Vibrarp of tbe Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, Dounded bp private subscription, in 1861. Brughe. No.!19. br.2. 1801. IS Far is 1881. | aa a RT Achtundvierzigster Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Oultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1870. nn nn an a nn nn en nn nn nn Breslau, 1871. Bei Josef Max und Komp. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1S7O, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 30. December 1870 vom Bürgermeister Dr. Bartsch, zur Zeit General-Secretair. Ei: die neue, die Jahre 1870 und 1871 umfassende Etats-Peiiode wurden von der allgemeinen, deliberativen Versammlung der Gesellschaft am 29. December 1869 zu Mitgliedern des Präsidiums gewählt die Herren: 1) Geh. Commereienrath Franck, 2) Prof. Dr. Förster, 5) Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert, 4) Bürgermeister Dr. Bartsch, 5) Director Dr. Gebauer, 6) Graf Hoverden, 7) Geh. Reg.- Rath Prof. Dr. Löwig, 8) Geh. Reg.-Rath v. Görtz, 9) Prof. Dr. Kutzen, 10) Stadtrath Kaufmann E. H. Müller, 11) Ober- Bürgermeister Hobrecht, 12) Director Dr. Luchs, 15) Appell.- Gerichts-Präsident Dr. Belitz, 14) Geh. Ober-Bergrath und Berg- hauptmann a. D. v. Carnall, 15) Königlicher Staats - Anwalt v. Uechtritz. Das neue Präsidium constituirte sich am 2, Januar 1870 und er- wählte einmüthig: den Herrn Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert zum Vorsitzenden, den Königl. Geh. Reg.-Rath v. Görtz zum 2. Vorsitzenden, den Bürgermeister Dr. Bartsch und den Königl. Staats-Anwalt v. Uechtritz zu General-Secretairen und den Könisl. Geh. Commercienrath Franck zum Cassirer. Das bisherige Präsidial-Mitglied, der Königl. Stadtgerichts-Rath Herr Schwürz hatte sich wegen Kränklichkeit und mit Rücksicht auf die 18 4 Jahres-Bericht Anforderungen seines Amtes und der Leitung der Blinden-Unterrichts Anstalt zu allgemeinem Bedauern genöthigt gesehen, aus dem Präsidium zu scheiden. Dasselbe hat dem verehrten Jubilar den lebhaftesten Dank für seine langjährige erspriessliche Mitwirkung ausgesprochen. Auch unter den eingetretenen ausserordentlichen Zeitverhältnissen und unter dem Eindrucke der weltgeschichtlichen Ereignisse, welche sich in dem nun verflossenen Jahre in dem Kampfe zum Schutze und für die Unabhängigkeit und Integrität des deutschen Vaterlandes vollzogen, hat sich unsere Gesellschaft unter der Leitung ihres verehrten Präses als lieb und werth gehaltene Stätte für den friedlichen Austausch der Ergebnisse fortgesetzter wissenschaftlicher Forschungen und praktischer Bethätigung bewähren können; ja einige Sectionen haben in diesem Jahre in erfreu- licher Weise eine den früheren Jahren mindestens gleiche Wirksamkeit entfaltet. | In diesem Jahre haben wir durch den Tod verloren die wirklichen Mitglieder DDr. med. Engländer und Harpeck, Dr. phil. Karow, Kauf- ‚mann Adolph Liebich, Geh. Commereienrath v. Löbbecke, Appellations-Gerichtsrath Lübbe, Regierungsrath Schulz, Privat- Docent Dr. Suckow, Major v. Goldfuss auf Tinz, Superinten- dent Königk in Poln.-Wartenberg, Baron Lüttwitz auf Tockern und den Privat-Docenten der juristischen Facultät Dr. Korn, wel- cher als Lieutenant des Garde-Elisabeth-Regiments dem Rufe in’s Feld gefolgt war. Von ihm bekundete Se. Magnificenz Herr Prof. Dr. Stobbe in der Inaugurationsrede am 15. October e. eben so treffend als tief empfunden: „Dr. Korn, der den Krieg gegen „Oesterreich mitgemacht und aus allen Schlachten unversehrt heim- „gekehrt war, der dann seit dem Frühjahr 1869 mit dem grössten „Eifer noch neben den Pflichten, welche ihm sein Amt als Seere- „tair des Königl. Staats-Archivs auferlegte, sich dem germanisti- „schen Lehramte gewidmet hatte — er sollte nieht mehr die Ka- „theder betreten. Er fiel einen Monat darauf, am 18. August in „der mörderischen Schlacht bei St. Privat! Ehre und Trauer sei- „nem Andenken! Nicht bloss Jie Universität, sondern auch die „Stadt Breslau wird seinen Namen jeder Zeit in dankbarem An- „denken halten: kurz vor seinem Abmarsch in’s Feld hatte er das „vortrefflich gearbeitete und aus mühsamen Studien hervorgegan- „gene Urkundenbuch der Stadt Breslau herausgegeben, in welchem „zum ersten Male die reichen, urkundlichen Schätze für die Ge- „schichte der ersten Jahrhunderte der Stadt aus den verschie- „densten Archiven in correetem Abdruck vereinigt sind. So lange „in Breslau Sinn für die ältere Geschichte der Stadt besteht, wird „Korn’s Name in Ehren genannt werden.“ — der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 5 Es verschieden ferner im Jahre 1870 die Ehrenmitglieder: 1) Baron Dr. v. Hügel k. k, Gesandter in Brüssel und 2) der Geh. Hofrath Prof. Dr. phil. Rau in Heidelberg; so wie die correspondirenden Mitglieder: 1) Geh. Bergrath Prof. Dr. Gustav Bischof in Bonn, 2) Geh. Ober Tribunalsrath Blumenthal in Berlin, 3) Oberlehrer Karow in Bunzlau, 4) Ober-Stadt-Physikus Dr. Weitenweber in Prag und 5) Oberlehrer Dr. Wirtgen in Coblenz. Im Jahre 1870 sind folgende 23 Mitglieder neu aufgenommen wor- den, nämlich die Herren: Direetor Dr. Höpfner, Referendarius Dr. jur. Teichmann, Dr. med. Rügner, Dr. Schmeidler, Kaufmann Wolff, Dr. phil. Engler, Dr. Grossmann, Königl. Geh. Ober-Reg.-Rath Heise, Kgl. Ober-Bergrath Dr. Sehwarze, Kgl. Rechnungs-Rath Pflug, Dr. med. Berger, Königl. Justizrath Poser, Fabrikvesitzer Mei- necke, Gymnasiallehrer Wegehaupt und Guhrauer, Königl. Justizrath v. Wilmowski, Dr. phil. Meusel, Reallehrer Dr, phil. Schieweck zu Sprottau, Kgl. Wirkl. Forstmeister Tramnitz, General-Major v. Frankenberg, Dr. med. Juliusberg, Kauf- mann Michael Goldschmidt, Königl. Stadtgerichtsrath König, Dr. med. Baron, Dr. med. Skutsch, Direetor der Königl. chirurg. Universitäts-Klinik Prof. Dr. Fischer, Prorector Dr. Maass und Dr. phil. Carstädt. Zum Ehrenmitgliede wurde ernannt: der Königl. Ober-Präsident der Provinz, Wirkl. Geh. Rath Herr Graf Stolberg, Excellenz. Das Diplom als correspondirendes Mitglied erhielt der Privat- Docent zu Halle Herr Dr. Orth bei Uebersendung von Photographien von Kalkgeschieben aus Gletscherformationen. Gegenwärtig zählt die Gesellschaft 410 wirkliche Mitglieder, 31 Ehrenmitglieder und 208 eorrespondirende Mitglieder. Unsere Section für Obst- und Gartenbau besteht für sich aus 368 Mitgliedern. ; Allgemeine Versammlungen fanden fünf statt und wurden in denselben folgende Vorträge gehalten: am 29. December 1869 der Jahresbericht und über den Kassen- Abschluss und die Nekrologe von Ober - Präsident Freiherr v. Sehleinitz, Wirkl. Geh. Rath Grafen Pückler-Sched- lau, Oberst - Lieutenant von Vincke-Olbendorf, Graf 6 Jahres-Bericht v. Dyhrn-Reesewitz, Dr. Schönborn, Domherrn Thiel und Dr. med. Barisch durch Herrn Bibliothekar Oelsner; am 28, Januar c. von Herrn Dr. August Geyder: „Der Feudalismus und das deutsche Landvolk im Mittelalter‘; am 25. Februar c. 1) von Herrn Direeior Schück: „Zum Gedächtnisse des Gross-Kanzlers v. Carmer“. 2) von Herrn Bibliothekar Oelsner: Fortsetzung der von ihm verfassten Nekrologe und zwar des Sanitätsraths Dr. med. H. Burchard, des Apothekers und Post-Expedienten Gustav Eduard Neumann zu Wünschelburg, des Buchhändlers Zäsch- mar und des Landwirths Janke; am 7. October ec. von Herrn Otto Tramnitz Il, Officier des Nordpol-Expeditions-Schiffes „Germania“: über die arktische Schifffahrt im Allgemeinen; über die Zwecke der zweiten deutschen Nordpol-Expedition und deren Erfolge, su wie über: das Leben in Polargegenden; und am 21. October e. von Herrn Hauptmann Alexander v. Homeyer: „Reise-Erinnerungen: die Balearen unter Berücksichtigung des westlichen Mittelmeer-Gebietes‘“. Bei dem hohen, allgemeinen Interesse, welches die beiden letzt- genannten Vorträge erweckten, empfiehlt es sich, aus denselben Folgen- des näher mitzütheilen. Nach einem kurzen Rückblicke auf die Geschichte der Nordpol- fahrten im Allgemeinen und im Besonderen der zwei deutschen Nord- pol-Expeditionen fuhr Herr Otto Tramnitz fort: Das erste Packeis bekamen wir unter 74!/,° nördlieher Breite zu sehen, für uns, denen Alles vollkommen neu war, bei der Grossartigkeit der Lichteffeete ein erhebender Anblick. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen gelang es uns endlich, in dasselbe einzudringen, Am 20. Juli v. J. sahen wir die „Hansa“ zum letzten Male. Die Eisschifffahrt ist an und für sieh nicht sehr gefährlich, vorausgesetzt, dass man ein stark ge- bautes Schiff, welches genügend Dampfkraft besitzt, unter sich hat. Die „Germania“ war dieser Art. Wir mussten allabendlich mit kleinen Eis- ankern an den Eisschollen anlegen und warten, bis das Eis auseinander- ging, was zuweilen mehrere Tage dauerte. Am meisten machte uns der Nebel zu schaffen, der so dicht war, dass wir im wahren Sinne des Wortes kaum vorwärts fühlen konnten. Dabei nützte uns der Compass sehr wenig, da wir nie nach einem bestimmten Course, am wenigsten nach vorwärts zu gehen vermochten. Dennoch erreichten wir am 5. Aug, glücklich die Ostküste von Grönland. Der erste Anblick war über- raschend, denn wir hatten ein niedriges, ganz mit Schnee bedecktes Pla- teau erwartet (d. h. än der Sabine-Insel), fanden aber ein bergiges der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 7 Land, dessen Gestein zuerst an Basalt erinnerte. Leider begegneten wir sehon bei 75° 31‘ so uraltem und diekem Eise, dass wir unsere Ver- suche, weiter nach Norden vorzudringen, aufgeben mussten, doch hatten wir bis dahin zum Oefteren Anker geworfen und die Gegend aufgenom- men. Wir entschlossen uns, einen Winterhafen aufzusuchen. Der einzige zwischen 770 und 73° N. Br. war bei der Sabine-Insel zu finden, wo wir auf 18° Wasser vor Anker giugen und das Einfrieren abwarteten. Dies war am 10. September schon geschehen, das Eis brach aber wie- derum auf und fror erst am 20. vollkommen zu, so dass wir nun an's Land gehen und die nöthigen Vorbereitungen für den Winter treffen konnten. Der erste Theil desselben ging noch ziemlich leidlich vorüber, da wir uns noch mancherlei Beschäftigung zu machen im Stande waren; aber am 4. November hatten wir bereits die Sonne verloren, und nun wurde das Leben so eintönig und drückend, dass Diejenigen, welche nicht ‘ wenigstens auf die Jagd gehen konnten, fast stumpfsinnig wurden. Den- noch blieben wir von Krankheiten vollständig verschont, mit Ausnahme eines leichten Scorbut-Anfalles, der aber sicher auch nur durch Mangel an Bewegung herbeigeführt wurde. Während unseres Aufenthaltes auf der Sabine-Insel, so wie auch später, sind von uns vielfache Sammlungen veranstaltet worden, über die die Berichte der Herren Ober-Lieutenant Payer und Dr. Pansch» dem neben der Sorge für die Gesundheit der Mannschaft auch die For- schungen auf dem Gebiete der Thier- und Pflanzenwelt übertragen wa- ren, Folgendes sagen: „Die Landesaufnahme mittelst Theodolit, ein tri- gonometrisches Netz längs der Ostküste Grönlands mit Einschluss der meisten Fjorde und Inseln, auf Grund einer auf der Sabine-Insel ge- messenen Basis ausgeführt. Hypsometrische Arbeiten mittelst Theodolit, Quecksilberbarometer und Aneroid. Zu diesem Zweck Besteigung einer grossen Anzahl von Bergen. Am Küstensaum zeigten sich nur Gletscher- Embryos, meist nur durch locale Verhältnisse (Windwehen etc.) entstan- den, im Binnenlande grossartige Gletscherentwiekelung; die grössten be- obachteten hatten eirca 4 bis 6 deutsche Meilen Längenaxe; nirgends Schneegrenze beobachtbar, sondern wie in den Alpen nur eine Firn- grenze der Gletscher. Einst weitaus beträchtlichere Grösse aller Gletscher. Berghöhen bis 14,000‘ sind gemessen; jene Höhe bezeichnete den höchsten Gipfel; grössere Höhen sind indess höchst wahrscheinlich. Grönland ist nach der Ansicht Payer’s ein Inseleomplex; die Inseln sind von höchst ungleichartiger Grösse, durch Fjorde geschieden. Der höchste betretene Punkt liegt 7000° hoch; der grösste begangene Gletscher hatte eine Längenaxe von 3-—4 deutschen Meilen. Das Gestein war grössten- theils krystallinisch, vorherrschend gneisartige Syenite; am Küstensaume zeigte sich nicht selten Braunkohlenformation. Geologische Sammlungen zahlreich, sehr viele Petrefacte und fossile Pflanzen.“ 8 Jahres-Bericht „Die wissenschaftliche Ausbeute aus den Gebieten der’ Botanik, Zoo- logie und Ethnologie bei unserm zwölfmonatlichen Aufenthalt an der Küste darf als eine befriedigende bezeichnet werden. Vermöge unseres Ver- weilens dort während der vier Jahreszeiten ist ein Bild des Thier- und Pflanzenlebens zu entwerfen. Es ist auch gelungen, einige Ausbeute der fossilen Flora und Fauna Ost-Grönlands zu gewinnen. Die Vegetation war je nach der Oertlichkeit ausserordentlich verschieden; hier öde und arın, dort üppig und mamnigfaltig. Wir haben Wiesen gesehen, wir haben Schmetterlinge und Fliegen gefunden, Mücken zu Zeiten in so grosser Menge, dass sie uns belästigten. Rennthierheerden waren zahlreich, zuweilen gegen fünfzig Rennthiere sichtbar. Besonders merk- würdig und unerwartet war das Anireffen des Moschusochsen, nicht nur einzeln, sondern bis zu 16 Exemplare beisammen. Von anderen Thieren ist namentlich der Lamming und das Hermelin zu erwähnen. Walrosse fanden wir gleichfalls in Heerden. Walfische sahen wir an der Ostküste nieht. Fischleben zeigte sich aber sowohl an der Küste wie in den Binnen- (Süsswasser-) Seen. Die Vogelwelt ist ärmer, wie wir es annahmen. Schneehühner, Möven, Enten, Taucher, Ra- ben, verschiedene Singvögel nisten. Die niedere Thierwelt war reich und interessant. Lebende Eskimo’s trafen wir nicht an, eben so wenig frische Spuren dieser Menschen. Dagegen waren die Spuren älterer Eskimo- Ansiedelungen fast an jedem besuchten Punkt zu finden. Die Hütten des von Clavering gefundenen Eskimodorfes waren sehr verfallen und mögen dieselben wohl bald nach Clavering’s Anwesenheit, also wohl über 40 Jahre, verlassen sein. Ein Dutzend gut erhaltener Schädel aus vorgefundenen Eskimogräbern sind mitgebracht. Die angetroffenen Ge- räthe, Kufen von zum Theil sehr grossen Schlitten, Hundeschädel, Kajak- ruder etc. deuten an, dass die Eskimo’s welche hier lebten, verglichen mit den Verhältnissen anderer Eskimo’s, durchaus nicht auf der niedrig- sten Stufe der Bildung standen. Ober-Lieutenant Payer beobachtete auch den grössten Gletscher während 24 Stunden und fand eine Abrückung von 5“. Nordlichte haben wir fast an jedem hellen Tage gesehen, leider waren die Winterstürme der Art, dass sie oft nicht erlaubten, in’s Freie zu gehen. Gewöhnlich waren dieselben von einer Stärke von 11 bei einer 12-theiligen Skala und zwar stets Nordstürme. Nie hatten wir einen Sturm aus einer an- deren Gegend. Sie fingen alle mit einem leisen Südwinde an, wuchsen bis zu einer Stärke von 5 und sprangen dann plötzlich nach Nord um. Dabei war das Schneegestöber so ungemein heftig, dass man in der That zu ersticken glaubte. Ein fortwährender Schwefelgeruch erfüllte die Luft oft so stark, dass wir meinten, er müsse vom Schiffe herkommen, und doch fanden wir immer wieder, dass wir uns getäuscht. Seine der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Culiur. 9 eigentliche Ursache ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Zwar hatten wir schon im Beginn des Winters einige Schlittentouren unternommen, doch wurden die meisten derselben erst im Frühjahr ausgeführt, wozu während des Winters noch andere Vorbereitungen getroffen wurden. Am 6. März wurde der erste Versuch gemacht, doch mussten wir bald wie- der umkehren, da Schnee und Eis das Fortkommen noch nicht erlaubten. Wir hatten bei unserem Abgange von Bremen gehofft, Eskimo’s anzu- treffen und Hunde zum Ziehen der Schlitten zu bekommen, leider aber war dies nicht der Fall, und so mussten wir uns sehon bequemen, uns selbst an die Schlitten zu spannen. Mit grosser Anstrengung machten wir täglich nur etwa 2 Meilen, an einem Tage kamen wir gar nur S00 Sehritt vorwärts, und mussten dabei ansehen, wie eine Bärin mit ihren Jungen unser Proviant auffrass, ohne dass wir sie erreichen konnten. Nach Wiederaufgang der Sonne wurden auf’s Neue Jagden auf Füchse, Rennthiere, Bären etc. veranstaltet. Die letzteren waren so zahl- reich,- dass wir zuweilen förmlich in Belagerungszustand versetzt wurden. Leider ging es nicht ohne Unglücksfall ab. Dr. Berger wurde am 6. März von einer Bärin in den Kopf gebissen und hinweggeschleppt. Auf sein Geschrei eilte ihm zwar die ganze Mannschaft zu Hilfe und be- freite ihn, doch war er bereits scalpirt, wurde aber in einigen Monaten wieder geheilt. Nachdem das Eis wieder aufgebrochen war, wurden mit den Booten Touren zur Erforschung des vor uns liegenden Landes unter- nommen. Auf der ersten derselben entdeckten wir die Ueberreste des Eskimodorfes, das Clavering vor 40 Jahren in einer Stärke von zwölf Köpfen hier sah. Wir fanden nur noch eine Hütte mit einer ziemlich gut erhaltenen, mit Kleidungsstücken bedeekten Leiche. Am 11. Juli d. J., nachdem wir schon lange vergeblich darauf gewartet hatten, brach das Eis endlich auseinander, d. h. wir trieben mit einem eine Meile um- fassenden Eisfelde nach Osten in die offene See. Alles legte erfreut Hand an, um uns herauszusägen, und nach 24-stündigen anhaltenden und beschwerlichen Arbeiten wurden wir endlich frei. Ein Versuch, in diesem Jahre weiter nach Norden vorzudringen, scheiterte an derselben Stelle. Da wir nun bereits die Strecken, welche wir etwa noch hätten erreichen können, vermittelst Schlitten aufgesucht und aufgenommen hatten, so wurde beschlossen, nach Süden zurückzugehen. Alle 2 bis 3 Meilen wurde geankert, wir bestiegen Berge und nahmen das umliegende Land mit Messtisch und Theodolit auf. In der Nähe des Cap Franklin über zeugten wir uns, von einem 4000 Fuss hohen Berge, dass hier nirgends zusammenhängendes Land zu finden sei, sondern das Meer ungeheure Verzweigungen nach Westen, Norden und Süden bilde. Wir dampften von Cap Broer Ruys 107 Meilen nach Westen weit in diese Meerstrassen hinein, da aber’ mittlerweile unser Kessel vollkommen unbrauchbar ge- worden war, so mussten wir umkehren und froh sein, dass wir wieder 10 Jahres-Bericht herauskamen. An der westlichsten Stelle, die wir erreichten, 264, westliche Länge von Greenwich, wurde ein 7000 Fuss hoher Berg be- stiegen und von ihm aus ein anderer von 14,000 Fuss Höhe gemessen, In den Fjords fanden wir die meiste Vegetation, oft ganze Strecken mit srün bedeckt. Hier sahen wir auch ungeheure Eisberge, die wir bis- her nicht bemerkt hatten. Man unterscheidet Packeis und Eisberge, bei dem ersten wiederum Felder, Flarden und Blöcke. Die Felder haben einen Umfang von 30 Meilen (Seemeilen), die Flarden von 1 Meile, die . Blöcke enthalten etwa 1900 Chf. Sie sind ungefähr so hoch wie breit ! und wälzen sich im Wasser. Wir hörten ein fortwährendes Donnern, wie Kanonendonner, aber stärker. Dasselbe rührte von einstürzenden Eisbergen her, Millionen Cubikfuss Eis stürzten zusammen, wälzten sich im Wasser, tauchten unter und kamen wieder in die Höhe, bis sie sich beruhisten. Wunderbar erschien es uns, dass wir an der westlichsten Stelle in den Fjords Treibholz fanden. Da die Strömung durchweg nach Ost ging, so war uns dies ein Beweis, dass wir kein festes Land, sondern einen ungeheuern Insel-Complex vor uns hatten. Die Jagd im Allgemeinen ist in Grönland nicht sehr schwer, da die Thiere keine Feinde kennen. Man kann Rennthieren, Füchsen bis auf einige Schritte nahe kommen, wenn sie nicht schon scheu gemacht wor- den sind; die Walrosse liegen im Frühjahr in ungeheuren Heerden in der Sonne und schlafen so fest, dass sich unsere Matrosen wiederholt den Spass gemacht haben, das eine oder das andere zu besteigen. Sie liessen sich das ruhig gefallen und beachteten das „kleine Ding‘‘ kaum. Die Bären sind im Herbste scheu, höchstens neugierig, im Frühjahr da- gegen greifen sie den Menschen fast immer an, da sie dann vollständig ausgehungert sind. In den Mägen von 15 gefangenen Bären fanden wir: nur Wasser und höchstens einige Lappen, die wir aus dem Schiffe ge- worfen hatten. Die Gefahr, von ihnen ergriffen zu werden, ist dann ausserordentlich gross und ich selbst rettete mich aus den Klauen eines bereits angeschossenen Thieres nur dadurch, dass ich meinen Pelz ab- schnitt. Die Walrosse werden meist auf dem Eise erlegt; sie im Wasser vom Boote aus zu schiessen, ist sehr gefährlich und das Boot meist un- rettbar verloren, da nach dem Schusse stets die ganze Heerde auf das Boot kommt, dasselbe im wahren Sinne des Wortes erdrückt und. unter Wasser zieht. Wir schossen im Ganzen etwa 27 Bären, 20 Walrosse, 15 Moschusochsen und so viel Rennthiere, dass wir sehr viele liegen lassen mussten. Füchse sind in ungeheuerer Zahl vorhanden und so zahm, dass man sie todt schlagen kann. Der materielle Nutzen, den Grönland bietet, ist unzweifelhaft also sehr bedeutend. Wenn sich eine Gesellschaft bildete, dort eine Colonie gründete, dieselbe auf einige Jahre verproviantirte und mit Eskimo-Jägern versähe, und dann etwa alle 3 oder 5 Jahre das Pelzwerk abholte, so bin ich überzeugt, würde der der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 11 Nutzen gewiss 80 pCt. betragen. Ist doch schon durch unsere Samm- lungen ein grosser Theil der Kosten gedeckt worden. Nachdem im Juli unser Kessel zu Grunde gegangen war, wurde uns sehr bald klar, dass wir suchen mussten, so rasch als möglich zurückzu- kommen. Fortan nur auf Segel angewiesen, konnte ein Sturm allein uns aus dem Eise helfen, und zwar musste derselbe, wenn wir nicht zu fest eingefrieren sollten, binnen 3 Tagen kommen. Glücklicherweise trat er bereits am zweiten Tage ein. Bei dem gewaltsamen Herausbrechen des Schiffes sprang dasselbe oft auf Eisfelder hinauf, die Stösse, welche es empfing, waren so stark, dass ein Tisch von etwa 2 Meter Länge das eine Mal der Länge nach sich vollständig überschlug und wir uns gegen- seitig an den Händen halten mussten. Jeden Augenblick glaubten wir, das Schiff müsse sinken und gross war der Jubel, als wir endlich in offene See gelangten, denn im Stillen hatte keiner von uns geglaubt, dass wir noch einmal nach Europa zurückkehren würden. Das Schicksal der „Hansa“ ist Ihnen aus den öffentlichen Blättern bekannt; die Mannschaft ist, Gott sei Dank, glücklich zurückgekommen. Capitain Hegemann antwortete, als er gefragt wurde, ob auch die „Germania“ glücklich zurückkommen würde: Gott thut, nicht zwei Mal dasselbe Wun- der“. Nun, auch wir sind, Gott Lob, dem Untergange entronnen und glücklich wieder in Europa angekommen. — Vom gegenwärtigen Kriege hatten wir keine Ahnung, obwohl wir uns wunderten, die ganze Panzer- flotte in Wilhelmshafen versammelt zu finden. Die erste Frage, welche an uns gerichtet wurde, war, ob wir keine Franzosen gesehen. Wir hatten natürlich Schiffe gesehen, vom Kriege aber nicht die geringste Ahnung. In Bremen wurden wir sehr gut empfangen. Die wissenschaft- liehen Sammlungen werden einstweilen noch dort bleiben, da die Ab- sieht vorliegt, in Bremen selbst oder in Berlin oder Hamburg ein Mu- seum für arktische Gegenstände zu gründen. Hiermit ist unsere Aufgabe für das Erste erfüllt, doch werden wir wohl noch eirca 1 Jahr mit der Zusammenstellung das über die Expedition herauszugebenden Werkes zu thun haben. — Da Se. Majestät der König sich lebhaft für das Unter- nehmen interessirt, so steht zu hoffen, dass im nächsten Jahre eine neue Expedition ausgerüstet werden wird. Deutschland hat noch keine That zur See aufzuweisen; hoffen wir, dass der Erfolg, den deutsche Waffen auf dem Lande errungen, nicht lange mehr allein steht, damit Engländer und Nordamerikaner, die lange genug unsere junge aufstre- bende Marine bespöttelt haben, endlich einsehen lernen, dass wir Deut- schen auch zur See Etwas zu leisten vermögen. An diesen von den Anwesenden mit grossem Interesse entgegen- genommenen Vortrag knüpfte sich noch die Beantwortung einer Anzahl seitens der Herren Geh. Rath Göppert, Staatsrath Grube u. A. ge- stellter specieller Fragen durch den Vortragenden, sowie eine kurze Er- 12 Jahres-Bericht läuterung der geographischen und paläontologischen Verhältnisse Ost- Grönlands durch Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Göppert, aus denen es von besonderem Interesse sein dürfte zu erfahren, dass die fossile Flora um Schosnitz diejenige ist, welche der fossilen Flora jener arktischen Ge- senden am nächsten kommt. Aus seinen obgedachten Reise-Erinnerungen hat Herr Hauptmann v. Homeyer insbesondere Folgendes mitgetheilt: Das Mittelmeergebiet greift nördlich bis circa 25 Meilen landein- wärts, reicht südlich bis an die Sahara, beginnt westlich mit den Canaren und zieht östlich weit in Asien, selbst bis in’s südliche Sibirien hinein, Die Flora und die Fauna zeigen grosse Zusammengehörig- keit. — Als Charakterpflanzen gelten Laurus-, Lavendel- und Cisten- Arten, Pinus halepensis (an den Kalk gebunden), maritima und Pine, Quercus Ilex, suber und coccifera, endlich die Dattelpalme und Chamerops humilis. Als Charakterthiere sind von Vierfüsslern: die Ginsterkatze (Viverra genetia) und Talp« caeca, der blinde Maulwurf, zu nennen, ven Vögeln: das Sultanshuhn (Porphyrio hyacinthinus), der Flamingo (P. an- tiquorum), der Ibis (J. religiosa, hagedasch und faleinellus), der Aasgeier (©. perenopterus), die Strauchsänger mit nackten Augenkreisen (S. sarda, provincialis und melanocephala) und der vom Vortragenden entdeckte, an die Frucht von Pinus halepensis gebundene kleine Kreuzschnabel (Cruci- rosira balearica), der nach neueren Forschungen Tristam’s bis an die Sahara geht. — Von Schlangen sind Coronellae charakteristisch, von Bidechsen Platydactylus aus der Familie der Schreier (Gecko), von Schnecken die Xerophylen, von Käfern die blinden Höhlenkäfer, Fe- ronia (phecata), Asida (brevicosta) und Timarcha, von Schmetterlingen Jasius, appollinus, Feisthammeli und hospiton. Unerwähnt dürfen nicht Ta- rantel und Scorpion bleiben. — Was speciell die Balearen anbetrifft, so sind dieselben 324, Qua- dratmeilen gross, liegen unter dem 40. Grad der Breite und zwischen dem 20. und 22. Grad der Länge und bestehen aus Mallorka mit Dra. gonera, aus Menorka (Mahon), mit Layre und Eseui, aus Cabrera und Conejera, während Iviza mit Formentera (als Pithyusen) westwärts liegen. Von Frankreich ist Mallorka eireca 50 Meilen, von Barcellona eirea 25 Meilen, von Valencia 20, und von Africa (Algier 49!/, Meilen) entfernt. — Sämmtliche Inseln sind mit Ausnahme der flachen Formentera mehr oder minder Felsgebirgsinseln. Mallorka hat viel (über "/,) fruchtbares lehmhaltiges Ackerland, Formentera viel Salzweiden mit Salicornia fruti- cosa, welche mit Tamarix eine Charakterpflanze aller Sümpfe ist. — Das Klima ist vortrefflich, namentlich auf Mallorka, weil hier die Nordberge den kalten Nordwind abhalten, und die heissen Südwinde (Samum) bei der 50 Meilen weiten Entfernung sich über dem Wasser abkühlen, Im Winter sinkt die Temperatur bis auf + 6 Grad. — Die Gebirge haben der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur, 13 auf Mallorka eine Kammhöhe von fast 3000 Fuss und Gipfeln in Puig de Torella (4400 Fuss), im Puig de Mayor (4200 Fuss) und im Galazzo (3200 Fuss), und auf Menorka im Puig del Tauro (2800 Fuss). — Die Profile sind zackig und schroff, die Kämme sind öde und kahl, die oberen Abhänge wild und zerrissen mit gelegentlich eingebetteten Steingeröll-Plateau's oder Mulden, wenig mit Pistaceen und Genista be- wachsen, während tiefer die Vegetation üppiger und wechselvoller auf- tritt. Zum Erdbeerstrauch gesellt sich Lavendel und (istus salvifolius und monspeliensis, zur Erica arborea die Corsiaria myrtifolia. Anfänglich tritt einzeln Pinus halepensis auf, mehrt sich dann aber abwärts derartig, dass sie in nachbarlicher Gesellickeit namentlich mit Quereus Ilex mittelhohe Waldungen bildet. Feuchte Stellen sind oft mit reizenden Ophrys-Arten (fusca und rosea) geschmückt. Die tiefer liegenden, tief eingeschnittenen und gegen Süden ausmündenden Thäler sind zu Orangengärten herge- richtet, in denen die Apfelsine ohne jegliche Pflege auf dem Baum ge- deiht, während die Limone, am Spalier gezogen, Aufmerksamkeit und Pflege verlangt. — Den Fuss der Berge umgürten grosse Olivenplantagen. Die Kalkgebirge, welche vorherrschend sind und nur gelegentlich mit Granit oder Gneis wechseln, zeigen oft Höhlen, als deren vorzüglichste die Cueva del eremita bei Arta zu betrachten ist. Die Inseln sind an Quellwasser arm, die Felder werden durch Ci- sternen bewässert. Das ganze Fruchtland ist im Gegensatz zu Deutsch- land, woselbst der Landmann jeden Baum ausrodet, übersehattet von Oliven-, Feigen-, Mandel- und Johannisbrotbäumen, welche dem Getreide wohlthuenden Schatten geben, und (abgesehen vom Klima im Juni) einen guten Ernteertrag sichern. Der Wein auf den cultivirten Hügeln ver- drängt die Zwerspalme mehr und mehr. Flachs und Hanf wuchert üppig bei Aleudia und Sineu; Arundo Donax steht als Pferdefutter bei allen Gehöften, Opuntia liefert die saftige „‚arabische‘‘ Feige, der Tabak ge- deiht gut auf Menorka, die Agave americana, geeignet angepflanzt, bildet Einfriedigungen, wodurch weder Mensch noch Vieh kann. Als Hausthiere sind zu nennen: das Pferd, der Esel, beide vielfach gekreuzt, schöne constant gemsenartig gefärbte Ziegen, grobwollige, hoch- beinige Schafe mit glattem Gesicht, fette Schweine englischer Race. Der Bewohner selbst ist ein Mensch mit vortrefflichem Charakter; das Weib zeigt zierliche Formen und oft grosse Schönheit, wozu die lang bewimperten Augen namentlich beitragen. Das unter dem Vorsitze des Herrn Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göp- pert gebildete Comite für Gründung eines Kunst-Museums in Breslau ist mit dem hiesigen Magistrate zunächst wegen Gewinnung eines geeig- neten Bauplatzes in Verhandlung getreten, welche z. Z. noch schwebt. Seitens unserer Gesellschaft sind — ausser dem gedruckten Jahres- berichte von 1869 — folgende Schriften herausgegeben worden: 14 Jahres-Bericht 1 Heft Abhandlungen, Abtheilung für Naturwissenschaften und Medicin 1869/70, enthaltend: J. Grätzer, über die öffentliche Armen - Krankenpflege in Breslau im Jahre 1868. Derselbe. Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege in Breslau im Jahre 1869. R. Biefel. Vergleichende Bemerkungen über die Bäder Schlesiens und die Taunusbäder. . 1 Heft der philosophisch-historischen Abtheilung 1870, enthaltend: i W. Wattenbach. Correspondenz zwischen Zerboni, Held and Nieter mit dem Herausgeber des Genius der Zeit. Julius Hodann. Noch zwei berühmte Aerzte Breslau’s zur Zeit Friedrich des Grossen, Dr. Jagwitz und Dr. Mor- senbesser. J. Kutzen. Ueber die Gebirgsgruppe des Schneegebirges in der Grafschaft Glatz, besonders über dieses selbst. Alwin Schulz. Die Cistereienser Klosterkirche zu Leubus. Oeffentliche Sonntags-Vorträge zu veranstalten, gestatteten die Zeit- verhältnisse nicht. Wie abermals dankbar berichtet werden darf, ist der Section für Obst- und Gartenbau von Sr. Excellenz dem Herrn Minister der land- wirthschaftlichen Angelegenheiten der Beitrag von 400 Thr. auch für das Jahr 1870 geneigtest gewährt worden. Gleichwohl aber sieht sich die Section noch immer nicht in den Stand gesetzt, dem dringenden Bedürf- nisse des Baues eines Gärtnerhauses abzuhelfen. — Derselben wurden von der zu Hamburg veranstalteten internationalen Gartenbau-Ausstellung die silberne Preis-Medaille unter Zufertigung des betreffenden Diploms verehrt. Zu besonderer Genugthuung gereicht es dem Präsidium der Schle- sischen General-Landschaft zur Feier des Jubiläums ihres 100-jährigen Bestehens Namens unserer Gesellschaft seinen lebhaften Glückwunsch dar- zubringen. Eben so wurde auch der Naturforscher-Verein zu Riga zur Feier seines 25-jährigen Bestehens, sowie der Königl. Geh. Justizrath Prof. Dr. Huschke, der hochverdiente Rechtslehrer, bei Begehung seines 50-jährigen Doctor-Jubiläums innig beglückwünscht. Die Jahresrechnung für 1868 wurde gelegt, revidirt und dechargirt. Eben so ist die Rechnung für 1869 gelegt, und bei der Revision richtig befunden worden. Dem Herrn Kassirer gebührt für seine fortgesetzte vorzügliche Mühwaltung unser besonderer Dank. Der für 1870/71 aufgestellte Etat schliesst in Einnahme und Aus- gabe mit 2850 Thlr. 15 Sgr. ab. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 15 Das Jahresfest feierte die Gesellschaft in üblicher Weise am 23. Ja- nuar unter reger Theilnahme. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Secetionen haben die Herren Secretaire Folgendes berichtet: Die naturwissenschaftliche Section (Secretaire: Herr Staatsrath Prof. Dr. Grube und Herr Geh. Bergrath Prof. Dr. Römer.) hat im Jahre 1870 zwölf Sitzungen gehalten, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: 1. den 12. Januar. Herr Prof. Galle über die Höhenschichten- Karte des nördlichen Theiles vom Thüringer Walde von Herrn Major Fils, Herr Prof. F. Cohn über Kalksteingeschiebe mit Gletscher- frietionen von Schebitz, über eine bei Strzydzewo unweit Pleschen beobachtete Lichterscheinung, über die Diatomeenerde von Pentsch bei Strehlen. Herr Prof. Grube: über Phoxichilus laevis und Nymphon pumilis, und über die Heteronereisform von Nereis Marioni und N. Costae. 2. den 2. Februar. Herr Dr. Meusel: über krystallisirtes Kupfer- jodür und die Erscheinung von Doppelfarben, Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert trug einen Bericht des Herrn Prof. Sadebeek über seine vorjährigen Trian- gulationsarbeiten vor und briefliche Mittheilungen vom Kaiserl. Russ. Wirkl Geh. Rath Prof. Dr. v. Brandt in Petersburg über Höhlen- Bären und Höhlen-Löwen. 3. den 16. Februar. Herr Dr, Meusel: über eine neue Zerle- sung und quantitative Bestimmung der unlöslichen Jodide, Herr Prof. Dr. Römer: über einen Python aus dem tertiären Kalkmergel von Euboea, über die geologische Karte der Provinz Sachsen von Jul. Ewald, Herr Prof. Grube: über Strauch’s Synopsis der jetzt leben- den Crocodile. 4. den 9. März. Herr Prof. Dr. Websky: über regelmässige Verwachsung von Krystallen verschiedener Arten, Herr Prof. Dr. Milde: über Moose der Eiszeit. 16 Jahres-Bericht 5. den 6. April. Herr Prof. Grube: über luftathmende Glie- derthiere des Meeres und über 2 neue Peetinarien. Herr Dr. Meusel: über das Auftreten von Isomorphismus oder Homöomorphismus bei der Substitution von zwei neuen Doppelsalzen. 6. den 27. April. Herr Prof. Dr. F. Cohn: über merkwürdige schwarze Körperehen im Kalkmergel von Pentsch bei Strehlen, über Eulensteins Centuriae Diatomeacearum, über den Steinkohlenpilz Archaricon bulbosum, Herr Prof. Grube: über Gemper’s Holothurienwerk und Ou- cumarıo. villosa. 7. den 1. Juni. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: über Ein- wirkung der Kälte auf Pflanzen, Herr Dr. Meusel: über Molecular - Capillarität. 3. den 29. Juni. Herr Ober-Bergrath Runge: über die Bernstein- gewinnung in Ostpreussen, Herr Prof. Grube: über Schlesische Arachnoiden. 9. den 13. Juli. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: über siei- lianischen Bernstein und über den gegenwärtigen Stand der Kenntnisse von den Bernstein liefernden Bäumen, über Verwundungen von Bäumen. 10, den 26. October. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Römer: über die von ihm herausgegebene Geologie von Ober- Schlesien, über das Uebergangsgebirge des Thüringer Waldes, Herr Prof. F. Cohn: über das Vorkommen von Kieselschwamm- Nadeln in einem dichten grauen Kalkstein bei Ino- wraclaw, f Herr Prof. Grube: über Vedienemus crepitans im Dünen- kleide, über die Systematik der Sabellen und neue Arten der- selben. 11. den 9. November. Herr Ober-Bergrath Prof. Dr. Websky: neue Mineralkrunnen bei Striegau und Görlitz, Herr Prof. Grube: über das Gebiss von Galeopithecus volans. 12. den 7. December. Herr Prof. Galle: über den Verlauf der Sonnenfinsterniss am 22. December d. J., Herr Prof. Grube: über einen interessanten Meeresschwamm (Caminus osculosus). der Schles. Gesellschaft f, vaterl, Cultur. 17 Die entomologische Section (Seeretair: Herr Dr. Gustav Joseph) hat im Jahre 1870 vier Sitzungen gehalten und zwar aın 24. Januar, 14. November, in welchen Referent, am 28. November, in welcher Herr Hauptlehrer Letzner und am 12. December, in welcher Herr E, Schwarz und Referent Vorträge coleopterologischen und eocei- nologischen Inhaltes hielten. Die botanische Section (Seeretair: Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1870 zehn ordentliche und eine ausserordentliche Sitzung gehalten; es trugen vor die Herren: Dr Engler: über die Familie der Escalloniaceen und Cunoniaceen ; über neue Schlesische Phanerogamen; Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: über Ziegelthee; über die naturwis- senschaftlichen Anschauungsbilder von Gotthold Elsner in Löbau; über den Einfluss der Kälte auf die Vegetation; über die Vegetation von Norwegen. Sanitätsrath Dr. Hodann: über den Standort von Pilularia. Kunstgärtner E. Junger: über hypocotyledone Sprosse; über un- gleichseitige Samen- und Laubblätter. Prof. Dr. Körber: Nekrolog von Franz Unger. Wundarzt Knebel: Monstrositäten von Pflanzen. Bergamts-Assistent Langner: über neuholländische Compositen. Mittelschullehrer Limpricht: über die Flora des Isergebirges; über den See von Schlawa und dessen Umgebung. “ Prof. Dr. Milde: über die Gattungen Todes und Leptopteris; über die Flora von Herrischdorf mit Bemerkungen über sporadische Pflanzen. Dr. Schneider: über die Schlesischen Peronosporaceen; über zwei neue Uredineen. Ober - Stabsarzt Dr. Schröter: über die Brand- und Rostpilze Schlesiens. Institutsgärtner B. Stein: Verzeichniss neuer Schlesischer Flechten- Standorte. Dr. Stenzel: über die Flora von Wüste-Waltersdorf. Apotheker Werner: über deutsches Opium; über eine Sammlung von Hölzern. Der Secretair: über neue Mikroskope und Hilfsapparate. Um den in der Provinz lebenden Botanikern Gelegenheit zu näherer persönlicher Bekanntschaft und engerer wissenschaftlichen Verbindung mit den Collegen der Hauptstadt zu bieten, beschloss die Section in ihrer 2 18 Jahres-Bericht Sitzung am 24. März, eine ausserordentliche Sitzung im Bahn- hof zu Königszelt zu halten; dieselbe fand am 26. Mai unter Vor- sitz der Herrn Kreisgerichts-Direetor Peck aus Schweidnitz und Fabrik- Director Winkler aus Giessmannsdorf bei Neisse und unter Betheiligung von 50 Mitgliedern, die Hälfte von ausserhalb Breslau, statt, wobei die Herren Forstmeister Tramnitz, Lehrer Zimmermann (Striegau) und Gerhard (Liegnitz), Apotheker Pfeiffer (Steinau), DDr. Hüttig (Schweidnitz), Schröter, Engler, Stenzel (Breslau), Director Peck (Schweidnitz) Göppert und der Secretair Vorträge kielten; an die Sitzung schloss sich eine botanische Exeursion durch den Zedlitzbusch nach der Stadt Striegau und ihren Basaltbergen, sowie ein gemeinschaft- liches Mittagbrodt. Das alljährlich in Gemeinschaft mit der entomologischen Section ge- feierte Stiftungsfest, ist in diesem Jahre der ernsten Zeiten halber aus- gesetzt worden. Die medieinische Section (Secretaire: Herr Prof. Dr. Waldeyer, Herr Dr. Freund.) hat im Laufe des Jahres 1870 elf Sitzungen gehalten. I. Sitzung: 21. Januar. 1) Herr Dr. Herrmann Cohn: über Colobom der Aderhaut mit Vorstellung eines Patienten. 2) Herr Dr. Asch: Mittheilung einer Petition an den norddeut- schen Bund, welche die Verwaltungsorganisation der öffent- lichen Gesundheitspflege zum Zweck hat und von der Section für öffentliche Gesundheitspflege der Naturforscher-Versamm- lung zu Innsbruck ausgeht. Unterschrift der Mitglieder wird beantragt. II. Sitzung: 18. Februar. 1) Herr Dr. Friedländer: Beschaffenheit der Uterus-Innenfläche post partum. 2) Herr Geh. Rath Dr. Grätzer: Antrag, dass die Section sich mit hygienischen Fragen beschäftige. Dazu Antrag von Herrn Dr. Cohn und Herrn Sanitätsrath Dr. Biefel: Zuziehung auch von Nichtmitgliedern zu derartigen Sitzungen. Antrag des Heırn Dr. Grempler: Befugniss des Secretairs bei Epi- demien den Gegenstand derselben auf die Tagesordnung zu setzen. — Herr Dr. Lion: Antrag auf Y,-jährige Referate über die Fortschritte in der Hygiene. — Herr Dr. Köbner: Antrag auf zeitweise Vorträge über die Krankheitsconstitution. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 19 IH. Sitzung: 11. März. 1) Herr Dr. Auerbach: Eleetrotherapeutische Mittheilungen; in specie über Schreibekrampf. 2) Herr Medieinalrath Prof. Dr. Spiegelberg: Exstirpation einer Cyste des ligament. latum. — Demonstration der Cyste und mikroskopischen Präparate derselben durch Hrn. Dr. Weigert. IV. Sitzung: 25. März. 1) Herr Dr. Freund: zur Kenntniss der complieirten procidentia uteri. 2) Antrag des Herrn Dr. Freund: betreffend Festsetzung be- stimmter Stunden zur Besprechung praktischer ärztlicher Fragen. Die versammelten Mitglieder beschlossen allwöchentlich Sonnabend von 7 Uhr ab zusammen zu kommen; einen Frage- kasten aufzustellen und Gegenstände von praktischer Bedeu- tung zu erörtern. (Hieraus ist der ärztliche Club hervorgegangen.) V. Sitzung: 13. Mai. Herr Dr. Ebstein (Privat-Docent): Bau und Funktion der Magen- Schleimdrüsen. VI. Sitzung: 27. Mai. 1) Herr Geh. Rath Dr. Grätzer: Statistik der Breslauer Recur- rens- und Typhus-Epidemien 1868 und 1869. 2) Herr Prof. Dr. Waldeyer: Ueber die Fortschritte in der Ent- zündungslehre mit Bemerkungen über sogenannte parenchym- atöse Entzündungen. VII. Sitzung: 1. Juli. 1) Herr Dr. Köbner: Ueber abnorme Vorkommnisse nach der Vaceination. 2) Derselbe: Ueber Anwendung des Chlorzinks. 3) Herr Apotheker Müller und Herr Dr. Emil Stern: Ueber Quecksilberehlorid — Chlornatrium und seine therapeutische Anwendung. VIN. Sitzung: 15. Juli. 1) Herr Prof. Dr.Heidenhain: 1) Ueber Temperaturabnahme bei Reizung sensibler Nerven. 2) Temperaturerhöhung nach Abtrennung des pons varolüi von der 'medulla' oblongata und nach Reizung dieser Gegend. 2) Herr Prof. Dr. Förster: Ueber Accomodation linsenloser Augen. 3) Herr Dr. Freund: Ueber einen grossen Fäkaltumor. IX. Sitzung und X. Sitzung: 11. und 25. November. Herr Prof. Dr. Fischer: Erfahrungen über Kriegs-Hospitäler. 2% 30 Jahres - Bericht XI. Sitzung: 9. December. 1) Herr Prof. Dr. Voltolini: Ueber Perforation des Trommelfells. 2) Herr Privat-Docent Dr. Cohn: Ueber Schussverletzungen des Auges. Aus besonderer Veranlassung des Präsidiums und unserer Section ward am 19. Juni d. J. das 50jährige Doctorjubiläum eines der geach- tetsten Aerzte und geschätztesten Collegen hiesiger Stadt, des Geh. $8a- nitätsraths Dr. Pulst gefeiert durch ein Ehrengeschenk und ein zahlreich besuchtes Diner. Die meteorologische Section (Secretair: Herr Prof. Dr. Galle) hat im verflossenen Jahre 1870 keine Sitzungen gehalten. Von dem unterzeichneten Secretair der Section wurde für den Jahresbericht die gewöhnliche Uebersicht der auf der Sternwarte ausgeführten meteorolo- gischen Beobachtungen geliefeıt. Die technische Section. (Seeretair:: Herr Direetor Dr. Gebauer.) In der technischen Section wurden die für diese bestimmten technischen Journale in regelmässigen Umlauf gesetzt und zuletzt zur Bibliothek eingeliefert. Die Oekonomische Section (Seeretair: Herr Stadt-, Forst- und Oekonomie-Rath Dr. Fintelmann) hat im Jahre 1870 drei Sitzungen abgehalten. In der ersten am 22. Februar wurde Bericht erstattet über die am 17. Januar abgehaltenen Versammlung der Delegirten des landwirthschaft- lichen Provinzial-Vereins, dem sich eine eingehende Besprechung über die Mittel zur Wiederbelebung der Thätigkeit dieser Seetion anschloss. In der zweiten Sitzung am 23. November hielt Herr Prof. Dr. Ferd. Cohn einen Vortrag über die Krankheiten des Rothklees. Der Seeretair theilte ausserdem den Inhalt eingegangener Schriftstücke mit, erstattete Bericht über die am 28. Juni d. J. abgehaltene Sitzung der Delegirten des landwirthschaftlichen Provinzial-Vereins und wies endlich auf den hervorragendsten Inhalt der ausgelesten landwirthschaftlichen Zeitschriften hin. In der dritten Sitzung am 20. December kamen die eingegangenen Schriftstücke und die Tagesordnung der Mitte Januar 1871 abzuhaltenden der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 9 Sitzung der Delegirten des landwirthschaftlichen Provinzial-Vereins zur Sprache, dem ein Bericht über den wesentlichsten Inhalt der eingegan- genen Fachzeitschriften sich anschloss. Section für Obst- und Gartenbau. (Seeretair: Herr Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller.) Diese Section hielt im Jahre 1870 eilf Sitzungen. Mündliche Vorträge hielten: Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göp- pert: über „Chamaerops humilis und Sleroderma vulgare (Unächte Trüffel)“, über das „Arboretum zu Muskau‘ und über ‚‚die Entwickelung der Land- schaftsgärtnerei“, und der Gärtner der Section, Herr Jettinger, über „Etiquetten, mit besonderer Berücksichtigung für den Gebrauch in Baum- schulen.“ Dem anerkennenswerthen Interesse einer grösseren Anzahl resp. auswärtiger Mitglieder waren grössere Abhandlungen, Berichte und klei- nere Mittheilungen zum Vortrage und zur Besprechung in den verschie- denen Sitzungen zu verdanken, in denen ausserdem noch mancherlei gärtnerische Fragen, sowie die inneren Angelegenheiten und laufenden Geschäfte der Section verhandelt wurden. Auch in diesem Jahre wurden Obst-Edelreiser und Samen empfeh- lenswerther Gemüse und Blumen an die resp. Mitelieder in reichlichen Mengen gratis vertheilt; Erstere wurden nur aus dem Garten der Section, Letztere theils auch aus demselben und aus zuverlässigen Be- zugsquellen entnommen, theils waren dieselben von Mitgliedern gespendet worden. Die, gelegentlich der im vorigen Jahre stattgehabten internationalen Ausstellung zu Hamburg der Section für 2 Sortimente Obstfrüchte zuer- kannte silberne Medaille wurde derselben zugesendet und in das Münz- kabinet der Schlesischen Gesellschaft zur Aufbewahrung niedergelegt, das darüber lautende Certifieat ziert eines der Sitzungszimmer. Der zu spät ergangenen Einladung des Schlesischen Gewerbe-Vereins an die Section zur Betheiligung an einer von demselben unternommenen Ausstellung, konnte leider nicht mehr entsprochen werden; es fand aber in einer der Sitzungen der Section eine Ausstellung statt, von 1 Sortiment Aepfeln und 1 Sortiment Birnen, als Erstlingsfrüchten von in dem Sectionsgarten eultivirten Sortenbäumen. ; Mit einer grösseren Anzahl von Vereinen, welche gleiche oder ähn- liche Zwecke wie die Section verfolgen, wurden behufs Schriftenaus- tausches theils frühere von jener Seite in’s Stocken gerathene, theils neue Verbindungen wieder hergestellt und resp. angeknüpft. Hierdurch wurde ein erheblich vermehrtes, nützliches Material für den, für hiesige zahl- reiche Mitglieder bestehenden Lesezirkel der Section gewonnen und sind 93 Jahres-Bericht die in diesem im Umlauf gewesenen Schriften an- die Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft abgeliefert worden. Mit besonderem Danke ist auch diesmal hervorzuheben, dass der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Herr v. Selchow Excellenz, wiederum die Section mit 400 Thlr. subventionirte. Hier- durch wurde es möglich die Boden - Melioration des Pomologischen und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgartens fortzusetzen, dessen Ein- richtung der Vollendung näher zu führen und neue Anschaffungen ächter Mutterstämmehen werthvoller Obstsorten zu machen. Demgemäss ist auch die Obstbaumschule durch vermehrte Aussaaten und Anpflanzungen von Wildlingen und Edelstämmchen wesentlich mehr ausgedehnt worden; mit ihrer weiteren Ausdehnung hält in erfreulicher Weise der Absatz deren Produkte, besonders nach der Provinz, aber auch nach den Nach- barprovinzen und selbst weiter hinaus gleichen Schritt. Eines nur thut immer noch dringend Noth; es ist dies der Besitz von Geldmitteln zur Erbauung des unabweisbar nothwendigen Gärtner- hauses auf diesem Gartengrundstück; wollen wir hoffen, dass deren end- liche Erlangung erreicht werde nach mit Gottes Hülfe baldigem Eintritt eines dauernd gesicherten Friedens. Der durch unabweisliche Ausgaben am Schlusse des vorigen Jahres fast auf Null redueirte Bestand der Separat-Kasse der Section wird, ohne dass deshalb das Gesammt-Interesse der Section irgend wie und wo hin- tenan gesetzt worden ist, voraussichtlich Ende dieses Jahres wieder ein kleines Baarkapital nachzuweisen haben. Historische Section. (Secretair: Herr Prof. Dr. Kutzen.) Auch während des Jahres 1870 versammelte sich die historische Section in eilf Sitzungen. In derselben kamen verschiedene kleinere Mittheilungen, insbesondere aber folgende umfassendere Abhandlungen zum Vortrage: | Am 13. Januar von Herrn August Mosbach über den Tod des Kaisers Paul I. von Russland nach einem gleichzeitigen russischen Tagebuche. Am 27. Januar von Herrn Dr. Grossmann über Friedrich Karl v. Moser auf Grund einer Zahl Briefe desselben, die der Vortragende in dem Familien-Archive der Grafen Pfeil zu Tomnitz bei Nimptsch aufgefunden. Am 17. Februar von Herrm Prof. Dr. Reimann über einige Punkte, welche sich auf das Coneil von Trient bezogen, und wobei hauptsächlich Gesandtschaftsberichte und einige gleichzeitige Abhandlungen als Quellen benutzt worden, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 93 Am 17. März vom Herrn Öberlehrer Dr. Markgraf über den böhmischen Herrenbund gegen den König Georg von Böhmen. Am 31. März vom Secretair der Section Prof. Dr. Kutzen über die Gebirgsgruppe des Glatzer Schneeberges, besonders über letztereu selbst. Am 23. April vom Herrn Privat-Doeenten an der Universität Dr. Alwin Schultz über das Verhältniss der christlichen Alter- thumswissenschaft zur classischen Archäologie und ihre Be- deutung für die historischen Studien. Am 12. Mai vom Secretair der Section Prof. Dr. Kutzen über die geographische Eigenthümlichkeit des Schauplatzes der Schlacht bei Liegnitz am 15. August 1760, unter Bezugnahme auf die in der Sitzung vom 28. April in Aussicht genommenen Bereisung desselben, welche dann auch von der Section am 15. Mai zu voller Befriedigung der zahlreichen Theilnehmer vollzogen wurde. Am 10. November von Herrn August Mosbach über die Thron- besteigung des Kaisers Nikolaus I. nach den Aufzeichnungen des russischen Staats-Secretairs Geh. Rathes Martschneko. Am 24. November und 15. December vom Secretair der Section Prof. Dr. Kutzen über Elsass und Lothringen, insbesondere über ihre geographische Stellung und Gestaltung und deren Beziehungen zu mensch- lichen Verhältnissen. Die pädagogische Section. (Secretair: Herr Director Dr. Kletke.) Die pädagogische Section hat im Jahre 1870 drei Mal sich ver- sammelt. In den Versammlungen am 16. und 31. Januar ward die viel- fach in Anregung gebrachte Frage, ob und inwieweit die Realschul-Abi- turienten zu Universitätsstudien berechtigt sein sollten? einer eingehenden Erörterung unterzogen. Die aus Lehrern, Aerzten und Industriellen be- stehende Versammlung entschied sich einstimmig dahin, dass die Abitu- rienten der preussischen Realschulen erster Ordnung auf Grund ihrer na- turwissenschaftlichen Kenntnisse uud hinreichender Kenntniss der lateini- schen Sprache zum Studium der Mediein genügend, ja besser vorgebildet sein, als die Gymnasial-Abiturienten; dass es ferner, bei dem Mangel an Lehrern für die neueren Sprachen, sehr wünschenswerth sei, dass Abi- turienten der Realschulen sich zu Lehrern der neueren Sprachen, der Mathematik sowie der Naturwissenschaften an höheren Lehranstalten aus- bildeten; es sei somit die Zulassung derselben .zu den Universitätsstudien in der medieinischen und philosophischen Facultät so berechtigt als wün- schenswerth; es müsse dann aber auch die Zulassung zu ‘den betreffen- 34 Jahres-Bericht den Staatsprüfungen eine unbedingte, nicht von einer besonderen Mini- sterial-Erlaubniss abhängige sein. In der Versammlung am 18. November hielt Herr Hauptlehrer Stütze einen Vortrag „über Ursachen, Folgen und mögliche Verringe- rung des unregelmässigen Schulbesuches in den Volksschulen grosser Städte.“ Die philologische Section (Seeretair: Herr Prof. J. Palm) hat in diesem Jahre sechs Sitzungen gehalten. Es lasen 1) am 28. Februar Herr Prof. Dr. Stenzler: „über die Gräco-Italiker“. 2) am 8. März Herr Gymnasiallehrer Wegehaupt: „über die strophische Eintheilung von Catull 62“. 3) am 28. März Herr Gymnasiallehrer Peiper: „über die neue Ausgabe der Anthologie von Riese und einige der Zeit Nero’s entstammende bucolische Poesien.“ 4) am 24. Mai Herr Gymnasiallehrer Dr. Blümner: über den Canon des Polyclet.‘“ 5) am 15. November der Secretair Herr Prof. Palm: „über Ru- dolf v. Raumer’s Ansicht von der Urverwandtschaft der semitischen und indoeuropäischen Sprachen.“ 6) am 13. December Herr Prorector Dr. Maass: „über den Cha- rakter der Andromache bei Euripides, Homer und Racine.‘“ Die juristische Section (Secretair: Herr Appellations-Gerichts-Präsident Dr. Belitz) hat im Laufe des Jahres 1870 seehs Sitzungen gehalten, es trugen darin vor: 1) am 2. März, Herr Stadtgerichtsrath König: über die soge- nannten Sohöffenserithte, der neueren Strafprozessordnungen. 2) am 30. März, Herr Appellations-Gerichts-Referendar Dr. jur. Teichmann: über Zurechnungsfähigkeit. 3) am 27. April, derselbe: über die Rechtsfähigkeit der Taub- stummen. 4) am 16. November, Herr Appellations-Gerichts-Rath v. Witt- ken: über die Rechtsverhältnisse der |Kirchhöfe, die Leichen- bestattungen bei den verschiedenen Völkern des Alterthums. 5) am 23. November, derselbe: Fortsetzung vom 16. November, Hierauf sprach Herr Appellations-Gerichts-Referendar Dr. jur. Teichmann: über jüdisches Strafrecht. der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur, 35 6) am 14, December, Herr Direetor Schück: über die Sitten- verderbnisse der Völker bis zum Mittelalter, und die Minne- gerichte als deren Correctiv. Die musikalische Section. (Secretair: Herr Dr. Julius Schaeffer.) Die musikalische Section der Schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Cultur hat im Jahre 1870 eine Sitzung gehalten und zwar am 21. December. Herr Oberlehrer Dr. Baumgart hielt in derselben einen Vortrag über F. Rochlitz Don-Juan-Uebersetzung. Der Vortrag ging von der Verwahrlosung aus, in welche die Bühnen- Darstellung von Mozart’s Meisterwerk seit langen Jahren versunken itt. Die Bemühungen einer Anzahl von einsichtigen und befähigten Männern zur Besse- rung der überall herrschenden Missbräuche, der willkürlichen Abweichungen vom Original, des oft sinnwidrigen und ganz sinnlosen deutschen Textes haben bisher wenig Dank, zum Theil eine herbe Beurtheilung erfahren.. Der Grund dafür liest unverkennbar in der festgewurzelten, schlechten Tra- dition, in welcher die Musiker, Sänger, Kritiker und das ganze Publikum seit mindestens zwei Generationen aufgewachsen sind und die Oper lieb gewon- nen haben. Die „populär“ gewordenen Worte mancher Gesänge will man durchaus gewahrt, den eingebürgerten Text höchstens stellenweise, am lieb- sten gar nicht geändert wissen. Der traditionelle Text ist der Rochlitz’sche, wenn auch vielfach schon corrigirt, verbessert und verschlechtert. Zweck des Vortrags war hauptsächlich, zu zeigen, dass Rochlitz zunächst das Verdienst hat, die Oper von der Anfangs herrschenden Auffassung als opera buffa befreit und die niedrige, possenhafte Komik daraus entfernt zu haben. Er ist aber in den andern Irrthum verfallen, den Viele mit ihm getheilt haben, die Bedeutung der Personen und Charaktere zu er- höhen, ihnen einen ethischen Werth zu verleihen, den weder Da- ponte noch Mozart ihnen beigelegt haben. Daraus erklären sich viele Abweichungen der Rochlitz’schen Uebersetzung vom Originale als Ab- sicht und charakterisiren sich nicht als zufällige Unvollkommenheiten, sondern als organische Schäden. Dies wurde namentlich an den Rollen der Elvira und des Don Juan durch Beispiele zu erläutern gesucht, Ein Hauptgewicht aber muss auf der von Rochlitz zu der Oper ge- schriebenen Dialog gelegt werden, in welchem jene Potenzirung und unbegründete Umformung der Charaktere am deutlichsten hervortritt. Ohne diesen Dialog sind nicht wenige Stellen des Gesangtextes be- ziehungslos und unverständlich, um so mehr, da auch einzelne Verände- rungen im Gange der Handlung und in der Scenerie, welche Rochlitz vorgenommen hat, erst durch den Dialog motivirt und erkennbar sind. 26 Jahres-Bericht Wenn nun manche Bühnen, — ob viele, ob wenige, ist schwer zu be- stimmen, — den Rochlitz’schen Dialog ganz weglassen und statt seiner den Inhalt der Original-Reeitative (recitativi secchi) sprechen lassen, nichts desto weniger aber den Rochlitz’schen Gesangtext, auch wohl seine Scenerie beibehalten, so entsteht offenbar eine Verwirrung, die manchmal geradezu zum Unsinn wird. Man nimmt sie nur ruhig hin, weil man in der trägen Gewohnheit sich des Nachdenkens über das dargestellte längst begeben hat. Dies trifft wenigstens zum Theil auch die „populären“ Stellen, welche übrigens meistens gar nicht von Rochlitz, sondern aus der Schröder’schen oder anderen älteren Uebersetzungen herstammen. Die archäologische Section. (Seeretair: Herr Privat-Docent Dr. Alwin Schultz.) Die archäologische Section hielt im Laufe des Jahres 1870 zwölf Sitzungen und zwar sprach: Am 7. Februar, der Secretair: über die Brautgeschenke des Mittelalters und einige dazu bestimmte kleinere Kunstwerke. Am 7. März, Privat-Docent Dr. Blümner: über Beiträge zur Ge- schichte der griechischen Malerei. Am 9. Mai, Privat-Docent Dr. Blümner legte vor und besprach die von Carl v. Lützow publieirten Münchener Antiken. Am 16. Mai, Privat Docent Dr. Blümner setzt seinen Vortrag fort und beendet diesen. Dr. L. Weniger legt neue archäologische Schriften vor. Am 20. Juni, der Secretair: über Bau und Kunstdenkmale der Cistercienserabtei Leubus. Am 27. Juni, Dr. L. Weniger: über Delphische Münzen der römischen Kaiserzeit. \ Am 5. September, Privat-Docent Dr. R. Förster macht einige archäologische Mittheilungen. Am 19. September, Dr. L. Weniger: über neue Publicationen griechischer Vasenbilder. Am 17. October, der Secretair: über Schloss Karlstein in Böh- men und die Beziehungen der altböhmischen zur altschlesischen Malerei. Am 6. November setzte Dr. L. Weniger seinen Vortrag über neue Publicationen griechischer Vasenbilder fort. ' Am 20. November zeigte Privat-Docent Dr. R. Förster Zeich- nungen unedirter griechischer Vasenbilder vor und besprach dieselben. Am 19. December legte Privat-Docent Dr. R. Förster einige griechische Reliefs vor. Kassen-Abschluss für das Jahr 1S7O. Soli Jst eingekommen. Ausgabe Ist verausgabt. einkommen laut ent f . L | KdemwBtatnprO oO : (0% eh p: 5 Eh Allgemeine Kasse. a rom. Allgemeine Kasse a 1870/71. „” Y Y y ne de Ab Einnahme, 26 | Fe 76 IP TERROR. Ausgabe. 2: Mb dern NE ne 30‘ 308 | 15 j! ee le Nieiher. 222 ee ee TE > ang wa, An Beine aus dan vorigen Jahre. . . : 150 |-— |— | Honorare und Mennnekthnen TE er IE EG ne NS Te SS = 200 316/15j— | „, Zinsen von Effecten: 300 | — )— | Gehalt dem Castellan . RE Re ee 300 | —ı — von 2400 +. Niederschles.-Märk. Eisenbahn-Pr.-Actien a 2% 96 g 1822 SUNeujalmsgeschenleudemselbenss 2. SC? _ 18 ı—| — „ 1200 „ Bresl.-Schweidn.-Freib, Eisenb.-Pr.-Oblig. En >: „ | 100122 | ES Fr Heii no rn 0 a SE ea on 0 NER. a TEE ; Sr er 108 00 | » 900 „ Oberschl. Eisenb.-Pr.-Oblige. & 32%. . a? | ee Beleuchtung 5 HE MER Ne OR BOTH Re Ne — 82 161 — | BE oun® „ a RE 15% . 2» | al Unterhaltune der Mobilien SET SEE ER RE .— We Tel — | „ 2000 „ » m Da. 2. 2 » | og Heuerversicherungs-Prämie en a ee ME EEE AH BESSERE C 7: — | | » 300 „„ Prämien-Anleihe a 3%... 0. 0 105 E.| >|, Schreibmalenalien Wake man a tee a LIE 23. 026 | N = 316 | 15 I a ee Zeitungs Annonceni.r rel ee N ne —_ 64 |97| 3 1716 —|— | „, Beiträgen einheimischer Mitglieder: ; | I 900 | — | — Druckkosten .. FOR Re er a ER een ke se = 356 | 4 — | Pro I. Semester von 273 Mitglieden a3 . . ... 819 | | rn Al Benz Per A er a ee RERER ie a er : „ I ” a » 2 2 22 | Bee Kleine Ausgaben” { % -—_ 29 |11| — | rn 1686 | 535 De Naturwissenschaftliche Section : — 20 | —| — 296 — —| ‚, Beiträgen auswärtiger Mitglieder: | 30 .-_ |— | Entomologische Section — 207712226 Pro I. Semester von 75 Mitglieden 2 m. » . » . 150 2 | 60 | — | — | Technische Section. 53 1, 1 ee Ne. Mi 68 123 | 6 | R 5 95,8 ..251 Botanrsche,,Bechion. . = ware... Siedler san a. ee ee 26 5| — A, a R N A OPER ne So EBinliorne er RE EB A NE RESSORT 7 65 124 | — Be a: i DT U Bee are 987 |__ || Unvorhergesehene Ausgaben Ba EIS Ma A EEE FERNE are 7 EEE, ie 107 |15| — le Rnmiissepühieneneuer Nirelieuers2]E aD, — 68 ı— | — 150) © 7, Miethsbeitras vom Sehlesischen Kunst-Veren Wr nm — 150 | — | — 180,7 Ben ” n GesyeibeNlerein re: — 180 | — | — | 5 || 5 5) klassischen IMusile-Vereinge ae. — 48 | — | — | | Beit ae Dinahleetgeng Manlsimat =. a Een. — 101 — | — | 1 Da Bestand am Schlusse des Jahres 1870: | sans öhnlüche Rinnahmen: 19 2400 54% Niederschl.-Märk. Eisenbahn-Prioritäts-Actien. Er : “ 1% da 1200 „ 4% Breslau-Schweidn.-Freib. Eisenb.-Pr.-Oblie. Für verkaufte Bücher... 2... 000.0. 827 6 900 „ 31% Oberschl. Eisenb.-Prioritäts-Oblig. lit. E. Binsıocal-Denutzung Zr. lo, 900 „, 1% z en " nr ie. Für Gasbenutzung . . a ll, 797%, 2000 „, 4% i gli iQ | Zinsen von zeitweise angeleeten "Geldern BEN, 300 „, 31% ran Anleihe, 2 | | Ale Zar Oral 6 N 7700 | 487 | 22 D | H | } Ber 7700 | 3226 | 27 m 7100 | 3226 | 27 | 7 | Franck, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Beer da Bschllors® für das Jahr 1S7O. Ist eingekommen. Baar. Separatkasse der Section für Obst- und Gartenbau. UA Einnahme. An Besland austdem worten dehre. u... 2 u na Sen a N en 3 — | 2 ,„„ Mitglieder-Beiträgen: youss Uneinheimischene =. =. je ame 2 a a er ey ARDSRBUSWENGENE ne ee ee Ze N LEN „„ Beiträgen für den Lesezirkel: . 90: 1 Eee Einnahmen für den Garten und Erträgnisse desselben: Beiträge von 154 einheimischen und auswärtigen Mitgliedern 170 „9. — Ab — 4? für Edelobstbäume, Weinreben ete.. .........69% „10, 3 e für verschiedene Gäntenproduete 22. no. 2 DB al Dr. 953 g 6 Zuschuss vom landwirthschaftlichen Ministerium 4007| — | — 1758 3 8 Separatkasse der Section für Obst- und Gartenbau. Ausgabe. Für den Lesezirkel: Journale und) Bücher "7. na u 2 Be in a ed 0, 4 Colppstahlong. - Far... ea 0: 48 u, — 2 —» Buchbinderarbeitenap. 2 a u ee A De, Extraordinaria . un ee Für Sämereien und Edelreiser zur Vertheilung: Sämereien und Versandtspesen . Insgemein: Porto a 19 29 6 7 Insertionskosten ee Druckkosten So Se see Angeschatite Werke. ee Buchbinderarbeiten . Zu nor en: Kleine Ausgaben . 39 1102..0.0 7, Extraordinaria em 326 — ,„ Für den Garten: Gehälter, Löhne und diverse Ausgaben für Sämereien, Edelbäume, Obstbäume Baar Ist verausgabt. Baar. mM _ 4 86 |24| 6 40 |27| 4 1} ZR.| 110 3 | Sl Franck, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. DT Bericht über die Kassen-Verwaltung pro 1870. Der Abschluss des Jahres 1869 ergab einen Baarbestand von 308 Thlr. 15 Sgr. 1 Pf. und einen Effeeten-Bestand von 7700 Thlr. für die allgemeine Kasse. Wesentliche Ueberschreitungen bei den Ausgaben haben nicht statt- gefunden, die Zinsen-Einnahme hat sich um einen kleinen Betrag gestei- gert; es ist daher auch für das laufende Jahr ein verhältnissmässiger Ueberschuss zu erwarten. | Von der Separat-Kasse der Section für Obst- und Gartenbau, welche, wie im letzten Jahresbericht mitgetheilt worden, von der Section selbst- ständig verwaltet wird, wird der Bericht erst nach Abschluss der Kasse für das laufende Jahr erstattet werden. Breslau, den 30. December 1870. Franck, z. Z. Cassirer. Bericht über die Bibliotheken der ‚„Schlesischen Gesellschaft“ im Jahre 1870. Der Zuwachs der Bibliotheken und zugehörigen Sammlungen beträgt in diesem Jahre, einschliesslich des im vorigen Jahre unter einer Nummer aufgeführten, nun katalogisirten Drescher’schen Nachlasses von 110 Nummern, in Summa 1023 Nummern in 2995 Bänden, Mappen, Heften oder Blättern. Hiervon entfallen auf die allgemeine Bibliothek 832 Nummern in 1386 Bänden oder Heften, auf die schlesische Bibliothek 170 Nummern in 548 Bänden, Heften oder Blättern, auf die Sammlungen 26 Nummern in 1054 Blättern und 7 Mappen mit dergleichen. Der Zuwachs im Vorjahre betrug nur 636 Nummern mit 1910 Bän- den, Heften ete. Die ansehnliche Steigerung der Zahlen ist zum Theil durch eine Schenkung des Herrn Superintendent a. D. O. Wolf im Be- lauf von ca. 250 Stück Büchern und ca. 1000 Abbildungen, wofür sich die Gesellschaft ihm sehr verpflichtet fühlt, sodann durch die erwähnte Drescher’sche Ziffer zu erklären. Gesellschaftschriften sind durch Geschenk eder Tauschverband eingegangen von 29 schlesischen, 97*) anderweiten deutschen incl. 1 Strassburgischen, 2 niederländischen, 5 schweizer, 21 österreichischen, *) Eingerechnet 6 mit anderen verbundene Vereine, 28 Jahres-Bericht 2 ungarischen und 3 siebenbürgischen, 2 schwedischen, 4 norwegischen, 4 dänischen, 3 belgischen, 1 luxemburgischen, 5 italienischen, 1 engli- schen, 5 französischen, 8 russischen, 1 ostindischen, 9 nord-, 1 süd- amerikanischen, 1 australischen, zusammen 175 ausserschlesischen Vereinen, Behörden oder Instituten. Im Vorjahre betrug die Zahl 191. Von diesen haben 73 im lau- fenden Jahre noch nichts gesendet, wogegen 57 andere sandten, von denen im Vorjahre nichts einging oder die ganz neu in Verbindung getreten sind. Eine Erklärung für diese wiederkehrende Erscheinung giebt der vorjährige Bericht. Die Klage über geringe Betheiligung der Vereine etc. Schle- siens kann nur wiederholt werden. Dankend ist wiederum des Herrn Generaleonsul a. D. Dr. Flügel in Leipzig zu erwähnen, welcher weitere Tauschbeziehungen mit ameri- kanischen Vereinen und Behörden vermittelte. Die Namen der Vereine und Geschenkgeber finden sich in den An- lagen verzeichnet. Hervorzuheben dürften sein das königl. Ober-Bergamt mit dem neu abgeschlossenen Römer’schen Werke über die Geognosie Oberschlesiens, Herr Ministerial-Rath Dr. Förster mit der neuen Auflage seiner ,„Iheorie und Praxis des Privatrechts ete.“, und das Ehrenmitglied, früherer Mitbürger dieser Stadt, General Dr. phil. v. Zastrow mit seiner Geschichte der Festungbaukunst ete.‘‘, französische Ausgabe von Ed. de la Barre Duparcq, 2 Bde. Text und 1 Bd. Tafeln, ein Werk, wel- ches der Uebersetzer eins der besten über den Gegenstand nennt, das einen wohlverdienten und festgegründeten europäischen Ruf besitze. Die Herren Leihamts-Direetor Klose, Stadtrath Müller, Dr. W- G. Schneider lieferten Collectionen kleinerer Schriften zur Vervollstän- digung betreffender Partien der Bibliothek; Herr Hofrath Krätzig die fast complette Sammlung der Schriften eines Brieger Vereins. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Per- sonen, deren Wohlwollen die Bibliotheken ihre diesmalige Vermehrung zu danken haben, sind, mit beigefügter Zahl der zugewandten Piecen, folgende: A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen. Die Universität zu Breslau 49, der Magistrat von Breslau 1, das königl. Ober-Bergamt 5, die schlesische General-Landschaft 1, der Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens 2, der Verein für das schles. Alterthümer-Museum 2, der Verein für Poesie 2, der Verein für Geschichte der bildenden Künste 1, der schlesische Kunstverein 1, die Handels- der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 39 Kammer 2, der schlesische landwirthschaftliche Centralverein 1, der schlesische Forstverein 1, der kaufmännische Verein 1, die kaufmännische Börsen-Ressource 1, der Centralverein für Gärtner und Gartenfreunde 2, das Magdalenen-Gymnasium 1, das Matthias-Gymnasium 1, das jüdisch- theologische Seminar Fränkel’scher Stiftung 5, die Realschule II. (zum heiligen Geist) 1, die Lindner’sche höhere Mädchenschule 1, die Taub- stummen-Erziehunganstalt 20, die Blinden-Erziehunganstalt 9, das Haus- armen-Medicinal-Institut 1, die Actien-Gesellschaft für den zoologischen Garten 1, — sämmtlich zu Breslau; — die Ritierakademie zu Liegnitz 1, die Realschule zu Neisse 1, die ökon.-patriot. Societät des Fürstenthums Sehweidnitz-Jauer zu Jauer 1, der Gewerbe- und Gartenbau-Verein zu Grünberg 1, die Philomathie zu Reichenbach 1, b. Von einzelnen G@eschenkgebern. Fräulein C. Adel 4, die Herren: Dr. med. Basset in Brieg 1, Dienst- mann Beer 23, Prof. Dr. Ferd. Cohn 2, Sanitäts Rath Dr. Drescher in Reinerz 2, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert 15, die Universitäts-Buch- druckerei Grass Barth & Co. 1, Graf J. A. v. Hoverden-Plenken hier 3, Lehrer C. Klimke in Frankenthal 1, Leihamts-Director Klose 9, Ober- lehrer a. D. A. Knötel in Gross-Glogau 1, Pastor Kölling in Roschkowitz 2, Kreis-Gerichts-Seeretär Hofrath Krätzig in Brieg 34, Prof. Dr. Kuh in Woinowitz 15, Hauptlehrer Kuznik 1, Redacteur B. Lessenthin 4, Haupt- lehrer D. Letzner 1, Hauptlehrer K. Letzner 4, Reetor Dr. Luchs 16, Stadtrath Müller 146, Bibliothekar Redacteur Th. Oelsner 16, Prof. Palm 1, Kreis-Gerichts-Direetor Peck in Schweidnitz 1, Antiquar-Buchhändler Peuckert 1, Buchhändler G. Porsch (Aderholz) 1, Gexeral-Major a. D. v. Prittwitz 1, Castellan Reisler 10, Diakonus Schian in Liegnitz 1, Director des zoologischen Gartens Dr. Schlegel 3, Lehrer der städtischen Mädchenschule I. H. Schubert 2, Kgl. Post-Commissar R. Schück in Rei- chenbach 3, Buchhändler Skutsch 1, Bergwerk-Direetor Steiner in Herms- dorf (Waldenburg) 2, Brunnenarzt Dr. Stempelmann in Salzbrunn 1, Stadt-Schulrath Dr. H. Thiel 1, Sanitätsrath Dr. Valentiner in Salzbrunn 1, Superintendent a.D. ©. Wolf (Grünberg) 15. Hierzu treten die 17 Stück aus dem in vorigem Jahre unter einer Nummer gebuchten, nunmehr katalogisirten Drescher’schen Nachlasse (vergl. Jahres-Bericht für 1869 $..21 und 22). Gekauft wurden 20 Nummern in 49 Bänden oder Heften. Eingetauscht wurden 16 Nummern in 31 Bänden oder Heften. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die University of the state of New-York zu Albany 1, Gewerbeverein, naturforschende Gesellschaft und bienenwirthschaftlicher Verein zu Alten- burg 1, der historische Verein von Mittelfranken zu Ansbach 1, der histo- rische Verein von Unterfranken zu Aschaffenburg und Würzburg 1, der 30 Jahres-Bericht Gewerbe-Verein der Stadt Bamberg 1, die historische Gesellschaft zu Basel 1, das Curatorium des preussischen Staats-Anzeigers zu Berlin 1, die königl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 10, das königl. Landes-Dekonomie-Collegium 1, die Universität zu Berlin 9, die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 1, die deutsche geolo- gische Gesellschaft zu Berlin 4, die juristische Gesellschaft zu Berlin 4, der Verein für die Geschichte Berlins 3, der Acclimatisations-Verein zu Berlin 1, der Verein für Siegel- und Wappenkunde zu Berlin 15, die Gesellschaft für Heilkunde zu Berlin 1, die permanente Commission der europäischen Gradmessung zu Berlin 1, die Delegirten-Versammlung der norddeutschen landwirthschaftlichen Central- und Haupt-Vereine zu Berlin 1, das Ober-Gymnasium und die damit verbundenen Lehranstalten zu Bistritz in Siebenbürgen 1, der landwirthschaftliche Verein von Rhein- preussen zu Bonn 11, der naturwissenschaftliche Verein der preussischen Rheinlande und Westphalens zu Bonn 1, die Universität zu Bonn 58, die. Societe des sciences phys. et nat. zu Bordeaux 5, die Society of natural history zu Boston 3, die American Academie of arts&'sciences zu Boston u.Cambridge 1, der naturw. Verein zu Bremen 8, das kgl. Ober-Präsidium zu Breslau 1, der naturforschende Verein zu Brünn 1, die Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brünn 3, die Academie royale de medecine de Belgique zu Brüssel 12, dis Academie royale des sciences, des lettres et des beaux arts zu Brüssel 6, das Observatoire royale zu Brüssel 1, das Geological Survey of India zu Calcutta 8, die Philoso- phical Society zu Cambridge (Amerika) 6, die Vargasia, Sociedad de ei- encias fisicas y naturales zu Caracas 1, die königl. landwirthschaftliche Gesellschaft zu Celle und landwirthschaftliche Akademie zu Göttingen- Weende 3; das Board of trade zu Chicago 3, die Amer. association for the advancement of sciences zu Chicago 3, die Videnskabs selskabet zu Chri- stiania 1, die Universität zu Christiania 9, das Institut meteorologique de Nor- vege zu Christiania 1, die Skandinavisk naturforskers zu Christiania 4, der allgemeine Gewerbeverein zu Danzig 2, der Verein für Erdkunde und mittelrheinische geologische Verein zu Darmstadt 1, der historische Ver- ein für's Grossherzogthum Hessen zu Darmstadt 2, der Anhaltische Gar- tenbau-Verein zu Dessau 2, die gelehrte esthnische Gesellschaft zu Dorpat 3. das königl. sächsische statistische Bureau zu Dresden 3, die natur- wissenschaftliche Gesellschaft „Isis“ zu Dresden 3, die photographische Gesellschaft zu Dresden 7, die naturforschende Gesellschaft zu Emden 1, die Universität zu Erlangen 29, die Soc. geografica zu Florenz 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M. 3, die Gesellschaft ‚‚Zoologischer Garten“ zu Frankfurt a. M. 6, der physika- lische Verein zu Frankfurt a. M. 1, die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft zu Frankfurt a. M. 2, der landwirthschaftliche Central-Verein zu Frankfurt a. O. 1, die Naturforscher-Gesellschaft zu Freiberg 1, der Alterthum-Verein zu Freiberg 1, die Universität zu Freiburg i. B. 11, die Societe d’histoire et d’archeologie zu Genf 1, die oberlausitzische Gesell- schaft der Wissenschaften zu Görlitz 2, der thüringische Gartenbauverein zu Gotha 1, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften und Georg- August-Universität zu Göttingen 1, der naturwissenschaftliche Verein in Steiermark zu Graz 1, der akademische Leseverein der Universität und landschaftl. technischen Hochschule zu Graz 2, der naturwissenschaftliche Verein von Neu-Vorpommern und Rügen zu Greifswald 1, der baltische der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 31 Central-Verein zu Greifswald 20, die polytechnische Schule zu Harlem 1, der naturwissenschaftliche Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle 2, der historische Verein zu Hamburg 1, der Pomologen-Verein zu Han- nover 1, der historische Verein für Niedersachsen zu Hannover 3, der naturhistorisch-medieinische Verein zu Heidelberg 2, die Sellskapet pro Fauna et Flora Fennica zu Helsingfors 1, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Hermannstadt und Kronstadt 6, das Gymnasium Augsb. Confession zu Hermannstadt 1, die Universität zu Jena 41, die medie.- naturwissenschaftliche Gesellschaft zu Jena 4, der landwirthschaftliche Verein zu Innsbruck 4, der Verein für hessische Geschichte und Landes- kunde zu Kassel 4, die schleswig-holstein-lauenburgische Gesellschaft für Landeskunde zu Kiel 1, die Universität zu Königsberg in Pr. 36, die ostpreuss. landwirthschaftliche Centraistelle zu Königsberg und der Haupt- Verein der westpreuss. Landwirthe zu Danzig 1, die kongelige Danske Videnskabernes Selskab zu Kopenhagen 12, die kongelige nordiske Oldskrift Selskab zu Kopenhagen 12, die Universität zu Kopenhagen 11, die kon- gelige medicinske Selskab zu Kopenhagen 1, die physiographische Commis- sion der k. k. gelehrten Gesellschaft zu Krakau 1, der hıstorische Verein für Krain zu Laibach 1, die Maatschapij der nederlandsche Letterkunde zu Leiden 1, die königl. sächsische Gesellschaft der Wissenschaft zu Leipzig 10, die fürstlich Jablonowski’sche Gesellschaft zu Leipzig 2, der Verein für Geschichte Leipzigs daselbst 1, das städtisch-statistische Bureau da- selbst 2, das Museum Francisco-Carolinum zu Linz, 2, die polytechnische Gesellschaft zu Leipzig 1, die Royal society zu London 11, der natur- wissenschaftliche Verein zu Lüneburg 3, die Section historigue de l’Institut de Luxembourg zu Luxemburg 2, die sSociete Linneenne zu Lyon 7, die Societüa Italiana di scienze naturali zu Mailand 2, der Verein für Natur- kunde zu Mannheim 1, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaft zu Marburg 5, die Universität zu Marburg 40, die Societe d’horticulture zu Meaux 1, die Societe imperiale de naturalistes zu Moskau 5, die Societe imp. d’agriculture zu Moskau 11, die königl. baie- rische Akademie der Wissenschaften zu München 12, der landwirthschaft liche Verein in Baiern zu München 12, das germanische Museum zu Nürnberg 12, der Verein für Naturkunde zu Offenbach 1, das Consiglio di perfezionamento annesso al R. Instituto tecnico zu Palermo 1, die Societe geologique de France zu Paris 3, die Socieie imp. et centrale d’horticulture de France zu Paris 1, die academie imperiale de sciences zu Petersburg 7, dle kaiserl. russische geographische Gesellschaft zu Petersburg 1, die Commission imp. archeologique zu Petersburg 1, die Societas entomologica Rossica zu Petersburg 4, der königl. ungarische naturwissenschaftliche Verein zu Pest 1, die Wein- und Gartenbau-Gesellschaft zu Peterwardein 1, der landwirthschaftliehe Provinzial-Verein für Mark Brandenburg und Niederlausitz zu Potsdam 4, die patriotisch-ökonomische Gesellschaft im Königreich Böhmen zu Prag 6, der naturhistorische Verein „‚Lotos“ zu Prag 1, die königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag 5, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 2, der deutsche Po- mologen-Verein zu Reutlingen 1, die Universität Rostock 123, der mecklenburgische patriotische Verein zu Rostock 1, die Gesellschaft für salzburgische Landeskunde zu Salzburg 1, der historisch-antiquarische Verein zu Schaffhausen 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu Schwerin 2, das grossherzoglich mecklenburgische 33 Jahres-Bericht statistisehe Bureau zu Schwerin 1, der Verein für Freunde der Natur- geschichte in Mecklenburg zu Schwerin 1, der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Sondershausen 1, der landwirthschaftliche Verein zu Stade 2, die polytechnische Gesellschaft zu Stettin 2, das Bureau de la recherche geologique de la Suede zu Stockholm 5, die Societe des sciences naturelles zu Strassburg 3, die königl. würtembergische Centralstelle für Land- und Forstwirthschaft zu Stuttgart 1, der würtembergische ärztliche Verein zu Stuttgart 2, der würtembergische naturwissenschaftliche Verein zu Stuttgart 1, die polytechnische Schule zu Stuttgart 4, das königl. sta- tistisch-topographische Bureau zu Stuttgart 2, der Verein für vaterländieche Naturkunde in Würtemberg zu Stuttgart 3, die Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier 1, die sSocieta agraria zu Triest 6, die Societas regia scienliarum zu Upsala 1, das Ateneo Veneto zu Venedig 3, das In- stituto Veneto di scienze, lettere ed arti zu Venedig 16, das Government zu Vietoria (Australien) 1, die Smithsonian Institution zu Washinston 3, das Depart. oy agriculture of N.-Am. zu Washington 4, das United States Pa- tent office zu Washington 14, der Harz-Verein für Geschichte und Alter- thumskunde zu Wernigerode 2, die k. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien 33, die k. k. geologische Reichsanstalt zu Wien 12, die zoolo- gisch-botanische Gesellschaft zu Wien 2, die Universität zu Wien 7, die Centralstelle für Meteorologie und Erdmagnetismus zu Wien 4, der Ver- ein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu Wien 7, die anthropologische Gesellschaft zu Wien 2, der akademische Leseverein zu Wien 1, der Verein für nassauische Alterthumskunde und Geschichts- forschung zu Wiesbaden 1, der polytechnische Verein zu Würzburg 1, die physikal.-medieinische Gesellschaft zu Würzburg 2, die Universität zu Zürich 24, die antiquarische Gesellschaft zu Zürich 2. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Die Herren: Dr. Joachim Barrande in Prag 4, Geh. Sanitätsrath Dr. Berend in Berlin 1, Prof. Dr. Ferd. Cohn 1, Verlags-Buchhändler Enslin in Berlin 2, Lithograph Gustav Ertel 2, Geh. Justiz- und Ministerialrath Dr. jur. Franz Förster in Berlin 2, Georg Ritter v. Frauenfeld in Wien 5, Vice-Director der k. k. Centralstelle für Meteorol. und Erdmagnetism. Karl Fritsch in Wien 1, Frau Lector Fritz 18, die Herren: Prof. Dr. Geinitz in Dresden 1, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert 5, Ritter v. Hai- dinger in Wien 1, General-Landschafts-Syndieus Justizrath Hübner |], Redacteur Jechl in Prag 4, Privat-Docent Dr. med. Gustav Joseph 11, Fräul. Fried. Kempner in Droschkau 1, die Herren: Prof. Dr. Kenngott in Zürich 2, Geometer Hugo Knoblauch 1, Privat-Docent Dr. Leop. Kny in Berlin 1, Oekonomie-Direetor a. D. A. Körte 2, Oekonomie-Commissar a. D. Krocker in Berlin 7, Prof. Dr. Kützing in Nordhausen 2, Giuseppe de Leonardis in Florenz l, Dr. med, Ed, Lichtenstein in Berlin 1, Augen- arzt Dr. med. Liharzik in Wien 1, Buchhändler Joseph Max 2, Stadtrath Müller 4, Verlagsbuchhändler Max Müller 2, Bibliothekar Redacteur Th. Oelsner 6, Kreis-Gerichts-Director Peck in Schweidnitz 1, Seminar-Ober- lehrer a. D. J. Preis in Brieg 1, General-Major a. D. v. Prittwitz 21, Verlagsbuehhändler Puttkammer und Mühlbrecht in Berlin 5, Director des kgl. Observatoriums Prof. Dr. Ad, Quetelet in Brüssel 7, kgl. Bade- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 33 Arzt Dr. Renz in Wildbad 1, Prof. Dr. Sandberger in Würzburg 3, Director des zoologischen Gartens Dr. Schlegel 2, Dr. phil. W. 6. Schneider 18, Apotheker Scholz in Jutroschin 1, Redacteur Dr. W. Sklarek in Berlin 14, Fräulein Marie Stephan 6, die Herren: Assecuranz- Inspector Rud. Temple in Pest 2, Ober-Reg.-Rath Frhr. v. Tettau in Erfurt 2, Präses des freien deutschen Hochstifts Dr. Otto Volger in Frank- furt a. M. 1, Buchhändler Wiegandt und Hempel in Berlin 1, Gutsbesitzer Dr. Wileken in Pogarth 1, Superintendent a. D. O. Wolf 231, General der Infanterie und command. General des 7. Armee-Corps Dr. phil. Ad. v. Zastrow in Münster 3. Hierzu treten die 86 Nummern aus dem Drescher’schen Nachlasse (vergl. oben). Gekauft wurden 112 Nummern in 307 Bänden oder Heften. Eingetauscht wurden 2 Nummern in 23 Bänden oder Heften. C. Die Sammlungen der Gesellschaft erhielten ausser den zu bezüglichen Druckwerken gehörenden Karten: von Frau Leetor Fritz ein Portrait des Reg.-Rath C. C. Streit (Gründers der Schles. Provinzialblätter, Kupferstich); von den Herren: Prof. Dr. Ferd. Cohn: das Denkmal Kabsch’s (Photogr.); Major v. Fils in Imenau: 2 Blatt Höhenschichten-Karte des Thüringerwaldes; Geh. Med.-Ratlı Prof. Dr. Göppert: ein Portrait Mosewius’ (Lith.); Buchhändler Jacobsohn jun.: Portrait Passow’s (Lithogr., eingerahmt); Redacteur Th. Oelsner: Portrait C. S. Häusler’s (Lithogr.); Prof. Dr. Orth in Halle: 4 photogr. Abbil- dungen von Geschieben mit Rutschflächen; Superintendent a. D. O. Wolf: 995 diverse Abbildungen, meist Portraits, 1 alten Plan von Schweidnitz und 3 Sammlungen Karten und Pläne von resp. 13, 15 und 11 Stück. Hierzu 6 Mappen mit Karten, Bildern, Handzeichnungen und 1 Fascikel Herbarium aus Drescher’s Nachlass. Gekauft wurden: Schönborns Portrait; die „Types principaux des diff. races humaines‘‘ (Petersb. 1862, Photogr.) und 2 Bilder aus dem Jahre 1848. (Zusammen 26 Nummern des Journals.) Th. Oelsner. Bericht des CGonservator der naturhistorischen Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft über seine Thätigkeit im Jahre 1870. Hohes Präsidium ! Im letzten Jahre wurden zunächst die systematisch geordneten Samm- lungen- Schlesischer Farne und Moose theils aus den Beiträgen meiner Freunde, theils aus meinem eigenen Herbarium so weit ergänzt, dass sie 34 Jahres - Bericht jetzt als nahezu vollständig gelten können, viele seltene Arten sind sogar von zahlreichen Standorten vertreten, und soll auch fernerhin die Erwei- terung dieser Sammlungen stets im Auge behalten werden. Hierauf warde eine grössere Arbeit begonnen, die mich voraussicht- lich noch längere Zeit beschäftigen wird. Als nämlich behufs der Auf- stellung eines Schlesischen Herbarii aus den zahlreichen, ungeordneten, kleineren Sammlungen der Gesellschaft die Schlesischen Elemente her- ausgezogen waren, blieb ein sehr bedeutender Rest nicht-schlesischer Pflanzen übrig, die zum Theil von grossem Werthe waren, so die Arten der Reichenbach’schen Centurien und viele andere. Diese, sowie die 6 geschenkten Centurien des Herbarium normale Florae Transsilvaniae wurden zunächst sämmtlich, Bogen für Bogen, nach Endlicher’s En- chiridion numerirt, um später in das grosse allgemeine Herbar einge- ordnet zu werden. Folgende Herren haben die Sammlungen und Manuscripte durch Bei- träge vermehrt: Es schenkten Herr Dr. Rabenhorst: Fasc. 52 der Lichenes europaei. Octav. Decaden 215—227 der Algae eur. Herr Dr. Schneider: eine Prachtsammlung niederer Pilze auf 104 Quartblättern. Die Herren Lehrer Zimmermann und Inspector Schulze: Schle- sische Moose. Herr Dr. Engler: Bidens radiatus. Prof. Milde: Schle- sische Farne und Moose. Herr v. Uechtritz: ein Manuscript über die Flora von Friedland, und Herr Apotheker Günzel-Becker ein solches über die Flora von Wohlau. J. Milde. T. B.& Eiiyehhr t über die Thätiekeit der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen ‘ Gesellschaft im Jahre 1870, abgestattet von Siagisrath Prof. Dr. Grube und Geh. Bergrath Prof. Dr. Römer, zeitisen Secretairen der Section. Herr Prof. Dr. F. Cohn berichtete in der Sitzung am 12. Januar c., dass ihm durch Vermittelung der Redaction der Breslauer Zeitung von Herrn Justizrath Rüdenburg zu Pleschen die Anzeige von einer am 19. November v. J. in Strzydzewo unweit Pleschen gegen 10 Uhr Abends beobachteten Lichterscheinung geworden, welche in Gestalt eines bren- nenden Strohgebundes oder einer Feuergarbe in einiger Entfernung vom Herrenhofe, etwa 100 oder 200 Schritt hinter dem Garten, auf dem Felde niedergefallen; bei der vom Gutsherrn am folgenden Morgen angeordneten Nachforschung habe man daselbst einen ziemlich grossen Klumpen von einer Gallertmasse gefunden, welche sich bei der am 22. November vor- genommenen Untersuchung als Froschgallert (aufgequollene Bileiter) erwies — ein neuer Fall der nun so oft schon constatirten, doch in mancher Beziehung räthselhaften Erscheinung. In derselben Sitzung legte Herr Prof. Dr. Galle die Höhenschichtenkarte des nördlichen Theiles des Thüringer Waldes vor, welche im vorigen Sommer von dem Verfasser, dem vieljährigen eorrespondirenden Mitgliede der Schlesischen Gesellschaft Herrn Major Fils in Ilmenau für die Gesellschaft eingesandt worden ist und die einen srossen Theil der reichen Sammlung von barometrischen Höhenmessungen 5*+ 36 Jahres-Bericht umfasst, welche seit einer langen Reihe von Jahren von dem Verfasser in Thüringen ausgeführt worden sind. Die Karte gewährt mit einem Blicke eine vollständige Uebersicht über die Höhen- und Tiefen-Verhält- nisse des Waldes und seiner Vorlande, indem die verschiedenen Höhen- schichten durch verschiedene scharf gegen einander abgegrenzte Farben getrennt sind, und zwar so, dass auf dem Walde die Schiehten von 500 zu 500 Fuss, auf dem flachen Lande von 250 zu 250 Fuss abge- theilt sind.“ Derselbe Vortragende machte am 7. December Mittheilungen über den Verlauf der Sonnenfinsterniss am 22. December d. J. Dieselbe wird im südlichen Europa und nörd- lichen Afrika total sein mit einer Dauer der Totalität von etwa 2 Mi- nuten. Der Mondschatten vom atlantischen Meere kommend, bewegt sich, durch die Südspitzen von Portugal und Spanien (Cadix, Xeres, Gibraltar, Malaga), das nördliche Algerien (Oran, Batna), Sieilien (Syracus) und die Südgrenzen der europäischen Türkei bis zum südlichen Russland. In Breslau ist die Finsterniss nur partial, indess erreicht dieselbe, um 12 Uhr 43 Minuten beginnend und um 3 Uhr, 12 Minuten endend, um 1 Uhr 57 Minuten die Grösse von nahe 10 Zoll, so dass alsdann °/, der Son- nenscheibe verdeckt ist. Es steht in Aussicht, dass auch diesesmal in der Zone der Totalität mehrere Astronomen Beobachtungen über die physische Beschaffenheit der Umgebung des Sonnenkörpers anstellen wer- den, wie solche in den jüngst verflossenen Jahrzehnten in Verbindung mit den Fortschritten der Physik zu wichtigen neuen Ergebnissen geführt haben, Es handelt sich dabei um die weitere Forschung über die Ur- sachen der die verfinsterte Sonne umgebenden mannigfach geformten Strahlen-Glorie und der seit dem Jahre 1342 entdeckten nur wenig über den Mondrand hervorragenden rothen Protuberanzen. Der Vortragende gab eine Uebersicht über die wichtigsten seit 1342 darüber gewonnenen Erfahrungen, unter Vorzeigung von Abbildungen der totalen Verfinste- rungen von 1851, 1855, 1858, 1860, 1865, 1867, 1868 und 1869. Mit dem Jahre 1860 beginnt die Anwendung der Photographie bei diesen Beobachtungen, sowie die unzweifelhafte Feststellung, dass die rothen Protuberanzen lediglich der Sonne angehören. Im Jahre 1868 wurde zuerst das Spectroskop angewandt und liess in den Protuberanzen glü- hende Gase erkennen, mit hellen Linien, die vornehmlich dem Wasser- stoff entsprechen. Dies führte demnächst zu den sinnreichen Methoden, durch welche Janssen, Lockyer und insbesondere Zöllner die Be- obachtung von Protuberanzen auch ohne Sonnenfinsterniss mittelst des Spectroskops möglich gemacht haben. Es wurde schliesslich das von Commodore Sands in Washington herausgegebene Werk über die vor- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 37 jährige totale Sonnenfinsterniss in Nordamerika vorgelegt, bei welcher die Speetra der Protuberanzen mit den im Jahre 1868 beobachteten eine völlige Uebereinstimmung zeigten. In der Sitzung am 2. Februar trug Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr, Göppert einen Bericht des Herrn Prof. Dr. Sadebeck in Berlin, un- seres auswärtigen Mitgliedes, über seine vorjährigen Triangulationsarbeiten vor, welche er als Mitglied der permanenten Commission für europäische Gradmessung ausgeführt hatte. Nachdem die Beobachtungen für die zur europäischen Gradmessung gehörende Dreieckskette zwischen Berlin und dem Brocken im Jahre 1867 auf dem Eichberge bei Saarmund (1 Meile südöstlich von Potsdam) von ihm begonnen und im Jahre 1868 bis in die Gegend von Wittenberg fortgeführt worden waren, war ihm die Voll- endung dieser Kette als Aufgabe gestellt worden. Nur die Ungunst der Witterung verhinderte die vollständige Ausführung dieses Vorhabens, ob- schon nur eine einzige Station, Burkersrode bei Freiburg an der Unstrut, übrig geblieben war. Herr Dr. Meusel sprach am 2. Februar über krystallisirtes Kupferjodür und die Erscheinung von Doppelfarben. Der Vortragende gab eine Einleitung für einen Cyklus von Mitthei- lungen, in denen er seine gegenwärtigen Studien über chemische Bindung der Gesellschaft vorzutragen hofft. Er zeigte zunächst, wie einfach sich die Auffassung der Materie in ihren Veränderungen mit der Annahme von Atomen gestalte und wie nothwendig, ja unerlässlich der neueren Chemie die atomistische An- schauung geworden. Isomere Körper sind eben chemisch nur zu ver- stehen mit der Vorstellung von kleinsten Theilen in verschiedener Grup- pirung: oder wäre es möglich für Körper, die procentisch gleich zusam- mengesetzt sind, die gleichviel Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten, sich zweierlei Durchdringung der Materie zu denken? Merkwürdig genug fand gerade, was den Anstoss für die Aufstellung der Atomtheorie gab, nämlich das einfache Verbindungsverhältniss, bis jetzt keine Erklärung; kein Grund wurde bisher klar gelegt, warum sich ein bestimmtes Atom nicht mit beliebig vielen zusammen gelagert oder in Bewegung annehmen lässt. Die Ursache hierfür sucht neuerdings die Chemie zu begreifen; ein erster Anlauf nach dieser Richtung liegt in den Typen, während derartige neuere Bestrebungen in der Aufstellung der Valenz gipfeln. Was aber Erklärung sein soll, ist nur Umschreibung, die besonders dehnbar, wenn man die Werthigkeit nicht als begrenzt ansieht. 38 Jahres-Bericht Gelegentlich der Untersuchungen über dieses Thema kam Dr. Meusel zum Studium der Jodide und beobachtete dabei zum ersten Mal das Kupferjodür in Krystallen. Es wurde in Tetraedern erhalten, also iso- morph mit Kupferchlorür, was um so interessanter ist, als Jod in seinem Verhalten zu Kupfer mehr von Chlor abweicht, als in anderen Fällen, Den Weg der Darstellung bot die Reaction von sich langsam ausschei- dendem Jod auf Kupfer oder die Einwirkung von Jodwasserstoffsäure auf Kupferglanz. Es schlossen sich noch Experimente über eine merkwürdige Farben. wandlung an, welche Kupferjodür und $Silberjodid mit rothem Jodqueck - silber zeigen. Diese Mischungen besitzen nämlich für wenig auseinander- liegende Temperaturen zweierlei Farben. Beim schwachen Erwärmen wird die gelbe Silbermischung intensiv roth und das Kupferjodürqueck- silberjodid verwandelt seine schöne rothe Farbe in ein Schwarz. Sobald die Wärmequelle entfernt wird, tritt sofort die ursprüngliche Farbe wieder auf und diese Farbenwandlung kann beliebig oft wieder- holt werden. Durch ihre grosse Empfindlichkeit eignen sich die Körper in vielenFällen zum Nachweis der Wärme, sie werden daher vielfach Anwendung finden, wo man jetzt Thermometer benutzt. Im Anschluss an die, von Herrn Dr. Meusel vorgelegten gegen Temperatur-Veränderungen in ihrer Farbe so empfindlichen Präparate zeigte Professor Poleck eine Anzahl von Geissler in Bonn angefer- tigten und in Glas-Röhren eingeschmolzenen phosphorescirenden Sub- stanzen, welche eine Scala von sieben Farben zwischen violett, blau durch grün in gelb und braunrothgelb bildeten. Ihre brillanten Farben treten schon nach kurzer Böleunhiune durch zerstreutes Tageslicht auf, sie wurden während des Vortrags durch Magne- siumlicht hervorgerufen. Geissler hatte die Zusammensetzung der be- treffenden Substanzen nicht mitgetheilt, es sind aber hier zweifellos die bekannten Leuchtsteine vorhanden, der Bologneser-Leuchtstein (Schwefel- baryum), Hombergs Phosphor (Chlorcaleium), Cantons Phosphor (Schwe- felealeium), Balduins Phosphor (salpetersaurer Kalk) und endlich Sulfo- salze des Arsens und Antimons mit Kalk, deren durch Versuche gefun- dene farbige Phosphorescenz hier in geschickter Weise zusammenge- stellt war. Am 16. Februar hielt Herr Dr. Meusel einen Vortrag über eine neue Zerlegung und quantitative Bestimmung der unlöslichen Jodide. Unter den Verbindungen des Jods mit Metallen giebt es mehrere in Wasser unlösliche, so namentlich das rothe Jodquecksilber, das Silber- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 39 Jodid, Jodblei und Kupferjodür. Ihre Zersetzung und quantitative Be- stimmung bot seither grosse Schwierigkeiten und war in manchen Fällen unausführbar. Dr. Meusel theilte nun eine sehr einfache Methode mit, die rasch exacte Resultate liefert, die Jod und Metall in ein und dem- selben Material zu bestimmen gestattet und selbst da in Anwendung kommen kann, ‘wo ein Gemenge der oben erwähnten vier unlöslichen Jodide vorliegt. — Die Methode benützt die leichte Löslichkeit der Jo- dide in unterschwefligsaurem Natron. Schon bei gewöhnlicher Tempe- ratur geht die Lösung vor sich, und auf Zusatz von Schwefelammonium fallen die Metalle quantitativ als Schwefelmetalle aus, die leicht getrennt oder gewogen werden können. Das Jod bleibt in Lösung. Zur Be- stimmung dieses Bestandtheils wird das Filtrat von den Schwefelmetallen mit Natronlauge eingedampft und die ganze Masse in der Platinschale geglüht. Unterschwefligsaures und tetrathionsaures Natron wird hierbei zerstört, es bildet sich schwefligsaures Natron und etwas Schwefelnatrium. Wasser nimmt die Masse leicht auf, und Zusatz von viel Eisenchlorid scheidet beim Erhitzen quantitativ das Jod aus, das überdestillirt und in sekühlter Jodkaliumlösung aufgefangen wird. Wenige Minuten genügen jetzt, das Jod durch unterschwefligsaures Natron zu titriren. Derselbe sprach in der Sitzung am 6. April über das Auftreten von Isomorphismus oder Homöomorphismus bei der Substitution von zwei neuen Doppelsalzen. Es zählen dieselben zu den Verbindungen zweiter Ordnung mit glei- chen electropositiven und gleichen electronegativen Bestandtheilen; die Analoga derselben gingen fast ausschliesslich durch künstliche Synthese hervor, während die Natur in einer Anzahl von Mineralien eine Parallel- reihe liefert, deren Glieder wohl gleiche electropositive, aber ungleiche eleetronegative Atome oder Atomgruppen besitzen. Der Vortragende erhielt die Doppelsalze durch Auflösen von Kupfer- jodür in Jodammonium und von Silberjodür in Jodammonium. Variation der Versuche ergab nachstehende schönkrystallisirte Körper: Cu 2J2 AMt*J 3H20 (Ag J)2 Mt#J H20° (Ag D)3 Mt*J 4H20 Ag J (Mt4J)2 H20 (Ag D)? (Mt*J)2 3H20 Es wurde nun versucht, ein Doppelsalz von Jodammonium mit Kupferjodür und Silberjodür darzustellen, oder einen Theil des unlöslichen Jodürs durch ein anderes zu substituiren. Das Resultat entsprach den Erwartungen, das Kupferjodürdoppelsalz nahm /,, seines Metallgehalts von Silber auf. 40 Jahres-Bericht Trotzdem auf den ersten Blick diese Krystalle einen anderen Typus besitzen, als die Kupferjodürjodammoniumkrystalle, so stellte sich doch bei den Messungen des Herrn Prof. Websky der Isomorphismus beider Körper als zweifellos heraus. Beide gehören dem orthorombischen Sy- stem an, und die Werthe für die Axenelemente beider Gattungen liegen einander sehr nahe. Nun besteht allerdings keine direcete Uebereinstim- mung einer Formel der aufgefundenen Silberjodürdoppelsalze, dagegen wird dieser Fall zu betrachten sein als ein Analogon für die Eisen- kupfersulfatkrystalle. Das zunächst stehende Doppelsalz ist nämlich (AmJ1)? Ag) H?0, dessen Formel gedoppelt ergiebt (Am J)® As?J? 2H?0. ‚Es fehlt an der Uebereinstimmung der Formel nur noch ein Moleeül Wasser, dessen Aufnahme bei der vielfachen Variation der Doppelsalze im Krystallwasser leicht zur Wahrscheinlichkeit wird. : ‘Herr Ober-Bergrath Prof. Dr. Websky sprach am 9. März über die regelmässige Verwachsung von Krystallen verschiedener Art und wies nach, dass in der Natur, wenn auch selten, Krystalle verschie- dener Art und selbst von verschiedener chemischer Constitution derge- stalt regelmässig verwachsen gefunden würden, dass eine gewisse Be- ziehung der krystallographischen Richtungen nicht geleugnet werden könne. Er berührte zunächst vorübergehend das bekannte, vielfach eitirte Vorkommen im Paragonit-Schiefer von Faido, Canton Tessin, von Cyanit- und Staurolith-Krystallen, die so an einander liegen, dass der Haupt- blätterbruch des Cyanits mit der Längsfläche des Stauroliths bei paral- lelen Hauptaxen zusammenfällt; ferner, als eigentlich nicht hierher ge- hörend, die regelmässige Verwachsung von Feldspath-Krystallen verschie- dener chemischer Beschaffenheil, machte aber auf ein ausgezeichnetes Exemplar einer Verwachsung von Albit mit Orthoklas aus dem Granit von Striegau, von Herrn Zimmermann daselbst gesammelt, aufmerksam. Er besprach sodann die Verwachsung von Rutil mit Eisenglanz vom Berge Cavradi im westlichen Graubündten, wo die Krystalle des Rutils in drei Gruppen auf jedem Eisenglanz-Krystall in der Richtung der drei Weiss’schen Zwischen-Axen so liegen, dass je eine Octaöderfläche des Rutils mit dem Hauptrhombo@der des Eisenglanzes zusammenfällt, und zeigte Exemplare dieses Vorkommens, an denen die Rutil-Krystalle nicht bloss aufgewachsen, sondern auch segmentartig so in Eisenglanz-Krystalle eingewachsen erscheinen, dass man in der Richtung der Hauptaxe des letzteren durch die hellbraunen Rutil-Krystalle hindurchsehen kann, eine Erscheinung, welche zweifellos für eine gleichzeitige Bildung beider Arten der Schles. Gesellsch. 