicht mehr, wenig- stens nicht in der Westgegend; in der Ostgegend, am Weilberg (bei Habach) liegen noch Cyrenenschichten mit schwachen Koblenflözen vor.

[37] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 185

Juragrebirges, das im „Donausprung“ etwa in der Symmetriemitte in die Tiefe gesenkt wurde.

Die Ortlichkeit der ehemaligen Südbrandung des schwäbischen Jurabeckens ist wohl annähernd zu konstruieren aus einem Analogie- profil, das etwa dem West-Ostprofil durch den fränkischen Jura zur bayrisch-böhmischen Masse nachzubilden wäre. (Literatur über das vindelizische Urgebirge:

Gümbel, Bayrisches Alpengebirge 1861.

Reis, Geogn. J.-H. 1894/95, weiter:

Imkeller: Die Kreide- und Eocänbildungen am Stallauer Eck und Enzenauer Kopf. Progr. Jahresb. städt. Handelsschule München, 1895/96.

Bärtling: Geogn. J.-H. 1903.)

Nachdem wir im vorstehenden eine Vorstellung über die Beschaffen- heit des Molassebeckens gewonnen, können wir uns bei der Erklärung der Entstehung der Molasseschichten den Schilderungen Gümbels (1861, pag. 869 ft.) und der folgenden Autoren anschließen; hiernach ist die Tatsache der ältesten Molassesedimentation als einer marinen Bildung bekannt; die alternierende Aufeinanderfolge von feinen Ton- schichten und körnigen Sandsteinen (bei Altenau an der Ammer) deutet Schwankungen in der Intensität der Sedimentation (verschiedene Jahreszeiten?) oder tektonische Bodenoszillationen an.

Die am wenigsten weit vom Abrasionsgebiete transportierten Ab- lagerungen der unteren bunten Molasse werden dargestellt durch ganz grobe Kalkkonglomerate, deren Rollstücke faust- bis kindskopfgroß sind, den Baustein der weiter verfrachteten, nördlicher vorkommenden Konglomerate bildet vornehmlich ein härteres Material wie gutgerollte Kieselkalke und Quarzgerölle. Die Steinmergelbänke und Tonschichten der unteren bunten Molasse stellen wohl lediglich eine weitere Aufbereitungsphase des von der Wasserflut fortbewegten gleichen Detritusmaterials dar, da ganz unmerkliche, zahnartig verfugte Übergänge von Konglomerat in genannte Schichten beobachtet werden konnten. Die Natur der Süßwasser- und terrestrischen Bildung der unteren bunten und auch der oberen Molasse, die schon Weithofer (1902) richtig als „Landbildungen mit kleinen Gewässern“ erkannte, kann nicht zweifelhaft sein, da die Erscheinung der Helixvorkommen gar nicht selten ist, falls man auf die typischen dunkelgrünen Tonschichten besonders achtet.

Die Entstehung der Cyrenenschichten fernerhin mit den marinen Hangendsandsteinen und den Glassandlagen, welche nur im Norden bei Peißenberg zu beobachten sind und in der Rotten- bucher Muldenicht mehr vorkommen, wird von Norden beziehungs- weise Nordosten her nach Süden und Südwesten zu vorgreifend an- genommen. Die Entstehungsweise der kohlenführenden Cyrenen- schichten ist ähnlich wie die der karbonischen Kohlenschichten als eine litorale zu denken, in der Weise, daß die Flöze auf äußerst schwach gegen das Becken des „Promberger Meeres“ geneigtem Gelände er- standen; deshalb können auch mehrfache marine Zwischenlagen in den brackischen Zwischenlagen nicht überraschen, da solche lediglich

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. IIft. (G. Gillitzer.) 24

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von stattgehabten Bodenoszillationen an der Meeresküste oder im Meeresbecken zeugen.

Die lokale Entstehung der Cyrenenschichten, welche sich nur auf die Litoralzone beschränkt, kann selbstredend diese als zeit- äquivalent mit korrespondierenden Schichten der bunten Molasse, etwa in der Murnauer Mulde, erscheinen lassen, da wahrscheinlich zur gleichen Zeit als die Cyrenenschichten im Norden sedimentiert wurden, im Südgebiete bunte Schichten zur Ablagerung kamen; jedoch muß hier betont werden, daß Gesetze, nach denen man die primäre Breite des Cyrenenschichten-Litoralstreifens genau bestimmen und so mit Sicherheit auf die Kohlenführung eines noch gar nicht er- schlossenen Gebietes im voraus schließen könnte, nicht existieren, oder bekannt sind, sondern solche „Vorhersagungen“ lediglich hypo- thetische Vermutungen sind.

Im Verhältnis zur alpinen Geologie ist zu bemerken, daß die Autochthonität der Molassesedimentation bisher selbst von den radikalsten Deckenhypothetikern nicht in Frage gestellt wurde.

Der Kontakt der Molasse zur helvetisch-lepontinischen Vorzone (Oberjura-Eocän) besteht in wohl sicher erwiesenem seigerem Sprung, der in Ausnahmefällen stellenweise südliches, dann auch nördliches Fallen aufweist. Dessen seigerer Charakter dürfte sich jedoch wohl in dem ungeheuer weit sich erstreckenden Verlauf über Berg und Tal in gerader Linie erweisen; es sind zwar Über- schiebungen von Eocän und Kreideschichten (westlich von Sonthofen) über Molasse nachgewiesen und werden vielleicht noch weitere nach- gewiesen werden können !), doch im großen und ganzen kann von einer generellen tektonischen Überlagerung der Molasse durch die Schichten der helvetisch-lepontinischen Zone nicht die Rede sein.

Was das Alter und die Art der Molassetektonik an- langt, so fällt die Molassefaltung sowie die streichende Tektonik zwischen Molasse und Flysch wohl ins Obermiocän, die gehobenen Rücken der Molasse stellen nun ihre Detritusstoffe zum Teil auch der Bildung des obermiocänen Flinzes zur Verfügung, bis auch hier wieder der Ausgleich zwischen dem Plus der Erhebung und dem Minus des auszufüllenden Flinzbeckens erreicht ist.

Eine tektonische Bewegung der Molasse ist allen Anzeichen nur einmal ergangen. Die Kräfte dieser Gebirgsbildung hatten ihren Herd im Alpengebirge; daher wurden ähnlich wie im westfälischen oder Aachener Kohlengebiete die dem expandierenden Gebirge zu- nächst gelegenen südlichen Gebietsteile besonders stark erfaßt, so daß hier enge Zusammenpressung und Steilstellung beziehungs- weise UÜberkippung der Schichten stattfand. Weiter gegen Nord bricht sich die faltende Kraft mehr und mehr und die Faltenwellen werden

1) So ist eine Überschiebung des Stallauer Ecks und Enzenauer Kopfs über die östliche Fortsetzung der Murnauer Molassemulde, welche im Weilberg noch erschlossen ist, sehr wahrscheinlich; ein bedeutsames Kriterium für diese Tatsache scheint der Umstand, daß die Konglomeratschichten des Buchberg „küstenferner“ sind und die grobrölligen wenig weit transportierten Nagelfluhschichten in der Tiefe unter den überschiebenden Kreide- und Eozän- schichten obig genannter Berge liegen müssen.

[39] Geologie des Südgebietes des Peissenberger Kohlenreviers. 187

schwächer und die Kohlenschichten tauchen in große Tiefen unter. In dieser Tektonik ist auch die Art der tektonischen Deformierung der Molasse bedingt nämlich: mächtige, Tausende von Metern tiefe Synklinalfalten mit steil stehenden (teilweise überkippten) Süd- flügeln (analog den Aachener „Rechten*) und flach geneigten Nordflügeln („Platten“). Diese südnordwärts gerichtete Faltungskraft ist bei weitem die vorherrschende ; durch sie kamen auch die streichen- den Tektoniken zwischen Molasse und Flysch, zwischen Molasse und Miocän, als auch die Störungen in der Molasse selbst zustande, eben- soauch die Querstörungen, vondenen wegen ihrer geringen Ausmaße nicht entschieden werden kann, ob siejünger oderälter als die streichen- den Sprünge sind ; jedenfalls darf hierfür als ziemlich gesichert gelten, daß die Querstörungen sowohl im Blattverschiebungs- als auch im rein absenkenden Sinne bis jetzt noch nicht von großer Bedeutung beobachtet wurden. Daß neben der südnördlichen Faltungskraft eine ostwestliche Kraftkomponente tätig war, möchte fast aus den streichenden Sattelbildungen der Mulden sowie aus Rutschstreifen in diesem Sinne, welche in der Kohlengrube Peißenberg gelegentlich beobachtet wurden, geschlossen werden.

In vorstehender Abhandlung wurde ein ansehnlich großes Gebiet der oberbayrischen Molasse neu aufgenommen und somit dürfte vielleicht ein weiterer Schritt in der noch nicht gefestigten Kenntnis der süd- bayrischen Molasse im Westgebiete gewonnen sein.

Peißenberg, 28. Dezember 1913.

24'

188 Dr. Georg Gillitzer. [40]

Inhaltsverzeichnis.

Seite Vorwort na REEL EHE HERNE Bei em: 149.7 1] A. Einführender Teil. 1. ‚Topographischen 7 ARE 1. RO a REN 2 or 2. Rückblick auf frühere geologische Forschungen . .. .... 151: [3] B. Hauptteil. I. Btraligraphie. 0 Sue „re a Re ER 155 [7] 1. Untere marine AMolasse’ . .. ha... 2 28 re 155 [7] 2, Untere Bunte Molasse’\ .”. . . man me.. 2 0 er 157 [9] a) Kohlenführende Zwischenschichten . . . . . 2. 22 22 2. 157 :9] 6) Konglomerszone m Hm HT HE DEE 161 [13] c) Bunte Molasse im engeren Sinn’? . . ou WER 162 [14] 3. Öyregenschichten „mr er, TEN U ANSEHEN 165 [17] 4..Vbere "bunte Molasser®,. 2 OR mar. BIETER 169 [21] N. Tekgonık 0-27 he te ERSTEN 172 [24] 1. Allgemeine tektonische Lagerung» 77. ... 2... 2 2... 173 [25] 2. Spezielle tektonische Betrachtung „E20. 20 0.55 174 [26] e).ammerprohl „men nee. me. 7 2 174 [26] b) Kyachpronl und: Achprenl Sour. u RI 176 [28] 6) AChpupRli u Te 2, ee > 2 ee 177 [29] d) eckanpnl 5 2 2, el. 2. N See 179 [81] e) Banutekionik” 7... u ee. ee ee Rn 180 [32] €. Schluß.

Entstehung der Molasse und Verhältnis zur alpinen Geologie . . 184 [36]

Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. (VI. Mitteilung’).

Von Max Bamberger und Karl Krüse.

Aus dem Laboratorium für anorganische Chemie an der k.k. Technischen Hoch- schule in Wien und aus dem chemischen Laboratorium der k. k. Lehrerbildungs- anstalt in Innsbruck.

Mit einer Textillustration.

Im Nachstehenden tinden sich die Resultate der im Jahre 1913 ausgeführten Arbeiten über die Radioaktivität der Mineralquellen Tirols zusammengestellt.

Zur Bestimmung der Radioaktivität dienten das Engler’sche Fontaktoskop ?2) sowie das Fontaktometer®?) von Mache und Meyer.

Die in den Tabellen angegebenen Zahlen geben den für 1 Liter Wasser direkt ermittelten oder, da in Fällen geringere Wassermassen benützt wurden, den für 1 Liter umgerechneten Potentialabfall in Volt pro 1 Stunde unter Berücksichtigung des Normalverlustes, der indu- zierten Aktivität sowie der im Versuchswasser zurückgebliebenen Emanation an. | |

Die Entnahmebedingungen des Wassers sind sehr verschieden und es treten bei der Fassung desselben oft große Schwierigkeiten auf. Es wurde der größte Wert darauf gelegt, die Bestimmung der Emanation unmittelbar an der Quelle oder in möglichster Nähe der- selben vorzunehmen, was auch in vielen Fällen möglich war. Zum Transporte von Wasserproben ließen sich mit großem Vorteile Flaschen mit Kautschuckverschluß verwenden.

Die Stärke der Radioaktivität ist nach dem Vorschlage von Mache in elektrostatischen Einheiten angegeben.

!) Monatshefte für Chemie, 29, 317 (1908); 31, 221 (1910); 32, 797 (1911); 34, 403 (1913); 34, 1449 (1913).

2) Kapazität der Elektroskope Nr. 2220 und 2211:13°9 und 134.

°) Kapazität des Elektroskops Nr. 2733 betrug 108.

Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1914. 64. Bd, 1. u. 2. Hft. (Bamberger u. Krüse.)

.

Max Bamberger und Karl Krüse.

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Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols.

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Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 193

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[13] Beiträge zur Kenutnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 201

Die aus dem Tonalite des Rieserfernerstockes entspringenden Quellen erwiesen sich sämtlich als inaktiv. Eine Analyse dieses Tonalits (Granodiorit) aus dem vorderen Raintale östlich der Tobelbrücke an der neuen Straße nach Rain wurde von Herrn G. Hradil durch- geführt. „Die großen Biotitblätter zeigen tiefbraune Töne im Pleo- chroismus und sind meist stark chloritisiert; an einer Stelle wurde ein ZirkoneinschluB im Biotit beobachtet, von dem pleochroitische Höfe ausgehen !).“ Es sei bemerkt, daß die zwei untersuchten Quellen an der neuen Straße bei km 42 und km 54 aus diesem Gesteine entspringen, das zur Analyse Verwendung fand.

Im Antholzertale wurden im heurigen Sommer noch einige weitere Quellen aus dem Gebiete des Antholzer Granitgneises untersucht, der zwischen Oberrasen und Niedertal quer durch das Tal durchzieht. Sämtliche dieser Quellen erwiesen sich als radioaktiv, wenn auch keine mehr in dem Grade wie die Badequelle von Salomonsbrunn und der in ihrer Nähe befindliche Litzenbrunnen (Weiherbrunn), welche an der rechten Tallehne aus dem genannten Gesteine entspringen, während die anderen schwächeren Quellen auf der linken Seite des Tales liegen.

In der Richtung talauswärts entspringen in diesem Gebiete an der

rechten Tallehne: linken Tallehne: —_ Wasserleitungsquelle in Niedertal " . . .. . 88 ME. Salomonsbrunn 266 | (Mittel- EU 7:8 Litzenbrunnen 3011 werte) | Kaltbrunn (gegenüber 1 R g . Litzenbrunnen) . . 115 Quelle außerhalb des Kaltbrunns ... - . „10:0 m

Die Abklingung der induzierten Aktivität des Wassers von der Starken Quelle Nr. 1 am Nößlachjoch (Steinach a. Br.) zeigt die um- stehende Figur 1.

Herr Bergrat Dr. Fritz Ritter Kerner von Marilaun hatte die Güte die geologischen Verhältnisse der Umgegend des Siegreiter Grabens (Steinach a. Brenner) zu schildern und teilt darüber nach- folgendes mit:

„Der Siegreiter Graben, in dessen Bereich eine Quelle von ungewöhnlich hoher Radioaktivität gefunden wurde, zählt zu den besser aufgeschlossenen Flankenteilen des Nößlacher Joches. Das untere Stück des Grabens quert jene Schichtserie, welche den östlichen Jochvorbau, die Nößlacher Terrasse, bildet. Es folgen dort, von der Sillschlucht aufwärts: Kalkphyllit mit Einlagerungen von Chlorit- und Ampbibolschiefer, dann Quarzit und dolomitischer Kalk. Die Wurzel- region des Siegreiter Grabens schneidet in jenen Gesteinskomplex

!) G. Hradil, Der Granitzug der Rensenspitze bei Mauls in Tirol. Sitzungsb. d. kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, Abt. Ila, 1912.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (Bamberger u. Krüse.) 96

202 Max Bamberger und Karl Krüse, ’-. 7443

ein, welcher die Hauptmasse des Nößlacher Joches aufbaut. Dieser Komplex besteht aus Quarzphylliten und drei in dessen Bereich auftretenden verschiedenen Gesteinen, deren Lagebeziehung zum umgebenden Phyllite schwer zu ermitteln ist. Es sind dies Glimmer- diabas, Eisendolomit und Quarzkonglomerat mit Einlagerungen von Anthraeitschiefer.

Der von Pichler entdeckte und von Cornet genau beschriebene Glimmerdiabas, bezüglich dessen es schwer festzustellen ist, ob er die Schieferhülle nur aufgerichtet oder auch durchbrochen habe, tritt im oberen Teile des Siegreiter Grabens mehrorts an den Tag. Der

Fig. 1.

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Eisendolomit, welcher in ganz regellos verteilten grösseren und kleineren Partien im Phyllite liegt und den Rest eines durch Gebirgs- bewegungen völlig zerstückelten Schichtgliedes bilden dürfte, erscheint in einer grösseren Masse oberhalb der Wurzelregion des Grabens. Die Vorkommen von Quarzkonglomerat befinden sich dagegen außerhalb des hier interessierenden Gebietes. Sucht man Beziehungen der bei einer Quelle des Siegreiter Grabens gefundenen sehr hohen Aktivität zu einem der dort herrschenden Gesteine, so wird man an eine Beziehung zum Glimmerdiabase denken, da die besagte Quelle in jener Höhenzone liegt, in welcher sich die Aufschlüsse dieses Ergub- gesteines finden. Die neuerdings von R. Greng vorgenommene Unter- suchung dieses Gesteines hat das Vorhandensein von Zirkon als nahezu

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[15] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 203

sicher, das eines Titanminerales (Titanit) als wahrscheinlich ergeben. Vielleicht sind mit dem auch als akzessorischem Gemengteile erkannten Magnetit auch Spuren von Mangan verbunden, das gleichfalls mit dem Radiumgehalte in Beziehung zu bringen wäre.

Außer Beziehungen zu einem zu Tage tretenden Gesteine können hier auch solche zu Bruchzonen gesucht werden. Allerdings ist die Frage nach solchen Zonen im vorliegenden Falle, der nicht eine Therme, sondern eine gewöhnliche Gebirgsquelle betrifft, mehr mit Bezug auf das Auftreten des Ergußgesteines als unabhängig davon zu stellen. Nachdem durch die neuen Forschungen im Tauerngebiete klar gezeigt wurde, daß die Gebirgsquellen ihren Emanationsgehalt aus den ver- witterten Gesteinen an der Gebirgsoberfläche aufnehmen, drängt sich die Frage nach Beziehungen zur Tiefe nur insoweit auf, als für diese Gesteine ein abyssischer Ursprung in Betracht kommt.

Die Schichtserie, welche auf der Ostseite des Nößlacher Joches unterhalb des Quarzphyllites folgt, weicht von jener ab, die weiter westwärts, im Gschnitz-und Obernbergertale unter diesen Phyllit hinab- taucht. Das unterste Glied dieser Schichtfolge ist hier Kalkphyllit, dort Gneis und Glimmerschiefer. Quarzit ist allerdings im Stubaital an der Basis der Dolomite anzutreffen, auf der Südseite des Gschnitztales aber in diesem Niveau fehlend und sohin als Zeuge einer Überein- stimmung der basalen Schichtfolgen west-und ostwärts vom Nößlacher Joche weniger bedeutsam. Der dolomitische Kalk im Hangenden dieses Quarzites weicht zum Teile sehr von den Dolomiten der Tribulaun- gruppe ab, die im Trunergraben unter die Quarzphyllite und Quarz- konglomerate hinabtauchen. Es fehlt ihm die Einschaltung schwarzer dünnspaltiger Glanzschiefer und die Überlagerung durch Bänder- marmore und Glimmerkalke, welche den Dolomitmassen des Stubai- und Gschnitztales eigen ist. Dagegen tritt jener Kalk stellenweise unter Verhältnissen auf, die sehr für seine Zugehörigkeit zur Gruppe der Kalkphyllite sprechen.

Diese Umstände führen zur Annahme, daß die Schichten der Nößlacher Terrasse nicht eine östliche Fortsetzung derjenigen sind, welche weiter westwärts unter die im Nößlacher Joche endigenden Schieferberge hinabsinken, und daß der Westrand jener Terrasse einer Bruchlinie entspricht, an welcher die östlichen Ausläufer der Tribulaun- gesteine und die ihnen aufgeschobenen Quarzphyllite abstoßen. Die ungewöhnlich stark aktive Quelle im Siegreiter Graben käme so in nächste Nähe einer großen Störungslinie zu liegen.

In wie weit dieser Umstand unabhängig von der Nachbarschaft des Glimmerdiabases mit der hohen Quellenaktivität in Beziehung zu bringen ist, wird sich erst beurteilen lassen, wenn die weiter abseits von der Bruchlinie noch innerhalb der Verbreitungsgrenzen des Diabases liegenden Quellen in Bezug auf ihre Radioaktivität geprüft sein werden.“

Die Petrographische Untersuchung einiger Gesteine von der Starken Quelle Nr. I am Nößlachjoch (Steinach am Brenner) (siehe pag. 197 [9]) hatte Herr Dr. R. Grengg die Güte auszuführen und teilt darüber nachfolgendes mit:

26*

204 Max Bamberger und Karl Krüse. 4 [16]

„Fine Beschreibung der Gesteine von diesen Fundpunkten existiert bereits von P. Cornet?!), der hier im Folgenden gegebene petro- graphische Befund vermag dieselbe aber in einzelnen Punkten zu ergänzen.

Diabas I (Schliff Nr. 73/1913 und 2/1914). Im Handstück betrachtet:

Ein graugrünes körniges Gestein; Feldspat und Biotit sind zu erkennen, der erstere zeigt mattgraue Farbe und an Stelle der Spalt- barkeit einen mehr muscheligen bis splittrigen Bruch.

Befund im Dünnsehliff:

Die Struktur ist diabasisch-körnig, bemerkenswert ist das Vor- kommen der Plagioklase in zwei Generationen, indem größere mehr tafelige Plagioklase neben den leistenförmigen auftreten.

Mineralbestand: Plagioklas, Biotit, Augit, Chlorit, Erz, spärlich braune Hornblende.

Die Plagioklase zeigen Zwillingslamellierung vorwiegend nach dem Albitgesetz, idiomorphe Begrenzung ist häufig vorhanden. Zer- setzungsvorgänge bestehend in erdiger Trübung der Schnitte und Neubildung von schwach lichtbrechenden und kräftig doppelbrechenden Schuppen und Aggregaten sind gewöhnlich. Die kräftig doppelbrechenden muskowitähnlichen oder gleichen Massen sind zumeist in den größeren Plagioklasdurchschnitten anzutreften und haben dort nicht selten die Feldspatsubstanz fast völlig ersetzt. An den trüben Stellen der Feld- spate finden sich auch Anhäufungen feinster stark lichtbrechender gelber Körnchen, wohl Epidot. Interessant ist die Tendenz der Plagioklase sich in albitreichere umzuwandeln, infolgedessen zeigen sich recht häufig stärker doppelbrechende und schwächer lichtbrechende Säume von recht frischer dem Albit nahestehender Feldspatsubstanz um die mehr basischen Kerne. (Vgl. darüber Becke, Fortschritte der Metamorphose ?) pag. 248). Die Umwandlung der Plagioklase ist im Schliff in verschiedenen Stadien zu sehen. Allen gemeinsam ist der äussere Albitsaum; auf diesen folgt nach innen in vielen Fällen eine erdige stark trübe Zone, während die zentralen Partien von den Schuppen der muskowitartigen Minerale durchsprenkelt sind. In manchen Schnitten fehlt diese innere Zone und ist an ihrer Stelle unter dem Albitmantel ein erdig trüber, öfters fast völlig undurch- sichtiger Kern.

Kalzit als Neubildungsprodukt aus den Feldspaten und auch sonst als sekundäre Bildung, ist nicht gerade selten.

Biotit bildet meist zerquetschte Flasern und Lappen. Wenn frisch ist er braun (Pleochroismus: dunkelrotbraun [7] hellgelbbraun [«)).

!) Die Glimmerdiabase von Steinach a. Brenner in Tirol Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 38, 591 (1888).

>) In Fortschritte der Mineralogie, Krystallographie, Petrographie, I. Bd. Jena 1911.

[17] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 205

Vielfach ist die Farbe mehr grünlich geworden, auch Umwandlung in Chlorit ist vorhanden.

Augit: Farblos, nach den Spaltrissen von der eindringenden Chloritsubstanz öfters in Körneraggregate aufgelöst (Maschenstruktur ähnlich den Olivin). Neben Chlorit sind auch erdig trübe Massen und Limonit als Zersetzungsprodukte zu nennen,

Braune Hornblende: In einem Schnitt normal zur Prismen- zone war der Pleochroismus: Rotbraun (ß), sehr helles Braun («.).

Chlorit ist als Neubildungsprodukt nach Biotit und Augit sehr verbreitet, seine Farbe im Schliff ist hellgelbgrün (schwacher Pleochroismus). Um winzige stark licht- und doppelbrechende Körnchen, wohl Zirkon, konnten dem sehr spärlichen Vorkommen dieses Minerals im Schliff entsprechend, einige pleochroitische Höfe im Chlorit beobachtet werden. Im Bereiche der Höfe war der Chlorit kräftig pleochroitisch (hellgrüän—schwarzgrün). In Gesellschaft des Chlorites sind epidotartige Massen, zumeist kleine stark lichtbrechende Körnchen und Fetzchen nicht selten.

Erz, findet sich verhältnismäßig häufig. Es bildet opake schwarze Massen. Ofters sind seine Durchschnitte leistenförmig, auch wie zer- hackt aussehende Partien finden sich. Randlich ist zuweilen Um- bildung in stark licht- und doppelbrechende etwas trübe Körnerag- gregate (Titanit?) zu sehen.

Apatitnädelchen fanden sich vereinzelt in den Feldspaten. An einer Stelle des Schliffes war ein Mineral von mittlerer Licht- brechung und ziemlich hoher Doppelbrechung in Flasern und Rosetten angereichert. Die einzelnen Fasern oder Schuppen hatten «‘ in der Achse ihrer Erstreckung. Dieses sicher sekundäre Produkt ist wahr- scheinlich Prehnit, wenn nicht ein Zeolith (etwa Thomsonit) vorliegt.

Diabas II (Schliff Nr. 3/1914). Im Handstück:

Auf frischer Bruchfläche deutlich körnig, Farbe dunkelgrau mit Stich ins grünliche. Im Mittel 2—3 mm große Feldspatkörner treten besonders an angewitterten Flächen als graue bis weiße Flecken deutlich hervor, wodurch der Eindruck einer mehr porphyrischen Struktur erweckt wird. Biotit ist in kleinen Schmitzchen und Blättchen zu erkennen. Von Diabas I ist vorliegende Varietät durch dünklere Farbe und anscheinend größere Frische unterschieden.

Untersuchung im Dünnschliff:

Struktur wie bei Diabas I, nämlich diabasisch-körnig. Mineral- bestand: Plagioklas in zwei Generationen bildet ungefähr zweidrittel des gesamten Gesteinsgewebes ; ferner findet sich farbloser Augit und brauner teilweise ausgebleichter Biotit, welcher gegen den Pyroxen etwas an Menge zurücktritt. Opake schwarze zumeist leistenförmige Durchschnitte von Erz sind vorwiegend in der Nachbarschaft des Biotits öfters auch mit diesem verwachsen anzutreffen. Sonst ist noch zu nennen grün-

206 Max Bamberger und Karl Krüse. ! [18]

licher Chlorit öfters größere Flecken einnehmend, seine Bildung aus Augit und Biotit ist an noch unreifen Pseudomorphosen nach diesen Mineralen zu ersehen. Sehr spärlich liegen in dem Chlorit und auch im Biotit kleine sehr stark licht- und doppelbrechende Körperchen, (wahrscheinlich Zirkon) sie lassen dunkel gefärbte pleo- chroitische Höfe rund um sie im Wirt erkennen. Apatitnadeln sind ab und zu anzutreffen. Die Feldspate sind vorwiegend zwillings- lamelliert und zwar gewöhnlich nach dem Albitgesetz, erdige Trübung der Durchschnitte ist selten, dagegen ist besonders in den größeren mehr tafeligen Schnitten, das bereits bei Diabas I besprochene glimmerartige Mineral inSchüppchen und Aggregaten von solchen stark angereichert, ja oft ist der Schnitt vollständig davon erfüllt, meist bis auf eine Randzone, die nach ihren optischen Eigenschaften dem Albit nahesteht. Diese saure Randzone ist bei den meisten Plagioklas- schnitten deutlich entwickelt, öfters steht damit eine granophyrische Struktur in Verbindung, indem der Plagioklas (Albit) der Randzonen durch eine äußerst feine stengelige Verwachsung mit einem niedere Lichtbrechung zeigenden Feldspat wohl Orthoklas verbunden ist. Der Kalifeldspat wäre gleichfalls als Neubildung aufzufassen. Epidot in Körnchen und Schnüren ist als sekundäre Bildung öfters in den Feldspaten zu sehen, desgleichen Kalzit, der allent- halben im Gesteinsgewebe zu finden ist. Spärlich kommt Quarz vor.

Diabas III (Schliff Nr. 72/1913 und 1/1914).

Makroskopisch betrachtet stellt diese Varietät ein dunkel- graugrünes undeutlich körniges stellenweise wie dicht aussehendes Gestein dar, in dem außer sehr kleinen dunklen Glimmerschüppchen kein weiterer Gemengteil mit Sicherheit erkannt werden kann.

Untersuchungim Dünnschliff:

Die diabasisch-körnige Struktur ist infolge starker Zersetzung der Feldspate unter reichlicher Bildung von muskowitartigen Schüppchen und Kalzit etwas verwischt. Mineralbestand: vorwiegend Plagioklas, ferner relativ häufig brauner Biotit und Erz.

Der Kalknatronfeldspat erscheint in zwei Generationen und zwar lassen sich unterscheiden größere mehr tafelige stark zer- setzte (Bildung der muskowitartigen schuppigen Aggregate) und leisten- förmige besser erhaltene Plagioklase; erdige Trübung der Durch- schnitte ist nicht gerade häufig. Zwillingslamellierung ist vorwiegend nach dem Albitgesetz entwickelt. Die optische Bestimmung eines leistenförmig entwickelten Plagioklases verwies ihn unter die Labra- dorite. Säume von saurem Plagioklas (Albit) um die Feldspate waren mehrfach deutlich zu erkennen.

Der Biotit ist verhälnismäßig wenig zersetzt; Pleochroismus: dunkelbraun (y) hellbraun («), Umwandlung in Chlorit kommt vor, sehr selten finden sich in dem Chlorit pleochroitische Höfe. Diese Höfe sind rings um zirkonartige Körnchen entwickelt und dunkel- graugrün gefärbt.

[19] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 207

Gleich häufig wie der Biotit sind bei Betrachtung des Schliffes ohne Analysator gelbe und bräunlich trübe von Rissen (wie sie bei einer eingetrockneten Gallerte zu sehen sind) durchquerte Häufchen von zuweilen krystallographischer Begrenzung. Zwischen gekreuztem Nikol zeigen diese Massen Aggregatpolarisation. Es ist nicht unwahr- scheinlich, daß dieselben Umwandlungsprodukte nach Augit darstellen, von dem sonst sicher Erkennbares nichts zu finden ist.

Unter dem Erz ließ sich Pyrit an der Farbe in wie zerhackt aussehenden Partien erkennen, die übrigen opaken, schwarzen teilweise mit Biotit verwachsenen Erze dürften wohl vorwiegend Magnetit sein.

Gesteinsprobe IV erwies sich nach der Mikroskopischen Diag- nose als Epidot-Chloritschiefer.

Im Handstück ist das Material deutlich schieferig, phyllit- ähnlich, die Farbe ist dunkelgraugrün, auf den Bruchflächen nach der Schieferung zeigt sich leichter Seidenglanz. Das Gefüge ist fein- körnig bis dicht.

Im Dünnschliff (Schliff Nr. 4/1914) läßt sich Streckung der Mineralkomponenten der Schieferung entsprechend beobachten. Am Gesteinsgewebe beteiligt sich ungefähr zur Hälfte ein Plagioklas, der selten einfache Verzwilligung zeigt (in der Mehrzahl der Fälle über- haupt keine); die Durchschnitte sind sehr frisch und haben keine krystallographische Begrenzung. Der optische Achsenwinkel ist nahe an 90°, optischer Charakter positiv. Die Lichtbrechung etwas stärker als Kanadabalsam. Es liegt somit ein Oligoklas-Albit vor.

Epidot und grüner Chlorit, zu ungefähr gleichen Teilen bilden die übrige Gesteinsmasse. Der Epidot ist stark licht- und ziemlich kräftig doppelbrechend, seine Farbe ist lichtgelbgrün, der Pleo- chroismus sehr undeutlich, meist ist die Form der Durchschnitte länglich säulenförmig, stengelig und dann quergegliedert, auch runde Körner sind verbreitet.

Der Chlorit ist in Schnitten paralell zur Spaltbarkeit bläulich- grün und zwischen gekreuzten Nicols fast isotrop. Schnitte normal dazu zeigen deutlichen Pleochroismus: lichtgelblichgrün (y‘) bläulich- grün (a‘); die Interferenzfarben in solchen Schnitten sind schmutzig gelbgrau.

Kalzit ist auf einigen schmalen Adern angereichert. Vereinzelt finden sich farblose mehr rundliche von Rissen durchsetzte ziemlich stark lichtbrechende Körner mit sehr schwacher Doppelbrechung: Apatit.

Der Epidotchloritschiefer Probe V, gleicht im wesent- lichen dem soeben beschriebenen, nur ist er noch feinkörniger. Der Feldspatgemengteil ist schichtenweise in ziemlich regelmäßiger Wechsel- folge angereichert. Das Gefüge dieser heller gefärbten Lägen ist zu- weilen deutlich körnig.

Der Dünnschliff (Schliff Nr. 5/1914) bietet gleichfalls nichts Neues, nur ziemlich viel Erz ist konform der Schieferung in gestreckten

208 Max Bamberger und Karl Krüse. j [20]

Lappen und Flantschen eingestreut. An dem Auskeilenden der sonst opaken schwarzen Erzpartien und in kleineren Blättchen ist dasselbe mit blutroter Farbe durchscheinend bis durchsichtig und zeigt Doppel- brechung.

Kalzit ist in den Adern und auch sonst im Gesteinsgewebe zu treffen; in den Kalzitädern ist die Feldspatkomponente gröber entwickelt.“

Herr Dr. R. Grengg zog auch die Quarzporphyre von St. Magdalena!) und Kühlen Brünnl bei Bozen?) in den Kreis der Unter- suchung?) und macht darüber nachfolgende Angaben:

A. Quarzporphyre von St. Magdalena bei Bozen. I. Probe (Schliff Nr. 73/1913). Makroskopischer Befund:

In der lichtrötlichbraunen dichten Grundmasse stecken zahlreiche graue Quarzkörner (Korngröße bis 4 mm), die nicht selten gerundete Dihexaederform erkennen lassen. Der Feldspat hat gleiche Farbe wie die Grundmasse und ist anscheinend noch recht frisch, seine Korngröße ist ungefähr der des Quarz gleich.

Untersuchung im Dünnschliff:

Quarz, Orthoklas, Plagioklas und braunschwarze schwer bis undurchsichtige Pseudomorphosen nach Biotit liegen in einer mehr mikro- felsitischen Basis. Dieselbe ist im gewöhnlichen durchfallenden Lichte hellrötlichbraun und zeigt stellenweise Fluidalstruktur; zwischen ge- kreuzten Nikols werden vereinzelt größere deutlich körnig ausgebildete Flecken sichtbar.

Quarz: Wasserklare rund geschmolzene Scherben von Krystallen mit Korrosionserscheinungen.

Orthoklas: Ziemlich frisch, die Durchschnitte sind reich an Einschlüssen, haben zumeist einen rötlichen Farbenton infolge massen- haften Auftretens von anscheinend desselben rötlichbraunen staub- feinen Pigments, das die Grundmasse färbt. Kaolinisierung stellen- weise verhanden; spärlich ist die Durchwachsung mit Albit.

SaurerPlagioklas verzwillingt nach Albit und zuweilen nach dem Periklingesetz ist in geringer Menge vorhanden, er gehört in die Nähe des Oligoklas-Albit.

!) Die Radioaktivität des Wassers aus dem 1. Bohrloche des Steinbruches bei St. Magdalena beträgt 23:2 M. E. (Monatshefte für Chemie 34, 1453 (1913).

?) Die einzelnen Porphyrvarietäten sind von ihm deswegen etwas ausführ- licher behandelt worden (wobei einzelne Wiederholungen unvermeidbar waren) weil eine weitere Prüfung dieser Gesteine auf ihre Gesamtaktivität sowie auf die Radioaktivität der einzelnen Mineralkomponenten geplant ist, welche Untersuchung durch vorangegangene genaue mikroskopische Analyse sich vereinfacht sowie an Bedeutung gewinnt.

Die Bozener Porphyre sind in neuerer Zeit von F. v. Wolff vor allem vom geologischen Gesichtspunkte aus genauer untersucht worden. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXVII, pag, 72, 1903.

[21] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 209

Zirkon ist gerade nicht selten zu finden, überall wo er in der Grundmasse liegt, zeigt derselbe einen dunkelrotbraunen Hof, bestehend aus Anhäufung feinster Körnchen von dieser Farbe. Es scheint diese Abscheidung rund um die Zirkone auf radioaktiver Wirkung der- selben zu beruhen !).

II. Probe (Schliff Nr. 78/1913). Makroskopischer Befund:

In rötlichgrauer Grundmasse stecken viele Einsprenglinge von Feldspat und Quarz, wobei der erstere überwiegt. Der Feldspat ist lichtrötlich gefärbt und noch recht frisch. Beim Quarz sind gerundete Krystallformen nicht selten zu sehen. Korngröße der Einsprenglinge im Maximum 5 mm. Das Gestein sieht sehr frisch aus.

Untersuchungim Dünnschliff:

Einsprenglinge bilden Quarz, Orthoklas, Plagioklas und brauner bis braungrüner Glimmer relativ nicht selten sind Zirkonkryställchen. Die Grundmasse ist bei Betrachtung ohne Analysator lichtgraubraun und erfüllt mit dunkelrotbraunem bis schwarzem Staub. Stellenweise wird durch entsprechende Anreicherung dieses Pigments fluidale Struktur der Grundmasse sichtbar, zwischen gekreuzten Nikol ist die Grundmasse zumeist sehr feinkörnig aggregatpolarisierend bis fast isotrop (zersetzt mikrofelsitisch).

Quarz: Wasserklare oft Korrosion zeigende abgerundete Durch- schnitte von Krystallen oder Scherben von solchen; arm an Ein- schlüssen.

Orthoklas: Krystallographische Begrenzung der Durchschnitte zuweilen vorhanden (Tafelförmig). Umbildungserscheinungen sind häufig. Zuweilen sind die Orthoklase bis zur Hälfte ihrer Masse von lappigen Kalzitpartien durchwachsen, randlich und auf Sprüngen und Spaltrissen dringen braunrote bis graubraune staubfeine Massen ein unter denen zuweilen ziegelrote Schüppchen von wahrscheinlich Eisenglanz sich finden. Auch erdige Trübung (Kaolinisierung) fehlt nicht. Fleckung der Orthoklasdurchschnitte mit Albit ist nicht selten, die einzelnen Albitschnitte sind dann parallel zu einander orientiert. Plagioklas mit Zwillingslamellierung an Menge gegen den Orthoklas zurücktretend, gehört nach seiner Lichtbrechung unter die Oligoklase.

Der ziemlich häufige Biotit ist zersetzt, so daß er optisch nicht einheitlich reagiert und auch keinen Pleochroismus zeigt. Schnitte normal zur Spaltbarkeit sind leistenförmig manchmal verbogen dazu normal getroffene Biotits sind gewöhnlich unregelmäßig gelappt, oft umgeben mit einem Rand opaker Körnchen, welche auch im Innern der Schnitte vorkommen ja dieselben teilweise auch ganz erfüllen können (Resorptionserscheinungen). Manchmal ist die Glimmersubstanz gänzlich verschwunden und ein förmliches Skelett derselben aus diesen schwarzen Körnchen gebildet, übrig geblieben.

!) Ausführlicheres darüber der Verf. im Zentralbl. f. Min. etc. Jahrg. 1914. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd.,1 u. 2. Hft. (Bamberger u. Krüse.) 27

210 Max Bamberger und Karl Krüse. | [22]

Teilweise bis vollständige Umbildung des Biotit in ein farbloses elimmerähnliches Mineral kommt vor. Die Substanz des Biotits im Zersetzungszustande ist gelbbraun bis rotbraun gefärbt und stellt ein sehr feinkörniges Aggregat vor, in dem stellenweise bereits das farb- lose Glimmermineral zu erkennen ist.

Pleochroitische Höfe um die ab und zu in dem zersetzten Biotit vorhandenen Zirkone fehlen auch wenn der Zirkon randlich liegt und sich die Grundmasse durch denselben deutlich irritiert zeigt. Die Einwirkung der Zirkone auf die Grundmasse ist die, daß infolge Eisenoxydausscheidung aus derselben die Zirkone von einem dunkel- rotbraunen Hof umgeben sind. Größere schwarze opake Massen (außer in und um die Glimmer) fehlen im Schliff, kleinere schwarze Körperchen sowie Anhäufung rotbrauner Partikel sind dagegen häufig.

III. Probe (Schliff 79/1913). Makroskopischer Befund:

In der hellrötlichgrauen Grundmasse dieses sehr frisch aus- sehenden Gesteines schweben Einsprenglinge von Quarz (zum Teil deutlich idiomorph) und von anscheinend frischem rötlichem Feldspat, dessen Körner Durchmesser bis zu 10 mm zeigen.

Untersuchung im Dünnschliff:

Quarz, Orthoklas, Plagioklas, unfrischer Biotit liegen in einer lichtbräunlichen, dünklere Schlieren enthaltenden Grundmasse. Diese dunklen Partien zeigen Fließungserscheinungen um die Einsprenglinge und verlieren sich gewöhnlich durch Übergänge in die minder fein- körnig struierte Schliffläche. Ab und zu sind diese Fragmente aber scharf abgegrenzt und erwecken den Eindruck von kleinen Trümmern eines Porphyrs mit dunkler äußerst feinkörniger (mikrofelsitischer) Grundmasse.

Quarz überwiegt bedeutend unter den Einsprenglingen, zeigt Aufschmelzungserscheinungen ; staubfeine Interpositionen in den wasser- klaren Durchschnitten sind spärlich.

OÖrthoklas und der spärliche saure Plagioklas (Lichtbrechung etwas größer als Kanadabalsam) sind reichlich von Kalzit durch- wachsen. Besonders im Orthoklas ist auch Kaolinisierung, Neubildung von epidotartigen Körnchen und rotbraune Pigmentierung zu sehen.

Der Biotit ist stark zersetzt, erfüllt und umgeben von Kalzit. Optisches Verhalten und Form der Durchschnitte ähnlich wie bei Probe II, doch fehlen die opaken schwarzen Körner rund um die Biotite, die aber reich an anderen wenig durchsichtigen Zersetzungs- produkten sind.

Die nicht gerade seltenen Zirkone erzeugten dort, wo sie in der Grundmasse liegen einen rotbraunen Hof in derselben, in einem Fall war Zirkon anscheinend von Rutil ringartig umschlossen.

Das Gestein ist arm an Erz, opake sehr kleine schwarze Körn- chen sind spärlich, rotbraunes Pigment ist außen um die Zirkone auch sonst stellenweise reichlich.

[23] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. >11

B. Quarzporphyre vom kühlen Brünnl bei Bozen. 1. Probe (Schliff Nr. 74/1913). a) Makroskopischer Befund:

In hellgrauer Grundmasse liegen reichlich Einsprenglinge von rötlichem Feldspat und von Quarz. Das Gestein ist anscheinend recht frisch.

b) Mikroskopische Untersuchung:

Die Grundmasse (ohne Analysator betrachtet) ist licht rötlich- braun, braunrotes staubartiges Pigment stellenweise angehäuft ist reichlich vorhanden.

Zwischen gekreuzten Nicols ist die Basis dieses Porphyrs fleckenweise als deutlich feinkörnig zu erkennen, im übrigen ist sie mehr mikrofelsitisch.

Unter den Einsprenglingen überwiegt der Quarz, seine Eigen- schaften sind die gleichen wie bei den schou früher besprochenen Porphyren.

Orthoklas ist teilweise kaolinisiert, einzelne Durchschnitte sind auch von rotbraunem Staub erfüllt. Durchwachsung mit saurem Plagioklas kommt ab und zu vor.

Plagioklas ist verzwillingt nach dem Albitgesetz und öfters von angenähert tafeliger Gestalt, Kaolinisierung ist vorhanden, des- gleichen Umwandlung unter Neubildung von farblosen glimmerartigen Schüppchen. Nach Lichtbrechung und Auslöschung zu urteilen, liegt Oligoklas-Albit vor.

Biotit ist in sechsseitigen schwarzen Täfelchen auch bereits makroskopisch, wenn auch spärlich zu sehen. Er ist verhältnismäßig frisch, die Farbe ist braunrot, zumeist aber bereits in bräunlichgrün übergegangen; Pleochroismus dann 7 Dunkelbraungrün (im Falle als pleochroitische Höfe vorhanden im Bereich derselben fast Schwarz) o. lichtes Braungrün. Öfter sind die grünen Biotite durch Limonit gelbbraun überfärbt. Interpositionen von opaken schwarzen und von stark lichtbrechenden trüben Körnchen sind gewöhnlich.

Zirkon in kleinen Körnchen ist vorhanden; sobald sie im noch nicht über das grüne Umwandlungsstadium hinaus zersetzten Biotit liegen, rufen sie in demselben pleochroitische Höfe hervor. Auf die Grundmasse reagieren die Zirkone weniger als man es bei den bisher beschriebenen Schliffen gewöhnt war. Einige größere Körner dieses Minerals lassen gar keine Einflußnahme auf dieselbe erkennen.

Derbere opake Partien fehlen, kleinere häufig rotbraun sich ausfärbende Massen (wohl Erz) sind vorhanden.

2. Probe (Schliff Nr. 75/1913). a) Makroskopischer Befund:

Ähnlich Probe 1, aber weniger frisch; auf Bruchflächen häufig Limonitflecken, die Einsprenglinge sind etwas größer als bei dem früheren Material.

27*

312 Max Bamberger und Karl Krüse. [24]

b) Mikroskopische Untersuchung:

Die Grundmasse ist lichtgraubraun durch reichliches staubartiges Pigment vielfach dunkelbraun und schwer durchsichtig, an diesen Stellen ist Fluidalstruktur gut sichtbar; zwischen gekreuzten Nicol ist die überwiegend zersetzt mikrofelsitische Ausbildung nachweisbar.

Quarz bietet nichts von den früheren Proben Verschiedenes.

Orthoklas tritt an Menge gegen den Quarz etwas zurück, er ist teilweise kaolinisiert, Kalzit erfüllt manche Durchschnitte fast ganz. Manche derselben enthalten auch zahllose Schüppchen von wahr- scheinlich Muskovit, einzelne Orthoklase sind ganz oder fleckenweise stark rotbraun bestäuht.

Plagioklas, gewöhnlich tafelig ausgebildet, gehört dem Oligo- klas-Albit zu, Zersetzungserscheinungen unter Bildung von glimmer- artigen Schüppchen und von reichlich Kalzit (der auch sonst ent- sprechend der Unfrische des Gesteins häufig im Schliff zu finden ist) sind nichts Seltenes.

Biotit, in dünnen oft gebogenen und geknickten Tafeln ist nicht gerade spärlich, er ist noch ziemlich frisch; Pleochroismus: «& sehr helles Gelbbraun, y schmutziggrün parallel der Spaltung gelbgrün bis bläulichgrün; Optisch fast einachsig —- Imterpositionen feinster Körnchen und größerer braunschwarzer Körperchen sind vorhanden. Zirkonkörnchen in den Biotiten sind nicht immer von einem pleo- chroitischen Hof (der wenn vorhanden, dunkel- bis schwarzgrün ist) umgeben.

Zirkon ist relativ nicht selten, doch ist im allgemeinen ihre Einwirkung auf die Grundmasse gering (rotbraune Höfe wenig intensiv) besonders die größeren Zirkone zeigen geringe bis kleine Einwirkung auf ihre Umgebung.

Kleine braunschwarze Körnchen (wohl Erz) sind in der Grund- masse besonders in der Umgebung der Biotite angehäuft.

3. Probe (Schliff Nr. 80/1913 und 77/1915). a) Makroskopischer Befund:

Die hier zusammengefaßten zwei wenig verschiedenen Varietäten sehen unfrisch aus (besonders das Material, aus dem Schliff 77/1913 gefertigt wurde), auch ist die Festigkeit desselben eine geringe.

Die Farbe der Gesteine ist dunkelgrau mit einem Stich ins violette. Einsprenglinge sind spärlicher als in den früher beschrie- benen Quarzporphyren; deutlich erkennbar ist Quarz und hellrötlicher Feldspat, eigentümlich für diese Proben sind mehr oder weniger rundliche bis haselnußgroße feste Porphyrbröckchen von mehr dunkler Farbe.

b) Mikroskopische Untersuchung:

Ohne Analysator besehen ist die Grundmasse grau bis hell- bräunlich, sie ist partienweise erfüllt mit schwarzen Körnchen und staubartigen Massen, die sich nicht selten verdichten und deutlich abgegrenzte Partien (Einschlüsse) von dunkler Farbe bilden, in denen

[25] Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. 213

zuweilen Fluidalstruktur sichtbar ist. Auch größere Einschlüsse von außerordentlich feinkörnigem Gefüge und hellbräunlicher Farbe, die zwischen gekreuzten Nicols fast isotrop erscheinen, finden sich (be- sonders bei Schliff Nr. 80/1913).

Quarz stimmt mit dem der bereits besprochenen Gesteine überein.

Orthoklas ist nicht selten verzwillingt, bräunlich trübe, gewöhn- lich reich an Albit, der in größeren gleich orientierten Flecken die Kalifeldspatschnitte durchwächst. Manche Orthoklase sind von rotem Staub wie erfüllt Verdrängung des Kalifeldspates durch Kalzit (der in diesem Gestein nichts Seltenes) ist öfters zu sehen. Saurer Plagioklas, Zwillingslammeliert ist nicht häufig.

Biotit ist unfrisch, die Schnitte zeigen meist grüne Farben- töne glimmerähnliches Mineral (vielleicht Talk). Vollständige Umwand- lung desselben in ein farbloses kommt vor und greift das Neubildungs- produkt zuweilen zapfenförmig in den noch restlichen dunklen Glimmer ein. Opake schwarzbraune Massen um und in den Biotiten sind nichts - Seltenes, durch massenhaftes Auftreten solcher Einschlüsse werden die Biotite manchmal ganz undurchsichtig. Außer in größeren Leisten und Lappen ist der grüne Glimmer in Fetzchen und Schüppchen (zuweilen herrührend von aufgelösten größeren Individuen) in der Grundmasse zu finden. In Schliff 77 fehlt der Biotit.

Pleochroitische Höfe um Zirkone in den grünen Glimmern waren nicht sicher wahrzunehmen, möglicherweise wegen zuweit vor- geschrittener Zersetzung des Wirtes. Um Zirkone der Grundmasse (Schliff Nr. 80/1913) war aber gewöhnlich der hier schon öfters er- wähnte rotbraune Saum zu finden. Reich an schwarzen opaken Körnchen und Häufungen derselben ist besonders Schliff Nr. 77/1913.

4. Probe (Schliff Nr. 76/1913). a) Makroskopischer Befund:

Ähnlich der dritten Probe, nur ist das Material von mehr heller Farbe. Dunkler gefärbte kleine Porphyrbröckchen (Einschlüsse) sind vorhanden.

b) Mikroskopische Untersuchung:

Ohne Analysator betrachtet, zeigt sich die Grundmasse von gelbbraunem Staub erfüllt, der sich stellenweise zu dunkler gefärbten Flecken verdichtet. Oft ziemlich scharf umgrenzte Teile des Schliffes haben grauschwarzes Pigment. Zwischen gekreuzten Nikols heben sich aus den mikrofelsitischen bis sehr feinkörnigem Grunde teils durch Übergänge verbunden, teils unvermittelt deutlich körnige Partien ab, die ihrerseits Einsprenglinge, der sonst im Gestein vorkommenden ee uuennenten führen und eingeschlossene Porphyrtrümmer be-

euten.

Quarz, Orthoklas, Plagioklas (Oligoklasalbit) und Biotit bilden die Einsprenglinge. Quarz hat das Aussehen wie in den übrigen untersuchten Proben. Die Feldspate halten dem Quarz an Menge

214 Max Bamberger und Karl Krüse. [26]

ungefähr das Gleichgewicht, während Orthoklas und Oligokla- salbit ihrerseits zu ziemlich gleichen Teilen vorhanden sind.

Zersetzung der Feldspate unter Kalzitbildung fehlt, Kaolinisierung (erdige Trübung der Schnitte) ist in verschiedenen Stadien vorhanden und ist bei den ÖOrthoklasen gewöhnlich weiter vorgeschritten als beim triklinen Feldspat. Die Plagioklase sind ziemlich groß, ab und zu tafelig, nach Albit- und Periklingesetz verzwillingt. Ihre Licht- brechung > Kandabalsam, Auslöschung auf einen Schnitt L Mund P t1U.

Biotit grün, pleochroitisch (y dunkelgrün und und o hellgelbgrün), die Durchschnitte zeigen starke Resorptionserscheinungen und sind dem- entsprechend häufig von dunklen opaken Massen umgeben, ja zuweilen erfüllt davon; auch Chloritisierung und starke Trübung der Schnitte (Abscheidung erdiger Massen) kommt vor. Pleochroitische Höfe sind spärlich vorhanden ; auch in der Grundmasse sind Zirkone ziemlich rar, zeigen aber, die bei den übrigen Proben in mehr oder weniger intensiver Weise ausgeprägte Rotbraunfärbung der nächsten Umgebung.

Erzpartien, braun bis schwarz undurchsichtig, randlich öfters in rotbraune pulvrige Masse zerfallend, sowie kleine ziegelrote Schüppchen, wohl von Eisenglanz, sind nicht selten.“

Den kommunalen Verwaltungen sowie den Besitzern und Direk- toren der verschiedenen Bäder und Kuranstalten danken wir verbind- lichst für das freundliche Entgegenkommen, das sie uns bei Aus- führung der vorstehenden Arbeiten angedeihen ließen. Zu besonderem Danke sind wir Fräulein M. Pimmer, Herrn Professor Dr. K. Meus- burger sowie den Herren Bergrat Dr. F. Ritter Kerner von Mari- laun, Dr. R. Grengg, Professor J. Andreatta und Baumeister F. Weber verpflichtet.

Geologische Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur.

Von Ernst Nowak. Mit 1 Tafel (Nr. VIII) und 11 Textfiguren.

Vorwort.

Die Anregung zu dieser Arbeit verdanke ich Prof. F. Wähner, der in seinen Vorlesungen und auf seinen Exkursionen immer wieder auf die tektonischen Probleme im mittelböhmischen Silurgebiete hinweist und die Anschauung vertritt, daß wie in den Alpen, so auch in diesem alten abgetragenen Gebirge seitlichen Bewegungsvorgängen die wesent- lichste Rolle zufällt, und diese sich in der Bildung von liegenden Falten und aus ihnen hervorgehenden Überschiebungen kundgeben. Professor Wähner hat mich diesbezüglich besonders auf das Gebiet der „Kolonien“ in der Umgebung von Treban an der Beraun, die schon Lipold in diesem Sinne zu erklären versucht hat, und auf den Brdywald, der zugleich meine engere Heimat ist, aufmerksam gemacht.

Was die morphologische Seite der Arbeit betrifft, so danke ich viele Hinweise Professor A. Grund, seinen so überaus anregenden Vorlesungen und Exkursionen.

In petrographischer Hinsicht erfreute ich mich der Unterstützung Professor A. Pelikans. Immer rege Anteilnahme an den Fort- schritten meiner Arbeit und stete Bereitwilligkeit, mir seine reichen Erfahrungen aus dem böhmischen Silurgebiet zur Verfügung zu stellen, fand ich bei Priv.-Doz. Dr. A. Liebus.

Allen den genannten Herren erlaube ich mir an dieser Stelle meinen wärmsten Dank zu sagen.

In der Darstellung war ich sowohl im Texte, wie in den Profilen und in der Karte bestrebt, möglichste Objektivität zu wahren. Im Texte suchte ich dies dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß ich die möglichst eingehende, objektive Beschreibung der Lagerungsver- hältnisse von den sich ergebenden Schlüssen zu ihrer Erklärung scharf trennte. In den Profilen suchte ich überall ersichtlich zu machen, was unmittelbar beobachtet und was theoretisch ergänzt ist. In der Karte, deren Aufnahme im Originalmaßstab der österr. Sektionsblätter 1: 25.000 erfolgte. vermied ich tunlichst Schematisierungen und Generali- sierungen ; wo ich dennoch hierzu gezwungen war, habe ich dies im Texte ausdrücklich bemerkt.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.)

216 Ernst Nowak. [2]

Im stratigraphischen Teil habe ich mich darauf beschränkt, nur das für die Ausbildungsweise der Schichtglieder im Aufnahmsgebiete charakteristische hervorzuheben; eine allgemeine Charakterisierung der altpaläozoischen Schichtfolge wäre wohl wegen den vielen Dar- stellungen, die in dieser Hinsicht schon vorliegen (am ausführlichsten ist jene von Katzer in seinen „Geologie von Böhmen“), völlig un- nötig gewesen.

In petrographischer Beziehung bleibt in dem aufgenommenen Gebiete, vor allem was das Präkambrium und die Diabase mit ihren Kontakterscheinungen betrifft, noch viel zu tun übrig. Da das Haupt- gewicht auf die tektonischen Verhältnisse gelegt wurde, lagen der- artige Untersuchungen etwas außerhalb des Themas, und konnte ihnen daher nicht jene eingehende Aufmerksamkeit gewidmet werden, welche sie sonst verdienen würden.

I. Morphologisch-Geologischer Überblick.

Das in Untersuchung gezogene Gebiet gehört ungefähr dem mittleren Teile des sogenannten Südflügels des mittelböhmischen Alt- paläozoikums an. Es liegt zu beiden Seiten der Beraun, östlich ihres Austrittes aus dem obersilurisch-devonischen Kalkplateau bei Karlstein. Der weitaus größere Teil des Aufnahmsgebietes liegt südlich der Beraun und ist orographisch durch den SW—-NE streichenden, wald- bedeckten Höhenrücken des Hrebeny und Kalvarienwaldes gekenn- zeichnet. Es sind dies die nordöstlichen Ausläufer des Brdywaldes oder -Gebirges, das westlich von Pfibram seine größte Höhe (Tock 857 m) und Breitenausdehnung erreicht !). Das Brdygebirge ist Dank der Härte und Widerstandsfähigkeit der ihn zusammensetzenden Gesteine (Quarzkonglomerate und Quarzite) der Einebnung, die sonst im Allgemeinen unbekümmert um den komplizierten Schichtenbau über das Gebiet der „böhmischen Silurmulde“* hinweggeht, entgangen. Es ist also ein Monadnock?), der im aufgenommenen Gebiete

!) Es ist wohl am zweckmäßigsten, das ganze Gebirge, das zwischen Rozmital und Rokitzan im S und Königssaal im N dahinstreicht und fast ausschließlich mit Wald bedeckt ist, mit dem einheitlichen Namen Brdywald zu bezeichnen. Krejty [38] hat für den südlichen Teil des Gebirges die Bezeichnung TfremoSnagebirge eingeführt, nach dem Berge Tremo$na westlich von Pfibram, wo die diesen Ge- birgsteil hauptsächlich zusammensetzenden Konglomerate besonders typisch ent- wickelt sind; es ist also bei dieser Bezeichnung der geologische Gesichtspunkt hervorgekehrt. Morphologisch bildet jedoch der südliche und nördliche Teil des Gebirges, diesseits und jenseits der Littawa, unbedingt eine höhere Einheit, wenn auch gewisse Unterschiede vorhanden sind. Es wird sich deswegen die Beibehaltung eines gemeinsamen Namens empfehlen. Den Ausdruck „mittelböhmisches Wald- gebirge“, den Katzer [25] gebraucht, möchte ich vermeiden, da Katzer diese 3ezeichnung weiter faßt, indem auch er mehr die geologischen Verhältnisse im Auge hat. Die Bezeichnung, die Schneider [58] vorschlägt „mittelböhmisches Schiefergebirge“ scheint unzweckmäßig, da ja das Gebirge nur zum geringsten Teile (im S) aus Schiefern besteht.

2) Die von Dane$ 17] geäußerte Vermutung, das Brdygebirge verdanke sein Emporragen einer postkretazischen Hebung und sei von jungen Bruchlinien be- grenzt, kann ich nach meinen Beobachtungen in keiner Weise bestätigen.

[3] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 917

100—150 m über die mittelböhmische Rumpffläche emporragt; in seinem südwestlichen Teile reicht das Brdygebirge entsprechend seiner größeren absoluten Höhe auch höher über die Rumpffläche empor. Dennoch bietet es auch in seinem nordöstlichen niedrigeren Teil, der in das Aufnahmsgebiet fällt, den Anblick eines recht stattlichen und deutlich hervoıtretenden Gebirgsrückens, vor allem von der Höhe des mittelböhmischen Kalkplateaus zwischen Treban und Karlik ge- sehen weil hier das Gebirge von geringer Breite ist, einen ein- heitlichen Kamm besitzt und mit seinem NW-Fuße direkt aus dem tief in die Rumpffläche eingesenkten Berauntale emporsteigt (bis zu 350 m relat. Höhe).

Im Gebiete des Kartenblattes bildet der Gebirgskamm die Wasserscheide zwischen Beraun und Moldau, während sowohl im NE der Durchbruch des Wschenorer Baches als weiter im SW der Durch- bruch des Flüßchens Littawa dem Gebirge den wasserscheidenden Charakter nimmt. Diese Durchbrüche sind durch Epigenese zu er- klären, wie ja überhaupt nach den neueren Untersuchungen (Pur- kyn& [53], Kettner |32]) die epigenetische Talbildung eine sehr charakteristische Rolle in der morphologischen Entwicklung Mittel- böhmens spielt‘). Muß man ja nach dem Urteil fast aller Forscher, die sich mit Böhmen befaßt haben, annehmen, daß die Kreidesedimente einst ganz Mittel- und auch Südböhmen bedeckten und daß sich nach dem Rückzug des Kreidemeeres auf der Oberfläche dieser Sediment- decke das heutige Entwässerungssystem Mittelböhmens wenigstens in seinen wichtigsten Zügen entwickelt hat.

Das Durchbruchstal der Littawa scheidet den Zug des Brdy- gebirges in zwei morphologisch deutlich unterschiedene Teile. Der südwestliche höhere Teil besteht aus einer Anzahl parallel gerichteter, zum Teil in Berge aufgelöster Kämme, während der nordöstliche niedrigere Teil im wesentlichen einen geradlinigen, ununterbrochenen und einheitlichen Gebirgskamm bildet, der nach NE zu kontinuierlich an Höhe abnimmt. Es ist nicht zu zweifeln, daß dieser morphologische Unterschied des Brdygebirges südwestlich und nordöstlich des Littawa- durchbruches in den tektonischen Verhältnissen seine Ursachen hat. Damit ist auch die Ansicht naheliegend, daß der Littawadurchbruch, der die beiden tektonisch wie morphologisch unterschiedenen Teile des Brdygebirges trennt, in einem späteren Stadium der Entwicklung tektonisch angelegt ist.

Das Aufnahmsgebiet enthält nur den nordöstlichen Anteil des Brädygebirges, den ich hier als Niederen Brdywald bezeichnen will und auch diesen nicht zur Gänze. Auch der Niedere Brady- wald läßt mehrere morphologisch unterschiedene Teile erkennen, deren Gestaltung gleichfalls, wie die späteren Untersuchungen lehren sollen, in der Tektonik begründet ist.

Der Abschnitt des Gebirges zwischen dem Littawatale und dem Berge Studeny südöstlich von Hostomitz läßt noch zwei parallel streichende und nicht ganz geschlossene Kämme erkennen und stellt somit morphologisch einen gewissen Übergang aus dem Hohen Brdy-

') Auch Danes [7] betont diesen Umstand nachdrücklich. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd ‚1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 28

218 Ernst Nowak. ) [4]

wald südwestlich der Littawa in den nun folgenden Abschnitt des Niederen Brdywaldes dar. Dieser Abschnitt, der vom Berge Hradec bis ungefähr zu den Felsen BoZi vrazky südlich des Dorfes Halloun reicht, ist durch das Auftreten eines einzigen, sehr scharf ausge- prägten und geschlossenen Kammes ausgezeichnet (höchste Erhebung: Hohe Tanne 635 m). Diesem, ganz treffend „Hfrebeny“ (deutsch: Kamm) genannten Gebirgsstück sind südostlich mehrere niedrigere in einer zu ihm parallelen Linie angereihte Höhen (Kazatelna, Spa- leny, Tocka) vorgelagert, die wohl Reste eines Nebenkammes dar- stellen, aber orographisch wenig hervortreten. Zwischen dem Hrebeny und dem südlichen Abschnitt des Niederen Brdywaldes, der durch den Bergrücken des Pisek (688 m) gekennzeichnet ist, liegt eine etwa 60 m tiefe Einsattelung, die von der DobriSs-Hostomitzer Bezirks- straße benutzt wird. Südlich des Dorfes Halloun verliert der Gebirgs- kamm wieder etwas an Einheitlichkeit und es stellt sich im NW ein durch tiefe Quertäler in Berge aufgelöster Nebenkamm ein (Babka, Streny vrch, Kote 471, 474, 476 und 440). Dieser Charakter hält bis zum Durchbruchstal des Wschenorer Baches an. Für diesen Abschnitt, dessen höchste Erhebung in der Skalka bei Mnischek nur mehr 549 m beträgt, möge die Bezeichnung Kalvarienwald gelten. Es folgt nun jenseits des Wschenorer Baches der niedrige nordöst- lichste Ausläufer des Brdywaldes (Kopanina 409 m), der bis an die Moldau herantritt.

Mit der stetigen Höhenabnahme des Brdywaldes nach NE ist auch eine rasche Breitenabnahme des Gebirges verbunden, eine Tat- sache, die ebenfalls durch die geologischen Verhältnisse vollkommen erklärt wird.

Südöstlich des Brdyrückens erstreckt sich die weite Hoch- fläche der präkambrischen Schiefer; sie stellt die inner- böhmische Rumpffläche dar, über die nur härtere Gesteinspartien (Kieselschiefer, Porphyre) als „Monadnocks* emporragen.

Im NW wird das Niedere Brdygebirge von einer breiten Senke begleitet, die dem weichen Schchtkomplex der d,/d,-Schiefer ent- spricht. Dort, wo die Beraun oberhalb Rewnitz in dieses Gebiet ein- tritt, hat sie eine große Talweitung geschaffen, die von Alluvien erfüllte Drobfichowitzer Ebene. Erst bei Mokropes, wo der Fluß an den harten Quarzitrücken der Kopanina herandrängt, verengt sich wieder auf kurze Erstreckung sein Tal; von dem harten Felsrücken gleichsam abprallend, wendet er sich sofort wieder in das weiche Schieferterrain, hier die weite fruchtbare Flußebene von Radotin bildend.

Nordwestlich der den weichen ds/d,-Schiefern ihre Entstehung dankenden Ausräumungssenke, die man am besten nach dem in ihr liegendem Hauptorte Hostomitz benennt, reiht sich eine Zone paralleler, nicht hoher, meist nackter oder spärlich bewaldeter Felsrücken, deren Emporragen über die Umgebung wiederum nur dem harten Gesteinsmaterial, das sie zusammensetzt (Quarzite der Stufe d,, Diabase), zuzuschreiben ist. Das parallele Auftreten im wesentlichen zweier, allerdings vielfach unterbrochener Höhenrücken ist auch hier in der Tektonik dieser Zone begründet; es sind eben

[5] Geo]. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 919

in den harten Schichtpartien die tektonischen Erscheinungsformen gleichsam konserviert, während im übrigen Gebiete der „Silurmulde“ die weitgehende Abtragung bereits jeden Einfluß des Gebirgsbaues auf die Oberflächenformen verwischt hat. Diese Höhenrücken, die ich nach der Lokalität, in deren Umgebung sie am augenfälligsten aus- gebildet sind, als Trfebaner Hügelrücken bezeichnen will, werden von der Beraun zwischen Budhan und Rewnitz nahezu senk- recht zum Streichen durchbrochen.

Nordwestlich der Tfebaner Hügelrücken erstreckt sich das obersilurisch-devonische Kalkplateau wiederum im Niveau der innerböhmischen Rumpffläche.

Als letztes Formenelement, das zur Öberflächengestaltung des Aufnahmsgebietes beiträgt, möchte ich die Terassen der Beraun nennen, die die Hügelrücken von Treban durchschneiden und hier einen wesentlich formgebenden Einfluß haben.

Das Aufnahmsgebiet umfaßt also mörphologisch charakteri- siert ein Stück Land, in dem das Niveau dor innerböhmischen Rumpffläche einerseits durch den Monadnock des Brdygebirges, ander- seits durch die Erosionswirkungen der wiederbelebten Beraun gestört erscheint.

Geologisch gehört das Aufnahmsgebiet dem Präkambrium, Kambrium, Untersilur und tiefsten Obersilur an. Wie der Blick auf die geologische Karte zeigt, folgen die einzelnen Schichtenkomplexe zoneuweise, ziemlich regelmäßig mit fast vollkommen konstantem Streichen aufeinander. Dennoch ist das Gebiet von mehreren bedeu- tenden Längsstörungen durchzogen, deren Existenz schon von Krejöi und anderen richtig erkannt worden ist.

Dem südöstlichen Rand des Gebietes nehmen in seiner ganzen Erstreckung die präkambrischen Tonschiefer und Grauwacken (Barrande’s Etage B, Lipold’s Pfibramer Schiefer) ein; in ihnen sind kieselige Schieferpartien und an einer Stelle ein Porphyrvor- kommnis eingeschaltet. Außerordentlich geradlinig und ausgesprochen diskordant grenzt das präkambrische Schiefergebiet gegen NW, im südwestlichen Teile an die kambrischen Konglomerate, im nordöst- lichen Teile an die Barrande’sche Siluretage D. Diese Grenzlinie entspricht zum größten Teil einer Bruchlinie, die in der nordöstlichen Fortsetzung der Pfibramer Lettenkluft liegt.

Mitten durch das Konglomeratterrain, das sich an die präkam- brischen Schiefer anschließt, scheint allerdings geologisch nicht direkt nachweisbar eine gleichfalls im Streichen verlaufende Störung hindurchzugehen, die südlich von Mnischek von dem er- wähnten Bruche, der in der Fortsetzung der Pfibramer Lettenkluft liegt, abgeschnitten wird.

Auf die Konglomerate, bzw. direkt auf das Präkambrium folgen die Quarzite der Stufe d,. Die Stufe d, ist als normal Liegendes, von d, im Kartengebiete obertags nirgend deutlich sichtbar, sondern nur durch Bergbau mit Sicherheit nachgewiesen.

Die Quarzite des Brdywaldes sind von mehreren Längsstörungen betroffen worden, die das breite Anschwellen der d,-Zone vor allem zwischen Mnischek und Rewnitz bedingen. Vollkommen deutlich er-

28*

Ernst Nowak. [6]

220

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SI RFREETIELILEEL PERL RE Brdy-Gebirge _—Höhenkämme

LER ER NN ; . Schi BREIT FEELEEEFLEEL NSS Hochfläche der paerkambr. Schiefer

Richtigsteilung: In der Zeichenerklärung soll es anstatt paerkambr. richtig präkambrische Schiefer heißen.

[7] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 221

weisen sich diese Störungen durch das Hervortreten älterer Schichten- gruppen (der Konglomerate und d,-Schichten) inmitten der Quarzite.

Den d,-Quarziten liegen allenthalben die d,/d,-Grauwacken- schiefer, eine breite Zone bildend, auf; die große Mächtigkeit, die diese Schichten scheinbar erreichen, mag wohl auf Faltungen inner- halb derselben zurückzuführen sein, die sich allerdings in dem be- schriebenen Gebiete, infolge mangelnder Aufschlüsse, selten direkt beobachten lassen.

Die auf d, folgende Zone ist stark gestört und besteht aus einem mehrmaligem Wechsel von untersilurischen d,-Schichten und obersilurischen e,-Graptolitenschiefern, welche beide von überaus zahlreichen Diabasvorkommnissen durchsetzt werden.

Nur im nördlichen Teile des Gebietes ist der d,-Schichten- komplex in einer geschlossenen, jedoch auch von Diabasen durch- brochenen Zone vorhanden, auf die dann in normaler Weise die e,-Schichten folgen. Die in d, eingekeilten Partien von obersilurischen Graptolitenschiefern sind in die Literatur seinerzeit unter den Bezeichnungen „Kolonien von Treban, B£&l& ete.“ eingeführt worden. Die Lagerungsverhältnisse dieser eigentümlichen Einlagerungen klar- zustellen, soll eine wesentliche Aufgabe der vorliegenden Arbeit bilden.

Die diluvialen und zum Teile wahrscheinlich auch prädiluvialen (tertiären ?) Schotter und Sande finden sich hauptsächlich im Gebiete der Beraun, deren Terrassen und Verebnungen bedeckend. Reiner Lehm tritt mehrfach, aber meist nur in beschränkter Ausdehnung längs der Bäche am Fuße des Brdywaldes auf. Wo sich das Beraun- tal erweitert, wie bei Treban und Dobfichowitz, erfüllen es mächtige Alluvien, die dem Ackerbau dienen. Eine große Rolle in der Boden- beschaffenheit des aufgenommenen Gebietes spielt der mit lehmigen Detritus vermengte Gehängeschutt des d,-Quarzites, der vom Brdy- gebirge herabströmend vor allem die Grauwackenschiefer der Hosto- mitzer Senke fast vollkommen bedeckt und sie nur in tiefen Schluchten zum Vorschein kommen läßt. Wo auf weite Erstreckung sich keine Aufschlüsse im Untergrunde darboten wie im größten Teile der Hostomitzer Senke war ich gezwungen, diese Ablagerung, deren Bildung jedenfalls weit in das Diluvium hineinreicht, zu kartieren, während ich dort, wo auf verhältnismäßig kurze Entfernungen der Untergrund zu erkennen ist, ihre Einzeichnung vernachlässigte.

Erwähnenswert ist auch der sehr deutlich ausgesprochene Ein- fluß, den die geologischen Verhältnisse des Aufnahmsge- bietes teils direkt durch die Bodenbeschaffenheit teils indirekt durch Vermittlung der Morphologie -—- auf die wirtschaft- lichen Verhältnisse nehmen. Der Monadnock des Brdywaldes hat eine gewisse lokale klimatische Bedeutung. insofern als er be- sonders die Spätfrühlings- und Sommerniederschläge, die vielfach an Gewitter gebunden sind und in der Regel von W- und SW-Winden herbeigebracht werden, von den an seinem SE-Fuße gelegenen Land- strichen abhält; umsomehr ist dagegen diese Gegend den trockenen, im Winter frostbringenden E- und NE-Winden ausgesetzt. Schon diese Umstände bringen eine bedeutende Benachteiligung der süd-

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östlich des Gebirges gelegenen präkambrischen Landschaft mit sich. Hinzu kommt noch die teils auf den Mangel eines erodierenden größeren Flusses, teils aber auch auf der schweren Verwitterbarkeit des von Monadnocks durchsetzten Gebietes, beruhende Höhenlage und schließlich die minderwertige Bodenbeschaffenheit; denn die präkam- brischen Gesteine liefern im allgemeinen eine sehr spärliche, wenig fruchtbare Ackerkrume. Alles dies hat den wirtschaftlich geringen Wert des präkambrischen Gebietes zur Folge. Die Hauptfrucht bilden hier die Kartoffel, Korn und Hafer, soweit nicht Wälder das Land bedecken. Nur die unmittelbar am Fuße des Brdywaldes gelegenen Felderstriche sind etwas besser daran, da sie zum Teile den vom Gebirge herabgerutschten lehmigen Detritus zum Untergrund haben. Industrie fehlt hier nahezu ganz, die Besiedelung ist verhältnismäßig spärlich, die Dörfer zumeist arm. Noch mehr gilt dies alles von dem Verbreitungsgebiet der kambrischen Konglomerate und untersilurischen d,-Quarzite; dieses ist ausschließlich von Wald bedeckt und nicht besiedelt.

Ganz anders liegen die Verhältnisse am NW-Fuße des Brdy- gebirges, in der von lehmigem Gebirgschutt ganz erfüllten Hostomitzer Senke. Hier gesellen sich zu der günstigeren Bodenbeschaffenheit und der zufolge der weichen Schieferunterlage tieferen Lage günstige klimatische Faktoren, nämlich die Zugänglichkeit für die niederschlags- führenden, im Winter mildere Temperaturen bringenden SW- und W-Winde und der Schutz gegen die rauhen austrocknenden E- und NE-Winde. Ein blühender Ackerbau und Obstkultur, landwirtschaftliche Industrie, reiche Besiedelung, rege Bautätigkeit sind die Folge; eine Hauptfrucht ist hier die Zuckerrübe. Auch die Zone der Trebaner Hügelrücken bietet vor allem in den geschützten Mulden und im Verbreitungsbezirke der Graptolitenschiefer günstige Bedingungen, vor allem weil sowohl der Graptolitenschiefer als auch der Diabas, sobald dieser tiefgründiger verwittert ist eine fruchtbare kalk- reiche Ackerkrume liefert, die besonders den Gerstenbau begünstigt, an einer Stelle sogar Hopfenbau ermöglicht (Brauindustrie von Litten). Dagegen sind die harten d,-Quarzitrücken und schwer ver- witternden Diabaszüge nahezu steril; hier ist mit der Aufforstung begonnen worden.

Es erübrigt noch, wenige Worte über die Art der Begrenzung des aufgenommenen Gebietes zu sagen. Die Grenzen sind teils natür- liche, geologische wie orographische teils künstliche. Künstlich ist die südliche Begrenzung, die von der Halbierungslinie der SE- Sektion des Spazialkartenblattes (Zone 6, Kol. X) gebildet wird, aber zufällig auch mit einer orographischen Linie, nämlich der Einsattelung zwischen Hrebeny und Studeny zusammenfällt. Die westliche Be- grenzung ist im südlichen Teile der Kartenrand, dann der Anschluß an das von Seemann [60] kartierte Blatt; im nördlichen Teile ist die Westgrenze geologisch, indem ich vor Auflagerung der e-Kalke abschloß. Die N-Grenze folgt dem Tal des Karliker Baches und jenseits der Beraun dem des Wschenorer (Praslavsky-) Baches. Die Östgrenze folgt der Reichsstraße Prag—Dobfisch. Ein weiteres Ein- begreifen des präkambrischen Gebietes würde mannigfache andere

[9] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 223

Probleme aufrollen, die eine ausgedehnte und einheitliche Behandlung erfordern würden.

Im allgemeinen beschränkt sich also das Gebiet auf das Unter- silur; es wurden nur die angrenzenden Streifen einerseits des prä- kambrischen und kambrischen, anderseits des obersilurischen Terrains miteinbezogen, um das Verhältnis zu diesen festzustellen.

II. Die stratigraphischen Verhältnisse.

a) Ausbildung und Verbreitung der einzelnen altpaläozoischen Schichtglieder.

Präkambrium.

Dunkle Tonschiefer, grünliche Grauwacken, kiese- lige Schiefer (Azoische Schiefer, Etage B Barr. zum Teil, Lipold’s Pfibramer Schiefer). Das weitaus vorherrschende Gestein sind die dunklen Tonschiefer. Diese wechsellagern an vielen Stellen (besonders in der Umgebung von Mnischek, Wosnie) mit teils wohl- seschichteten, teils ungeschichteten Grauwackengesteinen. Diese Wechsellagerung geht oft sehr ins Einzelne und ist dann, wo die Schichtköpfe auswittern, sehr auffällig, da die Grauwackenschichten widerstandsfähiger sind als die Tonschiefer und als Felsrippen her- vortreten. An manchen Stellen treten jedoch die Grauwackengesteine in massiger Form von vielen Metern Mächtigkeit auf und ahmen dann das Auftreten von Eruptivgesteinslagergängen nach. Diese unge- schichteten Grauwackengesteine zeichnen sich immer durch eine außerordentliche Härte aus. Alle diese Gesteine erweisen sich im Mikroskop als polymikte Grauwacken. Und zwar bestehen 1. die ge- schichteten, weniger harten Grauwacken im wesentlichen aus Bruchstücken von Eruptivgesteinen (teils einer felsitischen Grundmasse von Quarzporphyr, teils von trachytisch struiertem Diabas), unregel- mäßigen Körnern von Quarz und Feldspat (Ortho- und Plagioklas) und einem kieseligen, meist von einer chloritischen Substanz ganz durchsetzten Bindemittel; diese bedingt die Grünfärbung dieser Ge- steine; 2. die ungeschichteten harten Gesteine zeigen eine mehr wechselnde Zusammensetzung; in allen finden sich mehr oder weniger Spuren von Dynamometamorphose, wie Kataklase der Feldspate, un- dulierende Auslöschung des Quarzes, Verbiegungen von Glimmer- schüppchen und der Zwillingslamellen der Plagioklase, Auftreten von Zwillingslamellen im Titanit; ferner als Neubildungen: Muskovit, Biotit (in einem Schliffe), Titanit und Kalzit. Im allgemeinen gewinnt man den Eindruck, daß diese Gesteine aus der Zerstörung und Um- bildung, teils von Quarzporphyren, teils von Gesteinen der Diabas- reihe hervorgegangen sind. Erstere weisen als Gemengteile haupt- sächlich Quarz, Orthoklas, weniger Plagioklas auf, letztere dagegen Quarz verhältnismäßig spärlich, Plagioklas, weniger Orthoklas und oft in bedeutender Menge einen meist farblosen diopsidartigen Augit. Von einem eigentlichen Zement kann man bei allen diesen Gesteinen

994 Ernst Nowak. j [10]

nicht sprechen; es liegt zwischen den größeren Gemengteilen ein meist quarziges Zerreibsel, das aus der Zertrümmerung und nach- träglichen Zusammenpressung der Quarze und Feldspate hervorge- gangen sein mag (Mörtelstruktur). Jedenfalls beruht die außerordent- liche Härte dieser Gesteine hauptsächlich auf der innigen Verzahnung ihrer Gemengteile.

Die zuerst beschriebenen weniger harten Grauwacken unter- scheiden sich durch verschiedene Korngröße. Wo diese Gesteine feinkörnig sind, ähneln sie außerordentlich den grünen Paradoxides- Schiefern von Jinetz und haben auch schon tatsächlich zu Verwechs- lungen und fälschlichen Identifizierungen mit ihnen Veranlassung gegeben. Auch die an den Kluftflächen auftretenden bläulich schimmernden Psilomelananflüge, wie sie die Jinetzer Schiefer zeigen, fehlen ihnen nicht. Wo das Korn größer ist, würde man bei makro- skopischer Betrachtung auf Tuffe schließen. Tatsächlich sind diese Gesteine auch seinerzeit (Krejei—Helmhacker [37]) als „Diorit- tuffe“ und „Grauwackentuffe* beschrieben worden. Mikroskopisch läßt sich jedoch durchaus kein Anzeichen finden, das ihre Bezeichnung als Tuffe rechtfertigen würde. Übrigens hat auch jüngst Kettner [29] bezüglich einiger Vorkommnisse im Moldautal darauf hingewiesen, daß diese Tuffgesteine Helmhackers doch nur als Grauwacken zu bezeichnen seien.

Als drittes Gesteinselement treten im Präkambrium schwarze kieselige Schiefer auf. Sie sind durch Übergänge mit den Ton- schiefern verbunden; dennoch ist ihr Auftreten auch ein geschlossenes und dann für die Bodengestaltung von Einfluß, so daß ihre Ausschei- dung auf der Karte zweckmässig erschien.

Diese Schiefer zeichnen sich naturgemäß durch große Härte aus; eine Spaltbarkeit nach den Schichtflächen ist in der Regel noch vor- handen; immer sind diese Gesteine jedoch außerordentlich zerklüftet, so daß sich selten Bruchflächen erzielen lassen. Die Klüfte sind teils von Quarz, teils von Brauneisen erfüllt. Im Mikroskop zeigt sich das Gestein als eine überaus dichte halbkrystallinische Masse, die sich selbst mit der stärksten Vergrößerung kaum auflösen läßt, bestehend aus feinsten Quarzkörnchen, Glimmerschüppchen und sehr viel kohliger Substanz‘; vielfach zeigen sich auch feine Sprünge, die von Quarz er- füllt sind. Man muß wohl annehmen, daß das Gestein aus dem Ton- schiefer hervorgegangen ist, entweder durch Gebirgsdruck, der das Weiterwachsen der Quarzkörner zur Folge hatte, oder durch eine nachträgliche Infiltration mit kieselsaurem Wasser, die man wiederum mit dem nahen Porphyrvorkommnis in Verbindung bringen könnte (siehe auch später pag. 21).

Die kieseligen Schiefer bilden im Aufnahmsgebiet eine ungefähr linsenförmige Einlagerung, die vom Goldberg bei Mnischek zum Kleinen heil. Berg (an der Reichsstraße nach Dobrisch) streicht.

Eigentliche Aufschlüsse finden sich in dem Gesteine nicht; die Höhe des Rückens, den diese kieseligen Schiefer bilden, ist jedoch stellenweise von den Brocken des Gesteins ganz überschüttet und hier kommt dann auch das Felsgerippe zutage. Auch die Aglaja-Höhe gehört einem Zuge kieseligen Schiefers an, der sich nach S über den

[11] Geol. Untersuchungen im Südflüge) des mittelböhmischen Silur, 225

Kartenrand hinaus fortsetzt. Sonst finden sich noch geringe Vorkomm- nisse von kieseligem Schiefer, die ich auf der Karte aber nur schema- tisch auzugeben vermochte.

Bezüglich des Alters aller dieser, dem Schichtenkomplex der Tonschiefer angehörenden Gesteine, ist jetzt die Bezeichnung als Präkambrium oder Algonkium !) bereits ganz allgemein geworden, nachdem lange Zeit ihre Alterszuweisung Gegenstand der mannig- fachsten Meinungsverschiedenheiten war. Der für die Altersbestimmung vor allem wichtige Nachweis der Diskordanz der Pfibramer Schiefer gegenüber den jüngeren Gebilden, ist auch im Aufnahmsgebiete überall möglich.

Die Tonschiefer und die mit ihnen in Verbindung auftretenden Gesteine zeigen immer ein durchschnittlich südöstliches Einfallen, wenn auch die Streichrichtung innerhalb eines kleinen Winkels (NE SW bis NNE SSW) schwankt. Nur ganz lokal findet man auch entgegengesetztes Einfallen, dort, wo Schichtenfaltungen und Bie- gungen zu sehen sind (wie bei Mnischek unterhalb des Schlosses und unterhalb der chemischen Fabrik). Der Fallwinkel ist meist ein ziem- lich steiler, häufig 50— 70°,

Kambrium.

Quarzkonglomerate und -Grauwacken (Barrandes Etage B zum Teil, Lipolds Pfibramer Grauwacken, Krejtis Tre- mosna-Konglomerate). Sie bestehen aus Geröllen von lichtem und röt- lichem Quarz und von Kieselschiefer, die durch ein meist quarziges, manchmal eisenschüssiges Zement verkittet sind. Die Korngröße der Konglomerate ist oft auf kurze Entfernungen sehr wechselnd; sie sind großkörnig (bis faustgroße Gerölle wie am Hrebeny), mittelkörnig (wie am Spaleny, Tocka) bis feinkörnig und gehen dann in Grauwacken über. Diese können stark glimmerig sein und zerfallen dann leichter, während sonst die hierhergehörigen Gesteine sehr fest und wider- standsfähig sind. Als Zwischenmittel in den Grauwacken beobachtete ich an einigen Stellen einen mürben glimmerreichen, roten, tonigen Schiefer. Diese Schieferzwischenanlagen können jedoch auch mächtiger werden und erreichen dann die Geltung von selbständigen Schichten. Derartige rote Schiefer von bedeutender Mächtigkeit, wechsellagernd mit glimmerigen Grauwacken sind bei Kytin verbreitet und besonders an dem Wege, der aus dem Orte nach N gegen das Rote Kreuz führt, gut aufgeschlossen. Diese roten Schiefer scheinen an eine Zone ge- bunden, die mitten durch das Konglomeratterrain hindurchläuft und sich auch im Walde durch die hellrote Färbung des Bodens an den Wegen und in einzelnen Schieferbrocken verrät. Ich suchte die Ver- breitung der roten Schiefer auf der Karte wenigstens schematisch darzustellen. Ähnliche, für das Konglomeratgebiet fremdartige Gesteine (quarzitische Grauwacken, blättrige rote Grauwacken) scheinen auch außerhalb des Kartengebietes in der Umgebung von Hlubo$ verbreitet

‘) Slavik [62] versucht auf Grund der sonst (besonders in westböhmischen Verbreitungsbezirk) in diesem Schichtenkomplex auftretenden spilitischen Eruptiv- gesteinsfazies eine Paralellisierung mit dem nordamerikanischen Keweenawan.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd.. 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 29

296 Ernst Nowak. N [12]

zu sein und haben seinerzeit PoSepny [52] veranlaßt, hier Einfal- tungen jüngerer Schichten (d,, dg) anzunehmen !).

Eine Unterscheidung mehrerer Horizonte auf Grund der petro- graphischen Verschiedenheiten konnte ich in dem Konglomeratgebiete nicht durchführen, vor allem weil hierzu in dem dichten Waldgebie: die Aufschlüsse zu spärlich sind.

Das Alter des ganzen Schichtkomplexes habe ich in Anlehnung an die heute vorherrschende Anschauung als kambrisch ?2) angenommen, obwohl diese Schichten im ganzen Südflügel der „Silurmulde* bisher noch keine Fossilien geliefert haben und das von mir untersuchte Gebiet auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Altersbestimmung liefert. Es könnte nur die auch von mir beobachtete Diskordanz gegenüber den präkambrischen Schiefern herbeigezogen werden. Denn bei den Konglomeraten fand ich immer, auch nächst der Grenze gegen die präkambrischen Schiefer nordwestliches Verflächen. Von den Jinetzer Paradoxidesschiefern fand ich im Aufnahmsgebiete keine Spur; die diesbezügliche von PoSepny mitgeteilte Beobachtung (er ver- zeichnet Paradoxidesschiefer bei Fürstenbrunn) scheint auf einem Irr- tum zu beruhen.

Die Grenze der Konglomerate gegen ihr Hangendes ist leider nirgends aufgeschlossen und es ergaben sich auch sonst keine Be- obachtungen, die die Frage des Verhältnisses der Konglomerate zum Untersilur beantworten könnten. Immerhin erscheint es als das wahr- scheinlichste, daß die Konglomerate ein Äquivalent des Parodoxides- schiefer sind und in die d,a-Schichten übergehen.

Was die Verbreitung der kambrischen Konglomerate und Grauwacken betrifft, so lassen sich zwei Bezirke unterscheiden: 1. das Hauptgebiet zwischen Hfebeny und dem Präkambrium, wo sie das normal Liegende des Untersilurs bilden und 2. ein ungefähr linsen- förmiger Aufbruch mitten im Untersilur des Kalvarienwaldes. Im ersteren Gebiete finden sich die besten Aufschlüsse am Kamme des Hrebeny selbst; hier sind die Schichtenköpfe vielfach ausgewittert und bilden klippige Felsen. Es sind meist großkörnige Konglomerate, deren diekbankige Schichten 35° (Hohe Tanne), 45° (SE-Hang des Karwatl) und 50° (Jistebny) nach NW bis NNW fallen). Sonst finden sich Aufschlüsse nur sehr spärlich; sie sind meist an alte Schotter- brüche längs der Waldstraßen gebunden. So ist feinkörniges, zum Teil stark eisenschüssiges Konglomerat an der Straße Aglaja-Höhe

!) Liebus [72] scheidet in seiner während der Drucklegung dieser Arbeit erschienenen Karte im südlich anschließenden Gebiet eine Zone roter Schiefer aus, die genau in der Fortsetzung der Verbreitungszene der roten Schiefer in meinem Aufnahmsgebiet liegt.

?) Diese Anschauung gründet sich bekanntlich auf Vorkommen kambrischer Fossilien in den mit den Paradoxidesschiefern in enger Verbindung auftretenden Konglomeraten bei Skrej und Tejfowitz; ferner auf der Beobachtung eines allmäh- lichen Überganges der Konglomerate in die darüber folgenden Paradoxidesschiefer bei Jinetz und die deutliche Diskordanz gegen das Präkambrium.

°®) Auf den bisherigen Karten ist der Hrebeny-Kamm als d, verzeichnet! Nur auf Po&@tas Karte [49] bildet er ungefähr die Grenze zwischen d, und den Konglomeraten. Der Karwatl, der nach Po$Sepny [52] sogar schon in d, liegt, be- steht am SE-Hang auch noch aus grobkörnigen Konglomeraten.

[13] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 9937

Fürstenbrunn aufgeschlössen ; es ist jedoch stark verwittert (zerfällt in Grus) und die Lagerung nicht erkennbar. Ein guter Aufschluß findet sich in kleinkörnigem Konglomerat mit rotem Schiefer als Zwischen- mittel an der Straße Wosnic-Fürstenbrunn bei Kote 402; das Streichen ist nahe E-W, das Fallen 55° nach N gerichtet.

Das Verflächen ist also im Konglomeratgebiet, soweit sich die Lagerungsverhältnisse überhaupt beobachten lassen, ein isoklinales, die Streichungsrichtung wechselt innerhalb eines Winkels von 45°. Es haben sich keine Anhaltspunkte zum Nachweise der Längsstörung ergeben, die vermutlich das Gebiet durchzieht und die scheinbare sehr große Mächtigkeit dieses Schichtenkomplexes erklären würde. Nur orographisch scheint sie durch die Entwicklung eines Neben- kammes angedeutet, der heute nur mehr durch die niedrigen Wald- berge Kazatelna, Spaleny (Theresienhöhe) und Tocka bezeichnet ist. Außer in den wenigen Aufschlüssen verrät sich das Konglomerat im ganzen Gebiet durch Lesesteine und auswitternde Blöcke (so besonders am Spaleny, Tocka, beim Roten Kreuz) und dem aus seinem Zerfall hervorgehenden Gerölle und Grus, so daß es möglich ist, die Grenze gegen die präkambrischen Schiefer mit ziemlicher Sicherheit anzugeben.

In dem kleinen zweiten Verbreitungsbezirk im Kalvarienwald, der bisher noch nicht bekannt war, kann man die Anwesenheit der Konglomerate fast nur in Lesesteinen und größeren Blöcken erkennen. Doch ist ihr Vorkommen oft so gehäuft und ihre Verbreitung so scharf begrenzt, daß man unbedingt auf die Anwesenheit der Kon- glomerate im Untergrund schließen muß. Nur an einer Stelle stehen die Konglomerate an; es ist dies im Walde nördlich der Mnischek- Rewnitzer Bezirksstraße bei Kote 512, wo die ausgewitterten Bänke flach nach NW einfallen. Die Ausbildung der Konglomerate im Gebiete des Kalvarienwaldes ist eine fein- bis mittelkörnige; oft sind sie stark eisenschüssig.

Untersilur. (Barrande’s Etage D.)

Quarzige Grauwacken (d,a, Krusnahora-Schichten), Rot- eisensteine und Tuffschiefer (d,ß, Komorauer-Schichten), dunkle Tonschiefer (d,y, Rokytzaner-Schichten). Der Schicht- komplex der Barrande’schen Stufe d, ist, wie bereits in der Über- sicht erwähnt, als Liegendes der d,-Quarzite im Aufnahmsgebiete obertags nirgends deutlich aufgeschlossen, obwohl in den bisher über das Gebiet erschienenen Karten die Stufe d,, als Liegendes von ds, als eine fortlaufende Zone längs des Brdywaldes eingetragen ist und sogar der Hrebenykamm, an dem die großkörnigen Konglomerate so prächtig anstehen, als d, verzeichnet ist! (Siehe auch frühere An- merkung.) Es war mir nicht einmal möglich, auf der ganzen Erstreckung des Hfebeny auch nur durch Lesesteine das Vorhandensein dieser Zone zu konstatieren. Am Berge Baba war jedoch seinerzeit die Stufe durch Bergbau (Josefischacht)?) aufgeschlossen und sie ist hiemit in der Tiefe nachgewiesen. Ob ihre Sichtbarkeit am Tage nur

‘) Dieser Bergbau ist längst aufgelassen; heute sind die Schächte bereits vollkommen verschüttet und bieten gar keine Aufschlüsse. 29%

a

228 Ernst Nowak. j [14]

durch den Mangel au Aufschlüssen, bzw. die Bedeckung von Gebirgs- schutt verhindert wird, oder ob hier auch tektonische Erscheinungen eine Rolle spielen, kann nicht entschieden werden.

Erst im Kalvarienwald beim Roten Kreuz verrät sich die Stufe und zwar die Roteisensteine d,ß, durch Lesesteine und die rote Färbung des Bodens; hier sind auch vor längerer Zeit Bohrversuche unternommen worden, wovon die noch bis heute übliche Bezeichnung der Lokalität „Rudove jämi* (= Erzgruben) Zeugnis ablegt. Auch tiefer am Gehänge gegen die Skalka zu kommen die Roteisensteine mehrfach zum Vorschein. Am Fuße der Skalka bei Mnischek ist der ganze Schichtenkomplex der Stufe durch Bergbau (Josefi- und Theresienschacht) aufgeschlossen. Auch dieser Bergbau ist trotz der Ergiebigkeit seiner Erzlager und der sehr guten Qualität der Erze heute außer Betrieb und die Schächte sind nicht mehr zugäng- lich. Es sei daher hier das wichtigste über die Aufschlüsse dieses Bergbaues aus dem seinerzeitigen Bericht Lip old’s wiedergegeben.

Man kann im Skalka-Bergbau zwei Erzlager unterscheiden, die durch ein 38 m mächtiges Zwischenmittel getrennt sind: ein Liegend- oder Haupterzlager, das aus oolithischen Roteisensteinen besteht (45—50°/, Fe-Gehalt) und eine Mächtigkeit bis zu 19 m er- reicht und eiu Hangendlager, das vorzugsweise aus schiefrigem Braun- eisenstein zusammengesetzt ist und durchschnittlich nur 71/,—9!/, m mächtig ist. Im Liegenden des Haupterzlagers finden sich rötliche und grünliche Quarzsandsteine und feinkörnige grauweiße Sandsteine mit Kaolinbeimengung im Wechsel mit verschieden gefärbten ge- streiften Tonschiefern. Tuff- und Schalsteinbildungen, wie sie sonst in den Komorauer Schichten (d,ß) vorkommen, scheinen nach Lipold hier zu fehlen. Zwischen dem Haupt- und dem Hangendlager sind fast ausschließlich nur die schwarzgrau-glimmerigen Rokytzaner-Schichten anzutreffen, aus denen Lipold Graptoliten (Grapt. Suessi? Barr.) erhielt. Das Hangende des Brauneisensteinlagers bilden die d,-Quar- zite. Das Schichtfallen ist in dem ganzen vom Bergbau durchfahrenen Gebiet mit 56—40° nach NW bis NNW gerichtet.

Nach Lipold war der Skalkabergbau ursprünglich ein Tagbau, so daß ich nicht anstand, trotz des heutigen Fehlens von Aufschlüssen, sowohl auf der Karte als im Profil die d,-Stufe hier als zutage aus- streichend einzuzeichnen.

Von der Skalka nach N zu finden sich noch hie und da Spuren von Gesteinen, die jedenfalls d, angehören (so z. B. beim „Stitecky Lom“ Schiefer, die vielleicht d,y sind), bis gegen Ridka; weiterhin ist Jedoch nichts mehr zu erkennen; die Zone dürfte schon südlich des Wschenorer Baches auskeilen, denn daselbst nähern sich die Aufschlüsse im präkambrischen Schiefer und im d,-Quarzite bereits auf wenige Meter, wenn auch die Grenze direkt nicht sichtbar ist. Die Angabe Krejti’s [38], daß am Wschenorer Bach die d,y-Schiefer in einer schmalen Zone zwischen den präkambrischen Tonschiefern und dem Quarzit zum Vorschein kommen !), dürfte ein Irrtum sein

!) Er stellt dies auch in dem diesbezüglichen Profil so dar; seine Angaben hat Katzer [25] übernommen.

[15] Geo]. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 229

und beruht vielleicht auf einer Verwechslung mit dem tiefer abwärts im Wschenorer Tale mitten im Quarzit eingekeilten Schiefervor- kommnis, von dem noch später die Rede sein soll (pag. 4+).

Ein wenn auch räumlich sehr beschränktes Vorkommnis von d,, das jedoch die Entwicklung in allen drei Stufen aufweist und bisher noch nicht bekannt war, liegt mitten im Kalvarienwald am Moklicky- bache. Die d,-Schichten folgen hier als Hangendes der früher be- schriebenen Konglomerateinlagerung. Ich verweise hier auf die nähere Beschreibung dieser Aufschlüsse im tektonischen Teil (pag. 42/43).

Quarzite der Stufe d, Barr. (Brdaschichten Lipold’s). Es sind dies, soweit sie typisch ausgebildet sind, helle, weiße bis gelb- liche, stellenweise durch Eisenverbindungen rötlich und violett ge- färbte, meist dickbankige Gesteine. Im Mikroskop erweisen sie sich als ein vollkommen krystallines Gemenge von Quarzkörnchen; daneben tritt etwas Feldspat, reichlich Apatit und Zirkon auf; Muskovit findet sich als Neubildung in langgestreckten Lamellen. Vielfach, jedoch durchaus nicht immer, findet sich zwischen den Quarzitbänken als Zwischenmittel ein sehr weicher, dunkler, glimmerreicher Schiefer; sonst ist das Zwischenmittel tonig-sandig, von heller Farbe, wie der Quarzit selbst. Sowohl in die liegenden als auch die hangenden Schiefer geht der Quarzit durch Wechsellagerung über und erhält dann manchmal ein mehr sandsteinartiges Aussehen und dunklere Färbung. Im Mikroskop geben sich diese Übergänge durch das Auf- treten und UÜberhandnehmen eines tonigen Bindemittels kund. Be- sonders die Grenze gegen ds/d, ist oft sehr unscharf; es kommt vor, daß typische helle d,-Quarzitbänke auch mitten in den Grauwacken- schiefern auftreten.

Die Quarzite zerfallen oft, wie auf der Höhe des Kammes oberhalb Dobfichowitz, auf der Skalka, in einen feinen weißen Sand; in der Regel jedoch liefern sie ein lebmiges Verwitterungsprodukt, das für die Landwirtschaft am Fuße des Gebirges von großer Be- deutung ist. Charakteristisch ist auch für den Quarzit die zur Schichtung senkrechte Zerklüftung, die ihn in parallel-opipedische Stücke zer- fallen läßt.

Sicher deutbare Fossilreste sind aus den Quarziten im Brdy- gebirge nicht bekannt!); es finden sich nur die weit verbreiteten problematischen Reste, wie Scolithus linearis Hall.

Die Stufe d, bildet im Aufnahmsgebiet eine ununterbrochene geschlossene Zone von ziemlich konstanter Breite; nur im Kalvarien- walde erfährt sie zwischen Mnischek und Rewnitz eine Ver- breiterung dadurch, daß ältere Gesteine (Konglomerate und d,) in ihr aufbrechen.

Das Quarzitgebiet im Hrebeny ist sehr arm an Aufschlüssen ; man kann hier infolgedessen auch nirgends die Grenze gegen das Liegende und Hangende direkt beobachten. Südlich von Kl. Chlumec nahe an der Grenze gegen die Konglomerate, erheben sich klippige Quarzitfelsen; sie sind undeutlich gebankt, an einer Stelle kann man

') Während bekanntlich dieselben Schichten in der Gegend vou Beraun eite reiche Fauna geliefert haben.

330 Ernst Nowak. ) [16]

jedoch flaches NNW-Fallen beobachten. Die übrigen wenigen Auf- schlüsse am NW-Hang des Hrfebeny zeigen alle ein sehr konstantes Verflächen mit 30—35° nach NNW.

Dagegen ist der Kalvarienwald reich, sowohl an natürlichen wie künstlichen Aufschlüssen. Es seien hier nur erwähnt die mächtigen Felsen am Ausgange des Moklicky-Tales, am Gipfel der Babka, des Stfeny vrh, unterhalb der Skalkakapelle, bei CGernolitz und auf zahl- reichen Höhenpunkten. Außerdem bieten die tiefen Schluchten am NW-Hang des Gebirges gute Aufschlüsse.

Die Grenze gegen die im Hangenden der Quarzite folgenden d,jd, Grauwackenschiefer ist an mehreren Stellen zu sehen und es läßt sich hier, wie schon erwähnt, ein Ubergang beobachten. Das Streichen ist auch im Kalvarienwald im Allgemeinen annähernd NE-SW (meist N 60° E) und das Fallen 25—55°, selten auch noch steiler nach NW gerichtet. Wo größere Abweichungen in den La- gerungsverhältnissen auftreten, finden sie im tektonischen Teile Be- rücksichtigung, ebenso wird dort das vereinzelte d,-Vorkommnis mitten in d, südlich von Hat& behandelt werden (pag. 49).

Glimmerreiche Grauwackenschiefer!) und dunkle Sandsteine (Barr. Stufe d, und d,, Lipold’s Vinicer und Zahoraner Schichten).

Es sind dies graue, im angewitterten Zustand bräunliche, glimmer- reiche sandigtonige Schiefer, die stellenweise mit meist geringmäch- tigen Sandsteinen wechsellagern. Die Schiefer sind immer stark zer- klüftet und zerfallen in unregelmässige Stücke; die Schichtflächen der Sanrdsteine sind wulstig und von Glimmerschüppchen bedeckt. Eine Trennung der Stufe d, und d, ließe sich im Aufnahmsgebiete schon wegen der mangelnden Aufschlüsse nicht durchführen. Überdies ist ja schon von mehreren Autoren (Katzer [25], Jahn [19]) darauf hingewiesen worden, daß d, und d, nur faziell verschiedene Aus- bildungsweisen derselben Stufe darstellen. Tatsächlich fand ich auch an mehreren Punkten (z. B. in den Schluchten am Gehänge zwischen Rewnitz und Dobrichowitz), und zwar im tieferen Teile des Schicht- komplexes mitten zwischen den typischen d,-Schichten, dunkle dünn- blättrige Schiefer, die sehr den Schieferzwischenlagen in d&. ähneln und den sonst als d, beschriebenen Schiefern entsprechen dürften.

Den allmählichen Übergang der d,/d,-Schiefer in die d,-Schichten habe ich bereits früher erwähnt; es wäre hier nur noch darauf hin- zuweisen, daB er auch von anderen Autoren (Jahn [19], Liebus [41]) mehrfach beschrieben wurde.

Was die Grenze gegen d, anlangt, so ist es im Aufnahmsgebiete möglich, sie mit ziemlicher Genauigkeit zu ziehen, weil der petro- graphische Unterschied beiden Stufen recht deutlich ausgesprochen ist und gerade an ihrer Grenze häufig Aufschlüsse vorhanden sind. An einigen Stellen kann man sogar unmittelbar die Auflagerung sehen, wie besonders schön am linken Beraunufer gegenüber Rewnitz, wo sich

!) Es sind eigentlich sandig-tonige Schiefer; die Bezeichnung „Grauwacken- schiefer“ hat sich für diesen Schichtkomplex jedoch so eingebürgert, daß es aus praktischen Gründen zweckmäßig scheint, sie beizubehalten.

[17] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 231

der Unterschied in dem Gesteine schon durch die Färbung auf weite Entfernungen erkennen läßt.

An Fossilien ist die d,/d,-Stufe im Allgemeinen reich; auch im Aufnahmsgebiet findet man allenthalben, wenn auch nur schlecht er- haltene, organische Reste. Als besondere Fundorte wären anzugeben die beiden tiefeingeschnittenen Schluchten östlich von Swinaf und der tiefe Wasserriß am Stiiberny bei Rewnitz. Hier fand ich: Leda Bo- hemica Barr., Nucula obtusa Barr., Nucula dispar Barr., Pleuro- tomaria (Lophospira) viator Barr., Orthis sp. und Bruchstücke von Trinucleus sp., sehr zahlreich, stellenweise förmlich gehäuft, sind die Steinkerne von Lophospira.

Die Stufe d, bildet im Aufnahmsgebiet eine breite Zone, die jedoch zum weitaus größten Teile von Gebirgsschutt bedeckt ist und nur im nördlichen Teile auf größere Erstreckungen anstehend zutage tritt. Daß tatsächlich d, im Untergrunde der lehmigen Schuttdecke liegt, zeigen am besten die Schluchten und Wasserrisse zwischen Swinaf und Rewnitz. Auch am NW-Gehänge des Kalvarienwaldes kommt d, nicht nur fast in allen Tälern, sondern auch häufig an Hohlwegen, steilen Lehnen etc. zum Vorschein. Am linken Beraunufer ist ein schöner Schnitthang in den d,-Schichten angelegt; auch das flache Ufer unmittelbar westlich von Lety (unterhalb des Schnitt- langes) bilden auswitternden d,-Schichtenköpfe.

Die scheinbar sehr bedeutende Mächtigkeit der d;/d,-Schichten- gruppe beruht wohl auch hier auf Schichtenwiederholungen infolge von Faltungen, wie dies Krejci [38] und Liebus [41] aus dem südwestlich anschliessenden Gebiet beschreiben. In meinem Gebiet konnte ich allerdings, soweit die Lagerung überhaupt ersichtlich ist, fast nur nordwestliches Einfallen (ausgenommen südiich von Hate, siehe später im tektonischen Teil) mit sehr wechselndem Neigungs- winkel feststellen. Dieser letztere Umstand, dann die oft steile Schicht- stellung und eine deutliche Dislokation, wie sie in der Schlucht süd- lich der Villenkolonie auf halber Strecke zwischen Dobfichowitz und Rewnitz zu sehen ist, zeigen, daß die Zone der d,-Schichten stark gestört ist.

Glimmerarme, gelbliche und graue Tonschiefer und helle Sandsteine (Barr. Stufe d,, Lipold’s Königshufer- und Kossower Schichten).

Die Schiefer sind meist gelblich und besonders dadurch charak- terisiert, daß sie in sehr dünne feine Blättenen zerfallen („Oblaten- schiefer“ 1). Manchmal sind die Schiefer auch grau gefärbt und ent- halten an einigen Stellen (so am rechten Hang im Karliker Tälchen) kleine, bis haselnußgroße kalkige Konkretionen mit schaliger Ab- sonderung. Mit den Schiefern wechsellagern besonders im oberen Teile der Stufe sehr feinkörnige bis dichte, quarzitähnliche hell- gelbliche Sandsteine. Die einzelnen Sandsteinbänke erreichen seltener größere Mächtigkeit (bis etwa 50 cm); sie zeigen oft sehr; deutliche Diagonalstruktur (z. B. besonders schön auf dem Hügelrücken nördlieh von Vorder-Treban), und auf den Schichtflächen die bekannten wul-

') Katzer gebraucht diesen bezeichnenden Ausdruck.

232 Ernst Nowak. [18]

stigen Gebilde, die man jetzt als Kriechspuren von Meerestieren zu deuten pflegt.

Die Sandsteine können auch vollkommen vorherrschen und die einzelnen Bänke sind dann nur durch dünne Zwischenlagen der Schiefer getrennt.

Lipold hat eine Unterteilung der Barrande’schen Stufe d, in die unteren Königshofer (Schiefrige Entwicklung) und die höheren Kossower Schichten (Sandsteinentwieklung) vorgenommen und diesen Unterabteilungen die Geltung von stratigraphischen Horizonten zu- geschrieben. Obwohl tatsächlich im tieferen Teile der Stufe die schiefrige Ausbildung und im höheren Teile die Sandsteinentwicklung vorwiegt, war es im Aufnahmsgebiet keineswegs möglich, die Trennung der beiden Ausbildungsweisen vorzunehmen, da ihr gegenseitiges Verhältnis ein zu enges ist und ich auch Übergänge im Streichen durch Auskeilung der Sandsteinbänke mehrfach beobachten konnte. Daraus ergibt sich auch, daß die Unterteilung in Königshofer und Kossower Schichten zum Nachweis von tektonischen Störungen nicht geeignet und nicht ausreichend ist.

Die d,-Schichten liefern einen hell-schokoladenfarbigen lockeren Ackerboden, der sich von dem dunkel-kaffeebraunen, der aus den Graptolitenschiefern hervorgeht, gut unterscheidet; dadurch läßt sich auch oft in Feldstrecken die Grenze der beiden Stufen recht deutlich erkennen. An zahlreichen Stellen sind die d,-Schichten von mächtigen Diabasvorkommnissen durchsetzt und dann vielfach kontaktmeta- morph verändert (siehe später bei den Diabasen). Obwohl die Stufe d, sonst fossilreich ist, ist es mir nicht gelungen, im Aufnahms- gebiete in ihr organische Reste aufzufinden, abgesehen von den problematischen Resten auf den Schichtflächen der Sandsteine.

Die d,-Schichten bilden im südwestlichen Teil der NW-Begren- zung des Aufnahmsgebietes die Grenze und reichen auch noch auf das von Seemann kartierte Blatt hinüber. Sie sind hier meist schiefrig entwickelt und setzen den Abhang des die Hostomitzer Senke deutlich nach NW abgrenzenden Rückens zusammen, auf dessen Höhe dann meist erst die Sandsteinbänke anstehen. Auch der Steil- abhang, der sich von Le@ nach NE längs des Swinafer Baches dahin- zieht, wird fast ausschließlich aus typischen dünnblättrigen gelben Schiefern gebildet. Erst der zweite Höhenzug, der östlich von Litten von der Kote 329 nach NE zur Kote 340 streicht und das steile Gehänge des Böälter Baches darstellt, besteht vorwiegend aus den Kossower Sandsteinen. Der zweite d,-Zug am rechten Ufer der Beraun, der nördlich von Bel& mit keilförmiger Gestalt im Graptoliten- schiefer steckt, ist wenig aufgeschlossen und mehr schiefrig ausge- bildet. Der dritte d,-Zug, der den Vockov bildet, zeigt auch mehr schieferige Entwicklung; er ist durch die Bahnanlage am Fuße des Berges in seiner ganzen Mächtigkeit aufgeschlossen. .

Am linken Ufer der Beraun besteht das Gehänge der Rewnitzer Talweitung bis zu dem Wasserriß nordöstlich der Rewnitzer Mühle aus d,, und zwar östlich des Tälchens, das gegen Rovina emporführt aus Schiefern, westlich dagegen zum Teil auch aus Sandsteinen. Der zweite Zug der gegen v Chaloupkoch streicht, ist vorwiegend

[19] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 233

aus Sandsteinen zusammengesetzt, ebenso der dritte Zug, der des Policko; hier finden sich überall, besonders an dem gegen die Tfe- baner Talweitung zugekehrten Gehänge in den sehr typisch ausge- bildeten Schichten (Sandsteine mit Diagonalschichtung, siehe: Fig. 2) vorzügliche Aufschlüsse. Hingegen sind die d,-Schichten am Gehänge westlich des Ausganges des Tales, das gegen Morinky hinanführt, hauptsächlich schiefrig entwickelt.

Nordöstlich der Straße von Lety nach Morin findet man d, als eine breite geschlossene, nur von Diabasen durchbrochene Zone. Der

Fig. 2.

5 Typisch entwickeltes d, N von Vord.-Treban. Diagonalgeschichtete Sandsteinbänke wechsellagern mit dünnblättrigen Schiefern.

Öabrakrücken und ebenso die Höhe oberhalb Karlik besteht vor- wiegend aus Sandstein; gegen das Hangende zu, so auf der Höhe 387 herrscht dann wiederum mehr die schieferige Entwicklung. vor.

Was die Lagerung der d,-Gesteine betrifft, so ist wieder ein ziemlich konstantes NW- bis NNW-Verflächen in einem Winkel, der in der Regel etwa 30° beträgt, allgemein. Daß die Zone jedoch ins Einzelne stark gestört ist, zeigen vor allem die detaillierten Faltungen und Schichtenzerreißungen am Gehänge des Vockov (s. pag. 34); die großen Störungen, .die das Gebiet betroffen haben, sollen später erörtert werden.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 30

234 Ernst Nowak. | [20]

Obersilur.

Graptolitenschiefer (Barrandes Stufe e, Lipolds Littener Schichten). Sie sind kalkig, dunkel, meist schwarz, bituminös, teils dünnschiefrig und ausgezeichnet spaltbar, teils mehr plattig. Gegen das Hangende zu werden sie kalkreicher, enthalten kalkige Konkretionen und wechsellagern schließlich mit dünnen Bänken von unreinem dunklen Kalk. Man bezeichnet diesen höheren Teil der Stufe e, nach dem Vorschlage Jahns [19] als Übergangsschichten oder e,ß gegenüber den tieferen e,x-Schichten. Die Grenze ist eine sehr labile und läßt sich im Felde, wo nicht genügend Aufschlüsse sind, schwer festlegen.

Die Schichten sind fast überall im ganzen Gebiete reich an Graptolitenresten. Als besonders ausgezeichneter Fundort wären die „Kolonien* von Tfeban hervorzuheben. In den Kalkkonkretionen und Kalkschichten (e,ß) finden sich auch andere organische Reste (Ortho- ceren, Bivalven).

Bekanntlich haben Marr [47] und Tullberg [65] auch für das mittelböhmische Silur eine Graptolitenzoneneinteilung durchgeführt. Ich habe es nicht als meine Aufgabe betrachtet, in dieser Richtung eingehendere Studien zu betreiben, aber bei der Beurteilung der Natur der Graptolitenschiefereinlagerungen („Kolonien“) in den d;- Schichten des Aufnahmsgebietes, stellte sich die Notwendigkeit heraus, eine provisorische und wenigstens für dieses Gebiet brauchbare Unter- teilung in diesem Schichtenkomplex durchzuführen. Das Herbeiziehen der von Lipold eingeführten Einteilung der d,-Stufe in Königshofer und Kossower Schichten zum Nachweis tektonischer Erscheinungen so wie es Lipold getan hat [44] erscheint schon deswegen be- denklich, weil sie sich nur auf petrographische Unterschiede gründet; zudem ist dieser Unterschied kein konstanter, sondern es lassen sich wie schon erwähnt Übergänge im Streichen beobachten. Die Unterteilung der Stufe e, in « und ß war nicht ausreichend, da sich eigentliches e,ß. in den „Kolonien“ nicht vorfindet. So schien, es naheliegend, die Marr’sche Zonenteilung zur Hilfe herbeizuziehen !) und zu versuchen, ob sich innerhalb e,x im Aufnahmsgebiete im Felde eine Unterscheidung nach den Graptolitenresten in zumindest zwei stratigraphische Abteilungen durchführen läßt. Dies ist nun tat- sächlich möglich, denn in Anlehnung an die Marr’schen Zonen fand ich in den tieferen Schichten nur: Climacograptus scalaris Lin., Ras- trites peregrinus Barr. (diese beiden Arten in besonderer Häufigkeit), Diplograptus palmeus Barr. und Formen von Typus des Monograptus Nilssoni Barr., dagegen in den oberen, an Graptoliten meist ärmeren Schichten: Monograptus priodon Bronn, Monograptus dubius Suess und Monograptus colonus Barr.

Innerhalb dieser Schichtenabteilungen werden sich wohl noch weitere Zonen feststellen lassen; im folgenden werde ich daher immer

!) Marr hat auch bereits seine Zoneneinteilung zum Nachweis der tek- tonischen Natur einiger Kolonien („Haidinger“ „Hodkovicka“) verwendet {siehe später pag. 37).

[21] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 235

nur von den beiden Zonengruppen von e,« sprechen, die ich manch- mal der Kürze wegen als e, a, und e, ©, bezeichnen will).

b) Eruptivgesteine. (Porphyr, Diabas).

Porphyr findet sich nur in einem vereinzelten, sehr beschränk- ten Vorkommnis, und zwar im präkambrischen Schieferterrain auf der Höhe des Goldberges bei Mnischek. Dieses Vorkommnis ist von Barvir [4]. beschrieben worden. Man hat es hier mit einem aus- streichenden Quarzporphyrgang zu tun. Ich fand das Gestein nur an einer Stelle anstehend ?2); es ist stark zersetzt und von hellgrauer Farbe; schon makroskopisch erkennt man Einsprenglinge von Quarz und Feldspaten. Im Mikroskope erweist sich der Feldspat meist stark getrübt, als Orthoklas (in Karlsbader Zwillingen) und saurer Plagioklas. Dunkle Gemengteile fehlen fast ganz (nach Barvir finden sich Spuren von Biotit), die geringe opake Substanz ist Pyrit. Kettner, der in neuester Zeit sich mit den Porphyren der Umgebung eingehend befaßt hat [71j und auch das Vorkommnis vom Goldberg behandelt, nennt das Gestein einen monzonitischen Quarzporphyr.

Interessant ist es, daß in unmittelbarer Nähe dieses Porphyr- vorkommens alte Goldschächte vorhanden sind, denen der Berg seinen Namen verdankt. Barvir bringt dieses Goldvorkommnis mit dem Porphyre in genetischen Zusammenhang, indem er ihn als den „Gold- bringer ansieht [5]. Das Gold war im Mnischeker Bergbau an einen Quarzgang gebunden, der heute nicht mehr sichtbar ist, da die Schächte verschüttet sind. Auch die Halden sind bereits von Vege- tation bedeckt.

Am Kontakt mit dem Porphyr findet sich, worauf auch Barvir [#4] aufmerksam macht, ein kieselschieferartiges Gestein und es ist möglich, daß die ganze Einlagerung von kieseligem Schiefer, die sich vom Goldberg zum kleinen heiligen Berg erstreckt, mit dem Porphyr- vorkommnis, das sich in der Tiefe weiter fortsetzen könnte, in irgend einem Zusammenhang steht, wie dies schon früher angedeutet wurde’),

1) Diese durch die beiden Zonengruppen repräsentierten Schichtenabteilungen denen aber, wie gesagt, durchaus keine allgemeine stratigraphische Geltung zukommen soll dürften ungefähr übereinstimmen mit der seinerzeit von Katzer (zuerst 1888 in seinem „Älteren Paläozoikum in Mittelböhmen“) vorgeschlagenen Unterteilung von e, in untere (kalkarme) Graptolitenschiefer und obere Kalkschiefer ; nur entspricht den oberen Kalkschiefern der größte Teil jener Schichten, die man heute als e,8 bezeichnet.

?) Lesesteine des Porphyrs finden sich auch noch eine Strecke nach SW gegen Kytin; wie mich Herr Kettner freundlichst aufmerksam machte läßt sich auch auf der Höhe des Rückens mit Kote 482 ein Porphyrgang, allerdings auch nur in sehr spärlichen Ausbissen verfolgen.

®) Kettner konnte, wie ich gleichfalls seiner persönlichen Mitteilung ver- danke, im angrenzenden präkambrischen Gebiet die Beobachtung machen, daß die Verkieselung immer nur die Schichten im Hangenden von Porphyr- intrusionen ergriffen hat (wie dies auch am Goldberg der Fall ist); im übrigen verweise ich auch hier auf seine neueste Arbeit [71].

30*

236 Ernst Nowak. Nm T22}

Diabas findet sich in einem einzelnen Vorkommen bereits in den kambrischen Konglomeraten. Es ist ein Gang, der nur mit seinem äußersten Ende bei der Wiese Lipiz (Kote 402) bei Dobfisch in das Kartengebiet reicht und sich nach SE bis nahe an die Grenze gegen die präkambrischen Schiefer verfolgen läßt. Das Gestein er- scheint makroskopisch in frischen Stücken schwarz, beinahe dicht und läßt nur Einsprengungen von Pyrit erkennen. Im Mikroskope zeigt es typische ophitische Struktur; die Plagioklasleisten sind stark getrübt und zersetzt, der Augit ist nahezu farblos, ohne‘ erkennbare Krystallform. Außerdem sind im Schliffe sehr verbreitet Körner und Anhäufungen von aus Ilmenit hervorgehendem Leukoxen. _

Das nächste Diabasvorkommen gehört der Stufe d, an. Die Aufschlüsse (Moklickytal, Mnischek-Rewnitzer Bezirksstraße) sind nur gering und das Gestein sehr zersetzt. Man wird auch diesen :Diabas als intrusiv auffassen müssen, da das Nebengestein . De Kontakt deutlich verändert ist (s. pag. 42).

Das Hauptverbreitungsgebiet der Diabase liegt in. einer Zone längs der Grenze des Unter- und Obersilurs; man kann hier: förmlich von einer Durchtränkung mit Diabas, sowohl der d,-Schichten als auch der e,-Graptolitenschiefer sprechen. Die Vorkommnisse sind oft von so geringer Ausdehnung, daß ihre Ausscheidung auf der Karte ‚nicht möglich ist. Anderseits vermochte ich innerbalb des Graptoliten- schieferstreifens, der vom linken Beraunufer über Klein-Morin gegen das Karliker Tälchen verläuft, die hier überaus zahlreichen Diabas- vorkommen nur schematisch einzuzeichnen, da das ganze Terrain von Feldern bedeckt ist und sich der Diabas hier zum größten Teil.nur im Frühjahr oder Herbst bei frisch gepflügten Feldern durch seine charakteristische rostbraune Verwitterungsfarbe zu erkennen gibt. An vielen Stellen finden sich jedoch auch ausgedehntere Diabas- massen, die schon von weitem als mächtige schwarze Felsen ins Auge fallen.

In eigentümlichem Gegensatze zu den Beobachtungen, die See- mann [60] in seinem Gebiet über die geologische Form der Diabase gemacht hat erfand: hauptsächlich Decken und Ströme, . also effusive Formen konnte ich bei weitaus den meisten Diabasen, soweit sich Beobachtungen über ihre Form anstellen ließen, ihren intrusiven Charakter feststellen. So sind alle die mächtigen Diabas- massen bei Karlik, bei Rewnitz, Vorder- unter Hinter-Treban, bei Vlenec unzweifelhaft intrusiv; es sind durchwegs riesige Lagergänge. Da sich das Auftreten der Diabase im Aufnahmsgebiete gerade an ‘die Zone der großen Störungen hält, die die zahlreichen Schichten: wiederholungen zur Folge haben, so könnte man sich die Anschauung bilden, daß das Diabasmagma nachträglich zwischen die durch die Faltung. gleichsam aufgeblätterten Sedimentschichten eingedrungen ist. Diese Durchdringung der Schichten mit Diabas muß sehr ins einzelne gegangen sein, denn man kann vielfach Lagergänge von ganz geringen Dimensionen (wenigen Zentimetern Mächtigkeit) beobachten.

Eine interessante Bildung ist ein breccienartiges Gestein, das am Ausgang des südlich des Ple$ivec. bei Budnan verlaufenden Tales an der Straße Vorder-Treban—Budnan gegenüber dem Pumphäuschen

123) Geol. Untersuehungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 237

auf mehrere Meter aufgeschlossen ist. Dieses Gestein läßt sich kurz charakterisieren als ein von Graptolitenschieferbrocken ganz erfüllter Diabas; die Schieferbrocken zeigen vielfach eine klein-sphäroidische Absonderung,' die auf Hitzewirkung zurückzuführen ist. Wir "haben demnach hier eine vulkanische Breccie vor uns, die wahrscheinlich die: Ausfüllung eines vulkanischen Schlotes darstellt.

Dieses Vorkommnis sowie die an einigen Stellen. beobachteten Schichtenbiegungen, die man auf Rechnung des in die Schichten ein- dringenden und sie aufwölbenden Diabasmagmas zu setzen bewogen wird (s. pag. 33, 36 u. 37), spricht weiters für die große Bedeutung der intrusiven Eruptionsform des Diabases im Aufnahmsgebiet.

Die’ Kontaktwirkung der Diabase beschränkt sich meist auf Härtung des Nebengesteines. Der Graptolitenschiefer verliert außerdem in der Nähe des Diabases seine Spaltbarkeit, wird plattig und weist manchesmal eine stengelige Absonderung senkrecht zur Schichtfläche, bzw. zur Abkühlungsfläche des Diabaslagers auf. Mehrfach ist es auch möglich” mineralische Veränderungen am Kontakte mit Diabas fest- zustellen, so vor allem an den d,-Sandsteinen am Kontakte mit den großen Diabasmassen von order! und Hinter-Tfeban: Schon makro- 'skopisch fällt bei diesen Sandsteinen neben der Härtung Flecken- bildung oder das Auftreten von glänzenden Spaltflächen auf. Im Mikroskope zeigt es sich, daß allenthalben im Gestein Kalzit aus- zukrystallisieren beginnt. Wo diese Krystallisation weit vorgeschritten ist, löscht der Dünnschliff in einheitlichen Partien aus. Diese ein- heitlich auslöschenden Partien entsprechen großen Kalzitindividuen, die die Quarzkörnchen des Sandsteines vollkommen umwachsen haben. Man könnte so dieses Kontaktprodukt als einen marmorisierten Sandstein bezeichnen. Da.das Bindemittel im unveränderten Gestein ein kieseliges ist, so muß man annehmen, daß das Ca CO; in irgend einer Weise aus. dem Diabase bezogen ist),

Auch die Graptolitenschiefer zeigen manchmal am Kontakt a Diabas einen krystallinen Habitus.

c) Decksedimente. (Tertiäre Flußablagerungen ? Diluvialbildungen).

' Über dem gefalteten Altpaläozikum finden sich in dem auf- genommenen Gebiete keine Spuren transgredierender Bildungen ?) außer jungen fluviatilen Schottern, Sanden und Lehmen; sie begleiten vor allem die Höhen zu beiden Seiten des Berauntales, teils wirkliche Sedimentdecken, wenn auch nur von geringer Aus- dehnung bildend, teils nur in Form einer Bestreuung. Ich habe die Kartierung dieser Bildungen stellenweise auch da vorgenommen, wo man von keiner zusammenhängenden Decke, die den Untergrund

- ) Diese kurze Mitteilung soll nur als ein Hinweis auf die Erscheinung, aber durchaus nicht als abschließendes Urteil über diesen Gegenstand vor allem standen mir bierfür zu wenig Schliffe zur Verfügung betrachtet werden.

?) Obwohl man wie schon früher bemerkt (pag. 3) annehmen muß, daß ‘auch dieses’ Gebiet ‘wie ganz Süd- und Mittelböhmen unter der Kreidedecke, die erst durch die postkretazische Erosion wieder: entfernt wurde, begraben. lag,

238 Ernst Nowak. [24]

vollständig verhüllt, reden kann, sondern mehr von einer dichten Bestreuung. Ich tat dies dort, wo es mir vom morphologischen Stand- punkte wichtig schien, und wo die Vernachlässigung des ohnehin nur aus Lesesteinen unsicher erkennbaren Untergrundes das geologische Bild nieht störend beeinflußte.

Die auf deutlichen Verebnungsflächen in mehreren Niveaus auf- tretenden Schotter und Sande, die über dem Altpaläozoikum Böhmens überall weit verbreitet sind, haben schon verschiedene Deutung er- fahren. Wohl hat man die tiefsten, längs der Flüsse meist deutliche Terrassen bildenden Vorkommnisse immer für diluvial und für Ab- lagerungen der einst in höherem Niveau fließenden Flüsse angesehen. Haben ja Fossilfunde dieses Alter erwiesen. Dagegen sind die höheren Schotter- und Sandvorkommnisse wohl zunächst auch für diluvial gehalten worden (Krejöi 1859 [33]), später wurden sie jedoch als zerfallene Kreidebildungen, und zwar als Perutzer Schichten angesehen (Krejöi-Helmhacker 1885 [37], Katzer 1892 [25]) und auch so in der Umgebungskarte von Prag kartiert. Neuestens wird die Anschauung vertreten, daß diese höheren Schotter wenigstens zum Teil tertiär sind (Purkyn&, Kettner, Dane).

Ohne vorläufig auf die Altersfrage der Sedimente näher ein- zugehen, möchte ich zunächst ihre Ausbildung und ihr Auftreten im Aufnahmsgebiet kurz beschreiben. Das Material der Schotter ist in allen Niveaus das gleiche, wenn auch manchmal gewisse Elemente vorwiegen: Quarz, Quarzit, Kieselschiefer (schwarz und rot), Konglo- merat, seltener Porphyr und vereinzelt andere unzweifelhaft den alt- paläozoischen Schichten entstammende Gesteine. Quarzsande finden sich in allen Korngrößen bis zum Übergang in Schotter; meist bemerkt man deutliche Diagonalschichtung. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß daß Material in den höchsten Niveaus kleinkörniger ist und hier Sande vorwiegen, die durch ein toniges Bindemittel locker ver- kittet sind.

Es sind im Aufnahmsgebiet fünf Niveaus zu unterscheiden !), in denen man diese Ablagerungen antrifft. Das tiefste Niveau liegt ungefähr 11 m über dem Wasserspiegel der Beraun und entspricht der tiefsten (oder dritten) Terrasse Purkyn&s [53]; diese tiefste Terrasse zeigt immer eine gut erhaltene Terrassenform. Sie ist gut aufgeschlossen am rechten Ufer der Beraun bei der Station Karlstein, dann bei Hinter-Treban; in ihrer Form schön ausgebildet östlich von Rewnitz, bei Brunsov und der Station Dobrichowitz und am linken Ufer westlich von Lety. Das Alter dieser Terrasse ist durch Fossil- funde (Zähne vom Pferd und Rhinozeros [69]) im Aufschluß bei der Station Karlstein als diluvial festgestellt.

Das zweite Niveau, in dem Schotter und Sande auftreten, liegt in etwa 46 m über der Beraun (d. i. im Aufnahmsgebiete 250 m bis 248 m absolut) und ist identisch mit Purkyn&s mittlerer oder zweiter Terrasse; auch ihre Form ist meistens noch gut erhalten. Sie ist sichtbar am rechten Ufer östlich von Hinter-Treban und am linken

!) Sie dürften identisch sein mit jenen, die Kettner [32] an der Moldau zwischen Königsaal und Stechowitz unterscheidet.

[25] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 239

Ufer nördlich von Vorder-Tfeban und zwischen Rovina und Lety (bei Kote. 248). Das dritte Niveau befindet sich 80—73 m über dem Beraunspiegel (285 m bis 278 m absolut); es ist Purkyn&s höchste und erste Terrasse. Ihr gehören die ausgedehntesten Schotterfelder an und die Ebenheiten, die sie bilden, treten besonders im Land- schaftsbilde hervor; dagegen ist die Terrassenkante oft verwischt und dann böscht sie sich allmählich gegen die tiefere Terrasse ab, mit der sich ihre Schotter vermischen. Sie ist am rechten Ufer der Beraun in einzelnen Fragmenten erhalten am Gehänge südlich von Pouönik, dann gut aufgeschlossen jenseits des Vockov bei B&lö; auch die Schottervorkommnisse bei Lhotka gehören diesem Niveau an. Schöne Terrassenflächen mit mächtiger Schotterbedeckung finden sich sowohl westlich wie östlich von Hinter-Treban. Wiederum nur einzelne Reste sind erhalten am Gehänge des Brdywaldes südlich von Rewnitz und westlich von Wschenor. Am linken Ufer gehört diesem Niveau das weite Schotterfeld nördlich von Vorder-Treban zum großen Teile an, dann die kleine aber schön ausgeprägte Terrasse am Policko (Kote 270) und schließlich die große mächtige und bis kindskopfgroße Gerölle enthaltende Schotterdecke von Rovina.

Außer auf diesen drei, schon von Purkyn?£ festgestellten Terrassenflächen fand ich Sande und Kiesel, bzw. kleinkörnigen Schotter in einem noch höheren Niveau, und zwar am rechten Ufer der Beraun nordöstlich von Litten in über 300 m Meereshöhe. Diese Sande und Kiesel bedecken hier, stark mit Lehm vermischt, weite ebene Flächen, allerdings stellenweise nur in Form einer Bestreuung; daß sie jedoch auch sehr bedeutende Mächtigkeit erreichen, zeigt der schöne Aufschluß in diesen Ablagerungen an der Straße von Litten nach Krupna; in einer großen Sandgrube sieht man hier mehrere Meter mächtige deutlich diagonal geschichtete Sande mit Lagen von gröberen Kieseln. Am linken Ufer der Beraun fand ich in dieser Höhe keine entsprechenden Ablagerungen. Dagegen sind hier an der Straße von Lety nach Morin in einem noch höherem Niveau, nämlich in etwa 350 m, an einer sehr eng begrenzten Stelle stark verfestigte grobkörnige Sande mit undeutlicher Diagonalschichtung aufgeschlossen.

Der Habitus und das Auftreten der Sande und Kiesel in über 300 und in 350 m Höhe weist darauf hin, daß man es auch hier mit alten Flußablagerungen zu tun hat, die zwei verschiedenen Hochböden der Beraun angehören. Wie schon erwähnt, sind außerhalb des Karten- gebietes weit ausgedehntere Sand- und Schottervorkommnisse in ebenso hohen Niveaus längs der Beraun und Moldau sowie an anderen Orten Böhmens?!) bekannt und verschieden beurteilt worden.

Der Anschauung, daß man es in diesen Schotter- und Sand- ablagerungen mit an Ort und Stelle zerfallenen Kreidebildungen zu tun hat, ist vor allem ein morphologisches Bedenken entgegenzustellen. Nämlich die, trotz der in Beziehung auf den heutigen Flußspiegel erhöhten Lage doch im allgemeinen tiefe Auflagerungsgrenze

') So beschreibt Hinterlechner [18] aus Ostböhmen ganz analoge Vor- kommnisse.

240 Ernst Nowak. . } las [26]

dieser Sedimente.. Sie liegt um ein bedeutendes tiefer als man nach den bisherigen Beobachtungen über die Auflagerungshöhe der Kreide in Böhmen erwarten müßte): und eine. derartige Depression der Auf- lagerungsgrenze der Kreide würde im Widerspruche mit der sonst vollkommen berechtigten Annahme einer ee Rumpffläche stehen:

Übrigens fand ich in der Gegend von Litten- in den Schottern 'Geröllstücke von Konglomeraten, die dem petrographischen Charakter nach: zu urteilen, kaum dem. Altpaläozoikum entstammen, sondern wahrscheinlich jüngerer Bildung sind. Falls wir es hier mit wirklichen Resten aus der ehemaligen Kreidedecke zu tun haben, so gibt deren Erhaltung als festes Konglomerat wenig Wahrscheinlichkeit für die Annahme, daß dieselben Kreidekonglomerate ‘sonst vollkommen in Ihre Bestandteile zerfallen wären. Man hat: auch nirgends einen direkten Übergang der ansteheriden Kreidekonglomerate in aus. ihrem Zerfall hervorgegangene Schotter nachweisen‘ können.

DanesS: weist in seinem Aufsatz über die morphologische en wicklung Mittelböhmens [71] indem er sich hierbei’ auch .aufcodie Arbeit Zahälkas über die Kreide westlich der Moldau (Sitzber.d. böhm.: Ges. d.>Wiss. 1911) bezieht darauf hin, daß die Ausbildung der Perutzer .Schichten als Konglomerat überhaupt nicht nach- gewiesen sei, bzw. nur.eine ganz vereinzelte "lokale Eıschemmung! zu sein scheint.

Hinterlechner 18] wendet sich auf Grund seiner Eiriaheiiagen in der Gegend: von Deutsch-Brod gleichfalls gegen die Auffassung daß aus den Perutzer Schichten lockere Sande und Schotter herdar- gehen. könnten, vor allem weil auch er eine Entwicklung‘ der Kreide in derartigen Konglomeraten, die das Material zu Schottern liefern könnten, gar nicht fand.

/ Gegen. die Auffassung eines diluvialen Alters ech .die hohe ‚Lage dieser: ‚Ablagerungen, d. h. ihre große vertikale Entfernung von (den mit Sicherheit als “ailuvial erwiesenen Sedimenten.

Dagegen hat in neuerer Zeit Kettner für Sand-, Schotter und Tonablagerungen zwischen der Beraun und Moldau (bei .Sloup, Klinetz, Jilowischt) in 100—170 ın über dem heutigen Beraun-Moldau- ‚spiegel durch Fossilfunde (Pflanzenreste) deren ter tiäres, wahrscheinlich miozänes Alter nachgewiesen [23].

Hierauf hat auch Purkyn& die;Ansicht ausgesprochen [53], daß die auch sonst in gleicher Höhe im Beraungebiete anzutreffenden Schotter und Sande tertiären Alters sein dürften. Kettner [32] nimmt an, daß es Ablagerungen eines träge fließenden, großen Stromes sind, der aus dem heutigen Beraungebiete kam und sich auf,dem silurisch-denonischen Plateau in zahlreiche Arme gespalten habe; er ‘schreibt auch alle die übrigen hochliegenden Schotter‘ in der Um- .gebung von Prag diesem „Klinetzer Flusse* zu. DanesS [7].schließt ‚sich ‘dieser Ansicht an und weist darauf hin, daß diese.‘tertiäre Vor-

!) Die Auflagerungsfläche der Kreide hat Gefälle gegen N; am südlichen Rande der zusammenhängenden Kreidedecke,, 'z. B. in der Umgebung ı von as liegt die Auflagerungsgrenze in etwa 360 m.

[27] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 241

läuferin der Beraun bereits etwa 50 m in die als oligozän anzu- sprechende Rumpffläche!) eingesenkt gewesen sei. Auch Hibsch [17] betrachtet die Tertiärvorkommnisse von Sloup und Klinetz sowie die entsprechenden übrigen Schotter- und Sandvorkommnisse als Ab- lagerungen eines tertiären Fluß- und Seensystems.

DenfSchotter, den Kettner in 100—200 m über der Moldau fand derfalso den Schottern und Sanden entsprechen dürfte, die

Fig. 3.

Die mit Sand und Kieseln bestreute Verebnungsfläche zwischen Böl@ und Litten (in über 300 m Höhe); im Vordergrund die Diabashügel von Bö&lt, ein von der Erosion herausmodellierter Lagergang.

ich in ungefähr gleicher Höhe über dem Beraunspiegel (in über 300 m absolut) in der Umgebung von Litten antraf hält er für pliozän [32].

Wie die Beraun im großen, so weisen in geringer Ausdehnung auch viele Bäche über ihrem heutigen Bett Schotter-, Sand- und Lehmablagerungen auf. Die größeren Bäche am W-Hang des Brdy- waldes zeigen sogar mehrfach ganz deutlich Ansätze von Terrassen, deren Schotter jedoch meist vom Gebirgsschutt bedeckt sind. Dagegen werden die oft. in bedeutender Mächtigkeit abgelagerten Lehme, die

!) Über das Alter der Rumpffläche siehe Raßmuß [54]. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 31

242 Ernst Nowak. | [28]

jedenfalls aus der Umschwemmung des lehmigen Gebirgsschuttes hervorgegangen sind, eifrig zu Ziegeleizwecken ausgenutzt (bei Rew- nitz, Let usw.).

Die Erscheinung der Talverjüngung, wie sie die Beraun durch ihre tiefe Versenkung in ihre alten Verebnungen in so deutlicher Weise zeigt, äußert sich durch ihre Formen auch sonst im Aufnahms- gebiete sehr auffällig. So zeigt besonders schön das Gebiet des Pra- slavskybaches zwischen Ridka und Jilowischt die Einsenkung einer jungen bis reifen Zertalung in die Rumpffläche mit ihren ganz alten Formen. Charakteristisch sind auch die im Gebiete der d,-Schiefer steil eingerissenen Schluchten, in denen heute nur gelegentlich Wasser fließt wie zwischen Dobfichowitz und Rewnitz, bei Swinaf —, die das beste Zeugnis für die Macht der neubelebten Tiefenerosion abgeben.

III. Die tektonischen Verhältnisse.

a) Die Schichtenwiederholungen an der Grenze des Unter- und Obersilurs.

(„Kolonien* Beld, Treban und Öernoschitz).

Bei der Schilderung der tektonischen Verhältnisse möchte ich von der bisher eingehaltenen stratigraphischen Reihenfolge abweichen und mit jenen auffallenden Schichtenwiederholungen an der Grenze zwischen Ober- und Untersilur beginnen, da hier in den fossilführen- den Schichten die tektonischen Erscheinungen verhältnismäßig leichter zu deuten und ihr Charakter exakter zu beweisen ist, als in dem fossilleeren Brdygebirge. Es sollen dann die in der Störungszone an der Grenze zwischen Unter- und Obersilur gewonnenen Erfahrungen dazu dienen, die tektonischen Erscheinungen im Brdygebirge ver- ständlicher zu machen.

Die Einschaltungen von Graptolitenschiefern innerhalb der d;- Schichten, wie sie in der Gegend von Litten, B&l& und Treban so deutlich sichtbar sind, hat schon Krejti [35] bei seiner Aufnahms- arbeit für die Übersichtskarte der geologischen Reichanstalt beobachtet und auch richtig erkannt, daß sie gegen SW mit dem obersilurischen Terrain oberflächlich in unmittelbarem Zusammenhange stehen !). Daß Barande’s Kolonien „Haidinger“* und „Krej&i* im Streichen dieser ‚mit dem Obersilur zusammenhängenden Einlagerungen liegen, war einer der Umstände, die Krejti hauptsächlich dazu bewogen, als Erster die Meinung zu äußern, daß sich Barrande’s Kolonien viel- leicht durch Dislokationen erklären ließen [34]. Krejcti hielt auch trotz dem sehr energischen Proteste Barrande’s [3] gegen diese Erklärungsweise und trotz der Parteinahme Sueß’s [63] für Barrande zunächst an seiner Meinung fest, indem er sie noch näher

1) Die Lagerungsverhältnisse, wie sie Krej@i in seinen diesbezüglichen Profilen (flache Mulden und Sättel) zur Darstellung bringt, stehen mit der Be- obachtung insofern in Widerspruch, als diese isoklinalen Faltenbau ergibt.

[29] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 943

begründete [35]. Dies veranlaßte den damaligen Direktor der geolog. Reichsanstalt Haidinger, den Chefgeologen Lipold mit der Sonder- mission zu betrauen, „an einer der Kolonien, wo Herr Professor Krejti eine von der des H. Barrande verschiedene Ansicht sich gebildet hat, alle Verhältnisse so genau zu untersuchen und hinläng- liche Aufsammlungen von Fossilresten einzuleiten, um zu einem sicheren Schlusse zu gelangen, so daß kein Zweifel übrig bleibt.“ Das Resultat der Lipold’schen Untersuchungen [44] bestätigte die Ansicht Krejti’s. Lipold wählte zu seinen Untersuchungen die Kolonien „Krejei* und „Haidinger* und suchte den Nachweis zu er- bringen, daß diese Kolonien die Fortsetzung sind jener mit dem Obersilur im direkten Zusammenhange stehenden Finlagerungen von Graptolitenschiefern und Diabasen zwischen d, weiter im SW, für die er die Bezeichnungen Kolonie „Cernoschitz“, „Vonoklas“, „Karlik“, „Treban“, „B&el&* und „Korno“ einführte, indem er freilich hier dem Ausdrucke „Kolonie“ einen anderen Sinn beilegte als ursprünglich Barrande. Lipold suchte zu beweisen, hauptsächlich auf Grund seiner Einteilung der Stufe d, in Königshofer- und Kossower-Schichten und der Anschauung, daß die Diabase ausnahmslos nur in e, und zwar

in dessen liegendem Teile auftreten, daß alle die genannten „Kolonien“ d.h. im Lipold’schen Sinne tektonische Einlagerungen von e, in d, auf „hauptsächlichzwei große Falten und Überschie-

bungen“ zurückzuführen sind. Es ist beinerkenswert, daß Lipold trotz der infolge der unrichtigen Voraussetzungen falschen Beweis- führung und trotz der im Einzelnen vielfach unrichtigen Beobachtungen im allgemeinen ein richtiges Urteil über den Gebirgsbau dieser Ge- gend gewonnen hat.

Die Veröffentlichung der Lipold’schen Untersuchungen gaben den HauptanstoB zu Barrande’s großangelegtem Werke „Defense des Colonies“, in deren ersten Teilen er sich mit großer Schärfe gegen die „Entdeckungen“ Lipold’s wendet und die unleugbaren Schwächen und Irrtümer der Arbeit desselben zur Bekämpfung der Lipold-Krejci’schen Ansichten und zur Befestigung seiner Ko- lonientheorie ausnützte. Die Überzeugungskraft der Barrande’schen Verteidigungsschrift war so groß, daß Lipold [46] selbst und ebenso vor ihm Krejci [36] offiziell ihre Ansichten widerrufen und sich der Lehre Barrande’s angeschlossen haben.

Immerhin hat es auch später nicht an Forschern gefehlt, die sich gegen die Kolonienlehre Barrande’s aussprachen und die Ano- malien des böhmischen Silur auf Dislokation zurückführten. So vor allen Marr, der mit Hilfe der Graptolitenzonen für einige Kolonien den strikten Beweis erbrachte, daß sie keine konkordanten Ein- lagerungen im Sinne Barrande’s sein können [47].

Seit Lipold’s Untersuchungen sind jene Einlagerungen von e, zwischen d, in der Gegend von Treban, B&l& etc. nicht mehr Gegen- stand eingehender Studien gewesen. Da Barrande in seiner erfolg- reichen Schrift den Zusammenhang dieser Einlagerungen mit dem Öbersilur geleugnet und sie als wahre Kolonien in seinem Sinne hin- gestellt hat und nachdem sowohl Lipold als Krejci ihre Ansichten wiederrufen haben, so mußte die Frage betreffs dieser Kolonien als

31*

944 Ernst Nowak. | [30]

zugunsten der Barrande’schen Lehre entschieden betrachtet werden.

Wohl ist in späteren Abhandlungen über das böhmische Alt- paläozoikum der eigentümlichen geologischen Verhältnisse in der Ge- send von Treban mehrfach Erwähnung getan und sind verschiedene Ansichten zu ihrer Erklärung geäußert worden, aber eine eingehend exakte Untersuchung zur eigentlichen Klärung der Frage ist wie schon gesagt nicht unternommen worden. So führt Krejöi in seinen gemeinschaftlich mit Helmhacker herausgegebenen „Er- läuterungen zur geolog. Umgebungskarte von Prag“ die e,-Vorkomm- nisse von Treban, Böl& etc. als Kolonien im Sinne Barrande’s an.

Dagegen spricht Krej&i schon in dem fünf Jahre später in Verbindung mit Feistmantel verfaßten: „Ortogr. tekt. Übersicht des silur. Gebietes“ von einer „antiklinalen Aufstauung der Schiefer- schichten der Zone d;,, zwischen Klu&ie und Treban am Berge Voc- kov“, durch welche zwei Graptolitenschiefer und Diabazüge getrennt werden, „von denen der südliche vom Obersilur abgetrennt, quer über den Beraunfluß verläuft.“ An einer anderen Stelle in demselben Werke bringt er diese antiklinale Aufstauung mit seiner „Bruchlinie des Berges Ostry“ in Zusammenhang, als deren Fortsetzung er sie ansieht und meint, es gewinne den Anschein „als seien diese Kolonien zerstreute Reste eines in die Schiefer der Zone d, eingeknickten Graptolitenschieferstreifens“.

Katzer sagt in seiner „Geologie von Böhmen“ bezüglich dieser Gegend, es seien hier „mehrfache Verwerfungen, durch welche ein ganzer Zug von durch Diabaseinschaltungen getrennten Graptoliten- schiefern in die Gesteine der Stufe 2d (d,) eingekeilt ist.“ Pocta (Geo- log. Karte von Böhmen, Sekt. V.) begnügt sich mit der Konstatierung der Tatsache, daß bei Treban „Diabaslager und Schiefer der oberen Ab- teilung der silurischen Formation“ in die d,-Stufe „eindringen“ und hebt hervor, daß die Verhältnisse hier noch nicht näher studiert seien. Schließlich hat Seemann die Meinung geäußert [60], daß das Auf- treten von e, innerhalb der d,-Schichten längs einer Verwerfung er- folgen dürfte.

Erweist diese kurze Übersicht, daß bedeutende Meinungsver- schiedenheiten betrefis der Natur der „Kolonien“ von Treban und Umgebung vorhanden sind, so zeigt ein Blick auf die bisherigen, diese Gegend einbeziehenden geologischen Karten und Profile, daß auch in Bezug auf die kartographische Darstellung dieser Einlagerungen, was ihre Anzahl und Ausdehnung betrifft, große Unklarheit herrscht.

Alle diese angeführten Umstände lassen wohl die eingehende Revision der geologischen Verhältnisse des Gebietes der „Kolonien“ von Treban und Umgebung genügend begründet erscheinen und ich möchte nun nach diesem kurzen Überblick über die bisher über den Gegenstand erschienene Literatur zur Schilderung der eigenen Be- obachtungen übergehen.

Begeht man das Profil, wie es sich im Berauntale zwischen Rewnitz und Karlstein am linken Ufer in guten Aufschlüssen dar- bietet, so gewinnt man zunächst den Eindruck, vollkommen normale Lagerungsverhältnisse vor sich zu haben. Die Schichten streichen mit

[31] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 245

geringen Abweichungen WSW-ENE und fallen isoklinal, allerdings flußaufwärts im allgemeinen immer steiler, nach NNW. Beginnen wir unsere Wanderung von Rewnitz aus, so gelangen wir längs dem aus d,-Schichten bestehenden nördlichen Gehänge der Rewnitzer Talweitung, dort, wo sich das Tal wiederum verengt, an einen mächtigen, ganz an den Fluß herantretenden Diabaszug, der durch Steinbruchbetrieb aufgeschlossen ist. Im Hangenden dieses Diabases läßt sich an einer Stelle wenn auch in ganz geringer Mächtigkeit unzweifelhafter gehärteter d,-Sandstein konstatieren, ein Beweis, daß dieser Diabas in d, eingelagert ist. Doch schon in ganz unbedeutender Entfernung vom Diabase, am südlichen Gehänge des Tälchens, das sich gegen die Ortschaft Rovina hinaufzieht, findet man allenthalben Brocken von Graptolitenschiefer, der gleichfalls gehärtet ist und sehr zahlreiche deutliche Reste von COlimacograptus scalaris führt. Man hat es also hier, wie auch das übrige Aussehen der Schieferbrocken zeigt, ganz sicher mit der tiefsten Zone von e, zu tun. Ziemlich auf der Höhe des Abhanges ist sogar ein kleiner Aufschluß in dem gehärteten Graptolitenschiefer vorhanden, der deutlich das normale Streichen und Fallen (zirka 35° nach NNW) zeigt. Auf dem Boden des Tälchens sind Wiesen und Felder, so daß hier Aufschlüsse fehlen. Dann streicht, ein Diabasgang schräg vom nördlichen Gehänge des Tälchens herab; jenseits dieses Diabasganges zwischen ihm und einem höheren, mäch- tigen Diabaszug eingekeilt, findet man wieder die Graptolitenschiefer (am*Abhang unterhalb der Straße nach Vorder-Treban) gut entblößt. Sie tragen hier aber ganz den Charakter der oberen e, «-Schichten, die sich bereits den Übergangsschichten e,ß nähern; sie enthalten, da sie stark verwittert sind, keine bestimmbaren Graptolitenreste, dagegen aber sehr zahlreiche, bis Kopfgroße Kalkkonkretionen mit Orthocerenresten. Streichen und Fallen läßt sich in diesem Aufschluß nicht exakt abnehmen, es kann aber keinesfalls von den normalen Verhältnissen allzuweit abweichen. Die Grenze des Graptolitenschiefers gegen den nun höher am Abhange folgenden Diabas ist leider nicht sichtbar. Dieser Diabas tritt besonders an der gegen die Beraun ge- richteten Seite der die Kote 310 tragenden Höhe in steilen, massigen Felsen auf und ist sichtlich ein mächtiger Lagergang. Über dem Diabas folgt nun, die ganze Höhe einnehmend, typisches d, in Sand- steinbänken mit normalem Streichen und ziemlich flachem (30%) NNW- Fallen; einer Stelle, wo der Kontakt zwischen dem Diabas und dem Sandstein unmittelbar zu sehen ist, erscheint der Sandstein deutlich verändert (siehe S. 23). :

Dieser Diabas steckt also zwischen d, im Hangenden und e,- Graptolienschiefern im Liegenden;; das legt die Vermutung nahe, daß das Aufreten des Diabases hier an eine Störung anknüpft, die das Wieder?rscheinen der d,-Schichichten bedingen könnte.

Die Verhältnisse in der „Kolonie I.*, wie ich sie bezeichnen will, liegen bei Treben also so, wie ich sie in den Figuren 4a, b im Auf- rißB uni im Profil dargestellt habe.

Gehen wir nun am Fuße des Gehänges, das die Vorder-Trebaner Talwetung im NE begrenzt, weiter, so sehen wir zunächst auf die Sandseinbänke die schieferige Ausbildung von d, in geringer Mäch-

246 Ernst Nowak. [32]

tigkeit folgen und hierauf vollkommen konkordant Graptolitenschiefer in außerordentlich typischer und für die tiefste Zonengruppe (e, %,) charakteristischer Ausbildungsweise auflagern. Die Schichten streichen hier nahe an E—W und fallen mit 40° nach N. Weiter gegen das Hangende zu folgen mehrere Diabasdurchbrüche, die den Graptoliten-

Fig. 4.

Pr Be ET EUR BR Diabas a) Autiih. Diluvialschotter

„Kolonie I“ bei Treban.

schiefer, der vielfach gehärtet ist, nur in schmalen Fetzen zum Vor- schein kommen lassen. Diese Verhältnisse lassen sich auch an. südöst- lichen Gehänge des Tälchens, das gegen „V Chaloupkach* emporführt, weiter verfolgen. Doch gehört der Graptolitenschiefer, der hier zu Tage tritt immer nur der tieferen Zonengruppe an. Unmittelbar iver ihm findet man wieder Brocken der d,-Schichten, aus denen das jeıseitige Gehänge des Tälchens bereits zur Gänze zusammengesetzt wirl. Wir

133] Geol. Untersuchungen im: Südflügel des mittelböhmischen Silur. 247 haben somit die „Kolonie II“ passiert, deren Lagerungsverhältnisse wie sie uns bei Tfeban entgegentreten die Figuren 5a und 5b noch besser veranschaulichen sollen. Eine Störung, die das abermalige Auftauchen der Stufe d, verursachen könnte, ist nicht aufgeschlossen;

sie müßte in dem gegen „V Chaloupkach* führenden Tälchen verlaufen.

m

EEE Graptolcsehieper BE 2.5. Allurkiin

4) Kohl

„Kolonie Il* bei Tfeban.

Das Profil am Fuße des Gehänges weiter verfolgend, passieren wir nun den dritten Zug der d,-Schichten schräg zur Streichrichtung. Die Schichten fallen, zunächst in Sandsteinbänken entwickelt, ziemlich flach (20—30°); weiterhin wird der Fallwinkel steiler (um 50°) und die schiefrige Ausbildungsweise herrscht vor; an einigen Stellen sind nicht sehr ausgedehnte Diabasdurchbrüche vorhanden. Begibt man sich in das Tälchen, das nordwestlich, des-Polickofgegen Klein-Morin (Morinky) emporführt, so findet man dort, wo der Diabaszug des Policko vom Gehänge herabkommt, über dem Diabas d,-Sandstein- bänke in fast horizontaler Lagerung, etwas nach SE geneigt; auch am gegenüberliegenden rechten Talgehänge sieht man in einem ganz kleinen Aufschluß d,, und zwar hier als Schiefer entwickelt

248 Ernst Nowak. [34]

in gestörter Lagerung. Es scheint, daß hier diese Störungen mit dem Diabas in Zusammenhang stehen.

Dort, wo das Gehänge wieder hart an die Beraun herantritt, gegenüber der Mühle Kludie, streicht ein mächtiger Diabaslagergang aus, in dem gehärtete Schieferpartien (wahrscheinlich noch d,) ein- geschlossen sind und in dessen Hangendem ein dunkler, gehärteter, plattiger Schiefer mit fast senkrechtem Einfallen folgt, der, obwohl keine Graptoliten nachzuweisen sind, dem petrographischen Charakter nach zu schließen, bereits e, angehört. Nach einem weiteren Diabas- lagergang sind bereits sichere, wenn auch nur undeutliche Reste führende Graptolitenschiefer aufgeschlossen. Genau in der Streich- richtung dieser Schiefer, gegen ENE jenseits des Schotterfeldes von Vorder-Treban, sind in dem schon erwähnten Tälchen nordwestlich des Policko an der Grenze gegen d,, Graptolitenschiefer aufgeschlossen, die wiederumtypischeGraptoliten der tieferen Zonengruppe führen.

Die sich nun anschließende, nach den nicht zahlreichen Grap- tolitenresten zu schließen, normale Schichtenfolge von e, ist noch dreimal von Diabas durchbrochen, bis bei Budnan die Auflagerung der &-Kalke erfolgt!). Die Graptolitenschiefer zeigen am Kontakt mit den Diabasen, soweit diese Kontakte bloßgelegt sind, meist mehr oder weniger deutliche Härtung. Das breccienartige Gestein, das am Aus- gang des südlich des Plesivec verlaufenden Tales an der Straße gegenüber dem Pumphäuschen ansteht, ist schon früher beschrieben worden (s. pag. 22).

Nichts wesentlich anderes ergibt sich, wenn man das Profil am rechten Beraunufer längs der Bahntrace abgeht; es zeigt sich, daß die Schichten nahezu unverändert über das Tal hinüberstreichen. Die Graptolitenschiefer der „Kolonie I* sind am Gehänge südlich der Bahnstation Hinter-Treban aufgeschlossen und hier läßt sich wiederum sowohl die tiefere, als auch die höhere Zonengruppe von e,a nach- weisen, letztere auch mit gut erhaltenen, bezeichnenden Graptoliten. Die „Kolonie II“ beginnt westlich des Bahnwärterhäuschens am Hange des Vockov mit sehr typisch ausgebildeten Graptolitenschiefern der unteren Zonengruppe von e,o; darauf folgt Diabas, in dem weiterhin überaus zahlreiche Fetzen von gefaltetem Graptolitenschiefer einge- schlossen sind.

Im Hangenden dieses Diabases und Graptolitenschiefers tritt nun weiter am Hange des Vo&kov in höchst verworrener Lagerung d, in schönen, durch den Bahnbau geschaffenen Aufschlüssen auf?); zunächst kann man große, aufrechte Falten beobachten, dann geht

1) Dieser Wechsel von Diabas und Graptolitenschiefer südlich des Ple$ivec bei Budnan ist schon mehrfach in Profilen (Krejöi [35, 37], Lipold [44], Jahn [19]) dargestellt worden; das letzte Profil stammt von Jahn, der die vor ihm gegebenen Profile einer kritischen Sichtung unterzieht, und gibt die Lagerungsverhältnisse in einer Weise wieder, mit welcher meine Beobachtungen im Wesentlichen übereinstimmen; nur verzeichnet Jahn bloß drei Durchbrüche von Diabas in e,, während ich vier fand.

2) Lipold hat in seiner AbhandInng über die „Kolonien“ diese Schichten- störungen in einer Profilzeichnung dargestellt; heute sind die Aufschlüsse durch die Anlage des zweiten Bahngeleises im Detail etwas verändert.

[35] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 249

die Faltung mehr ins Einzelne, wird unregelmäßiger und ist vielfach mit kleinen Verwerfungen kombiniert. Über diesen gestörten d;- Schichten folgt zwischen der Mühle Klucitz und Pou@nik, wenn auch in bedeutend schlechteren Aufschlüssen, so doch der unverkennbar gleiche Wechsel von Diabas und Graptolitenschiefern, wie wir ihn am jenseitigen Ufer, südlich von Budnan, kennen gelernt haben; nur scheinen die Graptolitenschiefer von den Diabasen gegen W allmählich fast ganz unterdrückt zu werden. Auch in dem Profil am rechten Beraunufer sind die Störungen selbst, die den Wechsel von d, und e, hervorrufen könnten, trotz der sonst guten Entblößungen nicht sichtbar, vermutlich aus dem Grunde, weil das Gebirge an diesen Stellen stark zertrümmert und daher der Verwitterung leichter an- heimgefallen ist.

Ein Gang auf der Höhe des Hanges von Treban bis zur Kote 360 (Vockov) bringt uns weitere interessante Aufschlüsse über die Natur der „Kolonien“. Zunächst bemerkt man allerdings nur nach der Beschaffenheit des Ackerbodens eine rasche Breitenzunahme der „Kolonie I*; dagegen verschmälert sich sichtlich der zwischen den beiden Kolonien eingeschaltete d,-Zug und in demselben läßt sich an einer Stelle im Ackerboden ganz deutlich eine kleine Einlagerung von Graptolitenschiefer erkennen, was dafür spricht, daß die Lage- rungsverhältnisse hier eine noch größere Komplikation erreichen.

In der nun folgenden „Kolonie II“ läßt sich folgende Schichten- folge beobachten: Diabas, e,a,, Diabas, e,o,, Diabas, e,a,, Diabas. Die Diabase, die kleine Rücken bilden, sind durch Einsattelungen, welche den weichen Graptolitenschiefern entsprechen, von einander getrennt, eine Erscheinung, die landschaftlich sehr auffällt. Die Grap- tolitenschiefer stehen zwar nicht an, doch der Humus ist so spärlich, daß beinahe das Felsgerippe zutage tritt und man so mühelos an dem Schutte die beiden Zonengruppen agnoszieren kann.

Begehen wir nun ein weiteres Profil, ein wenig weiter westlich in der Talfurche, in der die Ortschaft Bel& liegt: In der Kolonie I sind in den liegendsten und hangendsten Partien die Graptoliten- schiefer der tieferen Zonengruppe gut aufgeschlossen. In dem mitt- leren Teile der hier schon mächtig an Breite angeschwollenen Kolonie kann man die Graptolitenschiefer leider nicht feststellen, da das Terrain von Gärten und den Häusern des Ortes B&öl& bedeckt ist und auf der Höhe junge Sande und Schotter liegen. Wo anstehendes Ge- stein zutage tritt, ist es Diabas. Man muß wohl in Übereinstimmung mit dem vorhergehend beschriebenen Profil annehmen, daß der mittlere Teil der Kolonie von Graptolitenschiefern der höheren Zonen einge- nommen ist; zur Beurteilung der tektonischen Verhältnisse genügt die Feststellung, daß sowohldertiefste, alsauch der höchste Teil der Kolonie hier wieder aus Graptolitenschiefern der tieferen Zonengruppe besteht.

In einer kleinen Schlucht bei Ober-Bel& sieht man’ 'sehr gut, wie die d,-Schichten vollkommen konkordant die Graptolitenschiefer der Kolonie I überlagern; diese Stelle zeigt somit deutlich, daß man es hier mit umgekehrter Lagerung zu tun hat.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd,, 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 33

250 Ernst Nowak. N [36]

Der d,-Zug, der die Kolonie I von der Kolonie II trennt, hat in dem Profil bei B&öl@ an Mächtigkeit sehr eingebüßt. Die Kolonie II ist nicht gut aufgeschlossen; auf sie folgen wieder in mächtiger Entwicklung die d,-Schichten, welche die Kolonie II von den nor- malen Graptolitenschiefern trennen.

In der Feldstrecke südwestlich von B&lö bieten sich fast keine Aufschlüsse in der Fortsetzung der beiden Kolonien; Sand und Schotter verdeckt hier den Gebirgsbau. Die Überlagerung des tiefsten d,-Zuges durch die Graptolitenschiefer ist an der Lokalbahntrace gegen Litten aufgeschlossen. Von den Schiefern, die unterhalb der Haltestelle Bölö am Abhange anstehen und in Diabas eingekeilt sind, läßt sich schwer mit Sicherheit aussagen, ob sie d, oder e, sind; sie sind schwarz, ich fand in ihnen aber keine Spuren von Graptoliten. An dem westlichsten von den Diabashügeln, westlich von B£&l& (siehe auch Phot. Fig. 3), sieht man Graptolitenschiefer südsüdöstlich, also für den Südflügel der „Silurmulde“ abnormal, einfallen; zwischen diesem dGraptolitenschiefer und dem Diabas, der den Hügel zum größten Teil zusammensetzt, finden sich wenige Bänke von in gleicher Richtung einfallendem, hellem, stark verändertem („marmorisierten*, s. pag. 23) Sandstein, den man als d, ansehen muß, obwohl diese Ortlichkeit mitten im Gebiete der Graptoliten- schiefer liegt!). Dieses abnormale südsüdöstliche Verflächen ist nur eine lokale Erscheinung, es läßt sich weiter in die Umgebung nirgends verfolgen; man wäre geneigt, die Störung, auf die man auch das isolierte Vorkommen von d,-Sandsteine zurückführen muß, mit der Diabasintrusion in Zusammenhang zu bringen. Daß auch sonst Schichtenfaltungen in der Umgebung von Be&lö vorkommen, zeigt eine schöne Spezialmulde in d, im Eisenbahneinschnitt bei der Station Belö (km 3).

Wie die Seemann’sche Karte zeigt, beherrscht in der Gegend westlich von Litten der Graptolitenschiefer das ganze Terrain und man muß daher annehmen, daß der d,-Zug, der die beiden Kolonien trennt, zwischen Bell und Litten auskeilt, bzw. daß die beiden Kolonien sich zu einem breiten Zuge vereinigen. Der nördlichste d,-Zug, der das Liegende der normalen Graptoliten- schiefer bildet, läßt sich nach Seemann bis über M£&nan hinaus verfolgen, wo er zwischen dem Graptolitenschiefer auskeilt.

Es erübrigt noch die beiden Kolonien von Treban aus in ihrem Streichen nach NE zu verfolgen. Begehen wir zu diesem Zwecke die Profile, wie sie sich in guten Aufschlüssen im Karliker und im Vonoklaser Tälchen darbieten, so finden wir nirgends mehr in den d,-Schichten Einlagerungen von Graptolitenschiefern. Der Diabas, der am Ausgang des Karliker Tälchens eine Art Felsentor bildet, wird auf der Höhe direkt von d,-Sandstein überlagert 2). Diabase treten auch

') Auch Lipold [44] spricht von einem isolierten d,-Vorkommen mitten im Graptolitenschiefer bei B&lö; allerdings scheint er eine andere, wenn auch ganz in der Nähe befindliche Ortlichkeit im Auge zu haben, die ich aber nicht sicher- stellen konnte.

?) Diese Beobachtung steht im Gegensatze zu den Angaben Lipolds, der im Karliker Tälchen Graptolitenschiefer gefunden haben will und auch auf seiner

[137] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 251

weiterhin zahlreich und mächtig entwickelt auf. Uber dem Diabas, der am N-Ende der Karliker Talweitung vom Bache angeschnitten ist, sind die d,-Schichten in eine kleine Antiklinale aufgewölbt; es ist dies eine Stelle, wo wiederum der Zusammenhang der Störungen mit den Diabasintrusionen in die Augen fällt.

Es zeigt sich also, daß die beiden Graptoliten- schiefer-„Kolonien* zwischen Trfeban und demKarliker Tälchen auskeilen. Und zwar lassen sich die letzten Spuren der Kolonie I bis wenig östlich vom Dorfe Rovina erkennen, worauf dann die Schotter der Beraun das Terrain einnehmen; jenseits der Straße, die von Lety über „v Chaloupkach“ nach Morin führt, ist jedoch un- zweifelhaft es sind hier genügend Aufschlüsse nur mehr d, und Diabas vorhanden.

Die Kolonie II läßt sich in einem schmalen Streifen bis an die Straße bei „v Chaloupkach“ verfolgen; weiter nach E bedeckt die Felder nur mehr Schutt von d,, das dann ein wenig weiter in guten Aufschlüssen ansteht. In einem Wasserriß am Gehänge östlich von „v Chaloupkach“ ist in den d,-Schichten, die hier schiefrig ausgebildet sind, ein kleines Gewölbe sichtbar, ein Beweis, daß auch hier Störungen vorhanden sind, wie es ja schon die Breite der d,-Zone daselbst voraus- setzen läßt.

Von Wichtigkeit ist die Feststellung, daß in diesen letzten Spuren der „Kolonien“ nur Graptoliten der tiefsten Zone vorkommen.

Aus diesen im Vorangegangenen eingehend beschriebenen Lagerungsverhältnissen im Gebiete der sogenannten Kolonien ergibt sich zunächst eine Bestätigung der mehrfach ausgesprochenen und auch auf den bisherigen Karten zum Ausdruck gebrachten Ansicht (s. pag. 28), daß die Kolonien der Umgebung von Treban oberflächlich mit dem Hauptverbreitungsgebiete von e, bei Litten direkt in Zu- sammenhang stehen. Weiters bringt aber die festgestellte Anordnung der Zonengruppen in den Kolonien den sicheren Beweis, daß diese Graptolitenschiefereinlagerungen in d, keine regelmäßigen Einlage- rungen im Sinne der Barrande’schen Kolonienlehre, sondern auf tektonischeErscheinungenzurückzuführendeSchichten- wiederholungen sind. Dieser Nachweis ist analog jenem, den seinerzeit Marr für die Kolonien „Haidinger“ und „Hodkovicka“ erbracht hat [47]: Es hat sich in den beiden übereinander folgenden Kolonien I und II sowohl bei Treban wie bei B&l@ zunächst gezeigt, daß die Schichtenfolge jedesmal mit den tiefsten Zonen anhebt, auf welche dann die höheren Zonen mehr oder minder vollständig folgen, daß also in diesen Kolonien dieselbe Anordnung der Zonen herrscht wie in den normal im Liegenden von e, auftretenden e,-Graptoliten- schiefern, während man bei der Annahme regelmäßiger Einlagerungen im Sinne Barrandes eine fortlaufende Reihenfolge der Zonen vom tiefsten Teile der Kolonie I angefangen bis zum höchsten Teile der normalen e,-Schichten antreffen müßte. Zweitens hat sich innerhalb

Karte eine Fortsetzung der Graptolitensch iefereinlagerungen und zwar derjenigen, die er mit x (Kolonie I) bezeichnet als unmittelbar Hangendes des Karliker Diabases über Karlik und Vonoklas hinaus einzeichnet [44].

32*

952 Ernst Nowak. [38]

der Kolonien (Kolonie I bei B&lc, Kolonie II am Voökov) eine Wiederholung der Graptolitenzonen feststellen lassen, insofern als im hangenden Teile der Graptolitenschiefereinlagerung abermals die tiefste Zonengruppe auftritt.

Diese Anordnung und Verbreitung der beiden Zonengruppen von e, « in den verschiedenen Kolonien erweist nun in Verbindung mit den übrigen Beobachtungen auch anderseitig den Charakter der tektonischen Erscheinungen, die den Wechsel von d, und & hervorgerufen haben. Ich versuche diese tektonischen Verhältnisse, wie man sie aus den Beobachtungen ableiten muß, in den schema- tischen Profilen Fig. 6 darzustellen:

Wir sehen, von SW ausgehend, zunächst bei Litten einen breiten Streifen von Graptolitenschiefern, der zwischen zwei d,-Zügen ein- geschaltet ist; sowohl die tiefsten als auch die höchsten Schichten dieses in d, eingeschlossenen Graptolitenschiefers und auch der tiefste Teil der auf den zweiten d,-Zug folgenden normalen Graptoliten- schiefer bestehen aus den tiefsten Graptolitenzonen von e,. Da das Fallen des ganzen Schichtenkomplexes ein isoklinales ist, so ent- sprechen diese Lagerungsverhältnisse am besten der Annahme einer mächtigen liegenden Falle, welche bei M&änan wo der mittlere d,;-Zug im Graptolitenschieferterrain aus der Tiefe empor- taucht sich emporzuwölben beginnt (Profil Fig. 6 a).

Weiter nach NE gehend, sehen wir in dem breiten in d, ein- seschalteten Graptolitenschieferstreifen bei B&lö einen neuen Zug von d,-Schichten auftauchen, der diesen Streifen in die beiden Kolonien trennt. Auch in diesen beiden Kolonien sind bei der Kolonie I bei Belc, bei der Kolonie II am Vockov als liegendstes und han- gsendstes die tiefere Graptolitengruppe nachgewiesen worden, die zwischen sich die höhere Zonengruppe einschließen. Auch hier ist das Fallen überall isoklinal und an einer Stelle konnte festgestellt werden, daß der zweite d,-Zug vollkommen konkordant den Graptolitenschiefern der Kolonie I auflagert, also An- zeichen eines Bruches, der das Auftauchen dieses d,-Zuges veranlaßen könnte, fehlen. Alles das spricht mit großer Deutlichkeit dafür, daß man es hier in der Gegend von B&l& mit zwei liegenden Falten zu tun hat. Aus der großen Synklinale, wie wir sie bei Litten gefunden haben, taucht also gegen B&l@ zu eine neue Antiklinale auf, durch die die im Untergrund vorhandene Stufe d,;, zum Vorschein kommt, während die Graptolitenschiefer zu beiden Seiten in zwei getrennten Synklinalen, die den beiden „Kolonien“ entsprechen, zusammengestaut werden (Profil Fig. 6 b).

Uns weiter im Streichen nach NE begebend, merken wir an beiden Kolonien eine deutliche Abnahme der Mächtigkeit. Dann beobachten wir zunächst an der Kolonie I, und zwar bei Hinter- Treban (am rechten Beraunufer), das Fehlen der tieferen Graptoliten- zonengruppe im hangenden Teile der Kolonie; dies zeigt sich noch deutlicher bei derselben Kolonie I bei Vorder-Treban (am linken DBeraunufer) wo auch bereits von der höheren Zonengruppe im mittleren Teile der Kolonie nur mehr ein schmaler Fetzen übriggeblieben ist. Schließlich erkennt man nur mehr die

[39] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur, 253

tiefere Zonengruppe des liegenden Teiles der Kolonie, bis endlich die Graptolitenschiefer überhaupt auskeilen. Ähnlich verhält es sich mit der Kolonie II, die allerdings auf weitere Erstreckung durch das hier breite Berauntal unterbrochen ist. Bei ihr läßt sich am

Fig. 6.

Schematische Orobile ru Erlanterumg, Dev Schichkonvoiederholum gen

am Dev Srenze Dar Umnkev-umd Olersiluns.

linken Beraunufer, bei Vorder-Treban, nur mehr das Vorhandensein der tieferen Zonengruppe von e, «, d. h. also des liegenden Teiles der Kolonie feststellen, die höheren Teile von e, «& fehlen. Und all- mählich keilt auch diese Schieferpartie aus. Eine direkte Über- lagerung der Kolonien durch die auf sie folgenden d;-Schichten läßt

254 Ernst Nowak. . [40]

sich hier nirgends mehr beobachten; längs dieser Grenzlinien finden sich Talfurchen. Alle diese Verhältnisse vor allem das Nach- einander-Verschwinden der einzelnen Zonen innerhalb der Kolonien zeigen zur Genüge, daß die beiden liegenden Falten, wie wir sie bei Belö antrafen, inder Gegend von Treban in Brüche über- gehen, und zwarin aus den Falten hervorgegangene Über- schiebungen, bei denen sich die nördlichen Gebirgsstücke über die südlichen hinaufschoben und die Zonen der Kolonien nacheinander abschnitten, bis sie sie schließlich ganz überdeckten (Fig. 6c). Daß hier tatsächlich Überschiebungen vorliegen, zeigt sich auch weiter sehr gut in dem deutlich wahrnehmbaren flachen Einfallen der über- schiebenden gegenüber den überschobenen Teilen.

Obwohl die Graptolitenschiefer-„Kolonien“ eine geringe Strecke NE von Treban auskeilen, läßt sich aus der orographischen Gestaltung schließen, daß sich die Störungen noch weiter fortsetzen; geologisch sind sie aber nicht mehr nachweisbar.

Erst viel weiter im NE, in der Fortsetzung dieser Störungen, tritt wiederum eine Einlagerung von Graptolitenschiefer in d, auf („Kolonie Cernoschitz“), die ich, obwohl sie nicht mehr in das auf- genommene Gebiet fällt, noch kurz beschreiben möchte.

In der Umgebung der Villenkolonie Ober Cernoschitz am Aus- gang des tief eingeschnittenen Tales des Schwarzawa-Baches stehen am linken Gehänge vielfach die d,-Schichten, vorwiegend schiefrig entwickelt, mit dem für den Südflügel normalen nordwestlichen Ver- flächen an. Geht man auf der neuen Straße, die an der linken Tal- seite dahinführt, im Tale aufwärts, so fehlen auf längere Erstreckung gute Aufschlüsse, wenn auch d;, im Boden erkennbar ist, bis plötzlich reichlicher Schutt von Graptolitenschiefer auftritt. Einige Meter weiter ist auch die Lagerung des Graptolitenschiefers ersichtlich; das Fallen ist wieder gleichsinnig nach NW gerichtet. Dann fehlen wiederum auf eine kurze Strecke infolge Gestrüpps und Lehmbedeckung Auf- schlüsse, bis abermals d, sichtbar wird und zwar diesmal mit ziemlich steilem gegen SE, also widersinnig gerichtetem Fallen. Diese Lagerung läßt sich nur eine kurze Strecke weit verfolgen, dann verhindert wieder dichte Gestrüppbedeckung die weitere Beobachtung. Kurz vor der Straßenbiegung bei der Krenek-Mühle zeigt sich wieder d, in flach nordwestlich fallenden Schichten. Hierauf folgt ein mächtiger Diabas mit in ihm eingeschlossenem gleichsinnig verflächendem Grap- tolitenschiefer. Weiter aufwärts, im Tale gegen Solopisk erscheint noch in mehrmaligem Wechsel Diabas und Graptolitenschiefer, welche aber bereits die normale Auflagerung der e,-Schichten darstellen.

Wir haben es somit im Öernoschitzer Tale nur mit einer „Ko- lonie“ zu tun, die von keiner bedeutenden Mächtigkeit ist (zirka 15—20 m). Ich fand in ihr nur Graptolitenreste, die für die tiefsten Zonen charakteristisch sind (Olimacogr. scalaris, Ieastrites). Die ge- schilderten, allerdings infolge der schlechten Aufschlüsse nur unvoll- ständig erkennbaren Lagerungsverhältnisse lassen es für das wahr- scheinlichste halten, daß hier das Auftreten der „Kolonie* auf eine normale Einfaltung zurückzuführen ist, bei der die kolonialen Graptolitenschiefer in einer kleinen Synklinale liegen. Allerdings müßte

[#1] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 255

man eine kleine Zusammenstauung in Mittelschankel der Falte an- nehmen, wie es das Profil Fig. 7 zeigt. Nach den aufgefundenen Graptolitenresten ist nur der tiefere Teil der e,-Schichten einge- faltet worden.

Fig. 7.

Braplol.Schicfer x ) Motik, . s

Dirhas

b) Die Dislokationen im Brdywald.

Das Auftreten der kambrischen Konglomerate, sowie des ganzen Schichtenkomplexes der Stufe d, oder wenigstens von Teilen der- selben inmitten des d,-Quarzites zeigt, daß wir es auch im Gebiete des Brdywaldes durchaus nicht mit einer normalen Schichtenfolge zu tun haben. Schon Krejti hat, allerdings mehr aus der orographischen Gestaltung, aber auch aus dem bereits von ihm beobachteten Vor- kommen von Diabas an der das Gebirge querenden Bezirksstraße Rewnitz-Mnischek auf das Vorhandensein von Längsstörungen ge- schlossen [38]. Nach den Profilen, die Krejci und nach ihm Katzer [25] gegeben hat, sind Verwerfungen angenommen, längs deren die inneren Gebirgsteile gegenüber den äußeren gehoben erscheinen. Be- sonders jene Hauptstörung, an welcher auch der Diabas an der Rewnitz-Mnischeker Straße zum Vorschein kommt, hat Krejti zu seinen großen Längsbrüchen, die das „Siiurbecken“ fast in seiner ganzen Erstreckung durchziehen, gerechnet und in die Fortsetzung seiner Jenitzer Bruchlinie (ce) verlegt.

Meine Beobachtungen sind nicht ausreichend, um ein endgiltiges Urteil über das Vorhandensein solcher zusammenhängender und lang- aushaltender Längsstörungen abzugeben; ich will mich beschränken

956 Ernst Nowak. j [42]

eine Beschreibung der Lagerungsverhältnisse in dem untersuchten Gebiete zu geben und die sich aus ihnen ergebenden Schlüsse auf den Gebirgsbau dieses Gebietes abzuleiten. Es werden sich dann von selbst mehrfach Gründe ergeben, welche gegen die Annahme wenig- stens des einen, nach Krejte das ganze Brdygebirge durchsetzenden langen streichenden Bruches sprechen. f Ersteigen wir die Höhe des Kalvarienwaldes von Treban oder Rewnitz ausgehend, im Tale des Moklicky-Baches, so bietet sich uns ein lehrreiches Profil des Schichtenbaues dieses Teiles des Brdy- gebirges.

