er, 2 > Fe we pe - Ye b ie IP ec; 3 : J NEE ; ro, "2 Ne cu e \ b N j x = a 3 Yun ' Y ” n “ ‚A = r ii E77 g w . - .0 N £ w er, vs - .i ra z Bi 1 P% x » a « 2 san ? : s u » . . « N “ sr ‘ i N c - Be N x = - a n 1... >. > ee N ; + u ’ ke J » ” ' : nn. & A | r Rn N I 5 ® j - : Re D > - ‘ } N E Ei = vn _ I . N fi ! $ ” £ ‘ HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 2. No or. Pe et ra Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft 2 Graubündens. Neue Folge er ae x 6 XLIV. Band, x FREE SIE Vereinsjahr 1900/1901. Mit 2 Tafeln Abbildungen. In Commission der Hitz’schen Buchhandlung. 1901. SER N HEIST RZ LONG Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Neue Kolge CETTDR ERINNERN.) g XLIV. Band. Ö (ER Vereinsjahr 1900/1901. Mit 2 Tafeln Abbildungen. "CHUR. In Commission der Hitz’schen Buchhandlung. i 1901. MAR 26 1909 Inhalts-Verzeichniss. —_— en Zur Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. 6) kl; 2 6. Als Erinnerung an das 75jährige Bestehen der Gesellschaft bearbeitet von Dr. P. Lorenz, z. 2. Präsident derselben l. Geschäftlicher Theil. Mitgliederverzeichniss (Ende Juni 1901) Biographien: Obering6enieur Friedr. v. Salis Präsident J. Saratz Dr. med. Alex. Spengler Bericht über die Thätigkeit der Naturforschenden Gesellse haft Graubündens im Gesellschaftsjahre 1900/1901 Il. Wissenschaftlicher Theil. Schmetterlinge und Ameisen. Beobachtungen einer Symbiose zwischen Lycaena argus L. und Formica cinerea Mayr. Mit “1 Tafel Abbildungen. Von H. Thomann, Plantahof . Beitrag zur Kenntniss der Laub- und Lebermoosflora des Engadins. Von M. v. Gugelberg = J g . Glacialreste von Chur und Filisur, aufgedeckt 1900. -Von Dr. Chr. Tarnuzzer . Ein diluvialer Bergsturz der Bünduer-cherne a a Flimserbreecie von Valendas. Mit”1 Tafel Fe Von Dr. Chr. Tarnuzzer . Meteorologische Feuer in une in len as 1897 und 1898 und Naturchronik pro 1897 und 1898 Litteratur zur physischen Landeskunde Graubündens pro 1900 I. Allgemeines Il. Mediein Ill. Botanik IV. Zoologie V. Geologie . VI. Topographie und Ponkiehk 5 VII. Bäder und Curorte VI. Karten, Panoramen ete. Anhang: Ur. Campelli Rhaetiae Alpestris topographica descriptio. Schluss. Pag 1—176 Il VII XIV XVIl . XXI 41 Vorwort, Inhaltsverzeichniss. Einleitung und Anmerkungen dazu. Zen: v2 Ar Zur Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Als Erinnerung an das 75jährige Bestehen der Gesellschaft bearbeitet von Dr. Paul Lorenz z. 7. Präsident derselben. ae Zur Geschichte Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. it dem 25. Oktober 1900 hat unsere Gesellschaft 3 das 75ste Jahr ihres Bestehens erreicht. Seit ihrer Gründung am 25. Oktober 1825 hat sie mannigfache Zeiten fröhlichen Gedeihens, reger SE; KK Arbeit, aber auch solche mühsamer Kämpfe um ihre Existenz durchgemacht und einmal auch für ein Jahr ihre Thätigkeit gänzlich einstellen müs- sen. Uns dankbaren -Epigonen geziemt es nun wohl, bei dem 75jährigen Jubiläum unseres Vereines, auf dessen Werden und Thätigkeit Rückschau zu halten und derjenigen Männer zu gedenken, die an seiner % Wiege gestanden sind, sowie der Späteren, die sich durch keine Misserfolge und Enttäuschungen haben entmu- tigen lassen, immer wieder die Fahne hoch gehalten und die Gesellschaft durch alle Fährlichkeiten schwieriger Zeiten glücklich hindurch geführt, ihr eine geachtete Stellung unter ihren schweizerischen Schwestergesellschaften erobert und sie darin bis zur Stunde erhalten haben. Hoffen wir, dass es uns gelingen werde, sie auf dieser Bahn zu erhalten und sie immer mehr zu befähigen, ihren Aufgaben gerecht zu werden: Pflege der Wissenschaft, Er- forschung der Natur im allgemeinen und unserer engeren Heimat im besonderen und Verbreitung naturwissenschaft- licher Erkenntnis in weiteren Kreisen. SEINE te Unsere Gesellschaft ist 1825 nicht wie ein Phenix aus der Asche hervorgegangen, nein, sie hat ihre Vorgängerinnen gehabt, allerdings unter anderem Namen, aber mit denselben Zwecken und Zielen, deren Erfüllung heute noch das Wesen und Streben ihrer Arbeit ist. Sie ist der Abschluss einer Reihe von ähnlichen Gesellschaften und wurde zum Theil von denselben Männern gegründet und ins Leben gerufen, die an ihrer unmittelbaren Vorgängerin mitgewirkt hatten, der zweiten ökonomischen Gesellschaft. _ Wir greifen also auf die Zeiten zurück, wo zum ersten Male wissenschaftlich gebildete und edeldenkende Männer bemüht gewesen sind, in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Vereine ins Leben zu rufen zum Zwecke gegenseitiger Be- lehrung und Verbreitung naturhistorischen Wissens, sowie der Erforschung des eigenen Landes und damit die Förderung von dessen intellektuellem, kulturellem und materiellem Wohle nach Kräften zu unterstützen. *) Es hat wohl von jeher Männer in unserem Lande ge- geben, die Freude an der Natur und ihrem geheimnisvollen Walten gehabt und dasselbe zu beobachten und zu ergründen gesucht haben. Selbstredend konnten es immer nur ganz ver- einzelte sein, die sich bei den Schul- oder vielmehr Nicht- schulverhältnissen früherer Jahrhunderte mit Fragen der Natur- kunde sich beschäftigten. So waren es zunächst unsere Chronisten und einzelne hervorragende Staatsmänner, welche auf höheren auswärtigen Schulen sich eine gewisse Bildung zu erwerben in der Lage waren, die Interesse an Naturbeobachtung hatten und in ihren Schriften, die meist historischen und politischen Inhalts sind, kurze Mitteilungen davon einfügten. Ich erinnere hier an unseren. Historiker und Topographen Campell und die Ohronisten Sprecher, Guler, Ardüser, Sererhard, in deren Schriften neben manchen mystischen Zügen und vielem Aberglauben, doch zahlreiche Goldkörner guter, naturgetreuer *), Von dem zu dieser Arbeit benutzten handschriftlichen und ge- druckten litterarischen Materiale gebe ich am Schlusse «eine Uebersicht. Ein Anhang enthält ältere und neuere Gesellschaftsstatuten, sowie eine Uebersicht der Vorstände der Gesellschaft seit 1825. Beobachtung gefunden werden. Ja, wollten wir noch weiter zurück, als ins 16. Jahrhundert, in dessen zweiter Hälfte die bündnerische Geschichte und Topographie Campells geschrie- ben worden sind, gehen, so könnten wir versucht sein, in der dunklen Zeit des Mittelalters in Graubünden den ersten Vivisector und Physiologen zu finden. Wird doch dem als finsteren Tyrannen verschrieenen ersten Demokraten Graubün- dens, Donat v. Vaz, die Fabel angedichtet, derselbe habe drei seiner Kriegsgefangenen eine reichliche Mahlzeit verabreichen, den einen dann ruhen, den zweiten marschiren und den dritten Holz hacken lassen und ihnen dann den Leib aufge- schnitten, um zu sehen, welcher von den Dreien sein Ver- dauungspensum am besten vollführt habe. Da Regenzglas, Mieroscop und Gastrotomie noch nicht Mode waren, so kann man sich den Erfolg des Experiments denken. Jedoch Spass bei Seite! Ferner sind, um einigermassen vollständig zu sein eine Anzahl Aerzte und andere sich um die Naturkunde des Landes interessierende Männer zu nennen, von denen wir noch Schriften besitzen, die von unseren Mineralquellen, vorkommenden epidemischen Krankheiten etc. erzählen. Ich entnehme einem handschriftlichen Verzeichnisse bündnerischer Schriftsteller über Naturkunde, Mediein, Veterinärkunde und Oekonomie, das im Katalog der Kantonsbibliothek sub Rxtica p. 155 Nr. 4 aufge- ‘ führt ist, folgende Angaben, wobei ich bemerke, dass nur Autoren aus der Zeit vor 1800 berücksichtigt sind. Diese Zusammenstellung ist aus Haller’s Bibliographie entnommen und gebe ich sie kurz nach Autor- namen, Gegenstand und Jahr des Erscheinens soweit dies möglich ist. I. Badeschriften: Joh. Abis, über Pfäffers. Richenau. 1676. (In italienischer Sprache. Abis starb 1697, 83 Jahre alt.) Anhorn, Sylvester Samuel, de aquis salsulis Scoliensibus. (Schuls.) 1717. PTR A Bawvier, Ganey 1741, Alveneu 1747, Fideris und Bonaduz 1707. Beeli-Belfort, Zaccharias. Pfäffers. Brief an den Abt vom 19. Nov. 1630. Bonomo, Paolo. Relazione della scoperta delle incompara- bili Minerali trovatesi in Madesimo (im Veltlin): Chur 1730. Damuır,- Zacharias. Pfäffers. Basel 1704. Guler, Joh. Fideris 1642. s. 1. Reidt, Joh., Pfäffers 1708. Saluz, Georg. Ganey 1687. Er Stupan, Jae. Schulserquellen 1702. Stupan, Ulr. St. Moritz. s. a. Walthier, Balthasar. Bad Pfäffers. Zug 1749. II. Mediein: Abis, Andr. Dissertato inaug. Der schwarze leterus. Basel 1743. Zaffi, Rud. M., Dr. Synopsis observat. ıned. ca. (Nova Angina annis 1745/46 epidemice grassans) Lugd. Batav. 1751. Bärtsch, J. Evangelista. Der Koth oder fliegende Brand beim Vieh. Chur 1753. Battaglia, Georg. Dissertatio de apoplex. sanguin. Halle 1719. Beeli, Gabriel, dissertat. de haemorrhoidum fluxu im- modo. Basel 1698. Bernardo Franz Costa v. Puschlaf, dissertatio epistolaris de diarrhoea ec. 1747. Eine weitere medici- nische Schrift des gleichen Autors. Brixen 1748. Peterelli, Heinr. Nosologia ec. Dissertation. Marburg 1615. Stupan, Joh.-Nie., Prof. zu Basel. Med. Theor, ec. s.a. (Stupan starb zu Basel 1621). Aus dem 16. Jahrhundert sind auch Anton und Ulr. Stupan zu nennen, ersterer starb zu Basel 1551; letzterer beschrieb das St. Moritzer Wasser in einer Schrift gedruckt 1593. Stupan, Jae. Descript. aq. salsae scoliensis 1640. (1770— 179%.) Bilguer, Joh. Ulr., Generalarzt der preussischen Armee, hat eine grosse Anzahl medieinischer Schriften publiziert. (Vide Vortrag Dr. Loreuz, gehalten in der Naturf. Ges. am 14. März 1888. Walthier (vid. oben.) De vero Foetus situ in utero. s..a. u.8s.w. u.8w. Einen ziemlichen Umfang nehmen in diesem Verzeichniss Schriften über das Veltlin und den Untergang von Plurs. ein. Manche Bündner hatten s. Z. mehr Interesse am Veltlin als anfdem diesseitigen Bündnerlande, Wenn schon die sub II, Mediein, genannten Autoren sich nicht speziell mit bündnerischer Landeskunde befassten, so sehen wir doch aus diesem Verzeichnisse, dass unser Land auch in jenen zurückliegenden Zeiten wissenschaftlich gebildete Männer gehabt hat, von denen Manche durch Beschreibungen unserer Heilquellen auch direkte der Förderung der naturhist. Kenntniss des Landes gedient und der jetzt so intensiven Benutzung der bündnerischen Mineralquellen vorgearbeitet haben. Von nicht bündnerischen Autoren über unser Land wären be- sonders Scheuchzer, Lambert, Ebel und andere zu nennen. Wir wollten uns aber ausschliesslich an Eirmheimische halten. u | Dieser kurze bibliographische Excurs mag hier genügen. Wir wollen ja von der Entstehung derjenigen Vereinigungen reden, die sich die Erforschung der Heimath und die Ver- mittlung ihres Wissens an ihre Mitbürger zum Ziele gesetzt hatten. Da bildet denn in der Geschichte dieser Bestrebungen und Vereinigungen in unserem Kanton ein ächtes und edles Bündner Kind den Grundstein, auf dem alle nach ihm Kom- menden weiter gebaut und gewirkt haben. Es ist das. Pro- fessor Martin Planta.*) Derselbe wurde im März 1727 in Süs im Unterengadin geboren. Sein Vater war Landammann Joseph Planta, ein einfacher Bündner Landmann, der seine Güter selbst bearbeitete. Seit dem 30jährigen Kriege hatte sich dieser Zweig der Familie Planta auf seine Güter zurück- gezogen und lebte in Süs in einfachen bescheidenen Ver- hältnissen, aber immer bestrebt, ihren Kindern eine möglichst sorgfältige Erziehung angedeihen zu lassen und so sind denn aus dieser Familie tüchtige Pfarrer, Lehrer, Ammänner, be- sonders aber auch eine Anzahl hervorragender Gelehrter her- vorgegangen, von denen einige, besonders ein Bruder unseres Martin Planta, in England zu hohen Stellungen gelangt sind. Unser Martin zeigte schon als Knabe grosse Geistesgaben und so wollte der Vater ihn, wie den älteren Bruder Andreas, dem geistlichen Stande widmen. Letzterer war damals Pfarrer in Castasegna. Er nahm den Bruder zu sich und bereitete ihn für das Studium der Theologie vor. Besonders wusste er ihn für die alten Sprachen zu begeistern, sowie nicht minder für Mathematik und Naturforschung, speziell Physik, für welche Martin eine ausgesprochene Neigung und Befähigung hatte. In Zürich absolvirte Martin seine theologischen Studien, be- nutzte aber auch mit ungewöhnlichem Fleisse den Anlass, sich in Mathematik und Physik weiter fortzubilden. Erst 18 Jahre alt, wurde er 1745 als Pfarrer in die bündnerische Synode aufgenommen. Sein Bruder und Lehrer Andreas war inzwischen Professor der Philosophie an der Universität Er- langen geworden und verschaffte Martin eine Hauslehrerstelle *) Neuer Sammler, IV. 1808. Biographie Planta’s von Dr. J. G, Amstein, dem jüngeren. RT bei einem Baron von. Seckendorf in Obernsenn in Franken. Von da gieng er nach England und predigte an der deutsch- reformierten Gemeinde in London, zugleich im Umgang mit ausgezeichneten Gelehrten an «den dortigen Lehranstalten und Sammlungen seine Studien in Mathematik, Naturwissenschaf- ten, alten und neuen Sprachen fortsetzend. Indessen zeigte es sich‘ aber bald, dass das englische Klima seiner zarten Gesundheit nicht zuträglich war und so kehrte er, nachdem er noch kurze Zeit Pfarrhelfer in Windisch im Aargau ge- wesen war, in seine Heimath zurück. Hier fand er eine Hauslehrerstelle bei Jak. v. Planta von Zuz, Commissarius in Clefen. Mit seinen Schülern reiste er 1753 nach Chur, blieb hier noch weiter ihr Lehrer und liess auch noch andere junge Leute an seinem Unterrichte Theil nehmen. Hier lernte er seinen späteren Freund und Mitarbeiter Joh. Peter Nesemann aus dem Magdeburgischen kennen. Gleiche Stellung und ähnliche Denkungsart führten die beiden Männer oft zusam- men und so reifte der Plan in ihnen, deren Lebensideal das Erziehungswesen stets verblieb, eine höhere Lehranstalt in Bünden zu gründen, der jedoch zunächst nicht zur Ausführung kam. In diesen Churer Aufenthalt fällt auch seine Bekannt- schaft mit dem berühmten Gelehrten Joh. Heinrich Lambert, der auch für unsern Kanton von Bedeutung geworden ist, als der erste, der hier meteorolog. Beobachtungen gemacht hat.*) Planta nahm sodann 1754 die Pfarrerstelle an der reformierten Kirche in Zizers an. Hier hatte er nun häufig Gelegenheit, mit Minister Ulysses von Salis- Harschlins zu ver- kehren und legte demselben seine Pläne bezüglich der pro- *) Joh. Heinrich Lambert wurde 1728 in Mühlhausen im Elsass ge- boren, kam 1748 nach Chur als Hauslehrer im Hause des Grafen Peter von Salis, wo er dessen Enkel und noch einige andere Knaben Salis unterrichtete. Hier machte er meteorologische Beobachtungen, die er später in den Acten der medicinischen Gesellschaft in Basel publizirte. Acht Jahre blieb er in Chur und begleitete dann 2 seiner Zöglinge zu den Universitätsstudien nach Göttingen und Utrecht und kehrte nach Reisen in Frankreich und Italien mit den jungen Leuten 1758 wieder nach Chur zurück. 1759 reiste er zu seiner Mutter nach Mühlhausen, hielt sich dann längere Zeit bei dem bekannten Mechaniker J. Georg Brander in Augsburg auf. 1762 und 1763 war er wieder in Chur und wurde bei einer Grenzbereinigung zwischen Bünden und dem Mailändischen ver- eG jektierten Anstalt vor. Er fand damit bei Salis lebhafte Er- munterung und Unterstützung und so wurde denn endlich mit Nesemann der längst gehegte Plan ausgeführt und die Schule, die er Seminar nannte, im Mai 1761 in Zizers eröffnet. Der Bundestag von 1760 in Ilanz zeigte sich den Plänen Planta’s sehr gewogen und ertheilte ihm und Nesemann den Titel Professor. Was aber noch wichtiger war, es liessen sich mehrere der wohlhabenderen Herren herbei, die Unter- nehmung auch finanziell zu unterstützen. Der Zudrang von Schülern war gross und so musste man sich bald um grösssere Räumlichkeiten umsehen und fand dieselben zunächst in einem Bauernhause in Haldenstein und dann im Schlosse daselbst, von dem ein Theil zu diesem Zwecke ausgebaut wurde. Nach und nach stieg die Zahl der Schüler auf über 70, aus dem Ausland sowohl, als besonders aus der Schweiz und Graubünden. Manche der Schüler des Seminars sind berühmte Männer geworden, so Etatsrath Laharpe, Charles Pictet und Andere. Die Zahl der Lehrer war 5—6. Es trat aber auch in Haldenstein bald Platzmangel ein; da kam Salis-Marschlins zu Hülfe und gewährte dem Institut Unter- kunft in seinem Schlosse Marschlins, wohin im Frühjahr 1771 die Uebersiedelung stattfand. Ueber die Prinzipien des Unter richts spricht sich Planta selbst so aus: „das Gedächtniss allein zu bestürmen und den Verstand und die Denkkraft in den jungen Leuten unbeschäftigt zu lassen, ist eine Marter, der sich Jünglinge nicht ganz mit Unrecht zu entziehen trachten. Sobald man ihnen aber etwas zum Denken gibt und durch die Annehmlichkeit und Leichtigkeit des Vortrages Aul- merksamkeit ablocket, so entsteht eine Lust zum Lernen.“ Diese Kunst des Vortrages hat Planta in hohem Masse besessen. wendet. Dann wandte er sich nach Leipzig; er hielt sich hier aber nur kurze Zeit auf, um 1764 nach Berlin zu gehen, wo er alsbald grosses Ansehen erlangte. Friedrich der Grosse veranlasste seine Aufnahme in die Academie und setzte ihm eine Pension von 500 Thalern aus. 1770 wurde er Oberbaurath. Seinen Ruhm als Gelehrten begründeten seine Kenntnisse in Astronomie und Mathematik. Er war ein sehr wunder- ‚licher, unverträglicher, hochmüthiger Mann, was ihm seine Laufbahn sehr erschwerte. Nach einer langwierigen Lungenkrankheit starb er in Berlin am 25, September 1777. ER So blühte die Anstalt denn nun in schönster Weise und und erreichte bald eine Schülerzahl von gegen 100. Häufig fanden Excursionen statt, wobei Mineralien, Pflanzen, Fische für ein kleines Kabinet gesammelt wurden. Dass auch ausser- dem der Erhaltung der Gesundheit der Schüler die grösste Sorgfalt zugewendet wurde, versteht sich bei einem Manne wie Planta von selbst. Es wurden fleissig gymnastische Uebungen gehalten, an denen Planta. selbst stets den thätig- sten Antheil nahm. Allein schon nach Jahrestrist, im März 1772, starb Planta in Folge eines Leberleidens, erst 45 Jahre alt, nachdem er den Schmerz erfahren hatte, seine 9 Kinder. und seine Frau vor ihm in's Grab sinken zu sehen. Damit war der schönen Anstalt der Boden entzogen, . sie hatte ihr bestes inneres Prinzip, gleichsam das Herz ver- loren. Salis führte nun die Anstalt, die er Philanthropin nannte, weiter, war aber in der Wahl eines neuen Vorstehers derselben an Stelle Planta’s nicht glücklich; auf Basedow’s Rath berief er hiezu einen Dr. Carl Friedr. Bahrdt, einen .prahlerischen, liederlichen Menschen, der Schulden hinterlassend, durch- brannte. Salis musste nun die Anstalt 1777 aufheben, nach- dem er grosse pekuniäre Opfer für dieselbe gebracht hatte. Im Jahr 1786 errichtete J. B. v. Tscharner eine ähnliche Anstalt in Jenins, die er dann 1793 nach seinem Schlosse in Rei- chenau verlegte und erweiterte. Nesemann, der nach Planta’s Tod vergeblich versucht hatte, J. H. Lambert zur Uebernahme der Leitung der Anstalt in Marschiins zu bewegen, wirkte noch in Jenins als Lehrer. In Reichenau war H. Zschokke als Lehrer thätig und wie bekannt hat auch der spätere König Louis Philipp von Frankreich, der als Flüchtling dahinge- kommen war, dort eine Zeit als Lehrer der Geometrie und Geschichte gewirkt. Die Stürme der Revolution brachten 1798 der schönen Anstalt den Untergang. Seine Vorliebe für Physik und Mathematik. hat Planta auch als Hauptlehrer in seinem Institut eifrig gepflegt und “den Unterricht in diesen Fächern selbst ertheilt. Er verfertigte selbst die zum Unterrichte nöthigen Apparate. ‘Er construirte die Scheibenelektrisirmaschine, sowie einen Apparat, mittelst dessen er zeigte, wie durch die Dampfkraft Schiffe, Flösse, ET Wagen fortbewegt werden könnten. Für letzteren erhielt er von König Ludwig XV. als Gratifikation 100 Louisdor obwohl ihm Watt in der Lehre der Anwendung der Dampfkraft zu- vorgekommen war. Trefllich wusste er seine Kenntnisse auf Haus- und Landwirtschaft und Gewerbe anzuwenden. Be- merkenswert ist ferner ein Aufsatz Planta's: „Betrachtungen über den alten und neuen Kalender.“ So sehr er sich nun schon um das Vaterland verdient gemacht hatte durch seine Anstalt und sein uneigennütziges Bestreben, mehr Kenntnisse im Lande zu verbreiten — war er doch nach der im 16. und bis Anfang des 17. Jahrhunderts in Chur bestandenen gelehrten Schule der erste, der in Bün- den eine höhere Lehranstalt ins Leben gerufen hatte — nicht minder gross ist sein Verdienst dadurch, dass er eben- falls der erste war, der in unserem Kanton eine Gesellschaft ins Leben gerufen hat, um mittelst Vorträgen und in Cireu- lation zu setzenden Bücher mehr Wissen und Bildung in weitere Kreise zu bringen. Noch in Haldenstein gründete er um 1766 mit Dr. Abys von Chur die erste ökonomische Gesell- schaft in Graubünden und war deren Präsident.*) Mitglieder derselben waren ausser Planta und Abys Präsident Peter von Salis, Landshauptmann von Salis-Seewis, Minister Ulysses von Salis-Marschlins, Professor Nesemann und andere. Allein schon 1770 ging die Gesellschaft ein, aber der Anstoss war gegeben. Es leuchtet ein, dass solche Vereinigungen bei den damaligen schwierigen Verkehrsverhältnissen äusserst schwer lebensfähig zu erhalten waren. Näheren Aufschluss über die in obiger Biographie Planta’s die „ökonomische“ genannte Gesellschaft gibt uns Archivar 5. Meiser im bündnerischen Mon«tshlatte Neue Folge V. Jahr- gang 1900 Nr. 11 durch Veröffentlichung eines ihm von Herrn Oberst Theophil v. Sprecher in Maienfeld mitgetheilten Acten- stückes. Es ist dasselbe ein Aufruf zur Gründung einer Ge- sellschaft unter dem Namen: „Verein zur ersten Industrie- und Landwirtschaftlichen Gesellschaft“ und enthält nach einer *) Eine in Chur früher gegründete „gelehrte Gesellschaft“, eigent- lich ein Lesezirkel, war nur von kurzer Dauer gewesen; Planta war derselben als Mitglied beigetreten. i ee allgemein gehaltenen Einleitung in 10 Artikeln sub Tit.: „Entwurf der Einrichtung“ die Statuten und dann als „Vor- wurf ihrer Beschäftigung“ ein ausführliches Arbeitsprogramm der zu gründenden Gesellschaft. Dasselbe begreift in sich: l. „die physische Erkenntniss unseres Landes in herrschenden und unterthanen Landen“, 2. „die Verbesserung und Ausbrei- tung des Oekonomiewesens“ und 3. „die Ernährung und Ge- sundheit der Einwohner“. Alles das ist nun weiter ausgeführt in einer so präcisen Art und Weise, dass ich wohl Planta als Verfasser dieses Aufrufs annehmen darf. Die Bestrebungen dieses Vereins decken sich mit denjenigen der späteren Ge- sellschaften, der „Gesellschaft landwirtschaftlicher Freunde* und der zweiten „ökonomischen Gesellschaft“ zu Anfang des 19. sec. Unterschrieben ist dieser Aufruf ausser von Martin Planta, dessen Namen bescheiden an letzter Stelle steht, noch von folgenden Männern: Joh. Sprecher v. Bernegg, jünger Joh. Sprecher v. Bernegg, älter Rudolf Brosy Andr. Garbald Andr. Guyan Christophel Sprecher. Kehren wir - wieder nach Marschlins zurück. Nach Planta’s Tod führte Salis wie wir gesehen haben, das Philan- thropin weiter und suchte die besten Lehrkräfte dafür zu gewinnen. So war denn Marschlins durch mehrere Jahre der Schauplatz eines nach den Verhältnissen intensiven wissen- schaftlichen Strebens. Unter den von Salis berufenen Leh- rern müssen wir vor Allen nennen den Dr. med. Joh. Georg Amstein.*) Schon vor der Verlegung der Anstalt nach Marschlins *) Neuer Sammler V. 1809 Biographie Amstein’s von J. Ulr. von Salis-Seewis, Sohn. Benützt sind, wie Salis sagt, die Biographien Am- stein’s von Aepli und Scherb im Museum der Heilkunde, herausgegeben von der helvetischen Gesellschaft correspondirender Aerzte und Wund- ärzte 3. Band p. 228 und folgende, Zürich 1795, sowie der schriftliche Nachlass Amstein’s und Mitteilungen seiner Angehörigen. — DB — hatte Salis dieselbe in mannigfachster Weise gefördert und auf den Zeitpunkt der Uebersiedelung nach einem Arzte für das Institut gesucht, der zugleich den Unterricht in der Natur- kunde zu ertheilen hätte. Auf Empfehlung von Dr. Scherb und mit Einwilligung von Herrn Gonzenbach (vide später) fiel die Wahl auf Amstein, der dann im Februar 1771 in Marschlins einzog. Der von Planta gepflanzte Keim wurde treu weiter ge- pflest und da waren es dann ganz besonders Amstein, die Salis-Marschlins, Ulysses und seine inzwischen herangewach- senen beiden Söhne Johann Rudolf und Carl Ulysses und einige Andere später zu nennende, zum Theil frühere Schüler des Seminars, die 1775 die Gesellschaft landwirtschaftlicher Freunde gründeten. Doch vorerst einige Notizen über Am- stein selbst. | „Dem Manne, welchen unsere Gesellschaft (die Oeko- nomische von 1504—1812 ist gemeint) sagt der Biograph, billig als ihrem eigentlichen Stitter verehrt, gebührt wohl vor Allen ein Denkmal in diesen Blättern.“ Johann Georg Amstein, geboren den 11. November 1744 zu Hauptweil im Kanton Thurgau, stammt aus einer Familie ganz einfachen bürgerlichen Standes. Sein Vater, Hans Jacob Amstein von Wyla im Turbenthal, trieb die Landchirurgie, einen Beruf, der, soweit man sich zu erinnern wusste, in seinem Geschlechte herkömmlich war. Georg Leonhard Gon- zenbach, Gerichtsherr in Hauptweil, dessen Gattin Taufpathin unseres Johann Georg’s war, nahm sich des Knaben, der sich durch seine geistigen Anlagen auszeichnete, väterlich an und veranlasste es, dass derselbe, S Jahre alt, nach Bi- schoffszell, der Heimath von Amstein’s Mutter, kam, wo er in der Lateinschule die Grundlage zu seinen späteren Studien legte. Er wohnte dort bei seinem Grossvater mütterlicherseits, der vom einfachen Handwerksmann sich zum Baumeister emporgearbeitet hatte und den Knaben das Zeichnen lehrte. Nach 4 Jahren kam Amstein zu seinem Vater zurück und musste da als dessen Gehülfe zur Ader lassen, Rasieren, Pflaster streichen und Kräuter sammeln ete. 1758 zog Vater Amstein mit seiner Familie nach Wyla, seiner Heimathge- ER meinde. Der Knabe fand im dortigen Pfarrer, einem Waser von Zürich, einen väterlichen Freund und Lehrer. Hier in Wyla machte er sich über Bücher über Chirurgie, Erdbe- schreibung, Geschichte, Logik u. s. w. und studirte fleissig darin. Schon in Hauptweil war unser Amstein „von Obmann und geschwornen Meistern, den Wundärzten und Barbieren der Stadt Zürich“ nach ausgestandenen drei Lehrjahren in der „Schnydt- und Wundarznei“ ledig gesprochen worden. (Lehrbrief vom 13. VI. 1758 mit anhangendem Siegel aus Wachs, darauf ein Bartmesser und ein Spatel). 1760 starb sein Vater eines plötzlichen Todes und hinterliess seine Fa- milie in dürftigen Verhältnissen. Johann Georg als das älteste von drei Kindern und selbst erst 16 Jahre alt sollte in Fort- setzung des väterlichen Berufes für den Unterhalt derselben sorgen. Auf inständiges Bitten erlaubte ihm die Mutter, eine Stelle anzunehmen, welche ihm zu besserem unentgeltlichem Unterrichte alle Gelegenheit bot. Es war in Zürich bei Herrn Zunftpfleger Wieser, einem fleissigen Wundarzte und seiner achtungswürdigen Familie, wo nun Amstein (1761) sich wie- der glücklich fühlte. Umgeben von allen. wissenschaftlichen Hilfsmitteln, zu deren Benutzung ihm seine Geschäfte Musse genug liessen und unter Anleitung des verdienstvollen Joh. Rudolf Burkhard, der ihn als seinen geschicktesten Zuhörer ehrte, machte er hier in der Anatomie, Physiologie und Chi- rurgie bedeutende Fortschritte. Ausser Burkhard waren Dr. Rahn, Dr. Hirzel und Dr. Schinz seine Lehrer, besonders letz- terer nahm sich seiner an und wurde ein wohlwollender Freund auch seines Sohnes, des späteren Dr. med. J. G. Am- stein. Unzertrennlich von ihm waren seine Freunde Aepli (seit 1763 ebenfalls Wieser's Hausgenosse) und Joh. Gaspar Füssli, der Entomolog. Der letztere leitete Amstein’s Neigung auch auf die Naturkunde, verschaffte ihm Zutritt zu den besten Sammlungen und vermittelte Amstein’s Bekanntschaft mit dem berühmten Chorherrn Johs. @essner. Mit stets wach- sendem Vergnügen und Interesse folgte Amstein der licht- vollen Bahn, welche Linne im Felde der Botanik gebrochen hatte. Joh... Gonrad Becker ertheilte ihm unentgeltlich Unter- richt in der italienischen und französischen Sprache. "1764 en DE bis 1765 war er während des Winters Burkhard’'s Adjunkt bei den anatomischen Präparationen. Sein Ehrgeiz ging auf eine Feldschererstelle in Holland, da seine Mittel Universitätsstudien nicht zuliessen. Da kam Gonzenbach zu Hülfe und gewährte ihm Unterstützung. So zog Amstein dann im Juli 1765 nach Tübingen, wo er in Professor Joh. Friedr. @melin’s Hause mit seinem Freunde Aepli das Zimmer theilte. Im Juli 1769 schied er nach ruhmvoll gehaltener Dispu- tation von Tübingen. Seine Inauguraldissertation handelt „de actione musculorum intercostalium“. Er begann nun seine ärztliche Praxis in Hanptweil, die sich besonders durch die Aufmunterung des Dr. Scherb immer angenehmer ge- staltete. Um diese Zeit (Anfangs 1770) erkundigte sich Ulyss. v. Salis-Marschlins, französischer Geschäftsträger in Bünden, bei Dr. Scherb nach einem für das Seminar brauchbaren Arzt, indem die Anstalt von Haldenstein nach Marschlins verlegt werden sollte. Scherb schlug mit Einwilligung Gonzenbach'’s Amstein dazu vor und dieser folgte dem Rufe gerne, der ihm einen.bestimmten Wirkungskreis, mehr Gelegenheit nützlich zu sein und den Umgang mit wissenschaftlich gebildeten Männern in Aussicht stellte. Im Uebrigen waren die Vor- theile nur mässig: 100 Kronenthaler Gehalt nebst Tisch und Logis ete., auch freie Praxis ausserhalb des Seminariums, wogegen ihm die ärztlichen Geschäfte in der Anstalt nebst einigem Unterricht in Physik und Naturgeschichte oblagen. Im Februar 1771 verliess Amstein Hauptweil. Der Anfang in Bünden war hart. Im Seminariüm, zu diesem Datum noch in Haldenstein, grassirten sehr schwere Pocken, denen auch ein Schüler zum Opfer fiel, zur grössten Betrübnis für Martin Planta. Kaum war die Anstalt in Marschlins, brachen bösartige Faul- und Nervenfieber, eine Ruhrepidemie und Tertianfieber aus.*) Auch Amstein selbst bekam die Ruhr und dann ein Tertianfieber. Es gelang ihm, ein weiteres Um- sichgreifen der Epidemie im Seminar selbst, wo etwa 250 | *) Vide Lorenz, historisch-medieinische Skizzen aus Graubünden. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Band XIV. — 1% — Personen wohnten, zu verhüten, während die Seuche im be- nachbarten Dorfe Igis pestartig hauste. Amstein praktizirte auch in den umliegenden Dörfern, was ihm eher möglich wurde, da 1771 ein Apotheker im Seminar angestellt worden war. Endlich besserte sich der Gesundheitszustand und Am- stein fand mehr Zeit, zu seinem Lieblingsfache, der Natur- geschichte, zurückzukehren. Er war es, der diesem Studium im Seminar neue wissenschaftliche Gestalt gab. Man hatte schon vorher gesammelt und ein kleines Naturaliencabinet eingerichtet. ° Mit Hülfe eines der Lehrer, Graf, und einiger Schüler wurde dasselbe immer mehr erweitert und wissen- schaftlich geordnet, was vorher nur in mangelhafter. Weise geschehen war. Hier sammelte Amstein die meisten seiner Beobachtungen, die ihm einen ehrenvollen Namen besonders unter den Bearbeitern der Entomologie erworben haben. Ausser dem Unterrichte in Physik und Naturgeschichte las er mit den fähigeren seiner Schüler Virgil und Horaz. 1775 heirathete er Hortensia von Salis, Schwester des Ulyss. von Salis-Marschlins, der die Tüchtigkeit Amstein’s würdigend, nichts gegen die Verbindung mit seiner Schwester einwendete. Es ist ein schönes Zeichen der Vorurtheilslosig- keit der damaligen Marschlinser, dass auch der von den Ver- lobten gefürchtete zweite Bruder der Braut, Marschall Salis- Marschlins in Paris, seine Einwilligung gab, sobald er Am- steins persönliche Bekanntschaft gemacht und seinen Werth anerkennen gelernt hatte. 1776 musste Amstein nach der Abreise Bahrdt’s, des un- würdigen Nachfolger's Planta’s, die Direktion des von Salis in Philanthropin umgetauften Seminars übernehmen; allein schon 1777 ging die Anstalt ein. Amstein blieb in Marschlins bis zum Februar 1779 und zog dann mit seiner Familie, seiner Frau und zwei Söhnchen, nach Zizers. Hier setzte er seine ärztliche Praxis fort; litterarische Arbeiten und landwirth- schaftliche Neigungen füllten seine Nebenstunden aus. Ueber- zeugt, dass Bündens wahres Beste, sein inneres Glück und seine Unabhängigkeit nur durch emsige Benutzung aller Hilfs- mittel, die der heimische Boden darbietet, fester gegründet werden könne, trug sich Amstein schon lange mit Wünschen a über diesen Gegenstand. Bestimmtere Richtung gab denselben eine Reise, die er in Gemeinschaft mit Pfarrer Aliesch in Igis und Pfarrer Luzius Pol in Luzein im Sommer 1778 nach Zürich unternahm, wo sie mit Hirzel, Gessner, Bodmer, La- vater, J. C. Füssli und Anderen viel verkehrten, und die Ver- sammlungen des ökonomischen Komite's, der physikalischen Gesellschaft (später Naturforschenden Gesellschaft) besuchten. Da wurde viel von Bünden gesprochen. Nach der Rückkehr (der Aufenthalt in Zürich hatte nur kurze Zeit gedauert) be- sprachen sich Amstein und Aliesch mit Podestat Marin und Pfarrer Grassi in Zizers über den Gedanken, „ob man nicht in Bünden eine Vereinigung für landwirtschaftliche Verbes- serungen stiften könnte?“ So kam in einer Versammlung in Marschlins die Errichtung einer »@esellschaft landwirth- schaftlicher Freunde« zu Stande, die schon am 23. November 1778 ihre erste Sitzung mit Vorträgen abhalten konnte. Hauptzwecke der Gesellschaft waren: „l. sich möglichst genau den Zustand der Landesöko- nomie bekannt zu machen, 2. zu untersuchen, welche Verbesserungen nöthig, wie sie einzuführen und 3. welche von den auswärtigen Erfahrungen und Vor- schlägen hier anwendbar seien ?* Es wurde nun als Organ der Gesellschaft der Sammler als Wochenschrift herausgegeben, der von 1779—1784 in 6 Kleinoctav Bänden bei Bernhard Otto in Chur erschienen ist. Der Titel heisst: „der Sammler, eine gemeinnützige Wochen- schrift für Bünden“. Redaktor war Amstein (vide Band II p- 368). Im 6. Bande wird der Schluss des Blattes angezeigt „wegen mangelnder Betheiligung“, aber sofort wurden zwei neue Publikationen in's Auge gefasst: 1. Eine Vierteljahrs- schrift von je einigen wenigen Bogen. Diese Schrift sollte nur Originalaufsätze enthalten. 2. Ein Leseblatt zur allge- meinen nützliehen Unterhaltung für Bünden, jede Woche ein halber Bogen. Mit dem neuen Jahre 1785 wird das erste . Blatt ausgegeben. Der Jahrgang kostet 1 fl. (1 Fr. 70 Ots. nach jetzigem Gelde). (Einfache Reduction ohne Rücksicht auf den Mehrwert des Geldes in früherer Zeit gegenüber jetzt). 2 I Trotz aller unendlichen und uneigennützigen Bemühun- gen Amstein’s ging die Gesellschaft im Jahr 1784 ein, in Folge zu geringer Betheiligung und Interesse Seitens der- jenigen Bevölkerungsschichten, auf deren Förderung in intel- lektueller und materieller Beziehung es die Gesellschaft in erster Linie abgesehen hatte und wohl auch in Folge der inzwischen eingetretenen politischen Partheikämpfe. Die Bibliothek wurde der damals in Chur bestehenden Bibliothek- gesellschaft anvertraut. Als Dank für seine Bemühungen erhielt Amstein durch Verwendung seiner Freunde das Bürger- recht in den drei Bünden, wozu zum Theil wohl auch seine tapfere Abwehr der bekannten Friedr. v. Schiller'schen Ausfälle gegen Bünden als ein Eldorado für Räuber und Diebe in seinen „Räubern“ mit den direkten Anlass geboten haben mag. Unvergessen bleiben ferner seine Bemühungen zur Hebung des ganz im Argen liegenden oder eigentlich gar nicht vorhandenen Hebammenwesens in Bünden. Um sich mehr Kenntnisse in der Geburtshülfe zu verschaffen, ging er 1784 auf Anrathen seines Schwagers, des Marschalls v. Salis, für einige Monate nach Paris und hörte besonders die Vor- lesungen des berühmten Baudeloque. Nicht minder hoch sind seine Verdienste um die Einführung der Schutzpocken- impfung in unserem Kanton. 1787 wurde Amstein als Medicns ordinarius in Bad und Kloster Pfäffers berufen. Im ersteren entstanden durch ihn viele Verbesserungen und wohlthätige Einrichtungen, s. u. A. auch die sonntäglichen Collekten für die Armen, die das Bad besuchten. Nicht vergessen wollen wir ferner seine Stellungnahme gegen den damals florirenden Messmerismus, dessen Apostel Messmer selbst nach Pfäffers kam, aber in Folge eines heftigen Auftrittes mit Amstein durch Verfügung des Fürstabtes wieder abreisen musste. . 1783 entstand die „Helvetische Gesellschaft correspon- dirender Aerzte und Wundärzte“, deren eifriges und geach- tetes Mitglied Amstein wurde. Schon seit dem Ruhranfall in Marschlins, 1771, war Am- stein’s Gesundheit erschüttert gewesen. Hehare Anfälle von Kolik mit Kopfschmerzen, Erbrechen, traten besonders seit dem Sommer 1793 ein und nach einem besonders heftigen Anfall EEHEROE EN. erlag Amstein am 18. Februar 1794 seinen Leiden. „Hu- manität, Zartgefühl, Edelsinn und Wahrheitsliebe — dieser Kranz der schönsten Eigenschaften — zierten sein Herz“ sagt sein Biograph Salis. In weiteren Kreisen genoss Amstein als KEntomologe grosses Ansehen und wurde von manchen wissenschaftlichen Gesellschaften als Mitglied ernannt. Seine zahlreichen Pu- blikationen erstreckten sich über die mannigfachsten Gebiete der Medicin, der Naturkunde, der Zoologie, hier besonders der Entomologie, dann über Land- und Hauswirthschaft u. s. w. Sie finden sich aufgezeichnet am Schluss seiner Bio- graphie im „Neuen Sammler“ V, 1809. Die oben genannte von Amstein gegründete »@Gesell- schaft landwirthschaftlicher Freunde« ist nun wohl da und dort als erste ökonomische Gesellschaft bezeichnet worden. Es ist das nicht richtig. Wir haben gesehen, dass die von Planta mit Abys und andern ins Leben gerufene Gesellschaft zur gegenseitigen Belehrung und Unterhaltung die ökonomi- sche genannt worden ist. Ueber Ziele, Zweck und Thätigkeit dieser ökonomischen Gesellschaft habe ich nichts Näheres in Erfahrung bringen können, sie hatte auch bald zu bestehen aufgehört. Ihr Name zeigt aber, auch wenn man Planta’s unbegrenzten Gemeinsinn nicht kennen würde, dass sie da- rauf ausgieng, die ökonomischen Verhältnisse Bündens durch Förderung von Landwirthschaft, Gewerbe und Industrie zu heben. Ueber den Zweck und die Bestrebungen der Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde ist oben das Nöthige mitge- theilt worden.*) Ausser den ebenfalls oben Genannten sind als thätige Mitglieder derselben zu nennen: Landammann Johs. Engel und Pfarrer Gatani von St. Antönien, Podestat Salzgeber von Seewis, Pfurrer Bansi, jun., in Fläsch, Zunft- meister Bernhard Olto in Chur, Simeon Engel, Burgschreiber *) Die folgenden Notizen entnehme ich den gedruckten Protokollen der Gesellschaft, die bis 1782 reichen und in einem Bändehen vereinigt in der Kantonsbibliothek in Chur aufbewahrt sind. Die Statuten oder wie sie genannt wurden, „die allgemeinen Gesetze und Ordnungen der Gesellschaft“ umfassten 16 Artikel. Vide Anhaug sub 1. URAN in St. Antönien, Pfarrer Bernhard in Untervaz, Landammann Julius Gujan in Fideris, Geschworner Held in Zizers, Schreiber Garbald in Zizers, Candidat Lehmann in Rotels, u. a., nicht zu vergessen aber besonders der drei Hauptförderer der Ge- sellschaft nächst Amstein, der beiden Brüder Joh. Rudolf und Carl Ulysses von Salis-Marschlins, und des würdigen Decans Pol in Luzein. Die Mitglieder der Gesellschaft waren in drei Kategorien eingetheilt: 1. Ordentliche Mitglieder. Deren wur- den nicht mehr als anfangs 10, später 12 aufgenommen. Sie zahlten einen Jahresbeitrag und ein Eintrittsgeld von 1 Kronenthaler und waren. verpflichtet, einmal im Jahre je einen, womöglich auf selbstgemachte Versuche beruhenden Vortrag zu halten. Die ordentlichen Mitglieder hatten das Recht den Vorstand zu wählen. Die Versammlungen der or- dentlichen Mitglieder fanden monatlich einmal statt, so dass jedes Mitglied während des Jahres mit einem Vortrag an die Reihe kam. Es wurde diese Ordnung sehr gewissenhaft ein- gehalten; die Vorträge, meist landwirthschaftliche Themata mit vorzugsweiser Bezugnahme auf bündnerische Verhältnisse oft aber auch allgemeine Fragen der Naturkunde behandelnd, wurden im Sammler gedruckt. 2. Ausserordentliche Mitglieder: zahlen keinen Beitrag und sind zu Arbeiten und Vorträgen nicht verpflichtet, man erwartet aber in beiden Beziehungen Leistungen auch von ihnen. Später wurden sie zu denselben Jahresbeiträgen, wie die ordentlichen Mitglieder verpflichtet, ebenso zu Vorträgen für die halbjährlichen Hauptversamm- lungen. Nichteinhalten der Verpflichtungen in Bezug auf Vorträge, landwirthschaftliche Versuche und Besuch der Ver- sammlungen wurde mit Geldbusse belegt. 3. Ehrenmitglieder: ohne besondere Verpflichtungen, man erwartet aber pecuniäre Unterstützung auch von ihnen. Die Beiträge an Geld wurden fast ausschliesslich für Anschaffung von Zeitschriften und Büchern verwendet, die, sowie auch die gehaltenen Vorträge, unter allen Mitgliedern in Circulation gesetzt wurden. Letz- tere gab aber zu vielen Klagen Anlass. Der vielfach venti- lirte Ankauf eines landwirtschaftlichen Versuchsfeldes musste wegen Mangel an Geldmitteln unterbleiben. Sitz der Gesell- schaft war Zizers. Ausser den Monatsversammlungen der or- dentlichen Mitglieder fanden dann jeweilen zur Zeit der zwei Jahrmärkte in Chur, im Mai und Dezember, Versammlungen für alle Mitglieder statt, die trotz den schwierigen und unbe- quemen Communicationen der damaligen Zeit recht gut be- sucht waren, und in denen jeweilen mehrere Vörträge ge- halten und die geschäftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft erledigt wurden. Ein erster Vorstand wurde schon in der ersten consti- tuirenden Sitzung in Marschlins bestellt und bestand aus den Herren Landamman und Podestal Marin in Zizers als Präsident, Pfarrer Grassi in Zizers als Sekelmeister, Pfarrer Aliesch in Igis als Bibliothekar und Dr. J. G. Amstein als Sekretair. Die sehr strengen Statuten mussten bald modifiziert werden, so besonders für die ausserordentlichen Mitglieder, die zum grossen Theil 'entfernt von den Sitzungsorten wohnten; sie bezahlten seit 1780 nur ein kleines Eintrittsgeld und waren zu keinen -speziellen Leistungen durch Vorträge mehr verpflichtet. Sie waren die „Freunde und Correspondenten“ der Gesellschaft. Zur Ermunterung für strebsamere Land- wirthe bewilligte 1780 der Bundestag zu Ilanz auf ein be- zügliches Gesuch hin eine jährlich auszusetzende Summe zu „Ermunterungspreisen* das erste Mal wurden 8 Louisdor da- für ausgesetzt. So prosperirte denn die Gesellschaft einige Jahre auf das Erfreulichste, allein nach und nach nahm die Betheili- gung ab, sei es, dass die wohl zu strengen Statuten Manchen von der Betheiligung abhielten, sei es, und das wird wohl der Hauptgrund gewesen sein, politische Unruhen und Partei- kämpfe die Geister von den friedlichen Zielen der Gesell- schaft ablenkten. Wir müssen hier kurz auf diese Verhältnisse eingehen. Der amerikanische Befreiungskrieg hatte das schlummernde Bewusstsein unwürdiger Unterthänigkeit der Völker und das Bedürfniss nach mehr Freiheit und Volksherrschaft auch in Europa geweckt. Diese Anregungen drangen auch in die rhätischen Thäler, wo sich alsbald die Parthei der „Patrioten“ bildete. Es gehörten dazu u. A. als Führer und Häupter der DEN Parthei J. Bapt. Tscharner, Jac. Ulr. Sprecher von Bernegg und Gaudenz Planta. Bevor jedoch etwas erreicht werden konnte, musste der Einfluss der zahlreichen Zweige der Familie Salis, die durch ihren Reichthum und unter der Führung des gewandten Ulysses von Salis-Marschlins in allen Thälern und in den Behörden einen dominirenden Einfluss gewonnen hatten, gebrochen werden. Es führte dies zu er- bitterten Partheikämpfen. Die Salis wurden verdächtigt, nach der Alleinherrschaft im Lande zu streben und Verrath des Landes an fremde Herrscher zu üben und so kam denn endlich jenes berüchtigte Strafgericht von 1794 zu Stande, das in Geldbussen und sonst harten Strafen kein Maass ge- kannt hat. Besonders schwer wurde auch Ulyss von Salis betroffen, er wurde verbannt, für vogelfrei erklärt, man drang in sein Schloss zu Marschlins ein und hauste darin auf die brutalste Art und Weise, so dass Tscharner selbst sich über die Maasslosigkeit der Strafen bitter beklagte. Dass unter diesen Umständen an eine gedeihliche Thä- tigkeit unserer „Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde“ nicht weiter zu denken war, ist klar. Sie musste die Fort- setzung ihres Organ's, des Sammler’s, aufgeben, löste sich da- mit aber noch keineswegs auf, sondern nahm, wie wir ge- sehen, weitere Publikationen in Aussicht. Ob solche erschienen sind, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, ebensowenig kann ich genau angeben, wann ihre Thätigkeit endgültig eingestellt worden ist. Seit 1784, wo im 6. Bd. des „Samm- lers“ dessen Eingehen gemeldet wird, erfahren wir nichts mehr von der Gesellschaft, so dass wir das genannte Jahr als dasjenige des Abschlusses derselben annehmen müssen, da damals auch die Bibliothek an die „Bibliothekgesellschaft in Chur* zur Aufbewahrung übergeben worden war. Inzwischen kamen die Stürme der französischen Revo- lution, welche im Verlaufe der Zeit auch Bünden in Mitleiden- schaft zogen, das von 1798—1800 Schauplatz der Kämpfe zwischen den Oesterreichern einer- und den Franzosen ander- seits wurde. Diese Kämpfe und Wirren entfesselten von Neuen den alten Partheihader, brachten viel Elend und Noth über das arme Volk, hatten aber doch schliesslich das gute Re- Arge sultat der festeren Vereinigung des Landes mit der schwei- zerischen Eidgenossenschaft. Nach eingetretener Ruhe wurde alsbald unter der Füh- rung hervorragender Männer zur Organisation des Landes geschritten. Es entstand die evangelische Kantonsschule (1804), es wurde im gleichen Jahre ein Landjägercorps er- richtet. Der Grosse Rath von 1805 setzte eine permanente Sanitätsbehörde, den Sanirätsrath, ein, der bis zur Einführung des Departementalsystems in unserer Regierung im Jahr 1894 bestanden hat, um dann seine Funktionen dem betref- fenden Departementschef zu überlassen. Erster Präsident des Sanitätsrathes war Carl Ulysses v. Salis-Marschlins. Der Sanitätsrath seinerseits hat dann mit Genehmigung der Ober- behörden 1808 die erste Medicinalordnung aufgestellt, eine Hebammenschule errichtet, die Stellen eines kantonalen Impf- arztes und eines Kantonsthierarztes eingeführt. Die schon 1801 offiziell eingeführte Kuhpockenimpfung erhielt in der neuen Medicinalordnung ihre definitive gesetzliche Sanction. Das Jahr 1805 sah ferner das kantonale Salzregal entstehen, sowie die Reorganisation des Synodalwesens, das dann 1807 in einem 6gliedrigen Kirchenrath für die evangelische Landes- kirche seine leitende Spitze erhielt. 1806 wurde durch Ge- setz die Loskäuflichkeit der Zehnten und Bodenzinse ausge- sprochen und erschienen die ersten vom Kanton als solchem ausgeprägten Münzen. 1807 wurde eine Militäreommission aufgestellt und als „Standescommission“ eine vorberathende Behörde für den grossen Rath wieder eingesetzt. 1813 end- lich erfolgte die Organisierung der Kantonspostverwaltung und wurde vom grossen Rathe eine Commission gewählt um ein Civilgesetzbuch auszuarbeiten, das freilich erst sehr viel später zur Thatsache wurde. Und die Männer, die diese grossartige Reorganisationsarbeit in dem kurzen Zeitraume von einem Jahrzehnt bewältigt haben, waren dieselben, die sich kurz vorher so unerbittlich feindlich gegenüber gestan- den hatten. Inmitten dieser fruchtbaren gesetzgeberischen Thätigkeit der Behörden blieb auch die Privatthätigkeit zur Förderung des Landeswohles nicht müssig. Schon gegen Ende de A Jahres 1803 traten eine Anzahl gemeinnütziger Männer zu einer neuen Oekonomischen Gesellschaft zusammen, wohl auf Anregung der noch in kleiner Anzahl lebenden Mitglieder der früheren Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde, so des Präsidenten derselben, Podestat Marin, der beiden Brüder Johann. Rudolf und Gar! Ulysses von Salis-Marschlins, Dekan L. Pol, Heinrich Bansi und Pfarrer Gatani. Diese überliessen der neuen Gesellschaft die nicht unerhebliche Bibliothek der Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde, wie später die Naturforschende Gesellschaft die Erbin der zweiten ökono- mischen Gesellschaft geworden ist. Schon in der ersten Sitzung, am 9. Dezember 1803, stellte die Gesellschaft ihre Statuten fest als „Verfassung der ökonomischen Gesellschaft in Grau- bünden“, die 1504 gedruckt worden sind. (Siehe Anhang sub II). An Stelle des 1794 gestorbenen Dr. J. G. Amstein traten nunmehr seine zwei Söhne, Dr. J. G. Amstein der jüngere und später Rudolt Amstein, die den gemeinnützigen Sinn und den wissen- schaftlichen Geist ihres Vaters geerbt hatten, auf den Plan und wurden thätige und einsichtige Mitglieder der neuen Gesell- schaft. Präsident derselben wurde C. Ulyss v. Salis-Marschlins und blieb es während der ganzen Zeit des Bestehens der Ge- sellschaft, Actuar Dr. J. G. Amstein, der Sohn des früheren Am- steins. In der allgemeinen Versammlung vom 18. Dez. 1804 in Chur formulirte der Präsident in seiner Eröffnungsrede den Zweck der Gesellschaft mit folgenden Worten: „Sie hat den Zweck, dem Vaterlande nach Vermögen zu nützen, der Land- wirthschaft als der einzigen wahren Stütze desselben aufzu- helfen, die Industrie zu beleben und diejenigen Vorschläge bekannt zu geben, wodurch auf dem kürzesten Wege der Flor des Landes befördert werden kann“. Vorerst sollte das Land in naturhistorischer Hinsicht und nach dem Zustande, der Landwirthschaft und der Gewerbe erforscht werden. Es ent- faltete sich nun eine sehr rege Thätigkeit vieler Mitglieder der Gesellschaft und anderer von denselben Grundsätzen be- seelter Männern in den verschiedenen Landesgegenden. Man trat mit in ähnlichem Sinne thätigen Gesellschaften der Schweiz in Verbindung und begann 1805 mit der Herausgabe des neuen Sammler's unter dem Titel: »Der neue Sammler, ein NE One gemeinnütziges Archiv für Bünden, herausgegeben von der öko- nomischen Gesellschaft daselbst. Chur, Otto’sche Buchdruckerei.« Es erschien der erste Jahrgang 1805, der letzte, der siebente, 1812. Der Zweck der Gesellschaft war derselbe wie bei der ersten von Planta in’s Leben gerufenen ökonomischen Gesell- schaft und der Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde, nämlich Belebung der Landwirthschaft und der Gewerbe durch Versuche und Belehrung durch Vorträge und die oben ge- nannte Zeitschrift, die in einzelnen Heften erschien. Dieselbe enthält eine reiche Litteratur über alle Gebiete der Natur- wissenschaft, ganz besonders aber ist sie eine wahre Fund- grube für die bündnerische Landeskunde durch die grosse Anzahl, die sämmtlichen Thäler des Kantons umfassenden Beschreibungen des Landes mit Angaben über deren Land- wirthschaft, vorkommende Pflanzen und Thiere, Mineralien u. s. w., wobei auch Sprachverhältnisse, Volkskunde, Statistik, Gesundheitsverhältnisse und die Geschichte des Landes ein- gehend berücksichtigt sind. Schon von früher her bestanden Sammlungen natur- ‘historischen Inhaltes, die nun erweitert wurden. Planta hatte eine Sammlung physikalischer Instrumente angelegt, Pjarrer Pol besass eine botanische und entomologische Sammlung, die Amstein eine entomologische, .in Marschlins waren von den zwei oben genannten Brüdern Sulis zoologische und botanische Sammlungen angelegt worden und ein Herr Perini aus den Engadin, der sich sehr um den damals wieder auf- blühenden Bergbau interessirte, besass eine mineralogische Sammlung. Von diesen Sammlungen ist später ein Theil, besonders die Salis’schen und Amstein’schen, in die kantonale naturhistorische Sammlung übergegangen. Sieben Jahre lang hielt der Eifer der Arbeitenden an, nicht aber derjenige des Publikums, das dem so verdienstlichen Unternehmen nicht dasjenige Interesse entgegenbrachte, das es wohl verdient hätte. Nur die nachdrückliche Unterstützung der Regierung durch reiche Beiträge (bis zu 350 fl. per Jahr) an die Druck- kosten der Zeitschrrft und Gratisvertheilung von über 60 Exemplaren an die Gemeinden, machte es möglich, dass 7 Jahrgänge gedruckt werden konnten. Allein die Gleichgültig- 2% — keit des Publikums zwang die Gesellschaft, die Zeitschrift im Jahre 1812 eingehen zu lassen. Trotzdem liess man sich nicht entmuthigen und nahm weitere Publikationen in Aus- sicht, ich weiss aber nicht, ob und was davon erschienen ist. Der alte sowohl wie der neue Sammler wurden sehr billig abgegeben, 2 fl. — Fr. 3.40 per Jahrgang. Jetzt sind sie beide gesuchte bibliographische Raritäten. Leider kann ich über die Zahl der Mitglieder dieser neuen ökonomischen Gesellschaft sowie über deren Versammlungen nichts Ge- naueres mittheilen, da meines Wissens Protocolle derselben nicht mehr vorhanden sind. Einen annähernden Anhaltspunkt zur Beurtheilung der regen Betheiligung geben die Namen der Autoren im neuen Sammler. Es sind zwar manche Auf- sätze ohne Autorangabe erschienen, anderseits waren nicht alle Autoren Mitglieder der Gesellschaft. Ich habe aus dem Inhaltsverzeichnisse der 7 Jahrgänge im letzten derselben 35 Namen aufgezeichnet, die ich hier angeben will, weil man daraus ersieht, welche Classen von Leuten sich an diesem gemeinnützigen Werke betheiligt haben und weil ich es als Pflicht der Dankbarkeit ansehe, dass ihre Namen in ehrender Erinnerung gehalten werden. Besonders ragen unter ihnen manche der bedeutendsten bündnerische Staatsmänner, ein- zelne Aerzte und eine stattliche Reihe reformirter und auch einzelner katholischer Geistlicher hervor. Und jetzt? Es sind folgende: Carl Ulysses von Salis-Marschlins, Präsident der Ge- sellschaft. Joh. Rudolf v. Salis-Marschlins. . Dr. Joh. G. Amstein, jun., in Zizers, Actuar der Ge- sellschaft. Major Rudolf Amstein, Zizers. Podestat Marin, Zizers. Architect Vogel, Zizers. Gaudenz von Salis-Seewis (der Dichter). Joh. Ulrich von Salis-Seewis, Sohn. Bürgermeister Joh. Bapt. v. Tscharner, Chur. Joh. Friedrich v. Tscharner, Chur. Bernh. Otto, Chur. Präfectrichter J. Bavier, Chur. W. Capeller, Chur. Kanzleidirektor ©. C. Wredow, Chur. Magister J. G. Rösch, Chur. Stadtvogt Otto v. Suarz, Chur. Professor Peter Saluz, Chur. Prof. G. W. Gautsch, Chur. Decan Luz. Pol, Luzein. Jacob v. Ott, Grüsch. Ulr. Fried, Jenaz. Pfarrer J. Schuccan, Jenaz. Pfarrer Catani, St. Antönien. Landammann Jac. v. Valär, Davos. J. F. Enderlin v. Monsvik, Maienfeld. Pfarrer Leonh. Truog, Thusis. T. Conrad v. Baldenstein. Pfarrer Math. Conrad, Schams. Pfarrer J. Cahenzli, Trins. Pfarrer L. Walther, Vallendas. Benefieiat J. Platz, Surrhein. J. A. v. Peterelli, Savognin. Landammann Otto Paul Buol, Bergün. H. Bansi, Celerina. H. Frizzoni, Celerina. J. J. Lorsa, Silvaplana. Professor A. R. & Porta, Fetan und endlich. H. ©. Escher v. der Linth, Zürich. Diese Namenliste gibt uns ein schönes Zeugniss dafür, dass selbst die schrofisten politischen Gegensätze, die während der Wirren der 80er und 90er Jahre und besonders zu Ende des 18. Jahrhunderts bis nach der Befreiung des Landes von der Occupation durch fremde Truppen so scharf und gewaltig aufeinander gestossen waren, kein Hinderniss abgegeben haben, dass sich die meisten hervorragenden Männer des Landes nun friedlich in gemeinsamer Arbeit zusammen fan- den, da es galt, das verarmte Land wieder zu heben und dessen Erholung aus Noth und Elend zu fördern. .— 233. — Unter dem Präsidium C. U. v. Salis-Marschlins entfaltete nun die ökonomische Gesellschaft eine gesegnete und frucht- bare Thätigkeit und wenn manche der damals gerügten Uebel- stände auch heute noch nicht gehoben sind, so gieng doch von der Gesellschaft eine Anregung aus, die ihre guten Früchte getragen hat. Den hervorragendsten Antheil an der Arbeit hatten Joh. Rud. v. Salis-Marschlins, Joh. Ulr. v. Salis- Seewis, Dr. Amstein, J. Bapt. v.. Tscharner, Dekan Pol, ganz besonders aber ©. Ulyss. v. Salis-Marschlins. Ausserdem aber finden wir in obigem Verzeichnisse Männer aus den meisten Thälern des Kantons und sehen daraus, dass die Betheiligung eine sehr grosse war. Ich kann nicht sagen, wann die Gesellschaft zu be- stehen aufgehört hat, denn seit dem Eingehen des Neuen - Sammlers liegen keine Berichte mehr über sie vor. C. Ulyss. v. Salis-Marschlins und Dr. Amstein sind 1818 gestorben und wird vielleicht mit dem Ableben dieser Hauptstützen der Gesellschaft dieselbe eingegangen sein, vielleicht geschah dies schon früher in Folge der Kriegsunruhen von 1814 durch den gewaltsamen Versuch der Wiedereroberung der Unter- thanenlande. Im Jahresbericht von 1827 finde ich die Notiz, dass 1813 durch den Tod des thätigen Mitgliedes J. Ulr. v. Salis-Seewis die Arbeiten der Gesellschaft eingestellt worden seien und dieselbe sich „gleichsam“ aufgelöst hatte. Einen Anhaltspunkt für die Bestimmung des Zeitpunktes der Auf- lösung der Gesellschaft gibt ein noch vorhandenes und nach- träglich gefundenes Cassabuch derselben. Dasselbe beginnt mit dem Jahre 1804 und schliesst mit dem 17. Dec. 1812 ab. Da die weiteren Blätter leer sind, so ist damit das Ende des Bestandes der Gesellschaft mit 1812 wohl festgestellt. Aus diesem Cassabuch ersehen wir ferner: | 1. dass die Bücher der Gesellschaft nach Zizers trans- portirt worden waren, wo die meisten Vorstandsmitglieder wohnten und ganz in der Nähe auch der Präsident, ©. Ul. v. Salis-Marschlins. Die Fracht hatte 24 Kreuzer gekostet. 2. Die sonstigen Ausgaben der Gesellschaft beziehen sich hauptsächlich auf litterarische Anschaffungen und Druck- kosten für den Neuen Sammler. ug 3. Der Kanton bezahlte an die Gesellschaft einen jähr- lichen Beitrag von fl. 350. 4. Ausser diesem Kantonsbeitrage und den Jahresbei- trägen der Mitglieder, von denen die correspondirenden fl. 2, die ordentlichen fl.3 26 kr. zahlten, figuriren unter den Ein- nahmen sog. „Strafthaler*, z. B. pro 1808 im Betrage von fl. 44 12 kr. als Bussen für lässige Zahlung der Beiträge und Unpünktlichkeit in der Einhaltung der Schriftencireulation. 5. Erhebliche Zahlungen erhielt Dekan Pol für den Druck des Sammlers von 1809: an. 6. Noch 1810 ergab die Casse als „Reinen Vorschuss“ ‘DB. 533.26 kr. Die Ehrenmitglieder zahlten keine Beiträge. Wir sehen aus diesem Cassabuch u. A., dass der da- . malige Abt von Disentis und Pater Pl. a Spescha zu den corre- spondirenden Mitgliedern der Gesellschaft zählten, sowie der damalige Bergbauunternehmer Landammann de Mengha (De- menga) traurigen Angedenkens. Darnach muss man annehmen, dass die ökonomische Gesellschaft definitiv mit 1813 oder 1814 sich aufgelöst habe und finde ich bis anhin auch in der That keine Notizen vor, dass sie ab diesem Zeitpunkt noch eine Thätigkeit entfaltet hätte. Dagegen finden sich in dem Nachlasse des sel. Prof. Dr. Brügger noch eine Anzahl Correspondenzen vor, die den Beweis leisten, dass ©. Ul. v. Salis-Marschlins, Dr. J. G. Am- stein der jüngere und Dekan Pol bis zu Anfang 1818, in wel- chem Jahre die zwei ersteren gestorben sind, einen lebhaften Briefwechsel unterhalten haben, der ihre ununterbrochenen Bemühungen um Wiederbelebung der Gesellschaft oder Grün- dung einer neuen Gesellschaft mit gleichen Zwecken und Zielen darthut, freilich ohne Erfolg. Als dann Major R. Am- stein, Bruder des 1818 verstorbenen Dr. J. G. Amstein dem jüngeren, im gleichen Jahre definitiv in sein Vaterland heim- gekehrt war, beginnen die Bemühungen des letzteren und des Dekans Pol von Neuem und so kam denn endlich mit grösstentheils neuen Leuten die Gründung der „Naturforschen- den Kantonalgesellschaft“ im Jahre 1825 zu Stande. Davon später. In mehreren Aufsätzen im Neuen Sammler ist nachdrück- lich auf die schlechten Verkehrswege aufmerksam gemacht, bestand doch ausser der von 1780—1786 gebauten sog. deut- schen Reichsstrasse zwischen Chur und Luziensteig bis an die Grenze von Lichtenstein keine einzige Kunststrasse im ganzen Kanton. Sowohl die Bergübergänge als die Thalwege waren zumeist nur mit Saumthieren zu begehen und nur ab und zu vorgenommene Verbesserungen ermöglichten das zeit- weise Befahren mit kleinen einspännigen Wagen, unsern be- kannten alten Leiter- oder Bergwägelchen. Dass diese ge- ringe Verkehrsmöglichkeit sowohl: die Versammlungen von Gesellschaften, als die Schrifteneirculation sehr erschwerten, liegt auf der Hand. Die Nothjahre 1816/18 erst brachten die Strassenfrage, besonders über die Bergpässe, wieder in Fluss. *) So wurden denn von 1818—1823 die Strassen Chur-Bernhar- din-Bellinzona und Splügen-Olefen erstellt, die Strasse Chur- Julier-Maloja-Bergell-Clefen aber 1840 in ihrer ganzen Länge dem Verkehr übergeben. Wie sich unser jetziges grossartiges Strassennetz (z. Th. mit Hülfe des Bundes) von Anfang der 60er Jahre an bis zu seiner heutigen Ausdehnung entwickelt hat, das zu verfolgen liegt ausser dem Rahmen dieser Arbeit. So hören wir denn lange nichts mehr von wissenschaft- lichen Vereinen in unserm Lande, bis 1820; in diesem Jahre entstand ein Verein unter den Aerzten im Kanton Graubünden und den zunächst wohnenden Aerzten im Kanton St. Gallen und dem Fürstenthum Lichlenstein. Die nun ruhiger gewor- denen Zeiten machten es möglich, dass der ärztliche Verein als bündnerischer ärztlicher Verein heute noch besteht, über- haupt seit seiner Gründung niemals für längere Zeit unter- brochen wurde und heute noch Mitglieder in unserer St. Galli- schen nächsten Nachbarschaft zählt. : Seit dem Eingehen der ökonomischen Gesellschaft ist der Wunsch oft geäussert worden, dieselbe wieder ins Leben zu rufen oder eine in ähnlichem Sinne wirkende neue Ge- *) Dr. P. Lorenz: Einige Notizen über Nothstand und Gesund- heitsverhältnisse in Graubünden während der Jahre 1816/18. (Jahres- bericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens, Jahrg. XXVI. Chur 1883.) EN a 4 sellschaft zu gründen. Major Rudolf Amstein, Bruder des Dr. Joh. Amstein dem jüngeren und Dr. Pauli in Malans suchten diesen Gedanken der Realisirung entgegenzuführen durch Gründung eines bescheidenen naturwissenschaftlichen Lese- vereins, mit der weiteren Absicht, eine grössere naturforschende Gesellschaft ins Leben zu rufen. Man hoffte, dass durch An- stellung eines Lehrers für Naturkunde an der evangelischen Kantonsschule, Vermehrung der Sammlungen und Hülfsmittel, mehr geleistet werden könnte, als dies den früheren Gesell- schaften möglich war. Schon bei der Gründung der ökono- mischen Gesellschaft, die zeitlich mit der Gründung der Kan- tonsschule zusammenfiel, hatte man diese Hoffnung ausge- sprochen; bis dahin waren aber die dahin zielenden Bestre- bungen ohne Erfolg geblieben. „Die schön aufblühende Kantonsschule,“ sagte damals der grosse Idealist ©. Ulyss. v. Salis-Marschlins, „werde alle Uebel zerstreuen und Einsicht und Kenntnisse verbreiten und die eben aufkeimende Gene- ration werde in wenig Jahren die Gestalt des Landes ver- ändern etc.“ Doch damit hatte es noch gute Weile. Und so gieng der Leseverein muthig und energisch an die Gründung einer grösseren Gesellschaft, besonders noch aufgemuntert durch den Beschluss der schweizerischen Natur- forschenden Gesellschaft in ihrer Versammlung in Solothurn im Jahr 1825, für das folgende Jahr Chur zu ihrem Versamm- lungsorte zu wählen. Diese 1815 von H. A. Gosse in Genf gegründete Gesellschaft schaute seit ihrem Bestehen nach mit der Naturkunde sich beschäftigenden Männern in den Kantonen aus, die sie zu Mitgliedern erwählen und durch deren Vermittlung sie locale und kantonale naturforschende Gesellschaften ins Leben rufen könnte. In unserem Kanton fand sie dann auch 1815 schon in C. Ulyss. v. Salis-Marschlins ein Mitglied, das leider zu früh starb (1818), um bei der Gründung unserer naturforschenden Gesellschaft thätig sein zu können. Bis zum Jahre 1825 waren dann noch der schwei- zerischen Naturforschenden Gesellschaft als Mitglieder beige- treten Major R. Amstein, Thomas Conrad v. Baldenstein, Dr. med. Pauli in Malans, Decan L. Pol in Luzein, Oberst A..D. @. von Salis-Soglio, Landammann Baptista v. Salis-Soglio und Landammann Peter v. Salis-Soglio. In diesen Männern, denen sich Landammann Jac. Ulr. Sprecher v. Bernegg und Oberstlieut. v. Planta in Reichenau anschlossen, verehren wir die Gründer unserer (Gesellschaft. Die schweizerische Naturforschende Ge- - sellschaft nun ist durch ihre lobenswerthe Gepflogenheit, je- weilen da ihre Jahresversammlungen zu halten, wo sie hoffen konnte, locale oder kantonale Gesellschaften ins Leben rufen zu können, zum Ausgangspunkte einer ganzen Reihe natur- forschender Vereine geworden, so u. A. der naturwissenschaft- lichen Gesellschaft in St. Gallen und unserer bündnerischen Naturforschenden Gesellschaft u. s. w. Auf die erfreuliche Kunde des Beschlusses der schweiz. . naturforschenden Gesellschaft, ihre Versammlung von 1826 in Chur zu halten, traten, so sagt der erste Präsident unserer Gesellschaft, Bundeslandammann J. Ulr. Sprecher v. Bernegg*), die wenigen bündnerischen Mitglieder dieser allgemeinen schweizerischen Gesellschaft in Malans am 25. Septemcer 1725 zusammen und indem sie sich mit Massnahmen des Empfangs jener ehrenwerthen Gäste beschäftigten, entwarfen sie zugleich den Plan zur Bildung einer Kantonalgesellschäft und beriefen durch eine Zuschrift viele Freunde und Beförderer der Natur- kunde auf den 25. Oktober 1525 zu einer Versammlung in Chur. Diese Versammlung fand dann statt und heisst es da- rüber in dem genannten Berichte von 1827 wie folgt: „Nach- dem Sr. Weisheit der Herr Bundeslandammann J. Ulr. Sprecher v. Bernegg die Anwesenden durch eine Eröffnungsrede zu ihren ersten Berathungen aufgefordert und sowohl Bedürfniss als Wichtigkeit eines solchen Vereines vorgezeichnet hatte, trat die Versammlung unter dem Namen einer Naturforschen- den Kantonalgesellschaft auf nachfolgenden Fundamentalge- setzen in's Leben“. Diese „Verfassung“, wie diese Fundamentalgesetze Ki nannt sind, lautet: Art. 1. Der Zweck der Gesellschaft ist Beförderung der Kenntniss der Natur überhaupt, und der vater- be Bericht über die Thätigkeit der bündnerischen Naturforschen- den Kantonsgesellschaft über ihre Thätigkeit vom 25. Oktober 1825 bis und mit 1827. Chur. Otto. 1827. — 533 — ländischen insbesondere; die Ausbreitung und Anwendung derselben für Landwirthschaft. Ge- werbekunde u. s. w. Art. 2. Aufnahme der Mitglieder: a. Die Mitglieder der Gesellschaft bestehen aus den gegenwärtig zu diesem Zwecke sich Er- . klärenden; b. die später aufzunehmenden Mitglieder müssen durch geheimes absolutes Stimmenmehr ge- wählt werden. Art. 3. Beiträge: «. Der Eintritt in die Gesellschaft beträgt 6 fl. 40 Kr. (Fr. 11.90 nach jetzigem Gelde).*) b. Für diesen Eintrittsbetrag ist nur ein Jahr festgesetzt, nachher wird derselbe erhöht werden. c. Der jährliche Beitrag ist fl. 5 (Fr. 8.50). d. Ein Mitglied, das den Beitrag ein Jahr nicht bezahlt, hört auf, Mitelied der Gesellschaft zu sein. Art. 4. Bibliothek und Zeitschriften. Die in die Bibliothek anzuschaffenden Werke, Sammlungen und Zeit- schriften sind Eigenthum der Gesellschaft, sie können aber nie veräussert oder vertheilt wer- den, sondern sollen als Fideicommiss bei allfäl- ligem Aufhören der Gesellschaft der Kantons- schulbibliothek zur Aufbewahrung übergeben werden, um wieder in gleichem Sinne und Geist sich bildenden Gesellschaften abgeliefert werden zu können. Art. 5. Vorstand der Gesellschaft. Er besteht aus einem Präsidenten, Vicepräsidenten, erstem Secretair, zweitem Secretair und drei berathenden Mit- > a *x* gliedern. **) *) In der Hauptversammlung vom 15. Dezember 1826 ist die Ein- trittsgebühr auf fl. 10 oder nach jetzigem Gelde Fr. 17.— festgesetzt worden. **) Gleich viele Mitglieder wie noch jetzt, nur wurde aus dem 3 ee Art. 6. Versammlungen der Gesellschaft. Die Gesellschaft kommt das erste Mal in Chur zusammen und zwar den 20. Mai 1826 Vormittags um 9 Uhr im alten Gebäude*), sofern bis dahin nichts Weiteres bestimmt wird. Es folgen dann noch Zusätze des Ausschusses über l. Benutzung und Circulation der Bücher und: Zeitschriften ; 2. Einstweilen dienen dazu die hinterlassenen Schriften der ökonomischen Gesellschaft und sobald aus den eingegan- genen Geldern neue angeschafft sein werden, soll jedes Mitglied davon Anzeige erhalten u. s. w. und endlich heisst es: „Gegenwärtige Statuten treten mit 1. Januar 1826 in Wirksamkeit.“ Chur, 10. November 1825. sig. Der Präsident: J. Ulr. Sprecher v. Bernegg. Vicepräsident: am Stein. I. Secretair: Dr. Kaiser. RrAle R Peter von Salis-Soglio und die berathenden Mitglieder Ulr. v. Planta, Hieronymus von Salis und Stadtarzt Dr. Eblin. Dieser Vorstand wurde bereits in der constituirenden Versammlung vom 25. Oktober 1825 in Chur gewählt, welcher Tag also der Geburtstag unserer Gesellschaft ist. ” „ Bevor wir die Thätigkeit der neugegründeten Gesell- schaft weiter verfolgen, müssen wir an einige der Haupt- förderer. naturwissenschaftlicher Bestrebungen in unserem. Lande, die zugleich die Hauptstützen der älteren Gesell- schaften, unserer Vorgängerinnen, der Gesellschaft landwirth- schaftlicher Freunde und der ökonomischen Gesellschaft, waren und die z. Th. Gründer unserer jetzigen Gesellschaft geworden sind, den Tribut der Verehrung und des Dankes zollen, indem wir einen kurzen Abriss ihres Lebensganges und ihrer Wirksamkeit hier einfügen. einen Secretair ein Bibliothekar und aus einem der berathenden Mit- glieder, die später Assessoren genannt wurden, ein Öassier. *) Wohl das Regierungsgebäude, das zwar später das „neue Ge- bäude“ genannt wurde, gemeint. BEE > Nachdem wir schon oben J. G. Amstein’s, des älteren, Biographie gegeben, ziemt es wohl vor Allen hier C. Ulyss. v. Salis-Marschlins an die Spitze zu stellen, wobei der Anlass geboten ist, auch seines Vaters, des Ministers Ulysses v. Salis- Marschlins zu gedenken, der schon durch die Unterstützung Planta’s bei Gründung des Seminars und die Aufnahme der Anstalt in sein Schioss um dieses Institut selbst sowohl als durch dasselbe auch um den Kanton sich so sehr verdient gemacht hat. Carl Ulysses v. Salis-Marschlins. (Zum Theil aus Prof. Dr. R. Wolff’s Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. 4 Bände. Zürich 1858—1862. Orell Füssli & Cie., sowie aus einem Manuseript des Major’s R. Amstein (Vetter von C. U. v. Salis): „Per- sonalia von Herrn Landammann C. U. v. Salis-Marschlins als Materialien F zu einer Biographie“). C. U.v. Salis wurde am 28. September 1760 zu Marschlins als Sohn des Ulysses von Salis-Marschlins, des nachmaligen französischen Ministers in Bünden, geboren. Seine Mutter war Barbara Nicola von Rosenroll. Ulysses v. Salis seiner- seits, geboren den 25. August 1728, war der älteste Sohn des 1795 im Alter von 98 Jahren zu Marschlins verstorbenen Joh. Gubert Rudolf v. Salis, der bis 1712 Besitzer der damals an General Werdmüller übergegangenen Herrschaft Elgg war und als solcher das Bürgerrecht von Zürich besass. Ulysses studirte in Basel Philosophie, Geschichte und Recht, ging dann auf Reisen und war namentlich längere Zeit in den Niederlanden. 1749 trat er in den Staatsdienst seiner Heimath und vertrat wiederholt sein Hochgericht am Bundes- tage, war Podestat von Tiran im Veltlin, half bei Grenzbe- reinigungen gegen die Lombardei, hatte aber früh als Haupt der damals in Bünden einflussreichsten Familie der Salis grosse Anfeindungen zu erleiden, und nahm, hauptsächlich um sich vor denselben zu schützen und sicher zu stellen, die Stelle eines königlich französischen Ministers bei den drei Bünden an (1760). Als 1773 die sog. Reichenauer Oonvention dem Lande Ruhe brachte, wirkte Salis für Verbesserung der Strassen, Einführung des neuen Kalenders etc. und führte daneben die Oekonomie der von M. Planta und Nesemann I na gegründeten Erziehungsanstalt, welche er, wie wir gesehen haben, 1771 in sein Schloss aufgenommen hatte, die aber. schon 1777 einging, nachdem Salis einen bedeutenden Theil seines Vermögens dem philanthropischen Zwecke geopfert hatte. Salis zog nun mit seiner Famile nach Castione im Veltlin, wo er sich der Landwirthschaft widmete, Sümpfe trocken legen liess und die Rebgelände in Ordnung brachte. Als zwischen Bünden und dem Veltlin Streitigkeiten aus- brachen, wurde auch 'er in dieselben hineingezogen. Die ‘ dann folgenden Differenzen zwischen Frankreich und Oester- reich veranlassten ihn, seine Stelle als französischer Minister niederzulegen und er war von da an ein Anhänger und Ver- fechter der österreichischen Politik in Bünden. Als Führer der Salis’schen Parthei wurde er nun verdächtigt, die Herr- schaft in Bünden sich aneignen und das Land an fremde Potentaten verrathen zu wollen und dann vom Strafgericht von 1794 verbannt und vogelfrei erklärt. Er wandte sich nach Zürich, wurde aber auch da von seinen Feinden verfolgt.*) Im Spätsommer 1800 ging er nach Wien, um dort persönlich beim Kaiser die Auswechselung der als Geiseln nach Frankreich deportirten Partheigenossen, unter denen sich auch sein Sohn Carl Ulysses befand, zu erwirken, für die er sich schon früher vergeblich verwendet hatte. In Wien erkrankte der durch herbe Schicksalsschläge gebeugte Mann an einem Nervenfieber, dem er am 6. Oct. 1500 erlag, ohne sein Vaterland wieder gesehen zu haben. „So endete, sagt Wolff, dieser edle und für das Wohl seines Landes unermüdliche, von Johannes Müller und andern edlen Schweizern hochverehrte Mann auf fremder Erde. Aber sein Andenken wird noch jetzt gesegnet, wo die meisten seiner Verfolger längst vergessen sind und seine Werke, unter denen besonders die Fragmente der Staatsgeschichte des Thals Veltlin und der Grafschaften Olefen und Worms, aus Urkunden, von bieibendem Werthe sind, werden seinen Namen auf alle Zeiten erhalten“. BR Carl Ulysses erhielt wie sein älterer Bruder Joh. Rudolf, *) 1797 wurden die Güter der Bündner im Veltlin konfiseirt, wo- bei auch Salis nicht verschont blieb. der unter Anderem zahlreiche meteorolvgische Beobachtungen im Neuen Sammler veröffentlichte, seinen ersten Unterricht zunächst im Planta’schen Seminar in Haldenstein und dann nach Verlegung der Anstalt (als Philanthropin) nach Marschlins als Schüler dieser Anstalt im väterlichen Hause und genoss hier u. A. den Unterricht in Naturwissenschaften durch Dr. J. G. Amstein, «der den regen Geist des jungen Mannes mächtig dafür zu begeistern wusste. Nach dem Falle des Instituts brachte der Vater beide Söhne in Gesellschaft ihres Lehrers ä Porta ‘auf die Academie zu Dijon, von wo sie dann noch andere hohe Schulen des Auslandes besuchten. C. Ulysses studirte das Recht, daneben aber befasste er sich auch mit verschiedenen Branchen der Naturwissenschaften und hörte Vorlesungen über Botanik, Physik und Chemie. 15 Monate dauerte der Aufenthalt in Dijon. Nach seiner Rückkehr (Herbst 1778) besuchte er wiederholt die verschiedenen und damals noch so unbekannten Thäler und Berge des schönen Bündnerlandes, sowie von Castione im Veltlin aus das Li- vignerthal und Bormio; überall wurden eifrig Schmetterlinge und Mineralien gesammelt. Nach der Rückkehr aus dem Veltlin im Juni 1779 trat er mit seinem Bruder als Mitglied in die Gesellschaft land- wirthschaftlicher Freunde. 1780 bereiste ©. Ulysses mit sei- nem Vater den Muretto-Gletscher, und Ende. Sommers reiste er nach den Niederlanden, 1781 mit seinem Oheim, dem Marschall Ant. v. Salis-Marschlins, nach Paris, wo er bis Mai 1782 blieb. Nach seiner Zurückkunft war das naturhistori- sche Bereisen der einheimischen Thäler und Gebirge vor- züglich seine Sommerbeschäftigung. 1753 wurde er Syndi- cator. 1784 Beiboth des Congresses zu Chur, 1785 Beiboth am Bundstag zu Davos, 1787 ebenso in Chur. Er hat über seine Reisen zahlreiche Abhandlungen im Neuen Sammler publizirt, welche mit zu dem Werthvollsten gehören, das diese Zeitschrift enthält. In „Höpfners’ Magazin“ erschien von ihm eine Arbeit betitelt: „Beiträge zur Natur- geschichte der Gemsen und Bären im Veltlin.* Reich für die damalige Zeit waren seine Bibliothek und seine naturhistori- ‘schen Sammlungen. Vom Herbst 1787 bis 1789 war Salis in Bea Sr Neapel und Sicilien bei seinem Oheim Gubert Rud. Anton v. Salis, der damals Generalinspector der sieilianischen Trup- pen in königl. neapolitanischen Diensten war. Ueber diesen Aufenthalt und die damit verbundenen Reisen hat Salis mehrere Schriften herausgegeben, die 1790—1794 in Zürich erschienen sind und u. A. eine Beschreibung des Erdbebens von Calabrien vom Jahre 1783 enthalten. Auch von hier brachte er eine reiche Sammlung von Conchylien und Mineralien mit. Diese Arbeiten erfuhren vielfache Störungen durch die auch Bünden in Mitleidenschaft ziehenden Stürme der französischen vevolution, den Tod der Mutter und die Vertretung des Vaters in der Verwaltung des Stammgutes Marschlins, welche er mit seiner jungen Frau, Anna Paula v. Salis-Seewis, in Stellver- tretung des im Exil lebenden Vaters zu übernehmen genöthigt war. Die Franzosen plünderten Marschlins, das vom März 1799 bis Dezember 1800 nach und nach bei 10,000 Mann und über 3000 Pferde Einquartierung bekam. Auch ©. U. v. Salis selbst wurde nebst andern Partheigenossen am 2. April 1799 von französischen Milsärs des Generals Massena angehalten und deportirt, zunächst nach Aarburg, dann nach - Belfort und endlich nach Salins im französischen Departement des Jura, wo er bis 20. August 1500 verblieb. Diesen Aufent- halt benutzte er zur Abfassung von interessanten Bemerkun- gen über Land und Leute und die Revolution selbst. Auch Pater Pl. ä Spescha und Pfarrer Pol, die von den Oestreichern nach Innsbruck, Pol noch weiter nach Graz deportirt worden waren, haben diese Zeit des Exils eifrig und so gut es die ihnen freigegebene Zeit gestattete, benutzt, um ihre natur- historischen Kenntnisse an den dortigen Hochschulen zu er- weitern. Nach seiner Heimkehr wurde Salis 1801 Vertreter seines heimathlichen Bezirkes in der bündnerischen Tagsatzung, 1803 Mitglied des Oberappellationsgerichtes und 1805 erster Präsident des neu aufgestellten kantonalen Sanitätsrathes, war auch eine Zeit lang Landammann der V Dörfer und ferner Präsident der ökonomischen Gesellschaft während der ganzen Dauer ihres Bestehens. Er hielt sich seit 1801 stets in Mar- . schlins auf, trieb Landwirthschaft und daneben litterarische ee und naturwissenschaftliche Arbeiten. 1801 kam der bekannte Magister Rösch (ein Württemberger) als Hauslehrer der Kin- der unseres C. Ulysses nach ‚Marschlins, der durch seine mannigfachen Kenntnisse in den Naturwissenschaften ihm viele Freude bereitete und ihm in seinem Studium und seiner Sammelthätigkeit ein eifriger Helfer wurde. 1806 verliess Rösch das Land und zog nach seiner Heimath. Den damali- gen durch den bekannten Demenga begonnenen Bergbau- unternehmungen schenkte Salis grosses Interesse und suchte sie nach Kräften zu fördern. Dann gab er, unterstützt von seinem Freunde J. Rud. Steinmüller die „der genauern Kennt- niss der Alpen“ gewidmete Zeitschrift Alpina heraus, die von 1506—1809 in 4 Bänden erschienen ist”). Bei diesem Unternehmen hatte er sich auch der Unterstützung Joh. Gon- rad Escher's von Linth, mit dem er innig befreundet war, zu erfreuen. Die von ihm beabsichtigte Gründung einer „Aca- demie helvetique correspondante* für Naturgeschichte und verwandte Wissenschaften, wie Physik, Chemie und Mathe- matik, kam nicht zu Stande. Umso freudiger begrüsste er die Gründung der schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft durch Gosse und Wyttenbach, deren Mitglied er schon im Gründungsjahre derselben, 1515, wurde. Den Sitzungen der genannten Gesellschaft hat er jedoch nie beigewohnt. Seine ökonomischen Verhältnisse die durch die bekannte Confiscation der Güter der Bündner im Veltlin empfindlich geschädigt worden waren und eine Gemüthskrankheit seiner Frau drückten schwer auf ihn und so entwickelte sich im Anschlusse an einen erlittenen Unfall auf einer Reise nach *) Alpina. Eine Schrift der genauern Kenntniss der Alpen gewid- met. Herausgegeben von K. U. v. Salis-Marschlins und J. R. Steinmäller. 4 Bände. Winterthur 1806—1809. Nach Salis’ Tode erschien die Zeit- schrift als „Neue Alpina“. „Eine ‘Schrift der schweizerischen Naturge- schichte, Alpen- und Landwirthschaft gewidmet. Herausgegeben von J. R. Steinmüller“. Soviel uns bekannt, sind davon 2 Bände erschienen. 1821 und 1827. Diese neue Alpina enthält vorzugsweise Aufsätze über Ornithologie, dann auch allgemein Naturhistorisches, in ähnlicher Weise wie der neue Sammler, ohne sich aber auf bestimmte Landesgebiete zu beschränken, wie dieser es als spezifisch bündnerisches Blatt zum grossen Theile gethan hatte. Feldkirch eine langwierige Brustkrankheit, die seine Geduld auf eine harte Probe stellte. Er erlag derselben am 13. Ja- nuar 1818. Bis an sein Lebensende war er litterarisch thätig und manches Angefangene wurde vollendet, aber nicht mehr gelruckt, so z. B. eine Geschichte der Romanischen Spruche*) und eine Uebersetzung der Denkwürdigkeiten des Marschalls Ulysses von Salis-Marschlins aus der italienischen Urschrift. Eine Geschichte der Reformation in Graubünden blieb un- vollendet. „Unermüdlich thätig für Förderung des allgemeinen Besten, in seiner Lebensführung von äusserster ‚Einfachheit „wie ein Bauer“, war er einer jener schlichten Republikaner, welche immer bereit sind, für den Fortschritt zu wirken, aber mit Mitteln, deren sich ein Ehrenmann nicht zu schä- men braucht.“ Luzius Pol, geb. 27. März 1754, gestorben 2. Dezember 1828.**) Die Familie Pol stammt ursprünglich von Malix bei Chur. Wahrscheinlich führte sie früher den Namen Paul de Paul; worauf auch ihr Pettschaft deutet, welches ein Paulus- bild mit einem Schwerte zeigt. Einer dieser Pol, unseres Dekans Urgrossvater, war im Jahre 1680 nach St. Moritz im Oberengadin gezogen. Von hier aus wanderte Jan Tanin Pol, als Handwerker nach Italien aus und starb 1765 im Venetianischen. Auf fremder Erde wurde ihm ein Sohn ge- boren, am 27. März 1754, der den Namen Luzius erhielt. Von vier Kindern war er der Liebling der Mutter, die nach dem Tode ihres Mannes in ihre Heimath, dem Engadin, zu- rückkehrte. Trotz ihrer wenig bemittelten Vermögensum- stände wollte sie dem Knaben eine bessere Erziehung geben lassen. Zu diesem Zwecke übergab sie ihn dem Unterrichte *) ©. Decurtins vermuthet, es sei dies eine Arbeit des Paters Plae. ü Spescha gewesen, der ein bezügliches Manuseript C. U. v. Salis über- geben gehabt habe. Vide: Pater Pl. a Spescha (Lebensbild eines rhäti- schen Forschers) von C. Decurtins, Chur, Gengel, 1874, pag. 35 An- merkung. **) „Aus der Lebensgeschichte des sel. Dekans Luzius Pol“. Vide im bündnerischen Volksblatt zur Belehrung und Unterhaltung. 4. Jahr- gang..1832. Chur, Otto’s Erben. Rau des frommen gelehrten Pfarrherrn Zucas Bunsi zu Ponte- Campovasto, unter dessen Pflege und Leitung mehrere Kinder angesehener Familien erzogen und unterrichtet und wie man glaubte, gegen eine damals übliche Losgebundenheit in Denk- art und Sitten bewahrt wurden. Unser Luzius entwickelte sich hoffnungsvoll, daher die Mutter jeden Sparpfennig auf die Erziehung ihres Sohnes verwendete, den sie zum geist- liehen Amte bestimmt hatte. Von frühester Jugend an er- götzte sich das kindliche Gemüth des sinnigen Knaben am Sammeln der Berg- und Thalblumen und bekundete schon darin seine Empfänglichkeit für das Schöne und Ordnungs- volle in der Natur. Oft und gerne erinnerte er sich in späteren Jahren seiner jugendlichen Wanderungen in den St. Moritzer Bergen und beschrieb auch diese Gegend seiner reichen Blumenernte in einer Abhandlung, die im alten Sammler ge- druckt worden ist. Bei Bansi lernte er die lateinische und die griechische Sprache und wurde sodann in die „Vorhallen der Gottesgelehrsamkeit“ eingeführt. Die eigentlichen humanisti- schen Studien galten damals bei vielen als ein ziemlich un- nützer Wissenskram und wurden mitunter wohl gar für schädlich gehalten. Dagegen sollten dann religiöse Uebungen den Mangel wissenschaftlichen Unterrichtes ersetzen und die Nachahmung, was ein witziger Kopf nicht unpassend „ein Anstecken“ nannte, das Weitere in der geistlichen Berufs- bildung vollenden. Es wurden daher grammatische Werke und theologische Lehrbücher meist mechanisch auswendig gelernt und mit eisernem Fleisse dem Gedächtnisse eingeprägt, aber für eine philosophische und aesthetische Erweckung der jungen Studierenden wurde weder Hand geboten, noch das Bedürfnis einer solchen geistigen Beschäftigung gefühlt. Unser Pol aber fühlte dieses Bedürfniss sehr lebhaft und beklagt sich über den damals üblichen Unterricht in einer kurzen Selbstbiographie, die er mit dem Seufzer schliesst, „Methodus non satis bona“. Seinen Studien treu ergeben, in sich ge- kehrt und an seiner inneren Vervollkommnung arbeitend, verlebte er so seine Jugendjahre bei seinem Lehrer, mit dem er den Aufenthaltsort mehrfach wechselte, den er auch als treues Familienglied nach Neuwied, Schiers und Fläsch be- ES gleitete, wobei er jede Gelegenheit benutzte, neue Kenntnisse und Fertigkeiten einzusammeln. In Neuwied lernte er Zeichnen, welche Kunst ihm später zur Zeichnung seiner Insecten und Pflanzen so nützliche Dienste leistete. In Fläsch räumte er in einem Steintobel die Felstrümmer weg und pflarzte an einer Felswand Wein- reben, um die Fruchtbeförderung vermittelst der abprallenden Sonnenstrahlen zu studiren. Als er später selbst Pfarrer in Fläsch wurde (1792), hat er dieses Steingewölbe auf's Neue mit eigener Hand zu einem „botanischen Garten“ umgewan- delt. Ueberhaupt war Pol sein ganzes Leben hindurch ein vielversuchender, beharrlich für Gemeinwohl und Wissen- schaft strebsamer und „vielanschlägiger* Mann. Noch in seinem Greisenalter sah man ihn als rüstigen Kämpfer gegen die zerstörenden Naturgewalten (Correetion der Landquart bei Schiers) arbeiten. Im Sinne und Geist des ehrwürdigen Escher's von der Linth opferte er sogar die letzten Tage und Lebenskräfte mit eigener Handarbeit und Opferung seines eigenen Vermögens, um die zerstörte Thalfläche zwischen Schiers und Grüsch in urbares Land umzuwandeln. Bis zu seinem 19. Lebensjahre blieb Pol unter der Lei- tung seines Lehrers Bunsi. Er hatte seine sprachlichen und theologischen Studien so weit vollendet, als es damals in Bünden möglich war. Ihm schwebte jedoch ein höheres Ziel vor, er nährte aufs wärmste den Wunsch, auf ausländischen Hochschulen in die Hörsääle der Wissenschaften zu treten und seine Bildung zu vervollständigen, was ihm erst viel später während seiner Deportationszeit in Innsbruck und Graz zu Theil wurde. Damals war ihm die Erfüllung dieses seines Herzenswunsches unmöglich. „Die Rolle wendete sich auf eine andere Seite“, wie er selbst sagt. Die typhösen und andere ansteckenden Krankheiten des Jahres 1771 hatten die Reihen der Geistlichen in Bünden empfindlich gelichtet; es starben in diesem Jahr 38 Geistliche der reformirten Kirche. Man rief den Nachwuchs zum Predigtamt. Pol hatte wohl wenig Neigung, jetzt schon ein geistliches Amt zu übernehmen, überhaupt trug er sich mit der Absicht, sich ausser Landes zu begeben und seine Ausbildung zu vervollständigen. Zu- dem hatte er noch nicht das zur Aufnahme in die reformirte Synode vorgeschriebene Alter von 23 Jahren erreicht. Lange widersetzte er sich allen Zumuthungen, endlich aber gab er nach und meldete sich zu den Prüfungen und wurde im Jahre 1772 auf der Synode zu Zuoz im Oberengadin mit noch acht anderen Candidaten, wie er selbst sagt, „aus Mangel an Predigern eingeschoben“. Das Loos wies ihn nach Schuders im Prättigau. Sein Freund, Pfarrer Simon Caspescha in Schiers und der ältere Dr. Amstein führten ihn tiefer und umfassender in die Naturkunde ein und so wurde aus dem sinnigen Blumen- freund und Insektensammler einer unserer eifrigsten und kenntnissreichsten Botaniker und Entomologen. Pol und Am- stein sind die Pioniere der exakten Naturforschung in unserem Lande geworden. Allein lange hielt er es, besonders beim Mangel aller wissenschaftlichen Hilfsmittel, in dem abgelegenen einsamen Bergdörfehen nicht aus. „Nein, so schreibt er, länger hältst du mich nicht mehr, du Stätte voller Jammer“. Die eigentliche Bildungsstätte zum Predigeramt wurde für unseren Pol sein Aufenthalt zu Celerina, als er 1775 Schuders verliess und zu seiner Mutter eben nach Celerina zurückkehrte. Dort wirkte als Ortsgeistlicher der fromme und beredte Johann Frizzoni,; in dessen Predigten war Geist und Leben, daher sein Umgang, und seine kirchlichen Vorträge auf Pol er- ziehend und bildend einwirkten. Während der Synode in Fideris hielt er eine Predigt in Luzein und wurde daraufhin als Pfarrherr in diese Gemeinde berufen. In nicht zu grosser Entfernung wohnten wissenschaftlich gebildete Männer; in Marschlins die Brüder Salis und Dr. J. @. Amslein, in St. Antönien Pfarrer Gatani, nachmals Pfarrer in der russischen Colonie an der Wolga, L’Orsa, damals Hauslehrer in Malans, der Pflanzenkenner Pfarrer Gujan in Saas, Landammann Engel und Andere. Mit diesen Männern vereinigte er sich zur Her- ausgabe des alten Sammlers und zu einer Lesegesellschaft, aus der ‚einige Jahre später (1778) die Gesellschaft landwirthschaft- licher Freunde hervorgegangen ist. Es war dies die erste Vereinigung bündnerischer Männer, die nach dem ganz kurzen Bestand der von Planta gegründeten ersten ökonomischen Gesellschaft sich zusammenthaten, um durch Anschaffung re wissenschaftlicher Schriften und Circulirenlassen derselben den Bildungsstand in unserem Kanton zu heben. Von Luzein aus unternahm Pol viele Bergreisen im Lande herum und in dessen nächster Umgebung. Er sagt darüber: „Bergreisen waren von Kindesbeinen an mir Freudenfeste. _ Dieses Vergnügen hat mit den Jahren mehr zu als abgenommen. Ich habe bis 16 grosse Berggegenden durchwandert, bin über 7 Bergspitzen (Cuolms, Bergpässe) gereiset, habe aut 12 grossen Bergjochen die Concentration der Alpen überschaut und über 30 Alpen- sennereien in Bünden besucht. Je mehr ich indessen die Gebirge bereise, je mehr werde ich zwar von diesen schwin- dlichten ungeheuren Massen bezaubert, aber destomehr lerne ich einsehen, wie wenig ich von alle dem kenne, wie gross das Feld der Untersuchung noch wäre, und wie nothwendig hiezu vereinigte iKräfte geschickter und wissbegieriger Men- schen sind“. | Viele seiner gesammelten Notizen sind im Sammler so- wie im neuen Sammler gedruckt. „Wäre dieser Mann, sagt sein Biograph, wie er es so sehnlich wünschte, durch Anschaf- fung der nöthigen Instrumente unterstützt worden, wozu in Folge einer begonnenen Subscription nur 6 Louis d’or zu- sammengebracht werden konnten; hätte er, nach seinem so heissen Wunsche, als Jüngling eine auswärtige Hochschule besuchen und neben dem theologischen Studium sich auf die Naturwissenschaften unter geschickter Leitung werfen können, wahrlich in Pol war Trieb, Lerneifer, Beharrlichkeit, geistiger Scharfblick und Denkkraft in so erheblichem Masse, dass er durch Leistungen und Kenntnisse sich einen Ehren- platz unter den bewährtesten Gelehrten und Naturforschern der Schweiz erworben hätte. Und einen Ehrenplatz hat er sich ohne alle jene begünstigenden Umstände erworben, denn er galt bei ausländischen und schweizerischen Gelehrten, mit denen er bis in seine letzten Lebensjahre in Correspondenz und Austausch stand, die er zum Theil sich durch Freund- schaft und wissenschaftliche Beiträge verbunden hatte, als ein Mann, der in der Botanik wie in der Entomologie über mehrere bisher unbekannten Theile Bündens in naturkund- licher Hinsicht den Schleier gelüftet hatte. Seine Bergreisen machte er gewöhnlich zur Sommerszeit; mehrmals besuchte er auch die benachbarten Kantone, wo er mit ausgezeichneten Gelehrten und Geistlichen in reger Bekanntschaft und zum Theil in fortdauernde Freundschaftsverhältnisse trat, wie mit Antistes Hess, Lavater, Gessner. Füssli und andern Männern, (die in der Schweiz "und dem Auslande ausgezeichneten Ruf hatten. - Ausser Landwirthschaft und Naturkunde lag ihm beson- ders am Herzen die Verbesserung der Schulen in Bünden und war er eifrig dafür bemüht. „Rhätien bedarf eher besserer Landschulen als Pfrundverbesserungen“ sagt er. Der Erfolg entsprach aber der darauf verwendeten Mühe und Arbeit nicht. So zog er sich nach manchen Enttäuschungen von diesem Lieblingsplan zurück. „Der Völker uralte Lehrerin mit ihrer eisernen Ruthe, Noth und krfahrung, musste erst das Bedürfniss fühlbarer und den Sinn empfänglicher machen.“ So schenkte er denn seine freie Zeit seinen „Huldgöttinen“ der Botanik und Entomologie. Im Jahre 1787 verehelichte sich Pol mit Elisabeth Flütsch, einem braven, einfachen Mädchen, der Tochter des Landammanns Christian Flütsch von Pany bei Luzein, die ihm drei Töchter schenkte und mit der er 35 Jahre lang in der glücklichsten Ehe lebte. So blieb er denn bis 1790 in Luzein in treuem Dienste seiner Kirche und eifrig bemüht, seine naturhistorischen Kenntnisse zu erweitern. Im eben genannten Jahre 1790 fasste die Synode zu Steinsberg im Unterengadin den Beschluss, die Gemeinden durch eine Art von Interdiet zur Vermehrung der geistlichen Pfrundbe- soldungen bis auf fl. 400 (Fr. 680) zu zwingen. Die Geist- lichen, die nicht bereits Pfrunden von dieser Höhe inne hatten, und deren mögen wohl recht viele gewesen sein, wurden ver-, pflichtet, so lange sich aller geistlichen Funktionen zu enthalten, bis sie diese Gehaltserhöhung erreicht haben würden. Also ein veritabler Streick der geistlichen Herren! Die Gemeinden ihrerseits protestirten und so war die kleine merkwürdige Revolution gegeben. Pol war gegen diesen Synodalbeschluss gewesen, fügte sich aber demselben doch aus Pflicht- und Solidaritätsgefühl gegenüber seinen Amtsbrüdern. Er sagte bei diesem Anlasse von sich: „meine Gesinnungen sind syno- D ER dalmässig, aber eigennützig sind sie nicht“. Er wurde nun zu seinem grössten Schmerze von seiner Gemeinde, die ihm bisher alle Ehre und Liebe erwiesen und ihm sogar das Bür- gerrecht geschenkt hatte, entlassen. Er blieb aber als Privat- mann noch zwei Jahre in Luzein, mit Gartenbau und Feld- arbeit beschäftigt. In die Zeit seines Aufenthaltes in Luzein fällt eine von ihm unternommene Reise nach dem Bündner- Oberlande, im Juli 1788. Die Tour führte ihn auf den Badus (Six Madun) und an den Gotthard; bei diesem Anlass lernte er in Disentis den Pater Plac. a Spescha kennen, dessen reiche Mineraliensammlung ihn in hohem Grade interessirte. Beide ideal angelegte, für die Erforschung der Natur begei- sterte Männer, wurden sie aufrichtige Freunde und blieben es zeitlebens. Mit rührender Dankbarkeit erzählt Pol, wie gütig und gastfreundlich er im Kloster zu. Disentis aufge- sommen worden sei und wie ihn der hochwürdige Abt mit Speise und Trank für seine Reisen in der Umgebung ausge- stattet habe. Im Jahre 1792 verliess Pol sein geliebtes Luzein und folgte einem Rufe als Pfarrer nach Fläsch, dem nördlichsten Bündner-Dorfe im Rheinthale am Fusse der Luziensteig, die in den folgenden Kriegsläufen eine so wichtige Rolle spielen sollte. Von hier aus unternahm er Reisen in die Nachbar- kantone, kam u. A. auch nach Zürich und erneuerte seine Freundschaft mit Antistes Hess, Lavalter, Gessner, Füssli, der ihn freundlichst in sein Haus aufnahm, und wurde ferner in Winterthur mit den Entomologen Schellenberg und Glairville bekannt. Diese zwei hervorragenden Gelehrten schätzten Pol sehr hoch und unterhielten mit ihm eine lebhafte wissen- schaftliche Correspondenz und Austausch von Naturgegen- ständen und benutzten häufig Pol’s eingesandte Gegenstände und Notizen für ihre Publikationen. Es liegen zahlreiche Briefe Ulairville's vor, die beweisen, wie hoch er Pol als ein- fachen, edlen Charakter, wie als ernsten Forscher ehrte. Diese Reisen erweiterten seinen Blick und legten ihm Vergleiche der Zustände der Landwirthschaft und Gewerbe in andern Kantonen mit denjenigen Bündens nahe, die nicht zu Gun- sten des letzteren ausfielen. So schreibt Pol 1796 an seinen Freund Bansi: „Mir kommt es vor, unsere Bündner sind mit allem ihrem Nationalstolz, im Vergleich mit den Schweizern, ein armseliges Volk, das seine Vortheile weder kennt noch benutzt.“ Hier in Fläsch schuf er sich dann wieder einen kleinen botanischen Garten, im Steingerölle einer Rüfe, säete ausländische Gewächse, deren Samen er von seinen schwei- zerischen Freunden bekam, sowie Alpenpflanzen. Hocher- freut zeigte er seinen Besuchern sein Gärtchen und war stolz da- rauf, ihnen sagen zu können, dass daran ausser der Thüre und dem Schlosse an derselben, Alles das Werk seiner Hände sei. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde die Schweiz wie auch Graubünden in die Stürme der französischen Revolution verwickelt und hereingezogen und der Schauplatz der Kämpfe der fremden Heere und eines gehässigen Partheitreibens der einheimischen politischen Partheiungen selbst. Damit wurde unser Pol aus seiner friedlichen Wirksamkeit eines treuen Seelsorgers und eifrigen Naturforschers gerissen, es beginnt für ıhn ein neuer Lebensabschnitt, ein Leben des Sturmes und des Leidens. Fränkisch und kaiserlich waren die Lo- sungsworte der beiden Bündner Partheien. Im Herbste 1798 zogen die Oesterreicher ins Land, ihnen folgten im März 1799 die Franzosen von der Luziensteig her und wurden von den französisch Gesinnten mit Enthusiasmus empfangen. Man errichtete Freiheitsbäume, alle Leidenschaften des Partheigeistes waren entfesselt. Auch in der Herrschaft waren Freiheits- bäume aufgerichtet worden. Bei einem solchen Anlasse schrieb Pol an einen Freund: „Der Freiheitsbaum steht in Malans und Maienfeld aufgepflanzt, die Schwindelköpfe! sie schaden ihrem Vortheil offenbar, dafür haben sie eben das Vergnügen, ihn anzugaffen, was für ein Volk !* Gelegentlich hatte Pol, obwohl von allen politischen Treibereien sich fern haltend, den Wunsch geäussert, es möchte eine Vereinigung Rhätiens mit der Schweiz zu Stande kommen, weil er von dieser Verbindung nur Gutes für das öffentliche Wohl hoffte und erwartete. Dies genügte, ihn bei den österreichisch Ge- sinnten in den Verdacht zu bringen, er sei ein Anhänger der Franken. Bei dem Anrücken der Franzosen hatten sich Fläscher an die kaiserlichen Truppen angeschlossen und sollte BEN ERER das Dorf dafür durch Plünderung gezüchtigt werden. Nur der Verwendung Pol's bei dem Führer der Franzosen gelang es, dieser Gefahr vorzubeugen; derselbe begnügte sich damit, eine zahlreiche Mannschaft in das Dorf einzuquartiren; aber das Haus Pol’s wurde doch ausgeplündert und seine Familie in Noth und Schrecken versetzt; bald kamen wieder Oester- reicher in die Gegend und als Pol von einer Reise ins Prät- tigau heimkehrte, wurde er am 20. Mai 1799 bei Maienfeld von österreichischen Soldaten aufgegriffen und wenige Tage darauf ohne Verhör als Geisel mit andern Schicksalsgenossen über die Luziensteig nach Oesterreich’ abgeführt. Um 60 weitere Männer theilten dasselbe Schicksal, als Vergeltung dafür, dass die Franken ebensoviele Oesterreichischgesinnte nach Salins als Geiseln abgeführt hatten. Unter den nach Oesterreich Beförderten befanden sich 12 eben so schuldlose als würdige Pfarrherren, darunter auch der Disentiser Con- ventuale und Freund Pol's, Pater Plaeidus aSpescha. Während ‘die Mehrzahl seiner Schicksalsgenossen sich an ihren Ver- bannungsorten ihrem Verdrusse oder der Langeweile über- liessen, benutzten Pol und Spescha jeden Anlass, ihre Bildung zu vervollständigen und ihre Kenntnisse zu vermehren. In Innsbruck und in Graz, wohin Pol mit einigen andern Deportirten befördert worden war, besuchte er fleissig die Vorlesungen der Professoren der dortigen Hochschulen. So wurde dem Manne ein sehnlichster Wunsch erfüllt in einer Lage zwar, wo er es am wenigsten gesucht hätte. Soweit dies ihm gestattet wurde, machte er fleissige Excursionen, von denen er manche botanische und entomologische Aus- beute heimbrachte. Zwanzig Monate, dauerte das Exil. Als er endlich im Frühling 1801 heimkehren durfte, fand er seine Stelle in Fläsch durch einen andern besetzt und empfand bitter den Undank der Gemeinde, von der seine Fürsprache so grosses Unglück abgewendet hatte. 1802 gieng er mit seiner Familie nach Nemwied, um in der dortigen Brüdergemeinde der Herrenhuter seine Schwester zu besuchen. Selbst hat Pol, trotz aller Hochachtung für dieselbe, niemals der Brüdergemeinde angehört. In Neuwied gewann er bald die allgemeine Achtung, man übertrug ihm ER N die Verwaltung der reformirten Stadtpredigerstelle daselbst, wählte ihn als Lehrer am Schellenbergischen Institute und vertraute ihm den Unterricht der Prinzessin Louise von Neu- wied in der italienischen Sprache und Litteratur an, mit der er u. A. Tasso’s befreites Jerusalem las. Nach seiner Heimkehr wurde er zunächst Pfarrer in Malix, aber schon 1804 ging ihm ein Herzenswunsch in Er- füllung durch die Berufung als Pfarrer nach Luzein, das ihn einst so undankbar aus seiner Pfarrstelle entlassen hatte und nun sein Unrecht wieder gut machte. Hier blieb er 10 Jahre und suchte von da aus nach Möglichkeit die Korrektion der Landquart zwischen Schiers und Grüsch zu betreiben, die besonders seit -1762 immer wieder grosse Verheerungen an- richtete. Noch als hochbetagter Mann arbeitete er dort mit eigener Hand an dem mühsamen Werke und wenn er auch nicht das erreichte, was er herbeizuführen suchte, das Be- wusstsein edler That und ernsten Willens blieb ihm unver- kümmert und bildete den Lohn für sein uneigennütziges Bestreben. „Sterbe ich ohne dass ich Nutzen erlebe, sagt er,. so sage man in arduis et voluisse sat est und die Nach- welt kann fortfahren — wenn sie will.“ Wie würde sich der ‘ würdige Mann freuen, wenn er jetzt die vielen schönen frucht- baren Gefilde sähe, da wo zu seiner Zeit öde Steintrümmer und weite Sümpfe waren! Nicht minder lag ihm die Jugenderziehung am Herzen ; er schaffte seine Druckerpresse, die er schon früher in Malans aufgerichtet hatte, nach Luzein, setzte zum Theil selbst und druckte einen kleinen Katechismus für Kinder, der in meh- reren Schulen benutzt wurde und manche andere Schriften verschiedenen, vorzugsweise aber religiösen Inhaltes, sowie „Idex ad Pterologiam insectorum“. Bekanntlich hat er auch ab 1809 den neuen Sammler gedruckt. Pol war ein eifriges Mitglied der Gesellschaft Landwirthschaftlicher Freunde, der zweiten ökonomischen Gesellschaft und lieferte eine Reihe werthvoller Beiträge in die beiden Sammler; bei der Grün- dung unserer jetzigen Naturforschenden Gesellschaft half er werkthätig mit und besuchte deren Versammlungen so oft es ihm seine Zeit gestattete. Auch an den Versammlungen der 4 FE ee schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft nahm er mehr- mals: Theil, so 1817 in Zürich, 1819 in St. Gallen und 1826 in Chur. 1814 gab er seine Pfründe in Luzein ab, blieb aber dort noch weiter wohnen und suchte der Gemeinde in jeder Weise zu dienen, so z. B. durch Uebernahme des Amtes eines Gremeindevogtes. Nicht vergessen dürfen wir seine Be- strebungen für die Verbreitung der Schutzpockenimpfung. Er führte selbst zahlreiche Impfungen aus, worüber er genaue Aufzeichnungen machte und dieselben im Sammler publizirte. Mehrere Male hat er als Dekan die reformirte Synode präsi- diertt und war unermüdlich thätig für die Reform des evan- gelischen bündnerischen Kirchenwesens. 1823 übernahm er die Stelle als Pfarrer in Fideris. Hier verlebte er seine letzten Lebensjahre ruhig und glücklich im Kreise seiner Familie und fand die schönste Erholung in dem Ordnen seiner reichen naturhistorischen Sammlungen. Im Vorgefühl, dass es das letzte Mal sein möchte, machte er noch im Spätjahr 1828 einen „Spaziergang“ nach Chur, um seine dort als Frau des Präfectrichters Bavier lebende Tochter und seine zahlreichen Freunde zu besuchen. Seit mehreren Jahren schon litt er an Husten und Athmungsbe- schwerden. Nach der Heimkehr von Chur verschlimmerte sich sein Zustand und so schied er denn am 2. Dezember 1828 sanft und ruhig aus diesem Leben, im Alter von 75 Jahren. Sein unansehnliches Aeusseres, die kleine schmächtige Figur seines Körpers, sein einfaches, allzu bescheidenes Be- nehmen liessen ihn oft übersehen und verkennen. Bezeich- nend hiefür ist der Ausspruch eines bekannten schweizerischen Staatsmannes, der Pol bei Anlass einer Versammlung der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft kennen lernte: „Erst wenn dieser so einfache Mann den Mund öffnet, sieht man, dass er von weit grösserem Werthe ist, als sein äusseres Aussehen verrathet.“ Der Physiognome Lavater sprach beim Anblicke von Pol’s Bildniss: „Wenn das kein verständiger feiner Mann ist, so entsage ich allem Verstande; hier sind feste Ruhe, Feinheit und Beobachtungsgabe unverkennbar“. Pol hatte viele und würdige Bekannte und Freunde, unter denen besonders folgende Bündner zu nennen sind: Dr. J. G. Amstein und seine Söhne Dr. J. G. Amstein, der jüngere, und Joh. Rudolf der spätere Major Amstein, die Salis-Marschlins, den Dichter J. Gaudenz v. Salis-Seewis, Com- missarius A. H. Sprecher v. Bernegg, die Gebrüder L’Orsa, den Pfarrer und den Hauptmann Bansi, seinen Jugendfreund, den Dekan Valentin und Pater Placidus & Spescha; Pfarrer Catani und noch viele.andere Männer weltlichen und geist- lichen Standes. Auch Prof. Martin Planta war er näher ge- treten und sagt von demselben: „ich war nicht unter Planta’s Zöglingen, doch habe ich mein schwaches Lämpchen in meinem 22.*) Jahre an seinem Lichte angezündet“. Sein Ausspruch: „alle Freunde der Natur sind auch gute Menschen“, zeigt jedenfalls ihm selbst seine Stellung unter den Men- schen an, auch wenn er sonst auf Niemanden passen würde. Major Joh. Rudolf Amstein.”