1. vaterl. Cultur. 41 spricht. Er besprach ferner eine Stufe von Binarkies von der vor etwa 80 Jahren betriebenen Schwefelkies-Grube Friedrich-Wilhelm bei Schrei- berhau in Schlesien, an der auf den Binarkies-Krystallen dergestalt Schwefelkies-Krystalle sitzen, dass die eine Würfelfläche des letzteren mit der Basis des Binarkieses, die kurze Nebenaxe des letzteren aber mit der Diagonale dieser Würfelfläche zusammenfällt; — ferner eine Stufe von Freiberg in Sachsen, auf der ein rhomboedrisch lang gestrecktes Granatoöder von Zinkblende dergestalt mit Krystallen von Lonchidit — einem arsenhaltigen Binarkies — besetzt ist, dass die Basis des Lon- chidits mit der Granatoederfläche, die kurze Nebenaxe desselben aber mit der lansgezogenen Granatoöderkante zusammenfällt; jede der so be- schaffenen drei Granato@derflächen ist mit einer besonderen Gruppe von Lonchidit-Krystallen bedeckt. Der Redner zeigte sodann einen Korund aus dem Dolomit von Cam- polungo bei Dacco in Tessin, an dem eine Säulenfläche so mit Diaspor bedeckt ist, dass mit ihr der Hauptbruch des letzteren Fossils zusammen- fällt, die Hauptaxe derselben aber rechtwinkelig gegen die des Korunds steht; er berührte dann die regelmässige Verwachsung von Mabakon und Xenotim aus dem Granit der Hitteroen, welche die Flächen des beiden eisenthümlichen quadratischen Octaöders genau in dieselben Ebe- nen legen, und zeigte schliesslich ein Fahlerz aus Cornwall, dessen aus Kupferkies bestehender Ueberzug erkennen liess, dass dieses letztere Mineral auf jeder Tetraöderfläche des Fahlerzes als Drilling nach dem ersten stumpferen Octa&der abgelagert ist, so dass die Würfel- und Te- tra@derkante des Fahlerzes zusammenfällt mit der Kante der Tetra@der und Basis des Kupferkieses. Derselbe Vortragende besprach am 9. November einige neue Vorkommen von Mineralien aus der Gegend von Striegau und Görlitz; das mineralogische Museum verdankt die ersteren zum Theil Herrn Zimmermann in Striegau, die letzteren ausschliesslich den Herren Peck, Pechtner und Dr. Beblo in Görlitz. In den Granitbrichen von Thiemendorf am Nordfuss des Königs- hain’er Gebirges, dem nordöstlichen Ausläufer des Granits der Lausitz finden sich ähnlich wie bei Striegau Drusenräume, welche mit glänzenden schwarzen Quarz-Krystallen und etwas mattflächigen blassgelben Ortho- klas-Ksystallen ausgekleidet sind; auf den letzteren siedeln sich ver- einzelt Decken von weissem glänzenden Albit an; hin und wieder kommt etwas Epidot und vereinzelt Flussspath, meist in netten Kıystallen vor; ziemlich zahlreich sind beim Orthoklas Zwillinge nach dem ersten Ba- veno-Gesetz vertreten, zu reetangulären Säulen in die Länge gezogen, 49 Jahres-Bericht und dann häufig von der Unterlage abgebrochen und auf der Bruchfläche vorherrschend mit Albit bedeckt; das Berstungs-Phänomen muss daher in dem Drusenraume durch irgend welche Kraft erfolgt sein und zwar vor der Bildung des Albit’s. Fast mehr noch interessirt ein leider wenig ergiebig aufseschlossenes Vorkommen, das man in Granit von Mengelsdorf am Südfuss des Kö- nigshain’er Gebirges entdeckt hat; hier findet sich Molybdänglanz in halbzollgrossen hexagonalen Lamellen theils mitten im Granit, theils auf einem gangartigen Quarzbande. Das Vorkommen von diesem Mineral in den Sudeten ist mehrfach erwähnt worden; schon im Anfang dieses Jahrhunderts soll es in den Schneegruben gefunden sein, doch erwiesen sich die angeblich von dort her dem Redner zugegangenen Exemplare als irrthümlich so bezeichnet, da sie offenbar von Zinnwalde stammten; in dem Schutt des Tunnels bei Rohrlach fanden sich lose ansehnliche Lamellen dieses Minerals, auch Spuren in einzelnen Granit-Brocken; nicht unansehnliche Partien fand man in dem Granit, der zum Bau der Oderbrücke verwendet wurde und durchschnittlich aus den Steinbrüchen am Streitberg bei Striegau geliefert worden war; es ist doppelt ange- nehm, dass nunmehr wenigstens eine Fundstelle dieses Minerals in den Sudeten zweifellos festgestellt worden ist. In derselben Gegend und ohnfern der Stelle, welche den Molyb- dänglanz geliefert hat, fand man ferner Wolfram als ganz schmale Kluft- ausfüllung im Granit; die vorliegende Varietät des in seiner Zusammen- setzung schwankenden Minerals besteht fast ganz aus wolframsaurem Eisenoxydul, enthält nur einige Procente Manganoxydul und Spuren einer anderen, nicht durch Schwefelammonium redueirbaren Metallsäure. In dem nördlich von Görlitz vorliegenden Hügellande, ohnweit des Kalkbruches von Ludwigsdorf hat man derbe Blöcke eines Gemenges von Kupferglanz und Kupferkies, bedeckt mit Malachit und Kupferlasur, ausgeackert, reichlich genug, um an die Möglichkeit einer ergiebigen Ausbeutung zu denken; die von daher eingegangenen Proben haben Aehnlichkeit mit den Erzen vom Bleiberge von Kupferberg und gehören mit Bezug auf die Nachbarschaft des Kalksteines wohl demselben geogno- stischen Horizonte an. Von Herrn Zimmermann hat das Museum ausser einigen vorzüg- lichen Quarz-Krystallen auch ein aussergewöhnlich schönes Vorkommen von Albit-Krystallen aus dem Spindler-Bruche bei Striegau erhalten; ein ansehnlicher Orthoklas-Krystall ist rund um mit einer dicken glän- zenden Kruste von Albit bedeekt, so dass man den Kern nur im Quer- bruch erkennen kann. Herr Zimmermann hat ferner auf das Vorkommen von Axinit in Striegau aufmerksam gemacht und vor Jahr und Tag ein etwa haselnuss- grosses Agglomerat von sehr kleinen Krystallen dieses Minerals dem der Schles Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 43 Museum zugehen lassen; in ausgiebiger Weise versorgte sich das Museum indessen mit diesem Mineral aus einem im Mai dieses Jahres geöffneten Drusenraum, der ausser einigen Colossal-Krystallen von Quarz und Ortho- klas — die in die Sammlung des Herrn Pechtner in Görlitz gewandert sein sollen — reichliche Mengen von Albit-in kammreichen Krystall- stöcken enthielt, sparsam bedeckt mit kleinen Krystallen von grünem Epidot und gelbem Desmin; unter den letzteren liegen bis 10 Millimeter grosse Krystalle von Axinit, kleinere häufiger auf den Krystallstöcken des Albit’s zerstreut, am zahlreichsten aber in den Spalten der auch in diesem Drusenraume vielfach geborstenen Orthoklas-Krystalle.. In Farbe und Ausbildungsweise gleichen diese Axinit-Krystalle am meisten den Krystallen vom Luckmanier-Pass in der Schweiz, welche letztere indessen erheblich grösser sind; es ist übrigens hinreichendes Material zu einer eingehenden krystallographischen Untersuchung vorhanden, die seiner Zeit vorgenommen werden soll. Als seltener Gast und nur in ganz kleinen Quantitäten finden sich im Albit eingeschlossen und auch frei in dem Drusenraum aufgewachsene kleine gelbbraune durchscheinende quadratische Säulchen, welche dem Ansehen nach, vorbehaltlich einer genaueren Untersuchung, mit dem Ma- lakon, einer wasserhaltigen Varietät des Zirkon’s, zu identifieiren sein dürften. : Unter einem Vorrath von Quarz-Krystallen, welche der Mineralien- Sammler Grossmann in Striegau aufgenommen und dem Museum an- geboten hat, fanden sich zwei Krystalle, welche die äusserst seltene Er- scheinung zeigen, dass unter einer und derselben Dihexaeder-Fläche, recht und links die Rhombenflächen und gleichwerthige Trapezflächen auftreten. Aufmerksam gemacht durch eine frühere Mittheilung des Herrn Zimmermann, gelang es dem Vortragenden grössere Proben von dem in den Drusenräumen von Striegau als Seltenheit vorkommenden Kalk- spath aus den tiefsten, künstlich entwässerten Theilen des Granitbruches nördlich Gräben bei Striegau aufzufinden. Die gesammelten Stufen zeigen zunächst auf einer Unterlage von ganz frischem Orthoklas, Quarz, Albit und Epidot eine offenbar zersetzte, anscheinend erdige Masse, in der Bruchstücke von Epidot-Nadeln und frische hochockergelbe Desmin-Kry- stalle stecken; darüber sitzen weisse, zum Theil wasserhelle Krystalle von Kalkspath, wiederum bedeckt ohne Zwischenlage mit klarem, sehr blättrigen, honiggelben Kalkspath, der den ganzen freien Raum der Höh- lung ausfüllt und sehr leicht von den weissen Kıystallen desselben Mi- nerals abspringt. Die anscheinend erdige Masse hat eine blätterige Structur, von dem Mineral herrührend, aus dem sie entstanden ist, sie besteht aber in Wirklichkeit aus einem Aggregat von Kalkspath-La- mellen, welche von einer feinerdigen Substanz von schmutzig-weisser \ 44 J ahres-Bericht Farbe eingehüllt sind; an einigen Brocken konnte man quadratische Um- risse erkennen, auf denen die Lamellen-Absonderung senkrecht steht; möglicherweise war das so beschaffene Gemenge ursprünglich Apophyllit, dessen Umwandlung in Kalkspath in der als Albin bezeichneten Varietät eine erwiesene Thatsache ist. Das Auftreten so grosser Mengen von kohlensaurem Kalk mitten im anscheinend ganz frischen Granit, der so arm an Kalk ist, kann unmög- lich als eine Secretion aus dem Nebengestein aufgefasst werden; wahr- scheinlich hat beim Aufsteigen des Granits eine Einhüllung sedimentären Kalksteins stattgefunden, die vielleicht überhaupt die Ursache der Drusen- räume ist, um so mehr als das locale Auftreten dieser nicht auf eine allgemeine, sondern locale Ursache zu deuten scheint. Dass man in den Drusenräumen von Striegau bisher durchschnittlich keinen Kalkspath ge- funden hat, kann nicht befremden, weil die bisherigen Aufschlüsse sich in der Regel in Granit-Partien bewegen, welche oberhalb des allgemeinen Niveau’s des Wassers belegen sind und die Circulation der Tagewasser durch die Poren des Granits den kohlensauren Kalk ausgewaschen hat; andererseits ist es aber eine bekannte Thatsache, dass fast alle Drusen- räume, beim Eröffnen derselben, die wohl erhaltenen Krystalle des Feld- spaths und der Zeolithe zum Theil mit einem schlammigen Residuum bedeckt gezeigt haben, dessen Ursprung schwer zu erklären war, jetzt aber unverkennbar als der erdige Theil der Pseudomorphosen des Apo- phyllit's aufgefasst werden muss, welche die Zwischenlage unter den weissen Kalkspath-Krystallen an den beschriebenen Stufen bilden. Herr Prof. Dr. F. Cohn legte in der Sitzung am 12. Januar im Auftrage des Herrn Dr. A. Orth in Halle mehrere Kalksteingeschiebe mit ausgezeichneten Gletscher-Frietionen vor, welche derselbe in der Mergelgrube bei Schebitz, unweit Breslau, in einer Häufigkeit gefunden, wie sie in Norddeutschland bis jetzt noch nicht beobachtet worden sind. Die Geschiebe sind von Dr. Orth im Diluvialmergel (unterer Diluvialmergel nach Behrendt, steiniger Thon- mergel nach v. Bennigsen-Foerder) gefunden; auch im Diluvialkies des Geiersberges bei Schebitz kommen Kalksteine mit ähnlichen Gletscher- schrammen vor, doch minder gut erhalten, desgleichen im Diluvialmergel von Gross-Peterwitz bei Hochkirch. Herr Dr. Orth hat ausgezeichnete Exemplare dieser Gletscher-Frietionsgesteine, sowie vortreffliche Photo- graphien, an denen die Schrammen noch deutlicher als in den Originalen zu erkennen, der Schlesischen Gesellschaft als Geschenk zugesendet, da- mit diese wichtigen Documente für die Diluvialzeit Schlesiens in den reichen Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft öffentlich zugänglich gemacht werden mögen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 45 Hierauf bespricht derselbe Vortragende die von Herrn Kreis- Physikus Sanitätsrath Dr. Bleisch gemachte Entdeckung einer Diatomeenerde zu Pentsch, eine Viertelmeile nordwestlich von Strehlen, während die übrigen durch Göppert, Kroker und Cohn nachgewiesenen Diatomeen- erden zu Tillowitz bei Falkenberg, Gronowitz bei Cosel und Proskau sämmtlich in Oberschlesien liegen. Die Strehlener Diatomeenerde ist auffallend leicht, grau, leicht zerreiblich, reich an kohlensaurem Kalk und Thonerde;: nach Auflösung des Kalks bleibt jedoch die reine Dia- tomeenmasse zurück, in welcher Herr Bleiseh 34 Species von Diato- meen, sämmtlich jetztweltliche, in der Gegend lebende Arten, bestimmt, ausserdem auch zahlreiche Schwammnadeln, Blattabdrücke, Samen und Insektenreste erkannt hat. Der Vortragende fand in der Masse auch sehr reichlich Pollen von Laub- und Nadelhölzern, sowie überaus zahl- reiche mikroskopische Krystalle, welche völlig undurchsichtig, daher bei durchgehendem Licht schwarz, bei reflectirtem Licht spiegelnd, theils zwischen, zum Theil aber auch im Innern der Diaiomeenpanzer selbst sieh befinden, also erst nachträglich sich in der Diatomeenerde gebildet haben müssen. Ihre Krystallform, welche an reguläre Octo@öder oder Granatoöder erinnert und stets allseitig ausgebildet ist, hat noch nicht genau festgestellt werden können, eben so wenig ihre chemische Natur, die jedoch unzweifelhaft auf das Oxyd oder Sulfid eines Metalls hin- deuten möchte. Was das Alter dieses Diatomeenlagers betrifft, so ist dasselbe von Dr. Bleisch bei Gelegenheit von Bohrversuchen auf Braunkohle ent- deekt worden, welche unter Leitung des Grubenbetriebsführers Auers- bach veranstaltet wurden; es befindet sich ungefähr 10 Fuss unter der oberen schwärzlichen, fast moorigen Bodendecke; seine Mächtigkeit wird auf 25 Fuss geschätzt. Nach den Beobachtungen des Frhrn. v. Decker, welche der Vortragende durch die Güte des Herrn Ober-Bergrath Runge vorlegen konnte, muss die dortige Braunkohle als diluvial bezeichnet werden, da dieselbe in oberer Gegend 13 Fuss hoch mit der ganz regu- lären Diluvialformation überdeckt ist, die sich durch ihre vielen zum Theil nordischen Gerölle deutlich charakterisirt und die sich von dem dortigen nahen Granithügel aus nach allen Seiten weithin verbreitet. Von Interesse sind auch die von Herrn Dr. Bleisch aus dem dor- tigen Lager eingesendeten Proben von Kalktufiröhren, gebildet um Pilan- zenstengel oder Wurzeln, in welche kleine Süsswasserschnecken eingeschlossen sind. 46 Jahres-Bericht Herr Geh. Bergrath Prof. Dr. Roemer legte in der Zusammenkunft am 16. Februar ein plattenförmiges Stück von tertiäirem Kalkmergel von Kumi auf der Insel Euboea vor, auf dessen Oberfläche ein mehr als 1 Fuss langes Stück der Wirbelsäule und der linke Unterkiefer einer fossilen Schlange in vortrefflicher Erhaltung ausgebreitet liegen. Die nähere Untersuchung und insbesondere die Vergleichung mit einem in dem zoologischen Museum der Universität befindlichen Skelette eines 8 Fuss Jangen Python bivittatus hat mit Bestimmtheit die Zugehörigkeit der fossilen Art zu der Gattung Python er- geben und lässt zugleich auf eine wenigstens 10 Fuss betragende Länge des betreffenden Exemplars mit Sicherheit schliessen. Mit Beziehung auf den Fundort wurde die Benennung Python Euboicus gewählt. Bei der Seltenheit von Resten fossiler Schlangen, welche sich bisher in meistens sehr mangelhafter Erhaltung auf wenige Fundorte beschränken, ist die Auffindung einer tertiären Riesenschlange in Griechenland in verhältniss - mässig vollkommener Erhaltung eine bemerkenswerthe Thatsache. Die Schichten, aus welchen das Fossil herrührt, sind übrigens dieselben, aus welchen Prof. Unger in Gratz (die fossile Flora von Kumi auf der Insel Euböa mit 17 Tafeln; Wien 1867, Denkschr. Wiener Akad. Bd. XXVII.) eine grosse Anzahl von Blättern von Laubholzbäumen beschrieben hat, Das fragliche Stück wurde, wie der Vortragende dankbar anerkannte, durch Herrn Dr. med. Hodann als ein werthvolles Geschenk dem hie- sigen mineralogischen Museum der königl. Universität übergeben. Es wurde ferner vorgelegt: Geologische Karte der Provinz Sachsen von Magdeburg bis zum Harz, im Auftrage des preussischen Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffent- liehe Arbeiten, aufgenommen von Julius Ewald; 4 Blätter im Maassstabe von 1 : 100,000. Mit der unlängst erfolgten Vollendung dieses Kartenwerkes erscheint einer der geognostisch mannigfaltigsten Theile des norddeutschen Hügel- landes zum ersten Male in grösserem Massstabe dargestellt. Die für die Herstellung der Karte nöthigen Beobachtungen sind während einer langen Reihe von Jahren mit gewissenhaftester Sorgfalt von dem Verfasser an- gestellt und mit ungewöhnlichem durch umfassendes geologisches Wissen unterstützten eombinatorischen Scharfsinn zu dem vorliegenden Bilde ver- einigt. In Betreff der technischen Ausführung der Karte ist die strenge Durchführung des Prineips der Colorirung, demzufolge für jede Formation eine Hauptfarbe und für die Unterabtheilungen Nuancen dieser Haupt- farbe gewählt sind, besonders hervorzuheben und in ihrer Wirkung als vorzüglich gelungen zu bezeichnen. Damit die Karte ihren wissenschaft- lichen und technischen Zwecken völlig entspreche, ist nur noch nöthig, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 47 dass derselben ein möglichst eingehender erläuternder Bericht beigegeben werde, für welchen ja dem Verfasser durch die Aufnahme selbst das Material vollständig vorliegt. Derselbe legte am 26. October ein Exemplar seiner gerade im Druck vollendeten Schrift „Geologie von Oberschlesien eine Erläuterung zu der im Auftrage des königlich preussischen Handels- Ministeriums von dem Verfasser bearbeiteten geologischen Karte von Oberschlesien in 12 Sectionen, nebst einem von dem königlichen Ober- Bergrath Dr. Runge in Breslau verfassten, das Vorkommen und die Gewinnung der nutzbaren Fossilien Oberschlesiens betreffenden Anhange, mit einem Atlas von 50 die bezeichnenden Versteinerungen der einzelnen Ablagerungen Oberschlesiens darstellenden lithographirten Tafeln und einer Mappe mit Karten und Profilen. Auf Staatskosten gedruckt. Breslau. Druck von Robert Nischkowsky, 1870“ der Gesellschaft vor. Nachdem die geologische Karte von Oberschlesien selbst schon seit einiger Zeit vollständig veröffentlicht ist, so erhält durch die gegen- wärtige Schrift das ganze mit einem Kostenaufwande von mehr als 26,000 Thalern hergestellte Kartenwerk nach achtjähriger Arbeit seinen Abschluss. Nach einem die Begrenzung des Kartengebietes, eine geo- graphische Skizze und eine Uebersicht der geognostischen Literatur von Oberschlesien enthaltenden allgemeinen Theile wird in dem Haupttheile der Schrift die Darstellung der einzelnen in dem Kartengebiete auftre- tenden Formationen gegeben. Bei der Beschreibung jedes einzelnen Formationsgliedes werden die demselben angehörenden gleichalterigen Eruptiv-Gesteine, die Erzlagerstätten und die besonderen Mineralvor- kommen aufgeführt. Die Anzahl der verschiedenen Formationsglieder ist namentlich deshalb bedeutend, weil das Kartengebiet nicht auf das preus- sische Oberschlesien beschränkt, sondern, um ein orographisch und geognostisch naturgemäss abgeschlossenes Ganzes zu erhalten, durch Hin- zunahme der angrenzenden Theile von Russisch-Polen, Galizien und Oesterreichisch-Schlesien bis zu einem über 600 Quadratmeilen betragen- den Umfange erweitert wurde. Alle Haupt-Formationen sind in dem Kartengebiete vertreten. Die Ablagerungen der Trias-, der Jura-, der Tertiär-Formation und des Steinkohlengebirges nehmen vorzugsweise aus- sedehnte Flächenräume ein. Der aus 50 Tafeln bestehende paläontolo- gische Atlas enthält die Abbildungen der für die einzelnen Ablagerun- gen bezeichnenden Versteinerungen. Viele derselben sind neue bisher uicht bekannte Arten. Einzelne fossile Faunen, wie namentlich diejenige des turonen Kreidemergels von Oppeln, sind vollständig dargestellt wor- den. Die durch den königl. Ober-Bergrath Herrn Dr. Runge verfasste 48 Jahres-Bericht ausführliche Abhandlung über das Vorkommen und die Gewinnung der nutzbaren Fossilien Oberschlesiens bildet eine erwünschte werthvolle Er- gänzung der Schrift. Da für dieselbe die neuesten amtlichen Ermitte- lungen benutzt werden konnten, so dürfen die darin enthaltenen Angaben auf besondere Zuverlässigkeit Anspruch machen. Die Lagerungs-Ver- hältnisse des oberschlesischen Steinkohlen-Gebirges werden vorzugsweise ausführlich erörtert und durch mehrere Karten und Profile erläutert. — Ein ohne Rücksicht auf die Herstellungskosten sehr niedrig gestellter Preis soll im Interesse des Bergbaues und der Wissenschaft dem Werke eine möglichst allgemeine Verbreitung sichern. Die Ausgabe im Buch- handel wird binnen Kurzem erfolgen. Derselbe Vortragende sprach hierauf über das Uebergangsgebirge des Thüringer Waldes. Dasselbe ist vorzugsweise durch die vieljährigen sehr verdienstvollen Arbeiten des Dr. R. Richter, Director der Realschule in Saalfeld, näher bekannt geworden. In einem in der Zeitschrift der Deutschen geologi- schen Gesellschaft, Bd. 21, 1869, 8. 541 ff, enthaltenen Aufsatz hat Richter, die Ergebnisse seiner früheren Untersuchungen zusammen- fassend, neuerlichst eine Darstellung der Gliederung des Thüringischen Schiefergebirges geliefert. Durch die Durchsicht der von Richter zusam- mengebrachten Sammlung von Versteinerungen und durch mehrere unter seiner freundlichen Führung im August dieses Jahres in der Gegend von Saalfeld ausgeführte Exeursionen wurde der Vortragende in den Stand sesetzt, sich im Betreff der von Richter unterschiedenen Glieder ein eigenes allgemeines Urtheil zu bilden. Von diesen Gliedern des älteren Gebirges sind zunächst zwei ihrem Alter nach zweifellos festgestellt, nämlich die Graptolitenführenden obersilurischen Kieselschiefer und Alaunschiefer und die durch Clymenien und Goniatiten bezeichneten ober- devonischen rothen Knotenkalke, welche am rechten Saaleufer oberhalb Saalfeld an den steilen Felswänden des Bohlen bei Saalfeld vortrefflich aufgeschlossen sind. Nicht dasselbe gilt nach Ansicht des Vortragenden von den Gesteinen, welche Riehter zwischen den genannten beiden Gliedern unterscheidet und theils als obersilurisch, theils als unterdevo- nisch und mitteldevonisch bestimmt. Die geringe Zahl und die unvoll- kommene Erhaltung der bisher durch Richter darin entdeekten Ver- steinerungen genügt nicht für eine sichere Altersbestimmung. Das gilt insbesondere von den als unter- und mitteldevonisch betrachteten Schichten, Aus den ersteren werden nur Pflanzenarten, welche an anderen Orten nicht bekannt sind und einige specifisch nicht sicher bestimmte thierische Reste aufgeführt. Keine von den bezeichnenden Fossilien der als typisch unterdevonisch geltenden Grauwacke von Coblenz wurde bisher darin der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 49 nachgewiesen. Aus der als mittel-devonisch gedeuteten Schichtenreihe ist zwar durch die eifrigen Bemühungen von Richter eine etwas grössere Zahl von organischen Einschlüssen bekannt geworden, allein der unvoll- kommene Erhaltungszustand hindert auch hier die sichere Bestimmung. Das gilt insbesondere auch von dem angeblich vorkommenden Stringo- cephalus Burtini. Die als silurisch bestimmten „‚Nereiten-Schichten‘ und „Lentakuliten-Schiefer‘‘ betreffend, so wird für die Altersstellung der ersteren die Angabe Gümpel’s (Ueber Clymenien $, 17), derzufolge bei Hämmern und Laasenin in gewissen den Nereiten-Schichten eng verbundenen Sandsteinen und Conglomeraten, Spirifer macropterus und Pleurodietyum problematicum unzweifelhaft vorkommen, als entscheidend gelten, um für sie ein wesentlich gleiches Niveau wie dasjenige der unterdevonischen Grauwacke von Coblenz anzunehmen. Das nicht seltene Vorkommen mehrerer von Richter in den Nereiten-Schichten entdeckten Arten der Gattung Beyrichia steht dieser Bestimmung nicht entgegen, da auch in der Grauwacke von Coblenz eine unzweifelhafte durch Ludwig Schultze aufgefundene Art der genannten allerdings vorzugsweise silurischen Gat- tung vorkommt. Haben aber die Nereiten-Schichten dieses Alter, so müssen auch die mit ihnen jedenfalls enge verbundenen Tentakuliten- Schiefer devonisch sein. Hiernach würden sämmtliche über den Grap- toliten führenden Kiesel- und Alaun-Schiefer liegenden Glieder des paläo- zoischen Schiefergebirges der Gegend von Saalfeld mit Ausnahme des durch Richter unzweifelhaft richtig bestimmten Culm als devonisch an- zusehen sein. Für die Entscheidung der Frage, ob zwischen den unter devonischen Nereiten-Schiehten und den oberdevonischen Clymenienkalken auch die mittlere dem Eifeler Kalk entsprechende Abtheilung nachweisbar ist, würde nach Ansicht des Vortragenden noch weiteres paläontologisches Material zu sammeln sein. Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert theilt am 2. Februar aus einem Briefe des Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Brandt in Petersburg Eini- ses über die Ergebnisse seiner Reise im vorigen Jahre mit. Im Berliner Mineraliencabinet fand er eine ausgezeichnete Suite fossiler Bärenschädel und zwei Höhlenlöwen. Als Resultat ergab sich, dass der Höhlenbär vom lebenden Ursus Arctos sich nur durch die fehlenden Lückenzähne und etwas srösseren Backenzähne unterscheidet, diese beiden Merkmale aber allerdings constant seien. Der von Goldfuss beschriebene Ursus priscus komme mit dem lebenden Bären ganz überein. Die Höhlenkatze der deutschen Höhlen sei von Felis Leo nicht zu trennen, gehöre auch auf keinen Fall zum Tiger. In Wien ward ihm eine herrliche Aus- beute an fossilen Cetaceen, die zu den grossen sarmatischen Becken ge- hören und vereint mit dem russischen in einem eignen von zahlreichen Tafeln erläuterten Werke beschrieben werden sollen. Ausserdem dürfen 4 50 Jahres-Bericht wir von ihm noch einer Synopsis der diluvialen Säugethiere Europas und Nord-Asiens entgegensehen, welche sich nicht bloss auf rein deseriptive, - sondern auch auf vorhistorisch - geographische Verhältnisse erstrecken würde, die für die gegenwärtige Richtung der Paläontologie bekanntlich von besonderem Interesse und über einzelne Thiere (Mammuth, Tiger u. s. w.) bereits auch von ihm auf so musterhafte Weise geliefert wor- den sind, wenn uns gestattet wird, dies noch hinzuzufügen. In der Sitzung am 13. Juli theilte Herr Geh. Rath Professor Dr. Göppert Folgendes mit: 1) Zunächst legte er noch Lithographien und Photographien einer umfangreicheren Arbeit vor, die unter dem Titel: Erhaltung unserer Eichen, oder über die inneren Zustände der Bäume nach äusseren Verletzungen im Erscheinen begriffen ist. Sie enthält die Resultate von Untersuchungen, die bereits im Januar 1869 hier vorgelegt, später noch mehrfach er- weitert worden sind. Jede äussere, durch die Rinde bis in das Holz dringende Verletzung lässt eine dauernde Spur zurück, die je nach dem Umfange und der Zeit, welche die verletzte Stelle zu ihrer Ueberwal- lung oder Ueberziehung mit neuen Holzlagen erforderte, von verschie- dener Beschaffenheit ist. Bei schmalen, bald schon nach 1 oder 2 Jahren überwallenden Inschriften wird die verletzte Stelle nur bräunlich- schwarz, in welchem Zustande sie sich erhält und noch nach vielen Jahren wiedergefunden werden kann, da die neuen Holzlagen sich hier nie mit denen des Stammes vereinigen. Umfangreichere Entblössungen, wie sie Astabhiebe veranlassen, bringen auch denselben entsprechende grössere Veränderungen und endlich sich tief in den Stamm erstreckende Verrottungen hervor, wodurch der Werth eines solchen Baumes als Nutzholz natürlich auch mehr oder weniger beeinträchtigt wird. Bei nur als Brennmaterial verwertheten Stämmen sind diese bisher noch ganz unbeachtet gebliebenen Vorgänge nur von morphologisch-physiologischem Interesse, jedoch bei den Eichenarten, deren Bedeutung, als Nutz- hölzer sich fort und fort steigert, erlangen sie auch eine hervorragende praktische Wichtigkeit, und zwar umsomehr, als man in neuerer Zeit empfohlen hat, durch Astabhiebe das Längenwachsthum der Stämme zu befördern, um so vermeintlich wenigstens eine grössere Quantität werthvollen Holzes zu erlangen. Die Entscheidung über den Nutzen oder den Nachtheil dieser Me- thode ist nicht so leicht, sicher aber für die Erhaltungundrichtige Be- nutzung unserer ohnehin so redueirten Eichenwälder von grösster Bedeutung. Sie verdient genaue Prüfung, mit welcher der Vortragende sich fortdauernd beschäftigt, Die Verhältnisse der hierbei der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 51 auch zu beachtenden Cambiumbildung, der noch ganz unbekannten Art der Verwachsung ganzer Stämme und Aeste, der Wirkungen der Frost- risse u. s. w. wurden auch noch besprochen und durch entsprechende Zeichnungen erläutert. Zur leichten und schnellen Ermittelung der in- neren, durch obiges Verfahren verursachten Verrottungen empfiehlt sich nach dem Vorgange des diese Untersuchungen besonders unterstützenden Herrn Forstmeisters Tramnitz das vortreffliche, von Herrn Prof. Dr. Pressler in Tharand angegebene, forstlicher Zuwachsbohrer ge- nannte Instrument. Redner kann es seinen doeirenden Herren Oollegen zu Demonstrationen über Wachsthum der Bäume nicht genug empfehlen, Es besteht aus einem '/, bis '/), Zoll starken Hohlbohrer, welchen man in horizontaler Richtung in den Stamm steckt. Der dadurch erbohrte Kern wird durch eine breite Nadel herausgeschafft. Auf diesem Kerne liegen die Jahresringe zu Tage und — unter auch noch so schön ge- schlossenen Asthiebnarben ungeahnt die Zeichen der inneren Destruction, daher auch Nutzholzkäufern dieses Instrument erspriesslichste Dienste zu leisten vermag. Dass alle diese Erfahrungen auch für unsere Obst- bäume gelten, bei denen sa mancher Astabhieb und Schnitt erspart und die dadurch verursachte innere Fäulniss verhindert werden könnte, erscheint selbstverständlich. Stummeläste sind vor Allem auch hier zu vermeiden. Vor ihrer Ueberwallung befördern sie unter allmäliger Vermoderung das Eindringen verderblicher Feuchtigkeit und nach endlich erfolgter Ueberwallung hinterlassen sie ein ihrem Umfang entsprechendes Loch im Stamme. 2) Ueber sieilianischen Bernstein und dessen Einschlüsse. Es erscheint sonderbar, dass den Römern, welche den Bernstein so sehr schätzten und ihn aus grosser Ferne von der preussischen Küste bezogen, sein Vorkommen in Sicilien unbekannt geblieben ist. Wer seiner überhaupt zuerst gedacht, vermochte Redner nicht sicher zu ermitteln Italiener wahrscheinlich früher als andere Nationen. Die erste Notiz findet sich erst 1808 in Brard traite des pierres precieuses, Paris. In Deutsch- land war dies damals noch so wenig bekannt, dass John, ein geschätzter Monograph des Bernsteins (1312), sich zur Bestätigung seiner Angaben auf Göthe beruft, der ihm honig- und weingelbe Stücke daher gezeigt habe. Brard theilt mit, dass er bei Catania an der Mündung des Gia. retta in grossen Stücken, ebenso bei Leocata, Girgenti, Capo d’Orfo und Terra nuova gefunden worden. Nach Friedrich Hoffmann (1839) liegt er hier mit erbsengrossen Quarzgesteinen, thon- und braunkohlenartigem Holze in einem braungrauen Sandstein, den Hoffmann damals zur Kreide- formation rechnete. Aus jemen Schichten entnehme der Giaretta oder St. Paulsfluss den Bernstein und führe ihn bei Catania in’s Meer, das ihn in der Nähe der Flussmündungen wieder auswerfe. Daher wohl die 4* 53 Jahres-Bericht, Spuren des Abrollens, welche alle vom Vortragenden mir bis jetzt gesehenen Stücke zeigen. Sein äusseres Ansehen kommt übrigens mit unserem Bernstein sehr überein, mit Ausnahme einiger Farben, die, wie saphir- blau, bei uns gar nicht, oder wie die chrysolith- und hyazintartige, doch nur sehr selten angetroffen werden. Gemellaro der Aeltere und Ma- ravigna, Professoren zu Catania, haben sich später auch mit ihm be- schäftist und den Fundort selbst als tertiär bezeichnet. Von Einschlüssen waren ihnen nur Insekten bekannt, mit denen sich Guerin Meneville und Lefebure beschäftigten. Sie fanden, dass, soweit es die zum Theil unvollkommene Erhaltung gestattete, sie wohl mit den Gattungen, aber nicht mit den Arten der Gegenwart übereinstimmten. Dr. H. Hagen bot sich Gelegenheit dar, die im Museum zu Oxford aufbewahrten 30 Stücke sieilianischen Bernsteins mit Insekten zu sehen, unter denen er einige Termiten entdeckte, die in dem preussischen Bernstein in viel geringerer Zahl vorkämen, unter 15,000 Stücken habe er nur 150 an- getroffen, und schliesst daraus vielleicht auf eine andere Fauna und Ab- stammung von anderen Baumarten, was auch nach Massgabe der so ent- fernten Localität nicht so ganz unmöglich erscheint. Von Pflanzeneinschlüssen kam dem Vortragenden früher nur ein chry- solithfarbiges Exemplar mit nähere Bestimmung nicht zulassenden Rin- den-Parenchym vor, jetzt aber hat er das Vergnügen der Section ein Prachtexemplar vorzulegen. Dies wahrhaft kostbare Stück gehört dem Miveralien-Cabinet der Universität zu Palermo und ward ihm von dem Direetor desselben, Herrn Prof. Dr. Gemellaro d. J., durch gütige Vermittelung des Privat-Docenten Herrn Dr. Kny in Berlin zu literari- scher Benützung geliehen. Durchsichtig, von hell-granatrother Farbe, länglicher Form, 3'/, Zoll Länge und 1—1Y, Zoll Breite, enthält es ein anderthalb Zoll langes, /,—Y, Zoll breites, oben spitzes, leider unten abgebrochenes, etwa um '/, Theil seiner Länge verkürztes, ganzrandiges Blatt von etwas dieker Consistenz und daher kaum sichtbaren Seiten- Nerven. Im preussischen Bernstein hat d. V. ein solches Blatt noch nicht beobachtet, doch ähnelt es einem aus der rheinischen Braunkohlenfor- mation Laurus tristaniaefolia Web., welche Art die Herren Menge und Zaddach auch in der preussischen bei Rixhöft fanden. Da nun einzelne der Familie der Laurineen angehörende Blüthen und Blätter im Bernstein selbst von dem trefflichen Forscher Prof. Menge entdeckt worden sind, so sieht sich Redner veranlasst, es, freilich nur mit dem Gefühle relativer Sicherheit, wie bei so unendlich vielen Tertiärpflanzen, dieser Familie anzureihen und es mit dem Namen des Naturforschers zu bezeichnen, der sich schon in doppelter Folge um die Kenntniss dieses interessanten Fossils Verdienste erworben hat, also aus Laurus Gemellariana. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 53 3) Eine Uebersicht seiner Untersuchungen über die verschiedenen Coniferen, welche einst Bernstein lieferten, in so weit sie sich aus den Structurverkältnissen ermitteln lassen. Bestimmungen von fossilen Hölzern nach blossen Structur-Verhält- nissen unterliegen grossen Schwierigkeiten, jedoch sind die vom Vortragenden schon im Jahre 1843 und später 1350 in seiner Monographie der fossilen Coniferen aufgestellten Sätze von späteren Bearbeitern dieses schwierigen Themas anerkannt und benutzt worden. Vollständige Sicherheit erschliesst sich auch hier wie überall bei Bestimmungen der fossilen Flora fast nur bei Vorhandensein von damit in Verbindung stehenden Vegetations- und Fructifieationstheilen, in welcher Beziehung nun aber die Bernsteinflora wegen der geringen Grösse ihrer Exemplare am allerundankbarsten sich verhält. Länger als 30 Jahre hoffte Redner bei wiederholter Aufnahme dieser Untersuchungen auf Vervollständigung, doch vergebens, und zögert nun nicht länger mehr mit der Veröffentlichung derselben. Schon bis 1350 und auch noch später fanden sich unter einer überaus grossen Zahl von bituminösen und versteinten Hölzern der Tertiärformation fast nur Coniferen und nur 3 Exemplare, welche Laubhölzern angehörten, deren Blätter doch in so grosser Zahl in diesen Schichten vorkommen. Wahr- scheinlich hat der Harzgehalt hier conservirend gewirkt, während die harzlosen Dikotyledonen der Verrottung frühzeitig erlagen. Merkwürdi- gerweise wiederholt sich dies auch in den Hölzern der Bernsteinforma- tion. Grössere, das Zollmass übersteigende Bruchstücke sind im Ganzen nur selten (etwa 20 bis 30) beobachtet, desto häufiger aber Splitter, die fast alle anderweitigen Einschlüsse begleiten und ganz beson- ders in dem dunkel gefärbten sogenannten Grus vorkommen, der nur zur Bereitung des Firnisses oder zur Destillation verwendet wird. An 400 einzelne Exemplare hat d. V. im Ganzen mikroskopisch untersucht und stets nur die leicht erkennbaren Zellen der Coniferen und nicht ein einziges Mal die eines Laubholzes gefunden, welche u. a. durch punktirte Gefässe, vielstöckige Merkstrahlen u. s. w. doch auch nicht schwierig zu erkennen sind. Man sieht aus der Art dieser Einschlüsse, dass in dem Bernsteinwalde, ganz so wie in einem jetztweltlichen Coni- feren-Urwalde (wie z. B. im Böhmerwalde) der ganze Boden mit Nadel- holzsplittern in allen möglichen Graden der Erhaltung erfüllt war; wo sind aber die Trümmer der Laubhölzer geblieben, deren Blätter, Blüthen, Früchte und Samen, oft vortrefflich erhalten, der Bernstein bewahrt und somit ihre gleichzeitige Anwesenheit documentirt. Und sie waren auch ausserordentlich verbreitet, wie nicht etwa die im Ganzen nicht grosse Zahl der Einschlüsse jener Art, sondern die vielen sternförmigen, den Eichen angehörenden Haare zeigen, welche uns das Mikroskop fast in jedem durchsichtigen Bernsteinstück enthült. Aus welchen Gründen uns 54 Jahres-Bericht das Holz dieser Eichen, Buchen, Kastanien, Birken, Erlen, Weiden, die in buntem Gemisch mit Cupressineen aller Zonen, mit den subtropischen Kampferbäumen, Proteaceen, Acacien und arktischen Erieeen in den Bernsteinwäldern vegetirten, nicht erhalten ist, lässt sich schwer begreifen und kaum mit Hinweisung auf jene oben ausgesprochene Hypothese über die Erhaltung der Coniferenhölzer zu beantworten wagen. Nicht minder seltsam erscheint, dass man unter den bituminösen Hölzern der Braunkohle inclusive der preussischen, soviel wenigstens bis jetzt bekannt, Bernsteinbaumarten noch nicht angetroffen hat. Die vorliegenden bitumi- nösen Hölzer der preussischen Braunkohlenformation, so wie die von Herrn Runge und dem Vortragenden in der durch ihren Bernstein- reichthum so merkwürdigen blauen Erde des Samlandes gefundenen stimmen mit denen der übrigen Braunkohlenlager Norddeutschlaeds über- ein und sind wie das Cupressinoxylon ponderosum und ©. Protolarix' u. A. als eben so sichere Leitpflanzen wie viele Blätter anzusehen. Nur der einst von Rink auf der Hafeninsel nördlich von der Discoinsel Nord- Grönlands in der Braunkohle selbst entdeckte, und gütigst mitgetheilte Bernstein mit Holz Pinites Rinkianus v. Vaupell scheiut hiervon eine Aus- nahme zu machen, ob auch Pinites Breverianus Mercklin aus Braunkohle zu Gischiinsk in Kamschatka, vermag d. V. nicht zu entscheiden. Vonden 1843 und 1853 aufgestellten 8 Arten nimmt der Vortragende nach oft wiederholter sorgfältiger Prüfung jetzt 6 an, nämlich Pinites succinifer und P. eximius; nahe stehend unserer Pinus Picea und Abies L. Pinites Mengeanus und P. radiosus, ebenfalls ähnlich der Abiesgruppe; P. stroboides am ähnliehsten Pinus Strobus die häufigste, ganz besonders in den Trümmern verbreitete Art, und P. anomalus nur entfernt wit Pinus sylvesiris zu vergleichen. Wurzelholz, einigermassen kenntlich an den in zwei Reihen dicht gedrängt stehenden Tüpfeln, fand d. V. sonderbarer Weise nur in einem Falle und glaubte es zu Pinites eximius rechnen zu dürfen. ‘Die Unter- scheidungskennzeichen wurden, wie schon früher, weniger von der Be- schaffenheit der Tüpfeln als vielmehr von der der Markstrahlen entnom- men, welche Kennzeichen erst kürzlich von C. Cramer bei Bestimmung der arktischen Hölzer zur Aufstellung guter Arten verwendet worden sind. Die mikroskopischen Zeichnungen obiger Arten wurden vorgelegt, wie auch Abbildungen von allen bis jetzt gefundenen Exemplaren, welche über die Verhältnisse der Rinde, der Jahresringe, und über den grossen Harzreichthum Aufschluss geben. Für letzteren sprieht ganz besonders ein 2", Pfund schweres, einst auf einem Stamme befindliches Exemplar, das sich in dem Mineraliencabinete in Berlin fand, bis jetzt das einzige seiner Art, Alle vom Vortr. unterschiedene Arten gehören nieht zu den Cupressi- neen, sondern sämmtlich zu den Abietineen, doch lassen sich über der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 55 ihre Zusammengehörigkeit mit den auch im Bernstein vorkommenden Blüthen, Zapfen und Blättern nur Vermuthungen hegen, da es ihm trotz stets dahin zielenden Forschungen eben so wenig wie seinem geschätzten Herrn Mitarbeiter Menge gelungen ist, sie in organischem Zusammen- hange mit Bernsteinhölzern zu finden, ja nieht einmal eine Blattnarbe zu entdecken, welche wohl geeignet gewesen wäre, die drei Gruppen Abies, Picea und Pinus (im Link’schen Sinne) zu erkennen und zu unterschei- den. Unter diesen Umständen sind wir leider genöthigt, sie noch mit besonderen Speciesnamen, vorläufig wenigstens, aufzuführen, obschon sie ganz gewiss zu einem oder dem andern von uns unterschiedenen Hölzern gehören. Abies Reihii und A. elongata G. et Menge lassen sich nur schwer von männlichen Kätzchen, so wie der Zapfen von Abies Wredeana von denen von Pinus Abies L. trennen. Abies obtusata und A. rotundata G. et M. jugendliche Zapfen, reehnen wir auch zu dieser Kategorie. Von Blät- tern zeigen: zu drei vereinigte Nadeln Pinus subrigida Verwandtschaft mit Pinus rigida, P. triquetri und trigonifolia mit P. Taeda, P. sylwicola mit P. sylvestris. Den Arten von Abies erscheinen verwandt: A. obtusifoha, mucronata und pungens G. et M., äusserst merkwürdig sind 2 flache Nadeln mit zwei Nerven, wie bei der japanischen Sciadopitys. Die Pinusblätter können also sehr wohl zu Pinites stroboides und anomalus, die von Abies zu den übrigen gehören. Genaueres lässt sich über die Verwandtschaft mit der jetztweltlichen Flora bei den zahlreichen Cupressineen an 17 Arten fest- stellen, weil sie zum Theil mit Blüthen beiderlei Geschlechtes vorliegen, wie dies bei Thuja-Arten der Fall ist, die wir geradezu mit Thuja ocei- dentalis und Th. orientalis identifieiren. Libocedrites salicornioides Ung., Thujopsis europaea Saporta, Gilyptostrobus europaeus, Taxodium distichum theilt unsere Flora mit der Tertiär-Flora überhaupt. Von der vom Redner schon 1853 in seiner Flora von Schossnitz nachgewiesenen Iden- tität der letzteren mit dem noch lebenden Texodium distichum hat sich jetzt endlich auch Heer überzeugt. Einschliesslich der schon früher entdeckten, neuerlichst nun noch von dem verehrten Mitarbeiter des Vortr. Hrn. Menge vervollständigten Ephedra beträgt die Zahl der bis jetztin Bern- stein nachgewiesenen Coniferen 39, von welchen, wie von allen andern, ausführlicher die demnächst erscheinende Bernsteinflora dieser Herren handeln wird. Die Vorträge, die Herr Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Göppert in der Sitzung der naturwissenschaftlichen Section am 1. Juni ‘und in der botanischen am 27. October gehalten hat, beziehen sich auf die Einwirkung der Kälte auf die Pflanze. „In den ungewöhnlich strengen Wintern 1828/29 und 1829/30 habe ich im hiesigen botanischen Garten zahlreiche Versuche und Be- obachtungen über den Einfluss der niedern Temperatur auf die 56 Jahres-Bericht Vegetation angestellt, wie sie seit jener Zeit noch niemals in gleichem Umfange wiederholt worden sind (Ueber die Wärmeentwickelung in den Pflanzen, deren Gefrieren und Schutzmittel gegen dasselbe. Breslau bei Max & Komp. 1830, 244 $8. mit zahlreichen Tabellen). Ihre Resultate sind grösstentheils Eigenthum der Wissenschaft geworden, obschon sie das "Thema noch lange nicht erschöpften. Vermehrt und erweitert mit einigen Erfahrungen, wozu der jüngste so strenge Winter Veranlassung gab, habe ich darüber in zwei Vorträgen in der naturwissenschaft- lichen Section im Mai d. J. und in der botanischen Section am 27. October gesprochen, von denen ein kurzer Auszug hier folgt. Den vollständigen Bericht werden die demnächst erscheinenden Abhandlun- gen unserer Gesellschaft enthalten. 1) Bei anhaltender Temperatur unter Null gefrieren nach und nach alle im Freien befindlichen Gewächse früher oder später je nach Umfang der Masse oder nach mehr oder weniger flüssigem Inhalt der Zellen, parenchymatöse Zellen daher früher als Gefässe und Holzzellen, kraut- artige Stengel und Blätter oft unter auffallenden Bewegungserscheinungen, Das Protoplasma kommt dabei besonders in Betracht, wie die Versuche von Nägeli und Sachs erwiesen. Die Wandungen der Zellen und Gefässe selbst werden dabei ebensowenig wie nach dem Aufthauen zer- rissen, selbst nicht bei den durch Frost getödteten Gewächsen, bei denen sie nur erschlafft und für den während des Lebens der Pflanze so selbständig agirenden Diffusionsprozess nicht mehr befähigt erscheinen. Daher unter anderen auch das freiwillige Austreten des Wassers auf der Oberfläche erfrorener Gewächse. Der Chemismus übt nun überall seine Wirkung aus; Cellulose und Chlorophyll werden zersetzt; daher die Bräunung und endlich Schwärzung der Blätter, Anfang der Humification. Letztere Veränderung tritt auch ein in den Markstrahlenzellen der Stämme, welche bei höheren Kältegraden wegen ungleicher Zusammenziehung der Holzlagen in ihrer Drehungsrichtung oft bis über den Markcylinder hin- aus gespalten werden. In Folge der wagerechten fächerförmigen Ver- breitung der Markstrahlen entstehen anfänglich oft eigenthümlich gestal- tete Figuren im Inneren der Stämme”), später auch, da Risse nie ver- wachsen, sondern nur äusserlich überwallt werden, Zersetzung der Holz- fasern und Gefässe, und Umwandlung in wahren Humus, weswegen ich die ganze durch tödtende Einwirkung des Frostes veranlasste Verände- rung der Pflanze von jener Bräunung der Blätter an bis zu diesem eben geschilderten letzten Ausgange als Humifieationsprozess auflasse und als solchen bezeichne. Dass auch alle andere organische Be- *) Näheres hierüber: Des Verf. Schrift über Zeichen und Inschriften in Bäumen, Breslau 1869, und Ueber das Innere der Bäume nach äusseren Ver- letzungen, nebst Illustrationen, 12 Taf. in Folio, eine Abhandlung die im näch- sten Jahre erscheinen wird. der Schles. Gesellschaft £, vaterl, Cultur. 57 standtheile des Zelleninhaltes hierbei Veränderungen erleiden, wie z. B. Amylum bei erfrorenen Kartoffeln in Zucker verwandelt wird, gilt als selbstverständlich. Ein weites Feld für die organische Chemie, auf wel- ches ich einst nur aufmerksam zu machen und kaum einige Beiträge zu liefern im Stande war. 2) Die verschiedene Empfänglichkeit der Gewächse für den nach- theiligen Einfluss der Kälte beherrscht lediglich die Individualität, für die uns freilich jede Erklärung fehlt, daher allein nur die Wirkung verschiedener Grade des Frostes, die sich für einzelne Pflanzen durch Versuche und Erfahrungen sogar feststellen lässt. Eine Art Gewöhnung an absolut höhere Grade findet sicher nicht statt, wie wir auch niemals Pflanzen, die in ihrem Vaterlande keinen Frost erfahren, bei uns an die Ertragung desselben gewöhnen oder sie im wahren Sinne des Wortes acclimatisiren können, worauf man bei unseren diesfallsigen Ver- suchen nur zu oft keine Rücksicht nimmt. Blätter und Stengel der Geor- sine erfrieren stets bei — 1 bis — 2°, obschon sie schon seit fast 60 Jahren unsere Gärten zieren; ebenso die aus Indien stammenden Bohnen stets noch in Ober-Italien, obgleich sie dort schon seit dem Anfange un- serer Zeitrechnung und wohl noch darüber hinaus dort cultivirt werden. Nur von einer Accomodation der zeitlichen Temperaturverhältnisse der Heimath an die unsrigen darf man sich Erfolge versprechen. Welche Schwierigkeiten sich hier aber auch entgegenstellen, davon liefert die gewöhnliche weisse, aus Süd-Pensylvanien stammende Akazie: (Ro- binia Pseudacacia) einen Beweis, welche dort bei späterem Frühjahr und Winter als bei uns vegetirt. Sie schlägt deswegen bei uns auch trotz vorangegangener Frühlingswärme später aus als unsere Laubbäume, vege- tirt aber auch länger als diese und verliert nur erst durch Frost ihre Blätter, bevor sie ihren Vegetationscycelus beendigt hat. In Folge dessen erfriert sie häufig, während sie in ihrem Vaterlande stets höhere Grade ohne Nachtheil erträgt. Man kann also auch von diesem nun schon seit fast 200 Jahren in Deutschland cultivirten Baume nicht sagen, dass er vollständig acclimatisirt sei.”) 3) Es giebt viele Gelegenheitsursachen, welche auf die Empfänglich- keit der Pflanzen für Kälte von Einfluss sind, wie a. verschiedener Feuchtigkeitsgehalt, b. Winde, c. Abwechselung von Kälte und Wärme, d. Höhe der Kältegrade, und e. Standort-Ver- hältnisse. *) Aus ähnlichen Gründen erfrieren bei uns auch nicht selten Gleditschien, ja selbst Platanen in jüngerem Alter, wie bei uns im letzten Winter auf der äusseren Promenade. Nur die am Rande des Wassergrabens blieben unversehrt, weil sie sich der Einwirkung des unter der Eisdecke befindlichen Wassers von mindestens + 1° zu erfreuen hatten. 58 Jahres -Bericht a. Verschiedene Beobachiungen über die besonders in Betracht kom- mende Einwirkung der Frühlingsfröste bei unsern Nutzbäumen wurden angeführt, von krautartigen, also wasserreichsten Gewächsen bemerkt, dass es in der deutschen Flora nur 2 Pflanzen giebt, die in gewöhn- lichen nicht über 20° kalten Wintern mit ihren krautartigen Stengeln über Boden und Schnee erhalten bleiben, nämlich Helleborus foetidus und Brassica oleracea, der gemeine Kohl, vielleicht auch der Seekohl (Crambe maritima). b. Winde schaden notorisch durch Herbeiführung kälterer Luft, aber auch, wie weniger bekannt, durch Austroeknung, Verdunstung des Eises oder der gefrorenen Zellenflüssigkeit, die natürlich bei dem erstarrten Zustande aller Säfte nicht ersetzt werden kann. c. Oefterer Wechsel von Frost und Wärme (Gefrieren und Auf- thauen) endlich tödtlich. Wenig empfindliche Pflanzen, wie Lamium pur- pureum, Senecio vulgaris etc. ertrugen 5 bis 6 Mal schnellen Wechsel von Gefrieren (bei — 4°) und Aufthauen, aber nicht öfter. d. Die Grade der Kälte, welche die Vegetation zu ertragen ver- mag, wurden bisher noch nicht gehörig festgestellt wegen Nichtberück- sichtigung modifieirender Momente. Middendorff*) schätzt sie für das Taimyrland auf 40—50° R., die höchste wirklich gemessene, so viel mir bekannt, von Robert Kane unter 78,370 n. Br. — 43,50 R. und M’Clure gar — 47° R. Ueber diesen Breitegrad hinaus fand Kane sogar bis zum 82° noch üppige Vegetation, freilich nur krautartiger Ge- wächse. Die Baum- und Waldgrenze liegt in viel niedrigeren Breiten, der nördlichste Wald der Erde aus der sibirischen (Larix sibirica Ledeb.) Lärche in Sibirien im Taimyrlande unter 72"/,° n. Br., in Europa im 70°, in Nordamerika zwischen 68—69° (sämmtliche dort vorkommende Bäume und Sträucher wurden angeführt), Nur die auf den über den Schnee hervorragenden Stämmen der Bäume der Baumgrenze vegetiren- den Kryptogamen, einige Arten von Pilzen, Laub- und Leber-Moosen, dagegen eine grössere Zahl von Flechten, an 68 Arten nach gütiger Mit- theilung unseres Herrn Collegen Körber, und die Blätter der Coniferen haben die ganze Strenge jener winterlichen Temperatur zu erfahren, nicht aber der untere Theil der Stämme mit ihren im Boden haftenden Wurzeln. Diese befinden sich unter dem Schutze der Schneedecke, der für die Erhaltung der Vegetation in jenen hohen Breiten nicht hoch genug anzuschlagen ist. R. Kane fand unter 78%, 50° n. Br. bei 27° Temperatur im Schnee in einer Tiefe von 2 Fuss — 17°, in 4 Fuss Tiefe — 13,,°, und von 8 Fuss gar nur — 2,,%; im Boden war sie wahrscheinlich nur — 1°. Die ersten zusammenhängenden Beobachtungen *) Vgl. dessen sibirische Reise, das grossartigste und inhaltsreichste Werk über arktisch-naturwissenschaftliche Verhältnisse, welches demohnerachtet von deutschen Botanikern erst wenig benutzt worden ist. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 59 über Temperatur des Schnee’s habe ich in dem kältesten Winter unseres Jahrhunderts, 1829/30, im hiesigen botanischen Garten angestellt und der- gleichen im Februar d. J. wiederholt. Unter der überaus gleichförmig gelagerten Schneedecke von 4 Zoll war die Temperatur erst nach drei der kältesten Tage — 20 bis 21° Temperatur, — 5 bis 6°, der Boden in 4 Zoll Tiefe 2°, in 12 Zoll = 0°. Aus allen diesen Beobachtungen seht hervor, dass in jenen hohen Breiten und sicher auch auf unseren Hochalpen die gesammte auf das Wurzelleben beschränkte Vegetation nur einem sehr geringen Kältegrad ausgesetzt ist, denn der bald nach der Beendigung der Vegetation fallende Schnee schützt den Boden vor zu grosser Erkaltung durch Verhinderung der Strahlung, sowie vor dem Eindringen allzu niedriger und abwechselnder Temperatur. Es dürfte also eben nicht wunderbar erscheinen, wenn selbst unter dem Nord: pole noch eine üppige Vegetation angetroffen würde. In unseren Culturen befinden sich arktische und Alpenpflanzen bei unbe ständigen schneearmen Wintern in einer viel ungünstigeren Lage und gehen daher auch häufig bei mangelndem Schneeschutze zu Grunde. In praktischer Hinsicht ist zu bemerken, dass Schneebedecekung fast allen andemen Schutzmitteln vorzuziehen ist. Inzwischen verhindert die Schneedecke nicht das Gefrieren der Wur- zeln. Monate lang, wie ich z. B, 1829/30 beobachtete (vom 28. No- vember 1829 bis zum 6. Februar 1850), können Wurzeln gefroren sein oder in einem scheintodtartigen Zustande so zu sagen verharren, ohne dadurch getödtet zu werden. Wachsthum im Winter erfolgt nur bei anhaltend frostfreier Tempe- ratur und nur in sehr geringem Grade. Das rasche Blühen der Früh- lingspflanzen kommt von der fast vollendeten vorzeitigen Ausbildung ihrer Blüthen im Herbst, der grüne Rasen von der grossen Menge der Winter- blätter sehr vieler krautartiger, also immergrüner Gewächse, wie ich be- reits im Jahre 1831 zuerst nachgewiesen habe. Nicht bloss die arktische und alpine Flora, wie Richardson und Kerner meinen, sondern auch. die unsrige ist an solehen Vegetationsresten überreich, wie winterliche Excursionen lehren. Wahre Winterblumen bei uns, ausser einigen ein- jährigen mehr zufälligen Vorkommens, sind nur Bellis perennis und Helle- borus niger, die mehrmals im Winter gefrieren, aufthauen und wieder frieren, ohne Schaden zu leiden, trotzdem oft noch die in der Erde be- findlichen Wurzeln gefroren sind. Ausgleichung der Temperatur erfolgt hier nieht in Folge geringer Leitungsfähigkeit der vegetabilischen Sub- stanz, daher eben auch verschiedene Theile ein und derselben Pflanze verschiedene Temperatur erfahren können, wie ich vielfach durch Ver- suche nachgewiesen habe, wie z. B. durch Hereinleiten von im Freien wurzelnden Pflanzen in warme Gewächshäuser, was ich in diesem Winter mit Wein, Rosen und Kirschbäumen wiederhole. Weachsthum der Pflanzen 60 Jahres-Bericht in der Ebene ist abhängig von der Temperatur der Atmosphäre und der im Boden von der Besonnung noch zurückgebliebenen Wärme, auf fel- sigem Grunde, im Eisboden des arktischen Nordens nur Produkt der Wirkung der Sonne oder Insolation. Merkwürdige Fälle von dem Einfluss der letzteren beobachtete Mid- dendorff im Taimyrlande, dem nördlichsten Theile Sibiriens: unter an- dern bei — 16° m. Temperatur im April über den Schnee hervorragende Spitzen blühender Weiden, deren unterer Theil gefroren war. Ebenfalls meiner Meinung nach ist Folge der Insolation die oft bewunderte Exi- stenz der rothen Schneealge (Protococcus nivalis), welche im hohen Nor- den und auf den Alpen den Schnee roth färbt, die sicher nicht allein dem raschen Stoffwechsel ihre Existenz verdankt. Sie erfährt nur einen geringen Grad niederer Temperatur; denn im Winter ist sie, wie die übrige Vegetation, mit Schnee bedeckt. Dass es bei einmal gefrorenen Pflanzen nicht darauf ankäme, welchen Kältegrad sie erfahren, wie Nä- geli behauptet, widerlegen Beobachtung und Erfahrung. e. Verhältnisse des Standortes von grösster Bedeutung. Nicht- berücksichtigung derselben, insbesondere in physikalischer Hinsicht, ist Ursache der in dieser Hinsicht so sehr widersprechenden Erfahrungen, daher nothwendige Correction. Darüber, wie über Schutzmittel und un- sere eigentlich klimatischen Pflanzen, gestützt auf vierzigjährige Beob- achtungen im hiesigen botanischen Garten in der nächsten oder dritten Vorlesung. Herr Prof. Dr. Milde sprach am 19. März über Moose der Eiszeit, Der Vortragende geht von dem Vorkommen des Hypnum sarmen- tosum und H. exannulatum auf dem Kamme unseres Riesengebirges aus und bespricht zunächst die Verbreitung beider Arten in Europa. : Hierauf bespricht derselbe die Entdeckung genannter Moose in Württemberg bei Schussenried, wo dieselben 18 Fuss tief unter der Erde, bei einer See- höhe von 2000 Fuss, in Gesellschaft von Rennthiergeweihen und Kno- chen nordischer Thiere als besondere Schicht in blauen Letten, als Ueber- reste aus der Eiszeit vom Apotheker Valet aufgefunden wurden. Hier- auf bespricht Redner die Moose der erratischen Blöcke der norddeutschen Ebene, deren von ihm 36 Arten festgestellt worden sind, unter welchen sich auch 2 Wasser-Moose befinden. Meistens sind es Grimmiaceen und meist erscheinen die Arten steril, meist mit weiblichen oder ohne alle Blüthen. Redner hebt einige nennenswerthe Abänderungen hervor, welche an diesen Moosen beobachtet wurden, so das Auftreten einer haarlosen Varietät von Grimmia Hartmani, die man bisher einzig und der Schles. Gesellsch. £f. vaterl. Cultur. 61 allein auf erratischen Blöcken gefunden hat. Manche Arten wurden bie- her nur auf einem einzigen Steine und in sehr geringer Menge gefunden. Ausser diesen steinbewohnenden Moosen giebt es aber auch eine Anzahl Sumpf- und Torfmoose, die wegen ihres höchst vereinzelten Vor- kommens unzweifelhaft in die Kategorie der erratischen Moose zu rechnen sind; so Breutelia aus Westfalen, Distichium inclinatum aus der Mark u. A. Ein sehr merkwürdiges Vorkommen ist das von Hypnum rugosum, bisher einzig und allein nur auf felsiger Unterlage gefunden, auf einem Diluvial- hügel von Nippern bei Nimkau. Herr Prof. Dr. Ferd. Cohn leste am 27. April 1870 im Auftrage des Herrn Prof. Krocker in Proskau eine von diesem angefertigte Ana- lyse des bei Bohrversuchen auf Braunkohle zu Pentsch bei Strehlen auf- gefundenen Kalkmergellagers vor, in welchem Herr Sanitätsrath Kreis- physikus Dr. Bleisch eine sehr reichliche Einlagerung von Diatomeen- panzern entdeckt hat. Derselbe macht auf die merkwürdigen schwarzen und undurch- sichtigen Körperchen aufmerksam, welche in solcher Menge in diesem Mergel vorkommen, dass sie demselben stellenweise eine dunkelgraue Farbe verleihen; beim Auflösen des kohlensauren Kalks in Salzsäure blieben diese Körperchen zurück und erschienen zwischen den Diatomeen, den Pollenzellen ete. theils als Gruppen moleculärer Körnchen, theils als unregelmässige kohlschwarze Splitter, theils von scharfen Kanten und Ecken begrenzt mit quadratischem oder regelmässig sechseckigem Um- riss und lebhaft spiegelnden Flächen, so dass sie sich unzweifelhaft als Krystalle, vermuthlich Würfel, Octaeder oder Granatoeder erkennen lassen. Alle diese Körperchen und Krystalle haben das Aussehen von Kohle, und werden in Salzsäure, Salpetersäure und Königswasser nicht gelöst, durch Glühen nicht zerstört; dass sie nicht in dem Schlamm des Sees, der sich in den Diatomeenmergel umgewandelt, ursprünglich vor- handen gewesen, sondern erst nachträglich in der Substanz desselben sich gebildet haben müssen, ergiebt sich aus der Thatsache, dass viele Pollenzellen und Diatomeen, insbesondere die als Hauptmasse auftreten- den Cyelotellen, im Innern ihrer geschlossenen Schale bald einen, bald mehrere der schwarzen Krystalle enthalten. Die chemische Natur dieser merkwürdigen Splitter und Krystalle (vielleicht Kohle) ist noch zu er- mitteln. Derselbe legte vor die erste Centurie der zweiten Auflage von Th. Eulenstein Diatomacearum species typicae. So allgemein auch das Interesse an den Diatomeen aus verschiedenen Gesichtspunkten, und ins- besondere wegen ihres fossilen Vorkommens und ihrer zierlichen Struetur 62 Jahres-Bericht selbst bei Laien von jeher gewesen, so schwierig, ja in vielen Fällen geradezu unmöglich war bisher die richtige Bestimmung der Arten nach Beschreibungen und selbst nach den besten Abbildungen; eine Sammlung von Original-Exemplaren der sämmtlichen Species, zusammengestellt aus den Herbarien ihrer Autoren, wie sie Eulensteins Centurien bieten, gewährt hierzu die einzige Möglichkeit. Herr Eulenstein hat mit emer Ausdauer und Hingebung, wie sie selten sich heutzutage findet, die Diatomeen monographisch studirt, fast alle Sammlungen der Diatomeenforscher angekauft und in ausgedehnten Reisen das gesammte Material dieser Organismen aus allen Welttheilen, Land und Meer, jetztlebenden und fossilen Vorkommnissen vereinigt; durch kritische Untersuchungen hat er die einzelnen Arten festgestellt und die Ergebnisse seiner Studien in den mikroskopischen Präparaten seiner Centurien niedergelegt. Diese Präparate sind mit einer Vollkom- menheit angefertigt, wie sie bis jetzt nur noch von Moeller in Wedl erreicht wurde, indem jede Species in der Regel ganz rein präpanit und in Canadabalsam oder trocken in Glaszellen mit bewunderungswerther Sauberkeit aufgelegt ist. So gewährt diese Sammlung den Freunden mikroskopischer Studien eine äusserst fesselnde Fülle von überraschend mannigfaltigen Formen, den Special-Forschern aber eine bis jetzt schmerz- lich vermisste zuverlässige Grundlage für ihre Untersuchungen der Dia- tomeenwelt. Hierauf sprach Herr Prof. F. Cohn über den merkwürdigen Steinkohlenpilz Archagaricon, von welchem Allen Hancock in New-Castle im Kohlenschiefer von Northumberland zahlreiche Exemplare und anscheinend auch verschiedene Species in Gestalt kleiner meist linsenförmiger Körperchen entdeckte, da er in deren Dünn-Schliffen eine eigenthümliche mikroskopische Structur wahrnahm, er erklärte diese Gebilde für Selerotien. Herr Hancock hatte die Güte, dem Vortragenden zwei von Herrn J. Atthey gefertigte mikroskopische Schliffe des Archagaricon bulbosum aus dem Kohlenschiefer von Lowmain Newshaven, Northumberlandshire, zu übersenden, welche der Section vorgelegt wurden; sie zeigen in einer scheinbar homogenen, hellbraunen Substanz schwärzliche, schlauchartige, gewundene, stellen- weise angeschwollene und verzweigte Röhren von 0,015 bis 0,020 Mm, Dicke, ähnlich den Hyphen einer Mucorinee, sowie dazwischen verstreute sehr zahlreiche kugliche oder elliptische, scharf eonturirte, stellenweise deckelartig abgesprengte Bläschen, anscheinend Sporen, Die gesammte Structur gleicht allerdings der eines Pilzes vollständig, wenn auch sehwer- lieh einem Selerotium; doch lässt sich aus den beiden Exemplaren noch’ kein Schluss auf die systematische Stellung dieser Gebilde ziehen, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 63 Derselbe Vortragende berichtete am 26. October über das Vorkommen von Kieselschwammnadeln in einem dichten grauen Kalkstein, welcher aus dem Michel Levy’schen Bohrloch bei Inowraclaw in einer Tiefe von 450 Fuss zu Tage gefördert, und von welchem kleine scharf- kantige Splitter ihm durch Herrn Ober-Bergrath Runge zur mikroskopi- schen Untersuchung übergeben worden waren. Herr Apotheker v. Ro- senberg zu Kruschwitz bei Gnesen hatte in diesem Kalkstein einen Kieselgehalt, und in letzterem organische Struetur erkannt. Indem Vor- tragender einzelne Splitter von 0,3 bis 0,5 Gr. Gewicht in Salzsäure löste, und den Rückstand durch wiederholtes Auswaschen mit. destillirtem Wasser von amorphen grauen Thonbestandtheilen abschlämmte, erhielt er zuletzt einen unbedeutenden Rest von weissen und schwarzen Par- tikeln, von denen die letzteren unter dem Mikroskope sich als stark glänzende Kırystalldrusen eines undurchsichtigen noch nicht näher be- stimmten Minerals, die ersteren dagegen sich sämmtlich als mikrosko- pische Bruchstücke von Kieselsehwämmen erkennen liessen. Diese Frag- mente auf bekannte Gattungen und Arten von Spongien zurückzuführen, ist allerdings darum schwierig, weil die mikroskopische Struetur der fos- silen Schwämme bisher nur sehr unvollkommen bekannt ist. Indessen lassen sich doch in den aufgefundenen Bruchstücken die beiden Haupt- Abtheilungen der fossilen Schwämme unterscheiden, welche F. A. Rö- mer als Gitterschwämme und Schwämme mit wurmförmigem Gewebe bezeichnet hat. Die ersteren werden von dem neuesten Mono- graphen der Kieselschwämme des Atlantie, Oskar Schmidt, als Hexacti- nellidae charakterisirt, von denen gegenwärtig nur noch äusserst wenig lebende Repräsentanten in grossen Seetiefen, darunter der prächtige Git- terschwamm Euplectella aspergillum und der Glasfadenschwamm Hyalonema bekannt sind, während dieser Typus in allen älteren Formationen der Erde, insbesondere durch die Gattung Scyphia vertreten ist. Von dieser Form sind in dem Kalkstein von Inowraclaw Kieselgitter und nieren- förmige glattschalige Eier (Gemmulae) vorhanden. Der zweite Typus fossiler Schwämme, den Oskar Schmidt als Vermiculatae bezeichnet, ist in dem Kalkstein durch äusserst charakteristische Kieselnadeln vertreten, identisch mit denen von Chenendopora. Da letztere Gattung mit mehreren Arten bisher nur in der Kreide aufgefunden worden ist, so scheint der mikroskopische Befund dafür zu sprechen, dass auch der Kalkstein von Inowraclaw dieser Formation angehöre. Spindelförmige Kieselnadeln von ungewöhnlicher Grösse gehören einer noch nicht festgestellten Schwamm- gattung an, Diatomeen und Polyeistineen sind noch nicht erkannt, etwaige organisirte Kalkgebilde lassen sich durch die angewendete Methode nicht nachweisen. Der Kalkstein von Inowraclaw ist offenbar die Bildung 64 Jahres-Bericht eines tiefen Meeres, in dessen ruhig abgelagerten Kalksedimenten die zerriebenen und auseinandergebrochenen Nadeln verschiedener Gattungen in der Nähe gewachsener Kieselschwämme eingeschlossen wurden. Herr Prof. Dr. Grube legte in der Sitzung am 16. Februar die in den Memoires der Petersburger Akademie Tome X veröffentlichte Synopsis der gegenwärtig lebenden Crocodile von Dr. A. Strauch vor, knüpfte daran zur Erläuterung einige Demonstrationen an dem hier vor kurzem gestorbenen Alligator lucius und Skelettheilen anderer Arten, und machte zunächst auf die ungemein kurze, ganz vorn angeheftete Zunge und den den Schädel selbst an Länge übertreffenden Unterkiefer aufmerksam, (ersteres veranlasste die Alten (Aristoteles) zu dem Irrthum, dass den Crocodilen die Zunge gänzlich fehle, letzteres zu der Annahme, dass beim Oeffnen des Rachens der Oberkiefer selbst gehoben werde), sodann auf den Sitz der Zähne in Alveolen, die unter den lebenden Reptilien nur bei den Crocodilen vorkommen, auf die Verschiedenheit des Gebisses bei den Alligatoren und Crocodilen i. e. $. gegenüber den Gavialen, die Längsrichtung der Cloakenöffnung, die Einfachheit und Lage der Ruthe und den Bau der Füsse, die nur bei den Alligatoren halbe Schwimmhäute zeigen, doch soll auch ein Crocodil i. e. $. Cr. frontatus hierin mit ihnen übereinstimmen. Während zuerst zu den Gavialen nur das Ganges-Crocodil gerechnet wurde, stellt Strauch den Crocodilus Schlegelii Müll. von den Sundainseln auch dahin; von dieser Art besitzt das hiesige mineralogische Museum einen vortreffliehen Schädel von 26 Zoll Länge, das zoologische hat nur einen annähernd grossen von dem ebenfalls auf Java vorkommenden Cr. biporcatus Cuv. aufzuweisen, der ihm durch die Güte der Frau Geheimräthin Bernstein aus dem Nachlass ihres Sohnes, des Herın Dr. Agathon Bernstein, mit vielen anderen sehr werthvollen, nächstens zu besprechenden Gegenständen zu Theil wurde. Dieser Sehädel von 22 Zoll Länge, an dem zur Aufnahme der zwei vorderen unteren Fangzähne zwei die Zwischenkiefer vollständig durchbohrende Löcher dienen, muss schon einem sehr ansehnlichen In- dividuum angehört haben, da man weiss, dass ein 26 Zoll langer Schädel von einem 33 Fuss langen Thier herrührte, fast das Maximum der Grösse, die überhaupt eine Crocodilart erreieht. Das Nilerocodil wird heut zu Tage wohl nur selten annähernd so gross, obschon Hasselquist (im vorigen Jahrhundert) noch von 30 Fuss- und Aristoteles von 17 Ellen- langen berichtet. Auch Cr. cataphractus Cuv. von der Westküste Afrikas gehört zu diesen grossen Arten, während die Gaviale meist nur halb so lang und viele Alligator-Arten noch lange nicht halb so lang werden. Strauch zählt im Ganzen 21 Arten auf, von denen 7 zu Alligator, 12 u Crocodilus und 2 zu Gavialis gehören. Auf die Beschreibungen der- der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 65 selben folgt eine Uebersicht über ihre geographische Verbreitung, der 3 den Gattungen entsprechende Karten beigefügt sind. Die Gaviale be- schränken sich nur auf das Gangesgebiet, Java und Borneo, uJie Alliga- toren nur auf Amerika, die Crocodile i. e. $. gehören hauptsächlich dem tropischen Afrika und Asien an, doch ist bekannt, dass ein paar echte Croeodile, Cr. biporeatus und palustris, sich bis anf die Nordküste Neu- hollands verbreiten. In der Sitzung am 26. October und 9. November legte Herr Prof. Grube einen Schädel von dem fliegenden Maki Galeopithecus volans L. vor, einem Bewohner der Mollucken und Sundainseln, von dem das zoo- logische Museum bisher nur ein ausgestopftes Exemplar besass. Das Gebiss dieses seltsamen Thieres, welches jederseits oben 8, unten 9 Zähne enthält, hat sehr verschiedene Deutungen erfahren, was sich zum Theil daraus erklärt, dass beim ausgebildeten die Grenze des Zwischen- kiefers nicht mehr erkennbar und daher die Zahl der oberen Schneide- zähne nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist. Einige nehmen oben jeder- seits 1, andere 2 Schneidezähne an; wenn man jedoch nach der Analogie der Schädel von Halbaffen (Lemur) und fruchtfressenden Fledermäusen (Pteropus) schliessen darf, welche die nächsten Verwandten des Galeo- pithecus sind, und bei denen der Zwischenkiefer deutlich ist, so würde dieser Knochen hier nur einen so schmalen Ring um die Nasenöffnungen bilden, dass ihm gar kein Zahn angehörte. Dieser Lücke entsprechen im Unterkiefer die 4 (jederseits 2) so merkwürdig gestalteten, durch zahl- reiche bis auf die Wurzel gehende Einschnitte vollkommen kammartigen Schneidezähne. Der 1. obere Zahn, der bereits dem Oberkiefer ange- hören würde, steht dem 3. unteren gegenüber und hat, wie dieser, nur 3 Einschnitte, ist l1wurzelig und könnte, wie dieser, als Eekzahn ange- sehen werden, ragt aber durchaus nicht über den Rand der benachbarten hervor; nach der anderen Meinung würde er ein Schneidezahn sein. Die übrigen ?/, hält der Vortragende für Backenzähne, alle sind 2-wurzelig; unter ihnen wiederum kann man 2 Formen unterscheiden: die vorderen 2/, derselben sind seitlich zusammengedrückt und ihre Schneide zeigt mehrere Zacken, deren längste und ansehnlichste etwas vor der Mitte steht, die übrigen Zähne annähernd cubisch oder von aussen nach innen quer gezogen zeigen auf ihrer Kaufläche eine ziemlich breite und tiefe von vorn nach hinten gerichtete Rinne, die durch einen inneren und einen äusseren, zum Theil wieder in einen Höcker vorspringenden Wall begrenzt wird. Diese °/, Zähne würden den Mahl-, die anderen */, den Lückenzähnen entsprechen, sie stehen sämmtlich so, dass die Backen- b) 66 Jahres-Bericht zähne des Oberkiefers zwischen die des Unterkiefers greifen. Dem- nach lautete die Zahnformel nach der Vermuthung des Vortragenden Carus RL 1 245 2 Ho 1 6 sn ner m )"während sont 1. ,C. 7, m. ‚ode, Lin. Cu. 1 EEE! ) abesch d e.—,m.—,0oderi. Z,6C. 7, m.-, angegeben werden. Auch die systematische Stellung des Galeopitheeus hat eine zwei- fache Ansicht hervorgerufen: Linn€ reihte ihn den Halbaffen, Cuvier den Fledermäusen an und nachdem bisher die Meinung des letzteren herr- schend gewesen war, kehren jetzt einige Forscher zu der früheren zurück und gesellen wohl auch das merkwürdige, sonst unter die Nager ge- zählte Fingerthier (Chiromys madagascariensis) hinzu. Die dichtbehaarte Flughaut, die der Galeopitheeus mit dem fliegenden Eichhörnchen und dem Flugbeutler gemein hat, die aber schon oben am Halse beginnt, ist allerdings von der so empfindlichen nackten der Fledermäuse sehr ver- schieden, und wenn sie sich auch zwischen den Zehen der Vorder- und Hinterfüsse wie eine Schwimmhaut ausbreitet, so sind doch die Vorder- zehen weder verlängert noch nagellos, wie bei jenen, wo bloss der Daum oder er und der Zeigefinger einen Nagel tragen, doch sollen auch die Galiopithecen sich an den Hinterfüssen aufhängen; an Länge und Stärke geben diese Hinterbeine den vorderen nur wenig nach, während sie bei den Fledermäusen so viel kürzer sind. Das Vorkommen von Brustzitzen hat der Galeopithecus mit ihnen und den Halbaffen gemein, nur sind sie jederseits doppelt, abweichend aber ist die Anwesenheit eines grossen Blinddarms, wie er weder bei Fledermäusen noch bei Halbaffen, wohl aber bei Nagern vorkommt. Sodann zeigte derselbe Vortragende ein paar Exemplare des Brachhuhns (Triels oder Dickfusses) Oedie nemus crepitans im Nestkleide, welche bei Neudorf, nahe Graudenz, im August gefangen waren und sich noch mehr als der alte Vogel durch die Dicke der Füsse auszeichneten. Das zoologische Museum besass bisher nur erwachsene Exemplare aus Schlesien. Die Gegend, in der diese Jungen ergriffen worden, entspricht ganz den Localitäten, die Naumann als charakteri- stisch für das Vorkommen dieses Vogels schildert. Die Wiesen, dureh welche sich die kleine Ossa zur Weichsel hinschlängelt, sind von ziem- lich schmalen, zu Thalrändern aufsteigenden, spärlich mit Kiefern be- wachsenen Sandflächen begrenzt, von denen hin und wieder ein Stück zu spärlichem Ackerbau benutzt wird, hie und da ein Gebüsch wilder der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 67 Rosen, durchweg wenig Verkehr. Um so auffallender erscheint das Vor- kommen dieses überaus scheuen Nachtvogels, der wegen seines dicken Kopfes und seiner grossen Augen auch den Namen Eulenkopf führt, in Kairo auf den Dächern der Häuser, wo ihn Brehm am Abend beob- achtete, bei jeder Gefahr in die Büsche der anliegenden Gärten hinab- fliegend. Herr Hauptmann v. Homeyer bemerkte dabei, dass, so nahe dieser bloss von animalischer Kost lebende Vogel an die auch Körner fressenden Trappen streife, letzteren doch ausschliesslich der rothbraune Flaum im Nestgefieder zukomme. Zam Schluss legte derselbe Vortragende mehrere neue Arten der Gattung Sabella vor, alle mit kreis- oder halbkreisförmig zusammengeıollten Kiemen, unter denen vorzüglich folgende hervorzuheben sind: 8. (Dasychone) cin- gulata von den Viti-Inseln, 19 m. lang, wovon Y/, auf die Kiemen kom- men. In jeder derselben 17 weissliche, 10fach dunkelviolet gebänderte Kiemenfäden mit 10 Paar Augen, langen schlichten Bärtelehen und 13 Paar kürzeren, schmalen spitzen Rückenblättchen, Mundfäden äusserst kurz. Leib bleich fleischfarbig auf dem Bauche hin und wieder dunkel punktirt mit 40 Segmenten, von denen $ zum vorderen Abschnitt gehören. Alle Haarborsten schmal gesäumt, in den 3 ersten Bündeln länger, alle Hakenborsten mit einfachem Schnabel und in einfachen Kammreihen, diese von den Borstenbündeln durch ein dunkles Pünktchen getrennt. Bauchschilder meist 3mal so breit als lang. S. samöensis von den Samoa-Inseln, bis 45 m. lang, wovon /, die Kiemen, jederseits 36 hellviolette, 5- bis 6fach dunkelgebänderte Fäden. Leib hellfleischfarbig fein dunkelpunktirt mit 90 bis 111 Segmenten, an denen ein violetter Flankenpunkt. Borstenwechsel und Kiemenreihen der Hakenborsten wie bei der vorigen, Haarborsten des vorderen Abschnitts theils länger, linear, theils breitgesäumt, die übrigen kürzer. Bauch- schilder meist 4mal so breit als lang, Mundfäden fast halb so lang als die Kiemen. fi S. (Potamilla) cerasina von Lussin piccolo, auffallend durch die 3fach dunkelroth gebänderten Kiemen, deren Fäden, jederseits 11 bis 12, in der unteren Hälfte rechts und links eine Reihe punktförmiger, rasch auf ein- ander folgender Augen tragen, und durch die quadratische Form der Bauchschilder des hinteren Abschnittes; im vorderen sind sie kürzer und etwas breiter und haben eine Querfurche. Die Kiemenfäden sind nicht wie bei Dialychone durch Membran verbunden, 10 m. lang, ihre Bärtel- chen über 5mal so lang als der Schaft diek. Borstenwechsel ®%,, in den vorderen Borstenbündeln Haarborsten und Paleen. Leider waren nur die ersten 29 Segmente erhalten: diese zusammen 12 m. lang. 5* 68 Jahres-Bericht S. tenuicollaris aus dem Adriatischen Meer, die Haarborsten der vor- deren 8 Segmente zwar auch von zweierlei Form, aber die kürzeren, breiter gesäumten keine rechte Paleen. Kiemen mit je 16 bis 18 Fäden und ebenfalls rothen, aber zahlreicheren Binden, ohne Augen, die Spitzen nicht dünn fadenartig, Bärtelchen kürzer als bei cerasina; Halskragen dünn- häutig, das Basalblatt der Kiemen bedeckend, Leib geiblich fleischfarbig, Bauchschilder weiss, die vorderen und hinteren dunkler bräunlich, die des vorderen Abschnittes 6mal so breit als lang, die des hinteren etwas breiter; Kammreihen der Hakenborsten in jenem doppelt. S. scoparia von Uca, gehört zu der Gruppe der Sabellen mit hohem Basalblatt der Kiemen, deren erstes Segment eine schräglaufende Quer- reihe von Borsten trägt. Die Bauchlappen des sonst ganz niedrigen Halskragens sind verlängert und zu einem Dreieck verwachsen, die starren Kiemenfäden, jederseits 13 bis 14, in ihrer oberen Hälfte mit 4 fast schwarzen schmalen Binden versehen und tragen hier rechts und links eine Reihe einfacher Aeugelchen, Bauchschilder des hinteren Leibes- abschnitts dunkelviolet, des vorderen heller braun. Hakenborsten in diesem 2reihig, Haarborsten und Paleen in allen Bündeln. Borstenwechsel 8/,. Mundfäden etwa '/, der Kiemenlänge. Eine eingehende Vergleichung von $. volutacornis (Mont) und 8. (Distylia) punctata @Qy. lehrte den Vortragenden, dass beide dieselbe Art und $. punctata bloss jüngere Exemplare sind. In der Sitzung der Schlesischen Gesellschaft am 6. April 1870 trug Herr Prof. Grube vor: Bemerkungen über die Amphicteneen und Amphareteen Mgn. Die Art und Weise wie Malmgren, in der Familie Terebellacea Gr. die Gattungen Terebella, Peetinaria und Amphicteis mit ihren nächsten Ver- wandten auseinanderhält und zu eigenen Abtheilungen erhebt, entspricht sanz den Fortschritten in der Kenntniss der Annelidenformen, die wir gerade im Bereich dieser Gruppen vorzugsweise Sars und Malmgren verdanken. Alle 3 Abtheilungen enthalten echte rothblütige Röhren- würmer, ausgezeichnet durch zahlreiche fühlerartige Organe am Vorder- rande, durch wenige auf die nächstfolgenden Segmente beschränkte Kie- men und durch eine Verschiedenheit in der Ausstattung der vorderen und hinteren Leibespartie, indem erstere ausser dem Kämmchen von Hakenborsten (Uneini) auch Bündel von Haarborsten, oft auch eine in der ganzen Breite verdiekte Bauchwand, letztere nur Kämmehen von Uneini, sehr selten, wie es scheint, Haarborsten, oder auch keines von beiden, meist aber eine Bauchrinne besitzt. Jene fühlerartigen, oft sehr langen Organe, welehe vom Mundsegment entspringen, bezeichnet Pallas ebenso wie die an der Oberseite des Kopf- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 69 lappens bei den Euniceen und Nereiden entstehenden mit dem Namen Cirri, Savigny und die meisten seiner Nachfolger haben erstere mit dem Namen Tentacula, letztere mit dem Namen Antennae belegt, in- dessen scheint es zweckmässiger in Rücksicht auf das grosse Ganze der Thierwelt nach altem Gebrauch den Namen Antennae auf die Arthropodie zu beschränken, und für die oberen Fühler des Kopflappens der Anneliden die bei den Gastropoden allgemein übliche Bezeichnung Tentacula anzu- wenden, dagegen die fühlerartigen Anhänge des Mundsegments oder auch der nächstfolgenden Segmente Cirri tentaculares zu nennen; bei den in Rede stehenden Familien würden sie recht eigentlich Cirri pre- hensiles sein, da sie hier wohl überall zum Herbeischaffen des Materials für den Bau der Röhren dienen.“) Bei den Terebellen entspringen diese Cirri hinter dem Kopflappen auf der Rückenseite des Mundsegments, ohne dass dahinter Paleen folgen, bei den Pectinarien, den Amphicteis und Sabellides unterhalb des Kopf- lappens an den Ecken des Mundsegments oder an einem besonderen Innensaum oder einer Innenlippe desselben über dem Munde, und Paleen, wenn auch nicht in so ausgeprägten Kämmen, treten häufig auf. Die Peetinarien (Amphictenea Mgn.) wiederum zeichnen sich durch den gedrungeneren Leib, die geringe Zahl seiner Segmente und seinen so scharf abgesetzten platten und kurzen borstenlosen, nach unten klap- penden Endtheil (Scapha Pall., Schaufel) aus, an dessen vorderer Grenze oben sich das Auftreten von Paleenkämmchen, freilich in sehr bescheidener Grösse wiederholt. Dagegen bei den Amphicteis, Sabellides und ihren nächsten Verwandten (Ampharetes Mgn.) verschmälert sich der an Seg- menten reichere Leib allmählich, ohne in so scharf getrennte Abtheilungen zu zerfallen, indem nur die Bündel der Haarborsten in der Mitte aufzu- hören pflegen, die Kämmehen der Uneini aber bis an das Analsegment fortlaufen; es giebt nie hintere Gruppen von Paleen, und die vorderen sitzen nie auf dem Mundsegment selbst, sondern auf dem oder den folgenden, auch nicht in einer Querreihe, sondern jederseits in einem engen Bogen oder Oval, fast immer ganz nach dem Seitenrande gerückt, nicht gegen die Mittellinie sich nähernd. Bei den Terebellaceen sitzen die Kiemen stets auf dem Rücken, zeigen vorwiegend Hang zur Verästelung oder, wenn sie einfach Fäden bleiben, *) Auch mit der Bezeichnung Palpi für die an der Basis oder der Unterseite des Kopflappens hervortretenden zum Tasten bestimmten fühlerförmigen oder anders gestalteten Organe kann ich mich nicht einverstanden erklären, da das Wort bereits bei den Gliederfüsslern seine bestimmte Bedeutung hat und zwar für Theile, welche Extremitäten der vordersten Körperringe selbst ent- stellen, während jene sogenannten Palpi der Anneliden dem Lobus capitalis an- gehören: ieh erlaube mir daher den Namen Subtentacula vorzuschlagen, 70 Jahres-Bericht zur Anhäufung in Quasten oder Querreihen, bei den Amphicteneen ent- springen sie an der Seitenwand, sind aber emporgerichtet, bilden Kämme mit breiten blattartigen Zähnen und treten jederseits nur in der Zweizahl selten der Dreizahl auf; bei den Amphareteen erscheinen diese Organe wieder auf dem Rücken, aber gewöhnlich als einfache Fäden und in ge- ringer Zahl 4 bis 8 im Ganzen, selten gefiedert. Bei allen 3 Gruppen trägt das Mundsegment weder Kiemen noch Bündel von Haarborsten oder Uneini. Die Segmente, an denen die Kie- men sitzen, sind bei den Terebelleen meistens das 2,, 3. und 4., seltener das 2. und 3., noch seltener bloss das 2.: auch dieses führt weder Haar- borsten noch Uneini, gewöhnlich kommen die ersteren erst am 4., die letzteren am 5. Segment vor. Bei den Amphiecteneen ist wie die Zahl so auch der Sitz der Kiemen ein ganz constanter; sie befinden sich stets am 3. und 4., selten auch noch am 2. Segment, im ersteren Fall trägt das 2. jederseits einen sogenannten Cirrus, der an der entsprechenden Stelle sitzt und da sonst Cirren an den Borstenbündeln nicht vorkommen wohl als ein Analogon der Kiemen aufgefasst werden könnte, aber bloss zum Fühlen dienen mag, und dasselbe gilt von einem ähnlichen Organ an den Seiten des ersten Sesments, nach aussen von den Paleenkämmen und der Nackenfalte, obschon Rathke meint, dass es seinen Nerv vom Gehirnganglien selbst zu erhalten scheine. Alle diese 4 Segmente tragen weder Haar- noch Hakenborsten, vielmehr. beginnen erstere am 5., letz- tere erst am 7. oder 8. Segment. Von den Amphareteen kann man im Allgemeinen sagen, dass ihre Kiemen gewöhnlieh auf Segmenten er- scheinen, die schon Bündel von Haarborsten tragen, dass die Uneini. 2, selten 3 Segmente später als die Haarborsten, und dass die Kiemen un- mittelbar hinter dem oder den borstenlosen Segmenten auftreten. Je nachdem 1 oder 2 von solchen Segmenten vorhanden sind oder ange- nommen werden, wird die Zahlenangabe für die Segmente, an denen dies oder jenes Organ oder Verhalten auftritt, eine verschiedene sein, und in der That lässt es sich auch nicht immer so leicht und sicher ent- scheiden, welchen Segmenten die stets sehr zusammengerückten Kiemen angehören. Die Haarborsten unserer 3 Annelidengruppen zeigen wenig Verschie- denheiten, mehr die Hakenborsten (Uneini), welche allgemein die Enten- halsform besitzen (U. aviculares), aber bei den Terebellen ist der Schnabel einfach, bei den Amphieteneen und Amphareteen der ganze Vorderrand des Plättehens mehrfach kammartig oder vielmehr schief gezähnt einge- schnitten, die Zähne bald gleich, bald die unteren kleiner und ihre Zahl verschieden, wie Malmgren sehr sorgfältig nachgewiesen, die Uneini sitzen theils auf Polstern, theils an Lamellen (Flösschen). Endlich hat Malmgren auf den Unterschied im Bau der Röhren aufmerksam gemacht. Die Amphieteneen bauen kurze, nach hinten der Schles. Gesellsch. T, vaterl. Cultur. 71 eonisch verjüngte, an Länge den Körper höchstens um das Doppelte übertreffende festwandige und aufstehende Röhren, zu denen sie Conchy- lienfragmente, Steinstückehen oder Sandkörner verwenden, die Ampha- reteen hinfällige, aus feinem Schlamm oder Pflanzenrudimenten, sehr viel länger als der .Körper und von ceylindrischer Form. Bei den Tere- bellen sind die Röhren immer gestreckt, ceylindrisch, selten festwandig, aber meist aus ähnlichem Material wie bei den Pectinarien zusammen- gesetzt; zuweilen lässt sich gar keine consistentere Wandung unterschei- den, die Thiere liegen in engen Steinspalten, in deren Sandfüllung sie bloss Gänge gegraben haben, und bei den etwas abweichenderen Ver- wandten, wie Polyceirrus ist das ganze Thier nur in Schleim gebettet. Trotz diesen Verschiedenheiten stehe ich doch an, diese 3 Gruppen zu Familien zu erheben, d. h. zu Abtheilungen von derselben Bedeutung wie die Serpulaceen, die Maldanien und Pheruseen, da die Unterschiede der Terebellaceen i. w. $. (Gr.) von jeder dieser Familien tiefer ein- schneiden, als die Abweichungen der Terebellaceen i. e. $. von den Amphareteen und den Amphicteneen Mgn. Amphictenea Msn. Die beiden Haupttypen dieser Abtheilung sind Pectinaria Lam. und Scalis Gr., jene mit 2 Paar kammförmiger aus einfachen Blättern beste- hender Kiemen, diese mit 3 Paar Kiemen, die weiter aufwärts steigen und wenige zerschlitzte Blätter tragen. Die Variationen, die innerhalb des Pectinarientypus auftreten, haben Malmgren veranlasst, mehrere Gattungen daraus zu machen, doch vermag ich bei der sonst so grossen Uebereinstimmung in der Form der Nackenfalte und der Verkümmerung oder dem Schwinden der letzten 2 Borstenbündel, so wie in der geraden oder leicht gekrümmten Gestalt der Röhre noch nicht Gattungscharaktere zu erkennen und würde daher Pectinaria i. e. $. mit Amphictene Sav. Mgn., Cistenides Mgn. und Lagis Mgn. zu einer Gattung vereinigt lassen, und höchstens Petta Mgn. als Gattung daneben stellen, die be- sonders durch den glatten Stirnrand und die abweichende Form der Unecini sich von jenen entfernt. A. 2 Paar Kiemen, am 3. und 4. Segment, kammförmig, die Zähne des Kammes breite, ganzrandige, dicht aneinander lie- gende Blättehen, am. 1. und 2. Segment statt der Kiemen 1 Cirrus. Peetinaria Lam. Stirnrand gezackt, Nackenfalte gezackt oder ganz- randig, 17 Paar Borstenbündel, die beiden letzten zuweilen mehr oder minder verkümmert, 13 Paar Flösschen, unter dem 4. beginnend, das letzte zuweilen fehlend, Uneini mit mehreren grösseren und unteren kleinen Zähnchen. 72 Jahres-Bericht Petta Mgn. Stirnrand und Nackenfalte ganzrandig, 17 Paar Borsten- bündel, 14 Paar Flösschen, unter dem 3. beginnend Uneini nur mit 2 grossen und 1 kleinen Zähnchen. B. 3 Paar über den Rücken gekrümmte Kiemen, deren zerschlitzte Blättchen wie eine Reihe auseinanderstehende Büschel am Stamm sitzen. Scalis Gr., nur ungenügend gekannt. Stirn ganzrandig, Nacken- falte nicht ausgeprägt, an 18 Paar Borstenbündel, Kiemen am 2., 3., 4. Segment, Cirren nicht beobachtet. Pectinaria Lam. a) Amphietene $av. s. str. Mgn. Nackenfalte gezähnt. P. auricoma (Amphitrite auricoma O. Fr. Müll) Malmgren Nordiske Hafs-Annulater in Oefvers. af K. Vetensk Förh. 1865 p. 357 tab. XVII F. 41, von Finnmarken herab bis Bohnslän, England, Mittelmeer, Rhode- Island (Leidy), P. crassa Gr. Troschel’s-Arch., Naturg. f. 1870 I. p. 32. Neu Caledonien, P. Catharinensis Fr. Müll., Gr. Desterro in Brasilien. P. erassa Gr., dick, nach hinten weniger verjüngt, 40 m. lang, sonst P. auricoma ähnlich, aber am Stirnrand zählt man hier an 32 (bei auricoma nur 18—19), an der Nackenfalte dagegen etwa 56 (bei auri- coma nur 16—17) Zacken. Die Zahl der Nacken-Paleen ist ziemlich dieselbe wie dort, jederseits 11—12, aber ihre Spitze nicht linear ver- längert und umgebogen; der Fächer der kurzen Paleen an der Basis der Schaufel enthält deren 10 (bei auricoma bis 12). Die Uneini zeigen 6 grössere und 5 kleinere untere Zähnchen, vergl. die Beschreibung im Arch. f. Naturgesch. 1870 I p. 321. P. catharinensis Fr. Müll., Gr., von Prof. Fr. Müller aus Desterro eingesendet, conisch, 31 m. lang, bei 10 m. grösster Breite, lebend von weisslicher Farbe, zeichnet sich dadurch vor allen bekannten Pectinarien aus, dass der Vorderrand des 2. Segments an der Bauchseite mit Zacken besetzt ist, man zählt etwa 10, ebensoviel an der Nackenfalte, 50 etwa am Stirnrande, jederseits 9 bis 10 Nacken-Paleen von ähnlicher Form wie bei P. auricoma, und in jedem Fächer an der Basis der Schaufel 26, mit etwas verbreiterter und leicht gekrümmter Spitze, mehr als bei irgend einer andern Art. Noch eine Eigenthümlichkeit ist, dass jeder Seitentheil des 4. Segments an der Bauchseite nach innen von der 2ten Kieme vorn in zwei grosse, und der Mitteltheil vorn in 2 kürzere Zacken ausläuft. An dem einzigen vorliegenden Exemplar waren nur 15 Borstenköcher mit Borsten versehen, die hinteren 2 ebenso wie die darunter befindlichen Pinnulae nur angedeutet. Die Röhre besteht nach Müller’s Mittheilung aus Sandkörnchen. b) Die Nackenfalte nicht gezähnt der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 73 mit 17 Borstenbündeln und 13 Flösschen, Röhre gerade, aus Sandkörnchen bestehend (Pectinaria Lam. s. str. Mgn.) P. belgiea, Nereis cylindraria var. belgica Pall., Mgn. 1. ce. 356 tab. XVIII F. 42, Bohuslän, Belgien. P. neapolitana Clap. Annel. Chetopod. de Naples 373 pl. XXVII F. 1 (Amphitrite auricoma d. Ch.). Neapel. mit 17 Borstenbündeln, deren 2 hinterste sehr klein, oder nur 16 und mit 12 Flösschen, Röhre leicht gekrümmt aus Sand- körnchen bestehend (Cistenides Mgn.). P. granulata (Sabella granulata L., Amphitrite auricoma Fabr., A. Eschrichtri Rathke,) Mgn. 1. c. 359 Grönland, Island. P. hyperborea Men. |. ce. 360 tab. XVII F. 40, Grönland, Spitz- bergen, Finnmarken. P. aegyptiaca (Amphictene aegyptiaca Sav.) Syst. Annel. 90, Suez. P. capensis (Teredo chrysodon Bergius Abhandl. d. Schwed. Akad. deutsch v. Kästner XXVI. 235 Taf. IX., Nereis cyliudraria capensis c. P ll. Misc. Zool. 118 tab. IX F. 1, 2), Cap. mit 15 Borstenbündeln und 12 Flösschen (Lagis Mgn.). P. Korenii, Lagis Korenil Men. 1. e. 360, Annul. Polych. 103 tab. XIII. F. 74, Finnmarken, Isle de R& bei Rochelle, St. Vaast (Grube) P. Malmgreni Gr., Triest. mit 14 Borstenbündeln (nach -Schmarda). P. antipodum Schmarda. Neue Turbellar u. s. w. II 46 tab. XXIV. F. 199 Port Jackson. Unbekannt ist die nähere Stellung von P. castanea Risso u. P. nigrescens Risso Hist. nat. IV, 411, Nizza, und P. bifurcata Qf. Hist. nat. Annel. II. 336 (Pectinaria auricoma Bl. Diet. se. nat. Chetop. pl. 361. Soviel man aus der Abbildung der letzteren entnehmen kann — denn eine Beschreibung existirt nicht —, ist weder Stirnrand noch Nackenfalte gezackt, was zunächst auf Petta deuten würde, man sieht aber nur 15 Paar Borstenbündel, jederseits existiren 15 spitze Paleen, und die Cirren des 2. Segments laufen gabelig aus. P. neapolitana, die ich ebenso wenig als P. belgica kenne, soll sich von dieser durch folgendes unterscheiden: der Endlappen der Schaufel ist nieht stumpf eiförmig, sondern fast rechteckig mit stumpfgekerbtem Hinterrande und 1 winzigen Cirrus auf der Oberseite, die Uneini zeigen 7 gleiche Kammzähne, unterhalb deren keine kleinere vorkommen (bei P. belgiea zahlreiche), es wird nieht erwähnt, dass die Nackenpaleen, deren Zahl zwischen 7 und 14 schwankt (bei P. beigica 10-12) in eine lineare umgebogene Spitze auslaufen, hintere Paleen werden jeder- seits 6 angegeben mit gekrümmter Spitze (bei P. belgica zeigt Malm- gren’s Figur etwa deren 10). Ueberdies führt Clapar&de nicht 2, sondern 3 Paar seitliche Cirren an, und sagt, dass an der Bauchseite des 74 Jahres - Bericht 4. Segments rechts und links von der Mittellinie 2 fleischige Zähne oder Papillen vorkommen. Die geringere Länge des Thieres würde weniger entscheidend sein, da Formen, die dem Ocean und Mittelmeer gemeinsam sind, in letzterem öfter keine so bedeutende Grösse erreichen. P. capensis und aegyptiaca werden von Savigny zu einer be- sonderen Abtheilung seiner Gattung Amphictene gerechnet: Voile (Kopf- lappen) distingue& du segment operculaire par un profond etranglement ei par 2 papilles, ein Unterschied, der aus den betrefienden Abbildungen nicht recht ersichtlich ist; für P. aegyptiaca scheint aber sonst eigenthüm- lich der bis auf die Bauchfläche selbst herabgerückte Ursprung der Kie- men, das vorn tief ausgeschnittene Seitenfeld nach innen von der zweiten Kieme, die Kleinheit der mittleren Bauchplatte der vorderen Segmente. das Erscheinen kleiner seitlicher Bauchplatten vom 2. Borstenbündel an, und die ausgedehnte Basis, auf der der winzige 1. Rückeneirrus sitzt, beim 2. findet dies nicht in dem Grade statt. Die Nackenpaleen sind noch zahlreicher als bei P.hyperborea, jederseits 17, Zacken des Stirn- randes 24—26. Die Länge des Thieres ist sehr beträchtlich, 3, Zoll, die Segmente sind meistens 3 Mal so lang als breit. P. capensis, von noch ansehnlicherer Grösse (4 Zoll), mit derselben Zahl der Nackenpaleen und Zähne des Stirnrandes (24), besitzt ringförmig sefurchte und in der hinteren Leibeshälfte gestrecktere Segmente, eine cylindrisch-conische Schaufel, dünne fadenförmige Seiteneirren der vor- dersten 2 Segmente und eine auffallend papierartige zerbrechliche Röhre. In der Figur von Bergius sind nur 14, in der ‚Pallasi’schen nur 12 Paar Borstenbündel abgebildet, für beide gilt aber die Angabe von we- nigstens 16 Paaren im Gattungscharakter von Savigny (er bildet bei P. aegyptiaca 17 ab). P. Malmgreni Gr., im Weingeist 15 m. lang und schwätrzlich, schliesst sich sonst in Allem an Lagis Koreni Mgn. bis auf folgende Abweichungen: jederseits nur 9 Nackenpaleen, mit nicht linearer umge- bogener Spitze, viel stärker und länger als bei jener, und dieselbe Breite einnehmend, als die 14 bei einem gleich grossen Exemplar von jener Art: 6 Paleen in jedem Fächerchen an der Basis der Schaufel, weder mit gekrümmter Spitze noch so goldglänzend als die 4 oder 5 bei P. Koreni, der Endlappen der Schaufel rechteckig, wenig länger als breit, mit 2 Papillen mitten auf der Oberseite und 5 Zacken am Endrande; am Stirnrande 20 Zacken. P. antipodum Schm., mit 8 Nackenpaleen jederseits, deren Spitze nicht linear verlängert und umgebogen, würde der Abbildung nach nur 14 Paar Borstenbündel tragen und sich besonders durch die Kleinheit und geringe Zusammensetzung der Kiemen auszeichnen, die nur aus 12 Blättehen bestehen sollen. Eine andere im Text nicht erwähnte Eigenthümlichkeit zeigt die Abbildung; nämlich einen quer über die Bauch- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 75 seite laufenden Bogen von winzigen Zacken hinter dem Segment, welches das 2te Kiemenpaar trägt. Die Schaufel erscheint rhombisch mit sehr verengter Basis. Die Borsten sind zum Theil an der Spitze wimper- zähnig und die conische Röhre ist grade und besteht aus Conchylien- fragmenten. Petta Men. Die einzige bekannte Art: P. pusilla Men. Nord Hafs-Annul. 1865 p. 361 tab. XVII F. 43, Bohuslän, mit beiderseits gezacktem Vorderrande an der Bauchseite des Mundsegments, vielleicht gehört auch die p. 75 angeführte P. bifurcata Qf. in die Nähe von P. pusilla. Scalis Gr. Die einzige bekannte und nach einem nicht gut erhaltenen Exemplar beschriebene Art. Sc. minax Gr. Wiegm. Arch. Naturg. 