Wo der Bach aus dem Gebirge heraustritt und seinen Lauf nach NE richtet, ist dickbankiger d,-Quarzit in typischer Entwicklung in mächtigen Felsen aufgeschlossen; überdies ist hier ein Steinbruch angelegt. Das Fallen der Schichten ist in normaler Weise mit 45—55° nach NNW gerichtet. Ungefähr 500-600 Schritt bachaufwärts ist wiederum Quarzit mit gleichem Verflächen aufgeschlossen; aber die Gesteinsbänke sind hier nur gering mächtig und durch starke Zwi- schenlagen von weichem, glimmerigem Schiefer getrennt; ins Liegende zu werden die Schieferlagen immer mächtiger und die Quarzitbänke bleiben aus. Wenige Schritte aufwärts finden wir nur mehr den Schiefer, der die typische Entwicklung der Stufe d,y zeigt, (stenge- liger Zerfall, Konkretionen). Seine Schichten sind stark gestört und gebogen, die Fallrichtung ist aber wiederum NNW. Die Mächtigkeit des Schieferkomplexes mag mehr als 30 m betragen (sie ist infolge der vielen Schichtenbiegungen schwer zu schätzen), dann tritt wieder- um dickbankiger Quarzit auf, ohne daß jedoch die Grenze gegen den d,y-Schiefer kenntlich wäre; sein Verflächen ist das gleiche nach NNW. In diesem Quarzitzug ist oberhalb des Baches am nördlichen Gehänge ein Steinbruch angelegt, dessen Halden bis in den Bach hineinreichen. Den Bach weiter verfolgend, gelangt man schon binnen Kurzem wiederum in die d,y-Schiefer, so daß die Mächtigkeit dieses zweiten Quarzitzuges hier am Bache sehr gering ist. Die nun folgenden d,Yy- Schiefer zeigen die gleiche Fallrichtung wie bisher; sie sind typisch entwickelt, enthalten zahlreiche kieselige Konkretionen, aus denen ich jedoch bestimmbare Fossilien nicht gewinnen konnte; dagegen finden sich an einer Stelle Spuren von Graptoliten, die sich als verzweigte ‚Formen (Didymograptus) erkennen lassen!). Den liegendsten Teil dieses etwa 50 m mächtigen Schieferkomplexes bildet ein schwarzer harter Kontaktfels mit reichlichen Pyriteinsprengungen, welchen ein stark verwitterter Diabas mit verschieden gefärbten Tuffschiefern unter- lagert. Dieser Diabas, sowie die Tuffe vertreten jedenfalls die Stufe d,ß, deren Mächtigkeit hier aber nur gering ist ($—10 m) ?). Es folgt nun weiter im Liegenden typisches d,a in sehr mannigfacher Gesteins- ausbildung. Man findet hier: feinkörnige grüne Grauwacke, dichte hornsteinartige Quarzgrauwacke, grobkörnige glaukonitische Grauwacke,

!) Die d,y-Schiefer, die im Skalka-Bergbaue aufgeschlossen sind, sind von Lipold gleichfalls als Graptoliten führend beschrieben worden [45].

?) Einige, etwas weiter am Genänge im Streichen dieser Schichten aufge- fundene Lesesteine von Roteisenstein mit eingesprengtem Eisenglanz weisen darauf hin, daß in einiger Entfernung auch ein Erzlager entwickelt ist.

[43] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 957

graue grobkörnige Grauwacke, helle, fast weiße, dichte Grauwacke mit Kaolinbeimengung; die Schichten streichen quer durch das Bachbett mit immer gleichem, ziemlich flachem NNW-Einfallen.

Man kann diese sicheren d,a-Gesteine anstehend in einer Er- streckung von etwa 30 m senkrecht zum Streichen verfolgen, dann hören die Anfschlüsse auf. An dem Waldwege, der hier an der Rewnitz-Mnischeker Reviergrenze (Wildgatter) den Bach überquert und oberhalb seines rechten Ufers weiterführt, kann man den für Diabas charakteristischen rotbraunen Verwitterungsboden erkennen; auch findet man zahlreiche Lesesteine von Diabas und Tuffen, die dafür sprechen, daß auch im Liegenden von d,x nicht unbeträchtliche Diabasmassen auftreten. Dann gelangt man in das Gebiet der Konglo- merate, die allerdings nicht anstehen, aber in sehr zahlreichen Lese- steinen und Blöcken verbreitet sind (siehe auch Seite 13). Weiter gegen den Hauptkamm zu erscheint abermals der Quarzit (d,) in guten Aufschlüssen mit NNW-Verflächen.

Die Richtung der Störungen, längs deren die älteren Schichten hervorkommen, im Streichen verfolgend, findet man zunächst in der Fortsetzung der westlichen d, y-Einlagerung auf der Höhe nördlich des Moklicky-Baches Schieferschutt und kieselig-tonige Konkretionen, die die Anwesenheit der d,y-Schichten verraten. Weiter nach NE sind dann auf längere Erstreckung die Schiefer nicht sichtbar. Von wesentlicher Bedeutung aber ist es, daß der genau im Streichen der Schiefereinlagerung liegende, Kote 471 tragende Rücken ein tekto- nisches Gewölbe innerhalb der d,-Quarzite darstellt; auf dem nord- westlichen und dem südöstlichen Gehänge dieses Rückens, die beide durch Steinbruchbetrieb aufgeschlossen sind, herrscht entgegengesetztes Schichtfallen, außerdem sind auf der Höhe des Rückens die Um- biegungsstellen der Schichten direkt entblößt (s. Phot. Fig. 8). Dieses Gewölbe ist auch schon an der Rewnitz-Mnischeker Straße an einer Stelle, genau in der südwestlichen Fortsetzung von dem genannten Rücken, zu erkennen). Es läßt sich aber auch nach NE weiter ver- folgen und ist hier überall orographisch ausgeprägt; ausgezeichnet sichtbar ist es vor allem auf Kote 440 im S von Dobrichowitz. In der Achse dieses Gewölbes kommen im Tale des Kejni-Baches süd- östlich von Rewnitz wiederum die d, y-Schiefer zum Vorschein. Im Tal des Kejni-Baches kann man nur isoklinales NNW-Fallen kon- statieren, in der nordöstlich dem Kejni-Bach parallel verlaufenden Schlucht ist jedoch das Gewölbe direkt sichtbar; die Quarzitbänke fallen nur eine ganz kurze Erstreckung steil nach SE, dann stellt sich wieder das normale nordwestliche Verflächen ein. Sehr deutlich ist bei Kote 440 zu sehen, daß der SE-Flügel des Gewölbes steiler einfällt als der NW-Flügel, daß also eine gewisse Tendenz des Ge- wölbes vorherrscht, sich nach SE überzulegen.

1) Auch in dem leider stark verschütteten Steinbruche am Stfeny vrch liegen die durch schiefriges Zwischenmittel getrennten Quarzite an einer Stelle fast horizontal; gegen das Liegende zu in demselben Steinbruch fallen die Schichten jedoch steil gegen N; es scheint hier ein Bruch das Gewölbe gegen SE zu begrenzen.

Jahrbuch d. k.k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 33

958 Ernst Nowak. | [44]

Guten Einblick in den Schichtenbau bietet auch das Wschenorer Tal am rechten Gehänge. Hier kommen am Bache genau in der Fort- setzung des eben beschriebenen Gewölbes zerklüftete weiche Schiefer mit kleinen Konkretionen zum Vorschein, die man hier wieder für d,y-Schichten wird halten müssen. Am Abhange oberhalb dieses Schieferaufschlusses ist ein Steinbruch im d,-Quarzit (25—50° NNW fallend) angelegt. Eine kurze Strecke im Tale unterhalb der Schiefer, also in ihrem Hangenden ist Quarzit mit Schieferzwischenlagen durch Steinbruchbetrieb aufgeschlossen, der 30° nach NW einfällt. Ebenso findet man auch im Tale oberhalb des Schieferaufschlusses, also in

Fig. 8.

Das Gewölbe im d,-Quarzit auf der Höhe 471 bei Rewnitz.

seinem Liegenden d,-Quarzit und zwar zunächst mit ENE -—: also widersinnigem Verflächen. Es ist also auch hier das Auftreten von Schiefer an eine antiklinal gebaute Region gebunden. Weiter gegen das Liegende, gegen die Grenze der präkambr. Schiefer zu, wechselt noch mehrmals die Fallrichtung bei überaus steiler Schichtstellung, so daß man den Eindruck gewinnt, daß die Stufe d, im Wschenorer Profil in steile Falten zusammengeschoben ist.

Vom Moklickytale im Streichen gegen SW läßt sich die Ein- lagerung der d, y-Schiefer nicht weiter verfolgen. Nur in dem großen Halouner Steinbruch, der auf der Höhe südlich des Moklicky-Baches bei Kote 529 angelegt ist, ist eine Erscheinung zu beobachten, die

[45] Geol. Untersachungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 259

noch der Erwähnung verdient. Der Quarzit ist hier in außerordentlich mächtigen Bänken entwickelt, die ohne erkennbare schiefrige Zwischen- lagen aneinandergrenzen. In dem oberen Teile einer solchen Bank findet sich eine linsenförmige Schieferpartie von etwa 2 m Länge und 70—80 cm Maximaldicke eingekeilt. Der Schiefer ist schwarz, sehr dünnblättrig und glimmerreich und ähnelt im Habitus ganz jenen, die sich sonst als Zwischenmittel im d,-Quarzite finden. Doch kann man an eine normale Einlagerung hier nicht denken, da die Schieferpartie, wie gesagt, nicht zwischen zwei Bänken auftritt, sondern in den oberen Teil einer Bank gleichsam eingepreßt erscheint. Da die Schicht- flächen, die in diesem Steinbruch schön entblößt sind, vielfach ganz ausgezeichnet ausgebildete Harnische zeigen, eine übrigens auch sonst im Quarzit häufig zu beobachtende Erscheinung, muß man wohl annehmen, daß es hier zu Bewegungen längs der Schichtflächen gekommen ist und dabei eine Zusammenstauung des ursprünglich nur in einer ganz dünnen Lage vorhandenen schiefrigen Zwischenmittels stattgefunden hat. Diese Erscheinung gibt ein Bild von dem Charak- ter der in diesem Gebiete von sich gegangenen Gebirgsbewegungen.

Verfolgen wir nun auch die östliche im Profil des Moklicky- Baches beobachtete Einschaltung älterer Schichten im Streichen nach beiden Richtungen: die tiefsten Schichten dieser Einschaltung sind die Konglomerate; sie stehen zwar fast nirgends an (s. S. 13), aber die große Verbreitung der konglomeratischen Lesesteine läßt ihr Vorhandensein nicht anzweifeln. Geht man der Verbreitung dieser Lesesteine nach, so scheinen sie sich, nach SW an Mächtigkeit ab- nehmend, entweder mit den normal im Liegenden von d, auftretenden Konglomeraten zu verbinden oder wenigstens ihnen sich sehr stark zu nähern. Jedenfalls erleidet der d,-Zug, der über die Skalka streicht, an dieser Stelle eine ganz kurze Unterbrechung und nur die d,-Zone, die sich hier durch Roteisensteine (siehe S. 14) zu erkennen gibt, oder ein Teil derselben dürften die normalen Konglomerate von den in d. eingeschalteten trennen. Der Mangel an Aufschlüssen läßt hier kein sicheres Urteil zu.

Gegen NE keilen die Konglomerate jenseits der Bezirksstraße Mnischek-Rewnitz im Gebiete des d,-Quarzites aus, wobei sie sich gleichfalls dem südöstlichen Rande des Verbreitungsgebietes der D- Stufe etwas nähern.

Von den d,-Schichten, die im Hangenden der Konglomerate am Moklicky-Bach in solcher Vollständigkeit aufgeschlossen sind, sind sonst nur geringe Andeutungen vorhanden: an der Mnischek-kewnitzer Straße stehen Diabase an und an dem weiter östlich führenden Waldweg geben sich Diabastuffe und Roteisensteine als lose Stücke im Boden kund. Eine ganz isolierte Partie von d, y-Schiefern, die aber genau im Streichen der soeben genannten Vorkommnisse liegt, findet sich in der Schlucht des Kejni-Baches, derselben Schlucht, in der wir tiefer abwärts schon eine Schieferlagerung festgestellt haben. Diese zweite Schiefereinlagerung, im oberen Teil der Schlucht ist bedeutend mächtiger (30—40 m); der petrographische Charakter der Schiefer ist ganz der der d,y-Schichten (auch die kieseligen Konkretionen finden sich). Im Liegenden, gehen sie durch Wechsellagerung in die d,-

38*

960 Ernst Nowak. [46]

Quarzite über, ein Beweis, daß wir es hier mit umgekehrter Schicht- folge (dem überkippten Mittelschenkel einer Falte) zu tun haben. Die Grenze gegen die hangenden Quarzite ist nicht sichtbar. Das Fallen ist hier wieder überall nach NNW gerichtet.

Man muß wohl annehmen, daß diese Schiefereinlagerung mit der Störung, die weiter südwestlich die ganze Schichtfolge von d, sowie die Konglomerate zur Oberfläche gebracht hat, im Zusammenhange steht. Nach NE über den Kejni-Bach hinaus läßt sich diese Störung nicht mehr nachweisen. Zu erwähnen wäre jedoch hier, daß in dem großen Steinbruche, der östlich des Kejni-Tales bei Kote 548 im Quarzite angelegt ist, abnorme Lagerungsverhältnisse herrschen; das Streichen ist hier nämlich ESE—WNW und das Fallen 20—25° nach NNE gerichtet. Dies führt zu der Vermutung, daß man hier einen Gewölbeschluß vor sich hat.

Wenn wir die Beobachtungen im Kalvarienwalde zusammenfassen (Fig. 9 u. 10), ergibt es sich, daß hier zwei parallele auf 4—6 km Erstreckung verfolgbare Aufbruchzonen älterer Schichten innerhalb der d,-Quarzite vorliegen, wodurch das mächtige An-

Fig. 9.

Zeichenerklärung :

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262 Ernst Nowak. [48]

schwellen der d,-Zone in diesem Gebirgsabschnitt erklärt wird. In der nördlicheren Aufbruchszone kommen nur die d,y-Schiefer und zwar zumeist nur in tieferen Tälern und Schluchten zum Vorschein; das Schichtfallen ist, wo diese Schiefereinschaltungen zu beobachten sind, isoklinal. Sie liegen aber, wie die Beobachtungen auf den Koten 47), 476 und 440 zeigen, in der Achse einer antiklinalen Aufwölbung der d,-Quarzite. Man muß daher schließen, daß in dieser Zone eine liegende Falte innerhalb der d,-Quarzite vorliegt, durch welche die den Untergrund bildenden d,y-Schichten in den Gewölbekernen an tiefen Punkten zum Vorschein kommen.

In der südlichen Aufbruchszone treten alle Schichtglieder der Stufe d, und auch die kambrischen Konglomerate zutage; das Liegende dieser Konglomerate bilden die d.-Quarzite; auch hier ist die Lage- rung, soweit sie der Beobachtung zugänglich ist, isoklinal. Gegen die Annahme eines Bruches im Sinne Krej6i’s spricht vor allem das Zusammenlaufen der Aufbruchszone mit dem normal Liegenden von d,. Diese Erscheinung läßt auf das Vorhandensein einer Falte oder einer aus solchen hervorgegangenen Dislokation schließen; auch auf die beschriebenen Lagerungsverhältnisse im Steinbruche der Kote 518 östlich des Kejni-Tales, die einen Gewölbeschluß andeuten, wäre hier hinzuweisen.

Eine vollkommen erhaltene, liegende Falte kann nicht vorliegen, da die Konglomerate im Liegenden unmittelbar an d,-Quarzite grenzen, somit der Mittelschenkel fehlt. Es bleibt also nur die Annahme einer Faltenüberschiebung übrig, eine Annahme, die mit dem Charak- ter der im Vorangehenden behandelten tektonischen Erscheinungen übereinstimmt).

Dieses Ergebnis spricht gegen die Annahme einer „großen Brda- Bruchlinie* im Sinne Krejtis, einer weithin fortstreichenden, steil zur tiefen setzenden Verwerfung. Es hat sich gezeigt, daß der Auf- bruch älterer Gesteine innerhalb der d,-Quarzite, auf den sich die Annahme dieses Bruches im Wesentlichen stützt, eine nach SSE ge- richtete UÜberschiebung ist, welche aus einer liegenden Falte hervor- gegangen ist; dieselbe beginnt sich erstin der Gegend des Roten Kreuzes aus der Tiefe emporzuhebenundtaucht ungefähr bei Kote 518 östlich des Kejni-Tales wieder unter. Weiter nach SW am Hrebeny sind weder in geologischer noch in orographischer Hinsicht Anzeichen für das Vorhandensein bedeuten- der Störungen zu sehen, wiewohl man annehmen kann, daß auch hier, der ganzen Gebirgsanlage entsprechend, untergeordnete Faltungen und UÜberschiebungen vorkommen. Nicht lang-aushaltende streichende Verwerfungen, sondern isoklinale Falten- bildung und aus dieser hervorgegangene Überschie-

!) Während diese Zeilen in Druck sind, ist beim Roten Kreuz ein Schotter- bruch aufgemacht worden, dessen Verhältnisse eine weitere Stütze für die eben ausgesprochene Ansicht bilden; der Quarzit besitzt hier nämlich eine ausgezeichnete Trümmerstruktur und ist von Harnischen kreuz und quer durchsetzt, man kann von einer förmlichen Dislokationsbreceie sprechen. Das Gestein ist hier eben an der knapp nordwestlich vorüberziehenden Überschiebung zertrüämmert worden.

[49] Geol. Untersuchungen im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 263

bungen scheinen den Bau des Brdy-Gebirges wie über- haupt den Bau der ganzen „Silurmulde“ zu charak- terisieren!).

Die nördliche Zone von Aufbrüchen, die bisher noch nicht be- kannt war, läßt sich gleichfalls am besten durch die Bildung einer liegenden Falte erklären. Man wird also auch hier die von Krej£öi auf Grund der orographischen Gestaltung gewonnene Annahme einer Ver- werfung in dieser Richtung modifizieren müssen.

Auch diese Störung läßt. sich nur im Kalvarienwald verfolgen, am Hrebeny ist sie nicht mehr nachweisbar.

Schließlich möchte ich noch ein vereinzeltes Vorkommnis von d,-Quarzit mitten im Terrain der d,/d,-Schiefer hervorheben: es ist dies der Hügel am Waldrand südlich von Hat&. Hier ist durch einen Steinbruch diekbankiger (bis zirka 80 cm mächtige Bänke) heller Quarzit aufgeschlossen mit Zwischenlagen von dunklem glimmerigem Schiefer. Gegen das Hangende des Aufschlusses zu werden die Schieferlagen mächtiger, die Quarzitbänke werden dünner, mehr sandsteinartig, erhalten glimmerige wulstige Schichtflächen und eine dunkle Färbung. Das Verflächen der Schichten ist mit 25—35° nach NNW gerichtet. Krejöi hat dieses Vorkommnis bei seiner Aufnahms- arbeit (1859) als d, betrachtet wie sein diesbezügliches Profil zeigt später jedoch („Orogr. tekton. Übersicht“ 1885) als d, angeführt. Tatsächlich läßt sich nun etwas südlich von dem be- schriebenen Aufschlusse längs des Baches, der gegen Hat& hinabfließt, eine Strecke weit typisches d, in Schiefern und dünnen dunklen Sandsteinbänken verfolgen, die widersinnig, nämlich steil nach SSE einfallen. Das d, läßt sich dann auch weiter an mehreren Stellen in diesem Bachtale bis ziemlich hoch am Gehänge des Gebirges nachweisen. Es scheint demnach klar, daß in dem Hügel bei Hate durch eine anti- klinale Aufwölbung im d,-Schieferterrain die den Untergrund bildenden d,-Schichten, wenn auch nur in ihrem höchsten Teile zum Vorschein kommen. Auch bei dieser Antiklinale ist wiederum steiles Einfallen im südöstlichen Flügel gegenüber flachem Fallen im nordwestlichen Flügel zu konstatieren, also der in gleichem Sinne assymetrische Bau, wie er bei der Antiklinale im Kalvarienwald beobachtet wurde und wie er der Tendenz zur Bildung von nach SE übergelegten Falten entspricht.

c) Die Bruchlinie an der Grenze der präkambrischen Schiefer.

Die Grenze der präkambrischen Schiefer gegen die jüngeren Gebilde ist, wie schon mehrfach erwähnt, keine normale Formations- grenze, sondern ein Bruch, wie das schiefe Abschneiden mehrerer Formationsglieder längs einer geraden Linie zeigt. Leider habe ich trotz ganz besonderer Aufmerksamkeit an dieser Grenzlinie keine

') Ich verweise hier neben Seemann [60] vor allem auf die neueste Arbeit von Liebus [72], ferner auf die tektonischen Untersuchungen Kettners im Motoltal [30, 70).

964 Ernst Nowak. j [50]

Aufschlüsse gefunden, die über den Charakter der Störung voll- kommene Aufklärung gegeben hätten.

Die bemerkenswerteste Erscheinung an der Grenze der prä- kambrischen Schiefer ist die steile Aufrichtung der d,-Quarzite, die sich in den Felsen von Cernolitz (s. Phot. Fig. 11) und ebenso im Wschenorer Tal augenfällig kundgibt; ferner eine überaus ins einzelne gehende Zerklüftung, die sonst den Quarziten nicht eigen ist, ver-

Fig. 11,

Die steil aufgerichteten Quarzitfelsen bei Öernolitz.

bunden mit einer besonderen Härte des Gesteins, die jedenfalls das Auftreten der Felsklippen bei Cernolitz bedingt. Es wäre möglich, daß die so ins einzelne gehende Zerklüftung auf den großen Gebirgs- druck, und die auffallende Härte auf eine nachträgliche Infiltration mit kieselsauren Wässern längs der Verwerfungskluft zurückzuführen ist?).

Die steile Aufrichtung der d,-Schichten ?) sowie ihre Zusammen- stauung in steile Falten im Wschenorer Profil würde für einen seit- lichen Zusammenschub, verbunden mit starker Pressung, weniger für ein senkrechtes Absinken der Gebirgsteile sprechen. Die Analogie

!) Liebus beschreibt eine gleiche Struktur im Quarzit aus seinem Arbeits- gebiet [72] und schreibt sie einer rupturellen Umwandlung im Sinne Reyers zu.

?) Ich habe sie auch im Profil Fig. 10 «a angedeutet, obwohl sie hier (bei Ridka) nicht direkt zu beobachten ist, sondern erst weiter nördlich (bei Öernolitz).

[51] Geo). Studien im Südflügel des mittelböhmischen Silur. 265

mit den bisher beobachteten tektonischen Erscheinungen verleiht dieser Auffassung weitere Wahrscheinlichkeit.

Weiter gegen S sind an der Grenze der präkambrischen Schiefer nirgends Erscheinungen sichtbar, die über den Charakter der Störung Aufschluß bringen. Schließlich gehen in der Gegend. von Kytin auch die Anzeichen für das Vorhandensein der Störung verloren, da ja hier das Präkambrium direkt an die Konglo- merate grenzt. Erst nach einer Entfernung von zirka 15 km ist die Pribramer Lettenkluft, die genau im Streichen der im Aufnahms- gebiete beobachteten Störungslinie verläuft, in der Gegend von Pidin bereits durch Bergbau nachgewiesen, so daß man wohl mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, daB beide Brüche in unmittel- barer Verbindung stehen. Auch der Charakter der Dislokation dürfte der gleiche sein: die Pfibramer Lettenkluft ist eine UÜberschiebung, die eine Wiederholung der Schichtenfolge, nämlich das Wiederempor- kommen der präkambrischen Schiefer und vielleicht sogar des Granites (bei Bohutin) veranlaßt [51, 52]. Auch im Aufnahmsgebiete sprechen wie schon erörtert wurde manche Anzeichen für eine Über- schiebung !), durch die hier allerdings keine Schichtenwiederholung, sondern ein Schichtenausfall hervorgerufen wird, der sich damit er- klären ließe, daß gegen N zu allmählich mehrere Formationsglieder in der Tiefe zurückbleiben. Darin würde sich eine Steigerung des Druckes, der beide Gebirgsteile aneinander preßte, nach N zu kund- geben, wo ja die Gewalt dieser Pressung in den steilen Falten und Schichtenaufrichtungen bei Wschenor und Cernolitz so deutlichen Ausdruck findet.

Im Profile Fig. 11 ist darauf verzichtet worden, den Charakter der Störung darzustellen, um, da direkte Beobachtungen nicht vor- liegen, der Darstellung die möglichste Objektivität zu wahren.

d) Über Querstörungen.

Während alle bisher behandelten größeren Störungen Längs- störungen sind und diese somit einen wesentlichen EinfluB auf das geologische Bild des Aufnahmsgebietes haben, spielen Querstörungen eine sehr untergeordnete Rolle; in der geologischen Karte kommen sie nirgends deutlich zum Ausdruck. Die Grenzlinien der Formations- glieder nehmen wie schon mehrfach erwähnt einen sehr regel- mäßigen Verlauf. Nur an einer Stelle es ist dies östlich von Litten springen die e,-Graptolitenschiefer in einem scharfen Knick nach S, in das Verbreitungsgebiet der d,-Schichten vor, um dann in einer ebenso scharfen Biegung wieder in ihre ursprüngliche ENE— WSW- Streichrichtung zurückzukehren. Diese S-förmige Biegung der For- mationsgrenze läßt sich wohl nur durch eine Querstörung erklären, die sich jedoch nicht nachweisen läßt, da das Terrain daselbst durch-

!) Schon Krejti spricht in seinem Aufnahmsbericht (1859) davon, daß bei kKönigsaal (also in der Fortsetzung nach NE) „die Pfibramer Schiefer auf den Brdaschichten aufgelagert zu sein scheinen“; auch Kettner äußert in seiner neuesten Arbeit [71], wie er mir freundlichst mitteilt, die Ansicht, daß die Störung an der Grenze des Präkambriums eine Überschiebung ist.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Nowak.) 34

266 N "Ernst Nowak. [52]

aus von Feldern bedeckt ist und die Verbreitung der e,- und d;- Schichten nur aus der Bodenbeschaffenheit und aus den Lesesteinen erschlossen werden kann.

Es wäre noch zu erwähnen, daß Krej&i zwei Querbrüche in dem von mir untersuchten Gebiete annimmt [38] [59], und zwar läßt “er die eine im Karliker Tal verlaufen, die andere in dem tief ein- geschnittenen Tale des Nezabudicky-Baches am NW-Abhange des Kalvarienwaldes südlich von Rewnitz. Es scheint, daß Krejci viel- fach, einer älteren Anschauung entsprechend auf Querstörungen nur aus dem Vorhandensein von Quertälern schloß. So verhält er sich auch in diesen beiden Fällen. Die Schichten streichen, wie es be- sonders im Karliker Tal deutlich zu sehen ist, unverändert über das Tal hinweg. Beim Nezabudicky-Bache ist allerdings die Streichrichtung und der Fallwinkel auf den Höhen diesseits und jenseits der Schlucht etwas verschieden, (nämlich auf der Babka das Streichen N 60° E, das Fallen 35—45° nach N30°W, auf dem Stfeny-vrch das Streichen E-W, das Fallen 55°), doch an der vom E-Abhang der Babka herab- laufenden Felsrippe erkennt man deutlich, daß diese Anderung in der Streichrichtung, beziehungsweise im Fallwinkel auf einer allmählichen Biegung der Schichten im Streichen, verbunden mit einer langsamen Aufrichtung von SW nach NE beruht.

Literaturverzeichnis.

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Inhaltsübersicht. RR Vorwart. 2. U a ER TE EEE NE re RR I. Morphologisch- N er Überblick; Abgrenzung des &ebietes 216 [2] lI. Die stratigraphischen Verhältnisse: a) Ausbildung und Verbreitung der einzelnen altpaläozoischen Schicht- glieder 4... „WW 2 2 VER BERRE e De U BR EN b) Auftreten von KenptivBöstenen (Porphyr, Dienas). . 28. 12... 2355 [21] c) Decksedimente (tertiäre Flußablagerungen? Diluvialbildungen . . 237 [23] IlI. Die tektonischen Verhältnisse : a) Schichtenwiederholungen an der Grenze des Unter- und Obersilurs

(Kolonien von Böle, Tfeban und Cernoschitz) . . 2... ... 242 [28] db) Dislokationenri® Briy-Waid Tr VE Euer 255 [41] c) die Bruchlinie an der Grenze des Präkambriums . . .....263 [49] d) über Querstörungen ı.. . users, oe Be . .265 [51]

Literaturverzeichnistt#t i\ % ERBEN. I Re 266 [52]

Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen.

Von Richard Beck in Freiberg. Mit 5 Tafeln (Nr. IX— XIII) und 15 Textfiguren.

Die bis vor kurzem hohen Zinnpreise haben von neuem die Aufmerk- samkeit auf die zum Teil viele Jahrzehnte hindurch nicht mehr kon- kurrenzfähigen und deshalb größtenteils eingestellten Zinnerzbergwerke des sächsischen und böhmischen Erzgebirges gelenkt. Auch im Grau- pener Gebiet, in welchem der Bergbau nie ganz erloschen war, machte man Anstrengungen, die umsichtigen Prospektier- und Vorrichtungs- arbeiten des leider im zeitigen Frühling 1912 verstorbenen letzten Be- sitzers, des wissenschaftlich alle Zeit um die Aufklärung der dortigen geo- logischen Verhältnisse bemühten Herrn Philipp Schiller zum Abschluß zu bringen und den Betrieb auf breiter Grundlage zu eröffnen.

Da scheint es dem Verfasser höchste Zeit zu sein, die von ihm seit 1901 begonnenen Studien über die Graupener Gänge endlich abzuschließen und die Ergebnisse weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Sie beruhen auf vielen eigenen Erfahrungen und Aufnahmen über Tage, auf sehr umfangreichen Sammlungen von Belegstücken, die der Freiberger Bergakademie unausgesetzt von dem genannten Grubenbesitzer mit eingehenden Fundberichten zugestellt worden waren, sowie endlich auch auf dem wiederholt durchgearbeiteten Inhalt der in Mariaschein im Schiller’schen Hause befindlichen Revier- sammlung. Das gesamte Material ist im Laufe der Jahre eingehend, namentlich auch mikroskopisch vom Verfasser untersucht worden.

Was die ältere Literatur anlangt, so bilden die in diesem Jahr- buch erschienenen Arbeiten über Graupen von Joh. Jokely (1858) und von G. Laube (1864) natürlich immer noch eine wichtige Fund- srube, die fleißig benützt wurde. Sehr wertvoll sind ferner die Auf- zeichnungen, die von den langjährigen Besitzern des Bergwerkes Ph. Schiller und Lewald vor Jahren dem Drucke übergeben wurden (1868). Die Lagerstätten von Obergraupen hat endlich der Verfasser selbst schon einmal beschrieben (1903). Um jedoch das Bild des ganzen Erzdistrikts nicht zu zerreißen, wurden diese früheren Beschreibungen nebst den zugehörigen Profilen teilweise wörtlich mit in diese Abhandlung hereingenommen. Die damals untersuchten Aufschlüsse bei Obergraupen sind übrigens seit jener Zeit zum Teil unzugänglich oder wenigstens sehr schwer kenntlich geworden, weil sie von Wald überwuchert oder mit Verwitterungsschutt überdeckt sind. Unten ist die wichtigste Literatur chronologisch zusammengestellt.

Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd.,1 u. 2. Hft. (R. Beck.)

270 Richard Beck. [2]

Literatur über das Zinnerzgebiet von Graupen.

A. E. Reuß, Geognostische Skizzen, pag. 40—-51. Prag und Teplitz 1838. A. Breihaupt, Die Paragenesis der Mineralien, pag. 144, Freiberg 1849.

Joh. Jokely, Das Erzgebirge im Leitmeritzer Kreise in Böhmen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. IX. 1858, pag. 549—575, bes. pag. 561—566.

B. von Cotta, Lehre von den Erzlagerstätten. II. Bd. 1861, pag.557, sowie auch in Berg- und Hüttenm. Zeit. XVIII, pag. 117, und Geologie der Gegenwart. I. Aufl. 1866, pag. 132.

G. Laube, Mitt. über die Erzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. XIV. 1864, pag. 159—178.

H. Hallwich, Geschichte der Bergstadt Graupen in Böhmen. Prag 1868; enthält: Ph. Schiller und P. Lewald, Das Zinnerzvorkommen zu Graupen und Öber- graupen und die Art und Weise des Bergbaues daselbst in alter und neuer Zeit.

Ed. Reyer, Über die erzführenden Tieferuptionen von Zinnwald-Altenberg und über den Zinnbergbau in diesem Gebiete. Jahrbuch der k. k. geol. Reichs- anstalt. XXIX. 1879, pag. 1—60. Mit 5 Tafeln.

K. Dalmer, Erläuterurgen zu Sektion Altenberg-Zinnwald, pag. 94. Leipzig 1890.

R. Beck, Die Erzlagerstätten der Region von Graupen in den Erläuterungen zu Sektion Fürstenwalde-Graupen der geol. Spezialkarte von Sachsen. 1903, pag. 40—54.

R. Beck, Lehre von den Erzlagerstätten. III. Aufl. I. Bd. 1909, pag. 283.

Was die Geschichte des Graupener Bergbaues anlangt, so soll bier lediglich auf das vortreffliche Werk von H. Hallwich hinge- wiesen werden.

I. Die allgemeinen geologischen Verhältnisse und die verschiedenen Gesteinsarten.

Das Gebiet gehört dem nach SO gerichteten Steilabfall des wesentlich aus Gneisen aufgebauten östlichen Erzgebirges an. Die obersten Gangvorkommen liegen noch in der Kammregion. Das Mücken- türmchen, um das herum überall Pingen wahrgenommen werden, bildet hier mit 808°4 m den höchsten Punkt. Das alte Zinnseifengebiet in dem Schuttkegel am Ausgange des Graupener Steiltales hat bei Maria- schein Meereshöhen von nur 250—300 m. Wenn auch der Wald vor- herrscht, ist doch den ersten bergmännischen Ansiedlern der Feldbau in und bei Obergraupen bis auf die Kammhöhe selbst hinauf gefolgt, soweit es die Steilheit und der steinige Charakter des Bodens ge- stattete. Dicht östlich vom Graupener Steiltal steigt zunächst einem Nebentale folgend die Hauptstraße von Teplitz über den Mückenberg nach dem Müglitztale in Sachsen in vielen Windungen am Gebirgs- abfall empor. An dieser Straße erhebt sich oben auf der Kammhöhe das kleine Bergkirchlein St. Wolfgang mit dem Friedhof, wo der er- wähnte Spiritus Rector dieses Zinnerzgebietes Philipp Schiller die ewige Ruhe gefunden hat.

Die Gneise des Gebirgsabfalles werden weiter westlich vom eigentlichen Graupener Gebiet von jenem mächtigen Stock des Teplitzer Quarzporphyres durchsetzt, an dessen Intrusion sich un-

[3] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 71

mittelbar solche von mächtigen Gängen von Granitporphyr anschlossen. An der Straße, die vom Mückenberg zunächst oben auf dem Kamme sich haltend nach Eichwald führt, bemerkt man deutlich, wie eine gangförmige Apophyse von jenem stockförmigen Quarzporphyr nach hin in die Gneise hinein sich erstreckt. Mehrere andere solche WO oder von WSW nach ONO verlaufende Porphyrgänge lassen sich, wie unsere Übersichtskarte Tafel IX zeigt, bei Obergraupen nachweisen. Sie stehen jedoch nicht sicher im Zusammenhang mit der Intrusivmasse.

Für die Entstehung der Zinnerze ungemein wichtig hat ein in der Richtung von Nordwest nach Südost 1 km messender Ausstrich

Fig. 1.

Schema der Altersverhältnisse der Gesteine des Graupener Gebietes, erläutert an einem rein idealen Querprofil durch das Gebirge. Gn = Gneis. St Schichten des Karbon. Pr = Teplitzer Quarzporphyr. P = Porphyrgänge. PG —= Granitporphyr. @ = Granit. L = Lam- prophyr. B = Basalt.

von Granit zu gelten. Seine obere Grenze liegt im mittleren Teile in etwa 700 m, seine untere in ungefähr 500 m Meereshöhe. Stock- granite sind in geringerer Meereshöhe bei Graupen weiter nicht bekannt geworden, wohl aber granitische Gänge: der OW streichende Mahlerzug mit stockartiger Erweiterung an der Zwickenpinge und der ONO streichende Groß-Geschrei-Zug. Sie liegen in ungefähr 500 bis 350 m Meereshöhe.

Es dürfte nicht ganz ausgeschlossen sein, daß parallel den Mariascheiner Bruchspalten gerichtete Verwerfer auch höher oben am Gehänge des Erzgebirgsabfalles hinziehen und diese granitischen Gänge samt den benachbarten Erzgängen in ein etwas tieferes Niveau gezogen haben, als wie ihnen eigentlich zukommt. Nachweisbar waren

2372 Richard Beck. ; [4

solche Verwerfer jedoch im Felde nicht. Auch der Bergbau hat bis jetzt keine Beweise dafür erbracht.

Auch die im Tertiär sich abspielende großartige vulkanische Tätigkeit in der Gegend von Teplitz hat ihre äußersten Ausläufer in unser Zinnerzgebiet hinein erstreckt. Die sogenannten „Blauen Klüfte“ des Graupener Bergmannes, sehr zersetzte schmale Basalt- gänge sind die Spuren dieser Tätigkeit.

Die Textfigur 1 gibt ein schematisches Bild von den Alters- verhältnissen der verschiedenen Gesteine des Gebietes, wobei auch die auf dem nördlichen Gebirgsabfall beobachteten Aufschlüsse mit berücksichtigt wurden.

Von allen den erwähnten Gesteinen, denen sich noch die Schotter und steinigen Lehme und Sande am Fuße des Gebirgsabhanges mit ihrem Zinnsteingebalt anschließen, beabsichtige ich nur ganz kurz zu berichten und nur insoweit, als es für das Verständnis der Erzlager- stätten notwendig erscheint.

1. Die Gneise.

Die Gneise des Graupener Zinnerzgebietes sind sehr einförmige Gesteine aus der Gruppe der Orthogneise, und zwar fast ausschließlich Biotitgneise.‘ In einer früheren Abhandlung!) habe ich an Aufschlüssen im Müglitztale jenseits des Kammes die granitische Natur dieser Gesteine nachweisen können. Die Flaserung halte ich für nicht primär, sondern für eine erst bei der Regionalmetamorphose erworbene Struktur. Muskovitgneise, d. h. mehr oder minder stark metamorphe ehemalige Aplite und Pegmatite sind im engeren Graupener Gebiete nur spärlich entwickelt. Gelegentlich wurde jedoch im Biotitgneis des Martinistollens eine schmale pegmatitische Lage mit Turmalinkristallen gefunden. Hier möge auch auf die Blöcke eines Quarz-Turmalingesteins hinge- wiesen werden, die sich südlich vom Klösenberg fanden. Es dürften extrem turmalinreiche Abänderungen der im östlichen Erzgebirge nicht seltenen Turmalin-Muskovitgneise sein. Das Gestein stellt ein körnig- kristallines Aggregat von Quarz und braunem Turmalin mit Einschlüssen von Rutil dar. Hornblendegesteine als Einlagerungen sind dagegen anscheinend sehr selten.

An manchen Stellen, wie z. B. auf der Anhöhe zwischen dem Mückentürmchen und dem Klösenberg nordöstlich von Obergraupen ist der granitische Charakter der Biotitgneise noch gut zu erkennen. Die Struktur ist hier noch wenig von der granitischen abweichend. Charakteristische Glimmerballen, wie in so vielen Graniten, sind zu sehen. Auch Einschlüsse von Quarz und hornfelsartigem Gestein sind zu bemerken. Diese letzteren sind Bruchstücke von Pelitgneisen, die der granitische Hauptgneis durchbrochen hat. Sie lassen oft typische Pflasterstruktur erkennen.

Die Streckung des ehemaligen Granits ist zum Teil eine sehr weitgehende. Sie führte zur Herausbildung einer flaserigen, im extremen

!)R. Beck, Über einige Eruptivgneise des sächsischen Erzgebirges. Tscher- macks Mineral.-petrogr. Mitteilungen. Bd. XX, Heft 4, 1912.

5] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. Ds

Falle auch einer stengeligen Struktur. Stengelig gestreckte Gneise, in ihrem Aussehen an faseriges Holz erinnernd, trifft man besonders schön westlich und nordwestlich vom Mückenberge in losen Blöcken an.

Auch nach der Metamorphose haben dynamische Einwirkungen auf die Gneise stattgefunden. Sie äußern sich in Fältelungen und Stauchungen der flaserigen oder grobschieferigen Gesteine. So zeigen z. B. die Gneisbruchstücke von der Halde der Grube Regina im Knötler Revier auf dem Querbruch eine solche zierliche Fältelung.

Das seltene Vorkommen von Bruchstücken eines stark zersetzten Hornblendegesteins mit viel Granat und Ilmenit zwischen dem Mücken- türmehen und Klösenberg sei nur kurz erwähnt.

Stellenweise werden die Gneise von Lamporphyrgängen durch- brochen. Ein solches Gestein liegt uns aus dem Unteren Abendstern- Stollen vor. Es erwies sich als ein stark zersetzter Hornblendevogesit.

2. Der Teplitzer Quarzporphyr.

Von diesem Gestein fällt gerade noch ein Teil der Östflanke des mächtigen Stockes, den es im Gneisgebirge bildet, in den Bereich des Übersichtskärtchens. Die Kontaktfläche ist zurzeit nirgends gut aufgeschlossen. Man darf jedoch annehmen, daß sie steil steht. Das Gestein zeigt die bekannte typische Ausbildung. In der mikrokristallinen, gewöhnlich rotbraun gefärbten Grundmasse liegen Quarzdihexaeder, Tafeln von Orthoklas und Plagioklas und einzelne Glimmerblättchen eingesprengt. Unter dem Mikroskop erkennt man noch Hämatit, Apatit, Zirkon und Magnetit.

3. Der Granitporphyr.

Dieses Gestein bildet einen ungefähr NS verlaufenden Gangzug. Westlich vom Mückenberg setzt es gerade auf der Grenze zwischen dem Teplitzer Quarzporphyr und dem Gneis auf, tritt aber in der Richtung nach SSO hin in den Gneis selbst ein. Seine merkwürdigen Kontaktverhältnisse in der Preißelsberger Pinge geben die Textfiguren 3 und 4 weiter unten wieder. Südlich von dieser jetzt ganz verfallenen und verwachsenen Pinge wird die Ostgrenze des dortigen Granits von einem zweiten solchen Granitporphyrgang begleitet, der nach dem Vogelsgrund zu verfolgt werden kann. Der ganze Gangzug liegt in der Fortsetzung des bekannten großen Granitporphyrganges von Altenberg.

Wie dieses Gestein hat auch der Graupener Granitporphyr eine körnig-kristalline oder auch mitunter granophyrische Grundmasse. In dieser liegen zahlreiche tafelförmige Kristalle von Orthoklas und Oligoklas sowie Quarzdihexaeder und zersetzte Glimmerschüppchen eingesprengt. Unter dem Mikroskop erkennt man ferner noch Magnetit, Apatit, Zirkon und Rutil sowie den feinen rötlichen Staub, der das Pigment der oft schön zonalen Feldspate bildet.. Wiederholt wurden auch einzelne schon makroskopische Körnchen von Granat darin gefunden.

Jahrbuch d.K.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Beck.) 35

274 Richard Beck. ö [6]

4. Die Quarzporphyrgänge.

Die am Mückenberg den Gneis durchsetzenden Gänge von Quarz- porphyr, die auch in den Grubenbauen vielfach angetroffen worden sind, zeichnen sich durch große Armut an Einsprenglingen von Feldspat und Quarz aus, gehören daher in die Felsitfels genannte Abänderung dieses Gesteins. Nur der größte unter ihnen, den wir bereits als Apophyse des Teplitzer Quarzporphyrstockes kennen lernten, nimmt nach seiner Abzeigungsstelle zu mehr und mehr Einsprenglinge auf. Einige der Gänge in der Nähe des Mückentürmchens besitzen eine gut entwickelte Fluidalstruktur, indem abwechselnd blaßgrüne und rötliche parallele Farbenstreifen in der felsitischen Masse zu erkennen sind. Die mikroskopische Struktur der Grundmassen aller dieser Gesteine ist vorwiegend eine mikrogranitische. Die mineralogische Zusammensetzung ist die normale.

5. Der Granitstock von Obergraupen.

Schon K. Dalmer hatte darauf aufmerksam gemacht, daß das Graupener Granitmassiv mit seiner Längsachse, die lkm mißt, in einer nach NW streichenden Linie mit der Zinnwalder Granitkuppe und mit der Längsachse des Schellerhauer Granitmassivs gelegen ist. Im Gegensatze zu diesen Graniten ist jedoch das Graupener Gestein vorherrschend feinkörnig entwickelt, an manchen Stellen auch porphyr- artig durch das Hervortreten größerer Einsprenglinge von Orthoklas. Es nähert sich in Struktur und Zusammensetzung sehr dem Altenberger Granit.

Die Gemengteile sind Orthoklas und Albit, der auch perthitisch mit dem Orthoklas verwachsen vorkommt, Quarz, ein dunkler Glimmer, sehr selten auch ein wohl sekundärer lichter Glimmer, zerstreute Kriställchen von Zirkon und Apatit sowie Körnchen von Magnetit. Als Füllung kleiner miarolithischer Räume findet sich Hämatit.

Die Mikrostruktur geht in sehr ausgedehntem Maße von der normalen granitischen in die aplitische über. Diese tritt am klarsten bei den feinkörnigen Abänderungen hervor. Hier bildet der Quarz polygonale Körner mit geraden Flächen und mitunter Ansätzen zur Kristallform, durchbricht auch häufig die Randzonen von Feldspaten oder findet sich als Einschluß inmitten dieser Gemensteile.

Mitunter wird der normale Granit von heller gefärbten, 1—3 mm breiten Bändern, die sich spitzwinklig kreuzen, durchsetzt.

Auch wurden an einer Stelle aplitisch-pegmatitische Bänder von 2—4cm Breite angetroffen. Sie enthalten manchmal schön gefiedert gestaltete Orthoklase, die mit ihrer Längsachse senkrecht zur Begrenzungsfläche des Bandes stehen, wie es schematisch auf Fig. 2 wiedergegeben ist. Man sieht, daß sie in ihrem eisblumenartigen Wachstum das gegenüberliegende Salband beinahe erreicht haben. Zwischen diesen großen Kristallen liegt eine feinkörnige Zwischen- masse von aplitischem Charakter. Unter dem Mikroskop erweisen sich die großen Orthoklase als Zwillinge, deren Trennungslinie mit der Längsachse der gefiederten Gebilde zusammenfällt. In jeder Hälfte der Zwillinge sind zahlreiche, schräg nach vorn auslaufende unregel-

[7] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 275

mäßige Quarzstengel eingeschaltet. Viele dieser Quarzeinschlüsse haben mehrfach geknickte Gestalt, wie die Quarze im Schriftgranit, und löschen auch innerhalb ganzer Gruppen wie in solchen gleichzeitig aus. Ein Teil der Feldspate dieser Aplit-Pegmatitbänder ist Mikroklin.

Sehr häufig wird der Graupener Granitstock besonders nahe an seiner Peripherie von dunkelgrau gefärbten Greisenbändern durch- zogen. Meist erkennt man in ihrer Mittellinie deutlich eine zarte, mit Quarz und zuweilen auch mit Lithionglimmer, Topas und Zinnstein erfüllte Kluft. Zu beiden Seiten ist der Granit vollständig umgewandelt. Der Feldspat und der braune Glimmer sind zerstört und an ihrer Stelle ist Quarz und Topas sowie ein farbloser oder ein dunkelgrüner Lithionglimmer getreten. Zwischen diesen vorherrschenden Bestandteilen sind winzige Körnchen von Zinnstein eingestreut.

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18 fe

Aplitisch-pegmatisches Band im Graupener Granit in natürlicher Größe.

Manche dieser Greisenbänder sind außerordentlich reich an Topas. Die meist unregelmäßigen Körner dieses Minerals umschließen häufig kleine Quarzkörnchen und Glimmerschüppchen sowie Flüssig- keitseinschlüsse. Nur selten zeigen sie unvollkommene kristallographische Umrandung. Dann tritt auch an den größeren Individuen die basische Spaltbarkeit des Minerals schön hervor. Vereinzelt werden Greisen- bänder angetroffen, die den Topas in büscheligen, pyknitartigen und teilweise sogar radialstrahligen Aggregaten von einem Durchmesser bis zu 0°5 cm führen. Hier werden die Zwischenräume zwischen den Topasprismen durch ein kleinkörnig-kristallines Quarzaggregat aus- gefüllt. Die Quarzkörner führen namentlich in ihren zentralen Teilen oft sehr zahlreiche kleine Glimmerscheibchen und Topaskörnchen sowie Flüssigkeitseinschlüsse (Dünnschliffbild Fig. 1 auf Tafel,X).

Das Alter des Graupener Granitstockes ist ebenso sicher post- karbonisch wie dasjenige des Altenberger Vorkommens. Der Granit durchsetzt den Teplitzer Quarzporphyr, der seinerseits flözführendes ÖOberkarbon bei Schönfeld unweit Altenberg überlagert.

56%

2976 Richard Beck. ; [8]

6. Die Ganggranite. a) Die Granitgänge der Preißelberger Pinge.

Dieses Vorkommen liegt unmittelbar am Graupener Granitstock nahe bei dessen Nordostgrenze. Es handelt sich hier um schwebende Gänge innerhalb des Granitporphyrs, der ja seinerseits weiter nördlich den Teplitzer Quarzporphyr durchsetzt.

Dieser Ganggranit hat die Ausbildung der porpbyrischen Mikro- granite des Erzgebirges, die bekanntlich den Quarzporphyren sehr nahe kommen. In einer lichtrötlich oder lichtgelbrot gefärbten, dem bloßen Auge dicht oder nur äußerst feinkristallin erscheinenden Grundmasse liegen zahlreiche, selten über 2 mm große Einsprenglinge von Orthoklaskristallen und von Quarzdihexaedern. Die Grundmasse erweist sich unter dem Mikroskop völlig kristallin, und zwar entweder rein körnig oder auch zum Teil mikropegmatitisch durch das Auf- treten von zarten Quarzstengeln inmitten der Feldspatkörnchen. Die Feldspate bestehen nur zum kleinen Teil aus Plagioklas. Orthoklas und Quarz führen zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse, während Glas- einschlüsse nicht nachgewiesen werden konnten. Biotit ist nur in spärlichen Blättchen zu beobachten. Diese Mikrogranite sind im hohen Grade der Zwitterbildung unterlegen.

Die Lagerungsverhältnisse der Preißelsberger Pinge sind sehr verwickelt. Sie mögen im folgenden so geschildert werden, wie sie noch 1902 sichtbar waren:

Das in der Pinge vorherrschende Gestein ist der Granitporphyr des westlich vom Forsthaus Mückenberg hinziehenden Ganges, dessen petrographische Ausbildung hier gänzlich derjenigen des typischen Altenberger Granitporphyres gleicht. Derselbe setzt namentlich die südwestlichen Teile der drei nebeneinander gelegenen pingenartigen Vertiefungen sowie deren Tiefstes zusammen, soweit dieses überhaupt unter dem Schutt und Blockwerk untersucht werden kann. An den nordöstlichen Wänden der Pingen dagegen trifft man vielfach por- phyrischen Mikrogranit anstehen, und zwar unverkennbar als eine Injektion in den Granitporphyr. Beide, sowohl der Granitporphyr wie der Mikrogranit, werden von Imprägnationsklüften, meist außer- ordentlich zarten, kaum wahrnehmbaren Spältchen durchsetzt, von denen aus die Gesteine in Zinnerz führenden Zwitter umgewandelt worden sind. Eine weitere Komplikation der dortigen Profile bilden endlich Gneisbreccien, die aus den vom Granitporphyr aus dem durch- brochenen Grundgebirge mit emporgerissenen Fragmenten bestehen.

Beginnen wir unsere Beobachtungen mit der nördlichsten großen Pinge, so erblicken wir in deren äußerster Ecke inmitten des herr- schenden Granitporphyres einen scharf abgesetzten, etwa 0'3 m mäch- tigen schwebenden Gang von porphyrischem Mikrogranit. Die nach SO zu folgende noch größere Vertiefung wird von der eben er- wähnten durch einen sehr stark zerklüfteten Felsriegel (a Fig. 3) ge- trennt, dessen Profil Fig. 4 darstellt. Dasselbe zeigt, wie eine bis hinauf zur ursprünglichen Oberfläche anstehende mächtige Masse des Mikrogranites in der Richtung nach SW hin in den Granitporphyr zwei schwebende gangförmige Apophysen aussendet, deren Mächtigkeit

[9] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. aTz

durchschnittlich 0'3 m beträgt. Auch hier sind die Grenzen zwischen beiden Gesteinen scharf. Zugleich umschließt der Mikrogranit los- getrennte Fragmente des Granitporphyrs.

Skizze der Preißelberger Pinge im Grundriß, Maßstab ungefähr 1: 1500. gnf —=Nlaseriger Biotitgneis. GP=Granitporphyr. Gr= porphyrischer Mikro- granit. G@=Granit von Graupen. a, b, c—=die in den Profilen 2 und 3 dar- gestellten Partien. d=verbrochener Schacht.

In der ziemlich schwer zugänglichen südlichsten Pinge endlich besteht die Sohle aus Granitporphyr (GP, Fig. 3), der gewaltige Partien von Gneisbreceie (BD) umschließt, so namentlich am Fuße des Vorsprunges c. Über ihr schiebt sich ein mächtiger schwebender Gang von Mikrogranit ein, der ebenfalls an verschiedenen Stellen

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Profil des Felsriegels « in der Preißelberger Pinge von S aus gesehen (vgl. Fig. 3).

Profilhöhe 2°5 m. GP=Granitporpbyr. Gr =porphyrischer Mikrogranit.

978 Richard Beck. { [10]

Gneisbruchstücke umfaßt. Als dessen Hangendes folgt am Felsvor- sprung c zunächst eine zweite, wenig mächtige Gneisbreceie und als- dann wiederum Granitporphyr. Die an der Nordostwand dieser Pinge beim Felsvorsprung b herrschenden eigentümlichen Lagerungsver- hältnisse sind in Fig. 5 in Form einer Ansicht von SO aus gegeben. In diesen Figuren sind zugleich die Zwitterimprägnationsbänder an- gedeutet, die ebenfalls in schwebender Lagerung oder mit nur flachem Einfallen sowohl den Mikrogranit, wie den Granitporphyr durchziehen und den Abbau auf Zinnerz veranlaßt haben. Sie heben sich durch ihre dunkelgraue Färbung gut von den normalen Gesteinen ab, obwohl

Fig. 5.

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Ansicht der beiden Felsvorsprünge 5 (hinten) uud c (vorn) in der Preißelberger Pinge, von SO aus gesehen (siehe Grundriß Fig. 3). Höhe der Wände 3 m.

GP=Granitporpbyr. B= Gueisfragmente, stellenweise zu einer nur aus Gneis- bruchstücken bestehenden Breccie gehäuft. G@r=porphyrischer Mikrogranit. Z=dunkel erscheinende Zwitterbänder. Der Hammer liegt auf losem Blockwerk.

ihre Grenzen gegen diese bei näherer Betrachtung nur verschwommen erscheinen. Die Klüftchen, von denen aus die Umwandlung des Gesteines in Zwitter erfolgte, erweitern sich stellenweise zu kleinen Drusen mit Quarz, Flußspat, dunklem Glimmer, Steinmark und Kriställchen von Zinnstein. Im allgemeinen freilich war der Gehalt der geförderten Zwittererze an Zinnstein wegen dessen sehr feiner Verteilung erst nach der Aufbereitung zu erkennen, wobei auch etwas Schwefelkies und Zinkblende nachgewiesen werden konnte.

Für den mikroskopischen Nachweis der Vorgänge bei der Zwitterbildung eignen sich ganz besonders gut Proben von Gesteinen aus der nördlichen Abteilung der Preißelberger Pinge.

[11] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 279

In dem dortigen porphyrischen Mikrogranit heben sich die Zwitterbänder in ihrer dunkelgrauen Färbung recht deutlich von der lichtrötlichgrauen unveränderten Gesteinsmasse ab, doch sind die Grenzen zwischen beiden bei näherer Betrachtung auch hier nur verschwommen. Nicht immer ist in der Mittellirie der dunklen Im- prägnationsbänder die Kluft zu erkennen, von der aus die Agentien umgestaltend auf das Gestein einwirkten. In manchen Fällen aber erblickt man deutliche, wesentlich mit Quarz, neben ihm mit mikro- kristallinem Topas, etwas Lithionglimmer und Zinnstein erfüllte Spältehen als die Zufuhrkanäle.

Bei der mikroskopischen Untersuchung unterscheiden sich zu- nächst die Grundmassen der beiderseitigen Gesteine sehr wesentlich voneinander, Im normalen Mikrogranit besteht dieselbe aus einem sehr feinkörnig-kristallinen Aggregat von Feldspat mit nur sehr wenig Quarz. Im Greisen dagegen setzt sich die Grundmasse aus einem viel gröber körnig-kristallinen Aggregat von Quarz und Topas nebst etwas Lithionglimmer und Zinnstein zusammen. Von den Einsprenglingen des Mikrogranites sind nur die Dihexaeder und unregelmäßigen großen Körner von Quarz erhalten geblieben, haben sich indessen mit einer Zone von neugebildetem Quarz umgeben, der zwar optisch gleich orientiert ist, sich aber von dem primären Quarz durch die Führung zahlreicher Einschlüsse von Zinnstein und Topas unterscheidet. Über- haupt sind häufig die Zinnsteinkörner gerade in der Peripherie der Quarzeinsprenglinge sehr angehäuft, wenn man auch außerdem Gruppen derselben im Greisen verstreut findet. Die bis 2 mm großen Orthoklas- einsprenglinge des Mikrogranites fallen der Umwandlung am aller- ersten zur Beute. Schon in dem noch scheinbar normalen Gestein nahe den Zwitterbändern kann man eine Einwanderung von Fluorit in diese Kristalle beobachten. Später folgen Topas, Quarz und Lithion- glimmer nach und verdrängen endlich die Feldspatsubstanz. Der Topas dieses Greisens kommt selten mit Kristallflächen vor, gewöhnlich bildet er längliche Körnchen, die randlich oft von hineinragenden be- nachbarten Quarzindividuen unterbrochen sind und häufig Einschlüsse von solchen führen. In dem Maße seiner Beteiligung an der Zu- sammensetzung des Greisens bestehen große Schwankungen. Zuweilen nimmt er !/; bis !/; der Gesteinsmasse ein, in anderen Fällen ist er überhaupt kaum nachweisbar, während ihn Quarz und Glimmer ver- treten. Immer scheint dort, wo viel Topas vorhanden ist, zugleich auch viel Zinnstein zugegen zu sein.

In ganz ähnlicher Weise wie beim Mikrogranit vollzieht sich die Umwandlung des Granitporphyres. Die zahlreichen großen Feld- spateinsprenglinge dieses Gesteins unterliegen derselben auch hier viel früher, als die Grundmasse. Im völlig umgewandelten Granit- porphyr kann man zwar noch mit bloßen Augen leicht die Umrisse der ehemaligen Orthoklase erkennen, bei Betrachtung der Dünnschliffe unter mäßig starker Vergrößerung ist dies jedoch kaum möglich, da die eingewanderte Füllmasse der Kristalle jetzt in Struktur und Zu- sammensetzung sich fast gar nicht von der ebenfalls umgewandelten Grundmasse unterscheidet.

In bergmännischer Beziehung scheinen die ergiebigsten Partien

280 Richard Beck. [12]

des Preißelberger Stockwerkes bereits abgebaut zu sein. Während der nach langer Ruhe dieser Gruben im Jahre 1863 erneuten Abbau- versuche hatten nach einer von Laube berichteten Mitteilung des damaligen Bergdirektors Arlt 11—12 Ztr. Scheideerz 2!/, Ztr. Schlich mit 1?/, Ztr. metallischem Zinn (also 1'5%,) ergeben, während die ungeschiedenen Pochgänge nur 1!/, Ztr. Schlich lieferten. Es sind dies Gehalte, wie sie denen des Altenberger Stockwerkes ähneln, wo bekanntlich nur die äußerst günstigen Abbauverhältnisse (Bruchbau) eine Gewinnung lohnen. Der Betrieb in der Preißelberger Pinge wurde denn auch bald wieder eingestellt.

In der südsüdöstlichen Fortsetzung des Zuges der drei Pingen trifft man zunächst einen verbrochenen Schacht, aus dem man nach der Zusammensetzung der Halde sowohl Granitporphyr, wie auch stark verzwitterten Mikrogranit gefördert hat. Wenige Schritte nördlich desselben Öffnet sich eine tief ausgeschrämte Kluft, die zurzeit nicht zugänglich ist, wahrscheinlich aber die Stelle einer abgebauten, be- sonders reichen Zwitterzone darstellt. Sie streicht N 400 O und steht saiger. In SSO des Waldweges folgen dann noch mehrere stark ver- wachsene und verbrochene, pingenartige Vertiefungen, in denen an einigen Stellen porphyrischer Mikrogranit ausstreicht, der hier an- scheinend in den normalen Graupener Granit übergeht. Eine Prüfung der von Reyer von dieser Stelle skizzierten Verhältnisse ist zurzeit nicht mehr möglich. Nach ihm würden ehemals auch in dem benach- barten Gneis noch zwei Mikrogranitgänge (Quarzporphyrgänge Reyers) aufgeschlossen gewesen sein.

b) Der Ganggranit des Mahler Zuges.

Ein zweites sehr bemerkenswertes Vorkommen von Ganggranit ist dasjenige des Mahler Zuges „im Knödel* nordöstlich von Graupen (siehe die Kartenskizze auf Tafel IX). Diese Bezeichnung trägt ein von zahlreichen Zwittertrümern durchsetzter und teilweise von diesen aus vollständig in Greisen umgewandelter Gang von fein- körnigem Granit im Abendstern-Grubenfeld in WNW von der Schmiede im Knödel. Sein Streichen ist ONO, seine Mächtigkeit im Durchschnitt nur 1 m. Er durchsetzt den dort ziemlich glimmerreichen Biotitgneis, der nach WNW streicht und ziemlich steil nach SSW einfällt. Sein Gestein ist im unveränderten Zustand ein normaler feinkörniger biotit- armer Granit, zusammengesetzt aus Orthoklas, Albit, Quarz wenig Biotit und spärlichem Zirkon und Apatit. Die Struktur ist nicht eine ausgesprochene aplitische.

Dies Gestein ist in der gewöhnlichen Weise von den zahlreichen Zwitterklüften aus in einen dunkelgrauen, Zinnstein führenden und sehr topasreichen Greisen umgewandelt, welcher der Gegenstand des Bergbaues war. Man hat zu dessen Verarbeitung auf eine Entfernung von über 100 m bis in größere Tiefe tagebaumäßig den ganzen Ge- steinsgang herausgenommen und nur die weniger stark verzwitterten Pfeiler übriggelassen. Als seltener Gemengteil dieses Greisens er- scheint gelegentlich auch Göthit. Zahlreiche Rostflecken darin dürften

[13] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. S8l

aus der Zersetzung eines früher fein eingesprengten Kieses hervor- gegangen sein.

Recht häufig sitzen im Granit scharfkantige Fragmente des an- stoßenden Gneises. Sie zeigen Umwandlungserscheinungen in Gestalt einer starken Einwanderung von Lithionglimmer, Topas und Fluorit, während Glimmer und Feldspate zerstört sind.

Von dem eigentlichen Gang zweigen sehr schmale Trümer ab. So finden sich solche von nur 2cm Dicke im Gneis an der Stelle, wo der Waldweg den Mahler Zug kreuzt.

Am reichsten an Zinnstein erweisen sich die durch sehr viel schmutziggrünen Lithionglimmer dunkel gefärbten Greisen des Mahler Zuges. Das Dünnschliffbild Fig. 2, Tafel X, gibt eine reichere Stelle wieder. In den lichtgrünen Glimmerblättchen fallen unter dem Mi- kroskop die nicht seltenen stark pleochritischen rundlichen Flecken auf. Manche sind ganz deutlich Höfe um Zirkonkriställchen herum, die zum primären Bestand des Granites gehören. Andere zeigen so zarte punktförmige Zentra, daß es nicht gelingt, sie mineralogisch zu bestimmen. Auch faserig-strahlige Aggregate eines schwach doppel- brechenden, gerade auslöschenden Minerals konnten nicht sicher be- stimmt werden. Zwischen den Strahlen dieser Aggregate hat sich gewöhnlich Eisenoxyd abgelagert.

c) Der Granit der Zwickenpinge.

Ganz nahe an dem eben beschriebenen Granitgang befindet sich das stockförmige Granitvorkommen der Zwickenpinge, eine Be- zeichnung, die wahrscheinlich aus der vermutlich früheren Benennung Zwitterpinge verstümmelt ist. Man stößt auf eine mächtige Halde, die aus dieser Pinge stammt, wenn man der von den Knödelhäusern aus an der Stelle der alten Grube Regina vorüberführenden Waldstraße nach Ost hin folgt. Oberhalb von dieser Straße zieht ein Waldweg in ungefähr paralleler Richtung hin, der von dem Grubenfelde Jo- hannes her in westlicher Richtung ebenfalls nach den Knödelhäusern hier führt und durch die schmale Pingenreihe des vorhin erwähnten Mahler Zuges hindurch geht. Dicht nördlich an diesem Waldweg, aber nicht in der Verlängerung der weiter nördlich liegenden Streichlinie des Mahler Zuges befindet sich die stark verfallene und verwachsene Zwickenpinge. Das zinnhaltige Gestein, das hier gefördert worden ist, hat man in früherer Zeit von Süd her auch durch einen Stollen angefahren, dessen verbrochenes Mundloch unterhalb der vorhin er- wähnten Halde noch zu sehen ist.

In der Pinge überzeugt man sich an noch anstehenden Gesteins- resten, daß hier eine stockförmige Masse eines Aplites sich befindet, die mehrere gangförmige Apophysen in die Gneise hinein aussendet und vielleicht nur eine lokale Anschwellung eines Aplitganges darstellt.

In petrographischer Beziehung unterscheidet sich das unveränderte Gestein durch seinen ausgesprochen aplitischen Charakter so sehr von dem feinkörnigen Ganggranit des Mahler Zuges, daß auch hiernach, ganz abgesehen von der Lage des Punktes außerhalb des Streichens dieses Zuges, ein unmittelbarer Zusammenhang nicht bestehen dürfte.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Beck.) 36

989 Richard Beck. Be!

Beide aber stehen vermutlich in größerer Tiefe mit ein und derselben größeren granitischen Masse in Verbindung.

Im Dünnschliff gewahrt man einen scharfen Gegensatz zwischen einer gleichmäßig sehr feinkörnig-kristallinen Quarz - Feldspat - Grund- masse und den Einsprenglingen von Orthoklas, Albit und Quarz. Die Feldspate sind gut idiomorph, der Quarz in rundlichen Individuen, zuweilen Dihexaedern, entwickelt. Der Quarz schließt Feldspattäfelchen ein und manchmal umgekehrt der Feldspat Quarzkörnchen. Die Pla- gioklase tragen vielfach eine schmale, etwas trübe Randzone, deren Auslöschung jedoch vom peluziden Kern kaum abweicht. Einzelne Kriställchen von Zirkon und Magnetit wurden gefunden.

Dieser Aplit ist nun in breiter Masse in Greisen umgewandelt worden, wie man ihn in sehr verschiedener Ausbildung auf der Halde findet. Da bemerkt man lichtgefärbte und feinkörnige Abarten, die dem unveränderten Aplit scheinbar noch recht ähnlich sind. Bei Betrachtung mit einer Lupe vermißt man jedoch die Feldspate. Ferner finden sich violett oder dunkelgrau gefärbte Blöcke, die viel Fluorit und dunklen Lithionglimmer enthalten. Endlich gewahrt man ziemlich grobkörnige und zum Teil drusige Ausbildungen mit Quarzkörnern bis Erbsengröße und häufig mit unvollkommenen Quarzkristallen. Der Zinnstein ist mit der Lupe immer sichtbar, bildet aber auch oft größere Körner und Kristalle. Ph. Schiller fand in einem der dortigen Greisenblöcke sogar eine taubeneigroße Zinnsteingraupe. Sehr häufig ist auch Arsenkies. Der früher anwesende Kupferglanz und Kupfer- kies dagegen verrät sich gewöhnlich nur noch in Flecken von Malachit oder Azurit. Die drusigen Stücke enthalten manchmal viel Steinmark. Vielfach wurden eckige Fragmente von Gmneis als Einschlüsse im Greisen vorgefunden.

Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt es sich, daß in allen diesen Greisen die Feldspate des Aplits verloren gegangen sind. An ihrer Stelle ist Quarz, Topas, Lithionglimmer, Fluorit, Hä- matit, Zinnstein, Arsenkies und Kupferkies getreten. Manche Abarten sind ungemein topasreich. Dieses Mineral ist gewöhnlich in sehr un- regelmäßigen, oft randlich skelettartig von Quarz durchbrochenen Körnern entwickelt, doch gelegentlich auch in deutlicher Kristallform. Zersprungene Kristalle sieht man, wie das Dünnschliffbild 3 auf Tafel X zeigt, von Fluorit wieder verkittet. Der Fluorit ist überhaupt meist zuletzt ausgeschieden, kann aber gelegentlich auch mitten im Quarz eingeschlossen sein. Auffällig ist die braune Färbung, die der Fluorit vielfach auch in ganz dünnen Präparaten zeigt. Die Natur dieses staub- feinen Pigments konnte nicht ermittelt werden. Der Lithionglimmer ist grünlich gefärbt und oft in zonal aufgebauten sechsseitigen Täfelchen, meist aber nur in kleinen unregelmäßigen Schüppchen ausgebildet.

Außer den kleinen Zirkonkriställchen scheint kein Gemengteil des Aplits unberührt geblieben zu sein. Auch die Aplitquarze sind offenbar völlig umkristallisiert. Winzige Rutilnädelchen in Sagenit- form inmitten von Fluorit dürften die Stelle ehemaliger titanhaltiger Biotitschuppen des Aplits anzeigen.

Dort, wo der Aplit in Form von Trümchen zwischen die Gneise eingedrungen ist oder sie in schmalen Gängen quer durchsetzt, trifft

[15] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 283

man auch die Gneise verzwittert, indem Feldspat und Biotit Aggre- gaten, von Quarz, Topas, Lithionglimmer und Fluorit sowie den Erzen Platz machen mußten. Diese Umwandlung beschränkt sich jedoch nur auf 1 bis höchstens 2 cm. Der Feldspat erliegt der Zerstörung zuerst, dann erst kommt der Biotit an die Reihe.

Probeaufbereitungen des Haldenmaterials, die Ph. Schiller vornehmen ließ, haben einen Gehalt von 1—1'5°/, Zinn erwiesen. Ein Probepochen vom Jahre 1896 mit dortigem Haldenmaterial ausgeführt ergab 1:02%/, Sn, 0'1%/, Bi und 0'25°/, Cu.

Stufen von Zinnstein führenden Quarzgängen fehlen zwar im Material der Halden nicht, sind aber auffällig selten. Zuweilen ent- halten sie auch Krusten von violettem und grünem Fluorit.

Zu erwähnen ist noch, daß nördlich von der Zwickenpinge am östlichen Gehänge des neben der Pinge herunter kommenden Tälchens im Gneis ein Gangquarz mit Molybdänglanz anstehend gefunden wurde.

d) Der Granit von Groß-Geschrei.

Ein letztes Vorkommen von Ganggranit ist dasjenige im süd- östlichsten Teile des Knödeler Revieres auf dem Groß-Geschrei-Zug (siehe die Kartenskizze auf Tafel IX). Dieser Gangzug hat dasselbe ONO-Streichen wie der Mahler Zug. Die Baue sind zu sehr ver- brochen, um etwas Sicheres ermitteln zu lassen. Doch scheinen die dort auf der Halde liegenden Bruchstücke von schieferigem Biotitgneis mit einem 5—7T cm mächtigen Gang eines typischen Aplits anzudeuten, daß auch hier ein Granitgang der Sitz der Zinnsteinkonzentration war. Jedenfalls findet man aber auf den Halden außerdem auch quarzige Gangtrümchen mit Zinnstein und Kupferkies, die im Biotitgneis selbst aufsetzen.

7. Die Basaltgänge (blauen Klüfte).

An zahlreichen Stellen begegnete der Graupener Bergmann quer über seinen Zinnerzgängen übersetzenden sogenannten blauen Klüften, die alle sehr stark zersetzte Basaltgänge sind. Vom Salband sowie von Längs- und Querklüften aus sind diese Gänge in eine weiche, tonige Masse von blaugrauer Farbe umgewandelt worden, worin noch konzentrischschalige Reste von nur schwach zersetztem Basalt in Gestalt kugeliger Gebilde erhalten geblieben sind, wie es die Textfigur 6 zeigt.

Im folgenden seien einzelne Beispiele solcher „blauer Klüfte“ angeführt:

Der quarzflache Gang im Mückenberger Revier wird von einer blauen Kluft abgeschnitten, deren Gestein sich als nephelinarmer, wenig Glas führender Nephelinbasalt herausstellte.

Ein zweites Vorkommnis wird durch die Bruchstücke von Nephe- linbasalt auf der Philipper Halde im Steinknochener Revier bei Ober- graupen angezeigt. Das Gestein enthält viele mandelartige Knötchen von Kalzit und wird auch von Kalzitschnüren durchzogen.

Wiederholt wurden derartige Gänge im Martini-Stollen ange- fahren. Das Streichen ist, wie bei den in demselben Revierteile sehr

36*

254 Richard Beck. 2 [16]

häufigen Lettenklüften, die gewöhnlich älter sind, in der Hauptsache nordöstlich und nordwestlich. H. Kluge!) hat im Martini-Stollen folgende Basaltgänge (blaue Klüfte) festgestellt (Anordnung von S nach W):

: 40 cm mächtige, nach N 41° W streichende, unter 75° nach SW fallende Kluft nahe bei der Kübelstrecke.

2. Eine zweite, 3 m weiter hinten, 2—20 cm mächtige, streicht N 40° W, fällt unter 70° nach SW.

Blaue Kluft im Martini-Stollen. B=Basalt. L=Letten. K=Kalkspat. G@n=Gneis. Mächtigkeit 05 m.

3. Ein ganzes System von unter sich zusammenhängenden Basalt- klüften bei Feldort II ist auf Fig. 7 zur Darstellung gelangt, unter ihnen eine 15—20 cm mächtige Hauptkluft. Fig. 8 zeigt die Art der Verzweigung.

4. Kluft, welche die Hauptstrecke hinter der Abzweigung des Steigortes schneidet, zirka 50 cm, schlägt einen Haken. Ein Teil streicht N 720 O und fällt unter 80° nach N, ein Teil streicht N 320 O und fällt unter 80° nach NW. In der tonig zersetzten Masse sind viele noch unzersetzte Knollen übriggeblieben, wie Fig. 6 und 8 zeigen.

!) Manuskript in dem Geologischen Institut der kgl, Bergakademie in Freiberg.

17]

Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen.

Fig. 7.

—— Blaue Hrüfte.

30° euere sen Lettenklüfte i

Ä 2a RE Zr

Do.

System von Lettenklüften im Martini-Stollen im Grundriß,

285

5. Quer zum Stollen gerichtete Kluft, zirka 50 cm mächtig, streicht

N 76° W, fällt unter 85° nach SW. Verliert sich nach 20 m Länge an einer Lettenkluft.

mitunter Bruchstücke von Zinnerz ein.

Verzweiguug eiuer Letteukluft (blauen

Fig. 8.

Kluft) im Martini-Stollen,

Wo diese Basaltgänge die Zinnerzgänge durchsetzen, schließen sie

286 Richard Beck. ; [18]

An den Salbändern und auf sonstigen Spalten in den Blauen Klüften findet man mitunter Krusten von Kalzit und Aragonit.

Auch in anderen Revierteilen bei Obergraupen werden solche Basaltklüfte gelegentlich in alten Berichten unter der Bezeichnung Blaue Klüfte oder auch Faule Kutteln erwähnt.

Auch im Knödeler Revier fehlen diese Basaltgänge nicht. So wurde ein solcher 1866 mit nordwestlichem Streichen und einem Ein- fallen von 80° (nach SW?) im oberen Abenästern-Stollen angetroffen, ein anderer, ) m mächtiger im Morgenstern Stolln.

Es sei noch erwähnt, daß die Graupener Blauen Klüfte nach Prof. Dr. Precht (Hannover) am Elektrometer sich deutlich radio- aktiv erweisen.

8. Jungdiluviale und alluviale Gebilde. (Nebst Zinnseifen.)

Als solche haben die Schutt- und Geröllmassen zu gelten, die am Fuße der Gehänge sich angehäuft haben und namentlich am Aus- gange des Graupener Tales einen sanft nach der Ebene abgeböschten Schuttkegel bilden, der in seinen oberen Schichten vielfach aus Sand und Lehm besteht. Diese Massen enthalten Zinnstein und sind darum in alter Zeit durchgeseift worden. Noch aus dem Jahre 1806 wird ein Seifenbetrieb bei Graupen erwähnt, welcher damals 2 q Zinnstein ergab. Auch in dem letzten Jahrzehnt wurden gelegentlich beim Pflügen auf den Rosentaler Feldern Zinngraupen bis Taubeneigröße gefunden. Ein ellipsoidisches Rollstück von Zinnstein in der Größe einer Walnuß hob man im Jahre 1899 aus dem humosen Sand des Schuttkegels vor dem Graupener Tal zwischen Glöckners Haus und dem Hause Nr. 184.

Beim Balınbau wurde nahe der Haltestelle Mariaschein der Zinnsteingehalt einer alluvialen Geröllschicht auf 1/3, ermittelt.

Anhangweise sei erwähnt, daß auch die tertiären Schichten durch Zufuhr von Sediment aus dem Graupener Tale einen Gehalt an Zinn- stein erhalten haben. So enthielt der Sand über der Braunkohle des V. Schachtes der Grube Britannia Zinnstein in einer Waschprobe von 50 kg angeblich 7°5 g dieses Erzes.

II. Die Erzgänge.

Das Graupener Erzrevier wurde von alters her in folgende Ab- teilungen gegliedert:

1. das Steinknochener Revier, 2. das Mückenberger oder Obergraupener Revier, 3. das Knödeler (auch Knötler) Revier.

Das Steinknochener Revier umfaßt zunächst die Bergbaue, die durch die mächtigen Haldenzüge dicht im Westen von Öbergraupen sich kundgeben (siehe Tafel IX). Der Betrieb ist hier bis heute auf- rechterhalten ‘worden, wenn auch nur im bescheidenen Maße, insofern

[19] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 287

als jetzt ausschließlich auf dem Luxer oder Lucaszechner Gang gebaut wird. Das Mundloch des Neuen Martini-Stollen, der in der Richtung nach ONO zunächst auf 250 m im tauben Gestein getrieben ist, und sodann jenem Gange nach Nord hin folgt, befindet sich in SSW von ÖObergraupen nahe der Landstraße. Ferner gehörten zum Steinknochener Revier das südlich vom Forsthaus Mückenberg gelegene Stockwerk auf dem Preißelberge, dessen große Pingen noch heute die Aufmerksamkeit auf sich lenken, sowie die längst verfallenen Gruben der Günthers Zeche im Walde 300 m in WNN vom Preißelberge.

Das Mückenberger Revier umfaßte den Stockwerksbau, der den Anlaß zur Bildung der großen Pinge am Mückentürmchen gegeben hat, nebst dem kleinen Tagebau dicht an der Straße von Mückenberg nach Siebengiebel 200 m in W der Skt. Wolfgangs-Kapelle. Auch die Pingen auf der Anhöhe dicht südöstlich von Sign. 7766 im NO von Obergraupen und endlich die bedeutenden Pingen des Klösenberges (auch Glesenberg) in ONO des genannten Dorfes gehören zu diesem Revier.

Das Knödeler Revier endlich liest im NO der Stadt Graupen. Seine bekanntesten Bergwerke sind die auch noch in neuerer Zeit zugänglichen Gruben Abendstern und Morgenstern. Bereits im I. Teil dieser Abhandlung beschrieben wurden die in dieses Revier gehörigen, Zinnstein führendenGreisenvorkommnisse des MahlerZuges, der Zwicken- pinge und von Groß-Geschrei, die am besten im engen Zusammen- hang mit den Graniten ihre Erledigung fanden.

1. Das Steinknochener Revier. a) Der Luxer Gang und die anderen früher bebauten dortigen Erzgänge.

Als der am genauesten bekannte Gang des Steinknochener Re- vieres, der jetzt allein noch durch den Ortsbetrieb im Martini-Stollen aufgeschlossen ist, hat der Lucaszechner oder Luxer Gang zu gelten. Er streicht hor. 12 und fällt gewöhnlich unter 35° nach W ein. In diesem seinem nordsüdlichen Streichen weicht er von den meisten anderen Gängen des Steinknochener Revieres ab, die zwischen OW und NO (meist ONO) streichen.

Die Mächtigkeit des Luxer Ganges schwankt zwischen 02 und 0:3 m. Das Mittel aus 20 Messungen an verschiedenen Stellen war 024 m. In gleicher Weise wurde als durchschnittliche Mächtigkeit der Imprägnationszone im Hangenden des Ganges 0:05 m, im Liegenden 0085 m ermittelt. Stellenweise zerschlägt sich der Gang in 3 bis 4 annähernd parallele, minder mächtige Trümer, die sich wieder an- scharen oder sich im Nebengestein, dem Biotitgneis, auskeilen. Zu- weilen umschließt der Gang kleinere Schollen von stark zersetztem Gneis.

Die Zusammensetzung des Luxer Ganges ist keine gleichmäßige. Wohl die vorherrschende Gangart ist milehweißer, gewöhnlich; etwas querstengeliger und drusiger Quarz. Manche Trümer oder Ab- schnitte von Trümern stellen dagegen ein Gemenge von ziemlich grob- körnigem Orthoklas und violblauem Flußspat dar. Unter ihnen gewinnt der licht fleischfarbene Orthoklas, welcher fast immer perthi-

288 Richard Beck. [20] tisch mit Albit verwachsen ist, zuweilen auf kurze Erstreckung hin die Oberhand. Dunkelgrüner Lithionglimmer zuweilen in Kristallen, und weißliches Steinmark brechen ebenfalls ein. Eine sehr stein- markreiche Gangpartie umfaßte an einer Stelle bis 12 cm lange, beider- seitig mit Pyramiden versehene Quarzprismen, wiederum besetzt mit Lithionglimmer und mit Flußspatwürfelchen. Ganz selten wurden auch graugrüne bis grünblaue Kriställchen von Apatit angetroffen. Nur in den letzten Jahren hat man auf gewissen Gangabschnitten an Apatit sehr reiche Partien angehauen. Ein sehr seltener Gemengteil ist der Triplit. Auch strahliger Pyknit ist mir nur vereinzelt in die Hände gekommen. Zirkon bemerkt man nur mikroskopisch.

Der braun oder gelblieh gefärbte Zinnstein, das Haupterz, ist wo er in größerer Menge einbricht, gewöhnlich ziemlich gleichmäßig verteilt und in ziemlich großen gedrungen-säuligen Kristallen von der bekannten Graupenform ausgebildet. Zuweilen findet sich im Quarz eingewachsen auch etwas Wolframit, und eine zur Untersuchung gelangte Druse im Quarz enthielt Kristalle von Zinnstein mit einem aufsitzenden schönen Zwillingskristall von Scheelit. Gewisse Gang- partien waren sogar ziemlich reich an Wolframit. Einige enthielten auch etwas gediegenen Wismut, aber nur ganz vereinzelt Em- plektit. Neben der eigentlichen Zinnerzgruppe stellt sich nur ganz selten inmitten der Flußspat führenden Partien Kupferkies und Bleiglanz ein. Auch ein den Luxer Gang abschneidender, 3 cm mächtiger Verwerfer enthielt diese Erze. Aus der Zersetzung des Kupferkieses sind zuweilen Malachit und Azurit hervorgegangen. Fremdartig erscheint auf diesem Zinnerzgange der indessen ebenfalls nur ganz untergeordnet vorkommende krummschalige Baryt. Solche Drusen von Barytkristallen, mit Braunspat besetzt, sind übrigens als ganz jugendliche Bildungen innerhalb der Gangkluft zu be- trachten.

Um ein möglichst genaues Bild vom mineralogischen Charakter des Ganges zu erhalten, hat H. Kluge an 20 verschiedenen Stellen die Beteiligung der Hauptgemengteile prozentuarisch möglichst genau abgeschätzt. Die erhaltenen Durchschnittswerte waren für Quarz 61°/,, Glimmer 18°/,, Feldspat 11°/,, Steinmark 5'5°%/,, Flußspat 4'50%),.

Die vorwiegende Struktur des Ganges ist eine massiggrobkörnige, zuweilen mit Andeutung einer Querstellung der Quarzindividuen, wo diese vorherrschen. Die Perthit neben Fluorit enthaltende Ausbildung der Gangmasse besitzt nicht selten Breccienstruktur infolge späterer Zerdrückung der körnig-kristallinen Aggregate.

Das Nebengestein ist in der Nachbarschaft quarzreicher Trümer des Feldspates verlustig gegangen und verquarzt, auch mit grünem Lithionglimmer nebst etwas Fluorit und Zinnstein imprägniert. Neben den Perthit-Fluorit enthaltenden Trümern führt zwar das Neben- gestein zugewanderten grünen Glimmer, Fluorit, Apatit und Zinnstein, der Orthoklas des Gneises aber hat sich erhalten, ja ist anscheinend um neu eingeführten perthitischen Orthoklas vermehrt worden. Eine Umwandlung des Gneises in typischen topasreichen Zwitter oder Greisen wurde am Luxer Gang nirgends beobachtet.

[21] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 289

Zu diesen Feststellungen mögen noch weitere Erklärungen und einige, eingehendere Beobachtungen am Luxer Gang hinzugefügt werden.

Die Form und die Struktur des Ganges im großen wird am besten an einer Anzahl Gangbildern vorgeführt, deren wir im Laufe der Jahre viele aufgenommen haben. Diese Bilder geben zugleich die Art der Verteilung der Gangarten und Erze in dem Gange wieder. Die Figuren (9—15) und deren jedesmal untenstehende Erklärungen machen weitere Erläuterungen in dieser Hinsicht überflüssig.

Fig. 9.

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Anbruch auf dem Luxer :Gang im Winter 1912, aufgenommen von H. Kluge.

9g=Gmneis. g=Quarz zum Teil mit freien Kristallen, bei 5 zwischen diesen Braunspat. f=Feldspat. gl=Lithionglimmer. f=Fluorit. Z=Zinn-

stein. W= Wolframit. -- i—=Zwitterzone längs der beiden Salbänder.

Endlich mögen noch einige Beobachtungen über die mikro- skopische Gangstruktur folgen, die vielfach zugleich die Suk- zession der einzelnen Mineralien aufklären können. Es wurden zu diesem Zwecke sehr zahlreiche Dünnschliffe aus ganz verschiedenen Regionen des Ganges untersucht.

Was zunächst das am meisten vorherrschende Mineral, den Quarz, betrifft, so befinden sich die großen unregelmäßigen, oft sten- gelig gestreckten Individuen sehr gewöhnlich unter starker Spannung. Manchmal sind sie von einem ganz engen Maschenwerk von feinsten Spältehen durchzogen, die zwei stumpfwinkelig sich schneidende Sy- steme bilden. Die Diagonale lief in einem Falle, wo deren Lage im Gange festgestellt werden konnte, parallel mit dem einen Salband. Zuweilen sieht man in den Dünnschliffen zarte Zonen durch die Quarz- aggregate laufen, innerhalb deren eine völlige Zermalmung dieses

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Beck.) 37

290 Richard Beck. : [22]

Fig. 10.

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Anbruch vom Herbst 1911 »ach H. Kluge. a— Apatitkristalle und d=Scheelit, in einem Drusenraum, sonst wie bei Fig. 8.

Gemengteiles erfolgt ist. Wie allerwärts auf Zinnerzgängen enthalten die Quarze viele Flüssigkeitseinschlüsse. Dem Alter nach ist der Quarz zum Teil älter als wie der Feldspat. Doch erstreckt sich seine Bil- dung auch noch auf spätere Zeitabschvitte, jedoch scheint er nicht jünger wie die Feldspäte zu sein. Größere (Quarzkristalle zeigen zonalen Aufbau. Der Kern ist mehr durchsichtig als die weißliche trübe Hülle.

Anbruch auf dem Luxer Gang im September 1902 nach R. Bec’k. Erklärung wie vorher.

[23] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 291

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Zerschlagung des Luxer Ganges in mehrere Trümer nach einen Aubruch im Sep- tember 1902 nach R. Beck.

f=körnigkristallines Gemenge von Fluorit und Perthit, sonst wie vorher Bild- höhe 1 m.

Die Orthoklase sind gewöhnlich perthitisch mit Albit ver- wachsen, der auch selbständige Individuen bildet. Im folgenden geben wir eine 1902 von Ed. Kupffer im chemischen Laboratorium der kgl. Bergakademie ausgeführte Analyse eines möglichst rein ausge- suchten Perthites vom Luxer Gang:

Prozent Kieselsäure .-. . .. 0629 Tonerde, m .ha vsnskeren DT Eisenoxyd . . . . »4-41:06 IE Re FA Masnesia 0. 02.0.3.2.028 LT ee Nato 0

10025

Schon im großen kann man einen älteren, gewöhnlich ganz licht- lachsrot gefärbten Feldspat und einen jüngeren von mehr gelblich weißer Färbung unterscheiden. Diese beiden Generationen, von denen

37*

2923 in Richard ‚Beck. 2 ; [24]

die zweite in der Hauptsache aus Albit besteht, machen sich in fast allen Präparaten bemerkbar. Die jüngeren umsäumen den älteren oft, wobei sie blattartige, an Eisblumen erinnernde Wachstumsformen an- nehmen. In ähnlicher Weise umgeben sie auch nicht nur die großen unversehrten Fluoritwürfel, Glimmertafeln und Zinnsteinkörner, sondern auch scharfeckige Fluoritscherben und stark korrodierte Apatite. Die Feldspatbildung erstreckt sich demnach auf eine sehr lange Zeit, und

Fig. 13.

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Luxer Gang beim ersten Stroßenbau von Süd her im September 1901 nach R. Beck. Bildhöhe 1'5 m.

Aufnahme quer zum Streichen. Erklärung wie bei den früheren Ganehildern.

zwar in der Weise, daß fortschreitend mehr und mehr der Albit über dem Orthoklas die Herrschaft erhält. Man vergleiche zu dem Gesagten das Dünnschliffbild Fig. 4, Tafel X.

Der Fluorit zeigt häufig zonalen Aufbau aus äußeren farb- losen und inneren violett durchscheinenden Schichten. Die Entstehung der großen Würfel scheint zwischen derjenigen der älteren und jüngeren Feldspate zu fallen. Es hat nämlich den Anschein als ob der lichtlachsrote Perthit teilweise von den Fluoritkristallen verdrängt worden ist. Flüssigkeitseinschlüsse mit mobiler Libelle beherbergt er nicht selten. Diese sind linear, sonst aber ohne bestimmte Anordnung verteilt. Zerbrochene Fluorite sieht man im Dünnschliffbild Fig. 1,

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[25] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 293

Tafel XI. Das Vorkommen des Fluorites in zwei Generationen zeigte auch eine Stufe von dunklem violettem Flußspat mit aufsitzenden gelben Würfelchen desselben Minerals.

Der dunkelgrünlichgraue bis schwarze Lithionglimmer (Rabenglimmer) tritt in verschiedenen Generationen auf. Er umgibt mitunter den Quarz und älteren Feldspat als ältere Kruste gegenüber den jüngeren Feldspaten. Dies sieht man unter anderem an schmalen Trümchen, die vom Gange aus ins Nebengestein hinaus gehen oder eingeschlossene Schollen desselben durchziehen. Anderseits bemerkt man zuweilen größere Individuen des älteren Glimmers, die rings

Fig. 14.

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Verwerfung des Luxer Ganges durch einen steiler fallenden Zinnerzgang. Aufnahme quer zum Streichen der beiden Gänge beim großen Abbau im September 1901 nach R. Beck.

Erklärung wie oben. Mächtigkeit des Luxer Ganges 0'3 m, des Verwerfens O'1 m. l= Lettenbesteg.

von jüngerem Feldspat umgeben sind. Eine jüngere Generation von Glimmer nimmt an der wesentlich aus jüngerem Feldspat bestehenden Grundmasse Anteil, die in manchen Gangpartien die größeren Mineral- individuen umgibt. Im Dünnschliff zeigt der Glimmer starken Pleo- chroismus, und zwar in folgenden Farben: Entweder ist a lichtgrün, b blaßgrünlichbraun, c lichtbraun oder a lichtgelblichbraun, b und c braun. Manchmal wird ein dunkleres Blatt von einer lichter gefärbten Zone rahmenartig umgeben. Die dortigen Bergleute halten die glimmerreichen Gangpartien für die an Zinnstein reichsten. Dies konnte vielfach bestätigt werden und zeigt sich auch unter dem Mikroskop darin, daß Glimmerblätter nicht selten Zinnstein einschlieben, manchmal sogar große Mengen davon, wie Fig. 2 auf Tafel XI er-

294 Richard Beck. | [26]

kennen läßt. Gegenüber dem Fluorit ist der Glimmer gewöhnlich das ältere Mineral. Zuweilen werden scharfe hexagonal umrandete Glimmer- blätter von Fluorit umschlossen. Alsdann bemerkt man, wie Fig. 3 auf Tafel XI zeigt, innerhalb des Fluorites senkrecht zu den Rändern des Glimmerkristalles gestellte winzige Stengel eines farblosen oder trüben doppeltbrechenden Minerals unbekannter Art. Dort, wo dasselbe Glimmerblatt an Feldspat grenzt, fehlt dieser Franzensaum. Zirkon- kriställchen innerhalb des Lithionglimmers sind in der bekannten Weise von pleochroitischen Höfen umgeben, innerhalb deren in der betref- fenden Stellung zum Nikolhauptschnitt eine fast völlige Absorption des Lichtes eintritt.

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Ausbildung des Luxer Ganges als Lentikulargang. Abbauort im September 1901 nach R. Beck.

Quer zum Streichen; Profilhöhe 2 m, ohne deutliche Zwitterzonen.

Lichtblaugraue, scharf ausgebildete Kristalle von Apatit (Prisma und Basis) von 5—8 mm Länge und 5—5 mm Dicke wurden in einem alten Brandort des Martini-Stollens aufgefunden. Sie saßen fast un- mittelbar der Gangkluft des Luxer Ganges auf. Sehr gewöhnlich ist der Apatit innerhalb der wesentlich aus Feldspat und Flußspat bestehenden Gangpartien anzutreffen. Ganz ungewöhnlich reich daran war ein Anbruch 20 m über der Martini-Stollensohle an einem Ver- werfer. Hier bestand die Gangmasse zur Hälfte aus Feldspat und etwas Flußspat, zur anderen Hälfte aus lichtgrünlichgrauem Apatit in abgerundeten Kristallkörnern von 0°5—3, selten bis 5 mm im Durchmesser. Der Apatit gehört zu den ältesten Bildungen und hat bald nach seiner Abscheidung starke Korrosion auszuhalten gehabt. Seine plumpen Säulen erscheinen dann an den Enden wie ausgefranzt,

295

[27] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. wie Fig. 4 auf Tafel XI zeigt, oder sind durch sekundäre Auflösung skelettartig entwickelt. Solche stark angegriffene Apatite wurden als Einschlüsse im Feldspat, im Lithionglimmer und im Fluorit beobachtet, zuweilen wurde auch eine Umhüllung derselben durch Zinnstein- aggregate festgestellt. Einmal nur bemerkte man einen Einschluß von Zinnstein innerhalb von Apatit. Hier war jedoch eine sekundäre Einwanderung nicht ausgeschlossen.

Auch die Apatite nahe am Salband im Nebengestein sind früh- zeitig entstanden und später oft wieder stark korrodiert worden. Fig. 1, Tafel XII gibt ein Beispiel hierfür.

Der Apatit vom Anbruch 20 m über der Martini-Stollensohle ließ sich mittels Kleinscher Lösung leicht von den Feldspaten trennen, desgleichen das erhaltene Konzentrat auf dem Sichertrog völlig von dem noch beigemengten Zinnstein befreien. Eine so erhaltene Probe, die sich unter dem Mikroskop als völlig reiner Apatit erwies, wurde von Herrn Dr. Erich Ebert im chemischen Laboratorium für ange- wandte Chemie der Freiberger Bergakademie analysiert. Zwei Analysen ergaben die Werte unter I und II nebst beistehenden Mittelwerten:

I. II. Mittel P’r!o) meint

th Si 2-35 2-15 2:25 ee! 0-01 0:01 BO, . 5514 54:96 55.05 Ce 279 ai) 35:94 56-02 Eon 086 078 082 Mn . 320 342 331 SiO, 0.59 0-55 0:57 Glühverlust . . _ 0-85 Summe . 98:88

Wenn diese Werte in die Form gebracht werden, wie sie in C. Doelters Handbuch der Mineralchemie, Bd. 111.3. für die Phos- phate angewandt wird, haben sie zu lauten:

I. TI: Mittel Berzorzrennet

Cal) 50.59 50:28 50:39 Mn() 4:13 4-42 4:27 FeO 1-11 1:00 1:06 D.0, 4121 41:08 41:14 Em 2.35 2:15 2.25 Com 0:01 001 001 Si0, 0:59 055 0:57 Summe . 99:99 99:49 99:69

+ 0'85 Glühverlust

100'54

296 Richard Beck. [28]

Danach ist der Graupener Apatit ein sehr manganreicher Fluor- -apatit. Unter den Analysen bei C. Doelter kommt der unserigen die unter Nr. 74 angeführte K. Waltersche des gelblichen Mangan- apatites aus Drusenräumen des Pegmatites von Luxullian in Cornwall am nächsten). Die Paragenesis dieses Minerals weicht insoferne von unserem Vorkommen ab, als sowohl Granit wie Pegmatit von Luxullian viel Turmalin enthalten. Im übrigen begleitet den AA auch dort Kalifeldspat, Albit, Lithionglimmer und Fluorit.

Der Apatit von Graupen erwies sich als optisch negativ.

Immerhin ein nur seltener Gemengteil des Luxer Ganges ist ein anderes Phosphat, der Triplit. Er findet sich in fettglänzenden rötlichbraunen Körnern und bis nußgroßen rundlichen Klumpen inner- halb einer quarzreichen Gangpartie nahe am Salband und: wird hier oft von Lithionglimmerblättchen umgeben. Im Dünnschliff erscheint der Triplit farblos oder mit einem wolkig verteilten lichtkaffeebraunen Pigment. Er ist immer von zahllosen ganz unregelmäßigen Sprüngen durchsetzt, während man eine gesetzmäßige Spaltbarkeit vermißt. Zwischen gekreuzten Nikols wird er in ähnlichen Farbentönen hell wie der Apatit. Der Brechungsexponent liegt weit höher wie beim Kanadabalsam. Man vergleiche hierzu Fig. 2, Tafel X11.

Strahliger, schon stark zersetzter Pyknit darf nur als Seltenheit bezeichnet werden. Auch mikroskopisch ist der Topas gar nicht oder nur ganz spärlich vorhanden. Hier herrscht demnach ein auffälliger - Gegensatz zwischen dem Luxer Gang und anderen Graupener Gängen.

Den Zirkon halten wir für ein Gangmineral. Schon die Größe seiner Kriställchen spricht dagegen, daß sie nur Reste aus verdrängtem Nebengestein darstellen. Jedenfalls gehören diese Zirkone zu den frühesten Ausscheidungen und finden sich mit Vorliebe als Einschlüsse im Lithionglimmer.

Stein mark und ähnliche schwer von ihm abzugrenzende Gemengteile sind häufig.

Die noch übrigen nichtmetallischen Mineralien des Ganges, Braunspat und Baryt, sind die letzten Bildungen. Braunspat ist besonders in den Lücken zwischen den Feldspatkörnern recht häufig. baryt scheint seine Entstehung viel späteren Infiltrationen zu verdanken.

Unter den Erzen ist der Zinnstein in schöner Kristallform, und zwar in Gestalt von typischen Visiergraupen von unserem Gange bekannt. Ungewöhnlich und nicht häufig ist die Ausbildung in strahlig- büschelig aufgebauten Krusten oder nierigen dergleichen Aggregaten von mikroskopischen Dimensionen. Einmal beobachteten wir eine solche strahlige Kruste als Umrandung eines Apatitkornes, häufiger umschließen sie einen Kern von Hämatit. Zum Vergleich mag auf ein viel schöneres Beispiel einer derartigen Wachstumsform nach Glaskopfart aus dem Stockwerke von Geyer hingewiesen werden. Es fand sich dort in einem Greisen, der aus grünem Lithionglimmer, Topas, Fluorit, wenig Quarz, viel Zinnstein, auch in typischen Kristallen und Körnern, und gelber Zinkblende besteht.

%) R. Walter, Über Apatit vom Epprechtstein in Bayern und von Luxullian in Cornwall. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. 23, pag. 581ff. (1907). In beiden Analysen genügt übrigens die Menge der P,O, nicht zur Bindung des garzen Mn O!

[29] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 297

Der Wolframit wird im Dünnschliff nur in ganz dünnen Schliffen durchscheinend. Es zeigte sich, daß er mitunter Zinnstein ein; schließt, wie es Fig. 3, Tafel XII erkennen läßt. In diesem Falle konnte nicht sicher entschieden werden, welches von beiden Erzen zuerst aus- geschieden ist. Da aber auch am Außenrande des Wolframites Zinn- steinkriställchen angeschlossen sind, wie die Figur zeigt, ist es wahr- scheinlicher, daß auch die Einschlüsse im Innern eingewandert sind, indem sie Berstungsrisse zu ihrer Ansiedelung benützten.

Scheelit ist ein seltenes Drusenmineral von später Bildung.

Gediegen Wismut findet man hier und dort in Quarz ein- gewachsen. Quarzdrusen enthielten auch äußerst selten nadeldünne Säulchen von Emplektit.

Kupferkies und Bleiglanz verdanken ihre sehr seltene Gegenwart auf dem Gange wohl späten Infiltrationen.

Das folgende Schema gibt eine Übersicht von den auf dem Luxer Gang vorkommenden Mineralien nach ihrer Häufigkeit georinet und mit Angabe ihrer Sukzession:

Mineral | Ältere Bildungen | Jüngere Bildungen

Feldspat

Fluorit

Lithionglimmer ers

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ZInnsteier me spe Med on, nn

ge BIRINETTARTTE I

ZIEkODER rnchs Arsen Ar En

Bramuspat LAD >, = Ged- Wismut, . .. R IR pr 2 Bcheelt win la aus, mu

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Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Beck.) 38

298 Richard Beck. [30]

Nach dem Gesagten stellt der Luxer Gang einen Typus von .Zinnerzgängen dar, welcher den Pegmatiten nahe steht. Das starke Vorwiegen von Fluorit neben dem Orthoklas und Albit gibt ihm eine besondere Färbung. Im gewissen Sinne kann hier an die aus Alkali- feldspat, Fluorit und Eisenglanz bestehende von V.M.Goldschmidt!) beschriebene Gangmasse von Rien im Kristianiagebiet erinnert werden. Sie wird von ihm als pneumatolytische Grenzfazies des dortigen Granitites betrachtet.

b) Andere Gänge des Steinknochener Revieres.

Außer dem Luxer Gang hat man bei Beginn des Betriebes im Martini-Stollen nach Schiller und Lewald noch einen zweiten zwischen hor. 9 bis 12 streichenden und unter 30 bis 40° nach W fallenden Gang von 1'7 cm Mächtigkeit angefahren, der fast ganz aus hellfarbigem bis weißem Zinnstein bestand, zwischen welchem Partien von schwach rötlichem Orthoklas lagen. Die beiden Salbänder dieses Ganges bestanden hauptsächlich aus feinschuppigem Glimmer.

Von den übrigen zurzeit nicht aufgeschlossenen Gängen des Steinknochener Revieres erwähnen ältere Nachrichten besonders den Sterner oder Fimmler Hauptgang und eine große Anzahl schmälerer Gänge, sogenannte Gefährten, wie z. B. das Glimmer- sefährte, das nach überlieferten Gangstücken vorwiegend aus hell- grünem Steinmark mit Zinnstein und wenig Quarz bestand.

Die meisten dieser Gänge waren, wie Bruchstücke auf den Halden zeigen, sehr quarzreich und enthielten besonders nahe am Salband, im Gegensatz zum Luxer Gang, viel feinverteilten Topas.

Manche der Steinknochener Gänge waren, wie deren Bruchstücke auf den alten Halden beweisen, von1 bis 10 cm breiten Zwitterzonen im Nebengestein begleitet.

Die mikroskopische Untersuchung dieser Zonen ergab folgendes:

Das Gestein besteht dicht am Erzgang in erster Linie aus Quarz, in zweiter aus Topas nach einer rohen Schätzung etwa im Verhältnis von 10:1 bis 20:1. Der Quarz bildet körnigkristalline Aggregate von Pflasterstruktur. In diesen liegen zahlreiche sehr unregelmäßige, häufig skelettartige Topaskörner. Zuweilen nimmt einen großen Teil des Gesichtsfeldes ein solches skelettartiges, stark verzweigtes, aber optisch einheitliches Topasindividium mit durchgehenden Spaltrissen ein. Besonders bei Anwendung starker Objektive tritt diese Skelett- struktur des Topases gut hervor. Die Körner erscheinen hier sieb- artig durchlöchert. Der Feldspat des Gneises ist völlig zerstört. Der Gneisbiotit ist bis auf geringe Überreste zersetzt worden. Neben dem Topas ist auch etwas Lithionglimmer und wenig Fluorit eingewandert sowie endlich Zinnstein, dessen Körnchen man als Einschlüsse auch inmitten von Quarz und Topas findet. Einzelne eingestreute Zirkone sind hier wohl als Gemengteile des Gneises zu betrachten. Die flaserige Struktur des Gneises ist insofern im Zwitter nicht ganz

!) V.M. Goldschmidt, Die Kontaktmetamorphose im Kristianiagebiet. Kristiania 1911, pag. 65.

[31] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 299

verloren gegangen, als der Topas sich in parallel zu der ehemaligen Flaserung gestreckten Streifen angereichert hat. Der Titangehalt des’ ehemaligen Biotites ist im Gestein verblieben und hat sich in Gestalt sehr dunkelgefärbter kleiner Körner von Rutil ausgeschieden. Ihre Bestimmung ist dadurch erleichtert, als einige auch deutliche Prismen und ab und zu auch knieförmige Zwillinge bilden.

c) Der Tagebau von Günthers Zeche und die Pingen südlich vom Preißelsberg.

Diese alten bergmännischen Baue schließen sich am besten dem Steinknochener Revier an.

Der stark verfallene Tagebau, genannt Günthers-Zeche, befindet sich im Walde etwa 450 m in WSW vom Mückenberger Forsthaus noch innerhalb des Graupener Granitmassives, jedoch nahe am Nord- rand desselben. Der Tagebau hat die Form einer breiten N. 10° streichenden Kluft. Im Hintergrunde bemerkt man verbrochene Gesenke und die Mundlöcher von Stollen, die nach NNO hin getrieben sind. Wenige Schritte östlich von dem Tagebau endlich liegt eine Schachtpinge.

Da Nachrichten über Günthers-Zeche fehlen, läßt sich nur noch feststellen, daß in ihrem Bereich ein mittel- bis feinkörniger, glimmer- armer Granit ansteht, der sich von Klüften aus in dunkelgrauen, Zinnstein führenden Zwitter umgewandelt zeigt. Da der Betrieb kein bedeutender gewesen zu sein scheint, so dürften die dortigen Zwitter nur arm an Zinnerz gewesen sein.

Ebensowenig weiß man über die verfallenen von N nach S angeordneten Pingen im Granitgebiet südlich vom Preißelsberg. Die Anordnung läßt auf gangförmige Vorkommen schließen.

2. Das Mückenberger Revier.

a) Die Zinnerzgänge am Mückenberg.

Das leider jetzt unterirdisch gar nicht mehr zugängliche Mücken- berger Revier war noch 1868, zur Zeit, als Schiller und Lewald ihre Beschreibung veröffentlichten, durch den tiefen und den oberen Antoni-Stollen aufgeschlossen. Aus der angeführten Schilderung sowie aus den aus jener Zeit stammenden Rissen ergibt sich folgendes:

Die sehr zahlreichen Mückenberger Zinnerzgänge streichen meist nach NO bis NNO und fallen ziemlich flach nach NW und WNW, während nur einzelne derselben ein Streichen nach WNW bis NW und ein Fallen nach SW aufweisen. Dieses widersinnig zum Abfalle der Gebirgsoberfläche gerichtete Einfallen hat in älterer Zeit dem Bergbau viele Schwierigkeiten bereitet, bis die erwähnten Stollen auch größere Teufen erschlossen.

In der letzten Betriebsperiode hat man hauptsächlich auf dem Quarzflachen und auf dem Kreuzgänger Flachen Abbau getrieben. Ersterer streicht hor. 5 bis 6, letzterer hor. 4 bis 5. Beide fallen unter 16 bis 18° nach NNW. Ihre Mächtigkeit beträgt 2 bis 11 cm.

38*

300 Richard Beck. [32]

Die Ausfüllung des Quarzflachen bestand nach den in der Ph. Scehiller’schen Reviersammlung erhaltenen zahlreichen Stufen vorwiegend aus Quarz, Orthoklas, Lithionglimmer, Flußspat und Zinn- stein. Zuweilen war eine zonale Gruppierung dieser Bestandteile wahrzunehmen, indem vom Salband nach der Mittellinie Zonen von 1. Flußspat, 2. Glimmer, 3. Flußspat und 4. Zinnstein aufeinander folgten. Der Zinnstein bildete zum Teil große braune Kristalle und neben diesen auch gelbe, körnigkristalline Aggregate. Mehr unter- geordnet trat inmitten des Quarzes gediegen Wismut und am Salband Molybdänglanz auf. Manchmal zog sich nahe am Gang eine 3 bis 4 cm breite Parallelkluft mit viel gediegen Wismut hin. Auch fast nur aus Zinnstein oder wenigstens aus daran sehr reichem Quarz bestehende, 1 bis 2 cm dicke Paralleltrümer kamen vor. Das Nebengestein zwischen dem Hauptgang und diesen Gefährten war in Zwitter umgewandelt. Derber Kupferkies brach selten ein. Auch Wolframit, Wismutglanz, Pyrit werden erwähnt. Schwerspat, auch kristallisiert, wird als Seltenheit genannt. In Flußspatdrusen saßen als’ letzte Bildungen zuweilen noch Braunspat und Arsenikalkies auf. Sekundär gebildete Mineralien der obersten Teufen sind endlich Skorodit, Malachit, Kupferlasur und gediegen Kupfer. Dort, wo der Gang die 10 bis 15 m mächtigen Quarzporphyrgänge durchsetzt, zerschlägt er sich häufig in kleine Trümer, die von beiderseitigen Zwitterzonen begleitet und zuweilen reich an Topasprismen waren. Von der Blauen Kluft, einem wenig mächtigen Gang von nephelinarmem, etwas Glas führenden Nephelinbasalt, wird der Quarzflache glatt und ohne Verwerfung durchsetzt.

Am Salband ist der Gang gewöhnlich fest mit dem Nebengestein verwachsen, nur selten läßt er sich leicht ablösen. Auch das ver- zwitterte Nebengestein lohnte bisweilen die Verarbeitung auf Zinn- stein. Die Erzverteilung überhaupt war eine recht ungleiche.

Der Kreuzgänger Flache verhielt sich ähnlich.

Etwas andere Ausbildung besaß der bis 028 m mächtige Un- verhofft-Flache, insofern als viel Steinmark an seiner Ausfüllung sich beteiligte. Im allgemeinen waren die steinmarkreichen Gang- abschnitte zugleich die zinnsteinreichsten. Eine Gangstufe des genannten Ganges baut sich aus folgenden Zonen auf: 1. Steinmark mit Kristallen von hellem Glimmer und von Zinnstein. 2. Zinnstein in Graupen- kristallen. 3. Graues Steinmark mit fein eingesprengtem Zinnstein. 4. Zinnstein in Graupen (wohl symmetrische Wiederholung von 2).

Ein paar Stufen der Freiberger Sammlung, die aus dem Jahre 1871 stammen, zeigen diesen Gang in prachtvoller Entwicklung. Man unterscheidet daran deutlich zwei Zonen: die eine mit viel Quarz und mit sehr großen Kristallen von Zinnstein, worin die beiden Mineralien an Menge sich etwa wie 3:1 verhalten; die andere fein- körnige, ganz dunkel gefärbte, worin Quarz zu Zinnstein etwa wie 1:30 bis 50 sich verhält.

Am reichsten waren die Stellen, wo der Unverhofft-Flache in einen der dortigen Quarzporphyrgänge eintrat. Von einer solchen Stelle stammt das in der Werksammlung zu Mariaschein befindliche Prachtstück, das wir auf Tafel XIII abbilden. Die Kanten dieser

[33] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 301

Stufe messen 25X20X17 cm. Die Hauptpartie mit den schönen ein- gesprengten Zinnsteinkristallen ist wesentlich Steinmark. Die dunkler erscheinenden Partien oben und unten dagegen stellen einen körnig- kristallinen Topasfels dar. Zwischen den hier gedrungenen, nicht skelettförmigen Topaskörnern bemerkt man nur vereinzelte Glimmer- blättchen und Nester von höchst feinkristallinem Steinmark, hier und dort auch eine Zinnsteingraupe, jedoch gar keinen Quarz (Fig. 4, Tafel XII).

Bei G. C. Laube beschrieben findet man ferner den auf den drei Hörlschächten früher abgebauten Hörl- oder Hörnel-Gang, auch Mansueter Gang genannt, der bei nordöstlichem Streichen unter 15° nach NW einschießt. Die Ausfüllungsmasse dieses wenig mächtigen Ganges bestand zumeist aus Steinmark, Glimmer und Eisenglimmer, sowie Eisenglanz und etwas Fluorit. Der Zinnstein war gewöhnlich längs des liegenden Salbandes konzentriert, konnte aber auch als derbe Platte die ganze Kluft füllen.

Ebenfalls noch zu Laubes Zeit im Abbau begriffen war das Panthner-Gefährtel auf der Grube Kreuzgang. Gefährtel nannte man die unter ganz flachem Winkel einfallenden sehr schmalen Zinn- erzgänge des Mückenberges. Das Panthner Gefährtel bestand aus rötlichem Steinmark mit langen flachen linsenförmigen Imprägnationen mit Zinnstein am liegenden Salband.

An der Stelle, wo heute die große Pinge des Mücken- berges sich befindet, waren die Gänge in so großer Zahl entwickelt und neben ihnen waren so ausgedehnte Partien des aus flaserigem Biotitgneis, Granitgneis und Quarzporphyr bestehenden Nebengesteins in zinnsteinhaltige Zwitter oder in Greisen umgewandelt, daß man Weitungsbau auf diesem Stockwerk treiben konnte. Zurzeit bietet die erwähnte Pinge nur sehr unvollständige Aufschlüsse. Die von Schutt und Geröll freien Teile der Wände bestehen in der Hauptsache aus flaserigem Biotitgneis, der nur im südlichsten Teile der Pinge, dicht am Mückentürmchen, durch fast massigen Granitgneis vertreten wird. An der nordwestlichen Wand streicht ein etwa 5m mächtiger, ungefähr saiger stehender und nach ONO streichender Gang von Quarzporphyr zutage. Außerdem besteht die ganze nördlichste Ecke der Pinge aus diesem Gestein. Wahrscheinlich haben sich dort zwei Porphyrgänge vereint. Erzgänge sind anstehend nicht mehr sicher nachweisbar. Etwas nördlich von der eigentlichen Pinge, in der Richtung N O vom Turm des Mückentürmchens aus gelegen, ist durch einen 3m breiten und N 57 bis 60° W streichenden kluftartigen Tagebau eine Steilwand von stark verzwittertem Quarzporphyr bloßgelegt. An einer zweiten kleineren, mehr südlich gelegenen Entblößung sieht man das südliche, O—W streichende Salband dieser Porphyrmasse gegen den Gneis aufgeschlossen. Der mächtige Porphyrgang scheint nach N einzufallen. In der Richtung nach NNO hin ist in demselben Porphyr, wie eine kleine Pinge beweist, ein gänzlich zu Bruche gegangener Schacht angesetzt gewesen.

Der Bergbau ist im Bereiche der Mückenberger Pinge wohl hauptsächlich den Zwittern, weniger den Gängen selbst nachgegangen. Die ersteren waren zwar reich an Zinnstein, enthielten aber viele

302 Richard Beck. [34]

störende Sulfide. So besitzt die Lagerstättensammlung der Freiberger Bergakademie eine aus dem Jahre 1827 stammende Stufe eines sehr viel Pyrit und Zinnstein haltenden topasreichen Zwitters von der sogenannten Kieszeche am Mückentürmehen. Andere an Pyrit und zugleich an Arsenkies reiche Stücke mit den gleichen Erzen, auch solche mit etwas Kupferkies, fanden sich auf den Halden. Unter dem Mikroskop bemerkt man in allen diesen Zwittern außer den schon angeführten Gemengteilen auch Quarz, grünlichen Lithionglimmer zuweilen in radialstrahligen Aggregaten, Chlorit, Fluorit und Nester von Steinmark. Der Pyrit umschließt oft Zinnsteinkristalle und das Steinmark ist manchmal ganz durchwachsen von dendritischem Pyrit. Einzelne Zirkonkriställchen in diesen Zwittern stammen wohl aus dem ursprünglichen Granitgneis.

Die Zinngehalte der gesamten geförderten Zwitter schwankten während der Jahre 1727 bis 1734 nach dem erhaltenen Rechnungs- buch der Glazner Zeche oder des Göpelwerkes auf dem Mückenberge zwischen ?/; und 1'/, Prozent. Außer dem Zinn wurde damals auch eine geringe Menge Kupfer gewonnen.

Im Anschluß an die Mückenberger Pinge sei auch die kleine, steinbruchartige Pinge an der Straße zwischen dem Gasthaus und dem Forsthaus Mückenberg erwähnt. Hier hat man Zwittertrümer mit Zinnstein und Fluorit inmitten des nördlichsten der Mückenberger (Juarzporphyrgänge, aber wohl ohne nennenswerten Erfolg abgebaut. Der Porphyrgang erleidet daselbst eine kleine Ausbauchung nach S hin, so daß er die ganze Sohle des Aufschlusses einnimmt, während der westliche Stoß oben aus Gneis, unten aus Porphyr besteht. Letzterer reicht auf dieser Seite der Pinge nnr in deren Nordwestecke bis zum oberen Rande. Der östliche Stoß hingegen besteht durchweg aus Quarzporphyr.

b) Die Zinnerzgruben auf der Höhe zwischen dem Mückentürmchen und dem Klösenberg nordöstlich von Obergraupen.

Auf der genannten Anhöhe zeugen zahlreiche Pingen von einer offenbar sehr weit zurückliegenden bergbaulichen Tätigkeit, über welche indessen keinerlei Aufzeichnungen vorliegen. Die Untersuchung an Ort und Stelle läßt folgendes erkennen:

Die Anhöhe besteht aus Granitgneis mit seinen charakteristischen Einschlüssen von Quarz, von Hornfels und granatführendem Amphibolit sowie von Glimmerballen. Die massige Struktur des Gesteins weicht vielfach der parallelen, wodurch typische Flasergneise entstehen. Dicht nördlich von der Anhöhe durchsetzt den Granitgneis und Gneis ein wenig mächtiger, nordöstlich streichender Gang von Quarzporphyr, der zum Mückenberger Porphyrgangzug gehört. Dieser Porphyr sowohl, wie ganz besonders auch der Granitgneis, werden von Imprägnations- klüften der Zinnerzformation durchzogen. Eine bedeutendere solche Kluft streicht nach N 45° O und fällt unter 65° nach NW, wie halb verfallene alte Einbaue ‘erkennen lassen. Die Klüfte scheinen 3, höchstens 4cm Mächtigkeit erreicht zu haben und bestehen aus: Quarz mit wenig Zinnstein und Lithionglimmer und wohl auch Topas. Einzelne dieser

[35] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 303

Klüfte sind äußerst schmal, nur einige wenige Millimeter stark, enthalten aber viel Zinnstein. Auf einer solchen schmalen Kluft im Quarzporphyr zeigte sich der Zinnstein z. T. auch in dünnen, bis 2 mm langen nadelförmigen Kriställchen ausgebildet, während er im übrigen in der gewöhnlichen Graupenform vorkommt. Manchmal ist die Kluft- füllung breccienartig und führt etwas Flußspat, zuweilen auch neben dem Zinnstein etwas Kupferkies. Der Granitgneis ist beiderseits der Klüfte in Zwitter umgewandelt, der einen grünen Lithionglimmer, Topas und etwas Zinnstein, mitunter auch Kupferkies und Eisenkies enthält. Die Quarzknauern des ursprünglichen Granitgneises lassen sich in solchen Zwittern noch deutlich erkennen. Auch der Quarzporphyr 'ist zu beiden Seiten der ihn durchsetzenden Klüfte in der gewöhnlichen Weise verzwittert.

c) Das Zinnerzstockwerk am Klösenberg in 0SO von Obergraupen.

Mächtige Pingen am Klösenberg, eine obere und zwei, wenige Schritte unterhalb der letzteren dicht nebeneinander gelegene, sind zurzeit die einzigen Überreste eines lebhaften Bergbaues, der 1799 aufgelassen wurde. Man baute auf quarzigen Zinnerzgängen, die samt ihren beiderseitigen bis 05m mächtigen Imprägnationszonen in dem dort herrschenden Biotitgneis wie bei Altenberg ein ganzes Stockwerk bilden, ohne daß jedoch in der Tiefe ein Zinngranit oder auch nur Gänge von Mikrogranit aufgeschlossen gewesen zu sein scheinen. Auf. einem Risse aus dem 18. Jahrhundert sind die zahlreichen Zinnerz- gänge des Klösenberges eingetragen. Danach schwankt ihre Streich- richtung zwischen hor. 3 und hor. 6, während bei einigen deren Einfallen zu 56 bis 79° nach SO zw. S angegeben ist. Nach den in obigem Plane enthaltenen Notizen betrug die Mächtigkeit des hor. 3°2 streichenden Ganges im Neu-Schacht 23cm, bei einem hor. 5°2 streichenden Gang nahe demselben Schachte 18'8cm. Der Giftige Gang in der untersten Pingen-Abteilung, auf welchem viel Arsenkies in Mitteln von mehr als 65cm? einbrach, hatte ein Streichen nach hor. ö, ein Einfallen von 78045’ nach SO und eine Mächtigkeit von 0'3m. Nur vereinzelt traten auch andere Streichrichtungen auf, wie denn zwei Gänge, die durch die etwas weiter in NNW liegenden sogenannten Obere Wasser-Pingen gingen, nach hor. 10°6 strichen.

Ein mehrfach umgebrochener Stollen, der Johanneszecher Stollen dessen Mundloch am Südabhang des Klösenberges gelegen war, löste die Baue. Er brachte unter den Pingen eine Teufe von etwa 70 m ein.

Die gewonnenen Zwitter hielten nach einer Notiz in einem bergamtlichen Wagebuche 0'5 bis 1'3°/, Zinn. Die starke Beimengung von Arsenkies und wohl auch anderen Kiesen gestaltete die Verhüttung bei den damaligen Verfahren schwierig und wenig lohnend.

Die Untersuchung von Zwittern aus der oberen Abteilung der Pingen ergab deren ganz außergewöhnlich hohen Gehalt an Topas. In einer Probe bestand ungefähr !/, bis 1/, der ganzen Masse aus einem sehr feinkörnigen Aggregat dieses Minerals, während das übrige aus Quarz und lichtgrünlichbraunem Glimmer zusammengesetzt war und

304 Richard Beck. [36]

wenig Flußspat, Zinnstein und zersetzte Kiese enthielt. In mikro- skopischen Drusenräumen stellen sich auch wohlausgebildete Kriställ- chen des Topases ein.

3. Das Knödeler Revier.

Von diesem Reviere waren die mit Graniten eng verbundenen Erzvorkommen des Mahler Zuges, der Zwickenpinge und des Neu- geschrei-Zuges bereits weiter oben geschildert worden.

Was die eigentlichen Zinnerzgänge des Knödeler Reviers an- langt, sind wir wesentlich auf die älteren Angaben von Jokely, Laube, Schiller und Lewald angewiesen.

Nach uns vorliegenden alten Rissen waren dort folgende wich- tigere Gänge bekannt:

I. Hauptgänge von 5—13 cm durchschnittlicher AALEN und sehr flachem Einfallen, und zwar:

1. der Hauptgang der &rube Regina und Vincenz,

die im Jahre 1813 von Wolfgang Goethe befahren wurde.

Die Halde dieser Grube ist die nächste, die man erreicht, wenn man der Waldstraße von den Knödelhäusern aus nach Ost folgt. Der Gang streicht nach ONO und verflächt sich unter 25° nach NNW. Wir sammelten auf der Halde Gangstufen mit Zinnstein und solche mit Kupferkies.

2. Der Abendstern Hauptgang.

Dieser vielgenannte Gang streicht nach NW, (hor. 9) und fällt unter 15—32° nach SW ein. Seine Mächtigkeit wird zu 8—20 cm angegeben. Er ist entschieden als der edelste Gang des Reviers zu betrachten. In vielen Sammlungen, so auch in der Freiberger, liegen von ihm herrliche Stufen mit flächenreichen Kristallen von Zinnstein bis über Haselnußgröße. Der Zinnstein nimmt gewöhnlich die Mitte des in der Hauptsache aus derbem Quarz bestehenden Ganges ein. In der Mittellinie gelegene Drusenräume enthalten neben Zinnstein- und Quarzkristallen Steinmark und zuweilen blaßblaugrüne Kristalle von Apatit.

Von akzessorischen Gangmineralien erwähnt Laube noch Pyrit, Arsenkies, Kupferkies, in Drusenräumen außer dem schon genannten Steinmark und Apatit noch Nakrit, Braunspat und Flußspat. Der dunkelviolette Flußspat wird oft von Braunspat „überzuckert“. Innerhalb der Imprägnationszonen findet sich auch Wolframit. Bleiglanz bricht nur auf schmalen Klüftchen ein, die den Gang gelegentlich durch- setzen.

Laube sah den Gang durch eine von bröckeligen Massen er- füllte Kluft um 1'2—1'5m ins Liegende verworfen. Auch Jok&ly spricht von Verwerfungserscheinungen an diesem Gange. Der Haupt- verwerfer ist danach die Kiefer-Zecher stehende Kluft, welche bei einem Streichen nach Stunde 4—5 unter 85° nach NNW einfällt. Sie ist 0-08—0'9 m mächtig und mit einem bräunlichen oder grünlich-

[37] Die Zinnlagerstätten von Graupen in Böhmen. 305

grauen quarzigglimmerigen Gestein von nur geringem Zinngehalt erfüllt.

3. Der Siebenschläfer-Hauptgang,

der angeblich nach hor. 4 streicht und unter 23° nach unbekannter Richtung sich verflächt.

4. Der Budiner Hauptgang (hor 3, Verflächen 25°).

5. Der Nicolai-Hauptgang (hor. 7!/,, Verflächen unter 25° nach SSW).

Zu diesen Hauptgängen kommen noch die sogenannten Ge- fährtel, Gänge von 1'’3—2°6cm Mächtigkeit, die sich von jenen durch ein stärkeres Einfallen auszeichneten. Wir nennen die Buchener, Kupferzechener und Morgenstern-Gefährtel. Sie fallen unter etwa 40° nach N ein.

Stehende Gänge endlich nannte man nach Laube die ganz steil einfallenden, übrigens 2°6—7'8cm mächtigen Zinnerzgänge des Revieres, wie den Regina Stehenden, den Wendelin und den Georgen- zecher Stehenden, die sämtlich nach WNW bis NW streichen und unter 73—79° nach NNO oder NO einschießen.

Sämtliche Gänge haben längs ihren Salbändern im Gneis dunkel- gefärbte Imprägnationszonen von 2—3cm Breite, die völlig denen am Luxer Gang gleichen.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd, 1. u. 2. Hft. (R. Beck.) 39

306 Richard Beck. [38] Inhaltsverzeichnis. un 7 Seite Einleitun&,. - .. 2%. OPSHRETEm LEE SEREREER SE. Bere. WE AO Literatur über das Zinnerzgebiet von Graupen . .. ..2.2.2...%0 [2] I. Die allgemeinen geologischen Verhältnisse und die verschiedenen Gesteinsärten. mr WAR ZEN IE RENNER Er. a TE >70. 72] 1. Die Gneise”..'%. A RT A TR 2. Der Teplitzer Dam Ben, EEE or he An ni a es ae 8. Der, Geranifporphyr. (1. fa ei Eon EEE Bazar ne 4. Die Dar zBorphyrgänge un euren srl tertet vera .214...16] 5. Der Granitstock von Obergraupen . .. 2.222220. RN: 6. Die Ganperantie 21. 2% a Bee A a) Die Granitgänge der Prößeihander Dinge > =; b) Der Gangrranıt ‚des Mahler Auges \....... - #00 4.120. 25.35 280.5112] c) Der Granit Cer Zwickenpinge .. ...... nr ah re wre d) Der Granit von Groß-Geschrei. . . . . Se af a en] 7. Die Basaltgänge (blauen Klüfte). .. ..... 138 gu a ee ee Bee 8. Jungdiluvisle.und alluvasle Gebilde... 2 Ya tr must ok nee 286 [18] UI. Die Erzgänge . .. . . EN Bi Asasanbeisufian: Aa] 1. Das Steinknochener sion De rare Da AR 287 [19] a) Der Luxer Gang und die u früher bebauten dortigen Irrpausern 0 ee. VE 5 6 ee ERFLRT ON b) Andere Gänge N Sıöfnlenochkäe Mörieres nu a IS c) Der Tagebau von Günthers Zeche und die Pingen südlich vom Teac berke, a.. 0 0 AB 7 20. one era: ee 29a 2. Das MürkeenberperrKeyier '. .. Mer. „Men... 2 nen 299. [31] e) Die Zinnerzgänge am Midkenpihe : .299 [31] b) Die Zinnerzgruben auf der Höhe zwischen den Ühekenifmehen und dem Klösenberg nordöstlich von Obergraupen . ..... 302 [34] c) Das Zinnerzstockwerk am Klösenberg in OSO von Obergraupen 303 [35] 3: Das’ Knödeler Revier '.., 2. 2eyeı .. Es se, at. nr, n80ee 1. Der Hauptgang der Grube Regina und Vinceuz ....... 304 [36] 2. Der Abendstern Hauptgang . ,% . . Bee. „va: 304 [36] 3. Der Siebenschläfer-Hauptgane7:; „Saure N 305 [37] 4. Der Budiner Hanptgane.”. 27 a vom. BE N 305 [37] 5. Der"Nicolai-Hauptgane”. .* „ran. Aa 1 ee 805 [37]

‘Über den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. Von Dr. Otto Ampferer.

Mit einer Tafel (Nr. XIV) und 4 Textfiguren.

Zu den merkwürdigsten Profilen, welche in älterer Zeit in den Alpen gewonnen wurden, gehört der mit XII bezeichnete Durchschnitt vom Arlberg bis ins Mittelbergtal in der Arbeit Frh. v. Richthofens „Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nordtirol“, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1859.

Wir finden hier nach Angabe Frh. v. Richthofens, wie die Kopie Fig. 1 zeigt, in einem Gebirge, welches überall die deutlichsten Anzeichen für Faltung und Schiebung von Süden gegen Norden oder von Osten gegen Westen offenbart, eine mächtige, gegen Süden zu überschlagene Mulde. Außer dieser großen, ganz aus dem übrigen Bauplan herausfallenden Mulde begegnen wir noch in dem Quer- schnitt X am Schafberg nördlich vom Spullersee eine kleine, ebenfalls gegen Süden zugeklappte Mulde, welche indessen einen viel geringeren Schiehtbesitz aufweist. Frh. v. Richthofen gibt keine Erklärung dieser so auffallenden Lagerungsformen und dieselben erregten mein Interesse um so stärker, je näher ich selbst mit der Neuaufnahme der Lechtaler Alpen an diese Gegenden heranrückte. Einen weiteren Grund zum Studium dieser Erscheinungen bot sodann die Verfolgung der von mir entdeckten Kreideschiefer, welche gerade östlich und westlich vom Flexenpaß bedeutende Ausdehnung und große Mächtig- keit erlangen.

Ich betrat das Gebiet zum erstenmal im Sommer 1908 und habe dasselbe seither ziemlich gründlich kennen gelernt.

Eine kurze Beschreibung der geologischen Verhältnisse östlich des Flexenpasses mit einigen Photographien ist inzwischen in der Zeitschrift des D. u. ©. A.-V. 1913 von mir veröffentlicht worden (Geol. Gerüst d. Lechtaler Alpen).

Ich möchte nun an dieser Stelle im Anschluß an meine Neuauf- nahme der Lechtaler Alpen dieses ausgezeichnete Profil etwas ein- gehender besprechen, da dasselbe wie kaum ein anderes den mehr- fachen Deckenbau der nördlichen Kalkalpen enthüllt.

Die breite Einsenkung des Arlbergpasses liegt in steil süd- fallenden Gneissen.

Steigen wir vom Hospiz zur aussichtsreichen Kuppe des Gal- zigg empor, so bleiben wir fort in diesen gleichmäßig ostwestlich

Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd, 1. u. 2. Hft. (0. Ampferer.) 39*

[2]

Fig. 1.

ValluoaS: ee TE ZIP Schindler Ip.

Afassfen, Ar,

Lrechleiten > A Re EIN n NN © KON [> 8 < 8 =) 5 Zeichenerklärung: 1 = Glimmerschiefer. 5 = Arlbergschichten. 8 = Kössener Schichten. 2 Verrucano. 6 = Raibler Schichten. 9 Oberer Dachsteinkalk. 3 Virgloriakalk. 7 = Unterer Dachsteinkalk und 10 = Adnether Kalk. 4 Partnachschichten. Dolomit. 11 = Allgäuschichten.

Das Profil v. Richthofens geht mit geringen Abweichungen vom Arlbergpaß gegen Norden. Das Profil auf Tafel X1V deckt sich mit diesem bis zum Wöstersattel (Jochübergang zwischen Stubenbach und Bockbach). Von dort ab richtet sich dasselbe gegen Nordnordwesten.

308

[3] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 309

streichenden Gesteinen, in welchen auch der große Tunnel in der Tiefe liegt.

Auch der Nordkamm des Galzigg besteht noch aus diesen Gneissen und erst jenseits der Einsenkung zwischen unserem Berge und der Schindlerspitze (Arlensattel) stoßen unmittelbar an die Gneisse Spuren von Buntsandstein und gelben Rauhwacken.

Die Grenze zwischen dem kristallinen Gebirge und den Kalk- alpen ist hier ebenso wie im Stanzer Tal der Ausstrich einer be- deutenden Bewegungsfläche, an welcher ausgedehnte Abscherungen und Anhäufungen sowohl in ihrem Hangenden als in ihrem Liegenden stattgefunden haben. Die im Bereiche des Stanzer Tales mächtig ent- wickelteu Quarzphyllite fehlen hier ganz. Ebenso sind Verrucano und Buntsandstein an dieser Stelle nur in kleinen Resten vorhanden, ob- wohl dieselben westlich bei der Ulmer Hütte und besonders weiter östlich im Stanzer Tale große Mächtigkeiten erreichen.

Die im Profile von Richthofen eingezeichnete flache, unge- störte Auflagerung von Buntsandstein auf seinem Glimmerschiefer des Arlberges entspricht nicht dem Ortsbefund.

Weit und breit fallen die Gneisse südwärts und stoßen mit tek- tonischem Kontakt an die Kalkalpen.

Der Verrucano-Buntsandsteinzug formt sich westlich des Arlen- sattels zu einem Gewölbe, welches rasch in die Tiefe sinkt und von Rauhwacke, Muschelkalk, Partnachschichten und Arlbergkalk über- deckt wird.

An der Flexenpaßstraße ist oberhalb von Stuben schon nichts mehr von diesem Verrucanokern zu sehen und nur der verdoppelte Muschelkalk deutet seine Existenz in der Tiefe an.

Uber der in bezug auf Mächtigkeit und Gleichmäßigkeit sehr veränderlichen Zone von Verrucano und Buntsandstein setzen am Südgrat der Schindlerspitze Muschelkalk, Partnachschichten, Arlberg- kalk mit meist steil nordfallender Lagerung ein.

Uber den Arlbergkalken schließen sich die Raibler Schichten an, welche stellenweise ziemlich ausgedehnte Gipslager enthalten.

Über ihnen folgt die Schichtserie des Hauptdolomits, in welche das Walfagehr-Joch eingeschnitten ist.

Der Felsgrat, welcher vom Walfagehr- Joch zum Gipfel der Valluga leitet, besteht ebenfalls aus Hauptdolomit.

Steigt man von dem kleinen Schindlerferner zu den Gipfel- felsen der Valluga empor, so begegnet man einer ziemlich ausge- dehnten grob- bis feinkörnigen Dolomitbreccie, welche sich bei ge- nauerer Betrachtung als eine Aufarbeitungsbreccie an der Basis der Kössener Schichten herausstellt.

Die eckigen Bruchstücke dieser Breccie bestehen aus Trümmern von Hauptdolomit und sind durch ein dolomitisches Bindemittel ver- kittet. Die Breccie erinnert lebhaft an die ebenfalls ganz aus Haupt- dolomit umgearbeitete Basalbreccie der Muttekopf-Gosau, nur enthält die Vallugabreccie keine so schön gerundeten Bestandteile.

Die Dolomitbreccie überlagern Kalke und Mergel der Kössener Schichten, welche den höchsten Teil des Hauptgipfels der Valluga bilden.

310 Dr. Otto Ampferer. [4]

Frh. v. Richthofen dürfte den Gipfel der Valluga nicht be- treten haben, da inm sonst seine irrtümliche Schichtdiagnostik sicher aufgefallen wäre.

An dem zum Pazieler Joch abfallenden schön geformten Nord- westgrat der Valluga reihen sich über den Kössener Schichten ober- rätischer Kalk, rote Liaskalke, Fleckenmergel sowie roter und grauer Tithonkalk an.

Während in den östlichen Lechtaler Alpen und in den Allgäuer Bergen über einer durchschnittlich weit mächtigeren und abwechıs- lungsreicheren Fleckenmergelserie erst die roten und grünen Horn- steinkalke (Radiolarite) und dann die hellgrauen Aptychenkalke folgen, stellen sich hier in der Umgebung des Flexenpasses über den gering mächtigen Fleckenmergel und Kalken rote Mergel mit kleinen und größeren abgerollten Kalkbrocken, ziegelrote Mergel mit kleinen Ge- röllen, rote, oft mergeligsandige Kalklagen, Crinoidenbreceien, feste rote, flaserige, brecciöse Kalke und graue flaserige Kalke ein. Die Mächtigkeit ist gering und beträgt zwischen 10—15 m.

Wir haben eine vielfach mit Brececien und Konglomeraten ver- bundene Schichtentwicklung vor uns. Hornsteinkalke treten ganz zurück und nur einzelne kleine Linsen von grellroten Hornsteinen sind stellenwese in den Kalken eingeschaltet. Der Ablagerung dieser Schichtgruppe ist offenbar eine beträchtliche Erosion vorausgegangen. Prof. Plieninger hat zuerst das Alter dieser von H. Mylius in seinem Werke „Geol. Forschungen an der Grenze von Ost- und West- alpen, Bd. I, München 1912,“ für Lias erklärten Schichtzone durch Funde von Aptychus punctatus, Aptychus sparsilamellosus und Trerebratula (Pygope) diphya als Tithon erkannt.

Ich konnte diese Funde außer bei Zürs auch am Westhang des Trittkopfes und am Nordgrat der Valluga bestätigen.

Die Tithonkalke brechen von der Valluga mit einer machtvollen Wand gegen das breite Pazieler Joch nieder. Hier stoßen unmittelbar schwärzlich- und bräunlich-graue Kreideschiefer, Sandsteine, Breccien, Mergel, meist dünnschichtige oder griffelig zerfallend und weich ver- witternd an die hohe Tithonwand.

Wahrscheinlich ist zwischen der starren Kalkwand und den weichen Schiefern eine lokale Verschiebung vorhanden. An vielen anderen Stellen lagern jedoch die Kreidegesteine gerade in der Um- sebung des Flexenpasses deutlich transgressiv dem oft sehr stark erodierten Untergrunde auf. An solchen Stellen beginnt dann die Kreideserie mit einer kalkig verkitteten Breccie, in welcher das Bindemittel weit über die eingeschlossenen Bruchstücke an Masse vorherrscht. Auf den Verwitterungsflächen dieser Kalkbreccie sind nicht selten kleine, schwarze Fischzähne zu sehen. Außerdem fand ich nach einer freundlichen Bestimmung von Dr. R. Schubert mehrere große, makroskopisch ersichtliche Exemplare von Flabellina elliptica Nils. ausgewittert auf den Schichtflächen. Im Dünnschliff sind spärlich Kleinforaminiferen zu erkennen, und zwar Globigerina, Textularia, Pseudotextularia, Rotalideen und daneben Echinodermenfragmente. Nach dem Urteile von Dr. R. Schubert lassen sich diese Formen wit einem oberkretazischen Alter der Breccie recht gut vereinen und

[5] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 311

machen dieses wahrscheinlich ohne, daß jedoch dadurch die Möglich- keit tertiären oder unterkretazischen Alters ausgeschlossen wäre.

Das landschaftliche Bild dieser Kreidetransgression gibt Fig. 17 der Arbeit „Geol. Gerüst der Lechtaler Alpen“, Zeitschr. d. D. u. Ö. A.-V. 1913, "wieder.

In den Kreideschiefern fand ich meist in gewissen kalkig- quarzigen Breccienlagen sowohl am Westfuß der Roggspitze als auch in der Umgebung vom Zürser- und Spullersee Orbitulina concava Lam. Da dieser Schichtkomplex eine beträchtliche Mächtigkeit erreicht, ist es gar nicht ausgeschlossen, daß nicht noch jüngere, vielleicht sogar tertiäre Bestandteile darin entdeckt werden.

Durch eigene Vergleiche mit den Kreidebreccien in den Bündnerschiefern sowie durch eingehende Besprechungen und Ver- gleiche der Aufsammlungen von Dr. Ww. Hammer, Dr. A. Spitz und Prof. Dr. W. Paulke wurde die große Ähnlichkeit der Lech- taler Kreidebreccien mit denen aus dem Bereiche der Bündner- schiefer festgestellt.

Der Kreideschieferzug, welchen wir am Pazieler Joch begegnen, läßt sich weit gegen Osten bis in die Parseierspitzgruppe unun- terbrochen verfolgen und hat hier an vielen Stellen Orbituliner- breccien geliefert.

Er durchstreicht vom Pazieler Joch ostwärts das hinterste Almejurtal, steigt zum Almejur-Joch empor und umfängt die Fallesin- Spitze. Hier teilt er sich. Ein Strang leitet ostwärts über das Kaiser- joch zur Parseierspitzgruppe, der andere wendet sich an der Westseite des Kaisertales gegen Norden und strebt zum Schwarzen Kranz empor. Von dort kehrt er scharf gegen Westen um, zieht ins hintere Krabachtal hinein und umschlingt nach Norden ausgreifend die Krabach- und die Rüfispitze. An der West- und Südseite der Rüfispitze schließen die Kreideschiefer dann im Pazieltal mit denen zusammen, welche unseren Ausgangsort gebildet haben.

Schreiten wir vom Pazieler Joch gegen Norden, so stehen wir bald vor der gewaltigen schiefen Pyramide der Roggspitze, welche in den Kreideschiefern wie ein Zahn im Kiefer steckt.

Sie besteht aus intensivst verfalteten Aptychenkalken. Daneben sind aber auch Liaskalke, oberrätische Kalke und Hauptdolomit am Aufbau beteiligt.

Nördlich der Roggspitze sitzt noch eine wie ein Bohrer gewundene schmale Kalklage in den Kreideschiefern.

Weiter nördlich legt sich dann eine ausgedehnte, aber nicht mächtige Platte von Hauptdolomit auf die Kreideschiefermulde, welche die Form einer flachen Mulde einnimmt.

Der zu dieser Mulde verbogene Hauptdolomit ist großenteils sehr stark ausgewalzt und zeigt besonders in der Richtung von Süden gegen Norden eine scharfe Zunahme der Mächtigkeit.

Auf allen Seiten umgeben Kreideschiefer unsere Dolomitmulde und schießen unter dieselbe hinein.

Die Gipfel Erlerspitze, Fallesinspitze, Zwölferspitze, Schwarzer Kranz, Krabachspitze, Gümplekopf, Rüfispitze stellen die Ränder derselben dar.

312 Dr. Otto Ampferer. [6]

Im Hohlraum dieser Dolomitmulde finden wir nun neuerdings eine noch höhere, ganz ähnlich verbogene Schubmasse, die jedoch teil- weise aus viel älteren Gesteinen besteht.

Zwischen der unteren und der oberen Schubmasse stellen sich einzelne, nicht zusammenhängende Linsen von verschiedenen Schichten, wie Kössener Schichten, oberrätische Kalke, Aptychenkalke ein. Es handelt sich offenbar um Schichtkörper, welche an der Basis der oberen Schubmasse mitgeschleppt und ausgebreitet wurden.

Die obere Schubmasse selbst wird größtenteils auch von Haupt- dolomit hergestellt. An ihrer Westseite erscheinen jedoch außerdem Raibler Schichten, Partnachschichten und Muschelkalk. Innerhalb der Schubmasse liegen diese einzelnen Stufen ganz regelmäßig überein- ander. Im Streichen gegen Osten werden jedoch Muschelkalk, Partnach- schichten von der Basalschubfläche bald völlig abgeschnitten.

Dieser Vorgang ist am klarsten im hintersten Almejurtal am Gehänge von Erlerspitze und Fanggekarspitze zu sehen.

Die Serie des Muschelkalks ist am besten an der Westseite des Krabachjochs aufgeschlossen und durch die neuen Weganlagen zu der Stuttgarter Hütte gut begehbar gemacht. Wir begegnen von unten nach oben: Eisendolomiten, spätigem Breunerit, dunklen Crinoiden- kalken mit Ammoniten, Mergeln mit Schalendurchschnitten, Hornstein- knauerkalken, Knollenkalken, hellen Dolomiten mit oft mächtigen grauen Hornsteinwucherungen, die wie Schlacken herauswittern.

Darüber legen sich die Partnachschichten, hellgraue, meist aber schwarze Tonschiefer und Mergel, eine Zone von blauen, oft konglo- meratischen und brecciösen Kalken und schwarze Mergel. Herr Dr. Hackl hatte die Güte, zwei Analysen des Eisendolomits und eine des Breunerits auszuführen. Es hat sich ergeben:

Unlösl. Rückstand 8°03 a (darin 0'16°/, FeS,) 0'94 . 602 BEN. aa I2DL re ne 5-21 AO; Unz0, .>. er a eh >, Spur 31:85 FeO er 46.67 [2616Ca 0 52:94 [29'88Cu0 N DER 5 50 00, na 205100, nr 232600, | co 697 0:17MnO YWaco 0.12 [13:37 Mg O 39.97 J1901MgO 3 010 C0, I 147500, 20 96C0, | (00 egı.| 382 CaÖ H,O „Ds 1:38 5 129900, aa.an J10°66 MyO M9C0,.. 32:98 I: en Er ee 10° 20-4... 064 Geringe Mengen organischer Geringe Mengen von or- Geringe Mengen Eisen als Substanz ganischer Substanz Oxyd und organische Sub- 1'4CaC0,:1 MgCO, 1'1CaC0, :1MgCO, stanz Von Brauneisenstein durchsetzte Dolomite Breunerit

Über den Partnachschichten sind sofort Raibler Schichten eingeschaltet.

Das Vorkommen der Raibler Schichten im obersten Krabachtal war schon Escher v. d. Linth bekannt. Er hat dann im Jahre 1857 die Stelle nochmals in Begleitung F. v. Hauers und Frh. v. Richthofens besucht und der letztere berichtet, daß sie hier eine

[7] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 313

Fauna der Raibler Schichten der Südalpen in ihrer reichsten Ent- faltung. zusammen mit mehreren für St. Cassian charakteristischen Arten gefunden hätten.

Über den Sandsteinen der Raibler Schichten schieben sich dann graue, löcherige stark gefaltete Rauhwacken ein, welche gegen oben in breceiöse Dolomite übergehen. Diese bilden den Beginn der mäch- tigen Schichtfolge des Hauptdolomits.

Die über den grauen Rauhwacken zum Beispiel am Erler Joch und an der Fanggekarspitze eingeschalteten brecciösen Dolomite er- weisen sich als stark bituminiös, sind vielfach sehr fein geschichtet und gefältelt.

Aus Hauptdolomit besteht der Felskamm Fanggekarspitze, Kuglerspitze, Hintere und Vordere Schmalzgrubenspitze und Ge- steinsspitze.

Jüngere Schichten sind im Bereiche dieser Schubmasse nicht erhalten. Die Basis der Kreideschiefer taucht erst wieder unter den schroffen Nordwänden des Kammes Krabachspitze-Rüfispitze hervor.

Im sogenannten „Ochsengümple“ breiten sich die charakterist- ischen weichen Schiefer weiter aus und führen auch wieder die Orbitulinenbreccien. Gegen das westlich benachbarte tiefe Bockbach- tal stürzen die Kreideschiefer in jähen, schwarzen, von wilden Runsen durchfurchten Wänden nieder. Noch großartiger sind diese Wände dann unter der Krabachspitze entwickelt.

Unter den Kreideschiefern kommt nordwärts die Gruppe der Wöster Spitze heraus. Diese Bergmasse besteht aus einer mächtigen, flach südwärts geneigten Platte von Hauptdolomit, welche strecken- weise von gelblichen Rauhwacken unterlagert wird.

Über dem Hauptdolomit stellen sich Kössener Schichten, ober- rätische Kalke, Liaskalke, Fleckenmergel und in isolierten Resten auch Tithonkalke ein. Die Kreideschiefer sind mit ihrem Untergrunde transgressiv verbunden.

Wir erkennen unschwer in der Wöster Spitze den Nordrand der großen Kreidemulde, deren Südrand in unserem Profil die Valluga bildet.

Gegen Norden bricht die Wöster Spitze mit einer steilen Wand zum breiten Wöster Sattel nieder.

Wieder stehen wir bei einer mächtigen Zone von Kreideschiefern, auf welche die Masse der Wöster Spitzen aufgeschoben ist.

Diese Aufschiebung ist besonders an der Westseite der Wöster Spitzen in dem tiefen Trogtal des Walkersbaches deutlich zu erkennen.

Während an der Wöster Spitze unter dem Hauptdolomit nur noch Fetzen von Rauhwacken auftreten, vervollständigt sich diese Schubmasse gegen Westen rasch durch Hinzutreten von Arlberg- schichten—Partnachschichten und Muschelkalk. Legen wir unser Profil nicht durch die Wöster Spitzen, sondern durch den etwa 2 kn» west- licheren Kamm des Rüfikopfs über die Schafalpe gegen Lech, so finden wir unter dem Hauptdolomit eine vollständige Serie bis zum Muschelkalk, welcher knapp östlich vom Dorfe Lech im Talgrund an- steht. Die Zeichnung Taf. XIV gibt eine Vorstellung von der Raschheit,

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (0. Ampferer.) 40

314 Dr. Otto Ampferer. [8]

mit welcher die Schubmasse der Wöster Spitzen an ihrer Basis tiefere Schichtglieder aufnimmt.

Die Kreideschiefer vom Wöster Sattel sind im allgemeinen reicher an Sandsteinen als die Kreideserie im Paziel.

Orbitulinenbreccien fand ich auch hier, und zwar knapp nörd- lich des tiefsten Teiles des Sattels.

Auf den Kreideschiefern befinden sich nördlich des Wöster Sattels einzelne kleine Reste der abgewitterten Schubmasse der Wöster Spitzen.

H. Mylius hat bereits in Bd. I seiner „Geologischen Forschungen an der Grenze von Ost- und Westalpen“ Tafel II, Fig. 10, einen solchen kleinen Deckenzeugen aus Hauptdoiomit verzeichnet.

Unter den Kreideschiefern tritt nordwärts eine intensiv ver- faltete Zone von Aptychenkalken, roten, grünen Hornsteinkalken mit einem Kern von Fleckenmergeln hervor (Fig. 2).

Wir sind nicht mehr im Bereiche der Tithon-Entwicklung des Flexenpasses, sondern im typischen Lechtaler Oberjura. Diese Zone bildet den Kamm vom Horn bis zur Rappenspitze, wo sich dieselbe ins Bockbachtal herabzieht und um die Lärch- und Pimigspitze sich ins Kaisertal hineinbiegt.

Auf diesem Wege schneidet der sehr kompliziert gebaute Zug auch das vordere Krabach- und das vorderste Almejurtal. Am West- sehänge des Horns (östlich von Lech) sinkt unser Zug, wie Taf. XIV zeigt, unter der aufgelagerten Triasschubmasse sehr rasch ab und wird dabei zugleich wesentlich verschmälert.

Die Triasschubmasse selbst übersetzt bei Stubenbach den Lech und bildet jenseits die Decke des Kriegerhorns und weiter jene des mächtigen Kammes Mohnen Fluh—Braunarlenspitze.

Die Karte, welche H. Mylius 1909 von diesem Gebiete ver- öffentlicht hat, gibt die Umrisse dieser Schubmasse mit Ausnahme kleiner Details ganz richtig wieder.

Sonst enthält diese Karte allerdings noch große Fehler. Am Süd- hang des Kriegerhorns sind zum Beispiel Raibler Schichten und Arlberg- schichten nicht getrennt und der Muschelkalk ist nordöstlich von Lech beträchtlich ausgedehnter.

Außerdem sind aber in den als Liasfleckenmergel kartierten Ge- bieten von Gaisbachalpe Bergeralpe und im dQuellengebiet der Bregenzer Ache Breccien mit Orbitulina concava Lam. in großer Ver- breitung vorhanden, welche einen wesentlichen Teil dieser Schicht- massen in die Kreide verweisen.

Besonders schöne Orbitulinenbreceien fand ich bei der Gais- bachalpe und knapp östlich des Sattels zwischen Kriegerhorn und Mohnen Fluh.

Wir haben hier die Fortsetzung der Kreidezone des Wöster Sattels vor uns.

An derin Taf. XIV abgebildeten Nordwestflanke des schönen Berg- kammes Horn—Höllenspitze erkennen wir sodann unterhalb der stark verfalteten Zone eine Schichtgruppe, welche von Osten mit reichem Schichtbesitz in unser Gebiet eintritt und hier an einer schrägen Be-

315

Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen.

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316 Dr. Otto Ampferer. [10]

wegungsfläche Schritt für Schritt die unteren Schichtglieder vom Haupt- dolomit bis zu den Fleckenmergeln verliert.

Die mächtige, aus drei Stockwerken bestehende Hauptdolomit- masse der Höllenspitze stellt eine Ecke der großen Schubmasse des Allgäuer Hauptkammes dar. Diese ausgedehnte Schubdecke überschreitet zwischen Hinter-Ellenbogen und Lechleiten den Lech.

Sie ist dabei in drei Schuppen zerspalten, von denen jeweils die südlichere die nördlichere überschiebt.

Zwischen der südlichen und mittleren Schuppe ist die von C. A. Haniel beschriebene Gosau des Hochalpgrates eingeschaltet.

Zwischen der mittleren und nördlichen finden wir am Gehänge des Biberkopf nur schmale Streifen von Plattenkalk und Kössener Schichten eingefügt. C. A. Haniel hat diese Verhältnisse in seiner Arbeit „Geologische Verhältnisse der Südabdachung des Allgäuer Haupt- kammes... Zeitschrift d. D. Geol. Ges. 1911, Bd. 63, H. 1* völlig zutreffend dargestellt.

Im Bereiche der Höllenspitze erscheint nach meinen bisherigen Erfahrungen Dolomit auf Dolomit geschoben, ohne Einschaltung der weiter östlich vorhandenen jüngeren Schichtglieder.

Auf den Dolomit der südlichen Schuppe, welche den Gipfel der Höllenspitze zusammensetzt, legen sich regelrecht Kössener Schichten, oberrätische Kalke, rote Liaskalke und Fleckenmergel.

Verfolgt man diese Fleckenmergel gegen Osten, so vervollständigt sich dieser Zug durch Hinzukommen von Radiolariten- und Aptychen- kalken, auf denen dann bei Holzgau die ebenfalls zuerst von C. A. Haniel beschriebenen senonen Mergel lagern.

Unter dieser ganzen so scharf abgeschrägten Schichtgruppe tritt nun von Teschenberg bis in die Gegend von Stubenbach ein mächtiges System von Fleckenmergeln hervor, welche in mehrfache Falten und Schuppen gelegt sind, an denen, soweit man sieht, noch rote Lias- kalke, oberrätische Kalke, Kössener Schichten und Hauptdolomit teilnehmen.

Wir haben einen Teil jener ausgedehnten Zone von Liasflecken- mergeln vor uns, welche sich um den Biberkopf herum an der Nordseite des Allgäuer Hauptkammes bis ins Fenster von Hinterhornbach und in jenes von Nesselwängle erstreckt. Diese Zone betritt an der West- flanke des Biberkopfs tirolisches Gebiet und überschreitet südlich von Lechleiten den Lech.

Weiter östlich zeigt diese Liaszone meist flache Lagerungen, die gegen Westen allmählich in lebhaftere Faltung übergehen. Die Lech- taler Schubmasse liegt in deutlicher Weise als Schubdecke auf diesem weiten Fleckenmergelland wie übereinstimmend die Arbeiten von Rothpletz, Schulze, Haniel, Pontopidan und Ampferer er- wiesen haben.

Der Alpenquerschnitt (Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1911) durch- schneidet diese Region im Fenster von Hinterhornbach.

Streckenweise ist der ursprüngliche Rand der Lechtaldecke von der Erosion ziemlich verschont geblieben und an solchen Stellen zeigen sich dann die durch den Verschub erzwungenen lebhaften Faltungen

[11] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 317

und Einrollungen. In der Arbeit über den Alpenquerschnitt ist in Fig. 7 der Wiedenerkopf als Beispiel einer solchen Struktur beschrieben worden.

Ähnliche Erscheinungen treten auch an der Nordseite der kühnen Trettachspitze und des Biberkopfs zutage.

H. Mylius hat diese „Stirnrunzeln* der großen Schubdecke für den Beweis genommen, daß hier am Biberkopf die Lechtaldecke mit der nördlichen Liaszone regelrecht als Sattel und Mulde ver- bunden sei. Er gibt in seinen „Geologischen Forschungen an der Grenze zwischen Ost- und Westalpen“ im I. Band in Fig. 18 ein Profil durch Elfer- und Biberkopf, welches nach seiner Auffassung diesen wichtigen Zusammenhang beweisen soll.

Eine genauere Besichtigung ergibt aber im Gegenteil, wie schon C. A. Haniel betonte, daß diese Faltungen keine regelmäßige Ver- bindung darstellen.

Diese Faltungen sind sogar Anzeichen einer sehr starken Ver- schiebung und sie. werden sämtlich von einer und derselben großen Bewegungsfläche unterfahren. Der Ausstrich dieser Bewegungsfläche läßt sich von der Nordseite des Biberkopfs an Lechleiten vorbei un- unterbrochen über den Lech verfolgen und gibt sich hier als jene Linie zu erkennen, an welcher die schon erwähnten großen Ab- scherungen stattgefunden haben.

Auch hier finden wir an der Höllen- und an der Mittagsspitze lebhafte Runzelung im Hauptdolomit und an der Basis der Dolomit- masse liegt ein großes Charnier aus Kössener Schichten, oberrätischem und Liaskalk, das offenbar an der Sohle der großen Schubmasse bei einer gegen Westen gerichteten Bewegung zurechtgebogen wurde.

Angesichts dieser nur durch eine große Bewegung erklärbaren Strukturen besteht kein Zweifel, daß sich die Schubfläche der Lech- taldecke durch das Nordgehänge des Kammes Höllenspitze-Horn fort- setzt. Sie findet aber auch hier kein Ende, wenn auch der Schicht- besitz der gewaltigen Masse des Allgäuer Hauptkammes an ihr ent- lang so außerordentlich vermindert wird.

Gegen Westen zu nähert sich diese Bewegungsfläche derjenigen, welche wir an der Basis der Wöster Spitzen getroffen haben. Bei Stubenbach sind beide Flächen nur durch eine Lage von Flecken- mergeln getrennt. Hier greifen beide Schubflächen wieder über den Lech gegen Norden vor. Die obere unterfährt, wie ich schon bemerkte, dabei die Gipfel von Kriegerhorn, Mohnen Fluh, Braunarlenspitze, während die tiefere die Deckenzeugen des Karhorns und jene der Gaisalpe vom Untergrund der großen Liaszone scheidet.

Karhorn und die Schollen bei der Gaisbachalpe sind also auch stark reduzierte Stücke aus der Westfortsetzung des Allgäuer Haupt- kammes, wobei die schöne Gruppe des Karhorns tektonisch dem Biber- kopf entspricht.

Diese Berggruppe des Karhorns. (Aarhorn der Originalkarte 1 :25.000) mit den Kanzeln des Warther- und Auenfelder Horns wird allseitig von Liasmergeln umgeben und hebt sich daher ungemein frei aus der weichgeformten flachen Umgebung empor.

318 Dr. Otto Ampferer. [12]

Rothpletz hat in seinen Alpenforschungen II. 1905 auf Tafel I, Fig. 6, ein Profil durch das Karlhorn gegeben und bereits die tek- tonische Gleichstellung mit dem Biberkopf ausgesprochen. Sein Profil ist allerdings stark schematisch und die tektonische Verbindung mit dem Biberkopf vollzieht sich auch nicht so wie Rothpletz vermutet hatte. Er glaubte nämlich, daß die isolierte Lage dieses von ihm er- kannten Deckenzeugen beiderseits durch gegen Norden gerichtete Querverschiebungen bewirkt würde, was denn schon durch die Detail- aufnahme von H. Mylius 1909 widerlegt worden ist.

In dieser Arbeit zählt H. Mylius die Decke des Karhorns eben- falls zur Lechtaldecke, nur legt er den Schnitt der mit L bezeichneten Bewegungsfläche etwas zu hoch an die Stelle einer sekundären Ver- schiebung.

Die Decke des Karkorns besteht aus der unteren Hälfte eines gegen Norden überschlagenen Sattels, dessen Kern von Hauptdolomit gebildet wird.

Wie das Profil auf Taf. XIV zu erkennen gibt, haben wir wieder ein Stück der Stirnregion der Lechtaldecke mit einer prachtvollen Einrollung vor uns.

H. Mylius hat sich dann später in seinem Werke „Geologische Forschungen an der Grenze von Ost- und Westalpen* wieder mit dem Karhorn beschäftigt und zeichnet neuerdings ein Profil 6, Tafel I, durch diesen Berg.

Diesmal kommt er nun zur Ansicht, daß die Decke des Karhorns nicht zur Lechtaler Schubmasse gehöre, sondern nur eine lokal her- vorgetriebene Schuppe aus dem Untergrund der großen Liasmuide vorstelle.

Diese Deutung ist sowohl nach der Karte, welche H. Mylius 1909 veröffentlicht hat, als auch nach meinem Befunde ganz aus- geschlossen.

Die Aufwölbung, aus der die Schubmasse des Karhorns ausge- stoßen sein soll, ist nämlich oben geschlossen und besteht außerdem nur aus einem Kerne von oberrätischem Kalke.

Hier versagt die rein lokale Erklärung von H. Mylius ebenso wie am Biberkopf.

Westlich vom Karhorn und den kleinen Deckenzeugen bei der Gaisbachalpe gehört dann die Schuppe, welche den Gipfel der Juppenspitze krönt, wohl ebenfalls noch zur Fortsetzung der Schub- masse des Allgäuer Hauptkammes. Auch diese ziemlich kompliziert gebaute Schuppe liegt zwischen den schon mehrfach erwähnten zwei Bewegungsflächen.

Es ist daher nicht wie es Rothpletz 1905 und Mylius 1909 vorgeschlagen hat, die Schubfläche unter der Braunarlenspitze und der Mohnen Fluh direkt mit jener des Karhorns und des Biberkopfs zu verbinden. Die Bewegungsfläche unter Braunarlenspitze—Mohnen Fluh—Kriegerhorn ist die Fortsetzung jener unter den Wöster- spitzen. Die Bewegungsfläche unter dem Gipfel von Juppenspitze und Karhorn dagegen ist dieselbe wie unterhalb von Horn- Höllenspitze und weiter von Biberkopf-Allgäuer Hauptkamm.

[13] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 319

Wir kommen somit zur Anschauung, daß die Schubmasse des Allgäuer Hauptkammes unmittelbar mit dem Gebirgskamm Höllen- spitze—Horn in Verbindung steht, jedoch in diesem Bereiche zwischen der liegenden und einer hangenden Bewegungsfläche scharfe Reduk- tionen erleidet. Karhorn, die Schollen bei der Gaisalpe, Gipfelzone der Juppenspitze ... gehören ebenfalls zu diesem großen Schubkörper, sind aber möglicherweise nicht bloß durch Erosion, sondern auch durch Abscherung davon getrennt worden.

Die Überschiebungsstirne des Karhorns liegt, wie wir wissen, auf der mächtigen Liaszone, welche sich am Sattel von Hochkrumbach ausbreitet.

Da sich auch noch Fleckenmergel an der Einrollung dieser Stirn beteiligen, so stoßen hier die Fleckenmergel der Schubstirn mit denen des Untergrundes unmittelbar zusammen und können bei flüchtiger Betrachtung eine regelmäßige Verbindung vortäuschen. Diese Trennungslinie in den Fleckenmergeln nördlich des Karhorns ist von H. Mylius auf seiner Karte von 1909 bereits ver- zeichnet.

Die breite, mehrfach verbogene Liaszone, welche sich westwärts über Schröcken und Schadonapaß ins große Walsertal weiter erstreckt, gehört schon zu jener Gebirgsmasse, die von Rothpletz als „All- gäuer Schubmasse* bezeichnet wurde.

Rothpletz ist der erste gewesen, welcher klar die großen tektonischen Zusammenhänge erkannte und auf Grund von durch- schneidenden Bewegungsflächen das Gebirge in Allgäuer- und Lech- taler Schubmasse zerlegte. Wie sehr sich auch im einzelnen die Um- grenzung der Schubkörper bei der Detailaufnahme verändert hat (man vergleiche die beiliegende Skizze, jene in Verh. 1912, S. 203 und im Jahrbuch 1911, S. 668, mit der Karte, welche Rothpletz 1905 im II. Teil seiner Alpenforschungen veröffentlicht hat) die Tatsache einer tiefgreifenden Zerlegung ist nur um so deutlicher herausge- arbeitet worden.

In dieser Arbeit habe ich zu zeigen versucht, daß die von H. Mylius gegen die großen einheitlichen Bewegungsflächen erhobenen Einwände in diesem Gebiete nicht berechtigt sind.

Bei der Beschreibung des Profils von Arlberg zum Karhorn, hat sich nun aber eine viel weitergehende Zerteilung in Schubmassen ergeben, deren Bedeutung nun noch zu untersuchen bleibt.

Wenn wir im Norden beginnen, so haben wir über der Allgäuer Schubmasse die Lechtaler Decke.

Uber der Lechtaler Decke finden wir die Schubmasse der Wöster Spitzen, welche sich jedoch gegen Osten nicht weit verfolgen läßt, dagegen nach Westen hin, wie wir erkannt haben, gleichsam die Rolle der Schubmasse des Allgäuer Hauptkammes übernimmt.

Es ist nun eine Frage, ob wir da eine neue höhere Decke vor uns haben oder nur eine südlichere Schuppe der großen Lechtaler Decke. Nach meinen bisherigen Aufnahmsergebnissen liegt nur eine allerdings recht ausgedehnte Teilschubmasse der Lechtaler Decke vor uns.

320 Dr. Otto Ampferer. [14]

Dagegen müssen wir der nächsthöheren Schubmasse, welche über jener der Wösterspitzen lagert und allseitig von Kreideschiefern unterfahren wird, Selbständigkeit zugestehen.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß wir hier ein Stück von der west- lichen Fortsetzung der Inntaler Decke zu erkennen haben. Dieser Gedanke wurde schon in der Beschreibung des Alpenquerschnittes ausgesprochen doch hat sich inzwischen herausgestellt, daß die dort in Fig. 24 gezeichnete Verbindung unrichtig und durch die beiliegende Skizze Fig. 3 zu verbessern ist.

Die Schubmasse der Wildtalerspitze stellt wohl nicht die Fort- setzung der Inntaler Decke dar, wie ich damals meinte, sondern ist eine Schuppe der Lechtaler Decke.

Jenseits des Flexenpasses würde dann die Decke der Hasen- fluh wohl den westlichsten Rest der Inntaler Decke bilden.

Die mächtige, mit Kreideschiefern gefüllte Mulde zwischen Valluga und Wöster Spitze, in welcher das Ende der Inntaler Decke ruht, setzt sich noch weit gegen Westen mit ungefähr gleichem Bau- nlan fort. Das letzte Auftreten der Lechtaler Kreideschiefer habe ich im Bereiche der Scesaplana im Rätikon beobachten können.

W. v. Seidlitz hat iin seiner Arbeit „Der Aufbau des Gebirges in der Umgebung der Straßburger Hütte Straßburg 1911“ ein Profil (Fig. 1) durch die Scesaplana und den Mottenkopf gegeben. Hier haben wir wieder unsere Kreidemulde vor uns, wenn auch die Mächtigkeit und damit die Mannigfaltigkeit der Kreideschiefer durch die Erosion sehr beschränkt ist.

Auch sonst ist die Schichtenentwicklung in diesem Profil und dem nördlich des Arlberges eine auffallend ähnliche. Dies tritt sofort zutage, wenn man die verschiedenen Bezeichnungsweisen der Autoren berücksichtigt.

Benützt man die Gleichungen: Dachsteinkalk oberrätischer Kalk, Adneterkalk = roter (grauer) Liaskalk, Hornstein [rote Tithon- kalke, Aptychenkalk—=graue Tithonkalke und Globigerinenschiefer —Kreideschiefer, so gelangt man zum selben Profiltypus. Diese Gleichsetzungen sind aber nicht etwa willkürliche, sondern auf Grund von eingehenden Vergleichen aufgestellt, welche ich sowohl im Rätikon als auch in der Zwischenstrecke bis zum Flexenpaß ausgeführt habe. Die Inntaler Decke ist aber in unserem Profil nördlich des Arlberges noch immer nicht die höchste. Wir haben gesehen, daß auf ihr neuer- dings eine allseitig freie Schubdecke lagert, welche durch vererzten Muschelkalk, Fehlen von Arlberger Schichten oder Wettersteinkalk sowie reiche Entwicklung von Raibler Schichten ausgezeichnet ist. Das jüngste vorhandene Schichtglied bildet der Hauptdolomit.

Die Inntaler Decke trägt sonst nur noch bei Imst einen Rest einer höheren Decke, welcher erst im Sommer 1913 von mir sicher abgegrenzt werden konnte.

Hier krönt die Gosau des Muttekopfs die allenthalben bis auf den Hauptdolomit abgetragene Gebirgsmasse der Inntaler Decke.

An dem vom Muttekopfgrat gegen Süden abzweigenden Bergkamm, welchem Ödkarleskopf und Laagers entragen, hat nun die Neuauf- nahme das Vorhandensein einer muldenförmig verbogenen Schubdecke

[15] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 321

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Jahrbuch d. k k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. ‘O0. Ampferer.) 4l

322 Dr. Otto Ampferer. [16]

ergeben, welche aus Muschelkalk, Wettersteindolomit (vererzt), Wetter- kalk, Raibler Schichten und Hauptdolomit besteht.

Fig. 4 zeigt in Umrissen eine Ansicht der ins Larsenntal ab- stürzenden Westhänge dieses Kammes.

Eine Ähnlichkeit mit der obersten Schubdecke am Krabachjoch ist nicht von der Hand zu weisen und es steht auch nichtsim Wege, beide Deckenreste als Angehörige einer und derselben Decke aufzu- fassen, welche demnach die höchste im Bereiche der Vorarlberger und Tiroler Kalkalpen vorstellt. Ich schlage als Benennung dieser Decke Krabachjochdecke vor.

F. F. Hahn hat in den Verhandlungen 1912, Nr. 15, eine Ein- teilung der kalkalpinen Decken vorgeschlagen, welche auch die Gliederung der tirolisch-vorarlbergischen Kalkalpen betrifft.

Die Gesamtheit der Kalkalpen wird als austroalpine Masse bezeichnet. Diese Masse wird östlich der Traun in dreiEinheiten, die Bajuvarische, Tirolische und Juvavische zerlegt. Jede von diesen Einheiten besteht wiederum aus kleineren tektonischen Bestandteilen. Die BajuvarischeEinheit enthält a) die tiefsten Schuppen der Randkette, 5b) die Zone des Zwischenge- birges. Die Tirolische Einheit zerfällt ina) Wettersteindecke, b) Inntaldecke. Die Juvavische Einheit umfaßt a) die Berchtes- gadener Schubmasse, b) die Lammer Masse, c) die Ischler Masse. Ein Blick auf die von Hahn gezeichnete Kartenskizze auf Seite 339 in Verhandlungen 1912 überzeugt uns, daß meine Allgäuer und Lechtaler Decke seine bajuvarische Einheit bilden. Ein Teil meiner Lechtaler Decke ist jedoch als Wettersteindecke abgetrennt und zur tirolischen Einheit verwiesen, welche auch noch meine Inn- taler Decke enthält.

Die Grenzen der Einheiten müssen, wenn das gewählte tek- tonische Einteilungsprinzip konsequent beibehalten wird, von wesent- lich bedeutenderen Schubflächen besorgt werden als jene der Unter- abteilungen dieser Einheiten.

Das ist nun bei der von F. Hahn vorgeschlagenen Decken- teilung der tirolischen Nordalpen nicht der Fall. Die Abgrenzung der sogenannten tirolischen Einheit gegen die bajuvarische wird von Kufstein bis gegen Ehrwald in eine Zone verlegt, welche sicherlich nieht den Ausstrich einer großen einheitlichen Bewegungsfläche enthält.

Es ist die Grenze zwischen dem südlichen Alttriasgebirge des Pendling-, Guffert-, Unutzzuges, des Karwendel- und Wetterstein- gebirges gegen das von Hauptdolomit und jüngeren Schichten er- baute Vorgebirge.

Ich habe schon in Verhandlungen 1912, Nr. 7, in der Arbeit „Gedanken über die Tektonik des Wettersteingebirges“ auseinander- gesetzt, daß an der Nordseite von Wetterstein und Karwendel keine große und einheitliche Schubfläche nachzuweisen ist. Kleinere Störungen sind natürlich wie immer an der Grenze von Bereichen so verschieden- artigen Materials vorhanden, doch lassen sich dieselben nur mit theoretischer Gewalt vereinigen. Vom Unutz ostwärts ist dagegen eine zusammenhängende Überschiebung da, welche jedoch keine große Verschiebung gegenüber der nördlich vorgelagerten Neokom-

Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 323

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324 Dr. Otto Ampferer. [1 8]

mulde bedeutet. Diese Überschiebung steht im engsten Zusammen- hang mit der mächtigen Knickung der Neokommulde nördlich des Achensees. Dieselbe läßt sich jedoch, wie man auf den geologischen Kartenblättern Achenkirchen, Z. 15, Kol. V und Innsbruck Achensee, 7.16, Kol. V sehen kann nicht mit dem Nordrand des Karwendels ver- binden. Es steht im Gegenteil das Sonnwendgebirges direkt mit dem Karwendel vorgebirge im Zusammenhang und daher muß auch der Unutz—-Guffert-Pendlingzug als dessen Liegendes ebenfalls dazu gehören.

Es ist daher tektonisch nicht begründet, die Grenze zwischen zwei großen Einheiten in diese Zone zu verlegen.

Erst die Umgrenzung der Inntaler Decke ist überall derart ein- heitlich und ohne regelmäßige Verbindung mit Vor- und Rückland, daß man von einer großen selbständigen Decke reden kann. Die Inntaler Decke endet übrigens bei Münster im Unterinntal und setzt sich nicht, wie F. Hahn angibt, ins Kaisergebirge fort.

Behält man also die von F. Hahn vorgeschlagenen Namen bei, so muß zur „bajuvarischen Einheit“ auch auf das gerechnet werden, was er auf seiner Kartenskizze als „Wettersteindecke* bezeichnet hat.

Als „tirolische Einheit“ hätte dann nur die Inntaler Decke eventuell mit der ihr aufgelagerten Krabachjochdecke zu gelten.

Die von F. Hahn gleichzeitig ausgesprochene Vermutung, daß die Schuppen von Freispitz, Wetterspitz, Valluga- und Fanggekarspitze sich über Saladinaspitze und Gamsfreiheit bis in den Rätikon fortsetzen und zur Wettersteindecke gehören, ist durch die Darlegungen dieser Arbeit wohl als unmöglich erledigt. Es handelt sich hier lediglich um Teilschuppen der großen Lechtaldecke, welche sich gegenseitig ablösen und übergreifen. Dabei übernimmt immer die südlichere Schuppe die Rolle der zurücktretenden oder auskeilenden nördlicheren Schuppe.

Wenn wir die beiliegende Kartenskizze Fig. 3 näher betrachten, so erkennen wir, daß in der Anordnung und dem Verlauf der Decken- teilung in den Allgäuer und Lechtaler Alpen eine deutliche Abhängig- keit von dem Auftreten des Bregenzerwalder Kreidegebirges sich widerspiegelt. Weiter östlich dehnt sich die Lechtaler Decke in großer Breite und flacher Lagerung aus.

In diesem Bereich durchzieht sie unser Alpenquerschnitt. Mit dem Auftauchen des Kreidegebirges westlich der Iller geht eine scharfe Verschmälerung der Kalkalpen Hand in Hand.

Diese Verschmälerung wird nun aber nicht allein durch Erosions- zuschnitt bewirkt, sondern sie entsteht zum Teil durch eine viel intensivere Zerteilung und UÜbereinanderschiebung der großen Lechtaler Decke. Dadurch wird es ermöglicht, die östlich in breitem Raum aus- ladende Schubmasse hier viel enger zu verpacken.

Zugleich tritt eine Reduktion der einzelnen Schubkörper hervor. Dieselben werden entweder, wie wir auf Taf. XIV sehen, meist von unten her abgeschert oder sie keilen ganz aus.

Außerdem wissen wir, daß Verschiebungen in der Richtung von Östen gegen Westen an der Vollendung dieser Gebirgsgruppierung vielen Anteil haben.

[19] Ueber den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. 325

Ein Teil der hierherpassenden Erscheinungen ist bereits bei der Beschreibung des Alpenquerschnittes aufgezählt worden. Es mag hier noch erwähnt werden, daß die meisten der in den Allgäuer und Lech- taler Alpen aufgefundenen „Charniere* mit ihrer Stirn nicht etwa gegen Norden, sondern gegen Nordwesten und Westen weisen.

Dazu ist auch das große Charnier zu rechnen, welches auf Taf. XIV im Nordgehänge von Höllen- und Mittagsspitze abgebildet erscheint.

Wenn wir noch einmal das Profil vom Arlberg zum Karhorn über- blicken und mit dem von v. Richthofen entworfenen vergleichen, so müssen wir konstatieren, daB vor allem die Einzeichnung der Neigungsverhältnisse eine für jene Zeit sehr exakte ist. Auch in der Erkenntnis der Tektonik ist v. Richthofen in vieler Hinsicht glück- lich und weitschauend gewesen. Er hat nicht nur den Zusammenhang der großen Mulde Valluga-Wöster Spitze (Westerberg) gesehen, sondern auch die UÜberschiebungen an der Nordseite des Schroffens, bei Lechleiten, am Nordfuß der Wöster Spitze und am Krabachjoch richtig beurteilt.

Die Hauptfehler sind durch unzureichende Stratigraphie in sein Profil hineingekommen, indem sowohl die Tithonkalke als auch Radio- larite und Aptychenkalke teils als Adneter Kalke, teils sogar als oberer Dachsteinkalk kartiert wurden. Die Kreideschiefer sind meist als Allgäuschichten (Fleckenmergel, Lias) eingetragen.

Aus dieser Stratigraphie hat sich dann jene merkwürdige Schlinge ergeben für die in der Natur keinerlei Bestätigung zu finden ist. Ganz unrichtig ist sein Charnier von Grabacher Spitze— Wester- berg und die Deutung von Rogglaspitze— Valluga.

In dem Profil vom Arlberg zum Karhorn kommt der fisch- schuppenartige Deckenbau der Kalkalpen deutlich zum Ausdruck. Alle Bestandteile liegen, abgesehen von vereinzelten Schubschollen und Einrollungen, in aufrechter Schichtfolge vor. An den Bewegungs- flächen wird deshalb das jeweils älteste auf das jeweils jüngste verladen.

Die Grenze von kristallinem und kalkalpinem Gebirge macht davon eine bemerkenswerte Ausnahme, indem die Kalkalpen fast durchaus mit ihren ältesten Gliedern an das Kristallin stoßen.

Trotzdem zieht hier unverkennbar eine Bewegungsfläche durch. Es wechselt an dieser wichtigen Grenze offenbar der Bauplan. Würde derselbe Bautypus beibehalten, so hätten wir hier alte Gneisse aufge- schoben auf Kreide zu erwarten. Auch Inntal- und Krabachjockdecke fallen aus dem Schuppenbau heraus, da sie frei gegen Süden enden. Nach Form und Lagerung können dieselben nur von Süden her be- zogen werden. Dasselbe gilt von dem Schubkeil der Roggspitze, welcher in den Kreideschiefern steckt und dem weiter östlich zwischen Almejur- und Kaiserjoch der Gipfel des Stanskogels tektonisch entspricht.

396 Dr. Otto Ampferer. [20]

Erklärung zu Tafel XIV. |

Die Ansicht des Bergkammes Höllen-Spitze—Horn—Schafalpe ist nach einem | Entwurf des Verfassers mit Benützung der neuen Alpenvereinskarte von Ingenieur L. Aegerter von Dr. W. Hammer gezeichnet. |

Dieser Bergkamm streicht in gerader Richtung südlich der Ortschaften | Lech, Warth, Lechleiten von SW nach NO und stürzt unmittelbar zum Lech ab. |

Das Profil verläuft von der Wöster Spitze zum Karhorn von SSO nach | NNW und schneidet den Bergkamm unter annähernd rechtem Winkel am Gipfel | des Horns (P. 2309 m). Ansicht und Profil ergänzen sich somit in der Weise, daß | im Profil die von Süden gegen Norden erfolgten Bewegungen sich abbilden, in der Bergansicht dagegen auch die von Ost gegen West gerichteten zum Ausdruck kommen.

Beiträge zur Geologie des Punjab (Ostindien).

Von Prof. Dr. Rudolf Zuber. Mit 3 Tafeln (Nr. XV—XVII) und 19 Textfiguren.

Im Herbst 1913 hatte ich Gelegenheit, im Auftrage eines eng- lischen Konsortiums einige Partien des Punjab?!) in Ostindien zu be- reisen und geologisch zu untersuchen, wobei meine Hauptaufgabe in dem Studium der daselbst vorhandenen Erdölvorkommen bestand.

Trotzdem ich infolge verschiedener Hindernisse nur kaum drei bis vier Wochen wirklich geologisch im Felde arbeiten konnte und bei der plötzlichen Abreise?) nicht in der Lage war, eingehendere Vorstudien aus der vorhandenen Literatur vorher durchzuführen, sondern dies erst nach meiner Rückkehr nachholen konnte, so gelang es mir doch, einiges Beobachtungsmaterial zu sammeln, welches viel- leicht zu einer wesentlichen Modifizierung der bisher angenommenen Ansichten besonders über den Bau der dortigen Gebirge beizutragen vermag.

Daher halte ich es für angezeigt, die Ergebnisse meiner, wenn auch nur recht fragmentären Untersuchungen hiermit der Öffentlich- keit zu übergeben.

I. Topographie.

Zur leichteren Orientierung soll das beigeschlossene Kärtchen dienen (Fig. 1).

Das von mir teilweise bereiste Gebiet wird im Westen durch den Indus, im Osten durch den Jhelum ungefähr begrenzt.

Der größte Teil dieses Gebietes ist eine von jungen Sedimenten ausgeglichene, jedoch stellenweise durch tiefgreifende Erosion zer- schnittene, bis über 1700 engl. Fuß Seehöhe ansteigende Hochebene (Rawalpindi 1666 Fuß), welche „Potwar“ genannt wird.

Im Norden wird dieses Gebiet durch die mauerartig aufsteigende Margala-Kette eingesäumt, welche wieder die Verlängerung der äußeren Partien des gegen Nordost zu ansteigenden Hazara-Gebirges darstellt.

!) Für die Ortsnamen habe ich womöglich die englische, jetzt in der offiziellen Kartographie angenommene Schreibweise angenommen.

?) Ich bin am 16. September 1913 vom Kanadischen Geologenkongreß in ir angekommen und mußte schon am 1. Oktober von Triest nach Bombay abreisen.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Zuber.)

Dr. Rudolf Zuber. [2]

328

Pie.l.

7 Karle des Nord

westlichen Funjab.

Massstab APPTOX. 7 : 2.000 000.

[3] Beiträge zur Geologie des Punjab. 329

Etwa in der Mitte des Hochlandes erheben sich noch weitere fast ostwestlich verlaufende zwei kleinere felsige Ketten, und zwar die Chita Pahar und die Khairi Murti !)-Kette.

Nach Süden zu erhebt sich der allmählich ansteigende Salt- Range, welcher dann in schroffen und gewaltigen Abstürzen das weiter im Süden folgende Tiefland begrenzt. Die mittlere Höhe des Salt-Range erreicht etwa 4500 Fuß (höchster Gipfel Sakesar 5010 Fuß), wo- gegen die unmittelbar im Süden anstoßende Ebene kaum 700-750 Fuß Seehöhe erreicht ?).

Bekanntlich ist der Verlauf der Salzkette von 'Tilla bis Sakesar ein fast rein ostwestlicher. Von Sakesar an beginnt der gewaltige Um- bug nach Norden bis Kalabagh, wo nahe am nördlichsten Scheitel des Gebirgsbogens der Indus von Ost nach West durchbricht und in etwa 680 Fuß Seehöhe den Gebirgsrand verläßt.