*) (1777—1862). J. R. Amstein wurde am 1. Mai 1777 als Sohn des Dr. J.G. Amstein, des älteren, und seiner Frau Hortensia, Schwester ‚des Ministers Ulyss. v. Salis-Marschlins, geboren. Er genoss in seinem Elternhause eine vortreffliche Erziehung und erbte des Vaters Vorliebe für die Erforschung der Natur. Im 17. Jahre kam er in die Carlsschule nach Stuttgart und bereitete sich hier zur militärischen Laufbahn vor. 3 Jahre blieb er in Stuttgart und trat bald nachher als Cadet im Regiment - Schmid in den Dienst der holländischen Generalstaaten. Als die Franzosen Holland eroberten, ging auch die Armee in französischen Dienst über und Amstein wurde Soldat der französichen Republik (1894/95). Allein es hielt ihn da nicht lange; er nahm seinen Abschied und ging nach Hause. *) Es ist das ein Irrthum, denn zur Zeit von Planta’s Tod war Pol erst 15 Jahre alt. **), Ich entnehme diese kurze Notizen dem Nekrologe, den ihm sein Sohn Dr. J. G. Amstein, der letzte der Amstein, im Jahrb. unserer Naturf. Gesellschaft Jahrgang 7 gewidmet hat und verweise für Ein- . gehenderes auf denselben. BER Bald darauf trat er als Lieutenant in das Regiment Christ und damit in sardinischen Militärdienst. Allein auch hier er- reichten ihn die Franzosen, verleibten die piemontesischen Truppen in ihre Armee ein und so wurde unser Amstein zum zweiten Male französischer Soldat (1798/99). Er konnte aber mit den französischen Eroberern nicht sympathisiren und nahm seinen Abschied. In die Heimath zurückgekehrt trat er als Hauptmann in das in englischem Solde stehende Regiment des Generals Salis-Marschlins und kam mit dem- selben nach Tirol und Steiermark, wo dasselbe entlassen wurde. Heimgekehrt, blieb er bei seiner Mutter und übernahm die Bewirthschaftung des väterlichen Gutes und wandte sich nun wieder den Naturwissenschaften zu.‘ Magister Rösch, Hauslehrer in Marschlins, half er bei der trigonometrischen Aufnahme des Thales von Chur bis Landquart und entwarf eine Karte der Gegend, die sich in der „Alpina“ befindet. Er trat in Verbindung mit Dekan Pol, Pfarrer Steinmüller, Prof. R. Schinz in Zürich und Hartmann in St. Gallen. Ins Jahr 1804 fällt seine Betheiligung .an dem Zuge bündnerischer Truppen gegen das aufständische Volk am Zürichsee. Er kam dann in militärischen Stellungen mit Bündnertruppen vielfach an die Grenze und benutzte die Anlässe zur. Anfertigung einer Bündnerkarte, die zuerst im helvetischen Almanach von 1806 erschienen ist. Von 1814—1818 war Amstein wieder in holländischem Militärdienste. 1817 starb seine Mutter, 1818 sein einziger Bruder, Med. Dr. J. G. Amstein und so kehrte er dann definitiv in die Heimath zurück, wo er sich . alsbald in Malans bleibend niederliess. An der Entwicklung unseres kantonalen Militärwesens nahm er lebhaften Antheil und stieg zum Grade eines Majors empor. Er war einer der Hauptförderer bei der Gründung unserer Gesellschaft im Jahre 1825 und blieb ihr ein sehr thätiges und eifriges Mitglied bis an sein Lebensende. Lange Jahre war er ihr Vicepräsi- dent. Der ökonomischen Gesellschaft war er mit seinem Bruder und seinen Vettern J. R. und €. U. v. Salis-Marschlins einer der Hauptstützen und hat getreulich am Neuen Sammler mitgearbeitet. Seine reiche entomologische Sammlung ist in die kantonale Sammlung übergegangen ; einige Abhandlungen dipterologischen Inhalts hat er noch in den ersten Jahrgängen unserer Jahresberichte veröffentlicht. Wir kehren wieder zu der neugegründeten „Natur- forschenden Kantonalgesellschaft“ zurück, die alsbald ein reiches wissenschaftliches Leben entfaltete. Die folgenden Notizen bis zum Jahre 1832 entnehme ich den zwei Berichten von 1827 und 1829 über ihre Thätigkeit von 1825 —1827 und 1827—1829 und sodann dem bündnerischen Volksblatt *) sowie den noch vorhandenen Akten der Gesellschaft. Der Bericht von 1827 zerfällt in zwei Theile, worin I. die Ver-‘ handlungen des Vorstandes und I. die Vorträge und Mit- theilungen in den Hauptversammlungen angegeben sind. ad. I. Der Bericht des Vorstandes constatirt, dass mehr als 100 Männer ihren Beitritt. zur Gesellschaft erklärt haben und dass der Vorstand von Zeit zu Zeit zu Berathungen zu- sammengekommen sei, Erster Beräthungsgegenstand war die Frage, wie die verschiedenen Mitglieder am besten durch Lektüre zu unterhalten seien und die, so Lust und Musse zu schrift- lichen Arbeiten haben, am besten beschäftigt werden könnten. Zur Erreichung dieses zweifachen Zweckes wurde die Gesell- schaft in vier Sektionen nach den Hauptfächern der Natur- wissenschaften eingetheilt, wobei jedem Mitgliede die Wahl des Faches, welchem es zugetheilt sein wollte, frei stand. Es scheint aber dieser Plan nicht ausführbar gewesen zu sein. Man versuchte dann den Kanton in Lesekreise einzu- theilen mit je einem Leiter der Circulation. Es waren deren S mit 2-21 Theilnehmern, von denen 58 Mitglieder 3 Lese- kreise in- Chur bildeten. Allein auch dies ging bald ein, da die Leiter die Sache bald satt bekammen, weil es ihnen ganz unmöglich sei, Ordnung zu halten. Den ersten Schriften- catalog verfasste der Bibliothekar der Gesellschaft, Prof. Roeder. Derselbe umfasst 152 Nummern, der alte Samnnler fehlt aber darin. Man hatte den litterarischen Nachlass der ökonomischen Gesellschaft, speziell deren Organ, den Neuen Sammler, als *) Vide sub Litteratur No. 4. 5. und 6. ME Eigenthum übernommen resp. geerbt, suchte ihn zu ordnen und zu completiren und wollte ihn dann zur Versteigerung bringen. Allein die Ergänzung der Defecte wollte nicht ge- lingen. Die Bibliothek wurde, soweit es die Mittel gestatteten, vermehrt, wobei man bei der Auswahl der zu kaufenden Schriften sehr serupulös verfuhr. Es wurde unter vielem Anderm angeschafft: Oken’s Jsis, Dingler’s polytechnisches Journal, Kastner’s Archiv für die gesammte Naturlehre, drei landwirthschaftliche Journale, Benzenberg’s Anleitung zu Höhenmessungen mit dem Barometer, Kasthofer's Alpenreisen, Fischer’s Reise nach England, Hegetschweiler’s Reise auf den Tödi, Hartmann’s schweizerische Ichthyologie, Naumann’s Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, Ebel's Bau der Erde in den Alpen, v. Hoff's Geschichte der natürlichen Verän- derung der Erdoberfläche ete. Dann haben Major Amstein, Oberstl. Ulrich von Planta und Hauptmann Bansi werthvolle Geschenke an die Bibliothek gemacht. Zur Aufbewahrung der Bibliothek sowohl als zu den Sitzungen des Ausschusses und den monatlichen Zusammen- künften der in Chur anwesenden Gesellschaftsmitglieder be- mühte sich der Ausschuss ein schickliches Local zu finden; da es damit nicht gelingen wollte, „wandte man sich an die wohllöbl. Kantonsschulbehörde (evangel. Kantonsschule) mit dem Ansuchen, der Gesellschaft in ihren Gebäuden eine Stätte zu bieten, was dann auch freundlich gewährt wurde.“ „Ein solches Local war um so wünschenswerther, da von Seiten einer schweizerischen Schwestergesellschaft uns eine Anzahl schön ausgestopfter Vögel zum Geschenk gemacht worden war, die nicht besser aufbewahrt werden konnten, als in Gesellschaft des Mineraliencäbinets der Kantonsschule.*“ Gewöhnlich betrachtet man als den ersten Anfang der kantonalen Mineraliensammlung diejenige des Paters Pl. & Spescha. Wie wir sehen werden, wurde diese Sammlung von der Naturforschenden Gesellschaft erst am 27. Oktober 1827 für fl. 400 angekauft, während der erste Bericht, in dem die vorstehende Notiz enthalten ist, mit dem Mai 1827 abschliesst. Wahrscheinlich wurde der erste Grundstock zur Sammlung durch den damals in Aufschwung gekommenen Bergbau ge- wonnen und durch Geschenke einzelner Mitglieder der Ge- sellschaft, besonders aber durch Zuwendung der mineralogi- schen Sammlung von Marschlins an die Kantonsschule (vide später). Der Bericht fährt fort: „Beide Sammlungen sind als in ihrem Entstehen noch klein und harren nun auf die Bei- steuer derjenigen Mitglieder, welche als Jäger und Mineralogen Berg und Thal durchstreifen. Die Ausstopfung und Präpara- tion der zoologischen Eingänge hat ein Mitglied der Gesell- schaft, Hauptmann (später Oberst) Gyprian Gengel besorgt.“ Die anfänglich monatlich zweimal angesetzten Sitzungen waren schwach besucht, desswegen versuchte man es mit monatlich einmaligen Versammlungen und zwar am ersten Donnerstag jeden Monats, aber auch so klagt der Vorstand über geringe Betheiligung an den Sitzungen. Diese monat- lichen Versammlungen waren für die in Chur wohnenden Mitglieder bestimmt, während jeweilen an den beiden Churer Jahrmärkten im Mai und Dezember allgemeine oder Haupt- versammlungen abgehalten wurden. An physikalischen Instrumenten wurde ein Reisebarometer mit dazu gehörigem Thermometer angeschafft. Schon zu Beginn ihres Bestehens bemühte sich die Ge- sellschaft um die Anluge eines botanischen Gartens (vide später). Gleich nach der Gründung der Gesellschaft hatte man sich an die allgemeine schweizerische naturforschende Gesell- schaft angeschlossen, deren Denkschriften anzuschaffen be- schlossen, die Mitglieder zu litterarischen Beiträgen an die- selben aufgefordert und deren Abonnement warm empfohlen. „Denn Alles was den einseitigen Kantonsgeist tilgt, den ge- meineidgenössischen Volksgeist hebt und fördert, das Zer- streute einigt und das Lockere befestigt, das soll bei jeder öffentlichen Gesellschaftsverbindung eines der Hauptziele sein, auf das sämmtliche Einzelerscheinungen hinweisen müssen.“ ad. II. Vorträge und Mittheilungen in den Hauptversammlungen. „Am 20. Mai 1826 trat der jugendliche Verein bündner- ischer Freunde und Beförderer der Naturkunde zum ersten Rn SWR Mal zusammen; schüchtern und noch allzuwenig auf sich ver- trauend, horchte die Mehrzahl auf das, was Wenige anzu- bieten hatten und beschäftigte sich mehr mit Anordnungen zum Fortbestand und Wachsthum der Gesellschaft, als dass bedeutende Leistungen selbst hätten nachgewiesen werden können. Indessen war auch dieser erste Zusammentritt nicht durchaus arm an Spuren eines erwachenden Lebens. Nachdem 'Tit. Herr Präsident durch eine aufmunternde und gehaltvolle Anrede die Versammlung eröffnet, besonders das Leben und Treiben unserer Schwestergesellschaften im schweizerischen Vaterlande als Muster und Sporn dargestellt, die reiche Ernte, die auch in unsern Thälern und Höhen dem thätigen For- scher und denkenden Beobachter entgegenwinke, in kurzer Schilderung vor die Seele geführt hatte, erklärte er’ die Ver- sammlung für eröffnet und lud zu Berathungen und Mit-- theilungen ein.“ Den ersten Vortrag nun hielt Dr. med. Pauli von Malans „über das Gesetz der Polarität im chemischen Processe“. Sodann legte Landammann Baptista v. Salis forstwirthschaft- liche Tabellen vor, worin er je nach den verschiedenen Berg- höhen, Windstrich und Bodenbeschaffenheit eine Uebersicht der Holzwüchse in den Alpen mittheilte etc. und Vorschläge über Verhütung und Schutz gegen Lawinen und Bergschlipfe gab. Der Vorschlag zur Anschaffung eines vollständigen pAy- sikalischen Apparates, wozu eine Klektrisirmaschine am zweck- mässigsten den Anfang machen könnte, wurde aus „mehreren“ Gründen für die Zukunft vorbehalten. In der zweiten Hauptversammlung, am 15. Dezember 1826, gab der Präsident Bericht über die Verhandlungen der im Sommer in Chur versammelt gewesenen schweizerischen Na- turforschenden Gesellschaft (der leider hier nicht gedruckt ist. Einiges darüber vide später aus Siegfried’s Schriften Nr. 16und 17 des Litteraturverzeichnisses). Nach Erledigung der laufenden Geschäfte über die Cassa und die Bibliothek wurden folgende vier Vorträge gehalten: 1. Dr. J. Gubler: Kritische Versuche über die mensch- liche Seele und deren Vereinigung mit dem Leibe. 2. Professor Reader: Ueber Vulcanismus, Erdbeben und heisse Quellen. | 3. Dr. Kaiser: Ueber Wiedereinführung des allgemeinen Badegebrauchs in Büriden und Bezeichnung der dazu zweckmässigen Mineralquellen in unseren verschie- denen Bergthälern. Dabei betont der Vortragende mehr die allge- meine hygienische Bedeutung des Badens, besonders mit Bezug auf Reinlichkeit, als die medicinische Wir- kung des Mineralgehalts der Quellen. Landammann Baptista v. Salis: Abschriftliche Mit- theilung eines Schreibens des Herrn Oberförster Kast- hofer über @achemirziegen an Herrn Commerzienrath Daxelhofer in Bonn. Inzwischen hatte die Versammlung der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in den Tagen vom 26., 27. und 28. Juli 1826 in Chur stattgefunden und ist hier der Ort, über dieselbe einige kurze Mittheilungen zu machen. Dieselbe war, inclusive 18 Bündnern, von 53 Herren besucht, darunter einige der hervorragendsten Gelehrten der Schweiz, ja selbst einzelne aus dem Auslande, eine schöne Zahl, wenn man die damaligen schwierigen Verkehrsverhältnisse in Betracht zieht. 15 Graubündner wurden als Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen. Präsident des Jahresvorstandes war der Prä- sident der bündnerischen Kantonalgesellschaft, Bundeslund- ammann Jacob Ulr. Sprecher v. Bernegg, Actuar Dr. J. A. Kaiser in Chur. In der Eröffnungsrede durchwandert der Präsident die Gebirgsthäler seines Kantons in naturgeschichtlicher und geographischer Beziehung und berichtet, was von Vereinen und Einzelnen für dessen Erforschung gethan worden ist. Nach Siegfried „war diese Versammlung eine der bemerkens- werthesten durch das Zusammentreffen einer Reihe von Män- nern, die am Schlusse des vorigen Jahrhunderts hohe Staats- ämter bekleidet hatten, oder die einander befreundet waren durch wissenschaftliche Bestrebungen und freisinnige An- sichten, welche sich dann auch in den Tischreden geltend . machten. Das Eingreifen der Politik in das Gebiet eines Ha Be wissenschaftlichen Vereins findet übrigens nur in dem da- maligen Mangel politischen Zwecken dienender Vereine von ernster Haltung seine Rechtfertigung. Wir stellen den Prä- sidenten der Gesellschaft voran: J. Ulr. v. Sprecher- Bernegg (1765—1841), letzter Landvogt der Herrschaft Maienfeld, 1802 Senator und Justizminister, 1503 mit d’Afiry, Stapfer, Usteri, Reinhard und Anderen einer der schweizerischen Gesandten an den französischen Consul zur Ausarbeitung der Vermittlungs- urkunde Ihm und J. B. v. Tscharner hauptsächlich hat Graubünden die Vereinigung mit der Eidgenossenschaft zu verdanken“. Ferner nahmen an dieser Versammlung in Chur Theil: Paul Usteri aus Zürich, Mitglied des helvetischen Senates. Fred. Cesar de Laharpe aus Rolle. Am 28. Juni 1798 als Mitglied des Direktoriums berufen. War einst mit dem Dichter Gaudenz von Salis Schüler des Philan- thropins zu Haldenstein (dort hiess die Planta’sche Anstalt Seminar, den Namen Philanthropin erhielt sie in Marschlins durch Ulyss.. v. Salis-Marschlins. . Lorenz). Heinrich Zschokke aus Aarau. f Dr. Tob. Zollikofer von St. Gallen, einst Secretair der Ver- waltungskammer des ephemeren Kantons Säntis, da- mals Appellationsrath. Rudolf Steinmüller aus Glarus, Linth-Escher's vertrauter Freund, Förderer des Schulwesens und der Land- wirthschaft, Pfarrer in Rheineck und Antistes der St. Gallischen Geistlichkeit. Gab mit ©. Ulyss. v.-Salis von Marschlins die Alpina heraus. Hervorragender Ornitholog. Hojfrath Horner, Astronom auf der Entdeckungsreise unter Krusenstern’s Befehl, Professor der Mathematik in Zürich. Dr. @G. Ebel, wohnhaft in Zürich. Freund der Alpennatur und freisinnigen Strebens. Am.7. März 1799 vom helvetischen gesetzgebenden Rathe mit dem helve- tischen Bürgerrechte beschenkt. In den Nothjahren 1816/17 flossen durch seine Verwendung aus seiner ursprünglichen norddeutschen Heimath erhebliche Summen zur Linderung der Noth in die schweize- rischen Gebirgskantone. Unter den Anwesenden befand sich auch Dekan Luzins Pol von Luzein und war in Chur einer der gefeiertsten Gäste. „Der Verfasser — erzählt Professor Stader in seiner Geschichte der physischen Geographie der Schweiz — erinnert sich der hohen Achtung, die dem damals ihm unbekannten, ärmlich gekleideten alten Manne von den früheren Häuptern der Helvetik und den wissenschaftlichen Koryphaen — unter denen der berühmte Geologe Leop. v. Buch aus Berlin — be- zeugt wurde“. A. Lunicca (der spätere Oberst) legte eine Abhandlung über die (orreetion des Rheines im Domleschg vor, die in der ersten Abtheilung der Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft 1829 pag. 100 und folg. abgedruckt ist. Eine Actiengesellschaft bildete sich zu diesem Zwecke im Jahre 1832, deren Ausschuss am 4. August 1840 einen summarischen Bericht und eine Einladung zur Betheiligung an dem Unternehmen erliess. Seither war in den Versammlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft häufig von Bünden die Rede und beginnt von da an die wissenschaftliche Erforschung des Kantons durch einheimische und fremde Gelehrte intensiver zu werden. Am 17. Mai 1827 hielt unsere Gesellschaft ihre dritte Hauptversammlung unter Vorsitz des Vicepräsidenten Major Joh. Rud. Amstein ab. 1. Hauptmann Gengel legt der Gesell- schaft die erste Probe von ihm ausgestopfter Vögel vor. Ferner wurden von Landammann Hitlz, dem bekannten Bergwerks- unternehmer in Scarl und am Silberberg Davos und Apo- theker Capeller Goldstufen vom Calanda vorgewiesen. Chirurg Taussent demonstrirt eine Sammlung von ihm im Prättigau, Ober- und Unterengadin und Avers gesammelter Pflanzen. Von einigen Mitgliedern waren schriftliche Referate über- reicht worden, die zur Verlesung gelangten, von denen einige wegen ihres mannigfaltigen Interesses hier kurz erwähnt werden müssen. 1. Stadtarzt Dr. P. Eblin: »Kinige Notizen und Betrach- tungen auf einer kleinen Reise durch einen Theil von Grau- U = ala bünden im Sommer 1825«. Zunächst kommt Eblin nach Marschlins und sagt u. A. folgendes darüber: „Reiche Erin- nerungen wecken die grauen Gebäude von Marschlins in jedem Freunde der Erziehung, Wissenschaft und Industrie. Nach hier kam das nachmals Philanthropin genannte Planta- sche Seminar von Haldenstein, noch liest man: über dem Schlossthor die Inschrift „dem Kinderfreund*“. Hier wurden Anbauversuche mit Tabak und Seidenbau geflegt — Zeuge dessen sind noch die alterthümlichen Maul- beerbäiume — und sonstige landwirthschaftliche Verbesser- ungen und Versuche gemacht; zuerst wurden in Bünden hier Kartoffeln gepflanzt, sowie Mais angebaut, angeregt wesentlich durch die Nothzeit von 1771 und fanden von da an weitere Verbreitung im Lande. Jetzt steht das Schloss verwaist, Schule und iandwirthschaftliche Musterversuche ruhen, sein Mineraliencabinet und die grosse besonders für Historie wohl ausgerüstete Bibliothek zieren und bereichern jetzt die Kantonschule in Chur“. Nach einem Besuche bei dem hochbetagten und ehr- würdigen Dekan Pol in Fideris und Besichtigung von dessen reichhaltigen Sammlungen an Insekten und Pflanzen, wurde die Zinkschmelze des Landammann Hitz in Klosters besucht. Es wurden nämlich eine Zeit lang die Erze vom Silberberg in Davos in Klosters verhüttet. Im Unterengadin besuchte Eblin die von demselben Hitz ausgebeuteten Erzgruben in Scarl, im Oberengadin in Bevers das Herbarium und die zoologische Sammlung des Apothekers Bovelin. 2. Regens zu St. Luzi Gottfried Purtscher theilt ökono- mische Notizen mit und gibt Rathschläge zur Verbesserung der Viehställe; er meint, man solle das Vieh stets im Thale und im Stall behalten, alle Weide abschaffen, das Heu in den Alpen und Maiensässen zu Thal führen und nur die höchsten Alpentriften den Schafen überlassen. Ferner macht er auf eine neue Aufbewahrungsmethode des Fleisches im Sommer aufmerksam. Das geschieht durch eine Tag und Nacht in Bewegung gehaltene Windmühle, deren Erguss auf das Fleisch gerichtet’ ist. Diese Mühle kann durch Wasser- kraft betrieben werden. Die Versuche in St. Luzi sind ge- — 61 — lungen und konnte Purtscher das Fleisch so erhalten, dass dasselbe am sechsten Tage noch so frisch war, wie am Schlachttage. 3. Landammann Bapt. v. Sahıs: Meteorologische Beobach- tungen und Vorschläge. „Der Verfasser beginnt in einer er- habenen Schreibart, untermischt mit starken Gedanken (Mehreres fehlt leider auch im Protokoll dieser Sitzung) zuerst das Verhältniss der Erdbeben zum Wirken und Schaffen der Grundkräfte im Gebiete des Dunstkreises darzustellen, geht dann über zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen der Meteorologie, spricht sich über die Einwirkung des Lichtes, der Wärme und anderer Naturgeister auf jede Gestaltung des Erdlebens weitläufig aus und berührt bald weniger bald mehr alle die verschiedenen Erscheinungen und Gesetze, über die ‘eine wissenschaftliche Meteorologie uns Aufschluss zu geben habe“. Er schlägt dann vor, an verschiedenen Orten meteorologische Beobachtungen über die Temperatur zu machen, die Temperatur der Quellen zu messen und Pegel- einrichtungen zu treffen an den Grenzen, wo die verschie- denen Flüsse unser Land verlassen u. s.w. Einschaltend sei hier bemerkt, dass Oberst Planta in Reichenau am Zusam- menfluss der beiden Rheine einen Pegel errichtet hatte. Es folgen dann noch zwei Abhandlungen von Th. Conrad von Baldenstein über den Bartigeier (Gypaötus barbatus), die in den Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Ge- sellschaft zum Abdruck gelangt ist und über die »allgemeine Verminderung der Vögel in unseren Gegenden«. Ursache davon ist bei den Urhühnern die Verminderung der Urwälder; dann sind als allgemeine Ursachen der Vogelabnahme der immer mehr geübte Fang und die immer mehr verwildernde Natur zu erwähnen. Dieser letztgenannte Punkt hatte scheinbar damals seine Geltung insofern als eine erhebliche Schwankung des Klimas in negativem Sinne, nämlich sehr tiefe Tempera- turen und grosse Niederschlagsmengen, in den Jahren 1816/17 vorausgegangen war. Damals waren die periodischen sog. saecularen Klimaschwankungen, wie sie in neuester Zeit be- sonders Professor Brückner nachgewiesen hat, nicht bekannt. So kam denn auch Pater Placidus ä Spescha bei der. Beant- ao Bil wortung einer Preisfrage der schweiz. Naturforschenden Ge- sellschaft zur Ansicht, dass das Alpenklima einer fortschrei- tenden Verwilderung entgegengehe. Sub III gibt der erwähnte Bericht von 1827 einen »Leitfuden und Winke zu naturhistorischen Arbeiten«, der heute noch beherzigenswerth ist. Ich habe hier die Thätigkeit unserer Gesellschaft in den ersten Jahren ihres Bestandes absichtlich etwas ausführlicher angegeben, damit man sieht, wie gross die Betheiligung an . der naturhistorischen Erforschung des Landes und wie mannig- faltig die behandelten Themata gewesen sind. Der zweite Bericht (1529) über die Thätigkeit unserer Gesellschaft umfasst den Zeitraum vom Mai 1827 bis zum Oktober 1829 und zeigt 4 Hauptversammlungen mit 12 Vor- trägen von 9 Vortragenden. Ich will jedoch nicht näher darauf eintreten, um nicht zu weitläufig zu werden. Die Schwierigkeiten und grossen Auslagen der Schriften- cireulation veranlassten die Gesellschaft, dieselbe aufzugeben und den Versuch mit der Erriehtung von Lesedepots in Chur, Malans, Ilanz und Bevers zu machen.. Allein auch dies er- wies sich alsbald als unausführbar. Dieselben wurden dess- halb auch bald wieder aufgehoben und nur eine beschränkte, vom Vorstand zu bestimmende Anzahl von Zeitschriften, zu halten beschlossen. Dagegen sei ein zweiter Catalog*) als Supplement über die seither angeschafften Bücher und Zeit: schriften anzufertigen und an die Mitglieder. zu freier Be- nutzung der Bibliothek auszutheilen. Darauf wurden die Ausgaben reduzirt und konnte der Jahresbeitrag von fl. 5 auf fl. 3.20 (ca. Fr. 5.70) herabgesetzt werden. Dieses erste Supplement des „Büchercataloges* enthält 8 Zeitschriften und ein Bücherverzeichniss von ca. 165 Nummern. Der erste Catalog datirt vom November 1826. Ferner wurde beschlossen, Preisfragen über landwirth- schaftliche und industrielle Fragen auszuschreiben und die Ausführung dieses Beschlusses dem Vorstande übertragen. Von grösserer Bedeutung war der Beschluss, zur Ver- breitung naturhistorischer Kenntnisse eine Zeitschrift heraus- *) Die Cataloge sind in der Kantonsbibliothek aufbewahrt. zugeben. Dieser Beschluss kam 1829 zur Ausführung. Die Zeitschrift führt den Titel: »bündnerisches Volksblatt zur Be- lehrung und Unterhaltung« und konnte durch 4 Jahrgänge bis 1832 fortgeführt werden. Die Regierung gewährte an die Erstellungskosten einen jährlichen Beitrag von fl. 300 (510 Fr.). Dieser Beitrag wurde bewilligt auf ein Gesuch der Ge- sellschaft hin, das das Datum vom 1. Juni 1828 trägt. In demselben wird darauf hingewiesen, dass Beiträge schon an die früheren gemeinnützigen Gesellschaften geleistet worden seien. Die Naturforschende Gesellschaft betrachte sich als die Fortsetzung der früheren Gesellschaften, d. h., der Ge- sellschaft der landwirthschaftlichen Freunde und der ökono- mischen Gesellschaft und habe als solche auch deren Hinter- lassenschatit übernommen. Man verwies auf die kurz vorher angekaufte Mineraliensammlung des Paters Pl. a Spescha, auf die Erwerbungen für die zoologische Sammlung von Genf her. Die Gesellschaft betrachte diese Sammlungen nicht als ihr Eigenthum, sondern als dasjenige des Vaterlandes. Ferner auf die Errichtung des botanischen Gartens und die dem- nächst erfolgende Herausgabe des Volksblatles. Beigelegt waren dem Gesuche der Bericht über den Stand und die Wirksamkeit der Gesellschaft und die Statuten. Beabsichtigt seien ferner Ausschreiben von Preisfragen für monographische Beschreibungen einzelner Thäler und Ortschaften des Kantons. Dieses Gesuch fand dann auch durch Gewährung des oben genannten jährlichen Beitrages Berücksichtigung. Das Volksblatt schliesst sich in der Wahl der Themata an die beiden Sammler an, nur hat die Landesgeschichte, Sage; allgemein Belehrendes und Unterhaltendes mehr Berück- sichtigung gefunden als im neuen Sammler, um dem Unter- nehmen eine breitere Basis und damit einen grösseren Leser- kreis zu sichern. Der Jahrgang kostete fl. 1.30 — Fr. 2.55. Die Sammlungen wurden mit Eifer gefördert und ver- mehrt, so besonders der zoologische Theil derselben durch Schenkungen von Hauptmann Gengel in Chur, Apotheker Bovelin in Bevers und Anderen. N Re Durch Entgegenkommen der Regierung wurde der Garten beim Regierungsgebäude in einen botanischen Garten umge- schaffen. | Das Mineraliencabinet wurde durch Ankauf der Samm- lung des „ehrwürdigen Mitgliedes, Herrn Pater Pl. a Spescha (vide oben) neu gegründet“ und durch Beiträge durch die Bergwerksverwalter Dautwitz in Tinzen und Hitz in Scarl und Davos vermehrt. Es ist hier wohl am Platze, über das Verhältniss des Paters Pl. ‘4 Spescha zur Naturforschenden Gesellschaft einiges zu sagen. Spescha gehörte vom Anbeginn des Bestandes der Gesellschaft derselben als correspondirendes Mitglied an; die Sitzungen der Gesellschaft hat er - aber niemals besucht. Auf eine Einladung hiezu antwortete er sub 9. Mai 1828 ablehnend und sagt: „allein mein gnädiger Abt fand nicht für rathsam, mich dorthin bei diesem Gedränge des Marktes erscheinen zu lassen“ und dankt für die Einladung und bittet, man möge eine ähnliche Einladuug zur Versammlung der schweizerischen Naturforschen- den Gesellschaft in Lausanne verdanken, denn „wie würde es sich reimen, mich dorthin zu verfügen in meinem armen Habit und im 76. Jahre meines Alters“. In weiteren Schreiben an den Aktuar Dr. Kaiser vom 10. Januar 1830 und 18. Juli 1830 verwahrt er sich gegen Einzug weiterer Beiträge von ihra, bietet aber eine 28 bändige franzö- sische Encyclopaedie zum Verkaufe an. Er lebte zur Zeit der genannten Briefe als Kaplan zu Trons und klagt über seine misslichen finanziellen Verhältnisse. Die letzteren sind es wohl gewesen, die die Verhand- lungen über den Ankauf seiner mineralogischen Sammlung mühsam und schwierig gestalteten, wie aus den Protokollen hervorgeht. Der Kuriosität halber theile ich hier zur Illustration der Art und Weise, wie sich ä& Spescha für seine an die Gesellschaft verkauften Mineralien bezahlt zu machen wusste, wenn die festgesetzten Ratazahlun- gen nicht prompt eingingen, folgendes Schriftstück von & Spescha mit: „Den 30. des April 1828 in Truus. Bescheine von Joh. Ulr. Besorgen von Pignieu (wohl Basorgia. Lorenz) im Schamserthal einen Saum Wein empfangen zu haben. Der Betrag dessen ist fl. 40.24 kr., welchen die Naturforschende Gesellschaft unseres Kantons im Maien oder St. Andreas 1828 abzutragen belieben. P. Pl. &3'Speseha, Pfr.“ '- Weiter steht auf derselben Zahlungsanweisung, die wie ein rich- tiger Wechsel eireulirt hat, Folgendes: „Herr Jenni (damals Kassier der Gesellschaft) belieben dem Herrn Zunftmeister Nicolaus Lendi fl. 40. 24 kr. zu bezahlen. Chur, 21. Dez. 1828. Joh. U. Basorga. Den 2. Februar (wohl 1829) den Betrag erhalten. Nicolaus Lendi“. Die Gesellschaft war eben selbst vor Gewährung des kantonalen Beitrages in misslichen finanziellen Umständen. So war denn sein Verhältniss zur Naturforschenden Gesellschaft ein eher lockeres und ist es sehr zu bedauern, dass es ihm seine Stel- lung und wohl auch sein schon hohes Alter nicht erlaubten, persönlich an dem wissenschaftlichen Leben der Gesellschaft Theil ‚zu nehmen. Von allen Seiten aber fanden seine grossen Leistungen in der Er- forschung unseres Hochgebirges die grösste Anerkennung und müssen wir mit Ehrfurcht auf diesen isolirt stehenden Forscher blicken, der ohne fremde Hülfe und mit sehr mangelhaften litterarischen Hülfsmitteln ausgestattet, so Grosses geleistet hat. Er war auch Mitglied der schweizerischen Naturforschenden Ge- sellschaft, hat aber auch die Versammlungen dieser Gesellschaft nie- mals besucht. €. Decurtins sagt in seiner Biographie a Spescha’s. er sei 1827 Ehrenmitglied der letzteren geworden und 1828 der bündner- ischen Naturforschenden Gesellschaft. Es ist das Beides irrthümlich, thut aber dem hohen Verdienste des ehrwürdigen Mannes keinen Ein- trag. Unsere Statuten von 1825 kennen keine Ehrenmitglieder. Es geht aus einer Anzahl von Correspondenzen hervor, dass in der etwas schwulstigen Sprache der damaligen Zeit die einfache Mitgliedschaft häufig als eine „Ehrenmitgliedschaft* bezeichnet wurde; dass es aber eine solche im jetzigen Sinne nicht war, beweist, dass auch sog. Ehren- mitglieder, d. h. nieht in Chur wohnende Mitglieder, zur Zahlung der Beiträge gemahnt werden mussten. Oft wurde die Entrichtung der Beiträge verweigert und die Zugehörigkeit zur Gesellschaft abgelehnt. Bei der schweizerischen Gesellschaft wurden damals nur Ausländer zu Ehrenmitgliedern ernannt (vide Statuten von 1825 und 1532), wo es Art. 2 lemma 5 heisst: les membres ötrangers ou honoraires*. Im Mitgliederverzeichniss der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft Zürich 1839 (David Bürkli) pag. 33 erscheint Spescha unter den seit 1832 verstorbenen Mitgliedern als „Spescha von Disentis, auf- genommen 1826, gestorben 1835 (was zwar falsch ist, denn Spescha starb 1833). Im Mitgliederverzeichniss von Genf pro 1832 steht Spescha noch bei den Namen der übrigen Bündner Mitglieder der Gesellschaft. Aus dem Nachlass der ökonomischen Gesellschaft hatte man den gesammten Vorrath des neuen Sammlers übernom- men. Dieser wurde neu geordnet und so konnte eine Anzahl kompleter Exemplare, sowie auch nach Fächern geordnete einzelne Hefte zum Verkaufe ausgeboten werden. Man hoffte damit eine neue Einnahmequelle zu gewinnen. Komplete Exemplare gab man an Mitglieder zu fl. 8.20, an Nichtmit- glieder zu fl. 10 ab. Der finanzielle Erfolg scheint nicht gross gewesen zu sein, denn später wurden eine Anzahl m [9] a Exemplare durch das Loos an die Mitglieder vertheilt. Den Schluss dieses zweiten Berichtes bildet die Notiz, dass die nächste Hauptversammlung am 16. Dez. 1829 im Direktorial- zimmer der Kantonsschule abgehalten werde. Weitere Berichte sind nicht erschienen bis nach der Reconstruction der Gesellschaft in den 5Oger Jahren (vide später). | Aus dem Volksblatte entnehme ich, dass ein Jahr nach unserer Gesellschaft auch eine geschichtsforschende Gesell- schaft des Kantons Graubünden, die Mutter der jetzigen hi- storisch-antiquarischen Gesellschaft, ins Leben gerufen worden ist. Die erste Generalversammlung derselben fand am 12. Mai 1826 mit 12 Mitgliedern von den 34, die ihren Beitritt erklärt hatten, statt. Der Jahrgang 1831 des Volksblattes enthält einen Auf- satz über „Werth und Streben der naturforschenden Kantonal- gesellschaft“, aus dem zu ersehen ist, dass bisher regelmässig die Hauptversammlungen abgehalten worden sind; es waren deren 10, in denen über 40 Abhandlungen vorgetragen worden sind: „5 aus dem Gebiete der Physik und Chemie, je 3 aus den Gebieten der Mineralogie und Botanik, 2 über besondere Menschenkunde, 6 (anderweitigen) naturgeschiehtlichen In- haltes; je 7 betreffen Ortsbeschreibungen und Reisen, 7 Land- wirthschaft und Oekonomie und 10 waren „verschiedenen Inhalts.“ Manche davon sind im Volksblatt erschienen, theils vollständig, theils im Auszug, zwei davon (Lanicca Rhein- korrektion und Conrad von Baldenstein über den Bartgeier) sind in die Denkschriften der schweiz. Naturforschendenen Ge- sellschaft aufgenommen worden. Noch 1831 war man ‚mit dem Gange des Volksblattes sehr zufrieden; dasselbe hatte beim Publikum gute Aufnahme gefunden, die es durch die Mannigfaltigkeit seines Inhaltes _ auch wohl verdiente. Allein das Interesse scheint bald nach- gelassen zu haben, denn mit dem Jahrgang 4 von 1832 gieng das Blatt ein. Soweit reichen die Notizen über Gründung und Thätig- keit der Gesellschaft bis 1532 aus den oben genannten zwei Berichten und dem Volksblatte. : Wir müssen aber zur Ver- vollständigung der Geschichte unserer Gesellschaft auch noch die Protokolle derselben zu Rathe ziehen, welche von der Gründung der Gesellschaft an bis 1844 vollständig in 2 Bän- den vorhanden sind. Bis zu diesem Zeitpunkte sind die Protokolle der Sitzungen des Vorstandes, sowie der Haupt- versammlungen chronologisch geordnet im gleichen Buche enthalten; erst mit 1549 hat der Vorstand ein besonderes Protokollbuch bekommen. Im Ganzen sind an Protokollen 9 Bände vorhanden, davon 3 Bände Vorstandsprotokolle ab 1849 und 1 Band Protokolle der „technischen Section“ wo- rüber später zu reden sein-wird. Die ersten zwei Bände um- fassen den Zeitraum von 1815 bis 1844, in welchem Jahre der Verein sistirt werden musste bis gegen Ende 1845. Die Protokolle von 1845—1S4S sind nicht gesammelt worden, sondern finden sich bei den Akten auf fliegenden Blättern und wahrscheinlich sind sie lückenhaft. Aus diesen sehr sorgfältig redigirten und sauber geschriebenen Protokollen schöpfe ich die folgenden Mittheilungen als Ergänzung und Fortsetzung des bereits Angegebenen. Schon im November 1825 wurde ein Oircular mit der Einladung zur Betheiligung an der Gesellschaft an Alle, bei denen man ein Interesse für die Ziele derselben voraussetzen zu können glaubte, versendet und konnte der Ausschuss schon in seiner Versammlung vom 3. Februar 1826 konstatiren, dass zu den bisherigen Mitgliedern, den oben genannten Gründen derselben, über SO auf eine erste und noch einige weitere auf eine zweite Einladung hin der Gesellschaft bei- getreten waren. Es waren im Ganzen 113 Mitglieder, 52 in Chur und 61 vom Lande. Dem Verzeichniss dieser 113 Mann folgt im Protokoll unmittelbar, da Platz zum Nachtragen der Eintretenden gelassen war, die Liste derjenigen, die bis 1839 noch der Gesellschaft beigetreten sind. Bis zu diesem Jahre haben im Ganzen 135 Männer, 61 von Chur und 74 vom Lande der Gesellschaft angehört. Aber schon im Jahre 1836 war der Mitgliederbestand durch Tod und ganz besonders durch zahlreiche Austritte aus der Gesellschaft auf ca. '/ı der überhaupt Beigetretenen, auf 33 gesunken. Ich gebe hier das Mitgliederverzeichnis bis 1839 genau nach dem Protokolle wieder. Es sind folgende Namen: Mitglieder der Gesellschaft. Abys, Rag., Hauptm., Chur. Am Stein, Rud., Major in Ma- lans, Vicepräsident. Andeer, Med. Dr. in Guarda. Bandlin, F., Jurist in Chur. Bauer, Math., Ratsh., Chur. Bauer, Ulrich, Hptm., Chur. Bavier, J. Bapt. de Simon, Oberstzunftmeister, Chur. Bavier, Simon, in Chur. Benedict, J., Landam., Steins- berg. Bonomo, Ant., Chur. Bosshard, J., Arzt, Danz. v. Buol, Georg, Bundslandam- mann, Chur. Bovelin, Apotheker, Bevers. Braun, Stadtrichter, Chur. Caduff, Jul., Landm., Schleuis. Capeller, G. W., Rathsh., Chur. Casparis, Paul Otto, Hauptm. Fürstenau. Casura, Sebast. Ant., Landam., Fellers. Christ, Ludwig, Hptmann, Chur. | Christ, Paul, Hptm., Chur. Conradi v. Baldenstein, Tho- mas, Baldenstein. Dalp, Joh., Prefectrichter, Chur. Decarisch, Pfr., Poschiavo. Dolf, Richard, Landam., Igis. Dorizzi, Ant., Bdsstatthalter., Poschiavo. Eblin, Paul, Med. Dr., Mitglied d. Ausschusses, Chur. Engel, S., Landam., Fideris. Franz, Stadtvogt, Maienfeld. Ganzoni, Ant., ÖCelerina. Gengel, Cyprian, Hptm., Chur. Giuliani, Hom., Hptm., Pos- chiavo. Gubler, J.. J. Med. Dr., Chur. Gugelberg v. Moos, Heinr., Bundsstatth., Maienfeld. v. Jeklin, Carl, Landam., Chur. v. Jeklin, Steph., Landam., Rodels. v. Juvalta, Peter, Landam., Fürstenau. Heinz, Bernhard, Arzt, Sama- den. Herold, Professor, Chur. Hitz, Apotheker, Chur. Hitz, Landammann, Scarl. Hitz, Pfr. in Tavetsch. Hössli, Philip, Bundsstatth., Nufenen. Kaiser, J. A., Med. Dr., Chur, d. Z. Sekretair. Kaltschmid, Prof., Chur. Killias Wolfgang, Chur. Ladner, Landam., Seewis. Lanicca, Melchior, Landam., Chur. Lanicca, Richard, Hauptmann, Chur. Lüthe, Arzt, Filisur. ee RE aA Marca, Ulr., Soazza. Marchi, Joh., Landaınmann, Schuls. v. Marchion, Bundsstatthalter, Vallendas, Mathieu, Landam., Remüs. Mengelt G., Rathsh., Chur, Mattoi, Prof., Chur. Mengotti, Med. Dr., Poschiavo. v. Mont, Baron Heinr., Chur. v. Mohr, Theod., Bdsstatth., Süss. v. Mohr, Ulrich, Jurist, Chur. Olgiati, Ludwig., Hptm., Pos- chiavo. v. Ott, Bundslandam., Grüsch, Otto,:T. A., Chur. Pauli, Med. Dr., Malans. v. Pestaluz, Carl, Oberst, Rei- chenau. v. Pestaluz, Steph., Stadtvogt, Chur. v. Planta, Em., Samaden. v. Planta, Jakob, Samaden. v. Planta, Rud., Landam., Sa- maden. . Planta, Steph., Major, Chur. v. Planta, Ulr., Oberst, Rei- chenau, Mitel. d. Aussch. < v. Planta, Vincenz, Vicekanz- leidirektor, Chur. Pohl, L., Dekan in Fideris. Rascher, Carl, Professor, Chur. Rascher, Wolfgang, Chur. Riedi, M., Landrichter, Ober- saxen. Roeder, Professor, Chur. Romedi, Elias. Madulein. a Rodolfi, Joh., Chur. v. Salıs, Albert, Rathsh., Chur. v.Salis, Em, Major, Chur. v. Salis, Fort., Oberzunftmeist., Chur. v. Salıs, Baron Franz, Chur. v. Salis, Friedr., in Tagstein. v.Salis, Hektor, Major, Hal- denstein. v. Salıs, Herkules, in Zürich. v. Salis, Hieronymus, Bdspräs. in Chur, Mitglied des Aus- schusses. v. Salis, Hieronym., Graf, Chur. v. Salis, Hieronymus, Grüsch. v. Salis, J. Bapt., Landam., Davos. v.Salis, J. G., General. v. Salıs, J. U., Bundsstatth., Malans. v. Salis, Peter, Landammann, II. Secretair. v. Salis, Vincenz, Bundspräs., Sils. v. Salıs, Jakob, Landam., Chur. Saluz, Professor, Chur. v. Scarpatett, G., Bundsstatth. Conters. Scherer, Hptm., Fürstenau. a Spescha, Pater Placidus, Trons. v. Sprecher, Ambr., Stadtam- mann, Chur. v. Sprecher, J. Ulr., von Bern- egg, Bundslandam., d. Z. Präsident der Gesellschaft. Steiner, Med. Dr., Bevers. | Steiner, Landammann, Lavin. Stupani, Pfr. in Castasegna. Tausent, Chirurg, Chur. Tester, C., Professor, Chur. v. Travers, V., Graf, Ortenstein. v. Tscharner, P. ©., Oberst in Chur. Vogel, Arzt in Zizers. 10 — Walser, Bundsstatthalter in Seewis. Weker, Landam. in Andest. Wettstein, Arzt in Samaden. Wetzel, Pfr. in Silvaplana. Wredow, H., Hptm., Chur. Neu Aufgenohmen : Hptm. Bansi in Gampfer. Zunftmeister Jenni, R., Chur. Tiraillon . . (er hiess Francois und war B.rgwerksingen., in Davos. Lorenz). a Marca, Carl, Landammann, Martin Capeller, Chur. Alex. Moritzi, Chur. Rud. v. Planta in Steinsberg. Dr. Nie. v. Salis, Davos. Dr. J. Rascher, Chur. Hptm. v. Salis, Marschlins. Hieron. v. Salis-Soglio, Chur. Adolph v. Salis-Soglio, Chur. Mailand. Pfr. Henne in Obersaxen. Dautwitz in Tinzen (auch Berg- | Prof. Dr. Moller, Chur. werksingenieur. Lorenz) Forstinspector Bohl, Chur. Bdsstatth. J. Cadonau in Ma- | Ant. v. Sprecher, Stadtvogt in lans. Maienfeld. Gaudenz Lareida, Russhof. Im Ganzen 195 Carl Suter, Malans. In Chur 61 Leonh. Irmel, Chur. Vom Land 74 Dr: Schrämli, Andeer. Aus diesen Protokollen sehen wir nun, dass bis Ende 1832 die halbjährlich zur Zeit der Churer Jahrmärkte ange- setzten Hauptversammlungen sehr regelmässig abgehalten worden sind. Man hielt dieselben meistentheils im kantonalen Regierungsgebäude ab. | Es nahmen durchschnittlich zwischen 25 und 30 Mit- glieder an diesen Versammlungen Theil. In der Zwischenzeit fanden häufige Versammlungen des Vorstandes statt, meisten- theils im Directorialzimmer der evangelischen Kantonsschule. Jedes Mitglied erhielt ein Diplom in „einfacher und schicklicher Form“. Der Kleine Rath gewährte, wie früher ‘der ökonomischen ERBE Gesellschaft, einen jährlichen Beitrag von 300-350 fl. zur Herausgabe des Volksblattes, wie wir oben gesehen haben. tedaktor desselben war Prof. Roeder mit einem Honorar von fl. 100 sowie weiteren fl. 50 für Porti und andere Aus- lagen. Druck und Verlag hatte Herr Otto probeweise für ein Jahr auf eigene Rechnung übernommen. Die Verfasser von Aufsätzen für das Blatt erhielten ein kleines Honorar von ca. 5 fl. = Fr. 8.50. Die Regierung hatte an ihren Beitrag die Bedingung geknüpft, „es dürfe in keinem Aufsatze etwas enthalten sein, was einer der beiden Religionspartheien in Bünden irgendwie anstössig erscheinen könnte“. Die Sammlungen erhielten schönen Zuwachs, so u. A. von J. J. Linder, Garde du Musece in Genf, 150 ausgestopfte Vögel, desgleichen von Podestat Marin in Zizers und Hauptmann Gengel in Chur, der selbst ein gewandter Präparator gewesen zu sein scheint. Es wurden ausser der Mineraliensammlung des Paters ä Spescha das Herbar und einige Bücher des Chirurg Tausent von dessen Wittwe um 50 fl. angekauft, worüber der Empfangsschein vorliegt. Die Bemühungen um die Einrichtung eines botanischen Gartens hatten den.Erfolg, dass die Regierung einen Theil des Gartens beim Regierungsgebäude zu diesem Zwecke ein- räumte. Chirurg Tausent übernahm die Besorgung desselben mit Hülfe des für den Regierungsgarten angestellten Gärtners Namens Tschaler; letzterer wurde aber bald unbotmässig und verlangte nebst freier Wohnung fl. 150 Jahreslohn; es ging dies aber über die Mittel der Gesellschaft, besonders nachdem man, als die Regierung einen Jahresbeitrag von fl. 300 gewährt hatte, den Jahresbeitrag der Mitglieder von fl. 10 auf fl. 6. 40 kr. herabgesetzt hatte oder hatte herab- setzen müssen, um mehr Betheiligung anzulocken. Es gelang aber dem Dr. Eblin, die Besorgung im Taglohn für etwa 100 zu bewerkstelligen; er wurde unterstützt von Lehrer Moritzi (dem späteren Professor und bekannten Botaniker). Ende 1829 will die Regierung den Garten wegen schlechter Haltung desselben wieder zurückziehen. Man suchte nun um weitere Belassung nach unter Zusage besserer Besorgung und führte namentlich an, es werde in der Folge Herr Moritzi Privatunterricht in der Botanik an Kantonsschüler ertheilen und also mehr Nutzen von dem Garten zu erwarten sein als bisher. Allein die Bedingungen der Regierung waren derart, dass die Gesellschaft nicht darauf eintreten konnte. Der Garten wurde nun verlassen und ein Stück Garten des Raths- herrn Lendi (zum Freieck) im Steinbruch für eine jährliche Pacht von 30 fl. übernommen, dessen Besorgung durch Herrn Moritzi weitere 15 fl. kostete. Im Dezember 1831 bot man den Garten der Kantonsschule an, nach deren Ablehnung derselbe dann definitiv aufgegeben wurde. Wir werden sehen, ‘dass später wieder ein Versuch zur Einrichtung eines bota- nischen Gartens gemacht worden ist, ebenfalls mit nur kurzem Erfolge. Um den Eifer nicht erlahmen zu lassen, glaubte man für die in Chur wohnenden Mitglieder besondere, häufigere Sitzungen einführen zu sollen; die Hauptversammlungen er- hielt man aber aufrecht. Man führte also einen Naturwissen- schaftlichen Abendzirkel mit Vorträgen und Mittheilungen ein. Derselbe begann schon am 1. Dezember 1827; man versammelte sich jeden Samstag Abend in einem Privat- zimmmer des Cafe Michel (jetzt National). Am 15. Dezember 1827 wurde der Vorstand ganz in der noch heute geltenden Form und Zahl gewählt. Präsident wurde wieder „Sr. Weisheit“ Herr J. Ulr. Sprecher v. Bernegg, Vicepräsident: Major Amstein, Ac/uar: Dr. J. A. Kaiser, Gassier: Rathsherr Rud. Jenni, Bibliothekar: Professor Roeder und berathende Mitglieder: Oberst Ulr. v. Planta (Reichenau), Dr. Eblin und im Eifer wählte man noch ein achtes Mitglied in Professor ©. Tester. Wie sehr man bemüht war, dem Lande besonders in landwirthschaftlicher Beziehung aufzuhelfen, beweisen die vielen Anläufe zu Unternehmungen, von denen man den besten Erfolg hoffte. Vorschläge zur Einführung des Renn- thieres*) in unseren Alpen, zur Einrichtung einer. Land- wirthschaftlichen Musteranstalt auf dem Rheincorreetionsboden *) Ein solcher Versuch wurde von privater Seite sehr viel später (1566) wirklich in’ Pontresina gemacht, ohne Erfolg. Jahrbuch unserer Gesellschaft Jahrgang XII. 1868. bei Kulzis und Realta, zur Einführung besserer Kartofjelsorten, zum Anbau von dem Lande fremder Kulturpflanzen, besonders Farbpflanzen, die Unterstützung eines auf Aktien gegründeten Vereins für Seidenhau, an dessen Spitze erst ein Herr Nett, dann Hauptmann Gengel stand (Seidengut am Sand), durch Betheiligung mit zwei Aktien für die Gesellschaft u. s. w. gaben reichlichen Stoff für die Thätigkeit in den Sitzungen der Gesellschaft, ohne indess zu bleibenden ‚Resultaten zu führen. Sehr bedauert wurde der Mangel einer Lehrerstelle für Naturgeschichte an der Kantonsschule, weil man davon nicht nur für die Schule selbst, sondern auch für die wissenschaft- liche Thätigkeit der Gesellschaft grossen Vortheil erwarten durfte. Es wurde vom Vorstand im Januar 1829 eine. dahin zielende Petition an die Behörde gerichtet, vorderhand ohne Erfolg. Alles half nichts! Vielleicht war es auch die Zersplit- terung der Kräfte auf Alles Mögliche, von dem man für das Land einen Nutzen zu erreichen hoffte, welche die Theil- nahme an der Thätigkeit der Gesellschaft erlahmen liess. Wie wir oben gesehen haben, mussten die Schrifteneir- eulation und die Lesedepots aufgehoben werden, die Bibliothek war in Unordnung gerathen und verursachte die Ordnung derselben dem Bibliothekar sehr viele Mühe und Verdruss. Die Jahresbeiträge giengen sehr unregelmässig ein. Indessen wurden die Hauptversammlungen doch immer regelmässig abgehalten, trotz immer schwächer werdendem Besuche derselben, allein seit derjenigen vom 16. Dezember 1830, in welcher J. Bapt. v. Salis einen Vortrag über Sumpf- austrocknung (ein ominöses Thema angesichts der damaligen Gesellschaftsverhältnisse) gehalten hat, sind Vorträge nicht mehr gehalten worden. Vicepräsident Amstein gibt seinem Bedauern über die geringe Theilnahme der noch immer zahl- reichen Mitglieder Ausdruck. So fand sich denn endlich der Vorstand in seiner Sitzung vom 11. Oktober 1832, die „fast gänzliche Theilnahmslosigkeit“ der Mitglieder bedauernd, zu folgenden Beschlüssen veranlasst: A RE ® 1. Die Bibliothek soll den Mitgliedern zur Benutzung offen bleiben. 2. Das Volksblatt soll nach erweitertem Plan fortgesetzt werden und dafür solle der Beitrag des Kantons auf- recht zu erhalten gesucht werden, wenigstens die Hälfte davon, die andere Hälfte könnte dann zu Zucht- stierprämien verwendet werden. 3. Reduzierung der Gesellschaftsthätigkeit auf Hebung der Viehzucht, wozu die Gesellschaft Beiträge geben will. 5. Herabselzung des Jahresbeitrages auf fl. 1. 40. Das Volksblatt konnte aber trotz aller Bemühungen nicht länger als bis zum 4. Jahrgange von 1852 erhalten werden. Die leiste Versammlung fand dann bei so geringer Be- theiligung, dass nicht einmal eine Vorstandswahl vorgenommen werden konnte, am 20. Dezember 1832 statt. In derselben erörterten die Herren Amstein und J. Bapt. v. Salis die Anfertigung einer Bündnerkarte. Der Kleine Rath war geneigt zu helfen und die Gesellschaft wollte die Hälfte des kantonalen Beitrags dazu verwenden. In den letzten Zügen erlahmte der Eifer und das gemeinnützige Streben einzelner weniger Mitglieder immer noch nicht. Die schöne Anregung und der mächtige Impuls, den die Gesellschaft im ersten Jahre ihres Bestehens durch die Versammlung der schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft in Chur im Jahre 1526 empfangen hatte, hatte 7 Jahre angehalten. Der Vorstand der Gesellschaft aber hat sich nicht ergeben. In kürzeren oder längeren Zwischenräumen hat er sich versammelt, um ja einen etwa geeignet erscheinenden Zeitpunkt zur Wiederbelebung der Gesellschaft nicht zu ver- passen. Wir wollen die zwichtigeren der von ihm gefassten Beschlüsse hier mittheilen, wobei wir Anlass haben werden, der zähen Ausdauer einiger weniger Männer zur Erhaltung der Continuität der Gesellschaft und zur Verfolgung ihrer Ziele, unsere Bewunderung zu zollen. In der Sitzung vom 30. März 1833, die in Abwesenheit :des Präsidenten vom Vicepräsidenten Amstein geleitet wurde, verfügt derselbe (der Vorstand) Folgendes: ER „Bei dem dermaligen hoffnungslosen Zustande der Na- turforschenden Kantonalgesellschaft — nachdem bereits alle Theilnahme an dem Verein für Naturkunde, Industrie und Landwirthschaft aufgehört, die Beiträge grösstentheils nicht mehr bezahlt werden und seit 1'/; Jahren die Versammlung nicht einmal zur Wahl des Vorstandes zusammenzubringen war, nachdem das Volksblatt, das einzige theilweise wirksame Organ der Gesellschaft, eingegangen, und neue Vorschläge zur Hebung des Viehstandes keinen Beifall gefunden und der noch vorhabende Vorschlag für eine Bündnerkarte mehr durch Privatvereinigung als unmittelbar durch die Gesellschaft er- reicht werden mag, weil namentlich auch der Tit. Grosse Rath nur auf genügende Belege gemeinnützigen Wirkens fernere Beiträge zu leisten ausgesprochen — hat die Conferenz folgende Beschlüsse gefasst: 1. Der Vorstand bleibt als Verwaltungsbehörde bis bei besseren Aussichten eine neue Wahl stattfinden wird. 2. Die Bibliothek der Gesellschaft bleibt den Mitgliedern statutarisch offen. 3. Die beim Vereine bleibenden Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von fl. 1. 40. 4. Dem hochlöblichen Grossen Rath soll vom Vorstande, unter Anzeige der bisherigen Verwendung, für den jährlichen Beitrag einstweilen geziemend gedankt werden. 5. Von der Buarschaft sollen fl. 200 in die zinstragende Ersparniskassa gelegt, der Ueberschuss und laufende Beiträge für fortwährende Auslagen, als Actien an dem Seidenban und Ausgaben für fortzusetzende Zeitschriften etc. bestimmt werden. 6b. Obige Punkte sollen durch den Seeretair den wirk- lichen Gesellschaftsmitgliedern durch Circulare mit- getheilt werden.“ Vorstandssitzung vom 7. November 1833. Der Präsident berichtet über die Massnahmen des Grossen Rathes für die Anfertigung der Bündnerkarte durch eidgenössische Vermes- sungen und was hiezu die Regierung und die Gesellschaft mitwirken können und erwähnt der diesfälligen Bemühungen erg der Herren Amstein und Bapt. v. Salis. Dieser Kartenversuch, zu dem der Vorstand, wie es scheint, entgegen früheren Be- schlüssen, worüber ich jedoch in den Protokollen nichts er- wähnt finde, Beiträge bewilligt hatte, führte zu unliebsamen Erörterungen; schliesslich wurde die Regierung ersucht, in den Riss zu treten. Vorstandssitzung vom 14. November 1833. Mangelhafte Betheiligung, Verweigerung und Nichtzahlung der jährlichen Beiträge zeigen gänzlichen Verfall der Gesellschaft, wusste man doch nicht einmal mehr, wer Mitglied der Gesellschaft sei und wer nicht. Trotz Allem wurde doch an dem Fort- bestande der Gesellschaft festgehalten und dann folgende Be- schlüsse gefasst: 1. Die Hinwirkung auf Hebung der Viehzucht fällt ausser den Bereich der Gesellschaft, nachdem der Grosse Rath den Gegenstand an die Standeskommission überwiesen hat. 2. Zur Ermittlung des Personalbestandes der Gesellschaft soll ein Circular *) an alle noch nicht bestimmt aus- getretenen Mitglieder gerichtet werden, worin um eine Erklärung ersucht wird, wer dabei sei und wer nicht. 3. Die beim Verein Bleibenden zahlen ab Januar 1834 einen jährlichen Beitrag von fl. 1.40. Die rückstän- digen Beiträge zu zahlen, bleibt den Einzelnen über- lassen. Die Bibliothek steht den Mitgliedern offen. Der dermalige Vorstand sieht sich zur Fortsetzung des ihm übertragenen Geschäftskreises verpflichtet bis nee auf weitere Verfügung der Gesellschaft. 6. Der Vorstand wird für die von der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft projektirte, von den eid- genössischen Behörden unterstützte und von unserem *, Dieses Cireular ist dem Protokolle beigeheftet. Verfasser des- selben ist Dr. Kaiser. Darin ist u. A. gesagt, dass in den drei letzten sturmbewegten Jahren die meisten schweizerischen Schwestergesell- schaften in „Thatlosigkeit, fast in Auflösung gerathen sind.“ | | Grossen Rathe beförderte Kurte von Graubünden sein Möglichstes thun und zu diesem Zwecke mit der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Cor- respondenz bleiben. ® Der Vorstand wird die fortlaufenden Verpflichtungen gegen die Seidenbangesellschaft, Vervollständigung sub- scribirter Bibliothekwerke u. s. w. besorgen, die Na- tnralien, namentlich die Vogelfauna in möglichst gutem Zustande zu erhalten trachten und dazugehörige Vor- kehrungen treffen. —a| S. Dem Kassier, Herrn Rathsherrn Jenni, wird für seine Bemühungen um den Verein gedankt und. derselbe ersucht, seine Hülfeleistung dem patriotischen Vereine auch fernerhin nicht entziehen zu wollen. Vom März 1833 bis 17. Mai 1855 waren dann weder Hauptversammlungen noch Vorstandssitzungen gehalten wor: den. An letzterem Datum kamen die folgenden Vorstands- mitglieder zu einer Sitzung zusammen: Der Präsident J. Ulr. Sprecher von Bernegg, Professor Roeder, Oberst Ulr. v. Planta, Professor Tester und der nie fehlende Aktuar Dr. Kaiser. Aktuar und Kassier erstatteten ihre Geschäftsberichte, ebenso der Bibliothekar, Prof. Roeder, den Bericht über die Bibliothek und das Naturalienkabinet. Man fasste sodann folgende Beschlüsse: 1. Es bleibt unter den dermaligen Umständen bei der jetzigen Administration. 2. Zur Bestreitung der Seidenhauactien*) und der fortzu- setzenden Werke, die incomplet sind, sollen die Bei- träge a fl. 1.40 von jenen Mitgliedern bezogen werden, die solche gerne zum bestimmten Zwecke abgeben. An Stelle des inzwischen verstorbenen Kassiers Jenni wird Zunftmeister Hieronymus v. Salis-Soglio zum Kassier gewählt. Herr Prof. Röder hat den Auftrag übernommen, die zweckdienliche Correspondenz mit der allgemeinen schwei- zerischen Gesellschaft der gesammten Naturwissenschaften *) Es erhellt bisher nicht, wie gross diese Actien waren. — 15 — . und ihrer speziellen Kommission für Vermessungen der ge- birgigen Theile der Schweiz zur Förderung dieser Arbeit zum Behufe einer Bündnerkarte fortzusetzen. ” Das ist geschehen. Ein schon früher eingereichtes Gesuch an die genannte Gesellschaft hatte dieselbe ihrer topographischen Kom- mission überwiesen. 1834 berichtet dann Hofrath Horner über den Gang der Unternehmung und wurde beschlossen, den Anfang mit einem Theil von Graubünden zu machen; zu diesem Zwecke wurde ein Kredit von je Fr. 1500 für zwei Jahre ausgesetzt. Es war dies wenigstens nach so vielen Enttäuschungen ein tröstender Erfolg. Die erste Anregung zur Erstellung dieser 1864 in 25 Blättern fertig gewordenen Karte der Schweiz (Dufouratlas im Maassstabe 1: 100,000) gab 1821 in der Ver- sammlung der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Lau- sanne Professor B. Studer von Bern. Als weitern Beitrag zur Illustration der anhaltenden Bemühungen unserer Gesellschaft für die Erstellung einer Bündnerkarte theile ich hier noch folgende Einzelnheiten mit, die ich den Akten der Gesellschaft entnehme. Die 1821 in Lausanne gemachte Anregung zur Erstellung einer Karte der Schweiz fand bei unserer Gesellschaft den lebhaftesten Anklang. Im Jahr 1827 hatte Stabshauptmann Jakob Sulzberger von Frauen- feld eine trigonometrische Aufnahme der Gegend zwischen dem Con- terserstein und Filisur gemacht, im Maassstabe von 1:30,000 „der wahren Grösse“ die 1531 von P, Hemmi copirt worden ist und sich bei unseren Akten befindet. Der Piz Michel wird da als Piz Promase be- zeichnet nach einem Maiensässe auf der Tinzner. Seite des Berges, das heute noch Promas-chel heisst. Am 15. November 1832 richtet J. R. Amstein als Vicepräsident der Naturforschenden Gesellschaft das Gesuch an die Regierung, die- selbe wolle die Copien der Buchwalder’schen Aufnahmen und Messungen erwerben. Schon am 30. November 1832 antwortet die Regierung, man habe dem z. Z. in Luzern sich befindenden Oberst Ulr. v. Planta den Auftrag ertheilt, er möge bei der eidgenössischen Militäraufsichtsbehörde sich verwenden, dass von dort die Erstellung der Bündner Karte er- leichtert werde und man zweifle nicht am Entgegenkommen dieser Be- hörde und auch des Herrm Oberst Buchwalder. Bezüglich der Spesen für Zieischensignale, um die kleineren Triangulationen gleichzeitig mit den grösseren ausführen zu können, will die Regierung die Kosten für die- selben übernehmen, wenn sie nicht allzu hoch werden. Die im Landes- archiv befindlichen dem Unternehmen dienlichen Materalien ‚will die Regierung zur Verfügung stellen. Nachdem dann zwar am 20. Dez. 1832 die misslichen Umstände der Gesellschaft (vide oben) eine zeitweilige Unterbrechung der Sitzungen verursacht hatten, blieb der Vorstand, um die Continuität der Gesell- A schaft aufrecht zu erhalten, nicht müssig und betrieb vor Allem die Unterstützuug der Behörden für die Bündnerkarte, diesem wahren Schmer- zenskinde der Gesellschaft. So kam dann am 8. Juli 1833 folgender Grossrathsbeschluss zu Stande- „In Erwägung, dass die Naturforschende Gesellschaft dermalen keine andere Arbeit im Auge hat, auch den ihr bewilligten Jahresbeitrag zu keinem anderen Zwecke anspricht, als zur Verfertigung und Herausgabe einer genauen Karte von Graubünden und in Erwägung, dass eben im gegenwärtigen Augenblicke auf eidgenös- sische Reehnung trigonometrische Vermessungen im hiesigen Kanton vorgenommen werden, zu deren Bestreitung unser Stand ohnehin auch seine scalamässigen Beiträge an die Eidgenossenschaft leistet: beschlossen : 1. Der Kleine Rath ist beauftragt, das beabsichtigte gemeinnützige Werk der Verfertigung und Herausgabe einer genauen Karte von Grau- bünden dureh Mitwirkung der Naturforschenden Gesellschaft oder ein- zelner Mitglieder derselben, welche sich der Sache besonders annehmen, auszuführen und die zu diesem Zwecke erforderlichen Unkosten aus der Standeskasse zu bestreiten. - 2, Der obersten Kantonsbehörde bleibt es vorbehalten, wenn die Naturforschende Gesellschaft wieder in ihre frühere Thätigkeit zurück- tritt und mit einem erneuerten Gesuche um Verabreichung des ihr im Jahre 1828 bewilligten Beitrages aus der Kantonskasse einkommen sollte, darüber das Angemessene zu beschliessen. Für getreuen Protokollauszug Der Kanzleidirector: sig. V. Planta.“ Von diesem Beschlusse des Grossen Rathes wurde in der Vor- standssitzung vom 7. November 1833 Kenntniss gegeben und wandte man sich nuzr an die schweizerische Naturforschende Gesellschaft mit dem Gesuche um Förderung der Karte. Dieses Gesuch hatte den oben erwähnten Erfolg, dass 1834 beschlossen wurde, mit einem Theil von Bünden den Anfang zu machen und dazu für zwei Jahre einen Credit von je 1500 Fr. auszusetzen. So war nun endlich die Sache im Gange und erfahren wir aus den Verhandlungen und Correspondenzen der Gesellschaft nichts mehr davon bis zum Jahre 1839; in der Sitzung vom 7. November 1839 wurde man dann sehr freudig überrascht durch die Vorweisung der topo- graphisch-geognostischen Karte von Mittelbünden von Studer d: Escher. Welche Schwierigkeit in jener Zeit, besonders bezüglich der Berg- namen, die Arbeiten der trigonometrischen Aufnahmen hatten, sehen wir am besten aus der Einleitung, welche der für die Landeskunde uner- müdliche Landammann Bapt. v. Salis einem der Gesellschaft 1839 vorge- legten Verzeichnisse der Alpen in Bünden vorausschickt. Er sagt: „Schon vor dem Jahr 1826 war ich durch die Aeusserung des Herrn Joh. Caspar Zellweger, dass unser Kanton durch seine Alpen reich sei, auf — 800 — diesen Theil derselben aufmerksam geworden. Noch mehr aber, als es im genannten Jahre galt, dem Herrn Oberstlieutenant Buchwalder behufs der eidgenössischen Landesvermessung die Namen unserer Gebirge zu be- zeichnen. Nun war weder gedruckt noch geschrieben ein Verzeichniss aller Berge, noch irgend ein Mann, dessen Kenntniss sich über den ganzen Kanton erstreckt hätte, zu finden. Selbst in den einzelnen Thälern wusste nur selten Jemand die Berge des ganzen Thales zu nennen, sondern meistens erfuhr ich in den Dörfern bloss die Namen der (Berge) aus der nächsten Umgebung. Gleichzeitig zeigte sich, dass eine ganze Menge Berge keinen eigenen, sondern nur den Namen der Alpen tragen, die entweder von ihnen berührt werden oder begrenzt sind. Hieraus entstanden für manche Berge mehrere Namen, während manche Andere ohne Namen blieben. Also eine neue Aufforderung, die Be- kanntschaft der Alpen zu suchen. Das ächte Merkmal der Wichtigkeit eines gegebenen wissenschaftlichen Zweckes kam mir hier sogleich entgegen, nämlich das Wachsthum der Aufgabe im gleichem Maasse, als ich in der Lösung fortschritt. Die Folge davon war, dass die Kennt- niss der Alpen sich nothwendig darstellte: 1. zur Abbildung unseres Kantons mittelst einer Karte. 2. in Beziehung auf die Wälder, 3. als Hilfsmittel für die Viehzucht. Wir dürfen nur einen Blick auf den Meier’schen Atlas werfen, um die Ausfülluug der leeren, namenlosen Räume zu wünschen, deren Miss- verhältniss zu den bewohnten Füssen der Gebirge sogleich in die Augen fäll. Die Namen der Alpen und Berge befriedigt diesen Wunsch. Haben wir uns, zu unserm tiefsten Bedauern überzeugt, dass kein Wald von Viehweide frei ist, — die Ausnahmen verdienan kaum der Erwäh- nung — so müssen wir die Verhältnisse der Weiden zu den Wäldern bestmöglicht erforschen. a Erklären wir die Viehzucht für die Hauptnahrungsquelle unseres Kantons, so kann es uns nicht gleichgültig sein, ob die Alpen hiezu unentbehrlich seien und in wie fern sie vernünftigen Forderungen Ge- nüge leisten. Anfänglich drängte ich die auf drei Beziehungen dienlichen Ab- theilungen in ein Heft zusammen. Allein um der Deutlichkeit willen musste ich mich bald zur Sönderung bequemen. Mithin gebe ich mir die Ehre, Ihnen N 1. den topographisehen und 2. den ökonomischen Theil vorzulegen. Das Forstmännische ist noch nicht angefangen. Dem topographischen Theile suchte ich ein Verzeichniss der Berge einzuverleiben, mögen sie selbständige, entlehnte oder beiderlei Namen führen; dann wieder das Höhenmaass, sofern es mir bekannt ist und die Angabe, welche Berge zur eidgenössischen Vermessung ausersehen seien, hinzuzufügen u. s. w.“ EN Es folgt nun eine sehr weitläufige Erläuterung der Gesichtspunkte. nach welchen er die Alpweiden und deren Ausnutzung bearbeitet habe, also der eigentliche ökonomische Theil seiner Arbeit und hebt er dann die grosse Mühe hervor, die das gekostet habe, was wir ihm gerne glauben. Im topographischen Theile seien die Thäler der Mera, des Hinter- und vereinigten Rheines vollständiger bearbeitet, als die andern, mit Ausnahme einiger Seitenthäler des Prättigau’s, des Calanda u. a.m, Schliesslich ersucht Salis, man möge nun weiter berathen, wie die Unternehmung fortzusetzen sei. Die Gesellschaft anerkannte auf Grund eines eingeforderten Gut- achtens, das mit „J. B.“ uuterzeichnet ist, dankbar die Mühe und Aus- dauer des Verfassers und gewährte ihm eine Belohnung von fl. 150. Eine weitere Folge -scheint aber dem so wichtigen Gegenstand nicht gegeben worden zu sein; es war mir wenigstens nicht möglich, darüber irgendwelche Aufzeichnungen zu finden. Am 13. Dezember 1856 trat der Vorstand wieder zu- sammen und nahm vom Üassier die Mittheilung über die bezahlten Jahresbeiträge entgegen. Danach hatte die Gre- sellschaft folgenden Mitgliederbestand: Major Amstein, Malans, Thom. Gonrad von Baldenstein, Präfeetrichter °S. Bavier in Chur, Anton Bonomo in Chur, Bundeslandammann Georg Buol in Parpan, Oberst Ulr. Bauer in Chur, Stadtrichter Braun, Stadtrichter M. Gappeller, Dr. P. Eblin, Major Cyprian Gengel, Leonhard Irmel, Med. Dr. J. A. Kaiser, Major hich. Lanicca, alle in Chur, Th. Lareda, Russhof (jetzt landwirthschaftliche Anstalt Plantahof), Alt- präfectrichter Mengolt, Alex Moritzi (der Botaniker), Baron von Mont, Oberst Carl v. Pestalozzi, Bundespräsident Stephan von Pestalozzi, Oberst Ulr. v. Planta, alle in Chur, Emanuel v. Planta in Samaden, Jacob v. Planta und Landammann Rud. v. Planta in Samaden, Aud. v. Planta in Steinsberg. Dr. med. J. Rascher und Professor @. W. Roeder in Chur, Landammann Bapt. v. Salis in Davos, Stadtammann Fortunat v. Salıs in Chur, Landammann Peter v. Salis in Chur, Major Hector v. Salis in Haldenstein, Stadtrichter Ambrosins v. Sprecher in Chur, Bundeslandammann J. Ulr. v. Sprecher in Chur, Präsident der Gesellschaft, und Prof. Chr. Tester in Chur. Zusammen 33 Mitglieder, 23 von Chur und 10 auf dem Lande. 6 Sitzung vom 23. Januar 1837. Anwesend Amstein, Oberst Planta, Roeder und Kaiser. „Auf die wiederholten Wünsche verschiedener Partieularen, wieder Samen von Lauterbrunner Kartoffeln zu erhalten, wovon schon 1830 Kasthofer eine Sen- dung besorgt hatte, hat Prof. Roeder es übernommen, solchen wieder von dorther kommen zu lassen. Ebenso sollen zu Ver- suchen venetianische Kartoffeln, Riesenkohl und ähnliche Simereien angeschafft werden und diese und ähnliche Aus- gaben sollen auf die Gesellschaftscasse angewiesen werden, und wenn die Jahresbeiträge ausser den Seidenbauactien u.s. w. nicht hinreichen, auf die Zinse des bei der Erspar- ‚nisscassa angelegten Capitals verwiesen werden.“ Die nächste Vorstandssitzung wurde am 1. Fehr. 1838 gehalten. Anwesend waren der Präsident J. Ulr. v. Sprecher, Amstein, Oberst Ulr. v. Planta, Dr. Eblin, Prof. Tester und Dr. Kaiser. Nach Verlesung und Genehmigung der Proto- colle vom Mai 1835 bis heute wird beschlossen: l. Der Gassier. Hieronym. v. Salis, der verhindert war, selbst zu erscheinen, aber die Rechnung eingesandt hatte, “soll ersucht werden, die Jahresbeiträge pro 1837 .beförderlich einzuziehen. 2. Oberst ». Planta wird ersucht, die Gesellschaft bei dem Verein für den Seidenbau zu repräsentiren. 3. Die Herren Hieronym. .v. Salis und Prof. Moller wer- den von Seiten des Ausschusses als Mitglieder in die Gesell- schaft aufgenommen, deren Genehmigung jedoch der Gesell- schaft vorbehalten bleibt. Man sollte meinen, dass bei über 30 Mitgliedern doch wohl ‘etwa eine Hauptversammlung möglich gewesen sein sollte. Den Versuch, eine solche zusammenzubringen, machte dann der Vorstand in seiner Sitzung vom 29. November 1838. Anwesend waren J. Ulr. Sprecher v. Bernegg, Amstein, Oberst und Bundslandammann Ulr. v. Planta, Dr. Eblin, Dr. Kaiser, ferner, obwohl nicht zum Vorstande gehörend, Landammann Peter v. Salis, Prof. Dr. Moller und Adolf v. Salis. Nach Be- reinigung des Protocolls und der Rechnung wird über den Fortbestand resp. die Wiederbelebung der Gesellschaft be- rathen und trotz des „fortwährend wirkungslosen Zustandes“ derselben beschlossen, den Versuch zu machen, sie wieder ins Leben zu rufen. ik: „Es soll die Gesellschaft auf den 17. December 153S, “ Nachmittags 2 Uhr, zur Berathung wichtiger Gegen- stände im Directorialzimmer der evangelischen Kan- tonsschule durch die Zeitung und die in Chur woh- nenden Mitglieder noch durch besondere Circulare eingeladen werden.“ „Hieronym. v. Salis und Prof. Moller sollen für ihre bereits übernommenen Leistungen (ersterer als Cas- sier, letzterer hatte Roeder bei Ordnung der Biblio- thek geholfen) zur unentgeltlichen Aufnahme in die Gesellschaft empfohlen werden“. „Solle der doppelte Vorschlag der Versammlung vor- gelegt werden, ob die Gesellschaft nach $ 4 der Sta- tuten sich auflösen, die Bibliothek, die Sammlungen der Mineralien und Vögel, sowie ihr Guthaben in der Ersparnisscassa und den Antheil an den Seidenbau- «aclien der evangelischen Kantonsschule übergeben wolle in dem Sinne, dass sämmtliche Effekten Eigen- thum der Gesellschaft bleiben, um sie einer im gleichen Sinne und Geiste sich wiederbelebenden Gesellschaft überliefern zu können, durch den Lehrer der Natur- geschichte an der Kantonsschule, wie diesfalls Herr Prof. Moller (der kurz vorher als solcher aus Deutsch- land berufen worden war) sich bereit erklärte, aber so verwaltet würde,’ dass die Bibliothek offen stände und aus dem übergebenen Gelde nur grössere Werke und die Denkschriften der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft fortgesetzt, sowie allfällige Beiträge zu den Seidenbauaktien bestritten würden. In diesem Falle müsste der Schulrath um Uebernahme und Oberaufsicht ersucht werden; oder ob die Gesellschaft vorziehe, ein oder zwei Mitglieder aus ihrer Mitte zu bezeichnen, die auf gleiche Weise die Interessen der Gesellschaft wahren und etwa ein drittes Mitglied zur jährlichen Prüfung der Verwaltungsrechnung zu be- auftragen, um durch solchen Nominalvorstand der Gesellschaft die Wiederbelebung derselben zu er- leichtern.“ Diese Versammlung fund am 18. Dezember 1838 statt. Die Zahl der Anwesenden ist nicht angegeben. Es war die erste Hauptversammlung seit 6 Jahren, d. h. seit Dezember 1532. Vor der Abstimmnng über den obigen Doppelvorschlag wurde das Protokoll der Vorstandssitzung vom 29. November 1835 verlesen und die Rechnung (inzwischen war Adolf v. Salis Cassier geworden) passirt und dem Cassier „ein zweifelhafter Anstand“ mit der Ersparnisscassa zur Berichtigung übertragen. Oberst Planta berichtete, dass das Unternehmen des Seiden- baues gedeihe und der Verein bereits ein Activvermögen von ca. 3000 Bäumen und ein @ut besitze (das jetzt im Besitze des Bauunternehmers Giudiei am Sand ist, Lorenz) und zur Aeufnung desselben der Bezug der Actien auf 6 weitere Jahre beschlossen worden Sei. Die fernere Theilnahme an den Sei- denbauaktien wurde einstimmig beschlossen, dagegen das Guthaben in der Ersparnisscassa auch in Seidenbauaktien anzulegen, mit Mehrheit abgewiesen. Als neue Mitglieder fanden Aufnahme in die Gesellschaft in Bestätigung eines Vorstandsbeschlusses Adolf v. Salis und Prof. Moller, ferner Forstinspeetor Bohl und Anton v. Sprecher. Allen vier soll das Diplom spesenfrei zugestellt werden. Nun folgte die Berathung über den Fortbestand der Ge- sellschaft; nach eingehender Discussion wird einstimmig der zweite Vorschlag angenommen und demgemäss die Herren Dr. Kaiser und Prof. Moller mit der.Verwaltung beauftragt, so dass ersterer die Correspondenz mit der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft wie bisher, ferner die Besor- gung des Guthabens in der Ersparnisscassa und daraus die nöthigen Auslagen zur Completirung wichtiger Bibliothek- werke, der Seidenbauaktien u. s. w. zu bestreiten übernehmen, letzterer die Bibliothek, die Sammlungen und den vorräthigen Sammler sammt dem der Gesellschaft gehörenden Schimerte *) im Hause des Herrn Vincenz v. Planta derart zu besorgen, *) Sub 19. Mai 1831 hatte Rud. v. Planta von Steinsberg der Ge- sellschaft einen „Spiess“ aus Borneo geschenkt. Es wird hier das ge- meint sein. —- 9 —' dass zugleich die statutarische Benutzung offen stehe. Herr Bundspräsident Oberst Ulr. v. Planta wird ersucht, die Ge- schäftsführung jährlich zu revidiren. Noch erhielten die beiden Verwalter den Auftrag, Freun- den der Naturkunde, der Landwirthschaft und Industrie, Ver- anlassung zur Besprechung einer neuen Vereinsbildung zu geben, derselben die Hülfsmittel der Gesellschaft zu seiner Benutzung anzubieten und wenn eine neue Gesellschaft im Sinne und Geiste nach Art. 4 der Statuten sich gebildet und thätiges Vereinsleben gewährt, ihr später auch die Verwaltung zu übergeben. Soweit reicht der erste Band der Protokolle. Es mag auffallen, dass man in der Versammlung vom Dezember 1838 nicht den Muth gefunden hat, die Gesellschaft wieder frisch aufleben zu lassen. Die Zahl der Mitglieder war doch ziemlich gross, gegen 40 Mann, darunter aber wohl nur die Vorstandsmitglieder, die wirklich auch arbeiteten. Die letzteren allerdings hielten mit bewunderungswürdiger Zähigkeit und Ausdauer an dem Fortbestande der Gesellschaft fest und suchten manche innert dem Gesellschaftszwecke lie- gende Aufgaben nach Möglichkeit von sich aus zu fördern. Abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das diese Vor- standsverhandlungen uns bieten, habe ich sie auch desshalb so vollständig angegeben, um dem Andenken der oft genann- ten würdigen Männer den Tribut einer warmen, wenn auch späten Dankbarkeit und Hochachtung zu zollen. Ihre Namen mögen uns in steter Erinnerung bleiben und ein Sporn sein, auch unsererseits mit derselben Treue unsere Arbeit den Zwecken der Gesellschaft und damit dem Wohl des Landes zu widmen. Es ist hier der Ort, mit einigen Worten des ersten und so verdienstvollen Präsidenten unserer Gesellschaft, des Herrn Bundslandammann Jae. Ulr. Sprecher v. Bernegg zu gedenken. Derselbe hat zum letzten Male die Sitzung vom 29. November 1535 präsidirt, in welcher berathen wurde, ob die Gesell- schaft weiter bestehen solle oder nicht. Man wollte aber doch noch einen Versuch machen, sie aufrecht zu halten und berief dann die Versammlung vom 18. Dezember 1838, RB die dann aber definitiv die zeitweilige Auflösung beschloss. Ob Sprecher hier. noch zugegen war, erhellt aus dem Pro- tokoll nieht, da die Anwesenden nicht genannt sind. Die folgenden Notizen über Sprecher entnehme ich den „Verhandlungen der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft bei ihrer Versammlung zu Zürich im August 1841, Zürich, Zürcher & Furrer“*, p. 281 u. folg.: „Herr Jacob Ulrich Sprecher v. Bernegg, geb. (5. Juli, Lorenz) 1765 in Luzein im Thale Prättigau, im Kanton Grau- bünden. Sprecher erhielt seine Jugendbildung mehr in Deutschland als im Vaterlande, da er 10 Jahre in jenem Lande zubrachte. Er lebte in Jugendgemeinschaft mit Sehleier- macher, Minister KEinsiedel und Brinkmann. In Jena genoss er des Umgangs Herder’s und @Goethe’s und erwarb sich später das Wohlwollen Joh. v. Müller's (des Historikers).. So kam er mit gediegener Bildung in sein Vaterland zurück, wo er bald in politische Wirksamkeit trat. Als aufgeklärter Mann huldigte er aus Ueberzeugung den liberalen Ideen und war eines der thätigsten Mitglieder der helvetischen Parthei in Bünden, welche die engere Verbindung Bündens mit der Schweiz eifrig betrieb. Von dieser Vereinigung an war er immer in politischer Thätigkeit und bekleidete die wichtigsten Stellen des Kantons. Vierzehn Mal war er Gesandter auf den Tagen der Eidgenossen und erwarb sich die allgemeinste Achtung und Liebe. Nie buhlte er um die Volksgunst, erwarb und erhielt aber dieselbe durch Rechtlichkeit, Uneigennützigkeit und Wohlwollen gegen alle, die mit ihm umgingen. Seine Sanftheit, seine edle Ruhe und Mässigung versöhnten ihn auch mit Andersdenkenden. Seine Mussestunden verwandte er auf Litteratur, daher war er keinem Fache des Wissens fremd und auch im Fache der Naturwissenschaften bewandert. Als im Jahre 1826 die Gesellschaft sich in Chur versammelte, war er Präsident der- selben. Die Kantonsschule verdankt ihm besonders viel und er trug sehr viel für ihre Stiftung und Unterhaltung bei; ebenso beförderte er durch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel den Bau der Strassen über den Splügen und Bern- hardin. Noch im. Jahre 1535 wählte ihn die Tagsatzung zur Beglückwünschung bei der Krönung Kaiser Ferdinand's in Mailand; allein er lehnte seines hohen Alters wegen diese Wahl ab, dagegen nahm er 1539 zum letzten Male eine Stelle ih den Kleinen Rath an, zog sich aber dann in den Privat- stand zurück und starb ruhig den 9. Juli dieses Jahres (1841). Auch er gehörte dem Kreise der edelsten Eidgenossen an, welche ihre Zeit erfassten und mit der uneigennützigsten Vaterlandsliebe die Fortschritte beförderten, die dem Lande frommen konnten. Er gehörte dem Verbande der hohen Männer an, die wir in ÜUsteri, La Harpe, Herzog u. Ss. w. er- kennen und verehren, so verschieden von den Stürmern der letzten Jahre, welche nur niederrissen ohne wieder aufzubauen und die Volksgunst auf alle Art, selbst auf Gefahr des Vater- landes, zu erschmeicheln suchten, um Stellen zu erhalten.“ Auch noch eines anderen Mannes, eines stillen Gelehrten, der zu den Gründern unserer Gesellschaft gehört hat und eifrig bemüht war in Erforschung der bündnerischen Pflanzen- und Thierwelt, müssen wir hier kurz gedenken. Es ist Apo- theker Melchior Bovelin. (Verhandlungen der schweiz. Naturfor- schenden Gesellschaft 1842. Altorf, p. 234).: „Bovelin war Find- ling. 1774 wurde er im Bovel bei Ragaz in der Nähe einer bewohnten Hütte des Nachis ausgesetzt. Ein Hirte hörte ein ungewohntes Schreien und ging, ein Verbrechen ahnend, in der einen Hand ein Beil, in der andern ein brennendes Scheit haltend, auf die unbekannte Erscheinung los und fand ein weinendes Kind, wohl eingewickelt. Von seinem Fundorte erhielt er bei der Taufe in Ragaz den Namen Melchior Bovelin. Später hat er selbst die Scene des Fundes in einer Handzeich- nung dargestellt. Das Kloster Pfäffers sorgte für die Auferzie- hung des Kindes und nahm den Knaben später in seine Schule auf, in welcher er bei schönen Talenten ein reiches Maass von Kenntnissen sich erwarb. Wegen seiner Liebe für die Pflanzenwelt wurde er für die Apothekerkunst bestimmt, die er in Malans erlernte und dann seinen Beruf auf Reisen aus- bildete, die ihn bis Holland führten. Nach bestandenem Examen in St. Gallen errichtete er eine Apotheke in dem Kloster zu Pfäffers und später in Ragaz, wo man ihn als Bürger aufnahm, und wo er bald allgemeines Zutrauen er- Be warb. Er machte viele Exceursionen in die umliegenden Berge und sammelte Pflanzen, die er auf ganz ausgezeichnete Weise zu tröcknen verstand und fand damit allgemeine Anerkennung. 1S15 reiste er mit seinen Pflanzenschätzen nach England und Holland, wurde überall sehr wohlwollend aufgenommen, aber seinen Zweck, seine gedrückten ökonomischen Verhältnisse zu verbessern, erreichte er nicht. 1820 wurde er als Apotheker ins Engadin berufen und errichtete in Devers die erste Apo- theke in diesem hochgelegenen Thale. Hier sammelte er in der freien Zeit viele Pflanzen und trieb damit einen kleinen Handel. Ausserdem legte er eine kleine Sammlung von Engadin’s Thieren an, deren Hauptschmuck ein im Engadin geschossener weisser Bär (ursus arctos, var. alba) war, der noch allen schweizerischen Museen fehlte, (wo mag der hin- gekommen sein?)*) Aus den Alpenpflanzen verfertigte er sehr wirksame Präparate, namentlich Extrakte, die er weithin versandte und für deren Trefllichkeit die Erklärung des Dr. Biet in Paris (aus Scanfs gebürtig) spricht, dass er von Nie- mand so gutes, wirksames Aconitextract erhalten habe, wie von Bovelin.“ Nicht vergessen wollen wir seiner ‘zahlreichen und ge- wissenhaften meteorologischen Beobachtungen, die er in Bevers in den zwanziger Jahren im Auftrage der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft gemacht hat. „Im Privatleben war er sehr einfach und anspruchlos, wohlthätig gegen Arme und immer zu helfen bereit, wo es galt, menschliches Elend zu lindern, stets aufgeräumt: und voll witziger und lustiger Einfälle in Gesellschaft und gefällig und hingebend an Freunde über die Maassen. Kein Wunder, dass er allgemein geliebt und geachtet war und gerne in geselliger Versammlung die Engadiner Herren bei sich sah. Auch bei Gelehrten fanden seine Bestrebungen Anerkennung. Hegetschweiler übertrug seinen Namen auf eine Pflanze (Phyteuma Bovelini) und Heer auf ein Thier (Cychrus Bo- velini).“ *) Vide Tschudi’s Thierleben der Alpenwelt, besonders in den ersten Auflagen. — 89 — „Bovelin erfreute sich einer kräftigen Gesundheit. Im Sommer 1827 hatte er das Unglück, durch einen Sturz aus aus dem Wagen den Oberschenkel zu brechen, wovon er nie ganz hergestellt wurde, was ihn nöthigte an einer Krücke zu gehen. Damit hatten seine Excursionen ein Ende; allein er liess den Muth nicht sinken und blieb derselbe muntere und aufgeräumte Bovelin, der Gleichmuth genug besass, über seine Unbeholfenheit noch zu scherzen. Im Frühling 1842 befiel ihn eine Unterleibskrankheit, an der er schon früher ge- litten hatte und machte seinem Leben in wenigen Tagen ein Ende. Allgemein war die Trauer um ihn in seinem Wohn- orte und in weiteren Kreisen. Sein freundliches Bild wird Allen, die ihn kannten und denen er näher stand, stets lieb und theuer sein“. Der zweite Band der Protokolle trägt die Aufschrift: „Protokoll (der Sitzungen einer in Chur vom Januar 1839 bis Januar 1844 bestandenen Gesellschaft für Naturwissen- schaften). No. 2“.*) Der Band beginnt mit einem Resume der Verhandlungen vom Dezember 1838 und hierauf folgt das Protokoll einer von Moller und Kaiser auf den 10. Januar 1839 einberufenen Versammlung. Moller eröffnete dieselbe und Kaiser wurde „eventuell“ zum Präsidenten gewählt. Der Zweck dieser Versammlung war die Berathung der Wiedererrichtung der Naturforschenden Gesellschaft. Es wurde diese auch be- schlossen und eine Commission, bestehend aus Prof. Moller, Dr. Rascher und Forstinspeetor Bohl, ernannt, die auf die nächste Versammlung einige statutarische Bestimmungen entwerfen sollte. Diese Sitzung fand dann am.17. Januar 1839 statt. Ich gebe hier das Protokoll wörtlich wieder. *) Die Gesellschaft wird, wie aus den Akten ersichtlich ist, nicht immer gleich benannt, so meistens: Naturforschende Gesellschaft aber auch Gesellschaft für Naturkunde, Landwirthschaft und Gewerbe, statt letzterem auch wohl Industrie, landwirthschaftliche Gesellschaft, Donnerstagsgesellschaft zum schwarzen Adler (nach dem Sitzungslokal). Die Rechnungen, Einzugs- listen und Mitgliederverzeichnisse tragen aber meistens den Namen: „Naturforschende Gesellschaft“. EI „Waren anwesend: Bundspräsident (und Oberst) Ulr. Planta, Bundslandammann Buol, Bundslandammann, Brosi, Pro- ‚fessor Moller. Dr. Kaiser, Hauptmann Ulr. v. Salis, Professor Kraneck, Rathsherr Herold, Oberst bauer, Major Lanicca (der spätere Oberst), Adolf v. Salis, Stadlvogt von Sprecher, Dr. Thormann, Scheuchzer, Lieutenant Passett, Landammann Bapt. v. Salis, Dr. Eblin, Oberst Gengel und Forstinspector Bohl, im ganzen 19 Mu - Das Präsidium legt den Entwurf zu den Statuten vor, welche nach artikelweiser Berathung und einigen Aender- ungen genehmigt werden. Sie lauten also: 1. Es bildet sich ein Verein zur Anregung natur- wissenschaftlicher Forschung und zur Beförderung der Natur- wissenschaft im Allgemeinen sowohl als insbesondere rück- sichtlich ihrer Anwendung auf Landwirthschaft, Forstwesen, Gewerbe u. s. w. in Bünden. 2. Jeder an der Berathung gegenwärtiger Statuten Theilnehmende ist Mitglied dieser Gesellschaft, sodann auch derjenige, den irgend ein Mitglied in Zukunft einführt, in der Ueberzeugung, er werde ihre Zwecke zu fördern im Stande sein. 3. Die Gesellschaft wählt jährlich durch geheimes Stimmenmehr aus ihrer Mitte den Vorstand, nämlich den Präsidenten, den Secretair, einen Assessor und diese drei Mitglieder einen ersten, zweiten und dritten Suppleanten. 4. Dem Präsidenten liegst neben gewöhnlicher Leitung der Versammlungen noch besonders ob: a) Sämmtliche Mitglieder zu freiwilligen Mittheilungen eigener oder fremder Arbeiten, die dem Zweck entsprechen, aufzumuntern und also dafür zu sorgen, dass es für jede nächstfolgende Sitzung womöglich nicht an Das euer Stoffe mangle. b) Zu veranstalten, dass der Vorstand sogleich mit den- jenigen Männern in Relation trete, welche im Sinne und Geiste der Gesellschaft wirken könnten, in der Entfernung vom Versammlungsorte aber ein wesentliches Hinderniss finden; dass er sie namentlich dahin zu vermögen suche, durch geeignete Mittheilungen den Gesellschaftszweck zu SEN A fördern, sowie an der Bildung von Filialvereinen in den ver- schiedenen Kantonstheilen zu arbeiten. 5. Der Seeretair führt ein Protokoll, in das er das Haupt- sächlichste der Verhandlungen einträgt, welches jedem Mit- gliede zu beliebiger Einsicht offen steht und bei jeder Sitzung vorgelegt werden solle. Ausserdem liegt ihm ob, die nicht in Chur wohnenden, jedoch für den Gesellschaftszweck thä- tigen Mitglieder, auf ihr Verlangen vom Wirken des Vereins in Kenntniss zu setzen. 6. Der Assessor besorgt die allfälligen Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft und legt ihr darüber quartaliter Rechnung ab. 7. Die Gesellschaft versammelt sich einstweilen alle Wochen einmal in einem hiezu bestimmten Local. Nähere Bestimmungen darüber sollen nach jeder Sitzung je nach Be- dürfniss festgesetzt werden. S. Zur Bestreitung unvermeidlicher Auslagen, wie z.B. für das Bureau, sorgt die Gesellschaft durch einen von jedem eintretenden Mitgliede zu entrichtenden Beitrag von 30 Kreuzern Bd.-W., theils, wenn dies für die Bedürfnisse nicht ausreichen sollte, auf irgend eine je nach Umständen zu bestimmende angemessene Weise. 9. Nach Ablauf von einem Jahr hat das Präsidium vor den unter $ 3 erwähnten Wahlen in Umfrage zu setzen, ob Revision obiger Statuten gewünscht werde oder nicht. Es wählte dann die Gesellschaft noch am nämlichen Tage ihren Vorstand, wie folgt: ‚Als Präsident bestätigt: Herrn Professor Moller und er- nannt zum Sceretair: „ Forstinspektor Bohl, Assessor: ,„ Oberstl. Gengel, Zu I. Suppleanten: „ Dr. Kaiser, I. 3 „ Dr. Eblin, EI, 3 > Haupeen: Ulrich v. Salis. Endlich wurde von den anwesenden Mitgliedern das statutengemässe Eintrittsgeld entrichtet. Herr Bundspräsident Ulr. v. Planta bezahlt noch für drei Abwesende, nämlich für die Herren Landamm. Rud. v. Planta, Jakob und Emanuel von Planta in Paris. | — 9 Die Sitzungen folgten sich von da an regelmässig alle S, längstens 14 Tage; sehr häufig waren Vorträge bereit, wenn aber solche fehlten, so wurden Aufsätze aus Zeitschriften vorgelesen. Bohl verliess im Mai 1839 das Land, um nach seinem Heimathkanton St. Gallen zurückzukehren; sein Amt des Seeretairs wurde Landamm. Bapt. v. Salis übertragen. Gewöhnlich fanden die Zusammenkünfte im schwarzen Adler (jetzt Haus Kaufmann beim Oberen Thore), ab und zu auch im Hotel Frejeck statt. Um während des Maimarktes die Sitzung nicht ausfallen lassen zu müssen, überliess der Freieckwirth Lendi zu diesem Zwecke der Gesellschaft sein Haus im Steinbruch (jetzt Villa Schönfels). Im Jahre 1839 fanden über 30 Sitzungen statt und sind die Hauptgegen- stände der Verhandlungen die folgenden: Seidenbau, Wein- und Obstbau, Wiesenbau, Repsbau, Alpwirthschaft, Gemein- atzung und andere landwirthschaftliche Themata, wie Molkerei, Maul- und Klauenseuche etc. Dann wurde in mehreren Si- tzungen über Kropf und Cretinismus verhandelt, über die bessere Benutzung der Mineralquellen von St. Moritz und andern. Auch durch werkthätiges Eingreifen suchte die Gesell- schaft Landwirthschaft und Gewerbe im Lande zu heben; so rief sie einen Verein für bessere Obstverwerthung ins Leben. Zu diesem Zwecke sollte im Rigahaus, dessen Be- sitzer, Herr Rud. Caviezel, ein sehr. eifriges Mitglied der Ge- sellschaft war, ein Dörrofen auf Aktien errichtet werden, an dessen Spesen die Gesellschaft sich mit fl. 25 betheiligte. Dann wurde eine Kommission eingesetzt, die zu berathen hatte, wie man eine technische Anstalt ins Leben rufen könnte. Diese Berathungen führten dann zum Resultate, dass es sich nicht sowohl um die Gründung einer besonderen Anstalt handeln könne, sondern es sollte vielmehr bei den Behörden dahin gewirkt werden, dass eine Erweiterung der evangelischen Kantonschnle in der nalurwissenschaftlich-technischen Richtung stattfinde. Eine dahin zielende Vorlage an den Schulrath enthält folgende 4 Punkte: 1. Es soll an der Kantonsschule (hemie gelehrt werden. Die BERG. 2. Der Physik soll mehr Kraft und Zeit gewidmet wer- den, als bisher. Br. Huieinlich der Naturgeschichte wird die Aenderung für wünschbar erachtet, dass die Mineralogie von dem Lehrer der Chemie übernommen werde. 4. Neben ‚freiem Handzeichnen soll auch geometrisch- architektonisches- und Maschinenzeichnen nach Abbil- dungen und Modellen gelehrt werden. | Um diesen Plan auszuführen, werden zwei weitere Lehrer nothwendig werden. Besonderes Interesse erregte die am 7. Novembre 1839 vorgewiesene fopographisch-geognoslische Karte des mittleren bündens von Studer & Escher. Im Jahre 1840 fanden gegen 40 Sitzungen statt. Ganz ohne Sitzung blieb nur der Monat August. Die in den Vorträgen behandelten Themata waren stets- fort recht mannigfaltiger Art und hauptsächlich auf Förderung von Landwirthschaft und Industrie Bezug nehmend. Zahl- reiche Anträge und Vorschläge zu den verschiedensten in- dustriellen Unternehmungen, verliefen aber wie gewöhnlich im Sande, so z. B. die Frage der Ausbeutung der Erzlager an der Casanna im Prättigau, über Stickereieinrichtungen und anderes mehr. Dann kamen denn aber doch hie und da wissenschaftliche Mittheilungen recht interessanter Art vor. Indessen nahm der Besuch der doch wohl zu zahlreichen Sitzungen allmälig ab und zu Ende des Jahres 1540 erklärten Präsident, Vicepräsident und Aktuar ihre Entlassung und so wurde denn am 6. Januar 1841 der Vorstand auf drei Mit- glieder reduzirt und derselbe bestellt aus Dr. Eblin als Präsi- dent, S. Kellenberger als Vicepräsident und Aktuar und Bau- inspektor Herold als Kassier und Assessor. Auch im Jahre 1841 wurden zahlreiche Sitzungen ge- halten, nämlich 27. Man versammelte sich schon um 7 Uhr Abends. Der Besuch war etwas besser als im Vorjahre. Man behandelte auch die Frage, ob die Gesellschaft nicht ein eigenes Blatt herausgeben solle, fand aber, dass man dazu doch zu wenig Stoff habe und besser thue, sich auf gegenseitige Belehrung zu beschränken. 94 — Es wurden noch immer einige Zeitschriften gehalten und eine Circulation derselben unter den Mitgliedern aufrecht zu erhalten gesucht. Die Besprechung der Einführung öffent- licher Vorträge führte zu einem negativen Resultate. Die Ver- suche zur Einführung neuer Gulturpflanzen ergaben wenig ermunternde Resultate, ebensowenig die immer wiederholten Anläufe zur Einführung neuer Industrien, technischer, ge- werblicher und landwirthschaftlicher Anstalten. Die Vorträge wurden immer seltener; man pflegte freie Diskussion über vorgeschlagene Themata, liess sich aus natur- historischen Zeitschriften vorlesen, ja man vertrieb sich die Zeit wohl auch mit Vorlesen von Gedichten. Zwei Lichtpunkte ragen aber auch noch in diesem Jahre aus dem eigentlich jetzt mehr einem gemüthlichen Abend- schoppenkreise gleichenden Vereinsleben hervor und müssen hier erwähnt werden. Es sind das: | 1. Die Förderung einer statistischen Aufnahme über das Vorkommen von Äropf und Oretinismus in unserem Kanton durch Vermittlung des Sanitätsrates. Es hatte nämlich die schweizerische Naturforschende Gesellschaft einen diesfälligen Fragebogen an die hiesige Gesellschaft geschickt. Diese letz- tere nun beantragte bei der Regierung, sie wolle den Sanitäts- rath beauftragen, die Aufnahme durch die Aerzte, Geistlichen und Ortsvorsteher machen zu lassen. Das Gesuch fand Be- rücksichtigung, eine schöne Anzahl Berichte kam wirklich zu Stande und wurde von Dr. Eblin verarbeitet, der dann darüber in der Gesellschaft Bericht erstattete. Später wurden diese Aufnahmen von der schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft mit denjenigen aus andern Kantonen veröffentlicht. (Meyer-Ahrens C. Mittheilungen über die Verbreitung des Cretinismus-in der Schweiz. 1845.) Der Kuriosität halber er- wähne ich, dass ein Berichterstatter das viele Obstessen als Ursache dieser Degeneration beschuldigte. 2. Das wichtigste wissenschaftliche Vorkone des Jahres war aber ein Vortrag des Ingenieur's hiehard Lanicca über Höhenmessungen mit dem Barometer und mitlelst Irigono- metrischer Aufnahmen, der heute noch sehr lesenswerth ist und den Fähigkeiten des Verfassers ein schönes Zeugniss gibt. N Nach trigonometrischer Methode bestimmte Lanicea die Höhen- lage von Ghur za 595,5 m. ü.M. 1842 sind 12 Sitzungen gehalten worden. Gleich in der ersten Sitzung wurde die Frage der Fort- setzung oder der Vertagung der Gesellschalt erörtert; es wurde aber beschlossen, „weiter beisammen zu bleiben“ und wie bisher alle acht Tage Sitzung zu halten, was zwar seit 1840 nicht mehr der Fall gewesen war. Man kam um 6 Uhr zu- sammen, während der längern Tage aber wie bisher um 7 Uhr. Wie immer, wurden die besten Vorsätze, für Vorträge zu sorgen, wiederholt. Dr. Eblin gibt das Präsidium ab. Der Vorstand besteht nun aus Stadvogt Herold als Präsident, Oberförster Paulus als Cassier und Lehrer Reinhard als Actuar. Die Schrifteneireulation fand noch immer mehr oder weniger regelmässig statt; man konnte aber nicht viel an- schaffen. Die Jahresrechnung ergab an Einnahmen fl. 28 28 kr. und fl. 25 53 kr. an Ausgaben. Vorträge fanden nicht mehr statt, man las sich aus Büchern vor und zwar über die verschiedensten, der Natur- forschung oft ganz fremden, Dinge. Im Mai 1842 wurden dann die Sitzungen auf unbestimmte Zeit vertagt, nachdem man noch Einleitungen getroffen hatte, die Bovelin’'schen naturhistorischen Sammlungen für den Kanton zu erwerben. 1843. Am 11. Januar fand eine durch Cireular einbe- rufene Versammlung im Steinbock statt. Es waren hiezu folgende 10 Männer erschienen: Herold als Präsident, Bunds- präsident Oberst Ulr. v. Planta, Prof. Schwertmann, Professor Moller, Oberförster Paulus, Lieut. Passett, Rathsherr Papon, Rathsherr C. Bener, Dr. Scheuchzer und Lehrer Reinhard. Es heisst im Protocoll über die Verhandlungen dieser Sitzung: „Wenn auch unsere Gesellschaft sich nicht mit glänzenden Erfolgen brüsten darf, so kann ihr keineswegs der gute Wille abgesprochen werden. Auch ist Manches durch ihre Anre- gung und Versuche wirklich ins Leben gerufen worden, wie z. B. der Unterricht in den Naturwissenschaften an unserer Kantonsschule und dass hiesige Handlungshäuser gedörrtes Obst nach Brasilien schicken, wenn schon der Versuch mit — 9b — dem Dörren des Obstes durch die unzweckmässige Einrich- tung des Dörrofens der Gesellschaft missglückt hatte.“ Diese Bemerkungen des Präsidenten geschahen im An- schluss an einen Vorschlag von Prof. Schwertmann, es möchte in Chur ein Museum rhälicum errichtet werden, d. i. „ein drittes, von der reformirten sowohl als der katholischen Kantonsschule getrenntes Gebäude (um alles Confessionelle auszuschliessen), worin antiquarische wie artistische, besonders aber mineralo- gische und geognostische und naturhistorische Sammlungen überhaupt zur Benutzung beim Unterricht für beide Schu- len zusammengestellt würden. Der physikalische Unterricht könnte dann im gleichen Hause und zwar für einmal von verschiedenen Lehrern in besonderen Localen ertheilt werden. Die jährlichen Subsidien, welche der Kanton zum Behufe der Naturwissenschaften fliessen lässt, würden in dem Falle un- zersplittert zu gemeinschaftlicher Beschaffung des Nöthigen verwendet werden.“ In der Discussion über diesen Vorschlag gab Oberst Planta der Besorgniss Ausdruck, dass katholischer- seits ebensowenig ein solches Museum benutzt würde, als am Studium des Rechts an der reformirten Kantonsschule, wo auch Katholiken Zutritt haben, von dieser Seite Theil ge- nommen wird. Förster Paulus meinte, wenn die katholische Kantonsschule in Zukunft wieder von Chur weg aufs Land versetzt werden sollte, so würde der ihr angehörige Theil am Museum schwer auszuscheiden sein. Bei der Abstimmung waren dann Alle mit Oberst Planta einig, wornach Herr Prof. Schwertmann zu ersuchen sei, seine Idee in Betreff des Mu- seums schriftlich auszuarbeiten, welche Arbeit die Geselischaft dann dem Erziehungsrathe empfehlend einreichen wird. Als Präsident wurde nach Ablehnung Moller’s Schwert- mann gewählt und bestimmt, dass die Versammlungen jeden Mittwoch Abds. 7 Uhr im Steinbock abgehalten werden sollen. Es fand dann wirklich schon am 18. Januar eine, aber nur von 7 Mitgliedern besuchte, Sitzung statt. Der Vorschlag des Präsidenten, die Versammlungen monatlich einmal zu ver- anstalten, diese dann etwa im Kantonsschulgebäude, öffentlich auch für Nichtmitglieder, zu halten, wurde von Moller und Reinhard unterstützt, erhielt aber nicht die Mehrheit, weil DREI Be 1. „wenn wir von den wöchentlichen auf monatliche Versamm- lungen abmarkten, wird sich die Gesellschaft nach und nach auflösen“; 2. „unter günstigen Umständen war es schwer, Stoff zu finden, um die Gesellschaft belehrend zu unterhalten, wie viel schwerer wird es nicht, bei dem jetzigen schleichen- den Gang, Vorträge für eine öffentliche Versammlung zu lie- fern“ und 3. „von den Bündnern können wir nichts erwarten und wir wollen nur zusammenkommen, um uns gegenseitig zu belehren, aber nicht nach Aussen zu wirken“. Es wurden darüber dann folgende Beschlüsse gefasst : l. Obgenannter Vorschlag soll durch Circular an alle beitragenden Mitglieder der Gesellschaft vorgelegt werden. 2. Der Beitrag von 30 Kreuzern auf 1 Gulden zu erhöhen, um mehr nützliche Schriften anzuschaffen, wurde nicht be- liebt d. h. man trat darauf einstweilen nicht ein. Es fanden dann keine Sitzungen mehr statt bis zum 10. Januar 1544, an welchem Tage 7 Mann sich einfanden, um den Cassabericht entgegenzunehmen und dann hauptsäch- lich über den fernern Fortbestand der Gesellschaft zu berathen und zu entscheiden. Zuerst aber hielt man zwanglose Unterhaltung über ver- schiedene naturwissenschaftliche Gegenstände, z. B. über die wirksamen Kräfte, wodurch sich die Alpenpflanzen von den Gewächsen in den Niederungen auszeichnen und über die Knt- stehung der (@letscher. Ueber letztere Frage äusserte sich ein Mitglied, es war Oberförster Paulus, dahin, das Entstehen und Bestehen der Gletscher sei auf kalte, aus dem Innern des Gebirgs hervorkommende Luftströmungen zurückzuführen, wogegen denn doch die meisten Anwesenden ihre Bedenken äusserten. Die Rechnung wurde richtig befunden. Der Cassasaldo betrug fl. 2. 49 Bluzger — ca. Fr. 4.60 jetzigen Geldes. Fortbestand der Gesellschaft. Nur Förster Paulus wünschte denselben mit Rücksicht auf die Büchersammiungen, welche die Gesellschaft besitze. Nun tritt die komische Situation ein, dass Dr. Kaiser diese Gesellschaft nicht mit der Kantonal- gesellschaft identifiziren will, es sei die jetzige Gesellschaft ein localer Verem von Chur und habe daher auch keine Be- Z ei oa sitzesrechte an den Büchern und Sammlungen der kantonalen Naturforschenden Gesellschaft; letztere sei 1838 aufgelöst wor- den und habe einem Comit& ihre Besitzthümer zur Verwal- tung übergeben. Die falsche Auffassung dieser Verhältnisse Seitens des Herrn Paulus sei nur daraus zu verstehen, dass derselbe erst ganz kurze Zeit Mitglied des Churer Vereins sei. Die über diese Frage gehaltene Discussion war ein klein wenig confus. Bei der Abstimmung über die Zukunft der Gesellschaft ergab sich nur eine Stimme für Beibehaltung derselben, alle anderen stimmten für Auflösung: „Ihre kleinen Besitzthümer, nämlich die im Archiv gesammelten Arbeiten, einige Zeitschriften und der aus der letzten Jahresrechnung sich ergebende Ueberschuss von fl. 2 49 Bluzger übergibt sie dem die Kantonalgesellschaft repräsentirenden Comit6 zur Verwaltung, so dass Archiv und Zeitschriften in der Biblio- thek niederzulegen, das baare Geld aber dem Herrn Dr. Kaiser, als dem die Gelder verwaltenden Mitgliede jenes Comite’s, einzuhändigen sei.“ „Das Protokoll dieser somit letzten Ver- sammlung auszufertigen übernahm, da die Gesellschaft, in- dem schon lange keine Protocolle mehr geführt worden waren, ohne Secretair war, auf den Wunsch der Anwesenden der Unterzeichnete (nach der Handschrift ist es Moller, Lorenz), und auf Ansuchen wurden die Herren Dr. Kaiser und Scheuch- zer delegirt, im Namen der Anwesenden die Richtigkeit des Protocolls zu beglaubigen“. Die 3 Herren (Kaiser, Scheuch- zer und Moller) haben dann auch eigenhändig dieses Schluss- protocoll unterschrieben. Wenn Kaiser diesen Verein nicht als Aequivalent der früheren Naturforschenden Kantonalgesellschaft anerkennen wollte, so ist das eine Ansicht, die andere nicht theilten und mit Recht. Die Bestrebungen und Organisation waren so ziemlich genau dieselben; auch der letztere Verein suchte zuerst seine Thätigkeit auf den ganzen Kanton auszudehnen und nicht nur auf die Stadt Chur. Der Uebergang aus der aufgelösten Gesellschaft in die neue ist ein ganz direkter und durch die Leute der alten Gesellschaft vorzugsweise her- beigeführter. Allerdings hat die neue Gesellschaft die Bücher etc. der alten sich nicht ausliefern lassen, auch von sonstigen N ge Besitzthümern der alten Gesellschaft ist nicht weiter die Rede, wie Seidenbauactien und Ersparnisskassaguthaben. Es fällt das aber nicht auf, da die ganz gleichen Leute wie früher obenan waren. Wenn schon neue Statuten gegeben wurden, so gibt sich aber der neue Verein doch keinen an- dern Namen, als denjenigen einer bündnerischen (nicht bloss Churerischen) Gesellschaft für Naturkunde, Landwirthschaft und Gewerbe, oder auch „Naturforschende Gesellschaft“, oder auch „Gesellschaft für Naturkunde“, ein Beweis, dass an gar nichts Anderes als an die Wiederbelebung der alten Kantonal- gesellschaft gedacht war. Auch der Wortlaut der Protocolle lässt keine andere Deutung zu, als dass der neue Verein die. direete Fortsetzung des ältern sei; eine Anerkennung dieser Ansicht liegt auch darin, dass der kleine Besitz der Verwal- tung der frühern Gesellschaft übergeben wurde. Während früher die Gesellschaft sistirt wurde, sofort aber wieder Versuche und Anläufe zur Wiederbelebung der- selben gemacht wurden und somit eine scheinbare Continuität der Gesellschaft erhalten wurde, trat nun eine mehr als ein- jährige Pause ein, nämlich bis zum October 1845. Durchblicken wir noch einmal kurz die Thätigkeit der Gesellschaft von ihrer Gründung im Jahre 1825. bis zu dem Interregnum von 1844/45, so ergeben sich ungefähr folgende bemerkenswerthe Punkte. Bis 1832 herrschte reges wissen- schaftliches Leben, hauptsächlich unterhalten und getragen von einigen wenigen Männern, die auf der Höhe ihres Faches standen und unterstützt durch das persönliche Gewicht und die uneigennützige Gesinnung im öffentlichen Leben hervor- ragender Männer. Dass diese erste, ich möchte sagen, glän- zende Periode unserer Gesellschaft gerade zu Anfang der 30er Jahre ihren Abschluss fand, lag zumeist sicherlich in den unruhigen politischen Zuständen dieser Zeitepoche. Denn die Hauptträger der Gesellschaftsthätigkeit waren ja noch zum grössten Theile da und dass sie den Muth immer aufrecht erhielten, beweisen die vielen Versuche zur Hebung des Stan- des der Gesellschaft. Kaiser selbst sagt in einem am 27. Febr: 1540 gehal- tenen Vortrage. über die Ursache des Nichtgedeihenwollens FRE der Naturforschenden Gesellschaft, der Hauptgrund sei der, dass zu viel Politik getrieben werde, dass es bei den meisten Mitgliedern am richtigen Interesse mangle und dass im Lande zu wenig naturwissenschaftliche, landwirthschaftliche und technische Bildung vorhanden sei, um Interesse für solche Fragen in weiteren Kreisen zu finden! Hier sollte die Kan- tonsschule eingreifen und grössere Berücksichtigung den dahin zielenden Fächern gewähren, als dies bis dahin der Fall war. Wenn endlich im Verlaufe der 40ger Jahre die Unterrichts- verhältnisse an der lXantonsschule mit Bezug auf Natur- wissenschaft bessere und damit auch den Bestand der Gesell- schaft sicherndere geworden sind, so ist das zum grössten Theil das Verdienst des fortwährenden Antreibens der Naturforschen- den Gesellschaft. Wenn eine die Wissenschaft als solche fördernde Thätigkeit von einer aus Männern so verschiedener Berufsarten und in dem von allen wissenschaftlichen Hilfs- mitteln entblössten Erdenwinkel nicht verlangt werden kann, so bleibt doch unserer Gesellschaft das eminente Verdienst in dem naturhistorischen Unterrichte an unserer Kantonsschule gründlichen Wandel herbeigeführt zu haben. Wir möchten hier schon auf einige Punkte, die den Bestand einer „Naturforschenden Gesellschaft“ sehr erschweren mussten, aufmerksam machen. Der angeklagte Mangel an naturwissenschaftlicher Bildung trifft, besonders seit 1839, wie wir aus den Vorträgen und Diskussionen sehen, zum Theil die Mitglieder der Gesellschaft selbst; so konnte z. B. anläss- lich eines Vortrages über Ausbeutung von Gold, Silber und „vielleicht sogar Platina“ (!) an der Casanna die Frage der Wünschelruthen erwogen werden. Allen Ernstes discutirte man über den Werth der Wünschelruthen beim Aufsuchen von Metallen, Salzlagern und Heilquellen, über Rhabdomantie u.s. w. Nur Dr. Kaiser blieb diesen Erörterungen gegenüber kühl und skeptisch. Die Wünschelruthenfrage und u. A. auch die Ansichten über Entstehung der Gletscher zeigen deutlich, wie wenig man selbst auf naturhistorischem Boden stand; hiefür spricht nicht minder die Mystifikation, der man verfiel bei Anlass der Zusendung von Wasserproben aus einer Quelle in der todten Alp zwischen Laret und Klosters, — 101 — herwärts der todten Alp, also etwa in der Gegend des Wolf- gangs. Von mehreren Proben schmeckte nie eine wie die andere, einmal sehr salzig, dann bitter und dann wieder wie gewöhnliches Brunnenwasser. Man hoffte ein Salzlager zu finden, allermindestens eine kräftige Heilquelle. In einem Anhange zu diesem Protocollbuche gibt Moller die Notiz, er habe 1842 selbst diese Quelle besucht und nichts besonders daran gefunden, indessen fand er in Davos den Glauben an diese Mineralquelle verbreitet; man wolle nur die Sache ge- heim halten bis zum Ablaufe des Pachtvertrages über die Erzlager am Silberberg, weil die Bergwerksgesellschaft sonst allein das Recht der Ausbeutung laut Contract habe. Seither ist nicht mehr die Rede von dieser Quelle gewesen ; heute weiss Niemand mehr etwas von dieser ganzen Geschichte, auch in Davos nicht. Dann herrschte stets ein gewisser Ueber- eifer in Vorschlägen zu oft sehr unpraktischen Verbesserun- sen und Neuerungen in allen möglichen Dingen, wobei sehr viel sterile Theorie und sehr wenig praktisches Verständniss zu Tage traten. So wurde u. A. der Plan zu einer landwirth- schaftlichen Musteranstalt berathen und meist von Leuten die Discussion benutzt, die in, der Landwirthschaft ganz fremden, Berufen standen. Dieselben Klagen über Mangelhaftigkeit in vielen Dingen des Landbaues etc. wurden immer wieder in ermüdender Eintönigkeit aufs Tapet gebracht und im Sammler in sehr viel verständnissvollerer Art vorgebrachte und erörterte Sachen immer wieder hervorgezogen. Die viel zu grosse Häufung der Sitzungen und daheriger Mangel an allgemein interessirendem Stoffe mag auch wesentlich dazu beigetragen haben, das Interesse der Mitglieder sowohl als des Publikums mehr zu lähmen als zu heben. Man begab sich ferner auf Gebiete, die doch mehr in den Kreis eigent- licher gemeinnütziger Vereine gehören. So wurde von Raths- herrn Chr. Bener der Plan zu einer Waisenanstalt in Chur vor- gelegt. Die Energie des Vortragenden selbst brachte es dann, aber ohne die Mitwirkung der Gesellschaft, dazu, dass die schöne Anstalt, das jetzige bürgerliche Waisenhaüs in Masans, auch bald ins Leben gerufen wurde. Auch nicht mehr in das Gebiet einer Naturforschenden Gesellschaft gehören die — 12 — Verhandlungen über Marktwesen, Hausirwesen, Öreditwesen u. del. Diese Zerfahrenheit der Themata und das geringe praktische Verständniss waren wohl mit die Hauptgründe der baldigen Vereinsamung der Gesellschaft trotz der immer- hin erheblichen Zahl der Mitglieder, die in dieser Zeit um 40 schwankte, von denen aber die meisten sich damit be- gnügten, ihren Beitrag von 30 kr. zu zahlen, sonst aber weder etwas leisteten, noch die Sitzungen besuchten. Es sollen aber diese Bemerkungen durchaus nicht missdeutet werden. Der Eifer und der gute Wille der Mitglieder der Gesellschaft sollen im Gegentheile unvergessen bleiben und in vollem Maasse anerkannt werden. Unklarheit über die Ziele einer Naturfor- schenden Gesellschaft, die viel zu breite Basis der Bestrebun- gen und bei den meisten doch auch der Mangel naturhistori- schen Wissens führten die Gesellschaft auf falsche Bahnen und so ist es denn sehr verständlich, dass ihr nur ein kurzes Gedeihen möglich war. So kam es denn, dass bald die freie Unterhaltung an die Stelle der Pflege der Wissenschaft treten musste und der Gesellschaft den Boden unter den Füssen wegzog. So ist denn der Contrast der viel geringeren natur- historischen Kenntniss in den Verhandlungen von 1533 an gegenüber den oft so überraschend tüchtigen Arbeiten im Sammler und im Volksblatt ein sehr auffälliger. Dieser zweite Band der Protocolle schliesst mit einem von Moller aufgenommenen Inventar des Archivs der Gesell- schaft, das Bücher, Zeitschriften, Correspondenzen, Rechnun- gen und die gehaltenen Vorträge enthielt. Selbst die Versammlung der schweizerischen Naturfor- schenden Gesellschaft, die in Chur in den Tagen vom 29. bis 31. Juli 1844 unter dem Präsidium von Oberst Ulr. v. Planta — der, wie wir gesehen, eines der treuesten Mitglieder unserer Gesellschaft immer gewesen und geblieben ist bis zu seinem 1875 erfolgten Tode, also volle 50 Jahre — stattgefunden hat, war nieht im Stande, die Gesellschaft wieder ins Leben zu rufen. In den Verhandlungen dieser Versammlung der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft ist von der Bündner Naturfor- schenden Gesellschaft mit keinem Worte Erwähnung gethan, obwohl 13 Graubündner an derselben Theil nahmen und 15 — 195 — sich in die schweizer. Naturforschende Gesellschaft als Mit- glieder aufnehmen liessen. Die Antrittsrede des Präsidenten ist eine Variation derjenigen Sprecher's im Jahre 1826 bei gleichem Anlasse. Nicht lange vorher hatte der Bergsturz in Felsberg statt- gefunden und so machte die Gesellschaft eine offizielle Tour dahin und eine an diesen Besuch sich anschliessende Be- rathung über die Stelle der neu anzulegenden Ortschaft war recht lebhaft. Pestalozzi von Zürich verlas den Bericht der eidgenössi- Experten über den damaligen Stand der Rheincorrection im Domleschg. | Der dritte Band der Protocolle ist von unseres spätern so sehr verdienten Mitglieds und Actuars Heinr. Szudrowskıy's Hand überschrieben : „Naturforschende Gesellschaft Graubün- dens 1848. Vom 8. März 1848 bis 6. Nov. 1849. Nr. 3“ und beginnt ganz kurzweg”*) mit der Sitzung vom 8. März 1848, die von 11 Mann besucht war. Wir begegnen hier Namen, die uns bis anhin nicht begegnet waren: Dernheim, (oaz, Kriechbaumer: ete. neben den alten treuen Hütern der Gesell- schaft: Oberst Planta, Wegmann, Gengel und Moller. Selbst- verständlich hat, wie sich aus spätern Aufzeichnungen ergibt, der nie müde Kaiser mitgemacht, obwohl er in dieser Sitzung als anwesend nicht aufgeführt ist. | Was ist nun zwischen 1844 und 1848 geschehen. Killias bezeichnet diesen Zeitraum als ein Interregnum und in der Szadrowsky’schen Matrikel des Vorstandes sind die 4 Jahre 1544/47 leer gelassen mit der Anmerkung, dass am 10. Jan. 1544 die Sitzungen bis auf Weiteres sistirt worden seien, und Dr. J. A. Kaiser sei als Verwalter des Vermögens und der Bibliothek bezeichnet gewesen. Mehrere Dinge zwangen mich dazu, anzunehmen, dass inzwischen doch etwas gegangen sein müsse: 1. Das Proto- coll der Sitzung im März 1848 hätte doch gewiss etwas ent- halten müssen, was den Wiederbeginn der Gesellschaft an-- deutete. 