1846 I. p. 169, gehörte einer von Otto mitgebrachten Sammlung Neapolitanischer Anneliden an, welche, wie es scheint, ganz verloren gegangen ist, die Skizze von dem Vorder- theil dieses Thieres, habe ich, in der Hoffuung eine bessere Abbildung liefern zu können, bisher nicht veröffentlicht, es scheint aber seitdem nie wiedergefunden zu sein. Ampharetea Men. Die Amphareteen entfalten eine grössere Mannigfaltigkeit als die Amphieteneen zunächst schon darin, dass bei den einen Nackenpalcen auftreten, bei den anderen nicht, sodann in der wechselnden Gestalt der Fühlereirren und Kiemen, wie in der schwankenden Zahl und Ansatz’ stelle der letzteren. Der Körper bekommt hinten keinen so ausgeprägten Abschluss als dort, doch kann man als hintere Leibesabtheilung die Summe derjenigen Segmente bezeichnen, welche nur Flösschen tragen; während an der vorderen Abtheilung, mit Ausnahme der ersten 4 oder 5 Segmente über den Flösschen Borstenbündel stehen, auch pflegt die Bauchwand dieser Abtheilung gleichmässig verdickt zu sein; mit ihrem letzten Segment oder schon etwas früher beginnt eine Bauchrinne oder ein Bauchstreif. Das 1. oder Mundsegment ist borstenlos, zuweilen durch eine Querfurche 2-theilig, wenn man nicht mit Malmgren 2 nackte Seg- mente annehmen will, die mitunter verschmelzen, ich zähle vorläufig nach der Analogie von Eunice nur 1 nacktes Segment und ändere demnach die Zählung der folgenden Segmente; den eigentlichen Sachverhalt wird die Anatomie darlegen. Das 2. Segment überragt öfters an der Bauchseite das 1. und trägt Paleen oder ein gewöhnliches Borstenbündel, in beiden Fällen folgen noch 2 Segmente mit blossen Borstenbündeln, so dass erst mit dem 5. Segment die Flösschen erscheinen. Die Zahl der Borsten- bündel schwankt zwischen 14 und 18, demnach würden auf die vordere 76 Jahres-Bericht Leibesabtheilung 15 bis 19 Segmente konımen, die hintere enthält 8 bis 50 und mehr, gewöhnlich 15 oder 14, das letzte hat keine Flösschen, öfter jedoch Analeirren. Vielleicht gehören auch ein paar Thiere hier- her, deren Borstenbündel bis an das Endsegment fortlaufen. Glatte Fühlereirren und cirren- oder fadenartige Kiemen sind bei weitem vorherrschend, doch kommen auch gefiederte Fühlereirren und gefiederte Kiemen vor, die Zahl der Kiemen übersteigt bei einfacher Form derselben nie 8, sinkt zuweilen auf 6, allgemein nicht unter 4; sie werden entweder nur von 1 oder von 2 auf das Mundsegment folgenden Segmenten getragen, sitzen gewöhnlich auf einer queren Rückenfalte und bilden meistens 2 durch einen kleinen Zwischenraum getrennte Gruppen- Von der äussersten Kieme pflegt ein ihrer Basis entsprechend breiter Streif in schräger Richtung zum 2. seitlichen Borstenbündel nach hinten zu laufen, zuweilen ein ähnlicher von der zweitäusseren Kieme zum 3., so dass dadurch an den betreffenden Segmenten eine Art Mittelrücken abgegrenzt wird. Seitliche, oder neben den Borstenbündeln gestellte Cirren kommen nicht vor. Der Kopflappen ist wohl immer deutlich aus- gebildet, meist durch 2 Längsfnrchen in 3 Felder getheilt und gegen das Mundsegment abgegrenzt, öfter dasselbe tief ausschneidend. Auf oder hinter dieser Grenze begegnen bei einigen 2 Gruppen winziger schwarzer Pünktchen (wie die sogenannten Augenpünktchen der Terebellen). Die Fühlereirren sitzen zuweilen deutlich auf einer vom Kopflappen über- ragten queren Leiste oder sehr schmalen Innenlippe des Mundsegments. Uebrigens lässt sich der Inhalt dieser Abtheilung augenblicklich noch nicht vollkommen feststellen, da ausser den von Malmgren aufgestellten Gattungen und Isolda noch einige in Betracht zu kommen scheinen, denen wir bei Kinberg, obschon er auch die Familie Ampharetew annimmt, in seiner Famille der Terebellea begegnen. Die hurzen Charakteristiken, mit denen er uns vorläufig beschenkt hat, lassen in dieser Hinsicht man- cherlei Zweifel aufkommen. Ver allem käme es darauf an zu wissen, ob die Fühlereirren an der Innenfläche des Mundsegments oder auf demselben sitzen; da Kinberg die Gattung Isolda, bei der entschieden das erstere stattfindet, auch zu den Terebellea rechnet, so kommen bei ihm jedenfalls beiderlei Anord- nungen in dieser Abtheilung vor. Nach allem, was derselbe über die kiemenlosen Gattungen Oyaxares und Dejoces mittheilt, scheint es, dass diese beiden sich an Polyeirrus an- schliessen und daher nicht zu den Amphareteen gehören. Von den mit Kiemen versehenen Gattungen sollen Odysseus die Fühler gänzlich fehlen; da die Stellung, Form und Zahl der Kiemen durchaus an die Sabellides erinnert, das Fortlaufen der Haarborsten bis zum Ende des Leibes zwar eine Ausnahme von der Regel, aber doch nicht Grund genug wäre, die Gattung aus diesem Verbande zu reissen, der Schles Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 77 so wird die Frage erlaubt sein, ob, wenn etwa nur 1 oder 2 Weingeist- Exemplare vorlagen, hier die Fühler nieht zufällig abgerissen, oder zum Theil weit gegen den Mund zurückgezogen waren. Die 3 übrigen Gattungen Oeopatra, Aryandes und Otanes haben Fühler und Rückenkiemen: erstere werden ebenso wie bei den Amphare- teen von Kinberg als Cirri cephaliei bezeichnet, sie könnten also auch in derselben Stelle wie dort entstehen und dies vorausgesetzt, würden diese Gattungen in die Amphareteen einzuordnen sein; schliessen sie sich in der That Terebellides an, so würde Kinberg wohl nicht die Gattung Isolda zwischen sie und Terebellides geschoben haben, auch wird bei Aryandes ausser den seiae pedum ausdrücklich des Vorkommens von Paleae erwähnt. Den andern beiden fehlen diese Paleen und sie würden schon durch die Gestalt der Kiemen auffallen, sich durch deren Vierzahl aber fast von allen andern unterscheiden. Auch bei Otanes sollen die Borstenbündel bis an das Ende des Leibes fortlaufen. Ob endlich Sabellides oligoeirra Schmarda (Neue Turbellarien II. 41) sich wirklich den Sabellides anschliesst, vermag ich nicht sicher zu beurtheilen. Branchiae ccphalicae (Fühlereirren) sollen nur 8 und zwar von einem lobus (Kopflappen?) bedeckt, Br. laterales (Kiemen) jedoch 30 existiren, bei Sabellides finden wir die umgekehrten Zahlen, die Figur zeigt wohl nur die Br. laterales. Die Borstenbündel sollen bis an’s Ende fortlaufen, was auf Sabellides nicht passt. Die Haarborsten sind eigenthümlich gestaltet. Was die von Malmgren aufgestellten Gattungen betrifft, so sind sie theils durch Spaltung der beiden früheren Amphicteis (mit Paleen) und Sabellides (ohne Paleen) entstanden, theils neue hinzugefügt und als Gattungscharaktere vorzüglich theils die Beschaffenheit des Kopflap- pens und der Fühlereirren (Tentacula Mgn.), theils die Zahl der Kie- men und der Borstenbündel und der Anfang der Flösschen benutzt, eine Abweichung in einem dieser Charaktere führt zuweilen schon zur Auf- stellung einer besonderen Gattung, was mir, besonders dann, wenn die- selbe nur auf einer Art beruht, immer bedenklich erscheint. Hierbei ist zu erwägen, dass bei den so nahe verwandten Terebellen, bei denen die 17-Zahl der Borstenbündel von der Natur vorwaltend festgehalten wird, Malmgren in einem Fall nicht Anstand nimmt, von einer Schwankung um einige Bündel innerhalb derselben Gattung abzusehen, was um so eher zu billigen ist, da selbst in derselben Art die Zahl derselben um 1 abweichen kann. Sollte man dieselbe Billigkeit nicht auch für die Amphereteen geltend machen? Malmgren kennt noch keine Thierformen dieser Abtheilung, bei denen die Borstenbündel bis zum Ende des Leibes fortlaufen, wenn aber die oben bezeichneten Gattungen Kinbergs wirk- lich hierher gehören, würde sich dies hier, wie bei den Terebellen, wiederholen, bei sonstiger Uebereinstimmung der Arten für mich kein 783 Jahres-Bericht Grund zur Aufstellung einer wirklichen Gattung. In einem Fall kommen über den Flösschen der hinteren Abtheilung kleine Hübel vor, die man wohl für Andeutungen von Borstenköchern nehmen kann, in denen sich aber keine Borsten entwickeln. Die Bildung des Kopflappens verdient alle Beachtung; das Mittelfeld desselben (Pars frontalis Men.) zeigt bei einigen an dem Seitenrande eine leistenförmige Erhabenheit, allein letztere kommt auch zuweilen bei Thieren vor, die mit andern, derselben ent- behrenden, sonst die grösste Uebereinstimmung besitzen. Ob 6 oder 8 Kiemen vorhanden sind, erscheint mir, wenn sie eine ganz einfache Gestalt haben, für sich nicht hinreichend zur Aufstellung einer Gattung. Dagegen darf wohl die Einfachheit oder Zusammensetzung derselben als massgebender bezeichnet werden und ebenso die Gestalt der Fühler- cirren, auch würde eine Umgestaltung der vordersten Segmente mit Recht in’s Gewicht fallen. Hiernach scheint mir, dass die Gattungen Ampharete, Melinna, Sabellides in der Fassung von Malmgren wohl annehmbar sind, nicht weniger Isolda, dass aber von den übrigen einige zusammengezogen werden könnten. Dies würde sich in der Ausführung so gestalten: A. Nackenpaleen vorhanden, vor den Kiemen gelegen. Kopflappen in 3 Felder getheilt. Das Mundsegment deutlich oder nicht deutlich 2-ringelig, nackt, das 2. am Seitenrande des Rückens mit Paleen bewaffnet, die folgenden 14 bis 17 mit Haar-Borstenbündeln, die Flöss- chen beginnen unter dem 4. oder dem 3. Borstenbündel, und kommen dann allein noch an 12—17 Segmenten vor. Die Kiemen jederseits 4, seltener 3, fadenförmig, sitzen auf dem 1. Segment mit Haar-Borsten- bündeln; meist 2 oder mehr Aftereirren. Ampharete Man. Fühlereirren gefiedert, hinter den Nackenpaleen jederseits 14 Bor- stenbündel, die Flösschen unter dem 3. beginnend, 8 Kiemen. Afereirren zahlreich oder nur 2 oder gar keine. Aftereirren zahlreich: A. Grubei Men. Nord. Hafs-Annul. 1866 p. 363 tab. XIX F. 44 (Amphicteis acutifrons Gr. Arch. Naturg. XXVI. 1 pag. 109 taf. V F. 6), Spitzbergen, Grönland, Bohuslän. mit 2 Aftereirren: A. Go&si Mgn. l. e. 364 tab. XIX F. 45, Spitzbergen. A. aretiea Mgn. 1. ce. 364 tab. XXVI F. 77, Spitzbergen, Finnmarken, Bohuslän, Schottland (M“ Intosh on the struct. of the Brit. Nemerleans etc. in Transact. of the Royal sociely of Edin- burgh XXV p. 423. A. finnmarchica, Amphicteis finnmarchica Sars. Vid. Selsk. Forhandt. 1864, Tromsö. } ohne Aftereirren: A. gracilis Mgn. 1. e. 365, tab. XXVI. F. 75, Bohuslän. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 79 A. patagonica Kinbg. Öfvers af K. Vetensk. Akad. Förh. 1866 p. 343., Patagonien. Amphicteis Gr. Fühlereirren glatt, 15—17 Paar Borstenbündel, die Flösschen unter dem 4. beginnend, 8 Kiemen, 2 Aftereirren oder keine mit 17 Paar Borstenbündeln (Amphieteis s. str. Mgn.) A. Gunneri $Sars. Mgn. 1. e. 365 tab. XIX. F. 46, A. groen- landica Gr. p. 106 taf. V. F. 3, Crossostoma Midas Gosse Ann. nat. hist. 1855 XVI p. 310 tab. VIH F .7—12, Grönland, Spitzbergen, Finnmarken Bohuslän, Schottland (M“ Iutosh. 1. e.p. 422), England (Ilfracombe Gosse). A. Sundevalli Men. 1. e. 366 tab. XXV. F. 73 Spitzbergen. A. brevispinis Gr. Arch. f. Naturgesch. 1860 Ip, 109 Taf. V. Fig. 5, Caspisches Meer; mit 16 Paar Borstenbündeln (Lysippe Men.) A. labiata Men. 1. c. 367 taf. XAXVI F. 78, Spitzbergen. A. invalida Gr. 1. ec. 107 Taf. V. F. 4, Caspisches Meer. mit 15 Paar Borstenbündeln (Sosane Mgn.). A. sulcata Men. 1. 368 tab. XXVI F. 79, Bohuslän. Hierher scheint auch die Gattung Aryandes Kbg. zu gehören, falls nicht ihre Cirri tentaculares oder cephalici, wie sie Kinberg nennt an einer anderen Stelle sitzen, und sie würde sich von Amphicteis, wie es scheint, dann hauptsächlich nur durch die Sechszahl der Kiemen unter- scheiden, sie hat 2 Arten: Ar. gracilis Kbg. und Ar. forficata Kbg. ]. c. 340, beide von Guajaquil jene mit wenigstens 16, diese mit 17 P. Borstenbündeln, bei jener sollen die Flösschen unter dem 6., bei dieser unter dem 4. Borstenbündel beginnen. B. Weder Paleen vor den Kiemen, nech einzelne Rücken-spinulae hinter denselben. | Kopflappen, Mundsegment und 2. Segment wie bei der vorigen Abthei- lung, 2. und 3. Segment oder bloss jenes mit Kiemen; 8, selten 6 faden- förmige Kiemen, 14 bis 17 Paar Borstenbündel, die Flösschen unter dem 4. beginnend, 2 Aftereirren oder keine. Sabellides M. Edw. Fühlereirren gefiedert, 8 Kiemen auf dem 3. Segment sitzend, 14 Paar Borstenbündel, 2 Aftereirren. 8. octocirrata Sars. Men. 1. e. 369 tab. XXV. F. 74, von Bergen bis Bohuslän. S. borealis Sars. Mgn. 1. e. 368 tab. XX. F. 47, Grönland, Spitzbergen, Finnmarken. so Jahres-Bericht Samytha Men. (S. ampl. Gr.) Fühlereirren glatt, 6 Kiemen (Samytha Men.) oder $ (Amage Men.) auf dem 2. und 3. Segment, 17 Paar Borstenbündel (Samytiha) oder 14 (Amage): keine Aftereirren, mit 6 Kiemen: S$. sexzcirrata, Sabellides sexcirrata Sars. Mgn. I. ec. 370 tab. XX. F. 49, Bergen, Bohuslän, Schott- land (M“ Intosh). Sabellides adspersa Gr. Arch. Nat. 1863 I p. 57 tab. VI. F. 2. Adria mit 8 Kiemen A. auricula Men. 1. ce. 371 tab. XX. F. 49 Bohuslän, Schottland (M’ Jutosh). Hierher scheint mau auch stellen zu müssen: Otanes Kb. Fühlereirren glatt, 4 blattförmige Kiemen (in 2 Querreihen) Borsten- bündel bis zum Ende des Leibes vorkommend. O0. americanus Kb. |. c. 1866 p. 347. Brasilien. Die Kiemen sollen auf dem 1. und 2. Segment sitzen. C. Ohne Nacken-Paleen; hinter den Kiemen jederseits 1 wenig vorragende Spinula. Kopflappen einfach, wenig ausgeprägt oder in 3 Längsfelder getheilt, Mundsegment nackt, das 2., 3. und 4. Segment tragen bloss Haarborsten- bündel und ihre Seitenwand steigt in einem niedrigen Kamm auf, das 2, oder 2. und 3. tragen die Kiemen, das 3. jederseits 1 Spinula hinter den Kiemen, das 5. eine quere Rückenfalte. Kiemen 8, auf keiner Querfalte sitzend, jederseits 4, durch keinen merklichen Zwischenraum getrennt, fadenförmig oder theils so, theils gefiedert; 17 oder 18 Paar Bündel Haar- borsten, unter dem 4. beginnen die Flösschen. Die Segmente der hinteren Leibesabtheilung, welche bloss Flösschen tragen, viel zahlreicher als die der vorderen, bis 50 und mehr, die hintersten an einer grossen Strecke ausserordentlich kurz. Keine Aftereirren. Melinna Mon. Jederseits 4 Kiemen; alle glatt, faden- oder eirrenförmig, die inner- sten dicht aneinander entspringend. 18 P. Borstenbündel. Kopflappen einfach. M. eristata (Sabellides cristata Sars.). Mgn. 1. e. 371 tab. XX. F. 50. M. palmata Gr. Jahresber. d. naturhist. Sect. d. ‚Schles. Gesellsch. 1869 p. 40, St. Malo. Isolda Fr. Müll. Jederseits 4 Kiemen, die äusseren eirrenförmig, die inneren lang- gefiedert, 17 P. Borstenbündel. Kopflappen einfach oder etwas 3 theilig. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 81 J. pulchella Fr. Müll. Arch. Naturg. 1808 p. 219 tab. VII. F. 26. Brasilien, Desterro. In Bezug auf einzelne hier aufgezählte Arten der Ampharetea habe ich noch manches hinzuzufügen. Ampharete acutifrons Gr., von der mir nur 1, der Kiemen be- raubtes Exemplar zu Gebote steht, zeigt einige Abweichungen von der Abbildung der A. Grubii, die doch vielleicht mit ihr identisch ist: das Mittelfeld des Kopflappens hat einen entschieden stumpfwinkligen Stirn- rand und ist durch eine sehr markirte auf die ganz schmalen Seitenfelder nicht übergehende Querfurche, wie sie sonst nicht vorkommt, hinter der Mitte getheilt. Nach der Vergleichung mit A. acutifrons müsste bei A. Grubii der ganze vor dem Kiemen liegende Theil bloss Kopflappen sein, da die Seitenfelder wie dort hinter dem Mittelfelde durch eine quere Brücke in einander übergehen, und an dem Rücken des Mundsegments wäre dann in jener Abbildung gar nichts zu sehen. Das Mundsegment ist bei acutifrons unten länger als oben und mit 2 Querfurchen versehen. An den wenigen Fühlereirren, welche an meinem Exemplar erhalten und nur kurz waren, vermochte ich keine Fiederchen wahr zu nehmen. Die Bauchfurche beginnt schon hinter dem 10. Segment mit Borstenbündeln. Amphiecteis Gunneri Sars. Der Kopflappen dieser Art läuft nach hinten spitzer zu als es der Figur nach bei A. Sundevalli der Fall ist, auch sehe ich zwischen den schrägen (uerleisten und den parallelen Hinterrändern des Mittelfeldes jederseits eine kleine Gruppe von Augen- pünktchen. Die Paleen jeder Gruppe stehen in einem nach hinten offenen Hufeisen, und beide Gruppen weit auseinandnr. Mir scheint, dass die Kiemen nur 2 Segmenten (dem 3. und 4.) angehören. Bei A. brevispinis kann ich am Kopflappen nicht die beiden hinteren Querleistehen bemerken, doch ist sein Mittelfeld ebenso polsterförmig_ er- haben und mit einer Mittelrinne versehen. Die Hügel, auf denen die nur kurzen, aber starken, nach allen Seiten sternartig aus einander ge- spreizten Paleen stehen, sind vom Seitenrande etwas ab- und einander so nahe gerückt, dass sie sich berühren und die inneren Paleen sich etwas kreuzen. Hier würde unter keinen Umständen ein 2. nacktes Seg- - ment unterschieden werden können, auch ist der Kopflappen viel kleiner als bei A. Gunneri, dagegen die beiden vorderen Borstenbündel jeder- seits ansehnlicher als dort. Die lebhaft goldglänzenden Paleen sind etwa nur 12mal so lang als an der Basis breit. Zwischen den beiden Kie- mengruppen sieht man keine verbindende Hautfalte, an den Uheini, deren ich an einem Flösschen 45 zählte, nur 5 Zähne. Die Bauchfurche oder vielmehr ein blosser Bauchstreif tritt erst mit dem 3. Flösschen der hinteren Leibesabtheilung deutlicher auf. Wenn auch an diesem winzigen Würmchen die Fühlerchen nicht erhalten waren, sich also über deren Gestalt nichts sagen lässt, muss 6 83 Jahres-Berieht man doch aus den übrigen Merkmalen schliessen, dass es keine Am- pharete ist. A. invalida Gr. würde, da sie nur 16 Paar Borstenbündel besitzt, zur Gruppe Lysippe Men. zu rechnen sein. Die Längsrinne des Mittel- feldes am Kopflappen ist vorn breiter als bei der vorigen und die Pa- leengruppen stehen auch wie bei A. Gunneri ganz weit auseinander. Zur Unterscheidung von L. labiata würde die grössere Zahl der Paleen (16 bis 30) und der Segmente der hinteren Leibesabtheilung (27 bis 31) dienen. Die Bauchrinne beginnt mit dem 13. Borstenbündel. Die beiden ersten Borstenbündel jederseits sind nicht kleiner als die folgenden. Sabellides borealis Sars. An jeder Hinterecke des Mittelfeldes vom Kopflappen bemerke ich 1 kleine Papille, der Vorderrand ist stumpf- winkelig, wie auch Malmgren abbildet. Auf der Unterseite des Mund- segments eine quere halb-elliptische Vertiefung, zwischen den beiden Kiemengruppen eine kleine Hautfalte. Die Bauchfurche beginnt mit dem letzten Borstenbündel. Samytha adspersa Gr. Diese Art, die sich schon dureh ihre bunte Färbung von der sexeirrata unterscheidet, hat auch viel stärkere Kie- men: sie sind an der Basis wohl 3mal so dick als die Cirren, und das Mittelfeld des Kopflappens ist seitlich und hinten von einem schmalen jetzt noch röthlich-gelb gefleckten erhabenen Saum eingefasst, der an die Bil- dung dieses Theiles bei Ampharete erinnert, nur läuft der flach vertiefte Innenraum hinten nicht spitz zu. Von jeder Hinterecke des Mittelfeldes läuft eine kurze schräge Leiste nach den schmalen Seitenfeldern, auf der man ein Häufchen Augenpünktchen wahrnimmt. Die Kämmchen von Uneini sitzen auf quergezogene Polstern, die sich erst unter den 5 letzten der 17 Borstenbündel in Flösschen verwandeln, diese sitzen vom letzten Bündel ab an einer Längsbinde der Flanke und über ihnen, an der Stelle, wo sonst die Borstenköcherchen hervortreten, entspringt eine kurz-finger- förmige Papille, die man wohl als ein- Aequivalent derselben betrachten kann. Papille und Flösschen sind durch einen verdiekten verticalen Streifen verbunden. Die beiden Kiemengruppen, durch eine quere Falte verbunden, gehören dem 1. borstentragenden Segment an, doch läuft ein breiter schräger Streif von der Basis der mittleren Kieme zum 2. und von der inneren zum 3. Borstenbündel hinüber. Die Bauchfurche be- ginnt mit dem drittletzten Borstenbündel. Melinna palmata Gr., in nur 1 Exemplar von mir bei St. Malo gefunden, besitzt, wie es scheint, eine ganzrandige, nicht wie cristat« eine gezähnelte Querfalte auf dem Rücken des 4. borstentragenden Seg- ments (diese Falte war nämlich am Rande nicht gut erhalten) und Kie- men, die nicht die Fühlereirren ansehnlich wie dort überragen, sondern nur eben so weit vorragen, auch nur wenig dieker und weiter hinauf durch Membran vereinigt sind, namentlich gilt dies von den beiden = der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 83 vorderen der 8 Kiemen, wo nur das Enddritttheil frei ist. Bei M. ceri. stata ist zwar die Stellung dieser Organe ebenso, obschon sich dies aus den Abbildungen von Sars und Malmgren nicht deutlich entnehmen lässt, d. h. jederseits 1 vorn, 3 dahinter, aber sie sind nur eine kurze Strecke über der Basis mit einander verbunden. Am Weingeistexemplar sind die vordern und die innern der hinteren Kiemen weniger lang und spitz als die anderen, am lebenden T'hier ist mir dies weniger aufge- fallen. Der Kopflappen zeigt zwar nicht eine durch Längsfurchen ans- geführte Dreitheilung, doch einen leicht 3-lappigen Stirnrand: bei M. eristata sehe ich nur eine sehr schwache Andeutung davon. Die Nacken- falte scheint eigentlich vom 5. borstentragenden Segment zu entspringen, liegt aber so dem Rücken auf, dass ihr Vorderrand mit dem 4. Borsten- bündel abschneidet; ebenso finde ich’s bei M. cristata. Die Haarborsten sind schmal gesäumt und stehen zu je 10 bis 12, die Uneini haben nur 4 Kammzähne und zwar von gleicher Grösse, die Bauchfurche tritt mit dem letzten borstentragenden Segment ein, und die Zahl der Segmente im Ganzen ist 74. | Isolda pulchella Fr. Müll. Der Beschreibung des Autors bin ich im Stande nach Untersuchung einiger Weingeistexemplare, die ich seiner Freundlichkeit verdanke, noch manches hinzuzufügen. Die inneren Kiemen beider Reihen sind durch dicht stehende ziemlich lange nach der Spitze abnehmende Nebenfäden gefiedert, die äusseren Kiemen griffelförmig, zu- gespitzt, eben so lang als jene, etwa bis zum 9. oder 10. Borstenbündel reichend, die 4 Kiemen jeder Seite zu einer Gruppe vereint, doch nur vorn am Grunde durch eine quere Haut verbunden, und, wie mir scheint, bloss dem 1. borstentragenden Segment angehörig. Hinter jeder Kiemen- gruppe sitzt ein dunkles, nur wie ein Punkt bemerkbares, dem 2. bor- stentragenden Segment angehörendes Stachelchen, am 4. dieser Segmente sieht man den bei dieser Art ganzrandigen Vorderrand der Nackenfalte. Die 3 ersten borstentragenden Segmente sind verkürzt, bilden einen aufsteigenden gemeinsamen niedrigen Lappen mit ihrer Seitenwand, wäh- rend das vorderste mit seinem Bauchrande über das Mundsegment greift. Ihre Borstenbündelchen sind sehr winzig. und wenig vorragend, das 3te hat noch ein sehr dünnes Bündelchen von längeren, den folgenden ähn- lichen Borsten über sich. Auf jene 3 Segmente mit so wenig bemerk- baren Borstenbündeln folgen noch 14 mit ansehnlich vorragenden, unter denen Pinnulae, darauf die allmählich verschmälerte hintere Abtheilung, 34 bis 42 Segmente, die bloss Flösschen haben; die meisten Segmente der vorderen und hinteren Abtheilung sind etwa 4 mal so breit als lang, die vordersten und hintersteu kürzer. Die Haarborsten sind gesäumt, die Unecini ausserordentlich klein und so viel ich erkenne, mit 5 gleich- mässigen spitzen Kammzähnen versehen. 6* 84 Jahres-Bericht Auffallend ist, dass nur bei einem Exemplar der breite vorn fast abgestutzte Kopflappen durch 2 feine Längsfurchen aber doch deutlich in 3 Felder getheilt ist, deren mittleres gerundet quadratisch und nicht sehr viel breiter als die seitlichen, alle 5 sind hinten durch eine gemein- same quere leichte Vertiefung begrenzt, die sie vom Mundsegment trennt, auf den Seitenfeldern nahe ihrer Innengrenze bemerkt man eine winzige Gruppe von Augenpünktchen: bei 3 andern Exemplaren dagegen kann ich weder eine Felderung des Kopflappens noch Augenpünktehen wahr- nehmen. Man zählt gegen 30 Fühler. Die Bauchfurche beginnt am letzten Segment mit Haarborsten. Das längste Weingeistexemplar mass 23 m., von denen 8 auf die vordere nirgend sehr merklich verbreiterte, und 15 auf die hintere Ab- theilung des Leibes kamen, und hatte 60 Segmente. Oeorpata Kb. Nur 4 gefiederte Kiemen, 2 Uneini (wenn dies Wort anders auf die bei den andern beiden Gattungen beschriebenen Spinae hinter den Kiemen zu beziehen ist), 15 Borstenbündel. O. armata Kb. 1. c. 347 Guajaquil. Die Mittheilung über luftathmende Insekten, Arachnoiden und My- rinpoden, welche einen grossen Theil ihres Lebens unter dem Meeres- spiegel zubringen, wird in den ausführlicheren Berieht über den Aufent- halt des Vortragenden in Roscoff, und die Beschreibung einer neuen Spongie Caminus osculosus in den Bericht über St. Malo übergehen. Am 12. Januar sprach Herr Prof. Grube über 2 neue Heteronereisformen und Pyenogoniden. Anknüpfend an seine vorjährigen Bemerkungen über die Zugehörigkeit von Heteronereis Schmardae zu Nereis irrorata machte derselbe die Mittheilung, dass es ihm bei noch 2 anderen Nereisarten N. Marioni, Aud. Edw. und N. Costae Gr. gelungen sei, den Heteronereiszustand zu entdecken. Von beiden Arten waren die betreffenden Heteronereis-Exemplare, wie die mit ihnen zusammen gefangenen von Nereisform, sehr klein, noch nicht einen Zoll lang, während Nereis Marionii nach Audouin und Edwards eine Länge von 6 bis 7 Zoll erreicht, und Nereis Costae doch bis 4 Zoll lang wird. Bei der Heteronereisform von N. Marionü zeigten die 26 letzten Ruder- paare wiederum die einfache Form der vorderen 18, nur mit deutlichem oberen Fähnchen, eben so nur Gräten- und Sichelborsten. Inzwischen ist es Prof. Dr. Clapar&ede in Neapel geglückt, in seinen Aquarien wirklich aus Nereis Dumerilii die Heteronereisform zu erziehen und alle Stadien des Ueberganges in dieselbe zu beobachten, so dass die zuerst von Malmgren, dann aber auf breiterer Basis von Ehlers aufgestellte om re der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 835 Ansicht von der Identität der Nereis und Heteronereis nunmehr direct be- wiesen ist. Doch zeigt Clapar&de, dass auch Individuen, die die Nereisform behalten, geschlechtsreif werden können. Eine, wie es scheint noch unbeschriebene Pycenogonide Phoxichilus laevis wurde von dem Vortragenden bei $t. Malo entdeckt. Diese Art ist so durchsichtig, dass man noch jetzt Darmkanal und Nervensystem deutlich erkennen kann. Nimmt man die Gattung Phoxichilus im Sinne Kroyer's, charakterisirt durch den Mangel an Scheerenfühlern, durch gestreckten Leib und sehr viel länger Beine, so war lange Zeit nur eine Art, Ph. spinosus (Nymphon spinosum Mont.) bekannt, die Kroyer ausführlicher beschrieben hat, bis vor Kurzem Herr Hesse in Brest eine zweite, Ph. inermis hinzufügte. Ph. laevis ist diesem sehr ähnlich und hat eben so wenig Stacheln am Kopf wie an den Leibesringen, die Eierträger sind ebenfalls 7-gliederig mit kleinem stumpfen Endglied, aber das Abdomen ist nieht 3-gliederig, wie Hesse bei Ph. inermis angiebt, sondern ein- fach, keinen zurückgekrümmten Haken bildend; das 4., 5. und 6. Beinglied, sind die längsten. Der Kopf mit dem spitzconischen Augenhügel hat etwa die Länge des 2. fusstragenden Segmentes, der Rüssel ist mit Sta- chelborstehen. und der ganze Körper mit warzenförmigen Pustelchen, die 6 ersten Beinglieder nur mit einzelnen Dornchen besetzt. Der Darmkanal sendet nicht nur in jedes Bein einen kurz vor dem Klauenglied aufhören- den Blindkanal, sondern auch jederseits 1 gabelig gespaltenen in den Rüssel, und an dem Nervenstrang unterscheidet man deutlich 5 durch 2 Längsfäden verbundene Ganglien, deren vorderstes die Eierträger ver- sorgt und mit dem oberen vom Augenhügel bedeckten Ganglion ver- bunden ist, und deren letztes schon im 3. beintragenden Segment liegt. Eine zweite Pyenogonide mit Mandibeln und 2 Paar sog. Palpen, passt weder zu Nymphon, noch zu Pephredo. Mit letzterer Gattung stimmt sie darin überein, dass die vorderen Palpen kaum länger als der Rüssel, das 1. Basalglied kurz und die Beine verhältnissmässig kurz (nur 2 Mal so lang als das ganze Thier) sind; ähnliche Formen hat zwar auch Goodsir unter den Nymphon beschrieben, aber bei unserer Art fehlt die Reihe von gezähnten Blattstachelchen, welche für die Endglieder des hinteren Palpenpaars bei dieser Gattung charakteristisch sind, die End- klaue nicht. Jene Organe ragen etwas über die Mandibeln hinaus, deren Hand kürzer als das Basalglied und mit dünnen Fingern versehen ist. Letzteres hat die Länge des unbehaarten Rüssels.. Die vorderen Palpen erschienen anfangs 3-gliederig, sind aber 5-gliederig, und tragen am Ende mehrere Stachelborsten. Die Beine sind mit spärlichen Stachelehen ver- sehen, das 8. Glied trägt 3 starke, fast ganz gerade, das 6. Glied ist 36 Jahres-Bericht etwas länger als das 5 oder 4. Nebenklauen halb so lang als die Haupt- klaue. Vorläufig mag dieses nur 1,5 Millimeter lange durchscheiiende Thierchen mit fast quadratischem Kopf und eonischem gerademporstehen- den Augenhügel als Nymphon pumilio bezeichnet werden. Es gehört dem Königsberger Museum und kommt wahrscheinlich von der norwegi- schen Küste. In der Sitzung am 29. Juni theilte Herr Prof. Grube einiges über die Schlesische Arachnidenfauna mit. Er berichtete zunächst, dass Herr Dr. Zimmermann aus Niesky dem Museum eine Reihe dort gefangener Arachniden zugestellt, und dass wir nun in Kurzem von ihm ein Verzeichniss der in der Umgebung jenes Ortes vorkommenden zu erwarten haben. Die Arachnoiden sind eine Klasse von Gliederfüsslern, die im Ganzen so wenig Bearbeiter findet, dass jeder Beitrag doppelt erwünscht sein muss. Was die schlesischen Arachnoiden anlangt, so war der verstorbene Apotheker Seidel hierselbst vielleicht der einzige, der sich mit ihnen be- schäftigt, auch ein Verzeichniss der ihm bekannten in den Schriften der vaterländischen Gesellschaft niedergelegt hat, doch geht es über die Epeiren, Linyphien und Theridien nicht hinaus und seine Sammlung scheint ganz verloren. Als der Vortragende die Direction des zoologischen Mu- seums übernahm, bemerkte er in dieser Thierklasse die grössten Lücken, mit deren Ausfüllung er schon im ersten Jahre begann und die er in den nächsten fortsetzte und zwar wurden sämmtliche Ordnungen der Klasse gesammelt. Kleinere leider sich selten wiederholende Beiträge kamen ihm von dem Herrn Dr. Lux in Warmbrunn, Pastor Vogel in Bernet, Oberlehrer Fechner in Görlitz, stud. Berner, Schnitzer, v. Rot- tenberg und Conservator Tiemann zu. Er selbst beutete vorzugs- weise das Rieseugebirge und die Umgegend von Salzbrunn und Landeck aus, doch auch einen T'heil der Eule und Iser und der Oderwaldungen. Die Zahl der im Museum aufgestellten einheimischen Araneiden (Spinnen mit Spinnwarzen und zweitheiligem Körper) beläuft sich gegenwärtig auf etwa 130 Arten, doch sind die Argus- oder Mieryphantes-Arten, die kleinsten und zahlreichsten dieser Ordnung, noch nicht durchweg be- stimmt und deshalb nicht mitgezählt. Vergleicht man diese Sammlung, die im Verlauf der Zeit noch merklich wachsen muss, mit der Fauna von Livland, mit welcher der Vortragende sich früher eingehender be- schäftigt, so erscheint vorläufig die Zahl der Arten, die Schlesien voraus hat, nur unbedeutend. Unter ihnen ist vor allen Pholcus opilionoides Schrank zu nennen, eine Spinne, die im südlichen Deutschland in den Häusern vorkommt, vom Vortragenden aber unter Steinhaufen bei Striegau, Lampertsdorf und Landeck gelunden wurde, dann Theridium quadri- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 37 guttatum Hahn (Titanoeca quadrigutiata Thor.) Dysdera rubi. cunda Latr., eine der wenigen mit 6 Augen versehenen, und Sphasus variegatus Koch, den in Schlesien bisher allein Herr Dr. Zimmer- mann entdeckt. Der Provinz Preussen gegenüber ist wahrscheinlich nur Pholeus opilionoides, vielleicht auch T. guadriguttata hervorzuheben. Unter den Opilioniden, jenen langbeinigen Spinnen mit ovalem nicht zweitheiligem Körper und ohne Spinnwarzen, welche eine ungleich klei- nere Ordnung bilden, besitzt Schlesien im Vergleich mit den von dem Vortragenden in Östpreussen und Livland gesammelten, verhältnissmässig mehr eigenthümliches, hauptsächlich solche Arten, die im höheren Ge- birge vorkommen, so: Phalangium (Ischyropsalis) Helwigii Herbsi, eine ganz schwarze Spinne mit enormen Kieferfühlern, Platylophus alpestris K., dann Acantholophus terricola K. (nach Ohlert auch in Ostpreussen gefunden) und Nemastoma flavimanum. Die Herren Botaniker, die ihr Augenmerk hauptsächlich auf Moose und Flechten richten, könnten daneben ohne Mühe sich ein Verdienst erwerben, wenn sie die winzigen, in ihnen versteckten Spinnchen aufhöben, die meistens zur Gattung Argus (Mieryphantes) gehören, oft genug begegnen solche auch dem übrigen Publikum in Gärten und unter Bäumen: fast alle sind schwarz und glänzend, mit schwarzen gelben oder rothen Beinen, der Leib oft nicht grösser als ein ansehnlicher Stecknadelknopf, die Männ- chen oft ausgezeichnet durch Buckel oder hornförmige Auswüchse auf dem Rückenschilde, und mögen hiermit diese kleinen Geschöpfe zu freund- lieher Mittheilung an das Museum empfohlen sein. Das Aufbewahren geschieht am besten und bequemsten in starkem Weingeist. Derselbe Vortragende legte in der Zusammenkunft am 27. April den Band von „Semper’s Reisen im Archipel der Philippinen“ vor, welcher die Holothurien behandelt. Dieses ausgezeichnete Werk beschränkt sich nicht auf die Beschreibung der in jenen Gegenden ge- fundenen zahlreichen und fast durchgängig neuen Arten dieser Seethiere, welche ihren Verwandten, den Seesternen und Seeigeln gegenüber, nur wenige Bearbeiter gefunden haben, sondern liefert ein vollständiges Syno- nymen-Verzeichniss aller Arten, fügt auch noch Bemerkungen über schon bekannte oder neue Species aus andern Meeren hinzu und geht ausführlich auf die innere und äussere Organisation dieser Echinodermen ein. Doch bleibt der Verfasser auch hierbei noch nicht stehen, sondern benutzt sogleich, was er Neues gewonnen, zur Erlangung allgemeinerer Resultate über die systematische Beziehung, in welcher die einzelnen Abtheilungen der Ordnung zu einander stehen, und zur Ermittelung der Formen, welche am meisten darauf Anwartschaft haben, Stammformen 38 Jahres-Bericht zu sein, von denen sich die übrigen ableiten lassen. Als solehe be- trachtet Semper die fusslosen Holothurien, die Synaptiden und Molpa- diden, und zwar leitet er von letzteren alle mit Wasserlungen und Füss- chen versehenen Holothurien her. Sehr schätzbar sind die Mittheilungen über die so wenig gekannte und so eigenthümliche Gattung Rhopalodina Gray, die Semper zu einer besonderen Haupt-Abtheilung der Echinoder- men erhebt. Auf der andern Seite benutzt der Verfasser die durch ihn so bereicherte Keuntniss von den Fundorten sämmtlicher Arten, deren er 278 aufgezählt, zur Darstellung der geographischen und Tiefen-Ver- breitung; er weist namentlich nach, dass es zwar eigentlich kosmopoli- tische Holothurien nicht giebt und dass nur sehr wenige eine auffallend weite Verbreitung haben, dass aber die sogenannten nordischen Gattun- gen sich auch unter den Tropen wiederholen; was aber hier der Ober- fläche näher lebt, zieht sich in höheren Breiten in die Tiefe zurück. Die 40 Tafeln, welche den Text begleiten, sind theils anatomischen Ein- zelheiten, namentlich auch der Darsteliung der zierlichen Kalkgebilde der Haut gewidmet, theils stellen sie ganze nach dem Leben gezeichnete Figuren in wahrhaft künstlerischer Ausführung vor, ein Verdienst, in welches sich der Verfasser und seine Gemahlin theilen. Frau Anna Semper ist nicht die einzige Frau, die sich in dieser Weise wissen- schaftlich verewigt, wohl aber die erste, die sich an einen so schwie- rigen Gegenstand gewast. Zur Erläuterung wurden Repräsentanten der Hanptabtheilungen der Holothurien vorgelegt, unter andern eine von Dr. Lorentz gesammelte Art des Adriatischen Meeres, welche noch nicht bekannt zu sein scheint, eine Holothurie mit 10 baumartig verzweigten Fühlern, unter denen 2 kleiner, mit kalkigem Schlundring, von welchem Muskeln zur Leibeswand gehen und sehr zahlreichen, über die ganze Oberfläche vertheilten Füss- chen, unter denen man auch unschwer doppelte Längszeilen von solchen erkennt, welche den Radien angehören. Der Körper ist tonnenförmig aufgebläht, weder fünfkantig noch hinten verlängert, 2'/, Zoll lang, die Haut (wahrscheinlich auch im Leben) weiss, weich anzufühlen, und ihre Kalkkörperchen zwar sehr zahlreich, aber ausser- ordentlich zart, die Gitter der sogenannten Stühlchen mit sehr dünnen Rahmen und grossen Öeffnungen, der Aufsatz nur schwach (Cucumaria villosa Gr.) TI. Berrcht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1870, abgestattet von Prof. Dr. F. Cohn, zeitigem Secretair der Section. In der ersten Sitzung am 13. Jan. theilte Herr Wundarzt Knebel mit, dass er Ende Mai vorigen Jahres bei einer botanischen Exeursion in Preilsdorf bei Striegau auf einer am Striegauer Wasser gelegenen Wiese Chrysanthemum Leucanthemum var. discoideum gefunden und zwar nur einen Stock, der ungefähr 24 bis 25 Blüthenstengel getrieben hatte, von denen 12 die Varietät var. discoideum (ohne Randblüthen) zeigten; die übrigen 12 bis 13 Stengel besassen vollkommen entwickelte Blüthen- Köpfchen. Merkwürdigerweise fand derselbe einige Tage darauf zwischen Scheitnig und Grüneiche einen blühenden Stock dieser Pflanze, deren sämmtliche Randblüthen nur die halbe normale Länge besassen. Auf erst genannter Wiese wächst auch Ornithogalum umbellatum und in grosser Menge Lychnis diurna und in einem diese Wiese begrenzenden Haine Allium ursinum und Campanula latifolia (zweiter Standpunkt dieser Pflanze in der Ebene). Schon vor einigen Jahren fand derselbe in Stephansdorf bei Neumarkt Parietaria erecta in grosser Menge. Schon im Jahre 1858 entdeckte er an dem Gartenzaune der Taubstummen-Anstalt Eragrostis poaeoides, welches Gras aber durch Verbreiterung und Pflasterung der Sternstrasse beinahe ausgerottet. wurde und sich voriges Jahr nur noch in wenigen Exemplaren zwischen dem Pflaster vorfand. Im Spätherbst 1867 entdeckte derselbe das nämliche Gras auch am Saale des Wintergartens. Herr Apotheker Werner legte vor ein Stück Opium, welches in Würtemberg gewonnen, 20 pCt. Morphium enthält, und berichtete über einen früheren Versuch der Art in Thüringen, welcher wegen ungenü- genden Ertrags aufgegeben wurde, 90 Jahres-Bericht Herr Dr. Engler hielt einen Vortrag über die Escalloniaceen und Cunoniaceen von Südamerika. Vortragender vereinist nach dem Vorgange von A, Braun diese Familien mit den Saxifrageen, Ribesiaceen, Francoaceen, Philadelpheen, Elatineen, Crassulaceen und Tamariseineen zu der Ord- nung der Saxifraginae, welche 1000 Arten umfasst und in die Nähe der Rosiflorae gehört. Zu den Escalloniaceen gehören 17 Gattungen mit 1 bis 2 Arten; Escallonia selbst hat 39 (40) Arten; sie sind auf den Inseln der süd- lichen Halbkugel, so wie in Süd-Amerika vom Cap Horn bis Carracas und von der Meeresküste bis 16,000 Fuss Höhe an Flüssen und Bächen verbreitet, strauch- oder baumartig, in den höheren Regionen der Anden nach Gestalt und Vorkommen an unsere Alpenrosen erinnernd. Zu den Cunoniaceen gehören 18 Gattungen mit ähnlicher Verbrei- tung den Inseln der südlichen Hemisphäre an; nur 3 Gattungen mit 42 Arten finden sich im mittlern und südlichen Amerika. Der-Vortragende gab eine Charakteristik der Organisations-Verhält- nisse und der Gattungsmerkmale für diese Familien, gegründet auf seine neue Bearbeitung derselben für die Flora brasiliensis, und legte Exem- plare der wichtigsten Arten vor. Der Secretair schlug vor, zur Herstellung eines innigeren Ver- kehrs der botanischen Section mit den Freunden der Botanik in der Pro- vinz im Laufe des Sommers eine mit einer botanischen Exeursion zu ver- bindende Sitzung an einem noch zu vereinbarenden Orte der Provinz zu veranstalten. Dieser Vorschlag fand die Billigung der Mitglieder und wurden weitere Beschlüsse vorbehalten. Herr Dr. Engler hob hervor, wie wünschenswerth es sei, dass die vielen in der Provinz zerstreuten Beobachter der Pflanzenwelt ihre Funde, statt sie in Vergessenheit gerathen zu lassen, der Section als Central- organ mittheilen möchten, in deren Herbarium sie aufbewahrt und in deren Verhandlungen sie bekannt gemacht werden würden. Auch wer- den sich die Mitglieder der Section gewiss stets bereit finden, zweifel- hafte Pflanzen, die ihnen zugesendet werden, zu bestimmen. In der zweiten Sitzung vom 27. Januar gab Herr Dr. Stenzel einige Nachträge zur Flora der Umgegend von Wüste-Waltersdorf an der Eule, welche bereits im Jahres-Bericht für 1869 pag. 52 f. abge- druckt worden sind. der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 91 Herr Geh. Rath Göppert machte darauf aufmerksam, dass Athyrium alpesire von allen Farnen im Herbst am frühsten vertrockne und sich da- durch von dem so ähnlichen A. Filix femina unterscheide. Derselbe zeigte einen Ziegel des sogenannten „Ziegel- oder Mongolenthee“ vor, den er von Herrn Ohlendorff in Hamburg erhalten. Herr Gotthold Elssner aus Löbau wurde von Herrn Geh. Rath Göppert der Section vorgestellt, um neue Zeichnungen des von ihm herausgegebenen Werkes: „Naturwissenschaftliche Anschauungsbilder“ vorzulegen. Dieses Unternehmen beabsichtigt, von den einheimischen Bäumen und Sträuchern Abbildungen der Blätter, Blüthen und Früchte, Zweige und Knospen in sehr grossem Maassstabe im Folioformat darzu- stellen, damit dieselben beim botanischen Unterricht in Schulen als Wandtafeln benutzt werden können. Die sehr sorgfältigen und natur- getreuen Zeichnungen finden lebhafte Anerkennung von Seiten der Section, welche den strebsamen Unternehmer mit Rathschlägen unterstützt. Der Secretair legte drei von C. A. Steinheil Söhne in München angefertiste Loupen vor, welche auf die Empfehlung von Mohl für das pflanzenphysiologische Institut angeschafft sind, und insbesondere als Ob- jeetive für das Simplex sich vorzüglich eignen. Derselbe zeigte eine Reihe von grossen Glasphotographien botanischer Objecte, angefertigt von Herrn Dr. Benecke in Königsberg, und im Besitz des Herrn Physiker Böttcher, welcher deren Demonstration freundlichst ge- stattet hat. Herr Bötteher benutzt diese Photographien bei seinen so instruetiven Vorstellungen, indem er das Bild derselben mit Hülfe eines Nebelbilder-Apparats auf die ausgespannte Leinwand wirft; er erzielt auf diese originelle Weise ausserordentlich stark vergrösserte Demonstrationen der feinsten mikroskopischen Verhältnisse (z. B. die Streifensysteme der Pleurosigma angulata) in grösster Klarheit und Schärfe. Herr Stabsarzt Dr. Schröter hielt einen Vortrag über die Brand- und Rostpilze in Schlesien und übergab ein Verzeichniss der von ihm mit Unterstützung des Herrn Dr. Schneider in Schlesien aufgefundenen Brand- und Rostpilze. 99% Jahres-Bericht In demselben werden 32 Ustilagineen auf 44, und 120 Uredineen auf 330 Nährpflanzen angeführt, die sich auf die einzelnen Gattungen folgendermaassen vertheilen: Ustilago 20, Tilletia 2, Sorisporium 2, Uro- cystis A, Geminella n. g. 2, Ustilago? 2, Endophyllum 2, Uromyces 23, Puec. cima 45, Triphragmium 1, Phragmidium 7, Xenodochus 1, Melampsora 9, Coleosporium 3, Cronartium 1, Podisoma 3. — Von solchen Formen, deren Teleutosporen noch nicht bekannt: Aecidium 8, Phelonites 1, Peridermium 1, Caeoma 5, Uredo 8. — Ferner Calyptospora 1, Chrysomyxa 1 Species. — Neu aufgestellt sind: Ustilago umbrina auf (agea pratensis, U. echinata a. Phalaris arundinacea«. — Sorisporium Junei an Juncus bufonius, 8. bullatum an Panicum Crisia Galli, .. Geminella foliicola an Carex rigida — Ustilago? entorrhiza in den Wurzeln von Pisum sativum, U.2? Menthae an Mentha aqua- tica, Uromyces punctatus an Astragalus-Arten, U. striatus an Leguminosen, — Puccinia obtusa an Salvia verticillata«, P. sessilis Schneider a. Phalaris arundinacea, P. rubiginosa an Petroselinum sativum. — Phragmidium fusiforme an Rosa alpina. — Melampsora gutiata« an Galium-Arten. — Caeoma Ga- lanthi au Galanthus nivalis. Das vollständige Verzeichniss ist in den Ab- handlungen der Schlesischen Gesellschaft, naturwissenschaftliche Abthei- lung, 1871, aufgenommen worden. In der dritten Sitzung vom 10. Februar hielt der Lehrer an der evangelischen Mittelschule, Herr Limpricht, einen Vortrag über die Flora des Isergebirges. Die Flora des Isergebirges steht mit der des benachbarten Riesen- gebirges im innigsten Zusammenhange; sie repräsentirt die Pflanzen des schlesischen Vorgebirges und stimmt auf den Kämmen und höchsten Er- hebungen (2800 bis 3500 Fuss) fast durchweg mit den Vorkommnissen der oberen Waldregion überein: Calamagrostis Halleriana D. C., Poa su- detica Hänke, Luzula sudetica Presi. ß nigricans Pohl., Streptopus amplewi- folius D. C., Salix silesiaca Willd., Pyrus aucuparia G. ß alpestris, Senecio nemorensis L., Homogyne alpina Cass., Mulgedium alpinum Cass., Galium saxatile L., Geranium silvaticum L., Ranunculus aconitifolius L.; — Rhab- doweisia denticulata B. $., Weisia crispula Hedw., Dieranella squarrosa L., D. subulata Schpr., Dicranum longifolium Hedw., D. majus Turn., D. fus- cescens Turn., Grimmia Domi Sm., Racomitrium protensum A. Br., R. sude- ticum B. $., R. fasciculare Brid., R. mierocarpum Hedw., Orthotrichum stra- mineum Hornsch., Oligotrichum hereynicum Lam., Pogonatum alpinum Röhl., Lescuraea striata B. S., Amblystegium subtile B. S., Pterigynandrum filiforme Hedw., Plagiothecium Schimperi Jur., Brachythecium reflexum B. 8., B. Starckii B. 8., Hypnum contiguum Nees, H. pallescens Schpr., Hylocomium umbratum B. $. ete. Ein höheres Interesse gewinnt sie jedoch durch das zahlreiche Auftreten alpiner Arten: einige derselben, wie Adenostyles der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 93 albifrons Rchb., Hieracium alpinum L. y foliosum und H. bohemicum Fr. sind wegen ihres sporadischen Vorkommens am Thesenhübel (2400 Fuss) gewiss als eingewanderte Colonisten aufzufassen, während Rumex alpinus L. und Archangelica officinalis Hoffm. einzig um die Bauden unter dem Schutze des Menschen gedeihen, Anemone alpina L., Epilobium trigonum Schrank und Ribes petraeum Wulf. am Buchberge im Erlöschen sind und Sweertia perennis L. (kleine Iser) und Rubus Chamaemorus L. (Kühhübel) an zwei geschützten Oertlichkeiten kleine alpine Inselehen zusammen- setzen; — nur Coeloglossum albidum Hartm. (Buchberg), Gnaphalium nor- vegieum Gunner, Aconitum Napellus L., Gentiana asclepiadea L. und Asple- nium alpestre Roth haben auf den höchsten Erhebungen grössere Ausbrei- tung, erlangt. Von allgemeinerer Bedeutung bleibt lediglich die paradoxe Ver- einigung von Pinus Mughus Scop., Juniperus nana Wild., Betula nana L., Empetrum nigrum L., Limnochlo& caespitosa Rehb., Phleum alpinum L., Gmna- phalium norvegicum Gunmer, Epilobium alpinum L., und Rubus Chamaemorus L. auf der grossen Iserwiese bei 2400 Fuss, die, weil rings von hohen bewaldeten Kämmen geschützt,” von den wärmeren Luftströmen aus der Ebene nicht getroffen werden kann, wohl aber den vom Riesengebirge herkommenden kälteren Winden schutzlos ausgesetzt ist und deren Tem- peratur ausserdem noch durch feuchte Wälder, ausgedehnte Sümpfe und reichliche atmosphärische Niederschläge derartig erkältet wird, wie keine der entsprechenden Höhen der übrigen Sudetenzüge. Minder zahlreich sind die Laubmoose vertreten, deren primäre Hei- math über der Grenze der Fichte liegt, so auf der Iserwiese: Mnium einchdioides Blytt. S et 2, Splachnum sphaericum L., im Iserbett: Diche- lyma falcatum Myrin. und Hypnum ochraceum Wils.; am Buchberge: Hylo- camium Oakesü Sull. S Ex., Amphoridium lapponicum Schpr. c. fr. und Grimmia alpestris Schleich.; auf den übrigen Höhen: Plagiothecium Mühlen- becki Schpr. (Sieghübel), Dieranum Starckü W. et M., Grimmia contorta Schpr., Racomitrium patens Schpr. und Pseudoleskea atrovirens Dicks, was nur in dem Mangel grösserer Felsbildungen und baumloser, trümmer- reicher Gipfel und in dem ausschliesslichen Vorwalten von Fichtenwäl- dern und Hochmooren seinen Grund hat, da sonst Moose sich leichter den klimatischen Veränderungen anschmiegen, als Phanerogamen. Aller- dings bleibt damit das Fehlen von Hypnum sarmentosum Whlbg. und Sphagnum Lindbergii Schpr. auf den ihrer Existenz sehr günstigen Iser- sümpfen noch unerklärt. Andere Seltenheiten dieses Gebirges sind noch: Platygyrium repens B. 8. und Bryum Dwvalii Voit. c. fr. über Bad Flinsberge, Brachyodus tri- chodes Nees, Equisetum palustre L. und Lycopodium inundatum L. auf der grossen Iserwiese, Fontinalis sguamosa Dill. und gracilis Lindbg. im Bett der grossen Iser, Aspidium lobatum Sw., Anomodon apieulatus Schpr., Bra- 94 Jahres-Bericht chythecium Geheebü Milde, Eurhynchium erassinervium Schpr. und Amblyste- gium confervoides B. 8. am Basalt des Buchberges. Die wichtigsten der hier erwähnten Pflanzen wurden vorgelegt. Der vollständige Vortrag ist in dem naturwissenschaftlichen Heft der Abhandlungen der Scehlesischen Gesellschaft für 1871 erschienen, In der vierten Sitzung vom 24. Februar gab Herr Primärarzt Dr. Hodann eine Berichtigung zu den von Herrn Privat-Docent Dr. Ascher- son in Berlin gemachten Mittheilungen über den Standort der Pilularia globulifera L. Herr Lehrer Limpricht bemerkte, dass er am 16. August 1363 die Pilularia globulifera L. etwa 10 Minuten nordöstlich vom Bahnhof Kaiserswaldau am Rande eines ausgetrockneten Teiches aufgefunden; die Pflanze fruchtete hier auf feuchtem Sande; ihre Fructification unter- blieb, als in den beiden nächsten Jahren die Oertlichkeit unter Wasser stand. Ausserdem giebt Dr. J. H. Krüger (+ 1847) in seinem Manu-* seripte über die Bunzlauer Flora, das sich durch die grösste Zuverlässig- keit auszeichnet, die seltene Pflanze auch noch bei Aslau und in der Wehrauer Haide an. Herr Prof. Körber verlas einen von Dr. Holzinger verfassten . Nekrolog des am 13. Februar in Graz verstorbenen, um Botanik und Paläontologie hochverdienfen Professor Franz Unger. Herr Ober-Bergamts-Assistent Langner hielt einen Vortrag über die Statistik der Compositen von Neu-Holland und Tasmanien, woselbst bis jetzt 496 Arten in 88 Gattungen, darunter 59 Gattungen und 441 Spec. diesen Gebiet ausschliesslich angehörend, nachgewiesen sind. Derselbe legte zahlreiche Exemplare neuholländischer Compositen aus seinem wie dem Herbarium der Schlesischen Gesellschaft vor. :Der Vortrag ist im Jahres-Bericht der botanischen Section für 1869 pag. 55 abgedruckt worden. Herr E. Junger jun. sprach über hypocotyle Knospenbildung krau- tiger Pflanzen, welche unterhalb der Keimblätter am sogenannten hypo- cotylen Achsentheile auftritt. Diese Bildung wurde an Anagallis arvensis, Antirrhinum majus und Euphorbia Peplus wiederholt beobachtet. Es bre- chen in der Mitte oder im unteren Theile des über der Erde befindlichen hypocotylen Achsengliedes bald in grösserer (8—10), bald in geringerer (2—4) Anzahl freie accessorische Knospen hervor, die entweder eine gelegentliche oder eine wesentliche Bedeutung für die Pflanzen haben. Gelegentlich kann diese Bildung bei Anagallis genannt werden, da die 4 nie Enke heran en nr der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 95 später zu Sprossen auswachsenden Knospen ein kümmerliches Wachs- thum zeigen, wesentlich bei Antirrhinum und Euphorbia, wo diese Sprosse beitragen, das Habitusbild zu vervollständigen. An Anagallis und Antir- rhinum kommen an den hypocotylen Sprossen dieselben Variationen in Betreff der Anzahl der Wirtelglieder (zweiblätterige nebst 3—4blätterigen) zur Erseheinung, wie man dieselben zuweilen in den oberen Wirteln der Hauptachse und der gewöhnlichen Sprosse findet. Die hypocotylen Sprossen scheinen häufig als sogenannte Wurzelsprosse aufgefasst zu sein, da die wahren Bildungsstätten dieser Knospen später nicht mehr deutlich ersichtlich sind, auch das hypocotyle Stengelglied selbst oft zur Wurzel gerechnet wird. Allein die wahren Wurzelsprossen führen anfänglich ein unterirdisches Leben, im Gegensatz zu den von ihrem Ursprung an ober- irdischen hypocotylen Sprossen. Letztere können, wenn man will, als eine Mittelbildung zwischen Wurzelsprossen und Achselsprossen betrachtet werden. In der fünften Sitzung vom 10. März sprach Herr E. Junger jun. über j tricotyle Embryonen; die Summe der Gattungen, in welchen dergleichen Fälle beobachtet wor- den, beläuft sich bis jetzt auf 49; neue Fälle wurden constatirt bei: Po- pulus, Ammobium, Sanvitalia, Calliopsis, Taraxacum, Anagallis, Digitalis, An- lirrkinum, Mimulus, Oenanthe, Brassica, Cheiranthus, Saxifraga, Viola, Gypso- phila, Portulaca, Euphorbia und Vitis. Ferner berichtete derselbe über ungleichspreitige wirtelig gestellte Blätter, wo das eine Blatt des Wirtels eine beträchtlich geringere Fläche besitzt als das andere, was von Keim- blättern besonders an Pflanzen mit krummläufigem Keimling (wie z. B. an Agrostema Githago, Mirabilis Jalapa, Amaranthus Blitum, Reseda odorata), von Laubblättern an Libonia floribunda C. Koch wiederholt geprüft wer- den konnte; hieran reiht sich die merkwürdige Thatsache von sogenann- ten ungleichseitigen Blättern, deren Hälften eine ungleiche Grösse be- sitzen, was an den Anfangsblättern der Zweige von Urtica urens constant auftritt und allein nur durch das in verschiedener Höhe beginnende Aus- treten der seitlichen Nerven in die Blattfläche bedingt wird. Schliesslich gab derselbe Bemerkungen über einzeln gestellte Cotyledonen dicotyler Pflanzen. Von sämmtlichen Verhältnissen wurden Belege in getrockneten Exem- plaren vorgelegt. Herr Prof. Milde hielt einen Vortrag über Todea und Leptopteris. Osmunda hat mit Todea und Leptopteris folgende Merkmale gemein: die Beschaffenheit des Sporangium-Ringes, der nur etwas schwächer ent- 96 Jahres-Bericht wickelt ist als bei Osmunda, der geflügelte Blattstiel mit seinen anato- mischen Elementen, Catadromie der Nerven, Bekleidung mit ästigen Woll- haaren; dagegen weichen Todea und Leptopteris von Osmunda ab: dass eine Abgliederung der Fiedern nie erfolgt und ein Gelenk überhaupt nur bei Todea rivularis angedeutet ist; ferner, dass die Fruchthäufchen stets nur auf der Blattunterseite erscheinen, ein Umwandeln der Fiedern in einen besonderen Fruchtstand also nie vorkommt. In der Architektonik und im anatomischen Baue der Blattspreite stimmt Todes ganz mit Os- munda überein (nur fand Redner in der Mitte des Blaitstielgrundes bei Todea viel Amylum), dagegen ist nach des Redners Ansicht Leptopteris unbedingt von Todea generisch zu trennen. Presl gründete dieses Ge- nus freilich auf Merkmale, die zum Theil geradezu falsch sind; denn falsch ist, dass die Sporangien fast sitzend und der Ring nicht höckerig sei, dass derselbe nur aus 2 Zellreihen bestehe, dass das Rhizom krie- chend sei und das Laub Spaltöffnungen besitze und die Segmente 1. Ordnung der Blattspindel eingelenkt seien. Auch für Todea führt Presl irrige Merkmale an; denn eine Rand- vene fehlt, auch enden die fertilen Venen nicht verdiekt, endlich besteht der Ring nicht aus einer, sondern aus mehreren Zellreihen. Nach mei- nen Untersuchuugen sind dagegen die Unterschiede zwischen Todea und Leptopteris folgende: die Blattsubstanz zwischen den Venen ist bei Todea wenigstens 8—12, bei Leptopteris nur 3, ja selbst nur 2 Lagen stark. Die Oberhaut besteht bei Todea aus den bekannten geschlängelten Zellen, bei Leptopteris aus regelmässigen 5—6kantigen Zellen mit graden (L. superba) oder etwas gekrümmten Wänden (L. Fraseri, L. hymenophylloi- des); Leptopteris dagegen besitzt weder an der Spindel, noch am Laube Spaltöffnungen, sie fehlen entschieden der ganzen Pflanze. Bei Todea laufen die Venen in den schwieligen Rand aus, bei Leptopteris sind die Enden der Venen 4—7 Zellreihen vom Rande entfernt. Endlich be- decken bei Leptopteris die Fruchthäufchen niemals die ganze Unterseite der Abschnitte 2. Ordn., sondern enden stets weit unterhalb vom Rande. Die 3 bekannten Leptopteris-Arten bilden 2 Gruppen: Leptopteris su- perba mit einer lamina deereseens — L. Fraseri und L. hymenophylloides mit einer lamina ambigua. Im ersten Falle ist die Spreite fast ungestielt und die Abschnitte 1. Ordn. verkürzen sich nach dem Grunde der Spreite hin bis zu 4 Linien Länge; im zweiten Falle ist die Spreite langgestielt, die untersten Ab- schnitt 1. Ordn. wenigstens 3 Zoll lang und eben so lang oder wenig kürzer als die folgenden. Ausserdem unterscheiden sich diese drei Arten ganz in derselben Weise von einander, wie die einzelnen Arten von Osmunda, nämlich durch den Grad der Zertheilung der Spreite. L. Fraseri besitzt tiefgezähnte Segmente 2. Ordn.; L. hymenophylloides fiedertheilige und L. superba doppelt- bis dreifachfiedertheilige. Der von der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 mir schon früher geschilderte, gallertähnliche Stoff ist auch bei Lepto- pieris sehr stark vertreten, ja erfüllt gar nicht selten sowohl Gefässe, wie Prosenchymzellen der Rinde. Redner legte ausserdem auch Jugend- pflänzchen von ZLeptopteris hymenophylloides vor, die ganze Pflanze nur 2—3 Zoll hoch und scheinbar von einem Hymenophyllum gar nicht zu unterscheiden. Bei näherer Untersuchung lehrte aber die Catadromie der Venen, der breitgeflügelte Blattstielgrund und die ästigen Wollhaare der jungen Blätter, dass in der That eine Leptopteris vorlag. Sämmtliche Leptopteris-Arten kommen, wie Todea rivularis, nur in Australien vor und zwar L. Fraseri in den blauen Bergen Neuhollands, in Neu-Caledonien, auf den Fidji-Inseln und den Samoa-Inseln, L. hymenophylloides in Neu- Seeland, auf Vandiemensland, auf Auckland und der Norfolk-Insel, L. superba nur auf Neu-Seeland. Wirft man einen Blick auf die Glieder der gesammten Familie der Osmundaeeen, so ist eine Entwickelungsreihe nicht zu verkennen: Os munda mit gegliederten Fiedern und Fiederchen und zusammengezogenem Fruchtstande, Todea mit unverändertem Laube und nur bei einer Art mit angedeuteter Gliederung, Leptopteris mit hymenophyllumähnlichem, spalt- öffnungslosem, armfrüchtigem Laube und unter diesen Leptopteris superba durch ihre grosse Zertheilung der Spreite und die Lamina decrescens vom Typus der ganzen Familie sich am weitesten entfernend. Der Secretair Prof. Cohn sprach über die neuesten Mikroskope von E. Gundlach in Berlin, von denen eins (Nr. 5 des Kataloges) für das pflanzenphysiologische Institut angeschafft worden ist. Dasselbe zeichnet sich durch ein Stativ von selbständiger Construction, (vielleicht etwas zu schwach) so wie durch seine Objeetive (IL, IV., VI. und VIII.) aus, von denen namentlich VI. eine durchaus tadellose Vergrösserung von 450 bis 900, das Immensionssystem VIII. eine solehe von 900 bis 1800 besitzt, colossale Stärke der Vergrösserung, Reinheit des Bildes, Grösse des Ge- siehtsfeldes und der Focaldistanz vereinigend, wie sie in dieser Vollen- dung bisher allein Hartnack zu leisten im Stande war. Dabei ist der Preis mässig, 44 Thaler ohne, 74 mit dem Immersions-System. In der sechsten Sitzung vom 24. März machte Herr Dr. phil. W. G. Schneider Mittheilung über die im vorigen Jahre von ihm zusam- mengebrachten, für Schlesien neuen Arten und Formen der Gattungen Peronospora und Cystopus und legte dieselben in getrockneten Exem- plaren für die Sammlungen der Gesellschaft vor. Von Peronosporen sind bis jetzt in Schlesien 40 Arten auf 137 Nährpflanzen, von Cystopus 5 Arten auf 27 Nährpflanzen gefunden worden. Das vollständige Verzeichniss ist bereits im Janres-Bericht für 1869 er- scheinen. % 7 98 * Jahres-Berieht Herr Apotheker Werner legte eine Sammlung von 38 einheimischen, 43 angebauten Hölzern aus der Gegend von Jutroszin vor, welche von Herın Apotheker Mortimer Scholtz daselbst auf das sorgfältigste durch Abschleifen, Lakiren und Sublimatisiren präparirt ist, und aus- gezeichnete Stämme von Rosa canina, Evonymus europaeus etc. enthält. Herr Dr. Engler hielt einen Vortrag über die im vorigen Jahre in Schlesien neu aufgefundenen Pflanzen, resp. Fundorte, und legte Exem- plare derselben vor. Insbesondere die Herren Peck, Sintenis und Fick, sowie Herr Wetschky in G@nadenfeld haben werthvolle Beiträge gebracht. Das vollständige Verzeichniss ist im Jahresbericht der Seetion für 1869 pag. 51 abgedruckt worden. Herr B. Stein übergab ein Verzeichniss neuer Arten, resp. Fundorte schlesischer Flechten, welches ebenfalls im Jahres- Bericht der botanischen Section für 1869 pag. 62 vollständig erschienen ist. In ihrer Sitzung vom 13. Januar, resp. 24. März c., hatte die bota- nische Seetion beschlossen, Donnerstag den 26. Mai eine ausserordent- liche Sitzung im Bahnhof zu Königszelt zu veranstalten, in der Hoff- nung, an diesem Knotenpunkte der schlesischen Eisenbahnen eine allseitig erwünschte Gelegenheit zu näherer persönlicher Bekanntschaft und engerer wissenschaftlieher Verbindung mit den botanischen Collegen in der Pro- vinz zu bieten. Der im Namen der Seetion von dem Präses der Gesell- schaft, Geh. Rath Prof. Göppert, und dem Secretair der Section, Prof. Cohn ausgegangenen Einladung entsprechend, hatten sich mit den Mor- genzügen der Breslau-Freiburger Bahn 50 Freunde und Gönner der Bo- tanik eingefunden. Unter den 25 Theilnehmern aus Breslau befanden sich ausser den Mitgliedern der botanischen Section mehrere Professoren der Universität, Aerzte und Apotheker Breslaus, während die 25 Theil- nehmer aus der Provinz von den Orten Waldenburg, Reichenbach, Schweidnitz, Striegau, Jauer, Steinau, Saarau, Liegnitz, Sprottau, Neisse etc, eingetroffen waren. Mit besonderer Freude wurde anerkannt, dass die mit der Schlesischen Gesellschaft in stetem wissenschaftli- chen Verkehr stehende naturforschende Gesellschaftder Ob.-Lausitz in den Herren Dr. Peek und Dr. Böttger ihre Vertreter gesendet hatte, Nach allseitiger herzlicher Begrüssung wurde in dem durch den Bahn- hofs-Restaurateur Herrmann auf das Bereitwilligste zur Verfügung ge- stellten schönen Restaurationssaale des Bahnhofes zu Königszelt die Sitzung um 8 Uhr Vormittags durch eine Ansprache des Präses der Schle- sischen Gesellschaft, Herrn Geh. Rath Göppert, eröffnet und von dem- selben auf den schon lange bestehenden innigen Verkehr der eorrespon- direnden Mitglieder mit der Section, sowie auf die hoffentlich alljährlich der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 99 von nun an wiederkehrende Erweiterung desselben durch Wanderver- sammlungen hingewiesen. Hierauf wurden auf den Antrag des Herrn Geh. Rath Göppert Herr Kreisgerichts-Direetor Peck (Schweidnitz) zum Präses und Herr Fabrik-Direetor Winkler (Giesmannsdorf bei Neisse) zum Vice-Präses mit allgemeiner Acclamation erwählt. Das Se- eretariat übernahm Dr. Engler (Breslau). Die Reihe der Vorträge er- öffnete Herr Forstmeister Tramnitz (Breslau) durch folgende Mitthei- lungen über Geschichte, Grösse und Zusammensetzung des nahegele- genen Zedlitzbusches: Der Zedlitzbusch liegt '/;, Meile westlich von hier entfernt, ist ein fiskali- Eigenthum, gehört zu der königlichen Oberförsterei Zobten und war ehemals Klostergut, wenn ich nicht irre, im Besitz des Sandstifts zu Breslau. Er bildet einen ziemlich abgerundeten Waldkörper von 600 und einigen Morgen, welcher grösstentheils vorzüglichen Auenboden enthält und durch häufige Ueberschwemmungen von dem ihn auf der östlichen Seite durch- schneidenden Polsnitzfluss bewässert wird. Der östliche grössere und fruchtbarere Theil ist ausschliesslich mit Laubholz bestockt und wird als Mittelwald bewirthschaftet, in welchem der Oberstand aus verschiedenen edlen Holzgattungen, vorzugsweise aber aus Eichen, und der Unterwuchs aus Hasel-, Linden-, Erien- und anderen Weichhölzern besteht. Diese Betriebsart ist ein Ergebniss des Zufalls und einer vormaligen willkür- liehen Abnutzungsweise, wobei die weichen Hölzer nach dem Hiebe sich von selbst durch Stockausschlag und Wurzelbrut wiederverjüngten, die harten Hölzer dagegen durch Schonung und Erhaltung der aus natürlicher Besaamung oder künstliehem Anbau erzeugten Pflänzlinge nachgezogen wurden, dergestalt, dass die ersteren durch öfteren Abtrieb im jüngeren Alter als Unter- oder Schlagholz Verwendung fanden und die letzteren durch Ueberhalten bis zu einem höheren Alter zu Ober- oder Baumholz heranwuchsen. Eine spätere rationelle Wirthschaft war dahin gerichtet, dieser zwanglosen Betriebsart eine geregelte Form zu geben. Der an- sestrebte Waldzustand sollte ein möglichst geschlossenes Unterholz er- halten, welches in kurzen Umtriebszeiten, etwa alle 20 Jahre, einzu- schlagen sei, und in welchem bei jedem Abtriebe die Regulirung des Oberholzes durch vereinzeltes Ueberhalten und Auspflanzen stattzufinden habe, um schliesslich einen Baumbestand zu erhalten, der in regelmässiger Vertheilung alle Altersklassen in Abstufungen enthielte, die den Schlag- holz-Umtriebszeiten entsprechen. Dies Ziel ist in unseren Mittelwäldern bisher nie in befriedigendem Grade erreicht worden. Der Grund lag lediglich darin, dass die zum Oberbaum geeigneten edlen Holzarten ge- meinhin Lichtpflanzen sind und unter dem Blattschirm des vorhandenen Oberstandes nicht gedeihen. Der factische Waldzustand im Zedlitzbusch stimmt hiermit überein. Es finden sich dort nur 60- bis 180-jährige aber keine jüngeren Eiehen. Die ewig missglückten Versuche der vereinzelten 7F 100 Jahres - Bericht Unterpflanzung sind viele Jahre lang immer von neuem und immer ver- geblich wiederholt worden, bis seit einiger Zeit eine neue Methode Ein- sang gefunden hat, nach welcher die edlen Hölzer, namentlich Eichen, als künftige Oberbäume des Mittelwaldes auf förmlichen Kahlschlägen von 2 bis 8 Morgen Grösse nachgezogen werden. Ich werde Gelegen- heit haben, auf der heutigen Exeursion diese interessante Wirthschafts- führung zeigen und erklären zu können. Der westliche Theil des Zedlitzbusches, gegen 300 Morgen gross, und mit weniger frischem und fruchtbarem aber immerhin noch recht kräftigem Boden versehen, ist überwiegend ‚mit reinem Nadelholz be- standen, in welchem die Kiefer stark dominirt. Die Flora des Zedlitz- busches ist vermöge des vorzüglichen Waldbodens und der günstigen Ueberschwemmungs Verhältnisse ausserordentlich reichhaltig und üppig. Ich halte es für angemessen, dass wir von hier aus über Neu-Jauerniek geradeweges nach der südlichen Seite des Zedlitzbusches wandern. Un- mittelbar vor demselben kommen wir auf eine Anhöhe, welche allgemein als Schwedenschanze bezeichnet wird. Es ist mir aber zweifelhaft, ob sie diesen Namen mit Recht verdient und ob die allerdings dem An- scheine nach durch Menschenhand bewirkten steilen Ränder der oberen Kreisfläche dureh Aufschütten oder durch Abtragen von Boden entstan- den sind. Die naturwissenschaftlichen Gelehrten unserer Versammlung werden vielleicht an Ort und Stelle ein entscheidendes Urtheil hierüber fällen können. Von der sogenannten Schwedenschanze aus würden wir dann am zweckmässigsten zur Mühle gehen, dort die Polsnitz überschreiten, dann in den Mittelwald eintreten, diesen bis etwa zur Hälfte durchschneiden und zuletzt die Grenze zwischen demselben und dem Nadelholzwalde verfolgen. Wir werden hier nach Maassgabe des Feucktigkeitsgrades eine sehr mamnigfaltige Vegetation antreffen. In dieser Richtung kom- men wir endlich an den nördlichsten Punkt des Zedlitzbusches, wo die Liegnitzer Eisenbahn den letzteren verlässt. Wenn wir dann die Bahn- linie weiter verfolgen, gelangen wir auf dem kürzesten Wege über Sta- nowitz nach Striegau. Hierauf gab Herr Lehrer Zimmermann (Striegau) Mitthei- lungen über. die niedere Vegetation dieses interessanten, von der Polsnitz bewässerten Waldes. Herr Dr. Hüttig (Schweidnitz) machte eine Mittheilung über den Standort des Asplenium adulterinum Milde am Költschenberge. Herr Director Peck (Schweidnitz) sprach über die Vorzüglichkeit von Gitterpressen und über einige interessante Pflanzen- formen der Schweidnitzer Flora, bei welcher Gelegenheit auch Herr Lehrer Gerhard (Liegnitz) von ihm gemachte Beobachtungen berichtete. Herr Apotheker Pfeiffer (Steinau) legte interessante Monstrositäten von Geum rivale vor. Prof. Cohn (Breslau) verlas einen soeben eingetrof- fenen Brief des Privat-Docenten Dr. Ascherson (Berlin), welcher be- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur., 101 dauerte, nicht selbst an der Versammlung theilnehmen zu können und die Gründung einer Deutschen botanischen Gesellschaft in An- regung brachte, auch zu der in den Pfingsttagen in Berlin stattfindenden Versammlung des botanischen Vereins für die Mark Brandenburg, wo über diese Angelegenheit Beschluss gefasst werden soll, einlud. Die Herren Cohn, Peek und Göppert empfahlen den Mitgliedern, den Vorschlag im Auge zu behalten und zu unterstützen, sobald ein bestimmtes Programm erscheinen würde. Sodann hielt Prof. Cohn einen Vortrag über Krankheiten von Insekten, welche veranlasst werden durch Pilze, die in ihrem Körper auf Kosten des Bluts und der Eingeweide sich ent- wickeln. Von den anderwärts besonders in neuester Zeit studirten Fällen sind in Schlesien bis jetzt erst wenige beobachtet (Empusa Muscae auf Stubenfliegen und anderen Dipteren, E. Jassi auf Jassus, E. Aulicae Reich. auf den Raupen und Puppen von Euprepia aulica, hier schon 1844 von Assmann beschrieben; Panhistophyton der Seidenraupen; einige Isarien), während andere Arten (echte Muscardine durch Botrytis Bassiana, Isaria Jarinosa, Cordyceps), obwohl sicher bei uns vorhanden, doch noch nicht erkannt sind. Höchst wahrscheinlich giebt es auch noch viele bisher wenig oder gar nicht untersuchte Typen von Insektenpilzen; einen sol- chen hat Vortragender als Tarichium bezeichnet, der durch Bildung von grossen schwarzen Sporen im Innern des Thieres charakterisirt ist. (Ta- richium megaspermum bei Erdraupen, T. sphaerospermum bei Kohlraupen, T. aphidis in Blattläusen.) Vielleicht ist Tarichium nur eine zweite Frucht- form der bisher nur als conidienbildend bekannten Gattung Empusa mit Dauersporen. Eine ausführliche Beschreibung von Tarichium und der durch diesen Pilz veranlassten Raupenkrankheit findet sich in den Bei- trägen zur Biologie der Pflanzen. Erstes Heft pag. 58 mit Taf. IV., V., Ueber eine neue Krankheit der Erdraupen von Dr. Ferd. Cohn. Breslau 1870 ‘Verlag von Max Müller. Schliesslich bittet Vortragender um Mittheilung von Raupen, Puppen, Schmetterlingen und andern Insekten, - welche im Winterlager, Moos, Erde ete. durch äusseren Schimmelanflug, Pilzauswüchse oder mumienartige Verschrumpfung als pilzbefallen sich anzeigen, und ersucht namentlich die Entomologen, Forstmänner und Bie- nenzüchter um Unterstützung seiner Untersuchungen. Herr Dr. Stenzel (Breslau) hielt einen Vortrag über den Bau der Schuppenblätter von Lathraea« Squamaria unter Vorlage von Zeich- nungen zur Erläuterung ihrer bisher noch unvollständig erkannten Or- ganisation. Dr. Engler (Breslau) hielt einen Vortrag über den gegenwärtigen Stand der Kenntniss der schlesischen Phanerogamen und Gefässkrypto- gamen, sowie über die Aufgaben, welche sich die schlesische Floristik jetzt und in den künftigen Jahren zu stellen habe. Als Ergebniss einer Schätzung der bis jetzt in Schlesien bekannt gewordenen Phanerogamen 102 Jahres-Bericht und Gefässkryptogamen wurde die Zahl von 1441 wirklich einheimischen und auf natürlichem Wege aus den Nachbarländern eingewanderten Arten angegeben. Somit sind seit dem Erscheinen der letzten Auflage von Wimmers Flora von Schlesien 82 neue Arten bekannt geworden, um deren Nachweisung neben vielen ‘anderen sich namentlich v. Uechtritz jun. verdient gemacht hat. Der Vortragende wies ferner darauf hin, dass trotz der erfolgreichen Forschungen der letzten Jahrzehnte noch eine Anzahl Aufgaben zu lösen sei, ehe mit einem, allen wissenschaft- lichen Ansprüchen genügenden und eine Art Abschluss gebenden Werke vorgegangen werden könne. Vor Allem sei zu berücksichtigen der Zu- sammenhang, in welchem unsere gegenwärtige Flora mit der der vor- historischen Epochen stehe, sei anzustreben eine möglichst genaue Vor- stellung von den Verbreitungsbezirken der einzelnen Arten und eine Fest- stellung einzelner Florengebiete. Diese Ziele können erreicht werden durch eine sorgfältige Controlirung früherer unsicherer Angaben und durch Bekanntmachung recht vieler Localfloren. Hierauf wurden die- jenigen Theile Schlesiens bezeichnet, deren botanische Durchforschung noch vorzunehmen sei und hierbei diejenigen Arten der benachbarten märkischen, lausitzer und mährischen Gebiete erwähnt, deren Nachwei- sung auf schlesischem Territorium noch zu erwarten sei, auch wurden eine Reihe von Pflanzenarten, welche sich dem Auge des weniger sorg- fältig beobachtenden Forschers leicht entziehen, sowie mehrere Genera eingehender Beachtung empfohlen. Der Vortrag ist vollständig in den Schlesischen Provinzialblättern für 1870 abgedruckt. Herr Obergärtner Stein (Breslau) forderte die Anwesenden zur Bethei- ligung an dem schlesischen Tauschverein auf und vertheilte dessen Statuten. Herr Dr. Schröter (Breslau) berichtete über eine Krankheit, durch welche eine der Hauptzierden des Breslauer botanischen Gartens, der schöne 6-ästige Pandanus odoratissima vernichtet worden ist. Dieselbe ist ver- anlasst durch Nectria._Pandani, einen Pilz aus der Abtheilung der Kern- pilze, dessen Conidien- und Ascosporenfrüchte auf dem kranken Stamme in grosser Fülle gefunden werden. Erstere bilden schwarze Keulen, letztere orangerothe Krusten. Von der vielfach beschriebenen und gefürchteten Kernfäule der Pandanus ist die neue Krankheit nicht nur durch das Auftreten des Pilzes, sondern auch durch ihren ganzen Ver- lauf verschieden. Die ausführliche Schilderung der Nectria Pandani ist in den Beiträgen zur Biologie der Pflanzen Heft I. p. 87 (Ueber die Stammfäule der Pandaneen von Dr. J. Schröter) erschienen. Schliess- lich wurde von Herrn Geh. Rath Göppert der Antrag gestellt, dass sich im August eine grössere Anzahl von Botanikern auf einige Tage zu kryptogamischen Studien im Riesengebirge vereinigen möchte. Nachdem noch die Zahl der Anwesenden durch Namensaufruf festgestellt war, wurde die Sitzung durch den Herrn Vorsitzenden geschlossen. Um 9", der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 10% Uhr begab sich die Gesellschaft unter kundiger Führung der Herren Forstmeister Tramnitz (Breslau) und Zimmermann (Striegau) nach dem schönen Zedlitzbusche. Der an und für sich schon grosse Genuss einer Wanderung durch denselben wurde noch durch die vielen beleh- renden Mittheilungen der Herren Tramritz und Göppert erhöht; auch gab die reiche Vegetation des Waldes Anlass zu gegenseitigen Mitthei- lungen interessanter Beobachtungen. Um 1 Uhr in Striegau angelangt, vereinigte sich die Gesellschaft in der Richter’schen Restauration zu einem Diner, bei welchem zahlreiche heitere Toaste die Gesellschaft in dauernder fröhlicher Stimmung erhielten. Nach 4 Uhr begaben sich sämmtliche Theilnehmer auf die durch ihre reiche Vegetation berühmten, auch in geologischer, landschaftlicher und historischer Beziehung inter- essanten Striegauer Berge; und selbst einzelne Regengüsse waren nicht im Stande, den Eifer der Botaniker zu lähmen, welche die Berge in allen Richtungen durchstreiften. Um 7 Uhr fanden die Mitglieder der Versammlung, von den Resultaten derselben in jeder Beziehung befrie- digt, sich wieder auf dem Bahnhofe von Striegau ein, von wo aus die- selben in ihre Heimath zurückbefördert wurden. Die nachstehend verzeichneten Herren hatten an der Sitzung Theil genommen: Peck, Göppert, Finger, Knebel, Brettschnei- der, Schneider, Krocker, Limpricht, Böttcher, Milde, Sten- zel, R.Peck, Hodann, E. Leisner, Rupp, Gerhardt, Tramnitz, H. Hainauer, E. Pfeiffer, Otto Buch, C. Stenzinger, Bucke, Just, Bluhm, T. Richter, E. Richter, J. Müller, Hilse, Tho- mas, R. Büttner, Th. Poleck, Max Müller, Gebauer, E. H. Müller, H. Heller, Pinzger, Zimmermann, Schieweck, Kör- ber, Schneider, Abel, E. Fiek, H. Hüttig, Schröter, Stein, M. Winkler, F. Cohn, Engler. In der siebenten ordentlichen Sitzung der Section vom 27. October leste Herr Geh. Rath Göppert eine echte Batate vor; die Pflanze trägt 1 bis 2 Pfund schwere Knollen, die auch roh geniessbar, doch noch öfter geröstet werden und von süssem mandelartigen Geschmack sind. Hierauf hielt derselbe einen Vortrag über Einwirkung der Kälte auf die Pflanzen, dessen Inhalt, vereinigt mit einem am 4. Mai in der natur- wissenschaftlichen Section gehaltenen Vortrag über dieses Thema, in den Bericht der naturwissenschaftlichen Section d. J. aufgenommen worden ist. In der achten Sitzung vom 10. November sprach Herr Dr. Engler über neue Pflanzenformen Schlesiens, zunächst über Bidens ra- diatus Thuill., dessen Auffindung in unserer Provinz kaum noch zweifel- haft war, nachdem die Pflanze in Böhmen und Sachsen nachgewiesen worden war. Diese interessante Art wurde in Gesellschaft der beiden 104 Jahres-Bericht anderen häufigen Arten der Gattung, sowie in Gesellschaft von Linder- nia, Elatine triandra, Carex eyperoides, Scirpus ovatus, Ru- mex palustris etc. in grosser Menge am Vorgelege eines grossen Tei- ches im Dorfe Peilau bei Reichenbach von den Herren Apotheker Fiek und Dr. Schumann aufgefunden. Ferner wurde vorgelegt Oro- banche flava v. Mart., welche Weber Roth auf den Wurzeln von Petasites officinalis in der oberen Waldregion der Sonnenkoppe auf- gefunden hatte; diese Pflanze ist nicht bloss neu für Schlesien, sondern auch für Norddeutschland. Hieran schlossen sich Mittheilungen über die Flora des Rehorn, dessen kahler Gipfel trotz seiner geringen Höhe eine vollalpine Flora trägt; namentlich treten Anemone alpina und Anlemone narcissiflora, sowie Potentilla aurea in grosser Menge auf; mit diesen finden sich auch Lycopodium alpinum, Phleum al- pinum und die in dem angrenzenden Riesengebirge seltene Viola Iutea. Demzufolge erscheint es gerechtfertigt, den Rehorn mit in das Gebiet der Riesengebirgsflora hineinzuziehen. Unter einer Anzahl interessanter Pflan- zen, welche Herr Kreisgerichts-Direector Peck in der Umgegend von Schweidnitz gesammelt hatte, befand sich auch Verbascum nigrum und phlomoides von Polnisch-Weistritz und Rhinanthus angustifolius Gmet. vom Költschenberge. Hierauf berichtete Herr Dr. Engler über die botanischen Arbeiten des im Jahre 1829 geborenen, im verflossenen Sommer verstorbenen Thierarzt Schwarzer aus Kuhnern bei Striegau, der sich um die Er- forschung der heimathlichen Flora verdient gemacht und dessen sorg- fältige Vorbereitungen zu einer Bearbeitung der schwierigen Gattung Rubus durch seinen Tod unterbrochen wurden. Sein namentlich an Ru- busarten sehr reiches Herbar hat noch keinen Käufer gefunden. Herr Prof. Dr. Milde legte vor 1) Equisetum variegatum, bei Rybnik von Apotheker Fritze wiedergefunden. 2) Ein Manuscript der Flora von Friedland zusammengestellt von R. v. Uechtritz, für das Archiv der Gesellschaft. 3) Die neueste Lieferung von Rabenhorst’s Gefäss- Kryptogamen Europas. 4) Eine Sammlung Moose von Langenbielau (82 Species), gesammelt und selbst bestimmt von Weber Rothe. Hierauf besprach Herr Prof. Dr. Milde die Flora des Hirsch- berger Thales und sporadische Erscheinungen im Pflanzen- reiche. Derselbe hat namentlich die Moose der zahllosen Granit- trimmer des genannten Thales genauer beachtet und gefunden, dass die Zahl der Arten merkwürdig gering, namentlich das Vorkommen alpiner Flüchtlinge fast ganz vermisst werde. w De er nn der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 105 Grimmia Donnü und G. contorla sehr selten, dagegen sehr gemein G. leucophaes und demnächst G. ovata und G. commutata, G. Schultzii, @G. trichophylla, ganz vermisst wird @. Muehlenbeckü und von Andreae« petrophila und Grimmia Hartmannii wurde nur ein Räschen gefunden. Hiermit wurde die Flora der nordischen Geschiebe verglichen, die total verschieden davon und weit manniefaltiger, daher auch sicherlich einen anderen Ursprung hat und jedenfalls mit den von ihr bewohnten Felsmassen an den gegenwärtigen Standort gebracht worden ist. An den zahlreichen Seen bilden Seirpus lacustris und Equisetum limosum Massen- vegetation, auf den Sumpfwiesen sind namentlich Comarum, Drosera ro- tundifolia und Trifolium spadiceum verbreitet, sehr selten Carex eyperoides, Potentilla norvegica und Seirpus miritimus. Es ist dem Vortragenden sehr wahrscheinlich, dass diese Seen auch von Isoetes bewohnt werden. Als grosse Seltenheit wurde von dem tor- figen Boden des Scheibenteichrandes Bryum eyelophyllum erwähnt, dessen seltenes und sporadisches Vorkommen jedenfalls mit der Natur des Standortes zusammenhänge. Auf einer sandigen Wiese wurde Bryum alpinum beobachtet, das früher in Schlesien zu den seltensten Arten ge- hörte, jetzt aber an zahlreichen Orten, namentlich in Ausstichen neben der Eisenbahn, auftaucht, so dass die Sporen dieser Art durch die Erd- arbeiten erst heraufgefördert und entwickelungsfähig geworden zu sein scheinen, was das sporadische Auftreten dieser Art leicht erklären würde. Der Vortragende besprach ferner eine Oertlichkeit bei Nimkau, auf wel- cher er eines der merkwürdigsten sporadischen Vorkommnisse zu con- statiren Gelegenheit hatte. Auf einem feuchten Haidestriche fand der- selbe nämlich zwei kleine Nester des bisher nur in Lappland und auf dem Kamme des Riesengebirges beobachteten Sphagnum Lindbergü. Die Pflanze machte am Standorte den Eindruck, als sei sie der letzte küm- merliche Rest eines früheren grösseren Bestandes. In der That fand der Vortragende auf den weit ausgedehnten Torfstichen Nimkau’s nur eine Wiese, die noch ihre ursprüngliche Torfflora, fast ganz aus Sphagnen bestehend, bewahrt hatte. Es ist dies die bekannte Tofieldia-Wiese. Ein anderes merkwürdiges, vereinzeltes Vorkommen ist das von Hypnum rugosum auf einem Diluvial-Sandhügel vor Nimkau. Das sporadische Auftreten anderer Pflanzenarten ist leicht zu er- klären durch das Gebundensein an eine nicht häufige Gebirgsart, wie z. B. Asplenium adulterinum und A. Serpentini auf der einen und A. See- losii auf der anderen Seite. Bei anderen Arten ist sporadisches Vorkommen gewiss oft nur scheinbar und sie wegen ihrer unscheinbaren Tracht oder grosser Aehn- lichkeit mit anderen Species nur vielfach übersehen, wie Bidens radiatus, Botrychium lanceolatum. 106 & Jahres-Bericht Die sporadischen Erscheinungen im Pflanzenreiche können demnach sehr verschiedene Gründe haben und wird man zur Erklärung derselben in manchen Fällen sogar auf frühere Zeiten zurückgehen müssen. In der neunten Sitzung am 24. November 1870 verlas Herr Mittel- schullehrer G. Limpricht nachstehenden Bericht über eine mit Unter- stützung des Präsidiums der Schlesischen Gesellschaft unternommene botanische Reise nach dem Schlawa-See und dessen Umgebung. Auch in der letzten Bearbeitung der Flora von Schlesien (von Wim- mer) ist die Gegend um Schlawa nur durch wenige Arten*) vertreten, deren Mittheilung wir Beilschmidt verdanken, welcher das Gebiet der von ihm durchforschten Flora von Beuthen a. O. bis hierher ausgedehnt hat. — Auf mich übten nur die dort erhofften Moosschätze so grosse Anziehungskraft, dass ich das diesjährige Pfingstfest zu einer Exeursion benutzte, die jedoch nach dieser Hinsicht den Erwartungen wenig ent- sprach, wohl aber aus der Phanerogamenwelt manches Schöne brachte, wodurch das Bild unserer heimischen Flora über jene Gegenden vervoll- ständigt wird. Der Schlawa-See liegt dicht an der Posenschen Grenze, 2'/, MI. westlich von Fraustadt, 3 MI. nördlich von Glogau und eben so weit östlich von Neusalz. Er gehört ganz in den Freistadter Kreis, dessen Nordostecke er ausfüllt; doch liegt der äusserste Ostpunkt seiner Um- sebung 6 MI. von der Kreisstadt entfernt. Er ist bekanntlich der grösste schlesische See, da sein Flächeninhalt 4600 Morgen beträgt; er hat von Schlawa in der Richtung nach Kontopp eine Länge von 1’, Ml., während seine Breite oft wechselt, durch- schnittlich wohl Y, MI. und in ihrer grössten Ausdehnung zwischen Eich- berg und Thiergarten höchstens Y/, Ml. erreichen mag. So gleicht er mehr einem in nordwestlicher Richtung sich hinziehenden Strome, dessen Breite man stets übersieht. Gegen seine Ufer ist er meist seicht und reichlich mit Wasserpflanzen bedeckt; nach der Mitte nimmt die Tiefe stetig zu und beträgt beim sogenannten „langen Walde‘ über 6 Klaftern. — Die Mitte der Wasserfläche wird südlich von Eichberg von einer Insel „grosses Werder‘ eingenommen, deren Lüngenausdehnung (eirca % *) Oyperus flavescens, Eriophorum angustifolium, Carex flava, C. disticha, Ü. teretius- cula, Calla, Hydrocotyle, Cineraria palustris, Utricularia minor, Stellaria uliginosa und Epilobium palustre, der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 107 2000 Fuss) die Breite (circa 500 Fuss) bedeutend überwiegt und mit der Hauptachse des See’s zusammenfällt. Das Wasser des See’s ist dunkel-bläulich, der Grund meist schlammig- moderig und nur an der Ostseite bei Schlawa und Rädchen kiesig, aus mehr oder minder grossen Rollstücken von Quarz, Karneol, Jaspis und Achat bestehend und ganz dem Kiese des Ostseestrandes entsprechend. Eigenthümlich sind hier die den See durchziehenden schmalen Süsswasser- kalkbänke (Seekreide) und das Vorkommen von kleinen Iserinen, Ko- runden uud Hyacinthen am Nordufer bei Schlawa und von Kupfer und Goldstaudo an der Rädchener Seite. Charakteristisch dafür ist ein Streifen feinsten weissen Sandes (Braunkohlensand) hart am Ufer, den die kommende Welle bedeckt, während die zurückkehrende den leichten Flugsand wieder fortnimmt und die schwereren Bestandtheile zurücklässt, die als schwarzrother oder kupferrother Ueberzug den Strand- saum bedecken. Diese interessanten Vorkommnisse wurden schon früher durch Herrn Prof. Dr. Göppert untersucht; doch hat man den Versuch, das Gold auszuwaschen, wegen geringen Ertrages bald wieder aufge- seben und sammelt jetzt die Auswürfe nur als Streusand. Für die Höhe des Wellenganges und den Anprall der Wogen bei Sturmfluthen sprechen deutlich die zahlreichen unterspülten und hinab- gestürzten Ufer, davon zeugt auch der Anblick der meist aus kleinen Bäumen und Sträuchern bestehenden Strandgebüsche und der hier ange- richteten Verwüstungen, sowie die zahlreichen Fisch-Skelette und Mu- scheln, welche das flache Gestade bedecken. Der Uferrand verläuft keineswegs gradlinig, sondern bildet viele grössere und kleinere Vor- sprünge, Halbinseln und Landzungen, die mehr oder minder bedeutende Buchten umschliessen. Nur am Nordufer treten zwischen Schlawa und Laubegast beträchtliche sandige Hügelwellen bis an den See heran, die sich hier in steilen Böschungen uferwärts senken. Wo weiter westlich die Höhenzüge vom See zurückweichen, breiten sich weite versumpfte Strecken am Ufer aus, die im Niveau des See’s liegen. Südwärts sind die Ufer flach, die Haide dringt rings bis an den See, der eigentlichen Uferflora ist nur ein schmaler Gürtel preisgegeben, und erst in der Nähe von Rädchen und Schlawa werden die Ufer wieder von Aeckern und Sumpfflächen gebildet. Der Schlawa-See besitzt nur einen einzigen unbedeutenden Zufluss, die Scharnitz, die, von Norden kommend, am äussersten Ostpunkt des See’s bei Schlawa mündet. Doch gehören zu seinem Wassersysteme 5 südlich gelegene See’n, von denen der Ögslisch-Mühlen-See, Ogglische ' und Tarnauer See ebenfalls in nordwestlicher Richtung zusammenhängen und durch den letztern mit dem von Westen nach Osten sich hinziehen- den Hammer-See communiciren, der mit dem Südostgipfel des Schlawa- See’s in Verbindung steht. Nordwestlich vom Tarnauer See liegt isolirt 108 Jahres-Bericht in der Karolather Haide der Katter-See, der gleichfalls einen Verbin- dungsgraben zum Schlawa-See besitzt. Da alle diese Gewässer in glei- chem Niveau liegen, so ist in ihren Abflüssen keine merkliche Strömung wahrzunehmen; da sie ferner keine nennenswerthen Zuflüsse besitzen und ihre Wassermenge nur unbedeutenden Schwankungen ausgesetzt ist, so verdanken sie ihren Wasserreichthum wohl neben den starken periodi- schen Niederschlägen mehr unterirdischen Quellen und ihren von Sümpfen und Mooren eingeschlossenen Ufern; umsomehr da der’Abfluss des Schlawa- See’s, die faule Obra (die durch Bifurcation mit der Oder und Warthe in Verbindung steht), ein bedeutender ist, der aber nicht, wie zu erwarten stände, am äussersten Westende, sondern schon vorher bei Aufzug aus- tritt. Wahrscheinlich hing auch der Schlawa-See in früherer Zeit mit dem Ilgen-See im Posen’schen zusammen. Für diese Annahme spricht „die Vandule‘“, eine tiefe Bodensenkung zwisehen beiden Seen, deren zahlreiche Lachen leicht als Reste der früheren Verbindung angesehen werden können. Ebenso ist es nicht unmöglich, dass in jener Zeit, als die Flusssysteme noch nicht so scharf abgegrenzt waren wie heat, der Schlawa-See auch südöstlich mit der Bartsch oder Oder in Verbindung gestanden hat. Hierauf deuten die in dieser Richtung tief eingerissenen Schluchten, welche über Bienemil die breite Ebene zur Bartschmündung hin durchfurchen. Dann wäre dieser See der Ueberrest eines Flussbettes das Bartsch oder Oder mit der Warthe verband, eine Vermuthung, die auch in der Uebereinstimmung der Flora dieser Gewässer mit der des Oderlaufes eine Stütze gewinnt. Von Ortschaften liegen ausser dem Städtchen Schlawa um den See nur unbedeutende Dörfer und vereinzelte Vorwerke, so direct am Wasser auf der Nordseite Laubegast, das Eichberger und das Krampiner Vor- werk und Aufzug, am Südufer nur Neusorge und Rädchen; während Goile und Eichberg nördlich und Thiergarten und Mäusewinkel südlich etwas vom Seeufer zurückliegen. Schlawa (Slawa —= Ruhm, Ehre) selbst, an der äussersten Ostspitze des See’s gelegen, ist ein unbedeutendes Ackerstädtehen mit 900 Ein- wohnern, ohne Verkehr und Indus‘rie (Hanfbau und Seilerei) ja selbst ohne chaussirte Verkehrsstrasse, in das nur während der Wintermonate die Fischerei ein regeres Leben bringt. Sehenswerth ist die katholische Pfarrkirche, die unter anderm einen ganz aus Sandstein gemeisselten Predigtstuhl mit in haut-relief gearbeiteten Bildern und Inschriften ent- hält, welcher von einer Freiin v. Rechenberg im Jahre 1619 aus Furcht vor einem Kometen errichtet wurde. Der älteste Grabstein hinter dem Hochaltar stammt von 1532 und zeigt gleichfalls den Widderkopf des v. Rechenberg’schen Wappens. Ein Glied dieser Familie „Hans v. Rechenberg‘ soll von Luther, seinem Freunde, schlechtweg „der deutsche Hans“ genannt worden sein und 1524 die Reformation dort der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 109 eingeführt haben. — Jetzt ist Schlawa ein Majorat, das nach dem Aus- sterben an das Fürstbischöfliche Amt in Breslau fällt. Der heutige Be- sitzer ist Graf v. Fernemont, dessen Schloss, inmitten des von einer Seite vom See bespülten Parkes, eine entzückende Aussicht über die weite Wasserfläche gewährt. — See und Ufer gehören zur Herrschaft und es bedarf hochgräflicher Erlaubniss, sowohl den See zu befahren, als die Ufer zu betreten, was uns Beides, Dank der Empfehlung des Herrn Geheimrath Prof. Dr. Göppert und der Vermittelung des Herrn Schulinspector Kurtz bereitwilligst "gestattet wurde. Die Fahrt über den See gewährt unendlichen Reiz, ein Vergnügen, das die Bürger Schlawa’s, wie den Besuch des Parkes nur unter erschwe- renden Umständen ermöglichen können, weshalb sie in der Regel darauf verzichten. So sehr sich die Gedanken des Umwohners auf den See ceoncentriren, so wenig Genuss vermag ihm derselbe darzubieten: die Kahnfahrt, das Bad, den Schlittschuhlauf; Alles ist Praerogative; er darf im Winter nicht seinen Weg von dem einen zum andern Ufern über das Eis verkürzen; ja er bekommt nicht einmal einen Zand zu essen, wenn es nicht ein gestohlener ist. Die Fischerei, welche eine jährliche Pacht von 600 Thlr. einbringt, wobei jedoch contractlich Y, Jahr Schonzeit ausbedungen ist, wird im Winter am schwunghaftesten betrieben. Wenn festes Eis den See in seiner ganzen Ausdehnung deckt, fischt man mit dem grossen Winter- garn, dessen Flügel je 90 Klaftern lang und 6 Klaftern hoch sind. Mit Hülfe von Stangen und eingehauenen Löchern schiebt man die Flügel des Netzes unter dem Eise fort, bis sich der Kreis schliesst. Die ver- einigten Flügelenden werden durch ein grosses Loch mittelst einer Winde heraufgewunden, was oft mehrere Tage beansprucht. Ganz ausnahms- weise glückliche Züge repräsentiren dann wohl einen Werth bis 500 Thlr.; doch oft sind Mühe und Auslagen umsonst. Die Ernte wird so- fort an Händler verkauft und ‘auf bereitstehende Wagen verladen, um ihren Weg zur Bahn meist in der Richtung nach Berlin zu nehmen. — Der gesuchteste Fisch ist der Zant, der bis 20 Pfd. schwer wird; auch birgt der See Welse von 40 bis 60 Pfd. Gewicht und über 3 Fuss lang. Karpfen sind verhältnissmässig wenig vorhanden; doch erreichen sie eine Schwere von 15 bis 20 Pfd.; nur sie fehlen nach übereinstimmen- den Berichten der Fischer in der Seengruppe um Poln.-Tarnau, ohne dass für diese Thatsache ein erklärender Grund angegeben werden konnte, — Am häufigsten sind Bressen oder Bleie, am seltensten dagegen Aale vertreten. Barsche 'erreichen ein Gewicht von 4 Pfd. Ausserdem tum- meln sich in diesen Gewässern: Hechte, Schleien, Karsche oder Karausche, Rothaugen oder Plötze, Kahlperschken, Geister, Oggel, Kressen, Teufels- fische oder Wölfe (diese 2 Zoll lang mit 2 Dornen auf der Seite und 1 auf dem Rücken), Krebse, Frösche und Ringelnattern eine Mannig- 110 Jahres-Bericht faltigkeit, deren wissenschaftliche Feststellung gewiss eine dankbare Auf- gabe sein würde. Nicht minder zahlreich sind die Vögel, denen der See mit seinen schilfigen und sumpfigen Ufern reichliche Nahrung gewährt. Schaaren von Möven (Lachmöve und die von den Jägern sogenannte kleine Möve), Enten, Lappentaucher, die rothfüssige Seeschwalbe, das Blesshuhn und das kleine Wasserhuhn schwimmen, tauchen und fliegen überall. Um- sonst war jedoch unser Hoffen, auf der Insel, ähnlich wie im Kunitzer See, zahlreiche Mövennester aufzufinden. Im schilfigen Versteck birgt sich die grosse und auch die seltene kleine Röhrdommel und ertönt das laute Geschwätz des Rohrsperlings, während die tiefliegenden sumpfigen Flächen Wald- und Sumpfschnepfen, Becassinen und Kibitzen willkom- menen Wohnplatz bieten und in den tiefen Löchern der steilen Ufer- böschungen Eisvogel und Uferschwalbe hausen. Auch Strandläufer und Goldregenpfeifer beleben das Gestade, wogegen Reiher, Kraniche und Trappen, ohne hier zu nisten, nur besuchsweise erscheinen. Die Vegetation des See’s beschränkt sieh auf die seichten Ufer- stellen und die geschützten Buchten, während die Mitte wegen der be- deutenden Tiefe und des hohen Wellenganges keine Pflanzen aufzuweisen hat. Leider hatte unsere Wasserfahrt nicht den gehofften Erfolg, ob- wohl wir tüchtig mit Harke und Kascher arbeiteten und unser Fährmann als Fischer genau den Seegrund kannte, weil ihm die von uns ersehnten Wasserpflanzen bei der Winterfischerei Schwierigkeiten bereiten. Nur zahlreiche Potamien: P. natans, P. gramineus, P. lucens, P. erispus, P. perfoliatus, P. aeutifolius, P. pectinatus, ferner Batrachium divaricatum und aquaticum, Ceratophyllum demersum und Myriophyllum spicatum förderten wir herauf. Stellenweise ist der Grund dicht mit Armleuchtergewächsen (meist Chara hispida), ja sogar in beträchtlicher Tiefe mit sterilem Seirpus aeicularis bedeckt, die wie alle hier gesammelten Pflanzen dicht mit einer kalkigen Schlammkruste überzogen sind. Leider gestatteten uns die er- zürnten Wassergötter keinen Blick in die Tiefe und entzogen durch die ewig sich kräuselnden Wellen gewiss auch den auf dem kiesigen Grunde wuchernden Isoetes unsern begehrlichen Augen; möglich, dass bei ruhiger See hier noch Manches zu entdecken wäre, jedenfalls würde ein einhei- mischer Botaniker, der im Winter Gelegenheit hätte, den reichen Inhalt der Schleppnetze zu revidiren, mit viel grösserer Sicherheit auf Erfolg rechnen können. — Am üppigsten entwickeln sich die Wassergewächse in den Buchten, die entweder wie bei Rädehen und Krampine Vorwerk tief in die Ufer einschneiden oder wie bei Laubegast durch eine weit vorspringende Halbinsel, ‚‚die Klude‘‘ (600 Fuss lang, 100 Fuss breit), vor dem starken Wellenschlage geschützt sind. Hier wuchern auf thonig- schlammigem Grunde wahre Wälder von Typha angustifolia, Phragmites und Seirpus lacustris; sie umsäumen die Ufer, dehnen sich gegen die NEE Wa der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 111 Mitte des See’s vor oder tauchen inselartig herauf. Zwischen ihnen schwimmen zahllos die Blätter und Blüthen von Nymphaea alba, Nuphar luteum, Potamogeton natans und Polygonum amphibium; hier wiegen sich Lemna (alle 4) und Riceia natans; da schaukeln Wiesen von Stratiotes, Hechtkraut oder Hechtzähne genannt, Hottonia, Menyanthes, Hydrocharis mit hineingewebtem Comarum; dazwischen schiessen Equisetum limosum, Carex ampullacea und paludosa, Cicuta, Calamus, Sium latifolium, Berula angustifolia, Oenanthe fistulosa und diehte Schaaren von Cineraria palustris empor. Nur mühsam zwängt sich der Kahn durch dies wogende und schaukelnde Pflanzendickicht, in welchem der Fischerei wegen stets künst- liche Wasserstrassen offen erhalten werden müssen. Jährlich hebt sich der schlammige Grund, immer mehr verfilzt sich das Wurzelwerk, immer dichter wird die Vegetation, bis sich an der Oberfläche eine schaukelnde Grasdecke bildet, die je länger desto mehr an Dichtigkeit und Festigkeit gewinnt. Auf diese Weise ist die ausgedehnte flache Halbinsel, ‚‚die Klude‘“, entstanden, von deren Spitze, wie vom Südufer Sirpus laeustris immer weiter als Pionnier gegen die hier in der Mitte des See’s gelegene, von ähnlichen Bildungen umgebene Insel vordringt, bis die Brücke voll- endet und der See in 2 kleinere abgeschnürt sein wird. Die Insel selbst ist eine flache Kiesablagerung, die etwa fusshoch über den Wasserspiege] sehoben ist. Ihre Ufer umsäumen Erlen-, Weiden- und Rhamnusgebüsch, in dessen Schatten Eupatorium und Valeriana offieinalis gedeihen, und ihre trockene nur mit magern Gräsern und Tormentilla besetzte Wiesenfläche hat nur wenig Arten und keine Charakterpflanzen aufzuweisen, weshalb die Insel zweifelsohne jüngern Ursprungs sein muss. Dass sie nicht allein unsere, sondern auch des Oekonomen Hoffnung täuschte, dafür sprieht deutlich der halbzerfallene offene Stall, der einst dem hier während des Sommers hirtenlos ausgesetzten jungen Rindviek ein dürftiges Obdach ge- währte. Nur hohe Pyramidenpappeln, welche den einsamen Bau um- geben, schimmern weithin über die Fluth und erhöhen die Reize des lieb- lichen Landschaftsbildes, welches der See besonders von Schlawa aus gewährt, Sand und Sumpf charakterisiren nicht nur die Uferränder, sondern sind auch die vorwiegend in der ganzen Gegend vertretenen Bodenformen. Da, wo hart bei Schlawa ein schmaler Streifen feuchten Sandes das Nordufer begrenzt, überraschten uns von seltenen Pflanzen Hierochloe odorata, Seirpus Tabernaemontani und Carex disticha, die hier mit Carex hirta, O. vulgaris, C. ampullacea, C. acuta, Heleocharis uniglumis ete. und "Equisetum palustre var. tenue zahlreich auftreten. Ein sumpfiges Erlen- und Weidengebüsch, in dem Eupatorium, Hieracium paludosum, Listera ovata, Calamus und Ci- cuta gedeihen, trennt diesen Streifen von den dahinter gelegenen Wiesen, die ausser Coronilla varia, Vieia cracca, Orchis latifolia und an trockenen Stellen Saxifraga tridactylites Nichts von Belang beherbergen. 