Westlich vom Indus finden wir dann im Norden die direkte Fortsetzung der äußeren Hazara- und Margala-Ketten im Salzgebiete von Kohät, wogegen die Fortsetzung des Salt-Range von Kalabagh an zuerst wieder westlich und dann südlich umbiegt.

II. Bisherige Ergebnisse der geologischen Untersuchung.

Die geologischen Verhältnisse des nördlichen Punjab und der angrenzenden Gebiete wurden bereits in ganz ausgezeichneten und erschöpfenden Monographien und Karten behandelt.

Es seien im nachfolgenden nur die wichtigsten Arbeiten auf- gezählt, und zwar:

A. B. Wynne, Observations on some features in the Physical Geology of the outer Himalayan Region of the Upper Punjab, India. Quart. Journ. Geol. Soc. London 1874, Vol. 30, pag. 61—80.

A. B. Wynne, The Trans Indus Salt Region in the Kohät District. Memoirs Geol. Survey of India. Calcutta 1875. Vol. 11, Part 2.

A. B. Wynne, On the Geology of the Salt Range in the Punjab. Memoirs Geol. Surv. India. Calcutta 1878, Vol. 14

A. B. Wynne, Note on the tertiary zone and underlying rocks in the North- West Punjab. Records Geol. Sury. India. Calcutta 1877. Vol. 10, Part 3, pag. 107—132.

A. B. Wynne, On the Trans-Indus extension of the Punjab Salt Range. Memoirs Geol. Surv. India. Calcutta 1880. Vol. 17, Part 2.

W. Waagen, Salt Range Fossils. Palaeontologia Indica. Series XIII. Calcutta 1879—1895. Vol. I, II, IV, hauptsächlich jedoch in Vol. IV. Geological results, pt. 1 (1889), pt. 2 (1891).

F. Noetling, Beiträge zur Geologie der Salt Range, insbesondere der permischen und triassischen Ablagerungen. Neues Jahrb. f. Min. etc. Stuttgart 1901. Bei- lagebd. 14, pag. 369—471.

C. L. Griesbach, The geology of the Safed Koh. Records Geol. Surv. India. Caleutta 1892. Vol. 25, pt. 2, pag. 59—109.

!) Bei Wynne und einigen anderen Autoren wird dieses Gebirge „Khaire Murut“ genannt. Bei den Eingeborenen babe ich jedoch immer nur „Khairi Murti* gehört.

?) Ich gebe die Höhen in engl. Fuß und die Entfernungen in engl. Meilen (miles) an, ohne dieselben in Meter und Kilometer umzurechnen, da eine eventuelle Orientierung und Kontrollierung nur mit Zuhilfenahme der offiziellen englischen Landkarten geschehen kann.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Zuber.) 49

330 | Dr. Rudolf Zuber. [4]

H. H. Hayden, On the geology of Tirah and the Bazar Valley. Memoirs Geo]. Surv. India. Calcutta 1898. Vol. 28, Part 1.

C. 8. Middlemiss, The geology of Hazara and the Black Mountain. Memoirs Geol. Surv. India. Calcutta 1896. Vol. 26,

S. G. Burrard and H. H. Hayden, A sketch of the Geography and Geology of the Himalaya Mountains and Tibet. Part I-IV. Calcutta 1907—1908. Be- sonders Part IV. The geology of the Himalaya (Hayden).

Einige andere Publikationen werden außerdem nach Bedarf im nachfolgenden zitiert werden.

Nun will ich versuchen unsere bisherigen Kenntnisse über die Geologie des in Rede stehenden Gebietes auf Grund der obigen Literatur kurz zusammenzufassen.

Abgesehen von den überall verbreiteten mächtigen jungtertiären und quartären Bildungen können wir hier vier besondere geologische Gebiete unterscheiden, und zwar:

1. die Hazara-Margala Gebirgszone im Norden,

2. die Sub-Himalaja-Zone im Osten,

3. das Plateau von Rawalpindi oder „Potwar“ in der Mitte, und 4. das Gebiet des Salt-Range im Süden.

Wir wollen diese vier Gebiete nacheinander näher betrachten.

Von dem ersten (Hazara-Margala) Gebiete kommt hier nur die äußerste (südliche) Partie in Betracht, welche bereits von Middle- miss (l. ec.) nach der dominierenden Formation „Nummulitic Zone“ bezeichnet wurde.

Das von der Ebene unvermittelt aufsteigende Felsengebirge be- steht hier vorwiegend aus mächtig entwickelten grauen Kalksteinen, in welchen lokal meistens kleine Nummuliten angehäuft sind. Diese Nummulitenkalke sind zusammen mit ihrer Unterlage, welche hier am Gebirgsrande von rötlichen und braunen Jurasandsteinen und dolo- mitischen Kalken besteht, intensiv gefaltet und über das südlich an- stoßende Vorland überschoben. Die oberen Lagen der Nummuliten- kalke werden teilweise mehr schieferig, mergelig und knollig und enthalten zahlreiche Versteinerungen (Korallen, Echiniden, Gastro- poden, Pelecypoden, größere Nummuliten etc.) und zeigen schließlich am Rande Übergänge zu den roten, braunen und grünlichen Sand- steinen und Schiefern der „Kuldana-Series*.

In der zweiten, nämlich der gegen Nordost aufsteigenden Region („The Sub-Himalayan-Zone“ Hayden’s) werden die ältesten !) zum Vorschein kommenden Ablagerungen als Subathu - Schichten bezeichnet und zum Eocän gestellt. Dieselben bestehen aus grünlichen und roten Tonen mit Gips-, Kalk- und Sandsteineinschaltungen. Sie enthalten zahlreiche Nummuliten.

Die darüber folgende Dagshai-Stufe besteht aus roten Tonen mit roten und grauen Sandsteinen mit Fukoiden und anderen proble- matischen Abdrücken. Es ist dies offenbar eine flyschartige Bildung, welcher oigocänes Alter zugeschrieben wird.

‘) Von den weiter im SO auftretenden, noch älteren Bildungen (Tal-series etc.) wird hier abgesehen.

[5] Beiträge zur Geologie des Punjab. aa

Die noch weiter nach oben folgenden Sandsteine der Kapanli- Stufe .bilden einen Ubergang zu den jungtertiären Siwalik-Bildüungen. In tektonischer Beziehung sind diese Ablagerungen in NW—SO verlaufende Falten gelegt, welche teilweise von NO gegen SW über- schoben erscheinen. Diese himalajische Faltungsrichtung schneidet da- her die von NW kommenden Hazara-Falten beinahe rechtwinklig.

In der dritten Region, nämlich im Potwar, treten die Gebilde der beiden ersten (Hazara-Margala und Sub-Himalaja) in anscheinend komplizierten Kombinationen miteinander auf.

Die im Potwar isoliert aufsteigenden Felsenketten des Chita- Pahar (auch Kala-Chita genannt) und Khairi-Murti bestehen hauptsächlich aus mächtigen grauen Nummulitenkalken, welche bereits von Wynne mit den Nummulitenkalken der Hazara-Margala-Ketten identifiziert und als „Hill-Nummulities* zu der unteren Nummulitenformation gestellt wurden (Lower Nummulities).

Die außerhalb dieser Ketten verbreiteten Nummulitenschichten, welche aus grünlichen Gipsmergeln, roten Tonen, sandigen Kalken mit großen Nummuliten, Austern etc. bestehen, identifiziert Wynne mit Medlicott’s Subathu-Schichten; er stellt sie jedoch zum „Upper- Nummulitic*, wogegen die Subathu-Stufe von Medlicott, Lydekker und anderen Autoren in der Sub-Himalaja-Region ursprünglich für das ganze Eocän, also auch für das „lower Nummulitic* aufgestellt wurde.

Nach oben folgen die Murree-Schichten !), welche aus alternie- renden roten und grünlichen Tonen mit roten, grauen und grünlichen plattigen oder massigen, zum Teil konglomeratischen Sandsteinen, roten tonigen Knollenkalken u. dgl. bestehen. Fukoiden, Hieroglyphen und Wellenfurchen sind nicht selten. Es ist dies eine ausgesprochene Flyschbildung, welche mit den ais Oligocän betrachteten Dagshai- Schichten der Sub-Himalaja-Zone in jeder Beziehung übereinstimmt. {Middlemiss betrachtet jedoch die Murree-Schichten als Miocän).

Bedeckt wird das ganze Gebiet durch die mächtige Siwalik- Formation und durch noch jüngere Sedimente.

In tektonischer Beziehung ist die ganze Nummuliten- und Mur- ree-Serie des Potwar in unzählige, meistens steil aufgerichtete Falten zusammengeschoben, welche westöstlich oder SW-—-NOÖ verlaufen, also wieder fast senkrecht zu den Himalajafalten. Wo die Schichten nicht ganz senkrecht stehen, ist nördliches, resp. nordwestliches Ein- fallen der Schichten weitaus vorherrschend.

Das unvermittelte Auftreten der felsigen Nummulitenkalke vom Gebirgstypus (Hill-Nummulitic) sucht Wynne?) in der Weise zu er- klären, daß er diese Kalkzüge als ursprüngliche Antiklinal-Aufbrüche auffaßt, welche nachträglich durch Zusammenpressung und Verwer- fungen in die gegenwärtige Lage gebracht worden sind.

Die vierte Region ist der Salt-Range.

!) Eine ausführlichere Beschreibung dieser Schichten, wie auch die frühere Literatur (Medlicott, Lydekker etc.), gibt Wynne besonders in seiner Arbeit: Tertiary zone etc. in Records Geol. Survey of India, Caleutta 1877. Vol. 10. Part 3.

2) Quart. Journ. Geol. Soc. London 1874 und Records Geol. Surv. India 1877, wie auch die beiden Arbeiten beigegebenen Durchschnitte.

4a*

332 Dr. Rudolf Zuber. | [6]

Ohne auf die stratigraphischen Einzelheiten und Kontroversen welche in den eingangs aufgezählten Werken von Wynne, Waagen und Noetling bereits sehr ausführlich behandelt worden sind, näher einzugehen, will ich hier nur diejenigen Ergebnisse der bisherigen geologischen Erforschung dieses wichtigen Gebietes hervorheben, welehe zur Klärung der tektonischen Verhältnisse beitragen können.

Die beste Grundlage zu diesem Zwecke bildet jedenfalls die ausgezeichnete geologische Karte von Wynnet), wobei jedoch für die stratigraphische Gliederung die von Noetling?°) begründeten Modifikationen und Ergänzungen zu berücksichtigen sind.

Das am tiefsten zum Vorschein kommende Glied der ganzen Schichtenfolge ist die Salzformation.

Dieselbe besteht aus überaus mächtigen, zumeist roten Tonen mit Salzflözen und Gipslagern. Ihre Lagerungsverhältnisse sind un- gemein gestört und charakteristische Versteinerungen wurden daselbst nicht gefunden.

Über dieser Salzformation liegt zunächst ein dunkelroter Sand- stein (Purple Sandstone Wynne’s).

Die nächsten ausgeschiedenen Schichten bestehen aus schwarzen Schiefertonen mit glaukonitischen Sandsteinen und Kalken, welche eine unterkambrische Fauna geliefert haben. Die darüber folgenden gelblichweißen Sandsteine und Dolomite (Magnesian Sandstone Wynne’s) sind nicht jünger als mittelkambrisch °).

Die nächst jüngere Ablagerung ist ein dunkler Blocklehm (Boulder clay), welcher jetzt wohl von allen das Vorkommen kennenden Geologen als permokarbonische Glazialbildung betrachtet wird und nach oben zu in eine Serie von buntfleckigen Sandsteinen (Speckled Sandstone Wynne’s) und Tonen übergeht.

Das nächste Glied nach oben bildet eine mächtige Schichten- serie, welche vorwiegend aus Kalksteinen besteht (Productuskalk), die überaus reich an marinen Versteinerungen sind und das ganze obere Perm umfassen. Die darüber konkordant folgenden, aus Kalk- steinen und Tonen bestehenden Schichten entsprechen der unteren Trias (Ceratiten-Kalkstein). Diese Permo-Triadische Kalksteinserie ist nur in der westlichen Partie des Salt-Range vorhanden.

Nach einer offenbaren Unterbrechung und auch nur auf die westliche Partie des Gebirges beschränkt folgen nun gelbe und rote Sandsteine, gelbe Dolomite, Oolite und bunte Tone (Variegated series Wynne’s) mit Brachiopoden, Belemniten etc. jurassischen Alters.

Im östlichen Salt-Range folgen meistens über den unterper- mischen Sandsteinen grünliche Schichten, welche zum Teil zur oberen Kreide gestellt wurden. Im westlichen Teile wurde von Koken‘) auch Unterkreide nachgewiesen.

1) Memoirs 1878. Vol. 14.

?) Neues Jahrb. f. Miner. 14. Beil.-Bd.

®) Vgl. hierüber auch K. Redlich, The Cambrian fauna of the Eastern Salt Range. Paiaeontologia Indica. New Series. Vol. 1. Part 1. Caleutta 1899.

*) Zentralblatt f. Min. etc. 1903, pag. 439-414.

[7] Beiträge zur Geologie des Punjab. 333

Im ganzen Salt-Range folgt nun die Nummulitenformation, welche vorwiegend aus Kalksteinen, zum Teil aber auch aus Einschaltungen von dunkelgrünen Tonen (stellenweise Kohle führend) bestehen.

Auf der Nordseite des Salt-Range liegen stellenweise unmittelbar über den Nummulitenschichten rote Tone mit Gipslagern und dann wird alles durch die mächtigen Sandsteine, Konglomerate und Tone der Siwalik-Formation und durch noch jüngere Sedimente bedeckt.

Über die Tektonik des Salt-Range äußert sich Noetling!) kurz folgendermaßen:

„Ich möchte hier bemerken, daß die Salt-Range durchaus nicht als Faltengebirge aufzufassen ist, wie es nach Waagen (Geological Results, pag. 32) erscheinen möchte. Meiner Ansicht nach ist die sogen. Salt-Range nichts anderes als der Bruchrand eines gegen den Jhelum und Indus hin abgesunkenen Plateaus. Hiermit stimmt auch der tektonische Befund der Trans-Indus-Fortsetzung der Salt-Range aufs Beste überein.“

Wenn man jedoch die so gewissenhaft bearbeiteten Karten von Wynne?) eingehender betrachtet, und zwar im Sinne der modernen alpinen Tektonik, so erkennt man sofort die Unhaltbarkeit dieser Auffassung von Noetling.

Die deutliche Bifurkation des Gebirges im Osten (gegen Jhelum zu), die bogenförmigen Krümmungen im Streichen der einzelnen Schichtenzüge, die sich in mehreren Profilen mehrfach wiederholende Schichtenfolge, die meistens steile Neigung der Schichten, die auf- fallende, nach Nord eingreifende Ausbuchtung des Gebirgsbogens am Indusdurchbruch zwischen Mari und Kalabagh, das Verschwinden der gesamten paläozoisch-mezozoischen Schichtenfolge zwischen dem Salz- ton und Eocän gegen den Indus zu und das Wiedereinsetzen der- selben in der Trans-Indus-Fortsetzung und schließlich die ausge- sprochenen Faltenzüge, welche besonders in der Nummulitenfor- mation sowohl im eigentlichen Salt-Range wie auch in der Region zwischen Kohat und Bannu zu beobachten sind, sprechen unzweideutig für die Auffassung, daß der Salt-Range kein Bruchrand, sondern vielmehr eine von Norden her überschobene Decke ist.

Unwillkürlich bekommt man den Eindruck, daß hier ein ganz analoger tektonischer Fall vorliegt, wie er heute in den östlichen Karpathen als feststehende Tatsache bekannt ist. Bekanntlich sind am Nordostrande der Karpathen die aus älteren karpathischen For- mationen (Kreide-Paläogen) zusammengesetzten Faltenzüge über die vorliegende miocäne Salzformation stellenweise auf mehrere Kilometer hin als liegende Falten oder Decken überschoben.

Die obigen Betrachtungen, welche vorläufig nur auf einer geo- metrischen Betrachtung der Wynne’schen Karten beruhen, führen nun noch zu einer anderen Frage, welche damit unzweifelhaft im Zusammenhange steht. Es ist dies das Problem des Alters und der Herkunft der Salzformation im Salt-Range.

!, N. Jahrb. 14. Beil.-Bd. pag. 371, Fußnote. ?) In den eingangs zitierten Werken (Kohat, Salt-Range und Trans-Indus),

334 Dr. Rudolf Zuber. [8]

Da die Salzformation auf der südlichen Seite des Salt-Range ° fast überall unter den unterkambrischen Schichten liegt, so ist es nur ganz natürlich, daß dieselbe durch lange Zeit als die älteste Salz- formation der Erde betrachtet und !n das Präkambrium versetzt wurde.

Aber schon bei Besprechung der Gegend von Mari am Indus, macht Wynne!) folgende Bemerkung:

„If the salt-rocks of this locality could be looked upon as a newer deposit belonging to the tertiary period, the general relations might be more readily understood; but against this there is their identity, in most characteristics, with the salt-rocks of other parts of the range, and their association at no great distance on both sides of the river with other rocks of the Salt Range series, while the appa- rently newer salt beds to the northward differ decidedly in colour and association from those of this locality.*

Auch die auf der Nordseite des eigentlichen Salt-Range bei Ainwan, Jaba und Kalar Kahar im Bereiche des Tertiärgebietes zum Vorschein kommenden Aufschlüsse der roten Salzformation muß Wynne durch Annahme von geradezu abenteuerlichen Verwerfungen erklären, um an dem altpaläozoischen Alter dieser Salzformation festhalten zu können.

Eine ganz verschiedene Ansicht über die Herkunft der Salz- formation wurde von Middlemiss?) ausgesprochen.

Gestützt auf der Beobachtung, daß zwischen dem Salzton und dem darüberliegenden „purple sandstone“ (unterkambrisch) kein nor- maler Übergang besteht, sondern daß zahlreiche Fragmente dieses Sandsteines im Salzton zerstreut vorkommen, ferner darauf, daß der Salzton auch in höheren Horizonten auf Falten und Brüchen empor- gepreßt erscheint und schließlich auf einigen anderen Betrachtungen nimmt Middlemiss an, daß der Ton und Mergel mit samt seinen Salz- und Gipslagern hypogener Natur ist und in seine gegenwärtige Lage durch einen der eruptiven Intrusion analogen Prozeß gebracht worden ist.

Sir Th. H. Holland?) führt die Bildung der Salzformation auf die Einwirkung von empordringenden sauren Dämpfen auf ursprüng- lich anders zusammengesetzte Sedimente (Kalk, Dolomit etc.) zurück.

Noetling, welcher zuerst?) an dem präkambrischen Alter der Salzformation und an der Auffassung des Salt-Range als Bruchrand festhielt, scheint seine Ansicht später verändert zu haben.

Wir finden nämlich in Sir T. H. Holland’s „General Report )* für 1902/03 auf pag. 26 folgenden Absatz:

„Ihe peculiar salt-marl, lying below the cambrian strata, has been a puzzle to every worker in the Salt-Range: the preservation

!) Salt-Range. Memoirs. Vol. 14. 1878, pag. 271, Fußnote,

?) Notes on the Geology of the Salt Range of Punjab with a re-considered theory of the Origin and Age of the Salt-Marl. Records, vol. 24 (1891) pt. 1.

®) Records, vol. 24 (1891), pag. 231; vol. 25 (1892), pag. 54. Vgl. auch; R. D. Oldham, Geology of India. 2rd Ed. Calcutta 1893, pag. 111—112.

*) N. Jahrb. Beil.-Bd. 14, Tabelle bei pag. 416.

5) General Report on the work carried on by the Geological Survey of India for the year 1902/03. Calcutta 1903.

[9] Beiträge zur Geologie des Punjab. 335

of large masses of salt since pre-cambrian times, as its stratigraphical position- appeared to indicate, is without a parallel; and the fact that other salt deposits not far off appeared to be of tertiary age, as well as the abnormal characters of the salt-marl itself, have combined to sweggest that its position immediately below lower cambrian beds must have been atteined by some process other than normal sedimentation. These points have been noticed by many previous workers, who felt unable to offer a satisfactory explanation of the apparently anomalous phenomena. Dr. Noetling reports now that there are evidences of the whole sedimentary series, from cambrian to tertiary, having been thrust bodily in a southerly direction over the salt-marl, and that the latter is probably but another exposure of the tertiary salt- bearing formation like that represented at Kohat. The idea thus in- volves an extension of the thrustplane noticed by Mr. A.B. Wynne many years ago near Kalabagh. There are many questions to answer before accepting this plausible explanation of the difficulty, and it is a subject of sufficient importance to merit more detailed obser- vations than have been reported.“

Dies ist aber auch die einzige bisher publizierte Spur von Noetlings neuerer Auffassung des obigen Problems und einige andere darauf bezügliche Literaturangaben sind jedenfalls irrtümlich ?).

Weder Noetling noch Koken haben meines Wissens irgend etwas Näheres hierüber veröffentlicht.

Dagegen bemerkt Vredenburg in seinem „Summary of the Geology of India“ ?), und zwar auf pag. 36 folgendes:

„In the sections of the Eastern Salt-Range, the Purple Sand- stone is seen resting on a great mass of unstratified clay, in the midst of which are situated the layers of salt from which the mountain range derives its name. But the structure of the range is one of extensive overthrust faulting, and it is probable that the Salt-Marl is not in its normal situation with reference to the Cambrian strata, but is really much newer, and Tertiary in age.“

Aber auf pag. 105 desselben Buches sagt derselbe Autor:

„Other products of the igneous activity are the petroleum of Burma, Assam and the Punjab, and in all probability the salt-marl and salt deposits of the Salt-Range, as well as many deposits of sulphur.*

Die Frage steht daher noch immer offen und verdient wohl wieder in Angriff genommen zu werden.

Nun glaube ich, daß wir derartige hypogene Prozesse, wie sie vonMiddlemiss,Holland und Vredenburg angenommen werden, zur Erklärung der Bildung der Salzformation trotz ihrer theoretischen Möglichkeit in diesem Falle gar nicht heranzuziehen brauchen, da vor allem derartige Prozesse in der Natur noch nirgends beobachtet worden sind.

'!) So zum Beispiel in Kaysers Geologie II. (4. Aufl.), pag. 74, Fußnote 3 (Koken) und in De Launay’s Trait€ de Metallogenie II. (Paris et Liege 1913), pag. 146, unterstes Zitat (Noetling).

?) Ernest W. Vredenburg, A Summary of the Geology of India. Second Edition. Calcuttta and Simla 1910.

996 Dr. Rudolf Zuber.. [10]

Anderseits kennen wir aber im ganzen Mediterrangebiete im weitesten Sinne dieser Bezeichnung sehr ausgedehnte und mächtige Salz- formationen, deren sedimentäre Natur als Austrocknungsprodukte abfluß- loser Seebecken und deren vorwiegend miocänes Alter wohl von nie- mandem mehr bezweifelt werden kann. Ich will hier nur die Salz- bildungen der Karpathenländer (Galizien, Siebenbürgen, Rumänien) und diejenigen Persiens nennen. Bunte Tone und Mergel, mächtige Salz- stöcke und Gipslager, lokales Vorkommen von Kalisalzen, verworrene Lagerung sind hier überall die Regel. Die ganze Beschaffenheit der Salz- formation des Salt-Range unterscheidet sich aber buchstäblich in gar nichts von derjenigen der karpathischen und persischen !) Salzformation.

Außerdem gibt es noch eine Reihe anderer fazieller und tek- tonischer Analogien, auf welche bereits vielfach hingewiesen wurde, und welche vom Himalaja bis zu den Alpen verfolgt werden können, wie zum Beispiel die alpine Trias, der Kreidetertiärflysch, die Nummu- litenformation, der gegen die älteren Vorlandmassen vordringende Faltenwurf der jüngeren Gebirge. Alles dies weist auf einen groß- artig einheitlichen und heute wohl allgemein anerkannten Bauplan in der ganzen geologischen Beschaffenheit des gesamten Mediterran- gebietes hin, von welchem doch der fast in der Mitte liegende Punjab wohl keine Ausnahme machen dürfte.

Die wunderbare Darstellung des Hazara-Gebirges von Middle- miss?) zeigt uns ganz unzweifelhaft, daß von dort aus eine Reihe von Deckenüberschiebungen nach Süden hin ausgehen. Man sieht die besonders gut am Jhelum an der Grenze von Kashmir.

Die vereinzelten Nummulitenkalkzüge des Potwar und deren westliche Verlängerung bis nach Bannu (Trans-Indus) sind nur weitere durch spätere Denudation zerrissene Überreste der Hazara-Decken, welche zum Teil über die Murree-Schichten, zum Teil über die Salz- formation des Kohat-Distrikts überschoben wurden.

Der Salt-Range kann nur das am weitesten nach Süden vor- gedrungene Glied dieses Faltensystems sein, und seine Salzformation bildet hier wohl dessen autochthone Unterlage von wahrscheinlich tertiärem Alter.

III. Eigene Beobachtungen.

Wie bereits eingangs erwähnt, erhebt sich im Norden der Potwär-Hochebene plötzlich.und. unvermittelt der felsige Südostrand des Margala- und Hazara-Gebirges. Es .ist dies die von Middlemiss in seiner Hazara-Monographie als „Nummulitic-Zone* bezeichnete und näher beschriebene Partie des Hazara-Gebirges und dessen westliche Verlängerung (Margala).

Die geologischen Verhältnisse dieses Gebirgsrandes und seine Beziehungen zu seinem südlichen Vorlande (Potwär) wurden in den beiliegenden Durchschnitten (Fig. 2—7) dargestellt.

!) Vgl. u. a. A. F. Stahl in Handbuch der Regionalen Geologie. V. Bd., 6. Abt., Persien, Heidelberg 1911. ?) Memoirs. Vol. 26 (1896).

[11] Beiträge zur Geologie des Punjab. 337

Der Durchschnitt Fig. 2 befindet sich im Nordosten des Ge- bietes- an der von Rawalpindi über Murree nach Kashmir führenden Heerstraße, und zwar zwischen der 25. und 26. mile (von Rawalpindi an gerechnet) bei der Ortschaft Tret (3306 Fuß Seehöhe).

In den tiefen und steilen Schluchten des Kurang-Flusses und seiner Nebenbäche sieht man hier im Norden die gewaltig aufge- türmten und gestörten mächtigen Bänke der grauen Nummuliten- kalke, welche diese Partie des eigentlichen Gebirgsrandes ausschließ-* lich zusammensetzen. Es ist dies die schon von Wynne als „Hill- Nummulitic* bezeichnete Formation.

Gegen Südost folgt nun im Flußbett zuerst eine Reihe von fast senkrecht gestellten und felsige Grate bildenden rötlichen Sandsteinen mit wechsellagernden roten Schiefern, welche von den indischen Geologen als Murree-Schichten bezeichnet werden.

Weiter folgen bunte Tone mit eingeschalteten grauen und grün- lichen Sandsteinen, welche noch weiter in eine stark zerknitterte Partie von grünlichen Mergeln mit viel Gipseinschaltungen übergehen. Als Einschaltung erscheint hier eine fast senkrechte Bank eines festen, sehr bituminösen Kalkes, in dessen Nähe einige Schwefel- quellen entspringen. Der Kalk enthält stellenweise Anhäufungen von kleinen Orthophragminen, Nummuliten und anderen Foraminiferen (was, wie wir später sehen werden, für das „Hill-Nummulitic“ charak- teristisch ist).

Diese Kalkbank verbreitert sich nach oben und eine weitere größere Partie desselben bituminösen Kalkes überlagert wie aufge- preßt die vorher erwähnten zerknitterten grünlichen Gipsmergel. Diese Kalkmasse ist sowohl an der Straße wie auch weiter oben an den Abhängen des westlich von Tret liegenden Hügels durch Stein- brüche aufgeschlossen.

Noch weiter im Südosten folgen wieder die roten Tone und Sandsteine der Murree-Schichten, welche dann längs der Straße in den Hügelzügen am Kurang-Flusse abwärts bis in die Nähe von Rawalpindi in vielfacher Abwechslung und meistens in sehr steilen Falten verfolgt werden können.

Der nächste Durchschnitt (Fig. 3) befindet sich 12 miles gegen SW vom vorhergehenden und beginnt bei Rota Hotur zwischen den größeren Ortschaften Saidpur und Nurpur.

Auch hier steigen im Norden zuerst die schroffen Felsen des grauen Nummulitenkalkes auf. In den tieferen Quertälern sieht man jedoch, daß darunter eine andere Formation erscheint. Es sind dies hauptsächlich dunkle, braun oder rötlich verwitternde, sehr zerklüftete und splitterige sandige Dolomite, zum Teil auch gelbe Kalkbänke und rotbraune Sandsteine, stellenweise mit zahlreichen limonitisierten Muscheln.

Es sind dies die bereits von Wynne und Middlemiss er- kannten und näher beschriebenen Juraschichten der südlichen Hazara- Ketten, welche ein Äquivalent der erst weiter im Norden auftretenden Spiti-Shales darstellen.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u, 2. Hft. (R. Zuber.) 43

Dr. Rudolf Zuber. [12]

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340 Dr. Rudolf Zuber. [14] F

Gegen S zu werden diese Juraschichten wieder von einer nach * N einfallenden Nummulitenkalkpartie unterteuft, worauf noch weiter Murree-Schichten unmittelbar folgen.

Middlemiss!) erklärt die Tektonik dieses Vorkommens durch Annahme von Verwerfungen. Wir haben hier aber wohl sicher den Anfang einer gegen Süden überschobenen liegenden Falte, deren Kern die oben erwähnten Juraschichten zusammensetzen.

Wenn wir nun der tiefen Schlucht von Rota Hotur nach abwärts (Süd) folgen, finden wir zuerst die roten Schiefer und groben Sand- steine der Murree-Schichten, welchen weiter bunte Tone und dann, ebenso, wie bei Tret, grünliche Gipsmergel mit kalkigen und sandigen Einschaltungen folgen. Diese Schichten sind sehr steil und ungemein gestört und zerknittert.

Über diesem Aufbruche liegt jedoch eine größere Partie von Nummulitenkalk, deren Bänke flach nach Süd einfallen und deren Südende keilförmig nach unten zwischen die zerbrochenen Gipsmergel eingreift. Ahnliche kleinere Kalkmassen wiederholen sich ferner noch zweimal als offenbar von oben in die Gipsmergel hineingepreßte fremde Körper.

Die Kalke sind stark bituminös und an einer Kontaktstelle zwischen Kalk und Mergel kommt in Rota Hotur eine Schwefelquelle mit ziemlich bedeutenden Erdölspuren zum Vorschein.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die soeben besprochenen, in die Gipsmergel eingreifenden Kalkmassen nur Digitationen der Stirnpartie der von N her überschobenen liegenden Falte darstellen.

Weiter südlich gegen Nurpur zu erscheinen wieder senkrecht, gestellte und steile Grate bildende Murree-Schichten, welche zu oberst aus vorwiegend rötlichen Sandsteinen mit konglomeratischen Lagen, roten knolligen Steinmergeln und roten sandigen Tonen be- stehen. Nach unten zu (Süd) nehmen sie allmählich eine ausgesprochene Flyschfazies an: es sind dies graue und rötliche plattige Sandsteine mit zahlreichen Hieroglyphen auf der unteren Schichtfläche, glau- konitische Sandsteine, rote und grüne Tone, unter welchen schließ- lich einige grobe, mehr konglomeratische und mergelige Sandstein- lagen mit zahlreichen großen Nummuliten als steiler Sattelaufbruch emportauchen, worauf dann wieder die vorwiegend roten Murree- Schichten in sehr großer Ausdehnung und vielfach wiederholte Falten bildend, folgen.

Sehr gute Aufschlüsse finden wir dann etwa 8 miles weiter gegen WSW bei Golra (Durchschnitt, Fig. 5).

Am steilen Gebirgsrande sind hier, ebenso wie bei Saidpur, die braunen Juradolomite den grauen Nummulitenkalken eingefaltet, worauf der erste Murree-Schichtenzug folgt.

Nach einer kleinen Unterbrechung erscheinen senkrechte grüne Mergel und Sandsteine, wo besonders eine Lage mit sehr zahlreichen Austern und großen Nummuliten auffällt, worauf eine bedeutendere Serie von grauen, grünlichen und rötlichen Flyschsandsteinen mit den oben erwähnten roten Knollenmergeln und bunten Tonen folgt.

!) Hazara. Tafel 4, Durchschnitt Nr. 4 rechts.

[15] Beiträge zur Geologie des Punjab. z 341

har)

Die Schichten nehmen ein regelmäßiges nördliches Einfallen an und nach einigen Einschaltungen von roten und grünen Tonen unter- halb eines kleinen Wasserfalles erscheint die erste (oberste) Nummu- litenschicht, welche eine kalkig sandige Lage bildet, die fast aus- schließlich aus kleineren und großen Nummuliten besteht. Besonders auffallend und charakteristisch für diese Lage sind große Assilinen. Die Abbildung 1 auf Tafel XV (I) zeigt einen Teil der Oberfläche dieser Assilinenschicht in natürlicher Größe. Es ist hier hauptsächlich die Art Assilina spira vertreten. Diese Schicht kann besonders in der weiteren Umgebung von Golra als ein wirklicher Leithorizont be- trachtet werden.

Darunter (gegen S) folgen rote und grüne Schiefer mit Mergel- einlagerungen, wo stellenweise sehr zahlreiche, aber schlecht er- haltene Austernschalen angehäuft sind.

Es folgen, wie in den vorher beschriebenen Durchschnitten, stark zerknitterte grünliche Mergel mit zum Teil bituminösen Gips- einschaltungen, welche hier offenbar die tiefste aufgeschlossene Partie des Aufbruches darstellen. Hier entspringen Schwefel- und Erdöl- quellen, und auf der am meisten gestörten Partie erscheint wieder eine gleichsam hineingepreßte Partie von bituminösem Nummulitenkalk.

Der Aufbruch wird im Süden durch eine Wiederholung der bunten Schiefer mit Mergeln und größeren Nummuliten in offenbar überkippter Lagerung abgeschlossen, worauf in ausgesprochener Dis- kordanz ganz junge Konglomerate, Kalksinter, Sand- und Lehmlagen auf größerer Strecke alle älteren Ablagerungen verdecken.

Wenn wir jetzt die vorher erwähnte eingepreßte Kalkpartie im Streichen gegen ONO verfolgen, finden wir dieselbe etwa 1!/, mile weiter in einem etwas höheren Hügel (2207 Fuß Seehöhe) in be- deutend größerer Mächtigkeit auftretend, wobei jedoch seine Auf- lagerung auf den grünlichen Gipsmergeln keinem Zweifel unterliegen kann, wie dies auf Fig. 4 dargestellt wurde.

In entgegengesetzter Richtung dagegen, das heißt gegen WSW, sehen wir in einer Entfernung von etwa 4 miles von Golra in den bedeutend tieferen Einschnitten südlich von der Ortschaft Sarai- Karbuzä die Wiederholung desselben Profils (Fig. 6), jedoch ohne eine Spur von Kalkstein. Erst noch weitere 6 miles im Streichen gegen WSW erhebt sich wieder die isolierte und langgestreckte Felsenkette Chitta-Pahar, wo wieder dieselben Nummulitenkalke in mächtiger Masse in die dieser Region eigentümliche bunte Mergel- und Sandsteinserie eingepreßt erscheinen.

Der Durchschnitt Fig. 7 ist am Margala-Paß gelegen, wo die Heerstraße von Rawalpindi nach Attock die niedrigste Partie der Margala-Kette an dem Nicholson-Monument (1936 Fuß Seehöhe) vor- bei und die Eisenbahn in einem Tunnel überschreitet.

Mein Durchschnitt gibt nur den Aufschluß, wie er direkt an der Straße beobachtet werden kann.

Charakteristisch sind hier die mehrfachen Verknetungen der Juraschichten mit den Nummulitenkalken.

Die Nummulitenkalke sind massig und grob gebankt, zum Teil grau, zum Teil bituminös und mit lokal angehäuften kleinen Foramini-

349 > Dr. Rudolf Zuber. [16]

feren, worunter seltener ganz kleine Nummuliten und öfter Ortho- phragminen zu unterscheiden sind, genau so wie bei Tret. Auch andere Versteinerungen sind nicht selten, aber unmöglich aus dem kompakten Kalksteine herauszubekommen. Ich fand den Durchschnitt eines großen Nautilus, ein schlecht erhaltenes Spondylus-Schalenfragment, Echiniden- reste etc.

Die Juraschichten bestehen, wie bei Saidpur, aus sehr harten, splitterigen, rötlichen und braunen Dolomiten und Sandsteinen mit zahlreichen, meistens limonitisierten Konchyliendurchschnitten, worunter Trigonien und Austern unterschieden werden können.

Die tiefste Partie (in der nach S von der Straße ablaufenden Schlucht) besteht aus ockergelben festen Kalkbänken, welche nach Middlemiss auch schon triassisch sein könnten.

Weiter im Süden, zwischen Saidpur, Golra, Rawalpindi und Fatehjang, erscheinen unter stellenweise sehr mächtigen rezenten und subrezenten Ablagerungen von Kalksintern, Schottern, Sanden und Löß, sehr ausgedehnte und einförmige Züge von den vorwiegend rötlichen Murree-Sandsteinen, welche meistens sehr steil gefaltet, aber an einigen Stellen auch ganz flach gelagert sind.

Eine derartige flache Antiklinalpartie erscheint an der Eisen- bahnlinie in der Mitte zwischen Rawalpindi und Golra und dieselbe kann noch weiter gegen Westen zu über Kutbal bis in die Nähe von Fatebjang verfolgt werden.

Nach einigen lokalen Störungen und Abweichungen hebt sich diese breite Antiklinale nordwestlich von der Eisenbahnstation Fateh- jang so beträchtlich, daß in der Nähe der Ortschaft Gandawali auch die unter den Murree-Sandsteinen liegenden bunten Mergel und Nummu- litenschichten an die Oberfläche gelangen und sich an mehreren Stellen als erdölführend erweisen.

Diese Partie verdient noch auch aus dem Grunde nähere Beachtung, als hier die den bunten Mergeln eingelagerten sandigen Kalkbänke ungemein reich an Versteinerungen sind, die in wohlerhaltenem Zu- stande massenhaft ausgewittert herumliegen. Steinkerne von Gastro- poden, große Austern und andere Bivalven und besonders Millionen von vorzüglich herausgewitterten großen Assilinen und Nummuliten können hier mit Leichtigkeit gesammelt werden.

Besonders häufig und typisch sind Assilina exponens und Nummu- lites perforatus (in dem von Boussac festgestellten Sinne).

Nunmehr wenden wir uns weiter nach Süden, und zwar dorthin, wo etwa 12 miles südwestlich von Rawalpindi die steile Kette des Khairi-Murti-Gebirges unvermittelt aus der Ebene emporsteigt.

In zahlreichen tieferen Wasserrissen und stellenweise steile steinige Kämme bildend finden wir auf dieser ganzen Strecke, abge- sehen von zum Teil sehr mächtigen jüngeren Ablagerungen, immer die sehr steilen Falten der vorwiegend rötlichen Murree-Sandsteine.

Etwa 1!/, mile östlich von der Ortschaft Murat vereinigen sich die Flüsse Basala und Sil tief eingeschnittene Schluchten bildend.

Das hier aufgeschlossene Profil ist in Fig. 8 dargestellt.

1) J. Boussac. Etudes pal6ontologiques sur leNummuli'ique Alpin. Paris 1911.

17] Beiträge zur Geologie des Punjab. 343

Es ist dies ein senkrecht gestellter Sattel, dessen beide Flanken von den rötlichen Sandsteinen und Tonen der Murree-Schichten be- stehen. In der Mitte ist eine Wechsellagerung von grünlichen Tonen und grauen und glaukonitischen Flyschsandsteinen mit Einlagerungen von sandigen Mergeln und Kalken aufgeschlossen. Die letzteren führen zahlreiche Nummuliten und stellenweise Anhäufungen von Austern- schalen ähnlich wie bei Golra und Gandawali.

Eine härtere und sehr zerklüftete Kalkbank ragt zwischen den Austernbänken mauerartig empor. Aus den Klüften hier wie auch bei Murat kommen bituminöse Ausschwitzungen zum Vorschein.

Fig. S und 9.

Basala - 5

Durchschnitte am Ostende der Khairi-Murti-Kette.

1. Nummulitenkalk (Margala-Fazies). 2. Grüne Mergel mit fossilreichen Lagen. 3. Flyschartige Sandsteine und Schiefer. 4. Murree-Schichten. 5. Junge lakustre Sedimente.

An der Berührung dieser Kalkbank und der Austern führenden Mergel sind unzweifelhafte Spuren eines hochgradigen Dynamometamor- phismus zu beobachten, worauf nicht nur die hochgradige Zerklüftung, aber auch eine förmliche Verquickung und Verknetung beider Ge- steine, wie zu einer plastischen Teigmasse, hinweisen. Die Kalkbank erscheint wie ein in die Mergel hineingepreßter Keil.

Nebenbei sei noch bemerkt, daß die obere Partie des hier durch- schnittenen Plateaus aus jungen horizontalen Ablagerungen besteht, welche zum Teil gelblich, rötlich und grünlich gebänderte sandige Tone, zum Teil zahlreiche Süßwasserkonchylien enthaltende lakustre Ablagerungen, zum Teil Kalksinter sind. Es war mir leider nicht möglich, diesen interessanten Bildungen mehr Zeit zu widmen.

344 Dr. Rudolf Zuber. [18]

Etwa 21/, miles weiter westlich im Streichen desselben Auf- bruches schneiden wir bereits die ansteigende Khairi-Murti-Kette (vgl. Durchschnitt Fig. 9).

Die Kette besteht aus hoch aufgetürmten Massen von festem grauem Nummulitenkalk von genau derselben Beschaffenheit wie in der Margala und Chitta-Pahar-Kette.

In den im N und S eingeschnittenen Wasserrissen, insofern die Aufschlüsse nicht durch massenhaften Gebirgsschutt und Kalksinter u. dgl. verdeckt sind, sehen wir an mehreren Stellen, daß auf beiden Seiten die grünlichen Mergel und Flyschsandsteine wie auch die roten Murree- Schichten gegen die Kalkmassen des Gebirges, also unter dieselben einfallen. Diese Tatsache zusammen mit dem fast vollständigen Ver- schwinden der Kalke im tiefen Basala-Durchschnitte (Fig. 8) beweisen wohl deutlich, daß die Kalke der Khairi-Murti-Kette ebenso wie die- jenigen der Chitta-Pahar-Kette und die kleineren Kalkmassen bei Golra von dem Margala-Hazara-Gebirge ausgehen und als Überreste größerer Überschiebungsdecken aufzufassen sind.

Von Khairi Murti an weiter südlich ragen noch einige steile Hügelzüge empor, welche aus meistens senkrechten Sandsteinen der Murree-Schichten bestehen.

Vom breiten Tale des Soan-Flusses angefangen nach Süden zu verschwinden jedoch diese Bildungen gänzlich, und es erscheinen unter der sehr wechselnden jüngeren und jüngsten Bedeckung die mächtigen zumeist wenig festen bunten Konglomerate und Sandsteine der jung- tertiären Siwalik-Formation, welche bis zum Salt-Range anhält und in dieser Partie zwar nicht sehr intensive, aber doch ganz deutliche Faltungen aufweist.

Nun wenden wir uns der westlichen Partie des Salt-Range zu, indem wir am Indusdurchbruche bei Kalabagh beginnen. (Fig. 10.)

Die Verhältnisse bei Kalabagh wurden bereits von Wynne!) recht ausführlich dargestellt.

Sowohl am nördlichen rechten (Kalabagh) wie auch am südlichen linken Ufer (Mari) des Indus sieht man vor allem die riesig gestörte und zerrüttete Salzformation. Es ist dies in der Hauptmasse ein fast ungeschichteter roter, zum Teil mergeliger Ton mit Steinsalz und be- deutenden Gipseinschaltungen. Das Salz ist meistens rötlich, der Gips weiß oder rot gefärbt, oder rot gebändert. Als Einschaltungen kommen hier dünngeschichtete harte graue bis schwärzliche dolomitische Mergel vor, welche oft bituminös und an den Schichtflächen mit kohligem organischem Detritus bedeckt erscheinen.

Sowohl im Westen bei der Stadt Kalabagh wie im Osten (fluß- aufwärts von der Mündung des Lun Nala an) wie auch über dem "Aufbruche wird die Salzformation hier unmittelbar von den mächtigen mürben grauen, rötlichen und gelblichen Sandsteinen und Konglo- meraten bedeckt, welche zu der unteren Partie der Siwalik-Formation (Miocän oder noch jünger) gerechnet werden.

Der vollkommen nackte durch tiefe Schluchten erodierte Hügel westlich von Mari besteht ausschließlich von der Salzformation und

!) Memoirs XIV und XV.

[19] Beiträge zur Geologie des Punjab. 345

ist von alten Salzschächten, Stollen und Soolquellen förmlich durch- setzt. Erst östlich von Mari erheben sich in steilen Abstürzen die NW-—SO streichenden und regelmäßig nach NO einfallenden Sand- steine der Siwalik-Formation.

Fig. 10—12.

Be. 10 & 2232 W Ze 11 7230 SW. AN HH EHEN ne + URERTERRININENE: Ik N Ran ze SEINEN: 6 4

Durchschnitte im westlichen Salt-Range zwischen Kalabagh, Mari und Daud-Kehl.

1. Geschiebelehm (Boulder clay, Permokarbon). 2. Productus-Kalk (Perm.).

3. Nummulitenkalk. 4. Bunte Tone und fiyschartige Sandsteine. 5. Salz-

formation, «) Dolomitische Mergeleinlagerungen. 6. Siwalik-Formation 7. Ganz junge Sedimente, Schutt etc.

Wenn wir nun von dem Salzberge von Mari genau dem Streichen der Schichten nach SO folgen, finden wir etwa 1!/, mile weiter den Durchschnitt Fig. 11.

Mauerartig ragt hier ein senkrechter felsiger Grat aus der Hügel- reihe empor, genau demselben Streichen folgend. Es ist dies ein heller, fester und sehr zerklüfteter Kalk, welcher zwar keine makro- skopische Versteinerungen aufweist, in welchem ich jedoch im Dünn- schliffe zahlreiche organische Reste und besonders ganz kleine Assilinen und Orthophragminen auffinden konnte (vgl. Tafel XV [I], Abb. 3).

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Zuber.) 44

346 Dr. Rudolf Zuber. [20]

Diese Kalksteinbank ist fast senkrecht, jedoch etwas gegen NO geneigt. Im SW wird sie von grellroten und grünen Tonen begleitet und ebensolche bunte, rote und grüne Tone mit deutlicherem NO- Einfallen folgen auch gegen NO. Bald schalten sich zwischen diese bunten Tone graue, rötliche und grünliche, zum Teil konglomeratische Sandsteine ein, welche sehr an die Murree-Schichten erinnern, und nach einer kleinen Unterbrechung durch ein kleines Längstal folgen dann wieder die ganz regelmäßig und flacher einfallenden mürben Sandsteine der Siwalik-Formation.

Wynne ist der oben beschriebene Nummulitenkalk nicht ent- gangen (Memoirs XIV, pag. 267). Er hat daselbst auch Spuren von Jura gefunden, welche ich nicht bemerkt habe. Er erklärt das Verhältnis dieser Vorkommen zur Salzformation von Mari durch mehrere kom- plizierte Brüche. Ich habe jedoch eher den Eindruck, daß diese ab- gerissenen Trümmer von Eocän und Jura eher zertrümmerte Über- reste der über den Salzton überschobenen Decke sind, welche weiter im Süden besser erhalten und mächtiger entwickelt ist, auf der tek- tonischen Querelevation des Indusdurchbruches in die Luft ausgeht und daher verschwindet und jenseits des Indus nördlich von Kalabagh wieder einsetzt, wie dies aus der späteren Arbeit Wynne’s über den Trans-Indus Salt-Range (Memoirs XVII) recht deutlich hervorgeht.

Noch weitere 21/, miles gegen SSO von der zuletzt beschriebenen Stelle finden wir wieder eine ziemlich isolierte Hügelgruppe (höchster Punkt 1127 Fuß Seehöhe), in welcher die in Fig. 12 dargestellten Ver- hältnisse erscheinen.

Die ersten kleinen, aber schroffen Felsen, welche im SW von der Ebene aufsteigen, bestehen aus einem gelblichen zerklüfteten Kalkstein, dessen Bänke nach NO einfallen. Ziemlich zahlreiche aus- gewitterte Steinkerne von Bivalven, Naticiden etc. kommen hier vor.

In einigen Lagen sind sehr zahlreiche, meistens kleine, aber auch größere Nummuliten angehäuft. Es ist dies also unzweifelhaftes Eocän.

Hinter diesem Eocänsaum erscheint dann ein kleiner Höcker, welcher aus ebenfalls nach NO geneigten Bänken eines sehr harten, splitterigen, braunen dolomitischen Kalkes besteht, in dem sehr zahl- reiche Versteinerungen enthalten, aber unmöglich gut herauszuschlagen sind. Nach längeren Bemühungen gelang es mir doch einige ganz unzweifelhafte Brachiopoden, und zwar Produkten zu erhalten. Es ist dies jedenfalls eine Partie des weiter im Süden bekannten und mächtig entwickelten permischen- Productus-Kalkes.

Nach einer abermaligen kleinen Unterbrechung folgt wieder an- scheinend über dem Productus-Kalk eine Folge von hellen. Sandsteinen und darüber ein ungeschichteter dunkler sandiger Lehm mit unzähligen großen und kleinen Trümmern von verschiedenen kristallinischen Ge- steinen. Es ist diesunzweifelhaft der ebenfalls weiterim Süden längst be- kannte „Boulder clay“* der permokarbonischen Eiszeit.

Bis hierher haben wir daher eine überkippte Schichtenfolge, da bekanntlich in den normalen Profilen der Productus-Kalk über den „Speckled sandstone* und „Boulder clay* folgt, wogegen hier die umgekehrte Reihenfolge erscheint.

[21] Beiträge zur Geologie des Punjab, 347

Leider werden die weiteren Aufschlüsse bergaufwärts von dem massenhaften Gehängeschutt total verdeckt und erst nahe am Rücken des Hügels und auf seinen steilen Nord- und Nordostgehängen kommt die ganz typische rote Salzformation mit Gips und Steinsalz, die vorigen Fragmente offenbar überlagernd, zum Vorschein.

Noch weiter gegen NO folgen wieder die gewöhnlichen Siwalik- Ablagerungen, und weiter etwa 2 miles östlich hat Wynne bei Ainwan noch einen isolierten Aufbruch der Salzformation beobachtet.

Bereits aus diesen fragmentären Beobachtungen geht wohl her- vor, daß die soeben beschriebene Eocän-Perm-Partie den zum Teil ausgewalzten (sehr geringe Mächtigkeit) und überkippten Schenkel einer liegenden Falte darstellt.

Wir überschreiten nun das breit ausgewaschene, von Jaba herunter- kommende Quertal und gelangen bei Khairabad an die ersten be- deutenderen Ketten des eigentlichen Salt-Range.

Die Partie bei Khairabad wurde bereits von Wynne und Waagen in den eingangs zitierten Werken eingehender beschrieben und dann noch von Noetling und Koken weiter ergänzt.

Ohne jetzt auf die stratigraphischen Einzelheiten näher einzu- gehen, will ich mich nur auf solche Beobachtungen beschränken, welche zur Klärung der Tektonik beitragen können.

Die Ortschaft Khairabad liest knapp am Gebirgsrand östlich von der Eisenbahnstation Daud—Khel. (739 Fuß Seehöhe.)

Zuerst (von Westen kommend) sehen wir (Fig. 15) kleine vor- gelagerte Hügel, die außer ganz jungen Ablagerungen flach westlich einfallende rote, mürbe Sandsteine und Konglomerate aufweisen. Es sind dies wohl Siwalik-Bildungen.

Am Eingange in die an der Südspitze der Ortschaft nach Osten in das Gebirge einschneidende Schlucht fand ich zuerst grünlichgraue Gipsmergel, dann eine eingeschaltete ausgezackte, harte, löcherige Bank eines bräunlichgrauen dolomitischen Kalkes ohne Fossilien, worauf noch weiter wieder dunkel graugrüne mergelige Schiefer mit viel Gips und stark salzigen Quellen folgen. Diese Schichten werden von Wynne und Waagen zur Trias gestellt. Waagen hat darunter noch fossilführendes Perm gesehen, welches ich nicht bemerkt habe.

Bachaufwärts folgt nun immer mit demselben Einfallen nach Osten (eigentlich ONO) eine größere Serie von mehrfach wechsel- lagernden roten Sandsteinen, gelben Mergeln, braunen ÖOoliten und Dolomiten mit zahlreichen Belemniten und stellenweise Rhynchonellen, grünlichen, stark kieseligen Lagen mit limonitisierten Muscheln etc. Die Aufschlüsse sind stellenweise durch mächtige Geröll- und Schutt- massen unterbrochen.

Die soeben besprochene bunte Schichtenserie (Wynne’s „varie- gated series“) wird allgemein als jurassisch betrachtet.

Koken fand darüber noch Unterkreide, welche mir entgangen ist.

Weiter nach oben folgen Kalkbänke mit zuerst kleinen, dann mit immer größeren und zahlreicheren Nummuliten, mit Schieferein- schaltungen und diese Eoeänschichten halten bis über den höchsten Rücken (hier 1184 Fuß) des Gebirges an.

44*

348 Dr. Rudolf Zuber. [22]

Etwa 1 mile südlich finden wir den Paralleldurchschnitt Fig. 14.

Hier erhebt sich sofort aus dem Schuttkegel des hier heraus- kommenden Baches ein enges Felsentor, dessen Wände von einem harten hellen zerklüfteten Kalke bestehen. Außer einigen Korallen habe ich hier in Dünnschliffen kleine Assilinen und Orthophragminen gefunden, genau so, wie in dem Kalkfelsen südlich von Mari (vgl. Tafel XV [T), Abb. 4).

Aus. den Klüften dieses eocänen Kalkes, welcher einige bitu- minöse Partien aufweist, entspringen hier mehrere stark salzige und schwefelwasserstoffhaltige Quellen, von welchen mir eine warm zu sein schien.

Fig. 15 und 14.

Fig 75 n IS Hhaırabad el ? = SEES: EZ ER Ss PRITISN SS & N Lg I= R; 4 ia

Durchschnitte bei Khairabad im westlichen Salt-Range.

1. Trias (grünliche Gipsmergel). «) Dolomitische Kalkbank. 2. Jura. 3. Num- mulitenkalk. 4. Rote Sandsteine (Siwalik?). 5. Ganz junge Bildungen.

Die Schichten fallen sehr steil, fast senkrecht gegen Osten.

Gleich darauf folgt eine gelbe Sandsteinbank mit einigen Tere- brateln von durchaus jurassischem Habitus und es folgen sofort wieder die graugrünen Gipsmergel der Trias wieder mit mehreren Soolquellen in dieser und in den benachbarten Schluchten.

Nach einer längeren Unterbrechung, wo horizontale junge, bunte, sandigtonige Ablagerungen mit Schotterbänken und Schuttmassen alle älteren Bildungen verdecken, kommen weiter oben wieder zuerst die Jura- und dann die Focänablagerungen in normaler Folge zum Vorschein.

Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß wir hier einen

gegen Westen überkippten Sattel mit bedeutend ausgewalzter West- flanke vor uns haben.

[23] Beiträge zur Geologie des Punjab. 349

Diese Partie liegt auch genau im Streichen des vorher be- sprochenen Durchschnittes Fig. 12, nur ist hier bei Khairabad weder von den paläozoischen Schichten noch von der roten Hauptsalzfor- mation irgend etwas zu sehen. Ä

Die Salzquellen von Khairabad könnten aus der wahrscheinlich in der Tiefe vorhandenen Hauptsalzformation stammen. Es wäre aber auch möglich, daß die triassischen Gipsmergel auch für sich eine besondere lokale Salzformation darstellen.

Wir überschreiten nun den aus Nummulitenschichten bestehenden Hauptrücken des Gebirges und beginnen einen weiteren Durchschnitt

Fig. 15 und 16.

Durchschnitte bei Jaba im westlichen Salt-Range.

1. Nummulitenkalk; «) Grünliche Mergel und Schiefer-Einschaltungen. 2. Kon-

glomeratische Lagen mit Num. incrassatus. 3. Salzformation; 5b) Gipslager,

c) Roter Ton. 4. Flyschartige Sandsteine und Schiefer. 5. Murree-Schichten. 6. Siwalik-Formation.

am Ostabhange desselben, etwa 2 miles im Westen von der Ortschaft Jaba (Fig. 15).

Zuerst sehen wir oben mehr oder weniger mächtige bräunliche oder graue Bänke von Nummulitenkalken mit lokalen Einschaltungen von graugrünen Schiefern. Dieselben fallen zuerst weniger steil nach NO, werden aber dann steiler und schließlich fast senkrecht. Endlich finden wir ungefähr auf halbem Wege zwischen Khairabad und Jaba an den ersten östlichen Steilabstürzen in unmittelbarer Anlagerung an den Nummulitenkalk zwei recht mächtige Gipslager, durch eine Ein- lagerung von grellrotem Ton voneinander getrennt. Der Gips ist vorwiegend weiß, zum Teil jedoch rötlich oder mit roten Adern,

genau so wie die Gipsmassen des roten Salztones bei Mari und Kalabagh.

350 Dr. Rudolf Zuber. [24]

Uber dem Gips folgen nach NO ganz regelmäßig ebenfalls fast senkrechte grüne Tone mit Sandsteinen und konglomeratischen Lagen, und endlich folgen, wie überall in dieser Richtung, flacher geneigte bunte Siwalik-Schichten.

Wynne erwähnt das obige Gipsvorkommen mit der Bemerkung „Ihe origin of this gypseous clay is not clear“). Ich glaube jedoch, daß dies eine Partie des Hauptsalztones ist, welche hier ganz normal über dem Nummulitenkalk liegt.

Dieselben Gipse und roten Tone erscheinen noch mehrfach und in größerer Mächtigkeit in den tiefen Einschnitten gegen Jaba zu, und zahlreiche hier entspringende Sool- und Schwefelquellen be- stärken noch die Annahme, daß hier eine echte Salzformationpartie vorhanden ist,

Noch viel weiter im Osten bei Vasnal und Kalar-Kahar kommt nach Wynne?) (ich habe diese Stellen nicht besucht) die echte rote Salzformation im Nummulitengebiete vor. Er erklärt ihr Erscheinen allerdings durch Annahme recht komplizierter Verwerfungen. Es er- scheint jedoch viel einfacher, diese Vorkommen ebenso wie die ganz analog gelegenen bei Jaba, Ainwan und Lun Nala (im Trans-Indus- Gebiete nördlich von Kalabagh) als normal über dem Nummuliten- kalke liegend zu betrachten, wodurch auch ihre stratigraphische Stellung besonders durch den alle Zweifel ausschließenden Aufschluß oberhalb Jaba bestimmt wird.

Der rächste Durchschnitt (Fig. 16) befindet sich etwa 2 miles südlich von Jaba und umfaßt die Aufschlüsse in den Schluchten von Chotta Kutta und Burra Kutta.

Hier sind die Nummulitenkalke mächtiger entwickelt. Sie sind reich an Versteinerungen (zahlreiche Nummuliten, größere Assilina ecponens, Echiniden, Korallen, Muscheln etc.) und weisen einige Fal- tungen auf. Gegen ihre obere Grenze zu (gegen NO) werden ihre Bänke senkrecht.

Hier entspringen aus den Klüften dieser Kalksteine mehrere Erdölquellen in Begleitung von viel stark schwefelwasserstoffhaltigem und zum Teil warmem Wasser. Einige in der Nähe ausgeführte Bohrungen haben nur sehr viel Schwefelwasser, aber wenig Ol ergeben.

Unmittelbar über dem kompakten Kalkstein und mit schwächerem NO-Einfallen folgen mehr sandige und konglomeratisch aussehende Lagen, welche bei näherer Betrachtung hauptsächlich aus zahllosen kleinen Nummuliten und größeren runden, konzentrisch geschichteten kalkigen Körpern bestehen, welche bis 2cm Durchmesser erreichen. Ich vermutete darin zuerst etwa Loftusien oder andere Organismen, aber Herr H. Douvill& in Paris, welchem ich einige dieser Gebilde ein- gesendet habe, hatte die Liebenswürdigkeit, mir mitzuteilen, daß dies anorganische Gebilde, etwa wie sehr große Ooliten, sind. Einige der- selben inkrustieren große Nummuliten, welche hauptsächlich als N. perforatus bestimmbar waren. Unter den kleinen Nummuliten herrschen dagegen Formen aus der Gruppe N. incrassatus und N. vascus vor.

!) Memoirs XIV, pag. 264. ?:) Ebenda,,pag. 182— 184.

*

[25] Beiträge zur Geologie des Punjab. 351

Der Habitus ist jedenfalls, mit europäischen Verhältnissen verglichen, ein abereocäner, respektive oligocäner (vgl. Tafel XV [1], Abb. 2).

Darüber folgt zuerst ein roter Ton, jedoch ohne Gips, dann bunte Schiefer mit grauen, grünlichen und rötlichen Sandsteinen vom Habitus der Murree-Schichten, auch mit den denselben eigentümlichen roten, harten, knolligen Mergeln, bis schließlich wieder flachere Siwalik- Schichten mit noch jüngeren Sedimenten alles bedecken.

Der letzte Durchschnitt (Fig. 17) ist teilweise nach meinen eigenen Beobachtungen zusammengestellt, zum Teil jedoch nach Wynne!) ergänzt.

Fig. 17.

Durchschnitt oberhalb Sanwans im Salt-Range.

1. Permokarbonischer glazialer Geschiebelehm (Boulder clay). 2. Bunter Sand- stein (Speckled Sandstone). 3. Productus-Kalkstein (Perm). 4. Trias. 5. Jura. 6. Salzformation.

Derselbe befindet sich in der Nähe der Ortschaft Sanwans (Wynne schreibt Swas) und es treten hier besonders die älteren Glieder der Salt-Range-Formationen, und zwar besonders die permischen Productus-Kalke in mächtiger Entwicklung auf.

Dieser Durchschnitt beweist wohl endgültig, daß der Salt-Range ein echtes Faltengebirge und nicht etwa ein Bruchrand ist.

IV. Schlussbetrachtungen.

Trotzdem meine oben dargestellten Beobachtungen nur geringe Partien des in Rede stehenden Gebietes betreffen, so lassen sich doch mit Hinzuziehung der ausgezeichneten und gewissenhaften Ar- beiten der indischen Geologen wohl bereits einige allgemeinere Schlüsse daraus ziehen.

Eine genauere Horizontierung und Parallelisierung besonders des Punjabischen Eocäns, welches die Hauptformation dieser Region

'!) Memoirs XIV, Taf. XXVII, Fig. 50.

359 Dr. Rudolf Zuber. [26]

ist, wird. wohl noch jedenfalls eine längere Zeit brauchen, bis sie befriedigend gelöst sein wird.

Dieser Lösung steht in der gegenwärtigen Sachlage hauptsäch- lich ein Hindernis im Wege. Man hat bei den Gliederungsversuchen des indischen Paläogens zu wenig Gewicht auf die Unterscheidung gelegt, was Horizont und was Fazies ist.

Nun glaube ich, daß die oben zusammengestellten Beobachtungen bereits gute Anhaltspunkte zum Versuche liefern, eine Einteilung in besondere Faziesbezirke im Bereiche des Paläogens anzubahnen.

Die erste Bildung, die in dieser Beziehung ein einheitliches und eigentümliches Gepräge zur Schau bringt, ist die massige marine Kalksteinfazies der Nummulitenformation im Margala-Hazara-Gebirge, welche bereits von Wynne als „Hill-Nummulitic* bezeichnet wurde.

Es ist dies ein neritischer, aber rein mariner zoogener Kalk, für welchen besonders die lokal angehäuften kleinen Foraminiferen (darunter ziemlich seltene, sehr kleine Nummuliten) charakteristisch sind. Ich will diese Kalksteine als Margala-Fazies bezeichnen.

Das Ablagerungsgebiet dieses Kalksteins liest im Norden und die auch noch südlich von Margala vorhandenen isolierten Vorkommen desselben (Chitta-Pahar und Khairi-Murti) können nur als Überreste einer von Norden her überschobenen Decke aufgefaßt werden.

Das nächste Faziesgebiet der Nummulitenformation erstreckt sich südlich von dem vorhergehenden. Es kann als Potwär-Fazies bezeichnet werden und umfaßt wahrscheinlich auch die Subhimalajische Region.

Charakteristisch sind hier grüne Mergel oft: mit Gips, bunte Tone, Einlagerungen von sandigen, sehr fossilreichen Mergeln, Austern- bänke, massenhafte große Assilinen, nach oben zu mächtigere Flysch- sandsteine, welche sich wohl stellenweise als Hauptträger der Erdöl- ansammlungen erweisen werden.

Diese Formation ist jedenfalls eine litorale Seichtwasserbildung und sie übergeht nach oben allmählich in die mächtig entwickelten, zum Teil wohl schon terrestrischen bunten Sandsteine, Knollenmergel und roten Tone der Murree-Schichten.

Die Nummulitenformation des Salt-Range ist höchstwahrschein- lich ein Ubergangsglied zwischen der Margala- und der Potwär-Fazies, da wir hier oft Wechsellagerungen von zoogenen Kalken und bunten Schiefern und Sandsteinen, Assilinen, Nummuliten etc. nebeneinander vorfinden.

Das Ursprungsgebiet des Salt-Range muß daher beträchtlich nördlich, und zwar zwischen dem Margala- und dem Potwär-Fazies- bezirke gesucht werden.

Die dritte Region bildet die Salztonfazies.

Es unterliegt für mich keinem Zweifel, daß die roten Tone mit Gipsen und Soolquellen, welche bei Jaba deutlich zwischen der Nummulitenformation und den Murree-Schichten liegen (Fig. 15), mit der Hauptsalzformation, wie sie bei Kalabagh, Mari und im Süden des Salt-Range unter dem Paläozoikum zum Vorschein kommt, identisch ist.

Sie kann aber wohl von der weiter im NW so mächtig ent- wickelten Salzformation von Kohät auch nicht getrennt werden.

[27] Beiträge zur Geologie des Punjab. 353

Wynne!f) gibt zwar eine Reihe von unterscheidenden Merkmalen für beide Formationen an, von welchen die Farbe das wichtigste sein soll. Im Salt-Range ist sie nämlich rot, bei Kohät vorwiegend grau und grün. Wir wissen aber von vielen anderen Salzformationen (Galizien, Rumänien, Nordamerika), daß diese Farben in derselben Formation sehr oft regional wechseln und daher von ganz untergeordneter Be- deutung sind. Übrigens scheidet Wynne auch bei Kohät, allerdings über dem Salzton und Gips, eine rote Tonlage aus, welche die Ana- logie besonders mit der Gegend von Jaba vergrößert.

Nun folgt aus den weiteren Darstellungen Wynne’s, daß die Salzformation der Kohät-Region zwar in der Hauptmasse unter dem Nummulitenkalk liegt; sie ist aber jedenfalls mit dem Eocän auf das innigste verbunden, und die tektonischen Verhältnisse, wie sie aus Wynne’s vorzüglicher Karte und seinen Profilzeichnungen hervor- gehen, beweisen in deutlichster Weise, daß auch dort weitgehende Faltungen und Uberschiebungen vorhanden sein müssen.

Übrigens haben wir doch auch bei Tret und Golra (Fig. 2, 3, 4 und 6) grüne Gipsmergel in den tieferen Partien der Nummuliten- formation, und bei Jaba sind sie rot und liegen in der oberen Partie derselben Formation.

Ich glaube daher nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, daß die gesamte großartig entwickelte bunte Salzformation desPunjab mitInbegriff der Kohät-Region (abgesehen von der lokalen vielleicht triassischen Salzformation von Khairabad, von welcher früher die Rede war) verschiedenePartien desEocäns bis in die Murree-Schichten hinauf vertritt.

Das Ablagerungsgebiet dieser Salzformation liegt im Süden und Westen der vorherigen Faziesbezirke.

Da diese Salzformation, wie fast alle anderen bekannten ana- logen Bildungen nur das Austrocknungsprodukt von abflußlosen See- becken sein kann, was wieder eine kontinentale Phase voraussetzt, so müssen wir für diesen Faziesbezirk, also im Süden und Westen des Potwär, für einen beträchtlichen Teil der Nummulitenperiode ein Festlandsstadium annehmen, was mit den vorherigen Faziesbezirken vorzüglich übereinstimmt.

Es bestand also zur Nummulitenperiode (selbstverständlich wohl mit lokalen Schwankungen und Unterbrechungen):

I. Eine Festlandpartie im Süden und Westen (Salt-Range-Kohät) mit abflußlosen Salzseen und Wüstenklima.

II. eine flache Litoralzone nördlich davon und östlich bis in die Subhimalaja-Region hinein (Potwär-Fazies), und

III. eine neritische Region mit Riffkalkbildungen etc. noch weiter gegen Norden zu (Margala-Fazies).

Ein gänzlicher Rückzug des Meeres fand mit der Ablagerung der Murree-Schichten statt, und die Siwalik-Bildungen sind bekanntlich schon ganz rein kontinentale Ablagerungen.

Was die Faziesbezirke der älteren Formationen betrifft, können wir noch einige Bemerkungen hinzufügen.

!) Trans-Indus Salt Region. Kohät District. Memoirs. Vol. 11. Pt. 2. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (R. Zuber.) 45

Dr. Rudolf Zuber. [28]

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356 Dr. Rudolf Zuber. [30]

Die Jurabildungen des Salt-Range (bunte Sandsteine, Dolomite etc.) stimmen mit denjenigen des Südrandes von Margala-Hazara auffallend überein. Erst weiter im Norden des Hazara-Gebirges, wie dies Midd- lemiss festgestellt hat, setzt die beträchtlich verschiedene Spiti- fazies ein.

Die berühmten und so fossilreichen Productus-Kalke des Salt- Range schienen lange ziemlich vereinzelt da zu stehen, ohne Ana- logien im Norden. H. H. Hayden!) fand jedoch in Chüra und Bazar Valley (NW vom Punjab, S vom Safed Koh-Gebirge) ebensolche Pro- ductus-Kalke, wie sie im Salt-Range bekannt waren.

Die Hebungszeit der Punjabischen Gebirge hat wohl erst zum Schluß der Tertiärperiode stattgefunden, da die Siwalikablagerungen nicht nur mitgefaltet sind, sondern auch die Faltungszüge und Faltungs- richtungen der darunterliegenden älteren Formationen regelmäßig begleiten.

Zum Schluß habe ich in den vorstehenden schematischen Zeich- nungen (Fig. 18 und 19) meine oben näher besprochene Auffassung der geologischen Zusammensetzung und Tektonik des in Rede stehen- den Gebietes darzustellen versucht, was natürlich nur in den allge- meinsten Zügen geschehen konnte.

Fig. 18 stellt natürlich in sehr bedeutender Verkürzung die Ablagerungsgebiete der verschiedenen Faziesbildungen dar.

In Fig. 19 sind die heutigen Verhältnisse nach stattgefundener Gebirgsbildung abgebildet.

Lemberg, im Mai 1914.

ı) H.H. Hayden, On the Geology of Tirah and the Bazar Valley. Memoirs geol. Survey of India. Vol. 28. 1898. Part. 1.

Testudo kalksburgensis Toula aus dem Leithagebirge. Von Kustos F. Siebenrock, Wien. Mit einer Tafel (Nr. XVIII).

Die vorliegenden Schildkrötenreste stammen aus dem Steinbruch zwischen Au und Loretto am Leithagebirge, an der Grenze zwischen Niederösterreich und Ungarn. Sie wurden im miocänen Sandstein der zweiten Mediterranstufe gefunden und mir von Herrn Dr. Günther Schlesinger, Konservator des N.-O. Landesmuseums zur Begut- achtung übergeben.

Diese leider nur wenigen Knochenreste (Taf. XVIII, Fig. 1—3 1) gehören einer Landschildkröte an, und zwar der Testudo kalksburgensis Toula, Zeitschr. Deutsche Geol. Ges. Vol. 48, 1896, pag. 915, Fig. 1 und 2, wie ihr Vergleich mit dieser Publikation in unzweifelhafter Weise ergeben hat. Sie bilden eine teilweise Ergänzung von Toulas Beschreibung und Abbildung des Plastrons, weil im vorliegenden Exemplar fast der ganze Hinterlappen vorhanden ist, während er bei Toulas Exemplar vollständig fehlt. Ferner sind von der Rücken- schale die hinteren Marginalia teilweise vorhanden und zwar das Pygale, rechts davon das 8.—10., links das 7.—8. und 11. Marginale. Diese Knochen sind in Sandstein eingebettet und daher in natürlicher Lage sowohl unter sich als auch zum Hinterlappen des Plastrons. Nur das linke 7.—8. Marginale (Fig. 3) ist frei und selbständig erhalten ge- blieben. In der Größe dürften diese Knochenreste den von Toula beschriebenen gleichkommen, die im Verhältnisse wie 2:3 abge- bildet sind.

Das Pygale ähnelt in der Form sehr stark demjenigen nach Toulas Zeichnung in Fig. 1. Es ist urnenförmig, seitlich im vor- deren Drittel ausgebaucht und nach hinten schmäler werdend. Der Vorderrand ist schwach halbmondförmig eingebuchtet, der Hinterrand abgerundet und in der Mitte etwas vorspringend.. Am Vorderrande sind die Verbindungszacken mit dem Supracaudale ganz rein erhalten, aus dem zu schließen wäre, daß letzterer Knochen erst bei der Aus- srabung verloren gegangen sein müsse. Das Pygale wird durch eine Längsnaht in fast zwei gleiche Hälften geteilt. Ihre Vereinigung er-

') Dem Fräulein L. Adametz vom Naturhistor. Hofmuseum spreche ich für die Anfertigung der Negative zu diesen Figuren meinen wärmsten Dank aus,

Jahrbuch d. k. k. geol., Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (F. Siebenrock.)

358 F. Siebenrock, [2]

folgt aber nicht mittels Zackennaht, wie bei den anderen Knochen, sondern sie stoßen flach aneinander. Diese Trennung bildet sicher keine normale Erscheinung, sondern sie ist auf ein zufälliges Vor- kommen zurückzuführen, wie dies auch bei rezenten Formen bis- weilen beobachtet werden kann. Das Pygale ist 38 mm lang und fast ebenso breit; es entspricht einer Schalenlänge von 225 mm, wenn diese Maße mit einer ebenso großen Testudo graeca Linn€ verglichen werden.

Das sich dem Pygale anschließende 11. Marginale ist bloß auf der linken Seite vorhanden, während es rechts fehlt, so daß der Raum zwischen dem Pygale und dem 10. Marginale offen bleibt. Das 11. Marginale bildet ein rechtwinkeliges Dreieck, mit der Hypothe- nuse dem Pygale zugewendet, die dem äußeren ausgebauchten Rande desselben entsprechend eingebuchtet ist. Die hintere resp. äußere Fläche zeigt eine Längsfurche, die die linke Grenze des Supracaudal- schildes darstellt. Die größte Länge des 11. Marginale beträgt 40 mm, die Breite 36 mm. Somit ist diese Knochenplatte etwas länger als das Pygale, daher genau so wie sie von Toula l. ce. Fig. 1 ge- zeichnet wurde.

Das 10. Marginale hat eine annähernd viereckige Form, deren linke, dem 11. Marginale zugekehrte Kante ein wenig ausgeschnitten, die rechte dagegen fast in demselben Maße eingebuchtet ist. Die Längsfurche auf der äußeren Fläche gibt die vordere Grenze des 11. Marginalschildes an. Das 10. Marginale ist 34 mm lang und 26 mm breit.

Das darauffolgende 9. Marginale, das wieder nur auf der rechten Seite erhalten geblieben ist, ähnelt in der Form dem vorhergehenden zehnten. Die auf der äußeren Fläche im vorderen Drittel verlaufende Längsfurche bildet die Grenze des 10. Marginalschildes. Es ist 32 mm lang und 28 mm breit.

Das 8. Marginale hat sich beiderseits erhalten, nur steht das rechte mit den zwei vorhergehenden Marginalia in Verbindung, das linke ist mit einem Teil des 7. zusammen gefunden worden. Es hat ebenfalls eine viereckige Gestalt, und die Längsfurche auf der äußeren Fläche kennzeichnet die vordere Grenze des 9. Marginalschildes. Die Länge beträgt 39 mm, die Breite 26 mm.

Vom 7. Marginale ist nur auf der liuken Seite der obere Teil erhalten geblieben, hingegen fehlt der untere beinahe vollständig und daher auch die charakteristische, zum Ansatze des hinteren Strebe- pfeilers des Plastrons vorhandene Längsrinne. Die Längsfurche an der äußeren Fläche bildet die vordere Grenze des 8. Marginalschildes. Die Größe ist unbestimmbar wegen Fehlens eines Teiles des Vorder- und Unterrandes.

Das Plastron (Fig. 2) ist bloß in seinem hinteren Abschnitte er- halten geblieben, und zwar sind die beiden Xiphiplastra vollständig, das rechte Hypoplastron zum Teil vorhanden. Die Xiphiplastra sind viel breiter als lang und bilden einen bogenförmigen Ausschnitt am Hinter- ende, was darauf hindeutet, daß es sich hier um ein Männchen handelt. Aus der Naht zwischen dem rechten Xiphiplastron und dem Hypo- plastron, insbesondere an der Basis des gleichnamigen Strebepfeilers,

[3] Testudo kalksburgensis Toula aus dem Leithagebirge. 359

kann geschlossen werden, daß der Hinterlappen mit dem Plastron unbeweglich verbunden war.

Aus der Beschreibung und der auf Tafel XVIII, Fig. 1—3 beigefügten Abbildungen des Exemplars geht wohl zur Genüge hervor, daß es zu Testudo kalksburgensis Toula gehört. Toula hat diese Art ganz richtig mit Testudo graeca Linn, als ihr zunächst verwandt, verglichen, mit der sie auch die meiste Ähnlichkeit von allen mediterranen Arten besitzt, ohne mit ihr identisch zu sein. Das Pygale und die Margi- nalia sind, soweit sich dies nach der vorhandenen Anzahl der letz- teren beurteilen läßt, in der Form und Lage von jenen bei Testudo graeca Linn‘ verschieden. Die Marginalia haben eine steilere Rich- tung und sind äußerlich nahezu flach, während ihr Rand bei den Männchen von Testudo graeca Linn immer aufwärts gebogen erscheint. Ferner geht aus Toulas Figur 1 hervor, daß Testudo kalksburgensis zwei Supracaudalia besitzt, Testudo graeca Linne aber immer nur eins.

Die Zahl der Supracaudalia ist speziell bei den Arten der Gattung Testudo Linne sehr variabel, wie ich, Voeltzkows Reise in Ostafrika in den Jahren 1903—1905, Vol. 2, 1916, pag. 10, ohnedies schon hervorgehoben hatte. Ein Supracaudale besitzen die palä- arktischen Arten: Testudo graeca Linne, T. marginata Schoepf., T. ibera Pall., T. leithii Gthr. und T. horsfieldii Gray. Diesen schließt sich noch T. angulata Schw. und T. oculifera Kukl aus Südafrika an. Dagegen findet man zwei Supracaudalia bei: 7. polyphemus Daud., T. tabulata Wahlb., T. sulcata Mill. T. chilensis Gray, T. emys Schl. und Müll, T. pardalis Bell, T. elegans Schoepf., T. geometrica Linne und T. radiata Shaw. Außerdem sind die Elefantenschildkröten 7". microphyes Gthr., T. viena Gthr. und T. vosmaeri Fitz. hierher zu stellen, wie ich mich durch eigene Untersuchung überzeugen konnte. Höchstwahrscheinlich haben alle Elefantenschildkröten zwei Supra- caudalia, mir standen für diese Zwecke aber nur die drei genannten Arten zur Verfügung.

Während die Zahl eins bei den paläarktischen Arten T. graeca Linne und T. marginata Schoepf sehr konstant zu sein scheint, wird das Supracaudale bei 7’. ibera Pall. nicht selten durch eine Quer- naht in zwei Hälften geteilt, wie ich mich bei einer größeren Anzahl von Skeletten, deren Exemplare aus Syrien und Mesopotamien stammen, überzeugen konnte. Bei zwei Exemplaren aus Mesopotamien haben die beiden Supracaudalia sogar dieselbe Form, wie sie Toula von T. kalksburgensis abbildet. Das erste Supracaudale hat nämlich eine halbmondförmige Gestalt mit einem stark bogigen Vorderrand, der in einen entsprechend tiefen Ausschnitt am Hinterrande des zweiten Supracaudale hineinpaßt. Dadurch bildet der letztere Knochen ein nach hinten gekehrtes v, dessen Bogenschenkel mit dem elften Mar- ginalpaar in Verbindung treten und das erste Supracaudale vom achten Paar Costalia isolieren.

Damit soll aber durchaus nicht bewiesen werden, daß T. kalks- burgensis Toula mit T. ibera Pall. identisch sei, und zwar schon aus dem Grunde nicht, weil der Hinterlappen von der ersteren Art un- beweglich, bei 7. ibera Pall. aber beweglich mit dem Plastron ver- bunden ist. Ein zweifaches Supracaudale dürfte für T. ibera Pall. bloß

360 F. Siebenrock. [4]

als Ausnahme zu betrachten sein, denn zwei Exemplare aus Nord- afrika und ebenso viele vom Balkan besitzen nur ein solches. Dieses interessante Verhalten wird bei dieser Art wohl nicht mit dem Fund- orte der Exemplare zusammenhängen, sondern es scheint rein indi- vidueller Natur zu sein.

Die Validität von Testudo kalksburgensis Toula dürfte kaum an- zuzweifeln sein, jedenfalls ist sie aber nicht mit Testudo praeceps Haberlandt, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien, Vol. 26, 1876, pag. 243, identisch, obwohl sie von demselben Fundort wie die Type der Toulaschen Art herstammt. Ein flüchtiger Blick auf die Abbildungen der beiden Arten genügt, um zu sehen, daß T. praeceps Haberlandt einem ganz anderen Formenkreis angehört als T. kalksburgensis Toula. Ebenso wenig läßt sich letztere Art mit der in jüngerer Zeit be- schriebenen 7. promarginata Reinach, Abh. Senckenberg-Ges., Vol. 28, 1900, pag. 7, identifizieren, deren Affinität mit 7. marginata Schoepff vom Autor selbst nachgewiesen wurde. Dagegen ist es sehr fraglich, ob T. syrmiensis Koch, Ann. Mus. Hungar., Vol. 2, 1904, pag. 56, nicht zu T. kalksburgensis Toula gehört. T. syrmiens’s Koch stammt aus den Pliocänschichten am nördlichen Gehänge des Fuskagoragebirges im Komitat Szerem (Syrmien). Sie ist ebenso wie die vorhergehende Art durch die geringe Wölbung der Rückenschale und durch das Vor- handensein zweier Supracaudalia charakterisiert. Anderseits ist aber zu bedenken, daß T. syrmiensis Koch einer viel größeren Art ange- hört als T. kalksburgensis Toula.

Nicht in Betracht kommt hier Testudo riedli Hoernes, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien, Vol. 26, 1892, pag. 243, aus dem Oligocän der Stotzka-Schichten von Trifail, weil diese Schildkrötenreste über- haupt nicht zur Gattung Testudo Linne gehören, sondern höchstwahr- scheinlich zur Gattung Ocadia Gray.

Die meisten Merkmale, die am Steinkern, dessen GipsabgußB mir zum Vergleiche vorliegt, in Betracht gezogen werden können, weisen auf eine Flußschildkröte hin. Der flache Rückenpanzer, die nahezu gleichmäßige Form der Kostalplatten, das kleine erste Supracaudale, die stark entwickelten Sternalkammern und die schmale Brücke im Vergleiche zum verhältnismäßig langen Hinterlappen des Plastrons kommen niemals bei der Gattung Testudo Linne vor. Hörnes, |. c. selbst wies schon darauf hin, daß diese Schildkröte, infolge ihrer Eigentümlichkeiten an die Emyden erinnert und ein Übergangsglied der Flußschildkröten zu Testudo Linne bildet. Letzteres ist aber keineswegs der Fall, denn dieser Steinkern stammt von einer wirk- lichen Sumpfschildkröte. Ob sie zur Gattung Ülemmys Wagl. oder Ocadia Gray. gehört, kann nur dann entschieden werden, wenn man auf die Entwicklung der Sternalkammern Rücksicht nimmt, denn sonst ist im osteologischen Bau der Schale zwischen den beiden Gattungen kein nennenswerter Unterschied vorhanden. Aber gerade wegen der auffallend stark ausgeprägten Sternalkammern, die am Gipsabguß des Steinkernes viel deutlicher als in der Abbildung von Teppner, Zentralbl. f. Min. 1913, pag. 381, Figur, zu sehen sind, dürfte dieses Exemplar zu Ocadia Gray gehören, da dieselben bei den Arten der Gattung Olemmys Wagl. niemals so groß sind.

[5] Testudo kalksburgensis Toula aus dem Leithagebirge. 361

Von Wichtigkeit für die Entscheidung der Zugehörigkeit des fraglichen Steinkernes zu Testudo Linn oder Ocadia Gray ist auch die Form der beiden Supracaudalia. Das Supracaudale hat bei der ersteren Gattung, ob es einfach oder zweigeteilt ist, eine trapez- förmige Gestalt, denn die Seitenkanten verlaufen, auch wenn zwei Supracaudalia vorhanden sind, geradlinig. Das erste Supracaudale bei Testudo riedli Hoernes ist hingegen schmal und das darauffolgende zweite ungewöhnlich breit, weshalb die aufeinanderstoßenden Seiten- kanten einen stumpfen Winkel bilden, wie es eben bei Ocadia Gray der Fall ist.

Die Loslösung der Xiphiplastra vom Brustschild führt Hoernes l. ec. auf eine unvollkommene Verknöcherung der betreffenden Naht- verbindung zurück. Hoernes glaubt also, daß die Xiphiplastra dieses Exemplars nicht länger waren, als am betreffenden Steinkern zu sehen ist. Wenn das der Fall wäre, dann kann es sich aber hier auch nicht um eine Testudo Linne handeln, denn ‘die Xiphiplastra reichen bei dieser Gattung bis zur Brücke, daher müßten sie viel länger sein als das am Steinkern sichtbare Stück. Hingegen sind die Xiphiplastra bei den meisten Emyden kürzer als der Hinterlappen, was abermals mit Ocadia Gray übereinstimmt. Die Loslösung der Xiphiplastra voll- zog sich hier auch nicht wegen unvollkommener Verknöcherung der Nahtverbindung mit dem übrigen Plastron, wie Hoernes annimmt, denn eine Beweglichkeit dieser Teile ist bei den Emyden überhaupt niemals vorhanden, sondern weil alle Nähte bei fossilen Schildkröten gewöhnlich die Festigkeit zwischen den beteiligten Knochen verlieren, wenn sie nicht mit der Matrix in Verbindung bleiben. Nach meiner Beurteilung hat Testudo riedli Hoernes somit den Namen Ocadia riedli Hoernes zu führen.

Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (F. Siebenrock.) 46

362 F. Siebenrock. [6]

Erklärung zu Tafel XVIH.

Fig. 1. Testudo kalksburgensis Toula. Original in situ. Fundort: Steinbruch im Sandstein der Leithakalkbildungen zwischen Au und Loretto am Leithagebirge; Grenze zwischen Niederösterreich und Ungarn. Horizunt: Miocän, 2. Meditteranstufe. Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums.

Fig. 2. Testudo kalksburgensis Toula.

Fundort: Steinbruch im Sandstein der Leithakalkbildungen zwischen Au

und Loretto am Leithagebirge. Horizont: Miocän, 2. Meditteranstufe. Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums.

Fig. 3. Testudo kalksburgensis Toula. Linkes 7. und 8. Marginale. Fundort: Steinbruch im Sandstein der Leithakalkbildungen zwischen Au und Loretto im Leithagebirge. Horizont: Miocän, 2. Meditteranstufe. Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums.

Geologisch-petrographische Studien im Gebiete der Bösensteinmasse (Rottenmanner Tauern).

Mit Benützung der Aufnahmen von Ernst Kittl(f) von Erwin Kittl. Mit einer Kartenskizze (Tafel Nr. XIX).

Im Jahre 1905 wurde von meinem Vater Ernst Kittl eine geologische Neuaufnahme des Bösensteingebietes und seiner Umgebung begonnen, sie wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt und später auch die weitere Umgebung der Bösensteinmasse dazugenommen. Das aufgenommene Terrain umfaßt das Gebiet, das von folgender Linie begrenzt ist: Ennstal bei Admont, Kaiserau, Bärndorf im Paltentale, Trieben, Sunk, Hohen Tauern, Bruderkogel, Pölsbach, Schüttneralm, Leitnerzinken, Brennkogel, Hoch-Rettelstein, Mittereggbach, Golling- bach, Aigen bei Steinach-Irdning, Ennstal. An der Aufnahme arbeiteten auch F. Blaschke und später auch F. Reinhold. Ich selbst will meine Studien, die sich in erster Linie mit dem Granit und Gneis des Bösenstein befaßten, fortsetzen, muß jedoch bemerken, daß ich mich in diesem Falle auf die Karte meines Vaters stütze.

Es ist für mich eine angenehme Pflicht in meines Vaters und meinem Namen Herrn Bergrat Max Ritter von Gutmann zu danken für die weitestgehende Unterstützung der Arbeiten, da er es eigentlich ist, der die Aufnahme überhaupt ermöglichte. Ferner wurde meinem Vater von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien eine Subvention zur Fortsetzung der Aufnahmen in den an- srenzenden Gebieten verliehen, wofür ich im Sinne des Verstorbenen mir zu danken erlaube.

Aus den vorhandenen Beobachtungen soll nun das, was sich auf den Granit und Gneis der Bösensteingruppe bezieht, in einer vor- läufigen Mitteilung bekanntgegeben werden.

Bezüglich der Arbeiten älterer Autoren kann ich mich nur auf die Anführung der wichtigsten einlassen. Es sind dies vor allem die Aufnahmen von M. Vacek und G. Geyer. Sowohl Vacek!) als auch Geyer?) teilen die Gesteine der Niederen Tauern (inklusive der Rottenmanner Tauern) in folgende Hauptgruppen: 1. Gneise, 2. Granatenglimmerschiefer, 3. Phyllite, welche Einteilung in der Hauptsache geltend bleiben kann. Vacek hob ausdrücklich die Unkonformität der karbonischen Schiefer auf dem älteren kri-

!) M. Vacek, Über die geol. Verhältnisse d. Rottenmanner Tauern. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 390. ?) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 108.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. (E. Kittl.) 46*

364° Erwin Kittl. [2]

stallinen Untergrund (Gneis bei Rottenmann) hervor, ferner unter- schied Vacek eine ältere (Quarzphyllit-) Serie und eine Serie jüngerer (karbonischer) Phyllite. Später unterschied Vacek!) eine Anzahl in ihrer Lagerung voneinander ganz unabhängiger Schicht- gruppen, von welchen eben die Gruppen des „Gneises“, der „Granaten- glimmerschiefer“ und der „Quarzphyllite* am Bösenstein in direkte Beziehung treten. Die neogenen Moränenbildungen des Bösenstein entsprechen Vaceks letzter Schichtgruppe. Dazu ist nach den Aufschlüssen am Bösenstein folgendes zu bemerken: Würden die Schichtgruppen Vaceks eine zeitliche Aufeinanderfolge darstellen können, so muß hervorgehoben werden, daß der Granatenglimmer- schiefer zwar auf dem Gneis liegt, doch dann fehlen gewöhnlich die anderen zueinander immer mehr oder weniger in Beziehung steheuden Schichtgruppen. Aus diesem Grunde läßtsich der Granaten- glimmerschiefer schwer in Altersbeziehungen zu allen anderen Gruppen außer zu der der Gneise bringen. Überdies bildet der Gneis mit den anderen Schichtgliedern eine Reihe, in der wie später gezeigt werden soll der Glimmerschiefer als kein notwendiges Zwischenglied erscheint sowohl in geologischer als auch petrographischer Hinsicht. Dies wurde indessen wohl auch schon von Vacek erkannt. Anderseits sind auch einige Aufschlüsse vorhanden (Zug des Schütt- kogel), wo glimmerschieferähnliche Gesteine, wenn auch nur in kleinen Schollen, zusammen mit dem Gneis und pbyllitartigen Gesteinen auftreten. Erwähnenswert ist noch, daß Vacek die Horn- blendegneise- an die Basis der Gneismasse verlegt, auf diesen liegen dann nach demselben Autor dickbankige, später dünnschichtige Gneise, darüber grobe Flasergneise, dann 80—100 m Weißstein, auf diesem körnige Gneisvarietäten. Inwiefern nun ein derartiges Profil sich auf die Verhältnisse am Bösenstein anwenden läßt, soll später erörtert werden, hier soll nur festgestellt werden, daß Vacek Flasergneise und körnige Varietäten zwischen geschieferten Gesteinen eingeschaltet angibt, allerdings ohne sich über deren Natur weiter zu äußern. Auch für die Rottenmanner Tauern hat Vacek?°) der: Hornblendegneis unter groben Gneisen liegend angegeben, darüber Granatenglimmerschiefer. Hornblendegneis unter den Gneismassen mit körnigen Einlagen ist aber am Bösenstein nirgends aufgeschlossen. Auch der Weißstein Millers?) kann am Bösenstein nicht als stratigraphisches Element verwendet werden, da wohl Gesteine vor- handen sind, die einem Weißstein ähnlich sind, doch kann man ihnen kaum die Berechtigung zuerkennen einen bestimmten Horizont dar- zustellen.

G. Geyer*), gibt für die Rottenmanner Tauern gleichfalls Hornblendegneis an, über welchem schiefrige Gneise und Augengneise liegen. Er spricht von schiefrigen, flaserigen

1) Über den geol. Bau der Zentralalpen zwischen Enns u. Mur. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 71.

2) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 9.

®) A. Miller von Hauenfels, Verh. d. k. k. geol. R.-A.

*) Bericht über die geol. Aufnahme im Gebiete d. Spezialkartenblattes Murau (Z. 17, Kol. X). Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 108.

[3] Geol.-petrographische Studien im Gebiete der Bösensteinmasse, 365

oder porphyrischen Zweiglimmergneisen, selten typischen Biotitgneisen. Ähnliche Gesteine gibt C. Doelter!) an, der indessen den Bösenstein selbst auch nicht begangen hat. Nun entspricht aber weder die Darstellung Geyers noch Doelters im Detail den Ver- hältnissen am Bösenstein, wenngleich die Schichtfolge Geyers auch manche Anhaltspunkte gibt und die petrographischen Typen Doelters sämtlich auch am Bösenstein zu finden sind.

In neuerer Zeit hat F. Heritsch?) die im O an die Bösen- steinmasse angrenzende Grauwackenzone neu aufgenommen. Hierbei verwendete Heritsch die im Sunk sehr gut aufgeschlossenen Äquiva- lente des Rannachkonglomerats (?), um eine Altersbeziehung zwischen dem Bösensteingneis und der karbonischen Serie durch die” im Basis- konglomerat der karbonischen Phyllite auftretenden Gerölle herzu- stellen. Heritsch sieht ohne indessen einen Beweis dafür zu liefern diese Gerölle als Rollstücke an, die vom Bösenstein stammen. Daraus läßt sich nach Heritsch das präkarbonische Alter des Bösensteingranites beweisen, falls tatsächlich diese Geschiebe vom Bösenstein stammen.

Die Gneise des Bösenstein und die granitischen Gesteine.

Die Gneismasse des Bösenstein besteht aus einer größeren Scholle mit vorherrschendem Südwesteinfallen und mehreren teilweise getrennt auftretenden Zungen: Die ganze Masse stellt einen von NW gegen SO streichenden Schichtenkomplex dar. Der Umriß ist ungefähr durch das Paltental, Strechental, Rohrachtal, Gollingtal, Stillbach, Reiterseespitz, Reiteralm, Bärwurzalm, Bärwurzpolster, Scheibelaln gegeben und ziehtin halber Berghöhe am Südhang des Paltentales gegen Rottenmann zu. Von den sich nach W fortsetzenden Zungen tritt die eine nördlich von Oppenberg, gegen den Gollingbach zutage, die andere zieht sich durch das Riedner Kar über den Hochgrössen in das Mitter- eggtal, die letztere mit südlichem Einfallen.

Die Gpeismasse enthält, wie auch Vacek angibt, einen grani- tischen Kern oder besser intrusive Lager, welche sowohl am Nordosthange des Hauptzuges der Bösensteingruppe zutage tritt, als auch am Westhange, und zwar hier mit sehr mannigfachen Rand- bildungen, Apliten, Pegmatiten etc. Granitische Gesteine treten ferner auch an zwei Stellen im Gollingtal (Oppenberg) auf gleichfalls an den Gneis gebunden. Nun stellt der Gneis, in dem die Granite auf- treten, scheinbar einen echten Schiefergneis dar mit Übergängen in phyllitähnlichere Typen. Ebenso ist der Schiefergneis durch Übergänge mit den Glimmerschiefern verbunden. Die Stellung des Hornblende- gneises dürfte kaum der Basis der Gneismasse entsprechen, da die hornblendeführenden Gneise stets an der Grenze zwischen Gneis und den Glimmerschiefern auftreten.

!) Das kristalline Schiefergebirge d. Nied. Tauern. Mitt. d. naturw. Vereines f. Steiermark 1878.

?) Geolog. Studien in d. Grauwackenzone der nordöstlichen Alpen. Sitzungs- berichte d. k. Ak. d. Wiss. in Wien. 116. (1907), 118 (1909), 120 (1911).

366 Erwin Kittl. [4]

a) Granite und Orthogneise.

Die granitischen Gesteine stellen in ihrer typischen Form mittel- feine, selten grobkörnige echte Granite dar mit basischen Schlieren, basischeren Faziesbildungen (Quarzglimmerdiorit), Apliten und Pegma- titen (Schriftgranit). Sie sind charakterisiert durch einen bei den sauren Typen immer vorhandenen Mikroklingehalt, der teilweise durch Schachbrettalbit ersetzt ist. Der einzige primäre Glimmer ist ein Biotit, der stets pleochroitische Höfe von beträchtlicher Größe zeigt. Die Farbe des Glimmers ist u. d. M. stets eine braune in verschiedenen Nuancen. Die optischen Eigenschaften der Plagio- klase entsprechen Mischungen von ungefähr 20°, Anorthitgehalt bis zu reinem Albit. Doch liegt die Vermutung nahe, daß in den basi- scheren Typen ursprünglich vielleicht ein basischerer Plagioklas ge- bildet worden war, der dann sekundär in Klinozoisit- und Muskovit- schüppchen sowie Albit zerfiel. Diese Einschlüsse sind fast immer zu sehen, oft sind dann derartige einschlußreiche Plagioklase mit einem Albitrande umgeben, der einschlußfrei ist. In einigen Gesteinen haben sich auch noch andere erkennbare Reste der alten Zonarstruktur erhalten, wie sie in Erstarrungsgesteinen zu sehen ist: es treten verschieden auslöschende Partien eines Individuums nebeneinander auf. Von deutlichem Kern und Hüllen ist gewöhnlich nicht mehr viel zu sehen. Muskovit fehlt als primärer Gesteinsglimmer. Ihrer chemi- schen Zusammensetzung nach sind die granitischen Gesteine teils helle, saure, kalireiche, teils basischere kaliärmere Gesteine, deren Kieselsäuregehalt zwischen 74—60°/,, schwankt.

Als abweichend vom Normaltypus stelle ich fest: Granite von hellerer Färbung, mittelkörnig bis grobkörnig, biotitarm, in _Ver- bindung mit porphyrartigem Granit (porphyrische Feldspate) mit Über- gängen zu den schiefrigen Gesteinen, sekundäre Muskovitflasern kommen hier vor. Diese helleren Gesteine scheinen zu Randfazies- bildungen zu gehören (Fürst).

Grobkörnige, flaserige Granitgneise treten als Randbildung der beiden ersteren auf, und zwar sowohl gegen den „Schiefer- gneis“ als auch gegen den Glimmerschiefer. _

Porphyrische Augengneise bilden einen Übergang der Flaser- gneise zu den Schiefergneisen oder Gneisphyllit. Die Augengneise zerfallen wieder in:

0) Gneise mit weißen Einsprenglingen von Albit (Schachbrettalbit),

ß) Gneise mit roten Feldspataugen und Muskovitflasern,

) Hornblende führende Augengneise. Diese kommen nur am Schüttkogelzug vor.

b) Schiefergneise (Paragneise)

stellen die Hauptmasse der von der Intrusion betroffenen Scholle dar. Es sind teils dunkle, feingeschieferte Gneise mit Biotit und Muskovit inklusive der als Gneisphyllit bezeichneten Gesteine, teils Hornblende führende helle Schiefergneise, teils dunkle Quarz und Plagioklas führende Hornblendeschiefer. In diesen Gesteinen wurde stets

[5] Geol.-petrographische Studien im Gebiete der Bösensteinmasse. 367

die sogenannte inverse Zonenstruktur der Plagioklase kristalliner Schiefer- beobachtet.

Als ein neues seiner Stellung nach noch nicht sicher bestimmtes Gestein soll ein biotitarmes Ganggestein von lamprophyrischem Charakter mit großen (bis 18 mm) Hornblendeeinsprenglingen genannt sein. Dieses Ganggestein durchschneidet die Gneismasse bei der Gefrorenseescharte und zeigt feinkörnige Randfazies. Es konnte auf mehrere hundert Meter verfolgt werden.

Das Vorhandensein einer mehr oder weniger deutlichen dia- phthoritischen Umwandlung der granitischen Gesteine wurde schon angedeutet. Diese geht an stärker von einer Art dynamo- metamorphe Einflüsse betroffenen Gesteinspartien des Granites so weit, daß sekundäre Muskovitflasern und Kornflasern von Quarz auftreten; so erklärt sich vielleicht die Angabe mehrerer Autoren von Zwei- slimmergneis. Aber auch in allen anderen Gesteinen dürfte sich stellenweise diese Diaphthorese geltend gemacht haben, so daß ur- sprünglich vorhandene Kontaktwirkungen des Granites auf die alten Sedimente (Schiefergneis und Glimmerschiefer) nicht mehr als solche zu erkennen sind, wozu noch kommt, daß der Schiefergneis Kontakt- erscheinungen ohnedies schwer erkennen läßt. Aus diesem Grunde läßt sich der Flaser- und Augengneis seiner Herkunft nach oft mit Sicherheit weder als Orthogneis noch als Paragneis erkennen. Ferner liegt die Möglichkeit vor, daß als ein weiteres Produkt der Dia- phthorese jene quarzphyllitähnlichen Gesteine resultieren, die in einzelnen Aufschlüssen mit dem Schiefergneis eng verbunden erscheinen (Schüttkogel, Bärwurzpolster, Gollingtal).

Einige Beziehungen der Gneismasse zu den Granat- glimmerschiefern und den Phylliten.

Längs der ganzen Südgrenze der Gneise legt sich auf diese an- scheinend konkordant die große Glimmerschieferplatte, die sich weit nach Süden und Westen erstreckt. Ein Profil vom Gneis zum Glimmerschiefer (Fürst Hochschwung, NS) zeigt folgende Schichtfolge von unten nach oben: 1. Gneis, 2. Hornblendeschiefer, 3. Glimmer- schiefer mit Marmor- und Hornblendegarbenschiefereinlagerungen. Ein Östwestprofil vom großen Bösenstein zum Schüttkogel zeigt wieder über dem Gneis hornblendeführende Gesteine, darüber an einigen Stellen wenig mächtig eine Glimmerschieferplatte, die sehr unregel- mäßig und zerrissen ist, auf dieser noch quarzit- und serizitschiefer- ähnliche Gesteine.'Hierbei ist ausdrücklich zu bemerken, daß sich keine Diskordanz in der Lagerung zwischen Gneis und Glimmerschiefer er- gibt, wo die südliche Begrenzung in Frage kommt, die einzelnen am Schüttkogelzug eingestreuten Glimmerschieferschuppen verhalten sich teilweise anders. Im allgemeinen ergibt sich nun mit genügender Deutlichkeit, daß am BösensteinHornblendegesteine (Hornblende- gneise, Amphibolite) an der Grenze zwischen Gneis und Glimmerschiefer liegen. Auffällig sind noch gewisse Erscheinungen im Glimmerschiefer des Südkontakts gegen den Gneis (Orthogneis?). Es treten nämlich Erscheinungen auf, die an Kontaktmetamorphose

368 Erwin Kittl. [6]

erinnern nämlich: 1. Hornblendegarbenschiefer, 2. Fuchsitschüppchen im Glimmerschiefer, 3. Marmorbildung, 4. Pegmatite. Die schwarzen, feingeschieferten Amphibolitetreten nurim Granatenglimmerschiefer auf ohne sichtbaren Zusammenhang mit der Intrusion des Granits.

Im Gegensatz zu dem südlichen normalen Kontakt ist die Grenze der Gneismasse gegen Nord und Ost eine anormale. Die Gneis- masse stößt im Norden und Osten an die gewöhnlich steil aufgerichteten Phyllite der Karbonserie, bei der Pacheralm und den Pehtalerhütten zum Beispiel erscheint sie sogar auf die Phyllite und Kalke hinauf- geschoben. Da indessen die Beobachtungen über die Schieferhülle nicht soweit vorgeschritten sind, um eine sichere Mitteilung zu machen, so soll hier nur festgestellt werden, daß die Grenze der Gneismasse gegen Süden (Glimmerschiefer) verschieden ist von der Nord- und Östgrenze gegen die karbonischen Phyllite. Der Südkontakt stellt wahrscheinlich die alte ursprüngliche Grenze des Schiefergneisgebietes gegen die darüberliegenden Glimmerschiefer dar, während im Norden und Osten vielleicht tektonische Vorgänge einen großenteils anormalen Kontakt mit den jüngeren, karbonischen Schiefern bewirkt haben, so daß zum Beispiel bei Oppenberg Granit direkt unter Quarzphyllit liegt oder am Schüttkogel Quarzphyllitschollen konkordant mit Schiefergneis liegen, wobei es in beiden Fällen möglich ist, daß die ursprünglichen Gneise zu Phylliten diaphthoritisiert wurden.

Der Serpentinstock des Hochgrössen.

Bemerkenswert ist der Nachweis eines großen Peridotitvor- kommens am Hochgrössen westlich vom Schüttkogelzug. Dieser Ser- pentinstock wurde von meinem Vater im Jahre 1906 aufgefunden. Der Serpentin liegt ungefähr zwischen der Gneiszunge des Riedner- kares (Gollingtal) und Quarzphylli. An der Südgrenze des Hoch- srössenserpentins, wo dieser von dem Gneis wahrscheinlich überlagert wird, treten Hornblendegesteine auf, und zwar Granatamphibolit mit körniger Struktur und Hornblendegneise. Im Norden, wo der Ser- pentin von einem quarzphyllitischen Gestein unterlagert wird, treten gleichfalls hornblendeführende, aber immer schiefrige Gesteine auf.

Was die Lagerung zwischen Schiefergneis und Quarzphyllit der vielleicht ein diaphthoritisierter Schiefergneis ist betrifft, so bildet sie für den Serpentin vom Hochgrössen einen wesentlichen Unterschied zum Serpentin vom Lärchkogel, der wie Heritsch!) angibt, zwischen karbonischen Phylliten liegt. In petrographischer Hin- sicht ist der Serpentin des Hochgrössen ein Abkömmling eines Peri- dotitgesteins, wie die vorhandenen Olivinreste deutlich erkennen lassen. Antigorit und Chromit bilden die anderen wichtigsten Bestandteile des Gesteins.

Die erwähnte Lagerung des Serpentins im altkristallinen Gebirge sowie die Begleitung des Serpentins durch Amphibolgesteine scheint auf eine Analogie zu dem Vorkommen von Kraubat hinzudeuten.

!) Sitzungsbericht d. k. Akad. d. Wiss. in Wien |]. c.

Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25.

Tafel X.

Richard Beck: Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen.

Jahrbuch d., k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Bd., 1. u. 2. Hft. 47

Fig. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 4.

Erklärung zu Tafel X.

Topasrosetten aus einer Greisenzone im Graupener Granit bei 50facher Vergrößerung. -- t = Topas. q = Quarz (hell). gl = Lithionglimmer.

Dunkelgrauer Zwitter des Mahler Zuges. gl = Lithionglimmer. q = Quarz. Z = Zinnstein (alle dunklen Partien). 50 fach.

Grobkörniger topasreicher Greisen der Zwickenpinge. 50 fach. ? = Topas (hellgrau), A = Fluorit (dunkelgrau).

Partie aus dem Luxer Gang bei polarisiertem Licht, X Nicols. 50fach. a = Apatit. f = Feldspat. fi = Fluorit. Die Feldspate zeigen verschiedene Grade der Helligkeit bis ganz Dunkel,

Tafel XI.

Richard Beck: Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen.

47*

Fig. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 4.

Erklärung zu Tafel XI.

Fluoritbreccie vom Luxer Gang bei 50 facher Vergrößerung. Z Zinn- stein. gl —= Lithionglimmer. fl = Flußspat. f = Feldspataggregat als jüngste Bildung.

Dünnschliff einer feldspatreichen Partie des Luxer Ganges. 50fach. S = feinkörniges Feldspataggregat mit Eisenoxydstäubchen. fl = Fluorit- 0 Lithionglimmer. Z = Zinnstein.

Dünnschliff einer glimmerreichen Partie desselben Ganges. gl = Glimmer. /l = Fluorit, getrübt. A = Dunkele Höfe im Glimmer um Mikro- lithen von Zirkon herum. !—= Lücken im Präparat. 50 fach.

Dünnschliff einer feldspatreichen Partie des Luxer Ganges bei halb ge- kreuzten Nicols. 50 fach. f = Feldspat. gl = Glimmer. a = Apatit.

Tafel XII.

Richard Beck: Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen.

Erklärung zu Tafel XII.

Fig. 1. Dünnschliff durch die Salbandzone des Luxer Ganges. 30fach. f = Feldspat. A = Fluorit. Z Zinnsteinanreicherung parallel dem Salband. a drei Apatitkristalle mit Beginn von Korrosion.

Fig. 2. Dünnschliff durch eine quarzige Partie des Luxer Ganges. 50fach. q = Quarz. gl = Lithionglimmer. t = Triplit.

Fig. 3. Dünnschliff durch einen Wolframit vom Luxer Gang. 50fach. w = Wolframit. q = Quarz. Z = Zinnstein.

Fig. 4. Körnig-kristalliner Topasfels vom Unverhofft-Flachen bei halbgekreuzten Nicols. 50 fach.

Zwischen den Topaskörnern bei X Lithionglimmer.

Tafel XIll.

Richard Beck: Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen.

Erklärung zu Tafel XTII.

Photographie einer Gangstufe vom Unverhofft-Flachen am Mückenberg. Die Kanten messen in Wirklichkeit 25 X 20 X 17 em.

Die dunkleren Partien sind Topasfels, die helleren bestehen wesentlich aus Steinmark mit eingestreuten großen Kristallen von Zinnstein.

Karl C. v. Loesch: Der Schollenbau im Wetterstein- und Miemingergebirge. Taf. I

Tectonisches Übersichtskärtchen

des\Wetterstein-und Mieminger Gebirges. Maßstab 4: 125.000.

A.Scholleneinteilung der Triasmassen. AR N Wamberger Vorberg- N Scholle, scholle. Vorschunnen der Randzonen ER None La) = 0 ja She R | __]Mieminger- 1.Nordjlügel BEI Avis Haupt 2 - n z 7 2 welterstein- N RT E Ostlich hol master, BEN östihe! ll DI Hauptdolomit-Plattenkalhk Kössener-Neocom DEBE Leutasch- Scholle

D.Mittl Teil Die strihnunktierten Linien 4-4 bis 44-44 entsprechen den Profilen der Profiltafel. ® Auftauchen von Raibler Rauhwachen im Loisachtale

Mit ausdrücklicher Genehmigung Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien

des k. Bayr. Topographischen Bureaus, Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III. Rasumoffskygasse 23,

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2A ES

K. C. v. Loesch: Schollenbau im Wettersteingebirge etec. Taf. II.

I2 schematisierte Profile durch das Wettersteingebirge,

das Miemingergebirge und das nördliche Vorland im Maßstab 1:135.000, entworfen von K.C. v.Loesch nach Aufnahmen von Reis, Ampferer, Rothpletz, Heimbach und eigenen Aufnahmen.

Die Profilstrecken sind in das Übersichtskärtchen eingetragen.

WILDSTEIGKOPF f ARNKOPF LEUTÄSCH- N

P.1179 ) __BARMSEE < x 1 Tg ® = 5 1000m d T Ya 28 - f! \ ”\ R HD i een > \ - \\ EN UNT. AHRENKOPF h USSELCRABEN NN l \ IN 2 ' 005...----..] 4 = e eh) 8 2 EIEENNÄÄNUNNR SE IH arası \ H ia N 6 100m HD \ FE en M e N PEELNOPF N ET m, \ Gemonnige N | SNPUITALPE 0 TABFALL LEUTASCH 3 SEHLATJAN AN SCH R Si » 1000m Ti Pr N „. SCHARNITZSR ZE ds CHARNITZUÄCH 4a PARTIENKIRCHEN

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Kunstanstalt M. Jaffe.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III, Rasumofskygasse 23.

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K. C. v. Loesch: Der Schollenbau im Wetterstein- und Mieminger-Gebirge.

Schollen-Schema I.

Karwendel Arderspitz. Naral, 9 Hauntkamm

Vorgebirge

1 Jüngste 000 Überdeckung.

N

Isartal

Barmsee

N L Wamberg & N „Kramerspitz S : [7] = = Schnegfernerkonf E S {7) a br > Grünstein Ss N © 3 Vorbergscholle 1] SoyHE: Wamberger Mieminger % 7 Südjlügel EHE Scholle Scholle uge f Süd NN Trias > Schub 3 Vorschunne Nordflügel massen. ITTI]ver Wetter- stein- Östlihe‘ scholle.

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U. EHRWALD A

Basales Gebirge

Taf. I.

Schollen-Schema II.

STEGERWALD ELLMAU

Smunu..,

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HÖLLENTHOR K, KEILSCHROFEN

1000 m

(0)

MEILERHÜTTE KIRCHLESPITZ

PARTNACHT 1000 m

westl. Hauptwetter-

MM stein-Scholle el Mieminger-Kar-

wendel-Scholle

NN Wamberger-Scholle IT] östl. Hauptwetter- orich d. Well stein-Scholle orschuppe d. Wetter- stein Scholle = Leutascher Scholle == Zwischenscholle Kunstanstalt M. Jaffe.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

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R. Schubert: Pavonitina. Taf. IV.

Kunstanstalt Max Jafie, Wien.

Autor mikrophot.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofskygasse 23.

G. Gillitzer: Südgebiet des Peissenberger Kohlenreviers. Taf. V als Ve

\„, Nördliche Hauptverwerfung

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Geologische Übersichtskarte

1:70.000.

Erklärung:

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Jahrbuch. der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

G. Gillitzer: Südgebiet des Peissenberger Kohlenreviers. Taf. VI.

Nr.1. Profil von Peiting nach Echelsbach. 2 Nord 1: 35.000. 24 Sud /

v2 Echelsbaoh / Pei b Rottenbaeh Z een ı ai 5 Aufschluß-Bahnbau Euriden eissenberger Mulde-—— >: (Kirnberg) GE Kohlenfiötz GE / eiting ' ; v + i ! i H ' Ammerbrücke a u us | en P 720 neuen | Een er £ a K Murnauer Mulde : IR, : | Nr BiosS 007, ; AR : Ostrea KL Schönberg Kena: i |; h i \ H Ostrea!Cyathula ER B H Oyathula vE U H H ; Sol G i UR IURBEZ .. N T h7 27 yY Era, au LEE EEE, + 000m OB\“, 94 EI y DEE AA EEE SH ae Pr ua "zum?" SA ey 0 an. % [2 ZT TM FR r 1 = Z Hy Dr l' na £ & / Fr / /h / EA 1 / Erklärung: 28 4 u ; B% f ni / MIOZ = Miozän ao ,% fh 0% OB = obere bunte Molasse BR En F / Cy = Cyrenenschichten un ; Bi 0% / M4)B = bunte Einlagerungen Ei ya Dh UG = untere bunte Molusse (Graue) ; # 4 /k # UR= = » (Rote) 7 4 ER / KZ = Konglomeratzone q MS = untermarine Sundsteine TM = untere Tonmolasse <sz>= Überdeckung Nr.?. Nordsüdprofil von der Ammerbrücke über Eyachmühle-Geigersau zur Ach. 1: 35.000 Süd Nord Er Be % ee a A l 7 cr Ammer Sattel von St Nikolaus Eyaöhmühle 2a nz a <-Murnauer. : Profilversohiebung (Kohlbaohl) : DE ER i Mulde P 713 um 1000 mjnach West re :Bohrung Bohrung Sprongelsbaon En % ; „7 (Konlenfi. b, Soheffau) ;-” / Krebsbachlsattel sr ; Von KSR[erhraSken EB Sohitch\ckuct) Geigersau } ee Re: Zulet- Grambach ; prıe H \ & En R i \ -UR H E 3 :

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

G. Gillitzer: Südgebiet des Peissenberger Kohlenreviers. NatoaviDl.

Nr. 3. Achprofil von Oberhausen nach Uffing,

N 1: 35.000. E 2 il Süd Achbrücke Sohweinberg w. Oberhausen Sattel von St. Nikolaus (Achberg) P 683 P 690 i P.694 eon reeheten I uffi Heimgarten a : | (859)

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Peissenberger\ Mulde

Nr. 4. Lechprofil von Dessauermühle nach Urspring, 1: 35.000.

Nord /

Dessauermühle Breitblohl Bo ! Biuoh P 724 Lechen an 2 Urspring v I a j | Brauneokgraben ö f ! ; /

+600 m +600 m

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

2.

E. Nowak: Silur an der Beraun.

Al

EN

10km J

1000m 500 ( 1 2 E} R hi 1 7 R 1 = 7 - 1000 500 0 000 2000 3000 FR 5000 6000 7000 8000 9000 10000 Schritte = + cz & flach fallend steil fallend saiger Gewölbe gefaltet

(unter 35°) (über 35°)

Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

Ausgeführt im k. u. k. Militärgeographischen Institute in Wien.

Tafel VIII.

+

Dunkle Tonschiefer

Präkambrium (Barr. Et.B.z.T.)

|

Kieselige Schiefer

|

Quarzkonglomerate und Grauwacken £ Kambrium (Barr. Et.B.z.T.)

Einlagerungen von rotem glimmerigen Schiefer

HB

Grauwacken, Roteisenstein und schwarze Tonschiefer

Unter-Silur

EILAD)E ikakın (Barr. Et )

Grauwackenschiefer und dunkle Sandsteine

Bez

Helle Tonschiefer und quarzitische Sandsteine

BEE: Ober-Silur

Graptolitenschiefer

Schotter und Sand

DRSrMars7e

A Diluvium ee

Lehmiger Detritus mit Quarzitbrocken (Gebirgsschutt)

Alluvium

Diabas

Eruptivgesteine

En

Porphyr

Vermutete Übersehiebungen

Richard Beck: Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Taf. IX.

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Dlave Klüfte ( Basaltgänge) Hnödler Revier: > Abendstenzbang Zinnerzgänge (im Ausstrich) ze Enbenaruciere,

(in Stollnteufe) AHlösenberger Revier 2 2 z fedie ange 1 Daun des Johannes-Stollns Granit Mückenberger Revier: 2: ER EEE

ee Granitporphyr 9- Qerz- - MID ee

10= Kreuzgang- - Tenlitzer 11= Unverhoffl-Gang eplitzer Quarzporphyr 12= Wolfgang Stehender

Luxergang’Revier: 13= Edle Kluft Gangporphyr 14= Dreifelnigkeits-Gang 15° Luxer-bang

Oneis 16* . "in der Sohle des Martini-Stollns

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III, Rasumofskygasse 23.

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Rich. Beck: Erzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Taf. X (I).

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV. 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 23.

Rich. Beck; Erzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Taf. X] (Ill).

Fig. 3 Fig. 4 Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 23.

Rich. Beck: Erzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Taf. XII (IV).

Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23,

Rich, Beck: Erzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Taf. XIII. (V),

Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23,

©. Ampferer: Geol. Bau der westl. Lechtaleralpen. Tafel XIV afe

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Jahrbuch der K. k. Geologischen Reichsanstalt, LXIV. Bd,, 1914. Verlag der K. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien Ill, Rasumolskygasse 23.

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R. Zuber: Punjab, Taf. XV (N).

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1. Gestein mit Assilina spira 2. Konglomeratische Lage mit Num- von Golra. Nat. Größe. mulites inerassatus. Jaba, Vergr. X 7,

Lichtdruck v. Max Jafle, Wien

3. Kalkstein mit kleinen Assilinen und 4. Kalkstein mit kleinen Assilinen Orthophragminen, Südl. von Mari. und Orthophragminen. Vergr.X7. Südl. von Khairabad. Vergr. X 7.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 23.

R. Zuber:; Punjab. Taf. XVI

3. Salt Range. Steilabstürze im Productus-Kalk oberhalb Sanwans.

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Lientdruck v. Max Jang, Wien.

6. Hochebene des Polwär bei Golra mit der mauerartig aufsteigenden Margala-Kette.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, II., Rasumofskygasse 23.

F. Siebenrock: Testudo kalksburgensis Toula. Taf. XVII.

Fig. 1.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

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Taf. XIX.

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Nicht ausgeschieden wurden : Quarzglimmerdiorit. Hornblendegesreine, ferner Schiefer-bnelss

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914.

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N und 2. Heft. an. AN Seite:

Der Schollenbau im Wetterstein-, und Mieminger-Gebirge. Von K. C. von Loesceh. Mit 3 Tafeln (Nr. T-ID, einem a rare, und 4 Tin. stratichen. im Taxe... 7 Br RER Tax ba

Über Gebirgsspannungen und Aebirgsschläge. Von Dr. &. A. Weithofer 99 |

Pavonitins styriaca, eine neue Foraminifere aus dem Ban as ERUNER ER Von Dr. Richard Schubert. Mit einer Tafel (Nr. IV). 148 .

Geologie des Südgebietes des Peißenberger Kohlenreviers im Kol, ba ärar. Reservatfeld. Von Dr. Georg Gillitzer. Mit einer Benlospprhen Übersichtskarte (Taf. Nr, V) und 4 Profilen (Taf. Nr..VI-VID) 2.2.19

Beiträge zur Kenntnis der Radioaktivität der Mineralquellen Tirols. (VI, ‚Mir- teilung), Von Max Bamherger und Karl Krüse. Aus dem Labo- ratorium für anorganische Chemie an der k. k. Technischen Hochschule ; in. Wien und aus dem chemischen Lahoratorium der k. k Lehrags bildungsanstalt in Innsbruck. Mit einer Textillustratiin .. ... .189

Geologische Untersuchungen im Sudflügel des mittelböhmischen Silur. Von. Ernst Nowak. Mit 1 Tafel (Nr. VIM) und 11 Textfiguren . RD)

Die Zinnerzlagerstätten von Graupen in Böhmen. Von Richard Beck in

Freiberg. Mit 5 Tafeln (Nr. IX—XII) und 15 Textiguren ... .... 269 Über den Bau der westlichen Lechtaler Alpen. Von Dr. Otto Ampferer.

Mit einer Tafel (Nr. XIV) und 4 Texifiguren. . 22... 20. 307 - Beiträge zur Geologie des Punjab (Ostindien). Von Prof. Dr. hd Zuber.

Mit 3 Tafeln (Nr. XV -XVI) und 19 Textfiguren ....!.... 827 Testudo kalksburgensis Toula aus dem Leithagebirge. Von Kustos F.Sieben-

rock, Wien. Mit einer. Tafel (Nr. AVIUN Gare a. SS 857

Geologisch-petrographische Studien im Gebiete der TR RER (Rotten- manner Tauern). Mit Benützung der Aufnuabmen von Ernst Kisel DB von Erwin Kitt]. Mit einer Kartenskizze (Tafel Nr. XIX)... . .368

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NB. Die Autoren allein sind für den Inhalt und die Form ihrer Aufsätze verantwortlich.

Gesellschafts-Buchdruckerei ‚Brüder Hollinek, Wien III, Steingasse 23.

Ausgegeben Mitte Mai 1915.

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3. Heft.

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Wien, 1915. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt.

In Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung I. Graben 31.

Das Tennengebirge. Von Eberhard Fugger.

Mit einer Tafel (Nr. XX) und 5 Illustrationen im Text.

Einleitung.

Ich habe im Sommer 1884 einige Zeit in Abtenau zugebracht, während Dr. Alexander Bittner seine geologischen Aufnahmen an der Ostseite des Tennengebirges machte, und ihn wiederholt auf seinen Exkursionen begleitet. Den Sommer 1904 brachte ich in Kuchel bei Golling, den Sommer 1905 in Werfen und jenen von 1906 in Bischofs- hofen zu und führte zahlreiche Begehungen im Gebiete des Tennen- gebirges aus. Aufgebaut auf die Arbeiten Bittners, seine Tage- bücher und Publikationen sowie auf meine eigenen Aufnahmen ist die nachfolgende Arbeit entstanden. Ich habe alle besprochenen Punkte selbst gesehen mit Ausnahme des Plateaus, über welches jedoch die verläßlichsten Aufzeichnungen von Lipold, Bittner und Geyer vorhanden und von mir benützt worden sind. Außerdem habe ich ein Manuskript von Karl Mayrhofer, welcher seinerzeit Kon-

trollor bei der k. k. Berg- und Hüttenverwaltung Werfen war, über

die Bergbaue und ein Gutachten C. W. Gümbels über den Bergbau Larzenbach sowie persönliche Mitteilungen von Heinrich Prinzinger und P. Anselm Ebner ausgiebig verwertet, am ausgiebigsten aller- dings die Arbeiten meines leider zu früh verstorbenen Freundes Bittuer; ich führe seine Angaben meist wörtlich mit „Gänse- füßchen“ an.

Topographie.

Im Süden der Stadt Salzburg, das herrliche Salzachtal begren- zend, erhebt sich ein Gebirgsstock, der sowohl durch seine Höhe und Ausdehnung als auch die grotesken Formen seiner Spitzen die Aufmerksamkeit der Naturfreunde erregt das Tennengebirge. Die Salzach mit ihren beiden Nebenflüssen, Fritz und Lammer, sowie ein Zufluß der ersteren, der Martiner Bach und ein sölcher der letzteren, der Karbach, bilden seine Umrahmung. Die Salzach bespült den Fuß des Gebirgsstockes im W in einem langen, engen, mehrfach gewundenen Erosionstal, welches sich erst bei Werfen

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 48

370 Eberhard Fugger. . [2]

verbreitert, und nimmt in der Nähe von Bischofshofen die Fritz auf, deren Lauf von nach W gerichtet ist und in welche bei Brunnhäusl der von N, von der Wasserscheide bei St. Martin kommende Martiner Bach mündet. Die Lammer entspringt am Fuße der Steilwände des Tauernkogel, richtet ihren Lauf zuerst nach O, wendet sich bei Lungötz nach N bis in die Abtenau und endlich nach W, um sich in der Nähe der Duscherbrücke bei Golling in die Salzach zu ergießen. Bei Lungötz erhält die Lammer einen Zufluß von S her, den Karbach.

Die genannten Gewässer sind die Grenzen des Tennengebirges: die Salzach im W, die Fritz im S, der Martiner und der Karbach sowie der Mittellauf der Lammer im und der Unterlauf der letzteren im N.

Der Gesamtflächenraum des Tennengebirges samt seinen Vor- bergen im N und S beträgt ungefähr 350 km?, das eigentliche Hoch- gebirge, das Kalkmassiv, nimmt von dieser Fläche nur etwa 140 km? ein.

Im NW tritt das Hochplateau direkt an die Salzach und fällt gegen diese in Steilwänden ab. Erst etwa von dem Eisenwerk Konkordia- hütte beginnen die südlichen Vorberge, welche sich nun an den ganzen Südabfall des Hochgebirgs in einer Ausdehnung von 7 bis 8km an- schließen. Die Vorberge ziehen sich mit allmälich abnehmender Breite an die Ostseite des Kalkmassivs und verflachen sich in dem Hügelland von Abtenau, welches den Nordostrand des Gebirgsstockes bildet. Westlich dieses Hügellandes erheben sich dann als mächtige nördliche Vorberge die beiden Strubberge, und daran schließen sich in einem stetig schmäler werdenden Bande, dessen Breite in der Nähe der Mündung der Lammer in die Salzach kaum 1 km beträgt, der Sattel- berg und das Lammereck an.

Zahlreiche Bäche entspringen am Fuße der Steilwände oder kommen in den Furchen des Gebirges ins Tal herab; so rauschen bei Regengüssen oder zur Zeit der Schneeschmelze in den zahlreichen Rinnen und Runsen der Westwände schmutzige Fluten, reichlich Schutt mit sich führend, durch für gewöhnlich trockene Flußbette herab und gefährden Straße und Eisenbahn; erst südlich von Arthof, wo die eigentlichen Vorberge beginnen, treten richtige Quellen auf, die dann als Bäche auch regelmäßig das ganze Jahr hindurch fließen.

Zu diesen gehören der Gundacker-, Loipfer-, Setzenberg- und Staudachbach, welche unter dem Hochpfeiler entspringen und nach kurzem Lauf zwischen Konkordiahütte und Schloß Werfen in die Salzach fließen. Südlich davon, gerade gegenüber dem Schloß Werfen mündet bei der Kalcherbrücke der mächtigere KalcherBach, welcher aus der sogenannten Schnepfries, einer langgestreckten, breiten Schutthalde kommt und am rechten Ufer den Fallerstein-, am linken den Reichhofgraben aufnimmt; alle drei Gräben entspringen unter dem Raucheck, und zwar der letztere im so- genannten Suppenwald. Nun folgen gegen S einige kurze Bäche bis zum Weiler Schlaming; zwischen diesem Weiler und Scheiben- hub mündet der Retten- oder Schlaminggraben, dessen Gewässer aus dem Gehänge zwischen dem Suppenwald und der süd- östlich davon gelegenen Kreuzhöhe stammen.

[3] Das Tennengebirge. 371

Unmittelbar bei der Salzachbrücke und der Eisenbahn-Haltestelle Pfarrwerfen ergießt sich der Wenger Bach in die Salzach. Seine Quelle und seine ersten Zuflüsse kommen von der großen halb- kreisförmigen Mulde, welche von der Kreuzhöhe, den nordöstlich daranschließenden Gipfeln desPlateaus: Hoher Thron, Fieberhorn, Hocheck, Bruckkogel, Eiskogel, Tauernkogel bis zum Jochriedl (in der Generalstabskarte irrtümlich Jockelriedl genannt) zieht. Er durchfließt die Wenger und Fromer Au, nimmt bei Werfenweng am linken Ufer den vom Jochriedil kommenden Steiner Bach mit dem Zaglauer Bach, bei Arnoldstein ebenfalls am linken Ufer den von SO aus der Einsattlung zwischen Zaglauer Berg und dem Fraueneck herabziehenden Eck- graben und wenige Schritte weiterhin am rechten Ufer den an der Kreuzhöhe nächst der Elmau-Alpe entspringenden Faistengraben auf. Sein Niederschlagsgebiet ist sohin ein sehr bedeutendes.

Der nächste größere Zufluß der Salzach in unserem Gebiete ist die Fritz. Diese entspringt unter der Bischofsmütze, fließt anfangs südlich, dann in fast westlicher Richtung auf langem Wege zur Salzach. Von der Haltestelle Brunnhäusl ab bildet sie die Südgrenze des Tennengebirges und nimmt an ihrem rechten Ufer eine Anzahl von Seitenbächen auf, so bei Brunnhäusl den von St. Martin kommenden Martiner Bach; wenig weiter gegen W fließt ihr der kleine Aitl- bach zu, und bei Hüttau mündet der Larzenbachgraben, welcher am Fromerkogel entspringt und in einer langen Strecke fast geradlinig in nordsüdlicher Richtung zur Fritz fließt. Außer den Quellbächen erhält der Larzenbach nur wenig Zuflüsse: am linken Ufer den Lindau-, am rechten den Rotgraben.

Weiter westlich münden in die Fritz der Greißenbach und noch einige andere kleinere Bäche, welche alle am Fraueneck entspringen, und weiterhin einige noch unbedeutendere, welche vom Mandlkopf und Spareck kommen.

Am Karrain (in der Generalstabskarte als Korein bezeichnet) entspringt in drei mächtigen Quellen der Karbach. Dieser fließt von der unteren Karalpe ab in ungefähr östlicher Richtung bis Schwaighof, erreicht dann bald die Straße, welche von St. Martin nach Lungötz führt und begleitet diese als östlicher Grenzfluß in der Richtung nach N bis Lungötz, wo er in die Lammer mündet. An seinem linken Ufer nimmt er einige kleine Seitenbäche, den Haar- reiter-, Oberschober- und Mehreckbach, auf.

Die Lammer selbs: entspringt am Ostfuß des Tauernkogel und fließt anfangs gegen O bis Lungötz, dann als Grenzfluß ungefähr nordwärts bis Hedeck, wendet sich von da in einem weiten Bogen in vielen Krümmungen allmählich westwärts, um die Strubberge herum, um ihr tiefgrünes, stellenweise smaragdgrünes Wasser schließlich in der Nähe des nördlichen Mundloches des Gollinger Tunnels in die Salzach zu ergießen. Die Seitenbäche, welche ihr aus dem Gebiete des Tennengebirges zufließen, bilden eine ziemlich große Anzahl. Sie nimmt am rechten Ufer in der Nähe des Spießhofes den Schö- berlbach auf, dessen Quellen in der Mulde zwischen Karrain, Fromerkogel und Hochschober liegen; unterhalb des Moos-

48*

372 Eberhard Fugger. . [4]

gutes den Moserbach, der mit seinen Zuflüssen vom Höhen- eckl!) und von Oberhaarreit kommt, und bei Lungötz den bereits genannten Karbach; am linken Ufer einen Zufluß von der Riffelwand und einen von der Königswand; östlich von diesen den Gappengraben, welcher unterhalb des Sattels zwischen der Gappenhöhe und dem Gwehenberg entspringt, von da südwärts fließt und bei Krasthof mündet. An der Strecke von Lungötz bis Hedeck ist nur der Gwehenberggraben von Bedeutung. Er sammelt seine Zuflüsse aus der gegen O offenen Mulde, welche von der Königswand, dem Sonntagskogel, der Tagweide, dem großen und kleinen Traunstein und dem Schoberstein um- schlossen wird, nimmt oberhalb der Ortschaft Gwehenberg einen an der Nordseite des Sattels zwischen der Gappenhöhe und dem Gwehenberg entspringenden Seitenbach auf und mündet am linken Lammerufer bei der Kapelle nächst Hedeck.

Bei Diegrub mündet der Schoberbach, welcher im Schoberwald zwischen Schoberstein und Peilwand entspringt; nächst der Lammerbrücke der Straße Abtenau--Rußbach der Fisch- bach oder Raingraben, welcher von der Peilwand, dem Schoberstein und dem Scheffkogel sein Wasser erhält; nördlich des Scheffkogels der Egelseebach, der Abfluß des Egelseegrabens; bei Benzenau endlich der mächtige Schwarzenbach, welcher unter dem Namen Aubach zwischen dem Höllkar und dem kleinen Breitstein entspringt und in nordnordwestlicher Richtung zur Lammer fließt. Er nimmt an seinem linken Ufer den Abfluß des Tricklfalles samt dessen vom SO-Ende des Vorderstrub- berges kommenden Seitenbaches, dann den Erler Graben auf, welcher am Sattel zwischen den beiden Strubbergen seine Quellen hat und das SO-Ende des Hinterstrubberges vom Arlstein scheidet; dann am rechten Ufer den Tiefkargraben, welcher am großen und den Kehlhofer Graben, der am kleinen Traunstein entspringt, und schließlich den Eggenreuter Bach, welcher ebos falls vom kleinen Traunstein kommt.

Zwischen beiden Strubbergen fließt der Sattelbach vom Hochsattel gegen NNW und am Westrande des Vorderstrubberges der Schwarzbach mit dem Abfluß des Wienerfalles.

Westlich davon folgen noch zwei kleine und kurze Bäche, der Wieserbach, welcher beim Bartl-Wirtshaus, und der Berger Graben mit seinem rechtsseitigen Zufluß, dem Infanggraben, welcher beim Bergergut mündet.

Damit wären die nur einigermaßen bemerkenswerten Bäche ver- zeichnet, Es ergibt sich aber aus ihrer immerhin beträchtlichen Anzahl ein Urteil über die ganz bedeutende Gliederung, die reichliche Durchfurchung des Terrains.

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!) In der Generalstabskarte steht hier statt Höheneckl der Name Hühner- kehlkopf, ein Name, der von dem betreffenden Mappeur .offenbar falsch verstanden wurde, als man ihm denselben genannt hat. Das Volk nennt diesen Punkt das Höheneck], Diminutiv von Höheneck, ein Wort, das im Dialekt allerdings wie Henneckel klingt.

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r N [5] Das Tennengebirge. 373

Literatur.

1844. Karl Mayrhofer, Bericht über verschiedene alte Bergbaue. Manuskript.

185]. Marcus Vincenz Lipold, Schilderung des Tennengebirges. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., II., pag. 79—84.

1881. P. Anselm Ebner, Briefliche Mitteilungen. Manuskript.

1883. Alexander Bittner, Tagebücher. Manuskript.

1884. Verh. d. k. k. geol. R.-A., pag. 48—87; 99—113; 358—367. 1886. Ibid. pag. 130—134; 387—398.

1837. Ibid. pag. 301.

1884. Ludwig Purtscheller, Das Tännengebirge. Zeitsch. d. Deutschen und Österr. Alpenvereines. XV, pag. 102—139, wit 1 Karte.

1886. Georg Geyer, Über die Lagerungsverhältnisse der Hierlatzschichten in der südlichen Zone der Nordalpen vom Paß Pyhrn bis zum Achensee. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXXVI, pag. 271—273.

1894. Franz Wähner, Geologische Bilder von der Salzach. Verein z. Verbreitung naturwiss. Kenntnisse in Wien. 34. Jahrg., Heft 17, pag. 35—45.

1893. Emil Böse, Beiträge zur Kenntnis der alpinen Trias. I. Zeitschr. d. Deutschen geol. Gesellschaft, pag. 569.

1910. Hans Rein], Das Salzgebirge von Grubach und Abtenau. Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen. Nr. 15 und 16.

Der Pass Lueg.

In nächster Nähe der Reichsstraßenbrücke über die Lammer, der sogenannten Duscherbrücke, befindet sich am Lammerufer ein Steinbruch im Liaskalk mit Arten von Arietites, Aegoceras, Lytoceras, Phylloceras, Nautilus, Atractites und andere Petrefakten. „Es sind rote Kalke oder auch graublaues Gestein, dessen Färbung augen- scheinlich durch Verwitterung hervorgerufen wurde.“ (Lipold.) Die Kalke streichen ungefähr von O nach W und fallen nach N; „in W sind sie von Dachsteinkalk unterlagert, im S stoßen sie an den höher liegenden Dachsteinkalk an. Nördlich von den Liaskalken stehen direkt am Ufer und in der Lammer die dunklen Guttensteiner Kalke an.

Die Straße von der Duscherbrücke zum Paß Lueg führt genau im Schichtstreichen der Dachsteinkalke hin, welche nach NNO fallen. Ein Fußweg führt von der Straße rasch aufwärts über Zimmerau nach Brunneck. An diesem Wege kommt man sehr bald in den Dachsteinkalk und nach kurzer Strecke, noch ziemlich weit vor Zimmerau, in die südöstliche Fortsetzung der Liaskalke der Duscher- brücke, auf Crinoidenkalke und roten Adneter Marmor, welche direkt und konkordant den Dachsteinkalk überlagern. Weiterhin bis Brunneck steht wieder Dachsteinkalk an.“ (Bittner.)

Wandert man von der Duscherbrücke auf der Reichsstraße aufwärts, so trifft man vorerst rechts und links an derselben zahlreiche große Blöcke von Dachsteinkalk, weiterhin steht dieser dann wirklich zu beiden Seiten an. Doch am Rande der Straße an der nordnord- östlichen Seite findet man, 490 m über dem Meere, dort, wo die Salzach die enge Schlucht verläßt, graue Kössener Mergelkalke anstehen, reich an Petrefakten. Es ist eine wenig mächtige Schicht,

374 Eberhard?Fugger. y [6]

von Dachsteinkalk scheinbar überlagert, jedenfalls aber nur in eine Runse desselben eingebettet, welche sich, allerdings mit Unter- brechungen bis Brunneck verfolgen läßt.

Schon beim ersten Ansteigen der Straße trifft man im Dachstein- kalk zahlreiche Durchschnitte von Megalodon triqueter Wulf. und die Straßenschotterarbeiter gewinnen dieselben gar nicht selten beim Zerklopfen der Bruchsteine. Man findet hier wie in den „Ofen“ Megalodonten von 3 bis 30cm Größe und darüber.

Die Reichsstraße führt durch eine Schlucht aufwärts nach Brunneck; eine zweite, zu dieser parallele Schlucht im W wird von der Salzach durchflossen:: diese letztere Schlucht führt den Namen die „Salzachöfen“. Der Felsrücken, welcher die beiden Schluchten voneinander trennt, ist höchstens 200 m breit, besteht aus Dachstein- kalk wie die Wände des Hagengebirges im SW und jene des Tennen- gebirges im NO; beide Schluchten zeigen an ihren Wänden, so rechts wie links, vollkommen übereinstimmende Lagerung der Schichten, ganz gleiches Fallen nach NO, so daß kein Zweifel bleibt, daß hier keine Störung im Gebirgsbau vorhanden ist, sondern daß beide Schluchten vom Wasser, beziehungsweise von der Salzach erodiert worden sind. „Wenn man innerhalb der Salzachschlucht in bedeutender Höhe über dem Flusse alten Riesenkesseln begegnet, Aushöhlungen, welche der Fluß, als er in einem höheren Niveau floß, geschaffen und später bei der Tieferlegung seines Bettes seitlich angeschnitten hat, Hohlformen, die im übrigen so frisch aussehen, als wären sie eben erst aus dem Felsen gewaschen worden, so gewinnt man leicht die Überzeugung von dem sehr jugendlichen Alter der Schlucht.“ (Wähner.)

Die Salzachöfen sind bekanntlich zugänglich und werden von Einheimischen und Fremden besucht und wegen ihrer interessanten Bildungen und landschaftlichen Reize bewundert. Für die Geologen bemerkenswert sind außerdem die zahlreichen Durchschnitte von Megalodon triqueter, welche das Gestein darbietet.

Die Strecke, in welcher die Salzach ‘die nordwestliche Richtung innehat, beträgt ungefähr 1 km, der Strom fließt hier längs der Schichtflächen hin, ebenso wie die Reichsstraße längs der Schicht- flächen hinzieht. So wie wir die Höhe der Straße, 554 m, bei Brunneck erreicht haben, sehen wir, daß uns die Salzach in nordöstlicher Rich- tung entgegenkommt, daß sie also oberhalb der Öfen senkrecht zur Schichtung fließt. Diese Richtung währt etwa ebenfalls 1 km bis zur südlichen Mündung des Eisenbahntunnels, welcher den Ofenauer Berg durchfährt. Von hier aufwärts ist die Richtung auf kürzere Strecke fast östlich, dann aber, abgesehen von einigen untergeordneten Krümmungen, rein nördlich, soweit sie am Tennengebirge und dessen südlichen Vorlagen hinfließt.

Von Brunneck senkt sich die Straße, von nun ab durch keinen Felsrücken mehr von der Salzach geschieden, längs derselben ziemlich steil abwärts bis 490 m Meereshöhe (beim Tunneleingange); das Ge- hänge zwischen Straße und Salzach wird hier von Glazialschottern gebildet. Ein Blick auf die Landkarte sowie der Anblick des Ein- schnittes zwischen Hagen- und Tennengebirge, wie er sich von N her,

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[7] Das Tennengebirge. 375

insbesondere von Hohenschnait bei Krispl darbietet, zeigt, daß die Salzach oder der Salzachgletscher jedenfalls einmal ihr Bett be- deutend höher haben mußte als jetzt, und daß der Ofenauer Berg mit dem Tennengebirge in direkter Verbindung stand und als ab- schließender Felsriegel einem tiefergehenden Fluß den Weg verlegte.

„Das alte Salzachbett müssen wir daher an den Eintiefungen dieses Felsriegels suchen. In diesen nagten sich der Fluß oder die Gletscherwasser jenen Weg, jene Schlucht, durch welche heute die Reichsstraße von der Duscherbrücke aufwärts nach Brunneck führt. Zur Zeit des höchsten Gletscherstandes mußten sich die höheren Teile des mächtigen, von S nachdrängenden Eisstromes in der Einsenkung östlich vom Ofenauer Berg, über diesen selbst und die tieferen Gehänge des nach SW zur Kratzspitze ansteigenden Kammes gerade- aus nach N bewegen und hier steil 400 bis 800 m tief zur Niederung von Golling abbrechen. Damals floß von der gegen Brunneck vor- dringenden Hauptmasse des Gletschers ein weiterer Teil über die Höhe der Zimmerau nach N gegen den Ausgang des Lammertales ab. Der von Brunneck nach NW sich bewegende Talgletscher konnte sich beim Rückzug des Eises am längsten erhalten. Auch dieser mußte ziemlich steil mit vielen klaffenden Spalten zur Niederung von Golling abbrechen, und die von der Gletscheroberfläche in den Spalten versinkenden und unter dem Gletscher abfließenden gewaltigen Schmelz- wasser mochten schon lange an der Einnagung und Tieferlegung des neuen Bettes im festen Felsen gearbeitet haben, bevor das Eis über diese Stelle zum letztenmal nach S zurückgewichen war und der Fluß in die Lage kommen konnte, sich unter dem Gletscherschutt sein altes Bett zu suchen. Dieses war jedoch durch den Gletscher- schutt verstopft worden und die Gletscherwasser gruben sich im harten Kalk, vielleicht an einer Stelle, welche nicht über dem alten Flußbett gelegen war, eine tiefe Schlucht, ein neues Bett, die heutigen Öfen aus.“ (Wähner.)

Vom Südende des Tunnels flußaufwärts bleibt das Salzachtal noch eine Strecke von etwa 1'5 km ziemlich eng, so daß neben Fluß, Straße und Eisenbahn nur wenig Raum erübrigt, der hie und da mit Alluvialschutt oder mit kleinen Resten eines horizontal geschichteten diluvialen Konglomerats bedeckt ist. Die Dachsteinkalke des Hagen- gebirges im W fallen ganz konform mit jenen des Tennengebirges im OÖ, und zwar regelmäßig NO oder NNO. Unter dem Kastenspitz erweitert sich das Tal, und die Wände, besonders am rechten Ufer, treten mehr zurück; längs der Salzachufer ziehen sich niedrige, häufig unterbrochene Konglomeratbänke hin, am Fuß der steilen Fels- wände lagert mächtiger Bergschutt.

Beim Wirtshaus Stegenwald befindet sich ein „Steinbruch in einer wahrscheinlich abgesunkenen Kalkpartie, mit steilem Einfallen nach SW; sie enthält Bänke mit Pedaten, Gastropoden und Megalo- donten. Das Gestein der Wände des Kastenspitz ist genau das- selbe wie jenes im Steinbruch von Stegenwald, auf den Halden liegen dieselben gastropodenreichen Blöcke, jedoch keine Blöcke mit Pedaten. Die Pedatenkalke scheinen also geradeso wie am Hochgschirr im Blühn- bachtal den tieferen Niveaus der Wände anzugehören.“ (Bittner.)

376 Eberhard Fugger.- u [8]

Bei dem nächsten Gehöfte Eckhart treten die Felswände wieder nahe an die Salzach; es sind Ramsaudolomite, welche von hier ab die Basis der Westseite des Tennengebirges bilden. Sie reichen im allgemeinen nicht viel höher als bis etwa 1100 m Meeres- höhe, das ist ungefähr 600 m über das Salzachtal und werden dann von Dachsteinkalk überlagert; nur bei der Pitschenbergalpe (1703 m) reichen sie nach Geyer bis auf das Plateau und sind da-

durch die Ursache einer üppigen Vegetation. Die Dolomitfelsen treten

bald wieder zurück, mächtige Schutthalden breiten sich aus, von Bach- gerinnen durchzogen, die meist ohne Wasser sind, jedoch bei Ge- wittern und zur Zeit rascher Schneeschmelze gewaltige Wasser- und Geröllmassen der Salzach zuführen. Erst bei der Eisenbahnstation Sulzau treten die Dolomite wieder an beiden Ufern an den Fluß und bieten, besonders am linken Ufer, geradezu herrliche Ver- witterungsformen, scharfe Kanten, Nadeln und zahlreiche Rinnen dar. Wenig oberhalb der Aschauer Brücke treten die hellen Dolomite wieder zurück und massige Schutthalden bedecken den Fuß der Dolo- mite bis nach Konkordiahütte, während am Fluße selbst hie und da die Konglomeratbänke sichtbar sind. „In den Bächen dieses Gebietes, besonders WSW und SW vom Hochkopf kommt soviel Werfener Schiefer herab, fast ausschließlich aus den gelben und insbesondere den gervillienreichen Bänken, daß man annehmen muß, daß am Fuße der Dolomiten sicher Werfener Schiefer ansteht. Die großen Gieß- bäche verdecken natürlich alles mit ihrem Schutt.“ (Bittner.)

Der Gundacker Graben.

Unmittelbar nördlich des Bauernhauses Gundacker, schräg gegen- über etwas unterhalb Konkordiahütte mündet der Gundacker Graben in die Salzach. Die untere Partie des Grabens ist mit Schutt erfüllt; hier wurde seinerzeit roter quarzitischer Werfener Schiefer als Zu- schlagschiefer für das Eisenwerk Konkordiahütte in einem Stollen abgebaut. In 575 m Höhe steht am rechten Ufer Werfener Schiefer an in h 6 mit 42° Einfallen nach N. Oberhalb dieser Stelle trifft man wieder nur Schutt, doch sieht man die Werfener Schiefer in 615 m südwärts vom Graben sich hinziehen. Bei 670 m beginnen im Graben zahlreiche Stücke schwarzen Kalkes den Boden zu bedecken; 50 m höher führt ein Weg durch den Graben, dann wird der letztere sehr steil, und in 745 m steht man am Fuß der Felswand, welche die rechte Seite des Grabens bildet, während die linke noch weniger steil und teilweise bewachsen ist. Es sind schwarze Kalke in h 4 mit 45° Einfallen in NNW in Schichten von 5 bis 20 cm und darüber, mit einzelnen Einlagerungen von ganz dünnschichtigen schwarzen Lagen.

Das Hangende des Kalkes ist (755 m) dolomitischer Guttensteiner Kalk, welcher mit vielen Rutschflächen über dem geschichteten Kalk aufsteigt. Eine solche Rutschfläche ist mit ihrer Unterseite bloßgelegt in 2 m Breite und 10 bis 20 m Länge und liegt in h 12 mit 38° Neigung- gegen O. Die ganze Masse des dolomitischen Guttensteiner Kalkes ist hier etwa 30—40 m hoch. Darüber scheint eine Terrasse

[9] Das Tennengebirge. 377

zu sein, und hinter derselben wird heller Ramsaudolomit sichtbar, von dem neben Stücken Guttensteiner Kalk, dolomitischem Gutten- steiner- Kalk und Hochgebirgskalk zahlreiche Trümmer am Fuße der Felswand liegen.

Ich konnte weder aufwärts noch seitwärts weiter und stieg daher im Graben wieder abwärts. In 625 m Höhe verließ ich ihn in der Richtung gegen S und konnte auf etwa 120 Schritte stets an- stehenden Werfener Schiefer beobachten.

Der Loipfergraben,

der nächste südlich des Gundacker Grabens, mündet bei der Brücke von Konkordiahütte und führt nur Schutt, welcher vorherrschend aus Kalken und in geringerer Menge aus Werfener Schiefern be- steht. In 640 m Meereshöhe tritt eine Quelle auf; die Werfener Schiefer des Gundacker Grabens ziehen hier jedenfalls unter dem Schutt herüber. Wenige Meter höher führt der mit roten Strichen bezeichnete Weg von Konkordiahütte nach Setzenberg durch den Graben. Weiter aufwärts trifft man im Graben ebenfalls nur Schutt und Gerölle; erst in 825 m Höhe findet man am rechten Ufer anstehenden Fels und zwar eine grobe Dolomitbrekzie.

Seitwärts vom Loipfergraben gegen S befindet sich die sogenannte Rote Wand, gerade gegenüber Konkordiahütte. Hier wurde „auf Bluterz gebaut, welches 60 Prozent Eisen enthielt. Allein der glückliche Bau dauerte nur von 1763—1766, in letzterem Jahre schnitt sich dieses Erz gänzlich aus.“ (Vierthaler, Reisen. 1799, pag. 215.)

Der Setzenberggraben,

an dessen rechtem Ufer das Gut Setzenberg liegt, durchbricht nahe seiner Mündung den Zug von Guttensteiner Kalk, welcher bei der Kalcherbrücke am Fuß des Werfener Schloßberges beginnt und fast ununterbrochen bis zur Mündung des Blühnbaches aufgeschlossen ist. Etwas unterhalb, also nordwestlich der Mündung des Setzenberggrabens, bei einem hölzernen Bahnwächterhäuschen, 40 Schritte unterhalb km 43'2 der Staatsbahn, gegenüber km 43°6 der am linken Salzach- ufer hinziehenden Reichsstraße ist in den Guttensteiner Kalk von unten herauf in einem nach S gerichteten Bogen der Werfener Schiefer hineingepreßt (Fig. 1). Er reicht etwa 8—10 m über die Eisenbahnschienen empor und ist von der Stelle a, wo die Grenzlinie zwischen Werfener Schiefer und Guttensteiner Kalk fast vertikal aufsteigt, flußabwärts noch etwa 22 Schritte sichtbar; ebenso reicht er flußaufwärts noch 22 Schritte in den Kalk hinein, welcher vielfach gebogen und gebrochen ist, bis zu einem Durchlaß 5 an der Bahn. Flußabwärts zieht sich eine niedrige, zum Teil bewachsene Schutt- lehne hin, die vielleicht noch den Werfener Schiefer bedeckt, obwohl der Schutt selbst fast nur Stücke von Guttensteiner Kalk von den dahinter aufragenden Wänden zeigt. Die Schuttlehne reicht bis etwas unterhalb km 43:0, wo der Kalkfels wieder direkt an die Bahn und die Salzach tritt. Von Punkt 5 flußaufwärts steht nach 20 Schritten

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der Kilometerstein 432, und von hier 90 Schritte aufwärts fließt eine Quelle, nach weiteren 10 Schritten wieder eine solche mit Durchlaß, abermals 30 Schritte weiter das Kilometerzeichen 43°3.

Die hier aufgetriebenen Werfener Schiefer geben uns einen Fingerzeig über die Ursachen der wiederholten Störungen in den untertriadischen Gesteinen an der Südhälfte des Tennengebirges und erklären uns, warum die Fortsetzung der am linken Salzachufer auf- tretenden Raibler Schiefer am rechten Ufer nicht mehr zu finden ist.

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Im Setzenberggraben aufwärts liegt nur Schutt, bei 670 m trifft man auch auf viele und große Trümmer einer Gebirgsschuttbrekzie. Wenig weiter oben sieht man am Schreckenberg diese grobe Brekzie als breite, mächtige Masse anstehen. In 700 m Höhe hat man sie erreicht, 10 m höher treten in derselben verschiedene Höhlen auf; sie läßt sich verfolgen bis zum Schreckenberggut (900 m). In 885 m Höhe kreuzt ein Weg den Graben; wenig unterhalb des Weges be- obachtet man Werfener Schiefer, am Wege selbst steht Guttensteiner Kalk an in h 3, 10° mit Einfallen unter 70° nach NO.

Der Staudachgraben.

In nächster Nähe des Staudachgutes mündet der Staudachgraben, er hat im Verein mit einigen anderen kleineren Bächen eine Alluvial- bank an der Salzach abgelagert, welche die Eisenbahn durchschneidet. Die unteren Partien des Grabens sind wieder mit Schutt und Geröll- massen erfüllt. In 720 m stehen Werfener Schiefer „von der höheren gelblichen Entwicklung“ (Bittner) an in h 6 mit 81°, und 15 m höher mit 46° Neigung nach S. In 750 m beginnt der Guttensteiner Kalk, und zwar ungeschichtet; 10 m höher steht man am Fuß einer Felswand von 7 m Höhe, über welche der Bach in mehreren, zuein- ander parallelen Adern herabstürzt. An der hydrographisch rechten Seite dieser Wand befindet sich eine kleine Höhle. Hat man die Wand überwunden, so beobachtet man den Guttensteiner Kalk (775 m) dünnschieferig und in Platten bis 10 cm Dicke in h 5 mit 53° Ein- fallen nach N. Weiter oben (800 m) bildet er wieder kompakte schwarze Massen mit brauner Verwitterung, und in 810 m steht man abermals am Fuße einer Wand, welche jedoch eine Höhe von 20 m besitzt. Der Guttensteiner Kalk wird hier dolomitisch und fällt nicht mehr nach N, sondern unter 39° nach S.

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Oberhalb der Wand, etwa 830 m, läuft der Bach mit geringem Gefälle und in ziemlich sanft gegen das Bachbett geneigten Ufern: vom Schreckenberg ziehen hier in breiter Fläche die Werfener Schiefer herüber und durch den Graben durch gegen Leitenfeld hin. Etwa in 870 m Höhe vereinigen sich zwei Arme des Grabens. Wenig höher übersetzt der Weg, welcher vom Schreckenberggut zum Suppenwald führt, den rechtsseitigen Graben. Hier liegen im engen Bachbett nur Guttensteiner Kalke, Dolomite von dunkler, roter und heller Farbe und Hochgebirgskalke sowie Werfener Schiefer; sichere Raibler Schiefer oder Kalke, welche eventuell unter den Steilwänden durchziehen könnten, sah ich nirgends, möglicherweise gehören die roten und gewisse dunkle Dolomite den Raibler Schichten an. Am rechten wie am linken Ufer dieses Armes stehen in 880 m Brekzienfelsen an mit verschiedenen kleinen Höhlen.

Im linken Arm des Staudachgrabens liegen dieselben Gesteine wie im rechten, auch eine reiche Quelle tritt daselbst am Wege (880 m) auf. Weiterhin scheint am linken Ufer desselben Armes ein schwarzer, dolomitischer Kalk mit weißen Adern wirklich anzustehen. Von 835 m aufwärts sieht man in beiden Armen des Grabens fast nur mehr Trümmer von Dolomiten, welche in etwa 1000 m Meeres- höhe als Wände aufsteigen.

Der Staudachgraben gibt in seinen unteren Partien charkteri- stische Bilder eines in Werfener Schiefer und etwas höher eines in Kalk eingerissenen Grabens: erstere mit ihren sanft abfallenden Ufern, letztere mit steilen Ufern und öfter stufenförmig abgebrochenem Gerinne.

Der Kalchergraben.

An dem Gehänge zwischen Staudach- und Kalchergraben, dem nächsten größeren südlich von ersterem gelegenen Graben, entspringt noch ein kleinerer Graben, der jedoch keinerlei Aufschluß bietet. An diesem Gehänge ziehen unten längs der Salzach Guttensteiner Kalke hin, welche etwa 150 Schritte unterhalb der Kalcherbrücke deutlich in h 10 mit 70° Einfallen nach SW geschichtet sind. Über denselben scheint ein Konglomerat durchzustreichen. Der Bauernhof Zeismann (629 m) steht auf Guttensteiner Kalk, welcher von hier in den unteren Kalchergraben hinabzieht. Oberhalb Zeismann trifft man anstehenden Werfener Schiefer, welcher bis zur Höhe von mindestens 800 m emporreicht. Hier dürfte wieder Guttensteiner Kalk durchziehen, der jedoch nirgends deutlich aufgeschlossen ist; bei Leitenfeld und Fallsteiner aber befindet man sich wieder auf Werfener Schiefer, welcher vom Schreckenberggut herüberstreicht. Oberhalb dieses Bandes von Werfener Schiefern dürfte wohl die Fortsetzung jenes Guttensteiner Kalkes zu suchen sein, der im Staudachgraben in 880 m ansteht.

Der Kalcherbach bildet sich aus drei Wasserläufen, von denen der nördlichste, der Fallsteiner Graben, von den Wänden WSW unter dem Raucheck, der mittlere, der eigentliche Kalcher- graben, SSW unter demselben aus der sogenannten Schnepfries

49*

380 Eberhard Fugger. ° [12]

und der südlichste, der Reichhofgraben, aus dem Kar zwischen Raucheck und Fieberhorn herabkommt. Dieser letztere ver- einigt sich mit dem mittleren in zirka 685 m und der Fallsteiner Graben mündet in etwa 660 m. Der Kalcherbach fließt unmittelbar bei der Kalcherbrücke in die Salzach; an seinem rechten Ufer steht bei der Mündung Guttensteiner Kalk, am linken diluviales Kon- glomerat an, welches nicht weit aufwärts reicht und bald auch hier durch Guttensteiner Kalk ersetzt wird, in welchen sich der Bach eine tiefe Schlucht mit mehreren Stufen und Wasserfällen, die so- genannte Erherzog Eugen-Klamm, eingerissen hat.

Der Graben ist anfangs weit und mit Schutt und Gerölle erfüllt. In 580 m Höhe verengst sich derselbe und stehen am linken Ufer schön geschichtete Guttensteiner Kalke in Platten von 5—12cm in h 10° mit etwa 50° nordwestlichem Einfallen. Ein Steg führt an das rechte Ufer und hier trifft man bald eine Einlagerung von schwarzen, blätterigen Schiefern, welche mehrere Meter mäcktig sind und steil inh4—5 nach NW fallen. Ich bezeichne diese Schiefer als Strub- bergschiefer, da Bittner sie zuerst am Strubberg am genauesten studiert hat. Uber ihnen liegt ein stark verwitterter dolomitischer Kalk. An den genannten Schiefern führt der Steig etwa 30 m lang hin, dann folgen wieder Kalke, mit Schiefern wechsellagernd. Hier tritt eine Quelle mit Kalksinterbildungen auf.

Bis hierher konnte man im Jahre 1881 gelangen, ohne klettern zu müssen, und eine von schwarzem Kalk mit häufigen Schieferein- lagen gebildete Wand, die ganz mit schneeweißem Bittersalz überzogen war, neben welcher ein Wasserfall herabbrauste, verhinderte das weitere Vordringen. Heute ist die Klamm durch Zementstufen und eiserne Geländer bequem zugänglich gemacht. Der schwarze Strubberg- schiefer läßt sich als Einlagerung im Guttensteiner Kalk bis zur Höhe von 600 m fast ununterbrochen verfolgen und stellenweise sieht man, wie der Kalk sich allmählich blättert und in Schiefer übergeht. Beim „Sturzfall* (615 m)beobachtetman wieder denschwarzenStrubbergschiefer im Kalk, in 630 m Höhe an dem untersten Stiegenabsatz beim „Stiegen- kesselfall“ abermals eine schwache schiefrige Einlagerung in normal gelagertem Kalk und an der zweiten Stiege einige Schieferlagen von 38—15cm Dicke.

In 660 m hat man die Basis des „Stufenfalles* und die Mündung des von der rechten Seite kommenden Fallsteiner Grabens er- reicht. Verläßt man den Kalchergraben und wandert am Fallsteiner Graben aufwärts, so trifft man vorerst in 690 m auf anstehenden Werfener Schiefer und weiter aufwärts nur mehr auf kolossale Schutt- massen, aus denen sich dann am rechten Ufer die mächtige Fall- steinwand emporhebt. Diese besteht aus Guttensteiner Kalk, an ihr wurde seinerzeit in zwei Stollen Bergbau auf Bleiglanz und Kieselgalmei betrieben. Am linkseitigen Gehänge beobachtet man den Guttensteiner Kalk noch in 1065 m Höhe. Im Graben selbst, direkt am Fuß der Steilwände, in 1055 m, steht Ramsaudolomit an; es liegt hier das untere Ende eines vom Fuß der Wände im O herab- gekommenen Bergsturzes mit Trümmern von schwarzem Carditakalk, schwarzem und rotem Raibler Dolomit und daran lagern Trümmer von

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Gips und Gipston. In den Gipsbrocken sind vielfache Faltenbildungen von untenstehender Form (Fig. 2) zu beobachten, wobei die Entfernung der Punkte «a und 5b etwa 25 cm beträgt. Weiter gegen SO steht am Fuße der Wand in 1215 m schwarzer Raibler Dolomit mit zahlreichen helleren Adern an, dann schwarzer, rotgefleckter Raibler Dolomit. Wenige Schritte davon folgt südlich der schwarze dolomitische Kalk inh 7—8 fast senkrecht oder steil nach NNO fallend, darunter Raibler Kalk, dann das Gipsgestein anstehend. Die charakteristischen Raibler Schiefer sah ich nirgends.

Der Kamm zwischen Fallsteiner- und oberem Kalchergraben ist durchaus mit Vegetation bedeckt, an seinem höchsten Punkt, 1200 m, steigen dunkle Felsen auf, nämlich rein schwarze oder schwarze, rot- gefleckte Raibler Dolomite. Diese ziehen sich an den Felswänden des Raucheck und weiter westlich und nordwestlich hin, nicht mehr aber östlich an den Wänden des Fieberhorn und Hochthron, bei welch letzterem die Hochgebirgskalke direkt aus dem Gebirgs- schutt emporragen. Unterhalb der Raibler Dolomite stehen an dem

Fig. 2.

Kamme die Ramsaudolomite, meist als zuckerkörnige Wetterstein- dolomite ausgebildet an, und wenig tiefer liegen schon wieder zahl- reiche Stücke von Werfener Schiefer auf dem Boden.

Im Kalchergraben von der Mündung des Fallsteiner Grabens (660 m) aufwärts trifft man oberhalb des „Stufenfalles* in 680 m Höhe am rechten Ufer sehr dünnplattigen bis nahezu schiefrigen Guttensteiner Kalk anstehend, 10 m höher lagert bereits wieder Wer- fener Schiefer und die bisher enge Schlucht erweitert sich zu einem Graben mit sanft geneigten Böschungen. Die Werfener Schiefer fallen hier nach N ein, anfangs nur wenig geneigt, ihr Neigungswinkel nimmt aber, je höher man kommt, allmählich zu bis 45° Sie sind aufge- schlossen bis zur Höhe von etwa 750 m. Hier nimmt der Bach am rechten Ufer einen kurzen Zufluß auf, den man aufwärts beiläufig 15 m hoch im Werfener Schiefer verfolgen kann. Dann aber lagert am rechten Ufer eine Brekzie, welche Riesenblöcke enthält, von denen einzelne sogar abgerundet erscheinen; manche dieser Blöcke sind mehr als einen Kubikmeter groß, einer davon sogar 3 Kubik- meter. Die Brekzie zieht sich schief ansteigend in den Kalchergraben hinüber bis zum „Schleierfall“, der dadurch entstanden ist, daß sich die Breccie hier quer durch den Graben zieht und das Wasser über diese Grabensperre herabstürzt. Die Basis dieser Brekzienbank be- findet sich im Kalchergraben in zirka 800 m Höhe. Die Mächtigkeit derselben dürfte 20—25 m betragen. In der unmittelbaren Nähe des

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„Schleierfalles“ sind in der Brekzie einige Höhlen, eine davon ist 3 m lang, eine andere, die größte, 30 m; sie sind meist 4—6 m tief und 4—5 m hoch.

Steigt man am linken Ufer des Kalchergrabens weiter aufwärts, so findet man in 805 m Höhe noch anstehende Werfener Schiefer; dann aber liegen im Graben wieder Unmassen von Schutt, welche jeden Aufschluß verdecken.

In etwa 1000 m Höhe erweitert sich der Graben bedeutend und wird nach oben hin immer weiter; wir befinden uns am unteren Ende der „Schnepfries“, einer riesigen Schuttrinne, welche sich aus einem Kar, südwestlich vom Raucheck, herabzieht. Am unteren Ende der Riese zeigen die bewaldeten Felsen am rechten Ufer Guttensteiner Kalk, höher oben wieder Werfener Schiefer und der höchste bewaldete Fels ist abermals Guttensteiner Kalk.

Die Gesteine, welche den Schutt der großen Riese bilden, sind helle, fast weiße, wenig rote Dachsteinkalke, „fast kristallinisch und manche beinahe schon weißer Marmor dieselben Durchschnitte und Auswitterungen wie am Hochthron —, dann Blöcke von riesen- oolithischer Struktur, andere mit schwarzen Bändern und Flecken, dann graurötlichen Nuancen, Korallenkalke, ferner etwas mehr rotgelbe Blöcke, lebhaft an Hallstätter Kalk erinnernd“ (Bittner) sowie schwarze, weißaderige oder rotgefleckte Raibler Dolomite. Die unteren Partien der Felswände zeigen vollkommen den klotzigen Aufbau der Raibler Dolomite, von denen sich dahinter und darüber die Dachstein- kalke mit ihren hellen, verhältnismäßig glatten Wänden deutlich ab- heben. Auch aus dem Schutt heben sich einzelne niedrige dunkle Dolomitklötze wie große Köpfe aus einer Schneelawine empor.

Wie erwähnt, mündet der Reichhofgraben in der Höhe von etwa 685 m in den Kalchergraben. Dieser Punkt liegt in der Klam’n noch im Guttensteiner Kalk. Während im Kalchergraben bereits in 690 m Werfener Schiefer auftritt, zieht sich im Reichhofgraben der Guttensteiner Kalk noch bis zur Höhe von 700 m aufwärts, und erst hier befindet man sich wieder auf Werfener Schiefer, welcher sich nun, wie es scheint, ohne Unterbrechung bis gegen das Schnepfen- gut hinaufzieht. Beim Bauerngut Reichhof (910 m), welches am rechten Bachufer liegt, beobachtet man im Graben gebogene Schichten von Werfener Schiefer mit vorherrschend südlichem Einfallen ; gegen- über am linkseitigen Gehänge lagert eine Moräne mit gekritzten Steinen.

Vom Schnepfengut aufwärts war kein Aufschluß mehr zu sehen bis zum Suppenwald, wo hin und wieder Guttensteiner Kalk anzustehen scheint. Dieser dürfte etwa von 1200 bis in 1400 m Meereshöhe reichen, und dann muß nach den herumliegenden Gesteinen zu schließen noch einmal Werfener Schiefer anstehen, dessen oberes Ende unter dem Schutt des Fieberhornkares verschwindet. Die im unteren Teile des Kares oberhalb der Isohypse 1500 m liegenden Steintrümmer gehören ausschließlich dem Ramsaudolomit und Dach- steinkalk an.

Die Otz, welche etwa 15—20 m über dem linken Ufer des Kalcherbaches nahe seiner Mündung liegt, und gegen das Salzachtal,

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also gegen W, einen mächtigen Konglomerataufschluß zeigt, ist der alte Schuttkegel dieses mächtigen Bergbaches.

Werfener Gräben zwischen Kalchergraben und Rettenbach.

Das Gehänge zwischen Kalcher- und Rettenbachgraben gehört zum weitaus größten Teil dem Werfener Schiefer an; nur die Gegend zwischen Kalchau und Schwandbacher zeigt noch Guttensteiner Kalk; so steht in 570 m an einem kleinen Bächlein ein kalkiger Schiefer in dunklen, 10—30 cm mächtigen Platten an in h 10 mit 19° Einfallen gegen WSW; in 650 m Höhe ein grauer dichter Schiefer, teilweise mit weißen Kalkadern, beide Schiefer offenbar das Liegende des Guttensteiner Kalkes.

Die Gräben, die hier in das Gehänge einschneiden, entspringen zwischen den Höhenlinien 810 und 700 m. Dort, wo das Terrain etwas steiler abbricht, trifft man überall Werfener Schiefer, die mehr ebenen Partien zeigen Schotter, an den Rändern gegen W treten hie und da Konglomerate auf.

Im Schwandbacher Graben, dem ersten südlich des Kalcher- graben, lagert in 753 m nur Schotter, in 718 m stehen Werfener Schiefer an, welche in 703 m in h 5, 10 mit 45° südlichem Fallen auf eine längere Strecke aufgeschlossen sind. Südlich vom Graben am steilen Gehänge gegen die Salzach ist nur Werfener Schiefer.

Im zweiten Graben, dem Dilbersberggraben, sah ich nur Schutt und Schotter; im dritten dagegen, dem Hubergraben, steht überall Werfener Schiefer an und ebenso an dem steilen Gehänge gegen die Salzach. Der vierte Graben, bei Schlaming, entblößt ebenfalls Werfener Schiefer, dagegen tritt am Gehänge westlich von Schlaming (555 m) Konglomerat auf, welches wohl die Basis der Schlaminger Terrasse bilden dürfte.

In der Höhe von 1201 m liegt das Jagdhaus Mordeck oder Modereck und hinter demselben zieht sich gegen NNO eine riesige Schuttmasse hin, deren Unterlage bei ungefähr 1300 m Guttensteiner Kalk, höher oben aber in etwa 1500 m, nach den herumliegenden Stücken zu urteilen, jedenfalls Werfener Schiefer ist. Weiter hinauf zieht sich eine mächtige Schutthalde in die Mulde zwischen Raucheck und Fieberhorn.

Der Rettenbach- oder Schlaminggraben,

nicht zu verwechseln mit dem vorher genannten kleinen Graben bei Schlaming, entspringt unter dem Hochthron und in dem Terrain zwischen den beiden Kämmen, welche derselbe gegen W und gegen S aussendet. Die höchstgelegenen Quellen treten in dem Kar selbst in etwa 1900 m Höhe auf. Bei 1086 m haben sich die aus höheren Regionen kommenden Quellbäche vereinigt und der Bach fließt als Grenzscheide zwischen Mordeck- und Kreuzhöhe in tiefer Runse anfangs in südsüdwestlicher, später westsüdwestlicher Richtung zu Tal. Von der Häusergruppe Unterholz her erhält er einige kleine Zuflüsse am rechten und einen größeren am linken Ufer, welcher in

384 Eberhard Fugger. [16]

1000 m Höhe entspringt, zwischen den Gütern Schmiedeck im W und Wolfen im O hinfließt und in etwa 750 m Höhe in den Rettenbach mündet.

Der Rettenbach und seine Zuflüsse entblößen bis in 1200 m Höhe hinauf nur Werfener Schiefer, und zwar zeigt der Hauptgraben unten rote, graue und grüne Schiefer mit Drusen oder Gangklüften, welche Quarz mit Eisenglanz, Baryt und kleine Mengen von Lazulith enthalten; auf grünem Schiefer sah ich auch Malachit als dünnen Überzug. Der erste Palfen am rechten Ufer in 540 m Höhe enthält im grünen Schiefer Gangklüfte mit Lazulith, ebenso der nächste ein paar Schritte längs des Baches am Wege aufwärts. In größerer Höhe trifft man nur mehr die roten Werfener Schiefer.

Oberhalb Schmiedeck, in 967 m Höhe, steht der rote Schiefer in h 6 mit 35° Einfallen nach N am Gehänge und noch höher oben (1017 m) am linken Ufer des Hauptgrabens zwar ebenfalls in h: 6, aber fast senkrecht sehr steil nach S fallend, und weiter ebenso steil wieder nach N fallend. Noch in 1077 m, wo der Graben 65 m tief eingeschnitten ist, stehen die roten Werfener Schiefer an; erst gegen 1100 m werden die Schiefer kalkig, schon eigentliche Kalkschiefer und 100 m höher ist der Graben mit Schutt und Gerölle erfüllt. „Wo der Latschendurchschlag die Riese unter der Fieberhornkante erreicht, beobachtet man eine Spur von tiefschwarzen Kalken bei einer kleinen Sickerquelle, leider nicht: genügend aufgeschlossen. Rötliche Kalke sind unter den Gipfelgesteinen selten, doch findet man hier hie und da einzelne grellrötlichgelbe, an Hallstätter Gestein erinnernde Stücke® (Bittner.)

Der Wenger Graben.

Das Gebiet des Wenger Grabens ist von großer Ausdehnung: die FelswändevomHochthronbiszum Tauernkogelsowie diesüdlichen . Vorlagen von der Kreuzhöhe bis zum Jochriedl senden ihm ihre Gewässer zu, ebenso weiterhin der Höhenzug Jochriedl— Labenberg—Bischlinghöhe— OÖberfraueneck— Steinberg sowie der niedrige Bergrücken von der Einsenkung bei Ebner bis zum Spareckkopf.

Der Wenger Bach hat seinen Ursprung in der Wenger Au, in welcher er von beiden Seiten kleine Zuflüsse erhält, und fließt anfangs nach S, von der Häusergruppe ab in südwestlicher Richtung, nimmt unterhalb des Dorfes Werfenweng den Steiner Bach am linken Ufer auf, welcher seine Quellen unter dem Jochriedel hat und von beiden Seiten durch Zuflüsse vergrößert wird. Nach der Vereinigung mit dem Steiner Bach nimmt der Wenger Bach eine im all- gemeinen westliche Richtung an, der er in zahlreichen Windungen in einem tief eingerissenen Graben folgt. Unterhalb Arnoldseck fließt ihm von der linken Seite der von der Ebner Mulde kommende Eck- oder Grubbach und nach der kurzen Strecke von etwa 75 m von der rechten Seite der Faistengraben zu, der auf der Elmaualpe seine Quellen hat. Bei der Eisenbahnhaltestelle Pfarrwerfen mündet er in die Salzach.

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Von der Kreuzhöhe (1551 m) und der benachbarten Elmau- alpe (1552 m) zieht sich ein bewaldetes Gehänge zu Tal, welches einerseits vom Rettenbachgraben, anderseits vom Faisten- graben begrenzt ist. Dieser Wald, welcher in seinen oberen Partien den Namen Tanzboden führt, geht in der Meereshöhe von beiläufig 800 m in ein ziemlich ebenes, teilweise sumpfiges Terrain, das Moosfeld, über, an dessen Rand rings herum verschiedene Gehöfte stehen. In der südwestlichen Ecke des Moosfeldes erhebt sich ein kleiner Hügel (8323 m) und von diesem Punkte ab dacht der Boden mehr oder weniger steil sowohl gegen W zum Salzachtale als auch südlich in den Wenger Graben ab. Wo in diesem Terrain bis zur Isohypse 1400 m hinauf irgendein Aufschluß zu sehen ist, zeigt derselbe Werfener Schiefer oder Schotter.

Der Wenger Graben selbst entblößt von seiner Mündung (534 m) bis hinauf zu dem Punkte, wo er den Faistengraben aufnimmt (662 m), nur Schutt und Gerölle. Er ist weit und tief, bei der zuletzt ge- nannten Stelle mindestens 120 m tief, und seine Ufer steil; die verschiedenen Plaiken, welche man an den Grabenwänden sieht, lassen nur Gebirgsschutt und Schotter wahrnehmen, insbesondere zeigen die höheren Partien des Grabens fast nur Dolomitschutt. Zahlreiche Nebengräben von verschiedener Länge, die besonders am rechten Ufer auftreten, entblößen ebenfalls nur Schutt und machen die riesige obere Weite des Grabens, die bei dem Hause Brand sogar mehr als 500 m beträgt, erklärlich.

Wandert man vom Salzachtal auf der Straße, welche am rechten Ufer des Wenger Grabens aufwärts führt, so trifft man schon in 546 m Höhe Werfener Schiefer anstehend in h 12 mit Einfallen nach O, etwas weiter oben anstehendes Konglomerat; am Wege oberhalb Scheibenhub steht wieder Werfener Schiefer an mit nordwestlichem Fallen, an der Wegbiegung ebenfalls in h 3, 12 mit steilem nordwestlichem Fallen, 5 m höher (585 m) steht derselbe fast senkrecht mit Nordweststreichen, beim Tor am Wege (612 m) aber wieder in h 3 mit 30° nordwestlichem Verflächen. Weiterhin folgt Diluvialschotter, von 690 bis 720 m Höhe stehen Werfener Schiefer an mit steilem nordwestlichem Einfallen; von 720 bis 735 m trifft man wieder Diluvialschotter und von 735 bis 795 m bei Brand überall anstehenden Werfener Schiefer. Auch die Häusergruppen Kogl (in der Generalstabskarte Keglgut) und Mayerlehen stehen auf Diluvialschotter, der Hügel 823 m besteht jedoch wieder aus Werfener Schiefer, auf welchem auch Hackrain (803 m) steht. Das Moosfeld selbst ist ein Sumpf mit diluvialer Unterlage, welch letztere ostwärts bis zum Faistengraben wiederholt aufgedeckt ist.

Die ganze Waldfläche unter der Kreuzhöhe und der Elmau- alpe gehört bis zu einer Höhe von fast 1400 m den Werfener Schiefern an. „Steigt man im Faistengraben aufwärts, so trifft man überall die Werfener Schiefer, die im Graben selbst häufig aufge- schlossen sind und regelmäßig nach N fallen. Darüber zwischen 1300 und 1400 m ist dunkler Guttensteiner Kalk in geringer Mächtigkeit aufgeschlossen, welcher zum Teil dolomitisch ist. Noch weiter oben unterhalb der Elmaualpe liegt derselbe deutlich zu-

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 50

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tage als völlig regelmäßig dünnplattiger Kalk und etwas sandiger, feinplattiger Mergelschiefer mit Einlagen von bröckligem Schieferton. Über diesen Schichten lagern Bänke eines hornsteinführenden Knollen- kalkes, wahrscheinlich Reiflinger Kalk. Versteinerungen sind fast nirgends zu sehen, nur in einzelnen bituminösen dünnplattigen Kalken sind Crinoidenspuren und in den feinplattigen, etwas sandig aussehenden Mergelschiefern sind zahlreiche glänzende Bröckchen vorhanden, welche als Fischschuppen oder als Knochenzerreibsel gedeutet werden können; auch Brachiopodenspuren finden sich in denselben. Im östlichen Quellgraben bei der Viehhütte (1500 m) der Elmaualpe ist der Halobienschiefer (Carditaschiefer) mächtig aufgeschlossen und zieht sich von hier in größeren oder geringeren Aufschlüssen in gleichbleibender Meereshöhe hinüber gegen W bis unterhalb des Kreuzes bei der Alphütte. Es ist dunkelschwarzes, bröcklig schieferiges Gestein, indem jedoch keine Petrefakten aufzufinden waren, wahr- scheinlich deshalb, weil dasselbe zu sehr durchweicht und rutschig ist.* (Bittner))

Oberhalb der Viehhütte gegen die Elmaualphütte hin sieht man nur Stückchen Werfener Schiefer herumliegen und an einem Hügel, von welchem ein kleiner Graben gegen O in die Laimau hinabzieht, sind die Werfener Schiefer sogar aufgeschlossen. Die Elmaualphütte selbst (1525 m) scheint ebenfalls auf Werfener Schiefer zu stehen. Nur etwa 100 Schritte westnordwestlich von der Hütte ist ein kleiner Hügel von höchstens 10 m Höhe und 60 m Umfang, welcher von Raibler Schiefern gebildet ist, aber rings umgeben von einem Terrain, auf welchem Stückchen von Werfener Schiefer herumliegen. In dem Graben zwischen Elmaualpe und der Kreuzhöhe steht in 1635 m am rechten Ufer in einem 30 m breiten, zu Tal ziehenden Streifen Gebirgsschuttbrekzie, welche sich ungefähr 50 m talab verfolgen läßt.

Auf der Kreuzhöhe trifft man nur Werfener Schiefer, ebenso nordwärts gegen den Hochthron; der Kamm, welchen dieser gegen S sendet, bestehtin seinen unteren Partien aus dunklem Guttensteiner Kalk, welcher nach oben hin dolomitisch wird. „Die Kalkgrenze des Hochgebirges verläuft sehr scharf und geradlinig. Massenhafter, zum Teil konglomerierter Gehängeschutt bedeckt die Abhänge gegen die Südkante. Die tieferen Gesteine sind am Fuße der Wände zwischen Hochthron-Fieberhorn und Raucheck nur stellenweise auf- geschlossen als etwas plattiges, etwas mergeliges, kalkigdolomitisches unreines Gestein; die Gipfelkalke rein weiß oder hellgrau bis rötlich, sehr stark kristallinisch, großenteils riesenoolithisch, reich an Korallen, Bryozoen, auch Ammoniten; ein Stück trug zahlreiche parallele Durchschnitte, wie Halobien- oder Monotisgestein, doch war keine Fläche zu erhalten gewesen. Übrigens befindet sich eine Monotis als Geröllstück aus dem Rettenbachgraben im städtischen Museum zu Salzburg“ (Bittner), welche das Monotisvorkommen, also Hallstätter Kalke, in den Steilwänden wahrscheinlich macht.

In den Gräben zwischen Kreuzhöhe und Mordeck, also den Quellbächen des Rettenbaches, trifft man zwischen 1400 und 1500 m viel Gebirgsschuttbrekzie, Kalke und etwas Werfener Schiefer, hin und wieder beobachtet man auch in Wänden anstehenden Guttensteiner

[19] Das Tennengebirge. 387

Kalk. Das waldige Gehänge zwischen Rettenbach- und Faistengraben besteht sohin bis ungefähr 1400 m Höhe aus Werfener Schiefer, darüber folgt zwischen 1400 bis 1500 oder 1550 m ein Band von Guttensteiner Kalk, welchem bei der Viehhütte der Elmaualpe Reiflinger Kalk und Halobienschiefer aufgelagert sind; darüber hin folgen abermals Werfener Schiefer bis an die steilen Wände des Hoch- gebirges, deren Basis hier Guttensteiner Kalk bildet. Bei der Elmau- alphütte liegen direkt auf den Werfener Schiefern abermals, wenn auch in geringer Ausdehnung und Mächtigkeit, die Halobienschiefer.