2. Die Szadrowsky'sche Mitglieder- Matrikel ewthält für =) Das Protocoll dieser Sitzung beginnt: Die Gesellschaft begann an diesem Tage ihre diesjährigen Sitzungen. — 194 — 1845, 1846 und 1847 eine grosse Zahl (über 100) Neuaufnah- men in die Gesellschaft, mit Angaben des genauen Datums der Aufnahmen; besonders zahlreich sind diese Neuaufnah- men u. A. für den 2. und 20. November 1545 und 9. Februar 1846. Für 1847 sind nur ganz vereinzelte Aufnahmen notirt. Dies Alles deutet wenigstens auf eine gehörige Werbethätig- keit hin. Allein schon 1847 erfolgten viele Austritte; nach der Matrikel Szadrowsky’s berechne ich die Zahl der Mit- glieder pro Anfang 1848 auf ca. 30, bis 1849 waren es laut Protocoll vom 2. Januar 1849 ihrer 42, nachdem 1848 wieder einige beigetreten waren. 3. Im dritten Protocollbuche findet sich auf losen Bogen ein Statutenentwurf, lithographirt und datirend von 1845 nach der Notiz am Schlusse: „Also ver- handelt zu Chur im Oct. 1845.“ Der Titel dieser Statuten heisst: „Entwurf der Statuten der neu zu begründenden Natur- forschenden Gesellschaft“. Dieser Entwurf ist ausserordentlich complieirt und weitläufig (vide Anhang Nr. IV a) und doch wurden, wie wir sehen werden, dieselben durch mehrere Jahre aufrechtgehalten. Die Eintheilung der Mitglieder sollte fol- sende sein: Active oder selbstthätige, befördernde oder Ehrenmitglieder, lechnische und correspondirende oder auswärtige Ehrenmulglieder. Als technische Mitglieder wurden solche angesehen, die irgend ein technisches Gewerbe selbständig ausüben. Sie haben wie die activen Mitglieder Jahresbeiträge zu leisten. Der Name der Gesellschaft ist derselbe, wie jetzt noch, nämlich „Natur- Jorschende Gesellschaft Graubünden’s“ (früher Naturforschende Kantonalgesellschaft). Jahresbeitrag 4 Schweizer Franken, Eintrittsgebühr 1 Schweizer Franken. Der Vorstand sollte folgendermassen zusammengesetzt ‚sein: 1. Ein Präsident, 2. zwei Direcloren für die naturwissenschaftliche und die technische Abtheilung (die von der letzteren anzulegende Sammlung sollte umfassen: „Rohstoffe der Gewerbe und dar- aus gewonnene Artefacte“), 3. ein Secretair oder Actuar und 4. ein Cassier. Für spezielle Fälle kann der Vorstand sich noch bis zu 4 anderen Mitgliedern „zugesellen“. Dann war bestimmt, dass sich die Gesellschaft als Kantonalgesellschaft an die Schweizer. Naturforschende Gesellschaft anschliessen solle. — 105 — 4. In einer Notiz bei Killias (1. ce.) finde ich die Angabe, dass 1546 in Chur im Stadtschulsaale eine Industrieausstel- lung stattgefunden habe und an dieser Ausstellung habe die Naturforschende Gesellschaft mitgewirkt. Gestützt auf alle diese Andeutungen machte ich mich ans Suchen und fand endlich in einem Kasten in der Biblio- thek eine Menge verstaubter alter Akten der Naturforschen- den Gesellschaft (Protocolle, Rechnungen, Correspondenzen ete.), Alles auf losen Blättern und durcheinander zerstreut. Unter diesen Papieren fanden sich, später von Killias dort hingelegte, Acten, so dass es mir unerklärlich ist, wie er diese alten Schmöker unbeachtet gelassen hat. Es war nun keine ge- ringe Mühe, diese Masse von Papieren zu ordnen; allein ich war mit dem Resultate dieser Arbeit wohl zufrieden, denn es ergibt sich daraus, dass schon 1845 die Gesellschaft recon- struirt worden ist und seither ununterbrochen fortgedauert hat. Es ist also von dem vierjährigen Interregnum 1844/47 keine Rede mehr. Sofort nach der Wiederbelebung der Gesellschaft hat diese das Eigenthum der früheren Gesellschaft übernommen, da die Gesellschaft von 1839 bis 1844 Nichts von der frü- heren Gesellschaft sich hatte aushändigen lassen. Es existirt ein Revers über die Auslieferung des Eigenthums der früheren Gesellschaft an die neu reconstruirte durch die seiner Zeit als Verwalter bezeichneten Dr. Kaiser und Prof. Dr. Moller an den Vorstand der neuen Gesellschaft, der folgenden Wortlaut hat: „Revers über die Auslieferung des Gesellschaftseigen- thums durch den Vorstand Dr. Kaiser und Moller über: 1. Bibliothek der ehemaligen ökonomischen Gesellschaft, sowie des im Jahr 1838/1844 bestandenen natur- forschenden Vereins in Chur laut gedruckten und handschriftlichen Katalogen. 2. Manuseripte im Archiv und dreien Protocollen von 1825— 1845. 3. Mineraliensammlung des Paters Plac. 4 Speschu ange- kauft, nebst den weiteren Vergabungen. 4. Der kleinen Sammlung von Vögeln. Herbarien und einem grossen Schranke von Tannenholz. 2 SO 5. Zweier Actien am Seidenbauverein, wofür von Seiten der Gesellschaft bereits fl. 460 eingelegt worden sind. 6. Einen Schuldschein auf die Ersparnisskasse mit Ende dieses Jahres (1845) betragend fl. 470.54 kr. 7. An Buarschaft nach Ausweis der S. ebenfalls übergebenen Rechnungsbücher fl. 1. 18 kr. Zusammen an Geld fl. 471. 12 kr. (richtig fl. 472.12 kr. Lorenz.) unter heutigem Datum zu Handen der neu con- stituirten Gesellschaft nach Art. 4 der alten und Art. ... der neuen Statuten, extradirt erhalten zu haben, worüber gegen- wärtiger Act. Chür, ..: Dez. 1845. Im Namen der Gesellschaft, der Präsident: der Cassier der Director der Höch sehen Section als Suppleant des Secretairs.“ — (die Namen fehlen. Lorenz.) Kehren wir zum Jahre 1844 zurück. Wie wir oben gesehen haben, war die Gesellschaft im Januar 1844 aufgelöst worden und hatte ihr Besitzthum, wie die frühere Gesellschaft, an die Herren Kaiser und Moller zur Verwaltung und einstiger Aushändigung an eine mit ähnlichen Zwecken sich gründende Gesellschaft übergeben. Um die Wiedererstehung der Gesellschaft zu verstehen, müssen wir auf die Geschichte der Kantonsschule und der successiven Einführung des naturhistorischen Unterrichts an derselben zurückgreifen. Wir wissen, dass schon bei Gründung der zweiten. öko- nomischen Gesellschaft im Jahre 1804 an die ungefähr gleich- zeitig entstandene evangelische Kantonsschule grosse Hoff- nungen geknüpft worden waren in Erwartung der Einführung des Unterrichts in den Naturwissenschaften ‚an derselben und der Anstellung besonderer Lehrer dafür. Allein damit hatte es vorderhand noch gute Weile, trotzdem von der ökonomischen und später von der Naturforschenden Gesellschaft oft genug dafür petitionirt worden war. — 117 — Nach der mir vorliegenden Stundeneintheilung von 1811 hatte Prof. Tester (Mathematiker) in einer Klasse wöchentlich 5 Stunden Unterricht in Physik zu ertheilen übernommen. Das wird nun wohl so geschehen sein, allein von einem erkleck- lichen Erfolge konnte wohl kaum die Rede sein, weil Tester eigentlich nicht Physiker vom Fach war und es überdies an Apparaten für einen solchen Unterricht fehlte. Dr. med. @ub- ler in Chur hatte sich um 1820 zum Unterricht in Zoologie und Botanik anerboten, es blieb aber dabei, d. h. es wurde der Sache keine Folge gegeben Ein Lehrer der Kantons- schule, Mattoi, angestellt für den Unterricht in der italieni- schen Sprache, machte einen Versuch, in Naturgeschichte zu unterrichten, allein er war darin gänzlich unwissend und so dauerte die Sache, man kann wohl sagen, zum Glücke, nur ganz kurze Zeit. Schon ab 1804 waren jährlich Anschaflungen für die Bibliothek, die in erster Linie dem Unterrichte dienstbar sein sollte, gemacht und auch der Grund zu einem Naluralien- cabinet gelegt worden. Zu letzterem haben wohl in erster Linie die damals wieder in Aufschwung gekommenen Bergwerke die ersten Beiträge geliefert. 1815 sollte Professor L. Hold ein Inventar der Bücher, der physikalischen und mathematischen „@eräthschaften“, sowie der Mineralien machen. 1822 wurde die Bibliothek des frühern Philanthropins (3463 Bände) gekauft und 1823 und 1824 wurden für diese letztere und die Mar- schlinser Privatbibliothek, die dortige Urkundensammlung, die Lippert'sche Daktyliothek *) und die Naturaliensammlung im Ganzen 230 Louisdor ausgegeben. 1825 kam die Naturalien- sammlung in das Schulgebäude, wurde aber in keiner Weise für den Unterricht nutzbar gemacht, da ein solcher vorerst nicht ertheilt wurde. Im Jahre 1831 wurde im Grossen Rathe angeregt, dass für zweckmässigen Unterricht in den Naturwissenschaften Vor- *) Philipp Daniel Lippert machte aus einer von ihm erfundenen Mischung von Porzelanerde Abdrücke von Gemmen, Cameen und Ring steinen und brachte dieselben als Daktyliothek in drei Theilen in den Handel. Zusammen waren es über 3000 Stücke, von denen die Marsch- linser Sammlung das erste und zweite Tausend enthielt. Lippert starb 1785 als Beamter der Meissener Porzellanfabrik. — 108 — sorge getroffen werden solle und hatten dann 1852 die beiden Professoren Roeder und Meyer sich anerboten, einigen Unter- richt darin zu ertheilen, bis „ein Mann vom Fache“ dafür angestellt sein würde. So blieb es nun bis 1838, in welchem Jahre Dr. Ernst Moller für alte Sprachen, daneben indess auch ausdrücklich für Naturgeschichte angestellt wurde und zwar sollten in zwei Klassen zu wöchentlich drei Stunden Botanik, Zoologie und Mineralogie gelehrt werden. Moller behielt diesen Unterricht bis 1848, in welchem Jahre derselbe dann an Dr. Mosmann überging. Für die Naturaliensammlung war ein Local im Schul- gebäude der evangelischen Kantonsschule (jetzt Lehrerseminar) eingerichtet worden. Aber schon 1839 klagte man über die unpassende Lage und den üblen Zustand dieser Localität, an der nun einige Verbesserungen vorgenommen wurden. I/n- speclor des Naturuliencabinels war Professor Meyer. Mit der Physik war es aber schlecht bestellt. Es fehlte auch an passenden Apparaten für den Unterricht. Erst 1838 wurde eine galvanische Säule angeschafft. Ein Begehren, mehr Apparate anzuschaffen, wurde vom Grossen Rathe 1840 ab- gewiesen. 18541 endlich wurde es, hauptsächlich auf Antrieb von Dr. M. v. Rascher (ab 1843 langjähriges Mitglied und Präsi- dent des Erziehungsrathes) damit besser; derselbe brachte persönlich grosse finanzielle Opfer für Anschaffungen und er- theilte zeitweise selbst den Unterricht in der Physik. 1842 wurde die Einrichtung einer chemisch-teehnischen Glasse be- schlossen. Den Unterricht in Chemie (5 Stunden per Woche) und Physik (2 Stunden per Woche) ertheilte vorläufig Dr. kascher. Da das Schulgebäude der evangelischen Kantons- schule die geeigneten Räume hiezu nicht bot, so wurde dazu die Pfisterzunft und später (1544) die Rebleutenzunft gemiethet. 1844 wurde beschlossen, an beiden Kantonsschulen (evan- gelischer und katholischer, letztere war im früheren Kloster zu St. Luzi) Chemie und Physik zu lehren, aber für jede ge- trennt, jedoch im gleichen Locale und von dem gleichen Lehrer und sollte dazu ein Mann vom Fach angestellt wer- den. Zum ersten Male sollte es ein Katholik sein, später — 109 — wollte man sich an eine solche Regel nicht mehr halten. Gewählt wurde Dr. @. Bernheim, bisher Lehrer in Kaisers- lautern, der die Stelle im September 1845 antrat. Allein schon nach zwei Jahren wurde er entlassen, wegen „Unzu- kömmlichkeiten in den von ihm besorgten Anschaflungen*“. Gegen solche Sachen resp. Kreditüberschreitungen ist man -heute nicht mehr so empfindlich: im Gegentheil müssen wir die Bereitwilligkeit unserer Behörden, den Bedürfnissen des Unterrichtes nach Möglichkeit gerecht zu werden, dankbar anerkennen und die Kleinlichkeit und Kurzsichtigkeit der da- maligen „Ihro Weisheiten“ bedauern. Der Wegzug Bernheim’s war ein empfindlicher Verlust für die Schule sowohl als für die Naturforschende Gesellschaft, um deren Wiederbelebung (1845) er mit Dr. Kaiser und Andern die grössten Verdienste sich erworben und ein dankbares Andenken dafür sich ge- sichert hat. | Am 25. März 1848 beschloss der Grosse Rath Chemie und Physik den Schülern beider Kantonsschulen gemeinsam ertheilen zu lassen. Die Lehrstelle für sämmtliche natur- wissenschaftlichen Fächer erhielt nun Dr. @. Mosmann von Schaffhausen; es war dies ein sehr glücklicher Griff der Be- hörde, denn Mosmann hat durch eine Reihe von Jahren, bis ihn zunehmende Kränklichkeit nöthigte, zurückzutreten, mit grossem Erfolg an der Schule gewirkt. Mosmann war ein ganz ausgezeichneter Lehrer, besonders in Chemie, Physik und Mineralogie; klar und einfach im Vortrage, ausserordent- lich gewandt im Experimentiren und stets sehr freundlich mit seinen Schülern, erfreute er sich allgemeiner Beliebtheit. Schreiber dieser Zeilen gedenkt noch mit pietätvoller Dank- barkeit seines einstigen Lehrers. ' Auf Mosmann’s Wunsch wurde das chemische Labora- torium in das inzwischen für die katholische Kantonsschule (jetziges Kantonsschulhaus) auf dem Hofe erbaute Haus, Par- terre rechts, eingerichtet. Da kam dann die Vereinigung der beiden Kantonsschulen (1550) zur jetzigen gemeinsamen Kan- tonsschule und übernahm der Kanton auch das jetzige Kan- tonsschulgebäude. Von der katholischen Kantonsschule kam Dr. Kriechbaumer an die vereinigte Schule Kriechbaumer, RM ein ausgezeichneter Entomolog und Botaniker, übernahm den Unterricht in Zoologie und Botanik, Mosmann behielt in der Folge nur Chemie, Physik und Mineralogie als Feld für seinen Unterricht. Schon damals war vom Gute Russhof (jetzt Planta- hof in Landquart) für Errichtung einer landwirthschaftlichen Schule, dem Schmerzenskinde der Gesellschaft landwirth- schaftlicher Freunde, der ökonomischen und der spätern Naturforschenden Gesellschaft, die Rede. Das Effekt war 1850 vom Besitzer dem Kanton um 40,000 fl. (68,000 Fr.) angeboten worden, allein es fehlte an Geld und musste die Schule warten, bis 1895 die grossartige Planta’sche Stiftung erfolgte. Schon jetzt, nach den wenigen Jahren ihres Be- stehens, hat die kantonale landwirthschaftliche Schule am Plantahof den Beweis geleistet, wie berechtigt die Bestrebun- gen unserer Vorgänger um eine solche zur Hebung der Land- wirthschaft in unserem Lande waren; machen sich doch die Früchte ihrer Wirksamkeit schon jetzt in der erftreulichsten Weise bemerkbar durch Heranbildung tüchtiger praktischer Landwirthe, Hülfeleistung bei Beschaffung von Sämereien, Düngmitteln und landwirthschaftlichen Utensilien aller Art. Möge ein guter Stern über ihr walten! Wir mussten diesen kleinen Exeurs über die Entwick- lung des naturgeschichtlichen Unterrichts an unserer Kantons- schule machen, weil der letztere für das Bestehen und das Gedeihen eines naturwissenschaftlichen Vereins in den Ver- hältnissen unserer Naturforschenden Gesellschaft von weittra- gender Bedeutung ist. Während es früher in der Naturfor- schenden Gesellschaft und ihren Vorgängerinnen an fach- männisch gebildeten Männern mit wenigen Ausnahmen gefehlt hatte, war jetzt die Möglichkeit geboten, neues wissenschaft- liches Leben zu bringen und damit die Existenz eines Natur- historischen Vereins gesicherter zu gestalten, als das früher der Fall gewesen war. Wie die Organisation der Kantons- schule in Realschule, Gymnasium, Rechtsschule und theolo- gischer Anstalt u. s. f. eine Vielgestaltigkeit brachte, die an- gesichts der beschränkten finanziellen Mittel nur lähmend wirken konnte, so war auch das Zuvielwollen ein Haupthin- derniss für das Gedeihen der früheren Gesellschaften. Diese POTT — 11 — Zersplitterung und Vielgestaltigkeit des Unterrichtes an der Kantonsschule hinderte und verzögerte auch die Einführung eines guten.naturwissenschaftlichen Unterrichtes an derselben. In der, wir können wohl sagen, neuen Aera der Naturfor- schenden Gesellschaft seit ihrer Wiederbelebung im Jahre 1845, wurde sie in ihrer Arbeit getragen und geführt von naturhistorisch-wissenschaftlich gebildeten Männern, erfasste sie ihre Ziele kürzer und fester und concentrirte ihre Thätig- keit auf wissenschaftliche gegenseitige Belehrung und För- derung der Verbreitung naturwissenschaftlicher Bildung. Wenn sie dabei Anlässe oft benutzte, die Resultate wissenschaftlicher Arbeit auf Dinge des practischen privaten und öffentlichen Lebens zu übertragen, so war dies gerade mit ein Hauptver- dienst ihrer Bemühungen und wurde sie oft durch den Er- folg belohnt, dass ihre Räthe und Wünsche bei den Behörden Anerkennung und Befolgung fanden. Sie hat sich aber wohl- weislich gehütet, sich als solche direkt in geldkostende und ausser ihrem Wirkungskreise liegende Unternehmungen ein- zulassen, wie sie das früher z. B. durch die bekannte Be- theiligung an Seidenbau. und Anderes gethan hatte, zu ihrem eigenen Schaden. In der That ermannte sich eine Anzahl Mitglieder der früheren Naturforschenden Gesellschaft, die so manche schwie- rige Zeiten durchgemacht. und zeitweilige Unterbrechungen ihrer Thätigkeit hatten erfahren müssen, und riefen mit den neugewonnenen wissenschaftlichen Kräften die Gesellschaft wieder ins Leben. Der Spiritus motor war hier, neben den getreuen alten Mitgliedern, besonders Dr. J. A. Kaiser und Oberst Ulrich v. Planta-Reichenau, vor Allen Prof. Dr. Bernheim. Der letz- tere verfasste einen Entwurf zu neuen Statuten (vide oben). Derselbe wurde am 1. Oktober 1545 besprochen und definitiv angenommen. ‘Wer an diesen vorbereitenden Versammlungen Theil genommen hat, findet sich in den noch vorhandenen Aktenstücken nicht verzeichnet. Wie wir oben sahen, waren diese Statuten sehr weitläufig und complieirt (vide Anhang Nr. IV a). Die verschiedenen Categorien, in welche die Mit- glieder eingetheilt waren, haben wir oben schon erwähnt; die Hauptveränderung gegenüber den Statuten von 1825 war die Trennung der Gesellschaft in eine wissenschuftliche und eine lechnische Section. Bernheim war unermüdlich thätig, um neue Mitglieder zu gewinnen durch persönliche Einwirkung und durch eine Reihe von Circularen an eine Menge von Personen, bei denen man ein Interesse für die Sache voraussetzen zu dürfen glaubte; es liegen noch eine Anzahl solcher Personen- verzeichnisse vor. Ueberhaupt war man damals gegenüber heute gross im Keilen neuer Mitglieder, von denen dann allerdings viele nach kurzer Zeit wieder zurückgetreten sind. Am 2. Nov. 1845 traten dann auf Einladung von Bern- heim, in der Absicht, die „Naturforschende Gesellschaft wieder ins Leben zu rufen“, mit dem Einladenden die folgenden Herren zusammen: Landrichter Alois Latour, Bundspräsident Oberst Ur. v. Planta- Reichenau, Dr. med. Thormann, Bauin- spektor Herold, Prof. Dr. Kriechbaumer (kathol. Kantonsschule), die Lehrer Reinhard, Schlegel und Hitz, Postbeamter J. Loretz, Ingenieur (o«az (jetzt eidgenössischer Oberforstinspector), In- gönieur Mengold, Kaufmann Scheuchzer und Professor Moller, also 14 Mann. Moller hat das Protocoll dieser Sitzung ge- schrieben. Mündlich hatten ihren Beitritt schon zugesagt: Dr. J. A. Kaiser, Rector Klinghardt (kathol. Kantonsschule), Pfarrer Felix und Dr. M.v. Rascher. Nach einigen einleitenden Begrüssungsworten Bernheims, worin er u. A. betonte, dass die Gesellschaft ihre Thätigkeit auch auf technische Gebiete aus- zudehnen habe, wurden die Statuten berathen und prinzipiell angenommen. Wegen geringen Besuches wollte man jedoch die endgültige Constituirung der Gesellschaft einer grössern Versammlung vorbehalten und vorderhand neue Mitglieder zu gewinnen suchen. Mit vieler Mühe gelang es dem unver- drossenen Eifer Bernheim’s, am 20. Nov. 1845 wieder eine Ver- sammlung zu Stande zu bringen, über deren Verhandlungen ein von Moller redigirtes Protocoll vorliegt. Anwesend waren zwar nur 11 Mann, z. Th. Andere, als die oben Genannten. Allein trotz dem kleinen Besuche trat man doch in die artikel- weise Berathung der Statuten ein, nahm sie an und erklärte damit die Gesellschaft als definitiv constituirt. An dem Sta- tuten-Entwurf wurde eine einzige Aenderung vorgenommen, FE. — 153 — nämlich die, dass die „technischen Vorträge nicht nothwendig alle Sonntage, sondern nur von Zeit zu Zeit an Sonntagen stattfinden sollen und zwar öffentlich“. In dieser Sitzung wurde der Vorstand wie folgt bestellt: Präsidenl: Prof. Dr. Bernheim: Direetor der wissenschaftlichen Section: Dr. M.v. Rascher : Di- reclor der technischen Section: Scheuchzer ; Secretair: Professor Moller: Gassier: Gengel. Der Jahresbeitrag wurde auf 4 schweiz. Franken und das Zintrittsgeld auf 1 schweiz. Franken festge- setzt. Eine im Nov. 1845 angelegte „Malrikel für die Mit- alieder der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens“ enthält 129 Namen. Es scheint diese sog. Matrikel aber eines der vielen Einladungseirculare zu sein, denn bei 6 Namen ist notirt, dass sie nicht beigetreten seien. 123 waren also aus- drücklich oder stillschweigend beigetreten und zwar 109 in in Chur und 14 vom Lande. Von diesen 123 Mitgliedern sind SI als ordentliche Mitglieder und 42 als technische Mitglieder bezeichnet. Diese Liste ist dann weiter fortgeführt bis Mai 1847, bis zu welchem Zeitpunkte 25 wieder ausgetreten waren, sodass doch noch 98 verblieben. Es folgten nun noch im gleichen Jahre 1545 vier Direc- tions- oder Vorstandssitzungen, in welchen über folgende Gegenstände berathen und Beschlüsse gefasst wurden: 1. Es soll womöglich noch eine Generalversanımlung ein- berufen werden. 2. Der erste technische Vortrag soll sobald als möglich im chemischen Laboratorium gehalten werden und erklärt sich Bernheim bereit, denselben zu übernehmen. 3. Diplome. Da die alten Formulare nicht ausreichen, sollen neue nach einem neuen Muster angefertigt werden (wozu der damalige Zeichnungslehrer an der evangelischen Kantons- schule, Kühlenthul, einen prächtigen Entwurf ausgearbeitet hatte, der wegen der grossen Erstellungskosten viele Bera- thungen erforderte, schliesslich aber doch angenommen wurde). 4. Wegen des Druckes der Stahuten soll die Generalver- sammlung angefragt werden. (Gedruckte Exemplare habe ich nicht gefunden, wohl aber eine Anzahl in Lithographie. Lorenz.) 5. Das Lesezimmer soll im Gafe Michel (jetzt National) in zwei Localen sein, wo auch der Vorstand seine Sitzungen S — 14 — hält. Ausser den von der Gesellschaft zu haltenden Schritten haben auch einzelne Mitglieder der Gesellschaft, der Sanitätsrath, der ärztliche Verein und die kantonale Forst- und Bauinspec- tion versprochen, ihre Zeitschriften zur Benützung aufzulegen. Nachdem die Zeitschriften einige Zeit im Lesezimmer aufge- legt gewesen sind, sollen diejenigen, die Eigenthum der Ge- sellschaft sind, unter den Mitgliedern eireuliren. (Es waren 18 Zeitschriften, die die Gesellschaft selbst anschaffte. Im Lesezimmer wurde ein „Fragekasten“ aufgestellt, damit die Mitglieder darin ihre Wünsche für Anschaffung von Journalen etc. einlegen können.) *) 6. Die öffentlichen Vorträge sollen in der Rebleutenzunft gehalten werden, was vom Erziehungsrath, der die dortigen Locale für den Unterricht in Chemie und Physik gemiethet hatte, auch bewilligt wurde. *) Für die Benützung des Lesezimmers wurde am 12. Febr. 1846 ein Regulativ aufgestellt, das folgende Bestimmungen enthielt: „1. Das Lesezimmer ist offen von Morgens 9 Uhr bis Abends 10 Uhr. 2. Der Zutritt ist nur Mitgliedern der Gesellschaft gestattet, aber diese dürfen Fremde einführen. 3. Die der Gesellschaft gehörenden Journale bleiben 14 Tage, die den Privaten gehörenden drei Wochen auf dem Lesezimmer zur Verfügung. 4. Bücher bleiben in der Regel zwei Monate auf dem Lesezimmer. >. Nichts darf vom Lesezimmer nach Hause genommen werden. 6. Nach Ablauf der Lesezeit kommen die der Gesellschaft ge- gehörenden Journale in besonderen Umlauf und bleiben bei jedem Leser 4 Tage im Hause. 7. Nach beendigtem Kurse der Zeitschriften kommen dieselben in die Bibliothek und können nach Belieben auf 4 Wochen vom Bibliothekar in Empfang genommen werden. Gleiches gilt von den Büchern der Gesellschaft. S. Jedes Weiterleihen an Nichtmitglieder ist untersagt. . Wer Sachen, die Privateigenthum sind, haben will, hat sich mit den Eigenthümern zu verständigen. 10. Der Bibliothekar ist drei Mal in der Woche ... . zur Abgabe und Empfang von Büchern bereit; besondere Wünsche sind ins „Desideratenbuch“ einzutragen. 11. Zur Benutzung der Bibliothek liegt der alphabetisch geordnete Catalog zur Einsicht auf. sig. Die Direction der Gesellschaft.“ Ne) — 15 — 7. Der allgemeinen Schweizerischen Naturforschenden @Ge- sellschaft soll die Reconstituirung der bündnerischen Naturfor- schenden Gesellschaft angezeigt und die Statuten eingesandt werden. Mit der erstgenannten Gesellschaft trat nun sofort ein lebhafter brieflicher Verkehr ein, der hauptsächlich Statuten- fragen der allgemeinen Gesellschaft und die Herausgabe der Denkschriflen derselben und deren Abonnement Seitens unserer Gesellschaft betrifft. Professor Heer sandte auch alsbald sein an der Jahres- versammlung der Schweiz. Naturf. Gesellschaft im Jahr 1844 in Chur vorgelegtes Schema zur Aufzeichnung der periodischen Erscheinungen an Pflanzen und Thieren ein. Hier war es wie- der Bernheim, der sich sehr bemühte, Berichterstatter zu fin- den, leider ohne grossen Erfolg. Bei den Acten finde ich einzelne Notizen von Enderlin in Maienfeld, Lehrer Krättli in Bevers und besonders von Marschlins ; letztere sind z. Th. in unsere Jahresberichte: übergegangen. In Fortsetzung der Organisationsthätigkeit entwickelte der Vorstand, ganz besonders aber der ganz ausserordentlich regsame und unermüdliche Präsident Dr. Bernheim, auch im Jahre 1846 eine intensive Thätigkeit. Der Vorstand hielt im genannten Jahre 16 Sitzungen, meist im Cafe Michel, oft aber auch in. der Wohnung eines seiner Mitglieder. Besondere Schwierigkeiten bot die Frage der Localitäten für die Silz- ungen, dus Lesezimmer, die Unterbringung der Bibliothek und der Sammliüngen. Zunächst wurden auch die Bücher der Ge- sellschaft, zusammen mit den Zeitschriften, im Lesezimmer bei Michel aufbewahrt; man musste aber dort eine hohe Miethe bezahlen und so war man dann immer auf der Suche nach andern Localen. Gegen Ende 1847 fand die Bibliothek im Hause des Herrn Stadtrichters Wassali beim Pfisterbrunnen (jetzt Rathsherr Bass, Kornhandlung) unentgeltliche Unter- kunft, kam dann 1848 in das Haus eines Herrn braun, wo man fl. 40 Miethe ausbedungen hatte. Endlich wurden auf Georgi (23. IV) im dritten Stocke des Löwenhofs der Saal und noch zwei Zimmer um 40 fl. gemiethet. Hier waren nun ein Theil der Bibliothek und das Lesezimmer beisammen und der — 116 — Saal genügte vollständig auch für die allgemeinen Sitzungen. Der Rest der Bibliothek war zum Theil in einigen Schränken in der evangelischen Kantonsschule untergebracht und hier eigentlich begraben, und Einiges auch noch im Braun’schen Hause, das endlich 1850 gekündigt wurde. Es wurde nun die Kantonsschule um ein Local für die Bibliothek ersucht, im Nothfalle anerbot sich Prof. Cassian, dieselbe in seine Wohnung aufzunehmen. Mit der Bibliothek der ökonomischen Gesellschaft war auch eine grosse Menge des „Neuen Sammler’s“ an unsere Gesellschaft gekommen. Man gab sich nun die erdenklichste Mühe, diese zum Ver- kaufe zu bringen und zwar zu sehr reduzirten Preisen. Es fanden sich wenig Abnehmer. Im Jahr 1849 hatte man noch, neben einer grossen Menge einzelner Hefte, 32 vollständige Exemplare in der Bibliothek. Die wurden nun gratis mittelst Verloosung an Mitglieder abgegeben. Es besteht noch ein Verzeichniss der glücklichen Treffer. Heute sind complete Exemplare kaum noch erhältlich. Was noch an vereinzelten Heften geblieben war, wurde als Maculatur verkauft zum Preise von 2 fl. per Ries. Das war also das Schicksal dieser mit so viel Mühe und Sorge redigirten Zeitschrift!, die heute eine bibliographische Rarität ist. Platz- und Geldmangel waren es ganz allein, die dem Sammler dieses Schicksal bereitet haben, wie man aus mancher Notiz sieht, wo bedauert wird, dass man zu solchen Schritten gezwungen sei. 1850 endlich gewährte die Kantonsschule den nöthigen Raum für die Bibliothek. wo dieselbe nun in ihrer Totalität Unterkunft fand. Damit wurde das Lesezimmer aufgehoben und ist seither kein solches mehr eingerichtet worden. Mehr- fache Versuche, mit dem Leseverein im Casino eine Ueber- einkunft für ein gemeinschaftliches Leselocal zu treffen, schei- terten, weil viele Mitglieder in beiden Gesellschaften waren und so jeder der beiden Vereine fürchtete, seine Mitglieder einzubüssen, weil gedroht worden war, man wolle bei gemein- samem Leselocale nicht in zwei Vereinen Beiträge zahlen! Eine Vereinigung wäre also für beide Vereine wahrscheinlich von grossem pecuniären Nachtheile gewesen und hätte beide in ihrem Bestande gefährden können. Die Circulation der a ne — 117 — Zeitschriften ging ununterbrochen weiter, recht und schlecht, wie es eben gehen mochte, bis zur heutigen Stunde. So blieb es. denn bis 1862, in welchem Jahre die Bibliothek an die Kantonsschule abgegeben wurde und seither ist sie mit der Kantonsschulbibliothek verbunden. 1852 hat Cassian den Catalog der Bibliothek erstellt, der gedruckt wurde. Seit 1862 aber wird kein spezieller Catalog mehr erstellt, sondern das ' gesammte litterarische Besitzthum der Gesellschaft ist Eigen- thum des Kantons und wird auch in den Catalogen der Kan- tonsbibliothek aufgenommen. Die jeweiligen Eingänge an Litteratur werden in den Jahresberichten aufgeführt, in den ersten Jahren vielleicht nicht ganz vollständig, EDaSET: aber ist das bis heute der Fall. Die Sitzungen wurden bis 1558 im Löwenhof gehalten ; da aber das Local bei besserem Besuche sich als zu klein erwies, wurde es aufgegeben und einstweilen für ganz kurze Zeit im Gasthof zum Weissen Kreuz Sitzung gehalten. Ende 1555 endlich fand man für eine längere Reihe von Jahren ein gutes Sitzungslocal im MHoötel Luckmanier. Nachdem der neue Besitzer, Elwert sen. (1579), aber fand, es werde zu wenig verzehrt, musste man wieder zunächst für einige Sitzungen ins Chälet beim neuen Thore und sodann ins Weisse Kreuz wandern und seit den neunziger Jahren (Ende 1894), ‘als der Besitzer im Luckmanier gewechselt hatte, tagt man bis zur Stunde wieder in diesem Gasthofe, dessen seitherige Wirthe uns in jeder Richtung auf das Freundlichste beher- bergen ohne besondere Zumuthungen an unsere Kneipfähig- keiten. Um noch einen Augenblick bei den Localitäten, deren die Gesellschaft bedurfte, zu bleiben, muss noch der natur- historischen Sammlungen der Gesellschaft gedacht werden. Wie die Bibliothek, so gewannen auch die Summlungen der Gesellschaft nach und nach an Ausdehnung und damit war auch die Nothwendigkeit, dafür Raum zu gewinnen, immer grösser geworden und, wegen der stets schmalen Finan- zen der Gesellschaft, war dem schwer abzuhelfen. Wir haben oben gesehen, dass die Gesellschaft alsbald nach ihrer Grün- dung im Jahre 1825 sich bemüht hatte, naturhistorische Gegen- — 18 — stände zu sammeln. Sie erhielt von Genf von einem Herrn Linder eine Anzahl ausgesiopfter Vögel, eben solche auch von Oberst Gengel als Geschenke. 1827 wurde für fl. 400 die Mineraliensammbung des Put. Pl. « Spescha angekauft, des- gleichen das Herbarium von Ghirurg Tausent. In den 40er Jahren war es dann besonders Scheuchzer, der sich auch sonst um die Gesellschaft sehr bemühte, der die mineralogische Sammlung durch Schenkungen wesentlich bereichert hat. Es liegt darüber ein Doublettenverzeichniss vor. Dasselbe trägt kein Datum, da aber Scheuchzer 1846 Chur verlassen hat, so kann man wohl annehmen, dass es den Doublettenbestand dieses Jahres bedeutet. Derselbe enthält (alles mit genauer Angabe der Fundorte) folgenden Inhalt: „Mineralien 122 Nummern Felsarten 9 e Conchylien 9 N Kir Ausserdem hatte Prof. Kriechbaumer, nach einem von ihm selbst geschriebenen Verzeichnisse, 160 Arten in Bünden vorkommender Käfer geschenkt. Auch hier sind die Fund- orte genau angegeben. So waren denn die Sammlungen der Gesellschaft nach und nach zu einem ansehnlichen Umfange herangewachsen und bereitete die Unterbringung und Aufstellung derselben sehr viele Schwierigkeiten, die dann auch zu mancher Un- ordnung führen mussten. Wir wissen nicht genau, wo diese Sammlungen resp. einzelne Theile derselben jeweilen aufbewahrt worden sind. Von einer richtigen Aufstellung und Benutzung konnte natürlich keine Rede sein. Der um die Gesellschaft in jeder Beziehung so uneigennützig thätige und verdiente Bernheim hatte sich um die Versorgung der Sammlungen die erdenklichste Mühe gegeben. Leider musste er aus augen- scheinlich sehr kleinlichen und engherzigen Motiven Seitens der Behörden aus seiner Lehrerstelle an der Kantonsschule weichen. Im Juli 1848 verliess er das Land, wie ein Brief an den damaligen Interimspräsidenten der Gesellschaft, der nicht genannt ist, aber Professor titulirt wird (es war Prof. Moritzi), zeigt. Darin zeigt er an, er werde das Eigenthum der Gesellschaft ihm ausliefern. Aus diesem Briefe geht her- SE — 119 — vor, dass die Doubletten der Mineraliensammlung im Erdge- schosse der evangelischen Kantonsschule aufbewahrt waren. Ausserdem war dort auch die Gonchyliensammlung unterge- bracht. Er hatte die Mineraliensammlung geordnet und dabei gefunden, dass bei 25 Etiquetten die dazu gehörenden Hand- stücke, wie das Verzeichniss zeigt, oft recht wichtige Stücke, fehlten. Wo die anderen Bestandtheile der Sammlungen sich befanden, wissen wir nicht genau, zum Theil wohl in den Wohnungen einzelner Vorstandsmitglieder. Gleichzeitig mit der Bibliothek giengen dann endlich 1862 auch die Samm- lungen als Geschenk an den Kanton über und wurden mit dem kantonalen Naturaliencabinet vereinigt. Killias irrt sich, wenn er angibt, dass die Naturforschende Gesellschaft den Grund zur kantonalen Sammlung gelegt habe. Sie hat wohl immer, und zwar bis zur Stunde, eifrig für deren Bereicherung gesorgt und thut es noch, besonders thun es einzelne Mitglieder der Gesellschaft, wie sie auch stets mannhaft dafür eingestanden ist, den naturhistorischen Unterricht an der Kantonsschule zu fördern und dazu Anregung zu geben. Allein es muss doch gesagt werden, dass der Kanton selbst schon Manches ange- kauft hatte, so von Marschlins. Vielerlei geologische Objecte hatte man von den Bergwerken her erhalten; letzteres hörte freilich mit dem Eingehen derselben Ende der 40er Jahre (um 1850) gänzlich auf. Ich habe hier etwas vorgegriffen und das Schicksal der Bibliothek und der Sammlung bis zu ihrem definitiven Ueber- gang in die gleichartigen kantonalen Anstalten kurz verfolgt. Damit können wir diesen Gegenstand verlassen und wieder der Faden beim Jahre 1846 aufnehmen. Die im Vorhergehenden erzählten Schwierigkeiten der Beschaffung von Localitäten für Bibliothek, Sammlungen und Lesezimmer waren einzig und allein bedingt durch Mangel an finanziellen Mitteln. Die einzige Geldquelle bildeten die Jahresbeiträge und Eintrittsgelder der Mitglieder. Nach dem Berichte des Cassiers von 1847 waren in diesem Jahre 50 zahlende Mitglieder, 1848 nur mehr etwa 30, mit einer Jahres- einnahme von ca. fl. 137 oder nach jetzigem Gelde nicht ganz Fr. 250. Es blieb damit für litterarische Anschaffungen, nach EI Abzug der Miethen und Arbeiten für Instandhaltung von Sammlungen und Bibliothek, Anfertigung von Katalogen und andern kleinen Auslagen, nur sehr wenig Geld mehr übrig., So füllten denn die finanziellen Fragen einen grossen Theil der Berathungen in den ersten Jahren des neuen Ge- sellschaftsbestandes aus. Diese Schwierigkeiten waren, wie wir sehen werden, durch eine von der Gesellschaft abgehal- tene Gewerbeausstellung im Jahre 1846, die ein Defieit er- geben hatte, nicht leichter geworden. Die zahlreichen Vorstandssitzungen und zwei schwach besuchte allgemeine Versammlungen des Jahres 1847, die am 10. April und 1. Mai abgehalten wurden, waren meist von diesen mühseligen Schwierigkeiten der Finanzen, der Local- noth, und Wahlen in Anspruch genommen. Man hatte wohl von früher her einen ansehnlichen Fond, nämlich ein Capital von fl. 490, angelegt bei der Ersparnisscassa, einem Privat- institut, das später in Konkurs gerieth. Von diesem Capital konnte man kaum die Zinsen herausbekommen und im Ver- laufe der Zeit ging auch vom Capital ein Theil verloren. Dann hatte man im Jahre 1831 bei Anlass der Gründung des Seidenbauvereins, im Uebereifer der Unterstützung industrieller Unternehmungen, sich mit 2 Actien dabei betheiligt, für welche im Laufe der Jahre an fl. 500 einbezahlt worden waren. Das war nun durch lange Jahre ein todtes Capital. Man war also auf die Beiträge der Mitglieder allein angewiesen und die wur- den durch viele Austritte in den Jahren 1847 und 1848 immer geringer, wie wir oben gesehen haben. 1847 hatten diese ca. fl. 152 ergeben, 1848 nur mehr etwa fl. 137. Ein Anlass, der sich 1847 geboten hatte, diese Actien zu 50 ° ihres Nominal- werthes zu verkaufen, wurde ungeschickter Weise abgewiesen, in der Hoffnung auf bessere Zeiten. ; Es ist hier der Ort, Einiges über diese Seidenbauunter- nehmung zu berichten. Ich entnehme einem Aufsatze des Herrn Fried. Wassali in unserm Jahresberichte Band V 1858/59 p. 61 u. ff. darüber folgendes: „In Chur traten im December 1831 eine Anzahl Männer zu einer Aktiengesellschaft zusammen, vorerst bloss zu dem Zwecke, Seidenbauversuche während 6 Jahren zu machen, zu welchem Behufe per Actie jährlich 20—30 PN es [MR ‘2 ee Gulden einbezahlt und daraus theils auf einem dazu gekauften Gute auf dem Sand in Chur (das jetzt dem Bauunternehmer Giudici gehörende Gut), theils auf der Kälberweide und ander- wärts auf Churer Gemeindeboden 3720 Maulbeerbäume ge- pflanzt wurden. Im Jahre 1838 wurde sodann auf einen vom Präsidenten des Vereins, Cyprian Gengel (später Oberst), über die angestellten Versuche ertheilten günstigen Bericht hin die Seidenbauactiengesellschaft definitiv gegründet und das da- mals vorhandene Actiencapital von fl. 6254.50 noch zu ver- mehren, weitere anstossende Grundstücke zu kaufen und dar- auf zu bauen beschlossen. Das Actiencapital stieg gemäss Bericht vom Jahre 1845 auf fl. 13,575.*) Das eigentliche Seidenbaugut umfasste 5475 Quadratklafter a 49 Quadratfuss. Von 10371 Maulbeerbäumen, welche auf Gesellschaftskosten gepflanzt worden waren, fanden sich im Jahre 1846 noch 6626 in gutem Gedeihen vor. Die Neubauten auf dem Seidenbaugute und die Herstellung der Stützmauern (in diesem sehr steilen Gebiete) veranlassten so bedeutende Auslagen, dass das Aktien- capital lange nicht hinreichte und Schulden gemacht werden mussten im Betrage von fl. 13,138 (da die Actionäre weitere Einzahlungen nicht leisten wollten). Da der Ertrag der Seide während mehreren Jahren die Unkosten und Zinse der frem- den Capitalien nicht deckte, wurde schon im Jahre 1545 eine Liquidation der Actiengesellschaft vorgenommen. Gut und Bäume gingen in die Hände von einzelnen Privaten über.“ 1849 ging dann das Eigenthum der Actiengesellschaft an den Geschäftsleiter Oberst Gengel über. Es war viel davon die Rede, dass der Naturforschenden Gesellschaft einige Uhurer Actionäre ihre Antheile schenken wollten; wie das schliess- lich geworden ist, weiss ich nicht. 1852 nahm die Natur- forschende Gesellschaft ä conto ihres Guthabens von Gengel für fl. 100 ein Werk über Schmetterlingskunde (Zreyer, 0. F.: Neuere Beiträge zur Schmetterlingskunde, mit Abbildungen nach der Natur. Augsburg 1836— 1846. 4°. Ist in der Kantons- *) Nach damaliger Sitte, z. B. auch bei Bergbauunternehmungen, wurde das Capital ausser durch Versuche, neue Actionäre zu gewinnen, besonders durch Nachzahlungen der alten Actionäre vermehrt ohne dass deren Actienzahl stieg, sondern die Actien wurden succesive grösser. Na bibliothek) an. Auf die Zinse wurde verzichtet, dagegen sollte für den Rest des Capitals ab Januar 1852 4°/ Zins bezahlt werden, dasselbe innert zwei Jahren getilgt sein und bis dahin sollte das Seidenbaugut als Hypothek haften. 1854 endlich wurde endgültig das Guthaben durch Gengel mit fl. 300 be- zahlt. So endete dieses mit so vielen Hoffnungen unternom- mene Geschäft mit erheblicher Einbusse auch für die Natur- forschende Gesellschaft. Die Gesellschaft hatte sich bei ihrer Reconstituirung im Jahre 1845 in eine wissenschaftliche und eine technische Sec- tion eingetheilt. Für diese technische Section sollten haupt- sächlich die Gewerbetreibenden herangezogen werden und trat man desshalb mit dem „Meisterverein“ in Chur in Ver- bindung. Man fand willfähriges Entgegenkommen; nicht weniger als 26 neue Mitglieder wurden aus diesen Kreisen für die Gesellschaft gewonnen, als „technische Mitglieder“. In Folge dieser Betheiligung wurde der Meisterverein einge- laden, einige Mitglieder seines Vorstandes zu bezeichnen, die an den Sitzungen des Gesellschaftsvorstandes Theil zu nehmen hätten, was denn auch geschehen ist. Hauptsächlich mit Rücksicht auf dieses der Gesellschaft Seitens des Gewerbestandes entgegengebrachte Interesse wurde dann schon am 26. Febr. 1846 die Anregung gemacht, noch im nämlichen Jahre eine @ewerbeansstellung in Chur zu ver- anstalten. Dieselbe fand lebhaften Anklang, so dass sofort die einleitenden Vorkehrungen zu deren Verwirklichung ge- troffen wurden. Der Stadtrath von Chur kam auf eingereichtes Gesuch hin dem Plane sehr sympathisch entgegen, räumte den Stadtschulsaal ein, liess darin die nothwendig scheinen- den Einrichtungen auf Kosten der Stadt treffen und bewilligte überdies einen Baarkredit von fl. 100 (Fr. 170), während die Kantonsbehörden jeden Beitrag verweigerten, weil die Kan- tonscasse durch Unterstützung an Arme „während der herr- schenden Theurung“ zu sehr in Anspruch genommen sei, Die Zeit der Ausstellung wurde auf den Monat October fest- gesetzt und sollte 4 Wochen dauern. Der Eintritt sollte für Jedermann unentgeltlich sein. Von den ausgestellten Gegen- ständen sollen möglichst viele angekauft und durch eine, 7% age Lotterie wieder veräussert werden. Das Loos kostete 1 fl. und je nach der Betheiligung richtete sich der Betrag der anzu- kaufenden Sachen. Für vorzügliche Leistungen sollen Dip- lome und wenn die Mittel es gestatten, auch kleine Geld’ prämien verabfolgt werden. Darüber entscheidet ein von dem Vorstande der Gesellschaft ernanntes Preisgericht, das auch sofort bestellt wurde und aus folgenden Herren bestand: Abys, Apotheker Capeller, Oaviezel (Rigahaus), Bundespräsi- dent Giuliani, Forstinspeetor Wegmann, Oberst Gengel, Oberst Ulr. v. Planta, Oberst Lanicca, Baumeister Dalp, Emanuel v. Salis und Carl Tscharner (später Redactor des „Bund“ in Bern). Es dürfen nur, wenigstens zum grössten Theile, selbst- verfertigte Gegenstände zur Ausstellung gelangen und nicht von Auswärts bezogene. Nicht nur Churer, sondern auch Leute vom Lande sollen zur Einsendung von Ausstellungs- objecten eingeladen werden. Es soll über die ausgestellten Sachen ein „einfaches“ Verzeichniss abgefasst und im Locale für 6 Bluzger (ca. 15 Rp.) verkauft werden. Alles zur Aus- stellung Gebrachte soll gegen Feuerschaden versichert werden. Um Oollisionen mit der Schule zu vermeiden, soll die Aus- stellung jeweilen am Donnerstag, Samstag und Sonntag von 1—5 Uhr offen sein. Die Ausstellung fand nun wirklich statt und fand all- gemeinen Anklang, allein das finanzielle Ergebniss war ein kleines Deficit, welches in generöser Weise Herr Bundsland- ammann Brosi in Schiers auf sich nahm. | Recht interessant ist ein Blick in den Catalog der aus- gestellten Sachen. Von ca. SO Ausstellern sind 346 Gegen- stände geliefert worden. Wir ersehen daraus auch, wo und welche Industrien, ausser den gewöhnlichen Handwerken, da- mals im Lande im Gange waren. Ich will in der Reihenfolge des Catalogs auf Folgendes hinweisen: Strohflechterei (Jungfrau Hug) in Untervatz. Töpferei (Pedolin) in Chur. Marmorindustrie (Chr. Wolf) in Untervatz. Holzschnitzerei von einem 1l4jährigen Knaben, Martin Denz in Vallendas, mit 17 Nummern. Huffabrikation (Martin Marx) in Chur. — 124 — Eisenhüttenwerk Bellaluna (damals dem Grafen Renard aus Schlesien gehörend) mit 11 Nummern, durch den Director Kozuschek eingeliefert. Die damals ebenfalls noch im Gange stehende Zinkhütte in Davos-Silberberg lieferte trotz Auffor- derung an den Director Pelissier Nichts. Theerschwellerei (Jos. A. Holzer) in Chur. Tabakfabrikation (Francesco Ragazzi) in Puschlav. Teigwaarenfabrik.(G. Magani) in Chur. (rlashüttengesellschaft in Ems. Seifenfabrik (Frau Kessler) in Chur. Chemische Industrie (Abys & Sprecher) in Chur, mit 14 Nummern. Seidenbau (Oberst Gengel) in Chur. Aus dem Einladungsecireular zur Betheiligung an dieser Ausstellung geht ferner hervor, dass ein gewisser Buzzoni an der Oberen Zollbrücke (Landquart) einen Marmorbruch am Calanda im Betrieb hatte und ein Christian Wolf (wohl der obige Marmorindustrielle von Untervatz) den weissen Marmor in Ferrera ausbeutete. Ferner wurden in Klosters und Davos Holzschnitzereien hergestellt. Trotz dieser regen Thätigkeit des Vorstandes fand der- selbe noch Zeit, einige „wissenschaftliche* und „technische* Sitzungen zu veranstalten *), in welchen Vorträge gehalten wurden, ausschliesslich von Vorstandsmitgliedern, auf deren Schultern in diesen ersten Jahren der Wiedererstehung der Gesellschaft die ganze Arbeitslast lag. Am 31. Januar 1846 fand die erste allgemeine Sitzung statt. Prof. Moller hielt einen Vortrag über den „Bau'der Früchte bei den phunerogamen Pflanzen“. In dieser Sitzung sind auch die ersten Ehrenmitglieder ernannt worden und zwar gleich 55 auf einmal; darunter finde ich die Namen A. Kölliker (jetzt noch Prof. der Anatomie in Würzburg), Heer, Naegeli, Fellenberg, Studer, Schinz, Agassiz und manche andere *) Die wissenschaftlichen Sitzungen sollten alle 14 Tage sein, am Donnerstag von Abends S—10 Uhr. Ab Oktober 1856 wurden die Sitz ungen wegen Collision mit andern Vereinen jeweilen auf den Mittwoch festgesetzt und 'so ist es bis heute geblieben, nachdem vorher einige Zeit auch an Dienstagen Sitzung gehalten worden war. line) — 15 — Namen bekannter schweizer. Gelehrter; ferner Sr. %k. k. Hoheit Erzherzog Johann von Oesterreich und k. Hoheit Herzog von Leuchtenberg *). Im gleichen Jahre wird auch zum ersten Male ein correspondirendes Mitglied ernannt, nämlich der um die Gesellschaft sehr verdiente Scheuchzer bei Anlass seiner Abreise von Chur. Eine zweite wissenschaftliche Sitzung fand am 12. Februar 1846 statt im Freieck im dritten Stocke des Nebengebäudes. Prof. Dr. Kriechbaumer hielt in derselben einen Vortrag „über Insecten“. Ueber diese zwei Sitzungen liegen die Protocolle vor; es haben aber nach einem Berichte Moller's über die Ver- handlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Chur vom Dec. 1845 bis Nov. 1847 noch mehrere Sitzungen stattgefun- den, über welche ich aber ein Protocoll nicht habe finden können; dagegen sind die in diesen Sitzungen gehaltenen Vorträge noch bei den Akten. Darnach hat Moller seibst einen zweiten Vortrag über den Bau der Früchte der Phanero- gamen, Bernheim über das Vorkommen der Diamanten und Krieehbaumer über die Lamellicornien Graubündens, gehalten. Moller sagt in seinem Berichte: „Die Zuhörer der Versamm- lungen waren ziemlich theilnehmend, beschränkter war die Theilnahme von Seiten der activen Mitglieder, so dass sich nur wenige zu Mittheilungen bewogen gefunden haben.“ Die erste technische Sitzung fand am 12. Januar 1846 statt; bernheim hielt einen Vortrag über die Wichtigkeit des Eisens im menschlichen Haushalte. Am 19. März 1846 und noch in einer andern Sitzung, über welche ich ein Protocoll nicht gefunden habe, hielt Wegmann Vorträge über die Köhlerei; am 25. November 1846 kam wieder der unermüd- liche Bernheim mit einem ersten Vortrage über das Wasser und seine bestandtheile, dessen Schluss er dann in der General- versammlung vom 2. Dezember 1846 brachte. *) Ich habe mir vergeblich Mühe gegeben, zu erfahren, wie die letzteren zwei Namen auf diese Liste gekommen sein möchten. Es steht aber nur der nackte Name da, wie er hier angegeben ist. Der Letztgenannte kann nur Max Eugen Joseph Napoleon, Herzog von Leuchtenberg, ge- wesen sein, bekannt durch eine geologische Forschungsreise im Ural, bei der er sich ein Lungenleiden zuzog, dem er 1852 erlag. Man trug sich schon 1846 mit dem Gedanken, eine eigene Zeitschrift herauszugeben, wozu es vorderhand aber nicht gekommen ist. Dagegen suchte man sich mit den Zeit- schriften jener Zeit, dem „neuen Volksblatt“ und dem „Monats- blatt“, über Betheiligung an denselben zu verständigen; cs führte das aber zu keinem dauernden Resultate, im Gegen- theile, man erlitt nur finanzielle Einbussen und gab die Sache in geschäftlicher Beziehung ganz auf, dagegen wurden zur Publikation geeignet scheinende Vorträge jeweilen den Re- dactionen der genannten Zeitschriften zur Verwendung für ihre Blätter überlassen. So viel ich aus den noch vorhandenen, d. h. noch auf- findbar gewesenen Akten, sehe, sind im Jahre 1847 wissen- schaftliche Sitzungen nicht abgehalten worden. Man fühlte sich durch die Complizirtheit der Statuten von 1845 doch immer mehr beengt. Der Vorstand beauftragte daher den Präsidenten und den Actuar mit der Revision der- selben. Der Entwurf dazu fand dann auch Anklang und wurden die neuen Statuten im November 1848 gedruckt. Sie tragen die Unterschrift von Präsident und Actuar (Prof. Moritzi und Prof. Moller) und umfassen nur 18 Artikel. (An- hang IV. b.). Die technische Section wurde ganz aufgegeben, weil die Betheiligung des Gewerbestandes, in dessen Berücksichtigung und zu dessen Förderung diese Section hauptsächlich einge- führt worden war, immer geringer wurde, was wohl z. Th. . darin seine Erklärung findet, dass es sich meistentheils um einfache Handwerker handelte, die unter den damaligen Ver- hältnissen kaum die nöthige Bildung besassen, einem wissen- schaftlich-technischen Vortrage zu folgen, geschweige denn selber solche zu halten. Die gebildeteren unter ihnen fanden Ersatz in den wissenschaftlichen Vorträgen der allgemeinen Sitzungen, war man ja doch immer bestrebt, in der Wahl der behandelten Themata die möglichste Mannigfaltigkeit walten zu lassen. So konnte denn die Organisation der Gesellschaft sehr einfach gehalten werden. Nach den neuen Statuten bestehen die Mitglieder aus ordentlichen und correspondirenden ; erstere Ber 5 a BO Br Sa un müssen Kantonseinwohner, letztere können auch auswärts Wohnende, sein. Von Ehrenmitgliedern ist hier nicht die Rede. Die alten Statuten von 1845 sahen solche vor und war dort folgendes bestimmt: „Ehrenmitglieder sind alle jene, welche zwar keinen Zweig der Naturkunde als Fach betreiben, aber aus patriotischem Sinne sich berufen fühlen, die Zwecke der Gesellschaft auf irgend eine Weise, sei es durch Unter- stützung oder durch ihren Einfluss, zu fördern. Es steht ihnen frei, Vorträge zu halten ete.* Erst die Statuten von 1857 sehen wieder Ehrenmitglieder vor; es heisst da Art. 3: „Zu Ehrenmitgliedern kann die Gesellschaft solche ernennen, welche sich entweder um die Naturwissenschaften überhaupt oder um die Gesellschafi und die Erforschung des Kantons Graubünden besondere Verdienste erworben haben und zwar sowohl Einheimische als Auswärtige“. So ist es bis zur Stunde damit gehalten worden. Der Vorstand soll bestehen aus einem Präsidenten, einem Vicepräsidenten, einem Secretair, einem Üassier und zwei weiteren Mitgliedern. 1557 kam dann noch ein Bibliothekar hinzu, genau so, wie es heute noch zu Recht besteht. Als Zweck der Gesellschaft, die schon 1845 sich den Namen „Naturforschende Gesellschaft Graubündens“, den sie noch trägt, gegeben hatte, werden die „Förderung des Studiums der Naturkunde in ihren verschiedenen Zweigen und die Er- forschung der Naturverhältnisse des Landes“ angegeben. Der Jahresbeitrag blieb auch jetzt zu 4 Schweizerfranken und die Eintrittsgebühr zu 1 Schweizerfranken bestimmt. Später wurden Jahresbeitrag und Eintrittsgeld zu je 5 Fr. jetziger Schweizerwährung festgesetzt für die in Chur woh- nenden Mitglieder, während diejenigen vom Lande nur einen Jahresbeitrag von Fr. 2!/s bezahlen. Statutenrevisionen fanden seit 1848 in den Jahren 1857, 1868 und zuletzt 1885 statt. Dieselben brachten nur in ganz unwesentlichen Dingen Neuerungen und waren meist nur durch das Ausgehen der gedruckten Exemplare veranlasst; man benützte dann diese Gelegenheiten, um kleine zeitge- mässe Aenderungen anzubringen. (Vide Anhang IV. c). Wir haben oben gesehen, dass 1547 gar keine wissen- schaftlichen Sitzungen gehalten worden waren, weil man noch durch organisatorische Arbeiten und durch den Rechnungs- abschluss der Ausstellung von 1846 sehr in Anspruch ge- nommen war. Allein BDernheim liess keine Ruhe und so be- sannen dann die Sitzungen der Gesellschaft am 8. März 1848 wieder und sind seither auch die Protocolle wieder regel- recht in ein Buch eingetragen worden. 1848 fanden bei allerdings schwacher Betheiligung (5—22 Mann) 17 Sitzungen statt, immer mit Vorträgen über wissenschaftliche Gegen- stände. Den ersten Vortrag hat Bernheim gehalten über ein geologisches Thema. Man versammelte sich zunächst im Cafe Michel und der Rebleutenzunft, bis endlich, wie oben be- merkt ist, für längere Zeit ein Sitzungslocal im Löwenhof gefunden war. Jetzt und später wurden, je nachdem Demon- strationen zu den Vörträgen nöthig waren, die Sitzungen auch im Laboratorium der Kantonsschule gehalten. Gegen Ende des Jahres wurde bestimmt, dass die Sitzungen nur alle 14 Tage gehalten werden sollten und zwar mit Ausschluss der grossen Schulferien im Sommer. Ein im Jahr 1855 gemachter Versuch, die Sitzungen wieder alle S Tage zu halten, schei- terte am mangelhaften Besuche, so dass aus einer wissen- schaftlichen Sitzung oft ein gemütliches Plauderkränzchen wurde. Seither ist es bei den Sitzungen alle 14 Tage ge. blieben. Es nahm nun auch die Zahl der Mitglieder zu; es wurde besonders eine schöne Zahl Vortragender gewonnen, so u. A. die (Ghemiker Dr. A. Planta und Dr. J. Papon, ferner Professor Gassian, Professor der Naturgeschichte, Chemie und Physik Dr. @. Mosmann und 1849 Dr. J. F. Kaiser u. Andere. Ein schwerer Verlust traf die Gesellschaft durch die Ent- lassung Bernheim’s von seiner Lehrerstelle an der Kantons- schule. Derselbe verliess unsern Kanton noch im, Herbst 1848. Prof. Alex. Morilzi war sein Nachfolger im Präsidium der Gesellschaft. \ 1549 war die Mitgliederzahl auf 42 gestiegen gegen ca. 30 Anfangs 1848. Die Zahl der Mitglieder nahm zunächst nur sehr langsam zu. 1856 im Januar waren es immer noch ee Le an nn Hau 2b om su 2 nur 42 Mitglieder in Chur und 11 auf dem Lande, im Dezember 1856 aber schon 50 und 12, dazu 5 correspondirende und Ehrenmitglieder. Von 1856 an stieg dann die Zahl stetig und jetzt, 1900, haben wir 100 Mitglieder in Chur, 39 auf dem Lande, 10 Ehren- und 35 correspondirende Mitglieder. Das erste Ehrenmitglied: seit den 50er Jahren wurde in der Person des Dr. med. 4. Gloetla, des späteren Professors in Zürich, gebürtig von Bergün, 1856 ernannt. Von 1856 an fanden die Sitzungen ziemlich regelmässig alle 14 Tage während der Zeit vom October oder November bis Mai oder Juni, welche Zeit als „Gesellschaftsjahr“ gilt, statt. Die Zahl der jährlichen Sitzungen war in den ersten Jahren von 1848 an etwas zahlreicher, als später, dabei aber die Frequenz des Besuches eine erheblich geringere als seit- her. Sie varirt bis 1855 um 11—23 Sitzungen pro Gesell- schaftsjahr mit einer mittleren Frequenz von ca. 15—16 Mann. Von da an aber varirt die Sitzungszahl zwischen S und 16 (unter 1O nur in 3 Jahren) mit Frequenz von 20—30 im Mittel. Besonders stark war der Besuch Ende der 60er Jahren in einzelnen Sitzungen, so in derjenigen, in welcher Coaz über das Hochwasser von 1868 referirt hat, und wenn etwa aus- wärtige Herren die Freundlichkeit hatten, in unserer Gesell- schaft Vorträge zu halten. Ein nicht unwesentlicher Grund der in einzelnen Jahren geringen Zahl von Sitzungen war die Collision mit andern Vereinen, besonders den Gesangvereinen mit ihren zahlreichen Uebungsabenden und Conzerten. Um so erfreulicher ist die Beobachtung, dass trotzdem der Besuch unserer Sitzungen stets ein recht erfreulicher bis zur Stunde geblieben ist, ob- wohl inzwischen eine Anzahl Spezialvereine entstanden sind, die unserer Gesellschaft eine empfindliche Concurrenz machen, so. der Ingenieur- und Architecten-, der Techniker- und der ärztliche Verein von Chur. Man kann wohl sagen, dass in wissenschaftlicher Hinsicht eine solche Zersplitterung an einem so kleinen Orte wie Chur kaum vom Guten ist, wenn sich die Specialvereine nicht nur auf eigentliche Standesfragen beschränken. In wissenschaftlicher Hinsicht wäre ein stram- mes Zusammenhalten für das allgemeine wissenschaftliche I — 120° — Leben wohl erspriesslicher, als ein solches Auseinanderlaufen derjenigen, die berufen sein sollten, die Verbreitung natur- wissenschaftlicher und technischer Kenntnisse zu vermitteln. Inzwischen will ich doch mit Freuden anerkennen, dass eine Anzahl Ingenieure und Aerzte immer dennoch auch bei uns bleibt und thätig mitwirkt. Diese Spezialisirung, unter der auch Naturforschende Gesellschaften an grösseren Orten zu leiden haben, liegst nun einmal im Zuge der Zeit und ist an- gesichts dessen nur zu begrüssen, dass Manche neben ihrem Spezialfache doch auch noch an den allgemeinen naturwissen- schaftlichen Fächern lebhaftes Interesse nehmen. Durch die Ausdehnung des naturwissenschaftlichen Unter- richts an der Kantonsschule und Vermehrung der Lehrkräfte für denselben war nun ein fester Kern von wissenschaftlich gebildeten Männern gewonnen, die nicht nur in die Themata der Vorträge eine gewisse Mannigfaltigkeit brachten, sondern auch stets treu zur Gesellschaft gehalten haben und es noch thun und denen zu einem guten Theil der ununterbrochene Fortbestand derselben zu verdanken ist. Ganz besonders sind hier hervorzuheben Prof. Theobald, der 1854 nach Chur kam, und Prof. Brügger ; letzterer war in den 50er Jahren einige Zeit hier und wurde dann 1870 an Theobald’s Stelle nach dessen Tod berufen. Ihnen gesellte sich eine grosse Zahl Männer an, die sich nicht minder grosse Verdienste um unsere Gesellschaft erworben haben; ich brauche hier-nur an die Namen Dr. Killias, Dr. Kaiser, Forstinspeclor CGoaz, Forstin- spector Manni, Oberst Salis, Oberst H. Hold, Oberbauinspector A. Salis, Dr. Ad. Planta, Dr. Papon, Reg.-hath Wassali zu er- innern, um zu zeigen, welchen Aufschwung unsere Gesell- schaft seit Anfang der 50er Jahre genommen hat. Killias trat 1854 in der gleichen Sitzung wie Theobald der Gesell- schaft als Mitglied bei. Diese zwei waren durch lange Jahre so recht eigentlich die Hauptstützen der Gesellschaft. In den Jahren 1848—1859 hat der Personalbestand des Vorstandes sehr oft gewechselt, ohne dass dieser Wechsel die regelmässige Thätigkeit der Gesellschaft wesentlich beein- trächtigt hätte. Seit 1859 hat dann Dr. Killias das Präsidium ohne Unterbrechung bis zu seinem am 14. November 1891 — 131 — erfolgten Tode innegehabt. Ich brauche hier nicht weiter zu erwähnen, was Killias unserer Gesellschaft gewesen ist. Die grosse Zahl der von ihm gehaltenen Vorträge, die lange Reihe der von ihm zumeist redigirten Jahresberichte, seine uner- müdliche Thätigkeit für die Bibliothek und die Sammlungen sprechen eine Sprache deutlich genug, um ihm für immer ein dankbares Andenken zu sichern. Eine tabellarische Uebersicht der Vorstandsmitglieder folgt im Anhang sub V. Die theilweise nicht mehr vorhan- denen Protocolle machten es unmöglich, die Liste für die Jahre 1544/47 vollständig zu erstellen. Was nun die Zahl der Vortragenden betrifft, so ergibt sich aus den Aufzeichnungen von Killias in seinem oben er- wähnten Vortrage von 1877 über die Geschichte unserer Ge- sellschaft und aus meinen Erhebungen aus den Protocollen von dieser Zeit ab ungefähr folgendes Bild: Von 1854/1577 haben sich 53 Mitglieder als Lectoren bethätigt. Davon waren 20 Lehrer an unseren Schulen, 7 Pharmaceuten, 6 Aerzte, je 4 Ingenieure und Mechaniker, je 2 Juristen, Theologen und Förster und je 1 Landwirth, Che- miker, Militair, Architekt, Künstler und Beamter. Seit 1877 waren es 23 Lehrer unserer Schulen, 13 Aerzte und 1 Thierarzt, 6 Ingenieure und Architeceten, 4 Förster, 4 Apotheker, 2 Juristen, 2 Landwirthe, 2 Beamte, 9 Private, darunter der verstorbene hervorragende Ornitholog Oberst Hieronymus v. Salis (66 Mitglieder unserer Gesellschaft). End- lich haben sich zu Vorträgen in unserer Gesellschaft erbitten lassen die Herren Director der Meteorolog. Centralanstalt in Zürich, billwiller, Ingenieur-Topograph Oberst Reber in Bern, Seminarlehrer #. Imhof von Schiers und Imker Göldi von St. Gallen. Bezüglich der Zahl der von Einzelnen gehaltenen Vor- träge steht Aöllias weit oben an mit ca. 100 Vorträgen und kleineren Mittheilungen, dann folgen Professor Theobald, Prof. Brügger und Dr. Lorenz mit je ca. 50, ausserdem mit 12—30 Vorträgen Uoaz, Dr. Kaiser, Reg.-Rath Wassali, Oberst Salis, Dr. Papon, Prof. Mosmann, Direktor H. Szadrowsky, Prof. Tarnuzzer u. s. w. — 132 — Entsprechend der Mannigfaltigkeit der Berufe der Leetoren war auch diejenige der behandelten Themata eine recht grosse. Neben einer bedeutenden Anzahl tüchtiger Originalarbeiten war man stets bestrebt, je die neuen Errungenschaften auf den verschiedenen Gebieten der Naturforschung zu behandeln und zur Kenntniss zu bringen. Einen weiten Raum nehmen die Forschungen über die Naturverhältnisse unserer engern Heimath in den Verhandlungen und in unseren Jahresberich- ten ein. Wenn wir aus den obigen Aufzeichnungen entnehmen, dass die Thätigkeit unserer Gesellschaft in ihren Versammlungen eine rege war und es noch ist, so müssen’ wir auch noch ihrer Arbeiten und Bestrebungen ausserhalb des engeren Krei- ses ihrer Sitzungen gedenken. Um die Mitglieder auch gesellig einander näher zu brin- gen, wurden durch eine Reihe von Jahren gemüthliche 'Zu- sammenkünfte derselben bei einfachen Banquetten veranstaltet, die einen recht anregenden und gemüthlichen Verlauf zu nehmen pflegten. Es war dies in den 50er Jahren der Fall, seither ist es aber leider unterblieben. Als besonders animirt wird das erste Banquet, gehalten am 1. Dez. 1855 im Stein- bock, erwähnt. Viele Mitglieder und Gäste nahmen daran Theil. Es bot dies Anlass, die Angelegenheiten der Gesell- schaft vor einem grösseren Kreise zu besprechen. Es sprachen Killias, Theobald, Papon, Wassali; ferner als Gast Nat.-Rath Waller von Aarau, der über die allgemeine Bedeutung der Naturwissenschaften und deren Einfluss auf das Leben, be- sonders auf den Geist des Menschen, sprach. Eine intensivere Thätigkeit aber entwickelte die Gesell- schaft nach Aussen in wissenschaftlich-praktischer Beziehung. 1. Botanischer Garten.- Goaz und Theobald brachten im Jahr 1855 die Anregung, wieder einen botanisshen Garten zu errichten. Die Regierung kam diesem Wunsche durch Einräumung des Gartens beim Regierungsgebäude, wie früher schon, entgegen. Man ging nun energisch an die Arbeit. Unter Anleitung und Aufsicht von @Goaz, Theobald und Killias besorgte Gärtner Bodmer die erste Einrichtung und die weitere Besorgung‘ des Gartens. Die Auslagen waren gross, musste » — 13 — man doch Gärtner Bodmer jährlich Fr. 250 bezahlen. Diese Aufwendungen veranlassten manche finanzielle Schwierig- keiten, so dass man ab und zu sich mit dem Gedanken ver- traut machte, den Garten wieder aufzugeben. Theobald aber wehrte sich tapfer gegen die Aufgebung desselben, weil er dieses Institut für den Unterricht an der Kantonsschule nöthig hielt: und nicht darauf verzichten wollte. Allein es.wollten weder die Regierung noch der Erziehungsrath helfend bei- springen und da musste man endlich doch capituliren und das schöne Institut wieder aufgeben. Es geschah dies im Frühjahr 1S61, womit diese Frage, um die man sich früher und jetzt Seitens der Gesellschaft so sehr bemüht und viel Geld dafür ausgegeben hatte, definitiv aus den Tractanden der Gesellschaft verschwunden ist. Das später bei Ueber- siedelung der Sammlungen in das jetzige Rätische Museum (Haus zum Friedhof) im kleinen Vorgarten eingerichtete Alpinum, das von Prof. Brügger, der im Hause selbst als Conservator der naturhistorischen Sammlung Wohnung er- hielt, besorgt werden sollte, bot keinen Ersatz dafür, verfiel auch bald der Verwahrlosung und ist jetzt eine zwar recht nette Anlage, aber ohne allen wissenschaftlichen Charakter. 2. Jahresbericht. Wie wir oben gesehen haben, wurden in den Jahren 1827 und 1829 Berichte über die Thätigkeit der Gesellschaft veröffentlicht. Dann hatte die Gesellschaft von 1829 bis 1832 das „bündnerische Volksblatt zur Beleh- rung und Unterhaltung“ in vier Jahrgängen herausgegeben. Im Jahre 1855 kam nun wıeder die Herausgabe eines Jahresberichtes zur Behandlung. Bis dahin hatte man die der Mittheilung werth erscheinenden Vorträge im „neuen Volksblatt“ und im „Monatsblatt“ veröffentlicht. Am 2. Januar 1555 brachte Goaz, der damals Präsident war, die Frage wie- der zur Sprache. Es heisst da im Protocoll: „Der Präsident bringt Namens des Vorstandes den Antrag, dass am Schlusse jedes Gesellschaftsjahres ein gedruckter Jahresbericht heraus- gegeben werde und begründet denselben dadurch, dass solche Berichte bei allen ähnlichen Gesellschaften von nur einiger Bedeutung -eingeführt seien, dass dieselben zur Hebung einer Gesellschaft wesentlich beitrügen und insbesondere zur Lie- — 134 — ferung von tüchtigen, ausgearbeiteten Vorträgen aufmuntern. Solche gedruckte Berichte sei die Gesellschaft den Mitgliedern auf dem Lande, weil sie an den Sitzungen nicht Theil nehmen können, mehr oder weniger schuldig und werden nicht er- mangeln, dem Vereine neue Mitglieder im Kanton zu ge- winnen. Von mehreren Mitgliedern unterstützt, wird der Antrag von der Gesellschaft einstimmig zum Beschluss er- hoben“. Der Vorstand erhielt nun den Auftrag, ein bezüg- liches Programm aufzustellen, welches schon am 30. Januar 1555 der Gesellschaft vorgelegt werden konnte. Der neu zu edirende Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft soll » enthalten: „l. Mittheilungen neuer Forschungen und Entdeckungen aus dem Gebiete der Naturkunde und Naturge- schichte, die sich entweder auf allgemeine Verhält- nisse oder speziell auf Bünden beziehen. 2. Abhandlungen landwirthschaftlichen und technischen Inhaltes von allgemeinem Interesse. 3. Einen Bericht über die jedesmalige Thätigkeit der Gesellschaft während eines Jahres. 4. Einen historischen .Ueberblick über die allgemeine seitherige Thätigkeit der Gesellschaft von ihrem Be- stehen an für den ersten Jahresbericht. . Angaben über Fundorte von Pflanzen, Petrefakten, Mineralien und Thieren im Kanton. . Preisfragen und anregende Ausschreiben naturhisto- rischer Gesellschaften. 7. Bibliographische Notizen neuer naturhistorischer Sachen. S. Meteorologische Beobachtungen aus dem Kanton. 9. Nachrichten über neu angeschaffte Bücher, Karten, Zeitschriften etc.“ „Der Vorstand schlägt zur Herausgabe des Jahresbe- richtes einen Hauptredaktor mit zwei Substituten vor und überlässt denselben die Anordnung des Ganzen, behält sich aber vor, über diese das letzte Wort zu reden“. „In der Diskussion äusserte sich zunächst Dr. Killias dahin, dass man zum Drucke nur selbständige Forschungen ar! (op) — 15 — und Originalarbeiten zulassen, dagegen andere Aufsätze in Ab- schrift eireuliren lassen möge. Dagegen machte Prof. Theobald die Ansicht geltend, dass es sich bei der Edition eines Jahres- berichtes wesentlich darum handle, durch die gedruckten Abhandlungen zum Studium der Naturwissenschaften im All- gemeinen anzuregen und hält er aus diesem Grunde für zweckmässig, auch bekannte, zweckmässig bearbeitete, Stoffe abzudrucken“. Diese letztere Ansicht siegte vorderhand, in der Ausführung aber wurde in der Hauptsache doch nach Kıllias’ Intentionen verfahren und hat gerade Theobald selbst eine grosse Anzahl sehr wichtiger Originalarbeiten für die Berichte geliefert. Der Vorstand erhielt nun den Auftrag, die Herausgabe des Jahresberichtes an Hand zu nehmen und wurde ihm das Detail überlassen. In die Redactionscommission wurden Theobald, Papon und (Goaz gewählt. Im Jahre 1856 wurde dann der erste Jahresbericht, umfassend das Gesellschafts- jahr 1554/55, gedruckt. Mit Rücksicht auf die zwei Berichte von 1827 und 1829 wurde er als „Neue Folge“ bezeichnet. Seit 1856 ist unser Jahresbericht nun regelmässig erschienen und hat heute den 44. Band erreicht. Für jede Decade der- selben ist ein sachlich geordnetes Generalregister verfasst und dem letzten der 1Ojährigen Serie oder dem darauffolgen- den Jahrgange beigedruckt worden. Ein Ueberblick über den Inhalt unserer Berichte zeigt, dass man hauptsächlich von dem Bestreben ausgegangen ist und noch geht, fördernd auf die Landeskunde einzuwirken und auch von Allem möglichst Notiz zu nehnıen, was von anderer Seite in der nämlichen Richtung geschieht. So ist dann aus ihm ein Archiv für die Landeskunde Graubünden ’s geworden, wie solches für die neuere Zeit in kaum einem andern Kantone existirt. Die meteorologischen Beobachtungen in unserem Kantone sind seit den 50er Jahren regelmässig verzeichnet worden; seit Bestehen der schweiz. meteorolog. Oentralanstalt in Zürich sind dieselben jeweilen. aus den Annalen dieser Anstalt für unsere Bündner Stationen in unsere Berichte herübergenommen worden, nach einem von Killias entworfenen Schema. Vor 1863, in welchem Jahre mit dem — 156 — Monat Dezember die meteorologische Centralstelle ihre 'Thätig- keit begonnen hat, waren es, abgesehen von einigen Beobach- tungsserien Einzelner, hauptsächlich die Zusammenstellungen Prof. Brügger's über die Beobachtungen an den von ihm ein- gerichteten Stationen, welche zur Publikation in den Berichten gelangt sind. Dass verdienter Mitglieder unserer Gesellschaft jeweilen in Nekrologen gedacht worden ist, versteht sich von selbst. Seit den 60ger Jahren wurden auch die litterarischen Erscheinungen zur Bündner Landeskunde so genau als möglich in den Berichten verzeichnet, je nach der Wichtigkeit der- selben, mit kurzen Besprechungen und Inhaltsangaben. .Es ist hier nicht der Ort, näher in den speziellen Inhalt der Berichte einzugehen, ich will nur auf die eingehende Be- arbeitung und Berücksichtigung, welche die Geologie unseres Kantons, seine Fauna und Flora, Mineralquellen, Erzlager, medicinische Statistik und Anthropologie u. s. w. gefunden haben, hinweisen. Diese Arbeiten haben weiterhin wissen- schaftliche Aufnahme und Würdigung gefunden und haben wir hauptsächlich ihnen es zu verdanken, dass wir mit vielen schweizerischen und ausländischen naturforschenden Gesell- schaften und Academien einen Tauschverkehr der Schriften ' gewinnen konnten, der uns eine sehr werthvolle und ansehn- liche Bereicherung unserer Bibliothek gebracht hat. Die ersten wissenschaftlichen Gesellschaften, mit denen ein Austausch der Publikationen ins Leben trat, sind, beginnend mit 1856, die folgenden: 1. Deutsche Gesellschaft für Da (Dr. Erlenmeyer in Bendorf bei Koblenz, als Vertreter derselben). 2. Verein für vaterländische Naturkunde in Würtemberg. 3. Pollichia, naturwissenschaftlicher Verein der Rheinpfalz, in Dürkheim. 4. K. K. ORT Reichsanstalt in Wien. u. S..W. Zur Zeıt besteht dieser Schriftenaustausch mit über 200 Gesellschaften. Ausser dem Jahresberichte sind noch: einige weitere Publikationen durch die Gesellschaft veranstaltet worden, die zum Theil als Beilagen oder Anhang an den Bericht le nr he BEE N Lv Zaaı A öl ET VDE ka un A ae ten a An nn a Dunn > a ze BA — 17 — erschienen sind, so die Herausgabe von Ardüser's Chronik, Campell's Topographie 3. und 4. Anhang (naturhistorischer Theil); ferner eine von Killias bearbeitete Zusammenstellung der Bündner Mineralquellen bei Anlass der Wiener Weltaus- stellung, mit einer Karte, die nicht gedruckt worden, aber in der Kantonsbibliothek aufbewahrt ist. Endlich die Festschrift bei Anlass der Versammlung der Schweizerischen Naturfor- schenden Gesellschaft in Chur im Jahre 1874 (Beiträge zur Kenntniss der Umgebung von Chur), eine Brochure von Dr. Kaiser über Reinlichkeit und Desinfektion. Mit der- Herausgabe der Jahresberichte, die seit Killias Uebernahme des Präsidiums‘ bis jetzt unter Redaktion der Präsidenten gestanden sind, hatte die Gesellschaft einen glück- lichen Wurf gethan. Während bisher mehr rein theoretische und referirende Vorträge in Anlehnung an Druckschriften ge- halten worden waren, trat jetzt mehr die selbständige For- schung, besonders durch Theobald, Killias, Goaz, Papon, Planta, später Drügger, Husemann, Bosshard, Tarnuzzer, Nussberger und andere in ihre Rechte und trug wesentlich dazu bei, den Sitzungen . mehr den Charakter von wissenschaftlichen Ver- sammlungen zu geben, als dies früher der Fall gewesen war und sein konnte. Von da an gewann auch die Erforschung der naturhistorischen Verhältnisse des Kantons eine intensivere Förderung und Vertiefung. | Mit dem Beginn der Herausgabe des Jahresberichts wurde der Beitrag der Mitglieder vom Lande zunächst auf 2 Frs., dann später auf Fr. 2. 50 angesetzt und die bisher sehr theure Schriftencirculation auf die Mitglieder in Chur, deren Jahresbeitrag 5 Frs. beträgt, beschränkt, wo sie jetzt noch im Gange ist. Von dieser Zeit auch datirt die rasche Zu- nahme der Mitglieder, vide oben. 2 Neben dieser mehr innern, im engeren Kreise geübten Pflege der Wissenschaft, hat unsere Gesellschaft alsbald nach- dem sie aus den Schwankungen ihrer ersten Reorganisations- arbeiten seit 1845 sich herausgearbeitet hatte, auch sich wieder des von ihr selbst, besonders aber von ihren Vorgän- gerinnen in erster Linie gestellten Zweckes der Gesellschaft erinnert, nämlich die Ergebnisse der Wissenschaft dem prak- — 1583 — tischen Leben, so viel in ihren Kräften lag, nutzbar zu machen. Wenn sie diesen Zweck in neuerer Zeit in etwas anderer Weise zu erreichen gesucht hat, als sie es früher durch fi- nanzielle Betheiligung an geschäftlichen Unternehmungen, wie z. B. Seidenbau, gethan hatte, so hat sie wohl daran gethan und sicherlich mehr damit erzielt, als dies früher der Fall war und dabei keine Geldverluste erlitten. So hat man denn bei sich bietenden Anlässen, sei es im Anschlusse an Vorträge oder in Folge amtlicher Anfragen und Aufträge ete., immer sich an die betreffenden lokalen, städtischen, kantonalen und eidgenössischen Behörden gewandt und damit in verschiedener Richtung auf die Gesetzgebung in nationalökonomischer und sanitarischer Beziehung einzuwirken gesucht in Fragen, deren Lösung rationell eigentlich nur auf naturhistorischer Basis möglich ist. Wir wollen in chronologischer Reihenfolge in Folgendem auf die zumeist in Frage kommenden Punkte auf- merksam machen. — Nicht immer zwar waren unsere Be- mühungen von unmittelbarem Erfolge, aber immerhin kamen manche, besonders sanitarische, Fragen in Fluss und ruhten nicht mehr, bis endlich das Erstrebte geschah. Gleich die erste praktisch eminent wichtige Frage, die der Versorgung der Stadt Chur mit Trinkwasser, hat unsere Gesellschaft sehr lebhaft beschäftigt. Im Anschlusse an einen Vortrag von Killias über Quellenbildung (am 30. April 1857) wurde eine Qommission mit Theobrld an der Spitze ernannt, um die Quellenverhältnisse an der Kälberieide daraufhin zu untersuchen, ob von hier aus die Stadt mit genügendem Trinkwasser versehen werden könnte. Nach mehrfacher Be- gehung des Terrains fasste Theobald die Ergebnisse der Untersuchung in einem ausführlichen Berichte zusammen. Trotzdem es sich herausstellte, dass die Aussichten für ge- nügende Wassergewinnung nicht günstige seien, wurde doch der Bericht an die Stadtbehörden abgegeben. Wie sich dann erst etwa 30 Jahre später die Wasserversorgung in ganz anderer Weise gelöst hat, durch Zuleitung der Quellen in Parpın und auf der Lenzerheide, ist Allen bekannt und braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. . a a #äu sg Die starke Abnahme der Gemsen in unserem Kantone wurde in der Gesellschaft besprochen und eine Einlage an den Grossen Rath im Jahre 1859 gerichtet, um grösseren Schutz derselben zu erzielen, in der Weise, dass zeitweilig die Gemsjagd ganz geschlossen werden solle. Der Grosse Rath beauftragte daraufhin den Kleinen Rath mit Unter- suchung der Frage und Berichterstattung auf die Session von 1860. Einen weitern Erfolg hat diese Petition, wie ich aus den Protocollen sehe, nicht gehabt. 1862 wurde das erste kantonale Fischereigesetz eingeführt, sowie 1578 eine Revision des Jagdgesetzes vorgenommen. Bei allen diesen Fragen hat sich unsere Gesellschaft lebhaft betheiligt und ihre Ansichten jeweilen in Eingaben an die massgeberden Gemeinde-, Kan- tons- und eidgen. Behörden mitgetheilt, die oft in verdankens- werther Weise Berücksichtigung gefunden haben, wenn auch nur stückweise, indem für beide Materien es noch nicht ge- lungen ist, das einzig rationelle Pachtsystem auch für unsern \Xanton einzuführen. Dagegen hat doch die Gesellschaft 1878 von der Regierung erwirkt, dass im Interesse der Sammlungen ein Passus in das Jagdgesetz dieses Jahres aufgenommen worden ist, nach welchem einzelnen Mitgliedern der Gesell- schaft bewilligt ist, auch zu geschlossener Jagdzeit z. B. Zug- vögel zu schiessen. Desgleichen hat der Bundesrath unsere Vorschläge über die längere Dauer der Freiberge in vollem Maasse : berücksichtigt. Besondere Berücksichtigung haben unsere Einlagen bei dem letzten Entwurfe zu einem Fischerei- gesetze im Jahre 1900 gefunden, so ‚mit Bezug auf Ausdeh- nung der Schonzeit für Forellen und das Mindestmaass der- selben, unter welchem keine zum Verkaufe gebracht werden dürfen. Bei Erlass einer Verordnung über das Einsammeln der Maikäfer (1568) hatte die Regierung von unserer Gesell- schaft ein Gutachten. verlangt, das dann dieser Verordnung als Basis gedient hat. Ein weiteres Feld öffentlicher Betheiligung gaben Anygie- nische und sanitätspolizeiliche Fragen. An bestimmte Vor- kommnisse geknüpfte Vorträge haben häufig die Veranlas- sung gegeben, dass Einlagen an die Behörden gerichtet wur- den, in welchen verlangt wurde, dass bessere Ordnung in F — 140° — sanitarischen Fragen geschaffen werde und wenn Öhur heute noch nicht eänalisirt ist, so ist wahrlich die Naturforschende Gesellschaft nicht Schuld daran, an Mahnungen hat sie es nicht fehlen lassen. Nicht vergessen wollen wir die Bemü- hungen um Verbesserungen im Regulativ über den Milchver- kauf in Chur vom 22. Februar 1878. Im Anschlusse an einen Vortrag von Seminardirector Largiader in den 60er Jahren über Katastervermessungen wurde die Regierung um einen Beitrag angegangen zur Fixirung der trigonometrischen Piumkte zu einem Netze, an das dann Private und Gemeinden zu Katasteraufnahmen sich anschliessen könnten; dabei wurde nachdrücklich auf die Wichtigkeit solcher Aufnahmen für Forst- und Landwirthschaft hinge- wiesen. 1868 wurde eine Petition an die Regierung gerichtet, damit sie Vorkehrungen treffe zu möglichster Erhaltung be- merkenswerther erratischer Blöcke. Später, 1874, kam die Gemeinde Malix einem Gesuche der Gesellschaft um Erhal- tung der erratischen Blöcke dadurch entgegen, dass sie ihr einen grossen erratischen Albulagranitblock in der Rabiusa- schlucht unentgeltlich als Eigenthum überlassen hat. Nachdem die technische Abtheilung der Gesellschaft mit den Statuten von 1848 aufgegeben worden war, kam man doch wieder auf die Frage zurück, wie wichtig es wäre, technische Fragen eingehender als dies in den allgemeinen Sitzungen möglich sei, zu behandeln, und constituirte 1860 wieder eine technische Section unter Leitung von Killias, Prof. Theobald und Prof. Simmler, Lehrer der Chemie und Physik an der Kantonsschule. Dieselbe begann ihre Sitzungen am 12. Januar 1861 und hielt bis zum 20. November 1864, wo sie wieder wegen mangelnder Betheiligung aufgegeben wurde, 26 Sitzungen mit Vorträgen über die verschiedensten Themata. Als Vortragende sind zu nennen: Mechaniker Alt, Director der Eisenbahnwerkstätte in Chur, Forstinspeetor Goaz, Photo- graph Darms, Prof. Hiller und Simmler, Dr. Killias, Prof. Theobald, Apotheker Schönekker, Jng. Fr. v. Salis und Andere. Auch in Bezug auf den Naturhistorischen Unterricht an der Kantonsschule hat man sich, wie früher schon, vielfach Mühe gegeben und u. A. im Jahr 1863 eine Eingabe an den x fi an z 2 r r £ c a mr r © . A a le un 2 nn mn Ah nn alu Bd a u Pr nn ln Lin La La LU uU LLl 0 ba LlLLUo une u U 2 Lu) nuur Kal d u ui nl a a u a Zu 1 Ey a a a a 1 S 1 E > 3 — 141 — Erziehungsrath gerichtet, es möge der Unterricht in Chemie und Physik für die oberen Klassen obligatorisch erklärt wer- den, was dann auch im Laufe der Zeit geschehen ist. Als Prof. Simmler, der schon hier in Chur die Idee der Gründung eines schweizerischen Alpenchubs angeregt hatte, im Jahre 1863 ernstlich an die Ausführung dieses Gedankens ging und so zum Gründer dieser Gesellschaft wurde, fand er hier bei seinen Freunden in der Naturforschenden Gesell- schaft lebhaftes Entgegenkommen. In der Sitzung vom 8. April 1865 lud der Gesellschaftspräsident Dr. Killias die - Mitglieder zur Gründung einer bündnerischen Section der neuen Gesellschaft ein. Alsbald traten die folgenden Herren zusammen und gründeten die Section Rhätia des S.A.C. Es waren folgende acht Mann, die diese Section ins Leben ge- rufen haben: Dr. Killias, Prof. Theobald, Prof. Michael, Nat.- Rath R. A.v. Planta, Graf Robert v. Salis, Apotheker Schönekker, Forstinspeclor Goaz und Dr. Lorenz. So ist die Naturforschende Gesellschaft die Mutter der Section Rhätia des 8.A.C. ge- worden. Durch viele Jahre hindurch haben die beiden Ge- sellschaften unter der Leitung derselben Männer einträchtig- lich neben einander gewirkt und einander unterstützt und gefördert. In neuerer Zeit ist die früher hauptsächlich hoch- gehaltene und betriebene wissenschaftliche Erforschung des Hochgebirges in Folge veränderter Personalbetheiligung mehr oder weniger in den Hintergrund getreten, um vorzugs- weise rein touristischen Bestrebungen Platz zu machen, wo- durch das Verhältniss der zwei Gesellschaften sich etwas gelockert hat, ohne dass die freundlichen gegenseitigen Be- ziehungen beeinträchtigt-worden wären und findet man sich gelegentlich zur Förderung gemeinsamer Ziele doch immer wieder zusammen. Die regelmässige Herausgabe der Jahresherichte und die Unterhaltung des botanischen Gartens veranlassten grosse fi- nanzielle Opfer, denen die Gesellschaftskasse nicht gewachsen war. Um dieselben bestreiten zu können, wurden von Mit- gliedern der Gesellschaft durch eine Reihe von Jahren öffent- liche populär-wissenschafthehe Vorträge gegen mässigen Eintritt gehalten, die vielen Anklang gefunden und der Cassa schöne de, Beiträge geliefert haben, allein trotzdem war man doch immer in Geldverlegenheiten. Das gab Anlass zu einem Gesuche an die Regierung um Gewährung eines jährlichen Beitrags an die Ausgaben der Gesellschaft. Der wurde denn auch gewährt in der Höhe von Fr. 200 per Jahr, laut Schreiben der Standeskanzlei vom 13. Juni 1561, „in Anerkennung ihrer Bestrebungen und Leistungen auf dem Gebiete der Natur- kunde und Nationalökonomie, sowie ihrer Verdienste um die wissenschaftlichen Sammlungen der Kantonsschule“. Im Jahre 1858 wurde dann dieser Beitrag. auf eingereichtes Gesuch hin, auf 500 Fr. erhöht und wird derselbe bis zur Stunde in . entgegenkommendster Weise gewährt. Bezüglich der Sammlungen war die Gesellschaft von jeher bestrebt gewesen, um geeignete Lokalitäten für dieselben zu ersuchen und noch in den letzten Jahren, nachdem auch die Lokalitäten des Hauses z. Friedhof nicht mehr genügen, ist man nicht müde geworden, für die Bibliothek und die Samm- lungen um Anordnungen zu petitioniren, damit diese An- stalten zu wirklich wissenschaftlichen Instituten werden, statt wie bis jetzt meist unbenutzt aufgespeichert zu liegen in Lokalen, wo für solche, die wissenschaftlich arbeiten wollen, absolut kein Platz zu finden ist. In diesen Bestrebungen unserer Gesellschaft haben sich die histor. antiq. Gesellschaft und die Sektion Rätia S. A.C., auf unsere Initiative hin, stets gerne uns angeschlossen. Wenn auch in dieser letzteren Beziehung bisher etwas Erklekliches nicht erreicht ist, so hat andererseits die Gesell- schaft jeden Anlass benutzt, die Regierung zu Ankäufen für die Sammlungen und die Bibliothek zu veranlassen, worauf man stets bereitwillig eingegangen ist. Ich erinnere aus der neuesten Zeit an die Erwerbung der Killiasschen Samm- lungen und Bibliothek, sowie die Erwerbung der Gonchylien- sammlung des Dr. Joh. G. Amslein in Zizers, u. Ss. w. Aber auch nach aussen hin hat sich die Gesellschaft im Interesse des Kantons bethätigt und ist es nicht zum wenig- sten den Bemühungen derselben zu verdanken, dass unser Land in weiteren Kreisen bekannt geworden ist und von einem immer mehr anwachsenden Strome von Touristen und, in un- ET + N Wo.‘ — 15 — seren Bergen und an unseren vielen herrlichen Mineralwässern Erholung und Heilung suchenden, Fremden aufgesucht wird. An der Wiener Weltausstellung von 1873 hat unsere Ge- sellschaft eine Ausstellung der bündnerischen Mineralwässer veranstaltet und ist dafür mit Medaille und Diplom ausge- zeichnet worden. Bei Anlass der Weltausstellung in Phila- delphia, 1576, kamen unsere sämmtlichen Publikationen zur Ausstellung und ist dıe Gesellschaft auch hier mit einem Diplome beehrt worden. Bei der Schweiz. Landesausstellung in Zürich, 1883, hatte der kantonale Aerzte-Verein die Mineral- wasserausstellung für unseren Kanton besorgt und so be- schränkten wir uns darauf, auf Verlangen des Austellungs- kommissariates unsere Schriften dahin zu schieken. In diesem Jahre 1900 kommt, auf unsere Initiative hin und von uns besorgt, eine Ausstellung unserer hauptsächlichsten #rze in Paris zur Ausführung, begleitet von eingehenden geologischen Untersuchungen der Erzlagerstätten und chemischen Analysen der ausgestellten Objekte, sowie einem ganz kurzen Ueber- blicke über die Geschichte des bündnerischen Bergbaues, be- sorgt von unseren Mitgliedern Prof. Dr. Tarnuzzer, Prof. Dr. Nussberger und Dr. P. Lorenz. Pietätvoll hat die Gesellschaft jeweilen in den Jahres- berichten der Verdienste einzelner ihrer hervorragenderen Mitglieder durch Darstellung ihres Lebensganges und ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit gedacht. Das Andenken der um unsere Gesellschaft und die Erforschung unseres Landes in so hervorragender Weise thätig gewesenen Mitglieder Theo- bald und Killias, die, noch in voller Thätigkeit, rasch und plötzlich aus diesem Leben geschieden sind, hat die Gesell- schaft noch besonders geehrt durch bescheidene Denkmäler; Theobald ruht unter einem erratischen Granitblock von Pont- eglias im Oberland, das ein Lieblingsteld seiner geologischen Forschung gewesen ist; der Stein trägt auf 1 Marmortafel eine kurze ehrende Inschrift. Killias wurde im Gärtchen beim rhätischen Museum, eine Portraitbüste aus Marmor*) ge- widmet, angesichts der Anstalt, für die er so hingebend ge: *), Von Herrn J. Hautmann in München erstellt. — 14 — arbeitet hatte. Die Sammlungen für diese Denksteine flossen so reichlich, dass der in bedrängter Lage befindlichen Familie Theobald’s noch eine schöne Summe, zinstragend angelegt, übergeben werden konnte, während der: Ueberschuss der Sammlung für das Killiasdenkmal über die Kosten des Denk- mals selbst, der Grundstock zu einer „Külliassliftung“ geworden ist, bestimmt zur Unterstützung der wissenschaftlichen Er- forschung des Kantons Graubünden. An der Stiftung des Killiasdenkmals und Killiasfondes haben die histor. antiq. Gesellschaft und Sektion Rätia S. A. C. mitgewirkt, in rich- tiger Würdigung und Anerkennung der Verdienste Killias’ um die ‘Förderung und das Gedeihen auch der zwei zuletzt genannten Gesellschaften. Der Killiasfond ist noch bescheiden ; er hat mit Dez. 1899 die Summe von Fr. 3000 erreicht. Aber steter Tropfen höhlt den Stein und so wird auch diese Stif- tung ihre Früchte tragen und das Andenken desjenigen, dessen Namen sie trägt, immer hoch und in Ehren halten helfen. Vier Mal seit ihrem Bestehen hat unsere Gesellschaft die Ehre und die Freude gehabt, in unserm Kantone die Schweiz. Naturforschende Gesellschaft zu ihrer Jahresversamm- lung zu begrüssen und den Jahresvorstand derselben zu stellen: 1825 in Chur, Präsident Bundslandammann Jak. Ulr. Sprecher v. Bernegg, 1874 in Chur, Präsident Dr. E. Killias, 1890 ın Davos, Präsident Dekan J. Hauri und 1900 in Thusis, Präsi- dent Dr. P. Lorenz. Im Jahre 1876 hat die Gesellschaft, allerdings um 1 Jahr verspätet, das Jubiläum ihres 50jährigen Bestehens in einfacher Weise durch ein kleines Festchen gefeiert ; jetzt 1900 darf sie mit Stolz und Genugthuung auf eine durch viele Fährnisse glücklich durchgeführte T5jährige Laufbahn zurück- blicken und sich das Zeugnis geben, dass sie trotz ungünstiger Zeit- und Ortsverhältnisse fast ohne Unterbrechung stets die Fahne hochgehalten und alle Schwierigkeiten glücklich zu über- winden verstanden hat. Man war immer redlich bestrebt, natur- kundliches Wissen in weitere Kreise zu tragen, dasselbe für das praktische Leben nutzbar zu machen und so dem Haupt- x a u a a a ne nn — 15 — ziele der Gesellschaft, dem Vaterlande nützlich zu sein, nach Kräften nachzustreben. Das Zusammentreffen des 75jährigen Bestandes unserer Gesellschaft mit demjenigen gleicher Dauer der historisch- antiquarischen Gesellschaft, hat den Anlass geboten, dass diese zwei im Interesse der Landesforschung in verschiedener Richtung, aber in gleichem Maasse, verdienten Gesellschaften das Jubiläum ihrer 75jährigen Thätigkeit am 16. Juni 1901 durch ein gemeinsames einfaches Fest feiern konnten, dem die Einwohner Chur's ein freundliches Interesse entgegenge- bracht haben. | Recapituliren wir unsere geschichtliche Uebersicht, so sehen wir in erster Linie, wie schwer es war und noch ist, wissenschaftliche Gesellschaften und besonders naturfor- schende, aufrecht und in erspriesslicher Thätigkeit zu er- halten in einem vermöge seiner Lage bis in die neuere Zeit so zu sagen unbekannten, von wissenschaftlichen und Ver- kehrs-Centren, weit abgelegenen, und vermöge der bis weit in unser Jahrhundert hinein andauernden primitiven Communica- tionen so schwer unter seinen einzelnen weit verzweigten Thälern sowohl, als von aussen zugänglichen Gebirgslande. Wir müssen wohl die braven Männer bewundern, die “selbst zum Theil nur Autodidakten, nicht müde wurden, Andere zu belehren und ihr Wissen und ihre Thatkraft dem intellektuellen und materiellen Wohle des Landes dienstbar zu machen und als Centren ihrer dahin zielenden Bestre- bungen die heterogensten Elemente in geselligen und wissen- schaftlichen Vereinigungen zusammenzuhalten und zu ge- meinsamer Thätigkeit anzuspornen. Der Stand des natur- historischen Wissens in der zweiten Hälfte des 18ten und im Beginne des 19ten Jahrhunderts, auf den wir hier nicht näher eingehen wollen, erschwerte natürlicherweise die Auf- gaben unserer Vorgängerinnen in ausserordentlichem Maasse und behinderte besonders eine intensivere Einwirkung auf die Bedürfnisse des praktischen Lebens. Vor 1825 waren es ganz besonders die Amstein (Dr. Joh. Georg, der ältere, und seine zwei Söhne, Dr. Joh. G. und Major Rudolf) und die Salis-Marschlins (der franz. Minister 10 — 16 — Ulysses, dessen Söhne Carl Ulysses und Joh. Rudolf), sowie der würdige Dekan Luzius Pol, deren Namen sich wie ein rother Faden durch das Leben aller der genannten Gesell- schaften zieht und leuchtet; sie waren der Kern, um den sich alle strebenden Kräfte sammelten, von denen sie ihre Anregung und Ermunterung empfingen. Zu ihnen, als Typen unverdrossener Arbeit und hingebenden gemeinnützigen Wir- kens, blicken wir ehrfurchtsvoll hinauf! Wir wollen hier für die Zeiten von 1825 an keine neuen Namen nennen, sie haben jeweilen an ihrer Stelle die ver- diente Würdigung gefunden. Der Mangel an höheren Lehranstalten machte die Be- strebungen aller dieser Vereinigungen noch schwieriger und erst mit der Gründung der Kantonsschule, wohl besser ge- sagt, mit Einführung eines besseren und intensiveren natur- kundlichen Unterrichtes an derselben um die Mitte der 40er Jahre, wurde es möglich, der Gesellschaft stets eine Anzahl tüchtiger Fachgelehrter zuzuführen, denen, neben einigen Aerzten, Technikern und Privatgelehrten, die Aufgabe oblag, die Zwecke und Ziele der Gesellschaft in intensiverer und er- folgreicherer Weise zu fördern, als das bis dahin der Fall sein konnte. Es zeigte sich auch alsbald, dass die Einleitung der Thätigkeit in die Wege der wissenschaftlichen Arbeit doch besseres Gedeihen sicherte, als das oft unpraktische Eingreifen und Sich-Einmischen in geschäftliche Unternehmungen, das bis 1845 ab und zu, stets mit schlechtem Erfolge, versucht worden war. So hat denn auch unsere Gesellschaft seit ihrer Reconstituirung im Jahr 1845 ununterbrochen bestehen und in gedeihlicher Weise wirken können. Wenn auch von ihr nicht gerade Epoche machende Entdeckungen ausgehen konnten, so hat sie doch, das kann man zu ihrem Lobe sagen, mächtig dazu beigetragen, den Sinn für naturhistori- sches Wissen in weiten Kreisen anzuregen und die Kenntniss unserer engeren Heimath in naturhistorischer Hinsicht so zu fördern, dass sie stolz darauf sein kann; nicht zu vergessen mancher praktischer Anregungen in den verschiedensten Richtungen, die ihr zu verdanken sind. Blicken wir nur auf die letzten 60 Jahre des Bestehens PP TORE a ae der Gesellschaft, so sehen wir — die grossen Leistungen nicht bündnerischer Gelehrter in der Erforschung unseres Kantons seien hier ausdrücklich hervorgehoben — eine grosse Anzahl Männer unseres Landes und Mitglieder unserer Gesellschaft an der Erforschung der Naturverhältnisse unseres Kantons thätig, in so ausgedehnter und erfolgreicher Weise, dass wir wohl sagen dürfen, den Grosstheil der Arbeit haben diese ge- leistet. Ich brauche nur aus der neuern und neuesten Zeit an die Namen und Arbeiten der Theobald, Killias, Brügger, Coaz, Dr. A. Planta, Dr. Papon, Simmler, Husemann, Bosshard, Tarnuzzer, Nussberger, Caflisch etc. zu erinnern, um zu zeigen, wie kein Zweig der Naturwissenschaft in der Thätigkeit unserer Gesellschaft und deren Mitglieder im Interesse der Landesforschung unberücksichtigt geblieben ist. Hoffen wir, dass das Wohlwollen der Behörden und das freundliche Entgegenkommen des "Publikums auch weiter unsere Gesellschaft unterstützen und ihre Ziele fördern helfen werden! Wir schliessen mit den Worten unseres unvergesslichen Killias in seinem oben citirten Vortrage: „Mögen in dem gedeihlichen Fortschritte des Vereins sich nicht solche Pausen einmischen, wie schon zweimal und möge, wenn wieder ein- mal nach dem ewigen Kreislaufe der menschlichen Dinge schlechtere Zeiten eintreten sollten, sich immer ein Retter und Bewahrer des steuerlosen Schiffchens finden, damit es nach dem Sturme wieder getrost in die See stechen möge! Dank denen, die ihn trotz aller Verlassenheit nicht zu Grunde gehen liessen und ihnen allen wollen wir ein dankbares Andenken bewahren“. Nicht zum wenigsten gebührt ein solches pietät- volles Andenken Killias selbst, unserem braven Steuermanne durch mehr als 30 Jahre. 6. 189) — 1485 — Verzeichniss der für diese Arbeit benützten Quellen. A. Manuscripte. . Akten der Gesellschaft und ihrer unmittelbaren Vorgängerin, der zweiten Oekonomischen Gesellschaft (1504-1812), (Correspondenzen, Protocolle, Rechnungen, Mitgliederverzeichnisse, Statuten ete.), auf- bewahrt in der Kantonsbibliothek. . Protocolle der Gesellschaftssitzungen, des Vorstandes und der technischen Section, ab 1825 bis jetzt. ..J. R. Amstein: „Personalia von Herrn Landammann C. Ulysses von Salis-Marschlins als Materalien zu einer Biographie“. . Matrikel der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens, zusammenge- stellt 1865 durch den damaligen Secretair der Gesellschaft, Musik- direktor Heinr. Szadrowsky. Mit 1825 beginnend und ab 1865 fort- gesetzt von Killias und Lorenz. . Ein Rückblick auf die Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft. Vor- trag, gehalten in der Sitzung vom 14. Nov. 1877. Von Dr. E. Killias. Deber meteorologische Beobachtungen in Graubünden. Vortrag, gehalten in der Sitzung vom 12. November 1896. Von Dr. P. Lorenz. B. Druckschriften. .a) Verhandlungen der Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde in Bündten bei ihrer Zusammenkunft in Chur den 6./17. Christmonat 1779. Gedruckt 1880. b) Dasselbe Il. Stück. Chur, Bernhard Otto 1780. €) „ II. „ „- „ „ 1781. . d) „ IV. „ „ „ „ 1781. N x „2.1788, Diese 5 Hefte sind, zu einem Bändchen vereinigt, in der Kantons- schulbibliothek. . Der Sammler, eine gemeinnützige Wochenschrift für Bünden. Red.: Dr. J. G. Amstein. 6 Bände. 1779/84. Chur. Bernh. Otto 1779—84. Kl. ge, . Der neue Sammler, ein gemeinnütziges Archiv für Bündten, herausge- geben von der Oekonomischen Gesellschaft daselbst. 7 Bände. Chur, "Otto, 1805/1812. Kl. 8°. . Bericht über den Beständ und die Wirksamkeit der Naturforschenden Kantonalgesellschaft in Graubünden. Vom Oktober 1825 bis Mai 1827. Chur. Otto. 1827. Kl. 8%. 66 Seiten. 10. Ei: 13. 14. 15. 16. — 149 — Zweiter Bericht über den Bestand und die Wirksamkeit der Naturfor- schenden Kantonalgesellschaft in Graubünden, nebst erstem Supplement des Büchercatalogs. Vom Mai 1827 bis October 1829. Chur, Otto’s sel. Wittwe. 1829. Kl. 8°. 27 Seiten. Bündnerisches Volksblatt zur Belehrung und Unterhaltung, 4 Bände. Chur, Otto’s Wittwe. 1829/32. Kl. 8°. I. Band 328 S. II. Band 440 S. IH. Band 456 S. IV. Band 424 S. Verzeichniss der bei der ersten Industrie- Ausstellung im Stadtschulsaale zu Chur vorliegenden Gegenstände. 1846. Otto’s sel. Erben. Kl. 8°. 26 S. Enthält 346 Nummern. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Neue Folge. I. Jahrgang. Vereinsjahr 1854/55. Chur. Wassali. 1856, 8° und die fol- genden, bis jetzt Ende 1901, 44 Bände. Mit Rücksicht auf die oben sub 4 und 5 genannten zwei Berichte als „Neue Folge“ bezeichnet. Geschichte der bündnerischen evangelischen Kantonsschule von ihrer Ent- stehung. an bis zum Jahre 1830. Chur. Pargätzi und Felix, 1858. Gr. 5° 46 Seiten. Geschichte der bündnerischen evangelischen Kantonsschule vom Jahre 1831 bis zum Jahre 1850. (Vereinigung der evangelischen mit der katho- lischen Kantonsschule zur jetzigen Landesanstalt). Chur. Hitz. 1861. Gr. 8°, 61 Seiten. Der Verfasser dieser beiden Berichte nennt sich nicht, es ist aber der verstorbene Prof. H. Schällibaum (Lorenz.), einer der hevorragendsten Lehrer unserer Kantonsschule durch viele Jahre bis zu seinem Tode. Sein Andenken wird von allen seinen Schülern in hohen Ehren gehalten. Pater Placidus a Spescha. Lebensbild eines rhätischen Forschers. Von C. Decurtins. Chur. Gengel. 1874. Kl. 8°. . Sprecher, J. A. v., Geschichte der Republik der drei Bünde (Graubün- den) im achtzehnten Jahrhundert etc. 2 Bände. Chur, Verlag J. A. Sprecher. 1873/75. ; Planta, P. v., Fürstenau. Chronik der Familie von Planta nebst ver- schiedenen Mittheilungen aus der Vergangenheit Rhätiens. Zürich. Orell Füssli. 1892, Mittheilungen über die bündnerischen Zeitschriften „Der Sammler“ 1779 bis 1784 und. ,‚„Der Neue Sammler“ 1805/1812 und einige Mitarbeiter an denselben. Von S. Meisser, Staatsarchivar in Chur. In Zeitschrift für Schweiz. Statistik 1900. Verhandlungen der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die ge- sammten Naturwissenschaften. Davon besonders: Bei der 12. Jahres- versammlung zu Chur, Juli 1826. Chur. Otto. 1826, dann Versammlungen in Zürich 1841, in Altdorf 1842 und Chur 1844 u.s. w. (ferner Mit- gliederverzeichnisse der Gesellschaft u. s. w.) Die wichtigsten Momente aus der Geschichte der drei ersten Jahrzehnte der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Von J. J. Siegfried. Zürich. Zürcher & Furrer. 1848. 8%. 156 S. 17: 18. — 10 ° — Geschichte der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, zur Erin- nerung. an den Stiftungstag, den 6. October 1815, und zur Feier des 50- jährigen Jubiläums in Genf am 21., 22. und 23. Augstmonat 1865. Von J. J. Siegfried. Zürich. Zürcher & Furrer. 1865. (Mit dem Portrait von Henri Albert Gosse (geb. 25. Mai 1753, gestorben 1. Februar 1816), dem Gründer der Gesellschaft). 4°. 98 Seiten. Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Von Dr. Rudolf Wolf, Professor der Astronomie in Zürich. 4 Bände. Zürich, Orell, Füssli & Cie. 1857—1862. 8°. Es sind darin Biographien der folgenden bündnerischen Forscher enthalten: Band II. Martin Planta von Süs. „ II. Luzius Pol von Malix. „ IV. Johs. Ardüser von Davos (dem Chronisten). „ IV. Carl Ulysses von Salis-Marschlins. Se = es) — 151 — Anhang. I. Gesellschaft landwirthschaftlicher Freunde in Bündten. (1778— 1784). „Summarischer Auszug der allgemeinen Gesetze und Verordnungen der Gesellschaft. 1. Die Mitglieder sind in 3 Classen unterschieden: or- dentliche, ausserordentliche und Ehrenmitglieder. 2. Die Gesellschaft kann aus so vielen Mitgliedern be- stehen, als wirkliche Liebhaber und Teilnehmer sich dazu finden ; doch bleibt die Olasse der ordentlichen Mitglieder auf zehen eingeschränkt. 3. Alle Mitglieder verbinden sich die Absichten, den Zweck und Nutzen der Gesellschaft mit Rath und That zu befördern. 4. Den ordentlichen Mitgliedern liegt noch besonders ob, für die Erhaltung und den ununterbrochenen Fortgang der gesellschaftlichen Verrichtungen, durch bestimmte Zu- sammenkunften, periodische Arbeiten, und die Verwaltung des Polizeiwesens der Gesellschaft zu sorgen. Aus ihrer Classe werden die nöthigen Aemter besetzt. 