112 Jahres-Bericht In der Richtung nach Eichberg werden die Ufer von Sandhügeln gebildet, die mit Kieferwald bestanden sind und sich eirca 50 Fuss über den Wasserspiegel erheben. An ihren theilweise mergeligen und steil abfälligen Gehängen entwickeln sie eine magere Sandflora, charakterisirt durch Alsine viscosa, Teesdalia, Chondrilla, Alyssum calycinum, Veronica verna, Saxifraga tridactylites, Cerastium semidecandrum und vulgatum, Are- naria serpyllifolia, Holosteum umbellatum, Ervum hirsutum, Spergularia rubra, Carex praecox, Festuca ovina, Bromus tectiorum, Poa compressa, Coryne- phorus; — Pottia cavifolia und lanceolata, Barbula ruralis und unguieulata, Bryum argenteum und capillare, Brachythecium albicans und Funaria, — die unter dem Schatten der Kiefern noch dürftiger wird und sich auf wenige Vertreter‘ wie Helichrysum arenarium und Jasione beschränkt. Weiter westlich ändert sich das Terrain. Die Hügel treten zurück und breite Sumpfflächen dehnen sich von ihrem Fusse bis zum See; sie liegen im Niveau des Wasserspiegels und sind uuzweifelhaft als dem Seebette ab- gerungene Landbildungen zu betrachten. Ihre Vegetation wird durch Carices und Hypnen zusammengesetzt, zwischen die sich Comarum, Cine- raria etc. bineinweben. Das mehr flache Gestade des Südufers ist in seiner ganzen Ausdehnung von Kieferhaide umsäumt, die südlich mit den Carolather Forsten zusammenhängt. Hart am Ufer hat hier die grössere Feuchtigkeit eine üppige Farnvegetation (Pieris, Aspidium spinulosum, A. Thelypteris etc.) ermöglicht, die jedoch keine seltneren Arten zählt. In geringer Entfernung hebt sich der Boden allmählich, der Sand dominirt wieder, und wir beobachten auf der ganzen Strecke die sich gleich blei- bende Sandflora der niederschlesischen Haide. Zahlreiche Cladonien: C. rangiferina, ©. aculeata, C. pungens, O. aleicornis, C. stellaris, Biatora uli ginosa, Stereocaulon incrustatum! bedeeken mit wenigen Moosen: ‚Jungerm. barbata, E. Schreberi, J. divaricata, Ptilidium, Thuidium abietinum, Funaria und Racomitrium canescens massenhaft das sterile Haideland. Ueberall wuchern Juniperus und Sarothamnus büsche und daneben fehlen als Cha- rakterpflanzen niemals: Melissa Acinos, Sedum Telephium und reflexum, Chondrilla, Euphorbia COyparissias, Potentilla argentea, opaca und silesiaca v. Uechtritz*), Spergula Morisonü, Teesdalia, Ajuga genevensis, Dianthus Carthusianorum, Polygala vulgaris, Phleum Boehmeri etc. *) Die Schlawaer Pflanze weicht von der Beschreibung etwas ab. — Ver- breitung der Potentilla silesiaca: Festenberg, Schlottau, zwischen Pollentschine und Tarnast bei Trebnitz, zwischen Kathol,-Hammer und Birnbäumel (gewiss auch in der Guhrauer Gegend) zwischen Leubus und Wohlau, am linken Oder. ufer nur (wie Anemone patens!) bei Nimkau. Häufig in der anstossenden Mark bei Schwiebus. — Eine sehr polymorphe Art; in der Tracht immer leicht kenntlich an den röthlichen, schwach filzigen Stengeln und an der Farbe des Blattfilzes. — Potentilla Güntheri ist am linken Oderufer verbreitet, am rechten selten, und im Gebiet der Flora von Breslau bis in die Westhälfte der Trebnitzer Hügel (Be- merkung des Herrn R. v. Uechtritz). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 113 Nur in der Nähe von Schlawa tritt der Wald zurück, und hier breiten sich bei Rädchen einige Torfstiche aus, die durch Gräben und Lachen mit dem See in Verbindung stehen. Die Torflöcher und Gräben sind mit Stratiotes, Nymphaea und Nuphar ausgefüllt, .die von Cineraria palusiris und Ranunculus sceleratus begleitet werden. Die Vegetation der Torfwiese zeigt in den sumpfigen wie in den trockenen Partien vorwie- gend Carices (C. ampullacea, sirieta, vulgaris, tricostata, canescens, paniceq, paniculata, teretiuscule, flava ß lepidocarpa, dioeca und limosa) und Hypna (H. cuspidatum, exannulatum, intermedium, scorpioides, Camptothecium nitens, Climacium) und gleicht in ihrer Zusammensetzung ganz den ähnlichen Oertlichkeiten der schlesischen Ebene. Von anderen Pflanzen seien noch erwähnt: Comarum, Menyanthes, Stellaria glauca, Galium uliginosum, Geum rivale, Polygala amara, Valeriana dioeca, Pedieularıs palustris, Polygonum Bistorta, Molinia coerulea, Eriophorum angustifolum, Aspidium Thelypteris etc. Um das Städtchen Schlawa selbst, das an einem sandigen, durch Weinberge geschmückten Abhange liest, der sich sanft zum See senkt, wurden bemerkt: Poa bulbosa an Rainen; Allium oleraceum, Camelina mi- crocarpa und Ornithogalum umbellatum in Getreidefeidern, und auf Schutt in der Nähe der Wohnungen Anthriscus vulgaris, Marrubium vulgare und Lepidium ruderale, von denen letztere in Schlesien stellenweise fehlen. Ueberall hat auf Kleeäckern Seneeio vernalis sein Bürgerrecht mehr be- festigt als weiter westlich z. B. um Bunzlau, wo er erst in den letzten Jahren sporadisch auftauchte. Im Sommer erscheint um Schlawa in Hanf- feldern Orobanche ramosa alljährlich häufig, wovon mir Wätzoldt reich- lich Exemplare mittheilte. Bemerkenswerth für die Gegend ist das Fehlen erratischer Blöcke und grösserer Feldsteine, ein Mangel, welcher auch den Bau der Chaussee längs des Südufers nach Kontopp und Neusalz noch immer verzögert. Nur in der Nähe von Hammer-Vorwerk wurden einige grössere Wegsteine bemerkt, auf denen sich Grimmia pulvinata und Barbula intermedia var. pulvinata angesiedelt hatten. Eine Stunde südlich vom Schlawa-See liegt rings von den sumpfigen Ufern einer Seengruppe eingeschlossen das Dorf Polnisch Tarnau, das wie die ihm zunächst gelegenen Seen: Hammer-, Tarnauer und Ogglische See (zusammen 700 Morgen Fläche und 200 Thlr. Fischpacht) zur Herr- schaft Beuthen gehört, wogegen der Ogglisch-Mühlen-See, der östlichste dieser Gruppe, der allein von hohen steilen Ufern eingefasst, noch einen Theil des Majorats Schlawa bildet. — Der grösste dieser Seen ist der am weitesten N.-W. vorgeschobene Tarnauer See, der bei ca. 2 Klaftern Tiefe wohl /, Meile lang ist. Alle haben thonig-schlammigen Grund. Schilf- und Binsenmassen ziehen sich gegen die Seenmitte hin und aus- gedehnte Sümpfe nehmen die flachen Ufer ein, die theils mit Erlen- und Weidengebüschen bewachsen sind, theils eine völlig baum- und strauch- lose schaukelnde Fläche bilden. Hieraus erklärt sich auch die grosse 8 114 Jahres-Bericht Gleichförmigkeit der Vegetation. Unmmassen von Carices, meist C. acula, paludosa, teretiuscula, paniculata, paradoxa, disticha, glauca, dioeca und limosa bilden dichte Filze, zwischen denen zahlreiche Hypna: Kneifi, Sendineri ß Wilsoni, intermedium, scorpioides (am Ogglisch-See auch das seltene H. trifarium) sich hindurchzwängen und Eleocharis uniglumis, Lim- nochloe paueiflora, Calla, Comarum etc. die gewöhnlichsten Erscheinungen sind. Ebenso kehren in Lachen und Tümpeln die schon am Schlawa- See citirten Wasserpflanzen wieder, zu denen sich noch Lysimachia thyr- siflora, Utrieularia vulgaris und minor gesellen. Um so grösser war unsere Freude, am Nord-Gestade des Tarnauer See’s den seltenen Triglochin maritimum anzutreffen, der bekanntlich zu seinem Gedeihen den geringsten Salzgehalt braucht. Die Nordwestecke dieses See’s umschliesst ein grosser Erlenbruch. Nur ganz mit Moosen überkleidete Wurzelstöcke ragen über den Moder herauf, der trügerisch mit Moosen und Calla bedeckt ist und der in zahlreichen Tümpeln neben Nymphaea und Nuphar auch Sparganium natans beherbergt. Bei der üppigen Moosentwickelung begegnen uns doch immer die schon an anderen Orten beobachteten Arten, so an den alten Stöcken: Tetraphis, Aulacomnium androgynum, Leucobryum, Webera nulans, Mnium cuspidatum und hornum, Brachythecium Rutabulum, Plagiothe- cium. silvaticum und silesiacum und Enrrhynchium siriatum; auf dem Wald- moder: Dieranum palustre, Mnium insigne c. fr., Hypnum giganteum, cordi- folium, euspidatum und fluitans, zu denen an dem zahlreichen Wurzelwerk noch Amblystegium riparium, filicnum und das seltene A. radicale hin- zutreten. Auf dem Rückwege von hier nach Poln.-Tarnau hatten wir auch noch am Saume eines Kieferwaldes Gelegenheit, ein kleines von Alnus glutinosa, Betula alba (B. pubescens kommt auch vereinzelt an den See- ufern vor) Sorbus, Viburnum, Rhamnus und Salices (aurita, einerea, pen- iandra) umsäumtes Sphagneium zu untersuchen, dessen Flora sich we- sentlich verschieden zeigte von derjenigen der Sümpfe, die mit den Seen in unmittelbarer Verbindung stehen. — Unter den Sphagnen, die hier mit Hypnum exannulatum und Gymnocybe die dichte Moosdecke bilden, sei nur des massigen Auftretens von Sph. subsecundum var. laxum gedacht, das überall die Gräben auspolstert. Obwohl auch hier Carices (flava, limosa, dioeca, paradoxa) neben Menyanthes und Comarum reichlich vorkommen, so liegt der abweichende Charakter in dem gleichzeitigen Erscheinen von Eriophorum vaginatum, Drosera rotundifolia und longifolia, Oxyeoceus, Andromeda, Ledum, Scheuchzeria, Blysmus, Valeriana dioeca, die von ver- krüppelten Kiefern und Salix repens durchsetzt werden. Die interessanteste Tour unserer Reise bildete unstreitig die Kahn- fahrt über den Hammersee in seiner ganzen Ausdehnung, nieht wegen besonders reicher Ausbeute, sondern wegen des gewonnenen Einblicks in das Weben der Natur bei neuen Landbildungen und wegen des An- der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 115 theils, den Diatomeen daran nehmen. Zu beiden Seiten des breiten schlammigen Grabens, der den Tarnauer See mit dem Hammer-See ver- bindet, breitet sich Erlendiekicht aus, während den Wasserspiegel des See’s massenhafte Schilf- und Binsengebüsche umrahmen. Wälder von Chara, meist hispida, bedecken den thonigen Seegrund, der stellenweise bis 18 Ellen tief liegt. Gegen den östlichen Theil verschmälert sich der See auffallend, indem vom Nordufer her schaukelnde Grasnutzungen, hier „Ascher“ genannt, nach der Seemitte vordringen. Gegen diese Ascher- bildungen hin verändert sich der Seegrund auf merkwürdige Weise. Aschgraues Moor ruht scheinbar dicht und fest etwa Y, Fuss unter der Oberfläche. Der durchschneidende Kahn und das plätschernde Ruder wirbeln die Massen auf wie der Sturmwind die Staubwolke. Leicht und ohne Grund zu finden gleitet spurlos das hinabgesenkte Holz in die breiige Masse, die nach dem Volksmund der Umwohner Aehnlichkeit hat mit gebrühter Kleie. Nur schöpfend gelingt es, die ewig zerfliessende Mi- schung zu fangen, die an der Luft zu ascheartigem Staube eintrocknet. Es sind Diatomeen, meist Fragilaria virescens Ralfs, die hier mit verfaulten Pflanzenresten wesentlich den Boden bereiten, auf dem sich die eben so trügerische als üppige Aschervegetation bildet. Nur passionirte Beccas- sinenjäger und der ärmste Dorfbewohner, den die Grasnutzung lockt, betreten auf schwankenden Brettern die schaukelude Fläche, auf der bei jedem Fehltritte bodenloses Versinken droht. Wie uns der Fischer ver- sicherte, sind diese Ascher in stetem Wachsen begriffen und haben, wie auch der Blick auf die Karte lehrt, durch ihr Fortschreiten von Norden her den östlichen Theil des See’s bedeutend eingedämmt, bis sie im Laufe der Zeit auch das jenseitige Ufer erreichen werden. Da die Flora des Hammer-See’s im Wesentlichen von der der übrigen See’n nicht ab- weichend ist, so beschränke ich mich auf eine Aufzählung der Pflanzen, welche die Vegetation der völlig baum- und strauchlosen Ascherbildungen ausmachen. Es sind zunächst Stratiotes, Nymphaea, Nuphar, Hydrocharis, Ceratophyllum, Nasturtium amphibium, Potamogeton natans, zwischen denen Seirpus lacustris, Typha angustifolia und Phragmites heraufschiesssen, welche gegen das offene Wasser die erste schwankende Decke bilden; tiefer hinein verfilzen sich Carices mit Eriophorum angustifolum, Rumex Hydro- lapathum, Hypna und Sphagna und erblühen Comarum, Pedicularis pa- hustris, Oineraria palustris und Menyanthes in üppiger Fülle. — Eine ähn- liche Beschaffenheit zeigt auch der breite Abzugsgraben nach dem Schlawa-See. Von Erlengebüschen durchsetzte Sümpfe umgeben seine Ufer, an denen heerdenweise Aspidium Thelypteris die Baumstümpfe um- - wuchert. Wir beobachteten hier noch Seirpus silvaticus, Ranunculus Flam- mula, Sium, Berula, Meniha aqualica und terrestrische Formen von Batra- chium aquaticum. Auch sei noch des Vorkommens von Equisetum hiemale 8*+ 116 Jahres - Bericht var. genuwinum gedacht, das mit Alsine viscosa, Scleranihus peremnis ete. die uneultivirten Sandfelder um Hammer-Vorwerk in Masse bedeckt. Eine Stunde westlich von Schlawa liest das Dorf Pürschkau mit einer alten Burg, dessen Kirche aus der Zeit des 30-jährigen Krieges stammt. Rechts und links vom Pürschkau-Scharner Wege befinden sich zwei Schwedenschanzen, — hier „Wallberge“ genannt, — viereckige Erdwälle, aus denen man, wie erzählt wurde, viel Ziegeln und Ziegel- stücke ausgegraben hat. Wendet man sich von Pürschkau zuerst in westlicher Richtung über eine von Gräben durchzogene Hutung auf einem Umwege nach Alt-Strunz, so erreicht man bald am Nordfusse einer Hügel- reihe einen fruchtbaren, sanft abhängigen Wiesenstreifen, dessen Flora zur eintönigen Sumpf- und Sandvegetation des durchwanderten Gebiets einen wohlthuenden Contrast bildet. Unzählige Blüthen von Primula offi- einalis, Geum rivale, Spiraea Ulmaria, Ürepis praemorsa, Saxifraga granu- lata, Trifolium montanum, seltener Trolkus schmückten die Fläche, wo- gegen Ononis hircina, Spiraea filipendula, Oirsium oleraceum und Gladiolus imbrieatus nach in der Blüthenentwickelung zurück waren. In der Nähe der Ziegelei geht die Wiese in eine torfige Trift über, auf der die Schafe nur Pinguicula vulgaris und die dem Boden fest sich anschmiegende Sper- gularia rubra verschmäht hatten. — Astragalus glycyphyllos, Sarothammus und Vincetoxicum zieren die Waldränder der steilen Gehänge. Hier fin- den wir auch wider Erwarten im gemischten Laubwalde mit Rosa tomen- tosa hohe Sträucher von Berberis vulgaris. — Die in die Thalsohle ein- gebetteten Torflagen boten nichts Nennenswerthes, doch will ich das Vor- kommen von Paris, Smilacina, Melica nutans, Listera ovata, Galeobdolon montanum und Equisetum arvense a. nemorosum in einem sumpfigen Erlen- gebüsch nicht unerwähnt lassen. Von ungleich grösserem Reiz als die geschilderten Oertlichkeiten ist die nächste Umgebung von Bienemil, dessen Schreibart von miel oder miela (poln.), eine Untiefe, abgeleitet ist. Dieses Vorwerk liegt ungefähr in der Mitte des Weges von Alt-Strunz nach Station Driebitz, und gine Excursion von Breslau hierher würde leicht durch eine Togespartie zu ermöglichen sein. Meinem Reisebegleiter, Herrn Lehrer Wätzold in Glogau, bleibe ich zum grössten Danke verpflichtet, mich in diese bota- nische Fundgrube eingeführt zu haben. Wer bei Lissen die Schlawa- Fraustadter Strasse verlässt und durch fruchtbare Ackerfelder auf der breiten Ebene in der Richtung nach Bienemil dahinwandert, ist nicht wenig erstaunt, plötzlich an bewaldeten sandigen Abhängen zu stehen, die steil einen weiten Thalkessel umschliessen, der von Torflagern, Tei- chen und Sümpfen eingenommen wird und aus dem gleich Inseln und Halbinseln bewaldete Diluvialhügel auftauchen. Zweifelsohne haben wir auch hier ein altes Seebecken vor uns, dessen Abtluss in früheren Zeiten jene tiefe Schlucht eingerissen hat, in der noch heute ein Bach, „der der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 7 kleine Odergraben‘“, sich in der Richtung nach Alt-Strunz durch moorige Wiesen dahinwindet. Wer, wie wir, von Alt-Strunz kommend, in den von Birken umsäumten Kieferwald eintritt, findet zunächst eine ärmliche Sandflora, als deren grösster Schmuck Pulsatilla vernalis zu bezeichnen ist; sobald er jedoch jene Bachschlucht erreicht, begegnen ihm auf ent- waldeten Sandhügeln Pulsatilla pratensis, Dianthus arenarius, Scorzonera humilis in Gesellschaft von Dianthus Carthusianorum, Silene nutans, Spergula Morisonü, Alsine viscosa etc. — Ueberschreitet man nun die sumpfigen Wiesen, auf denen Sedum villosum, Blysmus compressus und Carex dioeea gedeihen, und wandert man am jenseitigen Ufer des Bachs, in dem Po- tamogeton rufescens fluthet, auf den trockenen, mit Kiefern bestandenen und wenigen Findlingsblöcken bestreuten Höhen weiter, so trifft man kleine, tief eingebettete Haidetümpel, die der Gegend ein charakteristi- sches Gepräge aufdrücken und wesentlich dazu beitragen, dass man sich hier in eine Gebirgslandschaft en miniature versetzt fühlt. Es sind von Betula alba umsäumte Sphagneta (Sph. cuspidatum und laxifolium), die von Equisetum limosum, Eriophorum gracile, Scheuchzeria und Oxycoceus durch- wuchert werden. Uebersteigen wir bei Bienemil einen kahlen Sand- hügel, so liest gegen Süd-West ein ausgedehntes Sumpfrevier vor uns, an dessen Abzugsgraben nur eine Reihe hoher Erlen auftaucht. Wir bewundern den schaukelnden, schwellenden, dieht zusammenhängenden Moosteppich, der stellenweise wie kurz geschorener Sammet die weite Fläche überzieht und zahlreichen seltenen Pflanzen erwünschte Standorte gewährt. Nur an den mehr trockenen Rändern bilden Gymnocybe und Sphagnum cymbifolium kuppenförmige Polster, während der überwiegend srösste Theil dieses Moores sich durch Hypna zusammensetzt, unter denen Camptothecium nitens, Amblystegium filicinum, Hypnum Kneiffüi, Sendt- neri, inlermedium, giganteum, cuspidatum, scorpioides und das seltene H. ver- nicosum Massenvegetation bilden, zwischen die sich Dicranum palustre, Fissidens “adiantoides, Dryum pseudotriquetrum und bimum etc. einmischen. Hier gelang uns der schönste Fund in der für Schlesien verschollen ge- glaubten Meesia Albertini, die hier mit M. tristicha und der nahe verwandten M. uliginosa ihre Existenz für lange noch behaupten wird. Auch konnte für diesen Standort das Vorkommen von Philonotis calcarea und Paludell« squarrosa noch constatirt werden. — Unter den Phanerogamen ist in orster Linie Liparis Loeselü zu nennen, ausserdem begegnen uns noch Orchis incarnata, Epipactis palustris, Seirpus Tabernaemontani, Limnochloe pauciflora, Carex dioeca, limosa, tereliuscula, paradoxa, Buxbaumia_ ete., Peucedanum Oreoselinum, Cicuta, Salix repens, Aspidium Thelypteris, und in den kleinen Gebüschen, welche die Sumpfränder bezeichnen, auch Trol- lius. — Steigen wir von Bienemil südöstlich nach Susannenthal hinab, so haben wir Gelegenheit, in dessen Umgebung Blysmus compressus, Carex disticha, Cieuta virosa P tenuifolia, Berula angustifoha und Peucedanum 118 ; Jahres-Bericht palustre zu sammeln. — Verlassen wir hier die nach Driebitz führende Strasse, um aul’s Ungefähr in westlicher Richtung unsern Rückweg nach Lissen anzutreten, so gelangen wir bald in den oben erwähnten Thal- kessel, auf dem umfangreiche Torflager von über 6 Fuss Mächtigkeit ausgebeutet werden. Auch hier füllen Cineraria palustris und Ranunculus sceleratus schaarenweise die Torflöcher aus, wogegen auf den trockenen Wiesen Fissidens osmundoides als einzige Seltenheit gesammelt wurde. — Von grösserem Interesse ist der Pflanzenreichthum eines bewaldeten Diluvialhügels, der auf dieser Torfwiese eine kleine Insel bildet. An dessen Fusse vereinigen sich im Schatten des Laubgebüsches: Geranium sanguineum, Trollius europaeus, Rubus saxatilis, Scorzonera humilis, Dianthus superbus, Convallaria majalis, Potentilla alba, Anthericum ramosum, Betonica, Astrantia major, Vincetoxicum, VWieia cassubica, Lathyrus silvestris und nach Wätzoldt’s Angabe auch Anthericum Liliago und Scorzonera purpurea; während in der Nähe an einem andern grasigen Abfalle auch noch Orchis mihtarıs anzutreffen ist. — Die Summe der um Bienemil vereinigten sel- teneren Pflanzen berechtigt zu dem Schlusse, dass hier bei sorgfältigem Suchen gewiss noch manche botanische, insbesondere eryptogamische Schätze zu finden sein dürften, zumal auch Freund Wätzoldt bei wie- derholten Besuchen immer Neues gesammelt hat, so zuletzt Alchemilla vulgaris als Novität für die Glogauer Flor. Als Gasammtresultat der Excursion ergiebt sich: Die Frühlingsflora des durchwanderten Gebiets trägt im Allgemeinen den Vegetations-Cha- rakter unserer sandigen tiefsten Ebene und besteht in Sand-, Sumpf- und Wasserpflanzen; sie passt auch mit ihren seltneren Erscheinungen in das Vegetationsbild, welches wir von der rechten Oderseite unterhalb Breslau besitzen, indem sie fast alle Eigenthümlichkeiten enthält, welche aus-der genauer durchforschten Wohlauer, Guhrauer und Beuthener Gegend be- kannt sind. Daraus folgt, dass einige für jetzt als ausserst selten ange- sehene Pflanzen der Ebene eine grössere Verbreitung innerhalb des Gebiets haben, als wir ihnen bisher beilesten. Die Schlawaer Flora unterscheidet sich jedoch in ihren Sumpf- und Wasserpflanzen durch das Vorwiegen der Carices und Hypnen und das massige Auftreten von Stratiotes und Cineraria palustris we- sentlich von den niederschlesischen Haidesümpfen zwischen Bober und Lau- sitzer Neisse, die sich vorwiegend aus Sphagnen zusammensetzen, — ein Unterschied, der wohl nur in dem thonig-schlammigen und wahrscheinlich kalkhaltigen Untergrunde der Schlawaer Sümpfe seine Erklärung finden dürfte. Indem ich hiermit die Skizze über meine Wanderungen schliesse, be- merke ich nur noch,' dass mir die von waldigen Abhängen eingefriedeten Um- gebungen Bienemils und die trotz der Ungunst des Wetters ausgeführten Wasserpartien um die See’n bei Schlawa ein Bild in der Erinnerung zu- rückgelassen, zu dem ich immer gern zurückkehre, wenn ich im Ge- tümmel der Stadt jener Tage voll Naturgenuss denke. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 119 Schliesslich legte der Vortragende noch einige seltene Pflanzen vor, die Lehrer Wätzold für die Glogauer Flora entdeckte: Polycarpum te- traphyllum, Astralagus Cicer, Lepidium Draba und Orobanche Galü. Herr Geh. Rath Göppert übergab zur Aufnahme in das Vereins- Archiv ein sorgfältig ausgearbeitetes Manuseript: „Flora Wohlaviensis‘ nach Wimmer’s Flora von Schlesien zusammengestellt von Heinrich Güntzel-Becker Wohlau 1870.“ In der zehnten Sitzung vom 8. December legte Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert ein bei Landeck gefundenes monströses Exemplar von Carlina acaulis vor, welches drei Blüthenköpfe, zwei seitliche klei- nere fast normal gebildete, und einen terminalen, sattelförmig in die Länge gezogenen, ähnlich der bandförmigen Stengelbildung, entwickelt hatte. Hierauf ferner zwei Karten Norwegens, die er der güligen Mitthei- lung des Directors des botanischen Gartens in Christiania, Herrn Prof. Dr. Schübeler verdankt. 1) Eine pflanzengeographische Karte Norwegens von Prof. Dr. Schü- beler in einer Grösse, wie sie wohl bis jetzt noch von keinem Lande, freilich auch hier nur in einer beschränkten Zahl von Exemplaren ver- öffentlicht ward. Sie ist nicht weniger als 8 Fuss hoch und 7 Fuss breit, liefert nach den besten vorhandenen Messungen die Umrisse des ganzen Landes mit seinen Binnengewässern und bekanntlich so ausserordentlich zerrissenen Küsten und Fjords, die in ihrer ganzen Erstreekung von der Südspitze vom 58° bis zum Nordeap überall von einem wahren Heere von grossen und kleinen Inseln eingefasst werden. Die grosse Fläche der Karte gestattet nun dem Herrn Verfasser, in das genauste Detail des Vorkommens und der Verbreitungsgrenzen der einzelnen Arten einzu- gehen, deren Namen, an 340, an den betreffenden Punkten überall ein- getragen sind. Beim Vergleiche der Flora der Küstengegenden mit der in gleicher Breite liegenden Flora des Innern des Landes oder des benach- barten Schwedens, erstaunt man über das unerwartete Vorkommen und Gedeihen sämmtlicher Culturpflanzen, wenn man sich nicht allsogleich des an diesen Küsten dahinströmenden Golfstromes erinnerte, welcher sie von der äussersten Härte des nordischen Winters bewahrt, wovon der Vor- tragende bereits früher in seinem Bericht über eine im Jahre 1859 dahin unternommene Reise ausführlicher berichtete (Vergl. Bemerkungen über die Vegetations-Verhältnisse Norwegens, Jahres-Bericht unserer Gesell- schaft 1860 $. 30 bis 50). Unsere Karte veranschaulicht unter anderen die Zusammensetzung der Wälder, welche hier aus Kiefern, Fichten und Birken bestehen und ihre äusserste nördlichste Grenze, die Verbreitung der Culturpflanzen (Borstorfer Aepfel reifen noch unter dem 68°, Man- deln unter 59° 7‘, selbst echte Kastanien unter 590 54‘, Wallnüsse 63° 120 Jahres-Bericht 5’ ete.) die sich auf die zahlreichen, von Herrn Schübeler schon früher veröffentlichten höchst werthvollen Beobachtungen beziehen, (dessen Werk über die Culturpflanzen Norwegens mit einem Anhang über die altnorwe- sische Landwirthschaft. Christiania 1862), die Nordgrenzen der zahlreichen deutschen Pflanzen der Ebene und der Alpen, welche letzteren sich hier mit den arktischen vermischen und den grössten Theil der Polarflora bei- der Hemisphären bilden. Von den 500 Phanerogamen, welche die Polar- flora enthält, können bekanntlich nur etwa 200 als ihr eigenthümlich zu- gesprochen werden. Diese ausgezeichnete und in ihrer Art einzige Karte liefert einen neuen Beweis, mit welchem Eifer und Erfolge sich unsere nordischen Collegen die Erforschung der naturwissenschaftlichen Verhältnisse ihres Landes angelegen sein lassen, die an Bedeutung, besonders in pflanzen- geographischer Hinsicht, nicht hoch genug zu schätzen sind. 2) Die zweite hier vorliegende Karte ist eine von der geographi- schen Vermessung Norwegens herausgegebene Reisekarte der südlichen Stifter in 44 Zoll Höhe und 26 Zoll Breite, welche eine ausserordentlich genaue Aufnahme des Landes bis zum 65° umfasst und dabei auch Reise- bedürfnisse, Unterkunfts-Verhältnisse u. dergl. berücksichtigt, welehe dem Wanderer in diesem weitausgedehnten und menschenleeren Lande nur erwünscht sein werden, Dass eben insbesondere aus dieser letzteren Ursache ihre Aufnahme ganz besonderen Schwierigkeiten unterlegen und nur erst allmälig in einer Reihe von Jahren zu Staude gebracht werden konnte, erscheint selbstverständlich. Herr Dr. phil. W. G. Schneider beschrieb 2 neue, in Schlesien gefundene Arten aus der Familie der Uredineen (Rostpilze) und zwar: 1) Uromyces Prunellae, n. sp. auf Prunella vulgaris, in seinen 3 Generationsformen. Die Teleutosporen sind braun, breit eiförmig bis fast kugelig, an der Spitze mit breitem, stark hervortretendem helleren Scheitel; Stiel sehr kurz, wasserhell. Vom Vortragenden nur auf einem Exemplar bei Skarsine im September 1869 gefunden. Das Aecidium mit weissen gezähnelten Pseudoperithecien und weissen Sporen wurde bei Liegnitz dies Jahr von Herın Gerhardt gefunden. Den Uredo mit braunen kugeligen Sporen fand der Vortragende vor 6 Jahren bei Reinerz im Grunwalder Thale am Ufer der Weistritz. 2) Puceinia caulincola, n. sp. 'Teleutosporen länglich rund, nie- dergedrückt, in der Mitte eingeschnürt, stiellos, bräunlich; die einzelnen Fächer fast kugelig, meist breiter als hoch. In den Stengeln von Thy- mus Serpyllum, dieselben verdiekend. Von Herrn Ober-Stabsarzt Dr. Schröter bei Sybillenort und von Herrn Gerhardt bei Liegnitz im Juli d. J. gefunden. Ferner legte der Vortragende eine Anzahl für Schle- sien neuer Arten und Formen aus der Familie der Peronosporen vor, welche in diesem Jahre gefunden worden, nämlich: Peronospora densa, der Schles. Gesellsch. £. vaterl, Cultur. 121 Rabh. auf Melampyrum nemorosum; P. gangliformis, Berk. auf Cirsium ca- num; P. parasitica auf Dentaria glandulosa, Sisymbrium Sophia, Carda- mine pratensis und Lepidium ruderale; P. Viciae, Berk. auf Vieia Sepium, Pisum sativum und Orobus vernus,; P. Alsinearum, Casp. auf Stellaria graminea; P. effusa, Grev. auf Chenopodium murale, Chen. hybridum, Atriplex roseum, Atrip. nitens und Polygonum Convolvulus; P. Ficariae, Tul. auf Ranuneulus Flammula; P. Myosuri, Fuck. auf Myosurus minimus ; P. Trifoliorum, de Bary auf Trifolium striatum; P. Calaminthae, Fuck. auf Calamintha Acinos; P. grisea, Ung. auf Veronica Anagallis; P. Poten- tillae, de Bar. auf Potentilla supina; Oystopus candidus, Lev. auf Si- napis arvensis; OÖ. spinulosus, de Bar. auf Cirsium palustre. Die Feier des alljährlich in Gemeinschaft mit der entomologischen Section gefeierten Stiftungsfestes wurde diesesmal durch Beschluss der Section der ernsten Zeitverhältnisse wegen ausgesetzt. Um das Andenken ihres langjährigen Secretairs, des am 12. März 15868 verstorbenen Schulrath Prof. Dr. Wimmer, dessen Flora von Schlesien für die botanische Erforschung der Provinz Grund legend ge- wesen ist, dankbar zu ehren, beschloss die Section, auf Antrag des Se- eretairs, die Errichtung eines Denkmals auf Wimmer’s Grabe in die Hand zu nehmen und für diesen Zweck seine Freunde und Schüler, so wie insbesondere die Botaniker Schlesiens zu Beiträgen aufzufordern. Neue Standorte Schlesischer Moose und Farne Prof. Dr. J. Milde. H, = Hellwig. L. = Limpricht. Z. = Zimmermann. M.= Milde. Sch. = Schulze. Phegopteris polypodioides Fee. Bei Bunzlau am Försterbach in der Zeche häufig; am Hosenitzgraben in der Wehrauer Haide und in einer schattigen Waldschlucht am Husarensprunge bei Liegnitz (Limpr.). Sorauer Stadtforst (Everken). Ph. Dryopteris Fee. Bei Bunzlau in den Looswitzer Steinbrüehen, in einem Laubwalde bei Alt-Jäschwitz, im Zumm bei Kittlitztreben und am Husarensprunge bei Sirgwitz (L.). Ph. Robertiana Al. Braun. Neuland bei Löwenberg in den Ritzen der Kanal-Mauer im Park und häufiger in und auf einer alten Gar- tenmauer am Wege nach dem Gypsbruche; früher auch an der Walditzer Kirchhofmauer bei Bunzlau (L.). Athyrium Filix femina var. prwinosum Moore. Bei Krummhübel im Eulen- grunde, am Waldrande, ein einziger ausgezeichneter Stock- (Milde 1866). 122 Jahres-Bericht Aspidium Filix mas var. Barnetii Moore. An einer Dorfmauer unterhalb Krummhübel (Milde 1866). Beide Varietäten sind in meinen Filices Europ. et Atlant. be- schrieben. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass das Aspi- dium Opizü Wierzbicki in der Regensb. Flora 1840 p. 379 gleich- falls von A. Filie mas nicht verschieden ist und zwar zur var. Heleopteris gehört, während Aspidium espansum Dietr. Flor. Jenens. ganz nahe der var. incisum Moore (umbrosum Milde olim) des A. Filix mas tritt. Aspidium cristatum Sw. Machen bei Sagan (Everken); Hammerteich bei Greulich (L.) A. montanum Vogl. Försterbach in der Zeche bei Bunzlau (L.). A. Thelypteris Sw. Sehr zahlreich an einem Waldrande zwischen Nimkau und Bruch (M.); gleichfalls auf den Torfsümpfen um Bunzlau und Schlawa (L.). A. lobatum Sw. Rabengebirge (v. Uechtr.); am Probsthainer Spitzberge auf Basalt und häufiger am Frauenberge bei Löwenberg auf Me- laphyr; in wenigen Stöcken in einem alten Brunnen am Gyps- bruche bei Neuland (L.). Cystopteris fragilis var. deltoidea Shttlew. In schönen Exemplaren an einer Mauer in Krummhübel (Milde 1866). Sehr seltene Form. Neu für Schlesien. Asplenium viride Huds. An Felsen dicht an der Elbe unten bei St. Peter im Riesengebirge. Eine kleine Colonie, die sich durch das häu- fige Auftreten gabeliger Blätter auszeichnete (M.). A. Trichomanes Huds. Um Bunzlau am Basalt des Gröditzberges und des Probsthainer Spitzberges, Quadersandstein im Queisthale bei Wehrau und in alten Sandsteinbrüchen bei Warthau (Limpr.). A. septentrionale Sw. Teufelswehr bei Wehrau (L.). A. germanicum Weiss 1770 (A. Breynü Retz 1774). In Pracht-Exemplaren der var. montana auf Kalkhügeln bei Nieder-Lindewiese im Ge- senke gesammelt (Fritze). An Felsen im Fuchswinkel und an den Rabenfelsen und dem Geierstein bei Liebau (v. Uechtr.); Gröditzberg, Probsthainer Spitzberg, Mönchsberg, Willenberg (L.) Mit Unrecht findet man immer noch diese Art als A. Breynü benannt. A. Adiantum nigrum L. Bei Ober-Langenbielau auf einem Vorberge der Sonnenkoppe (Hilse). Onocleq Struthiopteris Hoffm. Ungemein häufig am Goldbach bei Sagan (Everken); am kiesigen Boberufer bei $Siebeneichen oberhalb Löwenberg (Dresler). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 123 Blechnum Spicant Roth. Sagan, selten (Everken). Zahlreich in der Zeche, im Goldmühlbusch, in der Greulicher Haide, in der Gemeinhaide in der Hosenitz bei Bunzlau (L.). Polypodium vulgare L. Eine kleine Colonie auf den Höhen südlich der Eisenbahn hinter Nimkau (M.). An vielen Orten um Bunzlau: Looswitz, Sirgwitz, Hohlstein, Löwenberg, Wehrau (Limpr.). Sagan, selten (Everken). | Osmunda regalis var. acuminata Milde. Diese Form erhielt ich sehr zahl- reich durch die Herren Tappert und Wätzold. Die Form der Fiederchen erscheint sehr constant in der beschriebenen Weise, die paradoxe Ordnung dagegen ist doch weit seltener, als die normale. Botrychium ternatum Sw. (1800). An der Weissgalle auf dem Stritt bei Schönberg und Friedland. (herb. sil.). Am Fusse der Sonnen- koppe in einem Hohlwege (Roth). In der Haide zwischen Aslau und Modlau (Limpr.). B. Lunaria Sw. Machen bei Sagan (Everken); an vielen Orten um Bunzlau. (Limpr.). B. matricariaefolium A. Br. Bei Doberau und auf dem Krommnitzer Kirchhofe (Limpr.). Equisetum silvaticum L. In Menge an einem Graben an der Rückseite des Heiligen Berges bei Oswitz (M.), Nimkau (Ders.) E. arvense v. nemorosum A. Br. Nimkau (Ders.). E. pratense Ehrh. Süsswinkel. Die im vorigen Jahres-Berichte aufge- führte var. umbrosum ist zu streichen. E. limosum «&. Finnaeanum Döll. Auf der grossen Iserwiese bei den Iser- häusern in tiefen Sümpfen bei 2500 Fuss (Limpr.). Var. uligi- nosum Mühlbg. Kamm des Riesengebirges, bei der Scharfbaude in Sümpfen um das Silberwasser bei 4000 Fuss (Limpr.). Von mir schon früher um den grossen und von Stein um den kleinen Teich im Riesengebirge gefunden. E. hiemale a) genwinum A. Br. Hammervorwerk bei Schlawa (Limpr.). Bunzlau (L.)., Um Sagan sehr häufig (Everken). Lgeopodium inundatum L. Höchster Standort in Schlesien: Grosse Iser- wiese bei 2500 Fuss (Limpr.). Um Bunzlau und Sagan gemein (L. — Everken). Bei Rosenau unterhalb der Quarkstubben (v. Uechtr.). In ungewöhnlicher Menge auf einem feuchten Haide- striche zwischen Bruch und Nimkau mit Drosera, Pyrola rotundi- Jolia, Sphagnum rigidum und Sph. Lindbergi, Jungermannia, inflata, J. irrigua, J. Mildeana etc. L. Selago L. Rabengeb. (Ders.) Bunzlau (L.) selten um Sagan (Everken). L. annotinum L. Bunzlau (L.). Sagan, selten (Everken). L. complanatum a) anceps Wallr. Bunzlau (L.). 124 Jahres-Bericht Pilularia globulifera L. Ausgetrocknete Teiche zwischen Kaiserswaldau und Kreibau bei Bunzlau (Limpr.). Salvinia natans All. Bunzlau (L.). Weisia viridula Brid. Hasel bei Jauer (Z.) Kitzelberg (Sch.). Rhabdoweisia fugax B. 8. Zobtenberg (L.). Rh. dentieulata B. $. Weisswassergrund (Dr. Stricker). Cynodontium gracilescens Schpr. Bleiberge im Bober-Katzb. Geb. (Z.) var. inflewum Schpr. Kessel im Gesenke (L.). Dichodontium pellucidum Schpr. Hasel (Z.);.Herischsdorf (M.). Quarklöcher (Limpr.). Dicranella Schreberi Hdw. Kl.-Kletschkau in einem Ausstiche (M.). Vor Hundsfeld (M.). Bergwerk bei Grünberg (H.) D. rufescens Schpr. Grünberg, (H.) D. cervieulata Schpr. In einem tiefen Graben im Scheitniger Parke in unendlicher Menge (M.). Grünberg (H.). Dieranum Blyttü B. 8. Isergeb.: Felsblöcke am Ufer der grossen Iser unterhalb der Kobelhäuser (L.). D. longifolium Hdw. Bei Hayn und Herischdorf (M.). D. elongatum Schw. Gl. Schneeberg (L.). D. palustre B. 8. Sumpfwiesen um Herischdorf (M.). Dieranodontium longirostre B. $. var. montanum Milde. Zackenfall und Grosser Teich (M.). var. alpinum (Campylopus alpinus Schpr.). Aupa-Abhang, in ausgezeich- neten Exemplaren (L.). Neu für Schlesien. var. fulgidum Milde. Cudowa: Wildes Loch (M.). var. subalpinum Milde. Kleiner Teich (M.). var. eireinatum (Dieranum Schpr.). Grosse Schneegrube (Wichura). Am Eingange in die kleine Schneegrube (Limpr.). Sämmtliche For- men wurden beschrieben in der Botanischen Zeitung 1870 Nr. 26 pag. 414. Campylopus turfaceus B. $. Zwischen Bruch und Nimkau an einer Stelle ziemlich häufig und sehr hochstengelig (Limpr. — Milde). Fissidens pusillus Wils. Hasel (Z.). Mühlberg (Sch.). Kitzelberg (L.). Wenig-Rackwitz bei Löwenberg, an Sandstein (Dresler). F. ineurvus Schw. Grafschaft Glatz (Seliger). Heyders Berg, Holzmanns Ziegelei und Rodeland bei Grünberg (H.). F. osmundoides Hdw. Basalt der kleinen Schneegrube (M.). Torfwiesen bei Bienemil (Limpr.). F. deeipiens DNtr. Mühlberg bei Kauffung (Z.). Diese Art wird doch wohl zu streichen sein, da der Blüthenstand ein durchaus unzu- verlässiges Merkmal abgiebt. Seligeria Donnii C. M. Mühlberg bei Kauffung (Z.). der Schles. Gesellschaft f, vaterl, Cultur. 135 S. pusilla B. 8. Wurde in schönen Exemplaren an dem einzigen be- kannten schlesischen Standorte, den Quarklöchern, wieder auf- gefunden von Limpr. Pottia lanceolata ©. M. Am Schlawa-See (L.).. Dammrauer Berg bei Grün- berg (Hellwig). Trichostomum latifolium Schw. Mariannenstein am Glatzer Schneeberge (L.). T. erispulum Breh. Quarklöcher (L.). Barbula rigida Schultz. Hasel (Z.). B. convoluta Hdw. Häufig um Spindelmühle im Riesengebirge (M.), Hasel (Z.). B. graeilis Schwgr. Dorfmauer in Ludwigsthal im Gesenke (L.). B. rigidula Milde. Nieder-Waltersdorf bei Friedland (M.). Kitzelberg (Z.). B. unguieulata Hdw. Noch im Riesengrunde am alten Bergwerke, auf Urkalk (L.). B. tortuosa W. et M. Mühlberg (Z.); Spindelmühle (M.). B. subulata Brid. In Hayn an Dorfmauern gemein (M.). B. latifoia B. S. Im Walde von Leubus an alten Eichen (M.). var. propagulifera Milde. Brutkörner ganz der von DB. papillosa Wils. und mit dieser an Eichen im Scheitniger Park (M.). Sehr selten — Oderwald bei Grünberg (H.). B. pulvinata Jur. Am Holzwerk der weiten Mühle, auf der Louisenhöhe und in Künzel’s Garten in Grünberg (H.). Erratische Blöcke bei Schlawa (L.). var. rupestris Schimp. (B. intermedia Wils.). Peterstein im Gesenke (L.). Mariannenstein am Glatzer Schneeberge (L.). Archidium altermifolium Schpr. Mit Bryum Klinggraeffü vor Hundsfeld (M.). Trichodon eylindrieus Schpr. Schäferei unter dem Peterstein (L.). Leptotrichum pallhdum Hampe. Mühlberg (Sch.); Buchenwald bei Skar- sine (Sch.). L. flexicaule Schpr. Petersgrund bei Bolkenhain (Z.). = Distichium capillaceum B. 8. Kitzelberg (Sch.). Sporledera palustris Hampe. An den Wänden tiefer Torfgräben bei Neu- Schönfeld nahe Bunzlau. Mai 1870. (Limpricht). Grimmia Schultzü Brid. Sehr verbreitet in ausgedehnten, oft fruchtenden Rasen im Thale von Herischdorf bis Hayn, an zahllosen Stellen, namentlich vor Giersdorf (M.). - G. trichophylla Grev. Ganz wie vorige, aber etwas seltener und meist steril (M.). G. Mühlenbeckii B. 8. Buchberg bei Frankenstein (L.). @G. Donni Sm. Mit Frucht. Sparsam bei Herischdorf (M.); wenige Frucht- Exemplare sammelte v. Flotow 1816 auf einem Geschiebe um Heidorf bei Wohlau. 126 Jahres-Bericht G. commutata Hueb. und G. leucophaea Grev. im Hirschberger Thale ganz gemein, fast ebenso auch G. ovata W. et M. (M.). Letztere auch auf dem Bleiberge (Sch.). G. suleata B. S. Im Kessel des Gesenkes am Mora-Falle mit G. alpestris und Uebergängen zu dieser (L.). Racomitrium acieulare Brid. Auf einer feuchten Wiese an einem Granit- blocke bei Herischdorf (M.). Im Haynwasser daselbst (M.). R. heterostichum Brid. Nicht häufig um Herischdorf (M.). Auf Geschieben um Grünberg (H.). Amphorichum Mongeotii Schpr. Neukirch im Katzbachgeb. (Z.). Schönau (Z.). Ulota Hutchinsiae Schimp. Weinberg bei Herischdorf (M.). Orthotrichum cupulatum Hoffm. Mühlberg bei Kauffung (Uch.). August- berg bei Grünberg (Hdw.). . Sturmiö H. et H. Hayn (M.). . patens Breh. Grünberg (H.). . obtusifolium Schrad. Auf Populus tremula im Walde von Leubus (M.). . Lyelliüi Hook. Schertendorf bei Grünberg (H.). . appendiculatum Schpr. ist namentlich an Pappeln der Hundsfelder Chaussee sehr häufig, jedoch sicher nicht specifisch von O. fa- | stigiatum verschieden (M.). SESISESES Encalypta apophysata N. et H. Mariannenstein am Glatzer Schneeberge (L.). Schistostega osmundacea W. et M. Zobten (L.). Am Wege von der Schwei- zerei nach Wölfelsgrund und vor Karlsbrunn im Gesenke auf Erde (L.). Webera longicolla Hdw. Kessel im Gesenke (L.). Bryum pendulum Schpr. Schottwitz (M.); Herischdorf (M.). Schestendorf bei Grünberg (H.). B. inclinatum Bland. Vor Hundsfeld und bei Schottwitz (M.). Am Schlawa-See (L.). Pirnig und Rohrbusch bei Grünberg. B. lacustre Blande In grosser Menge bei Schottwitz (M.). B. uliginosum B. $S. Bei Bruch mit Hypnum hygrophilum (L. M.). Sche- stendorf bei Grünberg (H.). B. fallax Milde. In Menge in einer kleineren Form bei Schottwitz. Zweiter Standort! (M.). intermedium Brid. Hasel (Z.); Grünberg (Hel.). bimum Schreb. Ruda bei Rybnik (Fritze); Schottwitz (M.). Glaser- steinteich bei Herischdorf (M.). In der Nähe des Josephinen- hügels (M.); bei Bruch (M.). Vielfach um Grünberg (H.). B. erythrocarpum Schw. Klein-Kletschkau (M.). Rohrbusch bei Grün- berg (H.). Klingräffü Schpr. Klein-Kletschkau (M.); bei Herischdorf mit B. cy- clophyllum (M.) nm» > en ec der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 127 B. alpinum L. In der Nähe des Bahnhofes der Rechten Oder-Ufer-Eisen- bahu (M.); in einem Ausstiche vor dem zoologischen Garten (M.); bei Nimkau (M.); am Glasersteinteiche bei Herischdorf (M.); in sehr grosser Menge auf nassen Felsen unterhalb vom Hayn-Falle. Früchte selten (M.). Erlbusch bei Grünberg (H.). B. Muehlenbeckü B. $S. Auf nassen Felsen im unteren Theile des Weiss- wassergrundes und an der Elbe bei St. Peter nicht selten, Früchte sparsam (M.). B. eyelophyllum B. 8. In sehr grosser Menge, steril, am Scheibenteiche bei Herischdorf (M.). B. atropurpureum B. 8. Brückenmauer der weiten Mühle bei Grün- berg (H.). B. roseum Schreb. Hohe Mense (M.). B. eirrhatum B. $. Ufer des Schlawa-See’s (L.). Altes Holzwerk an der weiten Mühle (H.). B. intermedium B. 8. Waldmühle bei Grünberg (H.).: Mnium rosiratum Schrad. Nimkau (M.). M. spinosum Schw. Bleiberge im Boberkatzbachgebirge (Z.); Zobten (L). Langenbielau (W. Roth); Spindelmühle im Riesengebirge (M.). M. orthorrhynchum B. S. und M. stellare Hdw. Quarklöcher am Glatzer Schneeberge (L.). M. undulatum L. Im Sumpfe am Langwasser bei St. Peter (M.). Meesea tristicha und M. uliginosa Hdw. Bienemil bei Schlawa (L.). M. Albertini B. $. Ziemlich selten um Bienemil bei Schlawa (L.). Paludella squarrosa Ehrh. Wie vorige (L.). Bartramia Halleri Hdw. Mariannenstein am Glatzer Schneeberge (L.). Philonotis calcarea B. $S. Kitzelberg (Sch.); Bienemil bei Schlawa (L.). Anlacomnium androgynum c. fr. Fasanerie bei Deutsch-Wartenberg (H.). Tetrodontium Brownianum Schw. Tief unten am Weisswasser (L.). Atrichum tenellum B. 8. Nimkau (M.). Pogonatum urnigerum B. 8. Hirschberg bei Grünberg (H.). Polytrichum gracile Dicks. Nimkau (M.). An einem See-Rande im Schrei- bergrunde die ausschliessliche Vegetationsdecke bildend (M.). P. commune v. perigoniale B. $. Nimkau (M.); Spindelmühle im Riesen- gebirge (M.). P, strictum Banks. Rohrbusch bei Grünberg (H.). Buxbaumia indusiata Brid. Bleiberge (Z.). Andreaea petrophila Ehrh. Selten um Herischdorf (M.). A. rupestris Schpr. Kessel im Gesenke (L.). LDeskea nervosa Myr. Zedlitzbusch bei Königszelt (M.). Hohe Mense; Quarklöcher (L.). Anomodon longifolius Hartm. Bischwitz an der Weide c. fr. (M.). Bien- wald bei Bolkenhain (Z.). 1283 Jahres-Bericht A. apieulatus Schpr. Mariannenstein am Glatzer Schneeberge; an Buchen am Wege nach Goldenstein mit Brachythecium Geheebü (L.). Auf dem Plateau des Zobtens (L.). Pseudoleskea atrovirens B. 8. Von Spindelmühle hinab bis an’s Lang- wasser in Menge, auch an Steinen der Mauern (M.). Hornschloss bei Charlottenbrunn, an Felsen (Wichura 1851). Heterocladium heteropterum B. $. Kessel im Gesenke (L.). H. dimorphum B. $S. An einem Baume am Dammrauer Berge bei Grün- berg (H.). Fontinalis hypnoides B. 8. Mühlenteich bei Grünberg. Fruchtend. (Hellwig). Neckera cerispa Hdw. Bleiberge (Sch.) mit N. complanata. Oderwald bei Grünberg (H.). Neckera complanata L. Oderwald bei Grünberg (H.). Antitrichia curtipendula var. falcata. Blätter stark sichelförmig-einseits- wendig. Teufelsmauer bei Lähn (L.). Lescuraea striata B. 8. Sorbus-Region am Altvater und Oppa-Falle (L.). Platygyrium repens B. $. Scheitniger Park (M.); Josephinenhügel bei Ott- witz; Nimkau; sehr verbreitet auf Holzdächern im Hirschberger Thale (He:ischdorf, Warmbrunn, Giersdorf, ‚Hermsdorf, Hayn). Zedlitzbusch bei Könisszelt (M.). var. rupestris. Auf Granitblöcken am Weinberge bei Herischdorf. Kommt auch, wie Leskea nervosa, in einer Form mit Brut- ästechen vor. "Orthotheeium intricatum B. 8. Brünnelhaide, Peterstein, Altvatersteine (L.). Homalotheevum Philippeanum B. 8. Mühlberg bei Kauffung (Z.). Iwano- wice, Königreich Polen, auf Kalk (Fritze). Pylaisia polyaniha Schpr. An Buchen zwischen St. Peter und den Spind- lerbauden (M.). Eurhynchium Vaucheri Schpr. Auf Kalk des Mühlberges bei Kauffung (Schulze 6. October 1570); Kitzelberg (Z.). E. Stokesii B. $. Freiburger Stadtforst (Z.); Bobernig und. Pirnig bei Grünberg (H.). E. murale B. $. Hasel und Neukirch im Katzbachthale ($ch.). var. Julaceum. Quarklöcher (Limpr.). E. speciosum Schpr. Grünberg, Erlenbruch an der Grünstrasse (H.); Iwa- ' nowice in Polen (Fritze). E, piliferum B. 8. Um Grünberg häufig (H.). E. sirigosum B. $. Dammrauer Berg (H.). Plagiothecium Schimperi Jur. et, Milde. Sehr häufig oberhalb Hayn zur Spindlerbaude hin (M.). Pl. Roeseanum B. $. Rohrbusch und weite Mühle bei Grünberg (H.). Pl. silvatioum B. $. Rohrbusch bei Grünberg (H.). Pl. silesiacum B. $. Ebenda (H.); Spindelmühle (M.); Sehlawa (L.). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 129 Pl. latebricola B. $S. Grünberg (Everken). Amblystegium subtile B. 8. Zedlitzbusch bei Striegau (M.). A. filieinum Lindb. Bienemil bei Schlawa (L.). A. curvipes B. S. Am Schlossberge und im Rohrbusche bei Grünberg sammelte Hellwig Exemplare, die ganz mit Abbildung und Be- schreibung der Bryol. eur. übereinsiimmen. A. Kochi B. 8. Nimkau (Sch.). Schertendorf bei Grünberg (H.). A. radicale B. $. Alt-Struntz bei Schlawa (L.); am Bergwerke bei Grün- berg (H.). Brachythecium reflexum B. 8. Zobten (L.); Bleiberge (Sch.); Weisswasser- srund; oberhalb Hayn (M.). B. Mildeanum Schpr. Hasel (Z.); Schlawa (L.). B. Starckü B. 8. Zobten (L.); Rohrbusch bei Grünberg (H.); Hohe Mense (M.); Bleiberg (Sch.). . campestre B. 8. Rohrbusch bei Grünberg (H.). . rivulare B. $S. Rohrbusch bei Grünberg (H.). . Gehebi Milde. Am Wege nach Goldenstein im Gesenke an Buchen (L.). Fruchtend auf dem Gipfel des Zobten (L.). B. glareosum B. 8. Ober-Kunzendorf bei Freiburg im Kalkbruche (Z.). Grünberg (H.); Hasel (Z.); Quarklöcher (Limpr.); St. Peter (M.). Hypnum hygrophilum Jur. Grünberg im Rohrbusche (Everken), und am Hirschberge (H.); Bruch (L. M.). H. Sommerfelti Myr. Rybnik (Fritze); Hasel (Sch.); um Grünberg nicht selten (H.). H. Halleri L. fl. Quarklöcher am Glatzer Schneeberge (L.). H. chrysophyllum Brid. Hasel; Trebnitzer Buchenwald (Sch.); Grün- berg (H.); ß. tenellum. Schottwitz (Milde). . subpinnatum Lindb. In der Harte bei Freiburg (Sch.). Ist nach meiner Ansicht doch nur Form von H. squarrosum. . conliguum N. ab E. Hasel (Z.). . polygamum Sehpr. Rohrbusch bei Grünberg (H.). Schottwitz (Milde). Erlensümpfe am Schlawa-See (L.). . uncinatum Hdw. Grünberg nicht selten (H.). . scorpioides Dillen. Schlawa-See und Tarnauer Teiche (L.). . vermicosum Lindb. Bienemil bei Schlawa (L.). . commutatum Hdw. Wearteberg bei Riemberg (Sch.). Heinersdorf bei Grünberg (Helw.). H. falcatum B. 8.. Hainbachs Vorwerk bei Grünberg (H.). H. subsulecatum Schpr. Kessel im Gesenke (L.). H. rugosum Ehrh. Koppenkegel (L.), Spindelmühle (M.). H. pallescens Schpr. Rother Berg, Knoblichwiesen, Schäferei am Peter- stein und Schweizerei um den Altyater (L.). iu bu by Ruta Sm 5m 9 130 i Jahres-Bericht H. scorpioides. Schlawa (L.). H. callichroum Brid. Weg zur Spindlerbaude (M.). H. molluscum Hdw. Bienemil bei Schlawa (L.); Spindelmühle (M.). H. cerista castrensis L. Bei Spindelmühle (M.). H. Iycopodioides. Bei Bienemil (Limpr.). Tarnauer See bei Schlawa (Limpr.). H. cordifohum Hdw. Adersbach; Herischdorf. (M.) Rohrbusch bei Grünberg (H.). Tarnauer See (L.). H. giganteum Schpr. Scheibenteich bei Herischdorf; am Langwasser bei Spindelmühle (M.). Hammer-See bei Schlawa (Limpr.). H. trifarium W. et M. Osglisch-See bei Schlawa (L.). H. palustre L. Goldberg (Z.); Iserwiese (L.). Sphagnum laxifolium C. M. Peuker Wald bei Sibyllenort (M.). S. fimbriatum Wis. Nimkau (M.). S. Gürgensohmii Russow. Schreibergrund bei Herischdorf; oberhalb Hayn; unterhalb der Spindlerbaude (M.),. Im Gesenke sehr ver- breitet (L.). S. squarrosum Pers. Um die Spindlerbauden (M.); Freiburg im Stadt- forste (Z.). var. squarrosulum. Zwischen Nimkau und Bruch (M.). Freiburg in der Harte (Sch.). S. teres Angstr. Nimkau (M.); Herischdorf (M.); unterhalb der Spindler- baude (M.). Rothes Wasser bei Grünberg (H.). S. Lindbergü Schpr. In 2 kleinen Colonien auf einem feuchten Haide- sirich mit 8. rigidum bei Nimkau (7. Juli 1870 M.). S. rigidum Schpr. Peuker Wald (M.). Kessel im Gesenke (L.). 8. subsecundum N. et H. Bei Ottwitz (L.). Grünberg (H.). Ueber kritische Moose. Von J, Milde. a. Fissidens. Durch die Untersuchungen meines Freundes Ruthe wird über dieses Genus ein neues Licht verbreitet; durch fleissiges Nach- untersuchen habe ich mich von der Richtigkeit der wichtigeren That- sachen überzeugt. Der Blüthenstand ist nämlich merkwürdig schwan- kend, wie bisher bei keinem anderen Moose beobachtet wurde. Fissi. dens bryoides kommt z. B, einhäusig, zweihäusig und zwitterig vor, mit bald nackten, bald umhüllten Antheridien, F. gymnandrus fällt somit als sogenannte gute Art, ebenso wie F. decipiens De Ntrs. fallen muss. Nach der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 131 zahllosen Untersuchungen muss ich behaupten, dass F. adiantoides höchst selten einhäusig vorkommt. Als wahrer Proteus erweist sich F. incurvus Schw., von dem auch bei uns mehrere Formen vorkommen. Fiscidens pusillus Wils. und F. crassipes Wils. erwiesen sich gleichfalls als bestän- dige Arten. b. Orthotrichum appendiculatum Schpr. Im Sommer 1870 wurde diese Pflanze von mir auf’s Angelegentlichste verfolgt und an vielen Stellen um Breslau, namentlich an den Pappeln vor Hundsfeld, aufgefunden und mit O. fastigiatum Bruch verglichen. Es wurde nun constatirt, dass die Bekleidung des Blattes mit Papillen je nach dem Alter sehr wechselt und an jungen Blättern stets stärker ist, dass die Anhängsel an den Wimpern ausserordentlich wechseln, an Länge sowohl wie an Zahl, dass die wurmförmigen Zeichnungen auch noch an O. affine vorkommen. Das Endresultat war, dass O. fastigiatum und O. appendiculatum zusammen- gezogen werden musste. Verzeichniss der im Jahre 1870 bekannt gewordenen Fundorte neuer und weniger häufiger Phanerogamen Schlesiens von Dr. A. Engler. Phleum alpinum S. Rehorn!! Calamagrostis lanceolata Roth. Herischdorf bei Warmbrunn (Prof. Milde!). Melica uniflora Reiz. Schweidnitz: Schlossberg im goldnen Wald (Peck!). Reichenbach: Fiseherberg bei Peilau!!, Herrleberg bei Langen- bielau (Schumann). Poa bulbosa L. Am Schlawaer See häufig (Limpricht!!). Brachypodium pinnatum PB. Schweidnitz: Ludwigsdorfer Berge (Peck!). Elymus europaeus L. Kohlgrund im Eulengebirge (Fick). Carex Pseudo-Oyperus L. Um Trachenberg verbreitet!! C. ampullacea Good. Schlawa (Limpricht!). C. longifolia Host. Schweidnitz: Wiesen bei Tampadel und KI. Silster- witz (Peck!). C. limosa L. Um Schlawa häufig (Limpricht!). C. strieta Good. Trachenberg: Nesigode!!, Schlawa (Limpricht!). 9* 132 Jahres-Bericht C. caespitosa L. Schweidnitz: Wiesen bei Tampadel (Peck). C. hyperborea Dreyer. (a. A.) Koppenplan (Hieronymus). C. cyperoides L. Br.: Kl. Kletschkau (Herm. Milde!), Reichenbach: an einem Teich in Peilau (Fick!!), Herischdorf bei Warmbrunn (Prof. Milde). C. brizoides L. An der Grenze des Gebiets zwischen Königshain und Schatzlar ganze Strecken bedeckend!!, Schlawa (Limpricht!). C. panieulata L. Trachenberg!!. C. paradoxa W. Schlawa (Limpricht!). C. disticha Huds. Schlawa (Limpricht!). C. Davalliana Sm. Bolkenhain: Lauterbach (Fick). Heleocharis ovata R. Br. Reichenbach: Teich am weissen Hof in Peilau (Fiek!!. Praussmühlteich (Fick). H. uniglumis Link. Schlawa (Limpricht!). Limnochlo& pauciflora Wimm. Schlawa (Limpricht!). Blysmus compressus Link. DBienemil und Tarnauer See bei Schlawa (Limpricht!). Eriophorum vaginatum L. Um Sehlawa häufig (Limpricht!), an der Grenze des Gebiets zwischen Königshain und Schatzlar!!. E. gracile Koch. Bienemil bei Schlawa (Limpricht!). Seirpus Tabernaemontani Gmel. Tarnauer und Schlawaer See (Limpricht!)- Se. maritimus L. Schlawa (Limpricht!), Scheibenteich bei Herischdorf bei Warmbrum (Milde). Triglochin palustre L. Um Schlawa verbreitet (Limpricht!!). T, maritimum L. Tarnauer See bei Schlawa (Limpricht!N). Scheuchzeria palustris L. Schlawaer See (Limpricht!). Luzula maxima DC. Riesengebirge: Passkretscham!!. L. spicata DC. Riesengebirge: Brunnenberg (Hieronimus). Juncus fiiformis L. Zwischen Dittersbach und Pfaffendorf bei Landeshut!! J. tenuis W. Queisthal bei Marklissa, Rabishau, Giehren; scheint im Flussgebiet des Queis verbreitet (Hieronymus). Tofieldia calyculata Wahlbg. Scehweidnitz: oberhalb Tampadel (Rupp.). Veratrum album L. var. Lobelianum Bernh. Rabenthal bei Liebau!!. Colchicum autumnale L. Br.: Pilsnitz (Herm. Milde). Tulipa sylestris L. Jauer: Mertschütz (Wundarzt Hiller!). Gagea minima Schutt. Jauer: Gr,-Wandris bei Mertschütz (Hiller!). Lilium Martagon L. Ueberschargebirge!!. Muscari comosum Mill. Jauer: zwischen Scohl und Märzdorf (Hiller!); Bolkenhain: Kl.-Waltersdorf (Fick sen.). Scilla bifolia L. Schweidnitz: in Grasgärten bei Schwengfeld (Peck). Ornithogalum nulans L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Allium carinatum Sm. Am Schlossberg b. Cudowa im Aug. 1870 (Cohn!). Allium ursinum L. Teschen: Tul bei Ustron (Wetschky). a a na der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 133 A. sibiricum W. Riesengebirge: am grossen Teich (Hieronymus). Anthericum ramosum L, Trachenberg: Schmiegrode!!, Engelberg und Oelsener Berge bei Zobten (Peck). Paris quadrifolia L. Jauer: Pohlwitz (Hiller!), Purschkau bei Schlawa (Limpricht!), Ober-Schl. Dobroslawitzer Berg bei Hultschin (Wetschky). Polygonatum anceps Moench. Trachenberg: zwischen Schmiegrode und Radziunz!!; Rabenfelsen bei Liebau!!, Herrleberg bei Langen- bielau (Fick). P. verticillatum Moench. Ueberschargebirge!!. Tanz bei Cudowa (Sauer). Elodea canadensis Rich. et Mich. Br.: in Menge am Südende des grossen Waschteiches (Milde). Gladiolus imbricatus L. Purschkau bei Schlawa (Limpricht!). Galanthus nivalis L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Liparis Loeselü Rich. Bienemil bei Schlawa (Limpricht!). Corallorrhiza innata R. Br. Schreiberhau: Weg nach der alten schlesi- schen Baude und um den Zackenfall herum. Um Bad Landeck häufig (Hieronymus), Bolkenhain: Petersgrund (Sintenis), Lauter- bach (Fick sen.), Bukowina bei Cudowa (Sauer). Orchis militaris L. Bienemil bei Schlawa (Limpricht!). O. sambueina L. Dittersbach bei Landeshut!!, O. incarnata L. Trachenberg: Biadauschke!!, Schlawa (Limpricht!). Platanthera chlorantha Curt. Reichenbach: Eichberge (Fick). Coeloglossum viride Hartm. Dicht am Gasthaus in Spindelmühle bei St. Peter, zwischen Giehren und Flinsberg (Hieronymus), Herrleberg bei Langenbielau (Schumann), Sonnenkoppe (Roth). Listera cordata R. Br. Flinsberg: am Falle des Heufuders, im obern Schwarzbachthal (Hieronymus). Neottia Nidus avis Rich. Jauer: Lobris (Hiller!); Stangenberg bei Stohns- dorf (Hieronymus). Goodyera repens R. Br. Altarberg bei Reinerz (Hieronymus). Epipaetis palustris Ortz. Riesengebirge: Haynfall (Hieronymus). Cephalanthera ensifolia Rich. Damsberg bei Striegau (Hiller!). Cypripedium Calceolus L. Gellenau, Dörnikau bei Cudowa (Prof. Cohn! ent- deckt von Sauer) am Glätzer Schneeberg (nach Sauer). Arum maculatum L. Dörnikau bei Cudowa (Prof. Cohn!). Calla palustris L. Trachenberg: Nesigode!!; Schlawa, Bienemil (Limp- richt!!). Betula pubescens Ehrh. Trachenberg: Schmiegrode!!, Bienemil bei Schlawa (Limpricht!). Alnus autummalis Hart. Zedlitzbusch bei Königszelt (M. Winkler!!). Ulmus montana With. Zedlitzbusch bei Königszelt!!. 134 Jahres-Bericht Salic pentandra L. Dittersbach bei Landeshut!!, Tarnau bei Schlawa (Limpricht!). + 9. livida Wahlbg. Br.: Vom Lissaer Bahnhof an mit Unterbrechungen bis hinter Nimkau an der Bahn ceultivirt (Milde). Polygonum Bistorta L. Schlawa (Limpricht!). 7 P. tartarieum L. Reichenbach: Berthelsdorf (Fick). Rumex paluster Smith. Reichenbach: An einem Teich in Peilau (Schu- mann und Fick!!). Daphne Mezereum L. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Ueberschargebirge!!. Asarum europaeum L. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Ueberschargebirge!!, Dobroslawitzer Berge bei Hultschin (Wetzchky). Valeriana dioica L. Im ganzen Rabenthal bei Liebau!!, Schweidnitz: Ludwigsdorf (Peck). Scabiosa suaveolens Desf. Jakobsdorf im Kreise Cosel (stud. theol. Fliegel). Sc. columbaria L. Bienemil bei Schlawa!!. Inula Conyza DO. Schweidnitz: beim Pulverhaus an der Bolkohöhe (Peck). + Xanthium spinosum L. Reichenbach (Dr. Schumann). Bidens radiata Thuill. Reichenbach: am Vorgelege eines Teiches im Dorfe Peilau in grosser Menge mit B. tripartita« L. und B. cernua L., sowie mit Carex cyperoides L., Heleocharis ovata R. Br., Lin- dernia pysidaria All., Rumex paluster Sm. und Elatine triandra Schkuhr (Dr. Schumann und Fick!!). Gnaphalium luteo-album L. Reichenbach: Am Pfaffendorfer Berge (Schu- mann). G. norvegieum Gunner. Hohe Eule (Peck). Arnica montana L. Költschenberg (Peck). Senecio vernalis W. K. Schweidnitz (Peck). Cirsium oleraceum >< acaule. Bienemil bei Schlawa!!. C. rivulare >< palustre. Neurode: Bergwiesen von Hausdorf und Köpp- rich (Fick), Reichenbach: am Fuss des Hahnberges (Fick). ©. rivulare >< oleraceum. Reichenbach: am Fuss des Hahnberges (Schu- mann). C. palustre >< oleraceum. Reichenbach: Berthelsdorfer Wiesen (Schu- mann), Schmiedegrund im Eulengebirge (Schumann). Hieracium stoloniflorum WK. Häufig um Gnadenfeld (Wetschky). H. floribundum W. Gr. Reichenbach: Berthelsdorf (Fick). H. praealtum >< Pilosella. Reichenbach: Wiesen bei Guttmannsdorf (Schumann). H. pratense >< stolouiflorum. Reichenbach: Wiesen bei Guttmannsdorf (Schumann). Crepis praemorsa Tausch. Schweidnitz: Eilflindenberg bei Breitenhain (Peck). ©. suceisaefolia Tausch. Reichenbach: Steinkunzendorf (Fick). der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 135 Galium Cruciata Scop. Bolkenhain: Richardshöhe (Fick sen.), Reichen- bach: Hahnberge. G. vernum Scop. Schweidnitz: Birkenbusch hinter Ludwigsdorf (Peck), Langenbielau: Herrleberge (Fick). G. aristatum L. Ueberall im Vorgebirge bei Schweidnitz, abwechselnd mit G. silvaticum L. (Peck), desgl. im Salzgrund und Fürstensteiner Grund!!. Um Reichenbach ohne das folgende (Fick). G. silvaticum L. Rabenfelsen bei Liebau!! Trachenberg zwischen Rad- ziunz und Nesigode!! Lonicera nigra L. Rabenthal bei Liebau!!, im Eulengebirge verbreitet (Fick). Vincetoxieum offieinale Moench. Engelberg, Kreuzberg und Stollberg bei Zobten (Peck), Rabenfelsen bei Liebau!!; eine Form mit 8-fach gewundenem Stengel zwischen Oswitz und Lilienthal bei Breslau (Milde!). Gentiana ceruciata L. Teschen: häufig in Wäldern um Dschingelau (Wetschky); Reichenbach: Burgberg bei Peterswaldau (Fick), Fischerberg und Günsterberg bei Peilau (Schumann). G. Pneumonanthe L. Költschenberg (Peck!!). G. punctata L. Gesenke: Hohe Haide gegen den Schlösselgrund (Peck, Hüttig). Salvia glutinosa L. Sakisch bei Cudowa. S. verticillata L. Epheuberg bei Cudowa (Cohn!). Mentha arvensis >< aquatica Wirtgen var. angustifolia Wirtg. (!) Reichen- bach: Bertholdsdorf (Schumann!). Melittis Melissophyllum L. Schwarzerberg am Geiersberg (Peck). Jauer: Lobris (Hiller!). Lamium Galeobdolon Crtz. var. montanum Rehb. Rabenthal bei Liebau!!, Alt-Strunz bei Schlawa (Limpricht!). Galeopsis versicolor Curt. Jauer: Pohlwitz bei Mertschütz (Hiller!). Stachys annua L. Schweidnitz: sparsam beim Proviantmagazin (Peck). 8. recta L. Jauer: Nicolstadt (Hiller!), Oelsener Berge bei Zobten (Peck). Marrubium vulgare L. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Schlawa: Tarnau (Limp- richt!), Laubegast!!; Sakrau bei Cosel (Wetschky). Asperugo procumbens L. Reichenbach; vor der Pforte (Schumann!). Crmoglossum offieinale L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Echinospermum Lappula Lehm. Jauer: Mertschütz (Hiller!).. Reichenbach: Peilau (Schumann). Pulmonaria azureu Besser. Am Fuss des Költschenberges bei Enders- dorf (Peck). Atropa Belladonna L. Im Eulengebirge verbreitet (Fick). Myosotis sparsiflora Mikan. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Buchberg Re . Isergebire (Hieronymus). 136 Jahres-Bericht Verbascum Blattaria L. Schweidnitz: am grossen Exerzierplatz und am Judenkirchhof (Peck). V. phlomoides >< nigrum. Schweidnitz: Poln.-Weistritz (Peck!). are stielrund, unterwärts dunkel purpurn, mit zerstreuten weissen Haaren Deka: Blätter unterseits mit dünnem gelblichgrauem Filz, bedeckt, oberseits fast kahl, dunkelgrün, elliptisch; die untern in den Blattstiel verschmälert und die obern sitzend mit zwei sehr kurzen Leisten herunterlaufend, am Rande gekerbt. Blü- thenknäuel 5—7-blüthig, entfernt, die unteren mit eilanzettlichen oder eiförmigen, zugespitzten Tragblättern versehen. Blüthenstiele so lang, wie die Fruchtkelehe und wie diese mit diehtem grauem Filz bedeckt. Kelchabschnitte lanzettlich, spitz. Blumenkrone ge- wimpert (von 0,015 M. Durchmesser). Staubfäden violett, von den beiden grossen die uniern ?/, mit weichen, hellvioletten, am " Ende verdickten Wollhaaren bedeckt, von den 3 kurzen die un- tern %/, mit violettem, das obere "/, mit gelblichem, diehten Wollhaar bedeckt. Antheren nierenförmig. Griffel fädlich, am Ende keulenförmig verdickt. Linaria minor Desf. Ellguth bei Cosel (Wetschky). L. Elatine Mill. Jauer: Mertschütz (Hiller!). L. spuria Mill. Jauer: Mertschütz (Hiller!). L. Oymbalaria L. Festungsgräben bei Schweidnitz (Peck). Digitalis ambigua Murr. Rabenfelsen bei Liebau!!, Jauer: Scohl. bei Mertschütz (Hiller!). Lindernia pysidaria All. Reichenbach: Eichberg, Peilau (Fick!!), Prauss- mühlteich (Fick). Veronica montana L. Tiefer Grund bei Langenbielau (Roth). Pedieularis silvatica L. Schweidnitz: Wiesen hinter Ludwigsdorf, Költ- schenberg (Peck). Euphrasia Uechtritziana Junger et Engler. Abfall der hohen Eule gegen Wüstewaltersdorf (Fick!). 0 Alectorolophus angustifolius Gmel. Költschenberg (Peck!!). Reichenbach: Hahnberge (Schumann), Burgberg bei Peterswaldau (Fiek!), hohe Eule (Schumann !). Melampyrum silvaticum L. Im Eulengebirge meist nur über 2000 Fuss (Fick). M. cristatum L. forma pallida. Untere Deckblätter sämmtlich grün, obere gelblichweiss. Blumenkronenröhre blassrosenroth, Ober- und Unterlippe gelb. An einer sonnigen Stelle vor dem Josephinen- hügel bei Althofnass bei Br. Orobanche flava v. Mart. Auf Petasites albus Gaertn. und Chaerophyllum hirsutum L. (nach Fick), im Bärlochb und Bärmersgrund an der Son- nenkoppe von Weber Roth entdeckt und einige 100 Fuss unter dem Gipfel der Berges von Apotheker Fick gesammelt! der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur, 137 O. Galii Duby. Sieglitz bei Glogau (Wätzold!). Phelipaea ramosa C. A. Meyer. Auf Hanffelder bei Turschkau bei Schlawa (Wätzold'). Utrieularia vulgaris L. Tarnau bei Schlawa (Limpricht). Pinguieula vulgaris L. Purschkau bei Schlawa (Limpricht!). Primula elatior Jacg. Rabenthal bei Liebau!!, Rehorn!!. Lysimachia thyrsiflora L. Trachenberg: Nesigode, Radziunz, Hammer ete.!!, Jauer: zwischen Profen und Bärsdorf (Hiller!), Schlawa (Limpricht!). Trientalis europaea L. Trachenberg: Schmiegrode!!, Rehom!!, an der Grenze des Gebiets zwischen Königshain und Schatzlar!! Silster- witzer Wiesen (Peck), auf dem Spiegelberg bei Cudowa (Cohn!), Anagallis arvensis L. ß caerulea.. An’ der Heinrichsburg zwischen Seidorf und Merzdorf (Fritz Brachmann!). Oxycoceus palustris Pers. Schlawa (Limpricht!). Spiegelberg b. Cudowa (Cohn). Pyrola chlorantha Swartz. Költschenberg (Peck). Jauer: Mertschütz - (Hiller!). P. media Swartz. Silsterwitzer Wiesen (Peck). Neurode: am Fuss des Liehrberges bei Köpprich (Jüttner). P. uniflora L. Költschenberg (Peck). Striegau: Damsberg (Hiller!). P. rotundifolia L. Br. Nimkau (Milde). Striegau: Damsberg (Hiller!). Hypopitys Monotropa L. Freiburg: Busch an der Chaussee nach Salzbrunn (Peck!!). Geierstein bei Flinsberg (Cohn), Sanicula europaea L. Jauer: Mertschütz, Lobris, Damsdorf (Hiller!). Astrantia major L. Jauer: Mertschütz (Hiller!).. Reichenbach: Eichberge (Fick.). Cicuta virosa L. Jauer: Bärsdorf (Hiller!). Oritamus agrestis Bess. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Berula angustifoia Koch. Bienemil bei Schlawa (Limpricht!!). Bupleurum rotundifolum L. Dzingelau bei Teschen (Wetschky). Seseli annuum L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Reichenbach: Hahnberge (Fick). Cnidium venosum Koch. Jauer: Mertschütz, Kl. Wandris (Hiller!). Peucedanum Cervaria Lap. O.-Schl.: Zwischen Borislawitz und Karsch- witz (Wetschky). P. Oreoselinum L. Reichenbach: unweit der Rohrteiehmühle (Fick). Laserpitium prutenicum L. Seifferdau zwischen Schweidnitz und Zobten!!. Caucalis daucoides L. Um Dzingelau bei Teschen häufig (Wetschky). Anthriscus nitidus Wahlbg. Eulengebirge: im Bärenloch an der Sonnen- koppe (Fick), Im ganzen Rabenthal bei Liebau verbreitet!!, Schweidnitz: goldener Wald (Peck). Chaerophyllum hirsutum L. Ueberschargebirge!!, Ch. aromaticum L. Ueberschargebirge!!. Conium maculatum L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). 138 Jahres-Bericht + Sedum Anacampseros L. Mauern in Herischdorf bei Warmbrunn (Milde). Sempervivum soboliferum Sims. Babenfelsen bei Liebau!!; Jauer: Scohl, Gr.-Wandris (Hiller!); Schweidnitz: Mauern bei der Jesuiter- kirche, Nieder-Arnsdorf; Weinberg bei Leubus; Herischdorf; St. Peter im Riesengebirge (Milde). Chrysosplenium alterniyolium L. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Ueberschar- gebirge!!, Rehorn!!. Ch. oppositifolium L. Riesengebirge: Dunkelthal im Aupengrund!! Thalictrum aquilegifolium L. Ueberschargebirge!!, Rehorn!!, Th. flexuosum Bernh. Profen bei Jauer (Hiller!). Th. angustifolium L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Anemone alpina L. Auf dem Rehorn verbreitet!!, daselbst auch die var- sulphurea !! A. nareissiflora L. Auf dem Gipfel des Rehorn häufig !!, A. ranunculoides L. Ueberschargebirge!!, Jauer: Mertschütz (Hiller !). A. Hepatica L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Adonis aestivalis L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Teschen: Dzingelau (Wetschky). Ranunculus Lingua L. Trachenberg: Radziunz, Nesigode ete.!!, Jauer: Gr.-Wandris (Hiller!). R. lanuguimosus L. Ueberschargebirge!!. R. sardous Ortz. Trachenberg: Radziunz!!. R. nemorosus DC. Bolkenhain: Kl.-Waltersdorf (Fick). Trollius europaeus L. Jauer: zwischen Pohlwitz und Strachwitz (Hiller!) Helleborus viridis L. Jauer: auf der Nordseite des Hessberges (Hiller!), gemein bei Gross-Georgsdorf, Tschischney, Tanz bei Cudowa (Sauer). Isopyrum thalictroides L. Dobroslawitzer Berg bei Hultschin (Wetschky). Aquilegia vulgaris L. Scehweidnitz: Ludwigsdorfer Berge (Peck). Langen- bielau: Herrleberg (Schumann, Roth). Actaea spicata L. Jauer: Hessberg (Hiller!). Papaver dubium L. Reichenbach: bei der Winter’schen Schneidemühle (Fick). Corydalis cava Schw. et K. Jauer: Mertschütz (Hiller!). C. solida Frier. Dobroslawitzer Berg bei Hultschin (Wetschky). C. fabacea Pers. Jauer: Mertschütz (Hiller!), Riesengebirge: am Brun- nenberg in der sogenannten Hölle!!, Arabis arenosa Scop. Charlottenbrunn und Altwasser (Fick). A. Halleri L. Ueberschargebirge!!, Brettgrund!!, Rehorn!!. Cardamine amara L. Jauer: Mertschütz (Hiller). ©. Impatiens L. Im Eulengebirge verbreitet, auch noch auf dem Burg- berge bei Peterswaldau (Fick). Schlossberg, Schweizerlehne am Spiegelberg bei Cudowa mit ©, hirsuta (Cohn). der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur., 139 Dentaria enneaphyllos L. Im Eulengebirge von 1500 bis 2500 Fuss ver- breitet (Fick). Jacubowitz bei Cudowa (Cohn). D. bulbifera L. Wie vorige (Fick). Lunaria rediviva L. Rabenthal bei Liebau!!, Reichenbach: oberhalb Neu- bielau (Fick). Reseda lutea L. Teschen: Trexinietz, Dombrau, Carwin (Wetschky). Helianthemum vulgare Gaertn. Jauer: Lobris (Hiller!). Drosera rotundifolia L. Jauer: Kl.-Wandris (Hiller!. An der Grenze des Gebiets zwischen Königshain und Schatzlar!!. Viola palustris L. Rabenthal bei Liebau!!. V. porphyrea v. Uechtr. spec. nova. Unter Gesträuch im Felsgeröll am Fusse der Rabenfelsen bei Liebau (ca. 1800 bis 2000 Fuss) zahlreich, im April 1859 entdeckt!! (Substrat Porphyr.) „Steht in der Mitte zwischen V. sciaphila Koch und V. collina Besser. Die letztere an dem Standorte ebenfalls, doch viel selte- ner vorkommend. Von ersterer unterscheidet sich die V. porphyrea durch die kugeligen, kurzflaumigen, nicht kahlen Kapseln und die meist mehr rundlich eiförmigen, an der Spitze oft abgerundeten Blätter, die bisweilen breiter als lang sind. Von V. collina weicht sie ab durch die bläulichen in’s Violette spielenden (nicht blass lila-gefärbten) stärker wohlriechenden Blu- men, durch die etwas kürzeren Fransen der Nebenblätter, durch die schwach kurzhaarigen, nicht rückwärts zottigen Blattstiele und durch die schon in der Jugend kahlen, nur am Rande gewimperten, im Alter derben, pergament- artigen, freudiger grünen Blätter. Bei V. collina erscheinen die Sommerblätter (vom Blattstiele), wie Koch richtig bemerkt, gerade rauhhaariger als die Frühlingsblätter. Ich habe früher diese Pflanze irrthümlich als V. sciaphila ausgegeben und publi- eirt, vermuthete aber, nachdem ich T'yroler Exemplare der echten Koch’schen Art erhalten, bald die Verschiedenheit, die auch neuerlichst von Freund Engler, dem ich die ersten instruc- tiven Fruchtexemplare verdanke, richtig erkannt wurde. Eine ausführliche Beschreibung der V. porphyrea werde ich bei einer andern Gelegenheit geben. v. Uechtritz.‘ V. collina Bess. Vorberge des Geiersberges (Peck, Fick), Langer Berg bei Langenbielau (Fick). V. lutew Smith. Auf dem Gipfel des Rehorn!!. Stellaria Holostea L. Ueberschargebirge!!, Jauer: Mertschütz (Hiller !). Dianthus Armeria L. Schweidnitz: Pfaffendorf (Schumann). D. Carthusianorum L. flore albo. Schweidnitz: sparsam bei Tampadel (Fick). 140 Jahres-Bericht D. deltoides L. flore albo. Freiburg!!. D. arenarius L. Auf den Hügeln zwischen Bienemil und Schlawa ver- breitet!!. D. superbus L. Költschenberg (Peck); Seifferdau zwischen Sn und Zobten!!. Silene gallica L. Reichenbach: Gerlachsdorf (Fick). S. chlorantha Ehrh. Zwischen Bienemil und Schlawa!!. Cucubalus bacciferus L. Reichenbach: an den Berthelsdorfer Teichen (Schumann), Schweidnitz: Poln. Weistritz (Peck). Lavatera thuringiaca L. Jauer: Burgsberg, Gr.-Wandris bei Mertschütz (Hiller!). Elatine triandra Schkuhr. Beichenbach: Teichränder in Peilau (Fick!!). Euphorbia dulcis L. Ueberschargebirge!!, Brettgrund am Rehorn!!. E. amygdaloides L. Dobroslawitzer Berg bei Hultschin (Wetschky). Lewin, Kuttel (Sauer). E. procera MB. Silsterwitzer Wiesen (Peck). E. exigua’L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). Mercurialis perennis L. Ueberschargebirge!!, Jauer: Lobris (Hiller!). Geranium phaeum L. Jauer: Lobris (Hiller!), Teschen: Ob.-Lischna (Wetschky). G. pyrenaicum L. Reichenbach: am Rande des Parks von Peterswaldau (Fick). G. sanguineum L. Engelberg und Kreuzberg bei Zobten (Peck). G. molle L. Reichenbach: Hebendorf (Fick). G. columbinum L. Neurode: zwischen Hausdorf und Köpprich (Fick), Promenade in Schweidnitz (Peck!). Oxalis Acetosella L. Ueberschargebirge!!, Jauer: Mertschütz (Hiller!). Circaea lutetiana L. Hessberg bei Jauer (Hiller!). Rosa alpina L. Vom Eulengebirge bis Langenbielau herabsteigend (Fick). R. gallica L. Reichenbach: Schlaupitz (Schumann) var. pumila.. Am Weg von Zobten nach Striegelmühle (Peck). 7 R. lucida Ehrh. Herischdorf bei Warmbrunn (Milde!). Comarum palustre L. Radziunz bei Trachenberg!!, Bienemil bei Schlawa!!. Potentilla norvegica L. Jauer: Gerlachsdorf (Hiller!). . recta L. Hutberg bei Langenbielau (Roth). . canescens Bess. Jauer: Burgsberg bei Mertschütz (Hiller!). . collina Wib. Jauer: Märzdorf (Hiller!). . silesiaca Uechtr. An den Ufern des Schlawaer See’s (Limpricht!). . opaca L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). . aurea L. Auf dem Rehorn häufig!!. Poterium Sanguisorba L. Um Schweidnitz häufig (Peck). Schatzlar!!. + Spiraea opulifolia L. Br.: ein Strauch an der Chaussse nach Hunds- feld (Milde). ya FI der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 141 Ononis hircina Jacg. Jauer: Mertschütz (Hiller!). O. spinosa L. Jauer: Profen (Hiller!). O. procurrens Wallr. Von Bienemil bei Schlawa verbreitet!!. Genista germanica L. Rabenfelsen bei Liebau!!, zwischen Rossnig und Mertschütz bei Jauer (Hiller!). Oytisus capitatus Jacq. Schweidnitz: Weissbirschdorf (Peck). Trifolium alpestre L. Jauer: Nicolstadt (Hiller!). T. spadiceum L. Neurode: Bergwiesen vor Köpprich (Fick). Vieia cassubica L. Stollberg bei Zobten (Peck). V. dumetorum L. Jauer: Gr.-Wandris (Hiller!),. Reichenbach: Burgberg bei Peterswaldau (Fick). Lathyrus tuberosus L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). L. latifolius L. Költschenberg (Peck). Orobus vernus L. Jauer: Mertschütz (Hiller!). OÖ. niger L. var. heterophyllus. Engelberg und Kreuzberg bei Zobten (Peck). Galega offieinalis L. verwildert im Park und den Wiesen bei Cudowa (Cohn). alla) older A ? # A RUEE N 157 ER Y7 | | N vn ! FREE VL NT ee a u TR TIER Aus 13 ; ” f = r f "A % h \ o ’ #0 Sb! ERHAEE Silaahrslt alla Blair Br AN ee ch dür ILI. Zeritcht über die Thätiekeit der entomologischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1870, abgestattet von Dr. Gustav Joseph, zeitisem Secretaire der Section. Die entomologische Section hielt im Jahre 1870 vier Sitzungen, deren zwei ersten durch Vorträge des Berichterstatters ausgefüllt wurden. In der ersten Sitzung welche am 24, Januar stattfand, machte derselbe vorläufige Mittheilungen Üeber die Zeit der Geschlechtsdifferenzirung in den Eiern einiger Liparidinen. Die im Allgemeinen äusserst kurze Lebensdauer einer grossen Zahl von Insekten im Zustande ihrer Vollkommenheit im Vergleich zu der meist sehr langen Dauer ihrer früheren Entwickelungsstufen schliesst haupt- sächlich nur einen Zweck, den der Entwickelung über das Individuum hinaus, den Zweck der Erhaltung und Vermehrung der Art in sich. Dies geht so weit, dass die Lebensdauer des vollkommenen Insekts zuweilen nach Tagen und Stunden zählt, während das Leben der Larve Monate, ja Jahre in Anspruch nimmt. Zuweilen nimmt das vollkommene Insekt keine Nahrung zu sich, weil es gar nicht mit Vorrichtungen dazu ver- sehen ist. Die Begattung erfüllt dann in deutlichster Weise allein seine Lebensbestimmung. Bei den vollkommnen Insekten treten Organe auf, welche in der Larve noch nicht zum Vorschein gekommen waren, die Begattungsorgane. Solche eigenthümliche, vom Leben der Wirbelthiere 144 Jahres-Bericht abweichende, biologische Verhältnisse müssen auch jenen Zweck, den Zweck der Vermehrung der Art, der Zeugung, in abweichender Weise erreichen. Es sei mir gestattet, die Aufmerksamkeit bei einer kleinen Gruppe von Lepidopteren nur auf einen Punkt in diesem weiten Felde der Betrachtung zu lenken, auf die Zeit der Entstehung des Geschlechts. Der Gedankenentwickelung in dem trefflichen Aufsatze über „Zeu- sung“ in Wagner’s Handwörterbuch der Physiologie liegt das bereits von Groffroy St. Hilaire, Home und Johannes Müller ausge- sprochene Axiom zum Grunde, dass der Embryo ursprünglich ge- schlechtslos sei und die Möglichkeit der Gesehlechtsentwickelung nach zwei Richtungen hin besitze. Dann muss die Richtung der Entwickelung durch äussere Verhältnisse, d. h. durch solehe Umstände bestimmt wer- den, welche ausserhalb des Embryo liegen, mögen diese den ohnfehlbar wichtigen Einfluss der Mutter schwächen, hemmen oder begünstigen. Da die Geschlechtsapparate männlicher und weiblicher Individuen nach dem gleichen Plane gebaut, also ursprünglich identisch sind, die sexuellen Verschiedenheiten durch stärkere Entwickelung gewisser Gewebstheile und Zurückbleiben, Umbildung und Rückbildung gewisser andern einge- leitet werden, so hat jener Gedanke sehr viel Wahrscheinlichkeit, wenn wir statt des Wortes Embryo das Wort Ei setzen. Wie lange die Pe- riode der geschlechtlichen Indifferenz dauere, ist freilich damit nicht aus- gesprochen. Die wichtigsten ausserembryonalen Einflüsse dürften bei dem Menschen und den Säugethieren in der mehr oder minder vollen- deten Reife, dem grösseren oder geringeren Alter, der grösseren oder geringeren Lebensenergie des männlichen Zeugenden, in dem Alter des befruchtenden Productes selbst, in der Fülle oder dem Mangel an Nah- rung, endlich in einem, beide Zeugenden zugleich, aber möglieher Weise verschieden affieirenden Moment der Vermehrung oder Verminderung, der Temperatur bestehen. Ich will hier nicht weiter berühren, welche von den angegebenen Momenten bei den niedern Wirbelthieren die einfluss- reichsten sind und nur bemerken, dass sämmtliche bisher angeführten, das künftige Geschlecht bestimmenden, Einflüsse auf die Entstehung des Geschlechts der Embryonen gewisser Lepidopteren nicht einwirken kön- nen. Die Behauptung Landois,*) dass das Geschlecht des Individuum bei den Inseeten sich während der Entwickelung der Larve durch die Qualität und Quantität des Futters differenzire und reichliche Nahrung der Larve stets Weibehen erzeuge ist von Siebold**) und von Bessel***) widerlegt worden. Beider Beobachtungen beweisen, dass das Geschlecht bereits im befruchteten Ei vor dem Ausschlüpfen der Larve entschieden ist. *) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band XVII. Seite 375. #*) Zeitschr, f, wissensch. Zool, Bd. XVII. 8. 525. Bd. XXII. $, 533. *#*) Zeitschr. f. wissensch. Zool, Bd, XVII. S. 124. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 145 Die Periode dergeschlechtlichen Indifferenzmussalso schon in dem befruchte- ten Eiihre Endschaft erreicht haben. Ehe der Furchungsprocess stattfindet, muss bereits, vielleicht durch die Befruchtung, die Tendenz zur Entstehung ent- wedereines männlichen oder weiblichen Individuum erwacht sein und mit der Befruchtung ist jeder äussere Einfluss aufGeschlechtsdifferenzirung unmöglich. Jene Tendenz kann ferner im Augenblicke der Befruchtung weder durch Temperaturerhöhung, noch Verminderung hervorgerufen werden. Es giebt Lepidopteren, welche in zwei Generationen erscheinen und ihre Eier in verschiedenen Jahreszeiten ablegen; in beiden Generationen ist gleichwohl die Verhältnisszahl im Erscheinen der männlichen und weib- lichen Individuen dieselbe. Grössere Reife, vorgeschrittenes Alter, erhöhte Lebensenergie können ebenfalls hier nicht geschlechtsbestimmend wirken. Die Männchen er- scheinen fast immer zuerst, indem sie früher aus der Puppe schlüpfen, sind deshalb stets älter, reifer, ihr Sperma reifer als das weibliche Ei. Die Männchen sind stets lebendiger als die Weibchen. Und doch legt das Weibchen nach einer einzigen Begattung Eier, aus welchem männ- liche und weibliche Larven schlüpfen, und bleiben die Verhältnisszahlen im Auftreten der männlichen und weiblichen Schmetterlinge, entsprechend dem häufigen oder seltenen Vorkommen der Art überhaupt, immer die- selben.*) Die Beobachtungen der Seidenraupenzüchter haben dies längst dargethan und meine über ein Jahrzehnt hinausreichenden Erfahrungen an Euprepia villica, Caja und aulica haben mich dies stets gelehrt. (Ganz dasselbe Gesetz findet im Erscheinen der Melolontha vulgarıs und Hippocastani statt.) Die Forschungen Herolds**) und von Siebolds***) über Parthenogenesis haben unwiderleglich dargethan, dass _ bei dem Seidenspinner und bei den Arten der Gattung Psyche, deren Weibchen ungeflügelt sind, auch aus den Eiern unbefruchteter Weibehen Raupen ausschlüpfen, aus welchen sich männliche und weibliche Schmet- terlinge entwickelten, freilich meist in verkümmertem Zustande und nachdem sehr grosse Sterblichkeit den grössten Theil der Raupen vernichtet hatte. Somit kann das Eindringen des Sperma virile in’s Ei nur belebend auf dasselbe einwirken, dessen Weiterentwickelung günstiger stellen, ja gewiss meist bedingen, aber nicht geschlechtsbestimmend sein. Die Ge- schlechts-Differenzirung muss schon vor der Befruchtung stattgefunden haben. Ich bringe hierfür einen positiven Beweis. Unter den Eiern einiger Schmetterlingsarten der Liparidinen nämlich Liparis dispar, Orgyia *) Wagners Handwörterbuch der Physiol. Bd. 1V. 1853. $. 875. Bates, The Naturalist on the Amazons Vol. II. 1863 p. 228, 347. Trimen, Trausact. Entomol. Soc. Vol, V. P. IV. 1866 p. 330. **) Disquisitiones de animalium vertebris carentium etc. Fasc. II, Tab. VII. 1838. ***) Wahre Parthenogenese bei Schmetterlingen und Bienen $. 15—31., 130, 10 146 Jahres-Bericht gonostigma und antigua fand ich stets solche, welche verhältnissmässig dieker sind, den grössten Breitendurchmesser mehr nach der Mitte des Eies zu zeigen, deren oberer und unterer Pol, ja deren oberes und unteres Ende nicht erheblich an Gestalt differiren, in der Minderzahl und solche, welche relativ schlanker sind, den grössten Breitendurchmesser mehr von der Mitte entfernt, näher dem stumpferen oberen Pol zu, ein diekeres oberes Ende und überhaupt eine weniger abgeplattete Gestalt zeigen, in der Mehrzahl. Durch viele Jahre hindurch fortgesetzte Sonderung beider Eiformen, die bei Liparis dispar wegen der filzigen Bedeckung Schwierigkeiten darbietet und zur Läsion vieler Eier führt, hat mich gelehrt, dass den schlanken Eiern Raupen von Männchen und den dicken Eiern Raupen von Weibchen entschlüpfen. ‚Genau die- selben beiden Eiformen begegneten mir in den Ovidueten von Weib- chen, welche ich aus Raupen erzogen hatte und welche nicht begattet worden waren. Bei andern Arten z. B. Saturnia Carpini, Eudromis versi- colora, Euprepia Caja ist es mir bisher nicht gelungen, das Geschlecht an den Eiern zu erkennen. Kurz zusammengefasst müssen wir deshalb Folgendes bemerken: | 1) Es entstehen in den keimbereitenden Röhren vorgenannter Lipa- ridinen Eizellen, welche in den Oviducten ohne mit dem männlichen Sa men in Berührung gekommen zu sein, als zwei verschiedene, geschlecht- lich differenzirte Eiformen auftreten. 2) Die Durchdringung mittelst des männlichen Samens ist meist die Bedingung der Lebensfähigkeit, der Weiterentwickelung der Eier. So viel Eier befruchtet werden, so viele haben die Anwartschaft auf kräftige, das Ziel erreichende Entwickelung. Werden mehr männliche Eier be- fruchtet, so erreichen mehr männliche Raupen ihr Ziel, werden mehr weibliche Eier befruchtet, so entwickeln sich mehr weibliche Falter. 3) Die männlichen Eier durchdringen vielleicht vermöge ihrer we- niger abgeplatteten Gestalt, leichter und rascher den Oviduct, kom- men leichter und rascher mit dem männlichen Samen in Berührung, werden leichter und rascher gelegt. Und darin dürfte eine der Ur- sachen zu suchen sein, warum die Männchen früher und in verhältniss- mässig grösserer Zahl als die Weibchen erscheinen. In derselben Sitzung am 24. Jan. 1870 sprach Berichterstatter ferner: Ueber Dimorphismus des Weibchens von Dytiscus dimidiatus Bergstr. und der Artengruppe des Dytiscus marginalis L. Bekanntlich treten die Weibchen von Dyliscus marginalis L. eircum- cincltus Ahr., eircumflewus Fabr. und Lapponicus Gyll. in zwei Formen auf, mit gefurchten und mit ungefurchten Flügeldeeken. Mit letzteren ver- sehene Weibchen, wurden früher als eigene Arten angesehen, deren a. re ie der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 147 Männchen wegen zu grosser Aehnlichkeit mit denen der gefurchten Arten von letzteren nicht zu unterscheiden wären. Diese Ansicht ist längst widerlegt und Dytiscus conformis Kunze, dubius Gyll., perplecus Lac., septem- trionalis Gyll. zu respect. D. marginalis L., eircumeiuclus Ahr., eircumflecus Fabr. und Lapponicus Gyll. gezogen. Den Dimorphismus dieser Dytis- eidengruppe dehne ich heut auf eine fünfte Art, auf Dytiscus dimidiatus Bergstr. aus. Es ist mir gelungen in einem Teiche bei Marienau in der Nähe von Breslau ein Weibchen dieser Art mit ganz glatten Flügeldecken und meinem Freunde Dr. Wocke ein Weibchen mit An- deutungen von Flügelfurchen zu finden. Das erstere steht genau in demselben Verhältniss zu dem Weibchen mit gefurchten Flügeldecken dieser Art, wie die durch glatte Flügeldecken ausgezeichneten Weibehen der Marginalis-Gruppe zu den Weibchen mit gefurchten Flügeldecken derselben. Es bietet ausser den glatten Flügel- decken und etwas geringerer Grösse nichts Besonderes dar. Dagegen verdient das Verhalten des zweiten Weibchens mit Andeutungen von Furchen eine besondere Berücksichtigung. Dies Weibchen stellt eine inter- mediäre Form zwischen dem mit glatten und dem mit gefurchten Flügel- decken des Dytiscus dimidiatus Bergstr. vor. Die Grösse des Thieres weicht von der eines gewöhnlichen Weibchens nicht ab. Die Furchen sind meist:von der Seichtheit und Schmalheit der beiden Furchen auf den Flügeldecken der Männchen und so wie diese nicht continuirlich ver- laufend, sondern aus länglichen kurzen Eindrücken und Punkten zusam- mengesetzt. Nur die 6. und 7. Furche sind etwas. breiter und tiefer. Die 1. neben der Naht befindliche erlischt nach kurzem Verlaufe, die 3 folgenden gehen fast bis zur Mitte der Flügeldecken, die 5. etwas weiter, bis zur Mitte, die 8. und 10, sind nur leicht angedeutet. Es ist mir aus der Literatur nicht bekannt, dass bereits eine solche Mittelform*) be- schrieben worden sei. Das Vorhandensein eines Beispiels lässt die Exi- stenz derselben auch bei andern Arten vermuthen. Der Dimorphismus der Dytiseidenweibehen ist auf zweifache Weise im Sinne Darvinistischer Anschauung erklärt worden. Hiernach bietet das Weibehen der Dytiseiden mit gefurchten Flügeldecken eine voll- kommnere Gestalt dar als das mit glatten Flügeldecken“*), indem bei der Begattung die Rückenfurchen den tellerförmigen Ausbreitungen der Tarsen an den Vorderfüssen der Männchen einen bessern Halt gewähren, den Begattungsaet während eines innigeren Contactes auszuführen ge- statten als die glatten Flügeldeeken. Das Dytiscidenweibchen hatte nach *) „Zoologist“ Vol. V—VI 1847-1848 p. 1896, Kisby and Sponce Introduction to Entomology Vol. III. 1826 p. 305. .#*) Notice sur les femelles & &lyires lisses du EN rg L. par Dreiiikiniiige de Borre. Annales de la soc. entom. de Belg. T. XII. pag. 111. Idem T.. XII. pag. 13—16. 107 148 Jahres-Bericht dieser Anschauung ursprünglich nur glatte Flügeldecken wie die Männ- chen.*) Durch irgend einen Zufall während des Emboyonallebens ent- standen einmal Furchen auf den Flügeldecken. Da diese sich nun als vortheilhaft für die Ausübung der Begattung zeigten, die Männchen es leichter hatten diese Function bei dieser Beschaffenheit der Weibehen zu vollziehen, die Weibehen mit Furchen: deshalb denen mit glatten Flügel- decken vorzogen, erstere also die mehr bevorzugten, mehr begünsligten waren, so vererbten sie diese zufällig entstandene, für die Erhaltung der Art günstige Eigenschaft auf die weibliche Nachkommenschaft fort und so entstanden die Weibchen mit gefurchten Flügeldecken, während die mit glatten Flügeldecken in den Gegenden, wo die Furchung als eine brauchbarere, vortheilhaftere Eigenschaft sich erwies, allmählich aus- starben. Die dort gleichwohl noch immer vorhandenen Weibchen mit glatten Flügeldecken sind als durch Rückschlag in die Eigenschaft ihrer Urvorfahren, durch Atavismus, entstanden zu betrachten (Reminiscence de la, forme primitiwe due a la loi de l’atavisme). Im südlichen Russland sollen die Weibchen mit glatten Flügeldecken vorwiegen”*), dasselbe behauptet man von den Weibehen von eireum- cinctus und eircumflexus in Belgien, während in Bezug auf D. marginalis das Umgekehrte der Fall ist. Die Darvinistische Erklärung dafür ist, dass bei ersteren die Entwickelung noch nicht vollendet, bei letzteren vollendet sei. Nach Sharp soll man in England von Dytiscus marginalis L. nur Weibchen mit gefurchten Flügeldecken von Dyliscus cir- cumflexus nur sehr selten mit glatten Flügeldecken (perplexus) treffen. Da nun nach gewissen Angaben in Südrussland nur (?) Weibehen mit glatten Flügeldecken, in Oesterreich (nach Redtenbacher, Fauna Austriaca 2. Ausgabe Seite 99) eben so häufig mit glatten als gefurchten, in Deutschland, Frankreich und Belgien mit glatten seltener als mit ge- furehten, und in England endlich nie (?) mit glatten, sondern nur (?) mit gefurchten gefunden werden, so erklärt dies Preudhomme de Borre*** als eine gradweise Vervollkommnung der Species, die grösser im Westen als im Osten ist. *) Doch kommen schon in der Tertiärzeit, in Oeningen, Dytisciden-Weibchen mit gefurehten Flügeldecken vor. Heer hat diese urweltliche Species als Dy- tiscus Lavateri beschrieben. C. f. Osw. Heer Beiträge zur Insektenfauna Oenin- gens und Memoires de la Societ€ Holland. des sciences de Harlem 1862 p. 36. pl. I. fg. 11 — ü 14. ”*) Verzeichniss der in der Wolga-uralischen Fauna beobachteten Wasserkäfer. Moskau 1855 p. 5. Dies scheint jedoch nur locale Bedeutung zu haben, für Kasan zu gelten; aus Archangel und Odessa erhielt Referent dagegen eben so häufig Weibchen mit glatten als gefurchten Flügeldecken. **)], c. 8. 15. Ne semblerait-il pas quil y ait la comme la preuwve d’une &volution graduelle de lespece, plus avancde en occident qu'en orient, en montrant entre les deux points extrömes toutes les phases intermediaires? der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 149 Dieser, im Textfreilich etwasreservirt ausgesprochene, Schluss ist auf fal- schen Prämissen gebaut. Vor allem . berechtigt Nichts zu der willkür- lichen Annahme, dass die Dytisciden-Weibchen ursprünglich glatte Flü- geldecken gehabt haben. Im Gegentheile, aus der Urzeit sind nur Weib- chen mit gefurchten Flügeldecken bekannt (s. Heer, Tertiärfauna von Onningen). Sodann ist durchaus nicht erwiesen, dass die Furchung der Flügeldecken dem Männchen die Vollführung der Begattung erleichtere, also eine vollkommnere Ausbildung darstelle. Bei jenem Acte umschlingt nämlich das Männchen das Weibchen auf die Weise, dass es die teller- förmigen mit Saugnäpfen und Toment versehenen 4 Tarsalglieder der Vorderfüsse nicht auf die Furchen, sondern auf den Randtheil der Flügel- decken neben den Furchen, am häufigsten aber an die Unterseite der Vorderbrust, ebenso die erweiterten Tarsen der Mittelfüsse an die Mittel- oder die Hinterbrust legt. Es ist also durchaus unwahr, dass die Fur- chen und die scheibenartige Ausbreitung der Vordertarsen in inniger Be- ziehung zu einander stehen. Mit Widerlegung dieser beiden Prämissen bricht das Luftgebäude von Trugschlüssen zusammen, besonders da auch die Angaben über die Häufigkeit des Vorkommens der Weibchen mit glatten und mit gefurchten Flügeldecken ungenau oder gar einander wider- sprechend und zu Folgerungen unbrauchbar sind. Ebenso unhaltbar ist eine andere, den Dimorphismus der Dytisciden- Weibchen erklärende Darvinistische Behauptung. Dieselbe soll eine Ana- logie zu einer Angabe Fritz Müllers darstellen. Derselbe hat nämlich bei der Scheerenassel Tanais dubius nach der letzten Häutung zwei ver” schiedene Formen von Männchen beobachtet: 1) Männchen mit langen grossen Scheeren und mit einer geringeren Zahl von Riechfäden (12 bis 17) an den Fühlergeisseln und 2) Männchen mit kurzen plumpen Scheeren wie die Weibehen und bedeutend zahlreicheren Riechfäden, die zu 5 bis 7 an den Fühlergeisseln zusammenstehen. Die Weibchen bieten nur eine Form dar. Als das am meisten Auffallende in diesem Factum erscheint dem Beobachter das Fehlen von Zwischenformen zwischen den beiden so distineten Gestaltungen der Männchen und er erklärt dies auf folgende Weise (Fritz Müller: Für Darvin Leipzig 1864. Seile 15.): Nur für geschlechtliche Beziehungen blieb den abändernden Männchen der Kampf- platz geöffnet. Hier konnten sie Vortheile über ihre Mitbewerber er- langen, indem sie entweder ihre Weibchen besser aufspüren, riechen (Vermehrung der Riechfäden) oder besser zu fassen (Vergrösserung der Scheeren) vermochten. Die besten Riecher besiegten alle, die ihnen in dieser Beziehung nachstanden, wenn sie nicht andere Vorzüge, etwa kräf- tigere Scheeren, enigegen zu stellen hatten. Die besten Packer besiegten alle schwächer bewaffneten Kämpen, wenn sie nicht andere Vorzüge, etwa schärfern Sinne ihnen entgegen stellten. Man begreift, wie auf diese Weise einerseits alle in der Ausbildung der Riechfäden, andrerseits alle 150 Jahres-Bericht in der Ausbildung der Scheeren minder begünsigten Zwischenstufen vom Kampfplatze verschwinden und zwei scharf geschiedene Formen, die be- sten Riecher und die besten Packer als einzige Gegner übrig bleiben konnten. Analog lautet die Erklärung des Dimorphismus der Dytiseidenweib- chen. Die durch Flügelfurchen ausgezeichneten Weibchen sollen das Anhaften des Männchens zur Zeit des- Begattungsactes begünstigen und deshalb von den Männchen vorzugsweise aufgesucht, am häufigsten ‘be- fruchtet worden sein und ihre günstige Eigenschaft auf die Nachkommen vererbt haben. Die mit glatten Flügeldecken versehenen dagegen sollen nach dem Gesetze der Compensation des Wachsthums statt der compli- eirteren Ausbildung der Flügeldecken kräftigere Statur, kräftigere Schwimm- beine haben und damit im Stande sein, schneller zu schwimmen und den ihnen drohenden Gefahren leichter zu entkommen. Beide distinete For- men waren also mehr als alle Zwischenformen geeignet der Fortpflan- zung ihrer Art vorzustehen, ihre Art zu erhalten und diese günstigen Eigenschaften zu vererben. So mussten die zur Fortpflanzung weniger geeigneten Mittelformen vom Schauplatze allmählig verschwinden und nur zwei scharf geschiedene Formen: die besten Trägerinen und die kräftig- sten Schwimmerinen, als einzige Concurrentinen um die Fortpflanzung der Art übrig bleiben. Deswegen hat noch kein Forscher eine Mittelform zwischen dem Weibchen mit gefurchten und dem mit ee Flügeldecken zu Gesichte bekommen.*) Die erste, die Bedeutung der Furchung betreffende, Annahme ist bereits vorher widerlegt; die 2. Angabe, dass die Weibchen mit glatten Flügeldecken vermöge der Compensation des Wachsthums kräftiger ge- baut, mit kräftigeren Schwimmbeinen versehen seien, ist, wie jeder En- tomologe weiss, unwahr. Die Schlussannahme endlich, dass keine Mittel- formen existiren, wird durch die Auffindung der vorstehend beschriebenen intermediären Form des Weibchens von Dytiscus dimidiatus Bergstr. widerlegt. In der 2. Sitzung, welche am 14. November 1870 stattfand, gab Be- richterstatter Beiträge Zur Morphologie und Biologie des blinden Grottenstaphylins Glyptomerus cavicola Müll. In den Beschreibungen des Glyptomerus cavicola Müll. findet sich weder bei Kraatz**), noch bei Müller***) der Geschlechtsauszeich- *) Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl von Charles Darvin, aus dem Englischen übersetzt von J. Victor Carus 1871. Bd, 1. S. 307. Anmerkung 6, **) Naturgeschichte der Insekten Deutschlands, Coleoptera Bd. II (1858) 8. 668 seqg. *#*) Stettiner entomologische Zeitung Bd, XVIL, S. 394. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 151 nungen Erwähnung gethan, indem beide Forscher nur weibliche Exem- plare zur Zeit vor Augen gehabt haben. Ferner wird auch in der Be- schreibung der Larve desselben Thieres von Kraatz*) jede Angabe von Geschlechtsunterschieden vermisst. Dies veranlasst den Berichterstatter, seine, die Geschlechtsauszeichnungen sowohl beim vollkommenen Insekt, als auch bei der Larve betreffenden Befunde, welche aus der Unter- suchung von mehr als je 50 Exemplaren aus beiden Entwickelungsphasen resultiren, hier zu veröffentlichen. Im Anschlusse an die von Baudi di Selve“*) und von Ferdinando Piceioli***) in Florenz veröffent- liehten Beschreibungen einer zweiten Art, des Glyptomerus Etruscus er- erlaubt er sich ausserdem einige biologische und morphologische Bemer- kungen voranzuschicken, Glyptomerus cavicola Müll. kommt am häufigsten in Tropfsteingrotten und Schluchten Oberkrains vor und zwar in kleineren Grotten und in den vordern Räumen der grösseren, in welchen es beim höchsten Stande der Sonne in den Frühlings- und Sommermonaten um die Mittagszeit nicht absolut finster ist, sondern eine Art von Dämmerung herrscht, häufiger als in deren tieferen und gewiss nur zufällig in deren hintersten, absolut finstern Regionen. Die Hauptfundorte sind die Grotten um Aich und Moräutsch, in welchen sich auch seine blinden Gefährten Anophthalmus hirtus und A. Schaumii aufhalten. Selten findet er sich in der Grotte am Grossgallenberge und in den Grotten bei Bischofslak. Das Vorkommen des Thieres ausserhalb der Grotten ist sicher nur ein zufälliges und durch die Wirkung der die Grotten meist im Frühjahre durchströmenden Hochwässer bewirktes. So fand ich einige Zeit nach dem Verschwinden eines Hochwassers unweit des Dorfes Breznica in der Nähe von Bischofslak ein Exemplar auf freiem Felde an einer Mauer unter Anspühlicht. Der Savefluss scheint der Verbreitung des Thieres nach Osten und Südosten zu ein Ziel zu setzen. In den Grotten am Krimberge und in den zahlreichen Grotten des weiten Gebietes von Unter- krain ist bisher keine Spur dieses Thieres entdeckt worden. Dagegen habe ich dasselbe 1864 in 2 Exemplaren im Süden von Innerkrain, näm- lich in der St. Kanzian-Grotte zwischen Mataun und Nacla****) und in einer kleinen Grotte zwischen Divazza und Corgnale aufgefunden und in einem einzelnen dritten Exemplare aus einer Schlucht bei Duino erhalten. Letztere drei bereits an der Schwelle Italiens gesammelten Exemplare, *) Berliner entomologische Zeitschrift 1859 S. 310. **) Coleopt, mess. in insula Cypro congregatae recensitio Berlin. entomol. Zeitschr- 1869 S. 390. ***) Rivista dei coleotteri spettanti alla fauna sotteraneas communicat. alla Societa En- tomologica Italiana nell’ adunanza del di 26 Luglio 1870. Bulletino della Societ« Entomo- mologica Italiana Vol. II fasc. 4 ann. 1870. *#*+) Bericht über die Leistungen der Schles. Gesellschaft für vaterl, Cultur im Jahre 1867 Seite 22. \ 152 Jahres-Bericht sämmtlich weibliche, fallen durch Kleinheit, dunkle Färbung und eine sehr distinete Geschlechtsauszeichnung auf, die bei weiblichen Exem- plaren aus Oberkrain entweder gar nicht oder nur andeutungsweise vor- handen ist. Diese Exemplare bilden gleichsam den Uebergang zu dem in Italien selbst, in Florenz und andern Orten beobachteten, von G. ca- vicola verschiedenen Glyptomerus Etruscus Piccioli. Die Zeit, in welcher das vollkommene Insekt Snscheieh, fällt in den August und demämber, oder als überwinterte Exemplare in das Früh- jahr. Im Juni und Juli findet man fast nur Larven, im Anfange Augusts erwachsene weibliche Larven und jugendliche hellgefärbte männliche Käfer. Ueber die Jahreszeit, ausser dem Vorfrühlinge, in welcher bisher Glyptomerus Etruseus Piccioli gefunden wurde, liegen bestimmte Angabennicht vor. Der Auf- enthaltsort dieser Art scheinen nach Piecioli Grottenin den Appenninen zu sein, aus deren Nähe das von Baudi di Selve erwähnte Exemplar stammt und von wo Hochwässer alljährlich das Thier nach verschiedenen Orten der Ebene schwemmen. Dies zur Erklärung, warum es bisher fast nur ausserhalb der Grotten gefunden worden ist; so am Arnoufer in der Um- gegend von Florenz (Piceioli), in einem Eichengehölz unter Steinen (Bargagli), bei den Bagni di Lucca (L. Carrara), endlich in dem Zimmer im Erdgeschoss eines Holzmagazins (Pirazzoli da Imola). Da für weitere Kreise, denen die erwähnte italienische Zeitschrift nicht zugänglich ist, von Interesse sein dürfte, die Charakteristik der italieni- schen Art kennen zu lernen und mit der deutschen Art zu vergleichen, so bringe ich nachstehend die wortgetreue Uebersetzung des italienischen Textes mit der Beschreibung des Glyptomerus cavicola in Vergleich. Letz- tere hätte an manchen Stellen kürzer, an andern coneinner gefasst sein - können, wenn man die zwischen beiden Arten gezogene Parallele hätte ‚aufgeben wollen. Glyptomerus cavicola M. Longit. 11'/, bis 16 Millim. Latitud. 15—2. Variat in utroque sexu colore rufotestaceo usque ad castaneum. Nitidus, capite et thorace parce fortiterque, abdomine crebrius levi- terque punctalus, pubescens, pedi- bus concoloribus, oculis nullis, eorum loco cieatricula minima, subgranulosa fere elliptica, oblique posita. Abdominis segmentis dor- salibus subplanis, Segmento ven- trali primo lamina subtili elevata in medio basis rdro conspicua. In Glyptomerus Etruscus Pice. Longit. 9 Millim. Similis G. cavicolae, sed multo minor. Differt colore rufocastaneo in 3, rufopiceo in 9. Nitidus, leviter punetulatus et pubescens, pedibus coneoloribus. Oculis compositis nullis, eorum loco eicatrieula parva, subgranulosa fere elliptiea, oblique posita. Ab- dominis segmentis dorsalibus sub- planis, Segmento ventrali primo lamina subtili elevata in medio basis f‘ 9; quinto in 3‘ impres- sione triangulari intus spinis bre- der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 153 G. cavicola. medio quinto et sexto maris im- pressione longitudinali intus spinis brevibus rigidisque praedita et in iuxta hanc impressionem utrinque pectinibus in quinis vel senis seriebus positis et setis ni- gris longis contiguis constitutis, margine posteriore leviter exciso vel arcuato; in 2 his segmentis saepissime simplieibus, raro carina media insignibus. Vom habitus eines Lathrobium, mit welcher Gattung er eng ver- wandt ist. Die Exempl. aus Nordkrain 13 bis 16, die aus Südkrain 11/,—12 Mm. lang. Von gestreckter Ge- stalt, etwas flachgedrückt, unge- flügelt, glänzend. In der Jugend ohne Unterschied im Geschlecht hell rostgelb, später rostroth, dann hellpechbraun oder rothbraun, im Alter kastanienbraun, Palpen, Hin- terleibsspitze und Füsse heller, Mandibeln und meist der Hinter- rand der Rückensegmente dunkler, sparsam hellgelb behaart. Kopf oval, nach vorn vorgestreckt an den Seiten leicht, an den Hinter- ecken stärker gerundet undin einen fast eylindrischen Hals ausgehend, vorn weniger dicht, aber unregel- mässig mit starken Punkten besäet als hinten, wobei eine Stelle in der Mitte hinter der Stirn glatt bleibt. Daselbst beobachtet man zwei undeutliche Eindrücke und in deren Mitte je einen schwarzen Punkt. Der Vorderrand bei den Hervorragungen der Fühler mehr oder weniger stark aufgebogen und dunkel gefärbt. cf. d. Anmerk. sexto G. Etruscus. vibus rigidisque praedita, sexto utringue pectinibus duobus juxta positis et ab aculeis fortibus con- tiguis constitutis, margine medio leviter ineiso; in 2 his segmentis simplieibus. Vom habitus mit welcher Gattung er eng ver- wandt ist. Um !/, weniger lang als Gly- ptom. cavicola. Von gestreckter Gestalt, etwas flach gedrückt, un- seflügelt, glänzend, das dun- kelkastanienbraun, das 2 hell-pech- (rosso-piceo); Fühler und Beine ebenso gefärbt, sehr fein punktirt und sparsam hellgelb behaart. Der Kopf oval, nach vorn vorgestreckt, aber verhältniss- mässig kürzer als bei cavicola, mit leicht abgerundeten Seiten und in einen fast eylindrischen Hals aus- gehend, vorn weniger dicht*) mit feinen Punkten besäet als hinten, wobei eine Stelle in der Mitte hinter der Stirn glatt bleibt. Da- selbst beobachtet man zwei un- deutliche**) Eindrücke und in de- ren Mitte je einen schwarzen Punkt. Der Vorderrand bei den Hervor- ragungen der Fühler mehr aufge- bogen als bei cavicola und dunkel gefleckt. eines Lathrobium, braun *) fitt. **) due leggerissime impressiont. 154 Jahres-Bericht G. cavicola. Augen fehlen. An deren Stelle findet sich jederseits des Kopfes und hinter den Fühlern ein Ein- druck und in dessen Grunde mehr nach hinten ein sehr kleiner, un- ‘deutlich erhabener und mit einer weissen Membran bedeckter Punkt, dessen Oberfläche bei sehr starker Vergrösserung wie granulirt oder gegittert erscheint. Die Fühler sind gerade, 11-glie- drig, abstehend behaart; das erste Glied beträchtlich dicker als die folgenden, schmal an der Basis, allmählich nach der Spitze hin dicker werdend, doppelt so lang als das 2. und als jedes der übri- sen; das 3. Glied ist etwas länger als das 2., das 4. so lang als das 2., das 5. und 6. ein wenig klei- ner, unter einander gleich; die folgenden nehmen allmählig bis zum letzten an Grösse ab, das letzte verlängert und zugespitzt. Das Brustschild ist beträchtlich länger und wenig breiter”) als die Flügeldecken,. ‘vorn so breit als die Basis der letzteren, dann etwas breiter werdend und bald nach hinten sich sanft verschmälernd. Vorderecken stärker abgerundet als die Hinterecken, die Seiten fast grade. Vorderrand undeutlich ausgeschweift, Hinterrand grade. Die Oberfläche leicht gewölbt, zer- streut, ziemlich stark punktirt, wo- bei die Punkte gleichsam die Ten- denz zeigen gegen die glatte Mitte**) hin sich in Linie zu reihen. Die Mittelbrust ist scharf gekielt. @. Etrusceus. Augen fehlen. An deren Stelle findet sich jederseits des Kopfes und hinter den Fühlern ein Ein- druck, und in dessen Grunde mehr nach hinten, ein sehr kleiner, un- deutlich erhabener und mit einer weissen Membran bedeckter Punkt, dessen Oberfläche bei sehr starker Vergrösserung wie granulirt oder gegittert erscheint. Die Fühler sind gerade, 11-glie- drig, abstehend behaart; das erste Glied beträchtlich dieker als die folgenden, schmal an der Basis, allmählich nach der Spitze hin dicker werdend, doppelt so lang als das 2te und als jedes der übri- sen; das 3. Glied ist etwas länger als das 2., das 4. so lang als das 2., das 5. und 6. ein wenig klei- ner, unter einander gleich; die folgenden nehmen allmählig bis zum letzen an Grösse ab, das letzte verlängert und zugespitzt. Das Brustschild ist beträchtlich länger als die Flügeldecken, vorn so breit als die Basis der letzteren, nach hinten sich sanft verschmä- lernd. Die Vorderecken sind we- niger rund als die Hinterecken, aber doch viel mehr als bei G. cavicola. Der Vorderrand ist leicht ausgeschweilt, der Hinterrand grade. Die Oberfläche ist fein und zer- streut punktirt, wobei die Punkte gleichsam die Teudenz zeigen gegen die glatte Mitte hin sich in Linien zu reihen, *) Das ist an der Stelle der grössten Breite gemessen. **) Die bei manchen Exemplaren eine schwach angedeutete Längsfurche zeigt. der Schles. Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 155 G. cavicola. Das Schildchen ist dreieckig, in der Mitte meist mit einigen Punk- ten versehen oder glatt, an den Rändern punktirt, die Flügeldecken sind an der Spitze (eine jede) et- was schief abgestutzt, die Schul- terecken deutlich abgerundet; sie sind leicht gerunzelt, mit kleineren, seichteren Punkten als das Hals- schild versehen, und sparsam mit gelbweisslichen, nach hinten ge- richteten Haaren besetzt. Die Naht zeigt einen deutlichen Längsein- druck. Die Farbe ist selten etwas heller als die des Kopfes und Brustschildes. Der Hinterleib, halb so lang als der ganze Körper, wird bis zum vorletzten Segment all. mählisg etwas breiter und endet kegelförmig. Die Seitenränder sind deutlich aufgeworfen (gerandet). Die Rücken- segmente sind fast flach, der Saum ihrer Vorderränder erhaben. Die 4 ersten Rückensegmente zeigen einen schwärzlichen und fein quer gestreiften Hinterrand, die Oberfläche mit äusserst kleinen Punkten bestreut, und zerstreut mit gelblich-weisslichen Haaren besetzt. Das 7. Rückensegment ist beim 2 stärker ausgeschnitten als beim &. Die Bauchsegmente sind convex und ihre Oberfläche zeigt ähnliche Punktirung und Behaarung wie die der Rückenfläche. Der Hinterrand der 4 ersten Bauchringe zeigt sich sehr dicht und sehr fein längs- und quergestreift, ist jedoch selten so dunkel wie an jenem der Rücken- G. Etruseus. Das Schildehen ist dreieckig, in der Mitte glatt, an den Rändern punktirt. Die Flügeldecken sind an der Spitze etwas schief abge- stutzt, die Schulterecken deutlich abgerundet; sie sind leicht gerun- zelt, mit sehr kleinen, wenig tiefen Punkten bestreut und sparsam mit weisslichen, nach hinten gerichteten Haaren besetzt. Die Naht zeigt einen deutli- chen Längseindruck. Die Farbe ist etwas heller als die des Kopfes und Brustschildes. Der Hinterleib, halb so lang als der sanze Körper, wird bis zum vor- letzten Segment allmählig etwas breiter und endet kegelförmig. Die Seitenränder sind deutlich aufgeworfen. Die Rückensegmente sind fast flach und ermangeln jenes erhabenen Saumes, der an deren Vorderrand bei @. cavicola vor- handen ist. Die 4 ersten Rückenbogen zei- gen einen schwärzlichen und fein quer gestreiften Hinterrand; die Oberfläche mit äusserst kleinen Punkten bestreut, und zerstreut mit weisslichen Haaren besetzt. Die Bauchsegmente sind eonvex und ihre Oberfläche zeigt ähnliche Punktirung und Behaarung wie die der Rückenfläche. Nur der Hin- terrand der 4 ersten Bauchringe zeigt sehr kleine, dichte Streifen, welche wiederum durch sehr feine und dichte Längsfurchen getheilt 156 Jahres - Bericht G. cavicola. segmente. Nicht constant findet sich in der Mitte des ersten Brust- ringes, ziemlich dicht an dessen Vorderrande, ein undeutliches kiel artig erhabenes Leistchen. Der 3. Bauchring, selten schon der 2. hat beim 8 in der Mitte einen seichten Längseindruck, welcher sich auf den 4. und 5. Bauchring fortsetzt, an letzterem breiter und tiefer wird und kleine mit je einem kurzen Börstchen besetzte Körn- chen zeigt. Diese Geschlechtsaus- zeichnung beginnt bei vielen Männ- chen erst beim 5. Bauchring. Beim © ermangeln der 2., 3. und 4. Bauchring stets dieses Ein- drucks und ist derselbe am 5. kaum angedeutet. Beim f! über- schreitet der tiefe Eindruck am 5. Bauchring dessen geschweiften Hinterrand und setzt sich auf den 6. fort. Hier befindet sich meist vom zweiten Dritttheil bis in die Nähe des Hinterrandes reichend, an und neben den Rändern des Eindruckes, je ein ovaler mit schwarzen Borstenkämmen besetz- ter, vertiefter Fleck. Viele der schwarzen Borsten reichen bei ju- gendlichen $ bis an die Hinter- leibsspitze, bei ältern 3' sind diese stets abgebrochen und dann zeigt sich, dass die Borsten in 5 bis 6 Reihen hinter einander und wie die Zähne eines Kammes dicht an ein- ander gestellt und nach hinten ge- richtet sind. Der Boden der Ver- tiefung ist ebenso wie an voran- gehenden Bauchringen mit kleinen borstentragenden Körnchen besetzt. Der Spitzenrand dieses (6.) Bauch- :G@. Etruscus. sind, so dass der Hinterrand netz- förmig oder granulirt erscheint. Der erste Bauchring hat in beiden Geschlechtern im Centrum der der obern Mitte ein zartes, erha- benes, kielartiges Leistehen. Der 2. Bauchring hat beim 3 in der Mitte einen seichten Eindruck, wel- cher sich auf den 3., 4., 5. Bauch- ring fortsetzt, an letzteren sich er- weitert, dabei 3-eckig und tiefer wird und mit Rauheiten, die von dicken und kurzen Stacheln her- vorgebracht worden, gleichsam wie bestreut erscheint. Beim 2 ermangeln der 2., 3. und 4. Bauchring, stets dieses Ein- druckes und ist derselbe am 5. kaum angedeutet; der 6. Bauch- ring ist beim 3 auf jeder Seite seiner Basis und etwas gegen die Mitte zu mit 2 hintereinander ge- stellten Reihen von einander ab- stehender dicken und langen schwar- zen Borsten versehen. Dabei sind dieselben, wie die Zähne eines Kammes aneinander gestellt, nach hinten gerichtet und scheinen von den Rändern einer eiförmigen Grube, welche von einer Einstül- pung (Faltung) des Teguments nahe den Borsten der obern Reihe ge- bildet wird, auszugehen. Der Spitzenrand dieses Bauch- ringes ist in der Mitte staık aus- + der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 157 G. cavicola. ringes ist in der Mitte stark aus- geschnitten, der Ausschnitt nach links hin verschoben. Der Aus- schnitt des 7. Segments mit aufge- worfenen schwärzlichen Rändern. Das 6. Segment zeigt sich beim 9 stärker vorgezogen als beim &. Bei 3 auffallend kleinen 2 aus Südkrain zeigt dies Segment in der Mitte einen starken Längskiel und ist an dessen Seiten deutlich einge- drückt. Bei den in Oberkrain ge- sammelten weiblichen Exemplaren habe ich diese Geschlechtsauszeich- nung stets nur undeutlich oder gar nicht wahrgenommen. Die Beine sind von derselben Farbe wie der Körper, meist mit dunkleren Knien und helleren Füs- sen; sie sind mit dichten weiss- selblichen Haaren bekleidet. Die Hüften sind einander genähert. Die Vorderschenkel sind gegen ihre Mitte hin stark verdickt, an ihrer untern Hälfte, von der Mitte zur Spitze, buchtig ausgehöhlt. Die Schienbeine haben eine dünne Ba- sis und erweitern sich am 1. Bein- paar plötzlich in einen Höcker, der in die Aushöhlung des Ober- schenkels passt, wenn das Schien- bein an denselben addueirt ist. Die Mittelschenkel siod einfach und von gleicher Länge, ihre Schien- beine gerade, gegen die Spitze hin sich allmählig erweiternd. Die Hinterschenkel, wie auch ihre Schienbeine, sind länger, letz- tere dünn, an der Spitze leicht er- weitert und dicht mit gelbweiss- lichen Haaren bedeckt. G. Etruscus. geschnitten, die Analklappe ist ein- fach und eben. Die Beine sind von derselben Farbe wie der Körper mit fast dunkleren Knieen; sie sind mit dichten weissgelblichen Haaren be- kleidet; die Hüften sind einander senähert. Die Vorderschenkel sind gegen ihre Mitte hin stark ver- diekt, an ihrer untern Hälfte, von der Mitte bis zur Spitze, buchtig ausgehöhlt, die Schienbeine haben eine dünne Basis und erweitern sich plötzlich in einen stumpfen Zahn, der in die Aushöhlung der Oberschenkel passt, wenn die Beine gebeugst sind. Die Mittelschenkel sind einfach und von gleicher Länge, wie. die Vorderschenkel, ebenso wie ihre Schienbeine grade sind und allmählig gegen der Spitze hin sich erweitern. Die Hinterschenkel sind länger, wie auch ihre Schienbeine, welche dünn, an der Spitze leicht erwei- tert und dicht mit weisslichen Haaren bedeckt sind. 158 h G. cavicola. Die 4 ersten Glieder der Vorder- tarsen erscheinen bei beiden Ge- schlechtern mit Toment bekleidet, stark erweitert (am wenigsten das Jahres-Bericht @G. Eiruseus. Die 4 ersten Glieder der Vor- dertarsen erscheinen bei beiden Geschlechtern stark erweitert und zweilappig und so nahe an einan- der gepresst, dass sie eine ovale Scheibe bilden. Das 5. Glied ist dünn und so lang als die 4 vor- angehenden zusammengenommen. Die Krallen sind einfach, dünn und wenig gekrümmt. Die Mittel- und Hintertarsen zeigen ein kleines erstes Glied; das lang als das erste, das 3. und 4. kürzer, aber unter einander gleich, das 5. so lang als die 3 vorange- henden zusammengenommen. 4.) und so nahe an einander ge- presst, dass sie eine ovale To- mentscheibe bilden. Das 5. Glied ist dünn und so lang als die 4 vor- angehenden zusammengenommen. Die Krallen sind einfach, dünn und mässig gekrümmt. Die Mit- tel- und Hintertarsen zeigen ein kleines 1. Glied, das 2. ist dop- pelt so lang als das 1., das 3. und 4. kürzer aber unter einander gleich, das 5. ist bei den Mittel tarsen so lang als die 3 vorange- gangenen zusammengenommen, bei den Hintertarsen kürzer. Jedes Tarsalglied ist auf bei- den Seiten, ausser seiner Be- haarung, noch mit 2 kurzen schwar- zen Borsten versehen. ; Jedes Tarsalglied ist ausser seiner Behaarung noch auf bei- den Seiten der Extremität mit 2 kurzen schwarzen Borsten ver- sehen. Nach Abrechnung unwesentlicher und einiger unbeständigen Verschie- denheiten z. B. der Farbe_bleiben für G. Etruscus P. noch folgende di- stinete Unterscheidungsmomente: Vor allem die Grösse. G@. Etruscus P. ist noch 2”/, Millim. kürzer als die kleinsten im Süden von Krain ge- sammelten Exemplare des G. cavicola M.;, dann die feine Punktirung auf Kopf und Brustschild, während @. cavicola stark punktirt ist; ferner der Mangel des erhabenen Saumes an den Vorderrändern der 4 ersten Rückensegmente; endlich und hauptsächlich die auffallende, oben detail- lirte Verschiedenheit der Geschlechtsauszeichnung beim Männchen. Da Piceioli nicht erwähnt hat, dass bei G. Etruscus das 7. Rückensegment beim Weibchen stärker ausgeschnitten ist als beim Männchen, so nehme ich diese Geschlechtsauszeichnung als Charakteristicon des Weibchens von Cavicola ebenso in Anspruch, als das Vorhandensein eines Längs- kiels, auf dem 6. Bauchsegment, der freilich zuweilen nur angedeutet ist und noch häufiger ganz fehlt. Durch die Freundlichkeit des Herrn Bargagli in Florenz bin ich, nachdem vorstehende Zeilen bereits dem Druck übergeben waren, in den Besitz eines wohl erhaltenen Männchens von Glyptomerus Etruscus gelangt 2. ist doppelt so en - _ Een der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 159 und kann zu dessen, von Piccioli publicirten sorgfältigen Charakteristik Folgendes aus eigner Anschauung noch hinzufügen. Im Vergleich selbst mit den kleinsten Exemplaren des @. cavicola erscheint G. Etruscus noch viel kleiner und schmaler, noch von zarterer, mehr graciler Statur, obwohl von analogem Habitus. Als ein wichtiges, von Pic- eioli nicht erwähntes, Unterscheidungszeichen sei folgendes hervorgehoben. Auf der Unterseite des Kopfes von Etruscus verlaufen die beiden von den Kieferwinkeln ausgehenden schwärzlichen vertieften Linien unver- bunden bis zum Halse. Anfangs convergiren dieselben etwas, dann ver- laufen sie eine Strecke weit parallel zu einander, um in divergirender Richtung den Hals zu erreichen. Bei G. cavicola dagegen bleiben die- selben convergent, vereinigen sich in der hintern Partie des Kopfes zu einer einzigen Linie, verlaufen eine kurze Strecke als solche, trennen sich erst kurz zuvor, ehe sie den Hals erreichen und verlaufen dann jäh und stark divergirend bis zum Halse.*) Bei @. Eiruscus sind beim Männ- chen an der oben beschriebenen Geschlechtsauszeichnung nur zwei hinter einander folgende Borstenkämme zu sehen; bei @. cavicola dagegen min- destens 5, zuweilen aber 6, so dass der durch die Geschlechtsauszeich- nung entstehende schwarze Fleck bei letzterem viel grösser und in die Länge gedehnt, bei ersterem dagegen kleiner und mehr in die Breite gezogen erscheint. Mit Recht zieht Piccioli die von Baudi di Selve in der Berlin. entomol. Zeitschrift publieirte und zu G. cavicola gestellte var. Appennina zu G@. Etruscus. Trotz der angegebenen Unterschiede stehen die italienische und deutsche Art des Genus Glyptomerus einander nahe, besonders die im Süden von Krain, einer kleineren Race angehörenden, 3 weiblichen Exemplare, welche ausser der Kleinheit, durch dunkle Farbe und den stark markirten Längskiel auf dem 6. Bauchsesmente ausgezeichnet sind und die ich als Var. carinata bezeichne. An die oben angegebenen, am vollkommnen Insekt wahrnehmbaren, Sexualauszeichnungen erlaube ich mir einige minder auffallende, an der Larve beobachtete, hier anzureihen. Die ausgewachsene, sowohl die dem Männchen, als auch die dem Weibchen angehörende Larve ist von der Grösse des vollkommnen In- sekts. Am Vorderleibe, den Metathorax mitinbegriffen, bemerkt man keinen Unterschied zwischen 3'u.2. Des Hinterleib erscheint dagegen bei der männli- chen Larve schlanker, auf der Unterseite flacher als bei der weiblichen. Bei letzterer nehmen die Abdominalringe vom 1. bis drittletzten sanft an Breite zu, so dass die breitesten breiter als der Metathorax werden; bei *) Ein ähnliches Verhalten bietet die Unterseite des Kopfes von Xantholinus atratus und ochraceus c, f. Kraatz Naturgesch. der Ins. Deutschlands. Käfer Bd. I. Seite 637. | 160 .. Jahres-Bericht der männlichen Larve dagegen ist der 1. Bauchring etwas schmaler als der hHinterbrustring, die folgenden bis zum drittletzten zwar etwas breiter als der erstere, aber nie breiter als der Hinterbrust- ring. Die 3 letzten Bauchringe nehmen bei beiden Geschlechtern an. Breite ab. Bei dem Männchen erscheinen die mit langen Borsten besetzten Anhänge des letzten Segments dreigliederig, schief nach hinten aufgerichtet. Die Gelenkverbindung zwischen dem 2. und dem sehr kleinen und zarten 3. Glied ist weniger beweglich als zwischen dem 1. und 2. Gliede. Bei den von mir untersuchten weiblichen Larven fehlt dieses zarte 3. Glied und die Anhänge erscheinen deshalb zweigliedrig, mit zarteren und kürzeren Borsten. Diese Sexualauszeichnungen fand ich bei ausgewachsenen Larven und solchen nach der 2. und 3. Häutung auf gleiche Weise constant. Giebt es augenlose Arthropoden in Schlesien? Im Anschlusse an seine Vorträge vom 29. Januar und 9. December 1868, sowie vom 25. Oetober 1869 beantwortete Berichterstatter diese Frage auf folgende Weise: Im Gegensatze zu den auf die Urwelt bezüglichen Thatsachen drängt sich uns die Beobachtung auf, dass die meisten augenlosen, in Grotten und subterran lebenden Arthropoden der Jetztzeit in Europa — wir wollen die andern äusserst dürftig erforschten Erdtheile unberücksichtigt lassen — der Mittelmeerfauna angehören. Obgleich die Erforschung von deren geographischen Verbreitung noch äusserst lückenhaft ist, so dürfte sie nach den bisherigen Beobachtungen annähernd doch durch folgende Grenzlinie bestimmt werden. Die nördliche Grenzlinie beginnt von dem östliehen Abhang der Karpathen, läuft längs deren Südabhang hin, senkt sich allmählig zum Karstgebirge hinab, hält sich nördlich von der Lom- bardei, der Gruppe des Col di Tenda, durchschneidet Frankreich in den Sevennen und endigst an der Mündung der Garonne. Die südliche Grenz- linie beginnt in Klein-Asien im Süden des Taurusgebirges (Adalia), zieht sich längs der Nordküste des Mittelmeerbeckens gegen Gibraltar hin, wobei zu bemerken ist, dass das nördliche Algerien und Marocco eben- falls noch in dies Gebiet fällt. Dieser Gürtel theilt sich in zwei Theile, in den nördlichen, welchem die Grottenfauna angehört, und in den süd- lichen, welcher die subterrane Fauna umschliesst. Zu dem nördlichen Theile gehören Ungarn, die Türkei, Nordgriechenland, Montenegro, Dal- matien, Croatien, Krain, Nord-Italien, Süd-Frankreich, Nord-Spanien; zu dem südlichen ein kleines Gebiet südlich vom Taurusgebirge, Rhodus, Süd-Griechenland, Süd-Italien, Corsica, Süd-Spanien, der nördliche Theil von Marocco und Algerien. Eine scharfe Linie dürfte indess zwischen dem Gebiet der Grotten- und subterranen Fauna nicht gezogen werden können, indem die Verbreitungsbezirke der einen Fauna meist in die der der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 161 andern vielfach hineinragen. Südlich von der angegebenen Linie scheint die subterrane Fauna aufzuhören. Eben so wenig giebt es in den Tropfsteingrotten, die nördlich von der angegebenen Nordgrenze liegen, augenlose Thiere. In den Tropfsteinhöhlen Westphalens, besonders in der prachtvollen Dechenhöhle zwischen Iserlohn und Lethmathe, habe ich trotz emsigen Suchens kein augenloses Grottenthier auffinden können. Ein noch unbeschriebner, mit Augen ausgestatteter, Anurophorus trat als einziger eigentlicher Grotienbewohner auf. Die subterrane Fauna hat dagegen noch einige Repräsentanten im Norden (z. B. Adelops Wol- lastoni in England), doch wird man vergebens in den Ritzen an der Unterseite grosser Steine ausserhalb des angegebenen Gebietes darnach suchen. Schlesien liegt nun ausserhalb jenes Gebietes. Und doch sind in unserer Provinz eine Anzahl augenloser Arthropoden einheimisch. Da- mit hat es folgende Bewandniss: In der Urwelt, in welcher zu einer bestimmten Zeitepoche in Nord- Europa ein mildes, südliches Klima geherrscht hat, war die augenlose Fauna nicht bloss auf die Räume der Grotten und auf die Ritze an der Unterseite grosser Steine beschränkt, wie wir dies jetzt im Süden wahr- nehmen, sondern ihre Mitglieder fanden sich zahlreich unter Baumrinden, Moos, Nestern von Ameisen, von Säugethieren und in tiefen Brunnen, wie uns dies durch die geologischen Ueberreste, die Einschlüsse in Bern- stein ete. deutlich vor Augen geführt wird. An diesen Localitäten finden sich auch jetzt noch blinde Gliederthiere, die spärliche Nachkommen- schaft zahlreicher Ahnen. In Schlesien hat Berichterstatter bis jetzt hiervon augenlose Repräsentanten aus folgenden Arthropodenklassen aufgefunden. I. Von Coleopteren: Leptinus testaceus Müll. Dies muntere, äusserst bewegliche, zur Fa- milie der Silphalen gehörende, Thierchen, dessen Verwandte in mannig- fachen Gattungen und zahlreichen Arten in den südlichen Groiten leben, fand ich zuerst 1858 im August bei Winkelsdorf am Fusse des Altvaters in dem Nest eines Hamsters, einige Jahre später im Herbste unter ab- gefallenem Laube bei Obernigk. Aglenus brunneus Gyll., zu den Colydiern zählend, dessen Verwandte unter Rinde meist abgestorbener Bäume hausen, fand ich mehrfach unter Rinde von Buchenstümpfen bei Trebnitz und Klein Commerowe, bei Tho- masdorf am Altvater und bei Charlottenbrunn, Zur Familie der Lathridier, welche fast sämmtlich von abgestorbenen Pflanzen und zum Theil in Kellern und an schattigen, halbdunklen Orten leben, gehören: | Langelandia anophthalma Aube, welche ich mehrmals in einem Treib- hause in Dyhrnfurt gesammelt habe, und a il 162 Jahres-Bericht Anommatus duodecim striatus Müll. Dies Thier lebt sehr verborgen. Ich habe es mehrmals unter Rinde von Baumwurzeln bei Charlottenbrunn, einmal in einem in der Erde befindlichen Holzstamm in dem Garten Matthiasstrasse 90 in Breslau gefunden. Die in Ameisennestern unter Moos als willkommne Gäste lebende kleine Familie und Gattung der Clavigerinen wird in Schlesien durch zwei Arten: Claviger foveolatus Müll. und longicornis Müll. repräsentirt. Die Orte, an welchen ich die erste besonders im Frühjahre und Herbste mehr oder minder häufig angetroffen habe, sind der Wald von Mahlen, von Lissa, der Birkenwald bei Drachenbrunn unweit Schwoitsch bei Breslau, Klein- Commerowe bei Trebnitz, Schossnitz bei Canth, Klein-Silsterwitz am Zobten und in einem Walde am Abhange des Kynastes bei Hermsdorf. Die zweite Art fand ich vor mehreren Jahren im Frühjahre unter Moos bei Gräfenberg. | | Sämmtliche hier aufgeführten Arten zeigen dieselbe hellgelbe, braun- gelbe oder rothbraune Farbe der übrigen Mitglieder der Grotten- und subterranen Fauna. N. Aus der Classe der Arachniden und zwar aus der Familie der Chernetiden oder Scheerenspinnen zwei Arten der Gattung Chernes, nämlich: Chernes oblongus Menge im März unter Kiefernrinde bei Sybillen- ort zweimal gefunden. Chernes cimicoides Fabr. im Frühjahre unter Wei- denrinde bei Marienau einmal und in dem Garten Matthiasstrasse 90 unter Rinde von alten Kirschbäumen mehrmals gesammelt. Während diese winzigen Thierchen mehr trockne Localitäten zu ihrem Aufenthalte wählen, liebt ihr Verwandter von vierfacher Länge, Blothrus spelaeus in Krain, nur die feuchten Grotten. II. Aus der Familie der Zecken oder Ixoden: ein noch unbe- schriebenes, der Gattung Eschatocephalus nahe stehendes, Thier, im April einmal unter abgefallenem Laube bei Sybillenort. IV. Aus der Classe der Crustaceen und zwar aus der Familie der Isopoden ein in die Nähe der Gattung Typhloniscus gehörende Assel in einem Y/, Zoll langen Exemplar aus einem Ziehbrunnen bei Freywaldau in Oesterreichisch-Schlesien. Aus der Gruppe der Amphipoden: Niphargus (Gammarus) puteanus Koch, früher häufig in mehreren Zieh- brunnen in Pöpelwitz, in Lissa, Nimkau und Obernigk, seit einigen Jahren nicht wieder beobachtet. Aus der Gruppe der Copepoden: Ein noch unbeschriebener augenloser Cyelops in mehreren Brunnen in Marienau häufig. der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 163 In der 3. Sitzung am 283. November lieferte Herr Hauptlehrer K. Letzner einen Beitrag zur Kenntniss der Trogosita Mauritanica L. (caraboides F.). Dieser im nördlichen Deutschland nicht häufig vorkommende Käfer lebt nach den bisher gemachten Beobachtungen im Freien unter Baum- rinden, z. B. Weiden, Eichen, Pappeln, Linden, auch wohl im mulmigen Holze alter Bäume, besonders wenn darin andere Insekten-Larven woh- nen, wie die Larve von Tenebrio Molitor nach Prof. Hellwig. Am häu- figsten findet sich das Thier jedoch in Gebäuden in allerhand Waaren, z. B. in alten Mandeln, Radix Jalapae und andern Arzneistoffen. Auch in Backhäusern ist; es öfter beobachtet worden. — Ueber sehr häufiges und dazu schädliches Auftreten desselben berichtet nur Olivier in seiner Entomologie Th. II. (1790) $S. 19 und zwar (nach Illiger: Käfer Preus- sens) Folgendes: „Der Käfer findet sich nicht selten mit der Trogosita caerulea in altem Brote, wovon sie die Krume verzehren, dass oft nur die Rinde übrig bleibt. Die Larve, die man Cadelle nennt, richtet in den wärmeren Provinzen Frankreichs unter dem Getreide weit beträcht- lichere Verwüstung an, als der schwarze (Rhynchophorus granarius) und der weisse (Tinea granella) Kornwurm. Denn die Larven dieser In- sekten zerstören jede nur ein Korn; die viel grössere Larve der Tro- gosita bedarf mehr zu ihrer Ernährung. Sie kriecht von einem Korne zum andern und verzehrt gewöhnlich nur einen Theil davon. Vorzüg- lich grosse Verheerungen richtet sie gegen das Ende des Winters an, wo sie ihr grösstes Wachsthum erreicht hat. Im Anfange des Frühjahrs verkriecht sie sich und verwandelt sich dann, um zur Begattung zum Kornhaufen zurückzukehren.“ Diese Beobachtungen haben die meisten späteren Entomologen, wie Illiger (Käfer Preussens), Sturm (Fauna Deutschl. I), Duftschmid (Fanna Austr. II.) und Andere nachgeschrieben, ohne eine einzige be- stätigende oder ergänzende Beobachtung hinzuzufügen. Nach Erichson (Naturgesch. der Insekten Deutschlands, Bd. 3. soll der Käfer das Ge- treide nicht angreifen, sondern den Motten nachstellen. — Nach Duft- schmid ist derselbe in und um Linz, nach Redtenbacher (Fauna Austr.) unter Rinden und an Getreidevorräthen in Oesterreich häufig; er scheint mithin im südlichen Deutschland öfterer, als im nördlichen auf- zutreten. Ungemein überraschend war es für mich daher, als ich im Mai d. J. erfuhr, dass das Thier seit vorigem Jahre in den für das Mi- litair hieselbst vorhandenen Mehlmagazinen in grosser Menge, und in dem Mehle offenbar verheerend auftrete.e Durch die Freundlichkeit eines Be. amteten erhielt ich im Mai und Juni d. J. zu wiederholten Malen einige Käfer, sowie eine grosse Menge von Larven. Die letzteren waren zum grössten Theile erwachsen, und hätten sich wohl im Juni verpuppen 11* 164 Jahres-Bericht müssen; die jüngeren mochten ihre Larvenzeit etwa zur Hälfte hinter sich haben. Trotz dem nun, dass ich den Thieren dasselbe Mehl zum Aufenthalte gab, in dem sie bisher gelebt hatten, einigen auch ein Stück Brot dazu legte; habe ich doch auch nicht ein Exemplar zur Verpup- pung gebracht. Nach wenig Tagen schon wurden die Thiere matt, ma- gerten ab und starben nach einiger Zeit. Auch von dem oben erwähnten Beamteten wurde mir die von ihm gemachte Erfahrung mitgetheilt, dass die Larven, aus den grossen Mehlvorräthen abgesondert (und mit klei- neren Quantitäten versehen) stürben. Diese Erfahrungen haben mich zu der Annahme bewogen, dass auch die Larve des in Rede stehenden Käfers dem Getreide oder Mehle keinen Schaden thue. Die Gründe zu dieser Annahme sind in Kürze folgende: 1) Es ist Thatsache, dass das von Trogosita-Larven heimgesuchte Mehl sehr stark von sogenannten „Krebseln“, Calandra granaria, und deren Larven bewohnt war. Ausserdem enthielt dasselbe noch in grosser Menge Pnus Fur, dessen Larven sich im Juni bereits in eliptische, aus Mehltheilchen zusammengeleimte Hüllen zur Verpuppung zurückgezogen hatten. — Die Larven beider Thiere bleiben während ihres Larvenstan- des möglichst auf einem Punkte. 2) Die Larven der Trogosita sind höchst bewegliche und unruhige Gäste, und durchwühlen das Mehl in allen Richtungen mit grosser Ge- schicklichkeit und Schnelligkeit; offenbar, weil sie das, was zu ihrem Bestehen erforderlich ist, erst suchen müssen. 3) Ein Stückchen Brot hatten sie in der Nähe der Rinde nur einige Male quer durchlöchert, offenbar um hindurch zu gehen, nicht um davon sich zu nähren. 4) Bei späterem Betrachten der im Mehle gestorbenen Larven ergab sich, dass die meisten bis auf die Haut ausgefressen waren, und zwar vom Kopfe aus. 5) Die starken, scharf zugespitzten Mandibeln der Larve dürften meiner Annahme ebenfalls nicht widersprechen. Aus diesen Gründen glaube ich nun den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Larven der Trogosita gar keine Pflanzen-Nahrung zu sich neh- men, sondern von den Larven der Calandra und der Ptinus-Arten leben, dieselben also vernichten und somit nützliche Thiere sind, welche auf Schüttböden und in Magazinen gehegt werden müssen. — Mit dieser Ansicht stimmt auch die Angabe Hellwig’s überein, dass er das Thier häufig in einem Kasten gefunden habe, in welchem er Larven von Te- nebrio Molitor gehalten. Wahrscheinlich galt diesen die Anwesenheit der Trogosila. In alten Mandeln, altem Brote und ähnlichen Pflanzenstoffen leben ebenfalls Ptinus- und Anobium-Larven, welche der Trogosila zur Nahrung dienen können, und ebenso bieten alte, hohle Eichen derselben eine Menge von Larven zum Unterhalte. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 165 In die Sehüttböden und Magazine in Breslau dürfte das Thier wohl nur mit den im Jahre 1867 und 1868 per Eisenbahn in so grossen Quantitäten aus Ungarn eingeführten Getreide-Vorräthen eingeschleppt worden sein. Zu der genauen Erichson’schen Beschreibung der Larve (Ins. Deutschl. III. 244) habe ich nur zuzufügen, dass der schwärzlichbraune Prothorax an den Seiten bedeutend heller, öfters selbst gelblich ist, eine oft ebenso gefärbte, hellere Mittellinie hat, und unfern des Hinterrandes zwei flache Grübehen (auf jeder Seite eines) besitzt. — Die hornigen Fleeke auf dem Rücken des Meso- und Metathorax (welche auf dem letzteren etwas weiter von einander entfernt sind, als auf dem Meso- thorax) sind bei ausgewachsenen Larven heller gefärbt und undeutlicher als bei jungen Exemplaren (wo sie öfters so dunkel als Kopf und Pro- thorax sind), erscheinen oft blassgelblich (namentlich auf dem Metathorax) und sind bei manchen Thieren kaum noch wahrzunehmen. — Die hor- nigen Haken an dem letzten Hinterleibssegmente sind rund, gleich dick, am Ende plötzlich nach oben gekrümmt und ebenso plötzlich zugespitzt. Da der Puppe des in Rede stehenden Thieres in keinem Werke erwähnt wird, so füge ich eine kurze Beschreibung derselben nach einem Exemplar bei, welches ich vor Jahren in einer hohlen Eiche bei Breslau (Marienau) aufgefunden habe. Die Puppe zeigt bereits ganz die flache Form und das vorn bedeutend verbreiterte Halsschild des Käfers. Der Kopf ist stark abwärts geneigt und reicht mit den starken Kinnbacken und den Maxillartastern bis über die Hüften der Mittelbeine hinweg. — Die Augen sind klein; die Fühlerscheiden liegen, wie bei andern Käfer- gruppen, unter dem Thorax und unter den Schenkeln der Vorder- und Mittelbeine, über welche letzteren sie nur unbedeutend hinausragen. — Der Thorax ist nach hinten bedeutend verschmälert und mit deutlichen etwas nach aussen vorstehenden Hinterecken versehen. Unfern des Vor- derrandes stehen auf kleinen Tuberkeln unfern der Mitte jederseits ein kleines, und weiter nach aussen ein längeres, gekrümmtes Borstenhaar. Unfern jeder Vorderecke sind 3 in Form eines Dreiecks ziemlich nahe beisammen stehende, ebenfalls lange, unregelmässig gekrümmte, weiss- liche Haare, und unfern des Seitenrandes, weiter nach hinten, in ziem- lich gleicher Entfernung von einander noch 3 etwas kürzere vorhanden. — Das Abdomen zeigt am Seitenrande auf jedem Segmente zwei dicht an einander stehende, schräg nach hinten gerichtete ebensolche Haare. Das bedeutend schmälere, flache Analsegment ragt auffallend vor, ist hinten flach ausgerandet, und endet in zwei kurze, häutige, mit einem Härchen besetzte Spitzchen, welche die weissliche Farbe der ganzen Puppe tragen. — Die Scheiden der Flügeldecken lassen die Hüften der Hinterbeine unbedeckt, sind etwas länger als die Hintertarsen und tief gestreift. 166 -Jahres-Bericht Herr Hauptlehrer K. Letzner zeigte ferner einen Theil der in die- sem Sommer in Schlesien entdeckten und für diese Provinz neuen Käfer- Arten vor, Es waren folgende: 1) Dyschirius obscurus Gyl., von Herrn Schwarz und Herrn v. Bodemeyer im Juni im Sande der alten Oder in mehreren Stücken gefangen. — 2) Cercyon marinum Thoms., 3) Cer- cyon palustre Thoms., beide von mir an einer und derselben Loealität bei Marienau im Juli und August in Mehrzahl gefangen, letzterer neu für die deutsche Fauna. — 4) Philonthus suceicola Thoms., carbonarius Er., bisher vermengt mit Ph. carbonarius Gyl. und Ph. aeneus Rossi, bei Breslau im Ganzen selten. — 5) Philonthus frigidus Kiesw., von mir im Juni v. J. an der Sonnenkoppe im Eulen-Gebirge in einem Stücke gefangen. — 6) Phi- lonthus astutus Er., ebenfalls nur in einem Exemplare von mir vor einigen Jahren, soviel mir erinnerlich im niedern Gebirge (bei Charlottenbrunn ?) aufgefunden. — 7) Laemophloeus duplicatus Wailtl. in mehreren Exem- plaren bei Breslau an Eichenholz von mir erbeutet. — 8) Telmatophilus Schönherri Gyl., an gleichen Orten T. Typhae Fall. (welcher in dem lau- fenden Jahre auf Typha latifoia bei Breslau in Menge vorkam) in nur einem Stücke gefangen. Dasselbe stimmt mit einem mir von Herrn Dr. G. Kraatz in Berlin gesendeten Exemplare genau überein. — 9) 'Hete- rocerus femoralis Kiesw., von Herrn Schwarz an der alten Oder bei Breslau entdeckt. — 10) Hypophloeus Ratzeburgu Wissm., Fagi Ratzb., schon vor miehreren Jahren von mir im Altvater-Gebirge mehrfach ge- fangen, und mit Hypophloeus depressus F. verwechselt. Herr Dr. Kraatz verbindet die in Rede stehende Art mit Tribolium bifoveolatum Duftschm.; meine Exemplare gehören nicht zur Gattung Tribolium. Für die 4. Sitzung am 12. December hatte Herr Eugen Schwarz die Diagnostik der Kryptocephalusarten, welche zur 18, Rotte nach der Suffrian’schen Eintheilung (Linnea Entomol. VIII. p. 139) gehören, zum Gegenstande seines Vortrages gewählt und gab folgende Bestimmungstabelle: Halsschild schwarz, höchstens die Vorderecken oder der Vorderrand gelb; Flügeldecken einfarbig schwarz, höchstens der umge- schlagene Rand des Seitenlappens gelb. 1) Halsschild ganz schwarz "WE, II 2 -— Halsschild entweder am Vorderrande gelb ge- säumt, oder wenigstens die Vorderecken gelb . . 9 2) Beine mehr oder minder gelb, die Hinterschenkel aber stets 'schwärzlich. ". I. WR 3 = Beine ‚ainfarbig gelb 2.1, 2 wa en 6 der Schles, Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 167 3) Halsschild nadelrisssig g Unterkopf röthlichgelb, die Stirn mit zwei breiten gelben Schräglinien 2 Unterrand des Kopfschildes und die Mund- theile braun, Stirn schwarz u Halsschilds ofatb kn Su... ers ade 4 4) Fühler beim 3 ein wenig länger als der Körper, die 6 letzten Glieder zusammengedrückt und drei- eckig erweitert; Fühler des 2 ein wenig kürzer alss.der Korper... 2.3 ma ee ar Or. longicornis Thms. — Fühler beim ein wenig kürzer als der Kör- per, die 6 letzten Glieder nicht zusammenge- drückt und dreieckig erweitert; Fühler des 2 ein wenig länger als die Hälfte des Körpers ... ... 5 9) (3 Das Kopfschild mit den Seitenfeldern hellgelb 2 Das Kopfschild mit den Seitenfeldern braun ib 2 Der Kopf mit zwei gelben Schräglinien ie Wasastjernae. Or. labiatus. Cr. labiatus var. denyBuhlernk. a a us ha 2 ne digrammus. 2 Der Unterkopf hellgelb, Oberkopf schwarz 6) Die Punktstreifen der Flügeldecken gleichmässig verlaufend UNE RT ee U RN 2 Die Ausrandung der Augen breit gelb rn Cr. mystacatus. SAAL Se ach . . — Die Punktstreifen der Flügeldecken en hinten jemev.werdend‘,, gs. ae ansehen. 7 7) Beine dunkelgelb g' Zwei kleine Stirnflecke und der ganze Unterkopfszelb en... 0.000004 20360000, Cr. ochropezus. 2 Die Stirn ungefleckt, das Kopfschild trüb brannselbege zu ee ae — Beine lebhaft röthlichgelb ........:.:.. 8 8) Körper plump, nach hinten verbreitert; Schildchen hinten abgerundet; Stirn mit zwei gelben Flecken. g Die Ausrandung der Augen gelb gesäumt, Stirnflecke gross, unregelmässig vereckig] Q Die Stirn bis auf zwei kleine gelbe\ Cr Flecke schwarz, letztere in seltenen Fäl- len undeutlich oder ganz erloschen . — Körper schlank, nach hinten kaum verbreitert; Schildehen hinten zugespitzt; Stirn in beiden Ge- schleehtern einfarbig schwarz ........... Or. querceti. SMBeine emtarbie,gelb 0 a0 00. 20... 10 '. geminus. 168 Jahres-Bericht Ye 9) Beine gelb mit dunkleren Hinterschenkeln .. . . 11 10) Köpf ganz gelb. f Der Vorderrand des Halsschildes, ein Schrägfleck auf dem Schulterblatte und der umgeschlagene Rand des Seitenlap- i pens;hellzelb.. „u. er „a ann 8 On. sense: © Die Vorderecken des Halsschildes bräun- Zu dieh .. ar kon indiNanna a 3 — Unterkopf gelb, Stirn schwarz mit gelber Zeich- nung g Ein breit zweispitziger Stirnfleck, Vorder-' und halber Seitenrand des Halsschildes und die"Vorderbrust gelb. 2m. Or. ‚larvalns, a a Bora a ro 11) Flügeldecken ganz schwarz, Vorderrand des Hals- schildes nur beim g' gelb gesäumt. ! 9 Zwei keilförmige Stirnflecke, der Vorder- rand und die Vordereeken des Hals- schildes; hellzelb’em.2 Jensen en SR Q Zwei rundliche Stirnflecke und die Vor- ru saligel) derecken des Halsschildes trübgelb oder räume. ER TE REN — Flügeldecken schwarz, der umgeschlagene Rand des Seitenlappens gelb; Vorderrand des Hals-- schildes in beiden Geschlechtern gelb gesäumt. . 12 12) Körper schlank, nach hinten nicht verbreitert. g Stirn mit einem grossen, der Länge nach | geschlitzten Fleck; die Hinterhälfte des Schilüchens, gelb, £ 2.2:0.21200 mn * Or. frontalis. @ Der Stirnfleck tief zweilappig; Schild- chen ganz “schwarz' . !. Jo. 0222. — Körper plump, nach hinten verbreitert. ? 2 Unterkopf zwei rundliche Stirnfleeke und ein Punkt auf der hinteren Hälfte des( Cr. spec. indeser. Schildehens bräunlichgelb . . .... . . ENAi: Bericht über die Thätigkeit der medicinischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1870, abgestattet von Herrn Privat-Docenten Dr. Freund und Herrn Prof. Dr. Waldeyer zeitigen Secretairen der Section. In der Sitzung vom 21. Januar. Herr Privatdocent Dr. Hermann Cohn spricht „Ueber Colo- bom der Aderhaut des Auges“. Der erste, welcher einen ange- borenen Spalt der Chorioidea beim Menschen mit dem Augenspiegel sah, war A. v. Graefe. Nach ihm wurden acht Fälle genauer beschrieben und gezeichnet. Das Leiden ist ein sehr seltenes. Der Vortragende sah es unter 15,000 Augenkranken nur einmal und zwar bei einem 15jäh- rigen Mädchen, welches der Section vorgestellt wird. Während das rechte Auge der Patientin bei einer Kurzsichtigkeit von Y,, volle Seh- schärfe und keine anatomische Abnormität zeigt, erblickt man in dem unteren Theile des linken einen ausserordentlich grossen, den Sehnerven einschliessenden Defeet der Aderhaut. Der linke Augapfel ist in allen Durchmessern um ein Geringes kleiner, als der rechte. Hornhaut im @uerdurchmesser 11 mm. (rechts 13 mm.), etwas längsoval, sonst ganz normal. Die Iris zeigt einen nach unten gelegenen, spitz endenden Defeet, so dass die Pupille birnförmig erscheint; letztere reagirt' prompt auf Licht. Auf der vorderen Linsencapsel sind 5—6 punktförmige braune Fleckehen (Reste der Pupillar-Membran?) sichtbar. Das Auge ist hoch- gradig kurzsichtig gebaut. — Das Colobom der Aderhaut ist längs- oval, in der Mitte etwa 5 Papillen breit, endet oben mit dem obern Rande des Sehnerven und unten im Corpus ciliare mit einer schmalen 170 Jahres-Bericht Rinne, deren vorderster Theil ausser dem Bereiche des ophthalmosko- pisch Sichtbaren liegt. — Der Sehnerv erscheint im umgekehrten Bilde queroval, sein unterer Rand ist nicht genau zu erkennen, seine Farbe ist grauröthlich. Die Gefässfigur auf demselben scheint um 90° gedreht, in dem die sonst nach oben und unten abgehenden Hauptäste nach rechts und links hinziehen. Letztere verästeln sich im oberen Theile der Netz- haut ohne wesentliche Abnormität. Die nach unten in den coloboma- tösen Theil gehenden spärlichen und sehr dünnen Gefässe, welche aus der Papille entspringen, eommunieiren stellenweise mit den Gefässen der Aderhaut. — Das Aderhaut-Colobom selbst zeigt sich ausserordent- lich ektatisch; in ihm sind wieder kleinere Ektasien durch zwei halb- kreisförmige concentrische scharfe Ränder deutlich zu diagnostieiren. — Das Colobom präsentirt sich als blendend weisse Partie (die freiliegende Selera), auf welcher ein Netz höchst wunderlich geschlängelter Gefässe zu sehen, deren Ursprung und Zusammengehörigkeit äusserst schwer zu entwirren ist, da man nicht gewöhnt, dergleichen im Auge zu finden. An zwei Stellen zeigt sich der Durehtritt der arit. eiliares posticae breves durch die Sclera deutlich. Durch die parallaktische Verschiebung über- zeugt man sich sehr genau, dass diese Gefässe über die scharfen Grenzen der kleineren Ektasien hinwegkriechen. Sie verschwinden zum Theil am Rande des Coloboms, zum Theil treten ihre Zweige auf die unteren seit- lichen Theile der Netzhaut über. Der Rand des Coloboms ist fast über- all durch schwarzes Pigment gekennzeichnet, welches in besonders grosser Menge am oberen inneren Rande angesammelt ist. Sehr auffallend ist eine narbig glänzende, weisse, senkrechte, ziemlich breite Linie, Raphe, im oberen mittleren Theile des Coloboms. Das Gesichtsfeld dieses Auges ist höchst merkwürdig. In der dem Colobom entsprechenden Stelle wird nicht einmal eine Liehtflamme wahrgenommen; dagegen ist die Macula lutea für feinere Lichteindrücke gut empfänglich. Mit dem Perimeter wurde das Gesichtsfeld gemessen und gezeichnet, ein 5 DJmm. grosses weisses Quadrat wurde nur in der Nähe des Fixationspunktes und zwar 5° nach Innen, 15° nach Aussen, 10° nach Oben und 30° nach Unten von demselben wahrgenommen; ausserdem existirte noch eine schmale Insel auf der äusseren Seite des Gesichtsfeldes, die sich 10° nach Oben und Unten vom horizontalen Me- ridian zwischen dem 40. und 45. Grade befand. Zeichnung des Ge- sichtsfeldes und Augenspiegelbildes werden in einem Fachjournale er- scheinen. — Alle Farben wurden richtig erkannt. — Die Kurzsichtig- keit ist MY/,. — Die Sehsehärfe war im August 1869, als Patientin das erste Mal untersucht wurde, nur SY;ooo; da sie mit concav 4 nur Handbewegungen in 1 Fuss erkannte. Mit convex 2 las sie nur Buch- staben von Nr. 12 Snellen. Es wurden nun der Kranken tägliche Se- paratübungen des linken Auges mit convex 2 verordnet, die sie auch sehr der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 171 fleissig ausführte. Darauf besserte sich die Sehschärfe so, dass sie im September bereits No. 81/, Sn. buchstäbenweise und im Januar 1870 schon No. 5'/, Sn. las. Mit concav 4 konnte sie nun auf 1 Fuss Snellen Nr. 70 erkennen; die Sehschärfe war also durch methodische Uebungen von Yooo auf Y,. gestiegen. Möglich, dass fortgesetzte Uebung das centrale Sehen noch mehr verbessert. Verwandtschaft der Eltern existirt nicht; die Eltern und alle Ge- sehwister der Patientin haben gesunde Augen. In der Sitzung am 18. Februar 1870. Vortrag des Herrn Dr, Carl Friedländer: Ueber die Innenfläche des Uterus post partum. Die für den Praktiker wie für den Histologen in hohem Grade interessanten Verhältnisse, welche der Uterus post partum darbietet, sind bisher nur sehr ungenügend festgestellt worden; insbeson- dere fehlt eine zuverlässige mikroskopische Untersuchung derselben voll- ständig. Um dieselben genauer zu studiren, untersuchte der Vortragende zunächst die Decidua in späteren Epochen der Gravidität und fand die- selbe folgendermassen zusammengesetzt: Der innere, an das Chorion angrenzende Theil derselben stellt ein grosszelliges Bindegewebe mit wenig Zwischensubstanz dar; dagegen finden sich in der äusseren, der Muscularis aufsitzenden Partie die plattgedrückten, aber häufig sehr ver- breiterten Enden der Utrieulardrüsen des Uterus, welche ein plattes, sel- tener eylindrisches Epithel tragen; ausserdem ein weniger zellenreiches fibrilläres Bindegewebe. Bei der Untersuchung der mit den Eihäuten ausgestossenen Decidua findet sich nun lediglich die zuerst beschriebene innere Partie derselben vor; man muss in Folge dessen präsumiren, dass die Drüsenschicht der Decidua auch nach der Geburt im Uterus ver- bleibt. Die Richtigkeit dieser Präsumption wurde durch die Untersuchung eines Uterus, welcher frisch post partum in sehr wohlerhaltenem Zustande gewonnen wurde, vollständig bestätigt. Es fand sich nämlich keineswegs, wie man es nach der Beschreibung vieler Autoren (Cruveilhier, Köl- liker, Heschl u. A.) erwarten sollte, die muscularis uteri nackt oder nur von einigen unzusammenden Fetzen bedeckt, sondern es fand sich über derselben eine 2 mm. dicke Decidual-Schicht, welche die ganze Drüsenlage und einen Theil des darüber liegenden grosszelligen Binde- gewebes enthielt. Das letztere war mit zahlreichen Lymphkörperchen infiltrirt, — beginnende Endometritis. Mit Ausnahme der offenen Gefäss- ‘ lumina sind die Verhältnisse an der Placentarstelle genau dieselben, wie an der übrigen Uterus-Innenfläche; auch, hier liegt die Drüsenschicht unter derjenigen Partie, welche mit der Placenta als graues, die Uterin- fläche derselben bekleidendes Häutchen (caduque inter-utero-placentaire, Robin) ausgestossen wird. 172 Jahres-Bericht „Man ist nun jedenfalls berechtigt, diese zurückbleibende Deeidual- schicht mit ihren zahlreichen epithelialen Elementen als die Grundlage für die Reconstruction der Uterusschleimhaut anzusehen. Wie sich die feineren Verhältnisse bei diesem Vorgange gestalten, kann Redner noch nicht mit Sicherheit angeben; jedenfalls ist die Regeneration der Schleim- haut schon in den ersten vier Wochen nach der Entbindung ziemlich vollendet; dagegen dauert es sehr viel länger, bis die vasculären Neu- bildungen an der Placentarstelle sich vollständig zurückbilden. Dieselben. werden zunächst thrombosirt, dann organisiren sich die Thromben in höchst eigenthümlich gewundenen Figuren und persistiren in diesem Zu- stande oft ein halbes Jahr und länger. Diese Fälle von so langsamer Rückbildung der Placentarthromben scheinen mit dem von Simpson zuerst aufgestellten klinischen Bilde der Subinvolutio uteri in Beziehung zu stehen. Am Schlusse des Vortrages wurden einige bezügliche mikroskopische Präparate demonstrirt. In der Sitzung vom 11. März 13870 sprach Herr Privat-Docent Dr. Auerbach nach einigen Erfahrungen über Schreibekrampf und Schreiblähmung und deren Heilung durch eleetrische Behandlung. — Einleitend macht er darauf aufmerksam, dass gegenwärtig meistens der wissenschaftliche Werth electro-therapeutischer Mittheilungen ausser durch innere Dunkelheiten und Complieationen der Krankheitsfälle noch sehr beeinträchtigt wird durch Unvollkommenheiten der Hülfsmittel und Me- thoden der Beobachtung, welche zu mancherlei Täuschungen Veranlas- sung geben. Bei Anwendung des constanten Stromes wäre z. B. vor Allem eine annähernd richtige Beurtheilung der Stromstärke zu erzielen. Die übliche Bezeichnung durch die Zahl der galvanischen Elemente ist völlig unzureichend wegen des sehr wechselnden Leitungswiderstandes der eingeschalteten Theile des menschlichen Körpers. Vielmehr stellt sich als nothwendig heraus, in jedem entscheidenden Momente der Be- obachtung die Stromstärke direet galvanometrisch zu messen. Dabei er- geben sich gelegentlich interessante Thatsachen, wie auch in einer der folgenden Beobachtungen. — Diese haben den Vortragenden überzeugt, dass viele Fälle von sogenanntem Schreibekrampf diesen Namen gar nicht verdienen, sondern vielmehr den einer Schreiblähmung, indem spastische oder auch nur krampfähnliche Symptome entweder gar nicht vorhanden sind eder sich bei genauer Analyse doch nur als seeundäre Nebenerschei- nungen herausstellen. Auch handelt es sich in solchen Fällen nicht um eine räthselhafte Coordinationsstörung, sondern in erster Linie um Schwä- chung, d. h. herabgesetzte Erregbarkeit und Energie bestimmter moto- rischer Nerven und der von ihnen abhängigen Muskelgruppen. Instructiv ist die Vergleichung mit manchen Fällen von Hemiplegie. Der Vortra- der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Caltur. 173 gende berichtet über einen solchen, wo bei einem jungen Mädchen Un- fähigkeit zum Schreiben als Theilerscheinung einer aus traumatischer Ver- anlassung entstandenen, im Verlaufe zweier Jahre bis zu einem gewissen Grade gebesserten Hemiplegie vorhanden war. Mit grosser Mühe konnten nur sehr unregelmässige Schriftzüge erzielt werden, welche Aehnlichkeit mit denen mancher Schreibekrampf-Patienten hatten. Eine sechswöchent- liche electrische Behandlung brachte hier bedeutende Besserung der Schreibfähigkeit, deren allmäliger Fortschritt aus einer Reihe vorgelester Schriftproben der Patientin ersichtlich ist. — In zwei Fällen von soge- nanntem Schreibekrampfe nun gewann der Vortragende ebenfalls die Ueberzeugung, dass das Leiden wesentlich eine Paresis im Gebiete des nervus medianus und ulnaris war. Es ergab sich dies theils aus ein- gehender Beobachtung des fehlerhaften Gebrauchs der Hand beim Schrei- ben und auch bei anderen Manipulationen, worüber der Vortragende specielle Erläuterungen gab, theils aus der nachweisbar verminderten Erregbarkeit der betreffenden Nerven und Muskeln durch eleetrische Ströme. In einem der Fälle zeigte sich auch eine bedeutende Erhöhung des eleetrischen Leitungswiderstandes im rechten Vorderarme, eine Er- scheinung, die sich mit Wahrscheinlichkeit nur auf pathologisch-histolo- sische Veränderung der Nerven oder Muskeln zurückführen liess. In beiden Fällen ergab eine bestimmt regulirte electrische Behandlung Wie- derherstellung, resp. bedeutende Besserung der 'Schreibfertigkeit, wie gleichfalls durch vorgelegte Reihen von Autographien der Patienten ver- anschaulicht wurde. Auch an einem dritten Patienten war Schwäche ein- zelner Muskelgruppen bemerklich; hingegen nichts von eigentlichem Krampfe; doch konnte dieser Fall nur kurze Zeit beobachtet werden. — Hinsichtlich der Aetiologie stellten sich in zweien der Fälle bedeutende, wenigstens zur Zeit der Entstehung des Leidens vorhanden gewesene all- gemeine Schwächezustände als prädisponirende Ursachen heraus, ausser- dem in zwei Fällen gewohnheitsmässige fehlerhafte Haltung der Feder, ein Punkt, welcher hinsichtlich der Prophylaxis die grösste Beachtung verdient. | Doch sollte mit Obigem keineswegs das Vorkommen von Fällen krampfhaften Charakters bestritten werden. Namentlich mögen im An- fangsstadium spastische Complieationen häufiger sein. Man wird eben den ontologischen Begriff dieser Krankheit aufgeben und auf Grundlage eines genauen Studiums der einzelnen Fälle diese rubrieiren und danach auch die Behandlung einrichten müssen. Hierauf berichtete Herr Medicinalrath Prof. Dr. Spiegelberg über eine jüngst von ihm mit glücklichem Erfolge ausgeführte Exstirpation einer mannskopfgrossen Cyste des Zigamentum latum. Die von Herrn Dr. med. Carl Weigert ausgeführte Untersuchung der Cyste ergab eine starke Lage glatter Muskelfasern in der Wandung derselben, 174 Jahres-Bericht wodurch sie sich von den Ovarialeysten unterschied, bei denen bisher glattes Muskelgewebe noch nicht beobachtet ist. In der Sitzung am 25. März sprach Herr Dr. W. A. Freund über einige Fälle von complieirter procidentia uteri. Zwei Fälle boten die Folgeerscheinungen rigorös eingebrachter harter Pessarien bei Procidenz des verlängerten und retroflectirten Uterus. Das Pessarium kam in den Knickungswinkel zu liegen und klemmte diesen mit allen denselben umgebenden Weichtheilen (vagina, rectum) gegen die oberen Partien des os sacrum. Nach schwieriger Ueberwin- dung einer localen pelviperitonitis posterior und der entzündlichen incarce- ration der Beckeneingeweide (in dem einen Falle Durchbruch eines Abscesses des Douglas’schen Raumes in das rectum) blieben narbige Massen im hinteren oberen Becken zurück, welche den retrofleetirten Uterus mit dem laquear vagin. poster. und dem rectum fest an das os saecr. heften. Das rectum stark stenosirt, Ein Fall zeigte eine vollkommnere Procidenz des retrofleetirten ute- rus, wobei das Organ die Beckenhöhle vollständig verlassen hatte. Der Fall war mit einem doppeltfaustgrossen Divertikel der vorderen Rectal- wand, in welches der retroflectirte uterus in einer secundären Tasche hineinragte, complieirt. Die natürlich vollständig invertirte vagina hatte vorn die vesica ur. ebenfalls in einem Divertikel abwärts gezogen. Der vierte Fall bot eine vollständige Procidenz des antefleetirten uterus, wobei wiederum das Organ die Beckenhöhle vollständig verlassen hatte. Das Eigenthümliche des Falles besteht darin, dass nur eine kleine Strecke der urethra dem Zuge der invertirten vorderen Vaginalwand ge- folgt ist, während die vesic. ur., wie auch das rectum sich nach oben in die Beckenhöhle ohne Divertikelbildung entwickeln. Es werden an Durchschnitten (sagittalen) die eigenthümlichen Verhältnisse des Verlaufes des peritonaeums und der Lockerung der Verbindungen der vesica mit dem cervix uteri erläutert. Hieran knüpft der Vortragende eine Beschreibung der mechanischen Behandlung derartiger Fälle mittelst des Schlingenverfahrens (Einheilung einer Metallschlinge in das lab. anterius port. vagin. und Anschlingung der- selben an ein geknöpftes Hodge’sches Pessarium. Herr Dr. Martini theilt drei in solcher Weise mit Erfolg behan- delte Fälle aus seiner Praxis mit. — Hierauf motivirt Dr. Freund seinen Antrag „allwöchentlich gesellige Zusammenkünfte der Collegen behufs Besprechung praktischer Fragen privater und öffentlicher Natur zu veranstalten und einen Fragekasten zu gründen“, mit der Nothwendigkeit, das reiche Material der ärztlichen Praxis für die Wissenschaft zu verwerthen, sich gegenseitig zwangslos (durch Besprechung, nicht durch Vorträge) aufzuklären, endlich mit dem der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 175 geselligen Bedürfniss der Collegen, dem man in Breslau wiederholt, bis- her (was die Allgemeinheit anbelangt) ohne nachhaltigen Erfolg abzu- helfen bemüht gewesen ist. Nach Debatte wird beschlossen, diesem Antrage beizutreten, und es werden die derzeitigen Seeretaire aufgefordert, die einleitenden Schritte event. bei dem Directorium der Gesellschaft zur Gewährung des Locals ete. zu thun, event. anderweitig für Local ete. zu sorgen. In der Sitzung vom 13. Mai 1870 sprach Herr Privatdocent Dr. Eb- stein über den Bau und die physiologischen Functionen der sogenannten Magenschleimdrüsen. - Der Vortragende stellte im hiesigen physiologischen Institut Unter- suchungen über die sogenannten Magenschleimdrüsen, besonders beim Hunde, ferner beim Schweine, der Katze, dem Kaninchen an, welche ihn zu folgenden Resultaten führten: 1) Die sogenannten Magenschleimdrüsen finden sich beim Hunde, der Katze, dem Kaninchen ete, in der Regio pylorica in grosser Verbrei- tung. Beim Hunde, welcher auf diesen Punkt besonders genau unter- sucht wurde, findet sich in der blassen Regio pylorica, wo sie an die dunkler gefärbte übrige Magenschleimhaut angrenzt, eine etwa 1,0—1,5 C. breite Zone, wo sich zwischen den sogenannten Magenschleimdrüsen ein- zelne sogenannte Labdrüsen eingestreut finden. Mit Ausnahme dieser Zone finden sich in der Regio pylorica des Hundes lediglich sogenannte Magenschleimdrüsen. 2) Die netzförmig verbundenen Riffe der innern Oberfläche der Ma- genschleimhaut und die zwischen denselben befindlichen Magengrübchen (Stomach cells), welche sich an mikroskopischen Präparaten hier sehr tief in die Schleimhaut hinein verfolgen lassen, sind mit einem Cylinderepi- thelium bekleidet, dessen Zellen in gewissen Entwickelungszuständen nicht offen sind, welche aber in andern Zuständen in: Folge schleimiger Metamorphose ihres Inhalts bersten und denselben entleeren. Diese . Zellen scheinen sich durch „Ersatzzellen“ zu regeneriren, welche sich zwischen den unteren Enden dieser Zellen befinden. 3) Am Grunde dieser in. der Regio. pyl. theilweise sehr tiefen Ma- sengrübchen münden gruppenweise die sogenannten Magenschleimdrüsen, an denen man (analog der Heidenhain’schen Nomenclatur bei den so- genannten Labdrüsen) den Drüsenhals und den Drüsenkörper unter- scheiden kann. Die Drüsen führen Drüsenzellen, welche sich von dem Epithelium der Magenoberfläche und der Magengrübchen wesentlich un- terscheiden. Dieselben sind kürzer, zeigen ein granulirtes Protoplasma, ihr Kern sitzt dicht am untersten Ende der Zelle und man findet hier keine Ersatzzellen. 176 Jahres-Bericht 4) Das Ansehen dieser Drüsenzellen, ihr Verhalten gegen Ueber- osmiumsäure, gegen Tinctionsflüssigkeiten, ihr chemisches Verhalten gegen Essigsäure und Mineralsäuren, ihr Verhalten bei künstlicher Selbstver- dauung der Magenschleimhaut machen es im höchsten Grade wahrschein- lich, dass dieselben identisch sind mit der von Heidenhain in den so- genannten-Labdrüsen genau beschriebenen und von ihm „Hauptzellen“ benannten Zellenart. Ausserdem zeigen die Drüsenzellen der sogenannten Schleimdrüsen während der Verdauung dieselben Veränderungen wie die Hauptzellen der sogenannten Labdrüsen. 5) Die Veränderungen der sogenannten Magenschleimdrüsen während der Verdauung, welche 4 bis 5 Stunden nach der Nahrungsaufnahme die grösste Intensität zeigen, bestehen in mehr oder weniger starker Trü- bung und Schrumpfung. Dieselben zeigen in diesem Stadium eine grosse Fähigkeit, Farbstoffe, besonders wässerige Anilinlösung aufzuneh- men. Im Drüsenlumen findet sich eine dieselbe Eigenschaft zeigende trübe granulirte Masse. Die höchsten Grade dieser Veränderungen, wie sie bei der gewöhnlichen Verdauung jedes Mal eintreten, findet man bei mechanischer Magenreizung (Schwammfütterung). Hierbei zeigen auch die Epithelien der Mageninnenfläche und der Magengrübehen Trübung und Schrumpfung, während ihr Zellinhalt bei der Verdauung nur beson- ders hochgradig schleimig metamorphosirt ist. 6) Künstliche Verdauungsflüssigkeit, aus der Schleimhaut der Regio pylor. bereitet, besitzt bei Gegenwart freier Salzsäure ebenfalls das Ver- mögen Eiweiss in Peptone umzuwandeln, wie der Auszug aus Lab- drüsenschleimhaut, aber in geringerem Masse. Der Auszug aus der Schleimhaut der Regio pylor. verdaut etwas mehr als die Hälfte des Ei- weisses, welches gleichzeitig von künstlichem Labdrüsenauszug gelöst wird. 7) Die sogenannten Schleimdrüsen des Magens bilden also auch Pepsin. Die Schleimhaut der Reg. pyl. wirkt, wie es scheint, nur des- halb weniger intensiv, weil hier in gleicher Menge Schleimhaut weniger Pepsinbildner als in den anderen Gdgenden des Magens vorhanden sind, wie sich aus den anatomischen Verhältnissen (bedeutend tiefere Magen- grübehen mit lediglich schleimbereitenden Epithelien, grössere Menge Zwischenbindegewebe in der Reg. pyl.) annehmen lässt. 8) Die Uebereinstimmung der Drüsenzellen der sogenannten Magen- schleimdrüsen mit den Hauptzellen der sogenannten Labdrüsen lässt uns annehmen, dass diese Zellen das Pepsin bereiten und nicht, wie bis- her allgemein angenommen wurde, die sogenannten Labzellen (Be- legzellen, Heidenhain), welchen vielleicht nur die Bildung der freien Säure zukommt. 9) Es erscheint daher angemessen, den sogenannten Magenschleim- drüsen, welche ebenfalls reichlich Pepsin bilden, einen ihrer Funetion entsprechenden Namen beizulegen, Die Bezeichnung: einfache Pepsin- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 177 drüsen dürfte zweckentsprechend sein. Im Gegensatz hierzu würde es sich empfehlen, die sogenannten Labdrüsen, in welchen sich die erwähnten zwei Zellenarten befinden, zusammengesetzte Pepsindrüsen zu nennen. Der Vortragende erläuterte die Verschiedenheiten der einfachen Pep- sindrüsen im Hunger- und Verdauungszustande an mikroskopischen Prä- paraten. Die Details dieser Untersuchungen werden demnächst in Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatomie veröffentlicht werden. In der Sitzung vom 27. Mai 1870. Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Grätzer sprach über die Statistik der Epidemie vom Flecktyphus in Breslau im Jahre 1868/69. Der Fleck- typhus trat epidemisch das erste Mal in Breslau in den Kriegsjahren 1813/14 auf. Später in den Jahren 1856/57, wo in den Hospitälern und in ihren Wohnungen gegen 6000 Kranke (mit 800 Todten) behandelt wurden. Die Flecktyphus-Epidemie von 1868/69 entwickelte sich nach einer Epidemie von Febris recurrens. Sie war bedeutend geringer als die Epidemie von 1856/57. Es wurde, obgleich die Stadt um '/, grösser seworden war und die erhobenen Zahlen auch Kranke aus der Privat- praxis umfassen, nur 1133 ergriffen, davon waren 668 — 58,96 pCt. Männer, 465 — 41,04 ,„ Weiber, Sa. 1133 Die meisten Erkrankten befanden sich in den dritten und vierten Alters-Decennien. Sie wurden verpflegt: I. In Krankenhäusern: 1) im Allerheiligenhospital ...... 144 Kr., von denen 111 starben, 2) ,, Barmherz. Brüderkloster ... 117 „ 13 ” 3) „ Elisabethinerinnen ...... A ee, 3 SuBıd. Zn DessenwRilialer. 2.0.2.0... GER, » 2IBDR,, 5) 13H Bethanienidoatsr. DIR Ion 0% a2usK, mW, „ I» 6) „ Garnisonlazareth ....... RBB, u, » 2 7) ,„, Königl. Gef.-Anstalt ... . . . 86 SMROHkı aih,, N 8) ,, Städtisches Arbeitshaus ... 9 „ » » 3 zus. 956 Kr., von denen 143 starben, oder 14,95 pCt. I. In ihren Wohnungen: 9) in der Privatpraxis ....... 86 Kr., von denen 27 starben, 10) ,, , städt. Hausarmenkranken- Diezei) .ııı Mala) Gala ” 4 „ 11,057 med. Poliklinik .% ..“. KA -nasRag 3 Böll, 12) ,„ dem Gesundheitspflegeverein 5 „ » = 0 zus. 177 Kr., von denen 32 starben, oder 18,08 pCt. 12 178 Jahres - Bericht Das im Vergleich mit der Mortalität am Flecktyphus im Allgemeinen ungewöhnlich hohe Sterblichkeits-Procent in der Privatpraxis (27:86 = 31,4 pCt.) lässt uns annehmen, dass trotz der sorgfältigsten Nachfor- schungen ein Theil dieser Fälle zu unserer Kenntniss nicht gelangt ist. Mit Ausschluss von 86 in der Privatpraxis behandelten Fällen, 20 Soldaten und 5 Mitgliedern des Gesundheitspflege-Vereins waren 90,20 pCt. der Erkrankten genöthigt, die öffentliche oder private Armenkran- kenpflege in Anspruch zu nehmen. Die Epidemie dauerte vom 20. September 1868 bis zum 31. August 1869 und erkrankten im September 1868 2 Personen, „ October N 6 # A „ November „, 35 hi „ December ,, 89 bs ,„ Januar 1869 144 „ Februar 1180 „ „ März „29 > „ April „ 201 » ” Mai ” 148 er) PP) Juli ” 91 yb) „ August » 12 „ Die Epidemie stieg also langsam — während 8 Monaten bis zum April 1869 und fiel rascher während 4 Monaten. Unter den Erkrankten war besonders der Arbeiterstand stark ver- treten. Bemerkenswerth ist die verhältnissmässig grosse Anzahl des ärztlichen und Wartepersonals unter den Erkrankten, nämlich 5 Aerzte, 13 barmherzige Brüder, 33 weibliche und 5 männliche Krankenwärter, 4 Diaconissinnen, 1 Schwester, 5 Hospital-Dienstboten, zusammen 66 Per- sonen oder 5,75. Die 1133 Kranken vertheilen sich auf 416 verschiedene Häuser und 126 verschiedene Strassen. Einzelne Strassen wurden ganz vorzugsweise befellen, nämlich die Grosse und die Kleine Rosengasse (173 resp. 85 Kranke), die Klosterstrasse (52 Kranke), der Viehmarkt (46 Kranke). Einzelne Häuser zeichneten sieh durch eine besonders grosse Zahl der Erkrankungen aus, z. B. das Hospital Allerheiligen (44) ohne die von Aussen eingebrachten Kranken, Kleine Rosengasse Nr. 4 und Grosse Ro- sengasse Nr. 12 (je 42 Kranke), Grosse Rosengasse Nr. 5 und Nr. 17 (je 34 Erkrankungen) u. s. w. Es handelt sich bei dem epidemischen Auftreten dieser so sehr infeetiösen Krankheit um eine Reihe von Stu- ben-, Häuser- und Strasssen-Epidemien, welche erweislich von hier in andere Stadttheile verschleppt wurde. Aus dem namentlichen Verzeich- nisse sämmtlicher Erkrankungen nach Name, Alter, Wohnung, Zeit und Dauer der Krankheit in Vergleich mit der von gleichen Gesichtspunkten der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 179 angefertigten Zusammenstellung von Febris recurrens-Epidemie 1868 hat sich herausgestellt, dass 53 Individuen, welche 1868 recurrens gehabt, später am Flecktypus erkrankten. Andererseits wurde ermittelt, dass unter 87 Erkrankungsfällen an recurrens, welche im ersten Halbjahre 1869 im Allerheiligenhospital behandelt wurden, sich 13 befanden, welche einige Monate vorher den Typhus exanthem. überstanden hatten. Die mei- sten Krankheitsfälle kamen im XIII. und XV. Polizei-Commissariat (nörd- licher Theil der Stadt), die wenigsten im VII. vor. Es erkrankten dort 2,66 und 1,68 resp. nur 0,10 pCt. der Einwohner. Von den 1133 Erkrankten starben 175, oder 15,44 pCt. und zwar im November 1868 | £, 4 „ December ,, 5 8 ,„ Januar 1869 a5 19 „ Februar Sa AN 283 „ März 5 a3 28 ) April 7) ») 33 vb} Mai 2) vr) 24 ,„ Juni a ss 23 „ Juli 9) ”) 8 Die meisten also im April, Februar und März. Die grösste Zahl der Gestorbenen war im Alter von 30—50 Jahren. Unter den Gestorbenen befand sich 1 Arzt (Dr. Barisch), der Inspector des Allerheiligen-Hospitals, 1 barmherziger Bruder, 1 Diakonissin, 1 Kran- kenwärterin, 2 bei der Wäsche im Hospital beschäftigte Dienstboten us w. Wie die Krankheit nach Breslau kam, ist schwer zu sagen, wir wissen nicht, ob und woher sie eingeschleppt war, oder ob sie hierorts entstanden ist. Unter den prädisponirenden Momenten spielt der Hunger eine keinesweges bedeutende Rolle. Denn es herrschte 1369 keine Theuerung, und die Erkrankten selbst in Jen Krankenhäusern boten nicht den Anblick verhungerter Individuen dar. Die Krankheit war im höchsten Grade contagiös. Zahlreiche Be- läge lassen sich dafür anführen. Wahrscheinlich hat die Krankheit ver- wandte Ursache mit der Febris recurrens, sie scheint aber noch stärker contagiös zu sein. Dieser starken Contagiösität leisteten die engen Wohnungen in den Hauptherden der Krankheit den kräftigsten Vorschub, wozu der Schmutz in den schlecht gesäuberten und sehr mangelhaft ventilirten Schlafstellen- wirthschaften besonders im Winter in diesen Stadttheilen wie bei der Febris recurrens das Seinige beitrug. | Der Vortragende demonstrirte endlich an einem Plane der: Stadt die Vertheilung der Epidemie in den einzelnen Polizeibezirken derselben, welche durch entsprechende Colorirung versinnlicht war. 12% 180 Jahres-Bericht Ausserdem legte er einen Situationsplan der Rosengassen und des Viehmarktes — des Hauptherdes der Febris recurrens und des Fleck- typhus — vor, in welchem die numerische Betheiligung der einzelnen Häuser in jeder der beiden Epidemien angegeben war. Eine weitere Verwerthung des statistischen Materials behält sich der Vortragende für seinen später erscheinenden statistischen Bericht für's Jahr 1869 vor. Prof. Dr. Waldeyer referirt über die neueren Forschungen auf dem Gebiete der Entzündungslehre und besprach dann die bisher sogenannten parenchymatösen Entzündungen. Bei allen diesen Formen tritt nach den Erfahrungen des Vortragenden eine Betheiligung des interstitiellen vascularisirten Gewebes in erster Linie ein und er- scheinen die Veränderungen der parenchymatösen Gewebesbestandtheile (körnige Trübung, Fettdegeneration ete.) als secundäre degenerative Pro- cesse. Es erscheint daher zweckmässig, den Namen „parenchymatöse Entzündung“ fallen zu lassen. Sitzung der medieinischen Section vom 1. Juli 1870. Herr Privat-Docent Dr. Köbner besprach die abnormen Vor- kommnisse nach der Vaceination. Man unterscheidet dieselben 1) in entzündliche, welche sich entweder, wie das Eczem der Impf- stellen, das Erythema vacein., das Erysipel, die Phlegmone, die Adenitis azillaris auf die vaceinirte Extremität localisiren, oder, wie die Furunculosis univ., am ganzen Körper auftreten können; 2) in speeifisch-virulente, welche a) auf eine aussergewöhnliche Wirkung des Vaceine-Contagiums zu beziehen sind, sei es, dass dasselbe ausser an den Impfstichen noch an einer anderen Körperstelle reguläre Pocken hervorbringt, — wie in einem von dem Vortragenden mitgetheilten und als locale Ueberimpfung (Auto-Inoculation) der Vaceine (auf ein schon vorher bestandenes Eczem am Rücken) angesehenen Falle, — sei es, dass heftigere Resorptionssymptome, Vaceinefiber, Roseola univers., auf- treten. Im Gegensatz zu allen diesen acut auftretenden und spontan ablau- fenden Erscheinungen hat man nach der Vaceination zuweilen b) con- stitutionelle Lues auftreten sehen. Diese, zumeist in Italien und demnächst in Frankreich, am seltensten in Deutschland gemachten Beob- achtungen verhalten sich hinsichtlich der Zeit und der Reihenfolge der Entwiekelung der Symptome sehr verschieden, so dass man die hereditär infieirten Impflinge, bei welchen die Vaceination nur als Gelegenheits- Ursache für die hervortretende Lues wirkt, und die per Vaccinationem in- fieirten durchaus trennen muss. Der Vortragende thut die gesetzmässige Entwiekelung der Lues in der letzteren Categorie von den Vaceinations- der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur, NER punkten aus unter anderen an 2 ihm selbst neuerdings zur Behandlung gekommenen Fällen dar, deren einen er der Section vorführt, kritisirt die allgemein acceptirte Theorie von Viennois, wonach mittelst der Vac- einelymphe die Pocken, mit dem Blute des Stamm-Impflings die Lues übertragen werde, als unmöglich allgemein gültig und stellt derselben seine eigene Ansicht gegenüber. Die Details sollen „im Archiv f. Der- matologie, Prag 1870‘ veröffentlicht werden. 2) Derselbe legte als Ergebniss seiner Bemühungen, dem seiner Wirkung nach zwischen dem Argent. nitr. und Kali caust. stehenden Chlor- zink, in Substanz trotz seiner äusserst hygroskopischen Beschaffenheit eine handliche, namentlich für Wirkungen in der Tiefe von Geweben sowie in Canälen passende Form und längere Haltbarkeit zu geben, Chlorzinkstäbehen oder -Griffel von 4—5 Centim. Länge und 3—4 Millim. Dieke vor, welehe auf 1 Theil Chlorzink '/, bis nur Y, Kali ni- Iricum (vesp. Y/, bis "4, Kali nitr. und eben so viel Chlorkalium) ent- halten und nach einem neuerdings von Bruns gemachten Vorschlage so- fort nach dem Schmelzen in Staniol eingehüllt werden. Seit 6 Jahren bedient sich der Vortragende dieser, in ausgetrockneten schmalen Gläs- chen viele Monate aufzubewahrenden Stäbehen, welche von Bruns („Arznei-Operationen‘, 1869) als neue Erfindung bezeichnet, zur Zerstö- rung von Neubildungen und zur Aetzung auf der freien Oberfläche. Bei ersteren (Lupus, Epitheion, Warzen, syph. Knoten, scrophulösen und syph. Lymphdrüsengeschwülsten) empfiehlt Vortragender dieses Präparat na. mentlich dann, wenn sie bis dicht an das Perichondrium oder Periost rei- chen, da man die Tiefenwirkung beim Chlorzinkgriffel sicherer abschätzen kann, als beim Kalistift, auch die Narben nach jenem flacher bleiben; beim Touchiren an der freien Oberfläche der Haut und der Schleimhäute aber, sowie in Schleimhautkanälen und Fisteln leiste derselbe die näm- lichen Dienste wie das Argent. nitr, fusums. — Herr Apotheker Julius Müller erwähnt zuerst der schon früher nachgewiesenen Löslichkeit des Quecksilbers in Chlornatriumlösung beim Schütteln; er fand, dass unter den günstigsten Verhältnissen sich 0,046 pCt. Quecksilber lösen. In dieser Flüssigkeit befindet sich das Quecksilber als Quecksilberchlorid- Chlornatrium mit Ueberschuss von Chlornatrium, einer Verbindung, die nicht sauer reagirt und die Eiweiss nicht fällt, auch nicht bei Zufü- gung einer dem Magensaft analogsauren Flüssigkeit. — Der Vortragende sprach weiter seine Ansicht dahin aus, dass der Bildung dieser resp, einer analogen Doppelverbindung sowohl bei Anwendung der Quecksil- bersalbe (hier bewirkt der an Chloriden so reiche Schweiss die Lösung) als auch beim inneren Gebrauch aller Quecksilberpräparate mit Ausnahme des Schwefelquecksilber (alle anderen lösen sich in chlornatriumhaltiger Flüssigkeit mehr oder weniger in einer Eiweiss nicht fällenden Form auf) der Wirkung des Quecksilbers zuzuschreiben wäre. — Endlich zog der 182 Jahres-Bericht Vortragende aus seinen Beobachtungen den Schluss: das Quecksilber muss gelöst in kleinen Dosen angewendet werden und zwar in einer Form, die Eiweiss nicht fällt, also als Quecksilberchlorid-Chlornatrium mit Ueberschuss von Chlornatrium. — Herr Dr. Emil Stern spricht so- dann über die therapeutische- Anwendung des Quecksilberehlorid-Chlor- natriums mit überschüssigem Chlornatrium. Es wirkt subeutan wie inner- lich angewendet in keiner Weise reizend, macht nur sehr selten Spei- chelfluss und niemals Störung der Gravidität. 54 an Lues Leidende ge- nasen auffallend schnell beim inneren Gebrauch relativ kleiner Mengen Quecksilber in genannter Doppelverbindung. Der Vortragende stellt wei- tere ausführliche Mittheilungen in Aussicht. In der Sitzung am 9. December sprach Herr Prof. Dr. Voltolini über die Perforation des Trommelfelles. Sie wurde schon von den äl- teren Chirurgen ausgeführt und zwar in vielen Fällen mit Erfolg, d. h. mit Verbesserung des Gehörvermögens. Riolan war der Erste, der sie empfahl; Valsalva stellte Experimente über dieselbe an bei Hunden; Ast. Cooper scheint sie zuerst am lebenden Menschen ausgeführt zu haben und zwar in 4 Fällen mit Erfolg. Ihm folgten Himly, v. Kern, Delean, Fabrizzi u. A. und wurde sie im Anfange dieses Jahrhun- derts mit einem gewissen Enthusiasmus betrieben. Man liess sie dann wieder fallen, vornehmlich wohl deshalb, weil man die Perforations- Oeffnung immer wieder zuwachsen sah, was für eine Methode der Ope- ration man auch nur immer ersann. In neuester Zeit wurde sie von Jos. Gruber in Wien wieder aufgenommen, der eine Methode der Myring dectomie erfand, indem er mit Messer und Pinzette ein Stück aus dem Trommelfell ausschnitt; Wreden in Petersburg entfernte sogar hierbei ein Stück des Handgriffes des Hammers — aber auch diese Methoden sind nicht sieher, um die Oeffnung offen zu erhalten. — Die alten Aerzte stellten als hauptsächlichste Indication für die Operation auf: Verwach- sung der Tuba Eustachü. Diese kommt aber nach neueren Untersuchun- gen höchst selten vor. Nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft ist die Operation indieirt: 1) bei Verdiekungen, Verkalkungen, Verwach- sungen des Trommelfelles, 2) um Ansammlung kranker Stoffe aus der Paukenhöhle zu entfernen, 3) bei Verwachsung der Tuba Eustachii, wenn diese vorkommt; 4) nach rein empirischen Prineipien, wenn andere the- rapeutische Mittel gegen Schwerhörigkeit erfolglos sind. Ich führe die Operation mittelst der Galvanokaustik aus und ist eine einfachere, schnellere, sicherere und schmerzlosere Methode kaum denk- bar, bei der noch der Vortheil ist, dass ich jeden Augenblick die Oeff- nung beliebig gross und an jeder Stelle des Trommelfelles machen kann. Ich wähle einen beliebig starken Galvanokauter, je nach der Grösse des Loches, das ich erzeugen will. Das Instrument wird durch einen Ohr- der Schles. Gesellschaft f, vaterl, Oultur, 183 triehter in das Ohr eingeführt, und zwar wird ein solcher Triehter ge- wählt, welcher nur die Spitze des Operations-Instrumentes durchdringen lässt, so dass also das absolute Hinderniss des weiteren Eindringens in das Ohr als nöthig ist, in dem Trichter liegt. Die Operation führe ich nicht in der Weise aus, dass ich den Galvanokauter bis an das Trommel- fell führe und hier erst erglühen lasse — der Patient würde dabei zu- rückzucken und Schmerz empfinden — sondern indem ich ihn ausserhalb des Trichters heftig erglühen lasse und nun erst blitzschnell, gleichsam mit einer nur zuckenden Bewegung den Galvanokauter in’s Trommelfell stosse und eben so schnell wieder zurückziehe. Die Operation ist so in einem Augenblicke vollendet und ist so fast vollständig schmerzlos. Das Offenhalten der Oeffnung misslang deshalb bisher bei anderen Operations- Methoden, weil man nicht die richtige Vorstellung über die Regenera- tionskraft des Trommelfelles hatte. Durch die blosse Operation der Per- foration an sich ist man niemals im Stande, die Oeffnung offen zu er- halten, eben so wenig wie künstliche Oeffnungen an anderen Körper- stellen offen bleiben, was man auch anwenden möge. Tragen die Da- men z. B. einen Ohrring lange Zeit nicht, so verengt sich die Oeffnung im Ohrläppchen immer mehr und endlich wächst sie ganz zu. Auch hierfür liefert der Patient, den ich Ihnen heute vorstelle, den Beweis. Er trägt seit 5—6 Jahren den Ohrring nicht mehr, den er früher trug, und jetzt ist die Oeffnung vollständig verwachsen. Es ist also auch bei der Perforation des Trommelfelles immer nöthig, von Zeit zu Zeit die Oeffnung offen zu erhalten. Dies geschieht nach meiner Methode, sowohl gleich nach der Perforation, als später durch eine einfache Knopf sonde, mit der ich in der ersten Zeit täglich einfach mehrmals durch die Oeffnung hindurchgehe, bis die Ränder der Oeffnung etwas callös geworden sind. Diese Procedur ist so einfach, dass sie jeder Arzt später vornehmen kann. Auf diese Weise habe ich bei unserem Pa- tienten nun bereits 7 Monate offen erhalten. Das Gehör ist ausseror- dentlich gebessert und die subjectiven Geräusche und der Druck im Ohre ist verschwunden. Herr Privat-Docent Dr. Hermann Cohn berichtete ‚über die in den Kriegslazarethen zu Forbach und Heinitz beobachteten Augen- schusswunden.“ Der Vortragende hatte sich bei Beginn des Krieges der freiwilligen Krankenpflege zur Verfügung gestellt, war mit der unter Führung des Herrn Prof. Fischer abgesendeten Expedition nach dem Kriegsschauplatze gegangen und hatte dort Gelegenheit 18 Augen- schussverletzungen zu behandeln. Rechnet man die Oberfläche des menschlichen Körpers durehsehnitt- lieh zu 15 DJ‘ und die der Augen zu 8 D“, so müssten nach der Wahr- scheinlichkeitsrechnung auf 100 Körper- etwa 4 Augenverwundungen kommen, also auf 100,000 Verwundete in diesem Kriege ca, 4000 Augen- 184 Jahres-Bericht wunden. Fischer hat eine Statistik von 109,698 Schusswunden aus den verschiedenen Kriegen der Neuzeit zusammengestellt und als Durch- schnittszahl für Kopf-, Hirn- und Gesichtswunden 10,7 pCt. gefunden; bei diesen könnte das Auge mit ergriffen sein. Allein nach seinen Beob- achtungen in Saarbrücken glaubt der Vortragende, dass es nur in 10 pCt- der Kopf-, Hirn- und Gesichtswunden mit verletzt ist. Es würden also etwa nur 1000 Läsionen des Auges unter 100,000 Verwundeten in die- sem Kriege vorgekommen sein. Da nun ca. 4000 deutsche, französische und ausländische Aerzte sich in die Pflege der Verwundeten theilen, und da die Augenverwundeten nicht in die Augenheilanstalten evaeuirt, son- dern in die Hospitäler unter die übrigen Blessirten zerstreut, daher we- nige Aerzte Gelegenheit gehabt haben werden, eine grosse Zahl von Schussverletzungen des Auges zu sehen, so scheint dem Vortragenden eine genaue Besprechung der 18 von ihm beobachteten Fälle, als einer relativ grossen Zahl, gerechtfertigt, zumal die Literatur der Kriegs-Augen- heilkunde noch sehr dürftig ist. Vier Mal war der Augapfel zerrissen, ein Mal war er total heraus- geschossen, ein Mal war ein Granatsplitter in’s Auge, zwei Mal in’s Lid gedrungen, ein Mal war die Sclera gestreift worden. Drei Mal hatte die Kugel den Oberkiefer, drei Mal das Jochbein, ein Mal das Schläfenbein, ein Mal das Stirnbein, ein Mal das Gehirn selbst getroffen. Der Vortragende hat bei den 18 Patienten 44 Krankheiten des Auges beobachtet, drei Mal die Operation der Enueleation des Augapfels und zwei Mal die Exeision von Granatsplittern aus den Lidern ausge- führt. — In einem Falle waren unmittelbar nach der Verwundung beide Augen erblindet, obgleich äusserlich am Auge nichts Krankhaftes zu sehen war. Dieser Fall betraf einen ostpreussischen Grenadier, dem am 14. August 1870 vor Metz eine Chassepotkugel in’s Gehirn gedrungen und darin stecken geblieben war. Die Eintrittsöffnung befand sich 14, nach oben hinten vom oberen Theile der rechten Ohrmuschel am unteren hinteren Theile des rechten Scheitelbeines. Als er in Forbach am 17. August aufgenommen wurde, war aus dieser Stelle eine etwa wall- nussgrosse Menge Gehirn ausgeflossen und klebte am Hemdkragen. Eine Gegenöffnung war nicht zu finden. Die Kugel selbst wurde 2“ nach hinten und !/,‘‘ nach unten von der Eintrittsöffnung, ein wenig zur Rech- ten des tuberculum oceipitis sofort herausgeschnitten; am Abende dieses Tages begann Patient wieder Licht zu sehen; am nächsten Tage erkannte er schon das Kleid der barmherzigen Schwester, welche ihn pflegte. Täglich quoll etwas Hirnmasse aus der Wunde; sonst befand er sich ganz wohl; Bewegungen, Geruch, Geschmack, Gedächtniss normal, Schlaf gut. Nur 50 volle Pulse. Am 22. August untersuchte ihn der Vor- tragende mit dem Augenspiegel und fand in beiden äusserlich ganz ge- sund erscheinenden Augen eine ausserordentliche Schwellung und der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 185 Entzündung der Sehnerven. Die rechte Pupille reagirte prompt; mit diesem Auge sieht er auch schon Handbewegungen nach Aussen, Aussen-Unten und Aussen-Oben. Die linke Pupille reagirt nur sehr träge; das Auge ist sogar für die hellste Beleuchtung unempfindlich, total er- blindet. — Das Sehvermögen besserte sich nach antiphlogistischer ört- licher Behandlung auf beiden Augen, so dass er am 14. September in Heilung evacuirt werden konnte. Der Fall kann der Schmidt’schen Hypothese als Stütze dienen, dass plötzlich gesteigerter intracerebraler Druck eine Stauungsneuritis hervorrufen kann. — Ausführlich werden die gesammten Beobachtungen und Epikrisen des Vortragenden in dem unter der Presse befindlichen Berichte der Expedition mitgetheilt werden. V, Bericht über die Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1870, erstattet von Prof. Dr. J. Kutzen, zeitigem Secretair der Section. Die historische Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterlän- dische Cultur veranstaltete während des Jahres 1870 eilf Versammlungen. In diesen wurden ausser verschiedenen kleineren Mittheilungen die um- fassenden Abhandlungen vorgetragen, welche bereits im allgemeinen Be- richt (8. 22—23) genannt worden sind. Der wesentliche Inhalt der- selben ist folgender: In der Sitzung am 13. Januar hielt Herr August Mosbach einen Vortrag „Ueber den Tod des russischen Kaisers Paul L‘“ Den Stoff zur Darstellung dieses tragischen Ereignisses entnahm der Vortra- gende ausschliesslich einem gleichzeitigen russischen Tagebuche, das im ersten Bändchen der im Jahre 1859 in London erschienenen „Historischen Revue der freien russischen Druckerei in London“, deren Herausgeber der vor Kurzem in Paris verstorbene Russe Alexander Hertzen war, veröffentlicht wurde. Der unbekannte Verfasser des Tagebuchs, welches das Datum 11. März 1801 (also 23, März n. Kal.) trägt, an welehem Tage das Attentat gegen den Kaiser Paul verübt wurde, giebt über die Ursachen, den Verlauf, den Ausbruch der vom Grafen Pahlen, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Chef der Polizei und Kriegsgouverneur von Petersburg, eingeleiteten Verschwörung, deren Zweck eigentlich nur 188 Jahres-Bericht die Thronentsetzung Pauls sein sollte, sowie über die Thronbesteigung Alexander’s I. höchst interessante, bisher unbekannte „Aufschlüsse. Manche Details des Tagebuchs stimmen mehr oder weniger überein mit mehreren Einzelheiten, die wir in einem u. d. T. „Die Ermordung des Kaisers Paul I. von Russland am 23. März 1801“ im 3. Bande der von H. v. Sybel herausgegebenen Zeitschrift abgedruckten Aufsatze finden, dessen ungenannter Verfasser ein Bruchstück der handschriftlichen Denk- würdigkeiten des russischen Generals v. Bennigsen, eines Hannovera- ners, der bei der Ansführung der Verschwörung eine hervorragende Rolle spielte, benutzte; doch enthält das russische Tagebuch Mancherlei, das wir in dem ebengenannten Aufsatze vermissen oder anders dargestellt finden. In der Sitzung am 27. Januar gab in seinem Vortrage Herr Dr. Grossmann Beiträge zur Charakteristik Friedrich Carl von Mosers. Er zeigte zunächst, dass die wenigen Darstellungen über diesen berühmten Publieisien, die wir bis jetzt haben, ein theils unvollständiges, theils unrichtiges Bild von ihm geben. Gerade die letzten Jahrzehnte seines Lebens, die Zeit von 1780 --1798, die das Resultat seiner politi- schen Lebenserfahrungen ausmachen, sind bisher fast unberücksichtigt geblieben.