Die Höhe zwischen Faistengraben und Wenger Graben mit dem Kulminationspunkte 1466 m bildet die unmittelbare Fortsetzung der Elmaualpe gegen O. Im S reichen auch hier die Werfener Schiefer bis 1400 m, darüber folgt der Guttensteiner Kalkzug, der über den Höhenpunkt 1466 m hinstreicht, dann nach N und schließlich nach NO abbiegt und in 1000 m Höhe in der Wenger Au unter den Schutt untertaucht. Nordwärts von diesem Kalkzug tritt wieder Werfener Schiefer auf, welcher im Laimgraben und in der Laim-Au aus dem Schutt aufsteigt bis zur Höhe der Elmaualpe und an den Fuß der südlichen Hochthronkante.

Steigt man von der Elmaualphütte in der Richtung gegen NO zur Wenger Au hinab, so trifft man überall auf Werfener Schiefer; von 1460 bis 1375 m abwärts tritt auch schmieriges Gipsgebirge in den einzelnen Gräben zutage. Am linken Rande der weiten Einsenkung erheben sich die Wände zwischen Hocheck und Tauernkogel, deren Basis Guttensteiner Kalk ist, der von Ramsaudolomit überlagert wird. Nach der Felsform der oberen Dolomite und den in der Tal- sohle herumliegenden Stücken zu urteilen, zieht sich vom Toifkar gegen die Eiskögel über dem Ramsaudolomit der Raibler Dolomit hin, und erst über diesem erheben sich die mehr glatten Steilwände des Dachsteinkalkes. An der rechten Seite dieser von zwei parallelen Wasserläufen begrenzten Einsenkung zeigen sich die Werfener Schiefer, auf denen sich gegen S die Wände des Guttensteiner Kalkes der Laim-Au erheben, und zwischen den beiden Gräben breitet sich von 1200 m Meereshöhe nach abwärts eine weite, nur teilweise über- wachsene Schuttfläche aus.

Von Lampersbach abwärts zieht der Faistengraben nahezu parallel zum Wenger Graben hin, die Entfernung beider Gräben schwankt zwischen 250 und 400 m. Das Terrain zwischen beiden ist Schotter, auf welchem in 823 und in 757 m Höhe Häusergruppen stehen; nur wenig unterhalb der ersteren, Hageck, steht im Graben auf kurze Strecke Guttensteiner Kalk an.

Von der Ortschaft Werfenweng zieht sich in der Richtung nach NNO ein weites Tal mit geringer Steigung aufwärts gegen das Scharreck, eine Wand von Guttensteiner Kalk, welche am oberen Ende des Tales ziemlich steil emporsteigt. Das Tal, welches durch- schnittlich 500 m breit ist, trägt auf seinem Schuttboden eine Anzahl Gehöfte. In den unteren Partien des Tales, in Becken von Wenghof, d.h. um Kirche und Wirtshaus, treten in einer Längenerstreckung von kaum 800 m etwas über 40 Quellen auf, die einen mächtigen Bach bilden. Die drei Quellen beiMayrhof hatten am 24, Juli 1878

50*

388 Eberhard Fugger [20]

zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags 70°C bei 17°50 Lufttemperatur, und eine Quelle am entgegengesetzten, südwestlichen Ende des Quellen- terrains unten bei Wenghof zeigte nach 5 Uhr abends 69%. Die Temperatur der Quellen soll auch im Winter‘ wenig von der Sommer- temperatur differieren.

Im nördlichen Teil des Tales kommen sowohl von rechts als links mächtige Schutthalden herab, die teilweise überwachsen sind; die schon besprochene Wenger Au sowie die Kraisten unter dem Jochriedl entblößen in den Gräben, welche sie durchfurchen, Trümmer von Wettersteinkalk, Ramsaudolomit, Raibler Dolomit, Hall- stätter- und Dachsteinkalk; unter den Eiskogeln fand Bittner auch Blöcke mit Halobienbrut und dieselben weißen kristallinischen Dachsteinkalke wie unter dem Hochthron. Am Fuß des Toifkar im Hintergrund der Wenger Au tritt eine Quelle aus dem Wetterstein- kalk hervor.

Zwischen den Weilern Mayrhof und Strobl hat man einen Blick auf das Hochgebirge, dessen Wände bis ins Tal herabreichen, und kann die verschiedenen Kalke mit einer gewissen Sicherheit erkennen und voneinander unterscheiden.

Wandert man von Zaglau im Steiner Graben aufwärts, so trifft man am rechtsseitigen Gehänge ganz in der Nähe des genannten Ortes anstehenden Werfener Schiefer in h 5, mit 35° nördlichem Verflächen. Der Weg führt am rechten Ufer des Baches hin. In 1050 m steht ebenfalls Werfener Schiefer mit Nordfallen; erst in 1235 m trifft man unten im Bach und in 1240 m oben am Wege die Grenze zwischen Werfener Schiefer und Guttensteiner Kalk mit 35° nördlichem Verflächen. Weiterhin steigt der Werfener Schiefer unter dem Guttensteiner Kalk wieder auf und in 1255 m taucht er im Bach unter den letzteren wieder unter.

Wenig weiter oben vereinigen sich zwei Bäche, der westliche kommt von den Schöntaler Alpen unter dem Jochriedl, der östliche von der Mooser Alpe. Der Guttensteiner Kalk zieht sich im linkseitigen (östlichen) Bach aufwärts, in 1300 m Höhe stehen Raibler Schiefer an, konkordant auf dem flach Nordfallenden Gutten- steiner Kalk, der Aufschluß ist etwa 60 m lang und 10 m hoch. Weiterhin liegen wieder Trümmer von Werfener Schiefern herum, bei 1350 m findet man dann anstehenden Guttensteiner Kalk und in 1350 m Raibler Schiefer. Weiter hinauf folgt abermals Werfener Schiefer und in 1475 m steht Guttensteiner Kalk an mit steilen, gegen WSW fallenden Rutschflächen.

Diese beiden Züge von Guttensteiner Kalk kommen aus der Fromer Au herüber, der nördliche tritt im linkseitigen Graben daselbst zwischen 1200 und 1300 m aus dem Schutt hervor, zieht von da auf die Höhe 1496 m zwischen Fromer Au und dem obersten Steiner Graben, dann, anfangs in ziemlich gleicher Höhe, später auf- wärts hinüber zum Höhenpunkt 1560 m und zwischen Mooser- und Mayer Alpe in den oberen Larzenbachgraben. Der südliche Kalkzug tritt zwischen 1100 und 1150 m aus dem Schutt der Fromer Au, zieht dann südwärts auf die Höhe 1424 m des bewaldeten Rückens zwischen Fromer Au und Steiner Graben, durchquert letzteren

[21] Das Tennengebirge. 389

zwischen 1200 und 13500 m und steigt von hier über die Strossing- alpe (1483 m) hinauf zur Bischlinghöhe (1832 m), um jenseits ebenfalls den Larzenbachgraben zu durchqueren. Sowohl zwischen den beiden Kalkbändern als auch nördlich des ersten und südlich des zweiten ziehen sich überall die Werfener Schiefer hin. Das nördlichste Schieferband reicht bis an die Kalkwände des Eiskogl und des Tauernkogl.

Fast genau nördlich der Mooser Alpe liegt der Jochriedl (1720 m), „die daselbst auftretenden Werfener Schiefer schneiden scharf am Fuße des Tennengebirges ab. Eine Bruchlinie ist hier ganz sicher vorhanden.“ (Bittner.)

Die Wassercheide zwischen dem untersten Wengergraben und der unteren Fritz bildet der Höhenzug Spareckkopf£ (901 m)— Mandlkopf (860 m)— Grünsteinhöhe (872 m)— Grundstein (877 m)—Ebner-Kapelle (857 m). In der Ebnermulde entspringt der Eckbach, welcher in westnordwestlicher Richtung dem Wenger Graben zufließt und unterhalb Arnoldseck sich in denselben er- gießt. Das Terrain zwischen der Salzach, dem genannten Höhenzug, dem Eckgraben und dem untersten Wenger Graben ist reichlich mit diluvialen Schottern bedeckt, entblößt jedoch an verschiedenen Punkten der nördlichen Partie Guttensteiner Kalk, während die südlichen Höhen vorzugsweise dem Werfener Schiefer angehören.

Das Gelände längs des Wenger Grabens, die Ortschaft P farr- werfen, die ziemlich eben liegenden Gehöfte Laubichl, Zehent- hof u. a. zeigen, wo der Boden überhaupt offen ist, nur Schotter. Wandert man von Pfarrwerfen auf der alten Hüttauer Straße aufwärts, so trifft man etwa 20 m über der Talsohle auf der Straße selbst auf Guttensteiner Kalk, welcher in h 2 flach nach NNW fallend ansteht. Dieser wird anfangs stellenweise von einem diluvialen Konglo- merat überlagert, später aber liegt er wieder frei zutage. Der kleine Bach, welcher eine Reihe von hintereinander am Gehänge liegenden Mühlen treibt und die Kraft für die unten im Salzachtal befindliche elektrische Anlage liefert, durchfließt den Guttensteiner Kalk. Weiter oben, etwa 30 m über der Talsohle fällt der Gutten- steiner Kalk genau in h 6 mit 50° Neigung nach N. Beim Hansl- häusl auf der Höhe der Straße endet der Aufschluß im Gutten- steiner Kalk; hier liegt eine Moräne auf demselben und weiterhin nur mehr Diluvialschotter. In einiger Entfernung von dieser Stelle zweigt ein Weg in der Richtung gegen S von der Straße ab, welcher zur Salzachbrücke, der sog. Dürrsattelbrücke hinabführt. An diesem Wege und unterhalb desselben im Salzachtal ist der Werfener Schiefer häufig bloßgelegt, anfangs mit nördlichem Einfallen unter 30 bis 45°, dann etwa 20 m über dem Tal, etwa 150 Schritte unter- halb der Brücke mit 25—40° Einfallen nach S bis SSW; letztere Lagerung bleibt konstant bis zur Brücke. Man sieht die Werfener Schiefer auch längs der Bahnlinie abwärts der Brücke anstehen als Unterlage des Guttensteiner Kalkes.

Geht man von der eben erwähnten Wegabzweigung oben auf der Straße weiter, so sieht man an derselben ebenfalls die Werfener Schiefer anstehen, und zwar mit nördlichem Einfallen, in 620 m Höhe

390 Eberhard Fugger. 2 [22] etwa gerade über der Dürrsattelbrücke aber mit Einfallen nach SW. Der Werfener Schiefer ist nun wiederholt an der Straße aufgeschlossen ; an einer Stelle enthällt das Gestein Quarz mit Spateisenstein und fällt nach NW, in nächster Nähe steht violettgrauer Werfener Schiefer mit derselben Fallrichtung an. Weiter unterhalb beim Elektrizitäts- werk von Pfarrwerfen ist ein Steinbruch im Guttensteiner Kalk, welcher unter 250 nach NNW verflacht.

Beim vorhergenannten Hanslhäusl zweigt eine Straße gegen O ab, welche nach Werfenweng führt. An dieser Straße beobachtet man, daß der Guttensteiner Kalk bis oberhalb Unterkendl, bis 626 m Meereshöhe reicht; in 595 m Höhe steht auf eine kurze Strecke Moräne an, in 625 m eine Rauhwacke, daneben gewöhnlicher dichter Guttensteiner Kalk in h 5, 20 mit 50° nach SO fallend. Der Kalk kann vielleicht unter dem Humus noch etwas weiter reichen, in 630 m Höhe lagert jedoch unzweifelhaft Diluvium. Unterhalb der Häusergruppe Untertörl steht am Wege Konglomerat an.

Die Straße führt am linken Ufer des Eckgraben hin und hier trifft man sowohl am Nordostfuß des Spareckkopfes als gegenüber auf dem Hügel von Arnoldseck wieder auf Guttensteiner Kalk. Am Nordostfuße des Spareckkopfes (710 m) ist der Guttensteiner Xalk auf eine Länge von etwa 100 Schritte aufgeschlossen, teilweise überlagert von Diluvialschutt.

Die südlichen Höhen: Spareckkopf, Mandlkopf und Grünsteinhöhe gehören dem Werfener Schiefer an, Grundstein dagegen ist eine Diluvialterrasse, die Mulde bei Ebner ist eine Sumpfwiese.

Östlich vom Eckgraben bildet der schon vorher genannte Höhen- zugFraueneck—Bischlinghöhe—Labenberg—Jochriedl die Wasserscheide zwischen Wenger Bach und Fritz. Wandert man auf der Straße, welche nach Werfenweng führt, weiter, so verläßt man bald den Eckgraben und biegt um den Hügel, welcher von diesem und dem Wenger Graben eingeschlossen ist und auf welchem das Bauernhaus Arnoldseck steht, südlich herum zum Mühlbacher. Von diesem Hause 100 Schritte gegen N steht wieder Guttensteiner Kalk an mit Verflächen nach SO; auch der kleine Hügel nordöstlich von dem Hause zeigt (745 m) anstehenden Guttensteiner Kalk in h 10 mit 25° Einfallen nach SW. Ein kleiner Steinbruch mit Kalk- ofen befindet sich am Südfuße des Hügels. Verläßt man hier die Straße und wendet sich gegen NW und geht längs des linken Ufers des Wenger Grabens abwärts gegen Arnoldseck, so trifft man aber- mals auf Guttensteiner Kalk. Der Bauernhof Arnoldseck steht auf demselben, seine Lagerung ist in h 9 mit 25° Einfallen nach SW. Unten im Graben bei der Vereinigung des Wenger- und Eckbaches sieht man nur Diluvialschutt und abgestürzte Blöcke von Guttensteiner Kalk.

Der Boden um die Gehöfte Mühlbacher, Dorf, Mühlau und Ainleiten ist Diluvialschotter; der Höhenzug, welcher vom Fraueneck gegen WNW abzweigt, gehört dem Werfener Schiefer an, nır am Steinberg, dem nordwestlichen Kulminationspunkt (1222 m) dieses Höhenzuges stehen Kalke an. Diese erreicht man

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- am bequemsten von S her, vom Ebner Hofe. Hier (870 m) steht Werfener Schiefer an steil nach N fallend. Auf dem Wege von da nach Werfenweng trifitt man die Schiefer wiederholt anstehend, so zum Beispiel in 905 m Höhe, ebenfalls mit nördlichem Einfallen. Daselbst trifft man auch auf und neben dem Wege auf eine Strecke von 60 Schritten zahlreiche Stücke Guttensteiner Kalkes herumliegend, ebenso oberhalb am Gehänge einzelne Stücke mit viel Trümmern von Werfener Schiefer. Östlich vom Hause Steiner erreicht man dann in 980 m Höhe die Basis des anstehenden Kalkfelsens. Es ist eine Dolomitbrekzie, welche fast Ähnlichkeit mit einer Gebirgsschuttbrekzie besitzt, nur die Basis ist kompakter Dolomit. Die Höhe des Felsens ist mindestens 15 m aufgeschlossen, seine Länge wohl einige 100 m. Das Gestein ist sehr stark verwittert und enthält mehrere kleine Höhlen. Unten bei Gschwand an der Wenger Straße liegen noch viele Kalke auf dem Wege.

Die geologischen Verhältnisse des Höhenzuges Fraueneck—Bisch- linghöhe—Jochriedl wurden teilweise bereits besprochen. Die kleine Ebene um Zaglau wird von Diluvialschotter gebildet. „Wandert man von Zaglau zur Strussingalpe (1485 m) am linkseitigen Gehänge des Steiner Grabens, so sieht man nur Werfener Schiefer, die höheren Partien desselben werden kalkig und petrefaktenführend; bei der Strussingalpe selbst werden die Schiefer von einem schmalen Kalk- zug überdeckt, welcher regelmäßig von dem westlichen Kamme (1424 m) durch das Tal herüber und steil heraufzieht, die Kante unter der Alpe und unter der Bischlinghöhe bildend. Wie man den Kalkzug überquert hat, betritt man grünes Terrain auf Werfener Schiefer, welcher bis an das Hochgebirge reicht und an einer Stelle zwischen Strussing- und Mayer-Alpe ansteht und Myaeiten führt. Es folgt aber in diesem Terrain noch ein schmales, teilweise unterbrochenes Band von Gutten- steiner Kalk zwischen Mayer- und Moser-Alpe, welches durch den oberen Larzenbachgraben zum Fromerkogel zieht. Nördlich von diesem Bande sind in den Einrissen zwischen Jochriedl und Fromerkogel wieder die Werfener Schiefer in großer Mächtigkeit schön aufge- schlossen ; alles anscheinend konkordant und nach N fallend*. (Bittner.)

Das Fritztal.

Die Fritz bildet von der Einmündung des St. Martiner Baches bei der Haltestelle Brunnhäusl bis zu ihrer Mündung in die Salzach oro- und hydrographisch die Südgrenze des Tennen- gebirges. Von der Reichsstraßenbrücke beim Eingang in das Fritztal bis zum sogenannten Alpfahrttunnel, einem kurzen Eisenbahn- tunnel innerhalb der Fritzmühle stehen am rechten Ufer fast un- unterbrochen die Werfener Schiefer an, an vielen Stellen in der Höhe von horizontal geschichtetem Konglomerat überdeckt. Innerhalb des genannten Tunnels beginnen die silurischen Schiefer, welche sich bis Brunnhäusl hinziehen; in der westlichen Ecke zwischen Fritz und St. Martiner Bach lagert eine mächtige Schotterbank ohne irgend- eine Spur von gekritzten Steinen.

Nur wenig Bäche von einiger Bedeutung fließen der Fritz in

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ihrem Unterlauf an der rechten Seite zu; der Erlachbach, der vom Mandlkopf herabkommt und an der Stelle mündet, wo die alte Hüttauer Straße von der Höhe herab in die neue Straße einbiegt; der Klausgraben, welcher wenig innerhalb der großen Flußkrümmung bei der Fritzmühle mündet; der Greißenbach, welcher am oberen Fraueneck in etwa 1450 m Höhe entspringt und sich etwa 1'2 km innerhalb des Alpfahrttunnels in die Fritz ergießt; endlich ein Neben- fluß von bedeutender Länge, der Larzenbach, dessen Quellen zwischen Jochriedl und Fromerkogel in zirka 1700 m Meereshöhe entspringen und dessen Gewässer in fast gerader Richtung nach S einen Graben von 8 km Länge bilden. Er mündet beim Dorfe Hüttau. An der Ostgrenze des Tennengebirges endlich fließt der St. Martiner Bach, welcher beim Dorfe St. Martin (950 m) entspringt und, wie schon bemerkt, bei Brunnhäusl in die Fritz mündet.

Das Fritztal besitzt von seinem Eingange an der Abzweigung der Grazer Straße bei km 50:4 von der nach Bischofshofen führenden Straße bis Brunnhäusl eine Länge von ungefähr 11 km, die Talsohle ist aber meist wenig breiter, als daß gerade Bach, Straße und Eisenbahn den nötigen Raum finden, nur an einzelnen Stellen erreicht sie eine größere Breite, um sich bald wieder zu verengern. Der Eingang selbst ist eine malerische Schlucht von 13 km Länge, welche die Eisenbahn gemieden hat und deshalb erst am innern Ende derselben aus einem Tunnel von Bischofshofen her in das Tal eintritt. An der rechten Talseite treten sofort beim Eingange in die Schlucht steile Wände von grauvioletten und meergrünen Werfener Schiefern auf, am linken Ufer dagegen ziehen sich vorerst Schotter hin durch etwa 100 Schritte, dann heben sich allmählich die Werfener Schiefer aus dem Boden unter dem Schotter empor, und nach weiteren 150 Schritten ist vom Schotter nichts mehr zu sehen und herrscht auch auf dieser Seite der Werfener Schiefer.

Am rechten Ufer zeigen die Werfener Schiefer gleich beim Eintritt in die Schlucht ein Streichen in h 6, mit 60° Einfallen nach N, 100 Schritte weiterhin h 7, und 77° Fallen nach NNO, noch weiter drinnen sind sie stark verdrückt mit vielen Rutschflächen, einmal lagern sie sogar in h 12, mit 25° westlichem Verflächen, unmittelbar daran anschließend fallen sie steil SW, „im allgemeinen sind sie aber konstant NW fallend und oft sehr steil aufgerichtet. Die Schiefer sind ziemlich stark kristallinisch, besonders sind die grünen Bänke oft sehr großglimmerig mit allerlei Wülsten auf den Schichtflächen und senkrecht zur Schichtung durchgehenden Adern von Quarz mit Brauneisenstein. Diese Schiefer sind auch am Gehänge im Salzachtal zwischen Pfarrwerfen und dem Eingang ins Fritztal fast konstant entblößt, teilweise auch flach und muldig gebogen.“ (Bittner.)

Etwa 100 Schritte innerhalb km 51'6 erweitert sich das Tal ein wenig,die Bahn tritt aus dem großen Bischofshofener Tunnelin das Fritz- tal ein und übersetzt die Fritz zum erstenmal. Am rechten Ufer stehen unten die violetten und grünen Werfener Schiefer, oben die Konglomerate. 150 Schritte unterhalb dieser 1. Eisenbahnbrücke steht an demselben Ufer ein Quarzit an, in der Mächtigkeit von 3—4 m.

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[25] Das Tennengebirge. 393

Dieses Quarzitvorkommen wiederholt sich mehrmals. Innerhalb km 51'8 der Straße oder km 2'7 der Eisenbahn steht am rechten Ufer der rote Werfener Schiefer mit flachem Einfallen nach N an. Etwa 100 Schritte innerhalb km 52'0 zweigt die alte Hochstraße nach Pfarrwerfen ab. Hier steht an der Mündung des Erlachgrabens ein Fels mit Werfener Schieferbrekzie von zirka 25 m Höhe und einigen Metern Dicke, Südnordstreichend, sehr steil und zerdrückt in sehr zerdrückten Werfener Schiefer hineingepreßt.

Steigt man von hier auf der alten Straße aufwärts, so sieht man etwa 15 m über dem Talboden die Werfener Schiefer in h 3 an- stehen mit steilem Fallen nach NW. Auch weiterhin stehen bis zur Straßenhöhe (647 m) häufig die Werfener Schiefer an und über ihnen junge Konglomerate. Auf der Straßenhöhe selbst lagern die Werfener Schiefer in h 4 mit Nordwestfallen. Oberhalb Feuerweng, östlich der Straßenhöhe, liegt glazialer Schotter; am Wege, der von der Kapelle unterhalb Feuerweng gegen O abbiegt, steht Werfener Schiefer mit Nordfallen; in 660 m Höhe westlich von Elmautal am Fahrwege, gegenüber der Mündung des großen Tunnels ist der violette Schiefer auf etwa 10 m in h 11 mit 50° westlichem Ver- flächen aufgeschlossen, weiterhin biegt er sich um 90° und fällt wieder nach N. Von da bis zur Kapelle (685 m) bei Elmautal trifft man häufige Aufschlüsse in den Schiefern. Weiterhin gegen O sieht man nur hie und da einzelne fremde Rollsteine. Erst wieder zwischen Elmautal und Deisinger (730 m) kommen die Schiefer zum Vorschein und stehen in 740 m Höhe in h 6, steil nach S fallend.

Unten im Fritztale zwischen der Mündung des Elmaugrabens und der II. Eisenbahnbrücke bei Taggers Ziegelei, etwa bei km 52:2, ist am rechten Ufer eine Wand im Werfener Schiefer entblößt mit einer großen Schutthalde an ihrem Fuße; in der letzteren findet man rotviolette und grüne Schiefer, die grünen häufig mit Quarzadern durchzogen, in denen Eisenspat, Brauneisenerz, Lazulith und Baryt sowie Quarzkristalle vorkommen. Auf der Höhe oben über dieser Stelle lagert viel Schotter, erst (755 m) oberhalb Hochbruck steht wieder der Werfener Schiefer mit Südfallen an.

Von der Ziegelei talaufwärts sind die beiderseitigen Gehänge mit Vegetation bedeckt, nur bei der II. Eisenbahnbrücke sieht man unten am rechten Ufer Bahn und Straße übersetzen auf die linke Talseite rote und grüne Werfener Schiefer und ungefähr 45 m über der Straße das Konglomerat. Zwischen dem Konglomerat und den Schiefern scheint eine Moräne zu liegen. Am linken Ufer führt bei der Mündung des letzten Seitengrabens westlich der. Fritz- mühle, des sogenannten Glatzhofgrabens, ein Weg am Gehänge aufwärts; an diesem trifft man kaum 20 m über der Talsohle Werfener Schiefer überlagert von Guttensteiner Kalk mit nördlichem Einfallen.

Bei der Fritzmühle macht der Bach eine große Krümmung und hat sich eine Mulde ausgewaschen, aus welcher an der Nordseite eine hohe Felswand aufsteigt, deren Fuß der Fluß bespült. Diese Felswand zeigte im Oktober 1883 nur in der Mitte einen Schuttkegel, welcher fast zwei Drittel der Höhe hinaufreichte; an den übrigen Teilen der Wand waren die Werfener Schiefer überall bloßgelegt, und zwar in

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 51

394 Eberhard Fugger. . [26]

Bändern, welche abwechselnd grün und violett waren, wobei die grünen Bänke sehr mächtig, die violetten dagegen etwa nur den 5. oder 6. Teil so dick waren wie die grünen. In etwa 20 m über Tal sah ich damals über der höchsten grünen Bank graue kalkige Bänke, deren Gesamtmächtigkeit etwa 10 m betrug; darüber Konglomerat. Gegen- wärtig (1906) ist die Wand vollständig mit Schutt überzogen.

Bald nach der Krümmung überschreitet die Straße und die Bahn (III. Eisenbahnbrücke) den Fluß; die Bahn bleibt eine längere Strecke am rechten Ufer, während die Straße bald wieder auf das linke übersetzt. Schreitet man auf der rechten Talseite neben der Bahn fort, so sieht man, daß der Werfener Schiefer stark quarzitisch wird und ziemlich mächtige Bänke bildet, wie z. B. bei km 5°9 der Bahn, wo ihre Lagerung in h 6 mit 50° nördlichem Einfallen deutlich sichtbar ist. Hie und da treten Ka sandige Schiefer auf, welche wie die Quarzite nach N fallen, und in diesen fand Bittner zahl- reiche undeutliche Versteinerungen, wie Gervillien, Myaeiten u. a. Der 70 m lange Alpfahrttunnel ist in SuarzH gebohrt, welcher ebenfalls mit 500 nach N fällt.

Trias an der linken Seite des Fritztales.

Oro- und hydrographisch bildet, wie schon erwähnt, sicherlich die Fritz die Südgrenze des Tennengebirges, in geologischer Beziehung möchte man noch einen Streifen vom linken Ufer der Fritz dazu rechnen, und zwar wird dieser Streifen immer breiter, je weiter man vom Alpfahrttunnel nach W vordringt; es ist eine dreieckige Fläche, deren Eckpunkte die Fritzmündung, Kneueck innerhalb des Alpfahrttunnels und Bischofshofen im Salzachtale sind. Die Ge- steine dieses Gebietes gehören noch der Trias an und werden an der gebogenen Grenzlinie Kneueck—Bischofshofen von silurischen Schiefern unterlagert.

Am linken Salzachufer liegt die Grenze zwischen Werfener Schiefer und Silur beim Gute Schöneck wenig nördlich des Gainbach- falles bei Bischofshofen. Gegenüber am rechten Salzachufer trifft man wenig oberhalb der hölzernen Brücke die Phyllite in einem großen Steinbruch aufgeschlossen in h 6, mit 70—75° nördlichem Einfallen. Weiter flußabwärts ist durch eine Strecke von etwa 800 m Luftlinie kein Aufschluß; erst etwa 200 Schritte unterhalb des Schwimmbades liegen am Wege große Gipsblöcke, welche jedenfalls vom benachbarten Gehänge stammen und sohin das Vorhandensein von Werfener Schiefer in der nächsten Nähe verraten. Der verstorbene Bergrat Pirchl, seinerzeit Berg- und Hüttenverwalter in Mühlbach bei Bischofshofen, versicherte im Jahre 1883 den Geologen Dr. Bittner, welcher hier die Gegend aufnahm, daß er bei Bischofshofen am rechten Salzach- ufer Gips anstehend gefunden habe. Und Pirchl war ein Mann, dem man in jeder Beziehung vollstes Vertrauen entgegenbringen konnte. Etwas oberhalb des Schwimmbades sah Bittner am 9. September 1883 „am Fuße des Abhanges einen ganz geringen Aufschluß“, den er „mit großer Sicherheit“ als Werfener Schiefer erkannte. Bei dem

3 [27] Das Tennengebirge. 395

Schwimmbade tritt eine Quelle mit schwachem Salzgeschmack auf, welche mit Silbernitrat einen reichlichen Niederschlag gibt.

Ungefähr . 175 m unterhalb der Gipsblöcke tritt das Gehänge knapp an die Salzach und hier beginnt eine alte Moräne, die durch Sumpfterrain charakterisiert ist. Je näher man der oberen Eisenbahn- brücke kommt, desto deutlicher tritt die Moräne hervor. Hier sieht man auch, daß sie von einem schön horizontal geschichteten Konglomerat überlagert wird; an der Grenze zwischen beiden treten Quellen auf. Die Moräne reicht etwa 15 m am Gehänge hinauf, ist reich an gekritzten Steinen, ihr Lehm ist fest und hart. Die Konglomeratbank, welche die Moräne unmittelbar überlagert, ist etwa 50 Schritte oberhalb der Eisenbahnbrücke 2—3 m mächtig, darüber folgt eine Wechsel- lagerung von wenig mächtigen Sandsteinbänken mit diekeren Konglomerat- bänken. Unmittelbar beim Brückenpfeiler steht das Konglomerat schon in gleicher Höhe mit dem Bahnkörper an.

Hier mündet ein enger Graben, dessen Gewässer von Arlstein auf dem Buchberg aus ungefähr 1000 m Meereshöhe herabkommen. In diesem Graben steht bei seiner Mündung und einige 20 m einwärts Werfener Schiefer an in h 6 mit nördlichem Einfallen, und zwar an dessen rechtem Ufer bis zur Höhe der Grabenwand, am linken etwa 10 m hoch sichtbar, darüber liegt das Konglomerat.

Bei Bischofshofen führen zwei Eisenbahnbrücken über die Salzach, die untere auf der Strecke Bischofshofen—Salzburg, die obere, höher liegende auf der Linie nach Selztal. Unterhalb der oberen Brücke sieht man das Konglomerat unmittelbar über einer Wand von Werfener Schiefern aufsteigen. Die Schiefer sind bis zur Mündung des Tunnels bloßgelest und reich an Petrefakten. Sie enthalten hier Myacites Fassaönsis Münst., Turbo recte costatus Hawer, Gervillien und Ceratiten. Etwa 30 Schritte vor der Tunnelmündung ist dem Werfener Schiefer roter Gips in geringer Menge eingelagert. Im Tunnel fallen die Schiefer, welche hier ebenfalls reich an Versteinerungen sind, nach N. Von der Tunnelmündung abwärts bis zum Eintritt der Fritz in die Salzach beobachtet man nur Schotter, offenbar ein Teil des Schutt- kegels der Fritz. Dieser Schuttkegel zieht vom Kloster St. Rupert als ein Sporn gegen W und schließt das Tal von Bischofshofen gegen N so vollständig ab, daß nur für die Salzach Raum blieb und Eisen- bahn und Straße sich den Weg durch Abgraben des Schotters frei machen mußten. An dieser Stelle, km 50°0 der Bahn, zwischen der Salzach und der Mündung der Fritz windet sich die erstere um einen Fels herum, welcher gewissermaßen die Fortsetzung des Schottersporns bildet. Der Fels ist roter und grüner Werfener Schiefer, welcher flach nach N fällt und von jungem Konglomerat überlagert wird. An seiner Nordseite lagern die jungen Schotter der Fritz.

Wandert man von Bischofshofen hinauf nach Buchberg, so trifft man schon 25 m über dem Tal das horizontal geschichtete Konglomerat, welches bis gegen 700 m Meereshöhe hinaufreicht. In 660 m Höhe beobachtet man in demselben Auswaschungen ähnlich denen beim Bahnhofe Hüttau, nur in geringerem Maße. Oben auf der Höhe von Buchberg, welche eine hügelige Hochfläche bildet, sieht man, wo sich irgendwo ein Aufschluß zeigt, fast nur Konglo-

DIE

396 Eberhard Fugger. D [28]

merat oder Schotter. Wenn man von der Kapelle (715 m) gegen Lehen (739 m) geht, so kommt man in nächster Nähe des zuletzt genannten Ortes an dem oberen Ende eines kurzen, aber tief ein- gerissenen Grabens vorüber, welcher in jenen Graben mündet, der sich von Arlstein bis zur oberen Eisenbahnbrücke hinzieht. Hier ist eine Moräne mit schön gekritzten Steinen bloßgelegt.

Das Bauernhaus Lehen steht auf einem schwarzen dolomitischen Guttensteiner Kalk; wenige Schritte weiter gegen NO steht ein kleiner Hügel mit einem Kreuz hinter dem Hause mit demselben Kalke, welcher in h 2 mit 35° nordwestlichem Einfallen gelagert ist mit ziemlich viel Eisenspat, Eisenglanz und Eisenglimmer. Zuunterst ist eine schwarze Kalkbank mit Petrefakten, welche „an Reichen- haller Kalk erinnert mit kleinen Modiolen und Mwyophoria-artigen Bivalven.“* (Bittner.) Am Nordostende des Hügels lagert ein eigen- tümlicher Mergelschiefer in h 12 mit Westfallen, welcher den Eisen- stein zu überlagern scheint. Der Hügel selbst ist 6—7 m hoch, der sanze Aufschluß vom Hause bis zum Nordostende des Hügels gegen 90 m lang. Durch den Lehener Bauer erfuhr Bittner, daß auch im Walde der Höhen in SSW Eisensteinbauversuche stattgefunden haben. Schreitet man auf dem Wege, der von hier ins Fritztal führt, weiter, so sieht man am Waldrande im Wege selbst gelbliche, kalkige Werfener Schiefer, deren Schichtenköpfe der Weg überquert; sie führen Versteinerungen Bittner fand eine Myophoria costata und fallen unter 50° nach NW in etwa 785 m Höhe.

Von Lehen an der Kirche Buchberg vorüber zum Bauernhof Nagel beobachtet man nur Aufschlüsse in Schotter oder Moräne; erst beim Hause 653 m sieht man Werfener Schiefer-Stücke herum- liegen und 10 m tiefer nordwärts stehen sie am Wege an mit 25° nördlichem Einfallen. Steigt man von hier abwärts zur oberen Eisen- bahnbrücke, so kommt man etwa 25 m über dem Bahnkörper zu einer Ruhebank, die in den Schatten einiger Bäume hineingesetzt ist. Hinter dieser Bank liegt ein erratischer Block von Phyllit von 180 cm Breite und über 5m Länge direkt auf dem Konglomerat.

Die Wände der linken Seite der Fritzschlucht zeigen überall Werfener Schiefer; auch in der Strecke vom Ausgang des Tunnels im Fritztal bis zur Mündung des Raidelgrabens sieht man noch hie und da den Werfener Schiefer aus dem vegetationsbedeckten Boden hervorstehen.

Der erste größere Nebengraben der Fritz an ihrem linken Ufer ist der Haidergraben, welcher ungefähr 200 Schritte oberhalb der II. Eisenbahnbrücke mündet. Er zeigt in seinen oberen Partien ober- und unterhalb des Haidgutes nur Moräne und Schotter und legt erst von 660 m Höhe abwärts die roten Werfener Schiefer bloß.

Der folgende Graben, dessen Mündung von jener des Haider- grabens nur 225 m entferntist, heißt Raidel- oder Rohrergraben, in seinen oberen Partien Klausgraben, er ist mehr als 5 km lang und entspringt am Ramberg in 1700 m Höhe. Gleich beim Eingang in den Graben stehen grüne, fast zu Brei verwitterte Werfener Schiefer an, weiter drinnen treten die roten Schiefer auf, welche in 640 m Höhe in h 2, 10% mit 35° Einfallen nach NW gelagert sind;

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[29] Das Tennengebirge. 397

in 660 m stehen die letzten roten Schiefer an, und nun folgen grüne, teilweise mit einzelnen schönen weißen und glänzenden zerstreuten Glimmerblättchen. Diese grünen Schiefer führen Quarzadern, in denen verschiedene seltenere Mineralien vorkommen; so fand man darin saphirblaue, zum Teil kristallisierte Quarze, Breunerit-Kristalle wein- gelb, zum Teil goldfarbig angelaufen, Eisenspat kristallisiert und derb, derben fleischroten Baryt; kristallisierte und derbe Lazulithe und Wagnerite. In diesen grünen Werfener Schiefern befand sich 160 m von der Straße entfernt ein Bergbau auf Eisenspat, von dem gegenwärtig jedoch kaum mehr als eine Spur zu sehen ist. In 670 m Höhe steht grüner Qnarzit an, weiterhin (bei 690 m) wieder dichter, körniger, grüner Werfener Schiefer, und in 700 m erhebt sich am rechten Ufer ein Fels von Quarzit bis zu 60 m Höhe; derselbe Quarzit zieht sich durch den Bach an das linke Ufer und überlagert hier wenige Schritte aufwärts einen grünen Serizitschiefer, der vollkommen konkordant mit dem Quarzit in h 6, mit 60° nach N fällt. In 700 m Höhe ist sohin im Raidelgraben die Grenze zwischen Trias und Silur. Der Serizitschiefer läßt sich bis 725 m verfolgen und wird hier von einem Eisenschiefer unterlagert.

In 580 m Meereshöhe mündet der Brandstattgraben in die Fritz, 370 m oberhalb der Mündung des Raidelgraben. Im Eingange des- selben liegt Moräne und Schotter. Bis zur Höhe von 720 m ist überall Moräne oder Schotter vorhanden, stellenweise liegen auch große Blöcke, und nur selten kommt Fels darunter zutage. Bei 630 m steht unter der Moräne grüner Werfener Schiefer an; eine kurze Strecke weiter auf- wärts (632 m) ist am linken Ufer der grüne Schiefer mit Gipsadern bloßgelegt, stark verwittert und zerbröckelt. In 640 m Höhe steht der grüne Werfener Schiefer am linken und in 642 m am rechten Ufer an und führt-hier in seinen Quarzadern Brauneisenerz und Eisen- glanz. Bachaufwärts sieht man denselben Schiefer noch mehrmals an- stehen. In 680 m streicht er quer durch den Bach und am rechten Ufer steht dolomitischer Guttensteiner Kalk, unmittelbar demselben vorgelagert ist ein stark verwitterter Eisenstein, ganz ähnlich wie bei Lehen in Buchberg. In 720 m Höhe steht ebenfalls rechts geschichtetes Konglomerat in der Grabensohle an. Auf der Höhe des rechtsseitigen Gehänges (750 m) ist abermals das horizontal geschichtete Konglomerat aufgeschlossen.

Das Gehänge zwischen Raidel- und Brandstattgraben sowie jenes zwischen Brandstatt- und Glatzhofgraben zeigt weder Aufschlüsse in der Trias noch im Silur.

Etwa 620 m vom Brandstattgraben im Fritztal einwärts mündet der Glatzhofgraben in 600 m Meereshöhe. Im Eingang desselben trifft man nur Schotter; bei 625 m liegt ein großer Block Guttensteiner Kalkes, gleich dahinter eine große Menge Schutt von dolomitischem Guttensteiner Kalk; 10 m höher am rechtsseitigen Gehänge ist Gutten- steiner Kalk, wie es scheint, anstehend, etwa 10m hoch und sehr steil nach N fallend. Darüber zeigt sich 8m mächtig Werfener Schiefer, über diesem wieder gegen 10 m Guttensteiner Kalk, überdeckt von einer Moräne mit gekritzten Steinen. Ungefähr 10 m im Grabenbett oberhalb der Kalkschuttmasse steht grünlicher Werfener Schiefer an.

398 . Eberhard Fugger. £ [30] In 645 m Höhe ist im Bach auf einer Strecke von mindestens 50 m wieder Guttensteiner Kalk aufgeschlossen mit Einfallen nach NNW; bei 660 m lagern dünnschichtige Kalke, offenbar das Hangende der Werfener Schiefer; bei 670 m treten unter diesen kuppenförmig die grünen Werfener Schiefer auf.

An der Grenze zwischen den Kalken und Schiefern steht ein gelbes, stark verwittertes Gestein an. Wenig weiterhin treten wieder, und zwar ziemlich mächtig die Guttensteiner Kalke auf, welche bis- her konkordant mit den Werfener Schiefern nach N oder NNW fielen; in 672 m Höhe lagern sie aber in h 5 mit Einfallen nach S. Die Kalke sind von diesem Punkte an noch etwa 10 m weit aufgeschlossen, dann liegt nur mehr Schotter im Graben. Bei 690 m sieht man außer den Schottern bloß Schuttstücke von silurischem Schiefer, aber keine Spur mehr von triadischen Gesteinen, so daß man annehmen muß, daß hier unter dem Schotter bereits die Silurschiefer beginnen.

Steigt man dort, wo die Triasgesteine im Glatzhofgraben auf- hören, ostwärts aus dem Graben hinaus, so trifft man auf einen Weg, der an dem Gehänge abwärts führt und neben dem Eingang des Grabens in die Fritztalstraße mündet. An diesem Wege stehen, wie schon früher (pag. 393) erwähnt wurde, etwa 30m über der Talsohle vorerst die Werfener Schiefer an, dann weiter unten westwärts darüber die dünnschichtigen Kalke, das Hangende der Werfener Schiefer und noch weiter abwärts, westlich von den letzteren und konkordant mit ihnen die Guttensteiner Kalke.

Der nächste Graben, Alpfahrtgraben, mündet gegenüber dem Westende des Alpfahrttunnels und gibt nur schlechten Aufschluß. Beim Eingang in den Graben liegen noch einige Stücke Quarzit auf dem Boden und weiterhin sieht man nur Phyllitplatten. Die Grenze zwischen Trias und Silur muß sohin wenige Schritte vom Eingang liegen.

Das rechte Ufer des Fritztales vom Alpfahrttunnel bis Brunn- häusl.

Am Östende des Alpfahrttunnels bei km 6'3 der Bahn steht Quarzit an, der Fels tritt wieder zurück und bei km 6'4 wieder zur Balın. Hier stehen grüne und darunter tiefviolettgraue, sehr dünn- schichtige Schiefer an, welche ich in Übereinstimmung mit Bittner bereits für Silurschiefer halte. ‘Sie sind mit den Quarziten vollkommen konkordant ebenfalls in h 6 mit 50° nördlichem Einfallen gelagert.

An der Straße, welche am linken Ufer hinzieht, steht der Quarzit 139 Schritte innerhalb km 55°4 in h 7 mit 25° Nordfallen an und bei km 55°6 liegt die Grenze zwischen Werfener Schiefer (Quarzit) und Silurschiefer (Phyllit). Von dieser Stelle 108 Schritte flußauf- wärts lagern an der rechten Talseite oben auf der Höhe über Silur- schiefern durch etwa 120 Schritte weit aufgeschlossen wieder die Konglomerate.

Bei der IV. Eisenbahnbrücke stehen grüne Quarzphyllite an und reichen bis über km 562. Am rechten Ufer kommt 29 Schritte vor und 182 Schritte nach km 560 je ein Bach ins Tal, welcher reichlich Konglomeratschutt mit sich führt. Bei km 56°6 mündet der Greißen-

[31] Das Tennengebirge. | 399

bach; 160 Schritte weiter steht rechts oben auf der Höhe wieder durch 60 Schritte das Konglomerat an, die Schiefer enthalten kleine Erzadern mit Eisenglanz, weiterhin Quarz mit Eisenspat, dann Aus- blühungen von Eisenvitriol und Alaun. Bei der V. Eisenbahnbrücke (120 Schritte innerhalb km 57°0 der Straße) stehen an beiden Ufern Phyllite an, welche weiter taleinwärts wieder Konglomerate auf der rechten Talseite tragen; die Schiefer zeigen auch hier erzführende Quarzgänge und -Linsen. Bei der Vi. Eisenbahnbrücke lagern Phyllite und Quarzphyllite, die am linken Ufer auf der Höhe von Konglo- meraten und Schottern überdeckt werden.

Wenig unterhalb Dorf Hüttau und der Mündung des Larzen- baches lagen im Jahre 1883 in der Fritz verschiedene erratische Blöcke, darunter Gneisblöcke von der Größe eines Kubikmeters; auf diesen letzteren hatte sich die Veilchenalge in reicher Menge ange- siedelt.

Eine kurze Strecke oberhalb des Dorfes Hüttau setzt die Straße auf das rechte Ufer über und man sieht von hier bis zum Bahnhof am rechtsseitigen Gehänge stets die Phyllite, meist schwarz oder grau, bloßgelegt. Die Bahn führt am linken Ufer durch einen kurzen Tunnel und setzt erst unmittelbar beim Bahnhof wieder auf das andere Ufer über. Zwischen dem Tunnel und dieser VII. Eisenbahnbrücke lagert der schwarzgraue Phyllit in h 6 mit 50° Nordfallen. Hier tritt an der linken Talseite unmittelbar über dem Phyllit, der etwa 2—3 m über den Flußspiegel emporragt, das Konglomerat auf. Dasselbe ist schön horizontal geschichtet und reicht etwa 30 m über die Talsohle empor. Die Konglomerate ziehen noch weit gegen O, wo sie überdies noch von Schottern überlagert werden. Sie sind hier wie am Bahnhof durch Verwitterung in einzelne verschiedene Kegel aufgelöst, auf deren Spitzen einzelne Bäume oder auch Baumgruppen stehen, und geben dadurch ein reizendes Landschaftsbild. Am rechten Ufer steht über- all der Silurschiefer an.

Kurz vor der Haltestelle Brunnhäusl schneidet die Bahn hoch über der Straße die Phyllite des rechten Ufers an und übersetzt dann abermals (VIII. Eisenbahnbrücke) die Fritz. Hier lagert in der Ecke zwischen Fritz und St. Martiner Bach, welcher bei Brunnhäusl mündet, eine mächtige Schottermasse, in welcher die Steine zwar ganz unregel- mäßig, groß und klein, durcheinander liegen, welche aber keine Spur von Kritzen zeigen, obwohl Gneis und Hornblendegesteine neben Kalken und anderen Gesteinen in nicht geringer Menge in dem Schotter zu finden sind.

Die Mündung der Fritz in die Salzach liegt in 555 m Meeres- höhe. Die Basis der Konglomerate beim Bahnhof Hüttau ist ungefähr 720 m, bei der Fritzmühle in 700 m und bei Winkel an der alten Straße von Pfarrwerfen nach Hüttau in 660 m, das Gefälle der Basis der Konglomerate beträgt sohin 5m auf 1 km, während das Fritztal ein Gefälle von 18 m auf 1 km besitzt. Da das Konglomerat voll- kommen horizontal gelagert ist, muß es als eine Seeablagerung an- gesehen werden. Bei Gasthof (795 m), wo sowohl die Straße als die Bahn gegen Eben hin aufsteigen und das Fritztal verlassen, stehen keine Konglomerate mehr, sondern nur Schotter. Der eigent-

400 Eberhard Fugger. r [32]

liche Seeboden zieht sich daher von unterhalb Brunnhäusl bis über die Höhe der Fritzschlucht hinaus ins Salzachtal.

Die rechtsseitigen Zuflüsse der Fritz: Erlachgraben, Klaus- graben und noch ein paar unbedeutende, die vom Tratteneck herabkommen, fließen durch die gewöhnlich grünen und roten Werfener Schiefer, die zuletzt genannten in ihren unteren Partien durch Quarzit; der Greißenbach durchbricht anfangs bis oberhalb Greißen eben- falls die grünen und roten Schiefer, bei Greißen stellen sich die Quarzite ein und unterhalb Greißen, beiläufig an der Isohypse 800 m beginnen die silurischen Phyllite.

Von weitaus größerem Interesse ist der Larzenbachgraben. Dieser erstreckt sich von seinen Quellen zwischen Jochriedl und Fromerkogel bis ins Fritztal in einer Länge von 8 km in rein südlicher Richtung und mündet beim Dorfe Hüttau in etwa 704 m Höhe. Am südlichen Ende des Grabens treten häufig zu beiden Tal- seiten die schwarzen oder grauschwarzen Phyllite zutage; diese sind auch im Bache sichtbar und in 713m bilden sie darin sogar schöne Karren. Etwa 600 m vom Grabeneingange sieht man am rechten Ufer am Wege einen alten Stollen, einen Rest des alten Bergbaues Larzenbach.

Unmittelbar unterhalb Poeting stehen die Phyllite am linken Ufer schön aufgeschlossen mit Nordfallen. Ungefähr 300 m innerhalb dieses Phyllitaufschlusses kommt am linken Ufer ein Graben von dem Gehöfte Bachseiten herab, in diesem Graben stehen bereits die Quarzite an. Zwischen beiden Punkten liegt allerdings nur Schutt herum und so dürfte ungefähr in 768m Höhe, 1200 m von der Mündung des Grabens die Grenze zwischen Silur und Werfener Schiefer sein, denn von hier ab bachaufwärts trifft man nirgends mehr herum liegende Phyllite, sondern nur mehr rote Werfener Schiefer und Quarzite. In 803 m Höhe führt der Weg auf das linke Ufer und weiterhin (818 m) liegen am Gehänge Massen von Quarziten, die man auf den ersten Blick für Kalke halten könnte und die dem Weyerberg angehören; man sieht sie übrigens auch quer durch das Tal streichen. Weiterhin trifft man wiederholt auf grüne und violettgrüne, etwas quarzitische Werfener Schiefer, welche ebenfalls wie die Phyllite nach N fallen; noch weiter talaufwärts tritt „kalkig- glimmeriger Werfener Schiefer, gelb, mit stark verzerrten Gervillien und nördlicher Fallrichtung* (Bittner) auf. -

In 863 m Höhe liegt die Mündung des von kommenden Lindaugrabens, an dessen rechtem Ufer in der Ecke zwischen diesem und dem Larzenbach das Bauernhaus Seiden liegt. Oberhalb Seiden ist im Larzenbachgraben, aber ziemlich hoch über dessen Sohle ein Steinbruch (923 m) auf Guttensteiner Kalk und Rauhwacke, dessen Gestein beim Eisenhahnbau verwendet worden war. Dieses Kalkvorkommen zieht sich ziemlich weit am rechten Gehänge des Lindaugrabens aufwärts, zeigt aber am rechten Larzenbachufer keine Fortsetzung gegen W. An der Straße (898 m) unterhalb des Stein- bruches liegen seine Trümmer.

Weiter aufwärts im Larzenbachgraben treten wieder auf beiden Seiten Werfener Schiefer auf, und zwar vorherrschend in der rot-

2 zu"

[33] Das Tennengebirge. 401

braunen Entwicklung. In ungefähr 970 m Höhe führen sie Quarzadern mit Eisenspat. Gegenüber der Mündung des Speckgrabens, der von der linken Talseite herabkommt, sind am rechten Ufer des Larzenbachbes (999 m) im Werfener Schiefer Einlagen von Kalk, mit diesem vollkommen konkordant nach N fallend. Zwischen den Kalk- lagen tritt Werfener Schiefer in einer Mächtigkeit von 50—60 cm auf. In einzelne löcher dieses Gesteines ist eine eigentümliche Brekzie eingelagert.

Von hier steigt der Weg steil aufwärts an der Speckhütte oder Larzenbachalpe (1074 m) vorüber stets über Werfener Schiefer, der gerade oberhalb, das heißt genau östlich der Alpe in etwa 1370 m Höhe von einer Wand von Guttensteiner Kalk über- lagert wird, auf welcher bei der Widdernalpe (1596 m) auf dem Kamme zwischen Larzenbach und Haselangergraben abermals Werfener Schiefer liegen. Der Guttensteiner Kalk reicht wenige m südlich der Widdernhütte bis auf den Kamm zum Punkt 1598 m und bricht dann rasch gegen S ab, wo er seitwärts der Schwarzeneckalpe in etwa 1520 m dem Werfener Schiefer aufliegt. Im Talboden zieht der Werfener Schiefer nordwärts bis 1300 m. stets nach N fallend; hier kommt der Guttensteiner Kalk am rechten Ufer von der Bischling- höhe herab und zieht an der linken Talseite wieder in südsüdwest- licher Richtung hinauf zu dem vorher genannten Punkt 1598 m ober- halb der Schwarzeneckalpe. In der Höhe von 1405 m hat man sowohl in dem von N kommenden Hauptbach, als in dem von NO kommenden Zufluß den Guttensteiner Kalk wieder überschritten und steht aber- mals auf Werfener Schiefer, welcher vom Labenberg gegen NO zu Tal und von hier quer durch dasselbe zur Vorderen Fromeralpe hinaufzieht. Darüber folgt (1470 m) wieder ein allerdings ziemlich schmales Kalkband, das zwischen Mayer- und Moseralpe zu Tal zieht und dann ebenfalls zur Vorderen Fromeralpe hinaufreicht. Die Grundhütte im Tal steht bereits nördlich dieses Kalkzuges auf Werfener Schiefer, welcher einerseits bis zum Jochriedl und an die Abhänge des Tauernkogels, anderseits über den Kamm zwischen Jochriedl und Fromerkogel hinab in die Aualpe reicht. Die Vor- dere Fromeralpe steht auf Werfener Schiefer, aber sowohl im N als im S derselben ziehen die Kalke vom Tal herauf und der nördliche Zug biegt ostwärts der Alphütte gegen S ab und vereinigt sich mit dem vorher beschriebenen Kalkzug. Dieser Zug zeigt in 1660 m Höhe zwischen der SoemmerauerAlpe und der Vorderen Fromeralpe Ramsaudolomit, 10 m tiefer dolomitischen Guttensteiner Kalk, der hier in h 12 sehr steil nach W fällt. Der Weg führt an der Grenze zwischen Guttensteiner Kalk im W und Werfener Schiefer im O abwärts, längs des ganzen Kalkzuges lagern ostwärts von dem- selben wieder Werfener Schiefer, welche von der Grundhütte und dem Fromerkogel zur Sommerauhütte und Widdernhütte reichen. Am Fromerfeldkogel lagert über diesen Werfener Schiefern wieder ein Band Guttensteiner Kalk und auf diesem Ramsaudolomit.

Im Larzenbachgraben befanden sich „in der Nähe von Hüttau aus alten Zeiten mehrere alte Halden. Vermutlich stammen sie aus dem 13. oder 14. Jahrhundert. Diese alten Gruben wurden

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 59

402 Eberhard Fugger. ü [134]

im Jahre 1851 neu gemutet und wurde daselbst bis zum Jahre 1869 Bergbau getrieben, dann aber wegen Nichtrentabilität eingestellt. Der

Bergbau bestand aus drei zusammengehörigen Stollen von verschiedenem

Niveau (Georg-, Barbara-, Johanni-Stollen) und einem unabhängigen Versuchsstollen. Ein bei dem Barbara-Stollen zu Tag ausgehender Erzfund scheint die Veranlassung zu dem alten Bergbau gegeben zu haben, welcher sich wesentlich auf den Aufschluß einer zirka 120 m langen und an Stellen der größten Mächtigkeit 8 m dicken, nur wenig unter die Georg-Stollensohle hinabreichenden Erzlinse bewegte und über diese beschränkte Ausdehnung hinaus zu keinem anderen Erz- aufschluß gelangt ist.

„Die Erze: Fahlerz, Antimonglanz, Kupferkies, Eisenkies und Magnetkies sowie Spuren von Bleiglanz waren in Quarzlinsen, denen sich noch Dolomit, Ankerit und Eisenspat beigesellte, eingeschlossen. Neben ‚den genannten Mineralien fand man noch im Bergbau Larzen- bach Buntkupfererz, Aragonit und Bergkristalle. Eine Schmelze der Erze im Jahre 1855 ergab nur eine Ausbeute von 10 Prozent Kupfer, die Fahlerze enthielten weder Gold noch Silber: Die einhüllenden Schiefer sind teils graphitische Phyllite, teils Serizitschiefer.

„Wenig oberhalb Hüttau bestanden im Fritztale in demselben nach NW fallenden Phyllite ebenfalls zwei Stollen, der Fritz- und der Habersatt-Stollen, in deren Nähe ein großer Schlackenhaufen auf die Stelle der alten Hütte hinweisen soll. Auch diese Stollen dürften wenig oder keinen Ertrag geliefert haben“ (Gümbel in einem un- gedruckten Berichte vom 20. November 1875).

Auf der Fromeralpe wurde an der Grenze zwischen Werfener Schiefer und Guttensteiner Kalk in alter Zeit ebenfalls Bergbau be- trieben, und zwar auf Zinkerze (Kieselzink, Zinkblende und etwas Zinkspat) und Bleiglanz; die Erze waren begleitet von Ziegelerz (Rotkupfererz), Kupferlasur, Malachit, Kupfergrün, Kupferschwärze und Brochantit. Der Bergbau, in welchem auch „alkalisch buntfarbige Silber- erze“ einbrachen, war im Jahre 1775 schon aufgelassen.

Der St. Martiner Graben.

Bei der Haltestelle Brunnhäusl mündet der St. Martiner Graben in die Fritz; er entspringt in unmittelbarer Nähe des Dorfes St. Martin, welches auf der Wasserscheide zwischen Fritz und Lammer (950 m) steht und bildet den südlichen Teil der Ostgrenze des Tennengebirges. An seinem rechten Ufer nimmt er mehrere Seitengräben auf, von denen der Haslangergraben und der Langeckgraben die bedeutendsten sind.

An der Straßenecke gegenüber dem Wirtshaus Brunnhäusl steht Schotter an, am Bache aufwärts liegt viel Schutt und an der rechten Talseite zieht sich bis in die Nähe des Wirtshauses Sag (785 m) eine Diluvialterrasse hin. In 770 m Höhe trifft man, und zwar am linken Ufer des Baches, das erste anstehende Gestein, grüne, quar- zitische Schiefer mit Quarzadern, etwa 100 Schritte weiter oben kommen sie noch einmal zutage und ebenso beim Wirtshaus Sag, das vom vorigen Punkt ebenfalls ungefähr 100 Schritte entfernt ist. Bittner

[35] Das Tennengebirge. 403

* bezeichnet diese Schiefer als „fragwürdig“; es sind dieselben Schiefer

wie sie auch im Fritztal zunächst unter den sicheren Werfener Schiefern vorkommen. Ich halte sie für die tiefste Partie der Wer- fener Schiefer. Bei Sag scheinen sie nach NNW zu fallen; beim Stadlergut, welches auf dem östlichen Ausläufer des Weyerberges gebaut ist, stehen dieselben Schiefer am rechten Ufer direkt an der Straße in h 6, 10° mit 45° südlichem Einfallen.

Im Eingange des Haslangergrabens, welcher wenig nördlich von Stadler mündet, sind die weißen oder blaßgrünen Quarzite reichlich aufgeschlossen, so wie sie am Weyerberg vorkommen. Beim Schmid (850 m) ist an der Straße ein Aufschluß von grünen Wer- fener Schiefern und bei Mühlbauer trifft man schon auf die roten Schiefer. Von hier aufwärts bis St. Martin ist am Wege nur Diluvial- schotter zu sehen.

Der Haslangergraben wird an seiner rechten Seite von den Gehängen des Weyerberges, von dem Höhenzug, welcher ober- halb der Schwarzeneckalpe mit der Kuppe 1598 m kulminiert und über die Widdernalpe (1596 m) bis zum Fromerfeldkogel (1887 m) reicht, begrenzt; im N von der Karrainhöhe, das ist dem Kamme zwischen dem Fromerfeldkogel und dem Karrainkopf (1848 m) und an seiner linken Seite von dem Höhenzug, der sich von letzterem über Langeck und den Kogel 1337 m in das St. Martiner Tal erstreckt. Die Richtung des Grabens ist von seinem Ursprung am nördlichen Kamme bis etwa 1050 m Höhe eine südsüdöstliche, dann wird sie unterhalb des Gehöftes Naßberg rein südlich, biegt dann fast nach O ab, um in abermals südlicher Richtung den St. Martiner Bach zu erreichen.

In dem untersten Teil des Grabens, 500 Schritte von seiner Mündung, ist an seinem rechten Ufer ein Steinbruch (850 m) auf Quarzit, welcher in h 4, in 45° nach NNW einfallend gelagert ist. Ein zweiter Steinbruch befindet sich 108 Schritte weiter einwärts bei einer Brücke und zeigt denselben Quarzit und die gleichen Lagerungs- verhältnisse. Im westöstlich verlaufenden Teil des Grabens steht (924 m) im und am Bach abermals der Quarzit an in h 6 mit Nord- fallen, ‚darüber ein grauer Schiefer. Bei der Mündung des Seiten- baches, der am rechten Ufer von der Häusergruppe Werndl herab- kommt, steht noch immer derselbe Quarzit an. In diesem Grabenstück mit westöstlicher Richtung befindet sich rechts und links viel Schutt und Schotter. Nach der Krümmung des Baches in die nordsüdliche Richtung steht am linken Ufer. (970 m) der Quarzit mit Nordfallen und so fort noch öfter, das letztemal in 990 m Höhe. Weiter auf- wärts im Graben sieht man viel roten Werfener Schiefer herumliegen, aber nirgends anstehen, da die Gehänge durchaus mit Vegetation oder Schutt bedeckt sind; von 1070 m an triftt man auch viele Trümmer von Guttensteiner Kalk.

In 1180 m Höhe beginnt ein steiler Anstieg, der Alpweg zur Widdernalpe. Man geht hier fortwährend auf rotem Werfener Schiefer bis zur Alpe (1596 m). In 1545 m lagert er flach nach N fallend, etwa 1580 m in h 6 mit 15° südlichem Verflächen und etwa 200 Schritte östlich der Alpe liegt er, in gleicher Höhe mit der-

52*

404 Eberhard Fugger. [36]

selben, fast horizontal mit sehr schwacher Neigung gegen W. Auf dem Kamme nördlich der Alpe steht ebenfalls Werfener Schiefer an, und liegen in ungefähr 1700 m Höhe zahlreiche Platten davon herum: Quarzite, rote Schiefer, Gervillienschiefer; sie sind häufig fast schwarz verwittert, so daß man im ersten Moment glaubt, auf Carditaschiefern zu stehen. Von der Alpe aus sieht man sehr deutlich, daß sich un- mittelbar südlich vom Fromerfeldkogel ein Kalkband über die Obere Postmeisteralpe und das Langeck zur Kuppe 1337 m oberhalb Naßberg hinzieht.

Die Guttensteiner Kalke reichen hier etwa bis 1200 m Meeres- höhe in den Haslanger Graben herab, oberhalb der Unteren Postmeisteralpe, welche noch auf Werfener Schiefer steht, un- gefähr bis 1370 m und auf dem Kamme zwischen Widdernalpe und Fromerfeldkogel ist ihre Basis in 1786 m. Gerade an dieser letzteren Stelle ist der Guttensteiner Kalk sehr wenig entwickelt und ebenso- wenig mächtig ist die Fortsetzung desselben an der Westseite des Fromerfeldkogels, welche etwas südlich der Sommerauer Hütte endet. Gegen O nimmt die Mächtigkeit des Kalkes zu. Bei der Oberen Postmeisteralpe ist er fast 200 m mächtig und der Kamm Karrainkopf-

Langeck besteht nur aus Guttensteiner Kalk. Über dem Guttensteiner-

Kalk lagert auf der ganzen Karrainhöhe der Ramsaudolomit, welcher stellenweise in Wettersteinkalk übergeht und nur der nordwestliche Teil der Höhe dieses Kammes gehört dem Raibler Kalk an. Südlich der Widdernalphütte sieht man den Guttensteiner Kalk des Höhen- punktes 1598 m, welcher westlich unterhalb der Widdernalpe zur Vorderen Fromeralpe reicht; während die Werfener Schiefer des Haslangertales und der Widdernalpe oberhalb dieses Kalkzuges zur Sommerauer Alpe hinüberziehen.

Der Langeckgraben entspringt unter dem Karrainkopf in zirka 1700 m Höhe und zieht zwischen Langeck und ÖOster- maishöhe in südöstlicher Richtung zu Tal; er mündet bei der Hammerschmiede in etwa 860 m Höhe. Hier steht, wie schon erwähnt, grüner Quarzit mit flachem nördlichen Einfallen an der Straße. Steigt man in dem seichten Graben aufwärts, so sieht man nur Felstrümmer herumliegen, aber kein anstehendes Gestein; erst in 1010 m steht am linken Ufer im Graben Guttensteiner Kalk an; weiter nordwärts am Gehänge des Ostermaiswaldes trifft man diesen bereits in 955 m als Felsengürtel von 10 bis 20 m Höhe. Uber dem Guttensteiner Kalk scheint noch die ganze untere Kalkserie der alpinen Trias vertreten zu Sein, denn es liegen hier Stücke von dolomitischem Guttensteiner Kalk, Wettersteinkalk, von dem eigentümlichen blauen Kalke, wie er in der Blühnbachklamm vorkommt, und endlich von Reiflinger Kalk am Gehänge herum. Gegenüber an der linken Seite des St. Martiner Tales sieht man bei Burgeck ebenfalls einen ziemlich mächtigen Fels von Guttensteiner Kalk.

Am Fuß des Östermaiswaldes kommen bei Mühlbauer (925 m) direkt hinter dem Hause mehrere mächtige Quellen unter dem Berg- schutt hervor; im Rinnsal derselben liegen einzelne Stücke roten Werfener Schiefers, wohl ein Zeichen, daß diese hier den Unter- grund bilden.

[37] Das Tennengebirge. 405

Der Kargraben und das oberste Lammertal.

Der Karbach, welcher in 1700 m Höhe im Karrain!), im NW des Karrainkopfes entspringt und anfangs ungefähr in der Rich- tung von W nach O fließt, trifft nicht ganz 1 km nördlich von Sankt Martin die Straße, welche nach Lungötz führt und biegt nun nach N ab, um sich in Lungötz in die junge Lammer zu ergießen. In diesem seinen Unterlauf bildet er einen Teil der Ostgrenze des Tennengebirges. Dort, wo der Karbach vom W her die Straße erreicht und von dieser überbrückt wird, findet man in seinem Bette wenig Werfener Schiefer, viel Guttensteiner Kalk und -Dolomit, Ramsau- dolomit, Wettersteinkalk und etwas weniges auch von Raibler Schiefer. Unterhalb der Brücke (940 m) steht am linken Ufer Guttensteiner Kalk an in h 8 mit 35° Verflächen nach NNO, weiter gegen N hin (925 m) wird derselbe dolomitisch. Oberhalb der Mündung des Retten- bachgrabens steht Ramsaudolomit (915 m) an, gegenüber der Mündung desselben Grabens Wettersteinkalk. Letzterer wird auch bei der Mühle weiter unten sichtbar. Die Straße geht nun auf das rechte Ufer hinüber; hier trifft man bald (865 m) Reiflinger Kalk anstehend in h 8 mit 25° Fallen nach NNO. Bei einer Straßenbiegung (850 m) unmittelbar oberhalb der 3. Brücke, etwa 10 Minuten Weges oberhalb Lungötz bei der ehemaligen Klause stehen am rechten Ufer Raibler Schiefer und -Kalke durch 60 Schritte an in h 7 mit 40° Einfallen nach S „mit Posidonomyen und Sphärosideriten mit glänzenden kleinen Halobien“ (Bittner). Nach 30 Schritten steht am linken Ufer Salzgebirge direkt am Bach als Gips und Gipston ; nach abermals 30 Schritten lagert am rechtsseitigen Gehänge Gutten- steiner Kalk in h 6 mit sehr steilem Südfallen. 150 Schritte weiter unten steht die 4. Brücke und wenig unterhalb derselben zeigt sich an derselben Seite wieder Gipston mit Pseudomorphosen von Gips nach Steinsalz; dasselbe Material ist 70 Schritte weiter abwärts von brekzienartigem Guttensteiner Kalk überlagert. Nach weiteren 160 Schritten steht der Gipston nochmals an der rechten Seite an, dann folgt Schutt und Schotter und bald darauf steht man in Lungötz an der Mündung des Karbaches.

Die verschiedenen Etagen der Trias, welche längs der Straße am unteren Karbach aufgeschlossen sind, ziehen von dem westseitigen Gehänge herab, auf dem sie deutlich bloßgelegt sind. Die Gutten- steiner Kalke, welche von der 1. Brücke bis oberhalb der Rettenbacl- mündung anstehen, bilden zwischen Grub und Gogl eine kleine Anhöhe und werden in den oberen Partien (970 m) dolomitisch. Westlich dieser Anhöhe zieht sich ein kleines Tal in der Richtung nach NNO mit ziemlich sumpfigem Boden hin; ich vermute, daß hier der Untergrund Werfener Schiefer ist. Der Abhang von W, welcher sich zwischen hier und Haarreut zu einer Anhöhe ausbildet, besteht aus Guttensteiner Kalk, der aber in der Mulde von Unter- und Ober- Haarreut von Werfener Schiefer verdrängt wird. Er steht in der ge-

!) Karrain heißt der ganze nördliche Abhang des Kammes, der vom Karrain- kopf (1848 m) zur Sommerauer Scharte zieht.

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nannten Einsenkung am Aufstiege von Schweighof her schon in 1000 m Höhe an, weiter aber in der Höhe von Unter-Haarreut (1092 m) trifft man auf die gelben Gervillienschiefer. Auch Ober-Haarreut (1180 m) steht auf Werfener Schiefer unterhalb der Kammhöhe, welche die östlich gelegene Goglhöhe mit dem Höheneck (im W) ver- bindet. Die Werfener Schiefer ziehen über diesen Kamm nordwärts hinweg und in nördlicher Richtung in das oberste Lammertal hinab, wo sie nur einmal zwischen 900 und 1000 m Höhe durch ein Band von Raibler Schiefern überdeckt werden.

Schreitet man in dem oben genannten kleinen, "nach NNO zie- henden, ziemlich sumpfigen Tal nordwärts, so kommt man in den Graben zwischen Gogl und Unter-Schober, den sogenannten Gogl- graben, durch welchen (960 m) ein Weg hindurchführt. Hier stehen Raibler Schiefer in h 7, sehr steil nach SSW fallend. Weiterhin erreicht man über kuültiviertem Boden das Bauernlehen Unter- Schober (1030 m), bei welchem Reiflinger Kalk in Bänken von 20—25 cm Mächtigkeit schön geschichtet ansteht; seine Lagerung ist h 10 mit 25° Verflächen nach ONO. Auf dem Wege von hier nach Merleck (Mehreck der Generalstabskarte) stehen wieder Raibler Schiefer an; erst etwa 70 m Luftlinie südlich von Merleck trifft man auf zuckerkörnigen Wettersteinkalk.

Die Höhe von Merleck zeigt keinen Aufschluß, dürfte aber ol auch dem Wettersteinkalk angehören. Von hier zieht sich ein Kamm erst westwärts, dann in südsüdwestlicher Richtung in 1020— 1030 m Höhe gegen Ober-Haarreut hin. Auf dieser Kammhöhe oberhalb Ob er- Schober stehen wieder die Raibler Schiefer an, sie reichen bis 1100 m etwas oberhalb Ober-Schober, darunter kommen gegen O die Reiflinger Knollenkalke in h 6, flach nordfallend zutage. Diese scheinen das ganze Gehänge bis Unter-Schober zu bilden. Die Raibler Schiefer ziehen sohin von der 3. Straßenbrücke in einem nicht sehr breiten Bande im Merleckgraben (zwischen Merleck und den beiden Schoberhöfen) aufwärts, dann auf der Kammhöhe gegen W weiter, wäbrend ein Zweig auf dem Kamm nach SSW abbiegt und dann durch den Goglbach, welcher etwas oberhalb der Rettenbachmün- dung in den Karbach fließt, sich gegen zu Tal senkt. Die Reif- linger Kalke begleiten diesen Zug auf der Innenseite seines Bogens, während die Guttensteiner Kalke seinen südlichen und teilweise auch den nördlichen Rand umsäumen. Der Ramsaudolomit unterlagert regelmäßig den Wettersteinkalk und dieser in dem Terrain zwischen Gogl- und Merleckbach die Reiflinger Kalke. Nur auf der Höhe von Merleck scheint nach den Findlingen zu urteilen der Wetter- steinkalk über Ramsaudolomit und Guttensteiner Kalk eine selb- ständige Kuppe zu bilden. Das ganze hier beschriebene Terrain ist mit Ausnahme der Ostseite von seiner Unterlage, den Werfener Schiefern, umschlungen.

Steigt man im Kargraben von der Häusergruppe Schweighof aufwärts, so trifft man in 1015 m Höhe anstehenden Werfener Schiefer, dessen Lagerung wenig weiterhin sich mit Streichen in h4-—5 bei 40° Einfallen nacı NNW abnehmen läßt; bei der Mühle weiter oben und noch an anderen Punkten am Wege steht ein quarzitischer Wer-

U ut. 20

[39] Das Tennengebirge. 407

fener Schiefer an. In 1025 »n trifft man auf Gervillienschiefer, dann wieder auf dichte graue und grüne Schiefer. In etwa 1090 m Höhe scheint-bereits Guttensteiner Kalk anzustehen, man sieht wenigstens im Graben nur mehr Kalkschutt; 10 m höher ist der Bach bereits 20— 350 m tief in den Schutt eingerissen.

In beiläufig 1270 m mündet rechtsseitig ein Seitenbach. Steigt man an demselben empor, so trifft man in 1370 m Guttensteiner Kalk mit Fallen nach ONO anstehend; weiter oben, 1395 m streicht er in h2, 5 und fällt steil nach SO. In 1430 m Höhe steht am linken Ufer Raibler Schiefer in h3 mit 50° Fallen nach SO, in 1530 m Raibler Kalk in derselben Lagerung, am gegenüberliegenden Ufer stehen hier Ramsaudolomite. In 1630 m wird der Raibler Kalk dolo- mitisch und zieht sich am Karrainhange westwärts. Zwischen den beiden Hauptquellbächen des Schöberlgrabensam Karrain stehen in 1640 und 1690 m Höhe schwarze Raibler Kalke, bei 1715 m sind sie wieder mehr dolomitisch. In dem gewaltigen Rhododendrongestrüpp zwischen dem westlichsten Zufluß des K rgrabens und dem östlichen Arm des Schöberlgrabens trifft man (1570 m) neben Rhododendron hirsutum auch Rhododendron intermedium, ein Zeichen, daß hier neben den Kalken auch Schiefer anstehen. An einem rechtsseitigen Zufluß des westlichen Armes des Schöberlgrabens stehen von 1720 m abwärts die Raibler Schiefer ununterbrochen an bis zur Oberen Karalpe (1650); in 1715 m Höhe maß ich die Lagerung in h 11 mit steilem Östfallen. Daselbst fand ich Halobia rugosa Gbl. und Trachyceras Aon Mü. Von der Oberen Karalpe geht man stets über Raibler Schiefer zur Soemmerauer Scharte. An den westlichsten Quellen des westlichen Armes des Schöberlgrabens stehen in 1700 m fast senkrechte Schichten des dolomitischen Raibler Kalkes an in einer Biegung aus h8 im Osten, mit einer Ausbauchung gegen N nach h 4 im W; darunter sind die Halobienschiefer gelagert. Die Wände des dolomitischen Raibler Kalkes begleiten die Schiefer bis zur Scharte. Hier erheben sich hinter den Raibler Kalken die Ramsau- dolomite des Fromerfeldkogels und ziehen ein Stück an der Scharte hin und unmittelbar neben ihnen lagern Werfener Schiefer, welche sich von hier aus gegen N über den ganzen Fromerkogel ausbreiten. Unter dem Ramsaudolomit des Fromerfeldkogels zieht ein schmales Band von Guttensteiner Kalk südwärts, und westlich von diesem ziehen die Werfener Schiefer von der Scharte weg auch südwärts.

Steigt man von der Sommerauer Scharte in den Larzenbachgraben ab, so kommt man in 1660 m Höhe aus den Werfener Schiefern auf Ramsaudolomit und 10 m tiefer auf Guttensteiner Kalk, der hier in h 12 sehr steil nach W fällt und bereits dem zweiten, tieferen Kalk- zuge angehört.

Wandert man von Schweighof auf dem Alpwege zur Un- teren Karalpe (1420 m), so trifft man bei 1165 m am Wege nicht nur Stücke von Guttensteiner Kalk, sondern auch von Wetterstein- kalk, Wettersteindolomit, Raibler Schiefern und Raibler Kalk. In 1220 m Höhe stehen die Raibler Schiefer bereits an. Westsüdwestlich von der Unteren Karalpe steht am rechten Ufer des östlichen Armes

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des Schöberlgrabens in 1450 m Höhe Wettersteindolomit, im Graben selbst 10 m höher Raibler Kalk.

Steigt man von der Fundstelle des Trachyceras Aon anfangs längs des linksseitigen Armes des Schöberlgrabens aufwärts, so trifft man in 1750 m Höhe wieder auf etwas dolomitischen Raibler Kalk. Wendet man sich dann ostwärts, so erreicht man schließlich den Karrain- kopf (1848 m), welcher das östliche Ende der Karrainhöhe bildet. Westlich davon erhebt sich eine zweite Höhe (1830 m) und nach einer Einsenkung von etwa 10 m Tiefe eine dritte Höhe. Diese drei Gipfel und ihre Verbindung gehören dem Wettersteinkalk an, welcher weiß, zuckerkörnig und etwas dolomitisch ist. Der vierte Kogel (1860 m) besteht aus Raibler Kalk, geschichtet in h 9 mit ziemlich flachem Fallen nach NO, dunkel gefärbt, mit weißen Adern, ebenfalls dolomitisch. Ebenso der fünfte Kogel (1864 m). Der Fromerfeldkogel (1857 m) besteht aus dolomitischem Wettersteinkalk, welcher sich auf dem Kamm zwischen Haselanger- und Larzenbachgraben eine Strecke weit herabzieht. In 1790 m stehen am Kamm und südsüdwest- lich im Larzenbachgraben schwarze Guttensteiner Kalke fast senkrecht mit NS-Streichen, anstoßend an den Wettersteinkalk. Wenige Meter tiefer betritt man wieder Werfener Schieferterrain.

Von Schweighof steigt man, wie schon früher erwähnt, zwischen der Goglhöhe und dem Höheneck auf Werfener Schiefer nach Ober-Haarreut. Im Graben westlich von Haarreut steht bereits in der Höhe von 1130 »n Guttensteiner Kalk an und zieht die Haarreuter Mulde entlang aufwärts. Er wird gegen W von Ramsau- dolomit und dieser von Wettersteinkalk überlagert. Geht man von Haarreut westwärts, so sieht man zahlreiche Trümmer dieser Gesteine herumliegen. In 1245 m Höhe stehen am Nordgehänge des Höheneck bereits Raibler Schiefer an. Steigt man am Bache, der vom Höheneck herabkommt aufwärts, so erreicht man den Weg zur Vorder- Schöberlalpe, und auf demselben durchquert man Raibler Schiefer, Wettersteinkalk, Ramsaudolomit, Guttensteiner Kalk und Werfener Schiefer zu wiederholten Malen. Im östlichen Arm des Schöberl- grabens stehen in 1305 m wieder Raibler Schiefer ziemlich steil nach N fallend an. Der westliche Arm dagegen zeigt bis hinauf zur Som- merauer Scharte Werfener Schiefer, welcher gegen O von Raibler Schiefer scharf begrenzt wird. Unten im Graben neben der Alpe am Wege steht am rechten Ufer Gipsgebirge an (1290 m), im Bachbett liegen Raibler Kalke, dolomitische Raibler Kalke und Raibler Schiefer, dann Werfener Schiefer aller Art: Heller Quarzit, grüner Quarzit (Bittners „verdächtiger grüner Schiefer“), rote und grüne Schiefer. Zwischen Vorder- und Hinter-Schöberlalpe ist nur Werfener Schiefer bis auf einen Streifen Guttensteiner Kalk, welcher sich von einem Kalkbande herabzieht, welches das Nordostgehänge des Fromerkogel in der Höhe zwischen 1500 und 1600 m umgürtet. Der schmal zu Tal ziehende Streifen bildet in etwa 1430 m eine kleine Felswand von Rauhwacke oberhalb der Alpe und steht als Kalkfels im Graben neben derselben sehr steil gegen O fallend an, unter demselben liegt auch Rauhwacke. Von der Hinter-Schöberlalpe bis zur Einsattlung zwischen Fromerkögel (1814 m) und Hochschober (1663 m)

: [#1] Das Tennengebirge. 409

in der Generalstabskarte Schöberlberg —, in welcher eine Jagdhütte (1429 m) steht, und von da hinab zur Aualpe lagern ununterbrochen Werfener Schiefer. Im Graben, der von der Einsattlung nach N zieht, lagern unten im Aualpental noch die Werfener Schiefer; als Schutt sieht man im Graben nur Guttensteiner Kalke und Wer- fener Schiefer, von letzteren auch Stücke, welche Quarz mit Braun- eisenstein und Baryt enthalten.

Die Aualpe ist ein weiter, mit schwacher Vegetation bedeckter Schuttboden, dessen West- und Südseite von Werfener Schiefern eingeschlossen wird. Die Alphütte selbst liegt in 1233 m Meereshöhe, am Gehänge westlich oberhalb derselben entspringen die Quellen der Lammer. Vom Aualpboden aus sieht man, daß die den Guttensteiner Kalk überlagernden Ramsaudolomite am Hochschober sehr hoch hinauf- reichen; aus herumliegenden Trümmern von hier sowie von der Scharte bei der Jagdhütte 1429 m muß man schließen, daß über dem Ramsaudolomit noch die Wettersteinkalke und Reiflinger Kalke die Höhe des Hochschober bilden. In der kolossalen Schutthalde der Aualpe ist Werfener Schiefer vorherrschend. Von den Hofhäusern (zirka 995 m) auswärts steht Werfener Schiefer an beiden Seiten des Tales an, also auch am Fuß der Steilwände.

Die oft genannten Schöberlgräben vereinigen sich unterhalb der Vorder-Schöberlalpe zu einem einzigen, dem sogenannten Schober- graben, welcher von nun ab am Südostfuß des Hochschober anfangs über Werfener Schiefer, dann über Guttensteiner Kalk, schließlich abermals über Werfener Schiefer zu Tal zieht und unterhalb des Spießhofes in die Lammer mündet.

Der Moosergraben bildet sich aus zwei Rinnsalen, von denen das östliche vom Hoheneck, das westliche von dem Kamme zwischen dem letzteren und der Unteren Karalpe herabkommt. Die beiden Rinnsale vereinigen sich in 990 m zu einem Graben, welcher dann noch unterhalb des Moosgutes an seiner rechten Seite einen größeren Seitengraben aufnimmt. Im Hauptgraben stehen in der Nähe des Moosgutes in 970 m Höhe Raibler Schiefer in großer Mächtigkeit, aber mit nicht bestimmbarer Lagerung an beiden Ufern an. Etwas höher im Graben (976 m) lagert bereits Gipsgebirge. Nahe der Ver- einigung des westlichen und östlichen Armes des Grabens kommt aus einer Höhle im Gipsgebirge rechts ein kleiner Bach heraus. Im öst- lichen Arm trifft man bis 1080 m keinen Aufschluß, in 1120 m durch- quert denselben ein Weg, und etwa 10 m über demselben steht eine Wand von Ramsaudolomit geschichtet in h 6, 10 mit 40° Nordfallen. Im westlichen Graben stehen in 1060 m die Werfener Schiefer deutlich an, ebenso in 1130 m Höhe. Zwischen diesen beiden Gräben trifft man in der Höhenlage des vorher bezeichneten Weges zwischen 1120 und 1160 m noch auf fünf kleine Gräben, von denen die ersten drei, von O nach W gerechnet, überall die Raibler Schiefer bloßlegen, im zweiten derselben (1150 w) konnte ich ihre Lagerung inh8 mit sehr steillem Fallen nach NNO feststellen; der vierte Graben zeigt keinen Aufschluß; der fünfte dagegen wieder die Ha- lobienschiefer. Tiefer unten am Gehänge zwischen 1050 und 1080 m haben sich diese Zwischengräben schon teils untereinander,

Jahrbuch d. k.k. geol, Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 53

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teils mit den beiden Hauptgräben vereinigt, und man trifft nur mehr einen Zwischengraben, welcher in 1050 m Höhe Werfener Schiefer bloßlegt.

Die Werfener Schiefer breiten sich um die Isohypse 1100 m auch noch weiter gegen W hin aus bis zu einer großen Sumpfwiese (1120 m) am rechten Ufer des tief unten hinziehenden Schober- grabens. Steigt man von der Wiese direkt in den Graben hinab, den man in 1040 m erreicht, so steht man mitten im Gipsgebirge, welches hier an der neuen Forststraße aufgeschlossen ist. In 1035 m stehen geschichtete, aber verdrückte grünliche und gelbliche Wer- fener Schiefer, 1025 m Rollsteine und Gebirgsschutt, 1018 m auf kurze Strecken Gipsgebirge, dann wieder Schutt und Gerölle. Von 1040 m „im Graben aufwärts stößt man auf Werfener Schiefer, hierauf auf Kalk, dann auf roten und weißen Gips mit Muriazit, Breunerit und Salzton; dann wieder auf Werfener Schiefer, Gips, Kalk, bitu- minösen Schiefer, der endlich mit kleinen Unterbrechungen durch Schiefer in Kalk übergeht“.

„Beim Lämmerhof im Mooswäldchen am Eingang in den Schobergraben bestand ein Bergbau auf eisenschüssigen Kalk und Ocker in Werfener Schiefer etwas oberhalb des Weges. Der Eisen- gehalt betrug 17 Prozent, die Mächtigkeit betrug beiläufig 1’6 m, das Streichen dürfte südlich sein (Mayrhofer 1844).

Im Merleckgraben stehen die Halobienschiefer an, welche bis über den Karbach hinüberreichen und an der Straße sichtbar sind.

Im Goglbach endlich stehen oben die Halobienschiefer, tiefer unten Guttensteiner Kalke an; im Bache und seitwärts desselben liegen große Trümmer von Reiflinger Kalk.

Der Gwehenberg.

Von Lungötz führt die Straße anfangs am linken, dann am rechten und schließlich wieder am linken Ufer der Lammer nach Annaberg. Am linken Ufer zieht sich eine Schötterterrasse hin, oberhalb welcher die Werfener Schiefer zutage treten; von der Gratzmühle ab treten dieselben auch unter der Terrasse hervor. Zwischen Lungötz im S und der Häusergruppe Lehen im N erhebt sich der niedrige Höhenzug des Gwehenberges. Eine im N auftretende Erhebung mit 1220 m Höhe führt speziell den Namen Gwehenberg; im S dieses Berges tritt eine größere Erhebung (1322 m) auf, welche jedoch namenlos ist. Der Berg, welcher einen niedrigen Ausläufer auch im N an die Lammer sendet, bis zur Isohypse 700 m, wird im O und S von der Lammer, im NW vom Gwehental begrenzt, in welchem sich die Häusergruppe Gwehenberg befindet, und im W durch eine Einsattlung in etwas über 1100 m Meereshöhe in der Nähe der Gappenalpe vom eigentlichen Tennengebirge abge- trennt. Die Hauptmasse des Berges bis zu seiner höchsten Erhebung sowie die Scharte gegen die Gappenalpe hin gehört dem Werfener Schiefer an; der nördliche Teil des Berges mit dem Höhenpunkte 1220 m, dem Guttensteiner Kalk, von dem sich auch ein Band an

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der Ostseite bis an das Südgehänge abzweigt, welches sich ungefähr in der Höhe zwischen 900 und 1100 m hinzieht.

„Steigt man von Annaberg aus auf den Berg, so wandert man vorerst über Werfener Schieferterrain, in ungefähr 1000 m Höhe erreicht man den Guttensteiner Kalk, und 100 m höher, dort, wo der Weg an den Bach tritt, steht man wieder auf Werfener Schiefer, welcher sich nordwärts über das „Moos“ und südwärts über die Höhe 1322 m ausbreitet. Von der mehrmals genannten Scharte kommt man stets über Werfener Schiefer hinab ins Gwehental, einen weiten Graben, dessen Boden Schottergrund ist. Das Gehänge der Ostseite gehört in der oberen Talpartie dem Werfener Schiefer an, ziemlich an der halben Länge des Tales steht an dessen Ostseite Gips an, dann folgen die Kalke des Nordabhanges des Berges. Am Fuße des Gwehen- berges bei Lehen steigt die Straße von N her steil an, auf der größten Höhe derselben sieht man wieder einen Aufschluß im Wer- fener Schiefer und viele Quellen, und oberhalb des Wirtshauses Hefenscheer befinden sich verschiedene Eisensteinlager an der Grenze zwischen Guttensteiner Kalk und Werfener Schiefer. Von hier ab gegen S scheinen die Aufschlüsse ganz regelmäßig zu sein: unten Werfener Schiefer, allerdings zumeist von riesigen Schutterrassen maskiert, darüber steilere Abstürze von Guttenseiner Kalk“ (Bittner).

An den östlichen Abdachungen des Hauptstockes des Tennen- gebirges zwischen Lungötz und Abtenau beißt an vielen Punkten Eisenerz zutag aus, Brauneisensteinfunde sind nicht selten, sie treten an der Grenze zwischen Guttensteiner Kalk und Werfener Schiefer, meist in der Nähe von Gipsstockwerken auf. Eisenerze von Abtenau werden schon im Jahre 1208 erwähnt, man findet in dem Gebiete viele verlassene Stollen. „Auf der Wirtsötz bei Annaberg bestand ein Bergbau auf Eisenspat mit Quarz und Eisenglimmer, der Eisen- gehalt schwankte zwischen 8 und 20 Prozent.

„In der Mandlötz im Lammertal trifft man beim Ansteigen des Berges zuerst Werfener Schiefer, dann Gips von roter und weißer Farbe, darüber Kalk mit einem schönen Eisenspatanbruch. Ein Probe- register von den Jahren 1804 und 1805 gibt den Eisengehalt mit 16—21 Prozent an. Es waren Tagbaue. Der im Jahre 1844 noch vor- findliche Anstand von stark verwittertem, ziemlich feinblättrigem Eisenspat dürfte nach S streichen und ziemlich flach nach W fallen. Die Mächtiekeit ist durchschnittlich 1 m und läßt sich mehrere Klafter sichtbar verfolgen* (Mayrhofer).

„Der Bergbau in der Sillerötz an der Straße von Annaberg nach Abtenau zwischen den Höfen Krailing und Sillach bestand aus zwei durch einen Schacht verbundenen Stollen, ein alter Bau, welcher 1789 wieder aufgenommen wurde; 1840 wurde der Stollen neuerdings untersucht, aber das Erz nicht abbauwürdig gefunden“ (Ebner).

„Der Bergbau Hefenscheer, ebenfalls nahe der Straße von Annaberg nach Abtenau, ist auch schon von den Alten betrieben worden. Im Jahre 1792 wurde ein Neuschurf angelegt und bis 1817 gearbeitet; 1840—1864 war der zweite Betrieb, der trotz der weiten Entfernung von Flachau, wohin das geröstete Erz zum Hochofen

53*

412 . Eberhard Fugger. . [44]

überführt wurde, wegen des hohen Gehaltes sich noch immerhin rentierte. Das Lagergestein ist ein ungeschichteter bläulicher oder gelblich- grauer Kalk von fester Beschaffenheit, welcher gegen SW auf auf- gelöstem, mürben, grauen Werfener Schiefer, der in h7 bis 81/, mit 48° gegen NNO einfällt, aufliegt. Im Unterbaustollen gerade an der Formationsgrenze sieht man deutlich, daß im Liegenden die sehr dichten Werfener Schiefer die Infiltration des Eisens in die Tiefe verhindert haben. Der im Bergbau einbrechende Eisenspat ist derb, ohne Kies und Quarz, rötlich, gelblichweiß, mehr dem Feinblättrigen sich näbernd und teilweise ins Körnige übergehend. Interessant ist, daß der Lehm, welcher die Sohle des unteren Verhaues bis zu 4m überdeckt, den Alten das schöne Erzblatt verhüllte, welches in h 2, 10° mit Südostfallen bis in die zweite Etage sichtbar zu verfolgen ist“ (Mayrhofer, Ebner).

Die Stollen am Gwehenberg sind fast durchaus nach der Richtung O—W in den Berg eingetrieben.

Die Höhengruppe Schallwand—Traunstein— Schober. (Fig. 3.)

Die Schallwand ist das Verbindungsglied zwischen der Tag- weide (2126 m) am Hauptgebirgsstock und dem Großen Traun- stein (1943 m), welcher durch eine Einsenkung von dem nordöstlich gelegenen Kleinen Traunstein (1650 m) getrennt ist; an diesen letzteren schließt sich, durch eine verhältnismäßig weniger tiefe Ein- senkung der Schober (in der Generalstabskarte „Schoberstein*, 1789 m) an; fast genau nördlich von diesem erhebt sich die Pail- wand mit 1273 m Meereshöhe. Von der Schallwand zieht als Grenz- bach ein Graben in südsüdöstlicher Richtung zu Tal, der sich dann nach NO umbiegt und sich mit dem vom Gwehenberg kommenden in der Nähe der Häusergruppe Gwehenberg vereinigt und bei Hedeck in die Lammer mündet. Im NO der Höhengruppe zieht sich die Lamıner hin und im NW liegt die Ebene von Abtenau.

„Die Schallwand baut sich allseits in steilen Wänden auf; die Gipfelschneide endigt in mehreren scharf zugespitzten Zacken. Der Große Traunstein erhebt sich als eine scharfkantige Pyramide, die Abstürze des Berges sind nur an der Südseite erkletterbar“ (Purtscheller). Die Wände des Kleinen Traunstein sind be- deutend weniger steil. Die Hänge des Schober zeigen steile, felsige Abbrüche gegen W, an den übrigen Seiten sind sie mit Krummholz- beständen überdeckt. Im S der Berggruppe dehnen sich die weiten Weidegründe der Gwehenberg- oder Brettalpe aus; in dem Kessel zwischen Kleinem Traunstein und Schober der sogenannte Alte Kaiser und die Gsengalpe; am Südostfuß des Schober ist ebenfalls ein großes muldenförmiges Becken ausgetieft.

Steigt man von Abtenau über Kohlhof zur Arler- oder Tiefenkaralpe (1008 m), so beobachtet man nirgends anstehendes Gestein. Auf dem Rücken, der sich vom Westende der Schallwand zwischen Tiefkar- und Höllkargraben zu Tal zieht, trifft man

[45] Das Tennengebirge. 413

ebenfalls nur Schutt, und zwar unten vorerst reichlich Werfener ‘Schiefer, weiter oben vorherrschend Guttensteiner Kalke, später wieder Werfermer Schiefer, ferner die schwarzen, gefältelten Strubbergschiefer, „schwarze, zum Teil etwas dolomitische Guttensteiner Kalke und hornsteinführende Reiflinger Kalke, auch Halobia rugosa-Schiefer fehlen nicht; vielleicht entspricht ihnen eine am Nordfuß der Schall- wand hinziehende Terrasse, über welche ein Weg führt. Das Fallen der Schichten an der Westecke der Schallwand ist mit großer Wahrscheinlichkeit steil in NO. Beim Fortschreiten von hier auf dem Wege zur Tenpnenalpe beobachtet man in der Wand im- Osten immerfort dunkle Gesteine, erst in den Wänden der Tag- weide tritt der Hochgebirgskorallenkalk auf. Die Grenze zwischen

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Guttensteiner und Dachsteinkalk liest ungefähr in der Linie von der Wandalpe zu der im derselben liegenden Hohen Scharte. In diese letztere hinauf ziehen sich die schwarzen Strubbergschiefer mit manganschüssigen Gesteinen wechselnd, nördlich davon dunkle, rostbraun verwitternde Raibler Schiefer, höher an der Schallwand Hochgebirgskorallenkalk. An der Schneide der Scharte selbst treten im S die Strubbergschiefer, zum Teil gefältelt und an Carditaschiefer erinnernd, im N Quarzite und kalkige Werfener Schiefer auf.

„Die Nordostabhänge der Tagweide enthalten viel rote Kalke, zum Teil mit Crinoiden und spärlichen anderen Petrefakten, auch Ammonitendurchschnitten von Hierlatz- oder Adneter Aussehen, auch srünlichgraue, braun verwitternde Crinoidengesteine.

„Jenseits der Scharte biegt der Strubbergschieferzug mit Kalk- rücken wechselnd ein wenig gegen SO, wo der Korallenkalk des sroßen Traunstein anscheinend unvermittelt klotzig daran stößt.

414 Eberhard Fugger. " [46]

Westlich ober der Gwehenbergalpe, südöstlich unter dem Traunstein gehen die schwazen Schiefer anscheinend ziemlich rasch und sogar mit Wechsellagerung in helle, plattige, dem Hochgehirgskorallenkalk ähnliche Kalke über, die in wüsten Karrenfeldern bei nahezu senk- rechter Schichtenstellung Fallen steil nach NO, Streichen scharf in SO genau die Streichrichtung der Strubbergzüge fortsetzen. Es folgen weiter im NO, anscheinend im Hangenden der vorigen unter den Traunsteinabstürzen dunkle, zum Teil dünnschichtige, teils Crinoiden führende Kalke, und, wie es scheint, einige dolomitische Lagen, ohne daß deren Lagerung gegenüber dem klotzigen Traunstein- kalk, der ganz gleich jenem des Hochkönig ist und auch Korallen ent- hält, klar wäre. Doch scheint der Kalk des Großen Traunstein gegen den Kleinen Traunstein ziemlich rasch nach NO einzuknicken.

„Es folgt zwischen Großem und Kleinen Traunstein und in SO weiterziehend ein schmaler Wiesenstreifen sicheren Werfener Schiefers, der stellenweise gegen N hinüberzugreifen scheint. Der Schober, dessen Gipfel und Wände dem Hochgebirgskorallenkalk angehören, der ziemlich deutlich nach NO fällt, hat an seiner Südseite unten etwas dunkleren, zum Teil dolomitischen Kalk und Spuren von Bänder- kalk, und oben helleren, zum Teil weißen, porzellanartigen Kalk. Ob die Schutthalden unten einen Streifen von Raibler Schiefer überdecken, läßt sich nicht nachweisen. Der Kleine Traunstein, die Kuppen um die Gsengalpe und die Basis des Schober gehören jedenfalls einem und demselben Zuge an.

„Wandert man von der Höllkarhütte an dem Nordgehänge der Schallwand und des Großen und Kleinen Traunstein hin, so sieht man auf dem Kamm zwischen Höllkar- und Tiefkarhütte viel Gutten- steiner Kalk und Strubbergschiefer. Die Schallwandabstürze sind petro- graphisch Hochgebirgskorallenkalke, man findet darin nicht selten Korallen, aber keine anderen Versteinerungen. Werfener Schiefer ist bei den Quellen am Wege über den vorher genannten Rücken zur Tiefkaralpe aufgeschlossen und steht noch hoch im Tiefkargraben, dem Graben, an dessen rechtem Ufer die Tiefkar- oder Arleralpe liegt, fast knapp an den Wänden des Großen Traunstein in annähernd senkrechter Schichtung an. Die Wände selbst erscheinen deutlich steil, fast senkrecht nach NNO fallend. Südöstlich der Tiefkaralpe beob- achtet man zwischen dem Werfener Schiefer und den Traunstein- wänden schwarzen Guttensteiner Kalk, zum Teil schieferig und lagen- weise von Krinoiden ganz erfüllt, gerade so wie im SO des Großen Traunstein. Auf dem Kamme, der gegen NW vom Kleinen Traunstein abdacht, steht bis hoch über die Tiefkaralpe hinauf Werfener Schiefer an, welcher auf dem Kamme Natica, Myacites und andere Versteine- rungen enthält. Auf der Nordwestecke des Kleinen Traunstein sowie auf dem nach N gerichteten Kamme liegt viel schwarzer Kalkschutt und ungefältelter Strubbergschiefer, und ist auch stellenweise anste- hend zu sehen; darüber lagert dolomitischer Guttensteiner Kalk, über diesem treten an der Nordwestecke steil aufgerichtet Halobia rugosa- Schiefer auf, allerdings ohne Fossilien, aber petrographisch identisch, mit einigen zähen, krinoidenführenden Bänken. Über diesen Schiefern und fast über die ganze Nordseite des Kleinen Traunstein sich aus-

147] Das Tennengebirge. 415

breitend steht der klotzige Raibler Dolomit aufgeschlossen, welcher auch an der Nordostecke der Wand, jedoch ohne die Unterlage von Halobien, deutlich sichtbar ist.

„In der Einsattlung zwischen dem Kleinen Traunstein und Schober zieht sich aus etwa 1100 m Meereshöhe bis zum Alten Kaser (zirka 1380 m) und der Gsengalpe der Guttensteiner Kalk herauf, während von der Südseite des Kleinen Traunstein sich ein breites Band von Werfener Schiefer um die Südwestecke desselben, an der Gsengalpe vorüber, bis zum Alten Kaser herüberzieht. Im S wird der Werfener Schiefer wieder von Guttensteiner Kalk überdeckt, der in seinen unteren Partien eine Einlage von mergeligen, sehr weichen und etwas gefältelten Strubbergschiefern enthält. Am Südwestfuß des Schober wird dieser Kalk von hornsteinreichen Reiflinger Kalken überlagert“ (Bittner).

Die Höhe des Schober besteht, wie schon erwähnt, aus Hoch- gebirgskorallenkalk, seine Basis ist umgeben von Guttensteiner Kalk, der im N und eine große Ausdehnung besitzt, während er im S nur ein verhältnismäßig schmales Band bildet. Der Kalk reicht im N und O bis etwa zur Isohypse 1100 m und wird dann von hier ab- wärts von Werfener Schiefer und tiefer unten von reichlichen Schutt- massen umgeben.

„Auf dem Wege von Diegrub an der Lammer gegen S trifft man nördlich von Hedeck im Graben "grünen Gipsmergel mit Pseudo- morphosen nach Steinsalz; südlich von diesem Hofe steht im Graben roter Werfener Schiefer an, welcher bis weit hinauf in den Graben reicht, der von dem Südwestgehänge des Schober und dem Nordost- abhang des gegen SO ziehenden Kammes des Großen Traunstein gebildet wird; ein anderer Arm dieser Werfener Schiefer biegt um den oben genannten Kamm herum und zieht in einem breiten Bande bis an die Hochgebirgskalke des Verbindungskanımes zwischen Großem und Kleinen Traunstein.

„Bei der Häusergruppe Strubeck am Eingang ins Gwehental beobachtet man an einer Stelle einen ganz jungen, gut geschichteten Schuttkegel des Gwehenbaches, welcher Sandlagen mit Geschiebeleisten und ziemlich stark gegen O geneigte Schichtung zeigt eine Ablagerung, welche lebhaft an das Salzburger Konglomerat erinnert“ (Bittner).

Der Werfener Schiefer zieht sich ins Gwehental an dessen linker Seite und hinauf an die Wände des Schober und Großen Traunstein. Am Wege zur Gwehenbergalpe steht an den Serpentinen schwarzer Guttensteiner Kalk an, welcher hier die Werfener Schiefer in nahezu gerader, von nach W ziehender Linie begrenzt. Höher am Wege zur Alpe gelangt man in Werfener Schiefer, der bei einer Quelle in einem Einrisse gut aufgeschlossen ist. Während bis hierher der Gutten- steiner Kalk an beiden Ufern des von der Schallwand herabkommenden Armes des Gwehenbaches anstehend war, bleibt dieser von nun ab nur an der rechten Talseite bis hinauf zur Hohen Scharte, während die Werfener Schiefer in ungefähr 1500-1600 m Höhe ihr‘ Ende erreichen und an die Hochgebirgskalke herantreten. In der Nähe der Alpe beobachtet man im W derselben zwischen den Werfener Schiefern und Korallenkalken „steil aufgerichtete plattige Raibler Kalke mit

416 Eberhard Fugger. i [48]

Mergelschiefer-Zwischenlagen. Das Streichen ist hier im allgemeinen O—W, die Schichtung übrigens nicht sehr regelmäßig, sondern stark variabel. Die Kalke zunächst über der Gwehenbergalpe sind ganz identisch mit den plattigen Bänderkalken des Gipfels der Pailwand mit den glänzenden, alt aussehenden Ablösungsflächen, also echte Hallstätter Kalke* (Bittner).

Diegrub.

‘Von Hedeck im Lammertal nordwärts stehen Werfener an mit Einfallen gegen N, weiter hinaus an der Straße trifft man auf eine Kalkbrekzie. Unterhalb Diegrub findet man in dieser Eisenspat- körner eingeschlossen und oberhalb der Straße geht dieses Vorkommen in einen dichten bläulichen Kalk über. Auf beiden Seiten steht Eisen- spat an, auf welchen schon die Alten Bergbau trieben; man findet Spuren alter Tagverhaue vorzugsweise unterhalb der Straße auf bebau- tem Felde und einen 40 m langen Stollen. In der Nähe desHammerle- hens stand eine Schmelze und hier soll vom Lammerufer aus ein Stollen den übrigen Bau unterfahren haben. Die Mächtigkeit des Erz- vorkommens dürfte durchschnittlich 3—4 m betragen haben. Hier wurde am Beginn des (9. Jahrhunderts gearbeitet und merkwürdiger- weise durch einen resultatlosen linksseitigen Nebenstollen der eigent- lich erzreiche Teil, in dem sich drei alte Verhaue hinter- und über- einander befinden, durchfahren. Der letzte Abbau geschah hier in den Jahren 1846—1864 mit vier Arbeitern.

Das Erz ist grobblättriger bis ins Feinblättrige übergehender Eisenspat von anscheinend hohem Gehalt und lichter Farbe, dann Brauneisenstein, Roteisenstein (Blutstein) in Schwarten, Eisenglanz und Eisenglimmer und, in äußerst geringer Menge, Eisenkies. Die Erze brechen stock- und muglartig an der Grenze zwischen Werfener Schiefer und Guttensteiner Kalk in sehr zerrisenem Kalk. Ebner nennt diese Erzstöcke Magazine der Infiltrationsprodukte aus vielen darüber lie- senden eisenreichen Schichten.

„Ganz unverritzte schöne Anstände schürfte man in dem Graben, welcher etwas über 1 km unterhalb der alten Baue von Diegrub hin- zieht; man kann diese Punkte nacheinander verfolgen, wenn man in diesem Graben etwa eine halbe Stunde lang aufwärts geht. Die bedeu- tenderen Anstände, deren man sechs von 2—8 m Breite antrifft, liegen ziemlich in der Richtung zwischen h 20—23 und sind, ohne daß man Schiefergestein sieht, mit dem Kalk innig verwachsen. Das Erzvor- kommen stimmt mit dem von Diegrub vollkommen überein, nur wird das- selbe am höchst gelegenen Anstande vollkommen weiß.* (Mayrhofer 1844.)

Die Pailwand

ist der nördlichste Höhenpunkt (1273 m) der Vorberge, welche dem Hauptstocke des Tennengebirgs im O angelagert sind und wird durch eine Einsenkung im S, die sogenannte Winterau (zirka 1020 m), von der Gruppe des Schober und Traunstein geschieden. Sie erhebt

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[49] Das Tennengebirge. AM

sich ziemlich steil im N, dacht jedoch gegen die übrigen Himmels- gegenden allmählig ab. Die Werfener Schiefer, welche auch hier wieder.die Basis bilden, ziehen im S von der Lammer über Hoch- gseng in die weite Mulde der Winterau und weiter gegen W, wo sie unter die Schotter der Ebene von Abtenau untertauchen. Auch an der Westseite der Pailwand breiten sich die Werfener Schiefer aus, allerdings von einzelnen Kalkfelsen unterbrochen. Ein solcher Fels von Guttensteiner Kalk von ziemlich unbedeutender Ausdehnung lagert im NO von Eggenreut, ein zweiter von größerer Bedeutung, dessen Höhe sich über 1000 m erhebt, tritt im SO und parallel zur Westsüdwestseite der Pailwand auf, von den Kalken der letzteren durch einen Graben getrennt, in welchem die Werfener Schiefer durchziehen. Dieser zweite Kogel zeigt am Nordabhang schwarze, zum Teil massige Guttensteiner Kalke, ebenso an der Südwestecke und am Südabhange gegen die Winterau. Er reicht beim Anstieg von der Südseite her beinahe zum Gipfel und ist meist klotzig; er wird an einer Stelle von hornsteinführendem Reiflinger Kalk überlagert.

Ein Kalkfels von größerer Bedeutung ist die Pailwand. „Von Moosbichl gegen Stoiblhof findet man anstehende dunkle Guttensteiner Kalke, am Stoiblhof stehen nach N fallende, plattig schieferige, helle (Hallstätter) Kalke an. Die Kuppe nordöstlich von Stoiblhof ist wieder Guttensteiner Kalk, dunkel, zum Teil plattig mit Einfallen nach N oder NW. Am Wege selbst liegen zahlreiche Blöcke mit Halobien, teils dunkle, teils helle Kalke. Zwischen der bezeichneten Kuppe und den Abhängen der Pailwand zieht ein Wiesenrücken hin, auf welchem zahlreiche Stücke von Schollen typischer Halobia rugosa- Schiefer, allerdings ohne Petrefakten liegen. Ebenso dürften die Felder östlich vom Hof den Carditaschiefern angehören; auch festere, mergeligkalkige bis reinkalkige Gesteine, wie sie sonst in Begleitung dieser Schiefer vorkommen, liegen herum, einzelne mit Krinoiden überfüllt, in einem Stück befand sich der Durchschnitt eines Am- moniten.

„Diese Gesteine scheinen in sehr unregelmäßiger Weise am Nordgehänge der Pailwand gegen OÖ, beziehungsweise OSO anzusteigen und die klotzigen, hellen Kalke dieser Höhe zu unterlagern. Aus diesen Kalken stammen der Gesteinsbeschaffenheit nach die Halobien- führenden Blöcke von Hallstätter Kalk, die sich auch noch am Nord- gehänge sowie draußen am Moosbichl lose finden. Am Fahrweze, der vom Stoiblhof aufwärts führt, sind die obersten Oarditaschichten mit südlichem Einfallen eine große Strecke hin aufgeschlossen in Ver- bindung mit dunklen Kalken darunter, während die tiefsten Partien der oberen Kalke eigentümlich schieferig sind und durch Führung von grünlichen, chloritisch oder kalkig aussehenden Ablösungsflächen lebhaft an alte Bänderkalke erinnern. Es scheinen dieselben Kalke zu sein, wie sie am Stoiblhof anstehen. Auf der Höhe lagern Hall- stätter Kalke mit Halobien, die auch Draxlehner Platten führen, dann vorherrschend helle, zum Teil riesenoolithische graue Hochgebirgs- kalke. Die senkrechten Westabstürze der Pailwand nehmen immer mehr den Charakter der grauen Hochgebirgskorallenkalke an; solche graue Gesteine fehlen indessen auch im N nicht. Höchst interessant

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 54

418 Eberhard Fugger. . [50]

ist, daß unmittelbar unter dem Fuß dieser Wände wieder die Halobia rugosa-Schiefer in sehr gequälter Schichtenstellung, zum Teil in Winkeln nach Längsverwerfungen (?) zum Vorschein kommen, darunter hie und da auch noch etwas plattiger, dunkler Kalk.

„Die Nordostabhänge der Pailwand sind von Blöcken größten- teils hellen, porzellanartigen und etwas dunklen klotzigen Kalkes überdeckt, darunter treten bei der Hammermühle mächtige Quellen auf, dann folgen hornsteinführende, dunkle und ganz schwarze, ziemlich stark krystallinische, dickbankige Guttensteiner Kalke bis gegen Diegrub. Der oberhalb der Straße anstehende Eisenstein gleicht in seinem Vorkommen vollkommen dem vom Lehenhof in Buchberg.

„Weiterhin an der Straße gegen S stehen mächtige Konglomerate und Schuttmassen an. Wenig unterhalb Punkt 693 m liegen am Ge- hänge viel Rauhwackenblöcke und in den Konglomeraten findet man petrefaktenreiche, kalkige Werfener Schiefer, zum Teil sogar feine rote, oolithische mit schwarzschaligen Petrefakten, ähnlich wie Sagor und Hraßnig ein Unikum in den Alpen! Um Punkt 693 m (bei Station VI und einer Johannesstatue) und von da aufwärts stehen die Werfener Schiefer mächtig an mit Fallen nach NO, unten rote, weiter oben grünliche Schiefer und in diesen letzteren nicht selten Gervillien, Myaciten und Naticella costata.“ (Bittner). .

Das Hügelland von Abtenau

mit einer mittleren Meereshöhe von etwa 750 m wird im N und von der Lammer, im S und SO teils von dem Hauptgebirgsstock des Tennengebirges teils von seinen Vorbergen und im W vom Ostabhang des Hinter-Strubberg begrenzt. Das Terrain gehört fast ausschließlich dem Diluvium an, es ist teils von Diluvialschotter, teils von Moräne bedeckt. Nur in einzelnen Gräben sind die Werfener Schiefer bloß- gelegt, so am unteren Schwarzenbach und an der Lammer zwischen der Mündung des Rigaus- und Schwarzenbaches. In den Werfener Schiefern des Schwarzenbachgrabens tritt an zwei Stellen unmittelbar an der Abtenauer Straße Haselgebirge auf. „Hier ent- springt eine von weißen Sinterbildungen umgebene Quelle, welche zwar keinen Salzgeschmack besitzt, aber reichlich Gips gelöst ent- hält. Am linken Lammerufer hin, von der Mündung des Schwarzen- bachgrabens aufwärts lagern bräunliche, stark verwitterte Werfener Schiefer; Gips und Salzton zeigen sich erst gegenüber der Mündung des Spanglgrabens bei Grub, dann höher oben neben rotem Werfener Schiefer und Gosaukreide im Egelseegraben.

„Östlich vom sogenannten Sagsteg bildet das Salzgebirge eine 15—20 m hohe, unmittelbar zur Lammer abstürzende Wand mit schönen, weißen und rosenroten Gipsbändern, in fast horizontaler Lagerung, und häufigem Vorkommen von ziegelrotem Anhydrit. Hier, etwa 1m ober dem Lammerspiegel, an schwer zugänglicher Stelle sickert eine deutlich salzig schmeckende Quelle aus dem Haselgebirge und füllt am Fuße der Wand ein etwa 1 m langes und 05 m breites, bei höherem Wasserstand jedenfalls von der Lammer überflutetes Becken. Wenige Schritte weiter östlich öffnet sich ein alter, ver-

[51] Das Tennengebirge. 419

fallener Stollen auf Steinkohle mit petrefaktenreicher, meist aus Bruchstücken der Gosaukreide bestehenden Halde“ (Rein|).

Die Kreide besteht teils aus dichten Gosaukonglomeraten, teils aus dunklen Actäonellenkalken, welche reich an Petrefakten: Actäo- zellen, Nerineen, Hippuriten und Korallen sind, lagert direkt auf dem Haselgebirge, und zieht sich in einem schmalen Streifen in der Länge von etwa 1 km am linken Lammerufer hin bis nahe an den Fuß des Scheffkogl; unmittelbar gegenüber am rechten Lammer- ufer ist von diesem Kreidevorkommen nichts zu bemerken; es tritt hier nur Werfener Schiefer und Haselgebirge auf.

Der Schefikogel (906 m) selbst besteht aus hellem Hallstätter Kalk, welcher stellenweise dolomitisch ist und von rotem und grauen Werfener Schiefer unterlagert wird. Im WNW desselben liegt der kleine Egelsee in eine Moräne eingebettet. Weiter abwärts an der Lammer findet sich Salzgebirge erst wieder im Raingraben, dem Graben bei dem Gehöfte Krusten, wo sich die Straße nach Rußbach von jener nach Annaberg abzweigt, sowie an beiden Ufern der Lammer zwischen der Rußbachmündung und Handlhof.

/ Der Strubberg.

Zwei lauggestreckte Berge, welche untereinander parallel von SO nach NW ziehen und durch einen kurzen Sattel miteinander verbunden sind, bilden den Strubberg. Der westliche oder Vorderstrubberg kulminiert in 1226 m, der östliche oder Hinterstrubberg in 1206 m. Im SO des letzteren erhebt sich noch ein selbständiger Kogel, der Arlstein mit dem Höhenpunkt 948 m. Die alte Straße nach Abtenau führt von Oberscheffau am Südwestgehänge des Vorderstrubberges hin ansteigend von zirka 525 m bis zur Höhe von 796m und dann wieder sich senkend. In 700 m Höhe biegt sie nach O und später nach NO ab, um den Ort Abtenau (720 rn) zu erreichen. Die neue Straße vermeidet die große Steigung, sie führt am linken Lammerufer hin, anfangs am West-, dann am Nordgehänge des Strubberges, verläßt bei der Mündung des Schwarzenbaches die Lammer und führt nun am Ostabhang des Hinterstrubberges nach Abtenau. Die beiden Straßen umziehen also den Strubberg vollständig und begünstigen die Um- wanderung desselben.

Bei der Lammerbrücke in Oberscheffau, an welcher sich die beiden Straßen trennen, mündet ein Schwarzbach. welcher seine Quelle am sogenannten Wienerfall, etwa 1'4km in SSO. hat; „er führt in seinem Bett massenhaft Werfener Schiefer. Gleich am steilen Anstieg ist dunkler Werfener Schiefer, dessen obere Schichten, aufgeschlossen, oberhalb Raad sieht man viel dunklen Guttensteiner Kalk, zum Teil dolomitisch, welcher hier anzustehen scheint. Nach dem zweiten steilen Anstiege folgt wieder dunkler Werfener Schiefer; da, wo Bach und Straße einander nahetreten, beobachtet man bei einer Quelle unterhalb der Straße die schwarzen schieferigen Lagen, wie sie auch anderwärts am Fuße des Tennengebirges, im Guttensteiner

b4*

420 Eberhard Fugger. e [5 2]

Kalk, vorkommen, die Strubbergschiefer!). Der Aufschluß liegt in einer Abrutschung und ist schwer zugänglich; hier liegen auf grünen typischen Werfener Schiefern mit Kalkeinlagerungen unmittelbar und völlig regelmäßig die schwarzen Schiefer.

„Weiterhin aufwärts folgt viel Schutt, nahe vor der Sattelhöhe, 796 m, sind an der Straße die Strubbergschiefer wieder aufgeschlossen, und zwar in dem an der Südwestseite der Straße befindlichen tiefen Graben in mächtiger Entwicklung, aber wie es scheint, vollkommen petrefaktenleer. Sie streichen von NW nach SO und fallen steil nach NO, sind gefältelt und vielfach geknickt, von holzartigem, altem Aussehen und glänzenden Flächen. Daneben südlich zieht sich ein Rücken hin, welcher aus einem Gestein besteht, welches schwarz, von manganschüssigem Aussehen, kieselig plattig ist und abfärbt. Weiterhin übersetzt die Straße den Graben, so daß dieser nun an ihrer Nordostseite zu liegen kommt; auch hier findet man im Graben die schwarzen Schiefer.

„Auf der Straßenhöhe 796 m scheint südlich der Straße gegen den Abhang des Tennengebirgstockes etwas dunkler, dolomitischer Guttensteiner Kalk anzustehen, aber nur in geringer Breite; die herumliegenden Blöcke bestehen durchaus aus diesem Gestein, Stücke von Dachsteinkalk sind nirgends zu sehen.

„Am Abstiege gegen SO trifft man sofort auf Werfener Schiefer, zuerst Gipsmergel, tiefer das dunkle, kalkig-sandig-glimmerige Gestein der oberen Werfener Schiefer, noch weiter abwärts wieder die Strub- bergschiefer. Sowie man in die Ebene hinabkommt, etwa in 700 m, steht direkt südlich an der Straße der Dachsteinkalk an und zahl- reiche Blöcke desselben liegen unmittelbar auf dem anschließenden Schieferterrain.“ Die Dachsteinkalke reichen überhaupt von der Schönalpe bis gegen das Höllkar tief in das Tal, bis zur Höhe von 700 m und sogar darunter, gegenüber der Strubbergstraße reichen sie bis etwa 950 m herab. Südwestlich vom Kreuz an dieser Straße, „zwischen diesem und der Roßbergalpe, steht Lias an, vorherrschend grau, mit Crinoiden, aber auch rötlich und rot; echte rote Crinoiden- kalke scheinen dagegen keine große Rolle zu spielen. Brachiopoden scheinen sehr selten zu sein und vorzüglich nur in dem roten Gestein aufzutreten; dagegen fanden sich Arieten, Phylloceraten und Gastro- poden, in einzelnen sehr dunklen, oolithisch-sinterigen Kalkstücken auch kleine, sehr aufgerollte, Planorbis-artige Schnecken. Die Gesteine sind durchaus etwas verändert, mit glänzenden tonigen Schlieren und Ablösungsflächen, ebenso sind die Petrefakten überrindet. Vielleicht ist diese Metamorphose, wie sie an der Pailwand und am Gwehen- berg auftritt, eine Folge der Schichtenstörung. Bei der Tricklalpe weiter im SO trifft man im Dachsteinkalk schönen Oolith und Mega- lodon- und Chemnitziendurchschnitte.

„Der isolierte Kogl, 948 m, bei Unterberg und Trickl, der sogenannte Arlstein, ist dunkler, dolomitischer Guttensteiner Kalk,

!) Ich habe diese schwarzen Schiefer „Strubbergschiefer“ genannt, da Bittner sie gerade am Strubberg zuerst und am genauesten studiert und ihre Zugehörigkeit in das Niveau der Guttensteiner Kalke konstatiert hat.

[53] Das Tennengebirge. 421

an der südlichen und nordwestlichen Basis regelmäßig unterlagert von Werfener Schiefer. In den Kalken, welche stellenweise auch mergelig sind, fand Heinrich Prinzinger Encriniten, das Gestein ist an manchen Punkten mit Encrinitenstielgliedern ganz erfüllt und zwischen den Stielen zerstreut liegt hie und da ein Pentacrinus, in den dolo- mitischen Kalken sind die Encrinitenstiele auf der ängewitterten Oberfläche in Form von Hohlräumen erhalten“ (Bittner). Der Arlstein erhebt sich aus der Diluvialfläche von Abtenau und steht nur im NW durch eine niedrige Scharte mit dem Hinterstrubberg in Zusammenhang.

Die neue Straße beginnt am linken Ufer der Lammer, wenn man die große Brücke über dieselbe bei der Dampfsäge in Ober- scheffau überschritten hat. Hier steht „konglomerierter FluB- schotter voll fremdartiger, auch kristallinischer Gesteine, ähnlich wie jenes bei Strubeck lebhaft an das Salzburger Konglomerat erinnernd“ (B.); diese Bank erreicht eine Höhe bis zu 20 m. Beim Aufwärts- schreiten an der Straße stehen dunkle Guttensteiner Kalke und „rutschige Schiefer in sehr gequälter Stellung gegen NO fallend“ an, erstere erscheinen hie und da dünnplattig und voll Kieseluadeln; darüber trifft man weiter oben hellen Ramsaudolomit, und auf der Sattelhöhe der Straße ist eine Moorwiese mit Lehmunterlage voll Öyclas, sowie zersetzter Werfener Schiefer in Brocken. Die Straße senkt sich wieder nach abwärts und nun tritt abermals der Gutten- steiner Kalk auf als schwarzes, rutschiges, zum Teil sehr zertrüm- mertes Gestein. Weiterhin stehen steil aufgerichtete, dunkelgraue bis rötlichgraue, ziemlich dünn geschichtete und zum Teil knollige Kalke an der Straße vom Typus der Hallstätter Kalke. In herabgestürzten Blöcken fand Bittner Monotis salinaria. In diesem Hallstätter Zug und den vorher erwähnten Kalken sind die Lammeröfen ausge- waschen, eine sehr tiefe, enge, stellenweise nur 1 m weite Schlucht, durch welche ein schmaler Steig hindurchführt.

An dem nordöstlichen Ende der Hallstätter Kalke tritt die Straße direkt an die Lammer und führt ohne merkliche Steigung an derselben hin bis in die Vogelau. Man sieht am Gehänge des Vorderstrubberg hie und da den Guttensteiner Kalk anstehen, teil- weise mit jJungem Konglomerat bedeckt. „Von der Mündung des Wallingwinkelbaches an, welcher der Lammer an ihrem rechten Ufer zufließt, sind die Gehänge häufig von Moränen bedeckt. Aber kaum 100 m Weges oberhalb der Mündung des genannten Baches beginnen die Werfener Schiefer, welche bis zu dem Bache reichen, welcher das Tal zwischen Vorder- und Hinterstrubberg bewässert, und bieten eines der außerordentlichsten Profile, die man im Werfener Schiefer haben kann“ (B.). Man sieht zuerst die tieferen Schichten: die roten Schiefer, steil nach NO fallend, sie bilden das Nordost- gehänge des Vorderstrubberg. Weiterhin folgen mehr glimmerige, sandige und weniger kalkige Schichten, grau und grünlich, vorherr- schend dunkel gefärbt, mit zahlreichen, von Petrefakten erfüllten Bänken. Das Hangende endlich bilden dunkle, kalkige Lagen, auf deren Schichtflächen sich glimmerige Auflagen befinden. Sie enthalten Naticella costata, Myophoria costata und andere Versteinerungen.

422 Eberhard Fugger. ; [54]

Nach einer kurzen Unterbrechung ohne jeden Aufschluß tritt wieder Guttensteiner Kalk an die Straße, welcher fast stets ein Ein- fallen gegen NO zeigt, an einer Stelle nach SW umbiegt, um bald darauf seine gewöhnliche Stellung mit Nordostfallen wieder einzu- nehmen. Ein schmaler Steg führt über die Lammer, der Guttensteiner Kalk wird zum Teil brekzien- oder rauhwackenartig und ist stellen- weise von Moräne überdeckt. Weiterhin wird er wieder sehr dunkel und dicht, dann folgt eine Stelle von etwa 2 m Länge voll grünen und roten zerreiblichen Gipsmergels, hierauf ist der Guttensteiner Kalk an der linken Talseite nur hie und da aufgeschlossen, während er an der rechten meist in schönen Wänden ansteht.

Endlich verengt sich das Tal zur Schlucht, es beginnt eine Partie von ganz besonderer landschaftlicher Schönheit. Wände von dünn- und dickbankigen, dunklen Guttensteiner Kalken, welche zum Teil dolomitisch sind, treten von beiden Seiten eng zusammen, die Schichten sind etwas hin und her gebogen, aber konstant nach oder NNO fallend, eine ansehnliche Masse, auf den Höhen von Schutt überlagert... Prächtige Kesselbildungen zeigen sich an den Ufern, welche von dem schön grünen, klaren Wasser des Flusses bespült werden, das stellenweise sogar tief smaragdgrüne Färbung zeigt.

Die Schlucht hat eine Länge von etwa 700 m, dann öffnet sich das Tal an beiden Seiten, am rechten Ufer mit sanften Gehängen, am linken in die Ebene der Vogelau übergehend, an deren Nordrand hie und da Konglomerate und diluviale Schotter sichtbar werden.

Die Ostseite des Hinterstrubberg, von unten bis oben Gutten- steiner Kalk, erhebt sich aus der Diluvialebene von Abtenau längs des linken Ufers des Schwarzenbaches; nur nahe der Mündung dieses Baches in die Lammer sind auf etwas mehr als 1 km Länge längs seiner Ufer Werfener Schiefer aufgeschlossen. Der Bach, welcher zwischen dem Südende des Hinterstrubberg und dem Nordwestfuß des Arlstein dem Schwarzenbach zufließt, entblößt an seinen Ufern ebenfalls Werfener Schiefer. Die Ostseite des Arlstein gehört aus- schließlich dem Guttensteiner Kalk an, unter welchem wie schon erwähnt im S die Werfener Schiefer zutage treten.

Steigt man von Unterberg in dem Graben zwischen Vorder- und Hinterstrubberg gegen die Hochsattelalpe an, so sieht man „die Werfener Schiefer als sehr breiten Zug im Graben aufsteigen, und zwar gegen den Vorderstrubberg höher hinaufreichend als gegen den Hinterstrubberg. Sie ziehen noch über die Hochsattelalpe hinauf und jenseits hinunter, das ganze breite, gegen NW abdachende Tal erfüllend. Aber auch ganz nahe unter dem Gipfel des Vorderstrub- berg sieht man die dunklen, oberen Werfener Schiefer in sehr steiler Schiehtung anstehen. Der Gipfel beider Berge besteht aus dunklem Guttensteiner Kalk. Der Kamm vom Vorderstrubberggipfel gegen S wird von demselben Kalk bis zur Isohypse 1000 m hinab gebildet, die gegen NW gerichtete Fortsetzung desselben jedoch zeigt schon in etwa 1200 m keinen Aufschluß mehr, sondern nur Gestrüpp und Wald. Erst oberhaib der Engelhartalpe, im SO der Wiese auf dem Sattel, trifft man in sehr dunklem Kalk Pedaten, ganz ähnlich dem Vorkommen am Jenner. Lose Stücke tief schwarzen Kalkes

Me

[55] | Das Tennengebirge. 423

mit kleinen Pedaten liegen reichlich herum. Näher der Wiese lagert dünnplattiges Gestein und einzelne dicke Kalkbänke mit Durchschnitten großer Bivalven oder Brachiopoden; das Gestein ist jedoch so hart, daß kein einziges Petrefakt daraus zu gewinnen war, um es zu be- stimmen. Das Streichen der Schichten scheint durchaus ein nord- westliches zu sein.

„Am Absturz von der Wiese zur Alpe tritt wieder das dunkle, dünnplattige Gestein auf mit einzelnen dicken Kalkbänken wechselnd, in welchen man hie und da Auswitterungen von kleinen Crinoiden- stielen findet. Rechts und links neben diesem Abstieg stehen mächti- gere Wände, in der westlichen, und zwar knapp im N der Alphütte kommt häufig eine feine und enggerippte Form von Halobien vor. In dem Graben, der von der Alpe in westnordwestlicher Richtung zu Tal geht, ist zwar viel Wasser, aber kein Aufschluß, da alles von Blöcken der Wände überrollt ist.

„Die sämtlichen Schichten sowohl des Vorder- als Hinterstrub- berg stehen steil aufgerichtet und streichen von NW nach SO. Von den Höhen des Vorderstrubberg genießt man eine prachtvolle Ansicht eines Teiles des Tennengebirgstockes, insbesondere auf die drei gegenüberliegenden scharfen Grate unter dem Scheiblingkogel“* (B.).

Die Schönalpe.

Vom Wieserbauer westlich der Lammerbrücke am Fuß des Strubberges führt ein Weg in südwestlicher Richtung aufwärts in ein verhältnismäßig weites Tal, welches dann allmählich nach NW um- biegt und gewissermaßen den Sattelberg im S halbkreisförmig umgibt. Im östlichen Teil dieses Tales liegt die Schönalpe. Die gegen den Hauptstock des Tennengebirges gerichtete Talseite gehört durchaus dem regelmäßig nach N fallenden Dachsteinkalk an; die entgegengesetzte Seite hilden die Abhänge des Sattelberges. Dieser, dessen Spitze die Höhe von 1033 m besitzt, „gehört zu seinem größten Teil, von der Lammer bis über die Spitze hin, dem Guttensteiner Kalk an, er führt hier die schwarzen Kalke mit weißen Adern, die mangan- schüssigen graphitischen Strubbergschiefer und dunklen Dolomite. Südlich der Spitze, etwa zwischen den Isohypsen 900 und 1000 m, breiten sich in einem weiten Bogen rote Adneter Kalke mit Ammoniten- durchschnitten aus; der südlichste Teil des Berges gehört bereits dem Dachsteinkalk an. Bei der Schönalpe beobachtet man über dem gewöhnlichen Dachsteinkalk einige wenige Bänder von demselben Gestein, in welchem jedoch neben Megalodonten Hornsteinknollen vorkommen; darüber ganz wenig roten Lias, dann viel graues, plattig- kalkiges, sehr kieselreiches, splitterndes mit schieferigmergeligem grauen Gestein und einer Hornsteinbrekzie. In diesem Komplex treten auch graue Crinoidenplatten auf. Man hat also hier die Lias- gesteine in verschiedener Entwicklung übereinander. Auch im NO der Schönalpe ist Lias noch auf kurze Strecke anstehend. Nördlich des- selben ziehen sich die Guttensteiner Kalke am Rande der Dachstein-

schichten vom Strubberg her.

424 Eberhard Fugger. \ [56]

„Der nach N gerichtete Teil des Tales der Schönalpe, dessen Boden fast vollkommen eben ist, wird im N von einem Walle, der größtenteils aus Trümmern von Dachsteinkalk mit riesigen Megalo- donten besteht, abgeschlossen, vielleicht der Stirnmoräne eines sehr kurzen alten Gletschers. Die Entstehung des Tales braucht deshalb nicht der Erosion dieses Gletschers zugeschrieben zu werden, es kann dasselbe, was wahrscheinlicher sein dürfte, bevor ein Gletscher hier tätig war, eine Schlinge des alten Flußlaufes der Lammer gewesen Sein.

„Der Einschnitt in den Hauptstock des Tennengebirges ist hier einer der tiefsten und größten, und die Wände des Dachsteinkalkes sind in außerordentlicher Regelmäßigkeit geschichtet“ (Bittner).

Die Infangalpe.

Geht man vom Lammersteg auf dem Fahrweg zu den Bauern- häusern Berger und Kuchelbach, so sieht man am linken Ufer des Baches, welcher beim ersten Hause fließt, ein grobes Konglomerat anstehen. Beim Bergerhause steht das schwarze, manganhaltige, schieferige Gestein, im Bergergraben (515 m) oberhalb der Häuser fließt der Bach in mehreren kleinen Stufen über die schwarzen Strubbergschiefer; in 525 m Höhe, an der Vereinigung zweier Bäche, steht am linken Ufer roter und grauer Werfener Schiefer an, etwa in h3 mit 20° Einfallen nach SO, ziemlich reich an Petrefakten, am rechten dagegen die Strubbergschiefer, deren Lagerung jedoch nicht meßbar ist. Weiterhin folgen über den schwarzen Schiefern schwarze Kalke mit weißen Adern und dunkle und helle Dolomite der Gutten- steiner Schichten. Dann folgen zwei Wasserfälle, der eine im Haupt- graben, der andere im rechtsseitigen Zufluß, welcher hier mündet. Wendet man sich im Hauptgraben gegen die Infangalpe aufwärts, so hat man fortwährend die Strubbergschiefer wechselnd mit den Dolomiten vor sich. Hier fand Bittner im Jahre 1883 in den Strub- bergschiefern kleine Bivalven, Spuren von anderen Petrefakten und einen Monophyllites, welch letzterer Fund die Zugehörigkeit dieser schwarzen Schiefer in das Niveau des Muschelkalkes, also der Gutten- steiner Kalke, unumstößlich beweist.

Uber den Guttensteiner Kalken steht am rechten Ufer des Grabens ein dunkler, eigentümlich brekzienartig aussehender, horn- steinführender Kalk an. Dieselben Hornsteinkalke ziehen unmittelbar oberhalb der Alpe (615 m) als eine mächtige, selbständig hervor- tretende Bank durch. Südlich der Alpe stehen noch die schwarzen Strubbergschiefer, dann findet man zahlreiche Stücke von Dachstein- kalken mit Lithodendron, großen Megalodonten und Gastropoden, rotem Adneter Lias und grauen Liaskalken, von denen besonders letztere stellenweise reich an Versteinerungen sind. Am Fuß des Platteneck steht auch hier der rote Adneter Kalk wirklich an; und weiter hinauf lagern die Dachsteinkalke vollkommen ungestört und regelmäßig geschichtet nach N gegen das Lammertal einfallend. „Auch an dem westlichen Zufluß des Bergergrabens, südöstlich vom Lammer- eck, steht in zirka 660 m Höhe Lias an“ (Bittner).

[57] Das Tennengebirge. 425

Von den vorhergenannten Bauernhäusern Berger und Kuchel- bach zieht sich im Halbkreis über S nach W ein seichtes Tal hin, welches als mächtige Schuttfläche an der Nordostseite des Lammereck bis an die Lammer reicht eine Wiederholung der Talbildung bei der Schönalpe im Kleinen. Dieser Halbkreis umschließt eine bewaldete Höhe von geringer Bedeutung, die aber dadurch interessant ist, daß man im O Werfener Schiefer, dann Guttensteiner Kalk, hierauf Ramsaudolomit und schließlich, wie es scheint, anstehenden Lias trifft. Im N dieser halbkreisförmigen Anhöhe breitet sich eine sumpfige Wiese gegen die Lammer hin aus.

Lammereck— Duscherbrücke.

Die Guttensteiner Kalke, welche vom Strubberg in westnord- westlicher Richtung zum Lammereck und weiter bis zur Duscher- brücke ziehen, bilden den Nordfuß des Tennengebirges. Sie sind beim Lammereck (884 m), dessen Höhe sie bilden, dickbankig, mehr dolo- mitisch und zum Teil hornsteinführend, streichen in der Richtung von N nach S und fallen ziemlich steil gegen O; weiter gegen W wird ihr Einfallen allmählich flacher.

„Im SW des Lammereck stößt ganz unvermittelt ein niedriger Rücken aus OSO streichenden, senkrecht gestellten Adneter Kalken von roter und grauer Farbe, der nur auf eine kurze Strecke von freiliegendem Dachsteinkalk unterbrochen wird, an die Guttensteiner Kalke. In der Nähe des Lammersteges treten in den Guttensteiner Kalken wieder Strubbergschiefer auf, welche flach nach SW fallen“ (B.).

In der Nähe der Duscherbrücke sind die Liaskalke hart an der Lammer in einem Steinbruch aufgeschlossen, die Guttensteiner Kalke treten anscheinend über den westlich von ihnen lagernden Liaskalken auf; auch hier führen die schwarzen Triaskalke an ver- schiedenen Stellen Einlagerungen von Strubbergschiefern.

Die Ecke, welche durch die Mündung der Lammer in die Salzach zwischen den beiden Flüssen gebildet wird, von der Mündung bis zur Reichsstraße, welche dem Paßlueg zuführt, gehört in ihrer kleineren westlichen Hälfte dem Alluvıum, in ihrer östlichen dem Diluvium an; die Grenze zwischen beiden ist durch die Böschung der diluvialen Schotterterrasse gegeben. Diese wird von der Eisen- bahn in der Richtung von N nach S durchschnitten und im O durch die Reichsstraße und die Felsen der Vorlagen des Tennengebirges abgegrenzt.

Das Plateau und die Steilwände.

Das Plateau des Tennengebirges erhebt sich aus steilen Wänden in W, S und O, während es nach N verhältnismäßig flach abdacht. Es zerfällt gewissermaßen in drei Hochplateaus, ein westliches, ein mittleres und ein östliches, welche von höheren Bergrücken und Spitzen, die auf den öden und rauhen Flächen als Wegweiser dienen, umgürtet sind. Das westliche Hochplateau nehmen teilweise die Vordere und Hintere Pitschenbergalpe und das Ebental

Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 55

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ein, das östliche die Tenn- und Wandalpe mit dem Höllkar; zwischen diesen beiden liegt das große mittlere Plateau mit dem Sandkar, dem Tiefkar und der Tiefen Grube. Gewaltige Kämme, die sich nach verschiedenen Richtungen verzweigen, mit zahlreichen Spitzen, umgeben das Plateau ringsum und durchqueren dasselbe. Eine der höchsten Erhebungen, der Bleikogel (2409 m) liegt nahe in der Mitte des Plateaus, die höchste Spitze ist das Raucheck (2428 m) als Eckstein im SW. Im N der nördlichen Umrahmung, aus welcher besonders der Wieselstein (2298 m) und der Scheiblingkogel (2284 m) hervorragen, liegen noch einzelne Terrassen, die sich aber rasch in Form von weiten Gräben gegen die Lammer zu abdachen.

„Das westliche und östliche Plateau besitzen einen spärlichen Graswuchs, nur das östliche wird durch einige Wochen des Hoch- sommers als Alpe benützt und an ihnen kommt noch die Krummholz- kiefer, obschon spärlich und kümmerlich fort. Das mittlere Hoch- plateau dagegen entbehrt fast jeder Vegetation und es bieten sich dem Auge ringsum nur kahle Felsmassen dar, die das Plateau zu einer schauerlichen Einöde stempeln. Die einzelnen Plateaus, haupt- sächlich das mittlere, werden einerseits von tiefen Schluchten, gleich- sam Längs- und Quertälern durchkreuzt, welche teils weithinziehende hohe Wände, teils zackige Spitzen hervorbringen; anderseits finden sich ungeheure, bis zu hundert Metern tiefe Trichter und Kessel vor, die überall von Felsmassen umschlossen und meist das ganze Jahr

mit Schnee erfüllt sind, und ebenso wieder an anderen Stellen aus-

gedehnte Karrenfelder“ (Lipold).

Das Plateau trägt zwei kleine Seen, die Pitschenberglacke nächst der Pitschenberg-Jagdhütte und die Schefflacke in dem wilden Kar zwischen Wieselstein und Scheiblingkogel. Auch mehrere Eis- höhlen sind auf der Höhe bekannt: Der Seeofen an den Wänden des Heankrail (Hühnerkralle), die Posselthöhle unter dem Hoch- kogel, die Fritzer Kirche unter dem Fritzer Kogel, zwei Höhlen an den Eiskogeln und die sogenannten Eislöcher am Tauernkogel.

Das Plateau des Tennengebirges gehört vollständig dem Dach- steinkalk an, die Steilwände sind massiger, ungeschichteter Riffkalk, die Felsrippen auf dem Plateau sowie seine Abdachung nach N zeigen schöne und regelmäßige Schichten in dicken Bänken mit gleich- mäßigem Fallen nach NO. Der Neigungswinkel ändert sich dabei allerdings, er beträgt nach Lipold im Längtal am Wege zum Niedertörl 36° an der Wiesel- und Rotwand 45° am Kuchel- berg 60% An den Wänden des Breitstein an der äußeren und unteren Grenze des Gebirges stehen nach Bittner die Schichten des Dachsteinkalkes schon nahezu senkrecht. Die breiten Gipfelkuppen, wie der Wieselstein, Scheiblingkogel, Hochpfeiler und Bleikogel zeigen geschichtete Kalke. Die Gräben, welche in den Nordabhang eingerissen sind, lassen hie und da unter dem geschichteten Kalk die ungeschichteten Korallenkalke sichtbar werden.

Die Kalke des Plateaus sind meist einfarbig grau, nur an einigen wenigen Stellen ziehen sich mächtige rote Massen oder rote Schmitzen durch dieselben, so daß sie im letzteren Falle gebändert erscheinen.

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[59] Das Tennengebirge. 497

Solche rote Kalke oder gebänderte Kalke trifft man am Hühner- krallkopf und Hochpfeiler (Geyer), am Fieberhorn, am Fuße der Rotwand und am Scheiblingkogel (Lipold), in der Tiefen Grube und oberhalb der Trickalpe (Geyer) sowie bei der Tennalpe (Lipold). Aber auch diese Kalke gehören dem Dachsteinkalk an.

An Versteinerungen fand M. V. Lipold und H. Prinzinger, welche im Jahre 1850 das Plateau auf dessen Südseite von W nach O und auf der Nordseite von nach W durchquerten, „Megalodon triqueter Wulf. im ganzen Tennengebirge, bald nur selten, bald aber wie am Wieselstein, nördlich von den Bleikogeln, südlich von der Wieselwand, auf dem mittleren Hochplateau in solchen Mengen, daß eine Muschel in die andere verwachsen zu sein und das ganze Gestein aus demselben zu bestehen scheint. Besonders interessant ist in dieser Beziehung die am nördlichen Fuße des Bleikogel befindliche, nur 10° nach NO geneigte ebene Fläche, welche die Dachsteinbivalve so häufig ausgewittert enthält, daß die Fläche dem schönsten Parkett- boden ähnlich wird“ (Lipold). Außer dieser Muschel trafen sie Lithodendren, dann eine Chemnitzia, welche an manchen Stellen eine ganz gewaltige Größe erreicht; Lipold fand Auswitterungen der- selben im Querschnitte mit einem Durchmesser von 5—8 cm und darüber. Böse fand am Wieselstein einen Brocken roten Kalkes, welcher mit Zrhynchonellina juvavica Bittner erfüllt war und unter den Wänden des Raucheck und des Hochthron außer einigen großen Me- galodonten und einigen Lithodendronstücken den Querschnitt eines Arcestes. Nach all dem scheint die Fauna des Dachsteinkalkes des Tennengebirges zwar reich an Individuen, aber arm an Arten zu sein.

Die Steilwände im W, welche eigentlich erst bei Brunneck im Paßlueg beginnen, bestehen bis über Stegenwald aus geschichtetem Dachsteinkalk, welcher von der Talsohle bis auf die Höhe des Plateaus reicht; weiterhin steigt unter demselben ein undeutlich geschichteter Korallenkalk auf und erreicht das Plateau im Bäreck. Schon bei Eckhart beginnen die Ramsaudolomite, ohne daß irgendeine Zwi- schenlage von Schiefern oder Dolomiten der Raibler Etage sichtbar würde. Der Ramsaudolomit zieht sich hier nach Geyer ebenfalls aufs Plateau zur Pitschenbergalpe und ist vom Dachsteinkalk durch einen Bruch getrennt; längs der Bruchspalte hin lagert im Schart- graben eine schöne rote Reibungsbrekzie. Die Ramsaudolomite reichen an den übrigen Teilen der Westseite des Gebirgsstockes meist nicht viel höher als bis 1100 m ü. d. Meer und bilden im allgemeinen die Basis, auf welcher die jüngeren Glieder der Trias aufliegen. Südwärts folgen am Fuße gewaltige Schuttmassen, welche teilweise die tieferen Etagen, Guttensteiner Kalk und Werfener Schiefer überdecken. Im Gundacker Graben beginnen die Wände erst in 755 m Höhe, wo der geschichtete Guttensteiner Kalk von wenig oder undeutlich geschich- tetem Guttensteiner Dolomit überlagert wird, etwa 40 m höher erhebt sich bereits der Ramsaudolomit. Im Loipfargraben kommt man erst in 825 m Höhe an die Felswand, welche hier aus einer groben Dolomitbrekzie, wohl auch dem Ramsaudolomit angehörend, besteht. Von der Höhe westlich oberhalb der Konkordiahütte aus sieht man

55*

498 Eberhard Fugger. . [60]

deutlich die Grenze zwischen den Dolomiten und den darüberliegen- den Hochgebirgskalken.

An der Südwestecke des Gebirgsstockes scheinen an den Steil- wänden über dem Ramsaudolomit die Raibler Dolomite aufzutreten, im Staudachgraben, wo die Wände in etwas über 1000 m Höne beginnen, findet man außer dem ersteren auch Trümmer des dunklen, mit roten Adern durchzogenen Raibler Dolomits. In den Gräben unter dem Raucheck, dem Fallsteiner, Kalcher und Reichhof- graben trifft man Ramsaudolomit am Fuße der Wände in Höhen von 1055 bis 1200 m; im Fallsteiner Graben liegen Stücke von dunklem Raibler Kalk sowie von schwarzem und rotschwarzem Raibler Dolomit, welcher in 1215 m Höhe ansteht; ebenso liegen sie auf der Schnepf- ries, und heben sich die dunklen Dolomitköpfe aus der hellfarbigen Schutthalde deutlich empor. Die Raibler Dolomite dürften hier bis 1900 oder 2000 m emporreichen.

Unter dem Hochthron und dem Fieberhorn ist von Raibler Dolomit nichts wahrzunehmen; der Guttensteiner Kalk reicht hier ziemlich hoch und über ihm lagert Ramsaudolomit, in welchem Böse einen Arcestenquerschnitt und Diplopora cf. porosa Schafh. fand. Über letzterem erhebt sich direkt der Hochgebirgskorallenkalk. Dagegen steigen im Hintergrund der Wenger Au die Ramsaudolomite direkt aus dem Talboden (1100 m) auf und werden in etwa 1500 m von Raibler Dolomit überlagert; letzterer reicht wohl bis gegen 1650 m an der Wand empor. Im SW unter den Eiskogeln scheint dieser wieder zu fehlen, im SO dagegen und unter dem benachbarten Tauern- kogel tritt er wieder deutlich hervor; ja an dem oberen Ende des grasbewachsenen Kammes, welcher sich von der Mitteralpe zum Tauernkogel hinzieht, steigen die Raibler Dolomite in 1900 m direkt auf und ziehen sich in nicht sehr großer Mächtigkeit mit einer kurzen Unterbrechung im NW der Aualpe hinüber bis fast zur Gappen- alpe, anfangs von Ramsaudolomit unterlagert, der bis etwas südöstlich vom Luftenstein direkt aus der Talsohle aufsteigt. Von da ab tritt ansteigend Guttensteiner Kalk auf.

„Die Gappenalpe im äußersten Osten (1508 m) liegt noch im Hochgebirgskalk, der allseits, speziell in S, SO und O darunter kleine Wände bildet. Der von hier gegen W hinziehende Rücken der Königswand besteht aus demselben Korallenkalk von vorherrschend heller Farbe, hie und da mit rötlichen Lagen, stark kristallinisch wie an den Abstürzen des Tennengebirges gegen Werfen, und äußerst fossilarm. Bittner sah darin nur Crinoiden. Unter der Wand zieht sich an der Südseite ein dunkler Streifen von Halobia rugosa-Schiefern hin, welche typisch entwickelt sind, mit einigen rostgelb verwitternden härteren Kalkbändern und einzelnen kleinen Schälchen von Halobien- brut. Schiefer und Kalke fallen steilnach N; darunter lagert dunkler Guttensteiner Kalk, darüber dunkler Raibler Dolomit in nicht sehr mächtiger Entwicklung, dann zum Teil gebändertes, gut geschichtetes Gestein und darüber endlich die hellen Hochgebirgskorallenkalke“ (B.).

1

[61] Das Tennengebirge. 429

Geologische Horizonte.

Die Silurschiefer bilden die Südgrenze des ganzen Gebietes; sie ziehen von Bischofshofen anfangs in fast nordöstlicher Richtung hinüber in den Rohrer- oder Raidelgraben, wo sie nicht ganz l km südlich vom Fritzbach als das Liegende der Werfener Schiefer deutlich aufgeschlossen sind. Weiterhin ist das Terrain wieder teils- mit Vegetation, teils mit Schutt bedeckt, und erst im Glatzhof- graben gegenüber der Fritzmühle ist die Grenze wieder kaum 1/, km südlich der genannten Mühle sichtbar. In der Nähe des Alpfahrttunnels trifft man sie deutlich am rechten Fritzufer, und zieht sich dieselbe von hier weg in fast gerader Linie ostwärts bis etwa halbwegs zwischen Brunnhäusl und Sag.

Die in dem beschriebenen Gebiete vorkommenden silurischen Gesteine sind meist sehr dünnschieferige Phyllite von größtenteils schwarzer oder schwarzgrauer Farbe, mitunter graphitisch, auch grau, seltener grünlich, grün oder tief violettgrau, oder es sind helle, grau- grüne oder dunkle Quarzphyllite, oder aber grüne Serizitschiefer. Sie unterscheiden sich hauptsächlich von den Werfener Schiefern dadurch, daß diese letzteren mehr sandsteinartig, die Silurschiefer dagegen von sehr schieferigem Gefüge sind.

In den Silurschiefern befindet sich der alte aufgelassene Bergbau Larzenbach, welcher auf Kupfer betrieben wurde.

Die Werfener Schiefer sind die Basis der gesamten süd- lichen Vorberge des eigentlichen Felsstockes des Tennengebirges sowie der Vorlagen im Osten und Nordosten; aber auch an der Westseite treten sie an einzelnen Stellen unter dem Schutt hervor und fast im äußersten Norden bei der Häusergruppe Berger trifft man sie auf eine kurze Strecke anstehend. An einzelnen Stellen, wie im Fall- steiner Graben, im Suppenwald, am Jochriedl und an der Schallwand reichen sie direkt an die Steilwände des Hochgebirges. In den Vorbergen werden sie an vielen Stellen von Guttensteiner Kalk, längs der Salzach direkt von Ramsaudolomit überlagert. Bei der Elmaualpe, im oberen Schöberlgraben, im Mooser und Merleckgraben sowie nördlich der Schallwand lagern auf den Werfener Schiefern unmittelbar die Raibler Schiefer. Selbständige Kuppen bilden sie in den südlichen Vorbergen am Spareggkopf (901 m), Fraueneck im Reiterwald (1568 mn), Weyerberg (1438 m), Labenberg (1713 m), Fromerkogel (1814 m) und Gratzkopf (1322 m) bei Annaberg.

Die tiefsten Lagen der Werfener Schichten sind meist Quar- zite, entweder „ausgezeichnet schieferig mit feinen Glimmerblättchen“ (Peters, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. V, pag. 120) und „chloritischen Flächen“ (Bittner), oder diekbankige, dichte, völlig ungeschichtete Massen, welche aus der Ferne leicht mit den Kalken verwechselt werden können; ihre Farbe ist meist grün, auch hellgrün, grau oder weiß. Besonders die dünnbankigen Lagen sind nicht selten von Quarz- adern quer auf die Schichtung durchzogen. Diese Quarzite sind aber nicht immer nur im Liegenden zu finden, sondern bilden auch manch- mal mehr oder minder mächtige Lagen in den höheren Etagen.

430 Eberhard Fugger. a [62]

Die höheren Lagen werden von den gewöhnlichen roten oder rotbraunen, oft fast violetten Schiefern gebildet, welche weiter oben mit grünen und grauen Schiefern wechseln oder in solche übergehen. Sie sind weniger kalkig, mehr glimmerig und sandig, manchmal auch wirkliche Sandsteine und führen in ihren Bänken nicht selten Petre- fakten. Alle diese Schiefer enthalten häufig Einlagerungen oder Adern von Quarz mit Eisenspat und Brauneisenstein, aber auch hie und da von Eisenglimmer, Eisenglanz, Baryt, Lazulith Malachit und Berg- kristall. Im Raidelgraben wurden seinerzeit auch Wagnerite ge- funden. Manchesmal sind die Schiefer ziemlich stark kristallinisch, besonders die grünen Bänke sind oft sehr großglimmerig mit allerlei Wülsten auf den Schichtflächen; auch Brekzien dieser Schiefer kommen vor. In diesen Schiefern, aber besonders in den hangendsten Partien des ganzen Werfener Schieferkomplexes treten massige Lagen von Salzgebirge (Haselgebirge), das ist von rotem und weißen Gips, roten, grauen und grünlichen Gipston oder Gipsmergeln auf, welche letztere nicht selten Pseudomorphosen von Gips Bar Steinsalz, auch Muriazit und Breunerit enthalten.

Nahe im Hangenden der Werfener Schiefer finden wir dünn- schichtige elimmerreiche Platten von gelber Farbe, meist reich an stark verzogenen und verdrückten Gervillien. Das Hangende endlich bilden dunkle kalkigsandige Schiefer, auf deren Schichtflächen sich glimmerige Lagen befinden; sie gehen nach oben zu allmählich in eigentliche Kalkplatten über.

An Versteinerungen wurden gefunden:

Myacites Fassaensis Münst. im Salzachtal bei Bischofshofen, im Bischofs- hofener Tunnel, zwischen der Strussing- und Mayeralpe, im Fritztal, bei Annaberg und am Kleinen Traunstein.

Myophoria costata am Buchberg und Strubberg.

Gervillia sp. beim Bischofshofener Tunnel, im Fritztal, Larzenbach- graben, Kargraben und bei Annaberg.

Naticella costata Wissm. bei Annaberg, am Kleinen Traunstein und auf dem Strubberg.

Turbo rectecostatus Hauer und Ceratites sp. beim Bischofshofener Tunnel. Krinoidenstielglieder bei Annaberg.

Im Werfener Schiefer bestand ein Bergbau auf Eisen im Raidelgraben und ein solcher auf Blei und Zink auf der Fromer- alpe; an der Grenze zwischen Werfener Schiefer und Guttensteiner Kalk die Bergbaue auf Eisen an der Roten Wand, im Schober- sraben und am Gwehenberg; neuerdings in Betrieb gesetzt ist der alte Eisenbau bei Diegrub.

Die Guttensteiner Kalke umziehen das eigentliche Hoch- gebirge an allen Seiten mit Ausnahme der Westseite und bilden stellenweise die Basis der Steilwände, so insbesondere allerdings mit Unterbrechungen an der Südseite des Gebirgsstockes vom Gundacker Graben bis zum Tauernkogel, dann an der Süd-

[63] Das Tennengebirge. 431

ostecke des Hochgebirges vom Edelweißkopf bis über die Schall- wand hinaus.

Am- Nordfuß des Gebirges zieht sich ein zusammenhängendes Band von Guttensteiner Kalk von Epen nahe der Lammermündung bis gegen Unterberg bei Abtenau, ebenso zeigen sich drei parallele Züge an und auf den beiden Strubbergen; ein mehrfach unter- brochener Zug reicht vom Aubach bei Abtenau um die Pailwand und den Schober, unter der Schallwand und Gappenhöhe hin bis unter den Edelweißkopf und um den Gwehenberg herum; ein anderer um den Hochschober.

In den südlichen Vorbergen lassen sich vier teilweise zusammen- hängende Züse von Guttensteiner Kalk erkennen; der Zusammen- hang in den beiden nördlichen ist wenig unterbrochen, von den beiden südlichen dagegen sind nur einzelne Reste erhalten. Der erste, nörd- lichste dieser vier Züge reicht von Schreckenberg über die Fallsteinwand, den Fuß des Hochthron, das Scharreck, die Mooser Alpe, um dem Fromerfeldkogel zum Ostermais- wald und durch den oberen Karbach bis Guglhof an der Straße von St. Martin nach Lungötz. Das zweite, ebenfalls deutlich zu ver- folgende Band zieht von Loipfar im Salzachtal durch die Erzherzog Eugen-Klamm über die Kreuz- und Bischlinghöhe zur Schwarzeneckhöhe. Der dritte Zug ist nur mehr durch vier Reste markiert: bei dem Elektrizitätswerk Pfarrwerfen bis über Unterkendl, bei Arnoldseck bis Mühlbacher, am Stein- berg, und endlich bei Seiden an der Mündung des Lindaugrabens in das Larzenbachtal. Von dem vierten Zuge sind nur ganz unbe- deutende Spuren an der Südseite des Fritztales sichtbar bei Lehen auf dem Buchberg, im Brandstatt- und im Glatzhofgraben.

Selbständige freie Kuppen bildet der Guttensteiner Kalk nur am Nordgehänge des Gebirgsstockes am Lammereck (884 m) und Sattelberg (1033 m), über deren Höhen die Grenze zwischen Guttensteiner Kalk und dem bergseits auflagernden Lias sichtbar ist, im Vorderen (1225 m) und Hinteren Strubberg (1206 m) und in der Fortsetzung des letzteren, dem Arlstein (948 m).

Die normale Überlagerung der Guttensteiner Schichten durch Ramsaudolomit trifft man nicht überall; man beobachtet sie zwar an dem ZugeSchreckenberg—Scharreck und zwischen Edelweiß- kopf und Riffelwand, dann am Hochschober, ferner in dem zusammenhängenden Zuge vom Fromerfeldkogel über Karrain und die Ostermaishöhe zum Höheneck, bei der Karalpe und im unteren Oberschobergraben. Direkte Auflagerung von Reif- linger Kalken wurden nur an zwei unbedeutenden Stellen, die eine nördlich der Schallwand, die andere westlich der Pailwand beob- achtet. Zwischen Stoiblhof und der Pailwand, dann zwischen dem Großen Traunstein und der Schallwand, an der Wand zwischen Gappenhöhe und Riffelwand, südlich von Merleck und im oberen Oberschobergraben liegen die Guttensteiner Kalke un- mittelbar unter den Raibler Schiefern. Am Vorderstrubberg werden sie von Hallstätter Kalken, am Traunstein, an der Schallwand und im Aubachgraben von Dachsteinkalk überlagert. Der Gutten-

432 Eberhard Fugger. ' [64]

steiner Kalkzug am Nordfuß des Gebirges von Epen bis Unterberg wird größtenteils von Dachsteinkalk, stellenweise auch direkt von Lias überdeckt.

Die Gesteine der Muschelkalkserie sind meist die gewöhnlichen Guttensteiner Kalke, d. h. dunkle, graue bis schwarze, fast dichte Kalke, welche häufig von weißen Kalkspatadern durchzogen sind; manchmal sind sie eisenschüssig und werden dann blaugrau oder ver- wittern braun oder gelblichbraun. Sie sind teils dickbankig oder unge- schichtet, dann auch wieder dünnplattig; letztere kommen auch bituminös vor. An einzelnen Orten trifft man mehr oder weniger groß- luckige Rauhwacken. Nach oben zu. werden die Kalke meist dolomitisch von zwar grauer, aber doch etwas hellerer Farbe und enthalten auch häufig noch die weißen Kalkspatadern ; an einzelnen Stellen sind diese Dolomite brekzienartig.

Den Kalken sind gar nicht selten die Strubbergschiefer eingelagert; schwarze, häufig gefältelte Schiefer von holzartigem Aus- sehen mit glänzenden Flächen oder manganschüssige, abfärbende, kieseligplattige Schiefer. Schon Lipold (Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. II, 1851, pag. 7TO— 71) beschreibt sie vom Nordfuß des Tennengebirges als „dünngeschichtetes, einem Tonschiefer nicht unähnliches Gestein, das dicht, schwarz, mit unebenem Bruch, erdigem Ansehen und einzelnen sehr zarten glänzenden Punkten, angehaucht stark nach Ton riecht und in Salzsäure die Gestalt des angewendeten Splitters behält. Sein spezifisches Gewicht ist 2°738, die Härte 5'8. Die Analyse ergab Kiesel- säure 35'725, Tonerde 7'400, Eisenoxyd 9'225, Manganoxyd 1'125, Magnesiumkarbonat 2493, Kalziumkarbonat 36 330 Prozent.“

In den tieferen Lagen des Guttensteiner Kalkes, an der Grenze gegen die Werfener Schiefer treten Eisensteine auf, wie Eisenspat, Eisenglanz und Eisenglimmer, dann aber auch wirkliche Eisenschiefer ähnlich denen, wie man sie im Silur des Dientener Tales findet.

Die ganze Muschelkalkformation des Gebietes ist arm an Petre- fakten. Fischschuppen oder Knochenzerreibsel und Brachiopodenspuren sah Bittner auf der Elmaualpe, Gastropoden- und Brachiopoden- durchschnitte sowie Crinoiden zwischen Lungötz und Annaberg an der Lammer. Crinoiden finden sich ferner auf der Elmaualpe, am Traun- stein und auf dem Arlstein, an letzterem fand Heinrich Prinzinger auch deutliche Exemplare von Pentacrinus liliiformis und in der Nähe der Infangalpe entdeckte Bittner einen Monophyllitvs und kleine Bivalven, und weiter östlich auch ein Bruchstück eines Hungarites.

An der Fallsteinwand bestand ehemals ein Bergbau auf Blei- und Zinkerze im Guttensteiner Kalk.

Ramsaudolomit umzieht das eigentliche Hochgebirge von Eckhart im Salzachtal längs der südlichen Steilwände bis zur Riffel- wand teils von Raibler Dolomit, teils direkt von Hochgebirgskorallen- kalk überlagert. Die Kuppe des Hochschober (1668 m) gehört dem Ramsaudolomit an, der Kamm vom Fromerfeldkogel (1887 m) über Karrain (1848 m) zum Höheneck besteht ebenfalls aus Ramsau- dolomit, welcher an der Nordseite unter die Raibler Schiefer einfällt und bei der Vorderen Karalpe unter denselben wieder zutage

[65] Das Tennengebirge. 433

tritt. Außerdem steht er an der Straße von St. Martin nach Lungötz zwischen dem Oberschober- und Merleckgraben an.

Der Ramsaudolomit ist ein meist hell gefärbter, brekzienartiger, ungeschichteter Dolomit mit charakteristischer Oberflächenverwitterung. An vielen Stellen geht er nach oben in den zuckerkörnigen, ebenfalls hellgefärbten Wettersteinkalk über, der in seinen oberen Partien auch wieder häufig dolomitisch ist. An einigen Stellen ist der Ramsau- dolomit oder der Wettersteinkalk von Reiflinger Kalk überlagert, einem dichten, grauen Kalkstein, reich an dunklen Hornsteinknollen. Dieser ist auf der Elmaualpe, an der Straße zwischen St. Martin und Lungötz, im Merleckgraben und am Gehänge zwischen Ober- und Unterschober aufgeschlossen. Westlich der Pailwand und nordwestlich der Schallwand finden sich kleine Aufschlüsse von Reiflinger Kalk, an letzterem Orte die Raibler Schiefer unter- teufend. Auf der Ostermaishöhe und auf dem Hochschober tritt auch jener dichte bläuliche Kalk auf, welcher in einer wenig mächtigen Schicht in den Dolomiten der Blühnbachklamm vorkommt.

Im Ramsaudolomit fand Böse unterhalb des Hochthron und Fieberhorn einen Arcestes-Durchschnitt und Diplopora cf. porosa Schafh. .

Verhältnismäßig sehr schwach entwickelt sind im Gebiete des Tennengebirges die Raibler Schiefer und Kalke. Die Raibler Schiefer bilden kleine Komplexe unmittelbar den Werfener Schiefern auflagernd auf der Elmaualpe, auf Guttensteiner Kalk im Steiner- graben, dann einen schmalen Zug unter dem Raibler Dolomit der Riffelwand und unter den Hochgebirgskorallenkalken der Königs- wand und der Gappenhöhe; sie finden sich am Nordwestgehänge der Pailwand, den Hallstätter Kalk unterteufend, und in schmalen Streifen im NW der Schallwand, dann im SW und SSO des Großen Traunstein, an diesen Orten von Dachsteinkalk überlagert.

Die größte Verbreitung zeigen sie um die obere und untere Karalpe; sie bedecken hier das Nordgehänge des Fromerfeld- kogels, Karrain und Höheneck, sind im Moosergraben bis zum Moosgut aufgeschlossen und ziehen dann östlich durch den Merleck- und Oberschober-Graben. An der Mündung des ersteren findet man sie an der Talstraße wenige hundert Meter süd- lich von Lungötz.

Während an den genannten Lokalitäten nur die Schiefer auftre- ten, findet man am Karrain und bei der oberen Karalpe auch Raibler Kalke.

Die Raibler Schiefer treten am Tennengebirge als Halobienschiefer auf, das heißt in derselben -Form wie am Hagengebirge, Hochkönig, Steinernen Meer und Birnhorn häufig Halobia rugosa führend, als schwarze, braun verwitternde Schiefer, welche überall, wo sie ausge- dehntere Flächen bilden, gute, quellenreiche Weideplätze erzeugen. Die Raibler Kalke sind schwarze, seltener graue, sehr dichte und harte plattige Gesteine, welche ebenso wie die Schiefer braune Verwitterungs- flächen zeigen.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 56

434 Eberhard Fugger. h [66]

An Versteinerungen wurde in dieser Etage unseres Gebietes bisher nur sehr wenig gefunden, nämlich Trachyceras Aon Mü. auf der Oberen Karalpe, Carnites floridus Wulf. beim Oberschober, Halobia rugosa Gbl. daselbst, dann auf der Oberen Karalpe, an der Straße südlich von Lungötz, unterhalb der Gappenhöhe und an der Pailwand, endlich cf. Posidonomya Wengensis südwestlich unter der Königswand.

„Auch die Dolomite der Carditaschichten sind nicht

mächtig ausgebildet. Man findet sie nur an den Felswänden der Süd- seite des Hauptmassivs des Tennengebirges von der westlichen, gegen das Salzachtal gerichteten Ecke mit einzelnen Unterbrechungen bis zur Königswand im als Unterlage der Hochgebirgskalke, welche die oberste Partie der Felswände bilden.

Es sind meist dunkle, fast schwarze, auch rote oder rot und schwarze, selten helle Dolomite, welche die bekannten klotzigen Formen bilden und sich dadurch von den mehr scharfkantigen Formen der unteren Dolomite und den mehr ebenflächigen Wänden der Dach- steinkalke abheben.

Hallstätter Kalk ist vorläufig nur an drei Stellen mit Sicher- heit nachgewiesen: am Vorderen Strubberg, wo derselbe von der Lammer in einem schmalen Streifen über die Engelhartalpe bis gegen den höchsten Punkt des Berges als Überlagerung des Guttensteiner Kalkes aufwärts zieht; ferner als Scheffkogel, welcher sich aus der Diluvialfläche nördlich von Abtenau bis 908 m erhebt; endlich als Kuppe der Pailwand 1273 m, teils die Raibler Schiefer, teils den Guttensteiner Kalk überlagernd. Die Stelle an der Pailwand ist auch noch deshalb interessant, weil hier zum erstenmal die Lagerung der Hallstätter Kalke über den Raibler Schichten im Jahre 1883 durch Alexander Bittner und mich nachgewiesen werden konnte.

Auch an den Steilwänden am Südabhange des Tennengebirges müssen nach Funden in der Schnepfries, unter dem Fieberhorn und im Rettenbachgraben Hallstätter Kalke eingelagert sein.

Die Kalke sind teils klotzig, teils dickbankig, teils plattig, dicht, hell oder dunkel, rötlichgelb, rötlichbraun, rötlichgrau, dunkelgrau, auch schwarz, zum Teil knollig, meist sehr hart; auch Draxlehner Platten, das ist helle oder rote Kalke mit Einlagen von Hornstein kommen vor. In den tieferen Partien der Hallstätter Kalke der Pail- wand bilden sie eigentümlich schieferige Platten mit grünlichen, chloritischen oder talkigen Ablösungsflächen.

An den Steilwänden fand Bittner kleine Halobien, auf dem Strubberg außerdem die Monotis salinaria Br., Halobia cf. plicosa Mojs. und Pedaten sowie undeutliche Reste anderer Versteinerungen; an der Pailwand insbesondere fünf verschiedene Halobia-Arten, einen Arcestes af. subumbilicatus Br., eine andere Arcestes-Art, einen Mono- phyllites af. eugyrum Mojs. und einen Tropites.

Das Plateau des Massivs sowie das Nordgehänge desselben bis an den Fuß herab gehört dem Dachsteinkalk an, ebenso die oberen Partien der Steilwände an der Südseite. Am Westabhange reicht derselbe bis ins Tal herab und wird erst südlich von Eck-

Al re. en u EEE nie BEN

[67] Das Tennengebirge. 435

hart von Ramsaudolomit unterteuft. Auch die Hauptmasse des Großen Traunstein (1948 m) und seines östlichen Nachbars, des Schober (1789 m), ist Dachsteinkalk. Er wird nur an einigen wenigen Stellen von Liaslagen überdeckt.

In den tiefsten Partien bildet der Dachsteinkalk helle Platten; darüber folgen die massigen ungeschichteten Korallenkalke, manchmal sogar klotzig, von dunkler, grauer, aber auch von fast rein weißer Farbe; die grauen Kalke sind häufig von riesenoolithischer Struktur, die weißen oft fast kristallinisch, ja manche schon beinahe weißer Marmor. Über den ungeschichteten Korallenkalken folgen die ge- schichteten als helle, fast weiße, wenig rote Kalke, mitunter hellgrau oder graurötlich, dann wieder hell mit schwarzen oder roten Bändern oder Fiecken und Schmitzen, selten mit Hornsteinknollen. Eine be- sondere Varietät der Dachsteinkalke sind die hellen porzellanartigen Einlagerungen.

„Die ungeschichteten Riffkalke enthalten Bruchstücke und Durch- ° schnitte von Cephalopoden, Bänke voll Halobienbrut, am häufigsten aber schöne Korallen- und Bryozoenauswitterungen* (B). Im geschich- teten Dachsteinkalk finden sich Megalodon triqueter Wulf. stellenweise häufig, so im Paßlueg, bei Stegenwald, bei der Infang-, Schön- und Roßbergalpe und auf dem Plateau; Halorella amphitoma Br. und H. rectifrons Bittner var. praematura bei Stegenwald, Phynchonellina jwvaviea Bittn. und Kissoa alpina Gbl. an mehreren Punkten.

Kössener Schichten wurden bisher nur an einer einzigen Stelle in einem Streifen vom nördlichen Anstieg im PaßBlueg über Zimmerau hin bis gegen Bruneck nachgewiesen. Es sind graue, dichte Mergelkalke, ziemlich reich an Brachiopoden.

Adneter Kalke, rot, graublau oder dunkel gefärbt, sind in dem Steinbruch nächst der Duscher Brücke aufgeschlossen; eine zweite Stelle findet sich nördlich von Zimmerau, ein Streifen dieser Kalke zieht an der Westseite des Lammereck hin. Eine sehr schmale Lage derselben trifft man westlich von Berger. eine andere südlich dieses Bauernhauses, dann südlich der Infangalpe, bei der Schönalpe, ebenso nordöstlich des Roßberg und im Höll- kar. Bei der Schönalpe und der Infangalpe tritt über den Adneter Kalken eine andere Entwicklung von Liasablagerungen auf in der Form von grauem, plattigkalkigen, sehr kieselreichen, splitternden Gestein, einer Hornsteinbrekzie mit schieferigen grauen Mergeln und grauen Platten voll Crinoiden.

Der Lias am Nordostabhang der Tagweide scheint dem Hier- latz anzugehören, er ist vorherrschend dunkel bis nahezu schwarz, reich an Crinoiden und enthält zahlreiche Ammonitendurchschnitte, besonders von Angulaten.

Außer den oben angeführten Crinoiden findet man in den Adneter Kalken Versteinerungen bei der Duscher Brücke und der Roß- bergalpe gegen den Südfuß des Vorderstrubberg, und zwar an beiden Orten Nautilen, Arieten, Aegoceraten, Phylloceraten und Lytoceraten, an ersterem Fundorte überdies Aulacoceras, bei der Roßbergalpe außerdem Phylloceras eilindricum Sow., Psiloceras sp., Ammonites

56*

436 Eberhard Fugger. . [6 8]

Suessi Hauer, Lytoceras Haueri Stur, mehrere Rhynchonellenarten, Terebratula Aspasia Menegh. sowie Pleurotomaria sp. und Trochus sp. An der Lammer gegenüber der Mündung des Rigausbaches beim sogenannten Salzsteg treten auf kurze Strecken Gosauschichten auf, und zwar harte dichte Gosaukonglomerate und Mergelkalke mit Actäonellen, Nerineen, Hippuriten, Sphärulithen, Korallen und anderen Versteinerungen.

Diluviale Terrassen lassen sich an der Salzach von Stegenwald aufwärts verfolgen und sind hie und da als junge Konglomerate bloßgelegt. Diese Terrassen werden deutlicher von der Mündung des Kalcher Grabens aufwärts, sie reichen in dieser Gegend etwas über 600 m Meereshöhe, entsprechend der Höhe der Reichsstraße in dem Einschnitte zwischen dem Werfener Schloßberg und dessen westlichem Nachbar, dem Schartenberg. Auch an der Lammer von Lungötz abwärts bis zu ihrer Mündung in die Salzach lassen sich hin und wieder Reste von diluvialen Terrassen wahr- nehmen; die letzte Terrasse ist durch die Bahnlinie zwischen Lammer und Salzach markiert. Auch bei Brunnhäusl und in den unteren Partien des St. Martiner Grabens sind deutlich Terrassen sichtbar.

Große Massen von diluvialem Schotter sind in der Ebene von Abtenau angehäuft, auch die Hochflächen von Moosfeld südlich von Mordeck, der Wenger und der Fromer Au enthalten diluviale Schotter, teilweise überdeckt von Gebirgsschutt. Auch sonst gibt es noch ziemlich viele kleinere Flächen, deren Boden aus dilu- vialem Schotter besteht. Geradezu riesige Schottermassen weist der Wenger Graben zwischen Arnoldseck und der Grabenmühle im Salzachtal auf. Der Bach hat sich in diese stellenweise bis zu 100 m und noch tiefer eingeschnitten. Auch im weiten Tal der Au- alpe lagern reichliche Mengen von Diluvialschottern, von Gebirgs- schutt an vielen Stellen überlagert. Die Wasserscheide zwischen Lammer und Fritz, die Hochfläche von St. Ben ist von diesen Schottern gebildet.

Von ganz besonderem Interesse sind die diluvialen Konglo- merate des Fritztales, welche fast horizontal geschichtet sind und sich als interglaziale Seebildung erweisen, da sie im Saizachtal bei Bischofshofen nächst der oberen Eisenbahnbrücke auf der Liegend- moräne auflagern und auf den Höhen des Buchberges von jüngeren Moränen überdeckt werden.

Ein Zug sehr grober Brekzien mit teilweise abgerundeten Steinen, von denen einzelne sogar 1 m Durchmesser und darüber be- sitzen, läßt sich an der Südwestecke des Hochgebirges vom Setzen- bergegraben bis in die oberste Partie der Erzherzog Eugen- klamm in zirka 900 m Meereshöhe nachweisen. Diese Brekzie stammt wohl aus jener Zeit, als die Salzach ihre Wässer noch über den OÖfenauer Berg ins weite Tal ergießen mußte. Auch in den Gräben zwischen Kreuzhöhe und Mordeck liegt in zirka 1450 m Höhe viel zusammenhängende Gebirgsschuttbrekzie.

Moränen finden sich außer der bereits genannten Liegend- moräne von Bischofshofen im Paßlueg in der Nähe des Block-

La a Ei Do Zu 7 u ı

[69] Das Tennengebirge. 437

hauses, in den südlichen Seitengräben des Fritztales, auf der Höhe des Buchberges, im Lammer Tal, um Abtenau, am Fuße der beiden Strubberge; größere erratische Blöcke in der Fritz bei Hüttau und im Larzenbach noch in ziemlich be- deutender Höhe, Granatkristalle in Chloritschiefer auf dem Hoch- plateau in 1900 m Meereshöhe (Haidingers Berichte II, 1847, pag. 301).

| Auch einige größere Moore kommen im Gebiete vor, so ins- besondere das Moosfeld und die nächste Umgebung von Werfen- weng.

Schutthalden bedecken ausgedehnte Flächen am Fuße der Steilwände, Flußalluvionen trifft man außer im Salzachtal zwischen Sulzau und Bischofshofen nur in geringer Ausdehnung an den Ufern der Lammer.

Tektonik.

Am rechten Ufer des Salzachtales und an dem gegen dieses abfallenden Gehänge treten die ersten Aufschlüsse im Werfener Schiefer ungefähr beim Schwimmbad von Bischofshofen auf; noch bei der Ortsbrücke südlich von Bischofshofen ist in einem Stein- bruch Phyllit mit nördlichem Einfallen sichtbar. Vom Schwimmbad nordwärts ist der Werfener Schiefer wohl mehrfach von Schotter und Moräne bedeckt, aber doch an manchen Punkten aufgeschlossen, und zwar mit durchaus nördlichem Einfallen, so im Graben, welcher zwischen den beiden Eisenbahnbrücken mündet, sowie noch an zwei Punkten zwischen diesem und der Tunnelmündung. Im Eingang ins Fritztal fallen die Werfener Schiefer ebenfalls nach N, aber hundert Schritte weiter drinnen bemerkt man schon eine Störung, die Schiefer fallen zuerst nach NNO, dann W und sogar SW, unmittelbar nörd- lich darüber an der alten Hüttauer Straße in NO, südlich von Feuer- seng wieder nach N und weiter östlich in W, darauf wieder in N.

An der genannten alten Straße westlich von Seeberg ist das Einfallen südwestlich, weiterhin rein südlich und bei Salzachgrub normal nördlich, auch bei Frischl verflächen die Schiefer in N. Nordöstlich vom Dechanthof fallen die Schichten nach NW unter

die Guttensteiner Kalke ein, welche hier westlich von Unterkendl

ebenfalls nach N oder NW, etwas nordöstlich davon aber in SO einfallen.

Es folgt gegen N wieder Werfener Schiefer, welcher an der Mündung des Wengergrabens nach fällt, aber oben auf dem Gehänge bei Scheibenhub und Einberg nach NW verflacht. Auch am linken Salzachufer trifft man oberhalb der Eisenbahnstation Werfen die Werfener Schiefer nach S, unterhalb derselben nach N fallend.

Die nordwärts folgenden Guttensteiner Kalke fallen im unteren Kalchergraben nach NNW oder N, unterhalb Zeismanm nach SO ; die Werfener Schiefer im oberen Kalchergraben fast nach N, im Staudachgraben in 720 und 735m Meereshöhe nach $S, die Guttensteiner Kalke darüber in 775 m nach N; darauf folgen Werfener

438 Eberhard Fugger. ö [70]

Schiefer, deren Lagerung ich nicht konstatieren konnte; in 810m Höhe lagert wieder dolomitischer Guttensteiner Kalk mit südlichem Einfallen. Die Werfener Schiefer im Gundacker Graben fallen in 575 m Höhe nach N, die Guttensteiner Kalke in 745 m nach NNW.

Es ergeben sich aus diesen Beobachtungen, wenn man die kleineren Störungen außer acht läßt, im Salzachtal an dessen rechtem Ufer zwischen Bischofshofen und der Eisenbahnhaltestelle Kon- kordiahütte fünf Synklinalen (Fig. 4): Fritztal—Seeberg, Salzach- grub-Unterkendl, Scheibenhub-Schwandbach, Kalchergraben unterer Staudachgraben, 775—810 m Meereshöhe im oberen Staudachgraben, und dementsprechend fünf Antiklinalen.

Ein Profil von Lehen bei Buchberg (Fig. 5) durch den Faistengraben über die Ellmaualpe an die Felswände der Wenger Au gibt uns in bezug auf die Schichtung weniger Klarheit.

Fig. 4. „MM BN N I S S S IN S S Q S I = Se Se ISIS 0 = rn S SS SIHrSnff ss. S S S 8 S /sS ee in S je Srre, SPA R S i i ; Ä == 5 ü Y Vz, > SUıY N \V/ IN IN UN N IN RE SS == ‚Honglomerat MWerteneröchiefer Eutensteiner Kalk

In Fig. 4 links oben soll es anstatt Frötztal richtig Fritztal heißen.

Die Guttensteiner Kalke von Lehen liegen konkordant auf Werfener Schiefern, welche nach NW fallen; die Werfener Schiefer des Fritz- tales verflächen in N, weiter nördlich bei Ellmautal in S, die Guttensteiner Kalke bei Mühlbacher und Arnoldseck in SW, die nun nacheinander folgenden Schichten von Werfener Schiefern, Guttensteiner und Reiflinger Kalken und Raibler Schiefern im Faisten- graben alle wieder nach N; aber auch die Werfener Schiefer des nördlich davon gelegenen Laimgrabens und der Laimau sowie ihre am Fuß der Felswände aufliegenden Guttensteiner Kalke fallen ebenfalls konkordant nach N unter die Ramsaudolomite der Steil- wände ein. Hier findet man also nur eine Synklinale zwischen der Fritz und Ellmautal sowie eine Antiklinale zwischen Arnoldseck und dem Faistengraben, dagegen eine scheinbar konkordante Auflagerung der Werfener Schiefer der Laimau auf den Carditaschichten der Ellmaualpe. Das Profil Glatzhofgraben—Jochriedl zeigt ähnliche Verhältnisse. Im Glatzhofgraben tritt Werfener Schiefer mit Einfallen nach N auf, welchem eine kurze Strecke Guttensteiner Kalk

[71] Das Tennengebirge. 439

konkordant aufliegt. Im Boden des Fritztales hat der Werfener Schiefer dieselbe Lagerung; auf der Höhe von Hochbruck tritt er mit südlichem Einfallen auf, wenig weiter nordwärts bei Ebner und in der Nähe von Grub ist das Verflächen wieder nördlich. Weiterhin folgt Guttensteiner Kalk, dessen Lagerung nicht bestimmbar ist, im Steinberg. Im Verfolge gegen NO trifft man wieder auf Werfener Schiefer, den zwei Bänder von Guttensteiner Kalk durchziehen, und welcher im Jochriedl direkt an die Steilwände des Tauern- kogels anstößt. Auf der ganzen Strecke vom Fuß des Steinberges bis zu den Wänden des Tennengebirges passiert man sowohl im Graben als auf den Höhenzügen rechts und links derselben drei Züge von Werfener Schiefern und zwei von Guttensteiner Kalk, alle überall mit Einfallen nach N oder NNO, ohne eine einzige Stelle mit südlichem

Verflächen zu finden.

Fig. 5. S Nu. 3 a t)r Rn AM I) S S Ss UL) |

301

Konglomerat HerlenerSihieier Eutiensteiner Kalk Kaibler Schichten”

Es gibt daher in diesem Profil wieder nur eine Synklinale zwischen der Fritz und Hochbruck und eine Antiklinale zwischen Hochbruck und Ebner.

Geht man durch den Larzenbachgraben zum Jochriedl, so trifft man im Ausgang des Grabens Silurschiefer, dann weiterhin Werfener Schiefer, beide mit nördlichem Einfallen; nun folgt der Kalkfels von Seiden, über dessen Verflächen sich nichts bestimmen läßt, und hierauf wieder Werfener Schiefer mit Einfallen nach N. Unterhalb des Bauerngutes Speck liegt in 999 m Meereshöhe eine unbedeutende Kalkmenge, deren Lagerung ebenfalls nicht bestimmbar ist. Von hier nordwärts lagert nur Werfener Schiefer bis zum Joch- riedl, zweimal von Bändern von Guttensteiner Kalk unterbrochen. Im ganzen Profil ist aber das Verflächen in N oder NNO zu konstatieren. Die ganze Schichtfolge ist wie vollständig normal konkordant mit nördlichem Einfallen gelagert.

Die Vorberge der Südwest- und Südseite des 1 stellen also ein kompliziertes, übereinandergeschobenes Faltengebirge dar, in welchem die Falten nur im W und SW noch einigermaßen

440 Eberhard Fugger. [72]

nachweisbar sind, während sie im S vollständig verschwinden und die einzelnen Schichten selbst zu parallelen Platten gepreßt sind.

„Am Jochriedl schneiden die Werfener Schiefer scharf am Fuße der Steilwände ab, daher ist mit Sicherheit hier eine Bruchlinie anzunehmen“ (Bittner).