5. Alle Mitglieder haben bei ihrem Eintritt einen Uro- nenthaler in die Cassa erlegt. Die ausserordentlichen sind könftig zu der gleichen Einlage gehalten; ordentliche Mit- glieder aber, weil diese noch neben dem Einlagsgeld zur Uassa beigetragen haben, zu doppelt so viel verbunden; den Ehrenmitgliedern wird es frei gestellt, was sie zur Cassa bei- tragen wollen. 6. Die ordentlichen Mitglieder sind verbunden nach der Reihe alle Monate eine Abhandlung über eine ökono- mische Materie der Gesellschaft vorzulegen. %. Die ausserordentlichen Mitglieder sind alle halbe Jahre zu einem solchen Beitrage verbunden. BR 8. Die Ehrenmitglieder sind an keine bestimmte Ar- beiten gebunden. 9. Die ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder machen sich anheischig des Jahrs einmal statt des ihnen vor- geschriebenen Aufsatzes von einer selbst gewählten Materie, eine Aufgabe der Gesellschaft zu beantworten. 10. Die ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder sind neben den schon angemerkten Arbeiten gehalten, alle Jahre einen ökonomischen Versuch, oder eine Probe zu machen, und der Gesellschaft einzuberichten, oder dieses durch die Mittheilung einer wichtigern Erfahrung, oder einen an- sehnlichen Beitrag zum ökonomischen Kabinet zu ersetzen. ll. Wer die vorgeschriebenen Arbeiten und Beiträge nicht leistet oder versäumt, bezalt dafür etwas an Geld in die Cassa. 12. Die ordentlichen Mitglieder versammeln sich wenig- stens alle Monat einmal, und zwar am ersten Freitage jeden Monats a. St. Nachmittag um 2 Uhr, oder wenn dieser oder der folgende ein Festtag ist, den nächstfolgenden Werktag. Der Sitz und Versammlungsort der Gesellschaft ist zu Zitzers. Jedes Mitglied hat zu diesen Zusammenkünften freien Zutritt; die ordentlichen Mitglieder aber bezalen für das Ausbleiben etwas in die Üassa. 13. Alle halbe Jahre wird auf die gewönlichen Markt- zeiten eine allgemeine Versammlung der Gesellschaft in Chur gehalten, wozu alle Mitglieder eingeladen sind. 14. Die gesellschaftliche Bibliothek ist zwar zum Nutzen und Gebrauch der ganzen Gesellschaft unter den nöthigen Bedingungen des sichern Auslehnens und Zurückstellens be- stimmt, soll aber übrigens als ein Fideicomiss der ordent- lichen Mitglieder angesehen werden. 15. Wer ein Buch aus der gesellschaftlichen Bibliothek zum Lesen verlangt, muss für den Werth des ganzen Werkes, von dem es ein Theil ist, stehen; so dass es ihm, im Fall von Beschädigung oder Verlust, von der Gesellschaft anheim geschlagen, und der ganze Betrag dafür von ihm gefordert werden könne. 16. Wer ein Buch länger, als es der vorgeschriebene u — 13 — Termin verstattet, zurückhält, bezalt für jeden Tag etwas in die Cassa. Die weitere Ausführung und nähere Bestimmung der zur Erhaltung der Ordnung erforderlichen Gesetze, die für das Gesellschaftsbuch bestimmt ist, wäre hier überflüssig.“ II. Vekonomische Gesellschaft in Graubünden. (1803— 1812). „Verfassung der ökonomischen Gesellschaft in Graubünden. „Jedem Menschen liegt nicht nur für sich betrachtet die Pflicht ob, gemeinüzig zu denken und zu handeln, sonders es ist auch kein Stand der nicht mehr oder weniger Anlass, kein Mensch der nicht mehr oder weniger Tüchtigkeit empfangen hätte, zur Erfüllung dieser angenehmen Pflicht in einem weitern oder engern Kreise wirksam zu sein.“ S. Anrede des Sekretärs der Gesellschaft landwirth- schaftlicher Freunde in Bünden, an die anwesenden Mitglieder, in den Verhandlungen jener Gesellschaft. Chur 1780. 1804. Wenn es wahr ist dass der Aufmerksamkeit Vieler weniger entgehen kann, als der Aufmerksamkeit eines Einzigen, wenn es eben so wahr ist, dass die zu einem Zwecke vereinigte Thätiekeıt Mehrerer dahin gelangen kann, wo der Fleiss eines Einzigen umsonst hinstreben würde, so kann über den Werth von gemeinnüzigen Gesellschaften in einem Staate, kein Zweifel übrig sein. — In jedem Staate ist eine solche Vereinigung zu einem gemeinnüzigen Zwecke verdienstlich, in einem Freistaate ist sie um so verdienstlicher weil der Staatsbürger dort die Vortheile die er seinem Vaterlande ver- dankt nur durch den thätigen Antheil abbezahlen kann, den er an der Wohlfahrt desselben nimmt, und weil zugleich nur durch diesen thätigen Antheil die Wohlfahrt des Staats auf die Zukunft gesichert und befestiget werden kann. Wer unserm Vaterlande eine gemeinnüzige- Gesellschaft wünscht, wer an der Möglichkeit nicht verzweifelt, dass sie, — wenigstens einiges — Gute stiften könne, weilerselbst — 154 — in sich den Beruf fühlt, sein Schärflein beizu:- tragen, — dem wird ein Blick auf die nicht sehr vortheil- hafte ökonomische Lage unseres Vaierlandes den Wunsch abnöthigen, dass eine solche Gesellschaft ihr Augenmerk be- sonders auf die Oekonomie des Landes richten möge. — Das Verlangen diesem Wunsche einigermassen zu entsprechen, hie und da Fingerzeige zu zwekmässigen Verbesserungen in der Kultur des Landes zu geben, hat die Stifter der ökono- mischen Gesellschaft, — zu welchen die ordentlichen Mit- glieder der ehemaligen landwirthschaftlichen Gesellschaft in Bünden gehören — belebt, als sie sich zu dem gemeinsamen Zwecke vereinigten, den ihnen ihre Verbindung vorzeichnet. Sich dem vorgestekten Ziele zu nähern, haben sie, — mit Begnehmigung des grossen und kleinen Raths — folgende Verfassung der Gesellschaft, — jedoch unter Vorbehalt der Veränderungen, welche die. Gesellschaft daran vorzunehmen belieben wird, — festgesetzt. S1. Der Zwek der Gesellschaft ist einzig die Beför- derung des gemeinen Besten: Diesen Zweck auf dem geradsten und sichersten Wege zu erreichen, werden sich ihre Bemühungen auf Oekonomie, im weitesten Sinne, beziehen ; sie nennt sich dahar dieökonomische Gesell- schaftin Graubünden. S?2. Die Beschäftigungen der Gesellschaft werden unter 2 Hauptrubriken zerfallen müssen; erstens, solche, welche dahin zielen, derselben eine möglichst genaue Kennt- niss des Landes, besonders in ökonomischer Hinsicht, zu erwerben. — Zweitens, Vorschläge und Versuche zur Hebung von aufgefundenen Gebrechen, und zu fernern Verbesserungen: Den Mitgliedern welche wünschen einen ge- nauern Ueberblik der zu bearbeitenden Gegen- stände zu erhalten, wird darin vom Ausschusse, oder vom Präsidenten, alle Hülfe geleistet. S 3. Die ordentlichen Mitglieder der Gesellschaft wählen aus ihrer Mitte den engern Ausschuss. Dieser Ausschuss giebt den nöthigen Verbindungspunkt für alle Mitglieder der Gesellschaft ab: Seine Mitglieder dürfen 5 : % F- i \ un Mn Ka a de Dad A TE er l00 nicht über 4 Stunden von einander entfernt wohnen: Ihre Zahl darf nicht unter fünf Mitglieder betragen. — Die Glieder dieses Ausschusses gehören zugleich zu der Klasse der ordentlichen Mitglieder. S 4. Diesem engern Ausschusse ist die Festhaltung der Ordnung und der Geseze insbesondere anempfohlen. Ihm kommt es vorzüglich zu, die Geschäfte der Gesellschaft zu leiten. Unter den Mitgliedern des Ausschusses zirkulieren alle Zirkularschreiben zuerst, und sie bahnen, dadurch, dass sie ihr Gutachten zuerst beifügen, den Weg zu fernern Bemerkungen. Ein jedes Mitglied des Ausschusses könnte sich vielleicht einem oder mehreren Fächern ins Besondere wiedmen. S 5. Eins der Mitglieder des innern Ausschusses ist der Präsident der Gesellschaft. Er hat den Vorsiz in den Versammlungen und führt das Wort; von ihm gehen die Circulare aus, die die Gesellschaft passieren müssen, und an ihn kommen sie wieder zurük; er schikt sie zuerst an die Mitglieder des Ausschusses; er bestimmt auf jedem Cirkulare die Zeit wie lange ein Mitglied ein solches behalten dürfe; er unterschreibt alle Briefe, Scheine und andere Aktenstüke die im Namen der Gesellschaft geschrieben werden; er giebt alle Jahre einen summarischen Ueberblik von allem dem was in der Gesellschaft geschehen, und von ihr geleistet worden ist. — In allen Angelegenheiten die von einiger Wichtigkeit sind, berathet er sich mit den übrigen Mitgliedern des engern Ausschusses, mit denen er in der genausten Verbindung steht; bei ihm liegt das Archiv und er verwahrt den Gesellschafts- siegel,. S6. Ein Sekretair ist der Gehülfe des Präsidenten in allen schriftichen Arbeiten, er führt das Protokoll und die übrigen Bücher der Gesellschaft; hat nach dem Präsidenten die erste Stimme, und ihm werden vom Präsidenten die Ab- handlungen, Aufsäze und Briefe zuerst mitgetheilt. — Er lässt, wo es nöthig ist, die schriftlichen Aufsätze durch einen Unterschreiber, den er sich deswegen hält, abschreiben. Er ist, durch die Stelle die er bekleidet, Mitglied des engern Ausschusses. — 16 — 7. Der Unterschreiber wird vom Sekretair, nach einem billigen Maassstabe, bogenweise bezahlt. Ss. Ein Bibliothekar besorgt die Bibliothek, die Sammlungen, und anderes, der Gesellschaft gehöriges Eigen- thum. | S 9. Ein Kassier besorgt die Kasse und legt davon jährlich öffentlich Rechnung ab. — Der Bibliothekar und der Kassier gehören zur Klasse der ordentlichen Mitglieder. $S 10. In Rüksicht des nähern oder entferntern Antheils den die Mitglieder an dem Interesse der Gesellschaft, und an ihren Arbeiten nehmen, theilen sie sich in ordentliche, korrespondirende und Ehrenmitglieder. 8 1l. Die ordentlichen Mitglieder verpflichten sich, so viel es ihr Wirkungskreis zulässt, zur Aufrechthaltung der Ordnung und Geseze, und zur Erreichung des Haupt- zwekes der’ Gesellschaft mitzuwirken. Ihre Stimmenmehrheit allein entscheidet in allen wichtigen Angelegenheiten der Gesellschaft, entscheidet über die Anwendung des Geldes, besezt Aemter, bestimmt ihre Dauer, macht Geseze u. dergl. $ 12. Die ordentlichen Mitglieder verflichten sich dazu alle Jahre wenigstens einen wesentlichen Beitrag zum Zwecke der Gesellschaft zu liefern; dieser Beitrag kann nun entweder in schriftlichen Aufsäzen oder in andern, der Gesellschaft gewiedmeten, wesentlichen Beiträgen bestehen: Die schrift- .lichen Arbeiten dürfen im Ganzen nicht weniger als einen Bogen betragen und können sein: Itens, Abhandlungen über selbst gewählte, oder von andern in Anregung gebrachte Gegenstände der Wirthschaft; 2tens, Antworten auf Fragen die von dem Ausschusse zur Beantwortung vorgelegt worden sind; 3tens, - wesentliche, zum Zweke gehörige Auszüge und Abschriften, aus Werken die die Gesellschaft nicht besizt; 4tens, einzelne wichtige Beobachtungen, Erfahrungen, Bemer- kungen, Vorschläge ete.; 5tens, befriedigende Antworten auf Briefe die von dem Präsidenten, oder vom Ausschusse über- haupt, an die Mitglieder gerichtet worden sind. — Zu den übrigen Beiträgen können gehören: Rechenschaft von einem wesentlichen ökonomischen Versuch, von einer ökonomischen Verbesserung; die Vorzeigung einer verbesserten ökonomischen : | ; | u ee 1 a a re Fe ee re Are ei ce I NIBT ve Geräthschaft; ein der Gesellschaft gewiedmetes Modell einer verbesserten ökon. Maschine, eine ihr gewiedmete wichtige Sammlung; ein ihr gewiedmetes vorzügliches ökon. Werk. Der Gesellschaft bleibt es übrigens vorbehalten, Mitglieder, die sich auf andere Art um die Gesellschaft verdient machen, von allen diesen Beiträgen zu dispensieren. S 13. Ein jedes ordentliche Mitglied erlegt bei seinem Eintritt in die Gesellschaft wenigstens einen neuen Thaler Eintrittsgeld ; schreibt sich ein, und erhält dagegen ein Diplom. Es bezahlt ferner jedes ordentliche Mitglied jährlich wenigstens einen Gulden Beitrag; auch kann, statt der im vorigen $ bestimmten jährlichen Beiträge, ein neuer Thaler an Geld bezahlt werden. S 14. Unter den ordentlichen Mitgliedern zirkulieren, so oft sich hinlängliche Materialien gesammelt haben, oder so oft es der Präsident nöthig findet, Zirkularschreiben die die Abhandlungen der ordentlichen Mitglieder, wenn sie dazu geeignet sind, und alles enthalten, was zur Kenntniss der Gesellschaft zu bringen ist; Gedanken, die sich wechsel- seitig mitzutheilen wünschen u. d. gl. Jedes ordentliche Mitglied sezt, mit Beifügung seines Namens, dem Zirkular- schreiben, das ihm zukommt, seine Meinung, und zu den Abhandlungen seine Bemerkungen bei. Je nachdem sich ein Mitglied zur Theilnahme an allen, oder an irgend einem, oder mehreren Fächern ins besondere, unterschrieben hat, werden ihm vom Präsidenten, oder von demjenigen Mitgliede seines Kreises, welches laut $ 19 den Geschäftsgang in jenem Kreise besorgt, nur diejenigen Abhandlungen zuge- schikt, die dieses Mitglied, dem zufolge, interes- siren können. $ 15. Um ordentliches Mitglied zu werden, muss man Bündner sein, oder sich in Bünden aufhalten; man wird von einem ordentlichen Mitglied vorgeschlagen, und durch die Mehrheit . von zwei Drittheilen aller ordentlichen Mitglieder erwählt. S 16. Die korrespondierendierenden Mitglie- der werden von einem ordentlichen Mitgliede vorgeschlagen und dem engern Ausschusse zur Annahme überlassen. Sie — 155 — zahlen zwei Gulden Eintrittsgeld und ferners keine Geld- beiträge mehr. Sie erhalten ein Diplom, und alle kleinere Abhandlungen ($ 22) werden ihnen unentgeldlich ertheilt. Sie haben keine Pflichten auf sich als die: alle von dem engern Ausschuss, oder dem Präsidenten, in ökonomischer Hinsicht an sie gerichtete Fragen mündlich oder schriftlich nach bestem Wissen zu beantworten. Sie haben Zutritt zu allen Versammlungen. S 17. Zu Ehrenmitgliedern werden, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitglieds, durch die Mehrheit von zwei Drittheilen aller ordentlichen Mitglieder, Personen gewählt, die die Gesellschaft, ihrer Verdienste um die Oekonomie, oder schäzbarer, der Gesellschaft dargebrachter Beiträge wegen, ehren will. Sie erhalten ein Diplom, haben keine Pflichten auf sich, und können auch Ausländer sein. $ 18. Würde die Gesellschaft glüklich genug sein, ihren Würkungskreis über das ganze Land auszudehner, und auch in den entlegnern Gegenden desselben Mitglieder zu besizen, so würde der dadurch erschwehrte Geschäftsgang die Ein- theilung des Landes in kleinere Abtheilungen nöthig machen. Man hat in dieser Rüksicht folgende Kreise angenommen: 1.) Die Hochgerichte Maienfeld, vier Dörfer, Schiers und Seewis. 2.) Das innere Bretigäu und Davos. 3.) Chur, Schan- fik, Churwalden, Gericht im Boden, Tamins und Trins. 4) Das ganze Oberland, Dissentis mit einbegriffen. 5.) Domlesk, Heinzenberg, Safien, Tusis, Schams, Rheinwald und Avers. 6.) Misox und Calanka. 7.) Das Oberhalbstein, Puslav und Pergell. 9.) Unterengadin und Münsterthal. S 19. Eins der ordentlichen Mitglieder in jedem Kreise steht in der nächsten Verbindung mit dem engern Ausschusse, und besorgt den Geschäftsgang in seinem Kreise; empfangt dem zufolge von den ordentlichen Mitgliedern seines Kreises, die jährlichen schriftlichen und Geldbeiträge, und was die Mitglieder seines Kreises der Gesellschaft mitzutheilen wün- schen, und schikt alles dieses unmittelbar dem engern Aus- schusse, oder dem Präsidenten, und keinem andern ordent- lichen Mitgliede zu. Die Zirkularschreiben, die in seinen Kreis gelangen sollen, erhält er auch unmittelbar von dem Aus- en PET EN a ’ ann u Aafiae u a ee se ee er — 159 — schusse und schikt sie wiederum demselben zurück. Er theilt endlich den korrespondierenden Mitgliedern seines Kreises die Fragen mit, die ihm deswegen vom Ausschusse überschikt worden. S 20. Versammlungen können unter den Mitglie- dern des engern Ausschusses so oft statt haben, als sie der Präsident nöthig findet; unter den Mitgliedern eines Kreises müssen jährlich wenigstens zwei Versammlungen eröffnet werden, wenn es die ordentlichen Mitglieder des Kreises aber wünschen, können sie mehrere Zusammenkünfte veranstalten. Alljährlich werden, während den Märkten, also alle Jahre zwei allgemeine Versammlungen in Chur gehalten. Der Zwek der Versammlungen kann sein: freundschaftliche Unterredung und Berathung; wechselseitige Belehrung; vor- züglich aber Diskussionen und Beschlüsse über Gegenstände die sich schriftlich nicht leicht abhandeln lassen, endlich Vorzeigung von Gegenständen, Sammlungen, Büchern, Mo- dellen ete. | In den Zusammenkünften des Ausschusses, und in den allgemeinen Versammlungen führt der Sekretair, und in denen der Kreise dasjenige ordentliche Mitglied des Kreises, welches laut $ 19 den Geschäftsgang im Kreise besorgt, ein Protokoll über die verhandelten Gegenstände. S 21. Wenn die Abhandlungen den Kreis unter den- jenigen ordentlichen Mitgliedern gemacht haben, denen sie, ihrer Bestimmung, oder überhaupt ihrem Innhalt zufolge, zu- kommen mussten, und, mit den Bemerkungen dieser Mit- glieder bereichert, dem Präsidenten zurükkommen, so legt er ein Exemplar in die Bibliothek und eins schikt er dem Ver- fasser zurük: eignet die Bestimmung und der Gehalt einer solchen Abhandlung, — nach dem Ausspruche der Mehrheit derjenigen ordentlichen Mitglieder,-in deren Fach der Gegenstand der Abhandlung ge- hört, — dieselbe zum Druke, so benachrichtigt ‘man den ‚Verfasser davon, frägt ihn um seine Einwilligung, seinen Namen beizusezen, und sodann sorgt der Präsident oder der Ausschuss für eine zwekmässige Redakzion. S 22. Die zum Druke bestimmten Schriften könnten — 160° — am schiklicksten unter 2 Rubriken gebracht werden: Erstens, einzelne kleineAbhandlungen, oder fliegende Blät- ter, die zunächst für den gemeinen Mann bestimmt wären, sehr populär eingerichtet seyn, und nur solche Gegenstände enthalten müssten, die demselben Nuzen bringen und ihn belehren können. Zweitens: andere wissenschaftliche Abhandlungen, die in einer, in zwanglosen Heften er- scheinenden Zeitschrift, gedruckt werden könnten, und für ein ausgedehnteres Publikum bestimmt wären. S 23. Die Gesellschaft wird trachten sich eine zwek- mässige Sammlung von Büchern anzuschaffen: der Grund zu einer solchen Sammlung ist schon durch das Geschenk gelegt, welches die Mitglieder der ehmaligen Gesellschätt landwirth- schaftlicher Freunde in Bünden, der neuen ökonomischen Gesellschaft machten. Neue Bücher werden auf Vorschlag eines ordentlichen Mitglieds, mit Bewilligung der Mehrheit aller ordentlichen Mitglieder, von dem Bibliothekar angeschaft. Der Bibliothekar giebt kein Buch ab, als gegen einen Gegen- schein. Jedes Buch darf von jedem Mitglied nur, so viele Tage behalten werden, als Bögen in dem Buch enthalten sind.. Die Gesellschaft wird auch trachten sich andere zwek- mässige Sammlungen auzuschaffen. $S 24. Es steht jedem ordentlichen Mitglied frei, Vor- schläge zur Veränderung dieser Verfassung zu thun; aber die Mehrheit von zwei Drittheilen aller ordentlichen Mitglieder ist nöthig, um diese Veränderung zur Gesezeskraft zu erheben.“ „Den 9ten Dezember 1803 wurde in der ersten Versammlung der ökonomischen Gesellschaft in Chur, obige Verfassung der Gesellschaft ein- müthig angenommen. Zu Mitgliedern des Ausschusses wählte die ökonomische Gesell- schaft, aus ihrer Mitte: Herrn Podestat €. H. Marin von Zizers; Herrn ©. U. von Salis-Marschlins, beides Mitglieder der ehmaligen landwirth- schaftlichen Gesellschaft; ferners: Herrn Bundsstatthalter und Präsident T. von Enderlin von Maienfeld; Herrn Präsident und Landammann J. U. von Sprecher von Jenins, Herrn Landammann J. von Ott von Grüsch; und Herrn M. D. am Stein von Zizers. Zum Präsidenten der Gesellschaft wurde dann ferners ernannt: Herr Laudammann €. U. von Salis-Marschlins; zum Sekretair: Herr J. G. am Stein; zum Kassier: Herr C. H. Marin; zum Bibliothekar: Herr Magister Roesch, von Kirchheim an der Tek, im Würtenbergischen, Hauslehrer bei Herrn Landammann C. U. von Salis-Marschlins.“ y A re. N chen a ie San u Bands um dr a Din ir De ln Be nn ai a nn 6 2 ee ee ee Ba Fr a en a ern EEE VORNE u a u Zu a N \ a Me ee a — 161 — Il. Naturforschende Kantonalgesellschaft. Geeründet 25. Oktober 1825. {ee} Vide Text pag. 32—34. IV. Naturforschende Gesellschaft Graubündens. a) Statuten von 1842. „Entwurf der Statuten der neu zu begründenden naturforschenden Gesellschaft. I. Namen und Zwecke der Gesellschaft. S 1. Die Gesellschaft führt, da sie keine neu zu be- sründende, sondern nur eine mit erweiterter und zeitgemässer Richtung wieder in's Leben getretene ist, nach wie vor den Namen | » Naturforschende Gesellschaft Graubündens« und schliesst sich als öffentliche und anerkannte der allge- meinen naturf.Gesellsch. der Schweiz als Cantonalgesellschaft an. S 2. Ihre Hauptzwecke bestehen: 1. in Förderung des Studiums der Naturkunde in ihren verschied. Zweigen u. Erforschung der Naturverhältnisse des Landes, dann : 2. in Anwendung der im Gebiete der Natuar- u. Landes: kunde gewonnenen Erfahrungen auf die Industrie Graubündens. Beide Zwecke sollen aber erreicht werden: a) durch Sammlung und geordnete Aufbewahrung von Naturproducten jeder Art, insbesondere jener Grau- bündens, Beobachtung der Naturverhältnisse des Cantons und Publication der gewonnenen Resultate angestellter Untersuchungen, Umlauf naturwissen- schaftlich. Zeitschriften und durch periodische, wis- senschaftlicher Besprechung und gegenseitiger Be- lehrung gewidmete Zusammenkünfte ; b) durch Technikern, Kaufleuten ec. dargebotene ge- meinfassliche technische und öconomische Journale und Bücher, durch Aufstellung einer Collection von 11 Fear => in Gewerben gebrauchten Rohstoffen und daraus er- zielten Artefacten und endlich durch passende dem Gebiete der Naturkunde entlehnte oder auch auf spezielle Gewerbe sich beziehende öffentliche experi- mentelle Vorträge. II. Organisation der Gesellschaft. A. Mitglieder. S 3. Die Gesellschaft besteht aus: a) selbstthätigen oder activen, a) befördernden oder Ehren-Mitgliedern, ce) technischen und d) correspondirenden oder auswärtigen Ehrenmitgliedern. S 4. Alle Mitglieder mit Ausnahme der Correspondenten zahlen einen pränumerando zu erhebenden Jahresbeitrag von vier Schw. Fr. und eine Eintrittsgebühr von 1 Schw. Fr. S 5. Die activen Mitglieder verpflichten sich jedoch ausser ihrem Geldbeitrage durch ihre wissenschaftl. Arbeiten die Zwecke der Gesellschaft zu erreichen und übernehmen namentl. wo möglich die Verbindlichkeit die ad $ 2. b. er- wähnten Vorträge zeitweise zu halten. Nur solche Personen können active Mitglieder werden, welche das Studium der Naturkunde im Allgemeinen oder in einzelnen Zweigen theoretisch oder practisch betreiben. S 6. Die activen Mitglieder nehmen zunächst Theil an der Circulation der rein wissensch. Zeitschriften, welche den übrigen im Canton wohnerden Ges. Mitgl. nur auf specielles Verlangen, nach geschehenem Umlaufe mitgetheilt werden. An der Circulation der technischen Journale partieipiren sie mit den übrigen in der Stadt wohnenden Mitgliedern. S 7. Ehrenmitglieder sind alle jene, welche zwar keinen Zweig der Naturkunde als Fach betreiben, aber aus patriot- ischem Sinne sich berufen fühlen, die Zwecke der Gesellsch. auf irgend eine Weise, sei es durch Unterstützung oder durch ihren Einfluss zu befördern Es steht ihnen frei, . Vorträge zu halten, sind aber keineswegs dazu verbunden. — 198 — $ S. Technische Mitglieder können alle jene Techniker. in der Stadt und in deren nächsten Umgebung werden, welche irgend ein Gewerbe selbständig ausüben. Sie haben ausser dem Jahresbeitrage und Eintrittsgelde nichts weiter zu leisten, doch steht auch ihnen das Recht zu, öffentliche Vorträge zu halten. S 9. Correspondirende Mitglieder können nur Personen ausserhalb des Cantons werden, und haben keine Geldbei- träge zu leisten; die Gesellsch. erwartet jedoch von ihnen entweder Beiträge zur Bibliothek, wissensch. Mittheilungen oder Vermehrung der Sammlungen. S 10. Jedes Mitglied ist verbunden, bei Herausgabe eines Werkes naturwissenschaftl., öconomischen, technischen oder geograph, Inhaltes ein Exemplar desselben der Gesell- schaftsbibliothek einzuverleiben. $ 11. Stimmrecht üben nur die activen Mitglieder — mit Ausnahme, welche $ 17 betr. die Wahlen des Vorstandes festsetzt — aus; in besondern Fällen jedoch, wo es sich um Gewerbsangelegenheiten speciell handelt, auch die technischen Mitglieder durch aus ihrer Mitte gewählte Repräsentanten. S 12. Ueber die Aufnahme der activen und Ehrenmitgl. entscheidet die Stimmenmehrheit in den Sitzungen der activen Mitglieder und es werden solche, wie die Correspondenten von activen Mitgl. in Vorschlag gebracht. Technische Mit- glieder receptirt einfach der Präsident oder dessen Stellver- treter nach vorausgegangener Anmeldung bei dem Secretair. S 13. Correspondirende Mitglieder werden in den Sitz- ungen der Direction gewählt. S 14. Entfernung aus dem Cantone hebt zwar Rechte und Verbindlichkeiten gegen die Gesellsch. auf, doch behält sich dieselbe vor, thätige Mitglieder in jeder Abtheilung in die Reihe der Correspondenten aufzunehmen. S 15. Die Verbindlichkeit gegen die Gesellschaft über- nimmt das zahlende Mitglied für ein Jahr, und die Austritts- erklärung muss mindestens drei Monate vor dem Austritte durch schriftliche Anzeige geschehen. — 164 — B. Vorstand. $ 16. Zur Leitung des Ganzen wählt die Gesellsch. einen Gesammtvorstand oder eine Direction, bestehend 1. aus einem Präsidenten, 2. zweien Directoren, für die naturwissensch. und für die technische Abtheilung, 3. einem Secretär oder Actuar und 4. einem Üassier. Für specielle Fälle sind noch beigesellt vier Ausschuss- mitglieder aus der Section der technischen Mitglieder. $ 17. Präsident, Directoren und Secretär werden aus den activen Mitglieder gewählt, der Cassier aber kann einer andern Kategorie angehören. Die Wahl aller Directions- und Ausschussmitglieder findet in einer Plenarversammlung statt, und zwar der Präsident und Cassier durch freie Wahl, die übrigen nach einem Dreiervorschlag der Section der activen Mitglieder. $ 18. Die Dauer der Functionen ist drei Jahre, und jeder Chargirte ist wieder wählbar. $ 19. Die Direction überwacht die genaue Beobachtung der Satzungen so wie das Eigenthum der Gesellschaft, be- schliesst Verwaltungsverfügungen so wie Ankauf und Tausch der Sammlungsobjecte und überträgt einem der act. Mitglieder die Conservatur über dieselben. $ 20. Der Präsident leitet die Berathungen in allen Versammlungen und veranstaltet je nach Vorlage der Ge- schäfte Directorialsitzungen. Er unterzeichnet mit dem Se- cretär alle Erlasse. In den Abstimmungen hat der Präsident bei Stimmengleichheit eine entscheidende Stimme. $ 21. Die beiden Directoren leiten die Arbeiten der be- treffenden Sectionen und sorgen namentlich dafür, dass es nie an Materiale, sowohl für die wissensch. Discussion in der naturwissensch. Abtheilung, ais auch an populären Vorträgen in der technischen Section gebreche. Sie proponiren die auf ihre Fächer bezügliche Litteratur und Sammlungsgegenstände, deren Anschaffung sodann von der Direction beschlossen wird. EEE EEE EN N — .165 — In Verhinderungsfällen des Präsidenten übernimmt ab- wechslungsweise einer der Directoren dessen Functionen. $ 22. Der Secretär führt in allen Verhandlungen das Protocoll und unterzeichnet es nebst dem vorsitzenden Direc- tionsmitgliede. Er ist zugleich Archivar und vorläufig auch Bibliothekar der Gesellschaft; er hält eine laufende Matrikel über sämmtliche Mitglieder, fertigt die Zahlungslisten behufs der Erhebung der Beiträge und contrasignirt und fertigt alle Correspondenzen mit Ausnahme solcher, welche auf Kauf und Tausch sich beziehen. S 23. Der Cassier erhebt alle Einnahmen und leistet alle von dem Präsidenten ihm zugewiesenen Ausgaben. Am Ende eines jeden Jahres fertigt er sowohl die Rechnung als auch ein Büdget für das künftige Jahr. $ 24. Die 4 Ausschussmitglieder der technischen Section werden aus den Ghiedern derselben oder ‘auch aus Ehrenmit- gliedern gewählt. Sie sind in den auf Gewerbe speziell Be- zug habenden Directorialsitzungen beizuziehen und haben bei dergleichen Berathungen volles Stimmrecht. 8 25. Bei längerer Verhinderung oder Austritt eines Vorstandsmitgliedes können die übrigen Mitglieder entweder eines aus ihrer Mitte oder irgend ein actives Mitglied mit dieser Function betrauen; bei wirklichem Abgange ist jedoch binnen Monatsfrist die definitive Ersetzung durch Wahl ein- zuleiten. C. Versammlungen. $ 26. Die Versammlungen in der Gesellschaft bestehen: 1. in Zusammenkünften der Direction, in welchen blos die auf die Leitung der Gesellsch. bezügl. Geschäfte zur Sprache kommen. 2. in Versammlungen der activen Mitglieder, der wissen- schaftl. Discussion über jene Gegenstände, deren Be- arbeitung und Untersuchung einzelne Mitglieder sich zur besondern Aufgabe gemacht haben, der gegen- seitigen Mittheilung gemachter Beobachtungen, der Vorlegung und Bestimmung von Naturalien und Prä- — .166 — paraten ete., der Abhaltung wissenschaftl. Vorträge, deren zu befolgende Ordnung der Sectionsvorstand leitet, gewidmet. Diese Versammlungen geschehen in von dem Präsidenten öffentlich kund zu gebenden Tagen, jedoch ohne spezielle Einladung monatlich zweimal und es haben zu denselben sämmtliche Mit- glieder Zutritt. Auch Fremde vom Fache können durch Mitglieder eingeführt werden. 3. in Versammlungen aller Mitglieder, den experimen- tellen Vorträgen über Physik, Chemie, Naturgeschichte, Waarenkunde, Technologie und Geographie gewidmet und werden mit Ausnahme der Schulferien alle Sonn- tage abgehalten. Vorsitz in solchen Versammlungen hat, wenn keine besondern Eröffnungen und dergl. zu machen sind, nur der Vortragende und die Direc- tion hat Sorge zu tragen, dass ein angemessener Wech- sel der Vorträge statt finde, weshalb die Vortragenden die geeignete Voranzeige bei dem Vorstande zu machen haben. S 27. Am Schlusse eines jeden Jahres und zwar am Jahrestage der Reconstituierung der Gesellsch. wird eine feier- liche und öffentliche Generalsitzung veranstaltet, in welcher vor den versammelten Mitgliedern aller Klassen Rechenschafts- bericht über die Leistungen der Gesellschaft, die Erweiter- ungen der Sammlungen, Verwendung der Beiträge u. s. w. abgelegt und die Feier mit passenden Reden und wissen- schaftlichen Vorträgen beschlossen wird. D. Sammlungen. S 28. Die Sammlungen der Gesellsch. werden in der Cantonshauptstadt Chur in einem passenden Locale aufge- stellt und zu schicklichen Zeiten dem Publicum zur Einsicht frei gegeben. S 29. Alle Mitglieder haben das Benützungsrecht der Sammlungen, somit auch das Recht Fremde zu jeder Zeit einzuführen. Gleiche Befugniss ist auch den Lehrern der verschiedenen Studienanstalten eingeräumt. Objecte der Samm- ® u u ee ne ee ah Bu — 11 — lungen dürfen aber nur dann aus den Räumen entfernt werden, wenn sie für den Unterricht in den Erziehungsanstalten oder für Vorträge in den Versammlungen dienen sollen. In allen dergl. Fällen sind die Empfänger für etwaige Beschädigungen verantwortlich. $S 30. Für die spezielle Ueberwachung, Inventarisirung, Aufstellung und Ordnung der Gegenstände, so wie für die Einleitung und Ausführung der Tausche und Ankaufe erwählt die Direcetion einen Conseryator, welcher zunächst ihr und durch sie der Gesellschaft verantwortlich ist. $ 31. Da kleinere Sammlungen und einzelne Naturalien ete., welche- sich im Besitze von Privaten befinden, gewiss mehr Nutzen stiften, wenn sie einer grössern und öffentlich. Anstalt einverleibt werden, so wäre es sehr wünschenswerth, dass die Besitzer solcher Gegenstände sie der Gesellsch. ent- weder als freies Eigenthum überlassen oder zur einstweiligen Erhaltung und Benützung übergeben wollten, in welch’ letz- term Falle für deren Erhaltung garantirt wird. $S 32. Alle Geschenke erhalten auf der Aufschrift den Namen des Gebers, so wie auch derselbe in den Inventarien aufzuführen ist und die Direcetion wird es sich ausserdem noch zur besondern Pflicht machen, den Dank für derlei Bereicher- ungen geziemend und öffentlich auszudrücken. $ 33. Die Sammlungen nebst der Bibliothek sind un- veräusserlich und können unter keiner Bedingung von Chur entfernt oder der Benützung der Bildungsanstalten und des Publicums entzogen werden. Für den Fall einer Auflösung der Gesellschaft wird die Staatsbehörde zu ersuchen seyn, das Eigenthum der Gesell- schaft so lange in Obhut zu nehmen, bis ein ähnlicher Verein sich wieder constituiert haben wird. III. Auflösung der Gesellschaft. S 34. Die Gesellschaft ist nicht erloschen, so lange in einer Versammlung der activen Mitglieder noch drei für das Fortbestehen derselben stimmen. In diesem Falle bilden die Verbleibenden die Gesellschaft und erklären alle für die Auf- lösung Stimmenden als ausgetreten. — 168 ° — Schlussbemerkungen. S 35. Alle gehaltenen Vorträge sollen, so lange die Gesellsch. kein eigenes Organ für Publikation ihrer Arbeiten gegründet haben wird, in den treffenden Journalen und die technologischen u: s. w. in den gelesensten Zeitungen des Cantons oder der Schweiz niedergelegt werden. S 36. Nur Diejenigen, welche in der constituirenden Versammlung zugegen sind, unterzeichnen das in dieser Sitzung verfasste Protocoll, nachdem in derselben zugleich auch die Direction gewählt worden ist. Alle später Eintretenden erhalten einfach das Diplom und unterzeichnen einen ad acta zu reponirenden Revers, in welchem sie sich zur Uebernahme der Gesellschaftspflichten verbunden erklären. Beim Austritte wird dieser gegen das Diplom ausgewechselt. S 357. Die constituirenden Mitglieder entrichten kein Eintrittsgeld. S 35. Nach Verlauf eines Jahres sollen diese, im Namen der Gesellschaft von der Direction unterzeichnete Statuten in einer Versammlung der activen Mitglieder revidirt, nach Um- ständen abgeändert und einer Generalversammlung zur wei- tern Prüfung und Annahme vorgelegt werden. Also verhandelt zu Chur im Oktober 1845.“ b) Statuten von 1848. „Revidirte Statuten der naturforschenden Gesellschaft Graubündens. I. Namen und Zweck der Gesellschaft. S 1. Die Gesellschaft führt den Namen : Naturforschende Gesellschaft Graubündens, und schliesst sich als öffentliche und anerkannte Kantonal- gesellschaft der allgemeinen-naturforschenden Gesellschaft der Schweiz an. MERTGOR > S$S 2. Ihr Zweck besteht in Förderung des Studiums der Naturkunde in ihren verschiedenen Zweigen und in Erfor- schung der Naturverhältnisse des Landes. Sie wird sich auch bestreben, die Verbesserungen, die das materielle Wohl des Landes zum Zweck haben, so weit es ihre Kräfte erlauben, hülfreiche Hand zu leisten. Um diesen Zweck zu erreichen wird sie a) eine den pekuniären Mitteln entsprechende Anzahl von Zeitschriften halten, sowohl naturhistorischen, land- und forstwirthschaftlichen, als auch technischen Inhalts; b) Die Benutzung dieser Schriften durch Auflegung in einem angemessenen Lokale oder durch Zirkulation so leicht als möglich zu machen ; c) Zusammenkünfte veranstalten, in denen zu gegen- seitiger Belehrung Vorträge gehalten oder in unge- zwungener Form Besprechung wissenschaftlicher Ge- senstände stattfinden soll. II. Organisation der Gesellschaft. S$S 3. Die Gesellschaft besteht aus Männern, welche das Studium der Naturkunde im Allgemeinen oder in einzelnen Zweigen betreiben, oder deren Beschäftigung mit der Natur- kunde in naher Beziehung steht oder welche sich sonst für selbige interessiren. Ordentliche Mitglieder können nur Solche werden, wel- che im Kanton wohnhaft sind. | Zu korrespondirenden Mitgliedern können auch Auswär- tige ernannt werden. S 4. Die ordentlichen Mitglieder bezahlen einen jähr- lichen Beitrag von vier Schweizerfranken und eine Eintritts- gebühr von einem Schweizerfranken. Die korrespondirenden Mitglieder bezahlen keinen Beitrag. S 5. Die Aufnahme neuer Mitglieder findet in den Ge- neralversammlungen durch geheime Abstimmung statt. 86. Ueber Aufnahme korrespondirender Mitglieder ent- scheidet der Vorstand. — 10 — S 7. Entfernung aus dem Kanton macht ein ordentli- ches Mitglied zu einem korrespondirenden. Kehrt ein solches Mitglied wieder nach dem Kanton zurück, so tritt es in seine frühere Stellung und Rechte wieder ein, ohne dass es nöthig hat, sich von Neuem aufnehmen zu lassen. SS. Wer beim Wechsel des Gesellschaftsjahres den Austritt nicht anzeigt, wird als verbleibend angesehen und bezahlt für das angetretene Jahr seinen Beitrag. S 9. Jährlich sollen wenigstens zwei Generalversamm- lungen abgehalten werden, wo möglich eine während des M:.imarkts und die andere während des Andreasmarkts. Ver- sammlungsort ist Chur. S 10. Die Generalversammlung entscheidet über die Verwendung des Vermögens, Aufnahme der Mitglieder, Re- vision der Statuten, überhaupt in allen Sachen, die nicht in der Kompetenz des Vorstandes im Allgemeinen und dessen Mit- gliedern insbesondere liegen und ausdrücklich angegeben sind. $ 11. Zur Leitung des Ganzen wählt die Gesellschaft einen Vorstand, bestehend aus a) einem Präsidenten, b) einem Vizepräsidenten, c) einem Sekretär, d) einem Kassier und zwei Mitgliedern. S 12. Die Wahl des Vorstandes geschieht durch’s Skru- tinium und ist auf ein Jahr gültig. Bei jeder neuen Wahl sind die frühern Mitglieder wieder wählbar. S 13. Dem Vorstand liegt ob: a) Die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens ; b) Die Journale und Bücher zu bestimmen, die ange- schafft werden sollen ; c) die Aufnahme korrespondirender Mitglieder ; ) die Einberufung der Generalversammlung ; ) jährlich Rechnung abzulegen ; ) für Erhaltung und allfällige Erweiterung der Biblio- thek und Sammlungen zu sorgen ; | N g) die Anordnung von regelmässigen Zusammenkünften der in Chur anwesenden Mitglieder zu Vorträgen und Besprechung naturwissenschaftlicher Gegenstände ; h) Verfügungen zu treffen hinsichtlich der Benutzung des gemietheten Lokals, der Zeitschriften, der Bi- bliothek und der Sammlungen. S 14. Der Präsident des Vorstandes leitet auch die Ge- neralversammlungen. Er hat bei diesen. keine Stimme abzu- geben, entscheidet aber bei einstehenden Stimmen. Bei den Vorstandssitzungen zählt sein Votum gleich dem der übrigen Mitglieder. $S 15. Der Sekretär führt in allen Verhandlungen das Protokoll und unterzeichnet mit dem Präsidenten alle Kor- respondenzen. Er fertigt zu Handen des Kassiers das Ver- zeichniss der Mitglieder der Gesellschaft aus. S 16. Der Kassier erhebt alle Einnahmen und Ieisfet alle vom Präsidenten ihm zugewiesenen Ausgaben. Er führt regelmässige Rechnung über Einnahmen und Ausgaben. III. Sammlımgen und Bibliothek. $ 17. Die naturhistorischen Sammlungen der Gesell- schaft sowie ihre Bibliothek sind unveräusserlich. Für den Fall einer Auflösung der Gesellschaft wird die oberste Schul- behörde des Kantons zu ersuchen sein, das Eigenthum der Gesellschaft so lange in Obhut zu nehmen, bis ein gleicher oder ähnlicher Verein sich konstituirt haben wird. S 18. Alle Mitglieder haben das Recht die Sammlungen zu benutzen, wobei aber der Vorstand solche Massregeln zu treffen hat, dass nichts verwechselt, verdorben oder verschleppt werden kann; auch ist das Mitglied, das die Sammlungen benutzt, für den allfälligen Schaden verantwortlich. Chur, im November 1848. Der Präsident: A. Moritzi. Der Sekretär : Dr. Moller.“ E — 12 — c) Statuten von 1885. „Statuten der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. I. Namen und Zweck der Gesellschaft. S 1. Die Gesellschaft führt den Namen Naturforschende Gesellschaft Graubündens und schliesst sich als Kantonal-Ge- sellschaft der allgemeinen Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft an. Ihr Versammlungsort ist Chur. S 2. Ihr Zweck besteht in Förderung ‘des Studiums der Naturwissenschaft in ihren verschiedenen Zweigen und vor- zugsweise in Erforschung der Naturverhältnisse des Kantons. Sie wird sich auch bestreben, bei Verbesserungen, die das materielle Wohl des Landes zum Zwecke haben, so weit es ihre Kräfte erlauben, hülfreiche Hand zu bieten. Um diese Zwecke zu erreichen wird sie a) eine den pekuniären Mitteln der Gesellschaft ent- sprechende Anzahl von Zeitschriften halten, sowohl naturgeschichtlichen als land- und forstwirthschaft- lichen, sowie auch technischen Inhaltes; b) die Benutzung dieser Schriften durch Auflegung in einem passenden Lokale oder durch Cirkulation so leicht als möglich machen ; c) regelmässige Zusammenkünfte veranstalten, in denen zu gegenseitiger Belehrung Vorträge gehalten oder in ungezwungener Form wissenschaftliche Gegen- stände besprochen werden sollen; d) einen Jahresbericht herausgeben, der in seinem wissen- schaftlichen Theile vorwiegend der Erforschung der Naturwissenschaftlichen Verhältnisse Graubündens ge- widmet sein soll. II. Organisation der Gesellschaft. $ 3. Die Gesellschaft besteht aus Männern, welche das Studium der Naturwissenschaften im Allgemeinen oder in ‘einzelnen Zweigen betreiben, oder deren Beschäftigung mit der Naturkunde in naher Beziehung steht oder welche sich sonst für dieselbe interessiren. 5 Zuge a ne ee eh pt 2 er el. Die ordentlichen Mitglieder können sowohl innerhalb des Kantons als auch ausserhalb desselben wöhnhaft sein. Zu korrespondirenden und Ehren-Mitgliedern ernennt die Gesellschaft Persönlichkeiten, welche sich um die Naturwissen- schaften überhaupt, insbesondere auch um die Gesellschaft und die Naturhistorische Erforschung des Kantons Verdienste erworben haben. $ 4. Die Aufnahme neuer Mitglieder findet in den or- dentlichen Versammlungen statt nach vorhergegangener Mel- dung beim Präsidenten, und zwar durch geheime Abstimmung. Die Aufnahme neuer korrespondirender und Ehren-Mit- glieder geschieht durch offenes Mehr auf bezüglichen Antrag durch den Vorstand. Aufnahmen und Ernennungen werden durch Diplome dokumentirt, unterzeichnet von dem Präsidentem und dem Secretär., $ 5. Die ordentlichen Mitglieder unterscheiden sich (mit Rücksicht auf $ 8) in solche, welche in Chur, und in solche, welche im Kanton und ausserhalb desselben wohnen. _ Die Mitglieder, welche Chur verlassen, werden als „aus- wärtswohnende Mitglieder“ in der Matrikel aufgeführt, sofern sie nicht ihren Austritt erklären. $6. Zur Leitung der Naturforschenden Gesellschaft wählt diese einen Vorstand, bestehend aus: a) einem Präsidenten ; b) einem Vicepräsidenten ; c) einem Secretär ; d) einem Kassier; e) einem Bibliothekar, und f) zwei beisitzenden Mitgliedern. 8 7. Die Wahl des Vorstandes geschieht in der ersten ordentlichen Versammlung des neuen Gesellschaftsjahres, welches jeweilen mit dem 1. Okt. beginnt. Sie wird durch Serutinium vorgenommen und ist auf ein Jahr gültig, wobei die abtretenden Mitglieder immer wieder wählbar sind. Gleichzeitig mit der Vorstandswahl geschieht durch offenes Mehr die Wahl zweier Rechnungsrevisoren. III. Verwaltungshestimmungen. S S. Die ordentlichen Mitglieder zahlen einen von der Gesellschaft zu bestimmenden Jahresbeitrag sowie auch Ein- trittsgebühren, jedoch mit dem Unterschiede, dass von aus- wärts Wohnenden nur die Hälfte des Jahresbeitrages und keine Eintrittsgebühren erhoben werden. Korrespondirende und Ehren-Mitglieder sind von beiden frei. S 9. Wer beim Beginne des Gesellschaftsjahres seinen Austritt nicht anzeigt, wird als verbleibend angesehen und zahlt für das angetretene Jahr seinen Beitrag. $ 10. Die ordentlichen Versammlungen sollen jeweilen durch die Churer Tagesblätter bekannt gemacht werden. S 11. Die Versammlungen der Gesellschaft entscheiden über die Verwendung des Vermögens, Aufnahme der Mit- glieder, Revision der Statuten, überhaupt über alle Sachen, die nicht in die Kompetenz des Vorstandes im Allgemeinen oder dessen einzelner Mitglieder im Besondern liegen und ausdrücklich als solche angegeben sind. S 12. Dem Vorstande liegt ob: a) Die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. b) Die Bestimmung der Journale und Bücher, die ange- schafft werden sollen, sowie überhaupt die Sorge für Erweiterung und Erhaltung der Bibliothek. c) Die Einberufung der Versammlungen, die Anordnung von Vorträgen und Besprechung naturwissenschaft- licher Gegenstände. d) Das Vorschlagen von korrespondirenden und Ehren- Mitgliedern laut $ 3. | e) Die Anknüpfung von wissenschaftlichen Verbindungen mit andern Gesellschaften und die Verhandlungen mit denselben. 3 f) Verfügungen hinsichtlich der Benutzung des zeitwei- ligen Lokales und der Zeitschriften, der Bibliothek und der Sammlungen. g) Zur Herausgabe des Jahresberichtes das Erforderliche u le zu verfügen und namentlich dessen Redaktion zu leiten. h) Ueber alle diese Punkte jährlich Rechenschaft abzu- legen. S 13. Der Präsident resp. Vicepräsident leitet alle Ver- sammlungen. Er hat bei allen Abstimmungen, wo kein Sceru- tinium stattfindet, keine Stimme, sondern nur den Stichent- scheid. Er repräsentirt die Gesellschaft nach Aussen und seine Signatur ist zu allen von der Gesellschaft ausgehenden wichtigeren Aktenstücken erforderlich. S 14. Der Secretär führt über alle Verhandlungen ein Protocoll, erledigt mit dem Präsidenten die Korrespondenz der Gesellschaft und unterzeichnet mit diesem. Er sorgt für die lückenlose Fortführung der Matrikel dureh genaue Ein- tragungen der Eintritte und Austritte. S 15. Der Gassier erhebt alle Einnahmen, und leistet alle ihm vom Präsidenten zugewiesenen Zahlungen für Gesell- schaftsausgaben. Er führt über Einnahmen und Ausgaben genaue Rechnung, welche er bei Beginn eines jeden Gesell- schaftsjahres den Rechnungsrevisoren vorzulegen hat. S 16. Der Bibliothekar führt die Controle über alle an die Gesellschaft einlangenden, und von ihr selbst angeschafften Drucksachen, und besorgt die Circulation der hiefür bestimmten Bücher und Zeitschriften. S 17. Die Bibliothek der Gesellschaft ist laut deren Be- schluss vom 21. Juni 1862 mit der kantonalen Bibliothek vereinigt, an welche die neu einlangenden Schriften durch den Bibliothekar abzuliefern sind, und wo dieselben von den Gesellschattsmitgliedern immer wieder gegen Empfangschein an den Kantonsbibliothekar bezogen werden können. S 15. Für den Fall einer Auflösung der Naturforschenden Gesellschaft soll die oberste Schulbehörde des Kantons er- sucht werden, das Gesellschaftseigenthum so lange zu ver- walten, bis ein gleicher oder ähnlicher Verein sich constituirt haben wird. Also beschlossen und in Kraft erklärt in der or dentlichen Sitzung in Chur, am 15. April 1855. Der Präsident: Dr. E. Killias. Der Secretär: Dr. P. Lorenz.“ Die Statuten von 1857 und 1868 können hier wegbleiben, da sie von denjenigen von 1848 und 1885, welch’ letztere heute noch in Kraft sind, nur in ganz unwesentlichen Punkten abweichen. V. Vorstände der Naturforschenden Gesellschaft seit ihrer rang | im Jahr 1825. (Für die Zeit von 1844—1847 ist die Liste aus den nur un- vollständig erhaltenen Protocollen der Gesellschaft, so gut als es möglich war, zusammengestellt worden). (Vide nachfolgendes Vorstands-Verzeichnis.) AOFIOAISSNN Old “ ‘Sup "Ig ses “ aasanıg 'Jolg T3aLyaS "ya WEISSE Ford “ UURWSOM "IQ zeo) 'f TOWMEAUOALIM IA 'eıpseygegt JoIq 1zyIoM "V & 6 & & m & m [3 ses "A °] udg unmgg IQ “ “ Di 19459, 'JoId “ ugs ° "cl onSog-steg AH “ pequaog ‘a a 19zznUBL 'JoAd “ “ Aostey 'f q uodeg ‘f "a Set u a zeo) 'L Jastey 'f IQ Ta uodeg “ “ UBISSEI "IA, “ UUBLISON "JOLA [3 AMoq SJBnpeI2r[og :oraag "ugaay *p aenyay & ac AOSIey 'Y LA DSey Y'faq “ eyuegd "A un - Sa10SSossy any ogapay Jofan, “ wnegueyog °H “ ueısse) HA IQ & “ UUBULSO AA & TZ4LIOW 'JOIT nor pay "yosuassta *p ’170]8 10, 1Oy9sey 'Iq worgoag nampstunpo} “p srıg TOzZyanayaS r [3 “ I19][OoW A J0IA OJJOW IQ 'JOIA "u “ “ Joig orBog-sirg ’A’d ouogg "fr ' udn douagl 'f’d BIOLDUNG 'F J01q “ 19uag 'ysygey “ aouag ag 'mdg ZU9IOT "A Id “ pıewog .ıyy “ “ “ aoypaads "A og “ “ “ SI®S "A XeMW “ P3U3H 481040 “ “ dsuysıog Supneg PpIo10H 'dsumeg P3UIH MEAIgO ses, "A "PY, “ 017308-S1eg AH “ Auupf ‘pay “ “ A9SIEY Vf IA 1examjorggt [+ 1u1a “ ZON "I a u“ u“ pıwyuaog ’d Aa u “ u AOZZUUIR T, 'q *J084 ZU9A0] A9sIe] " “ “ ÄySMoApezS 'H “ “ VOIIUNOS 'L aajuumg "Id, “ PIEJOSUL FOTA “ weisse) 'H IQ aaTuneqyaoLıyM uersse) 'H Aa u“ uodeg °f a aasıey "faq weisse) 'H IQ “ AOUMEAqUDOLLM pua aoffoN. A9LUNBAUDALIM JA A9JJoW FOL A9]JoW 014 IPpAeyuroy Jıy97 ses ‘a ydq sıpes A ydiopy a9F1aquopper Ss d9ArT "dsuns.to sıpes "a dar “ Jose "VL Id “ AOZZWUIBL, "IQ *J0Jg 1oganıg 'Jolq “ u ZRO) 'f u “ preqoayL 9 ad] sengem "A senig ‘4 dq AOSIEY 'f IQ zo) 'f “ dosıey 'f “ "a UURLISOM "IA Aa9sıey 'f IQ UUBUISOW ‘JOoIA u“ OO 'J0I4 & & A9zU US & & & aad.taquolle? 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Es sind dies vor allem die Herren Professoren Standfuss (Zürich), Forel (Morges), Lionel de Nieeville (Cal- cutta) für ihre persönlichen Mitteilungen und Zustellung von einschlägiger Literatur, ferner Herr Dr. A. Volkart aus Zürich, der mir eine grosse Zahl von Schnitten durch Raupen mit Hülfe eines Mikrotomen herstellte, sowie Herr Direktor Dr. Glättli vom Plantahof. Leider sind die Photographien der Futterpflanzen mit Raupen und Ameisen, die Herr Direktor Glättli an Ort und Stelle aufnahm, nicht derart gelungen, dass sie sich zu einer Vervielfältigung für diese Arbeit eignen würden. I. Ueber die Lebensweise der Lycaena argus L. Die Raupen der Bläulinge führen eine sehr verborgene Lebensweise. In der Farbe zeigen sie mit ihrer Umgebung meist grosse Uebereinstimmung. Aus diesen Gründen werden sie im allgemeinen in der Natur wenig beachtet; sind doch selbst von den einheimischen Lycaena-Arten noch nicht alle Raupen bekannt. Die Bläulingsraupen sind träge Geschöpfe von assel- förmiger Gestalt. Die Raupe der Lycaena argus weicht in Nichts von diesem Normaltypus der Lyceaenidenlarven ab. Der hellgrüne Bauch mit den kurzen Füssen ist breit und flach, der Rücken hochgewölbt und wulstig, nach allen Seiten, auch nach vorn und hinten, ziemlich gleich- mässig abfallend. Der glänzendschwarze Kopf ist in den ersten Brustring zurückgezogen und wird nur selten sichtbar. Die Oberseite erscheint sammetartig fein und ist in der Farbe wechselnd. Ganz junge Raupen sind meist schmutzig olivgrün. Aeltere Tiere variieren in der Farbe von schmutzig erün bis violettbraun. Konstant sind ein dunkler, meist etwas heller eingefasster Rückenstreif und ein oft reinweisser Seitenstreif. Die Schrägstriche an den Seiten, welche je nach der Grundfarbe, bald hell, bald dunkel erscheinen, sind meist recht undeutlich und verschwommen. Eine ausgewachsene taupe erreicht die Länge von 1,2 bis 1,5 cm. Die Mehrzahl der Lycaenaraupen lebt an Papilionaceen. So war darin nichts aussergewöhnliches zu suchen, dass ich Lycaena argus als Raupe auf Orytropis pilosa Dec., welche ja zu den Leguminosen gehört, gefunden hatte. Wohl aber blieb ausgeschlossen, dass diese verhältnismässig seltene und nur an wenigen trockenen, heissen und steinigen Orten vor- kommende Pflanze im Churer Rheinthale die einzige Nähr- pflanze der bei uns überaus häufigen Lycaena argus sein Das > 5 4 z x « £ e Ne ir. ir a I nn u Ha Bn Eu sm aD u mal Al Zu a lo 2 ut nam LU 2 ns ala dd dl En End la 4 ul Sn all nl a m ge : | könne. Doch gelaug es mir erst im August, die für unsere (segend eigentliche Futterpflanze zu entdecken und zwar in Hippophaö rhamnoides L., dem Sanddorn, eines bis manns- hohen, dornigen Strauches mit länglichen, etwas derben Blättern, einer Pflanze, die, einer ganz anderen Familie als Oxytropis angehörend, mit dieser mit Ausnahme des Stand- ortes gewiss sehr wenig Uebereinstimmung zeigt. Sanddorn ist eine Pflanze unserer Föhngebiete und eine häufige Erschei- nung in den warmen Thälern des Kantons Graubünden. Auf andern Kleearten, als Oxytropis, habe ich hier nie- mals L. argus gesehen, obwohl ich eifrig darnach gesucht habe. Speyer fand die Raupe auf der Spargelerbse, Lotus sili- quosus Rot; in Italien wurde sie auf Salix rosmarinifolum (?) gefunden; Ploetz und Aurivillius geben als Futterpflanze (Norddeutschland und Schweden) Calluna vulgaris, die ge- meine Heide, an. Die Art scheint also in verschiedenen Gegenden je ver- schiedene Nährpflanzen zu bevorzugen und ist vielleicht im allgemeinen in Bezug auf Auswahl derselben nicht besonders wählerisch. Die Raupe frisst mit eingezogenem Kopfe auf der Blatt- fläche, bald unten, bald oben, jedoch niemals von der Seite her. Vom Blatte bleibt so noch je eine Epidermis übrig, welche bald zu einem dünnen Häutchen eintrocknet. Solche charakteristischen Frassspuren hatten mich zur Auffindung der Raupen geführt. Von Oxytropis pilosa werden zudem mit Vorliebe die gelben Blütenköpfe heimgesucht und von Hippopha& rham- noides die obern Teile der jungen, noch saftigen Triebe. Etwa drei bis sechs cm unter ihrer Spitze werden dieselben angebohrt. Die Raupe frisst sich dabei mit dem Kopfe voll- ständig in den Stengel hinein. Das Zweigende vertrocknet und fällt dann früher oder später ab. Wäre der Sanddorn eine Kulturpflanze, der auf diese Weise durch die Lycaena- raupe verursachte Schaden müsste als sehr bedeutend taxiert werden. 5 Die Raupe findet man im Mai und anfangs ‘Juni und vom Juli an den ganzen Sommer hindurch bis in den Sep- tember hinein auf ihren Nährpflanzen. Der Schmetterling fliegt von Mitte Juni bis Ende Oktober. Lycaena argus hat in unserem Teil des Rheinthales mit dem langandauernden, warmen und nebelfreien Herbste sicherlich nicht blos zwei, sondern drei Generationen während eines Jahres. Die Art überwintert im Eizustand. Die Puppenruhe ist kurz; sie beträgt etwa 2—3 Wochen. Die anfänglich schmutzig gelblichgrüne, stumpfe Puppe ohne besondere Zeichnung, wird später gelblichbraun bis schwarz- braun. Die bei uns fliegende Lycaena argus L. gehört der Varietät argulus Frey. an, bei welcher die Weibchen auf der Oberseite aller Flügel sehr schön und intensiv blau bestäubt sind. Einfarbig braune Stücke sind selten. Bis jetzt habe ich nur eine Ameisenart gefunden, von welcher die Lycaenaraupe besucht wird. Herr Prof. A. Forel bestimmte sie mir als Formica cinerea Mayr., nicht ganz typisch, sondern etwas zur Varietät ‚fusco ceinerea Forel hinneigend. Diese mittelgrosse, „aschgraue* Ameise lebt in Gesell- schaften mit oft sehr grosser Individuenzahl beisammen. Sie baut keine Haufen; ihre Nester sind unterirdisch. Sie liebt trockene, unbebaute, sandige und steinige Orte und ist bei uns überall zu Hause, wo Spitzkiel oder Sanddorn, unsere Futterpflanzen der Lycaena argus L., angetroffen werden. 2. Erste Beobachtungen über den Verkehr zwischen Raupen und Ameisen. Schon bei der ersten Raupe, die ich fand, fiel mir aut, dass von ihrem Rücken mit Gewalt zwei Ameisen ent- fernt werden mussten, wollte man die Raupe für sich haben. Mit Genugthuung bemerkte ich, dass sie noch unverletzt war, dlenn ich dachte nichts anderes, als dass dfe Raupe ein Opfer der Raublust jener Ameisen geworden sei, welche sie getötet und als fette Beute in ihr Nest geschleppt haben würden, - TE RT KERERFHTR ale hu N rin he ia nla ia tl Bm nn in ui. uemal Side Bub nn Zn nh nun Sul one na ann ann Zu nn u nal Zar Mana Ehen ann nn naeh v , Ya 5 Da niit FE u u | Doch auch alle die folgenden Raupen (etwa ein Dutzend an der Zahl), die ich an jenem Nachmittage fand (es war am 7. Juni), waren von Ameisen begleitet und ich konnte mich bald genug überzeugen, dass das gegenseitige Verhältnis von Ameisen- und Raupen keineswegs feindschaftlich, sondern so- gar recht freundschaftlicher und vertraulicher Natur war. Bei meinen späteren Jagden nach Raupen suchte ich nicht mehr diese direkt, sondern achtete lediglich auf die Ameisen und jedesmal, wo davon 2 bis 7 auf einem Blatt der Nährpflanze beisammen waren, fand ich eine Lycaena- raupe in ihrer Mitte. Manche der so gefundenen Raupen waren noch so klein. (lass ich sie ohne die Gegenwart ihrer schwarzen Kameraden niemals entdeckt haben würde. Es verdient dies besonders deshalb erwähnt zu werden, weil nach den Beobachtungen von W. H. Edwards die Ameisen in Nordamerika nur die nahezu ausgewachsenen Raupen besuchen sollen. Die Ameisen tummeln sich lebhaft auf dem Rücken der Raupe; laufen bald der Länge nach, bald quer über sie hin; oder sie verhalten sich auch völlig ruhig auf ihr und bald entfernen sie sich auch auf eine kurze Strecke, um dann rasch wieder zu ihrem Schützlinge zurückzukehren. Die grösste Anfmerksamkeit wird den letzten Leibesringen der Raupe geschenkt. Dort halten sich die Ameisen am meisten auf. Dort ist auch die Stelle, wo die Intensität, mit welcher jene die Raupen streicheln, ihren Höhepunkt erreicht. Die Raupen werden nämlich von den Ameisen unablässig mit den Fühl- hörnern betastet. Bald gleicht diese Manipulation einer sanften Liebkosung ünd bald einem energischen Hämmern oder Trommeln auf den Rücken der Raupe. Diese ganze Behandlung stört die Raupe nicht im geringsten. Sie nimmt dieselbe augenscheinlich hin als etwas selbstverständliches. Ruhig frisst die eine auf ihrem Blatte weiter, setzt eine andere ihre Wanderung nach neuer Atzung fort und verharrt eine dritte unbeweglich auf ihrem Platze, soviel auch die Ameisen auf ihrem Rücken herumkrabbeln mögen, Bat Alles dies, sowie die Thatsache, dass ich auch nicht eine Lycaenaraupe fand, welche ohne Ameisenbegleitung ge- wesen wäre, musste den Gedanken nahe legen, dass es sich hier um eine Symbiose, um ein Zusammenleben von Raupen und Ameisen handeln und ein ähnliches Verhältnis vorliegen _ müsse, wie es 2. B. besteht und schon längst bekannt ist zwischen Ameisen und Blattläusen oder Ameisen und Schild- läusen. 3. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen Lycaena argus L. und Formica cinerea Mayr. Die Ameisen suchen die Raupen auf ihrer Nährpflanze auf. Die Erscheinung ist so regelmässig, dass sie als gesetz- mässig betrachtet werden muss. Während des ganzen Sommers habe ich wohl einige hundert Raupen im Freien beobachtet und nicht eine einzige ohne Ameisenbegleitung gefunden. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Ameisen die Bläulingsraupen aus einem bestimmten Grunde aufsuchen. /weifelsohne geschieht es deshalb, weil sie irgend einen Nutzen aus diesem Zusammenleben ziehen. Der Raupe ihrer- seits wird dieser Besuch keineswegs lästig: im Gegenteil, sie scheint ihn zu lieben. Sie ist sogar gewissermassen auf diesen Besuch angewiesen, denn wie wir später sehen werden, besitzt sie besondere Organe — sogenannte Anpassungscharaktere an die Symbiose — welche direkt auf den Ameisenbesuch hinweisen. Wir dürfen daraus schliessen, dass auch‘ der Lycaena aus dem Zusammenleben bestimmte Vorteile er- wachsen werden. a) Ueber den Nutzen, der Lycaena argus L. aus der Symbiose erwächst. Nähert man sich mit einem Gegenstand, z. B. einem Finger oder einem Hölzchen der Gesellschaft einer Raupe mit Ameisen, so wird man von diesen in Kampfesstellung und mit weit geöffneten Zangen empfangen. Man gewinnt sofort die Ueberzeugunge, dass die Ameisen die Raupen zu schützen suchen. # # . Ki ER u NEE N a FE ee De a ar le Diet a ae a en 4 de a nd u a ee h N an u Fb Ne Eee an? RE Lu > s wüfn ..n < n7 Be Ep u a er a A Be Dabei legen die Ameisen grosse Hartnäckigkeit an den Tag. Sie weichen nicht von dem Rücken der Raupe; man muss sie mit Gewalt entfernen. Zeigt sich die Raupe un- ruhig, so rennen die Ameisen in kurzen Ausfällen vom Rücken der Raupe aus bald nach vorn, bald seitwärts oder nach hinten, um die Ursache der Unruhe ihrer Pflegebefohlenen zu ermitteln und etwaige in der Nähe befindliche Störefriede unschädlich zu machen. Auf dem Marsche nach neuen: Futter oder zur Ver- puppung wird die Raupe beständig begleitet, wobei die Ameisen sich bald als gewandte Reiter, bald als Herolde, in- dem sie der Raupe vorangehen, ausweisen und bald als Nachhut hinter ihr hergehen. Die Ameisen werden die Raupen, in ihrem Bestreben, selbe zu schützen, vor allen gegen Raubfliegen und Schlupf- wespen zu verteidigen haben, welche ihre Eier auf, beziehungs- weise unter die Haut der Raupe zu legen suchen. Edwards erzählt von einem Fall, den er beobachtet, nach welchem eine grosse Schlupfwespe (Ichneumonidae) sich einer ahnungslosen Raupe bereits so weit genähert hatte, dass im nächsten Augenblick der Legestachel der Wespe die Raupe berührt haben müsste, als im gleichen Moment die bis dahin unbeweglich und in Kampfesstellung. verharrte Ameise von dem Rücken der Raupe aus einen raschen Aus- fall gegen den hinterlistigen Feind gemacht habe, der dann auch sofort das Weite gesucht und nicht wiedergekehrt sei. Vollständig gelingt es den Ameisen freilich nicht, die Lycaenaraupe vor den Angriffen der Raubinsekten zu schützen. Man findet nämlich, wenn auch verhältnismässig selten, so- wohl kleine, wie auch grosse Raupen, welche „angestochen“ sind. Selbst zwei Puppen fand ich, welche in ihrem Innern je eine Schlupfwespenlarve beherbergten, ein Beweiss, dass jedenfalls auch völlig ausgewachsene Raupen noch’ von den Raubinsekten heimgesucht werden können. Auch in anderer Weise suchen die Ameisen den Raupen sich nützlich zu machen. So sah ich einst, wie eine Ameise ‚sich lange Zeit abmühte, freilich ohne Erfolg, eine auf den Boden gefallene und auf dem Rücken liegende Raupe wieder IVO zu sich auf das niedrige Zweiglein zu ziehen, auf dem sie selbst sass. Die Lycaeniden verpuppen sich meist an der Erde unter Steinen, Moos u. s. w. und es interessierte mich, zu erfahren, wohin unsere Lycaena argus sich zu dem Zwecke begeben würde. Zu meinem Erstaunen fand ich die Puppen regel- mässig in den Gängen und Nestern der sie besuchenden Ameisen- art, also der Formica cinerea Mayr. Die stumpfen, braunen Puppen sind am After und durch einen Seidenfaden (Gürtel) um den Leib an der Decke der Ameisenbauten befestigt. Oft auch findet man die Puppen am Wurzelstock der Nähr- pflanzen, um welchen die Ameisen ihre Gänge haben. Demnach wird die Lycaena argus während ihres Puppen- zustandes zum eigentlichen Gaste der Ameisen, ohne in dieser Zeit irgend welchen Gegendienst leisten zu können. Von um so grösserein Vorteil mag diese Gastfreundschaft von Seite der Ameisen für die Lycaena sein. Ich bin überzeugt, einen besseren Ort als den genannten, für die Verwandlung, könnte die Lycaeharaupe sich nicht ausgewählt haben. Diese völlig nackten und jeder schützenden Hülle baren Puppen werden so vor Nächstellungen durch andere Tiere, z. B. durch Carabiden oder deren Larven, am vollkommensten ge- sichert sein. Bei Raupen und Ameisen, die ich in der Gefangenschaft beisammenhielt, konnte beobachtet werden, dass die Ameisen auch dann die Raupe nicht verliessen, wenn diese schon alle Vorbereitungen zur Verpuppung getroffen hatte und selbst dann noch etwa 2 bis 3 Tage bei dem Tiere verblieben, wenn dieses seine Raupenhaut bereits abgestreift und sich zur Puppe verwandelt hatte. Die Ameisen hüteten diese, wie ich glaube, so lange, bis die Chitinhülle völlig hart geworden war. ‚Auch auf älteren Puppen konnte ich öfters Ameisen vorübergehend sitzen sehen. Leider habe ich das Verhalten der Ameisen in dem Momente, da die Verpuppung vor sich geht. bis jetzt noch nicht beobachten können; doch war ich einmal zugegen, als eine Raupe sich häutete. Obwohl in den letzten Tagen vor «dem Abwerfen der Haut die Raupen je- f) N g Pr 7 R k I 2 7 3 E “= v 7 ’ % 2 ; i Be 3 2 1 “ : h L : 2 3 weils ohne Nahrungsaufnahme in einem thatenlosen Zustande verharren, war in dem Falle doch beinahe ohne Unterbruch wenigstens eine Ameise bei der Raupe. Die Häutung ver- lief völlig normal. Die Ameise zeigte während des Abstreifens sichtliche Unruhe. Dass sie jedoch irgendwie aktiv an dem Häutungsgeschäft teilgenommen hätte, habe ich nicht be- merken können. Ich stelle mir vor, dass die Ameisen sich bei der Verwandlung der Raupe zur Puppe ähnlich verhalten werden, wie bei einer der gewöhnlichen Häutungen, deren die Raupe ja vier durchmacht. Mrs. Wyliv erzählt bei Lionel de Niceville einen interes- santen Fall aus Indien, nach welchem vor dem Eintritt der grossen Regen unter den Ameisen, welche die Raupen von Tarucus theophrastus. Fabr. besuchen, reges Leben herrsche. Die Ameisen würden zu der Zeit unablässig auf der Suche nach Raupen sein (auf der Nährpflanze der Tarucus) und sie zur Verpuppung in ihr Nest, welches um den Stock der Futterpflanze der Lycaenaart gebaut werde, begleiten. Wenn Raupen einen andern Weg einschlagen wollten oder sich sonst widerspenstig aufführten, so würden sie zwangsweise von den Ameisen in das Nest geführt. Jeder Raupe werde da ein be- stimmter Platz zur Verpuppung angewiesen. Decke man später so ein Ameisennest ab, so finde man mehrere hundert Raupen und Puppen in allen Stadien der Entwicklung in einem grossen, gleichförmigen Bande um den Wurzelstock der Nährpflanze angeordnet. Die Ameisen würden nach dem Abdecken des Nestes die Puppen mit Erde wieder zu decken suchen, und verhindere man dies, selbe in die Tiefe des Baues schaffen; ganz gleich, wie sie es mit ihrer eigenen Brut zu thun pflegen. Ebenso sollen die Ameisen die ver- dorbenen Puppen aus dem Neste schaffen; also die gesunden von den kranken Puppen unterscheiden können. In den Bauten von Formica cinerea habe ich ebenfalls nie tote Pnppen gefunden, ebenso nie keine leeren Hüllen von Puppen. Ob dieselben ins Freie geschafft werden oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Sicher ist, dass auch bei uns Lycaena argus von den Ameisen begleitet wird auf ihrem Weg zur Verpuppung. 1 Eine regelmässige Anordnung der Puppen im Neste der Formica einerea findet jedoch nicht statt. Auch habe ich nie beobachten können, dass in einem aufgedeckten Neste die Puppen in die Tiefe geschafft worden wären. In der allgemeinen Aufregung, die ich jeweils durch meine Störung unter dem Volk der Ameisen verursachte, blieben die Puppen stets unbeachtet liegen. In Indien würde sich der Schutz, den die Ameisen den I,ycaeniden angedeihen lassen, sogar auch auf das Falter- stadium ausdehnen, indem die Ameisen dem Schmetterling beim Ausschlüpfen und beim Verlassen des Nestes behülf- lich und förderlich sein würden. So bringt Lionel de Niceville in seiner Arbeit: Butter- flies and Ants, eine diesbezügliche Beobachtung von Mrs. Wylly, die ich hier folgen lassen will: „Ist der Schmetterling am Ausschlüpfen, was nach 6 bis Ttägiger Puppenruhe der Fall ist, so wird er auf das zärt- lichste unterstützt bei der Befreiung aus seiner Hülle und nach normalem Verlauf der Sache, kann er ungestört seine Flügel entfalten, das Erstarken derselben abwarten und nach- her wegfliegen. Doch wenn durch irgend welches Unglück der Schmetterling zu beschädigt und zu verkrüppelt aus- schlüpft, um seine Flügel gebrauchen zu können, kann eine ganze Katastrophe eintreten („a catastrophe occurs*). In einem Falle war so ein Schmetterling auf den Boden gefallen, ehe seine Flügel trocken waren und eine Soldatenameise suchte ihn zu retten. Sie trug ihn mit der allergrössten Sorgfalt zurück auf den Zweig und versuchte verschiedene male, ihn beim Wiederfesthalten am Baume zu unterstützen. Ihre vergeblichen Anstrengungen einsehend, überliess sie den Krüppel für eine kurze Zeit sich selbst. Als sie bei ihrer Rückkehr noch keinen Fortschritt sehen konnte, schien ihre (seduld verschwunden zu sein, biss die verbildeten Flügel an ihrem Grunde ab und trug den flügellosen Körper in das Nest hinein; entweder als Nahrung für das Ameisenvolk oder zu irgend einem anderer Zwecke, es war unmöglich, dies festzustellen.“ BER). N a u in» lan nn aa a Sr a öl te el ee TER Paz Pur, % a ni Bun an nam nn. u nöeen Bu mu 1 14 Em 6, ur ha Zr an Gl nn Ze De a un nn ab u ep act ı in Alle Beobachtungen, die ich hier bis jetzt habe machen können, berechtigen zu dem Schlusse, dass unsere Lycaena argus eine Hülfe zum Verlassen der Puppe zum mindesten nicht notwendig braucht. Eine Menge Puppen, zu welchen Ameisen keinen Zutritt hatten, lieferten samt und sonders tadellose Falter. Wer Gelegenheit hatte, zu sehen, mit welcher Raschheit Lycaena argus ihrer Puppenhülle entsteigt, kann sich kaum vorstellen, dass bei dem Akt Ameisen noch wesent- liche Dienste leisten könnten. Uebrigens sind hierüber noch weitere Beobachtungen anzustellen. Auf alle Fälle aber bleibt auch für uns die Thatsache von Wichtigkeit, dass die Ameisen die jungen Schmetterlinge in ihren Wohnungen dulden und der Falter unbehelligt ins Freie gelangen und dort ungestört in nächster Umgebung der Ameisen das völlige Auswachsen und das Erhärten seiner Flügel abwarten kann. Ein blosses Geduldetsein unter den Ameisen wird dem Falter schon zum Vorteil gereichen, da er vor Feinden am ehesten geschützt sein wird, wenn er sich, solange er noch nicht fliegen kann, mitten unter dem mit andern Geschöpfen im allgemeinen so unverträglichen Volk der Ameisen auf- halten kann. b) Ueber den Nutzen. den die Ameise aus der Symbiose zieht. Die Raupe gegen ihre Feinde schirmen und verteidigen. die Puppe als Gast in ihren Wohnungen beherbergen, den Schmetterling als Freund und guten Bekannten behandeln, das sind die Dienste, welche die Ameisen der Lycaena bringen. Was bietet nun diese für Gegenleistungen? Es müssen wohl solche geboten werden, denn so viel Rücksicht und Auf- merksamkeit werden die Ameisen keinem Wesen entgegen- bringen, das sich ihnen gegenüber völlig indifterent verhielte. — Der flüchtige Falter und die unbewegliche Puppe werden ihnen keinerlei Nutzen bringen können. Einzig die Raupe wird imstande sein, etwas zu leisten. Die Erscheinung, dass die Ameisen diese auf ihrer Futterpflanze aufsuchen, spricht ja auch ohne weiteres dafür. — 14 Dass es nicht etwa die durch den Frass der Raupe ver- wundete Futterpflanze ist, von der die Ameisen irgend etwas profitieren, davon kann man sich leicht überzeugen, da die Ameisen derselben keine Aufmerksamkeit schenken Die Ver- mutung, es möchten vielleicht die Exkremente der Raupe es sein, um deretwillen sie aufgesucht wird, bestätigte sich eben- falls nicht. Nur ein einziges mal konnte ich beobachten, wie eine Ameise den Auswurfstoffen einer Raupe Aufmerksamkeit schenkte. Ich war Zeuge folgenden Vorfalles: Neben einer Raupe, die sich in einem der gelben Blütenköpfe der Oxy- tropis gütlich that, lagen drei Exkremente. Eine eben her- zugekommene Ameise fasste eines nach dem andern mit ihren Kiefern, ging mit jedem an den Rand der Blume und warf sie über Bord. Die Exkremente aber blieben auf der Erde unbeachtet liegen, obwohl viele Ameisen gerade an dem Orte emsig hin und her liefen. Das Wegtragen geschah also wohl nur in der Absicht, die Weide des Schützlines vom Unrat zu reinigen. So blieb noch eine dritte Möglichkeit übrig, «ie nämlich, dass die Raupe besondere Organe, vielleicht Drüsen besitze, deren Absonderungen die Ameisen aufsuchen und um deret- willen sie die Symbiose mit der Raupe überhaupt einge- sangen sind. In einem früheren Abschnitte wurde erwähnt, dass die Ameisen den hintern Leibesringen der Raupe die grösste Aufmerksamkeit schenken würden. Bei genauer Beobachtung findet man, dass es besonders das drültleizte Segment ist, das sie anzieht. Von Zeit zu Zeit pressen sie da ihre Mundteile hin und zwar immer an dieselbe Stelle und verhalten sich während etwa einer halben Minute völlig ruhig, nur ihre Fühler streicheln dann die Raupe besonders lebhaft. Hebt die Ameise den Kopf in die Höhe, so kann man selbst mit unbewaffnetem Auge ein besonderes Organ ent- decken. Auf der Mitte des Rückens, also in der Dorsallinie, und nahe am hintern Rande des drittletzten Segmentes, be- findet sich eine querliegende Spalte. Fig. IV der Tafel zeigt in schematischer Darstellung ihre Lage (in c). Die Zeichnung ae Id stammt von W. H. Edwards. Sie zeigt die letzten Segmente der Raupe von Lycaena pseudargiolus Boisd. und Lee. aus Nord- amerika. Ich habe diese Abbildung des öfteren und genau mit den betreffenden Partien von Lycaena argus verglichen und volle Uebereinstimmung gefunden, ebenso L. de Niceville für die mıyrmekophilen Lycaenidenraupen Indiens. Die Länge der Oeflnung beträgt bei ausgewachsenen Raupen etwa '» bis ?”, Millimeter. Sie wird begrenzt oder gebildet von zwei Hautwülsten. Das Ganze kann am besten mit einem Munde mit den zwei Lippen verglichen werden. Die beiden wulstigen Ränder sind auf der Aussenseite, wie übrigens der ganze Rücken der Raupe, mit mikroskopisch feinen Sternwärzchen dicht besetzt (Fig. III). Auf der Innenseite ist ihre Fläche glatt und feuchtglänzend. Von Zeit zu Zeit öffnet sich die Spalte ein wenig und lässt zwischen ihren Lippen ein winziges, von blossem Auge noch eben wahrnehmbares Wärz- chen oder Zäpfchen treten, auf welchem ein kleines Tröpfehen einer klaren Flüssigkeit glänzt. In Fig. V sind die zwei wul- stigen Ränder des Organs mit dem aufgestossenem Wärzchen und einem Tropfen Saftes in einem schematischen Querschnitt durch die Spalte dargestellt. Abbildung III zeigt uns die Spalte von oben gesehen. Das Stück Chistinhaut, wie es in Fig. III wiedergegeben ist, wurde, um brauchbar für das Mikroskop zu werden, durch Kalilauge von den unterliegenden (rewebeteilen befreit. Die Lippen sind etwas geöffnet, «lie sonst glatten inneren Wandungen durch die oben angedeutete Behandlung zusammengefallen, runzelig und faltig geworden. Die Sternwärzcehen in nächster Nähe des Organs sind in der Mehrzahl braun gefärbt, und die Borste, die ursprünglich aus der Mitte eines jeden dieser Gebilde hervorragt, ist ihnen verloren gegangen, möglicherweise aus dem Grunde, weil sie gegen Kalilauge weniger widerstandsfähig waren, als die der andern, von der Spalte weiter entfernten und meist farblosen oder weissen Wärzchen, welche alle den Dorn noch haben. Leider besitze ich bis jetzt noch keine Präparate, welche die saftabsondernden Drüsen des Organs und überhaupt seine ganze Anatomie genauer erkennen liessen. Wahrscheinlich Rn gehören die Zellen, welche den Saft absondern, der Hypo- dermis an und sie werden aus gewöhnlichen Zellen dieser Gewebeschicht durch Umwandlung in Drüsenzellen ent- standen sein. Auf das Hervorkommen des genannten Safttropfens haben es die Ameisen abgesehen und wenn er erscheint, so wird er begierig bis auf den letzten Rest aufgeleckt. Diese Flüssigkeit muss für die Ameisen ein grosser (senuss sein. Wie lange es auch gehen mag, bis eine neue Ausscheidung erfolgt, die Ameisen werden des Wartens nicht überdrüssig. In der Zwischenzeit spazieren sie wohl auf der Raupe herum, dieselbe fortwährend mit ihren Fühlern betastend, halten sich aber doch stets in der Nähe der Drüse auf und sobald die Spalte sich zu öffnen beginnt, werden auch schon die Mund- teile angesetzt. In der Regel leckt nur eine Ameise den Tropfen ab, doch habe ich schon beobachtet, dass gleichzeitig zwei sich an dem Safte erlabten. Eine Analyse des ausgeschiedenen Saftes habe ich nirgends gefunden, doch nehmen alle Beobachter an, dass derselbe süss von Geschmacke und die Drüse eine Art Honigdrüse. sei. Lionel de Nie£ville schreibt z. B.: „— On the upperside in the dorsal line (of the larvae) is an oval opening from which exsudes a sweet liquid, of which the ants are inordinatly fond. —* Soviel habe ich gesehen, dass der Saft in einem Fall ziemlich diekflüssig, sirupartig erschien. Indem während des Aufleckens eine Ameise einmal absetzte und den Kopf in die Höhe hielt, konnte man «enau sehen, dass die Flüssigkeit „fadenziehend“ war. Die Absonderung derselben geschieht nach freiem Willen der Raupe. Durch die Gegenwart der Ameisen und ihre Liebkosungen wird jedoch die Drüse zur Thätigkeit angeregt werden. Ohne Beisein der Ameisen er- folgt niemals eine Sekretion. Die Zeiträume, innerhalb welchen solche stattfinden, sind sehr verschieden lang. Manche Raupe gibt, wie es scheint, wenigstens zeitweise, den Ameisen in kurzen Abständen reichlich zu trinken. In einer Minute können mehrere Sekretionen erfolgen. Oft aber auch müssen u en a Zn Me a ee ee \ ; 3 S x 7 “OR a a die Ameisen eine Viertelstunde warten, bis ihnen die Raupe wieder zu trinken gibt. Besonders reichlich floss die Honigquelle, wenn die Raupe in Not war, wenn es mir z. B. gelang, sie samt einer Ameise auf einen ihr ungewohnten Platz, z. B. auf mein Kleid, zu setzen. Da erschien ein Tröpfehen nach dem andern, gleichgültig, ob die Raupe sich still verhielt oder unruhig und suchend umherlief. Gewiss wurde von ihr des- halb so ausgiebig sezerniert, um den Beschützer in der Zeit der Gefahr nicht auch noch zu verlieren. Die Ameise blieb auch jeweils auf dem Rücken der Raupe nnd nahm ich den Reiter gewaltsam weg, so wurden die Saftausscheidungen so- fort eingestellt. Mir schien, als ob die Raupen der ersten Generation, die ich jedoch nur auf Oxytropis beobachtet habe, häufiger se- zernierten, als die später auf Hippopha& rhamnoides ge- fundenen (Grenerationen. Dass von der Art der Futterpflanze die Leistungsfähig- keit der Honigdrüse bis zu einem gewissen Grade beeinflusst werden kann. zeigen schon Edwards Untersuchungen über die Lebensweise der Lycaena pseudargiolus. Im grossen ganzen aber erhält man den Eindruck, dass die Lycaena- raupen in ihren Honigausscheidungen den Ameisen ein be- achtenswertes Nahrungsmittel zu bieten im Stande sind, ja sogar, dass der Saft für die Ameisen, welche Raupen besuchen, das Hauptnahrungsmittel darstellt. c) Ueber zwei weitere, mit der Symbiose in Beziehung stehende Organe der Lycaenaraupe. Die Honigdrüse ist eine Eigentümlichkeit der Lyceaena- raupe, welche auf das Zusammenleben mit den Ameisen be- rechnet ist und objektiv darauf abzielt. Diese Drüse auf dem drittletzten Segmente ist nun nicht das einzige Organ, das genanntem Zwecke dient. Auf dem folgenden Leibesring, dem zweitletzten (es ist der 12., wenn wir den Kopf der Raupe als ersten Ring bezeichnen, oder das 11. Segment, den Kopf nicht mitgerechnet), befinden sich zwei weitere, nur der Lycaenaraupe eigene Organe, deren Funktion mit der Sym- 9) BE ee bivse ın Beziehung gebracht werden muss. Auf dem Rücken dieses Segments sind zwei gelblichweisse, ausstülpbare Zäpf- chen oder Röhrchen von evlindrischer Gestalt. Fig. TV zeigt in b ihre Lage auf dem Segment. Sie befinden sich also etwas seitlich und hinterhalb der Stigmen. Ihre Länge er- reicht beim ausgewachsenen Tier ca. *ı—1 mm. Der Durch- messer beträgt ein drittel der Länge. Das Hervorstossen und Zurückziehen dieser Organe geschieht auf dieselbe Art und Weise, wie eine Schnecke ihre Fühlhörner ausstreckt und einzieht, oder eine Papilioraupe ihre Nackengabel spielen lässt. Am Ende tragen diese Zäpfchen einen Kranz feiner und steifer Börstehen (Fig. VD), welche ihrerseits wieder mit schräg nach vorwärts gerichteten, feinsten Härchen von mikroskopi- scher Kleinheit licht besetzt sind (Fig. VO). Ist das Organ entfaltet, so breiten sich die Börstchen zu einem Kranze ra- lialer Strahlen um das Ende «des Zäpfchens gleichmässig aus und stehen dabei senkrecht zu dessen Längsachse oder sind eher etwas zurückgebogen. Wird das Röhrchen einge- zogen, so stellen sich die Dörnchen zu einem aufrechten Pinsel zusammen und sinken dann in die Tiefe. Fig. VI zeigt einen solchen Tubus mit ausgestülptem Haarkranze. In seiner nächsten Umgebung ist, wie Fig. VI ebenfalls zeigt, die Chitinhaut mit besonders vielen Sternwärzchen bekleidet, und beinahe alle sind, wie diejenigen um die Dorsal- öffnung des drittletzten Segmentes, braun gefärbt. In Fig. VII ist dasselbe Organ wiedergegeben nach der Behandlung mit Kalilauge und bei stärkerer Vergrösserung. Der Borstenkranz hat da bedeutend gelitten. Die Börstchen haben ihre regel- mässige Anordnung eingebüsst, viele sind auch ganz ver- schwunden. Bei etwas tieferer Einstellung des Mikroskopes erblickt man das hier über den Borstenkranz kegelförmig hervor- stehende Ende des Tubus, welches an seiner Spitze einge- stülpt erscheint. Durch die ganze Länge des Zäpfchens zieht sich ein nach dem Grunde zu allmählich enger werdender Kanal. Von einer Stoffabsonderung aus diesen Röhrchen oder Tuben (tentacula nach L. de Niceville) kann nichts wahrge- nommen werden. Ebenso werden diese Organe von den | i E h E E . i 3 En ie AT A a a Ameisen nicht im geringsten gewürdigt. Achtlos laufen sie dlarüber hin und werden sie von ihnen zufällig einmal berührt, so zieht die Raupe die Zäpfchen sofort ein, um sie jedoch bald nachher wieder auszustrecken. Um so befremdender ist die Erscheinung, dass diese Röhr- chen nur dann sichtbar werden, wenn Ameisen in der Nähe der Raupen sind. Von den Ameisen isolierte Raupen spielten niemals mit ihren Tuben. Dieselbe Beobachtung hatte auch Edwards an Lycaena pseudargiolus in Nordamerika gemacht. Mr. Guenee, der erste, der die Spezialorgane der Ly- caenidenraupen an Lycaena baetica L. beschrieben hat, hielt die Honigdrüse für eine Verteidisungswäffe und über die Bestimmung der zwei Tuben gibt Guende keine genaue Er- klärung ab.”) Lionel de Nieeville meint, dass es sich hier möglicher- weise um zwei, infolge Nichtgebrauchs rudimentär gewordener Organe handeln könnte. Zur Begründung dieser Ansicht macht L. de Niceville auf Curetis thetys Drury aus Indien aufmerksam, deren Raupe keine Honigdrüse besitzt, nicht von Ameisen besucht wird, bei welcher nun jedoch die beiden „Tentakeln* auf dem zweitletzten Segmente viel stärker ent- wickelt sind, als bei irgend einer andern Lycaenide und bei ihr die Funktion einer wirksamen Verteidigungswafte über- nehmen. Sobald man diese Raupe berührt, sagt L. de Niee- ville, so werden die zwei Röhrchen mit ihrem langen Haar- kranz mit Blitzesschnelle ausgestülpt und mit grosser Heftigkeit im Kreise herumgewirbelt. Die Raupe thut das ohne Zweifel in der Absicht, um sich ihre Feinde vom Leibe zu halten. Eine solche Wehre hat eine Raupe, die von den Ameisen beschützt wird, nicht mehr notwendig, und das betreffende Organ, ausser Dienst gestellt, wird in seiner Ausbildung *) Guenee: D’un organe particulier, que presente une chenille de Lycaena. Ann. Soc. Ent. de France V.7 1867 **) L. de Nieceville sagt wörtlich: „In the larvae with the honey- gland these tentacula are much smaller and have short hairs at the apex; in these larvae they are probably becommg aborted from want of use,“ RE nel Diese Lösung hat entschieden viel für sich und doch kann sie nach den Beobachtungen von Edwards und mir nicht befriedigen. Wie kommt es denn, so müssen wir fragen, dass diese rudimentäre Verteidigungswatte niemals stärker in Thätiekeit gesetzt wird, als wenn die, die Raupe besuchenden Ameisen, also ihre besten Freunde, in ihrer Nähe sich befinden? Sowohl Edwards wie ich haben die Beobachtung gemacht, dass die zwei Zäpfchen ausschliesslich in Gegenwart ihrer schwarzen Gesellschafter sichtbar werden. Beim Berühren der Raupe mit der Hand werden die Tuben eingezogen. Bringt man Raupen zu Ameisen, welche vor- her nie mit jenen Umgang gepflegt haben konnten, so bleiben die zwei Organe, wie ungeschlacht die Raupe von der fremden Ameise auch behandelt werden mag, gleichwohl zurückgezogen. Man sollte meinen, aus angeborenem Instinkte, aus alter Ge- wohnheit würden sie vor allem dann erregt werden, wenn die Raupe von, ihr fremden Wesen berührt wird. Es ist je- loch das Gegenteil davon der Fall. Wenn die Vermutung von de Niceville richtig sein sollte, so würden wahrscheinlich die Tuben bei den jungen Raupen stärker entwickelt sein, als bei den alten, so gemeint, dass (dieselben nach jeder Häutung, deren die Raupe ja vier durch- macht, stets kleiner und unscheinbarer würden. Zu dem Schlusse berechtigt uns das biogenetische Grundgesetz, nach welchem die Entwicklung eines Tieres seine abgekürzte Stammesgeschichte darstellt. Nach den Untersuchungen Ed- wards würden jedoch die Raupen in Nordamerika höchstens vor der vierten und letzten Häutung und jedenfalls nicht vor der dritten, des Schutzes der Ameisen teilhaftig werden, und erst von diesem Zeitpunkte an finde man Honigdrüse und Tuben deutlich entwickelt. Für die junge, noch nicht von Ameisen besuchte Raupe aber wäre eine selbständige Verteidigungs- waffe bis zur letzten Häutung noch von Nutzen, da die Raub- fliegen und Schlupfwespen auch die jungen Raupen heim- suchen und hätte die Raupe einst eine solche Waffe be- sessen, so würde sie dieselbe für ihre erste Lebenszeit gewiss auch beibehalten haben, was jedoch nicht der Fall ist. Ueber die Funktion und speziell über die Bedeutung der ”) | zwei Röhrchen spricht sich W. H. Edwards folgendermassen aus:*) „Brachte ich eine frische Larve auf einen Stamm, wo keine Ameisen waren, so konnte auch keine besondere Auf- regung oder Reizung bei der Raupe bemerkt werden, kein Hervortreten der Tuben und keine Bewegung im drittletzten Segment. lclı beobachtete dies verschiedene Male und bin dessen sicher. Wenn Ameisen auf den Stamm gesetzt wurden, be- gannen diese mit ihren Liebkosungen und die Raupe änderte alsobald ihr Betragen. Nach allem, was ich gesehen, glaube ich annehmen zu können, dass diese Röhrchen blosse Signale für die Ameisen sind. damit diese, wenn sie entdecken, dass die Tuben ausgedehnt sind, nun wissen, dass eine Erquickung für sie bereit gehalten wird. Ob die Tuben noch einen andern Zweck haben, weiss ich nicht. Es ist keine Oeffnung wahrnehmbar auf der Kuppel der Röhrchen, auch wenn sie ausgedehnt sind und die Ameisen lecken weder diese noch überhaupt (das zweitletzte Segment. Man könnte vermuten, die Tuben seien zum Furchteinjagen da, um Feinde zu ver- treiben, «loch ist dem bestimmt nicht so. Sie stehen vielmehr in irgend einem Zusammenhang mit der Honigdrüse und in den jüngeren Stadien, da die haupe den Feinden am meisten aus- gesetzt ist, sind weder Tuben noch Honigdrüse wahrzunehmen. Die betreftenden Oeflnungen sind wohl schon früh sichtbar, doch ehe die Raupe nahezu ausgewachsen ist, macht sie keinen Gebrauch von den Organen und gibt keine llüssig keit ab.“ Wenn L. v. Aigner-Abafi bei der Orion-Raupe diese zweı Röhrchen für die honigabsondernden Drüsen hält, so beruht dies sicherlich auf einem Irrtum. welcher durch genauere Beobachtung wird richtig gestellt werden müssen. | Meine eigenen Untersuchunger brachten mich auf den Gedanken, es könnten die zwei Tuben einen feinen auf die Ameisen angenehm und anziehend wirkenden Duft ausströmen. also eine Art Duftorganme sein. In einer flachen Blechbüchse hatte ich einmal etwa zehn *) Uebersetzt aus dem Canadian, Entomologist Vol. X, nr Le Raupen mit Futter und in Gesellschaft von etwa 3 Ameisen untergebracht und legte die Schachtel neben mich auf den Boden, um einen Fall der Symbiose genauer beobachten zu können. Nach einer Weile sah ich, wie eine Menge Ameisen erregt auf dem fein durchlochten Deckel «der Büchse umher- liefen. Einige suchten auch «durch Beissen in das Blech die Oeflnungen zu vergrössern, um ins Innere zu gelangen. Sobald ich die Büchse geöffnet, rannten die Ameisen zu len «larin befindlichen Raupen, um auf deren Rücken ihre gewohnten Manipulationen vorzunehmen. Ich vermutete, ein feiner Duft, ausgeströmt aus den Organen auf dem zweit- letzten Leibesring der zehn Raupen, möchte die Ameisen auf den Deckel gelockt haben. Brachte ich Raupen zu Ameisen, welche mit Lycaeniden- raupen niemals in Verbindung gestanden haben konnten. so blieben die Tuben stets eingezogen. Die Honigquelle floss dagegen in solchen Fällen um so reichlicher, wenigstens so lange, bis die fremde Ameise ihr ursprünglich feindseliges Be- nehmen gegenüber der Raupe eingestellt hatte und der an- fängliche Feind in den besten Freund umgewandelt worden war. Alsdann begannen jeweils die Honiggaben spärlich zu werden, die Hörnchen dafür zum Vorschein zu kommen und die fremde Ameise, möglicherweise durch deren feiner Duft angezogen, verblieb auch weiterhin bei der Raupe. So habe ich beobachtet, dass, nachdem eine Raupe während etwa einer Viertelstunde regungslos auf ihrem Platze verblieben, und bis dahin einer ziemlich grossen Ameise, von der sie anfänglich recht unzart behandelt worden war, reichlich zu trinken gegeben hatte, fast plötzlich die Saftab- sonderung einstellte, ihre Tuben ausstülpte und sich in Be- wegung setzte. Die fremde Ameise folgte ihr, setzte sich auf den Rücken der Raupe und liess die Blattläuse auf dem Weidenröschenbusch, bei denen sie bis jetzt gewesen, treulos im Stich. Auch schien mir, dass die Raupen auf Hippopha® rham- noides den Ameisen weniger oft zu trinken gaben (siehe Seite 17), dafür aber unablässig und auflälliger mit ihren zwei Tuben spielten. als diejenigen auf Oxytropis pilosa. er sn ET be a at £- De Sa en BREITER Die Sanddornraupen waren denn auch, trotzdem sie also weniger reichlich Honig abschieden, von den Ameisen nicht minder gut besucht, als jene. Oft waren vier, oft sechs und manchmal zehn Ameisen um eine Raupe beschäftigt. Das Verhalten der Raupe, sowie das Benehmen der Ameisen in den vorliegenden zwei Fällen scheint mir ver- ständlich zu sein, wenn wir annehmen, dass die Aufgabe der zwei kleinen Röhrchen darin besteht. einen den Ameisen an- genehmen Duft abzuscheiden. Ich möchte also die zwei eigentümlichen Organe auf dem vorletzten Leibesring der Lyeaenaraupe weder als blosse Signale für die Ameisen, welche solche gewiss nicht notwendig haben und als welche die zwei Tuben auch viel zu klein und unscheinbar wären, noch als ein zur Zeit nutzlos gewordenes Ueberbleibsel einer ehemaligen Verteidigungswafte, sondern als in voller Funktion stehende Organe, als Duftorgane auffassen, durch welche die Raupe sucht, sich den befreundeten Ameisen angenehm zu machen und deren Gunst nicht zu verlieren, auch für den Fall, dass die Honigquelle recht spärlich fliessen sollte. Diese Organe können nicht die Aufgabe haben, Ameisen aus der Ferne anzulocken, sondern sie sind ein Aushülfs- mittel für die Raupe, um sich mit möglichst wenig Aufwand an Stoff und Kraft ihre Beschützer ständig erhalten zu können. Man könnte auch geneigt sein, die zwei Tuben als blosse Tastorgane anzusehen ; doch will mir nicht einleuchten, dlass jene Röhrchen in dieser Eigenschaft nur dann in Funktion treten sollen, wie es thatsächlich der Fall ist, wenn sie am entbehrlichsten sind, d. h. wenn die Raupe von ihren wehr- haften Freunden umgeben ist. Die Raupe gibt ferner den Ameisen zu trinken, ohne dass die Röhrchen vorher ausge- stülpt und von Ameisen berührt worden wären, so dass die Vermutung, es könnte eine Sekretion aus der Dorsalöffnung jeweils nur nach einer Berührung der Tuben durch die Ameisen erfolgen, ebenfalls nicht haltbar ist. Zum Schlusse mag hier noch die Bemerkung Platz finden, dass ich schon daran dachte, ob nicht möglicherweise auch der Schmetterling. der doch für die Ameisen ein von der 24 Raupe völlig verschiedenes Wesen darstellen muss, einen Duft ausströme und zwar vielleicht einen, dem der Raupe sub- stanziell ähnlichen, wodurch der Falter den Ameisen gewisser- massen seine Abstammung zu erkennen geben würde und so der Duft, den die Raupe ausströmt, indirekt auch dem Falter nützlich würde. Vielleieht auch, dass der Duft des Schmetterlings, wenn ein solcher von diesem entwickelt wird, anderer Natur ist und mehr auf andere Weise beruhigend auf die Ameisen einwirkt, die den Falter ja völlig unbelästigt lassen, ihn nicht einmal mit den Fühlern betasten, sondern ihm, sobald sie einem solchen begegnen, ausweichen. Vergleichende Versuche über das Verhalten der Ameisen gegenüber verschiedenen und zum Teil ähnlichen Schmetter- lingsarten könnten zur Lösung dieser Frage wohl wesentlich beitragen. Zugleich wäre es ratsam, die Falter, vorab Lycaena argus, auf das Tragen von Duftschuppen oder Dufthaaren (und zwar in beiden Geschlechtern) zu untersuchen. d) Die Körperhaut der Lycaenaraupe in ihren beziehungen zur Symbiose. Die Beschaffenheit der Körperdecke der Raupe hat zwar bis jetzt noch von keinem der Beobachter der Symbiose be- sondere Berücksichtigung erfahren. Mich hatte das Verhalten von, der Lycaenaraupe fremden Ameisen zu derselben und das Benehmen der Raupe gegenüber den Fremdlingen dazu geführt, dieselbe etwas genauer zu untersuchen. Die ange- stellten Versuche zeigten deutlich, dass die Raupe, sobald sie von Ameisen berührt wird, sofort erkennt, ob sie es mit ihr fremden Wesen, oder mit ihren alten Freunden zu thun hat. Die Raupe muss demnach über einen fein entwickelten Tast- sinn verfügen, dessen Sitz nur in der Körperhaut liegen kann. Auch ıst eigentümlich, dass fremde Ameisen die Lycaenä- raupe nicht ohne weiteres angreifen und zu töten suchen, wie sie es mit andern Insektenlarven häufig zu thun pflegen. Ich brachte z. B. Raupen auf Weidenbüsche, in nächste Nähe von Blattläusen, die von Ameisen besucht waren und beob- achtete folgendes: Eine kleine, glänzend hellbraune Ameise mit a Tu \ a a ee ar a ee eh u Tier cher 72.74 22 verhältnisinässig grossem Hinterleibe rannte in aller Eile und wohl fünfzig mal über den Rücken der Raupe hin und her. Einigemal wurde der Lauf auf kurze Zeit unterbrochen; die Raupe betastet und mit den Zangen auch gezwickt. Endlich wurde der Honigtropfen, der gleich zu Anfang der Berührung mit der fremden Ameise auf der Spalte erschienenwar, von jener entdeckt und begierig aufgeleckt. Nun begann auch schon das Trommeln mit den Fühlern auf den Rücken der Raupe. Eine andere Raupe brachte ich auf ein Blatt einer Epilobiumpflanze, auf welcher sich bei Blattläusen braune Ameisen, die an Grösse Formica cinerea übertrafen, gütlieh thaten. Drei oder vier dieser Gesellen-schossen nun auf die Raupe mit geöffneten Zangen los, um jeweils sofort wieder zurückzugehen, um diesen Angriff aufs neue und noch mehr- mals zu wiederholen, wohl in der Absicht, um den plumpen Störefried zu vertreiben. Der wich jedoch nicht von der Stelle. Eine Ameise kam und betastete nun das Tier und entdeckte auch bald den Safttropfen, der schon längst auf dem Rücken der Raupe geglänzt hatte. Er wurde aulgesogen. Die ursprünglich feindliche Gesinnung war nun auch sofort in das Gegenteil verwandelt und die Ameise ging nicht mehr zu den Blattläusen zurück. Aus einer kleinen, in den Kellerruinen einer, vor wenigen Jahren abgebrannten Scheune, angesiedelten Kolonie von Formica cinerea, stürzten eine Menge Ameisen auf die Lycaenaraupe los, sobald ich eine solche in nächste Nähe ihrer Wohnung brachte. Manche rannten blindlings auf die Raupe zu und suchten sie fortzuziehen ; andere dagegen betasteten sie von allen Seiten. Nach einer kurzen Weile entdeckten gleichzeitig zwei Ameisen den Honigtropfen und leckten die Flüssigkeit sofort auf. Als ob die ganze Gesell- schaft plötzlich elektrisiert worden wäre, so rasch änderte sie nun ihr Verhalten zur Raupe. Sie wurde nicht mehr ge- bissen, neu ankommende Kameraden, welche auf die Raupe losstürzen wollten, wurden, wie es schien, von den andern daran verhindert und eines bessern belehrt. Die vorerst so ungestümen Ameisen wurden nicht müde, die Raupe zu 26 streicheln und als sie sich in Bewegung setzte, wurde sie von ihren neuen Freunden noch eine Strecke weit begleitet. Zwei Tage später brachte ich eine Raupe an denselben Ort und die Ameisen stürzten nicht mehr wild auf das Tier los. Diejenigen, welche mit ihm in Berührung kamen, be- gnügten sich damit, es zu befühlen. Sie mussten die Raupe wohl wieder erkannt haben. Die Beobachtungen, welche Mrs. Wylly über das Ver- halten fremder Ameisen zu Lycaenaraupen gemacht hat, stimmen mit den meinigen überein. In einer Arbeit von L. de Nieeville sagt Wylly: „Ich nahm eine Tarucus theo- phrastus-Raupe und brachte sie in die „Strasse“ eines andern Ameisenvolkes derselben Art, welches auf unserer Veranda lebte, jedoch keine „Farm“ hielt und es war merkwürdig zu sehen, wie die Ameisen über Kopf und Hals herausstürzten, um den Eindringling zu bekämpfen. Keine wagte oder ver- suchte jedoch die Raupe zu verletzen; sie wurde im Gegen- teil höflich über die Grenze ihres Gebietes begleitet. Die Ameisen gingen zu beiden Seiten, die Raupe überall mit ihren Anthennen befühlend. Dies musste instinktiv geschehen sein, indem die Ameisen ja keine Kenntnis von der Raupe als Milchkuh haben konnten.“ *) Interessant ist auch das Verhalten der Raupe gegen- über den fiemden Ameisen. Sobald sie von solchen be- rührt wird, zieht sie ihre Leibesringe so stark wie möglich zusammen und verharrt unbeweglich auf ihrer Unterlage, auf welcher sie mit der ganzen Breite ihrer Bauchseite aufliegt. Die Tuben auf dem vorletzten Ringe sind unsichtbar. Auf der Honigdrüse glänzt dagegen regelmässig ein feines Tröpf: chen Flüssigkeit. Wird dieses entdeckt und aufgesogen, so folgt dem ersten ein zweites und diesem rasch ein drittes. Damit sucht sich die Raupe die Gunst der fremden Ameisen zu erwerben und wie wir gesehen haben, gelingt ihr dies auch jedesmal und zwar vollkommen. Erst nachdem sie der Freundschaft der Ameisen sicher zu sein scheint, wagt die Ranpe ihren Ort zu verändern und streckt dann die Tuben aus, gleichzeitig mit den Honiggaben kärglicher werdend. *\"Tionel’de Niceville: Buütterflies and Anız le un di En GE N N N WE TE N PEN ae ne N =i Brachte ich die Raupe aus ihrer unbequemen Lage zu den alten Freunden zurück, so streckte sie sofort ihre Zäpf- chen aus und bewegte sich frei und ungezwungen, mochten sich die Ameisen noch so emsig auf ihrem Rücken herum- tummeln und diesen mit ihren Fühlern bearbeiten. Die Honig- quelle floss jedoch stets weniger ausgiebig als während der Zeit, da die Raupe von fremden Ameisen umgeben gewesen war. Durch Berührung mit Fremdkörpern, z. B. dureh Be- tasten der Raupe mit Haaren verschiedener Feinheit, gelang es mir nie, eine Sekretion der Honigdrüse zu bewirken. * ale * Betrachten wir nun die Körperdecke der Raupe etwas genauer. Ihre Oberfläche zeigt ein sammetartiges Aussehen. Dies rührt her von einer Unzahl kleiner, von blossem Auge nicht mehr sichtbaren Sternwärzchen, mit welchen die ganze Haut, selbst auf der Bauchseite, bedeckt ist. Fig. III und Fig. VI zeigen die Haut von oben, Fig. II im Längsschnitt und Fig. I im Querschnitt (bei sehr starker Vergrösserung). Zunächst finden sich auf der Chitinschichte (Fig. I und II ch) regelmässige, vierstrahlige Erhöhungen oder Papillen (st), welche als Gebilde der Chitinhaut anzusehen sind. Jedes dieser ‚Sternchen besitzt einen zentralgelegenen Kanal, welcher die Fortsetzung eines grossen, bald ziemlich geraden, bald mehr geschlängelten Porus darstellt, welcher die Chitinschicht in ihrer ganzen Mächtigkeit durchzieht. Durch jeden Porus tritt ein Gebilde, welches der unter der Chitinlage befindlichen Hypodermis (Fig. I und II h) an- gehört. Es tritt durch die Oeffnung der sternförmigen Papille an die Oberfläche und erhebt sich als Haar oder Borste frei in die Luft. Länge und Form dieser Haare sind sehr ver- schieden. Vıele sind so lang, dass sie von blossem Auge (wenn man wagrecht über den Rücken der Raupe hinweg- schaut), als feine Härchen noch zu erkennen sind. Andere, und diese bilden die Mehrzahl. sind kurz und ohne Mikro- skop nicht zu erkennen. Die meisten von ihnen endigen in einen Büschel feinster Härchen aus (Fig. II d). während dem andere und vor allem die längeren Borsten nicht verästelt, 28 höchstens mit kurzen Spitzen versehen sind (Fig. I und Fig. II). An jeder Borste sind zwei Schichten zu unterscheiden, eine innere, gleichsam das Mark darstellende, weisslichgraue, und eine äussere, welche, soweit die Borste über die Oberfläche vagt, heller als der Centralstraug, stark lichtbrechend und chitinös erscheint. Sie ist, wie die Chitinlage selbst, als ein dieser gleichartiges Plasmaprodukt der Hypodermis anzusehen (Fig. I). Die innere Schicht entspringt aus einer grossen Zelle (Fig. I), welche ebenfalls in der Hypodermis liest und deren Fortsatz gleichsam den Hohlraum der Borste mit ihrem Protoplasma ausfüllt. Eine grosse Borste erscheint bei 500- facher Vergrösserung durch feıne gegeneinander schräg ver- laufende Wände wie gekammert. Diesen festen, faserigen Teil des Plasmas bezeichnet Leydig als Spongioplasma und der die Kammern ausfüllende flüssige Zellinhalt als Hyalo- plasma. In der vorliegenden Beschreibung haben wir den nor- malen Bau eines Insektenhaares vor uns. Ein solches Haar kann zur Tastborste werden, wenn es mit einer Nervenendi- gung in direkter Verbindung steht, denn der Nerv ist dann im Stande, die Wirkung des äussern Eindrucks oder Reizes den Ganglienknoten, beziehungsweise dem Wahrnehmungs- zentrum der Raupe mitzuteilen. Obwohl es sehr schwierig hält, tadellose Schnittpräparate durch Raupen zu erhalten, namentlich solche, bei welchen die innern Organe durch das Schneiden nicht gegeneinander ver- schoben worden sind, finde ich dennoch in meinen Präparaten mehr als eine Stelle, wo der Nerv mit dem Haargebilde noch im Zusammenhange steht. Fig. I zeigt einen Querschnitt durch die Körperdecke einer Lycaena argus-Raupe. Der Nerv (n) tritt von unten an die Hypodermis (h) heran, durchbricht diese und verbindet sich mit der den Hohlraum der Borste ausfüllenden Zelle, der sogenannten Sinneszelle (s). Diese letztere fasst Leydig als gangliöse Verdiekung des betreffen- den Nerven auf und die Hautborste ist als die Ausrüstung dieser Endganglienzelle zu betrachten. „Die homogene ner- vöse Substanz erscheint darin mit dem Hyaloplasma der ur- sprünglichen Hypodermiszelle in Eins verschmolzen, so dass 2“ de; das Tasthaar vom gewöhnlichen Haar nur durch das Hinzu- treten eines Nerven unterschieden werden kann.“ (Leydig.) In welcher Weise die Tastborsten über den ganzen Körper verteilt sind, konnte ich nicht herausfinden, ebenso wenig, in welchem Verhältnis Tastborsten und gewöhnliche Haare zu einander stehen. Es ist wohl denkbar, dass von den tausen- den von Härchen, mit welchen die Haut der Raupe besetzt ist, nur ein Teil Tastorgane sind. Diejenigen Borsten, die ich in den Präparaten mit Nerven in Verbindung fand, besassen braun gefärbte Papillen (Fig. I st), während sehr viele farb- los sind. Auch die Papillen zunächst der Dorsalöffnung, wie diejenigen um den Grund der zwei Tuben, sind braun. Die hier sitzenden Haare sind jedenfalls Tastborsten, da die Umgebung genannter Spezialorgane besonders reichlich mit solehen ausgestattet sein wird. Ob nun alle Haare, welche braunen Papillen aufsitzen, Tasthaare sind, vermag ich nicht zu sagen. Sicher aber steht fest, dass die Körperdecke der Lycaena- Raupe ein empfindliches Tastorgan darstellt, durch welches der Verkehr zwischen der Raupe und ihrer Umgebung, und namentlich zwischen ihr und den Ameisen gewissermassen vermittelt wird. Von Stoffausscheidungen aus den eigentümlichen Haar- gebilden habe ich an der lebenden Raupe niemals etwas wahr- nehmen können und auch in den Präparaten kann ich keine Anhaltspunkte finden, welche dieselben als Drüsenhaare, die ja ebenfalls auf gewöhnliche Haare zurückzuführen sind, er scheinen liessen. Dagegen glaube ich, dass gerade der eigentümliche Bau ihrer Körperdecke die Raupe vor den Angriffen fremder Ameisen schützt, indem diese warzige oder drüsenartig schei- nende Oberfläche die Ameisen dazu verleitet, die Raupe zu betasten und entdecken sie dabei den Honigtropfen, so ist die Raupe vor weiteren Gewaltthaten von Seite der Ameisen so gut wie gerettet. Die Haut der Raupe wird durch die Börstchen und Pa- pillen sehr uneben. Auch die zwischen diesen gelegenen Par- tien der Chitinhaut sind nicht glatt, sondern voller Erhöhungen 30 in Form von kleinen Zäpfchen oder Wärzchen (Fig. I, II, IM, VI, VII. Der Ameise, welche die Raupe besucht, bietet der so beschaffene Rücken eine äusserst günstige Unterlage, un sich darauf mit grösster Sicherheit bewegen oder in Kampfes- stellung einen Feind abwehren zu können, ohne auch nur ein einziges mal auszugleiten und den festen Halt zu verlieren. ; u en Bitch j 4. Übersicht über die myrmekophilen Lepidopteren. ö Sehr naheliegend ist die Frage, welche Arten von Lycae- niden mit Ameisen in einem Symbiosenverhältnis stehen und 2 von was für Ameisenarten sie regelmässig besucht werden. Ebenso sind wir zu der Frage berechtigt, ob vielleicht ausser der Gattung Lycaena noch andere Schmetterlingsarten wor- | kommen, welche eine myrmekophile Lebensweise führen. Die { beste Auskunft hierüber gibt uns das vortreffliche Werk von E. Wasmann: „Kritisches Verzeichnis der myrmekophilen und termitophilen Arthropoden“, aus welchem hervorgeht, dass bis 1594 im ganzen 26 myrmekophile Lepidopteren bekannt waren, wovon die Raupen zweier europäischer Mikrolepidopteren und diejenigen einer Noctuide als indifferent geduldete Einmieter ihre Entwicklung in den Ameisennestern durchmachen und A die andern Schmetterlingsraupen — ausschliesslich Lycaeni- den — als „Honigraupen“ von den Ameisen besucht und be- | leckt werden und oft auch in den Ameisennestern sich ver- puppen. i MHyrmecocela ochraceella Tgstr. wurde als Raupe und Puppe in den Nestern von Formica rufa L. in Schottland, den Alpen und Piemont und in Finnland bei Formica pra- F tensis Deg. beobachtet. Von Myrmecocela danubiella Zell. (Osteuropa) scheinen die Wirtsameisen nicht bekannt zu sein. Ferner ist je eine myrmekophile Mikrolepidoptere aus Nord- amerika, New South Wales und Madagaskar (1897) bekannt geworden. Von der Macrolepidoptere Orrhodia rubiginea W.V. sagt Wasmann, dass die erwachsene Raupe und die Cocons dieser Eule so regelmässig in dem Nesteingang von Lasius fuligi nosus Ltr. gefunden würden, dass die Erscheinung als zesetz- mässig zu betrachten sei. Von den Raupen der Lycaeniden führt das Verzeichnis zwei europäische Arten an, welche bis jetzt direkt in Gesell- schaft der Ameisen beobachtet wurden, nämlich Lyeuena argus L. und Lycaena dorylas W.V. Frever und Plötz beobachteten. wie in der Einleitung erwähnt wird, die Raupe von Lycaena argus in Deutschland in Gesellschaft von Ameisen und Aurivillius hatte die Puppen genannter Spezies in den Nestern von Lasius niger angetroffen. Mir gelang es, im Sommer 1900 «die Symbiose für die Schweiz festzustellen und fand ich Raupen wie Puppen stets in Gesellschaft von Formica cinereu Mayr. Für Italien scheint ein Dr. D. in Florenz nach einer älteren Mitteilung ın „Fuessly's Neuem Magazin“ das Gesell- schaftsleben der Raupe von Lycaena argus var. argyrogno- mon Bergstr., die er stets mit Ameisen bedeckt fand, entdeckt zu haben. Nach Rogenhofer findet man die Raupe von Lycaena dorylas W.V. fast immer in Gesellschaft von Ameisen auf Anthyllis vulneraria. Weitere Angaben, das Symbiosenver- hältnis dieser Art betreffend, scheinen z. Z. noch zu fehlen. Die Dorsalöffnung auf dem drittletzten Segment, sowie die zwei Tuben auf dem vorletzten Leibesring müssen als Synı- biosencharaktere aufgefasst werden und wir dürfen annehmen, dass alle diejenigen Lycaenaraupen, welche jene Organe be- sitzen, „Honigraupen* sind, die von Ameisen besucht und beleckt werden. Zu den europäischen Lycaeniden, bei denen bis jetzt lediglich die Organe, welche auf Ameisenbesuch schliessen lassen, nachgewiesen sind, die Symbiose jedoch als solche noch nicht direkt beobachtet wurde, zählen nach dem Was- mann'schen Verzeichnis: Lycaena baetica L. (Guenee!) Lyeaena icarus v. Rott. (Brants!) Lycaena argiolus L. (Brants!) Lycaena aegon L. (Brants!) Lycaena medon Hufn. (Brants!) 