- Sie auf's Neue zu untersuchen, gab dem Vortragenden der Fund einer Anzahl Originalbriefe Mosers in dem Archive eines schle- sischen Majoratsherrn Veranlassung. Er setzte darauf auseinander, dass Moser im Gegensätze zu seinen Zeitgenossen, die das alte Reich noch immer für ein der Pflege würdiges und der Verbesserung fähiges Ganzes hielten, durch eine Reihe allgemeiner und eigener Erfahrungen und per- sönlieher Anschauungen schon etliche Jahre vor der französischen Revo- lution zu der Erkenntniss gekommen war, dass die Zustände in Deutsch- land unheilbar und unverbesserlich seien. In dieser Ueberzeugung war seine Stellung zur französischen Revolution eine ganz eigenthümliche. Auf Grund seiner früheren Meinungen nämlich hätte derselbe die Revo- lution mit allem Feuer begrüssen und ihre Fortseizung nach Deutschland hinüber wünschen müssen; allein so gross seine Sympathie für die Re- sultate derselben war, fand er es doch nicht gerathen, ihre Fortpflanzung nach Deutschland zu wünschen und zu befördern; denn er hielt das deut- sche Volk für bessere, freiheitlichere Zustände für noch unfähig. Daher verbarg Moser in seinen Schriften seine eigentliche Meinung und ver- mied es, von der Revolution zu sprechen, um die Aufregung nicht noch zu vergrössern. In unerschütterlicher Ruhe inmitten allgemeiner Gäh- rung gedachte er sein Volk auf dem Wege allmäliger Aufklärung zur Selbsterkenntniss zu bringen und besserer Zustände würdig zu machen, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 189 In der Sitzung am 17. Februar machte Herr Prof. Dr. Reimann Mittheilungen über das Coneil von Trient. Nach einem kurzen Rückblick auf die früheren Abschnitte dieser Kirchenversammlung gab er ausführliche Kunde von den Verhandlungen im April und Mai d. J. 1562, welche hauptsächlich die Residenzpflicht der Geistlichen betrafen. Als Quellen dienten besonders die von Mendham herausgegebenen Acta con- eiliüi Trid. a Gabr. Cardinale Paleotto descripta und die zahlreichen Be- richte, welche Mitglieder der Akademie von Madrid aus dem Archive von Simancas in der coleccion de documentos ineditos para la historia de Espana veröffentlicht haben. An einigen Stellen musste Pallavieini zur Aushilfe genommen werden; von Sarpi dagegen wurde kein Gebrauch gemacht. In der Sitzung vom 17. März hielt Herr Gymnasiallehrer Dr. Mark- sraf einen Vortrag über den böhmischen Herrenbund Bene den König Georg von Böhmen. Es wurden zunächst die Parteistellungen erörtert, wie sie sich zur Zeit der Wahl Georgs von Podiebrad zum König gebildet hatten, beson- ders die Stellung der mächtigsten Herrengeschlechter, der Sternberge, Rosenberge u. s. w. zu ihm. Die Wahl Georgs beruhte nicht nur auf der Forderung der Utra- quisten, sondern auch auf einem Compromiss mit den Herren. Je mehr aber der König nach einem persönlichen Regiment strebte, um so mehr erwachten im Herrenstande ständische Oppositionsgelüste, die 1465 zur Bildung des Herrenbundes führten. Der Vortrag legte darauf Gewicht, dass dieser Herrenbund zunächst nicht eine katholische, sondern eine ständische Tendenz verfolgte. Da indess die Katholiken überall, beson- ders in Breslau, wo auch Bischof Rudolf von Lavant als päpstlicher Le- sat weilte, sich in Opposition gegen den König befanden und darin von Paul H. viel lebhafter als von Pius Il. unterstützt wurden, so suchte der Herrenbund von vornherein mit diesen Oppositionselementen, besonders auch mit der Curie, Verbindungen anzuknüpfen. Diese Versuche schei- terten zunächst daran, dass der Herrenbund sich nicht offen für eine Verdrängung des Königs als eines Ketzers zu engagiren wagte. Der Vortrag beschränkte sich auf diese erste Periode des Herrenbundes, die mit dem im Mai 1466 zwischen ihm und dem König geschlossenen Waf- fenstillstand zu Ende geht. In der Sitzung am 31. März hielt der Secretair der Section, Prof. Dr. Kutzen einen Vortrag über die Gebirgsgruppe des Glatzer Schneeberges, insbesondere über letzteren selbst. Der we- sentliche Inhalt desselben war folgender: 190 Jahres-Bericht Dieses Gebirge bildet fast ein für sich bestehendes, nur an der Ost- seite durch einen Rücken mit einem anderen Gebirge verbundenes Ganzes und ragt wie eine langgestreckte Gebirgsinsel in das Land hinein. Nicht bloss durch seine Lage, sondern auch durch die Eigenthümlichkeit seines plastischen Baues unterscheidet es sich von den übrigen glätzischen Ge- birgen. Es ist kein Kettengebirge, wie die Eule, kein Plateaugebirge, wie das Habelschwerdter, endlich auch kein Steingebirge, wie das Heu- scheuergebirge, obwohl es einzelne charakteristische Züge aller dieser aufzuweisen hat; vielmehr muss es als eine Gebirgsgruppe, als eine Art Massengebirge bezeichnet werden. Nicht minder unterscheidet es sich durch seine Höhe, durch die Mannigfaltigkeit der Erhebungsweise in sei- nen einzelnen Theilen, durch Farbenreichthum der Bekleidung, durch Wasserfülle und durch genussreichen Wechsel von An- und Aussichten, Als seinen Mittelpunkt, seinen Kern und sein Haupt macht sich so- gleich für das aufmerksame Auge der Schneeberg geltend, der als ein gewaltiger Koloss über alle anderen Hervorragungen beherrschend em- porsteigt. Ausgestattet mit einer umfangreichen Scheitelfläche des kahlen Gipfels, welche einem sanft von Westen nach Osten geneigten Plateau gleicht und 8208 Quadratruthen umfasst, erhebt er sich, nach den Mes- sungen des preussischen Generalstabs vom Jahre 1862, bis zu 4538 preussischen Fuss über die Ostsee und nimmt unter den höchsten Berg- gipfeln Deutschlands, abgerechnet die Alpen, die 9. Stelle ein, und auch in dieser bleibt er hinter seinen nächst höheren vier Vorgängern nicht um 100 Fuss, ja hinter zweien von diesen nur um 13 und 5 Fuss zu- rück. Eigenthümlich auf seiner Scheitelfläche, die übrigens nicht alles Lebens der Pflanzen- und Thierwelt entbehrt, ist die aussergewöhnliche Stille. Dazu gesellt sich der Eindruck der Weite des Gipfels, so dass kaum auf einem anderen hohen Berge oder Rücken der Sudeten das Gefühl gänzlicher Abgeschiedenheit, Oede und Starrheit der Natur in gleichem Grade geweckt wird. Natürlich bietet der Schneeberg bei der vorhin angedeuteten Ausdehnung der Scheitelfläche keine gleichzeitige Rundsicht; doch gewähren verschiedene Standpunkte an den Rändern derselben immerhin sehr lohnende partielle Aussichten. Schliesslich verdient der Berggipfel noch in hydrographischer und politischer Beziehung unsere Beachtung; denn er ist die Geburtsstätte von zwei Flüssen, der Wölfl und der March, und wird dadurch ein Theil der grossen Hauptwasserscheide Europas. Fast auf seiner Höhe aber steht südwestlich die Grenzsäule, an welcher die Länder Böhmen, Mäh- ren und die Grafschaft Glatz zusammenstossen, zu welcher letzteren der grösste Abschnitt des Berges, so wie des Schneeberggebirges überhaupt gehört, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 191 In der Sitzung am 23. April trug Herr Dr. Alwin Schultz vor über das Verhältniss der ehristlichen Archäologie zur elas- sischen Alterthumskunde und zur Geschichtsforschung und besprach zunächst die Gründe, weshalb die christliehe Archäologie so- wohl im Publicum, als auch von Seiten des Staates weniger Theilnahme finde, als die elassische. Die Gründe glaubte er in der lediglich auf die genauere Kenntniss des griechisch-römischen Alterthums hinzielenden Er- ziehung in den Gymnasien, in der mangelhaften Behandlung der mittel- alterliehen Geschichte und Sprachen von Seiten ebenderselben Schulen, in dem Mangel an objectiver Betrachtung der Werke des uns näher lie- genden und eben deshalb nicht mit Vorurtheilen angesehenen Mittelalters zu finden. Die unläugbare Inferiorität der mittelalterlichen Archäologie ist veranlasst durch die geringe Zahl derjenigen, welche mit wissenschaft- licher Befähigung sich diesem Studium widmen, durch das Vorwiegen der kunsthistorischen Neigungen, während doch jede tüchtige Kunstgeschichte auf dem Fundamente archäologischer Studien basiren muss, durch die unübersehbare Menge endlich der Denkmäler und der zu ihrer Erklärung dienenden Schriftquellen, welche ein genaues Eingehen auf die Einzeln- heiten erschwert. Gerade aber in diesem unerschöpflichen Reichthume beruht die in Zukunft erst voll erkennbare Grösse der christlichen Ar- chäologie, deren Bedeutung für die historischen Studien, für die Gewin- nung lebendiger Anschauung der Vorzeit weiter ausgeführt wurde. Während des Monats Mai versammelte sich die Section zweimal. Die erste Versammlung galt einem orientirenden Vortrage für die Bereisung des Schauplatzes der Schlacht bei Liegnitz (am 15, Aug. 1760) zwischen Friedrich dem Grossen und Laudon, die 2. dieser Be- reisung selbst. Jenen Vortrag hielt am 12. Mai der Secretair der Section Prof. Dr. Kutzen, auf dessen Vorschlag die gedachte Exeursion bereits im April von der historischen Section beschlossen worden war. Er knüpfte an die Mittheilungen an, welche er in einer Sitzung des vorigen Jahres in umfassender Weise gegeben hatte, und entwickelte hauptsäch- lich die charakteristischen und entscheidenden Momente auf den Pfaffen- dorf-Pantener Höhen in der Nacht vom 14. zum 15. August und am frü- hen Morgen des 15. August 1760, also insbesondere den vom Feinde nicht bemerkten Marsch der etwa 30,000 Mann starken preussischen Armee von der Südseite der Stadt Liegnitz her über das Schwarzwasser auf die so eben genannten Höhen, die mühevolle, ja die durch die über- aus grosse Dunkelheit der Nacht bedenklich gefährdete Aufstellung da- selbst, die durch die unerwartete Erscheinung des Feindes (der etwa 34,000 Mann starken Österreichischen Heeresabtheilung unter Laudon) urplötzlich eintretenden Nothwendigkeit einer sofortigen Aenderung dieser Aufstel- lung, die geniale Benutzung des verhängnissvollen Augenblicks durch 192 Jahres-Bericht Friedrich und dessen Verwerthung der über alles Lob erhabenen Tapfer- keit seiner Armee, den schweren Kampf Morgens von 3 Uhr an auf dem höchsten Theile jener Hügelgegend, nämlich an dem Rehberge, die Rück- drängung des tapferen und entschlossenen Feindes hinunter nach Bieno- witz, woher Laudon gekommen war, und von wo aus er jetzt gegen 6 Uhr Morgens seine geschlagenen Truppen mit einem Verluste von 10,000 Mann weiter südöstlich zurückführte, und endlich die siegreiche Gegenwehr Zietens vorn am Galgsberge und auf den benachbarten Er- hebungen gegen die von Liegnitz her angreifenden Vortruppen des gros- sen Daun’schen Heeres der Oesterreicher. Die Darstellung geschah mit Hülfe einer grösseren Karte über das Terrain der Schlacht aus der Plan- kammer des grossen Generalstabes zu Berlin, welche der Vortragende der Güte des Chefs des Generalstabes der Armee, des Generals Freih. v. Moltke zu verdanken hatte. Diesem Vortrage entsprechend geschah die Excursion auf den Schauplatz am 15. Mai und zwar mit um so vollerer allgemeiner Befriedigung für die zahlreichen Theilnehmer, als dieselbe von Anfang bis zu Ende von dem mildesten und heitersten Frühlingswetter begünstigt wurde. Nachdem nämlich die Gesellschaft von Breslau aus mit dem Eilzuge in der 12. Stunde Vormittags zu Liegnitz angekommen war und sich hier durch ein einfaches Mittagessen gestärkt hatte, zog sie über das Schwarzwasser und durch Pfaffendorff nach dem hochgelegenen Kampfplatze, Anfangs auf dem nach Schönborn führenden Wege, dann rechts hin durch Wald zu dem Siegesdenkmale auf dem Rehberge, wo die Gelegenheit zu bequemerer Uebersicht des Terrains und der mög- lichst besten Veranschaulichung des wichtigen Ereignisses eich darbot. Um jedoch auch die Gegend des östlich hinter dem Walde tiefliegenden Bie- nowitz besser übersehen zu können, in dessen Nähe der Kampf endete, wanderte man hinab nach dem nahen Panten und suchte in dessen Um- gebung für den erwähnten Zweck geeignete Standpunkte auf. Abermals zog man nachher von hier auf die Höhen und zwar in die Gegend, wo das kleinere der beiden Siegesdenkmäler steht, und wo in einiger Ent- fernung von diesem Orte Friedrich unmittelbar vor der Schlacht in seinen Mantel gehüllt an einem Wachtfeuer des äussersten linken Flügels seines kleinen Heeres schlummerte. Dann auf der Rückkehr nach Liegnitz am Galgsberge vorüber, wo der Aufstellung und Gegenwehr Zietens Beach- tung geschenkt wurde, und in der Stadt Besuch des Wirthshauses „‚Fried- richsruhe“, wo der König vor dem Marsche auf die Pantener Höhen mehrere Tage gewohnt hatte, und Besichtigung der im vorigen Jahre auf einem schönen Platze von Liegnitz errichteten Statue Friedrichs. Ein Theil der Gesellschaft besuchte und untersuchte auch (unter Führung des Herrn Rector Dr. Luchs) mehrere Kunstdenkmäler und Bauwerke der Stadt aus früheren Jahrhunderten. Nachdem noch Zeit übrig geblieben der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 193 war, um sich im Gasthause zum Rautenkrauz an einem trefflichen Abend- essen zu erquieken, erfolgte um 10 Uhr in einer herrlichen Mondnacht mit dem letzten Zuge die Rückkehr nach Breslau, wo man heiter und ohne sonderliche Ermüdung kurz vor 12 Uhr anlangte. — Als Ziel der nächsten Excursion wurde von der Section vorläufig der Schauplatz eines der glorreichsten Tage aus dem Feldherrnleben Friedrichs, welcher der ersten Hälfte desselben angehört, nämlich des Tages von Hohenfriede- berg und Striegau, in Aussicht genommen. In der Sitzung am 10. November hielt Herr August Mosbach einen Vortrag über die Thronbesteisung des Kaisers Nikolaus I. nach den Aufzeichnungen des russischen Staats-Secretairs Geheimraths Mart- schenko. Dieser höchst interessante Aufsatz ist im ersten Bande der im Jahre 1859 in London von Hertzen herausgegebenen „Geschichtlichen Sammlung der freien russischen Presse“ abgedruckt und bis jetzt noch von keinem Geschichtssehreiber des obigen Ereignisses benutzt worden. Martschenko, ein loyaler Russe, war Augen- und Öhrenzeuge. Seine Aufzeichnungen, niedergeschrieben unter dem frischen Eindrucke dessen, was er selbst erlebte, sah und mit anhörte, machen zwar keinen An- spruch darauf, ein vollständiges, nach allen Seiten hin befriedigendes Bild des Ereignisses zu gewähren, bilden aber immerhin einen höchst interessanten, erwünschten, lebensvoll und unparteiisch verfassten Beitrag zur Darstellung der damaligen Vorgänge in der russischen Hauptstadt. Martschenko erzählt viele Einzelheiten, die man in den bisher erschienenen Schriften, die diesen Gegenstand behandeln, vermisst, giebt so manchen Aufschluss über russische Zustände und wirft höchst charakteristische Streiflichter auf die Generale Grafen Araktschejew und Kleinmichel, von denen ersterer als Stifter der russischen Militair-Colonien unter Kaiser Alexander 1., letzterer unter Kaiser Nikolaus I. eine hervorragende Stel- lung einnahm. In der Sitzung am 24. November sprach der Secretair der Seetion, Prof. Dr. Kutzen, über Elsass und Lothringen, insbesondere über ihre geographische Stellung und Gestaltung und deren Beziehungen zu mensch- lichen Verhältnissen, Da Elsass, dem dieser Vortrag hauptsächlich galt, ein ansehnlicher Theil jenes Gebietes des alten Deutschland ist, das wir jetzt das oberrheinische Becken oder die oberrheinische Stufe zu nennen gewohnt sind, so wurde letztere zunächst im Ganzen betrachtet und dabei dargethan, dass sie durch die Grösse und Regelmässigkeit ihrer Form, durch die Fruchtbarkeit des Bodens, die Herrlichkeit des Landes, die frische Rührigkeit der Bevölkerung und durch die Menge und Wich- tigkeit theils altehrwürdiger, theils noch blühender Städte die schönste und anziehendste aller Beckengestaltungen Deutschlands sei, so wie sie 13 194 Jahres-Bericht durch ihre historischen Erinnerungen vor den meisten Abschnitten unseres Vaterlandes, ja vor den meisten Flussthalstücken unseres ganzen Erd- theils den Vorrang beanspruchen dürfe. Was nun den südwestlichen Theil dieses oberrheinischen Stufenlan- des, d. h. Elsass, insbesondere betrifft, so wurde zuerst auf die Eigen- thümlichkeit seiner einflussreichen langen Grenzen im Osten und Westen, also auf den Rhein und die Vogesen hingewiesen, sodann das Innere des Landes mit seiner Fruchtbarkeit, seinem fleissigen Anbau und seiner Ver- werthung für die Werke moderner Cultur und zuletzt die Lage der wichtigeren Städte, besonders am Flusse Ill, der gewissermassen als die Hauptpulsader des Lebens der Landschaft Elsass zu betrachten sei, hervorgehoben. Die Erörterung über Lothringen musste, wegen Fülle des Stoffes, einem späteren Vortrage vorbehalten bleiben. In der Versammlung am 15. December hielt Prof, Dr. Kutzen seinen zweiten Vortrag über Elsass und Lothringen. Indem er, anknü- pfend an den ersten Vortrag, die Eigenthümlichkeit der Bevölkerung des Elsass charakterisirte, machte er vorzugsweise ihren deutschen Fleiss und Unternehmungsgeist, so wie ihre Sauberkeit, bei den Männern die Tüch- tigkeit als Soldaten, bei einem Theil der Frauen den Ruf der Sparsam- keit, Wirthschaftlichkeit und des Fleissesbemerklich. Hinsichtlich derSprache und Sitte sei zwar in den grossen Städten und in den Badeörtern der französische Firniss der Gesellschaft unverkennbar, dagegen in den kleinen Landstädten und in den Dörfern das Deutsche überall vorherr- schend. Noch zählt Elsass über eine Million Deutscher, dagegen das französische Sprachgebiet darin nur etwa 91,000 Einwohner. Das lothringische Stufenland wurde als die nordwestliche Ab- dachung und Verflachung der Vogesen aufgefasst, zusammengehalten zwi- schen diesem Gebirge im Osten, den Ardennen und den mittelrheinischen Gebirgen im Norden und den Höhen längs der Maas im Westen, — ein Länderbecken, das dieser natürlichen Einfassung entsprechend in den verschiedenen Perioden der Geschichte fast immer unter einem be- sonderen Namen zum Vorschein gekommen und das seit der Zeit der sächsischen Kaiser zu Deutschland gehörte, bis es erst seit dem 18. Jahr- hundert vollständig an Frankreich verloren ging. Bei speeiellerer Darstel- lung des Innern von Lothringen wurde hauptsächlich auf die Mosel und ihr Thal Rücksicht genommen, da ihre Einwirkung auf Gestaltung, Ver- kehr und Vertheidigung des Landes unverkennbar sei. Unter den Städten wurde vor allen die bedeutsame Lage von Toul und Metz erörtert. Aus der Entwickelung der Fluss-- und Höhenverhältnisse Lothringens ergab sich die durch die Natur seibst in verschiedene 'Terrain-Abschnitte be- wirkte Zertheilung des Landes, dessen Vertheidigungsfähigkeit die Kunst der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 195 nicht selten durch die Anlage theilweise sehr stark befestigter Plätze er- höht hat, — aus der Vergegenwärtisung der physicalischen Gestaltung Lothringens und deren Beziehungen zu den benachbarten Territorien in doppelter Richtung und auf zwiefache Weise eine Trennung und Ver- bindung nach Nordosten ünd Südwesten und theilweise als Folge davon gallisch-römische, später französische Bevölkerung im Westen und Süd- westen, dagegen deutsche im Nordosten, besonders im Gebiete der Saar und Nied, so dass Lothringen, trotz des Unterdrückungssystems der fran- zösischen Regierung in Bezug auf deutsche Sprache, seit der langen Zeit der Beherrschung durch Frankreich vom deutschen Sprachgebiete nur wenig über 40,000 Bewohner verloren und in demselben immer noch 311,500 aufzuweisen hat. 13* Ne ash dns VI Bericht über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1870 | von Kaufmann und Stadtrath E. H. Müller, zeitisem Secretair der Section. Die Section für Obst- und Gartenbau der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau hielt im Jahre 1870 elf Sitzungen. In der ersten Sitzung am 26. Januar ersuchte zunächst der Secretair um schleunige ‚Einsendung der noch rückständigen Berichte über die Cultur- und Veredelungs-Erfolge der im Frühjahr. v. J. durch die Section an Mitglieder, welche sich darum beworben hatten, gratis vertheilten Sämereien empfehlenswerther Gemüse und Blumenpflanzen und der Edelreiser beachtenswerther Obstsorten und legte sodann die silberne Medaille nebst Certificat vor, welche der Section als Prämie-für die von ihr zu der im September v. J. in Hamburg stattgehabten inter- nationalen Gartenbau-Ausstellung eingesendeten Sortimente Aepfel und Birnen, auch ohne ihre Bewerbung darum zuerkannt worden war; die Medaille ist bei der Münzensammlung der Schlesischen Gesellschaft als Eigenthum der Section deponirt worden, das Certifieat aber ziert deren Sitzungszimmer. Ein Schreiben des Kunsigärtner Herrn Kuschel in Stolz, früher Obstbaulehrer an der landwirthschaftlichen Lehranstalt zu Rütti bei Bern wurde mitgetheilt, in welchem derselbe über den Zustand der Garten und Obsteultur des Stiftes St. Florian in Ober-Oesterreich sich rihmend äussert und hervorhebt, dass durch den dortigen Obergärtner Joseph 198 Jahres- Bericht Kienast in neuester Zeit einige empfehlenswerthe Apfelsorten aus Sa- ınen erzielt wurden. Zugleich beantragt derselbe, ein den Verhältnissen Schlesiens anzupassendes Stammregister der besten und ertragreichsten Obstsorten auszuarbeiten, dasselbe an Mitglieder der Section gratis zu vertheilen, Nicht-Mitgliedern aber für einen entsprechend mässigen Preis zu überlassen. *Herr Kuschel hofft, dass auch für die schlesische Obst- eultur hiermit so günstige Erfolge zu erreichen sein würden, wie sich solche im Canton Bern seit Einführung eines solchen Stammregisters, . wovon derselbe ein Exemplar der Section als Muster verehrt, ergaben. Herr Major a. D. Manger hatte die Güte die Begutachtung dieses Büchelchens zu übernehmen und soll hiernach weiteres beschlossen werden. Zum Vortrage wurden gebracht: ein von Herrn Kunst- und Handels- särtner W. Kühnau, einem durch frühere Mittheilungen über Culturen verschiedener Pflanzen ete. wohlverdienten hiesigen Mitgliede eingesen- deter längerer Aufsatz: „Ueber die Verwendung der Stauden- pflanzen in Gärten und Parks“; eben so, die dem Secretair von einem Nichtmitgliede übersendete: „EmpfehlungeinerHeckenpflanze (Bois d’arc?), des schwarzen Wallnussbaumes (Juglans nigra L.) und von Pfirsichen, durch den früheren schlesischen Landwirthschafts- Beamten Herrn W. Bruckisch, jetzt in Hortontown bei New- Braunfels, Comal County in Texas ansässig. Herr Drahtwaaren-Fa- brikant Algoever hatte Zweige der Maclura aurantiaca Nutt. zur Stelle gebracht, zeigte, dass, obschon diese Pflanze aus gleichen Gründen zu gleichem Zwecke wie das erwähnte Bois d’are in Nord-Amerika ver- wendet werde, beide doch nicht identisch sind, wies darauf hin, dass Erstere wol in Süd-Frankreich, in Deutschland aber nur in warmer, sehr geschützter Lage aushält, dass man in Süd-Deutschland den schwarzen Wallnussbaum schon öfter angepflanzt finde und sprach aus eignner An- schauung und Erfahrung über einige nordamerikanische Arten des Wall- nussbaumes, deren dort gebräuchliche Verwendungsweise ihres Holzes, so wie über dortige Obst- und Weineultur. Zweite Sitzung am 16. Februar. Herr Major a. D. Manger berichtete, dass das in letzter Sitzung ihm zur Beurtheilung überwiesene „Stammregister vorzüglicher Kernobstsorten für den Canton Bern“ in seinen Rathschlägen zur Pflege der Obstbäume und zweckmässigen Ver- wendung des Obstes nichts Neues enthielte, es aber dennoch nützlich sein möchte, in gleicher Weise und mit ähnlichen Zusätzen wie die oben angedeuteten versehen, nach den zeither gemachten Erfahrungen ein Ver- zeiehniss der für unsere Provinz zum Anbau besonders empfehlenswer- hen Obstsorten aufzustellen. Unter günstigeren, als den gegenwärtigen Verhältnissen soll hierauf zurückgekommen werden. Herr Garten-Direetor Bürgel zu Schloss Wittgenstein (Rumä- nen der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 199 nien) fragte in Veranlassung einer in der 1. Beilage von Nr. 163 v. J. der „Breslauer Zeitung‘ enthaltenen Empfehlung der Bepflanzung der Eisenbahn-Böschungen mit Zwergobstbäumen an, wie es wohl möglich sein würde, solche Pflanzungen zur Bewahrung vor grossem Schaden vor Hasenfrass zu schützen? da alle ihm bekannt gewordenen und versuchten Mittel hiergegen nicht von langer Dauer, nur Palliative, nicht radicale Hülfe schaffende und für grosse Anlagen der Kosten und der zu ihrer Anwendung erforderlichen Zeit wegen nicht anwendbar seien. Die an- wesenden Fachmänner vermochten hierauf sich nur dahin zu äussern, dass auch ihnen kein Mittel bekannt wäre, durch welches weite Strecken umfassende Obstanlagen gegen die beregten Beschädigungen ausreiehend geschützt würden; unter denen für kleinere derartige im Freien gelegene Anpflanzungen empfehle sich neben anderen Mitteln noch am besten der Anstrich mit einer Mischung aus Kalk, Kienruss, Blut und Milch, doch müsse derselbe öfter erneuert werden, da anhaltender oder schwerer Regen ihn abwasche, bei trockenem Wetter derselbe leicht abspringe, auch den übeln, die Hasen fernhaltenden Geruch bald verliere; auf Er- fahrung beruhe es jedoch, dass sehr ausgedehnte Obstpflanzungen durch Hasenfrass nur verhältnissmässig geringen Schaden leiden, Der städtische Garten-Inspector Herr Loesener legte eine mon- ströse 5 Zoll Durchmesser haltende, 10 Zoll hohe, über der Erde ge- wachsene Rübe vor, deren seitliche Blattknospen, von etwa dem vierten Theile der Höhe an, sich in 1Y, bis 2 Zoll lange und 1 bis 1'/, Zoll Durchmesser‘ habende Rüben ausgebildet hatten. Auf Antrag des Secretairs wurde beschlossen, auch im Frühjahr dieses Jahres Samen von Zierpflanzen und empfehlenswerthen Gemüsen und aus dem Sectionsgarten, so weit es eben die dort vorzunehmenden massenhaften Veredelungen zulassen würden, auch Obst-Edelreiser an die Mitglieder gratis zu vertheilen. Hierauf folgte die Mittheilung eines Berichtes des Kunstgärtner Herrn Friekinger in Laasan „über sein Verfahren bei der Cultur der Primula chinensis‘, welche derselbe alljährlich in grosser Menge und ausgezeichneter Schönheit eultivirt. N Die dritte Sitzung wurde am 9. März gehalten. Vorgelegt und bespronhen wurden: das soeben erschienene 1. Heft des 1. Jahrganges der viel Gutes versprechenden „Illustrirte Berichte über Garten- bau, Blumen- und Gemüsezucht, Obstbau und Forstkunde; Organ des Pomologischen Instituts zu Ringelheim (Hannover)“, und die 34. Lieferung des Obstkabinets von H. Arnoldi in Gotha, ent- haltend: 3 Apfel- und 3 Pflaumensorten; der letzteren war noch eine be- achtenswerthe Empfehlung beigegeben, bei landwirthschaftlichen oder pomologischen Ausstellungen dieses Obsteabinet in grösseren oder klei- neren, beliebig auszuwählenden Colleetionen als geeignete Prämien zu 200 Jahres-Berieht verwenden, um damit den Obstzüchtern auch die nothwendige Obstkennt- niss zu erleichtern. Herr Prof. Dr. Ferd. Cohn berichtete, dass die in letzter Sitzung präsentirte, ihm seitdem vorgelegene Rübe, nichts weiter als eine Kohl- rübe (Ober-Kohlrabi) sei, deren durch besondere, nicht aufzuklärende Umstände so wesentlich vergrösserter Stamm (Rübe, nicht Wurzel) eben- falls beblätterte Seitenzweige (Tochterknollen, knollige Stengel) aus den Blattachseln gebildet habe. Herr Kaufmann Weiss in Reichenbach hatte Zweige und Ast- abschnitte von jungen Obstbäumen eingesendet, welche über und über mit fest ansitzenden Insekten überzogen waren, und schreibt: „Diese Insekten finden sich hauptsächlich auf den Apfel-, weniger auf den Birn- und selten auf Kirschbäumen ein. Voriges Jahr versuchte ich sie zu vertilgen und wendete deshalb, wie mir empfohlen war, zuerst eine Brühe von 4 Loth Tabakblättern, 4 Loth Pfeffer, einer Handvoll Wermuth, verdünnt mit Y, Eimer Wasser in welchem '/, Pfd. schwarze Seife auf- gelöst war, zum Begiessen der Insekten und als dieses nichts half, eine dünne Kalkauflösung, mit der ich sie benetzte, an. Die Bäume sind theilweise gestorben, oder deren Rinde aufgesprungen, das Uegeziefer aber wuchert üppig fort.“ — Herr Hauptlehrer Letzner (Entomologe) erklärte diese Insekten für eine Art Schildlaus (Coceus), deren Weibchen meistens nur Eier enthalten, welche bei so massenhaftem Auftreten durch Aussaugen der Säfte, namentlich jungen Obstbäumen allerdings schädlich werden; derselbe ist der Ansicht, dass sie durch Abkratzen, oder über- streichen mit gelöschtem Kalk, vielleicht auch mit einem Decoct von Tabakblättern leicht zu vertilgen sind. Noch mehr aber dürfte sich das Abreiben mit starker Auflösung schwarzer Seife mittelst einer scharfen Bürste, oder besser noch, eines recht rauhhaarigen Handschuhes em- pfehlen. Zur Kenntnissnahme hatte Herr Hofgärtner Goetz in Slawentzitz das nach Klassen geordnete Verzeichniss derjenigen 157 Apfel- und 111 Birnsorten eingesendet, welche in dem dortigen herrschaftlichen Obst- garten im Jahre 1867 in Zwerg-Formenbäumen gepflanzt wurden, Herr Lehrer Oppler in Plania referirte schriftlich über die erste diesjährige Sitzung des Ratiborer Gartenbau-Vereins und über die Cultur- Erfolge einiger im vorigen Jahre von der Section emplangenen Gemüse- samen. Von Herrn Garten-Inspector Becker in Miechowitz lag ein aus- führlicher Berieht vor „über im Jahre 1869 von ihm angestellte verschiedene Anbauversuche der Paterson’schen Vietoria-Kar- toffel“. Aus diesem Berichte erfahren wir: Für den bezeichneten Zweck wurde eine seit 4 Jahren mit Erd- beeren bepflanzt gewesene, 16 DIR. grosse Ackerfläche, mit kurzem der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur, 901 Pferdedünger gleichmässig gedüngt, verwendet. Die Hälfte dieser Fläche war leider durch Obstbäume beschattet, jedoch so, dass der Schatten jede Abtheilung der verschiedenen Culturmethoden gleichmässig traf. Die Kartoffeln, welche nach der Gühlich’schen Methode gelegt wurden, waren sämmtlich von gleicher Grösse und 7 bis 8 Loth schwer. Fol- gende Culturverfahren wurden angewendet: 1) Das Gühlich’sche. Der Dünger wurde so gelest, dass die in gleicher Höhe mit dem Erdboden gelegten, mit dem Nabelende nach oben gekehrten ganzen Knollen mit demselben nicht in Berührung ka- men, die Wurzeln denselben jedoch leicht erreichen konnten und erhielt jede Kartoffel 16 DF. Raum; das Niederlegen der Stengel geschah gleichmässig nach allen Richtungen und in gleichen Entfernungen, das Vergrössern der Haufen während der Wachsthumsperiode dreimal, so- bald sich Risse in denselben zeigten. Auf einem Flächenraume von 5, OR. wurden 48 Knollen in Gewicht von 12 Pfd. gelegt. Die an- gelegten 48 Hügel lieferten ausserordentlich verschieden, je 1/, Pfd. bis 61/, Pfd., die meisten je 4 Pfd. bis 5'/, Pfd., im Ganzen 178%,, Pfd. Kartoffeln und zwar in 428 Stück grossen und 504 Stück kleinen Knollen, 2) Die Gühlich’sche Methode dahin modifieirt, dass die Stengel nicht niedergelest wurden, ergab bei gleichem Aussaatquantum aus eben- falls 48 Hügeln einen Ertrag von 157°/, Pfd. Kartoffeln in 352 grossen und 333 kleinen Knollen und zwar in je eben so verschiedenen Verhält- nissen wie vorher angegeben, nur dass hierbei die meisten Hügel 3 Pfd. bis 4"/, Pfd. Knollen lieferten. Die 3. war die hier übliche Culturweise. 148 Stück kleine, aber vollkommene Knollen, zusammen im Gewicht von 24 Pfd. wurden auf eine Fläche von 2%, DIR. gleichmässig in Entfernung von 183 Zoll von einander auf 4 Furchen, jede 4 Zoll tief und 24 Zoll von der folgenden entfernt so gelegt, dass auf jede Furche 37 Knollen, zusammen 6 Pfd, wiegend, kamen. Die erste Furche lieferte 40 Pfd., die zweite 43 Pfd., die dritte 55 Pfd. und die vierte 37 Pfd. alle 4 Furchen zusammen mit- hin 155 Pfd. Kartoffeln. Als 4. Culturversuch wurde der vorherige mit dem Unterschiede ge- macht, dass auf die ganz gleich grosse Ackerfläche genau dieselbe Stück- zahl und Gewicht Kartoffeln und in ganz denselben Entfernungen nicht in Furchen, sondern mit der Erdoberfläche gleich gelegt und 2 Zoll hoch mit Erde bedeckt wurden. Hier ergab sich der Ertrag bei der ersten Furche auf 24 Pfd., der zweiten auf 26 Pfd., der dritten auf 27 Pfd., der vierten auf 41 Pfd., daher zusammen auf nur 118 Pfd. Hiernach hatte sich die Gühlich’sche Methode als die erfolgreichste erwiesen. Sämmtliche Knollen waren am- 8. Mai gelest worden; am 23. Mai erschienen die ersten Triebe über der Erde und am 29. Mai waren sämmtliche Triebe 1 Zoll hoch. Am 12. Juni geschah das erste 2023 Jahres-Bericht Anhäufeln und am 22. Juni das erste Niederlegen und Ausbreiten der Stengel, welches am 4. Juli wiederholt wurde. Am 4. September zeigte das Thermometer 3° R. unter Null und erfroren alle 3 bis 5 Fuss langen Stengel. Die Ernte erfolgte am 9, October und zeigte sich bei dem Herausnehmen der Knollen in deren nächster Nähe eine auffallende Dürre, während der übrige Boden eine regelmässige Feuchtigkeit besass, Noch hatte Herr Garten-Inspeetor Becker das Verzeichniss der in demselben Jahre von der v. Thiele-Winkler’schen Gartenverwaltung in Miechowitz ebenfalls versuchsweise angebauten 26 Kartoffelsorten eingesendet. Nach den demselben beigefügten Angaben hatte das Ver- suchsfeld schweren lehmigen, mit altem Frühbeetmist gedüngten Boden und als Vorfrucht Gurken. Das ganze Sortiment wurde in Furchen von 2 Fuss Abstand, die Knollen 15 bis 24 Zoll von einander am 11. Mai gelegt und Anfang Juni behäufelt. Die am 8. October vorgenommene Ernte lieferte in ganz gesunden Knollen folgendes Ergebniss; Aussaat. P Ertra®e. N Ä . E83 m. ro Namen der Sorten. ee Total. bs ai a | | | R@ fee Lin] [era | Un. Neue Riesen v. Marmont, ächt ... 21 — |20 8 7.5.1. 1501402 1.563 Dergl. in 18 Theile geschnitten... A a 16 1 — (164 | 15 | — Dergleichen nachgebaute......... 2| — |18 8 610124110 | 17 Dergl. in 20 Theile geschnitten... 4 1 6 so 140 | 15 15 1 33 | 22 Dergl. aus im Juni gepflanzten 12 Stecklingen. .......curcnere.. Su mn a a Rosen-Kartoffel...................- 16 = | — 48 32 |, 20.1107 )20 RENNEN RE 6. | — | 18 1210 DT GREEN Oje 5 TI ET TOO Tee Banlyı King... a7. zu inkel 5 an 15 12:| ul 2411225 King of the Floke’s.............. 5 1| — 15 101.15 1271 17075 BITERRauneyr 2 Em een ene 6 "FIT 18 1 BT ee Bed: Dutch sa . Baskek an 28. 6 1 18: 204-2. 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Marmorasinseln 6/|—1|27| 18 [15 | — 124116 | 20 Uncomparable ........-.....c.00. 3/1—-/10] 2 71 —1181 21] — Paterson’s Albert... .= 2... an... 6|—| 77 18 9—- 115116 | — 5; NACHBIIB..A eur e Kln 6|—/20I 18 | 3 | —|22| 8| 20 S BERORN: voh a gar ae > 6|—! 7I BB InNI| - IRBT I TR r red. Kidnoy WR... N 6\—/|33[| 18 8s|—1[13] 9|18 | | der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 303 Vorgetragen wurden: Bericht des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Riedel in Löwenberg, „über Vermehrung, Veredelung und Cultur von Epiphyllum truncatum Hort.“ und Mittheilungen des Lehrer und Organist Herrn Bragulla in Bischdorf, „über durch Beschneiden des Weinstocks bald nach Abnahme der Trau- ben erzielte Resultate. Gelegentlich der vierten Sitzung am 25. März wurde aus der Zeitung „der Landwirth‘ ein von dem Öbergärtner Herrn Lüdtke ver- fasster Aufsatz: „Ueber lebende Zäune mit besonderer Berück- sichtigung des Weissdorns“ und ein schriftlicher Bericht des Gar- ten-Inspeetor Herrn Bürgel in Wittgenstein (Rumänien): „Ueber Cul- tur der Melonen im freien Lande und den Gemüsebau der Bulgaren‘‘ vorgetragen. Die von dem Hofgärtner Herrn % br are in Carolath eingesen- deten rothen und weissen Weine, als Proben der 1868er Crescenz des daselbst in ziemlichem Umfange betriebenen Weinbaues zeigten bei ihrer Prüfung zunächst schöne, reine Klärung, aber auch der Geschmack liess ein mit Sorgfalt gepflegtes, ungefälschtes, recht beachtenswerthes Product erkennen, das in Güte denjenigen mancher südlicher gelegenen Gegenden nicht nachstand. Ein abermaliger Beweis dafür, in welcher nicht zu rechtfertigenden Weise in Schlesien erzeuster Wein zuweilen charak- terisirt wird. Zu der am 4. Mai stattgehabten fünften Sitzung hatte Herr Garten-Inspeetor Becker in Miechowitz 2 Halme von Cyperus papyrus L. von 10!/, Fuss und 11'/, Fuss Höhe mit ihren grossen beblätterten Dolden eingesendet. Dieselben waren in dem Aquarium des dortigen Warmhauses gewachsen und wurde zugleich berichtet, dass dieselbe Pflanze in dem Zeitraume von 2 Jahren 30 und einige solcher, ja sogar noch stärkerer Halme hervorbrachte, von denen noch 14 in Vegetation sind, auch gegenwärtig auf's Neue wieder 3 noch bedeutend kräftigere Keime aus den Wurzelballen hervortreiben. Einem gleichzeitig von Herrn Becker überreichten Verzeichniss dureh ihn vorzugsweise angebauter 64 Birn- und 45 Apfelsorten hatte derselbe interessante Angaben beigestellt über den Einfluss, der im Winter von 1869 zu 1870 bis auf 28° R. gesteigerten Kälte. Aus denselben entnehmen wir z. B. dass von Letz- teren auch nicht eine Sorte total erfroren war und nur Weisser Sommer- Rabou, rothgrauer Kelch-, Calvilleartiger Rosen-, weisser Winter-Tauben- Apfel und Winter-Gold-Parmaine stark gelitten, dagegen hatte der Frost unter den Birnen nicht unbedeutenden Schaden verursacht, 12 Sorten waren total erfroren, darunter: Grüne Hoierswerder, Beurr& William’s, Donauer’s und Dillen’s Herbst-Butterbirn und Liebesbirn, 31 andere Sorten hatten mehr oder weniger gelitten, als u. a. Wildling v. Motte, punk- tirter Sommerdorn, Koestliche v. Charneux, rothe Dechants-, Pastoren- 204 Jahres-Bericht und Forellenbirn, Liegel’s Winter-Butterbirn, Capiaumont’s Herbstbirn, so dass nur 21 Sorten unbenachtheiligt davon gekommen waren, zu diesen ge- hörten Bergamott Crassane, Gute graue, Deutsche National-Bergamotte, Rheinische Schmalz-, Hardenpont’s Winter-, Coloma’s Herbst- und Holz- farbige Butterbirn. Auch die Herren Kunstigärtner Schlegel in Grafenort und Hof- gärtner Goetz in Slawentzitz beklagten brieflich die grossen Verluste, welche ihnen der abgelaufene Winter verursachte, dem Ersteren in seiner Coniferen-Pflanzung, Letzterem besonders an jungen Pfrsich-, Aprikosen- und Birnbäumehen, weniger dagegen an Apfelstämmchen. Ueber das Culturverfahren der Schweizer und wie es namentlich auch im Canton Bern bei allen Kohlarten allgemein gebräuchlich ist, äusserte sich Herr Kunstgärtner Kuschel in Stolz wie folgend: Nach- dem der Boden gut gedüngt und gut gepflügt oder gegraben ist, wird derselbe möglichst fein bearbeitet geebnet; so bald dies geschehen ist, wird eine Schnur ausgespannt und längs derselben mit einer Hacke in 1Y, Fuss Entfernung Löcher von etwa 10 Zoll Durehmesser und 4 Zoll Tiefe in den Boden gehauen, der ausgeworfene Boden wird mit einem Rechen verzogen, hierauf die Schnur, 2 Fuss von der ersten Stelle ent- fernt, wiederum angespannt, die Löcher gehauen und so fortgefahren, bis das ganze zum Pflanzen von Kohlarten bestimmte Stück Feld auf diese Weise hergerichtet ist. Bevor man nun aber pflanzt, wird in jedes Loch ein kleiner Löffel voll gut mit trockener Erde vermischtes Knochen- mehl geschüttet. Auf diese hier beschriebene Weise pflanzt man dort nicht nur die Kohlarten, sondern auch noch Bohnen und Runkeln mit auffallend günstigem Eıfolge. Dies Verfahren ist nun zwar fast das gerade Gegentheil von der hier üblichen Herrichtung des Bodens zu der- gleichen Pflanzungen, ich werde aber dennoch auch hier, in der Hoff- nung gleich guten Erfolges dasselbe versuchen, und möchte hiermit zu Gleichem und zu künftigen Mittheilungen über den gehabten Erfolg freund- lich auffordern, Nachdem in der sechsten Sitzung am 8. Juni der Secretair ausführlichen Bericht erstattet hatte über die im Jahre 1869 in dem Garten der Section zu dessen weiterer Einrichtung vorgenommenen Arbeiten, Neuanschaffungen von Obst-Mutterbäumen und Pflanzen, den in erfreu- licher Zunahme stehenden Absatz der Producte desselben und über dessen Zustand am Beginn des Jahres 1570, über welches alles unser Jahres-Bericht pro 1869 bereits ein Näheres enthielt, wurde ein Schrei- ben des ersten Lehrers an der Mädcheuschule zu Jüterbog, Herrn Becker vorgetragen, in welchem derselbe zur Vertilgung des den Obstbäumen äusserst schädlichen Frostschmetterlings (Phalaena) Acidalia brumata und des Blüthen-Bohrkäfers Anthonomus pomorum einen von ihm erfundenen Leim empfiehlt, welcher vor dem Theer, der an der Luft sehr bald eine Ei der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 205 Haut bekommt, den besonderen Vortheil hat, dass er sehr lange klebrig bleibt. Die mit eingesendeten, mit diesem Leim bestrichenen Papier- streifen zeigten eine grosse Menge der auf denselben gefangenen, eben genannten Insekten. — Um einem so billigen, leicht anwendbaren und praktischen Mittel gegen jene argen Feinde der Obstbäume und Früchte im Interesse der Obsteultur auch unserer Seits die möglichst weite Ver- breitung gewinnen zu helfen, werden wir weiterhin das wiedergeben, was Herr Beeker über die Lebensweise der genannten Insekten in der mit Abbildungen derselben, ihrer Larven und Raupen versehenen ge- druckten Empfehlung seines Brumata-Leimes und über dessen Gebrauch sagt, obschon wir seit dem dureh den Empfang einer Anzahl Exemplare derselben in Stand gesetzt wurden einige Mitglieder, welche sich speciell für den Obstbau interessiren, damit bekannt zu machen. In der am 13. Juli stattgehabten siebenten Sitzung theilte der Seeretair mit, dass die Verhandlungen des im September 1869 zu Ham- burg abgehaltenen Congresses von Gärtnern, Gartenfreunden und Bota- nikern eingegangen sind und bei ihm für solche Mitglieder, welche Inter- esse dafür haben möchten, zur unentgeltlichen Abgabe bereit liegen, und macht zugleich auf das vorliegende Statut des unter Leitung des Herrn B. Stein (Malergasse Nr. 27) am hiesigen Orte gebildeten botanischen Tausch-Vereins aufmerksam. Derselbe macht ferner aus einem Briefe des Ober-Hofgärtner Herrn Schwedler in Slawentzitz die Mittheilung, dass daselbst alle im Frühjahr 1869 versefzten, aber erst im Juni in Trieb gekommenen star- ken amerikanischen Eichen in Folge nicht genügend erhärteter Säfte in dem darauf sefolsten Winter erfroren sind; ebenso auch Taxus, Buxus, Sophoren, Spiraeen, Rosen, Amorpha, Cydonia, Alnus californieus, Cytisus eic., dagegen Retinospora ericoides, Thuja ericoides und Thujopsis borealis sehr wenig litten, und dass auch in einem ihm nahegelegenen Orte ein sehr starker Arlanthus erfror, während Gymnoeladus canadensis bei ihm den Winter vortrefllich überdauert habe. Zum Vortrage gelangte ein von dem Lehrer Herrn Becker in Jüterbog verfasster, im Jüterbog-Luckenwalder Kreis- Wochenblatt, 39. Jahrgang Nr. 50 vom 22. Juni 1870 abgedruckter, uns gütig über- sendeter, längerer Aufsatz: „Gegen den Sperling“. In demselben wird, gestützt auf mehrere Autoritäten und auf eigene häufige mikrosko- pische Untersuchungen des Magen-Inhalts von Sperlingen, sowie auf sorg- fältige Beobachtungen dieser Vögel nachgewiesen, dass der Schaden, welchen dieselben der Landwirthschaft und Gärtnerei zufügen, den zwei- felhaften Nutzen den man ihnen zuweilen zuschreibt in hohem Grade öberwiegt. Sehon der Schnabel und der-Magen des Sperlings haben die Beschaffenheit derer der körnerfressenden Vögel; alle jene Untersuchun- gen, welche meistens zu der Zeit vorgenommen wurden, wo Raupen und 206 Jahres-Bericht Käfer häufig waren, haben stets wol Samenkörner und deren Reste, aber nur in sehr seltenen Fällen solche von Käfern finden lassen, diese Reste stammten jedoch gewöhnlich nur von solchen Käfern her, welche sich eben so wie ihre Larven durch Jagd auf Raupen, Regenwürmer, Maikäfer und die Larven von dem Land- und Gartenbau schädlichen In- sekten erwiesen; Reste von Raupen und Maikäfern wurden niemals ge- funden, obschon der Sperling seine Jungen mit solchen auffüttert und sie ausnahmsweise holt. j Ein von Herrn Apotheker Werner zur Mittheilung übergebener Brief des Apotheker Herrn Schcltz in Jutroschin war folgenden Inhalts: „Vor einigen Jahren wurde eine Art Feigen-Cactus, Opuntia Ra- ‚finesguü empfohlen; er sollte hart sein, unsere Winter im Freien aus- halten und zugleich eine Menge schmackhafter, vorzüglich zum Ein- machen geeigneter Früchte liefern. Ich versuchte die Sache und bezog 1868 eine Opuntia Rafınessguü und obgleich ich nur ein zweiblätteriges, ganz kleines Exemplar mit erbärmlichem Wurzelvermögen erhielt, setzte ich es in’s freie Land in die Erde und überliess es seinem Schicksale. Die Pflanze machte, da ich sie im Herbst erhielt, obwohl noch recht schlecht angewurzelt eine Kälte von 25 bis 26° R. durch und war im Jahre 1869, wenn auch nicht üppig, doch gesund; ich kümmerte mich nicht viel um sie, deckte sie auch im Winter durchaus nicht zu und sie machte nun die grosse achttägige Kälte von 20 bis 28° R. in offener, freier Lage ohne den geringsten Schutz von Pflanzen oder Sträuchern mit. Dieser Kälte fielen Hölzer aller Art zum Opfer, Birnen, Wein, Pfirsiche, edlere Pflaumen, selbst Apfelbäume, was bekanntlich meist nach dem ersten Frühjahrstriebe erst sichtbar wird. Meine Opuntia hin- gegen blieb gesund und beweist ihre Verachtung solcher Kältegrade, in- dem sie soeben, Anfang Juni, mit grosser Ueppigkeit 3 Blätter, riehtiger wohl Aeste, treibt. — Hieraus folgt, dass in der Aeqnisition der Opuntia Rafınessguü uns eine neue Zier- und Fruchtpflanze geboten worden ist, die recht empfohlen werden kann. Die Pflanze blüht schön gelb, bleibt niedrig und empfiehlt sich also zu Blumenparterres und Einfassungen, ist fest stachellos und liefert grosse, schöne, saftreiche Früchte, welche aller- dings weichlich süss schmecken, aber mit Essig und Zucker gekocht ein delieates Compot als Eingemachtes geben.“ „Ich probire jetzt Oyelanthera pedata, eine Cucurbitacee, deren Früchte auch’ sehr empfohlen werden, besonders von Berliner Gourmands, und werde Näheres, möglichst nebst Probe, mittheilen. Seit 6 Jahren habe ich auch Solanum Iycopersicum in allen Varietäten ceultivirt und darunter eine Sorte, die grösste und beste, durch wählerische Samenzucht so ver- edelt und localisirt, dass ich selbst bei dem vorigen kurzen Sommer die schönsten Früchte erzielte, von einer Pflanze 50 bis 60 Stück, die richtig zubereitet ein ganz vortreffliches Wintereompot bieten. Freilich bedarf der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 9207 die Pflanze einer geeigneten, aufmerksamen Behandlung, fortgesetztes Ausbrechen unnützer Triebe und der Endblüthen, viel flüssigen Dünger und Aufbinden am Spalier. Diese Mühe bedarf Opuntia Rafinessguüi nicht, und ist daher um so empfehlenswerther.“ | Achte Sitzung am‘21. September. Herr Geheimer Medieinal- Rath Prof. Dr. Göppert legte einen Fruchtstand von Chamaerops hu- milis L. aus Palermo mit zahlreichen Früchten vor, welchen er der Güte des Privatdocenten Herrn Dr. Kny in Berlin verdankte. Obschon diese Palme das südliche Europa bewohnt, sind grosse Exemplare viel seltener, als die von exotischen Palmen, durch den Handel zu erlangen. Die meisten befinden sich in festen Händen aus Culturen vergangener Zeiten, in denen sich weiter keine Palmen in unseren Gärten vorfanden und sind oft von hundertjährigem Alter. Derselbe zeigte sodann einen Pilz, Scleroderma vulgare vor, wel- cher fälschlich als Trüffel in jedem Herbst auf hiesigem Markte verkauft und insbesondere aus dem Trebnitzeschen, Obernigk u. s. w. herbeigebracht wird. Er kommt im Form rundlicher Knollen von Wall- nussgrösse und auch darüber vor; äusserlich mit schwach aufgerissener, schuppiger, weissgrauer, dichter Schale, schwärzlich grauem Inneren von schwachem, pilzartigsem Geruch, ekelhaftem, bitterlichen Geschmack, er- regt er beim Genuss in grösseren Mengen bedenkliche Zufälle, daher dringend vor ihm zu warnen ist. Die echte Trüffel, Tuber cibarium, ist bis jetzt in Schlesien noch niemals gefunden worden; ihre unregel- mässige, höckerige Oberfläche, gleichmässig schwärzlich graues, marmo- rirtes Innere, ohne jene dieke Schale der falschen Trüffel und ihr höchst eigenthümlich durchdringender Geruch lassen sie augenblicklich von allen anderen Pilzen unterscheiden. Weiter gab dem Herrn Vortragenden der so eben eingegangene Katalog der Herren Petzold und Kirehner über die aus dem Arbore- tum zu Muskau verkäuflichen Holzgewächse Veranlassung, sich über den Reichthum und die wissenschaftliche Haltung desseloen auszusprechen und gelegentlich hierbei anzuführen, dass in demselben auch XNissa aqua- tica dargeboten werde, ein Baum, den aus Stecklingen zu erziehen noch niemals gelang, der als Zierbaum zwar nicht besonders empfehlenswerth, aber doch botanisch interessant ist und von welchem ihm nur ein statt- liches Exemplar in dem alten Parke des Schlosses zu Falkenberg be- kannt sei. Das Arboretum, wie überhaupt der Paık zu Muskau der von Herrn Petzold, dem ausgezeichneten Schüler des Gründers, Fürsten Pückler, in vortreffliehem Stande gehalten wird, waren bereits früher in unserem Kreise geschildert und zum Gegenstande eines besonderen Vostrages gemacht worden. Auch vielfache literarische Arbeiten haben Petzold als solehen bewährt, wie unter andern das hier vorliegende Werk über Landschaftsgärtnerei (1863), welches, abgesehen von 208 Jahres-Bericht seinem interessanten Inhalte sich auch dureh seine künstlerische Ausstat- tung empfiehlt und bereits längere Zeit die verdiente Anerkennung ge- funden hat. — Hieran knüpfte Herr Vortragender noch einige Blicke auf die Entwickelung der Landschaftsgärtnerei überhaupt, in England, Frank- reich und Deutschland unter Vorzeigung, einer Anzahl älterer und jün- gerer Pläne und Zeichnungen grossartiger Anlagen dieser Länder, welche die verschiedenen und sich geänderten Geschmacksrichtungen erkennen liessen. Der Secretair brachte zur Kenntniss, dass des gegenwärtigen Krieges wegen, die Feier des 25-jährigen Bestehens des Magdeburger Gartenbau- Vereins und die von dem Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten im October a. c. in Braunschweig ab- zuhalten beschlossen gewesene 6. Allgemeine Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter bis auf geeignetere Zeit vertagt wor- den sind und leste die 35. Lieferung des Arnoldischen Obstkabi- nets vor. Herr Zimmermeister Boerner legte Blumen der neuen Georgine „Edelweiss‘‘ vor, welche sich durch ihre reine Weisse und den äusserst regelmässigen Zellenbau auszeichnet, zugleich aber auch ein Sortiment vorzüglich schöner Astern. Herr Zimmermeister Sander zeiste die braune, weissgenetzte Samenfrucht „der Traubengurke Eimperor Alexander“ und Herr Kaufmann Schäfer ein Exemplar des ‚„Veilchenblauen Rettigs von Gournay“, welches aus Samen, der u. a. in diesem Frühjahr an Mit- glieder vertheilt wurde, gezogen worden war; derselbe zeichnete bei ganz ungewöhnlicher Grösse durch zartes Fleisch und milden, angenehmen Geschmack sich vor vielen anderen Sorten auf das vortheilhafteste aus. Aufsehen erregte das von Herrn Garten-Direetor Bürgel in Witt- genstein (Rumänien) eingesendete Sortiment überaus grosser, theils reifer, theils noch unreifer Früchte verschiedener Varietäten des Solanum eseulenta ($. melongena, Bierfrucht), unter denen sich ein Exemplar der dunkelvioletten Varietät „Moldavicum“ von der Grösse eines Kopfes be- fand; die reifen Früchte hatte Herr Bürgel bestimmt, um künftig deren Samen wieder an Mitglieder zu vertheilen, die unreifen dagegen zur ver- suchsweisen Bereitung verschiedener von ihm empfohlener Speisen, zu denen wir ihm auch die in unserem letzten Jahres-Berichte veröffent- lichten Recepte verdankten. Die auf Anordnung zweier Mitglieder genau nach diesen Recepten bereiteten Speisen haben jedoch in der erwarteten Weise dem Geschmack nicht ganz entsprochen. Herr Bürgel, dem dies berichtet wurde, äusserte sich hierauf, dass jene Früchte, möglicher- weise schon etwas zu reif gebrochen, auch noch während ihrer zehn- tägigen Reise hierher, ohnerachtet ihrer noch brauchbar erschienenen Beschaffenheit, doch wol gelitten haben und nicht mehr im Stadium voller Brauchbarkeit gewesen sein möchten und forderte zu wiederholtem der Schles. Gesellsch. f£, vaterl. Cultur. 209 Versuch mit selbst gezogenen Früchten auf. — Wir nehmen hieraus Ver- anlassung, diejenigen, welche sich dafür interessiren möchten, zu Tort- gesetzten Culturen dieser Solanee aufzufordern und zu ersuchen, über deren Erfolge und über den Befund der mit den erzielten Früchten etwa nach jenen Recepten bereiteten Speisen gefällig uns zu berichten. In einem Schreiben des Kunstgärtner Herrn Kuschel in Stolz spricht derselbe sich sehr günstig über das Gedeihen des ‚„‚Erfurter Zwerg- Blumenkohls‘“ aus; derselbe trage dem Wuchse nach seine Bezeichnung ganz richtig, im April und Mai habe er von demselben aber so grosse Käse (Rosen, Blumen) gehabt, dass er nach diesen auch Riesen-Blumen- kohl genannt zu werden verdiene. Eben so rühmte derselbe die Som- mer-Levkojen und Astern aus Samen von dem Kunst- und Handels- gärtner Herrn Teicher in Striegau bezogen, welcher diesen Special- eulturen seine besondere Aufmerksamkeit widmet; Bau, Grösse, Füllung und die Farben der Blumen seien ganz vorzüglich und unter Ersteren habe nur ein sehr geringer Procentsatz einfach blühender Blumen sich gezeigt. Auch die bei der diesjährigen Gratis-Vertheilung von der Seetion empfangenen Erbsen- und Bohnensorten, zeichneten sich bei der gewe- senen grossen Dürre durch reichliches Tragen vor andern Sorten vor- theilhaft aus. In der neunten Sitzung am 26. October wies der Secretair darauf hin, wie für kleine Gärten, namentlich Hausgärten, die Anpflanzung von Pyramiden-, Spalier- oder Säulen-Obstbäumen, oder auch von Cor- donstämmehen besonders empfehlenswerth sei, da sie nur einen sehr mässigen Raum bedürfen, wenig Schatten werfen, wodurch andere An- pflanzungen in geringerem Masse benachtheiligt werden und bei richtiger Behandlung auch früher als Hochstämme guten Ertrag sehr vollkommner Früchte gewähren. Dabei wurden mit pomologisch richtiger Benennung versehene, schöne, gesunde Exemplare von Erstlingsfrüchten solcher Obst- bäumchen vorgelegt, welche in dem an der Schwoitsch’er Chaussee dicht hinter dem Park von Alt-Scheitnig von der Section begründeten Pomo- logisehen- und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten seit drei Jahren als Mutterbäume gepflanzt waren; sie ergaben ein Sortiment von 14 Sorten Aepfel und ein Sortiment von 14 Sorten Birnen. Hervorzuheben sind aus Ersteren: Grüne Lothringer Reinette, Goldreinette von Blenheim, Ananas-, Baumann’s Englische Granat- und Orleans-Rainette, Winter- Gold-Parmaine, Weisser Winter-Calville und Calville von Moussione; von den Birnen: Clairgeau’s-, Napoleon’s- und de Jonghe’s Butterbirn, Har- denpont’s Winter-Butterbirn, Herzogin von Angouleme, Angelique Leclere, Andenken an Favre, Tongre, Helene Gregoire, Dechant Dillen, Josephine von Mecheln, Triumph von Jodoigne und Neue Fulvia. — Ausser diesen beiden Sorten lagen noch 9 Sorten Aepfel vor, welche Herr Gutsbesitzer Müller in Mittel-Wilkau zur Namensbestimmung eingesendet hatte, 14 210 n Jahres-Bericht Ferner berichtete der Secretair, dass das Verzeichniss richtig be- nannter Obstbäume, Beerensträucher, Weinreben und einiger neuer, em- pfehlenswerther Kartoffelsorten, welche in diesem Herbst und in näch- stem Frühjahre aus dem Garten der Section käuflich zu haben sind, aus-. gegeben und resp. versendet wurde und dass sich in demselben ver- zeichnet finden: verschiedene Obst-Wildlinge, 44 Sorten Aepfel auf Wildling, 30 Sorten Aepfel auf Douein und 79 Sorten Birnen auf Wild- ling veredelt, in Hoch- und Halbhochstamm und in Pyramidenform, Er- stere auch in einjährigen Veredelungen; ferner in schönen Hochstämmen 42 Sorten Kirschen, 35 Sorten Pflaumen veredelt auf 4 bis 5 Fuss hohe Wildlinge der St. Johannispflaume und in einjährigen Veredelungen auf derselben Unterlage 9 Sorten Pfirsiche und 2 Sorten Aprikosen, ausser diesen aber noch 25 Sorten Weinreben, 12 Sorten Johannisbeeren, 9 Sorten Himbeeren, 30 Sorten Erdbeeren und ein Sortiment von 30 Sorten Kartoffeln. ; Herr Geh. Rath Prof, Dr. Göppert, verhindert persönlich anwe- send zu sein, hatte Knollen von der ächten Batate oder süssen Kartoffel der Tropen, Ipomoea Batatas, eingesendet und schriftlich dazu bemerkt: Diese Knollen, wie Kartoffeln aufbewahrt, treiben, im Frühjahr in ein warmes Beet gelegt, eine grosse Anzahl Sprossen aus, welche als Steck- linge behandelt aus einer einzigen Knolle von der Grösse der vorgelegten, daher einen sehr bedeutenden Ertrag liefern; roh, geröstet und gekocht sind diese Knollen die gewöhnliche Nahrung der Tropenbewohner. Die ausgestellten Knollen und auf Wunsch deren noch mehr hatte der Herr Einsender zur Disposition gestellt. Hierauf wurden kleinere Notizen von gärtnerischem Interesse aus Briefen auswärtiger Mitglieder und verwandter Vereine vorgelesen. In einigen der Ersteren wird Bedauern darüber ausgesprochen, dass dem Herrschaftsgärtner auf dem Lande, der gewöhnlich alle Branchen seines Faches und nicht immer mit Gewährung der allernothwendigsten Hülfe zu betreiben habe, wenn er den Anforderungen seiner Herrschaft genügen wolle, freie Zeit sehr karg zugemessen sei, es daher oft bei dem guten Willen bleiben müsse, etwaige ihm interessante Wahrnehmungen, Beob- achtungen oder Erfahrungen zu weiterer Kenntniss zu bringen und damit denjenigen gewissermassen erkenntlich sich zu erweisen, welche ausser der Neigung auch Zeit dazu hätten, günstige Umstände zu benützen, um durch solche lehrreiche Mittheilungen in den Jahres-Berichten auch wei- teren Kreisen sich nützlich zu machen. Ebenso wurde von verschiedenen Seiten über den Mangel guter, zuverlässiger Obstbaumschulen auf dem Lande und darüber geklagt, dass es an der nöthigen Energie fehle, grössere Obstbaumanlagen zu schaffen; gewöhnlich werde gegen diese eingewendet, dass sie nicht zeitig genug, oder nicht lohnenden Ertrag gewährten, nicht Raum dafür vorhanden sei u. dergl.; das Haupthinderniss der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 911 scheine aber darin zu liegen, dass die Hergabe des Anlagekapitals ge- scheut wird, da ebenso erweislich sei, dass rationell betriebener Obstbau überall von lohnendstem Ertrage, als wie überall auf dem Lande Raum genug sich dafür finde, ohne durch Hergabe desselben die Einkünfte aus anderen Culturen zu schmälern. Aus einem Briefe des- Kunstgärtner Herrn Pfeiffer in Zölling wurde nachstehendes mitgetheilt: Die diesjährige Obsternte war hier und in der Umgegend eine höchst gesegnete, sie übertraf selbst noch die des Jahrganges 1868. Die Preise stehen unerhört niedrig, trotzdem finden die Früchte nicht den erwünschten Absatz. Die gegenwärtigen Zeitver- hältnisse mit der durch sie hervorgerufenen Verkehrsstockung mögen nieht das Wenigste hierzu beitragen. Auch die Qualität der Früchte ist durchschnittlich ganz vorzüglich, nur der Wein wird in dieser Beziehung viel zu wünschen übrig lassen. Ganz auffallend ausgiebig, daher sehr wesentlich für den Baumsehulenbetrieb, ist besonders das Wirthschafts- Obst in vollkommen ausgebildeten, keimfähisen Kernen zur Aussaat. Auch in Betreff des Gemüsebaues liesse sich im Allgemeinen Günstiges berichten, aber auch hier findet wieder eine Ausnahme statt, und zwar ist dies mit den Kartoffeln der Fall, bei welehen die bekannte bösartige Krankheit eingetreten war. — Soeben gelange ich noch in Besitz der mir freundlichst übersendeten illustrirten Notiz über den Frostschmetter- ling. Mancher Obstbaumbesitzer wird durch diese lehrreiche Darstellung der Lebensweise dieses argen Feindes der Obstbäume von Neuem auf denselben aufmerksam werden und jedenfalls das empfohlene Mittel zu seiner Vertilgung versuchen. Bisher wendete man ausser dem Theer wohl auch gewöhnlichen Tischlerleim an, welcher zwar auch recht gute Dienste leistet, natürlich aber auch öfter nachgestrichen werden muss. Seit einer Reihe von Jahren ist die hiesige Gegend so ziemlich ver- schont geblieben, Raupen haben sich auch weniger gezeigt als anderswo, man war bisher der Mühe der Vertilgung dieses Ungeziefers so ziemlich überhoben. Der Gärtner der Section, Herr Jettinger, hielt hierauf noch einen Vortrag „Ueber Etiquetten mit besonderer Berücksichtigung für den Gebrauch in Baumschulen.“ Während der zehnten Sitzung am 7. December berichtete der Secretair u. a., dass bald nach der letzten Sitzung die Herren Göschke & Sohn, Vorsteher der Gärtnerlehranstalt zu Cöthen, die Güte hatten, der Section zum Versuchsanbau in ihrem Garten eine Anzahl Pflanzen der von ihnen gezüchteten „neuen Erdbeere Eugen Fürst“ ge- schenksweise zu übermitteln und von königl. Behörden und verschiedenen Gartenbau-Vereinen anerkennende Dankschreiben für die denselben über- sendeten Jahres-Berichte eingelansten. Unter den Ersteren wurde uns mit demjenigen der Königl. Regierung zu Oppeln eine, reichen 14: 212 Jahres-Bericht Segen versprechende Schöpfung zu dankbar vernommener Kenntniss ge- bracht und gestatten wir uns in Nachstehendem nähere Nachrieht davon mit dem Wunsche zu verbreiten, dadurch vielleicht Anregung zu geben, auch in anderen Distrieten in gleicher oder ähnlicher Weise zu gleichem edlen Zwacke zu handeln. Die wohlgewogentliche Mittheilung der Königlichen Regierung zu Oppeln lautet: „Der verewigte Regierungs-Vice-Präsident Freiherr v. Kottwitz zu Breslau hat mittelst letztwilliger Verfügung eine Stiftung gegründet zur Errichtung von Baumschulen in den 6 ärmsten Kreisen Oberschlesiens, welche den Zweck hat, in diesen Kreisen, in welchen der Ackerbau und die Obstbaumzucht der bäuerlichen Einsassen noch am weitesten zurück ist, und besonders in den Kreisen, in welchen im Jahre 1847 der Ty- phus geherrscht hat, den Sinn für Obstbaumzucht möglichst allgemein zu erwecken.“ „Die Stiftung ist im Jahre 1867 in’s Leben getreten und zwar zu- nächst in der Art, dass mit dem Director der Ackerbauschule zu Pop- pelau, Rybnik’er Kreises, Pietruski, ein Abkommen getroffen ist, wonach derselbe verpflichtet ist, aus seiner Baumschule eine bestimmte Anzahl von Stämmchen theils unentgeltlich, theils zu einem ermässigten Preise an Rustikalbesitzer des Kreises abzugeben und an Ort und Stelle zu con- troliren, ob die Empfänger den Bäumchen die nöthige Pflege haben an- gedeihen lassen. Er empfängt dafür eine jährliche Subvention und zwar im ersten Jahre des abgeschlossenen Vertrages in Höhe von 100 Thlr. und in den folgenden Jahren in Höhe von 200 Thlr.‘ „In ähnlicher Weise ist sodann für den Kreis Lublinitz ein Abkom- men mit der Verwaltung der Grottowski'schen Erziehungs-Anstalt ge- troffen worden. Dasselbe geht dahin, dass bei der unter Aufsicht und Verwaltung der Abtheilung für Kirchen- und Schulwesen unseres Collegii stehenden Grottowski’schen Erziehungs-Anstalt in Lublinitz und in Ver- bindung mit derselben auf einer derselben gehörigen Fläche von 6 Mor- gen eine Baumschule errichtet wird, für welche ein besonderer Gürtner angestellt ist und welche unter Aufsicht und Leitung des Direetors der gedachten Erziehungs-Anstalt steht.‘ „Zu der Errichtung dieser Kreisbaumschule für den Kreis Lublinitz sind aus Stiftungsfonds für jetzt 2000 'Thlr. von uns bestimmt und wird ausserdem zur Besoldung des bei derselben angestellten Gärtners ein Betrag von 100 Thlr. jährlich aus Stiftungsfonds gezahlt. Es steht zu hoffen, dass vom Jahre 1875 ab mit der Abgabe von veredelten Bäum- chen an Rustikale wird vorgegangen werden können und beabsichtigen wir hierbei ein ähnliches Verfahren eintreten zu lassen, wie bezüg- lich des Rybnik’er Kreises bei Abgabe von Obstbäumchen aus der Baum- schule des pp. Pietruski in Poppelau,“ der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 313 „Wir werden bemüht sein, im Sinne des Stifters und nach Massgabe der uns zur Disposition gestellten resp. noch zu stellenden Mittel, der Obstbaumzucht weiter förderlich zu werden und haben dies vor Kurzem auch in der Weise thun zu dürfen geglaubt, dass wir einer Gemeinde des Kreises Oppeln, welche sich durch Ausführung von Obstbaumpflan- zungen an den ihre Feldmark durchschneidenden Landstrassen besonders hervorgehoben hatte, hierzu auf Antrag des Landraths eine Subvention von 100 Thlr. aus Stiftungs-Fonds bewilligten.““ Auch ein bei dem gegenwärtigen Kriege betheiligtes Mitglied, Herr L. Graf v. d. Recke-Volmerstein auf Craschnitz, zur Zeit Pr.- Lieutenant und Commandeur der Garde-Proviant-Colonne Nr. 3 hatte freundlichst der Section gedacht. Derselbe schrieb uns am 31. October aus Chierry bei Chateau Thierry unter Anderem: „Hierselbst besteht unter der Firma „‚‚Pepiniere de Ferton-Bujot‘““ eine grosse Baumschule, die in Schnitt der Obstbäume und in grosser Auswahl benannter vorzüg- licher Obstsorten wirklich Vorzügliches leistet. Mr. Ferton hat sich längere Zeit in Amerika aufgehalten und vereint in seinen Anlagen das Gute beider Länder. Ich sehe hier in Frankreich mit dem grössten In- teresse die oft wunderbar geschickt und schön angelegten Obstgärten und glaube, dass dies bei uns überall nachgeahmt werden könnte. Keine Mauer ohne Spalierobst, namentlich die reichste Auswahl verschiedener Birnen, wo es gleichgültig ist, ob Süd- oder Nordseite. Abgesehen von der Schönheit, die diese Art des Ziehens der Bäume den Dörfern giebt, ist der Nutzen, der daraus erwächst, ein sehr bedeutender, da der Reich- thum an Früchten bei diesem Spalierobst in jedem Jahre eintritt, abge- sehen davon, dass das richtige Verständniss, wie ein Obstbaum ver- schnitten sein will, um die höchste Tragfähigkeit hervorzurufen und zu erhalten, sich nirgend besser lernen lässt, als an Bäumen dieser Art. Ich weiss, dass ich Bekanntes vortrage, glaube aber wenigstens auf die Adresse dieses pp. Ferton aufmerksam machen zu müssen, da ich wäh- rend fast 6 Wochen, wo ich Chierry immer auf einige Tage bewohnte, mich an seinen Anlagen und Früchten erfreut habe. — Auch ein Obst- garten von vorzüglicher Schönheit, wo alle verschiedenen Obstarten, Mandeln, Pfirsiche, Aprikosen, Kirschen, Pflaumen, Birnen im Wechsel oben geschlossene Laubengänge bilden, sämmtlich als Gobelets gezogen, befindet sich bei Mr. Laine, Chateau St. Thibaut le dit sepulere pres Dammartin.“ Herr Kunstgärtner Kuschel in Stolz berichtete brieflich, dass er so glücklich gewesen sei, unter etwa 60 Stück Sämlingen des Gynerium argenteum auch eine Pflanze mit sehr schön weissgestreiften Blättern zu haben, welche ihm durch ihr elegantes, äusserst decoratives Ansehn grosse Freude machte, auch stehe in dem dortigen Warmhause ein Ficus australis mit schon ziemlich ausgebildeten Früchten. — Die zugleich als 214 ' Jahres-Bericht Probe beigelegt gewesenen Blätter des Gynerium zeigten allerdings die erwähnten weissen Streifen sehr scharf abgegrenzt in der wirksamsten Weise. | Vorgetragen wurde ein Bericht des Apotheker Herrn Scholtz in Jutroschin „über die eigenthümliche Pflanzennahrung einer Schildkröte (Testudo graeca)‘“ und dessen warme Empfehlung der Reine claude ‚St. Clara tardive“. Am 14. December fand die elfte und letzte diesjährige Sitzung statt. Der Antrag des Secretairs, auch im nächsten Frühjahre wieder eine Gratis-Vertheilung von Gemüse- und Blumensamen und Obst- Edelreisern an Mitglieder vorzunehmen, wurde mit der Massgabe zum Beschluss erhoben, dass mit Letzteren dieselbe nur in so weit erfolgen solle, als das Material hierzu aus dem Garten der Section ausreichend sich erweise; für Anschaffung und Expedition der Ersteren wurde die in den letzten Jahren bewilligte Summe auch diesmal genehmigt. Zum Vortrage gelangte noch: 1) Ein Aufsatz des Ober-Hofgärtner Herrn Schwedler in Slawentzitz: „über Bepflanzung eines von demselben in grossartigem Massstabe angelegten Blumen- Parterres“, 2) ein solcher des Hofgärtner Herrn Götz in Slawentzitz: „über französische Obstsorten‘, 3) Mittheilungen des Apotheker Herın Scholtz in Jutroschin: „über Cyelantihera pedata“ und 4) eine Benachrichtigung des Kunstgärtner Herrn Pfeiffer in Zölling: „über die Vorzüge der runzlichen Mark-Erbse Mac Lean's little gem“. Ausser den Aufsätzen und sonstigen Mittheilungen, welche in den stattgehabten Sitzungen vorgetragen, in dem Vorangegangenen schon des Näheren angegeben wurden, bringen wir noch diejenigen, denen nur dem Stoffe nach, über welchen sie handelten, Erwähnung geschah, weiterhin zur Kenntnies. Den resp. Einsendern Jener und Dieser, welche damit um die Section sich verdient machten, wollen wir für dieselben hiermit den verbindlichsten Dank ausgesprochen haben, denn es werden auch diese Mittheilungen, wie die in unseren früheren Jahres-Berichten ver- öffentlichten für Manchen des Belehrenden wieder Manches geben. Für diese Thätigkeit auch auf dem literarischen Felde der Garten- und Obst- cultur einer jährlich grösser gewordenen Anzahl von Mitgliedern und die Bestrebungen der Section im Allgemeinen, darf als anerkennendes Zeug- niss wohl angenommen werden, dass gediegene Fach-Journale mehr und mehr den Inhalt unserer Jahres-Berichte durch Auszüge verbreiten, der Schriften-Austausch in steter Zunahme von verwandten Vereinen und Unternehmern gärtnerischer Zeitschriften gewünscht wird, und gleiche Vereine, welche nicht in der Lage sind, ähnliche Berichte selbstständig erscheinen zu lassen, die Zusendung derjenigen unserer Section erbitten, dem natürlich im Interesse der Gemeinnützlichkeit auch gern entsprochen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 915 wird. Auf diese Weise steht am Schlusse des Jahres 1870 die Section mit 76 deutschen und ausserdeutschen Vereinen in mehr oder weniger naher Verbindung. Hoffen wir, dass solche die Section ehrende That- sachen nicht verfehlen werden, auch in der hier beregten Beziehung zu andauerndem Eifer anzuspornen und die freundliche Erfüllung unserer recht angelegentlichen Bitte herbeizuführen, dass diejenigen resp. Mitglie- der, welche zeither in dankbar anerkannter Weise von ihrem Wissen uns mündliche oder schriftliche Kunde gaben, im allgemein gärtnerischen, in Sonderheit aber im Interesse unserer Section eben so erfreuend, auch künftig uns unterstützen wollen. Solehe lobenswerthen Beispiele wer- den, so hoffen wir, ernstliche Nacheiferer auch unter denjenigen resp, Mitgliedern finden, von denen wir schon seit längerer Zeit, oder über- haupt keiner derartigen Kundgebungen uns zu erfreuen hatten, obschon Erfahrung und Beobachtung Veranlassung zu dergleichen wol bieten mochten und die Redaction wiederholt ihre ganze Bereitwilligkeit aus- gesprochen hat, da nach Kräften helfend einzutreten, wo die Besorgniss, in schriftlicher Ausdrucksweise zu fehlen, dem Entsprechen der Neigung zur Mittheilung etwa hindernd entgegentreten sollte. Im Uebrigen lagen zu den Sitzungen die eingegangenen Preisver- zeichnisse, die Programme zu bevorstehenden Ausstellungen und geschäft- liehe Gegenstände innerer Angelegenheiten der Section vor: Es wurde der von dem Secretair aufgestellte Etat berathen und festgestellt, der durch Herrn Direetor Inkermann geführte Nachweis der Einnahmen und Ausgaben für die Section und für den Garten pro 1869, so wie die von dem Secretair gelegte Kostenrechnung der im-Frühjahr 1870 stattgefun. denen Gratis-Vertheilung von Sämereien und Obst-Edelreisern zur Kenntniss gebracht, diese Rechnungen dem Juvelier Herrn Herr- mann zur Prüfung übergeben und nach deren Richtigbefinden die Herren Rechnungsleger decharsirt. Auch wurde über die soeben bezeichnete Gratis-Vertheilung, über den Zustand des Sectionsgartens und die Statistik der Section berichtet und lassen wir hierüber am Schlusse unseres ge- genwärtigen Berichtes nähere Angaben folgen. Auf Veranlassung Sr. Exellenz des Herrn Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten und zum Zwecke der Veröffentlichung über den Boden und die landwirthschaftlichen Verhält- nisse des Pseussischen Staates hatte der landwirthschaftliche Central-Ver- ein Schlesiens an die Section das Ersuchen gerichtet, nach beigegebenem Schema ein Verzeichniss der landwirthschaftlichen, das Vereinsgebiet be- treffenden älteren und neueren Zeitschriften und periodischen Blätter an- zufertigen und ihm zu weiterer Veranlassung zu übersenden. Im Besitz sehr reichen bezüglichen Materials, war die Zeit für eine so umfang- reiche Arbeit zu kurz bemessen, um jedoch Bereitwilligkeit zu zeigen, dem ausgesprochenen Wunsche thunlichst Folge geben zu wollen, wurde 216 Jahres-Bericht das Ende Mai 1862 aufgenommene und gedruckte Verzeichniss der in der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft vorhandenen, auf Obst- und Gartenbau bezüglichen Bücher, Brochüren und Zeitschriften, nebst den in den Jahres-Berichten der Section von 1862 bis inel. 1868 abgedruckten Fortsetzungen dieses Verzeichnisses und einem Nachtrage der uus seit dem bekannt gewordenen dergleichen Schriften eingesendet, zugleich aber auch darauf hingewiesen, dass die genannte Bibliothek noch reiche Schätze älterer und neuerer land- und forstwirthschaftlicher Schriften besitzt. In der Mitte des Monat März hatte der hiesige Gewerbe-Verein an die Section die Aufforderung gerichtet, an seiner vom 1. Mai bis 15. Juni abzuhaltenden Ausstellung sich zu betheiligen. Unüberwindliche Schwie- rigkeiten, Anmeldungen von Pflanzen und anderen Gartenerzeugnissen, namentlich von Mitgliedern in der Provinz, bis zum hierfür bestimmten 1. April noch erlangen zu können, hauptsächlich aber der Mangel jeder Proposition für Beschaffung geeigneter Räumlichkeiten zur Aufstellung von vielleicht doch noch zugesichert erhaltenden Zusendungen gärtneri- scher Ausstellungsgegenstände waren Veranlassung, dass die Section als solche sich an jener Ausstellung nicht betheiligte, vielmehr deren Mit- gliedern nur die Einzelbetheiligung an derselben anheim gestellt werden konnte. Später erwies sich dies allerdings um so beklagenswerther, als sowohl die inzwischen eingetretene so ernste politische Situation, welche allen Sinn für sich allein in Anspruch nahm, wie auch der gänzliche Mangel geeigneter Ausstellungsräume es nicht zuliessen, ausser der klei- nen Ausstellung von Früchten aus dem Garten der Section, auch noch an die Veranstaltung einer grösseren Ausstellung von Pflanzen und der- gleichen zu denken. In Bezug auf den Pomologischen- und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten der Section haben wir an erster Stelle hervorzuheben, dass Se. Excellenz der Minister für dielandwirthschaftlichen Angelegenheiten, Herr von Selchow auch für dieses Jahr die zur Einrichtung und Erhaltung des Gartens früher gnädigst zugesicherte Sub- vention überweisen liess. Dank dieser, den Zwecken der Section so förderlichen hohen Begünstigung und dem nachahmenswerthen Vorgange einer Anzahl resp. Mitglieder, zu gleichem Zwecke jährliche Extrabei- träge zu leisten, konnten nicht nur einige kleine, aus dem Vorjahre zu übertragen gewesene Schulden für ausgeführte Bodenmelioration und An- schaffung von Mutterbäumen vollständig abgegolten, sondern es konnten auch in der weiteren Einrichtung des Gartens erhebliche Fortschritte ge- macht werden und zwar durch neue Pilanzungen aus bekannten sicheren (Quellen bezogener Mutterstämme vorzüglicher Wirthschafts- und Tafel- Obstsorten, durch fernere Erweiterung der Baumschule und dureh Eti- quettirung der vorhandenen Mutterstimme mittelst denselben vorgesetzten, dem Mitgliede, Kaufmann Herrn P. Reimann verdankenden, starken der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 317 Basaltplatten, welche auf weissen, schwarz umrandeten ovalen Schildern in schwarzer Oelfirnissschrift die bezüglichen Namen nach dem Handbuch von Oberdieck und Lukas tragen, ausserordentlich dauerhaft sind und ein freundliches Ansehn bieten. Die Sortenreihen der jungen Edelstämm- ehen in der Baumschule und die Mutterpflanzen der Beerenobst- und Weinsorten sind dagegen markirt durch weiss gestrichene, mit unaus- - löschlicher Dinte des Herrn Apotheker Peck in Görlitz signirte Täfel- chen von Schiefer aus der Fabrik von A. W. Faber in Stein bei Nürnberg, welche an 2 Fuss hohe Pfählchen geheftet sind; auch wurde eine benöthigte Anzahl von Frühbeetfenstern beschafft. Leider hat der harte Winter von 1869 zu 1870 mehrere junge Mut- terstämmehen vernichtet und in der Baumschule nicht unerheblichen Schaden durch Frost verursacht. Die Bewirthschaftung des Gartens er- folgte in planmässig rationeller Weise und entsprachen nur wenige Zwi- scheneulturen von Gemüsen, als Folge ungünstiger Witterung in ihren Erträgnissen den gehegten Erwartungen nicht. Dass, wie wir es schon wiederholt ausgesprochen, unser Garten, in welchem mit strengster Gewissenhaftigkeit darauf Bedacht genommen wird, die jungen Obstbäume unter durchaus richtiger Sortenbenennung mit Sorgfalt zu erziehen und abzugeben, sobald er demnächst vollständig eingerichtet und die Rotation der Bepflanzungen in voller Ausübung ist, bei der dem Unternehmen von allen Seiten in und ausserhalb der Pro- vinz zugewendeten Anerkeunung und Vertrauen, welches festzuhalten wir eifrig bestrebt sind, einem Bedürfniss der Provinz vermehrte Abhülfe ge’ währen wird, darf auch nach den in dem ahgelaufenen Jahre 1870 er- zielten Erfolgen erwartet werden. Nicht selten wurde der Garten von Fachmännern und Laien aus nah und fern besucht, welche der Obsteultur ihre besondere Aufmerksamkeit widmen; die Aufträge auf die Producte der Obstbaumschule mehrten auch gegen das Vorjahr sich wiederum nicht unwesentlich und in vielen Fällen war es unmöglich in dieser Be- ziehung den an den Garten gestellten Anforderungen schon jetzt überall zu genügen. Hiernach ist es gewiss um so mehr zu beklagen, dass die Section sich immer noch nicht in der glücklichen Lage befindet, in dem Besitz der erforderlichen Geldmittel zur so dringend nothwendigen Er- bauung eines Gärtnerhauses zu sein. Gern wollen wir zugestehen, dass die in der letzten Hälfte des Jahres 1370 eingetretenen welthistorischen Ereignisse zum Theil es bewirkten, dass auch die in unserem letzten Jahresberichte unseren resp. Mitgliedern wiederholt ernstlichst nahegelegte Bitte, zur Beseitigung dieses wahrhaften Bedürfnisses ausreichende Hülfe durch geneigte freiwillige Beiträge gewähren zu wollen unberücksichtigt blieb; jetzt aber, wo bei Abfassung des gegenwärtigen Berichtes unter Gottes gnädigem Beistande jene Ereignisse zu einem für uns Preussen, für ganz Deutschland so glorreichen Abschlusse gedieheu sind und die 218 Jahres-Bericht Geister der früher gewohnten Thätigkeit allein sich wieder hingeben dürfen, da wollen und dürfen auch wir wol jene lediglich im Interesse der Provinz ausgesprochene Bitte erneuern und der Erwartung uns hin- geben, dass dieselbe nunmehr auch ein dem Bestreben der Section wohlwollendes Gehör und Erfüllung finden werde, und demach zu dem angegebenen Zwecke, namentlich durch die Munificenz unserer mit irdi- schen Gütern gesegneten resp. Mitglieder, recht bald reiche Beiträge uns zufliessen zu sehen, über welche speciellen Nachweiss zu geben nicht unterlassen werden wird. Einiges über die Verwendung der Staudenpflanzen in den Gärten von W. Kühnau, Kunst- und Handelsgärtner in Breslau. In der endlosen Reihe der Schmuckpflanzen unserer Gärten nehmen die Stauden wegen ihrer Schönheit, Verschiedenheit in Farbe, Form und Blüthezeit, aber auch ihrer leichten Cultur und Unempfindlichkeit gegen den Winter wegen einen wichtigen und wohlverdienten Platz ein. Zur Erreichung von Mannigfaltigkeit und Schönheit in den Gärten und zur Erlangung eines von den ersten Anfängen des Frühjahrs bis tief in den Herbst dauernden Blüthenflors liefern sie so nnentbehrliche und bedeu- tende Beiträge, dass es schwer sein dürfte, einen Garten ohne Stauden zu finden. Schon im März, wenn oft Schnee und Frost das Reich der Pflanzen noch in Fesseln hält, unterbrechen die herrschenden matten Farbentöne mit lebhaften weissen, blauen, gelben und röthlichen Farben die ersten Frühlingsstauden und je wärmer die Sonnenstrahlen auf die winterliche kalte Erddecke wirken, um so grösser wird die Anzahl der scheinbar aus ihrem Schlummer erwachenden Stauden. Denn nur scheinbar ist ihr Schlummer gewesen. Freilich hat es kein menschliches Auge gesehen, dass tief in der Erde stetig und unterbrochen vor sich gegangen ist die Vorbildung der jungen Blüthenstengel, dass vollendet worden ist die Ab- stossung und Aussonderung der vorjährigen Blatt- und Stengelreste, dass während des ganzen Winters eine vollständige Erneuerung der Stauden vor sich gegangen ist, dass die vorjährigen Wurzeln zum Theil abge- storben sind und schon junge kräftige Wurzeln sich entwickelt haben, bereit und fleissig beschäftigt mit der Herbeischaflung des Materials zum Bau des neuen Pflanzenkörpers, welcher nun beim Höhersteigen der Sonne (um mich dieses unwissenschaftlichen Ausdruckes zu bedienen) sich emporhebt aus der mütterlichen Erde, nicht ein aus dem Schlafe der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur, 319 erwachender Körper, sondern ein ganz neues junges Gebilde, die Frucht und die Summe winterlichen Lebens. Eine Ruhe giebt es ja im Pflanzenreiche niemals; denn wenn im Herbste die Blätter von den Bäumen fallen, so ist dies nicht ein Zeichen beginnender Ruhe, sondern neuen Lebens, da die wachsenden Knospen in den Blattwinkeln der nur noch locker sitzenden alten Blätter, diese nur durch ihr Schwellen verdrängen; und wenn wir die Blumenzwiebeln aus der Erde nehmen und trocken legen, so ruhen auch sie nicht, sie stossen ihre alten Wurzeln und äusseren Schuppen nach und nach ab; sehen wir im Winter die Kartoffeln im Keller, so finden wir, dass lang- sam und unmerklich die Ausbildung der Stengelknospen (Augen) für den nahenden Sommer sich vollzieht. Dass auch im Samenkorne ein ununter- brochenes Leben vorhanden ist, dass in demselben trotz der scheinbaren Unveränderlichkeit desselben im Inneren eine organische Veränderung vor sich geht, dass die nach längerer oder kürzerer Zeit erfolgende Un- fähigkeit zum Keimen die Folge davon ist, dass das von der Natur hin- eingelegte Lebensmaterial, welches nur für eine bestimmte Zeit ausreichen kann, verbraucht ist, — sei hierbei als eine Behauptung erwähnt, deren Beweis vorerst nicht hierher gehört. Wenn der lange, kalte und trübe Winter überstanden ist, so sehen wir mit doppeltem Vergnügen jedes neue Zeichen lebhafterer Vegetation. Keine Jahreszeit wirkt so mächtig belebend, erfrischend und erfreuend auf das menschliche Gemüth wie der Frühling; die liebsten Blumen sind uns die, welche er uns bringt. Hierin liegt ein grosser Theil des Werthes, welchen die Stauden für uns haben. Schneeglöckchen, Muscari racemosum, Crocus, Narzissen, Tulpen, Hyazinthen, Seilla sibirica, Ornithogalum-Arten und die verschiedenen an- deren im Frühjahre blühenden Zwiebelpflanzen liefern freilich einen sehr bedeutenden Beitrag für den Frühjahrsflor unserer Gärten. Wenn wir aber auch darauf verzichten, wie wir wohl mit Recht könnten, dieselben den Stauden beizuzählen, — wenn wir den Begriff „Staude‘“ dahin fest- halten, dass wir darunter eine Pflanze mit ausdauernder Wurzel und ein- jährigem Stengel verstehen, so haben wir an den gefüllten Beitis perennis, Primula elatior, acaulis, Auricula, Pulmonaria offieinalis, angustifolia, virgi- nica, Adonis vernalis, Anemone Pulsatilla, nemorosa ‚plena, Hepatica in ihren verschiedenen Varietäten, Iris pumila in ihren Farbenabänderungen, den verschiedenen Veilchensorten, Omphalodes verna, Phlox verna, setacea, u. a. Myosotis alpestris blau und weiss, Corydalis bulbosa roth und weiss, gefüllten Ranunculus lanuginosus, der gefüllten Caltha palustris, den Aubrie- tien und Arabis-Arten, Orobus vernus, den verschiedenen Trollius-Arten, Petasites offieinalis und vielen anderen, eine solehe Menge Blumen von verschiedener Farbe, Gestalt, Höhe, Haltung, zum Theil mit so lieblichem Wohlgeruche, dass Jeder, der Sinn für Natur und besonders Blumen- 220 ‚Jahres-Bericht sehönheit hat, sie als die echten Kinder des Frühlings mit herzlicher Freude begrüsst. Wenn die Zeit herannaht, wo die Erstlinge des Frühjahrs Abschied von uns nehmen und verblühen, ist für andere, später blühende Stauden- arten, deren Anzahl und Mannigfaltigkeit nun mehr von Tag zu Tag so sehr zunimmt, dass ihre Aufzählung, welche auch überflüssig ist, da sie ja allgemein bekannt sind, viel zu weitläufig sein würde, die Zeit der Blüthe herangekommen und so wechseln Staude um Staude, Blüthe um Blüthe in ununterbrochener Reihenfolge bis tief in den Herbst hinein ab, wo dann die immer stärker werdenden Fröste die letzten Blüthen der Herbst-Astern, indischen Chrysenthemum, Helianthus salicifolius, Dianthus Heddewigüi, Antirrhinum majus u. a. zerstören. Selbst noch tief im Winter, im December und Januar, trotz Frost und Schnee, erfreut den Spazier- gänger ohne allen Schutz gegen die Unbilden des Winters, ein rechtes Bild zäher Lebenskraft, eine Staude mit schönem grünen, lederartigen Laube und grossen weissen, einer einfachen Camelie nicht unähnlichen Blumen auf fleischigen Blüthenstengeln, Helleborus niger, die schwarz- wurzelige Niesswurz. So haben wir gesehen, dass während des ganzen Jahres, mit Aus- nahme von kaum 3 Monaten kein Tag war, wo nicht Stauden der ver- schiedensten Farbe, Höhe, Gestalt und Blattform vegetirt hätten. Nichts kann leichter, bequemer und angenehmer sein, als eine solche Pflanzen- Sruppe, wenn ich mich so ausdrücken darf, in den Gärten zu verwenden. In grösseren parkähnlichen Gärten mit Rasenflächen, auf denen Ge- hölzpflanzungen und einzeln stehende Bäume mit Sträuchern und Blumen- beeten abwechseln, ähnlich den englischen pleasure-graunds bietet sich eine ausgezeichnet wirkungsvolle und anmuthige Verwendungsart für Stauden dar, indem man sie als eine Art von Mittelglied zwischen Blu- menbeeten und blühenden Strauchpflanzen anbringt. Die im Sommer blühenden Staudenarten, wie Phlox, paniculata, Delphinium elatum, Althaea rosea, Lychnis calcedonica, Aiterocephalus caucasicus, Aconitum napellus, Ole- matis recta, Rudbeckia laciniata, Helenium sibirieum, Thalietrum-Arten u. a. erreichen eine ziemlich bedeutende Höhe, ähnlich niedrigem Gesträuch, Andere dagegen, theils solche, welche im Frühjahr blühen, theils auch im Sommer blühende, wie Cmpanula pusilla, pulla, carpathica, Dianthus plumarius, Gentiana eruciatha, Pneumonanthe u. a. bleiben ganz niedrig, ähnlich den beliebten Teppiehblumenbeeten. Wieder andere halten zwi- schen beiden die Mitte, wie Digitalis purpurea, ambigua, Delphinium chi- nense, Dianthus barbatus, Phlow decussata, Clematis integrifolia, Iris germa- nica, sibirica u. 8. W. _ Um alle diese verschiedenen Eigenschaften solcher Stauden und die mit denselben verbundenen Annehmlichkeiten zu vereinigen und ihre wechselseitigen Reize zu geniessen, giebt es keinen scnöneren und pas- der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 991 senderen Platz, als auf dem grünen Rasen solcher parkähnlicher Gärten. Man bringt an passenden Stellen Beete davon an, welche der ganzen Anlage entsprechen, übrigens eine recht einfache und geschmackvolle Form haben und nicht zu klein sind. So schön auch solche Blumenbeete sind, welche ausschliesslich mit ganz niedrigen Pflanzen besetzt sind, so. bietet doch ein Garten, in welchem nur solche Pflanzen sich vorfinden, eine grosse Einförmigkeit und Gezwungenheit, einen Mangel an Natür- lichkeit und ästhetischer Schönheit dar; vermieden wird dies aber, wenn man auch hin und wieder Unterbrechungen durch Beete mit höher wach- senden Blumen eintreten lässt. Auf diese Beete, welche mit guter hu- musreicher Erde angefüllt sein müssen, werden die verschiedenen Stau- den der Art gepflanzt, dass sie mit wohlüberlegter Rücksicht auf ihre Blüthezeit, Höhe und Farbe auf denselben vertheilt werden und damit nicht eine die andere verdeckt, sind die höher wachsenden Stauden mehr nach der Mitte, die niedrigeren dagegen mehr nach dem Rande des Beetes zu pflanzen. Da die Stauden zu verschiedenen Zeiten vegetiren, auch ihre Stengel nach der Blüthe absterben, so können dieselben auf solchen Beeten ziemlich nahe zusammen gepflanzt werden, wenn man darauf Bedacht nimmt, nur immer solche neben einander zu pflanzen, welche zu ver- schiedenen Zeiten blühen, so zwar, dass nach der Blüthe immer die eine der andern Platz macht. Thut man dies nicht, sondern nimmt man viele solcher Stauden zusammen, welche zu gleicher Zeit blühen, so beengen sie sich eines Theils gegenseitig und andernseits entsteht nach der Blüthe eine Lücke im Beete. Auf die Farben der Blüthen ist insofern Rück- sicht zu nehmen, dass man nicht lauter Stauden von gleicher Blüthenfarbe zusammenpflanzt, sondern vielmehr so, dass sich die Farben gegenseitig ergänzen, wobei man ganz besonders auf eine vernünftige Vertheilung der weissblühenden Pflanzen zu achten hat, weil weiss die am weitesten sichtbare von allen Farben .ist, übrigens zu jeder Farbe passt und so wichtig bei der Zusammenstellung verschiedener Farben ist, dass ohne weiss eine recht lebhafte und pieante Wirkung überhaupt nicht erzielt werden kann. Man braucht übrigens bei der Zusammenstellung der Farben keinesweges allzupeinlich zu sein, denn die Farben der Blumen sind so rein, dass ein augenfälliges Missverhältniss nur durch die gröb- sten Verstösse gegen allen Geschmack entstehen kann. Ueberdies bieten schon die Belaubung, die Form der Blumen und der Blüthenstand sehr vielfältige Abwechselung. Diese Art von Blümenbeeten ist es, welche der, nicht allein als Künstler im Fache der Landschaftsgärtnerei, sondern auch, wovon ich mich während meines zweijährigen Aufenthaltes in Branitz hundertfach zu überzeugen Gelegenheit hatte, sondern auch als Blumenfreund und im Blumen - Deeorationsfache ausgezeichnete Fürst Pückler in Branitz 3923 Jahres-Bericht als „gemischte Blumenbeete‘‘ mehrfach im dortigen Pleasur-graund an- gebracht hat und welche er so bepflanzen liess, dass, wie er sich aus- drückte, „‚zu jeder Zeit des Jahres ein Theil des Beetes in Blüthe stand‘. Wenn solehe Beete gut angelegt sind, bringen sie vom ersten Frühjahr bis tief in den Herbst hinein fortwährend Blumen hervor und bieten den grossen Vortheil, dass sie eine lange Reihe von Jahren unverändert ste- hen bleiben können, ohne dass etwas Anderes an ihnen zu thun ist, als das Reinhalten von Unkräutern. Nur muss man bei deren Anlage auch wohl darauf Bedacht nehmen, nur solche Stauden zu wählen, welche, wenn auch stärker werdend, doch ihren Platz nicht verändern, (als Mu- ster von Beständigkeit können in dieser Beziehung die Delphinium-Arten gelten), und keine solche zu verwenden, welche vermöge ihres sich unter- irdisch verlängernden Wurzelstockes schon im zweiten Jahre, und in spä- teren Jahren noch viel mehr, ihren ursprünglichen Platz verlassen und ihre Blüthenstengel da hervorbringen, wo man es am wenigsten wünscht, seien sie auch noch so schön, wie z. B. Spiraea lobata, Ulmaria flore plena, Lysimachia punctata, Solidago canadensis, Aster novae Belgiae und ericoides; am schlimmsten aber macht es in dieser Beziehung Saponaria offieinalis flore plena. Solche Stauden finden einen passenden Platz da, wo ihnen mehr Raum gelassen ist für ihr eigenthümliches Wachsthum, etwa hie und da an Rändern von Gebüschen, oder an Teich- und Fluss- ufern, wo sie sich schnell einbürgern und durch ihren üppigen Wuchs und Blüthenreichthum sich ihrer Stelle vollkommen würdig machen. Da, wo langgestreckte Strauchpflanzungen vorhanden sind, welche nur grüne Büsche bilden und ihre Blüthen mehr in der Höhe haben, ge- währt es eine angenehme Abwechselung, diese grünen Linien weiter unten nach dem 'Rasen zu mit einzelnen bunten Farben unterbrochen zu sehen. Zu diesem Zwecke eignen sich ganz besonders Stauden. Som- merblumen blühen zu spät und gedeihen auch an solehen Stellen nicht, weil die Wurzeln der Sträucher die Erde wmınd um sie her vollständig aussaugen. Stauden dagegen verderben nicht so leicht. Pflanzt man daher an solche Stellen Trupps von Stauden, welche zu verschiedenen Zeiten blühen und verschiedene Farben haben, so findet man hier Blu- men zu jeder Zeit des Sommers. Diese Staudentrupps an den Sträucher- rändern kann man beliebig heraustreten lassen, oder in die Länge ziehen, an passenden Plätzen, wenn man will, sogar zu ganzen Rabatten aus- dehnen. Jedoch muss dies mit Vorsicht geschehen, weil sonst leieht die Ungezwungenheit und Natürlichkeit des Gartens dadurch beeinträchtigt werden kann, Aber nicht allein in ihrer gegenseitigen Gesellschaft und Vereinigung auf Beeten sind die Stauden eine Zierde der Gärten, sondern es sind unter ihnen auch viele, die als Einzelpflanzen auf Rasenplätzeu einen prächtigen Anblick gewähren. Sie machen allerdings, mit wenigen Aus- der Schles, Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 9933 nahmen, keine so colossalen Büsche, wie die jetzt Mode gewordenen Blattpflanzen, aber sie haben auch den grossen Vortheil vor ihnen vor- aus, dass sie sich uns in ihrer ganzen, vollkommenen Entwiekelung zei- gen und dass wir, welches ein nicht geringes Vergnügen gewährt, sie beobachten können von den ersten Anfängen ihres Wachsthums an bis zur Blüthe und Frucht, und dass sie schön und interessant sind in jedem Stadium ihres Wachsthums, welches beides mit den gelobten Blattpflanzen nicht der Fall ist; denn einerseits nehmen diese, um mich so auszu- drücken, kein natürliches Ende, sondern der Winter ermordet sie zu der Zeit, wo sie gerade am schönsten und üppigsten sind, wenn sie nicht vorher in Töpfe gepflanzt werden, wodurch ihrer Pracht auf einmal ein Ende mit Schrecken bereitet wird, und andererseits gewähren sie auch in den Anfängen ihres Wachsthums kein schönes Bild, denn man kann sich kaum etwas kläglicheres vorstellen, als ein Blattpflanzenbeet in den ersten Wochen nach der Pflauzung. Eine Staude schmückt freilich den Garten nicht während des ganzen Sommers, denn viele Stauden ver- blühen schon lange vor Eintritt des Winters, aber auch Blattpflanzen thun dies nicht, denn der grösste Theil derselben kann erst Mitte Mai in’s Freie gepflanzt werden, wenn keine Fröste mehr zu befürchten sind, während zu dieser Zeit schon viele Stauden in üppigem Blätter- und Blüthenschmucke prangen. Blaitpflanzen aber werden meistens erst im Juli und August robuster und sind also nur für den Hochsommer und Herbst, mithin für eine Zeit, wo die Blumenwelt nicht mehr ihren frische- sten Reiz hat, denn der Frühling bleibt doch immer die Zeit, in welcher wir alle Blumen mit doppeltem Vergnügen betrachten. Schliesslich kann eine Pflanze doch den Blumenfreund nur dann vollkommen befriedigen, wenn sie ihm auch ihre Blüthe zeigt; und — Blattpflanzen, seien sie auch noch so robust und haben sie auch noch so malerisch geformte und prachtvoll gefärbte Blätter, erwecken bei all ihrer Pracht und Schön- heit im Hintergrunde des Gemüthes des Beschauers doch den fragenden Gedanken: „wie mag die Pflanze nur blühen?“ Die Freude an schönen Blattformen ist allerdings so vollkommen berechtigt und liegt in der menschlichen Seele so fest begründet, wie irgend eine Andere, und die malerischen und eleganten Linien, welche sie dem Auge bieten, sind so ästhetisch schön und künstlerisch vollkom- men, dass die Blattpflanzen ihre weite Verbreitung gewiss verdienen, auch sind sie in einer so grossen Auswahl vorhanden, die Färbung der Blätter und Stämme ist zuweilen so bewunderungswürdig und die Phan- tasie angenehm anregend, auch sind sie geeignet der Scenerie eine Bei- mischung tropischen Charakters mitzutheilen, — mit einem Worte, sie sind ihres Platzes in den Gärten so würdig, dass ihre Verwendung ge- wiss nur wünschenswerth ist; indessen ist das Lob der Blattpflanzen schon so tausendfältig austrompetet worden, dass auch ein Wort für eine 224 Jahres - Bericht so liebliche und vielgestaltige Pflanzenfamilie, wie die der Stauden, am rechten Orte ist. Was für Stauden zur Einzelpflanzung im Rasen zu wählen sind, das bleibt natürlich dem Geschmacke des Gartenbesitzers überlassen. Am verbreitetsten sind die Rheum- und die riesigen Heracleum-Arten, nächst diesen findet man auch hin und wieder als Einzelpflanzen verwendet: Statice-Arten, Gypsophila paniculata, Helianthus salieifolius, Dielytra speeta- bilis, krautige Paeonien, doch giebt es noch viele weniger oder gar nicht gebräuchliche. Unter diesen sind sehr zu empfehlen: die verschiedenen Funkien-Arten, welche mit ihren fast regelmässig dachziegelförmig über- einander geordneten Blättern und einseitswendigen Blüthentrauben sehr lange dauern, auch Hemerocallis-Arten, Spiraea Aruncus, Clematis-Arten, Rudbeckien, Althaea rosea, Inula Helemium, Digitalis-Arten, Centranthus ruber, Dictamnus-, Acanthus-, Buphthalmum-, Helleborus-, Eupatorium-, Centaurea-, Aster-, Lupinus-, Iris-, Pentstemon-, Papaver-, Pyreihrum-, Potentilla-, Vero- nica-, Trollius-, Thalietrum-Arten sind für Einzelpflanzung prächtig zu ver- wenden. Es versteht sich von selbst, dass solche einzeln stehende Stau- den ganz besonders üppige Exemplare sein müssen und dass, um dies zu erreichen, einestheils die dazu zu verwendenden Pflanzen sehr stark sein müssen, und anderntheils die Stelle, wohin sie gepflanzt werden sollen, zuvor gehörig vorbereitet sein muss, dadurch, dass die Erde, wenn sie nicht sehr gut ist, in einer Rundung von gegen 2 Fuss, und einer ähnlichen Tiefe entfernt und die Grube nach hergestellter guter Drainage, vermittelst Ziegelstücken und darüber gelegtes Moos oder der- gleichen, mit recht guter humusreicher Erde ausgefüllt wird. In dieser Weise gepflanzte Stauden können, da sie vom Froste nicht leiden, lange Jahre stehen bleiben; man braucht sich um sie gar nieht zu kümmern, sie wachsen und blühen Jahr aus Jahr ein unverdrossen fort und ge- währen auf diese Weise nicht allein einen sehr schönen, sondern auch den billigsten und bequemsten Gartenschmuck. Es liegt auf der Hand, dass man Stauden auf noch viele andere Weisen verwenden kann, wo sie überall schön sind, als Topfpflanzen, zum Abschneiden der Blumen für Bouquets, als Verkaufsartikel, zur Trei- berei, als Einfassungs- und Rabattenpflanzen für geradlinige sogenannte französische Gärten u. s. w. Diese Verwendungsarten hängen indesseu so sehr von Zeit, Gelegenheit, Nützlichkeit und anderen Umständen ab, dass sich etwas allgemein Gültiges darüber nicht sagen lässt. Der Zweck dieser Zeilen war es nur, auf einige weniger verbreitete Arten der Verwendung von Stauden in den Gärten hingewiesen zu haben. der Schles. Gesellschaft £, vaterl, Cultur. 3235 Der unschätzbare Zaun, der Schwarz-Wallnussbaum und Pfirsiche von Wilhelm Bruckisch in Hortentown bei New-Braunfels, Comal County, Texas. N. A. F. St. Dem Beobachter drängt sich oft die Ueberzeugung auf, dass Pro- ducte des einen Landes auch einem andern Welttheile heilsam wären. Dies ist vorzugsweise unzweifelhaft mit drei Gewächsen Amerika’s, 1) einer Dornhecke, also lebendigem Zaune, dem Bois d’ark, 2) dem Schwarz-Wallnussbaum und 3) dem Pfirsich. 1) Bois d’ark hat die unvergleichlichen Vorzüge von fast unver- gänglicher Dauer zu sein und den Durch- und Uebergang nicht nur jedem Thiere zu wehren, sondern auch menschlichen Dieben das Einsteigen un- möglich zu machen, Hierdurch erhält er grösseren Werth, als bisher jede Umfriedung, auch die beste hatte. Der Bois d’ark allein ist im Stande diebischen Gelüsten wirksam entgegen zu treten in Feld und Gärten. Derselbe hat zollange, harte, spitze Dornen, die bei der Rich- tung der Zweige nach verschiedenen Seiten, gewissermassen Widerhaken bilden. Der besonders nächtlicherweise ihnen zu nahe Gekommene, kann sich ihnen nur durch einen kräftigen Ruck entziehen, indem er Fetzen von Kleidern einbüsst und blutige Schrammen davonträgt. Doch nicht blos an Wirkung, auch an Schönheit nimmt er es mit allen Zäunen von Holz oder Stein auf, da er sich mit den zierlichsten Eisengittern messen kann. Er verdient daher zugleich eine Zierde der Städte, Sommervilla’s, Schlossgärten und Parkanlagen zu werden. Werden die dreijährigen Triebe unten am Boden abgeschnitten, so machen sie mehrere Schosse von ca. 4 Fuss Länge. Diese müssen zur Hälfte mit dem Nachbar der einen Seite verflochten werden und die andere Hälfte mit den Trieben des andern Nachbars; auch blosses gegen- seitiges Aneinanderbinden genügt, und das schwache Bast- oder Weiden- bändchen ist schon in kurzer Zeit durch Verwachsen der Zweige ent- behrlich geworden. Ein solch netzartiger Zaun von 4 bis 6 Zoll Dicke, bietet mit seinen eitronenartigen Blättern und seinem tiefen Dunkelgrün einen prächtigen Anblick dar. Wenn dieser Zaun sich selbst überlassen bleibt wird er 15 bis 20 Fuss hoch; weiset ihm die Verkürzung durch Gartenscheere oder Messer aber nur 6 bis 8 Fuss Höhe an, so wird seine Dichtiskeit rasch undurchsichtig; schon 5 Fuss Höhe verschliessen Thieren und Menschen den Durch- und Uebergang. Ihm genügt magerer Boden, und ist nicht zu fürchten, dass er die vorwiegende Himmelsklar- heit unseres westlichen Texas (gegen welches das sonnige Italien noch weit zurückbleibt) vermissen wird; im Gegentheil zieht der Bois dark 15 226 Jahres-Bericht den Schatten entschieden vor. Deshalb sind auch etwaige Lücken leicht zu füllen, da ihn selbst die Nähe seines eigenen Geschlechts nicht am Nachwachsen hindert. Die Pflanzen können 2 bis 3 Fuss auseinander- stehen. Ich werde den Samen nach Deutschland liefern und zwar in ganzen Aepfeln, deren zähes und dickes Fleisch die Keimkraft gegen die üble Einwirkung der Meeresluft vollkommen schützt, so dass luftdiehte Ver- zivnung nicht anzuwenden ist. Gegen Zusendung von 5"/, Dollar oder 5 Thlr. Preussisch kann ich einen preussischen Scheffel dieser Samen- Aepfel nach Deutschland schicken, wobei ich selbst Emballage und die Fracht bis zum Meere entrichte, die übrigen Transportkosten zahlt der Empfänger bei der Ankunft. Bis dahin können ängstliche Besteller auch meine Bezahlung aufschieben, wenn mir deren bald nachherige Zusen- dung unter Beifügung eines öffentlichen Siegels von Ortsgerichten oder Beamten versprochen wird. Am besten wäre es, wenn die landwirth- schaftlichen Vereine die Sendungen annehmen, gegen Zahlung verabfolgen und mir diese zuschicken wollten, da die Vereinigung kleiner Partien zu einer grösseren Sendung die Transportkosten sehr ermässigt. Ist die Sache etwa Humbug? oder kommt der Zaun zu theuer? wird mancher denken. Gegen ersten Verdacht hoffe ich durch meine alte Bekanntschaft geschützt zu sein; da ich 1847 bis 1855 mit Unter- stützung der Landesbehörden zur Verbreitung der besseren Dzierzon- schen Bienenzuchts-Methode als Vorsteher des Schlesischen Bienenzüchter- Vereins vielfach thätig war; Letzteres ist aber se wenig der Fall, dass gerade die Wohlfeilheit jeden anderen Zaun verdrängen und ihn auch den kleineren Grundbesitzern genehm machen wird. Angenommen ein Samenapfel käme bis an Ort und Stelle, z. B. bis nach Schlesien, mit Expensen 1 bis 2 Sgr. Preussisch; 10 Sgr. auf 5 Aepfel kann auch der Arme erschwingen. Jeder Apfel enthält zwischen 200 bis 300 Körner. Keimten auch kaum die Hälfte, so sind 500 Pflanzen bei 3 Fuss Zwi- schenraum zu einer Zaunstrecke von 1500 Fuss genügend. Diese können nach 3 Jahren herausgenommen und weiter gepflanzt werden. Da man nicht alle Wurzeln herauszunehmen braucht, dies auch, weil sie tief gehen, schwer möglich wäre, so schlagen das nächste Frühjahr 2 bis 3 mal so viele Triebe nach, von denen die überzähligen weiter gesetzt werden können. Nach weiteren 5 bis 4 Jahren kann man eine Zaunlänge von 10,000 Fuss hergestellt haben, die mit 10 bis 15 Jahren überall wider- standsfähig ist. Durch diese geringe Geldauslage erleichtert, wird der Fleiss der Deutschen diesen besten aller Zäune rasch allgemein machen, und ich hoffe, mir mit seiner Empfehlung unter meinen früheren Mitbür- gern und deutschen Landsleuten ein gutes Andenken zu bewahren. 