Die Stelle gegenüber Schloß Werfen an der Staatsbahn, etwas nordnordwestlich der Mündung des Setzenberggrabens, welche im Vorhergehenden (pag. 378) beschrieben wurde, kann uns ein Beispiel geben von der Art und Weise, in welcher die Faltung und Pressung der Schichtplatten der südlichen Vorberge stattgefunden hat.

Die südöstlichen Vorberge zeigen ziemlich normale Lagerungsverhältnisse. Die Werfener Schiefer, welche hauptsächlich im Süden und Südosten mächtig entwickelt sind, fallen im Allgemeinen nach N ein; nur an dem unteren Drittel des Martiner Baches beim Stadlergut beobachtet man Faltenbildung und zwar etwas nördlich von Stadler die Anti-, zwischen Stadler und Sag die Syn- klinale. Auch im Haslangergraben fallen die Werfener Schiefer durchaus nach N, nur nordöstlich der Widdernalpe tritt eine un- bedeutende Störung auf kurze Strecken ein.

Uber den Werfener Schiefern lagern konkordant Guttensteiner Kalke, Ramsaudolomite und Raibler Schiefer, welche im Westen nach NW, weiter gegen Osten hin nach NO und sogar SO verflächen, also eine Art Kuppe bilden. Am nördlichen Fuß der Raiblerschiefer- kuppe des Karrain lagern, normal unter derselben hervortretend, bei der vorderen Schöberlalpe und unteren Karalpe in schmalen Zügen Ramsaudolomit und Guttensteiner Kalk, und in größerer Ausdehnung wieder die Werfener Schiefer.

Wenig weiter nördlich der hinteren Schöberl-Alpe erhebt sich über den Werfener Schiefern der Hochschober und zwar wieder normal aus Guttensteiner Kalk und darüber liegenden Ram- saudolomit bestehend. An seiner Westseite scheint in der Richtung von SO nach NW eine kurze Bruchlinie durchzuziehen.

Auch der Karbach zeigt an seinem nördlich gerichteten Lauf längs der Straße von St. Martin nach Lungötz annähernd nor- male Verhältnisse. Aus den Werfener Schiefern von Schwaighof und Grub kommt man in den Guttensteiner Kalk, nördlich von Goglhof in Ramsaudolomit, im Merleckgraben auf Reiflinger Kalk, welcher von Raibler Schiefern überlagert ist. Dann folgt gegen Nord allerdings wieder Werfener Schiefer.

Dagegen zieht vom Höheneck ein Streifen Raibler Schiefer anfangs nordwärts, dann nordöstlich direkt auf dem Werfener Schiefer gegen das Moosgut, dann östlich zum Merleckgraben, während ein anderer Arm dieses Zuges über den Reiflinger Kalk vom Ober- schobergut südwärts zum Oberschobergraben reicht und dann ostwärts in diesen einbiegt, wo die Raibler Schiefer mit süd- lichem Einfallen den Guttensteiner Kalk überdecken. Die Reiflinger Kalke zwischen Ober- und Unterschobergut fallen im Westen nach N, im Osten nach NO; auch die Guttensteiner Kalke zwischen Grub und Goglhof verflächen in NO. Die Guttensteiner Kalke von Merleck liegen wieder normal auf den ‚Werfener Schiefern.

[73] Das Tennengebirge. 441

Der Gwehenberg bietet in seinen Lagerungsverhältnissen nichts auffallendes. Weiter gegen Norden werden diese sehr verwirrt; zwischen die Hochgebirgskalke der Schallwand und des Großen Traunstein sind Werfener Schiefer, Guttensteiner Kalke und Raibler Schiefer emporgepreßt in einer Bruchlinie, welche vom Höllkar in südöstlicher Richtung bis ins Gwehental reicht. In einer zweiten Bruchlinie, welche sich südlich von der Spitze des Großen Traunstein in den Dachsteinkalken ebenfalls gegen SO hinzieht. sind Werfener Schiefer emporgetrieben. Zwischen den Dachsteinkalken des Kleinen Traunstein und des Schober ist ebenfalls ein Bruch vorhanden; auch am Nordgehänge des Großen Traunstein sowie an der Pailwand dürften Längs- brüche anzunehmen sein. Es sind im Gebiete der Ostseite des Tennen- sebirges sehr zahlreiche Störungen vorhanden, so daß Bittner die Verhältnisse hier als „die denkbar verwickeltsten“ bezeichnet.

An der Nordseite des Tennengebirges senken sich die mächtigen, außerordentlich regelmäßig geschichteten Dachsteinkalkmassen des Plateaus im westlichen Teile nach N, dieses Fallen geht gegen Osten hin allmählig steiler werdend in ein, steiles Einfallen gegen O über und scheinen die Plateaukalke alle nördlich von ihnen auftretenden Gebiete des unteren Lammertales zu unterteufen. Man hat es also hier mit einem mächtigen Längsbruch zu tun, welcher von der Duscherbrücke ostwärts bis zum Höllkar zieht, wo sich die bereits besprochene Bruchlinie nach Südost ins Gwehental anschließt.

Dieser Längsbruch ist auch sonst noch von großem Interesse; er bildet nämlich die Grenze zwischen den nördlich der unteren Lammer auftretenden rhätischen Kalken und den südlich ge- legenen (karnischen) Dachsteinkalken. Diese letzteren, die eigentlichen Dachsteinkalke reichen von Bayern herüber am linken Ufer der Salzach bis an den Nordrand der Kalkalpen, der Unters- berg ist hier ihre letzte nördliche Vormauer; am rechten Ufer der Salzach dagegen beginnen im Norden der Lammer bereits die rhä- tischen Kalke mit dem Gollinger Schwarzenberg als südlichem Punkt, dem Gaisberg als Nordrand, nur am Ausgang des Paßlueg zieht sich ein schmales Band von rhätischen Mergelkalken (Kössener Schichten) bis gegen Brunneck. Die Verlängerung der Linie des Längsbruches ist auch noch weit nach Osten hin die Grenze zwischen rhätischem und Dachsteinkalk. Nördlich dieser Linie tritt nur noch am Schwarzenberg von der Salzach bis zum Westfuße des Vorder-Strubberges Ramsaudolomit auf, über diesem lagert der . Hauptdolomit, welcher südlich derselben vollkommen fehlt.

Jalirbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 57

449 Eberhard Fugger. [74] Inhaltsübersicht. TRFUTE Seite Einleitung 17.0 re SE ER EEE ER 369 [1] TOPOSTApRIE . 1 72... N 7 ER DE EEE NNn u rkaan SLLEOELE LEN 369 [1] Ihteratne 4. 00 SULCmNEN SR TI ERRRUDN 7 1 REN RER 373 [5] Der Pass Imeogar via 00 ec Se a in cn Ran aa ee 373 [5] Der Gundacker (raben.; „DL; u 7 ade mtl zone bad Ba Se 376 [8] Der ‚Loipsergraben, 4 za Bu. a aa ie fl: 377 [9] Der ‚Seizenheregraben: „use. ‚euE Alız. „1 ana 53 ren are 377 [9] Der Staudacboraben 2. cmuanEnta au ac Rena je va are 378 [10] Der Kalchenerahen,.ı „er zer ae 2 nn ae ee 379 [11] Werfener Gräben zwischen Kalchergraben und Rettenbach.. . . . . 383 [15] Der Rettenbach- oder Schlaminggraben . .. . 2. 2 2 2 2 220. 383 [15] DEN GNeBr KaTaDen, 10... a ER eofeoy Dlanpı nur Das Jolpätın Zr 384 [16] Dan Reale ee 2 0 RE ne er ee BE 391 [23] Trias. an der linken Seite, des Frifztales . ..... . - "ec. 394 [26] Das rechte Ufer des Fritztales vom Alpfabrttunnel bis Brunnhäusl . 398 [30] Der St. Martmerseraben“. ... Ben... „4 1 cuinsugE, jergeisen ken 402 [34] Der Kargraben und das oberste Lammertal. .. . 2.2.2.2... . 405 [37] Der-GwehenDers zn. 9 ee ul ni. Sorte Sehe Fame 410 [42] Die Höhengruppe Schallwand—Traunstein—Schober ....... 412 [44] NETIET 3 PN N 1 2 VE RE EEE Pe oe 416 [48] FRE ELLI ER EEE . .. „416, [48] Das HageNand: vouAntenum u 0 ee en 418 [50] TIEERSLIMDDEIE 00,00 N ee => an 2 rar Se 419 [51] III ISERDBAIDE 2. „Ich a u: 1er SE En |. Pen 423 [55] DIeAlmtansalde. cn 0 DE ern ae 424 [56] Lammereck —- Duseherbrücke En 0. nn 425 [57] Dası Plateau und- die Steilwande 2... .. alu nem lem ee 425 [57] Geologische Horizonte. , AT u . len. Ne ee ld 429 [61[ ToktonikN. 3. I Mr ET A 437 [69]

Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Von Wilhelm Hammer.

Mit 31 Figuren im Text, einer Übersichtstabelle (Tafel Nr. XXI) und 5 Tafeln (Nr. XXI—XXV]).

Einleitung.

Wenn man in Tirol dem Inn entlang aufwärts wandert, so ver- läßt man bei Landeck die Grenze der nördlichen Kalkalpen gegen die Zentralalpen, welcher man im mittleren Inntal entlang zieht, und tritt in die kristallinen Schiefer der Silvretta ein. Doch schon wenige Stunden oberhalb Landeck öffnen sich die schluchtartigen Steilhänge des Gneis- gebirges und neuerdings stehen jüngere kalkige Formationen beiderseits des Flusses an, von welchen nun die Gehänge des Inntals bis über die Schweizer Grenze hinauf aufgebaut werden: das Gebiet der Bünd.ner- schiefer. Die Gneisgrenze weicht beiderseits bis zu den begleitenden Kämmen zurück; erst im Unterengadin steigt sie wieder zu Tal und oberhalb Ardetz schließen sich Nord- und Südrand zusammen das Inntal ist wieder allein in die Silvrettagneise eingeschnitten.

Dieser eigenartige Aufbruch jüngerer Schichten, der einerseits von den Silvretta-, anderseits von den Otztalergneisen umwallt wird, hat eine Längserstreckung von rund 55km und erreicht an den breitesten Stellen eine Breite von ungefähr 18 km; seine Längsachse richtet sich von SW nach NO.

Das Gebiet stellt dem Geologen zwei Hauptfragen: die eine nach dem Alter der Bündnerschiefer, die andere danach, ob ein über- schobenes Senkungsfeld oder ein „Fenster“ in einer Schubdecke vor- liege.

Die erstere ist sehr verschieden beantwortet worden; vielfach war der Einfluß vorausgegangener Studien in ähnlichen Nachbar- gebieten maßgebend dafür; die Schweizer Geologen (Theobald, Escher, Studer, Heim, Tarnuzzer u.a.) übertrugen sofort die Erfahrungen von Inner-Graubünden und dem Prättigau und stellten die Gesteine des Oberinntals dementsprechend zu Jura, Kreide und Ter- tiär, wogegen die aus den ostalpinen Kalkphyllitregionen der Hohen Tauern kommenden österreichischen Forscher, besonders Stache sie ganz oder zum Teil dem Paläozoikum zuzurechnen geneigt waren. Gümbel stellt ihre Verschiedenheit gegenüber den bayrischen Alleäu-

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W, Hammer.) 57*

444 Wilhelm Hammer. - [2]

schiefern fest, während G. A. Koch sich für eine Zusammenfassung von Schichten paläozoischen bis tertiären Alters aussprach und damit in der damaligen weiteren Fassung des Begriffs Bündnerschiefer dem derzeitigen Befunde am nächsten kam.

Bei der hier vorliegenden Darstellung wurden, soweit Vergleiche mit anderen Regionen in Frage kamen, die graubündnerischen Ver- hältnisse herangezogen, weil diese regionaltektonisch am nächsten stehen, die größte lithologische Ähnlichkeit besitzen und in ihrer Altersbestimmung besser bekannt und teilweise durch Fossilfunde ge- stützt sind, während in den Hohen Tauern die stratigraphischen Ver- hältnisse, besonders auch hinsichtlich der Beimengung paläozoischer Gesteine, noch nicht so geklärt sind und erst die weiteren Unter- suchungen von Sander, Ohnesorge, Stark u. a. abgewartet werden müssen.

Über die zweite Frage wurden im „Geologischen Querschnitt durch die Ostalpen vom Allgäu zum Gardasee“ (Jahrb.d.k. k.geol. R.-A. 1911) im allgemeinen und im speziellen von meinem Freund O. Ampferer und mir Erörterungen angestellt und die Ansichten früherer Forscher besprochen.

Hier lege ich die eingehende Beschreibung des tirolischen Anteiles auf Grund der von mir bei der Kartierung im Maßstab 1:25.000 gemachten Beobachtungen vor, wobei das angrenzende Schweizergebiet nur so weit herangezogen wird, um den Zusammen- hang mit der von W.Paulcke zu erwartenden Monographie und den Arbeiten von Spitz-Dyrenfurth und Tarnuzzer über diesen Teil anzubahnen, sowie in einigen Fragen, für welche der schweizerische Teil besser oder allein Aufklärung gewährt. In Rücksicht auf die Arbeit Paulckes wird hier auch der noch auf tirolischem Boden liegende Teil des Fimbertales und Vidertales nicht eingehender be- handelt.

Mit der Untersuchung des Bündnerschiefergebietes habe ich im Herbst 1907 begonnen und dieselbe durch alle folgenden Jahre bis 1914 fortgeführt. Zwei Ausschnitte aus der Originalkarte sind in den beiliegenden Karten wiedergegeben, das ganze aufgenommene Gebiet wird, auf 1:75.000 verkleinert, auf den Blättern Nauders und Landeck der geologischen Spezialkarte von Österreich im Laufe der nächsten Jahre erscheinen.

Eine weitere Erörterung der regionaltektonischen Frage soll nachfolgen, sobald ich die Untersuchung der Region zwischen Nörd- lichen Kalkalpen und Bündnerschiefergebiet der Nordostteil der Silvretta und das vordere Pitztal abgeschlossen habe.

Schriften, welche die Geologie des Unterengadin (Oberinntal) abhandeln oder näheren Bezug darauf nehmen: Ampferer, O. und Hammer, W. Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen

vom Allgäu zum Gardasee. Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. Wien 1911, S. 574—603, 683— 688 und 697 —709.

Blaas, J. Geologischer Führer durch Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1902.

Böse, E. Zur Kenntnis der Schichtenfolge im Engadin. Zeitschr, d. D. geo]. Ges. 48. Bd., S. 557.

a _

A Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 445

Diener, C. Bau und rau der Ostalpen und des Karstgebietes Wien und Leipzig 1903.

Dyrenfurth, G. Die Bade, Dolomiten. Habilitationsschrift. Breslau 1913.

Frech, F. Über den Gebirgsbau der Alpen. Peterm. geogr. Mitt. 1908.

Grubenmann, U. Über einige Gesteine aus dem Stollen des Elektrizitätswerkes von Schuls im Unterengadin. Eclogae geol. helv. 1904, Nr. 2.

Gümbel, C. W. v. Geologisches aus dem Engadin. Jahrb. d. naturf. Ges. Grau- bündens. XXI. Bd. Chur 1888.

Geologisches aus Westtirol und Unterengadin. Verh. 'd. k.k. geol. R.-A. Wien 1887, S. 291.

Geologische Mitteilungen über die Mineralquellen von St. Moritz im Oberengadin und ihre Nachbarschaft. Sitzber. d. Ak. d. Wiss. in München. 1893, Heft 1, S. 19.

Hammer, W. Glazialgeologische Mitteilungen aus dem Oberinntal. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1912, S. 402.

Über einige Erzvorkommen im Umkreis der Bündnerschiefer des Oberinntals. Zeitschr. d. Ferdinand. Innsbruck 1915. (Im Druck.)

„Pfunds-Landeck“ im „Führer zu geologischen Exkursionen in Graubünden etc.“ Herausgegeben von der Geologischen Vereinigung. Leipzig. M. Weg. 1913, S. 36—38.

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Geologische Mitteilungen aus der Ötztalergruppe, Pitztal und Kaunsertal. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1875, S. 247.

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Die Literatur über die Mineralquellen von. Schuls- Tarasp und Val Sinestra ist zusammengestellt zu finden bei Tarnuzzer u. Grubenmann und bei Spitz u. Dyrenfurtb. Über die tirolischen Quellen siehe Zehenter, Die Mineral- quellen Tirols. Zeitschr. d. Ferdinand. Innsbruck. 37. Heft. 1893.

Geologische Karten sind beigelegt den Arbeiten von Theobald: Blatt 15 (Martinsbruck—Davos) der geol. Karte d. Schweiz 1:100.000. 1864/66 und eine Karte des Uuterengadin 1:150.000 in Ziegler (Über das Verhältnis der Topographie z. Geologie 1876), ferner den Arbeiten Schiller (Lischannagruppe, 1:50.000), Tarnuzzer u. Grubenmann (Unterengadin Blatt Tarasp u. Ardetz, 1:50.000) und Spitz-Dyrenfurth (Engadiner Dolomiten, 1:50.000).

I. Stratigraphischer Teil. Verrucano und Buntsandstein.

Diese Schichtgruppe wird. auf Grund der petrographischen Gleichheit mit der so benannten Formation in den benachbarten Nordtiroler Kalkalpen und den Münstertaler Alpen aufgestellt. Fossile fehlen hier wie dort, ihre Stellung als Transgressionsbildung über dem kristallinen Grundgebirge und unter der Trias ist aus jenen Gebieten sicher bekannt.

Verrucano durchzieht in einer mächtigen Zone den Nordrand des Gebietes vom Kaunerberg über Ladis, Sattelkopf, Lazid ins oberste

[5] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 447

Stubental und tritt auch weiterhin im Samnaun und Fimbertal mehr- fach, aber in Schollen zerteilt auf, während er am Südrand im öster- reichischen Gebiete bisher nicht gefunden wurde.

Er besteht aus: Serizitschiefern und Serizitphylliten von weißlicher, lichtgrüner, silbergrauer, stahlblauer, seltener von roter oder violetter Färbung, feinkörnigen Serizitquarziten, ebenfalls licht gefärbt, blaßgrünlich mit großen Quarzkörnern und auch großen Quarzknauern und Knoten, feldphatführenden Serizitquarziten und Arkosen, Quarziten und reinem Quarzfels. Die Quarzite und der Quarz- fels ragen dank ihrer Widerstandsfähigkeit gegen die Verwitterung als Felsmauer aus dem Gehänge auf, während die serizitreichen Gesteine daneben in Mulden niederwittern: so beiderseits von Prutz, einerseits im Gehänge von Faggen und anderseits an dem schroffen Felskamm über Entbruck, auf welchem die Ruine Laudeck steht. Ein mächtiger Zug von lichtapfelgrünem, reinem Quarzit mit großen Nestern von Quarzfels zieht vom unteren Sattelkopf bei Serfaus gegen den Beutelbach hinab als wildzerborstener, unfruchtbarer Felsrücken. Manchmal enthalten die Serizitquarzite weinrot gefärbte Quarzkörner, wie dies für den Verrucano des Münstertals vielenorts charakteri- stisch ist.

Im westlichen Teile treten auch Quarzsandsteine auf, teils weißlichgrün, welche durch ihren Feldspatgehalt den Arkosen sich an- gliedern, teils reine Quarzsandsteine von weißer, blaßgrünlicher oder auch dunkelroter Färbung (Greitspitz, Malfrag). An beiden Orten erscheinen in Verbindung damit dunkelrote, tonig-feinsandige Schiefer, welche zusammen mit den Quarzsandsteinen es nahelegen, diese Schicht- gruppe dem Buntsandstein (Werfener Schichten der Nordalpen) gleich- zustellen. (E. Suess erinnert auch bei den roten Serizitschiefern von Entbruck an diese Schichten.)

Im Verband mit den übrigen Verrucanogesteinen findet man auch mehrfach dunkle Phyllite, teilweise von relativ hoher Kristallinität, welche dann glimmerschiefer-- oder phyllitgneisähnlich aussehen, sehr oft kleine, rostige Putzen umschließen und manchmal auch metallische Anlauffarbe zeigen (z. B. am Fuß des Hexenkopf). Am Fließerberg, Minderskopfjoch, Urgenebnerbach, Ladis bilden sie den Rand der Verrucanozone und auch bei den anderen Vorkommen er- scheinen sie nahe dem Rande. Derartige Schiefer mit Limonitputzen beobachtet man auch in der Landecker Gegend zwischen den dortigen Phylliten und dem Verrucano (am Rand der Kalkalpen) und auch an der Basis des Ortlers liegen an der Grenze von Verrucano und Quarz- phyllit solche Schiefer mit rostigen Putzen.

Ihre Zurechnung zum Verrucano gründet sich auch darauf, daß in ihnen an verschiedenen Stellen (z. B. ober Fiß, bei der Fißer- Ochsenhütte, Arrezjoch) Lagen von typischen Verrucanogesteinen sich einschalten, welche durch alle Übergänge und Zwischenstufen mit ihnen verbunden sind. Am Arrezjoch enthalten die Phyllite Eisenkarbonat entsprechend den „rostigen Putzen“, auch die begleitenden Lägen von lichtgrünem Schiefer umschließen in ihren großen Quarzknauern Eisenkarbonat. Es ist derselbe Verrucanozug, welcher in der Masner (und am Lausbach) die Eisendolomite einschließt.

448 Wilhelm Hammer. i [6]

In dem gut aufgeschlossenen Verrucanoprofil am Arrezjoch ist folgende Gesteinsfolge von S nach N zu beobachten:

Dunkle Phyllite, untermischt mit Lageu’ heller, grüner Serizitschiefer ;

srobkörnige, weiße Quarzsandsteine und Quarzitschiefer, teilweise Muskovitquarzschiefer ;

dunkle Phyllite mit Quarzknauern und Serizitschiefern ;

bunte Reihe von lichtgrünem Serizitschiefer, violettem Tonschiefer, weißen quarzreichen Lagen, auch dunkelgrünliche oder graue Phyllite mit feinen Brauneisensteinflasern und Quarzlinsen ;

dunkelgrüngraue Phyllite mit Eisenkarbonat, manchmal phyllitgneis- ähnlich ;

weiße Quarzserizitschiefer und Quarzfelse, gegen oben mit Zwischen- lagerung von grobkörnigen quarzreichen Phylliten

ein geringmächtiger Zug von dunklem Phyllit.

Die Wiederholung der Phyllitzone dürfte eher auf Schuppenbau beruhen als auf sedimentärer Wiederkehr.

Eine gleichbleibende Reihenfolge der Gesteinsarten in verti- kaler Richtung ist im übrigen nicht feststellbar; auch sind beträchtliche Schwankungen der Ausbildung in horizontaler Richtung vorhanden, wie schon aus dem stellenweisen Auftreten und Anschnellen der Quarzite an den oben angegebenen Orten ersichtlich ist.

In der Prutzer Gegend und am Urgenebnerbach erreichen die Schichten des Verrucano eine Mächtigkeit von ungefähr 400 m. Da man das Fehlen von Wiederholungen nicht sicher annehmen kann, ist es natürlich fraglich, in wieweit dies primäre oder sekundäre Mächtig- keit ist. Bei Fiß und am Lazidkamm würde er in gleicher Weise 200—300 m Mächtigkeit besitzen.

An’Stellen, wo der Verrucano als Serizitphyllit oder als dunkler, rostiger Phyllit entwickelt ist, ist es nicht immer leicht, ihn von dem bunten Bündnerschiefer zu trennen, wie die unten anzuführenden Fälle inniger Verwebung beider dartun. Im allgemeinen können aber beide dadurch unterschieden werden, daß der Verrucano mit Aus- nahme der noch zu besprechenden Eisendolomite aus kalkfreien Quarz- und Quarzserizitgesteinen besteht, während jene in weit- aus den meisten ihrer Gesteinsarten mehr oder weniger kalkhaltig sind und mit HC! aufbrausen. Zweifel über die Zuordnung ergeben sich übrigens meist nur in den Grenzzonen oder in sehr stark zer- schollten Gebieten, während bei größerer Entfaltung kaum eine Un- sicherheit eintreten wird.

Der Kalkgehalt wurde deshalb, der allgemeinen Erfahrung folgend, in Fällen, wo andere Kriterien fehlten, hier als Unterscheidungs- merkmal verwendet.

Östlich vom Dorfe Ladis, beiderseits des Wolfsbaches, liegt in dem Verrucanoschiefer ein sehr stark verschiefertes diabasisches Gestein; ebenso beobachtete ich an der Westseite des unteren Sattel- kopfes (Serfaus) einen Diabasschiefer im Verrucano.

[7] Das Gebiet der Bündnerschiefer iın tirolischen Oberinntal. 449

Eine stratigraphisch und technisch wichtige primäre Einschaltung im Verrucano bildet der Eisendolomit. Man findet ihn in der Hauptverrucanozone vom Stubental bis Fiß; die Form seines Auf- tretens ist gleich wie jene des Triasdolomits und der Liaskalke: er ist in eine Reihe einzelner wenig ausgedehnter Schollen zerlegt. Die größte derselben ist der Rothenstein am Lausbach auf der Kompertellalm: 500 m lang und ungefähr 150 m an der mächtigsten Stelle dick, die Tiefe ist nicht erschlossen. Von ihm weg, teilweise neben ihm als zweite Reihe zieht eine Kette von bedeutend kleineren und schmächtigeren Schollen über den Lazidkamm. Vereinzelte kleine Schollen tauchen westlich davon in der Masner auf, im Osten eine am unteren Sattelkopf ober Serfaus und eine ober Fiß am oberen Rand der Wiesen. Sehr wahrscheinlich gehören auch die wenigen und großen Blöcke eines gelblichen spätigen Dolomits, welche in die schwärzlichen phyllitischen Tonschiefer an der Grenze des Verrucano am Wolfsbach bei Ladis eingeknetet sind, zu diesen Eisendolomiten.

In typischer Ausbildung ist es ein weißer oder hellgelblichgrauer, zuckerkörniger Dolomit mit brauner oder rötlicher Verwitterungsrinde, undeutlich diekbankig. Gegen die umschließenden Serizitschiefer hin wird er am Rothenstein serizitführend und erscheint als schiefriger, serizitischer, gelber (braun anwitternder) Dolomit; dünne Lagen von Serizitphyllit sind randlich im Dolomit eingewachsen und vermitteln eine Art Übergang zum Schiefer. Der Dolomit ist durch Quarzgehalt verunreinigt.

In den Eisendolomitschollen am Rothenstein und Lazidkamm sowie jenen in der Masner setzen Gänge von Kupfererzen auf, welche in verflossener Zeit auch Gegenstand des Bergbaues waren !). Es sind Gänge von silber- und antimonhaltigem Kupferfahlerz und Kupferkies, ähnlich jenen von Schwaz und Brixlegg. Näheres darüber wird ein Artikel des Verfassers in der Zeitschrift des Ferdinandeums, Innsbruck 1915, enthalten.

Ein geringer, verstreuter Gehalt an Kiesen ist in den Serizit- phylliten des Veruccano vielfach zu beobachten und kehrt in anderer Form auch in den oben erwähnten rostigen Putzen’ der dunklen Phyllite wieder.

Das Auftreten erzreicher Karbonatgesteine in Begleitung des Verrucano kehrt in der Ortlergruppe wieder, wo zwischen Verrucano und den untersten Horizonten der Trias mehrerenorts spätiger Dolomit mit Kiesgehalt auftritt und auch Gegenstand alter Bergbauversuche war. In der Lischannagruppe erscheinen (am Rimsspitz) in den obersten Lagen des Verrucano, beziehungsweise des Buntsandsteins Lager von Eisendolomit. Im Oberengadin treten in diesem Horizont nach Zöpp- ritz kleine Erzlagerstätten auf. Im Verrucano der Thialspitze bei Landeck beobachtete ich gleichfalls kleine Linsen von Eisendolomit.

!) Sperges, Tirolische Bergwerksgeschichte 1765. Isser, Die Montanwerke und Schurfbaue Tirols der Vergangenheit und Gegenwart. Berg- und Hüttenm. Jahr- buch. Wien 1888, S. 273. Trinker, Petrographische Erläuterungen zur geogno- stischen Karte von Tirol. Innsbruck 1853, S. 42 und 43. Ferner: Bericht über die 4. und 5. Generalversammlung des geogn.-montanistischen Vereines für Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1842 und 1843.

Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 58

450 Wilhelm Hammer. j [8]

Ein weiteres Zeichen des Erzgehaltes im Verrucano sind schließ- lich auch die Mineralquellen. Bei Entbruck entspringt aus den Quarziten und Arkosen, weiche die Ruine Laudeck krönt, ein Eisen- säuerling, im Dorfe Ladis im selben Gesteinszug eine Schwefel- quelle. Ihre Entstehung kann auf den Schwefelkiesgehalt des Verrucano und die Wechselwirkung mit eingeschlossenen Schollen von Eisendolomit für deren Vorhandensein die erwähnten Schollenvorkommen am Wolfsbach ein Zeichen sind zurückgeführt werden. (In Obladis entspringen ebenfalls ein Eisensäuerling und eine Schwefelquelle, wo- von besonders die letztere einen beträchtlich höheren Mineralgehalt aufweist als die entsprechende Quelle in Ladis; sie stehen aber, soweit überhaupt Aufschlüsse in der Nähe der Quellen vorhanden sind, nicht mit einem Verrucanovorkommen in Verbindung, sondern dürfte hier mehr die Nähe des Gneisüberschiebungsrandes in Frage kommen, der in der Prutzer Gegend (z. B. auch oberhalb Asters) Erzimprä- gnationen aufweist, oder vielleicht ist das bei Obladis durchstreichende Diabaslager kiesführend und übernimmt so die Rolle des Verrucano).

Oberhalb der Masner Schäferhütte brechen mitten in der Glazial- schuttdecke beiderseits des Baches zwei starke Quellen auf, deren starker Eisengehalt sich durch den Absatz eines blutroten Sinters offenbart. Die gleiche Erscheinung beobachtet man in dem von den NO-Hängen des Minderskopf zum Masnerbach ziehenden Graben nörd- lich der Gseßschneid: nahe dem Bach entspringen oberhalb von P. 2557 m starke Quellen, welche den Rücken, an dessen Nordseite sie jetzt austreten, mit einer stellenweise ein paar Meter dicken Kruste eines roten Kalksinters gepauzert haben. Die Austrittstelle der Quellen war früher offenbar auf der Höhe des Rückens. Dicht dabei steht im Graben eine kleine Scholle von Eisendolomit an. Alle drei Quellen liegen in einer schmalen, von Triasdolomitklippen begleiteten Verrucano- zone, von buntem Bündnerschiefer beiderseits umschlossen.

Die Untersuchung des Gebietes zwischen Landeck, Paznaun und Pontlatz hat ergeben, daß hier zwischen der Verrucanozone, welche mit Unterbrechungen den Südrand der Kalkalpen säumt, und dem Bündnerschiefergebiet von Prutz eine Menge von Verrucanovorkomm- nissen als schmale, teilweise aber ziemlich weit zu verfolgende Ein- klemmungen in den Phylliten und Gneisen erhalten geblieben sind, so am Thialspitz, im Urgtal und an den Berghängen südlich über Nieder- sallmig und Runs, ausnahmsweise auch von Triasresten begleitet. Durch diese Vorkommen ist jene Zone der nördlichen Kalkalpen verbunden mit dem Ausbreitungsgebiet des Verrucano innerhalb der Bündnerschiefer und ergibt sich dadurch ein geschlossenes Verbrei- tungsgebiet des Verrucano in der eben beschriebenen Ausbildung, welches von den Lechtaler Alpen bis zum Ortler reicht.

Trias.

Aus den Massen der Bündnerschiefer heben sich vielenorts Kalke und Dolomite heraus, welche in erster Linie durch ihre Gesteins- ähnlichkeit mit triadischen Schichten der Nordalpen und der Lischanna-

[9] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen ÖOberitntal, 451

gruppe, anderseits aber auch durch vereinzelte Fossilfunde ihre Zugehörigkeit zu dieser Formation bekunden.

Die Trias ist durch folgende Gesteinsarten vertreten:

1. Hellgraue, weißliche auch schwach gelbliche Kalke, dicht bis fein zuckerkörnig, hell anwitternd, dickbankig oder undeutlich gebankt; dunkelgrauer bis schwärzlicher Kalk, dicht, gut gebankt, auch dünn- bankig, rostig anwitternd, am Beutelkopf grob kristallin (siehe unten); gelber, poröser, rauhwackiger Kalk; dunkelgrauer, dichter, blaugrau anwitternder, dünnbankiger Kalk; ein solcher enthält in der Triaszone am Südfuß der Frudigerwand (siehe Fig. 15) Knauern und Schnüre von braun herauswitterndem kieseligem Kalk. In der Felsnische ober Fiß sieht man am Fuße der Triaswand in dem dunkelgrauen, gut ge- bankten, etwas dolomitischem Kalk Linsen von hellerem, gänzlich brec- eciösem und von Kalzitausscheidungen durchschwärmten dolomitischen Kalk eingelagert. (Siehe die Zeichnung bei Profil Fig. 5.)

2. Dolomit, hellgrauer und dunkelgrauer, sehr oft breceiös, - dicht, „bituminös* riechend, ungeschichtet bis dickbankig.

3. Graue, weißlichgelb verwitternde, kalkige Mergel, dünnschiefrig bis blättrig, mild sich anfühlend, dicht; schwarze, dünnblättrige Ton- schiefer, rostig anwitternd oder mit metallischen Anlauffarben, bei Entbruck und Faggen übergehend in tonigsandige Schiefer und feine glimmerhaltige Sandsteine. Auch bei Fiß treten solche feine dunkle Sandsteine in Gesellschaft der Tonschiefer auf.

An Fossilspuren fanden sich (in den Vorkommen auf tirolischem Gebiet): In den Mergeln am Frudigerkamm (fraglich auch am Urgen- ebnerbach) Baktryllien, welche aber nicht näher bestimmbar sind; dünnplattige, graue Kalke aus der südlichen Triaszone des Frudiger- kammes mit zahlreichen runden CGrinoidenstielgliedern von 2—3mm Durchmesser; in dem Kalk auf dem Beutelkopf ober Serfaus Diploporen: Durchmesser der Querschnite 2—-2'5>mm, doch fand sich ein schräger Durchschnitt auch mit 4mm kürzerem Durchmesser. An dem einen deutlichen Längsschnitt, der gefunden wurde, ist keine Ringelung zu bemerken, doch ist bei der starken Umkristallisierung der ganzen Gesteinsmasse eine Zerstörung dieser Skulptur möglicherweise eingetreten und eine verläßliche Bestimmung nicht mehr möglich. Außerdem Durchschnitte von Zweischalern.

Neben den zahlreichen kleineren Klippen und Blöcken, welche in den Bündnerschiefern stecken und nur aus einer Gesteinsart be- stehen, sind fünf größere Schollen erhalten, an denen mehrere der aufgezählten Gesteinsarten sich beteiligen: Die südliche Zone am Frudigerkamm, in der Felsnische ober Fiß, bei Entbruck und zwischen Faggen und Falpaus und die kleine Scholle bei Asters. Einzelne der anderen, z. B. Frudigerkamm Nordzone, Fließerberg bestehen aus Kalk und Dolomit, Alle diese zeigen eine verschiedene Auf- einanderfolge der Schichten mit verschiedenen Wiederholungen ein- zelner Gesteine, so daß aus der Lagerung nachdem auch Hangend und Liegend sich mangels der Versteinerungen nicht bestimmen lassen keine Schlüsse auf die Schichtfolge gezogen werden können. In den Profilen Fig. 1, 2, 5, 13 und 17 ist dies ersichtlich.

58*

459 Wilhelm Hammer. m [10]

Eine gesonderte Stellung nimmt das Vorkommen am Beutel- kopf ober Serfaus ein. Das Gestein ist hier zum größeren Teil grobkristallinischer (Korngröße 1—2 mm) Kalk (dunkelgrau bis schwärzlich), zum Teil dichter Dolomit (sehr stark dolomitischer Kalk von hellerer Farbe). Manche Lagen sind kleinknollig mit toniger, oft rötlicher Füllung der Grübchen, ähnlich wie im Muschelkalk der Nordalpen. Auch sieht man stellenweise helle, dichte, gelblichgraue, knollenartige Partien eingeschlossen im kristallinen Kalk. Der kri- stalline Kalk durchdringt in Adern den Dolomit und letzterer ist noch in kleinen Resten im Kalk eingeschlossen: es hat eine Um- wandlung des dichten, dolomitischen Gesteins in kristallinischen Kalk stattgefunden, nach der Art der Magnesitisierung von Kalken und Dolomiten (am Ortler- Zumpanell und den steirischen Magnesitvor- kommen etc.), welche bereits den größten Teil des Dolomits ergriffen hat. Die Diploporen stecken in dem dunkleren Kalk als weiße Kalzit- röhrchen. Da auch die anderen Kalke eher zu kristalliner Ausbildung neigen als die Dolomite, können auch da teilweise solche Um- wandlungen mit im Spiele sein.

Die gelbe Rauhwacke in der Felsnische ober Fiß tritt einerseits an der Hangendgrenze im Übergang zu stark breceiösem Dolomit auf, anderseits an der Basis in Gesellschaft der Sandsteine und Ton- schiefer. Daß erstere Verbindung nicht immer auf tektonischer Rauh- wackebildung beruht, läßt sich daraus schließen, daß auf Spadlas (Munt da cherns Nordseite) Rauhwacke aus einer deutlich geschichteten feinen Dolomitbreccie hervorgeht. Über die Rauhwacken in Gesellschaft von Gipslagern siehe des weiteren im Abschnitt über letztere.

So wie die Trias im großen nicht als zusammenhängende Zone, sondern nur in einzelnen Linsen erhalten ist, so sind auch diese wieder in sich in Schollen und Linsen aufgeteilt. Am deutlichsten tritt dies an dem Triaszug südlich des Frudigerkopfes in die Erscheinung (siehe Fig. 1). Der Dolomit ist hier in mehrere Linsen zerteilt, welche rasch zu bedeutender Mächtigkeit anschwellen und dann in langgezogene, dünne Streifen sich ausdünnen; die Dolomitlinsen lösen sich von Ost nach West mit ihren Anschwellungen ab; in den zwischengeschalteten Schieferzügen schwimmen kleine Linsen von Kalk und Dolomit. Die großen Dolomitlinsen sind wieder größtenteils brecciös und von Kalzit- geäder durchzogen (besonders am P. 2754), Grünschiefer in sie ein- gequetscht. Das rasche An- und Abschwellen der Mächtigkeiten ist allen Vorkommen gemeinsam und jedenfalls in erster Linie tek- tonischen Ursprungs, doch können auch fazielle Schwankungen mit- gewirkt haben.

Das Auftreten der Triasgesteine als Gerölle in den Konglo- meraten der bunten Bündnerschiefer und in den weitverbreiteten, oft wiederkehrenden Breccien derselben (siehe unten) zeugt für eine bedeutend größereursprünglicheAusdehnung und Mäch- tigkeit der Triassedimente in diesem Bereich, deren jetzige spora- dische Verteilung nicht minder auf dieser Zerstörung als auf tek- tonischen Vorgängen beruht.

Es gibt die beobachtete Mächtigkeit der einzelnen Gesteine wenig Aufschlüsse über ihre ursprüngliche Massenentfaltung. Die größte

[11] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 453

der erschlossenen Triasmassen ist jene ober den Guferhöfen (NNO von Prutz), sie besteht nur aus grauem, ungeschichtetem, feinkörnigem bis dichtem Dolomit und besitzt eine Mächtigkeit von 500 m quer zum Streichen, Längserstreckung mindestens 1500 m. Ober Fiß kann die Mächtigkeit des unteren Dolomits auf 100 m geschätzt werden,

Fig. 1.

Fig. 1a. Profil durch die südliche Triaszone des Frudigerkammes.

Fig. 15. Schematische Ansicht der Triaszone am Fuß des Frudigerkopf (von S gesehen).

C = Bünduer-Kreidekalke. B = Bunte Bündnerschiefer; Trias: D = Licht- grauer, späthiger oder dicht von Calcitadern durchzogener Dolomit und dolomitischer Kalk, oft brecciös. k, = Lichtgrauer, zuckerkörniger dickbankiger Kalk. k, = Dünnplättiger dunkelgrauer, blaugrau verwitternder Kalk im mittleren Teile mit Knauern von kieseligem Kalk. s Schwarze und gelbe Mergel- und Ton- schiefer, in der nördlichen s-Zone die Baktryllienmergel. 5% Grünschiefer.

die des darüberliegenden Kalkes auf 40 m: in dem anscheinend wenig gestörten Profil am Urgenebnerbach wird der Dolomit nur etwa 8—10 m mächtig. Gegenüber den Kalken und Dolomiten treten die Mergel und Sandsteine ganz zurück, ausgenommen die Stellen am Frudigerkamm, wo sie angestaut sind; in den östlichen Profilen sind sie nur wenige Meter mächtig.

454 Wilhelm Hammer. \ [12]

Auf Schweizer Boden liegt die von Paulcke entdeckte mächtige Triasscholle des Stammer. Sie enthält eine Kalkmergelschichtreihe mit sicheren Fossilien des Rhät und einen wahrscheinlich dem Haupt- dolomit zuzurechnenden Dolomit. Lithologisch besteht zwischem dem Rhät (Kössener Schichten) des Stammer und den Mergelsandsteinlagen der östlichen Triasvorkommen darin ein Unterschied, daß bei ersterem die tonigmergeligen Schichten stark mit kalkigen Bänken und einem Dolomitlager wechsellagern, die Kalke überhaupt vorherrschen, was bei den anderen nicht der Fall ist: von den sehr unregelmäßigen, wahrscheinlich tektonischen Einkeilungen in Kalk und Dolomit am südlichen Frudigerkamm - Vorkommen abgesehen, bilden die im ganzen auch weit geringer mächtigen Schiefer hier eine geschlossene

Fig. 2.

Profil am oberen Ende der Klamm des Urgenebnerbaches (bei 1400 m Höhe).

s = Bunte Serizitschiefer und Arkosen. Pk = Dunkle Phyllite mit Quarz-

knauern, teilweise stark kristallinisch. kck = Hellgraner (selten rötlicher), dichter

dünnbankiger Kalk. D = Breceiöser Dolomit. ms = Schwarze und graue

feine Mergel (Bactryllienmergel) und feine Sandsteine. ki —= Weißlicher zucker-

körniger unreiner Kalk, rasch übergehend in kd. kd = Schwärzlicher, dünn- bankiger Kalk, rostig anwitternd.

Lage frei von Kalklagern. Allerdings könnten vielleicht die im Profil vom Urgenebnerbach darüberliegenden schwärzlichen, dünnbankigen Kalke zur selben Formation gehören und ebenso die blaugrauen dünnbankigen Kalke am Frudigerkamm. Eine Wechsellagerung tritt aber in beiden Fällen nicht ein. Anderseits erinnern die metallisch anlaufenden, schwärzlichen Tonschiefer von Entbruck stark an die „herbstlaubfarbenen“ Tonschiefer des Stammer und sind an letzterem auch im Rhät sandigtonige Schiefer enthalten. Das Vorkommen von Bactryllien stünde mit einer Zuordnung zum Rhät in Einklang.

Der Kalk vom Beutelkopf besitzt in seinen knolligen Bänken gute Ähnlichkeit mit dem Muschelkalk, wie er z. B. am Jaggl bei Graun oder in den Nordtiroler Kalkalpen entwickelt ist abgesehen von der starken Umkristallisierung —, die Diploporen könnten ihrer Durch- schnittsgröße von 2 mm Durchmesser nach zur Physoporella pauciforata

[13] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 455

gehören, doch macht der eine größere Querschnitt von 4 mm die nur

auf die Größe gestellte Bestimmung unsicher. Bei den Mergelschichten spricht der Ubergang in Sandstein gegen eine Zuordnung zu den Part- nachschichten mit denen sie sonst lithologisch und durch den Gehalt an Bactryllien Verwandtschaft besitzen —, weil für letztere in den Nordalpen der Mangel der Sandsteine geradezu charakteristisch ist. Will man sie doch zu jenen stellen, so könnte der dunkelgraue ge- bankte Kalk im Urgenebner Profil und auch anderen Orts die Stelle des Muschelkalks vertreten, welcher Annahme sich der Kieselknollen- kalk im Frudigerzug gut einfügen würde. Es steht aber auch die Möglichkeit offen, sie als Aquivalent der Raibler Schichten anzusehen. Durch keine der Deutungen ist in mehreren Profilen eine Überein- stimmung in der Reihenfolge von Dolomit, Kalk und Schiefer zu erzielen.

Bei einer Zuordnung der Kalke in das Niveau des Wetterstein- kalkes ist zu bemerken, daß dieses in den Münstertaler Alpen als Dolomit entwickelt ist!). Das Auftreten größerer Mengen von Kalken in der Trias bildet einen Unterschied gegenüber der ausschließlich oder stark vorherrschend dolomitischen Ausbildung der Trias in den Radstätter Tauern und am Semmering. (In den Radstätter Tauern ist nach Frech 30—40 m Guttensteiner Kalk an der Basis der Trias vorhanden, deren Zugehörigkeit zur Trias aber von Uhlig, Kober etc. bestritten wird.)

Das Rhät des Stammer schließt sich in seiner faziellen Aus- dehnung an jenes der Nordalpen und Münstertaler Alpen an.

Eine Aufteilung der Triasvorkommen in zwei Gruppen, entsprechend einer lepontinischen und einer ostalpinen Triasentwicklung ist nicht durchführbar. Die Trias am Stammer wurde schon von Paulcke als typisches Ostalpin angesprochen. Ebenso gliedern sich aber auch die anderen Vorkommen durch ihre teilweise große Mächtigkeit der Dolomite und auch der Kalke, die Schieferzone (Baktryllienmergel, sandige Schiefer) und den muschelkalkähnlichen Kalk des Beutelkopf der ostalpinen Entwicklung an. Wie im tektonischen Teil erläutert wer- den wird, gehören Stammerscholle und die Schollen des Frudigerkamms und weiter östlıch derselben tektonischen Zone an. Die am Gneis- überschiebungsrande liegenden Triasschollen z. B. Asters, Gufer, Komperdellalm (unter Planskopf und Hexenkopf) bestehen aus den gleichen Gesteinen wie die innersten der Schollen.

Gips.

In Begleitung des Verrucano, der Triasdolomite und der bunten Bündnerschiefer treten in den Schieferzonen des Nordrandes sowie in der Zone Sent-Ardetz zahlreiche Lager von Gips auf, deren Größe von wenige Meter langen Schmitzen (Felsnische ober Fiß in den

!) Am Stammer (Westgipfel) enthält eine Bank im obersten Teil des Dolomits, welcher die Südwand bildet, Hornsteinknollen. Es sei diesbezüglich daran eriunert, daß nach W. Schiller im Wettersteindolomit der Lischannagruppe in seinem unteren Teil Lagen mit Kieselknollen vorkommen und auch in seinen höheren Teilen ein Kieselhorizont erscheint.

456 Wilhelm Hammer. j: [14]

bunten Schiefern) bis zu Kilometer langen und entsprechend mächtigen Lagern, wie jene bei Salas-Zebles wechselt. In den grauen Bündner Schiefern liegt nach Tarnuzzer der Gips bei Fetan-Sainas, was auch Dyrenfurth bestättigt, letzterer vermutet aber, daß es sich um die Grenzregion grauer und bunter Schiefer handelt; jene bei Ardetz liegen in einer besonders stark gestörten Region, so daß die stratigraphische Zuordnung hier kaum als Beleg herangezogen werden kann, abgesehen von der weiter unten zu besprechenden Möglichkeit metasomatischen Ursprungs. Die Karte des geognostisch- montanistischen. Vereins (1849) verzeichnet bei den Häusern von Tschupbach Gips und auch Stotter berichtet von einem Gipslager, welches hier nahe über dem Inn bestehe. Derzeit ist nichts mehr davon zu sehen und auch die Kunde davon in Tösens verschollen. Doch wurde mir ein (jetzt nicht mehr dort wohnhafter) Mann namhaft gemacht, welcher sich jenes Gipses erinnerte. Dieser Gips würde dann in den tieferen Teilen der grauen Bündnerschiefer liegen, wenn er nicht ein tieferliegendes Vorkommen von Trias ‚oder bunten Schiefern anzeigt.

Der Gips ist in der Regel dicht, mitunter Kanal, selten groß- kristallin, weiß gefärbt, selten blaß rötlich oder grau, manchmal gebankt oder es ist durch lagenweise Verunreinigungen eine feine Schichtung angezeigt. In vielen Fällen aber enthält er eckige Fragmente von grauem (ungeschichteten) Dolomit oder auch von Kalk. Die Frag- mente haben meist eine geringe Größe, es kommen aber auch große Blöcke davon vor, z. B. steckt in dem Gips im Schloßwald (Kaunertal) ein Dolomitblock von vielen Kubikmeter Größe und ein zweiter kleinerer, daneben faustgroße Stücke und endlich in großer Menge ganz kleine. Die durch Verunreinigung angezeigten Schichten des Gipses biegen sich um die größeren Stücke herum. Anderwärts häufen sich die kleinen Fragmente so, daß eine Dolomitbreccie mit Gipsadern vorliegt. Die Dolomitfragmente stimmen in der Gesteinsbeschaffenheit mit den Dolomiten der Trias völlig überein.

Bei den kalkigen Einschlüssen ist eine Parallelisierung weit unsicherer, wegen der Mannigfaltigkeit kalkiger Lager, sowohl in der Trias als auch in den Bündnerschiefern. Selten enthält der Gips Splitter von grünen phyllitischen Schiefern (Fenga pitschna, Sent u.a. ©.). Nach Tarnuzzers Angaben enthalten die Gipse bei Sainas und an der Straße unterhalb Schuls auch Schollen von „grünen und grauen Engadinschiefer* (Bündnerschiefer).

An manchen Stellen beobachtet man, daß der Gips mit den umgebenden Schiefern durch Lagen gemischter Zusammensetzung verbunden ist, Gipslagen wechseln und sind vermischt mit solchen von Kalzit und Ton oder Serizit.

Sehr häufig werden die Gipse von karbonatischen Gesteinen, vor allem Dolomit und Rauchwacke, begleitet. Allein ohne daß solche in nächster Nähe in derselben Schieferzone aufgeschlossen sind, liegt der Gips im Wald über Obergufer (bei Prutz). Das oben erwähnte Gipsvorkommen im Schloßwald enthält nur die genannten Blöcke. In der Felsnische ober Fiß liegen ober und unter der großen Triasmasse in den Schiefern 3—4 kleine Schmitzen und Lagen von Gips ohne

[15] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 457

Zutat von Karbonatgesteinen. Dasselbe gilt für einzelne der vielen Lager zwischen Salas und dem Fimbertal. In der Mehrzahl der Fälle begleiten. Rauhwacke oder Dolomit beziehungsweise Dolomitbreccien dieselben. In der großen Felsausbruchnische am Südhang des Schönjöchl bilden folgende aneinandergereihte Glieder eine schmale Zone: Dolomit, Gips, rotgelbe Rauhwacke, welche erfüllt ist von Fragmenten eines lichtgrünen Serizitquarzschiefers (Verrucano), welcher auch in kleinen Partien daneben ansteht. Am Nordabhang des Munt da Cherns liegen übereinander von unten nach oben: Dolomit; gelbe Rauhwacke, welche stellenweise viele Bruchstücke von grünen Tonschiefern und quarzitischen Schiefern sowie von Dolomit enthält; geschichtete feine Dolomitbreccien, in Rauhwacke übergehend; Gips; (bunte Bündner Schiefer). Ebenso begleitet Rauhwacke, stellenweise mit Schiefer- fragmenten die Lager von Salas bis Fimbertal. Bei den Gipslagen von Salas durchzieht die Rauhwacke in;mehrfachen dünnen Bändern den Gips. Sie ist teils fein porös, gelb und enthält kleine Dolomit- fragmente, teils geht sie in eine grobe Breccienrauhwacke über, welche große Blöcke von Dolomit und zahlreiche Stücke von bunten Bündner Schiefer umschließt, seltener auch Diabasschiefer.

Gips und Rauhwacke können als syngenetische salinare Bildungen betrachtet werden. Die letzteren sind aber sicher oft

‚tektonisch umgearbeitet und mit fremden Fragmenten ver-

mischt worden.

Die Frage nach einer späteren metasomatischen Entstehung von Gips drängt sich bei einzelnen Vorkommen auf, welche mit tria- dischen Kalken oder Dvlomit im Verband sind. Oberhalb Fiß, am Westrand der Felsausbruchnische, erscheint mitten in dem Triaszug eine große, unregelmäßig umgrenzte Gipsmasse, welche mittels einer gipsdurchäderten Dolomitbreccie in die normale Trias überzugehen scheint (siehe Fig. 5). In ähnlicher Art sieht man am Kamm zwischen Pfundser Ochsenberg und Fließer Alpe den als Felsklippe aufragenden brececiösen Dolomit von Gips unterlagert und von Adern und Nestern von Gips durchzogen. Dann kann an das oben erwähnte Vorkommen des Dolomits im Gips des Schloßwaldes (Kaunertaleingang) erinnert werden. Ebenso sieht man an einem der unteren Lager von Zebles einen großen Dolomitblock, welcher von einem Netz kleiner Gipsadern zer- teilt wird auch eine dicke Ader neugebildeten Gipses durchzieht ihn und ringsum enthält der Gips zahlreiche kleine Dolomitfrag- mente. In solchen Fällen sehe ich eine Erklärung darin, daß von einem am gleichen Ort bestehenden oder einem benachbarten Gips- lager aus durch die zirkulierenden Lösungen die Gipsbildung auf die Triasgesteine übergegriffen hat und bis zur Auflösung dieser in ein- zelne Blöcke und schließlich in kleinste Fragmente gediehen ist, welche dann auch ganz in Gips aufgehen können. Dies kann auch gegenüber anderen kalkigen Gesteinen, vor allem den Bündner- schiefern, eintreten. An dem Vorkommen im Schloßwald ist an Stelle des Kalzits in den an den Gips angrenzenden Lagen der Serizitkalk- schiefer Gips getreten. Bei dem Gips am Südgrat des P. 2827 (Stuben- tal) greift die Gipsbildung im Hangenden auf die Kalkschiefer über; es besteht ein Übergang zwischen beiden in einer Zone von Gips mit

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 59

Wilhelm Hammer.

458

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s —Bunte Bündnerschiefer (

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Triasscholle nördlich P. 2854 (Frudigerkamm).

mit Breccienlagen). v = Verrucano. D = Triasdolomit. g = Gips.

ö Diabasschiefer.

[17] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 459

parallel eingelagerten Serizitschuppenlagen und gelben Kalkschnüren. Auf ein derartiges Vorschreiten des Gipses kann das von Tarnuzzer beschriebene und auch von ihm so erklärte Eindringen des Gipses in die benachbarten Bündnerschiefer sowie die Einschlüsse solcher im Gips zurückgeführt werden.

Das Vorhandensein aller Abstufungen vom gipsdurchädertem Dolomit über Dolomitbreccie mit Gips zu den einzelnen im Gips schwimmenden Blöcken und weiter kleineren Fragmenten von Dolo- mit spricht gegen die Annahme, daß die Dolomitstücke durch Ein- schwemmung während der Ablagerung des Gipses in denselben gelangt seien, um so mehr, als die Eckigkeit der Fragmente einen weiteren Transport derselben durch Wasser ausschließt. Ausblühungen von Magnesiumsulfat sind, wie schon Gümbel angibt, sehr häufig.

Das Gipslager von Salas wird von Verrucano unterlagert und auch die unteren Lager von Zebles von einer Verrucanozone be- gleitet. Die kleinen Gipsvorkommen von Malfrag, Frudigerkamm, Schönjöchl treten desgleichen mit Verrucano in Verband.

Manche werden von buntem Bündnerschiefer umschlossen, liegen aber in unmittelbarer Nähe von Verrucanoeinschüben oder in Trias- schollenzonen. Dies gilt von den unteren Lagern bei Zebles und mehreren derselben am Piz da val gronda und jenem am Südgrat von P. 2827 (Stubental). Andere verraten durch den Gehalt von Dolomitbruchstücken (Gips im Wald ober Gufer, Schloßwald) die ein- stige Nähe von Triasschollen. Die höheren Lager am Zebles—Vider- joch wie jenes am Joch Zebles—Salas liegen in den bunten Schiefern, können aber doch auf Schuppenbildung in dieser Störungsregion be- zogen werden.

Man wird auf Grund jenes Schichtverbandes mit Verrucano und Trias die Gipslager im allgemeinen in Übereinstimmung mit dem Auf- treten salinarer Schichten im Buntsandstein und Trias in den Nord- alpen und in den Münstertaler Alpen (Val Schais bei St. Maria) in die Trias einreihen können. Der stratigraphische Wert kleinerer Gipslager wird überhaupt durch die Möglichkeit einer sekundären Entstehung stark beeinträchtigt!) und mahnt zusammen mit dem verwickelten Schuppenbau zur Vorsicht bei dem naheliegenden Versuch, die Gipse der bunten Bündverschiefer als oberen Gips- rauhwackenhorizont entsprechend den Raibler Schichten dem unteren von Verrucano begleiteten Lagern gegenüberzustellen.

Lias.

Die Kalke des Lias sind diejenigen unter den Gesteinen des „Fensters“, weiche am frühesten durch Fossilfunde ihrem Alter nach bestimmt wurden und der einzige Horizont, der reich an Fossilien

!) Auch Dyrenfurth (l. c. pag. 84) vermutet, daß „manches Gipsvor- kommen nicht an Ort und Stelle entstanden, sondern durch Wanderung des so leicht löslichen und beweglichen Minerals zugeführt“ ist. Eine Vergipsung von Triasdolomit wird in der Brianconnais von Termier und Kilian angenommen (C. R. d. Ak. d. sc. XCII, pag. 900 und Etud. geol. dans les alpes occidental Il).

59*

460 Wilhelm Hammer. - [18]

ist. Seine stärkste Entfaltung fällt in den Bereich des Fimber Tales und einzelner Teile des Samnaun sowie in die Gegend von Ardetz. In dem hier behandelten östlichen tirolischen Teil reicht nur noch am Malfrag (Fließer Alm) sein Ostende herein. Während er im west- lichen Gebiet in eine Unzahl kleiner Schollen zerteilt ist, streicht er von der Alp bella („In der Kirche“) als zusammenhängender Zug und in Gestalt steiler Felsmauern aus dem sanften Schiefergelände her- vortretend zum Malfragkopf und endet östlich. desselben auf der Fließer Alm. Diesem Zug sind südlich noch mehrere Schollen vor- gelagert.

Die Basis des Liaszuges bilden schwärzliche, sandigmergelige, oft rostig anlaufende Schiefer, auch mit feinen Glimmerblättchen auf den Schichtflächen. Am Aufbau der Kalkwände beteiligen sich hier besonders weißliche, kieselige Kalke und lichte, marmorisierte, spätige Kalke sowie bräunlich anwitternde, hellgraue, gebankte Kalke. Auf der Alp bella und weiter westlich erscheinen als Leitgestein gelb- lichgraue, grobspätige Crinoidenkalke, welche in Menge Belemniten und Brachiopoden führen, seltener auch Ammoniten. Außerdem auch dichte graue Kalke mit dunkelrötlichgrauer Anwitterungsfarbe. Am Greitspitz liegen in schwarzen Schiefern auch geringmächtige konglomeratische Bänke (mit schwärzlichem Bindemittel).

Die Fauna ist nach den Angaben Paulckes eine unterliasische. Am Malfrag ist er relativ arm an Versteinerungen, während bereits auf der Alp bella solche in Menge zu sammeln sind; weitere vorzüg- liche Fundpunkte liefert das obere Fimber Tal. Von Paulcke und von Prof. Schlosser, München, welche umfangreiche Aufsammlungen gemacht haben, sind eingehendere Mitteilungen darüber zu er- warten.

Die dem Liaszug des Malfragkopfes südlich vorgelagerten Schollen bestehen aus einem weißen, gelblich anwitternden Karbonat- gestein, erfüllt von Quarz- und Kalkspatadern und Nestern, das in der nördlichen Scholle gegen N am P. 2669 in einen lichtgrauen, knauerigen, dickbankigen, stellenweise marmorisierten Kalk übergeht, wie er in gleicher Weise im Liaszug wieder erscheint. Die südliche Scholle am Kamm besteht nur aus der erstgenannten Gesteinsart. Der Verband mit dem lithologisch sicher dem Lias zugehörigen Ge- stein von P. 2669 macht es sehr wahrscheinlich, daß auch dieses zum Lias gehört. Am Ostabhang des Kammes steht eine große Scholle eines lichtgrauen Dolomits an, welche durch die starke spätige Durch- aderung den Gesteinen der genannten Schollen ähnlich ist, ihrem dolomitischen Charakter nach aber wohl eher zur Trias gestellt werden muß. Das Karbonatgestein der südlichen Kammscholle ist kalkiger Natur. An dem vom Martinskopf gegen Süden aus- strahlenden Kamm (östlicher Fließer Berg) liegen an der entsprechenden Stelle im Profil Blockschollen von rotgelb verwitterndem, lichtgrauem, spätigem, quarzreichem Kalk begleitet von den schwärzlichen Ton- schiefern, welche beide zusammen als letzte östliche Ausläufer des Liaszuges angesehen werden können.

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[19] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 461

Hellbunte Kalke.

In,der südlichen und nördlichen Randzone treten einige kleine Vorkommen von Kalken auf, welche sich weder der Kreide noch den älteren Kalken ohne weiteres sicher zuordnen lassen und mög- licherweise Analogien zu bestimmten Gesteinen verwandter Gebiete eröffnen.

Es sind dünnbankige Kalke von sehr lichter, gelblicher, röt- licher und grünlicher Färbung, meist mit einem grünlichen, serizitischen Belag auf den Schichtflächen. Dazwischen fehlen auch nicht hellgraue, selten dunkelgraue oder auch weißliche Lägen. Stets ist der Kalk mehr oder weniger kristallinisch, von feinstem Korn bis zur spätigen Struktur, sehr oft sind die Kalke von groben Kalkspatadern und Nestern durchzogen. Die Mächtigkeit ist stets eine geringe, die hori- zontale Erstreckung desgleichen. Am besten entsprechen dieser Charak- terisierung die Gesteine, welche unter P. 2921 (Frudigerkamm) an der Gneisgrenze anstehen und deutliche Zeichen heftigster Pressung und Verbiegung an sich tragen. Unter dem Arrezkopf (oberste west- lichste Hänge der Lawensalm) streicht unter der Gneisgrenze ein ähnlicher hellgrauer bis weißer, ziegelrot anwitternder Kalk hin. Gegen Westen steht ober dem Arrezjoch anscheinend in der streichenden Fortsetzung desselben ein dunkelgrauer, gelblich anwitternder, dünn- bankiger Kalk mit Bänken feinkörniger Crinoidenbreecien an, der jedenfalls zu den Kreidekalken zu rechnen ist. Am Südfuß des Hexenkopf, nahe dem See in der Masner, steht wieder ein ähn- licher, weiß- bis rötlichgelber, dünnbankiger Kalk an, der aber auch eine Bank feinster Breccien enthält. Weiter weg vom Gneisrand steht am SW-Fuße des Minderskopf am Pfundser Ochsenberg ein hellgrauer, weißlicher, gelblicher und gelblich anwittender, dünnbankiger, feinkristalliner Kalk an, der ebenfalls an diese Gruppe erinnert.

Auf der Gamoralm bei Nauders stehen am Westkamm des Gaisblaiskopf zwischen dem Gmneisrand und den Diabasschiefern eine Wechselfolge kalkiger und serizitischtoniger Lagen an, letztere stellen- weise zwischen violettrot und grünlich in der Farbe wechselnd, erstere lichtgelb, rötlich, weiß oder grünlich und feinkristallin bis dicht; dazwischen auch Lagen, welche den gewöhnlichen kalkigtonigen grauen Bündnerschiefern gleichen. Sehr heftig gequetscht und verbogen.

Die Hauptfrage scheint mir hier die, ob es sich überhaupt um ein eigenes Formationsglied handelt oder ob es nur umgewandelte Teile der übrigen großen Schichtgruppen sind. Am Arrezkopf und Hexenkopf hat durch die eingeschalteten Breccienbänke und die nur durch Schutthänge unterbrochene Fortsetzung in die Kreidekalke des Arrezjochs eine Zurechnung zu diesen große Wahrscheinlichkeit für sich, desgleichen am Minderskopf. Die Kalke unter P. 2921 könnten als Fortsetzung der den Liaszug südlich Martinskopf begleitenden Kalke angesehen werden; hier ist das Gestein am besten der vorausgeschickten Gesteinsbeschreibung entsprechend. Entsprechend der Lage dieser und des Vorkommens auf der Gamoralm an der großen Gneisüber- schiebung können die Kreidekalke durch Dynamometamorphose in jene Form übergeführt worden sein siehe die deutlich sichtbare

462 Wilhelm Hammer. [20]

starke Pressung der Gesteine. Bei P. 292] ist vielleicht auch um- gewandelter Lias in Betracht zu ziehen, nachdem dieser im Gebiet von Malfrag großenteils in solchen hellgelblichen spätigen Kalken auftritt. Bei der Gamoralm ist schließlich auch Kontaktmetamor- phose mögleicherweise vorhanden: unmittelbar unterhalb der hell- bunten Kalkschiefer steht dort eine größere diabasische Gangmasse (amSüdhang des Kammes) an und auch am Ostrand erscheint noch ein kleiner Aufbruch eines Ganges zwischen Gneis und Kalkschiefer (siehe Fig. 4).

Auf dem Gipfel von Clünas ober Fetan steht eine grob- blockige, brecciös flaserige Gesteinsmasse an, welche gleiche hellbunte Serizitkalke (Marmore) enthält wie die hier aufgezählten Vorkommen (neben gneisigen Komponenten, verrucanoähnlichen Trümmern, pfirsich-

Fig. 4.

Be Gneis. gar! Bündnerkreide. hät Hellbunte Kalke,

Diabasisches Gang- gestein.

Diabasquetschzone.

Kartenskizze vom Westkamm des Gaisblaiskopf. Maßstab: ungefähr 1: 25.000.

Punktiert: Moräne und Gehängeschutt.

roten Kalken etc... Paulcke ist geneigt, sie für Tithonäquivalente zu halten. Ein zweites Vorkommen solcher heller, marmorisierter Kalke beschreibt Paulcke vom Futschöltal und mutmaßt auch hier tithonisches Alter derselben. Sie sind bei letzterem Vorkommen begleitet von einer groben poligenen Breccie (auch Granit als Gerölle führend). Das Vorkommen liegt wieder nahe dem Gneisrand.

Das Gestein am Gipfel von Clünas zeigt alle Eigenschaften einer hochgradigen tektonischen Beanspruchung; möglicherweise ist es ein Konglomerat, das derartig umgearbeitet wurde. In den tirolischen Vorkommen fehlt jeder konglomeratische Charakter.

Der petrographische Charakter der „hellbunten Kalke“ so wie sie heute vorliegen, ist zweifellos ein sekundärer worin auch die Färbung inbegriffen sein kann ändere Merkmale für ihre Er- kennung und Abtrennung fehlen aber völlig; in einzelnen Fällen sind Anhalte da für Zuordnung zu sonst anders ausgebildeten Formationen,

[21] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 463

(Breccienbänke der Bündnerkreide). Dies zusammen mit ihrer sehr fragmentarischen Ausdehnung machen alle auf solches Gestein ge- stützten stratigraphischen und tektonischen Schlüsse zu sehr unsicheren. Meines Erachtens wäre auch in anderen bündnerischen Gebieten, z.B. in Schams, die Frage sehr am Platze, ob die auf Grund der Gesteins- art für Jura erklärten marmorisierten hellen Kalke, nicht auch _ manchenorts nur metamorphe Fazies anderer Formationen sind und tatsächlich hat auch Zyndel jene marmorisierten Kalke des Hinter- rheingebietes, auf welche sich Paulcke wegen der Tithonäquivalenz der Gesteine am Futschölpaß beruft, jetzt teils zum Lias, teils zur Trias gestellt.

Graue, basale Bündnerschiefer und Bündnerkreide.

Unter diesem Titel fasse ich alle Büudnerschiefer mit Aus- nahme der „bunten“ zusammen; da letztere im tirolischen Teil nur an den Rändern entwickelt sind und die nicht in Bündner Fazies ausgebildeten Formationen desgleichen, so fallen */; des ganzen Bereiches hierher. Es sind jene mächtigen, dem flüchtigeren Be- schauer eintönig erscheinenden Kalkschiefermassen, welche von Ried bis Schuls die Flanken des Inntals bis zu den Kämmen der Vor- berge hinauf bilden und welche hier aus den untenstehenden Gründen mit den als Bündnerkreide bezeichneten crinoidenführenden Breccien und Kalken zusammengefaßt werden, welche den Südrand begleiten und im Norden zwischen den bunten Schiefern und anderen Schicht- zügen des Nordrandes eingeschaltet sind.

a) Petrographische Beschreibung.

Die Gesteine dieser Gruppe sind größtenteils umkristallisiert; die ursprünglich kalkigtonigen Gesteine sind in Kalkglimmerschiefer, Tonschiefer in phyllitische Schiefer umgewandelt. Am wenigsten unter- liegen der Metamorphose die klastischen Gesteine Breccien und Konglomerate —, doch ist auch bei diesen die Grundmasse meistens umkristallisiert und sind die organischen Einschlüsse dadurch zerstört oder unbestimmbar gemacht worden. Die Umwandlung nimmt von Westen gegen Osten zu. Während man in der Bündnerkreide des Fimbertals in den Schliffen die Foraminiferenfauna noch gut er- halten und bestimmbar findet, ist es wftirolischen Teil in den gleichen Schichten nur ausnahmsweise noc#"möglich, überhaupt das Vorhanden- sein von Foraminiferen festzustellen. Nur die Crinoidenstielglieder haben vielfach noch ihre Gitterstruktur bewahrt. Die basalen, kalkig- tonigen Schichtmassen des Val Sinestra und Mondinstockes gehen vom Schalklbach an in Kalkglimmerschiefer über und behalten diese Aus- bildung bis weit gegen Osten. Außerdem sind im allgemeinen die tieferen Schichten mehr umgewandelt als die höheren, so daB durch die Verbindung beider Tendenzen die höchstkristallinen Gesteine im innern Teil der Antiklinale in der Gegend von Pfunds auftreten.

Die genaue Kartierung hat ergeben, daß der scheinbar ein- tönig ausgebildete Kalktonschieferkomplex eine Reihe verschiedener

464 Wilhelm Hammer. [22]

Fazies und besondere Horizonte auszuscheiden gestattet, welche größtenteils primär, zum Teil auch durch die Metamorphose hervor- gerufen sind.

Als eine Fazies letzterer Art sind die Kalkglimmerschiefer aufzuführen. Es sind schuppigkörnige Gesteine in der Struktur etwa einem mittel- bis grobkörnigen Gneis ähnlich t) -—- von weißem, bei abnehmender Kristallinität auch hellgrauem Kalzit und feinen Musko- vitschuppen, neben welchen aber meistens noch ein großer Teil des Tongehaltes in schwärzlich glänzenden Schuppen vorhanden ist, wodurch das Gestein ein weißschwarz gesprenkeltes Aussehen erhält. Die Glimmer und Tonschuppen geben dem Gestein Paralleltextur. Auf den größeren Schieferungsflächen breiten sich auch größere glänzende, Tonbelage mit zwischengestreuten Muskovitschüppchen aus. Im großen sind stets auch einzelne geringmächtige Lagen von dunklen Tonschiefern eingeschaltet. Sie wittern gelbbräunlich an, gesprenkelt mit den Ton- und Glimmerschuppen. Stärker verwitterte Lagen sind mit winzigen, rostigen Punkten durchsetzt. Sie sind teils ziemlich dickbankig, teils auch ganz dünnplattig.

Alle Übergänge verbinden sie mit den noch nicht so meta- morphen Schichsen gleicher Zusammensetzung: dunkelgrauen, gutge- bankten bis schieferigen Kalken mit wechselnd starker Bestreuung von feinsten Glimmerschüppchen oder auch nur einem dunklen, tonigen Überzug auf den Schichtflächen; dazwischen dann gelegentlich eigene Tonschieferlagen. Häufig durchziehen weiße Kalzitadern das Gestein, auch Quarzadern fehlen nicht und sind auch gemischt mit Kalzit anzutreffen.

Die Kalkglimmerschiefer sind, wie oben schon gesagt wurde, am besten bei Pfunds entwickelt: im unteren Gehänge des Inntales bei Stuben und ebenso an den untersten Hängen beiderseits vom Eingang ins Radurscheltal und bis gegen Tösens hinab. In wechselnd guter Entfaltung sind sie am ganzen Nordufer bis gegen Ried (Frauns) zu sehen und nehmen mit abklingender Kristallinität auch die höheren Hänge und Teile der Seitenkämme ein, so am Kreuzjoch, Laderberg, Heuberg. Westlich vom Schalklbach sind sie schon bedeutend weniger kristallin.

Bei den weniger metamorphen basalen Schiefern lassen sich dann undeutlich umgrenzte Bereiche herausheben, welche vorwiegend kalkiger Natur sind und nur sehr wenig Ton-, beziehungsweise Glimmerüberzüge und wenig oder keine Tonschieferlagen enthalten: Gutgebankte, dunkelgraue, nahezu dichte Kalke von sehr gleich- mäßiger Ausbildung, manchmal mit feinen weißen Kalzitflasern durch- woben, auf den Schichtflächen Glimmerüberstreuung ganz unbedeutend. Am deutlichsten ist diese Fazies in den Wänden ausgebildet, welche die Finstermünzer Straße von den Grünschiefern über Altfinstermünz angefangen bis zur Mündung des Labaunerbaches, also besonders in der Schlucht des Stillebachs anschneidet.

!) Stache bezeichnet sie auf der Manuskriptkarte als „gneisartige Kalk- tonphyllite.*

[23] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 465

In anderen Zonen entfalten sich die Tonschiefer sehr stark und überwiegen gegenüber den geringen kalkigen Zwischenlagerungen. Es sind schwarze oder silbergrau glänzende Tonschiefer, beziehungs- weise halbphyllitische Schiefer, dort und da graphithaltige Lagen. Zwei solcher Zonen durchziehen z. B. die Nordabhänge des Roßkopfs und Ulrichkopfs gegenüber Stuben. Schließlich ergeben sich auch Zonen mit einer sehr lebhaften oftmaligen Wechsellagerung stärkerer kalkiger und tonigphyllitischer Züge, bei ungefähr gleicher Menge beider oder eher einem Uberwiegen der tonigphyllitischen Schiefer. Solche Zonen sind in der Prutzer Gegend häufig.

Eine in den höheren Regionen des Nord- und Südschenkels weitverbreitete Ausbildung ist jene als dünntafelige Kalk- schiefer von hell- bis dunkelgrauer Farbe. Das Gestein zerfällt in klirrende, ebentafelige Scherben und ist meist nur wenig kristallin, mit feinsten Glimmerschüppchen auf den Flächen schwach bestreut; stellenweise von Kalzitadern durchzogen. Am Heuberg (Hint. u. Vord.) sind sie stark kristallin und erscheinen teilweise als dünntafelige Kalkglimmerschiefer. Halbkristallin ist der Komplex solcher Schiefer am Ulrichskopf. Am Kamm „In der Keil*-Blauwand treten ebenfalls ähnliche dunkelgraue Kalkschiefer auf, wechselnd mit gutgebankten grauen Kalken, beide schwach kristallin. Die Anwitterungsfarbe der Kalkschiefer ist oft gelblich oder schwach rötlich.

Diese Kalkschiefer enthalten im allgemeinen keine ausgedehn- teren Züge jener schwarzen Tonschiefer wie die anderen kalkigen, basalen Schiefer, dagegen findet man am Ulrichskopf in ihnen mehrfach kleine Schmitzen von grünen, serizitisch - chloritischen, blätterigen Schiefern (05—1 m mächtig und von geringer Horizontal- erstreckung) sehr innig mit dem Kalkschiefer verbunden und ver- schliert. Quarzknauern stellenweise darin; an einzelnen Stellen beobach- tete ich einen intensiv grünen Anflug auf dem Schiefer wie Kupferlasur.

In den Kalkschiefern am Kamm südlich der Blauwand treten in ähnlicher Weise ein paar kleine Lagen von lichtgraugrünem glattem Tonschiefer auf.

Am „Blauen Talrücken“ zwischen Masnertal und Pfundser Ochsenberg liegt im Hangenden der grauen Bündner Schiefer ein Komplex von dünnbankigen, gelb anwitternden Kalkschiefern und dünnblättrigen Kalken mit knauerigen, quarzreichen Lagen und Linsen. In dieser Serie treten im Hangendsten auch wieder grünlich- graue kleine Tonschieferlagen auf, die zu größeren schwarzen Ton- schieferzügen an der oberen Grenze des Komplexes überleiten.

Sehr oft sind die kalkigen grauen Schichten durch feine Quarz- beimengungen verunreinigt und gehen in dichte, beziehungsweise äußerst feinkörnige, dunkelgraue, quarzitische Kalke über.

In einzelnen Zonen überwiegt dann der Quarzgehalt so, daß eine eigentliche quarzitischsandige Fazies auftritt. Dünnplattige, kalkigsandige Schiefer sind in diesen Zonen stark verbreitet, bräunlich- graue mit rostigen Punkten, mit zunehmendem Kalkgehalt reiner grau gefärbt, dann bräunliche, dichte, quarzitischkalkige Lagen, aus- nahmsweise ziegelrot verwitternd (Schmalzkopfgipfel). Ferner dick- bankige, hellgelbgraue Quarzite mit ähnlicher Anwitterungsfarbe und

Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 60

466 Wilhelm Hammer. [24]

knaueriger, rauher Oberfläche, welche an älteren Verwitterungs- flächen sofort durch den an Urgebirgsblöcke erinnernden Flechten- überzug sich unterscheiden von den davon freien Kalkgesteinen. Sie brausen mit HCl nicht auf. Daneben dichte, hellgelbgraue, dünn- schieferige stärker kalkhaltige Lagen. Stets ist diese Serie von zahl- reichen Tonschieferlagen durchzogen: hellgraue oder schwarze Ton- schiefer, letztere oft mit metallischen Anlauffarben. Häufig beobachtet man eine vielfache Wechsellagerung feiner Lagen von schwarzen Tonschiefer mit weißlichen oder grünlichgrauen, sehr feinkörnigen bis dichten quarzitischen Lagen. Meistens sind diese Mischgesteine intensiv gefältelt und auch von Transversalschieferung durchsetzt. Die schwarzen Tonschieferzüge gehen zwischen Schmalzkopf und Ulrichskopf in grüne Tonschiefer über, welche dann den oben beschriebenen Tonschieferschmitzen vom Ulrichskopf gleichen.

Diese Serie ist typisch am Schmalzkopf entfaltet und streicht von dort mit abnehmender Mächtigkeit zum Frudigerjoch und bis gegen Übersachsen. Gegen SW nimmt sie bei Nauders mehr kalkig- sandige Bänke mit vielen Tonschieferlagen auf (Norberthöhe). Eine ähnliche Fazies tritt im Kern der großen Antiklinale bei der Kobler- alm (Rauhes Eck, am Eingang ins Samnaum) auf und streicht über Kobl gegen das Stubental.

Sehr reich entfaltet sich die quarzitische Fazies in der westlichen Fortsetzung der Naudererzone an dem Kamm vom Mondin zum Muttler und an dessen südlichen Seitenkämmen (Mot dellas Amblannas, Parai naira).

Einen für die stratigraphische Orientierung verwendbaren Horizont bilden dann die im „Querschnitt“ (1911) als Tüpfel- schiefer eingeführten Gesteine: „Graue, dünntafelige Kalkschiefer, deren meist mit feinem Glimmerbelag bedeckte Flächen von kleinen (05—1 mm) schwärzlichen Tupfen, stellenweise bis zu kleinen Knötchen anschwellend, gleichmäßig dicht übersät sind. Im Dünnschliff ent- sprechen ihnen rundliche oder längliche dichte Ansammlungen aller- kleinster farbloser Nädelchen und Körnchen in dem Karbonat-Quarz- gemenge des Gesteins, welche vielleicht als unbestimmbare Reste von kleinen Organismen gedeutet werden können.“

Besonders deutlich und mächtig sind sie im Sockel der Stam- merspitze entwickelt und in der Fortsetzung derselben über den Muttler und den Kamm zwischen Sampuoir und Samnaun. An der Südseite des Stammer erreicht die gesammte Tüpfelschieferzone eine Mächtigkeit von etwa 400-500 m; den unteren Teil bildet eine Serie dünnblätteriger, kalkiger Tüpfelschiefer, darüber folgt eine Wechselfolge von sehr dünn- plattigen Kalkschiefern, dunkelgrauen, sandigkalkigen Schiefern und vielen Tonschieferlagen und einzelnen Bänken von Tüpfelkalk; die Tonschiefer nehmen noch oben überhand zur Bildung einer Zone von bleigrauen, feinblätterigen, phyllitischen Tonschiefern, welche eine geringe Verminderung der Steilheit des Gehänges verursacht; sie wird von einem geschlossenen niederen Wandgürtel überragt; am Fuße desselben steht eine etwa 3 dm starke Bank einer Breccie an mit sehr lichtgrauem äußerst feinkörnigem Zement und grauen kalkigen Einschlüssen von wenigen Millimetern Größe. Außerdem schaltete sich

[25] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 467

hier am Fuße der Wandstufe ein schieferigflaseriges, feinquarzitisches Gestein ein von hellgrüner, seltener rötlicher Färbung, welches auf der Südseite in einzelnen linsenförmigen Anschwellungen, auf der Nord- seite in drei ausgedehnten, durch Tonschiefer getrennten Lagen übereinander auftritt. Den Wandgürtel selbst bilden wieder Tüpfel- kalke, in lebhaftem Wechsel mit feinblätterigen Tonschiefern. Diese obersten Lagen der Tüpfelkalke erscheinen auch auf der Nordseite wieder an gleicher Stelle und bilden den oberen Abschluß der ganzen Serie.

Dünnschliffe der genannten Breccie zeigen ein sehr feinkörniges Zement von Quarzkörnchen und in diesem schwimmend eckige oder etwas gerundete Fragmente eines dichten Kalkes, welcher stets in großer Zahl deutliche Radiolarien enthält. Die Kalkfragmente sind umrindet von großen neugebildeten Kalziten und auch in dem Quarz- zement treten einzelne Kalzitrhomboeder auf. (Siehe Tafel XXIII) Das Quarzzement der Breccie ist vollkommen gleich im Schliff mit dem hellgrünen, feinquarzitischen Gestein und in Schliffen des letzteren (von der Nordseite des Stammer) treten auch noch einzelne flachgedrückte Kalklinsen in dem quarzitischen Aggregat auf, welche einen Kern von dichtem Kalk mit einzelnen Radiolarien und eine Kalzitrinde besitzen. Untersucht man aber die Tüpfel- schiefer und Tüpfelkalke selbst, so erkennt man auch hier die gleiche Struktur wieder: die feinquarzkörnige Grundmasse, in beträchtlich geringerer Menge als in den genannten Gesteinen umzieht kalkige Linsen, bestehend aus dem Tüpfel, d. h, der dunklen, oft eckigen, scharf umgrenzten !) Anhäufung feinster Körnchen, unter welchen man in Anlehnung an die Beobachtungen in den obigen Ge- steinen selten einmal noch rundliche Körperchen als Radiolarien an- sprechen kann und einem großen nach der Schieferung gestreckten Hof von neugebildetem Kalzit. Auch die einzelnen Kalzite in der Quarzgrundmasse fehlen nicht. (Siehe Tafel XXIH.)

Man kann eine vollständige Ubergangsreihe von der Breccie mit radiolarienhältigen Kalken bis zu den typischen Tüpfelschiefern aufstellen. Die feinen Körnchen, aus deren Anhäufung die Tüpfel bestehen, können als die letzten, nicht mehr umgewandelten oder fortgeführten Teile der Radiolarienskelette erklärt werden. l

Vom Samnaun gegen Osten zu werden die Tüpfeschiefer stärker kristallinisch und damit schwerer erkennbar; es ergeben sich weiße, gelblichweiße oder hellgraue, dünntafelige Kalkschiefer, seltener auch dickere Kalkbänke dieser Art, welche auf den Schichtflächen und im Querbruch dort und da noch die Tüpfel hervortreten lassen. Doch ist auch bei diesen im Dünnschliff noch jene Struktur erkenn- bar. Die Umkristallisation des Kalks hat hier auch den Kern der Kalkfragmente ergriffen. Die neugebildeten Kalzite ordnen sich der Kristallisationsschieferung entsprechend; das feine Aggregat des stark zurücktretenden Quarzzementes ist auch oft zu größeren Körnern, um-

!) Auch makroskopisch sind Bänke mit eckigen Tüpfeln nicht selten, z. B. an der Westseite des Piz Arina. 60*

468 Wilhelm Hammer. . [26]

kristallisiert, die Tüpfel selbst sind noch durch jene Skelettreste erhalten, ohne die Umrisse wesentlich geändert zu haben). Makros- kopisch ist bei diesen die Auseinanderhaltung von den Kalkglimmer- schiefern mit kleinen glimmerigtonigen Schüppchen oft schwer.

Im Gebiet Spiß—Stubental sind die Tüpfelschiefer schon stark umkristallisiert. Sie verteilen sich auch hier auf einen Komplex von ein paar hundert Meter Mächtigkeit, bestehend aus Kalkglimmer- schiefern mit fleckigem Tonbelag, einzelnen wenig mächtigen Ton- schieferlagen, beziehungsweise phyllitischen Schiefern, und auch von weniger kristallinen Kalkschiefern. Die Tüpfel treten am deutlichsten in tonreicheren, dünnschiefrigen Lagen hervor, seltener in diekeren Kalkbänken. Vom östlichen Ast des Stubentals (Kadratschtal) an hat die Umwandlung fast alle Spuren der Tüpfelung zerstört und nur vereinzelte Bänke sind in der Fortsetzung der Zone noch zu finden, so am Tschupbach, bei der Morrlealm und am Südabhang von Gallmötz.

Deutlich als eine Zone von ein paar hundert Meter Mächtigkeit erscheinen sie bei Wegfall der starken Umkristallisierung im Süd- schenkel der Hauptsattelung zwischen Tösner- und Stafelleralm, und zwar wieder in der Weise, daß einzelne Lagen von Tüpfelkalk- schiefern eingeschaltet sird in einer Reihe von grauen Kalkschiefern mit zahlreichen Zwischenlagen von schwarzen oder hellgrauen Tonschiefern. Undeutlicher ist schon die Fortsetzung dieses Zuges am Malzkopf (Platzertal). Weiter gegen SO ist im Saderergraben noch ein vereinzeltes deutliches Vorkommen beobachtet worden und ein paar lithologisch nicht ganz sichere am Roßkopf, an der Flucht- wand und bei Parditsch, deren Zugehörigkeit zu einer solchen Zone durch die Gleichheit des Horizonts, in welchem diese Spuren auf- treten, wahrscheinlich gemacht wird.

Von besonderer Bedeutung für die Gliederung und Altersbe- stimmung sind die Brecceien, welche in den grauen Bündnerschiefern vielfach auftreten.

Es lassen sich zwei Arten derselben unterscheiden : quarzreiche Breccien und kalkige, beziehungsweise dolomitische Breccien.

Die Quarzbrececien sind deutlich geschieferte, kleinkörnige Gesteine von grauer Farbe mit bräunlicher, rauher, oft von Flechten bezogener Verwitterungsfläche und zeigen in einer äußerst feinkörnigen, dichten, sandigen, grauen Grundmasse sehr zahlreiche Einschlüsse von rundlichen, weißlichen Quarzkörnern von 1—4 mm Durchmesser. Kleine Muskovitschüppchen sind reichlich im Gestein der Schieferung parallel verteilt. Außerdem beobachtet man in geringer Menge eckige ockergelbe Fragmente eines kalkigdolomitischen, dichten Gesteins, ebenfalls von wenigen mm Breite, in manchen Lagen auch Blättchen von Tonschiefer in größerer Anzahl. Im Dünnschliff (siehe Tafel XXI) erweist sich auch die völlig umkristallisierte Grundmasse als sehr quarzreich. Die Einschlüsse sind große Quarze und Quarzaggre-

!) Sander beschreibt einen analogen Fall von „aufzehrender Neukristalli- sation des Karbonats“ an Fragmenten von Dolomit in einem Mylonit (Quarz- serizitgrauwacke) aus den westlichen Tauern. (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1912, S. 232.)

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gate, sehr selten Quarzfeldspataggregate, selten auch einzelne Feldspate und größere Glimmerblättchen. Die Karbonatgesteinseinschlüsse sind ein sehr kleinkörniges, reines Karbonatgestein, meist mit einer rostigen Rinde; dort und da auch einzelne größere Karbonatrhomboeder mit einer solchen Rostrinde. Die Grundmasse besteht aus Quarz, Kalzit und Muskovit.

Durch Abnahme der Größe und Zahl der Einschlüsse gehen sie in graue, sandigkalkigglimmerige Schiefer über, welche in beträcht- licher Mächtigkeit die stets geringe Dicke erreichenden eigentlichen Breccienbänke begleiten. Bei geringer Metamorphose erscheinen sie als schiefrige, kalkige, feine Sandsteine.

Die Breccien kalkiger Natur besitzen eine fast rein kalkige Grundmasse. Sie ist makroskopisch dicht und dunkelgrau. Im Dünnschliff (siehe Tafel XXIII) erscheint sie stets kristallinisch, oft mit deutlicher Kristallisationsschieferung. Selten ist sie auch makros- kopisch kristallinisch. Ein Beispiel dieser Art ist der obere Breccien- horizont am Gamsblaiskopf, welcher als weißlicher, grobkristalliner Kalkgiimmerschiefer mit reichlicher Ausbildung von Muskovit erscheint, in dem ziemlich zahlreich kleine Bröckelchen des gelben Dolomits eingebettet sind, ferner jene im Fernertobel (dunkelgrau). In jener dunkelgrauen Kalkgrundmasse sind in großer Zahl, aber doch so, daß sie immer noch einzeln in der Grundmasse schweben, kleine, eckige Bröckelchen eines gelbanwitternden Dolomits oder dolomitischen Kalkes eingebettet. Wo der Dolomit nicht gelblich angewittert ist, entschwindet er leicht dem Auge. Beimengungen von Quarz sind selten oder fehlen ganz. Nur ausnahmsweise erreichen die eingeschlossenen Fragmente eine bedeutende Größe, wie z. B. in einer Breccie östlich des Saderer- jochs, am Abhang des Schmalzkopf, wo lagenweise längliche, eckige Fragmente desselben gelben dolomitischen Kalkes bis zu 2cm Länge parallel der Schichtung eingeschlossen sind.

Anderseits kann die Größe der Einschlüsse zur mikroskopischen Kleinheit herabsinken: Gesteine, welche makroskopisch als graue feinkörnige Kalke oder Kalkschiefer erscheinen, im Schliffe aber in der kalzitischquarzigen Gesteinsmasse massenhaft kleinste Fragmente des gleichen dichten Karbonatgesteins enthalten wie die grobkörnigen. Solche Bänke kommen sowohl in den basalen als auch in höheren Lagen vor, z. B. in der Schlucht des Val sinestra, bei Spiß, am Fließer Berg u. a. O.

In den makroskopisch als solche erkennbaren Breccien sind als ein sehr charakterischer Bestandteil einzelne weiße Gimmerblättchen von 1—3 mm Durchmesser oder kleine Nester gleicher Blättchen gleichmäßig verstreut. Häufig beobachtet man, daß dieselben alle parallel stengelartig in die Länge gezogen sind, wohl als Folge einer Streckung des Gesteins. Auch die gelben Fragmente zeigen in solchen Fällen manchmal eine parallele Anordnung und Streckung.

Diese Glimmerblättchen dürften nicht durch Metamorphose ent- standen, sondern primäre Einschwemmungen sein, da ihre Anwesenheit unabhängig vom Grad der Metamorphose des ganzen Gesteins ist.

Die Breccien sind in der Regel dickbankig, oft mit lagenweiser Verschiedenheit des Materiales, wobei die einzelnen Bänke oft eine

470 Wilhelm Hammer. [28]

mehr oder weniger ausgeprägte Paralleltextur besitzen können. Stark schiefrige Partien zeigen auf den Schieferungsflächen einen phyllit- ähnlichen Glimmer-(Serizit-)belag oder größere Glimmerflasern.

Breccien obiger Art enthalten nun auch kleine schwarze Cri- noidenstielglieder, deren Gitterstruktur im Dünnschliff oft noch deutlich zu sehen ist; Durchmesser 1 mm. Mit dem stärkeren Auf- treten derselben nimmt nun meistens der brecciöse Charakter des Gesteins ab, die Zahl der Dolomitbröckelchen sinkt mit steigender Menge der Crinoidenstielglieder und es ergeben sich alle Übergänge zu Crinoidenkalken welche dann oft dicht erfüllt sind von schwarzen Stielgliedern: dunkelgraue, schwärzliche, dickbankige, dichte, feste Kalke mit helleren Anwitterungsflächen, auf welchen die Stiel- glieder auswittern. Auch die Glimmerblättchen treten in diesen Kalken schließlich ganz zurück. Im Dünnschliff ist oft noch eine feine Schieferung oder Flaserung des Gesteins zu beobachten, wobei die Stielglieder augenartig in die Flasern eingebettet sind. Meistens ist das Gestein rein kalkig, sonst mit geringer Quarzbeimengung und etwas Glimmer.

Auch in manchen Breccienlagen, welche makroskopisch keine Stielglieder mehr erkennen lassen und zu den oben beschriebenen kalkigen Breccien gehören, sind im Schliff noch besonders große, oft ungenau rundlich umgrenzte Kalkspatindividuen in die feinkörnige Gesteinsmasse eingebettet, welche auf Grund von Übergangsformen auf Crinoidenstielglieder zurückgeführt werden können,

In kalkigen Breccien, welche noch ziemlich viel gelbe Dolomit- einschlüsse, weiße Glimmerblättchen und Crinoidenstielglieder _ent- halten, und dabei eine wenig oder gar nicht umgewandelte Grund- masse von rein kalkiger oder mit Quarz untermischter Zusammen- setzung, sind im Dünnschliffe zahlreiche wohl erhaltene Foramini- feren und darunter auch Orbitulinen (Orbitulina lenticularis) zu finden, außerdem eine Diplopore, welehe von Paulcke als Diplopora Mühlbergi bestimmt wurde. Derartige Breccien sind besonders im Gebiet des Fimbertales und des Tasnastockes zu finden und weiter gegen Osten hin noch auf der Alp bella. Von hier an ostwärts sind aber durch die Umkristallisation die organischen Strukturen zerstört worden mit Ausnahme der Crinoidenstielglieder. Am Südrand, wo die Crinoidenbreccien eine weite Verbreitung finden, gelang es südlich des Sadererjochs noch eine Bank aufzufinden mit deutlichen Fora- miniferen (Textularien, Milioliden u. a. aber keine Orbitulinen). In stark verdrückter Form auch noch in Proben vom Valribach (Nauders). Ein- zelne Schlifiproben aus der Crinoidenkalkzone von Riatsch enthielten Diploporenähnliche Reste.

In der Zone von Nauders ins Radurscheltal vergesellschaften sich die Crinoidenkalke und Breceien mit der quarzitischen Fazies, indem Bänke der ersteren mit Quarziten und Tonschieferlagen wechsellagern. Dabei entwickeln sich auch quarzitisch-kalkige, dichte, dunkel- graue Bänke mit Crinoidenstielgliedern. Im weiteren Verlaufe gegen NO ist diese Geisteinsgruppe bei geringerer Menge von Quarziten auch noch zwischen Radurschel- und Tösnertal in der gleichen Zone zu sehen und auf der Fendleralm.

[29] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 471

Zu dieser langen Reihe sedimentogener Gesteinsarten kommen als ein weiterer Bestandteil der Serie der grauen Bündnerschiefer noch Einlagerungen eruptiver Natur in Gestalt von Diabas- decken, welche als Ergüsse zwischen die Sedimente eingeschaltet sind. Sie erscheinen, wie aus der Tabelle auf Tafel XXI ersichtlich, bereits in den tiefsten Teilen der Schichtfolge (Finstermünz) in be- trächtlicher Entfaltung; die Diabasmasse des Mondin erreicht eine Mächtigkeit von mindestens 300 m. Die Bündnerschiefer unterlagern den Mondindiabas einerseits in flacher Wölbung, wie im Fernertobel schön zu sehen ist, ebenso klar aber ist auch die konkordante mantel- förmige Überlagerung durch solche am Signalgipfel und der Westseite des Massivs zu sehen !). Ein zweitesmal entfalten sich die Diabas- lager besonders in dem hangendsten Teil des Südprofils.

Es wurde bereits im „Querschnitt“ auf die Umstände hinge- wiesen, welche für die Ergußnatur dieser großen Lager sprechen und daneben das Vorkommen von Diabasgängen genannt. Grubenmann hat aus den Analysen beider nach dem Chemismus einen eigenen Diabastypus „Unterengadin“ aufgestellt.

Nach den Angaben von Dyrenfurth steht die Diabas-Spilit- masse von Aschera-Muntana durch allmählichen Übergang in Zusammen- hang mit dem Serpentin von Tarasp-Clemgia.. Wenn auch ein Weitergreifen des Serpentinisierungsvorganges vom Serpentin auf den Diabas angenommen werden kann, so ist doch die Hauptmasse des ersteren aus einem anderen Ursprungsgestein hervorgegangen (nach Grubenmann aus einem feldspatfreien Olivinpyroxengestein). Zwischen beiden besteht aber ein für die Altersfrage bedeutsamer Unterschied darin, daß der Diabas bereits zum großen Teil ge- schiefert und in Grünschiefer übergeführt ist, während der Serpentin keine analoge Umbildung erfahren hat. Dies hat er mit den Gabbro- intrusionen (Clemgia, Flimspitz) gemein, welche ebenfalls keine der- artige Verschieferung (Durchbewegung und Umkristallisation) erfahren haben und demnach wahrscheinlich jüngeren Alters sind. Gruben- mann faßt Peridotit (Serpentin) und Gabbro als Differentiationen eines Magmas bzw. ersteren als Abspaltungen von letzterem auf.

!) Zufolge neuer genauer Kartierung sind die im „Querschnitt* über die Lagerung des Diabases an der Südseite des Mondin gemachten Angaben in folgendem zu berichtigen: An der Costa bella fällt der Diabas nicht unter die Bündnerschiefer ein, sondern hier wie am Mot Mondin liegt Diabas auf den Bündnerschiefern. Am Mot Mondin sieht man, daß es sich um eine höhere Lager- masse handelt, welche an dem Sattel zwischen Mot Mondin und dem Mondin- kamm durch ein Zone von Bündnerschiefer (darunter auch Tüpfelkalk) von der Hauptmasse getrennt ist; die letztere fällt unter diese Bündnerschieferzone ein. Am Südabfall des Mot Mondin ist an dessen Westseite sehr wahrscheinlich das aus- keilende Ende dieses höheren Lagers aufgeschlossen, zwischen dem flachfallenden Bündnerschiefer im Liegenden und steil am Diabas sich aufrichtenden Schiefern des Südkammes als Hangendes,. Am Mot Mondin und an der Costa bella sind diese höheren Diabaslager muldenförmig mit NW-Streichen eingebogen.

An der Westseite des Mondinkammes ist die Überdachung des Diabases durch Bündnerschiefer sehr schön zu sehen; ein kleines Erosionsfenster läßt den Diabas in einem der obersten Talwinkel von Val Sampuoir unter dem Cuolmen d’alp nochmals aus dem Schiefermantel hervorschauen.

472 Wilhelm Hammer. j [30]

Serpentin und Diabas-Spilit des Zuges Tarasp-Aschera können nicht einfach als Differentiationen eines Intrusivkörpers äAufgefaßt werden, sondern sind wahrscheinlich aus zwei verschiedenaltrigen Teilen zusammengeschweißt.

Der Serpentin ist, seinen Kontaktwirkungen nach zu schließen (Marmorisierung angrenzender kalkiger Bündnerschiefer, Ophikalzit), intrusiv; auf die anschließende Diabas-Spilitmasse von Aschera läßt sich dies nicht unmittelbar übertragen. Es ist immerhin bemerkens- wert, daß die Bündnerschiefer im Osten vom Serpentin „scharf dis- kordant abgeschnitten werden“ (Dyrenfurth), während sie am Muntanakamm ganz ähnlich wie am Mondin gewölbeförmig und konkordant die Diabas-Spilitmasse ummanteln.

Auch bei dem Serpentin von Nauders (Schwarzsee) läßt sich in sehr beschränktem Ausmaß eine Marmorisierung angrenzender Kalk- bänke und Einschlüsse von Serpentin in denselben beobachten.

b) Faziesverteilung und Schichtfolge.

Die verschiedenen sedimentären Fazies der grauen Bündner- schiefer sind durch Übergänge im Streichen und quer zum Streichen miteinander verbunden. Die Verbreitung der durch die Metamorphose bedingten sekundären Gesteinsiazies ist durch die oben angeführte Richtung der Zunahme der Kristallinität bedingt.

Die Aufstellung einer Reihenfolge der primären Sedimentarten wird in ihrer Verwendbarkeit als Altersschichtfolge dadurch einge- schränkt, daß keine Sicherheit darüber besteht, ob und wo Wieder- holungen oder Umkehrungen der Schichtfolge infolge von Faltung oder Schuppung vorliegen. Faltenumbiegungen sind allerdings nirgends in diesem Komplex zu sehen (abgesehen natürlich von der sehr ver- breiteten Kleinfaltung, die hier nicht von Einfluß ist), Schuppungen können mindestens in den oberen Teilen des Komplexes sehr wohl vor- handen sein, nach Analogie der Struktur der Randzonen. Dagegen spricht nur der stetige Ubergang der Schichten ineinander, gegen- über den deutlich voneinder abgegrenzten Schichtzügen der Randzonen.

In der beigegebenen Tabelle (Tafel XXI) wurde der Versuch unternommen, die größeren Schichtzüge und gewisse petrographisch gekennzeichnete Horizonte im Nord- und Südschenkel der großen Wölbung miteinander in Verbindung zu bringen in Hinsicht auf die Einordnung in der heutigen Schichtfolge 1). Als Ausgangspunkt wurde anfänglich das Profil vom Kern gegen den Südrand bei Nauders- Schmalzkopf gewählt und in dieses die streichende Fortsetzung der einzelnen Zonen des Südschenkels eingeordnet. Die Untersuchung der Mondin-Muttlergruppe am Schlusse der Aufnahmen im Bündner- schiefergebiet ermöglichte es dann infolge des Absteigens der

F !) Der Raum, den die einzelnen Züge in der Tabelle einnehmen, soll keines- wegs eine Darstellung ihres wirklichen Mächtigkeitsverhältnisses sein ; petrographisch gut verfolgbare Horizonte von ganz geringer Mächtigkeit treten daher hier mehr hervor als große, aber straiigraphisch schlecht verwendbare Folgen indifferenter Kalk- und Tonschiefer.

[31] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 473

Mondinwölbung gegen SW, einzelnen Horizonten vom Südschenkel in den Nordschenkel hinüber zu folgen und so eine Parallele der beider- seitigen”Profile einzuleiten.

Für die tieferen Teile des Systems bieten die Grünschiefer einen Anhalt. Jene des Mondin bilden den Scheitel der Wölbung und ziehen sich tief in das Nordprofil hinab; anderseits können sie den Grünschiefern der Finstermünz in der stratigraphischen Höhen- lage gleichgestellt werden. Sie hängen zwar nicht unmittelbar zu- sammen, die Schichtbänke im Liegenden leiten aber direkt von den einen zu den anderen über.

Die quarzitische Zone im Kern der Antiklinale ist nur vom unteren Samnauntal bis zur Schlucht des Stubentales aufgeschlossen und verschwindet beiderseits unter den kalkigen Zonen, welche sie an der Ostseite des Schalklkopfs und am Laderberg überdecken.

Für die oberen Teile bieten die Tüpfelschiefer und die 'Breccien sowie die obere quarzitische Zone gute Richtlinien.

Die auarzitische Fazies (diekbankige Quarzite und quarzitische Kalke, kalkig-sandige Schiefer, Tonschiefer). ist besonders ausgedehnt entfaltet an dem Süd- und ÖOstgrat des Muttler, durch starke Stauchfaltungen zu ungewöhnlicher Mächtigkeit aufgestappelt. Sie läßt sich in schwächerer Entwicklung durch das Gehänge ober Schleins hin verfolgen, hinab gegen den Inn, jenseits dessen sie dann bei starkem Zurücktreten der Quarzite gegenüber kalkig-sandigen Schiefern _ und Tonschiefern den Sattel bei Norberthöhe überschreiten und ober Nauders sich zum Schmalzkopf fortsetzen, wo wieder die Quarzite stark hervortreten. Gegen setzt sie sich einerseits an der Nord- seite des Ulrichskopf ins Radurscheltal fort, streicht dann längs dem Frudigerjoch hin und ist noch bei Ubersachsen, am Ausgang des Tösnertales festzustellen; anderseits schiebt sich über der sehr ver- schmälerten Quarzitzone eine starke Folge von grauen Kalkschiefern am Ulrichskopf ein, über denen im Saderergraben nochmals quarzitische Gesteine liegen; letztere verlieren sich gegen NO, bzw. setzen sich nur als Teilglieder der Bündnerkreidezone des Südrandes fort. Auch westlich von Nauders, inntalaufwärts bis Remüs, sind die quarzitische Zone und die Bündnerkreidezone des Südrandes noeh durch eine Zone von Kalkschiefern getrennt. Anderseits tritt auch im Südgehänge des Piz Mondin ein analoger Fazieswechsel ein, inso- fern die unmittelbar den Mondindiabas überlagernden Quarzite etc. nordöstlich von Cuolmen d’alp und ebenso die ähnlichen Gesteine des Piz Malmurainza am Südgehänge der Bergkette (Blaisch del painch, Plan d’ors usw.) in einförmige Kalkschiefer übergehen. Am Schmalzkopf erreichen die Quarzite also ein Maximum, indem sie nach oben bis zur südlichen Randzone und auch noch tiefer als zu beiden Seiten übergreifen, ebenso setzt am Mondin diese Fazies schon besonders tief ein. Das Verbindungsglied der ganzen Fazies- zone bilden im Raume Schmalzkopf-Muttler hauptsächlich die starken Tonschieferzüge, welche vom Südkamm des Muttler über Schleins (Tea nova), die Norberthöhe und das Labaunertal bis zum Schmalz- kopf sich durchgehends verfolgen lassen. Weiterhin nach NO verlieren sie sich gänzlich.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 61

474 Wilhelm Hammer. [32]

Die Zone der Quarzite überschreitet am Kamm Muttler-Mondin den Scheitel der Wölbung und streicht im Nordschenkel nach Val Sampuoir hinab. Die Quarzite machen hier immer mehr sandig- kalkigen Schiefern Platz, deren Ausstreichen sich dann über Spisser- mühl, Spiß, das Kreuzjoch und den Hahntenn bis ins Stubental ver- folgen läßt.

In diesem Teil wird die hier sonst wenig auffällige Zone deut- licher durch die Einlagerung von Quarzbreccien, welche über die ganze Erstreckung vom Hahntenn bis Val Sampuoir zu verfolgen sind. Im oberen Teil dieses Tals treten an ihrer Stelle kalkige Breccien genau vom Habitus der Bündnerkreide (Alp bella ete.) im selben Zuge auf (Munt da Sterls und rechtes Talgehänge bis Plan god nair) und am Grat Muttler-Mondin und dessen Südauslegern sind an zahlreichen Stellen Bänke feiner und gröberer kalkiger Breccien von ähnlichem Typus den quarzitischen Gesteinen zwischengeschaltet (Cuolmen d’alp, Saletzjoch 1], Amblannas, Muttler-Ostgrat, Parai naira). In jener am Kamm des Parai naira sind selten auch kleine schwarze Crinoiden- stielglieder zu erkennen. In der tirolischen Fortsetzung sind sie seltener; hierher zu stellen ist eine solche Breceienbank an der Nord- seite des Schmalzkopfes.

Der Zug der Quarzbreccien und Quarzite ete. wird im Nord- schenkel von einer ebenfalls weithin beständigen Gesteinszone über- lagert: nämlich jener Zone von Tüpfelschiefern, welche zusammen- . hängend vom Stubental (Kadratschtal) über Kreuzjoch-Spiß bis zum Muttler dessen Spitze aus ihnen besteht und unter der Stammerspitze durch ins Val sinestra zieht.

Der N fallenden Tüpfelschieferfolge am Stammer entsprechen im Val sinestra im Südflügel die Tüpfelkalke und Schiefer, welche an der Westseite des Piz Arina von der Alpe Pradatsch bis Manas hin ausstreichen. Ihre Mächtigkeit ist eine wesentlich geringere als jene am Stammer und Muttler. Sie werden neuerlich von einer Serie quarzreicher Schichten überlagert, welche als sandige Schiefer und als quarzreiche Brecceien besonders am Piz Arina stark entwickelt sind, sich aber noch weiter über Plaiazan und an den Gehängen ober Schleins hin bis Pragrond verfolgen lassen und hier vielfach noch von einzelnen Tüpfelschieferlagen von geringer Mächtigkeit und oft wenig deutlicher Ausprägung begleitet sind; demselben Niveau ent- sprieht östlich des Inn dann noch die quarzreiche Breccie am Lochschrofen (Landesgrenze); weiter läßt sich die Zone nicht. ver- folgen. Eine etwas höhere Lage im Schichtsystem dürfte den weiter nordöstlich im Südschenkel gefundenen Tüpfelschiefervorkommen zukommen, jenes im Saderergraben, besonders aber die stärker ent- falteten Tüpfelschiefer des Tösnertales (Malzkopf, Stafelleralm).

Die im Nordschenkel nordöstlich des Stubentals noch ge- fundenen vereinzelten Vorkommen von Morrlealm, Tschupbach, Gal- mötz dürften ziemlich genau in den gleichen Horizont fallen wie die Hauptzone (Stubental etec.).

!) Hier neben kalkigen auch eine Bank von Quarzbreccien.

[33] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 475

Bei dem Mangel des Zusammenhanges der verschiedenen kleinen Vorkommen kann im Südflügel von einer Haupttüpfelschieferzone nicht gesprochen werden; sie verteilen sich über verschiedene Niveaus. Auch im Nordflügel liegen außerhalb der Hauptzone noch die Tüpfel- schiefer am Ostgrat des Schalkkopfes, nahe unter der Basis des Mondin-Diabas und eine Bank von Tüpfelschieferkalk, in dem schmalen Bündnerschieferlager, welches den Diabas des Mot Mondin unter- lagert und von der Hauptmasse des Mondin-Diabas abtrennt. Diese beiden sind die stratigrapbisch tiefstliegenden Vorkommen solcher Schiefer. Solche treten also zwar in sehr verschiedenen Höhenlagen auf, bilden aber in ihrer Hauptzone (Stubental— Stammer—-Arina) einen guten Leithorizont.

Es wurde bereits im Vorhergehenden auf verschiedene Brec- cien, als der dritten der stratigraphisch besonders verwendbaren Gesteinsarten hingewiesen.

Sie sind im tieferen Teil mehr sporadisch verteilt und erreichen ihre Hauptentfaltung in den oberen Zonen.

In den basalen Regionen sind an verschiedenen Orten kleine, wenig ausgedehnte Lager von kalkigen Breccien eingeschaltet, welche sich nur teilweise durch eine stärkere Kristallinität von den erinoidenfreien Bänken der hangenden Breccienzonen unterscheiden.

Das tiefste bisher bekannt gewordene Vorkommen steht an der linken Seite des Fernertobels am Quersteig in 2200 m Höhe, noch ungefähr 500 m unter der Basis der hier flachliegenden Diabasdecke des Schalklkopf-Mondin an und kommt etwas höher oben auf dem Ostgrat des Schalklkopfes wieder zum Vorschein. Unmittelbar über dem Mondin-Diabas in den Hängen der Ruina cotschna gegen Sampuoir stehen Bänke an, welche man makroskopisch für Crinoiden- kalke ansehen möchte, nach der Schliffuntersuchung scheint es sich aber eher um Tüpfelkalke zu handeln, also die untersten Lagen der großen Tüpfelschieferzone Muttler—Spiß.

Höher als die Fernertobelbreccie, nämlich zwischen den Grün- schieferlagern der Finstermünz, steckt eine Linse kalkiger Breccie in den Felsgehängen an der Nordwestseite der Fluchtwand und ebenso wird das dritte Grünschieferniveau, jenes am Stillebach (oberhalb der Mündung des Labaunerbaches) von einem nahe benachbarten Breccien- vorkommen am Abhange des Seleskopfes begleitet. Dieses letztere enthält bereits Spuren von Crinoidenstielgliedern.

Hier wären weiter dann die schon erwähnten zahlreichen, aber auch stets einzeln gestellten und gering mächtigen kalkigen Breccien in der Quarzitzone aufzuführen.

Über dem unteren Teilzug der quarzitischen Zone im Süd- schenkel liegen die gleichgearteten kalkigen Breccien, welche den Breithaslachgraben (zwischen Tösner- und Stalanzertal) durchqueren. Uber ihnen lagern die Tüpfelschiefer der Stafelleralm und erst über diesen reihen sich dann die Crinoidenkalke und Breceien des Süd- randes ein.

Die Zone von Crinoidenkalken und Breccien, welche den Süd- rand vom Kaunertal bis zur Iaandesgrenze und noch weiterhin ins Unterengadin begleitet, bildet ähnlich wie die Tüpfelschieferzone einen

61*

476 Wilhelm Hammer. f [54]

stellenweise mehrere hundert Meter mächtigen Schichtzug, in dem neben verschiedenen Kalkschiefern, Tonschiefern, Quarziten und quar- zitischen Kalken jene crinoidenführenden Gesteine in einzelnen weit- hinstreichenden Lagern eingeschaltet sind.

Dazu kommen im Nauderer Gebiet dann noch Einschaltungen bedeutender diabasischer Lager.

Die Einordnung der crinoidenführenden Gesteinslager ist keine sleichbleibende. In dem mehrere hundert Meter mächtigen Komplex Schmalzkopf—Sadererjoch—Suntawa liegen zu unterst die mächtigen Quarzite und Tonschiefer des Schmalzkopfes, darüber ein paar schmächtige Breceienzüge wechselnd mit Quarzit, dann sandig- kalkige Schiefer; Diabas; dann Crinoidenkalk und Breceie; Diabas; Kalkschiefer; Diabas und zu oberst wieder kalkig-sandige Schichten und Tonschiefer.

In den Felswänden südlich ober den Pfundser Tschey- wiesen folgen über den untersten wenigen und sehr feinkörnigen Breccienbänken quarzitische Kalke, dann eine Menge von Kalk- schiefern und Kalken, dann wieder ein Zug von Crinoidenkalken mit Breccie und darüber eine mächtige Folge von Tonschiefern und Quarziten mit einzelnen Crinoidenkalkbänken oder Brecceienbänken und im Hangenden abermals Kalkschiefer. Die ganze Folge ist etwa 500 m mächtig.

In der Strecke von der Bergleralm (Tösnertal) bis zur Stalanzer- alm ist die Zone der Crinoidenkalke, welche hier durch einen Zug von bunten Schiefern von den tieferen Teilen der grauen Bündner- schiefer abgetrennt ist, nur als schmaler Saum und ohne deutliche Crinoidenkalke etc. entwickelt und nur dunkelgraue dichte, blaugrau anwitternde Kalke lassen als charakteristische Vertreter diese Zone die Fortsetzung jener sehr wahrscheinlich machen. Von der Stalanzer- alm nordöstlich setzen dann wieder typische crinoidenhaltige Bänke ein. An der Nordseite des Schlanderskopfes gegen die Fendler- alm liegt über den bunten Schiefern zunächst Quarzit, gleich denen vom Schmalzkopfe und darüber zwei je ein paar Meter mächtige Lager von Crinoidenkalk und Breccie, getrennt durch Kalkschiefer und Tonschiefer und überlagert von Kalkschiefer.

Jenseits der weiten Schuttüberdeckung im Bereiche der Fendler- almweiden taucht sie in noch geringerer Mächtigkeit, aber typischer Gesteinstracht am NW-Kamm des Mathankopfes zwischen Gneis und buntem Schiefer wieder auf und ist undeutlich und schlecht aufge- schlossen noch bis zum Faggenbach hinab zu verfolgen.

Von der Landesgrenze gegen SW setzen sich die besonders gut entwickelten crinoidenführenden Gesteine von Riatschhof usw. durch die Waldresion an der rechten Flanke des Inntals fort bis Rasch- wella, wo sie den Inn erreichen. Die hier schon stark sandigen Crinoidenkalke leiten einen raschen Fazieswechsel ein, insofern jenseits des Inn dann bei P. 1113, nahe Saraplana, neben kieseligen Kalken und wenigen kalkigen Breccien vom Bündnerkreidetypus, vor allem quarzreiche Breccien entwickelt sind, lithologisch ganz jener vom Lochschrofen und Piz Arina gleichend. Sie setzen sich über den Fortezzasattel gegen SW fort.

[35] Das Gebiet der Bündnersehiefer im tirolischen Oberinntal. 477

In der Nordzone fehlt im Hangenden des geschlossenen Profils der grauen Bündnerschiefer, d. h. unterhalb der inneren Zone buater Schiefer und ihrer Fortsetzung in den Triasschollen Munschuns- Che’ d’mott-Stammer die erinoidenreiche Serie. Über der Tüpfelschieferzone und dem stellenweise noch unmittelbar darüber lagernden Breccienhorizont (Gamsbleiskopf) lagert im unteren Samnaun- und Stubental noch ein mächtiges Stockwerk von Kalkschiefern und Kalken, beziehungsweise Kalkglimmerschiefer im Osten und über diesen folgt dann gleich die innerste Zone bunter Schiefer; weiter westlich am Stammer aber reicht die Tüpfelschieferzone bis zur Triasscholle hinauf.

Am Schafberg im Stubental (zwischen Kadratsch und Masnertal), dann am Lazidkamm und weniger deu:.lich am Riesenkopf (Lafaiersch) ist an der Grenze gegen die bunten Schiefer eine starke Anreicherung von schwarzen Tonschiefern zu bemerken, durch welche scheinbar ein Übergang zu den bunten Schiefern hergestellt wird. Am Schafberg findet man in diesen Tonschiefern auch einzelne Lagen von Tüpfel- schiefern als ein oberstes, vereinzeltes Vorkommen im Nordschenkel, außerdem Lagen von sandsteinfeinen Breccien, welche den Eindruck eines Übergangs zu den bunten Schiefern noch verstärken.

Jedenfalls ist an dieser Grenze vom Frudigerkamm bis gegen Serfaus die Abgrenzung beider eine solche, daß man eher an einen primären Zusammenhang als an eine tektonische Scheidung zu denken geneigt ist.

Auch am Beutelbach, unterhalb Serfauserfeld, ist nochmals die Zone schwarzer Tonschiefer an der besagten Stelle deutlich entwickelt.

Die Crinoidenbreccien und Kalke treten dann aber ober dieser Zone bunter Schiefer, beziehungsweise ober der Triasschollen- linie Stammer - Munschuns in den den bunten Schiefern und anderen Formationen zwischengeschalteten Kalkzügen in typischer Entwick- lung. auf.

Der innerste Zug, jener des Piz Ott—Munt da Cherns—-Fließer- berg—Frudigerkopf, enthält in seinem westlichen Teile zahlreiche sehr charakteristische derartige Breccienlagen, z. B. besonders schön in Inner Salas; sie vermindern sich gegen Osten hin an Menge und Deut- lichkeit, sind aber allenthalben noch zu finden (am Fließerberg von besonders heller Farbe und mit sehr kleinen Crinoidenstielgliedern). Die crinoidenhältigen Bänke enden auf der Fließeralm, am Frudiger- kopf sind noch Breceienbänke zu finden, aber auch diese verlieren sich weiter gegen Osten hin im Stubental.

Ein nördlicher Kalkzug zeigt auf der Alp bella besonders schön die Entwicklung als Crinoidenkalke und Breccien, mit guter Mikro- fauna es ist das von Paulcke entdeckte und mehrfach erwähnte Vorkommen von Bündnerkreide und setzt sich über den Malfrag kamm ins tirolische Gebiet hinein ununterbrochen fort, verringert aber gegen Osten hin seine charakteristische Ausbildung und endet im NO-Eck der Fließeralm.

In der Kalkzone, welche vielleicht als Fortsetzung jener des Frudigerkopfes den Kamm des Pezidkopfes bildet und weiterhin den Lazidkamm überquert, fand ich nur noch am Westende

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des Kammes (Westabfall desselben) ein Bänkchen von Breccie. Im übrigen sind es hellgraue bis dunkelgraue Kalke mit gelblicher, rauher oder knaueriger Anwitterungsfläche in denen nicht selten Knoten von Haselnuß- bis Wallnußgröße stecken, welche aus grobspätigem Kalzit bestehen und seitlich allmählich mit der weniger kristallinen, oft etwas quarzitischen Kalklage verfließen: möglicherweise Reste von Fossilien ?

Die grauen Bündnerschiefer welche im Gebiete nordostwärts von Serfaus bis zum Kaunertal, in bedeutender Mächtigkeit einge- schaltet zwischen bunte Bündnerschiefer und Verrucano auftreten, enthalten weder Breccienlagen noch Crinoidenstielglieder. Es sind graue Kalke und Kalkschiefer, teilweise auch noch Kalkglimmerschiefer mit Tonschieferzwischenlagen. Letztere erreichen in dem Komplex zwischen Burgschrofen und Kauns sowie jenem nördlich von Falpaus die Oberhand; schwarze oder silbergraue Tonschiefer, stellenweise auch mit graphitischken Lagen, wechselnd mit Kalktonschiefern und halbkristallinen Kalkschiefern oder auch Kalkglimmerschiefern bilden Zonen, welche den „tonschieferreichen Zonen* der Finstermünzer Gegend gleichen oder auch den tonschieferreichen Tüpfelschieferzonen wie auf der Tösneralm. Letzterer Vergleich erhält dadurch eine Be- kräftigung, daß im Leitenwald in dem östlich des Burgschrofens abwärts ziehenden Graben tatsächlich ein Kleines verrutschtes Vor- kommen von deutlichen Tüpfelschiefern aufgefunden wurde.

c) Alter und Vergleich mit Nachbargebieten.

Den Ausgangspunkt für die Bestimmung des Alters der „grauen Bündnerschiefer* bilden die Foraminiferen in den crinoidenführenden Kalken und Breccien des westlichen Teiles: Dureh die in ihnen ent- haltenen Orbitulinen konnte Paulcke das kretazische Alter derselben feststellen. Solche orbitulinenführende Crinoidenkalke sind auch jene auf der Alp bella!) so daß zunächst der davon gegen Osten weiterstreichende Zug der Kreideformation zugerechnet werden muß. Wie schon oben bemerkt wurde, konnten im Südflügel beim Sadererjoch gleiche Foraminiferenkalke aufgefunden werden, aber ohne daß es bisher gelungen wäre, in ihnen auch die altersbestimmenden Örbitulinen sicher festzustellen. In den demseiben Zuge angehörenden Quarzbreccien bei Saraplana fand W. Schiller Lithodamnien.

Die makroskopische Gesteinstracht sowohl der crinoidenhaltigen kalkigen Breccien wie der Crinoidenkalke in dem Zuge von Rasch- wella über Sadererjoch bis Fendleralm entspricht genau den kre- tazischen Gesteinen von der Alp bella, Piz Tasna und den anderen westlichen Fundplätzen.

Paulcke faßte diesen Komplex von crinoidenführenden Kalken und Brecceien als Bündnerkreide zusammen und machte bereits auf die Ubereinstimmung mit der Tristelbreccie des Rhätikon aufmerksam. Die Gesteine der Zone der Tristelbreccie stimmen makro- und mikroskopisch mit der Bündnerkreide des Samnaun überein,

!) In den Kreidekalken der Alp bella fand ich auch eine kleine Lima spec, ind.

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enthalten eine reiche Mikrofauna und auch Crinoidenstielglieder, nur sind sie nicht metamorph. Auch die Tristelbreccie ist (bei Tristel) mit Quarziteiır eng vergesellschaftet.

Ahnlich wie im tirolischen Gebiete sind auch im Samnaun-Fimber- bereich alle Übergänge von Crinoidenkalken bis zu (crinoidenarmen oder -freien) Breccien vorhanden, in denen das dunkelgraue, dichte, kalkige Zement an Menge gegenüber den eingeschlossenen Fragmenten zurück- tritt; die weißen Glimmerblättchen bleiben beiden gemeinsam.

Daneben erscheinen im westlichen Gebiete Breccien, welche neben der obigen charakteristischen Zusammensetzung Quarz in steigender Menge enthalten, teils fein verteilt, vor allem aber als eingeschlossene gröbere Körner (Geschiebe), ein ähnlicher Fazies- wechsel, wie er oben vom Südrand bei Raschwella-Saraplana schon erwähnt wurde.

Derartige Breccien sind von Paulcke als Rozbreccie nach ihrem Vorkommen am Piz Roz beschrieben und auf Grund eines Orbitoides-Fundes an diesem Berge als Tertiär bestimmt worden. Am Piz Minschuns (und wohl auch anderwärts im westlichen Gebiet) kommen Ausbildungen dieser Breccie vor, welche fast reine, sehr grobkörnige Quarzbreccien mit geringen Beimengungen kalkiger oder toniger Einschlüsse darstellen (quarzitische Rozbreceie).

In dem Profil von Clünas ober Fetan liegen über dem Gneis zuerst die typischen dunklen Crinoidenkalke und Breccien der Bündnerkreide, wie sie oben beschrieben wurden und über ihnen in engem Verband mit Quarziten Rozbreccie, welche hier infolge ihrer feineren sandigen Beschaffenheit den Quarzbreccien und Sandsteinen am Piz Arina und Kreuzjoch ähnlich sieht. Auch am Piz Minschuns sind Quarzite, Rozbrececie und crinoidenhaltige, dunkelgraue, dichte quarzitische Kalke gleich denen der Bündnerkreide auf das engste vergesellschaftet. | | Makroskopisch ist die Rozbreccie durch alle Übergänge mit der Breccie der Bündnerkreide verbunden und überhaupt nur in den quarzreicheren Abarten von ihr verschieden. Aus einer solchen stammt der Orbitoides vom Piz Roz. Sofern dieses Fossil überhaupt als Tertiär bestimmt werden kann (Orthophragmina? siehe Schubert, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1910), so scheinen hier Kreide und Alt- tertiär eng miteinander verbunden oder es gibt auch kretazische Roz- breccie; in den groben, in Konglomerate übergehenden Ausbildungs- formen der Rozbreccie, welche am Piz Minschuns anstehen und von Paulceke Minschunsbreccie benannt wurden, sind bereits Frag- mente der Bündnerkreide eingeschlossen.

Die quarzreicheren Rozbreccien nähern sich auch stark den analogen Breccien in den „bunten Bündnerschiefern* und sind diesen auch im Schliff sehr ähnlich.

Breccienbänke vom Habitus der Tristelbreccie und der Bündner- kreide enthalten auch die Kreideschichten der Lechtaleralpen!).

1, Über die von Ampferer entdeckte Kreide der Lechtaleralpen siehe im „Querschnitt“ den Abschnitt über die Lechtaleralpen und Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1910, Nr. 2; sein reiches Schliffmaterial konnte ich zum ‚Vergleich benützen,

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Mikroskopisch entsprechen sie meist den quarzreicheren Lagen in der Bündnerkreide und werden dadurch oft der Rozbreceie lithologisch sehr ähnlich. Das auch bei zahlreichen Quarzeinschlüssen in der Regel kalkige Zement unterscheidet sie von Breccien der bunten Bündnerschiefer, doch kommen untergeordnet auch Lagen mit quarz- reichem Zement vor. Eine Umkristallisation wie bei den Bündner- schiefern, beobachtete ich in den Lechtaler Gesteinen nirgends, nur zahlreiche neue Kalzitadern und oft auch jüngere Kalzitumrindungen der eingeschlossenen Fragmente, Sie enthalten als Einschlüsse oft Quarzsandstein mit kalkigem Bindemittel, welcher auch selbständig als Schichtglied in der Serie auftritt. Die Lechtalerbreccien sind auch im allgemeinen arm an Mikrofossilien, doch sind von Ampferer mehrfach orbitulinenreiche Bänke darin gefunden worden. Crinoiden- stielglieder sind allenthalben darin zu finden.

Die Breccienbänke in den basalen Teilen der grauen Schiefer gleichen völlig jenen der „Bündnerkreide“ Am Seles- kopf enthalten sie auch Reste von Crinoidenstielgliedern ?). Sie sind meistens mehr kristallinisch. Die quarzhaltige Breecie am Kreuzjoch sieht stark den quarzitischen Rozbreccien des P. Minschuns ähnlich.

Ein anderer Horizont, welcher Vergleiche mit benachbarten Gebieten ermöglicht, sind die Tüpfelschiefer.

Gesteine vollkommen gleicher Art kommen mehrfach in den Bündnerschiefern von Innergraubünden vor. An der Straße ins Val- sertal (südlich Ilanz) sind solche zwischen St. Martin und Lun- schania in der Übergangszone der grauen Kalkphyllite (von St. Martin) in die Kalkglimmerschiefer, welche nördlich Lunschania anstehen, also in der Grenzzone zwischen Rothpletz’s paläozoischen und liasischen Schiefern, während Heim bekanntlich beide als unter- jurassisch bezeichnet.

Tüpfelschiefer fand ich ferner in der Via mala, am Beginn des oberen Teiles der Schlucht; die Bündnerschiefer dieser Schlucht sind im ganzen lithologisch der Serie im unteren Samnaun ent- sprechend und enthalten auch Breccien, welche C. Schmidt?) für identisch erklärt mit der Serie der Tristelbreccie bei Küblis im Prätigau. Er fand auch Foraminiferenreste in ihnen. G. Stein- mann stellt die Viamalaschiefer zum Oligocänflysch; F. Zyndel?) hält sie für vorwiegend jurassisch.

Ebenso enthalten die Bündnerschiefer auf der Stutzalm ober Splügen zahlreiche Lagen kristallinischer Tüpfelkalke, denen an der Straße gegenüber Spissermühl oder im Stubental gleichend. (Weiße feinkristalline Kalzitgrundmasse mit den grauen Tüpfeln.) Es hat den Anschein, als ob unter den Tüpfeln auch kleine dunkle Crinoiden-

un 1) Die Breccie im Fernertobel enthält auch vereinzelte Foraminiferen, nach freundlicher Bestimmung von Dr. R. Schubert Miliola (Triloculina). Auch in der Breccienbank nahe Cuolmen d’alp beobachtete ich vereinzelte Reste von solchen. ?) C. Schmidt, Über die Geologie des Simplongebietes und die Tektonik der Schweizer Alpen. Ecl. geol. Helvetiae. IX. Bd. 1906, S. 573.

3) F. Zyndel, Über den Gebirgsbau Mittelbündens. Beiträge zur.’ geol. Karte d. Schweiz. Neue Folge, 41. Lieferung 1912.

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stielglieder sich befänden!). Neben den Tüpfelschiefern enthält die Serie der Stutzalm auch Breceienbänke gleicher Art wie jene der basalen „Bündnerschiefer im Inngebiet und ähnlich der Tristelbreccie. Welter?) fand ebenfalls solche Breceien am angrenzenden Löchli- berg und stellt sie denen der Viamala und von Tristel gleich.

Im Tal von St. Antönien im Prätigau erscheinen in den Bündnerschiefern Tüpfelschiefer an der Straße nördlich von Pany und in der Talenge unterhalb St. Antönien. Sie werden bei Pany von Breccienbänken gleicher Art wie die Tristelbreceie begleitet, mit Echinodermenresten, Foraminiferen und Bryozoen, wie dies bereits C. Schmidt?) feststellte. Die Tüpfelschiefer sind einem Zug von sehr schwach oder gar nicht metamorphen Kalken und Tonschiefern nebst Breccienbänken eingeschaltet und sind zum Teil ganz jenen des Sam- naun gleich, im allgemeinen sind die Tüpfel aber hier kleiner. In dem mehr aus tonigen* Gesteinen zusammengesetzten Schieferzug unterhalb St. Antönien findet man auf denselben Platten, welche die (mittel- großen) Tüpfel tragen, auch Algenreste, welche den Bildern von Phycopcis arbuscula entsprechen. Schmidt fand in dem Schieferzug nördlich Pany ebenfalls Chondriten ®).

Die Tüpfelschiefer von Pany werden von Seidlitz) unter dem Namen „Knötchenschiefer* angeführt und auf ihre Ahnlichkeit mit ähnlich struierten Lagen in den Globigerinenschiefern des Partnunsees hingewiesen, ein Vergleich der auch von Bruno Sander‘) bestätigt wurde. Ich konnte mich ebenfalls an Ort und Stelle von der Übereinstimmung mit den kleintüpfeligen Lagen der Tüpfelschieferzone von Pany überzeugen.

Bei mikroskopischer Untersuchung stimmen die Tüpfelschiefer des Hinterrheingebietes ganz mit den stark umkristallisierten Lagen des Samnaun und Stubentales überein, die brecciöse Struktur ist dadurch verwischt, die „Quarzgrundmasse“ tritt ganz zurück. In einem Schliff aus dem Tüpfelschiefer der Via mala waren in einzelnen

!) Auch die Tüpfelkalke, welche ober Pfandshof (Sampuoir) über dem Mondindiabas liegen, erwecken makroskopisch den Verdacht, solche Stielglieder zu enthalten. Im Dünnschliff läßt sich aber nichts von einer Gitterstruktur mehr er- kennen und entsprechen die dunklen Partien auch nicht einzelnen runden großen Kalziten, wie dies sonst in Crinoidenkalken zu sehen ist. Es dürfte sich also eher um eine durch die hohe Kristallinität verursachte Täuschung handeln, wie sie auch bei der Breccie im Fernertobel auf gleiche Weise zustande kommt, ohne unter dem Mikroskop Bestätigung zu finden. Die, Möglichkeit von Crinoiden in den Tüpfelschiefern ist deswegen keineswegs von der Hand zu weisen.

2) OÖ. Welter, Stratigraphie und Bau der Alpen zwischen Hinterrhein und Safıental. Eel, geol. Helvetiae. X. Bd. 1909, S. 811.

3) C. Schmidt, Über das Alter der Bündnerschiefer im nordöstlichen Graubünden. Berichte der oberrheinischen geol. Ver. 35. Vers. Freiburg i. Br. 1902, S. 1.

*) Im Dünnschliff der Tüpfelschiefer von Pany sieht mau in Menge feine, manchmal auch verzweigte, aus Kalzit zusammengesetzte Stäbchen, bzw. Röhrchen, welche wohl als Algenreste anzusprechen sind. Eine engere Beziehung zwischen ihnen und den Tüpfeln ist nicht ersichtlich.

5) W. v. Seidlitz, Geologische Untersuchungen im östlichen Rhätikon. Bericht d. naturf. Ges. z. Freiburg i. Br. Bd. XVI. 1906, S. 50 und 52.

°%, Br. Sander, Zum Vergleich zwischen Tuxer- und Prättigauer - Serien. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1911, S. 339.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 62

482 Wilhelm Hammer. j [40]

Tüpfeln kreisrunde, lichte Körperchen noch zu erkennen, analog den Radiolarien im Gestein der Stammerbasis.

Dagegen zeigen die Tüpfelgesteine des Antöniertals nichts von dieser Struktur im Schliff: Im Globigerinenschiefer von Partnun entsprechen den Knötchen besonders feinkrümelige, dunkel erscheinende Partien der Gesteinsmasse, welche an manchen Stellen den ganzen Zwischenraum zwischen den Foraminiferenschalen einnehmen, in anderen Lagen aber in isolierten rundlichen oder unregelmäßigen Flecken der sonst helleren und etwas grobkörnigeren Gesteinsmasse eingelagert sind. Manchmal werden sie randlich von Schalenscherben teilweise ein- gefaßt. Deutlicher treten in einem Schliffe der Schiefer von Pany die Tüpfel in analoger Weise als länglichrunde, dichtere und dunklere Partien der sehr feinkörnigen (nicht metamorphen) Gesteinsmasse hervor, welche mehr Quarzkörnchen zu enthalten scheint als die Tüpfel. In anderen Schliffen sind sie wieder undeutlicher geformt; wo Fossilspuren erkennbar sind, sind die Tüpfel unabhängig davon. Bei den Tüpfelschiefern des Antöniertales könnte man eher an oolithische Bildungen denken (doch habe ich nichts von einer kon- zentrischen Struktur oder dergleichen gesehen). Schmidt spricht bei dem Schieferzug von Pany von oolithischen Kalken, womit wohl die Tüpfelschiefer gemeint sein dürften. Aus dem Vorkommen von Phycopsis in diesen Schiefern, der Ähnlichkeit mit den Globigerinen- schiefern und der Begleitung durch tristelbreccie-ähnliche Bänke kann auf ein kretazisches Alter der Antönier Tüpfelschiefer geschlossen werden, was auch in Übereinstimmung damit steht, daß die auf Theobald’s Karte als „kalkige Bündnerschiefer (sk)* ausgeschiedenen Zonen, zu denen eben die Schiefer bei Pany und Antönien gehören, an der Casanna bei Klosters nach Seidlitz’ Angabe Orbitulinen führen.

Die Tüpfelschiefer des Inntalgebietes können aber nach obigem Befunde ihrer Mikrostruktur nach jenen des Antöniertals nicht direkt gleichgestellt werden. Die Begleitung durch Breccien von der Tracht der Tristelbreccie ist auch im Inntalgebiete an mehreren Orten vorhanden. Beide kommen hier auch in tieferen Teilen der Bündnerschiefer vor (Ostgrat des Schalklkopfes).

Die Herleitung aus der Radiolarienkalkbreccie gewährt keinen sicheren Schluß auf das Alter, da außer den bekannten Radiolarienkalken des Jura auch schon aus dem Muschelkalk der Lischannagruppe von Schiller radiolarienhaltige Kieselkalke ange- führt werden. ia

Anderseits spricht die petrographische Übereinstimmung der kalkigen Breccien in den basalen Schiefern mit jenen der Bündner- kreide stark für eine Altersangliederung. Der Breccienhorizont im Fernertobel liegt wenige hundert Meter über dem Kern der Schiefer- wölbung; von hier an aufwärts folgen in den verschiedensten Horizonten an zahlreichen Stellen eingeschaltet Lagen von Breccien (und Tüpfelschiefern) bis hinauf zur höheren Bündnerkreide.

Es spricht demnach viel Wahrscheinlichkeit dafür, dab zum mindesten der größere Teil der grauen Bündner- schiefer der Kreideformation zuzurechnen ist. Ob in den

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tiefsten Teilen auch ältere Formationen vertreten sind, dafür liegen keine verläßlichen Anhaltspunkte vor. Der Zusammenhang mit den oberen ist durch keine erkennbare Grenze gestört ebenso wie auch die Bündnerkreide im Hangenden mit den mittleren (Breccien und Tüpfelschiefer enthaltenden) Teilen der Schichtfolge durch all- mählichen Übergang verbunden ist die lithologische Gleichheit von Unterschieden der Metamorphose abgesehen, eine völlige. Einige stratigraphische Möglichkeiten, die ganze Serie betreffend, werden in einem späteren Kapitel erörtert werden.

Die lithologische Ubereinstimmung der Inntaler grauen Bündner- schiefer mit jenen des mittleren Graubünden ist schon seit den ältesten Aufnahmen bekannt. Sie ist für die Gleichstellung beider der nächste Anhaltspunkt und wird durch die Gemeinsamkeit charakteri- stischer Horizonte, der Tüpfelschiefer und der Tristelbreccien, gestützt. Doch wird dadurch nicht eine vollständige Gleichsetzung des strati- sraphischen Umfangs der ganzen Ablagerung gewährleistet und können selbst bei Gleichheit der faziellen Ausbildung diese ein- ander nicht ohne weiteres in ihrem Alter gleichgesetzt werden. Zu dieser Vorsicht mahnt z. B. der Umstand, daß die durch Fossilfunde als liasisch bekannten Gesteine des Piz Mundaun bei Ilanz in ihrer Ausbildung als graue sandige Kalke, Quarzsandsteine mit kalkig- quarzigen brecciösen Bänken, weißen kristallinen Kalktonschiefern und schwarzen, oft metallisch angelaufenen Tonschiefern, ganz analog der Serie vom Schmalzkopfe ist, welche letztere aber in engstem Verband mit der Bündnerkreide steht.

Es wurden bereits oben ein paar fazielle Gleichstellungen von innerbündnerischen und inntalerischen Komplexen gegeben, auf Grund eigener Besichtigung. Als weitere solche Parallelen seien angeführt:

Die in der Klus zwischen Landquart und Seewies (Bahnstation) so prächtig aufgeschlossene Kalkserie entspricht lithologisch völlig den Kalken in der Stillebachschlucht (Finstermünzstraße). Gegen das Dorf Seewies hinauf folgen sandige Schichten, sehr ähnlich denen der Norberthöhe bei Nauders. Am Weg von dort nach Ganey durch- schreitet man eine Serie, die jener an der neuen Samnaunerstraße oder zwischen der Norberthöhe und Martinsbruck ähnlich ist. Unter Cavadurli begegnet man bereits einer Breccie, welche denen der Finstermünz Nauderergegend entspricht (kalkig, gelbe Dolomit- einschlüsse, weiße Glimmerblättchen), nur ist sie zum Teil grob- brecciös und enthält dann Stücke kristalliner Gesteine, was dort nicht beobachtet wurde.

In dem schönen Profil, welches die Straße von Ilanz nach Vals Platz eröffnet, stehen im obersten Teil der Schlucht Kalk- glimmerschiefer an und marmorisierte glimmerarme Kalke, in welche bei Buccarischuna Grünschiefer eingelagert sind. Nördlich davon mengen sich graue Kalkphyllite, graue halbkristalline Kalke und phyllitische Schiefer mit hochkristallinen Kalkglimmerschiefern. Von Lunschania abwärts, nördlich des letzten größeren Kalkglimmerschiefer- zuges, streichen dann die Tüpfelschiefer durch. Die Kalkglimmerschiefer entsprechen lithologisch denen der Pfundsergegend, erreichen aber teilweise eine Höhe der Kristallinität, die im Inntal kaum vor-

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kommt, besonders in den glimmerarmen Formen, wie auch so ton-, bzw. glimmerarme Arten im Inntalergebiet kaum auftreten. Von den Tüpfelschiefern nordwärts bis Tersnaus folgt ein Komplex grauer Kalkphyllite und Tonschiefer, im südlichen Teil noch als glimmer- reiche Phyllite entwickelt, eine Serie, die etwa denen am Eingang ins Kaunertal ähnlich ist. Den Valsergesteinen eigen ist der im tirolischen nicht beobachtete häufige Pyritgehalt. Im Gebiet Tersnaus- Furt scheint ein Ubergang zu der Mundaunserie einzutreten, von der die beschriebene Schichtfolge sonst deutlich unterschieden ist. Die höherkristallinen südlichen Teile und die Kalkphyllitregion sind durch Wechsellagerung miteinander verbunden, insofern. schon im Gebiete von Lunschania zwischen den Kalkglimmerschiefern Züge weniger kristalliner Kalke, Kalkphyllite ete. eintreten, so daß meines Er- achtens hier eine allenfallsige Grenze zwischen paläozoischen und mesozoischen Schiefern eine künstliche wäre.

Die bereits oben zum Vergleich herangezogene Kreide der Lechtaleralpen hat mit den Bündnerschiefern die erwähnten Breccien gemeinsam. Außerdem treten in ihnen, wie ich z. B. am Kaiserjoch und am Zürsersee beobachten konnte, kieselige Kalke und Quarzite auf von ganz gleicher Beschaffenheit wie am Schmalz- kopfe etc., grau, bräunlich, rauh anwitternd, fein zuckerkörnig, manchmal mit kleinen, schwarzen Crinoidenstielgliedern; sie gehen stellenweise in feine Breccien über und sind begleitet von kalkigen und tonig-kalkigen Bänken und Tonschiefern, ähnlich wie im Bündner- schiefergebiet. Im, übrigen unterscheidet sich die Lechtalerserie durch das starke Uberwiegen der Tonschiefer, welche am ehesten mit den Fucoidenschiefern unseres Gebietes verglichen werden können. Allerdings kann möglicherweise der Unterschied gegenüber den anderen Tonschiefern der Bündnerschiefer nur durch die Meta- morphose entstanden sein. Die mit Breceien und quarzitischen Ge- steinen ausgestatteten Zonen entsprechen lithologisch der Schicht- gruppe: Kreide der Alp bella oder von Clünas samt den begleitenden Flyschschiefern.

Bunte Bündnerschiefer. a) Petrographische Beschreibung. und Verbreitung.

Der Nordabfall der Bündnerschieferwölbung ist vom. Samnaun bis zum Kaunertal ausgezeichnet durch das Auftreten einer Schiefer- serie, welche sich durch ihren Reichtum an kalkig-tonigen, sandigen und grobklastischen Sedimenten und die Dünnschieferigkeit der kalkigen Teile sowie durch ihre Färbung leicht kenntlich von den anderen kalkigen Bündnerschiefern abhebt. Sie durchziehen das Gebiet in zwei Zonen, deren südliche oft in mehrere kleine Zonen ge- spalten ist.

Ich verwende für dieselben den Namen „bunte Bündner- schiefer*. Von Theobald und Gümbel wurde dieser Name in einem weiteren Sinne gebraucht, insofern sie auch die verschiedenen Eruptivgesteine miteinbezogen. In dem engeren Sinne wie hier be-

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nützen ihn W. Schiller und G. Dyrenfurth. Wenn auch die Farben dieser Schiefer keine lebhaften sind, so erscheinen sie doch im Verhältnis zu dem eintönigen Grau der basalen Bündnerschiefer oder dem Gelbgrau der Kreidekalke abwechslungsreicher und deutlich verschieden. Anderseits ist eine derart allgemeine Benennung bei der Unsicherheit der stratigraphischen Einstellung einem bestimmten Formationsnamen vorzuziehen.

Die Ablagerungen dieser Serie sind fast durchwegs mehr oder weniger kalkhaltig vielfach eigentliche Kalkgesteine. Dagegen treten Ablagerungen, welche ganz oder überwiegend aus Quarz zu- sammengesetzt sind, an Ausdehnung und Mächtigkeit ganz zurück und ebenso sind rein tonige Gesteine selten. Fast alle Schiefer dieser Serie brausen mit HCl auf.

In allen Teilen ihrer Erstreckung sind Zeichen der Um- kristallisierung zu beobachten. Sie ist im westlichen Teile am geringsten und verschwindet hier an vielen Gesteinsarten gänzlich, gegen Osten hin nimmt sie zu: Zunahme des Serizitgehaltes, Um- wandlung des dichten grauen Kalkes in weiße kalzitische Aggregate. Im nördlichen und in den südlichen Schieferzügen ist dies gleicher- weise entwickelt, doch ist in den südlichen inneren Schieferzonen im allgemeinen die Metamorphose um ein geringes stärker: die am stärksten umgewandelten Bereiche dementsprechend bei Fendels.

Die Serie entfaltet eine große Mannigfaltigkeit in Gesteins- unterarten, in Schwankungen der Farbe, der prozentischen Zusammen- setzung, des Grades der Metamorphose und der Klastizität. Die Arten wechseln ofmals in horizontaler und vertikaler Richtung, sind aber durch Übergänge und Wechsellagerung so eng miteinander verknüpft, daß eine weitere Aufteilung in petrographisch selbständige Kom- plexe oder Gesteinszüge kaum durchführbar ist. Dagegen heben sie sich als Ganzes fast immer deutlich von den anderen Schicht- gruppen ab).

!) Das Zusammengehen von Serpentin und bunten Bündnerschiefern in der Gegend Schuls—Ardetz hat die Frage erweckt, ob die letzteren nicht Kontakt- bildungen des Serpentins seien, wie dies z. B. Studer und Theobald annehmen. Für den tirolischen Teil und die hier gegebene Definition der bunten Schiefer ist eine derartige Deutung ausgeschlossen, wie ohne weiteres aus der nachfolgenden Gesteinsbeschreibung der Serie, dem Fehlen des Serpentins in nahezu dem ganzen Bereiche und der Seltenheit anderer basischer Eruptiva im Verhältnis zur Mächtigkeit und weiten Ausbreitung der bunten Schiefer erhellt (abgesehen davon, daß letztere Eruptiva meines Erachtens syngenetisch mit den Schiefern sind). Die bunten Schiefer bei Sent—Schuls— Ardetz gehören, soweit ich zum kleineren Teil aus eigenen Beobachturgen, zum größeren aus der Literatur entnehme, derselben Gesteinsserie an. Sie können vielleicht durch das Eindringen des Serpentins, welcher hier aus tektonischen Ursachen (Schubflächen) oder aus lithologischen den bunten Schiefern nachgeht, stellenweise kontaktmetamorph geworden sein, doch sind keine sicheren Zeichen dafür da und ist die Erklärung des Quarz- reichtums, bzw. der Kalkarmut oder Kalkfreiheit der am Kontakt liegenden Muskovitquarzite durch Kontaktmetamorphose aus dem sonst in der Regel kalk- haltigen bunten Schiefer, wie Spitz und Dyrenfurth betont haben, petro- graphisch kaum zu begründen. Bei einzelnen dieser Muskovitquarzite ist es nicht sicher, ob sie überhaupt zu den Bündnerschiefern gehören (z. B. Muntanaweg, Spitz und Dyrenfurth, 8. 75).

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Neben den kleinen örtlichen Schwankungen der Gesteins- entwicklung ergeben sich im Überblicke auch größere fazielle Anderungen im Streichen.

Beginnen wir mit der Betrachtung der Gesteinsfolge im Osten, so finden wir im Gebiete zwischen Kaunertal und Ried als Hauptbestandteile Kalkschiefer und Tonschiefer. Erstere sind dünnblättrig bis tafelig. im Querbruch lichtgrau oder bräunlich und dicht, oder weiß bis gelblich und fein kristallin; auf den Schicht- flächen mit feinstem grünem oder grüngrauem Serizitbelag, der bei den kristallinischen Partien aus feinen Glimmerschüppchen bestehend erscheint, bei den weniger kristallinen aber einen matt glänzenden dichten Überzug bildet. Kalzitische Ausscheidungen sind häufig und geben dann dem Gesteine eine kleinlöcherige, knauerige Struktur. Sonst ist dasselbe feinschieferig, flaserig oder fein gefältelt.

Unter den Tonschiefern sind besonders lichtgrüne glatte, mild sich anfühlende bezeichnend, oft mit dunkleren Flecken und Maserung; im Querbruch feinblättrig nnd meistens mit kalkigen Tagen und Flasern vermischt. Daneben treten hier schwarze und dunkelgraue kalkige Tonschiefer auf, selten sind sie dunkelviolett. Manche Tonschieferlager enthalten auch Quarzknauern. Als weniger charakteristisch sind graue tonig-kalkige Schiefer beigemengt.

In dem Schieferkomplex treten dann hier einzelne gering- mächtige Bänke einer Dolomit-Breccie auf: Eckige Fragmente von durchschnittlich 3 bis 5 mm Durchmesser eines grauen, gelblich anwitternden Dolomits stecken nahe beisammen in einem weißen kalzitischen Bindemittel. Die Korngröße ist lagenweise verschieden bis zum Übergang in feine kalkige Sandsteine. Am Weg von Prutz nach Fendels sieht man eine Breccienbank in einzelne Blöcke und Linsen aufgelöst in dem leicht graugrünen Kalkschiefer, wohl auch infolge Zerquetschung einer ehemals zusammenhängenden Lage.

Im Schloßwald am Eingang ins Kaunertal findet sich in dieser Serie weiter ein Konglomerat von sehr geringer Ausdehnung und Mächtigkeit, welches viele gerundete Gerölle von Dolomit (bis zu Eigröße), Stückchen grüner Tonschiefer und Kieselgerölle enthält in einem lichtgrünlichen kalzitisch-serizitischen Zement. Die Dolomit- geschiebe sinken bis zur Kleinheit und Form derer in den Breccien herab. Derartige kleine Linsen von Konglomerat sind über die ganze Erstreckung dieser Schiefer hin in geringer Zahl allenthalben ver- breitet und werden weiterhin noch erwähnt werden. Das gleiche gilt von den Diabasschiefern, deren einer nördlich Fendels auftritt. Auch sie sind in ganz geringer Ausdehnung und Mächtigkeit, zwar spärlich, aber überall wieder in diesem Schichtkomplex anzutreffen.

Der innere Schieferzug setzt sich aus dem Fendlergebiet gegen SO in bedeutender Mächtigkeit bis ins Tösnertal fort, wo er ober der Bergleralm plötzlich endet. Die Gesteinselemente bleiben die gleichen, doch ist ihre Kristallinität eine wesentlich geringere. Schwarze, graue und grüne Tonschiefer sind auch hier sehr reichlich vertreten neben verschiedenen Kalkschiefern, unter welchen besonders die braunen bemerkenswert sind. Vielfach sind Bänke von ganz fein- körnigen Breccien enthalten und auch solche mit größeren Dolomit-

[45] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 487

fragmenten, gleich denen unter Fendels. Ober der Stalanzeralm ist auch eine kleine Linse eines großblockigen Konglomerats (auschließ- lich mit Dolomitgeröllen) eingeschlossen. Am Kamm Stafeller- alm—Zirmeskopf, der ein schönes Profil durch die ganze Serie bietet, liegt zu unterst, die Gufelköpfe bildend, ein mächtiger Komplex von Breccien, abwechselnd feinbreceiös-sandige und grobbrecciöse Lagen und erst darüber dann eine abwechslungsreiche Folge von Kalkschiefern, Kalkserizitschiefern, Tonschiefern, Schiefern mit Quarz- knauern und auch einzelnen feinsandig-brecciösen Lagen. Am Pleiß- köpfl (Bergleralm) durchzieht auch ein charakteristisches Quarzitlager den unteren Teil der Serie, während die Breccien hier schon wieder ganz zurücktreten.

Nach der anderen Seite findet die Schieferzone von Fendels ihre Fortsetzung nach Westen, indem sie bei Ried den Inn über- schreitet und dann über die Beutelbachschlucht gegen Serfaus streicht. Die Schiefer sind bis Serfaus hin immer noch in ähnlicher, wenn auch minder typischer Weise ausgebildet, da neben dem lichtbräunlichen sandig-kalkigen Schiefer mit tonigem grünem Belag und lichtgrünen Tonschiefern viel graue Tonschiefer und Kalk- schiefer sich einstellen. Im nördlichen Schichtzug, an den Abhängen des Schönjöchls, sind gleichfalls lichte Kalkschiefer von grauer, gelblicher oder grünlicher Färbung mit serizitischem, feinschuppigem Belag auf den Schichtflächen, darüber auch dunkelgraue Kalkpnyllite neben großen Mengen von Tonschiefern, die herrschenden Gesteine. Die Tonschiefer sind als graue, stellenweise noch metamorphe Phyllite mit Kalklagen und schwärzlichen Tonschiefern entwickelt, daneben auch als lichtgrüne, milde Tonschiefer. Ferner kommen auch die weiter westlich stark entfalteten braunen Kalkschiefer mit wulstiger, grün-serizitischer, beschuppter Oberfläche vor. Lagen von sehr stark verschieferten und verfältelten, dunkelgrün und dunkelviolett gefärbten Diabasschiefern sind mehrfach eingeschaltet.

In den Wiesen zwischen Urgenebnerbach und Fiß, bei P. 1464, steht eine große Masse von Konglomerat an, welche in einem lichten, kalkig-serizitischen Zement fast ausschließlich gerundete Gerölle von dunkelgrauem (seltener hellgrauem) Dolomit, dolomitischen Kalk und Kalk enthält bis zu Faustgröße; außerdem stellenweise große Scherben von Verrucan) (bis zu Handgröße). Es gehört einer rings von Verrucano umgeschlossenen Zone von buntem Schiefer an, deren andere Bestandteile aber nahezu gänzlich von Vegetation bedeckt sind.

Feinere Breccien habe ich in dem Raume Fiß—Schönjöchl in den bunten Schiefern nicht gefunden.

Gegen Westen zu keilen auf der Fisser Ochsenalm (Mulde zwischen Schönjöchl und Sattelkopfkamm) die lichten gelb- lichen Kalkschiefer, welche ostwärts die Hauptmasse bilden, aus hier von Diabasschiefer begleitet und machen am Kamm der Sattel- köpfe (ober Serfaus) einer in dieser Serie ganz ungewöhnlichen quarzreichen Ausbildung Platz: Grüne serizitische Gesteine mit vielen großen Quarzknauern und Lagen, schwärzlicher quarzitischer Schiefer, dunkle, graue Phyllite und graue Serizit-Quarzschiefer. Im

Wilhelm Hammer. [46]

488

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[47] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 489

Erklärung zu vorstehender Figur 5. K. O0. = Kalkofen.

b Lichtgrüne Tonschiefer mit bräunlichen kalkigen Lagen (bunte Bündner

schiefer). ph = Dunkle Phyllite mit Brauneisensteinputzen. Verrucano. v —= Lichtgrüne und violette Quarzserizitschiefer. Verrucano. k = Eisendolomit.

d Diabasschiefer. y = Gips (und vergipste Kalke oder Schiefer).

Trias:

x |

Gelbe Rauhwacke.

kh Lichte Kalke, gebankt. Im Hauptprofil an der Basis derselben weiße späthige Bank.

s Schwarze Tonschiefer, rostig oder metallisch anlaufend und Sandsteine, in sandig-kalkige Schiefer übergehend.

kd = Dunkelgrauer, dünnbankiger Kalk.

D = Dunkelgrauer Dolomit und dolomitischer Kalk, brecciös, besonders an

der Hangendgrenze.

Bunte Bündnerschiefer und Verrucano, im Hangenden Jer Trias.

1 = Schwärzliche Pbhyllite mit Quarzknauern, gleich v. An der Basis ver- drückte Serizitschiefer mit gelben Kalkschlieren.

2 Lichte grünliche und graue, helle violette Tonschiefer mit gelben Kalk- lagen und mit Quarz, selten pyrithältig, in ihnen eine weiße Quarz- bank q.

Graue Kalklagen und Tonschiefer.

Grüne und gelbe kalkige Serizitschiefer und Tonschiefer mit Gipslinsen y.

Grüne Tonschiefer, im Qnerbruch oft blaßrötlich-kalkig.

Lichte quarzreiche Verrucanoschiefer.

—= Graue Kalklagen und Touschiefer, gefältelt.

Violette und grüne Tonschiefer.

= Grünliche Tonschiefer mit gelben Kalklagen.

Weißlicher Serizitquarzit.

Übergang zu grauen halbphyllitischen Tonschiefern mit gelblichen Serizit-

belegten Kalklagen. Halbpbyllitische grauschwarze Tonschiefer.

-- 2o 19 Bw

|

Hangenden sind die Phyllite hochkristallin. Außerdem die lichtgrünen glatten Tonschiefer und Diabasschiefer. Es ist schwer anzugeben, wie viel in dieser Serie noch zu dem darunterliegenden Verrucano- zuge zu rechnen ist.

In den dürftigen Aufschlüssen unter dem Planskopfe, welche die Fortsetzung jener Zone bilden, erinnern noch die stahlgrauen, stark quarzhaltigen Phyllite an die Ausbildung am Sattelkopf; auch eine größere Masse von Quarzfels (Verrucano ?) steckt dazwischen. Daneben treten kalkige graue Phyllite mit Brauneisensteinputzen, lichtgrüne Serizitschiefer und solche mit braunem kalkigem Querbruch und graue und bräunliche Kalkphyllite auf.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 63

49) Wilhelm Hammer. { [48]

Am Ostgrat des Furgler herrschen wieder (Detailprofil siehe unten) ganz die Kalkschiefer in dieser Serie, graue, gelbliche mit grünem Serizitüberzug, auch weißliche, kalzitisch-kristalline und braun anwitternde; weiter grünlichgraue Kalkphyllite und zahlreiche Lagen von grauen und grünlichen phyllitischen Tonschiefern. Hier erscheint vereinzelt auch wieder eine Breceienbank. In dem ent- sprechenden Teile der südlichen Schieferzone erinnern die auf der Lawensalm auftretenden grüngrauen, dichten, grauwackenähnlichen Schiefer begleitet von grünen Tonschiefern und gelben Kalk- schiefern an das Sattelkopfprofl, mehr aber noch der am Lazidkamm aufgeschlossene schmutziggraue Serizitquarzfels, darunter eine Bank reinen Quarzits. Daneben erscheinen grüngraue und bräunliche, dünntafelige, kalkige Schiefer und dünne, feinsandige Schiefer, ähnlich den Flyschschiefern des Fimbertales. An den Riesenköpfen sind auch mehrfach Breccienbänke in diese Serie eingeschaltet. Unter den zahlreichen Tonschiefern kommen hier wieder schwarze wie bei Fendels zum Vorschein und schwärzliche Ton- phyllite mit metallischen Anlauffarben.

In den grüngrauen Schiefern der Lawensalm liegt auch ge- schieferter Diabasporphyrit (makroskopisch dicht, grüngrau, mit sehr kleinen, plattgedrückten und parallel geordneten Feldspatein- sprenglingen, im Schliff zum Teil noch wohlerhaltene, teilweise idio- morphe Plagioklase, als „Augen“ in dem feinflaserigen, metamorphen Grundgewebe, größtenteils aber zu Flasern zermalmt unter Neu- bildung von Chlorit und Quarz.

In der weiteren Fortsetzung beider Zonen über das Stuben- tal und die Fließeralm nehmen besonders die klastischen Gesteine an Häufigkeit und Ausdehnung zu, sowohl durch die zahl- reichen Breccienbänke, als durch die feinsandig-kalkigen Bildungen. Da alle diese eine bräunliche Anwitterungsfarbe besitzen, erhält die Serie eine bräunliche Gesamtfärbung. Auch rein kalkige Gesteine sind häufig, während Tonschiefer gegenüber ihrer östlichen Ent- faltung hier zurücktreten. Die Metamorphose ist gering oder ganz fehlend.

Die klastischen Bestandteile der Breccien sind von mittlerer bis sehr geringer Größe, eingebettet in einer dichten Bindemasse; die Größe der eckigen Fragmente beträgt durchschnittlich wenige Milli- meter und sinkt bis zu Übergängen in Sandstein. Sie sind schieferig, dünnplattig, selten dickbankig und dann aus gröberem klastischem Material (bis zu 0°5 cm Größe). Die Farbe ist gelbbräunlich, manchmal tragen die Schichtflächen sehr geringe serizitische Belage.

Die Komponenten der Breccie sind hauptsächlich dunkelgrauer, gelb verwitternder Dolomit.

Im Schliff erscheint das Bindemittel zusammengesetzt aus Kalzit und Quarz in annähernd gleicher Menge und ist kristallinisch-körnig, manchmal schwach parallel texturiert. Die Einschlüsse sind sehr fein- körniger bis dichter Dolomit (oder Kalk), oft mit rostiger Umrindung, seltener Kalksandstein, Aggregate von Quarz, auch einzelne größeıe Quarze, selten Feldspate (Plagioklas) und ganz vereinzelt und selten eroße Glimmerflasern (siehe Tafel XXIII, Fig. 4). In einem Schliffe

149] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 491

wurde ein Geschiebe eines diabasischen Gesteines (gleicher Art wie in dem Konglomerat) gefunden. Einzelne dicke Bänke gröberer Breceie, wie sie in der Masner und in den bunten Schiefern nahe der Verru- canogrenze unter dem Hexenkopf liegen, enthalten im Gegensatze zu den anderen wenig Quarz, haben also ein fast ganz aus gleich- mäßigem Kalzitaggregat bestehendes Zement und sehr viele dicht gedrängte Einschlüsse des gleichen Karbonatgesteins wie die übrigen.

Die Breceien der bunten Bündnerschiefer unterscheiden sich von denen der grauen kretazischen Breccienkalke durch ihre Dünn- schiefrigkeit, den Mangel der Crinoidenstielglieder und durch ihren Quarzgehalt. Jene der Bündnerkreide enthalten in der Regel relativ wenig Einschlüsse anderer Gesteine, ihr Zement ist mehr oder weniger rein kalkig und sie gehen allerorts in geschiebe- freie dickbankige graue Kalke über, während die der bunten Schiefer in feine Sandsteine übergehen.

Mehr Ahnlichkeit besitzen sie mit den quarzreichen Breccien- horizonten der basalen grauen Bündnerschiefer (Arina, Hahntenn, Lochschrofen). Diese enthalten die gleichen Einschlüsse, allerdings durchschnittlich in geringerer Menge als jene der bunten Schiefer. Das Zement ist bei denen der basalen Schiefer mehr umkristallisiert (deutliche Kristallisationsschieferung).. Von den genannten Quarz- breccien abgesehen, neigen aber die Breccien der basalen Schiefer mehr zu rein kalkiger Ausbildung und nähern sich damit mehr der Bündnerkreide, doch kommen auch solche mit einer den Breccien der bunten Schiefer ähnlichen gleichmäßigen Menge von Quarz und Kalzit vor (zum Beispiel Val sinestra, Spiß, mit wenigen größeren und teil- weise sehr viel mikroskopisch kleinen Einschlüssen). Paulckes Roz- breccie ähnelt dort, wo sie quarzreich-sandig entwickelt ist, den Arina breccien, steht aber sonst durchaus den Breccien der „Bündnerkreide“ näher als denen der bunten Schiefer.

Im Überblick ergeben sich also folgende grobklastische Ge- steinsarten: kalkige (Finstermünz etc.) quarzige (Kreuzjoch, Arina) Crinoidenhaltige kalkige Breceien der oberen grauen Bündner-

schiefer (Bündnerkreide, Tristelbreccien)

Rozbreceie Paulckes und quarzitische Ausbildung derselben und

Minschunsbreccie Paulckes (als grobblockige Ausbildung der ersteren.

A. Breccien der basalen grauen Schiefer |

normale kalkig-quarzige

quarzreiche, serizitische Ausbildung der- selben

gsrobkörnige Dolomitbreccien (Fendels, Beutelkopf ete., übergehend in die erste),

Konglomerate der bunten Bündnerschiefer mit Übergang in. die Breceien.

B. Breceien der bunten Bündnerschiefer

Die zweitangeführte Abart der Breccien der bunten Serie ist durch stärkeren Quarzgehalt ausgezeichnet, indem sie Quarz nicht nur g*

492 Wilhelm Hammer. isch [50]

im Bindemittel, sondern auch reichlich in größeren Körnern als klastische Komponente führt. Sie ist auf den Schieferungsflächen stark mit Serizit belegt, im Querbruch weiß-gelblich. Im übrigen ent- hält sie auch die Karbonatfragmente wie die anderen.

Wir kehren wieder zur Schilderung der Schieferzonen zurück:

In gleicher Weise wie weiter östlich sind auch im Stubental und auf der Fließeralm weit verstreut einzelne Linsen von Kon- slomerat eingeschaltet, so an der Blauwand, am Pfundser Ochsen- berg, unter P. 2827 (Masner), auf der Fließeralm u.a. O. Die größte derselben (Pfundser Ochsenberg) hat eine Längenerstreckung von etwa 300 m, bei einer Mächtigkeit von 10 bis 20 m. Jene an der Südseite der Blauwand besitzt schätzungsweise 100 m Länge und 30 m Mächtig- keit. Meist sind sie aber bedeutend kleiner, bis zu wenigen Meter Erstreckung. Die Gerölle sind größtenteils gut gerundet, manchmal auch nur kantengerundet, duchschnittlich nuß- bis eigroß, oft aber auch kopfgroß und noch größere kommen vor. Die meisten bestehen aus dunkelgrauem, ungeschichtetem Dolomit und ebensolchem Kalk, andere aus grünem Tonschiefer, Quarz, Quarzit, Verrucanogesteinen, sehr selten Gneis (Pfundser Ochsenberg und Matschiberle-Sattel), außerdem an der Blauwand auch dichte grüne Gesteine, welche im Schliff als ein sehr feinkörniges, diabasisches Gestein, beziehungsweise als feinfaseriger Grünschiefer sich zu erkennen geben.

Das Bindemittel ist metamorph, serizitführend, im Querbruch weiß feinkristallinisch kalzitisch, seltener schwach metamorph und mehr sandig. Das Konglomerat am Pfundser Ochsenberge geht lagen- weise in die oben beschriebenen feinen Breccien über, ebenso geht das Bindemittel des Konglomerats im Schloßwald (Kauner- tal) durch Einstreuung kleiner eckiger Dolomitbröckelchen in eben- solche Breccien über. Im Schliff erscheint das Zement des letzteren Vorkommens als feinkörnige, sehr quarzreiche Breccie, gleich den Breccien im Stubentale !).

Charakteristisch für die Serie in der Erstreckung westlich vom Pezidkopf und Arrezjoch sind die im östlichen Teil seltener oder weniger typisch entwickelten braunen feinsandigen Kalke und Kalkschiefer. Sie sind auch im Querbruch bräunlich (rötlichbraun), die Schieferungsflächen fleckig, teils mit grünlichem Serizit über- streut, größtenteils aber braun, sandig, fein gerauht, oft wellig oder wulstig. Daneben kommen dann rein kalkige, dünnschiefrige Gesteine vor und die gelben, serizitbestreuten Kalkschiefer wie im Osten, seltener flaserig-bankige, gelbliche Kalke; ferner häufig dünntafelige, oft wellig verbogene grüngraue oder bräunliche, sehr feine Sandsteine, oft von Narben und Rissen durchzogen. Sie erinnern sehr an die

!, In Rücksicht auf die von Kober in den Mitteilungen der geologischen Gesellschaft in Wien 1912, S. 47 (Separatabdruck) geäußerte Vermutung, daß die polymikten Konglomerate (in dem burten Bündnerschiefer) nichts anderes seien als die Schwarzeck-Breccien der Radstädter Tauern, also nach Kober tektonische Bildungen, muß bemerkt werden, daß diese Konglomerate die typische Form der Sedimentärkonglomerate an sich tragen, weshalb ich auch eigens den Namen Konglomerate und nicht Breceicn für dieselben gebrauche. Auch die Art ihres Auftretens spricht gegen eine tektonische Erklärung.

[51] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 493

helmintoidenführenden Flyschschiefer des Fimbertals und ich be- obachtete in der Masner nördlich der Gseßschneid auch Lagen mit stark den Helmintoiden ähnlichen, langgestreckten, dünnen Wülsten auf den Schichtflächen. Deutliche Bildungen dieser Art wurden aber nieht gefunden.

Die Tonschiefer sind gleicher Art wie östlich, besonders die milden lichtgrünen.

Ein häufiges, wenn auch nicht mächtiges Gestein, das in seiner Stellung zu dieser Serie nicht ganz sicher ist, und auclı vom östlichen Bereiche schon erwähnt wurde, sind grüne serizitisch-tonige Gesteine mit sehr viel und großen rauhen, löcherigen Quarzknauern - und Knollen. Sie scheinen besonders am Rande der Serie aufzutreten (Frudigerkamm). Beim Zerfall derselben bleibt die Humusdecke überstreut von den übrigbleibenden Quarzknauern.

Am Südgrat von P. 2827 (nördlich des Minderskopfes) sind in engem Verbande mit den typischen Gesteinen dieser. Serie auch schmutzig dunkelgrüngraue Quarzite und quarzitische Schiefer ent- wickelt.

Auch in diesem westlichen Bereiche treten wieder dort und da kleine, wenig ausgedehnte Lager von sehr stark verschieferten Dia- basen und diabasisch- sedimentären Mischgesteinen auf: Fein gefäl- telte Schiefer, in der Farbe zwischen dunkelgrün und dunkelviolett vielfach wechselnd, oft mit dünnen kalkigen Lagen (besonders rand- lich). Es wurde schon im „Querschnitt“ erwähnt, daß gerade unter diesen kleinen Diabaslagern sich öfter solche mit Relikten einer Mandel- steinstruktur finden (z. B. nördlich Arrezjoch, nördlich P. 2854 des Frudigerkamms, östlicher Fließerberg, Chant d’alp trida usw.).

In dem Profil über das Arrezjoch und den Pezidkamm sin. nur wenige Breccienbänke zu sehen. Es herrschen hier und am Pezidkamm die verschiedenen braunen kalkig-sandigen Schiefer, Kalk- schiefer und flyschähnliche Lager. Im Masnertal nimmt die Serie aber rasch einen stark klastischen Charakter an: am Minderskopf und P. 2827 nördlich davon sind in allen Zonen dieser Schiefer Jie Breccien in sehr zahlreichen Lagen entfaltet. Ebenso sind auch noch am Frudigerkamm (zwischen Pfundser Ochsenberg und Fließeralm) die Breceien noch in besonderer Häufigkeit anzutreffen. Auf der Fließeralm geht zunächst ihre Ausbreitung wieder zurück, da am östlichen Fließerberg nur noch drei oder vier Zonen von brecciösem Charakter die Schieferfolge durchziehen, nimmt aber gegen Westen gleich wieder ihre breite Entfaltung an; am Malfragkamm baut. sich ober den tonigen und sandigen Schichten des Matschiberlesattels eine mächtige Folge der typischen Breccien. dieser Serie auf, welche oben durch Wechsellagerung in Flyschschiefer übergeht. Sie setzt sich in ähnlicher Ausbildung zum Kamm Munt da Cherns—Grübelekopf fort, wo südlich des P. 2716 die Breccienzonen durchstreichen, In den höheren und auch in den tieferen Lagen sind hier mehrfach ganz kleine Linsen von gröberem Konglomerat eingeschaltet u das unten genau ausgeführte Schichtverzeichnis).

Gegen Westen hin streicht die Zone dann über die Alp bella und die Salaseralm zum Inneren Viderjoch und erreicht

494 Wilhelm Hammer. [52]

über dem Zeblespaß und den Piz da val gronda das oberste Fimberta]l.. Alle charakteristischen Gesteinsarten des tirolischen Bereiches sind auch hier wieder anzutreffen: die grünen Tonschiefer, die quarzknauerigen Serizitschiefer, die braunen und die gelblichen feinen kalkig-sandigen Schichten, die „flyschähnlichen* feinen, dünn- tafeligen Sandsteine, ferner die dünnschieferigen Breccien, hier be- sonders die quarzführenden; auch Konglomeratlager finden sich. Charakteristisch für die Entwicklung am Viderjoch ist die starke Entfaltung von Quarziten, teils dickbankig, teils feinschieferig und vielfach wechsellagernd mit grüngrauen feinsandigen Schiefern; also wieder eine Fazies, ähnlich der am Sattelkopfkamm. Am Piz da val gronda treten sie schon wieder ganz zurück und es überwiegen wieder die verschiedenen Ton- und Serizitschiefer und Sandsteine. :'

Die Aufstellung einer bestimmten zeitlichen Schichtfolge inner- halb der Serie wird durch den lebhaften Gesteinswechsel erschwert, vor allem aber durch die stark gestörten Lagerungsverhältnisse wertlos gemacht, infolge welcher kein Profil sicher als Normalprofil angesprochen werden kann. |

Um ein genaues Bild des Gesteinswechsels innerhalb eines Profils zu geben, seien als Beispiele hier noch drei zusammen- hängend aufgeschlossene Profile im einzelnen, von unten nach oben, aufgezählt.

1. Profil durch die „bunten Bündnerschiefer“ am Ostgrat des Furgler:

Grüngelbe Kalkbänkchen,

gelbliche Kalkschiefer und graue Kalkphyllite (mächtig),

grüngelbe Kalkbänkchern, wechselnd mit grauen und violettgrünen Phylliten,

braun anwitternde Kalkschiefer, knollig-flaserig, intensiv verquetscht, manche Lagen mit schmutzig grünlichem Tonbelag, nach unten auch graue Phyllite,

graue und gelbliche dünnblättrige Kalkschiefer,

graue kalkige Schiefer und Phyllite, gelbliche und weiße kalkige Schiefer mit Serizitbelag; in diesem Komplex eine Breccienbank,

grüngraue Quarzknauerschiefer und dünnblättrige grünlichgraue Kalkphyllite und auch saudige Schiefer;

Gesamtmächtigkeit ungefähr 300 m.

2. Profil über den P. 2827 im Kamme zwischen Masner und Pfundser Ochsenberg:

Sandig-tonige Schiefer,

braune, seltener graue Kalkschiefer, rötlichbraun anwitternd oder mit grün- lichem serizitischem Überzug, oft narbig, fleckig,

ein paar Bänke dickbankigen hellgrauen Kalkes, übergehend in serizitbelegte bräunliche Bänke,

Gips,

lichtgrüne Tonschiefer und gelbkalkige, serizitbelegte Bänkchen,

Gips,

braune, grünserizitische Kalkschiefer,

Schuppe von Verrucano (weißer Quarzfels und Serizitquarzit) 4—5 m,

braune kalkige und kalkig-sandige Schiefer mit vielen Bänkchen sehr feinkörniger Breccie, ferner schmutziggraue dichte Quarzite und „flyschähnliche* Schiefer,

[53] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberiuntal, 495

Schuppe von Verrucano (grüne Serizitquarzite und violette Serizitquarz- schiefer, 2—3 m),

braungrüne sandig-kalkige Schiefer, feinsandige Breccienbänke, graugrüne Tonschiefer und schmutzig dunkelgrüngraue Quarzite und quarzitische Schiefer, fiyschähnliche Schiefer,

kalkreicher Diabasschiefer,

grüne serizitische Schiefer mit braunen kalkigen Flasern, nach oben in kalkige Schiefer übergehend,

Flyschschiefer (dünnblättrige, feinsandige Schiefer mit Wülsten und Rissen) und in ihnen einzelne Breccienbänke und braune kalkig-sandige Schiefer.

Daran schließt sich das weiter unten besprochene Grenzprofil gegen den Verrucano, am Sattel nördlich des P. 2827. Mächtigkeit von der oberen Verrucanoschuppe bis zur hangenden Verrucanogrenze ungefähr 230 m.

3. Profil vom Joch Spadlas nördlich des Munt da Cherns bis zum P. 2716:

(Rauhwacke und Gips),

braunkalkige Schiefer mit grünlichen Flecken auf den Schichtflächen,

grüne, schwarze, graue Tonschiefer,

sandige Schiefer und feine Breccien,

Tonschiefer,

schwärzliche Quarzitbänke mit schwarzen Tonschieferschmitzen,

kalkig-tonige Schiefer und helle Kalkbänke,

Breccien,

Quarzit,

kalkig-tonige Schiefer,

feine Breceien und braune kalkig-sandige Schiefer mit feinschiefrigen Zwischen-

lagen, feine Breccien (Konglomerate) mit nußgroßen, gut gerundeten Dolomit- geröllen,

blaugraue Tonschiefer,

Bänke von dunkelgrauer kalkiger Breccie, in Kalkbänke übergehend, den

Kalken der „Bündnerkreide“ gleichend,

branunsandige Schiefer mit einzelnen Breccienbänken und einer Lage von grobblockigem Konglomerat, . Zone mit besonders vielen Breccienbänken, braunsandige Schiefer,

„Flyschähnliche“* braunsandige Schiefer und Tonschiefer mit kalkigen Bänken und ganz kleinen Konglomeratlinsen, j

grüne Tonschiefer, vereinzelte Breccienbänkchen,

(Verrucanoschuppe d. P. 2716);

Gesamtmächtigkeit etwa 500 m.

Der hohe Kalkgehalt der Schieferserie äußert sich darin, daß die austretenden Wässer vielfach Kalksinter abgesetzt haben. Die Schieferzonen werden von zahlreichen größeren derartigen Bildungen begleitet; in der südlichen Zone liegen solche im Schloßwald, NO unter dem Burgschrofen, am Fahrweg nach Fendels, bei der Lourdes- kapelle am Inn gegenüber Ried, im Serfauserfeld, am Weg nach Komperdell, in der Masner. In der nördlichen Zone, jene bei Ladis, Obladis, Fisser Ochsenalm, Fließeralm, dagegen ist mir aus den übrigen Gesteinen des Bündnerschieferbereichs (österreichischer Teil) nur ein größeres Kalksintervorkommen (Kälbermais bei Pfunds) be- kannt geworden. Es scheint also trotz des höheren Kalkgehaltes der basalen Bündnerschiefer, der Bündnerkreide und Triaskalke leichter in

496 Wilhelm Hammer. ! [54]

den bunten Schiefern zur Lösung und Absetzung des Kalkes zu kommen. Das Zusammenvorkommen des Sinters und der Schiefer- serie ist ein.so ständiges, daß man bei weiterer Untersuchung sich selten täuscht, wenn man aus dem Vorkommen der ersteren auf das der Schiefer schließt. Im Schweizergebiet wird die Schieferzone Schuls—Crusch von Kalksinterbildungen begleitet. Nähere Bestim- mungen über die örtliche Zugehörigkeit der zahlreichen Kalktuff- bildungen, : welche im schweizerischen Inntal nach Tarnuzzers Angabe außerdem noch vorkommen, stehen wir nicht zur Verfügung; ein Teil derselben sind Absätze der Mineralquellen von Tarasp-Schuls.

B. Über das Alter der bunten Schiefer.

Näher bestimmbare Fossilien sind bisher in diesen Schiefern nicht gefunden worden. In den Dünnschliffen der Breccien beobachtet man nicht selten unregelmäßig umgrenzte, länglichrunde Körper (bis zu 2 mm Größe), welche von zahlreichen, manchmal dicht- gedrängten Röhrchen (kreisrunde und ovale Querschnitte ohne Poren) durchzogen sind (siehe die Zeichnung Fig. 6) ohne erkennbare Ordnung. Vielleicht handelt es sich um irgendwelche Hydrozoenskelette, manche Schnitte erinnern auch an periphere Anschnitte von Großforaminiferen, andere an Bruchstücke von Gesteinen mit verschiedenen Mikrofaunen-

Fig. 6.

elementen. Die gleichen organischen Reste fand ich auch in der Roz- breccie (Schliff von Piz Tasna) und ebenso auch in einer kalkigen Breceie der basalen grauen Schiefer am Salezjoch und in der Quarz- breccie am Kreuzjoch.

Einen Anhaltspunkt für die Altersbestimmung bilden die Ge- rölle in den Konglomeraten und die Bestandteile der Brececien. Die ersteren enthalten Gerölle von Verrucano, in großer Menge solche von dunkelgrauem zuckerkörnigem Dolomit und von dunkelgrauem Kalk, welche beide den Gesteinen der Trias vollkommen gleichen. Ebenso können die kleinen Dolomitfragmente in den Breceien kaum aus einer anderen Schichtgruppe abgeleitet werden, da nur in der Trias hier solche Dolomite vorkommen. Da die Konglomerate (und Breccien) zweifellos primäre Glieder der. Schieferserie sind, so muB diese

en a

[55] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 497

ober- oder posttriadisches Alter besitzen. Die übrigen Gerölle gewähren keine weiteren Anhaltspunkte, da unter den enthaltenen „Bündnerschiefern* keine typischen Gesteine, etwa der basalen Schiefer beobachtet wurden und die seltenen Grünsteingeschiebe aus tieferen Teilen der bunten Schieferserie sein können. Bemerkens- wert ist, daß Gneis (oder andere kristalline Schiefer der Ötztaler und Silvrettagruppe) nur äußerst selten anzutreffen ist, die jetzt so nahe liegenden Gneismassen also zur Zeit der Ablagerung der Breccie entweder unter den jüngeren Sedimenten begraben oder in einer ent- fernteren Lage gewesen sein müssen.

Die Zonen der bunten Schiefer werden über ihre ganze Er- streckung vom Kaunertal bis zur Alp bella von Kalken und Dolomiten der Trias (siehe oben) begleitet, welche in zahllose Schollen auf- gelöst sind. Es kommen solche überhaupt mit wenigen Ausnahmen (Stammer!) nur in oder an den Schieferzonen vor. Sehr oft begleiten sie den Rand der Schieferzonen und dies gilt besonders von den großen Triaslagern am Frudigerkamm, Fließeralm, ober Fiß und Burgschrofen, welche an den Rändern breiter Schieferzonen liegen, bei Gufer-Faggen, wo große Triasmassen am Rande schmälerer Schieferzonen liegen. In schmalen (tektonisch verschmälerten) Schiefer- zonen mit sehr stark zerstückelten Triasschollen, wie in der Masner und a. O., liegen diese auch mitten in den Schiefern oder nahe dem Rande derselben in den angrenzenden Kreidekalken (Gmeier). Wo solche ohne begleitende Schieferzone im Kalkschiefer liegen, können die Schiefer auch tektonisch ausgeschaltet worden sein (Munt da Öherns, Piz Minschuns).

Während die südliche der beiden Schieferzonen des Nordrandes, beziehungsweise ihre Teilzonen, nur ausnahmsweise mit Verrucano in Verband tritt (Riesenköpfe), läuft die nördliche Schieferzone fast durch den ganzen österreichischen Teil hin an der Seite eines Verrucano- zuges fort und wird im Stubental beiderseits von einem solchen be- grenzt, abgesehen von kleineren tektonischen Schuppenbildungen mit Wiederholung des Verrucano.

Dabei tritt an der Grenze mehrfach ein Ineinandergreifen der Schichten dergestalt ein, daß entweder einzelne Bänke und Lager des Verrucano im bunten Schiefer oder einzelne Züge letzterer im Verrucano eingeschaltet sind.