320 — In einer seiner Arbeiten bringt W. Edwards eine Be- merkung aus Newmanns British Butterflies (London 1871), welche sagt, dass bei der Raupe von Lycaena medon (?) kein ausstülpbares, kegelförmiges Organ habe gesehen werden können, wie man es bei Lyeaena corydon (Aut.?) finde, auf welches die Ameisen so erpicht seien, abzulecken. So wird auch Lycaena corydon, insofern es sich um corydon Poda oder Scop. handelt, in den Kreis der myrmekophilen Lyeae- niden eingereiht werden können. Endlich hat L. v. Aigner-Abafı die Raupe von Lyeaena orion Pall. bei Ameisen gefunden und ihre myrmekophile Lebensweise feststellen können. So gelangen wir durch aufmerksame Verfolgung der ein- schlägigen Literatur zu dem beinahe überraschenden Resultate, dass von unsern einheimischen Lycaeniden bereits bei vier Arten ( Lycaenu argus L.. L. dorylas W.V., L. orion Pall. und L. cory- don Poda) die Symbiose mit den Ameisen direkt beobachtet wurde und fünf weitere Arten bekannt sind, welche mit Wahrschein- lichkeit eine ähnliche Lebensweise führen. In Nordamerika kennt man z. Z. vier myrmekophile Lycae- nidenraupen, aus Australien deren drei und aus Indien sind bereits über ein Dutzend Arten bekannt. Neuerdings sind auch in Afrika (Kapland) myrmekophile Lycaeniden gefunden worden. Prof. Lionel de Nieeville in Calcutta, welcher auf diesem Gebiete. die weitgehendsten Beobachtungen angestellt hat, schrieb mir, dass die Erscheinung dieser Syinbiose in Indien und vielleicht überhaupt in den Tropen so allgemein sei, dass diejenigen Lveaenaarten, deren Raupen nicht von Ameisen besucht werden, eher zu den Ausnahmen zu zählen seien. Es ist nach alledem bestimmt anzunehmen, dass durch weitere Beobachtung das Verzeichnis der myrmekophilen Ly- caeniden, sowohl in Bezug auf unsere einheimischen Arten, wie auch der exotischen, noch manchen Zuwachs wird er- halten können. Für Lycaena argus wurde auch der Name der Ameisen- art (so weit dieser bekannt) angeführt, in deren Gesellschaft die Raupen jeweils gefunden wurden. Wohl sind die Lyeae- ® 2 e 5 2 | £ fi Se EI } RsE “ 2 u 2 a an 2 u Cl nal „NZ u 2 rule u on Eau in 4 a U 2 ns ine 7) a niden als Raupen gewiss nicht gerade auf den Besuch je be- stimmter Ameisenarten angewiesen, so dass wenigstens die Möglichkeit besteht, dass sie noch in Gesellschaft manch anderer Arten, als der bis jetzt bekannten, werden gefunden werden können. Dagegen ist nicht anzunehmen, dass jede beliebige Ameisenart ihren Schutz auch auf das Puppen- und Falterstadium der Lycaena ausdehnen werde, wie dies für Formica cinerea und Lasius niger gegenüber Lycaena argus zutrifft. Solche Arten, wie die letztgenannten, sind vielleicht die eigentlich rechtmässigen Besucher der Lycaenaraupen, während andere mehr nur als zufällige Besucher betrachtet werden müssten und es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass die Verbreitung und namentlich das mehr oder minder häufige Auftreten einer myrmekophilen Lycaenide, z. B. der L. argus, neben andern Faktoren auch von dem Vorkommen bestimmter Ameisenarten abhängig sein kann. 5. Die Stellung der Lycaeniden im Heere der Ameisengäste. Das Studium der Ameisengäste oder Myrmekophilen ist eine verhältnismässig noch junge Wissenschaft. Dennoch ist die Zahl der bis jetzt bekannt gewordenen Tierspezies, welche eine Symbiose mit den Ameisen unterhalten, bereits sehr be- deutend. Umfasst doch das im Jahre 1894 herausgegebene Verzeichnis der myrmekophilen und termitophilen Arthro- poden von E. Wasmann bereits über tausend, nämlich 1246 Arten von Ameisengästen, wovon auf die Insekten 1177, auf die Spinnentiere, einschliesslich der Milben, 60 Spezies ent- fallen. Diese Zahlen bilden jedoch, wie der Verfasser selbst sagt, erst einen Bruchteil der in den Nestern der tropischen Ameisen noch verborgenen und von ihren wehrhaften Wäch- tern eifersüchtig gehüteten Schätze. Bei den Myrmekophilen zeigt sich das Gesellschaftsleben verschiedener Tierarten, die Symbiose, in den wechselvollsten Gestalten und in den verschiedensten Stufen der Vollkommen- heit. Nach den mannigfaltigen Lebensbeziehungen, in welchen diese Arten zu ihren Wirten stehen, also nach biologischen Gesichtspunkten, teilt Wasmann die gesetzmässigen Gesell- schafter der Ameisen, d. h. diejenigen, welche regelmässig und nicht etwa blos zufällig bei ihnen gefunden werden, in folgende Hauptklassen ein: Erstens. Echte Gäste oder Symphilen, die von ihren Wirten eigentlich gastlich behandelt, beleckt und gefüttert oder wenigstens beleckt oder gefüttert werden. Zweitens. Indifferent geduldete Einmieter oder Synoeketen, die von Ameisen nicht beleckt oder gefüttert werden, die je- doch aus sehr verschiedenen Gründen und in sehr verschie- denem Grade von jenen in ihren Nestern geduldet werden. Drittens. Feindlich verfolgte Einmieter oder Synechthren, die. sich ihren Wirten gewaltsam aufdrängen und meist als Raubtiere von diesen selbst oder von deren Brut leben. Viertens. Eigentliche Parasiten, teils innere, teils äussere Parasiten, die in oder an den Ameisen, in oder an deren Brut, oder in oder an gesetzmässigen Mitbewohnern der Ameisen- nester schmarotzen. *) Die myrmekophilen Lycaeniden müssen in die erste dieser Gruppen, also zu den echten Gästen oder Symphilen gerechnet werden. Die Ameisen bekümmern sich ja in her- vorragender Weise um diese Schmetterlinge. Als Raupe wer- den sie von jenen auf der Futterpflanze besucht, beleckt und gegen ‚ihre Feinde verteidigt. Die Ameisen begleiten die Raupe auf dem Wege zur Verpuppung in ihre unterirdischen Bauten und weisen ihr in manchen Fällen den Platz an, wo sie ihre Verwandlung durchmachen kann. Dr. Brauns beo- bachtete sogar, wie Wasmann mitteilt, dass mehrere Lycae- niden des Kaplandes bereits als Raupen in den Nestern der Ameisen leben. Der Schmetterling schlüpft als Gast in den Ameisen- nestern aus und wird von deren rechtmässigen Bewohnern, *, E. Wasmann, die Gäste der Ameisen und Termiten. Ilustr, Entom. Zeitschrift. Bd. 3. 1898. 3 “4 ET N FE 5 EEE RE REN den Ameisen, auch als solcher behandelt und wie einige Be- obachter erwähnen, wenn es notwendig sein sollte, beim Aus- schlüpfen aus der Puppe noch unterstützt. Fügen wir noch hinzu, dass die Lycaenaraupe besondere Organe besitzt, welche speziell zum Zwecke des Zusammen- lebens mit den Ameisen bestimmt sind, so kann die Zuge- höriskeit der myrmekophilen Lycaeniden zu den echten Ameisengästen oder Symphilen kaum mehr in Zweifel ge- zogen werden. Die Symbiose der Lycaeniden scheint auf den ersten Blick grosse Aehnlichkeit zu haben mit den Beziehungen, welche die Ameisen mit manchen Blattläusen unterhalten, welche ja auch um eines süssschmeckenden Saftes willen von jenen be- sucht werden. Die Blattläuse besitzen jedoch keine besondern Organe, welche auf ein solches Gastverhältnis berechnet sind und objektiv darauf abzielen, denn es sind in der Hauptsache die Exceremente. welche in Form eines süssen Saftes von den Läusen ausgeschieden und um deretwillen sie von Ameisen aufgesucht werden (Leydig 1890 und andere). Mag auch das Sekret, das manche Aphiden aus den zwei Saftröhren auf ihrem Rücken abscheiden, von ähnlich süsser Beschaffenheit sein wie die Auswurfstoffe, so werden diese Organe im all- gemeinen doch. viel mehr als eine Schutz- und Verteidigungs- waffe, denn als eine Einrichtung speziell zum Zwecke eines Zusammenlebens mit Ameisen aufgefasst. Auch wird der von den Blattläusen ausgeschiedene „Honigtau“ nicht blos von Ameisen, sondern noch von einer ganzen Anzahl anderer Hymenopteren, wie z. B. auch der Honigbiene, aufgesucht. Wasmann rechnet daher von den Aphiden nur einige Wurzel- läuse, welche regelmässig in den Ameisennestern gefunden werden, zu den Ameisengästen. Die Beziehungen der Lycae- .niden zu ihren Wirten sind viel engere und sofern wir auch an das Verhalten der Lycaena als Puppe und an das des jungen Falters denken, auch viel mannigfaltiger, als diejenigen zwischen Blattläusen und den Ameisen. Beide Symbionten haben nur das gemein, dass die Lycaeniden als Raupen, gleich wie die Blattläuse, den Ameisen ein Nahrungsmittel bieten und beide von diesen als „Milchkühe“ gehalten werden. Von den echten Ameisengästen sind der grösste Teil myr- mekophile Käfer. Claviger, Lomechusa, Atemeles, manche Hi- steriden, die Paussiden ete. gehören hieher. Sie werden von ihren Wirten beleckt und gefüttert, überhaupt in jeder Hinsicht gehegt und gepflegt. Die Larven dieser von den Ameisen so bevorzugten Wesen erfahren dieselbe Behandlung und werden mit der gleichen Sorge auferzogen, wie der Wirte eigene Brut. Die Gegenleistung der Gäste für alle die empfangenen Wohlthaten ist dagegen verhältnismässig gering. Sie besteht in den allermeisten Fällen aus einer, den Ameisen angeneh- men, aromatischen Ausschwitzung aus den, zu beiden Seiten des Rückens befindlichen, gelben Haarbüscheln (Exsudattri- chome), in deren Besitz einzig solche Käferarten sind, die im echten Gastverhältnis zu den Ameisen stehen. Das ausge- schiedene Exsudat ist ein flüchtiges, ätherisches Oel, welches für die Ameisen mehr als ein Genussmittel, denn als eigent- liches Nahrungsmittel bezeichnet werden muss. Wir erhalten schliesslich vollends die Ueberzeugung, dass diese echten Gäste dig Aufmerksamkeit und Pflege, die sie geniessen, ganz und gar nicht verdienen, wenn wir wissen, dass sie selbst, wie auch ihre Larven, an der Brut der Amei- sen zehren und dadurch ihren Wirten oft ungeheuren Schaden zufügen und ganze Kolonien zu Grunde richten können. Was- mann sagt, dass die meisten echten Gäste aus der Ordnung der Käfer solchem Raubrittertum huldigen würden. *) Gegenüber dieser Hauptgruppe der echten Gäste nehmen die Lycaeniden entschieden eine Sonderstellung ein. Die Art und Weise der Pflege, welche die Ameisen diesen Gästen an- gedeihen lassen, ist schon eine in mancher Beziehung ab- weichende, indem die Ameisen ihren Schützling ausserhalb ihres Nestes aufsuchen und nichts mit seiner Ernährung zu thun haben. Vielmehr ist das Verhältnis umgekehrt, indem die Ameise es ist, die von der Raupe Nahrung erhält und es muss dies besonders deshalb hervorgehoben werden, da ja die myrmekophilen Käfer ihren Wirten kein eigentliches Nah- rungs-, sondern nur ein Genussmittel zu bieten vermögen. *) Wasmann, die Gäste der Ameisen und Termiten. Ill. Entom. Zeitschr. Bd. II. N Dazu kommt noch, dass die Lycaeniden als völlig harmlose Tiere, den Ameisen in keiner Weise schädlich oder gar dem Bestande der Ameisenkolonie verhängnisvoll werden können. Da gibt es weder ein gewaltsames Sichaufdrängen, noch ein Uebervorteilen der einen Art durch die andere. In unge- zwungenem, freundschaftlichem gegenseitigem Verkehr er- wachsen den beiden Tierarten aus ihrem Zusammenleben nur Vorteile für ihr Dasein. Erinnern wir noch einmal an all die manniefaltigen Be- ziehungen, welche der Verkehr zwischen den zwei Symbionten aufweist, vorab an den Schutz, den die Ameisen der Lycaena im Raupen-, Puppen- und Falterstadium angedeihen lassen, und ferner an die Funktion jener eigentümlichen Organe der Lycaenaraupe, welche als Anpassungscharaktere an die Sym- biose aufgefasst werden müssen, so haben wir in dem Zu- sammenleben von Schmetterlingen und Ameisen einen Fall von wirklicher Gleichberechtigung und echter Symbiose vor uns, wie wir sie schöner und harmonischer unter den Ameisen- gästen kaum ein zweites Mal antreffen dürften. 3% Se 0) I 17: Literaturverzeichnis über myrmekophile Lepidopteren. a) Ueber myrmekophile Lycaeniden. v. Aigner-Abafi, Ludw. (Budapest): Myrmekophile Lyeaenaraupe. Ill. Zeitschr. f. Entomologie. Neudamm. Bd. 3, 1898. v. Aigner-Abafi, Ludw. (Budapest): Ueber die myrmekophile Orion- raupe. — 1l. Zeitschr. f. Entomologie, Neudamm. Bd. 4, 1899, Aurivillius, Chr.: (Ueber Puppen von Lycaena argus in Nestern von Lasius niger.) — Ent. Tidskr. (Spanberg) V. 1884. Aurivillius, Chr.: Yiterligare om Lycaenidernas Larver och Myrorna. Ent. Tidskr. VIII. 1887. Doherty, W.: A list of Butterflies taken in Kumaon. — Journ. Asiat. Soc. Bengal LV. Part II No. 2 1886 (S. 112 u. 113). Edwards, W. H.: Notes on Lycaena pseudargiolus and its larval hi- story. — Canadian Ent. X. 1878. Edwards, W.H.: On the larvae of Lycaena pseudargiolus and atten- dant Ants. — Canadian Ent. X. 1878. Edwards, W. H.: The Butterflies of North America, Ser. II. Boston 1834. . Freyer, ©. F.: Beiträge zur Schmetterlingskunde Bd. II. Augsburg 1836 (S. 121). Niceville, Lionel de (Calcutta). Buiterflies and Ants. — Journ. Bombay Nat. Hist. Soc. III. 1888. . Nieeville, Lionel de. The Butterflies of India, Burmah and Ceylon Vol. III. Caleutta 1890. Niceville, Lionel de. Notes ou Indian Inseet Pests. — Indian Museum Notes Vol. I No. 1. Caleutta, 1889 (S. 12). Ploetz, ©.: Eine neue Cavallerie. — Stett. Ent. Ztg. 1865. Scudder, S. H. The Butterflies of the Eastern United States and Canada. — Cambridge Mass. 1888. Vol. I (S. 15). Thwaites, D. Observations on Lycaenid larvae attended by Oecophylla smaragdina. — Moore, Lepidopt. of Ceylon. London 1881. Vol. I (S. 70). Wasmann,E. Knvitisches Verzeichnis der Myrmekophilen und Termi- tophilen Arthropoden. Berlin 189. Wasmann, E. Die Gäste der Ameisen und Termiten. — Il. Entom. Zeitschr., Neudamm. Bd. 3, 1898. b) Ueber andere Lepidopteren (indifferent geduldete Einmieter). 18. v. Hagens, J. V. Ueber Ameisengäste. — Berlin. Ent. Zeitschr. 1865. ie lH u ne nn 20. Hartmann, A. Die Kleinschmetterlinge des europäischen Farmenge- bietes. — Mittl. Münch. Ent. Ver. 1879. Schwarz, E. A. Myrmecophilous Coleoptera found in Temperate North- America. — Proc. Ent. Soc. Wash. I No. 4 1889. Wasmann, E. Vergleichende Studien über Ameisengäste und Termiten- gäste. — Haag. 1890. Sep. aus Tijdschr. Ent. XXXII. Wasmann, E. Neue Myrmekophilen aus Madagaskar. — Deutsche Entom. Zeitschr. 1897. Wasmann, E. (Zugleich No. 16.). Kritisches Verzeichnis der Myr- mekophilen und Termitophilen Arthropoden, Berlin 1894. White, F. The nest of Formica rufa and its inhabitants. — Scott. Naturalist I 1871. Fig. Fig. Fig. Erklärung der Tafel. I. Querschnitt durch die Haut der Raupe (sehr stark vergrössert). ch = Chitinschicht. h = Hypodermis. st = Sternförmige Papille. d = Tasthaar. s = Sinneszelle. n = Nerv. . m = Teile der Längsmuskulatur. f = Fettzellen. II. Längsschnitt durch die Haut der Raupe. ch = Chitinschicht. h = Hypodermis. d = Haargebilde. m = Längsmuskulatur. . III. Chitinstück aus dem Rücken der Raupe mit der Dorsalspalte auf dem drittletzten Segment. . IV. Die letzten Segmente der Raupe (nach Edwards, schematisch). ce = Dorsalöffnung auf dem 10. (drittletzten) Segment. b = Sitz der ausstülpbaren Zäpfchen auf dem 11. (zweitletz- ten) Segment. a = Stigmen. V. Schematischer Querschnitt durch die Dorsalöffnung. Lippen der Spalte. Zwischen die Lippen aufgestossenes Zäpfchen mit einem Honigtropfen. . VI. Entfalteter Tubus auf dem vorletzten Leibesring. . VII. Entfalteter Tubus, stärker vergrössert, nach der Behandlung mit Kalilauge. u oe a Thomarm deß, Graph.Kımstanstalt H.& A.RKümmerly & Frey ‚Bern. II. Beitrag zur Kenntnis der Laub- und Lebermoosflora des Engadins. Von M. v. Gugelberg. -— > > — Abkürzungen: (An) Dr. Jules Amann-Lausanne; (Bamb) Apotheker Bamberger; (Br) Apotheker Baur-Karlsruh; (Brgg) Dr. Christ. Brügger- Chur; (CM) Dr. Carl Müller; (Gg) Frl. Gugelberg-Maienfeld ; (Jk) Apo- theker Dr. J. B. Jack-Konstanz; (Ks) Dr. Ed. Killias-Chur; (Pf) Dr. W. Pfeffer; (Rl) Dr. Jul. Röll-Darmstadt; (Th) Prof. Theobald-Chur. a) Laubmoose. Sphagnum. Sphagnum acutifolium (Lp.) Dill. Die häufigste Art der spärlichen Hochmoore im Unterengadin. Palüd ob Avrona, am Schwarzen See, Val d’Assa (Ks), St. Moritz mit schönen Fr. (Gg), Julierpass (Pf). var. capillifolium Hedir. Am Albula (Schimp). var. Schimperii. St. Moritz, Pontresina, Maloja (An). — rigidum Nees et Hrnsch. Die Normalform fand Pf. am Silsersee. — rigidum compactum Schimp. Am Albula (Schimp), Scarlthal (Th), Maloja (An), St. Moritz (Gg), Samaden, Fexthal (Pf), die Normalform am Silsersee (Pf). — larieinum Spr. var. tertiuseulum. St. Moritz (R]). — ıteres.Lp.. St. Moritz {Rl). 3* AO —. fimbriatum Lp. Malojapass (R}). — platyphyllumLp. Lago di Cavaloggia bei Maloja (RI). — Girgensohnii Lp. St. Moritz, Bernina, Maloja (RI), Palpuognasee (An). — Warnsdorfii Russow. Maloja, Lago di Cavalopgia, Fexthal, St. Moritz, Berninahospiz (Kl). — medium Lp. St.Moritz, Maloja (Gg). — cymbifolium Dill. St. Moritz, Maloja (Gg), am Wald- teich (Ks), Bernina (Pf). var. eongestum = Sph. comp. Brid. Sulsanna - Schaf- boden, Scarlthal (Th), auf dem Bernina (Ks). — rubellum. St. Moritz (Ge). — contortum Wils. In Moorgräben am Silsersee, im Fexthal (Pf). — squarrosum Pers. Silsersee, St. Moritz (Pf), Morte- ratsch (An). — cuspidatum Ehr. Am Lei d’uschiavel bei Surlej mit Sph. acutifolium (Brgg). — subsecundum N. e Hornsch. St. Moritz, Bernina- pass (Pf). Andreae. Andreae rupestris L. = petrophila Ehr. Im Unter- engadin auf erratischen Blöcken sogar im Thale bei Pradella (Ks), Silvaplana, Surlej (Brgg), Morteratsch- gletscher (Fillion). var. grimsuleana Bruch. Fornothal 1900 m (Pf). — falcata Schimp. Wurde von Schp. 1845 auf Felsen am Berninagletscher entdeckt; Pfeffer und Andere sam- melten dieses Moos reichlich auf glatten, geschlossenen Felsen am Morteratsch. — alpestris Lp. Auf dem Schafberg bei Pontresina (RI). In Menge auf der linken Seite des Berninabaches im Morteratschthal (An), St. Moritz am Quellenberg und in der Statzeralp mit Fr. (Gg), Berninaheuthal, Be- verserthal (Ks). — nivalisHork. Mit Früchten an der Fuorela Surlej (An). Andreaecrassinervum.Brceh. Beim Weissenstein auf dem RN AS e Albula 1950 m mit Früchten (Ks), Morteratschgletscher (Fillion). Phascum. L. Phascum euspidatum. Auf Aeckern bei Schuls (Ks). Gymnostomum Hedw. Gymnostomum rupestre Schwgr. An den Syenitwänden der Grotte am Morteratsch, in welcher der Maler Georgy einige Wochen seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte (An). — calcareum Nees e Hornsch. Fexthal (Pf), aut Tuff- felsen bei Schuls (Ks). — curvirostrum Ehr. Im Unterengadin auf Tuffelsen verbreitet. Val Lischanna (Ks), Val Minor (Pf). — tortile Schwer. Um Vulpera (Ks), St. Moritz (Gg). — microstomum Schimp. — Hymenostomum mierost. (Hedw.) R. Br. St. Moritz (Gg). Weisia. Hedw. Weisia Wimmeriana Bruch. Schimp. Albula (Schp, Ks), P. Lunghin 2600 m (Pf). — compacta Brid. Nur in bedeutenden Höhen, kaum unter 2100 m auf feuchten Felsen. Im Fexthal auf Granit 2100 m (© M), Fexthal, P. Lunghin auf Ser- pentintrümmern (An). — viridula Brid. Samaden, St. Moritz (Brgg). = ; var. gymnostomoides Brid. Beim Weis- senstein (An). .— erispula Hedw. Häufig um Silvaplana, Surlej, Cam- pfer bis in die Alpen 2130 m; Juliersäulen, Camo- gaskerthal und Val Chamuera (Breg), Albulahospiz (An), Flüelathal bis 2300 m, Samnauneralpen (Th), Piz Languard 3260 m, P. Corvatsch 3460 m (Pf). — cerispula atrata. Piz Ott, Rosegthal (Pf), St. Mo- ritz (Gg). — denticulata Brid. Bei St. Moritz (Metzler), Fexthal 2100 m, Fedozthal 2200 m, im Fornothal und beim Lunghinafall (Pf) — fugax Hedw. Auf kalkfreien Substraten auch im AN Engadin ziemlich häufig verbreitet und bis ins Fex- thal aufsteigend (Pf). var. denticulata. Lunghin (An), Silvaplana (Breg). — serrulata Funk. (Oreoweisin). Mit Fr. im Val Fedoz, im Beverserthal (An), Lunghinsee 2500 m, Fuorela Sur- lej 2430—2500 m massenhaft mit Campyl. Schwarzii, Oreas u. a. im Fedozthal 2000—2600 m. besonders auf der linken Thalseite unweit der Gletscher (Pf). Dichodontium Schimp. Diehodontium pellucida_L. Fuorela Surlej 2550 m (Pf), Albulastrasse (An). var. serratum. Auf trockenen Gypsfelsen der „la cune“ am Bernina (Pf). Cynodontium. Cynodontium gracilis Lp. Schafberg bei Pontıesina (Rl), Scealettapass (Ks), Val Fedoz (An). — gracilescens. An einem Felsen von grünem Schiefer in Val Fedoz (An), Schafberg bei Pontresina (Rl), La Rösa am Bernina 1570 m (Pf). var. tenellum. Im Walde ob Fetan an Gmeissblöcken (Ks), Schlucht des Julierbaches bei Silvaplana, Cam- pfer, Surlej auf Granit 1800 m (Brgg). var. pusillum Pf. Am Eingang ins Rosegthal ziemlich spärlich auf humösem Boden in Gmneissfelsspalten 1500. m 10./VIIL mit und ohne Deckel (Pf). Diehodontium longirostrum Schwgr. St. Moritz (Gg). — virens Hedw. — Angströmerin (Müll), Albula 2400 m (An), P. Lunghin (Pf). var. serratum. Julierpass (Pf). var. Wahlenbergii Brid. Fetaner Wald (Ks), Val Fex (Th), Albulapass, St. Moritz (Gg), Pf. 1800 m. — torquescens. Isla persa (An), St. Moritz (Gg). — polycarpum Schimp. Im Wald ob Fetan an Gneiss- blöcken (Ks), P. Languard 3260 m, in winzigen Räs- chen auch in der nivalen Region (Pf), St. Moritz (Gg). var. strumiferum. Im Walde ob Fetan, in der Bärenwiese ob Padella (Ks), St. Moritz (Hepp, Gg), Rosegthal (Pf). er ee, EAST N Trematodon. Trematodon ambiguus Hedw. Massenhaft auf Sand- boden zwischen Samaden und Pontresina, ebenso bei Sils (Pf), Flüela (An). Angströmerin Br. eur. Angströmerin longipes Br. eur. Ueppig fruchtend bei Samaden (An), unterhalb Bevers gegen Ponte in kie- sigen Gruben neben der Strasse (Metzler); bis zum Morteratschgletscher spärlich, auch am Cambrena- gletscher. — zonata 0. Müll. = Weisia zonata Brid. Dieses höchst eigenthümliche, seltene Moos fand Dr. C. Müll. August 1558 an feuchten Thalwänden im Rosegthal, leider ohne Fr. Bisher nur noch in den Pyrenäen und den Salzburger Alpen gefunden. (Die Brocken- art, die Hampe gefunden, ist ein anderes Moos.) Die nächsten Verwandten unseres Mooses finden sich in Amerik. Guyana und in den Anden von Chile (Ü M). Dicranella Schimp. Dieranella eurvata Schimp. Schafberg b. Pontresina (R]). — cerviculata Schimp. Am Statzersee bei St. Moritz auf Torf (Ks, Th, Pf), Fexthal (Fillion), Albula 2000 m (Pf). : — Grevilleana Br. eur. Vulpera (Ks), Albula hinter dem Hospiz, Val Fedoz im Bosco della Palze (An). Die von Metzler bei Ponte gefundene Angstroemerin Schreberinea ©. Müll. gehört nach Pfeffer zu Dicra- nella Grevilleana Br. eur. — subulata Hedw. Am Palpuognasee (An), St. Moritz (Gg), Fexthal (Pf). — squarrosa Schimp. In den Wiesenbächen vor dem Palügletscher (©. Müll.), zwischen Pontresina und »Sa- maden (An), zwischen Silvaplana und Campfer (Brgg), Languardthal (Pf). -— cerispa Br. eur. In Masse an den Ufern des Flatz- baches unterhalb Pontresina (Bamberger), St. Moritz var. (Gg), im Engadin von Baur, Wolff, Pfeffer, Fillion und Haller beobachtet. | frigida Lrtz. Zahlreich in kalten Quellen des Roseg- thales (Pf). Dicranum. Hedw. Dieranum fulvellum Schimp. Julierpass (Rl), am Grate var. var, zwischen Val Champagne und Val Muraigl, doch nur auf ganz beschränktem Terrain Aug. 1866 und Ende Juli 1568 mit und ohne Deckel (Pf). Bonjeana de Not. Am Fexgletscher (C. M.). Schraderi Schimp. = strietum Schleich. Bernina- strasse (Rl), St. Moritz (Gg). Mühlenbeckii Brch. et Schimp. Im Val Fex sehr häufig (C. M.), Albulapasshöhe (An), auf torfigen Rosen- plätzen ob Vulpera, bei Vallaccia (Ks), St. Moritz Gg), brevifolium. Roseggletscher (R]). albicans Schimp. = enerve Thed. Scaletta. Im Val Fex, Palü, Roseg, überall vor den Gletschern (C M), Val Tuoi, Fetaner Laretalp (Ks), Albulahospiz auf granitischem Grunde zwischen Felsblöcken, Albula- pass am Fusse der Cresta mora (An), im Fornothal (Pf), besonders schön im Val Chiamuera (Pf), Piz Lan- guard mit Fr., Rosegthal (Ks, Haller, Pf). longifolium Hedw. Im Walde hinter Vallaccia, im Fetaner Wald, Motta Naluus, Sarön u.s.w. (Ks), Fexthal 2530 m (Pf). tucescens Turn. = congestum Br. flexicaule Brid. Im Kalkgebirge ziemlich selten. Maloja, Fuorcla Surlej (Pf), St. Moritz (Gg), Beverserthal. alpinum Sendt. = robustum Rabenh. Sils, Silva- plana, Surlej, Chaunt Ruinatsch, in den Lärchen- und Arvenwäldern auf dem Albula (Brgg). scoparium Hedw. var. recurvatum Schultz. St. Mo- ritz (Gg), Fedozthal (Pf). 2 sceoparium alpestre Form der Alpenregion inclusive var. orthophyllum Rabenh. Oberengadin in den Lär- chen- und Arvenwaldungen bei Samaden (Muotas)) ie il ER ae St. Moritz über den Bädern, Crapp St. Gian, Campfer (Halbinsel „Piz“), Surlej, Waldkamm „Crestatsch“ und Gravasalvas 1500 - 1800 m auf Granit (Brgg). var. recurvatum Schultz. Fedozthal 2100 m (Pf). — flexicaule Hrnsch. Im Walde hinter Vallaccia (Ks), bei Silvaplana in Wäldern, M. Pülaschin 1800 m auf Granit (Brgg). — Starkii Web. u. Mohr. Im Val Fex (CM), Albula- hospiz auf granitischem Grunde zwischen Granitblö- cken (An), Sils 1800 m (Pf). — faleatum Hedw. Albulapass 2200 m, Fuorela Sunlej, am Palpuognasee (An). — viride Sull. et Lesg. Auf dem Stumpf einer Arve im Beversthal 2130 m, sonst an Kastanienstämmen der südlichen Thäler (Pf). — elongatum Schl. Val Fex (K, M), Val Fedoz (An), Campovasto bei Ponte 1700 m, P. Languard 3260 m, Val Champagna (Pf), Albulapass o. Fr. — Jlatifolium Amann! steril in Val Fedoz (An). Neu! — strumiferum Ehr. St. Moritz (Hepp, Ge). — palustre Lap. Ob Vulpera (Ks), in einem Moore des Beverserthales (Pf). — polycarpum Ehr. Bei Pontresina, Val Fedoz (Th), Albula (Andeer), Silvaplana, Surlej (Brgg). — polycarpum var. gracilescens. Maloja (Ks). — neglectum Jur. Albulahospiz auf‘ Erde zwischen Granitblöcken (An), St. Moritz (Gg), Fornothal, P. Cor- vatsch. Dicranodontium Br. eur. Dieranodontium cristatum Schimp. St. Moritz (Gg), Maloja, Fornothal, Silsersee (Pf). — longirostre Web. et M. St. Moritz (Ge), Maloja, Fornothal und Silsersee (Pf). Campylopus Brid. Campylopus Schimperi Milde. Morteratsch; am Fusse der Isla persa, an Felsen von grünem Schiefer im Val Fedoz (An). An der südlichen Abdachung des Ber- a AR nina- und Disgraziastockes ist dieses Moos sehr ver- breitet, im nördlichen Gebiet aber selten. Piz Langu- ard 2900 m (Pf). —- Schwarzii. Val Fedoz an der wassertriefenden Seite eines Felsens von grünem Schiefer (An), Fedozthal 2100-2400 (Pf). Lencobryum Hampe. Lencobryum vulgare Hampe. In unserm Kanton bisher nur auf der Südseite des Bernina bei ca. 2100 m unter Alpenrosengebüsch gefunden (Ks). — glaucum L. Bei La Rösa am Bernina (Ks). Fissidens Hedw. Fissidens osmundoides Hedw. var. microcarpum. La Pischa am Bernina 2470 m, Albulapass 1970 m (Pf). Blindia Br. eur. Blindia acuta Dicks. Am Roseggletscher (C M), Morte- ratsch, Boval (An), St. Moritz (Gg). var. irrorata Pfef. An nassen Gneisblöcken des Muraigl- baches (Pf). Pottia Ehr. Pottia latifolia C. Müll. = Anncalypta Br. eur. Eine ausschliessliche Bewohnerin der höchsten Alpen. Auf dem Beversergrat (Bamb), Sils und P. Padella (Fillion), La Pischa am Bernina 2600 m (Pf), St. Moritz (Metzler), var. piliferum Brid. Am Albulapass 2230 m (Pf). — cavifolia Ehr. Albulahospiz auf grünem Schiefer (An), St. Moritz (Gg). — lanceolata Dicks. Vulpera (Ks). Didymodon. Hedw. DidymodoncylindrieusBr. eur. Auf Waldblössen hinter Vulpera (Ks), Ordlegnafall 1600 m. im Fexthal 1870 m (Pf). — rufus Lor. Auf dem Bernina (Th), P. Languard 2700 bis 3200 m (Pf). — rubellus Roth. Tarasp beim Kurhaus gegen Vul- pera. (Ks), St. Moritz (Gg). AO var. dentatus. Fexthal 2470 m und sehr schön am Mu- raiglbach (Pf). — luridus. Piz Languard (Rl). In Bünden sonst nur noch im alten Rheinbett bei Maienfeld (Gg). — purpureus Hocker. An Wegrändern und Mauern durch das ganze Unterengadin (Ks). Distichum Br. cur. Distiehum capillaceum Breh. et Schimp. Im Ober- und Unterengadin (Brgg), St. Moritz (Gg), Albulahospiz (An), P. Ot 3230 m (Pf). — inelinatum Hedw. Eingangs des V. Plavna, Surön, Ardez an nassen Felsen schön fruchtend (Ks). Sehr schön am Albula (Schimp, Pf), Murettopass (Pf). — incelinatum var.tenue. Albulahospiz (Schimp, An), Südseite des Bernina auf Lehm (Ks). — glaucum. St. Moritz (Gg). Ceratodon. Brid. Ceratodon purpureus Brid. Bernina, P. Mezdie bei Lavin, P. Languard (Pf), St. Moritz (Gg). Trichodon Schimp. Triehodon eylindricus Hedw. Vulpera (Ks), Pontresina 1770— 1830 m (Pf), Fexthal 1830 m (Pf), St. Moritz (Gg). Leptotrichum. Hampe. Leptotrichum nivale €. Müll. Auf nassem Sande vor dem Morteratschgletscher 1900—1930 m; hier von Fill. 1866 entdeckt und auch in demselben Jahr und zwar besonders schön den 3./VIII 1868 mit und ohne Deckel von Pf. gesammelt. — zonatum. Lortz. Pischa 2400 m (An). — flexicaule Schwgr. Im Beverserthal (Bamb), St. Mo- ritz (Gg). — glaucescens Hedw. Fexthal 2100—2500 m (Pf), aut dem Beversergrat (Bamb), V. Roseg (Th). Trichostomum Hedw. Triehostomum rigidulum Dicks. Vorherrschend auf kalkhaltigem Gestein. Vulpera (Ks), Val Chiamuera (Pf). 4 BA a RE Desmatodon Brid. Desmatodon obtusifolius Schimp. Auf der Felseninsel var. des Roseggletschers (Agagliouls) in Gesellschaft mit Barbula mucronifolia (Baur). systylius Hedw. Maloja (Rl), bei Silvaplana und Surlej (Brgg). latifolius Hedw. var. glacialis. Albulahospiz (An), Morteratschgletscher 1930 m (Pf), St. Moritz (Gg), Val Minor 2600 m (Pf). brevicaulis. Morteratsch gegen die Bovalhütte (An), Piz Languard 3260 m, Piz Oorvatsch 3300 m (Pf). cernuusBr. eur. = Trichost inclinatum C. M. Schloss Tarasp (Breg). obliguum Br. eur. Languard mit reichl. Fr. 2700 bis 3260 m (Th). Barbula Hedw. Barbula rigida Schultz. Von Ardez bis Martinsbruck auf Mauern (Brgg). unguiculata Dill. Im ganzen Unterengadin häufig (Ks), Fexthal 2100 m (Pf). flavipes Br. eur. Vulpera-Tarasp auf schattigen Erd- blössen (Ks), Albula (Schimp). "muralis L. var. incana. Fexthal 1970 m (Pf), ver- einzelt an Mauern noch bis Fetan (Ks), St. Moritz (Gg). ruralis Hedw. St. Moritz (Gg), Spitze d. P. Cotschen (Ks). convoluta Hedw. Im Erlengebüsch dem Kurhause Tarasp gegenüber (Ks), Albulahospiz (An), einige Räs- chen auf dem Julier 2300 m (Pf). montana Isla persa. Albulahospiz, Bovalhütte (An), Innfall bei St. Moritz (Gg). tortuosa Web. etM. St. Moritz (Gg), im Val Mingher schön fruchtend (Ks), Albulahospiz (An). fragilis Wils. Albulahospiz (An), P. Languard 3260 m Me on fallax Hedw. Beverserthal 2200 m (Pf). subulata Brid. St. Moritz (Gg), Beverserthal 1900 m. (Pf). ” a a ud) na mn X Lan 7° SE — inermis. Piz Languard, Pontresina (RI). — rhaetica Amann. Unter dem südlichen Gipfel des Pischa bei 2900 m. — inelinata Schwg. Albulastrasse 2400 m (An). St. Mo- ritz (Gg). var. densaLrtz. Beversthal 2130 m, Val Champagna 2470 m (Pf), Mairathal 1900 m. — pulvinata Juratzk. Spärlich auf Glimmerschiefer am Lunghinfall 1800 m (Pf). — mucronifolia Schw. Val d’Assa, Erlengebüsch beim Kurhause Tarasp (Ks). — aciphylla Br. eur. Albulahospiz (An), in den rechts- seitigen Seitenthäleru von Val Plavna, Scarl, Lischanna (Ks), Triazza, V. Tuors bis 2400 m (An), St. Moritz (Gg)), Maloja. — gracilisSchwgr. An feuchten Felswänden im Roseg- thal sammelten Dr. ©. M. und Prof. Th. einen sterilen, doch breiten Rasen, dessen Stengel und Blätter von der Form der Niederung abwich (Ks), St.Moritz (Gg). — paludosa Schwgr. Am Flatzbach hinter Pontresina in grossen, sterilen Rasen (Th). — icmadophilaSchwgr. Die Form abbreviatifolia wurde von ©. M. und Th. im Rosegthal gesammelt. Grimmia Ehr. Grimmia acuta W. et M. St. Moritz (Gg) — sessitana Lp. Albulahospiz (An). — sulcata Sauter. Pischa 2400—2800 m (An), Alp La Motta auf dem Bernina an Granitblöcken mit Fr. 19580 m (Ks), in Val Chiamuera 2100 m (Th, Pf), Piz Languard (Pf). — subsulcata Lp. Isla persa im Gerölle zur Diavolezza- Restauration, Albula-Hospiz auf Granit (An). — Doniana Smith. Auf dem P. en (C. M.), St. Mo- ritz (Gg). — uncinata. Silvaplana, Surlej (Brgg). — elongata Knaulf. Im Val Fedoz mit Fr. (An), Silva- plana, Piz Languard 3260 m. Auf der Fuorela Surlej var. var. SEINE m. Fr. 2870 m. Val Champagna 2270 m (Pf), St. Mo- ritz (Gg). ovata Web. et M. Im Unterengadin auf Granitblöcken bis in die alpine Region: Pradella, Val Mingher, ob Guarda u. s. w. (Ks), St. Moritz (Gg). alpestris Schleich. Am Felsenriff am Silvaplanersee, unter halb Surlej 1680 m auf dem P. Ot beim Signal 3000 m mit Aretia glacialis (Brgg), Pontresina 1770 m, P. Languard 3260 m (Pf). annodon Breh. und Schimp., ein Moos der Weinberg- mauern im südlichen Frankreich, Italien und der wär- mern Schweiz findet sich in spärlichen Exemplaren bei Nairs (Ks). apocarpa Hedw. var. Schleicheri. St. Moritz (Gg). ‘, rivularis. An Wiesengräben auf La Motta am Ber- nina (Ks). ß gracile Br. eur. = Schleicheri Brid. Oberengadin in den Arven- und Lärchenwäldern bei Silvaplana (Cres- tatsch) 1740 m, auf Granitboden sowie im Camogasker- thal, Val Chiamuera auf Kalk bis zur Waldgrenze 2100 m (Breg;). conferta Funk. St. Moritz (Gg.), bei Campfer 1680 bis 1940 m (Brgg), im Unterengadin hin und wieder auf Felsblöcken (Ks), P. Languard 3260 m, P. Corvatsch 3400 m (Pf). urceolaris Nees et Hrnsch. Auf feuchten Felsen am Flatzfall, im Val Muraigl und am Silsersee (Pf). eontorta Schimp. Fuorcla Surlej (An), V. Champagna, Silvaplana, P. Languard, P. Corvatsch (Pf). epilosa. Unter der Höhe von Fuorela Surlej (An). apiculata Hornsch. Margna. Th. Fr. sehr selten. An einem Felsen von grünem Schiefer im Val Fedoz m. Fr. (An). pulvinataL. = Barb. Jur. An Felsblöcken in Vulpera (Ks), St. Moritz (Gg), Silvaplana und Surlej (Breg). Mühlenbeckii Schimp. Im Unterengadin von Val- laccia abwärts an beiden Ufern des Inn gar nicht selten auf Gneiss- und Granitblöcken. Ist wegen seiner en Aehnlichkeit mit Gr. pulvinata leicht zu übersehen ; dennoch von ganz charakteristischem Habitus (Ks). — mollis Br. eur. Ein bisher nur in Norwegen und Graubünden beobachtetes Moos von sehr‘ charakteri- stischem Habitus. Heuthal am Pischafall gegen den Piz Albri$s auf Gneis und Granit an überrieselten Fel- sen bei 2400 m. Theils in polstrigen Rasen, theils in fluthenden Formen (Th). Killias bemerkt, dass dieses Moos allem nach in unsern Ostalpen gar nicht selten und meist gemeinschaftlich mit Hypnum- und Scapania- Arten als Charaktermoos in Bächen und Quellen, meist in einer Höhe von 18500 m und darüber, auf graniti- scher Unterlage, nahe der Gletscherregion auftrete und meistens untergetauchte, schwammige Rasen bilde. Hie und da in grosser Menge auf dem Scalettapass, bei den Berninahäusern, am Piz Öorvatsch "(An), Pal- ' puogna, an der Beverser Suvretta, gegen den P. Ro- seg (Th). var. argentea mit aufrechten Früchten bei Surlej auf dem Gneisriff am Silvaplanasee (Brge). — elatior Br. eur. Immer auf Gneisblöcken: im Bever- serthal (Bamb), im Unterengadin nicht selten (Ks), Silvaplana (Breg), Val Minor (Pf). — Hartmanni Schimp. = incurva Schwgr. Auf dem Grat, der den Munt Pers mit dem Cambrena und Palü ver- bindet 3154 m, Languard bei 3300 m, Margna (Th), Sassalbo, Flatzfall hinter Pontresina, Motta Naluns auf erratischen Blöcken (Ks). — gigantea Schwgr. Albulahospiz auf granitischem Ge- stein (An), auf solchem der montanen und alpinen Region bis über 2700 m durch das ganze Gebiet, also auch das Engadin (Ks), am Lunghinfall (Pf). — torquata Grev. Morteratsch (An). — unicolor Grev. Weg zur Bovalhütte im Morteratsch- thal 2400 m (Ks, An), an der, von den Jägern „Gems- brunnen“ genannten Quelle am Morteratsch, rechter- seits vom Roseggletscher auf Granit (Th), Berninapass 2270 m, Heuthal 2230—2471 m (Pf). — atrata Mielichh. Val Roseg (Th, CM). — latifolia. Val Fedoz (An). — faleata. In grosser Menge auf der Höhe der Fuorela Lunghin (An). Racomitrium Brid. Raeomitrium aciculare L. Val Tuoi (Ks). — lanuginosum Dill. Albulahospiz mit Fr. auf Granit (An, Schimp)), im Gletschergeröll am Sesvennagletscher u.s.w. Languard (Ks). — sudeticum Bıreh. et Schimp. St. Moritz mit Fr. (Gg), Fetaner Wald an Granitblöcken (Ks), Samnaun (Th). — ceanescensBrid. Zwischen Ponte und Samaden (An), St. Moritz (Gg). — »patens Dicks. Sehr vereinzelt. La Motta am Bernina (Ks, Pf). ; Hedwigia Ehr. Hedwigia ciliata Dicks. Zernez an Felsblöcken (Ks), Sil- vaplana auf Gneis des Felsenrisses am See (Bregg). Schistidium Brid. Schistidium pulvinatum Brid. — Grimmia Hoffmanni D.M. Bisher nur im Engadin auf Felsen, bei Fetan (Th), im Berninaheuthal auf Steinblöcken, auf dem P. Languard bis 3000 m (EM). Coscinodon Spreng. Coscinodon pulvinatum Spreng. — (. cribosum Spruce. Bei Silvaplana am See (Brgg), Piz Languard (Th), Schuls, Fetan und sonst im Unterengadin vielfach an Gestein (Brgg), Val Triazza auf Dolomit (Th). — humilis Milde. Diese schöne Art fand Pfeffer nur in geringer Menge am Languardfall bei Pontresina 1970 m am 11. August 1866 mit Deckel. Amphoridium Schimp. Amphoridium lapponicum Brch. et Schimp. Maloja, P. Languard (R]), Silvaplana (Fillion), Piz Lunghin 2730 m (Pf), Fedozthal (Pf). re EEE EN RT RE — Mongeottii Br. eur. In den Spalten feucht schattiger Felsen auf Granit und Gneis von 900—2700 m, grosse, dunkelgrüne Rasen bildend; bisher immer steril. Auf der Südseite des Bernina an verschiedenen Punkten. Wald ob Fetan, eingangs des Val Tasna (Ks). Auf dem Albula (Pfarrer Andeer). Piz Languard. Mit Früchten entdeckte Fillion das Moos zwischen Sils und Silvaplana, woselbst Pfeffer den 20. Juli 1868 in einer kleinen Schlucht auf Serpentin zahlreiehe Früchte mit und ohne Deckel fand. Ausserdem fand er das Moos spärlich fruchtend im Fedozthal. Piz Mondin in Samnaun (Th). Zygodon. Hook. et Taylor. Zygodon torquatus Liebm. Bisher nur steril in der Höhe zwischen 1950—3000 m meist auf Gneis und Granit. Im Val Roseg an den Felswänden grosse Polster: bil- dend (CM), Berninahöhe (Th), Piz Mondin in Sam- naun (Th). — gracilis. Fuorcla Surlej (An). — compactus 0. M. Val Roseg (Th). Orthotrichum. Hedw. Orthotrichum Sturmii Hoppe et Horsch. Im Val Roseg, P. Minschun (Th), Fetaner Wald an Gneisblöcken (Ks), St. Moritz am Quellenberg, Silvaplana am Julier, Surle] am See, Waldkamm Crestatsch auf granitischem Ge- stein (Brgg;). — rupestre Schleich. St. Moritz (Gg), Albula, Cavaglia (An), Silvaplana (Brgg). — alpestre Hornsch. Berninahospiz (Rl), Morteratsch. Eine grosse Kolonie an der Rinde einer Tanne über Ponte (An). An erratischen Gneissblöcken bei Fontana und Fetan. Vallaceia auf Diorit (Ks); Maloja 1800 m, Fuorcla Surlej 2870 m (Pf). — fastigatum Bruch. var. microstoma über Ponte am Albula (An). — ceupulatum Hofim. Ruine Steinsberg, Fetan (Ks), P Mezdie bei Lavin (Th). IE — pallens Bruch. et Schimp. Feuchte Stellen in den Waldungen von Tarasp gegen Pradella (Ks), St. Moritz (Gg), Samaden meist sehr schön fruchtend (Jk). — affine Schrad. Fetaner Wald (Ks), St. Moritg (Gg). — pumilum Sw. Schuls an einem morschen Zaun (Ks). — fallax Schimp. Schuls an Obstbäumen (Ks), Silva- plana in der Waldregion (Brgg;). — urnigerum var. confestum Schimp. Am Albula oberhalb Ponte an der Waldgrenze (Schimp. und Brandis). — obtusifolium Schrad. An Erlenstämmen bei Lavin, Fetaner Wald (Ks), St. Moritz (Gg). — stramineum Hornsch. Bei Martinsbruck, Zuort- thälchen unter Fontana (Ks), St. Moritz (Metzler). — :speciosum Nees. Im Unterengadin nicht selten an Holz und Bäumen (Ks). — leiocarpum Hedw. Umgebung von Tarasp an Tannen (Ks). — Killiasii ©. M. Auf Trümmerfeldern und in sehr zer- klüfteten Felsen, stets in Ritzen, welche kein Sonnen- licht durchlassen, von der Val Plavna bis zum Piz Sol 2700 m (Pf), Palüalp an ältern Blöcken der Schutt- wälle, Languard (Th). — anomalum Hedw. var. saxatile Word. Im Bernina Heuthal (Pf). Tetraphis Hedw. Tetraphis pellucida Dill. Bei Tarasp, Vulpera (Ks), St. Moritz (Gg), Val Chiamuera (Pf). Eucalypta Schreb. Eucalypta apophysata Nees et Hornsch. Albula hinter dem Hospiz auf Kalktrümmern 2300 m (An), Heuthal Bernina 2600 m (Pf). — commutata Nees et Hornsch. Bei Zernetz (Coaz), Val d’Assa (Ks), St. Moritz (Gg), Flatzfall am Bernina 1930 m (Pf), Scarlthal, V. Triazza (Ks), Samnaun (Th). — vulgaris Hedw. Auf Lehm sehr häufig. Unterengadin (Ks), bei Pontresina (Pf), St. Moritz (Gg). ung een u” Fe > Aue Din a TE E X r ug 2 rn ne ER tz SREH Du BE una ae an ZU 2 dm Kl u De © a ue u e 120 ue SI =] | — eiliata Hedw. Albulahospiz auf Kalk (An), St. Moritz (Gg), bei Silvaplana in der Schlucht des Julierbaches auf Granit (Bgg). — rhabdocarpa Schwer. Im Val Fex (Th), auf dem Albula (Schimp), Tarasp, Val Plavna (Ks), St. Moritz (Gg). Dissodon Br. eur. Dissodon splachnoides Grev. In Sümpfen der alpinen Region, aber selten, am Albula (Schimp), am linken Ufer des Baches bei Isola am Silsersee (An), Fexthal, Fuorcla Surlej (Pf). — Froelichianus Grev. An trockenen Weideplätzen in einer Höhe von 1950 m und darüber, hin und wieder. Lischanna, Schafalp (Th), Albulapasshöhe auf Granit 2300— 2400 m (An), in der Nähe des Statzer Sees bei St. Moritz (Gg). Tayloria Hook. Tayloria serrata Breh. et Schimp. Am Palpuognasee (An). — splachnoides Hook. Im Hintergrunde des Roseg- thales auf den morschen Holztrümmern einer Senn- hütte (ÜOMı,, in der Palüalp beide Mal über 1890 m, Fetaneralp (Ks), in der Nähe von Ponte (An), Mor- teratschgletscher (Fillion). var. obtusa. Rosegthal und Morteratschgletscher (Pf). — tenuis Dicks. St. Moritz (Gg), Fexthal 2100 m, Fuorela Surlej 2400 m (Pf). Tetraplodon Br. eur. Tetraplodon angustatus L. Auf Excrementen der Car- nivoren in der subalpinen Region sehr selten. In der Fora da Baldirun gegenüber Lavin (Th), hinter Val- lacecia (Ks), auf einer Mauer bei Pontresina (Prof. Laurer), St. Moritz auf einem Stein am Quellenbere, am Statzersee (Gg), Silsersee (Fr. Prof. Theobald), Val Muraigl (Fill). — mnioides Bruch. et Schimp. Diese schöne Art wurde von Herrn Pfr. Andeer mehrfach auf dem Beversergrat 4* RNIT NER gefunden, wo sie auf thierischem Dünger wuchs. Beim Aufstieg in die Val Mingher (Ks), Albula (Schimp), Rosegthal (Laurer). — urceolatus Brch. et Schimp. Von Schimper auf dem Albula an offenen, dem Winde und der Sonne aus- gesetzten Stellen in reichlicher Menge gefunden. Ist auch von Mougeot und Mühlenbeck auf dem Albula bemerkt worden. In Menge auf dürrem Rasen in der Laretalp im Unterengadin (Ks). Splachnum. L. Splachnum sphaericum L. Zwischen 1800—2400 m auf Kuhdünger und am Rande der Waldungen nicht so selten wie die vorhergehenden Splachneen. Im Be- verserthal (Herb. Moritzi), Rosegthal (Th), hinter Val- lacia im Walde (Ks), Cavaloccia (Br), Albulapass 2100-2300 m (Pasquale Conti), Fuorela Surlej (An), St. Moritz an verschiedenen Stellen (Gg ). Funaria Schreb. Funaria hygrometrica Br. eur. Auf Erdblössen, am Rande von Kohlemeilern u. s. w. im Unterengadin häufig (Ks), St. Moritz (Gg). Leptobryum Schpr. Leptobryum pyriforme L. Erlengehölz des Kurhauses, Surön bei den Kalköfen (Ks), im Hofe der Burg Ta- rasp (Jk), St. Moritz (Gg). Webera Hedw. Weberalongicolla Swartz = Bryum grimsulanum Schimp. et Sendtner. Häufig durch das Gebiet; zumeist zwi- schen 900-1800 m. Schafberg bei Pontresina und Berninahäuser (Ks), bei Lavin (Th), St. Moritz (Gg), Silvaplana, Julier und Mont Pulaschin, Surlej, bei Sils gegen Grävasalvas 1500 m (Breg), Val Champagna 2500 m, besonders schön im Val Muraigl (Pf). — elongata Dicks. Lunghin (An), Berninasüdseite (Pf). var. macrocarpa. In Felsspalten des Fexthals (Pf). — polymorpha Hppe. et Hrsch. Morteratsch (An). 4 E | F | a dal nn ml in nn > 1 m Dr a I la an nn 0 un ET 3 ee var. brachycarpa. Val Fedoz, Albulastrasse bis zum Ho- spiz (An). — commutata. Palpuognasee, Albulapasshöhe auf Granit (An). — nutans Schreb. St. Moritz (Gg), Fexthal (Pf), Surlej, Silvaplana (Brgg), Scarlthal (Ks). var. longiseta. In den Mooren des Fexthales gesammelt (Pf): var. strangulata Nees. Morteratsch auf feuchtem Moder- boden (FF). var. uliginosa. In Sümpfenr bei La Rösa, am Morteratsch, am Julier (Pf). — acuminata Hoppe et Horsch. Am Roseggletscher (© M), Schafberg bei Pontresina (Rl), im Morteratsch- thal ziemlich verbreitet und formenreich (Pf). — cueullata Schwg. Auf Gletschersand und dem feinen Schlamme, welchen schmelzende Schneelager zurück- lassen: Morteratsch (An), Scarlthal (Ks), Languard, am Weissensee auf Bernina, Berninaalp, La Rösa, Alp Sa- lärs in Samnaun (Th). Eine forma cirrhata im Rosegthal (CM). Eine forma elongata auf dem Piz Languard (CM). — Ludwigii Spreng. Morteratschgletscher 1930 m, Mu- rettopass 2700 m (Pf), Albulapass (Schimp), am Weis- sensee auf Bernina (Th), bei Pontresina, im Fexthal, Morteratsch (Th), am Palügletscher in Menge (Brgg), Weissenstein (Schimp, Brandis, An). — cruda Schreb. La Pischa am Bernina, Lunghin (Pf), Albulahospiz (An), St. Moritz mit Fr. (Gg), Pradella, Val Uina u. s. w. (Ks). — carnea L. Auf einer lehmigen Stelle am Flatzfall bei Pontresina 1970 m (Pf). — pulchella Hedw. Selten! Pfeffer fand es sehr spär- lich auf Sand am Morteratsch 1930 m. — albicans Whllbg. Julierpass (Pf), Fedozthal (An). var. glacialis Schl. Bildet zuweilen in Bächlein der al- pinen Region eine schöne Massenvegetation, bleibt aber immer steril. Albula, auf La Pischa (Pf). BIENEN lutescens Lp. Morteratschthal (Pf). Bryum. Schimp. Bryum intermedium Brid. An feuchten Waldschluchten var. im Val Tuoi (Th). cernuum Brch. et Schimp. = Ptychostomum Hrsch. Beim Weissenstein auf dem Albula mit Fr. (Schimp). pendulum Hsch. = algovicum Sm. In der Grianalp im Unterengadin, schwarze Wände in Samnaun (Th). compactum Hsch. Fimberjoch (Brgg), Grianalp (Th), am Seesvennagletscher (Ks), auf dem Passübergang des Bernina (Bamb), Pontresina (Pf), Weissenstein (An). contextum H. et H. In der Alp Curaglia (Pf), in der Alp Palü (Ks). glacialis. Auf der Julierhöhe in einem Bächlein (Ks). gracilescens. Auf der Südseite des Bernina (Ks). subrotundum Br. eur. Albulapass, am Fusswege vom Morteratsch zur Bovalhütte (An), Palü 1980 m (Ks). bimum Schreb. Auf nassem Sandboden und in Ver- sumpfungen, wechselt im Habitus. Oft sehr schön entwickelt: Julier, Bernina, Sasgn& ob Vulpera, Val d’Assa (Ks), beim Weissenstein (An), Morteratschglet- scher 1900 m (Fillion, Holler, Pfefter), Fexthal 1930 m, Albulapass 1970 m (Pf). areticum R.Br. In Felsspalten und auf Humuslagen der alpinen Region selten und sehr spärlich. Weissen- stein am Albula (Schimper), Albula zwischen Hospiz und Ponte, bei Isola am Silsersee auf dem linken Ufer des Baches (An), vereinzelt zwischen 2100— 2700 m (Ks), am Schwarzhorn (Th). Comense Schimp. Auf einer Mauer hinter dem Al- bula-Hospiz einige kleine sterile Räschen. In der Schweiz einzig hier und in Davos von Amann entdeckt. Mildeanum Juratzka. Am Lunghinofall 1870 m; sonst nur in den südlichen Thälern (Pf). Duvalii Voit. An Bächlein und auf sumpfigen Wiesen nicht selten, aber nur steril. Pontresina 1800 m (Pf), nicht weit von der Mündung des Muraiglbaches zwi- F; 2 EE « ” x % IK Be 2 3 = ” e $ E: var. — 61 — schen Samaden und Pontresina (An), Morteratsch, Scarl, Val Tuoi (Th), Fexthal (CM). Sauteri Br. eur. Wurde zwischen Silvaplana und Sils von Fillion gesammelt, von Pfeffer vergeblich gesucht, dann aber zwischen Samaden und Sils von Amann gefunden. erythrocarpum Schwer. Auf Sand und Lehmboden, aber sehr selten. Zwischen Sils und Silvaplana (Pf). Schleicherii Schwgr. Albulapass 2000-2400 m, Val Bevers (An), am Julierhospiz massenhaft auf Torf in meergrünen, geschwollenen Rasen (Ks), St. Moritz (Gg). latifollium. Einige Minuten unter der Fuorcla Surlej (An), St. Moritz (Gsg)). pyriforme Hedw. An der Moräne des Morteratsch auf Gneis (Ks). Blindii Breh. et Schimp. Gehört zu den seltenen Arten. Am Ufer des Baches bei Isola, auf der linken Seite des Berninabaches (An), spärlich bei Sils (Fillion), Fexthal 2100 m, bei Ponte und Bevers 1700 m, sehr schön und reichlich am Flatzbach zwischen Pontre- sina und Samaden, endlich auch in geringer Menge am Palügletscher auf der Berninasüdseite 1950 m. An allen diesen Orten vegetirt das Moos auf dem feinen Sand der Flussläufe (Pf). alpinum L. Auf Bernina und Maloja (Ks). In den tiefen südlichen Thälern weit verbreitet. pallens Swartz. Palü, Morteratsch, Tarasp gegen Pra- della in feuchten Waldungen (Ks), St. Moritz (Gg), Albulaquelle, Isola am Silsersee; eine merkwürdige Alpenform mit orangegelbem Peristom zwischen Sa- maden und Pontresina (An), Sils, Silvaplana Seeufer und Julierstrasse (Brgg), P. Ot (Pf). pallescens Schleich. Am Albula häufig (An), St. Mo- ritz (Gg), Samaden, Surlej, Silvaplana bis auf die Julier- passhöhe 2130 m, Grävasalvas ob Sils (Brgg). inelinatum Sw. Selten! Albulastrasse bis 2000 m (An), b. Sils (Fillion), auf Torf St. Moritz (Th) daselbst m. Fr. (Gg). Neodamense Itzigs. Albulapass zwischen Hospiz und Ponte (An). — cirrhatum Hoppe et Hrsch. Palü auf einer Wiese var. var. (Pf), Albulaquelle, Palpuognasee, zwischen Hospiz und Ponte (An), auf dem feuchten Sande am linken Ufer des Fedozbaches (An), Val Tuoi, Val Plavna, Val Li- schanna, Val d’Assa u. s. w. auf überfluthetem Sand- boden (Ks). badium Breh. Silsersee (Pf), St. Moritz (Gg). caespititium Hrsch. In der Champagna bei Sama- den, St. Moritz, Silvaplana, Surlej m. Fr. (Brgg), Val Roseg, Piz Mezdi bei Lavin u. s. w. (Ks). capillare Dill. Silvaplana (Th), St. Moritz (Gg), Forno- thal (Pf). Ferchelii. An einem erratischen Block bei Nairs (Ks), Silvaplana (Pf). .cochlearifolium. Val Urschai (Ks). argenteum L. Ueberall verbreitet, geht unsere Berg- strassen nach bis auf die Höhen und Pässe, z.B. Ber- nina (Th). ovatum Jur. An der Mündung des Muraiglbaches zwischen Samaden und Pontresina (An). pseudotriquetrum Hedw. Vulpera, Tarasp an sumpfigen Plätzen, St.Moritz (Gg), bei Silvaplana, Julier und im Val Chiamuera bei Camogask bis über 2100 m, an Südabhängen und Quellen (Brgg). Eine Uebergangsform zu Bryum Neodamense Itzigs an der Albulaquella (An), Piz Lunghino (Pf). gracilescens. Auf schwammigen Wiesen des Al- bua (Ks). fimbriatum. Mit Fr. St. Moritz (Gg) 1894. Neu! roseum Dill. Vulpera und sonst noch unter Gebüsch, aber immer steril (Ks). — turbinatum Hedw. An der alten Julierstrasse an feuchten Chloritfelsen (Brgg). var. Schleicherii. Sulsanna, Motta Naluns (Ks), auf dem Albula m. Fr. (Schimp., Brandis). a ee nel Ca am u a Un aa al nn a na AL I A ua ln 2 u u ne ll nl ale RE Anomobryum Schimp. Anomobryum coneinnatum. Piz Languard (Rl), Val Fedoz an einem Felsen von grünem Schiefer (An). — julaceum Schrad. Lunghin (An). — Zieriajulacea Dicks. Am Roseggletscher (Th). Selten! ‚, — demissa Hrnsch. P. Languard 2730 m (Pf). Mnium. L. Mnium punclatum Hedw. Maloja und St. Moritz (Gg), an nassen quelligen Stellen im Unterengadin verbreitet (Ks). — undulatum Hedw. Im Unterengadin bisher immer nur steril (Ks). — ceuspidatum Hedw. Tarasp, Sinestra u.s. w. im Walde (Ks), Fedozthal 2130 m (Pf), St. Moritz (Gg). — affine Bland. Gegen Pradella reichlich mit Fr. (Ks), V. Chiamuera (Pf). — spinosum Schw. In dem Buchenwäldchen hinter Vallaccia (Ks). — orthorrhynchium Breh. et Schimp. Unter Vulpera, ob Avrona, Val Mingher (Ks). — stellare Hedw. Am Scalettapass (CM). — serratum Schrad. (Brid.). Unter Vulpera, Val d’Assa (Ks), St. Moritz (Ge), Val Fex hinter Maria auf Kalk (Brgg), Maloja (Pf). — subglosum Hedw. Zwischen Samaden und Pontre- sina (An). Mit einer Fundstelle in Davos nen für Graubünden ! — pseudo Blyttia Ammann in „Flore de mousses suisses“: Nordhang der Pischa 2700—2800 m (An). — ceinelidioides Blytt. Im Engadin steril (Schimper); im Fexthal sammelte Theobald einige Früchte; Pfeffer fand die Art in den Mooren dieses Thales 2100 m nur steril. Cinclidium Sw. Cinelidium stygium Sw. Auf Moorgrund am Schwarzen See. Tarasp (Ks). Auf dem Albula und Splügen waren die einzigen Punkte, an denen Schimper dieses Moos ERS HR DS in der Schweiz beobachtet hat. Einige Früchte fand C. Müller im Schneewasser am Languard. Pfeffer im Juli 1868 im Fexthal 2100 m. Amblyodon. Pal de Beauv. Amblyodon dealbatus Dicks. Val Tuoi, Scarlthal (Th), St. Moritz (Gg), auf Sumpfboden bei La Rösa, Fex- thal 2470 m (Pf). Catoscopium Brid. Catoscopium nigritum Hedw. Albula am Weissenstein (Herb. Moritzi, Th, An). Fast immer findet sich das Moos in Sümpfen, die von kalkhaltigem Wasser ge- speist werden, nur bei Bevers und am Julierpass fand Pf. es auch in wirklichen Hochmooren. Piz Padella (Breg), Val Chiamuera (Pf). — eurvifolium. Albula (An). Meesia Brid. Meesia uliginosa typica Hedw. An sumpfigen Stellen auf Torf und Haideboden, doch nirgends unter 1200 m, Palpuognasee (An), Rosegthal (Pf), Vulpera, Tarasp ziemlich häufig (Ks), Samnaun (Th). var. alpina. Albulahospiz und Albulahöhe bis 2000 m (An), Weissenstein (Schimp), Val Bevers (Pf). var. minor. Im Val Tisch (Th\. Paludella Ehr. Paludella squarrosa Ehr. In der Schweiz selten. Statzer- see bei St. Moritz (Gg). Auch Pfeffer fand es in dem Waldmoos zwischen St.Moritz und dem Statzersee, immer steril. Aulacomnium Schwer. Aulacomnium palustre L. = Limnobryum Rabenh. In Mooren und auf nassen Wiesen im Unterengadin in Masse. Am Schwarzen See mit Fr. (Ks), in einer Wiese zwischen dem St. Moritzer und dem Statzersee (Gg), Fexthal (Pf). var. imbricatum. Auf nassen Felsen hoher Lagen ziem- lich selten. Fexthal 2270 m, Fedozthal 2200 m (Pf). L a 8 wi BY 3 ” ; % B i 3 { ARTEN Ba a a A a 8 je en Lade Zu nö ui er u DR de var. fascieulare Fk. Eine Form mit kurzen, schopfigen Aesten gehört der alpinen Region an; Rosegthal, Lan- guard (Th). var. polycephalum. Im Beverserthal (Pf). Oreas. Brid. Oreas Martiana Hoppe et Hrnsch. Piz Languard (RI), am Fedozgletscher (An), Piz Arlas 28570 m (Pf). Bartramia Hedw. Bartramia ithyphylla Brid. In höhern Lagen bis gegen 2400 m, Albulahospiz (An), Notta Maluns (Ks), Piz Languard 3260 m (Pf), St. Moritz (Gg). — Halleriana Hedw. Gegen Aschera auf Dioritblöcken (Ks), St. Moritz (Gg), im Walde ob Orestatsch bei Sil- vaplana 1770 m auf Granit (Brgg), Maloja (Holler). — Oederi Gun. St. Moritz (Gg), Siivaplana, Surlej bis gegen die Alp hinauf (Brgg), auf dem Albula (Schimp), Fexthal 2500 m (Pf). var. subnivalis. Piz Lunghin und an andern Orten (Pf). — subalata Br. eur. Piz Languard (Rl). — pomiformis Hedw. St. Moritz (Gg). Philonotis. Brid. Philonotis fontana Brid. St. Moritz mit Fr. (Gg), Sca- lettapass (Pf). var. alpina. Bernina (An), Samnaun (Th). var. faleata. Alp Suravel und Mt. Muraigl (Fillion), Val Champagna 2500 m (Pf). — seriata Mitten. Morteratsch, steril am Wege zur Boval- hütte (An). — tomentella Molendo. Die geschlossenen Rasen dieses Philonotis, welches Limpricht mit Phil. alpicola Juratzka identisch glaubt, sind bis zur Spitze des Stengels mit einem dichten Filz so fest verwoben, dass es einige Mühe kostet, diesen zähen Filz loszureissen. Im Val Roseg auf Kalk, über Margan sura am Aufstieg zur Fuorela Surlej (An). EN NE — calcarea Brch. et Schimp. Albula (Schimp), Fexthal 2100 m (Pf). Conostomum Brid. Conostomum boreale Dicks. Ein seltener Repräsentant des hohen Nordens. Albulahöhe m. Fr. (Moritzi, Ks), Val Fedoz hie und da in grosser Menge, wie z. B. am Jakobshorn 2400 m, am Fusse der Cresta mora (An), Scaletta m. Fr. (Th, © M , besonders schön im Heu- thal unter Pischa, V. Champagna (Pf). Timmia Hedw. Timmia megapolitana Hrsch. Auf dem Albula (Bamb), in Val Uina (Th), beim Albulahospiz auf grünem Schiefer, der den Uebergang zur Cresta mora bildet, über Ponte (An). Atrichum. Pal. de Beauv. Atrichum undulatum Pal. de Beaur. Berninahäuser (An). Dligotrichum De Cand. Oligotrichum hereynicum Ehr. Albulahospiz, Aufstieg zur Cresta mora 2300—2400 m (An. Polytrichum Dill. Polytrichum septendrionale Sw. Ein sehr charakteri- stisches Moos in einer Höhe von 2100—3000 m. Bei Laviruns (Moritzi), Albula, Bernina etc. (Bamb), Al- bula (Schimp ), Piz Ot. Auf allen höhern Urgebirgs- alpen über 2100 m. Oft in grossen grünen Rasen. Wer jemals versucht, eine Hand voll dieses Mooses aus- zureissen, wird sofort überzeugt, dass dieses unschein- bare Pflänzchen für die Befestigung des, in der Nähe des ewigen Schnees so unbeständigen Bodens, Gross-' artiges leistet (An). — sexangulare Hoppe In den höchsten Lagen an schmelzendem Schnee oft ganze Strecken überziehend. Albulapass 2300—2400 m (An), Flüela, Piz Latu.s.w. (Rl), Larguard (Th), Piz Ot 3200 m (Pf). — juniperinum Hedw. Auf Haide und Moor die ver- er u nt ih an ng un aa an Bee nn 2 u nn nal 2 ann m ne Un u An an erg RN breitetste Art. St. Moritz (Gg), im Unterengadin an trockenen Waldstellen, heidigen Plätzen u. s. w. wohl die häufigste Art (Ks). var. alpinum. Albulahospiz auf granitischem Grunde (An). — piliferum Schreb. Bis über 2400 m. St. Moritz (Gg), auf Sand und Kies des Flatzbaches zwischen Samaden und Üelerina, bei Silvaplana, Surlej (Breg), im Unter- engadin hin und wieder (Ks), fehlt der Ebene. P. Cor- vatsch 3400 m (Pf). — alpinum L. St.Moritz (Gg), Muotas bei Samaden 1650 m, Silvaplana, Surlej, bis in die Alpen am Julier- pass 2230 m (Breg), Tiefer ist die Art selten, sonst bis gegen 2400 m. Vallaccia und Surön d’Ardez im Walde (Ks). — urnigerum L. Im Unterengadin sehr verbreitet (K), St. Moritz (Gg), Val Champasena 2300 m (Pf). — aloides Hedw. St. Moritz (Gg), Silvaplana auf Gräva- salvas ete. 1680— 1950 m auf Thonschiefer und Granit (Brgg), Berninapass 2200 m {Pf). — formosum Hedw. Oefters in den rechtsseitigen Thal- waldungen des Unterengadins (Ks), mehrfach in den Torfmooren des Oberengadins: V. Roseg, Morteratsch (Bgg), St. Moritz (Gg;). — eommuneL. = julaceum Ehr. Scheint die Ge- birge zu fliehen, indem diese Art in Bünden ziemlich die seltenste ist. St. Moritz (Ge). — strietum Menzies. St. Moritz (Ge), auf dem Albula (Schimp), auf Torferund am Schwarzen See von Ta- rasp (Ks). — gracile Menzies. Zwischen Pontresina und St. Moritz (Herb. Mor.), auf einer moorigen Wiese am alten Weg von Vulpera zum Kreuzberg (Ks). Diphyscium Mohr. -Diphyscium foliosum L. Lunghinosee 2530 m (Pf). Buxhbaumia Haller. Buxbaumiaindusiata Brid. Am Wege hinter dem Wasser- fall im Val d’Assa (Ks). Be HB Fontinalis. Dill. Fontinalis antipyretica L. Samaden (An). Neckera Hedw. NeckeracomplanataLl. Vordere Val Tasna im Wald (Ks). Leucodon Schwägr. Leucodon sciuroides L. Im Unterengadin ziemlich ver- breitet, aber immer steril (Ks). Antitrichia Brid. Antitriechia eurtipendula L. Gegenüber Lavin (Th), an Gneissblöcken ob Vulpera und bei Pradella (Ks). Myurella Schimp. Myurella julacea Vill. Von 1500 m bis vor die Gletscher, seiner Kleinheit wegen wohl vielfach übersehen. Am Roseggletscher (CM), Silvaplana (Breg), Albulapass 2300 m (An). Unter Vulpera im Walde. Unweit der Quellen von Val Sinestra unter Rhododendrongebüsch (Ks). Im Rosegthal und im Fexthal (Pf). — apiculata Hüben. Silvaplana (Brgg), Fedozthal 1800 und 2170 m (Pf). Leskea Hedw. Leskea atrovirens Hartm. Albulahospiz (An), häufig auf der Nordseite des Bernina bei Pischa (Pf ). ar. brachyclados Schwgr. Alp La Motta auf dem Ber- nina, auf Motta Naluns im Unterengadin (Ks), Lan- guardfall 1900 m (Pf). — nervosa Schwgr. Aschera, Val Tasna, beim Kurhause Tarasp m. Fr., im Val Roseg (CM). — polycarpaEhr. Surön, Ardez, Vulpera, Remüs ete. (Ka) Anomodon Hook et Tayl. Anomodon vitieulosus L. An Dioritblöcken bei Vallac- cia (Ks). -- attenuatus Hüben. Val Muraigl (Pf). Pseudoleskea Br. eur. PseudoleskeaMüllerianum var. myurum. Val Fedoz (An). 2 a A Ze u rn D ulan i » E r > . N al Z va u il öl Ada am 2 Ann 1 Be LE a > has ln a BE a1 13 ya — catenulata Breh. et Schimp. Beverserthal (Bamb ), St. Moritz (Gg). Heterocladium Br. eur. Heterocladium heteropterum Breh. Bevers 1830 m, Piz Languard 2570 m (Pf). — dimorphum Br. eur. Ueber Margun sura am Auf- stieg zur Fuorcla Surley ın. Fr. (An). var. compactum Mdo. Piz Languard 2870 m (Pf). Thiudium Br. eur. Thiudium deeipiens de Not. = Hypnum Notarisii. Von Amann an verschiedenen Orten auf Davos und im Oberengadin entdeckt. Reichlich in den Bächen auf dem Albula 2300 m, im Flüelabach an der Pischa bei ca. 2000 m, im Jahr 1858 und im Laufe des Herb- stes 1590 auf der Albulapasshöhe, zwischen Hospiz und Ponte (An). — delicatulum L. Im Unterengadin auf schlechten Wiesen an Waldborden verbreitet (Ks). — tamariscinum Hedw. Ebenso, doch viel seltener (Ks). Pterigynandrum Hedw. Pterigynandrum filiforme Hrsch. Im Unterengadin an Holzwerk und Steinblöcken bis über die Waldgrenze (Ks). var. heteropterum Brid. Fetan, Val Tasna, überhaupt mehr in den höhern Lagen (Ks), Berninapass 2230 m kb}: Leskurea Schimp. Leskurea saxicola Milde. Aschera, Vallaccia auf Diorit- blöcken (Ks), P. Corvatsch 3300 m, im Rosegthal m. Fr., Muraiglthal (Pf). — 'striata Lorentz. Val Tuoi, Motta Naluns auf Holz (Ks), unweit der Quelle im Val Sinestra (Ks), Sils 1800 m (Pf). var. saxicola. Hinter Vallaccia auf Dioritblöcken, in der Pontner Alp auf Granit (Ks). a a Cylindrothecium. Schimp. Cylindrothecium celadorrhizans Hdw. An Strassen- mauern zwischen Süs und Lavin von Dr. Holler ge- funden. St. Moritz (Gg). Climacium W. et M. Climacium dendroides Dill. Im Unterengadin auf feuch- tem Wiesengrund, unter Gebüsch u. s. w., doch nie in grosser Anzahl (Ks), St. Moritz im Lei nair (Gg). Pylaisia Schimp. | Pylaisia polyantha Schreb. Im Unterengadin häufig an Erlen (Ks). Iisothecium Brid. Isothecium myurum Brid. Fetan, Pradella, Remüs etc. (Ks), V. Muraigl (Pf). Orthothecium Schimp. Orthothecium rufescens Dicks. Auf nassen Tufllagen unter Vulpera bei der Schwefelquelle in Val Plavna (Ks). — strietum Ltz. Am Silsersee 1800 m (Brgg), Fexthal, Heuthal (Pf). — intrieatum Breh. et Schimp. Fuorcla Surlej (Baur), Samnauner Alp, Salärs (Th). — rubellum Dicks. Bei den Hütten von Casternaum 2000—2100 m im V. Fedoz (An). Homalothecium Schimp. Homalothecium sericeum L. An Mauern und Felsen bei Ardez. Pradella (Ks), Fexthal 2100 m (Pf). — fallax. Fuorcla Surlej (An). Ptychodium Schimp. Ptychodium plicatum Schleich. Im Unterengadin ver- breitet (Ks), P. Lunghin 2700 m (Th), am Albulahospiz 2700 m (An). Camptothecium Schimp. Camptothecium nitens Schimp. Auf schwammigen Wie- f u De te u ee ee ie 1 et ee ae zum in eh A UE sen und steril am Albulasee (Pfr. Andeer), Palpuogna- see (An), St. Moritz beim Statzersee (Gg), Fexthal (Pf). — ]utescens Huds. Im Walde ob Fetan (Ks). Bruchytheeium Schimp. Brachythecium trachypodium Brid Eine ächte Alpen- species von höchst eigenthümlichem Habitus. Bevers 1800 m, P. Salaschigna im Fexthal 2700 m (Pf), Mor- teratsch am Palügletscher, im Val Roseg (CM), ob Fetan im Wald (Ks). — rutabulum Breh. et Schimp. Iın Unterengadin hie und da an Mauern (Ks), Fexthal (Pf). — populeum Hedw. Im Unterengadin an feucht-schat- tigen Stellen verbreitet (Ks), Val Champagna (Pf). — rivulare. Br. eur. Val Uina gegen die innere Alp (Ks), am Weg zur Fuorela Surlej an der Rosegseite (An). — Mildeanum Schimp, St. Moritz (Gg). — salebrosum Br. eur. Vulpera und Aschera (Ks), St. Moritz m. Fr. (Gg). — glaciale Br. eur. Albulapass 23002400 m, Aufstieg zur Cresta mora 2400 m, Val Bevers 2400 m (An), Scalettapass, Val Urschai, Berninahäuser, Passhöhe der Fuorcla Surleji und im Rosegthal (An), Bernina Heuthal ob dem Pischa (Th), am Murettopass, Piz Ot, La Pischa mit Früchten (Pf). — collinum Schl. Eine seltene Art der Hochalpen, wohl nirgends unter 1800 m. Am Cambrenagletscher (CM), in der Alp La Rösa steril (Ks), Isola am Silsersee (Pf). var. subjulaceum (Pf). Dieses Moos, welches habituell dem Brachyt. glaciale wegen der Form des Zellnetzes auffallend ähnlich ist, der Früchte und des Perichä- timus wegen aber hieher gehört, fand Pfeffer spärlich am Piz Lunghino 2600 m auf Glimmerschieferstücken, welche durch Schneewasser durchrieselt wurden (Pf). — eirrhosum Schwgr. Val Plavna, Val Sinestra bei den Quellen (Ks), Fexthal 2470 m, wie die var. Funkii unvermeidlich auf den Gräthen der Bündner Schiefer- gebirge (Pf). | | var. Funkii Schimp. Mott Petnal b. Fetan, Val Sinestra (Ks). var. gracillinum Mdo. Fand sich nur in den Felsklüften am Ordlegnafall 1600 m und am Lunghinofall 1870 m (Bf): — glareosumBr. eur. Vulpera-Tarasp, Val Tasna u.s.w. Val Urschai noch hoch über Wald (Ks), geht im Val Roseg bis auf den kiesigen Schutt der Gletscher (CM). — reflexum W. et M. Selten! Val Ckampaena (Pf), wenige Räschen bei der Mühle von Sainas, westlich von Fetan (Ks). Eurhynchium Schimp. Eurhynchium striatum Spruce. Bevers. — diversifolium Br. eur. Eine wenig bekannte Pflanze. An schattigen Felsen am Wege über Margun Sura zur Fuorcla Surlej. In der nächsten Umgebung des Albulahospiz auf Kalk (An), Agagliouls im Roseg (Br), Pontresina, Sils, P. Languard, im Beverserthal, im Val Champagna (Pf). — strigosum Hoffm. = Hypnum pulchellum Hdw. In der Alp Palü, im Fexthal (© M), Vulpera, Aschera (Ks), Bevers (Pf). Mit der var. praecox beim Albulahospiz (An), Lunghino- fall (Pf). var. imbricata. Agagliouls im Roseg (Baur). — Vaucherii Lesq. Auf dem Bernina, bei La Rösa, Waldschlucht unter Vulpera (Ks), am Albulapass 2300 bis 2400 m (An), am Rande des Sesvennagletschers (Ks). — cireinatum. Malojapass (R]). Rhynchostegium. Rhyncehostegium rusciforme Weis. — var. prolixum Brid. Von Killias am Albula gefunden. Plagiothecium Schimp. Plagiothecium Müllerianum Schpr. var. myurum Pfeffer. Bei den Hütten von Casternaum im Fedozthal 2000 bis 2100 m (An), Silvaplana, Surlej (Brgg). — silvaticum Br. eur. Bei der Bonifaciusquelle bei Ta- ER N EoE OR DIE LER SL HUERUEN m A a re, Wen —- 1. — rasp (Ks), Piz Languard 2500 m, eine sehr kräftige, bis 7O mm hohe Form traf Pfeffer unter Gebüsch am Morteratschgletscher. — Sendtnerianum C. Müll. St. Moritz (Gg). — silesiacum A. Br. Im Zuortthälchen über der Boni- faciusquelle bei Tarasp (Ks). — laetum Schwer. Auf dem Albula in der Waldregion über Ponte an faulendem Holze (Ks), nahe beim Weis- sensteiner Wirthshause in Felsspalten (Schimp), St. Mo- ritz (Metzler), Morteratschgletscher, Fornothal (Pf). — dentieulatum Br. eur. Tarasp (Ks), St. Moritz (Gg), Fexthal 2570 m (Pf). — Mühlenbeckii Breh. et Schimp. Bei den Hütten von Casternaum im Val Fedoz zwischen 2000—2100 m (Brgg), am Lunghinofall und im Fornothal (Pf), auf dem Albula (Mühlb.), in der Alp Motta auf Bernina (Ks). — pulehellum Dicks. Auf dem Albula (Schimp), Val Mingher (Ks), beim Albulahospiz auf Kalk am Südhange der Kette des P. Uertsch (An), St. Moritz m. Fr. (Gg). — nitidulum Wahlbg. Albulapasshöhe, Lunghin (An), Tarasper Waldungen, V. Mingher (Ks). Amblystegium Schimp. Amblystegium subtile Hoffm. Pradella im Unterenga- din (Ks). — serpensL. An etwas feuchten und schattigen Stellen überall bis in die alpine Region. Schuls, Remüs etc. — Sprucei Breh. Fedozthal 2300 m (Pf). Amblystegium radicale Pal. de Beauv. Einmal von Killias bei der Mühle von Sainas unter Fetan ge- funden. — irriguum Wils. var. fallax Brid. Albulapass 1530 m (P£). Hypnum Dill. Hypnum Halleri L. fill. Im Unterengadin auf Kalk- und Schieferblöcken verbreitet (Ks). — Sommerfeltii Myr. Ob den Quellen in Val Sinestra am Waldwege auf Schiefer (Ks). 5* var. Die Die var. BIO ur chrysophyllum Brid. Unter Vulpera im Walde (Ks), im Fexthal 2500 m (Pf). stellatum Schreb. Bernina Wirthshaus (Ks), St. Mo- ritz (Gg), Piz Ot 2730 m (Pf). prolixum Brid. Mooıwiesen bei Tarasp, Pradella (Ks). Sendtneri Schimp. St. Moritz (Gg), Pfeffer fand es nur steril im Zizerser Ried 530 m. aduncum L. Palpuognasee, Albulapass 2300 m (Ks), am Julier bei Silvaplana 1800 m, Albula, Weissenstein (Brgg). Kneiffii. Moor von Sasgne (Ks), Albula (Pf). vernicosum Lindb. Im Moor von Sasgn& (Ks), St. Mo: ritz (Gg), Julierpass 2230 m (Pf). Cossoni Schimp. Moor am Schwarzen See bei Tarasp (Ks), am Albulapass 1970 m (Pf). exanulatum Gümb. Beim Weissenstein-Albula (Ks), Palpuognasee (An), Fuorcla Surlej 2570 m (Pf), ge- wöhnlich massenhaft. | Form purpurascens mit reicherer Verästelung, von dunkelpurpurner Farbe und mit etwas längern Blät- tern, deren Spitzen sich in trockenem Zustand etwas kräuseln bei Sils 1500 m, Julierpass 2470 m und Fex- thal. Mit Früchten bisher nur an letzterer Stelle (Pf). luitans Dill. Auf dem Bernina massenhaft aber steril. Mit Früchten in grosser Menge zwischen dem Bernina- Wirthshaus und dem Weissen See, dann im Val Fex (Th). Die langfluthenden schwarzen Formen bis in die Gletscherbäche; Palü, vereinzelt im Val Urschai bis Val Uina (Ks), St. Moritz (Gg), beim Weissenstein (Brgg), Fexthal 2400 m, Fuorcla Surlej 2500 m (Pf). Form submersum in einer Wasserlache im Fex- thal (Pf). pseudostramineum Müll. fand sich spärlich und steril in einem Moore am Silsersee 1500 m (Pf). var Rotae Dicks. Albula 2300 m (An), Fornothal 1870 m, Palügletscher 1930 m, am Morteratschgletscher 1900 m, Lago nero am Bernina 2230 m, am Chalchang 1900 m (Holler). — revolvens Sw. Bei St. Moritz (Gg); auf der Bernina- höhe; geht bis über 2700 m; Languard (Th), Pal- puognasee (An), scheint dem Unterengadin zu fehlen. Fexthal 2100 m, Julierpass 2100 m (Pf). Früchte fand Holler im Rosegthal und Pfeffer zwischen St. Moritz und dem Statzersee. — uneinatum Hedw. In den Waldungen verbreitet und noch weit darüber hinaufsteigend, so noch am Ber- nina, auf der Spitze des Piz Lischanna (Ks), P. Mezdi, in den Samnauner Alpen (Th), St. Moritz m. Fr. (Gg), P. Languard 3260 m (Pf). forma alpina. Zur Bovalhütte (An). — filieinum L. var. terrestris auf der Alp La Rösa am Bernina (Ks). — sulcatum Schimp. In sterilen Rasen dicht am Wasser- fall des Flatzbaches vor dem Morteratsch (Ks), an der Furcla Surlej eine geringe Menge (Pf). — ceommutatum Hedw. Vielfach als Massenvegetation in wassertriefendem Tuff; St. Moritz (Gg), geht bis 2400 m, Silvaplana in der Schlucht des Julierbaches, häufig im Unterengadin. var. faleatum Brid. Am Ausfluss der. intermittirenden Quelle im Val d’Assa (Ks), St. Moritz m. Fr. (Gg). Im Ganzen häufiger als die Normalform. var. filicinum L. St. Moritz (Gg). — rugosum Ehr. Von der Ebene bis in die alpine Re- gion. Cavaglia (Ks), Albulahospiz am Südhange der Kette des Piz Uertsch auf Kalk (An), Piz Languard 3260 m (Pf). — incelinatum (Pf). Piz Languard 3260 m (Pf). — ineurvatum Schrad. Pradella, Val Zuort (Ks). — reptile Mich. Bernina bei La Rösa steril. Gegen Avrona mit Fr. (Ks), Tarasp (Ks). — fastigiatum Brid. Eingang ins Val Fedoz m. Fr., Albulahospiz am Südhange der Kette des Piz Uertsch auf Kalk (An), bei Surön, im Val Lischanna (Ks), Val Chiamuera (Pf). — dolomiticum Milde Wohl eine sterile Form von — 16 — Hypnum fastigiatum. In grosser Menge auf Kalk- blöcken einer alten Moräne im Val Chiamuera 2000 m und wo es spärlich auf Blöcke von Gneiss und Glim- merschiefer wandert (Pf). Sauteri Br. eur. Mit Fr. am Albula bis 1400 m (An), Sils 1330 m (Pf). hamulosum Br. eur. Albulapasshöhe auf Granit, mit Fr. an einem Schieferfelsen in Val Fedoz (An), Val Tuoi (Th), Lunghinsee 2530 m (Pf). Bambergeri Schimp. Lunghin (An, Pf), Albula (Baur). Heufleri Jur. Lunghin (An), Futschöljoch (Dr. Hol- ler), am Rande des Seesvennagletschers (Ks), Piz Lan- guard 3260 m (Pf). cupressiforme L. Sehr variabel und in allgemein- ster Verbreitung (Ks), Piz Languard 3260 m (Pf). pratense Koch. — curvifolium Hedw. Einmal mit Fr. gesammelt in der Alp La Motta am Bernina. Steril am Ausflusse des Muraiglbaches; üppig fruchtend zwi- schen Samaden und Pontresina. Albulapass bis 2300 m (An), La Rösa (Ks). arcuatum Lindbg. Nairs, Vulpera (Ks). mollusceum Hedw. Allgemein verbreitetes Wald- moos; meist aber auf kalkhaltigem Gestein. .Crista CastrensisL. Bis in die alpine Region, aber nicht überall. St. Moritz m. Fr. (Gg), besonders üppig zwischen Vallaccia und Aschera (Ks), V. Chiamuera (Pf, Gg). cuspidatum L. Allgemein verbreitetes Waldmoos. Schreberi Willd. Albula, Unterengadin (Ks), St. Mo- ritz m. Fr. (Gg). purum L. Von der Ebene bis in die alpine Region. Oberengadin sehr häufig. sarmentosum Whlbg. Palpuognasee, Weg zur Boval- hütte (An), St. Moritz in einem Bächlein am Quelien- berg (Gg), Silsersee, Fuorela Surlej 2430 m (Pf). giganteum Schimp. Albula und Bernina auf nassen Grasplätzen (Ks), am versumpften Teich unter Fetan N S ® er % ! N a a lien Ze nun RE | =] a | | (Ks), Statzersee und im St. Moritzersee (Gg), in Gräben bei La Rösa, Bevers, Julierpass (Ks). — stramineum Dicks. Am Waldteich ob Guarda (Ks), Palpuognasee, Albulapass 2300 m (An), am Statzersee, an den Hängen des Rosatsch (Gg), am Bernina (Metz- ler), in grosser Menge, doch nur steril im stagniren- den Abfluss des Morteratschgletschers (Breg), m. Fr. nur in St. Moritz und Maloja (Pf). — curviceula Jur. Val Chiamuera mit Hyp. filieinum 2030 m, Beversthal 2330 m, hier fast unverästelt (Pf). — trifarium W. et M. Am Albulasee auf sumpfigem Boden (Herb. Moritzi), Palpuognasee (An), St. Moritz 1880 m, Julierpass (Pf). — Eine Form vom Aussehen des Hyp. turgescens fand Pf. im Fornothal. — irroratum Sendt. In der Alp Salärs in Samnaun (Th). — nivale Lrtz. Zur Bovalhütte am Morteratscheletscher (An). Im Aug. 1868 fand Pf. auf überrieselten Syenit- Dioritstücken am Morteratschgletscher 1930 m eine ganz geringe Menge. Holler hatte es dort im Jahr . vorher reichlich gefunden. — irrigatum. Im Lei nair bei St. Moritz (Ge). Limnobium. Breh. et Schimp. Limnobium palustre L. Im Unterengadin gemein an feuchtem Holzwerk und Gestein (Ks), mit Früchten bei St. Moritz (Ge), Beversthal 2570 m (Pf). var. subsphaericarpum Schleich. findet sich nament- lich in rasch fliessenden kalten Bergwassern bis an den Saum der Gletscher. Palü, massenhatt an Steinen im Inn, Clemgiabach (Ks). — alpestre Schwer. Von Herrn Metzler aus Frankfurt am Bernina gesammelt. — dilatatum. Die goldglänzenden Rasen dieses Mooses finden sich an der Fuorcla Surlej (An). — ‚alpinum. Wie das vorige (An). — molle Dicks. In Bächen der alpinen Region bis an den Saum der Gletscher, nicht gemein und meistens steril. Am Roseggletscher mit Fr., im Hintergrund der Alp La Motta am Bernina; in einem Gletscher- bächlein am Scaletta (Ks), Val Bevers 25350 m (Pf). — Schimperianum Lrtz. Spärlich und nur steril in einem Wasserrinnsal des Beverserthales (Pf). — areticum Sommerfelt. Am Aufstieg zur Cresta Mora 2400 m, in grosser Menge mit gedeckelten Früchten auf Hornblendegestein im Fornothal und zwar in einem Bächlein, das von Moorwasser gespeist wird, (len 11./VII 1868 (Pf). — Goulardi. Dies prachtvolle Limnobium, für Gran- binden nern, fand Herr Amann auf Davos und einige Minuten unter der Passhöhe der Fuorela 'Surlej. Hylocomium Schimp. Hylocomium splendens Dill. In geschlossenen Hoch- waldungen überall bis an die Grenze des Holzwuchses. Val Champagna 2470 m (Pf). — Oakesii Sulliv. Motta Naluns im Unterengadin an Felsblöcken (Ks), beim Albulahospiz am Südhang der Piz Uertschkette auf Kalk (An), am Silsersee 1800 m LE); j — squarrosumL. St. Moritz (Gg). Verbreitet, aber selten als Massenvegetation. — triquetrum L. Das gemeinste Moos in den Wal- dungen und noch bis in die höchsten Lagen. Bernina- heuthal 2570 m (Pf). | | ; er u - Lo ia . OR U WERE U VE N N b) Lebermoose. Marchantiae. Fegatella conica Raddi = Conoscephalus conicus Dum. Bis über 2400 m. Im Erlengebüsch dem Kur- hause in Tarasp gegenüber (Ks). Preissia commutata Nees — Preissia quadrata Scop. An feuchten Felsen, auf Tuff, an Wegen und Grabrändern sehr verbreitet. Die forma major häufig in den Waldschluchten bei Tarasp (Ks). Marchantia polymorpha L. Bis in die Hochalpen- region. Moortümpel bei der Julierhöhe, oft in Menge an feucht-schattigen Mooren im Unterengadin (Ks), St. Moritz in Wiesengräben (Gg;). var. domestica 6 mitunter massenhaft den Kiesgrund hinter dem Kurhause Tarasp überziehend (Ks). var. aquatica. Im Walde über dem Statzersee und hinter der Schiesshütte am Innfall in St. Moritz (Gg). Sauteria alpina Mans. Bildet vereinzelte Räschen in der alpinen Region an feuchten Erdblössen, Felsspalten, gerne auf Gneiss und Thonschiefer. Val d’Assa, Li- schanna u. s. w. auf Kalk, Scarlthal bei der obersten Brücke, Val Urusch 7700 m (Ks). Frondosae. Metzgeria furcata Nees. Schattige Waldstellen auf Erde, an Rinden und Felsen, bis 3000 m und darüber. Vul- pera, Pradella u. s. w. (Ks), St. Moritz (Ge). — pubescens Schrank. Ebenso; ferner bei Ardez, Val d’Assa (Ks), St. Moritz (Gg). Aneura pinguis (L.) Nees. Im Tobel von Vallaccia in einer Quelle (Ks), St. Moritz (Gg). — palmata Dum. In feuchten Waldschluchten (Ks), ob der Bonifaciusquelle (Jack). | Pellia Neesiana Gottsche. Bonifaciusschlucht 5 (Jack). Jungermanniae. Lejeunia serpyllifolia Libert. An schattigem Gestein und Baumstämmen bis über 3600 m. La Rösa am Ber- nina (Ks), sehr spärlich und vereinzelt unter andern Lebermoosen bei St. Moritz (Gg). Frullania dilatata Nees. Fetan, Schuls an Felsen (Jk), V. Tuoi auf Granitblöcken (Ks). — Tamarisci Nees. An Baumstämmen und Gestein vielfach um Tarasp-Schuls (Ks). Madotheca platypylla Nee. = Porella platyph. (Schrad.) Lindbg. forına major an Felsen bei Pradella (Jack. Radula complanata Dum, An Bäumen und Felsen nicht selten mit Früchten bis in die alpine Region. Bei Vulpera (Jack), St. Moritz (Gg), Val Fex über 3780 m (Ks). Ptilidium ciliare Nees-—'Blepharozia.caıl, Dum.. Val Roseg (Th), St. Moritz mit Fr. und bei der Acecla in schwellenden Rasen, Pontresina (Gg). var... ericetorum. Häufig in trockenen Kieferwäldern gegenüber Schuls, bei Vulpera, Avrona, Pradella (Ks). var. pradypus Hüben. == Walrothianum Nees. Pradella (Jack). Mastigobryum deflexum Nees — Bazzania defl. Gray et B. Ob Surley über 3600 m (Brgg), St. Moritz unter Torf- und Laubmoosen hinter der Meierei über dem Statzersee, und reine Rasen bildend an der See- promenade zwischen Surpunt und Meierei, aber immer steril (Gg). var. tricrenatum Wahlbg. Im Walde ob Fetan (Ks). Lepidozia reptans Nees. Feuchte Waldstellen. Ob der Bonifaciusquelle mit Fr. (Jack), Val di Campo (Ks), St. Moritz (Gg). var. viridula Rabenh. Tortfeld zwischen Accletta und Dorf St. Moritz (Ks). Calypogein Triehomanis Nees = Kantia trich. Gray et B. Am Schwarzen See (Jack), St. Moritz (Gg;. Chiloseyphus polyanthus Nees. Cambrenagletscher (Dr. CM), an Holz und Gestein noch bis über die Waldgrenze hinauf (Ks), St. Moritz (Gg). — pallescens Schrad. Im Unterengadir (Ks). Lophocolea heterophylla Schrad. St. Moritz (Gg). ° — minor Nees. Gegend von Vulpera-Tarasp im Walde (Ks), St. Moritz (Gg). s Jungermannia julacea Lightf. = Anthelia Dum. Eine sehr charakteristische Species, insofern sie wohl die einzige Jungermannia ist, die dicht an der Grenze des ewigen Schnees sich noch zur Massenvegetation entwickelt. Man findet sie meist an sandigen Stellen, wo der Schnee lange liegen bleibt und bildet eigen- thümlich braungraue, weisslich schimmernde dichte FE EN Zt a Zu Eu me Du Cu nt KL, we En er A ee BEN REN EN TEN URAN A A a an Abi Zu cl Dr i n 2 lau" De Zn Ze Bud Kalle na Zn niL _ anla n ai 4 aa ad, 0 . ee Rasen, gerne auf kieseligem Gestein. Hintergrund im V. Tuoi (Ks), Engadiner Alpen, Margnaspitzen 4800 m (Th). var. clavaligera Nees. Bernina gegen den Cambrena- gletscher, am Flüelagletscher (Jack). var. glaucescens Nees. Ebenfalls am Flüelagletscher (Jack). — setacea Web. St. Moritz ein kleines Räschen mit Jungerm. bicuspidata gemengt, 1599 an der Seepro- menade einen grössern Rasen (Gg). — triehophilla Nees — Blepharostoma Dum. Meist mit Fr. Bei Gravasalvas (Th), Clemgiaschlucht (Jack), Val Zuort, Fetan, Val Mingher (Ks), St. Moritz (ag). — eonnivens Dicks — Cephalozia conn. Spruce. Auf humösen Stellen bis 2000 m. Sealetta (Th), St. Mo- ritz (Gg). forma eonferta. Am Schwarzen See, St. Moritz (Jack). — bieuspidataL. = Cephalozia bicuspidata Dum. Reicht bis an die Grenze der Waldregion 3600 m und darüber. Albula (Ks), Clemgiaschlucht (Jack), St. Mo- ritz meistens reich fruchtend (Gg). — barbata Schreb. In allen Waldungen, namentlich dem rechten Innufer entlang (Ks). var. Flörkei Dum. Rosegthal, Val Sinestra, Val d’Assa, Vallaceia (Ks), St. Moritz zwischen Torf und Laub- moosen, aber immer steril (Gg). var. Lycopodioides Wall. In den Wäldern des Ober- engadins (Ks), St. Moritz sehr häufig und schön, zu- weilen auch mit Fr. (Gg). var. Schreberi Nees. Im Unterengadin häufig (Ks). var. squarrosa. Val di Campo, Sinestra (Ks). var. quinquedentata Will. In den Waldungen eine der häufigsten Arten (Ks), St. Moritz (Gg). var. Naumanniana Nees. Hinter Vallaccia auf Diorit- blöcken, Albula und durchs ganze Engadin (Ks). — bantriensis Nees. Von Herrn Jack in der Boni- faciusschlucht gesammelt. ABEND u EL polita Nees. Auf Gmeissblöcken am Albulaufer. minuta Dicks. In der alpinen Region einzeln oder zwischen Moosen. Val diCampo (Ks), Clemgiaschlucht, Fetan, Flüelapass (Jack), Vallaccia (Th), St. Moritz am Seeweg zwischen Surpunt und Meierei selbständige, reich fruchtende Rasen bildend, sonst steril (Gg). incisa Schrad. Flüelapasshöhe (Th), am rechtsseiti- gen Ufer vom Silser bis zum Statzersee schöne, reich fruchtende, apfelgrüne Rasen bildend (Ge). alpestris Schleich. Am Flatzfall bei Pontresina, im Val Fex (Ks), am Piz Mondin, Scaletta (Th), St. Mo- ritz in der Charnadura und am Quellenberg (Gg). porphyroleuca Nees. St. Moritz häufig in schönen, zuweilen braunroth überlaufenen, reich fruchtenden Rasen (Ge). ventricosa Hook. St. Moritz, aber seltener als die vorige (Gg), auf dem Albula (Ks). Wenzeli Nees. Auf dem Albula (Ks). acuta Lindbe. In der Umgegend von Schuls, bei Pra- della (Ks), schön und reich fruchtend bei St. Moritz (Gg). Mülleri Nees. An mehr felsigen und schattigen Stellen bei Vulpera, Burg Tarasp, Bonifaciusschlucht u. s. w. (Jack, Ks), St. Moritz (Gg). albescens Hook = Cephalozia albes. Dum. Aus- schliesslich auf sehr hohen Punkten, bis 2700 m. Auf Bernina, Scaletta, Flüela (Th). tersa Nees. Killias fand dicht unter dem Malojapass nach Casaccia zu bei ca. 1500 m einen Rasen mit reichlichen Früchten. St. Moritz an einem Felsen der Seepromenade, an einem solchen in der Alp Statz und am Wege von Maloja nach dem Cavaloggiasee mit und ohne Früchte (Ge). crenulata Sm. = Nardia cren. Lindbg. — Aplozia 3 Dum. Für Graubünden neu! 1892 in St. Moritz einen n schönen Rasen mit Früchten. 1896 am Nordhang A Y Fläscherberges junge Pflanzen im Verein mit Fossen Dome pusilla c. Jungerm. hyalina. NERARO — sphaerocarpa Hook. Von der Tiefe bis über 1500 m an feuchten Plätzen hin und wieder. Im Val Fex, auf La Rösa am Bernina (Ks). — Taglori Hook — Mylia Tayl. Gray et B. Julier- schlucht bei Silvaplana über 1800 m (Brgg), am Ufer des Schwarzen Sees (‚Jk), am St. Moritzersee und im Torffeld dahinter fruchtend (Gg). var. anomala. Am See von St. Moritz \Gg). — exsectaSchmidel. Im Walde ob Aschera,Vallaccia (Ks). — albicans L’= Diplophyllea Trev. St. Moritz an Steinen, in Felsritzen, am Seeweg mit Kelchen (Gg), Val Fex (Ks). var. taxifolia Wahlbg. An einem Felsen in der Statzer- alp bei St. Moritz (Gg), auf der Berninaalp La Motta (Ks). — inflataHuds. Maloja in Wiesengräben und am Schloss- wege. Am Hahnensee bei St. Moritz 2195 m mit Kel- chen (Gg). — media Lindbg. = multiflorum Spruce = Gepha- lozia symbolica Gottsche. St. Moritz am Weg zur Ova cotschna in grossen, schwellenden Polstern (Gg). Für Graubünden neu! — obtusifolia Hook =Diplophylleia obtus. Tayl. Selten! St. Moritz am Quellenberg. — Kunzeana Hüben. Für Graubünden neu! St. Moritz wenige einzelne Stämmchen unter andern Lebermoo- sen (Gg). Seapania curta Nees. Auf der Passhöhe von Avigna (Th), St. Moritz am Quellenberg mit vielen rothgefärbten Kelchen (Gg). — irrigua Nees. Massenhaft in einem kalten Quellbach der Palüalp über 2100 m (Th), Statzeralp bei St. Mo- ritz (Gg). — uliginosa Nees. Am Albulasee 1920 m in einer Quelle. Auf dem Sertigjoch gegen den Scaletta (Th). — undulata Nees var. purpurea. Flüelapass (Jack), bei Pontresina (Ks), massenhaft in den Bächlein, die vom Rosatsch bei St. Moritz herab fliessen (Gg). Br — aequiloba Nees. In der Bonifaciusschlucht (Jack), im Erlengebüsch beim Kurhause in Tarasp (Ks). Plagiochila asplenioides W. et N. Häufig in schat- tigen Waldungen (Ks, Gg). — interrupta Nees. St. Moritz (Gg). Gymnomitria. Aliceularia scalaris Corde = Nardia scal. Gray et B. St. Moritz am Seeweg mit Kelchen; an einem Felsen der Statzeralp (Gg). — compressa Nees — Nardia Gray et B. Flüelapass (Jack). Sarcosceyphus Sprucei Limp. = Sarcos. adustus R. Spruce = Marsupella Dum. Jörithal und Sca- lettapass auf Gmneiss 2610 m (Th). — Ehrhardti Corda = Marsupella emarginata Dum. St. Moritz am Seeweg und an einem Felsen der Statzeralp (Gg). — Funkii W. et M. = Marsupella Funki Dum. St. Moritz an einem Waldweg am Fusse des Rosatsch (G2). Gymnomitrium econcinnatum Corde — Öesia conce. Gray et B. Val Fex, Val Tuoi, Val Crusch, Piz Min- schun (Ks), St. Moritz an einem Felsen an der See- promenade, in der Statzeralp und in einer Felsspalte über den Bädern, dichte, kurze Rasen bildend, hie und da mit Früchten (Gg). Für die Laubmoose habe ich als Quellen benützt: Bryogeographische Studien aus den rhätischen Alpen von Dr. W. Pfeffer, 1868. . Flora des Unterengadins von Dr. Ed. Killias, 1887. Compte rendu de l’excursion de la societe botanique suisse 22—23 Aoüt 1890. III. Mousses determinees par J. Amann, Davos. Une excursion bryologique dans la Haute-Engadine par J. Amann, 1893. Be ar en Ti EL ni a 2 Pak nad Zi En ann lu a re an EL N 7 je a F ER Tr, ae ee I ” = Bz re ne a u > I le Di a a > a Fr 4 . = x N Seiei A ED eig 0 = une anti sg Be u nl bu a a Ba lm nu 2 Da a illein 1 u Zu a al un no a Fortschritte der schweizerischen Floristik, aus den Berichten der schweiz. bot. Gesellschaft, 1898. V. Laubmoose, zusammengestellt von J. Amann. Für die Lebermoose: Uebersicht der bündnerischen Lebermoose von Dr. Ed. Killias. Jahresb. der Naturf. Gesellschaft Graubündens, 1865. Flora des Unterengadins von Dr. E. Killias, 1887. Die Herren J. B. Jack in Konstanz und J. Amann in Lausanne haben die Güte gehabt, die von mir gesammelten Moose zu bestimmen, wofür ich ihnen auch an dieser Stelle hochachtungsvoll meinen wärm- sten Dank ausspreche. ” II. Glazialreste von Chur und Filisur, aufgedeckt 1900. Von Dr. Chr. Tarnuzzer. >> a) Bei den Felssprengungen anlässlich der Fundamentir- arbeiten für das Neue Konvikt der Kantonsschule an der „Halde* von Chur zeigten sich im Herbste 1900 sehr sehenswerthe Gletscherschliffe, welche in dem Masse, da die Erdarbeiten sich ausdehnten, sich immer deutlicher und imposanter darstellten. Sie waren zu Beginn des November zu einem solchen Um- fange herangewachsen, dass sie, mit den abgehobelten Schiefer- köpfen am Steinbruch des Haldepavillons ernten ein geradezu grossartiges Bild der einstigen Gletscherthätig- keit in allernächster Nähe der Stadt darboten und den Be- schauer mächtig zu fesseln vermochten. Wie dort, für jeden Spaziergänger auf der Schanfiggerstrasse leicht sichtbar, der Fels unter Schutt und Rasen mit scharfen Kalotten über der Wand des Steinbruches hervortritt, so zeigten sich hier im Südosten des nämlichen Berghanges die @lättungen und Schluffe, nachdem die Schuttmassen entfernt waren, in weit grösserer Ausdehnung und Deutlichkeit, um dann nach und nach, beim Fortgang der Fundamentirungsarbeiten, wieder zurückzutreten und endlich zu verschwinden. Die Schieferschichten der erwähnten Lokalität, zur Haupt sache in kompakten Lagen und Bänken sandig-kalkig, kalkig- thonig, dann auch dünn geschiefert, blätterig, rein thonig, mit reichem Gehalt an Sericit- und Glimmerblättehen auftretend, ERBE haben die im Schiefergebiete von Chur übliche Fallriehtung nach SO, genauer 40—50° S und eine Neigung der gletscher- geriebenen Oberfläche gegen die Horizontale im Betrage von 15—20°. Fast überall waren die Schichtenköpfe breit-kalotten- artig und scharf abgeschnitten, und zwar konnte man dies im Anfang November auf eine Strecke von ca. 30 m Länge und 15 m Breite, die letztere auf der geneigten Hangfläche der Felsen gerechnet, verfolgen; später wurde diese sichtbare Grenze noch etwas, nicht wesentlich erweitert. Die bis heute bekannte Aundhöckerlandschaft am Mittenberg von Chur ist also von der ersten Treppe an der Mauer unter der Kantons- schule auf dem „Hofe“, wo 1898 durch Arbeiten am Reserve- tombin eine prächtige Gletscherkalotte vorübergehend aufge- deckt wurde, den Hang hinauf bis weit in den Weinberg neben und über der Kantonsschule, im Osten bis in die un- mittelbare Nähe derselben und im Nordwesten bis über den Haldepavillon hinaus bekannt geworden.*) Gewiss eine ach- tunggebietende Ausdehnung, die der denkende Beobachter trotz Schutt- und Humusbedeckung in der Umgebung noch leicht zu vervollständigen vermag. Wegen der die Rundhöcker deckenden Tuffhaut war es anfangs nicht möglich, deutliche und untrügliche Gletscher- schrammen auf den Schliffen nachzuweisen. Ich habe aber nachher solche von 20, 30, 40 und etwas mehr cm Länge und 1 mm Tiefe konstatiren können, neben kleinern Schram- men, die an mehrern Punkten der Schliffflächen verglichen, übereinstimmend die Richtung WSW—ONO ergaben. Diese Richtung stimmt nicht mit der Thalaxe der Plessur, wohl aber lokal mit der Hauptrichtung Chur-Mittenberg-Montalin überein. Da wir uns mit dem Schanfigg zugleich das ganze Rheinthal, bis nach Chur SW-—-NO reichend, das Hinterrhein- thal und das alte Stromthal des Oberhalbsteins-Lenzerheide mit Gletschern erfüllt zu denken haben, so ist anzunehmen, dass diese Eismassen des Rheinthals, in der Richtung WSW— ONO vorstossend, den Plessurgletscher abgedrängt und die *) Vgl. meine „Geologische Beobachtungen in der Umgebung von Chur 1898/1899* im Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens, 1899, S. 89. . es RR Felsen an der „Halde“ in der angeführten Richtung glatt ge- schliffen und geschrammt haben.*) In der Richtung der grössten Neigung gegen die Strasse hinunter erschienen an der Oberfläche der Rundhöcker Spuren von (letschermühlen, meist undeutlich ausgebildete, parallele Rillen (6) mit kleinen schüssel- bis beckenartig gestalteten Erweiterungen. Die nach der Nordwestseite hin gelegene war die längste und deutlichste, indem sich an ihr 5—6 ziemlich scharfe bogenartige Anschnitte unterscheiden liessen, die eben so vielen Erosionskesselwänden von unvollendeten Gletscher- mühlen entsprechen. Die unterste beckenartige Höhle war ca. 1m in den Bündnerschieferfels eingetieft und liess beim Ausräumen, wie mir Herr Architekt @audy mittheilte, einen ca. SO cm im Durchmesser aufweisenden Stein, der Schilde- rung nach grünen Albulagranit, erkennen, der der Mahlstein der kleinen Gletscher- oder „Teufelsmühle“* war. Leider ver- passte ich damals die Gelegenheit, davon nähere Einsicht zu nehmen, aber ich überzeugte mich, dass Geschiebe und Blöcke des grünen Granits vom Albula und Julier, darunter ein sehr grosser, im Bereiche der Mühlen und Schliffflächen vorhanden waren. Die übrigen Schnüre mit beginnenden Gletschermüh- len waren ganz unbedeutend, blos grabenartige, wenig tiefe Rillen, welche von den Schmelzwassern des diluvialen Eises‘ für eine kurze Zeit benutzt worden waren. Von der Schlitflandschaft der Baustätte wurde eine photo- graphische Aufnahme gemacht, die am obern Rande des Bildes über dem Gletscher-, Flussschotter und der Humusschicht die heimelisen Reben der „Halde* zeigt — gewiss ein interes- santes Bild! Dasselbe ist in den Naturhistorischen Sammlun- sen des „Rhätischen Museums“ deponirt worden. Die über die Schliffflächen gebreiteten @eschiebe waren oft über Kopfgrösse, zur Mehrheit eckig und mit geglätteten *) Das Vorstossen des Rheingletschers veranlasste eine Rück- stauung des viel kleinern Plessurgletschers. Ich finde diese Annahme in einer Notiz Rothpletz’s („Geologische Alpenforschungen 1,“ München 1900, S. 64) bestätigt. der hervorhebt, wie ein solcher Seitengletscher eine Felsenschranke ersteigen musste und dann erst noch den Weg durch die Eismassen des Rheinthals gesperrt fand. 6* 2, Oberflächen, oft mit ausgezeichnet erhaltenen Gletscherstrie- men versehen; sie wurden auch mit den durch Wassertrans- port gerundeten Kameraden gemischt.*) Der staubige bis plastische Lehm der typischen Grundmoräne verkleidete sie ganz oder unvollständig; sie wurden denn auch häufig fest verkittet und zusammengebacken, ihre Zwischenräume mit altem Gehängetuff vielfach durchtränkt. Diese verkittete Mo- räne erschien in vertikaler Entfernung bald grossblockiger, bald kleintrümmerig; in der Höhe überwog die letztere. Sie klebte in ungleicher Mächtigkeit am geschliffenen Felsen und erschien stellenweise von den spätern Gewässern stark aus- gespült, um dann wieder undeutlicher in die sie bedeckenden fluvioglazialen und rein fluviatilen Ablagerungen überzugehen. Dieses Moränenmaterial mit seinen ungeschichteten Einschlüs- sen hat die ausgedehnten Gletscherschliffe dieser Gegend vor der Zerstörung bewahrt. Es hat eine Mächtigkeit von 1 m und darüber, im Maximum 2 m. Im Nordwesten legt sich direkt auf die Moränenbreccie eine 0,2—0,5 m mächtige Schicht dunkler und blauer Thonschieferfragmente, die keine Ein- schwemmung sein können, weil sie weder Sand noch Lehm zwischen sich enthalten, sondern einer lokalen Felsrüfe in der Terrainmulde dieser Stelle ihre Anwesenheit zu verdanken haben. Im Uebrigen legen sich überall Flussgeschiebe und -Sande auf das Material der Grundmoräne hin. Der darüber liegende, noch vielfach mit feinem Schutt gemischte Humus zeigt sich auf der Baustätte 0,5 m, 1—1,5 m, auch wohl 2m mächtig. Die erratischen Geschiebe, welche in der alten Gletscher- landschaft getroffen wurden, sind: Triaskalk und -Dolomit (Muschelkalk und Hauptdolomit), Bündnerschiefer aus den höhern Thaltheilen, Julier- und Albulagranit, Dioritgranit, Granit, Hornblendeschiefer, Serpentin, Quarzite verschiedener Färbung, darunter kirschrothe Hornsteine und Jaspisschiefer, Quarzporphyre und Verrucano aus dem Hintergrunde des Ples- surthales und von Bellaluna, phyllitische Sericitquarzite etc. *) Im Rhätischen Museum und der Kantonsschulsammlüung sind geschrammte Bündnerschiefergeschiebe der Lokalität deponirt worden. ie r y R u nie a na a sn un E . 4 1 5 £ 4 ER 2 1 b) Anlässlich der Bahnarbeiten bei Filisur wurde im gleichen Jahre über dem Dorfe, wo der künftige Bahnhof zu stehen kommt, die G@rundmoräne in schönster Weise blosge- lest. Zwischen oberflächlich staubigem, in der Tiefe aber festem plastischem Lehm der Grundmoräne des einstigen grossen, thalerfüllenden Gletschers fand ich Kalke, Dolomite, Albulagranit und Bellaluna-Quarzporphyr als Geschiebe und Blöcke der verschiedensten Grösse mit prachtvollen @letscher- schliffen und vorzüglich erhaltenen @letscherstriemen vor. Von grossen Quarzporphyrblöcken zeigten viele die Erscheinung in so hervorragendem Masse, dass einer dieser beredten Zeugen in die Sammlung des „Rhät. Museums“ übergeführt wurde. Später (8. Nov. 1900) berichtete mir Herr Ingenieur Bener in Filisur von einer Schlifffläche auf Triaskalk, die an Ausdeh- nung alles vorher an der Lokalität Blosgelegte weit übertraf. Die Schliffe auf dem allem Anschein nach anstehenden Fel- sen, der, wie ich vermuthe, dem alpinen Muschelkalk ent- sprechen dürfte, fanden sich hier auf einer Fläche bis zu . 50 m? vor. Die Gletscherstriemen liessen deutlich die Bewe- gung des Eises in der Thalrichtung Filisur-Alvaneu erkennen. Anhang. Gesteine an der Albulabahn zwischen Filisur und Bellaluna. Ueber und hinter Filisur beschreibt das Trae& der Albula- bahn eine Linie, von deren Punkten aus die Landschaft ein imposantes Ansehen gewinnt. Leider ist ein prächtiger Fels- zahn der gelbauswitternden dolomitischen Rauhwacke der Raiblerschichten unter der Ruine Greöfenstein den Verkehrs- fortschritten zum Opfer gefallen, wie mir scheint ohne zwin- gende Gründe. Die Romantik der Felsgestaltung in dieser Gegend bleibt aber noch immer eine siegende. Der kleine Tunnel darunter führt durch eine ausgesprochene Bergsturz- breccie von Trümmern der obern Rauhwacke (Raiblerschich- ten) und des Hauptdolomits. Dieses verruschelte, innerlich gänzlich zertrümmerte Material hat seiner Natur nach Aehn- lichkeit mit der Flimser Bergsturzbreceie. Das Sprengen war hier so wenig ergiebig, dass die Arbeiter in geringer Entter- hüng von den Schussstellen im Tunnel selber verbleiben durf- ten. In der nächsten Nähe sah man übrigens, wie diese Berg- sturzmasse triassischer Gesteine in förmlicher Verzahnung steht mit typischer löcheriger, eoncretionär auswitternder oberer Rauhwacke, die gegen Greifenstein hin ansteht. Die Verhältnisse entwirren sich Einem erst einigermassen, wenn man verschiedene Punkte der Gesteinsmasse an der Berghalde verglichen hat. Der Greifensteintunnel gewann nach 50 m Schuttmaterials den anstehenden Fels (wohl dolomitischer Muschelkalk), während man am andern Tunnelende schon nach 7 m Distanz die Rauhwacke anschnitt (Mittheilung von Herrn Ingenieur Bener in Filisur). Weiter südöstlich scheint das Bahntrac& im Gebiete des grauen, plattigen, splitterigen Muschelkalks, z. Th. im Schutte desselben, sich zu bewegen. An verschiedenen Stellen treten hier zwischen den Kalken dunkle, dünnschieferige Mergel auf: das sind die vom Landwasserthale her so bekannten Part- nachschichten der Mittlern Trias. Verschiedene Schuttrunsen und Felscouloirs im Südosten werden entweder für die Bahn verbaut oder müssen im Weitern durch einen 400 m langen Tunnel unterfahren werden. Imposant ist der Ausblick in dieser Gegend auf den schön geformten Piz Ot. Auffällig er- scheinen Einschlüsse von schwarzen Hornsteinknollen, welche sich in einer dolomitischen Schicht des alpmen Muschelkalks an seiner obern Grenze vorfinden; sie stehen an den Schicht- flächen der Felsen oft in grosser Zahl wie dunkle Beulen und Finger auf den abgewitterten Platten hervor. Alpiner Muschel- kalk mit starkem Kiesel- und Magnesiagehalt ist es auch, der in der Höhe gegen die Surminer Rüfe hin Kupferlasur und Malachit in dünnen Krusten und Ueberzügen, erstere auch in feinstrahlig-faseriger Ausbildung, enthält. *) Schon lange vor der Surminerrüfe, die viel mehr Schutt als Gesteinstrümmer lieferte und seit ihrer Verbauung die be- stehende Steinschlaggefahr einbüsste, erscheinen in der Ge- send des Bahntrac@’s im Walde die Trümmer des rothen und *) Der Name Surmin ist durch die Existenz einer unbedeutenden alten Grube auf diese Kupfermineralien, die Ingen. Bener hier auffand, erklärt. t * RR Pe Si erünlichen Verrucano, des Vertreters des Buntsandsteins in den Alpen. Er ist oft feinkörnig, sandig, vom Typus der Werfenerschichten, auf denen z. B. der östliche Theil von Filisur liegt; dieses sind die höhern Lagen des Hangenden der Verrucanogesteine, die ausserordentlich verschieden ent- wickelt sind und vor Bellaluna zur Hauptsache als echter Quarzporphyr und grobe Konglomerate desselben auftreten. Im Steinbruche an der Strasse bearbeitet man dieses schöne, überaus harte Gestein zu ausgezeichneten Quadern. Dabei lässt sich die grüne Modifikation besser spalten als die kirsch- rothe, was darauf hindeutet, dass die im Quarzporphyr ver- laufenden parallelflaserigen Streifen und Schieferpartieen in den grünen Abänderungen des Gesteins häufiger zu sein scheinen. Andere Lagen zeigen nicht mehr den quarzig-felsi- tischen Charakter des echt eruptiven Gesteins, sondern es spielt dessen anscheinend dichte Grundmasse oft nur die Rolle eines Bindemittels zwischen trümmerigen brecciösen oder kon- glomeratischen Bestandtheilen, sodass wir schliesslich zahl- reiche Uebergänge des Bellaluna-Quarzporphyrs in geschichtete Tuffe, Trüämmergesteine, wirkliche Schiefer und Sandsteine des verschiedensten Korns vor uns haben. Im Walde und den Schuttrunsen des Berghanges liegen diese Quarzporphyre der Verrucanostufe in grossen, zu rhomboä@drischen Blöcken ver- witterten Massen umher. IV. Ein diluvialer bergsturz der Bündnerschieferzone auf der Flimserbreceie von Valendas. Von Dr. Chr. Tarnuzzer. <>0<> Der grossartige prähistorische Bergsturz von Flims aus dem Segnesthale, dessen Oberflächengebiet von Heim*) auf 52 Quadratkilometer (mit einem Kubikinhalt von 15,000,000,000 m?) berechnet worden ist, zeigt bei Valendas seine sichtbare Südgrenze wenig südlich der Landstrasse gegenüber der Ruine ; sie läuft von hier, mit Inanspruchnahme eines blos schma- len Striches auf dieser Strassenseite, nach Osten und Südosten in's Carreratobel hinein. Gegen Kästris hin fällt die Grenze theilweise mit der Strasse zusammen oder bleibt nur wenig nördlich davon entfernt. Bei Valendas und Carrera ist der zunächst liegende Grund Bergschutt, und zwar erweisen. sich die Terrassen der letztern Ortschaft sowie von Versam als Hinterfüllungen der Furche zwischen den: Flimsersturzmaterial und dem Bündnerschiefergebirge, verursacht durch die Wild- bäche, welche aus diesem herabführen.