2) Der Sehwarz-Wallnussbaum ist entweder der Vater oder ein rauher Bruder des welschen Nussbaumes, seine kleinere, der welschen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 927 Nuss dennoch sprechend ähnliche Frucht schmeckt aber so harzig und schlecht, dass sie nur die Kinder geniessbar finden. Er lässt sich den magersten und steinigsten Boden gefallen und in jedem Klima hat er Gedeihen und ein zähes Leben, während der Baum unserer guten Pekan- nuss den besten Boden beansprucht und durch Kälte und Hitze leidet; beides aber noch weit mehr der hier angepflanzte welsche Nussbaum, der sein Leben nie über 3 Jahre bringt. Der Schwarz-Wallnussbaum kann sich, wenn er in Deutschland angepflanzt wird, äusserst nützlich machen, da er bei seiner Genügsamkeit und seinen erwähnten Eigen- schaften ein besseres Tischlerholz liefert, als Europa aufweisen kann; es ist dauerhaft, hart und von so dunkler Farbe, dass es das hübscheste Zimmer-Möbel jeglicher Art abgiebi, auch schon ohne Politur. Die Schwarz-Wallnüsse zur Aussaat kann ich noch billiger liefern, 8) Pfirsiche. Die Pomologen und Fruchtgärtner wissen, dass in Deutschland Pfirsiche nur selten sind, weiche aus dem Kern gezogen, constant gute Früchte bringen, dass vielmehr die nicht veredelten Pfir- siche (gepfropfte und oculirte sind nicht gemeint) schlechter als Holz- äpfel sind. Ganz anders. ist dies hier. Die Kraft der Sonne des Südens hat nach und nach eine grosse Anzahl der Pfirsichbänme so verbessert, dass sie ohne weitere Veredelung den künstlich gut gemachten fast gleich stehen und also aus den Kernen zu erziehen sind, sie tragen reichlicher als die veredelten, und die Früchte sind zum Abbacken (hier werden sie nur in der Sonne abgetrocknet) besser geeignet, als die veredelten. Wer ihre mühelose Anpflanzung in Deutschland ausführen will, kann von mir die Samenkerne a Metze einen halben Dollar, oder 20 Sgr., für 8 Metzen 3 Dollar und pro Scheffel 5 Dollar wie oben erhalten. Ich kann auch bald die jungen Bäumchen zu Tausenden liefern und zwar 1000 Pfirsichbäumchen für 25 Dollar, 500 für 17 und 100 für 4 Dollar; die Schwarz-Wallnuss- und Bois d’ark-Bäumchen aber das Tau- send zu 35 Doll. und 500 zu 20 Doll. Die allmonatliche Dampfschiff- Passage bringt die im December und Januar herausgenommenen und von mir sorgfältig verpackten Gewächse nach Deutschland so, dass sie Ende März an Ort und Stelle angekommen gedeihen werden. Mein Verfahren bei der Cultur der Primula chinensis von C. Frickinger in Laasan. Mit demjenigen was ich hier sagen will, will ich nicht etwa be- lehren, ich will eben nur berichten; es ist ja bekannt, dass oft durch das einfachste Verfahren Vollkommneres erzielt wird, als durch ein ° eomplieirtes, 15% 2938 Jahres-Bericht Die: Beschaffenheit der zur Cultur der chinesischen Primeln zu ver- wendenden Erde halte ich für einen Hauptfaetor um Farbenpracht der Blumen und kräftiges, gesundes Grün des Blattwerks zu erhalten. Die Erde, welche ich dafür benutze, besteht aus 6 bis 8-jährigem vollständig verrotteten Frühbeetdünger und Laub zu 6 Theilen, 2 Theilen humus- reicher Walderde und 2 Theilen weissen Grubensand, alles gut durch- einander gemischt; in dieser Erde gedeihen meine Primeln ganz vor- züglich, Im vorigen Jahre glaubte ich diese Erde durch Zusatz feiner Hornspäne für meine Cultur noch geeigneter zu machen; freilich wohl erhielt ich damit viel üppigere und grossblumigere Pflanzen, aber bald genug musste ich auch die fatale Bemerkung machen, dass dieselben dem Moder und der Fäulniss viel häufiger unterlagen. Für eine zweite Haupt- bedingung, gute Primeln zu haben, halte ich, nur den besten Samen der besten Blumen zu ihrer Anzucht zu verwenden; und diesen ziehe ich mir selbst und werde am Schlusse meines Berichts auf das Wie? zurück- kommen. Wird der Samen der Primula chin. an trockenem, luftisem Orte sachgemäss aufbewahrt, so behält er seine vollständige Keimkraft 3 Jahre. Meine Aussaaten mache ich in der Zeit von Mitte Mai’ bis Mitte Juni. Frühere Aussaten blühen bei sorgfältiger Cultur schon in den Monaten September und October; da haben die Blumen aber weder für den Blu- mentisch noch für Bouquet’s, am wenigsten aber zur Samenzucht Werth. Bei späteren Aussaaten sind, und werden es auch bleiben, die Pflanzen die dankbarsten Winterblumen-Spenderinnen, der Frühjahrsflor aber eignet sich vorzüglich zur Samenzucht. Die Aussaat mache ich in mit sandiger Lauberde gefüllte flache Schüs- seln, oder noch lieber in flache Holzkästchen, bedecke den Samen äusserst dünn mit gesiebter Erde, stelle die Schüsseln oder Kästchen in einem vorher zur Stecklingszucht benutzten, daher eine immer noch gleich- mässig milde Temperatur habenden einfensterigen Kasten, bedecke sie aber weder mit Glasscheiben noch Glocken, sondern gebe vielmehr wäh- rend des Tages mässig Luft, aber auch dichten Schatten. Die Saat wird nun durch sorgfältiges Begiessen mit reinem, weichen Wasser aus kleiner Kanne mit feiner Brause in gleichmässiger durchdringender Feuchtigkeit gehalten, denn bei zu wenig und unregelmässigem Guss bildet sich eine Kruste, oder die Samen liegen trocken, oder werden verwaschen, gehen an einzelnen Stellen zu dicht, der grösste Theil aber gar nicht auf und die Saat geht dann eben so wie wenn zu viel gegossen wird, wodurch sie versäuert, zum grössten Theile verloren. Sobald nun die Saat nach 8 bis 10 Tagen aufgegangen ist, piquire ich die jungen kaum fassbaren Pflänzchen sorgfältig nach Reih und Glied in leicht zu handhabende, etwa 3‘ lange, $—10‘ breite, und 4 tiefe, mit meiner gut zubereiteten Erde gefüllte Holzkästen, bringe dieselben in der Schles. Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 999 einen kühlen Mistbeetkasten, der einige Tage geschlossen und stark be- schattet gehalten wird, und fange erst nach 3 bis 4 Tagen an Luft zu geben. Gegossen wird, sobald es nöthig ist, natürlich noch immer mit sehr feiner Brause. In diesem Alter der Pflänzehen tritt bei aller Sorgfalt und Pflege doch aber zuweilen ein gefährlicher Uebelstand ein; die jun’ sen Pflänzchen befallen in dieser Zeit nehmlich gar leicht von einem Schimmel oder Pilz, sie sterben durch Fäulniss; diese entsteht aber eben so bei zu grosser Feuchtiskeit, wie bei Trockenheit, und sind nur auch erst wenige Pflanzen von dieser Krankheit befallen, so greift sie rapide um sich und nur schnelles Entfernen der kranken Pflanzen und “vollstän- dises Ueberstreuen aller noch gesunden Pflanzen und auch des Raumes wo die abgestorbenen Pflanzen standen, mit fein pulverisirter Holzkohle kann noch helfen. Meine Pflanzen lasse ich bis Ende Juni in diesen Kästen, um diese Zeit sind sie so weit erstarkt, dass sie einzeln in 2!/,-zöllige Töpfe ge- pflanzt werden können; im August verpflanze ich sie dann in 4- bis 5-zöllige Töpfe und bleiben sie darin für den Winter. Um nun meine Pflanzen möglichst kräftig zu haben, mische ich der Erde mit grösster Vorsicht etwas feine Hornspäne bei; ein Zuviel verdirbt, wie ich schon anführte, die Pflanzen und zwar auf zweierlei Weise; entweder wird die Erde vollständig sauer, oder aber die Pflanzen faulen in kurzem am Wurzelhalse und Blattwerk. Nach dem letzten Verpflanzen und sobald es sich zeigt, dass die Wurzeln durchgegriffen haben, werden an schönen Tagen und auch wäh- rend der Nächte die Fenster abgenommen, jedoch an heissen Tagen stark ‘ Schatten gegeben und auch nach dem Giessen die Pflanzen noch über- braust. Die um diese Zeit erscheinenden Blumenstengel werden ausge- kneift, um die Pflanze möglichst zu kräftigen; dass.aber dadurch der Reichthum an Blumen als verloren zu betrachten ist, möchte ich fast be- haupten, denn noch nie ist mir ein Beweis dafür geworden, dass solche Pflanzen die ausgekneiften Blüthenstengel wieder ersetzten; daher halte ich eine nicht zu frühzeitige Aussaut am empfehlenswerthesten, um nicht in die Nothwendiekeit versetzt zu werden, solche zeitige Blumen aus- zukneifen. Bei dem Einräumen der Pflanzen in’s Glashaus sortire ich, nach Qua- lität, natürlich die bestblühenden, zur Samenzucht tauglichsten an die günstigste Stelle; es ist nothwendig dies zu thun, um auch eine nur mög- lichst guten Samen liefernde Ernte zu machen, denn selbst von dem sorg- fältigst gezüchteten Samen erzieht man doch immer wieder einen Theil gewöhnlicher Pflanzen. Von Ersteren werden die weniger guten Blumen zu Bouquets ete. abgepflückt, um die Ueberzeugung zu haben, dass nur wirklieh gute Blumen zur Samenzucht stehen bleiben. An sonnigen Ta- gen, von Ende Februar bis in den April, versäume ich nicht mit feinen 9’ 330 Jahres - Bericht Pinseln den Pollen der eigenen Blumen auf die Pistille, sondern auch von einer Sorte auf die andere zu übertragen, da durch diese künstliche Be- fruchtung der Samenansatz weit sicherer erreicht wird als durch die na- türliche. Auf diese Weise habe ich von im Jahre 1868 geernteten 8a- men, im Jahre 1869 eine sehr schöne gefüllte Primula chin. erzogen; der Pollen von Primula chin. erecta fimbr. cupreata war auf Pr. chin. erecta alba splendida übertragen, der Samen davon extra gesammelt und ausge- säet worden. Noch will ich bemerken: schon wiederholt ist mir geklagt worden, dass von mir bezogener Samen nur bleiche, gewöhnliche Blumen gegeben habe. Wenn ich nun versichern kann, jene Samen immer nur allein von den besten Blumen gesammelt und abgegeben zu haben, so gab ich doch weiter oben auch zu, dass auch bei mir aus solchem besten Samen wie- der gewöhnliche, d. h. nicht fimbrirte Blumen sich zeigen, aber doch ist deren Farbe immer eine lebhafte und schöne. Ist dies anderwärts mit- unter nicht der Fall, so behaupte ich, dass die Schuld hieran nicht in der Qualität des Samens, sondern hauptsächlich in der Erdmischung, aber auch in dem Standorte der Pflanzen und an dem zum Gusse verwendeten Wasser zu suchen ist, denn ich habe niemals gleiche Klage führen kön- nen, aus so verschiedenen Orten ich auch Samen von Primula chinensis bezogen habe. Ueber Vermehrung, Veredelung und Cultur von Epiphylium truncatum Haw. von Kunst- und Handelsgärtner R. Riedel in Löwenberg. Ist Epiphyllum truncatum auch eine längst bekannte Pflanze aus der Familie der Cacteen, so ist sie doch in neuester Zeit wieder sehr be- liebt und von Wichtigkeit für Gärtner und Blumenfreunde geworden; sie hat dies ihren zahlreichen, prächtigen bis zu 2 Zoll langen Blumen zu verdanken, welche vom schönsten Rosenroth und durch Varietät und Hy- bridation erzeugt, in allen Nuancen bis zum schönsten Braunroth zu der blütbenärmsten Zeit, in den Monaten November und December erscheinen und auf keinem Blumentische fehlen sollten, aber auch jedem Bouquet zur Zierde gereichen. Die Vermehrung aus Stecklingen hat man jetzt verworfen, sie wurzeln zwar sehr leicht, wachsen aber um so langsamer und bleiben meist elende Pflanzen; anstatt derselben bedient man sich seit einigen Jahren der Veredelung und zwar auf die diekstämmigen Arten der Pei- rescia, am häufigsten auf die baumartig wachsende P. grandifolia Haw- (grandiflora, brasiliensis Hort.). der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 331 Um von Epiphyllum truncatum in kurzer Zeit Pflanzen von 1 bis 2 Fuss Höhe zu haben, verschaffe man sich im März Stecklinge der ge- nannten Peirescia, die in jedem Warmhausbeet, in Sand oder Sägespänen sehr leicht Wurzeln schlagen. Sind diese Stecklinge bewurzelt, so pflanze man sie in kleine Töpfe und bringe sie auf ein warmes Mistbeet, sie werden dort sehr bald ein üppiges Wachsthum entwickeln; je nach Be- dürfniss, dann in grössere Töpfe verpflanzt, hält man sie ziemlich ge- schlossen in einem Kasten, entfernt stets alle Nebenzweige und wird da- mit bis zum August Pflanzen von 1 bis 2 Fuss Höhe und von der Stärke eines Federkiels erziehen, welche stark genug zum Veredeln sind. Die Veredelung ist sehr einfach; man schneidet sich 2 bis 3 Zoll lange Spitzen, oder besser gesagt, ein Glied von Epiphyllum ab, schneidet dasselbe am unteren Ende zu beiden Seiten ein wenig an und macht alsdann in die Peirescia in beliebiger Höhe, so hoch man die Krone auf derselben haben will, einen etwas schrägen, etwa , Zoll langen Ein- schnitt von oben nach unten, in welchen man das zugespitzte Glied hin- ein setzt, und miltelst eines Dorn’s von der Peirescia, welchen man mitten durch die Veredelung sticht, dann aber noch in gewöhnlicher Weise befestist. Mit Ausnahme der Manipulation des Durchstechens der ersten Befestigung des Edelreises, welche nur des schlüpfrichen Saftes der Peirescia wegen vorgenommen wird, gleicht diese Veredelungsart ganz derjenigen, welche man z. B. bei Camellien ‚‚Einspitzen“ nennt. Das weitere Culturverfahren ist nun das folgende. Die ver- edelten Pflanzen werden in einen geschlossenen Kasten, ohne Dünger- wärme, oder in ein geschlossenes Warm- oder Vermehrungshaus ge- bracht, wo die Veredelungen schon nach 14 Tagen vollständig verwachsen sein werden. Im Winter placirt man seine Zöglinge an einen trockenen, hellen Ort des Warmhauses. Ist der April herangekommen, so werden sie verpflanzt und wenn möglich auf ein lauwarmes Beet gebracht. Wer- den die Pflanzen hier stets unter Fenster und bei grosser Hitze etwas gelüftet und nur unter äusserst geringer Beschattung gehalten, so werden sich bis zum Herbst schon hübsche Krönchen gebildet haben, auf Blüthen ist aber, wenn die Pflanzen auf Dünger möglichst schnell herangebildet wurden noch nicht zu rechnen, da das Holz, oder vielmehr der Trieb noch zu zart ist. In diesem Winter (Februar 1870) haben mir zwar die Sommer-Veredelungen von 1869 fast sämmtlich geblüht, doch muss ich bemerken, dass die Pflanzen nach der Veredelung nieht mehr angewärmt wurden, folglich die Triebe wohl reifer, aber auch sparsamer und nicht so büschelig waren, als wären sie angewärmt worden. | Im folgenden August und September sind die Pflanzen in einem kalten, sonnigen Kasten im Freien ganz trocken zu halten und Ende September in’s Warmhaus, nahe. den Fenstern zu bringen, ziemlich warm zu halten und nun wieder regelmässig zu giessen. So behandelt, brechen 232 Jahres-Bericht schon im October und November die Knospen in Masse hervor, die sich dann auch ziemlich schnell ausbilden. Da ich die Epiphyllen jetzt in Masse cultivire, so halte ich nur im- mer einen Theil dieser meiner Pflanzen warm, um nicht alle auf einmal in Blüthe zu haben, und so den Genuss ihrer Pracht zu verlängern. Ist auch mancher meiner Herrn Collegen oder Blumenfreunde grade kein Cactus-Liebhaber, so habe ich doch gefunden, dass die veredelten Epi- phyllen mit ihren zierlichen blüthenreichen Krönchen sich doch die Gunst mancher derselben erwarben. Resultate des Weinschnittes bald nach Abnahme der Trauben von Lehrer und Organist Bragulla in Bischdorf. Am Schlusse meines Aufsatzes ‚das Beschneiden des Weinstock’s“ vom Jahre 1868 habe ich versprochen, über die gewonnenen Resultate des Beschneidens bald nach Abnahme der Trauben, Bericht zu erstatten. Bald nach Abnahme der Trauben vom „frühen Leipziger, weissen Diamant, blauen Augusttraube und Chasselas blanc“, hatte ich das über- flüssige Holz abgeschnitten und die Fruchtreben bis auf höchstens 15 Augen zurückgestutzt. Die Augen machten eine merkliche Anschwel- lung, das Laub wurde dunkler als bei den bestehenden Stöcken, welche- unbeschnitten geblieben waren. Der Herbst war schön und alles Holz konnte zur Reife gelangen. — Nachdem alle Stöcke beschnitten waren, wurden sie Anfang November sorgfältig eingelegt und mit Erde bedeckt. — Der Winter war ein gelinder und der Wein durchwinterte gesund und wohl erhalten. Mitte März 1869 hatte ich denselben behutsam selbst aufgedeckt und am 3. Osterfeiertage, den 30. März, an Spaliere aufge- bunden. Bekanntlich fangen die frühen Sorten auch eher zu treiben an, als die spätern. Vom 20. April ab hatten wir ganz günstige Witterung und Anfang Mai hatten die Triebe schon eine Länge bis 6 Zoll. Die ersten Trauben sah man ganz deutlich, die andern kamen zum Vorschein. Vom Mai an wurde die Lufttemperatur immer rauher und in der Nacht vom 4. zum 5. Mai sank das Thermometer auf 5° unter Null. Die Weintriebe waren grösstentheils erfroren, und mit ihnen die Hoffnung auf schöne Trauben. Aber nicht genug, dass die Triebe erfroren waren, nach ohngefähr 8 Tagen platzte die Rinde der Reben zum gröss- ten Theile auf und diese vertrockneten. Beinahe alles Holz war aufge- sprungen bei dem „frühen Leipziger“, etwas weniger bei dem weissen Diamant und nur hin und wieder bei Chasselas blanc. Bei dem „frühen der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 233 Augustwein“, der dieselbe Behandlung und Stand hat wie die vorge- nannten Sorten, war gar keine Rebe aufgesprungen. Bei meinen andern Stöcken z. B. Malvasier, Gutedel, Ungar, blauer Spanier ete., waren auch keine aufgesprungenen Reben, obgleich diese Stöcke an derselben Wand stehen. Der ‚frühe Leipziger‘ hatte über- haupt nur eine gesunde Rebe behalten, welche Triebe machte und drei grosse Trauben hatte; das andere Holz musste abgeschnitten werden. Weisser Diamant brachte gar keine Trauben und hatte auch nur geringen Trieb. Ebenso der Chasselas blanc. Dagegen brachte der frühe August- wein viele und ansehnliche Trauben. Woher kam es nun, dass „früher Leipziger‘ und ‚‚weisser Diamant‘ aufsprangen, während die „blane Augusttraube“ und die hier oben genannten Sorten unversehrt geblieben? — Vergangenen Herbst habe ich den Schnitt nochmals versucht, viel- leicht gelingt es, dies Jahr über glücklichere Resultate zu berichten.“) Die Cultur der Melone im Freien und der Gemüsebau der Bulgaren von Garten-Director Bürgel in Schloss Wittgenstein (Rumänien). Die kostspielige, so wenig lohnende Cultur der Melonen in Mistbeeten, und der enorme Preis dieser köstlichen Frucht ‘auf deutschen Märkten veranlasst mich, meine vieljährigen, beim Anbau derselben im Freien ge- machten Erfahrungen zur allgemeinen Kenntniss zu bringen, und zweifle ich nicht, dass bei genauer Berücksichtigung des Nachstehenden ein gün- stiger Erfolg zu erzielen ist. Die Hauptbedingung einer sicheren und guten Ernte, ist eine ge- schützte Lage der zum Anbau bestimmten Beete gegen Norden, und wo nicht schon Häuser, Mauern, Zäuue und dergleichen den nöthigen Schutz gewähren, mache man Schutzwände von Brettern oder von Schilf (Rohr) von 6 bis 8 Fuss Höhe. Will man aber diese Cultur im Grossen be- treiben, was sich besonders für volkreiche Städte empfehlen und einen lohnenden Ertrag liefern würde, so müssen in Abständen von je 3 Bee- ten, paralelllaufend dergleichen Schutzwände angebracht werden, nur dürfen ausser der Hauptwand gegen Norden, die ferneren Wände nur eine Höhe von 3 bis 4 Fuss Fuss erhalten, um der vollen Einwirkung der Sonne nicht hindernd zu sein, und empfiehlt sich auch dann, die Kopfenden der Beete mit gleicher Einfriedigung zu versehen, damit in keiner Weise die Pflanzen von den rauhen Winden berührt werden. Wo *) Es würde dies auch jetzt noch dankbar anerkannt werden. D. Red. 234 Jahres-Bericht die Mittel zur Anschaffung der oben angegebenen Schutzwände nicht vor- handen sind, kann man auch einige Reihen Stangenbohnen an Stelle der- selben placiren, nur müssen die Stangen wesentlich kürzer als gewöhnlich benutzt werden, um den Melonen nicht zu viel Schatten zuzuführen; na- türlich ist der Erfolg precärer, da der nöthige Schutz gegen schädliche Winde auf diese Weise erst spät eintritt. Ein lockeres, die Feuchtigkeit leicht durchlassendes, mässig gedüngtes Gartenland ist der Melonencultur am zuträglichsten, kann man aber Neu- land, d. h. ein Stück Wiese, oder seit längerer Zeit unbenutzt gewesenen Garten oder Feld dazu verwenden, so ist der Ertrag ein wesentlich grösserer und die darauf gewonnenen Früchte viel gewürzreicher und süsser. Solches Neuland muss schon im Herbst tief umgegraben und be- sonders die Rasenstücke recht klein gemacht werden, benöthigt aber keine Düngung. Die Beete mache man 6 Fuss breit, und ziehe ihrer ganzen Länge nach, und nach der Mitte zu, von beiden Seiten so viel Erde, dass ein Rücken oder Hügel von 1 Fuss Höhe entsteht, ist das Terrain aber seicht gelegen, so muss dieser Hügel auf 11), bis 2 Fuss erhöht werden, da- mit das Wasser gut ablaufe, da bekanntlich Melonen wenig Feuchtigkeit vertragen können. Anfang Mai lege man in Entfernung von 4 Fuss 5 bis 6 Körner einen Zoll tief, drücke die Erde leicht an und giesse nach Bedarf bis zum Keimen die Samenstelle des Beetes mässig. Da häufig im Mai uud später noch Fröste eintreten, so ist es rathsam, die jungen Pflanzen über Nacht mit Blumentöpfen zu bedecken, die aber am Morast nicht zu zeitig weggenommen werden dürfen. Bei weiterer Entwickelung der Pflanzen, von denen man nur je drei der stärksten belassen soll, kneife man, sobald das Ranken beginnt, den Mitteltrieb aus und ordne die Ranken gleichmässig nach allen Seiten. Ein ferneres Ausschneiden, wie es bei den Mistbeeteulturen oft nöthig wird und üblich ist, ist nicht eher rathsam, als bis die Früchte die Grösse eines Gänseeies erreicht haben. Dann entfernt man vor Allem sämmt- liche fruchtlosen Ranken und lasse nur je 3 mit Früchten versehene an jeder Pflanze, ist der Boden aber gering, so sind auch 2 genügend. Eben so soll man nie mehr als 2 Früchte an jeder Ranke dulden und dieselbe ein Auge vor der Frucht kürzen. Das Schneiden der Melonen- d. h. die Entfernung der überflüssigen Ranken, soll nur bei sehr sonnen- hellen, heissen Tagen, und schon Vormittags vorgenommen werden, da. mit die Schnittwunde noch an demselben Tage abtrocknen kann; dies bei nassem Wetter zu ihun ist sehr gefährlich und zerstört oft die ganze Ernte. Ein ferneres Ausblatten, wie so häufig beliebt wird, ist nicht rathsam, die Frucht wird, wenn sie der Sonne zu sehr ausgesetzt ist, lederartig, pelzig und unschmackhaft und reift nicht einen Tag früher. Um sicherer einen guten Erfolg zu erzielen ist es von Wichtigkeit, der Schles. Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 235 Samen von im Freien ceultivirten Melonen zu verwenden, und sandte ich deshalb zur gefälligen Vertheilung an das verehrliche Secretariat der Section für Obst- und Gartenbau ein kleines Quantum, stelle auch bei srösserem Bedarf demselben von meinen Vorräthen alle Zeit ein grös- seres Quantum zur freien Verfügung. Eben so wie die Zuckermelonen und Cantaloupen behandle man auch die Wassermelonen oder Harbusen, nur muss jeder Schnitt vermie- den, deshalb ihnen auch ein grösserer Raum gegeben werden. Die Reife der Früchte der Letzteren erkennt man, wenn sie bei leichtem Druck knacken, wie bei einer Krachmandel; ihr Fleisch ist dunkelrosa und nur bei einigen Sorten grünlich gelb, die Kerne sollen, wenn reif, entweder roth, braun oder schwarz sein, je nach der Sorte. Hierlands und im ganzen Orient ist diese Frucht der Zucker-Melone weit vorgezogen, sie besitzt bei einer mässigeren Süssigkeit einen grossen Reichthum an Saft, so dass die halbe Frucht von der Grösse eines Mannskopfes vollständig genügend ist, den grössten Durst zu löschen, und ist selbst bei häufigem Genuss nicht so leicht Fieberkrankheit zu befürchten wie bei Zucker- Melonen. Die Bulgaren, die hier und im Orient ausschliesslich den Gemüsebau betreiben und die Märkte mit Gemüsen versehen, bauen alle Oueurbitaceen in grossen Massen und auf eine erstaunlich einfache Weise, und so ist es möglich, dass sie für einen Spottpreis von wenigen Pfennigen die grössten und delikatesten Zucker- und Wasser-Melonen liefern können. Ihr nomadisirendes Leben führt sie in allen Gegenden, und man kann sagen „Winkeln‘‘ umher, und dort ist es eben, wo sie ohne grosse Mühe und Kosten Erstaunliches erzeugen. Bei den enormen Ländercomplexen die hier und mehr südlich, viele Jahre hindurch unbebaut, meist nur zur Viehweide dienen, ist es den Bulgaren nicht schwer, günstig für ihre Culturen, gegen Süden abge- böschtes, quellenreiches und in jeder Beziehung ihren Anforderungen ent- sprechendes Terrain zu finden. Nachdem der Bulgare dem betreffenden Grundherrn ein gewisses, meist unbedeutendes Quantum Gemüse als jähr- liehen Pachtschilling zu liefern contractlich versprochen, beginnt er seine Erdhütte zu bauen, die in wenigen Stunden vollendet ist und stets bei einer Quelle oder sonst einem fliessendem Wasser sein muss. Hierauf ackert er das ihm zugetheilte Terrain zweimal über’s Kreuz, zieht, nach- dem er die nöthigen Aussaaten und Pflanzungen gemacht hat, von der Quelle oder anderem Wasser aus, seine Gräben*) bis zu den der Be- wässerung am meisten bedürftigen Gemüsegattungen und lässt je nach *) Ueber die künstliche Bewässerung der Gemüseländer durch Bulgaren werde ich vielleicht, wenn es meine Zeit gestattet, ein andermal Bericht erstat- ten. — Es würde dies sehr erwünscht sein. D. Red, 236 Jahres-Bericht Bedürfniss das Wasser nach allen Richtungen hin gelangen; für die Re- genzeit, resp. wenn eine künstliche Bewässerung nicht nöthig ist, ist ein besonderer Graben zur Ableitung bestimmt. An einem solehen Orte bleibt er nur wenige Jahre und zieht nach Ausnutzung des Bodens weiter. Die Hauptartikel, welche der Bulgare anbaut, sind Gurken, Melonen, Harbusen, Solanum melongena und Iycopersicum, Capsicum annuum, Zwie- beln, Sellerie, Kraut und Knoblauch, Petersilie und Porree; feinere Ge- müse baut er gar nicht. : Für Obstbaum-Besitzer von C. C. W. Becker, 1. Mädchen-Lehrer in Jüterbog. Zu den Hauptfeinden der Obstbäume gehört der Forstschmetter- ling (Winterspanner, Obstverderber, Spätling) Ph. (Geometra) Acidalia brumata. Er erscheint Ende October und fliegt bis Ende November. In Schweden, der früher eintretenden Kälte wegen, schon Anfangs Octo- ber (vergl. Oken, Allgem. Naturgesch. Bd. 5. Abthl. 3, S. 1281). Das Männchen ist 4‘ lang, 10° breit, schmutzig braungrau, auf.den Hinterflügeln heller; das Weibchen 4° lang, 1'/,‘ breit, hat verkümmerte Flügel, ist weiss bestäubt, mit schwarzbraunen Querbinden (S. Lennis Synopsis Thl. 1. 8. 255). Im November begatten sich die Schmetterlinge. Man sieht die Männchen an lauen November-Abenden oder bei geringer Kälte, sogar bei Schneegestöber (vgl. Oken, Nat.-Gesch.) in der Abend- dämmerung oder in der finstern Nacht bis etwa 10 Uhr an den Baum- stämmen herumflattern, um die Weibchen zu suchen. Die Weibchen, die nicht fliegen können, kriechen dann behend auf die Zweige der Bäume und kleben die etwa 150 kleinen, zuerst grünlichen, später röth- lichen Eier zu 3 und mehr Stück an die Knospen oder Blattstielnarben Vgl. Dr. J. T. E. Ratzeburg, die Forst-Insekten, Thl. 2. S. 188). Die Räupchen kriechen Anfangs Mai, zuweilen schon früher aus, und sind Mitte Juni vollständig entwickelt, 7‘ lang, bleiehgrün, mit gelb- lichen Längsstreifen, der Kopf nach der letzen Häutung ist schwärzlich. Ihre Nahrung besteht aus den feinen Spitzen der Laubknospen und der Blüthendecke, die sie später zusammenkleben, dass sie sich nicht ent- wiekeln können. Dann geht’s an die Blätter; diese kleben sie wie einen Knäuel zusammen, verbergen sich darin und zehren die Knospen, den Trieb des künftigen Jahres, auf. Am heftigsten fressen sie des Nachts. Mitte Juni verpuppen sie sich in der Nähe der Bäume; sie lassen sich an Fäden von den Bäumen herab und gehen sogleich 2 bis 3 Zoll tief in die Erde, wo man die bräunlichen Puppen in einer gerundeten Höhle findet (Bäume auf gepflasterten Strassen ete., wo der harte Boden dem der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 937 Spanner beim Einkriechen Widerständ leistet, leiden daher weniger von diesen Insekten). Sie vermehren sich in ungeheurer Menge. In trockenen Jahren ge- deihen sie, nach Bouch&, am besten. Sie zerstören nicht allein in manchen Jahren einen Theil der Obsternte, sondern es sterben auch Bäume gänzlich ab; alte, kränkliche Bäume fangen oft erst Ende Juni an, sich wieder zu belauben (Johannistrieb), treiben aber höchstens an der Spitze der Zweige Blätter, aber nicht Schösslinge; junge Bäume machen nur kleine, schmächtige Triebe. Wegen dieser Schädlichkeit verdient das Insekt mit Nachdruck verfolgt zu werden, weil er sich in Menge fast auf allen Obstbäumen, besonders auf Apfel- und Pflaumen- bäumen, weniger auf Birnbäumen findet; an Letzteren findet man fast nur weibehensuchende Männchen. An Kirschbäumen wird die Spannraupe fast nie angetroffen. Andere Feinde der Obstbäume, die Raupen des Goldschwanzes (Li- paris chrysorrhoea), welche in versponnenen Blättern (grossen Raupen- nestern (überwintern, und die des Ringelspinners (Gastropacha neustria), welche sich in einem Gespinnste in den Astwinkeln während der Son- nenhitze und bei schlechtem Wetter aufhalten, sind leichter zu vertilgen; aber dies ist unmöglich bei den Raupen des Frostschmetterlings, weil sie überall an den zusammengeklebten Spitzen der jungen Zweige zerstreut und versteckt sitzen. Als wirksames Mittel gegen diesen Obst- baumfeind empfiehlt Bouche&, in der Zeit vom Juli bis September, ehe die Schmetterlinge ausschlüpfen, die Erde um die Bäume herum einen Fuss tief umzugraben und dann festzutreten, damit die Puppen so tief unter die Erde gebracht werden, dass ihnen das Herauskriechen unmög- lich gemacht wird. Dr. Lenz in seiner Naturgeschichte räth, Enten unter den Bäumen nach Puppen wühlen zu lassen. (Möchte wohl wenig helfen). Wirksamer ist schon ‚der von Schmidtberger vorgeschlagene Theer, welcher auf um den Baum befestigte, 4 Zoll hohe Papierringe gestrichen wird. Da aber der Theer an der Luft zu bald eine Haut be- kommt, so dass die meisten Spannerweibchen unangefochten hinüberkrie- chen, auch derselbe auf Laubhölzern Brand erzeugt, so wende ich schon jetzt seit Jahren den von mir erfundenen Brumata-Leim an, dessen lange Klebrigkeit von durchgreifenderem Erfolge ist, und den ich hier- mit dem betreffenden Publikum offerire. | Um aber gedeekt mit diesem Mittel an die Oeffentlichkeit zu treten (denn es hat wohl Jeder berechtigten Grund, seine Taschen gegen An- preisungen neuer Geheimmittel vorsichtig zuzuhalten) habe ich nicht allein vier Brumata-Bänder mit den darauf sitzenden gefangenen und vernich- teten Frostschmetterlingen, und den zu den Rüsselkäfern (Anthonomus po- morum) gehörenden Blüthenbohrern (von der Grösse des schwarzen Korn- ‘wurms, oder eines Erdflohes, an dem weissen Rückenschildehen und den 238 Jahres-Bericht x gelblichen Querbinden der Oberflügel’ kenntlich) dem Berliner Verein zur Beförderung des Gartenbaues zur Ansicht vorgelegt, sondern demselben auch eine Probe des gedachten Leimes auf Verlangen zur Prüfung übersendet. In der Sitzung dieses Vereins, October 1869; ‘wurde der Herr Garten-Inspeetor Gaerdt des Herrn Commerzien-Raths Borsig in Moabit bei Berlin mit dieser Prüfung betraut. Derselbe berichtet: ‚dass der Brumata-Leim bei der Verwendung viel hand- licher ist und sich bequemer aufstreichen lässt als der Theer, und dass seine Vorzüge hauptsächlich darin bestehen, dass er erstens die Fähig- keit besitzt, sich viel längere Zeit seine klebrige Beschaffen- heit zu bewahren, nicht so leicht verhärtet, zweitens, dass er durch- aus keine Nachtheile auf die Baumrinde ausübt. Auch will Herr Gaerdt nicht unerwähnt lassen, dass die Geruchlosigkeit des Leimes eine ebenfalls angenehme Eigenschaft ist, denn der lang anhaltende Theer- geruch sei wahrlich nicht Jedermanns Liebhaberei. — Alle die ange- führten Eigenschaften und Vorzüge des Brumata-Leim’s vor dem Theer seien vollständig genügend zur weiteren Empfehlung und geeignet, ihm eine allgemeine Verbreitung zu verschaffen.“ Der Herr General-Secretair des Berliner Vereins zur Beftinderns des Gartenbaus, Prof. Dr. K. Koch, hat dem Herrn Minister der land- wirthschaftlichen Angelegenheiten, so wie dem Königl. Lan- des-ODeconomie-Collegium über diesen Brumata-Leim berichtet; dasselbe ist von ihm nebst Vorzeigung der Schmetterlinge in der General- Sitzung des Landwirthschaftlichen Central-Vereinsin Potsdam geschehen; ausserdem wurden diese Ringe in der grossen Blumen- Ausstellung vom 1. bis 4. Maid. J. zur Ansicht und Belehrung öffent- lich ausgestellt, auch sind den Gartenbau-Vereinen zu Dresden und Stettin und der Section für Obst- und Gartenbau der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, resp. den Vorstehern der Gartenbau-Vereine Herrn Garten-Inspeetor Kolb in München, k.k. Ministerial-Secretair Herrn Arthur Freiherr von Hohenbruck in Wien, so wie von dem Herrn Direetor, Garten-Inspeetor Dr. Lucas, den Zög- lingen des pomologischen Instituts zu Reutlingen und dem Herrn Ober-Forstmeister Dankelmann, Director der Forst-Akademie zu Neu- stadt-Eberswalde zur Ansicht vorgelegt. Hat man einige Jahre das Mittel angewendet, so sind die Bäume längere Zeit von diesem gefährlichen Spanner verschont, weil die Raupen sich zur Verpuppung vom Baume herablassen und, um sich vor Feinden zu schützen, sogleich in die Erde kriechen; daher können sie nur in der Nähe des Baumes vorhanden sein; sie wandern nicht, wie Liperis mo- nacha (Nonun), Papilio brassicae (Kohlweissling) ete. Lässt man die Papier- ringe am Baume sitzen, und bestreicht dieselben am 20. Mai und 1, Juni, so sammeln sich auf und unter denselben Raupen, und am 15, Juni Obst- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 339 maden ete., die den Klebstoff nicht überkriechen können und leicht zu tödten sind. Damit nun die Herren Entnehmer dies esLeimes sicher gehen, em- pfiehlt es sich, erst mit einem Pfund eine Probe zu machen und dann dazu grössere Bäume, besonders Apfelbäume zu wählen, um zu erfahren, wie viele Frostspanner da sind; hat man bis zum 3. November einige Männchen gefangen, so folgen die Weibchen nach und es ist noch Zeit, eine Nachbestellung bei mir zu machen. Stehen die Bäume in ca. 50 Fuss (16?/, Meter) Entfernung, so kann eine Person in einer Stunde 120 Bäume umstreichen. Ein Pfund Leim, für etwa 50 im Durchmesser 3 bis 6 Zoll haltende Bäume hinreichend, so wie Gebrauchs- anweisung und Probering, kosten 17 Sgr., bei Entnahme von 5 und mehr Pfunden 15 Sgr. Die Versendung erfolgt für die Bestellungen, welche bis Mitte October eingegangen sind, gegen Ende October. Da. die Kraft der meisten Obstbäume in diesem Jahre durch reiehlichen Ertrag sehr erschöpft ist, so wird es um so zweckentsprechender und gerathener sein, die feindlichen Insekten im künftigen Jahre von ihnen fern zu halten. Gegen den Sperling von Apotheker Scholtz in Jutroschin. Nachdem vor Kurzem der geehrten Section ein Aufsatz des Lehrers Herrn Becker in Jüterbog: „Gegen den Sperling“ unterbreitet worden ist, erlaube ich mir im Anschluss daran einiges Wichtige hinzuzufügen. Seit bereits zwei Jahren stehe ich mit Herrn Becker in brieflichem Verkehr in Betreff des Sperlings und habe ein Schutz- und Trutzbedürf- niss mit ihm gegen diesen Feind des Ackerbaues und der Gartenzucht geschlossen. Wenn auch nicht so emsig wie Herr Becker, habe ich doch bisher das Meine gethan, um über die Schädlichkeit des Sperlings fleissig aufzuklären und habe Beobachtungen ohne Unterbrechung fortge- setzt. Es kann den Gartenbesitzern nur wiederholt resumirt werden, dass der Nutzen des Sperlings gleich Null, sein Schaden gleich Tausend ist, und sollte so mancher dennoch daran zweifeln, so wolle er mir we- nigstens erlauben folgende Beobachtungen hier niederzulegen. Nachdem ich seit mehreren Jahren durch die Sperlinge aller meiner Stachelbeer- und Johannisbeer-Ernten beraubt worden war (bis zu 20 Stück sassen im Frühjahr in einem Bäumehen die Knospen abfressend) beschloss ich, meine Nachbarschaft und mich von Sperlingen zu reinigen. Ich ver- giftete daher Gerste mit Strychnin und streute davon den ganzen Winter hindurch täglich aus. Die Gerste muss stark vergiftet sein, denn viel 240 Jahres-Bericht Körner davon verzehrt der kluge Sperling nicht; auch kann Korn und Weizen hier die Stelle der Gerste nicht vertreten. Man benütze im Winter die vom Schnee durch den Wind befreiten Stellen, welche der Sperling aufsucht, zum Ausstreuen des Giftes. Besonders nach kalten Nächten frisst der Vogel das Getreide am gierigsten. Hatte ich im Herbst 50 Sperlinge bei der Fütterung der Tauben im Hofe, so fanden sich im Frühjahr kaum 2 mehr ein; ich streute hierauf noch Getreide unter die Beerensträucher und auf die Salatbeete und erreichte hierdurch eine voll- ständige Vertilgung des Sperlings bei mir und der Nachbarschaft. — Die Folge davon war zunächst siehtbar an den Sträuchern, die von Früchten strotzten, an der Salat, die ohne das leidige Abbeissen der Blätter stolz, rasch heranwuchs, und an den Erbsenbeeten. Aber eine andere Erscheinung hat mein Nachdenken wach erhalten, und diese ist von ungleich grösserer Wichtigkeit. Ich habe nämlich noch nie in meinem Garten Singvögel nisten sehen und auffallenderweise in diesem Sommer mehrere und zwar lauter Insektenfresser, wie Grasmücken, Rothschwänzchen ete. Es ist nun die Frage: Vermeidet der Singvogel die Nähe des Sperlings? oder leidet der Sperling die Singvögel nicht? Eines folgt jedenfalls aus dem Andern, und wenn wirklich die räube- rische Natur des Sperlings das Nisten der Singvögel in unserer nächsten Nähe, also in unseren Hausgärten hintertreibt, so folgt daraus erst recht, dass der Sperling vertilgt werden miuss, um unseren nützlichen Insekten- fressern Platz zu erlauben. Das Strafgesetzbuch, welches die Singvögel jetzt so sehr in seinen Schutz nimmt, hätte jedenfalls dabei gut gethan, eine Strafe jedem zu dietiren, der einen Sperling in seiner Nähe nisten lässt, so schwierig die Sache auch wäre, und Friedrich der Grosse und seine Rathgeber scheinen gute Naturforscher gewesen zu sein und wussten jedenfalls. was sie wollten, als sie die Sperlingssteuer einführten. Ich bitte schliesslich sehr um gütigen Anschluss zu fortgesetzten Beob- achtungen, Einiges über Cultur der Knollen-Sellerie von Apotheker Scholtz in Jutroschin. Es ist ganz irrig, wenn man, wie es in allen Schriften heisst, von der Sellerie sagt, sie könne nur möglichst gross mit Vortheil ausgepflanzt werden. So wünschensweıth es allerdings ist, grosse Pflanzen zum Aus- stecken zu besitzen, so absolut nothwendig ist es nicht, und wächst eine kleine Pflanze bei der Natur der Pflanze angemessener Behand- lung nicht nur ganz leicht an, sondern auch rasch und sicher weiter. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 241 Wir behandeln aber die Sellerie falsch, wenn wir sie als Landpflanze betrachten, sie ist vielmehr eine Strandpflanze und als solche ver- tragen ihre Saugwurzeln kaum nur eine kurze Zeit die trockene Luft, da sie darauf angewiesen sind in dem mit viel Feuchtigkeit gesättigten Bo- den des Seeufers zu vegetiren. Man befolge daher meine erprobte Be- handlungsweise, wie ich sie hier in Kürze anführen will. Eine Anzucht der Pflanzen im warmen Frühbeet ist zunächst jeden- falls unpraktisch; die Pflanze bildet hier zu wenig Saugwurzeln, weil der Boden zu gut ist und kränkelt dann in schlechterer Erde. Man nehme daher gewöhnliche gute Gartenerde, welche man jedoch von allen Stein- chen durch Absieben befreit, und säe den Samen im Februar im Zimmer aus in ein Saatkästehen von 5 Zoll Höhe, welches mit Glas bedeckt wird. Späterhin verdünne man die aufgegangenen Pflänzchen so oft als nöthig ist, gebe ein Paar Mal einen Guss von klarem Kalkwasser, um den Wurzeln freies Ammoniak zuzuführen, gebildet durch die alkalische Einwirkung des Kalkwassers auf die organischen Stoffe im Boden, und später, wenn die Pflanzen stärker geworden sind, zuweilen einen Guss einer dünnen Kochsalzlösung. Durch viel Luft und die Einwirkung der warmen Maisonne im Freien sind bis zum 15. Mai die Pflanzen im Käst- chen nun kräftig und stark herangewachsen, nicht übermässig hoch im Blatt, wohl aber dick am_Wurzelhalse und mit überaus vielen Saug- wurzeln versehen. Ist die Pflanzzeit gekommen, so hat man zu berück- sichtigen, dass eine so vorgebildete Pflanze auch selbst in der grössten Maihitze ohne nur ein Blatt sinken zu lassen weiter wächst, wenn sie direct aus dem Kästehen verpflanzt wird. Man hebe daher höchstens 6 Pflanzen auf einmal mit einem Spatel behutsam heraus und pflanze sie sofort, wiederhole dies, so lange Pflanzen vorhanden sind und giesse so- dann alle Pflanzen gehörig an. Nochmals repetire ich, dass alles darauf ankommt, die ausgenommenen Pflänzchen auch nicht 10 Minuten lang der Luft zu exponiren, da ihre Saugwurzeln mehr als die anderer Ge- müsepflanzen von zärtlicher Beschaffenheit sind und eine wahre Idiosyn- krasie gegen die Luft bezeugen, worüber mich Versuche belehrt haben. So unnöthig es ist, bei dieser Behandlung einen Theil der Blätter zu entfernen, so geradezu schädlich ist das übliche Abzwicken der Haupt- wurzel: die Knollenbildung der Sellerie findet nicht nach unten, son- dern nach oben statt und deshalb lasse man die Wurzel, wie sie ist, und schwäche die Pflanze nicht ohne Grund. So ausgepflanzt wächst die Sellerie sofort kräftig an und weiter. Man gebe späterhin bei viel Wasser flüssigen Dung jeder beliebigen Art. Ich habe auch Versuche mit Salmiak (Chlorammonium), mit Sal- peter, mit Soda und mit Kochsalz gemacht und gebe Letzterem, mit Mass und Ziel angewendet, den Vorzug; als billig und äusserst praktisch empfehle ich die sogenannte Heringslacke, wovon man jeder Pflanze alle 16 243 Jahres-Bericht 14 Tage eine tüchtige Portion geben kann. Gute Mistjauche ersetzt na- türlich alle diese Düngmittel. Viel dafür und dagegen ist über das Ab- nehmen der Blätter im Herbst gesprochen worden; ich kann jedoch ver- sichern, dass man grosse, glatte, runde Knollen erzieht, wenn man, so oft es nöthig ist, alle überflüssigen Blätter bis auf ca. 4 bis 5 grosse abnimmt, denn die Pflanze stösst nun selbst bei der rasch eintretenden Entwickelung der Knolle alle grossen äusseren Blätter ab und man komme daher nur ihrem Bestreben zu Hülfe! Das Beschneiden der Wur- zeln um die Knolle herum, so lange die Pflanze vegetirt, ist absolute Schwächung und nur in ganz vereinzelten Fällen von ersichtlichem Nutzen zur Glättung und Rundung. Dies Beschneiden verrichte man am besten bei der Ernte, jedoch mit der Vorsicht, dass man diese durch das Messer abgerundeten Knollen mindestens 8 Tage in einem frostfreien Schuppen trocknen lässt, ehe sie in den Keller kommen. Die Wunden vertrocknen auf diese Weise ohne jeden späteren Schaden für die Knolle. Was das Abschneiden des Krautes bei der Ernte betrifft, so ist dabei folgendes zu bemerken: Die Knolle hält sich nach Entfernung aller Blätter, auch des Herzblattes, ganz gut, jedoch nur dann, wenn sie 8 Tage abtrocknen konnte, ehe man sie in den Keller in Sand brachte. Will man jedoch das Herzblatt daran lassen, aus Furcht, die Knolle möge sonst faulen, was jedoeh, bei der oben angegebenen Vorsichtsmassregel niemals der Fall sein dürfte, so ist die Mittheilung vielleicht für Manchen neu, dass solche Knollen in einen warmen, finstern Keller in Sand gelegt, woselbst sie gegen Frühjahr austreiben, eine doppelte Ernte geben. Die ausge- tretenen weissen Triebe nämlich, wenn sie 4 bis 5 Zoll hoch sind, wer- den abgelöst, in Wasser leicht gekocht und dann erkaltet mit Essig und Oel zum Salat angerichtet und geben so ein äusserst feines, zartes und lieblich süss schmeckendes Wintergericht. Die Knolle selbst behält ihren Werth ohne merkliche Verminderung. Dies wären in Kürze meine Er- fahrungen und Beobachtungen bei der Selleriecultur. Veber Etiquetten, mit besonderer Berücksichtigung für den Gebrauch in Baumschulen von J. Jettinger, Gärtner der Section. Mag man Situationsplan und sonstige Aufzeichnungen von den ver- schiedenen Artikeln und einzelnen Sorten, welche man in der Baum- schule führt, auch in bester Ordnung haben, Etiquetten werden immerhin fast unentbehrlich sein. Dauerhaftes Material zu den Etiquetten selbst, wie zu der auf denselben anzubringenden Schrift, weiss jeder zu schätzen, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 243 der sich ihrer zu bedienen hat; für Erstere meinen wir aber ein solches, welches die Eigenschaft besitzt, allen Witterungs- und sonstigen Einwir- kungen, möglichst lange, man möchte sagen, für immer zu widerstehen, daher auch eben so die Schrift deutlich leserlich zu erhalten. Wo finden wir aber solche Materialien, bei denen diese Eigenschaften mit Billigkeit des Preises vereint sind? Alt ist der Gebrauch von Etiquetten aus Metall; bei ihnen tritt je- doch der Uebelstand der Oxydation ein, wodurch ein ‚öfteres Auffrischen der Schrift nothwendig wird. Etiquetten aus Zink oder Blei mit ge- prägter Schrift sind zum Massengebrauch zu theuer, weil deren eigene Anfertigung nicht möglich ist, auch viele Zeit beanspruchen würde, diese Schrift auch eben schwer lesbar, weil sie nicht genug in die Augen fal- lend ist. Porzellan- oder Steingut-Eiiquetten mit eingebrannter Schrift sind zwar sehr dauerhaft, können sich aber, weil ebenfalls zu hoch im Preise, namentlich in Baumschulen, Eingang nicht verschaffen. Versuche mit Etiquetten aus gewöhnlichem Töpferthon, auf denen im ungebrannten Zustande die Schrift angebracht wurde, scheiterten an Unleserlichkeit derselben. Der Gebrauch von Holz-Etiquetten mag immerhin noch der billigste sein, wie wohl dies bei den immer mehr steigenden Holzpreisen auch nur scheinbar sein dürfte, aber wer wüsste nicht von alle den Un- zuträglichkeiten die man mit ihnen hat zu erzählen? Sind dieselben auch in jeder Hinsicht gut präparirt, so hält die Schrift doch höchstens nur 4 bis 5 Jahre, wobei sie die letzte Zeit, besonders bei nassem Wetter nur noch für denjenigen lesbar sind, der sie selbst geschrieben hat und da- her sich noch am besten die einzelnen sichtbaren Schriftzüge zusammen zu buchstabiren vermag. Solche Mängel führen beim Verkaufsgeschäft, na- mentlich im Frühjahr, wo ohnehin so viele Arbeit auf kurze Zeit sich zusammendrängt, grossen Zeitverlust herbei, können aber auch zu sehr fatalen Irrthümern Veranlassung werden. Die Etiquetten selbst, so wie die Schrift auf denselben müssen also von möglichst langer Dauer sein und sollen Erstere die Letztere so präsentiren, dass sie jederzeit flüchtig gelesen werden kann. Diese Vor- theile bieten neben billigem Preise die Schiefer-Etiquetten aus der Fabrik von A. W. Faber in Stein bei Nürnberg, wo man dieselben in jeder beliebigen Form und Grösse nach Bestellung erhalten kann. Diese Schiefer-Etiquetten, welche in dem Garten der Section für Obst- und Gartenbau im Gebrauch sind, haben eine Höhe von 2!/,, sind 3 breit: und haben abgestumpfte Ecken; in der Mitte jeder der beiden Längsseiten, etwa /,‘‘ vom Rande ab, sind sie mit einem Loche von etwa !/; Zoll Durchmesser versehen, um sie aufnageln zu können; auf der einen Seite sind dieselben mit feinem Bleiweiss gestrichen (Zinkweiss zersetzt sich an der Luft sehr bald, ist deshalb dafür nicht anwendbar). 16” I44 Jahres-Bericht Solche Etiquetten liefert die genannte Fabrik zu einem Preise, der sich für 100 Stück auf nur 1 Thir. franco Breslau stellt. Vor ungefähr 8 Jahren fanden diese Etiquetten allenthalben Anwen- dung, scheinen aber wegen geringer Dauerhaftigkeit, die aber jedenfalls nicht in dem Material, sondern lediglich in ihrer unpraktischen Befesti- gungsart zu suchen ist, wieder verdrängt worden zu sein; wir glauben dies aus dem entnehmen zu dürfen, was die „Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preuss. Staaten‘ in ihrer Nr. 31 des Jahrganges 1865 darüber in Folgendem sagt: „Dagegen haben sich die Faber’schen Schiefer-Etiquetten nicht bewährt. Es sind uns, besonders aus Schweden, Mittheilungen zugegangen, welche sich ent- schieden dagegen aussprechen. Schon nach kurzem Gebrauch zerbröckeln sie sich und zerfallen in einzelne Stücke. Man hatte in einer Baum- schule allgemeine Anwendung davon gemacht und sah sich nach Verlauf eines Jahres gezwungen, die Schiefer-Etiquetten durch andere zu ersetzen.“ -— Als uns diese Nachricht bekannt wurde, wurde uns für unsere un- längst angeschafften Schiefer-Etiquetten, die mit geringer Ausnahme auch im Sectionsgarten genommen worden waren, bange, besonders glaubten wir, ein recht strenger Winter möchte sie am leichtesten zerstören können; seitdem sind jedoch 6 Jahre verflossen, und sehr strenge Kälte, Sturm und Wetter gingen über dieselben hinweg, ohne sie zu beschädigen, ebenso ist die Schrift noch ganz deutlich leserlich, kurz, diese unsere Eti- quetten befinden sich in solchem Zustande, als wären sie seit kaum Jah- resfrist in Gebrauch. Zu der Schrift auf diese Etiquetten bedienen wir uns der von Apo- iheker R. Peek in Görlitz zubereiteten chemischen Dinte, in welcher wir ein Material gefunden haben, was jedem derartigen Guten mindestens an die Seite gestellt werden kann. Diese Dinte ist schön schwarz, fliesst leicht aus der Feder und hat sich, wie gesagt, bis jetzt als unauslöschbar erwiesen. Um die Etiquetten zu beschreiben, verfahren wir auf folgende Weise: Einige Tage vor dem Beschreiben werden dieselben ausgepackt und in reines, klares Wasser gelegt, damit das zwischen je 2 Etiquetten gelegte, zuweilen etwas anhängende Papier sich ablöst, worauf die Rei- nigung von demselben mit einem leinenen Tuche sich sehr leicht aus- führen lässt und die Etiquetten au der Luft getrocknet, werden; bevor sie nicht durchaus trocken sind, dürfen sie jedoch nicht aufeinander ge- schichtet werden, da sie sonst festkleben und der Anstrich bei dem Aus- einandernehmen sich stellenweise ablösen würde. Nach einigen Tagen hat der Anstrich seinen Fettglanz verloren und ist, wie man sagt, matt geworden. Man nimmt nun, um das Laufen der Dinte auf dem Anstrich zu vermeiden, ein mit feiner Schlemmkreide gefülltes leinenes Läppcehen, überfährt damit die zu beschreibenden Täfelchen und beginnt sodann, da der Anstrich nunmehr die Dinte willig annehmen wird, mittelst einer der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 245 stumpfen Stahlfeder das Schreiben. Bei warmer Luft trocknet die Schrift sehr schnell, man kann sie aber auch auf dem Ofen trocknen, doch ist hierbei Vorsicht zu gebrauchen, damit durch zu hohe Wärme der An- strich nicht leidet. Ist die Schrift trocken, dann ist sie eben auch un auslöschlich. Welche Schriftart man wählen will, hängt vom Geschmack und Uebung ab. Die auf solehe Weise beschriebenen Etiquetten-Täfelchen befestigen wir nun mittelst %/, Zoll langer Drahtnägel an 3 Fuss lange Pfählchen, welche 1 Fuss tief in die Erde zu stehen kommen. Damit nun aber beim Aufnageln die Täfelchen nicht zerspringen, so empfiehlt es sich, die Stelle des Pfählehens, wo dieselben aufgeheftet werden sollen, flach und von jeder Unebenheit frei zu machen und zwischen das Täfelchen und den Nagelkopf Filzplättchen, oder Stückehen dieken Wollenstoffs von etwa !/, Zoll im Quadrat zu legen; dann, wie wir ausdrücklich be- merken wollen, muss fest aufgenagelt werden, da sonst, vom Winde be- wegt, die Täfelchen sich leicht durchreiben würden. Zuweilen, hauptsächlich aber bei der Frühjahrsarbeit geschah es, dass unsere Etiquetten durch die Arbeiter zerbrochen wurden. Diesem durch Anschlagen oder Anstossen mit irgend einem Arbeitsgeräthe ver- anlassten Uebelstande vorzubeugen, wurde im Sommer des vorigen Jahres der Versuch damit gemacht, dass schwache Holzplatten genau nach Form und Grösse der Schiefer-Etiquetten unter diese gelegt und mit denselben an die Pfählchen festgenagelt wurden. Bis jetzt hat sich dieses Mittel ‚als ganz probat erwiesen; auch absichtliches Anstossen brachte keinen Nachtheil, da die Holzplatte der Schieferplatte überall einen Stützpunkt gegen leichten Anstoss bietet. Gewaltsamem Anstoss oder Schlag vermag sie allerdings auch bei diesem Schutze nicht zu widerstehen. Als ein praktisches und gewiss als das billigste Material für jene Holzplatten, haben wir die Brettehen gebrauchter Cigarrenkistehen verwendet. Ausser den oben beschriebenen, kommt in dem Sectionsgarten noch eine andere Form soleher Etiquetten und zwar von 1%,‘ Höhe und 4 Länge, mit ebenfalls abgestumpften Ecken, in Gebrauch; an einer der Langseiten dieser Etiquetten sind zwei Löcher, jedes von ca. Y, Zoll Durchmesser, durch welche, da hierzu der Draht absolut nichts taugt, weil durch die Bewegung, welche z. B. der Wind verursacht, ein bal- diges Durchreiben des Schiefers statthaben würde, die schwachen prä- parirten Lederstreifen von Dr. Ed. Lucas in Reutlingen gezogen, mit ‚diesen die Etiquetten an die Cordon’s und ähnliche Pflanzen und an die Aeste der Probebäume festgebunden werden. | 246 ; Jahres-Bericht Die. Anlage eines Blumen-Parterres von Ober-Hofgärtner C. H. Schwedler in Slawentzitz. Unter den vielen Obliegenheiten, welche herrschaftliche Gärtner über- kommen, ist die Decoration der Umgebung von Wohnungen wohl eine der schwierigsten, wenn sie dem jetzigen Geschmack entsprechen soll; denn nicht nur sind neue Beetformen darzustellen, sondern diese haben auch dem Baustyle des Wohngebäudes zu entsprechen und ihre Bepflan- zung, mannigfach m Colorit der Blumen und Blätter, ist der Art zusam- menzustellen, dass sie eorrecte malerische Figuren bildend, von der Zeit an, wo die ersten Strahlen der Frühlingssonne die schlummernde Natur 'erwecken, bis dahin, wo die Herbststürme diese wieder in Schlummer wiegen, fortdauernd frisch grünend und blühend erhalten werden. Mit einer solchen Aufgabe wurde ich am Abend meines Lebens be- traut; sie bestand darin, in diesem Jahre auf der Terrasse, auf welcher sich das in französischem Style neu erbaute Schloss in einer Frontlänge von 300 .Fuss erhebt, die Anlage eines 1'/, Morgen grossen Parterres herzustellen. Wenn nun auch für die erste Pflanzperiode, von Ende Mai bis Mitte September, wo hier des rauhen Klima’s wegen die Pflanzen aus und eingeräumt werden, die zur Bepflanzung der verschiedenen regelmässigen Figuren nothwendigen Pflanzenmassen vorhanden waren als: Rosen, Pe- largonien, Heliotropium, Verbenen, Cerastium, Viola tricolor, cornuta und Iutea, Coleus, Iresine, Alternanthera, Achyrantes, Phalaerea, Gazanien, Gna- phalien, Miconien, Epheu, Pyretrum, Cenlaurea, Artemisia und beliebte De corations- Blattpflanzen und somit die erste Aufgabe leicht zur Zufrieden- heit gelöst werden konnte, so bestand die zweite mir nun selbst gestellte Aufgabe darin, die Beeiformen, Arabesken, Gruppen vom September bis Ende Mai nicht leer liegen zu lassen, sondern dieselben sofort in ange- messen malerischer Weise wieder mit Pflanzen zu besetzen, welche voın März bis Ende Mai ihre Blüthen entwickeln. Gewiss eine höchst schwie- rige Aufgabe, denn zu ihrer vollen Lösung waren nahe an 27,000 ge- eignete aber sehr verschiedene Pflanzen und Blumenzwiebeln zu be- schaffen nothwendieg. Um die schon bei der Erbauung der Terrasse gefasste Idee, auf der- selben einen möglichst reichen Frühlingstlor zu erzielen, realisiren zu kön- nen, wünschte ich weitere für meinen Zweck geeignete, als die mir be- kannten Pflanzen kennen zu lernen. Dem im Jahre 1869 in Hamburg tagenden Congress von Gärtnern, Gartenfreunden und Botanikern legte ich deshalb rechtzeitig die hierauf bezügliche, allerdings zur Zeit etwas eigennützige Frage vor. Wegen unzweckmässiger Anberaumung der | f 3 F | y | der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur, 247 Zeit der Sitzungen, deshalb geringer und nicht ausdauernder Betheiligung an denselben, und weil über einige Fragen die Discussion eine zu grosse Ausdehnung nahm, kamen aber nicht nur mehrere andere Fragen von allgemeinerer Wichtigkeit, sondern auch die meinige gar nicht erst zur Besprechung, blieben also unerledigt. Leider sah ich mich hierdurch zur Ausführung meiner Idee nur auf diejenigen Pflanzen beschränkt, welche ich während meiner 43-jährigen gärtnerisch-praktischen Wirksam- keit, als meinem Zwecke entsprechende Frühlingeblüher kennen ge- lernt hatte. Es sind dies die nachstehend Verzeichneten mit Angabe der verwen- deten Stückzahl: Adonis vernalis 12, Alyssum saxalile 25, Anemone nemo- rosa fl. pl. 100, Bells perennis fl. pl. dunkelroth, rosa und weiss 1200, Bulbocodium vernum 50, Convallaria majalis fl. pl. 200, Corydalis bulbosa 12, Crocus vernus blau, gelb und weiss 2000, Cynoglossum omphalodes 50, Dielytra eueculata 12, D. speciabilis 24, Dodecatheon Meadia div. var. 25, Epimedium alpinum 12, Erythronium denscanis 50, Fritillaria Meleagris 50, Galanthus nivalis fl. pl.- 400, Gentiana acaulis 25, Hepatica triloba 200, H. trilob. var. angulosa 6, H. ir. fl. albo pl. 12, und fl. rubro pl. 12, Hyaein- thus botrioides fl. albo 50, H. Muscari 100, H. Orientalis roth, blau, gelb und weiss 1000, H. racemosum 4000, Iberis Tenoreana 24, Iris pumila hell- und dunkelblau 400, Mwyosotis alpestris blau und weiss 5000, Phlox setacea 36, Ph. verna 36, Primula auricula 50, P. ceuriusoides 24, P. veris 50, Sceylla amoena und sibirica 300, Silene pendula voth und weiss 4000, Frühe Tulpen, dunkelroth, rosa, gelb und weiss 6000, Viola tricolor ma- xzima 1200, zusammen 26,747 Pflanzen und Zwiebeln. Die Bellis, Crocus, Iris, Myosotis, Silene und Viola sind auf 2 und 2!/, Fuss breite, die verschieden regelmässig geformten Rasenstücke um- sebende Rabatten, die andern Arten dagegen auf die in dem Rasen lie- genden Arabesken und Gruppen je nach Farbe, Blüthezeit und Bedürfniss von Licht und Schatten gepflanzt. Wie leicht zu ersehen ist, sind, wie es zum Aerger vieler Gärtner die Mode gewordenen, Blumen-Parterres erfordern, die angewendeten Gewächse mit weniger Ausnahme nur niedrige. Die verwendeten Pflanzen führte ich deshalb namentlich an, um hier- nach meine Herren Fachgenossen zugleich freundlich zu bitten, mich noch mit anderen für den bezeichneten Zweck geeigneten Pflanzen gefällig bekannt zu machen, wofür ich, auch in meinem Alter immer noch gern Belehrung entgegennehmend, recht dankbar sein wrerde.*) *) Zu den hier genannten Pflanzen empfahl Herr Handelsgärtner W. Küh nau u. a. noch: Aremone pulsatilla, Aubrietia deltoiden und spatulata und Pulmonaria angusti- folia und virginica, Die Red, 248 Jahres-Bericht UVeber die Gemüse meiner Schildkröte, und Anderes von Apotheker Scholtz in Jutroschin. Nachdem meine Opuntia Rafinessquii den harten Winter 1869/70 ohne Schutzdecke, im freien Lande wurzelnd, glücklich durchgemacht, ent- wickelte sie in diesem Sommer einen bedeutenden Wuchs, der jedoch sicherlich bei besseren Wärmeverhältnissen noch günstiger gewesen wäre. Sie trieb mehrere kräftige Zweige, brachte es aber noch nicht zu einer Blüthenbildung. — Leider wurde mir die Pflanze durch meine Schild- kröte, die bereits seit 10 Jahren mein Gärtehen bewohnt, eine hübsch schwarz und gelb gefärbte Testudo graeca, welche beiläufig so zahm ist, dass sie, wenn sie mich oder meine Frau sieht, mit ihrer grösstmöglichen Geschwindigkeit gelaufen und uns auf den Fuss gestiegen kommt, also leider wurde sie mir von diesem uns lieben Hausthiere abgefressen. Es war für mich in diesem Sommer überhaupt ein Casus animi, warum dieses Thier sich soleh eine Pflanze zum leckern Mahle auserkor und meine Salatköpfe unberührt liess. In jedem Jahre nämlich war die Nahrung meiner Schildkröte: Salat, Endivie, Bohnenblätter, junge Erbsenschoten und höchstens Petunia, wenn ich diese einmal zog, da ich sie nicht gern habe; in einer Nacht frass Madame manchmal drei Salatköpfe zur Hälfte ab. Wie anders diesmal! sie rührte keinen Salat an, ob jung, ob er- wachsen, gleichviel, sie frass mir vielmehr den Convolwulus, die Reseda, den Phlox, die Cyelanthera, die Ipomoea bis auf Strunk und Stiel ab, selbst junge Radiespflänzchen, was sie noch nie gethan, und verirrte sich zuletzt sogar eben zur Opuntia. — Nun ist es merkwürdig, dass auch uns, die wir den Garten benutzen, in diesem Jahre unser Salat nicht mundete, obwohl ich mehrere erprobte und localisirte, vorzügliche Sorten eultivire; sie war geschmacklos und härtlich und der ‚„Prinzenkopf*“ im Herbst gab fast gar keine Köpfe von Belang. Mir scheint hiernach fast; als ob auch die T'hiere gewissermassen Theil nehmen an der allgemeinen Cultur, wenn ich scherzhafter Weise einen solchen Vergleich mir erlauben darf; denn da meine Schildkröte in ihrer Heimath, in Klein-Asien ete., doch sicherlich nicht die ausgewähltesten Salatköpfe auf den dürren Triften ihres Vaterlandes vorgelegt bekommt, so ist es wunderlich, dass sie hier einen Unterschied macht zwischen guter und schlechter Lactuca, und dass sie Letztere wohl weisslich verschmäht. In dem Augenblicke, wo ich dies schreibe, hat der Herbst bereits sein letztes Werk vollendet, die Bäume sind kahl und entblättert. Doch wer mich jetzt besuchen käme, den würde ich zu einem Baume führen, kahl und blätterlos, wie der Winter es verlangt, jedoch behangen mit den schönsten, grossen gelben Reineclauden, obwohl der Tag sich den der Schles, Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 949 7. November datirt. Ich empfehle Jedermann diese originelle Frucht ersten Ranges. Der Baum ist sehr tragbar und hat vor Vielen den Vorzug, dass er niemals eine Frucht abfallen lässt, und dass seine Früchte erst reifen, wenn anderes feines Pflaumenobst längst vorüber ist. Es ist die Reine elaude St. Clara tardive. In Betreff der Johannisbeeren, weise ich darauf hin, dass die Sorte „Ohne Kern‘ die grösste Verbreitung verdient, da sie zum Einmachen wohl unersetzlich sein dürfte. Diese Sorte ist leider noch sehr selten. In diesem Frühjahr empfangene Reiser wollten die Unterlage nicht gut annehmen und die Copulirungen damit misslangen mir, während andere Johannisbeersorten willig jede Unterlage (wilde rothe, wilde schwarze Johannisbeere und selbst Stachelbeere) annahmen. Aus Stecklingen lässt sich die Sorte „Ohne Kern‘ sonderbarer Weise, wie ich aus guter Quelle erfahre, nicht vermehren. Einiges über französische Obstbaum-Sorten von Hofgärtner Goetz in Slawentzitz. Nicht selten hört man von Gärtnern und Laien die Ansicht aus- sprechen: Französische Obstsorten taugen für rauheres Klima, oder für unseren Boden nicht. — Es darf diese Annahme aber wol nur für weni- gere Sorten eine vollberechtigte sein; denn, fragen wir, woher stammt ein grösserer Theil derjenigen neueren und besten Obstsorten welche bei uns eultivirt werden? so müssen wir, wenn wir unparteiisch sein wollen, bekennen, dass es vornehmlich französische Gärtner sind, denen wir nicht allein Vieles in der Obsteultur, sondern auch die Erzeugung einer grossen Anzahl edler und sehr werthvoller Obstsorten zu verdanken haben.*) Der Winter von 1869/70 war ein gelinder gewiss nicht zu nennen, wenn er aber durch seine anhaltend strenge Kälte, welche hier wieder- holt 18 bis 26° R, erreichte, auch wol manchem Obstgärtner schwere Sorge bereitet haben mag, so bot er doch andererseits dem aufmerk- samen Obstzüchter wieder geeignete Gelegenheit für neue Erfahrungen über die Empfindlichkeit mancher Obstsorten für strenge Winter und rauhe Lagen, um, durch dieselben belehrt, in Zukunft entweder vor Nach- theilen sich zu bewahren, oder frühere Vorurtheile schwinden zu lassen, Auch ich versäumte nicht nach dieser Richtung hin meine Beobach- tungen in den mir unterstellten Obstplantagen zu machen. Das Resultat *, Herr Goetz hat hierbei wol besonders an Birnen gedacht, D. Red. 250 Jahres-Bericht derselben war unter Anderen folgendes. Von Birnbäumen, unlängst erst ‚direet von Orleans bezogen, litten z. B. Beurre van Geert, Souvenir de Congress, Madame Bonnefond und Prince Napoleon durch den letzten Winter nicht im Geringsten; Comte Lelieure, Clapp’s Favorit, Madame Favre, Madame Treyve, Souvenir de Dubreuil pere, de l’Assomption und Triomph de Jodoigne aber nur sehr unbedeutend; dagegen hatte die all- bekannte, besonders in Württemberg zur Cyderbereitung und zum Dörren sehr häufig als Strassenbaum angepflanzte. Knausbirn (Weinbirn) durch den Frost ungemein gelitten. Unter mehr als 100 hier angepflanzten Aepfelsorten schädigte der Frost nur Calville des femmes, Ananas-Reinette, und Gestreiften Baufin. | Wenn gleich ich zugestehe, dass es Obstsorten giebt, welche für das meist rauhe Klima Oberschlesiens zu empfindlich sind, um hier mit Vortheil oder auch überhaupt cultivirt werden zu können, so muss _ nach meinen Erfahrungen ich doch behaupten, dass andern Sorten ein Gleiches mit Unrecht vorgeworfen wird und zum öfteren ganz andere Umstände, als Klima und Bodenbeschaffenheit, ihre Verkümmerung und schnelles Absterben verschulden; häufig liest der Grund dafür in unrich- tigem Verfahren bei dem Pflanzen, in schlechter Beschaffenheit der ge- pflanzten Bäume und ebenso in deren unrichtiger oder mangelhafter Pflege; zur faulen Entschuldigung müssen im letzteren Falle das Klima oder die Bodenbeschaffenheit herhalten. Zwar wies ich schon weiter oben darauf hin, dass nicht alle fran- zösischen Obstsorten und überall auch in rauherem Klima so empfindlich sind, als wie sie irrthümlich vielfach beurtheilt werden, dennoch möchte ich aber ernstlich davon abrathen, mehrjährige Original-Obstbäume aus Frankreich zu beziehen und zwar deshalb, weil deren Unterlagen sich bei uns wenig dauerhaft erweisen, solche Bäume mindestens längere Zeit bedürfen ehe sie vorwärts gehen, was freilich nicht immer an der Sorte oder Unterlage, sondern öfters an dem Wechsel des Culturbodens liegt; vielmehr empfiehlt sich die Beschaffung von Edelreisern aus reellen Gärt- nereien Frankreichs und deren Verwendung zur Veredelung hier gezo- gener Wildlinge, um die neueren französischen Obstsorten auch in. un- seren Baumschulen zu besitzen und auf ihre Haltbarkeit und Güte prüfen zu können. Im Allgemeinen will ich noch bemerken, dass erfahrungsmässig Obst- bäume, welche nicht ganz gesund oder erst seit ein bis zwei Jahren ge- pflanzt sind, den schädlichen Einwirkungen des Frostes weit leichter unterliegen, als gesunde, schon vor längerer Zeit gepflanzte. Bei Obst- baumsorten, welche aus Frankreich bezogen wurden und mehr oder we- niger durch Frost litten, fälle man deshalb nie früher ein bestimmtes Urtheil über ihre Widerstandsfähigkeit gegen rauhes Klima und Frost, der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 951 bevor man nicht die Ueberzeugung hat, dass die Bäume nicht schon vor der Anpflanzung kränkelten, oder doch erst seit. kürzerer Zeit ge- pflanzt sind. Veber den Werth der Frucht vou Cyclanthera pedata von Apotheker Scholtz in Jutroschin. Cyelanthera pedata wurde von Berlin aus kürzlich empfohlen, weil ihre Früchte, eingelegt, ein vorzügliches Winter-Compot gewähren sollten- Ich unterzog daher dieselbe einer eingehenden Prüfung und kann fol- gende Resultate über die Pflanze veröffentlichen. Wer zunächst eine rasch wachsende Schlingpflanze zu verwenden nöthig hat, dem sei die Oyclanthera bestens und angelegentlichst em- pfohlen; ihr Wuchs ist ein enormer und gewähren ihre gefiederten, frischgrünen Blätter einen recht angenehmen und besonderen Anblick; auch ist es ein höchst beachtungswerther Vorzug dieser Cucurbitacee, dass sie sich den Schnitt gefallen lässt und man daher mit ihrer Hülfe jede Wand, jede Laube sauber und zwar in recht kurzer Zeit decoriren kann. Aus den Blattachseln treten nach dem Schnitt rasch neue Zweige hervor und dichten auf diese Weise die grüne Wand zusehends. Freilich darf man es bei dieser Methode nicht an Wasser fehlen lassen und ist Dung- wasser in nicht zu schwacher Form hie und da zu empfehlen; die Pflanze verträgt indessen auch flüssigen Dünger in ziemlich concentrirtem Grade. Ich wendete nun meine ganze Aufmerksamkeit der Fructifieirung zu und fand auch bald, dass diese in Anbetracht der räumlichen Ausdehnung der Pflanze eine sehr beschränkte ist. Die Frucht, von der Grösse eines Daumens, aufrechtstehend, grün, mit fleischigen Stacheln hie und da be- setzt, hat einen schwachen Gurkengeruch und ähnlichen Geschmack und ist frisch geniessbar, ohne jedoch das Bedürfniss ‚nach mehr“ zu er- wecken; sie ist saftlos und mit einem weissen, schwammigen Marke er- füllt. Mit Hülfe des Pincements gewann ich rasch mehre Früchte und benutzte sie nun zu Versuchen sie zu conserviren. Diese Versuche miss- langen vollständig. Einzelne Früchte schwollen nach dem Kochen wohl an und füllten sieh mit dem Conservationssafte (Essig und Zucker), an- dere schrumpften zu einem Minimum ein, waren trocken und hart und repräsentirten Nichts als eine geschmacklose, zähe Haut mit einem Kern- gerippe darin. Wiederholte Versuche ergaben dasselbe Resultat. Woran dies Misslingen liegt, ist schwer zu entscheiden; wahrscheinlich ist das rapide Wachsthum der Pflanze auch der Grund, warum die Frucht nur in einem sehr eng begrenzten Zeitraume diejenigen Eigenschaften behält, die 2 5 2 Jahres-Bericht es erlauben, eine Conservation zu ermöglichen. Es scheinen nur: wenige Tage zu sein, an welchen das Mark weich und die Samen noch milchig bleiben, während vor diesem Zeitpunkte die Fracht unbrauchbar ist. - Diese Umstände sind es also wol, welche einem grösseren Anbau und Consum hindernd in den Weg treten und ich kann auch, ohne ungerecht zu sein, die schlanke Cyclanthera als eine bevorzugte Tochter Pomona’s nicht empfehlen. ; Bart Lob des Feigenbaumes und die besondere Cultur desselben von Apotheker Scholtz in Jutroschin. Es ist betrübend, dass der Feigenbaum, welcher bei richtiger Be- handlung eine so bedeutende und alljährliche Fruchtbarkeit entwickelt, in unseren Gegenden nicht in ausgedehnterem Massstabe cultivirt wird, lohnt er doch geringe Mühe so reichlich! Man wird mir freilich erwidern, dass die Feige eine weichliche Frucht sei, die wenige Liebhaber findet. Die Leutehen haben Recht, aber nur dann Recht, wenn sie diejenigen Feigen meinen, welche ohne: passende Behandlung erzeugt werden und welche man gemeinhin gratis in Gärtnereien vorgesetzt erhält; denn man ist dort damit freigebig, weil sie Niemand mag, und ich selbst, da ich die letzten derarligen Feigen in diesem Sommer im pomologischen Garten von Goerlitz ass, konnte ihnen Geschmack nicht abgewinnen. Nun kann ich aber versichern, dass ich, mit Vorliebe die Feige seit 8 Jahren eultivirend, eine Frucht erziehe, die nichts weniger als weichlich, nicht übermässig saftig, wol aber ausserordentlich süss ist und mitunter eine Art Aroma entwickelt, ähnlich einer Melone. Jeder der solch eine Frucht ass, fand sie überaus wohlschmeckeud und ist von der Antipathie gegen dieselbe ein- für allemal befreit. Die Art und Weise eine Frucht in solcher Qualität zu erhalten, werde ich mir jetzt darzulegen erlauben. Wir begehen zunächst einen grossen Fehler, wenn wir den Baum im freien Lande fortgesetzt vegetiren lassen. Ahmen wir dies dem Süden nach, so ist dies eben der Fehler; denn wir können der Pflanze im Sommer nicht eine gleich grosse Wärme angedeihen lassen und un- sere Nachahmung ist mithin nur eine theilweise, folglich resultatlose. Es werden dabei Feigen produeirt, die allerdings recht gross, aber viel zu saftig sind; der übermässige Saft macht die Frucht weichlich, weil die Wärme nicht ausreicht ihn reichlich zu zuckern. (Ich abstrahire hier von einer rationellen Anzucht im Warmhause, welche indess auch wohl nur selten zu finden sein dürfte.) der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 953 Nachdem ich dies vorausgeschiekt habe, bemerke ich, dass ich ausser verschiedenen Sämlingen und Arten, die ich erst kürzlich in Oberaufsicht genommen habe, wie z. B. die Weisse, Col de Signora, bonne Dame, die Rothfrüchtige, macrophylla und hirta, seit oben gesagter Zeit drei grosse, vielleicht zwanzigjährige Kronenbäume irgend einer Varietät der gewöhn- lichen braunen Sorte eultivire. Im Februar, an einem schönen, frostfreien Tage, oder spätestens im März, nehme ich die Bäume aus ihren Winterquartieren, über welche ich weiter unten sprechen werde, und setze sie mit der Wurzel in je eine Ktste, verpacke die Wurzel io der Kiste mit Erde, giesse stark an und stelle sie so vorbereitet in einen leeren Holzstall, dessen Thür jedoch zur Abhaltung des Frostes mit einem Strohseile an den Kanten versehen ist. Die Thür bleibt selbstverständlich stets geschlossen, bis die vor- schreitende Jahreszeit mehr warme Tage bringt, wo ich dann fleissig Luft gebe. Nach einiger Zeit, in 8 oder 14 Tagen, nachdem die Bäume abgetrocknet sind, nehme ich das Messer zur Hand, nicht um den Baum zu beschneiden, was ihm wahrlieh nicht dienlich ist, sondern lediglich um das leicht erkennbare todte Holz wegzunehmen und etwa diejenigen Aeste zu kürzen, welche zu wenig kleinere Zweige haben, an denen die Frucht vorzugsweise schön gedeiht. Nun ist die Pflege bis zum 15. Mai beendet; an diesem Tage aber kommt der Baum aus dem Stalle und aus der Kiste in die freie Erde. Frische Stalldüngung ist für ihn nicht zu empfehlen, wol aber composthaltiger Abtrittdünger. Man dünge den Platz stark im Herbst, und grabe im Frühjahr nochmals Alles tüchtig und tief durcheinander, so dass der Dünger überall gleichmässig vertheilt ist. Giebt man keinen Dünger und ist der Boden nicht zu schwer, so geben die Wurzeln in .der Vegetationsperiode zu weit auseinander, was nicht vortheilhaft ist; denn man muss bestrebt sein, einen gedrungenen, runden Wurzelballen zu erziehen. Gerade das, was einzelne Schriftsteller an- rathen, nämlich den Dünger nicht zu nahe an die Wurzel zu bringen, weil diese dann darin verbleibe, gerade das muss man nicht befolgen, damit die Wurzel klein bleibe und ihre Nahrung in der Nähe finde; des- halb eben nur empfahl ich die gehörige Mischung des Bodens mit dem Dünger. Der Baum wird etwas tiefer gepflanzt als sonst üblich und die Erde um ihn herum so weit entfernt, dass eine Schüssel entsteht zur Auf- nahme des Gusses im Sommer. Der so gepflanzte Baum wird tüchtig angegossen und fängt bald zu treiben an. Den Platz zwischen den Bäu- men benutze ich beiläufig zur Anzucht von neuseeländischem Spinat, weil dessen Behandlusg im Sommer eine gleiche ist. Schon in den Kisten trieben junge Feigen und diese schwellen im freien Lande nun rasch an und entwickeln sich mit der vorschreitenden warmen Temperatur. Jetzt verwende man seine ganze Aufmerksamkeit dem häufigen Giessen und gebe ab und zu einen kräftigen Düngerguss; 354 Jahres-Bericht das Eine verhütet das Abfallen der Früchte, das Andere ist der Ver- mittler der Zucker- und Arombildung. Je nach dem günstigen Sommer werden die Früchte ihre vollständige Reife nun eher oder später errei- chen; je länger man dieselben am Baume hängen lässt, um so vorzüg- licher werden sie. Eh Im Spätherbst entferne ich alle jungen Feigen des zweiten Triebes durch Abbrechen, warte auch den Frost nicht ab, sondern nehme die Blätter noch grün hinweg, ziehe sodann die Krone mit Bindfaden stark zusammen, so dass sie möglichst wenig Raum einniınmt und hebe die Bäume, ohne zu viel Rücksicht auf die Wurzel zu nehmen, aus der Erde. Mittlerweile habe ich ein geräumiges, länglich-viereckiges Loch graben lassen, dessen Wände mit Brettern ausgelegt werden. Dorthin werden die Bäume wagerecht gelegt. Die Wurzel wird stark mit kurzem Stroh und der Stamm mässig mit Erde bedeckt und darauf lege ich, 'so lang der Stamm ist, ein schmales Brett. Dies bezweckt lediglich, dass man beim Ausgraben im Frühjahr mit der Schaufel den Stamm nicht lädirt. Die Krone bleibt hohl liegen; es werden Bretter über dieselbe gedeckt, und wo sie beginnt, ebenfalls dergleichen von unten auf quer gelegt, so dass eine Kammer entsteht, in welcher sich die Krone befindet. Vor grössere Fugen stecke ich Strohbüschel. Das Ganze wird nun ange- messen mit Erde bedeckt, Wurzel, Stamm und die Deckung des Kronen- raumes. Bei diesem Arrangement fault weder ein Aestchen, noch tritt der Frost zur Krone; denn die Luftschieht dient als schlechter Wärmeleiter dazu, denselben fern zu halten. Auf gute Deckung der Wurzel muss man indessen achten. Mir ist noch niemals ein Aestchen durch Frost verloren gegangen, und wenn nach dem vorigen starken Winter die nach- barlichen Gärtnereien keine Feigen hatten, weil die Fruchtäste und Spitzen erfroren waren, trotz der Erddeckung nach ihrer Manier, so hatte ich um so mehr nach der meinigen. Hiermit ist das, was ich mir über die Behandlung dieses Frucht- baumes zu sagen erlauben wollte, erschöpft und bitte ich schliesslich nur um Anstellung gleicher Versuche. Die runzliche Mark-Erbse, Mac Lean’s Little Gem. von Kunstgärtner C. Pfeiffer in Zoelling. Wenn ich, nach Abschluss meines heutigen Berichtes über die Er- folge des Versuchsanbaues einiger, von der Section zugetheilt erhaltener Sämereien, mich veranlasst sehe, noch einige Worte nachzutragen, so geschieht dies, um auf die wesentlichen Vorzüge einer neneren Erbsen- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 355 sorte hinzuweisen und zu deren recht allgemetuer Verbreitung anzu- rathen. Man wird zwar erwidern, dass in diesem Genre schon so vie- lerlei gute Sorten existiren, dass man keiner weiteren mehr bedarf, zu- mal der Werth der Neuheiten meist ein fraglicher ist, besonders wenn die Einführung aus England stattfand. Und in der That wird man oft enttäuscht, wenn man aus den, in den Handelsverzeichnissen zuweilen ganze Spalten einnehmenden Erbsen-Sortimenten, die mit grossem Pomp und zu hohen Preisen notirten Neuheiten kommen lässt. Dieselben mö- gen, was ich immerhin zugeben will, erprobt und recht empfehlenswerth sein, sie passen nur eben nicht in jede Lage. Daher bin ich auch der Mei- nung, dass man eine in gegebener Lage langjährig erprobte und für gut befundene Sorte stets behalten muss und sich ja nicht lediglich mit zu vielen Versuchen befassen darf, wenn man sichere Resultate erzielen will. Nur vereinten Kräften gelingt leicht und sicher, was dem Einzel- nen nicht immer möglich ist. Seit drei Jahren cultivire ich nun unsere „‚Runzliche Mark-Erbse, Mac Lean’s Little Gem.“, welche mir im Frühjahr 1868 von der Section zum Versuchsanbau überwiesen wurde und sich in dieser Zeit in jeder Beziehung als ganz vorzüglich bewährt hat. Dieselbe erreicht eine Höhe von nur 1 Fuss, ist eine der ergiebigsten, volltragendsten Sorten mit schönen, grossen Schoten und ungemein süssen Kernen. In Bezug auf Frühzeitigkeit nimmt sie unter Alien die erste Stelle ein; sie ist die frü- heste unter allen mir bekannten Sorten. Alle diese Eigenschaften reichen schon allein hin, ihr in den weitesten Kreisen die ungetheilteste Aufmerk- samkeit zu sichern. Erhöht wird ihr Werth aber noch bedeutend durch ihre ausserordentliche Qualification für die Treiberei in Mistbeeten, worin sie, meiner unmassgeblichen Meinung nach, unübertrefflich ist. Als sich diese Erbse vergangenes Jahr in ihren angegebenen guten Eigenschaften constant erwies, nahm ich mir vor, sie auch in der Trei- berei zu versuchen und bebaute letztes Frühjahr einen vierfenstrigen Mistbeetkasten, zwei Fenster mit dieser, — zwei Fenster mit der bisher benutzten „Buchsbaum-Treib-Erbse“. Die Samen, beide Sorten eigene Ernte, legte ich Ende Februar in das bereits zubereitete Mistbeet, da ich mich, wegen Mangel an geeigneter Räumlichkeit, mit der vortheil- hafteren Methode der Aussaat in Handkästen und dem späteren Aus- pflanzen nicht befassen konnte. Die Behandlung war bei beiden Sorten selbstverständlich die gleiche. Dennoch zeigte sich von Anfang an in der Entwiekelung der jungen Pflanzen ein bedeutender Unterschied. Die Buchsbaum-Erbse entwickelte sish rasch und hatte in Kurzem den ihr angewiesenen Raum ausgefüllt, dagegen blieb die Mark-Erbse scheinbar zurück, die Pflanzen waren kurz, aber stark und kräftig und blühten schon nach dem vierten oder fünften Blatte. Nach ca. 7 Wochen, von der Aussaat an gerechnet, pflückte ich von dieser die ersten Schoten, 256 Jahres-Bericht von derselben Vollkommenheit und Güte wie im Freien, wogegen jene mit der Ernte acht Tage länger auf sich warten liess, und eine geringere Qualität lieferte. Bedenkt man nun, wie häufig über das Misslingen der Erbsentrei- berei geklagt, ja dass dieselbe deshalb in den weitaus meisten Gärtne- reien gar nicht betrieben wird, obgleich im zeitigen Frühjahr ohnehin keine grosse Auswahl junger Gemüse stattfindet, so kommt man der Wahrheit gewiss am nächsten, wenn man die Ursache in der unrichtigen Auswahl der zum Treiben benützten Sorte sucht. Man hält dann die Erbsentreiberei für zu schwierig und zu wenig einträglich und unterlässt sie daher lieber ganz. Es wäre wünschenswerth, wenn diejenigen meiner Herren Collegen, welche diese Erbse bereits in Cultur genommen haben, ebenfalls ihre darauf bezüglichen Beobachtungen dem Gemeinwohl nicht vorenthalten und sich darüber äussern wollten; es würde mich freuen, wenn das hier Gesagte allseitige Bestätigung fände. Bericht { über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzeu-Samen und Obst-Edelreiser im Frühjahr 1870 von dem zeitigen Secretair der Section. In der Sitzung am 16. Januar a. e. war beschlossen worden, auch im Frühjahr d. J. eine Gratis-Vertheilung von Obst-Edelreisern, so weit solche aus dem Garten der Section entbehrlich sein würden, und von Sämereien als empfehlenswerth erkannter Gemüsesorten und Florblumen zum Versuchsanbau, an sich darum bewerbende Mitglieder vorzunehmen. Der Secretair, mit der Beschaffung der Sämereien und deren Ver- theilung auch diesmal betraut, bezog dieselben von einigen sich zeither wohlbewährten Firmen in 66 verschiedenen Gemüsesorten und 57 Sorten Florblumen. Zu Ersteren hatte der Garten der Section Ergänzungen mehrerer Sorten, welche für den entstehenden Bedarf sich als in nicht ausreichender Menge bestellt erwiesen, und noch 17 Sorten in grösseren Quantitäten geliefert, zu Letzteren der Secretair sich gestattet, einige Sorten hinzuzufügen. Ausserdem wurden aber beide Gattungen von Sä- mereien sowohl in (uantität als nach Sortenzahl noch beträchtlich ver- stärkt durch schätzenswerthe Zuwendungen der resp. Mitglieder: Herren Bragulla, Bürgel, Grunert, Kühnau, Riedel, Graf Seherr- Thoss, Seiler und Teichert und durch gütige Zusendung des Re- der Schles. Gesellsch, £. vaterl. Cultur. 957 dacteurs der rühmlichst bekannten Erfurter Gartenzeitung Herrn Rümpler,, einer starken Portion Samen von Primula elatior, wovon derselbe ein srösseres Quantum zur Vertheilung an Gartenbau-Vereine von dem Züchter desselben Herrn C. G. Rose in Grabow erhalten hatte. Diesen sehr erheblichen Beihülfen war es denn auch hauptsächlich zu verdanken, dass den bezüglichen, von den resp. Mitgliedern zu erkennen gegebenen Wün- schen grossentheils und in ausreichender Weise genügt werden konnte und die bedeutende Anzahl Gratis-Sendungen von 1473 Portionen Gemüsesamen in 110 Sorten, und von 1517 Portionen Blumensamen in 97 Sorten an zusammen 121 Mitglieder sich ermöglichen liess. Die An- schaffung und Expedition dieser Sämereien erforderte einen Kostenauf- wand von 40 Thlr. 27 Sgr. 4 Pf. Wenn nun nicht unterlassen werden soll, den oben genannten Ein- sendern diverser Sämereien, durch welche manche nützliche, oder das Auge erfreuende Pflanze eine weitere Verbreitung finden konnte, hiermit den verbindlichsten Dank für ihre Sendungen auszusprechen, so darf an- dererseit sdie wiederholte Bitte nicht zurückgehalten und deren künftig aus- gedehntere Erfüllung wol erwartet werden, dass diejenigen resp. Mit- glieder, welche Gratislieferungen von Sämereien beanspruchen, auch dem Ersuchen, mit dem ihnen dieselben übersendet werden, in der zweckentsprechenden Weise nachzukommen sich angelegener sein lassen mögen, als dies gewöhnlich der Fall war. Dieses Ersuchen geht bekanntlich dahin: über die Culturweise und den Erfolg des An- baues der empfangenen Sämereien nach einem denselben beigelegt ge- wesenen Schema möglichst genauen Bericht zu erstatten und bei günsti- ger Samenernte, von des weiteren Anbaues oder der weiteren Cultur vorzüglich werth befundenen Gegenständen, einen Theil derselben zu künftiger Vertheilung an andere Mitglieder zurückzugewähren. In wel- chea äusserst geringen Massen aber diesem Ersuchen zeither entsprochen wurde, geht unzweifelhaft daraus hervor, dass in der Regel nur etwa von dem zehnten Theile der Empfänger solcher Gratissendungen Culturberichte und unter diesen auch wol noch einzelne, wegen ungenauer Angaben kaum brauchbare eingingen, und dass in Bezug auf Rückgewährung von Sämereien stets nur einige wenige Empfänger von dergleichen des be- treffeuden Gesuches freundlichst sich erinnerten. Da der erste Theil jenes Ersuchens den Zweck hat, durch die in unseren Jahresberichten veröffentlichten Zusammenstellungen der empfan- genen Culturberichte dem allgemeinen, insonderheit aber dem Interesse ‘der resp. Sectionsmitglieder zu dienen, während durch die Erfüllung dessen zweiten Theiles, der Section nieht unwesentliche Mehrausgaben erspart würden, welche auf andere Weise zu nützlicher Verwendung ge- laugen könnten, so gebührt den geehrten Mitgliedern, welche jenem Er- suchen vollständig, oder doch nach einer oder der andern Richtung in 17 258 Jahres-Bericht zeither thunlichst nachkamen, eine um so lebhaftere dankbare Anerken- nung. Es sei hierbei noch gestattet darauf hinzuweisen, wie nach ge- machter gegentheiliger Erfahrung es überaus wünschenswerth und noth- wendig ist, die zur weiteren Vertheilung bestimmten Sämereien sorgfältig auszuwählen und zur Vermeidung arger Verwirrungen in der Sorten- kenntniss auch durchaus richtig zu benennen. Der vorangegangene Winter, welcher die jungen Triebe der Obst- bäume sehr bedeutend schädigte, sogar grossentheils unbrauchbar machte, und der überaus starke Bedarf von Edelreisern für die in dem Obst- Baumschulgarten der Section vorzunehmenden Veredelungen, liess im Frühjahr d. J. nur eine Vertheilung von 400 Stück Reisern edler Birn- sorten an 46 Mitglieder zu. Cultur-Ergebnisse | einiger an die Mitglieder der Section vertheilten Gemüse-Samen von J. Jettinger, Gärtner der Section. Wiederum ist eine Vegetationsperiode abgeschlossen. Mit Vorräthen von Feld- und Gartenprodukten reich versehen, blickt der Mensch hoff- nungsvoll in die Zukunft und rüstet sich, mit neuen Kräften, frohen Mu- thes im kommenden Frühling die lieb gewordene Beschäftigung, berei- chert mit neuen Erfahrungen von Neuem zu beginnen. Doch blicken wir noch einmal rückwärts und sehen wir zu, in welcher Art und Weise der Sommer des Jahres 1870 sich in Bezug auf den Gartenbau gekenn- zeichnet hat, und welche Erfahrungen in gleicher Beziehung wir machten. Der Frühling trat ziemlich spät ein und konnte fast überall nur in der ersten Hälfte des Monat April mit den Bodenarbeiten im Garten be- gonen werden. Die Wärmegrade steigerten sich sehr schnell, — im Mai zu einer tropischen Hitze, — und die nach späterem Eintritt nur langsame Vegetation machte schnelle Fortschritte und holte das Ver- säumte bald nach. Die erste Hälfte des Juni brachte wieder ungewöhnlich kühle Tage mit Regenschauern, dann war bis zum August der Verlauf der Witterung im Allgemeinen normal, dieser Monat aber bewährte seinen alten Ruf, recht warm zu sein, nicht, und wenn auch die späteren Wit- terungs-Verhältnisse als ziemlich gute bezeichnet werden konnten, 80 waren dieselben doch der vorgerückten Jahreszeit wegen nicht mehr ge- eignet, die nachtheiligen Einflüsse des Monat August zu verwischen. In einen Satz zusammengefasst: der Sommer von 1870 war für den Garten- bau keinesweges ein günstiger. der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 359 Was aus den uns leider wieder nur sehr sparsam zugegangenen Be- richten über den Erfolg der Culturen der in diesem Frühjahr durch die Section an Mitglieder gratis vertheilten Sämereien, besonders neuerer Ge- müsesorten und über die Beschaffenheit dieser selbst, so wie aus den Beobachtungen und Erfahrungen mehrer derselben in dem Sectionsgarten angebauter uns bekannt wurde, soll in Nachstehendem zusammengefasst werden. A. Blumenkohl. 1) Italienischer Riesen-. Alle Berichte spre- chen sich über diese neue Sorte in Betreff ihres Gedeihens mit Befriedi- gung aus. Im Freien wurden jedoch keine Köpfe erzielt, in üblicher Weise eingeschlagen entwickelten sich dieselben aber noch gut. 2) Von Algier. Neue Sorte, welche gut geschlossene, grosse Köpfe bildet, aber auch spät ist. 3) Von Argos. Die Urtheile lauten gleich den vor- jährigen günstig. B. Wirsing. Neuere Sorten hiervon kamen nicht zum Anbau. Die älteren, in unseren früheren Berichten schon mehrfach erwähnten Sorten bewährten das dort über dieselben Gesagte; namentlich wird „Erfurter goldgelber‘ als sehr feinschmeckend hervorgehoben. C. Kopfkohl. Die Urtheile der Berichterstatter über die zur Ver- theilung gelangten Sorten lauten durchaus verschieden. Aus denselben stellt sich abermals auf das evidenteste heraus, dass die Einwirkung der verschiedenen Bodenarten auf jede der verschiedenen Kopfkohlsorten eine abweichende ist. Wir möchten deshalb bei der schon früher aus- gesprochenen Ansicht beharren, dass es empfehlenswerth sei, solche Sor- ten, welche nach wiederholter Prüfung in einer Gegend sich als beson- ders vorzüglich constant erweisen, durch fortgesetzten rationellen Samen- bau festzuhalten und vorzugsweise anzubauen, denn eine feststehende Thatsache ist es, dass manche Sorten in gewissen Gegenden weniger gut, in anderen aber absolut gar nicht gedeihen, ‘D. Kohlrabi. Blaue Riesen-. Ist dieser Kohlrabi auch schon seit länger bekannt, so verdient er doch auf's Neue bestens empfohlen zu werden. Die Rüben werden enorm gross und sind von besonders feinem Geschmack; selbst alte Rüben, von der ersten Frühjahrspflanzung, waren im Herbst noch so zart, als wären sie aus einem Treibkasten ent- nommen. Harte, holzig gewordene- Exemplare kommen selten vor. E. Kopfsalat. 1) All ihe year round. Diese neue Sorte, deren Name jedenfalls ihre lange Dauer anzeigen soll, bildet ausserordentlich grosse Köpfe, zwar nicht gar fest geschlossen, aber von äusserst zarter Beschaffenheit. Die Entwickelung geht sehr langsam von statten und eignet sich deshalb und ihrer Zartheit wegen wohl mehr für die herr- schaftliche Tafel, als für den gewöhnlichen Markt. Dem Auswachsen ist sie übrigens eben so unterworfen, wie die meisten unserer bekannten Sorten; bei anhaltend nasser Witterung fault sie leicht. 2) Gelber 17° 260 Jahres-Bericht Faullenzer. Eine ebenfalls neue Sorte, welche jedoch manche Eigen- schaften mit der vorhergenannten gemein hat. 3) Ruhm von Risenach (Trotzkopf). Ist weniger zart als die beiden oben angeführten Sorten, widersteht aber dem Auswachsen ziemlich lange. F. Gurken. 1) Telegraph. Wird als eine der frühesten und reich- tragendsten Treibgurken empfohlen. - Ebenso 2) Kleinlaubige, hell- srüne, weissstachelige Schlangen-, welche jedoch gegen ungün- stige Witterung empfindlicher als Erstere sein soll. 3) Walzen von. Athen und 4) vom Himalaia, sind ebenfalls zum Treiben gut ge- eignete Sorten. Der Anbau von Gurken im freien Lande entsprach im Allgemeinen den gehegten Wünschen nicht; namentlich war die Zeit der Ernte eine verhältnissmässig sehr kurze, da die Pflanzen rasch abstarben, die Früchte mithin ihre normale Grösse nicht erlangen konnten. Der Anbau von Melonen ist in diesem Jahre als gänzlich fehlge- schlagen zu notiren. G. Erbsen. Fast alljährlich vermehrt sich das Sortiment unserer Garten-Erbsen um einige Sorten, in wie weit dies zu unserem Vortheile der Fall ist, " weiss jeder zu beurtheilen, der diese neuen Sorten anbaut. Mit den in dem letzten Jahre ausgegebenen Neuheiten können wir jedoch wol zufrieden sein, sie entsprechen im Allgemeinen den Anforderungen, welche an eine gute Erbse gestellt werden müssen. 1) Mark-Erbse. a. Laxton’s Alpha. Eine neue Sorte, aus Eng- land stammend; sie wird gegen 34, Fuss hoch und trägt reich. Es ist unstreitig die früheste aller Erbsen und wird unserem alten Liebling „Daniel O’Rourke‘, schnell den ersten Rang streitig machen, sobald durch Nachzucht der hohe Preis der Originalsaat herabsinkt. b. Vilmorin’s niedrige Tom Thumb, Eignet sich zum frühen Anbau vorzüglich, der Schotenansatz ist reich, die Körner bleiben sehr lange grün und süss. c. Zwerg Waterloo entsprach wiederum dem Lobe, das ihr schon in vorjährigem Berichte zugesprochen werden musste. 2) Kneifel-Erbsen. a. Amerikanische frühe Comet. Wird kaum 1Y, Fuss hoch, trägt sehr reich und schliesst sich der vorigen in der Reihe an. b. Hundertfältige (des Koch’s Liebling). Ziem- lich späte Sorte von ungefähr 4 Fuss Höhe mit grossen, gut gefüllten Schoten, von reicher Tragbarkeit, ce. Laxton’s frühe supreme be- währte sich auch in diesem Jahre als eine gute Sorte. H. Stangenbohnen. 1) Blaue Speck-, Wir möchten dieser von uns bereits empfohlenen Sorte die weiteste Verbreitung wünschen; alle Rerichte über dieselbe lauten gleich günstig und heben namentlich her- vor, dass sie rauher Witterung besser widerstehen, als die empfindlichen Wachsbohnen, welche sie vollkommen ersetzt. 2) Carter’s Champion. Wir erwarteten von dieser Sorte ein recht zartes Produkt, wurden aber der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 961 getäuscht; sie ist kaum merklich besser als die gewöhnliche „Feuer- bohne“, der sie auch im Samen, abgesehen von der Grösse desselben, völlig ähnlich ist. 3) Aus der Moldau. Von befreundeter Seite ging uns eine kleine Partie dieser Sorte zu, sie hat grosse weisse Körner und ist”ungemein tragbar. Die Schoten dürften sich weniger zum Grün- verbrauch eignen, da sie ziemlich hart und streng schmeckend sind; wo man aber weisse Trockenbohnen zu irgend welchem Zwecke in Massen erzielen will, da dürfte ihr Anbau wol zu empfehlen sein. I. Buschbohne. Belitzer Einbohne. Eine bei uns noch wenig gekannte Sorte; auf gut gedüngtem Boden wird sie 1Y, Fuss hoch, trägt sehr reich und sind ihre langen, breiten Schoten als Scehnittbohnen sehr zart, hauptsächlich aber verdient sie häufigen Anbau ihrer Körner wegen, da dieselben zu den bestkochenden und wohlschmeckendsten gehören. — Ueber andere in diesem Jahre wiederholt zum Anbau gelangte Sorten Buschbohnen blieben die Urtheile den schon früher darüber geäusserten gleich. Ban K. Rettig. 1) Dunkelbrauner, 2) Feiner langer grauer- Sommer-, 3) Veilehenblauer von Gournay, sind alle drei zarte, feine, lange Zeit brauchbar bleibende, dem Kiebhaber sehr zu empfeh- lende Sorten, nur variürt die Letzterere noch zuweilen. L. Salatrübe.e Frühe dunkelrothe aus Egypten. Eine zwar sehr grosse, aber ihres wilden Geschmackes wegen dem Zwecke durch- aus nicht entsprechende Rübe. M. Zwiebeln. Unter den neueren Sorten zeichnete sich die „Rothe von Salon‘ durch reichen Ertrag vortheilhaft aus. N. Als Schnittpetersilie wurde Ascroft's, ihrer zierlichen Belaubung wegen, des Anbaues werth empfohlen. Zum Schlusse dieses Berichts sei den resp. Mitgliedern, welche ihre bereitwillige Unterstützung mit Material für denselben gewährten, der ihnen gebührende Dank ausgesprochen, zugleich aber auch der Wunsch, dass solch nützlichem Beispiele im Interesse deı Hebung des Gartenbaues weiteste Folge gegeben werden möge. 262 Jahres-Bericht Statistische Notizen von dem zeitigen Secretair der Section. Die Section für Obst- und Gartenbau zählte Primo Januar 1870 Mitglieder: Hiesige. Auswärtige. Summa. ı1l 247 358 Im Jahre 1870 traten hinzu . ..- 5 17 22 116 264 380 Zumeist durch Ableben, aber auch Ver- ziehens wegen schieden dagegen aus . . . 10 10 20 wonach pro 1871 verblieben . . 106 254 360 Als wirkliche Mitglieder der Snlerichen Gesellschaft sind von diesen beitragsfri . . 32 11 43 und zahlen gütige Extra-Beiträge zur Unter- haltung des Pomologischen- und resp. Obst- Baumschul- und Versuchsgartens . . . . 33 111 144 Aus dem Pomologischen und resp. Obst-Baumschul- und Versuchsgarten der Section wurden laut Nachweis der Bücher im Jahre 1870 verkauft: 9380 Stück verschiedene Obst-Wildlinge, 2162 Stück Edelstämmehen von Kern-, Stein-, und Schalenobst, 2300 Stück Beerenobstpflanzen, 155 Stück Weinstöcke, und ausserdem ein recht an- sehnliches Quantum verschiedener Gemüsearten nnd Beerenfrüchte. Die am Schlusse des Jahres in dem Garten verbliebenen Be- stände beliefen sich auf ca. 40,200 Stück Obst-Wildlinge, 17,880 Stück Obst-Edelstämmchen, ca. 3700 Stück Beerenobst-Pflanzen, 440 Stück Weinstöcke. An Mutter- resp. Standbäumen und Pflanzen waren Be- stand: 431 Stück Apfelstimmchen in Hochstamm und Cordon horizontale in 83 Sorten; 193 Stück Birnen in Pyramiden-, Palmetten- und Säulen- form in 106 Sorten; 16 Stück Kirschen-Hochstamm in 16 Sorten; 61 Stück Pflaumen in Hochstamm und in Pyramidenform in 46 Sorten; Pfir- siche und Aprikosen, 21 Stück niedrige, freistehende in ebensoviel Sorten; Weinreben 15 Stück in 15 Sorten; ferner : in Buschform 48 Stachelbeeren in . 43 Sorten, 94 Johannisbeeren in 12 Sorten, 90 Himbeeren in 8 Sorten, 3 Brombeeren in 3 Sorten und 500 Stück Erdbeerpflanzen in 31 Sorten. Nach der allerbescheidensten Taxe kann der Gesammtwerth dieser Be- stände auf 3300 Thlr. veranschlagt werden. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 963 Im Jahre 1870 hatte der für hiesige Mitglieder gegen einen Jahres- beitrag von 1 Thlr. eingerichtete und unter der Leitung des Secretairs stehende Lesezirkel, 62 Theilnehmer. Es eoursirten in demselben 12 Berichte verwandter Vereine, 18 zum Theil mit Abbildungen versehene deutsche und auslän- dische Zeitschriften gärtnerischen Inhalts, 16 über die verschiedenen Zweige des Gartenwesens handelnde, kürzlich erschienene Bücher und Brochüren. Ein grosser Theil derselben ging im Wege des Schriftenaustausches mit resp. gleichartigen Vereinen und von Redaetionen, andere von den Herren: Kunstgärtner Kuschel in Stolz, Grossherzogl. Sachsen-Wei- mar’schen Hofgärtner J. Hartwig und Redacteur Th. Rümpler in Erfurt ein. An jene richten wir die freundliche Bitte um die Fortsetzung ihrer Zusendungen, welche gern erwidert werden sollen, diesen sei aber noch besonders verbindlicher Dank für die gütigen Zuwendungen hiermit gebracht. Nach einem besonderen Reglement stehen die auf Obst- und Garten- Cultur bezüglichen Schriften in der Bibliothek der Schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Cultur in gesonderter Abtheilung durch deren Custos Herrn Redacteur Th. Oelsner zur Benutzung, und wurden die- selben durch die in diesem Jahre in Cireulation gewesenen, hier nach- folgend verzeichneten Schriften vermehrt. Bericht, General-Versammlungs-, der Wein- und Gartenbau-Gesellschaft in Peterwardein am 8. November 1868, Neusatz 1868, und am 25. Februar 1869, Neusatz 1369. Flore des serres et des jardins de ’Europe ete., publie et edilE par Louis van Houite. 3. Ser. Grand edition Tom XVII Gand 1867/8. _ Führer, Illustrirter, durch die internationale Gartenbau-Ausstellung in Hamburg. 1869. Gartenbau-Ausstellung, Internationale, in Hamburg vom 2. bis 12. September 1869. Catalog sämmtlicher Ausstellungsgegenstände nebst vollständigem Register der Aussteller, so wie der ausgestellten Objecte. Hamburg 1869. Garten- und Blumenzeituug, neue allgemeine deutsche. Herausg. v. Ed. Otto. 24. Jahrg. Hamburg 1868. Garten-Flora. Monatsschrift für deutsche, schweizerische und russi- sche Garten- und Blumenkunde. Herausg. und red. von Dr. E, Regel. 17. Jahrg. Erlangen 1868. Gartenfreund, Der. Mittheilungen aus allen Fächern des Gartenbaues. Herausg. von der k, k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien. 1. Jahrg. Nr. 1 bis 5. Wien 1868. Garten-Zeitung, Anhaltische, Gärtnerische Zeitschrift für Jedermann 264 Jahres-Bericht Herausg. von der Direction der Gärtner-Lehr-Anstalt zu Cöthen, 4, Jahrg. 1868. Cöthen. Garten-Zeitung, Deutsche. Organ der vereinigten Gartenbau-Ge- sellschaften. Herausg. von Theodor Rümpler in Erfurt. 