An dem Joch P. 2740, zwischen dem Hexenkopf und P. 2827 liegt von Süd gegen Nord auf der geschlossenen Serie der dünn- tafeligen feinen Sandsteine und braunen Schiefer mit Breccienbänken zuerst ein gering mächtiger Zug von weißem Serizitquarzit (siehe Profil Figur 7, 1), also Verrucano, dann grüne und braune Schiefer mit Quarzknauern (2), den Schiefern der bunten Serie sehr ähnlich, dann (3) schwarze, metallisch anlaufende Tonschiefer und Phyllit, darüber (4) eine Bank gelbbrauner Kalkschiefer nun wieder weißer Serizit- quarzit (5), dann eine Lage violetten Schiefers (6) und eine Bank (7) von gelbbräunlichem Kalkschiefer, wulstig auf den Schichtflächen und darüber wieder weißer Serizitquarzit, der an die große Verrucano- masse (3) unmittelbar anschließt. Ober derselben, am Ausgang des in die Südseite des Hexenkopfs eingebetteten Kares findet sich

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.) 64

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zwischen den Moränen ein größerer Aufschluß, an dem man einerseits Verrucano, anderseits die bunten Schiefer sieht, dazwischen zwei aus- keilende schlierenförmige Streifen der Schiefer, parallel der Schicht- grenze, von 1/; m Breite ungefähr, nahe nebeneinander im Verrucano (weißer oder blaßgrünlicher Serizitquarzit), der am Rand eine feine Zicekzackfältelung zeigt.

Das umgekehrte Verhältnis kann man am Nordfuß der Gseß- schneid (Stubental) sehen, nahe südlich über dem vom Minderskopf kommenden Bachgraben, im untersten Teile desselben: hier liegen kleine Schmitzen von weißem Serizitquarzit in den braunen Kalk- schiefern. Der nächste zusammenhängende Verrucanozug liegt erst nördlich des Baches. Weiter aufwärts, bei der ersten Teilung des Baches, sieht man weißen Serizitquarzit und braune kalkige Schiefer (mit Serizitbelag) mehrfach miteinander wechsellagern bei engstem Verband der beiden Gesteine miteinander.

Fig. 7.

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Verrucano-bunte Bündnerschiefer, Grenzzone nördlich P. 2827 (Hexenkopt, Südfuß). (Erklärung im Text.)

Eine besonders enge Verknüpfung beider Gesteinsgruppen ist ferner oberhalb Fiß am Weg zur Fisser Alm und in der großen Felsnische über den Wiesen zu beobachten (siehe Figur 5). Die Unter- scheidung wird hier noch erschwert dadurch, daß der Verrucano nur an wenigen Stellen in der typischen Form entwickelt ist, sondern meist in Gestalt der dunklen rostfleckigen Phyllite. Zu deu „bunten Bündnerschiefern®* rechne ich die milden grünen Tonschiefer mit bräunlich kalkigem Querbruch. Diese sind auch hier von den Verru- canophylliteu deutlich abgegrenzt und Übergänge oder Mischgesteine nicht erweisbar. Kalkgehalt und die Kristallinität, bzw. der Mangel einer solchen in den Tonschiefern, sind Unterscheidungsmittel. Die Phyllite umschließen eine große Linse von Eisendolomit (am Wiesen- zaun, unteres Ende der Felsnische). Eine Stelle, welche am ehesten noch eine wirkliche stoffliche Vermengung der beiden Gesteinsarten in kleinstem Ausmaße aufweist, zeigt die Zeichnung Figur 8 (oberstes Profil in Figur 5, 5-1 ph).

Von unten nach oben folgen:

1. milde lichtgrüne Tonschiefer,

2. ein 4—5 cm starkes Bänkchen von dunkelbraunem (eisen- schüssigem) Kalk,

3. dunkle (Verrucano-) Phyllite,

ern

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4. wieder ein Bänkchen des braunen Kalkes,

5. hellere und

6. dunklere Phyllite (im ganzen 2—3 m Phyllite),

7. 1, m milde lichtgrüne, braunfleckige Tonschiefer mit kalkigen Lagen und Kalzitadern,

8. dunkle Phyllite mit großen Quarzknollen.

An der unteren Grenze enthalten sie auch brauneisenstein- haltige kalkige Flasern (7a) und ähnliche Flasern enthält auch der an- grenzende Tonschiefer. Ebenso sind den untersten Lagen von 3 solche beigemengt (2a).

Das Auftreten der eisenschüssigen Kalke läßt sich wohl mit dem benachbarten Eisendolomit in Beziehung bringen.

Fig. 8.

Detailprofil aus dem Westrand der Fißer Felsnische.

(Erklärung im Text.)

Am Südgrat des P. 2827 (nördlich Minderskopf) sind zwei je nur ein paar Meter mächtige Schichten von Verrucano in die hier sehr mächtige nördliche Schieferzone tektonisch eingeschaltet (Gleit- bretter, im Sinne Spitz’) und quer über den ganzen Berg hin im Streichen zu verfolgen. Ahnliches beobachtet man an der Ostseite des Frudigerkamms, am Arrezjoch u. a. ©.

In gleicher Weise dürften meines Erachtens die beschriebenen Wechsellagerungen an der Grenze tektonisch zu erklären sein. Ein wirklicher Übergang der einen Gesteinsart in die andere ist nicht zu beobachten. Bei der schlierigen Ineinanderschaltung unter dem Hexenkopf z. B. sind die Grenzen beider ganz scharf. Schwerer ist die Grenze beider dort festzulegen, wo die Schieferserie in quarz- reichen Gesteinen entwickelt ist und die Quarzserizitgesteine an der Grenze auftreten, wie dies am Sattelkamm der Fall ist, oder wo im Verrucano Phyllit stark entfaltet ist, weil solche auch in den bunten Schiefern in ähnlicher Form vorkommen, z. B. bei Zebles und Salas, Fiß.

Ein anderes Verhältnis von Verrucano, bzw, Bundsandstein und buntem Bündnerschiefer scheint bei einem Vorkommen an der Ost- seite des Malfragkamms, bei den südlichen Liasklippen zu be-

64*

500 Wilhelm Hammer. i [58]

stehen. Wir sehen hier am Rande einer Zone von Buntsandstein (siehe die Kartenskizze Figur 19) an dem in Figur 9 abgebildeten Felsen zunächst:

1. Rötlichen feinen Quarzsandstein (auch etwas serizithaltig),

2. weißen grobkörnigen Quarzsandstein (weiß anwitternd), stellen- weise in Quarzfels übergehend beides deutlicher Buntsandstein, dann folgen

3. dicke, gelb oder bräunlich anwitternde Bänke eines kon- slomeratischen Gesteins mit kalkiger Grundmasse, welches teils so dicht mit groben Quarzkörnern erfüllt ist darunter auch weinrote Quarzkörner, wie sie sonst für den Verrucano charakte- ristisch sind —, daß es sehr dem Verrucano ähnlich sieht, aber da- neben auch einzelne Dolomitgerölle enthält. Zum Teil aber überwiegt die Kalkgrundmasse bei weitem, so daß ein Kalk mit Dolomitgeröllen

Verrucano und kalkiges Konglomerat östlich Malfrag.

(Erklärung im Text.)

und Quarzkörnern vorliegt. Beide Arten sind in derselben Gesteins- bank nebeneinander mit Übergang vorhanden, auch unmittelbar am Rande gegen den Verrucano; hier tritt auch Pyrit in geringer Menge auf,

4. Bänke mit großen Quarzgeröllen und großen Dolomitgeröllen (4—-5 cm), dazwischen Lagen von feinem, gelblichem sandigem Kalk,

5. grüne und graue, milde blättrige Tonschiefer,

6. durch eine kleine Schuttgasse davon getrennt wieder weißer Quarzsandstein.

Der ganze Felsen von 1—5 ist quer zum Streichen etwa 3 m mächtig; 2 und 3 stehen vollkommen konkordant nebeneinander, an der Schichtfuge scharf getrennt, aber ohne daß irgendwelche Spuren einer tektonischen Nebeneinanderschaltung aufzufinden wären.

Trotzdem man sich hier in einer der stärkst zerrütteten Zonen befindet, erweckt die Art des Kontaktes und vor allem die Ein- streuung der Quarzkörner den Eindruck eines stratigraphischen Ver- bandes von Buntsandstein und buntem Bündnerschiefer, einer Trans-

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gressionsbildung mit Geröllen von zerstörten Triasdolomiten und dem Buntsandstein entnommenen Quarzgeröllen und Körnern.

Ein- Schliff aus Schichte 3 zeigt unter dem Mikroskop, daß die kalkige Grundmasse bereits völlig in ein richtungslos kleinkörniges Kalzitaggregat umkristallisiert ist. In dieser schwimmen zahlreiche sroße Quarzkörner und Körner aus Aggregaten von Quarz, von rundlichem oder geschlossen eckigem Umriß, welche teils Kataklase zeigen, teils vollständig frei davon sind. Neben den Quarzen finden sich selten auch Einschlüsse dichten Kalkes, ferner ein Stück jenes hydrozoen- ähnlichen Fossils, welches oben aus der Breccie der bunten Bündner- schiefer und der Rozbreccie beschrieben wurde (Figur 6), auch ohne Zeichen einer mechanischen Beanspruchung. Um die Quarzeinschlüsse herum ist der Kalzit als langstengliger Saum auskristallisiert (Stengel ungefähr senkrecht zum Quarzrand), vielfach umgibt aber die Quarze zunächst eine Rinde von analogen stengeligen Quarzen, welche dann mit den Kalziten ineinandergreifen es beginnt hier also eine ähnliche Aufzehrung der Einschlüsse durch Umkristallisation wie bei der Tüpfel- schieferbreccie und wie dies auch gelegentlich an den anderen Breccien der Bündner Schiefer zu sehen ist. Soweit die Umkristallisation einen Rückschluß erlaubt, spricht dieser für sedimentäre Transgres- sionsbildung.

In gleicher Weise, wie mit dem Verrucano in den früher auf- gezählten Fällen vermengen sich die typischen Gesteine der „bunten Schiefer“ im westlichen Gebiet, besonders im Fimbertal (Piz da Val- gronda u. a. O.) mit einer hier stark vertretenen Art dünntafeliger, kalkigsandiger und toniger Schiefer, welche Fucoiden führen und deren Schichtplatten stellenweise mit Helmintoiden dicht bedeckt sind; doch läßt sich aus den Fucoiden keine sichere Altersentscheidung ob kretazisch oder tertiär ziehen. Die Ineinanderschiebung beider Schieferserien dürfte in diesen Gebieten wahrscheinlich auch eine tektonische sein, zudem wir uns hier in nächster Nähe der höchst- gestörten Zone jener des Lias befinden.

Ein Zug solcher Fucoidenschiefer zieht von Westen her zum Islitzerjoech; am Kamm Grübelekopf—Cherns erscheinen sie im Hangenden der Kreide nördlich der „Kirche“ und sind mit den Kreide- kalken durch vielfache Wechsellagerung stratigraphisch verbunden.

Am oberen Malfragkopf, zwischen Diabas und Kreidekalk: zieht ein diesen Fucoidenschiefern sehr ähnlicher Schieferstrich durch, be- stehend aus feinsandigen, dünnblättrigen, grüngrauen Schiefern mit Rissen und Narben auf den Schieferungsflächen, teilweise auch knollige grüngraue Sandsteine und mit einzelnen Brecceienbänken gleich jenen der bunten Schiefer.

Auch am vorderen Malfrag (2652 m) erscheinen wieder diese Schiefer, hier durch Wechsellagerung mit den unterliegenden bunten Schiefern, beziehungsweise deren Breccien verbunden.

Diese Schieferart ist nun auch weiter östlich noch mehrfach in der Serie der „bunten Schiefer“ enthalten und wurde bei der obigen Beschreibung mit dem wenig präzisen Namen „flyschähnliche Schiefer“ (der an ihr Jüngeres Alter erinnern sollte) aufgeführt, mit

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dem Verdachte, daß hier vielleicht nicht zur Serie gehörige Beimen- gungen vorliegen könnten. Ihre Abgrenzung gegenüber den anderen Gesteinen jener Serie ist aber durchwegs eine sebr undeutliche. So sind sie gut nördlich von P. 2854 und P. 2827 beiderseits des Pfundser Ochsenbergs (Stubental) entwickelt, ebenso auch am östlichen Fließer- berg, überall im Hangenden der Schieferserie und begleitet von grünen Quarzserizitgesteinen. An der Nordseite von P. 2827 verfließen sie im Streichen mit den anderen „bunten Schiefern“. Fast alle Schieferzonen des Stubentals führen Lagen von petrographisch gleichen Schiefern. Eine kartographische Ausscheidung ist nur in einzelnen Fällen, wo sie größere Mächtigkeit erlangen möglich (siehe Karten- beilage). Weiterhin findet man sie am Pezidkamm und in Lawens, von hier gegen NO werden sie selten, kommen aber immerhin an einzelnen Stellen, z. B. ober Fendels, zum Vorschein.

Die diesen Schiefern auf der Nordseite von P 2827 (Stubental) eingeschalteten Breceienbänke sind makro- und mikroskopisch von den Breccien der bunten Schiefer nicht zu unterscheiden. Sie liegen aber nahe der ganz unsicheren Grenze der beiden Schieferarten.

Inwieweit bei diesen Vorkommen „flyschähnlicher“ Schiefer nun tektonische Einschaltung oder stratigraphischer Verband vorliegt, ist bei der innigen Durcheinandermengung verschiedener Schichtglieder in manchen Zonen schwer festzulegen und hängt vor allem von der Alterszuordnung der bunten Schiefer selbst ab.

Über Altersfolge und Fazies der gesamten Schichtreihe.

Von den sämtlichen Schichten des Gebietes stimmen in ihrer faziellen Ausbildung Verrucano, Trias, Rhät und Lias mit den benach- barten nördlichen Kalkalpen und den Münstertaleralpen im wesent- lichen überein und lassen sich zwanglos den entsprechenden Schichten dieser Gebiete anreihen. Dagegen verweisen die Bündnerschiefer in erster Linie auf das Faziesgebiet von Mittelbünden und Prättigau; es ergaben sich aber auch Beziehungen zur Kreide der Lechtaleralpen.

Daß wir es im ganzen nicht mit tektonisch gemischten Schicht- reihen zweier verschiedener Faziesgebiete, sondern mit der For- mationsreihe eines Ablagerungsraumes zu tun haben, dafür spricht der Zusammenhang, welcher zwischen Bündnerschiefer und Trias durch die Breccien hergestellt wird. Die bunten Bündner- schiefer erhalten durch die starke Beteiligung sedimentärer Breccien und der kalkig-sandigen Schiefer den Charakter einer küstennahen Ablagerung, ähnlich wie dies für den Flysch angenommen wird (siehe u. a. Zuber’s Vergleich der Flyschfazies mit den Küstenablagerungen an der westafrikanischen Küste 1). Vor allem spricht dafür aber die Einschaltung einzelner „Linsen grober Konglomerate: Materiale welche an den Mündungen kleiner gefällsstärkerer Flüsse in das allgemeine feinere klastische Sediment hineingeschwemmt wurden.

') Zuber R., Geolog. Beobachtungen aus Westafrika. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1911, S. 97, und die früheren Arbeiten desselben Autors in Zeitschr. f. prakt. Geol. 1901 und Verhandi. 1904.

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Die Zusammensetzung der Konglomerate bedingt ein Erosionsgebiet, dessen Oberfläche in erster Linie aus Trias, dann aus Verrucano und nur sehr selten aus Gneis bestand. Diese Annahme hat meines Er- achtens mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als jene, daß auf rein tek- tonischem Wege in die Nähe der jetzt hier bestehenden Zonen von Verrucano und Trias Konglomerate gerückt worden seien, welche gerade die gleichen Gesteinsarten enthalten wie jene Zonen.

Wenn wir demnach alle Schichten in eine Schichtreihe _ein- ordnen, so haben wir in dieser Verrucano durch lithologische Eigen- schaften, Trias, Rhät, Lias, untere Kreide und wahrscheinlich auch Tertiär durch Fossilien festgelegt; für die Einstellung der bunten Schiefer und der basalen grauen Bündnerschiefer, wenn man diesen ein größeres Alter als den Crinoidenkalken zumuten will bleiben mehrere Möglichkeiten offen:

1. Man kann die bunten Schiefer für älter als die grauen Bündnerschiefer ansehen. Sie wären dann möglicherweise der karnischen Stufe (Raiblerschichten der Nordalpen) äquivalent (Gipse!), ein Teil der Dolomite untertriadisch, die Dolomitkomponenten der Breccien stammten größtenteils aus aufgearbeiteten älteren Trias- dolomiten. Mehr Wahrscheinlichkeit schiene mir aber die Einrückung in den Jura zu haben, als Transgression über der gesamten Trias und dem unteren Lias (Konglomerate als „Liasbreccien“ gedeutet), wobei die basalsten Teile der grauen Bündnerschiefer auch noch in den Jura herabreichen könnten.

Oder die bunten Schiefer könnten auch Trias und Jura ver- treten.

Diesen Alterseinordnungen steht der Umstand erschwerend gegenüber, daß die bunten Schiefer tatsächlich nur im Hangenden der Hauptmasse der grauen Bündnerschiefer und zwischen den Bündnerkreidezügen anstehen und auch in den tiefsten Aufschlüssen der zentralen Aufwölbung (Stubental, Schalklbach, Val sinestra) nicht mehr unter den grauen Bündnerschiefern zum Vorschein kommen.

Spitz und Dyrenfurth beschreiben nun allerdings aus dem südlich des Inn liegenden Gebiete Schuls—Ardetz eine Antiklinale, mit einem Kern aus gabbroid intrudiertem vermut- lichem Altkristallin, darüber Serpentin, dann bunte Bündnerschiefer und zu oberst die grauen Bündnerschiefer (welche der Beschrei- bung nach zum Teil der „Bündnerkreide“ entsprechen), so daß also hier die geforderte Unterlagerung vorhanden wäre. Die Anti- klinale von Tarasp—Muntana entspricht aber meines Erachtens nicht der Hauptantiklinaie, welche sich vom Val sinestra zum Kamm P. Soer Minschuns fortsetzt, sondern bildet eine dazu parallele eigene kleinere Aufwölbung und die grauen Bündnerschiefer über der- selben können nicht dem großen Komplex jener von Val sinestra gleichgesetzt werden, so daß ein Untertauchen der bunten Schiefer unter jene Hauptmasse dadurch noch nicht bewiesen ist. Die bunten Schiefer bei Crusch—Schuls (welche lithologisch dem entsprechen, was hier mit diesem Namen bezeichnet wird) liegen übrigens auf dem Südabfall der Hauptantiklinale, so daß, falls die bunten Schiefer der Tarasper Antiklinale wirklich die Fortsetzung dieser sind, die

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höhere Lage gegenüber der Hauptantiklinale dadurch bezeichnet wird. Außerdem aber zeigen die Gneisfetzen von Fontana und Rufnat an, daß die Tarasper Antiklinale von Bewegungsflächen durchschnitten wird, welche ihre stratigraphische Verwendbarkeit von vorn- herein sehr einschränken. Spitz und Dyrenfurth sind geneigt, diese Gneisschollen mit dem Tasnagranit in einer Bewegungs- fläche zu vereinen; da letzterer über den basalen Bündnerschiefern liegt, wäre auch dadurch die höhere Lage der Bündnerschiefer jener Antiklinale gegenüber den grauen Schiefern der Hauptauf- wölbung dargetan. Daß die bunten Schiefer hier so nahe dem alt- kristallinen Kern, den man als Basis der ganzen Schieferserie an- sprechen könnte, liegen, kann auf die randliche Lage bezogen, bzw. die Aufwölbung analog aufgefaßt werden, wie die kristallinen Ein- schübe am Viderjoch Bürkelkopf, wofür auch jene Schubflächen sprechen.

Die 2. Möglichkeit wäre: Die bunten Schiefer sind jünger als die Crinoidenkalke, also obere Kreide und verbunden damit darüber die tertiären Schichten (Fucoidenschichten ?, Schichten mit Orbitoides).

Manches läßt sich aber nun besser erklären, wenn man unter Beibehaltung der Annahme von der primären Zusammengehörigkeit aller Schichten von der Vorstellung ausgeht, daß Bündnerschiefer und Trias-Lias in einem Sedimentationsraume sich als verschiedene und teilweise äquivalente Fazies nebeneinander abgesetzt haben. Der Verrucano ist als erste Transgressionsbildung über dem Grund- gebirge gleichmäßig über das ganze Gebiet hin abgesetzt worden. Darüber setzten sich im Norden und Süden die Diploporenkalke und Dolomite der Trias und die Liaskalke und Schiefer (Samnauner Lias) ab im Zusammenhang mit den mächtigeren gleichen Bildungen der nördlichen Kalkalpen und der Münstertaleralpen, während in anderen Teilen des Gebietes entweder keine Sedimentation erfolgte Festland? oder sich bereits Bündnerschiefer abzusetzen be- gannen. Die tiefsten Teile der basalen grauen Bündnerschiefer könnten als Aquivalente des Jura angesehen werden. In der Lischannagruppe beginnt der Lias mit einer Transgressionsbreccie über dem: Hauptdolomit als ein Zeichen, daß schon zu dieser Zeit Bewegungen in diesem Teile der Erdkruste einsetzten, durch welche die Aufarbeitung der Triasgesteine eingeleitet wurde; die ersten Zeichen derselben wären im Bündnerfaziesgebiete dann die tiefsten Breccienlager der grauen Bündnerschiefer. In der unteren Kreide breiten sich dann die Bündnerschiefersedimente mit den Crinoiden- breccien, deren Komponenten immer noch von der Trias geliefert werden, über das ganze Gebiet aus. Die vorgosauische Auffaltung rückt dann die benachbarten und randlichen Triasbereiche neuer- dings in den Bereich der Erosion empor und sie und die sie be- deckenden Teile der Bündnerschiefer setzen ihre Aufarbeitungs- produkte in den Breecien der bunten Schiefer ab, welche sich nun über das ganze Gebiet ausbreiten. Sie werden hernach noch von Tertiärschiefern überdeckt. Auf diese Weise würde die zonare Ver- teilung der Trias und der Mangel andersfazieller Gesteine im

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Liegenden der basalen Bündnerschiefer, sowie die Herkunft der Triaskomponenten in den klastischen Gesteinen verständlich gemacht. Die Annahme eines Übergreifens der bunten Schiefer auf das von Trias und Verrucano bedeckte Grundgebirge steht einerseits mit der zonaren Verteilung derselben, ihrer engen Verknüpfung mit dem Ver- rucano und mit der Küstenfazies der Gesteine in Übereinstimmung auch der oben genanute Fall von Transgression über Verrucano bei Malfrag ordnet sich hier ein —, andrerseits trotz jener Verknüpfung auch mit der Annahme eines jüngeren Alters, wofür die Lagerungs- verhältnisse und der Verband mit wahrscheinlich tertiären Schichten spricht.

Es könnte auch die Bildung bunter Schiefer an verschiedenen Orten verschieden früh eingesetzt haben und so auch teilweise Gleichaltrigkeit der beiden Arten von Bündnerschiefern bestehen.

Die Grenze zwischen buntem und grauem Bündner- schiefer ist im allgemeinen klar und bestimmt, ohne aber irgendwo deutlich als tektonische erkennbar zu sein. Doch liegen auch ein- zelne Momente vor, welche einen engeren stratigraphischen Zu- sammenhang anzeigen. Es wurde schon oben (S. 477) beschrieben, daß die Nordgrenze der grauen Bündnerschiefer gegen die innerste Zone der bunten vom Beutelbach bis zur Fließeralm von einer besonders tonschieferreichen Zone eingenommen wird, welche bei grünlicher Färbung der Tonschiefer sehr stark den bunten Schiefern sich nähern (Blauer Talrücken) oder durch Begleitung von feinsandigen Lagen jenen ähnlich werden (Schafbergkamm).

Wo die Brececien der bunten Schiefer besonders kalkig sind und zu dickeren Bänken gefestigt, kann eine fazielle Annäherung an die Crinoidenbreceien und Kalke eintreten, so zwischen Matschiberle- sattel und Malfrag und an den Gufelköpfen (Staffelleralm); am Kamm Mathankopf—Burgschrofen liegt (unter P. 2137) in den bunten Schiefern eine Zone von gelblichen Kalken (ohne Breccien), nach oben mit grünen Tonschiefern wechselnd, bei der eine Zuordnung zu den bunten Schiefern oder den Crinoidenkalken gleich gut mög- lich ist; auch die „hellbumen“ Kalke östlich unter dem Hexen- kopf neigen zu beiden Schichtgruppen hin. Auch Dyrenfurth be- richtet für das Schuls—Ardetzergebiet von einem allmählichen Über- gang der bunten und grauen Bündnerschiefer ineinander, ja auch von Wechsellagerung und Übergang im Streichen zwischen beiden.

Die obige Erklärung der Ablagerungsfoige leidet an der frag- würdigen Beziehung zur Gosautransgression. Ein dieser ent- sprechender Schnitt in der Schichtfolge wie ihn etwa die Gosau- ablagerungen am Muttekopf gegen die unterlagernde Trias zeigen fehlt in der Bündnerschieferfolge vollständig und es müßte daher zu der Annahme gegriffen werden, daß die vorgosauische Faltung nur die randlichen und benachbarten Gebiete betroffen habe, während im Hauptbereiche die bunten Schiefer sich ohne Unterbrechung über den srauen Bündnerschiefer abgelagert hätten; in dem randlichen Teile kann durch die Überschiebungen des Gneisgebirges und der Misch- zonen eine transgressive Lagerung verdeckt sein. Wir befänden uns hier am Westrande des kretazischen Auffaltungsbereiches.

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Kober') hat versucht, bei der Deutung des Gebietes als „Fenster“ mit vorgosauischer Überschiebung des Ostalpinen über das Lepontinische das Vorhandensein nachgosauischer Schichten inner- halb des Fensters in der Weise zu erklären, daß er die höheren Teile der Schichtfolge (Serie des Piz Roz, Piz Minschuns u. a.) als erst nach der Hauptüberschiebung entstanden und durch spätere Be- wegungen miteinbezogen annimmt. Eine derartige Abtrennung ist aber ganz undurchführbar, auch der Grad der Metamorphose kein Kri- terium dafür, weil die Metamorphose nicht nur von oben nach unten, sondern auch im Streichen desselben Schichtzuges (z. B. innere Zone bunter Schiefer) von wenig oder nicht metamorphen zu hochmeta- morphen führt, und auch zwischen unten und oben in keiner Weise abgrenzbar ist.

Der von älteren und neueren österreichischen Geologen beschrie- bene Zusammenhang zwischen den Gosauschichten der österreichischen Kalkalpen und dem Flysch, welchem auch Kober mit’ der Annahme des vorgosauischen Schubes von Ostalpin über Lepontinisch gerecht zu werden sucht, lehrt, wie F. F. Hahn?) schreibt, „daß hier an eine namhafte nachkretazische Annäherung von Lepontinisch und Austro- alpin kaum zu denken ist“. Wenn dies auch für Westtirol zu Recht besteht, so könnte auch das Engadinergebiet in nachkretazischer Zeit nicht mehr von der Silvrettamasse samt ihrer kalkalpinen Decke überfahren worden sein oder die Schichtfolge reicht hier bloß bis in die untere Kreide: Die Feststellung tertiärer Schichten ruht ja allerdings abgesehen von den bei Flyschfazies nicht sehr verläßlichen Gesteinsvergleichen nur auf einem einzigen Mikrofossil, dessen Schnittlage im Dünnschliff obendrein eine vollkommen sichere Gattungs- bestimmung nicht zuläßt.

Die Beantwortung dieser Frage hängt von der weiteren Fr- schließung der Lechtalerkreide und den Beziehungen zwischen ihr, der Gosau und dem Flysch ab. Das Alter der Lechtalerkreide im Verhältnis zur Gosau ist noch nicht genau bekannt und ebenso ist der Zusammenhang von Gosau und Flysch für diesen Teil der Kalkalpen nicht sicher festgestellt. Wie mir Freund Ampferer versichert, ist die Lechtalerkreide mehr den Bündnerschiefern ähnlich als dem Flysch und von diesem deutlich unterschieden, ebenso wie auch die Gosau des Muttekopf.

II. Die Lagerungsverhältnisse. I. Die zentrale Aufwölbung.

Die Lagerung der Schichten in dem hier bearbeiteten Gebiete ist scheinbar eine sehr einfache. Von einer SW—-NOÖ verlaufenden Achse aus fallen die Schichten gleichmäßig nach beiden Seiten ab, bis an den Rand des Gneisgebirges.

!) Mitteil. d. geol. Ges. in Wien 1912, S. 45 u. ff. ») Mitteil. d. geol. Ges. in Wien 1913, S. 246.

65 ] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 507

Die Achse verläuft über den Grat des Piz Mondin an dessen Ostabfall die große Wölbung schön auf weithin zu sehen ist zieht über «die Kobleralm (Rauhes Eck) am Südhang des Kreuzjoch hin, verquert das Stubental unterhalb der Talteilung und erreicht bei Tschupbach den Inn entsprechend der schwachen Divergenz zwischen dem Schichtstreichen und dem Flußlauf. Von hier ab senkt sich die Antiklinalwölbung gegen Nordosten in die Tiefe: In den Berg- hängen östlich und südöstlich von Tösens (UÜbersachsen, Breithas- lachgraben) streichen die Schichten NS mit Abfall gegen Osten, weiter gegen Süden schwenken sie in die NO-Richtung des Südschenkel ein, ebenso wie sie im Norden durch NW-Streichen mit dem Nordschenkel verbunden sind. Auch ober Tschupbach, also im Nordschenkel bemerkt man ein Einbiegen des Streichens aus der NO-Richtung in OW und OSO in den tieferen Gehängen; höher oben in der Gegend von Ser- faus streichen die Schichten mit ONO- bis NO-Richtung gegen Prutz hin weiter. Im Stalanzertal ist wieder durch das bogenförmige Streichen (NW in der Talöffnung, NS innerhalb Spielebner und NNO unter der Alm und am Mittelrücken) und das Ostfallen der perikli- nale Abfall der großen Antiklinale gegen Osten ausgedrückt.

Sehr schön kommt die östliche Abwölbung im bogenförmigen Verlauf der inneren Schieferzone zum Ausdruck: diese streicht bei Fendels und über dem Burgschrofen OW mit steilem N-Abfall; den Kamm zwischen Wiesele und den Fendler Bergmähdern (Kiesel- alm) überschreitet sie mit NS-Streichen und steilem ÖOstfallen und jenseits der weiten Schutt- bzw. Vegetationsflächen der Kieselalm setzt sie ‘sich mit NO-Streichen und Südfallen über Fendleralm und Stalanzeralm im Südschenkel der Gesamtwölbung bis ins Tösner- tal fort.

Sie schiebt sich hier zwischen den dem Gneisrand folgenden Zug der Crinoidenkalke und die am Kamm Serneskopf—Malzkopf noch nahe darunter befindliche Zone von Tüpfelschiefern ein. Die letzteren schwenken bereits auf der Stafelleralm gegen N hin ab und dürften . vielleicht das untere Stalanzertal im Bogen durchziehen es sind hier nur unsichere Spuren davon vorhanden. Ein Zusammen- schluß mit jenen von Gallmötz ist aber aus stratigraphischen Über- legungen (siehe oben) nicht wahrscheinlich. Die Crinoidenkalke dagegen ziehen über der Zone der bunten Schiefer in einem schmalen Streifen dem Gneisrand entlang fort wenn auch ober der Bergleralm ihr Zu- sammenhang mit jenen des Serneskopf ein kurzes Stück unterbrochen ist, so müssen sie doch als Fortsetzung dieser angesehen werden. Vom Pleißköpfl ober der Bergleralm bis zum Nordwestkamm des Mathankopfs ober Fendels streichen sie so zwischen Gneis und bunten Schiefern fort, am letzteren aber trennen sie sich wieder davon, indem die bunten Schiefer gegen N umschwenken, die Crinoiden- kalke aber durch den Waldhang südlich des Petersbaches fragmen- tarisch bis ins Kaunertal hinab zu verfolgen sind.

Am Mondin ist die Wölbung flach und weit, sinkt aber’nach den Seiten rascher ab. Gegen Osten hin ist die Antiklinale enger zusammengepreßt, wie dies besser noch als an den basalen Schichten in den Zonen der bunten Schiefer zum Ausdruck kommt.

65*

508 Wilhelm Hammer. [66]

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[67] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 509

Erklärung zu nebenstehender Figur 10. Übersichtsprofile durch die Autiklinale der Bündnerschiefer.

Fr Maßstab nahe 1:90.000.

G = Gneis und Amphibolit. gt Tüpfelschiefer.

v = Verrucano. gb —= Quarzreiche Breceien. Brian URN h kb = Kalkige Breccien.

gk Kristallinische graue Bündner- Ei 1

ter cb Crinoidenkalke und Breccien.

9 = Kalkige graue Bündnerschiefer. b = Bunte Bündnerschiefer.

gs = Tonschieferzonen. ö Diabaslager.

9q = Quarzitische Ausbildung der A = Diabasgänge.

grauen Bündnerschiefer.

Sattel- oder Muldenumbiegungen großen Ausmaßes innerhalb der Schenkel der Hauptwölbung, welche also die Mächtigkeit der Schenkel in Faltenelemente auflösen ließen, sind nirgends zu sehen, so daß der Nordschenkel vom Kern bis zum Innenrand der innersten Zone bunter Schiefer im Norden gemessen eine Mächtigkeit von 3°5 bis 45 km erreicht, der Südschenkel (Nauders—Tösnertal) vom Kern bis zum Gneisrand gemessen eine solche von etwa 5 km.

Allenthalben ist eine Kleinfältelung der Schichten einge- treten, welche besonders in den stark mit Tonschiefern durchzogenen Zonen auffällig wird, aber auch in den rein kalkigen nicht mindere Intensität erreicht und hier durch die ihr folgenden weißen Kalk- spatadern oft sehr schön hervorgehoben wird. E. Suess hat diese Erscheinung von der Stillebachschlucht als „galoppierende Fältelung“ beschrieben, indem hier die Fältchen gegen die Neigung der Schicht- flächen übergeneigt sind, also scheinbar gegen die Schieferkuppel an- steigen. Ein Schluß auf die Tektonik im großen ist aber daraus nicht zu ziehen, da diese Fältelungen nur der Ausdruck der von Ort zu Ort wechselnden Differentialbewegungen sind und dementsprechend die Uberkippung der Fältchen keine über größere Bereiche einheitliche ist; überdies ist die Bewegungsrichtung vielfach überhaupt nicht ein- deutig bestimmbar.

Es lassen sich verschiedene Arten der Fältelung unterscheiden: Die Achsen der Fältchen können parallel oder divergent bis senkrecht zum Streichen der Schichten liegen. Das letztere beobachtet man oft an völlig zusammengeklappten liegenden Fältchen, welche zwischen unverbogenen Schichtplatten eingeschlossen sind; erscheint die Um- biegung nicht im Querbruch, so glaubt man eine konkordante Folge der Schichtplättchen vor sich zu haben (Figur 11, 3). Bei Parallelität der Fältchenachsen mit dem Streichen trifft man einerseits den Fall, daß einzelne oder mehrere Schichtblätter zwischen weniger oder nicht verbogenen über größere Erstreckung hin in stehende oder liegende Fältchen gelegt sind, wobei die Fältchen im Sinne des Fallens oder entgegengesetzt überkippt sein können: Gleitfältchen, durch un- gleich rasche oder ungleich gerichtete Verschiebungen parallel den

510 Wilhelm Hammer. \ 168]

Schichtflächen hervorgerufen. Die Zeichnung (Figur 11) zeigt zwei Arten solcher Gleitfältchen (1). Anderseits beobachtet man, daß eine Zone quer, senkrecht zu dem Fallen der ganzen Schichten in liegende Fältchen verknittert oder auf das vielfältigste durcheinandergeknäult ist: Knitterfältchen, welche vielleicht durch Zusammentreffen ent- gegengesetzt gerichteter Bewegungsimpulse an schwächeren Zonen aus- gelöst werden (2). Schließlich wäre der seltener zu beobachtende Fall

Fig. 11.

Fältelungsformen.

zu erwähnen, daß ehvor es zur Ausbildung liegender Fältchen kam, ein Zerreißen und Aufstapeln in quer gestellten gebogenen Schüppchen zwischen parallelen Bänken erfolgte (4).

Auch daß liegende Fältchen senkrecht zu ihrer Achse nochmals in Faltenwellen gelegt sind, ist nicht selten zu sehen.

Das größte Ausmaß der einzelnen Fältchen beobachtete ich an den Nord- und Ostwänden des Muttler, wo die Bänke der quar- zitischen Fazies zwischen den Tonschieferlagen zu liegenden Falten von vielen m? Querschnitt zusammengestaut sind. Es entspricht der von

[69] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 5ll

Br. Sander!) aufgestellten Regel der Stauchfaltengröße, daß die festeren quarzitischen Bänke dies zeigen, während die Tonschiefer- lagen ganz kleine Fältelungen annehmen oder an Gleitflächen ver- schoben werden.

In der Gegend von Finstermünz, nach Süden bis in die Schlucht des Labaunerbaches und am unteren Teil der Samnauner- schlucht (Fernertobel) werden die grauen Bündnerschiefer von großen Klüften durchschnitten, welche eine Richtung nahe um NS einhalten und im Gelände als Felsrinnen, kleine Bachklammen oder „Kamine“ von der Erosion ausgearbeitet sind. Vielleicht steht ihr Vorhandensein im ursächlichen Zusammenhang damit, daß der Inn gerade hier eine ungefähr nordsüdliche Richtung innehält gegenüber dem sonst herr- schenden NO-Lauf.

1I. Die nördlichen Randzonen.

Der Nordrand des Gebietes erscheint in seinem gleichsinnigen NW- beziehungsweise N-Fallen und im Streichen völlig dem Nord- schenkel der zentralen Aufwölbung zugehörig, hier zeigt aber das Auftreten von ihrem Alter nach besser kenntlichen Ablagerungen sowie deren Wiederholung deutlich an, daß wir es nicht mit einer ein- heitlichen Schichtfolge, sondern einem tektonischen Verband zu tun haben.

Die tektonische Struktur dieser Zone gleicht der eines fla- serigen Lagengneises: langhinziehende Flasern, beziehungsweise Schichtzonen, welche schließlich auskeilen oder sich zerteilen, strecken- weise anschwellen und dann wieder ganz schmächtig werden. Anzahl der Teilzonen, Breite und Zusammensetzung der Randzone wechselt in den verschiedenen Profilen.

Die Breite der ganzen Randzone ist am geringsten am Arrez- joch, wo sie auf der Karte ca. 1400 m mißt (vom Innenrand der süd- lichsten Schieferzone bis zum Gneisrand), gegen Westen verbreitet sie sich; am Frudigerkamm 2200 m, am Kamm Grübelekopf—Munt da Cherns 3100 m und erreicht im Fimbertal noch größere Breite; ebenso treten die Randzonen gegen Osten auseinander: bei Serfaus nehmen sie bereits einen Streifen von 3%km Breite ein und im Profil Fendels—Pontlatz erreichen sie ein Höchstmaß von 6 /km.

Sieht man von der „Verflaserung“, dem Mangel an Stetigkeit ab, so kann man die Randzone im tirolischen Gebiet in vier Haupt- zonen gliedern, zu denen sich von der Fließeralm an gegen Westen noch weitere zwei oder drei zugesellen. Die vier Hauptzonen wären:

die innere Zone bunter Schiefer, begleitet von Trias- schollen,

eine Zone grauer Bündnerschiefer,

die Verrucano-Triaszone,

die äußere Schieferzone, ebenfalls mit Triasschollen,

!) Tschermaks Min. Mitteilungen 1911, S. 286.

Wilhelm Hammer.

512

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Fig. 12. Schematische Darstellung der Randzonen,

Maßstab: 1:168.750. Strichpunktierte Linie: Antiklinalachse.

513

Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

[71]

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Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 3. Heft. (W. Hammer.)

[72]

Wilhelm Hammer.

514

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Maßstab:

Fig. 17.

518 Wilhelm Hammer. [76]

im westlichen Teil setzt dann auf der Fließeralm die Liaszone ein und nach außen zunoch eine solche mit Bündnerkreide, Fucoiden- schiefern und Diabasen.

Die innere Zone bunter Schiefer entfaltet sich bei Fendels in großer Mächtigkeit (Schichtbeschreibung der bunten Schiefer siehe im stratigraphischen Teil). Im Profil von Fendels 1400 m mächtig, OW streichend mit steilem N-Fallen.

Am Nordrand, an der Grenze von bunten und grauen Schiefern ragen Schollen von Triasdolomit als steile Felsklippen auf: Vor allem der Burgschrofen als größte derselben; drei weitere von absteigender Größe zu beiden Seiten davon. Auch am nächstöstlichen Bergeck (am Weg nach Wiesele) sind noch kleinere Reste zu sehen. Sie sind wie Pfähle isoliert voneinander an der Schichtgrenze steilstehend eingerammt. Eine liegt über dem Inn, nördlich Ried.

Profil über die beiden Gipfel des Pezidkopfes.

K = Kalkschiefer. kr Knauerige Kalke. s = Bunte Schiefer. km = Marmor. D = Dolomit, breceiös. DR = Dolomit und Rauhwacke. R = Rauhwacke.

Zwischen Ried und der Komperdellalm ist die Zone viel- fach von Glazialschutt überdeckt. Am Lazidkamm zieht in ihrer Fortsetzung am Alpweg nach Lawens eine 400 m breite Zone bunter Schiefer durch, höher oben am Kamm, getrennt durch eine Zone grauer kalkiger Schiefer, eine zweite noch etwas schmälere. Damit beginnt eine Zerteilung und Zerfaserung der inneren Zone, welche im Pezidkamm und Stubental ihren Höhepunkt erreicht.

Die bunten Zonen des Lazidkamms übersetzen das Lawenstal und streichen schräg über den Pezidkamm weiter. Südlich der südlichsten Zone erscheint eine isolierte „Flaser“ von bunten Schiefern am Ostabhang des Riesenkopfs, mitten in den grauen Kalkschiefern. Ein eigenartiger isolierter Einschub ist hier weiters am Kamm zum Heuberg, nahe der Stelle, wo der Steig von Lawens zur Heubergalm den Kamm überschreitet, vorhanden: es steckt eine kleine Linse von grünem Serizitquarzknauerfels und weißem grob- körnigen Arkoseschiefer, also Gesteine des Verrucano, mitten im

[77] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal, 519

grauen Bündnerschiefer. Auch in der zweiten Teilzone bunter Schiefer, welche über den höchsten Riesenkopf (auf der Karte ohne Höhenzahl und Name) streicht, tritt hier nun Verrucano ein: zwei Bänder von je 2—3 m Mächtigkeit, bestehend aus weißem Serizit- quarzit mit etwas grünen und violettgrauen Tonschiefern begleiten die bunten Schiefer und schließen sich am Joch gegen den Pezid- kopf zu einem Bande zusammen, welches dann am südlichen Seiten- kamm des Pezidkopfs auskeilt.

Getrennt durch graue Kalkschiefer gliedert sich am Pezid- kopf nun noch eine dritte Zone (bzw. vierte) von bunten Schiefern an, welche über den Sattel zwischen den beiden Gipfeln des Pezid- kopfs streicht und sich am nächsten südlichen Seitenkamm (über dem Kadratschtal) abermals in zwei Teilzüge spaltet, am letzten Südkamm dieser Gruppe sich aber wieder zu einem vereinigt durch Auskeilen der dazwischentretenden Kalkschiefer.

In der Pezidgruppe treten nun wieder zuerst in dem nördlichsten Teilzug, dann auch in dem südlichen Schollen von Triasgesteinen auf, durchwegs von geringen Dimensionen. Starke tektonische Beanspruchung spricht sich in dieser Zerteilung aus, der Dolomit, ist oft stark breceiös, oft ganz umkristallisiert, von Quarz- adern durchzogen. Am Pezidkopf vertritt zum Teil eine gelbe löcherige Rauhwacke seine Stelle.

Sie sind in diesem Teile ziemlich regellos in den bunten Schiefern verteilt, doch kommt auch in dieser kleinzerteilten Region die Neigung zu einer Anordnung an der Grenze der bunten Bündner- schiefer gegen die Kalke und Kalkschiefer mehrfach zum Ausdruck. Ganz selten dagegen sind Triasschollen in die grauen kalkigen Zonen selbst eingeschlossen. Eine ganz verquetschte solche Linse von Dolomit beobachtet man am Nordabsenker des Riesenkopfs; eine andere ist am Westabfalle des Kammes Arrezjoch—Schafberg, nahe an der Grenze gegen die nördlichste Teilzone bunter Schiefer in die Kalkschiefer eingeflochten (gelber Dolomit).

Zwischen den beiden Ästen des Stubentals ist die „innere Zone“ ebenso zerteilt wie am Pezidkamm; vier Teilzonen, von denen eine der südlichen auskeilt und im Westen zwischen den oberen wieder eine neue einsetzt. In dem Hügelland nördlich der GseB- schneid entfaltet sich Verrucano inmitten dieser Zone stark und endet dann plötzlich unter dem Minderskopf. Er ist eng mit den bunten Schiefern verflasert. Zahlreiche Triasschollen von Hausgröße bis zu Blöcken herab sind hier teils in, teils am Rande der bunten Schiefer eingeschaltet, einzelne auch zwischen die schmalen Züge grauer kalkiger Bündnerschiefer. In dem Bereich zwischen Masner und dem Pfundser Ochsenberg sind in dieser inneren Zone etwa zwei Dutzend solcher Triasschollen aufgeschlossen, welche meist als kleine schroffe Klippen den sanften Schieferhängen entragen. Dolomit, Kalke und Rauhwacke sind beteiligt; außerdem ist am Bach bei P. 2557 im Zuge der anderen Klippen auch eine Scholle von spätigem Eisendolomit, gleich jenem von Serfaus aufgeschlossen, dicht dabei entspringt eine starke Eisenquelle (siehe S. 450). Auch ein Gipslager ist da, überlagert von grauen Kalkschiefern und unter-

520 Wilhelm Hammer. [78]

lagert von einem dünnen Band bunter Schiefer, unter welchem dann erst der Verrucano liegt. Das Lager liegt in der Mischzone von Verrucano und buntem Schiefer (und flyschähnlichem Schiefer).

Am Südwestfuß des Minderskopfes liegt, von Halden umgeben, ein anstehender kleiner Felsrücken von „hellbunten“* Kalken (siehe oben S. 461).

In der Fortsetzung der Zone vom Pfundser Ochsenberg zur Fließeralm (Frudigerkamm) vereinfacht sich die tektonische Struktur wieder. Am Kamm sind nur mehr zwei Zonen bunter Schiefer da (deren südliche am Ostabhang der Blauwand aus der Vereinigung zweier schmaler, teilweise erst im Gmeiertal auftauchenden Züge besteht): eine schmälere südlich der Blauwand und eine sehr breit angeschwollene Schieferzone im Sattel zwischen dem genannten Gipfel und dem südlichen Vorkopf des Frudigerkopfes. Es wurde schon früher angegeben, daß der Südrand gegen die „zentrale Auf- wölbung“ sowohl hier als weiter östlich keine Zeichen einer Schub- fläche erkennen läßt.

Von den zahlreichen Triasschollen der ganzen Zone von Fendels bis ins Samnaun liegt mit Ausnahme einer kleinen am Pezidkopf keine am Südrand der Zone, die größten und viele kleinere am Nordrand.

Den Nordrand begleitet eine der größten und ausgedehntesten Triasschollen (siehe das Profil Figur 1), welche in sich wieder heftig geflasert ist und innerhalb der Trias die Struktur der ganzen Zone wiederspiegelt. Gegen Osten lauft sie in einer Reihe kleinster Block- schollen aus, welche zwischen kalkige Bündnerschiefer eingeklemmt sind. Ebenso ist ihre Kortsetzung zur Fließeralm in einem Schwarm von kleinen Schollen aufgelöst, welche der Grenze zwischen bunten Schiefern und den Kreidekalken des Frudigerkopfs folgen. Am Kamm ist der obere Teil der Triaskalke in Blöcke zerteilt, welche linsen- förmig in den Bactryllienmergeln stecken. Trotzdem lassen sich aus letzterem tischgroße, vollkommen ebene, dünne Platten abheben. Im östlichen Teil stecken im Dolomit, am Fuß der Felsen gangartig Grünschiefer (zwei gangförmige Vorkommen und östlich davon ein etwa Quadratmeter großes Nest des gleichen Gesteins mitten im Dolomit, siehe Figur 15). Der Grünschiefer ist auch heftig zerpreßt und geschiefert, der angrenzende Dolomit kreuz und quer von Klüften und Rutschflächen durchtrümmert. Es handelt sich dem Anscheine nach eher um eine mechanische Einschiebung des Diabases in den Dolomit, als um Eruptivgänge. Am Südgrat von P. 2754 liegt ein schmales Band von Grünschiefer nach Art einer konkordanten Einlagerung oder einer konkordanten Schuppe zwischen den Triaskalken (siehe das Profil Figur 1).

Am Pfundser Ochsenberg, im „Gmeier“, siebt man sehr schön ein paar kleine Triasdolomitlinsen in dem mittleren Zug kalkiger grauer Schiefer eingeschlossen (siehe Tafel XXI).

Auf der Fließeralm schrumpft die „innere Zone* noch mehr zusammen; am Tilolet ist der Schieferzug der Blauwand noch zu sehen, der breite nördliche Zug ist nur undeutlich (gutenteils wohl

[79] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 521

wegen. der schlechten Aufschlüsse) und in bedeutend geringerer Mäch- tigkeit aufzufinden; Triasschollen fehlen hier. j

Am nächstwestlichen Kamm endlich zwischen Malfragtal (Zan- derswiesen) und der Alp bella zeigen nur mehr ein paar kleine Dolomitkeile bei „Sur la prada“, beiderseits von grauen kalkixen Bündnerschiefern (mit Tonschieferzwischenlagen) umschlossen, die Fortsetzung jener Zone an.

Im Streichen entsprechen ihnen am Ostabhange des Piz Mun- schuns, wieder etliche isolierte Dolomitschollen und weiterhin trifft man im Verfolg dieses Horizontes auf das Gipslager bei Che d’Mott. Hier enden zunächst die zusammenhängenden Spuren der „inneren Zone“; geht man aber dem Streichen der Schubflächen nach weiter, so gelangt man in die Gegend des Stammer und kann die Trias- scholle dieses Gipfels als tektonische Fortsetzung der „inneren Zone“ zurechnen.

Die bunten Schiefer von Fendels werden in steiler Stellung überlagert von einem Komplex grauer Bündnerschiefer (Profil Figur 13), welche petrographisch den basalen Schiefern gleichstehen, keine Breccien enthalten, wohl aber ein kleines Vorkommen von Tüpfelschiefer. Es liegen hier nicht wie weiter westlich die Gesteine der Bündnerkreide (im Sinne von Paulcke) über der „inneren Zone“, sondern es scheint sich hier im Osten noch eine mächtige Schuppe basaler grauer Bündnerschiefer emporgedrängt zu haben. Sie besitzt am Eingang des Kaunertals und bis gegen Fiß hin eine Mächtig- keit von ungefähr 1500 m; westlich FißB verschmälert sie sich. Am Beutelkopf ober Serfaus ist mitten in sie eine größere Scholle von Trias, der oben beschriebene Diploporendolomit, beziehungsweise Kalk eingesenkt (siehe Profil 4, Figur 14); trotzdem die Bänke der Trias mäßig nordfallend liegen (OW-—-NO-Streichen), zieht der Triasstreifen gerade über den steilen Waldhang gegen den Beutel- bach hinab, gleich wie das Streichen der Schichten, beiderseits eingeschlossen von den tonreichen grauen Schiefern. Da der Lage- rung des Trias zufolge diese am Gehänge taleinwärts ausstreichen müßte, kann angenommen werden, daß sie an saigeren Bruchflächen

in die Bündnerschiefer eingesenkt ist. Gegen Westen zu endet sie

auf der Höhe des Kopfes (lokal mit NNW- oder NS-Streichen), hebt also hier gegen W ansteigend in die Luft aus. Am Südwestabhang des Beutelkopfs steht (nahe über dem den Hang durchziehenden Wasserwaal, welcher das Serfauserfeld versorgt) ein starkes Lager von Dolomitbreccie an, gleich jener in den bunten Schiefern unter- halb Fendels: graue, beziehungsweise braungelbe Dolomitfragmente in weißlichem feinkristallinem Zement; Breccienlagen mit großen und solche mit kleinen Geröllen wechseln ab. BeiderseitsÜstehen nahe daran graue, stark kristallinische kalkige Bündnerschiefer an, im N manchmal an kristallinisch gewordene Tüpfelschiefer erinnernd. Weiter südlich läßt die Kristallinität nach, bevor man die südliche Zone bunter Schiefer erreicht. Der Art der Breccie nach ist anzu- nehmen, daß es sich um eine tektonische Einschaltung handelt. Gegen Westen grenzt das Vorkommen an die weite Glazialschuttfläche der Serfauser Bergwiesen, welche die ganze Zone grauer Bündner- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 8. Heft. (W Hammer.) 67

522 Wilhelm Hammer. [80]

schiefer hier überdeckt. Erst nordwestlich und westlich der Kom- perdellalm taucht der Fels wieder hervor. Am östlichsten Teile des Lazidkammes stehen noch die gleichen grauen kalkigen Schiefer an, wie bei Serfaus und Fiß, hier aber nur ungefähr halb so mächtig und sie verschmälern sich noch weiter mit dem Eintritt in die Zerfaserungszone des Pezidkamms.

Von Westen her greifen die auf Grund ihrer Breccienführung zur Bündnerkreide gestellten Kalkzüge in die gleiche Zerfaserungs- region ein. Ein mächtiger Zug derselben überquert das Gebiet der Fließeralm, durch seine steilen Felshänge das Gebiet der unteren Almweiden von den hochgelegenen Weideflächen der Karböden trennend (NO streichend und mehr oder weniger steil bergein- fallend) und bildet dann verschmälert den Gipfel des Frudiger- kopfs. Weiterhin gegen NO, am Pfundser Ochsenberg, keilt er in der „Flaserungszone“ aus.

In der Masner kann allenfalls die schmale, von vielen Trias- schollen begleitete nördliche Kalkzone als Wiederauftauchen des Frudigerzuges angesehen werden und ihr entsprächen dann weiterhin die den Pezidkamm bildenden Kalke, in denen auch noch eine Breccienbank gefunden wurde. Diese setzen dann noch zum Lazid- kamm sich fort durch eine Zone bunter Schiefer getrennt liegt hier darunter das Westende des oben beschriebenen Zuges grauer basaler Schiefer Prutz—Fiß—Serfaus und zerflasert sich in den südlicheren Kalkzügen des Pezidkammes und Stubentals.

Zwischen Komperdellalm und Fließeralm sind die von Osten und Westen heranrückenden Kalkzüge einerseits die „basalen“ grauen Bündnerschiefer, anderseits die Kalke mit Bündnerkreide- brecie in einer Flaserungszone ineinander verwoben, ohne daß ein Übergang und Zusammenhang in einem stetigen Zuge fest- zulegen wäre.

Von der Fließeralm westwärts findet der mächtige Kalk- schieferzug des Fließerberges (Tilolet) seine Fortsetzung im Munt da Cherns, Piz Munschuns und dem Bergzug des Piz Ott (Hoher Spitz) und von dort zum Massiv des Piz Roz und Piz Vadret.

Ein auf weite Strecken hin stetig fortstreichender Gesteinszug grenzt die Zone grauer Bündnerschiefer gegen N ab: die Verrucano- zone. In einheitlichem, zusammenhängendem (nur von Schuttbedeckung unterbrochenem) Zuge verläuft sie vom Kaunerberg über Ladis, den unteren Sattelkopf, Lazidkamm, bis zur Lawensalm. Die Mächtigkeit schwankt zwischen 500 und 1000 m.

Südlich von Ladis liegt an der Südgrenze. des Verrucano. gegen die grauen Bündnerschiefer ein Zug von hellgrauen oder grün-grauen, seltener schwärzlichen Phylliten und phyllitischen Tonschiefern. Der Verband mit typischen Gesteinen der Verrucanoserie und die Wieder- kehr dieser Phyllite weiter nördlich zwischen den Verrucanotypen sprechen dafür, auch sie dem Verrucano zuzurechnen. In ihnen stecken einzelne kleine Blöcke spätigen gelben Dolomits, den ich dem Eisen- dolomit bei Serfaus gleichstelle (siehe S. 449). Die angrenzenden Phyllite sind im Kontakt verknetet, die Dolomitklötze anderen Orts

[81] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 523

quer zur Schieferung verschoben: Differenzialbewegung infolge Material- unterschiedes.

Die erste Zerteilung tritt bei den Eisendolomitlinsen am Laus- bach (Komperdellalm) ein. Westlich von der Hauptlinse von Eisen- dolomit, in welcher der alte Bergbau umging, und dem begleitenden Verrucanoschiefer tritt ein zweiter Zug von sechs bis acht kleinen Schollen von Eisendolomit auf, welcher von dem ersteren durch einen Streifen grauer, tafeliger Kalke und Kalkschiefer getrennt ist. Dieser westliche Zug liegt nahe dem Südostrand des großen Verrucanozuges, der den Ostgrat des Furgler umzieht; seine Dolomitlinsen verteilen sich vom Lausbach bis zum Lazidkamm hinauf; das unterste Vorkommen derselben nähert sich schon stark der Hauptlinse und ist durch einen Schuttkegel davon getrennt. Der die Hauptlinse begleitende Verrucano- schiefer keilt gegen Südwesten aus; in seiner Fortsetzung liegen zwischen dem genannten Kalkschieferstreifen und dem Kalkzug des Lazidkammes Schollen von grauem, teilweise breeciösem Dolomit und Kalk, welche der Gesteinsart nach der Trias zugehören. Eine ebensolche Scholle liegt am Kamm zwischen Verrucano und grauem Bündnerschiefer, eine weitere am Südhang an der unteren Grenze des letzteren. Auch Reste von bunten Schiefern scheinen sich an dem die beiden Eisen- dolomitzüge begleitenden Streifen zu beteiligen.

Der Verrucanozug überschreitet in großer Mächtigkeit das Arrezjoch (Schichtfolge siehe S. 448) und durchzieht in zwei Zonen, von kleineren Blättern begleitet, die Masneralm. Am Pfundser Ochsenberg dagegen sind plötzlich nur mehr drei dünne Streifchen von Verrucano in der weiten Flucht von bunten Schiefern vorhanden. Auch auf der Fließeralm treten nur mehr vereinzelte Reste davon auf (östlicher Fließerberg).

Im oberen Samnaun wird der weitere Verlauf dieser Zone durch die Verrucanovorkommen bezeichnet, welche nördlich von der großen Kalkzone Munschuns—Piz Ott hinziehen auf den beiden Salaser- almen und auf Zebles.

Ein wichtiger Begleiter der Verrucanozone sind mehrere große Schollen von Trias, welche an der Nordseite der Zone liegen, aber nicht genau an diese Grenze gebunden, sondern mehrfach etwas in die nördlich folgende Zone bunter Schiefer hineingerückt sind oder in Abwesenheit des Verrucano zwischen dem Kalkzug und der äußeren Zone bunter Schiefer liegen, also ebensowohl dieser als der Verrucano- zone zugezählt werden können, wenn man nicht alle drei zusammen als eine Einheit nehmen will.

Dieser tektonische Verband zeigt sich auch an der östlichsten Scholle, jener ober Innergufer (NO von Prutz). Der Triasdolomit ist an seinem Südrand zerspalten und schmale Blätter won Verrucano- schiefer schieben sich an ein paar Stellen noch dazwischen ein. Zwischen diesen randlich abgespaltenen Triaspartien und der ge- schlossenen Triasmasse zieht aber noch ein schmaler Streifen von dunkelviolettgrauen Schiefern unsicherer Zugehörigkeit und von kalkigen Schiefern mit lichtgrünem Serizitbelag, gelben kalkigen Schiefern und liehtgrünen, milden tafeligen Tonschiefern durch, welch letztere drei Gesteinsarten sicher den bunten Schiefern zuzurechnen sind. Die

67*

524 Wilhelm Hammer. [82]

Hauptmasse der Trias, welche 300—400 m mächtig ist, läßt durch die (nicht symmetrische) Wiederholung der Gesteinsarten (siehe Profil Fig. 13) erkennen, daß sie aus mehreren Schuppen besteht. An der Nordseite wird sie sehr wahrscheinlich durch eine steil südfallende Verwerfungsfläche keilförmig nach unten abgeschrägt.

Die Fortsetzung der Triasscholle jenseits des Talbodens von Prutz, bei Entbruck (siehe Profil Fig. 13), stoßt unmittelbar an den Verrucano. (Die roten und violetten Schiefer am Nordende der Sauer- quellenwand, welche E. Suess als Werfener Schiefer angesprochen hat, bilden nicht das Hangende der Verrucanoserie, sondern über ihnen liegen, in dem angrenzenden Baumgarten und den darüber liegenden Wiesen, nochmals quarzknotenreiche Quarzserizitschiefer, typische Verrucanogesteine.) Das Liegende der Trias bilden hier Mergel (= Bactryllienmergel des Frudiger) und feine Sandsteine (NO streichend und sehr steil NW einfallend). Die freiliegende Wand des darüber folgenden Kalkes wird von einer größeren Rutsch- fläche eingenommen, deren Striemen flach gegen NO ansteigen. Der nördliche Teil der Scholle scheint, soweit die wenigen Aufschlüsse einen Einblick gewähren, aus einer Gruppe einzelner Dolomitschollen zu bestehen (eine davon zwischen den Häusern von Außer-Entbruck, die anderen in den Wiesen darüber).

Die untere Triasscholle am Urgenebnerbach grenzt an die dunklen, hier teilweise stark kristallinischen Phyllite des Verrucano (Fig. 2).

Der Bau der nächstwestlichen Triasscholle, jener in der Aufbruchs- nische ober Fiß ist in den Profilen Fig. 5 dargestellt. Zwischen ihr und dem Verrucano zieht noch ein Streifen intensivster Verschuppung von Verrucanophylliten und bunten Schiefern sich hin. Die Triasscholle erreicht am Ostrand der Nische eine Mächtigkeit von 200 m und schrumpft nach beiden Seiten rasch zusammen. Ob ein Zusammenhang mit der Urgenebnerscholle besteht, wird durch Vegetation verdeckt. Aus der Verteilung der Gesteinsarten im mittleren Teile läßt sich wohl ein synklinaler oder antiklinaler Bau, mit Dolomit (Hauptdolomit ?) in der Mitte, je nachdem man die Kalk-, Tonschiefersandstein- und Rauhwackenserie als Rhät oder Raibler-, beziehungsweise Partnach- schichten ansieht, herauslesen. Mannigfache Zeichen heftiger tekto- nischer Bearbeitung sind der Scholle aufgeprägt: der Dolomit ist durchwegs brecciös, besonders im Hangenden; in dem dunkelgrauen dolomitischen Kalk an der Basis sind zwischen nicht brecciösen Lagen desselben linsenförmig abgequetschte Bänke eines etwas lichteren dolomitischen Kalkes eingeschlossen, welche breceiös und stark von Kalzitausscheidungen durchsetzt sind, deutlich abgesetzt von den um- hüllenden Lagen (siehe Zeichnung bei Fig. 5).

Mit der Ausdünnung der Verrucanozone am Pfundser Ochsenberg und weiterhin gegen Westen erscheinen dann wieder ein paar größere Triasschollen an der genannten Zonengrenze. Die größte derselben bildet den einen Gipfel und den Nordgrat des Frudigerkopfes und zieht sich beiderseits in die Kare hinab. Mehrere senkrechte Brüche durchsetzen sie und verursachen ein staffelförmiges Absitzen gegenüber dem südlichen Kreidekalkzug, an welchen die Trias un- mittelbar anstoßt; dagegen sind hier am Nordrand der Trias noch

[83] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 525

stellenweise (Westseite des Frudigerkammes) Schmitzen von weißem Quarzsandstein mit den angrenzenden „bunten Schiefern“ verwoben. Der Dolomit ist brecciös, stellenweise in Rauhwacke übergehend, der Kalk kristallinisch und stellenweise in grobspätigen Nestern. und. Adern umkristallisiertt wie dies auch in der Fisser Nische zu beobachten ist.

Am östlichen Fließerberg ist die Trias aus mehreren großen linsenförmigen Massen zusammengesetzt, welche durch breceiöse Partien miteinander verbunden sind; die einen bestehen aus dunklem, zuckerkörnigem Dolomit, die anderen aus hellgrauem Kalk (Profil 17, Fig. 17). Die Trias wird im Süden durch ein schmales Blatt von bunten Schiefern von dem Kreidekalkzug getrennt, gegen Nordost bildet eine bescheidene Flaser von Verrucano (serizitischer Quarz- sandstein, glimmerschieferähnliche Phyllite) gewissermaßen eine Fort- setzung der Trias, die sonst beiderseits von den bunten Schiefern umschlossen wird.

Die Triasscholle am Kapplerkopf wird beiderseits von schwärz- lichen Tonschiefern eingefaßt, unsicherer Zugehörigkeit, im Liegenden auch von silbergrauen Tonschiefern.

Die größere Triasliinse am westlichen Fließerberg (Matschiberlesattel) stoßt wieder im Süden unmittelbar an die Kreidekalke und ist am Westende durch Zerteilung mit ihnen verkeilt; im Hangenden lagert am Dolomit zunächst ein Konglomerat, ähnlich dem in den bunten Schiefern an der Blauwand (enthält dunkle Kalke, grüne Tonschiefer, ein Gneisfragment), welches stark gepreßt ist und durch seine Verflaserung in engem Verband steht mit dem nordwärts folgenden Kalkserizitschiefer und flyschähnlichen Schiefer, der Serie der „bunten Schiefer“.

Auf der Strecke vom Urgenebnerbach (Fisser Ochsenalm) bis zur Fließeralm nimmt den Raum zwischen der Verrucanozone, be- ziehungsweise den Triasschollen und dem Gneisrand die schon mehr- fach erwähnte „äußere Zone der bunten Schiefer“ ein. Ihre Mächtigkeit ist analog wie bei den anderen eine wechselnde; zum Teil mag dies hier auch auf verschieden starke Rückwitterung des Randes der übergeschobenen Gneise zurückzuführen sein. Außer den eben beschriebenen, in den Südrand der Zone eingeschobenen Trias- schollen durchsetzen besonders im östlichen Teil mehrfach tektonische Blätter „Gleitbretter‘ im Sinne Spitz’ von Verrucano die bunten Schiefer. Es kann diesbezüglich auf die Darstellung der Gegend von Fiß—Schönjöchl in der Karte und den Profilen erwiesen werden. Aber auch weiter westlich sind solche nicht selten, wie zum Beispiel die zwei schönen am Südgrat von P. 2827 (Stubental) und die auch mit Trias, Gips und Diabas vergesellschaftete Scholle zwischen P. 2921 und 2854 des Frudigerkammes.

Am Gneisrand sind zahlreiche kleine Schollen verschiedener Gesteine zwischen „bunte Schiefer“ und Gneis eingeklemmt.

Am Frudigerkamm sind am Gneisrand unter P. 2921 (des Haupt- kammes) die früher beschriebenen „hellbunten Kalke“ in stark ge- quetschtem und zerdrücktem Zustand und mit bunten Schiefern ver-

596 Wilhelm Hammer. [84]

flochten eingeschoben; beiderseits verschwinden sie unter den Halden, ohne jenseits derselben Fortsetzung zu finden.

Am Südfuß des Hexenkopfes ist eine mächtige, nach beiden Seiten rasch auskeilende Linse von typischem Verrucano zwischen Gneis und flyschähnliche Schiefer eingeschoben. (Wechsellagerung mit den bunten Schiefern siehe S. 497 und Fig. 7.)

Gegen NO am Gneisrand fortschreitend treffen wir an der Ost- seite des Hexenkopfes, nahe dem See in der Masner, wieder eine kleine Scholle von teilweise mikrobrecciösen Kalken (ONO streichend und N fallend), die, wie S. 461 ausgeführt wurde, sehr wahrscheinlich zu den Kreidekalken gehören. Mehr in die bunten Schiefer hinein- gerückt sind zwei kleine Triasklippen (die eine brecciöser Dolomit, die andere hellgrauer Kalk), welche an dem den See abdämmenden Hügelrücken anstehen.

Am Südgrat des Arrezkopfes liegt im Hangenden der bunten Schiefer, welche das Arrezjoch nördlich des Verrucano überqueren, ein etwa 50 m mächtiger Zug von dunkelgrauem Kalkschiefer (gelblich anwitternd) mit Crinoidenbreccien (Bündnerkreide), welcher vom Gneis nur noch durch einen ganz dünnen Streifen verdrückter bunter Schiefer (braunknollige Sandsteine, phyllitische grüngraue Schiefer) getrennt wird. Der streichenden Fortsetzung des Kalkzuges gehören aller Wahr- scheinlichkeit nach die „hellbunten Kalke“ östlich davon an. Auch hier liegt (Ostabfall des Seitengrates P. 2729) zwischen ihnen und dem Gneis, beziehungsweise dem Amphibolit, der hier mit dem Gneis wechselt, ein schmales Streifchen von grünbraunen, kalkig-serizitischen Schiefern (auch quarzitisch-löcherige Lagen und phyllitische Lagen), wie sie allenthalben in der Serie der „bunten Schiefer“ vorkommen.

Von hier an weiter gegen NO folgen zunächst einige kleine Triasschollen. Ein abgerollter Block am Ostgrat des Furgler verrät eine solche; eine größere anstehende Scholle von lichtgrauem, weißlich anwitterndem Dolomit (mit den eigenartigen breit-messerstichartigen Auswitterungen, wie sie im Wettersteinkalk der Nordalpen oft zu sehen sind) ist am Ostfuß des Furgler (südwestliche Seitenkare des Laus- bachtales) aufgeschlossen. Hangendes und Liegendes ist durch Schutt verdeckt; das nächste Anstehende darüber ist der Gneis.

Unter dem Planskopf (am Steig zur Furka) liegen mehrere sehr kleine Schollen von Triasdolomit und Rauhwacke, an der Unter- grenze des hier stark diaphtoritischen Gneises, und dünne Lagen dieses schieben sich auch zwischen sie. Unter ihnen liegen die „bunten Schiefer“ (kalkige graue und graugrüne Phyllite, stahlgraue Phyllite, gelbgrünliche Serizitkalkschiefer und ein mächtiger Quarzfels). Eine große zusammenhängende Triasklippe liegt dann etwas weiter östlich (östlich des Kammes Planskopf Komperdellalm) unmittelbar unter dem Gneis (grauer, weißlich anwitternder, diekbankiger bis unge: schichteter Dolomit, von feinem Kalzitadernetz durchschwärmt; außer- dem eine mit Vegetation überwachsene schmale Zone gelber glatter Tonschiefer wie jene in den Raiblerschichten des Jaggl). Eine ganz kleine Scholle von Dolomit liegt weiterhin unter dem Sattelkopf, jenseits desselben eine große Verrucanoscholle.

[85] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 597

An der Gneisgrenze unter dem Planskopf und weiter östlich bis gegen den Brunnenkopf sind mehrfach dichte grüne Schiefer anstehend. unter dem Planskopf auch über die untersten Gneispartien eingeschoben. Vom Sattelkopfkamm ostwärts ist in den oberen Teilen der bunten Schiefer in mehrfachen Aufbrüchen bis zur Felsnische unter Schönjöchl ein heftig verschieferter und gefältelter Diabasschiefer (Diabaskalk- ' schiefer) eingeschlossen. Vielleicht handelt es sich bei den westlichen Vorkommen um eine an die Gneisgrenze gerückte Fortsetzung dieses Niveaus. Im Schliffbild sind sie den Grünschiefern der Finstermünz ähnlich, aber durchschnittlich ärmer an dunklen Gemengteilen, be- ziehungsweise deren Stellvertretern. Jene unter Planskopf liegen in der Nähe der Triasschollen, die östlichen liegen abseits von solchen.

In der Ausbruchsnische unter dem Schönjöchl werden die über den bunten Schiefern liegenden Schollen von Dolomit, Rauhwacke und Gips vom Gneisrand durch eine gering mächtige Lage von grauem, kalklagenreichem Tonschiefer (Kalkphyllit) getrennt, welche am ehesten den tonschieferreichen Zonen der grauen Bündnerschiefer in der Prutzer Gegend gleichen. Alles fällt ziemlich steil unter die Gneise ein, bei ONO- bis OW-Streichen. In dem Profil Fiß—Schönjöchl stehen sich also hier an beiden Rändern der äußeren Schieferzone Triaseinschaltungen gegenüber.

Diese Gegenüberstellung wiederholt sich am Urgenebner- bach (siehe Profil 1, Fig. 14). Die obere Triaszone ist hier ver- treten durch eine schon ziemlich tief in die bunten Schiefer hinab- gerückte Einschaltung dichter hellgrauer und schwärzlicher, gut ge- bankter Kalke, konkordant mit ONO-Streichen und Bergeinfallen in die Schiefer eingereiht, in zirka 1700 m Höhe. Ein Zusammenhang mit den Vorkommen in der Felsnische unter dem Schönjöchl besteht aber . keineswegs; zwischen beiden liegt eine plötzliche, wahrscheinlich durch einen Querbruch bedingte Tieferrückung der Gneisgrenze um

Die Reihe der Randschollen findet ihre Fortsetzung durch ein sehr schlecht aufgeschlossenes Dolomitvorkommen über dem Bad Ob- ladis zu dem Schwarm von Triasklippen, welche in den Gräben und Waldhängen südlich Asters; aufgeschlossen sind. Die größte derselben ragt als Felsturm, von der Landstraße aus sichtbar, aus dem Wald heraus; lichtgrauer breceiöser Dolomit mit Rutschfläche, deren Striemen wie bei Entbruck gegen NO austeigen, hier aber steiler und daneben noch Striemungen senkrecht dazu. Daneben in den benachbarten Klippen auch bankige hellgraue und tafelige dunkle Kalke. Das Liegende der Hauptklippen bilden bunte Bündnerschiefer (lichtgrüne und graue Tonschiefer, gelbliche kalkige Schiefer, helle Kalkschiefer, graue Kalktonschiefer, im oberen Teil dazwischen aueh Lagen von grünlich- und violettfleckigen Schiefern, welche sehr an Verrucano erinnern), das Hangende Gneis, der aber größtenteils in Blöcke auf- gelöst ist, weshalb bei der dichten Bewachsung es meist schwer zu entscheiden ist, ob er ansteht oder nur Blockhalden bildet. Auch südlich der Klippen zieht schon ein Gneisblockwall durch, der möglicherweise Anstehendem entsprechen könnte. Bei den unterhalb Unterasters gelegenen Schollen ist das Angrenzen von anstehendem

528 Wilhelm Hammer. [86]

Gneis unzweifelhaft aufgeschlossen. Die nordöstlichste derselben steht ungefähr 8S0—100 m über der Reichsstraße, am Waldhang ober der Tullenaukapelle, an; es ist das von Steinmann beschriebene Trias- vorkommen südlich Pontlatz.

Den Schlußstein in der Reihe bildet endlich jenseits des Inn die mächtige ungeschichtete Dolomitmasse, welche die Felsköpfe ober den Guferhöfen (nördlich Prutz) aufbaut. Während der Nordrand in nahe ostwestlicher Richtung gerade über den Hang hinauf verläuft, ist der Südrand des Dolomits durch ein paar Querbrüche gestaffelt (die westlicheren Teile rücken stufenweise weiter gegen Süden vor). An einer NNW gerichteten Kluftfläche beobachtet man sehr flach gegen N ansteigende Rutschstreifen. Die angrenzenden Bündnerschiefer werden von der Dolomitgrenzfläche schräg abgeschnitten. Die Dolomit- masse entsendet nach unten eine gewaltige Bergsturzhalde, welche den Berghang bis zum Inn hinab überdeckt. Am Südrand bei P. 1823 noch eine vielleicht auch zur Trias gehörige Lage von gelb und grau sestreiftem Bänderkalk.

Während die „äußere Schieferzone“ einschließlich der Triasschollen und Verrucanoblätter im Südgehänge desSchönjöchl eine Mächtigkeit von 1000—1500 m besitzt, schrumpft sie nordöstlich vom Urgenebner- bach auf wenige 100 m zusammen: eine Erscheinung, welche in erster Linie dadurch erzeugt wird, daß sich von hier ab zwischen die Verrucanotriaszone (Ladis—Faggen) und die äußere Schieferzone ein neuer Schichtzug einschiebt, nämlich dunkelgraue Kalkschiefer, seltener stärkere Kalkbänke, wechselnd mit Lagen von schwärzlichen oder silbergrauen halbphyllitischen Tonschiefern, und Kalktonschiefer ; selten auch graphitische Schiefer; im ganzen ein Schichtkomplex, der am meisten den grauen Bündnerschiefern, wie sie südlich Prutz anstehen, oder den tonschieferreichen Zonen am Frudigerjoch, Finstermünz ete. . entspricht (Fig. 13). In der Wiese unter Bad Obladis steht in ihnen eine Bank grober Breccie an, ähnlich denen der basalen Bündner- schiefer.

Diese Schichtzone setzt zuerst nordöstlich des Urgenebnerbaches ein, wo sie beiderseits des von Ladis zu den Bergwiesen führenden Weges anstehen. Das Gehänge zwischen Ladis, Obladis und Asters ist leider sehr stark von Glazialschutt und besonders von Gneisblockhalden, welche teilweise direkt den höher oben anstehenden Gneisabbrüchen entstammen, überschüttet, so daß nur einzelne zerstreute Aufschlüsse zu finden sind. Immerhin sind die grauen Kalk- und Tonschiefer ober und unter dem Bad Obladis mehrfach anstehend zu finden und weiter- hin auch am unteren Waldrand zwischen Entbruck und Asters. Nahe über Bad Obladis steht angrenzend an den schwarzen Tonschiefer seschieferter Diabas an, ebenso unterhalb des Hotels; vielleicht ist auch der Diabasblockwall in dem Wäldchen nördlich Ladis anstehend und dann die Fortsetzung jener. Sicher anstehend trifft man Diabas- schiefer dann weiter nördlich bei P. 1251 der Originalkarte (Wald- wiese ungefähr Mitte Weges zwischen Ladis und Asters) mit fragmen- tarischem Dolomitblockwerk und mit grauem Kalkschiefer vergesell- schaftet. Möglicherweise ist dieses Vorkommen von dem Hauptzug der grauen Schiefer durch eine Gneisschuppe getrennt, da tiefer unten

[87] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 529

im Wald, nahe dem Nordrand der Wiesen über Entbruck Gneis sehr wahrscheinlich ansteht.

Ein weiteres unsicheres Vorkommen von Diabas besteht gleich ober dem Dorfe Ladis, am Nordrand des Verrucano (bei der Sägemühle und am westlichen Almweg). Wenn er ansteht, so ist der in Blöcke aufgelöste Diabas jedenfalls stark verrutscht. In seiner Gesellschaft ist auch eine ebenfalls in ihrer Bodenständigkeit etwas fragliche kleine Dolomitklippe 1), daneben und dazwischen viel lokaler und erratischer Gneisschutt. Immerhin genügen die Aufschlüsse, um das Bestehen einer Zone von grauem Bündnerschiefer mit Diabasein- lagerungen festzustellen.

Die äußere Zone bunter Schiefer ist einerseits durch die Auf- schlüsse am Urgenebnerbach, anderseits durch jene unter den Asterer Triasklippen angezeigt; in der Gegend von Bad Obladis fehlen verläßliche Aufschlüsse dieser Zone völlig und ist nur das Dolomit- vorkommen im Wald ober dem Badhotel (Promenadeweg bis zum Fißer Almweg hinauf, alter Kalkofen) als Vertreter der randlichen Triasklippen zu sehen. Da die Aufschlüsse der grauen Schiefer und des Diabases über dem’ Bad und die aus Gneis bestehende Wand zwischen Bad und Kreßbründl sich sehr nahe rücken, so fehlt jene Schieferzone hier ganz oder ist auf ein sehr bescheidenes Maß ein- geschränkt. Der mehrfach abseits von den Mineralquellen vorhandene Kalksinterüberzug würde im allgemeinen für ihr Vorhandensein sprechen, kann aber in einem so quellenreichen Gelände wie hier doch nicht als verläßlicher Beleg dafür genommen werden.

Breit und deutlich ist der Zug der grauen Kalkschiefer und Tonschiefer östlich des Inn, am Gehänge von Falpaus, entwickelt, mit einer Mächtigkeit von 500—600 m. Im Süden stoßen sie unmittel- bar von der Trias ab; nördlich vom Gehöft Falpaus, am Waldrand, ist auch hier ein Diabaslager eingeschaltet. Gegen Osten keilförmig sich verschmälernd, reicht der Zug bis an den Gneisrand unter der Aifneralm. Die Fortsetzung der äußeren Schieferzone, welche ihn im Norden umgibt, ist auch hier schmal und wird noch zum größten Teil von einem mächtigen Diabasschieferlager eingenommen, welches vom Inn aufwärts bis zur Gneisgrenze das Gehänge durchzieht. Süd- lich von ihm sind die „bunten Schiefer“ nur durch das Gipslager vertreten, welches östlich im Wald über Obergufer liegt, und die sehr geringen Reste von gelbgrünlichem, kalkigserizitischem Schiefer, welche es begleiten). Die Schiefer nördlich des Diabases, zwischen ihm und dem Triasdolomit, sind von unsicherer Zugehörigkeit; es sind dunkelgraue Kalkschiefer, wechselnd mit vielen Tonschieferlagen, stellenweise aber auch weißliche serizitische Lagen, auch schmutzig- grüne glimmerige Schiefer, welche an „bunte Bündnerschiefer“ denken lassen. Für diese Einordnung würde die gleiche tektonische Stellung wie die der bunten Schiefer unter Asters sprechen zudem auch

!) Es wäre die Fortsetzung der Triasklippen von Entbruck, deren oberste, sicher anstehende vor dem Hof Panzer nördlich Ladis aufgeschlossen ist, 2“

2) Südlich P. 1826 treten am Rand des Diabases auch wieder grüne serizi- tische Schiefer, Quarzknauerschiefer und gelbe kalkige Lagen auf, den „bunten Schiefern“ entsprechend.

Jahrbuch d.k. k, geol. Reichsanstalt, 1914, 64, Band, 8, Heft. (W. Hammer.) 68

530 Wilhelm Hammer, [88]

dort manche indifferente graue Lagen beigemengt sind —, während die Gesteinsart im ganzen sie den Falpauser grauen Schiefern näher- stellt. Jedenfalls wird die äußere Zone hier fast ganz durch den stark anschwellenden Zug der grauen Schiefer verdrängt.

Ähnlich wie am Ostende tauchen auch am westlichen Ende des hier behandelten Teiles der nördlichen Randzone neue tektonische Elemente auf.

Kartenskizze von einem Teil des Malfragkammes und seinem Ostabhang.

Ls = Liasschiefer. IL = Liaskalke. C = Großspäthiges Karbonatgestein

(kalkig mit Quarz). D = Lichtgrauer Dolomit von Spatadern durchzogen.

D, = Gelblicher dolomitischer Kalk mit Spatadern (zu C gehörig?). K = Bündner-

kreide (Kalk mit Crinoidenbreecien). S— Bunte Bündnerschiefer. qg = Weißer

und roter Quarzsandstein. qr = Dunkelrote, tonige, schwach sandige Schiefer.

gc = Kalkiges Konglomerat (siehe Figur 9 und Beschreibung S. 500). 6 Diabasschiefer. y = Gips.

Am Malfragkamm streichen die bunten Schiefer der äußeren Zone über den Matschiberlesattel, im mittleren Teile reich an Breccien und nördlich davon Flyschschiefer. An der Westseite werden sie von einem Diabaslager begleitet.

Nördlich dieses Zuges bunter Schiefer reiht sich dann.-am Malfragkamm eine neue Schichtzone an: die Liaszone. Sie ist strati- graphisch durch das Auftreten der Kalke und Schiefer des Lias charakterisiert, tektonisch durch eine sehr heftige Zertrümmerung und Verschuppung der verschiedenartigsten Schichtglieder, so daß

[89] Das Gebiet ‘der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 531

sie vielfach den Charakter einer Art von tektonischer Riesenbreceie annimmt. Die Zone erreicht ihr Ostende auf der Fließeralm. An dem vom Martinskopf zum östlichen Fließerberg sich absenkenden Kamme sind noch einzelne Blöcke von Liaskalken (gelbrot verwitternde knauerige, lichtgraue oder gelbe spat- und quarzreiche Kalke) und wahrscheinlich auch zum Lias gehörige schwärzliche Schiefer in ge- ringer Mächtigkeit, eingeschlossen zwischen zwei Züge von Kreide- kalken, als letzte Ausläufer zu sehen. Am Malfragkamm selbst ist die Zone charakteristisch entwickelt (siehe Kartenskizze Fig. 19 und Profil Fig. 20). Verrucano, Trias, Lias, Kreidekalke, bunte Schiefer, Diabas, Gips, sind in Schuppen durcheinandergemischt. Der Lias ist hier ausnahmsweise neben kleineren Schollen noch in einer einheit- lichen Scholle von ungefähr 2 km Längenerstreckung erhalten, welche als schroffe Felsmauer quer über den Malfragkamm und über den Kamm Grübelekopf—Munt da Cherns sich erstreckt. Am Westabhang: des letzteren zeigt der Lias sich auf der bekannten Örtlichkeit „bei der Kirche“ zu einem engen Sattel aufgebogen, während er sonst gleichmäßig steil NW fällt. In ihrer Fortsetzung gegen Westen erreicht die Zone den Greitspitz und findet im Fimbertal ihre stärkste Entfaltung. Zahlreiche klippenartig aufragende Liasschollen verschie- densten Ausmaßes entragen hier allenthalben der bunt zusammen- gesetzten Zone auch Gneis tritt hier stellenweise darin auf.

An der Nordseite begleitet den Liaszug am Malfrag eine mächtige Zone von Kreidekalken. Sie endet im nordöstlichsten Winkel der Fließeralm (unter P. 2921). Das Auftreten der Kreidekalkschollen am Arrezjoch unter dem Gneis könnte man als abgerissene Zeugen einer weiteren östlichen Erstreckung auffassen, wenn man nicht vor- zieht, sie als zusammenhanglose Schubschollen an der Gneisüber- schiebung zu erklären. Gegen Westen hin streichen sie vom Malfrag- kamm zur Alp bella hinüber, zu dem wegen seines Fossilgehaltes schon oft erwähnten typischen Vorkommen von Bündnerkreide.

Am Martinskopf stoßen die Kreidekalke an den Gneis; hier in ' Spuren, etwas weiter westlich deutlicher (unter dem Kreuzjoch) über- lagert sie noch ein Diabaslager; am Malfragkamm liegt am oberen Malfragkopf zunächst eine Schmitze von „bunten Schiefern“, be- gleitet von einer Bank Rauhwacke, über diesen dann ein Komplex von „Flyschschiefern“, welche aber manche Gesteinsarten mit der Serie der bunten Schiefer gemeinsam haben (knollige, dunkel- graugrüne Sandsteine, auch eine Bank feiner Breccie), und erst über diesen folgt dann wieder Diabas von beträchtlicher Mächtigkeit, welcher gegen Osten hin den Hauptkamm mit schrofien Felsen krönt (P. 2760 bis P. 2684) und sich ein Stück weit in die obersten Kare des Grübele- tales (Paznaun) hinabsenkt. -

Das Streichen der den Diabas unterlagernden Schiefer dreht sich hier in die NS-Richtung herum, mit Einfallen gegen W, und die Schiefer fallen an der Scharte P. 2684 steil vom Gneis ab. Desgleichen wird das Diabaslager in der Mitte von einem Schieferzug durchtrennt, der einerseits den Diabas am P. 2760 unterteuft, anderseits auf die östliche Scholle von Diabas etwas aufgeschoben ist. An den Südhängen sieht man sehr anschaulich, daß beide Diabase von der Schieferserie

685*

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Wilhelm Hammer.

=

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Profil über den Malfragkamm. Maßstab: ungefähr 1:3000.

Flysehschiefer.

Dunkelgraue Kalkbänke mit Tonbelag.

Bunte Bündnerschiefer: grüne tonigkalkige Schiefer, braune Sandsteinschiefer, schiefrige Quarzbreccien, nördlich des Diabases auch weiß- lich grüne stark gequälte Kalkschiefer. Weißlichgrüner und roter Quarzsandstein (Bunt- sandstein).

: Gelbe Rauhwacke,

= Gips.

Liaskalke.

Grobspäthiges quarzhältiges gelblich weißes Carbonatgestein.

= Liasschiefer (mit ein paar Kalkbänken)*).

= Diabasschiefer.

*) Dicht schraffiert, der Buchstabe s ist im Klichee ausgeblieben.

[91] Das Gebiet der Bündnerschiefer iın tirolischen Oberinntal. 533

unterlagert werden und neben dem W-Fallen am Kamm sich gleich- zeitig gegen N hinabsenken. Unter den Flyschschichten kommen hier noch kalkige Schichten hervor, welche wohl den Kreidekalken von Malfrag gleichzustellen sein dürften. Am Gneisrand sind kleine Reste von Triaskalk (und ein paar Blöcke von Diabas [?]) eingeklemmt. Die Auflagerung auf dem Gneis ist allem Anschein nach keine primäre sedimentäre Anlagerung, sondern ist wahrscheinlich durch eine der Hauptgebirgsbildung folgende spätere Bewegung zustande gekommen, da auch der anstehende Gneis in gleicher Weise aus seinem herrschenden O—W-Streichen heraus in die NS-Stellung gedreht wurde (siehe Profil Fig. 21).

Am Grübelekopf (Gribellakopf) stehen Gneis, Diabas und Flyschschiefer in saigerer Stellung nebeneinander und sind ineinander verzahnt. Dies ist besonders auch am Westgrat desselben der Fall; in saigerer oder sehr steil gegen S abfallender Stellung stecken im diaphtoritischen Gneis mehrere Schuppen von Flyschschiefer, von Kreidekalk und von Triasdolomit. Ein dem Diabas von P. 2760 (NO Malfragkopf) entsprechendes Diabaslager bidet den südlichen Gipfel- zacken des Grübelekopfes und findet seine von Halden unter- brochene Fortsetzung über das Islitzerjoch (Cuolm d’Alp bella) zu der gewaltigen Grünsteinmasse desBürkelkopfes. Am Kamm Grübele- kopf—Cherns liegt zwischen dem die Kreide überlagernden Fucoidenschiefer und dem Diabas des Grübelekopfes eine Scholle von Gneis, welche zum Teil hochgradig mylonitisiert ist in der Art der dichten Mylonite (siehe unten)!). (In Paulckes Profil im Exkursionsführer 1912 als „Schiefer vom Casannatypus“ eingetragen.) Darüber folgen nochmals Kreideschichten (?). Westlich im Kar gesellt sich zum Gneismylonit ein sehr ähnlich aussehender Spilit.

Das Auftreten der Triasschollen am Gneisrande von Malfrag und Grübelekopf läßt erkennen, daß diese als Schubschollen an den Gneisrand gebunden sind und daher auch die weiter östlich be- obachteten gleichgelegenen Schollen tektonisch nicht Bestandteile der „äußeren Schieferzone“, sondern unabhängig von den Zonen sind, an welche sie gegen innen angrenzen.

Die Fucoidenschiefer unter dem Diabas setzen sich gegen Westen fort über Mutt da Chöls zur Südseite des Flimspitz und dem Außeren Viderjoch.

III. Ostrand. (Kaunerberg—Langetzberg.)

Das Streichen der Schichten ist in den nördlichen Randzonen vom Samnaun bis in die Gegend von Ladis gegen NO oder ONO gerichtet und von den meist in diesem Rahmen sich haltenden Schwankungen, welche schon durch die „flaserige“ Struktur bedingt sind, abgesehen, ein recht gleichmäßiges; stärkere Abweichungen führen an einzelnen

1) Die Gneisscholle entspricht in ihrer Lage und Gesteinsart (zweiglimmeriger Adergneis) der Gneisscholle zwischen Flimspitz und Bürkelkopf.

[92]

Wilhelm Hammer.

534

Fig. 21

P 20684

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Profil entlang dem Hauptkamm zwischen Fließer Stieralm und dem Grübeletal, nordöstlich vom oberen Malfragkopf. Maßstab: 1:6250.

gn = Diaphtoritischer Perlgneis. a —= Amphibolit. & Geschieferter Diabas.

1

= Flyschschiefer.

Kalkschiefer (Kreide?) gegen W in Mischung mit den knolligen Sandsteinen etc. (Flyschschiefer). Halbphyllitische hellgrünlichgraue Schiefer, gegen O mehr sandig-glimmerige Schiefer. Dunkelgraue gebankte Kalke (ähnlich der Kreide des Malfragkopfs).

Kleine Schollen von lichtgrauem Kalk (Trias) und ein Paar Blöcke von Diabas (?).

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[93] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 535

Stellen, zum Beispiel am Sattelkopf—Beutelkopfkamm zu OW-Streichen ; ebenso beständig ist das Fallen gegen NW, beziehungsweise NNW gerichtet, meist mit steiler Stellung; flache Lagerung herrscht im Gebiet der Fisser Ochsenhütte, öfter treten Abweichungen in sehr steile Stellung ein. Sehr steil sind die Schichten besonders in dem Gebiet nördlich von Prutz aufgerichtet.

Die nördlichsten Zonen erreichen, wie eben geschildert wurde, mit ONO-Streichen den Gneisrand unter der Aifneralm und enden hier: die nördlichste Triasscholle, der schmale Zug bunter Schiefer mit dem Diabas und die grauen Bündnerschiefer von Falpaus, letztere keilförmig verschmälert. Nahe unter der Gneisgrenze ist in den obersten Mähdern noch ein Aufschluß der letzteren zu sehen.

Die mehrteilig zusammengesetzte Trias von Falpaus zerteilt sich gegen Osten am Kaunerberg in drei Äste, die auf der Karte wie die Zinken einer Gabel aussehen: ein Zug lichter Triaskalke sticht in den Mähdern ober Noggels aus der Grasdecke hervor; ein zweiter Zug, ebenfalls vorwiegend lichte Kalke, tiefer unten auch der Tonschiefer der Trias, streicht gerade beim Hofe Noggels vorbei durch den Wald und ein dritter tiefster Zug ist im Wald über Gaiswies aufgeschlossen, vorwiegend aus brecceiösem Dolomit be- stehend, dem sich aber in geringer Menge auch helle Kalke beige- sellen. Alle drei streichen in NO-Richtung schräg am Gehänge auf- wärts, bald östlich der genannten Gehöfte unter der das ganze Gehänge dicht überziehenden Decke von erratischem Blockwerk und Vegetation verschwindend. Was zwischen ihnen liegt, ist nur zwischen den beiden nördlichen teilweise zu sehen: in dem schmalen Waldstreifen zwischen den Mähdern, welchem der Steig von Noggels bergaufwärts folgt, be- findet sich ein Rundhöcker von Gneis (glimmerreicher Paragneis mit feiner Lagenstruktur, NO streichend und saiger) und ein gleicher auch in den Wiesen östlich daneben. Einerseits seine Lagerung, angepaßt den umgebenden Schichten, anderseits die Gesteinsverschiedenheit gegen- über dem durchwegs aus Granitgneis (und dessen Mylonit) bestehenden benachbarten Gneisrand sprechen dafür, daß es nicht eine Deckscholle, sondern eine zwischen die Trias etc. eingeschlossene Schuppe ist, ähnlich jenen am Flimspitz, Grübelekopf etc.

Der Verrucano südlich der Trias von Falpaus reicht in voller Breite bis unter Gaiswies und endet hier unter der Glazialdecke. Im nächstöstlichen Graben ist nichts mehr von ihm zu sehen.

Alle Zonen mit Ausnahme der drei nördlichsten schwenken kurz vor dem östlichen Gneisrand in NW- und dann in NS-Richtung ein.

Als Fortsetzung der Triaszonen des Kaunerberges östlich des großen Glazialschuttfeldes, das von Obwahls über Schnadigen zu den Mähdern sich erstreckt, können die Aufschlüsse"im SchloB- bachgraben unter der Gneisgrenze betrachtet werden.

Wir treffen hier auf zwei schmale Triaszüge (siehe Profil Fig. 22): der eine (7) dicht unter der Gneisgrenze, besteht aus einem 30—40 m mächtigen, lichtgrauen, breceiösen Dolomit und wird vom randlichen Gneismylonit getrennt durch einen 5—10 m mächtigen Streifen eines schwärzlichgrünen Schiefers (8), welchen man makroskopisch für einen Diabasschiefer ansprechen möchte, nach dem mikroskopischen Bild er-

536 Wilhelm Hammer. [94]

scheint dies aber sehr fraglich, denn er erscheint hier als ein fein- faseriger gefältelter Serizitphyllit, von dünnen Chlorithäutchen durch- zogen, schwach kalzitführend ).

Den unteren Triaszug bildet ein am unteren Ausgang der kleinen Schlucht rechter Hand anstehender lichtgrauer, ebenfalls etwas brecciöser Kalk (2). Vielleicht gehören auch die südlich angeschlossenen licht- grauen, gelblich anwitternden, dünntafeligen Kalkschiefer (1), welche viel Kies in kleinen Körnchen enthalten, dazu. Uber dieser Trias liegt zunächst ein dunkelgraues mylonitisches Kalkquarzgestein (3), dann ein Diabasschiefer (4).

Zwischen beiden Triaszügen liegt eine Folge von grünlichgrauen und lichtgrünen serizitisch-kalkigen Schiefern (5) mit Quarzknauern, nach oben in graue Kalktonschiefer übergehend. Sie sehen den Schiefern

Fig. 22.

Profil im Schloßbachgraben zwischen 1550 und 1700 m. Erklärung im Text.

m = Moräne. Am unteren Rand von 10 ein Schurfloch.

zwischen dem Diabas und Dolomit ober den Guferhöfen ähnlich und dürften dem ganzen Habitus nach den „bunten Schiefern“ zugehören. In den obersten, wieder mehr grünen und serizitischen Lagen ist eine meterdicke Bank eines lichtgrauen dichten, serizitbelegten Kalkes (6) eingeschlossen mit unsicheren Crinoidenstielgliedern, vielleicht eine mit den hier sehr verdrückten Schiefern zusammengewalzte Triasbank, um so mehr, als in der Nähe auch brecciöse Trümmer einer Kalkbank im Schiefer stecken ?).

Die zwei Triaszüge können als letzte Ausläufer der Falpauser Trias betrachtet werden. Sie enden hier am Gneisrand; das Streichen der ganzen Profilreihe ist NW mit Einfallen gegen NO. Der nörd-

!) Wohl aber befindet sich darüber ein mylonitisierter und zersetzter Diabas, siehe darüber im Abschnitt „Gneisrand“,

2) Dieses Profil in seinen Hauptelementen beschreibt bereits Stotter 1859 unter der Bezeichnung „Pirkigtobel“ bei Kauns!

[95] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 537

lichste der drei Triasäste über Noggels dürfte wahrscheinlich dort in den Mähdern enden, im Schloßbachgraben lägen die Enden der beiden südlicheren Aste oder eine weitere Gabelung eines derselben vor.

Unterhalb des gezeichneten Profils streicht noch ein Diabaszug quer über den Schloßbachgraben (NW streichend). R

Die „bunten Schiefer“ entfalten sich östlich des Schloßbach- grabens zu großer Mächtigkeit: zwischen Gähenfeld und Brauneben reichen sie vom Gneisrand bis nahe über den Schloßbach herab. Im obersten Teil ist hier eine Bank grober Breccie eingeschaltet.

Den Mühlbachgraben überqueren sie mit NNW-Streichen und steilem ONO-Fallen. Sie enthalten hier mehrfach Kiese. Zwischen sie und den Gneis schiebt sich im Mühlbachgraben eine Schuppe von Verrucano, in welchem eine kleine Linse von brecciösem Triasdolomit steckt. (Streichen des Verrucano nahe NS). Die bunten Schiefer über- queren wahrscheinlich unterhalb der Säge (Gasthaus „Alpenrose“) das Kaunertal, da am linken Ufer des Faggenbaches oberhalb des Kalk- ofens ein schmaler Streifen von grünen und grauen Tonschiefern mit NNW-Streichen und steilem ONO-Fallen durch den Waldgraben hinauf- zieht. Am linken Einhang des Petersbaches taucht einmal ein Rest von grünen Serizitarkoseschiefern auf, der in diese Zone gehören kann. Begleitet wird dieser Streifen wieder von einer etwas größeren Triaslinse (Kalk und Dolomit, Kalkofen im Wald, ungefähr 100 m über dem im Tal gelegenen).

Uber dem genannten Zug bunter Schiefer taucht, da die Gneis- grenze weiter gegen SO zurückweicht, eine neue Schuppe auf: graue Bündnerschiefer, vorwiegend graue Tonschiefer, bei Martinsbach NNW streichend und steil bergeinfallend, und setzt sich zum unteren Teil des Petersbaches fort (linkes Ufer des Kaunertales). Sie wird bei Martinsbach wieder überlagert von gelben, grünlichen und grauen Tonschiefern, in denen ganz kleine Trümmer von Triasdolomit eingebettet sind. Östlich des Petersbaches endet diese Schieferschuppe hier deutlicher als zu den bunten Schiefern zu rechnend erkennbar (hellgelblich kalkige Serizitschiefer, hellgrüne Tonschiefer etc.) mit NS-Streichen und steilem O-Fallen am Gneisrand.

Unmittelbar am Gneisrand besteht nahe bei Martinsbach (unter dem Weg nach Kaltenbrunn) ein alter Bergbau, der in den letzten Jahren einmal von Ingenieur P. Bewersdorff neu gewältigt wurde. Nach dem mir freundlichst zur Einsicht gesendeten Gruben- plan durchfährt der Stollen zuerst ungefähr 95 m Bündnerschiefer und trifft dann auf eine Lage von bituminösem, dunklem Tonschiefer, dessen Erzgehalt die Alten nachgegangen sind. Er fällt mit mittlerer Neigung bergein bei nahezu nordsüdlichem Streichen, und enthält marmorartige Kalkknollen. Hinter (über) ihm traf der Schurfbau auf dolomitische Kalke, eingelagert in graugrünem Tonschiefer, also offen- bar die gleichen Schiefer mit Triasträmmern, wie sie über Martins- bach zutage kommen.

Die gleiche Beugung im Streichen wie die vorgenannten Zonen

erfährt auch die breite Zone von grauen Bündnerschiefern, in welche der Ausgang des Kaunertales eingeschnitten ist. Beim Dorf Kauns und südlich davon in der Talschlucht streichen die Kalkschiefer nahe

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 8. Heft. (W. Hammer.) 69

438 Wilhelm Hammer, [96]

OW mit sehr steilem N-Fallen. Bei der Ruine Berneck schwenken sie rasch in NNW- und NS-Streichen mit sehr steilem O-Fallen ein und das NNW-Streichen behalten sie weiterhin bei bis zu der Zone bunter Schiefer. Die gleiche Biegung ist in den südlichen Steilhängen (Schloß- wald) zu verfolgen }).

Kurz bevor man auf der Talstraße zur „Alpenrose“- Säge kommt, schaltet sich zwischen die grauen Kalkschiefer ein Zug von grünen und roten Tonschiefern, lichtgrünen Serizitquarzschiefern mit Quarz- knauern und schwärzlichen Tonschiefern ein, die Grenzzone ist pyrit- führend. Die Schiefer brausen nicht mit ZC!. Sie dürften dem Verru- cano zuzurechnen sein; allerdings fehlen typische Vertreter dieser Schichtgruppe und ist in manchen Teilen eine Annäherung an die bunten Schiefer nicht zu verkennen. Besonders ist dies am linken Ufer des Faggenbaches der Fall, wo weiter oben am Hang nur mehr grüne Tonschiefer auftreten und mit kalkigen Lagen sich mischen. Die Schuppe keilt nach beiden Seiten rasch aus.

Bei der Schilderung der „zentralen Aufwölbung“ wurde bereits das bogenförmige Ende der inneren Schieferzone angeführt. Zur Ergänzung ist hier noch das eigenartige Ineinandergreifen mit der Kalkschieferzone nördlich davon nachzutragen. In der Rinne, welche unterhalb Wiesele beginnt und durch den Schloßwald zum Faggen- bach hinab verläuft, streichen die bunten Schiefer mindestens 200 m tief von Wiesele an hinab sie umschließen hier das im strati- graphischen Teil besprochene Gips-Triasdolomitvorkommen und gliedern sich mit NNW-Streichen und sehr steilem O-Fallen in dieser schmalen Zunge konkordant zwischen den grauen Kalkschiefern dem Schalenbau der östlichen Abwölbung völlig an. Eine bedeutend kleinere solche Zunge bunter Schiefer greift schon am oberen Rand der großen Wandabbrüche im Schloßwald in die grauen Bündnerschiefer ein. Die innere Schieferzone erfährt also an ihrem Ostende eine hammerförmige Ausbreitung nach Norden und Süden, sie ist von Osten her „breit- gequetscht“. (Da die bunten Schiefer unterhalb Wiesele selbst und ein Stück weit gegen Petersbach hin anstehen, dann auch wieder am linken Einhang dieses Grabens in 1800 m Höhe, so ist trotz der starken erratischen Blocküberstreuung der Hänge ober Wiesele der direkte Zusammenhang mit den Aufschlüssen des darüberstehenden Kammes anzunehmen, im anderen Falle könnte es sich nur um eine etwas tiefere Auftrennung an dem quergerichteten Zonenende handeln.)

Über den an der Waldgrenze typisch mit zahlreichen Breccien- bänken entwickelten bunten Schiefern liegt unter P. 2157 des Kammes ober Wiesele (siehe Profil Figur 23) eine Folge von hellgrauen, gelb an- witternden Kalken, sehr stark verknetet und geflasert und stellenweise mit dunkelgrauen Kalzitknötchen. Sie erinnern am ehesten an die Kreidekalke vom Pezidkamm oder an Kalke des oberen Malfragkopfes. Deutliche Breccienbänke fehlen; nach oben zu schalten sich lichtgrüne Tonschieferlagen ein. Es handelt sich wohl um Verschuppungen mit

!) Die’ Schwenkung im Streichen in Verbindung mit den Windungen des Tales täuschten E. Suess hier einen Sattel vor (l. c. Seite 721). Ein Einfallen gegen SO besteht hier nirgends, ebenso ist die Neigung durchwegs steil bis sehr steil.

539

Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

[97]

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540 Wilhelm Hammer. [98]

Kreidekalken. Über ihnen liegt ein Lager von sehr stark verschiefertem Diabas (P. 2137) und dieses wird wieder überlagert von den Tonschiefern der bunten Bündnerschiefer. In ihnen steckt nahe dem Sattel südlich P. 2137 eine Scholle von dunkelgrauem, dickbankigem, etwas bituminös riechendem Kalk, welcher teilweise ganz marmorisiert ist: der letzte Ausläufer der Triasschollen der inneren Schieferzone. Als oberstes Glied des Profils zum Mathankopf folgt dann jener schon oben er- wähnte Streifen von Crinoidenkalken und Breccien, welcher, wie oben angeführt wurde, dem Gneisrand vom Tösnertal bis zum Faggenbach folgt. Es wurde auch das schon angeführt, daß die innere Zone der bunten Schiefer sich mit bedeutender Mächtigkeit noch längs des ÖOtztalerrandes bis zum Tösnertal fortsetzt, ohne daß weitere tektonische Komplikationen innerhalb der Zone sich bemerkbar machen (siehe die Profile Figur 29 und 30).

IV. Der Südrand.

Gegenüber den vielfachen Schichtwiederholungen und Ver- flechtungen des Nordrandes erscheint der Südrand einfach zusammen- gesetzt. Die geschlossene Masse der grauen Bündnerschiefer mit den typischen Gesteinen der Bündnerkreide im Hangenden reicht bis an den Gneisrand heran, den Zonen bunter Schiefer im Norden steht nur im nordöstlichen Teil eine Zone solcher am Südrand gegenüber, weiterhin aber nur in sehr bescheidenen Resten dort und da; Trias (und Lias) ist unterhalb des Gneisrandes nur in ein paar ganz geringen Resten in der Nauderergegend beteiligt und kommt dann noch in einer in die randlichen Gneise eingeschalteten Schubzone bei Nauders zutage, fehlt aber sonst dem tirolischen Südrand völlig.

Wir beginnen die Schilderung in der Gegend von Nauders.

Wie schon aus der Tabelle (Tafel XXI) ersichtlich ist, schaltet sich in der Nauderergegend in die Bündnerkreide (Crinoidenkalke, Breccien etc.), welche das Hangende des geschlossenen Bündner- schieferkomplexes bilden, ein mächtiges Diabaslager ein; es setzt bei Grenzstein 5 auf tirolischem Gebiet ein nach Schiller keilt es auf der Schweizerseite sehr bald aus —, zieht sich an und über den Kohlstattrücken hin, überschreitet bei Schloß Nauders- berg den Stillebach, steigt an der rechten Flanke am Eingang des Gamortales zum Westkamm des Gaisblaiskopfes an und zieht an der Nordseite desselben zum Suntawakamm, wo es sich in mehrere kleine Teillager zerfasert und im obersten Saderergraben dann ver- schwindet. Während längs dieser ganzen Erstreckung hin der Diabas sonst im primären Verband mit den unterliegenden Kalken etc. steht auf Gamor sowohl wie am Suntawa feine Kalklagen, wechselnd mit diabasischem (tuffigem ?) Material, am Rand des Diabaslagers schiebt sich an der Schweizergrenze bereits an der Basis des Diabases eine Schuppe von stark zerpreßtem serizitischem Gneis ein, welche nach ihrer petrographischen Beschaffenheit sehr wahrscheinlich aus einem Granitgneis entstanden ist. Nach beiden Seiten verschwindet er rasch im Wald. Von der Schweizerseite gibt Schiller außerdem noch unterhalb des Gneises einen „weißen und blaßgrünen Marmor in

u Ann

[99] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 541

mäßig dicken Bänken mit hellen und rotbraunen Crinoidenstielgliedern“ ?) an, welche er mit dem Lias von Steinsberg vergleicht. Da hier me auch er sezinoidenkalke an der Landesgrenze an- stehen, so wäre auch die Möglichkeit von m ig Kalken in Betracht zu behalten. I Uber dem ‚(steil S fallenden) Diabasschiefer folgt wieder eine Zone Bündnerschiefer mit (besonders gut entwickelten) Crinoidenkalken und Breccien der Bündnerkreide (begleitet von kleineren Tonschiefer- lagen). Sie setzen an der Sumpffläche unterhalb des Schwarzsees ein und sind bis ober Riatschhof zu verfolgen und neuerdings erscheinen sie in gleicher Stellung wieder am Valribach, von wo sie bis zum Westkamm des Gaisblaiskopfes anhalten. Nach einer

Fig. 24.

Profil am Valribach in etwa 1650 m Höhe. (Weg zu einem aufgelassenen kleinen Steinbruch.)

D = Diabasschiefer. b Kalkig-sandige graue Bündnerschiefer mit vielen Tonschieferlagen. k = Lichtgraue Kalkschiefer. T = Dolomitische Kalke (Trias). g = Gneisquetschlinge.

Unterbrechung an der Nordseite dieses Kammes beobachtet man sie wieder zwischen den Teillagern am Suntawa.

Am Valribach sind in diese Zone kleine Schollen von Trias und Gneis eingeschoben, wie auf dem beifolgenden Profil (Figur 24) ersichtlich. Es schneidet den Bach in zirka 1650 m Höhe. Der dichte, graue, gelblich anwitternde Triaskalk geht nach oben und talaufwärts in einen dunkelgrauen, primärbreceiösen, stark dolomitischen Kalk über, der den Sedimentationsbreecien im Triasdolomit des Ortler oder der Lischannagruppe gleicht. Er ist in mehrere Quetschlinsen zerrissen und in die Bündnertonschiefer eingeknetet. Unter ihm sind ganz kleine Schollen von Gneis eingepreßt. Eine etwas größere steht höher oben am Valribach bei 1900 m an2). Über den Triaslinsen liegen zunächst

1, L 8. 186. - f i 2) Möglicherweise von etwas Grünschiefer begleitet; es ist unsicher, ob letzterer ansteht.

542 Wilhelm Hammer. | 100]

Tonschiefer und Kalkschiefer, dann wenige Meter eines dunkelgrün- grauen dichten Quarzites und dann über ihm Crinoidenkalke und Kalkschiefer (im ganzen 30—50 m mächtig) und zuoberst noch kalkig- quarzitische Bänke.

Am Westkamm des Gaisblaiskopfes zwischen 2300 und 2400 m und am obersten Südhang desselben schieben sich an der Grenze gegen den Gneis die oben (Seite 461 und Figur 4) beschriebenen „hellbunten Kalke* ein. Sie werden von Crinoidenkalken unter- und überlagert und liegen am Nordrand direkt auf dem Diabasschiefer. Nahe dem südlichen Ende bricht eine Gangmasse von (ungeschiefertem, mittelkörnigem, phaneromerem) Diabas auf und zwischen ihr und den hellbunten Kalken liegt stark geschieferter Diabas. Am Kamm bricht am Gneisrand noch ein kleiner Gang diabasischen (?) Charak- ters durch.

Der Gneisrand greift am Kamm über die Zone der Kreidekalke und ihre Schollen vor bis zum Diabaslager und erst am Suntawakamm taucht die Zone wieder unter dem Gneis hervor.

Bei Riatsch setzt über dem Crinoidenkalk eine Gneiszone ein, welche dann bis zum Stillebach direkt dem Diabasschiefer aufliegt sei es, daß erstere auskeilen oder der Gneis sie bis zum Diabas- schiefer hin überdeckt. Sie besteht zum größeren Teil aus Ortho- gneisen (Augengneis im Gamortal und bei der Säge am Stillebach, stark verquetschter serizitischer Flasergneis bei Riatsch und im Gamortal, beide petrographisch gleich den Orthogneisen des Gaisblais- kopfes; bei Riatsch am Nordrand ein kleinkörniger, stark mylonitischer Gneis, wahrscheinlich aus einem Biotitorthogneis hervorgegangen, mit makroskopisch in kleinen dunkelgrünen Tupfen hervortretendem Biotit-Chlorit), zum kleineren Teil aus Paragneisen (Phyllitgneis am Stillebach, unter Novelles und im Gamortal inmitten der Augen- gneise, ferner nördlich des Valribaches zwischen der Granitgneismasse des Gaisblaiskopfes und den Bündnerschiefern eine Zone von Phyllit- gneis und feinschieferigem Biotitgneis [Biotitschiefern], letztere gleich den zahlreichen analogen Einschaltungen in den Schiefergneisen von Mutzwiesen und Stables-Novelles). Bei Novelles aplitisch-granitische Lagen (Lagergänge ?).

Am Valribach weicht der Gneis wieder weit vom Diabasschiefer ab und überlagert die eben beschriebene Zone von Bündnerkreide etc. Das Streichen des Gneises ist hier OW und ONO (seltener OSO mit starkem Südfallen), also jenes der Ötztalergneise, stark verschieden von dem NO- bis NNO- Streichen der unterlagernden Bündner- schiefer.

Bei Riatschhof liegt auch auf dem Gneis noch eine Scholle von Crinoidenkalk der Kreide. Zwischen ihm und dem darunter ein- fallenden Gneis steht ein sehr dunkelgrüngrauer, massiger, dichter Quarzit an. U. d.M. erblickt man einen feinen Quarzsandstein (wenig gerundete Quarzkörner, oft ineinandergreifend, dicht gedrängt, mit sehr wenig äußerst feinkörniger Zwischenmasse, vereinzelte Biotit- schüppchen und chloritische Fasern). Da ein gleicher Quarzit (nur geschiefert) innerhalb der Crinoidenkalke am Valribach ansteht, ist

2

[101] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 543

er dieser Formation ofienbar zuzurechnen wie ja der Verband mit quarzitischen Gesteinen für sie charakteristisch ist !).

. Im Gebiet westlich des Stillebaches bricht nun südlich von der Crinoidenkalkzone, beziehungsweise dem Gneis eine mächtige Masse

Fig. 25.

FTELEGOH Profile zwischen Nauders und der Landesgrenze (von NNW—SSO).

= Linkes Gehänge des Stillebachtales. 2 = Zwischen Tiefhof und Riatschhof. 3 Über Kohlstätte, nahe bei Tiefhof vorbei. 4 Östlich nahe neben Grünsee und Schwarzsee. 5 = An der Landesgrenze.

db = Graue Bündnerschiefer und be = Crinoidenkalke derselben (in Profil 5 am Nordend die Quarzbreccie des Lochschrofen). qg = Quarzit bei Riatschhof. bb = Bunte Bündnerschiefer, mit Dolomiteinschluß bei Tiefhof. 8 = Diabasschiefer. 6 Serpentin. T, = Fragliche Trias oder Tithon der Zone Tiefhof—Grava- lada. T, = Triaskalke ober dem Grünsee. T, = Trias des Piz Lad. m, = Mylonit. Go = Orthogneis. -- @s = Paragneise. G@q Gneisquarzit.

von Serpentin auf, das Rundhöckergelände um den Schwarzsee aufbauend. Er beginnt am Inn unterhalb der Plattamala von Remüs

!) Der Quarzit von Riatsch erinnert makroskopisch an die xOlquarzite“ der Schweizer. Vergleich der Schliffe mit solchen von Ölquarziten aus dem Rhätikon, welche mir Freund Ampferer zur Verfügung stellte, zeigten zwar Überein- stimmung in dem Charakter von feinkörnigen (typischen) Quarzsandsteinen bei beiden, dem Riatschgestein fehit aber der die Olquarzite kennzeichnende Agirin- augit, welcher in den Rhätikongesteinen durch sehr fein aggregierte, lebhaft grüne chloritische Umwandlungsprodukte vertreten ist. Zeichen von Kontaktmetamorphose fehlen in der Struktur gänzlich bei beiden, auch die gute Erhaltung organischer Strukturen (Crinoidengitterstruktur) in Fossilresten der Rhätikongesteine spricht gegen eine solche.

544 Wilhelm Hammer. [102]

und zieht sich vom Ausgang der Valtorta zusammenhängend fort bis zur Landesgrenze, wo er am Schwarzsee zu besonderer Mächtigkeit anschwillt und dann am Stillebach endet. Es ist das nordöstliche Ende der Serpentinzone von Schuls.

Westlich des Stillebaches über dem Serpentin, östlich desselben über der Gneiszone zieht sich eine schmale, aus verschiedenen Schichtgliedern zusammengesetzte Zone hin. Es beteiligen sich an ihr: 1. Graue kalkige Bündnerschiefer (dunkelgraue dünnschieferige Kalkschiefer, gelblich oder lichtgrau anwitternd, oft mit serizitischtonigem Belag, viele Kalzitadern und phyllitische und halbphyllitische graue Tonschiefer, lithologisch etwa dem Komplex an der Straße Norberthöhe—Martinsbruck gleichend), anstehend am Karrenweg nach Tiefhof, weiter oben am Weg Tiefhof--Grünsee und an der Landesgrenze. 2. Bunte Bündnerschiefer: auf dem Felsköpfchen am Südrand der Wiesen von Riatschhof, ferner auch weiter aufwärts zwischen Tiefhof und Grünsee stehen grüne, etwas serizitische Tonschiefer mit weißen Kalzitflasern, Tonschiefer mit grünen und schwärzlichvioletten Lagen wechselnd, mit feinen grauen kalkigen Flasern durchzogen, schwärzlichrostige Tonschiefer, schließlich grüne Tonschiefer mit braunen Kalklagen an, also Gesteine, welche charakte- ristische Glieder der Serie der bunten Schiefer sind. 3. Gesteine der Trias: Beim Hof Novelles ober Nauders setzen zwischen den Gneisen Dolomite ein und ziehen sich durch die linksseitige Flanke des Gamor- tales bis zu der von den Gamorböden herabziehenden Rinne: hell- grauer, sehr licht anwitternder, oft brecciöser Dolomit und dunkel- grauer Dolomit, dem Diploporendolomit des Jaggl und Piz Lad gleich; über ihm im Gamortale sowie ober und unterhalb Novelles liegen dunkelgraue, dichte, dünnschieferige Kalke, licht anwitternd, gestriemt, welche dem Muschelkalk entsprechen dürften. Sehr ähnliche solche Kalkschiefer, manchmal licht rötlich anwitternd, treten nun auch zwischen Tiefhof und Grünsee in dieser Zone auf und erinnern stark an Teile des Muschelkalkes unter Piz Lad oder mehr vielleicht noch an die Tithonkalkschiefer von Valtorta, Plattas etc. Allerdings ist ihre Abtrennung von den grauen Bündnerschiefern infolge der weitgehenden Gesteinsähnlichkeit sehr schwer und macht der enge Verband mit dem PBündnerschiefer überhaupt ihre Zurechnung zu einer anderen Formation unsicher. E. Suess hat sie (zwischen Tief- hof und Grünsee) gleichwohl als „in unzweifelhafter Weise als ost- alpine Trias kennbar“* bezeichnet). Unter den bunten Bündnerschiefern zwischen Riatsch und Tiefhof taucht auch noch ein Dolomitknollen hervor.

Diese komplexe Zone überschreitet die Landesgrenze bei Grenz- stein 3 (1859 m). Ober Grava lada schiebt sich zwischen sie und den Serpentin wieder Gneis ein, der gegen Westen rasch an Ausdehnung gewinnt und zwischen oberem und unterem Gneis keilt die hier nur aus grauen Bündnerschiefern bestehende Zone bald aus.

Ein letzter Rest jener unteren Gneiszone findet sich noch in einer SO über dem Schwarzsee zwischen Serpentin und Kalk-

) L.c. 8. 731.

[103] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 545

schieferzone anstehenden kleineren Gneisscholle. Schließlich entspricht beim Wegfall des Serpentins östlich vom Stillebach der Gneis zwischen Bündnerkreide und Kalkschieferzone, beziehungsweise Dolomit der- selben Position.

Die Kalkschieferzone verlauft mit NO-Streichen zwischen Tief- hof und Riatschhof vorbei (näher ersterem) zum Stillebach, den sie oberhalb der Säge erreicht. Am oberen Ende des Schuttkegels des Galdstierbaches (südlich Nauders) taucht sie wieder aus dem Talschutt heraus. Die Dolomitzone endet, wie oben beschrieben, am linksseitigen Einhang des Valribaches; als ein letzter einzelgestellter Ausläufer

Fig. 26.

OS

Querprofile durch das Tal des Valribaches, bei 1700 und 1800 m ungefähr den Bach schneidend.

Maßstab: 1:12.500.

Go = Orthogneise (Augen- und Flasergneis). @s = Paragneise (zweiglimmerige

Schiefergneise und Biotitschiefer). @q = Gneisquarzit. D = Diabasschiefer. b = Graue kalkig-sandige und quarzitische Bündnerschiefer mit Touschiefer- zwischenlagen. bc = Crinoidenkalke und Breccien. Td = Triasdolomit.

T%k = Dunkelgraue Kalkschiefer der Trias oder des Tithon.

kann ein sehr kleines Triasvorkommen an der rechten Talseite in 2300 m Höhe angesehen werden: eine sehr kleine Klippe von Dolomit und etwas rötliche Kalkschiefer sind hier eingekeilt zwischen saiger gestelltem, stark zerquetschtem und serizitisiertem Phyllitgneis.

Die unter der Triaszone liegende Gneiszone fließt mit dem Aufhören der ersteren zusammen mit der geschlossenen Gneismasse der Ötztaler und ist weiterhin östlich die Spur der Schubfläche nicht mehr weiter zu verfolgen. Die besprochene Zone tritt an einer in den Rand der Gneise eingeschnittenen Bewegungsfläche auf und keilt beiderseits in demselben aus, ohne daß die Schubfläche nach den Seiten sich weiter verfolgen ließe.

Östlich des Stillebaches setzen am oberen Rand der Triaskalk- schieferzone die Ötztalergneise ein, deren einzelne Gesteinszonen von

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 8. Heft. (W. Hammer.) 70

546 Wilhelm Hammer. [104]

der Grenzfläche schräg abgeschnitten werden, entsprechend dem Winkel, welchen die ostwestliche bis ostnordöstliche Streichrichtung der Gneise mit dem Verlauf jener Fläche bildet. Es sind zweiglimmerige Schiefer- gneise, wechsellagernd mit feinschuppigen Biotitgneisen (Biotitschiefern), während gegen Norden und Osten zu die große Granitgneismasse des oberen Gamortales und Gaisblaiskopfes sich ausbreitet und an die Grenzfläche herantritt. Westlich vom Stillebach wird die Gneis- masse aber von einer noch höher liegenden Schubfläche durchschnitten: ober dem Grünsee, an der Schwelle der Wiesenmulden der Mutz- wiesen und im Waldgehänge westwärts steht dunkelgrauer, weiß- aderiger, hell anwitternder, gutgebankter Kalk an, der begleitet wird von schwarzen, bräunlich anwitternden, mergeligen Kalklagen und dunkelgrauem brecciösem Dolomit; im ganzen eine Gesteinsfolge, welche viel Verwandtschaft mit dem Muschelkalk der Lischannagruppe besitzt, im Kalke allenfalls auch mit dem Tithon derselben Gruppe. Sie fallen steil bergein. Der unterliegende Gneis ist am Grünsee ein stark verschieferter zweiglimmeriger Orthogneis, etwas deutlicher als solcher weiter gegen Tiefhof zu erkennbar. Über der Trias liegen zweiglimmerige Gneisglimmerschiefer mit Einlagerungen von Biotit- schiefern und Biotitquarziten (im nördlichen Teil der Mutzwiesen NO streichend und N fallend, gegen Westen dreht sich das Streichen in NS unter dem Piz Lad herum bei sehr steiler Aufrichtung der Schichten). Der Schichtkomplex findet seine nordöstliche Fortsetzung in den Schiefergneisen und Biotitschiefern des Piengertales.

Der Einschub mesozoischer Gesteine ober dem Grünsee ver- schwindet gegen SW zunächst unter den ausgedehnten Schutthalden des Piz Lad. Am westlichen Wandfuß des letzteren (Valtorta) wird der Dolomit des Lad unterlagert von einer Mischzone von Tithon, Lias und Trias und zuoberst unter dem Dolomit liegen auch noch kleine Fetzen von schwärzlichen phyllitischen Schiefern (Casanna- schiefer bei Schiller), welche vielleicht besser als schieferige Gneismylonite zu deuten sind. Diese Zone liegt auf den Gneisen der Valtorta als direkte Fortsetzung jener beim Grünsee. Gleiche phylli- tische Schiefer sind auch im obersten Val Dascharina in gleicher Position vorhanden. Alles zusammen führt zur Deutung, daB wie schon anderenorts ausgeführt wurde die große westliche Randüber- schiebung der Otztalergneise vom Val Dascharina an längs jener Quetschzone unter dem Piz Lad durch verläuft der Piz Lad ist ein triadischer Rest auf den Gneisen analog dem Jaggl und ihre Fortsetzung in jener Zone über dem Grünsee findet.

An dem Bächlein, welches die Mutzwiesenmulden entwässert, endet die Triaseinlagerung: der Verlauf der Schubfläche ist aber bis zum Stillebach hin noch zu erkennen an dem Auftreten von dichten schwarzen und dunkelgrünen Myloniten mit Quarzknoten und Brauneisensteinkrusten in den Waldhängen südlich Tiefhof. Unter dem Mikroskop erscheinen sie als typische Mylonite teils un- geschiefert, teils flaserig, aus Quarz und Serizit bestehend, wobei die groBe Menge des letzteren zum Teil wohl auf Feldspate zurückzu- führen ist. Der Schliff zeigt einen sehr hohen Gehalt an neuge- bildetem Kalzit. Im ganzen dürfte es sich um zermalmte Gneise und

[105] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 547

Quarzite handeln, deren Kalkgehalt wohl von mitverarbeiteten oder in der Tiefe steckenden Trias-Tithonschollen herrührt, allenfalls käme auch Verrucano noch als Ursprungsmaterial der Mylonite in Betracht.

Der Verlauf der Schubfläche fällt, soweit die mangelhaften Auf- schlüsse und die intensive Verschieferung der Orthogneise eine Ab- grenzung erlauben, zusammen mit der Grenze des Orthogneises welcher nur nördlich davon gefunden wurde, und dem Schiefergneis mit Biotitschiefer und Quarzit, welcher das ganze Gelände südlich davon zusammensetzt.

Jenseits des Stillebaches fehlen Spuren jener Schubfläche im Gneis über der tieferen Triaszone; bis zum Rand dieser reicht der enggeschlossene, OW—ONO streichende Faltenbau der Ötztalergneise, welcher im Gehänge von Stables und Novelles zwei Synklinalen bildet.

Der höhere, ober der westlichen Randüberschiebung liegende Teil der Otztalergneise wird von der Triaskappe des Piz Lad ge- krönt. Während im Norden und Osten die Auflagerung der Trias eine

Gaisbleiskopf

[27

Go = Orthogneise (Augen- und Flasergneis). @s = Paragneise (zweiglimmerige

Schiefergneise und Biotitschiefer).. ö& = Gänge von Diabas und Diabasphophyrit,

D = Diabasschiefer. 5 —= Graue, kalkig-sandige und quarzitische Bündner- schiefer mit Tonschieferlagen. be Crinoidenkalke und Breccien.

relativ normale ist, insofern an der Basis Verrucano allerdings in verdächtig geringer und lückenhafter Entwicklung über dem Gneis liest, dann Muschelkalk stark entfaltet und darüber Dolomit wird er im Süden allem Anschein nach durch eine Bruchlinie abgegrenzt: die NS bis NNW streichenden und W fallenden Schichten des Dolomits stoßen hier, nur durch einen schmalen Streifen von Kalkschiefern des Muschelkalkes am Seßlat davon getrennt, von dem OW streichenden Gneis ab, der an der Grenze sehr steil aufgerichtet ist mit wech- selndem Fallen, weiterhin aber N fällt. In der Gneisunterlage kommt der Bruch nicht so deutlich zum Ausdruck insofern als zwischen die NS streichenden Gneise der Mutzwiesen und die OW streichenden des Seßlat sich NO streichende Partien bei Tendereshof einschalten und anderseits das NS-Streichen am Fuß des Gebirges bis nahe zum Reschenscheidek, also unter dem Seßlat durch, anhält. Das Fallen ist in den tieferen Teilen gegen O, beziehungsweise SO gerichtet.

Sehr deutlich offenbart sich der Bruchcharakter dieser Grenze am Grat des Piz Lad und jenem des Piz Ajüz. , 0*

548 Wilhelm Hammer. [106]

Mit dem Verschwinden der Diabasschiefer an der Suntawa- Ostseite tritt die Serie der Crinoidenkalke mit Quarziten und Ton- schiefern geschlossen an den Gneisrand heran. Reich an Torschiefer- zügen umzieht sie den Nordhang des Kreuzjoches (P. 2212) zwischen Saderertal und Radurscheltal, dessen Sohle sie bei der Einmündung des Silberbaches erreicht. Unmittelbar nördlich des Kreuzjoches begegnet man an der Obergrenze der Bündnerschiefer

Fig. 28.

Pfundser Tschey Wiesen

Ar 9’ Mu 500 7000 m so

Zwei Profile zwischen Radurschel- und Platzertal. Maßstab ungefähr 1:14.000.

Go = Orthogneis. A Amphibolit. m = Mylonitzone südlich Lahnkopf

mit mehreren kleinen Blöcken von Dolomit. ks = Kalkschiefer. g = Quarzite

und quarzitische Kalke. iq Quarzite mit viel Tonschiefer wechselnd.

kt = Kalkschiefer mit wenigen Tonschieferlagen. Kk = Kreidekalke.

kbr —= Kalkige Kreidebreccien. qgbr —= Breccie mit Quarzkörnern. cb = Crinoidenhaltige Breccien.

einer großen Schmitze von ‚lichtgrünen Tonschiefern mit Kalklagen, welche wohl den „bunten Schiefern“ zugerechnet werden müssen. Sie gleichen ganz denselben Tonschiefern in der Zone von Tiefhof.

Gerade bei dem Kreuz des Kreuzjoches (P. 2212) ist 200 m über der Liegendgrenze des Gneises in diesen ein Keil von dichten dunkelgrauen, blaugrau anwitternden Kalkschiefern eingeschoben, mit OW-Streichen und flachem SO-Fallen, wobei die angrenzenden Gneis- partien hochgradig diaphtoritisch sind. Gesteinsähnlichkeit besteht sowohl mit manchen Lagen der Crinoidenkalke (doch fehlen Crinoiden

[107] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 549

hier gänzlich), als auch mit Gesteinen der Trias oder des Rhät in den benachbarten Münstertaleralpen.

Vom Radurscheltal bis zum Platzertal (westlicher Ast des Tösnertales) stoßen die Gesteine der Bündnerkreide ohne weitere Komplikationen unmittelbar an den Gneis, der keine Anzeichen weiterer Schubflächen an sich trägt. Am Westausläufer des Hochjoches, am Rauchkopf, sind an der Gneisgrenze noch sehr bescheidene Reste von Diabas zu bemerken.

V. Der Gneisrand.

Die Grenze der Gneisregionen gegen jene der Bündnerschiefer verläuft an der Silvrettaseite nahe dem Kamm zwischen Paznaun und Inntal vom Vesulspitz bis zum Schönjöchl, an der Ötztalerseite überscbneidet sie die vorderen Teile der in nordwestlicher oder nörd- licher Richtung gegen den Inn vortretenden Seitenkämme, im Osten zieht sie im Bogen über den Kaunerberg. Pontlatz und Kaltenbrunn (Martinsbach) sind die tiefsten Taleinschnitte. Der genauere Verlauf ist auf den beigegebenen Karten, im Umriß auch auf der Skizze (Figur 12) zu ersehen und wird in einheitlicher Darstellung auf der geologischen Spezialkarte erscheinen.

Fast überall längs dieser Linie fallen die jüngeren Schichten unter die Gneise ein. Das umgekehrte Verhältnis ist einmal auf der Fließeralm zu sehen, in dem im Profil Figur 21 dargestellten Kamm nordöstlich des oberen Malfragkopfes; möglicherweise auch am Südfuß des Martinskopfes, doch sind an letzterer Stelle die Aufschlüsse nicht genug tiefgehend. Jedenfalls sind derartige Fälle seltene Ausnahmen und können auf sekundäre tektonische Bewegungen zurückgeführt werden. _

Die Neigung der Überlagerungsfläche ist an den Stellen, wo ein tieferer Einblick möglich ist, im tirolischen Bereich steil, nicht selten eine nahezu senkrechte. Soweit die Grenze dem Kamm entlang läuft, ist selten ein tieferer Einschnitt in die Grenzzone vorhanden, wohl aber bieten einen solchen die großen Taldurchbrüche: das Inntal, Kaunertal, Tösnertal und Radurscheltal. In geringerer Tiefenausdehnung ist senkrechte Aufrichtung der Grenzfläche am Grübelekopf deut- lich zu sehen, wobei auch die beiderseits angrenzenden Schichten nahezu saiger gestellt sind. An anderen Stellen mit nahezu senkrechter Aufrichtung der Grenzfläche, wie am Lahnkopf ober den Tscheywiesen (siehe Profil Figur 28) und am Suntawa (südlich des Sadererjoches, be- sonders an der Ostseite zu sehen), werden die gegen die (Gmeise einfallenden Bündnerschiefer, wenigstens in ihren oberen Teilen, von der Grenzfläche abgeschnitten nach Art einer Verwerfung.

Im tiefen Taleinschnitt des Inn, der Pontlatzschlucht, stehen Gneise und Bündnerschiefer, beziehungsweise Trias in sehr steiler Stellung und mit einer gleich steil aufgerichteten Grenzfläche neben- einander. In Kaunertal bezeichnet der Verlauf der Grenze gerade über den Berghang herab die steile Stellung der Grenzfläche; der bogenförmige Verlauf der Grenzlinie zwischen Aifneralm und Mathan- kopf korrespondiert mit dem periklinen Abfall der Bündnerschiefer,

550 Wilhelm Hammer,

Fig.29. .. Ä Qufel ae 4 N En wi N) SITIIY Zirmess

N 5 hab: £

2 ergl ni: al

ie & en (268! m)

N @ N \ MS N dc“ N 4 N NS N @ Do R (& 5 S > A IR \ 5 Platz wiesen: | 2% Aufbereilun sn N 3 des Tösner Bergbaus WW 7 Platzertal so Maßstab: 1:16.66. Zeichenerklärung: = Orthogneis. cb = Crinoidenkalk und Breccie. @s Paragneise. ch, —= Kalke der Bündnerkreide. ra Aupkibolit, b = Bunte Bündnerschiefer. 6 Diabasgänge. 5 5 ee 9 = Graue Bündnerschiefer. r PIECE gt = Tüpfelschiefer. q = Quarzite in den bunten Bündner- 9s Tonschiefer. schiefern.

eq Quarzite und quarzitische Kalke. m = Mylonit.

[109] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 551

welche gegen Osten unter die Gneise einfallen, wie dies im kleinen im Profil des Schloßbachgrabens zu sehen ist (Profil Figur 22). Die aus der Ötztalergruppe entspringenden Seitentäler des Inn: Stalanzertal, Tösnertal, Platzertal, Radurscheltal, zeigen größtenteils und zum Teil in sehr schönen, steil und tief eingeschnittenen Talprofilen (Platzertal!) ein steiles Einfallen der Bündnerschiefer unter die Gneise, zum Teil ist die Grenzfläche wellig verbogen und infolgedessen wechselnd steiles und flaches Einfallen, wie sich aus der Verbindung der Profile zwischen Bergleralm und Zirmesspitzkamm (Figur 29) und aus jenen an der Westseite des Schlanderskopfes (Stalanzeralm, Figur 30) ergibt.

Am Westrand dagegen beobachtet man am Fluchthornkamm bekanntlich eine mehrere Kilometer weite flache Auflagerung der Gneise, beziehungsweise Amphibolite auf den Bündnerschiefern.

Eine Querverwerfung des Gneisrandes konnte auf der Fißer Ochsenalm mit einiger Wahrscheinlichkeit festgestellt werden: Unter dem Schönjöchl verläuft die Gneisgrenze parallel zum Kamm zwischen 2100 und 2200 m Höhe, bis sie den oberen Rand der großen, von Wiesen und Weiden bedeckten Mulde der Ochsenalm erreicht, welche mit Moränenmaterial erfüllt ist. Am Westrand derselben stehen überall „bunte Schiefer“ an, am Ostrand aber Gneis bis unter 1700 m herab. Eine felsige Steilstufe im Wald bezeichnet den unteren Gneis- rand, darunter folgen dann auch auf dieser Seite die Bündnerschiefer. Das Streichen sowohl der Bündnerschiefer als der Gneise ist beider- seits und unterhalb der Mulde ONO mit Bergeinfallen. Die plötzliche Tieferrückung der Gneisgrenze ist hier sehr wahrscheinlich durch eine NW—SO laufende Verwerfung zu erklären. Dem entspricht es auch, daß die Trias in der Felsnische ober Fiß zwischen 1600 und 1700 m liegt und die in gleicher Position über dem Verrucano in die bunten Schiefer eingeschaltete untere Trias am Urgenebnerbach zwischen 1400 und 1500 m. Das obere Triasvorkommen am selben Bach kann man weniger verläßlich der Trias unter Schönjöchl parallel setzen und erhält dann auch hier eine ähnliche Tieferrückung wie bei dem Gneis. Auch der obere Rand der Verrucanozone liegt am Urgenebnerbach noch um mindestens 100 m tiefer als westlich desselben. Dagegen ist am unteren Rand derselben Zone keine Differenz mehr feststellbar. Die großen Moränenmassen der Fißer Ochsenalm reichen von 2100 m in breitem Zug bis zur Terrasse von Fiß-Ladis herab und überdecken durchwegs die Verschiebungs- grenze.

Ein kleiner Querbruch durchtrennt ober der Fendleralm den Gneisrand, mit Senkung des Ostflügels um etwa 200m. Der vom Gamskopf zur Almhütte (1943 m) herabziehende Rücken besteht bis nahe zu dieser herab aus Gneisen, während an dem anderen, die Ab- zugsrinne des Kars ober der Alpe einschließenden, vom Schlan ders- kopf herabziehenden Gehänge die Bündnerkreide bis 2300 m hinauf- reicht. 150m ober der Alpe rücken die beiden Gesteine nahe an- einander, sonst trennen Moränenwälle dieselben.

Das Streichen der Gneise in der Ötztaler- und Silvretta- gruppe ist vorwiegend ein ostwestliches, mit mannigfachen kleinen Schwankungen in ONO- und OSO-Richtung. Es werden infolgedessen

oO ii ol

Wilhelm Hammer.

Fig. 30

ne ME %

OT, > 90,56 IRISE 3 NUR Ye RR RCICHER

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zwang

nn Zirmes köpfl RR —L N 1898 Go

BIO iR r

Britcke oberhalb,

der Alm, NW 30 Profile durch die rechte Flanke des oberen Stalanzertales. Maßstab: 1: 12.500. Go —= Orthogneis. g = Graue Bündnerschiefer. db = Bunte Bündnerschiefer, db" = Breccien derselben.

cb —= Crinoidenkalke und Breccien. m = Moräne.

[111] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 553

die einzelnen Gneiszüge von der im ganzen NO laufenden Grenz- fläche gegen die Bündnerschiefer schräg abgeschnitten.

Ahnlich wie bei anderen großen Dislokationslinien, zum Beispiel der Judikarienlinie, ist in nächster Nähe der Grenze vielfach eine Anpassung an das Streichen derselben eingetreten, dergestalt, daß die randlichen Teile des Gneises ungefähr parallel zum Verlauf der Dislokationslinie streichen und dadurch eine scheinbare Konkordanz zwischen überschobenem und übergeschobenem Gebirge entsteht, so zum Beispiel fast längs dem ganzen Nordrand, auf der Gamoralpe usw.

Diese randliche Anpassung findet einen auffälligen Ausdruck auch in der Verbreiterung, welche die an der Grenze hervor- tretenden ÖOrthogneiszüge am Otztalerrand stellenweise zeigen. So tritt nördlich des Radurschler Hochjoches eine breite Zone von Osten kommend an die Grenze heran, breitet sich aber hier gegen SO hin so weit aus, daß sie am Ausgang des Friunsertales mit dem nächstsüdlichen Granitgneislager zusammenstoßt, während der da- zwischenliegende Paragneisstreifen ohne die Grenze zu erreichen endet, beziehungsweise herausgehoben wird. Der Granitgneiszug breitet sich am Gneisrand um mehrere Kilometer weiter aus, als die Schnittlinie bei gleichbleibender Breite desselben an der Grenze sein würde.

Die gleiche Erscheinung ist auch am Ostrand, an der Augen- gneismasse der Aifenspitze, zu sehen. Die Südgrenze derselben verläuft dem (vorherrschend NNO- bis NO-) Streichen und Nordwestfallen entsprechend vom Grat abwärts in ostwestlicher Richtung bis sie nahezu die Sohle des Mühlbachgrabens erreicht, hier aber biegt sie rasch nach Süden aus und statt, wie bei normalem Verlauf zu er- warten wäre, im genannten Graben den Bündnerschieferrand zu er- reichen, streckt sie sich bis Martinsbach südwärts. Dabei paßt sich in diesem Zipfel Streichen und Fallen dem Verlauf der Randfläche an: NNW und steiles NNO-Fallen; darüber am Hang aber streichen die Paragneise und Amphibolite in dem regionalen ONO-Streichen und N-Fallen entsprechend der konkordanten Schichtfolge am Kamm. Auch weiter nördlich (Schloßbachgraben) ist Streichen und Fallen des Aifen- spitzgneises konkordant gepreßt zu den Bündnerschiefern und der Grenzfläche. Dabei ist, wie weiter unten auszuführen ist, der ganze Grenzsaum und besonders jener Verbreiterungszipfel vollkommen mylo- nitisiert.

Randliche Anpassung im Streichen und Verbreiterung der Zonen- enden’müssen, wenn man das Gebiet als „Fenster“ auffaßt, nach der Hauptüberschiebung, während oder nach der Steilstellung der Schub- flächen entstanden sein und zeigen, daß der Verlauf des Randes nicht nur der einer zufälligen Erosionsöffnung ist, sondern tektonisch be- stimmt. |

Die Verbreiterung am Ostende läßt sich als eine Anpressung in der Richtung gegen Westen verstehen, aber auch als Schleppung bei einer nordwärts gerichteten Bewegung, beziehungsweise deren Teil- bewegungen von Gneis oder Bündnerschiefer.

In manchen Randzonen ist es zu einer Verschuppung von Gneis mit Bündnerschiefer und auch Trias und Verrucano gekommen. In kleinerem Ausmaße ist solches zum Beispiel am Grübelekopf zu

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64, Band, 3, Heft. (W. Hammer.) 71

554 Wilhelm Hammer. [112]

sehen (siehe Seite 533) oder unter dem Planskopf, in größerem Aus- maße in der Gegend von Nauders, wie oben beschrieben wurde. Ebenso tritt zwischen Flimspitz und Bürkelkopf und südlich des Grübelekopfes eine bedeutende Abspaltung von Gneis zwischen die Diabase und begleitenden Schiefer der beiden Gipfel ein.

Gesteinsumwandlungen am Gneisrand.

Die beiderseitigen Gesteine sind am Rande scharf voneinander abgesetzt; eine Vermischung beider, etwa in Gestalt polymikter Reibungsbreccien oder größerer Gesteinsverknetungen ist nirgends zu beobachten.

In den Bündnerschiefern ist selten am Rande selbst eine stärkere mechanische oder chemische Umwandlung zu bemerken, als sie auch weiter gegen innen in ihnen zu sehen ist. Anzuführen wären hier etwa die Scholle von „hellbunten Kalken* am Fuß von P. 2921 (Frudigerkamm). Die Triasschollen am Gneisrand sind gleich stark zerteilt und zertrümmert wie tiefer unten im Profil. Die Bündner- schieferregion ist durch die ganze Masse ziemlich gleichmäßig stark gepreßt und gefältelt, ohne daß eine Steigerung am äußersten Rande hervortreten würde.

Dagegen sind die Gneise in einer schmalen Randzone meist stark umgewandelt gegenüber dem normalen Bestand der- selben.

Es bilden sich Diaphtorite und Mylonite. Zu ersteren sind zu rechnen: dunkelgrüne oder graugrüne, dichte feinfaserige oder undeutlich geflaserte Schiefer, in denen stellenweise noch kleine Schmitzen und Fläserchen mit deutlicher Gneisstruktur eingewoben sind; Rutschflächen durchziehen in großer Zahl das Gestein. Solche treten zum Beispielam Grübelekopf auf. Oder man findet lichtere, graugrüne, feinserizitische Schiefer, wellig verknetet und dicht mit rost- roten, glänzenden, buckligen Gleitflächen durchzogen; Übergänge dazu bilden sehr muskovitreiche Schiefer, welche flaserweise noch eine körnelige Gneisstruktur erkennen lassen; Beispiele dieser Art trifft man bei Asters—Obladis, Fließeralm u. a. O.

Einer derartigen Verschieferung unterliegen hauptsächlich die ver- schiedenen sedimentogenen Gneise, welche hier meist glimmer- reich sind. Dagegen scheinen die Granitgneise eher zu mylo- nitischer Deformation zu neigen, das heißt vorwiegend ru- pturell-kataklastisch deformiert zu werden, doch sind auch in ihnen diaphtoritische Schiefer mehrfach zu sehen.

Ein gutes Beispiel dafür liefert der Rand der Aifenspitz-Granit- gneismasse, welche am Ostrand des Gebietes die oben beschriebene Breitquetschung erlitten hat. Der hauptsächlich als zweiglimmeriger Augengneis entwickelte Granitgneis ist am Rand in mylonitische Ge- steine umgewandelt, von grauer oder bräunlicher Farbe und rostig- brauner Verwitterungsrinde, welche teils dicht bis feinkörnig und von quarzitähnlichem Aussehen sind, teils mehr oder weniger geflasert oder auch feinschiefrig und wellig gefältelt. Stets sind sie von vielen Rutschflächen und buckligen, rostigen Harnischen und Klüften durch-

[113] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 555

zogen; wenig verarbeitete Partien zeigen kleinkörnelige Feldspate und solche Formen leiten über zu dem nicht mylonitischen Gestein. U. d. M. sieht man ein vollkommen kataklastisch-breceiöses Gefüge von Quarz, Kalifeldspat (auch Mikroklin) und Plagioklas richtungslos oder es sind bei geschieferten Myloniten die Bestandteile in Flasern be- stehend aus Aggregaten von ungleicher Korngröße verteilt, welche mit Glimmerflasern (oft chloritisiert) wechseln; letztere oft durch Eisen rot gefärbt. Bei beginnender Mylonitisierung kann man im Schliff sehen, wie der kristallisationsschiefrige (eventuell auch gefältelte) Gneis von einem Netz von Mylonitadern quer und parallel zur Schieferung durchzogen wird. Die Grenze gegen den angrenzenden Schiefergneis ist in der Zone Mühlbach—Kaltenbrunn verwischt und auch im Schliff das Ursprungsgestein oft nicht mehr sicher erkennt- lich. Die Schiefergneise sind ober Martinsbach von Quetschzonen durchzogen und zeigen hier nicht selten Rutschflächen, deren Striemen horizontal und parallel zum Streichen (nahe OW) verlaufen.

Eingeschaltete Amphibolite widerstehen der Verarbeitung besser. Der Amphibolit, welcher nahe dem Unterrande des stark mylonitischen Granitgneises im Schloßbachgraben eingelagert (Profil Figur 22) ıst, zeigt makroskopisch keine Zeichen von Mylonitisierung und u. d. M. ist nur eine geringe Kataklase (hauptsächlich am Quarz, an der Horn- blende gar nicht) festzustellen. Bedeutend stärker deformiert ist ein Diabas, welcher wahrscheinlich als Gang der Gneisgrenze folgte (9 in Profil Figur 22). Makroskopisch ist das Gestein weiß mit bräunlichen Punkten, pulverig und braust mit HCl auf; u. d. M. zeigt es die richtungslos verteilten Bestandteile ineinander verzahnt und zer- bröckelt; es sind Albite, oft von einsprenglingartiger Größe, farbloser Pyroxen (reichlich) und sehr wenig farblose Hornblende.

Stärker verändert als der obige Amphibolit sind solche am Petersbach und Mathankopf, ersterer ist von dichten, grün- schwarzen serizitischen Flasern durchzogen, zwischen denen Linsen von normal struiertem Amphibolit erhalten geblieben sind, letzterer ist dicht und undeutlich flaserig geworden und mit dicken, talkähn- lichen Serizitüberzügen bedeckt an den dicht gedrängten Rutschflächen. Ersterer ist mikroskopisch kaum mehr zu erkennen, so gänzlich ist er in Flasern von Chlorit, Zoisit, Quarz mit erhaltenen Titanitkristallen umgewandelt; Adern von neugebildetem Quarz, Kalzit und Feldspat durchqueren ihn. Letzterer zeigt mehr mechanische und weniger chemische Umformung.

Dichte Gangmylonite.

Unter diesem Namen sei hier ein Gestein beschrieben, welches am nördlichen und westlichen Gneisrand allenthalben anzutreffen und für diesen geradezu charakteristisch ist, dessen Natur aber nicht ganz sicher gedeutet werden konnte. Ich habe es vom Pontlatz bis zum Fluchthorn immer wieder am Gneisrand gefunden und nach Mitteilungen von Dr. Spitz ist es auch in der Ardetzer Gegend in gleicher Lage zu finden; dagegen habe ich es am Ötztalerrand

Ts

556 Wilhelm Hammer. [114]

von der Landesgrenze bis zum Kaunertal nirgends gefunden). Vom Kaunerberg kenne ich ein kleines Vorkommen bei Unterbrauneben.

Es ist ein vollkommen dichtes, licht- bis dunkelgrau oder auch schwärzlich gefärbtes Gestein von großer Härte, massig, mit muscheligem Bruch. Vielfach ist es reichlich durchsät von glasig glänzenden Quarz- körnern. Es durchzieht den Gneis oder Amphibolit in Gängen und Adern nach allen Richtungen nach Art eines Eruptivdurchbruches; selten sammelt es sich in Massen von ein oder ein paar Meter, öfter sind es nur schmale Adern von wenigen Zentimetern bis zu mikroskopi- scher Feinheit herab. In den diaphtoritischen Gneisen der Grenzzone folgt es ungenau der Flaserung, wobei die Abgrenzung vom Gneis un- deutlich wird, während sie bei den quer greifenden Adern in der Regel vollkommen scharf ist. Wo es ein Netz von Querklüften in den gebän- derten Amphiboliten erfüllt, ergibt sich ein Bild, wie es für die Eruptiv- breccien bezeichnend ist (siehe Bild Figur 31). Es ist an die engere Randzone des Gneises gebunden, weiter fort von demselben habe ich es nur in der Verrucanotriasquetschzone gefunden, welche nördlich Pontlatz die Gneise durchschneidet; es ist aber auch nie außer- halb der Gneisregion, in den Bündnerschiefern, Trias etc. gefunden worden, auch nicht in den Diabasschiefern an der Grenze. Meistens liegt es unmittelbar an der Grenzlinie des Gneises und in den ersten 50—100 m desselben.

Vor allem die Art des Auftretens veranlaßten mich, es zuerst als eruptive Gangbildung aufzufassen und ich habe es im „Quer- schnitt“ 1911 als felsophyrische Durchäderung angeführt, da die damals zur Verfügung stehenden Schliffe am ehesten dieser Gesteins- art zurechenbar schienen. Weitere mikroskopische Untersuchungen welche durch die außerordentliche Feinkörnigkeit des Gesteins erschwert werden an neu aufgesammeltem Material sowie be- sonders die chemischen Analysen haben aber mehrfache Kriterien beigebracht, welche für eine Deutung als mylonitische Bildung sprechen.

Die mikroskopische Untersuchung ergab folgendes (Tafel XXIV):

Ein paar Schliffe von Adern des fraglichen Gesteins aus Amphi- bolit am Larainjoch und am Arrezkopf (unsicher auch in einem Schliff vom Hexenkopf S) zeigen bei sehr starker Vergrößerung ein sehr feines, richtungslos-körniges, gleichmäßiges Mineralaggregat, bestehend aus: sehr viel Zoisit in kurzlänglichen Körnchen, Nädelchen einer nahezu farblosen Hornblende, Chlorit und farblose Körner, welche vielleicht Quarz oder Feldspat oder beides sind, ferner in großer Zahl gleich- mäßig verteilte winzige Nester von Rutil (Leukoxen); akzessorisch Pyrit, Titaneisen. Das Gestein sieht nach Struktur und Zusammen- setzung einem umgewandelten‘ diabasischen oder gabbroiden Gang- gestein ähnlich.

Schliffe des Adergesteins aus Gneis (Fließerscharte, Scharte Vesulspitz-Bürkelkopf), zeigen ein noch bedeutend feineres Korn, so

!) Vom schweizerischen Südrand zeigte mir Herr Dr. Spitz einen Mylonit aus der Val torta von der Grenze zwischen dem Granit von Raschwella und dem darüberliegenden Gneis, welcher ebenfalls zu diesen Myloniten gerechnet werden kann.

[115] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 557

I

Fig. 31. Pseudoeruptiver Mylonit in einem gebändertem Amphibolit. Frratischer Block bei Zuort im Val Sinestra

558 Wilhelm Hammer. [1 1 6]

daß bei 500facher Vergrößerung die körnelige Struktur gerade noch deutlich wird. Das Gemenge besteht aus farblosen, ungefähr isometri- schen Körnchen und besitzt in seiner Gesamtheit eine Lichtbrechung höher als Quarz und Kanadabalsam, während die Doppelbrechung jener des Quarzes nahesteht. Einzelne Schüppchen lassen sich als Glimmer deuten; Hornblende läßt sich nicht nachweisen. In einem Schliff (von der Fließerscharte) sind wieder die winzigen Leukoxen- nester in großer Zahl gleichmäßig im Gestein verstreut, in anderen Schliffen fehlen sie oder sind selten. In einem Schliff vom Kontakt mit Gneis (Grenze beider geradlinig, scharf, Dünnschliffbild Tafel XXIV, Figur 3) zeigt das Adergestein besonders bei Einschaltung des Gipsblättehens einheitliche Auslöschung, durchzogen von einem erst bei gekr. Nikols hervortretenden kataklastischen Netzwerk. Die Auslöschung erfolgt bei Einstellung der Gneis-Adergrenze in das Fadenkreuz, eine schmale Randzone löscht ein wenig abweichend aus (y + || der Gneisgrenze).

Dieser Schliff besitzt das feinste Korn von allen; in etwas weniger feinkörnigen Schliffen ist bereits eine Annäherung. an dieses Verhalten entwickelt.

Sowohl bei den Adern im Gneis wie im Amphibolit wird am Gesteinsrand und um Einschlüsse herum eine schlierig-streifige Struktur durch dunklere Färbung hervorgehoben.

Das Adergestein enthält allenthalben zahlreiche Einschlüsse der verschiedensten Größe, welche dem angrenzenden Gneis, bzw. Amphi- bolit entstammen. Die meisten sind Quarze, dann Feldspate ganz gleicher Art wie im Gneis, bzw. Amphibolit und Aggregate beider. Losgelöste (größere) Hornblenden oder Biotite, bzw. Aggregate mit solchen, habe ich nur selten und dann in nächster Nähe des Gesteinsrandes be- merkt. In den Adern im Amphibolit auch größere Körner von Titanit, wie sie gleich im Amphibolit enthalten sind. Ebenso auch Pyrit, welcher auch makroskopisch im Amphibolit vorkommt. Alle Einschlüsse sind stark kataklastisch bis zu breceiöser Struktur, meistens zackig und unregelmäßig umgrenzt, in ein paar Schliffen fand ich aber auch stark abgerundete Einschlüsse.

Der Rand der Adern gegen das angrenzende Gestein ist häufig ganz scharf, wobei der Gneis oder Amphibolit nur ganz am Rande etwas kataklastisch ist, sonst aber bis zu dem der Schichtung paral- lelen oder querabschneidenden Rand sein kristallisationsschieferiges Gefüge und seine Zusammensetzung unverändert beibehält. An anderer Stelle ist eine randliche Zertrümmerung mit Ablösung einzelner Körner und Körnergruppen zu sehen. Schließlich beobachtet man auch ein flaseriges Ineinandergreifen beider Gesteine, besonders wo die Adern der Schieferung nach sich ausbreiten, wobei das Adergestein in feinsten Verzweigungen sich zwischen den einzelnen Körnern des Gneises, bzw. Amphibolits ausfasert (Taf. XXIV, Figur 1). Auch eine verschwommene, unscharfe Abgrenzung von Gang- und Muttergestein ist manchmal zu finden. Dies ist besonders bei den stark verflaserten Formen der Fall. Bei einer solchen aus Amphiboliten am Pfunder ÖOchsenberg ist auch eine subparallele Einordnung der Hornblende- nädelchen (und der Zoisite) des Adergesteins zu pemerken. Jegliche

[117] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 559

Spuren einer Kontaktstruktur im Gneis oder an den Einschlüssen fehlen, Kontaktmineralien wurden keine beobachtet.

In einem Schliff vom Larainjoch beobachtet man innerhalb einer Ader zwei verschiedenaltrige Gesteinsarten: einerseits das sehr fein- körnige, gleichmäßig struierte Gestein, wie es oben aus den Amphi- boliten beschrieben wurde, welches auch in feinen Verzweigungen zwischen die Amphibolitschieferlagen eindringt, anderseits in ihm und deutlich abgegrenzt ein gröberes, deutlich brecciöses Gestein aus ‚Fragmenten von Feldspat, Hornbleude, Quarz und sekundären Bestand- teilen; abgerissene Trümmer des Amphibolits und kleinere Körner- gruppen aus diesem sind eingeschlossen oder randlich angrenzend, ferner umschließt es auch Stücke des feinkörnigen (dichten) Gesteins. Nach Bildung der dichten dunklen Adern ist hier also nochmals der Amphibolit samt seinen Adern längs diesen aufgerissen und zerrieben worden. In einem Schliff von der Scharte Vesul-Bürkelkopf (Ader im Gneis) fand ich umgekehrt kleine Stücke einer derartigen gröberen Breccie schwimmend in dem äußerst fein- körnigen Adergestein, auch wieder scharf abgegrenzt voneinander (Taf. XXIV, Figur 3).

Herr Dr. OÖ. Hackl, Chemiker der geologischen Reichsanstalt, hatte die Freundlichkeit, für mich zwei Analysen des Adergesteins auszuführen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank aus- spreche. Die eine Gesteinsprobe (Analyse I) stammt aus einer solchen Ader in den Paragneisen der Fließerscharte (Hauptkamm ober der Fließeralm), die andere (Analyse II) aus einer Ader in dem mächtigen Amphibolitzug nordöstlich des Arrezkopfes, unmittelbar an der Gneisgrenze (während I bereits innerhalb des Gneisrandes liegt):

I II Be, 6: 80:82 47:53 BEE, u ...2298 16:37 a an, Bl 3:63 N. 080 10:88 ah 0 08 853 ee „219 6:80 A ee RE. << 1:17 nn, „0:98 3:10 H, O (Gesamtmenge) 387 1:16

er nr. BZ 1:60 100:39 10077

Aus den Analysen ist zu ersehen, daß es sich ‚bei den Adern nicht um ein einheitliches Gestein handelt, sondern es kommt die schon bei der mikroskopischen Untersuchung festgestellte Ver- schiedenheit der Adern im Amphibolit von jenen im Gneis noch deutlicher zum Ausdruck. Das Gestein der Analyse I besitzt ferner nicht jenes Verhältnis der Gemengteile, welches für Eruptivgesteine charakteristisch ist, sondern ausgesprochen jenes von tonerdereichen Paragneisen (Pelitgneisen). Mit solchen stimmen sowohl die

560 Wilhelm Hammer. [118]

absoluten Mengen überein als auch die gegenseitigen Verhältnisse, vor allem der hohe Tonerdegehalt bei relativ niederem & 0, da- bei erscheint letztere infolge der zahlreichen Quarzeinschlüsse jedenfalls in der Analyse beträchtlich höher als es dem Adergestein selbst entspricht.

Die Analyse II aber steht ebensogut im Einklang mit solchen von typischen Amphiboliten (beziehungsweise von Gabbro und Diabasen), auch wieder sowohl in der Menge der Gemengteile (hoher Eisengehalt!) als im Verhältnis der Alkalien zueinander, von Ca O zu Mg O usw. Auch hier ist übrigens der Kieselsäuregehalt durch die Einschlüsse erhöht.

Die Adern stimmen also inihrer Zusammensetzung in den beiden untersuchten Fällen auffallend überein mit dem Gestein, inwelchem sie stecken. Bei der Deutung als Eruptiv- sang müßte man eine derartige Einflußnahme des Nebengesteins auf das Magma annehmen, wie sie bisher noch nirgends beobachtet wurde, beziehungsweise es mangelt ein entsprechendes Ausgangsmaterial (I). Reinhold!) hat bei aplitischen und pegmatitischen Gängen be- obachtet, daß sie, wo sie Amphibolite durchdringen, manchmal reich- lich Hornblende führen (während sie außerhalb derselben frei davon sind); es handelt sich hier um pneumatolytische Bildungen; dagegen läßt sich Analyse I nicht auf ein analoges granitisches Gangmagma beziehen, da bei einem Gehalt von 20—30 Prozent Quarz- (und Feld- spat-) einschlüssen nur ein Kieselsäuregehalt von etwa 30-—40 Pro- zent verbleibt. Die andere, näher liegende Möglichkeit, wäre die, die Adern als Diabasgänge zu deuten und Analyse I durch sekundäre Umwandlungen solcher zu erklären. Wenn man die von Reinisch?) festgestellte Richtung der chemischen Umwandlung bei Dynamometa- morphose von Diabasgängen auf den vorliegenden Fall anwendet, er- gibt sich, daß zwar bei 41,0, und CaO, bei Abrechnung der Quarz- einschlüsse auch bei 50, die Anderung in gleicher Richtung, aber in viel höherem Grade erfolgt wäre, daß aber bei FeO, MgO und Na,0 statt einer Zunahme eine starke Abnahme des Gehaltes ein- getreten wäre. Da bei der Deutung als Ganggestein die Einschlüsse von Trümmern des durchbrochenen Gesteins auf jeden Fall abgerechnet werden müßten, ergibt sich ein so niederer Kieselsäuregehalt, daß damit die sehr geringe Menge von CaO und MgO in keiner Weise in Einklang zu bringen ist. Nimmt man beide Möglichkeiten zusammen, so bleibt unerklärt, warum die sekundäre Umwandlung nur bei dem Gang im Gneis das Bild magmatischer Zusammensetzung so weitgehend zerstört hätte, bei jenem im Amphibolit aber nicht. Grubenmann gibt (l.c. S. 170 und 172) zwei von Hezner ausgeführte Analysen von petrographisch mit dem Gneis der Fließerscharte nahe überein- stimmenden Gneisen vom Silvrettarand (Piz Cotschen) und vom Otz- talerrand (Rasassergrat). Die Abweichungen von Analyse I sind hier

!) Tschermaks Min. Mitteil. 1910,\8. 43 ff. ?)R. Reinisch, Druckprodukte aus Lausitzer Biotitgranit und seinen Diabas- gängen. Habilitationsschrift, Leipzig 1902.

[119] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal, 561

gering und bewegen sich in derselben Richtung, wie sie Reinisch für dynamometamorphe Umwandlungen an granitischen Gesteinen angibt.

Die beiden Analysen lassen sich also mit der Deutung als My- lonit gut in Einklang bringen.

Sie fordert aber dann eine Erklärung der Mikrostruktur, da das richtungslose körnige Hornblende-Zoisitgemenge der Adern im Amphi- bolit kaum der primären Struktur eines Zerreibungsprodukts entspricht. Es könnte in diesem Falle eine Umkristallisation angenommen werden. Auch die Adern im Gneis scheinen ihren optischen Verhältnissen nach nicht einfach aus feingemahlenem Quarz, Feldspat und Glimmer zu be- stehen. In einzelnen feinen Adern im Amphibolit beobachtet man eine subparallele Ordnung der Hornblendenädelchen, also ein Mylonit mit „geregeltem Gefüge“ im Sinne von Sander!). Eine bedeutend weitergehende Gefügeregelung besteht dann in dem obbeschriebenen Schliffe mit einheitlicher Auslöschung der Gangmasse. Sander be- schreibt aus den Tauern?) Mylonite mit geregeltem Gefüge und regenerierender Kristallisation: „Blastomylonite*, unter welchen Be- griff die hier behandelten Adern auch fallen würden, wobei im letzt- genannten extremen Fall nicht nur eine regenerative Kristallisation, sondern auch eine völlige Umwechslung des Mineralbestandes statt- gefunden hätte.

Bei der Deutung als Mylonit ergibt sich aus den Analysen weiters auch, daß dieser nur zerriebenes Gneis-, beziehungs- weise Amphibolitmaterial enthält; der Kalkgehalt ist in beiden Proben nicht größer als einem Gneis, beziehungsweise Amphi- bolit entspricht, CO, in I sehr gering und auch in II noch so nieder, daß keine merkliche Beimengung, in I überhaupt keine, von Bündner- schiefermaterial (oder Trias) stattgefunden haben kann. Es wurden auch weder makroskopisch noch in den Schliffen Fragmente kalkiger Gesteine oder von Tonschiefern, Diabasen etc. in diesen Adern gefunden °).

So sehr man also auch erwarten möchte, daß bei Mylonit- bildung an einer Überschiebung von Gmneisen über Kalkschiefer, Kalke, Kalksandsteine etc. die letzteren stärker herangezogen würden als der widerstandsfähigere Gneis (und Amphibolit!), bestätigt die Analyse das schon in der örtlichen Verbreitung sich ausdrückende Verhältnis, daß nur der Unterrand der übergeschobenen Gneismasse in dieser Art mylonitisiert wurde. 3

Ein ähnliches Verhältnis scheint bei den lappländischen Über- schiebungen zu herrschen, wo am Luopahta (siehe Holmquist, Exkursionsführer d. XI. Geol.-Kongr. 1910) die überschobenen Ton- kalksteine des Silur nur ganz nahe am Rande stärker hergenommen, zum größten Teil aber ohne dynamische Umwandlungenisind (Erhaltung von Versteinerungen usw.), während das übergeschobene Syenit- und

1) Tschermaks Min. Mitteil. XXX. Bd. 1911, S. 281 u. fi. 2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1912 (siehe „Blastomylonite“ im Index). ®) Spitz und Dyrenfurth berichten von der ‚südlichen Gneisgrenze in der Clemgiaschlucht von einem vermutlich als Reibungsbreccie von Granit- gneis und Bündnerkalkschiefer zu deutendem Gestein dem einzigen bekannt- gewordenen Fall einer derartigen Mischung an der Hauptgneisgrenze.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 8. Heft. (W. Hammer.) 72

562 Wilhelm Hammer. | [120]

Granitgebirge auf mehrere hundert Meter Mächtigkeit kataklastisch und mylonitisiert ist (Kakirite). Doch hat hier immerhin noch in der Grenzzone eine Vermengung von Silur und Kakirit teilweise statt- gefunden. Die Mächtigkeit der Kakiritbildung mag hier dadurch ver- ursacht sein, daß noch weitere, höherliegende Schubflächen das über- geschobene Gebirge durchschneiden.

Nach Holmquists Beschreibung gleichen mikroskopisch den Kakiriten die oben vom Kaunerberg beschriebenen Granitgneis- mylonite, nicht aber die pseudoeruptiven Mylonite, womit auch. das Vorhandensein von (makroskopischen) UÜbergängen zur normalen Gesteinsart bei den beiden erstgenannten übereinstimmt )).

Diabasgänge und Erze im Gneisrand.

Die Randzone der Otztalergneise wird von zahlreichen Gängen von Diabas durchsetzt. Einzelne derselben sind am Aifenspitz— Kaunerberg zu beobachten und längs dem Gneisrand am Fendlerkamm, in rasch zunehmender Zahl weiterhin im Stalanzertal. Den Höhepunkt der Anhäufung erreichen sie in den beiden Tösnertälern und dem Radurschler Hochjoch in den dicht überwaldeten und mit reichlichem Glazialschutt ausgestatteten Einschnitt des Radurscheltals sind bisher keine bekannt geworden; sie kommen aber wieder zahlreich zum Vorschein, wo die Gneisgrenze in der Gruppe des Gaisbleiskopfes’ ober Holz verläuft, bis zur Gamoralm ober Nauders. Es sind in der Regel Lagergänge, doch fand ich im Stalanzertal auch ein paar schöne Quergänge !). Folgen so also die einzelnen Gänge auch dem Ostwest- streichen der Gneise, so sind sie in ihrer Gesamtheit als Zone doch schräg zum Gneisstreichen, entlang dem Dislokationsrande der Gneise angeordnet und zeigen dadurch den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Aufdringen der Eruptivgesteine und jener Bewegungs- fläche an.

Im Gegensatz zu den Diabaslagern in den Bündnerschiefern, welche größtenteils in Grünschiefer umgewandelt sind und eine deut- liche Diabasstruktur nur mehr in einzelnen Fällen, gleichsam als

!) Während des Druckes dieser Abhandlung zeigte mir Herr Professor Dr. F.Becke einen Schliff aus dem von Paulcke im Fimbertal gesammelten Material dieser fraglichen Gesteinsadern, welcher zweifellos ein basisches Eruptivgestein (Diabas?) mit unversehrt erhaltener primärer Erstarrungsstruktur zeigt. Gegen den angrenzenden Gneis besitzt es eine schmale, äußerst feinkörnige und nicht weiter auflösbare Randzone, welche durch Übergang mit dem größerkörnigen Eruptiv- gestein verbunden und gegen den Gneis scharf abgesetzt ist. Makroskopisch ist das Material des Schliffes von den sicheren Mylonitadern nicht zu unterscheiden,

Es sind also doch auch echte Ganggesteine mit diesen Mylonitadern ver- quickt, wenn auch nach dem bisherigen Schliffmaterial selten. Die gute Erhaltung der Erstarrungsstruktur (Feldspatskeletie!) wird sich schwer mit der Annahme einer passiven Verschleppung vereinen lassen, wenn man auch die Randzone viel- leicht als Mylonitrand auffassen könnte. Am Ötztaler Gneisrand treten ja zahl- reiche Diabasgänge auf (welche aber mit Myloniten nicht zu verwechseln sind), während ich am Paznauner Gneisrand bisher keine derartigen Gänge gefunden habe,

!) Weitere Angaben über diese Gänge enthält der Artikel „Uber einige Erzvorkommen im Umkreis der Bündnerschiefer des Oberinntals“ in der Zeit- schrift des Ferdinandeums, Inusbruck 1915 (im Druck).

-[121] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 563

‚Reliktstruktur zeigen, haben jene Gänge in den Ötztalergneisen ihre ursprüngliche magmatische Struktur mit seltenen Ausnahmen (zwei -Gänge im Stalanzertal) unverändert bewahrt.

Dieselbe Randzone der Ötztalergneise wird außerdem von zahl- reichen Erzgängen und Imprägnationen durchzogen !). Sie sind zum Teil an denselben Flächen wie die Diabase emporgestiegen: der Blei- ‚glanzgang, welcher im Tösnerbergbau (Platzertal) abgebaut wird, folgt dem liegenden Salband des Diabases, andere halten sich in nächster Nähe solcher, z. B. die Kiesimprägnation im Schloßbachgraben, Peters- bachgraben u. a.; zum Teil folgen sie unmittelbar dem Gneisrand und seinen Zerrüttungszonen, wie dies bei der Erzimprägnation und den Quarz- kiesgängen der Gegend von Martinsbach der Fall ist. Hier greift die Vererzung, wie aus dem oben schon erwähnten Stollen im Bündner- schiefer zunächst Martinsbach zu ersehen ist, auch unter die Gneis- grenze hinab auf die angrenzenden Teile der Bündnerschiefer. Weitere Beispiele sind die Erzvorkommen in der Schuppenzone von Riatsch— Tiefhof bei Nauders, wo einer der alten Stollen direkt in dem Mylonit angesetzt ist, welcher die Fortsetzung der obersten Triasschuppe (über dem Grünsee) bildet. Am Nordrand beobachtete ich sowohl unter dem Arrezkopf. als auch zwischen Obladis und Asters eine schwache Imprägnation des dichten Mylonits mit Pyrit.

Tektonisch läßt sich aus all dem folgern, daß Diabase und Erz- gänge jünger sind als die Randdislokation der Gneise und daß der Ötztalergneisrand wie er jetzt vorliegt, nicht nur der zufällige Erosions- rand eines „Fensters“ ist, sondern von Anfang an oder bei späterer Beanspruchung tektonisch vorgebildet wurde. Es ist nicht verständlich, warum sich die Gänge nach einem späteren zufälligen Erosionsrand angeordnet haben sollten. Unerklärt bleibt dabei, daß nicht auch auf der „anderen Seite“ der Randdislokation in den randlichen Bündnerschiefern Diabasgänge eingedrungen sind; für die Erzlösungen gilt die Beschränkung auf die Gneisregion nicht in dem Maße, zufolge der Erzvorkommen im Bündnerschieferrand bei Martinsbach und einzelnen kleinen Erzaufbrüchen im Pfundser Tscheytal und im La- baunertal.

Wenn man annimmt, daß die Diabasgänge längs der Schubfläche emporgedrungen und dann in den randlichen Teilen parallel den Schie- ferungsflächen der Gneise aufgestiegen sind, so ist es wahrscheinlicher, daß die Schubfläche entweder von Anfang an oder infolge Aufrichtung bei einer späteren („vordiabasischen“) Neubelebung steil gestellt ist, da sich die Gänge sonst auf lange Strecken hin quer zu den steil- stehenden Gneisen an der Unterfläche hinbewegt haben müßten und anderseits für ein Durchbrechen der unter der Schubfläche liegenden Bündnerschiefer keinerlei Anzeichen vorhanden sind es wurden weder Fragmente solcher in den Diabasen noch Gänge dieser Art in den Bündnerschiefern aufgefunden. '

Die Diabas- und Granitporphyrgänge, welche im Rojental die Ötzgneise durchbrechen, sind älter als der letzte Vorschub der Gneise gegen W über das Mesozoikum der Lischannagruppe, da die Gänge

ı) Näheres siehe Ferdinandeumzeitschrift 1915. 72*

564 Wilhelm Hammer. [ 122]

in den Gneisdeckschollen der letzteren nicht in den mesczoischen Sockel sich fortsetzen möglicherweise sind sie zwischen zwei Vorrückungsphasen der Überschiebung einzureihen !). Dieser Unter- schied in der Altersbeziehung der Gänge gegenüber den beiderseitigen Überschiebungen steht in Übereinstimmung damit, daß die Westschübe (und Faltungen) allgemeinen in diesem Alpenteil jünger sind als die nord- südliche Hauptbewegung, wieim „Querschnitt“ auseinandergesetzt wurde. Es können dabei die Gänge des Nordwestrandes und jene der Rojener Gegend gleich alt sein, ihr Emporsteigen ist eingeschaltet zwischen die beiden Hauptschubbewegungen. Auch wenn man den Westschub (auf Grund der Deutung der in der Verhandlung 1912 beschriebenen Kalkschollen im Gang am Zwölferspitznordgrat) in zwei Phasen zer- legen will, können die Rojenergänge gleich alt sein wie jene am Inntalrand: man kann den ersten Vorschub gegen Westen zeitlich gleichsetzen der Steilaufrichtung der Schubfläche Gneis-Bündnerschiefer nach dieser Phase Aufbrechen der Diabase im Inntalgneisrand und gleichzeitig Durchbrechung der überschobenen Teile der Lischanna- gruppe samt ihrem kristallinen Deckgebirge durch die Rojenergänge, schließlich weiterer Vorschub gegen Westen (eventuell begleitet am Inntalgneisrand von vereinzelten Einwirkungen auf die dortigen Gänge).

Bemerkungen zu den Kartenbeilagen (Taf. XXV u. XXV]).

Auf den Kartenbeilagen sind zwei Ausschnitte aus den Aufnahmsblättern 1:25.000 wiedergegeben, welche Bereiche von besonderer Mannigfaltigkeit des Schichtenbaues und erhöhtem tektonischem Interesse umfassen und auf der das ganze Gebiet darstellenden Spezialkarte 1:75.000 nur schematisiert wiedergegeben werden können.

Schichtgrenzen, welcbe durch Gesteinsübergänge verwischt sind oder mangels der nötigen Aufschlüsse im Gelände nicht genau festgestellt werden konnten, sind mit gestrichelten Linien eingetragen; deutlichere Grenzen durch ausgezogene Linien.

In der Umgebung von Prutz und Fiß sind beträchtliche Flächen vollständig von Humus und Vegetation überdeckt und wurden deshalb dort, wo sie im Bereiche lebhaften Schichtwechsels und tektonischer Komplikation liegen, weiß gelassen; wo auf Grund ruhigerer geologischer Verhältnisse ein verläßlicher Schluß auf den Untergrund oder auf vorhandene Schuttablagerungen gezogen werden konnte, ist die diesbezügliche Eintragung angebracht. Mehrfach sind Hänge dicht von grobem Blockwerk glazialen Ursprungs überstreut, z. B. am Kaunerberg, ohne daß eine eigentliche Moränenbedeckung festgestellt werden konnte; da diese Flächen auch mehrfach über komplizierter gebaute Hänge sich ausbreiten, wurden sie gesondert („glaziale Blockbestreuung“) eingetragen. Einer ähnlichen Überlegung entstammt die gesonderte Eintragung von „G&neisblockwerk“ an den Hängen bei Obladis und Gufer: bei diesen die Hänge dicht überdeckenden großblockigen Massen, welche unmittelbar an der Gneis-Bündnerschiefergrenze liegen, ist es nicht sicher zu entscheiden, ob oder zu welchen Teilen sie von höheren Hängen abgerollte Gneishalden, glaziale Blockbestreuung, respektive Moräne oder endlich zerfallenes anstehendes Gneisgebirge sind. In Rücksicht auf die kritische Lage der betreffenden Stellen wurde es vorgezogen, sie eigens auszuscheiden. Innerhalb der höheren Gneisgebirge, wo über ihre Natur kaum Zweifel entstehen werden, wurde natürlich auf eine derartige Darstellung verzichtet.

Bei dem Gneisgebirge wurde nur eine elementare geologische Einteilung in Para- und Orthogneise sowie die amphibolitischen Einlagerungen vorgenommen.

!) siehe Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1912, S. 145— 147.

[123] Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. 565

Die Orthogneise der Aifenspitzen sind vorwiegend muskovitführende Granitgneise, größtenteils mit der Struktur von Augengneisen. Im Massiv des Hexenkopfes sind die Schiefergneise von zahlreichen Adern und Gängen von Aplit, Pegmatit (auch mit Turmalin) und reinen Quarzgängen, von Zentimeter- bis zu Meterdicke durchzogen. Die Paragneise sind glimmerreiche, meist zweiglimmerige Schiefergneise ; in der Pontlatzschlucht Phyllitgneis. In der Gegend von Pontlatz und Asters werden sie von Phyllitzonen durchzogen, welche nur sehr undeutlich von den Phyilit- gneisen sich abheben, manchenorts aber auch schon den Verrucanophylliten sich nähern. Am linken Innufer bei Pontlatz enthalten sie auch Lagen reich an Granat und Biotit. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sie zum Teil dynamisch umgewandelte Phyllitgneise (Phyllonite im Sinne von Sander) sind.

Als „mylonitische Gneise“ wurden nur die stark mylonitisierten Gneise, welche ihre Schieferung ganz oder größtenteils verloren haben und zu einem massigen, bräunlichen, quarzreichen, körnigen, mylonitischen Gestein umgewandelt sind aus- geschieden. Die häufige schwächere Diaphtorisierung der Gneise am Überschiebungs- rand wurde nicht eigens bezeichnet. Unter „dichter Gangmylonit“* sind die oben Seite 555, beschriebenen „pseudoeruptiven“ Mylonite gemeint.

Mit der Farbe des Verrucano wurden auch die im Gebiete der Fließer- alm auftretenden Quarzsandsteine (Buntsandstein) am Malfragkamm eingetragen. Am westlichen Rand der Karte der Fließeralm ireten an der Gneisgrenze westlich des oberen Malfragkopfes ein paar Schollen eines dunkelgrüngrauen feinkörnigen Quarzits unsicherer Zugehörigkeit auf, welche mit der Liasfarbe bezeichnet sind, desgleichen ein Block eines sandig gelb anwitternden Kalkes begleitet von etwas Diabasschiefer, welch letzterer seiner Kleinheit wegen weggelassen wurde. Ein ganz ähnliches quarzitisches Gestein begleitet auch den Rand der kleinen Diabasscholle an der Nordseite des oberen Malfragkopfes, ohne eingetragen zu sein, wie ja auch der Maßstab 1:25.000 noch an verschiedenen Stellen infolge der feinen Zer- schollung mancher Zonen noch zu kleinen Auslassungen und Vereinfachungen zwingt.

Inhaltsverzeichnis.

ll Seite LE sr u ı y Literaturverzeichnis . . ...... Be )]

| I. Stratigraphischer Teil. Verruceano und Buntsandstein... 446 [4]

Gesteinsarten, Eisendolomit (449), Erzführung (449), Mineral- quellen (450). ee \\ aa) |: Gesteinsarten und Fossilspuren, Verkalkung des Dolomits am Beutel- kopf (452).

A : |.) a |) BE \W Hellbunte Kalke. ee RE .461 [19] Graue, basale Bündnerschiefer und Bündnerkreide.. .463 [21]

a) Petrographische Beschreibung . . . . „463 [21]

Tüpfelschiefer (466), Quarzbreccien (468), kalkige Breccien (469), Diabase (471). b) Faziesverteilung und Schichtfolge . . » : 2. mn ee Quarzbreccien (474), Tüpfelschiefer (474), Breceien (475), Urinoiden- kalke im Südflügel (476), oberste graue Bündnerschiefer im Nord- flügel (477). c) Alter und Vergleich mit Nachbargebieten.. . . » 2.2... . 478 Rozbreccie und Lechtalerkreide (479), Tüpfelschiefer in Grau- bünden (480), Vergleich mit Fazies von Innergraubünden (483), - mit der Lechtalerkreide (484).

472 [30]

566 Wilhelm Hammer. [124]

Seite Bunt6s:;Bündnerschiefer) ri A ee aa 484 [42] a) Petrographische Beschreibung und Verbreitung . .. . 2... 484 [42]

Kalkgehalt und Metamorphose (485), Kaunertal—Ried (486), quar- zitische Ausbildung am Sattelkopf (487), Breccien (490), Über- sicht aller klastischen Gesteinsarten (491), Konglomerate (492), Diabase (490 und 493), Detailprofile (494), Kalksinter er: );Über das Alter‘ der ‚bunten Schiefer. . ... ...2. Js: 496 [53] Fossilreste, Abgrenzung gegen den Verrucano (497), "Transgressions- konglomerat in Malfrag (499), Fucoidenschiefer (501).

Über Altersfolge und Fazies der gesamten Schichtreihe. 502 [60]

1I. Die Lagerungsverhältnisse.

1. Die zentrale Angmolbunp a. 5. Sa a a ae 506 [64]

Verlauf der Achse, Periklinale Abwölbung im Osten (507), Klein- fältelung (509), Klüftung in der Finstermünzer-Gegend (511).

I. Die nördlichen Randzonenı . m... . a ET aa 511 [691

Innere Zone bunter Schiefer (518), Zone grauer Bündnerschiefer beiderseits Prutz (521), Verrucanozone (522), Triasschollen der- selben (523), äußere Zone der bunten Schiefer und Schollen am Gneisrand (525), graue Bündnerschiefer nördlich Prutz (528), Liaszone (530), Kreidekalke —Diabas am oberen Malfragkamm (531).

II. Der Ostrand (der Bündnerschiefer), Kaunerberg und Langetz- berg "AgNa, A ee ee HERR 4.025588 191]

1V. Der Sudrand (derBundguerschiefer) .. ... 2. . u u went. 540 [98] Schichtzonen beiderseits Nauders, Serpentin vom Schwarzsee (543), Piz Lad (546), Radurscheltal (549).