**) Am schönsten ist dies im Carreratobel zu sehen. Dass innerhalb des Bündnerschiefergebietes der Umge- bung von Valendas sich Spuren von Rutschungen bemerkbar *) „Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz,“ Lieferung 25 und „Der alte Bergsturz von Flims“, Jahrb. d. S.A.C., Bd. XVIII, 1883. **) Heim, Beiträge etc., S. 434 f. N machen und der grösste Theil seines welligen Gehänges den Charakter des Aufgetragenen und Gequollenen hat, mag Man- chem, der die Gegend durchzogen, schon aufgefallen sein. Aber erst durch die Arbeiten der „Ahätischen Bahn‘ am Vor- ‚derrhein seit 1900 und das sorgfältige Sammeln der errati- schen Geschiebe im mittlern und obern Strich dieses Bündner- schiefer-Schlipfreviers sind uns die genauern Beziehungen des letztern zur Flimser Bergsturzbreccie bekannt geworden. Jene Arbeiten haben wichtige Sondirungen des unter- sten Gehänges von Valendas, unter dem Dorfe weg bis zum Rütlandtobel erforderlich gemacht, auch bedeutenden Drai- nirungen gerufen. Herr Ingenieur Saluz machte mich in ver- dankenswerthester Art darauf aufmerksam und in seiner Be- gleitung besuchte ich am 1. Nov. 1900, sowie am 18. April 1901 die Gegend, wo ein alter Bergsturz aus der Bündner- schieferzone sich auf die noch ältere Flimserbreccie geworfen hat. Schon bei unserm ersten Besuche gestattete der neue, von der „Rhät. Bahn“ angelegte Pfad, der an der Halde des Schieferrutschgebietes über'm Vorderrhein hinführt, einen guten Einblick in den nördlichsten Strich des Reviers, da das Strauchwerk des Hanges geschlagen und die Aussicht frei- gelegt war. Wie bereits angedeutet wurde, liegt die Ruine von Va- lendas noch auf der diluvialen Flimsersturzbreccie. Deren Grenze verläuft von da in nordöstlicher, dann in mehr nörd- licher Richtung von den Ställen „Beim Bade“ gegen das Töbelchen bei Punkt 658 m der Topograph. Karte; über dem letztern folgen die wilden Kalkschuttwände und zerrissenen Steilgehänge der „Alixfiuh“, die diesen Namen nach der auf ihrem Plateau gelegenen (ultira Alix von den Ingenieuren der „Rhätischen Bahn“ erhalten hat. Vor dem Töbelchen liegen in den Wiesen und am Waldrande grosse Blocktrüm- mer von weissgestreiftem Tithonkalk aus der Flimserbreecie herumgestreut. Der östlich der Bachrinne folgende Sturzhang von Flimserbreccie ist bewaldet. Hier fand ich zwischen den Trümmern und dem Kitt der Breecie den Rippenknochen eines Rindes, durch nachträgliche Vertuffung und Versinterung der Gehängewasser mit der Kalkschuttmasse verbacken. Wo I das Töbelchen vor der Alixfluh ausläuft, liegt aber - Bündner- schieferschutt. Von hier rheinaufwärts unter Garpell und Rüt- land ist bis in die Gegend des Rütinndlobels durch die Bahn- arbeiten theils oberflächlich am neuen Fusspfade, theils in Sondirschächten auf der Linie ein mehrmaliger Wechsel von Flimser Schuttbreecie mit Bündnerschieferschutt, sowie das Auf- ruhen des letztern auf dem Kalkmaterial des erstern konstatirt worden (s. Kärtchen und Profile). Beim erwähnten Töbelchen beginnen auch alte Flussterrassen des Vorderrheins mit hori- zontal geschichteten Kiesen und Sanden; sie sind aber un- gleichmässig erhalten und vom Schutt und der Schlipfmasse des Bündnerschiefergebietes unterbrochen oder belegt und überquollen. Nach den mir von Herrn Saluz gütigst über- mittelten Fakta findet sich vom Rütlandtobel abwärts nord- östlich zur Aliwfluh und der Station Valendas: In 500 m Flimserbreecie inSm Tiefe im Sondirschacht. „u T50.m 5 oberflächlich im Fusswege. » SO m » » » » „ 860 m . in 6,6 m Tiefe im Sondirschacht. „ 1000 m 3 ın m = 3 e „ 1100 m e in einem kl. Felskopfe ob dem Fuss- wege. =1350 m i in 7” m Tiefe im Sondirschacht. Diese Linie mit ihrer Verlängerung nach Südwesten unter Garpell und Rütland hinaus bis fast zu der über dem kütlandtobel drüben folgenden Bachfurche bildet die längste Seite des unregelmässig-dreieckigen bis trapezförmigen Ab- lagerungsgebietes des Bündnerschiefersturzes oder -Schlipfes von Valendas,; dann folgt, Kästris zu, für eine längere Strecke wieder anstehender Bündnerschiefer. Jedenfalls darf man nach dem Ergebniss dieser Sondirungen, wie ich es in den beiden Profilen (s. d.) gethan, die Flimser Sturzbreccie bis hinauf zur Höhe der Landsirasse unter dem Schieferschutte ruhend an- nehmen. Gegen Kästris hin tritt die Flimserbreceie noch 2—3 Mal auf; einmal über Sassvau an zwei nahe gelegenen Punkten, deren Sturzreste als zusammenhängend zu betrachten sind, dann noch einmal kurz vor dem Dorfe Kästris, wo sich am 7 en. Bahneinschnitt ein grosser, mit @letscherstriemen und -glättun- gen versehener Block von Malmkalk vorfand. Er zeigte sich von feinerm Blockschutt der Flimserbreecie ummantelt, ragte aber sichtbarlich in die ungeschichtete, aus eckigen und rund- lichen Geschieben bestehende Grundmoräne hinein. Darüber lag blauer und dunkler Flusslehm, der bald rein und plastisch auftrat oder wieder mit feinsandigen Lagen wechselte und 2—3 m mächtig war. Im Lehm fanden wir durchbohrte, con- centrisch und excentrisch geschalte Goncretionen a la „Löss- männchen“ oder „Lösskindel“, von denen manchmal mehrere nach Art der „Imatrasteine“ vereinigt waren. Ueber den weichen Thon legen sich horizontal gelagerte Flussgerölle und -Sande hin. Dieser Einschnitt war von besonderm Interesse, weil hier ein Kopf der Flimser Sturzbreccie unzweifelhafte Spuren von @letscherthätigkeit darwies. Die westlichste Grenze aber, zu wel- cher hin die Flimserbreccie gespritzt wurde, findet sich unter- halb des Dorfes Kästris am Rhein und noch etwas aufwärts (s. Kärtchen). Weiter oben gegen /lanz legte der Bahnein- schnitt mächtige Lager von plastischem Thon bloss, dessen graue und graugelbe Schichten mit dunkelblauen bis fast schwarzen vielfach wechselten. Die Schichten waren kompli- zirt gewunden und gefältelt, was dem Drucke der auflagern- den Flussgeschiebemassen (Ausquetschung) zuzuschreiben ist. Der Kern der Windungen und Fältelungen ist häufig mit Sandeinschwemmungen gefüllt. Wir kehren längs dem Rhein an den Fuss des bündner- schieferschlipfes zurück. Ein bedeutender Theil des unter der Strasse von Valendas gelegenen Landstreifens vom Rütland- tobel aufwärts bis zum Töbelchen über'm „Bade“ draussen vor der Alixfluh verräth Tendenz zur Bewegung oder legt die letz- tere offenkundig dar. Rechts des kütlandlobels erscheinen am Hange über'm Fuss des Bündnerschieferschuttes kleinere An- brüche und Absenkungen. -In dieser Gegend ist das Bord oberflächlich sozusagen ganz aus blauem Lehm und feinerm Schutt zusammengesetzt. der von den Sickerwässern der Quellen und kleinen Bachrinnen des Abhanges stark aufgeweicht und gequollen ist. Auch in der Gegend des „Bades“ finden solche‘ Te De in > Jr a a une an. N: ee Einsickerungen von Quellen statt. Beim Bau der Oberländer- bahn handelt es sich in dieser Gegend in erster Linie darum, den Rhein einzudämmen, das berührte Rutschrevier zu ent- wässern, den Hang überrm Bahndamm zu konsolidiren und durch Vorsehen von Gleitstreifen hinter dem letztern einen sichern Gehängefuss zu erzielen. Dieser Damm reicht unter Valendas noch weit gegen die Alixfluh hin (bis in 12,7 km der Bahnlinie). Rheinauf- wärts folgt bei 13 km ein Zementrohr zum Abfluss des Was- sers, dann, in einer Distanz von weniger als 100 m, wieder ein Zementrohr für die Drainage. Bei 13 km mündet die Zufahrtsstrasse für Valendas ein, und ganz wenig westlich davon ist die Station Valendas (672 m ü. M.). Eine 60 m lange Eisenbahnbrücke führt über den Vorderrhein zur Zufahrts- strasse von Sagens (kurz vor 13,4 km). Gegenüber dieser Brücke dient wieder ein Zementrohr zur Ableitung der Sicker- wässer. In 13,5 km folgt ein anderes, weiter in 13,56 km; auch in ca. 14 und 15 km sind Zementröhren mit Böschungs- rinnen angebracht. Fast bis hierher reicht das Schutzwuhr auf der ganzen berührten Rheinstrecke. Dann streckt sich eine /s/a an den Thalfluss vor, und wieder wird der Damm bis über Punkt km 15, der Bahnlinie hinaus etwas hinter der Gemeindegrenze von Valendas und Kästris, aufgenommen. In km 14,5 folgt ein Zementrohr, in 14,65 ein gewölbter Durchlass für das Wasser, 3 m weit; dann erreicht man über der Mündung eines Rohres in ca. 14,5 km die 15 m lange steinerne Brücke über das Rütlandtobel. Am 1. Nov. besah ich mir hier die Drainirungsgräben über dem Pfade am Hange rückwärts bis zu km 14,3, auf einer Strecke von 600 m hin- reichend. Sie waren bis 3 m tief und z. Th. noch tiefer an- gelegt und brachten fast nur blauen und dunklen plastischen Lehm des Rutschgebietes zum Vorschein. Es scheint, dass hier streckenweise verschiedene undurchlässige Böden oder Stockwerke von Lehm und Schieferschutt im Gehänge vor- handen sind, welche eine gründliche Entwässerung und Trock- nung der Schlipfborde ausserordentlich erschweren. Aber trotz der geringen Wassermengen, die während der trockenen Jahreszeit in diesen Einschnitten zirkuliren, werden aus den N weniger durchlässigen Partieen des Hanges die Sickerungen vielfach angeschnitten, concentrirt und abgeleitet, wodurch eine möglichst umfassende Trocknung des Gebietes erreicht werden kann. Auch über diesem Landstriche, in der Strassengegend, bei den Ställen von Garpell und Rütland, sowie von Prada, südwestlich von Valendas, stellt sich das Terrain in seiner ganzen Breite sichtbarlich als Rutschgebiet innerhalb der Bünd- nerschieferzone dar. Wie die Zusammensetzung des Bodens hier ist, zeigte uns z. B. der „Steinbruch“ ob der Landstrasse ca. 700 m hinter den letzten Häusern von Valendas — er findet sich im beigelegten Kärtchen angedeutet. In dieser zur Freilegung grösserer Blöcke von Bündnerschiefer im Schutt- terrain angelegten Grube fand sich das kalkig-thonige Ge- stein auf eine Breite von 3—4 m entblösst, aber die Haupt: partie war ein einziger grosser Stürzling, nicht anstehender Bündnerschieferfels. Die Fallverhältnisse stimmten gar nicht mit denjenigen der Bündnerschieferschichten der Umgebung, die SSW oder SO fallen, während im „Steinbruche* die Rich- tung NW (N 30° W) eruirt wurde. Diese Schieferpartie brach auch ganz scharf am übrigen, feinern Bündnerschieter-Block- schutt unter der Erde des Rasens ab. und der randliche Schutt war mit Kalkkrusten und Sinterhäuten der Gehängewässer bekleidet und durchsetzt. Auch nordwestlich über dieser Stelle unterhalb der Landstrasse, zwischen dem „Bade“ und Carpell sind ähnliche grössere Sturzblöcke von Bündnerschiefer freigelegt worden. Das ganze im beiliegenden Kärtchen punktirt erschei- nende Terrain macht den Eindruck des künstlich Aufgetra- genen, Gequollenen, mit Rücken und Mulden, Wellenbiegun- gen und Buckeln — ein Zypisches Rutschrevier. Davon kann man sich in den verschiedensten Höhenabständen leicht über- zeugen. Auch die Vegetation ist die für die Auffassung des Terrains als Rutschlandschaft charakteristische, sowohl gegen den Rhein hinab, wo auf grossen Strichen ein dichtes Strauch- werk von Erlen, Weiden etc. wucherte, als im westlichen Ge- biete gegen das Rütlandtobel und längs diesem hinauf in die Höhe. des Hanges hin. Hier erscheinen ganze Streifen und ; F B £ w 7 a A ur ee Tun jede a Er ur al 63 “ ” a ur,‘ Dee 4 d ; BE 2 „l 2 OT eine ausgedehnte Hangfläche mit Erlenwald bestanden. Durch den östlichen Drittel (2) reicht eine rückenartige Terrainschwelle keilartig vor und dringt bis in die Strassengegend hinunter. Es scheint, dass dieser Strich eine einheitliche und die haupt- sächlichste Sturzmasse darstellt, die aus ganzen Felspartieen und grossen Blöcken zusammengesetzt sein wird, während östlich |bei Prada (1)] und westlich |Rütland (3) z. Th., 4 und 5] davon die Sturzwellen sich mehr daran anschmiegten und seitwärts bran- deten. Sie scheinen aus feinerm Bündnerschieferschutt zu be- stehen und stellen die Seitenränder der Sturzzone dar. Die Abrissnische unseres Bergsturzes liegt über dem „Ausgehauenen Wald“ an der mächtigen Felswand, welche zwischen und unterhalb den Weilern Giera (1496 m) und Du- igien sich erhebt. Diese Felswand hat eine Höhe von ca. 250 m, und es müssen Ablösungen ihrer mittlern und untern Partieen das Sturz- und Schlipfmaterial geliefert haben. Das Ablagerumgsgebiet unseres Sturzfeldes ist mindestens ca. 1,7 km? — 170 Hektaren gross. Bei der Begehung des obern Sturzgebietes überzeugte ich mich auch davon, dass heute in einzelnen Strichen noch Ter- rainbewegungen vorkommen. Auf Prada sieht man oberhalb der Gruppe mit den 7 Ställen kleine Anbrüche und Wülste im Rasen. Weiter oben und westwärts über einem länglichen Rücken und den Buckeln des Terrains nahe am untern Wald- rande liegt eine fast ebene schmale Fläche, in deren becken- artige Vertiefung wir im Frühjahr 1901 das ostwärts aus einem Töbelchen herunter fliessende Wasser hingeleitet sahen. Die Stelle heisst die „ Wolfsgruob“. Es wird dann in eine Graben- runse am Waldrande und z. Th. durch Wald östlich des Rüt- landtobels abgeleitet und vereinigt sich unter Tscharvals mit einem andern kleinen Wasserstrange, der westlich von der Höhe kommt. Jenes Wasser aber scheint in nicht unbedeu- tendem Masse dort oben in den Boden zu söckern und offen- bar mitzuhelfen, dass auch tiefer darunter liegende Schutt- striche in Bewegung sind und Aufquellungen des plastischen Thonmaterials- verursachen. Dadurch stellen sich die Auf- gaben einer Entwässerung des Terrains über dem Rhein für den Damm- und Bahnbau noch umfassender dar und rufen rad gebieterisch der Einbeziehung auch höherer Striche bezw. einer Regelung der Bewässerung, die hier oben bis jetzt ganz willkür- lich und in unvernünftiger Weise gehandhabt wurde. Verfolgt man die zuletzt berührte Grabenrinne östlich des Stöcktobels abwärts, so begegnet man in Tscharvals im Wiesland nah’ am Walde und neben einem alleinstehenden Stalle wieder einem Sickerteller des Terrains, in den und von welchem aus die Bodensickerungen aus der Höhe weiter geleitet zu werden scheinen. Im nahen Walde des Striches spricht die schiefe Stellung mancher Rothtannen von Bewegungen, denen das Erd- reich hier unterworfen ist. Es ist also ausgemacht, dass in mehrern Partieen unseres Bündnerschiefer - Sturz- und Schlipfgebietes die Bewegung infolge von Quellenverhältnissen der Striche und künstlichen Verände- rungen in der Bewässerung, am meisten um Nordfuss gegen den Vorderrhein, dann im Westen zwischen Garpell und Rütland- tobel, noch fortdauert. Trotzdem ist der Bündnerschiefersturz von Valendas von sehr hohem Alter. Kein historisches Doku- ment berichtet von ihm, keine Ueberlieferung spricht von einer bezüglichen Katastrophe in der Gegend. Alles Land des Gebiets, in der Nähe des Dorfes, auf Prada, bei Rütland, Carpell und „Beim Bad“ ist mit Ausnahme des Stirnstriches des Ablagerungsgebietes alt bewachsen, als Ganzes konsoli- dirt, seit aller gekannten Zeit bebaut und benutzt, mit Stall- gruppen besetzt und gegen die Abbruchsnische von Giera hin tannenbewaldet, im westlichen Striche bandweise und am Rütlandtobel über eine grosse breite Fläche hin mit statt- lichen Erlen besetzt. Der Bündnerschieferschlipf von Valendas hat nicht in hi- storischer Zeit stattgefunden. Eine genaue Durchmusterung der Geschiebemassen, die in den mititern und obern Höhen dieses Gebietes vorkommen, zeigt ums, dass der Schutt von Bündner- schiefer bei Valendas über die Flimserbreccie gelagert war, be- vor der alte Rheingletscher sich von hier zurückgezogen hatte: auch der Bergsturz von Valendas ist noch diluwwvialen Alters. Von Valendas über Prada hinaufsteigend, fand ich zu- erst ein erratisches Geschiebe von Glimmergneiss zwischen massenhaft herumliegenden Bündnerschieferfragmenten und sinne iin. a a Te tr 1 Ba a a ee a SERROT SEE -Blöcken in ca. 950 m ü. M. Ferner lag hier, bei den auf der Topograph. Karte als oberste angegebenen 2 Ställen (oben am Waldrande stehen jetzt noch 3 kleinere), eine grössere, eckige, offenbar von einem ansehnlichen Blocke abgespaltene Platte von (hloritgneiss. Wo die 7 zusammenstehenden Ställe auf Prada erscheinen, kann man westwärts und aufwärts hinter einem länglichen Terrainrücken am Waldrande Chlorü- schiefer, grünen schieferigen Verrucano, Gneissglimmerschiefer, Glimmergneiss, Puntaiglasgranit und Dioritaplit, trümmerigen grünröthlichen Verrucano und zahlreiche Fragmente von Malm- kalk sammeln. Die krystallinen Gesteine sind meist gerundet, die Kalksteine oft kantig und eckig. Ein zwischen Bündner- schieferblöcken aufgefundenes Geschiebe von Gneissgranit war 0,2 m lang, und der grösste Verrucanoblock der erwähn- ten Stelle wies bei einer Länge von 1 m 0,2 m? Inhalt auf — gewiss ein recht ansehnliches @leischergeschiebe. Die Gegend wird die „Böden“ genannt. Wir finden uns hier in einer un- zweifelhaften Moräne, deren Reste durch das Aufsammeln der Geschiebe und die Wegnahme der Geschiebeblockköpfe zwecks der Wiesenreinigung immer mehr zurückgehen und schon stark geschwunden sind. Wenn auch das gerundete Material vorwiegt, so finden sich hier als in einer typischen Moräne gerundete und eckige Trümmer in allen Abstufungen bei den verschiedenen Gesteinsarten vor. Ueber der erwähnten beckenartigen, wasserzügigen Stelle der „Wolfsgruob“* gegen den westlichen Waldrand oberhalb Rütland ist der nächste Hang steil, kräftig. aufgerundet und zeigt auf seiner Oberfläche grosse Sturztrümmer von Bündner- schiefer, ohne dass man ein einziges erratisches Geschiebe darin finden könnte. Man wird hier an eine spätere, nach- trägliche Sturzauffüllung aus dem Nischenrund unter Giera zu denken haben. Neben dem Grabenbette des östlich vom Stöcktobel rinnenden, auf der topographischen Karte nicht verzeichneten Wasserstranges liegen am Rande der Wiesen, an verschie- denen Punkten aufgehäuft, meist gerundete Geschiebe von Glimmer- und Hornblendeschiefer, Muscovilgneiss, Ghlorilgneiss, Syenilschiefer, Puntaiglasgranit, Diorit von Puntaiglas, Üri- —- . 104 — syallinagneiss, ebenso in 2 Kies- und Geschiebehaufen gegen Rütland hinunter. Die theils gröbern, häufiger kleinern Ge- schiebe sind meist gerundet, aber es finden sich auch kantige darunter vor, ebenso fehlen solche von bedeutender Grösse nicht. Der trüämmerige grünröthliche Verrucano ist besonders stark vertreten und der Malmkalk ist häufig zu erkennen. Eine genaue Vergleichung der gesammelten erratischen @Geschiebe auf dem Schutt des Bündnerschiefersturzes ergibt von deutlich erkennbaren Gesteinsarten folgende Ursprungs- stälten : Sericitphyliite und -Gneiss aus dem obern Oberland. @Glimmerschiefer der Umgebung von Disentis, Val Me- dels ete. Ghloritischer Gneiss (Protogingneiss) und Protogingranit (Granitgneiss) aus dem Medelserthal oder. links- rheinisch von Truns und Somvix aufwärts. Puntaiglasgranit, Val Puntaiglas bei Truns. Puntaiglasdiorit, wie der vorige typisch auftretend. Dioritaplit aus der Gegend des Ruseintobels zwischen Somvix und Disentis, oder aus Val Puntaiglas. Oristallinagneiss und verwandte Gesteine aus Val Cri- stallina und andern südlichen Seitenthälern des Tavetsch. Hornblendeschiefer und Hornblendegneiss, oberhalb Truns (Val Puntaiglas), Somvix, Disentis ete. Verrucano, grünschieferig, meist aber trümmerig bis gneissartig, grünröthlich, von Schleuis-Ianz rhein- aufwärts bis über Truns. Malmkalk, sehr häufig in kantigen, eckigen Blöcken und Geschieben, zahlreich vorhanden, von der linken Gebirgsseite des Vorderrheinthales stammend. Es galt bisher im Allgemeinen, dass auf der rechten Seite des Vorderrheins Erratica von der linken Gebirgsseite z.B. Puntaiglasgranit, nicht vorkämen, sondern dort nur die Protogine und Gneisse etc. der südlichen Seitenthäler, Som- vix, Medels etc. und aus dem Tavetsch liegen geblieben seien. Das scheint, was die grossen erratischen Blöcke anbetrifft, im Ganzen zuzutreffen. Aber die Moränenreste oberhalb Prada ar ee ee re 1 Ai ehr schencgo en NEN Mn > ERBE TORE ma a re ne na, " NUIR AIUI RAIUINAUNA VW H "994 Jezznusel s4g Srpsafps >= OUDIMLLA Ba BfOnpsruprmg Wres 00008 :I SU272T ? 'SEPUIJEA UOA IVIILQIISUN] | I9p ne SUOZISONPSTOUPUNg] “9p ZANSS.IOE] IOTEIANJIP Ur’ — 15 — und Rütland von Valendas zeigen ums, dass das Gletschereis auch Gesteine der linken Vorderrheinseite z. B. Puntaiglasgranit und -Diorit und Malmkalk ( Hochgebirgskalk) draussen im Thale rechtsrheinisch abgesetzt hat. Der grosse Flimser Bergsturz weist erratische Blöcke an zahlreichen Stellen, z. B. bei Laax, Carrera, zwischen Bonaduz und Versamertobel, bei Digg-Trins, Planezzas-Pollis gegen Reichenau und unter Flims auf. Die Flimser-Sturzbreccie lag entweder schon im Vorderrheinthale zu einem Schultberge auf- gehäuft, als die Gletscher der grossen Eiszeit anrückten oder sie brach wenigstens vor Schluss der Eiszeit nieder. Sie ist prä- historisch, dilwial. Auch der Bündnerschiefersturz von Valendas ist diluvial, denn über ihm liegen erratische Geschiebe in Moränenresten ver- streut. Er muss sich verhältnissmässig bald nach dem viel grössern Abbruch aus dem Segnesthale ereignet haben. Ein prä- historischer Bergsturz im Bündnerschiefergebiet legt hier sein Material auf den Rand des viel grössern prähistorischen von Flims, der fast nur aus Malm- oder Hochgebirgskalk besteht. Ueberall in den Alpen trifft man die Erscheinung, dass am Schlusse der Eiszeit die stark gelockerten, erweichten und geschwächten Berggehänge, die während der Glazialepoche durch die thalerfüllenden Gletscher gleichsam gehalten wur- den, häufig und in grossen Massen zur Tiefe abbrachen. Der kleine Bergsturz mit Schlipf von Valendas gehört zeitlich der- selben Gruppe von Bewegungen der Erdoberfläche an. WR f er N I V. Meteorologische Beobachtungen in Graubünden in den Jahren 1897 und 1898. Aus den Annalen der Schweiz. Meteorolog. Centralanstalt in Zürich. 34. Jahrg. 1897 und 35. Jahrg. 1898. Monats- und Jahresmittel von 18 (1597) resp. 19 (1595) Bündner Stationen, sowie, zum Vergleich mit Chur und Reichenau, der Stationen Ragaz und Sargans. a 108 % u m | Jam F ‘a wız (woßeg, guy :7oßog oe], T we anu ol IX IX IT ode 19 uw :pgan X TE) Yo :ruım Smayduyonag "az epoougag sugo yeuop ey '68 :77mfaauyog mu aba], (IX 'I2) T’E39 :'xeM | ua 9 U Ze Se (L'87) 6789 :Um "opwomg | | TA DE 1% | | 1. 8081,| 09T | 79 |. 99 ET Eh Be ii er A a a Pe ee ee en 92 BE BERA BEL GILT ONE o'sıg | 2 or nn N gogmaaon 118 HEERES OL RE a eo | 161 FI Oro BSR Tee 2 62 1 Be Pre lo Sn sea) ae a 908 BE. 0/98 Br NOFBEE 208 FIT DORT STR Re a ART KESSSOR IO r ST 8'819 N RR IN RE De a N a a a Be ee ST WER DE a A a Be m 821 „l a a Re Re EOS HERREN RE Se BIN] BD TE, TT 9'109 AI a AN ı 86 91.1: 229510 29° ,10°0T 9014807 | ER0B ee 801. 1,711 008. 1° Do. 08 > OTET TEE So A ı 07 6 1.88. 09 88 RS — 16809 Er REN NE | SE my | MM WINWIXET| | NW] | [Pım 'PPy IN | moon) mezuy |, u | | OWIELTENE | 5 |‘ ur | -Mbnyo4 R B ur 0 me | 2681 "Bejyasuopaın \"ByIoMag | aAnejoy (9) unyessodwo] owoArg | -UaSsuerf pr ’M :AoIqdegoag "wm u ggs] *BSOAV 109 "A wg pın Ja wi T 1emz pun uode], guy :pbog -T91ogEU YeUoM UOyY "Uase]L, GG UV !79Q9AT "7 '8z we 0/,8T : um "Ybrayonaz "May mepouyog ouyo IA UN 06 :7ofouyag mu 36n7, (1'638) 9'839 :'xeW IA pun pa wg ol X ‘xy a wı Top "IT !uammmad (IT #) NL8g Sum owowmg | | oma | ux es | l | EA aD BE RZ a rl: Head Berabeg | 98108 |BIT— ER NETH | a ae Rogmenng Be 6 a Ze ea ae a ee wein sTı O1 a ee ei N ee, EOLIA|- FERRARI Zt q Te. | 88 | g’08 0% BOTEN a ee EL ST OB LO NGRTRTDRE LET ENG OLG Ne een rs 801) Min. | 0081600 RE rare U ea ee TE OR a a N a: ELBE a Sole a Te LEI 32) 22659:91,089° 21 RL O0 BON TR re an g8 21 8:9... 29:51 OSEL 1020. 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Hier in Chur schon von Mitte Dezember 1896 weg aper, grüne Weihnachten. Im Januar bis zum 22. warm und trocken bei anhaltendem, theilweise heftigem Föhn; nur am 12. Jan. etwas Regen. Rasches Sinken des Barometers ab 21. Januar auf den bis jetzt (1897) tiefsten, überhaupt sehr tiefen Stand von 684,8 mm. Von 23.—28. Jan. zu verschiedenen Malen etwas Schnee, zusammen etwas über 16 mm. Am 30. Jan. 7! em Schnee. Tiefste Temperatur in diesem Monat mit — 10.40 C. bei SO-Wind und bewölktem Himmel. Dann wie- der Föhn und massenhafte Schneefälle und Regen. Lawinen in den Bergen. Postverkehrsstörungen, besonders am Flüela und Ofenberg. Erdrutsch und Störung des Eisenbahnverkehrs zwi- schen Wallenstadt und Unterterzen am 2. und 3. Februar. Am 4. Februar aber wieder schönster Frühlingstag. Am 25. Jun. Lawine am Bernina, Puschlaverseite, nach den einen Staublawine, was sehr unwahrscheinlich ist. (Am Baracone kommt jedes Jahr eine Lawine herunter.) Sie er- fasste mehrere Postschlitten; ein Postillon, Namens Wolf, kam dabei ums Leben, während alle andern Mitreisenden gerettet werden konnten. Störung des Verkehrs durch die grossen Schneemassen für kurze Zeit. Nach dem 4. Februar alsbald wieder reichlicher Schnee, sodass am Klüela (am 6. Februar) an sonst lawinenfreier Stelle (sog. schwarze Wand zwischen Hospiz und Wegerhaus, Süser- seite) eine grosse Lawine 5 Mann und 7 Pferde mitriss und allen den Tod brachte. Der Berg blieb nun mehrere Tage — 150 7° — ganz geschlossen. An den andern Pässen wohl schwierige Passage, aber ohne Unfälle. Am 20. März blühen in Chur die Aprikosen, nachdem schon längst die gewöhnlichen Frühlingsboten zu blühen be- gonnen hatten; am 25. März Pfirsichblüthen. Am 28. März sah ich die ersten abgedeckelten Schnecken. Anfangs April in Chur die ersten Körschenblüthen, ebenso blühen von Birnen: Römerbirnen (frühe Sorte) und Virgou- leuse (späte Sorte) und bald auch alle andern Birnensorten, sowie Zwetschgen und Prunus Padus. Am 15. IV blühen Rosen- äpfel, andere Aepfelsorten erst gegen Ende April. Bergpässe für das Rad offen: Maloja 14. April, Julier 6. Mai (sehr intensive Kantonshilfe), Albula, Flüela und Ber- nina 2. Juni, am 4. Juni Splügen und bis zum 9. Juni sind mit der Oeffnung des Bernhardin alle Bergpässe für das Rad offen. Der Mai war bis zur Nacht vom 11./12. kalt, Nordstürme, - die am 12. Schnee brachten, in Chur bis herunter zu ca. 750 m. Laut „Tagblatt“ 1897 Nr. 110 wurde in der Nacht vom 10./11. Mai in Jenins von verschiedenen Personen gleich nach 2 Uhr ein Erdbeben bemerkt. Am 4. Juni erste Traubenblüthe an geschützter Stelle in Chur. Seit Ende Mai sehr fruchtbares Wetter, sozusagen täg- lich reichliche, warme Gewitterregen. Mit Mitte Juni blühen die Trauben auch im offenen Felde überall. 1. Juli zwischen 2 und 3 Uhr Nachm. Sturmwind aus S-SW nach N-NO; bis 15 cm dicke Föhren wurden in einem Garten innerhalb der Stadt (Garten des sog. alten Gebäudes, Gärtner Müller) umgeworien, ebenso ein Nussbuum in der Alten Brauerei an der Plessur. Die Nordfront eines Stalldachs in der Quader wurde stark beschädigt. Beim Zeughaus wur- den die Akazien der Strassenanlagen beschädigt und von mehreren Dächern viele Ziegel abgeworfen. Nachrichten über Stürme und Hagel und damit zusammenhängende Verhee- rungen trafen von vielen Seiten ein, so in unserem Kanton aus fast allen Thälern, dann aus der übrigen Schweiz, Deutsch- land, Italien, Frankreich und Oesterreich bis tief nach Un- garn hinein. Besonders starke Schädigungen an Feldfrüchten — 1531 — und Gebäuden in grosser Ausdehnung sind aus Würtemberg. gemeldet. In Graubünden entstand an einzelnen Orten Scha- den am Wald, so besonders in Flims, im Uebrigen aber war der Schaden an Feldfrüchten und Gebäuden unerheblich und z.B. durch Hagel gar nicht. Ende Juli und Anfangs August traten grosse Ueber- schwemmungen ein in Schlesien, Königreich Sachsen, Böhmen, Oesterreich und Ungarn. In der Schweiz kurz vorher, um den 20. VII, Stürme, Hagel mit grossen Verheerungen an Gebäu- den und Feldfrüchten an beiden Ufern des Zürichsee's bis gegen St. Gallen hin, während unser Kanton in diesen Tagen gänzlich verschont blieb. In der ersten Woche September weit verbreitetes Hoch- wasser, hier in Bünden jedoch ganz unerheblich, trotz sehr reichlicher Regenfälle; am 15. und 16. Sept. erfolgten zwischen Ardez und @Guarda erhebliche Verkehrshindernisse durch Rut- schungen. Der reichliche Regen dauerte hier mit rauher Wit- terung und Kälte bis zum 20. September. Am 18. Seplember 10410‘ a.m. Erdstösse in Chur (Gäug- geli und Sand), donnerähnliches Rollen, wie wenn ein schwerer Wagen über die Zimmerdecke fahren würde. Wackeln des Nachttisches hat ein sehr ruhiger, intelligenter, bettlägeriger Insasse des Krankenasyls am Sand dahier bemerkt, sodass er darnach griff, um ihn festzuhalten. Ein anderer Kranker, ein Arbeiter der Bahnhofwerkstätte, sagte, es sei gewesen, wie wenn ein Eisenbahnzug stark rüttelt, „nach Ragaz fahren würde“. Darin liegt die Richtung S—N schon angedeutet, was auch von einigen Andern, die den Stoss wahrgenommen haben, bestätigt wird. Wieder andere wollen ein starkes Rütteln ohne bestimmte Richtung gespürt haben. Eine Kranke gieng durch das Zimmer, fühlte sich plötzlich gerüttelt, so- dass sie sich an einem Tische halten musste, der in ihrer Nähe war. Referent selbst (Dr. Lorenz) war in seinem Hause im Gäuggeli mit einem Bauhandwerker wegen dringender Arbeiten beschäftigt; keiner der beiden hat etwas Ungewöhn- liches bemerkt, während andere Hausbewohner den Stoss ganz deutlich gespürt haben. Das Haus liegt NW vom Asyl/Sand. Herr Ingenieur Corradini hat um ganz dieselbe Zeit den Stoss EN auf dem kantonalen Baubureau, mitten in der Stadt, wahrge- nommen, Richtung SO nach NW. Donnerähnliches Getöse, wie wenn ein schweres Fuhrwerk auf der Strasse „umgewor- fen“ hätte. Weitere Berichte hierüber: Bündner Tagblatt vom 19. IX. Erdbeben: 18. IX Chur 10% 13° a. m. sehr starke Erdbebenstösse von O nach W verspürt. Dauer 2 Secunden. Im alten Zunft- hause am Paradiesplatze, wo jetzt die Musterschule ist, soll ein Gewölbe Risse bekommen haben. Die Kinder eilten noch schneller als gewöhnlich ins Freie. Auch in Churwalden und Thusis wurde der Stoss gespürt, an letzterem Ort von N nach 8. Freier Rätier: 18. IX. Chur, 10% 11‘ 42‘ a. m. starke Stösse, freihängende oder freistehende Gegenstände zitterten ganz be- denklich. Es war, als ob das Haus „über schlechte Rollen über die Strasse gerollt würde“. Dauer 3 Secunden. Reichenau, 106 15° a. m. starkes Erdbeben. Zizers: „Heftiger Stoss mit Flaschengeklirr.“ Arosa: Stoss von W nach OÖ, Flaschen um- geworfen, „Felsstücke abgestürzt“. Passugg. „das Haus er- schütternder Stoss“. Thusis: „2 feste Stösse“. Flerden: „Ein starker Stoss von S nach N. Wände krachten, Stühle erzit- terten, starkes Geräusch“. Bonaduz: „15‘ nach 10 Uhr spürte man hier ein heftiges Erdbeben, das von N nach S ging. Viele Leute flohen aus den Häusern und glaubten, die Woh- nungen stürzten ein. Im Restaurant zur Post fielen grosse schwere Tuffsteine vom Ofen herab. Auf einem Dache wurde reparirt, die Leute hielten sich am Kamin und glaubten, das: selbe stürze zusammen, so wackelte es und so noch eine : Menge Erscheinungen.“ Schiers: „Gestern Abend (17. IX) 10 Uhr leichtes Erdbeben und heute, den 18., ein so starkes (um 10 Uhr Vorm.), dass sogar Gebäulichkeiten, sowie Fen- ster und Gläser zitterten. Richtung O—W. Die ältesten Leute wollen solche Stösse nie bemerkt haben. Dauer ca. 5 Secun- den.“ Lenzerheide: „Hier hat der Erdbebenstoss einen Stall umgeworfen.“ Wird auch darnach einer gewesen sein. Aus dem Engadin wurde auf Anfrage geantwortet, man habe dort nichts gespürt. Neue Bündner Zeitung: „Chur, 10% 12‘ a. m. ver- spürte man ein für unsere Gegend ungewöhnlich starkes Erd- beben. Stühle und andere Gegenstände in den Zimmern — lb -— schwankten, ebenso die erschreekten Bewohner, die man nach- her gruppenweise auf den Strassen zusammenstehen sah zur Besprechung des Ereignisses.“ Jenaz, 18. IX: „Ein von star- kem Getöse begleiteter Erdstoss hat uns heute 10'/ı Uhr recht ordentlich aufgeschreckt“ ete. Der Himmel war bedeckt, kein Niederschlag während des Vormittags, Barometer 7'/; Uhr früh 705.4 mm, Mittags 1!/; Uhr 702.6 mm, Temperatur je 8.3 und 15.9° C. Wind. Gegen Abend Regen und dann fortdauernd Regen den ganzen folgenden Tag (19.), unter starker Abkühlung auf 2° C. am Abend des 19. IX; Sehnee am Morgen des 20., bei noch 1°C. Die ganze Stadt und Umgebung im Schneekleid, das erst gegen Mittag zu schmelzen beginnt. Aufheiterung, am 20. Mittags Temperatur 7.5°C. Mit dem 22. September hat dann eine Periode schönen, warmen Wetters begonnen. Der Schnee hat an Obstbäumen Schaden gebracht und das langdauernde Regenwetter von Anfang des Monats bis zum 20. IX das Emd geschädigt, ebenso die Kartoffein und zum vorzeitigen Entladen der Alpen gezwungen. Im Ganzen jedoch war es ein gutes Jahr, besonders war die Aeuernte eine sehr reichliche. Steinobst und Birnen viele, dagegen fast gar keine Adepfel. Weinernte qualitativ mittel- mässig, quantitativ aber gut. 1898. Nachdem ein reichlicher, im November und Dezember 1897 gefallener Schnee bei relativ hohen Temperaturen (nur einmal fiel das Thermometer auf —10° GC.) und südlichen Luftströmungen sich nicht länger als um Neujahr herum hal- ten konnte, trat trockenes, helles Wetter ein, welches bis zu Ende Januar anhielt und diesen Monat zu einem eigentlichen Staubmonate machte. Da und dort trat empfindlicher Wasser- mangel ein. Die Temperatur war für die Jahreszeit hoch, ging nicht tiefer als auf —10 bis —10.5° C. an blos einem bis zwei Tagen herunter. Manche für die Jahreszeit abnor- men Blüthenerscheinungen an vielen Pflanzen waren die Folge dieser warmen Witterung. Ausser den eigentlichen Bergpäs- sen und den Hochthälern trat der Wagen wieder an die Stelle — 14 — des Schlittens, selbst auf der Lenzerheide. Gegen Ende Jan. aber traten unter zeitweise sehr stürmischem Wetter wieder Schneefälle ein, die bis zum 24./25. Februar andauerten und den ganzen Kanton wieder in eine tiefe Schneedecke ein- hüllten. Unglücksfälle durch Lawinen traten nicht ein, auch nicht Verkehrsstörungen, mit Ausnahme davon, dass der Flüela für einige Tage, vom 17. Februar an, geschlossen blieb und dass bei den Trinsermühlen und in Trons die Post einmal im Schnee stecken blieb. In Glarus dagegen blieb am 19. Februar ein Frühzug bei Rüti im Schnee stecken. Gleichen Tags waren in Zürich alle Telephonlinien gestört, wie noch mancherorts in der Schweiz. Hier in Bünden sind manche Bäume durch den massenhaften Schnee beschädigt worden. März: Schnee in der ersten Woche, bis zum 7. im ganzen hier in Chur etwa 30 em hoch. Den ganzen Monat hindurch kalt und rauh. Erst Ende der ersten Woche April schön und klar, aber die Morgentemperaturen stets noch nahe an 0°C. Am 9. April Morgens 3° C. Am 7. März fiel gelber Schnee, worüber ich den „Basler Nachrichten“, 1898, Nr. 84, I. Beilage und ibid. Hauptblatt Nr. S6 Folgendes entnehme: „@elber Schnee. Am 7. März zwischen 12 und 3 Uhr Nach- mittags fiel im Engadin, Oberhalbstein und Oberland gelber Schnee. Ein Engadiner Sachkundiger stellte Untersuchungen an und publizirt in der „Engad. Post“ nachstehenden Befund: Die Schicht war ursprünglich etwa 4 cm mächtig. Sie ist viel grobkörniger und fester als die übrigen Partien. Lässt man eine Portion in einem Gefässe schmelzen, so setzt sich ein hellbraun gefärbter Satz ab, während auf der Oberfläche der Flüssigkeit einige feine braune Flöcklein schwimmen bleiben. Letztere erweisen sich unter dem Mikroskop als röthlich bis gelblich gefärbte, strukturlose, reichlich mit klein- sten Mineralsplitterchen durchsetzte Masse. Einige davon werden durch Chlorzinkjodlösung blau gefärbt, bestehen also aus Pflanzenzellstoff, andere zeigen diese Reaktion nicht, ver- schwinden aber beim Glühen über einer Flamme auch, sind also ebenfalls organischer Natur. — 15 ° — Der braune Bodensatz besteht grösstentheils aus einem äusserst feinen braunen Sand oder Staub. Der Durchmesser der Körnchen beträgt um 1—12tausendstel Millimeter. Die Mineraltrümmerchen sind durchaus nicht alle von annähernd kugeliger Gestalt, sondern zeigen die mannigfachsten Formen, einige weisen sogar noch ihre Kristallform auf. Wie schon die Farbe des Sandes andeutet, zeigt sich derselbe bei der Untersuchung stark eisenhaltig. Von organischen Beimengungen enthält der Bodensatz noch folgende: 1. Trümmer pflanzlichen Zellgewebes, einzelne Bastfasern ; 2. ziemlich zahlreiche Stärkekörner; 3. einzellige, grüne Algen; 4. verschiedene Pilzsporen, z. B. eine Winter- spore des Getreiderostes; 5. die nirgends fehlenden Spaltpilze ; 6. einige Keime thierischer Abkunft. Woher stammt dieser braune Sand und seine Beimen- gungen? Die meisten meteorologischen Stationen der Schweiz geben für die Zeit, in der dieser Schnee fiel, nördliche, nord- östliche und östliche Windrichtung an. Danach könnte man also an Norddeutschland, Russland oder Ungarn denken. Jedenfalls kommt er aus einer Gegend, die jetzt schneefrei und trocken, wo die Erdkrumme des reichen Eisengehaltes wegen braun gefärbt ist und wo Getreide gebaut wird, was aus der ziemlich reichlichen Beimengung von Stärkekörnern hervorgeht.“ „Aus Baden, 27. März. Ihre Mittheilungen von der Er- scheinung gelben Schnees. gewinnen wohl ein weiteres Inter- esse dadurch, dass auch auf dem Königstuhl im Odenwald am 7. März Nachmittags gelber bezw. röthlicher Schneefall bemerkt wurde. Die meteorologische Station des Astrophysi- kalischen Observatoriums notierte am Nachmittag des 7. ds. Mts. zwischen 5 und 6 Uhr bei Nordoststurm röthlichen Schnee- fall über das ganze Königstuhlplateau. Durch den Wind wurde der röthliche Schnee bald in die Mulden geweht, so- dass jede derselben mit einer rothen bis braunen Decke ge- färbt erschien. Der Niedergang war am stärksten an der Nordostseite des Königstuhles gegen das Neckarthal, von welch letzterem aus der farbig schimmernde Schnee auch gut bemerkt wurde. Die zoologische und chemische Untersuchung — 16 — ergab mineralischen Staub als Färbungsursache und zwar be- steht dieser Staub aus Quarz und Kalk. Da letzterer vom Königstuhl nach Nordosten hin nicht vorkommt, muss der Staub aus grosser Entfernung stammen. Die gleichzeitige Be- obachtung des Staubes an drei räumlich entfernten Orten: Engadin, Kärnten, Odenwald, ist wichtig für die Feststellung seines Ursprunges.* Mit Anfang April blühen Aprikosen und Pfirsiche. Am 20. IV habe ich die ersten Kirschenblüthen gesehen; bald auch beginnen die Birnbäume zu blühen und etwas verspätet die Zwetschgen und Reinerlaudes. Am 25. IV blühen dann auch die Aepfelbäume. Berypässe für das Rad offen: Ofenberg 27. IV, Maloja 1. V, Julier 11. V, Flüela 25. V, bis 26. auch Albula und Splü- gen und bis 7. VI auch Bernina und Beruhardin. Am 12. Mai Regen, gegen Abend starke Abkühlung auf 2!/° C. und Schneefall die Nacht hindurch (ca. 4 cm hoch). in Chur mit nicht unerheblichem Schaden an den Obstbäumen durch Brechen von Aesten. Temperatur am 13. Mai früh 7 Uhr 1° C. Aufheiterung. Am 14. V früh 7 Uhr Temp. 25°C. Reben unbeschädigt. Auf der Lenzerheide lag der Schnee am 13. V 60 em hoch, in Arosa und Davos 30 cm hoch. 12 Juni erste blühende Reben an geschützten Stellen in Chur, bis zum 20. VI blühen auch die Reben im offenen Felde. Bis zum 20. VI viel Regen mit Gewitter, dann schön und warm. Der August sehr heiss im Mittel, nicht aber. in den Maxima und Minima. Am 31. Aug. die ersten blaven Trauben an Rebspalieren. N Im September und October und bis zum 20. Nov. sozusagen kein Niederschlag. Ernten sehr gut, besonders in Heu, Emd und Obst, Wein dagegen wenig, aber sehr gut. Im letzten Drittel des November sehr stürmisch, starke Barometerschwankungen bis zu 20 mm in 24 Stunden, ab und zu Regen, endlich vom 29./30. Schnee bei ca. 2° C. Tempe- ratur. In den Bergen fiel in diesen Tagen sehr viel Schnee mit vorübergehender Störung des Verkehrs. An den engli- schen und amerikanischen Küsten verheerende Stürme. — 117 — Erst Anfangs Dezember geht die Temperatur auf 0° ©. und darunter; den ganzen Herbst kein Frost. Erdbeben. Buchs: 14. VI 4" 50’ a. m. wurden hier 2 Krd- stösse, die ca. 4 Secunden dauerten, verspürt. (Bündner Tag- blatt 1898 Nr. 136.). Maienfeld: 14. VI 4" 50‘ a. m. „verspürte man hier ein starkes. Erdbeben, welches die Leute aus dem Schlafe auf- schreckte und die Bettstätten erschüttern machte.“ (Neue Bündner Zeitung 1898 Nr. 137.) Maienfeld: 14. VI. 4% 48' a.m. „heute Morgen 4 Uhr 48 Min. ziemlich starker KErdstoss; Erschüttern von Thüren, bemerk- bares Schwanken. Richtung W—O.* (Freier Rätier 1898 Nr. 137.) Fläseh: 14. VI: „heute Morgen, wenige Min. vor 5 Uhr, wurde hier ein ziemlich starkes Erdbeben verspürt, das einige Leute aus dem Schlafe weckte. Die muthmassliche Richtung ging von Westen nach Osten, das Geräusch glich einem unter- irdischen Gepolter.* (Freier Rätier 1898 Nr. 137.) Dieses Erdbeben vom 14. VI wurde ferner beobachtet in Ragaz, Glarus und im Lichtensteinischen. (Freier Rätier 1898 Nr. 138.) Davos (ibidem): 14. VI 4* 31‘ (Bahnzeit) a. m. wurde hier ein leichtes £rdbeben beobachtet. Die Erschütterung ging von SO nach NW und dauerte ungefähr 3 Secunden. KAT erde 25; Nat Litteratur zur physischen Landeskunde Graubündens pro 1900. Te I. Allgemeines. „Die Germanisirung der Rätoromanen in der Schweiz.“ Volkswirthschaftliche und nationalpolitische Studie. Von Frei- herr A. $. v. Waltershausen. 110 S. 1 Karte. Stuttgart, J. En- gelhorn, 1900. Lechner, E., Dr. phil.: Das Oberengadin in der Vergangen- heit und Gegenwart. III. völlig umgearbeitete Auflage von desselben Verfassers: „Piz Languard und die Berninagruppe“. Reich illustrirt. Leipzig, Engelmann, 1900. 8°. 188 5. Wir rechnen es dem greisen Verfasser hoch an, dass er sein früheres Büchlein zu einer eingehenden und schönen Monographie des Oberengadins erweitert hat, in der auch die Geschichte des Thales zu ihrem Rechte kommt. Jahrb. des Schweiz. Alpenclub. Jahrgang 35. 1899/1900. Bern 1900. Das Engadinerhaus. Von (C. Egger (Sect. Davos S.A.C.). Mit zahlreichen Illustrationen. Eine ausserordentlich verdankenswerthe und wichtige ethnographische Studie, die uns in höchstem Grade interessiren muss. Bei der Reich- haltigkeit des Inhalts ist ein Auszug kaum zu geben, wenn man nicht geradezu copiren will und so begnügen wir uns hier, alle sich um diese Verhältnisse Interessirenden auf die schöne Arbeit aufmerksam zu machen und dieselbe angelegentlichst zum Studium zu empfehlen. — 160° — Aus der Landschaft Davos. Ackerbau und Bauernthum. Von Dr. W. Schibler (Sect. Davos S. A. C.). Reich illustrirt. Es war ein glücklicher Gedanke des Verfassers, das in Davos durch den Fremdenbesuch immer mehr zurückgedrängte Bauernthum in so eingehender und belehrender Weise zu behandeln. In ethnographischer Beziehung bietet sich uns hier eine willkommene Ergänzung zu der eben genannten Abhandlung von ©. Egger. Wer sich um Volksthum inter- essirt, wird hier reiche Belehrung finden. Dass auch der Pflanzengeograph nicht zu kurz kommt, ist bei dem gründ- lichen Botaniker Schibler selbstverständlich. Grundlawinenstudien. Von F. W. Sprecher (Sect. Piz Sol S. A. C.). Mit 4 Tafeln Abbildungen. Ein sehr fleissige Studie über die Naturgeschichte der Grundlawinen. Eingehend ist die sachbezügliche Litteratur angegeben. II. Medicin. | Summarischer ärztlicher Bericht über das V. Betriebsjahr (1599/1900) des Oberengadiner Kreisspitals. Erstattet von Dr. Oscar. Bernhard, Spitalarzt. Aus dem Vorjahre verblieben 13 Patienten, neu aufgenommen 199, Summe der Insassen 212. Ambulant wurden 34 Kranke behandelt. Es hat sich die Fre- quenz innerhalb der 5 Jahre des Bestandes der Anstalt nahezu verdoppelt. Auf die 212 Spitalinsassen entfällt eine Mortalität von 6°. Folgt die Uebersicht der Todesursachen und der grössern Operationen (94). Sterblichkeit der Gesammtzahl der Operirten (156 i. e. 94 grössere, 62 kleinere Operationen inbe- griffen) — 2 °/o. Jahresbericht der (bündnerischen) kantonalen Irren- und Kranken-Anstalt Waldhaus in Chur pro 1899. Erstattet von Director Dr. Jörger. Es wurden im Berichtsjahr 319 Kranke verpflegt. Der höchste Krankenstand belief sich auf 244 Pa- tienten, gegenüber 234 im Vorjahre. Folgt dann eine ein- gehende statistische Bearbeitung des Krankenmaterials und zahlreiche tabellarische Uebersichten der Krankheitsformen etc. Ill. Botanik. Memoires de lherbier Boissier. 1900. Nr. 1. Herzog, Th.: „Einige biologische Notizen aus Graubünden und Wallis.“ — 161 — IV. Zoologie. Neue Denkschriften der allgemeinen Schweiz. Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. XXXVI. Zürich, Zürcher & Furrer, 1900. Die Tierwelt der Hochgebirgsseen. Von Dr. F. Zscholke, Prof. in Basel. 4° 400 S. S Tafeln und 4 Karten, Preisgekrönt von der Schweiz. Naturf. Ges. am 31. Juli 1599 in Neuenburg. Es muss hier genügen, diese für die Erforschung der Fauna der Hochgebirgsgewässer (von 1500 m Meereshöhe an) grundlegende Arbeit kurz anzuzeigen, da ein Eingehen auf das überreiche, zum grossen Theil auf Selbstbeobachtung des Verfassers beruhende Detail nicht mög- lich ist, wenn man nicht ein Buch daraus ausziehen will. ‘ Einleitend bespricht der Autor die äussern Bedingungen der Hochgebirgsseen und die Winterfauna hochalpiner Seen. Dann folgt der Haupttheil und die spezielle Besprechung einzelner Thiergruppen (35). Weiter ein allgemeines Capitel über die Litoralfauna und die Tiefenfauna der Hochgebirgsseen, die Tiefseethiere als Uferbewohner der Hochgebirgsseen, das Plancton der Hochgebirgsseen, die Thierwelt der Hochgebirgs- bäche, die allgemeine Vertheilung der Thierwelt in Hochge- birgsseen, die Zusammensetzung und Ursprung der Fauna von Hochgebirgsseen. Nach einem zusammenfassenden Ca- pitel folgen noch Nachträge und ein erschöpfendes Verzeich- niss der einschlägigen Litteratur. Dass diese Untersuchungen (nach den Vorarbeiten besonders von 0. Imhof, Zschokke selber und Anderer) besonders für Bünden von der aller- grössten Bedeutung sind, erhellt schon daraus, dass unter den vom Verfasser genannten SO schweizerischen Seen in Höhen- lagen von über 1500 m. ü. M. gegen 60 allein unsern Kanton betreffen. V. Geologie. A. Gramann: „Weber die Andalusitvorkommnisse im rhä- tischen Flüela- und Scalettagebiet und die Färbung der alpinen Andalusite“ (Inauguraldissertation von Zürich 1899). Der Verfasser hat eine erste Gruppe von Andalusitvorkommnissen im Biotitgneiss des Flüelagebietes gefunden, welche sich vom Radünerthäli aufwärts zum letzten Wegweiser am Schwarz- 11 — 192. — hornwege hinaufzieht, eine zweite Gruppe im nämlichen Ge- stein über dem Schwarzhorngletscher und der Gegend gegen das Flüela-Braunhorn hin. Dieses letztere Vorkommniss ist neu. Eine dritte Gruppe liegt in dem gegen den Dürren- boden hinabfallenden Hang des Schwarzhorns. Der Biotit- gneiss ist von einer Menge von Diabasgängen durchbrochen, Der Andalusit findet sich in dem Biotit- oder Augen- gneiss konkordant eingelagerten Quarzlinsen vor. Die schön- sten Krystalle wurden auf Murtera gefunden. Die Arbeit bringt dann eine einlässliche petrographische Uebersicht der Gesteine des Andalusitgebietes, sowie eine getreue Charak- teristik der krystallographischen, optischen und chemischen Eigenschaften des Minerals, worauf der Nachweis geleistet wird, dass das den Andalusit färbende Pigment dem Vorhan- densein von Titan (wohl Rutil) zuzuschreiben ist. Der Schluss der schönen Abhandlung ist der mechanischen Umwandlung der Andalusite und der Entstehung derselben gewidmet. Dr. Th. Lorenz: „Monographie des Fläscherberges“, mit 13 Zinkographien, einer geolog. Karte 1:25,000 und 5 Tafeln (Beiträge z. Geol. Karte der Schweiz, 40. Lieferung 1900). In dieser glänzenden Abhandlung wird dargethan, dass der Flä- scherberg höchst wahrscheinlich gar keinen Lias aufweist, sondern dass er aus Dogger (Bathonien und Bajocien), Malm (Birmensdorferschichten, Schiltkalk) und Kreide (Berriasschiefer und Balfriesschiefer, Unteres Neocom) besteht. Sämmtliche Gesteine gehören der helvetischen Fazies an, und es wird eine grosse Zahl von nicht nur vielfach verifizirten, sondern auch neuen Versteinerungen als Belegmaterial gegeben. Im tektonischen Theil wird die nach NW geöffnete Syn- klinale des Fläscherbergs behandelt, an die sich im SO eine nach NW überliegende Südfalte anschliesst. Die letztere zeigt - sich in eine Nord- und Südscholle zerlegt. Südöstlich strei- chende Verwerfungen durchsetzen dıe Nordscholle, während die Südscholle einen zerrissenen Gewölbeschenkel darweist und ihren südlichen Gewölbeschenkel in 4 „Schuppen“ aufge- löst enthält. Die erste und zweite Schuppe bestehen aus Dogger und Malm, die dritte und vierte aus Malmkalk. Die Darstellung dieser Verhältnisse ist der lehrreichste Theil der er Ne höchst bedeutenden Arbeit, deren Schlussergebnisse in der Konstatirung von zwei im Gebirge senkrecht aufeinander streichenden Faltungen, sowie in der Auffassung der Glarner Doppelfalte als einer Bogenfalte (Kurfirsten - Alvier - Fläscher- berg -Calanda - Ringelspitze) gipfeln. Dr. A. Rothpletz: „Geologische Alpenfoerschungen I. Das Grenzgebiet zwischen den Ost- und Westaipen und die rhätische Ueberschiebung“ (mit 69 Figuren, 4 Einlagen und 1 Farben- tafel. München, J. Lindauer's Verlag 1900. — In diesem Buche wird zu zeigen versucht, dass die Glarner Schubmasse (vgl. des Verfassers „Dus Geotektonische Problem der Glarner Alpen“ 1898*) das basale Gebirge für eine zweite, die Rhäti- sche Schubmasse, darstelle. Diese letztere wäre mit ihren, in ostalpiner Entwicklung vorhandenen Sedimenten (bes. Trias und Jura) mindestens 30 km entlang einer Ueberschiebungs- fläche über das basale Gebirge von helvetischer Entwicklung hinaufgeschoben worden. Dabei muss es auffallen, wie Roth- pletz bei seiner Unterscheidung der Bündnerschiefer in ter- tiäre, mesozoische und paläozoische Ablagerungen Steinmann’s Auffassung von der Ueberschiebung der als oligocän dekla- rirten Bündnerschiefer durch Triasschollen („bündnerische Auf- bruchzone“) acceptiren, ja noch viel weiter ausbauen konnte. G. Diener hat in „Petermann’s Geogr. Mittheil.“ (Lit.-Ber. 47. Bd., 1901 I und II S. 16 f.) seine berechtigten Ausstellungen daran gemacht und betont, dass Rothpletz’ weitgreifenden Be- hauptungen lange nicht genügendes Beobachtungsmaterial zu Grunde liest. „Ich glaube, dass R. auf eine Anerkennung, ja selbst nur auf eine volle kritische Würdigung seiner Auf- fassung des Rhätikons als einer wurzellosen Schubmasse erst dann wird rechnen können, wenn er einen Beweis für die von ihm supponirte Unterlagerung des ganzen Triasgebietes — nicht nur der randlichen Partieen — durch jüngere Schol- len in helvetischer Entwicklung erbracht haben wird.* Denn Diener betrachtet den Beweis vom Auftreten von Flysch ent- lang einer Bruchlinie Bargellenalp-Tilisuna nicht für zwingend. Die Behandlung des Grenzgebietes von Rhätikon und Madrishorn-Silvretta ist im Buche ganz vernachlässigt. Ueber des Verfassers willkürliche Deutungen der im Hornblende- — 164 — zoisitschiefer über den Gafienplatten auftretenden Riffen von oberm Jurakalk oder Dolomit (vgl. „Neue Beiträge zur Geo- logie und Petrographie des östlichen Rhätikons“ von A. Bod- mer-Beder und Chr. Tarnuzzer, Jahresber. der Naturf. Ges. Graub. 1899 und — im. Auszug — Neues Jahrbuch f. Mine- ralogie, Geologie ete., Stuttgart 1900) werde ich mich an anderer Stelle aussprechen. „Geologisches aus der Umgebung von Vulpera-Tarasp“ von Chr. Tarnuzzer. Diese kurze Skizze ist der Kurbrochüre „Vul- pera“ von Dr. med. B. Denz 1900 beigegeben worden. DR. CHR. TARNUZZER. Annalen der Schweiz. meteorolog. Centralanstalt in Zürich. Jahrg. 1897. (Erschienen 1899.) Die Erdbeben in der Schweiz im Jahr 1897. Von Dr. J. Früh in Zürich. Für den Kanton Graubünden finden sich darin folgende Angaben: Sub Ar. 6: | „Den 11. Mai ca. 2" a. m. zwei rasch aufeinander folgende Erdstösse, von starkem Geräusch begleitet, in Jenins (Freier Rätier). Der Beobachter der dortigen meteorolog. Station be- stätigt sie. Er wurde durch Erschütterung der Bettstatt und ein schwaches Geräusch auf dem Estrich erweckt. Die Be- wegung schien SW—NO zu sein. Es schien ihm, als ob das Bett gehoben würde: In einem andern Hause hörte man die Schlagfeder einer Wanduhr tönen, wie wenn sie fortgetragen wird. Die Erschütterung erweckte noch viele andere Be- . wohner des Ortes. Vom Zollamt Sevelen wird sie ebenfalls angezeigt (ca. 2% 10° a. m.), ebenfalls in der Richtung SW— NO „ziemlich stark, so dass gut aufgeschichtete Holzbeigen umfielen“. Nach einer gütigen Mittheilung von Herrn Prof. Schorn in Innsbruck sind die Stösse um dieselbe Zeit (ca. 2" 1—3‘ a. m.) wahrgenommen worden in Vaduz (Lichtenstein), Klaus bei Götzis und Feldkirch im Vorarlberg. Sub Nr. 7: Den 11. Mai ca. 3" 20° a. m. ein dritter, schwächerer Erd- stoss in Jenins und Feldkirch-Vaduz- Klaus (hier ca. 3 Uhr). 4b Obige drei Stösse repräsentiren ein Erdbeben im obern St. Gallischen Rheinthal auf der Grenze der Ost- und West- alpen mit einem ausgesprochen N—S-zonalen Erschütterungs- gebiet von ca. 35 km Länge und einer Breite von 10—12 km. Nach Mittheilung von Prof. Schorn 23. Mai neuer Erd- stoss in Feldkirch " und den 29. Mai Erdstoss in Klaus (Vor- arlberg). Den 30. ‚Juni 10% 43’ p. m. will man auf dem Splügen eine Erderschütterung wahrgenommen haben. Sub Nr. 13: Den 4. Sept. ca. 3%:15° a. m. Erschütterung in St. Maria- Münsterthal (Graubünden). Sie ist der Ausläufer eines /om- bardo-tirolischen Erdbebens, welches in Stelvio, Trafoi, Agums bei Prad (im Tirol), Franzensfeste, Sondalo (S. Bormio) wahr- genommen wurde. Negativ lauten die Berichte von Sulden, @lurns, Graun, Livigno. Am 9. IX ca. 4" 15° a. m. Localbeben im benachbarten Tirol, unweit der Schweizergrenze in Trafoi, @omagoi, nicht aber in Taufers, St. Maria-Münsterthal, Glurns und Mals. Den 17. September 9% 55‘ a. m., 10% 25° a. m. und 11F 45° a. m. wurden vom onalaendei in Strassburg feine Erd- erschütterungen angezeigt. Sub Nr. 17. Den 17. Sept. „Abends“ Erdstoss in Schiers (Graubünden). Sub Nr. 18. Den 18. Sept. 10%. 10— 15° a. m. Erdstoss in Bünden, Montafun, Glarus. Den 18. Sept. 3% 20° 20° a.m. Erdstoss in Strassburg, auch von Personen wahrgenommen. Anhaltend mikroseismi- sche Bewegungen gleichen Tags vom dortigen Horizontal- pendel angezeigt um 4" 45° p. m. bis 5 30° p. m., ferner zwi- schen 7 und 8 Uhr Abends. Den 17. und 18. Sept. sehr starke Erdbeben in ganz Tur- kestan, in Taschkend, Samarkand, Kasalinsk, Petrowsk, Alexan- drowsk mit Zerstörung zahlreicher Bauwerke. Sub Nr. 19. 19. Sept. 5" 46‘ p. m. Erdstoss in Arosa und Schiers. Sub Nr. 20. 20. Sept. 2" 5‘ a.m. Erderschütterung in Arosa. Sub Nr. 21. 21. Sept. ca. 11! 50—55' p.m. Lokalbeben in Splügen (ein Stoss mit „rollendem Geräusch‘), Lenz, Arosa, d.h. auf einer nahezu geradlinigen SW—NO streichenden Zone von 37 km, mit sehr geringer Intensität. An demselben Tage ca. 1" 55°—2"p. m. grosses Erdbeben in ganz Italien, Südtirol, Istrien, Laibach. Sub Nr. 22. Den 22. Sept. ca. 1" a.m. Localbeben Lenz- Thusis-Chur, aus zwei Erschütterungen bestehend, welche für Thusis als „stark“, für die andern Orte als ziemlich schwach bezeichnet werden. Sub Ar. 23. 22. Sept. 10% 35‘ p. m. schwacher Erdstoss in Arosa.“ „Die 7 Stösse Nr. 17—23 repräsentiren ein einheitliches Erdbeben, zu dem Nr. 17 als Vorbeben, Nr. 19—23 als Nach- heben gehören. Der Hauptstoss wurde wesentlich im Mittel- bünden N-W Bergell-Engadin (Uastasegna, Sils-Maria) und Nau- ders im benachbarten Tirol verspürt, dann im hinteren Mon- tafun (Gampsez SO Schruns und Gurtepohl SO St. Gallenkirch), ferner in Schiers, Taminathal, Glarnerland. Nach gütiger Mit- theilung von Herrn Prof. Schorn in Innsbruck lauten die Be- richte negativ aus Mais, Ried im obern Inmthal und Bludenz (Vorarlberg). Darnach darf das Beben als ein Bündner Beben bezeichnet werden, mit einem Erschütterungsgebiet umschrie- ben durch Castasegna-Nauders-Gurtepohl-Schiers-Ragaz-Glarus- Linththal-Splügen. Es war darnach von ovaler Gestalt mit einem grösseren west-östlichen Durchmesser Linththal-Nauders von ca. 114 km und einem kürzeren meridionalen Ragaz-Ca- stasegna von ca. 74 km, die sich mithin zu einander ver- halten wie 3:2. Die Form der pleistoseisten Fläche lässt aber vermuthen, dass wegen unvollständiger Berichterstattung nicht das ganze Erschütterungsgebiet bekannt geworden und dass dessen Hauptachse N—S resp. NW—SO ziehen würde. Dafür sprechen auch vereinzelte Wahrnehmungen in Unter- Hallau (Schaffhausen), Sittersdorf b. Bischofszell (Thurgau) und Hohen- egg (Uetliberg) bei Zürich. Das pleistoseiste Gebiet wird um- schrieben durch Schiers- Ragaz- Reichenau- Andeer-Davos, d. h. es liegt zwischen der Davoser Landschaft im Osten und der Linie Taminathal-Domleschg und Schams im Westen. Es um- ae fasst das vom 18.—23. September viermal erschütterte Arosa und umschliesst beinahe vollständig die Gebiete der Vor- und der Nachbeben und hat als N—S streichende Mittellinie den alten Rheinlauf über die Lenzerheide. Ueberall ist der Stoss oder sind die „2 Stösse* heftig empfunden worden. In Schiers will man noch nie einen so „heftigen“ Stoss empfunden haben. In Ragaz fielen Gegen- stände von den Wänden herab. In Pfäfers fühlte der Führer der Drahtseilbahn ein deutliches Zittern des Wagons und vernahm gleichzeitig ein Rauschen im Wald. Zwei an der Gartenmauer bei Schloss Wartenstein stehende Personen ver- spürten plötzlich einen Stoss von der Mauer her. In Davos fielen kleine Gegenstände von den Schränken und Tischen, Tintenfässer hüpften. Im Freien wurde die Erschütterung gut wahrgenommen. Im Bärenthal bei Davos-Glaris sollen etwa 1 Dutzend Steine vom Dach eines Stadels gefallen sein. Auf der Lenzerheide soll ein Stall umgestürzt sein. In Bonaduz fielen schwere Tuffsteine vom Ofen („Freier Rätier“). Dach- decker, mit Reparatur eines Daches beschäftigt, hielten sich am wackelnden Kamin! Aus Aros« wird gemeldet: „an dem gegenüber liegenden, ca. 2500 m hohen Schafrücken erblickte man etwa 1—2 Minuten nach dem Erdbeben eine Staubwolke und sah, als dieselbe sich verzogen hatte, Felsstücke herunter- rollen. Ebenso vernahm man ein gewaltiges Krachen aus dem Welschtobel. Gleich nach dem Beben Westwind, der bis Abends anhielt.* Es erreichte die Intensität innerhalb des pleistoseisten Gebietes den Grad V—VI. Ausserhalb des- selben verspürte man ein Krachen der Wände oder Zittern derselben und der Fenster und Thüren, oder man vernahm nur ein dumpfes Geräusch, etwa wie ein Rollen eines Last- wagens oder dem Fall eines Körpers oberhalb oder unterhalb dem Ort des Beobachters. Die wenigen Angaben über Stoss- richtungen gestatten keinen nähern Einblick in die Erschei- nung. Die seismische Thätigkeit im Rheinthal, Bünden und dem benachbarten Oesterreich ist bemerkenswerth: 11., 23. und 29. Mai; 4., 29. September, 17.—23. September.“ a Ergebnisse: „Die 29 im Jahre 1897 in der Schweiz wahrgenommenen Erdstösse vertheilen sich auf die einzelnen Monate wie folgt: Je 1 Stoss in den Monaten II, III, VI, VIH, X und XI, 2 im VI, je. 3 im IL,.V ünd XH, 12 im IX, keiner im TV. Auf die Zeit vom S® a. m. bis St p. m. fallen neunzehn, aut Sep. m.‘ bis 82 a,m. 10, Bemerkenswerth ist die seismische Thätigheit im Sep- tember, dann die Vertheilung der seismischen Gebiete. Eine breite, die ganze Schweiz N—S durchquerende Zone der rela- tiven Ruhe scheidet zwei lebhaft erschütterte Gebiete voll- ständig von einander: im Westen das untere Rhonethal, den oberen Genfersee und die Umgebung des Neuenburgersees ; im Osten Schaffhausen und Thurgau und insbesondere Glarus und Bünden. | 16 Stösse vertheilen sich auf 9 Erdbeben, nämlich: 1. Localbeben Lutry-Vevey (12. Januar). 2. Erdbeben im oberen St. Gallischen Rheinthal (11. Mai). 3. Localbeben an der Murg-Thurgau (15. Juni). 4. Localbeben St. Blaise (25. Juni). 5. Localbeben im unteren Rhonethal (28. August). (Lombardo-tirolisches Erdbeben vom 4. September.) Erstes Erdbeben in der nördlichen Waadt (11. Sept.). . Das Bündnerbeben (18. September). . Erdbeben im Gros de Vaud (25. September). . Zweites Erdbeben in der nördlichen Waadt (6. Dez.). Darnach sind in der Schweiz 1880—1897 zur Anzeige gekommen 699 4 29 — 728 Erdstösse und 118 +9 = 127 Erdbeben.“ Für das Bündner Beben vom 18.— 22. IX 1897 entnehme ich als Ergänzung zu dem hier Gesagten und dem in der Naturchronik pro 1897 (in diesem Bande) Angegebenen noch die folgenden Notizen aus unsern Zeitungen „Freier Rätier“, „Neue Bündner Zeitung“ und „Bündner Tagblatt“ und stelle sie übersichtlich zusammen. 1. Quer durch den Kanton von N nach S ( Ragaz bis Ber- gell). Solo oBEnı Wer — 169 — 18. IX. Ragaz 10% 10‘ a.m. NO-—-SW; Fläsch 10% 14' a. m. O—W; Zizers gleiche Zeit NO—SW ; @nur (vid. oben SO—NW;; Mali. 10% 14° a. m. Richtung angegeben O—W und N—S; Churwalden, Parpan, Lenzerheide 10% 12° a.m. sehr starkes Erd- beben N—S. Grosse Steine stürzen vom Rothhorn. Lenz, Tinzen, Vicosoprano, Soglio. 2. Westlich von der alten Rheinlinie : Vättis 10% 10’ a. m. SW--NO; Trins 10% 10' a. m.; Arezen gleiche Zeit, 3—4 Sec. Dauer; Safien 10% 10° a.m. SO—NW; Versam, Valendas, Ilanz 10" 10° a. m.; Vals 10% 15° a.m. S—N; “ Paspels 10" 10' a.m., 5—6 Sec, N nach W(?); Fürstenauer- zollbruck 10% 22‘ a. m. 3. Oestlich ‚der allen Rheinlinie: Jenaz 10® 12° a.m.; Gonters- Prättigau W—O, Schiers, Peist 10% 15° a. m. SW—NO, andere sagen SO—NW; Langwies 10712' a. m. N--S 5 Sec.; Tschiertschen 10% 10° a.m. Das Kirchengewölbe bekam kleine Risse, Steine fielen auf den Taufstein und den Boden. Arosa (vide oben); Filiser 10% 10‘ a.m. Fensterklirren, wellenförmige Bewegung. SW—NO. Mon- stein, Davos- Platz 10% 15' a. m. von N her. 2 Stösse, 6. Sec. Dann im Engadin: St. Moritz, Guarda 10% a.m. O—W. Ein- zelne Leute wollen gleichen Tags (18. IX) T® a. m. eine leichte Erschütterung verspürt haben; endlich Vulpera 10% 17‘ a. m. „3 mächtige Stösse“. Kein Schaden. SW—NO. Weiter ist notirt:-Glarus 10% 15° a. m. leichtes Erdbeben ; Luzern kurz nach 10" a. m. Erdstoss, einige Secunden; Zürich, gleiche Zeit, starker verticaler Erdstoss. 19. IX. Wiesen 5" 50° p. m. leichter Stoss und am 20. IX 245°a.m. „durch neuen Stoss aus dem Schlafe geweckt“. 21/22: IX: Chur 11% 57° p. m. schwacher Erdstoss. O—W. Tinzen 12% Nachts wieder ein ziemlich starkes Erdbeben verspürt. Richtung S—N. Filisur 12% Nachts zwei starke Stösse. Davos- Platz 11" 56‘ p. m. ziemlich starkes Erdbeben. Fen- sterklirren, die Feder der Zimmeruhr fieng an zu klingen. Thusis ca. 1‘ vor Mitternacht zwei heftige Stösse mit donnerähnlichem Geräusch. RN (or Paspels: Am 20. IX 4"a. m. und am 21. IX'11"55' p. m. wieder einen Erdstoss verspürt und am 22. IX Abends 11 Uhr wieder, aber schwach. LORENZ. Annalen der schweizer. meteorologischen Centralanstalt. Jahrg. 1899 (erschienen 1900). Die Erdbeben in der Schweiz im Jahr 1898. Von Dr. J. Früh in Zürich. Mit einer Tafel. Für den Kanton Graubünden finden sich folgende Angaben verzeichnet: 1. 71. März 10% 53° p. m. Erschütterung in Tschiertschen ob Chur. Gleichen Tags 10" 30° p. m. in Mantua, Porto mag- giore (Ferrara). 2. 6. Mai ca. 2% 10° p. m. Erdbeben im grössten Theile der Schweiz, im östlichen Frankreich, Norditalien und Süddeutsch- land. Den 6. V 4"30' p. m. will man in Splügendorf einen Stoss von N—W verspürt haben (Met. Station). Diese Er- schütterung gehört zu einem weitverbreiteten alpin-jurassi- schen Erdbeben. Auf Anfrage wurde berichtet, dass auch in Trins und Vals zu dieser Zeit Erschütterungen wahrgenommen seien, während Chur nur negative Berichte hatte. „Beachtens- werth ist die scharfe Grenze an der Rheinlinie gegen Bün- den zu.“ Ein ostschweizerisch-vorarlbergisches Erdbeben vom 14. VI. erreichte Bünden nicht, wohl aber Sargans und Ragaz. Zusammenstellung: „Die 25 Erdstösse (in der Schweiz) vertheilen sich auf die Monate wie folgt: je 1 Erdstoss im I, VI, X, XI, XI, 3 im UI, je5 im II und V und 7 im IV. Auf die Zeit vom 8®p.m. bis Sta. m. fallen 16, auf 8h.a..00. bis 8%:-D..m. 9. In seismischer Beziehung war das Jahr 1898 ein ziem- lich bewegtes. Insbesondere wurde die südwestliche Umge- bung des Neuenburgersees wieder stark und wiederholt er- schüttert. Die oben zeitlich deutlich getrennten Erdstösse gehören 10 Erdbeben an: 1. Im Gebiete der oberen Veveyse und Saane (24. Jan.). 2. Lokalbeben Aarwangen-Pfyn (18. Februar). 3. Grösseres Erdbeben Waadt-Neuenburg (Grandson, den 22. Februar). IS 4. Lokalbeben Grandson-Fiez (3. März). 5. Lokalbeben Ostufer des Neuenburger Sees (8. März). 6. Zweites Erdbeben Waadt-Neuchätel (22. April). 7. Grösseres alpin-jurassisches Beben (6. Mai). S. Ostschweizerisch-Vorarlbergisches Erdbeben (14. Juni). ). Ostschwäbisch-Schweizerisches Erdbeben (6. Oct.). 10. Glarnerbeben (13. November). Mit Ausnahme von Nr. 9 sind alle selbständige schwei- zerische Erdbeben. Mithin sind von der schweiz. Erdbeben-Commission 1580 bis 1898 registrirt worden: a) 728 + 25 —= 755 Erdstösse, b) 127 4 10 = 137 Erdbeben. In Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen Natur- wissenschaftlichen Gesellschaft während des Vereinsjahres 1898/99. St. Gallen 1900: Ueber die Herstellung von Kochgeschirren aus Lavezstein am Südrande der Alpen. Mitgetheilt von Dr. @. Ambühl. Ver- fasser giebt eine einlässliche Beschreibung dieser uns Bündnern wohlbekannten Industrie, deren Produkte bei uns früher sehr viel im Gebrauch waren und es zum Theil auch heute noch sind. Hauptorte dieser Industrie waren ausser einigen Orten im Tessin hauptsächlich Plurs und das Malencothal. Die- jenigen Kochtöpfe, die, ähnlich den früheren Alpkesseln für die Käsebereitung, an einer Kette über dem Feuer aufge- hängt werden, heissen Pentola, von pendere, aufhängen. Daher auch der Name Pentolajo für denjenigen, der diese Geschirre herstellt. Jahrbuch des Schweizer. Alpenclub. 35. Jahrg. 1599/1900. Bern, Schmid & Francke, 1900 Les variations periodiques des glaciers des Alpes. Par Dr. F. A. Forel, professeur, a Morges, Dr. M. Lugeon, profes- seur, A Lausanne et E. Muret, adjoint da linspecteur federal des forets, A Berne. Vingtieme Rapport. 1899. Die Tendenz des Rückgangs der Gletscher besteht auch in diesem Jahre fort. Weitaus die Mehrzahl der Gleischer, die 1898 noch ein Anwachsen zeigten. sind 1899 stationär geblieben. Beruht dies auf der starken Abschmelzung während des warmen Zr ne Sommers von 1899? Das wird sich nächstes Jahr zeigen. Einige davon sind in Abnahme getreten. Wir haben pro ‚1899 einen einzigen Gletscher, der noch im Wachsen begriffen ist, denjenigen von Boveyre. Von unsern Bündner @letschern waren 1899 alle, welche beobachtet worden sind, in Abnahme begriffen, nur beim Morteratsch erscheint dies zweifelhaft. Während derselbe 1897 um 37, 1898 um 12 m zurückgegangen war, ist für 1899 eine Verlängerung der Gletscherzunge um 2 m notirt. VI. Topographie und Touristik. Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. 35. Jahrgang 1899 bis 1900. Bern, Schmid & Francke 1900. 8° 488 8. | besteigung des Piz Tavrü und Piz Murtaröl. Von E. Schenkel. Mit Illustrationen. Fahrten im Glubgebiet (Unterengadin). Von W. Flender. Mit Illustrationen. heiseerinnerungen aus dem Glubgebiet. Von Prof. Schiess- _ (emuseus. Mit Illustrationen. Aus dem Vereinagebiet. Von Dr. kE. Walder. Mit Illustra- tionen. Sub IV. Kleinere Mittheilungen: „Neue Bergfahrten in den Schweizer Alpen“ finden wir Angaber, Bünden betreffend: pag. 510 u. ff. Errgruppe, Berninagruppe, Fervallgruppe, Sil- vretlagruppe und Ofenpassgruppe. Alpina, Mittheilungen des Schweiz. Alpenclub. 1900. 8. Jahr- gang. Nr. 1. „Aus den Oberhalbsteiner Bergen“. Von D. Stokar, Section Randen. Schluss in Nr. 2. „Einweihung der Tschiervahütte S. A. @.* (18. IX 1899), 8. A. | Nr. 2. „Im Schneesturme auf der Ringelspitze (3251 m)“. Von F. W. Sprecher, Sect. Uto und Piz Sol. „Erste Besteigung des Piz Spinas (Palü) über den N W- Grat.“ Von J. T. Burton- Alexander. Citirt aus den „Mittheilungen des D. und Ö. Alpenver- eins“, Nr. 17 und 19: Dr. Bröckelmann: „Drei Tage in der Silvrettagruppe*. — 15 — Aus der „Oesterreichischen Alpenzeitung“, Nr. 537: L. Purtscheller: „Ein Tag in den Medelser- und Somvixerbergen“. Nr. 4 „Vier neue Touren in der Schweiz“. Von W. Flen- der, Düsseldorf: Piz Lischanna (3105 m), Piz Pisoc (3178 m). Zwei weitere Touren betreffen die Walliser Alpen. Nr. 8. „Neues aus dem Rhätikon“. Von Vietor Sohm, Sect. St. Gallen 8.A.C. und Sect. Vorarlberg des D. u. Ö. A.-V. Schluss Nr. 9. Nr. 14. „Neuer Weg auf die Scesaplana“. Von Dr. 0. S., St. Gallen. Nr. 16. Sub „Tourenberichte“: „Eine Traversirung des Piz Rusein von W nach 0“. Von A. B. Touren im Berninagebiet, aus „Engadin Express“: „Piz Platta*. | Citirt aus „Zeitschrift des D. und Ö. Alpenvereins“ ein Aufsatz von M. v. Prielmayer über die Adulagruppe. Pontresina. Von Dr. phil. E. Lechner. Nr. 255 der Orell- Füssli’schen Wanderbilder. Illustrirt. 25 S. kl. 8°. Erschien 1900, trägt aber, wie gewohnt, keine Jahrzahl. Ostschweiz und Engadin. Herausgegeben von den Ver- einigten Schweizerbahnen und der Rhätischen Bahn. Es ist dieses reich und prächtig illustrirte Büchlein ein guter Führer durch die Gebiete der beiden genannten Bahnen. 1900. Zolli- “ kofer. St. Gallen.: — Die Illustrationen aus dem Engadin sind dem bei S. Tanner in Samaden erschienenen Prachtwerke „Das Engadin in Wort und Bild“ entnommen, das hiermit hier angezeigt sei. VII. Bäder und Kurorte. Vulpera. Von Dr. med. B. Denz. Ein Führer für Kur- :gäste. Druck der graphischen Anstalt von S. Tanner in Sa- maden, kl. 8° 46 Seiten. Mit zahlreichen Illustrationen. Die kohlensäurereichen, alkalisch - mineralischen Eisen- Arsenquellen der Val Sinestra bei Sent im Unterengadin, Schweiz. Analysirt von Dr. @. Nussberger, Kantonschemiker in Chur, nebst einigen begleitenden Bemerkungen von Sani- tätssrath Dr. Th. Lardelli in Chur. Chur, Fiebig 1900. 8° 48 8. Analysen vide Band 43 des Jahresberichtes unserer Ges. Dritter und vierter Anhang ULRICH CAMPELLS Topographie von Graubünden. a Bde Zar 1 ee a a a Herausgegeben von Dr. phil. Traugoft Schiess Professor an der Kantonsschule, He « Beilage Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Neue Folge, Band XI.II—-XI.V. 92, 25029 &R ao (O2 28 CHUR, Buchdruckerei von Jos. Casanova 19200, Vorwort. nn Im Sommer 1595 wurde dem Unterzeichneten vom Vor- stand der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens der Auftrag erteilt, eine Ausgabe des III. und IV. Anhangs zu Campells Topographie von Graubünden im Urtext und in deutscher Übertragung zu bearbeiten und etwa nötig er- scheinende Anmerkungen, sowie eine Einleitung beizugeben. Bei der Durchführung dieser Aufgabe glaubte der Bearbeiter, im Interesse der ganzen Publikation die Beigaben etwas um- fangreicher gestalten zu sollen, als anfänglich beabsichtist war. Ein Referat über das Leben und die Werke des Autors konnte schon darum in der Einleitung nicht wohl entbehrt werden, weil die treffliche Darstellung von Herm. Wartmann in Band IX der Quellen zur Schweizergeschichte in den Kreisen, für welche die vorliegende Ausgabe zunächst be- stimmt ist, sozusagen unbekannt sein dürfte. Für das Leben Campells und seine litterarische Bethätigung im allgemeinen konnte sich das Referat unter Hinweis auf jene Darstellung mehr auf das Notwendigste und allfällige Ergänzungen be- schränken; dagegen war es geboten, in Beziehung auf die beiden hier zum ersten Mal publieierten Anhänge eingehend Bericht zu erstatten. Daneben aber hielt es der Bearbeiter einerseits für seine Aufgabe, gegenüber den Mängeln des III. Anhangs nachdrücklich hinzuweisen auf die Reichhaltig- keit der übrigen Teile des Gesamtwerkes, ganz besonders der - Topographie, und durch Beiziehung entsprechender Notizen aus jenen Partien in den Anmerkungen die Mängel nach Mög- lichkeit auszugleichen. Anderseits führte die Untersuchung _ über den vermutlichen Inhalt des nur zum kleinsten Teil er- haltenen IV. Anhangs zu der Überzeugung, daß hier eine ‚sehr wertvolle Quelle für die Kenntnis der damaligen Kultur- zustände Graubündens verloren ist, und diese Erkenntnis IV maßen Ersatz geboten werden könnte. So entstand die Re construction des IV. Anhangs, welche der Einleitung beige- geben ist; kann sie auch die Originalarbeit keineswegs völli ersetzen, so darf sie doch immerhin als ein Beitrag zur Kultur geschichte Graubündens im XVI. Jahrhundert bezeichnet we den, an welchen die künftige Forschung anknüpfen kann. Außerdem aber wünscht der Verfasser, durch diese Beigabe auch gezeigt zu haben, daß Campell mehr Beachtung un« bessere Würdigung ‘verdient, als ihm bisher im allgemeinen und selbst in seinem Heimatlande, wenigstens von gewiss Seite, noch jüngst zu teil geworden ist. Chur, den 26. Juni 1900. T. Schiess. ern > - « ce ee er de a Inhaltsverzeichnis. —e8897 3 — 1. Einleitung. a) Campells Leben p. 1. b) Campells Werke p. XI. ec) Der III. Anhang zur Topographie p. XXL. d) Der IV. allgemeine Anhang zur Topographie p. XXIV. e) Versuch einer Reconstruction des IV. Anhangs über die Be- wohner Rätiens p. XXXIV—LXXXVII: Körperliche Eigenschaften, Stärke .ete. p. XXXV — Mißbildungen, Krank- heiten p. XXXVII — Charaktereigenschaften p. XXXIX — Erwerbs- quellen p. XLII — Weinbau p. XLIII — Getreidebau p. XLIV — Ge- müse- und Hanfbau p. XLVII — Viehzucht p. XLVII — Geflügel- und Bienenzucht p. LI — Obstbau, Waldwirtschaft p. LI — Korbflechten p. LIII — Jagd und Fischfang p. LIII — Industrie und Gewerbe p. LIV — Handel p. LV — Ausfuhr und Einfuhr p. LVI — Transithandel p. LVII — Verkehr auf den Bergstrassen p. LVII — Zölle p. LXII — Stapel- plätze p. LXIIT — Meilensteine p. LXIV — Wohlstand und Mangel p. LXIV f. — Wohnung p. LXV — Kirchen p. LXIX — Nahrung und Kleidung p. LXIX — Volkssitten und Gebräuche p. LXX — Volksbil- dung p. LXXI — Schulen p. LXXH — Buchhandel und Buchdruck p. LXXIII — Aberglaube p. LXXIV — über romanische Sprache und Litteratur p. LXXIV — Schluß p. LXXXVII. Anmerkungen zur Einleitung p. LXXXIX-—CVI. Il. Text. (Die Zahlen bedeuten die Abschnitte), Dritter, allgemeiner Anhang mit Rücksicht auf das gesamte heutige rätische Gebiet. Kapitel 50. Über die Natur des Landes im allgemeinen. 1) Einleitung zum dritten, allgemeinen Anhang. — 2) Vorwort zum 1. Teil desselben. — 3) Falsche Ansicht über Rätien. — 4) Einstiger Zu- stand. — 5) Jetziger Zustand: — 6) Fruchtbarkeit an Wein und Getreide — 7) an sonstigen Erträgnissen. — 85) Reichtum an Weiden und Vieh. 9) Kräftige Bewohner; wenig Bettler. — 10) Sonstiger Reichtum des Landes (Heilquellen ete. s. Anm.). — 11) Vorwort zum 2. Teil: über die Alpen. — 12) Beständiger Schnee. — 13) Härte und Bezeichnung VI desselben. — 14) Sonstige Eigenschaften. — 15) Gletscherspalten. — 16) Verkehr über die Schneefelder im Winter. — 17) Lawinen. — 18) Unglücksfälle. — 19) Schneewehen. —: 20) Nutzen der Seen, — 21) Krystalle. — 22) Treffliche Pflanzen (Kräuter). | Kap. 5l. Die verschiedenen Baumarten; der Bergbau. 23) Allgemeine Angaben. — 24) Die Rottanne. — 25) Die Weißtanne. — 26) Die Lärche. — 27) Das Lärchenharz. — 28) Die Lärchenschwämme. 29) Das Lärchenholz. — 30) Die Föhre (Fichte). — 31) Die Arve. — 32) Die Arvennüsse und das Arvenholz. — 33) Gemeinsame Eigenschaf- ten aieser Baumarten. — 34) Sonstige Bäume. — 35) Metalladern und Bergwerke. Kapitel 52. Die Raubtiere. 36) Über die Tiere des Alpeniandes, einleitende Bemerkungen. — 37) Die Drachen. — 38) Andere giftige Tiere. — 39) Die Bären. — 40) Die Bärenjagd. — 41) Eine Wolfsjagd. — 42) Der Wolf. — 43) Ver- folgung desselben; böse Vorbedeutung. — 44) Der Luchs. — 45) Kleinere 7 7 Raubtiere. — 46) Der Fuchs. — 47) Der Marder. — 48) Der Itis. — 49) Das Wiesel. “ Kapitel 53. Das Hochwild. 50) Vom Wildpret und den beiden Arten desselben. — 51) Der Hirsch; Aufenthalt und Vorkommen. — 52) Seine Eigenschaften. — 53) Die Hirsch- kuh. — 54) Das Reh. — 55) Das Wildschwein. — 56) u. 57) Zwei merk- RT RE EEE RAND würdige Geschichten von Ebern. — 58) Das Hochwild. — 59) Der Stein- bock. — 60) Die Steinbockjagd. — 61) Über die Bezeichnung beek. — 2) Die Steinziege. — 63) Die Gemse. — 64) Ihr Fell. — 65) Die Sulzen und die Gemsjagd. ; Kapitel 54. Die niedere Jagd. 66) Von der niederen Jagd. — 67) Das Murmeltier; einleitende Be-79 merkungen. — 68) Beschreibung (Äußeres). — 69) Charakter. — 70) Spiel. — 71) Das Einsammeln des Heues. — 72) Wachsamkeit. — 73) Der Winterschlaf. — 74) Die Murmeltierjagd. — 75) Verwendung. — 76) Rein- 4 lichkeit, — 77) Gefahr bei der Jagd. — 78) Schlußbemerkungen. — “ 79) Der Dachs. — 80) Die wilde Katze. — 81) Der Biber. — 82) Die Otter. — 83) Die Hasen. — 84) Das Kaninchen. — 85) Der Igel. — S6) Das Eichhorn. — 87) Stumpfs und Gesners Abbildungen. Kapitel 55. Die Raubvögel. g“ SS) Die Vögel: Einteilung. — 89) Der Adler: Allgemeines. — %) Be- schreibung ete. — 91) Wunderbare Geschichten von Adlern. — 92) Der Geier. — 9) Der Lämmergeier. (?) — 94) Die Geier des Romulus und Remus. Excurs gegen den Glauben an Vorzeichen. — 95) Der Ha- bicbt. — 96) Sein Fang; Habichtjagd etc. — 97) Der Blaufuß. — 98) Der Sperber. — 99) Der Baumfalke. — 100) Der Weih. — 101) Der Bussard. — 102) Der Wannenwäher. — 103) Erzählung von einem merkwürdigen | Vogel aus dem Engadin. — 104) Die Nachteulen und Käuze. ‘ nn u A r- . F 3 { ” f VI Kapitel 56. Die nützlichen, essbaren Vögel. Schlusswort. 105) Die nützlichen, eßbaren Vögel. — 106) Fasan und Auerhahn. — 107) Beschreibung der beiden Arten des letzteren. — 108) Der Grügel- hahn. — 109) Der Waldrabe. — 110) Der Reiher. — 111) Das Schnee- huhn. — 112) Das große Rebhuhn (Rot-, Weltsch-Räbhuhn). — 113) Das (kleine) Rebhuhn. — 114) Über die Geschicklichkeit einiger andrer Vögel. — 115) Das Haselhuhn. — 116) Sein Fang ete. — 117) Die Wachteln. — 118) Die Riedschnepfen. — 119. Reckholder-(Krammets-)vögel. — 120) Son- stige (zahme) Vögel. — 121) Die Schneegans. — 122) Blaue Enten, Tauch- enten und Düchelen. — 123—125) Schlußwort zu diesem Anhang. Vierter, allgemeiner Anhang von den Bewohnern Rätiens. Kapitel 57. 126) Kurze Rechtfertigung dieses weiteren allgemeinen Anhangs. — 127) Allgemeine Charakterisierung der Rätier. — 128) Ihre Tapferkeit. — 129) besonders im Schwabenkrieg erprobt. — 130) Niederlagen in fremdem Kriegsdienst. — 131) Mangel an älteren Geschichtswerken; Sagen. — 132) Denkmäler früherer Zeiten. — 133) Grund der Tapfer- keit der Ahnen: ihre Einfachheit, namentlich in Speise und Trank. — 134) Gegensatz: die jetzige Trunksucht, — 135) Luxus im Essen, — 136) in der Kleidung. — 137) Andere schlimme Folgen des Reislaufens. — 138) Preis der alten Einfachheit. — 139) Deren Folgen. — 140) Wahr- scheinliche Folgen des jetzigen Luxus. — 141) Die rätischen Frauen: Schönheit und Kindersegen. — 142) Friedfertiger Charakter der Rätier unter sich. — 143) Schwere Bestrafung von Körperverletzung ete. — 144) Rüstung zum Krieg. III. Anmerkungen zum Text p. 1—30. Berichtigungen p. 31. .. are Be, IS Einleitung. a) Gampells Leben. Über Campells Leben gibt sowohl Kind in der Einlei- tung zu seiner Ausgabe der Topographie Auskunft, als auch Hermann Wartmann in der Einleitung zur historia Raetica, welche dem 2. Band der Ausgabe von Plac. Plattner beige- geben ist.') Im Folgenden ist in der Hauptsache die gründ- liche, eingehende Darstellung von Wartmann zu Grunde ge- legt; in ihr sind namentlich auch die näheren Nachweise zu finden, soweit dieselben hier in den Anmerkungen nicht bei- gebracht sind. Das Geburtsjahr Ulrich Campells, romanisch Durich Chiampel,?) steht eben so wenig fest als sein Todesjahr; beide lassen sich nur annäherungsweise, ersteres etwa auf 1510, letzteres auf 1583 festsetzen. °) Sein Vater hieß Caspar Öampell und entstammte einem Geschlecht, das seinen Ursprung zurückführte auf die Burg ' Campi am Ausgang des Schynpasses, deren Ruinen heute en u noch einen malerischen Anblick gewähren. In einem Streit des letzten Besitzers der Burg aus der Familie Campell soll dieselbe zerstört und der Eigentümer vertrieben worden sein; später wurde sie wieder aufgebaut und war zu Lebzeiten unseres Autors im Besitze des Hercules von Salis. Die Fa- milie Campell aber scheint nach der Zerstörung der Burg ins II Unterengadin übergesiedelt zu sein und zwar zuerst nach 4 Lavin, später nach Süs, das Ulr. Campell immer als seinen E (reburtsort und seine Heimat bezeichnet.‘) Der Vater des E letztern, Caspar, war ein eifriger Kriegsmann; er nahm 1516 E an einem Kriegszug nach Italien teil und ebenso später an 3 den beiden Müsserkriegen. Welchen Beruf er in der Heimat betrieb, wissen wir nicht; dagegen haben wir Andeutungen, wonach er, wohl unter dem Einfluß des Gallicius,: sich, schon früh der Reformation zuwandte. ) Über die Jugend Ulr. Campells wird in seinem Werke nichts Näheres mitgeteilt, und auch die Angaben über seinen Bildungsgang sind äußerst spärlich ; nur gelegentlich erfahren wir, daß Galliecius sein Lehrer war in den Anfangsgründen des Lateinischen. Wahrscheinlich verdankte er demselben auch seine Kenntnis des Griechischen und die Ausbildung für den geistlichen Beruf. Wartmann nimmt an, daß die Zeit des zweiten Aufenthaltes des Gallicius in Lavin, 1533—36, die eigentliche Lehrzeit Campells gewesen und dieser dann seinem Lehrer, als schon verheirateter Mann, noch. nach Malans gefolgt sei; doch sind die wenigen Notizen zu unbe- stimmt, um eine sichere Fixierung zu erlauben; für den Be such einer Universität durch Campell liegen genügende Be- weise nicht vor. °) B; Jedenfalls war der junge Ehemann 1537 von der Hei- mat abwesend, und zwar studienhalber, wie er ausdrücklich bezeugt, als ihm von seiner Frau, Serena Hug (?),‘) am Him- melsfahrtstage, 6. Mai, ein Töchterchen geboren wurde. Dieses Kind war so schwach, dass der Großvater, Caspar Campell, die Nottaufe an ihm vornahm, wie er denn auch in seinem Hause schon oftmals Gleichgesinnten das Evangelium ausge- legt hatte. Über diese Nottaufe entstand ein gewaltiger Auf- ruhr, der schließlich die Ansetzung einer Disputation in Süs gegen Ende des Jahres zur Folge hatte. Von derselben hoff- ten die Anhänger der alten Lehre, sie werde der Ausbreitung der Reformation im Engadin, welche von Gallicius begonnen worden war, Einhalt thun; aber das Gegenteil erfolgte. Eben | durch die Disputation, welche mehrere Tage, vom 29. December 1537 bis 4. Januar 1538 dauerte, fand die besonders durch Gal- 111 lieius vertretene neue Lehre erst recht Eingang. Campell war, wohl schon vor dieser Zeit, zurückgekehrt und hatte eben erst eine schwere Krankheit durchgemacht; obwohl noch nicht völlig wiederhergestellt, wohnte er der Disputation von Anfang bis zu Ende bei und referierte dann später in seinem Geschichtswerk im 58. Kapitel eingehend darüber. Von den nächsten Lebensjahren Campells sind wir wie- der ganz ungenügend unterrichtet; 1548 finden wir ihn in Klosters und zwar, wie aus andern Notizen hervorgeht, als Pfarrer; ob dies die erste Pfarrstelle war, welche er beklei- dete, und wann er sie angetreten hat, verschweigt er leider. *) Am 14. Juli 1549 bekämpfte er in Klosters auf der Kanzel, von Amtswegen über die Abschließung von Bündnissen re- dend, mit der Bibel entnommenen Gründen die damals im Werk liegende Erneuerung des Bündnisses mit dem franzö- sischen König, der ein so grausamer Feind des wahren christ- lichen Glaubens sei; Ende des Jahres wohnte er in Davos den Verhandlungen über den Sigelstreit zwischen dem obern und dem Gotteshausbund bei. Mitte Juni 1550 befand er sich noch in Klosters, wurde aber im gleichen Jahre nach seinem Geburtsort berufen als Prediger.”) Schon seit etwa 22 Jahren hatten verschiedene Familien von Süs sich von der alten Lehre abgewendet und die Predigten in Lavin be- sucht, auch bisweilen von auswärts Geistliche zur Predigt in ihren Häusern oder selbst in der Kirche berufen, darunter eine Zeitlang auch Campell; erst jetzt aber hatte bei einer günstigen Gelegenheit von ihnen die Abschaffung der Messe und die Berufung eines reformierten Pfarrers durchgesetzt werden können. Campells Stellung in Süs war anfänglich sehr schwie- rig, da die Gegenpartei sich nicht zufrieden gab, selbst zu den Waffen griff und namentlich ihm und seinem Vater Nachstellungen bereitete; einmal wurde er sogar im Schlaf- zimmer von vier Männern überfallen, konnte sie aber in die Flucht jagen. Er ließ sich jedoch nicht abschrecken, sondern wär unablässig für Einführung der Reformation auch in an- dern Gemeinden thätig. 1551/52 predigte er in Zernez in _ einer von der Gemeinde hiefür eingeräumten Kapelle, dazu + IV aufgefordert von einer kleinen reformierten Partei, und trug schließlich den Sieg davon über den lange widerstrebenden Ortspfarrer, der 1553 auch übertrat. Daneben versäumte er seine Amtspflichten in Süs nicht und fand sogar noch Zeit zu diehterischer Produktion; am 15. Mai 1554 wurde sein erstes romanisches Drama Judith und Holofernes unter grossem Zu- drang aufgeführt. Gegen Ende des Jahres (November?) sandte ihn die Synode nach Zuoz, der bedeutendsten Gemeinde des Oberengadins, damit er das im Februar des gleichen Jahres von Gallieius dort angefangene Werk der Reformation durch- führe, und er erhielt von seiner Gemeinde Erlaubnis, für 16 Monate dorthin überzusiedeln. Er predigte nun bis März 1556 nicht nur in Zuoz, sondern auch in Madulein und den veformierten in Camogasg jede Woche, in Süs alle zwei Wochen einmal, am Sonntag, öfters auch in der St. Georgs- kapelle bei Scanfs, einem ehemaligen Wallfahrtsorte, sowie in dem Armenhaus Capella unterhalb Scanfs, und überall, außer in Camogasg, wurde die Messe abgeschafft. '") Nach Ablauf des Urlaubes kehrte Campell nach Süs zurück und blieb dauernd dort bis 1570; als Pfarrer dieses Ortes wurde er 1561 mit Fabrieius, Gallicius und zwei andern von der Synode an den Bundstag zu Ilanz abgeordnet, um die Bündner Pfarrer zu verteidigen gegen den von der päpstlichen Gesandtschaft erhobenen Vorwurf der Häresie, und nahm 1562 teil an einem Colloguium, das in. Lavin wegen anabaptistischer Regungen am 19. April abgehalten wurde; er bezeugt auch, daß ohne des Gallicius und später seine eigene eifrige Bekämpfung die von France. Calaber und andern ausgestreuten wiedertäuferi- schen Lehren im Engadin kaum hätten ausgerottet werden können. Unzweifelhaft ist er in dieser Zeit als der Führer der. “ Reformierten im Engadin zu betrachten und hat um dieser ausgebreiteten Thätigkeit willen nach Galliecius, der 1550 nach Chur berufen worden war, den ersten Anspruch auf den Namen eines Reformators des Engadins. '') In diese Zeit des Aufenthaltes in Süs fällt auch die ro- 5 manische Übersetzung der Psalmen, die er mit teils von ihm, teils von andern verfaßten (resp. übersetzten) religiösen Lie dern und einem erweiterten Katechismus 1562 in Basel auf yi 2 SZ 2 oa 6 ae a ee is ’ > WM eigene Kosten herausgab als eines der ersten romanischen Druckwerke. Zwei Jahre später wurde wieder ein von ihm gedichtetes geistliches Drama Joseph, das zweite im Unter- engadin, in Süs aufgeführt. '?) Nach Art der reformierten Geistlichen jener Zeit wollte Campell aber nicht nur in kirchlichen, sondern auch in poli- tischen Angelegenheiten sein Volk beraten und leiten; frei- lich zeigte er hier weniger Glück. Wir haben schon erwähnt, daß er in Klosters 1549 gegen die Erneuerung des Bündnisses mit Frankreich gepredigt hatte; trotz des Widerstandes der Prädicanten war aber die Erneuerung erfolgt. Seither hatte, namentlich infolge der Beziehungen zum Herzogtum Mai- land, das seit 1535 in spanischem Besitz war, die spanische Partei bedeutend an Einfluß gewonnen, '”) und als jetzt 1564 abermals die Erneuerung des französischen Bündnisses in Frage kam, bewog die Furcht vor Spanien und die Abnei- eung gegen diesen schlimmsten Feind der Reformation den eifrigen Glaubenskämpfer, im Gegensatz zu seiner früheren Stellungnahme, das französische Bündnis zu empfehlen, ob- wohl er am liebsten alle auswärtigen Bündnisse aufgehoben gesehen hätte. '*) Die Entscheidung fiel diesmal zwar nach seinem Wunsch aus; aber nicht alle Gemeinden waren damit einverstanden. Im Bergell und Oberengadin wurden die Fähn- lein gelupft, und auch das Unterengadin wurde, z. T. gezwun- gen, in die Bewegung verwickelt. Gewaltthaten blieben zwar vermieden; aber Campell, als einer der bekanntesten Gegner des mailändischen Bündnisses, schwebte mit seinem Vater und andern in grosser Gefahr und wurde schließlich von dem Strafgerichte, mit welchem dieser sogenannte „Speckkrieg“ endete (1565), mit einer Buße belegt, obschon sich heraus- stellte, daß er, entgegen der Beschuldigung, nicht einen Heller fremdes Geld angenommen oder begehrt hatte. ') Im Jahr 1566 verlor Campell bei einer Überschwem- mung, die damals in ganz Bünden arges Unheil anrichtete, seine Gattin, Serena, indem diese am 28. August samt der Brücke, worauf sie stand, durch den Inn weggerissen wurde.'®) Sie hinterließ ihm zwei Töchter. Später heiratete der Ver- witwete nochmals und zwar eine Tochter des Jacob Bisaz VE. von Lavin, deren Vorname uns ebenso wenig bekannt ist als das Jahr der Heirat. '‘) Im Jahr 1568 beginnt Campells Cor- respondenz mit Bullinger, soweit sie noch erhalten ist; in den ersten Briefen ist vielfach die Rede von einem Büchlein über die Autorität der heiligen Schrift, das, schon vor etwa zwei Jahren ursprünglich nur zur Übung verfaßt, jetzt auf. Wunsch verschiedener Freunde hätte zum Druck gelangen sollen, wofür Bullingers Vermittlung erbeten wird, nachdem schon ein Zürcher Drucker sich geweigert, die Schrift auf eigene Kosten zu drucken. Bullinger war so gutmütig, sich der Sache wirklich anzunehmen und, weil es in Zürich nicht gelingen wollte, sogar in Genf einen Verleger zu suchen. Aber auch hier scheiterte der Plan, wie es scheint, haupt- sächlich daran, daß die Schrift Bezas Beifall nicht gefunden hatte. Der Autor fügt sich schließlich mit schwerem Herzen in den Willen Gottes; den Mißerfolg aber dankte er wahr- scheinlich dem Umstand, auf welchen sein späterer Amts- bruder in Chur, Tob. Egli, in einem Brief an Bullinger hin- weist, daß nämlich das Thema schon von Autoritäten zur) Genüge behandelt war, weshalb diese Arbeit eines ganz un- bekannten Landpfarrers höchst überflüssig erscheinen musste. Eglis diesbezügliche Äußerung ist zum Teil auch beeinflußt von einer gewissen Gereiztheit, die ihn damals Campell gegen- über beseelte. Er hatte nämlich nach seiner 1566 erfolgten Berufung an die Martinskirche in Chur den Versuch gemacht, nach dem Vorbilde von Zürich das Recht des Dekanats und der Abhaltung der Synoden auf Chur zu beschränken; davon 2 wollten jedoch die andern bündnerischen Geistlichen nichts | wissen und wählten 1567 als nächsten Versammlungsort Zuon und zum Vorsitzenden Campell zum großen Verdruß Eglis; Synodalort war Ilanz. Egli gab dann schließlich seinen Wide . stand auf, war aber Dre REREREUN A in jener Zeit auf seinen Rivalen nicht zu zu Be Ei v8 ? u a a a nn a vi lich eines wiedertäuferischen Buchhändlers, Georg Frell, gegen welchen Egli eingeschritten war, sich angenommen und war nach einem ärgerlichen Streit mit seinem Collegen und mehr- maliger Demission schließlich vom Rat des Amtes entsetzt worden. Die Wahl fiel zu Eglis Befriedigung entgegen andern Vorschlägen auf Campell, den auch Bullinger empfohlen hatte. '’) Nach Beratung der Amtsbrüder im. Unterengadin entschloß sich der Gewählte, der Mehrheit folgend, den ehren- vollen Ruf anzunehmen trotz mancher Bedenken. Er hebt Bullinger gegenüber hauptsächlich seine Ungewandtheit in der deutschen Predigt hervor, die er seit 20 Jahren (d. h. seit der Thätigkeit in Klosters) nicht mehr geübt habe; aber auch die kirchlichen Zustände in Chur waren nicht gerade ange- than, den Tausch als sehr verlockend erscheinen zu lassen, und Campell wußte jedenfalls genug davon, um sich keinen Täuschungen über die bevorstehenden Kämpfe hinzugeben. Doch lag es nicht in seiner Natur, solchen aus dem Wege zu gehen, und seiner ganzen Anschauung nach mußte er in der Berufung. wie er das Bullinger gegenüber auch ausspricht, einen Wink von oben erblicken. Später hat er wahrschein- lich den Schritt doch bereut; denn es waren in der Haupt- sache wenig erfreuliche Erfahrungen, die er in Öhur machte.?) Anfang 1571 trat Campell seine neue Stelle an. Zu- nächst verursachten Gantner und seine Anhänger den beiden Pfarrern viel Unmuße. Der Synode 1571 in Chur, welche den Fall eingehend behandelte, präsidierte Campell.°') Gantner wurde verurteilt; aber die ganze wiedertäuferische Bewegung war damit nicht unterdrückt, und bald kamen noch poli- tische Wirren hinzu, in welehe die Churer Pfarrer ohne ihr Zuthun verwickelt wurden. Es war der bekannte Handel des Dr. jur. Joh. von Planta, des damaligen Herrn von Räzüns, in dessen Verlauf der Unglückliche schließlich seine blinde Habgier mit dem Tode büßen mußte. Der üble Ausgang wurde von gewisser Seite den beiden Predigern der Haupt- stadt zur Last gelegt, jedoch mit Unrecht. °?) Andere Anlässe kamen hinzu und bewirkten, daß die Mißstimmung endlich deutlich zu Tage trat in dem Antrag auf Erlaß eines Ge- setzes, wodurch den Geistlichen beider Konfessionen die Ein- von mischung in alle weltlichen Händel verboten würde. Die Maß- regelung sollte, so war die allgemeine Überzeugung, haupt- sächlich Campell und Egli treffen; aber sie kam nicht zur Aus- führung, und aus der ganzen Darstellung des erstern scheint mir hervorzugehen, daß nicht so sehr die Einmischung der Geistlichen in die innern Angelegenheiten des Landes so großen Unwillen erregte, als vielmehr der Widerstand, den sie dem französischen Bündnis und den Gesuchen um Bewilligung von Truppen seit der Bartholomäusnacht hartnäckig entgegen- setzten zum großen Ärgernis für die bündnerischen Großen n beider Bekenntnisse. ””) Inzwischen hatten aber Gantner und seine Anhänger wieder größern Einfluß gewonnen, und Cam- pell glaubte immer deutlicher zu spüren, daß die Bürger schaft sich von ihm und seinem Üollegen abwende.?') Diese R Umstände bewogen ihn, Ende 1575 seine Entlassung zu for- dern; nicht daß er eigentlich wirklich schon damals die Stelle hätte aufgeben wollen, sondern seine Absicht scheint ge- wesen zu sein, vom Rat einen klaren Entscheid zu erhalten, wonach er sich hätte. richten können. Die Sache zog sich aber ohne solehen etwa ein halbes Jahr hin; da wurde, wäh- rend Campell immer noch ernstlich mit sich zu Rate ging, ob er bleiben oder gehen solle, ein Nachfolger gewählt, ohne = daß man jenem auch nur eine Anzeige machte.?’) Er fühlte sich dadurch natürlich schwer gekränkt und verließ jeden- falls mit bitteren Gefühlen im August 1574 die undankbare Stadt, welche eben erst durch einen großen Brand schweren Schaden erlitten hatte. Unter Thränen nahmen die beiden Amtsbrüder oberhalb des bischöflichen Hofes Abschied; sie sollten einander nicht mehr wiedersehen. Campell zog durch das Schanfigg und über den Strela nach Davos und von da über den Flüela in seine Heimat, um nicht lange nachher 3 die durch Tod erledigte Pfarrstelle in dem abgelegenen Schleins anzutreten; Egli starb noch im Herbst des gleichen - Jahres an der Pest als ein Opfer seiner Pflichttreue. ”*) 4 Schleins war nun für den Rest seines Lebens Campells Aufenthaltsort; hier wirkte er, noch immer rüstig und streit- bar, bis zu seinem Ende, nicht nur mit der Vollendung des in Chur begonnenen Geschichtswerkes beschäftigt, sondern _ = en ” MEUSUENG, ee TEEN. 0 Sa rd IX trotz aller widrigen Erfahrungen noch regen Anteil nehmend am kirchlichen und politischen Leben. So verfaßte er hier eine weitläufige Schrift über die göttliche Vorsehung und die Vorherbestimmung aus Anlaß einer Synode in Zernez 1576, an welcher die Rechtgläubigkeit seines Nachfolgers in Süs, Stephan Dominicus, in Zweifel gezogen und Campell, der damals Decan des Engadins gewesen sein dürfte, mit zwei andern beauftragt worden war, die Richtigkeit der Anklage zu untersuchen. °‘) Im Jahre 1577 erging an den unermüd- lichen Streiter die Auftorderung, in Bergün die Reformation einzuführen. Er erbat sich von seiner Pfarrgemeinde Urlaub und eilte, dem Rufe Folge zu leisten; aber sein Eifer wurde ihm schlecht gedankt. Die Gegenpartei schmähte und be- drohte ihn; zuletzt wurde er vor Gericht zitiert und aus- gewiesen und fand für nötig, wegen allerlei Verdächtigungen sich sofort in Chur ein Zeugnis über seine dortige Lebens- führung zu holen und durch dessen Vorlegung die Verleum- der zum Widerruf zu zwingen. Dann kehrte er, um eine schlimme Erfahrung reicher, heim; doch wurde ihm noch die Befriedigung zu teil, daß den Reformierten in Bergün schließlich die Anstellung eines Predigers gestattet und die Benützung der Kirche zugestanden wurde. °*) Fünf Jahre später, 1552, machte der alte Campell noch- mals in ganz Bünden von sich sprechen, indem er in Schleins eine heftige Predigt hielt gegen die Erneuerung des fran- zösischen Bündnisses; die Kunde von derselben kam den französischen Gesandten bei der Eidgenossenschaft zu, und sie beschwerten sich darüber. Die Zürcher schrieben des- halb privatim und amtlich an die Churer, und an den Ver- fasser soll vom Stadtrat ein ernstliches Schreiben ergangen sein mit der Mahnung, die Verbündung nicht zu hindern. Sie kam auch thatsächlich zu stande. Campells Auftreten war unter den damaligen Verhältnissen selbst vom Stand- punkte des reformierten Geistlichen aus nicht sehr zeitge- mäß; doch war er offenbar nicht rechtzeitig über die Sach- lage aufgeklärt, vielleicht schon ganz vergessen worden und that nun in der besten Meinung den übel angebrachten Schritt. ®°) x Dies ist die letzte Nachricht, welche uns von Campell meldet. Nicht gar lange nach 1552 mag der unermüdliche Kämpfer sich zur Ruhe gelegt haben,”’) wie Wartmann be- merkt, — „wenn vielleicht auch nicht versöhnt mit dem widrigen Geschicke seiner spätern Jahre, so doch gewiß mit dem festen Glauben, ein auserwähltes Rüstzeug Gottes im Kampfe für die reine Lehre und die ächte Kirche Christi gewesen zu sein.“ — Mag er in seinen Handlungen auch nicht immer das Rechte getroffen haben, so ist doch über allen Zweifel erhaben die löbliche Absicht, aus der sie her- vorgingen, und unbestreitbar bleibt das große Verdienst, das sich Campell um die Reformation Graubündens erworben hat. Unsere Anerkennung dürfen wir dem Manne nicht versagen, der neben anstrengender Wirksamkeit in seinem geistlichen Berufe noch Zeit zu finden wußte zu litterarischer Bethäti- eung als Übersetzer und Dichter in seinem lieben heimischen ldiom, als Verfasser von theologischen Schriften und endlich als Historiker, indem er seinen Lebensabend der Abfassung einer Beschreibung und Geschichte seines Landes und Volkes widmete. Die Mängel, welche der Persönlichkeit Campells wie seinen Werken anhafteten, mußte er selbst zum Teil recht bitter büßen; die Leidenschaftlichkeit, womit er für das als gut Erkannte eintrat, zog ihm viel Verkennung und Feind- schaft zu in seinem Wirken; die pedantische Weitschweifig- keit und das Unvermögen, sich einzuschränken, verursachten, daß seine meisten Werke nicht zum Druck kamen oder doch Jahrhunderte lang darauf warten mußten. Über den Mängeln aber darf man nicht übersehen die reine Gesinnung und die Hingebung an die Sache, die sowohl in den Handlungen, wie in den Schriften durchweg zu tage tritt. Die geringe Bei- mischung von Eitelkeit endlich ist verzeihlich und berechtigt; ‘denn Campell durfte sich ohne Scheu den besten Bündnern seiner Zeit an die Seite stellen. b) Gampells Werke. Wir wenden uns nun zur Besprechung von Vampells litterarischer Thätigkeit. Außer der romanischen Psalmen- übersetzung, die etwa um 1550 verfaßt, aber erst 1562 pub- liziert wurde, haben wir schon erwähnt eine Abhandlung über die Autorität der heiligen Schrift, etwa 1566 ausgear- beitet, und die umfangreiche Arbeit über Vorsehung und Vor- herbestimmung aus dem Jahr 1577, sowie die Predigt gegen das französische Bündnis 1582 °'); außerdem gehören hieher auch die beiden 1554 und 1564 aufgeführten romanischen Dramen (Übersetzungen?) Judith und Joseph, die beiden ersten im Unterengadin überhaupt aufgeführten geistlichen Schauspiele.”’) Sodann ist eine kleine Flugschrift aus dem Jahr 1572 zu nennen, die einzige bekannte deutschgeschrie- bene Abhandlung Campells, über ein merkwürdiges Sonnen- phänomen, eine Nebensonnenerscheinung, die am 2. und 3. Januar 1572 ın Chur beobachtet worden war; nähere Mit- teilungen über diese Schrift sind von Candreia in den Rhein- quellen gegeben worden.””) An sie lassen sich anschließen die romanischen und deutschen Verse Campells über eine ähnliche Erscheinung, die am 27. Juni 1573 in Schuls vom dortigen Pfarrer beobachtet wurde. Der Verfasser hatte diese Verse in seine historia Raetica aufgenommen; in der Aus- gabe von Plattner sind sie aber weggelassen, während die Übersetzung von Mohr sie bietet.) Nach Anführung dieser kleineren Arbeiten kommen wir endlich zu den historischen Werken und haben da zunächst noch eine nicht erhaltene Bearbeitung der Schweizergeschichte zu erwähnen, die Gampell seinem Werke über Bünden voraus- geschickt zu haben scheint. Er nennt diese „prisca nostra Hel- vetia“ an mehreren Stellen, und nach den Citaten muß es ein ziemlich umfangreiches Buch gewesen sein; heute aber kennt man nicht einmal mehr eine Spur davon. °”) Das Hauptwerk Campells ist und bleibt das von ihm selbst in zwei Bücher eingeteilte große Werk über «die Landes- kunde und Geschichte Graubündens, das als VIl.-—-IX. Band x der Quellen zur Schweizergeschichte erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zum Drucke gelangt ist. Das erste der beiden Bücher bildet die sogenannte Topographie (Raetiae alpestris topographica descriptio), Band VII der Quellen, her- ausgegeben von Kind, das zweite, weit umfangreichere Buch, die historia Raetieca, umfaßt den VII. und IX. Band der Quellen und ist ediert von Plac. Plattner. Über die Abfassung dieses Werkes, von dem uns hier namentlich der erste Band, die Topographie, interessiert, sind wir ziemlich genau unterrichtet durch noch erhaltene Briefe Campells. Wir ersehen daraus, daß die Anregung offenbar ausgegangen war von dem bekannten Zürcher Gelehrten Josias Simler, dem Schwiegersohn Bullingers. ’°) Dieser hatte die Absicht, im Verein mit andern Gelehrten eine Beschrei- bung und Geschichte des Landes der Eidgenossen und ihrer, Verbündeten in lateinischer Sprache herauszugeben und zwar in Anlehnung an das große Chronikwerk des Joh. Stumpf, das 1548 zum ersten Mal erschienen war, jedoch nicht so, daß die lateinische Bearbeitung eine bloße Übersetzung des- selben hätte sein sollen. Vielmehr wollte Simler den Bear- beitern der verschiedenen Teile in der Anordnung freie Hand lassen und namentlich je die historische Darstellung von der Beschreibung trennen; außerdem sollten Ergänzungen und Berichtigungen aus andern Arbeiten oder auf Grund von eigener Forschung und von Mitteilungen anderer Gelehrter beigefügt werden. Das Resultat wäre also, wenn der Plan zur Durchführung gelangt wäre, eine berichtigte und be- reicherte lateinische Ausgabe der Stumpfschen Chronik ge- wesen, und Simlers Absicht bei diesem Plane war vor allem, - dem Auslande Kunde von den Eidgenossen und ihrer Ge schichte zu geben, da ihm gegenüber der Mangel an einer lateinischen Darstellung der Schweizergeschichte oft bedauert worden war von Ausländern, sowohl von Franzosen und Ita- lienern als von Deutschen, denen der Dialekt Stumpfs Mühe machte.) Als Probe des geplanten umfangreichen Werkes | publicierte Simler im Jahre 1574 eine Schrift über das Wallis - in zwei Büchern, wovon das erste den beschreibenden, das zweite den historischen Teil enthielt; als Anhang war eine 7 ‘ 3 % $ { % net F ® i x y a ne a XI Abhandlung über die Alpen beigegeben. *) Mit der Veröflent- lichug dieses Bändchens verfolgte Simler nach der Vorrede die Absicht, andere Gelehrte zu ähnlichen Studien anzu- eifern, um die weitere Arbeit ihnen zu überlassen oder, falls die seinige den Beifall guter Männer finden sollte, mit ihrer Unterstützung sie fortzusetzen. Für das geplante große Unternehmen nun hatte Simler schon vorher offenbar auch einen Mitarbeiter gesucht, der die Topographie und Geschichte von Bünden behandeln sollte, und hatte sich deswegen an den Churer Pfarrer Tobias Eglı und an den Leiter der Nicolaischule in Chur, den älteren ‚Joh. Pontisella, gewendet, von denen Campell als der geeig- nete Mann bezeichnet wurde. ””) Eine passendere Persönlich- keit wäre nach dem 1566 erfolgten Tod des Gallieius in Bün- den auch kaum zu finden gewesen. ‘®) Campell übernahm die Aufgabe und sandte, wohl schon ziemlich bald, noch von Süs aus im Jahr 1570 eine erste Probe ein, worin der obere Bund behandelt war. Bei Zusammenstellung derselben ging er noch von der Meinung aus, es handle sich nur um eine Materialsammlung für Simler. Die Probe scheint aber bei diesem eine günstige Meinung erweckt zu haben, sodaß er jetzt in einem Schreiben vom 29. Sept. 1570 Campell ein- gehenden Aufschluß über seine Pläne gab und ihn förmlich zum Mitarbeiter anwarb. Freilich hielt Simler manche Än- derungen für nötig und wünschte besonders Beiziehung dessen, was Tschudi *') und Stumpf über Rätien und den Ursprung der Rätier boten, sowie Unterdrückung von Ausfällen gegen die katholische Religion; im übrigen aber forderte er Campell auf, in der begonnenen Darstellung fortzufahren, sie zu Ende zu führen und zu veröffentlichen, wofür er seine Hilfe anbot, sei es daß jener seine Arbeit selbständig oder mit derjenigen Simlers zusammen drucken lassen wolle. Campell war über dieses Urteil natürlich hocherfreut und wies trotz gewisser Bedenken die ehrenvolle Aufgabe, welche ihm Simler über- trug, nicht zurück. Die gerügten Mängel entschuldigte er damit, daß er nicht an Publikation gedacht, sondern nur für Simler Material habe sammeln wollen zu beliebiger Verwer- tung, und versprach, künftig dessen Winke zu beobachten. '?) Ray, Nicht lange nachdem Campell in solcher Weise die Be- arbeitung des Werkes über Bünden (oder wenigstens der To- pographie) übernommen hatte, erlitt seine Arbeit eine längere Unterbrechung durch die Wahl und Übersiedlung nach Chur. Schon vorher hatte er Simler darauf vorbereitet, daß ange- borne Langsamkeit und zahlreiche Abhaltungen ihn vielleicht nicht so rasch zu Ende kommen lassen würden, als jener wohl wünschen möchte. Jetzt ließ er sich vorläufig durch Bullin- ger entschuldigen; sobald seine Angelegenheiten in Chur etwas geordnet seien, wolle er die Arbeit wieder aufnehmen, d. h. den ersten Abschnitt über den oberen Bund umarbeiten und vervollständigen ; doch könne er nur einen langsamen Fort- schritt in Aussicht stellen, weil noch allerlei Material erst ge- sammelt werden müsse.) Von Simler neuerdings ermuntert, berichtet Campell am 4. Sept. 1571; der obere Bund liege jetzt in der bereicherten Neubearbeitung vor, und auch die Beschreibung des Gotteshausbundes sei der Vollendung nahe. Es bleibe noch der dritte Bund und die Unterthanenlande; dann wolle er endlich an die gemeinsame Geschichte von ganz Bünden gehen. Die Vollendung des Ganzen werde sich aber noch lange hinausziehen teils wegen seiner geringen Eignung für diese Aufgabe, teils wegen zahlreicher Verzöge- rungen durch Amts- und Familiengeschäfte oder durch er- schwerte Materialsammlung. Erst 34 Bogen seien ins Reine e geschrieben.'') Simler möge daher entscheiden, was geschehen solle; wenn derselbe glaube, nicht so lange warten zu können, und wünsche, daß Campell die Aufgabe samt dem bisher voll- | endeten Teil an einen andern abtrete, so sei er dazu Be bereit. 55 worden wäre: uatın dachte aber Biinler gewiß nicht, un jener führte die Arbeit fort, so rasch dies das Amt und die a wie Sue Wirren St Zeit zuließen. N im Jahr 1572: duch ist es Hicht rc die weitere For schritte der Topographie eben so genau zu verfolgen, w irn XV Angabe im Verein mit den Stellen der Topographie, welche die Zeit der Abfassung erkennen lassen, '’) mit Bestinmtheit hervor, daß der von Kind publicierte Text zu etwa zwei Drit- teln noch im Jahre 1571, der Rest 1572 geschrieben wurde, und zwar hatte Campell, den ursprünglichen Plan (s. o.) erwei- ternd, vor der Behandlung der Unterthanenländer im zwei- ten Anhang noch einen ersten über die ehemals rätischen Gebiete bis zur March und dem Bodensee eingeschoben. Ebenso müssen noch 1572 oder dann in den ersten Monaten des folgenden Jahres der dritte und vierte Anhang abgefaßt worden sein; denn am 1. Mai 1573 erfolgte die Übersendung des vollendeten Manuscriptes der Topographie mit einem Be- sleitschreiben, aus dessen Postscriptum sich ergibt, daß min- destens der dritte Anhang schon beigegeben war. '*) Wenn wir uns somit die Verhältnisse vergegenwärtigen, unter denen die Abfassung der Topographie erfolgte, so kön- nen wir den Klagen des Autors über angeborne Langsam- keit kein großes Gewicht beilegen, sondern müssen uns eher wundern, daß er seine Arbeit so rasch bewältigte, umsomehr da hiefür keine größern Vorarbeiten vorlagen wie z. B. na- mentlich für die erste Hälfte der geschichtlichen Darstellung, sondern der Verfasser hauptsächlich auf eigene Beobachtung und Forschung angewiesen war. In seinem Geleitbrief scherzt Campell über das Mäus- chen, das der kreisende Berg endlich geboren, ja das eigent- lich erst den Kopf vorstrecke, während der Leib noch im Innern ruhe. da der zweite, der Geschichte gewidmete Teil noch nicht einmal begonnen sei; auch bringt er wieder allerlei Entschuldigungen für die lange Verzögerung vor. Die Arbeit, wie immer sie ausgefallen sein mag, will er Simler widmen und völlig ihm anheimgeben, der ihre Entstehung veranlaßt und zur standhaften Durchführung ermuntert habe. Sie sei daher dessen Eigentum, nicht das seinige, und jener möge mit ihr ganz nach Gutdünken verfahren, sie edieren oder unediert lassen, ändern, streichen ete., ganz nach Belieben. Gleichwohl hatte aber Campell offenbar sehr bestimmt auf eine Publikation gerechnet; denn er gibt im Weiteren ge- naue Anweisung für den Stich der beigegebenen Karte '") und erklärt, falls etwa Kamilienwappen (clypearia, wie bei Stumpf), die er nicht für nötig gehalten, gewünscht würden, so könnte er sie besorgen; ein Register lasse sich später beim Druck leicht aus den Randnoten zusammenstellen. Im Postscriptum wird noch ein empfehlendes Gedicht von Egli erwähnt, das auch beigelegt war. '*) Sehr interessant wäre es für uns, Simlers Urteil über das ihm zugesandte Manuscript der Topographie zu verneh- men; aber leider stehen uns hierüber nur einige wenige An- deutungen im nächsten Schreiben Campells zu Gebote. Zwei Briefe hatte dieser von Simler erhalten, ehe er am 28. Juli 1573 erwiderte ; in Betreff gewünschter Verbesserungen oder Änderungen zeigt er sich etwas störrig: er habe ja schon längst Vollmacht gegeben, nach Belieben zu ändern, und bitte, davon doch Gebrauch zu machen; es sei ihm alles recht. Im Übrigen wünscht er, seine Arbeit noch einmal für einige Tage zu erhalten, um einige Stellen nach genauerer Information zu verbessern. Am 29. September teilt er mit, daß er die To- pographie richtig erhalten habe; Simler möge also ohne Sorge sein; er werde sie, so Gott wolle, in kurzem zurückschicken. Dies geschah. aber erst am 19. Januar 1574; aus Campells Begleitschreiben geht hervor, daß er nur inhaltlich, nicht stilistisch, einige Verbesserungen und Zusätze angebracht hatte, die endgiltige Korrektur aber Simler überlassen wollte, falls dieser nicht das Werk überhaupt ganz verwerfe und, weil der Publikation nicht wert, vernichte. Im letzten Schrei- ben endlich, am 7. September 1575, wiederholt er auf neuer- liche Bemerkungen Simlers, alle Sorge für die längst über- sandte Arbeit habe er diesem übertragen und selbst sich ihrer entledigt; es stehe also nicht bei ihm, jenen in der freien Verfügung zu hindern. '”) Soviel geht aus diesen kärglichen Notizen hervor, daß die Topographie in der übersandten Form Simlers vollen Bei- fall nicht gefunden hatte. Vor allem hätte dieser mit Rück- sicht auf das geplante große Werk jedenfalls eine kürzere Fassung vorgezogen, wenn wenigstens gestattet ist, aus seiner Vallesia einen Rückschluß zu ziehen. Denn auch ohne den dritten und vierten Anhang hat die Topographie den fünf- "a er 2 is in na ae Zn aa Ne Be a a ren ch a u Bat 12 > 2 0 u = un aan RER bis sechsfachen Umfang der Vallesia und etwa den zehn- fachen des beschreibenden Teiles derselben, dem sie inhalt- lich entspricht. °’) Jene beiden Anhänge aber waren offenbar ebenfalls nicht ganz nach Simlers Wunsch ausgefallen ; einer- seits vermißte er darin höchst wahrscheinlich eine ausreichende Berücksichtigung der antiken Schriftsteller und speziell ihrer Angaben über die Alpen, anderseits dürfte ihm Campell wie- der zu sehr ins Detail und auf specifisch bündnerische Eigen- tümlichkeiten eingegangen sein. So möchte man wenigstens aus einem Vergleich mit dem von Simler der Vallesia beige- sebenen commentarius de Alpibus schließen. Er hatte darin, wie schon in der Vorrede und dann nochmals in der Ein- leitung zu dieser Abhandlung ausdrücklich bemerkt wird, diesen Stoff absichtlich gesondert, nieht nur mit Beziehung auf das Wallis behandelt, um Wiederholungen in den später folgenden Monographien der helvetischen Landesteile ver- meiden zu können, und die Notiz, daß er den commentarius noch in der Eile angefertigt und beigegeben habe, macht es wahrscheinlich, daß gerade Campells Anhang ihn dazu ver- anlaßte, wennschon die entsprechenden Kapitel im 9. Buch bei Stumpf, in dem ja die Lepontier oder Oberwalliser be- handelt sind, ihm den Gedanken ohnehin nahegelegt haben mochten.’') Jedenfalls dürfen wir annehmen, daß er nach der Veröffentlichung seiner Vallesia Streichung dieses An- hangs oder dann starke Kürzung vorschlug und daß dies der Grund der in Campells letztem Briefe nicht zu verkennen- den Verstimmung ist. Außerdem scheint Simler auch über den Stil sich unbefriedigt geäußert zu haben, was allerdings nicht sehr wunder nimmt. °?) Einige andere Anhaltspunkte dafür, wie Campells Arbeit sonst von den Zürchern beurteilt wurde, gibt ein Brief von Bullinger an den jüngeren Pontisella.’”) Wir vernehmen aus demselben, daß Bullinger in einem leider verlorenen Schrei- _ ben Campell zur Bearbeitung des historischen Teils aufge- fordert und ihm auch Winke für die Materialsammlung er- i teilt, sowie empfohlen hatte, sich der Einfachheit und Kürze zu befleißen, nicht auf kleinliches Detail einzugehen. In der _ Topographie war also offenbar diesen Wünschen Bullingers 2 . Sun nicht Genüge geschehen. Des weitern geht aus dem Briefe - hervor, daß die Hervorhebung einzelner Familien Anstoß er- regt hatte und der Mangel an Kritik, sowie der Stil Bullinger mißfielen, sodaß er schreibt, wenn er gewußt, daß Pontisella auf diesem Gebiet thätig sei, so hätte er vielleicht anders an Campell geschrieben, d. h. nach dem Folgenden wohl, ihm ° vorgeschlagen, die Ausarbeitung des zweiten Teils an Ponti- sella zu übertragen. In dem eingehenden, interessanten Schrei- ben gibt sodann Bullinger eine treflliche Anweisung, wie Ma- terial für solche Geschichtswerke zu sammeln sei, und äußert allerlei Wünsche, die er gern durch Pontisella befriedigt sähe, worüber also Campells Angaben ihm nicht genügten.’') So wünscht er namentlich reichliche Notizen über die Eigen- tümlichkeiten des Alpenlandes in Lebensweise, Kleidung, Ge- setzen und Bräuchen; über Namen, Höhe, Straßen etc. der ° Alpen; über warme Quellen, Bergseen und Fische, merkwür- dige Gewässer, Höhlen, Engpässe, Schluchten und Straßen- ” bau, über Lawinen, Rettung von Verschütteten, Gletscher- spalten, Offenhaltung der Bergstraßen, Saumpferde, Ausrü- stung und Vorsichtsmaßregeln für Reisen über die Berge im Winter; über Besonderheiten in Flora und Fauna (dabei Kri- tik fabelhafter Berichte); über Hirtenleben und Viehzucht, ° ete. ete. Simlers und Stumpfs Angaben genügen ihm nicht, und das Gleiche ist offenbar mit Campells Arbeit der Fall. Es muß aber bemerkt werden, daß Bullinger die Topographie, namentlich den dritten Anhang, jedenfalls nur sehr oberfläch- lich durchgesehen haben kann; denn einer großen Zahl seiner Wünsche ist dort os ‚Genüge gethan, und über er + XIX sicht war, bleibt uns verborgen; völlige Übereinstimmung über diese Fragen scheint auch zwischen ihnen nicht ge- herrscht zu haben. Dem einen bot Campell noch nicht ge- nug, dem andern war er wohl schon viel zu sehr ins Detail eingegangen. Doch wie es auch mit Simlers Urteil bestellt sein mochte, und was immer er an der Topographie auszusetzen fand: Campell hat offenbar nachträglich an dem übersandten Ma- nuscript keine bedeutenden Änderungen mehr angebracht, nur kleinere Zusätze am Rand oder auf eingehefteten Blät- tern noch beigefügt °*) und das Ganze nicht mehr umgear- beitet, auch nicht nochmals abgeschrieben, sondern das jetzt wiedergefundene Original ist die 1573 an Simler gesandte Handschrift, welche wahrscheinlich erst nach dessen Tod wieder zu ihrem Verfasser zurückkehrte.’ Ein Druck war nämlich nicht zu Stande gekommen, so sehnlich Campell ihn wünschen mochte; ob Simler erst noch die Vollendung des geschichtlichen Teils abwarten wollte oder den Gedanken an Veröffentlichung überhaupt aufgegeben hatte, entzieht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls aber bedeutete sein Tod (er starb, erst 46 Jahre alt, 1576) für Campell einen schweren Verlust; denn von anderer Seite war eine Förderung seines Wunsches nicht zu hoffen, da gerade Bullinger sich schwer- lich dafür verwendet hätte. Übrigens gelangte Simlers großer Plan überhaupt nicht zur Ausführung; außer seiner Vallesia wurde keine der beabsichtigten Monographien publiciert, ja kaum eine außer der Campellschen auch nur in Angriff ge- nommen; einzig ein Auszug aus dem Ganzen, gewissermaßen die Grundzüge desselben, wie Simler es sich dachte, erschien noch 1576 aus seiner eigenen Feder, nämlich die zwei Bücher über das helvetische Staatswesen.’®) Das große Werk aber unterblieb, wie ja auch Tschudis vollendete Chronik infolge seines Todes (1572) mehr als 150 Jahre auf den Druck harren mußte. Als Teil eines großen Gesamtwerkes hätte Campells - Arbeit vielleicht doch noch Aussicht auf Publikation in irgend welcher Art gehabt, allein war für sie keine Aussicht; dazu _ war sie zu umfangreich. Denn zu dem topographischen sollte ja noch ein zweiter .. N historischer Teil kommen, an dessen Ausarbeitung Campell E schon gleich nach Vollendung der Topographie gegangen war. Ursprünglich freilich hatte er geglaubt, nur diese falle ihm zu, die Geschichte dagegen werde Simler schreiben ; doch wurde ihm auch diese Aufgabe übertragen, und schon am 4. September 1571 schreibt er, erst nach Vollendung der noch fehlenden Abschnitte könne er an die geschichtliche Darstel- lung gehen.) Am 1. Mai 1573 wird denn auch die Abfas- sung des zweiten Teiles durch Campell als eine selbstver- ständliche, versprochene Leistung betrachtet; doch gesteht er, diese Aufgabe noch nicht begonnen zu haben. Am 19. Jan. 4 1574 ist sie schon bis zum Jahr 1280 gediehen; aber der Ver- fasser klagt über Mangel an speziell Bünden betreffendem 4 Material, wodurch er genötigt sei, die allgemeine Geschichte hereinzuziehen. Der letzte Brief an Simler vom 7. Sept. 1575 endlich läßt erkennen, daß die Arbeit eine Zeit lang infolge dieses Mangels ganz gestockt hatte; doch verspricht Campell, er wolle sie jetzt mit dem geringen Material, das ihm inzwi- schen zugekommen sei, weiterführen und zu Ende oder viel- mehr zu einem geeigneten Abschluß bringen. *°) Wenn a Portas Nachricht richtig ist, daß Campell sein (eschichtswerk im Jahr 1577 dem Bundestag zur Einsicht- nahme vorlegte,°') so müssen wir annehmen, daß er damals einen geeigneten Abschluß gefunden zu haben glaubte, viel- leicht mit seinem Abschied von Chur, Kapitel 77 Schluß; denn in den folgenden Kapiteln werden die Jahre 1577—79 als Zeit der Abfassung genannt, dieselben wären also erst nachträglich beigefügt worden.°?) Jener Bundstag soll das Werk seines Beifalls gewürdigt haben. In den Landespro- tokollen ist im Jahre 1577 heute keine diesbezügliche Notiz ” mehr zu finden; erst 1582 ist am 22. Juni vermerkt: „deß. herren Campelli Cronicam zu besichtigen seindt verordnett die herren“ —, die Namen fehlen, und auch ein Bericht über die Besichtigung erscheint später nicht.*”) Jedenfalls aber war für wissenschaftliche Publikationen das Interesse damals nicht sehr groß, und das Geld scheint auch zu jenen Zeiten in Bünden rar gewesen zu sein; denn das ist sicher, daß Fi N Campell nicht die finanzielle Unterstützung fand, welche er | re ur A Sk a De Te u Fe a ie , - ‚ 3 ur var « ; v7 f B-. = XXI erhofft haben mochte, und daß infolge dessen sein Geschichts- werk ungedruckt blieb. Wenn sich kein Drucker fand, der die Ausgabe auf eigene Gefahr übernahm, so ist dies bei dem ge- waltigen Umfang (über 1500 Druckseiten) nicht verwunderlich, und seitdenı gar Guler einen Auszug angefertigt und denselben seiner Rätia zu Grunde gelegt hatte, seitdem auch andere kürzere Bearbeitungen der bündnerischen Geschichte erschie- nen waren, konnte ein solches Unternehmen nicht in Betracht kommen. So ist es fast ein Wunder zu nennen, dab Cam- pells Arbeit sich bis auf unsere Tage. erhalten hat und zu zwei Dritteln noch im Original vorliegt, nämlich für die Topo- graphie und die zweite Hälfte des geschichtlichen Teils. Ab- schriften wurden des großen Umfangs wegen auch nur ganz wenige angefertigt, wenigstens sind nur zwei solche aus dem vorigen Jahrhundert bekannt, wovon die eine von ä Porta erstellt ist.°') Nachdem dann um die Mitte des 19. Jahrhun- derts Conradin von Mohr unter dem Titel „Ulrich Campells zwei Bücher rätischer Geschichte* einen Auszug in deutscher Sprache publiziert und in der Vorrede zur Teilnahme an einer Subscription für den Druck des Originals (offenbar vergeb- lich) aufgefordert, sowie nochmals in seinem Geschichtswerk die Errichtung eines solehen „monumentum aere perennius“ für den „Vater aller bündnerischen Geschichtschreiber“ ver- langt hatte, °°) übernahm es endlich in neuester Zeit die All- gemeine Geschichtforschende Gesellschaft der Schweiz in großmütiger Weise, diese Ehrenschuld Graubündens zu til- sen, indem sie in Band VIIL.—IX. der Quellen zur Schweizer Geschichte den Urtext fast vollständig publizierte. Einzig der sogenannte naturhistorische Anhang zur Topographie war (von kleineren Auslassungen abgesehen) in dieser Ausgabe nicht enthalten, weil Aussicht für Veröffentlichung desselben durch die Naturforschende Gesellschaft Graubündens bestand.**) Der Opferwilligkeit dieser Gesellschaft und der umsichtigen Leitung ihres Präsidenten ist es zu danken, wenn diese löb- liche Absicht, für deren Verwirklichung schon der frühere Leiter der Gesellschaft, Dr. Killias, eingetreten war, jetzt end- lich erfüllt ist und damit Graubünden wenigstens einen Teil seiner Schuld selbst abgetragen hat. c) Der Ill. Anhang zur Topographie. Nachdem wir so die Abfassung der Topographie eingehend besprochen und bezüglich der historia Raetica wenigstens das Wichtigste mitgeteilt haben, gehen wir über zu dem soge- nannten naturhistorischen, d. h. dem dritten Anhang der er- steren. Unten auf Seite 543 der Handschrift beginnt dieser „dritte, allgemeine, das gesamte heutige rätische Gebiet be- 9 treffende A und reicht bis p. 620; er umfaßt die Ka- 6.°°) Dieser weitere Anhang soll nach der Einlei- tung die Bien des Landes kennzeichnen und so das Ver- ständnis der Topographie, wie des historischen Teils erleich- ' tern, dem letztern gewissermaßen als Vorwort dienen. °°) Im 50. Kapitel wird zunächst im allgemeinen der Reichtum des Landes hervorgehoben, darauf die Eigenart der Alpen ge- schildert. Das 51. Kapitel ist der Besprechung der haupt- sächlichsten Baumarten des Gebirges gewidmet und bietet am Schluß einige Notizen über den Bergbau. Das 52.—56. Kapitel enthalten die Besprechung der Tiere, welche im Alpenlande vorkommen, und zwar werden zuerst die schäd- lichen Tiere, darauf im 53. und 54. Kapitel das Hoch- und Niederwild vorgeführt, während die beiden folgenden von. den Raubvögeln und von dem zahmen, eßbaren Vogelwild handeln. Dabei sind manche Angaben eingeflochten über die Art der Jagd und über die Verwertung der Tiere selbst oder ihrer Bälge, zum Teil sind auch Jagderlebnisse oder | sonstige merkwürdige Begebnisse angefügt. Den Schluß macht ein Nachwort, worin nochmals die Zugabe dieses Anhangs - gerechtfertigt wird. Campell wollte durch ihn hauptsächlich = das. bei en verbreitete se N als Tr es hehe Bon Reichtums a daran knüpft Rn eine Ermahnung an die Bewohner des Landes, des ihnen gewährten göttlichen Segens sich würdig zu erweisen. ®) Mit dieser Ermahnung endigt der dritte Anhang. Wenn wir nun fragen: hat der Autor mit seiner Darstellung den PR. angegebenen Zweck auch wirklich erreicht, so werden w | on > var dA he XXI dies in der Hauptsache bejahen können; der Anhang wäre in der That ganz geeignet gewesen, einem Ausländer ein un- gefähres Bild von der Eigenart des rätischen Alpenlandes zu geben. Anders dagegen müßte die Antwort lauten auf die Frage nach dem Wert dieser Darstellung für uns. Vor allem würde in dieser Hinsicht in verstärktem Maße das Gefühl zur Geltung kommen, dem schon Bullinger in seinem Briefe an Pontisella Ausdruck gegeben hat. Auf der einen Seite näm- lich vermissen wir gar Manches, worüber wir in einer solchen Schrift uns Aufklärung holen möchten, auf der andern be- rührt der Mangel an Kritik sehr unangenehm. Gewisse Par- tien würden wir ohne Bedauern entbehren, wenn dafür in andern der Verfasser auf Grund eigener Anschauung und For- schung die Angaben seiner Vorgänger ergänzt und berichtigt hätte. Dabei darf aber nicht vergessen werden, daß die An- forderungen an derartige Arbeiten sich im Laufe der Zeit sehr erhöht haben, wofür uns auch ganz andere Hülfsmittel zu Gebote stehen. Dazu befand sich Campell in einer be- sonders ungünstigen Lage; er schrieb ja nicht in Zürich, wo durch Gesners Thätigkeit ein reges Interesse und Verständnis für Naturbetrachtung und -Beobachtung geweckt war, son- dern fern von diesem geistigen Centrum der Schweiz in einer kleinen Stadt und einem abgelegenen Landesteil, wo diese neueren Bestrebungen noch kaum Eingang gefunden hatten und auch bei den wenigen Gebildeten nur geringe Kennt- nisse in den Naturwissenschaften zu finden waren, ‘®) wenn- schon nicht alles Interesse fehlte; auch Campell kann ja ein solches nicht bestritten werden, vielmehr bekundet es sich in zahlreichen Notizen in der historia Raetiea, nur sind es frei- lich neben meteorologischen Beobachtungen mehr Kuriosi- täten und wunderbare Erscheinungen, denen er seine Auf- merksamkeit zuwendet. ‘'') Zwar scheint bei Anlaß von Geß- ners Reise durch Graubünden im Sommer 1561 auch Campell seine Bekanntschaft gemacht zu haben, und er korrespon- dierte mit dem berühmten Zürcher nicht nur über eine merk- würdige Quelle in Val d’Assa, sondern auch über Pflanzen ; '?) dagegen genügte dies noch nicht, um den Mangel an Fach- kenntnissen zu ersetzen, welche sich anzueignen er keine Ge- XXIV legenheit gehabt hatte, und konnte ihn auch zu konsequenter selbständiger Beobachtung nicht befähigen, sondern er blieb befangen in den Anschauungen einer früheren Zeit, welche zu viel Gewicht legte auf die historische Betrachtung und darüber die Beobachtung vernachlässigte. So glaubte er denn auch sicherlich, seine Pflicht redlich erfüllt zu haben, wenn er die Darstellung des Gegenstandes im 9. Buch von Stumpfs Chronik recht vollständig heranzog, ja sie geradezu seiner Arbeit zu Grunde legte und dann alle für ihn erreichbaren Notizen aus andern einschlägigen Werken, besonders aus der hochgeschätzten Naturgeschichte des Plinius beifügte, und zwar in der Regel ohne deren Glaubwürdigkeit oder Richtig- keit zu prüfen, während Bullinger, in dessen nächster Nähe der Umschwung in der naturwissenschaftlichen Betrachtung sich vollzogen hatte, das Bedürfnis nach einer Kontrolle der Überlieferung lebhaft empfand. Unter diesen Umständen dürfen wir mit Campell nicht gar zu streng ins Gericht gehen, wenn nicht alles, was er be- richtet, der wissenschaftlichen Forschung entspricht und wenn er selbst abergläubischen Vorstellungen zugänglich ist. Viel- mehr muß anerkannt werden, daß er der Forderung nach - Wissenschaftlichkeit, wie sie eben dem allgemeinen Zeitcha- rakter entsprach, "*) gerecht zu werden strebte. Dagegen bleibt ein Mangel bestehen, der in der Gegenwart besonders em- Bi pfunden wird, nämlich das geringe Hervortreten eigener Be- obachtung °‘) oder soleher von andern Leuten, die etwa bes- sern Aufschluß hätten geben können. So müssen wir (am- pells Arbeit als ein Produkt der Studierstube, nicht aber selb- E ständiger Naturbeobachtung bezeichnen; ganz fehlt es nicht an letzterer, aber wir würden mehr erwarten, als that 4 sächlich zu Grunde liegt. ”°) - Infolge dieses Charakters kann der dritte Anhang auch keinen Anspruch auf Selbständigkeit erheben, sondern ist zum größten Teile abhängig von andern Schriftwerken und zwar, wie Campell gar nicht ableugnet, in erster Linie vo der Darstellung Stumpfs. In seiner Chronik hatte dieser im h 3. Kapitel des IV. Buches von „Gelägenheit, art, gestalt vnd fruchtbarkeit der alten Heluetiae, vnd wie auch die be le Ze XXV vnseren tagen gestaltet seye* gesprochen, und im IX. Buch („von den Lepontiern“ d. h. den Anwohnern des Gotthard- gebirges, spez. den Oberwallisern) hatte er in Kapitel 12—21 „vom Alpgebirg, auch von seiner höhe, wilde, art, wesen, ge- stalt, höltzern, kreutern, wilden, reinen vnd vnreinen thieren etc.“ gehandelt. Diese seine Ausführungen nun bildeten die Vorlage, welche Campeli ziemlich getreu und in fast durch- aus gleicher Anordnung auf Rätien übertrug, freilich nicht ohne sie mannigfach zu erweitern durch eigene auf selbstän- diger oder fremder Beobachtung beruhende Zusätze und Her- vorhebung der speziell rätischen Eigentümlichkeiten, sowie durch Nachträge aus Plinius, Gesner und anderen. Manch- mal läßt sich der Autor hiebei freilich durch den Stoff zu Einschaltungen verleiten, die mit dem Thema eigentlich gar nichts zu thun haben und mehr nur seiner Vorliebe für merk- würdige, wunderbare Ereignisse entsprungen sind. '®) Neben Stumpf wird von neueren Schriftstellern nament- lich Conr. Gesner genannt; doch stand von dessen Werken Campell nicht die große in vier Foliobänden erschienene Na- turgeschichte zu Gebote, sondern, wie er selbst angibt, nur eine kleinere Ausgabe. ‘‘) Es können dies nur die sogenann- ten Icones (Abbildungen) sein, welche bloß mit einem kurzen Text versehen waren. Dieselben sind nicht überall berück- sichtigt, und auch, wo dies der Fall ist, nicht durchgehends eitiert; für die Säugetiere mehr nur gelegentlich zu Rate ge- zogen, sind sie für die Vögel fast immer benützt und ihnen sind jeweils die Bezeichnungen derselben in den verschiedenen Sprachen entnommen. Andere Autoren werden, außer Pli- nius, nur vereinzelt angeführt, und es ist zweifelhaft, ob Campell dieselben im Original benützte oder nur die Citate irgend welchen Sammelwerken entnahm. '*) So kann nicht geleugnet werden, daß aus der Darstel- lung Campells sich nicht gerade eine große Ausbeute für die Naturwissenschaft ergibt; aber darum darf ihr doch noch nicht aller Wert abgesprochen werden. Sie enthält gleich- wohl allerhand dankenswerte Notizen, und was der Schrift in der genannten Hinsicht fehlt, das wird einigermaßen er- setzt durch ihre historische Bedeutung als ein Beitrag zur XXVI Charakteristik der Naturbetrachtung, wie sie in jener Zeit noch ziemlich allgemein geübt wurde, namentlich aber als ein Dokument, das Aufschluß gewährt über den Stand des Wissens und die Anschauungen, welche damals auf diesem (Gebiet auch unter den (Gebildeten in Bünden verbreitet waren. '”) Wohl geht die Darstellung großenteils auf Stumpfs Angaben über das Land der Helvetier und Lepontier zurück, aber gewiß wäre CGampell jenem nicht in solchem Grade ge- folgt, wenn er dessen Angaben nicht auch für Rätien als zu- treffend erachtet hätte. Er hat ja auch danach getrachtet, dieselben den rätischen Verhältnissen anzupassen und nach Möglichkeit zu bereichern; wertvoll sind in dieser Hinsicht die jeweils mitgeteilten romanischen Bezeichnungen. Das Verfahren Campells erscheint uns sodann eher entschuldbar, wenn wir im Nachwort ihn beteuern hören, daß vor allem Liebe zur Heimat ihn bewog, diesen Anhang beizugeben, da mit durch ihn ein ungerechtfertigtes Vorurteil zerstreut werde, 4 und dieser Entschuldigung thut es keinen Eintrag, wenn wir E sie bei Stumpf ebenfalls finden; denn wer wollte zweifeln, daß) es Campell mit dieser Erklärung heiliger Ernst war und daß wirklich innige Vaterlandsliebe bei der Abfassung ihn 2 beseelte ? % Nach den obigen Aussetzungen könnte vielleicht die Be- rechtigung einer Publikation des dritten Anhangs zur To- pographie in Zweifel gezogen werden, und namentlich könnte die Herausgabe des Originals und einer Übersetzung als recht unnötig erscheinen. Wir glauben aber doch beides verteidi- gen zu können durch den Hinweis darauf, daß nach Ver- öffentlichung der übrigen Teile des Gesamtwerkes die Her- ausgabe dieses letzten größeren Abschnittes sozusagen eine Ehrenschuld war; denn erst durch sie wird die Topographie vollständig und erhält auch das Bild des Autors selbst den völligen Abschluß. Außerdem aber hat die Arbeit Campells auch historischen Wert als das älteste von einem Bündner verfaßte Werk über die Naturkunde seiner Heimat und da- neben als ein Beispiel der Naturbetrachtung jener Zeit. Die deutsche Übersetzung sodann ist hervorgegangen aus dem Bestreben, diese Ergänzung zu Campells Werk für seine EI - Srars uf XXVI Landsleute allgemein zugänglich zu machen; sie dürfte aber trotz der nur allzu vielfachen Berührung mit Stumpf auch weiteren Kreisen nicht unwillkommen sein, weil dessen Dar- stellung doch sozusagen unbekannt ist und nur wenige in der Lage sind, Einsicht davon nehmen zu können. Um den Wert der ganzen ‚Publikation zu heben und Campells Arbeit nach Möglichkeit zu ergänzen, sind in den Anmerkungen jeweils die Parallelstellen aus der Topographie zusammengestellt. Auf diese Weise bildet die vorliegende Ausgabe in gewissem Sinn einerseits auch ein Repertorium zur Topographie oder doch für die darin enthaltenen naturwissenschaftlichen Notizen, anderseits möchte sie durch diese Heranziehung der Topo- graphie zu allgemeinerer Beachtung verhelfen. Denn gerade diese ist durch ihren Inhalt und die in der Hauptsache ge- wahrte Selbständigkeit den anderen Teilen des Gesamtwerkes weit überlegen und hat daher Anspruch auf bessere Würdi- sung, als ihr bisher zu Teil geworden ist; einzig das letzte Drittel der historia Raetica kann in dieser Hinsicht mit ihr verglichen werden, soweit wenigstens Campell: darin Zeitge- schichte und speziell die Reformationsgeschichte Graubündens behandelt. d) Der IV. allgemeine Anhang zur Topographie. Wir haben gesehen, daß der dritte Anhang auf Seite 640 der Handschrift endigt; das Manuscript selbst aber schließt damit noch nicht, sondern es folgt noch ein vierter, all- gemeiner Anhang: von den Bewohnern Rätiens. Ur- sprünglich, wie es scheint, für ein Kapitel des dritten Anhangs in Aussicht genommen, °’) wurde dieser Gegenstand nachträg- lich als ein selbständiges Ganzes behandelt, weil der Stoff dem Autor unter den Händen über Erwarten anschwoll. Leider ist dieser letzte Teil der Topographie nicht vollständig erhalten, sondern nur ein Fragment von 10'/, Seiten, indem die Hand- schrift mit p. 650 abbricht; für Auffindung des Restes, sei es im Original oder in einer Abschrift, besteht nur wenig Aus- sicht, da das Manuscript offenbar schon im achtzehnten Jahr- \ XXVH hundert, ja noch früher, ebenso verstümmelt war wie heute. °') Der Verlust des Schlusses ist unter allen Umständen sehr be- dauerlich; denn voraussichtlich hätte gerade dieser Anhang höchst interessante Aufschlüsse gewährt über die Kulturge- schichte Bündens in jener Zeit und wäre wohl geeignet ge- wesen, uns die Mängel der naturhistorischen Darstellung ver- gessen zu lassen. Gewiß. war auch dieser Anhang im An- schluß an Stumpf bearbeitet; aber hier ergab sich weit mehr Anlaß zu selbständiger, abweichender Behandlung, ja zur Widerlegung von Behauptungen, die jener aufgestellt hatte, und Campell ließ als eifriger, man darf wohl sagen fanatischer Bündner und Romane °°) sich die Gelegenheit hiezu keines- falls entgehen ; außerdem war der Autor für die Behandlung dieses Gegenstandes auch durchaus die geeignete Persönlich- keit; es bedurfte dazu ja keiner speziellen Fachkenntnis, sondern nur eingehender Bekanntschaft mit Land und Leu- ten, die er ın reichem Maße besaß. In dem vorhandenen Bruchstück gibt Campell zunächst eine allgemeine Charakteristik der Rätier und spricht dann namentlich von ihrer oftmals bewährten Tapferkeit; als deren Ursache preist er die Einfachheit der Alten im Gegensatz zu der in neuerer Zeit einreißenden Üppigkeit, vor deren üblen Folgen eindringlich gewarnt wird. Darauf folgt ein kurzes Lob der rätischen Frauen, ein Abschnitt über die Friedfertig- keit der Rätier unter sich, und zuletzt ist noch eine Ausein- andersetzung begonnen, wie man es beim Ausbruch eines Krieges halte. Mitten in derselben bricht das Manuscript ab; doch sind gewisse Anhaltspunkte vorhanden, welche uns ge- statten, ein einigermaßen zutreffendes Bild von dem weitern Inhalt des vierten Anhangs zu entwerfen. Für die erhaltenen Abschnitte desselben haben nämlich als Vorlage gedient die Angaben, welche Stumpf im 6. Ka- pitel des IV. Buches über die Helvetier macht, und zwar. handelt derselbe an der Stelle, welche dem letzten Abschnitt bei Campell entspricht, von „der Heluetier geweer, waffen vnd rüstung“ (Randnote) mit folgenden Worten: „Meerteils sind sy bewaaffnet mit gütem Harnisch oder Pantzern: habend gemeinlich drey geweer, Schwärt vnd Dolchen an der seyten, + rs A De. XXIX darnach ein Spieß, Halmpart, oder Büchsen:_ vil Mortaxen oder streytaxen gebrauchend sy. Fertig sind sy zum angriff.“ Dann fährt er weiter: „Nach erobertem sig sind sy dem über- wundnen vnd gnadbegerenden freüntlich, dann sy habend ein gmüt wie die Löuwen, auch in zeyt des fridens. Wär sich wider sy aufleynet in hochmüt vnd geböch, den ernide- rend sy. Kein hochfertiger oder übermütiger frömbdling grünet vnder jnen: welcher sich aber demütiget, kumpt für, vnd wirt lieb gehalten. Mit böse laßt jm diß volck nichts abtröuwen, den gütigen kan es nichts versagen. Den frömb- den vnd gesten ist es freüntlich, kostfrey, vnd wägweysig, vnnd den armen beherbergend sy gern: also daß arme dürf- tige leüt in disem land mer essen, trincken vnd güt gmachs habend, dann etlicher lender rechte landsässen. Die Priester sind in Heluetia in eeren gehalten, habennd in allen dingen bey jnen etwas mer freyheit dann anderß- wo. Der Adel wirt auch für andere stend geeret, habend jre eigne herrschafften, sitz, Schlösser, Gericht, Titel, ete. Doch dörftend sy kein krieg füren, kein tyranney treyben, vnd müssend auch selbs yedem ansprechigen recht geben vnd nemmen vor der oberkeit der statt oder lands darunder sy gesässen sind. Die Burgerschafft der stetten erneerend sich eins teils allerhand kauffmannsgwerben, die anderen durch allerley handwerck: etlich behelffend sich der güteren. Die Landleüt Heluetiae habend dreyerley gewerb, etlich den Ackerbauw, vnd das ist der gröste teil: die anderen bauwend den weyn: die dritten, deren auch gar vil ist, vmb alle ge- birg erneerend sich allein des vychs, des sy so vil habend, das nit die weyber allein, sonder starcke menner vnd knecht die küy melckend, käß vnd ziger machend. Die werdend ge- nennt Sennen, jre wonungen vnd werekstatt Sennhütten, etc. Herum der merteil käß vnd schmaltz zübereitet werdend, darzü kein frauwen hand kumpt, etc. Alle stend in Heluetia sind zum krieg geschickt, der Edelmann, Burger vnd Paur, auch die Priester ziehend mit. Alles was von mannspersonen an die wand brüntzlet, **) ist von natur merteils zun waaffen erboren, darumb hat das land vil kriegsuolek, habend allen kriegen leüt zegeben. Der künig "XXX zu Frankrych enthaltet stätigs 100. außerläsen knecht vonn Eydgnossen, die allein auff seinen leyb wartend. So habend die Päpst lange jar ein Gwardi vonn Eydenossen auft 200. zü Rom vnd Bononia enthalten, als Julius, Leo 10. Adrianus vnnd Clemens, etc. biß Rom von Caroli 5. kriegsuolck gewunnen ward, hat die Gwardi aufgehört. Item Anno domini 1542. hat Papst Paulus 600. Eydgnossen auff drey jar bestelt an vier ort, yedes 150. zü einer Gwardi ze legen, als gen Rom, Florentz, Bononia vnd Ancona: deren yedem gab er des mo- nats 4. Cronen, vnd järlich zwey kleider: wie lang das be- stande, weiß ich nit, ete.“ j Hiemit endigt dieses Kapitel; außer demselben mag Uampell Anregung zu allerlei Auseindersetzungen auch das vorangehende (5.) Kapitel des nämlichen (IV.) Buches geboten haben, worin Stumpf redet „von den stetten, Orten vnd len- dern Heluetiae, in gemein vnd von jren gebeüwen, wie die auch noch vnserer zeyt in brauch sind.“ Dabei dürften we- niger die beiden ersten Abschnitte in Betracht kommen, deren Inhalt genügend gekennzeichnet wird durch die Randnoten: " „Stett vnnd Dörffer der Heluetier bey Julij [d. h. Csars] zey- ten“, „13. Ort der Eydgnoschafft“ und „Acht stett. 5. Dörffer“; denn für die entsprechenden Notizen über Rätien wird Cam- pell wohl nur auf die früheren Kapitel der Topographie ver- wiesen haben. Dagegen bot Anlaß zu eingehenden Erörter- ungen der dritte Abschnitt, weshalb derselbe wieder im Wort- laut folgen mag: - e „Cor. Tacitus schreybt, das die alten Teütschen wenig stett, vnd jre wonungen oder heüser weyt von einander ge setzt vnd abgesündert habind, nach dem eines yeden hof, güt, gewerb, brunnen, holtz, vnd andere gelägenheit erfor- dert, ete.“‘) Dieser Brauch des bauwens ist bey den Ger- manis nit mer so gar in übung, aber bey den Heluetijs noch gantz gemein, das sy auff dem land die heüser von einander ruckend, ein yeder auff sein güt. Diser brauch aber kompt nit auß mangel der kunst, oder vnwüssenheit des bauwens, als Tacitus eins teils achtet, sonder werdend die gebeüw also gesündert, vnd weyt von einanderen gesetzt, fheür vnd brunst IB zeuerhüten (dann jre heüser merteils von holtz gemachet, Kr XXXI vnd mit holtz oder strauw gedeckt sind, das sy das fheür, wo dz außgadt, gern annemmend) oder das ein yeder sein wonung auff seinem güt haben möge: dann dieweyl diß land aller tyranney entladen, ist einem yeden landmann sicher ze- wonen vnd zebuwen vff seinem güt. Dise sünderung der gebeüw kumpt nit auß mangel der kunst, wie obstadt, dann wie fürnäm vnd gschickt die Heluetier vnd Eydgnossen im zimbern vnd zesamenfügungen ärtiger gebeüwen diser zeyt syend, des gebend jre zierliche vnd wolgebauwte stett güte kundtschafft. Welcher stetten groß vnnd klein Heluetia in jrem alten kreiß ”) hat an der zal ob 70. außgenommen all jre pundtsgnossen, vnnd die bey vnseren zeyten jre ring- mauren habend lassen zerfallen, vnd sich dennocht jrer alten stattsatzungen vnnd rechtungen noch gebrauchend.*“ Sodann hat Campell jedenfalls vör allem noch aus dem X. Buche der Stumpfschen Chronik („von den Rhetiern“) den letzten Abschnitt des 1. Kapitels seiner Darstellung zu Grunde gelegt. Die Überschrift dieses Kapitels lautet: „Gelegenheit der Rhetier landschafft, auch von ankunfit des selbigen land- uolcks“ und die Randnoten zu den ersten Abschnitten sind: „Gelegenheit vnd anstöß Rhetiae“. „Tuscier inn Italia ver- triben“. „Rhetus der Tuscierfürst. Rheti pop. Rhetia*“. „Vil Adels by den Rhetis“. „Tugend machet Edel“. „Tuscier et- wan vernampt“. Über alle diese Punkte hat Campell zu An- fang’ der historia Raetiea sich eingehend ausgesprochen, also wohl kaum auch hier davon gehandelt; dagegen verwertete er sicherlich den letzten Abschnitt, den wir darum wieder vollständig mitteilen: „Bey vnseren zeyten neerend sy sich allermeist des vychs, habend nit vil ackerbauws, jr getreyd ist gersten, weytzen vnd haber, darauß bachend sy ein rauch brot. An etlichen orten hat es glit weyngewächs, daruon hernach gesagt wirt.) Es ist ein starck redlich volck, fromm, hat gerechtigkeit lieb. Sy habend noch diser zeyt in merteils jren landen ein be- sondere Welsche spraach, die sy Romanisch nennend, darumm das etwan die Römer vnd Tuscier ein spraach gehebt habend, wiewol hernach gemeine Italische spraach für Tuscanische gehalten wirt. Die Rhetische spraach ist in kurtzen jaren = XXX fast abgangen, vnd die Teütsche bey jnen zügenommen, dann wenig über 100. jar noch die statt Chur vnd etwas darunder Weillscher spraach gewesen, yetz aber Teütsch. Die Welsche spraach der Rhetier ist auch also ergrobet, vnd mit der zeyt gebrochen, das bey vnseren zeyten die Tuscaner vnd andere Italische völcker die nit mer verstond, wiewol jre älteren einer nation gewesen sind. Man kan auch dise Romanische spraach, genennt Churwelsch, nit schreyben, darumb alle brieff vnd geschrifften in jrem land von alterhär in Latinische, yetz merteils in Teütsche spraach gestelt werdend. Das aber nit allein die sitten sonder auch die spraach also ergrobet, ist die vrsach daß sy grosse vnd schwäre arbeit angeleyt habend jr land zeseüberen, dardurch die leyb ergrobet, vnd doch darnebend wenig schülen vnd geschrifft gebraucht, darmit auch die spraach zerbrochen, vnd von tag zü tag erbösert ıst. Dann, als auch Tschudi achtet, Mistgabeln, Sägessen, Axen vnd Rüthauwen den Rhetiern in jren landen allzeyt vil gemeiner sind gewesen dann schreybfädern.“ °°) Aus diesen verschiedenen Stellen bei Stumpf können wir uns also einigermaßen eine Vorstellung bilden über den mutmaßlichen Inhalt des vierten Anhangs. Merkwürdiger Weise läßt sich den Briefen Campells an Simler hierüber gar nichts entnehmen; auch nicht die kleinste auf diesen Teil bezügliche Bemerkung steht darin. Dagegen sind wenigstens einige Andeutungen anderwärts erhalten, aus denen hervor- seht, daß die obige Annahme nicht unbegründet ist. Beim Manuscript der Topographie befinden sich noch einige Bogen, Er a Er ee a a a # REDE DER oe a die ursprünglich zum ersten Teil der historia Raetica gehört haben und für deren vier erste Kapitel den vollständigen Ur- text bieten, während der gedruckten Ausgabe für die ent- sprechende Partie nur Gulers Auszug zu Grunde liegt. Dort polemisiert nun Campell an einer Stelle gegen die Nachricht Strabos, daß die alten Rätier sich auf Raub verlegt hätten und deshalb von den Römern bekriegt worden seien. °®) Dabei kommt er auch zu sprechen auf einen in seinem Jahrhundert den Bündnern gemachten Vorwurf, über den er sich sehr ent- 28 rüstet zeigt. Worin die Beschuldigung bestand, wırd an jenem BU WEIDEN N - rn der 1550 zu Basel erschienenen ersten Auflage der Cosmo- graphie von Seb. ‚Münster, wonach die Engadiner ärgere Diebe sein sollten als die Zigeuner. Diese Bemerkung, welche man auf den österreichischen Vogt in Putz, Peter Finer, ®) zurückführen will, erregte bei ihrer Entdeckung im Engadin böses Aufsehen, und es wurde deshalb 1554 eine eigene Ge- sandtschaft nach Basel geschickt, um Genugthuung zu ver- langen. Münster war schon tot, und der Drucker entschul- digte sich, er habe nichts davon gewußt; so begnügten sich die Gesandten, nachdem schon vorher in den noch nicht verkauften Exemplaren die Worte ausgemerzt waren, schließ- lich mit einer Erklärung von Bürgermeister und Rat, daß jene Äußerung den Engadinern zu keinem Nachteil gereichen _ solle.”) Campell aber nahm, wie eine Verweisung an der genannten Stelle zeigt, in dem vierten Anhang davon Anlaß, die Engadiner, wie schon in der Topographie selbst, des aus- führlichsten gegen jenen Vorwurf in Schutz zu nehmen. In ähnlicher Weise hat er gewiß durch die Bemerkung Stumpfs über das Romanische sich zu einer eingehenden Widerlegung bewogen gefühlt und überhaupt seine Ansichten über diese Sprache ausführlich auseinandergesetzt. °') Nach andrer Richtung hin gibt einen Wink über den Inhalt dieses letzten Anhangs eine im Druck ausgelassene Be- merkung zu der Stelle der Topographie, wo vom Unterschied zwischen dem Clävner und dem Veltliner Wein die Rede ist und berichtet wird, der erstere vertrage das Abziehen und den Transport nicht gut, während der Veltliner um so besser werde, je mehr man ihn rüttle und je weiter man ihn führe. Die ausgelassenen Worte ??) verweisen auf eine später folgende eingehendere Besprechung dieses Gegenstandes, und da im dritten Anhang nur ganz allgemein von dem Reichtum an Wein und der Rebe gesprochen wird, °’) so darf wohl als sicher angenommen werden, daß Campell in den verlorenen Partieen, den aus Stumpf wiedergegebenen Stellen entspre- chend, auch über die Weinproduktion und den Weinbau in Bünden eingehendere Mitteilungen gemacht hatte. Wir können also in diesen Verweisungen geradezu einen Beweis erblicken für die Richtigkeit der nach dem sonstigen 3 XXXIV Verfahren Campells ohnehin sehr plausiblen Annahme, daß für den vierten Anhang die obigen Erörterungen Stumpfs die Anregung gegeben haben. Um so mehr haben wir Grund, den fast gänzlichen Verlust dieses Anhangs zu bedauern; denn ohne Zweifel ist mit diesem letzten Teil der Topographie eine Fülle von interessanten und belehrenden Nachrichten, namentlich über Kulturgeschichte Bündens, verloren gegan- gen, und hier können nicht, wie das für den naturhistorischen Teil der Fall wäre, Stumpfs Angaben die Lücke ausfüllen, weil einerseits eine Anlehnung an dessen Darstellung in glei- chem Umfang hier einfach unmöglich war, anderseits Cam- pell eine solche nicht nötig hatte, sondern den Stoff voll- kommen beherrschte. e) Versuch einer Rekonstruktion des IV. Anhangs. In Anbetracht der geringen Wahrscheiniichkeit, die für Auffindung des Manuscriptes heute noch besteht, habe ich im Folgenden den Versuch gemacht, den Verlust einiger- maßen zu ersetzen durch Zusammenstellung und Gruppierung aller Angaben in der Topographie und der historia Raetica, die Aufschluß gewähren über Dinge, von denen wir anneh- men können, daß sie im vierten Anhang besprochen waren. Das Bild, welches sich daraus ergibt, kann der Natur der Sache nach keinen Anspruch erheben auf Vollständigkeit; auch ist gewiß noch manche geeignete Notiz, trotz aller Sorg- falt, unberücksichtigt geblieben. Aber ein solcher Versuch schien gleichwohl nicht wertlos zu sein, weil die überall ver- streuten Bemerkungen leicht unbeachtet bleiben, während die Zusammenfassung ihnen Wert und Bedeutung verleiht. Auch hier war, wie bei der Abfassung der Anmerkungen zum drit- ten Anhang, mein Bestreben, möglichst Campell zu Worte kommen zu lassen und dadurch zu zeigen, welch eine Fülle von Stoff namentlich in der Topographie enthalten ist. Aus diesem Grunde beschränkte ich auch an beiden Orten mich - in der Hauptsache auf seine Angaben, um Campell durch Campell zu illustrieren, und ging der Versuchung aus dem ae A a, XXXV Wege, durch Heranziehung von Material aus andern gleich- zeitisen Quellen die Darstellung übermäßig anschwellen zu lassen. Nachdem hier gewissermaßen ein Grund gelegt ist, wird sich zur Verwertung und Vergleichung anderweitiger Nachrichten, woran ja kein Mangel ist, wohl ein andermal Gelegenheit bieten. Den Ausführungen Campells im vierten Anhang „von den Bewohnern Rätiens“ hätten ohne Zweifel als Motto die oben angeführten Worte von Stumpf vorgesetzt werden kön- nen: „Es ist ein starck redlich volck, fromm, hat gerechtig- keit lieb“, und ihnen entspricht auch der Eindruck, den wir aus den sonstigen verstreuten Notizen gewinnen. So wird die Stärke der Bündner an zahlreichen Stellen der Topographie hervorgehoben. Die Bewohner des Enga- dins besitzen infolge der guten Luft meist einen kräftigen, vollkommen entwickelten Körper, 237, 18 ff. °'); die Bewohner von Guarda z. B. sind seit alter Zeit bekannt als sehr kräf- tige, abgehärtete Leute, die namentlich mit der Feldarbeit vertraut sind 178, 3. — Auch das Klima von Davos ist, wennschon ziemlich kalt und rauh, äußerst gesund 288, 13, und die Davoser erfreuen sich einer kräftigen, starken, aus- dauernden Konstitution. Man sieht unter ihnen viele hoch- gewachsene, schöne Männer; die Frauen werden an Anmut von wenigen übertroffen, obgleich sie nicht prächtig gekleidet sind, und zeichnen sich namentlich durch Kindersegen aus 394, 31 ff. Die Prättigauer beiderlei Geschlechts gelten als ein besonders schöner Menschenschlag und haben, wie ihre Bundesgenossen von den X Gerichten, namentlich die Churwalder und Schanfigger, noch die Tapferkeit und Mann- haftigkeit ihrer Ahnen bewahrt 340, 23 ff. und ähnlich 342, 5 f., wo auch ihre Stärke gerühmt wird. Die Bewohner des obern Schanfiggs bis Peist werden als sozusagen halb- wild, aber besonders kräftig bezeichnet 315, 27, und ähnlich steht es im allgemeinen mit den Münsterthalern 267, 1. Die Bergeller thun sich vor allem hervor im Tragen von Lasten; manche schleppen mehr als 20 Rup (& 26° röm. Pfund) = 533 röm. (oder 325 Zürcher) Pfund auf den Schul- tern oder dem Rücken selbst bergauf oder an Leitern in die XXXVI Höhe 257, 12 fl. Kräftig wären auch die Bewohner des St. Jakobsthals, aber sie sind träge 410, 23 f. Über ganz außerordentliche Leistungen einzelner Männer wird im Anschluß an das von den Bergellern Gesagte 257, 27—259, 20 berichtet. Danach schoben manche Enga- diner in Hall, zur Verwunderung der Zuschauer, große, be- ladene Lastwagen allein einen sanft ansteigenden Abhang hinauf oder warfen sie nach Belieben um, so besonders ein Schleinser von kleinem, schmächtigem Körper, Menrig Mat- thaeus.”) Ein Zuozer, Brisgonius, hob sein Rind nötigen- falls über den Zaun. Jac. Cladebulius von Süs sprang mit einem einzigen Anlauf mehr als zwanzig Schritte weit, indem er sich mit seinem ganzen Gewieht einzig auf eine wieder- holt aufgesetzte Stange stützte. Georg Constantius von Ardez pflegte an einem Tag, mit der Sonne als Begleiter, den Weg von Fürstenburg nach Chur, 10—11 deutsche Meilen, zurück- zulegen und mußte dabei drei beschwerliche Bergpässe über- steigen. Ein ebenso tüchtiger Fußgänger war ein andrer Ar- dezer, Pet. Brigelius, und der Süser Joh. Motzelius, der öfters in den längsten Tagen 9 deutsche Meilen weit über zwei be- schwerliche Berge von Süs nach Feldkirch marschierte, und Heinr. Arquinus von Süs machte kürzlich an einem Tag von Sonnenaufgang bis Untergang einen ähnlichen Marsch über den langgestreckten Buffalora hin und zurück. Ein Caspar Frantz aus dem obern Bund, der im Heere Maximilians diente, sprang im Lager beim Wettkampf über das Feldherrnzelt auf die andre Seite und trug den Kampfpreis davon. Ähnliches wird von Albin Lomarenus aus dem Lugnez erzählt. Der genannte Frantz ergriff in Innsbruck beim Steinstoßen, weil . ihm der Stein zu gering war, einen schweren Pflasterrammler und warf ihn zum großen Erstaunen der Menge zu einem Fenster im obern Stock eines Hauses hinein. Ihm ist Thomas Gaudenz an die Seite zu stellen, ein Adeliger aus dem obern Bund von gewaltigem Leibe und ganz ungewöhnlicher Körper- länge, der, so oft er wollte, ein noch ungebrauchtes Hufeisen mit den Händen auseinandergerissen oder abgebrochen haben sol. Ein andrer ebenfalls übergroßer Mann faßte zwei mit Eisenspitzen versehene, am Boden liegende Lanzen mit einer Erg ni EEE EEE EEE ERDE er % R L & v 5 F F- .XXXVIL Hand zugleich am Ende, schwang sie in die Luft und rich- tete sie gerade empor; auch Luc. Frossius von Samaden soll dies häufig gethan haben. Leute sodann, die einen erwach- senen Mann von richtiger Größe und Schwere um die Mitte oder unter den Achseln faßten, aufhoben und förmlich schwangen, haben wir mehrfach gesehen, darunter den ver- storbenen ältern Johann Guler von Davos, der aber von sei- nem Sohn an Kraft noch übertroffen wurde; ebenso kennen wir andre, die eine volle Weinlegel (eine halbe Pferdelast) mit den Zähnen packen und, beide Hände auf dem Rücken, sie empor und dem Saumtier auf den Rücken heben, auch mehrere, die allein eine ganze Pferdelast auf einmal vor sich her tragen, auf das Tier heben und dieses so beladen, beson- ders unter den Engadinern, dazu solche, die im Springen, Steinstoßen, Werfen und Heben ihre Kraft zeigen; so sprang mein ehemaliger Schwager Jac. Maurus in einem Sprung mit Anlauf auf ebenem Boden mindestens 20 Fuß weit und bewies auch wunderbare Kraft seiner Armmuskeln. — Von einem 1504 verstorbenen Gaud. von Matsch wird 282, 9 ff. erzählt, er habe oft den 25 oder mehr (röm.) Meilen weiten Weg über die Berge von Matsch nach Süs gemacht und gleichwohl gegen Abend noch mit den jungen Süsern im Springen und Stein- stoßen gewetteifert; auch hätte er es für eine große Schande gehalten bei seiner Jugend, den Weg je zu Pferde zurückzu- legen. Nach solchen Proben haben wir keinen Grund, die An- gaben Uampells (im IV. Anhang 128 ff. 144 und in der hist. Raet.) über die Kriegstüchtigkeit seiner Landsleute in Zweifel zu ziehen. Als besonders kriegerisch werden 305, 5 ff. die Davoser bezeichnet, von denen auch viele in fremdem Dienst oder in heimischen Kämpfen sich hervorgethan haben. Ähnliches wird 195, 17 von den Vetanern und 264, 10 f. von den Puschlavern gesagt. Nach h. R. II 348, 17 ff. war denn auch das Werbegeld für tüchtige Bündnertruppen hoch. Beispiele besonders schöner Männer waren Egilius Ju- valta von Zuoz und seine vier Söhne; sie übertrafen hierin fast alle Bündner ihrer Zeit, höchstens einige Männer aus dem Geschlecht Capol oder Capell in Flims und Paul Buoler XXXVII M von Davos mit mehreren Söhnen hätten ihnen vorgezogen werden können 103, 27 ff. Als Kuriosum wird berichtet, daß die Nachkommenschaft eines einzigen Mannes (Jod. Planta in Lavin) mehr als 300 Personen gezählt haben solle 168, 33 ff. Ein ungewöhnlich hohes Alter muß ein Ardezer, Joh. Petrus Eugenius, erreicht haben, der sich 1554 an die vor 109 Jahren erfolgte Erbauung des Kirchturms erinnerte und noch zwei Jahre lebte 185, 15 ff. Leute von ähnlichem Alter sollen auch in Zernez, Süs, Vetan, Remüs und sonst im Engadin zu finden gewesen sein (sechs werden mit Namen genannt), darunter auch Frauen. ’ Mißbildungen, körperliche Gebrechen und Krank- heiten: Aussatz, sog. gallische Krätze, Kröpfe, Stumme, Taube, Lahme, Blinde oder sonst bresthafte Leute waren im Engadin selten, und auch von der Pest blieb dieses meist verschont, sodaß innerhalb 60 Jahren kaum mehr als 200 Leute daran starben 237, 1S ff. Kröpfe und blödsinnige, auch taubstumme Leute fand man in größerer Zahl unter den Trimmisern ; manche hielten das ungesunde Wasser für die Ursache, sie selbst aber schrieben es der Gottlosigkeit ihrer Ahnen zu, die nach der Sage sich durch Spott und Verfolgung den Fluch des heil. Lucius zugezogen hatten 71, 34 ff. In der gleichen Gegend, bei Zizers, wurde Campell am 29. Juni 1549 durch den Anblick einer bärtigen alten Jungfer von starkem Körperbau verblüfit 70, 7 fi. Von = besonderer Geschicklichkeit blinder Leute erzählt er h.R. 1 602, daß der von Jugend auf blinde Nuott Ebre von Sent e äußerst zierliche, feine Uhren und ähnliche Gegenstände aus 3 Holz schnitzte und in fremden Räumen, einmal umher ge- führt, sich zurechtfand ohne anzustoßen; in Chur galt ein blinder Waffenschmied als der erste seiner Zeit, und eine u % udacra u A Näherin von Süs, Tante Agnes geheißen, konnte doppelten Faden einfädeln. > Von Krankheiten war der Aussatz in Campells Zeit noch allgemein verbreitet, vergl. III. Anh. 26 (Schluß). 29; & ein Siechenhaus wird in Masans bei Chur erwähnt 68, 2 fl. E: 73, 24; in dem Armen- und Krankenhaus Chiabella bei Scanfs (131, 18 ff. 132, 15; 134, 6) fanden jedenfalls auch Aussätzige “ } 4 } F Ei vr ar Aufnahme. °*) Über die Krätze und die sog. „bruna*, so- wie über tabes militiae und pustulae Gallicae vgl. IV. Anh. 157 Anm. Unter der Pest hatte Bünden im 16. Jahrh. ganz außerordentlich zu leiden, und wenn dieselbe im Enga- din nicht viele Opfer forderte, so waren ihrer anderwärts um so mehr. Allein in Chur wurden 1550 1600 und 1566 1400 Leute hingerafft 65, 12 fi. 1574 dagegen nur 5 Personen h. R. II 610, 12 ff., vielleicht weil man die ersten Erkrankten ins Siechenhaus Masans verwiesen hatte. Eine große aus In- dien a 1349 eingeschleppte Pest wird erwähnt h. R. I 338, 14 ff.; Pest 1401 h. R. I 404, 5; 1450 h. R. I 524, 30 ff. 1541 auch in Bünden h. R. I 291, 17, 1545 im Etschland 255, 1 (dort auch 1527 274, 21); 1550 im diesseitigen Bünden, besonders in Chur (s. 0.) h. R. II 356, 11 ff., dagegen nicht jenseits der Alpen ib. 337, 5—338, 2; 1566 in Chur und sonst diesseits der Berge h. R. II 455, 25; 458, 36 ff. Peist im Schanfigg soll sogar seinen Namen von der pesterzeugenden Luft erhalten haben oder davon, daß einst die Krankheit dort jahrelang herrschte, so zweimal sehr heftig zu Campeils Zeit; selbst der Übergang von der romanischen zur deutschen Sprache soll im Schanfigg durch das damalige Aussterben der ältern Generation und Einwanderung von Deutschen her- vorgerufen worden sein 315, 36 ff. — Eine andere Krankheit, pestilens id est diaria febris, gewöhnlich die englische Krankheit genannt, verbreitete sich 1529 unglaublich rasch in Deutschland und drang auch in Bünden zum Teil ein, be- sonders in Chur starben viele Leute daran; sie äußerte sich in verderblichem Schweiß, und die Befallenen starben inner- halb 24 Stunden oder genasen allmählich, nachdem sie den Giftstoff ausgeschwitzt hatten. Die englische Krankheit hieß sie, weil sie 1486 zum ersten Mal in England aufgetreten war; ehe man Heilmittel kannte, starben daran viele Tausende h. R. II 177, 19 ff. Eine andere Krankheit (Hirnentzündung ?) trat 1562 auf (ob auch in Bünden, wird nicht angegeben) h. R.H 412, 12 ff. Besonders eingehend hatte Campell nach seinen eigenen Worten im IV. Anhang von den guten Eigenschaften der Bündner, namentlich von ihrer Rechtlichkeit, gespro- chen; in dieser Hinsicht preist er (mit Rücksicht auf die falsche Beschuldigung durch Seb. Münster) vor allem seine engeren Landsleute, die Engadiner. An Sittenreinheit und -Strenge stehen sie keinem andern Landesteile nach, wofür besonders die zahlreichen Kaufleute Zeugen sind, die ohne (Gefahr für ihr Leben und ihr Eigentum täglich das Engadin passieren; nicht nur in Privathäusern, sondern auch unter freiem Himmel sind deren Waren so sicher wie kaum anders- wo. In der Bestrafung von Frevlern gelten die Engadiner bei ihren Bundesgenossen sogar als übermäßig streng, wäh- rend sie den letztern das Gegenteil vorwerfen. Auch durch Nüchternheit und Frugalität zeichnen sie sich aus; Unzucht, Ehebruch und Scheidungen sind sehr selten. Die Frugalität geht fast über in Geiz, und dieser ist so verbreitet wie ander- wärts, ebenso auch Ehrsucht und Neid, woraus nicht selten selbst tödliche Feindschaften entstanden sind 236, 9 — 237.17. Neben der Nüchternheit und Mäßigkeit der Engadiner wird sodann ihre ungeheuchelte Frömmigkeit gerühmt. Auch zei- sen sie mehr als andere Bündner großes Interesse für den Unterricht der Jugend in den schönen Wissenschaften, haben eine nicht geringe Zahl gelehrter Männer aufzuweisen und können außer den eigenen auch die meisten andern bündneri- schen Kirchen mit Geistlichen versehen”); dagegen kann ihnen der Vorwurf, daß sie zu Unruhen und Neuerungen hin- neigen, nicht erspart werden 237, 37—238, 25. Die: Laviner erhalten besonderes Lob für ihren eifrigen Kirchenbesuch | 169, 17 ff. und ähnlich muß es in Süs gewesen sein nach der Erzählung von einem Brande, der am Himmelfahrtstage während dos Gottesdienstes dort ausbrach und, weil fast alle Leute in der Kirche waren, sich ausbreiten konnte h.R.IT 404,7 fl. — je Weniger Ruhm ernten die Schanfigger. Alle. Ge meinden außer Maladers haben zwar die Reformation ange- nommen; aber infolge des allgemeinen Geizes sind die Leute fast vertiert, halten im ganzen Thal nur einen Pfarrer und gar keinen Priester, sodaß jener an vier weit auseinander lie- genden Orten predigen muß bei einem Einkommen, das selbst bei größter Sparsamkeit kaum zur Fristung des Lebens hin; 2 a reicht 316, 19 fl. Etwas besser klingt wieder die Bemerkung: wenn auch das grobe bäurische Wesen der Schanfigger andern zum Spott diene, so sei dafür ihre Rechtlichkeit rühmlich bekanıut und Raub oder Diebstahl unter ihnen sozusagen un- erhört 318, 16 ff. Die Davoser führen ein hartes, spar- sames Leben, sind nicht an fremde Näschereien gewöhnt, sondern nähren sich meist von Milchprodukten, woran sie Überfluß haben, und von Gemüse 304, 31 ff. Die Prätti- gauer sind in ihrer Kleidung, zumal Werktags, überaus nachlässig und einfach, tragen noch das alte Bündnertuch 342, A ff. (vgl. IV. Anh. 136 Anm.). Von den Münster- thalern ist schon erwähnt, daß sie gleich den Leuten im obern Schanfigg großenteils von der Kultur noch wenig be- leckt waren 267, 1 ff. (ef. 315, 21). Eine Ausnahme machen die meist wohlhabenden Bewohner von St. Maria, welche in ihren Sitten ein wenig zur Üppigkeit neigen 266, 29 ff. — Über die Bevölkerung einer Reihe von Thalschaften wird nichts Näheres mitgeteilt; am schlechtesten kommen die Ca- lanker, sowie die Bewohner des St. Jakobs- und des Li- vienothales weg; sie gelten als träge und dem Bettel er- geben, vgl. IV. Anh.9 Anm. Klagen über die in seiner Zeit einreißende Üppigkeit erhebt Campell im IV. Anhang 134 f. (vgl. dort auch die Anmerkungen), jedoch nach den obigen Angaben kaum mit gutem Grund. Gegen die herrschenden Lande im allgemeinen wird der Vorwurf der Käuflichkeit erhoben 416, 26, und Vorkomm- nisse, bei welchen die Streitsucht der Bündner und ihre Neigung zu Unruhen und Aufruhr zu tage trat, werden nicht selten genannt. Besonders die Engadiner waren durch den Speckkrieg (1565) in einen etwas üblen Ruf gekommen (auch sonst werden Parteiungen als ein dem Unterengadin eigentümlicher Fehler bezeichnet 201, 26); doch sagt Cam- pell ausdrücklich, die übrigen Bündner seien hierin nicht besser, ja sie hätten jenen das Vorbild gegeben 238, 16 ff. ”°) Trotz der Entrüstung, welche die Beschuldigung der Engadiner in Münsters Cosmographie erregt hatte (s. o. p. XXXI f.), darf man behaupten, daß ihr nicht gerade böswillige Verleumdung zu Grunde gelegen haben muß, sondern die An- CR nr, gabe einer Person, die selbst schlimme Erfahrungen gemacht hatte, die Veranlassung gegeben haben könnte. Aus zahl- reichen Stellen geht nämlich hervor, daß da und dort im En- gadin (ähnlich auch im Münsterthal) zeitweise Räuber gehaust haben. So waren in einem Engpaß bei Fontauna merla öfters Reisende überfallen, geplündert und die Leichen in den Inn geworfen worden, wie die Übelthäter nachher auf der Folter eingestanden 121, 10 ff. Ähnliches wird von Oretia oberhalb Zernez berichtet 142, 21 ff. Ein Haus bei der ehemaligen Kapelle des heil. Georg bei Scanfs, das dem Priester zur Woh- nung gedient hatte, wurde nach der Reformation niederge- rissen, damit es nicht Räubern als Schlupfwinkel diene 131, 6. Eine Ansiedlung, die sich auf dem Buffalora gebildet hatte, zerfiel, weil die dortigen Wirte, des Raubes überführt, im En- gadin hingerichtet, ihre Häuser aber zerstört worden waren 148, 10. Oberhalb Süs lag ein in Ackerland umgewandeltes Gebiet, das früher, solange dort Wald bestand, als Schlupf- winkel von Räubern gegolten hatte 151, 1 ff., und zwischen Vetan und Schuls hausten ehemals Räuber an einer Stelle, wo die Straße stark fiel 197, 10 ff. — In Taufers sollen noch zu Campells Zeit sehr viele Räuber gerichtet worden sein, sodaß nicht selten zehn aufs Rad geflochten waren, darunter einmal zwei Brüder, die beide in dem Gericht Münsterthal das höchste Amt bekleidet hatten 270, 35 ff. und Nachtrag (Anz. f. Schw. Gesch. 1899 p. 181). Ähnlich war es im Ge- richt Untercalven 281, 5—29. — Von ganzen Banden, die Brand stifteten und andere Verbrechen begingen, ist auch in der historia Raetica mehrmals die Rede, vgl. II 376, 11 ff. 449, 21; 665, 25 ff.; es handelt sich dabei aber mehr um fremde Landstreicher als um Einheimische, und letztere hat Campell gewiß mit Recht in Schutz genommen. Die bekannte Äußerung Schillers in den Räubern erinnert sehr an die Münsters; doch liegt dort das Verhältnis etwas anders, indem Schiller, wie Sprecher (Kulturgeschichte S. 359) mit Recht er- klärt, einfach einen geographischen Schnitzer beging und (Graubünden zu Italien rechnete. Nach Stumpf waren die Haupterwerbsquellen der Bündner zu seiner Zeit Viehzucht, Ackerbau und Weinbau, er ee a ee a ei, | nn XLII jedoch überwog die erstere bei weitem. Diese Angaben ent- sprechen jedenfalls den thatsächlichen Verhältnissen; wenn auch der Acker- und Weinbau, besonders ersterer, damals noch in Gegenden betrieben wurden, wo man sie später auf- gab, so hatte doch die Viehzucht die größte Bedeutung. Das geht auch aus den sehr allgemein gehaltenen Bemerkungen im III. Anhang 6—8 hervor. Wahrscheinlich waren diese im IV. Anhang durch detailliertere Notizen ergänzt; einigen Er- satz gewährt die Topographie auch hiefür, jedoch sind die verschiedenen Landesteile sehr ungleichmäßig berücksichtigt. Am wenigsten ausgebreitet war naturgemäß der Wein- bau; es sind so ziemlich die gleichen Gebiete wie heute, wo wir solchen finden, nämlich: in der Herrschaft 343, 15 ; 347, 26, — in der Rheinebene von Lanquart bis Chur 71, 6 ff. und hier selbst 48, 20 cf. h. R. 164, 29, — im Bergell 240, 6; 399, 9 ff. 34 ff. (die ersten Reben wachsen auf dem noch sehr gebirgigen Gebiet von Pontalia, und der dortige Wein wird dementsprechend als herb und rauh bezeichnet), — im Pu- schlav unterhalb Brusio 263, 4 — in Chiavenna 403, 33 ff. 405,9; 407, 13 — und vor allem natürlich im Veltlin.417, 21 ff. ; 422, 35 ff. (erst von Tirano abwärts); 424, 16; 427, 3; 428, 34. Einzig in Räzüns 28, 32 ff. und im Domleschg 100, 13 ff. 101 f. überschritt der damalige Weinbau, soweit Campell davon berichtet, die heutigen Grenzen, vgl. dazu Sprecher, Kulturgeschichte S. 96 f. Als die besten Sorten galten dies- seits der Alpen der Fläscher und nach ihm der Malanser Wein 343, 15, im Veltlin der Manescher 428, 34. Über die Menge des exportierten Veltliners wird 417, 21 Ähnliches berichtet wie im III. Anhang 6, vgl. dort die Anm. Auch die Eigen- schaft dieses Weines, durch weiten T ransport an Güte zu ge- winnen, wird hier erwähnt und ebenso, daß er sich außer- ordentlich lange hält, sodaß man 1572 noch solchen vom Jahr 1540 von goldiger Farbe hatte. Über die ganz verschiedene Art des Clävner Weines s. 0. p. XXXIII; eine Eigentümlich- keit von Chiavenna bildeten die Weinkeller, welche mit Be- nützung natürlicher Grotten in einem nahe gelegenen Berg erstellt und im Sommer kühl, im Winter warm waren 405, 22 f. BR Getreide wurde gebaut: im Lugnez, secale und hor- deum, jedoch nur mäßig 16, 35, — ob dem Wald 20, 35 (der alljährliche Umzug der „Stopffer“, „ils Punchiadurs“, bezweckte die Erhöhung der Getreideernte), — in Räzüns Getreide ver- schiedener Art, nur mäßig 28, 33 f., — in Schams fast nur Gerste 35, 14 f. 27, — um Chur secale 48, 20, — in der Rhein- ebene bis Landquart 71, 10, — bei Tinzen 86, 29, — im Dom- leschg (besonders fruchtbar) 102, 19, — im Oberengadin wenig außer Gerste und auch diese zu oberst im Thale fast gar nicht 108, 13. 17, — im Unterengadin dagegen Getreide aller Art, besonders vortreftliches secale und triticum, auch hor- deum und farrago, dazu in solcher Menge, daß es nicht nur für den eigenen Bedarf genügte, sondern auch viel nach Da- vos, dem Oberengadin, Puschlav und Veltlin zu mäßigem Preise ausgeführt werden konnte, namentlich secale 108, 23 ff. Des näheren erfahren wir noch, daß bei Sils-Maria keine Äcker waren 112, 12, — dagegen zwischen Celerina und Scanfs an den nördlichen Abhängen vorzügliche Gerste und auch etwas secale wuchs 119, 35, — ähnlich 134, 23 ff., wonach das secale schon im Herbst gesät werden mußte. — Für das Unterengadin sind die Angaben sehr eingehend, wir finden: in Zernez secale und Gerste 143, 7, — in Süs wohlgepflegte Getreideäcker 150, 24. 32, zu beiden Seiten der Susasca 164, 10 und unterhalb des Ortes auf beiden Innufern 164, 18, — in Lavin reichen Ertrag, der durch seine Güte besonders be- kannt ist 167, 7—12, — zwischen Lavin und Guarda am linken Abhang ausgezeichnete siligo 172, + ff., — in Guarda secale und Gerste 178, 5 f., — in Chiarsuno besonders gutes Getreide von allen Arten 180, 20, — bei Agua sauna einen Hügel mit Äckern 181, 14, — oberhalb Ardez Getreideäcker 182, 31; 183, 2, das Gebiet von Ardez wird überhaupt als sehr fruchtbar bezeichnet 188, 14 ff. — auch in Vetan Äcker 196, 9, — ebenso in Schuls, sehr fruchtbar 197, 23, besonders unterhalb Schuls auf der linken Thalseite 202, 22 f. — nur wenig jedoch gegenüber in Tarasp 207, 34, — auf Gebiet von Sent ausgezeichnetes secale oder, wie andre wollen, siligo, auch triticum 205, 6 ff., — in Remüs vortreffliches Getreide 210, 21 (siligo oder secale); 212, 33; 213, 3 f,, — in Schleims > DE PEN" rear Ya a na EL mn Da Eu an Hau Ze Zn 24 Be merl Hm ndd nun En Lara reichen Ertrag an secale und Gerste. — Vom Bergell wird gesagt, es sei an Getreide nur mäßig fruchtbar 240, 12, — ebenso das Gebiet von Puschlav an secale und Gerste 260, 22, — in Brusio wächst jede Art von Früchten 263, 2 f., — im Münsterthal im Gericht Untercalven Getreide aller Sorten 277, 7, — im Belforter Gericht erscheint Gerste unter den Abgaben an den österreichischen Vogt 307, 4, — im Schan- figg beginnt das Getreide (secale und Gerste) bei Peist 315, 29, — in Lüen, St. Peter, Castiel wird ziemlich viel, beson- ders Gerste und secale angebaut (vgl. die Mühlen in Molinis 317, 10) und zwar letzteres im Frühjahr 320, 5 f., — in Klo- sters gibt es wenig Getreideäcker 327, 23, — sehr fruchtbar ist die Gegend von Küblis 330, 11 — und Malans 343, 15, 344, Sf. — Das Veltlin produciert für seinen Bedarf nicht genug Getreide, muß solches aus Italien, dem Vinstgau und Unter- engadin einführen 417, 15 ff. — Ganz fehlt der Getreidebau in Davos und im obersten Teil des Schanfiggs (d.h. nach Campells Auffassung im Sapünerthal) 314, 26, auch auf der linken Thalseite fast gänzlich 321, 27, — ferner zu oberst im Engadin s. o., — in Avers 36, 34. Über die verschiedenen Getreidearten geben Cam- pells Mitteilungen nicht genügende Auskunft. Er nennt außer Gerste (hordeum), die überall in den höchsten Lagen erscheint, secale, siligo, tritieum und einmal farrago; davon ist wohl triticum mit Sicherheit als Weizen zu bestimmen, dagegen bei secale und siligo sind seine Worte geeignet, Verwirrung zu stiften, indem an zwei Stellen (205, 6 ff. und 210, 21) diese beiden Arten identifiziert werden. An sich wäre man geneigt, secale als Roggen und siligo als Weizen=triticum oder spec. als Winterweizen aufzufassen. Daß viel Winterfrucht gepflanzt wurde, beweisen auch zwei Stellen aus der historia Raetica. Nach II 290, 9 ff. zeigten 1540 die im August und September mit secale und triticum bestellten Felder der herrschenden Trockenheit wegen kein Leben, weshalb man meinte, der Samen sei im Winter erfroren oder werde erst im folgenden Herbst sprießen, wie es sonst die Art des unter der Frühjahrs- frucht gesäten Wintergetreides war; gleichwohl aber kam diese Saat im Frühjahr 1541 hervor und reifte vollständig eh im Sommer; nach II:375, 5 ff. war 1559 ım Engadin noch eine ziemlich gute Getreideernte, besonders an Herbstsecale infolge eines zweimaligen Schneefalles Ende Mai, während anderwärts wegen Trockenheit großer Mangel herrschte. ’”) Aus der obigen Zusammenstellung geht hervor, daß Sprecher (Kulturgesch. S. 83 f.) mit Recht angibt, im 16. Jahr- hundert sei in Bünden mehr Getreide produziert worden als im 17. und, besonders seit Beginn der Auswanderung, im 18. Jahrhundert. Gleichwohl erscheint aber die Darstellung im III. Anhang 6, wonach man meinen könnte, Bünden habe den eigenen Bedarf fast völlig decken können, als zu günstig, wie ja auch im folgenden Abschnitt (7) von einem Ausfall geredet wird, der durch Einfuhr ersetzt werden müsse. Diese Einfuhr war jedenfalls weit bedeutender, als jene Äußerungen vermuten ließen. Campell selbst gibt dafür einige Finger- zeige; so wenn er 389, 10 bei Anlaß eines Schiffbruchs auf dem Walensee im Jahre 1570 erzählt, es seien SO Personen, meist bündnerische Getreidehändler, auf dem Schiffe gewe- sen, wovon kaum 20 gerettet wurden. Diese Notiz läßt auf einen sehr schwunghaften Getreideimport aus der untern Schweiz schließen, und das Gleiche ergibt sich aus h. R.I 361, 21 ff., wonach 1572 und 1573 der Zürcher See gefroren war und die bündnerische Getreidezufuhr großen Schaden erlitt, weil der Transport zu Schiff nicht möglich war; noch deutlicher ist h. R. I 604, 25 ff. gesagt, daß der Zürchersee in diesen Jahren bis April gefroren war und infolge dessen im nördlichen Bünden arge Teuerung entstand; vgl. auch noch h. R. II 177, 14 über Teuerung im Jahre 1527, sodaß die Bündner den Scheffel in Zürich mit 3 und 3'% fl. ja noch höher bezahlen mußten. Auch aus den Briefen jener Zeit ist dieses Verhältnis leicht zu erkennen; Campell selbst be- zeichnet Simler gegenüber (7. September 1575) die Getreide- händler als die geeignetsten Briefboten, und sein Kollege Egli ging ziemlich regelmäßig nach Zürich, um dort selbst seinen Bedarf einzukaufen; endlich findet hiedurch auch seine Er- klärung, daß in Chur ein förmliches Kornhändlerviertel be- stand und zahlreiche Mühlen thätig waren. In ähnlicher Weise waren die ennetbirgischen Landesteile zum Teil auf Einfuhr XLVl angewiesen; h. R. II 423, 36 ff. berichtet Campell, das spanische Bündnis habe 1564 im Unterengadin nur wenig Anhänger gefunden, weil seine Bewohner von dem Handel mit Mailand wenig Vorteile zu erwarten hatten, sondern im Gegenteil meist noch viel Getreide nach dem Oberengadin und Davos, auch ins Prättigau, Puschlav und Veltlin bisweilen ausführen konnten, während in andern Gegenden viele Leute auf diesen Nutzen sahen und für das spanische Bündnis eintraten, weil die Be- völkerung großenteils von dem aus Mailand eingeführten Ge- treide lebte. Wie sehr in Bünden die mailändische Getreide- sperre empfunden wurde, zeigen zahlreiche zeitgenössische Dokumente. Zum Schluß ist noch mitzuteilen, daß nach h. R. II 580, 21 ff. das Getreide in Bünden damals gewöhnlich sedroschen, nicht mehr mit Dreschwagen (tribulum) ausge- walzt wurde. Ehe wir nun zur Viehzucht übergehen, sind noch die wenigen Notizen über Gemüse- und Hanfbau anzuführen. Ersterer wurde namentlich im oberen Schanfigg (Sapünerthal und bis Peist) betrieben, und zwar pflanzte man viel Rüben und dergleichen 314, 26, ef. 315, 31, weiter unten in Lüen, St. Peter und St. Georg (Castiel) auch anderes Gemüse, be- sonders Bohnen und Erbsen 320, 7 ff., und ähnlich wie im obern Schanfigg stand es in Davos 314, 26; 304, 35. Auch der Hanf wurde im mittleren Schanfigg. namentlich aber in großer Menge und vortrefflicher Qualität in Chur, überhaupt in der Rheinebene und Herrschaft, sowie im Domleschg an- gepflanzt 320, S f. vgl. 32, 28 (in Thusis). Als Haupterwerbsquelle Graubündens im 16. Jahrhundert ist aber ohne jeden Zweifel die Viehzucht zu betrachten. Sie wurde vor allem in den Gegenden betrieben, wo keine andere Art von Landwirtschaft oder nur wenig mehr möglich war, so in Davos 288, 17; 291, 11.17 cf. 162, 22 ff., dessen großer Reichtum an Weiden und trefflichem Vieh, an Heu, Butter und Käse auch besonders hervorgehoben wird 293, 28 fl. 314, 30 f., — im Schanfigg, namentlich in dessen oberem Teil und im Sapünerthal 313, 36 (am Ursprung der Plessur, den Campell an den Strela verlegt); 314, 24 ff. 320, 27, — in Arosa, wo die Churer Alpen besaßen und noch den Arosern ihre XLVIN ER . ee Weiden abkaufen wollten 315, 20 ff. (vgl. die Churer Alpen Ramutzs oder Tramutzs oberhalb Tschiertschen 321, 28 ff.), — im Prättigau, besonders in der obern Hälfte, 325, 2; 327, 16; 328,37 f. 329, 16; 340, 20 ff., — im Oberengadin, das Vieh in außerordentlicher Menge züchtete und sowohl solches, als vor- trefflichen Käse nach Italien exportierte 108, 18 f., — aber auch im Unterengadin in ähnlichem Umfange 108, 24, — im Bergell 340, 11 ff. — und im Oberland 15, 25; 16, 35 f. 19,27 2.99 11 (eine Alp mit 80 Stück Vieh), d. h. in Landesteilen, die auch Getreide produzierten, — sodann natürlich ebenso im übri- gen tiefer gelegenen Gebiet von Bünden, z. B. in der Rhein- ebene 71, 13 ff., vgl. die bischöfliche Meierei in der Molinaera mit großem Viehstand 71, 26, eine andere auf der Lenzer- heide 308, 21. Gering war die Viehzucht in Calanka 39, 30 ff. Das Livignothal hätte sich vortrefflich dafür geeignet, dagegen waren die Bewohner träge 146, 18 ff. ete. Über andere Ge Hr NS, kb) Zu a a la tan al an a a rin an genden z.B. das Oberhalbstein wird nichts mitgeteilt, während 4 für das Engadin die Angaben so eingehend sind, daß man fast für jede Gemeinde die Weiden im einzelnen aufführen könnte. R Mit der Viehzucht ging natürlich Hand in Hand ein E ausgedehnter Wiesenbau, der für all die angeführten Landesteile aus der Topographie sich ebenfalls im Detail nachweisen ließe. Besonders gerühmt wird der reiche Heu- ertrag im Gericht St. Peter, wo man, wie in ganz Bünden, zweimal erntete und auch das Grummet (foenum cordum cf. 71, 14) noch eine schöne Ernte ergab 320, 10 ff., ebenda wurde auch viel Bergheu eingebracht und gleicherweise in F Davos, Langwies und Prättigau, vgl. 340, 20 f. BR Der Heutransport wird als sehr mühselig und oe lebensgefährlich geschildert, weshalb Campell besonders her- vorhebt, daß die Süser die Wiesen in Val dela Segia (nach Pallioppi Beiname des Thales Grialetsch) nicht mehr wie früher mähten, sondern durch das Vieh (Kühe) abweiden ließen 163, 7 ff. Im folgenden wird sogar geradezu als eine göttliche Segnung, gewissermaßen als Belohnung für Annahme der Reformation betrachtet, daß das Heu von den Wiesen im ganzen Susasca- (und Fleß-?)thal seit etwa 40 Jahren im n XLIX Sommer auf Wagen oder Kufen (Schleifen, trahae) ohne Gefahr und mit geringer Mühe nach Hause geschaflt wurde, während man vordem einen großen Teil des Winters darauf verwendet hatte, es über den Schnee zu schleifen, was mit außerordent- licher Anstrengung verbunden war und mit Lebensgefahr wegen der Lawinen, welche oft Leute verschüttet und das Heu zu Grunde gerichtet hatten. In ähnlicher Weise pflegte man im Schanfigg, spec. im Gericht St. Peter, das im August und September in Menge geschnittene Bergheu im Oktober in höchst mühsamer Weise auf Kufen (trahae) oder auf (jeden- falls nur zweirädrigen) Karren, denen Rinder vorgespannt waren, auf den meist steilen und unbequemen Wegen heim- zuschleppen; mit solchen Fuhrwerken wurde auch in Lang- wies, Davos und Prättigau das Bergheu eingebracht, jedoch im Winter, über den Schnee, wobei man auch junge Stiere, Kühe und Jungkühe vorspannte. Selbst Menschen besorgten nicht selten diese Arbeit: sie halten die von selbst abwärts gleitenden, mit Heu, Holz oder sonst irgendwie beladenen Vehikel zurück, indem sie sich dagegen stemmen mit den Schuhen, die mit Eisenspitzen versehen sind, während sie auf ebenem Boden oder aufwärts jene mühsam über den Schnee ziehen müssen, 320, 13—27. Von den Oalankern endlich wird gesagt, daß sie die spärlichen Bodenerträgnisse auf den Schul- tern oder dem Rücken heimschaffen 40, 10 ff. Zum Binden des Heues verwendete man viele Ellen lange Seile aus Leder 179, 22 ff. (vgl. II. Anh. 15 Anm.). Was die Alpwirtschaft angeht, so mögen auch da- rüber wenigstens einige Notizen gegeben werden. Unter den Alpen, pecuariae oder pecuariae aestivae stationes, rom. „alps“ genannt (vgl. 116, 27 fi.), unterschied man auch damals spe- zielle Großvieh- und Kuhalpen, so wird z. B. eine solche de Ardezer 182, 24, oberhalb Bosca, eine andre 183, 16 ff. in Val Semproin (Sampuoir), solche von Sent und Remüs in Val Fengua (Fimberthal) 211, 10 ff. erwähnt. — Die Sennhütten werden mit pecuaria offieina seu stabulatio bezeichnet cf. 27, 11 ff. oder mit tugurium 308, 21; 314, 3; 327, 5; 411, 36, . die Viehställe mit mandra 294, 9; 308, 24; h. R. U 182, 4, die Heuställe mit foenile 294, 9; 308, 24 (sie befinden sich 4 L über den Viehställen). Von den üblichen Ausdrücken werden 116, 33 fl. angeführt „z’alp legen das vech“ und „z’alp faren*“, „von alp das molcken füeren“ und „von alp mit dem vech kommen“. Weidgang wird einmal 71, 20 angedeutet. Über die verschiedenen Arten von Vieh, die gezüchtet wurden, ist recht wenig zu entnehmen, da nur gelegentlich und vereinzelt bestimmte Bezeichnungen angewendet werden. In erster Linie hat man bei den allgemeinen Ausdrücken natürlich an Rindvieh zu denken, außerdem wird auch Schweinezucht in der Gegend von Malans erwähnt aus An- laß des Eichenwaldes nördlich von Burg Weineck, in dem die Schweine selbst überwinterten 346, 1 ff. An andrer Stelle werden sie mit einem damals verbreiteten Scherzwort das bischöfliche Wild genannt wegen der besondern Vorliebe, die Bischof Thomas für das Schweinefleisch hatte h. R. Il 326, . 17 ff. Die romanische Bezeichnung für Holzäpfel, „maila da poarchs“, zeigt, daß man solche den Schweinen zu verfüttern pflegte cf. h. R. I 477, 35. Schafe werden ebenso nur ganz gelegentlich einmal erwähnt 211, 15: auf der Remüser Alp im Fimberthal finden sie Nachts eine sichere Zuflucht vor Wölfen, Bären und andern Feinden auf einem thurmähnlichen Hügel. Daß die Schafzucht bedeutenden Umfang gehabt haben muß, geht schon hervor aus der Notiz über die Wolle III. Anhang 7, sowie aus ihrer Verwendung zu Bündnertuch. Die Ziegen werden gar nie genannt, dagegen erfahren wir, daß in Davos starke Saumpferde in Menge gehalten wurden 293, 31 f. und ebenso im Engadin starkes Zugvieh [außer Pfer-_ den wohl auch Ochsen) 178, 19. Von Produkten der Viehzucht, spec. Alpwirtschaft finden nur Butter und Käse besondere Erwähnung, erstere 27, 12 (in Medels) und 293, 30 ff. (aus Davos, wie der Käse, in Menge ausgeführt nach dem Vinstgau cf. 162, 36), letz- terer 10, 10 (im Tavetsch, als vortrefflich gerühmt), 27, 12 und 295, 30 f. (s. 0.), 108, 19 (aus dem Oberengadin nach Italien ausgeführt, sehr geschätzt), 307, 4 (unter den Abgaben an den österreichischen Vogt im Belforter Gericht); Molken, Leder und Wolle sind nur im III. Anh. 7 aufgeführt. Von Senne- reigeschirren wird bloß der Melkkübel, situla vel mule- wu NE u er ae > Ba Be er a Mani ng ne en a Du b E E LI tra, rom. „cuvale“ aus Anlaß der Etymologie von Küblis ge- nannt 330, 13 und eherne Gefäße, caldarıa et sina, Kessel, sowie andre solche Gerätschaften auf den Alpen von Plurs h. R. II 37, 32 ff. Über den Ertrag der Viehzucht vgl. unten III. Anhang S und Anm. Endlich interessiert vielleicht noch die Notiz, daß der Mist (wie das Heu) in Klosters (wie auch in Davos), wo fast keine Wagen in Gebrauch waren, auf den Schultern aut die Wiesen getragen wurde (resp. das Heu in die Heuställe), manchmal allerdings verwendete man auch Saumtiere dazu 327, 17 ff. Auf Geflügelzucht kann nur aus III. Anhang 120 geschlossen werden, sonst ist in der Topographie kein Hin- weis enthalten; dagegen wird Bienenzucht in Ardez er- wähnt 188, 23. Die dortigen Gärten sollen derselben beson- ders günstig gewesen sein, sodaß der Ertrag an Honig und Wachs reichlich war; ähnlich verhielt es sich in Chiarsuno (bei Guarda), weniger günstig in Lavin und Zernez; nach III. Anhang 7 muß indes in Bünden viel Honig produeiert' worden sein, cf. h.R. I 36, 9 ff. (II. Anh. 24 Anm. Schluß). Endlich wäre als ein wichtiger Zweig der Landwirtschaft noch zu besprechen der Obstbau, doch genügt es, hiefür auf Ill. Anhang 34 u. Anm. hinzuweisen, während wir hier noch einiges über die Waldwirtschaft beifügen. Das Nähere über die verschiedenen Baumarten etc. siehe im III. Anh. 23—34 und Anmerkungen. Ein Schutzwald wird nur ein ein- ziges Mal an einem durch Lawinen bedrohten Ort bei Süs er- wähnt 151, 5 f. Im übrigen scheint man die Wälder sehr rücksichtslos ausgebeutet und geschlagen zu haben, ohne für Nachwuchs zu sorgen, ja es geschah zuweilen geradezu, um Weiden zu gewinnen, vgl. III. Anhang 3 Anm. Im Unter- engadin waren es namentlich österreichische Holzfäller, . die den Holzschlag in den Wäldern der Zernezer, Remüser und Schleinser besorgten; das Holz wurde auf dem Inn 15—-16 Meilen weit nach Hall geflößt und dort für die Salzgewin- nung verwendet, die kahlgeschlagenen Gebiete aber betrach- tete man als eine willkommene Vergrößerung des Weidelan- des, vgl. III. Anhang 24 Anm. In ähnlicher Weise flößte man im Schanfigg das geschlagene Holz auf der Plessur bis Chur; u ii dort wurde es, wie in Hall (223, 3), durch einen Rechen auf- gefangen 322, 7 ff. cf. 49, 26. Der Preis war in Chur ziem- lich hoch, doch in Anbetracht der Umstände nicht übertrie- ben; eine bestimmte Summe wird leider nicht genannt. — So groß im Engadin der Holzreichtum einiger Gemeinden war, so hatten andre doch Mangel, so z. B. nach h. R. II 674, 4 besonders Guarda, Ardez und Vetan; die Schulser bezogen ihr Holz zum größten Theil aus dem Scarlthal 202, 1, die Samadner aus Val Roseg 116,.27. Ins Oberengadin, beson- ders nach Zuoz, wurde namentlich von den Zernezern viel Holz für die Verarbeitung zu Schindeln, Balken und sonstige Verwendung beim Hausbau geliefert. Das Herbeischaffen des Holzes war für die holzarmen Gemeinden sehr mühsam, so nach 196, 14 für Vetan und Guarda, etwas weniger für Ardez. Die Bewohner von Guarda mußten die Bäume an den Berghängen auf der gegenüberliegenden Thalseite fällen, die steilen Abhänge hinab, über den Inn und wieder aufwärts in ihr Dorf schaffen, was sie während des größten Teils des Winters unter großer Mühe mit starken Zugtieren besorgten, die eigens für diesen Zweck gehalten wurden. Doch reichte alle Arbeit nicht aus, ihren Bedarf zu decken, und sie sahen sich gezwungen, von den Süsern, welche Überfluß an Holz besaßen, einen schlagreifen Wald zu kaufen; diesen hieben sie dann auch vollständig nieder und führten während fünf Jahren mit noch größeren Schwierigkeiten das Holz heim, 178, 12 ff. Auch im Lugnez herrschte nach 16, 36 Holz- mangel. Über die Verwendung der großen Holzmassen ist außer dem, was aus diesen Angaben ersichtlich ist, der Topo- graphie wenig zu entnehmen; das Lärchenholz wurde nament- lich auch für die ziemlich dieken und breiten Dachschindeln gebraucht, wenigstens im Engadin, h. R. H 368, 2 ff. Auch sonst erforderte der Bau der meist hölzernen Häuser und Ställe etc. jedenfalls eine ungeheure Menge Holz, und im übrigen, für die Heizung, Verarbeitung zu Geräten (cf. 363, S fl. im Gebiet von Bregenz) etc. wurde sicherlich auch nicht gespart; dazu verschlangen zweifellos die Bergwerke ganze Wälder und war somit alles dazu angethan, ein Schwinden des vorhandenen Reichtums herbeizuführen. % en [R a en a a ll ie nn a he un nn ne a an al a u de m TE dc a = a ri ne er a he in 3 P en re Das Flechten von Körben, „Zeinen“ und andern Flechtwaren wird einzig den Calankern zugeschrieben 39, 34 ff., welehe auch in den Wäldern Harz und Pech sammel- ten, wie die Luganer, vgl. Il. Anh. 24 Anm. und die dort angeführte Stelle aus Stumpf. Über die Jagd sind in der Topographie, von den im III. Anhang enthaltenen allgemeinen Angaben abgesehen, nur wenige Mitteilungen, worüber dort die Anmerkungen Auskunft geben. Überfluß an Wild muß noch in Davos gewesen sein, da das Wildpret hier sehr wohlfeil war 293, 28. Der Fisch- fang wird im III. Anhang 7 nur im allgemeinen erwähnt, seine Ausdehnung läßt erst die Topographie einigermaßen erkennen. Der Reichtum des Landes an Fischen scheint in manchen Gegenden außerordentlich groß gewesen zu sein. Vom Oberengadin z. B. wird gesagt, es sei nicht nur durch den Inn, sondern auch durch seine Seen reich an solehen und ziehe hieraus großen Gewinn 108, 20, und speciell der Silser und Silvaplaner See wie der Inn selbst sollen von einer Menge der besten Fische, besonders von trutae oder auratae d.h. Goldforellen gewimmelt haben 111, 16, ef. 113, 32, sodaß die Bewohner von Sils großenteils von dieser Nahrung lebten, die sie zum Teil sogar ohne Brot, nur gesalzen und geräu- chert, aßen, während andere wenigstens aus dem Verkauf der ‘Fische genug lösten, um ihr Leben zu fristen 112, 12 ff. Daß der Inn auch in seinem weitern Lauf viele Fische beherbergte, geht aus einer Bemerkung (III. Anhang S2) hervor, wonach man in ihm mit Reusen fischte. Außerdem finden wir die Notizen, daß der Berninabach keine Forellen hatte wie der Inn 116, 19, dagegen der Spoel von seinem Ursprung an reich war an Fischen, besonders an trutae, die aber wie sein Wasser, eine etwas dunklere Färbung als diejenigen des Inns auf- wiesen 147, 19. Sodann wird ein kleiner See oder Weiher mit vortrefflichen Fischen bei der Burg von Tarasp genannt, 208, 30; auch der Puschlaversee wies solche in Menge auf, namentlich Goldforellen 260, 26. Ferner befanden sich zwei kleine, aber fischreiche Seen auf dem Flüela 162, 21; in Davos (und Arosa s. u.) war der Fischfang auf den beiden Seen österreichisches Privileg 302, 15; der eine, „zum schwartzen Ar See“, wird allgemein als fischreich bezeichnet 290, 15, der an- dere wimmelte von ausgezeichneten kleinen Goldforellen 291, 6, und auch sein Abfluß war ebenso reich daran 291, 25, so- daß auch vortreffliche Fische in Davos wohlfeil waren 293, 26 f.; endlich ist noch der Aroser See mit trefflichen Fisch- lein zu nennen 315, 24 und hinzuweisen auf h.R. II 31 f., wo beim Verkauf der Herrschaft Maienfeld auch des Fisch- fangs gedacht wird. Einen Fischweiher (piscina) auf dem Hof in Chur erwähnt 66, 25. (sanz spärlich sind die Nachrichten über Industrie und Gewerbe. Als eine eigentliche Industrie läßt sich außer dem Bergbau, über welchen Ill. Anhang 35 und Anmerkung Auskunft gibt, einzig die Verarbeitung des Lavezsteines in Plurs anführen. Dieses Gestein wurde auch in einer Art von Bergwerken gebrochen und daraus mühsam ans Tages- licht geschafft (von einzelnen Männern, auf dem Rücken oder um den Leib angebunden, über die Stufen empor geschleppt), dann aut Tragbahren nach Plurs gebracht in die Werkstätten, wo man auf durch Wasser getriebenen Drehscheiben das sehr‘ beliebte Kochgeschirr (Töpfe) daraus drehte. Solche Töpfe waren besonders in Italien gesucht infolge des allgemein ver- breiteten Glaubens, daß sie kein Gift in sich duldeten 400, 31-402, 28. Auch der Einschnitt in dem Schloßberg von Chiavenna („il Paradiso“) wurde auf die ehemalige Gewinnung dieses Gesteins zurückgeführt 405, 13 ff. (vgl. h. R. II 95, 9 Lebetum mons in Chiavenna). | Mehr der Hausindustrie überlassen war, wie es scheint, die Verarbeitung der Wolle und des Hanfes zu Bünd- nertuch, „mezzalauna“ (Flachs wird in der Topographie nie genannt, obwohl er sicher auch gebaut wurde, vgl. IV. An- hang 136); auch die Anfertigung der Kleider dürfte in der Hauptsache im Hause erfolgt‘ sein, soweit es sich nicht um | luxuriöse Kleidungsstücke handelte, die trotz Campells Klagen jedenfalls von der großen Masse des Volkes selten getragen wurden (vgl. IV. Anhang 136 und Anm.); eine fullonica (Tuch- 2 walkerei) wird nur einmal, in Lavin, ausdrücklich genannt 167, 31. Von Werkstätten im allgemeinen ist dagegen oft die Rede, so von zahlreichen solchen in Chur 50, 10 und LV besonders im Engadin; daraus, daß dieselben gewöhnlich in Verbindung mit Mühlen und Sägen genannt werden, geht hervor, daß man zu ihrem Betrieb die Dorfbäche benützte, vgl. z. B. 118, 18. Am häufigsten. ist die Erwähnung von Schmieden, die an den größeren Straßen des lebhaften Ver- kehrs wegen jedenfalls in allen bedeutenderen Ortschaften sich fanden; daneben werden, besonders im Unterengadin, wo viel Getreide gebaut wurde und man Überfluß an Holz hatte, Mühlen und Sägen sehr oft angeführt. In Vicosoprano be- fand sich sogar eine Windmühle, die zu Campells Zeit ein Gaudenz Serast errichtet hatte 248, 26. Daß in Chur am Mühlbach (in der heutigen Poststraße) zahlreiche Mühlen stan- den, ist aus andern Quellen bekannt. '°) Mehr zum Kunsthandwerk ist die eiselierte Schale zu rechnen, welche die drei Bünde 1571 Jos. Simler über- reichen ließen zum Dank für die Dedication seiner Schrift über die Person und Natur Christi; diese Schale war mit dem Wappen der drei Bünde geschmückt und hatte einen Wert von etwa 40 Goldgulden, h. R. II 568, 9 ff. Sonst haben wir von Kunsthandwerk keine Andeutung; höchstens das in Stein gehauene Grabmal des heil. Florin in Remüs ist zu nennen, falls es sich dabei nicht um eine gewöhnliche Stein- hauerarbeit handelt, 213, 26. Schließlich mag noch auf die Herstellung von Uhren und anderen zierlichen Schnitzereien durch einen blinden Mann in Sent h. R. I 602, 29 ff. und auf eine Stelle der Topo- graphie hingewiesen werden, wonach schon damals gewerb- liche Auswanderung aus Bünden stattfand, indem die bewohner von Chiarsuno (Giarsun) bei Guarda nach Venedig und sonst nach Italien gingen, um dort Verdienst zu suchen als Handwerker 181, 1 ff. Ein großer Teil der Bevölkerung fand guten Verdienst durch den Handel; das Land selbst produzierte außer den Erträgnissen der Landwirtschaft fast nichts und war deshalb für eine Menge Artikel auf das Ausland angewiesen; außer- dem genügten auch jene nicht in jeder Hinsicht für den eigenen Bedarf, sondern ein Landesteil mußte dem andern damit aushelfen, und auch auf diesem Gebiet war die Ein- fuhr bedeutend. Die Folge dieser Verhältnisse war ein über- aus lebhafter Verkehr auf den Hauptstraßen des Landes, auf denen schwerbeladene Saumpferde ihre Glocken erschallen ließen. Was zunächst die Ausfuhr betrifft, so beschränkte sich dieselbe auf Produkte der Landwirtschaft. Beim Getreide kann mehr nur von einer Ausfuhr nach andern Landesteilen geredet werden; so versah namentlich das Unterengadin da- mit das Oberengadin und Davos, auch das Prättigau, Puschlav und Veltlin zuweilen, vgl. 108, 30 ff. 417, 15 ff. h.R. I 424, 2 ff. Dieser Getreidetransport fand in Fässern statt h. R. Il 607, 19 (auch Pulver z. B. wurde in solchen transportiert h. R. II 613, 2 ff). Eigentliche Ausfuhr dagegen erfolgte beim Vieh und zwar nach Italien, namentlich aus dem Ober- engadin 108, 18, ebenso fand in Italien der Oberengadiner Käse zu guten Preisen Abnahme. Auch die Davoser expor- tiertten Butter und Käse in Menge, wie es scheint haupt- sächlich ins Vinstgau, und brachten dafür Wein (Veltliner) und Getreide aus dem Vinstgau, Engadin etc. zurück, und infolge des Austausches kamen diese Lebensmittel ihnen nicht einmal teuer zu stehen 293, 30 fl. und 162, 35 fl. (Butter- ausfuhr nach dem Vinstgau und Hall, als Rückfracht aber Salz und Getreide). Die weiteste Ausdehnung scheint der Export des Veltliners angenommen zu haben; nicht nur in Bünden selbst wurde dieser in Menge importiert, sondern auch nach der Schweiz und den andern umliegenden Ländern (außer Italien) 266, 7 ff. 417, 21 ff. vgl. II. Anhang 6 und Anm. Ausfuhr von Molken, Leder und Wolle, sowie Honig deutet Ill. Anhang 7 an; auch Harz, besonders Lärchenharz (Terpentin) soll massenhaft exportiert worden sein, namentlich nach Italien, vgl. III. Anhang 27. Die Holzausfuhr aus dem Unterengadin nach Hall kann weniger in Betracht kommen, weil Östreich ein Recht darauf besaß oder wenig- stens beanspruchte, sodaß daraus kaum eine Einnahme re- EL dung (IV. Anhang 133 ff.) wirklich ernst genommen werden, so müßte man auch einen ausgedehnten Import solcher Waren annehmen. Jedenfalls aber war die Getreideeinfuhr sehr be- deutend, wir schon oben (p. XLVIf.) auseinandergesetzt haben. Neben der Ausfuhr und Einfuhr ging ferner noch ein bedeutender Transithandel über die bündnerischen Berg- pässe (vg). für das Engadin 113, 9 und 166, 33), und alle diese Umstände hatten einen regen Verkehr auf den Haupt- straßen des Landes zur Folge, der um so mehr Leben in diese Gegenden brachte, als er in der Hauptsache nicht durch Fuhrwerke bewältigt wurde, sondern durch Saumpferde, so- daß auch weit mehr Menschen dafür beansprucht wurden. Denn der Zustand der Bergstraßen war derart, daß Transport mit dem Rad auf größeren Strecken und in bedeutenderem Umfang einfach nicht möglich war. Eine weitere Folge dieses Verkehrs war, daß an den Hauptstraßen, auf den Pässen und am Fuße derselben Hospize, Wirtshäuser, Stallungen in großer ‘Zahl nötig waren und gewisse Ortschaften als regelmäßige Rastorte und Stapelplätze dienten. Über diese Verhältnisse gibt die Topographie manche interessante Aufschlüsse, woraus ‘wir hier wenigstens das Wichtigste folgen lassen. a) Die Splügenstraße, Mailand-Splügen-Thusis-Chur- Bregenz, war das ganze Jahr geöffnet und im Winter ebenso begangen wie im Sommer 58, 10; auf dem Paß selbst befand sich ein Hospiz (cauponaria domus 409, 4. 13). Als Rastort, der durch die zahlreich anhaltenden Säumer großen Verdienst hatte, wird Thusis bezeichnet 33, 9 ff. Über die Bergstraße selbst und die andere Paßseite vernehmen wir wenig, obwohl Campell dieselbe gekannt haben muß, vgl. 411, 1. Stapel- plätze waren besonders die beiden Endorte Chur und Chia- venna, weiterhin Ragaz, Walenstadt, Weesen (s. p. LXIII). b) Septimer-Julier-Albula. Von Chur bis Lenz diente für alle drei Routen die gleiche Straße über die Lenzer- heide. In Lenz war ein Rastort für die Säumer, welche mit fremden Waren aller Art aus beiden Richtungen hieher kamen und namentlich hier übernachteten 307, 23 fl. Vor Vazerol teilten sich dann die Straßen ; die eine ging über Tiefenkasten ins Oberhalbstein, wo in Mühlen ein Hospiz (86, 10) und in ans Bivio-Stalla zahlreiche Stallungen (84, 18 ff.) wieder zur Rast und zum Übernachten aufforderten. Hier trennten sich die Wege über den Septimer und über den Julier; bei Silvaplana mündete der letztere ins Engadin, nach Campells An- sicht dereinst ohne Zweifel angelegt als öffentliche Straße für die- jenigen, welche nach dem Unterengadin oder über den Bernina nach Italien reisten (114, 7 ff.). Jenseits des Septimers war Uasaccia der gebräuchliche Rastort, und täglich wurden dort Saumpferde in großer Zahl eingestellt 245, 5. Zu Campells Zeit wurde der Septimer weit mehr begangen als der Julier, fast ebensoviel wie der Maloja, trotz der großen Lawinen- gefahr im Winter, und doch hätte man diese leicht vermei- den können, wenn man wieder wie vor Alters den kleinen Umweg über den Julier gemacht hätte, was aber die Habgier nicht zuließ 240, 30 ff. und ähnlich 113, 14 ff. Danach wurde offenbar auch der Septimer (wie Julier?) das ganze Jahr über offen gehalten, der Transport erfolgte nur durch Saumpferde 113,6 ff. — Der Weg über den Albula zweigte vor Vazerol' ab und verfolgte dann die bekannte Route; auf beiden Seiten des Berges waren besuchte Wirtshäuser, so in Bergün, das aus diesem Transit nicht geringen Gewinn zog 78, 27 ft., während im Engadin am Fuß) des Albula ehemals eine öffent- liche Herberge wegen der weitbekannten, trefflichen Aufnahme den Reisenden ein großer Trost gewesen war; an ihre Stelle waren in Campells Zeit mehrere Häuser nicht weit davon zu beiden Seiten des Inns, „a la Punt“ (Ponte), getreten 121, 13 fi. c) Im Prättigau und Davos scheinen nur Fuß- resp. Saumwege bestanden zu haben, oder es war der Verkehr doch hauptsächlich nur Saumverkehr; eine „Heerstraße (via militaris)* wird zwar auch hier genannt (z. B. 333, 3; 334, 15. 24 etc.), aber in Klosters und Davos wenigstens waren Wagen fast gar nicht im Gebrauch 327, 16, und durch die Klus führte neben der Lanquart ein nur für Fußgänger oder Pferde genügender Pfad 339, 31 ft., der noch dazu manch- mal vom Fluß überschwemmt wurde. Auf Saumverkehr deutet auch die Erzählung, daß vor einigen Jahren ein Saumpferd bei Strahlegg (unterhalb Küblis) auf dem Weg mit dem Fuß in ein Loch geraten sei und so die Entdeckung eines Schatzes " F ee np Dt Ei 7 x Me a “dad un 2; mr ud 81 "2 0 nn a ae a > NT > 4 en LIX in ungewohnter Münze herbei geführt habe 334, 27; damit stimmt überein der Bericht von der Schwierigkeit, welche 1547 der Transport eines für das Bad Fideris bestimmten Wärmkessels durch die Klus bot 335, 31. d) Schanfigg. Von Chur aus gelangte man nach Davos durch das Schanfigg, über den Strela. Die Straße wird als steil und mühsam bezeichnet 321, 24, machte schon da- mals zwischen Calfreisen und Castiel ete. unzählige Wen- dungen, weshalb man in früheren Zeiten einen Fußweg be- nützt hatte, der dieselben abschnitt, aber so gefährlich war, daß man ihn auf öffentlichen Beschluß zerstörte 319, 9 fl. Jedenfalls war auch die sogenannte Landstraße (via publica provineialis) für richtigen Fuhrwerkverkehr nicht praktikabel, namentlich soll im Sapünerthal der Weg höchst unbequem gewesen sein 314, 20 ff. cf. 294, 1 ff. und unten Anm. 26. e) Davos-Landwasser, -Flüela und -Scaletta. Von Davos aus fand sicher kein andrer als Saumverkehr statt. Auf der Landwasserstraße konnten Wagen nach 305, 24 ft. gar nicht zur Anwendung kommen; es bestand nur ein Fuß- pfad, der zwischen Brienz und Belfort in die Albulastraße mündete 307, 25 ff. Ebenso uneben und steil wie dieser waren aber auch die Wege über den Flüela und Scaletta, sowie nach Klosters 305, 27 f. — Vom Flüelapaß wird aus- drücklich bemerkt, er sei im Sommer, auch zur Frühjahrs- und Herbstzeit offen, im Winter aber meist durch Schnee versperrt; die Ausfuhr der Davoser nach dem Vinstgau und die Einfuhr von dort ging über ihn 162, 33 ff. Auch gewisse Rechte waren nach einem in schlechtem Deutsch abgefaßten Schriftstück im Süser Archiv vom Jahr 1344 den Davosern an diesem Paß gewahrt, welche, wird nicht gesagt. — Über den Scaletta zogen namentlich die Davoser Säumer, welche im Sommer (zur Winterszeit war er jedenfalls geschlossen) Wein aus dem Veltlin holten; sie stellten dann in der Nach- barschaft Zusanna (Sulsanna) ein 133, 6 ff. In Davos selbst gab es zahlreiche Stallungen für Säumer, darunter besonders das jährlich an einen (Gemeinde-)Wirt verpachtete Rathaus, wo auch alle öffentlichen Versammlungen der Gemeinde, des Zehngerichtenbundes und der drei Bünde stattfanden, 292, 33 ff., 293, 19 ff. auch starke Saumpferde wurden in Da- vos in Menge gehalten 295, 31, und die Säumer dieses, wie der acht Gerichte überhaupt genossen nach alten Privilegien Freiheit von allem österreichischen Zoll. f} Schyn. Von Tiefenkasten (Obervaz?) zweigte der Weg durch den Schyn ab, der, zum Teil in den Fels ge- hauen, überaus steil und an vielen Stellen schwindelerregend war, romanisch Müra geheißen 95, 26 ff.; er führte über Scharans nach Fürstenau, wo von allen Auswärtigen Zoll er- hoben wurde 100, 9 ft. 20 f. 8) Engadin. Weitaus die eingehendsten Mitteilungen gibt Campell natürlich wieder für das Engadin. Nicht weit von Sils waren noch deutliche Spuren (Fahrgeleise) einer ehe- mals stark benützten (Römer-)Straße zu sehen, die von der gewöhnlichen weg am linken Bergabhang sich gegen den Julier hinzogen und über den ganzen Berg bis Bivio fort- setzten, als ein deutliches Zeichen, daß hier einst Lastwagen gefahren, während zu Uampells Zeit der Transport der aus- ländischen Waren fast ausschließlich durch Saumtiere besorgt wurde, obwohl Vicinalstraßen bestanden, '"') die für den ein- heimischen Verkehr genügend breit und bequem waren; ein- zig im Winter wendete man großenteils Schlitten an 112, 25—113. 13. Die Ursache davon ist jedenfalls in der Anlage der Hauptstraße zu suchen, bei welcher man nicht danach getrachtet hatte, zu häufige und starke Steigungen und Ge- fälle zu vermeiden. '”) Trotz dieser unbequemen Anlage be- rührte aber die Hauptstraße (via regia, publica, provinecialis) nicht alle Ortschaften ; so lag z. B. Bevers oberhalb derselben, während an ihr ein Hospiz stand 120, 18. 23; Chiarsuno (Giarsun) dagegen war wieder so weit unterhalb der Straße, daß die Kinder, wenn Fremde durch den Ort kamen, herbei- eilten, um sie anzustaunen 180, 10 ff. In Süs war etwa 1530 die Straße wegen allzugroßer Steigung und Unbequemlichkeit verlegt worden 153, 22, bei Platta mala unterhalb Val d’Assa war sie in den Felsen eingehauen 219, 10 ff., ebenso bei «a las Puntaiglas oberhalb Zernez, dazu auch mit Geländer (Barri- eren) an der Außenseite versehen 142, 30. An dieser vielbegangenen Straße befanden sich in ge- I he 3 u a Ar 1 d LXI wissen Abständen wieder Rastorte mit Herbergen und Stal- lungen; so kehrten die Säumer, welche von Hall kamen mit Salz oder über den Bernina mit Wein, gewöhnlich in dem Hospiz unterhalb Bevers ein; dasselbe war zugleich der Ver- sammlungsort für die Vertreter des Oberengadins, und der Platz hieß « las angas (bei Di Erlen) oder sün palüds (heute allas Agnas „in der Au“) 120, 22 ff. Bei Ponte rasteten die Rei- senden, die über den Albula kamen, in Sulsanna die Säumer, welche Wein nach Davos führten (s. o.). In der öffentlichen Herberge in Uinuskel stellten besonders die Bergeller ein 183, 15 ff. (der Maloja war nämlich fast noch mehr befahren als der Septimer und das ganze Jahr offen 240, 30 ff.). Auch in Chianova bei Ardez (dieses selbst lag nicht an der eigent- lichen regia via 183, 27 ff.) waren Herbergen für die Frem- den, besonders die Säumer, welche da einzukehren pflegten 189, 15 ff.; ebenso rasteten diese in Vetan meist in großer Zahl in den Wirtshäusern auf dem Marktplatz, von denen eines mit ungewöhnlichem Aufwand erbaut war 196, 33 ff. ; schließ- lich fanden sich Herbergen und Stallungen nach 221, 20. 24 auch in Martinsbruck. h) Berninastraße. Über den Bernina waren zu Cam- pells Zeit zwei Straßen in Gebrauch, die eine, über Pischa- dellum (Pisciadello) war in früherer Zeit die begangenere gewesen, die andre ging weiter westlich über Giavalgia (heute Gavalgia oder Cav.), war kürzer, aber beschwerlicher und galt damals als die mehr benützte ; sie war der Abkürzung wegen vor nicht gar langer Zeit angelegt worden. Beide fielen gegen das Puschlav steil ab. Nicht weit von den Seen lagen an der Straße drei Hospize; die kleine Ansiedlung führte den gleichen Namen wie der Berg 117, 22 ft. i) Ofenpaß. Von der Die (Buffalora) wird be- richtet, es habe sich in der Nähe eines damals von den Zer- nezern betriebenen Bergwerkes (alg Fuorn) ein Hospiz dort befunden für ılie zu jeder Jahreszeit durchziehenden Frem- den 148, 20 ff. Früher hatte fast auf der Höhe des Buffa- lora eine kleine Ansiedlung bestanden, ein förmlicher Handels- platz, mit mehreren Herbergen für die Passanten, der auch von Leuten aus der Nachbarschaft fleißig besucht wurde, da Lxil mehrere nahe Silbergruben im Betrieb waren. Später aber eing diese Ansiedlung ein, s. 0. p. XLII. Die Ofenstraße war nach 148, 31 ff. sehr uneben. k) Münsterthal-Umbrail und Muretto. Jenseits des Ofenpasses war wieder S!a Maria ein vom Säumerverkehr be- sonders belebter Ort, der hieraus reichen Nutzen zog 265, 34 ft. (vgl. o. p. XLI). Dort traf nämlich täglich eine Menge Men- ‘schen ein über die verschiedenen sich hier vereinigenden Straßen: vom Engadin her über Buffalora und aus dem Scarl- thal (der Bergwerke wegen war eine Ansiedlung in Scarl 202, 9, Saumverkehr und Stallungen werden nicht erwähnt), aus dem untern Münsterthal und vom Etschland her, endlich aus dem Veltlin, resp. von Bormio über den Umbrail, der (wohl von diesen Straßen, nicht allgemein) den allergrößten Verkehr aufwies, namentlich von Säumern, die Veltliner nach dem Vinstgau führten. — Endlich ist als eine wenigstens im Sommer begangene Bergstraße der Murettopaß zu nennen; ihn benützten nämlich die Bergeller und Engadiner Säumer für den Weintransport aus dem Veltlin durch das Malenker- thal 424, 35 ft. Während auf all diesen Straßen der Transport haupt- sächlich mit Saumtieren bewerkstelligt wurde, scheinen über die Malserheide und von dort nach dem Innthal mehr Fuhr- werke im Gebrauch gewesen zu sein; so wird berichtet, von Finstermünz nach Nauders habe man die Steigung nur mit Vorspann bewältigen können, und es seien zur Verhütung von Unglücksfällen besondere Sicherungen der Straße (auch gegen Lawinen) nötig gewesen 226, 25 ff. Nauders wird wie- der als ein von Säumern vielbesuchter Rastort bezeichnet 224,23 ff. Auf den Hauptstraßen wurden auch Zölle erhoben, so, in Fürstenau 100, 21 f. bei der Zollbruck, ebenso in Reichenau 26, 35 ff. und an der Tardisbrücke 371, 5; an den beiden letztern Orten war der Zolleinnehmer zugleich Herbergvater. Im Oberengadin finden wir Zollstätten in Silvaplana und Sa- maden 128, 1, sowie in Zuoz 127, 35. Eine kleine Abgabe von allen durchziehenden Waren per Saumpferdlast wurde in Süs erhoben; von der Abgabe, die gezahlt wurde für thal-_ EEE ER HESS DEREN EN. CR TUN NGDR SET N EHRIGERE MER: A Dad LXI aufwärts gehende Waren, gehörte ein Drittel den Zernezern, das übrige ganz den Süsern ; dafür waren jene verpflichtet, Waren, welche die Händler in Süs deponiert hatten, wenn diese es wünschten oder sie nicht mit ihren eigenen Saum- tieren führten, ohne Aufschub um billigen Preis bis Zuoz oder Sehuls zu führen 166, 30 ff. Ein österreichischer Zoll wurde erhoben in Finstermünz; er soll unbillig hoch gewesen sein 227,3 fl. ef. h. R. U 673, 3 fl. Vom mailändischen wurde nach h. R. II 423, 33 ff. behauptet, daß die bündnerischen Getreidehändler von Mailand bis Bünden mehr Zoll zahlen müßten, als die Ware in Mailand koste. Das Privilegium der Säumer von Davos und den andern acht Gerichten, wodurch sie vom österreichischen Zoll befreit waren, haben wir schon erwähnt, vel. 302, 20 ff. 315, 6; 341, 28 ft. An den Endpunkten dieser Bergstraßen bildeten sich naturgemäß Stapelplätze für Waren aller Art, so z. B. in Chur, wo denn auch dreimal im Jahr sehr besuchte Märkte abgehalten wurden: je in der Woche nach dem St. Paulstag (Ende Januar), nach dem Trinitatissonntag und nach Martini 63, 11. In Chur bestand auch ein eigenes Kaufhaus, Plana- terra (Imburg) genannt, unter einem Dache mit dem Rathaus 50, 1 fl. 55, 4 fl.; ehemals soll ein solches Kaufhaus bei St. Salvatoren gewesen sein 61, 22., In ähnlicher Weise bildete Chiavenna einen Stapelplatz für Waren aus Italien, die von da auf Saumpferden weiter geführt wurden vgl. 404, 1 ft. (Im Veltlin erscheint Morbenn als ein bedeutender Handels- platz h. R. II 189, 4.) Von diesen beiden Orten, Chur und Chiavenna, abwärts oder bis zu ihnen aufwärts wurden die Waren jedenfalls auf den ziemlich ebenen Straßen mit Fuhrwerken befördert. Ra- gaz war dann wieder ein Stapelplatz mit öffentlichem Lager- haus (publieum repositorium) 372, 9 f.; ganz besonders aber staute sich der Verkehr in Walenstadt, weil hier die Waren umgeladen werden mußten. Denn die Verkehrsstraße zwischen den beiden Orten ging nicht über den selten begangenen Kerenzerberg (cf. 387, 27 ff), sondern zu Schiff über den See, vgl. 389, 10 (oben p. XLVI) u. h. R. I 9, 25 (ein Privileg für das bischöfliche Schiff, wonach dieses LXIV auf dem Walensee von aller Abgabe befreit war; auch sonst ist diese Schiffahrt aus zeitgenössischen Quellen bekannt). Walenstadt und ähnlich Weesen hatten daher auch zahl- reiche Gasthäuser etc. aufzuweisen 387, 20 ff. 395, 25; 394, 3 ft. Von Weesen bis zum obern Zürichsee und von da weiter nach Zürich erfolgte der Transport ebenfalls auf dem Wasser (vgl. oben p. XLVI u. h. R. II 326, 36 ff.). '°) Eine Straße von Sar- gans ins Rheinthal war am Schalberg 1503 mit großen Kosten angelegt worden 381, 14 ft. Endlich ist noch zu bemerken, daß nach der Topogra- phie die Straßen mit Meilensteinen versehen gewesen zu sein scheinen (vgl. 290, 20; 292, 20; 315, 27.:33; 318, 22; 334, 23), und zwar waren diese Meilen, wie mehrere Stellen andeuten, wieder in fünf römische Meilen geteilt. Es sind hienach die von Campell anderwärts genannten Bündner Mei- len = 5 römischen Meilen (d.h. — etwa 7,5 km., da die rö- mische Meile = etwa 1,5 km. ist; vgl. noch 413, 12 ff. 415, 31 fl.) im allgemeinen den Angaben über Distanzen zu Grunde gelegt, und solche hat man wohl auch an einigen Stellen unter den deutschen Meilen zu verstehen, wo nämlich nicht ausdrücklich von „echten deutschen Meilen“ (= 4 römischen) die Rede ist, z. B. 314, 25 f. oder 172, 22 fi. Die Schweizer Meile war nach 413, 12 ff. = 8 römischen. Bei Beurteilung der Distanzangaben darf sodann nicht außer Acht gelassen werden, daß die damaligen Straßen mit den heutigen nicht identisch sind, sondern oftenbar weit mehr der möglichsten Kürze als der Bequemlichkeit Rechnung getragen war; auch sollen die Angaben Campells natürlich nur einigermaßen einen Maßstab geben, ohne Anspruch auf absolute Genauigkeit zu erheben, und endlich sind sie immer als wirkliche Wegmaße, nicht als Zeitmaße aufzufassen, was im Gebirge bekanntlich einen gewaltigen Unterschied macht. '”') Durch den Handel und Verkehr, wie wir ihn kennen gelernt haben, kamen ganze Ortschaften wie einzelne Landes- einwohner zu oft recht bedeutendem Wohlstand; so wird dies z. B. bezeugt für die Thusner 33, 10 und die Bergüner 78, 28, sowie die Bewohner von Sta Maria 266, 25 ff., während die Trimmiser 72, 3 ff. ihren Reichtum wohl mehr der Vieh- > er DE ee a a N nn a De ins run ud < She zucht und sonstigen Landwirtschaft verdankten. Als zwei durch Handel sehr reich gewordene Bündner werden bezeich- net Joh. Parinus von Scanfs und sein Sohn Georg in Zuoz 128, 21 ff. Andre gelangten durch Ämter zu großem Vermö- gen, so Jos. Jacmutt in Schuls 198, 15 (mit dem charakteri- stischen Zusatz: „wie es gewöhnlich geschieht“), während wieder andre ihren Reichtum durch Erbschaft oder Heirat gewonnen hatten, so Jodocus Planta von Zuoz in Lavin 168, 31 oder Ant. und Barthol. Stampa, Söhne des Joh. Stampa in Vieosoprano 248, 12 ff. Sohn und Tochter des Barthol. Stampa sind Schwiegersohn und -Tochter des ebenfalls sehr begüter- ten Herrn von Räzüns, ‚Joh. von Planta cf. 30, 4;. 