VDeErLGneisrand ur A ent a ee 549 [107] Einfallen der Bündnerschiefer unter die Gneise, Stellung der Grenz- fläche; Querverwerfungen (551), Streichen der Gneise, randliche Anpassung (553). Gesteinsumwandlungen am Gneisranl . . ..... en a a BR TED] Dichter Gaugmylonite „te. >... scene Mer, u Tre Reiten Kalle . 555 [113] Mikroskopische Beschreibung derselben (556), Analysen (559). Diabasgänge und Erze. im 'Gneisrand) >. „su... a mosl.u un, .. 562 [120]

Altersbeziehungen der Gänge zu den Überschiebungen (563). Bemerkungen zu den Kartenbalagen, .. „vum. Eli. 564 [122]

Tafel XXI.

W. Hammer: Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Erklärung zu Tafel XXIII.

Dünnschliffbilder.

Fig. 1. Breccie mit radiolarienhältigen Kalkfragmenten als Ausgangsmaterial von Tüpfelschiefer. Südseite der Stammerspitze in Val sinestra.

Fig. 2. Tüpfelschiefer vom Südabhang der Stammerspitze in Val sinestra.

Fig. 3. Quarzreiche Breccie in den grauen Bündnerschiefern, Lochschrofen bei‘ Martinsbruck (an der österreichisch-schweizerischeu Grenze).

Fig. 4. Breccie aus den bunten Bündnerschiefern von P. 2845 des Frudiger- kammes (Stubental).

Fig. 5. Crinoidenhältige kalkige Breceie aus der Bündnerkreide südlich des Sadererjochs bei Nauders.

16 fache Vergrößerung.

Tafel XXIV.

W. Hammer: Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Erklärung zu Tafel XXIV.

Dünpschliffbilder.

Fig. 1. Amphibolit mit mylonitischen Flasern und Adern. Pfundser Ochsen- berg (Stubental) unter P. 2921 des Hauptkammes.

Fig. 2. Gangmylonit im Biotitgneis. Erratischer Block bei Zuort in Val sinestra,

Fig. 3. Gangmylonit mit Gneisrand. (Ader mit einheitlicher Auslöschung, brecciöse Einschlüsse.) Scharte zwischen Vesulspitz und Bürkelkopf. (Pazunaun.)

Fig. 4. Gangmylonit im Gneis der Fließerscharte. (Material der Analyse).

16fache Vergrößerung.

Eb. Fugger: Das T i g ennengebirge. Tat, XX.

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien IIL, Rasumofskygasse 23.

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W. Hammer: Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Tafel XXI.

Übersichtstabelle über die Schichtfolge in den grauen Bündnerschiefern.

Nordschenkel.

Tschupbach—Stubental— Samnaun. |

Südschenkel.

Muttler—Mondingruppe.

Nauders— Finstermünz— Pfund».

Radurschel—Tösnertal—Stalanzertal.

Kalkglimmerschiefer (Tschupbach—Praiskopf—Spiß).

Quarzbreccie und kalkig-sandige Schiefer von Hahntenn Kreuz- joch Spiß Val Sampuoir. Kalkige Breccie des oberen Val Sampuoir (Munt da sterls etc.).

Kalkglimmerschiefer, Kalke und Tonschiefer an der neuen Samnaunerstraße,

Kallk:ige Breccie im Fernertobel.

Tüpfelschiefer am Ostgrat d.Schalkkopfu. am Mot Mondin.

6Grünschiefer des Mondin.

Kalkschiefer der

Zone Schleinseralm der Quarzite, u. südlich Piz quarzitischer Malmurainza

Kalke, kalkig- |(Tüpfelschiefer?). sandigen nn

Schiefer und Tonschiefer: Muttler Süd- und Ostgrat,

Quarzitische Schiefer und Tonschiefer im Kern der Antiklinale

(Kobleralm— Perflkopf).

Kalkglimmerschiefer.

Grünschiefer von Raut. |

Kalke a. d. Straße unterhalb Finstermünz mit Tonschieferzone.

6rünschiefer von Weinberg. | Kalkige Breccie ober Finstermünz (Fluchtwaud N).

Grünschiefer b. d. Galerien d. Finstermünzerstraße. |

Kalke beim Sperrforts Nauders.

Grünschiefer d. Bazallerkopf u. oberhalb d. Sperrforts. |

Kalkschiefer d. Fluchtwand u. d. Bazallerkopf, mit der crinoidenhältigen Breccie v. Seleskopf.

Tüpfelschiefer v. Parditsch u. Fluchtwand, Tonschieferreiche Zone d. Labauneralm.

Kalkglimmerschiefer.

Tonschieferreiche Zone Finstermünz—Kälbermais— Aussergreit.

Grünschiefer innerhalb Greit.

Kalke und Kalkschiefer vom Frudigerjoch.

Kalkglimmerschiefer.

Quarzitische Zone

Amblannas, Piz Malmurainza—Tea nova—Pragrond—Norberthöhe und

Tüpfelschieferzone:

Gallmötz, Morrlealm Stubental—Spiß—Curschigliakamm Muttler—Stammerbasis. Kalkige Breccie am Gamsblaiskopf (Stubental).

Kalke, Kalkschiefer und grüne Ton-

schiefer (In der Keil-Blauwand) ton-

schieferreiche Grenzzone (Stubental, Lavens etc.).

eingelagert darin kalkige Breccien: Parainaira—Muttler Ostgrat, Amblannas, Saletzjoch, Cuolmen d’alp.

Tüpfelschiefer von der Westseite d. Piz Arina. Quarzbreccie d. Piz Arina— Plaiazan Schleins begleitet von Tüpfelschiefer.

Kalkschiefer.

Quarzbreccien von Saraplana.

Crinoidenkalk von Raschwella.

Schmalzkopf an der Basis kalkige Breccie d. Nordseite des Schmalzkopf.

Quarzbreccie vom Lochschrofen.

Riatschhof— Gamor—Sadererjoch und Diabaslager (Kohlstatt—Suntawa).

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

des Fradigerjoches

von Übersachsen.

Kalkschiefer mit grünen Tonschieferschmitzen (Ulrichskopf) crinoiden- hältige Breccie d. Zonnen- kopf. Tüpfelschiefer von Saderergraben ; Quarrite, Kalke und Tonschiefer (Saderertal).

Krinoidenkalke und Breccien

Gschneier—Platz.

Kalke, Tonschieferzone, kalkige Breccie vom Breit- haslachgraben, Tüpfelschiefer des Malzkopf, d. Tösner- und Stafelleralm.

Fendleralm.

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Tafel XXI.

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Das Gebiet der Bündnerschiefer

W. Hammer

P.:2921° des Hauptkammes.

P. 2854.

Frudigerkopf.

Blauwand.

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Graue Bündnerschiefer, (Bündnerkreide.)

Bunte Bündnerschiefer.

Verrucano, Weiß: Trias.

Gneis und Amphibolit,

Ansicht des Frudigerkammes und der Ochsenbergalm im Stubental von Osten.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23.

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W. Hammer: Bündnerschiefer ec. Tafel XXIV

Autor. phot. 3 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914, Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill, Rasumofskygasse 2.

B..

Paragneise.

Quarzit und quarzitischer Gneis.

Granitgneis.

MM

Amphibolit.

Mylonitischer Gneis, dichte Mylonite.

B

Phyllit.

Quarzserizitschiefer, Qnarzfels und Arkosen des Verrucano.

Phyllite des Verrucano.

W.Hammer. Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Geologische Karte

der

Umgebung von Prutz im Oberinntal

aufgenommen von W. Hammer.

1:25000 oder Icm-250m oder 3 cm -1000 Schritte

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Ze —— - +—— 200 00 600 E09 1000 1200 1400 1800 1200 2000 Schritte

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J

Eisendolomit.

W

7 A

I

Dolomit und dolomitischer Kalk der Trias.

Kalke der Trias.

Tonschiefer und Sandstein der Trias.

u

Rauhwacke.

Gips.

Schuttkegel und Gehängeschutt.

Kalksinter.

Postglaciale Schutterassen am Inn.

Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, LXIV. Band, 1914. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygusse 23,

Y, ARR AANAAANAN ANANAAAA NAAAAAAAA

Blocksturzhalden aus Triasdolomit.

Gneisblockwerk. Verrutschungen. Aufschlußlose Vegetations- hänge und Alluvien der Tal-

böden, Seen.

Tafel XXV.

el

Graue kalkige Bündner- schiefer.

e=

‘Tonschieferreiche Zonen derselben.

Tüpfelschiefer.

Breccien der grauen Bündnerschiefer.

Crinoidenkalk und Breccien (Bündnerkreide).

Bunte Bündnerschiefer.

Breecienzonen der bunten Bündnerschiefer.

Konglomerat in den bunten Bündnerschiefern.

Diabasschiefer.

Diabasgänge in den Gneisen.

Moränen.

Moränen mit Schotter- lagen wechselnd.

({ TITH 1 gun el RES HL..

DE

Konglomerierte Schotter gegenüber Ried.

z res | SIR eg un

Eisenquellen, Schwefel- quellen, Bergbaue und Schurfe.

Seigere, steile, minder steile und flache Schichtlage.

mr Ares:

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i

Paragneise.

Granitgneis.

|

Pegmatitische Aderung.

-

Amphibolit.

\

Dichte Mylonite.

Quarzserizitschiefer, Quarzfels und Arkosen des Verrucano.

Phyllite des Verrucano.

'

Eisendolomit.

Dolomit und dolomitischer Kalk der Trias.

Kalke der Trias.

Tonschiefer und Sandstein der Trias.

IE

Rauhwacke.

W. Hammer. Das Gebiet der Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal.

Geologische Karte

der

Fließeralm und des oberen Stubentales

aufgenommen von W. Hammer.

1:25000 oder Icm-250m oder 3 cm -1000 Schritte

100 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1300 2000m rk - 7 + + ——_—

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u ZZ una I | EZ Be Schuttkegel und Kalksinter. Blocksturzhalden aus Gehängeschutt. Liaskalk.

Er

Moränen.

Diabasschiefer. Glaciale Blockbestreuung.

Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, LXIV. Band, 1914. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofskygasse 23.

böden, Seen, Firnfeld am Hexenkopf.

gFe

Eisenquellen,

alter Bergbau.

Tafel XXVI.

schiefer.

Tonschieferreiche Zonen derselben.

Tüpfelschiefer.

Breceien der grauen Bündnerschiefer.

Crinoidenkalk und Breccien (Bündnerkreide).

Bunte Bündnerschiefer.

Breecienzonen der bunten Bündnerschiefer. "

Kong omerat in den bunten Bündnerschiefern.

Grüngrane sandige Schiefer (Fucoidenschiefer des Samnaun).

Erz] SL Seigere, steile, ıninder steile und flache Schichtlage.

Inhalt.

3. Heft.

Seite

Das Tennengebirge. Von Eberhard Fugger. Mit einer Tafel (Nr. XX)

und 5 Illustrationen im Text , ...... RE ER TE rer 369 Das Gebiet der-Bündnerschiefer im tirolischen Oberinntal. ‘Von Wilhelm

a

NB. Die Autoren allein sind für den Inhalt und die Form ihrer Aufsätze verantwortlich.

Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Steingasse 25.

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4. Heft. Ne in 2” a ar ae Br = / \ 5 ki N N 28

wien, 1915.

Verlag der k. K. resigetschen Reichsanstait.

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bei R. Lechner (With. Müller), k. u. K. Hofbuchhandlung

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Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. (Erste und zweite Folge, November 1914.)

Von Bruno Sander. Mit 12 Tafeln (Nr. XXVII-XXXVIN).

1. Feinschichtung, Teilbewegung und Kristallisation im Klein- gefüge einiger Tiroler Schiefer.

Einleitung.

Es ist eine vom Verfasser schon mehrfach begonnene Aufgabe für sich, dem Verhältnis zwischen Teilbewegung und Kristallisation im Gesteinsgefüge oder im Kleingefüge anderer umgeformter Körper (Metalle etc.) nachzugehen. Hierzu sind einige Unterscheidungen nötig, um so mehr als es in der Gefügekunde der Gesteine ermöglicht werden soll, Befunde zu beschreiben, ohne sich schon durch den Gebrauch unserer meist halb bes-hreibenden, halb eine bestimmte Entstehung be- hauptenden Ausdrücke einer Hypothese über die Entstehung anzu- schließen. Es scheint, wie in ähnlichen Arbeitsgebieten, eine rein beschreibende Bezeichnungsweise nicht ohne Vorteile. Hierbei werden die als Beobachtungen und Hypothesen höchst schätzenswerten Ergeb- nisse hoffentlich nicht verkannt, welche in Ausdrücken wie Kristalli- sationsschieferung und Piezokristallisation verdichtet und freilich auch fest mit -Hypothesen über die Entstehung verknüpft worden sind.

Eine Anzahl solcher Unterscheidungen und Ausdrücke ist in früheren Studien des Verfassers angeführt, worauf hier nur verwiesen werden kann, besonders auf das Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1912 und das Literatur- und Sachverzeichnis dieser Arbeit, ferner auf Ver- handlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1914, Nr. 3 und Nr. 9. Immer handelt es sich darum, Teilbewegung und Kristallisation begrifflich zu trennen und ihr Verhältnis womöglich zu bestimmen. Hierin kann man ziemlich weit gelangen, wenn neu- gebildete größere Mineralkörner etwas vom Gefüge, wie es zur Zeit ihrer Entstehung war, umschlossen und aufbewahrt haben. Es werden also hier häufig Gesteine mit großen Holoblasten als Beispiele heran-

gezogen werden.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Ile ft. (B Sander.) 73

568 Bruno Sander. [2]

Zugleich bildet die Beschreibung dieser meist der unteren Tauern- Schieferhülle entnommenen Typen eine gewisse Ergänzung der in der erstzitierten Arbeit erfolgten Beschreibung von Tauerngesteinen, welche namentlich mit Hinblick auf stratigraphische Fragen aus- gewählt waren.

Das Gesteinsmaterial wurde insbesondere anläßlich früherer von der kaiserlichen Akademie subventionierten Begehungen in den Tauern gesammelt, die Herstellung des sehr beträchtlichen Schliff- materials vom geologischen Institut Innsbruck und von der k.k. geologischen Reichsanstalt ermöglicht, so daß ich den genannten Instituten verpflichtet bin.

Da es bekanntlich nicht immer leicht ist, mit den Ausdrücken Struktur und Textur inGrubenmanns Definition zu Werke zu gehen, wird hier Gefüge gesagt und mag dieser unmittelbar verständliche Begriff die Merkmale des inneren Baues alle umfassen, welche man bei manchen Gelegenheiten gewiß mit Vorteil weiter - einteilen und voneinander trennen kann.

Bei einer ausführlichen Besprechung eines Schiefers im Sinne dieser Übersicht wird der Kürze halber etwa folgendes Schema vor- geschlagen und teilweise verwendet.

Rein beschreibend:

1. Gefügeelemente (Minerale, Aggregate etc.). 2. Kleingefüge.

s= eine wie immer entstandene Schar paralleler Gefügeflächen (Schieferung, Feinschichtung etc.). snd = Gefügeflächen mit grobmechanischer Korndeformation z. B.: sr Gefügeflächen mit ruptureller Korndeformation.

sb = Gefügeflächen ohne grobmechanische Korndeformation (z. B. Bild der Kristalli- sationssohieferung).

Erfahrungsgemäß schließt snd an dem einen Gefüg.element (z. B. Quarz oder Glimmer), ss an dem anderen Element (z. B. Karbonat) nicht aus. Auch ist gegebenenfalls ebenfalls eigens für jedes Gefügeelement zu unterscheiden, ob das s nur durch heterometrische (z. B. oblonge) Körnerform ohne Regelung der Kristallachsen der verschiedenen Körner zustande kommt oder mit Regelung der Achsen (z. B. subparallele Stellung der c-Achsen bei Quarz; subparal- lele Stellung oder bloß Regelung ||s der Hornblendeachsen).

si = s innerhalb von Kristalloblasten (intern).

se s außerhalb von Kristalloblasten (extern), kann = se sein oder Unter- schiede zeigen.

Die Minerale liegen entweder nur ungefähr geregelt in s, wie z. B. im Glimmergebälke (vgl. Figur 6) und in den Polygonalbögen von Falten mit Abbildungskristallisation, oder scharf in s.

Von der Gebälkform der Glimmer ist das Glimmergeflecht (vgl. Figur 1) seiner Deutung halber möglichst zu unterscheiden. Aneirander- grenzende gleichartige Körner (z. B. Quarz) sind entweder scharf oder un- scharf umrissen (bei gleicher Schliffdicke und unabhängig von verzahntem, buchtigem oder Mosaikverband).

Die Gefügedeutung betreffend:

Teilbewegung im Gefüge (Differentialbewegung, Gefügebewegung). d3= SasınEs: md —= molekulares d z. B. ds. nd = nichtmolekulares d z.B. nds, Fältelung.

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[8] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 569

k —=_die Kristallisation; vor, mit oder nach d. ss sedimentäres s (leinschichtung).

ab abgebildet durch Kristallisation,

ag ausgearbeitet, gleichsinnig weiterentwickelt. mag zeigt an, daß dies durch md geschah.

nag zeigt an, daß dies durch nd geschah.

} Die hier unternommenen Studien schließen sich eng an folgende Vorarbeiten des Verfassers an:

B. Sander, Über Zusammenhänge zwischen Teilbewegung und Gefüge in Gesteinen. . Tschermaks Mineralog. und Petrogr. Mitteil. 1911. XXX. Wien.

Über tektonische Gesteinsfazies. Verhandl. der k. k. geol. R.-A. Wien 1912.

Über einige Gesteinsgruppen des Tauernwestendes. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1912,

Studienreisen im Grundgebirge Finnlands. Verhandl. d. k.k. geol. R.-A. Wien 1914, Nr. 3,

Bemerkungen über tektonische Gesteinsfazies und Tektonik des Grundgebirges. Verhandl. d.k.k. geol. R.-A. Wien, 1914, Nr. 9.

I. Untere Schieferhülle der Tauern.

Zur leichteren Orientierung über die Ortslage der beschriebenen Schieferhüllengesteine wird denselben hier wie in den geologischen Studien am Westrande der Hohen Tauern (Denkschr. d. Akad. math.- nat. Kl. Bd. LXXXI) in folgender Ordnung nachgegangen. Wir um- fahren im Süden beginnend das Tauerngneisende der Hochfeilergruppe und weiter westlich, bei Sterzing, die vom Pfitscherbach und Senges- bach angeschnittene „Sengeser Kuppel“ ; im Anschluß werden Gesteine aus dem Sterzinger Becken angeführt, welche dem „Schneeberger Zug“ der unteren Schieferhülle angehören. Ebenfalls im Süden am Pfitscherjoch beginnend wird das Ende der Zillertaler Gneise um- fahren und hierbei am Brenner einiges angeschlossen. Dann wird die untere Schieferhülle zwischen Maulser Gneisen und nördlich folgendem Kalkphyllit beschrieben, welche in der geologischen Beschreibung als eine südlich von Termiers angenommener Fortsetzung verlaufende Fortsetzung der „Matreier Zone* den Lokalnamen „Rensenzone“ erhielt. Diese Notizen betreffen also geographisch den Hochfeiler, das Pfunderer Gebirge, (die Sarntaler Alpen), die Stubaier Alpen, den Tuxer Hauptkamm und die Tuxer Voralpen. Die genauen Orts- angaben sind im Hinblick auf eventuelle spätere Weiterarbeit an- geführt.

Hochfeiler und Sengeser Kuppel.

1. Zwischen Weißzinnt und Eisbruckjoch ist dem Zentralgneis des Hochfeiler als scharfes, konkordantes Brett ein dunkler Glimmer- schiefer eingeschaltet, welchen in der Hand besonders quer zu s ge stellte Biotite bezeichnen; ein Gestein, welches da und dort im Tauerngneis seinesgleichen hat, welche sich wieder mit etwas ab- weichenden in eine Gruppe stellen lassen: es sind Typen der unteren Schieferhülle, welche dem Tauerngneis selbst eingeschaltet sind (Greiner Schiefer im Tauerngneis).

73°

570 Bruno Sander. [4)

Das Kleingefüge zeigt nur sb.

Quarz zeigt eckige Körner mit unfgerelielten Achsen, außer- halb der Biotite merklich oblong in s. Dieses se setzt durchwegs gänzlich unverlegt durch die verschieden orientierten Biotite. si des Quarzes in den Biotitholoblasten unterscheidet sich von se nur durch das Fehlen oblonger Körner. Es ist demnach s des Quarzes vor- biotitisch und wahrscheinlich ss (sedimentär angelegt), da im Biotit nicht durch oblonge Körnerform bestimmt, sondern lediglich durch Anordnung in Zeilen (wie wir sie bei Feinschichtung bestimmend sehen).

Epidot, fast ebenso wie Quarz vertreten, bildet Säulchen durch- schnittlich etwa im Maße 1X 10.

Die 5-Achsen sind subparallel gestellt, also linear. im Biotit ist gut entwickelt, also vorbiotitisch. Die Epidote in se sind größer und anscheinend besser linear: geordnet. Ihre Unversehrtheit läßt die Epidote als Holoblasten betrachten.

Grüne Hornblende tritt mit linearer Anordnung der c-Achsen auf und fehlt im Biotit (Aufzehrung? spätere oder gleichzeitige Bildung ?)

Die häufig von s abweichenden Biotitholoblasten zeigen zu- weilen deutlich einen epidot- und hornblendefreien Hof aus größer entwickelten Quarzkörnern, wie man sie auch in Erstarrungsstruk- turen in der Nähe des Biotits finden kann. Die von s abweichenden Biotite sind nicht verkümmert.

Zeitliche Generationen: 1. Quarz, Epidot, 2. Quarz, Hornblende, Biotit, ö. Quarz.

An Teilbewegung ist höchstens mds vorhanden (lineare Regelung von Epidot und Hornblende). Die Kristallisation des Biotits ist nach oder mit »nds erfolgt. Wahrscheinlich fiel mds mit dem Kristallisations- maximum (oben 2) zusammen.

Es war also ein Gefüge aus feingeschichteten, scharfeckigen Quarzkörnern und kleinen Epidotnädelchen (scheinbar schon in s an- geordnet, wodurch ? —) vorhanden. Dann kamen die Biotitholoblasten, welche diese erste Generation reliktisch (als si) umschlossen. Die Epidote scheinen sodann im allgemeinen noch weiter gewachsen zu sein und Hornblende trat, ebenfalls linear geordnet, auf. Epidot stellte sich, wie gewöhnlich mit der b-Achse, Hornblende mit der c-Achse // der Streckung. Ebenfalls wurden die Quarze oblong; alles gute Hin- weise auf mds, wahrscheinlich „Streckung*. Bewegung kann nur in s stattgefunden haben, denn im Biotit ist unverlegt gegenüber se. In Vergleichstypen aus dem Habachtal, welche mir Herr Dr. Ohne- sorge freundlichst zur Einsicht gab, findet man die Gleichzeitigkeit der Kristallisation von Biotit und Hornblende deutlich und viel Kalzit. Letzteren betrachte ich als einen sedimentären Charakter im Zu- sammenhang mit der Feinschichtung des Quarzes, welche auch in OÖhnesorges Material sehr deutlich ist. In einer tektonischen Fazies dieser Habacher Gesteine wurde die im Kalzit seltene, interne Relikt-

[5] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 571

struktur und ihre Verlegung durch nd in schöner Ausbildung be- obachtet. Demnach betrachte ich derartige zum Teil im Tauerngneis, zum

Teil peripher liegende Biotit-Hornblende-Schiefer als Paraschiefer mit Feinschichtung.

2. Kalkepidotalbitschiefer zwischen Napfspitze und Roter Riffl. Quarz spielt eine geringe Rolle und zeigt Aggregate eckiger Körner in s verflacht. Auch der Albit bildet in s verflachte Aggregate großer kanten- gerundeter Holoblasten mit ungeregelten Achsen. Epidot und Hornblende als Nädelchen und filzige Lagen in s. Kalzit bildet geschlossene Körnerlagen in s. Gegenüber sb spielt sr keine Rolle. Zeitlich scheint nur wahrnehmbar: Quarz, Epidot, Hornblende, Albit, Kalzit.

Ein voralbitisches s, von welchem im Albit Epidot und tonige Substanz (Nädelchen) als si zu sehen sind, wurde von den Albitholo- blasten umschlossen. Es erfolgte sodann die Verlegung dieses si durch parakristalline Teilbewegung in s: nds der Albite, mds bei Hornblende und Epidot.

Die Albitkristallisation fand vor und mit ds statt.

3. Chloritschiefer mit Epidotknollen im Kalkphyllit der Roten Riffl.

sb wird gebildet aus Lagen eckiger, schwach verzahnter Quarz- körner (hierbei etwas Albit und Kalzit) mit ungeregelten Achsen, ferner aus wechselnden Lagen von Chlorit, Epidot und kleinen Hornblenden; namentlich Epidot und Hornblendelagen wechseln. Feinschichtung ist wahrscheinlich. Große Hornblenden ohne si sind wahrscheinlich selbst Relikte.

Auch hier ist im Albit verlegtes si (Epidot, Tonschiefersubstanz) wahrnehmbar.

Es hätte demnach ss mit Tonschiefersubstanz Epidot und (?) sroßer Hornblende eine schwache Albitisation erfahren, worauf Ver- legung von si erfolgte. Parakristallines nds der Albite und mds mit Kristallisation von Chlorit, Epidot und kleiner Hornblende hätten die Ausgestaltung der Feinschichtung bewirkt mit dem Bilde von sb.

4. Hieran ist ein zweiglimmeriger Epidotgneis (Muskovit und Biotit in sb) anzuschließen, in welchem, wie ich nach vielen derartigen Beobachtungen glaube, im Zusammenhang mit der Glimmerführung stark oblonge (1:5) Gestalt der Quarzkörnerquer- schnitte in sb auftritt. mds.

5. Zweiglimmergneis zwischen den beiden Marmormänteln des Hochfeiler zeigt dieselbe Erscheinung an Albitquerschnitten in Lagen sehr verschiedener Korngröße, mit ungeregelten Achsen in reinem sb.

Auch die Glimmer, Muskovit, Biotit (und etwas Chlorit nach Biotit) zeigen keine Spur nichtmolekularer Deformation, sondern schöne Abbildungskristallisation von Stauchfältelung (Polygonalbögen

572 Bruno Sander. [6]

der Glimmer). Die Kristallisation ist nach und mit der genannten Teilbewegung erfolgt.

Die Glimmer werden gedeutet als Hemiblasten, deren Kristallo- blastese zur Abbildung eines vorhandenen s mit Stauchfältelung führte.

6. Muskowitglimmerschiefer vom Gneiskontakt im Gliederkar zeigt reines sb, Muskovit in sb oblong, quer sb gedrungen, ferner Quarz mit stark schwankender Korngröße und verzahnten Umrissen. Große Quarzholoblasten zeigen unverlegtes si aus kleinen Muskoviten. nds fehlt, mds ist vielleicht vorhanden.

Ein vorkristallines s wurde kristallin abgebildet und bestand aus kleinen Muskoviten und wahrscheinlich auch aus Quarz, welcher im si der Quarzholoblasten nicht sichtbar blieb. Sodann kam das Kıistal- lisationsmaximum mit Bildung der Quarzholoblasten und Weiterwachsen des externen Muskovits außerhalb derselben, besonders in s als Ab- bildungskristallisation.

Hier wie in vielen Fällen drängt sich ein Erklärungsprinzip der Schieferung außerhalb des Riecke-Beckeschen in die Überlegung. Ist s einmal da (wie in diesem Falle durch s erwiesen), so ist die Zirkulation und Zufuhr in s leichter als quer zu s. Damit läßt sich ein Weiterwachsen von Kristallen vorzugsweise in der Richtung von s, eine Verstärkung der Schieferung, auch ohne Druck denken und ohne Umformung eines zuerst vorhandenen iso- metrischen Korns in ein in s oblonges Korn. Diesen Gedanken halte ich besonders in solchen Fällen für anwendbar, in welchen die Neu- entstehung eines Korns aus den zirkulierenden Lösungen bei Mobili- sation gewisser Bestandteile erfolgt. Für manche Gesteine, von welchen gelegentlich hier noch Beispiele gegeben werden, möchte ich also neben das Rieckesche Prinzip noch diesen Gedanken an die Wegsamkeit von s für Lösungen stellen als ein die Schiefe- rung nicht nur abbildendes, sondern weiter ausgestaltendes Prinzip.

7. Auch der Marmor (vom Kontakt ibid.) mit Biotit und Muskovit in sb zeigt eine bei hoher Kristallisation abgebildete Feinschichtung.

8. Ebenso zeigt Graphitglimmerschiefer nächst Gliederferner sichere, kristallisierte Feinschichtung. Schon die Lagen von Erz und in sb sind nicht anders deutbar. Die Lagen verschiedener Korngröße aus verzahntem Quarz sind diesem sicheren ss parallel und mangels irgendwelcher Streckung und Verlängerung der Körner als ss mit Abbildungskristallisation zu bezeichnen.

9. Einige Glimmerschiefer über dem äußeren Kalkmantel des Hochfeiler gegen Süden. Ein Glimmerschiefer von der Röthelspitzostwand bei Pfunders zeigt starke kristallin abgebildete Faltung eines präkristallinen s (wahr- scheinlich Feinschichtung). „Sentealm bei Dun“ und „Röthelspitz zwischen den Marmoren* zeigen sb lediglich durch Muskovit und etwas Chlorit zwischen Lagen aus ganz ungeregelten, isometrischen, verzahnten Quarzkörnern; keine Spur von nds. Ebenso gehört ein Biotitglimmerschiefer mit Granaten von der Lapaalm zu diesen ganz vorwaltenden hochkristallinen Typen mit wohlausgebildeten unphylli- tischen Glimmern und dementsprechend fehlendem nds.

[7 Beiträge aus den Zentralpen zur Deutung der Gesteinsgefiige. 573

10. Biotitquarzit über dem Kalk gegenüber der Kramerspitze im Sengestal bei Mauls ist gut geschichtet und weniger kristallin. Die Schieferung ist nicht nach Rieckes Prinzip zu erklären, so z. B die Lagen ungeregelter und nicht oblonger Quarzkörner, deren von Lage zu Lage wechselnde Korngröße eben dieses nicht nach Riecke erklärbare s ausmacht. Die Biotite sind nicht strenger orientiert und nicht von anderer Tracht als in den Fällen geschichteter Glimmer- sandsteine ohne Metamorphose, welche ich mir zum Vergleich ansah.

11. Albitgneis mit Karbonat zwischen beiden Marmorlagen des Hochfeiler.

Das Kleingefüge zeigt sb ohne sr.

Quarz bildet mit oblongen verzahnten Körnern Lagen verschie- dener Korngröße.

Muskovit liegt streng in sb.

Albit in isometrischen Körnern zeigt weder in bezug auf si noch in bezug auf se eine Regelung. Von Teilbewegungen ist nur nd der Albite bestehend in Drehung mit Verlegung von si nachzuweisen.

Ein Tonschiefer mit ss aus Quarz und Nädelchen erfuhr Kristalli- sation. Die Nädelchen sind Holoblasten (schärfste Konturen), die Quarze bereits oblong, sodann findet Fältelung statt; dann die Kri- stallisation der Albite, welche als Holoblasten alles bisher Vorhandene als interne Reliktstruktur lokal in sich einschließen. Dann erfolgt eine Differentialbewegung im Gefüge, bei welcher sich die Albite drehen und si in den Albiten „verlegt“ wird. Diese Drehung erfolgt als eine in bezug auf die Albitkristallisation „parakristalline“* Gefügebewegung. Nach derselben wachsen die Albite weiter. Die Albitkristallisation ist also vor bis nach dieser Gefügebewegung erfolgt. Was aber nun neu hinzukommt, ist ein reliktfreier Saum. Es fehlte die Gelegenheit, weiteres zu umschließen, welches, wie ich annehme, durch die eben erwähnte parakristalline Teilbewegung im Gefüge zerstört war.

Im weiteren Verlaufe fand Abbildungskristallisation des se statt, besonders durch Wachstum des Muskovits.

Zur Deutung dieses mit einigen Abweichungen in der unteren Schieferhülle weitverbreiteten Gesteinstypus ist noch einiges an- zumerken. Im si des Albits kommt zuweilen auch Epidot, Erz, Mus- kovit bereits vor, wie 1912 in diesem Jahrbuch beschrieben. Dieses si ist in verschiedenen Fällen verschieden weit gediehen. bleibt aber gewöhnlich weit hinter se zurück, was den Grad seiner Kristallisation anlangt. In manchen Fällen beobachtet man aber in der Schieferhülle Albitisation in Gesteinen, welche auch nach derselben in se nicht über den Habitus eines Tonschiefers hinausgeraten sind.

Zuweilen fehlt die voralbitische Fältelung und es istitrotzdem die Fältelung durch reine Abbildungskristallisation gekennzeichnet. Hier ist wahrscheinlich die Fältelung erst in der Phase der Albitverlegung erfolgt und sodann erst kristallisiert, wie reliktfreie Säume am Albit und die Polygonalbögen des gefalteten se anzeigen.

Außer Muskovit findet man auch Biotit oft in se, ebenso un- versehrten Chlorit. Zuweilen aber kommt in tektonischen Fazies dieser Gesteine sehr deutlich nds nach der Kristallisation des ganzen Ge-

5974 Bruno Sander. [8]

füges zum Ausdruck: Verflößung der Albite, fluidales Gefüge der zer- schmierten Muskovite, Quarzgefügeregel.

Ganz allgemein in der unteren Schieferhülle, besonders sichtbar aber in den eben herangezogenen Gesteinen, beweisen interne Relikt- strukturen das Vorhandensein in s geregelter Keime vor der Blastese der entscheidendsten Neubildungen, nämlich .der folgenden: Albit, Quarz, Epidot, Hornblende, Biotit, Granat. In diesen Gesteinen war also eine Schieferung schon vor der kristallinen Mobilisation des Ge- füges gut ausgebildet, und zwar als Feinschichtung.

Mit dieser Feinschichtung stimmen alle folgenden Ausgestaltungen der Schieferung überein, sind also eben Ausgestaltungen von Fein- schichtung. In manchen Fällen ist diese Feinschichtung vor der Kri- stallisation bereits gefältelt. In solchen Fällen scheint mir die Wirk- samkeit des Rieckeschen Prinzips gegenüber der Abbildungskristalli- sation ganz zurückzutreten. - Dagegen scheint mir auch in dieser (resteinsgruppe das oben erwähnte Prinzip der leichteren Zirkulation in s als ein die Schieferung unabhängig von Druckverhältnissen aus- gestaltendes wirksam. Vielleicht könnte man dieses Prinzip mit- bedenken, wenn man, wie Hinterlechner, von einer „Potenzierung der Schieferung durelı Kontaktmetamorphose“ spricht oder mit schwedi- schen Forschern gewisse Adergneise als Entmischungserscheinungen deutet, welche ebenfalls vorhandenes s weiterentwickeln. Alle solchen Möglichkeiten gehören zur Ausgestaltung eines vorhandenen s durch molekulare und nichtmolekulare Teilbewegung in s.

12. Glimmerschiefer vom Gehänge der Kramerspitze gegen Senges.

An Gefügeelementen sind vorhanden Quarz, Muskovit (fein), Biotit, Epidot und Erz.

Quarz ist in Lagen angeordnet und zeigt oblonge Körner in sb.

Erz in Lagen deutet auf Feinschichtung, Muskovit liegt in sb, Biotit zum Teil ebenso, zum Teil aber quer zu s mit vorbiotitischem sals si.

nd ist vorhanden als Stauchfältelung. Diese erfolgte nach der Kristallisation der Biotitholoblasten und nach, mit und vor der Kri- stallisation des Muskovits.

Es war also ein Gefüge da mit Feinschiehtung (durch Erz und Opazit noch angedeutet). Es entstanden (vorwiegend quer zu s) Biotit- holoblasten und umschlossen s/. Die Blastese von Muskovit in s fand statt als Abbildungskristallisation von Feinschichtung. Sodann fand statt nd, hauptsächlich als Fältelung. Die Biotite mit ihrer internen Reliktstruktur wurden verlegt (vielfach gedreht). Das vorhandene s«b wurde durch nds noch ausgearbeitet, durch Phyllitisierung der Mus- kovite.

Die Muskovitkristallisation dauerte aber fort und bildete manche Stauchfalte kristallin ab in Form von Polygonalbögen aus Muskovit.

13. Ralkglimmerschiefer, welcher im innersten Sengestal über dem Kalk und Glimmerschiefer der Sengeser Kuppel folgt, zeigt ein ziemlich regelloses Gefüge aus Kalzit und Quarz zu ungefähr gleichen Teilen und ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die typischen Kon- turen in kristalloblastischen Kalzit-Quarzgefügen. Die Grenze der

[9) Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 575

Quarzkristalloblasten gegen Kalzit ist weichbuchtig und lappig und veranschaulicht die Energie des Quarzes, Tropfen- und Kugelformen im Kalzit zu bilden.

Nachkristalline Beanspruchung wird durch Lamellen und Undu- lation und durch Trennung der fertigen Muskovite und Biotite deutlich.

14. An einem anderen Glimmerschiefer aus dem Gehänge der Kramerspitze gegen Senges sind als besonders wichtig hervorzuheben größere Epidotholoblasten mit si aus länglich tropfenförmigen Quarzen. Dieses si ist bei nachepidotischer intensiver Fältelung des Gesteins verlegt worden. Diese lebhafte nd im Gefüge hat Muskovit und Chlorit mechanisch gebogen, aber auch nach der Teilbewegung war die kri- stalline Mobilisation für Glimmer noch so lebendig, daß die vielfach vorhandenen Polygonalbögen die Teilbewegung zu einer jedenfalls vor- kristallinen, d. h. vor Abschluß der Kristallisation erfolgten, stempeln.

Wir fanden also in unseren Beispielen aus der unteren Schiefer- hülle des Hochfeiler und der Sengeser Kuppel, welche die für unsere Frage wichtigsten Gesteine umfassen dürften, folgendes: Kristallin abgebildete Feinschichtung ist weit verbreitet, parakristalline Teil- bewegung häufige. nd spielt keine bedeutende Rolle. nd ist vor,und mit, höchst selten nach der Kristallisation der wesentlichen Neu- bildungen erfolgt.

Pfitschtal.

15. Zweiglimmeriger Granatglimmerschiefer von Stein. Quarz bildet ungerundete, sehr scharfkantige, in sb oblonge Körner ohne Achsen- regelung. Dies gilt sowohl innerhalb als außerhalb der Granaten.

Muskovit bildet kleine Schüppchen in se; Biotit große Schuppen in s und quer s, ohne interne Reliktstruktur und ohne selbst an si in Granat teilzunehmen.

si der Granaten ist vollkommen unverlegt. An Teilbewegung könnte höchstens etwas mds stattgefunden haben. Eine ausgesprochene Abbildungskristallisation von Feinschichtung ist das Bezeichnende,

16. Ein sonst ganz verwandter Typus vom Rotbachlspitz am Pfitschjoch zeigt hingegen nds nach der Kristallisation: verlegtes s der Granaten, welche von s fluidal umschlungen sind. Die lang- gestreckten undulösen Querbiotite nehmen hier im Schliff eine Lage ein mit 001Ls, was man durch Streckung nicht erklären kann. Denn sonst müßte ein Druckminimum die Biotite genau ebenso orientieren wie ein lineares Druckmaximum und man müßte annehmen, daß sich der Biotit einmal L zum Druckmaximum stelle, ein andermal L zum Druckminimum.

Diese Querbiotite haben unverlegtes si aus Opazit,

17. Seidengrauer Zweiglimmerschiefer ibidem mit Zirkon, Karbonat und Orthoklas.

Quarz bildet gleichmäßig große Körner oblong in s, Muskovit kleine Schüppchen ungefähr in s, ebenso Erz, Zirkon und Biotit parallel verwachsen mit Chlorit. F

Viel Turmalin als scharf ausgebildete Holoblasten in s. Karbonat in Rhomboedern mit ungeregelten Achsen, oblong in s, bildet Holo-

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 74

576 Bruno Sander [10]

blasten, welche nach Turmalin und Biotit entstanden, aber keinerlei si enthalten. Sie scheinen im Entstehen die anderen Minerale zu verdrängen.

18. Im Überwassergraben bei St. Jakob steht Chloritquarzit bzw. Glimmerschiefer an, welcher in sb oblonge Quarzkörner, Chlorit und Titanit zeigt und namentlich durch Karbonat in s deutlich ge- machte Feinschichtung.

19. (Fig. 14.) Im Graben nördlich über St. Jakob tritt Biotit- epidotamphibolit als Kontaktmetamorphose aus Amphibolit auf am Kontakt mit Aplit.

Hierbei ist ein sedimentäres s durch Erz bezeichnet. In etwas srößerer Ferne vom Kontakt ist der Biotit streng in s angeordnet, Quarz oblong in s. Allernächst dem Kontakt aber ist jederlei s ver- schwunden.

In etwas größerer Entfernung aber ist eine gewisse „Potenzierung“ der Schieferung durch Kontaktmetamorphose (Hinterlechner) tatsächlich bei der Biotitisierung der Hornblende erfolgt und läßt sich als eine Kontaktmetamorphose anderer Art von der regellosen Biotitisierung nächst Aplit unterscheiden.

nds ist vorhanden und hat größere Hornblende (ohne si) be- troffen.

20. Muskovitglimmerschiefer in demselben Graben zum Teil in extrem tektonischer Fazies.

Das Kleingefüge zeigt sb ohne sr. Nähere Untersuchung ergibt, daß hier Blastomylonite mit mds und nds vorliegen. nds ist vor Ende der Kristallisation erfolgt.

Der Quarz ist oblong in s, Muskovit liegt fast zusammenhängend linealscharf in s. Es besteht das charakteristische Bild der Kristal- lisationsschieferung, welche der Verfasser hier als eine von mole- kularer und nicht molekularer Teilbewegung in s ausgestaltete Feinschichtung auffaßt. Epidot, Turmalin und Zirkon liegen streng in s. Größere Quarzkörneraggregate (wahrscheinlich Geröllchen) liegen umflossen von s.

21. Was über diesem Gesteine folst, ist Gneis mit mds und nds. Am Feldspat wird es sehr deutlich, daß nds vor und mit der Kristal- lisation erfolgte. Wir bemerken einerseits deutliche, mechanische Verflößung von Fragmenten, anderseits gänzliche Kristallisation jeder mechanischen Deformation, so daß keine Glimmerbiegung etc. sicht- bar ist. Erz und Quarz bilden si in Epidot, so daß wahrscheinlich auch dieses Gestein ein Paragestein mit ausgestalteter Feinschichtung ist.

22. (Fig. 12.) Graphitglimmerschiefer mit Rhätizit und Quarz- geröllchen, Grubenwald, Pfitsch.

Hier ist die Feinschichtung durch Graphit bezeichnet, durch Muskovit und in sb oblonge Quarze ausgestaltet. Wo die größeren Quarze noch in Form einer Sedimentärbreceie liegen, ist auch von einem s des Muskovits nichts zu sehen. Das s des Muskovit und Quarz ist in diesem Gestein nur vorhanden, wo Feinschichtung vorhanden war und solcherart als kristalline Abbildung von Feinschichtung gekenn- zeichnet.

[11] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 577

23. Die Greiner Schiefer aus der Floite (Zillertal) zeigen ausgezeichnetes s mit oblongen Quarzen, Hornblende, Muskovit und Biotit in sb. Ferner aber auch große Biotitholoblasten, welche Granaten einschließen, welche noch jetzt in diesem Gestein in gleicher Größe überall verteilt wird. sz fehlt diesen Biotiten. Sie gehören, da sie die vollkommen fertigen Granaten umschließen, der späteren Blastese an. Sichere Zeichen für ds fehlen. Nachkristallines ds läßt sich aus- schließen.

24. Dagegen läßt sich ds vor und mit der Kristallisation und damit Blastomylonitcharakter sehr gut in der tektonischen Fazies der „Konglomeratgneise“ vom Pfitschjoch nachweisen.

Quarz und Albit sind oblong in s bis isometrisch, Biotit liegt in Gestalt größerer und gefranster Fetzen in s; Muskovit in s.

Die Glimmer zeigen keine näherungsweise Eigenform (wie sonsi an diesen Holoblasten zu sehen ist), sondern Zerfransung und Sieb- struktur. Uber die Bedingungen der verschieden starken Energie zum reinlichen Auskristallisieren läßt mein Tauernmaterial noch keine Schlüsse zu.

Authigene Turmalinholoblasten sind vorhanden. ds vor bis mit der Kristallisation ist besonders durch die verflachten „Knöllchen“ illustriert.

Sterzing, Pflersch, Ridnaun.

Es ist zu beachten, daß die jetzt anzuführenden Gesteine 25—33 tektonisch nicht der unteren Schieferhülle angehören, sondern noch über dem Kalkphyllit folgen, welcher die Zentralgneise und ihre Schieferhülle bedeckt.

Die tektonische Stellung von 27 ist nicht Klar; 31, 32 sind auch stratigraphisch nicht mit Sicherheit zur unteren Schieferhülle zu rechnen.

25. Im Profile von Schmuders bei Sterzing findet man einige Schiefer, in welchen im Gegensatz zu den weitaus meisten der bisher beschrie- benen starke Teilbewegung in s nach der Kıistallisation die Haupt- rolle spielt.

Der liegende Schiefer (Biotit, Chlorit, Quarz, Plagioklas, Epidot) zeigt regellos durcheinandergeknetetes s ohne irgendeine Regel und mit ganz unbedeutender Rekristallisation.

Darüber folgt eiu Muskovit-Quarzit. Der Quarz ist unscharf kon- turiert, verzahnt und bildet oblonge Körner bis Lagen in sr mit durch- greifender Quarzgefügeregel. Muskovit streng if sr als Fetzen. Albit oblong in sr. Es handelt sich um einen Phyllitmylonit ohne Relikt- strukturen mit starkem nds nach der Kristallisation, wobei die Quarz- gefügeregel ausgebildet wurde. Geringe Rekristallisation.

Nicht so durchgreifend ist die Quarzgefügeregel in dem Biotit- epidotgneis mit Quarz und Feldspatungen, welcher über dem Quarzit folgt. Auch dieses Gestein zeigt stärkste n ds nach der Kristallisation.

26. (Figur 11) Muskovitglimmerschiefer mit Querbiotit und Gra- naten (Greiner Schiefer) aus dem obersten Teile des Grabens zwischen Flans und Tschöfs (nördlich Sterzing).

74*

578 Bruno Sander. [12]

Quarz etwas oblong in sb, Achsen ungeregelt. Muskovit und Biotit zum Teil in sb bedingen schon die oblonge Quarzkörnerform, da der Quarz nicht quer durch den Glimmer wachsen kann. Auch rein mechanisch dürfte übrigens für den wachsenden Kristall die Weg- samkeit in s in sehr vielen Fällen eine bessere sein als quer s und also deshalb dieser Weg eingeschlagen werden, wobei s weiter aus- gestaltet wird. Die Granatholoblasten mit si (scharfeckige, meist iso- metrische Quarze, Erz) sind in diesem Gestein sehr deutlich oblong in s angelegt, was ich durch die leichtere Zirkulation und Stoffzufuhr in s erklären möchte. Es besteht kein Grund, anzunehmen, daß etwa zuerst ein isometrisches Granatkorn vorgelegen hätte oder daß sich Granat überhaupt nach einem Drucke orientiere. Anzeichen von Teil- bewegung sind keine vorhanden, si ist unverlegt. Das Gestein ist bei mangelnder Teilbewegung ein gutes Beispiel für steigernde Abbildungs- kristallisation älterer Feinschichtung.

27. a) Wald über Gasteig bei Sterzing. Ein Glimmerschiefer mit sehr starken Glimmerlagen (Greiner Schiefer) zeigt sb stark ausgearbeitet durch ds. Hierbei entstanden an Stelle der Glimmergebälke vielfach Glimmergeflechte. Dementsprechend zeigt auch der in s oblonge und verzahnte Quarz lokal die Quarzgefügeregel. Es ist also auch hier ds nach der Kristallisation festzustellen.

b) Ein gefalteter Ankeritgrünschiefer, ebendort, zeigt starke d (Faltung und nds) deutlich nach der Kristallisation. Die Faltung ist gänzlich durch Biegung und Geflechtbildung der Glimmer erreicht. Quarz liegt oblong in sr, die Epidote sind zertrümmert.

23. Von den Typen der unteren Schieferhülle, welche an der Schleierwand bei Gossensaß über dem Tribulaundolomit liegen, sind hier zwei anzuführen, welche in das Verhältnis zwischen Kristallisation und Teilbewegung Einblick geben.

a) Ein Albit-Karbonatschiefer (mit Muskovit und Quarz) zeigt nds nach der Kristallisation mit Verlegung des bekannten si in Albit und Störung des Karbonats. Der unregelmäßig in s angeordnete Mus- kovit ist weniger verletzt.

b) (Figur 9.) Dagegen zeigt ein Amphibolit (Greiner Schiefer) kaum Spuren von Durchbewegung. Feinschichtung ist durch Erz sehr gut bezeichnet. Ankeritisches Karbonat ist parallel hierzu in sb oblong gewachsen. Muskovitgeflechte liegen in s. Dagegen liegt die Horn- blende mit ganz ungeregelten Achsen vor in Gestalt großer Holoblasten mit im allgemeinen wmverlegtem si aus Erz, Quarz, Chlorit und Mus- kowit. Ein vor dem Auftreten der Amphibole feingeschichtetes Gestein ohne stärkeres ds.

29. Im Garbenschiefer von der Telferweißen liegt Quarz etwas oblong in s, Serizitfilz streng in s; stark umgewandelte Hornblende- holoblasten mit si liegen ebenfalls in s. si enthält Quarz, wie in se, aber nichts von dem reichlichen Muskowit in se. si ist unverlegt, aber starke ds nach der Kristallisation vorhanden und durch fluidale An- ordnung der Glimmerfilze und Quetschung der Hornblende erkennbar. Sehr gutes Beispiel für Ausarbeitung kristallisierter Feinschichtung

a a a

[13] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 579

durch nds. Die Kristallisation des Muskovits hat die Zerreißung der Hornblende überdauert und solche Risse verheilt.

30. (Figur 3.) Granatphyllit über dem Tribulaundolomit des „Pflerscher Kalkkeiles“. i

Dieses Gestein (Muskovit, Quarz, Chlorit, Granat) ist ein Muster- beispiel für intensivste Teilbewegung im Gefüge in Form von Um- faltung und nds im gänzlich umgestellten s. Auch hier fand die Teil- bewegung nach der Kristallisation statt.

Die Kristallisation hatte einen ziemlich hohen Grad erreicht. Dieser Phyllonit ist aus einem Glimmerschiefer hervorgegangen, dessen Glimmer schon gut balkenförmig kristallin war. Das ergibt ein charakte- ristisch anderes Bild als bei Umfaltung wenig kristalliner Phyllite.

Quarz zeigt intensivstes sr mit unscharf konturierten verzahnten Körnern.

Glimmer zeigt Umfaltung mit Zerstörung der Scharniere durch nds im umgestellten s. In da und dort noch erhaltenen Scharnieren ist auch noch die Balkenstruktur des Glimmers erhalten geblieben im Gegensatz zu dem unscharfen verschmierten Bild der Glimmergeflechte. ss durch Erz angedeutet.

3l. Glimmerschiefer mit Querbiotit (und Chlorit) unter dem Tribulaundolomit von Vallming bei Gossensaß. |

Quarz scharf verzahnt oblong in s, ohne Regel. Besonders ein- zelne Quarzkörner und Linsen mit grobkörnigem Gefüge und starker Ausplättung in s weisen auf vorkristalline ds.

Muskovit bildet Geflechte in s. Biotitholoblasten mit si (Quarz) und oft quer s gestellt, zuweilen von nds deformiert und chloritisiert.

Die Granatboloblasten mit si (Quarz) zeigen Musterbeispiele für Scharung der Granaten bis zur Entstehung größerer.

Es ist also Feinschichtung durch s im Granat und Biotit an- redeutet (sehr feinkörniger Quarz). ds fand statt. Biotit- und Granat- holoblasten traten auf. Kristalline Abbildung von s. nds nach (viel- leicht noch mit) der Kristallisation.

Ein zweites Gestein, ebendort, ist gänzlich von nds nach der Kristallisation beherrscht. Quarz und Plagioklas liegen scharf verzahnt und zerpreßt in sr. Muskovit schlingt sich in trüben, fluidalen Ge- flechten um zerpreßte Quarz-Feldspatknollen. Das Gestein kann ein Orthogneis gewesen sein.

32. Granatglimmerschiefer aus dem Alrisstal (Pflersch). Quarz liegt oblong in s ohne Achsenregel mit klaren Konturen verzahbnt. Muskovit und zum Teil auch Biotit bildet fluidale Geflechte. Außer- dem liegt Biotit vor in Gestalt mit Chlorit parallel verwachsener, deformierter Holoblasten quer zu se mit verlegtem si (Quarz). Die Granatholoblasten blieben gut erhalten trotz lebhafter nds nach der Kristallisation.

53. Giggelberggraben bei Schelleberg. Im oberen Teile dieses Gra- bens steht phyllitischer Glimmerschiefer an mit nds anscheinend aber vor Abschluß der Kristallisation erfolgt. Quarz ist scharf verzahnt, in s oblong, ohne Regel. Muskovit bildet fluidale Geflechte in s. Größere

580 Bruno Sander. [14]

Biotite sind dagegen wenig mechanisch beeinflußt. Sie nehmen Lagen ein, welche durch beliebige Drehung von (001) um eine in s gelegene Achse entstehen. Granat scharf und unversehrt.

Brenner bis St. Jodok.

Hiermit kehren wir aus der tektonisch höher liegenden, über dem Kalkphyllit folgenden „unteren Schieferhülle“ des Sterzinger Beckens jn die über den Gneisen folgende untere Schieferhülle zurück, welcher diese Bezeichnung auch hinsichtlich ihrer tatsäch- lichen Lagerung zukommt. Nur 35 liegt über dem Kalkphyllit.

34. a) Zweiglimmergneis unmittelbar unter dem Kalk der Kalk- wand am Brenner,

Quarz und Plagioklas (nahe Albit) zeigen oblonge Körner in sb. Die Glimmer zeigen Gebälke und Polygonalbögen in dem hiernach vor der Kristallisation gefältelten sb. Hierbei nähert sich das Gebälk zuweilen etwas einem Glimmergeflecht als Anzeichen naclıkristalliner Teilbewegung. Nirgends aber reicht diese als Differentialbewegung der kleinen Faltenbögen quantitativ aus. Es erfolgte also Abbildungs- kristallisation eines gefalteten s. Lokal überdauerte die fältelnde Gefügebewegung die Kristallisation der Glimmer.

b) Amphibolit ebendort zeigt sb.

c) Folgende bereits bei anderer Gelegenheit beschriebenen Ge- steine des Profils Kalkwand-—Landshuterhütte lassen keine nach- kristalline Teilbewegung erkennen:

Paragneis und Kalzit zwischen Schlüsseljoch und Flatschspitze ; ds vor Schluß der Kristallisation.

Blastophyllonit (pbyllitisierter Augengneis) vom Gneiskontakt Griesbergalm; ds vor Schluß der Kristallisation.

Aplitgneis und Biotitgneis vom Wildseespitz.

35. a) Quarzphyllit, Wechselalm am Brenner, zeigt Quarz, Mus- kovit und Graphit in guter Feinschichtung. Quarz ist nicht oblong in s.

Muskowit bildet Geflechte was auf nds hinweist.

Greiner Schiefer von der Wechselalm zeigt Quarz unscharf ver- zahnt oblong in sr mit ausgezeichneter Quarzgefügeregel. Letztere also hängt wieder zusammen mit starker nds nach der Kristallisation und wie in anderen Fällen mit einer eigenartig wolkigen Ausböschung am Quarz mit anomalen, beinahe an Turmalin erinnernden Interferenz- farben. Dieselbe Teilbewegung hat aus den Glimmern Geflechte mit fluidalem Verlauf gemacht. Unversehrter, authigener Turmalin ist als letzte Bildung wichtig. Erz.

Es war Feinschichtung vorhanden mit Erzlagen und großen Einzelquarzen (Geröllchen ?). Sodann erfolgte die Glimmerbildung, dann nds, dann die Turmalinbildung.

b) Drei quarzitähnliche, feldspatreiche Gesteine von der Stein- alm zeigen stärkste nds nach der Kristallisation. Nur in einem Falle ist der Kalzit jünger als diese mylonitisierende Durchbewegung.

36. Wir betrachten nun die Verhältnisse am Sillesschartl, wo eine bedeutende Wiederkehr der hochkristallinen Greiner Schiefer über der untersten Marmorlage vorhanden ist.

[15] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge, 581

a) Der über diesen Schiefern liegende Quarzphyllit zeigt als Zeichen starker nds fluidales Muskovitgeflecht mit Scharnieren. Welchen Grad die Kristallisation vorher erreicht hatte, läßt sich nicht bestimmen. Die durch nds ausgearbeitete Feinschichtung ist nament- lich durch graphitische Substanz bezeichnet.

b) Schwarzer, gefältelter Albitphyllit wie in der Hochfeilerhülle.

Das Grundgewebe ist ein Geflecht von Glimmern (Muskovit; etwas Chlorit) mit spärlichen Zwischenlagen oblonger Quarzkörner und opazitischer Lagen, welche Feinschichtung bezeichnen.

Nachdem die Kristallisation dieses ss einen gewissen Grad er- reicht hatte und auch nd, Fältelung, schon da und dort begonnen hatte, traten große, amöboid umgrenzte Holoblasten feinstlamellierten Albits auf und umschlossen (Quarz, Graphit, Muskovit), wie es scheint unter teilweiser Aufzehrung der Glimmer und Quarze. Weitere Faltung ging nur da und dort als nd mit Biegung der Glimmer vor sich und mit Stauerscheinungen an den Albiten. Wir haben also: ss, sab; nd vor und nach der Albitisation. Die starke, voralbitische Fältelung ist nach der Muskovitbilduug erfolgt. Die nachalbitische Fältelung ist im Ausmaß unbedeutend. Das Gestein ist ein Beispiel für parakristallin durchbewegtes Gefüge.

c) Auch ein Glimmerschiefer aus dem Sillesschartl zeigt nach- muskovitisches nds durch Glimmergeflechte angedeutet.

d) Ein anderer Greiner Schiefer, ebendort, Amphibolit mit Karbonat zeigt mechanisch unversehrtes, regelloses Amphibolgebälk. Es fehlt also jede nd nach der Bildung der reliktfreien Amphibole. Auch das Karbonat ist ungestört. Zirkon, Erz, Chlorit und Quarz bilden ein feines s-Gefüge, aus welchem sich hinsichtlich eventueller vorkristalliner Teilbewegung nichts entnehmen läßt. Sicher keine Be- wegung nach der Kristallisation.

e) An einem Kalkglimmerschiefer läßt sich lokal starke Kataklase des Quarzes mit unscharfer und scharfer Verzahnung als Zeichen von nds feststellen; auch Muskovitgeflechte scheinen mir so aufzufassen. Aber auch hier fand nach nds noch Kristallisation statt wie die unversehrten Karbonate und der mit diesen im charakteristischen blastischen (rundlappigen) Kontakt stehende Quarz beweist. Also ein Typ mit vorkristalliner nds.

f) Quarzit. Zeigt schwach oblonge Körner ohne Zeichen von ds, Feinschichtung durch Lagen größerer Körner, welche als s auch durch Granaten ziehen. Diese sind oblong in s, ohne daß ein Grund besteht, etwa ihre Ausflachung anzunehmen oder daß sie unter Druck so wuchsen. Hier wie bei Gestein Nr. 26 scheint mir am besten an- zunehmen, daß die Granaten deshalb vorzugsweise in s fortwuchsen, weil der Gesteinsquerschnitt quer zu s mehr Intergranularen enthält als der Schnitt in s. Intergranularen im Gesteinsgefüge sind die Körnergrenzen. Wer Zirkulation von Lösung im Gestein annimmt, der kann sich nicht die Kristalle, sondern schließlich nur die je- weiligen Intergranularen als Wege denken, wonach mir die Bedeutung der Richtungen mit reichlicheren Intergranularen zu beachten scheint. Die Wegsamkeit der Intergranularen bei kristalliner Mobilisation des

582 Bruno Sander. [16] Gesteins läßt sich auch für andere Fälle als für den hier als Beispiel heraugezogenen zeigen, was bei anderer Gelegenheit versucht werden soll.

g) Biotitglimmerschiefer (Greiner Schiefer).

Quarz ist sehr stark oblong in sb (bis 1:10) ohne Achsenregel, scharf verzahnt bis glatt in den Umrissen. Muskovithäute in s bilden zu- weilen Geflechte unscharfer Blättchen, manchmal fluidal angeordnet und weisen so auf ds.

Biotit liegt zum kleinen Teile in kleineren Fetzen in s, meist in eroßen Exemplaren oblong in s mit Winkel 001:s = 45°; zuweilen undulös und mit Zeichen der Pressung Ls. Erz bezeichnet Fein- schichtung.

Diese ursprünglich vorhandene Feinschichtung erfuhr Abbildungs- kristallisation und sodann ds, welche als „ds auch die Biotite ver- letzte. Jedoch entstand ein sich vielfach idealer Kristallisations- schieferung näherndes Bild. Denn die Kristallisation dauerte nach ds noch fort, wie besonders die unversehrten Karbonatholoblasten zeigen. Dagegen erzielte diese Kristallisation keine Verwandlung der para- kristallin deformierten Glimmergeflechte in Gebälke. Es ist für die Gesteine vom Sillesschartl charakteristisch, daß die Karbonat (Kalzit Ankerit) Kristalloblasten auch dann noch unversehrt sind, wenn die Glimmer deutliche Spuren von nds zeiven. Die Mobilisation des Karbonats überdauerte die der Glimmer (Biotit, Chlorit, Muskovit).

h) Zu erwähnen ist noch ein Glimmerschiefer, in welchem nds nach der Kristallisation in den fluidalen Glimmergeflechten gänzlich vorherrseht. Der Quarz zeigt starke Kataklase.

Die Teilbewegung in den tektonischen Fazies vom Sillesschartl ist also selten vor, hauptsächlich mit bis nach der Kristallisation erfolgt, und zwar öfter nach der Glimmerbildung und vor der Bildung der Albit- und Karbonatholoblasten.

37. (Fig. 8.) Biotitglimmerschiefer unter dem Marmor der Sax- alpenwand.

Allgemein zeigt sich an den großen Biotitholoblasten (mit si) eine nur durch gewaltsame nds überwundene Tendenz des Biotits, quer zu s zu wachsen, im großen Gegensatz zu Muskovit. Die Kristai- lisation des Biotits überdauerte hier ds, denn es wachsen ganze Rasen unversehrter Biotite quer zu s. Allgemein tritt ferner hervor, daß die Quarzkristalloblasten in nächster Nähe von Biotit viel größer werden.

38. a) Granatphyllit (Greiner Schiefer), Huttnerbergalm, Brenner.

Die Granaten enthalten si (Quarz, Erz) als Zeichen von Fein- sehichtung. Fluidale Faltung von Glimmergeflecht erweist starke nd nach der Kristallisation.

b) In Kalkglimmerschiefer, ebendort, hat die nachkristalline Teilbewegung auch noch den Kalzit ergriffen.

c) Ganz dasselbe gilt von den kalkhaltigen Grauwacken.

d) Ebenso hat in Glimmerschiefer mit Querbiotit starke, nach- kristalline nds die Muskovite zu fluidalen Geflechten gemacht, die Querbiotite zerknetet und das Quarzgefüge geregelt.

[117] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 583

Umfaltung mit zerrissenen Scharnieren. Es ist das beste Bei- spiel für nachkristalline Phyllitisierung eines hochkristallinen Greiner Schiefers. Hierbei ist die mechanische Widerstandskraft der Granaten besonders hervorzuheben.

Für die Gesteine im Bereiche der Huttnerbergalm ist also im Gegensatz zum Sillesschartl nds nach der Kristallisation (inklusive Kalzit) das Bezeichnende.

39. Bei der Ploderalpe, Tscheich, zeigt der amphibolitische Grenz- gneis keine Spuren nachkristalliner Teilbewegung. Glimmerschiefer (Greiner Schiefer) einige Dezimeter mächtig zwischen diesem Grenz- gneis und dem folgenden Marmor zeigt sb mit oblongen Quarzen und lokal in Geflechte verwandelten Glimmern. Also Spuren von nds nach Glimmer. Aber die Falten mit polygonalem Glimmergebälke erweisen die Teilbewegung als eine von der Kristallisation zeitlich überholte.

Der nun folgende Marmor zeigt unversehrtes sab aus lappigem Quarz und aus Kalzit.

40. Schiefereinlage im Zentralgneis bei der Gera-Hütte.

Quarz oblong (bis 1:10) in s. In dieser Form bereits im un- verlegten si der Granaten. Dieses enthält Quarz und Erz, der in se reichliche Muskovit fehlt. Ein Paraschiefer mit sab ohne Spuren nachkristalliner Teilbewegung.

Von St. Jodok nach Osten.

41. a); Ottenspitze, Schmirntal, Albitglimmerschiefer. Quarz ist in s oblong ohne Achsenregel, ebenso in si des Albits, aber mit viel kleineren Körnern. Muskovit liegt in se als gefälteltes Geflecht, in si (im Albit) sehr selten als kleine. unversehrte Schüppchen. Albitholo- blasten ohne si freie Schale. Karbonat in s unversehrt.

Es fand also Abbildungskristallisation statt von Feinschichtung unter Ausbildung von oblongem Quarz, Muskovit und Tonschiefer- nädelchen. Sodann Fältelung. Dann Albitisation mit Umschließung des bisherigen s als si. se wuchs weiter begleitet von nd: es fanden noch Biegungen im Glimmergeflecht zuweilen Verlegung von si statt. Zu- letzt ging die Kristallisation des Karbonats vor sich. Parakristalline nd fällt also zeitlich zwischen die Kristallisation des Glimmers und des Karbonats.

b) Dagegen zeigt ein Gestein gleicher Zusammensetzung mit Ankeritholoblasten vom Gammerspitz stärkste nds nach der Kristal- lisation.

Man sieht stärkste Kataklase an Quarz und Albit (ohne die geringste chemische Metamorphose) und ein ausgezeichnetes Beispiel für Verwandlung eines da und dort noch erhaltenen hochkristallinen Glimmergebälks in fluidale Geflechte. Die Ankeritholoblasten haben in diesem Falle das durch die Teilbewegung gebildete sr als si um- schlossen, sind aber auch selbst von nd noch etwas mitergriffen.

c) In einem benachbarten noch ankeritreicheren derartigen Glimmerschiefer tritt nds nach der Karbonatbildung noch viel deut-

licher hervor. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 75

584 Bruno Sander. 1 8]:

d) Auch ein Greinerschiefer vom Gammerspitz zeigt sehr gut nds nach der Kristallisation von Glimmer und Quarz, und zwar starke Umfaltung mit d im umgestellten s.

e) Gneis vom Hohen Nopf mit stärkster nds am Quarz und Muskovit. Reste von schon ziemlich hochkristallinem sb (Muskovit?) lassen das Ausgangsgestein dieses Tektonits besser als Gneis bezeichnen denn als Porphyroid, trotz vorhandener Porphyrquarze mit Buchten.

f) Nicht so ausgesprochen nachkristallin ist die Teilbewegung im Kalkglimmerschiefer über dem höheren Marmor des Kahlen Wand- kopf (Quarz, Muskovit, Kalzit). Quarz ist scharf verzahnt, Glimmer hält zwischen Gebälk und Geflecht die Mitte. Karbonat ist unverletzt. Starke ds zum Teil nds ist bezeichnend.

Es ist also nds nach der Kristallisation für die Gesteine des Kammes Kahler Wandkopf—St. Jodok das Bezeichnende. Nur die Karbonatkristallisation hat die Teilbewegung bisweilen noch überdauert.

42. (Fig. 1.) Selbst in den Lagen im Zentralgneis des Kahlen Wandkopfes, in phyllitisierten Biotitschiefern und Gmeisen herrscht hier die nachkristalline Teilbewegung vor.

Man sieht Quarz oblong, scharf und unscharf verzahnt in sr, lokal mit geregelten Achsen, Biotit und Muskovit bilden Fetzen in fluidalen Geflechten. Die Feldspate sind zertrümmert. Es ist hier wie in zahlreichen anderen Fällen von nds nach der Kristallisation her- vorzuheben, daß diese Biotitphyllonite keine Diaphtorite sind, da ihnen deren mineralogische Kennzeichen fehlen. Man begegnet namentlich bei petrographisch nicht vorgebildeten Geologen einer mißverständ- lichen Gleichsetzung von Diaphtorit und tektonischer Fazies eines kristallinen Schiefers, weshalb solche Beispiele bemerkenswert sind.

Von Kaseın im Schmirntal nach Osten.

43. a) (Fig. 13.) Granatschiefer mit Biotit, Südgrat des Kleinen Kaserer.

Dieses Gestein besteht fast gänzlich aus Granat. Biotit bildet unversehrtes, hochkristallines Gebälk in sb, an Granat haarscharf ab- setzend, wenn er ihn quer trifft. Wachsende Granaten können das sanze Biotit-Quarz-Gefüge zwischen sich schließen als si. Quarz zeigt auch bei sicheren Holoblasten, welche ungestört als Füllung von Sprüngen wuchsen, scharfe Verzahnung, deren Auftreten demnach nicht mechanische Einflüsse votaussetzt. Kein Zeichen von ds ist vor- handen. Feinschichtung in se und in durch Erz, Quarz und wenig Biotit bezeichnet, durchzieht ungestört die Granaten.

Die Feinschichtung wurde durch Biotitgebälk hochkristallin. Granatlagen in sb traten auf und schlossen noch Reste von sb mit Biotit zwischen sich ein. Sie umwucherten sb (ohne Biotit) als voll- kommen. Der Biotit von se schneidet in solchen Fällen am Granat haarscharf ab (entweder aufgezehrt oder jünger als Granat?).

Sowohl Erz als Quarz und namentlich Biotit sind noch kristallin mobil geblieben als die Granaten fertig waren und von scharfen Sprüngen durchsetzt wurden. Denn diese Sprungnetze sind durch Quarz, Erz und Biotit verheilt.

[19] Beiträge aus den Zentralalpeu zur Deutung der Gesteinsgefüge. 585

b) Ebensowenig wie in diesem Gestein ist in benachbartem Kalk- glimmerschiefer anderes als kristallisierte Feinschichtung durch Kalzit und Erzlagen bezeichnet nachzuweisen.

Gleiches gilt von Biotitquarzit aus dem Hintergrund des Wild- lahnertales (Bachbett).

44. Dagegen zeigen die Gesteine im Liegenden also noch näher am Gneis und die Gneise zwischen Kaserer und Ölperer starke ds vor und während der Kristallisation.

So zwei Typen vom Südgrat des Kleinen Kaserer. Das eine Gestein zeigt nds in Form von Zertrümmerung und jenem körnigen Zerfall der Feldspate, welchen Ohnesorge aus dem Hocheder be- schrieb (Verhandlungen der k. k. geol. R.-A.), nds ist in diesem Falle älter als die Glimmerkristallisation, im zweiten Fall älter als Glimmer und Karbonat. Dasselbe Verhältnis zwischen parakristalliner Teilbewegung und Bildung unversehrter Glimmer zeigen zwei Gneise aus dem Verbindungsgrat zwischen Kaserer und Ölperer und ich führe bei dieser Gelegenheit an, daß mir Herr Dr. Ohnesorge die vollkommene Übereinstimmung meiner Proben von Olperergneis mit jenen Hochedergneisen hervorhob, an welchen er den körnigen Zerfall der Feldspate beschrieb, welche nach Einsicht der Präparate im Sinne dieser Ausführungen als eine besondere Form von nds zu bezeichnen wäre.

45. Stellenweise, so im Porphyrgneis der Tuxer Klamm und des Krierkars, findet man auch in den liegendsten Gneisen nachkristalline Teilbewegung ganz vorherrschend neben Gesteinen mit vorkristalliner nds (Biotitgneis unter dem Kalk der Tuxer Klamm; Friesenberg- scharte, nördl. Friesenbergscharte; Rifflerscharte). Diese Gesteine werden hier nur kurz erwähnt, da sie mit anderen schon im Jahrbuch der geol. Reichsanstalt beschrieben sind. Wie dort ausgeführt, handelt es sich bei den damals beschriebenen Glimmerschiefern und Gneisen des Bereiches St. Jodok—Ost um tektonische Fazies, an welchen ds durch fluidale Linien und linsenförmiges Verflachen der Elemente in s sehr deutlich wird. Bezüglich der weiter vom Zentralgneis enfernteu Gesteine gilt, daß nachkristalline nds schon ziemlich große Glimmer- kristalloblasten vorfindet und in Geflechte verwandelt (z. B. Gneise von Frauenwand und Tuxerjoch). Dagegen zeigen die gneisnäheren Typen und der Gneis selbst im allgemeinen mehr und mehr vor- kristalline und parakristalline Gefügebewegung. Ob in solchen |. e. Blastomylonite genannten Typen, in welchen Kristallisation und nd gleichzeitig auftrat, die Kristallisation eine Teilbewegung oder ledig- lich. kristalline Abbildung nach ds ist, das wage ich derzeit noch in zahlreichen Fällen nicht zu entscheiden. Wahrscheinlich ist, daß beides vorkommt, aber es scheint mir daß Abbildung (Rekristallisation) nach der Deformation ganz sicherzustellen ist und häufiger vorkommt.

46. Unter dem Marmor des Schmittenberges, an dessen 0TO- graphisch linker Seite liegt Muskowitgneis mit Umfaltung. Diese zeigt einen Zwischentypus zwischen Polygonalbögen und Glimmer- biegung, welch letztere häufig vorkommt, aber als nd der Faltung nicht ausreicht. Im wesentlichen hat diese Umfaltung die Glimmer

75*

586 Bruno Sander. [20]

schon in gut kristallinem Zustand getroffen und auch größere Glimmer- scheite gebogen. Die Umfaltung ist am besten als parakristallin auf- zufassen,

Schon im gleichen Gesteine überwiegt aber an anderen Stellen nachkristalline nds (fluidale Glimmergeflechte und sr) und nur die Kristallisation des Kalzits hat noch nachher stattgefunden.

47. Begeben wir uns nun aus diesen Gneisen unter dem Marmor in die über den Marmor gefalteten Gneise des Höhlner, so finden wir in zahlreichen Schliffen nur noch Muster für gänzlich nachkristalline nds. Es sind Mylonite mit starker Kataklase, ausgezeichneter Quarz- gefügeregel, fluidalen Geflechten der Glimmer (auch des Biotit) und Haarspalten (Zugrissen) quer zu s. Nur in einem Falle wurde noch unversehrter Quarzit gefunden.

So finden wir in einem letzten Beispiel auch durch die diesmal beschriebenen Gesteine die Regel bestätigt, daß die nachkristalline Teilbewegung mit der Entfernung vom Gneis herrschend wird; eine ' Regel, deren Ausnahmen mit angeführt wurden. Sie harmoniert damit, daß wir nachkristalline Teilbewegung auch in der über dem Kalk- pbyllit folgenden ehemals schon hochkristallinen „unteren Schiefer- hülle* westlich von den Tauern fort immer antrafen. Im Zusammen- hange mit der Tektonik kann man wohl sagen, daß in den ehemals nach Grad und Art der Kristallisation und stratigraphisch der unteren Tauernhülle angehörigen Gesteinen nachkristalline Differentialbewe- gung um so wichtiger wird, je höher sie tektonisch über den Gneisen liegen.

Schneeberger Zug.

Die stratigraphische Zugehörigkeit dieses altbekannten Schiefer- zuges zwischen Sterzing und Similaun zur unteren Schieferhülle wurde durch Unterscheidung der ihn zusammensetzenden Glieder fester be- gründet. Hier werden nur die für unsere Frage dienlichen Gesteine des Schneeberger Zuges erwähnt, welche aber den stratigraphischen Charakter als untere Tauernhülle nebenbei miterweisen mögen um so mehr, als auch der vorkristalline Charakter des Gesteins beachtet wird.

Nicht mit Sicherheit zur unteren Schieferhülle ist jedoch zu rechnen Nr. 50 aus Ratschiuges, ein Gneis, welcher vollkommen gsrauem Otztaler Gneis aus Pfossen gleicht.

48. Zweiglimmerschiefer im Graben zum Wetzelwald Inner- ridnaun.

Quarz oblong in sb; keinerlei sr.

In Granatholoblasten unverlegtes si. Zeichen für nd fehlen.

49. «) Amphibolit unter dem Marmor von Innerridnaun (oro- graphisch linke Talseite).

Feinschichtung ist sehr gut durch Erz bezeichnet und durchziebt unverlegt als si, zusammen mit Quarz, die vollkommen regellos angeord- neten Hornblendeholoblasten. Letztere sind ohne jede Beziehung zu s und ohne s irgendwie zu stören kreuz -und quer gewachsen. Es gibt kein Zeichen für Teilbewegung; sicher keine Bewegung nach der Hornblende.

[21] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 587

b) Gleiches gilt von Albitamphibolit, Graben über Bacherbauer, Innerridnaun. Ebenso von Biotitgranat-Amphibolit vom Schneeberg, in welch letzterem jedoch die Hornblende einigermaßen in s liegt mit Siebstruktur durch reichliche Aufnahme von si.

50. Gneis unter dem Marmor von Häusern in Inner-Ratschinges. Dieser Zweiglimmergneis (Biotit und Muskovit) mit chloritisierten Granaten und dunklem Epidot zeigt reines sb. Quarz ist oblong in sb, aber hier wie in anderen Fällen nur dort, wo Glimmer da ist. In solchen Fällen scheint mir das Prinzip von der besseren Weg- samkeit vons dem Rieckeschen hinsichtlich der oblongen Quarze vorzuziehen.

51. a) (Fig. 10). Graphitschiefer mit Rhätizit und Granat, Hangend des Marmors in der Zirmaidscharte Inner-Ratschinges.

Rhätizit und Granat haben die Feinschichtung (Graphit, Quarz) umschlossen als sie schon gefältelt war. Jedoch dauerte die para- kristalline Teilbewegung noch fort nach der Holoblastenbildung, wie die verlegte Reliktstruktur erweist.

b) Ein Glimmerschiefer, ebendort, zeigt s in Granat (Quarz und Biotit) und in Biotit (Quarz), abgebildete Feinschichtung und hinsichtlich der in sb oblongen Quarze ganz dasselbe wie 50. Teil- bewegung ungewiß; sicher keine nachkristalline.

52. Hochparigg, Ridnaun. Ankeritschiefer mit Chloritgebälk. Teilbewegung wie in 5lb.

53. Dasselbe gilt hinsichtlich der Teilbewegung von folgenden Gesteinen:

a) Kalkglimmerschiefer von der Schneeberger Weißen (ss durch Biotit und Erz).

b) Greiner Schiefer aus dem Pockleitenstollen Schneeberg.

c) Biotit-Hornblendeschiefer. Rauhes Joch, Pfelderstal.

d) Greiner Schiefer (Muskovit, Biotit, Quarz, Kalzit) Pfelders.

e) Glimmerschiefer, Gürtelscharte, Schneeberg; Gneis, Gürtel- scharte Schneeberg.

f) Glimmerschiefer mit Granat nach Hornblende. Pfossental.

g) Albitamphibolit, Pfossental, In der Grub. si unverlegt in Albit enthält bereits sehr kleine wohlausgebildete Hornblenden, ferner Zoisit, Quarz, Erz und Granat. Beispiel für ziemlich spät einsetzende Albitholoblastenbildung.

h) Garbenschiefer, Faulwand, Pfossental.

Die älteren großen Garbenhornblenden sind verwandelt in Aggre- gate von kleiner Hornblende und Biotit zu gleichen Teilen. Granatlagen zeigen vorzüglich Feinschichtung an. Querbiotite, Muskovitgebälk.

i) Zweiglimmerschiefer mit Granaten. Die Granaten zeigen Sieb- struktur (Quarz, Feldspat, Muskovit). Sie zeigen jederlei Stadium von Chloritisierung ohne Zusammenhang mit Teilbewegung. Biotit und Muskovit liegen in sb mit verschieden stark ausgesprochenem Balken- charakter. Manches macht in diesem Falle vorkristalline ds wahr- scheinlich. Auch in den anderen Fällen läßt sich diese nicht aus- schließen, wenn man Fälle wie den folgenden mit in Betracht zieht.

588 Bruno Sander. [22]

54. Knollengneis vom Schneeberg, Passeier. Quarz oblong in sb, nur bei Körnertrennung durch Glimmer (wie in 50, 51). In diesem Falle eines idealen sb ist gleichwohl ein sicherer Schluß auf ds mög- lich durch weitgehend ausgeflachte Quarz-„Geröllchen“. Auch ist in einem Falle vorkristalline bis parakristalline Fältelung, vorhanden, welche manche Glimmer der Polygonalbögen noch gebogen hat.

55. Glimmerschiefer von der Gürtelscharte Schneeberg zeigt vorkristalline Fältelung (Polygonalbögen des Glimmers).

56. Im Granatglimmerschiefer mit Biotit und Kalzit vom Gipfel der Faulwand im Pfossental zeigt nur das stark verlegte si (Quarz) in Granat die Teilbewegung an, welche sonst aus dem feingeschichteten Gefüge kaum zu entnehmen wäre. Die Teilbewegung fand nach Granat und vor Kalzit statt.

Seltener sind im Schneeberger Zug die Gesteine mit nach- kristalliner Teilbewegung. Hierher gehören außer dem bereits unter 27 erwähnten Gestein von Gasteig im Ridnaun folgende.

57. Granatglimmerschiefer Pfossental hinter Vorderkaser.

Die Granaten zeigen einerseits Kerne und Zonen aus Quarz, Erz, Graphit, einmal aber auch gefälteltes s. Die Feinschichtung ist kristallin abgebildet, sodann erfolgte starke nachkristalline nds, welche alle Bestandteile ergriff.

Dasselbe gilt von Zweiglimmerschiefer mit Granat und Albit.

58. Faulwand, Pfossental.

a) Granatphyllit zeigt neben Glimmergebälk, welches nach- kristalline nds ausschließt, bereits da und dort Geflechte. si zieht aber noch unverlegt durch die kleinen Albite. Die Granaten sind teil- weise chloritisiert.

b) Phyllitgneis. Ein ganz ähnliches Gestein mit gänzlich (ohne Deformation!) chloritisierten Granaten und starker, nachkristalliner nds im fluidalen Muskovitgeflecht.

Opazit durchzieht als unverlegt große Chlorite, welche wohl ehemaligen Querbiotiten entsprechen und deren Wachstumsart durch Interposition illustrieren: rückt in der Richtung s unstetig aus- einander.

Es scheint, daß im Schneeberger Zug die Gesteine mit nach- kristalliner Teilbewegung randlich gegen das Altkristallin liegen (27, 57, 58). Wie schon an Beispielen erläutert, können die Gesteine dieses Zuges sehr wohl mehr ds enthalten als heute, nach der Kristal- lisation aus dem Gefüge nachweislich ist. Die stetige Tektonik, welche zuweilen (so in der Texelgruppe bei Meran) vollständig geschlossene Falten erkennen läßt, weist ebendahin. Aber selbst wenn man ge- neigt wäre, die Kristallisation im großen Ganzen als Teilbewegung korrelat zu dieser Tektonik aufzufassen, bleibt folgendes zu bedenken.

Das Wachstum sehr vieler Holoblasten der beschriebenen Ge- steine ist keine Teilbewegung in s und vermittelt keine Deformation und Anpassung an Spannungstrajektorien etwa nach Rieckes Prin- zip. Dies ist zum Beispiel bei Chlorit nach Granat oder nach Horn- blende deutlich. Dasselbe fanden wir bei Neubildung der großen

[23] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 589

Querbiotite (vgl. auch Weinschenks Mineralogie unter „Biotit“) der ungeregelten Hornblendegebälke, der (isometrischen) Albite, der iso- metrischen Quarze, der Pseudomorphosen von Biotit mit Hornblende nach Hornblende und von Granat nach Hornblende. Wir fanden also bei einer großen Zahl sicherer Holoblasten in unseren geschieferten Gesteinen mit kristallisierter Feinschichtung, daß ihr Wachstum nicht nur keine von ss abweichende Struktur begründet, sondern auch keine Anpassung an Deformationen einzelner Kristalle bedeutet; was von Anpassung an Deformationen des Gesteins begriffliich zu trennen ist wegen der Irrelevanz einer gewissen Fassung des Rieckeschen Prinzips für letztere.

Dies gilt auch von Gesteinen, in denen wir vorkristallines ds oder Fältelung finden. Es entspricht der „Abbildungskristallisation“ in solchen Gesteinen, daß deren große s verquerende Holoblasten, auch wenn sie während der Blastese des übrigen Gefüges entstanden (durch si oft ersichtlich), ungeregelt bleiben und so auch in tektonischen Fazies Teilbewegung und Kristallisation trennen lassen.

Man könnte es in manchen Fällen vorkristalliner nd bedenken, ob nicht die Teilbewegung sozusagen durch Umrühren die kristalline Mobilisation für die folgende Abbildungskristallisation fördere. Aber trotz besonderer Aufmerksamkeit auf solche Fälle finde ich gerade große Holoblasten oft in Gesteinen, deren vorherige Durchbewegung wenigstens nicht nachweislich, manchmal aber sogar höchst unwahr- scheinlich ist.

Man hat geologisch (Ptygmatitgebiete) und technologisch Anlaß zu der Annahme, daß die kristalline Mobilisation die Deformierbarkeit der Gesteine steigert. Es wäre aber denkbar, daß hierin nicht die Deformierbarkeit des Einzelkorns durch gerichtete Spannung die wichtige Rolle spielt, sondern die gesteigerte Wegsamkeit der Inter- sranularen, welche die Orte geringster chemischer und mechanischer Festigkeit werden. Und zweitens wäre es möglich, daß, ohne ge- staltenden Einfluß von Spannungstrajektorien auf einzelne Kristalle, zum Ausgleich von Differenzen im allseitigen Druck des Gesteins während der Deformation, korrelat zur Deformation Materialtransporte nach Stellen mit geringerem Druck stattfänden. Dies wäre ein von der Korndeformation zu unterscheidender Fall der Kristallisation als Teilbewegung von Deformationen. Man würde sich mit dieser Kristallisationsbewegung den Verhältnissen in erstarrenden Magmen nähern und auf die Möglichkeit von Differenzierung durch Bewegungen achten können. Man könnte das Aufreten der ptygmatischen Falten verstehen in den Gesteinen, deren Mobilisation sich der Wiederein- schmelzung näherte und in den leicht löslichen Salzen. Denn diese Kristallisationsbewegung würde durch die oben vorausgesetzte Wirk- samkeit der Gefügemobilisation sehr erleichtert und mit ihr die Defor- mierbarkeit.

Rensenzone bei Mauls. Wir betrachten nun die Fortsetzung der Gesteine von Gasteig gegen Osten. Dabei bewegt man sich wieder an der Südgrenze des Tauernkristallin gegen das Altkristallin, welche wir schon mehrfach

590 Bruno Sander. [24]

durch starke, nachkristalline Gefügebewegung gekennzeichnet fanden. Tatsächlich finden wir auch für die Tauerngesteine der Rensenzone starke nds bezeichnend und in der Mehrzahl der Fälle von der Kristallisation nicht überholt. Die nachkristalline, mehrfach diaphto- ritische „ds im Altkristallin dieser Zone wurde schon andernorts ver- merkt. Sie wird hier zusammen mit vorkristallin durchbewegten Ge- steinen des Altkristallin pag. 551 ff. erwähnt.

59, Ankeritgrünschiefer, Rensen, zeigt unversehrten Ankerit in sroßen Kristallen, Chlorit sowohl gebogen als in Polygonalbögen. Der Hauptsache nach ist nd vor Ende der Kristallisation von Karbonat und Chlorit erfolgt.

60. a) Kalkglimmerschiefer, Furkel bei Pfunders, zeigt sb ohne sr. Man kann jedoch nach allen Erfahrungen aus der Quarzgefügeregel auf ds schließen vor der Kristallisation.

Die Quarzkörner sind isometrisch, wenn sie nicht der Glimmer trennt.

b) Dasselbe gilt von Glimmerschiefer mit etwas Karbonat ebendort.

61. „Knopfschiefer* von der Plattenspitze, sind durch stärkste nds phyllitisierte Gneise und Granatglimmerschiefer, deren Feldspate und Granaten aus den phyllitischen Schieferungsflächen ragen. Die Rekristallisation dieser Gesteine reichte hin, sie festzubinden. Muster- beispiele für Quarzgefügeregel.

62. a) Kalkphyllit von der Plattenspitze zeigt stärkste nach- kristalline nds, welche das Karbonat (ohne Rekristallisation) betraf, das Quarzgefüge regelte und Lagenquarze erzeugte, welche die Ecken von Albiten umfließen.

b) In anderen Fällen ist das Karbonat unversehrt, also jünger als nds, deren Zeichen sonst dieselben sind.

c) Ein Kalkphyllit mit Ankerit und farblosem Augit zeigt den zertrümmerten Augit in Glimmergeflechten schwimmend.

63.a) Gneis bis Quarzphyllit von der Rensenspitze zeigt Chlorit- Muskovitgeflecht. Quarzgefügeregel und sr.

b) ebenso Albitgneis von der Grenze zwischen Rensengneis und Kalkphyllit.

II. Phyllite.

Bei der Einförmigkeit dieser Gesteine läßt sich nicht an einzelne Schliffe anknüpfen, sondern nur allgemein Gültiges kurz anmerken.

Die Phyllite des Pfunderer Gebirges sind mittelkörnige Quarz- glimmerphyllonite, oft mit Biotit. Diaphthorese wurde nicht gefunden.

Die schon kurz gestreiften Quarzphyllite, welche am Brenner (Sillesköpfl) über den Greinerschiefern liegen, sind kataklastische Phyllonite mit ruptureller Teilbewegung.

Die Phyllite bis zur Schöberspitze im Osten (Schmixntal) gleichen den Pfunderer Phyiloniten; nur fehlt ihnen der Biotit und sie sind

[25] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 591

im allgemeinen etwas weniger klar kristallin, sozusagen weniger säuber- lich kristallisiert. Die Quarzphyllite der Tuxeralpen sind ihrer größeren Menge nach (z. B. Hennensteige, Grindl; ebenso die Vergleichsstücke von Treglwang in Steiermark) stark in s bewegte, aber nie hoch- kristallin gewesene Gesteine.

Angefügt sei hier, daß nach einer Reihe von Schliffen der von mir gesammelten Murauer Kalkphyllite in diesen Gesteinen durchwegs starke, nachkristalline nds mit Deformation von Quarz, Glimmer und Kalzit vorhanden ist. Letztere zwei Minerale waren vorher als gute Kristalle ausgebildet. Die Murauer Kalkphyllite sind sämtlich sehr typische postkristalline und mit Zerstörung früheren kristalloblastischen Gefüges (kristallisierte Feinschichtung) nichtmolekular in s durchbe- wegte tektonische Fazies. Ebenso ein Stück Kalkphyllit von Obertauern, wovon allerdings nur 1 Schliff vorlag.

III. Bemerkungen über ‚„altkristalline“* Schiefer.

Die altkristallinen Schiefer südlich der Tauerngesteine zeigen in allen untersuchten Proben mit Ausnahme einiger Intrusiva tek- tonische Fazies. Man findet gute Beispiele für tektonische Fazies auch ohne Kataklase, z. B. Zoisitamphibolit vom Passenjoch im Pfunders- tal. Außerordentlich starke Durchbewegung des Biotits ohne Chlori- tisierung und sowohl nach als während der Biotitkristallisation zeigt der Augengneis vom Passenjoch (Blastomylonit, Fig. 2). Diese Teil- bewegung erfolgte während der Existenzbedingungen des Biotits und ohne Diaphtorese.. Im Altfaßtale läßt sich an Blastomyloniten das Nebeneinander von nds, mds und regenerierender Abbildungskristalli- sation hervorheben; der Biotit ist chloritisiert.

Die Teilbewegung der Intrusiva im Altkristallin nördlich des Brixner Granits ist meist eine nichtmolekulare und von Diaphtorese begleitet.

Manche der im Handstück von randlichen Tauerngneisen nicht unterscheidbaren Biotitaplitgneise der Rensenzone (so über Rensen- granit; unter Kalkphyllit des Fensterlekofl) erwiesen sich als ge- schieferte Aplite des Altkristallin und unterscheiden sich u. d. M. sehr von den viel grobkörnigeren vorkristallin deformierten Aplitgneisen der Tauernhülle (Saxalpenwand). Es ist jedoch beizufügen, daß in der Rensenzone (Graben östl. v. Pfunders) auch Gneise ohne Unterschied von den Tauerngneisen vorkommen.

An den Tauerngneisen selbst läßt sich beobachten, daß bei gleichen Typen die Gneise in größerer Entfernung vom Hauptmassiv (Navisjoch in Navistal Norden der Gneise) viel stärker korrelat zur Bewegung zersetzt sind als ihresgleichen in größerer Nähe des Hauptmassivs (Gneislage von Dun in Pfunders).

Die Gesteine vom Jaufen zeigen auffallend viel regressive che- mische Metamorphose, welche nicht mit Teilbewegung zusammenhängt.

Wichtig ist, daß die reichlich (bis zur Arteritbildung) imprägnierten mineralreichen Glimmerschiefer vom Penserjoch bis Taserbauer bei

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 76

592 Bruno Sander. [26]

Meran neben nachkristalliner auch vorkristalline Teilbewegung (Fälte- lung bis starke Umfaltung) zeigen und Abbildungskristallisation von nd ohne Diaphtorese. Sie gehören in dieser Hinsicht mit den Tauern- gesteinen den Laasergesteinen und mit manchen anderen Gliedern der Otztaler Schiefermasse zusammen (siehe unten).

Dagegen ist die Verfaltung der Kalkkögel mit ihrer Unterlage aus Stubaier Schiefern auschließlich diaphtoritisch erfolgt (Burgstall, Kreiter Graben).

Es ergibt sich aus dem oben Gesagten, daß auch unter den Ge- steinen des Altkristallin vorkristalline und nachkristalline Teilbewegung vorkommt. Erstere wurde z. B. mit Bezugnahme auf Stücke vom Otztal- ausgang schon früher gelegentlich vom Verf. erwähnt. Es wird die Auf- gabe des nächsten petrographischen Bearbeiters dieser Areale sein, auch im Otztaler und Stubaier Massiv vorkristalline und nachkristalline Deformation zu trennen und darauf zu achten, ob erstere an Intrusionen gebunden sei. Nach dem Einblick in sein Schliffmaterial, welchen ich meinem Freunde Hammer verdanke, zeigen die Schliffe „Ortler und Ötztaler Gneise“ ganz überwiegend sb durch nachmaliges nds voll- kommen ausgearbeitet; vielfach spielt nds ganz und gar die Hauptrolle und bringt auch hier wieder die Quarzgefügeregel mit sich.

Zuweilen beweist si (z. B. Erz in Staurolith), daß kristallisierte Feinschichtung schließlich mechanisch ausgearbeitet wurde.

Dasselbe gilt fast ausnahmslos von den Schiefern „NO-Viertel des Blattes Glurns-Ortler*. Ausnahmen sind Salisatis, Planail, Straße Matsch—Mals, Spitzige Sun—Plantavillas.

Auch am Material aus der Laasergruppe sieht man vielfach, daß Feinschichtung schon vor der Blastese vorhanden war und für s die entscheidende Orientierung gab.

Unter den Laaserschiefern sind nicht selten Beispiele für starke ds vor bis mit der Kristallisation (Talfrazer Graben bei Göflan, östlich Ast), und für vorkristalline Fältelung (Weißkrantl). Freilich wäre eine eigens auf das Verhältnis zwischen Kristallisation und Gefügebewegung gerichtete Untersuchung der Laaser und Ötztaler Schiefer von Interesse, aber etwas scheint mir schon aus Hammers Material hervorzugehen:

Die Laaser Schiefer zeigen als häufigstes Gefüge sb (sab, mds). Ihre Teilbewegung ist von der Kristallisation überholt.

Die Otztaler Schiefer zeigen vorwiegend nds nach der Kristal- lisation.

Ausnahmen sind auf Seite der Laaser Schiefer anscheinend rand- lich vorhanden, z. B. SW-Grat der Vertainspitze mit starker nds, Eingang in die Tschengelser Schlucht.

Vielleicht geologisch wichtiger sind die Ausnahmen auf Seite der Ötztaler Schiefer. Z. B. treten in den Nachbargesteinen des Amphi- bolits von der Schlinigalm vorkristalline Falten auf. Ebenso hat in einem breiten Streifen, aus dem ich nur die Punkte Ötztaler Hoch- joch—Weißkugelgruppe—Elferspitzgruppe nenne, die Kristallisation jederlei Gefügebewegung überdauert, wie wir dies für die meisten Tauernschiefer bezeichnend fanden. Diese Gesteine kommen also, was das Verhältnis zwischen Teilbewegung und Kristallisation anbelangt,

[27] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 593

neben die Tauern, Laasergesteine, mineralischen Glimmerschiefer von Pens etc. zu stehen; vielleicht am nächsten neben die letztge- nannten. Ob hiermit eine ähnliche stratigraphische Stellung verbunden ist, bleibt derzeit dahingestellt. Näher scheint mir die Frage zu liegen, ob nicht die Intrusionen mit dem vorkristallinen Charakter der Ge- fügebewegung zusammenhängen, welche sowohl bei den Penser Glimmer- schiefern als nach Hammers mündlicher Mitteilung bei den er- wähnten Ötztaler Gesteinen bis zu Arteriten führen.

Vielleicht gelingt es, in den Ötztaler Gesteinen eine Gruppe mit Intrusion und überdauernder Kristallisation durchbewegter Gesteine noch da und dort hervorzuheben uud ihre Deformation als eine ältere Tektonik von Bewegungen wie der von Hammer untersuchten Auf- schiebung des Elferspitzkristallins auf die Gebilde des Engadiner Fensters zu trennen.

Anhang. Über Albitisation.

Mit Albitisation kann man die Kristallisation der Albite bezeichnen, ohne damit etwas über Stoffzufuhr zu behaupten. Die Albitisation er- folgt in Gestalt einer lokalen Imprägnation des Grundgewebes mit Albitindividuen. Von einer Imprägnation kann man sprechen, weil die Albitindividuen, wie bekannt, mit weitgehender Schonung des bereits vorhandenen Gefüges wachsen und dasselbe hierbei nicht mechanisch verändern, sondern als interne Reliktstruktur (z. B. Helizitstruktur Weinschenks) umwachsen, als Dauerpräparat aus der Zeit vor der Albitisation aufbewahren und unter gewissen Vorbehalten einen oft lehrreichen Vergleich mit dem externen Gefüge gestatten.

Die Gestalt der Albitholoblasten ist in der Regel isometrisch, zuweilen geradezu kugelig. In diesem Falle schließen sich die da und dort im Grundgewebe keimenden Kristalle bei gegenseitiger Be- rührung zu idealer Pflasterstruktur zusammen aus Körnern mit iso- metrisch polygonalem Querschnitt. Solche Querschnitte entstehen in der Weise, daß etwas vor der Berührung und bei der Berührung sich wachsend begegnender isometrischer Keime vermehrte Stofizufuhr gegen den Berührungspunkt erfolgt, nach einem in der Gesteinskunde viel- fach wirksamen Prinzip. Hierbei entstehen biskuitförmige Stadien, wie bei anderen Konkretionen, welche sich mit wachsenden Oberflächen begegnen.

Die Gestalt der Albite kann aber auch oblong sein. In diesem Falle entspricht der längere Durchmesser der Richtung von si im Kristall, ohne daß dieses si selbst gedehnt wird. Dies gilt gleichviel, ob nun si verlegt oder unverlegt vorliegt. In ersteren, Fällen ist es bisweilen um so deutlicher, daß die oblonge Form der Albite auf das Prinzip der leichteren Stoffzufuhr in s zurückzuführen ist und keine Anpassung der Gestalt an gerichtete Spannungen bedeutet.

Niemals, weder in den schwachkristallinen noch in den hoch- kristallinen Albitphylliten noch in den Albitgneisen des von mir unter- suchten reichlichen Materials erfolgt die Kristallisation eines Einzel- individuums nachweislich als „tektonoblastische* Teilbewegung einer

76*

594 Bruno Sander. [28]

Deformation. Da es sich hierbei um Typen der obersten bis mittleren Stufe Grubenmanns handelt auf deren Kristallisation gerichtete Spannungen am meisten Einfluß hätten, wäre um so mehr hervorzuheben: Die Kristallisation der Albite erfolgt ohne Anpassung ihrer Form an gerichtete Spannungen.

Von solcher Anpassung eines Kristallindividuums an gerichtete Spannungen ist begrifflich zu unterscheiden eine Kristallisationsbe- wegung, welche in vermehrter Albitbildung in den Kniehöhlen ge- stauchter Einlagen im Schiefer besteht. Denn bei solcher Kristallisations- bewegung, welche an meinem Material in einem Falle wahrscheinlich ist, paßt sich nicht ein Kristallkorn z. B. nach Rieckes Prinzip der Druckverteilung an, sondern eine bestimmte Substanz gelangt am Orte mit günstigen Druckverhältnissen zum Absatz, wobei Differenzen im ungerichteten Druck und nicht Druckrichtungen das Wichtige für diese Art von Teilbewegung sind.

Diese Kristallisationsbewegung spielt für das Zustandekommen der Schieferung überhaupt keine Rolle, wohl aber als Teilbewegung mancher Deformationen.

Der Zustand des Grundgewebes vor der Albitisation ist im Grade der Kristallisation verschieden.

si besteht auch ganz in der Nähe der Zentralgneise und bei stärkster Albitisation bisweilen nur aus opazitischer Substanz, was freilich in manchen Fällen auch auf eine Aufzehrung von Quarz und Glimmer bei der Albitisation zurückgehen könnte. Bisweilen ist das Gefüge durch Ausbildung von Glimmern oblongen Quarzen, Epidot etc. schon vor der Albitisation ziemlich hochkristallin geworden. Daraus, daß der Entwicklungszustand von si im Albit jeweils für größere Gesteinspartien derselbe ist, kann man entnehmen, daß die Bildung der zahllosen im Gestein verstreuten Albite jeweils eine verhältnis- mäßig gleichzeitige war und eine ganz ausgesprochene Entwicklungs- ‘phase des Gesteins bedeutet. Andernfalls hätte man wohl in den verschiedenen Albiten verschiedene Entwicklungsstadien des Grund- gefüges zu erwarten, welches ja häufig eine Entwicklung vom Ton- schiefer bis zum hochkristallinen Glimmerschiefer durchlief.

Durchbewegung des Gefüges ist in Gestalt von Fältelung oft schon vor der Albitisation vorhanden. Sie dauert aber gewöhnlich nach, zuweilen auch nachweislich während der Albitisation gleich- sinnig oder in einem anderen Sinne fort und erreicht sehr oft erst nach der Albitisation ihren Höhepunkt (verlegtes si in den Albiten oder in deren Kern).

Auch die Bewegung der Albite kann durch die Kristallisation anderer Minerale überholt werden und nur noch an der verlegten Reliktstruktur kenntlich sein, wie an vielen Beispielen gezeigt wurde.

28) Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 595

Erläuterung der Bilder.

Die in Klammern den Bildern beigegebenen Zahlen entsprechen der Numerierung im Texte.

1. Biotitphyllit im Kalk des Kahlen Wandkopf, Schmirn, Brenner. Tektonische Fazies eines Tauerngneises ohne Diaphthorese. Bildung von Glimmer- (Biotit-) Geflechten durch nds nach der Biotit- kristallisation.

2. Zerkneteter Augengneis; Passenjoch, Pfunderstal; „Mühl- walder Augengneis“. Tektonische Fazies eines „altkristallinen“ Gneises ohne Diaphthorese.

Halbfluidale Struktur des Biotits zwischen den Augen anläßlich einer Durchbewegung mit und nach der Biotitkristallisation.

3. Quarzphyllit mit Granaten über dem Tribulaundolomit, Santig- joch bei Gossensaß,.

Tektonische Fazies eines ehemals ziemlich hochkristallinen Glimmerschiefers durch nachkristalline Teilbewegung.

4. Phyllit, welcher den Magnesit von Tux begleitet. Beginnende Albitisation.

5. Albitphyllit. Gamskarspitz bei Hintertux. Oblonge Form der als Imprägnation längs s auftretenden Albitindividuen a. + Nikols. Dunkelstellung der Albite.

6. Granitgneis, Schloßkopf, Inzing, Inntal. Aus Material Ohne- sorges: „vollständig umkristallisierter Granitporphyr.“

Glimmergebälk ungefähr in s. ds gänzlich von der Kristallisation überholt. Zeigt auch den von Ohnesorge beschriebenen körnigen Zerfall der Feldspate.

7. Glimmerschiefer (Greinerschiefer) über Stranses, orographisch linkes Gehänge des Ridnauntals beı Sterzing.

Scheitform der Glimmer. Als einzige mechanische Läsion des ringsum unversehrten hochkristallinen Gefüges: Pressung des hellen Muskovits in der Mitte durch Biotit (unten); Wachstumsdruck des Biotits.

8. Glimmerschiefer unter dem Marmor der Saxalpenwand am Brenner.

Biotite in s bisweilen noch von ds ergriffen und Biotite quer s, welche, vollkommen unversehrt, Teilbewegung in s nach ihrer Kristalli- sation ausschließen lassen.

9. Amphibolit, Gipfel der Schleierwand bei Goßensaß. Holo- blasten von Hornblende, Quarz und Albit durchwachsen mit voll- kommen ungeregelten Achsen s, welches durch Feinschichtung (Erz) bezeichnet ist. Keinerlei d.

10. Greinerschiefer, Zirmaidscharte, Ratschinges. s, Feinschich- tung durch Graphit, durchzieht als nur wenig verlegt und verändert den großen Rhätizitholoblasten.

1l. Greinerschiefer, Graben zwischen Flans und Tschöfs bei Sterzing.

Granaten mit unverlegtem si und oblong in s infolge besserer Wegsamkeit längs s.

596 Bruno Sander. [30]

12. Graphitglimmerschiefer, Grubwald, Pfitsch. Klastische Form der Quarze in kristallinem Schiefer ohne Kataklase.

13. Granat-Biotitschiefer, Südgrat des Kleinen Kaserer, Schmirn- tal, Brenner. Unverlegtes si in Granaten in der Ausbildung stark ab- weichend von se. Letzteres ist Abbildungskristallisation von Fein- schichtung.

Biotitfüllung der meist quer s verlaufenden Sprünge im Granat erweist die lange Dauer der Biotitkristallisation unter Bedingungen, welche rupturelle Deformation der Granaten zuließen.

14. Biotitschiefer nächst Kontakt mit Aplit, Graben bei St. Jakob im. Pfitschtal. Kontaktmetamorpher Amphibolit, dessen Schieferung durch Biotitbildung in s gesteigert ist.

Sachverzeichnis.

(Die nebenstehenden Ziffern geben die Seitenzahlen an.)

Abkürzungen 568. - Quarz, Form der Körner 574, 576, 578, Biotitgeflechte 584. 584, 587. Blastomylonite 585, 591. Quarzgefügeregel 577, 580.

Diaphtorite 584, 591.

Feinschichtung 570, 573, 574, 576. Querbiotite 575, 582, 588.

Generationen, zeitliche 570, 571, 573. Steigerung von s 572, 574, 576, 578. Granaten, mechan. Widerstand 579. Teilbewegung und Kristallisation, Über- Hof um Biotit 570, 582. sichten 567 ff., 574, 575, 582—586, Kristallisationsbewegung 588-9, 59394. 588, 590--593. Metamorphose ohne Korndeformation Wegsamkeit von s 572, 578, 581, 587, 587, 588, 591. 589, 598. Inhalt. Seite Einleitung . . . . a a a ur! ae I. Untere Schieferhülle der Tauern . . . . 2. 2. 2..2...569 [8] Hochfeiler und Sengeser ie LE RE.” 1. 21156986013] Pfitschtal . . . Ir. VHERESERE ee). BEBUSR] Sterzing, Pflersch, Bidnaun or MW. Von [11] Brenner bis St: .Jodok . 2, E38. | or. Vu ee: an Von St. Jodok nach Osten . . NT RE LEO 7] Von Kasern im Schmirntal nach Osten . » © 2222202. 584 [18] Schmenbenker ZUR: 1.2.1. apa a nee era are... BORBMEN Rensenzone bei’Mauls ., -AnR 2m u 0 2 a eg 2 er II..Phyllite .. ı . sl 0.20 See 1 1 NE. 2 RE SER III. Bemerkungen über „altkristalline“ Schiefer . Ve... [25] Anhang: Über Albitisation u... your eur tr 59 art Erläuterung der Bilder „. 4... ° 2: 24 200 Das u Terz Sin a. 2,595

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[31] Beiträge aus deu Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 597

2. Über Kristallisation und Faltung einiger Tiroler Schiefer.

Einleitung.

Seit 1909 (Verh. d. k. k. geol. R.-A.) war es das in mehreren Veröffentlichungen zum Ausdruck gebrachte Bestreben des Verfassers, auf den Wert einer Betrachtung der Teilbewegungen hinzuweisen und die Teilbewegungen im Zusammenhange mit den tektonischen Defor- mationen zu betrachten, zu welchen sie gehören. Bei dieser Gelegen- heit wurde auf die Betrachtungsweisen der Deformationskunde trei- benden Techniker aufmerksam gemacht und für dienlich gehalten, die Betrachtung der Teilbewegungen, zunächst bei einfachen tekto- nischen Formen, für sich und noch vor einer Debatte über die „gebirgs- bildenden Kräfte“ zu betreiben.

Die geologischen Aufnahmsgebiete des Verfassers (Zentralalpen) zeigen bekanntlich in hohem Grade „stetige* Umformungen, das soll heißen Umformungen, .bei welchen die Größe der die Teilbewegung ausführenden Teile im Verhältnis zur Größe des deformierten Körpers so gering ist, daß die fließenden Umformungen entstehen, welche man heute in zahlreichen Querschnitten dargestellt findet.

Da die Gesteine der Zentralalpen gewöhnlich geradezu Korn für Korn bewegt sind, war es möglich, schon an verhältnismäßig kleinen durch Dünnschliffe noch studierbaren Umformungen die Teilbewegung im Gefüge zu untersuchen. In vielen Fällen gelingt es, solche einer genauen Untersuchung noch zugängliche Deformationen (durch die Erfahrungen bei der geologischen Aufnahme und wohlüberlegte Aus- wahl des Materials für die ziemlich teuren Schliffe) mit Sicherheit als Teilbewegungen tektonischer Bewegungen zu erkennen. Man ge- langt so vor manche neue Aufgaben, unter welchen ich hier die Frage nach den Beziehungen zwischen Teilbewegung und Kristallisation durch das Studium von Faltungen in kristallinen Schiefern zu fördern ver- suchte.

In allen Wissenschaften, welche sich mit Gegenständen befassen, deren Querschnittsbild sich mit der Richtung des Schnittes ändert, wird das größte Gewicht auf gute Orientierung der zu untersuchenden Schnitte gelegt. Dagegen gibt es noch große Institute, in welchen auf die Orien- tierung der Gesteinsschliffe und auf die Vorrichtungen, womit man orien- tierte Schliffe macht, wenig Gewicht gelegt und ein für manche Fragen unbrauchbares Schliffmaterial hergestellt wird. Die Firma Voigt und Hochgesang, Göttingen, hat auch diesmal nach meinen Tusch- marken gutorientierte Schliffe aus den Falten geschnitten.

Dank den optischen Untersuchungsmethoden, welche im Dienste der Mineraldiagnose unter dem Mikroskop eingeführt wurden, ist man in der Lage, die geringsten Anfänge mechanischer Deformation an Mineralkörnern zu sehen, da die anisotropen gesteinbildenden Minerale schon vor der Ruptur wohlbekannte Veränderungen ihrer optischen

u

598 Bruno Sander. [32]

Verhältnisse erfahren und im Schliff zwischen Nikols in Form von Störungen ihre Interferenz erkennen lassen (z. B. undulöse Aus- löschung an Quarz und Glimmer, Zwillingslamellen an Kalzit). Dazu kommt, daß viele Gefüge schon infolge der Kornkonturen mechanisch sehr empfindlich gebaut sind. Es wäre geradezu schwierig, ein Gefüge zu erfinden, welches die geringste Kornverschiebung und schon das Bestreben solcher Gefügebewegungen so ausgezeichnet kontrollierbar macht wie z. B. ein stark verzahntes Quarzgefüge, in welchem un- versehrte Quarzkörner lückenlos schädelnahtartig ineinander greifen und keine latente Verschiebung gestatten; oder ein Gefüge, in welchem kreuz und quer gestellte Glimmerblättchen oder Kristallnadeln von irgendeiner Seite kommenden Druck registrieren; oder ein Gefüge, in welchem strauchartig verzweigte Einzelkristalle durch optische Störungen in ihren Zweigen wie mit empfindlichen Fühlern auf jede Bewegung in dem von ihnen durchwachsenen Gefüge reagieren.

So gibt es also unter den Gesteinen zahlreiche, deren Gefüge- bewegung sich vielseitiger und gründlicher studieren läßt als die Gefügebewegung in Metallen. Übrigens sind sehr viele Fragestellungen der Petrographie und Metallographie gemeinsam nicht nur auf dem Gebiete der Erstarrung, wo das in einem Referat in Links „Fort- schritten der Mineralogie* von anderer Seite übersichtlich gemacht wurde, sondern auch auf dem Gebiete der Deformation, auf welchem die Petrographie sogar manchen Vorsprung besitzt, welchen sie der guten Kenntnis der gesteinbildenden Minerale, der Möglichkeit im Dünn- schliffe zu untersuchen, der Mannigfaltigkeit des Materials und den hiermit zusammenhängenden Fragestellungen verdankt. Ist der Spiel- raum für Experiment und direkte praktische Verwertbarkeit der Er- gebnisse auch derzeit ein sehr geringer, so darf man wohl die Be- deutung einer Gefügekunde, welche Teilbewegung und Kristallisation systematisch betrachtet sozusagen einer Petrographie der deformierten Gesteine für die Geologie hervorheben, da es sich ja meist. um tek- tonische Gesteinsfazies handeln wird.

Die Beobachtungen an den der Untersuchung im Schliff zugäng- lichen Fa'tungen lassen sich übereinstimmend an die mit viel zahl- reicheren gewöhnlichen Schliffen erhaltenen Befunde über das Ver- hältnis der Teilbewegung in s zur Kristallisation anschließen. Dem- nach gehören in der Regel Faltung und Bewegung in s derselben Durchbewegungs-Phase an. Es ist in der Regel’ mehr als wahrschein-

lich, daß diese Durchbewegung einer tektonischen Hauptphase ent-.

spricht.

Was die Faltung betrifft, so wurde vom Verfasser bereits in früheren Arbeiten manches hervorgehoben, was sich aus der tech- nologischen Betrachtungsweise ergibt. Es sei daher hier nur noch kurz erinnert an die Möglichkeit von Biegetrajektorien in Falten, au die Unterscheidung von Faltung und Biegung, an die Abbildung der bei Faltung auftretenden Teilbewegungen und Kräfte (Spannungs- doppelbrechung in Gallerten, aufgedruckte Kreismuster an plastischem Material und an Karton oder Papierpaketten etc.), an Falten, welche mit und ohne Leitung gerichteten Druckes entstanden und ihre Er- kennungszeichen (Stauchfaltenregel) an die Bedeutung der Bewegung

[33] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 599

in s bei Faltung und die Bedingungen dieser Bewegung, an die Be- deutung der relativen Größe der „Gefügeelemente“, welche die Teil- bewegungen ausführen. Besonders wäre für das Folgende die „zur Faltung korrelate Streckung“ in Erinnerung zu bringen, bei welcher die Ausweichung normal zum umformenden Druck erfolgt. Alles Dinge, von denen oft hervorgehoben wurde, daß sie für geologische Profile geradeso gut gelten wie für Dünnschliffe. Der Verfasser beabsichtigt alles dies bei späterer Gelegenheit noch lehrhaft zusammenzustellen, ohne bei diesen schrittweisen Berichten über die Fortschritte in solchen Studien jedesmal alles zu wiederholen, um so weniger, als ihm doch scheint, daß manches von der in jenen früheren Arbeiten geübten technologischen Betrachtungsweise derzeit schon eher in der Fach- literatur angetroffen werden kann als damals,

Außerdem weiß der Verfasser, daß sein lieber Arbeitsgenosse und erster Lehrer in der Geologie Dr. OÖ. Ampferer nunmehr Studien in dieser Richtung an seine Arbeit über das Bewegungsbild von Faltengebirgen anzuschließen gedenkt, so daß wir in Anbetracht der zur Eile drängenden Kriegszeit übereinkamen, zunächst unab- hängig voneinander unsere Studien niederzuschreiben, hierbei aber zur Vermeidung allzu vieler Parallelismen eine gewisse Arbeits- teilung im Auge zu behalten. Auch ist durch die Arbeiten von Schmidt, Leoben, Belehrung über Teilbewegung in Gesteinen und Metallen zu erwarten. Demgemäß bespreche ich derzeit von meinen allgemeineren Betrachtungen nur das, was unmittelbar zur Deutung meiner Präparate gehört.

Bezüglich einiger Abkürzungen siehe die vorhergehende Arbeit.

Die hier unternommenen Studien schließen sich namentlich an folgende Vorstudien des Verfassers an:

1. Abbildung der bei geologischen Experimenten aufıretenden Kräfte und Ver- schiebungen im Material. Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst. Wien 1909, Nr. 16,

2. Über Zusammenhänge zwischen Teilbewegung und Gefüge in Gesteinen. Tschermaks Mineralog. u. Petrogr. Mitteil. 1911, XXX. Wien.

3. Über einige Gesteinsgruppen des Tauernwestendes. Jahrb. d. k. k. geol. Reichs- anstalt, Wien 1912.

4. Referat über Lachmanns Beiträge zur Plastizitätsfrage. Verhandl. der k. k- geol. Reichsanst. 1912, Nr. 17.

5. Referat über Starks Tauernstudien. Verhandi der k. k. geol. Reichsanst. 1913, Nr. 9.

6. Studienreisen im Grundgebirge Finulands. Verhand]. der k. k. geol. Reichsanst. Wien 1914, Nr. 3.

7. Bemerkungen über tektonische Gesteinsfazies und Tektonik des Grundgebirges. Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanst. Wien 1914, Nr. 9.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 17

600 Bruno Sander. i [34]

I. Allgemeinere Bemerkungen.

Vorkristalline Deformationen sind solche, bei welchen die Kristal- lisation eines oder mehrerer Gefügeelemente die Deformation zeitlich überdauert hat, also nach der Deformation noch stattfand.

Man erkennt im Gefüge solche Deformationen daran, daß die nichtkristallinen Korndeformationen (Biegung, Bruch) entweder fehlen oder, als Teilbewegungen der Deformation betrachtet, quantitativ nicht ausreichen; so z. B. wenn sich bei starker Fältelung in einem hoch- kristallinen Schiefer ab und zu unter den unversehrten Glimmern, welche die polygonalen Faltenscharniere bilden, gebogene Individuen vorfinden. Wir trachten hier den Fall gänzlichen Fehlens korrelater nichtkristalliner Korndeformationen zu erklären, weil mit den Er- klärungsmöglichkeiten für diesen Fall auch die Fälle mit unzuläng- lichen nichtkristallinen Korndeformationen erledigt sind.

Solche Deformationen mit unversehrtem kristallinem Gefüge können

1. entweder korrelate Korndeformationen der unversehrten Einzel- körner zeigen 2. oder nicht.

Iın 1. Fall hat zweifellos die Molekularbewegung, in welcher die Kristallisation besteht, die Rolle einer zur Deformation korrelaten Differentialbewegung gespielt. Es ist zweckmäßig, diesen Fall mit korrelater Korndeformation als die erste der möglichen und beobacht- baren Kristallisationsbewegungen zu unterscheiden von der Kristalli- sationsbewegung ohne korrelate Korndeformation. Das bekannteste Beispiel für erstere ist die Kristallisationsschieferung Beckes.

Im 2., viel häufigeren Fall, wenn also im unversehrten kristallinen Gefüge eines deformierten, z. B. gefalteten, Gesteins korrelate Defor- mationen der Einzelkörner fehlen, wurden zwei Möglichkeiten be- grifflich unterschieden, welche sich praktisch nicht ausschließen und bei derselben Deformation eine Rolle spielen können.

Diese zwei Entstehungsmöglichkeiten sind: a) kristalline Abbildung der fertigen Deformation (wie irgendeiner anderen Struktur, z. B. Fein- schichtung, Fossil). Hierbei folgt die entscheidende, das letzte Gepräge gebende Kristallisation des Gesteins nach der Deformation; zuweilen wohl wie eine mechanische Erstarrung nach einer Phase größerer Beweglichkeit. Es können hierbei entweder die mechanischen Korudeformationen der Deformationsphase durch Um- kristallisation verschwinden. Oder es kann die Deformation an wenig- kristallinem Material erfolgt sein, welches erst nach der Deformation die Vergrößerung seiner (sedimentär oder durch Deformationen ge- richteten) Keime zu größeren Körnern unddie Neubildung von Holo- blasten erfuhr. Dieser Fall scheint mir nach meinen bisherigen Unter- suchungsmaterialien eine wichtige Rolle zu spielen.

b) Es ist möglich, daß eine Kristallisation korrelat zur Defor- mation als eine Differentialbewegung derselben erfolgt, ohne daß Einzelkörner korrelate Deformationen, z. B. im Sinne des Rieckeschen Prinzips zeigen.

[35] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 601

Diese Kristallisationsbewegung ohne korrelate Korndeformation spielt eine wichtige Rolle. Hierher gehören die kristallinen Ausheilungen aller tektonischen Rupturen im Gestein, bei welchen bestimmte, bei den jeweiligen Bedingungen gelöste und mobile Stoffe sich an die Orte mit Absatzmöglichkeit begeben. Das absolute Ausmaß solcher Rupturen ist hierbei nebensächlich und wir beobachten begrifflich gleiche Kristallisationsbewegung an Gängen wie an Haarspalten und noch viel feineren Rupturen, deren Verheilung z. B. Jahrb. der geol. Reichsanstalt 1912, pag. 255 ff., beschrieben ist. Wir begegnen ferner nichts neuem, wenn wir nun auch die kristallin regenerierten Blasto- mylonite hier anschließen und alle Fälle, in welchen Kornrupturen durch die jeweils charakteristische mobile Lösung ausheilen. Oft ver- ändern sich die Zusammensetzung der mobilen Lösung und die Aus- scheidungsbedingungen, wie uns zeitliche Mineralgenerationen in kristallinen Schiefeın und die Erscheinung der gemischten Gänge lehren, welch letztere auch in Haarspalten zuweilen noch sichtbar ist. In allen diesen Fällen wäre nicht nur die Kristallisation als Differen- tialbewegung tektonischer Deformatiunen verschiedensten Ausmaßes zu betrachten, sondern auch zu beachten, daß sich in weitaus den meisten Fällen gleichzeitig hiermit auch eine chemische Entmischung des deformierten Gesteinskörpers vollzieht. _

Man kann nun die Frage, wie die chemische Mobilisierung zu- stande kommt, zunächst beiseite lassen und nicht nach der Auflösung, sondern nach dem Absatz der beweglichen Stoffe fragen. In manchen der oben angeführten Fälle mögen die Orte mit den besten Absatz- bedingungen offene Rupturen gewesen sein. Es ist aber in vielen Fällen wahrscheinlich, daß die Deformation nicht bis zu einer offenen Ruptur gedeiht, sondern letztere in statu nascendi, sozusagen bevor sie eine Wunde ist, schon ausheilt, indem an bestimmten, z. B. vor Druck besser geschützten Stellen im Gestein bestimmte Stoffe, sich anreichernd, auskristallisieren; so in den Augenwinkeln der Augengneisfeldspate, an manchen Stellen widerstandsfähiger Falten- scharniere etc.

Auf diese Weise kann sich die Kristallisation chemisch und räumlich an Inhomogenitäten des Druckes im Gestein anpassen und zugleich eine Kristallisationsbewegung. in unserem Sinne, d. h. eine Teilbewegung einer Deformation sein.

Für die jetzt besprochene ‚Art der Kristallisationsbewegung ist es wesentlich, daß sich die Stoffe an Orten mit günstigen Druckbedin- gungen absetzen, was schon voraussetzt, daß sie weniger günstige Orte verlassen haben, also wandern und zur Umformung des Gesteins als molekulare Differentialbewegung in Beziehung stehen; ohne daß Druckriechtungen hierbei zum Ausdruck gelangen oder irgendwelche Rolle zu spielen brauchen. Ein Gestein, in welchem nur gewisse Stoffe solche Kristallisationsbewegungen als Teilbewegung einer Deformation ausführen, wird „teilweise fließend‘ umgeformt; ein Begriff, den das Studium der Gesteinsdeformationen so wenig entbehren kann, wie z.B. den der Abbildungskristallisation.

Es ist nun der Fall denkbar, daß sämtliche für eine Deformation erforderlichen Teilbewegungen in einem Gesteine in Form von Kristal-

11%

602 Bruno Sander. 136]

lisationsbewegung (mit oder ohne korrelate Korndeformation) vor sich gehen und daß sich das Gestein hierbei als eine unter den gegebenen Bedingungen (welche mineralogisch-chemische Verhältnisse und die Deformationsgeschwindigkeit betreffen) zähe Flüssigkeit stetig defor- miert. Bis jetzt aber ist mir eine Gesteinsdeformation, durch deren Gefüge dieser Idealfall unzweifelhaft würde, weder unter den minera- logisch einheitlichen noch unter den mineralogisch zusammengesetzten Gesteinen begegnet.

Ja es wird sich im Verlaufe der folgenden Beschreibungen von Falten zeigen, daß sich die Abbildungskristallisation einer fertigen Deformation besser und häufiger nachweisen ließ als während der Faltung erfolgende Umkristallisations- und Ausheilungsprozesse, welche eine Kristallisationsbewegung der Faltung darstellen würden. Und ich glaube, daß man geradezu von einer mechanischen Erstarrung mancher heftig durchbewegten kristallinen Schiefer anläßlich ihrer Kristallisation sprechen darf; da nach der- selben das Gefüge viel weniger leicht beweglich war und tatsächlich keine Teilbewegung mehr stattfand. So mag mancher vorkristallin heftig durchbewegte (auch sedimentäre) Teil eines Gebirges in seiner Bewegungsphase die Störung des inneren Gleichgewichts, welche die Kristallisation ermöglichte, erlebt haben und hernach den neuen Bedingungen gemäß kristallin erstarrt: sein.

Es ist zu überlegen, welche Beziehungen bestehen zwischeu Kristallisationsbewegung ohne korrelate Korndeformation und zwischen Kristallisationsschieferung im Sinne Beckes.

Wenn ein Korn an der gepreßten Stelle schwindet und an minder- gepreßten Stellen wächst, so scheint mir dieser Fall theoretisch ebenso möglich wie Kristallisationsbewegung ohne korrelate Korndeformation. Der Fall, daß Schwinden und Wachsen am selben Korn erfolgt, ist lediglich ein ohne weiteres möglicher Spezialfall, welcher zur Abbil- dung von Druckrichtungen nach Beckes Annahme führt. Wenn man nun aber nach Beispielen hierfür sucht, so ist immer im Auge zu behalten, daß es mehrere andere Wege gibt, auf welchen es zur Bildung oblonger Körner kommen kann; so die Wegsamkeit von s für Stoffzufuhr und Weiterwachsen, ferner die Einstellung hetero- metrischer, gänzlich neugebildeter Kristalle in s schon in statu nascendi, welch letztere mir übrigens nicht immer die bedeutende Rolle zu spielen scheint, welche ihr viele zuweisen. Z. B. verweise ich hier auf die in der Arbeit über „Feinschichtung, Teilbewegung und Kristallisation im Kleingefüge einiger Tiroler Schiefer“ abgebil- deten Schliffe aus Hochedergneis (Material Ohnesorge). In solchen sehr verbreiteten Fällen scheint mir weder Einstellung von Neu- bildungen in s noch Korndeformation nach Becke-Riecke in Frage zu kommen, obgleich es sich um einen gut geschieferten Schiefer handelt, welcher aus einem Granit entstand.

Es gibt eine Definition, welche als zähflüssig einen Körper definiert, der unter dem EinfluB einer konstanten Kraft eine fort- schreitende Deformation erleidet. Diese Definition enthält viel Unbe- stimmtes, selbst wenn man als konstante Kraft die Schwerkraft nimmt,

[37 Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 603

in welchem Falle Festigkeit oder Flüssigkeit eines Körpers gar von seiner äußeren Form abhängen würden.

Man wird besser überhaupt nicht sagen, ein Körper ist zäh- flüssig, der andere fest, brüchig etc. etc.

Alle diese Atribute gelten für den betreffenden Körper nur unter bestimmten Bedingungen (Deformationsgeschwindigkeit, Druck, Temperatur), wozu bei Körpern, welche, wie die meisten Gesteine, aus ganz verschiedenen Elementen zusammengesetzt sind, noch weitere Bedingungen kommen. Es ist also irreführend, wenn man, ohne solche Bedingungen zu fixieren, sagt, ein Körper ist so oder so. Besser ist es zu sagen: Ein Körper deformiert sich unter den und den Bedingungen so oder so. Und wer Gefügekunde deformierter Körper treibt, der sagt zunächst besser als alles dies: Ein Körper hat seine Deformation mit so oder so gearteten Teilbewegungen erlitten. Diese können rupturell oder blastisch oder auch mechanische stetige Deformationen einzelner Gefügeelemente sein. Fügt man solchen Angaben noch die Beschreibung der Gefügeelemente bei, so ist alles gesagt, was man aus dem Gefüge rückschließend über die Defor- mation eines Körpers sagen kann, während ein im Sinne der oben gegebenen physikalischen Definitionen als zähe Flüssigkeit defor- miertes Gestein sowohl ein Mylonit als ein erstarrendes Magma sein könnte oder ein Gestein, dessen Rupturen während der Deformation sukzessive kristallin verheilen. Die Stetigkeit einer Deformation wird um so größer, je kleiner die sich differentiell gegeneinander verschie- benden Gefügeelemente sind, verglichen mit den Ausmaßen des korrelaten deformierten großen Körpers. N

Eine besondere Beachtung muß man ferner bei Überlegungen über Gesteinsdeformationen der Zeit schenken. Wenn die betrachtete Deformation in einer gewissen Zeit 7’ vor sich geht, so gehen auch alle zur Deformation gehörigen Teilbewegungen in dieser Zeit vor sich. Die Geschwindigkeit (Weg in Zeit) der Teilbewegungen kann aber eine sehr verschiedene sein. Denn diese Geschwindigkeit hängt sowohl von der konstanten Zeit 7 ab als von dem in dieser Zeit zurückgelegten Weg, d.h. vom Ausmaß der Teilbewegung. Je kleiner die sich bewegenden Teile, verglichen mit dem zu deformierenden Körper, den sie zusammensetzen, sind, desto geringer wird absolut gemessen ihre Verschiebung gegeneinander, der Weg ihrer Teilbe- wegung und damit auch bei gleichbleibender Deformationszeit die Geschwindigkeit der Teilbewegung. Diese Beziehung nenne ich die Geschwindigkeitsregel der Teilbewegung.

Wenn sich z. B. ein körniger Gesteinskörper, in welchem bei den gegebenen Bedingungen die Teilbewegung von Korn zu Korn erfolgt, in einigen Tagen oder Stunden in eine Falte legt, so stehen diese Tage und Stunden den Körnern im Gefüge für die Zurücklegung winziger Wege zur Verfügung. Die Körner bewegen sich gegeneinander außerordentlich langsam. Die Geschwindigkeit der Teilbewegung ist in solchen Gesteinen selbst bei ziemlich schneller Deformation eine sehr geringe.

Ist nun eines oder sind mehrere Minerale dieses Gesteines mobil, so daß sie sich lösen und wieder umkristallisieren können, so

604 Bruno Sander. [38]

wird es bedeutungsvoll, daß sich die Teilbewegungen so langsam voll- ziehen. Denn hierdurch wird es möglich, daß Auflösung und Kristal- lisation, welche eine gewisse Mindestzeit beanspruchen, im Gefüge der sich beständig, aber sehr langsam aneinander verschiebenden Körner als Kristallisationsbewegung eine Rolle spielen und mehr oder weniger sogar an Stelle ruptureller Gefügedeformationen treten.

Freilich muß hier angefügt werden, daß in manchen Fällen die Vorstellung kristalliner Regenerations- oder Erholungs- pausen während der Durchbewegung des Gesteins mehr zum Ver- ständnis des Gefüges beitragen dürfte. Eıfolgt die Kristallisation in einer solchen Pause, für deren Dauer die Kristallisationsgeschwindig- keit der Substanz ein Minimum bestimmt, als Ausheilung von Rupturen, welche bei der Deformation erzeugt wurden, so liegt ebenfalls ein Fall von Kristallisationsbewegung vor, wie sie oben erläutert ist. Erfolgt also eine Deformation in einem Gestein, dessen Bestandteile wenigstens zum Teil mobilisiert sind, mit gleichförmiger Geschwindigkeit, so kann diese Geschwindigkeit eine gewisse Größe nicht überschreiten, ohne daß an die Stelle der molekularen Teilbewegung (Kristallisations- bewegung) mehr und mehr die rupturelle tritt, da Auflösung und Neukristallisation der mobilen Bestandteile eine gewisse Zeit erfordert, aber eine wichtige Rolle für die Ermöglichung der Kristallisations- bewegung spielt, die oben erläuterte Abhängigkeit der Teilbewegungs- geschwindigkeit von der Größe der Teile. Ein Extrem bedeutet der Fall, daß die Teile Moleküle sind.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, wie eine Faltung vor sich geht, bei welcher weder Korndeformation noch kristalline Mobilisation eine Rolle spielen. Hierfür bietet die Falte Abb. 1, aus gefalteten ungebundenen glazialen Sanden bei Innsbruck ein Beispiel. Von dieser Falte, deren Bau infolge von trockener Behandlung mit dem Gebläse in der Abbildung sehr gut hervortritt, wurde ein Präparat für das Mikroskop durch Aufkleben und Abreißen, wie es Rosenbusch be- schreibt, hergestellt. Es zeigte sich, daß die besonders durch Glimmer bezeichnete Feinschichtung bei der Faltung keine Verringerung und Störung erlitt.

II. Faltung der unteren Schieferhülle.

Die Faltungen in der unteren Schieferhülle im weiteren Sinn (einschließlich des Schneeberger Zuges etc.) wurden durch eine größere Anzahl (32) von Faltenquerschliffen untersucht. Wo es sich nicht um irgendwie besonders lehrreiche Fälle handelt, ist im Folgenden nur das Verhältnis zwischen Faltung und Kristallisation angegeben, wobei die Kristallisation aller Minerale gemeint ist, wenn nichts Be- sonderes bemerkt wird.

Wie zu erwarten, handelt es sich bei diesen Gesteinen in der Regel um eine von der Kristallisation überdauerte Faltung; aber es kommen charakteristische Ausnahmen vor. In sehr vielen Fällen ist nicht nur der vorkristalline Charakter der Faltung, d. h. daß die Faltung von der Kristallisation überdauert wurde, sondern auch

[39] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 605

ihr parakristalliner Charakter sicher nachzuweisen, d. h. daß ‚..sie nach dem Beginn und vor dem Ende, also während der Kristal- lisation erfolgt ist. Da es sich hierbei allem Ermessen nach in vielen Fällen um eine gleichsinnige Hauptphase der Kristallisation, nämlich um die „Tauernkristallisation“ handelt, so dürfen diese Beobachtungen wohl als lokale Begründungen der Annahme gelten, daß die tektonische Deformation der unteren Schieferhülle in der Regel in die Zeit ihrer Kristallisation fällt. Diese Regel, welche Weinschenk ge- bührend betonte, hat, wie eingehende Gefügestudien ergaben, mehr- fach charakteristische Ausnahmen.

l. Graphitglimmerschiefer; Faulwand, Pfossental (südl. Ötztaler Alpen).

Die durch Graphitstaublagen gut gekennzeichnete Feinschichtung ist stark gefaltet. Das Gestein ist ohne ersichtlichen Zusammenhang mit dieser Deformation gleichmäßig zersetzt (Bleichung der Biotite, Chlorit an Stelle von Biotit und Granat). Nichts weist darauf hin, daß das Gefüge mit seinen durchwegs fetzenförmig und unregelmäßig umgrenzten Bestandteilen jemals gut kristallin gewesen sei und die geringe relative (im Verhältnis zur Deformation betrachtete) Korngröße schließt eine sichere Beurteilung der Beziehung zwischen Kristallisation und Faltung aus. Es liegt also ein für diese Frage- stellung unverwendbarer Fall vor, an welchem nur die Feinschichtung hervorzuheben ist. Das Gestein gehört wahrscheinlich, aber nicht sicher, der unteren Schieferhülle an.

2. Tremolitmarmor; Hintergrund des Pfossentales.

Tremolitlagen und quarzreiche Lagen des Gesteins bezeichnen noch die ursprüngliche Feinschichtung. Diese ist jedoch vollkommen kristallisiert durch Neubildung der kristallographisch scharf umrissenen (1100; {110}) Tremolitstengel, des großkörnigen Kalzitgefüges und des in demselben mit den charakteristischen blastischen, weichen bis tropfenförmigen Konturen schwimmenden Quarzes, zwischen dessen Körnern der Kalzit da und dort nur noch die Rolle eines Zements spielt. Längsschnitte und Querschnitte durch die Falten zeigen, daß die Tremolitstengel fast durchwegs parallel zur Faltenachse liegen, nicht nur im Falienbogen, sondern auch in den parallelen Schenkeln. Kalzit und Quarz zeigen weder in der Form noch in den Achsen eine dementsprechende Regelung, wofern sie nicht als Zement zwischen Tremoliten oblonge Schnitte zeigen. Das mit Ausnahme geringer Beschädigungen von Tremoliten und undulöser Auslöschung der (ge- streiften) Quarzkristalloblasten unversehrte Gefüge der Falten erweist die Faltung als eine vorkristalline, zumindest vor Hem Ende der Kristallisation abgeschlossene.

Die Stellung der Tremolite ist am besten als eine Anpassung an das zur Faltung korrelate Druckminimum zu bezeichnen, ohne damit genau genug “erklärt zu sein.

3. Granatglimmerschiefer; Hintergrund des Pfossentals.

Durch fAluidale Muskovitgeflechte, welche zerbrochene Granaten umfließen, ist das Einsetzen der fälteinden Druckbewegung nach der

606 Bruno Sander. [40]

Kristallisation von Muskovit und Granat erwiesen. Daß die Granaten Holoblasten sind, zeigen ihr Gehalt an scharfeckigen kleinen Quarz- körnchen, welche zwar meistens zonar, zuweilen aber als verlegtes si angeordnet sind.

Auch Biotit ist zuweilen von der Durchbewegung berührt, meis; aber wohlerhalten. Dies geht, wie gewisse Stellen im Schliffe lehren, zum Teil auf die auch sonst oft zu beobachtende größere Widerstands- fähigkeit des Biotits im Vergleich zu Muskovit zurück und hänst anderseits auch damit zusammen, daß der Biotit hauptsächlich in einzelnen größeren Schuppen im Quarzgefüge liegt. Dieses ist fast unversehrt. Ob mehr infolge der Lokalisation der Teilbewegung im Muskovitgefüge oder infolge überdauernder Quarzkristallisation, ist nicht zu entscheiden.

Sicher aber ist, daß Kristallisation von Biotit (Polygonalbögen) und Quarz (Verheilung der Granatfragmente) noch nach der Umfäl- telung vorkommt, welche als eine wesentlich nachkristalline, immerhin aber von der Kristallisation etwas überholte Teilbewegung die Glimmerschiefer des hinteren Pfossentales im weiten Ausmaße mit vertikaler Achse umgefältelt hat. Vgl. Abb. 7.

4. Amphibolit; Pfossental.

Dieses enggefaltete Gestein ist ein Muster für vollständig vor- kristalline, durch Abbildungkristallisation wiedergegebene enge Faltung. Keiner der Bestandteile Hornblende, Biotit, Plagioklas, Quarz, zeigt eine der Bewegung entsprechende Deformation.

Die Bildung seltener querer Biotitholoblasten ist in einer Zeit erfolgt, als das ganze übrige Gefüge schon in seiner jetzigen Form vorlag. Quarz-, Erz-, Hornblende sieht man unverändert als unverlegtes durch diese Biotite ziehen, welche demnach zu den letzten Neu- bildungen gehören. Nur die Hornblende geht bisweilen nicht mit, sondern schneidet an Biotitholoblasten ab, wofür mir die Annahme, daß die Hornblendebildung nach Bildung solcher Biotite weiterging, brauchbar scheint, nachdem die Begründer der modernen Schiefer- lehre auf die Bedeutung der gleichzeitigen Bildung verschiedener Minerale vielfach hingewiesen haben.

Die Biotite sind zuweilen mit 0:01 L s sehr oblong in s gediehen.

Die Hornblenden stehen mit ihren Achsen nicht parallel zur Faltenachse, so daß keine Andeutung einer zur Faltung korrelaten Streckung da ist. Vgl. Abb. 4.

5. Phyllitischer Glimmerschiefer; Pfossen hinter Vorderkaser.

Dieses Gestein, dessen Feinschichtung durch Graphitstaub gut sichtbar ist, wurde intensiv umgefaltet. Im weiteren Verlauf der Durchbewegung erfolgte Bewegung im umgestellten s unter Zerreißung der Scharniere und Linsenbildung aus quarzreicheren Einlagen. Inner- halb dieser Linsen fand, wie die geringere Faltung ihrer Graphit- schichten erkennen läßt, nicht so starke Bewegung statt wie in ihrer glimmerreicheren Umgebung. Wahrscheinlich hängt damit zusammen, daß man in ihnen noch besser entwickelte Muskovitschüppchen findet, während aller übrige Muskovit die häufige „phyllitische“ Form hat, welche sich nur bei stärkster Vergrößerung in Schuppen auflöst. Mit

[41] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 607

Sicherheit läßt sich an den Fältchen innerhalb der Quarzlinsen fest- stellen, daß die Kristallisation die Fältelung überdauert hat, ob dies auch hinsichtlich der Bewegung in s gilt, ist nicht zu entscheiden.

6. Paragneis mit Feinschichtung durch Graphit und geröll- artigen Quarzen. Schneeberg.

Die Umfaltung dieses Gesteins ist von der Kristallisation über- dauert, hat aber auch ab und zu an fertigen Glimmern Spuren hinter- lassen, so daß man sie als parakristallin bezeichnen kann.

7.Grünschiefer mit Ankerit; Wald über Gasteig im Ridnauntal.

Nachkristalline Faltung. Der reichlich vorhandene Albit in Form ovaloider Körner in fluidalen Biotitgeflechten, welche wohl zur Hälfte Chlorit geworden sind. Vgl. Abb. 3.

8. Glimmerschiefer zwischen den beiden Marmormänteln des Hochfeiler.

Vorkristalline Faltung mit Spuren parakristallinen Charakters: gebogene Glimmer rings umgeben von unversehrtem Gefüge.

9, Granatphyllit, Kar zwischen Rötheck, Pfunders, Hülle des Hochfeiler.

Vorkristalline Fältelung von den Granatholoblasten um- schlossen und nicht weiter verlegt. Abgesehen von den Granaten geringe Kristallisation.

10. Glimmerschiefer über dem tektonisch höheren Marmor der Röthelspitze, Ostwand, Pfunders, Hülle des Hochfeiler.

Starke Fältelung im allgemeinen durch große unversehrte Glimmer (Muskovit und Biotit) abgebildet, also vorkristallin. Selten korre- late Biegung an Glimmer, als Zeichen parakristalliner Bewegung.

11. Albitphyllit mit queren Biotiten, Gehänge der Kramer- spitze gegen Senges, Hülle der Zillertaler Gneise in der Sengeser Kuppel.

Größere quere Biotitholoblasten mit unverlegtem gefälteltem si (Feinschichtung durch Graphit, Erz und Quarz) sind nach der Fäl- telung entstanden.

Ganz dasselbe gilt von Albitholoblasten, welche, wie das über- haupt sehr häufig ist, Teile der fertigen Falten durch ein einziges Albitindividuum imprägnieren.

Die Quarzlagen und die spärlich vorhandenen Kalzite sind unversehrt.

Muskovit und die streng in s liegenden Biotite sind in den Faltenbögen zuweilen unversehrt, zuweilen etwas gebogen.

Demnach scheint etwas Glimmer bei Beginn dieser im wesent- lichen vorkristallinen Fältelung schon vorhanden gewesen zu sein.

An den Albiten ist noch besonders ihre häufig sehr oblonge Form hervorzuheben, welche dem infolge der Fältelung ganz ver- schieden orientierten s parallel und also auch selbst verschieden orientiert ist. Da die Albite jünger als die Fältelung sind, sind sie schon mit verschieden orientierten längsten Durchmessern entstanden. Es ist also für ihre oblonge Form nicht gerichteter Druck, sondern nur der Umstand entscheidend gewesen, daß ein Gestein mit Fein-

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schichtung leichter // s imprägnierbar ist als quer s (Prinzip der besseren Wegsamkeit von s).

12. Glimmerschiefer (Biotit, Muskovit), Gehänge der Kramer- spitze gegen Senges, Hülle der Zillertaler Gneise in der Sengeser Kuppel.

Dieses Gestein ist ein sowohl gefälteltes als in größere Falten gelegtes (nach der Regel der Stauchfaltengröße) Muster für para- kristalline Faltung. In diesem Falle hat die Faltung eingesetzt, nachdem die Mehrzahl der schönen, übrigens selten chloritisierten Biotite vorhanden war und hat sie gestaucht und zu Falten gebogen, wie besonders an kleineren Falten deutlich wird. In anderen gleichı- großen Faltenbögen bilden ganz gleiche Biotite unversehrte Gebälke, wie sie nur bei Überholung der Faltung durch die Kristallisation als „reliktische“ Falten vorkommen können. Die Faltung ist also in bezug auf Biotit parakristallin.

Dasselbe gilt in bezug auf den in kleineren Individuen kristal- lisierten Muskovit.

Das aus isometrischen scharfeckigen Körnern bestehende Quarz- gefüge zeigt keine der Faltung entsprechende Kataklase, ist also vorkristallin gefaltet. Vgl. Abb. 8.

15. Albitgneis aus der unteren Schieferhülle, Saun bei Sterzing.

Dieses Gestein gestattet einen sehr lehrreichen Vergleich mit dem später vom Wechsel beschriebenen Beispiel vollkommen nach- kristalliner Durchbewegung. Denn im Gegensatz hierzu hat in diesem Falle die Kristallisation eine nicht weniger starke Durchbewegung und Umfaltung überdauert. Man findet neben immerhin noch zahl- reichen, aber für die Faltenbögen nicht ausreichenden Glimmerver- biegungen viele Stellen, welche noch die wirre Orientierung der zwischen Körnern deformierten Glimmergeflechte zeigen, aber aus unversehrten Blättchen bestehend, also neuksistallisiert. Die Quarz- kataklasen treten zurück. Die Albite zeigen wie gewöhnlich si (Quarz, Muskovit) ohne Biegung.

Demnach hat hier Kristallisation der Feinschichtung und der Albite stattgefunden, sodann Durchbewegung und weiter noch Kristal- lisation. Die Durchbewegung ist also eine parakristalline In einem der Präparate wurde ein gefälteltes, schon ziemlich kristallines (oblonge Quarze, Glimmertäfelchen, Epidot) Gefüge durch Imprägnation mit großen Albiten fixiert, nach deren Bildung keine Bewegung mehr stattfand.

14. Rhätizitphyllit mit Graphit; Saxalm, Venna, Brenner.

Die Rhätizite dieses Gesteins erweisen sich durch die reich- liche Aufnahme des im Gestein vorhandenen Graphits und durch ihre Garbenform als Holoblasten. Ihre Kristallisation vor der faltenden Durchbewegung des Gesteins ist deutlich, denn sie sind immer in den Faltenbögen ausreichend gebogen und zerrissen. An den selteneren Fällen, in welchen die Rhätizite nicht mit c // s liegen, läßt sich erkennen, daß die ausgezeichnete Feinschichtung durch Graphit auch die Rhätizite durchziehen kann und daß der Graphit nicht immer nur nach c im Rhätizit geordnet ist.

[43] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 609

Ferner ermöglicht der Graphitgehalt die Unterscheidung allothi- genenen und authigenen Quarzes, namentlich tritt das vollkommene Fehlen des Graphits in ovaloiden Quarzkörneraggregaten (Geröllen) in lehrreichen Gegensatz zu der Erscheinung, daß in anderen Quarz- körnerlagen jedes Korn von Graphit umgeben ist, wodurch die klastischen Konturen auch ohne Nikol gut hervortreten.. Die neu- gebildeten Quarze dagegen enthalten selbst Graphit zuweilen sogar als schön erhaltenes si. Es gibt nun Fälle, wo solche neugebildete Quarze anläßlich der Faltung zerpreßt wurden. Auch ausreichende Biegung der Glimmer in den Falten ist oft zu beobachten.

Das einzige Mineral, von welchem man sicher sagen kann, daß seine Kristallisation diese im wesentlichen nachkristalline Faltung und Bewegung in s überdauert hat, ist Quarz; denn man findet Falten aus gebogenen Glimmern von einheitlichen, nicht entsprechend mit- deformierten Quarzindividuen gänzlich umschlossen. Vgl. Abb. 2.

15. Glimmerschieferlagen in Marmor, Huttnerbergalm, Valsertal, Brenner.

Das Präparat ist ein Querschnitt durch zwei stark gefältelte mit Marmorlagen wechselnde Lagen von Glimmerschiefer.

Sämtliche 5 Gesteinslagen bewegten sich vollständig nach- kristallin wie ein fluidaler Brei in dem sich Korn an Korn ver- schiebt. Dementsprechend fehlt die Regel der Stauchfaltengröße. Es liegt hier ein natürliches Produkt vor, welches eine Faltung von un- versehrtem Glimmerschiefer unter Umschluß durch den viel weicheren grobkristallinen Marmor, ohne kristalline Mobilisation, also ein sehr wünschenswertes Experiment vorstellt.

Die Faltung hat eine vollkommen weichfluidale Form ohne an- dere Elemente der Teilbewe;zung als die einzelnen Körner. Man würde die Umformung im Experiment als eine eminent „plastische“ demonstrieren, wobei allerdings öfter als es geschieht anzuführen wäre „mit Kornzerbrechung“.

Der Marmor hat gleichmäßig porphyroides Gefüge erhalten; in einer unauflösbaren Grundmasse mit Aggregatpolarisation schwimmen gleichmäßig verteilt die Reste der ehemaligen Körner des Marmors als vollkommen unregelmäßig, bisweilen auch unscharf umgrenzte, immer stark drucklamellierte Kristalle.

Dagegen haben die gleichmäßig in Marmor verteilten Quarz- körner mit ganz wenigen Ausnahmen sich als widerstandsfähig er- wiesen, und da sie, von weicherem Marmorgefüge umschlossen, nicht aneinander gerieten, die charakteristischen blastischen Konturen von Quarz in Kalzit beibehalten. Wohl aber kam es zur Bildung von Böhmscher Streifung und Undulation. ;

Im Glimmerschiefer zeigt das Verhalten der Glimmer nichts Besonderes: sie sind gestaucht, gebogen und in fluidale Geflechte verwandelt.

Die Epidotstengel sind wurmförmig weich gebogen, so daß der Anschein einer stetigen Deformation entsteht. Mit starken Objektiven aber lassen sich stets Unstetigkeiten in der Auslöschung sehen: der

78*

610 Bruno Sander. [44]

Kristall ist durch feine der Biegung korrelate Rupturen in optisch verschiedene Felder zerlegt.

Dasselbe gilt bezüglich der Undulation der in s oblongen Quarze. Sie zeigen durchwegs Böhmsche Streifung. Es kommt auch der Fall vor, daß ein sehr oblonger Quarz in einer engen Falte vollkommen stetig gebogen ist, ohne daß nur eine Auflösung in Rupturen sichtbar wurde. Das ist die in Anbetracht meiner optischen Hilfsmittel sozu- sagen „relativ plastische* Deformation des Quarzes, welcher nicht selten, aber als Teilbewegung gegenüber den anderen Arten von ge- ringer Bedeutung ist. Bemerkenswert aber ist, daß es meines Wissens im Experiment, auch bei den großen Drucken, bisher nicht gelang, Quarz derart plastisch zu deformjeren, woraus man auf den bedeu- tenden Druck schließen kann, unter welchem solche Naturexperimente erfolgten. Das Gestein ist das beste mir bekannt gewordene Beispiel für plastisch gefaltete Quarze.

16. Zweiglimmeriger Gneis unter dem Kalk der Kalkwand am Brenner.

Sicher ist in einigen Falten der vorkristalline Charakter der Faltung inbezug auf Muskovit und Biotit. Außerdem beobachtet man aber in den Faltungen auch mehr oder weniger unzureichende, aber doch sehr deutliche Biegung der Glimmer.

Es ist in diesem Falle nicht sicher zu entscheiden, ob diese Glimmerdeformationen nach der Abbildungskristallisation der anderen Falten erfolgte, ob also die Deformation oder die Kristallisation das länger dauernde Ereignis im Gestein war. Wahrscheinlich ist letzteres, da man unversehrtes Glimmergefüge im Innern von Falten findet, deren äußere Bögen deformierte Glimmer haben. Gewiß aber ist, daß diese deformierten Glimmer schon gut ausgewachsene Exemplare waren.

17. Muskovit glimmerschiefer; Griesbergspitze, Brenner, über dem „Hochstegenkalk*.

Von diesem Gestein gilt dasselbe wie vom eben beschriebenen. Nur spielen die Deformationen der gedrungenen Muskovite eine ge- ringere Rolle, so daß der vorkristalline Charakter der Faltung ıoch besser hervortrittt.

13. Amphibolit mit Gneislage aus dem peripheren Zentral- sneis; Ploderalm, Tscheich im Valsertal, Brenner.

Der Amphibolit besteht in der Nähe des Kontakts mit dem Gneis, mit welchem er verfaltet ist, aus Biotit und Epidot zu etwa gleichen Teilen; Chlorit spärlich (sekundär? ?).

Die Faltung ist hinsichtlich aller Minerale geradezu ideal vor- kristallin. Zugleich darf man sie als parakristallin inbezug auf Biotit bezeichnen, da es vorkommt, daß ein großer Biotit rings um- geben vom unversehrten Gefüge der Falte in unzweideutiger Weise der Faltung entsprechend deformiert ist (Biegung und Gleitung‘ in [001]). Dieser Biotit enthält bereits haarscharf kristallisierte Epidote als Einschluß.

Die Verfaltung ist demnach parakristallin.

[45] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 611

19. Glimmerschiefer, Gammerspitze bei St. Jodok am Brenner.

Dieses im Handstück an die hochkristallinen Greinerschiefer noch erinnernde Gestein der unteren Schieferhülle ist vollkommen nach- kristallin gefaltet. Muskovit und Chlorit.

20. Gneisphyllit im Kalk des Kahlen Wandkopf, Schmirntal, Brenner.

Vollständig nachkristalline Faltung und Phyllitisierung eines Biotitgneises ohne Diaptorese.

21. Knollengneis, Krierkar b. Hintertux im Liegend des Schmittenberg-Kalkes.

Die Falten sind teils Polygonalbögen, teils treten Glimmer- biegungen hiezu. Parakristalline Faltung wahrscheinlicher als zwei verschiedene Deformationsphasen.

22. Hochstegenmarmor mit gefalteten Lagen kristallinen Hornsteins. Höhlner Tuxertal.

Das Gefüge der gefalteten Marmorlagen zeigt keinerlei Korn- deformation, abgesehen von Zwillingslamellen.

Mit dem Verlauf des vom Falten-Querschnitt getroffenen Systems wechselnder Marmor und Hornsteinlagen stimmen sowohl innerhalb des Marmors als innerhalb des Hornsteins Andeutungen von Feinschichtung überein. So sind im Hornstein die allenthalb gleichmäßig eingestreuten winzigen Kalzitfüllungen der Intergranularräume des Quarzgefüges in diesem Sinne lagenweise etwas dichter gesät. Der faltende Druck ist dieser Schichtung gleichgerichtet erfolgt. Normal zur Schichtung und normal zu diesem Druck hat sich das Quarzgefüge in zweifacher Hinsicht geregelt.

Die als Quarzgefügeregel vom Verfasser schon öfter beschriebene Regelung der c-Achsen ist da und dort wahrnehmbar, spielt aber keine bedeutende Rolle.

Durchgreifend aber und als ein seltener Fall sehr hervorzuheben ist die Einstellung der stark oblongen und mit langen Fortsätzen ineinander greifenden Quarzindividuen, welche mit ihren langen Durchmessern normal auf die Schichtung und normal auf die Pressung stehen und so eine auf die Schichtung normale Schieferung herstellen. Das bedeutet einen Fall von echter Clivage in fast reinem Quarz- vefüge, welches derzeit so geringe Spuren von Kataklase zeigt, daß der vorkristalline Charakter dieser Faltungen sicher ist. Dem- nach wurde hier der Hochstegenmarmor mit seinen hornsteinartigen Einschlüssen vor Abschluß der Kristallisation gefaltet.

Es gibt Stellen im Schliff, wo sich die Quarzkörner nicht mehr berühren, da sich trennender Kalzit zwischen sie mengt. Sobald dies eintritt, ist es mit der oblongen Form der Quarzkörner vorbei. Die Regelung nach längeren Durchmessern findet nur statt, wenn sich die Quarzkörner berühren; vielleicht, weil zur Zeit der Regelung eine Leitung gerichteten Druckes im Kalzitgefüge nicht möglich war. Die Hornsteinfalte zeigt keinerlei Abbildung von Biegetrajektorien. Ihre Clivage ist nach der Meinung des Verfassers ein Fall, welchen wohl

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nur Beckes Anwendung des Riekeschen Prinzips erklären kann. Bemerkenswert ist hierbei, daß die Quarzgefügeregel keine Rolle spielt. Dagegen ist es mit dem Gips ersichtlich, daß größere Gruppen sich berührender Körner zu einer jeweils mit den Achsen ähnlich orien- tierten gelben oder blauen Insel zusammentreten. Diese Inseln sind, wie die Einzelkörner, häufig oblong in s und ebenso mit Buchten und langen Armen ineinander verzahnt. Solche Fälle subparalleler Korn- verwachsung erklären sich manchmal, wie andernorts beschrieben, durch mechanische Zerlegung größerer Individuen. Vielleicht spielt in anderen Fällen und auch hier das bekannte Bestreben kristalliner Stoffe, mit möglichst parallelen Achsen zu verwachsen (nämlich aneinander zu kristallisiieren oder auch zu verschweißen) eine ge- wisse Rolle.

Übersicht.

1. Im Schneeberger Zug überwiegt vorkristalline Faltung, para- kristalline kommt bisweilen vor, rein nachkristalline wurde nur an der Grenze des Schneeberger Zuges gegen das südlich folgende Alt- kristallin gefunden.

2. Die untere Schieferhülle der Zillertaler Gneise zeigte in der Hochfeilerkuppel vorkristalline Faltung, weiter westlich in der Sengeser Kuppel vorkristalline und parakristalline.

3. Die untere Schieferhülle westlich und nördlich der Tuxer Gneise zeigte

a) vorkristalline Faltung im Zentralgneis (der Tscheichalm), im

Hochstegenkalk (Höhlner im Tuxertal) und noch über dem tiefsten

Marmor (Griesbergspitze) ;

b) parakristalline Faltung (in der tektonischen Einschaltung der Kalkwand am Brenner); über dem tiefsten Marmor, in der über den Hochstegenkalk gefalteten Gneisdecke (Krierkar);

c) nachkristalline Faltung in den Rhätizitschiefern der Saxalm, im tiefsten Marmor und Glimmerschiefer der Huttnerbergalm, im Gneisphyllonit des Kahlen Wandkopf, an der Gammerspitze. In den beiden letzten Fällen handelt es sich wahrscheinlich um Ab- faltungen von der Schieferhülle.

In den von der Tauernkristallisation ergriffenen Gebilden der unteren Schieferhülle (im stratigraphischen Sinne) ist also die Faltung im allgemeinen jedenfalls vor Abschluß der Kristallisation erfolgt. Außerdem ist es zuweilen noch nachweislich, daß sie vor der Haupt- phase der Kristallisation und wieder in anderen Fällen während der Kristallisation erfolgte. Diese Regel, daß die Faltung von der Tauern- kristallisation überdauert ist, hat ihre bereits anläßlich der Be- sprechung der Bewegung in s hervorgehobenen Ausnahmen: Sie tritt desto mehr zurück, je weiter man sich vom Zentralgneis entfernt (abgesehen von ihrer ausgesprochenen Geltung für den Schneeberger Zug), ferner am Nordrand der Gneise in der Rensenzone, d. h. am Südrand der gesamten Schieferhülle.

Zur Frage, ob die kristalline Mobilisation, etwa wie in manchen Kontakthöfen, die Faltung begünstigt habe, ergeben die Präparate keinen Beitrag. Die Kristallisation spielt sowohl als Teilbewegung

[47] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 613

der Faltung (z. B. Ausheilung von Rupturen) eine Rolle als auch indem sie fertige Falten durch oft sehr ungefüge große Kristalle abbildet. Letztere Rolle scheint mir die wichtigere, ist allerdings auch leichter nachzuweisen, weil bei einer gewissen Größe der Kristalle im Verhältnis zur Falte die nachträgliche Kristallisation ganz deutlich wird.

Es ist also im allgemeinen wahrscheinlich, daß die Kristallisation nach der Deformation in Ruhe erfolgte. Wahrscheinlich bedeutete die Kristallisation mit ihren derben Glimmer- oder Hornblende-Holoblasten oder der fast lückenlosen Imprägnation mit Albit oder Granat oft geradezu die mechanische Erstarrung des Gesteins nach einer Phase größerer Gefügebeweglichkeit.

Jedenfalls machen sowohl die Beobachtungen an s als an den Falten vorsichtig in der Annahme von Kristallisation als Teilbewegung (Kristallisationsbewegung), welche übrigens die Annahme einer nicht überschrittenen Maximalgeschwindigkeit der Deformation verlangt, wenn sie vorwalten soll.

III. Faltung im Altkristallin.

Aus dem Altkristallin wurde eine Anzahl von Beispielen für vorkristalline und für nachkristalline Teilbewegung untersucht, welch letztere in einigen Fällen mit Diaphthorese verbunden war. Nach diesem Gesichtspunkte werden die Gesteine zuletzt geordnet, vorerst aber in anderer Reihenfolge besprochen.

1. Amphibolit vom Gröllerjoch bei Pens, Sarntal. Von diesem im vorliegenden Querschnitte lebhaft gefalteten Massengestein wurde bereits andernorts hervorgehoben, daß seine starke Durchbewegung in die Zeit vor der vollständigen Erstarrung fiel und von Selbst- injektionen des Gesteins mit sauren Resten begleitet war. Mit diesem Befund im Felde stimmt es gut überein, wenn wir im Schliffpräparat ein Musterbild vorkristalliner Amphibolitfaltung hierin vergleich- bar mit dem aus der unteren Schieferhülle des Pfossentales beschrie- benen Amphibolit vorfinden. Das Gefüge (Hornblende und Plagioklas) besteht trotz der intensiven Faltung in einem dicht geschlossenen Mosaik ohne jede mechanische Deformation der Körner, wenn man von Verbiegungen an Chloritblättchen absieht. Die Hornblende liegt in den Scharnieren nicht parallel mit den Faltenachsen, wie dies bei vorkristallin gefalteten Amphiboliten zuweilen vorkommt. Es ist also kein Zeichen von Streckung vorhanden. Auch scheint mir die Stellung der Hornblende quer zur Faltenachse an und für sich geradezu gegen die Annahme zu sprechen, daß die Kristallisation der Hornblende als Differentialbewegung der Faltung erfolgt sei. Denn es wäre in diesem Falle Parallelstellung zwischen Hornblendestengeln und den Achsen der engen Falten wohl eher zu erwarten.

2. Als Muster eines nachkristallin umgefalteten Amphibolits, dessen starke Teilbewegungen durchwegs rupturell erfolgt sind, erwies sich der Amphibolit der Breitenau in Steiermark. Auch tritt in

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diesem Falle Chloritisierung gänzlich zerquetschter Hornblenden, also Diaphthorese im engsten Zusammenhang mit der Gefügebewegung selbst auf.

3. Andernorts wurde auf die Verfaltung der altkristallinen Unterlage der Kalkkögel bei Innsbruck mit dem Ralkmeso- zoikum hingewiesen. Dieser Unterlage aus Stubaier Gneis wurden an mehreren Stellen Falten entnommen. Übereinstimmend mit der nach- kristallinen n ds dieser Gesteine wurde gänzlich nachkristalline Um- faltung gefunden bei Proben von der Starkenburger Hütte und aus einer tektonischen Gmeiseinschaltung in den Dolomit des Burgstall (Stubai). Mit dieser nachkristallinen Umfaltung ist Diaphthorese ver- burden. Dadurch treten diese Gesteine in bemerkenswerten Gegensatz zu später zu beschreibenden Umfaltungen im Altkristallin, welche ebenfalls nachkristallin aber ohne Diapthorese vor sich giengen (Pustertal s. u. pag. 617). Nicht so einfach liegen die Verhältnisse in den Präparaten, welche vom Sonntagsberg bei der Pichlerhütte, also in einiger Entfernung von der Kalkkögeltrias dem Kristallin entnommen wurden.

Die Falten von der Starkenburger Hütte zeigen serizitische (Muskovit?) Zerschmierung von Feldspaten, Verwandlung der Glimmer in Geflechte und Kataklase des Quarzes. Biotit fehlt, vielleicht war er an Stelle des sehr spärlichen Chlorits vorhanden. Diese Umwandlungen begleiten als d s die Umfaltung. Diese Gesteine mag man also Diaphthorite nennen.

In dem stark umgefalteten granat- und staurolithführenden Glimmer- schiefer vom Sonntagsberg sieht man herrschend ein Musterbild vor- kristalliner Faltung, deren unversehrte Glimmergebälke keine Be- ziehung zur Faltung besitzen als die Anordnung in engen Bögen. Von allen anderen hier angeführten Gesteinen aber unterscheidet sich das vorliegende, indem es da und dort wie Inseln im spiegelklar kristal- lisierten Gefüge Stellen stärkster Diaphthorese zeigt, an welchen fast restlos glimmerig zersetzte große Plagioklaskörner die Hauptrolle spielen. Es liegt also ein Gestein vor, in welchem progressive und regressive Metamorphose in Extremen unmittelbar nebeneinander auftreten.

Welches Verhältnis haben diese Metamorphosen zueinander und zur Teilbewegung im Gefüge? Sind diese Metamorphosen gleich- zeitig erfolgt oder wie das Regel ist, die regressive nach der pro- gressiven, oder sind die „diaphthoritisch“ zersetzten Feldspate Reste einer früheren Phase, welche von der progressiven Neukristallisation sozusagen nicht bewältigt wurden?

Betrachtet man mit Bezug auf solche Fragen Mineral für Mineral, so findet man Granaten als frühzeitig gebildete Holoblasten. Darauf weist ein sehr feinkörniges, hauptsächlich aus Quarz bestehendes si, welches als alte, noch ungefältelte Feinschichtung die Granaten durch- zieht, gänzlich verlegt gegen das jetzige hochkristalline und groß- körnige se. Ebendahin weisen Fälle, in welchen sich wohlausgebildete Biotite als unversehrter Rahmen an die Dodekaederflächen des Gra- naten haarschar? eng anlegten. Frühzeitig erfolgte also in einem fein-

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[49] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 615

geschichteten Gestein die Bildung von Granatholoblasten, bekanntlich ein häufiger Fall.

Anzumerken ist, daß es auch Granaten gibt, welche bereits einen Kern aus entmischtem und chlorisiertem Biotit, Plagioklas und Quarz umschließen. Von den zahlreichen Staurolithen zeigte nur einer si (Quarz), was lediglich ihren holoblasten Charakter zeigen mag.

Nach Beginn der Kristallisation, nach Bildung der Granaten mit ungefälteltem, jetzt verlegtem si, erfolgte noch vor der Hauptphase der Glimmerbildung (Muskovit und Biotit) die Umfältelung. Der parakristalline Charakter dieser Gefügebewegung ergibt sich daraus, daB die von ihr erzeugten Faltenbögen vielfach durch un- versehrte Glimmergebälke abgebildet sind. Nachdem der wesentliche Teil der Umfaltung vorüber war, erfolgte der wesentliche Teil der Glimmerkristallisation.

Eine weitere Phase in der Entstehung dieses Gesteins bildet nun die Kristallisation der Plagioklase. Denn diese Holoblasten haben Teile der bereits aus hochentwickelten Biotiten und Muskoviten be- bestehenden Faltenbögen als unverlegtes si umschlossen.

Bis daher zeigt das Gestein progressive Kristallisation und Teil- bewegung in einem häufig zu beobachtenden und gut deutbaren Ver- hältnis. Die nun folgende Gefügebewegung und Diaphthorese erweist sich dadurch als eine jüngere, daß sie augenscheinlich bereits in derselben Form wie die unbeschädigten Holoblasten fertig ausgebil- dete Kristalle ergriff oder, anders gesagt, lokal in dem bisher be- schriebenen Gefüge auftrat. Zunächst ist eine lokale, bisweilen sehr intensive nachkristalline Teilbewegung zu unterscheiden, die vor- kristalline Deformation durch Bewegung im umgestellten s gleich- sinnig fortsetzt. Sie braucht sich deshalb zeitlich nicht unmittelbar an dieselbe angeschlossen zu ‚haben, sondern hätte nach der oben ge- wonnenen Anschauung über die Kristallisation lediglich vorgebildete Bahnen benützt und weiter gebahnt.

Der nachkristallinen Teilbewegung gehören auch heftige Kne- tungen ganz frischer Biotite und Muskovite an, so daß man keinen ausnahmslosen Zusammenhang zwischen ihr und der Zersetzung be- haupten darf. Unzweifelhaft aber scheint mir, daß die Entmischung (Oxydstaub und Sagenit) und Chloritisierung der Biotite, die Ver- glimmerung der Plagioklase an Sprüngen und bei glimmeriger Zer- pressung und Zerschmierung vielfach im Gefolge dieser Differential- bewegung auftritt, vielleicht nicht als Modus derselben, aber von ihr vorbereitet. Auch die Zerbrechung von Staurolithen, in deren Klüfte Glimmer eingepreßt sind, gehört noch in diese Phase des im Gefüge komplizierten, aber infolge seiner Faltung gut analysierbaren kristal- linen Schiefers. Ü

4. Staurolithschiefer aus dem Falbenairtal, Lang- taufers.

Dieses Präparat, dessen Material ich meinem Freunde Hammer verdanke, zeigt in den Faltenquerschliffen ein Musterbild nach- kristalliner Faltung an einem hochkristallinen Schiefer. Man kann wieder beachten, daß die Diaphthorese durchaus nicht ohne weiteres mit Durchbewegung zu identifizieren ist, denn dieses Gestein enthält

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 9

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weit weniger Diaphthoritmerkmale als manche andere Gesteine, deren nachkristalline Teilbewegung viel geringer ist.

Die Chloritisierung oder Entmischung des durchwegs sehr stark zerkneteten Biotits ist eine Seltenheit und findet in Gestalt rosetten- förmiger Aggregate statt ohne direkten Zusammenhang mit der Durch- bewegung, wenngleich wahrscheinlich im Gefolge derselben. Ver- elimmerung der Feldspate ist etwas häufiger. Staurolith und Granat haben lediglich Zertrümmerung erlitten. Größere Quarze und Plagio- klase erweisen sich durch ein nicht weiter ausdeutbares si als Holoblasten. Die auffällig geringe Kataklase des sonst sehr empfind- lichen Quarzes scheint mir darauf hinzuweisen, daß die Quarzkristal- lisation die Deformation überdauerte. Die in tektonischen Fazies häufige Quarzgefügeregel fehlt.

5. Granat-Staurolith-Glimmerschiefer vom Eder- wiesl über Pens im Sarntal.

Dieses Präparat, aus dem stellenweise bis zum Arteritcharakter imprägnierten Glimmerschieferzug Meran—Tauferertal zeigt die, größte Ubereinstimmung mit dem eben beschriebenem gefalteten Otztaler Glimmmerschiefer.

Auch hier ist bei intensivster nachkristalliner Faltung und Bewegung in s, welche sich an den beiden Glimmern und Staurolith am stärksten äußert, die diaphthoritische Zersetzung ganz gering, namentlich die Frische stark zerpreßter Plagioklase auffällig. Man findet Zersetzung stark gepreßter Granaten und eine feinstem Serizit- gewebe ähnliche Zersetzung der Staurolithe längs Sprüngen und am Rande isolierter Trümmer.

6. Glimmerschiefer, Taserbauer bei Meran.

In dieser Probe aus demselben Glimmerschieferzug liegt ein Beispiel für vorkristalline Falten, vor deren Bögen von unver- sehrten Glimmern abgebildet sind. Diaphthorese fehlt. Im Kern der Falte herrscht der Pressung entsprechende Quarzgefügeregel, vielleicht ein Hinweis auf grobmechanische Quarzdeformation vor der Neu- kristallisation. Denn die Regel ist für mylonitische Schieferung charakteristisch. Vgl. Abb. 5.

7. Glimmerschiefer, Penserjoch (Sterzing—Sarntal).

Ganz allgemein und ohne Beziehbarkeit auf die Umfaltung herrscht Chloritisierung und schwache Kataklase der Quarz- und Feld- spatkörner. Die Faltung dürfte nachkristallin sein, jedoch ist das wegen der geringen Korngröße nicht festzustellen. Je geringer die Größe eines Gefügeelements im Verhältnis zur Größe des defor- mierten Körpers ist, desto geringer und also auch desto schwieriger wahrnehmbar wird der absolute Betrag der Teilbewegung der Elemente gegeneinander. Dieselbe Deformation, welche in einem großkörnigen Körper zu starken Korndeformationen oder zu dem absoluten Betrage nach großen Verschiebungen der Körner aneinander führt, könnte c. p. dieser Körper bei kleinerem Koın ohne so große Gefüge- bewegungen erleiden. Nach dieser Regel, welche auch geologisch zum Ausdruck kommt, eignen sich Falten mit sehr kleinem Korn schlecht

[51] Beiträge aus deu Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 617

für die Entscheidung zwischen vorkristalliner und nachkristalliner Deformation. Im vorliegenden Falle machen nur einzelne größere ge- knetete Glimmer nachkristalline Faltung wahrscheinlicher.

8. Biotitgneis vom Jaufen zeigt in Gestalt einer spitzen Falte unversehrten Gefüges vorkristalline Faltung.

9, Gelneg bei Mauls. Gefalteter saurer Gang in Biotit- gneis. Die Faltung ist vollkommen nachkristallin und mit starker Zersetzung verbunden.

10. Granatamphibolit mit Chlorit. Hintergrund des Altfaßtales (Pustertal).

Den Kern der isoklinalen Spitzfalte bildet ein Quarzgefüge aus großen verzahnten Körnern mit geringer Kataklase. Hieraus ergibt sich mit Sicherheit, daß die Faltung von der Quarzkristallisation überdauert ist.

An den sehr kleinen Körnern von Quarz, Plagioklas, Granat, Zoisit und Hornblende ist nichts Entscheidendes festzustellen. Größere Chlorite, sekundär aus Biotit, sind zuweilen gebogen. Sichere Spuren nachkristalliner Deformation zeigt also nur der Chlorit, doch ist das Verhalten der übrigen Bestandteile wegen geringer Korngröße nicht eindeutig.

I1. Gefaltete Granit- und Aplitgänge in altkristallinen Schiefern des Altfaßtales (hinteres Altfaßtal, orogr. linkes Gehänge).

a) Turmalinaplit liegt als kleiner Lagergang in Glimmerschiefer. Beide werden von einem Granitgang quergeschnitten.

Der Zwickel aus Glimmerschiefer zwischen den beiden Gängen ist stärkstens durchgeknetet und gefältelt. Die Teilbewegung ist eine vollkommen nachkristalline, was besonders Biotit und Muskovit illustrieren. Diaphthorese fehlt.

Gleiches ist überaus deutlich in der jüngsten, granitischen In- trusion; weniger deutlich, wie zu erwarten, an dem älteren fein- körnigen Turmalinaplit. Da die starke Durchbewegung jünger als der Granit ist und also auch jünger als der Aplit, so wird in diesem Falle anschaulich, daß geringe Korngröße geringe Korndeformation begünstigt.

Alle drei Gesteine sind nachkristallin ohne Diaphthorese durch- bewegt,

b) Querschliffe durch enggefaltete ptygmatitähnliche Aplitgänge mit sehr turmalinreichen Bändern zeigen deutlich den nachkristallinen Charakter der Faltung. Sowohl im Intrusiv als im Glimmerschiefer fehlt Diaphthorese, Unversehrte Turmaline fallen auf.

Nach diesen Beispielen erscheint nachkristalline Faltung der intrudierten Glimmerschiefer und ihrer Gänge häufig, worin ein Unterschied von den vorkristallin deformierten Ptygmatiten bei manch- mal großer äußerer Ähnlichkeit liegt. Hiermit läßt sich die schon viel früher beobachtete (Sambok bei Bruneck etc.) Faltung dieser Glimmer- schiefer und ihrer Intrusionen nach der Intrusion gut vereinbaren. Die geringe oder fehlende diaphthoritische Zersetzung der gefalteten Gesteine harmoniert sehr gut mit der Beobachtung an den ohne Diaphthorese durchbewegten und phyllitisierten Augengneisen dieser Zone (Passenjoch).

9*

618 Bruno Sander. [52]

Fast für das ganze hier aus dem Tiroler Altkristallin untersuchte Material an Schliffen durch Falten (ca. 20 Schliffe) ergab sich also nachkristalline Faltung; mit diaphthoritischer Zersetzung (z. B. Stubaier Schiefer unter den Kalkkögeln) oder ohne solche (z. B. Pustertal).

In betreff des Verhältnisses der Diaphthorese zur Faltung ergab sich folgendes:

Von gleich stark nachkristallin umgefalteten Gesteinen hat die Diaphthorese manche lokal, manche allgemein aber schwach, manche ° gar nicht ergriffen, ohne daß in Mineralbestand und Intensität der Durchbewegung die Ursache dieser Verschiedenheit liegen kann. Die diaphthoritische Zersetzung erscheint in vielen Fällen als ein Vorgang, welcher ohne primären Zusammenhang mit der Differentialbewegung (etwa als eine Form derselben), die bereits deformierten Gefüge er- greift. Da dies aber bisweilen an den stärkst durchbewegten Stellen am stärksten geschieht, scheint der Durchbewegung eine die Diaph- thorese erleichternde Rolle zuzukommen. Nicht ausgeschlossen ist es, daß in manchen Fällen Zersetzung und Teilbewegung einan- der gegenseitig wechselweise steigern und lokali- sieren, ohne daß man mit Sicherheit die Diaphthorese als einen Modus der Teilbewegung deuten könnte.

12. Albitgneis von St. Corona am Wechsel.

Mohr hat (1912, Denkschr. d. Akad. d. Wissensch., 88. Bd., pag. 651, ibid. 1913, 82. Bd., pag. 330, Fußnote pag. 377) die Frage aufgeworfen und zum Teil bejaht, ob der Tauernhülle und den Wechselgesteinen Albitgesteine und Grauwackengesteine gemein sind. Da übrigens die Albitgesteine der Tauernhülle schon lange von Weinschenk beschrieben waren und später vom Verfasser (Denkschr. d. Akad. der Wissensch. 1911, 82. Bd., pag. 296 ff., Jahrb. der k. k. geol. Reichsaustalt 1912, pag. 277 ff.), da ferner vom Verfasser die Wechselgesteine schon direkt mit Tauernhülle verglichen worden waren und beide mit der Grauwackenzone (vgl. 1910 Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt, Nr. 16), so waren Mohrs Fragen schon bejaht, ehe er sie aufwarf. Unter solchen Umständen schien ein Vergleich zwischen der Faltung der Albitgneise vom Wechsel und der Albitgneise der Tauern angebracht.

An mehreren Stellen war bereits von der Gefügebewegung dieser in der unteren Schieferhülle und im Wechselgebiet häufigen Albit- gesteine die Rede. Da ich nur bei St. Corona für mich passende schleifbare Faltungen fand, werden erst spätere Untersuchungen er- geben, wie weit für die Wechselgneise das hier erörterte Verhältnis zwischen Kristallisation und Teilbewegung gilt.

Die Quer-Dünnschliffe der Faltungen (Scharniere mit einigen Zentimetern Schenkeldistanz und Höhe) zeigen folgendes:

Die Glimmer (Muskovit und Biotit) zeigen intensive Fältelung und » d s nach der Kristallisation. Sie sind verbogen und in fluidale Geflechte verwandelt, welche die augenförmigen Albitkörner umfließen. Die stärkere Knetung der Glimmer an den Scharnierenden ist deutlich. Diese Albite zeigen vollkommen den Habitus der aus der unteren

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Schieferhülle beschriebenen auch hinsichtlich ihres si (stark oblonge Quarze, Muskovit, etwas Biotit). Dieses ist immer stark verlegt. Außerdem erweisen auch Zerpressungen der Albite, welche in den Scharnieren am stärksten werden, n d nach der Kristallisation und korrelat zur faltenden Deformation.

Besonders deutlich wird es an den Quarzen, daß die starke nachkristalline Gefügebewegung eine vollkommen ausreichende Teilbewegung der Faltung ist. Denn dfe stark kataklastischen Quarze sind dem Drucke in den Faltenknien entsprechend im Stengel zer- preßt und geregelt, wie dies schon an Quarziten vom Verfasser be- schrieben wurde.

Ganz wie die Albitgneise der Schieferhülle erlebte dieses ur- sprünglich feingeschichtete Gestein Kristallisation der Feinschichtung bis zu einem gewissen Grad sodann Albitisation und stärkste nach- kristalline n ds mit Umfaltung. Vor der Albitisation hat keine Faltung stattgefunden, wie das vollkommen unversehrte und gerad- linig laufende si zeigt. Zuweilen ist aller oder fast aller Biotit Chlorit geworden. Diese Chloritisierung findet mehr oder weniger ausgedehnt statt in Biotitgeweben, welche bereits unter Herausbildung der Fetzen- form der Biotite durchbewegt sind, also als lokale Veränderung nach der Gefügebewegung und nicht unmittelbar abhängig von derselben, etwa nur an den stärkst deformierten Stellen; wie das ja auch vor- kommt. Ahnlich wie die Verglimmerung der Albite kann also die Chloritisierung sowohl statisch als in Form einer Deformationsmeta- morphose im engeren Sinn auftreten.

Durch die starke vollständig nachkristalline Teilbewegung unter- scheidet sich das Gestein von St. Corona von umgefaltetem Albitgneis aus der unteren Schieferhülle am Saun bei Sterzing (vgl. pag. 608), dessen Umfaltung stark von der Kristallisation überholt ist.

13. Granatphyllit und -Glimmerschiefer des Turrach- tales, Steiermark. Diese Gesteine sind umgefältelt oder in größeren Falten bis zum Verschwinden der spitzen Scharniere umgefaltet.

a) Umgefältelter Granatphyllit.

Die Granaten zeigen in einem unregelmäßig umrissenen Kern meist nur eine schwache Andeutung der in den Randpartien vor- züglich ausgeprägten internen Reliktstruktur. Diese Kerne könnten entweder primär-klastische Körner sein, was das Fehlen von si er- klären würde. Oder man kann annehmen, daß das Wachstum der Granatholoblasten anfänglich ohne Aufnahme von si erfolgte, wofür man genug Beispiele kennt, ohne freilich eine sichere Ursache angeben zu können. Für die zweite Annahme spricht es, daß meistens si im Kern nicht ganz fehlt, sondern lediglich bedeutend schwächer ist, si besteht aus feingeschichtetem Quarz mit Erz und Opazit, meist gänzlich ungefältelt, manchmal mit beginnender Umfältelung. In solchem Gefüge erfolgte also die Granatbildung und Bildung von Muskovit und viel spärlicheren Biotitlamellen; sodann erfolgte die wesentlich nachkristalline Umfältelung, welche die Glimmerlamellen bog, knickte und an den Granaten staute, welche das ruhige si davor bewahrten. Hierbei erhielten zuweilen die Granaten

620 Bruno Sander. [54]

Risse, welche der auch nach der Durchbewegung noch mobile Quarz verheilte. Bis auf die reliktfreien Kerne der Granaten habe ich gleiches in der unteren Schieferhülle gefunden. Diaphthorese fehlt völlig.

b) Umgefalteter Glimmerschiefer (Muskovit, Biotit, Quarz).

An einem Querschnitt durch eines der vollkommen ausgespitzten Scharniere läßt sich sehr gut vorkristalline und nachkristalline Teilbewegung derselben Deformation trennen. Die zentralen Teile des Scharniers, wenn bei einer so enggeschlossenen Falte mit parallelen Schenkeln der Ausdruck zentral erlaubt ist, zeigen die Umbiegung ausgeführt durch fast durchwegs unversehrte große Biotite, deren Polygonalbögen das typische Bild für eine von der Kristallisation gründlich überdauerte Deformation aufweisen. In den dieses Quarz- Biotitgefüge umhüllenden Bögen zeigen die Glimmer, besonders aber der Muskovit, die Zeichen stärkster nachkristalliner Teilbewegung, Biegung und Glimmergeflechte durch nds. Ebenso hat intensive nach- kristalline nds in den parallelen Faltenschenkeln stattgefunden.

Mehrere Ursachen dürften diese Sachlage bewirkt haben. Der Kern des Scharniers war durch reichlichen Quarzgehalt versteift und bot in seinem mechanischen Schutzbereich dem kristallisierenden Biotit Ruhe vor weiteren Differentialbewegungen. Auch die Muskovite gediehen hier zu großen unversehrten Schuppen. Dagegen nahm der Muskovit außerhalb dieses Bereiches fast die ganze weitere Differentialbe- wegung auf. Hiermit dürfte zusammenhängen, daß auch in den Muskovit- geflechten noch fast unversehrte Biotitgebälke vorkommen.

Jedenfalls liegt hier ein sehr deutlicher Fall von Umfaltung während und nach der Glimmerkristallisation vor; ohne Diaphthorese.

14. Glimmerschiefer vonRamingstein im Lungau. Voll- kommen umgefaltet.

Die Granaten dieses Glimmerschiefers sind sehr oft oblong. Sie nehmen in solchen Fällen zwar verschiedene Stellungen gegenüber s ein, stimmen jedoch in der Längsrichtung genau mit ihrem s überein, welches gewöhnlich ausgezeichnet sichtbar ist. In einem Gestein mit Fein- schiehtung und feinem Korn fand also die Kristallisation von Granaten statt, deren zuweilen in s oblonge Form wohl durch die leichtere Stoffzufuhr in s zustande kam. Diese Feinschichtung vor der Granat- bildung zeigt nie eine Spur von Fältelung. Durch die folgende Diffe- rentialbewegung im Gestein ist fast stets verlegt. Dagegen ist die Umfaltung von der Kristallisation von Biotit, Muskovit und Quarz überdauert, demnach, wenn man auch den Granat in Betracht zieht, eine parakristalline. An Stelle der Biotite treten bisweilen feinstkörnige Aggregate.

siim Granat enthält außer isometrischem und oblongem, scharf- eckigem Quarz auch noch Erz und schon wohlgebildete Biotitschüpp- chen. Demnach waren solche schon vor der Durchbewegung vorhanden und wir haben das jetzige Biotitgewebe daraufhin zu betrachten. Dieses erweckt vielfach den Eindruck, daß die Regeneration größerer zer-

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störter Biotite zuweilen keine vollkommene geworden ist, sondern an Stelle derselben Aggregate mit Siebstruktur, treten. Vielleicht ließe sich diese Vermutung an einem größeren Schliffmaterial beweisen.

Übersicht.

Die Beispiele aus altkristallinen Arealen erlauben folgende Hinweise:

Vorkristalline Faltung erfolgte in den schon vor ihrer gabbroiden Erstarrung durchbewegten Amphiboliten vom Weißhorn im Sarntal, welche hierbei auch Selbstinjektion mit sauren Resten erlitten.

In dem Zuge von Altkristallin nördlich vom Brixner Granit wurde außerdem vorkristalline Faltung noch nachgewiesen in mineralreichen Glimmerschiefern vom Thaser Hof bei Meran und in einem Beispiel vom Jaufen. Bezeichnend aber ist für diesen Gesteinszug nachkristalline Faltung meist ohne zugehörige Diaphthorese (Langtaufers, über Pens, Penserjoch, Mauls) und besonders ist das von den der äußeren Form nach oft Ptygmatiten gleichenden Faltungen der Aplit- und Granit- gänge im Glimmerschiefer (Altfaßtal) anzumerken.

Nachkristallin mit korrelater Diaphthorese ist die Verfaltung der Stubaier Gneise mit dem Mesozoikum der Kalkkögel. Im Osten wurde in den Amphiboliten der Breitenau (nördl. Graz) nachkristalline Faltung mit Diaphthorese gefunden und im Albitgneis des Wechsel, der sonst den Tauernalbitgneisen vollkommen entspricht, nachkristalline Faltung.

Auch für parakristalline Faltung wurden im Osten (Lungau) Beispiele gefunden.

IV. Faltung in phyllitischen Gesteinen.

Das Material für diese Schliffe wurde folgenden Gebieten ent- nommen: Quarzphyllit südl. des Brixner Granits (12 Schliffe); Quarz- phyllite und Kalkphyllite der oberen Schieferhülle einschließlich der Tuxer Phyllite und ihrer Einlagen sowie der Tarntaler Phyllite (18 Schliffe); Quarzphyllit der Tuxer Voralpen einschließlich Nößlacher Joch und Turrach in Kärnten (7 Schliffe).

Damit, daß die hier zusammengestellten Gesteine im Vergleich zu Altkristallin und unterer Schieferhülle arm an Neubildungen sind und ihr Korn sehr klein ist, wird die Aufgabe, Beziehungen zwischen Kristallisation und Teilbewegung zu untersuchen, zuweilen schwierig, zuweilen unlösbar.

1. Albitphyllit mit gefalteten Quarzgängen, Rienzschlucht bei Brixen. u

Im Brixner Quarzphyllit findet man sehr häufig und in ver- schiedenster Mächtigkeit weiße Quarzgänge, welche mit schlängelnden weichen bogigen Scharnieren stärkstens gefaltet sind, mit ausgezeichnet ersichtlicher Regel der Stauchfaltengröße. Man kann sie insofern „Gänge“ nennen, als sie derzeit mehr oder minder quer zur Schieferung verlaufen. In den bisher untersuchten Schliffen zeigt es sich aber, dab es sich vor der Faltung um Quarzlagen in s handelte.

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Bei der Faltung auf Druck ungefähr //s wurden solche Quarz- lagen, welche zuweilen selbst wieder Feinschichtung durch Wechsel in der Korngröße und Glimmerlagen erkennen lassen, gemäß ihrem ziemlich großen Widerstand zu größeren oder kleineren Falten gestaut nach der Regel der Stauchfaltengröße. Korrelat hierzu wurde die Feinschichtung des Phyllits in winzigen Falten mit oder ohne Zerreißung der Scharniere umgestellt und dieses umgestellte s verläuft nun mehr oder weniger quer zu den Quarzlagen, ist aber nur eine andere Reaktion eines anderen Materials auf ganz dieselbe Beanspruchung des Gesteins, welche die Quarzlagen schlängelte. Dieser Vorgang: Druck ungefähr in s, feinste Umfältelung des Phyllitgefüges und Schlängelung der festeren Einlagen ist etwas in den Tiroler Phylliten und überhaupt in Schiefern weit Verbreitetes. Dieselbe Regel der Stauchfaltengröße, welche Profile beherrscht, kommt hier unter dem Mikroskop zum Ausdruck: je geringer die Knickfestigkeit einer Lage, desto kleiner ihre Falten. In diesem Falle treten Extreme, harte Quarzlagen und weicher Phyllit nebeneinander und bedingen das hier beschriebene Bild. Bereits anderen Orts wurden die Folgen noch weiterer Faltung und der Schiebungen in dem nun umgestellten s beschrieben: auch die Scharniere der Quarzgänge zerreißen und lentikulare Quarz- massen schwimmen in dem umgestellten s. Dieses für Gebiete mit Differentialüberschiebungen (Tauern, Innsbrucker Quarzphyllit etc.) vorherrschende und charakteristische lentikulare Stadium finden wir im Brixener Quarzphyllit ebenfalls, aber zurücktretend. So daß wir nach dem Verhalten der häufigen lediglich geschlängelten Quarzlagen geradezu eine geringe Verbreitung von Differentialüber- schiebungen für den Brixener Quarzphyllit annehmen können. Einfache Zusammenschiebung mit Umstellung von s und ent- sprechend einem Drucke ungefähr in der Richtung des noch nicht umgestellten s ist sehr häufig.

In welchem Zustande des Gesteins ist nun diese Umfaltung (Quarz) und korrelate- Umfältelung (Pbyllit) dieser Gesteine erfolgt.

Diese Faltung ist jedenfalls unter Umständen erfolgt, unter welchen die Quarzlagen sich nicht fließend im strengen Sinn, sondern als Körper mit der Fähigkeit zur Leitung gerichteten Druckes um- formten. Das lehrt das Vorhandensein der für solche Fragen sehr oft ausschlaggebenden Regel der Stauchfaltengröße mit Sicherheit.

Bei dieser Gelegenheit sei wiederum bemerkt, daß sich ganz dieselbe Überlegung auch für die Frage empfiehlt, ob manche geolo- gischen Profile mit oder ohne Druckleitung zustande gekommen sind, wonach man manchen Schluß auf die Bedingungen (Deformations- geschwindigkeit, kristalline Mobilisation ete.), unter welchen sie die betreffende Tektonik erhielten, wagen kann.

Zunächst wurde ein „Gang“ von Il cm Mächtigkeit untersucht. Im Querschnitt der Falten findet man als Beleg dafür, daß die Faltung bei festem Quarzgefüge erfolgte, deutliche Zertrümmerung des Quarzes zu kleinkörnigem Gefüge an den, den Biegetrajektorien entsprechend, meistgepreßten Innenseiten der Scharniere. Sonst zeigen die Umrisse der verzahnten und undulösen Quarzkörner weder im Querschnitt voch im Längsschnitt der Falte Regelmäßigkeiten.

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[57] Beiträge aus den Zentralpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 623

Dagegen zeigen die Quarzkörner eine ausgesprochene Regelung ihrer Achsen.

In dem hier beigegebenen Querschnittsbild Fig. 1 bezeichnen die Schraffen im Quarzgange die Lage von y‘. Der Quarzgang liegt im Albitphyllit, welcher umgefältelt ist, so daß sein s jetzt die in der Zeichnung ‚mit s bezeichnete Lage einnimmt.

In einem Längsschnitt (2 in Fig. 1), welcher parallel zur Falten- achse normal auf den faltenden Druck, leider etwas seitlich vom Scheitel des Scharnieres, also nicht als genauer Radialschnitt durch- ging, findet man die Quarzgefügeregel in ihrer gewöhnlichen Form ausgezeichnet vor. Fast alle Körner dieses Schnittes sind so geregelt, daß die Hauptachsen ungefähr normal auf den Wänden des Quarz- „ganges“ stehen. Die c-Achsen bilden sozusagen einen Rasen mit ungefähr parallelen Halmen (— Schraffen in Fig. 1), ohne daß ge- dachten Halmen etwa eine oblonge Form der Körner entspräche.

Fig. 1.

Um sich nun die Regelung der Achsen im Faltenquerschnitt vorzustellen, denke man sich, daß unser Achsenrasen zunächst auf einem ebenen Boden wachse, welcher sodann in Falten gelegt wird. Die Halme stehen nun nicht mehr parallel untereinander, aber noch immer senkrecht auf dem nun gewellten und gefalteten Boden.

Diese Anordnung der Achsen zeigt zweierlei.

Sie läßt sich, wenige Stellen ausgenommen, nicht als eine Ein- stellung der Quarzachsen auf den faltenden Druck auffassen.

Vielmehr erscheint sie als eine schon vor der Faltung vorhandene Anordnung anläßlich der Faltung in die Faltenbögen nur so mitein- bezogen, wie die Halme in unserem Beispiel vom Rasen oder wie Tuschmarken, mit welchen wir eine Lage vor der Faltung senkrecht schraffiert hätten, nach der Faltung in den Scharnieren radial an- geordnet erschiene. Im Falle einer Anpassung der Quarzachsen an die mit Faltung häufig zugleich auftretende Streckung parallel den Faltenachsen beobachtet man, wie ich anderen Orts beschrieb, daß

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (B. Sander.) 80

624 Bruno Sander. [58]

Schnitte parallel zur Faltungsachse auffällig viel Querschnitte, aber wenig oder keine isotropen Schnitte aufweisen, weil sich die Quarz- achsen mehr und mehr frei bewegen können, aber ohne aus der Querschnittsebene zu gehen. Auch diese Anpassung ist in unserem Falle nicht nachzuweisen.

Die Betrachtung der Quarzlagen hat also ergeben, daß die Faltung jünger ist als die Achsenregel der Quarzkörner und jünger als die Kristallisation des grobkörnigen Quarzgefüges, welches an den Innenseiten der Scharniere zertrümmert wurde.

Wo der Glimmer (Muskovit und Chlorit) mit dem Quarz der Quarzlage in Berührung tritt, zeigt er sogleich bessere kristallo- graphische Ausbildung in Gestalt größerer, meist vollkommen unver- sehrter Schuppen. Dies tritt besonders in den Kniekehlen der Scharniere hervor. An den Stellen, welche durch die Faltung aus dem umgebenden Gewebe gleichsam abgezwickt wurden, entstanden Nester richtungsloser unversehrter Glimmer, deren Kristallisation nach der Faltung auch daraus sehr gut ersichtlich ist, daß sie Sprünge füllen, welche im Quarzit korrelat zur Faltung entstanden. Es hat also nach der Faltung Kristallisation von Muskovit und Chlorit noch _ statt- gefunden.

Die wie oben erläutert korrelat zur Faltung der Quarzgänge erfolgte Umfältelung des Tonschiefergefüges, an welche sich häufig Bewegung im umgestellten s anschließt, zeigt folgende Beziehungen zur Kristallisation. Das Folgende kann zugleich als Beispiel dienen für die Beziehungen einer Clivage in Tonglimmerschiefer zur Meta- morphose, welche natürlich nicht immer dieselben sind wie im vor- liegenden Gestein, sich aber häufig genug bei mikroskopischer Unter- suchung als gut vergleichbare erweisen dürften.

Das älteste, was uns vom Gesteinsgefüge erhalten ist, ist eine Feinschichtung, welche die Albite durchzieht. Dieses im Albit durch Opazit gezeichnete si ist zuweilen selbst gänzlich ungestört; an anderen Stellen im Gestein zeigt es bereits beginnende Fältelung. Die Bildung der großen Hauptgeneration von Albit ist in diesen Schliffen demnach in einem Stadium erfolgt, als das Gefüge noch wenig oder gar nicht durchbewegt und wenig kristallin war und man trifft in diesen Schliffen nur als Seltenheit Albite, welche als jüngere Holoblasten si bereits gefältelt und kristallin, so wie es heute vorliegt, um- schlossen.

An anderen Stellen des Gesteins aber erfolgte die Albitisation ganz allgemein später, ohne daß man ohne eingehendere Unter- suchungen sagen könnte, wovon das abhängt. Die im übrigen ganz gleich ausgebildeten Albite zeigen si gefaltet und bisweilen sogar unverlegt und es besteht aus tropfenförmigen, sehr oblongen Quarzen, wie ich solche aus der Schieferhülle der Tauern beschrieb.

Überhaupt ist auch bei dieser Gelegenheit zu bemerken, daß die Albitphyllite des Brixner Quarzphyllits aufdasvoll- kommenste mit dem Quarzphyllit der Hochfeilerhülle übereinstimmen, wie man nunmehr sieht, auch in der Art ihrer Metamorphose.

[59] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 625

Zusammenfassend kann man sagen, daß die Fältelung im Gestein bald vor, bald nach der Albitisation begann; für bestimmte Stellen im Gestein aber, was die weitaus größere Mehrzahl der Albite anlangt, entweder nur vor oder nur nach. Fast immer dauert die Fältelung sogar in ihrem wesentlichsten Abschnitt, der vollständigen Umstellung von s, nach Bildung der Albite fort (verlegtes si der Albite). Dennoch kommen sehr spät gebildete Albite vor, so daß, das ganze Gestein betrachtet, die Fältelung schon vor der Albitisation stattfinden kann, aber die Albitisation häufig wesentlich überdauert. Jedenfalls stehen sichbeide Vorgänge zeitlich nahe und fallen vielfach in eine Periode. Eine Anpassung der Albite an die Schieferung ist manchmal zu bemerken, aber nicht sicher zu deuten.

‚Anschließend an die Albite sind große Chlorite in Gestalt der „Querbiotite* zu erwähnen, welche die fertigen Albite als Einschlüsse umwachsen haben, also jünger sind als diese. Ferner Granaten mit ungefälteltem, zuweilen auch unverlegtem si.

Die Muskovite in der Kleinfältelung sind, besonders wo das Gefüge Quarz enthält, oft sehr deutlich jünger als die Fältelung, was mit dem in den Faltenknien der Quarzgänge Beobachteten überein- stimmt. Teilweise aber wurden die Glimmer von der Fältelung bereits vorgefunden und deformiert. Besonders ist dies der Fall, wo im An- schluß an die Umfaltung Bewegung im umgestellten s eintritt (Glimmer- geflechte).

Wenn man nun bedenkt, daß die Kristallisation von Muskovit und Albit eine gewisse Zeit braucht, so erscheint hier wie in manchen anderen Fällen eine gleichsinnige Deformation (die Umfaltung) als ein langdauernder Prozeß, welcher nicht kontinuierlich fortläuft, sondern sich in Phasen zerlegen läßt, zwischen welchen das Gestein Zeit hat zur Kristallisation.

2. Quarzphyllit, Flaggertal bei Franzensfeste.

In einem Quarzphyllit (Granaten mit verlegtem s) wurde ein etwa fingerbreiter Quarzgang bis zum Parallelismus der Schenkel ge- bogen. Der Gang selbst zeigt keinerlei Gefügeregel, nur im inneren Scharnier etwas kleinere Körner. Im Phyllit läßt sich an dieser Stelle - Kristallisation nach der Faltung annehmen. Die stark oblongen Quarze des zwischen den Faltenschenkeln wie in einem Schraubstock ge- preßten Phyllits sind nicht durch diese Pressung erzeugt worden, sondern finden sich schon als s in einem Granat im innersten Scharnier, und zwar unter rechtem Winkel zur Phyllitschieferung an- geordnet.

3. Quarzitischer Quarzphyllit, Vahrn bei Brixen.

a) Eine feingefältelte Varietät (Muskovit, Quarz, Feldspat) zeigt ausgezeichnete Feinschichtung durch Quarzkörnerlagen verschiedener Korngröße. Diese sind ohne ersichtliche Zerbrechungen gefaltet. Die Faltung ist älter als die Muskovite, welche die Scharniere in Form unversehrter Glimmergebälke umziehen.

b) Eine in größere Falten gelegte biotitreiche Varietät bietet ein gutes Beispiel für eine von der Kristallisation überdauerte De-

80*

626 Bruno Sander. [60]

formation mit Kristallisationsbewegung. Die Quarzlagen in der Falte zeigen Scharniere, welche außen rund, innen spitz sind. Im Querschnitt sieht man jede nach außen folgende Quarzlagenfalte auf der inneren sitzen wie einen Reiter im Sattel, aber einen Reiter, der den Sattel nicht berührt, sondern sich in den Bügeln hebt, so daß zwischen ihm und dem Pferde ein Raum bleibt, begrenzt vom Sattel und von den Schenkeln des Reiters, ungefähr ein spitzwinkeliges gleichschenkeliges Dreieck (schwarz in Fig. 2). Im Gesteine nun ist dieser Raum gefüllt, besonders durch den Glimmer (Muskovit und Biotit), welcher die Quarzlagen trennt. |

Solche Räume entstanden bei der Faltung, indem jede Falte infolge der seitlichen Pressung mit ihren Schenkeln von der, auf welcher sie saß, abglitt, sich also unter Schiebung in s abstaute. Hier- bei kann eine gewisse grobmechanische Hineinschürfung von Glimmer

UA

in den (wahrscheinlich niemals offenen) Raum erfolgt sein, sicher aber auch Kristallisationsbewegung von Quarz und Glimmer, welche diesen Raum in statu nascendi zur Kristallisation benützten.

Da sich das erst bei der Faltung neugebildete Gefüge in dem besprochenen Raum durch nichts vom übrigen Gefüge unterscheidet, so ist es zum mindesten nicht auszuschließen, daß Kristallisations- bewegung auch bei der Deformation der Quarzlagen selbst eine Rolle gespielt habe.

Wenn es sich darum handelt, die Richtung von y‘ und a’ in größeren Präparaten zu bestimmen, so kann man diese Richtung y‘ am besten während das Präparat u. d. M. liegt mit einer feinen Tuschfeder auf das Deckglas zeichnen an den Stellen, wo eben Ge- fügeregelung sichtbar ist, wie das in Fig. 1 und 2 durch Schraffen ausgeführt wurde.

Ist die Regelung nicht vollkommen, sondern umfaßt nur die Mehrzahl der Körner, so empfiehlt es sich, durch Heben des Tubus unscharfe Einstellung zu erzeugen, bei welcher das Quarz- mosaik mit seinen blauen und gelben Körnern bei Drehung die Misch- farben sozusagen von der gelbsten Stellung bis zu der blauesten zeigt,

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[61] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 627

welch letztere aufzusuchen leichter fällt als angesichts des scharfein- gestellten Mosaiks, in welchem man den Wald vor Bäumen nicht sieht.

Außerdem ergibt die unscharfe Einstellung noch andere Vorteile für das Studium der Gefügekunde. Sie ist für die Wahrnehmung mancher Züge im Gefügebild ebenso zu empfehlen wie die Betrachtung eines pointillistisch gemalten Bildes aus der Entfernung mit unscharfer Einstellung unseres Auges auf die einzelnen Farbflecke des Pinsels. So sehen wir z. B. die einzelnen Quarzkörner im Gipsrot, welche wir gewohnt sind bei scharfer Einstellung allein als Individuen zu be- trachten, bei unscharfer Einstellung nicht mehr, dafür aber Gruppen subparallel orientierter Körner, welche sozusagen ein Individuum höherer Ordnung im Gefüge bilden. Gerade in Quarzgefügen läßt es sich sehr oft zeigen, daß diese Individuen höherer Ordnung manchmal rundlich, andere Male auf charakteristische Art durcheinandergreifend vorkommen, so daß man verschiedene Gefüge höherer Ordnung in diesem Sinne festzustellen und zu erklären hat. So bildet, um ein Extrem als Beispiel zu nennen, ein durch und durch ideal geregelter Quarzit ein einziges Individuum in diesem Sinne. Meist aber lassen sich innerhalb desselben doch Individuen höherer Ordnung unter- scheiden und der Quarzit ist nicht vollkommen homogen geregelt.

Wenn man nun in einem Schliffpräparat die vorherrschende Richtung von y‘ festgestellt hat, so weiß man, daß die Hauptachsen der geregelten Quarze in einer Ebene liegen, welche in der Richtung von y‘ senkrecht auf den Schliff errichtet ist. Um aber zu finden, welches die Hauptrichtung der geregelten c-Achsen ist, braucht man noch einen Schliff. Dieser wurde im vorliegenden Falle senkrecht auf den ersten angelegt; die Falte war quer und längs geschnitten worden.

Auch in diesem zweiten Schnitt wird die Richtung. von y' be- stimmt und zugleich damit, wie oben gesagt, die Ebene, in welcher die Hauptachsen der Quarze liegen müssen. Man kennt nun zwei Ebenen, von deren jeder man weiß, daß die c-Achsen in ihr liegen müssen. Sind diese Ebenen nichtparallel, wie im vorliegenden Falle, so ist ihre Schnittlinie die vorwaltende Richtung, in welcher die Hauptachsen der Quarze subparallel zueinander gerichtet sind. Diese Methode ist für jedes Gefüge anwendbar, dessen Körner man optisch orientieren und von welchem man Querschnitte herstellen kann.

Im vorliegenden Fall ergab diese Methode, zu deren besserer Durchführung allerdings noch einige große Schliffe nötig gewesen wären, daß ein ganz anderer Fall von Quarzgefügeregel vorliegt als in den unter 1 beschriebenen Quarzfalten. In beiden Fällen ist die Regelung der Quarze ohne Beziehung zu Biegetrajekterien in der Falte. Im Falle 1 war aber die Regelung älter als die Faltung und die Quarzachsen lagen dementsprechend, wie beschrieben, radial in den Faltenbögen. Im vorliegenden Falle ist die Regelung der Quarze jünger als die Faltung und durchsetzt alle Scharniere obne jede Beeinflussung durch dieselben, als wären sie gar nicht vor- handen. Das Gestein ist so geregelt, als wäre es ein ungefalteter Quarzit, welchen ungefähr derselbe Druck regelte, der in diesem Falle zuerst zur Faltung geführt hat.

698 Bruno Sander. [62]

Wie in allen Fällen von Gefügeregelungen, so hätte man auch in diesem Falle zwei Umstände zu berücksichtigen: Ent- sprechend der Regelung erhält erstens das ganze Gestein mehr oder weniger dieselbe Orientierung in seinen Eigenschaften, welche das ein- zelne Mineral zum Kristall macht. So sind in diesem Falle elektrisches und thermisches Ellipsoid im geregelten Quarzit so angeordnet wie im Quarz z. B. der längere Durchmesser des thermischen Ellipsoides 1 s und // zum regelnden Druck. Der Elastizitätsmodulus E wird 1 s größer sein als ins, bzw. // zum regelnden Druck größer als L dazu. Dasselbe ließe sich von der Zugfestigkeit sagen, falls die Festigkeit des binden- den Zements größer wäre als die der Körner, was aber nicht bekannt ist. Leider fand ich auch keine Angaben über die Druckfestigkeit von Quarz Lc vor; //eist sie durch Rinne bekannt gemacht. Anderenfalls ließe sich der zweiten an alle geregelten Gefüge zu stellenden Frage nähertreten, ob das Gefüge aktives oder passives Verhalten während seiner Regelung zum Ausdruck bringt, wonach ich aktive und passive Gefüge unterscheiden möchte. Ist z. B. ein Gefüge so geregelt, daß es sich auf gerichteten Druck beziehen läßt, so gibt es zwei Möglich- keiten. Entweder seine Körner liegen alle so, daß ihre größte Druck- festigkeit oder ihr maximaler Kristallisationsdruck // jenem gerichteten Druck liegt, welcher sozusagen den maximalen Widerstand des Gesteins als Reaktion wachgerufen hat, so z. B. wenn sich wachsende Kristalle so regeln, daß das Gestein eine gewisse Belastung durch Wachstums- druck aktiv überwindet. Oder die Regelung bedeutet eine Anpassung des Gesteins an den Druck im Sinne sich verringernden Widerstandes im Sinne passiven Nachgebens und Ermöglichung der fortlaufenden Deformation mit kleinster Arbeit.

Die für die Geologie in mannigfaltiger Beziehung fruchtbare Aufgabe, die geregelten Gesteine von den zwei genannten Standpunkten aus zu besprechen, stößt derzeit leider noch allzuoft auf den von Rinne hervorgehobenen Mangel an Feststellungen von Druckfestig- keiten der Minerale. Doch besteht bekanntlich Aussicht, daß dieser Mangel durch das Interesse verschwinden wird, welches die Bau- materialienkunde an solchen Bestimmungen bekommt.

Bemerkenswert ist noch, daß in diesem Falle einer Regelung der Quarzachsen Normalspannungen entscheidend waren. Man ersieht das daraus, daß keinerlei Schiebungen die Falten durchziehen, welche doch älter als die Quarzgefügeregel sind.

Es erfolgte also im vorliegenden Falle eine Faltung mit Beebung in s und Kristallisationsbewegung zum mindesten bei der Füllung der „dreieckigen Räume* (s. o.). Die Kristallisation von Glimmer und Quarz überdauerte diese Faltung. Ohne Abhängigkeit von den Faltenformen fand sodann Quarzgefügeregelung statt.

4. Kontaktmetamorpher Quarzphyllit nächst Norit, Astjoch, Pustertal.

Der Quarzphyllit zeigt nächst dem Kontakt besonders starke Faltung und felsitisches Aussehen. Das ungeregelte Quarzgefüge ist unversehrtes typisches Kontaktmosaik. Der Muskovit hat jede für Phyllite charakteristische Form verloren und bildet feinstkrümelige

[63] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 629

Lagen „mit Aggregatpolarisation aus zahllosen winzigen regellosen Schüppchen. Diese Lagen dienten als Zufuhrweg für reichlichen Turmalin, welcher sich darin (ohne si) ansiedelte, häufig in Gestalt kleiner „Sonnen“.

Vollkommen von der Kontaktmetamorphose überholte Faltung. Die Kristallisation bedeutete hier das Ende der Beweglichkeit, welche zuerst nach den Befunden im Felde in der Nähe des Intrusivs ge- steigert war. Abgesehen vom mikroskopischen Bilde genügt hier der Befund im Feld (felsitartig dichtes Gestein aus Phyllit), um zu be- greifen, daß dieses Gestein nach anfänglich gesteigerter Beweglich- keit (heftige Faltung) schließlich (in höher kristallinem Zustande) erstarrte.

5. Quarzphyllit (mit Albit), südlich vom Dreihornspitz, Senges bei Mauls.

Faltung wesentlich nachkristallin. Im Quarzglimmergefüge aber auch etwas Abbildungskristallisation.

6. Biotitphyllit (mit Chlorit), nördlich vom Satteljoch, Senges bei Mauls.

Faltung wesentlich nachkristallin. Bildung von großen Chloriten nach der Faltung und Bewegung in s.

7. Quarzphyllit, Grat der Weißespitze gegen Gossensaß.

Das Gestein erlitt vollkommene Umfaltung und sodann Linsen- bau durch starke Bewegung im umgestellten s. Letztere verlief nach- kristallin und fluidale Glimmergeflechte bezeichnen ihren Weg. Zwischen diesen aber sieht man Lagen, in welchen die Umfältelung von der Kristallisation überdauert und ausgezeichnet abgebildet ist. So kommt es, daß in solchen Lagen, zwischen welchen die nachkristalline Be- wegung in s vor sich ging, zahlreiche ganz unversehrte Glimmer quer zum jetzigen s auffallen. Es sind das die Glimmer, welche die erste Umfältelung kristallin abbilden. Also Umfaltung wesentlich von der Kristallisation abgebildet. Sodann aber noch mit Verschonung vieler Lagen nachkristalline Bewegung in s.

8. Albitphyllit mit Graphit, Nopfspitze, Wildlahnertal.

Dieses Gestein zeigt äußerst feinkörnige, in sich selbst wieder feingeschichtete Quarzlagen, welche, wie bei dem unter 1 beschriebenen Gestein, korrelat zur Umfältelung des Tonschiefers in größere Falten gelegt sind, ohne irgend etwas Bemerkenswertes zu zeigen.

Die Feinschichtung durchzieht als si (Opazit, Quarz) die zalıl- reichen, meist isometrischen Albite. Deren Bildung fand vor der Fältelung statt: gefaltetes si ist eine Seltenheit.

Sodann erfolgte die intensive Umfältelung mit anschließender Bewegung im umgestellten s. Hierbei wurde si verlegt und steht jetzt meist senkrecht auf dem umgestellten s. Die Albite selbst treten in Lagen parallel der Feinschichtung dicht gehäuft auf, was wahrschein- lich die Abbildung einer durch Feinschichtung bedingten Inhomogenität bedeutet. In zwei Fällen wurde eine solche Lage gleich den Quarz- lagen in größere, Stauchfalten gelegt.

630 Bruno Sander. | [64]

Nach der Faltung fand noch etwas Kristallisation statt: Glimmer und si-freie Säume an Albiten.

Faltung. also im wesentlichen nachkristallin, aber von der Metamorphose (Albitisation!) doch etwas überdauert.

9.Kalkphyllit, Hoher Nopf, Wildlahnertal, Schmirntal, Brenner.

Nachkristalline Faltung, nachweisbar inbezug auf Glimmer und Kalzit.

10. Quarzit, Schöberspitze, Wildlahnertal, Schmirntal, Brenner.

Nachkristalline Faltung, bezüglich Quarz und Glimmer, mit Abbildung von Biegetrajektorien. Beschreibung siehe inTschermaks Mitteilungen 1911, pag. 288.

Quarzphyllit, Schöberspitze, Kaserer Tal, Schmirntal,

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Nachkristalline Faltung bezüglich Quarz und Glimmer. Beschreibung |. c.

12. Quarzphyllit, nördlich von den Kalken der Frauenwand bei Hintertux.

Faltung wesentlich nachkristallin bezüglich Glimmer. Selten und nur im quarzreichen Gefüge unversehrte Glimmerplättchen.

15. Quarzphyllit, nördlich vom Tuxjoch. Ebenso.

14. Quarzphyllit, Hennensteige, Lizum.

Vollständig nachkristalline Faltung bezüglich Glimmer (Auidale Geflechte) und Quarz (stärkste unverheilte Kataklase, Regelung der Achsen: c parallel zum faltenden Druck).

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[65] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 631

15. Tarntaler Schiefer mit gefalteter quarzitischer Lage; Klammjoch, Tarntaler Kögel. (Fig. 3.)

Außerst feinkörniges Gefüge. In der Quarzitlage geregelt, unab- hängig von den Faltenformen, aber im Sinne des faltenden Druckes die Scharniere schneidend. Anscheinend wesentlich nachkristallin. Die Schraffen in Textfig. 3 geben die Lage der Ebene, in welcher 7’ liegt.

16. Quarzphyllit des Nößlacher Joches, Brenner.

Wesentlichnachkristalline Faltung mit ausreichender Biegung großer Glimmer. Polygonale Glimmer in Scharnieren selten. („Stein- acher Karbon* der Steinacher Decke.)

17. Quarzphyllit, Steinturrach, Kärnten.

Nachkristalline Faltung bezüglich Muskovit (Geflechte) und Quarz (Kataklase, Regelung). Nach der Faltung reichliche Bildung unversehrter Chlorite.

13. Quarzphyllit des Vikartales bei Innsbruck.

Schon früher wurde auf die durch Abbildungskristallisation weit überholte Faltung dieses Gesteins hingewiesen (Tschermaks Mit- teilungen 1911, Taf. I, Fig. I). Da und dort hat diese Faltung aber auch die Glimmer sehr erheblich deformiert. Sie ist demnach para- kristallin, wesentlich vorkristallin.

Bisweilen sind an Stellen mit Muskovitgeflecht nach dessen Bildung noch Querbiotite kristallisiert, welche vom Muskovitgeflecht reliktisch durchzogen werden (unverlegtes s).

19. Quarzphyllit, Rosenjoch-Penzenböden, Tuxeralpen, Tirol.

Wesentlich. nachkristalline Faltung mit geringer Re- kristallisation.

20. Quarzphyllit, Ahrntal bei Innsbruck. Wesentlich nachkristalline Faltung.

21. Kalkphyllit, Sidanjoch, Tuxer Voralpen.

Parakristalline Faltung, von der Kristallisation (Kalzit, Muskovit, Chlorit) stark überholt.

Übersicht.

Unter den Phylliten fallen die wesentlich nachkristallinen Faltungen auf, sowohl in den „tauernkristallinen“ Phylliten der oberen Schiefer- hülle (Pfunderer Gebirge, Steinacher Decke, Einfaltungen in die Tuxer Phyllite) als in den Tarntaler Phylliten und den Tuxer Voralpen, in welch letzteren jedoch parakristalline Beispiele hinzutreten.

Für die Brixner Phyllite ist parakristalline Faltung Charakteristisch.

Bemerkenswert ist der vorkristalline Charakter der Faltung im Kontaktphyllit des Norits vom Astjoch, welches auch für die Kontakt- phyllite von Klausen in ihrer ganz den Verhältnissen am Astjoch ent- sprechenden „Feldstein“-Fazies gelten dürfte.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4, Heft. (B. Sander.) 8

639 Bruno Sander. [66]

vV. Falten aus dem böhmischen und finnischen Kristallin.

1. „Bittescher Gneis“ E KR. Swess. Doratsch in Mähren, Umgefalteter Hornblendegneis zeigt vorkristalline Faltung. Die Kristallisation von Hornblende und Biotit in den Scharnieren, ebenso die Verwachsungen von Quarz und Feldspat erweisen sich als jünger als die Faltung. Die Zersetzungserscheinungen sind noch jünger und dementsprechend ganz ohne Zusammenhang mit dem Faltungsvorgang.

Auch in einem Biotitgneis mit feinster Lagenstruktur erweist sich die Faltung als vorkristallin.

2. „Fugnitzer Schiefer“, Fugnitz in Mähren.

Vollkommen vorkristalline Faltung hinsichtlich sämtlicher Bestandteile (Muskovit, Biotit, Quarz, Feldspate).

3. Biotitgneis, Weißenkirchen im niederösterreichischen Wald- viertel.

Die den Ptygmatiten Sederholms gleichende Faltung ist ganz und gar vorkristallin in bezug auf alle Minerale (Biotit, Quarz, Feldspate).

In einem Präparat ist Chloritisierung der Biotite ganz unab- hängig vom Faltungsakt anzumerken. Von

4. Biotitgneis, Krems a. d. Donau, gilt dasselbe.

5. Biotitgneis von Brändö Harun, westlicher Schärenhof der finnischen Südküste.

Vorkristalline Faltungen. An den Scharnieren der ptygma- tisch gefalteten sauren Gänge ist trotz des jetzt unversehrten Gefüges zu bemerken, daß rupturelle Teilbewegung ehemals an den Stellen stärkster Pressung zu kleinkörnigerem Gefüge führte.

Übersicht.

Alle Beispiele waren vorkristallin gefaltet.

Erläuterung der Bilder.

1. Falte aus ungebundenen, in feuchtem Zustande knetbaren Terrassensanden, Hötting bei Innsbruck. Weder Kornzerbrechung noch Kristallisation hat als Teilbewegung der Faltung eine Rolle gespielt, sondern nur die Verschiebung der Körner gegeneinander, wobei keinerlei Desorientierung derselben aus der sedimentären Feinschichtung erfolgte. Schwellen (Faltenstirnen!) und Schwinden (Schenkel!) der sedimentären Lagen, je nachdem sie parallel oder normal zum falten- den Drucke stehen.

2, Rhätizitphyllit mit Graphit, Saxalm, Venna, Brenner. Nach- kristalline Faltung. Gebogene Rhätizite bei ». Siehe Text II, Nr. 14.

[67] Beiträge aus den Zentralalpen zur Deutung der Gesteinsgefüge. 633

3. Grünschiefer mit Albit und Ankerit, Wald über Gasteig im Ridnauntal bei Sterzing. Nachkristalline Faltung. Siehe Text II, Nr. 7.

4. Amphibolit, Pfossental. Vorkristalline Faltung. Siehe Text II, Nr. 4.

5. Glimmerschiefer, Thaserbauer bei Faltung. Siehe Text III, Nr. 6.

6. Glimmerschiefer der unteren Schieferhülle, Block, Kalch am Jaufen. Parakristalline Fältelung. Die Faltung ist überdauert von der Kristallisation, vgl. 1. und 2. Faltenbogen, eckig aus mechanisch un- versehrten Glimmern; daneben, namentlich im folgenden 3. Falten- bogen rund gebogene Muskovite.

7. Glimmerschiefer, Pfossental - Hintergrund. Waltung. Siehe Text II, Nr. 3.

8. Glimmerschiefer, Kramerspitze, Hintergrund des Sengestales bei Mauls. Parakristalline Faltung. Siehe Text II, Nr. 12.

9. und 10. Albitphyllit, Saxalpenwand, Venna, Brenner. Impräg- nation mit Albit in der Faltungsphase.

Die hellen Flächen sind große Aibite mit unverlegter interner Reliktstruktur.

In 10 sieht man optisch unversehrten Albit nach dem Prinzip der Wegsamkeit von s fortwachsen und so den gefalteten Phyllit durch- tränken, ohne Desorientierung seiner Falten. Als Endresultat eines solchen Vorganges sieht man in 9 (linke Hälfte des Bildes) vollständige relikte Faltenbögen in Albit (Verlauf durch zwei Tuschlinien angegeben). Die rechte Hälfte beider Bilder zeigt, daß der Albit die vor der Fältelung umschlossenen Teile des Phyllits vor der Faltung bewahrte. Außerdem auf 9 zwischen den großen Albiten zerbrochener Albit als Zeichen des Andauerns der Bewegung nach der Kristallisation.

Meran. Vorkristalline

Parakristalline

Sachverzeichnis.

(Die nebenstehenden Ziffern geben die Seitenzahlen an.)

Gefüge höherer Ordnung 612, 627. Geschwindigkeitsregel der Teilbewegung

Aktive und passive Gefüge 628. Anisotropie geregelter Quarzite 628.

Diaphthorese und Faltung 614—19, 621.

Einstellung, unscharfe 626—27.

Empfindlichkeit der Gesteine für Gefüge- bewegung 598.

Erholungspausen, Kristalline, eines durch- bewegten Gesteins 604.

Erstarrung, Kristalloblastische 600, 602, 613.

Faltung 598, 604, 622 —26.

Kließen der Gesteine, „teilweises“ 601—3.

603. Kristallisationsbewegungen 600—2, 613. Kristallisationsschieferung 602, 612. Quarzgefügeregel 611. Quarzgefügeregelung vor, nach, während der Faltung 623, 627—28, 631. Stauchfaltengröße 609, 621—22. Stetigkeit der Deformationen 597, 602, 609. Wegsamkeit von s 6833.

81*

634 Bruno Sander. Inhalt, Zinleiangih. Sa HH NEE EEE TE TE I. Allgemeinere Bemerkungen . . . 2:2. 22 2 2 2 202. rt II. Faltung der unteren Schieferhülle. . . ». » 222 2 222. Übersicht 451.71, TE DR N NEE ER ESTATE : III. Faltung imfalpinenzAltkristalling 2. 5... 2472 2 wu Hel ÜDErBIchen Sn 6 A 1 Re Be IV. Faltung in phyllitischen Gestenen .. ....... Bor Übersicht Easter ee V. Falten aus dem böhmischen und finnischen Kristallin

Briauterung der Bihler 07, em a0 Ba N ER EEE SRBHWEIZEICHNIS . % 2. jur ne. CE N wat,

[68]

Über den marinen Tegel von Neudorf an der March (Deveny-Ujfalu) in Ungarn und seine Mikrofauna.

Von Franz Toula. Mit einer Textfigur und einer Tafel (Nr. XXXIX).

Herr Dr. Franz Schaffer hat im Jahre 1897 (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 533--548) zuerst dieses von den „Wiener- berger Ziegelwerken* aufgeschlossene Tegelvorkommen besprochen. Ich besuchte die Grube im darauffolgenden Jahre bei einer Exkursion mit meinen Zuhörern und bearbeitete meine dabei gemachten Anf- sammlungen. Die Ergebnisse wurden in den Verhandlungen des Ver- eines für Natur- und Heilkunde zu Preßburg, XI. (XX.) Bd., Jahr- gang 1899 (1900), veröffentlicht.

Bei Dr. Fr. Schaffer sah ich nun im Jahre 1913 ein reiches Schlämmungsmaterial, welches von der Gewerkschaft über seine Anregung aus größeren Tegelmengen der im umstehenden Profil (Fig. 1) an- gegebenen Horizonte I—VI, (man vergleiche Fig. 1 meiner kleinen Abhandlung vom Jahre 1899) erhalten worden war. Auf mein Ansuchen überließ er mir je die Hälfte der Schlämmproben, die ich nun der mühseligen Aussuchung und Durchbestimmung unterzog. Die Ergebnisse bringen die folgenden Blätter.

Wenn ich gelegentlich des Fundortes gedenke und ihn als Neu- dorf (auch Neudörfl) an der March bezeichne, so möge mir das nichi wieder verübelt werden. Die Fundstelle ist mit diesem Namen in der Literatur von alters her eingeführt und als ich vor fast fünfzig Jahren den Ort zum erstenmal besuchte, kannte man ihn nur als „Neudörfl an der March“.

Die offizielle Bezeichnung des Tegelwerkes lautet: Gözteglagyär Deveny-Ujfalu.

Die mühsame Auslesung der unzähligen Mikrofossilien aus den Schlämmungsmaterialien führte der Diener meiner Lehrkanzel Brei- tenfelner aus, während der Hauptferien 1913. Die Sortierung und Bestimmung nahm alle meine freie Zeit durch mehr als sechs Monate in Anspruch. Meine Augen hätten kaum auszudauern vermocht, wenn mir nicht die Durchführung meiner „Schrumpfungsversuche* (Peter- manns geogr. Mitteilung. 1914, II., pag. 8—15) Erholung und Ab- wechslung geboten hätte.

Jalırbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (F. Toula.)

636 Franz Toula. [2]

Bei der Bearbeitung habe ich zuerst die reichhaltigste der Proben, die mit V bezeichnete, in Angriff genommen, weil ich hoffen durfte, dabei die Hauptmasse der Fossilformen des Neudorfer Tegels kennen zu lernen. Dies erklärt auch das Vorkommen näherer Aus- führungen gerade bei den Formen dieser Probe, während ich mich bei jenen der anderen Horizonte in vielen Fällen mit der Anführung des Namens begnügen konnte.

Fig. 1.

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Nach einer Skizze, welche mir Herr Dr. Schaffer zur Verfügung stellte.

Als leitend für die Gattungsbezeichnung hielt ich mich in der Regel an die Bezeichnungen, welche Brady in dem umfassendsten Foraminiferenwerke (Voyage Chall. Zool. IX, 1884) angewendet hat. In der Anordnung hielt ich mich an die Aufeinanderfolge in einer der neuesten Darstellungen in K. A. v. Zittels III. Auflage der Grundzüge 1910.

In vielen Fällen habe ich den alten Gattungsnamen in Klammern daneben gestellt.

Probe aus Schichte I: „Gelber Tegel“.

In den Schlämmrückständen eine Unmasse von teils körneligen, teils in flachen Formen auftretenden Gipskristallen.

Von organischen Resten wurde nichts aufgefunden.

[3] Ueber den marinen Tegel von Neudorf au der March. 637

Probe aus Schichte II.

Die Schlämmrückstände lassen sich als Gipskristallsand an- sprechen; die Gipskriställchen der Probe I erscheinen abgerollt und zeigen nur hie und da die flachen Kristalle. Außerdem finden sich nur noch Lienitbröckchen in ziemlicher Menge, aber auch ander- weitige Sandkörner, darunter spärliche Kalkbröckchen.

Der Reichtum an Fossilien ist, verglichen mit den tieferen Horizonten, kein sehr großer, doch finden sich immerhin gewisse Foımen recht häufig.

Nodosaria (Dentalina) cf. pauperata (d’Orb.) Brady. Ein Stückchen, welches der rezenten Form ohne Spitzchen an der ersten Kammer sehr ähnlich ist (Chall., pag. 501, Fig. 14).

Oristellaria aff. intermedia d’Orb. (Vienne, Taf. V, Fig. 3).

Eine nahestehende Form (Taf. XXXIX, Fig. 8) mit kräftiger Nabelschwiele erinnert lebhaft an Or. (Robulina) incompta Rss. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges, 1851, Taf. IV, Fig. 28). An den mir vor- liegenden sechs kammerigen Stückchen ist die Vorderwand der letzten Kammer viel stärker nach vorne gewölbt, wie auigebläht. Die Nabel- schwiele unterscheidet. Brady führt Or. öntermedia nicht an.

Cristellaria simplex d’Orb.

Brady führt Cr. simplex als Synonym mit Orzstellaria rotulata Lmk. an. Die von ihm abgebildete Form (Chall., Taf. LXIX, Fig. 13) hat jedoch 14 enge Kammern im Umkreise, während d’Orbigny nur sieben im Text, neun in der Figur (Vienne, Taf. IV, Fig. 27 und 28) angibt. Mein Stück hat deren sieben.

Oristellaria cf. nitidissima Rss.

In der Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1851, Taf. IV, Fig. 25, bildet Reuss aus dem Septarienton eine Form ab, welche sehr ähnlich ist, nur mit etwas breiterer Orista. Mein Stückchen hat sieben Kammern im Umkreise, Reuss zeichnet acht.

Cristellaria cf. inornata d’Orb. Ein Exemplar mit deutlicher Nabelscheibe.

Oristellaria sp. ind.

Drei verschiedene beschädigte Individuen. Eines mit breiter Crista, etwa wie bei Cristellmia (Robulina) similis d’Orb. (Vienne, Taf. IV, Fig. 14).

Polymorphina (Guttulina) problema d’Orb.

Ein etwas beschädigtes größeres Stück (1 mm).

Textularia carinata d’Orb. 17 meist beschädigte Exemplare.

Bradys Abbildungen (Chall., Taf. XLII, Fig. 15 und 16) unter- scheiden sich von jenen beid’Orbigny ( (Vienne, Taf. XIV, Fig. 32—34) durch den in Spitzen und Zacken aufgelösten Randsaum. Mir liegen Stücke mit zusammenhängendem und mit aufgelöstem Saume vor. Die aufgewölbten Kammern sind wohl das beste und beständigste Merkmal.

638 Franz Toula. [4]

Uvigerina pygmaea d’Orb.

Das Geschlecht Uvigeröna ist in dem Material der Schichte II am häufigsten vertreten. Aus etwa 1700 Individuen habe ich 100 Stück der typischen pygmaea-Form herausgesucht, alle mehr oder weniger gedrungene Individuen, die aber immer recht sehr variieren, was die Anordnung der gerippten Zellen, ihre Größe und Aufgeblähtheit an- belangt. Sehr gedrungene kurze Exemplare sind verhältnismäßig seltener. Es sind Formen, die zwischen Bradys beide Typen (Chall., Taf. LXXIV, Fig. 11, 12 und 15, 14) zu stehen kommen.

Dvigerina tenuistriata Rss. var.

Weiters las ich etwa 70 Exemplare aus, welche auf das beste mit der genannten Form aus dem Septarienton von Pietzpuhl übereinstimmen und mit den Figuren bei Brady (l. ce. Fig. 4—7). Ich zweifle nicht, daß eine nähere Verwandtschaft mit schlankeren pygmaea-Formen bestehen dürfte, wie schon Reuss (Jahrb. 1870, pag. 485) gemeint hat. Es ist dies um so wahrscheinlicher, als unter meinen Stückchen viele sind, die geradezu als gerippt bezeichnet werden müssen. Vielleicht ist die an meinen Individuen sehr häufige Verjüngung der letzten Kammer, die etwas vorgezogen erscheint, ein Unterscheidungsmerkmal, welches zur Aufstellung wenigstens einer neuen Varietät drängen könnte.

Aber auch gegen Dvigerina asperula CZ. (1847, Haid. Abh., II., Taf. XIII, Fig. 14 und 15) bestehen zweifellos Übergänge und ebenso zu Uvigerina semiornata d’Orb. und Uvigerina brunnensis Karr. (Wasserl.- Werk, Taf. XVIb, Fig. 49). Bradys Abbildung dieser Form (l. c. LXX, Fig. 4 und 5) scheint mir etwas anderes darzustellen, etwa eine der Varietäten der Uv. tenuistriata Rss. Vielleicht komme ich dazu, das reiche Material der pygmaea-Formen der Neudörfler Schlämmungen einmal noch .näher zu analysieren.

Üvigerina canariensis (d’Orb.) Brady (= ÜUv. urnula d’Orb.). Ein fast glattes Individuum.

Schon 1899 habe ich eine in denselben Formenkreis gehörige Form "mit eigenartiger Kammerung (l. c. pag. 12, Fig. 3) hervorgehoben als Uvigerina neudorfensis (Taf. XXXIX, Fig. 11). Diese Form liegt mir nun in drei Exemplaren vor.

Bulimina pyrula d’Orb. Acht Exemplare. Mit winzigen Spitzchen unten, also an Dulimina pyrula spinescens Brady erinnernd. Aber auch typische Stückchen, wie sie d’Orbigny zeichnet (l. ce. Taf. XI, Fig. 9 und 10) fanden sich vor.

Virgulina Schreibersiana 02. liegt mir in vier Exemplaren vor.

Bolivina dilatata Rss. (vier Exemplare). Lanzettlicher Umriß etwas variabel, die Zahl der Kammern zum Teil größer als es Reuss (Denkschr., I, Taf. XVII, Fig. 15) angibt. Eines der Stücke. sehr zugespitzt, schlanker als es Reuss zeichnet. Bradys Abbildung (Chall., LII, Fig. 21) recht ähnlich, aber nach oben stärker verbreitert.

Globigerina bulloides d’Orb. 68 Exemplare !). Typische Stückchen neben solchen der Varietäten: triloba Rss. und quadrilobata d’Orb.

1) Die Zahlen sind bei fortgesetzter Auslese fast durchwegs größer geworden.

[5] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 639

Sphaeroidina bulloides (d’Orb.) Brady = Sphaeroidina austriaca d’Orb. (sechs Exemplare).

Discorbina aff. orbicularis (Terg.) Brady. Vielleicht eine neue Form. (Taf. XXXIX, Fig. 15.)

Nur vier Exemplare liegen mir vor. Die Oberseite ist kuppel- förmig aufgewölbt und läßt eine große Anzahl gedrängt stehender Zellumgänge mit sehr schräg verlaufenden Zellgrenzen erkennen (bei etwa 60 maliger Vergrößerung). Am ähnliehsten scheint mir Discorbin« orbieularis (Terquem) Brady (Chall., pag. 647, Taf. LXXX VIII, Fig. 4—8) zu sein, deren Wölbung flacher, aber sehr variabel zu sein scheint. Von den Formen des Wiener Beckens wäre Asterigerina planorbis d’Orb. (l. c. Taf. XI, Fig. 1) zu vergleichen, deren Unterseite ähnlich ist. Die Ränder sind sehr scharf, die Unterseite ist flach gewölbt und läßt fünf Kammern erkennen, mit einem schmalen, aber deutlichen Randsaume, mit seichten Einbuchtungen, wo die Kammern mit ihren flachbogigen Rändern aneinander stoßen. Bei starker Vergrößerung zarte Punktierung und feine radiale Linien zeigend, welche der Zeichner etwas zu schematisiert darstellte; sie tritt im mittleren Teile besonders deutlich hervor.

Truncatulina (Rotalina) Ungerana d’Orb. sp. (drei Exemplare).

Truncatulina (Rotalina) Dutemplei d’Orb. sp. (sechs Exemplare)

Die Figur bei d’Orbigny (Vienne, Taf. VII, Fig. 19—21, stimmt nicht, wohl aber die von Brady gegebene (Chall., Taf. XCV) Fig. 5). Zwei Umkreise und ein mittleres Knöpfchen.

Truncatulina (Rotalina) cf. Kahlembergensis d’Orb. sp.

Nur ein Kammerumkreis und mittleres Knöpfchen. Unterseite genabelt.

Truncatulina lobatula (Walk. u. Jac.) Brady (vier kleine Exem- plare und ein größeres).

Truncatulina (Botalina) Aknerana d’Orb. Zwei gute Stückchen mit aufgeblähter letzter Kammer.

Polystomella crispa d’Orb.

Die Abbildungen bei d’Orbigny (Vienne, Taf. VI, Fig. 9—14) stimmen, was die Beschaffenheit der hochaufgewölbten Mitte anbelangt, besser als jene bei Brady (Chall., Taf. CX, Fig. 6 und 7), dort treten wie bei den mir vorliegenden Stücken viele Grübchen auf, während Brady nur sehr wenige und sehr grobe zeichnet. Ein sehr kleines Individuum besitzt eine scharfe Externseite. (Sieben Exemplare.)

Polystomella macella (Ficht. u. Moll) Brady.

Eine flache, in der Mitte vertiefte Form. Eines ‚der Stückchen recht ähnlich der Polyst. Fichtelana d’Orb. (Vienne, Taf. VI, Fig. 7), die übrigen aber den von Brady gegebenen Abbildungen (Chall., Taf. CX, Fig. 8, 9 und 11) entsprechend, mit dichter stehenden Kammerreihen. Brady nennt diese Form eine zusammengedrückte Varietät von Polystomella crispa d’Orb. Die mir vorliegenden Stückchen in der Größe sehr variabel: von 0'2—0-8 mm Durchmesser. (Acht Exemplare.) P. Fichtelana von Brady unter den Synonymen angeführt.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (F. Toula.) 82

640 Franz Toula. [6]

Polystomella aculeata d’Orb.

Ein kleines Individuum mit feinen Spitzen in der Medianebene. Brady (Chall., Taf. CX, Fig. 10) bildet diese Form als Jugendform von Polystomella macella F'icht. u. Moll ab.

Nonionina umbilicatule (Montf.) Brady.

Eine der häufigeren Formen. Bradys Zeichnungen (Chall., Taf. CIX, Fig. 8 und 9) ebenso wie d’Orbignys (Vienne, Taf. V, Fig. 15 und 16) weisen gröbere Poren auf, während ich meist nur sehr feine Poren wahrnehme. (25 Exemplare.)

Pullenia sphaeroides d’Orb. spec. (= Nonionina bulloides d’Orb.). Nur ein winziges Exemplar.

Brissopsis cf. ottnangensis R. Hörnes (Taf. XXXIX, Fig. 19 u. 20).

Zwei Stachelwarzen, die ich nicht sicher zu bestimmen wage. Die fast kugeligen Warzen mit zentralen Grübchen sind am Grunde mit einem Kranze von winzigen rundlichen Körnchen versehen. Sie sehen etwas anders aus als die Stachelwarzen, wie sie R. Hoernes (Jahrb., 1875, Schlier von Ottnang) Taf. XV, Fig. 2b, gezeichnet hat, auch im Text erwähnt er den Körnchenkranz bei Brissopsis ottnan- gensis nicht. Freilich ist seine Abbildung nur 3mal vergrößert, während ich mit 30 maliger Vergrößerung arbeitete. Borstenstacheln mit gitteriger Oberfläche finden sich in Menge, sie sind etwas gröber als jene von Ottnang und die Köpfchen ragen weniger vor.

Von Bryozo&n fand ich nur zwei Stückchen vor. Das eine möchte ich als zu Crisia gehörig und als

Orisia n. f. bezeichnen (Taf. XXXIX, Fig. 21).

Es ist Imm lang und 025 mm breit. An den Seiten treten ab- wechselnd stehend kreisrunde Zellmündungen auf, etwa so wie bei Crisia Edwardsi Rss. (Haid. Abh., II., Taf. VII, Fig. 20). Das Astchen ist beiderseits fein längsgestreift, indem die Zellen höherer Abschnitte sich nach unten fortsetzen. Manzonis Abbildung von Crisia Hoernesi (Denkschr. Wiener Ak., 1878, Taf. 1, Fig. 3) ist der Form nach ähn- lich, doch zeigt die Oberfläche nur feine Querlinien.

Ein zweites, der Länge nach durchbrochenes Bryozo@nästchen möchte ich seiner gedrängt stehenden Zellmündungen wegen zu Hornera stellen. Die Zellen sind verhältnismäßig sehr groß.

Reuss hat eine Hornera seriatopora (l. c. Taf. VI, Fig. 26) abgebildet, welche Manzoni (l. c. Taf. VIII, Fig. 29) als Frlisparsia neu abbildete, eine Form mit zahlreichen Zellmündungen. Eine Über- einstimmung mit meinen Stückchen besteht nicht, weshalb ich das letztere als Hornera sp. bezeichne.

Von Gastropoden liegt wenig vor. Ein winziges Cerithium mag als Cerithium cf. scabrum Olivi bezeichnet werden. Es ist jedoch ge- drungener und nur mit zwei gekörnelten Spirallinien versehen.

Ein zweites Stückchen zeigt drei glatte (Embryonal-) Windungen von fast kreisförmigem Querschnitte, die folgende trägt drei kräftige Spiralreifen, welche auf eine breite, glatte und muldige Spiralfläche folgen. Die Umgänge scheinen Stufen gebildet zu haben. Das Stück- chen ist zu unvollständig, um eine Bestimmung vornehmen zu können.

[7] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 641

z Probe aus Schichte III.

Die Schlämmrückstände grau, sandig, mit vereinzelten Quarz- und Lignitbrocken und vielen Bruchstücken und Zerreibsel von Bivalven. Braust lebhaft mit Säure und bleibt sehr feiner Sand zurück. Der Gehalt an bestimmbaren Fossilien verhältnismäßig gering.

Quinqueloculina sp. (cf. 9. pulchella [d’Orb.] Brady).

Ein großes. leider etwas beschädigtes Stück, 2 mm lang, mit Längskanten und Längsstreifen auf der einen Seite der Kammer. Bradys Miliolina (Quinqueloculina) pulchella d’Orb. sp. (Chall., Taf. VI, Fig. 14) hat eine ähnliche Skulptur und ist ebenfalls eine große Form.

Nodosaria (Dentalina) cf. soluta (Reuss?) Brady.

Nur fünf fast kugelig aufgeblähte, glatte und porzellanartige Zellen (12 mın lang). Die Reusssche Form (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., 1851, Taf. III, Fig. 4) zeigt die Zellen voneinander wenigstens zum Teil durch Furchen getrennt.

Neugeboren (Denkschr. d. Wiener Ak., XII, pag. 85, Taf. III, Fig. 7) hat eine Dentalina Reussi aufgestellt, die der genannten Form sehr ähnlich zu sein scheint, aber offenbar zweierlei Formen umfaßt, von welchen Brady eine (Fig. 17) wohl mit Recht zu seiner Nodo- saria consobrina d’Orb. gestellt hat.

Oristellaria af. simplex d’Orb. sp. Mit nur sieben Kammern und erhabener Mitte der Scheibe. Fünf Exemplare. Brady stellt diese Form zu Cr. rotulata Lam., zeichnet aber (Chall., Taf. LXIX, Fig. 13) 14 Kammern.

Oristellaria cultrata (Montf.) d’Orb. sp. Ein Exemplar.

Oristellaria spec. Vier beschädigte Exemplare.

Tesxtularia carinata d’Orb. Sechs Exemplare. Ein Stück darunter, mit seitlichen Zacken, erinnert an T. lacera Iss. aus dem Septarien- ton. Von Brady als Synonym bezeichnet, ebenso wie die T. attenwata Rss. (man vergleiche Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., 1851, Taf. VI, Fig. 52—54).

Uvigerina pygmaea d’Orb. (und semiornata d’Orb.). Elf Exemplare. von typischer gedrungener Form. Auch fast glatte Varietäten.

Uvigerina sp. (Mündungen fehlen.) Zehn Exemplare.

Uvigerina tenuistriata Rss. 13 Exemplare.

Uvigerina neudorfensis Toula. Zwei Exemplare.

Uvigerina urnula d’Orb. zu Uv. pygmaea, nur die ersten Zellen mit Rippchen. Ein Exemplar.

Uvigerina asperula (03. Nur ein Exemplar, sehr klein.

Uvigerina (?) sp. Stark beschädigt, mit einem spiraligen Knäuel von vielen Anfangszellen (vielleicht neue Form). Ein Exemplar. (Taf. XXXIX, Fig. 12.)

Bolivina dilatata« Rss. Nur ein schlankes Exemplar.

Globigerina bulloödes d’Orb. Sechs Exemplare.

Discorbina cf. planorbis d’Orb. sp. Nur ein Exemplar.

Discorbina sp. ind. Zwei Exemplare.

82*

642 Franz Toula. [8]

Discorbina orbicularis (Terg.) Brady (Chall., Taf. LXXXVI, Fig. 4—8).

Truncatulina cf. lobatula (Walk. u. Jac.) Brady.

Die Oberseite leicht vertieft. Die Innenwindung weniger deutlich als bei Bradys Abbildung (Chall., Taf. XCIII, Fig. 1a). Nur ein Exemplar.

Anomalina variolata d’Orb. (= Trunc. lobatula Brady). Mit leicht vertiefter Oberseite und sechs Kammern im Umkreise.

Truncatulina cf. Dutemplei d’Orb. sp. Ein etwas beschädigtes Exemplar.

Truncatulina Ungerana d’Orb. sp. Nur ein Exemplar.

Spirillina cf. punctata Rss. sp. (Taf. XXXIX, Fig. 14).

Ein kreisrundes, in der Mitte vertieftes Scheibchen mit vielleicht sieben Umgängen, welche dicht bedeckt sind mit zarten winzigen Höckerchen. Es ist keine Punktierung, wie Reuss (Denkschr., I, Taf. XLVI, Fig. 21) bei dem als Operculina punctata bezeichneten Stück von Grinzing sagt, sondern eine echte Pustelierung, wie sie etwa Bradys Spirillina tuberculata (Chall., Taf. LXXXV, Fig. 14) zeigt. Form und Umgänge stimmen ganz mit jenen der Reussschen Art überein. Nur ein Exemplar liegt mir vor, etwa 0'3 mm im Durchmesser.

Truncatulina cf. Ungerana d’Orb. sp. Zwei Exemplare. Öhne Nabel auf der Unterseite. Vielleicht eine neue Form.

Pulvinulina (Rotalina) Haueri d’Orb. sp. Nur ein Exemplar. Die d’Orbignysche Abbildung (Vienne, Taf. VII, Fig. 22—24) stimmt besser als jene bei Brady (Chall., Taf. CVI, Fig. 6 und 7).

Polystomella macella Ficht. u. Moll. Nur ein hübsches Exemplar.

Eine sehr flache Form mit vertiefter Mitte (Brady, Chall., Taf. CX, Fig. 8).

Polystomella Fichtelana d’Orb. (Vienne, Taf. VI, Fig. 7 und 8). Von Brady als Synonym bezeichnet, hat einen scharf schneidigen Kiel, was d’Orbigny als Unterschied anführt. Mein Stückchen zeigt dies nicht.

Nonionina bulloides d’Orb. (= Pullenia sphaeroides [@’Orb. sp.] Brady).

Nonionina umbilicatula (Montf. sp.) Brady. Vier Exemplare.

Ein Seeigelwärzchen. Vielleicht Brissopsis ottnangensis R. H.

Wärzchen mit Grube und von sieben kleinen Knötchen umgeben (Taf. XXXIX, Fig. 20).

Borstenstacheln, vielleicht von Brissopsis ottnangensis. Wo Köpfchen vorhanden sind, diese wenig vorragend. In großer Anzahl vorhanden.

Muschelbruchstücke recht häufig. Cardium dürfte darunter sein.

Nur ein Bruchstück einer glatten Sehale aus der Wirbelgegend, mit Andeutungen des Schlosses, mit einem schwachen und einem sehr kräftigen Zahne neben einer rundlichen Zahngrube. Ich wage keine Bestimmung, werde jedoch an Ervikia pusilla Phil. erinnert.

[9 Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 643

Eine winzige Modiola (07T mm der Quere nach). Vielleicht Modiola cf. Hörnesi (Reuss) Hörn. (Taf. XXXIX, Fig. 22). Mit kräftigem vor- gezogenem Wirbel und scharf ausgeprägten Anwachslinien, aber ohne Streifen. Die Umrisse stimmen gut. M. Hoernes gibt eine Modiola sericea Br. von „Neudorf an der March“ als sehr selten an, welche im Habitus ganz verschieden ist. Die Reussschen Abbildungen (Wieliczka, Taf. VI, Fig. 2—4) stimmen mit der von M. Hoernes gegebenen (Wien, Bd. II, Taf. XLV, Fig. 2) nicht überein. Es wird wohl ein neuer Name aufzustellen sein, etwa Modiolu neudorfensis n. f.

Gastropoden sind selten, doch findet sich ein überaus schlankes Schälchen, das wohl als eine Turbonilla sp. angesprochen werden darf; es sind aber nur die drei letzten Umgänge erhalten, welche 22 mm lang sind und zarte Querrippchen und eine zahnlose Mündung erkennen lassen. Ein zweites, viel kleineres Schälchen zeigt auf etwa 05 mm Länge viele quergerippte, sehr niedrige und zwei glatte Embryonal- windungen. Ich bezeichne diese winzige Form, die leider beschädigt wurde, als

Turbonilla (?) neudorfensis n. f. (Taf. XXXIX, Fig. 23). Sie dürfte sich an T. pygmaea Grat. anschließen (M. Hoernes, II, Taf. XLIII, Fig. 32), unten ist die Mündung ausgußartig vorgezogen, der erste Umgang ist glatt und abgerundet.

Von Otolithen liegen neun Stückchen vor, darunter zwei Kreis- runde. Fischknöchelchen (Gräten u. dgl.) sind nicht selten.

Herr Dr. R. J. Schubert war so freundlich, die verschiedenen Formen zu bestimmen:

Serranus cf. Noetlingi Kok. juv.? Box insignis Proh.

Gobius af. intimus Proh. Scopelus austriacus Kok.

Scopelus pulcher Proh.

Scopelus sp. (nov. oder juv.).

Probe aus Schichte IV.

Die Schlämmrückstände bestehen vorwaltend aus Foraminiferen- schälchen, Muschel- und Lignitbröckchen und spärlichen Quarzsand- körnern. Aus einem Teile der Rückstände habe ich die im nachfolgenden verzeichneten Formen herausgelesen.

Spiroloculina tenws CZ. sp. Drei Exemplare, etwas sandig.

Spiroloculina cf. nitida d’Orb. sp. Nur zwei am Rande beschädigte Individuen, von fast kreisförmigem Umrisse. Durchmesser 2 und I'd mm.

Quinqgueloculina Aknerana d’Orb. (= Miliolina semilunum [Linn sp.] Brady). 30 Exemplare.

Nodosaria (Dentalina) soluta Rss. Vier Exemplare.

Nodosaria (Dentalina) consobrina d’Orb. var. emarciata Rss. Elf Exemplare (Taf. XXXIX, Fig. 2).

Nodosaria (Dentalina) sp. Drei Exemplare.

644 Franz Toula. [10]

Oristellaria (Marginulina) cf.tenuis(Bornem.) Brady. (Taf. XXXIRX, Fig. 6). Zwei Exemplare (vielleicht neue Form: Marginulina neu- dorfensis n. f.). Seitlich etwas zusammengedrückt. Die ersten Kammern förmlich eingeroilt, die weiteren stabartig gestreckt mit zuerst schrägen, dann queren Grenzfurchen. Man vergleiche Brady (Chall., Taf. LXVI Fig. 21—23), mit mittelständiger Mündung, während sie bei meinen Stücken seitlich, förmlich randständig auftritt, etwa wie bei Vaginulina legumen Lin. (Chall., ebend., Fig. 13—15), wo aber die ersten Kammern ganz anders angeordnet sind. Länge 2 mm.

Oristellaria cf. echinata d’Orb. (Taf. XXXIX, Fig. 7). Zwei ziemlich große Stückchen, mit warzigen, zerstreut stehenden Höcker- chen. Zwei weitere Stückchen sind fast glatt, aber mit Andeutungen von Knötchen an den geschwungenen Radialrippen; ohne ausgesprochene zentrale Scheibe, nur eine Verdickung, wo die Rippen zusammentreffen.

Cristellaria cf. cultrata Montf. spec. Zwei Exemplare mit scharfem Kielsaum. Minder gut erhalten (Chall., Taf. LXX, Fig. 7 und 8).

Oristellaria aff. echinata (d’Orb.) C2. (Vielleicht eine neue Form.) (Taf. RIRIS Rie., 7),

Nur ein Exemplar, das ich nur mit C2jzeks Abbildung (Haid. Abh., II, Taf. XII, Fig. 23 und 24) in Vergleich bringen kann. Leider sind die Zacken der Crista beschädigt. Nur die ersten drei Ab- teilungen des Umkreises sind mit den konzentrischen Streifen ver- sehen, die drei letzten besitzen zerstreut stehende Höckerchen.

Oristellaria simplex d’Orb. Mit schmaler Crista. Drei Exemplare.

Oristellaria spec. Mehrere, mehr weniger beschädigte Formen.

Polymorphina austriaca d’Orb. sp. (= P. problema [d’Orb.] Brady). Vier Exemplare. Breite Form.

Textularia carinata d’Orb. Ein paar tausend Exemplare.

In großer Variabilität, was die Umrisse anbelangt, gedrungene und schlanke Formen, der Saum selten fast vollständig, zumeist be- schädigt und zum Teil in feine Spitzen aufgelöst. Die Normalform mit vorgewölbten Kammern d’Orbignys ist seltener (Vienne, Taf. XIV, Fig. 32—34). Auch die Formen, wie sie der Bradyschen Dar- stellung (Chall., Taf. XLII, Fig. 15 und 16) entsprechen, finden sich darunter, wo die Kammern gegen die Umrandungen zurücktreten und wie geöffnet aussehen.

Olavulina communis d’Orb. 30 Exemplare.

Dvigerina neudorfensis Toula. Ein Exemplar.

en Orb. Viele hunderte von Exemplaren.

Dıgering. pugmard.d FR |Tyüch pygmaea s. h., typische te- nuistriata Rss. 8, h.

Uvigerina aperula CZ. weniger häufig.

Seltener sind Formen mit Andeutungen von Dörnchen, wie es Brady bei seiner

Üvigerina brunnensis (Karrer) zeichnet. Karrer spricht nur von einer „etwas wie granulierten, nicht glatten“ Oberfläche.

Uvigerina tenuistriata Rss.

[11] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 645

Alle diese kleinen Formen scheinen eine Art von Polymorphismus der Uv. pygmaea vorzustellen, was wieder zu einem speziellen Studium dieser Formengruppe drängen könnte.

Bulimina (Ceratobulimina) contraria Rss. sp. Vier Exemplare.

Bulimina inflata (Sequenza) Brady. Drei Exemplare (verwandt mit B. Buchana d’Orb.).

Bulimina ovata d’Orb. Nur ein Exemplar.

Virgulina Schreibersi O2. 16 Exemplare.

Globigerina bulloides d’Orb. var. triloba Rss. Fünf Exemplare.

Sphaeroidina bulloides (d’Orb.) Brady. 118 Exemplare.

Truncatulinen in Hunderten von Exemplaren. Am häufigsten ist

Truncatulina Dutemplei d’Orb. sp. 56 Exemplare wurden aus- gelesen.

Bradys Abbildung (Taf. XCV) stimmt mit jener d’Orbignys (Taf. VIII, Fig. 19—21) gewiß nicht überein. Dagegen erinnert sie in der Oberansicht etwas an meine Tr. Neudorfensis, ist jedoch sonst eine viel stärker rundlich aufgeblähte Form.

Truncatulina lobatula d’Orb. sp. Nur ein beschädigtes Exemplar.

Truncatulina Neudorfensis n. f. Sieben Exemplare.

Pulvinulina cf. elegans d’Orb. sp.

Nur zwei ziemlich beschädigte Stücke liegen mir vor (lmm Durch- messer). Die Oberseite hoch aufgewölbt, die Umgänge nur angedeutet. Die Unterseite sehr flach gewölbt.

Ein drittes Stück kann ich mit Bestimmtheit als Pulv. elegans (@’Orb.) Brady bezeichnen. Es stimmt bestens mit dessen Figuren (Chall., Taf. CV, Fig. 5a—c). Durchmesser 1'4 mm.

Polystomella crispa Lin. Nur ein gutes Exemplar.

Nonionina umbilicatula (Montf.) Brady (= N. Soldaniü d’Orb.). Vier Exemplare.

Nonionina Bouedana (d’Orb.) Brady. Nur zehn Kammern. Vier Exemplare.

Echinidenwarze, durchbohrt mit Knötchen im Umkreise. Ein Exemplar. (Brissopsis ?)

Borstenstacheln wie jene von Brissopsis ottnangensis R. Hoern. liegen in vielen Hunderten von Stückchen vor, einige mit Köpfchen. (Taf. XXXIX, Fig, 19.)

Außerdem nur noch eine nicht näher bestimmbare kleine

Natica in einem Exemplare und eine kleine Schnecke (Taf. XXXIX, Fig. 24), welche an gewisse Paludinen erinnern könnte. Eine sichere Bestimmung wage ich nicht vorzunehmen. Sie ist 2:35 mm hoch und 1’4mm dick, dünnschalig, hat vier bis fünf Umgänge, diese sind etwas aufgewölbt und feinstens quergestreift. Die Mündung nach oben scharf, nicht gerundet; von einer Spindellamelle ist nichts zu sehen.

Zwei gebogene, sich verjüngende Röhrchen, dünnschalig und bläulich gefärbt, erinnern an Dentalium entalis Linn. Eine sichere Bestimmung wage ich nicht vorzunehmen, ebensowenig bei zwei zylindrischen Röhrchen, bei denen man an Serpula denken könnte.

646 A Franz Toula. [12]

Von Otolithen fand ich 13 Exemplare.

Herr Dr. R. J. Schubert bestimmte:

Hymenocephalus labiatus Schub.

Xenodermichthys catulus Schub. (Aus den Pausramer Mergeln, auch von Walbersdorf bekannt.)

Scopelus Kokeni Proh. (Nur ein Fragment.)

Scopelus aff. splendidus Proh.

Scopelus austriacus Kok.

Scopelus af. pulcher Proh.

Scopelus sp. (nov. od. juv.).

Probe aus Schichte V.

Spiroloeulina cf. asperula Karr.

Dem Umrisse nach gleichen meine Stückchen, die bis 09 mm Länge erreichen, recht sehr der Spiroloculina asperula Karrer von Kostej (1868, Taf. I, Fig. 10), während man jedoch bei dieser viel kleineren Form sechs Zellen erkennen kann, ist die Oberfläche meiner Stückchen so dicht sandig, daß man nur die stärker aufgewölbte innerste Kammer noch erkennen kann. Zweifellos ist es eine der Karrerschen Art mindestens sehr nahestehende agglutinierende Form. Die Quinqueloculina foeda Rss. (1849, Taf. L, Fig. 5 und’ 6), mit nur einer und zwei Innenkammern, würde nach dieser Kammerung ähnlich sein, doch ist die Umrißform ohne die scharf vorragenden beiden Enden. Bei Brady finde ich diese Reusssche Form übrigens nicht erwähnt,

Biloeulina.

Biloculinen liegen mir nur sieben Exemplare vor, von denen nur drei besser erhalten sind, ein größeres und zwei kleine Stückchen. Alle Stückchen dürften in die Formengruppe der Biloculina depressa (d’Orb.) Brady gehören. Das größte Stück, 1'3 mm im Durchmesser, ist nur um weniges länger als breit. Die Mundöffnung ist ähnlich jener von Biloculina ringens (Lam.) Brady (Chall., pag. 142, Taf. II, Fig. 7 und 8) = B.turgida Rss. (Deutsch. Geol. Ges. IIJ., Taf. VII, Fig. 55); besitzt jedoch unten eine Art Schleppe, mit zwei gerundeten Endigungen, ähnlich etwa, wie es R. M. Bagg (Pliocäne und pleistocäne Fora- miniferen, 1912, Taf. IL, Fig. 1 und 2) von Biloculina depressa var, murrhina Schwager von St. Pedro im südkalifornischen Pliocän zeichnete. Beide Enden, Mund und Schleppe, sind von der Vorder- seite gut sichtbar. Die Mundöffnung hat einen kräftigen Zahn mit gerundeten Vorsprüngen auf beiden Seiten. Erwähnt sei, daß Baggs Fossil mit der gleichnamigen Form bei Brady nicht übereinstimmt.

Biloculina depressa-lunula d’Orb. Stimmt mit der Biloculina lunula d’Orb. (Vienne, Taf. XV, Fig. 22—24) gut überein. Drei besser er- haltene Exemplare und zwei Hälften.

Triloculina tricarinata (d’Orb.?) Brady. Ich erhielt drei Indivi- duen, von welchen zwei etwas beschädigt sind. Länge 2°6, Breite 2 mm. Bradys Abbildung (Chall., pag. 165, Taf. III, Fig. 17) stimmt recht gut, ist aber etwas länger und nach unten ausgezogen, was bei meinen

[13] | Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 647

Stücken nicht der Fall ist. Brady führt als synonym die Triloculina gibba d’Orb. an (Vienne, 1846, Taf. XVI, Fig. 22—24), eine Zusammen- ziehung, welche gewiß viel zu weit geht. Es ist merkwürdig, daß die Abbildungen dieser als ansehnlich groß zu bezeichnenden Art so weit auseinandergehen. Reuss führt sie aus Wieliezka an (1867, Taf. II, Fig. 4), die Abbildungen 4a und 6 sind aber ganz absonderlich.

Quinqueloculina (Miliolina) seminulum Linn. sp. = Q. Aknerana d’Orb.

Quinqueloculina Aknerana d’Orb. mit gerundet gewölbter dritter Kammer ist eine häufigere Art in Neudörfl (bei 100 Exemplare), die durch die kantige dritte Kammer sich von Quinqueloculina triangularis d’Orb. unterscheidet. Die größten Individuen erreichen etwa 1 mm. Brady (Chall., pag. 157) hat beide und mehrere ähnliche Formen als Miliolina seminulum Linn. sp. zusammengefaßt, was wohl die Be- stimmung sehr erleichtert, aber die Festhaltung der verschiedenen Formen erschwert.

Nodosaria (Dentalina) soluta Rss.

Sieben Stückchen liegen mir vor. Die letzte Kammer mit lang vorgezogener spitzer Mündung, die Kammern stark aufgewölbt, glatt und glänzend, glasig durchscheinend. Fünf Kammern, etwa 1'1 mm lang. Die von Brady (Chall., Taf. LXII, Fig. 13) abgebildete Form scheint mir am besten übereinzustimmen. Auch vereinzelte viel größere Kammern haben das Aussehen der soluta. Bagg hat (Bull. 513, 1912, Taf. XVI, Fig. 7) sehr schön übereinstimmende Stücke aus dem kalifornischen Miocän abgebildet.

Nodosaria (Dentalina) cf. soluta Rss.

Nur wenige Kammern liegen vor, und zwar die letzten mit der Mündung, oder diese mit der vorhergehenden Kammer. Es ist die stark eingeschnürte Form (Reuss, Septarienton, 1865, Taf. II, Fig. 6). Auch von der gedrungenen Form (Reuss, 1. c. Fig. 8) liegen zwei Kammern vor.

Nodosäria (Dentalina pauperata d’Orb. Nur eine letzte Zelle und zwei miteinander verbundene. Dickschalig, glatt und wenig eingeschnürt. Vielleicht von einem und demselben Individuum. Auch zwei viel kleinere Individuen, eines mit fünf Kammern (l1mm lang), stelle ich hierher.

Nodosaria (Dentalina) cf. scabra Ess. (vielleicht n. f.) (Taf. XXXIX, Fig. 5).

Eine sehr zierliche Form, welche durch die kugeligen Kammern an Dentalina Adolphina d’Orb. (}. c. Taf. II, Fig. 18) ünd an Denta- lina scabra Rss. (1849, Taf. XLVI, Fig. 7) denken ließe. An die erstere Form erinnern vereinzelte Höckerchen an der Unterseite, an die zweite die feinen Rauhigkeiten der Oberfläche. Aber auch die Nodosaria hispida (d’Orb.) Brady (Chall., Taf. LXIII, Fig. 19) kommt in Vergleich. Mein hübsches Stückchen mit neun Kammern ist aber kaum 0'8 mm lang, also, mit den übrigen verglichen, geradezu winzig. Die beiden erstgenannten Formen finden sich bei Brady nicht.

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64, Band, 4. Heft. (F. Toula.) 83

648 Franz Toula. [14]

Nodosuria (Dentalina) cf. obligua (Linne) Brady. Nur ein Bruch- stück mit drei Kammern. Diese nur wenig aufgewölbt, mit kräftigen Längsrippchen, länger als bei den von Brady (Chall., Taf. LXIV, Fig. 20—22) abgebildeten Individuen. Dentalina bifurcata d’Orb. (1. e. Taf. II, Fig. 38) hat viel stärker aufgewölbte Kammern. Nodosaria conspurcata Rss. (1865, Taf. I, Fig. 19) aus dem Septarienton könnte in Vergleich kommen, hat aber viel kürzere Kammern. (Brady stellt die letztere Form [l. ec. pag. 507] zu Nodosaria hispida.) Am ähn- lichsten ist vielleicht die Dentalina crebricosta Neug. (1856, Taf. IV, Fig. 12 und 15) von Lapugy.

Oristellaria gibba (d’Orb.) Brady.

Eine fast glatt erscheinende, fein punktierte Form mit sehr undeutlichen Begrenzungen der wenigen (7) Kammern und schmalem Kielsaume; etwas flacher als Or. gibba der Bradyschen Abbildung. (Chall., Taf. LXIX, Fig. 8, 9.) Mir liegen nur fünf Individuen vor.

Cristellaria aff. torosa Rss. sp. und Or. regina Karr. sp.

Mir liegt nur ein Schälchen vor, welches ich in seiner Skulptur nur mit der Robulina regina vergleichen kann, welche Karrer aus dem tertiären Grünsand der Orakeibay bei Auckland (Novara-Werk I., Bd. 2, Taf. XVI, Fig. 6) besprochen hat, eine 3mm große Form, die sich bei Brady nicht findet. Mein Stückchen mißt dagegen nur 05mm im Durchmesser. Die sieben Kammern sind sehr schräg ge- stellt und durch bogige Rippen, etwa sechs an der Zahl, verziert. Man könnte auch an Or. mammiliga Karr. (ebend. Fig. 5, Brady l. c. Taf. LXX, Fig. 17) erinnert werden, doch fehlen die Knötchen auf den Rippen und diese sind viel stärker gekrümmt. Der Kielsaum ist schmal. Die Reusssche Robulina torosa aus dem Oberoligocän ist der Kleinheit nach sehr ähnlich und mit den stark nach rückwärts gekrümmten Rippen versehen.

Oristellaria aff. nitida (d’Orb.) Brady.

Eine kleine Form mit sechs aufgeblähten Kammern, so daß man an Öristellaria nitida (d’Orb.) Drady (Chall., Taf. LXX, Fig. 2) er- innert wird. Mir liegt nur ein Exemplar vor, dessen Kielsaum be- schädigt ist.

Glandutina laevigata (d’Orb.) Brady.

Es liegen mir mehrere Stückchen der gedrungenen Form (Brady, Chall., Taf. LXI, Fig. 22) vor. Das Spitzchen ist kurz, etwa wie bei Gl. globulus Rss. (1863, Taf. VIII, Fig. 94, 95), was besonders bei einem kleinen, kugeligen Individuum zutrifft.

Glandulina (laevigata d’Orb.) elliptica Rss.

Ein schönes, rein eirundes Exemplar mit nur drei Kammern, also der Form bei Brady (Chall., Taf. LXI, Fig. 20) am ähnlichsten, nur viel bauchiger.

Bradys Abbildung, ein am unteren Ende scharf spitziges Indi- viduum, zeigt nur eine Kammer weniger. Die Beschreibung bei Reuss (Septarienton, Jahrb. 1863, pag. 47, Taf. IV, Fig. 29, 30) stimmt auf das beste. Meine Stückchen sind unten mit einem kurzen Spitzchen versehen.

15] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 649

Glandulina globulus Rss.

Die kugelige, kleine Form mit kurzen Spitzchen liegt neben einer sonst ganz ähnlichen, mit sehr niederer erster Kammer, aber ohne Spitzchen vor, welche ich als

Glandulina rotundata Rss. (von Grinzing, Denkschr. I., pag. 355, Taf. XLVI, Fig. 2) bezeichnen möchte. Brady bildet (Chall., Taf. LXT, Fig. 17—19) elliptische Schälchen ab mit vollkommen gerundetem (nicht zugespitztem) unterem Ende, die einigermaßen an die Reusssche @l. elliptica erinnern könnten, aber der von Reuss gegebenen Be- schreibung seiner @/. rotundata sonst nicht entsprechen. 6 Exemplare.

Von Gl. laevigata unterscheiden sich beide Formen durch die niederen Anfangskammern. Drei nahe verwandte Formen.

Polymorphina (Guttulina) austriaca d’Orb.—Brady (Chall., pag. 568) vereinigt diese Form mit Polym. problema d’Orb. In meinem Material mehr als 60 Exemplare. Brady hat unter seinen Challengerformen keine typische P. austriaca abgebildet. Es mag aber immerhin zu- treffend sein, denn die mehr als 50 Exemplare, welche ich bei der ersten Auslese zu FPolymorphina (Gutt.) austriaca stellte, zeigen eine merkliche Variabilität, ohne aber die Form und Anordnung der Zellen zu verlassen. Es sind schlankere und gedrungenere Formen. Die nach unten besonders stark ausladenden weiteren Stücke, ohne die spitze unterste Zelle, scheinen sich in der Tat der Polymorphina problemd d’Orb. zu nähern, ohne jedoch die starke Aufblähung der Zellen zu zeigen. Sie könnten nur als P. (G.) austriaca d’Orb. var. bezeichnet werden. Sieben Exemplare.

Polymorphina (Guttulina) oblonga d’Orb. Die schlanke Form liegt mir nur in drei Exemplaren vor.

Polymorphina (Guftulina) problema d’Orb mit stärker aufge- blähten Zellen fand sich in sechs Exemplaren.

Polymorphina (Globulina) gibba d’Orb. sp. und

Polymorphind (Globulind) irregularis d’Orb. sp.

Nur zwei Exemplare liegen mir von dieser kugeligen Form vor, die vielleicht es ist sehr schwer, sich zu entscheiden mit der Varietät orbicularis Karrer (Kostej, Taf. IV, Fig. 8) zu ver- einigen wären. Ein drittes Stückchen zeigt die Mündung so, wie es d’Orbigny (Vienne, Taf. XIII, Fig. 9, 10) zeichnen ließ. Es sind in dieser Stellung nur zwei fast gleichgroße Kammern sichtbar. Diese Form nannte d’Orb. Globulina irregularis. Die Mündungslage ist so eigenartig, daß mir die Vereinigung dieser Form mit Globulina communis d’Orb. durch Brady (Chall., pag. 568) nicht, glücklich zu sein scheint.

Polymorphina pyrula n. f.

Aus der an Polymorphina gibb« d’Orb. anschließenden Formen- gruppe. d’Orbigny zeichnet diese (Vienne, Taf. XIII, Fig. 13, 14) mit kreisförmigem Querumrisse mit vorgezogener Mündung, Karrer (Kostej, Taf. IV, Fig. 8) aber geradezu kugelig.

83 *

650 Franz Toula. [16]

Reuss hat von Wieliczka eine Polymorphina depauperata nam- haft gemacht (pag. 73, Taf. HI, Fig. 9), welche seitlich stark zu- sammengedrückt erscheint. Mein Stückchen kann ich nur birnförmig nennen. Die Mündung ist vorgezogen, am anderen Ende findet sich ein kleines Höckerchen, auf der einen Seite des Umrisses erscheint eine Verschmälerung, Die Kammergrenzen sind nur schwer zu ver- folgen, scheinen sich der Pol. depauperata anzunähern. Nur ein Stück liegt mir vor, etwa 0'4 mm lang.

Polymorphina sororia Rss.

Auf das beste übereinstimmend mit Bradys Abbildung (Chall., Taf. LXXI, Fig. 15, 16). Eine aus dem Septarienton bekannt ge- wordene Form. (Reuss, Jb. 1870, Schlicht von Pietzpuhl 1870, Taf. XXVL) Nur ein Stückchen liegt mir vor.

Textularia carinata d’Orb. Nur 26 Individuen; breite Formen herrschen vor, doch finden sich auch drei Stückchen, welche als sehr schlank bezeichnet werden müssen (Varietät). Diese nähern sich der Textularia an, welche Reuss (D. Geol. Ges. III, pag. 84, Taf. VI, Fig. 54) als Textularia attenuata bezeichnet hat, von Brady (Chall., pag. 360) aber zu T. carinata gestellt wird.

Tesxtularia (Plecanium) abbreviatum d’Orb. sp.

Nur ein sehr stark mit Sandkörnern verklebtes Exemplar liegt mir vor, das auf das beste mit der d’Orbignyschen Form überein- stimmt, sehr breit und dick gebaut ist und die Mundöffnung geradeso darbietet, wie es d’Orbigny (Vienne, Taf. XV, Fig. 3) zeichnet. Reuss (Wieliczka, pag. 47) führt zwar an, daß diese Mundöffnung sehr variabel sei, so daß auch Plecanium subangulatum d’Orb. spec. mit halbrunder Offnung nach seiner Meinung dazu gehört. Brady (Chall., pag. 365) hält diese Form für der Textularia (Plec.) gramen d’Orb. sehr nahe stehend (Chall,, Taf. XLII, Fig. 9, 10). Dies mag zutreffen. Pl. gramen, subangulatum und abbreviatum mögen eine Reihe bilden, auf jeden Fall ist die letzte Form aber das äußerste Glied dieser Reihe und sollte noch festgehalten werden. Mein Stück ist übrigens kaum halb so groß wie das d’Orbignysche Original. Daß auch Cijzeks Textularia (Plee.) Partschi, wie Reuss meint, „eine Form von Textul. (Plec.) abbreviatum“ sei, möchte ich nicht sagen, die Form des Umrisses und die Aufblähung der Kammern und Rundung der Seiten unterscheiden zu auffällig.

Textularia (Plecanium) gramen d’Orb.

Nur fünf Exemplare liegen mir vor. Die Textularia Partschi CZjZek (Nat. Abh. II, Taf. XIII, Fig. 22—24) ist wohl am ähnlichsten.

Olavulina communis d’Orb. Gehört zu den häufigeren Formen. Mir liegen etwa 90 Exemplare vor, die größere Zahl aber nur in Bruchstücken. Außer den feinsandigen typischen Stückchen finden sich vereinzelt auch grobsandige, welche an die Olavulina parisiensis (d’Orb.) Brady (Chall., Taf. XLVII, Fig. 15) erinnern könnten.

Üvigerina.

Eine der häufigsten Formen im Tegel von Neudörfl. Viele Hunderte von wohlerhaltenen Individuen liegen mir vor. Große und

117 Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 651

kleine, schlanke und gedrungene Formen, solche mit gerippten Kammern und ganz oder fast ganz glatte.

Von den von Brady aufgestellten Arten kommen in Betracht:

Ar er canariensis d’ Orb, (U. urnula d’Orb.) (Chall., Taf. LXXIV, Fig. 1—3).

Dvigerina tenuistriata Rss. (Chall., 1. e. Fig. 4—7).

Üvigerina pygmaea d’Orb. (l. ce. Fig. 11-14).

Außerdem noch Dvigerina cochlearis Karr. und Uvigerina brunnensis Karr. (Abh. IX, Taf. XVIb, Fig. 48 u. 49.)

Üvigerina brunnensis Karrer bei Brady (l.ce. Taf. LXXV, Fig. 4. 5) scheint mir übrigens etwas anderes zu sein.

Uvigerina pygmaea d’Orb. (Taf. XXXIX, Fig. 9.)

Von den Hunderten von Exemplaren dieser zierlichen Formen möchte ich nur die auf fast allen Kammern gerippten und aufge- blähten Formen zu der d’Orbignyschen Art stellen, wenn es nicht gewagt ist, bei solchen variablen Formen Arten festzuhalten.

Eine Form, welche so kräftig gerippt wäre, wie sie Brady (Chall., Taf. LXXIV, Fig. 11—14) zeichnet, liegt mir nicht vor. Die d’Orbignyschen Abbildungen sind vielleicht auch nicht ganz glücklich, aber sie erlauben doch die Unterscheidung meiner zahlreichen Stücke. Danach sollte man nur die auf allen Kammern gerippten Exemplare als Uvig. pygmaea bezeichnen. Brady stand wohl auch vor derselben Schwierigkeit und hat deshalb d’Orbignys semiornata (1. ec. Taf. XI, Fig. 23, 24) zu pygmaea gestellt.

Reuss (Wieliczka 1867, pag. 76) hat bereits betont, daB man die U. semiornata von U. pygmaea kaum scharf trennen könne, da auch bei U. pygmaea-Formen solche vorkommen, deren letzte Kammern rippenlos sind. Williamson bildet (1857, Taf. V, Fig. 138) eine typische U. pygmaea d’Orb. unter den lebenden Formen von Skye und Shetland ab und vereinigt die Uv. bifurcata d’Orb. (Mittel- amerika) damit. Die letzte Kammer ist bei meinen Stücken typischer Figur ungerippt und fein punktiert. Aber auch die vorletzte Kammer ist bei sonst gleichen Eigenschaften manchmal nur unten gerippt, so daß man sie mit der semiornata d’Orb. (l. e., Fig. 23, 24) zusammen- stellen möchte. Bei den von mir für typisch gehaltenen Individuen zeigen die ersten Kammern eine in eine Spitze auslaufende Ver- jüngung, dann schwellen die Kammern rasch an und bedingen die gedrungene, breite Umrißform. Manche Stückchen zeigen vereinzelt besonders stark aufgeblähte Kammern. Neben den gedrungenen Formen finden sich auch schlankere, es wäre aber leicht, beide durch Über- gänge zu verbinden. Diese schlankeren Individuen DEREN offenbar den Übergang zu Uv. tenuistriata Rss.

Die typische, rundliche Form scheint nicht allzuhäufig zu sein. Auch bei diesen rundlich aufgeblähten Formen ist die Stärke der Rippen recht variabel.

Üvigerina pygmaea d’Orb. var.

Ein Individuum gedrungen wie die typische Form, dessen letzte stark aufgeblähte Kammer punktiert ist. Ein anderes Stückchen zeigt zwei punktierte Kammern,

652 Franz Toula. [18]

Eines meiner Stücke zeigt die Kammern der einen Seite so übereinander angeordnet, daB sie eine gestreckte Spirale bilden, so daß man an die ansehnliche Form erinnert werden könnte, welche ich von Neudörfl als Uvigerina neudorfensis schon beschrieben habe. (Preßburg 1900, pag. 12.) Mein Stückchen aus V ist aber klein und mag zu der Reihe Uv. pygmaea—tenuistriata gehören.

Ein Exemplar liegt mir vor, welches sich an die schlanken Formen von DUvigerina pygmaea anschließen dürfte. Die Form ist ähnlicher der Uv. tenuistriata, doch ist die Länge und die Zahl der Kammern viel geringer (sechs in der einen Stellung). Von den ersten Zellen geht ein ziemlich kräftiger Stachel aus, ähnlich wie es Brady (Chall., Taf. LXXIV, Fig. 24) von einer unbenannt gebliebenen Form, die wohl in der Tat an Uv. pygmaea in typischer Form anzu- schließen ist, gezeichnet hat.

Dvigerina pygmaea var. asperula n. f.

Nur ein Stückchen liegt mir vor, welches der von Brady (Taf. LXXIV, Fig. 26) abgebildeten Varietät ähnlich ist, mit Spitz- chen auf den Rippen. Die beiden letzten Zellen sind jedoch glatt und stärker aufgebläht.

Uvigerina canariensis (d’Orb.) Bradw. (Vgl. U. urnula d’Orb.)

Der Typus bei d’Orbigny (l.c. Taf. XI, Fig. 21, 22) ist durch die Rippung der ersten Kammern gut gekennzeichnet. Brady hat diese Form zu d’Orbignys UÜvigerina canariensis gestellt; die typische Form (l. ec. Taf. LXXIV, Fig. 1—3) hat jedoch durchwegs glatte Kammern. Reuss (Wieliczka, pag. 76) stellt nur ganz glatte oder auf den ältesten Kammern gerippte Formen zu Uv. urnula. Dies würde sonach der Uv. canariensis Brady entsprechen, der Uv. urnula mit dieser Form vereinigte.

Uvigerina urnula-asperula 02.

Form und Größe der U. urnula. Auch die letzten Kammern gerippt mit leicht welligem Verlaufe der Rippen, etwa so wie Reuss es (Wieliczka, Taf. IV, Fig. 8) zeichnen ließ, aber noch weniger wellig. Übergänge zu solchen mit geraden Rippen bis zur vorletzten Kammer.

Üvigerina tenuistriata Rss. (Taf. XXXIX, Fig. 10.)

Schlankere Uvigerinen mit zahlreicheren Kammern glaube ich unter diesem Namen zusammenstellen zu sollen. Die Abbildung bei Brady (]. e. Taf. LXXIV, Fig. 6) weist jedoch noch mehr Kammern auf als meine Stücke.

Ein Individuum ist ganz besonders schlank und etwas gewunden. Die ersten Kammern sind gestreift, auf den letzten besonders schlanken Kammern schwächen sich die Rippen ab.

Es wird wohl als var. der Uv. tenuistriata Rss. zu bezeichnen sein.

Ein Individuum von länglicher Gestalt fällt durch stärkere Rippung auf. Die Rippen nach oben und unten in feine Spitzchen ausgehend. Ich bezeichne es als Uvig. tenuistriata Bss. var.

| | k N

[19] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 653

- Uvigerina tenuistriata-pygmaea Rss. (Vielleicht eine neue Form.)

An Dvigerina pggmaea d’Orb. anschließend, nur etwas schlanker und mit ungerippten, feinpunktiert erscheinenden letzten aufgeblähten Zellen. Die Variabilität ist ungemein groß. Die Rippen sind manchmal kräftig wie bei der Uv. pygmaea und semiornata, bald wieder so zart, daB sie fast verschwinden. Von der echten pygmaea unterscheidet die geringere Aufblähung des ganzen Gehäuses, freilich hat William- son (1857, Ray Society, Taf. V, Fig. 138) auch eine schlankere Form abgebildet, aber sie ist gerippt bis zur Mündungsröhre. Die echte U. tenuistriata Rss. ist eine länger gestreckte Form. Die Rippchen sind nach unten stärker und laufen in zarte Spitzchen aus, etwa so wie bei Bradys Fig. 14, von der wieder die letzten ungerippten Zellen unterscheiden. Bei einigen Stückchen erscheinen nur die ersten untersten Kammern gerippt, alle anderen sind glatt.

Dvigerina tenuistriata Rss. uff. asperula O2.

Diese Form scheint sehr selten zu sein. Ein Stückchen ist recht ähnlich der CZjZekschen Form von Baden (Haid. Abh. I., Taf., XIII, Fig. 13, 14), nur sind die feinen Rippchen mit unschein- baren Rauhigkeiten besetzt. Im Vergleich mit der C2jZekschen Form sehr klein. Es ist wohl nur eine Varietät der Uv. tenuistriuta.

Bulimina pyrula d’Orb.

Nur ein recht gutes Exemplar, welches im Umriß mit d’Or- bignys Abbildung (Vienne, Taf. XI, Fig. 9 und 10) übereinstimmt, während die Bradyschen Abbildungen (Chall., Taf. L, Fig. 7—10) etwas anders aussehen. Ein Unterschied von der d’Orbignyschen Form besteht in dem Auftreten einer Spitze am unteren Ende, ähn- lich etwa jener bei Dulimina affinis (d’Orb.) Brady (l. e. Fig. 14) oder B. elegans (d’Orb.) Brady (l. e. Fig. 1).

d’Orbigny zeichnet seine B. pyrula viel stärker aufgebläht. Meine Stücke sind es zum Teil weit weniger, so daß eine gewisse Annäherung an Bul. tenera Rss. (Wieliczka, pag. 78, Taf. IV, Fig. 11 und 12) eintritt.

Bulimina affinis d’Orb.

Nur zwei etwas beschädigte Stückchen stimmen auf das beste mit der von Brady abgebildeten Form (Chall.,, pag. 400, Taf. L, Fig. 14) überein. Bulimina ovulum Rss. aus den Lemberger Kreide- mergeln (Haid. Abh., IV., Taf. IV [III], Fig. 9) ist sicherlich eine sehr nahestehende Form, verjüngt sich jedoch in den letzten Kammern so sehr, daß die Verschiedenheit von Dul. affinis d’Orb., wie sie Brady zeichnet, auffallend genug ist, um die Zusammenfassung, wie sie Brady vornimmt, zu bezweifeln.

Bulimina aculeata (d’Orb.) Brady.

Nur ein kleines Exemplar liegt mir vor, mit vielen spitzen Fort- sätzen an den ersten Kammern. Reuss gibt diese Art als nicht selten im Salzton von Wieliczka an. Die Fig. 8, Taf. LI (Brady, Chall.), ist wohl die ähnlichste Form. Brady gibt sie aus L0UO9— 2700 Faden Tiefe an; sie wird auch von der nordnorwegischen Küste lebend an- gegeben. Meine Stücke sind 0'5—0'8 mm lang,

654 Franz Toula. [20]

Bulimina inflata (Sequenza) Brady (= B. Buchana [d’Orb.] Rss.).

Die von Reuss von Wieliczka abgebildete Form (Wieliczka, pag. 79, Taf. IV, Fig. 10) mit in Spitzen auslaufenden Rippen hat mit meinen besten Stücken größere Ähnlichkeit, als die von d’Or- bigny gegebenen Bilder (l. c. Taf. XI, Fig. 15—18). Auch die Ab- bildung bei Brady (Chall., Taf. LI, Fig. 13) ist wohlgelungen., 91 In- dividuen liegen mir vor, welche in bezug auf Größe, Aufblähung und Verzierung recht variabel sind. So groß wie die Salztonstückchen ist kein einziges. Meist sind sie nur !/; mm lang und kleiner. Die mir vorliegenden Stücke und die Reussschen Formen würden nach Brady als Bulimind inflata Sequenza zu bezeichnen sein. Die Entwicklung der Spitzen ist gleichfalls etwas variabel, doch erreicht sie keines- falls die extreme Ausbildung, wie sie Brady |. c. Fig. 10 und 12 zeichnen ließ. Meine Individuen sind gedrungene Formen.

Bulimina („Rotalina“, Ataxophragmium) contraria (Rss.) Brady. (Neues Geschlecht: Ceratobulimina, wird vorgeschlagen.)

Von dieser merkwürdigen Form, ihre Schale erscheint porzellan- artig, liegen mir aus Schichte V fünf Exemplare vor, welche wohl in der Größe verschieden sind, aber sonst so vollkommen übereinstimmen, daß an der Zusammengehörigkeit nicht zu zweifeln ist. Sie variieren von 0:2—0'5 mm.

Die von Reuss aus dem Septarienton von Hermsdorf (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., 1851, pag. 76, Taf. V, Fig. 37) als Rotalin« contraria abgebildete und beschriebene Art stimmt auf das beste über- ein. Schon Reuss führt an, daß die Mündungslage, als Schlitz senk- recht auf dem Rande der letzten Kammer, dem Verhalten bei Rot«a- lina (z. B. Rot. Brongniarti d’Orb., Vienne, Taf. VIII, Fig. 22—24) widerspricht. Brady hat (Chall., pag. 409, Taf. LIV, Fig. 18), weil Bulimina eine ähnliche Mündungslage aufweist, diese Form als Buli- mina von einigermaßen anormalem Charakter bezeichnet. Er stellt die Abbildung neben Cassidulina (!). Karrers Ataxophragmium simile (Jahrb. 1868, pag. 6, Separatabdr., Taf. I, Fig. 1) von Kostej ist gewiß eine sehr ähnliche Form, doch sind die Kammern etwas anders gestaltet.

Reuss hat Formen mit ähnlicher Mündung, aber von gestreckter Gestalt zuerst (Lemberger Kreide, Haid. Abh., IV., 1851) als Buli- mina betrachtet (D. obesa, Presli und obliguum), die er später (Sitzungs- ber. XLIV, pag. 331) als Afaxophragmium bezeichnete. Das Geschlecht selbst hat er (ebend. pag. 383) aufgestellt, als eine der sandig- kieseligen Gattungen.

Meine Stücke lassen keinen Zweifel übrig, daß die Hermsdorfer Septarientonart damit übereinstimmt oder doch am nächsten steht. Nur die schärferen Abgrenzungen der Kammern könnten unterscheiden, was wieder mit Bradys Zeichnung besser stimmen würde. Von der Form von Kostej unterscheidet die geringere Anzahl der gedrungeneren Kammern. Ich folge der Zusammenfassung durch Brady, wenngleich ich von der Zugehörigkeit zu Dulimina nicht überzeugt bin. Vielleicht führen mich weitere Exemplare zur Aufstellung eines neuen Geschlechtes, In der Tat habe ich diese Art auch in den anderen Schichten wieder

[21] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 655

aufgefunden, und zwar in vollkommenster Übereinstimmung und mit Ausnahme der Größenverschiedenheiten immer von gleicher Gestaltung. Dies bestärkte mich in meiner Meinung, daß man diese Form als einen eigenen Gattungstypus aufzustellen berechtigt erscheinen könnte, für welchen es sich empfehlen würde, entweder den Namen Ataxophrag- mium wieder aufzunehmen oder, um sowohl das auffallendste Merkmal, die spirale Anordnung der Kammern, hervorzuheben, als auch die Ahnlichkeit der Mündung mit Bulimina festzuhalten, den neuen Namen Ceratobulimina zu wählen, da die porzellanartige Schale von den sandigen Ataxophragmium-Formen unterscheidet.

Virgulina Schreibersi (C2.) Brady.

Nur vier Exemplare liegen mir vor. Nach Reuss häufig im Salzton. C2jZek führt sie von Baden und Möllersdorf an. Sie findet sich aber auch in Lapugy, im italienischen Pliocän, nach Brady lebend in allen Meeren in Tiefen von 10—3000 Faden.

Globigerina bulloides d’Orb.

In meinem Material aus Schichte V finden sich nur 26 kleine Individuen. Bei allen Stücken liegt die Mündung an der letzten größten Kammer. Die Formen mit kugelig aufgeblähten Kammern möchte ich etwa nach dem Vorgange Bradys (Chall., pag. 5953. Taf. LXXVII und LXXIX, Fig. 3—7) alle zu @!. bulloödes stellen und die mit inniger an- einandergewachsenen Kammern etwa wie Brady als @!. bulloides var. triloba (Rss.) Brady bezeichnen (6—8 Stückchen). Die kleinen letzten Zellen sind bei meinen Stückchen nicht immer erhalten geblieben, was wohl zum Teil auf die ungemein gebrechliche Beschaffenheit der zarten Schälchen zurückzuführen ist.

Globigerina bulloides d’Orb. var. quadrilobata d’Orb.

Ein Stückchen, welches vollkommen mit der Glob. quadırlobata d’Orb. (Vienne, Taf. IX, Fig. 7 und 8) übereinstimmt.

Sphaeroidina austriaca d’Orb. (nach Brady = Sphaeroidina bulloides d’Orb.).

Eine der häufigsten Formen, die in größeren (zirka 05 mm) und kleineren (bis O2 mm) Exemplaren vorliegt und immer nur je nach der Lage unter dem Mikroskop drei oder zwei Kammern darbietet. Etwas über 600 Exemplare liegen mir vor. Diese Übereinstimmung so rahl- reicher Individuen, die man nur in größere und kleinere unterscheiden könnte, ist, gewiß eine sehr auffallende Tatsache, besonders wenn man sie in Vergleich bringt mit den von Reuss (Denkschr. d. W. Ak. I, Taf. LI, Fig. 3—19) zur Darstellung gebrachten zahlreichen Formen, die alle als Sphaeroidina austriaca zusammengefaßt werden und fast durchwegs den mehrkammerigen Formen zugehören, welche J. CZjZek (1847. Haidingers Abh., pag. 149, Taf. XIII, Fig. 35—3») als Sewloculina Haueri bezeichnet hat. Brady (Chall., pag. 620, Taf. LXXXIV, Fig. 1—7) hat die Sphaeroidina austriaca d’Orb. Sphaeroidina variabilis Rss. (Z. D. @. 1851, Taf. VII, Fig. 61—64 aus dem Septarienton), Sphaeroidina austriaca Rss. (l. e.) und Sexloeulina Haueri 02. (l. e.) mit Sphaeroidina bulloides d’Orb. zusammengefaßt. Die Konstanz in der Ausbildung so vieler Indi- viduen bei Neudörfl an der March (Deveny-Ujfalu) führt mich dazu

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft (F. Toula.) 84

656 Franz Toula. [22]

d’Orbigny (l. e. pag. 234) beizupflichten, daß Sphaeroidina austriaca von Sphaeroidina bulloides verschieden sei. Brady führt eine typische Form von Sph. austriaca nicht an, was er gewiß getan hätte, wenn er sie lebend gefunden hätte. Das Modell von d’Orbignys Sph. bulloides (es liegt auch in den Sammlungen meiner Lehrkanzel) ist sicher von einer anderen Form, wie auch die diesem Modell näherkommenden GZjZekschen Formen und jene aus dem Septarienton von Helmstedt (Reuss, l. c.), welche der nach Reuss im Wieliczkaer Salzton so überaus häufigen mehrkammerigen Form entsprechen dürfte. Die von d’Orbigny (Vienne, pag. 284, Taf. XX, Fig. 19—21) gegebenen Abbildungen sind nicht ganz glücklich ausgefallen oder es sind die Kammern dieser Nußdorfer Formen wirklich weniger tief einschneidend begrenzt als es bei den mir vorliegenden zahlreichen Stücken von Neudörfl der Fall ist.

Sphaeroidina bulloides @’Orb.

Nur zwölf Exemplare lassen die größere Anzahl der Kammern erkennen, welche nötigt, sie zu der zweiten Form zu stellen

Spirillina af. vivipara (Ehrenbg.) Brady. (Wohl eine neue Form.)

Mir liegt nur ein Scheibehen von 0°7 mm Durchmesser vor, aus zahlreichen, zuerst sehr feinen, dann ziemlich derb werdenden Um- gängen bestehend, welche nicht vollkommen kreisförmig sind. Auf der einen, in der Mitte vertieften Seite der Scheibe erscheinen die drei letzten Umgänge auf der einen Hälfte etwas gestört, auf der anderen gleichfalls in der Mitte vertieft; grubige Vertiefungen treten auf den Spiralen auf. Das Stückchen wird sich wohl an die Spirillina vivi- para (Ehrenberg) Brady (Taf. LXXXV, Fig. 1) am besten anreihen lassen, an welcher man jedoch von der Gliederung kaum Andeutungen (l. e. Fig. 4) wahrnimmt, noch weniger bei den anderen recht zahl- reichen Abbildungen beid’Orbigny,Reuss, Williamsonund Brady.

Truncatulina lobatula d’Orb. (= Anomalina variolata d’Orb.).

Diese Art ist recht häufig (ich habe etwa 150 Exemplare aus- gesucht). Die fast scheibenförmigen Gehäuse sind oben flach oder leicht vertieft, unten leicht aufgewölbt. Die Kammern (T—9 im Umkreise) aufgebläht mit großen Grübchen. Brady stellt diese Form zu Trunca- tulina lobatulad’Orb.(Walkeru. Jacobs Nautilus spiralis lobatus), doch unterscheidet die auf beiden Seiten fehlende mittlere Spirale, welche d’Orbigny (Taf. IX, Fig. 22) und Brady (Taf. XCII, Fig. 1) zeichnen. Dadurch würde meine Form der Anomalina badensis d’Orb. (Taf. X, Fig. 1—3) ähnlich, von welcher jedoch der scharfe Rand unterscheidet. Brady hat all die verschiedenen Formen als Planorbulina zu ver- einigen vorgeschlagen, woran er jedoch in den Beschreibungen nicht festzuhalten vermochte und in der Tat muß Planorbulina auf die viel- kammerigen Formen beschränkt werden. d’Orbigny führt (pag. 171) seine Art als selten von Nußdorf an, Brady aber als synonym mit Truncatulina lobatula d’Orb.

Drei gute Exemplare liegen mir vor, welche mit der d’Orbigny- schen Form (Vienne, Taf. IX, Fig. 24—25) auch in der Anzahl der Kammern (acht im Umkreise) gut stimmen. Brady (Chall., Taf. XCH, Fig. 10, Taf. XCIII, Fig. 1, 4, 5). Es ist eine Varietät der obigen Form.

[23] Ueber den mariren Tegel von Neudorf an der March. 657

Truncatulina (Anomalina) af. Wüllerstorfi Schwager. (Vielleicht neue Form.) (Taf. XXXIX, Fig. 18.)

Nur ein Stück liegt mir vor, welches auf der einen, flach auf- gewölbten Seite die Umgänge verfolgen läßt, etwa so, wieesSchwager (Novara-Werk II., Taf VII, Fig. 105 und 107) bei seiner Anomalin« Wällerstorfi von Kar Nicobar aus dem Pliocän gezeichnet hat, eine Form, welche Brady (pag. 662, Taf. XCIII, Fig. S und 9) zu Truncatu- lina gestellt hat.

Die Oberseite zeigt zwölf durch glatte und glänzende Scheide- wände umgrenzte grobpunktierte Kammern, mit ebenfalls glattem und slänzendem Randsaum. Die inneren Umgänge sind nicht deutlich zu verfolgen. Brady zeichnet (Chall., Taf. XCII, Fig. 8 und 9) neun oder zehn Kammern. Nur Fig. 9 käme eigentlich in Vergleich, bei Fig. 8 ist die Unterseite stark aufgewölbt, was den Schwager schen Figuren nicht entspricht. Die Unterseite meines Stückes ist flach gewölbt und deutlich genabelt. Durchmesser 0°4 mm.

Truncatulina af. Aknerana Brady (nicht d’Orb.). Vielleicht eine neue Form.

An die obigen Formen schließe ich eine kleine Truncatulina mit granosa-Charakter, aber mit ungemein zierlich aufragenden glatten geschwungenen Rippen und mit rundlichen Knötchen, etwa so wie es Brady bei seiner Truncatulina Aknerana zeichnet (Chall., Taf. XCIV, Fig. 85), die sich dadurch von der d’Orbigny schen Aknerana (Vienne, Taf. VIII, Fig. 13—15) unterscheidet. Sechs Exemplare.

Truncatulina (Rotalina) Ungerana d’Orb.

In flachen Formen vorliegend, die sich der d’Orbigny’schen Zeichnung (Vienne, Taf. VIII, Fig. 16 und 17) annähern, aber durch die glatten Kammergrenzen an die Trunc. Wüllersdorfi Schwager annähern. Die körnelige Mitte der Oberseite und der ausgesprochene Kiel lassen mich die Form als Tr. Ungerana (d’Orb.) Brady bestimmen (Chall., Taf. XCIV, Fig. 9).

Truncatulina granosa Rss. sp. var. verwandt mit Tr. Ungerana

d’Orb. sp. Sehr zierliche Schälchen. Brady hat die beiden Formen ver- einigt, ob mit vollem Recht ist fraglich. Tr. Ungerana ist genabelt, Tr. granosa ungenabelt. Reuss führt sie aus dem Septarienton von Hermsdorf bei Berlin an (Z. D. Geol. G. 1851, pag. 75, Taf. V, Fig. 36). Die mir vorliegenden Stückchen sind ungenabelt. Auffallend ist die Aufblähung der letzten Kammer und die deutlich ausgesprochene glatte Umrandung der Kammern. Die Knötchen auf der Mitte der etwas auf- gewölbten Oberseite sind geradezu gehäuft. Mir liegen 40 Individuen vor. Truncatulina granosa Hantken (Clav. Szab.-Sch., pag. 74, Taf, X, Fig. 2) ist von der Reuss’schen Form (Z. D. Geol. G. 1851, Taf. V, Fig. 36) ganz verschieden. Brady führt sie nicht an.

Truncatulina Ungerana d’Orb. var. radıata n. v. (Taf. XXXIX, Fig. 16.)

Die flach gewölbte Oberseite mit glatten Scheidewänden am ersten Umgange, die inneren Umgänge undeutlich, die Mitte grob ge-

84*

658 Franz Toula. [24]

körnelt, ähnlich etwa wie bei Tr. margaritifera Brady (Chall., Taf. XCVI, Fig. 2). Die Oberfläche der aufgewölbten Unterseite mit glatten, glänzenden und speichenartigen Rippen. Ein glatter Kielrand. Diese vorragenden glatten Speichen unterscheiden ganz bestimmt. Bei dem einen und anderen Stückchen ragen die Körner hoch auf.

Truncatulina Dutemplei d’Orb. in typischer Entwicklung.

Hantken hat (Clav. Szab6i-Schichten, Budapest, 1875, pag. 71) auf die große Verschiedenheit dieser Form hingewiesen, besonders in bezug auf die Anzahl der Kammern im Umkreise. Auch Reuss hat dies schon viel früher hervorgehoben und gemeint (Denkschr. der Wiener Ak., XXV., 1866, pag. 160), daß die Wienerbeckenformen nicht nur acht Kammern, sondern auch bis zwölf derselben aufweisen. Auch die Wieliczkaer Vorkommnisse zeigen bis zehn Kammern. Hantken gibt an seinen Stücken (Taf. VIII, Fig. 5) 13 Kammern an.

Es ist daher vielleicht interessant, daß die in der Größe etwas verschiedenen 519 Stücke, welche ich aus der Schicht V ausgelesen habe, der d’Orbignyschen Angabe entsprechend nur sieben bis acht Kammern im Umkreise aufweisen.

Das von Brady abgebildete Stück (Chall., Taf. XCV, Fig. 5) aus 1070 und 1900 Faden Tiefe ist eine viel stärker aufgeblähte Form, mit zweieinhalb Umgängen, gerundeten Oberrandkanten und ganz kleinen mittleren Knöpfchen auf der Oberseite, während meine Stücke auch in dieser Beziehung der d’Orbignyschen Form entsprechen. Bradys Form weicht somit von der d’Orbigny schen Art immer- hin beträchtlich ab. Die Variabilität meiner so zahlreichen Stücke ist recht groß: Durchmesser von !/, bis wenig über 1 mm; die Windungen der Oberseite lassen zumeist schon den zweiten Umgang verwischt erscheinen, was vorherrscht, während an anderen, etwas weniger häufigen Stückchen auch der zweite Umgang deutlich zu verfolgen ist, die scharfe Randkante ist konstant vorhanden, ja ab und zu strebt sie sogar eine Art Randsaum an und auch die mittleren Knötchenver- dickungen sind immer deutlich entwickelt. Der allgemeine Habitus stimmt jedoch überein.

Die lebende Form Bradys ist meiner Meinung nach eine be- sondere mit der miocänen verwandte Form, aber nicht dasselbe. Truncatulina affinis O2. sp. mit nur sechs Kammern unterscheidet sich nur durch das fehlende mittlere Knöpfchen der Oberseite. Truncatulina Dutemplei Rss. aus dem Septarienton dagegen weicht durch die zahl- reichen, also viel engeren Kammern viel weiter ab. Truncatulina Du- templei Rss. von Wieliczka mit neun bis zehn Kammern wäre dem- nach eine näherstehende Form der Reihe.

Truncatulina afj. praecineta Brady.

In die Verwandtschaft Truncatulina Ungerana d’Orb. dürften etliche Stücke gehören, welche an der meist nur flach aufgewölbten Unterseite die Kammerscheidewandlinien als erhabene kräftige Rippen aufweisen, etwa so wie sie Brady bei Karrers kotalia praecincta zeichnet. Während aber das Original von Koste) nur acht solche Rippen trägt (Kostej, Taf. V, Fig. 7), zeichnet Brady (Chall., Taf. XCV, Fig. 1 und 2) deren elf, was meinen Stücken entspricht, die

[25] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 659

jedoch viel weniger hoch sind als die Bradyschen Typen, sondern in ihrer Form mebr an Truncatulina Ungerana erinnern. Bradys Originale sind schon auf der Unterseite viel weniger hoch aufgebläht, meine aber geradezu flach zu nennen. Die Oberseite zeigt bei einigen meiner Stücke bis drei Umgänge, während andere in der Mitte ver- wischt erscheinen. Es ist geradezu unmöglich, die Dinge sicher aus- einander zu halten.

Truncatulina af. Kalembergensis d’Orb. sp.

Mir liegen vier Individuen vor, welche auf der Spiral-(Ober-)Seite auf das allerbeste mit d’OÖrbignys Zeichnung (Vienne, Taf. VII, Fig. 19) übereinstimmen: Sieben punktierte Kammern im Umkreise und ein Kielsaum. Nur der „starke Nabel-Eindruck* auf der kon- vexen Unterseite fehlt, er ist mit, Schalensubstanz erfüllt. Die knopf- artige Erhöhung in der Mitte der Oberseite ist überaus groß und hoch aufgewölbt. Reuss stellte sie (Wieiiczka, pag. 87) zu Pulvinulina.

Truncatulina neudorfensis n. f. (Taf. XXXIX, Fig. 17.)

Mir liegt ein bis auf die letzte Kammer gut erhaltenes Stück vor. Die flach trochiform aufgewölbte Oberseite läßt drei Umgänge gut und weitere in der Mitte verfolgen. Der letzte Umgang zeigt nur sechs grob punktierte, mit hellen glatten Rippen aneinandergrenzende Kammern. Die gewölbte Unterseite weist nur sechs Kammern im Um- kreise auf. Nabel ist keiner sichtbar. Bradys als Tr. Haidingeri be- zeichnete Form, die auch aus dem Mittelmeer angegeben wird (aus 90 bis 360 Faden Tiefe), besitzt eine größere Anzahl von Kammern im Umkreise (acht oben, neun unten) und ist oben flach gewölbt. Mir liegen zwölf Schälchen vor, nur bei einem ist der Nabel wenigstens angedeutet. Die glatten porzellanartigen Rippen, die besonders auf der Oberseite scharf hervortreten, erinnern an die Zeichnung, welche F. Karrer (Kostej, Taf. V, Fig. 7) von seiner Rofalia pırraecincta ge- geben hat. Brady (Chall., pag. 667, Taf. XCV, Fig. 1—3) stellte sie zu Truncatulina. Sie hat eine große Zahl von Kammern (zwölf) im Um- kreise. Auch die Truncatulina lucida Rss. (1865. Septarienton, Taf. IV, Fig. 15) mit neun Kammern dürfte zu den verwandten Formen ge- hören, ebenso die schon genannte Tr. (Rotalina) Haidingeri d’Orb. (l.e. Taf. VIII, Fig. 7). Bei einzelnen meiner Individuen ragt in der Mitte eine Art Knöpfehen auf. In allen übrigen Eigenschaften stimmen meine zwölf Stücke auf das beste überein, auch darin, daß allen leider die letzte Kammer fehlt. Durchmesser bis 0:9 mm.

Truncatulina neudorfensis n. f. var.

Nur ein ziemlich großes Stückchen (0°9 mm Durchmesser), mit vier erkennbaren Umgängen, die beiden letzten durch einen scharfen stufenförmigen Bau auffallend und mit deutlichen sechs bis sieben Zellen im Umkreise, die Kammern der beiden letzten Umgänge sehr verkleinert, etwa so, wie es Brady bei seiner Varität von Tr. Hai- dingeri d’Orb. sp. (Chall,, Taf. XCV, Fig. 6) zeichnen ließ, einer Form mit 14 Kammern im Umkreise, wobei die Kammern von der letzten an gegen rechts hin einander folgen, während sie bei den anderen Formen in entgegengesetzter Anordnung auftreten. Die Kammern der Varietät sind daher von den Anfangskammern an gegen links, die

660 Franz Toula. [26]

bei den anderen nach rechts gewunden. Diese Verschiedenheit in den Wachstumsverhältnissen findet man auch bei den Planorbulina-(Trun- catulina-)Arten bei Brady. Vom Anfange an nach rechts gewunden sind z. B. Truncatulina refulgens Montf. (Taf. XCI, Fig. 7 und 8), Truncatulina lobatula W.u. J. (Taf. XCII, Fig. 1a), Anomalina foveolata Brady (Taf. XCIV, Fig. 1), Anomalina ammonoides Reuss (Taf. XCIV, Fig. 2 und 3), Anömalina grosserugosa Giebel (Taf. XCIV, Fig. 4a und 5a), Truncatulina praeeincta Karr. (Taf. XCV, Fig. 1 und 2), Trun- catulina Dutemplei (d’Orb.) Brady (Taf. XCV, Fig. 5a)!), Truncatulina tenera Brady (Taf. XCV, Fig. 11), Truncatulina rosea d’Orb. (Tat. XCVI, Fig. 2).

Vom Anfange an nach links gewunden sind dagegen:

Truncatulina tenuimargo Brady (Taf. XCIH, Fig. 2a und 3a), Truncatulina Alneranı d’Orb. (Taf. XCIV, Fig. 8a), Truncatulina Ungerana d’Orb. (Taf. XCIV, Fig. 9@?), Truncatulina Haidingeri d’Orb. (Taf. XCV, Fig. 7a), Truncatulina pygmaea Hantken (Taf. XCV, Fig. 9 «)

Mir scheint diese Verschiedenheit des Wachstums wert, besonders betont zu werden, um so mehr, wenn sie, wie bei meinen Individuen bei sonst ganz gleich gebauten Stücken auftreten.

Rotalia Soldaniüi d’Orb.

Nur zwei Stückchen in schöner Übereinstimmung mit d’Orbignys Abbildung (Vienne, Taf. VIII, Fig. 10 und 11).

Polystomella crispa (Linne) d’Orb.

Von dieser schönen Form liegt mir nur ein recht gut erhaltenes Schälchen vor. Es ist beiderseits flach gewölbt wie bei d’Orbigny (Vienne, Taf. VI, Fig. 12), in der Mitte mit feinen Grübchen versehen. Brady (Chall., Taf. CX, Fig. 6 und 7) zeichnet unter diesem Namen eine stärker aufgeblähte Form mit einem fast glatten „Nabelkreisel“, was mehr an dOrbignys Polystomella flexuosa (ebenda Taf. VI, Fig. 15 und 16) erinnert, eine Form, welehe Brady aber mit P. crispa vereinigt hat.

Nonionina Boucana d’Orb.

Kommt nur vereinzelt vor. Eines der Stücke, ganz typisch wie es von Brady (Chall., Taf. CIX, Fig. 12 und 13) abgevildet wird, mit zahlreichen (13 bis 14) Kammern im Umkreise und der körneligen Zentralpartie. Ein anderes der hierher gestellten Individuen nähert sich sehr der typischen d’Orbigny’schen Form (l. ce. Taf. V, Fig. 11 und 12). Bei anderen sind die Abteilungsrinnen der Kammern weniger ausgeprägt.

Nonionina communis d’Orb.

Zuerst dachte ich an Nonionina Boueana d’Orb.; die viel raschere Verjüngung nach einwärts und die geringere Anzahl der Kammern drängten mich jedoch zu der Form Xon. communis d’Orb. und Brady (pag. 730, Taf. LIX, Fig. 14—16). Reuss (Oberoligocän, Sber. 1868)

!) Bei d’Orbigny (Taf. VIII, Fig. 19) nach links gewunden. 2) Bei Orbigny (Taf. VIII, Fig. 16) nach rechts gewunden, auch sonst von Bradys Type verschieden (siehe oben).

[27] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 661

stellte sie als synonym zur Non. Boucana d’Orb. Das Fehlen des Nabels scheint mir jedoch immerhin ein gutes Unterscheidungsmerkmal zu sein. Auch Brady bezeichnet Non. communis und seine N. scapha als der Non. Boucana nahestehende Formen und folgt bei der Non. communis dem Reussschen Vorgange. Eine sehr veränderliche Formengruppe.

Nonionina umbilicatula Montagu. (N. Soldanii d’Orb.).

Bei geringer Vergrößerung glatt erscheinend; die feine Punk- tierung tritt erst bei stärkerer (30 maliger) Vergrößerung unter dem Mikroskop hervor. Der tiefe Nabel charakterisiert die winzige schön serundete Form. Ich las 79 Exemplare aus.

Pullenia ( Nonionina) sphaeroides (d’Orb. sp.) Brady.

Nur ein winziges Stückchen liegt mir vor. Nonionina bulloides d’Orb. (l.c. Taf. V, Fig. 9 und 10) wird von Brady (Chall, Taf. LXXXIV, Fig. 12 und 13) als Pullenia sphaeroides d’Orb. sp. (= Non. bulloides d’Orb.) bezeichnet, da er beide Formen vereinigt. Mein Stück- chen entspricht der P. sphaeroödes.

Stachelborsten, .die zu Brissopsis gehören könnten, finden sich in großer Menge (Taf. XXXIX, Fig. 19).

Turbonilla pusilla Phil.

Nur ein Stückchen mit fünf Umgängen stelle ich zu dieser Art (M. Hörnes, Taf. XLIII, Fig. 30), obwohl diese fünf Umgänze auf 1:5 mm Länge fallen. Ein anderes Stückchen zeigt nur die Embryonal- windungen und den darauf folgenden Umgang mit acht kräftigen Rippen.

Paludina cf. Schwartzi Frfld.

Nur ein Stückchen liegt mir vor, welches mit der Beschreibung bei M. Hörnes (W. B., I, pag. 589) nicht übel stimmen würde. Auch die Größe 1'838 mm kommt nahe.

Oancellaria sp., aff. ©. inermis Pusch.

Zwei sehr kleine Stückchen (23 mm lang), so daß nur die kleinsten bei M. Hörnes (Wiener B. I, Taf. XXXIV, Fig. 13) zu ver- gleichen sind. Das Ausgußende etwas beschädigt. Läßt zwei Spindel- fältchen erkennen. Eine Grunder Form.

Eine für mich unbestimmbare Gastropodenspindel.

Rissoa cf. Partschi M. Hörn.

Nur ein etwas abgeriebenes Exemplar liegt mir vor. Skulptur des letzten Umgangs erscheint kräftiger.

Scntum (?) oder Patella (2) sp. (n. f.?). (Taf. XXXIX, Fig. 25.)

Nur ein Schälchen mit beschädigten Rändern liegt mir vor. Die Oberfläche ist mit Radialrippen versehen. Feine konzentrische Linien auf der Schale. Die Spitze scheint nach vorn gekrümmt zu sein. Auch die Innenseite ist fein radial gestreift. Von einem Muskelein- druck kann ich nichts wahrnehmen. Erhaltene Länge 1 mm.

Oythere (oder ÜUytherella) spec. (n. f.?). (Taf. XXXIX, Fig. 27.)

Nur eine kleine Klappe liegt mir vor. Sie ist länglich elliptisch, ziemlich stark aufgebläht, in der Mitte wenig eingeschnürt und oben seicht muldig vertieft. Die Oberfläche erscheint glatt und glänzend. An der etwas verbreiterten Vorderseite ist ein deutlicher schmaler Saum vorhanden. Die Aufblähung am Hinterende am stärksten. Die

662 Franz Toula. [28]

Länge bei 0'8 mm, die größte Höhe etwa 0'3 mm. Ich vermag die Form mit keiner mir bekannten Art in Übereinstimmung zu bringen. Wird wchl eine neue Form sein. Reuss hat eine ähnliche Schale als Cytherina. tenıuis aus dem Sarmat des artesischen Brunnens und aus dem Tegel von Meidling angeführt. Seine Beschreibung stimmt jedoch nicht. Keine der zahlreichen Formen von Wieliczka stimmt überein. Ein zweites, später aufgefundenes Individuum ist mit beiden Klappen vollständig er- halten. Die Oberfläche vollkommen glatt, wie porzellanähnlich. Außer- dem liegen zwei einzelne Klappen vor, welche im Umriß fast sym- metrisch geformt und mit feinen Stacheln bedeckt, aber nach dem hinteren Ende stark verschmälert sind. Ich wage keine Bestimmung.

Öythere sp. Vielleicht eine neue Form.

Oythereis aff. hystrix Rss.

Nur ein Schälchen liegt mir vor. Die Oberfläche gewölbt mit Höckerchen und Stacheln, ohne randliche Zusammendrückung. Am Rande stärkere Stacheln.

Oypridina (Cythereis) aff. asperrima Rss. (Wohl eine neue Form.) Taf. XXXIX, Fig. 28.

Ein vollständiges Exemplar. Eine wohlerhaltene Klappe stimmt mit der Reusschen Abbildung (Haid. Abh. III, Taf. X, Fig. 5) recht gut, doch ist von einer „Längsfurche“ auf der hinteren Hälfte nichts wahrzunehmen und auch ein so wohlausgeprägter Saum ist nicht vor- handen.

Von Otolithen fand ich die folgenden von Herrn Dr. R. J. Schubert bestimmten Formen:

Scopelus Kokeni Pr.

Scovelus austriacus Kok.

Maecrurus ellipticus Schub.

Otolithus sp. nov. oder Jugendexemplar (sehr klein).

Probe aus Schichte VI.

Cornuspira neudorfensis n. f. Taf. XXXIX, Fig. 1.

Drei bis auf das Zentrum sehr wohlerhaltene Individuen von 15—3 mm Durchmesser. Sehr regelmäßig aufgerollt, auf beiden Seiten vertieft, mit gerundeter Externseite. Bei dem kleinsten Stückchen sind zwölf Umgänge bestens erhalten, bei dem größten nur 11, bei dem mittleren nur 7. Staches Cornupira elliptica (Novara, I, Il, pag. 101, Taf. XXL, Fig. 2) hat 8- 10 Umgänge, welche weniger gleichmäßig in der Ebene gewunden sind (Fig. 25). Bei dem mittleren meiner Stückchen nehmen die äußeren 7 Umgänge ganz allmählich in der Röhrendicke ab, die inneren aber sind ohne Übergang, viel dünner. Dies ist auch bei dem srößten Stücke ganz deutlich. Die Umgänge sind involut, ähnlich so wie bei Operculina involvens Rss. (Denkschr. W. Ak. I., pag. 370, Taf. XLVI, Fig. 20), welche jedoch nach der Zeichnung eine flache Externseite besitzt und auch die Verjüngung der inneren Umgänge nicht zeigt.

Von einem vierten Individuum sind nur die inneren Umgänge erhalten.

[29] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 663

Biloculina simplex d’Orb. (= B. ringens [|Lam.] Brady.) 9 Ex. Eine mit einer Art Schleppe der Mündung gegenüber wird als Varietät zu bezeichnen sein.

Quinqueloculina Aknerana d’Orb. (= Miliolina seminulum [ Lin.) Brady).

Die Seitenkanten etwas schärfer gerundet als bei der Type d’Orbignys (Vienne, Taf. XVIII, Fig. 18.) Etwas variable Form, auch in der Größe. 62 Ex.

Quingueloculina foeda Rss. Nur zwei Exemplare. Nodosaria (Dentalina) consobrina d’Orb. (Taf. XXXIX, Fig. 2).

Diese Dentalina mit sehr dünnen und langen Kammern liegt mir gut erhalten nur in einem Stücke vor, an einem 2°6 mm langen zweiten sind nur drei solche Kammern vorhanden. Die ersten Kammern anderer Stücke sind viel kürzer und die erste zum Teil fast kuge- lige Kammer trägt eine Mündungsspitze, etwa so, wie es Neugeboren (Lapugy, Taf. III, Fig. 15) zeichnet. Zwölf Stücke stelle ich hierher. Eines derselben zeigt als eigenartige Anomalie eine kugelige Anfangs- kammer mit Spitzchen, daran eine zweite mit einem seitlich stehenden Spitzchen, an welche sich dann die anderen längeren Kam- mern in üblicher Weise anschließen. Als wäre beim Wachstum in erster Zeit eine Störung eingetreten. Das ganze Stückchen ist 2:5 mm lang und besitzt außer den zwei deformierten noch vier normale Kammern.

Ein Stück mit langgezogener letzter Kammer erinnert mich durch die stark gewölbten Kammern etwas an Dentalina Scharbergana Neu- geboren von Lapugy.

Nodosaria (Dentalina) elegans d’Orb. (= Nodosaria [Dentalina] fliformis [d’Orb.] Brady).

2:3 mm lang mit 14 Kammern und scharfer Spitze,

Nodosaria (Dentalina) sp. af. hispirla d’Orb. (Taf. XXXIX, Fig. 3, 4.)

Wohl eine neue Form, die als Dentalina neudorfensis n. f. be- zeichnet werden könnte. Ich las über hundert Exemplare aus. Eine der häufigsten Formen, mit fast kugeligen Kammern, deren Oberflächen mit sehr zarten Rauhigkeiten, winzigen Spitzchen bedeckt ist, wodurch sie an Nodosaria (D.) hispida d’Orb. (Vienne, Taf. I, Fig. 24—25) erinnert. Bradys (Chall. Taf. LXII, Fig. 12--16) Abbildung, Fig. 16, würde am nächsten zu stehen kommen. Die Kammern meiner Form sind einander gleichmäßig nahe gerückt. Die mit Stachelspitze versehenen Stückchen tragen dieses in einzelnen Fällen ungemein lange Spitzchen ausgesprochen exzentrisch, förmlich an der Seite. (34 Exemplare.) Die Rauhigkeiten treten an einzelnen Individuen sehr zurück, so daß sie fast glatt aussehen. Dieses Zurücktreten läßt sich in allen Abstufungen verfolgen.

Von Dentalinen liegen auch zahlreiche Bruchstücke vor, darunter solche von ansehnlich großen Exemplaren.

Oristellaria calcar d’Orb. Ein großes beschädigtes Exemplar.

Cristellaria gibba (d’Orb.) Brady. Vier Exemplare. (Chall., Taf. LXVIIL, Fig. 8.)

Jahrbuch d. k. k. geol. Beichsanstalt, 1014, 64. Band, 4. Heft. (F. Toula.) 85

664 Franz Toula. [30]

Ein wenig aufgewölbtes Exemplar. Oristellaria (Robulina) cf. articulata Rss. sp.

Zwei Exemplare, eines größer und eines kleiner, mit aufgeblähten Kammern. Mit sehr schmalem Saum, wie ihn Brady zeichnet (Chall., LXIX, Fig. 11), Reuss (Sb. 1863, Taf. VI, Fig. 63, pag. 53) jedoch weder erwähnt noch abbildet. Viel kleiner als die Septarien- ton-Exemplare.

Cr. (Robulina) cf. depauperata Rss. (ebenda Taf. VI, Fig. 68). Septarientonform. Brady erwähnt sie nicht. Mein Exemplar

besitzt sechs Kammern (bei Reuss vier bis fünf) und ist weniger auf- gebläht.

Or. (Robulina) cf. nitida Rss. (ebenda Taf. VI, Fig. 66).

Ein Exemplar mit acht Kammern, wie es Reuss zeichnet. Im Text (pag. 54) werden neun Kammern angegeben. Gehört wohl mit Oristellaria inornata d’Orb. (sieben Kammern), Or. austriaca d’Orb. (zehn Kammern) und Cr. rotulata (Lm.) Brady (Chall., Taf. LXIX, Fig. 13) (14 Kammern) in eine Formengruppe. Die Mittelscheiben be- sitzen alle diese Formen. Der Name Cr. nitida war schon früher an- geführt (d’Orbigny 1826), aber keine Abbildung gegeben worden. Bradys Or. nitida d’Orb. ist etwas anderes, eine Form, die an die Or. articulata Rss. erinnert.

Oristell. spec. ind. Sieben Exemplare.

Glandulina cf. rotundata Brady var.

Reuss bildet eine an @/. laevigata anschließende Form von Grinzing ab. Mein Stückchen ist der Abbildung bei Brady sehr ähnlich (Chall., Taf. LXI, Fig. 19), besitzt jedoch unten ein kurzes, aber deutliches Spitzchen, wird also der langgezogenen Form von laevigata Brady (Chall. Taf. LXI, Fig. 20) ähnlieh. Vielleicht eine Zwischenform. Auch die Gl. elliptica Rss. (Sb. 1863, Taf. III, Fig. 29—31) ist ähnlich, hat jedoch kein Spitzchen. Brady hat sie zu laevigata gestellt.

Glandulina laevigata d’Orb. und rotundata Rss.

Dreizehn größere und kleinere, stark aufgeblähte Exemplare. Diese Form hat Reuss (Denkschr. I., Taf. LXVI, Fig. 2) rotundata genannt. Mir liegen Exemplare mit kurzem Spitzchen und solche vor, die unten gerundet, der Reussschen Form gleichen.

Polymorphina (Guttulina) cf. amygdaloides Less.

Vielleicht eine neue Form. Nur zwei Exemplare. Septarienton- form. Der Umriß ist fast breit elliptisch, die unterste der drei sicht- baren Zellen ist etwas aufgewölbt, gleicht im Umrisse mehr der Ab- bildung bei Brady (Chall, Taf. LXXI, Fig. 13), doch lassen sich nur drei Kammern erkennen, wie bei der Reussschen Form (Z. D. Geol. G. 1851, Taf. VI, Fig. 47). Auf jeden Fall dürfte mein Stückchen in die Gruppe der von Reuss aus dem Septarienton von Helmstedt abgebildeten Formen gehören, von welchen die Guttulina inflata, dem Umrisse nach, am ähnlichsten wäre, auch in der starken Aufblähung.

Polymorphina austriaca d’Orb. (=? problema Brady).

[31] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 665

Zwanzig schlanke und gedrungene Formen, wie sie Brady abbildet.

Polymorphina (Globulina) cf. aequalis d’Orb. sp.

Etwas stärker aufgebläht als d’Orbignys Type (Vienne, Taf. XIII, Fig. 11 und 12); nicht bei Brady; dürfte sich aber der Pol. rotundata (Bornem.) Brady (Chall., Taf. LXXII, Fig. 7 und 8) an- nähern. Zwei Exemplare; ein drittes noch stärker aufgebläht.

Polymorphina oblonga d’Orb. Nur ein Exemplar. Textularia carinata Orb.

Mit in Spitzen aufgelöstem Randsaum. Breite und schlanke Formen. 23 Exemplare.

Clavulina communis d’Orb. 28 Exemplare.

Dvigerina pygmaea d’Orb.

Von dieser so variablen Form suchte ich 20 Exemplare, ge- drungene, typische und schlanke Formen, heraus. Fünf Exemplare mit besonders zahlreichen Kammern bilden wohl eine besondere Varietät.

Bulimina Buchana d’Orb. Sechs Exemplare.

Bulimina affinis d’Orb.

Bulimina cf. pyrula d’Orb.

Das etwas beschädigte kleine Exemplar mit scharf ausgesprochenen Spitzchen ist wohl eine Varietät der bul. pyrula.

Bulimina (Ceratobulimina n. gen.) contraria kss. liegt mir in sieben Exemplaren vor.

Chilöstomella ovoidea. Rss.

Nur zwei Stückchen. Reuss führt sie von Grinzing und aus dem Wieliezkaer Salzton an.

Globigerina bulloides d’Orb. var. triloba d’Orb.

Vier Exemplare.

Sphaeı oidina bulloides d’Orb.

Eine der häufigsten Formen. Habe nicht weniger als 238 zumeist ganz kleine Exemplare herausgelesen.

Truncatulina lobatula. W. u. Jon. 63 Exemplare. Kleine Formen.

Truncatulina Ungerana d’Orb. 4 Exemplare.

Truncatulina Dutemple d’Orb.

70 Exemplare mit Mittelknöpfehen. Die d’Orbignysche Type. Bradys Form ist etwas anderes, vielleicht mit Tr. Aknerana und Tr. Soldaniü d’Orb. in eine Gruppe gehörig.

Truncatulina neudorfensis n. sp.

16 Exemplare. Eine gewisse Ähnlichkeit hat Rotalia praecincta Karrer von Kostej (Sber. 1868, Taf. V, Fig. 7). Diese hat jedoch nur zwei wohlgekammerte Umgänge und einen weiten tiefen Nabel, was bei meiner Form nicht zutrifft.

Truncatulina cf. praeeincta (Karr.) Brady.

Drei Exemplare mit stark aufgewölbter Unterseite.

85*

666 Franz Toula. [32]

Pulvinulina Partschana d’Orb. sp. Zwei wohlerhaltene Exemplare.

Nonionina umbilicatula (Montf.) Brady (= Nonionina Soldaniüi d’Orb.) 24 Exemplare.

Der Nabel ist enger als bei Bradys Type (Chall., Taf. CIX, Fig. 8). Einige meiner Exemplare haben eine stärker aufgewölbte letzte Kammer.

Nonionina tenuistriata Iss. Vier feingestreifte Exemplare.

Nonionina bulloides d’Orb. (= Pullenia sphaeroides [d’Orb. sp.) Brady).

(Chall., Taf. LXXXIV, Fig. 12). Elf sehr kleine Exemplare. (0.25 mm), förmlich kugelig.

Stachelborsten von BDrissopsis ottnangensis R. Hörn.

In ein paar tausend Exemplaren.

Dentalium? sp. ind.

Zwei winzige porzellanartige Röhrchen, 1 mm A Ein leicht gekrümmtes, bläulich gefärbtes Röhrchen von 1'7 mm Länge will ich auch hierherstellen, obwohl mir eine Bestimmung nicht rätlich erscheint.

Delphinula? n. f. (Taf. XXXIX, Fig. 26.)

Ein sehr zierliches Schneckchen (0'9 mm breit), mit nur 23/, Um- gängen, davon 1!/, ungeziert embryonal, darauf folgen zuerst nur an- gedeutete, dann bald schärfer werdende, weit voneinander abstehende Querrippchen, etwa 14 auf dem Umgange, die gegen den mit Sand erfüllten Nabel sehr kräftig werden. Der Querschnitt des Umganges fast kreisrund. Zum Vergleiche zog ich Delphinula rotellaeformis Grat. (MzH.o0ernes;T.,. Tal ALM, Fig. 6) herbei. Eine geradezu über- raschende Ähnlichkeit der Skulptur besteht bei Scissurella depressa Rss. (Sb. Wiener Ak. 1860, Taf. VII, Fig. 7 c). Doch fehlt meinem Stückchen jede Andeutung einer Spalte oder Spaltfurche, so daß die Annäherung an Delphinula besteht. An der kreisrunden Mündung ein breiter ebener Saum, etwa wie bei Scalaria.

Turbonille sp. und.

Nur drei Umgänge und die wohlerhaltene, entfernt stehende Embryonalwindung. 12 mm lang.

Öytherina cf. recta Iss. (Haid. Abh. IV. Taf. VIII, Fig. 11 und 12.)

Ähnlich der glatten Form von Ottnang. Ein Exemplar, in der Mitte etwas eingeschnürt. Auf der Oberfläche erscheinen bei starker Vergrößerung feine, stumpfe runde Höckerchen, was an Cyth.tumida Rss. erinnert, deren Umriß jedoch ein ganz anderer ist.

Von Otolithen liegen 9 Stückchen vor:

Scopelus aff. Kokeni Proch.

Scopelus austriacus Kok.

Scopelus cf. pulcher Proch.

Gonostoma ? spec. (Fragment).

Außerdem ein winziges scharf zugespitztes braunes (Fisch-) Zähnchen.

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Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March.

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671

Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March.

[37]

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86

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (F. Toula.)

672 Franz Toula. [38]

Bei Arten, welche auch aus dem Material der Liesinger 600 Meter- Bohrung vorliegen, wurde die Tiefe ihres dortigen Vorkommens an- gegeben. Wenn man diese Angaben betrachtet, so ergibt sich, daß die große Mehrzahl dieser 39 Arten, und zwar 34 in Tiefen von 300 m an gefunden wurden und nur 5 in geringerer Bohrtiefe.

Aus Tiefen von 500-600 m stammen 17 Arten, also fast die Hälfte jener 39. Nur zwei Arten haben sich in den obersten Schichten mariner Natur (in Liesing etwa in der Tiefenlage der heutigen Adria, zwischen 188 und 228 m Tiefe) gefunden, es sind dies: Textularia carinata d’Orb. und Globigerina bulloödes d’Orb., welche die aus- dauerndsten Arten sind, da beide bis in 600m Tiefe angetroffen wurden.

Daraus wird sich wohl schließen lassen, daß die Tegel von Neu- dorf an der March den tieferen Horizonten des Bohrloches von Liesing entsprechen dürften, das sind jene, welche Anklänge an den Schlier erkennen lassen, was den Schlußfolgerungen entspricht, welche ich in meiner ersten Veröffentlichung über das Tegelvorkommen von Neudorf an der March (Verhandl. d. Ver. f. Natur- und Heilkunde, Preßburg, XX Bd. 1899 [1900]) ausgesprochen habe.

Die aus den Schlämmproben dieses Fundorts bekannt gewordene Fauna läßt sich durch Hinzufügen jener Arten leicht vervollständigen, welche ich in meiner ersten Arbeit darüber anführen konnte.

Die Foraminiferen werden um 9 Formen auf 109 vermehrt:

Biloceulina bulloödes d’Orb. var. truncata Rss.

Triloculina neudorfensis Toula verwandt mit Tr. tricarinata d’Orb.

Quingueloculina Josephina d’Orb.

Quingueloculina Aknerana d’Orb.

Quinqueloculina Haidingeri d’Orb.

Quinqueloculina triangularis d’Orb.

Quingueloculina Bronnana d’Orb.

Quinqueloculina Juleana d’Orb.

Nonionina perforata d’Orb.

Dazu kommen noch Echinodermen:

Schizaster spec.

Cidaris spec.

Stacheln aus der Brissomorpha-Gruppe.

Eine Wurmröhre.

Serpula (?) spec.

Von Conchiferen 15 Arten, wovon nur wiederholend als typische Schlierarten genannt werden sollen: Pecten denudatus Rss., Lucina

sinuosa Don., Tellina ottnangensis R. Hoern. und Solenomya Doderleini Mayer.

Von Gastropoden 52 Arten. Dann noch die beiden Pteropoden:

[39] Ueber den marinen Tegel von Neudorf an der March. 673

„Vaginella lapugyensis Kittl. und

Spirialis spec.

Mich wunderte nicht wenig, in meinen reichhaltigen Schlämm- rückständen keine einzige Pteropodenschale aufgefunden zu haben, während ich an Ort und Stelle, wenigstens von der Vaginella, eine Unzahl auffinden konnte.

Schließlich wären dem Verzeichnisse noch zwei Arten von

Cancer spec. anzufügen und von Fischen:

Oxyrhina xyphodon Ag.

Lamna elegans Ag.

Otolithus (Gadus) elegans Kok.

Macrurus Kokeni Toula und

Schuppen von Meletta sp.

Die Fauna besteht sonach im ganzen bis nun aus 222 Arten.

86*

674 Franz Toula; [40]

Inhalt.

Seite

Probe aus Schiehte I: „delber Tegel® . ..... 2.2 2.0» 636 [2] Probe aus Sehuchte DE: Tr..0en Sue REN . 2 „037° 18 Proberaus-Schichte IIT 1:2 FR ET rn, 5 SEES El Probe aus Schuekle N... SR A A 3 Mn ans ar re 643 [9] Probpsaus Schiene TV .21 2ER. aueh) De . 646 [12] Probe aus Schiehte VI. „Bla syesae Gehe Sorzdı an Vak 662 [28] Übersichtstabelle. Die Mikrofauna der Tegel in der großen Ziegelei von Neudorf an der

March (Deveny Ujfalu) „ur u. Er... ER N ARE ELLE ER 667 [33] SCHIRI KUNEEN 5 02 le 672 [38]

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Uber einige Brachyuren aus der Trias und dem Dogger der Alpen.

Von E. Stolley in Braunschweig. Mit einer Tafel (Nr. XL).

Triasische Brachyuren waren bisher völlig unbekannt, paläo- zoische gehören zu den größten Seltenheiten. Sieht man von dem ganz unsicheren Gitocrangon granulatus Richter!) aus devonischem Grauwackenschiefer Thüringens, der eher ein primitiver macrurer Krebs als ein brachyurer sein könnte, ab, sowie der nicht minder unsicheren karbonischen Brachypyge earbonis Woodward, so bleiben an geologisch alten Vertretern dieses Tribus nur die durch Gemmel- laro?°) ausführlich beschriebenen und gut abgebildeten Gattungen Oonocarcinus und Paraprosopon aus permischem Fusulinenkalk Siziliens, sowie Hemitrochiscus paradoxus Schauroth?) aus dem Zechstein von Pößneck als unzweifelhaft hierhergehörige und zugleich besonders interessante Formen übrig. Von Paraposopon ist bisher nur eine sehr seltene Art, P. Reussö Gemm., bekannt, während die drei Arten von Oonocarcinus, O. insignis Gemm., O. Geinitzi Gemm. und OÖ. anceps Gemm., an den sizilianischen Fundorten recht häufig gefunden worden sind.

Zwischen den permischen Brachyuren und den jurassischen Prosoponiden klaffte daher eine weite Lücke, welche die gesamte Trias und einen großen Teil der Juraformation umfaßte. Diese Lücke wird nun zum wesentlichen Teile durch die Feststellung zweier neuer Brachyurengattungen in der oberen alpinen Trias, und zwar den grauen, der norischen Stufe zugerechneten Kalken des Siriuskogels bei Ischl im Salzkammergut, ausgefüllt. Die vorliegenden, im folgenden be- schriebenen Stücke gehören der Sammlung des mineralog.-geolog. Instituts der Techn. Hochschule zu Braunschweig und wurden von dem verstorbenen Oberlandesgerichtsrat Deecke in Braunschweig gesammelt.

1) Beiträge zur Paläontologie des Thüringerwaldes. 1848, pag. 42, Tafel 2, Fig. 1—4. Dh

®) I crostacei dei calcari con fusulina della valle del Fiame Sosio nella Pro- vinzia di Palermo. Napoli 1890, pag. 22—29, Tafel III und V, Fig. 2.

3) Zeitschrift d. deutsch. geolog. Ges., 1854, Bd. VI, pag. 558, Tafel 22, Fig. 1a—g.

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4. Heft. (E. Stolley.)

676 E. Stolley. [2)

1. Cyelocareinus serratus gen. nov. sp. nov. (Tafel XL, Fig. 1a und 5, Fig. 2.)

Drei Exemplare der Art liegen vor, deren Größe etwas ver- schieden ist. Das größte mißt 12 mm, die beiden kleineren etwa 9 mm im Durchmesser, sowohl der Länge nach wie quer. Der Kephalo- thorax hat fast die Form einer Halbkugel; nur erscheint diese etwas nach hinten in die Höhe gezogen, so daß die Höhe größer als die Hälfte des Durchmessers ist, die größte Höhe nicht in der Mitte, sondern etwas nach hinten gerückt liest, und der Abfall dort etwas steiler als nach vorn und den Seiten ist. Die ursprüngliche Höhe des größten, etwas eingedrückten Exemplares (Fig. 1) ist auf etwa 8 mm zu schätzen, die des nächstkleineren (Fig. 2) beträgt fast 6 mm. Trotz der Abweichung der Form des Panzers von einer regelmäßigen Halb- kugel erscheint die Gestalt doch sehr gleichmäßig gerundet, so daß es zunächst schwierig war, die Stirnregion als solche zu erkennen und dadurch die richtige Stellung des Kephalothorax zu finden. Bei genauer Prüfung sieht man aber doch sehr wohl die leicht vorge- schwungene Kontur des Stirnrandes, welcher einen breiten flachen einheitlichen Bogen von zirka 8 mm Länge bildet und beiderseits an seinen Enden in einer kleinen Einbiegung die Region der Augenhöhlen schwach erkennen läßt. Letztere sind offenbar sehr klein und dadurch nur schwach sichtbar. Beiderseits der Augen verlaufen die Ränder dann in gleichmäßig rund geschwungenem Bogen nach hinten und schließen sich wieder zusammen, ohne einen besonderen unterscheid- baren Hinterrand zu bilden. Das Bezeichnendste für den ganzen Thorax ist nun eine Besetzung der Ränder, außer dem Vorder- und Stirnrand, mit sägeartigen Zähnen, die ganz schwach jenseits der kleinen Augenhöhlen beginnen, allmählich an Stärke und an scharf dreieckig zugespitzter Gestalt zunehmen, in einer schärfsten Spitze dominieren, um dann in etwas schwächerer Ausbildung nach hinten weiter in geschlossener Linie rundum zu verlaufen. Ob man die stärkste Spitze dabei als Grenze von Vorder- und Hinterseitenrand oder als solche zwischen Hinterrand und Hinterseitenrand deuten soll, ist nicht zu entscheiden und auch wohl nicht wesentlich für die Beurteilung des Panzers.

Es fehlt nämlich völlig an einer Lobierung des Kephalothorax ; nicht eine einzige der bekannten Regionen des Brachyurenpanzers ist zu unterscheiden, höchstens daß man an dem größten Exemplar eine ganz leichte Vorwölbung der breiten Stirnregion sehen könnte; aber den beiden kleineren Stücken fehlt auch diese, und Gewicht ist auf sie offenbar nicht zu legen. Es fehlen daher infolge dieser negativen Eigenschaft auch die bezeichnenden Charaktere der Gliederung des Brachyurenthorax. Eine Umbiegung des Thorax zu Branchiostegiten habe ich trotz sorgfältigster Versuche der Freilegung solcher nicht beobachten können, sondern überall nur einen scharf gegen das Muttergestein abschneidenden Rand mit der charakteristischen Säge- zahnbesetzung.

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[3] Über einige Brachyuren aus der Trias und dem Dogger der Alpen. 677

Die Oberfläche des Thorax zeigt eine gleichmäßig verteilte feine Granulierung, bei der ganz feine, nur mit der Lupe sichtbare Granulen zwischen gröberen stehen.

Der primitive Charakter der neuen Form ist unverkennbar: Keine Teilung des Thorax in unterscheidbare Regionen ist sichtbar, keine Scheidung des Thoraxrandes in Hinterrand, Vorder- und Hinterseiten- ränder; nur der Stirnrand ist durch eine leichte Verwölbung oder durch die Einbiegung an den Augenhöhlen als solcher unterscheidbar. Die Zähnelung des Thoraxrandes ist die einzige hervorstechende Eigenschaft. |

Beim Vergleich mit bekannten Formen können nur die geologisch älteren, permischen Arten des Genus Oonocarcinus, sowie Hemitrochiseus paradoxusSchaurothin Betrachtkommen. Letztere, dem Thüringischen Zechstein entstammende Form wurde von Schauroth!) benannt und abgebildet, später von H. B. Geinitz?) ausführlicher behandelt und auch von Quenstedt?°) mehrmals wiedergegeben. Am zuverlässigsten und eingehendsten ist die Beschreibung, welche H. B. Geinitz unter wesentlicher Änderung der ursprünglichen Diagnose Schau- roth’s auf Grund besseren Materials dieser wichtigen kleinen Art gibt. Die Ahnlichkeit in der Gestalt des Thorax mit unserer Art ist sroß, auch die Breite des Stirnrandes und die Anordnung der Augen- höhlen ist ähnlich, ebenso die Granulierung der Thoraxob.rfläche. Anderseits zeigt sich bei Hemitrochiscus trotz seines höheren geolo- gischen Alters schon eine Andeutung von Lobierung des Thorax, die bei Cyelocareinus völlig fehlt. Eine Verzierung des Thoraxrandes hin- wiederum fehlt bei Hemitrochiscus, ist dagegen die auffallendste Eigen- schaft von Oyelocareinus. Schließlich ist Hemitrochiscus wesentlich kleiner als die neue Form der oberen Trias. Eine Vereinigung der letzteren mit dem permischen Hemitrochiscus erscheint daher nicht angängig.

Größer noch sind die Unterschiede, welche unsere Art von Oonocarcinus aus dem permischen Fusulinenkalk Siziliens trennen. Die drei Arten Gemmellaros, ©. insignis, OÖ. Geinitzi und 0. anceps, haben einen viel ovaler geformten Kephalothorax mit ausgeprägter Trennung des Randes in einzelne Teile; sie besitzen ferner eine, wenn auch schwache, so doch unverkennbare Lobierung des Panzers, ‚zeigen eine stark entwickelte Rostralplatte und lassen auch schwache Branchiostegiten erkennen. Anderseits entbehren diese Arten eine Verzierung der Thoraxränder durch Zähnelung. Eine Vereinigung von Oyelocareinus mit Oonocarcinus ist demnach völlig ausgeschlossen. Es ergibt sich daher die Notwendigkeit, eine neue Gattungsbezeichnung zu schaffen; als solche habe ich nach der Form des Kephalothorax den Namen Cyclocareinus und nach der Zähnelung des Randes, dem augenfälligsten Merkmal), die Artbenennung gewählt.

Die Diagnose der Gattung Oyelocareinus fällt vorderhand mit derjenigen der einzigen Art Ü. serratus zusammen und ist folgende:

Kephalothorax ‚klein, halbkugelig gewölbt, ohne Andeutung von Loben oder Regionen. Thoraxrand gleichmäßig, fast kreisförmig um-

1) Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges, 1854, Bd. VI, pag. 558, Taf. 22, Fig. 1. ?2) Die animalischen Überreste der Dyas. Leipzig 1861, pag. 28, Taf. 10, Fig. 4. 3) Handbuch der Petrefaktenkunde. 3. Aufl. 1885, pag. 403, Taf. 31, Fig. 26.

678 E. Stolley. [#]

laufend, nur der Stirnrand wird durch die kleinen seitlichen Augen- höhlen als solcher gekennzeichnet und hat gie Form eines breiten, flachen Bogens. Hinter den Augenhöhlen beginnt eine zunächst schwache, dann an Stärke zunehmende Zähnelung des Randes, welche sich nach hinten wieder abschwächt. Branchiostegiten anscheinend nicht vorhanden. Oyclocareinus serratus erscheint durch seine Eigenschaften fast noch primitiver als Alemitrochiscus und besonders als Oonocarecinus, obwohl letztere beiden geologisch ältere Formen sind. Abgesehen davon liegt seine Bedeutung darin, daß er der erste brachyure Krebs der Triasformation ist und die bisherige Lücke durch ihn erheblich verkleinert wird. Freilich bleibt diese noch recht groß, wenn man in Betracht zieht, daß Üyelocarcinus, Hemitrochiscus und Oonocareinus sich von den gleichzeitig mit ihnen lebenden Prosoponiden, Mesoprosopon und Paraprosopon, sehr stark unterscheiden und daß man bis zur oberen Kreide und zum untersten Tertiär hinaufsteigen muß, um in den Raninoideae Formen zu finden, welche weit mehr äußere Ähnlichkeit mit diesen geologisch alten Gattungen besitzen, als mit den Prosopo- niden des Jura. Es erscheint aber völlig ausgeschlossen, Oyclocareinus etwa einer anderen Gruppe der Kruster zuzurechnen als den Bra- chyuren. Seine Ähnlichkeit mit dem permischen Hemötrochiscus ent- kräftet wohl auch die Bedenken, welche v. Zittel!) gegen die Ein- reihung dieser letzteren Gattung unter die Brachyuren hatte, zur Genüge. Einzige Art Oyclocareinus serratus gen. nov. sp. nov., in einem Exem- plar im grauen Kalkstein der norischen Stufe am Siriuskogel bei Ischl im Salzkammergut gefunden. Abbildungen auf Tafel XL, Fig. 1a u. b, 2. 1a Kephalothorax von oben, 1b von der Seite, 2 ein kleineres Exem- plar von der Seite. Sämtliche Figuren in doppelter Größe. Originale in der Sammlung des mineralog. geolog. Institutes der herzogl. tech- nischen Hochschule zu Braunschweig in Kollektion Deecke.

2. Mesoprosopon triasinum gen. nov. sp. nov. Taf. XL, Fig. 3a—d.

Nur ein einziges Exemplar liegt vor. Die Länge des kleinen Kephalothorax beträgt 7 mm und ist gleich der größten Breite, welche im Beginn des hinteren Körperdrittels liegt und jederseits durch einen spitz vorragenden, an dem Originalstück etwas beschädigten Dorn deutlich gekennzeichnet ist. Diese Dornen machen die Breite größer als der eigentliche Panzer sie besitzt, welcher ohne dieselben eine etwas länglich ovale Form hat. Von der Region der größten Breite an findet nach vorn eine allmähliche, durch eine leicht geschwungene Kontur bezeichnete Verschmälerung des Panzerchens statt, während die Umrißlinie sich nach hinten rasch, doch abermals durch je einen Dorn unterbrochen, zusammenzieht, so daß eine scharfe Trennung in Hinterseitenränder und den eingebuchteten Hinterrand eintritt. Da- durch wird der Umriß der Hinterregion des Kephalothorax eckig und der Gesamtumriß gewinnt einen fünfseitigen Charakter.

Tritt uns also hierdurch in der äußeren Gestalt eine höhere Differenzierung entgegen, als der oval geformte Paraprosopon Keussi

!) Handb. d. Paläontologie, Bd. II, pag. 701 u. Anm. pag. 717.

[5] Über einige Brachyuren aus der Trias und dem Dogger der Alpen. 679

des Perms sie besitzt, nähert sich also die Gestalt mehr den jüngeren Prosoponiden der Juraformation, so findet das Gegenteil hinsichtlich der Lobierung der Oberseite des Kephalothorax statt. Hier sieht man anstatt der durch Furchen deutlich abgegrenzten Regionen, wie sie schon das permische Paraprosopon und, wenn auch in anderer Weise, besonders die jüngeren Prosoponiden besitzen, nur eine schmale Mittel- region in der Längsrichtung des Kephalothorax stark herausgehoben und jederseits durch eine sie begleitende Furche begrenzt. Dieser Mittelwulst verläuft bis in das hintere Ende des Kephalothorax und verliert sich dort allmählich nahe der Einbuchtung des Hinterrandes. Eine Querteilung fehlt sowohl in diesem Mittelwulst als auch auf den Seiten des Panzers vollständig; ebenso entbehrt die Oberfläche auch jeglicher Granulierung, sie ist vollkommen glatt und nicht etwa durch ungünstige Erhaltung abgerieben. Die Stirnregion ist nicht ganz tadel- los erhalten; es scheint, als sei der bis ganz nach vorn sich er- streckende Mittelwulst des Thorax an seiner Spitze beschädigt und habe ursprünglich ein wenig über die seitlichen Partien vorgeragt, vielleicht als eine den Umriß deutlich beeinflussende kleine Spitze der Stirn. Eine scharfe Abgrenzung der Augenhöhlen beiderseits dieser schmal vorragenden Stirn ist auch nicht zu erkennen; dagegen sind die Grenzen des breiten Umschlages der Branchiostegiten sehr gut sichtbar und zeigen, daß nicht nur die Seitenränder umgeschlagen sind, sondern in gleicher Weise auch der eingebuchtete Hinterrand.

Den im vorstehenden beschriebenen kleinen Prosoponiden der Gattung Prosopon H. v. Meyer zuzurechnen, ist nicht angängig: ebenso- wenig kann er mit dem permischen Paraprosopon Gemm. aus per- mischem Fusulinenkalk Siziliens vereinigt werden. Von beiden Gattungen scheidet ihn der Mangel einer Lobierung, das Fehlen aller der be- kannten, durch Furchen bestimmter Art getrennten Regionen des Kephalothorax der normalen Brachyuren. In dem medianen Längs- wulst kann man eine solche nicht sehen, da dieser ganz einheitlich und ununterbrochen von der Stirn bis zum Hinterrand verläuft und keine Spur einer Trennung in Stirn-, Magen- und Herzregion erkennen läßt. Dieser Unterschied vermag gegenüber den jüngeren differen- zierteren Prosoponiden des Jura und des Neokom nicht zu ver- wundern, da ein primitiverer Charakter der geologisch älteren Typen nichts Ungewöhnliches an sich hat; wohl aber fällt dieser Umstand gegen- über dem noch älteren Paraprosopon des Perms ins Gewicht, dessen Lobierung zwar etwas andersartig als bei Prosopon und Oxythyreus, aber kaum minder differenziert ist. Freilich gibt es unter den Rani- noideen der Kreide und des Tertiärs auch Panzer, welche von einer Trennung in Regionen so gut wie nichts erkennen lassen, ohne daß man diese Familie der Brachyuren darum als niedriger organisiert als die übrigen Familien dieser Ordnung ansieht. Gleichwohl bleibt diese negative Eigenschaft unserer triadischen Form bemerkenswert und trennt sie von Prosopon wie von Paraprosopon.

Anderseits ist nicht zu verkennen, daß der Umriß des kleinen Thorax mit seiner vorn verschmälerten, nach hinten verbreiterten, durch zwei Paar laterale Dornen gekennzeichneten Kontur eine stärkere Differenzierung als Paraprosopon besitzt und sich durch diese Eigen-

Jahrbuch d, k. k. geol. Reichsanstalt, 1914, 64. Band, 4 Heft. (E. Stolley.) 87

680 E. Stolley. [6]

schaft mehr den jüngeren Prosoponiden nähert, obwohl letzteren nicht gerade eine solche durch Dornen markierte Trennung von Vorder- und Hinterseitenrändern und von Hinterrand und Hinterseitenrändern eigentümlich ist, sondern mehr eine Verzierung der Vorderregion des Kephalothorax durch Spitzen, Ecken und Dornen. Die Größe des Panzers unserer Art steht zwischen derjenigen des sehr kleinen Para- prosopon und der von Prosopon, beziehungsweise Oxythyreus.

Ich habe für diese neue Form wegen ihrer in gewisser Weise vermittelnden Eigenschaften, die jedenfalls in ihrem geologischen, obertriadischen Alter unzweifelhaft ist, in paläontologischer, phylo- genetischer Hinsicht freilich weniger klar in die Erscheinung. tritt, die Gattungsbezeichnung Mesoprosopon gewählt und sie nach ihrem geologischen Vorkommen M. triasinum genannt. Die Diagnose der Gattung Mesoprosopon fällt, da bisher nur das eine hier beschriebene Exeniplar vorliegt, mit den Hauptcharakteren der Art Mesoprosopon triasinum zusammen und ist die folgende:

Kephalothorax klein (zirka 6 mm), mäßig gewölbt. Der ovale Umriß durch zwei Paar Dornen in der Hinterregion des Panzers ver- breitert und fünfeckig gestaltet, dadurch zugleich Trennung in Vorder- seitenränder, Hinterseitenränder und Hinterrand; letzer eingebuchtet. Ein schmaler, kräftiger medianer Längswulst läuft von der schmalen Stirn bis nahe an die Bucht des Hinterrandes. Eine eigentliche Lobierung des Kephalothorax fehlt. Der Umschlag des Panzers zu Branchiostegiten ist sowohl an den Seitenrändern wie am Hinterrande breit. Stirn und Augenhöhlen sind wenig markiert. Die Oberfläche ist glatt, ohne jede Granulation.

Einzige Art Mesoprosopon triasinum gen. nov. sp. nov., in einem Exemplar im grauen Kalkstein der norischen Stufe am Siriuskogel bei Ischl im Salzkammergut gefunden. Abbildungen derselben auf Taf. XL, Fig. 3a —d. 3a Kephalothorax von oben, 35 von unten, 3c von hinten, 3d von der Seite, sämtliche Figuren in doppelter Größe.

Das Original befindet sich in der Sammlung des mineralog.- geolog. Instituts der Herzogl. Techn. Hochschule zu DESRUSCHBrEIE in Kollektion Deecke.

3. Prosopon Vilsense sp. n. (Taf. XL, Fig. 4a und b.)

Bei vorliegender Gelegenheit füge ich hier die Beschreibung eines echten Prosopon an, das ich schon im Jahre 1890 in den be- kannten Doggerkalken mit Waldheimia pala, Ichynchonella Vilsensis und Hecticoceras hecticum von Vils bei Füssen in Tirol in einem ohne Zweifel einer neuen Art angehörigen Exemplar sammelte.

Der längliche und stark gewölbte Kephalothorax besitzt eine Länge von 10 mm bei einer größten Breite von 6 mm und ungefähren Höhe von 4 mm. Die größte Breite liegt im hinteren Drittel und nimmt nach vorn allmählich, aber nur wenig ab, so daß im vorderen Drittel noch 5 mm Breite gemessen werden. Die Gesamtform erscheint daher fast rechteckig, zumal da eine vordere Rostralspitze fehlt. Das Rostrum bleibt nämlich auch in seiner vordersten Region ver-

Ki Über einige Brachyuren aus der Trias und dem Dogger der Alpen. 681

breitert, indem eine mittlere Furche es dort derart zweiteilt, daß beider- seits ein etwas vorragender Lappen gebildet wird, unter dem seitlich die Augenhöhlen liegen. Diese werden nach hinten durch einen stark ausgebildeten dornartigen, schräg nach vorn gerichteten Vorsprung des Kephalothorax begrenzt. Die Querfurchen der Thoraxoberfläche sind tief eingeschnitten, und die Regionen heben sich deutlich und stark gewölbt, zum Teil geradezu buckelartig voneinander ab. Die Magen- region als ganze ist deutlich dreieckig mit spitz vorgezogenem Vorder- ende, das durch eine seichte Furche noch von dem rundlichen Hauptteil geschieden wird. Die seitliche Furchenbegrenzung dieser Region ist deutlich ausgeprägt; die beiden Furchen laufen nach vorn zu der das Rostrum zweiteilenden Medianfurche spitz zusammen. Seitlich des Hauptteils der Magenregjon erscheint die Leberregion ebenfalls geteilt, in einen hinteren Teil, der neben dem Hauptteil der Magenregion liegt, und einen vorderen Teil, der sich neben dem vorderen Fortsatz der Magenregion befindet; eine seichte Furche liegt dazwischen. Nach vorn schließen sich, wiederum durch eine seichte Furche abgetrennt, die seitlichen lappenartigen Vor- sprünge des Rostrums an, und seitlich des hinteren Leberlappens erhebt sich dann der die Augenhöhle hinten begrenzende dornartige Vorsprung und reicht bis zu gleicher Höhe wie der vordere Leber- lappen. Die Nackenfurche selbst, welche den gesamten vorderen Teil des Panzers abgrenzt, ist tief eingeschnitten und verlänft nicht in einfacher Querlinie, sondern beiderseits etwas schräg rückwärts, so daß sie hinter der Magenregion einen stumpfen Winkel bildet. Ihr nahe und völlig parallel zieht die hintere Querfurche, welche aber in der Mitte des Schildes nicht wie die vordere einen stumpfen Winkel bildet, sondern hier auf die stark buckelartig sich erhebende Herz- region trifft und sich vorn bogenförmig um diese herumlegt. Zugleich verbindet eine ziemlich breite Längsfurche in dieser Mittelregion des Panzers die beiden Querfurchen miteinander und bewirkt mit diesen zusammen eine deutliche Zweiteilung der schmalen Mittelregion in zwei längliche seitliche, stark hervortretende Lappen, die wie die Furchen schräg seitwärts nach vorn gerichtet und in der Mitte durch eine ganz seichte Furche noch wieder schwach geteilt sind. Die schon erwähnte kleine Herzregion stellt den höchsten Punkt des Panzers dar; sie spitzt sich nach hinten rasch dreieckig zu und besteht hier eigentlich nur aus einer kleinen warzenartigen Erhebung, die von dem Hauptbuckel der Herzregion durch eine seichte Furche abgetrennt ist. Seitlich erheben sich jenseits der die Herzregion seitlich be- grenzenden und spitz nach hinten zusammenlaufenden seichten Furchen die beiden großen und gewölbten Kiemenlappen. Der Hinter- rand des Panzers besitzt eine deutlich nach vorn vorspringende Ein- buchtung.

Die Oberfläche des Kephalothorax ist durch sehr kräftige Warzen stark skulpturiert, und die genannten Regionen heben sich durch ihre Besetzung mit solchen noch besonders stark heraus. Auf den seitlichen Teilen der hinteren Kiemenlappen werden die Warzen kleiner, sonst sind sie auf allen Regionen und Lappen sehr stark entwickelt. Auch in der hinteren Querfurche stehen schräg seitlich der Herzregion

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682 E, Stolley. [8}

beiderseits einige kleinere Wärzchen, und die den Hinterrand be- gleitende, die Kiemenlappen hinten begrenzende Furche trägt in ihrer Mitte, nahe der tiefsten Einbuchtung des Hinterrandes, eine Warze, um welche vorn herum die hintere Furche sich beiderseits zum spitzen Ende der Herzregion wendet.

Prosopon Vilsense ist durch die geschilderten Eigentümlichkeiten von sämtlichen bisher beschriebenen Prosoponiden wohl unterschieden. Am nächsten steht ihr noch nach Gesamtform des Kephalothorax und Ausbildung der Furchen und Regionen das oberjurassische P:osopon ornatum H.v.Meyer!), wie es loc. ceit. Taf. 23, Fig. 26 abgebildet ist. Doch sind die Unterschiede augenfällig. Auch Prosopon pustulatum Quenstedt?°) aus dem Oerlinger Tal ist ähnlich, aber keineswegs über- einstimmend.

Das einzige Exemplar von Prosopon Vilsense stammt, wie schon erwähnt, aus dem alpinen Doggerkalk von Vils bei Füssen in Tirol und befindet sich in der Sammlung des Mineralog. Museums und In- stituts der Universität Kiel. Abbildungen auf Taf. XL, Fig. und b in doppelter Größe, 4a von oben, 4b von der Seite.

Die Bedeutung dieser neuen Art liegt wesentlich im Fundgebiet und im Horizont, denen dasselbe angehört. Aus dem Dogger, und zwar des außeralpinen französischen Gebietes, ist bisher nur eine Art, Pro- sopon hebes v. Meyerim mittleren Dogger von Crune, bekannt geworden. Alle übrigen Arten der Gattung entstammen, mit Ausnahme des neokomen Prosopon tuberosum v. Meyer, dem oberen Jura der Alpen und des mitteleuropäischen Gebietes. Durch den Fund des Prosopon Vilsense im Brachiopodenkalke von Vils in Tirol, der besonders durch Hectico- ceras hecticum als oberer, der Kellaway-Stufe entsprechender Dogger festgelegt wird ®), ist einerseits eine Lücke geschlossen, anderseits die erste alpine Doggerform der Gattung bestimmt worden, die sich in ihrem Gesamthabitus näher an geologisch jüngere Malmformen, als an das ältere Prosopon hebes anschließt.

Beiläufig sei schließlich darauf hingewiesen, daß in Zittel’s Handbuch und Grundzügen der Paläontologie die Abbildungen von Pro- sopon pustulatum Quenstedt und P. aculeatum v. Meyer vertauscht sind. Im übrigen ist zu bedauern, daß Moericke) in seiner Mono- graphie der Stramberger Crustaceen, die wesentlich Prosoponiden be- handelt, der Beschreibung der einzelnen Arten keinen Hinweis auf bestimmte Abbildungen der älteren Autoren beigegeben hat, zumal da die Abbildungen Moericke’s sich zum Teil auffallend von den entsprechenden Figuren der ersteren unterscheiden, ohne daß darauf im begleitenden Text hingewiesen wäre.

!) H. v. Meyer, Die Prosoponiden (Palaeontographica, Bd. 7, Cassel 1859—61, pag. 183 ff.).

2) Quenstedt, Handbuch der Petrefaktenkunde,” 3. Aufl, Tübingen 1885, pag. 403, Taf. 31, Fig. 22.

®) Cf. A. Rothpletz, Geologisch-paläontologische Monographie der Vilser Alpen (Palaeontographica, Bd. 33, 1886).

*) W. Moericke, Die Crustaceen der Stramberger Schichten (Palaeonto- graphica, Supplement II, Abt. 6, Stuttgart 1897).

Tafel XXXIX.

Franz Toula: Kleinfauna von Neudorf an der March.

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Erklärung zu Tafel XXXIX.

1. Cornuspira neudorfensis n. f. VI. (Schichte,)

2. Nodosaria (Dentalina) consobrina d’Orb. (2a Anomalie.) VI.

3. Dentalina cf. hispida @Orb VI.

4. E cf. hispida d’Orb. (Vielleicht eine neue Form „D. neu-

dorfensis“). VI.

5. 4 cf. scabra Rss. (Vielleicht eine neue Form.) V.

6. Cristellaria (Marginulina) af. tenuis (Born.) Brady. IV. Vielleicht n. f. Marginulina neudorfensis n. f.

7. Cristellaria echinata (d’Orb.) Cz. IV.

8. 4 af. incompta Rss. 11.

9a—d. DÜUvigerina pygmaea d.Orb. Eine Formenreihe. II—V,

10a—b. z tenuistriata Rss. Zwei Formen. II—VI.

1l. Dvigerina neudorfensis Toula. Zwei Formen. II—IV.

12. = spec. (Abnorme Form.) III.

13. Spirillina af. vivipara (Ehrenb.) Brady \.

14. „ef. punctata Rss. III.

15. Discorbina aff. orbicularis Brady. II. (Vielleicht eine neue Form.)

16. Truncatulina Ungerana d’Orb. var, radiata. V.

Ir, ® neudorfensis n. f. IV—VI.

18. > (Anomalina) af. Wüllerstorfi Schwager. V.

19. Borstenstacheln von Brissopsis ottnangensis R. Hörn. V.

20). Warze viell. von Brissopsis ottnangensis R. Hörn. V.

21. " Crisia sp. (n. J.) I.

22. Modiola cf. Hoerhnesi Rss. (Vielleicht als Mod. neudorfensis n. f. zu bezeichnen.) III.

23. Turbonilla neudorfensis n. f. 11.

24. An Paludina erinuernd. Neue Form. IV. ,

25. Scutum (?) sp. Neue Form? V.

26. Delphinula (?) Neue Form? VI.

27. Cythere (Cytherella) sp. Neue Form? V.

28. Cythereis aff. hystrix Rss. V.

Die Zeichnungen hat der Assistent meiner Lehrkanzel Herr Dr. Roman Grengg ausgeführt, und zwar doppelt so groß als sie die Tafel bietet Die meisten der Figuren erscheinen nun in 30:1, nur Fig. 1 in 10:1, Fig. 23 in 50:1, Fig. 24 in 15:1 und Fig. 15 in 60:1.

Die Originale befinden sich in den Sammlungen der Lehrkanzel für Geologie an der k.k. Technischen Hochschule in Wien.

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Tafel XL.

E. Stolley:

Über einige Brachyuren aus der Trias und dem Dosker der Alpen.

Erklärung zu Tafel XL.

Fig. 1a,b und Fig. 2. Cyelocareinus serratus gen. nov. sp. nov. aus norischem Kalk des Siriaskogels bei Ischl, in doppelter Größe.

Fig. 1a von oben gesehen, 15 von der Seite.

Fig. 2. Kleineres Exemplar von der Seite.

(Originale in der Braunschweiger , Hochschulsammlung.)

Fig. 3a—d. Mesoprosopon triasinum.gen. nov. sp. nov. aus norischem Kalk des Siriuskogels bei Ischl, in doppelter Größe. -Fig. 3a von oben gesehen, 35 von der Unterseite, 3c von hinten, 3d von

der Seite. (Original in der Braunschweiger Hochschulsammlung.)

Fig. 4a und db. Prosopon Vilsense sp. nov. aus oberem Dogger von Vils bei Füssen, in doppelter Größe. Fig. 4a von oben gesehen, 45 von der Seite. (Original in der Kieler Universitätssammlung.)

Sämtliche Abbildungen nach rein photographischen Wiedergaben der Originale.

B. Sander: Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) I. Folge. Taf. XXVII.

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd, LXIV, 1914. Verlag der k,k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23,

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

B. Sander; Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) I. Folge. Taf. XXX.

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV. 1914. Verlay der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill., Rasumofskygasse 23.

B. Sander: Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) I. Folge. Taf. XXXIN.

Fig. 14 (19) Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Il, Rasumofskygasse 23.

B. Sander: Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) II. Folge. Taf. XXXIV.

Fig.1 Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

B. Sander: Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) II. Folge. Taf. XXXV.

Fig. 3 Fig. 4 Liohtdruck v. Max Jaffe, Wien.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Veriag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23,

B. Sander: Beiträge a. d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) II. Folge. Taf. XXXVI.

Fig 6 Liehtdruck v. Max Jaffe, Wien.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV. 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

B, Sander: Beiträge a, d. Zentralalpen (Gesteinsgefüge) II. Folge. Taf. XXXVII.

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Fig. 8 Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien

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Franz Toula: Mariner Tegel von Neudorf a. d. March (Deveny-Uifalu).

Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien.

Gezeichnet von Dr. R. Grengg.

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumofskygasse 23.

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E. Stolley: Brachyuren aus Trias u. Dogger Taf. XL, der Alpen.

Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LXIV, 1914. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumofskygasse 233.

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Franz Toula: Über den marinen Tegel von Neudorf an der March (Den. Ujfalu in Ungarn) und seine Mikrofauna. Mit. ‚einer Textfigur und einer Tafel (Nr. XXXIX). a ee RE LORB dl.

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