44, 5; 145, 17. Jos. Maurus (Aethiops, Mohr) in Mals besaß wohl das größte ererbte Vermögen 279, 12. Daß empfindlicher Mangel eintreten konnte trotz des ausgedehnten Verkehrs, wenn die Straßen durch höhere Gewalt, z. B. infolge Gefrierens des Zürcher Sees gesperrt waren, ha- ben wir schon oben (p. XLVI) gesehen. Eine wirkliche Hun- gersnot soll einst in Malans geherrscht haben; doch klingt die Erzählung etwas fabelhaft, umsomehr als sie die Erklärung geben soll für die Ableitung des Ortsnamens von mali anni (schlechte Jahre) 343, 22 ff. Eine länger anhaltende Teurung herrschte 1527 und in den folgenden Jahren (bis 1534). Das Fleisch und Vieh war selten infolge Ausfuhr nach Italien, das ebenfalls Mangel litt, und Vieh wurde aus Ungarn wieder eingeführt h. R. II 171, 28 ff. 1529 sollen Getreide und Wein sehr spärlich gewesen sein h. R. I 177, 16 ef. 214, 24 ff. 1559 wuchs infolge arger Trockenheit wenig Getreide, dagegen viel und guter Wein h. R. 11 375, 1 ff. 1572/3 war Teurung wegen argen Fröstes h. R. I 364, 29 (vgl. 6. p. XLV]). Von der Wohnung der Bündner in Campells Zeit und von dem Eindruck, den die Ortschaften machten, gibt die Topographie nur ein recht lückenhaftes Bild. Die Häuser waren nach allem zu schließen zum weitaus größten Teil aus Holz erbaut, nur in einzelnen Landesteilen und in den größe- ren Ortschaften mochten die gemauerten Gebäude überwiegen. In gewissen Gegenden, namentlich wo hauptsächlich Vieh- zucht betrieben wurde, lagen die Häuser weit auseinander, B) LXVI waren auf die einzelnen Güter verstreut, so z. B. in Tenna 19, 29, Safıen 27, 33 und Avers 84, 33, in Davos 288, 14 ft., Wiesen 306, 2 f., Parpan 308, 35 und im Sapünerthal 314, 4, im Gebiet von Klosters 327, 13 ff. und sonst im Prättigau, z. B. bei „la Foppa* („die Gruben“) 329, 25 und Mezzaselva 329, 27, in St. Antönien 331, 1 und Furna 337, 5, zwischen Jenaz und Schiers 337, 17, in Valzeina 338, 31, auch in Pu- schlav 260, 23 ff. ete. Anderwärts dagegen standen sie näher bei einander, bildeten richtige Ortschaften (z. B. im Prätti- gau offenbar in den andern Dörfern) und waren auch nach einer gewissen Regel angelegt, so in Ardez im Geviert 184, 4 ff. Auch solche Ortschaften aber, größere Dörfer mit eher städtischem Charakter und die Hauptstadt Chur selbst, trugen im allgemeinen doch ein durchaus ländliches Gepräge, weil Stallungen und Heuställe ete. mitten unter den andern Ge- bäuden standen und daran angebaut waren, wie z. B. für Chur unzweideutig aus der Schilderung des großen Brandes von 1574 hervorgeht (vgl. Bündn. Monatsblatt 1899 S. 217 u. h. R. II 606 ff.). Einzelne Plätze, so namentlich die Markt- plätze, machten davon eher eine Ausnahme, z. B. in Chur der Martinsplatz mit dem noch bestehenden Martinsbrunnen 50, 5 ff. und ähnlich in Ardez 186, 22, Vetan 196, 30 und Schuls 199, 6 die Marktplätze, die auch mit Brunnen, in den beiden letztern Orten sogar mit einer Halle versehen waren. Gerühmt wird wegen seiner schönen Häuser natürlich besonders Chur, das an stattlichen öffentlichen wie privaten Bauten alle andern Orte (außer Chiavenna) übertraf 49, 31 ff. wir hören da vom bischöflichen Schloß, der Hofkirche und den Domherrnhäusern, von hoch in die Luft ragenden Türmen, von Kirchen und Schulen, einem Armenhaus und dem Rat-, zugleich Kaufhaus, sowie andern sehenswerten Bauten 64,25 ff. — Ehemals soll ein Rathaus sich beim Salvatorenkirchlein befunden haben 61, 22; erst etwa 1470 wurde das ehemalige Schloß der Familie Plantaera (Imburg) von der Bürgerschaft angekauft und zu einem Rat- und Kaufhaus gemacht 62, 16 ef. 55, 4 ff, in ihm fanden die Sitzungen der Bundstage statt 287, 3, nicht lange vor 1565 hatte es durch den Churer Meister Leonhard (Glarner) einen neuen kunstvollen Dachstuhl er- Sat u a en ee rn u TEE PIREBET Dr a a ia ann a A Er r- Ren =< , 24 LXVI halten 376, 18. Von Kirchen sind außer der Hofkirche ge- nannt die Martinskirche, (deren Stiftung 60,28 ff. nach Münster (ef. 62, 19) irrtümlich dem heil. Fridolin zugeschrieben wird, wonach sie auch ursprünglich dem heil. Hilarius geweiht ge- wesen wäre, während 62, 18 ff. Campell diese Überlieferung mit Recht auf das Hilarienkirchlein bezieht), das Salvatoren- kirchlein im Welschdörfli 61, 23 und das St. Hilarienkirchlein. Außerdem werden erwähnt die (ehemaligen) Klöster 65, 32: St. Nikolai 66, 21 ff., damals eine Schule, wo eine Säulenhalle (Kreuzgang) mit Grabmälern sich befand 17, 32, das St. Luei- kloster 66, 25 ff., das St. Hilarien-Frauenkloster 62, 23 und noch ein Nonnenkloster auf dem Hof, sowie vor der Stadt gegen Masans ein ehemaliges Mönchskloster, „der München Boden“ 68, 8 ff. Von Türmen verdienen Erwähnung Marsoel und Spinoel 54, 29 ff. 60, 18, letzterer mit der Chorherren- trinkstube, dem Versammlungsort der Gotteshausbundstage 2S6, 36 ff. und ein turmähnliches Haus im Welschdörfli, das, einst dem Peter Finer gehörig, sich im Besitz des Casp. von Salis befand 61, 25, jedenfalls das gleiche, welches Lemnius (amores IV, 5) als seine Wohnung schildert. Ein besonders prächtiges Haus hatte Luc. Capol von Flims sich erbaut 22, 12; auch fünf Zunfthäuser waren in der Stadt 53, 5.'”) Chiavenna soll der Hauptstadt der drei Bünde an prächtigen Gebäuden, besonders privaten, nicht nachgestanden sein 403, 29; von öffentlichen nennt Campell ein Kloster und mehrere Kirchen, namentlich die Pfarrkirche, Türme, das praetorium (den Sitz des Commissars), dazu Bauten aus heid- nischer Zeit ete., die Burg und das Schloß auf dem Schloß- berg (il paradiso) etc. Sodann wird die schöne Bauart der Häuser in mehreren Engadiner Ortschatten gerühmt; so zeichnete sich in dieser Hinsicht Samaden aus, wo verschiedene reiche Bündner, wie Friedr. v. Salis, ihren Sitz hatten 118, 1, und ganz be- sonders Zuoz, das selbst den Vergleich mit manchen Städten nicht scheuen mußte, 124, 30; jedenfalls waren aber auch hier viele Häuser aus Holz erbaut, vgl. 143, 3. Zwei Türme von sehr alter Bauart und schöner Arbeit mit daranstoßenden geräumigen Häusern werden ausdrücklich hervorgehoben 128, LXVIIT 2 ff.; hier befand sich auch das Gefängnis und Folterhaus, sowie das Archiv !"%) des Oberengadins 138, 6 ff.; das gleiche (sebäude diente als Rüstkammer, worin die Feldzeichen und Geschütze aufbewahrt wurden. Auch Sceanfs wies zahlreiche schöne Häuser auf, ohne aber sich mit Zuoz messen zu kön- nen 128, 14 ff. Im Unterengadin thaten sich Zernez 144, 12, Vetan 19%, 35; 197, 1 und Schuls 198, 11 wıeder durch stattliche Bauten hervor. Davos besaß vor allem ein sehr schönes, ganz ge- mauertes Rathaus; es war an Stelle des früheren, fast ganz aus Holz erbauten, welches 1558 niedergebrannt war, von Grund auf weit prächtiger neu errichtet und mit einer be- sonders schön gearbeiteten heizbaren Stube (hypocaustum !°%) versehen worden, wie man sonst in Bünden keine an Größe oder Pracht gleichkommende fand; dort wurden jeweils die Bundstage des Zehngerichtenbundes, wie solche aller drei Bünde abgehalten 292, 33 ff. und hier war gewiß das mehrmals ge- nannte Archiv, worin auch die Bundesfahnen aufbewahrt wurden 305, 24 ft. 342, 2; 350, 2. Diese Ratsstube, die heute noch existiert und in neuester Zeit einer Restauration unter- worfen worden ist, läßt erkennen, daß das Bauhandwerk in 3ünden zu jener Zeit auf einer sehr hohen Stufe stand, und bildet so eine sehr willkommene Ergänzung zu den spär- lichen und nur ganz allgemein gehaltenen Nachrichten '"°). Im übrigen waren in Davos die gemauerten Häuser selten; ehemals hatte es deren überhaupt nur vier gegeben 294, 31 fl. 299, 9. — Einen stolzen, schloßähnlichen Bau hatte in Fideris der reiche Conr. Planta aufgeführt 335, 16; Thusis zeigte mehrere Gebäude von schöner Bauart, hatte auch sonst ein mehr städtisches Aussehen, und Spuren ehemaliger Stadt- mauern waren noch deutlich zu erkennen 33, 3 ff. Letzteres wird ebenso von Bergün berichtet 79, 1. Im Bergell zeich- nete außer Casaccia 244, 36 fl. Vicosoprano sich in ähnlicher Weise aus wie Zuoz im Oberengadin 245; 26 ff. In Soglio besaf die Familie Salis ein mit königlicher Pracht 3 i ; i | y erbautes Schloß 245, 5, und Plurs hatte das Aussehen einer Stadt 400, 4 ft. Als eine Eigentümlichkeit der Häuser im Bergell und E. a al Ev LXIX weiter abwärts bis nach Chiavenna wird hervorgehoben, daß sie nicht mit Ziegeln oder Schindeln, sondern nur mit breiten dünngeschnittenen Steinplatten gedeckt seien, wie man deren in der Gegend in Menge habe 246, 1 ff. Sodann wird be- richtet, die Bergeller seien besonders geschickte Maurer und verstünden die schweren Steine für die Hausecken, die Fen- ster- und Thürgerichte, sowie die Dachplatten mit großem Geschick zu tragen etc. 257, S ft. (s. o.p. XXXV). Daraus kann wohl geschlossen werden, daß man hier mehr gemauerte Häuser hatte als sonst in Bünden. Ziegel als Hausbedachung sind weiter nicht erwähnt, obwohl sie sicher im Gebrauch waren, dagegen die schweren Lärchenschindeln (vgl. p. LI). Von den Kirchen, deren manche Ortschaft mehrere aufwies, wird öfters angegeben, daß sie pyramidenförmige Türme besaßen, welche mit Glocken und einer Uhr versehen waren, so in Zernez 144, 14, Süs 154, 34, Lavin 169, 12 ft. 170, 2 (mit Schlagwerk), Ardez 184, 33; 185, 2, Vetan 196, 24 ff., Schuls 198, 36, Sent 204, 12, Tarasp 208, 32; 209, 16 und Davos 292, 24 ff. Die Außenwand der Ardezer Kirche war noch 1571 mit Familienwappen (wohl der Donatoren) bemalt; nicht gar lange nachher aber wurde die Kirche, welche baufällig war, niedergerissen und in größerem Umfang neu aufgebaut, wobei natürlich jene z. T. ohnehin nicht mehr deutlichen Malereien zu Grunde gingen 185, 28 ff. Leider ist dies das einzige Mal, wo Campell der altbündnerischen Sitte der Bemalung von Häusern gedenkt, obwohl doch der bekannte Schulmeister, Maler und Chronist Joh. Ardüser, der jeden Sommer im Lande herumzog und mit seinen Malereien oft mehr verdiente als mit Schulhalten, noch sein Zeitgenosse war. Über alte Malereien im Chor der Klosterkirche von Cazis vgl. h. R. I 87, 25 fi. Was Nahrung und Kleidung betrifft, so bietet für beides die Topographie wie die historia Raetica nur wenig Belehrung. Im IV. Anhang 133—137 ist einiges darüber ent- halten; doch werden auch da mehr nur allgemeine Klagen erhoben über Schwelgerei, Trunksucht und Kleiderpracht, wodurch die Einfachheit der Alten verdrängt werde, Klagen, die jedenfalls arg übertrieben sind, vgl. darüber die Anmer- kungen zu diesen Abschnitten, wo auch die wenigen genaueren Notizen beigebracht sind. — Was über Volkssitten und Gebräuche gelegentlich mitgeteilt wird, ist etwa Folgen- des: Nach Engadiner Brauch versammelten sich abends die Hausgenossen und auch Nachbarn um die Ampel, und dann wurden alte Sagen aus der Votzeit, so von Roland und an- dern Helden erzählt (s. IV. Anhang 131 und Anm.). Dabei kamen gewiß z. B. auch Erinnerungen aus dem Schwaben- krieg zur Sprache, sodaß wir kaum fehlgehen, wenn wir die oftmalige ‚Berufung Campells auf Berichte von Augenzeugen in seiner Darstellung des Schwabenkrieges größtenteils auf solche Erzählungen zurückführen; denn zur Zeit, wo er sein Geschichtswerk schrieb, war eine Erkundigung bei Mitkäm- pfern doch kaum mehr möglich. Gelegentlich fanden auch gesellige Vereinigungen, Kränzchen, statt, bei welchen dem Bacchus mit Maß gehuldigt wurde (IV. Anhang 134), und bei solchen Anlässen, wo nur die Männer zugegen waren, be- sprach man auch politische Angelegenheiten, auswärtige Bünd- nisse und dergleichen, vgl. h.R. 1 443,5. — Gymnastische Volksspiele fehlten trotz der gegenteiligen Behauptung C. von Moors (Gesch. v. Currätien ete. II 243) offenbar durch- aus nicht, sondern Schwingen, Springen und Steinstoßen ete. waren beliebte Leibesübungen der bündnerischen Jugend auch in den nicht germanischen Landesteilen, vgl.o.p.XXXVIf. — Mit der Aufführung geistlicher Schauspiele, welche in der Reformationszeit in Deutschland und in der Schweiz allgemein üblich geworden war, machte zuerst Travers im Engadin einen Versuch 1534, und sein Beispiel fand in den nächsten Jahrzehnten vielfach Nachahmung, bis infolge Miß- brauchs die Sitte wieder abkam (s. u.p. LXXXV ff.). — Ein alter- tümlicher Brauch, der nach Campells Ansicht noch aus der Heidenzeit stammte, war die alljährliche Procession der „Stopffer“ („ils Punchiadurs“) im Oberland, deren Teil- nehmer an Fastnacht, mit Larven Panzern und andern Rü- stungsstücken angethan, große Schellen auf dem Rücken hängend und mit Stöcken und Knitteln bewaffnet, durch die Dörfer liefen, auf ihre Stöcke gestützt, hohe Sprünge machten und sich sonderbar gebärdeten ; durch diesen Umzug sollte el el a ee 2 ala kei er Se I uhr ie I: a a a a a en a ae a eo; een ann a Bude na Ant Sau Daun nd Sul) ha 2 ons in LXXI nach dem alten Glauben der Eıntesegen befördert werden 20, 11 ff. Kirchliche Processionen und Wallfahrten wur- den (vor der Reformation) abgehalten bei einer Kapelle in der Klus am 1. Mai 340, 9 ff. — zu der Kapelle des h. Georg und einer danebenstehenden, ihm geheiligten Tanne unter- halb Scanfs 138, 25 ff. — von Remüs nach Matsch und zu- rück unter Vortragung der vermeintlichen Reliquien des h. Florin an dessen Namenstag, 17. November, 215, 17 ff. — und in _ Casaccia zu der Kirche des h. Gaudentius am Himmelfahrts- tag 242, 3 ff. — Endlich wird als rätische (?) Sitte bezeichnet der Brauch, Kirchhöfe und Glockentürme mit den Kirchen, namentlich den Pfarrkirchen zu verbinden 184, 37 ff. Zur Beerdigung wurden die Toten stundenweit nach dem Kirchhof der Pfarrkirche getragen 173, 25; im Winter aber, wenn die Wege verschneit waren, bewahrte man in abge- legenen Ortschaften sie aufin Zellen, bis im Frühjahr der Berg wieder gangbar war 190, 3 ff. Die Volksbildung war zu Campells Zeit in Bünden jedenfalls äußerst gering, ja man darf eigentlich kaum von einer solchen sprechen; immerhin aber hatten sich doch die Verhältnisse gegen frühere Zeiten gebessert. Denn gewiß führt unser Autor mit Recht den Mangel an einheimischen Geschichtschreibern in früheren Jahrhunderten auf die man- gelnde Bildung und die Mißachtung derselben zurück; doch klagt er, daß auch zu seiner Zeit noch die natürliche Be- gabung der Kinder vernachlässigt werde, und daß man sie großenteils aus Geiz bei der landwirtschaftlichen Arbeit ver- kümmern lasse 161, 20 ff. Tadelnd wird erwähnt, daß der reiche Jodocus Planta (s. 0. p. LXV) von seinen zahlreichen Kindern nicht einmal einen einzigen Sohn in den schönen Wissenschaften hatte unterrichten lassen aus Furcht, er könnte Priester werden, während sein Sohn Thomas seiner einzigen Tochter alle Bildung zu teil werden ließ und sie an den hoch- gelehrten Joh. von Salis verheiratete 169, 1 ff. Die Enga- sadiner machten im allgemeinen eine rühmliche Ausnahme und lieferten darum auch dem Lande die meisten Pfarrer (s. 0. p. XL). Einzelne sehr gebildete, selbst gelehrte Männer waren in jener Zeit allerdings auch in Bünden zu finden, be- LXAI sonders unter den Vornehmen, und auch auswärts fehlte es nicht an Gelehrten, die dem Bündnerland entstammten. In dieser Hinsicht sind zu nennen der bekannte Johannes Tra- vers und sein Vetter Anton, !'”®) Friedrich von Salis, des erstern Schwiegersohn, und sein Sohn Johannes, der eine zeitlang Bullingers Kostgänger gewesen war, Gubert von Salis, Doctor der Rechte wie Joh. von Planta, der Herr von Rhäzüns, und andre, z. B. die Paravieini und mehrere Guicciardi im Velt- lin, der österreichische Vogt in Putz (Castels), Peter Finer; die Dichter Simon Lemnius und Marcus Tatius Alpinus, Mit- glied des Reichskammergerichtes in Speier; Phil. Gallieius und andere Geistliche, z. B. Joh. Fabrieius (s. u. Anm. 70); die Lehrer an der sog. Nicolaischule in Chur, worunter außer Lemnius und Gallieius der ältere Joh. Pontisella und zeitweise Woltg. Salet, des erstern Freund und später Stadtschreiber von Chur, sowie Joh. Müller aus dem Bergell ; die Ärzte Zach. Beeli in Chur, der in Marburg doctoriert hatte, Hieron. Bri- xius (s. u. Anm. 70), Joh. Nie. Stupan, Professor der Medizin in Basel und Nic. Stupan in Uhiavenna etc. Von Schulen werden erwähnt eine solche im St. Luzi- kloster, an welcher zur Zeit der Ilanzer Disputation Joh. Berri lehrte, wohl überhaupt die älteste Schule in Bünden; früher war dort Lehrer gewesen Joh. Salzmann (Salandronius), ein Freund Zwinglis, der sich früh der Reformation zuwandte und, nachdem er jene Stellung aufgegeben, in Chur eine deut- sche Stadtschule (gewiß die erste) leitete ; daß auch sonst solche deutsche Schulen zu Campells Zeit im diesseitigen Bünden bestanden, zeigt eine Erwähnung am Schluß des 1. Kapitels der historia Raetica (s. u. p. LXXV]); leider ist daraus nur so- viel zu entnehmen, daß in den romanischen Landesteilen dies- seits der Alpen Schulen fehlten oder doch in ihnen nicht Deutsch gelehrt wurde. Von den Schulen jener Zeit aber gibt wohl am ehesten ein Bild die Autobiographie des Joh. Ardüser, wonach es nur Winterschulen waren und nur die vermöglicheren Leute ihre Kinder hinschickten, auch der Be- stand der Schule davon abhing, ob gerade eine passende Per- sönlichkeit in den Ort kam. ‘Im Engadin war Joh. Contius Bisaz, ehe er zum Prediger gewählt wurde, Lehrer gewesen PR“ LXXII in Zuoz, und in Zernez finden wir als Schulmeister einen ‚Joh. Janatius von Samaden, der in Basel zum magister artium promoviert worden war (192, 23 und Nachtrag zu 119). In Chiavenna bestand eine Schule der Reformierten 406, 12. 23: ebenda lehrte auch Franc. Niger längere Zeit, wie überhaupt die Reformationsgeschichte zeigt, daß durch die italienischen teligionsflüchtlinge im ennetbirgischen Bünden, besonders in den Unterthanenlanden vielfach Unterricht erteilt wurde, da ja die Bünde das Halten solcher Privatlehrer gestattet hatten ; aber selbstverständlich konnte auch hier wieder mehr nur der vermöglichere Teil der Bevölkerung von dieser Vergünstigung Nutzen ziehen, vgl. noch h. R. II 664, 22 u. 524, 22 ete. Die einzige höhere öffentliche Schule im Lande war das im ehe- maligen Nicolai-Kloster in Chur eingerichtete Gymnasium des Gotteshausbundes. Seine Schüler und die sonst auf dem Lande von Privatlehrern oder Pfarrern vorbereiteten Zöglinge be- suchten dann, oft mit Stipendien ausgestattet, die höhern Schulen in Zürich, Basel, Paris ete. Auch an Gelegenheit, sich Bücher zu verschaffen, fehlte es nicht vollständig, sondern der von Campell mehrfach er- wähnte Buchbinder Georg Frell in Chur betrieb zugleich einen schwunghaften Buchhandel und bezog seine Bücher von Froschauer in Zürich und aus Frankfurt, wie Eglis Korrespondenz erkennen läßt. Die erste Buchdruckerei in Bünden war diejenige des Rudolf Landolph in Puschlav, um die Mitte des Jahrhunderts errichtet 261, 23; sie blieb lange Zeit auch die einzige, da der Plan des Vergerio, eine solche in Chur zu begründen (vel. a Porta, hist. ref. I 2, 172 ff.), ebensowenig zur Ausführung kam als derjenige des Raph. Egli, Sohn des Tob. Egli, welcher mehr als dreißig Jahre später (1595) seinen Gönnern, Joh. von Salis und Guler, den Vorschlag machte, in St. Margrethen (vor dem obern Thor in Chur), welches Guler gehörte, eine Druckerei zu installieren. i An wirkliche Volksschulung und -Bildung konnte unter solchen Umständen natürlich nicht gedacht werden; und wie schwer es, namentlich in den ersten Zeiten der Refor- mation, auch für besser situierte Leute hielt, sich eine etwas höhere Bildung zu verschaffen, dafür ist Campells eigener LXXIV Bildungsgang Zeugnis genug. Wenn wir aber selbst bei ihm noch allerhand sonderbaren Aber- und Wunderglauben finden, so kann daraus geschlossen werden, daß das Volk im all- gemeinen in noch weit höherem Maß solchen Vorstellungen er- geben war. Ein Beispiel von Campells eigenem Aberglauben bietet III. Anhang 43; während nämlich in Abschnitt 91 und 94 der Autor die merkwürdigen Vorzeichen berichtet, welche durch Adler und Geier einst dem Tarquinius Priscus und dem Romulus zu teil wurden, und daran einen Excurs gegen den gottlosen Glauben an solche Zeichen anknüpft, sieht er in Abschnitt 43 selbst in dem zeitweise vorkommenden Auftreten einer größeren Zahl von Wölfen ein Unheil verkündendes Vorzeichen für das Land, und ebenso berichtet er anderwärts von derartigen Vorbedeutungen in einer Weise, daß sein Glau- ben an solche ganz unzweifeihaft dadurch documentiert ist, vgl. h. R. 11 313, 19 ff. 314, 28 ff. (samt Deutung) ; 351, 14 ff. ete. Daß nicht nur Campell selbst, sondern überhaupt die Be völkerung seines Landes damals an Hexen glaubte, geht aus Top. 203, 9 hervor, wonach oberhalb Sent bei einem Brück- lein. das über einen von Osten her dem Inn zufließenden Bach führte, die Hexen ertränkt zu werden pflegten nach dem gesetzlichen Brauch. Gegen sie wurde bei. der Unter- suchung jedenfalls auch mit der Folter nicht gespart, die da- mals überhaupt allgemein üblich war, (s. o das Folterhaus in Zuoz). Es wäre eine dankbare Aufgabe, im Anschluß an die obigen Mitteilungen auch die Angaben über die damaligen Rechtsverhältnisse in Bünden, welche in den verschie- denen Gerichten wechselten, einer Zusammenstellung zu unter- werfen. Doch verzichten wir darauf, um diese Darstellung nicht zu sehr auszudehnen, und weil doch höchst wahrscheinlich in dem IV. Anhang Campell davon nicht mehr gehandelt hatte, da diese Verhältnisse je am Schluß größerer Abschnitte der.Topographie schon ziemlich genau besprochen sind. ''®) Als einen passenden Abschluß der im Vorangehenden versuchten Reconstruction des IV. Anhangs bieten wir noch eine Zusammenfassung aller Angaben, die sichm Campells Werk über das Romanische finden. Allerdings ihn an ae ne ale nn 2 RE A ist, was hier zur Sprache kommt, großenteils bekannt, auch muß Campells Auffassung nach den heutigen Anschauungen als verfehlt bezeichnet werden. Aber gleichwohl dürfte diese Darstellung im Zusammenhang, wie sie noch nirgends geboten ist, schon darum Interesse erwecken, weil sie zeigt, wie damals gebildete Männer in Bünden über ihre heimatliche Sprache urteilten; außerdem ist auch manches Neue in ihr enthalten, da in Gulers Auszug der ersten Kapitel der historia Raetica die sprachlichen Erörterungen sehr stark gekürzt sind ''), während im Folgenden das Original selbst zu Grunde gelegt ist. Endlich zeigen die einleitenden Worte zur historia Raetica, daß auch in der Topographie, wenn nicht im IV. Anhang, so doch im ersten Kapitel der gleiche Gegenstand eingehend besprochen war, und da diese Erörterungen von Guler nicht berücksichtigt, für uns also verloren sind, weil auch der An- fang der Topographie nur in Gulers Bearbeitung vorliegt (s. Anm. 48), so kann die folgende Zusammenstellung min- destens als eine Ergänzung zur Topographie gelten, wenn sie auch vielleicht dem IV. Anhang inhaltlich nicht entsprechen sollte. Campells Urteil über die romanische Sprache steht im engsten Zusammenhang mit seiner Ansicht über die Abstamı- mung der Bündner. Diese sind ihm (so war im ersten Kapitel der Topographie auseinandergesetzt) echte Rätier, d. h. Ab- kommen jener alten aus Italien eingewanderten Etrusker, die nach ihrem Führer Raetus sich Rätier hießen und einstmals römisch oder lateinisch sprachen, wie ja auch die bünd- nerische Sprache seiner Zeit nichts andres ist, als ein ver- dorbenes Latein, ein Dialekt, h. R. I 3, 1—13. Diese Sprache der Rätier, die sie als Etrusker ohne Zweifel mit den Rö- mern und allen Lateinern, ihren Nachbarn, gemein hatten, war aber schon zu den Zeiten des Livius corrumpiert (gilt ja auch bis auf diesen Tag als barbarisch), und schon damals war die heutige bündnerische Sprache, teils „Romaunsch*, teils „Ladin“ geheißen, bei ihnen in Brauch. Die rasche Ver- schlechterung jedoch war verursacht durch die veränderten äußeren Verhältnisse, das rauhe Land und die harte Arbeit, woran die edlen Etrusker sich gewöhnen mußten und infolge LXXVI deren nicht nur sie selbst „ergrobeten“* (cf. o. p. XXX), sondern ebenso auch ihre Sprache (h. R.I 11, 24; 18, 19 fl. und Nachträge dazu). Trotz dieser Verschlechterung der Sprache ist doch der von Tschudi und Stumpf erhobene Vor- wurf, daß man das Romanische nicht schreiben könne, eben- sowenig gerechtfertigt, als wenn vor etwa 400 Jahren jemand vom Deutschen Ähnliches behauptet hätte, sondern die Gegen- wart beweist das Gegenteil, indem jetzt zahlreiche Werke in jener Sprache abgefaßt werden, zumal im ennetbirgischen Landesteil, namentlich im Bergell und im Engadin, dessen Dialekt, wie die Engadiner wenigstens sich schmeicheln, für schöner und gepflegter gilt als die andern und dennoch so beschaffen ist, daß er von allen romanisch Redenden als echtes somanisch anerkannt. und leicht verstanden wird. Zudem wird diese Sprache, seit man sie zu schreiben begonnen hat, immer gepflegter und entbehrt auch einer natürlichen Anmut und Schönheit nicht mehr als irgend eine andere. Dies zei- gen klar das neue Testament von Bifrun und die nicht lange nach jenem erschienenen Psalmen des Ulrich Campell. Ur- kunden und andere solche Schriftstücke aber werden aus andern Gründen, nicht wie Tschudi und Stumpf behauptet hatten, weil man das Romanische nicht schreiben könne (vgl. 0.p. XXXI), bei den diesseitigen Rätiern noch immer meist in deutscher, bei den jenseitigen in lateinischer Sprache ab- gefaßt. Bei den letztern nämlich ist für solche Zwecke das Lateinische üblich, weil die meisten sogenannten kaiserlichen Notare nur dieses zu schreiben wissen und nur von ihnen ausgestellte Schriftstücke als gültig angesehen werden, obwohl man auch manche in romanischer Sprache abfaßt. Erstere aber bedienen sich zwar einzig und allein des Romanischen als Umgangsprache ; allein wer unter ihnen lesen und schrei- ben kann, hat es in deutschen Schulen in der Nachbarschaft gelernt und dort nur auf die deutsche Sprache Mühe ver- wendet; auch ist diese ihnen nützlich wegen des täglichen Verkehrs mit den deutschredenden Nachbarn (h. R. 119, 22 ft. und Nachtrag). Am Schluß des ersten Kapitels wird betreffs ganz unzweifelhafter Spuren der lateinischen Sprache in den meisten romanischen Wörtern und Redewendungen noch auf IB DH er A N ee Ai re ai ne anne a LXXVI das erste Buch (d. h. die Topographie) und zwar speciell auf den Anfang derselben verwiesen. Im zweiten Kapitel der historia Raetica spricht Campell noch eingehender seine Ansicht über den Ursprung der tätier aus. Er zeigt zunächst, daß mit Unrecht beim Er- scheinen der ersten deutschen Ausgabe, von Tschudis Rhetia (1558) in Bünden, besonders im Lugnez und sonst im obern Bund arge Entrüstung geherrscht hatte, weil von Tschudi die Rätier ihrer Abstammung nach als Etrusker, nicht aber als Römer bezeichnet worden waren. Dann gibt er, einem frühern Versprechen gemäß (cf. Top. 198, 5 f.), seine eigene Meinung ausführlich kund. Abstammung von den Etruskern nimmt auch er an; doch will er den Begriff Eturien auf ein größeres Gebiet ausdehnen als Tschudi, da zur Zeit jener ersten Einwanderung unter Rätus die etruskische Macht über ganz Italien vom tyrrhenischen bis zum adriatischen Meer und noch über den Po bis zu den Alpen sich erstreckt habe, sodaß schon unter diesen Einwanderern sich nicht nur Leute aus dem eigentlichen Etrurien, sondern auch solche aus andern den Etruskern unterthanen Gebieten Italiens befunden haben könnten. Außerdem aber ist Campell noch der Ansicht, die Besiedelung Bündens sei nicht nur durch jene erste Ein- wanderung unter Rätus erfolgt, sondern auch später noch hätten in Zeiten, wo Italien von Feinden, ähnlich wie damals von den Galliern, bedrängt war, Flüchtlinge das Beispiel der einstigen Auswanderer nachgeahmt und seien ebenfalls über die Alpen gezogen, so z. B. in jener Zeit, als Hannibal Rom gedemütigt hatte. Damals sollen denn speciell das Engadin und Münsterthal, das Vinstgau und das Innthal abwärts vom Fngadin in Besitz genommen worden sein von solchen Flücht- lingen aus Latium und Campanien, sowie aus dem Gebiet der Samniter und Senonen, die dann mit den früheren Ein- wanderern zu einem Volke verschmolzen infolge ihrer nahen Verwandtschaft. Einen Beweis für diese Annahme erblickt Campell in der Übereinstimmung zahlreicher Ortsnamen im. Engadin ete. mit solehen in den genannten Gegenden Italiens und in der Unterscheidung zweier Dialekte: „Ladin“ und „Romaunsch“ oder „Ingadinerwelsch“ und „Churwelsch*. Zum LXXVOI Schluß bekämpft er noch den Einwand, als ob Rätien erst nach Christi Geburt zur Zeit der Goten oder Langobarden durch Italiener oder gar zur Zeit Karls des Großen durch Langobarden besiedelt worden wäre, unter Berufung auf die klassischen Autoren und auf die Spuren des Heidentums in der rätischen Sprache, z. B. in den Namen der Tage: „Lgündaschdy, Mardy, Mercurdy, Joewia, Venerdy, Sanmdy oder Sanmda*, wovon einzig der Sonntag, „dy d’Domengia“, eine Ausnahme mache. Auch auf den Nachweis deutlicher Spuren des Lateins im Romanischen ist hier nochmals verwiesen. Im 3. Kapitel werden die Lepontier besprochen, weil ein Teil der Bündner ursprünglich nicht zu den Rätiern gezählt wurde, sondern jenem Volke angehörte. Unter Lepontiern werden die Anwohner des Gotthards verstanden, d.h. vor allem die Taurisker, die Bewohner des Urserenthais, die Viberer im Oberwallis, sowie die Seduner und Veragrer im Unterwallis; in Bünden die Tavetscher am Vorderrhein und in Medels, sowie am Hinterrhein und die dazwischen liegenden Valser, welche mit Ausnahme der Tavetscher am Vorderrheim alle deutsch reden, dazu die italienisch sprechen- den Misoxer und Calanker. Dieses Lepontiervolk nun soll abstammen von den Tauriskern, welche den transalpinischen Galliern zugezählt werden und wie die übrigen Kelten deutsch gesprochen haben sollen; ursprünglich bewohnten dieselben Uri, woher ihr Name (taurus=Vr), später wanderten sie teils ins Lepontiergebiet aus, teils nach Noricum, die in der Hei- mat Zurückgebliebenen aber wurden von den Goten ins Urserenthal gedrängt. Mitten unter andersredenden Völker- schaften jedoch bewahrten die Lepontier, von der einen Hälfte der Tavetscher abgesehen, ihre deutsche Sprache, und zu ihnen werden außer den genannten eben wegen ihrer deutschen Sprache und des eigentümlichen Lepontier-Dialekts auch die Bewohner von Obersaxen, Tenna, Tschappina, Safıen und Avers gerechnet, sowie ihre Abkömmlinge, die Davoser und Langwieser, welche aus dem Wallis in ihre späteren Gebiete versetzt worden sind. Hieraus ergibt sich, daß die Lepontier älter sind als die Rätier und vor deren Ankunft auch weiter abwärts, x werk ra ie In e LA XIX mindestens bis nach Chur sich erstreckten; denn unterhalb von Chur soll nach Tschudi und Stumpf ein anderer deutscher Stamm seine Sitze gehabt haben, die Rucantier. Auf diese ehemaligen deutschen Bewohner gehen noch die deutschen Namen zahlreicher Burgen in diesen Gebieten zum großen Teil zurück. Als dann aber die Rätier in diese Gelände kamen, verschmolzen sie mit den früheren Ansiedlern zu einem Volk; nur die rauhen Gebirgsgegenden überließen sie ganz den vormaligen Bewohnern, die kräftiger und abge- härteter, auch an die mühsame Arbeit der Offenhaltung der Straßen zu! jeder Jahreszeit schon gewöhnt waren. So kam es, daß die mit den Rätiern nicht vermischten, freigebliebenen Lepontier ihre einheimische Sprache behielten, während die andern und die Rucantier gezwungen die rätische Sprache annahmen. Dieser letztere Umstand aber soll wieder ein Hauptgrund der argen Verschlechterungderrätischen Sprache geworden sein, da diese deutschen Völkerschaften das Romanische nicht genügend beherrschten, es der Eigen- art ihrer Sprache anpaßten und so entstellten (verdarben). Daher kommt es, daß nicht nur deutsche Wörter ins Roma- nische eingedrungen sind, welche die meisten, des deutschen Ursprungs unbewußt, als eigene gebrauchen, wie deren einige zu Anfang des 1. Buches (der Topographie) angeführt sind, sondern auch Wörter wie das vom deutschen „begeren“ abgeleitete „agragiar“ statt „giavüschar* und ähnliche, besonders im diesseitigen Bünden gebräuchliche, wofür da- neben auch gut romanische Ausdrücke bestehen, z. B. „paterchiar“ von „betrachten“, statt „pensar, impensar“; „merccagiar“ von „mercken“, statt „intler, inteler“, etc. Ja, ganze Phrasen, die dem Geist der lateinischen Sprache wider- streben, sind aus dem Deutschen herübergenemmen und haben die eigentümliche Schönheit des Romanischen ver- nichtet, so z. B. „quai ais awaunt maun“ „das ist vorhanden“, „dar ad intler* „zuo verston geben“, „dar sententzgia-test- mungia“ „Vrtheil-Zügnuß geben“, „quaist ha chiattad la sententzgia u la drettüra, e quell I!’ ha pertza“ „diser hatt die Vrthel oder die sach gewunnen, vnd der hatt sy verloren“. Auf diese Einwirkung des Deutschen soll namentlich auch LXXX die Umschreibung des Perfects mit den Hilfsverben haben und sein zurückgehen, und in ähnlicher Weise soll das Deutsche noch bei andern Redeteilen eine Corrumpierung zur Folge gehabt haben, z. B. in dem Satz „ve cun mai, & maina via quaist* „kumm mit mier, vnd füer das abweg“.. Dies also ist in der Hauptsache Campells Ansicht von der romanischen Sprache. Er geht dabei aus von der irrigen, in jener Zeit geltenden Meinung, daß die Etrusker lateinisch gesprochen hätten. Von dem wirklichen historischen Ver- hältnis, wonach das Romanische, wie mutatis mutandis die andern verwandten Sprachen (außer dem Italienischen), erst auf die Römerherrschaft über Bünden zurückgeht, hatte man eben damals noch keine richtige Erkenntnis. Daher kommt es denn auch, daß Campell nach dem Vorgang seines Lehrers Gallieius, der ihn darin noch übertroffen zu haben scheint, mit Vorliebe die bündnerischen Ortsnamen auf altitalische zurückzuführen sucht und dabei sich ganz merkwürdige Etymologieen gestattet, die natürlich ohne allen Wert sind und höchstens auf die damalige Sprachforschung ein sonder- bares Licht werfen. Die große Schwierigkeit, welche die Ableitung oft bot, beirrte ihn nicht sehr; er setzte sie jeden- falls auf Rechnung der „ergrobeten“ Sprache, vgl. z. B. Top. 151, 31; 239, 14. Während also die Abstammung der alten Rätier von den Etruskern mindestens als zweifelhaft bezeichnet werden muß, kann betrefis der Sprache von etruskischem Ursprung keine Rede sein; dagegen ist die Entstehung aus dem Lateinischen richtig, wenn auch erst in viel späterer Zeit erfolgt. Auch die angenommene Ver- schlechterung und Entstellung dieser Sprache kann man cum grano salis gelten lassen; doch wäre es richtiger gewesen, hierin eine selbständige Weiterentwicklung des Lateinischen zu sehen, die auf bündnerischem Boden ihre eigenen Wege einschlug, wie dies in den anderen romanischen Ländern (Italien, Frankreich, Spanien, Rumänien) in ähnlicher Weise geschehen ist. "ER Ebenso zweifelhaft wie die Sage von der Einwanderung der Etrusker ist die Annahme Campells, daß auch später noch Einwanderung aus Italien erfolgt sei und auf eine EURE ZEREEDEN, ati Zum de % ga LXXRI solche speziell die Besiedelung des Engadins zurückgehe; das ganze Beweismaterial bilden eigentlich nur unhaltbare Ortsnamenetymologieen. Die lange Auseinandersetzung übeı die Lepontier und die Annahme einer ursprünglichen deutschen Bevölkerung im Oberland und ganzen Rheinthal stehen eben- falls in historischer, wie sprachlicher Hinsicht wieder auf ganz schwachen Füßen ; denn bekanntlich gehörten die Kelten nicht zum deutschen Sprachstamm, und was die Beeinflussung des Romanischen im diesseitigen Bünden durch das Deutsche betrifft, so ist eine solche zwar nicht zu leugnen, aber sie ging jedenfalls nicht von einer unterworfenen Urbevölkerung, sondern von später eingewanderten Deutschen aus. Ganz verkehrt war es sodann, dieser Einwirkung des Deutschen die Umschreibung des Perfects durch Hilfsverben und Partieip schuld zu geben. Campell weiß auch offenbar keine richtigere romanische Ausdrucksweise dafür anzugeben; denn mögen einzelne sogenannte Praeterita sich bis zum heutigen Tag erhalten haben, so war doch schon zu seiner Zeit längst allgemein die Umschreibung durchgedrungen, die aber keines- wegs auf Nachahmung des Deutschen beruhte, sondern einen Proceß vorstellt, der in allen romanischen Sprachen erfolgt ist und im Spätlatein schon begonnen hatte. Weit mehr sachlichen Wert als diese meist unhaltbaren Theorieen haben Campells Angaben über die Verbreitung des Romanischen und Deutschen zu seiner Zeit; beide Sprachen galten damals als „den Rätiern so ziemlich gleich gemein“ h. R. II 533,8. Dagegen waren noch deutliche, unzweifelhafte Spuren vorhanden, daß romanische Sprache und Bevölkerung sich ehemals über ein weit größeres Gebiet ausgebreitet hatten; im Vinstgau fand man solche besonders von Mals bis Schluderns 6,11 ff. aber auch noch weiter abwärts bis in die Gegend von Meran, ferner im Inn- thal bis Innsbruck, im Wallgau, Montafun und Galtür (Paznaun), weniger dagegen im Rheinthal bis Rheineck und von Sargans bis Gaster 7,11—8,27. Auch detailliertere An- gaben fehlen nicht; so wird berichtet, dass in Ischgl und Galtür noch viele Leute romanisch reden 211,37; die Nauderser werden als ursprüngliche Rätier bezeichnet, weil 6 ELXXXI noch zur Zeit der Väter das Romanische dort ebenso allge- mein war wie im Engadin und weil es auch in Campells Zeit noch von den meisten verstanden wurde, wennschon man mehr deutsch sprach 225, 28 fl. In Spiß (am Eingang von Samnaun) überwog noch das Romanische 228,19 ff. ebenso im Plawen-, Planail- und Stilfser - Thal, sowie in Matsch (ef. h. R. I 241,4), während in Prad, Tschengels und Laas fast nur deutsch geredet wurde 282,31 ff. Westlich der Etsch (zwischen dieser und dem Rambach) gebrauchte man außer in Glurns beide Sprachen, in Latsch, Schleiß und Burgeis mehr das Romanische 283,5 ff, in Taufers war letzteres noch allein üblich 274,25 f. Romanisch und deutsch im Wallgau 358,17 ff., ersteres bis zu Anfang des Jahrhunderts im innern Thal. Romanische Namen im Rheinthal werden 369,37 f. angeführt, doch ohne daß rätische Bevölkerung ange- nommen wird 360,8 ff. Im Sarganserland dagegen gilt als Beweis für solche, von andern Namen (cf. 385,25 ff., 390 fi.) abge- sehen, die Bezeichnung „Walhenstad“ 386,34 ff., vgl. auch noch über Rheinthal und Sargans h. R. I 31 f. Im eigentlichen Bünden finden wir im obern Bund überall das Romanische außer in den Gebieten, wo die soge- nannten Lepontier ihre Sitze haben, d. h..außer in Obersaxen, Vals, Valendas, Tenna, Safıen, Tschappina und bei den Tavetschern in Splügen und Hinterrhein (die Tavetscher am Vorderrhein und in Medels sprechen romanisch h. R. 124, 15 £.); dort wird nur deutsch, in einigen Gegenden (vielleicht Ilanz und Thusis z. B.) beides, in Misox, Calanca und Roveredo aber italienisch gesprochen 42, 19 ff., vgl. 40, 27 ff. und o. p. LXXVIII, über Obersaxen noch 16, 23; Vals 18, 2; Valendas, Tenna und Safien 28, 10 fl. Tschappina 34, 15, Splügen und Hinterrhein 37, 22. — Im Gotteshausbund interessiert natürlich vor allem die Hauptstadt Chur; in ihr soll das. Romanische bis etwa 1470 durchaus gebräuchlich gewesen sein, weshalb das diesseitige Romanisch bei den Eidgenossen und Deutschen „Chur-Welsch“ hieß (cf. 359, 5 ff.). Später aber ging das Romanische hier allmählich ab, und das Deutsche behauptete sich zuletzt, sodaß es im öffentlichen Gebrauch allein angewandt wurde; wohl verstand der größere LXNAII Teil der Bevölkerung das Romanische noch, aber mit Aus- nahme weniger eingewanderter Familien machte man nur gezwungen (Gebrauch davon. Aus den früheren Zeiten rührten noch die fast durchwegs romanischen Flurnamen her 62, 29—63, 10; das Churer Deutsch war aber nicht so grob wie der Walser Dialekt (s. u.). — In den IV Dörfern war einstmals auch Romanisch im Brauch gewesen, wurde aber damals nur mehr Deutsch gesprochen 73, 13 f. Über die Rucantier, zu denen außer den IV Dörfern auch die Herrschäftler und Prättigauer gezählt werden, vgl. 75, S—76, 36. In den Gerichten Greifenstein (Bergün). Tiefen- kasten und Bivio, jedenfalls auch in Oberhalbstein und Obervaz, herrschte noch ganz das Romanische 84, 24 f., in Avers dagegen das Deutsche S4, 35 ef. h.R. I 25,15. Auch im Fürstenauer und Ortensteiner Gericht war wohl durchgängig noch das Romanische im Brauch, wie selbstverständlich in Ober- und Unterengadin; Sam- maun war echt romanisch: „Raetice absolute loquuntur* 229, 3f. Vom Bergell wird nichts bemerkt, und nach h. R. 119, 25 (0. p. LXXVI) möchte man fast meinen, Gampell habe den Bergeller Dialekt nicht für italienisch, sondern als romanisch angesehen ; jedoch besteht kein Zweifel, daß dort wie im Puschlav die italienische Sprache herrschte, im Münster- thal dagegen, von dem auch keine diesbezügliche Nachricht gegeben wird, die romanische. — Im Zehngerichtenbund hatte Davos mitten unter romanisch redenden Nachbarn seit der ersten Besiedelung die deutsche Sprache und zwar den nämlichen Dialekt wie das Oberwallis, den im Laufe des letzten Jahrhunderts auch die benachbarten Prättigauer, Herr- schäftler und Schanfigger angenommen hatten, während die Churer und andere, welche ein schöneres, weniger grobes Deutsch sprachen, ihn spöttisch als „Walliser Sprach“ bezeichneten 298,2 fl., einzelne romanische Namen auf Davoser Gebiet wie „Deschmau, Serty, Müstail, Spina“ etc. deuten auf späteres Eindringen von Romanen 296, 12 ff. Im Belforter Gericht behauptete sich fast durchgehends noch die romanische Sprache 308, 3, nur in Wiesen wurde ebensoviel Deutsch gesprochen 306,4. Das Churwalder Gericht ist geteilt: LAXXIV in Parpan ist das Deutsche ganz durchdrungen 308, 55, in Churwalden und Umgebung ebenfalls fast allein im Brauch 310, 24 f., in Malix dagegen wird eher noch mehr Romanisch geredet 311,6 fl. Die Langwieser sollen auch aus Wallis stammen h. R. I 25,24, wonach bei ihnen wohl ebenfalls von Anfang an die deutsche Sprache geherrscht haben müßte, während im übrigen die Schanfigger vor wenigen Jahren noch sich des Romanischen ebensoviel bedienten wie des Deutschen, bis infolge Aussterbens der älteren Generation während mehrerer Pestepidemieen und Nachrückens deutscher Einwanderer das Deutsche seither in Peist, Molinis, St. Peter und Maladers fast allein gesprochen wurde; in St. Georg (Castiel), Lüen und Calfreisen jedoch behauptete sich daneben noch das Romanische 316, 4 fl. Im Prättigau war ehe- mals das Romanische allgemein üblich, erst im laufenden Jahrhundert durch den von den Davosern entlehnten Walliser Dialekt verdrängt worden 298, 8 ff., (der wie im Prättigau auch im Montafun gesprochen wird 354, 34), ja zur Zeit der Väter noch wurde dort meist romanisch geredet, und in Campells eigener Zeit sollen die meisten Leute es wenigstens noch verstanden haben 326, 31 ff. Speziell für Klosters wird 329, 16 f. ebenfalls hervorgehoben, daß es ehemals zum romanischen Sprachgebiet gehört hatte; in der vorangehenden Generation noch bestand in diesem Gericht eine Vereinbarung, wonach bei der Wahl der Behörden zwischen den alten, romanisch redenden Ansäßigen und den deutsch redenden Zugewanderten ein Unterschied gemacht wurde. Darüber war dann aber oft gehässiger, selbst blutiger Streit entstanden, bis endlich durch Aufhebung des früher beobachteten Unter- schiedes Frieden zu stande kam und auch die Deutschen zum Landammannamt (praetura) zugelassen wurden 331, 19 ff. Zuletzt gaben das Romanische, „ilg Ladin* wie sie selbst sagten, die Seewiser auf. Noch vor 35—40 Jahren, also etwa 1535, will Campell im Prättigau viele Leute gekannt haben, die ein allerdings sehr barbarisches Romanisch wenigstens unter sich, nötigenfalls auch anderwärts sprachen, wennschon sonst im öffentlichen Leben bei fast allen Prätti- gauern ein gutes Deutsch und zwar der Davoser Dialekt rar u LRIXV- angewendet wurde außer in Seewis und Serneus; dort sprach man allgemein noch mehr Romanisch, und das Deutsch, welches man da hörte, diente andern zum Spott. Um 1570 dagegen war auch dort das Romanische so sehr abgekommen, daß man nur selten mehr Leute fand, die es verstanden 339,5 ff. Endlich war auch in Malans früher das Romanische allgemein im Gebrauch, sodaß Campell noch um 1536 dort alte Männer und Frauen kannte, die es besser sprachen und verstanden als das Deutsche 343, 20. 26 fl. Endlich erübrigt noch die Mitteilung der Notizen, welche Campell betreffs der Pflege des Romanischen in seiner Zeit und dessen Erhebung zur Schriftsprache macht. Der erste Versuch zu litterarischer Verwendung soll bekannt- lich von Joh. Travers ausgegangen sein, der den ersten Müsserkrieg in romanischen Versen besang. Aus früherer Zeit nennt Campell wohl einige Volkslieder, so eines auf den Wormser Feldzug h. R. 1 597, 23, ein anderes, den Überfall von Remüs 1475 betreffend h. R. I 562, 26 ff. cf. Top. 221, 29, auch ein Schmähgedicht auf die vom Müsser gefangen gehaltenen Gesandten Bündens h. R. U 112, 35 und ein von der Gegenpartei ausgegangenes Lied ib. 113, 2 ff., die beide damals in ganz Bünden verbreitet waren. Außerdem wurde jedenfalls auch in früherer Zeit schon das Romanische im Privatverkehr geschrieben ; aber das erste litterarische Doku- ment bildete die genannte Dichtung von Travers h. R. II 384, S ff. cf. II S4, 32. Der nämliche führte auch die Sitte der Aufführung geistlicher Schauspiele im Engadin ein, indem er wohl etwa gleichzeitig ein Drama Joseph dichtete, das 1534 in Zuoz zur Aufführung kam als das erste nicht nur im Engadin, sondern in ganz Bünden, wenigstens in romanischer Sprache, gespielte Stück. Es war noch in freieren Rhythmen (Knittelversen?) und in Reimen abgefaßt. Ihm ließ Travers 1542 ein Spiel vom verlorenen Sohn folgen, ebenfalls, wie Joseph, als Komödie behandelt. (Die gewöhnlich ver- breitete Ansicht, daß Travers den Joseph zweimal bearbeitet habe, einmal als Tragödie und einmal als Komödie, ist jeden- falls entstanden durch die irrtümliche Übersetzung von Mohr (p. 409), der auch in seinem Geschichtswerk (II 242) den Te gleichen Fehler macht.) Im Unterengadin war Campell der erste, welcher dem gegebenen Beispiel folgend, geistliche Dramen verfaßte und aufführte, nämlich zuerst eine Tragödie Judith, in jambische Verse (nach seiner unklaren Be- zeichnung wahrscheinlich in vierfüßige Jamben) gebracht und am 15. Mai 1554 in Süs unter großem Zudrang gegeben. Als besonders merkwürdig wird vom Dichter hervorgehoben, daß wirklich eine Frau die Hauptrolle spielte. Den Epilog hatte er zu einer Warnung vor dem fremden Kriegsdienst benützt und will dadurch mehrere Engadiner vor der Teil- nahme an dem Feldzug bewahrt haben, der um jene Zeit ins Werk gesetzt wurde und in dem unglücklichen Kampf von Siena zahlreichen Bündnern das Leben kostete. Zehn Jahre später (1564) fand, wieder in Süs, die Aufführung eines zweiten von Campell gedichteten Dramas statt. Diesmal hatte er die Geschichte Josephs als Stoff gewählt und denselben. weit ausführlicher behandelt, als es von Travers geschehen war, h. R. 1 352, 18—353, 36. Im gleichen Jahr wurde in Ardez in den Osterfeiertagen ein Drama von den zehn Menschenaltern in romanischen Versen gegeben, das den dortigen Pfarrer Gebhard Stuppan zum Ver- fasser hatte; Campells Vater Caspar benützte diese Gelegen- heit, um in einem von ihm. selbst, ebenfalls in Versen gedichteten Vorspiel als Methusalem zum Schluß in eigner Person das Volk vor dem spanischen Gold und Bündnis zu warnen, und wurde deshalb 1565 von dem Strafgericht (s. 0. p. V) bestraft h. R. II 421, 9 ff, 444, 27; 446, 21. Nach jenen ersten Versuchen von Travers und Campell wurde die Sitte solcher Aufführungen allgemeiner und kamen auch Dichtungen anderer Autoren, teils Komödien, teils Tragödien zur Darstellung, jedoch alle in romanischer Sprache (außer in Chur, wo deutsche gespielt wurden); als Stoffe dieser Spiele werden genannt: der reiche Mann und der arme Lazarus, die keusche Susanna, das Leiden und Sterben Christi, seine Auferstehung, der Untergang Babylons unter König Balthasar (Belsazar), die zehn Menschenalter (s. 0.) und endlich Wilhelm Tell, gegeben aber wurden diese Dramen in Zuoz, Camogasg, Süs, Ardez, Zernez und Scanfs, Die Du in Di LXXXVI späteren Aufführungen fanden jedoch weniger Beifall und wurden nicht :so allgemein bekannt, weil einige der Mit- spielenden, welche die bösen Geister (Teufel) darzustellen hatten, die Zuschauer ausbeuteten, indem sie diese in eine fingierte Hölle zogen und erst nach Bezahlung einer kleinen Summe wieder heraus ließen. Infolge (dieses Vorgehens schwand der Geschmack an den Dramen, und der Brauch begann wieder abzukommen h. R. II 353, 37-854, 31. Nicht lange nach den ersten poetischen Versuchen war auch in Prosa der Anfang zu einer romanischen Litteratur gemacht worden; um ,1536 nämlich übersetzte Phil. Gallicius das Vaterunser, das sogenannte apostolische Glaubens- bekenntnis und die zehn Gebote möglichst getreu und ver- ständlich in den Unterengadiner Dialekt und kurz darauf für Benvenuta Campell (die Schwester unseres ©.) auch einige von den ersten Kapiteln der (Genesis, sowie das athanasiani- sche Glaubensbekenntnis. Um 1550 sodann übertrug Campell selbst mehrere Davidische Psalmen und andere religiöse Lieder ins Romanische und verfaßte außerdem einen ausführlicheren Katechismus h. R. II 384, 14—26. Der erste aber, der einen romanischen Druck herausgab, war Jacob Bifrun (Tutschet), ein geachteter Jurist, der vorher als Probe eine Übersetzung des von Comander und Blasius bearbeiteten Katechismus in Puschlav erscheinen ließ (1552) und dann bei Jac. Parcus in Basel das neue Testament, ins Oberengadinische über- tragen, auf eigene Kosten 1560 publicierte, h. R. II 383, 36 fi. Top. 118, 35 ff. (vgl. & Porta, hist. ref. I 2, 404 fi.). Seinem Beispiel folgte, von Gallicius dazu ermutigt (Top. 119, 4 ff.), Campell und ließ 1562 beim gleichen Drucker, ebenfalls auf eigene Kosten, sein früher verfaßtes Buch der Psalmen samt vorgesetzten Inhaltsangaben drucken. Ihnen hatte er zahlreiche religiöse Lieder, die teils von ihm selbst gedichtet (übersetzt?) waren, teils von andern, und am Schluß noch seinen ausführlichen Katechismus beigegeben, vgl. Anm. 12. Hiemit ist die Zusammenstellung der Notizen über die romanische Sprache, welche aus Campells Werken zu ent- nehmen sind, abgeschlossen und die Reconstruction des IV. Anhangs zu Ende geführt, Die Mängel, welche diesem ech Versuch anhaften, sind dem Verfasser wohl bekannt; doch war größere Gleichmäßigkeit in der Behandlung der einzelnen Teile bei dem beobachteten Verfahren kaum zu erreichen, und es schien notwendig, diesen Weg einzuschlagen, sollte nicht eine freie Bearbeitung dieses Gegenstandes geboten werden, sonden möglichst Gampell selbst zu Worte kommen. x * * Zum Schluß des Ganzen erübrigen nur noch wenige Bemerkungen. In der folgenden Ausgabe sind der III. und IV. Anhang nach dem Inhalt in kleinere Abschnitte geteilt, sowohl der Übersichtlichkeit wegen, als zur Vereinfachung der Citate. Der lateinische Text ist genau nach dem Original abgedruckt, das von Herrn Oberst Th. von Sprecher in dankens- wertester Weise zur genauen Vergleichung überlassen wurde; nur die etwas störende Schreibung von u statt v ist geändert. Zu Emendationen boten nur wenige Stellen Anlaß, wo sicher Verschreibung vorlag.''?) Bei Anfertigung der Übersetzung war maßgebend das Bestreben, den Text Campells möglichst wortgetreu wiederzugeben, so daß er nötigenfalls wirklich das Original vertreten könnte; diesem Streben durfte aber die Rücksicht auf Gewinnung eines lesbaren deutschen Textes nicht ganz geopfert werden, und es war darum notwendig, die außerordentlich langen, schwerfälligen Satzgebilde Campells, oft sind es wahre Ungetüme, in kleinere Sätze aufzulösen. Wenn in dieser Hinsicht leicht noch mehr hätte geschehen können und die Übersetzung den Mangel des Campellschen Stiles auch so noch da und dort aufweist, so möge die Schuld ebenso sehr als dem Übersetzer dem Autor selbst beigemessen werden, dessen Stil mit vollem Recht von Bullinger getadelt wurde. DieAnmerkungen zum III. und IV. Anhang sollen ° der Erklärung des Textes dienen und Auskunft geben über die benützten Quellen, auch Ergänzungen aus andern Schriften Campells beibringen. Für Abschnitt 22 hat mein werter Kollege, Prof. Dr. Capeder, die nötigen botanischen Erläuterungen geliefert, wofür ihm auch an dieser Stelle der gebührende Dank ausgesprochen sein möge. LXXXIX Anmerkungen zur Einleitung. NB. Top. = Topographie, h. R. = historia Ractica. I) vgl. auch noch Kind, bündn. Monatsbl. 1859; C. von Mohr, Ulrich Campell’s zwei Bücher rätischer Geschichte. Erstes Buch (Über- setzung der Topographie), Vorwort, und Geschichte von Currätien etc. II 200 ff. 2) Einmal, in seinem ersten Brief an Simler, Süs 3. Nov. 1570 un- terschreibt er sich Huldrichus Campellus qui idem et Maschoelius, d.h. er legt sich nach der bekannten Engadinersitte auch den Familiennamen seiner Mutter Barbara (h. R. II 273, 16) bei; der Großvater mütterlicher- seits war nämlich Martin Massol mit dem Beinamen Balogg (Baloce) s. II. Anhang 37 u. 40 u. vgl. die Namen Salueius-Gallieius, Lemm-Mar- gadant (Lemnius), Contius-Bisaz, Camucinus-Roseus (Anm. 4), Thomas Cacinus-Creseinbes (h. R. II 337, 23), Biveronius(Bifrun)-Tutschet etec. 3) Die genannten Autoren nehmen als Geburtsjahr eher einen et- was früheren Termin an; doch scheinen die Beweise nicht triftig genug. Kind, Einl. p. VII beruft sich namentlich auf die Rückerinnerung bis auf 60 Jahre, die Campell in der Topographie (237, 24 ff.) sich zuschreibt (die Worte sind 1571 geschrieben, vgl. Anm. 45); dort steht aber „annis hisce ferme sexaginta“, also ist die Zahl nicht so genau zu nehmen, und auch die von Wartmann, 1.1. Anm. 12 angeführte Stelle, wo Campell 1573 über beginnendes Greisenalter Klagt, gibt keinen sichern Anhalt; h. R. 11679, 22 sagt der Autor ebenfalls von sich „senio utique pene confectus“ mit Beziehung auf das Jahr 1577; dagegen sprieht wieder für ein etwas weniger hohes Alter, daß auf Anfang Juli 1574 Campell noch die Geburt eines Kindes erwartete, vgl. Wartmann, 1. 1. p. XLVII. 4) Nach Top. 175, 14 ff. hieß Ulr. Campells Urgroßvater, Caspar Campells Großvater von mütterlicher Seite, Joannutt Caspar Camucinus oder Roseus und war von Süs, während Casp. Campells Vater, ebenfalls Caspar geheißen, und dessen Bruder Joannutt Laviner waren; danach darf man wohl annehmen. daß dieser ältere Caspar C. (Ulrichs Grob- vater) bei seiner Heirat mit der Tochter des Joann. Casp. Camueinus nach Süs übersiedelte, wo die Familie Campells ein Gut (praediolum Top. 157, 4) und er selbst einen Acker (Top. 157, 16), sowie noch 1577 ein Haus besaß (h. R. II 683, 26). 5) Galliecius hatte eine nahe Verwandte Campells („Ursula Cam- - pella, mea consobrina* Top. 273, 6) zur Frau und Tob. Egli nennt in einem Brief an Bullinger, 6. Febr. 1570, die Tochter des Gallicius sogar „ueptis“ Campells. 6) Über die verschiedenen Zeiten, zu welchen Gallieius in Lavin gewirkt haben soll, vgl. Wartmann 1. 1. Anm. 15. Woher Kind und Leon- hardi ihre genauen Angaben genommen haben, ist mir nicht bekannt, jedenfalls nicht aus Campell. Sicher ist nur, daß dieser den Gallieius „meus in primis Latini sermonis rudimentis institutor fidelissimus“ nennt (Top. 273, 27), und daß er 1536/7 sich im Malans bei ihm befand (Top. 343, 26 „vor 36 Jahren“, vgl. dazu 344, 6. sowie 371, 8: vor 35 Jahren und später hat Campell unterhalb der Tardisbrücke ein weißes Kreuz als schweizerisches Grenzzeichen beobachtet; diese Notizen sind 1572 niedergeschrieben, s. Anm. 45). Kind setzt die Übersiedlung des Gallicius nach Malans ins Jahr 1535 (Einl. p. VIII), aber der Wortlaut bei Campell, h. R. II 228: „nuper“, mit Bezug auf das Jahr 1537, spricht eher für 1536. Über die angeblichen Studien in Basel vgl. Wartmann l. 1. Anm. 15. — Im Jahr 1533 (Juli) muß Campell im Engadin gewesen sein und zwar offenbar in Süs oder Lavin, vgl. h. R. II 210, 11 — 211, 9, bes. 211, 8, und 1535 im Juli ebenfalls im Engadin, vgl. ib. 217, 14 ff.; ib. 224, 7 spricht dafür, daß er auch 1536 in Bünden war. » 7) Wartmann gibt im Text den Namen von Campells Frau mit Serena Bisaz an; nun spricht allerdings Top. 175, 29 der Autor von Ja- cob Bisaz als seinem jetzigen Schwiegervater, aber schon nach diesen (1571) geschriebenen Worten möchte man letztern eher als den Vater der zweiten Frau ansehen, und diese Vermutung wird bestätigt durch Top. 304, 17, wo Campell den Jacob Hugo (Hug?), früheren Landammann von Davos, den Urgroßvater väterlicherseits seiner Kinder aus erster Ehe nennt, d. h. derselbe muß der Großvater der ersten Frau von Va- terseite gewesen sein, wonach diese also eine geborne Hug(o) gewe- sen wäre. s) Für Wartmanns Ansicht, daß Campell nach seiner völligen Ge- nesung unmittelbar von Süs aus dieses Amt übernommen habe (. 1. p. X), spricht einzig der Umstand, daß wir von keiner anderen Stellung hören, und vielleicht eine Stelle der Topographie (339. 10 ff.). wo Cam- pell berichtet, vor 35 und 40 Jahren habe er im Prättigau viele Leute gekannt, die noch romanisch sprachen (geschrieben 1572, s. Anm. 45): die erste Zahl würde wenigstens so ziemlich passen. Anderseits könnte man h.R. II 291, 18 auf einen Aufenthalt in Basel 1541 deuten; h. R.Il 300, 12 scheint zu beweisen, daß Campell sich 1544 nieht im Engadin befand, sonst müßte er besser Bescheid wissen; dagegen war er nach h. R. II 313, 27 u. 314, 10 an Weihnachten 1545 in Süs und zwar nach der ersten Stelle dort seßhaft; überhaupt wäre es kaum verständlich, wie er als Pfarrer von Klosters gerade an einem so hohen Feste hätte abwesend sein können, es müßte sich denn um eine der h. R. II 277, 15 ff. erwähn- ten gelegentlichen Berufungen zur Abhaltung von Predigten handeln. — 1547 sah Campell zu. wie ein neues ehernes Wärmebeeken für das Bad EEE. Shah ee ee Ta 1 a ZU, XCl Fideris mit großer Mühe durch die Klus transportiert wurde (Top. 335, 31 f.), nachdem 1545 eine Überschwemmung das ganze Bad weggerissen hatte. 9) Vgl. h. R. DO 272, 33 ff.; 351, 27 ff. ;. 336, 9;/ 387, 26; 277,9 £. Top. 153, 2 ft. 10) Vgl. h.. R. II 277,.9—279, 34; 352, 18 fl.; 2%, 35 f£.; 281, 31 £., Top. 130, 24 ff. u. 122, 25; 131, 15 ff. Die Rückkehr nach Süs erfolgte nicht gerade auf Anfang März 1556, da Campell nach h. R. II 362, 20 ff. im Februar u. März in Zuoz einen Cometen beobachtete, 11). Vgl. h. R. II 401, 19 fi.; 416, 29; 307,27 f. u. Wartmann l..1.-Anm. 29. 12) Über die Psalmen vgl. h. R. II 384, 22 ff. u. 417, 16 ff., auch Top. 119, 6 ff., sowie Nachtrag zu h. R. 119, 37 im Anz. f. Schweiz. Gesch. 1599 p. 203; von diesen (etwa hundert) Psalmen war nach h. R. II 417 ein Teil schon in deutscher Übersetzung eomponiert, und Campell rich- tete offenbar seine Übersetzung so ein, daß sie im Romanischen nach den gleichen Melodien gesungen werden konnten; für die meisten aber mußte er erst eine passende Melodie suchen und die Übersetzung ihr entsprechend gestalten. So erklärt sich wohl der scheinbare Wider- spruch bei Wartmann | 1. p. XXXIX**, vgl. o. p. LXXXVI und Top. 119, S: h. R. II 386, 23. — Über das Drama Joseph vgl. h. R. II 353, 18 ff. und o. p. LXXXVI. 13) Zwei Parteien, eine französische und eine mailändische bestan- den in Bünden nach h. R. II 74, 4 ff. schon seit 1521 (d. h. seit Abschluß des Bündnisses mit Franz IL); doch blieb die erstere die stärkere. 1542 zeigte sich bei Anlaß der Bewegung gegen die französischen Pensionäre nachträglich. daß sie hauptsächlich von der kaiserlichen (spanischen) Partei ausgegangen war, und diese Erkenntnis soll nieht wenig dazu beigetragen haben, daß der Unwille gegen die französischen Pensionäre beim Volke sich legte und eher gegen die spanischen wandte, die noch größere Summen bezogen, h. R. II 293, 11—294, 5. — Schon 1561 hat jedenfalls anläßlich der kaiserlichen und päpstlichen Gesandtschaft Cam- pell gegen deren Forderungen heftig geeifert; er bemerkt dies zwar nicht ausdrücklich, aber die lange Auseinandersetzung h. R. II 391401 ist wohl nichts andres als eine Predigt, die er damals selbst in diesem Sinn gehalten; er war auch, wie erwähnt, als Vertreter der Synode an dem Bundstag in Ianz, wo er freilich nicht hervortrat. 14) Über seine Stellung 1564 gibt Campell Auskunft h. R. II 428, 1 ff. u. noch genauer 442, 27 ff. Seine eigentliche, ursprüngliche Ansicht war, daß Bünden auf alle auswärtigen Bündnisse verzichten sollte; da er aber keine Möglichkeit sah, diesen Zustand auf die Dauer aufrecht und die zahlreichen, seit langem an Pensionen gewöhnten Leute von dieser Beute fernzuhalten, so schien es ihm sicherer, durch Erneuerung des französischen Bündnisses zu gestatten. daß von dieser seit lange befreundeten Macht Geschenke angenommen würden, als Gefahr zu lau- fen, daß ein schlimmer Feind Gelegenheit erhalte, durch solche einen verderblichen Einfluß zu üben. Auf diesen Standpunkt führte ihn na- mentlich das verbürgte Gerücht, daß der spanische Gesandte geäußert habe, auch falls kein Bündnis mit Spanien zu stande komme, biete sein König höhere jährliche Pensionen an, wenn nur das französische nicht abgeschlossen werde. 15) Vgl. über das Nähere Wartmann 1. 1.p. XV ff. Nach h. R. II 448, 19 ff. hatte gegen Campell besonders ein Süser gehetzt, der nach- träglich, auf Diebstahl ertappt und peinlich befragt, eine Reihe von Ver- brechen bekannte und freiwillig gestand, mit drei andern spanisches Geld erhalten zu haben. — Trotz der schlimmen Erfahrungen blieb Cam- pell zunächst bei seiner Ansicht über das Bündnis und verfocht dieselbe, bis nach etwa zwei Jahren die Hugenottenverfolgungen bekannt wurden- Da bereute er seine Stellungnahme und kehrte zu seiner ursprünglichen Meinung über die Verwerflichkeit aller auswärtigen Bündnisse zurück, die er von da an bis zu seinem Lebensende nicht mehr aufgab. Am 2. Oct. 1565 spricht er in einem Brief an Bullinger die Hoffnung aus, daß aus dem Engadin der Tyrannei keine Truppen gegen die Bekenner des Evangeliums (in Frankreich) bewilligt würden, und am 26. Aug. 1569 berichtet er, aus dem Engadin, besonders aus dem Unterengadin sei nie- mand in den gottlosen Krieg gezogen, und er hoffe, man werde es da- hin bringen, daß auch ferner niemand hinziehe und die Gemeinden ihre Einwilligung versagten. In der 1571/2 abgefaßten Topographie spricht er sich 286, 9—22 gegen solche Bündnisse aus und vertrat auch 1572 jedenfalls diesen Standpunkt mit aller Schärfe, als kurz nach der Bartho- lomaeusnacht der französische Gesandte Truppen begehrte; das Schrei- ben h. R. II 583, S—586, 35, welches damals unter den bündnerischen Geistlichen zirkulierte und über die Bekämpfung des Bündnisses An- weisung erteilte, ging wohl von Campell u. Egli aus. — In der historia Raetica, die im den folgenden Jahren geschrieben wurde, sind noch manche Andeutungen enthalten, daß ihr Verfasser dieser Meinung un- entwegt treu blieb, vgl. II 294. 4 ff. 326, 25 ff. und wie er noch kurz vor seinem Lebensende durch die nicht gerade zeitgemäße Kundgebung dieser Überzeugung argen Anstoß erregte, ist p. IX besprochen. 16) Über diese Überschwemmung vgl. Top. 153, 25 und Moor, Gesch. von Currätien II 201 Anm. 5; die Leiche wurde 6(?) deutsche Meilen un- terhalb bei Prutz wunderbarer Weise mitten auf einem vom Wasser an- geschwemmten Trümmerhaufen sozusagen unverletzt gefunden. Im En- gadin sollen, von dem durch Übersehwemmung in Gütern angerichteten Schaden abgesehen, 24 oder mehr Brücken weggerissen, nur drei stehen geblieben sein. Nach h. R. 11 459, 21 ff. wurde damals auch die Reiche- nauer Zollbrücke zum großen Teil zerstört, ferner großer Schaden im Ber- gell durch die Maera und im St. Jakobsthal dureh den Liro, (vgl. Top. 410, 35 ff.), im Veltlin durch die Adda verursacht. XCHl 17) Vgl. oben Anm. 7; auch von den Kindern aus zweiter Ehe ist uns nichts bekannt, als daß um Neujahr 1571 und auf Anfang Juli 1574 die Geburt eines solchen bevorstand, vgl. Egli an Bullinger, 19. Dec. 1570, Mus. Helv. XVI, 645 und Campell an Bullinger, 16. Juni 1574, bei Wartmann p. XLVI ff.; nach letzterm Schreiben war die Gattin zart und bedurfte der Schonung. 15) Vgl. über diesen Streit a Porta, hist. reforfh. eceles. Raet. I 2 433 ff. 19) Vel.a Portal 2, 513. ff. — Mus: Helv. XVI, 617 ff. Wart- ınann 1.1.p. XVII und Anm. 38 f. — Nach Mus. Helv. XV1 638 ff. war der gefährlichste Coneurrent Campells ein Churer Bürger, Marius schreibt Egli, es ist aber der h. R. 11 488, 6 ff. genannte Johannes Moerus, auf den alles vollkommen zutrifft, was in den Mus. Helv. XVI 638 f. Anm. nur z. T. abgedruckten Briefen Eglis über Marius gesagt wird: in der Abstimmung (1. Dez. 1570) erhielt Campell nach Mus. Helv. XVI 644 15 Stimmen, Marius 13! 20) Vel. h. R. II 471, 29 ff. und Schreiben an Bullinger vom 12. Febr. 1571. 21) In einem Brief von Tob. Egli an Bullinger, 19. Dee. 1570, Mus. Helv. XVI 645 f. wird berichtet, Campell sei zu einer Probepredigt da- gewesen, habe aber wegen der Anfeindung von seiten der Gantnerschen Partei nur geringen Beifall und eine kühle Aufnahme gefunden. Gleich- wohl fiel die endgültige Wahl nach dem folgenden Schreiben, 8. Jan. 1571, (ib.) auf ihn, und Egli erwartet seine Übersiedlung innerhalb eines Monats. — Über die Synode von 1571 vgl. man Kind. die Reformation in den Bistümern Chur und Como p. 166 ff. u. a Porta hist. reform. ecel. Raet. 12, 517 ff., sowie h. R. I 474-490 ; ib.491—516 erörtert Campell ein- gehend den Standpunkt, den er in dieser Frage eingenommen und noch einnehme, wohl nach damals gehaltenen Predigten. 2) Vgl. Wartmann.1. XIX ff. u. Anm. Näher auf diesen Handel einzugehen, ist hier nicht der Platz, man sehe darüber Bott, Ardüser, Commentar p. 257 ff. und die Dissertation von Dr. Valaer, Johann von Planta, nach. Jedoch muß gegenüber der Darstellung von Valer (ähnlich auch neuerdings im Jahrbuch der Neuen Bündner Zeitung pro 1900 p. 132 Anm.: „Er war mehr oder weniger ein Opfer der Prädikanten.“) zur Rechtfertigung meiner im Text gegebenen Auffassung betont werden, daß das Vorgehen der Churer Pfarrer nach Campells Bericht ganz be- greiflich erscheint; denn wie Wartmann mit gutem Grund bemerkt, war durch die päpstliche Bulle das protestantische Bünden in seiner Grund- lage (den doch gewiß zu Recht bestehenden Ilanzer Artikeln) bedroht, und es war geradezu Pflicht der Pfarrer, zum Aufsehen zu mahnen. Die Verteidigung gegen den gemachten Vorwurf, welche Campell h. R. II 546 ff. für sich und seinen Collegen vorbringt. verdient Gehör und bei seiner sonstigen Wahrhaftigkeit auch Glauben. Jedenfalls hatten die Geistlichen nicht auf ein solehes Ende hingearbeitet, sondern zur Ruhe XCIV eemahnt, man müßte denn Campell geradezu der Lüge beschuldigen wollen. Es geht dies übrigens auch aus den bei Valer abgedruckten Briefen Eglis zur Genüge hervor und namentlich daraus,daß Egli selbst von den zusammengelaufenen Scharen bedroht war (Valer p. 8. 9). Wenn Planta vor seinem Tode Campell vorhielt, „daß er ihn dahin bracht habe“ (ib. 95), während er im Gespräch mit Vertrauten Egli von aller Schuld freisprach (Egli an Bullinger, 14. Juli 1572; derselbe beruft sich dort auch auf ein vor Gericht verlesenes Zeugnis des Churer Rates von gleichem Inhalt), so mag das wohl mehr darin seinen Grund haben, daß er geglaubt hatte, bei Campell eher Stillschweigen voraussetzen zu dürfen, weil dieser mit ihm entfernt verwandt war (der eine Bruder Plantas, Balthasar, hatte eine Schwester von Campell, Benvenuta, zur Frau gehabt), als darin, daß Campell thatsächlich mehr Schuld trug; er hatte jedenfalls alle Schritte mit Egli gemeinsam unternommen. Über das prodigium s. unten Anm. 33. 23) Campell speciell muß man auch einen Vorwurf daraus gemacht haben, daß er eine Eingabe der Gemeinde Sondrio um Befreiung von der Zehntpflicht gegen den Bischof von Como, wo nicht verfaßt, so doch ins Lateinische, Deutsche und Romanische übertragen hatte, vgl. Wart- mann p. XXIl u. Anm. 48. Aber es scheinen doch diese Vorwürfe eben nur willkommene Vorwände gewesen zu sein, nicht der thatsächliche Grund. 24) Die Briefe Eglis aus diesen Jahren (z. T.im Mus. Helv. XVII p. 106 ff.) und die wenigen von Campell (s. Anm. 36) zeigen deutlich, wie sauer den beiden das Leben gemacht wurde von Gantner und seinen Anhängern. Am liebsten hätte man auch Egli den Laufpaß gegeben, wenn nicht die Scheu vor den Zürchern ihn einigermaßen geschützt hätte, und er selbst harrte nur aus, weil ihn diese nicht zurückriefen. Campell aber beklagte offenbar doch nicht so ganz ohne Grund (vgl. Wartmann p. XLVII £.) sich über Intriguen der beiden, besonders aber des jüngeren Pontisella. Am 22. Februar 1574 wird der alte Pontisella (der nach dem Briefe noch lebt, also am 28. März 1574 gestorben sein muß, nicht wie man nach dem falschen Datum Mus. Helv. XVII, 147 meinen könnte, 1573) beschuldigt, Campell zur Annahme der Churer Stelle be- wogen zu haben, um diese für seinen Sohn offen zu halten; auch von retentio fundi ecelesiastici durch Pontisella ist dort die Rede. 35) Über die Gründe, welche zusammenwirkten, um Campell zu diesem Schritt zu veranlassen, herrscht nicht volle Klarheit; h. R. I 609, 35 sagt er ausdrücklich, die wahren innersten Ursachen seien außer ihm nur einem oder zwei Vertrauten bekannt, d.h. wohl Egli und Bul- linger. Ein ausführliches Schreiben an letztern vom 16. Juni 1574 liegt zwar vor (vgl. Wartmann p. XLVI ff.); es giebt aber nur Aufschluß über den Verlauf der Angelegenheit seit der Demission (Ende 1573, vgl. Eghı an Bullinger, 2. Jan. 1574). Ein andrer Brief dagegen, worin Campell die Gründe dargelegt haben will, ist verloren; auch Simler wird am 29, N % \ XV Juni 1574 von ihm auf ein kürzliches Schreiben an Bullinger und auf zwei frühere verwiesen. Am 22. Febr. 1574 berichtet Egli. von ihm auf- gefordert, habe Campell ausführlich an Bullinger geschrieben, und er bezeuge auf die Bitte seines Amtsbruders, daß die Churer an diesem. wenn nicht gewisse Leute gegen ihn intriguierten, nichts auszusetzen hätten als die übergroße Länge seiner Predigten. Am 2. Jan. nennt er als Gründe der Demission Gottesverachtung und Undank, Mangel an Zuhörern und Intriguen jüngerer Leute, und am 15. Febr. schreibt er: „wie oft habe ich gesehen, daß seine Predigten mitten in der Kirche vom jüngern Pontisella mit spöttischem Lächeln aufgenommen wurden !* — am 14. Juni endlich: ganz unerwartet sei am 9. Juni Pontisella ge- wählt worden. >6) Nach Mus. Helv. XVII 167 (Brief Eglis, 9. Aug. 1574) wollte Campell am 10. Aug. nach Davos gehen, um Saumpferde für den Trans- port seines Hausrates zu bestellen. — Über den großen Churer Brand vom 24. Juli 1574 vgl. meine Arbeit im Bündner Monatsblatt 1899, für das Übrige h. R. II 609, 32 ff. 27) Campell hatte diese Schrift eigentlich in der Absicht der Publi- kation verfaßt; diese kam aber nicht zu stande, weil die Synode nur den ersten Teil approbierte, den zweiten dagegen einer Commission zur Prüfung überwies und auch den Zürchern vorlegte. Der Verfasser war natürlich über den neuen Mißerfolg sehr enttäuscht. Einstweilen ver- breitete er die Abhandlung in Abschriften der romanischen Übersetzung, die er angefertigt hatte, um die für den 1. Teil von der Synode beschlos- sene, für den 2. von ihm gewünschte Vorlesung in den Kirchen zu er- möglichen. Nach einer Bemerkung Pontisellas gegen Gualther, 24. Juni 1577, glich die Schrift in der Länge ihrem Autor (— prolixum istum librum, staturam auctoris hac in parte referentem). Für die unterblie- bene Publikation entschädigte sich Campell durch ausgiebige Mitteilung in der historia Raetica II 617—647, wo auch der zweite Teil mit großem Eifer verteidigt wird. — Im vorangehenden Jahre (1576) scheint Campell gar einen allerdings aussichtslosen Versuch gemacht zu haben, der Re- formation in den Unterthanenländern zur völligen Durchführung zu ver- helfen ; er erzählt nämlich h. R. II 648—665, daß auf dem Bundstag in Davos Ende Oct. 1576 Vertreter der Katholiken in Veltlin und Cläven das Gesuch gestellt hätten, ihnen wieder die Anstellung auswärtiger Geistlicher zu gestatten. Bei diesem Anlaß habe es nicht an Leuten gefehlt, welche die reformierten Gemeinden bearbeiteten in dem Sinne. daß die evangelische Mehrheit die Unterthanen zwinge, nicht nur auf fremde Priester, sondern selbst auf die einheimischen zu verzichten und die Reformation anzunehmen. Hierauf wird 651, 17—665, 3 die Begrün- dung eines solchen Antrages, wie sie damals von irgend jemand auf- gestellt worden sei, eingehend mitgeteilt zu gelegentlicher Benützung. Der nicht genannte Autbr dieser Begründung war wohl kein andrer als eben Campell selbst, der seinen Namen verschwieg, weil XcVl H dio ganze Angelegenheit noch 1579 nicht vor die Gemeinden ge- bracht war. 25) Schon in einem (Wartmann nicht bekannten, vielleicht jetzt verlorenen ?) Brief vom 21. Nov. 1571, Mus. Helv. XVII 133 ff. (a Porta. hist. ref. I. 2, 634 Anın. schreibt den Brief allerdings Egli zu, aber schon der Anfang zeigt deutlich, daß er von Campeil verfaßt ist), berichtet Campell am Schluß, in Bergün stehe der alten Lehre ein baldiger Un- tergang bevor; denn ein vornehmer, nicht ungelehrter Mann aus diesem Orte erbitte sich von der Synode die Erlaubnis, dort als Prediger funetionieren zu dürfen. — Im Übrigen vgl. Wartmann u. h.R. U 676, 20-655, sowie Bott, Ardüser p. 375 f. 383. 2) Kind, Einl. p. X, redet von einem Druck der Predigt. In dem von ihm eitierten Schreiben von Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich an Bürgermeister und Rat der Stadt Chur, 27. Juni 1582, ist zwar die Rede von einer Beschwerde der französischen Gesandten wegen eines Buches, das in Bünden „ein predicant — zuo abwenndig- machung jers begärens vnnd werbenns angeregter vereinigung gestellt vnnd vsßgaan lasße. Zuodem ein Sinodus old versammlung gehalten worden. Damitt die annderen vnnd überigen prediecannten eben das Jhenig. so das buoch Inn halltet, predigen söllind“ ete.; man hat aber doch wohl eher an Verbreitung von Abschriften zu denken (wie oben Anm. 27). Das von aA Porta, hist. ref. II 26 erwähnte Schreiben Gualthers an Pfarrer Hubenschmid in Chur vom 26. Juni ist ähnlichen Inhalts, auch aus ihm läßt sich kaum auf einen Druck schließen; nicht einmal den Namen des Verfassers kennt man in Zürich. Eine Abschrift des Briefes in einem von a Porta angelegten Sammelband „Autographa Miscella tom. I* im Archiv Zizers weist Randnoten von anderer Hand auf; aus diesen und einer Notiz auf der Rückseite des Schreibens im Staatsarchiv geht eigentlich erst hervor, daß es sich um eine Schrift Campells handelt, auch das Schreiben des Churer Rates an Campell ist nur in diesen Randnoten erwähnt. In dem Inventaire sommaire des documents relatifs aA l’histoire de Suisse conserves dans les archives et bibliotheques de Paris von Ed. Rott Ire partie ist p. 316 ein Schreiben des französischen Residenten bei den drei Bünden an die französischen Gesandten in Solothurn, Chur, 15. Juni 1582 erwähnt „convernant le livre du ministre qui preschoit l’impiete de l’alliance* — und p. 186 das Schreiben dieser Gesandten an Zürich, Solothurn, 23. Juni 1583 (beide in der Bibliotheque Nationale); ebenda p. 318 wird aufgeführt: „Concio eoelini die Dominico (sie) penultimo mensis juli) habita anno di 1581 super foedere cum Rhoetis cum rege Galliae, aut cum rege Hispaniae (si forte contingeret ita res volvi), renovando, instaurandove, jungendo vel recipiendo“, woraus zu ersehen, daß Campell diese Predigt schon Sonntag, den 30. Juli 1581 gehalten hatte; — endlich ist ib. p. 423 f. noch genannt: „Coneio Huldrici Campelli in causa confederationis [ad Pastores ecclesiarum Ingadinae, frattresque suos, sibi longe EN ee VENEN DE EEE XCViI dileetissimos, Huldryeus Campellus|* und „[Livre d’un mynistre des Grisons contre lalliance du Roy et autres potentatz pour empescher le' renouvellement. faictz en Tanne 1552] (avec une annexe (1585) relative au m&me sujet)“, fünf Folio umfassend; alle drei im Ministere des Affaires Etrangeres aufbewahrte Manuscripte. Ein Beweis für den Druck der Predigt ist daraus nicht zu entnehmen. — Campells Vor- gehen war übrigens um so weniger am Platz, als Frankreich damals die Hand bot zum Schutze Genfs gegen Savoyen, hinter dem der Papst und Spanien standen. 30) Auch über die Familie fehlen uns weitere Nachrichten, doch sollen heute noch direkte Nachkommen des Historikers leben. Die folgende Äußerung findet sich bei Wartmann 1.1. p. XXVI. 31) Vgl. auch noch Anm. 27 zweite Hälfte. »2) Näheres über diese Dramen, sowie über ein von Campells Vater verfaßtes Vorspiel und über andere romanische Schauspiele ist p-LXXXV f. mitgeteilt. 33) Vgl. Rheinquellen p. 209 ff. und Valer, Joh. von Planta p. 65: die Ansicht Valers über den von dieser Sonnenerscheinung schon gemachten oder noch zu machenden Gebrauch, „um das Volk gegen Planta aufzuregen“, kann ich freilich nieht teilen, sondern glaube an die Absicht, dieselbe als Warnung, zur Abschreckung von allen extremen Schritten zu verwenden. >) Vgl. h. R. II 601 f. und Mohr, Übersetzung, 2. Buch p. 512 ff. 3) Vel. Wartmann p. LIX Anm. 61 u. h. R. I 207, 18; 221, 12 f. 292, 15 f. 441, 31, wo teils Capitel 49, teils 60-62 dieses Werkes eitiert sind; es muß also ziemlich umfangreich gewesen sein. An drei Stellen wird für Genealogie der Hohenstaufen und Habsburger darauf verwiesen, an der vierten für das Treffen bei Bellinzona (Arbedo) 1422. Falls dıese prisea Helvetia überhaupt vollendet war, ist der Verlust kaum zu bedauern, da sie in der Hauptsache wohl nur eine Übersetzung von Stumpf bildete; doch könnte die Arbeit, mit der Campell schon einen ähnlichen Zweck verfolgt haben dürfte, wie Simler ihn im Auge hatte, der Anlaß gewesen sein, daß gerade er demselben als Mitarbeiter vor- geschlagen wurde. \ 36) Eine Abschrift dieser Briefe, die seinerzeit im Auftrag der allgem. geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz angefertigt worden ist und aus welcher Wartmann in seiner Einleitung das Wichtigste mitgeteilt hat, befindet sich jetzt in der hiesigen Kantons- bibliothek. Die Originale liegen auf dem Staatsarchiv oder der Stadt- bibliothek in Zürich; über einen weiteren Brief Campells s. oben Anm. 28. — Über Simler vgl. den Aufsatz von G. Meyer v. Knonau: Josias Simler als Verfasser der „Vallesiae Deseriptio“ und des „Commentarius de Alpibus“, Jahrbuch des Schweizer Alpenelub. XXXI p. 217— 234. >) Der volle Titel von Stumpfs Chronik lautet: „Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten Landen vnd Völckeren Chronickwirdiger thaaten beschreybung“:; die erste Auflage erschien 1548 bei Froschauer in Zürich, eine zweite 1586. — Für das Übrige vgl. Simlers Vorrede zur Vallesia. >) Vallesiae deseriptio. libri duo. De Alpibus commentarius, Josia Simlero auetore. Zürich, Chr. Froschauer 1574. Vorrede vom 9. Aug. 1574. »)) Dies geht hervor aus Campells Brief an Simler vom 1. Mai 1573, bei Wartmann Anm. 53; Simlers oder Bullingers diesbezügliches Schreiben an Egli oder Pontisella, sowie deren Antwort scheint leider verloren zu sein; vgl. auch Anm. 59. 0) Gallicius hatte eine Schrift über Geographie (von Rätien ?) verfaßt, die von Campell oft citiert und als Quelle benützt wird, besonders in der Topographie, vgl. dort das Register; nach den Citaten muß Gallieius darin hauptsächlich auf Etymologie der Ortsnamen, Ab- leitung derselben von altlateinischen und auf Besiedelungsgeschichte (Gewicht gelegt haben (vgl. p. LXXX, Wartmann, 1. 1, p. LXV und Kind, Einl. p. XIV f.); heute kennt man keine Spur der Schrift mehr. — Über den jüngeren Pontisella vgl. unten Anm. 54. !y Tschudis Büchlein führte den Titel „Die vralt warhafftig Alpisch Rhetia, sampt dem Traet der anderen Alpgebirgen — durch — herr Gilg Tschudi von Glarüs — in Tütsch spraach zuosamen getragen, vnd yetz mit einer Geographischen tabel vBgangen. Getruckt zuo Basell. M. D. XXXVIII®. Gleichzeitig erschien eine lateinische Übersetzung von Sebastian Münster und 1560 eine zweite, unveränderte deutsche Ausgabe. 12) All diese Angaben lassen sich entnehmen aus Campells erstem Schreiben an Simler, Süs, 11. Nov. 1570 (bei Wartmann, Anm. 53 und 55 zum großen Teil abgedruckt); die Probe selbst muß ohne Begleit- brief, wohl durch Egli oder Pontisella eingesandt worden sein. Simlers diesbezügliches Schreiben ist wie seine späteren nicht mehr bekannt; wir können nur aus Campells Antworten auf ihren Inhalt schließen. _ 43) Campell an Bullinger, 12. Febr. 1571, vgl. den zweiten Brief an Simler bei Wartmann, Anm. 56. +) Der Brief ist bei Wartmann, Anm. 56, fast ganz-abgedruckt. Die 34 ins Reine geschriebenen Bogen ergeben 272 Seiten Manuseript; nun beginnt S. 273 des Originals auf p. 200,7 der Ausgabe von Kind, es war also noch nicht einmal die Hälfte des bei Kind abgedruckten Textes (431 S.) vollendet, ganz zu schweigen vom II und IV. Anhang, welche nach dem Briefe damals (wie der I. Anhang) noch gar nicht beabsichtigt waren. 35) Man vgl. Top. 153, 6 und 26; 154, 25; 157, 25 f., wo statt 1423 im Original 1424 corrigiert ist; 166, 17: 238, 18; alle diese Stellen weisen auf das Jahr 1571 als Zeit der Abfassung hin; einzig 165, 25 ist 1572 geschrieben, der Satz kann aber ein Nachtrag sein, da 166, 17 nach Su A ae x EEE TRAEN N WE m ie ha an a a Fa dr in us dem Wortlaut schon vor dem 2#. Febr. 1571 geschrieben ist. 248, 17 ist Joh. Planta noch am Leben, was sowohl auf das Jahr 1571 wie 1572 deuten kann, weil die Hinrichtung erst Ende März 1572 erfolgte. Alle späteren Stellen dagegen weisen auf {as letztere Jahr hin, nämlich 296, 23; 804,. 21 (vgl. 'h. R. D 67, 1 ff.); 330, 22; 332, 22; 391, 25 ff., (407, 30); 412, 21 f. 417, 30: 420, 34 vel. mit 421,42, wo das Original 1568 bietet; 423, 25 vgl. mit h. R. 1 543, 5 ff. — 254, 5, wo auf das Jahr 1579, und 422,6, wo auf. 1581 Bezug genommen wird, sind Nachträge (s. u. Anm. 56), von denen der letztere noch heute im Original als solcher leicht zu erkennen ist; beim erstern ist dies unmöglich, weil p. 333—340 des Originals fehlen und im Druck (250, 30— 255, 10) aus Guler ersetzt sind, vgl. Anzeiger f. Schweizer Geschichte 1899 p. 150 Nachtrag zu 250, 30. 46) Nach einer Notiz auf der Adresse des Briefes wurde das Manuseript übersandt in einer „Lädertäschen“, die „H. Wolfgang Haller“ gehörte, vel. Wartmann p. LI Anm. ** und den Brief selbst bei dem- selben in Anm. 57. Im Postscriptum erwähnt Campell, daß er Simler gern ein Paar der in seinem Buch (Il. Anh. 111) angeführten Schnee- hühner oder einen Auerhahn geschickt hätte, jetzt aber keine zu be- kommen seien. 47) Diese Karte ist leider nicht erhalten, man müßte denn an- nehmen, Guler habe sie für sein Werk benützt, wie er es mit dem Text Campells gemacht hat. Nach dem, was in dem erwähnten Brief über die Karte gesagt wird, war darauf das ganze rätische Gebiet, sowohl das einstige wie das damalige, dargestellt und waren, soweit möglich, die meisten Orte angegeben; dabei versichert der Autor, daß die Dar- stellung weit genauer und richtiger sei als die bisherigen, besonders was das Engadin, das Münsterthal und angrenzende Etschland, sowie die zehn Gerichte betreffe. Die Karte sei nach der durchaus zuver- lässigen Beschreibung in der Topographie angefertigt, sodaß eines das andere ergänze und erläutere: deshalb möge auch bei allfälligen Ände- rungen im Text an der Karte nichts geändert werden, und namentlich möchten die Orte so bleiben, wie sie angegeben seien. Dies könne leicht geschehen, wenn der Kartenstecher den Gebirgszügen zwischen den Thälern etwas weniger, diesen aber’etwas mehr Platz zuteile und die Namen in kleiner Schrift anbringe. In der Top. 226, 3 ff. wird die Karte von Stumpf kritisiert betreffs der Angaben über Nauders; auf seine eigene Karte verweist Campell nur an wenigen Stellen, nämlich h. R. 138, 20 ff. 443, 29 und Nachtrag zu h. R. 1 29, 4 Anz. f. Schweizer Gesch. 1899 p. 206. 18) Das Gedicht von Egli ist wie die ersten 26 Seiten des Originals der Topographie verloren, vgl. Anz. f. Schweizer Gesch. 1599 p. 176; was in der Kind’schen Ausgabe dafür eingesetzt ist, stammt aus dem Auszug von Guler. Außer jenem Gedicht ist damit auch das Titelblatt, die Vorrede, wahrscheinlich mit Dedication an Simler, und jedenfalls noch ein guter Teil des Textes verloren gegangen, wie sich z. T. noch nachweisen läßt, 5. p. LAXV; übrigens weist schon der geringe Umfang des ersten Kapitels darauf hin. 49) Vgl. Wartmann, Anm. 57 (p. LM). >) Die Vallesia ohne den commentarius de Alpibus umfaßt nur 125 Seiten. das erste Buch der Vallesia gar nur 70 Seiten klein Oktav, die Topographie in der Kind’schen Ausgabe 431 Seiten größten Oktavs. 5t) Vgl. Vallesia, prasfatio fol. 6 und commentarius fol. 66. An manchen Stellen erinnert der commentarius de Alpibus sehr an den III. Anhang zur Topographie. was sich aber ohne Annahme einer Ent- lehnung erklären läßt aus der gemeinsamen Benützung von Stumpfs neuntem Buch; die Behandlung des Gegenstandes bei Simler und Campell geht in der Hauptsache doch von sehr verschiedenen (resichts- punkten aus. 52) Über den Stil vgl. den Brief Bullingers an Pontisella und p. LXXXVII. 53) Derselbe ist abgedruckt bei a Porta, hist. ref. ecel. Rat. pref- fol. b2 ff. Das Datum ist nicht bekannt; doch geht aus dem Inhalt hervor, daß der Brief geschrieben sein muß, als Campell Chur schon verlassen hatte, also nicht vor August 1574, vgl. oben Anm. 26 und Wartmann p. LIlI und LVII (Anm. *). 54) Der Brief scheint hervorgerufen zu sein durch einen solchen Pontisellas, worin dieser allerhand an Campells Arbeit ausgesetzt und sein eigenes Licht nicht unter den Scheffel gestellt haben dürfte. Bullingers gute Meinung von Pontisella ist durch diesen später nicht gerechtfertigt worden. Allem Anscheine nach ist ihm das Kritisieren auch leichter gefallen als das Bessermachen, denn wir wissen nichts dlavon, daß er sich ermstlich an eine Bearbeitung der Bündnergeschichte machte. Einzig ein Manuscript über die Bischöfe von Chur in dem von Tscharner’schen Familienarchiv in Chur deutet darauf hin, daß er die Arbeit überhaupt in Angriff genommen hat. 5) Wartmann p. XXVIIIL Ein größerer Nachtrag im IIL. Anhang (Abschn. 18 und 19) geht wohl auf ähnliche gegen Campell geäußerte Wünsche Bullingers zurück. Im übrigen möge man den Inhalt dieses Anhangs und die versuchte Reconstruetion des vierten vergleichen und danach selbst urteilen. 56) Solche Zusätze sind z. B. p. 13, 12—15, 10 (vgl. Anzeiger für Schweizer Gesch. 1899 p. 177); 16, 30—33 (qui- evangelica): 23, 10-18; 32, 22-38, 2; 35, 4-36, 37; 37, 27-38, 4; 53, 3-80; 62, 18-28; 65, 31-34; 90, 18 ist ein solcher verloren (vgl. Anz. f. Schweizer Gesch. 1899 p. 178); 110, 27—111, 12; 116, 1—12; 125, 37—127, 24 (jetzt im Original verloren, nur in der Zizerser Handschrift noch erhalten); 129, 22-130, 22 (vel. h. R. 134); 148, 11—18; 160, 15—161, 2; 168, 16 ist wieder ein solcher verloren, nach Guler muß darin der Name Bisaz auf den „Byzacenus Afrie® regionis ager“ zurückgeführt worden sein; auch 170. 19 ist auf einen jetzt verlorenen Nachtrag verwiesen: 185, 33—186, 5; .201, 19—25; -202,.27—84; 205, 23—825 206, 29—32; 211, 2634; 220, 3—6;' 241, 2—242, 3; 268. 19—270,.26; 273, 30-274, 22; 304, 30; 325, 2—326, 37; 347, 10—23 (aus dem Brief an Simler, 7. Sept. 575); 402, 18—28; 408. 29 Verweisung auf einen verlorenen Nachtrag; 422, 6—9 (vgl. Anz. f. Schweizer Gesch. 1899 p. 183); 423, 22 im Ma- nuscript ein im Druck fehlender Zusatz (vgl. 1. 1.).. Aus diesen zalıl- reichen Nachträgen, von denen einer (422, 6-9) sogar erst aus dem Jahre 1551 stammt, geht hervor, wie eifrig Campell bemüht war, seine Darstellung zu vervollkommnen; das Gleiche zeigen auch mannigfache Streichungen und sonstige Änderungen, worüber zu vergleichen Anz. f. Schweizer Gesch. 1899 p. 176 und ff. 57) Über dieses Manuseript, jetzt im Besitz von Oberst Th. von Sprecher in Maienfeld, ist Näheres mitgeteilt in meinen Nachträgen zu Campell im Anz. f. Schweizer Gesch. 1899 p. 175 f. Daß es das gleiche ist, welches Campell schon 1573 Simler gesandt hatte, beweisen eben die späteren Zusätze. 8) De Helvetiorum republica. Accedunt pagorum omnium typic# tabule. Parisis 1577. 8° noch oftmals gedruckt. 5) Vgl. Wartmann ]. 1. Anm. 56. h. R. U 516, 29 ff. sagt der Autor bei Anlaß des Planta’schen Handels, er würde ihn lieber übergehen, wenn er nicht, bevor diese Wirren begannen, die Aufgabe der Abfassung einer Bündnergeschichte übernommen und Ehrenmännern das Ver- sprechen gegeben hätte; als solche nennt er dann Simler, Tob. Egli und den ältern Pontisella, sowie Lavater, dem er indirekt durch jene die Zusicherung gemacht habe. 6) S. die Briefe bei Wartmann Anm. 57, 60 und 61. sowie dessen Text p. XXIX ff. — Ein scharfes, wenn auch nicht unberechtigtes Urteil fällt über den Teil der historia Raetica, welcher die Bündner- geschichte bis zum Schwabenkrieg behandelt (Cap. 140), a Porta auf fol. b der praefatio seiner hist. ref.: nach seiner Ansicht hätte Campell diese ältere Geschichte auf wenigen Blättern abmachen können und sollen; vgl. dazu Wartmann p. XXXII £. 1) Hist. ref. praef. fol. b‘. — Die Zahl 1577 könnte übrigens auch durch Versehen aus MDLXXXII (MDLXXVII) entstanden sein. b2) Schon 603, 9 und 15 ist das Jahr 1577 genannt; vgl. sodann 617, 31; 630, 13; 636, 5; 646, 1; 665. 12; 666, 28; 667, 21; 676, 14; 684, 27; 69, 34; 694, 1 und 10. 63) Diese Stelle aus den Landesprotokollen eitiert schon Bott, Ardüser p. 39 f. 64) Vgl. für die Topographie Kind, p. VI, für die historia Raetica Wartmann Anm. 61. Eine vollständige Abschrift des ganzen Werkes ist nur in dem Archiv der Familie von .Salis in Zizers erhalten; bevor das Original der Topographie wieder aufgefunden wurde (1898). war dies überhaupt das einzige bekaunte Exemplar derselben. Nach ihm wurde auch ursprünglich eine Abschrift für die vorliegende Publikation ange- fertigt; erst nachher kam das Original zum Vorschein und konnte genau verglichen werden. Über Ergänzungen und V erbesserungen des Textes der Topographie sowohl, wie der historia Raetica, die aus dem Original der ersten und aus einem bei diesem liegenden Bruchstück des Manuscriptes der letztern sich ergeben, vgl. Anzeiger für Schweizer (Geschichte 1899 p. 175 ff. und 202 ff. 5) C. von Moor, Geschichte von Currätien etc. II p. 204, vgl. Bott. Ardüser p. 395. Als „Vater aller bündnerischen Geschicht- schreiber“ wird Campell bezeichnet von G. E. von Haller, Bibl. der Schweizer Gesch. IV 427. 66) Vgl. Kind, Einl. p. XII. 6%) „Generalis appendix, quae est in ordine tertia, ad totam simul hodiernam Rhaeticam ditionem“, als dritter Anhang bezeichnet, weil ihm ein erster über die ehemals rätischen Gebiete (Rheinthal und Sarganserland) und ein zweiter über die Unterthanenlande voran- gehen, als allgemeiner, weil jene beiden nur specielle Landesteile betreffen. 68) Nach der Einleitung (s. III. Anh. 1 und vgl. oben Anm. 44) ist Campell erst nachträglich auf den Gedanken gekommen, diesen Anhang noch beizugeben, auch wollte er ursprünglich in demselben noch über die Bewohner des Landes sich aussprechen, bis er erkannte, daß der Umfang des dritten Anhangs so allzusehr anschwellen würde, und deshalb die diesbezüglichen Angaben in einen vierten Anhang ver- wies; das geht hervor aus einer Textänderung im III Anh. 1, worüber (dort die Anm. Auskunft gibt. 69) Vgl. das eingehendere Inhaltsverzeichnis. ‘") Von Leuten in Bünden, die sich für Naturgeschichte, besonders für Botanik interessierten, sind aus Gesners epistolae medicinales und aus dessen horti Germaniae fol. 238 bekannt der damalige Pfarrer zu St. Martin in Chur, Joh. Fabrieius Montanus, ein Neffe von Leo Iud, Joh. Pontisella, Lehrer (Moderator) an der sog. Nicolaischule, und die Ärzte Hieron. Brixius und Zach. Beeli. Am meisten Verständnis zeigte Fabrieius, der überhaupt ein Mann von allgemeiner Bildung gewesen sein muß, auch als Dichter sich hervorthat; er hat z. B. auch mit Beeli und Pontisella im Juni 1559 den Calanda bestiegen. Pflanzen gesammelt und Gesner übersandt; der Bericht ist im Anhang zu der von Gesner herausgegebenen historia de plantis des Valerius Cordus abgedruckt; vgl. Anm. 72. A) Vgl. Wartmann, 1. 1.p. XXXIV. °2) Über Gesners Reise vgl. A Porta, hist. Ref. I 2, 336 (mit einem ebenda abgedruckten Gedicht von Fabricius, welcher Gesner begleitet hatte, über die Schulser und Tarasper Quellen, s. II. Anh. 10 CH Anm.) und Brügger, ostrhätische Studien zur Geschichte des Bade- lebens (Zürich 1863) p. 34 ff, sowie Top. 210, 7 ff.; über Campells Correspondenz mit Gesner berichtet jener selbst Top. 217. 21 ff. und II. Anlı. 22, dazu vgl. Brügger, p. 41 und Anm. ”») Man vergleiche in dieser Hinsicht z. B. Simlers commentarius de Alpibus und das Urteil B. Studers über denselben (bei Meyer von Knonau in dem Anm. 36 erwähnten Aufsatz). 4) So z. B. in der Schilderung des Murmeltiers (III. Anh. 67—7S, besonders 71): da könnte man wohl neue Beobachtungen oder doch Verwerfung unrichtiger Anschauungen erwarten. Aber gerade hier folgt Campell getreu seiner Vorlage und erzählt Stumpf kritiklos den fabelhaften Bericht über das Einsammeln des Heues nach. Allerdings beruft sich Stumpf für diese ganze, sonst zuverlässige Schilderung aus- drücklich auf eigne Beobachtung (s. Il. Anh. 67-78 Anm.), sodab Campells Verhalten sich auch in der Weise erklären läßt, dab er einer- seits jene Darstellung durchaus billigte, anderseits, was er nicht besser wußte, im Glauben an die Autorität des Plinius keiner Kritik unterwarf. “5) Eigene Beobachtung finden wir z. B. in Abschnitt 15, 18, 39, 41 Schluß (?). 42, 48 ?, 60 ?, 63 Schluß, 77 Schluß, 96, 102 (reete!), 103, 106, 1112, 1152, 117? auf Jäger beruft er sich in Abschnitt 39, auf An- gaben der Großväter 54, auf andere Zeugen 103, auf seine eigene An- sicht 22 und 47; gegen Stumpf polemisiert er 62 f. 76) uber das genauere Verhältnis der Darstellung Campells zu Stumpf geben die Anmerkungen zu den einzelnen Abschnitten Auskunft; Einschaltungen, die eigentlich gar nicht zum Thema passen, finden sich in 56 f., 91, 94, auch 103 und 114. “) Vgl. Abschnitt 857 und W. 78) Über die Quellen, welche Campell für die einzelnen Abschnitte benützte, bieten im Detail die Anmerkungen zum IH. und IV. Anhang Auskunft. Die hauptsächlichsten sind die oben im Text genannten: Stumpf, Plinius und Gesners icones; dazu kommt vor allem noch das Lexikon des Calepinus und für einige Abschnitte eine Schrift de partibus aedium von Franc. Marius Grapaldus (s. Ill. Anh. 44, Anm.). Doch kann Campell die Citate aus antiken Schriftstellern (außer Plinius) nicht alle Calepinus entnommen haben, wenigstens sind nicht alle in der Ausgabe, welche mir vorlag (1623), enthalten. Außerdem sind auch neuere, z. T. zeitgenössische Autoren genannt, die Campell wahrscheinlich nur aus Citaten kannte; manche sind schon bei Gesner, besonders in den icones avium ceitiert, andere aber finden sich da nicht. Es muß deshalb angenommen werden, er habe noch irgend ein ähnliches Sammelwerk zur Hand gehabt; denn eigenes Studium all der gelegent- lich eitierten Autoren ist für diesen Teil seines Werkes ebenso wenig anzunehmen wie z. B. für die historia Raetica, worüber vgl. Wartmann, ‘ Einl. Anm. 71. — Welche Ausgabe von Gesners icones Campell zu CV Rate zog, läßt sich nieht erkennen; im der 2. Ausgabe „der icones animalıum quadrupedum (1560, die 1. Auflage konnte ich nicht bekommen), ist die plinianische Fabel von den Bärenjungen, welche erst durch Lecken von der Mutter geformt werden, p. 65 widerlegt unter Hinweis auf einen Foetus, den Gesner aus Polen erhalten hatte. Danach kann Campell nicht diese 2. Ausgabe benützt haben, oder es geschah nur ganz oberflächlich. 9) Vgl. auch das Urteil von B. Studer über Simler an der Anm. 73 genannten Stelle. 30) S. oben Anm. 68. st) Dies ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit aus dem Abbrechen der Zizerser Absehrift (s. Anm. 64) an der nämlichen Stelle und daraus, daß unten auf dem letzten Blatt des Originals von früheren Lesern Notizen angebracht sind. worunter: „1681. 7 bris“ (= Septembris); die anderen beziehen sich auf die Zeit der Abfassung des Werkes: „haeec sunt seripta Anno Domini 1572, ut videre est fol. 222 (=165, 25) et fol. 529 (=417, 30); 1571 fol. 205 (=153, 26); 1542 fol. 53. (=411,'29) "An fder letzten Stelle ist die Jahrzahl natürlich nicht auf die Abfassung zu beziehen: über die übrigen gibt oben Anm. 45 Auskunft. 52) Vgl. darüber Wartmann, 1. 1. p. XXALII. 3) Soll wohl heißen „was stehen kann“. 1) Tacitus, Germania 16. >) D. h., nach der von Stumpf selbst auf der vorangehenden Seite gegebenen Erklärung, ohne Basel und Schaffhausen. s6) Vgl. Stumpf, X. Buch, Kapitel 7 über den Veltliner, ähnlich wie Top. 417, 21 ff. Kap. 20 (f. 319) über das Rheinthal von Chur bis Lanquart im allgemeinen und (319°) über die Gegend von Zizers, Kap. 22 (fol. 320°) über die Herrschaft, überall mit Ausnahme der ersten nur kurze Notizen. “) Vgl. Tsehudis Rhetia, die von Stumpf für das X. Buch, wie er in der Vorrede und im Text mehrmals bemerkt, z. T. wörtlich be- nützt wurde. >) S. Anzeiger f. Schweizer Geschichte 1899 p. 207. s9) Dies thut Kind, Einl. p. XIII; doch ist mir nieht bekannt, worauf diese Angabe sich stützt. Aus der öfteren und immer ehrenden Erwähnung Finers bei Campell (vgl. das Register zur Topographie) geht - eher das Gegenteil hervor. ») Die ganze Angelegenheit ist eingehend behandelt hist. Raet. II 356 ff. und bei a Porta, hist. ref. 12, 241 ff. 91) Über die Engadiner s. p. XL, über das Romanische p. LXXIV ff. allerdings steht nicht fest, ob neben den ausführlichen Erörterungen dieses Gegenstandes zu Anfang der Topographie und der historia Raetica auch noch im IV. Anhang davon gehandelt war. 92) „De quibus alias latius dicetur“, Top. 406,34 hinter „abdneuntur“. Su »3) S. III. Anh. 6 und 34. 9) Im folgenden bezeichnen die bloßen Zahlen Citate aus der Topographie, h. R. verweist auf die historia Raetica. 9%) Von dem nämlichen wird h. R. 1 692 das Gleiche erzählt; er heißt dort Dominiecus Rimathaeus, wonach hier vielleicht Mennig zu schreiben ist. : 6) Vgl. Pallioppi s. v. Chapella und Mohr, Übersetzung p. 74 Anm., über ein Siechenhaus in Maienfeldl Bündn. Monatsbl. 1895 p: 221-1. »7) Letztere Behauptung bezieht sich natürlich auf reformierte Geistliche, und nach den sonstigen Angaben (eine ganze Reihe werden mit Namen genannt in der Topographie und der historia Raetica) er- scheint sie nicht sehr übertrieben. Zur Mitteilung aller Notizen über die Reformation (nur die reformierte Lehre gilt natürlich Campell als Frömmigkeit) ist hier nicht der geeignete Platz. »>) Von Streitigkeiten werden erwähnt: eine solche zwischen zwei Familien in Lavin um 1440 173, 26-175 29 und eine ähnliche in (Guarda vor Campells Zeit 175, 26 ff.. ebenso in Sent 204, 25 ff., arge Parteiungen in Schuls (vor 1530) 201, 26; ein erbitterter Streit zwischen den Gemeinden Süs und Lavin um 1530 über den wald- und weide- reichen Berg Lareth 175, 30 ff. — zwischen Schuls und Tarasp um Wald und Weiden, etwa 1560, 209, 1 ff. 230, 1 — zwischen Remüs und Matsch um die Reliquien des heil. Florin 215, 11 ff. — zwischen Remüs und Riesch (Reschen an der Etsch) um die Grenze, etwa 1560, 218, 37; 229, 36 — ähnlich zwischen Samnaun und Fließ 229, 20 — zwischen Tarasp und Engadin um Gerichtsbarkeit. etwa 1570, 210, 1 ff. — im Prättigau ehemals zwischen den Deutschen und den Romanen um Gleich- berechtigung der ersteren 332, 21 ff. — Politische Unruhen wer- den genannt: im Jahr 1541 247, 15 — 1549/50 (wegen des französisehen Bündnisses) h. R. II 327, 17 ff. 325 f. 351. 18 — 1557 (im Engadin wegen Wahlen und sonst in Bünden) h. R. II 368, 5 ff. 17 ff. — 1565 (der Speck- krieg) 212, 19 fi. 221, 9; 238, 18; 254, 13; h. R. I 420 ff. — 1572 (der Prozeß gegen Joh. Planta) 423, 25 ff. h. R. I 516 ff. — 573 ıh. R. U 558 f. ete. Über die Entstehung zweier Parteien. der französischen und spanischen vgl. h. R. II 74, 4 ff. 292 ff. »)) Selbstverständlich kannte Campell die Getreidearten wohl. welche angebaut wurden, dagegen war er (durch falsche Etymologie verleitet?) über die lateinischen Bezeichnungen nicht im Klaren. Heute wird der Weizen im Engadin mit furmaint, Roggen mit sejel bezeichnet (daraus die Verwechslung von siligo und secale?); im Oberland heißt der Weizen salin, am Heinzenberg nach Ulrich, Beiträge zur bündner. Volksbotanik salign, offenbar von siligo. siliginis abzuleiten. der Roggen im Oberland seyl, am Heinzenberg sejal, wie das Engadiner sejel von secale. Triticum ist nach Ansicht von Prof. Muoth Dinkel (Spelz), im Oberländer Romanisch tredi geheiben, der nur wenig angebaut und CV zu Graupen verwendet wurde, — farrago bezeichnet im Latein Mengel- korn, Campell denkt dabei vielleicht an Spelz. 100) Vel. Bündn. Monatsbl. 1899 S. 191. — Die verschiedenen Stellen der Topographie, wo Schmieden, Mühlen und andre arti- ficiales oder opificiales offieinae erwähnt werden. im Text mit allem Detail anzuführen, erschien unnötig, da wenig daraus zu entnehmen ist: es sind folgende: 50, 10; 53, 7; 115, 18; 132, 19; 133, 36; 143, 1; 149, 25; .161, 31; .167, 31:8. 177.2 3.f. 181,27; 183) 12.196.223; 719 ar er ae R.. 11.601, 32): 21023 5248, 26; 281, 3277291, 15 317, 102329 0,3 52 337. 15. 101) Solche Vicinalstraben werden auch sonst erwähnt: 114, 27; 164, 21 ff. 183, 7. 102) Vgl. 114, 36 ff. 131, 15; 153, 22; 169, 35. 177, 1977182727; 183, 275197, 115202 55T. 103) Diese Schiffahrt auf der Linth ist z. B. aus einem Brief von Egli (an Bullinger, 24. April 1570) zu erkennen. Er schreibt, für ihn gekauftes, in ein Faß verpacktes Mehl sei in Rapperswil von den Schift- leuten nur widerwillig zur Fracht angenommen worden, weil sie nicht glauben wollten, dab nur Mehl in dem Faß enthalten sei. Schließlich habe der Glarner Schiffmeister Jac. Gallatheus (Gallati) bestimmt, das Faß solle nur bis zur Ziegeibrücke mitgenommen, dort aber unter- sucht werden. Am 8. Mai hatte Egli sein Faß noch nicht erhalten; auch im vorangehenden Jahr war es ihm schon einmal ähnlich ergangen. Klagen über Verwahrlosung der in Zürich zur Beförderung nach Walen- stadt den Schiffleuten übergebenen Waren wurden namens der Kauf- leute und Kornführer auch von den Ratsboten der drei Bünde im Jahre 1583 vorgebracht bei Zürich, Schwyz und Glarus. Diesen Orten stand nämlich das Recht zu, das „Oberwasser* mit Schiffmeistern zu be- setzen. und sie hatten auf St. Galli-Tag 1544 in Walenstadt mit dem Obern und dem Gotteshausbund einen Vertrag über die Beförderung der nach Bünden bestimmten Waren abgeschlossen. Am 31. März 1554 fand auf jene Beschwerden hin Verhandlung in Rapperswil statt und wurde neuerdings «diese Schiffahrt geregelt. (Mehrere diesbezügliche Documente befinden sich im Staatsarchiv Chur). — Stumpf, Bd. IH, tol. 136° nennt die „Lindmat*“ — „gantz schiffreych“, und Fabricius berichtet Bullinger am 19. April 1557 über seine Übersiedlung von Zürich nach Chur: „Scias me secundis ventis, plenis velis, felicissimo cursu cum coniuge et liberis Wallenstadium non adnavigasse, sed advolasse quasi. Wallenstadij autem pensilis eurrus praesto fuit, cui ego coniugem liberosque imposui, tandem et ipse eum conscendi“. 104) Die Angaben Campells dürfen außerdem nur an Hand des Urtextes einer Kritik unterzogen werden, nicht etwa nach der Über- setzung Mohrs, die gerade in diesem Punkte oft außerordentlich un- genau, ja total unrichtig ist, z. B. betreffs der Entfernung von Süs nach Vu Klosters durch Val Fleb und Val torta, sowie von Süs nach Davos über den Flüela p. 57. 105) Diese Notizen über Chur sind höchst mangelhaft: aus Be- scheidenheit (?) nennt Campell z. B. nicht einmal die Regulakirche, an der er selbst wirkte! Daß noch andere stattliche Gebäude in der Stadt waren, zeigen andere Quellen, vgl. z. B. Bünd. Monatsbl. 1899, S. 167. 106) Auber diesem und dem Davoser Archiv (s. u.) wird noch ein solches in Tinzen genannt 86, 22 ff. und in Süs 163, 2. 107) Ein solches hypocaustum wies auch das Rathaus in Ilanz auf; in ihm fand 1526 die Disputation statt, h. R. II 139, 2. 108) Man vergleiche auch die Domprobstei in Chur, welche um die Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut ist h. R. II 289, 13 ff. Über das eben- falls aus diesem Jahrhundert stammende Sprecher-Haus in Davos ist Näheres mitgeteilt im Anz. f. schweiz. Altertumskunde 1899 p. 105. 19) Die Belegstellen sind bei diesen Angaben weggelassen, soweit sie aus den Registern zur Topographie und zur.historia Raetica unter den Namen der genannten Persönlichkeiten sich entnehmen lassen. 110) Vgl. darüber Mohrs Übersetzung p. 27. 28 f. 30 f. 32 f. 56. 29 103.5 11 USCH; 125,15 10 tl) Vgl. oben p. XXXII und Nachträge zu Campell im Anzeiger für Schweizer Geschichte 1899 p. 202 ff. 112) Im Original steht p75 Z. 2 v. o. nullam — p. 72.9v. wu. Leopontios — p.9 2.9 f. v. 0. significat Latinis idem quod vetus, unde — p- 17 2.3 v. u. Leoponticarum — p. 21 2. 7 £. v. 0. ex pino et abiete sive picea, pinea ete. Die Notwendigkeit der Änderung ergibt sich aus dem folgenden Text. — p. 22 Z. 12 f. v. u. nullos — veros — illorum — eorum — p. 28 Z. 13 v. o. lumini — p..30 Z. 14 v. u. capilamenti — p- 31 Randnote Anhorn — p. 32 Z. 13 v. u. Leeponticae — p. #3 2.5 v. u. steht „vel species“ vor „lb. animalium 9.* — p. 4 2.13 v. o. avams — p. 45 Z. 5 v. o. Pordoselena — p. 53 Z. 7 v. o. ingenti — p- 32.7 v.0o. et — p. 74 2. 13 v. u. semper st. septem. Von unserem Bibliothekar, Herrn Major A. Zuan, Chur, kann gegen Baareinsendung des Preises oder Nach- nahme, bezogen werden: Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Grau- bündens. Neue Folge Jahrgang 4, 5, 6, S—-13 und die folgenden. 10—30 Bogen, mit Karten, lithogr. Tafeln und Tabellen a Fr. 2—5 per Jahrgang. Daraus werden auch einzeln abgegeben: Tarnuzzer, Prof. Dr. Chr. Die Gletschermühlen auf Ma- loja, 1896 Fr. —. 80 Tarnuzzer, Prof. Dr. Chr. Die erratischen Schuttmassen der Landschaft Churwalden-Parpan nebst Bemer- kungen über das krystallinische Conglomerat in der Parpaner Schwarzhornkette. Mit 6 Textfiguren und Karten. 1898. Fr.-1.:00 Gilly, G., Oberingenieur. Das Strassennetz des Kantons Graubünden. 1898. Fr. Lorenz, Dr. P. Das Ergebnis der sanitarischen Unter- suchungen der Rekruten des Kantons Graubünden (Schweiz) in den Jahren 1875/79. Mit Tabellen und 4 Karten. 1895. Fr. 3. — Lorenz, Dr. P. Der Aal (ang. vulg. Flg.) im Caumasee. 1896. Fr. —. 50 Lorenz, Dr. P. Die Fische des Kantons Graubünden (Schweiz). Mit 6 Tabellen u. 1 Karte. 1898. Fr. 3. — Naturgeschichtliche Beiträge zur Kenntniss der Umge- bungen von Chur. Mit einem Kärtchen der Um: gebung von Chur. Herausgegeben von der Natur- forschenden Gesellschaft Graubündens als Festschrift zur Jahresversammlung der Schweizer. Naturfor- schenden Gesellschaft 1874 in Chur. Fr. 3. — Geiger, Dr. E. Das Bergell. Forstbotanische Monographie. mit 1 Karte, 2 Profilen, 5 Tafeln Baumformen und 1 Panorama von Soglio. 1901. Fr. 3. — b nz ER AN: x % 32 ‚ am) 106 306 889