6. Jahrg. Leipzig; 1868, Garten-Zeitung, Illustrirte. Eine monatliche Zeitschrift für Garten- bau und Blumenzucht. Herausg. und red. von A. Courtin. Organ der Gartenbau-Gesellschaft Flora in Stuttgart. 12. Bd. Stuttgart 1868. Göppert, H. R., Prof. Dr., Ueber Inschriften und Zeichen in lebenden Bäumen. (Aus einem in der Versammlung des Schlesischen Forst- vereins zu Oppeln den 14. Juli 1868 gehaltenen und im Februar d. J. noch ergänzten Vortrage.) Breslau )869. Handbuch, Illustrirtes, der Obstkunde. Herausg. von Fr. Jahn, Ed. Lucas und J. G. C. Oberdieck. 18. Lfrg. 6. Bd. 2. Lfrg. Steinobst. Ravensburg 1869 und 19. Lfrg. 8. Bd. 1. Lfig. Aepfel. Ravensburg 1869. Hrozaza wulka schkoda psches mejfke bruki. Wudate wot ratars- keho wokrjessneho towarstwa sa kral: jakska hornoluziske markro- binstwo. Budyschin 1868. Jahresbericht des Berliner Gärtner-Vereins 1869. Berlin 1870, — 12., des Gartenbau-Vereins für Bremen und seine Umgegend. Bre- men 1869. — des schlesischen Central-Vereins für Gärtner und Gartenfreunde zu Breslau, für das Jahr 1868. Breslau 1869. — 18., des k. k. steiermärkischen Gartenbau-Vereins. Gratz 1868. — des Vereins für Pomologie und Gartenbau in Meiningen. 10. Heft v. 1. April 1865 bis 1. April 1866, Meiningen 1866, und 11. Heft vom 1, April 1867 bis 1. April 1868, Meiningen 1868. Illustration D’, horticole. Journale special des serres et des Jardins ete. Red. par. Ch. Lemaire et publiE par Ambroise Verschaffelt. Vol. XV. :Gand 1868. Journal de la SocietE imperiale et centrale d’Horticulture de France. 2. Ser. Tom II. Paris 1868 et Annuaire, publiE en Janvier 1870 Paris. Jühlke, F., Ueber die Hülfsmittel zur Verbesserung der landwirthschaft- lichen Culturpflanzen als Vorbedingung für die vermehrte Sicherheit und Erhöhung der Erträge. Vortrag, gehalten am 8. December 1868 in Club der Landwirthe zu Berlin. (Separat-Abdruck aus den „‚Nach- richten aus dem Club der Landwirthe zu Berlin‘,) Berlin. Liste der auf der Internationalen Gartenbau-Ausstellung von 1869 ver- theilten Preise, Hamburg. Lucas, Ed., Dr., Rechenschaftsbericht über die Geschäftsführung des deutschen Pomologen-Vereins im Jahre 1867/68 und 1868/69. Reut- lingen 1868 und 1869. der Schles. Gesellsch, £, vaterl. Cultur. 2365 Lucas, Ed., Dr., Die Beschädigung unserer Obstbäume durch Schnee- druck, die nothwendigen Hülfsmittel und die möglichen Vorbeugungs- mittel. Vortrag, gehalten im Gewerbe-Verein in Reutlingen den 17. November 1868. Ravensburg 1868. Magazin, Deutsches, für Garten- und Blumenkurde. Zeitschrift für Garten- und Blumenfreunde und Gärtner. Herausg. und red. von Dr. W. Neubert. 21. Jahrg. Stuttgart 1868. Mittheilungen des Gartenbau-Vereins für das Grossherzogthum Baden. Hauptorgan des Verbandes Rheinischer Gartenbau-Vereine. Red. von H. Goethe. Karlsruhe 1868. — des Vereins für Land- und Forstwirthschaft im Herzogthum Braun- schweig. Herausg. von dessen Vorstande, red. von dessen Secretair, Kammer-Commissair Schoenermark. 36. Jahrg. 1868/69. Braun- schweig 1869. — über den Anhaltischen Gartenban-Verein zu Dessau für das Jahr 1868. Dessau 1869. Monatsberichte der Obst-, Wein- und Gartenbau-Section der k. k. mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, und der Natur- und Landeskunde. 1. Jahrgang 1868. Brünn, Monatshefte, Illustrirte, für Obst- und Weinbau. Organ des deutschen Pomologen-Vereins. Red. von Oberdieck, Fehleisen und Lucas. Neue Folge, 4. Jahrg. Ravensburg 1868. Oberdieck, J. G. ©. Pomologische Notizen. Nach langjährigen eige- ven Erfahrungen zusammengestellt. Ravensburg 1669. Satzungen des fränkischen Gartenbau-Vereins zu Würzburg. Nach- der Revision vom 21. März 1868. Sellier, M., Rapport au nom d’une Commission speeiale sur L’Etablissement horticole de M. M. Baltet Freres a Troyes. Presente a la Societe hor- ticole, Vigneronne et Forestiere. Troyes 1868. Statuten des Ehstländischen Gartenbau-Vereins zu Reval. Reval 1862. — des Oberlausitzer Obstbau-Vereins zu Zittau. Neue Ausgabe 1867. Zittau 1867. Taschenbuch für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde. Herausg. von dem Pomologischen Institut in Reutlingen. 8. Jahrgang. Stutt- gart 1868. Verzeichniss der Bibliothek des Ober-Lausitzer Obstbau-Vereins zu Zittau, Neue vermehrte Auflage, besorgt von Dr. A. Tobias 1867. Zittau 1867. Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde. Red. von Prof. Dr. Karl Koch. 11. Jahrg. Berlin 1868. Wörmann, R. W. A., Der Garten-Ingenieur. 8. Abtheilung. Das prak- tische Feldmessen und seine Anwendung in der Gärtnerei. Berlin. 266 Jahres-Bericht Zeitschrift, Pomologische. Organ des pomologischen Vereins für das Königreich Hannover. Herausg. von dem Vorstande und red. durch das Secretariat. 1. Jahrg. 1866. Salzgitter 1866, nebst Extra- Blatt. Auswahl der hier zu Lande zu pflanzenden Obstbäume vom Medieinal-Rath Dr. Engelbrecht in Braunschweig. September 1866. Salzgitter 1866, und 2. Jahrg. 1867 Salzgitter 1867. Ausserdem noch: Das Obsteabinet von H. Arnoldi in Gotha, 34. und 35. Lfrg. aus Porzellan-Compositionsmasse naturgetreu nachgebildeter Obstfrüchte verschiedener Art. Herausg. unter Controlle des Thüringischen Gar- tenbau-Vereins zu Gotha. VI. I onen eHhnt über die Thätigkeit der meieorologischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1870, abgestattet von Dr. J. @&. Galle, zeitisem Secretair der Section. Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1870. Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei $winemünde, I. Baromeierstand, II, Temperatur 1870. redueirt auf 0° Reaumur, der Luft in Graden nach in Pariser Linien. Reaumur, 2 8 % P Monat: pe lan nbanpmnee nik 28 be Misdlngn ei 5 Ei le nz Er RER NER = Januar ..... 18 3977.59 | 7| Bag 541133295 | 9 1-+ 605 96|_ 1003 — 1003 Februar ....| 6| 340,35 122] 321,91| 332,95 [28 |+ 5,8 | 7|— 20,7 — 7,02 März........ 20| 337,60 11] 322,91) 331,59] 2|+ &1 | 15|— 7,6 |— 0,09 rl. 5| 338.20 27| 328,73) 33354123 |+ 16,8 |23!— 09|+ 5,87 Mauh,. ‚uo}#% 18! 336,67 | 21 327,77| 332,60 [20 |+ 22,0 | ıl+ 29 |+ 11,11 Gum... .6| 336,05 |25| 327,62] 332,08] 17 |+ 23,5 |113|+ 5,8 |+ 12,69 Te 24| 334,31 ı12| 32767) 331,82 [12 |+ 295 | 3|+ 68 |+ 15,11 August..... 31| 332,73 129! 326,581 329,791 6 + 25,1 | 27|+ 6,3 |-+ 13,39 September..|30) 339,14 |14| 325,06] 333,04] 3 |-+ 20,6 | 23[-+ 1,9 |-+ 9,90 October ....| 1} 340,05 | 9| 321,49| 330,261 9|+ 14,5 | 17|— 03|-+ 6,39 November ..| 5| 336,64 111! 323,70| 331,10123 |+ 10,9 | 30|- 2,6!-+ 4,09 December ..|31) 336,31 |ag| 327,49| 330,77 |16|+ 95 | 24]— 175 |— 5,36 + 5°,50 | 310,35] 1321449 |351,86 | |+2955 | |-2037 268 Jahres-Bericht I. Feuchlig- | IV. Wolkenbildung 1870. keit und der Luft, Niederschläge. 7 3 S= © “ {eb} A . a) sell jez . ae >= “= 2 >| Monat. 3 = So] ® = 3 | ser ER = ni ee > ds 3 35% = Tage. re a Fanart. 2. | 174.62 | 0,86 ae 7 2 | 44,96 Bebruanrf rer 1,01 08 | 10 | 4 1. ge Mauer er 1,66 | 0,82 8. 4 18 April nenn. 2,34 0,71 10 Saul n n Malen mer 3,27 0,63 h) DH 5 37 aulnd, eh. 394 | 068 | | sis] 32 lee 4,94 0,70 5 ga 37, 67 August... er. 4,60 | 0,74 6I 9 | 16 40, 42 September.......- 3,48 0,75 b) SR, 32, 96 October .n..... 2,79 0,79 5 6 ı 20 16, 72 November ........ 231 0,81 3 6 | 21 4 94 December ........ 121 0, 89 0 5 | 26 21 96 Jahe 22 dest = zus | 0,77 | 67 | 80 | 218 |210,23 Minimum des Dunstdruckes 0,19 Febr. 7. Minimum der Dunstsättigung 26 pCt., Juni 20. Maximum „ n 7,23 Juli 13. | V. Herrschende Winde. Januar. In der ersten Hälfte des Monats vorherrschend $., in der zweiten Hälfte traten neben W. auch N. und NO. auf. Die Windstärke durchgängig gering. Februar. Während der Kälte-Periode O0. und SO., im letzten Dritt- theile des Monats auch westliche und südliche Richtungen. März. Anfangs während der 4 warmen Tage vom 1. bis 4. $., dann bis zum 14. nordwestliche Richtungen, in der zweiten Hälfte öst- liche zwischen N. und SO. Am häufigsten wehte SO. April. Die vorherrschende und durchschnittliche Windesrichtung war W., nächstdem am häufigsten NW., die übrigen Richtungen etwa e ala häufig, an den sonnenhellen Tagen 19. bis 23. O. und SO. Mai. Am häufigsten wehte Westwind, nächstdem SW., am seltensten N. und NO. Juni. Die Richtungen W. und NW. waren weitaus die häufigsten, dann folgte SW., S., SO., O., als Mittel wurde W. berechnet. Juli. Am häufigsten wehte NW., Durchschnittsrichtung SW. Die Winde schwach und veränderlich. August. In den ersten 11 warmen Tagen waren schwache östliche Winde vorherrschend, nachher bei dem kühleren und regnichten Wetter Westwinde, welehe die überwiegende Mehrzahl bildeten. der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur, 269 September. In den ersten 10 Tagen südwestliche Richtungen, dann in der Regen-Periode bis zum 21. mehr W. und NW., später N. Am häufigsten wurden Westwinde beobachtet. October. In den ersten 5 Tagen fast windstill, dann bis Ende des Monats fast nur W., $S. und SW., einige Male SO. November. Der Wind war in den ersten und in den letzten Tagen des Monats nördlich, überwiegend wehte. derselbe jedoch aus SO., S. und W., in geringer Stärke, oft mit Windstille wechselnd. December. Der Wind, sehr. veränderlich, wehte am häufigsten aus NW., N. und W., jedoch auch oft aus O., SO. und $.; die mitt- lere Richtung N. war der. des vorigen Monats gerade entgegen- gesetzt. VI. Witterungs-Charakter. | Januar. Ein vorherrschend trüber Monat, besonders in der zweiten Hälfte, wo es oft schneite, jedoch in geringen Quantitäten. Auch kamen in der ersten Hälfte des Monats einige regnichte Tage vor; die Gesammtmenge der Niederschläge war gering. Anfangs etwas Frost, vom 6. bis 17. Thauwetter, dann bis zu Ende mässiger Frost. : Februar. Ein ungewöhnlich kalter uud trockener Monat mit einem sehr geringen Quantum von Niederschlägen, da der vom 11. bis 23. fallende Schnee meist nur in vereinzelten Flocken fiel. Die ‚Kälte der ersten 12 Tage war so intensiv, dass seit 1791 nur in dem Winter von 1830 eine noch längere und kältere Periode dieser Art sich findet. Vom 13. ab wurde die Kälte mässiger, in den letzten 5 Tagen des Monates trat Thauwetter ein, wo- durch dann auch die seit dem 17. Jan. andauernde Schnee- bedeckung der Erdoberfläche sich verzehrte. Der Luftdruck war normal, der Dunstdruck äusserst gering. März. Die ersten 4 Tage waren heiter und warm, dann wurde es wie- der kalt und winterlich bis zum Ende des Monats, mit häufigen Schneefällen (an 16 Tagen). Das Quantum der Niederschläge erreichte nahe den Mittelwerth, ebenso waren Wärme, Luftdruck und Dunstverhältnisse den Mittelwerthen nahe entsprechend, ob- wohl von einem Tage zum andern vielen stärkeren Schwankungen unterworfen. April. Die Temperatur blieb während des ganzen Monats kühl, indem ‘“ einigen Erhebungen der Wärme immer bald wieder Rückfälle folgten und die Wärme der sonnenhellen Tage durch Ostwinde gemindert wurde. Der Luftdruck war hoch, der Dunstgehalt der Luft normal, die Niederschläge ergaben ein ziemlich geringes 370 Jahres-Bericht (Juantum. Kühle und Trockenheit hielten daher die Entwicke- lung der Vegetation zurück. Mai. Der Mai war in der ersten Woche kalt, dann zwei Wochen hin- durch warm, mit dem 21., wo sich während einiger Tage Hö- henrauch zeigte, nahm die Temperatur ab und blieb vom 24. bis zum Schlusse des Monats rauh. Der Dunstdruck war normal, die Dunstsättigung geringer als das Mittel, die Regenmenge sehr gering, somit vorherrschende Trockenheit. Der Luftdruck war im Mittel etwas höher als gewöhnlich. Juni. Die Mittel der meteorologischen Aufzeichnungen entfernten sich in diesem Monate nur wenig von ihrem Durchschnittswerthe; heiss waren nur etwa 7 Tage bald nach der Mitte des Monats, die übrigen 3 Wochen kühl und unfreundlich, verbunden mit häufi- gem, jedoch dabei nur mässigem Regen. Juli. Der Juli war warm und feucht und brachte mehrere reichliche Ge- witterregen,;, am 12. Juli sehr hohes Wärme-Maximum. Luft- druck normal. Am Schlusse des Monats ein mehrere Tage an- dauernder Höhenrauch, August. Die Witterung des Monates theilte sich in eine sehr warme Periode vom 1. bis 11. und eine kühle und regnichte mit vor- herrschenden Westwinden vom 12. ab bis Ende des Monats. Der mittlere Barometerstand war ein ungewöhlich tiefer. September. Ziemlich warm waren nur die ersten 10 Tage des Mo- nats, dann folgte kaltes und regnichtes Wetter bis zum 21., auch bis zum Schlusse dann kühl. Das Barometer schwankte während des ganzen Monates viel auf und nieder. October. Zu Anfang eine Anzahl heiterer und windstiller Tage bei ho- hem Barometerstande, dann tiefes Sinken des Barometers und regnichtes Wetter bis Ende des Monates. An mehreren Tagen des Morgens starker Nebel. Am 14., 24. und 25. Nordlichter. November. Die Witterung war eine für diesen Monat ungewöhnlich warme und milde mit mehreren fast ganz heiteren Tagen und wenig Regen. Am 30. war die Tages-Temperatur unter 0° und fiel etwas Schnee; Nebel zeigte sich an 9 Tagen, besonders am 14., 20. und 28. December. Ungewöhnliche Kälte und viel Schnee, mit einer geringen Unterbrechung in der Mitte des Monates. Auch die Schnee bedeekung der Erdoberfläche war nur auf einige Tage unter- brochen. Luftdruck und Dunstdruck niedrig, Dunstsättigung hoch. Am 17. ein Nordlicht. Nekrolo%g der im Jahre 1870 verstorbenen Mitglieder der „Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur“. (Vorgetragen am 30. December 1870.) Auch in dem abgelaufenen Jahre hat leider der Tod seine wieder- holt so erheblich gesteigerten Forderungen an die Zahl unserer Mitglie- der nicht herabgestimmt: wiederum haben wir die Ziffer 21 für unsere Verluste zu verzeichnen, und eine Zusammenstellung der Nachweise bis zum Jahre 1824 zurück, so weit sie vorliegen, ergiebt, dass in den letzten 20 Jahren nur 4 mal die Ziffer 20 erreicht, resp. überschritten worden (1859 : 20; 1868 : 21; 1869 : 21 nebst 2 früheren Mitgliedern und 3 am Leben der Gesellschaft thatsächlich Betheiligten; 1870 : 21). Die höchste Ziffer treffen wir im Jahre 1849 mit 27, darunter 21 einheimische, die niedrigsten in den Jahren 1853 (1) und 1828 (4); überhaupt aber nur noch 3mal die Ziffer 20 erreicht (1847 : 21; 1833 : 21; 1827 : 20). Es starben in den Jahren: 1870:21; 1869 :21 (26); 1868 : 21; 1867 ::8; 1866 :9; 1865 : 16; 1864 : 3; 1863 : 9; 1862 : 10; 1861 : 17; 1860 : 8; 1859 : 20; 1858 :11; 1857 :8; 1856:14; 1855: 11; 1854:9; 1853 :1; 1852:7; 1851:17; 1850:14; 1849:27; 1848:17; 1847 :21; 1846 :18; 1845:9; 1844:10; 1843:14; 1842:14; 1841:17; 1840: 135518313 145018 38=hl3 1837::916 ;1u,18364:1,9y ni18351712% 1832 :92,5#,1835. 22155618321: 12 300183 h2> 1152 218306355 182311185 1828 :4; 1827 :20; 1826:9; 1825:8; 1824:7. Diese absoluten Zahlen würden — vorausgesetzt, dass ihre Angabe für alle Jahrgänge zuverlässig ist — ihren wahren Werth allerdings erst erhalten durch den Vergleich mit der jedesmaligen Mitgliederzahl und der Zurückführung auf Procente derselben. 272 Jahres-Bericht Unsere diesmalige Todtenliste setzt sich zusammen aus 2 Ehrenmit- gliedern: Baron v. Hügel in Wien (+ 2. Juni) und Prof. Rau in Hei- delberg (+ 18. März); 13 wirklichen: Lübbe (7 19. Jan.), G. Liebich (+ 31. Jan.), v. Lüttwitz (+ 9. Februar), Suckow (+ 2. April), Ka- rowjun. C 19. April), Engländer (+ 24. April), Königk (+ 5. Mai), Kämp (+ 6. Juli), G. Korn (+ 18. August), Schultz (+ 12. September), v. Goldfus (+ 13. October), v. Löbbecke (+ 26. October), Harpeck (+ 3. December), und 6 correspondirenden: Unger (+ 13. Februar), Weitenweber (+ 1. April), Blumenthal (+ 7. Juni), Wirtgen (+ 7. Septor.), Karow sen. (+ 19. Septbr)., Bischoff (7 29. Novbr.). Wie bisher der Gruppirung nach Beruf und Lebensstellung folgend, nennen wir zuerst Oswald Blumenthal, dessen Vatername mit den Anfängen des ver- jüngten Communallebens in unserer Stadt verknüpft ist. Geboren am 31. August 1802 zu Polnisch-Lissa, im Jahre 1808 mit den Eltern nach Breslau gezogen, wohin der Vater als Polizeirath berufen worden, aus welchem Amte heraus ihn die Gemeinde zum Stadtrathe wählte, besuchte Oswald bereits im 9. Jahre das Gymnasium, und zwar das Magdalenäum noch unter Manso, bestand 16!/, Jahr alt die Abiturientenprüfung, studirte 2 Jahre hier, 1 Jahr in Berlin die Rechte, kehrte nach den überstan- denen 3 Staatsprüfungen hierher zurück, ward aber bald, noch nicht 24 Jahr alt, in Torgau als Gerichts-Assessor angestellt, bereits im nächsten Jahre aber (1827) als Justizrath (damals wirklicher Amtstitel) in’s hiesige Stadtgericht berufen. Als solcher verheirathete er sich 1833 mit der Tochter des reichen Bremer Kaufmanns v. Möller. In demselben Jahre erhielt er das Patent als Oberlandesgerichts-Rath. Nach einigen Jahren durch den Minister v. Mühler nach Berlin in's Kammergericht berufen, war er während seines Dortseins auch bereits 1 Jahr als Hülfsarbeiter im Ober-Tribunale thätig. Doch nötbigte ihn ein langwieriges Leiden seiner Gattin, sich auf dem Lande anzusiedeln; er nahm den Abschied, wobei er den Titel ‚‚Geheimer Justizrath‘ erhielt, und kaufte das Rittergut Friedersdorf im Laubaner Kreise (jetzt Ruhesitz des bekannten Kunst- sammlers Regierungs-Rath v. Minutoli), das er zwar bis 1859 behielt» doch bereits mehre Jahre früher verliess, um ehrenvollem Rufe zur Rück- kehr in den Justizdienst, und zwar als Ratlı beim Geh. Ober-Tribunale, zu folgen, in welchem er, successive mit dem Rothen Adler-Orden 4. und 3. Klasse decorirt, bis zu seinem am 7. Juni 1570 ihn abrufenden Tode verblieben ist, als tüchtiger Jurist sowol von seiner Behörde, wie von seinen Collegen allgemein anerkannt. In den Jugendjahren hat er auch der Muse der Dichtkunst mehrfach gehuldigt, und in unsers Holtei „Obernigker Boten“ finden wir Epigrammatisches aus seiner Feder. Wirkli- ches Mitglied der Gesellschaft war er seit 1830, correspondirendes seit 1359, u } 1 1 der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 2373 Auf demselben Gebiete wissenschaftlicher und praktischer Thätigkeit waltete Carl Lübbe, geboren zu Berlin am 14. Juni 1800, ein Schüler des „Grauen Klosters“, dann der Universitäten zu Berlin und Bonn. Die Stationen als Auseultator und Referendarius absolvirte er bei dem königl. Stadtgerichte und Kammergerichte zu Berlin, ward 1832 zum Kammer- gerichts-Assessor ernannt und in’s Ministerium der auswärtigen Angelegen- heiten als Hülfsarbeiter berufen. Nach zweijähriger Thätigkeit in dieser Sphäre zog es ihn wieder zur juristischen Laufbahn zurück und er trat 1835 wieder beim Kammergerichte als Assessor ein, erhielt darauf 1836 etatsmässige Anstellung beim vormaligen Land- und Stadtgerichte zu Brieg, ergriff aber nach kaum 3 Jahren die Gelegenheit, in eine beim Landgerichte offengewordene Stelle nach’ seiner Heimat Berlin zurück- zukehren. Doch führte ihn seine Beförderung zum Oberlandesgerichts- Rathe (13. Oct. 1846) wieder nach Schlesien, und zwar nach Breslau, wo er auch nach der Gerichts-Umgestaltung von 1849 beim Appellations- Gerichte verblieb, ein sehr tüchtiges und thätiges Mitglied dieses Ge- richtshofes, bis Kränklichkeit ihn veranlasste, den unter Verleihung des Charakters als Geheimer Justizrath ihm unterm 1. October 1869 bewil- listen Abschied nachzusuchen; jedoch nur eine sehr kurze Zeit hatte er sich des Ruhestandes zu erfreuen: er verschied am 19. Januar 1870. Der Gesellschaft war er 1865 beigetreten. Dem Wirken in der Verwaltungsthätigkeit gehörte an Rudolph Schultz, der Sohn des am 19. Juni 1834 verstorbenen Staatsrathes Chri- stoph Ludwig Friedrich Schultz. Geboren am 15. Februar 1812, besuchte er die „französische Schule‘ seiner Vaterstadt Berlin, dann das Gymnasium zu Wetzlar, die Universitäten Bonn und Berlin. Im Februar 1336 kam er als Regierungs-Referendarius nach Posen, ward dort 1841 Assessor, 1342 als Diätar an’s Haupt-Steuer-Amt in Frankfurt a. O., 1843 an das in Magdeburg, und 3 Monate später desgleichen nach Sala- wedel, gegen Ende desselben Jahres als Ober-Grenz-Controleur nach Beu- then O/8. versetzt, 1847 nach einander als Hülfsarbeiter in die Provin- zial-Steuerverwaltungen zu Breslau und zu Danzig berufen, 1848 als Ober. Zoll-Inspeetor in Strzalkowo angestellt, 1854 zum Ober-Steuer-Inspector in Jastrow befördert, 1856 zum Regierungsrath ernannt und am 1, Mai als solcher nach Posen, 1862 nach Breslau versetzt. “Sein Todestag ist der 12. September. Vermählt war er mit Emma v. Skopnik. Mit- glied der Gesellschaft war. er seit 1863. An Ehrenzeichen besass er die Landwehr-Dienstauszeichnung und den Rothen Adler-Orden 4. Klasse. Einem durch die Zeitereisnisse mehr bewegten Lebenslaufe führt uns der Name des Mitgliedes Carl Valentin Freiherr v. Lüttwitz zu. An den Vater desselben, den Hauptmann v. Lüttwitz, Besitzer der 18 274 Jahres-Bericht Güter Wallwitz, Kummernik, Fürstenau, Zecklau und Hartlieb, vermählt auch mit einer Freiin v. Lüttwitz, Vater von 8 Söhnen und 3 Töch- tern, knüpft die Erinnerung an die Entstehungszeit der schlesischen Ge- neral-Landschaft, des ersten derartigen Instituts überhaupt, die im vorigen Jahre ihr 100jähriges Jubiläum gefeiert hat: er war deren Präsident für Niederschlesien (neben Regierungs-Rath v. Saurma für Ober-, Graf Matuschka-Pitschen auf Tannhausen für Mittelschlesien), und zwar von der Gründung bis 1791, in welchem Jahre der Landschaft das Recht verliehen ward, ikren obersten Director, was bisher der Minister für Schlesien (Graf Carmer, dann Graf Danckelmann) gewesen, selbst zu wählen, und Curt Graf Haugwitz aus Krappitz als solcher eintrat. (Vergl. „Schles. Provinzialblätter‘ Bd. IX. 1870 ‚Das 1. Jahrhundert der „Schle- sischen Landschaft‘ $. 392.) Carl Valentin v. Lüttwitz, geboren am 18. Januar 1779, machte schon als Knabe von 14 Jahren die Rhein- . campagne mit. In den nachherigen traurigen Friedenszeiten fand er als subalterner Offizier nicht seinem Drange genügende Beschäftigung, nahm daber mit erreichter Grossjährigkeit den Abschied, um sich mit allem Eifer und aller Neigung seinem neuerwählten Berufe, der Landwirthschaft, zu widmen, ging nach Anspach zu seinem Schwager, dem damaligen Präsidenten der Provinzen Auspach und Bayreuth, nachmaligen Minister v. Schuckmann, und dort wurde ilım von der Regierung ein Stück uncultivirten Landes als Eigenthum überwiesen, das er binnen kurzer Zeit mit dem grössten Kraltaufwande und ohne Scheu vor den härtesten Entbehrungen zu einem wolgepflesten Culturlande und wohnlicher Stätte umschuf. Diese Besitzung, der er den Namen ‚‚die Freihardt‘‘ gegeben, verliess er erst, veranlasst durch die kriegerischen Zeitläufte, im Anfange des Jahres 1813 wieder, um seine 2 Jahre früher geehelichte junge Gattin Luise v. Dioszeghi und sein noch nicht ein Jahr zählendes ältestes Kind nach Breslau in Sicherheit zu bringen. Vorher schon war ihm be- gegnet, eines Tagesim Jahre 1807 an der bairisch-östreichischen Grenze von den Franzosen gefangen genommen zu werden, die in ihm seinen Bruder vermutheten, den nachherigen Präsidenten der Regierung’in Rei- chenbach i. Schl., späteren Besitzer von Gorkau und Stifter der Gorkauer Linie, Wilhelm v. Lüttwitz, dessen politische, antifranzösische Thä- tigkeit bekannt ist; weil er die Verwechselung aus Liebe zum Bruder, der damals bereits Familienvater war, nieht aufklären wollte, musste er ein Jahr lang in der Gefangenschaft aushalten, theils zu Würzburg, theils zu Erfurt. Obgleich mit Leib und Seel seinem Berufe zugethan, in dem- selben viel Anerkennenswerthes leistend, versäumte v. Lüttwitz es doch nie, seinen Geist wissenschaftlich weiterzubilden, und namentlich inter- essirten auch ihn vor Allem die politischen und socialen Verhältnisse in seinem theuern Vaterlande, dessen neue Morgenröthe er wol im Jahre 1866 anbrechen sah, dessen Sonnenhöhe zu erleben ihm jedoch nicht der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 375 beschieden war: er starb im eben vollendeten 91. Jahre am 9. Februar 1870 zu Dockern, wohin er sich nach dem Tode seiner zweiten Gattin, seiner Nichte Marianne v. Schuekmann, die er 1823 geehelicht, zu- rückgezogen hatte. Mitglied unserer Gesellschaft war er seit 1820. Adalbert v. Goldfus, Major a. D., Landesältester, Director der Breslau- Brieger Fürstenthums-Landschaft, verstarb auf seinem Gute Gross-Tinz (Kr. Nimptsch) nach langen Leiden. Ein Mehres über ihn haben wir, trotz Bemühungen in mehr als einer Weise, uns nicht zugänglich zu machen vermocht. Einem Nichtschlesier, aber durch sein Wirken und langen Aufenthalt hier völlig heimisch geworden, begegnen wir in Friedrich Eduard v. Löbbecke. Geboren den 18. October 1795 zu Braunschweig, wo sein Vater, der gegen Ende vorigen Jahrhunderts von Iserlohn dorthin über- gesiedelt, Gründer und Chef des noch heut bestehenden Handlunghauses „Gebrüder Löbbecke und Co.“ war, entstammt er einem alten west- fälischen Patriziergeschlechte, das seinen Stammbaum mit Sicherheit bis zum Jahre 1307 aufwärts verfolgt, hauptsächlich in Iserlohn und Dort- mund ansässig war und in hohem Ansehen stand, so dass sehr viele Mitglieder desselben zu Grafen des bekanntlich in jener Gegend am mächtigsten blühenden Vehmgerichts gewählt wurden; ja noch der letzte Vehmgraf, der im Jahre 1803 die Endschaft dieser nur noch formell be- stehenden Einrichtung sah, war ein Löbbecke. Friedrich Eduard Löbbecke besuchte das an. in Braun= schweig bis zur Prima; nach vollendetem 18. Lebensjahre unternahm er, da er auf Wunsch des Vaters sich ebenfalls dem Kaufmannsberufe wid- men sollte, zu seiner weiteren Ausbildung verschiedene grössere Reisen, hauptsächlich und mit längerem Aufenthalte nach England, . Spanien und Portugal. Im 22. Jahre nach der Heimat zurückgekehrt, trat er als Theil- nehmer in das Haus seines Vaters ein und vermählte sich 1823 mi seiner noch jetzt lebenden Gattin, einer Tochter des damaligen preussi- schen General-Consuls v. Schwartz in Hamburg. Als seinen älteren Bru- der Carl Theodor, der mittlerweile in Breslau unter der Firma „C- T. Löbbecke & Co.“ eine Zweigniederlassung des Braunschweiger Hauses begründet hatte, in Folge einer 1314 auf dem Feldzuge erhalte- nen Verwundung im Jahre 1825 der Tod ereilte, siedelte Friedrich Eduard hierher über, um das verwaiste Geschäft fortzuführen. Die Thätigkeit, welche er in diesem neuen Wirkungkreise während eines Zeitraums von 35 Jahren entwickelte, hat sich auch in der Oeffentlich- keit Zeugnisse geschaffen durch viele industrielle Anlagen und Unter- nehmungen in Schlesien wie in Oesterreich; so war er Mitbegründer und langjährig Vorsitzender der hiesigen Gasbeleuchtung-Actien-Gesellschaft, 18* 276 Jahres-Bericht Mitbegründer und langjähriger Vice-Präsident der schlesischen Actien- Gesellschaft für Bergbau und Zinkhüttenbetrieb, so sind es die Ober- schlesische, die Neisse-Brieger und die Krakau-Oberschlesische-Eisenbahn, welche ihm die kräftigste Förderung ihres Entstehens verdanken, wie er auch bei der erstgenannten bis zu deren Uebergange unter Staatsleitung Vorsitzender des Verwaltungrathes blieb. Die zur 25jährigen Jubiläums- feier der Oberschlesischen Bahn herausgegebene Geschichte derselben zeigt auf’s deutlichste, welche Thatkraft in damaliger Zeit dazu gehörte, welche Vorurtheile und Schwierigkeiten zu überwinden waren, um das erste derartige Unternehmen auf unserem Boden in’s Leben zu rufen. (Vergl. auch ‚‚Ein Vierteljahrhundert schlesischen Eisenbahnwesens“ in den „Schlesischen Provinzialblättern“ Bd. VI. 1867 Heft 4 und 6). In neuerer Zeit hat, vieler anderer Schöpfungen nicht zu gedenken, die „Kaiserin-Elisabet-Bahn‘“ Wien-Salzburg ete. ihn unter ihren Mitbegrün- dern und bis zu seinem Lebensende als Vice-Präsidenten ihres Verwal- tungrathes zu nennen. Mitglied des Presbyteriums der reformirten Ge- meinde war er seit 1834, unserer Gesellschaft seit 1854. Obwol er nach äusseren Ehren nicht gestrebt, ist er durch den Titel Commerzienrath (1837) und Geheimer Commerzienrath (1842), sowie durch den Rothen Adler-Orden 4. Klasse und den Kronen-Orden 3. Klasse, und bei der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. durch den Adel ausge- zeichnet worden. Einfache und geregelte Lebensweise erhielt ihn bis zu hohen Jahren körperlich und geistig frisch, und erst wenige Monate vor seinem Ende wurde eine Abnahme der Kräfte bei ihm bemerkbar; nach kurzem Krankenlager verschied er, im Beginn des 76. Jahres, am 26. Oc- tober an einer Lungenentzündung. Bestattet ist er in der Familiengruft auf seinem Gute Hochkirch bei Trebnitz. Ein viel älteres Mitglied (seit 1833), zugleich ihren jahrelangen Schatzmeister, betrauert die Gesellschaft in Adolph Liebich, der als Erbauer des Aussichtthurmes und der römischen Anlagen auf der vormaligen Taschen- bastion seinen Namen fest in die Chronik der Stadt Breslau eingezeichnet hat. Es ist kaum möglich, seiner zu gedenken, ohne zugleich seines älteren Bruders Gustav (geb. 1798, gest. 1857) zu erwähnen; wie beide im Leben fast Alles gemeinsam thaten, so war der erstere auch im Kassi- reramte unserer Gesellschaft nur der Fortsetzer des Bruders, und nicht minder bei Errichtung jenes Bauwerks der Ausführer eines von diesem gehegten Wunsches: die durch die Erbauung der südlichen Vorstädte abgeschnittene Aussicht nach dem Gebirge durch eine Erhöhung des Standpunktes für die Promenadenbesucher wiedergewonnen zu sehen, Im Nachstehenden folgen wir den Mittheilungen, welche ein dem Ver- storbenen Nahestehender bald nach dessen Hinseheiden in der „Schles. Zeitung“ gegeben. | der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 977 Adolph Liebich wurde am 4. October 1800 zu Oels geboren, Sohn eines dortigen Kaufmanns, empfing seine Ausbildung auf dasigem Gymnasium bis Prima und widmete sich dann dem Handelsstande, indem er, 16), Jahr alt, bei der Firma Lindner & Held zu Breslau als Lehr- ling eintrat und nach 4 Jahren seine Laufbahn weiter verfolgte im Ge- schäft C. G. Lobe, das er nach dem Tode des Principals als Disponent selbständig führte, bis er im Jahre 1829 in Gemeinschaft mit seinem schon benannten einzigen Bruder unter der Firma „Gebrüder Liebich“ ein eigenes Geschäft gründete, in demselben Hause (Junkernstrasse ‚‚Gold- ner Apfel“) welches er zuerst als Lehrling betreten hatte. Beider Mittel waren höchst gering, sie hatten in den ersten Jahren vielfach mit Sorgen zu kämpfen, und erst als sie 1835 in Gemeinschaft mit dem Partieulier Moritz Hinkel, welcher die nöthigen Fonds gewährte, in Klettendorf bei Breslau eine der ersten Rübenzuckerfabriken Schlesiens anlegten, bildete sich in der allmählich steigenden Rentabilität dieser Fabrik die Grundlage zu ihrem späteren Wohlstande und eröffnete sich ihnen auch ein Feld zu Speculationen auf dem Gebiete des Getreidehandels. Seit des Bruders Tode alleinstehend, wie dieser unvermählt geblieben, ent- äusserte sich Adolph Liebich 1860/62, dem herannahenden Alter ge- genüber, der Sorge um die Fabrik und das dazu gehörige Gut Kund- - sehütz durch Verkauf. Am 1. Februar c. verschied er selbst nach kurzem Krankenlager. Viele Jahre hindurch hat er als Stadtverordneter, nament- lich im Jahre 1848 seinen Gemeinsinn bethätigt, der Verwaltung der Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft von der Gründung an bis zu seinem Tode als Directionsmitglied, und fast eben so lange Zeit der Verwaltung der Oberschlesischen Eisenbahn und der Gas-Actien-Gesellschaft ange- hört, als Mitglied der hiesigen Handelskammer, sowie als Vorstand des Trinitatishospitals bis kurz vor seinem Tode eine ehrenvolle Thätigkeit entwickelt, Die 1866 begonnene Unternehmung auf der Taschenbastion, die jetzt ihm zu Ehren den Namen „Liebichshöhe“ trägt und die Bild- nisse beider Brüder bewahrt, von Rachner in marmornen Medaillons basrelief ausgeführt, setzte er ungeachtet des zwischentretenden Krieges, ohne sie unterbrechen zu lassen, fort, vielen Arbeitern in stockender Zeit damit Verdienst gewährend. (Beschreibung und Grundriss derselben findet man im VI. Bande der ‚„Schles. Provinzialblätter‘‘ 1867 8. 314 ff.) Die Stadt berief ihn dankbar unter die Zahl ihrer Ehrenbürger. Wenden wir uns nun dem Gebiete der gelehrten Praxis zu, so haben wir zunächst zwei Aerzte zu verzeichnen: die DDr. Engländer und Harpeck. Leopold Engländer, einer der tüchtigsten Aerzte Breslau’s, Mitglied der Gesellschaft seit 1866, starb am 24. April 1870 nach längeren Lei- den an der Bright’schen Nierenkrankheit, einen Tag vor vollendetem 273 Jahres-Bericht 52. Lebensjahre, schmerzlich betrauert und von vielen Leidtragenden zu Grabe geleitet. Geboren am 25. April 1818 in Oppeln, besuchte er das dortige Gymnasium, studirte Mediein 1838 in Breslau, 1839 bis 1842 in Berlin. Nach dort beendetem medieinischen Staatsexamen besuchte er einige Zeit die Wiener Universität, namentlich um die Professoren Skoda und Rokitansky zu hören und die damals neue Lehre von der Au- seultation und Pereussion sich anzueignen. Seit 1843 wirkte er als prak- tischer Arzt in unserer Stadt. Man lobt an ihm seinen scharfen Blick'in Erkennung der Krankheiten, seine demzufolge oft überraschenden Hei- lungen; ebenso seine Uneigennützigkeit und Generosität gegen arme Pa- tienten. Von der Dankbarkeit Soleher, die durch ihn aus schweren Lei- den befreit worden, hat er mehrfach grosse und man kann sagen erhe- bende Beweise erhalten. Im persönlichen Verkehr war er, besonders in seinen jüngeren Jahren, äusserst liebenswürdig. Carl Christian Harpeck, gestorben am 6. December 1870 nach lan- gen Leiden, Mitglied der Gesellschaft ebenfalls seit 1866, ein ebenso gebildeter wie erfahrener Arzt, der die Fortschritte seiner Fachwissenschaft mit Eifer und Liebe verfolgte und tüchtige Proben seiner Forschungen in medicinischen Zeitschriften niedergelegt hat, war geboren am 19.'Sep- tember 1831 zu Nimmersat bei Bolkenhain, besuchte hierorts, wo er im Hause seines Oheims, des verstorbenen Brauereibesitzers Friebe, liebe- vollste Aufnahme gefunden, das Magdalenäum und studirie von Michaelis 1851 ab hierselbst Mediein, besonders eng angeschlossen an den dama- ligen Leiter des physiologischen Instituts, Prof. Reichert, dem er seine hervorragende Bildung als Physiolog verdankt. Im November 1855 pro- movirte er mit einer ehirurgisch-pathologischen Abhandlung „‚de polypis reeti“ (Darm-Polypen) und gewann nach bestandeneım Staatsexamen als Arzt, auch der Armen, sich rasch eine ausgedehnte Praxis. Im Jahre 1866 begab er sich, obwol selbst leidend, dem Rufe des Ober-Präsidenten Freiherrn v. Schleinitz folgend, zu freiwilliger 'Thätigkeit in’s Feld und wirkte in dem fliegenden Johanniter-Lazarethe des Herrn Grafen Stol- berg, bis die Stadt Breslau ihn der umsichgreifenden Cholera wegen zurückrief. Die Anstrengungen in diesen beiden sich rasch ablösenden Perioden seines ärztlichen‘ Helferamtes legten den Grund zu seinem so früh hereinbrechenden Tode; seit 1568 war er zu längerem Aufenthalte in milderen Klimaten zu Reichenhall, Mentone und Lissabon genöthiget, olıne die sinkenden Krälte aufgehalten zu sehen. Angeführt: darf wol werden, dass seine trauernde Mutter noch iu demselben Monate auch den Tod eines seiner jüngeren Brüder zu beklagen hatte. Aus der Reihe der Theologen und Pädagogen sind vier unserer Namen zu streichen: Königk, Suckow, Kümp und Karow der Aecltere, der Schles, Gesellsch, f, vaterl. Cultur, 379 Johann Karl Königk war der Sohn des ehemaligen herzoglichen Regierungs-Registrators (die Ahnen des Biron’schen Fürstenhauses waren Herzoge) gleichen Namens zu Polnisch-Wartenberg, wo er am 7. De- cember 1737 geboren wurde, seine Jugend im elterlichen Hause verlebte und den Unterricht der Stadtschule unter deren damaligem Rector, Pre- diger Kerber, genoss. Nachdem er sodann bis 1805 das Gymnasium zu Brieg besucht, ging er nach Halle, um Theologie zu studiren, ward aber bereits nach 1'/, Jahren sammt allen Comilitonen, wie bekannt, durch Napoleon von dort vertrieben und kehrte auf Umwegen in die Vaterstadt zurück. Eben war die evangelische Pfarrstelle zu Ostrowo durch Todesfall erlediget, und auf Veranlassung des Pastor Winkler in Kempen bewarb Königk „mit nicht geringer Bangigkeit im Herzen‘ sich um dieselbe; bei dem damaligen Mangel an Candidaten erhielt er sie auch und ward zu Kalisch examinirt und am 30. August 1807 ordinirt. Nur höchst ungern hat er sich zu diesem Schritte und der damit besie- gelten Aufgabe einer geordneten Studien-Laufbahn entschlossen, um so mehr, als das zu übernehmende umfangreiche Pfarramt eine reiche Le- benserfahrung, die er als kaum 20jähriger Jüngling nicht besitzen konnte, und überdies die Kenniniss der polnischen Sprache forderte, die er sich erst anzueignen hatte. Die Verhältnisse waren jedoch stärker, als seine Bedenken, und einmal in die That getreten, half ihm energischer Wille alle Hindernisse überwinden und seine Wirksamkeit zu einer so geseg- neten zu machen, dass, als sie nach 7 Jahren endete, Amtsbrüder und Gemeinde mit gleicher Betrübniss ihn scheiden sahen. Nach dem Tode des Seniors und Hofpredigers Johann Wenzel Sassadius zu Polnisch- Wartenberg ward er 1814 dessen Nachfolger, sodann im Jahre 1836 Superintendent der Kreise Namslau und Wartenberg, welches Amt er bis Ende 1851 verwaltete, während er des Pfarramts, in welchem er 1857 sein S0jähriges Jubiläum feierte, bis Michaelis 1860 wartete, erst dann dureh schwere Krankheiten und steigendes Alter zum Abschied- nehmen bewogen; doch blieb er auch dann noch Mitglied des Kirchen- Gemeinderathes, auch noch mehre Jahre Stadtverordneter und betheiligte sich lebhaft an den Kirchen- und Gemeindeangelegenheiten. Als 82-jäh- riger Greis ging er am 5. Mai 1870 aus dem Leben, nur wenig über einen Monat nach seiner schwer leidenden, über 85-jährigen Gattin, mit der er fast seit Beginn seiner Amtszeit in Treue verbunden gewesen und an deren Sarge er noch rührende Worte gesprochen. Ein Denkmal schmückt die Stälte wo beide ruhen. Der Verblichene war, wie einer seiner Amtsgenossen ihn schildert, eine in jeder Beziehung achtungwerthe und allgemein hochgeachtete Persönlichkeit. Wo Amtspflicht rief, achtete er seine Gesundheit nicht, Arbeitsam:keit, Pünktlichkeit, die peinlichste Ordnung bis in’s Kleinste hin- ein, Gerechtigkeitsliebe zeichneten ihn aus, und was er war, war er 280 : Jahres-Bericht ganz. Mit gleichem Eifer, gleicher Kraft, wie dem ersten, hat er sich seinen folgenden Aemtern. hingegeben, und Behörden wie Gemeinden haben dies an seinem Jubeltage voll anerkannt, ja auch die zu Ostrowo erinnerte sich nach 43-jähriger Trennung noch seiner und beglückte ihn durch Deputationen, Segenswünsche und Liebesbeweise, nicht minder die kurz zuvor von seinem Sprengel abgezweigte zu Bralin, und die von Wartenberg übergab ihm ein Capital zu einer „Königkstiftung‘. Dass ein Mann von solch allgemein anerkannter Wirksamkeit sich geistig auf der Höhe der Zeit erhalten, darf wol nicht bezweifelt werden, die Erschei- nungen der Wissenschaft, wie die des äusseren Lebens interessirten ihn auf innerliche Weise, und er suchte ihnen gegenüber prüfend und urthei- lend Standpunkt zu gewinnen. Wenn er der Fähigkeit und Neigung zu eigenem literarischen Wirken nicht nachgab, so geschah es wegen der Pflege seines Amtes; und erst im Ruhestande hat er seinen Fleiss nach dieser Seite gewendet und eine Geschichte der evangelischen Kirche Wartenbergs, dann die der Stadt selbst geschrieben, die sich, jene in der dasigen Pfarr-Registratur, diese im Rathhaus-Archive aufbewahrt fin- den, — Mitglied der Gesellschaft war Königk seit 1834. Eine wie es scheint in vielen Stücken, besonders in der Gewissen- haftigkeit und im kräftigen Wollen verwandte Natur ist Gustav Friedrich Wilhelm Suckow, geboren am 25. März 1799 zu Münsterberg. Sein Vater Christian Adam, Sohn des Heinrich Nicolaus, der als Ober-Bürgermeister von Sondershausen im Jahre 1802 starb, verliess Thüringen, begab sich nach Schlesien und wurde 1794 Reetor der Stadt- schule in Münsterberg. Seine Mutter, eine Tochter des Senior Ulriei in Herrnstadt, eine reichbegabte, genügsame Frau, ertrug an der Seite ihres von Kummer oft gebeugten Mannes in Geduld und Ergebung die schweren Jahre des Krieges und der Theurung und theilte mit ihm red- lich die Sorgen, welche mit dem Auf- und Erziehen ihrer 4 Kinder ver- bunden waren. Gustav genoss den Unterricht seines Vaters, in der Schule und privatim, und sehnlichst wünschte der lernbegierige, fleissige und begabte Knabe, studiren zu können, was jedoch Mangel an Mitteln verbot. Das Jahr der Erhebung 1813 erfüllte auch ihn mit Begeisterung, und als ein bei den Eltern einquartierter russischer Oberst v. Sass ihm, wenn er als sein Secretär mit ihm zöge, nach beendetem Feldzuge seines Wunsches Erfüllung zusicherte, bewogen seine Bitten die Eltern zur Einwilligung, und der Vierzehnjährige ging mit gen Frankreich. In Paris ward er von seinem Gönner, dem er inzwischen durch Rettung aus Gefangenschaft und Todesgefahr seinen Dank zu erweisen Gelegenheit gehabt, mit den Mitteln ausgestattet, den dortigen Aufenthalt für sich nutzbar zu machen; das Französische, das er schon daheim eifrig be- trieben, lernte er mit ziemlicher Geläufigkeit sprechen, und mit Verständ- der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur, 381 niss wusste er die neuen Personen und Verhältnisse zu betrachten, wie sein Tagebuch aus jener Zeit bezeugt. Aber das verheissene Studium in Russland rückte in weitere Ferne, der Oberst musste längere Zeit in Paris, dann in Wien verweilen, dem Vorschlage, mit seinen Leuten nach Pe- tersburg zu gehen, wo er weiter für ihn sorgen wolle, zog Suckow, der inzwischen Selbstvertrauen gewonnen hatte, die Heimkehr in das Vaterland vor, traurig schied er nach 3monatlichem Aufenthalte im Juli 1814 von Paris, und aus dem väterlichen Hause begab er sich im fol- genden Jahre mit Einwilligung der Eltern nach Breslau, wo Rector Etzler in die Prima des Rlisabetans ihn aufnahm; ernster Wille und Fleiss erwarben ihm die Liebe des Rectors, die Unterstützung wolwol- lender Menschen, die Auszeichnung durch eine Prämie, und nach 2 Jahren bezog er die hiesige Universität zum Studium von Theologie, Philosophie und elassischer Alterthumswissenschaft, löste eine theologische und eine philosophische Preisaufgabe, trat in engeren wissenschaftlichen Verkehr mit Steffens, Braniss, David Schulz und K. A, Menzel, premo- virte 1823 mit einer Dissertation „De Platonis Parmenide“ zum Dr. phil. und erhielt 1825 Anstellung als Prediger im Dorfe Grünhartau bei Strehlen und zwar unter für ihn besonders erfreulichen Auspieien. Wir müssen über diesen Punkt ihn selbst reden lassen, um aus seiner Seele heraus ganz den schweren Conflict zu verstehen, durch welchen seine bis dahin, wenn auch mühereiche, doch so zielgerade gehende Lebens- laufbahn in einem scharfen Winkel gebrochen werden sollte. „Es war nämlich,“ schreibt er in einem Briefe, „in den Jahren 1817 bis 1823 eine Union der beiden protestantischen Confessionen mit Genehmigung des damaligen Landesherrn gestiftet worden, welche sich vor früheren Unionsversuchen dadurch vortheilhaft auszeichnete, dass sie nicht darauf ausging eine neue Lehrformel für jede streitige Kirchenlehre aufzu- stellen, auch in Cultus und Verfassung vorläufig nichts änderte, sondern den Grundsatz aussprach, durch das gemeinschaftliche Zurückgehen auf die heilige Schrift vermöge grammatisch historischer Auslegung derselben nicht nur den bisherigen Streit beilegen, sondern auch manche andere offenbare Irrthümer aus der Kirchenlehre entfernen zu wollen; und dass sie vermöge dieses Grundsatzes erklärte, es bestehe das Wesen der Union, die Grundlage für jeden weiteren Fortbau, eben in der freien Anerkennung dieses wichtigen und zugleich alt-reformatorischen Grund- satzes. Welch ein Glück war es nun für mich, der ich mit bren- nendem Durste nach Wahrheit erfüllt war und jede Lüge und Heuchelei verabscheute, dass ich bei meiner Einweihung zum Amte nur die Pflicht übernahm, nach bester Ueberzeugung, d. h. schriftgemäss, zu lehren ; und dass ich Diener einer Kirehe wurde, die zwar von allen ihren Mitgliedern bei der Taufe das in dem ältesten, sehr einfachen, sogenannten apo- stolischen Symbole ausgedrückte Bekenntniss ihres christlichen Glaubens % 282 Jahres-Bericht verlangte, aber von ihren Predigern kein davon verschiedenes, dasselbe näher bestimmendes und ergünzendes.“ Doch schon 1841 überkommen ihn trübe Ahnungen, als König Friedrich Wilhelm IV. ‚eine ganz neue Union mit der anglikanischen Kirche vollzog bei Gelegenheit der Stiftung eines anglikanischen Bisthums zu Jerusalem, durch welche einerseits die Verpflichtung der Prediger auf die viel Irrthümliches enthaltende Augsburgische Confession zurückgeführt, andrerseits die der deutschen und auch französischen Reformation, wider- sprechende Lehre von der Nothwendigkeit der Verschmelzung von Staat und Kirche in der Person des Landesherrn als schriftmässig anerkannt wrude.‘“ Schon im Jahre 1830 hatte Suckow seine Schrift: „Die drei Zeitalter der christlichen Kirche“ veröffentlicht, in welcher er nachzuweisen suchte, „dass die Union der beiden protestantischen Con- fessionen eine über sie beide hinausreichende, noch nicht be- merkte Tragweite habe, insofern dieser Kirche der Beruf von Gott zu Theil geworden sei, die höhere Einheit der beiden bisher feindlichen Kirchenformen, der katholischen nämlich und der protestantischen, nicht etwa vermöge eines zu schliessenden äusseren Vertrages, sondern durch das eigene Hervorheben des edlen, in jeder Kirche unter entstel- lender Hülle verborgenen Kerns, durch welches Hervorheben von selbst der feindliche Gegensatz verschwinden müsse, in immer grösserer Schön- heit und Vollendung nach allen Richtungen hin darzustellen.“ Aus diesem klar entschiedenen Standpunkte, welcher nicht das Dogma, sondern das christliche Wesen, nicht eine Formel, sondern die innere Gemeinsame, Triebkraft wie Ausdruck für die Vereinigung der Confessionen sein lässt, erklärt sich, wie scharf gerade Suckow den Druck des auftretenden Gegenstroms empfinden musste; und gerade in einem tiefen und ernst- haften Gemüthe wie das seinige musste das hineinleuchtende klare Be- wusstsein seiner eigenen Grundsätze starke Willensreflexe erzeugen. Be- reits im Jahre 1842 giebt er seiner Opposition freimüthige warnende Worie in einer Zeitschrift. Als im Jahre 1846 die rückläufige Bahn der evangelisch - unionistischen Bewegung,‘ die ‚ eigentlich schon mit den Dreissigerjahren begonnen, immer deutlicher wird durch die landesherrlich auf’s neue angeordnete Verpflichtung der Prediger auf die resp. confes- sionellen Symbole bei nur äusserer Festhaltung der kirchliehen Gemein- schaft der „beiden feindlichen Lager“, der Lutheraner und Reformirten, und als dabei insbesondere die oberbischöfliche Gewalt des Landesherrn, „obgleich diese nur de facto in einzelnen Aeusserungen sich gezeigt halte, nicht aber de jure bestand“, zur Anerkennung gebracht werden sollte — da erblickt Suckow einen Umsturz der ihm theuren wahren Union, der Union auf dem Boden christlicher Wesens- und Lebensgemeinschaft; er mit Gleichgesinnten zusammen petirt zuerst, dann, da dies fruchtlos, legt er Protest ein und erklärt indem er seinen eigenen streng biblischen der Schles. Gesellsch, £, vaterl. Cultur, 283 Standpunkt durch seine den Lehrschatz der heiligen Schrift umfassende Sammlung „Sprüche und Lieder zur Vorbereitung für die Confirmation“ (Breslau 1846) documentirt: „dass er der angeordneten neuen Reli- gionsgesellschaft nicht angehören könne, an der so bedeutende Ge- brechen bemerkbar seien, dass sogar eines derselben, das der wahren Union vernichtend entgegenwirke, als ihr geringstes zu bezeichnen sei, nämlich die Meinung, als sei sie durch die Schrift berechtigt, ein den ganzen Lehrgehalt der Bibel umfassendes, nicht etwa bloss die Grund- wahrheiten enthaltendes Bekenntniss aufzustellen und die Gewissen der Lehrer dadureh zu binden.‘“ Darauf erlässt er (Mitte 1848) einen „Aufruf an alle protestantische Christen in Schlesien, welche in den ge- senwärtigen Träbsalen Trost und Hülfe bei Gott finden wollen‘ (Schweid- nitz, Weigmann’sche Buchhandlung), worin er darlegt, weshalb er ‚‚das königl. Consistorium wegen wesentlicher an den Grundsätzen der Union vor einiger Zeit vorgenommener Aenderungen, die sogar den Kern des Christenthums anzutasten schienen, mit gutem Gewissen nicht mehr als seine geistliche Behörde betrachten konnte‘: ferner, dass auf gesetz- liehem Boden nach Landrecht, königlichem Erlass von 1847 und den » Märzverheissungen seine Trennung von der für ihn neuen Kirche zu- lüssig sei. Das Consistorium im Gegentheile fordert, „ungeachtet seines (des Consistoriums) offenbaren Religionswechsels“, Suckow’s Unter- werfung, und zwar mittelst eines vor Scholz und Gerichten durch den Landrath ihm ertheilten strengen Verweises. Suckow reicht Beschwerde und Bitte um Sehutz gegen Verfolgung beim Ministerium ein. Aber noch ehe er hierauf Bescheidung erhalten, die übrigens auch, und zwar unter schwerer Androhung, negativ ausfiel, lässt das Consistorium Suspension mit Androhung der Amtsentsetzung eintreten. Man kann sich leicht vor- stellen, welche Wirkung in damaliger wildbewegter Zeit, für die eine feinere Unterscheidung der Standpunkte, zumal bei einer ländlichen Be- völkerung, etwas sehr Fremdes war, jene Vorgänge zwischen ihrem Pa- stor und der Behörde auf die wirr erregten Geister haben mussten; um so mehr, als Suckow, der sich lediglich im kirchlichen Prineipien- streite befand, in geharnischten Kanzelreden zur Treue gegen den König und die monarchische Verfassung, zu Achtung vor Recht und Gesetz er- mahnte, und zwar mit Erfolg bei der Mehrzahl; um so sicherer also der Anfeindung seitens’ der gährenden Köpfe, wie der unsaubern Elemente, welche bei jeder Bewegung freiwillige Kosackendienste thun. Nächtliche Ruhestörungen, Fensterzertrümmerungen, wiederholte Anschläge auf sein Leben untergraben durch die stete Aufregung seinen von Arbeiten schon geschwächten Körper, nöthigen ihn, „fast auf die Hälfte seines Einkom- mens um seines Gewissens willen Verzicht zu leisten“, und endlich Ver- zicht zu leisten ohne Ruhegehalt auf die äusseren Rechte seines seit 24 Jahren geführten Amtes, doch mit dem ausdrücklichen Vorbehalte 284 Jahres-Bericht der ihm durch die Ordination ertheilten Befugnisse „eines christlichen und evangelisch-unirten Geistlichen“ und seines Rechts auf volle Entschädi- gung für den Verlust seines Einkommens, „da sein Verbrechen nur im treuen Festhalten an seinem Ordinationseide bestehe“. Das Herz voll Sorge um seine zahlreiche Familie, deren Unterhalt durch den ihm von seinem Gewissen dietirten schweren Entschluss in Frage gestellt ist, be- giebt er sich nach Breslau und erlässt hier, um dem Verdacht zu be- gegnen, als hätte er im Bewusstsein strafwürdiger Vergehen der weitern Fortsetzung des Verfahrens gegen ihn entrinnen und einer verdienten Absetzung zuvorkommen wollen, durch die „Schlesische Zeitung“ (vom 12. März 1849) eine Erklärung, worin er seine Sache darlegt und zu- gleich an „Alle, welcher Confession sie auch angehören mögen“, die Aufforderung richtet, sofern sie nur mit den Hauptgrundsätzen der evan- gelisch-unirten, das göttliche Wort wahrhaft über alle Menschensatzungen erhebenden Kirche einverstanden sind und an gottesdienstlichen Vorträgen sich zu erbauen wünschen, welche meiner Ueberzeugung nach eben so schriftmässig sind, als sie mit den Anforderungen eines vernünftigen Den- ‘ kens und wahrer Humanität übereinstimmen“, sich mit ihm an der Wiederherstellung und Vervollkommnung der wahren Union wirksam be- theiligen zu wollen. Auch erklärt er sich bereit, Vorlesungen über das Wesen und die Gestaltung der evangelisch-unirten Kirche in Bekenntniss, Gottesdienst und Verfassung zu halten. Dass solche in die Tiefe der Dinge gehende Bestrebungen und Betrachtungen in jener von weit an- deren Ideen und Interessen stürmisch bewegten Zeit keinen Anklang fanden, ist selbstverständlich. Ein richtiges Urtheil über Suckow zu bilden, war dieselbe am wenigsten geeignet. Der aufregenden Unruhe und den Gewissenskämpfen entrückt, fühlte sich Suckow gleichwohl in unserer ihm ‚‚von der Schul- und Universi- tätszeit her im dankbarsten Andenken stehenden‘ Stadt, so brausend die Wässer dazumal auch hier noch waren, und so problematisch für's erste seine äussere Lage, „wie in einem Hafen angelangt“. Auf Grund seines Doctorgrades habilitirte er sich mit einer Dissertation „de ratione, qua se habeant Spinozae tractatus theologico-politicus ad ejus ethicam“ in der phi- losophischen Facultät und hielt fortan Vorlesungen über Pädagogik und über Platon’s Dialoge, die übrige Zeit der Sorge für seine Fa- milie und ernster wissenschaftlicher Arbeit zuwendend. In der ersteren, die er durch Aufnahme von Pensionairen noch erweiterte, stand ihm seine treffliche Gattin (eine Tochter des Rectors vom Elisabetan, Sam. Gottfr. Reiche, der auch in unserem Kreise als langjähriger fleissiger Mitarbeiter und Präsidialmitglied ein befestigtes Andenken geniesst) treu und tapfer zur Seite, mit ihm einer Seele und eines Sinnes. Als Früchte der andern sind zu verzeichnen das 1855 erschienene, in der Gelehrtenwelt mit Anerken- nungaufgenommene Werk „Die wissenschaftliche und künstlerische Form der der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 355 platonischen Schriften in ihrer bisher verborgenen Eigenthümlichkeit‘“ und die zwei handschriftlich überbliebenen: „Ueber die ächten Platonischen Gesetze“ und: „Ueber das Wesen der wahrhaft evangelischen Kirche in Lehre, Cultus und Verfassung“, deren posthumer Veröffentlichung wir nach des Verfassers Willen entgenzusehen haben. Beide Arbeiten waren ihm Lebensaufgaben: die eine, seine Anordnung der Platonischen Schriften weiter zu begründen, die andere, seine religiöse und kirchliche Ueber- zeugung*vor der Welt klarzustellen. Mit seinem tragischen Kampfe für die Union, die er „seine süsseste Hoffnung“ nennt, steht er, auch in unserem Schlesien, nicht allein. In seiner Auffassung des rechtlichen Standpunkts bietet sich von selbst eine interessante Parallele zu anderweiten Vorkommnissen unserer Tage. Seine persönliche Art und Weise, nicht für den lauten Verkehr geschaffen, hat wol Wenige zu einem rechten Verständniss und Würdigen seines geisti- gen und Charakterwerthes, sowie des von ihm auf dem Altare des Ge- wissens dargebrachten Opfers gelangen lassen. Eine reine, gedanken- volle Frömmigkeit, Ernst der Wissenschaft, lautere Sittlichkeit und Wahr- heitliebe kann Keiner ihm streitig machen. Unsere Gesellschaft, deren Mitglied er seit 1853 war, verdankt ihm manchen gedankenreichen Vortrag. Das aufrückende Alter, welches durch schwere Schlaganfälle seinen Körper heimsuchte, vermochte sowenig wie die früheren Schick- sale Geistesmuth und Gottvertrauen bei ihm zu brechen oder seinen Ar- beitfleiss zu lähmen. Am 2. April 1870 endete ein abermaliger Schlagfluss sein Erdendasein. Auf einem Friedhofe wo Protestanten, Katholiken und Juden ruhen, ward er unter Absingung eines ihm lieben Chorales seinem Willen gemäss beerdiget. Er war der letzte der 3 Brüder Suckow, deren einer, Adolf, bekannt unter dem Schriftstellernamen „Posgaru‘“, als Professor und Hofprediger zu Breslau im Jahre 1847, der andere, Eduard, verheirathet mit des unsrigen Schwägerin, als Pastor zu Lam- persdorf bei Frankenstein im Jahre 1861 gestorben ist. Als praktischer Schulmann, zuerst der Volksschule zustrebend, dann. dem höheren Lehrfache gewidmet, tritt uns Friedrich August Kaemp gegenüber. Er ist geboren in Reichenbach i. Schl. am 28. Februar 1802, Sohn eines Veteranen aus Friedrichs d. Gr. Zeit. Die Eltern lebten in sehr dürftigen Verhältnissen; der Vater ein Mann von hoher Sittenstrenge und Energie des Charakters, die sich bis zur Schroffheit steigerte; die Mutter eine Frau von grosser Gemüthstiefe.. Diese Eigenschaften erbt der Sohn, sie bilden den Grundzug seines Wesens durch sein ganzes Leben. Er besucht die Stadtschule des Geburtsorts unter Rector Fech- ner, bereitet sich für’s Lehrfach vor, tritt 1818 in’s evangel. Seminar zu Breslau; hier aber wird er durch Tactlosikeit oder Unvorsichtigkeit eines Lehrers genöthist, die Anstalt, an der er durch Fleiss und treffliches 986 Jahres-Bericht Betragen sich ausgezeichnet, vorzeitig zu verlassen. Jener nämlich gab als Thema eines Aufsatzes die Kritik des Seminars, seiner Lehrer und Einrichtungen, und Kämp, als er auf die Frage, ob dabei die volle Wahr- heit gesagt werden dürfe, bejahenden Bescheid erhält, macht hiervon um- fassenden Gebrauch, so dass Direetor und Lehrer erklären, bei solchen Ansichten und Auffassungen könne er der Anstalt nicht weiter angehören. Er wird nun zwar relegirt, zugleich aber unter der Hand mit Empfeh- lungen und Stipendien ausgerüstet, so dass seine Laufbahn nicht abge- brochen ist, vielmehr in einer seinen Fähigkeiten entsprechenderen Weise fortgesetzt werden kann. Bei dem eben gegründeten Gymnasium zu Ra- tibor tritt er, unter Linge’s Directorat, in die Secunda ein, überwindet mit angestrengtem Fleisse die Lücken seiner Vorbildung und besteht . schon 1822 die Abiturientenprüfung (die erste dieser Anstalt) mit dem Zeugniss Nr. 1. Bis 1825 studirt er in Breslau Philologie, unterrichtet bereits während dieser Zeit und dann als Candidat an dem Reiche- schen (vorher J. W. Oelsner’schen, nachher an Eeclesiast Eggeling übergegangenen) Privat-Institute für Knaben, wird 1827 als 8. College an’s Elisabet-Gymnasium berufen, wo er im Laufe der Jahre zum 3. Col- legen, Ordinarius der Tertia und dem (erst unter Friedrich Wilhelm IV. eingeführten) Prädieat „Oberlehrer“ aufrückt. Empfohlen durch Reiche, der ihm sehr wolwollte, ward er an Michael Morgenbessers Stelle (+ 16. Juni 1841) zum Rector der „Bürgerschule zum heiligen Geist“ gewählt, begleitete dieselbe 1856, als sie durch das Claassen’sche Ver- mächtniss zu einer „höheren Bürgerschule‘“ erweitert worden, in Ueber- einstimmung mit dem ausdrücklichen Wunsche des Testators in diese neue Aera, ward 1860, nachdem die Anstalt in die Reihe der „Real- schulen I. Ordnung‘‘ aufgenommen worden, durch den Minister v. Beth- mann-Hollweg mit dem Titel „Director geehrt, und waltete seines Amts bis zunehmende körperliche Leiden ihn im Jahre 1568 erst zu län- gerem Urlaub, dann zu gänzlichem Scheiden zwangen. Am 6. Juli 1870, verschied er, vergebeus Heilung suchend, im voigtländischen Bade Elster. Mitglied unserer Gesellschaft ist er seit 1841 gewesen. Kämp’s wissenschaftliche Lieblingsbeschäftigung sind immer die Klassiker der Römer und Griechen geblieben, sowie eingehende gram- matische und etymologische Studien beider Sprachen, die er stets mit einander in innere Beziehung zu setzen wusste. Diesen Studien entspross eine Arbeit über „Cum“, die er im „wissenschaftlichen Lehrervereine* vorgelesen, und eine andere über die Comparation der als Adjectiva ge- brauchten Partieipien im Lateinischen und Deutschen, gedruckt im Pro- gramme der „Realschule zum heiligen Geist‘ von 1867. Ausserdem ent- halten die Programme dieser Anstalt von 1843 bis 1848 in ununterbro- ehener Folge von ihm Schulreden und pädagogische Abhandlungen. An- derweite wissenschaftliche Publieationen seiner Feder sind uns nicht be- En a u u ee er a en an ‚der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 287 kannt worden. Von seiner ernsten Auffassung des Lebens und der Welt legt das Thema seiner Antrittsrede als Reetor Zeugniss ab: ‚‚Non-sine Dis, oder über die im Leben der Einzelnen wie der Völker sichtbar werdende göttliche Weltregierung im Verhältnisse zur menschlichen Wil- lensfreiheit“. Ob er als Pädagog, wiewol aus der trefflichen Reiche- schen Schule, stets auf rechter Fährte ging, ob seine Methode allerwegs die richtige, ob er immer ganz unbefangen im Urtheil über die Schüler, und ob zumal seine Anwendung der Ironie im Tadel nicht eine manchem Schülergemüth gegenüber bedenkliche Waife, bleibt fraglich. Bestes Wollen wird ihm Niemand absprechen, und mit stets bereitem Eifer, für Manchen als Muster zu empfehlen, hat er die vom Amt freigelassenen Stunden gemeinnützigem Thun gewidmet; nicht nur, dass er gern bei öffentlichen Anlässen in gut schlesischer Art zum Gelegenheitsdichter ward, er betheiligte sich auch an den Bestrebungen für Volksbildung, z. B. an den durch mehre Jahre in den Räumen seiner Anstalt fortgesetzten Sonntagsvorträgen für Handwerksgesellen, und zwar dies in einer recht praktischen Weise. In kirchlichen Fragen gehörte er einer massvoll freien protestantischen Richtung, und als das Zeitalter der politischen Arbeit eintrat, nahm Kämp alsbald regen Antheil an dieser, ebenfalls mit der Tendenz massvoller Freiheit; das Jahr 1848 sah ihn bei den volksthümlichen Bestrebungen der eonstitutionellen Partei zur Seite von Wilda und Ambrosch, an den von diesen in’s Leben gerufenen Zeit- schriften „Landbote“ und „Volksblatt“ betheiliget. Auch in den grösseren Zeitungen hat Kämp oftmals und über verschiedene Gegenstände Auf- sätze geliefert, politische, kirchliche, pädagogische. Vieles noch Unge- druekte, darunter auch Schulgebete und Lieder, befindet sich in sicherer Hand. Wo aber die fleissigen Vorarbeiten zu dem mit Dr. Ruthardt (F) zusammen projectirten lateinischen Lexicon geblieben, kann nicht an- gegeben werden. Ein anderer Pädagog, unser correspondirendes Mitglied seit 1842, Friedrich August Karow (der Vater), wurde am 25. November 1793 zu Stettin geboren, Sohn eines Kaufmanns. Das Jahr 1813 führte ihn in die Reihen der freiwilligen Jäger. bei dem pommerschen Infanterie-Regiment „Colberg‘‘; bald aber, schon im Februar 1814, musste er wegen Kränk- liebkeit wieder austreten, und wurde nun bei dem Kriegscommissariate des 6. Armee-Corps angestellt. Vom October 1814—1817 studirte er in Berlin Philosophie, ging dann nach Dresden und Jena und übernahm im Jahre 1818 die Erziehung der Enkelsöhne des regierenden Grafen Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode, damals in Pe- terswaldau wohnhaft, welche Stellung er ein Jahr später mit der beim Grafen Ernst v. Seherr-Thoss vertauschte. Eine auf Staatskosten unternommene pädagogische Reise führte ihn lernend und lehrend in die 288 Jahres-Bericht Lehrer-Seminarien Pommerns, Preussens und Sachsens, worauf er im Jahre 1823 Anstellung am Seminare zu Neuwied bekam. Im Herbst 1827 ver- ehelichte er sich. Zu derselben Zeit wurde er als zweiter Oberlehrer an das Seminar zu Bunzlau versetzt, wo er 1843 die Leitung der mit demselben verbundenen Uebungschule erhielt und zum 1. Oberlehrer auf- rückte. So wirkte er mit Erfolg, geliebt von seinen Zöglingen, bis zum Jahre der Stiehl’schen Regulative. Angesichts derselben fasste er den Entschluss, da er sich in deren Bahnen nicht zu finden und in ihnen das beste Theil seines Strebens und Wirkens nicht wiederzufinden vermochte, seinen Abschied zu nehmen; ein Schritt, der überdies seiner schwächlichen Körperbeschaffenheit höchst nöthig war. Ein öffentliches Document dieses Zwiespalts, ihm durch eine öffentliche Aufforderung in den „Berliner Blättern“ seines Freundes, des Gymnasial-Direetor Bonnell abgenöthiget, stammt erst aus dem Jahre 1861; mit dieser seiner „nothgedrungenen Abwehr‘, abgedruckt im „Schlesischen Morgenblatt“ Nr. 148 v. 23. Sep- tember ej. a., trat er nach Löschke und Chr. G. Scholz als Dritter in die Reihe der Schulmänner, welche die schlesischen Seminare gegen die von Stiehl erhobenen schweren Vorwürfe vertheidigten. In seinem Ruhestande widmete er sich voll und ganz seinem Lieb- lingsstudium, der deutschen Literaturgeschichte, seine nachgelassenen Ar- beiten, ob er auch mit ihnen nicht an die Oeffentlichkeit getreten, zeugen von ernstem wissenschaftlichen Streben und gründlichem Wissen. Der Tod seines einzigen Sohnes im Frühling dieses Jahres brach seine letzten Lebenskräfte: am 19. September entschlief er im fast vollendeten 77. Jahre. Der talentvolle Sohn des Vorigen, Maximilian Theodor Karow, ward geboren zu Bunzlau am 8. August 1323, besuchte zuerst die Schule des dortigen Waisenhauses, dann die evangelischen Gymnasien zu Lauban und Gr.-Glogau, und bezog nach ehrenvoll bestandener Abgangsprüfung 1847 die Universität Berlin, wo er durch 4 Jahre hauptsächlich alte und neue Sprachen studirte, ein Zuhörer von Boeckh, Lachmann, W. Grimm, Bopp, Massmann, Lepsius, Wilh. Schott, Geltzer, Waagen, Märker, Wetzstein, Weber, Petermann, Uhlemann und Pietraszewsky, liebreichst aufgenommen im Hause seines ver- ehrten Rückert, mit dessen jüngstem Sohne Leo ihn bald brüderliche Freundschaft verband, ebenso in engeren Verkehr gezogen von den Freun- den seines Vaters, Bonnell und Karl v. Lancizolle, wie von seinen Lehrern Bopp, Lepsius, Schott und W. Grimm, und durch letzteren Jacob Grimm zugeführt. Neigung wie Talent befähigten ihn, sich in einer beispiellos raschen Weise der verschiedensten Sprachgebiete zu bemäch- tigen (schon mit 20 Jahren war er des Chinesischen mächtig), woneben er historische und philosophische Studien nicht vernachlässigte und der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 289 namentlich der Aesthetik oblag, häufig die geistsprühenden, auf alle In- teressen des Tages lebhaft eingehenden Predigten Fr. W. Krumm- webers hörte, und durch die politischen Erregungen der Jahre 15848 und 1849, wie sehr sie auch ihn ergriffen, von dem Gange seiner Studien nicht sich abwendig machen liess. Diese setzte er auch 1851/52 fort nach der Rückkehr in’s väterliche Haus, hier besonders Bopp’s .‚verglei- chende Grammatik“ durcharbeitend. Folgenden Jahres verband er mit sei- nem Heeresdienst als einjähriger Freiwilliger den Aufenthalt in Halle, wo er des belehrenden Umgangs von August Pott genoss, dem er durch ein chinesisches Buch zugeführt ward, das er in einem Antiquar- laden gesehen und dessen Titel und Inhalt er dem rathlosen Bücher- händler zugänglich gemacht hatte. Im Sommer 1853 führte ihn ein grosses Herbstmanöver durch die schönsten Gegenden der Provinz Sachsen und Thüringens und er besuchte an Ruhetagen den klassischen Boden von Weimar, Gotha, Erfurt, der Wartburg, Pforta ete. und den Kyffhäuser. Nächsten Jahres wieder in der Heimat trieb er Ungarisch und Russisch und manch anderen Sprachenzweig, selbst das Zulukafferische nicht aus- geschlossen. 1855 promovirte er im Februar in Breslau mit einer Ab- handlung ‚de ratione qua in diversissimis diversissimarum gentium lingwis fit comparatio“ zum Dr. der Philosophie und habilitirte sich noch an der Jahresscheide durch die Abhandlung ,‚‚De Bernardo del Carpio, Hispano- rum heroe‘‘ und die Antritts-Vorlesung ‚über das Leben und die Werke des Camoöns, dessen Stellung zur portugiesischen Literatur und sein Ver- hältniss zu den grossen Epikern anderer romanischen Nationen.“ Ueber- glücklich, wie er sich selbst nennt, in dem Gefühle, nun erreicht zu ha- ben, was er mit straffem Ernst und Mühen erstrebt, hat er sich, wie jeder Kundige bezeugen muss, mit Lebhaftigskeit und Fleiss seinem Berufe in die Arme geworfen, denen nur eben seine grosse körperliche und geistige Spannkraft gleichkam, und denselben freiwillig über die Kreise des amtlich Obliegenden ausgedehnt, nicht allein um des bei kärglicher Besoldung bald nothwendig werdenden Erwerbes willen, sondern wie oft auch zu einer Geldquelle für milde Zwecke, oder zur allgemeinen För- derung in Kenntnissen wie in festlicher Erhebung. Er las nicht nur Col- legia über sämmtliche romanische Sprachen, auch die entlegneren, und über ihre Literaturen, über das finnisch-tatarische Sprachengeschlecht, über chinesische Sprache, Schrift und Literatur, türkische, gälische Gram- matik u. A., dabei die Bereicherung seines Sprachenkenntniss-Schatzes mit einem wahren Heisshunger immer weiter ausdehnend; sondern er behan- delte auch kleinere und grössere Gebiete der modernen Literatur über- haupt, wie der deutschen insbesondere und verwandte andere Themata; von 1856 bis zum letzten Semester, das er erlebte, hielt er auch vor einem nichtakademischen Kreise, zum grossen Theile aus Zuhörerinnen bestehend, Vorträge über mamnigfache Gebiete der Literatur- und Cultur- 19 I90 Jahres-Bericht geschichte, die den geräumigen Musiksaal meist bis auf den letzten Platz füllten, und ebenso übernahm er stets einen der vom Präsidium unserer Gesellschaft, der er seit dem Jahre seiner Habilitation (1856) angehörte, veranstalteten Sonntagvorträge, sehr oft, er der stets sattelfertige, den ersten in der Reihe, wenn den andern Docirenden die Saison zu früh kam; und noch im vorletzten Winter sprang er rasch mit einem Cyklus ein, um den nothleidenden Lehrern im hungernden Ostpreussen zu helfen, gleichwie er 1866 neben seiner pflegenden Gattin in den Lazarethen den Verwundeten Dolmetscherdienste leistete. Viele nationale Denktage wur- den in einem oder dem andern Kreise durch sein Wort den Gemüthern inniger erschlossen: so der 100-jährige Schiller’s, das Hinscheiden Uh- lands, der 600-jährige Dante’s; oder es äusserte sich seine Muse in sangbarem Liede, in schwungvollen Prologen und Epilogen. Mit einer grossen Fertigkeit begabt, verschiedene Glieder geschickt und geschmack- voll zu einem Ganzen zu verbinden, unterstützt von ungemeiner Belesen- heit, welcher seine Stellung bei der Universitätsbibliothek die besten und neuesten Quellen zuführte, wie von einem riesigen Gedächtnisse, von Ge- wandtheit des Ausdruckes und glücklicher, von poetischer Empfindung getragener Uebersetzergabe, zu Hause in den Literaturen der Neuzeit wie des christlichen und arabischen Mittelalters, war Karow ganz der Mann, grösseren, selbst den mässiger vorgebildeten Kreisen Blicke in Re- sionen des Wissens zu öffnen, Urtheile und Darstellungen von Sehrift- stellern und Forschern ihnen vorzuführen, zu denen sie auf eigenen Füssen schwerlich je gelangt sein, zu deren Werken sie mit eigener Hand kaum jemals gegriffen haben würden. Hatte nun Max Karow, seit 1857 als 2. Custos bei der Universitätsbibliothek angestellt, auch durch dieses Amt, dessen er mit der liebenswürdigsten Dienstbeflissenheit füs das Publikum waltete, noch einen bedeutenden Zuwachs an Beschäf- tigung, so darf es nicht wundernehmen, dass von ihm, dem noch nicht /weiundvierzigjähren, grosse Leistungen selbständiger Förderung der Sprachwissenschaft, die das ausgesprochene eigentliche Ziel seines Stre- bens, nicht hinterlassen sind; vielmehr ist es staunenswerth, und nur aus der kräftigen Ausrüstung seines physischen Theiles zu erklären, auf die er, obwol vor wenigen Jahren durch starkes Memento gewarnt, eben nur zu schrankenlos pochte, dass er in einer so vielseitigen und angestrengten Thätigkeit auszudauern vermochte ohne Ermattung und noch stets Zeit übrigzubehalten für die seinem DBedürfniss geistiger Erholung und Anfrischung dienende Geselligkeit, sowie des Sommers zu häufigen Strei- fereien im Schlesierlande bis über die Berge gen Böhmen hinaus. Eine bedeutende Stütze stiller Mitwirkung besass er in-seiner Gattin, die ihm in mannigfacher Hinsicht literarische Beihülfe leistete. Nur unter solchen Umständen vermochte er sein staunenswerth Vieles zu bewältigen. Es war ihm Kleinigkeit, nach wenigen Stunden Schlafes mitten in der Nacht der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 39] des Winters aufzustehen und bis zum Morgen an einem Vortrage für den Abend zu schreiben oder zu dietiren. Die starke Sammlung von Manu- seriptbänden dieser Vorträge (eine Reihe derselben, über Frauengestalten in der Literatur, wenn wir nicht irren, war er herauszugeben gesonnen, Robert Weigelt sollte Portraits dazu arrangiren) ist leider theilweise dureh Elende geplündert, welche ihm davon abborgten zu eigenem Ge- brauch, ja unter Verschweigung des Autornamens selbst damit glänzten, und das Geliehene nicht wiedergaben. Karow’s ungemeine Gutmüthig- keit überhaupt, welche seinem hitzköpfigen Aufbrausen mehr als die Wage hielt, hat, wie dieses, ihn in manche Widerwärtigkeiten geführt, und er, der bei seinem bescheidenen Huusstande leidlieh hätte auskom- men und so seine Arbeiten mehr eoneentriren können, musste um steter Geldsorge willen sich zersplittern, da er für eine bedeutende Schuldsumme freundschaftliehe Bürgschaft geleistet, welche zu tilgen dann ihm allein als drückende Last blieb, der er redlich genügt hat. Hiervon endlich befreit, war die weitere Spanne seines Lebens zu kurz, dieser Freiheit in Früchten zu geniessen. Reichlich mit Talenten ausgestattet — wie er denn z. B. auch vir- tuos war in Nachbildung der morgenländischen, auch der chinesischen Schriftzeichen in correeten und sehönen Formen —, mit einer raschen und lebendigen Auffassung, der „Mann mit dem grossen Gedächtnisse‘“, wie Braniss gern ihn nannte, mit einem wolklingenden, geschulten Stimm- organe, verband er mit einer glücklichen Formbegabung für die Mutter- sprache eine erregte ästhetische Empfindung, eine biegsame Anempfindung des fremden Genius, und in eminenter Weise die Fähigkeit, den Organismus fremder Idiome rasch aufzufassen und sich ihrer soweit zu bemächtigen, als es zum inneren Verständniss ihrer literarischen Quellen nöthig ist; so vermochte er, eine Reihe selbst der entlegensten Literaturen ohne Ver- mittelung Dritter sich zu erschliessen und selbst an mancher ihrer Perleu zum Uebersetzer zu werden; Stücke letzterer Art flocht er dann nicht ohne einen merkbaren Zug von Wolgefallen seinen Vorträgen ein, die er überdies reich zu durehstreuen wusste mit interessanten Pointen und mit bunten Blüthen von Probestücken, Gedichten, Aphorismen, so dass er die Zuhörer nicht rasten liess, ja sie bisweilen mit der Fülle fast er- drückte. Wolfram von Esehinbach, Dante, Shakespeare und Göthe, und wnter den Orientalen der tiefsinnige M&öwlana Dseheläl- Eddin Rümi waren seine Lieblings-Dichtergrössen, und es ist selbst- sprechend, dass, so getragen, eine Seele über den Wassern bleiben muss auch wenn das Leben auf sie einstürmt. Eine so kraftstrotzend angelegte Natur ist nicht immer zum Masshalten gerichtet, und Diejenigen, welche Max Karow nur auf seine Schattenseiten hin ansahen, die doch nur die Rückseiten seiner guten Eigenschaften waren, vergassen des Wortes von Göthe, womit K’s Vater die Biographie schliesst, die er dem Sohne 19* 292 Jahres-Bericht geschrieben und die wir anderswo drucken werden: „...Wir leiden Alle am Leben. Wer will uns, ausser Gott, zur Rechenschaft ziehen? Tadeln darf man keinen Abgeschiedenen. Nicht was er gefehlt und gelitten, sondern was er geleistet und gethan, beschäftige die Hinterbliebenen! An denFehlern erkennt man den Menschen, an den Vorzügen denEinzelnen. Mängel haben wir Alle gemein; die Tugenden gehören Jedem besonders.“ Von seinen Freunden ward ihm ein Denkmal auf den Grabhügel gesetzt, zu welchem der 19. April d. J. ihm die Pforte geöffnet, indem er sein dunkel feuriges Auge für immer schloss. Ihren Blutzoll zum grossen Werke des Jahres stellt unsere Gesell- schaft in Dr. Georg Korn, einer der vorigen nicht unverwandten, aber mehr geschlossenen Natur. Georg Anton Werner Korn, Sohn des Justizraths Ludwig Korn, war geboren zu Frankfurt a/O. am 15. Sept. 1837*) und hat dort im elterlichen Hause unter glänzenden Verhältnissen seine Kindheit verlebt; ein wilder Knabe, — ‚‚manche Sorgen haben (schreibt ein ihm Befreundeter)die Seinen um ihn gehegt, bis sein lebhafter Geist in die schönen Bahnen eifriger Studien gelangt war.“ Nach des Vaters Tode (1851) erhielt er seine weitere Erziehung bei seinem älteren Bruder, dem Regierungsrath Rudolph Korn zu Cottbus. Nachdem er hier das Abiturientenexamen wol bestanden, studirte er 1858 bis 1861 in Breslau die Rechte. Mit reichen Kenntnissen ausgerüstet, kehrte er zu den Seinen zurück und legte die erste juristische Prüfung beim Appel- lationsgerichte zu Frankfurt so glänzend ab, dass der Chef-Präsident ihm sagte, sie sei nur eine gelehrte Unterhaltung zwischen ihm und den Examinatoren gewesen. Bis 1862 Auscultator in Cottbus, erhielt Korn, der durch eine archivalische Arbeit über die in Cottbus vorhandenen älteren Urkunden die Aufmerksamkeit der höheren Archivbeamten auf sich gelenkt hatte, im Mai letzteren Jahres Anstellung als Secretair beim hiesigen Provinzial- (jetzt Staats-) Archive, die ihm den willkommenen Boden erschloss für weitere Arbeit historischer Forschung und: Darstel- lung inmitten der literarischen Hülfsquellen einer Universitätsstadt ; doch hielt er als Hauptziel seines Lebens die Erringung eines Lehrstuhls für Rechtwissenschaft an einer deutschen Hochschule fest im Auge, promo- virte hierfür 1863 zum Dr. jur. mit der Dissertation ‚De obnoxiatione et vadio antiquissimi juris Germanici‘‘, habilitirte sich 1869 mit der Schrift „De jure cereditoris in personam debitoris, qui solvendi non est, secundum Jus aevi medii Germanicum“ als Docent für deutsches Recht und las nun über den Sachsenspiegel, Tacitus’ „‚Germania‘, deutsches Privatrecht und Rechts- geschichte mit so günstigem Erfolge, dass er rasch einen zahlreichen Hörer- kreis umsich gewann. Oft schien es ihm freilich, als reichten seine Kräfte nicht aus für das zwiefache Amt und die dabei gepflegte literarische Thätig- *) Nicht 1838 oder 1839, wie anderweit berichtet worden. der Schles. Gesellsch. f. vater. Cultur. 293 keit, die ausser den zu nennenden umfangreichen Werken noch manche kleinere Arbeiten veröffentlichte, wie die über die Colonisation Schlesiens durch die Deutschen, gedruckt als ein Theil der Festschrift für die Ver- sammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu Breslau 1869, auch oft- mals Vorträge in unserer Gesellschaft (welcher er seit 1864 angehörte) wie im Schles. Geschiehtvereine darbot, und in seinem Nachlasse eine fast vollendete Abhandlung über ‚des Ulfilas gothische Bibelübersetzung als Quelle des ältesten deutschen Rechts, sowie reiches Material zu einer deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte als ihre Früchte aufweist. Jene grösseren Werke, 3 archivalische, sind: 1) die „‚Regesta episcopatus Vratisla- aiensis“ (bis 1302), die er 1864 mit Grünhagen zusammen herausgab, und zwar hierin seine Arbeit die Regesten aus der Zeit der beiden Bischöfe Th o- mas; 2) die „Schlesischen Urkunden zurGeschichte des Gewerberechts, ins- besondere des Innungwesens aus der Zeit vor 1400“, druckfertig vor dem Kriege von 1866, erschienen 1867 als 3. Band des vom schlesischen Geschichts-Verein edirten „Codex diplomaticus Sil.“, eine höchst werth- volle, für weitere Forschung und Uebersicht auf diesem Gebiete Licht und Luft schaffende Leistung; 3) das „Urkundenbuch der Stadt Breslau‘“ (1870;leidernur Bd. 1), womit unsere Metropole in die Bahn tritt, welche klei- nere Städte der Provinz bereits vor ihr beschritten; ein Werk, von welchem der strenge Kritiker inZarncke’s „Literarischem Centralblatt‘‘ (1870 Nr. 41), obwol er eine ziemliche Reihe von Ausstellungen macht, die sich zumeist auf eine „zu enge Begrenzung der editorischen Verpflichtung‘‘ basiren und am Schlusse in eine Anzahl nun leider unerfüllbar gewordener De- siderate für künftige Bände zusammenfassen, das Urtheil abgiebt: für die Correetheit des Abdruckes aus den Originalen bürge neben dem günsti- gen Eindruck, den man beim Lesen empfängt, der Charakter des Heraus- gebers und seine frühere (unter 2 genannte) tüchtige Leistung. — Speciell höchst wichtig für unsere Stadt ist auch seine nach dem Tode zum Druck gekommene Arbeit: „Die Pflichten der Stadt Breslau gegenüber den evangelischen Kirchen daselbst seit der Reformation“ (in Dove-Fried- berg’s „Zeitschrift für Kirchenrecht‘‘ IX, 4. 1870). Als im Jahre 1866 der Krieg ausbrach, zog Korn, der Landwehr- Lieutenant war, dem 38. Regimente (3. schles. Füsiliere) zugetheilt mit gen Böhmen, führte bei Skalitz einen Schützenzug und, weit der Front vor- aus, plötzlich von versteckt gewesenen österreichischen Jägern umringt, focht er mit deren Hauptmann Klinge an Klinge, bis seine Leute ihn be- freiten und jener sein Gefangener ward. Seinem unerschrockenen, ent- schlussfrischen und selbstbewussten Wesen, das sein Benehmen öfters ‚schroff, ja sonderbar erscheinen liess, entsprach das Waffenleben, wie seinem Fleiss das stille Studium. In allen Strapatzen des Feldzuges fro- hen Muthes und feurigen Eifers, in Brünn von der Cholera befallen, aber bald wieder bei seinem Regimente Mitkämpfer von Königgrätz, kehrte 294 Jahres-Bericht er mit dem Frieden unverwundet nach Breslau zurück. Nicht so aus dem jüngsten deutschen Kriege, dem er, als einer Fortsetzung der Frei- heitkämpfe von 1813, voll Kampfeslust und guten Muthes entgegenging, auf eigenen Wunsch bei dem Regiment „Königin Elisabet“, um mit in erster Linie stehen zu können. Die grosse dreitägige Schlacht um Metz sandte am 18. August ihm die tödtliche Kugel zu schnellem Ende mitten in’s Herz, als er in der Mitte seines Schützenzuges die Höhen von Aman- villers stürmte; auf einer Wiese im Thale zwischen Verneville und Aman- villers, gegenüber Montigny la grange, an dem kleinen Gehölz Bois de la Cuve ist er zwischen den Andern zur Ruhe gebettet, seine Grabstätte aber ist nicht mehr zu ermitteln. In der „Schlesischen Zeitung‘“ (406) und der Zeitschrift des schlesischen Geschichtvereins hat ihm Grün- hagen einen ehrenden Nachruf gewidmet. Zu früh waren seine 1866 geschriebenen Worte: „Wir schnallen jetzt das Schwert ab und hängen es an die Wand als Gedächtnissmal. Wir wünschen, dass der Rost seine Schärfe verzehren möge, wünschen uns einen langen, langen Frie- den nach aussen und im Innern, und uns allen Ruhe und ein langes Le- ben, damit wir uns aller der Errungenschaften erfreuen mögen, die wir mit unserem Blut und mit unserer Kraft erkauft haben.‘ Ihm war die Er- füllung nieht beschieden; wir Veberlebenden harren schweigend der Zukunft. Finden die Gelehrten, die wir im Bisherigen zu verzeichnen gehabt, sich sämmtlich auf der historischen Seite des Wissens, so gehören die noch zu nennenden sechs auswärtigen überwiegend der naturhistori- schen an. Da ist zunächst Wirtgen, welchem das Leben eine Basis, wie er sie für eine freie und volle Verwerthung seines Wissens bedurfte, versagt hat wie manchem Andern. Sohn eines armen Tischlers in Neuwied, dem er am 4. December 1806 geboren ward, sollte er dessen Profession er- lernen, seinem regen Wissenstriebe und lebhaften Geiste so wenig ge- nügend wie der Unterricht der Elementarschule. In seinem 5. Jahre schon zeigte sich in ihm die Liebe zu den Pflanzen, er grub wilde blü- hende Gewächse aus und versetzte sie in das Gärtchen am elterlichen Hause, wo er seine freie Zeit auf ihre Pflege verwandte; später, im 13. Jahre, verschaffte er sich bei einem Apothekergehülfen Unterrweisung in der Botanik und widmete trotz Verbotes die Nächte seinen Studien. Durch die Hülfe des Kirchenrathes Mess, den er dafür zeitlebens als Wohlthäter verehrt hat, gelang ihm der Schritt von der Tischlerei zum Lehrfache, und er ward, 14 Jahr alt, als Hülfslehrer (Päparand) an der evangelischen Elementarschule des Orts beschäftiget, bestand als Frucht unermüdlichen Fleisses bereits nach 3 Jahren beim Seminar seiner Va- terstadt das Lehrer-Examen mit dem Zeugnisse vorzüglicher Kenntnisse in der Naturwissenschaft, ward im Frühjahr 1824 an der Elementarschule der Schles. Gesellseh. f. vaterl. Cultur. 295 zu Remagen mit 80 Thlr., Ende desselben Jahres zu Winningen mit 160 Thlr. Gehalt angestellt, 1831 nach Coblenz an die Elementarschule, 1835 daselbst an die evangelische höhere Stadtschule berufen, wo er sein übriges Leben hindurch gewirkt hat — aber, trotz aufreibender Ar- beit des Amtes und vieler Privatsiunden, nieht als Jugendlehrer allein, sondern immer beflissen, seinen Geist der Wissenschaft und seine Kennt- nisse weiteren Kreisen dienstbar zu machen. Zweimal zwar winkte ihm die Aussicht, einen freieren Standpunkt für die Pflege seines eigentlichen Berufes zu gewinnen, und es galt, zuvor die reichen Kenntnisse systema- tisch abzurunden, welche er durch die Opfer seiner Nebenstunden sich er- arbeitet. Er war mit den Bonner Proff. Goldfuss und Friedrich Nees v. Esenbeck (dem ‚„‚speciellen Nees‘, wie er genannt wird zur Unter- scheidung von dem Breslauer, dem Präsidenten der Leopoldo-Carolina) bekannt geworden, sie wünschten die tüchtige, strebsame Kraft für Bonn zu gewinnen, und er sollte (1824) dort zunächst im botanischen Garten Beschäftigung finden; aber die Eltern, um Rath befragt, erklärten sich dagegen und er fügte sich ihren Wünschen. Gerade 10 Jahre später bot dem in:der wissenschaftlichen Welt Bekanntgewordenen der Cultus- Minister v. Altenstein Hülfe an zu Gewinnung einer angemesseneren Stellung, zunächst durch den Besuch einer Hochschule; Wirtgen konnte jedoch als Gatte und Vater das sichere, wenn auch karge Amt nieht aufgeben, um immerhin ungewisser Aussichten willen, und — der Vor- stand der Coblenzer Schulgemeinde lehnte ab, ihm seine Stellung durch Vertretung auf ein Jahr offenzuhalten; der Minister bedauerte, nun nichts weiter thun zu können, als der Regierung zu Coblenz die Beförderung Wirtgens in eine seinen Kenntnissen entsprechende Stellung aufzugeben, und dabei ist es verblieben. Von Winningen aus, das im unteren Moselthale liegt, wie von Co- blenz, benutzte Wirtgen jede freie Stunde zu botanischen Exeursionen, deren Ergebnisse dem bereits enger an sein Studirzimmer gefesselten Nees so willkommen waren. Im Jahre 1833 erschien von ihm in der Regensburger botanischen Zeitung ein Verzeichniss der im Rheinthale zwischen Bingen und Bonn wildwachsenden Pflanzen. Bald aber, mit tiefer in die Natur dringendem Blicke erkennend, dass diese nur aus der Wechselbeziehung ihrer verschiedenen Erscheinungen klar zu verstehen sei, suchte er, über die blosse Pflanzenkenntniss als solehe hinausgehend, ein pflanzengeographisches Bild der Rheinprovinz zu gewinnen und war eben damit getrieben, auch die Bodenkunde und so die Geognosie, Geo- logie und Paläontologie in sein Bereich zu ziehen. Seinen Forschungen verdankt die Kenntniss der erloschenen Eifelvulkane wie der Verstei- nerungen der rheinischen Grauwacke den reichsten Zuwachs. Binnen kurzem stand er als eine der ersten Autoritäten für die naturhistorischen Verhältnisse der Rheinprovinz da. Von kleinen durch und durch er- 296 Jahres-Bericht forschten Kreisen zu grösseren übergehend, reihte er sicheren Schrittes ein Glied an das andere: das Coblenz-Neuwieder Becken, Eifel, Hunds- rück, Westerwald, Taunus. Als Früchte dieser Studien erschien, nebst zahlreichen Aufsätzen in Zeitschriften, eine Reihe grösserer Werke.”) Wol einsehend, dass die Kraft eines Mannes, namentlich wenn ihm ge- ringe Mittel und wenig Zeit zu Gebote stehen, nicht hinreiche zu Lösung - einer Aufgabe wie sie Wirtgen sich gestellt, suchte er Interesse und Mitwirkung überali zu wecken, gründete 1834 mit Nees den „botani- schen Verein am Mittel- und Niederrhein‘, nachdem (ein heut uns ante- diluvianisch erscheinender Zustand) vom Minister die nothwendige Ge- nehmigung erbeten und erreicht worden war; von 7 auf 70 Mitglieder gewachsen, erweiterte der Verein sich 1841 zum „allgemeinen naturhisto- rischen Verein der preussischen Rheinlande und Westfalens‘ unter De, chen’s oberer Leitung, während Wirtgen bis an sein Lebensende das Direeiorium dessen botanischer Abtheilung behielt; 1852, als auf seinen Antrag die botanische Section der Deutschen Naturforscher-Versammlung zu Wiesbaden beschlossen hatte, die pflanzengeographischen Untersuchun- gen nach den durch die Natur selbst gegebenen Grenzen, namentlich die Aufstellung von Floren nach Flussgebieten zu empfehlen, constituirten sich die anwesenden rheinischen Botaniker zu einem Vereine für diesen Zweck unter seiner Leitung, und in demselben Jahre gründete er in Co- blenz einen that- und mitgliederreichen naturhistorischen Localverein und ein werthvolles Naturalien-Cabinet bei demselben, sowie er früher bereits einen landwirthschaftliehen Localverein, einen Gewerbeverein und eine Reihe von Blumenausstellungen daselbst, zu Winningen und Steeg aber Winzer-Vereine zu gegenseitiger Belehrung und zu Versuchen über die für den Platz geeignetsten Traubensorten angeregt und ihre Entstehung *) Darstellung der pflanzengeographischen Verhältnisse der Rheinprovinz, 1836 im 1. Jahres-Bericht des botanischen Vereins. Flora des Regierungs-Be- zirks Coblenz, 1841. Prodromus der Flora der preussischen Rheinprovinz, 1842- Hieran schliessend, in Verbindung mit Bach herausgegeben, eine Reihe von Her- barien der ökonomisch-technischen Pflanzen Deutschlands, der Forst- und Holz- gewächse, der Arzneipflanzen, der wichtigsten Giftpflanzen, der selteneren und weniger bekannten Pflanzen aus der Flora der Rheinprovinz. Bad Bertrich im Uesbachthale an der Mosel, mit einleitenden Worten Alexander’s v. Hum- boldt und geognostischer Uebersicht von Berghauptmann H. v. Dechen, 1847, Florula Bertricensis, in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für Rheinland und Westfalen, 1849. Flora der preussischen Rheinprovinz, 1857, Rheinische Reiseflora, 1855. Anleitung zur landwirthschaftlichen und technischen Pflanzenkunde, 1. Cursus 1857, 2. Cursus 1860, Flora der preussischen Rhein- lande oder die Vegetation des rheinischen Schiefergebirges und des deutschen Niederrheinischen Flachlandes, 1. Bd. die Thalamifloren, 1870. (Dies auf 4 Bde, bemessene Werk sollte auch Wirtgen’s specielle Arbeiten über einzelne Pflan- zenfamilien wie Rosa, Rubus, Verbascum, Mentlıa ete, aufnehmen, der 2. Bd, war im Druck begriffen.) der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 997 gefördert hatte. In den genannten Vereinen, in dem landwirthschaftlichen zu Bonn, wie in den verschiedensten Kreisen hielt er, immer bereit, wissenschaftliche uud populäre Vorträge, gleichwie er der Ausbreitung der Naturkenntniss in weitere Kreise durch eine Anzahl von Schriften zu dienen suchte.*) Auch den Prinzessinnen Luise und Thecla v. Wied hat er botanische Vorträge gehalten. Vielfach sind die Zeichen der An- erkennung für ihn gewesen: Die Universität Bonn ernannte ihn zum Ehren-Doctor, die Leop.-Carol. Akademie nnd eine grosse Zahl anderer gelehrter Gesellschaften (die unsere schon 1844) zum Mitgliede, die rhei- nische Eisenbahn-Direetion gewährte ihm eine Freikarte für alle ihre Li- nien, Humboldt, v. Buch und ungezählte andere Naturforscher verkehrten mit ihm persönlich und brieflich, durch die Gnade der Kai- serin-Königin, die schon früher bei ihren Aufenthalten in Coblenz den naturkundigen Lehrer gern herangezogen, wurden ihm die Mittel zum Besuch des Schwarzwaldes, sowie der internationalen Hamburger Garten- Ausstellung, durch andere Freunde zu zweimaliger Reise nach den Alpen und Norditalien. Und dieser so kenntnissreiche, so rastlos thätige, so Vieles leistende anspruchlose Mann, der treue Erzieher seiner Kinder, hatte, bei einem jährlichen Einkommen von 3—400 Thlr. für eine Fa- milie von 10 Köpfen, bis zum vorletzten Abende seines Lebens täglich 4 bis 6, wöchentlich 26 Stunden Unterricht an Kinder von 6—12 Jahren zu ertheilen, ungerechnet die Piivatstunden; und Deutschland hat keine Stelle für ihn gehabt, sein Leben für ihn drangloser, für die vaterlän- dische Jugend nutzbarer zu machen! Am 7. September endete ein Herz- schlag dasselbe rasch und sanft, nachdem Wirtgen eben die frohe Kunde vernommen, dass einer seiner Söhne (deren zwei 1866 wie 1870 wacker im Felde standen) zum eisernen Kreuze vorgeschlagen worden. Wie Wirtgen, obwol rein auf eigenen Genius gestellt, sich nicht beim trockenen Sammeln und Wissen begnügt, sondern sein Fach im Zusammenhange mit den übrigen Naturgebieten auffasst, so tritt auch Karl Gustav Christoph Bischof (geb. 23. Jan. 1792 zu Wöhrd bei Nürnberg) als Beherrscher eines Gesammtgebiets uns entgegen: der Mineralogie in ihrem Zusammenhange mit Chemie und Physik. Nachdem er bis zur Universität durch seinen Vater, einen gelehrten Schulmann vorbereitet worden, bezog er diese in Erlangen 1810, wandte sich vorzüglich den damals noch in jugendlicher Entwiekelung begriffenen Diseiplinen der Chemie und Physik zu, habilitirte 1815 sich für diese, verwaltete eine Zeit lang interimistisch die Professur seines Lehrers G.F.Hildebrandt (1816), und ward Ostern 1819 *) Leitfaden für den Unterrieht in der Botanik an Gymnasien 1839 und mehrere Auflagen. Die Eifel in Bildern und Darstellungen, 2 Theile 1863—1866. Aus dem Hochwalde, 1867. Neuwied und Umgegend, 1870 (nicht ganz vollendet), Zahlreiche Aufsätze in Zeit- und Vereinsschriften. 298 Jahres-Bericht an dieneubegründete Hochschule Bonn berufen, welcher er bis zu seinem Ende angehört hat, zugleich zum fruchtbaren Schriftsteller in den Gebieten der Chemie und Geologie sich entwickelnd. Unter seinen vielen gelehrten Arbeiten zur reinen und Phyto-Chemie, zur Mineralogie, Balneologie ete., ist das Hauptwerk, epochemachend und in mehre Sprachen übersetzt sein „Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie“ (2 Bde 1847—1854; neue Bearbeitung 5 Bde. 1863 ff.); darin stellte er viel- fach neue, in der Richtung des Werner’schen, neptunistischen Systems liegende Gesichtspunkte auf über die Bildung der Erde und ihrer Mine- ralkörper, die er, auf die Chemie gestützt, gegen die plutonistischen An- hänger v. Buch’s zu behaupten und zu propagiren wusste und die in neuerer Zeit je mehr und mehr Anhänger fanden. Andererseits hat er auch als Bahnbrecher für die Verbreitung «er Naturkenntnisse in die ‚Kreise der Ungeiehrten gewirkt: seine ‚‚Populären Briefe an eine ge- bildete Dame über die gesammten Gebiete der Naturwissenschaften“ stehen mit unter den ersten, jetzt so breites Feld gewinnenden derartigen Bestrebungen, für welche Humboldt’s „Ansichten der Natur‘ das Muster ‚geworden und die unsere Gesellschaft seit der Zeit ihres jetzigen Präses ebenfalls so erfolgreich in ihre Bahnen gezogen hat. Letzterer gehörte Bischof als eorrespondirendes Mitglied seit dem Jahre 1828 an. Sein Tod erfolgte ziemlich plötzlich am 29. November. Dass mehre wissen- schaftliche Blätter ihm und seinem literarischen Wirken eine ausführliche Darstellung widmen werden, ist wol unzweifelhaft, und um deswillen an dieser Stelle grössere Kürze verstattet. Zu einer noch grösseren Vielseitigkeit gebracht hat es, so dass man ihn wol einen böhmischen Polyhistor nennen könnte, vermöge seines Bildungganges, der ihn zur praktischen Mediein hinüberleitete, und eines grossen Aneignungtalentes für die mannigfachsten Gegenstände unser in Prag (wo er auch — in dem damals sogenannten Weitenweber’schen Hause am Hradschin — am 1. October 1804 das Licht der Welt erblickt hat) am 1. April verstorbener Wilhelm Rudolf Weitenweber, correspon- direndes Mitglied seit 1854, ein fleissiger Bereicherer unserer Bibliothek. Sein Vater, k. k. „eontrolirender Postamtsoffizier‘‘, nachmals „Ober-Post- amtskassier‘‘ suchte trotz wenig glänzender Lage auch diesem Sohne, dem jüngsten von 4 Brüdern, eine überaus sorgfältige Erziehung zu geben. Neben Andern war auch Purkinje€, dessen inniges Verhältniss zur Wei- tenweber’schen Familie wir bereits bei seinem Nekrolog im vorigen Jahre berührt haben, sein Hauslehrer. Nach absolvirier „Musterhaupt- schule“ besuchte Weitenweber 1812 oder 1814 bis 1820 das Klein- seitner Gymnasium, während welcher Zeit ihm bereits sein Vater durch den Tod entrissen wurde, und trat dann in die Philosophie über, d.h. gemäss dem von der Prager und andern österreichischen Universitäten | | | der Schles.- Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 399 noch festgehaltenen ursprünglichen, und wie uns dünkt nicht unzweck- mässigen Studienschema, in den Cursus, den man im Mittelalter die aries (sc. liberales) oder die Artistenfaeultät nannte. Nachdem er diese 1821 bis 1823 mit durchaus „eminenten‘ Erfolgen frequentirt (er ward in allen Fächern mit der Vorzugsklasse betheilt), wählte er zum Fachstudium bis 1828 die Heilkunde und Arzneiwissenschaft im weitesten Umfange, da wir ihn auch Speeialitäten, wie Augenheilkunde, Thierheilkunde in seinen Kreis ziehen sehen, und auch hierin weisen seine Zeugnisse durchweg „Eminenzen‘“ oder die „Vorzugsklasse“ auf, unbeschadet dessen er je- doch mit grosser Vorliebe die Naturwissenschaften, insbesondere die Bo- tanik betrieb („Linne’s liebenswürdige Wissenschaft‘“ nennt er sie) und dem entsprechend sich 1829 um die, leider bereits vergebene, Assisten- tenstelle bei der Lehrkanzel für dieselbe bewarb, ‚‚nachdem er (wie er in seiner Eingabe sagt) schon seit 10 Jahren eine besondere Neigung zum Pflauzenstudium und den festen Entschluss hatte, sich in dieser für das Heil des Volkes in so mannigfacher Beziehung einflussreichen Wis- senschaft noch mehr auszubilden, um dereinst als Arzt und Naturfreund ein nützlicher Staatsbürger zu werden.‘“ Nach beendetem 2-jährigen kli- nischen Cursus unternahm er eine wissenschaftliehe Reise nach Wien, um die dortigen medieinischen Anstalten näher kennen zu lernen, legte im Jahre 1829 im Febr. und Novbr. hintereinander die beiden „Rigorosen‘* (Staatsprüfungen) auf’s beste ab, und promovirte (Februar 1830) mit einer nosologischen Uebersicht aller Fieber und Entzündungen zum Dr. med. Bereits seit 1824 war er in Opiz’s „‚Naturalientausch‘“ mit botanischen Arbeiten und, Dank seinen fleissigen Excursionen, auch mit mehren Entdeckungen vor die Veffentlichkeit getreten. “Wenige Monde nach der Promotion ward er zum Stadtphysikus in Elnbogen ernannt, schied jedoch nach 3 Jahren aus Familienrücksichten von diesem Amte wieder, geliebt und geachtet von Allen, die es mit ihm in Berührung gebracht, und kehrte nach Prag zurück, wo er wit der Praxis des Arztes, Studium und literarisches Wirken eifrig fortsetzend, bald auch eine Fülle anderweiter gemeinnütziger Thätigkeiten verband, eine Lebensrichtung, für welehe ja schon obige aus seiner Eingabe eitirten Worte den Herzensdrang des Menschenfreundes kundgeben. Während (1835) seine Monographie des arabischen Caffees in naturhistorischer, diätetischer und medicinischer Hin- sicht ihm Ehrenbeweise der gelehrten Gesellschaften eintrug, denen er ‚diese Arbeit, wovon schon nach 2 Jahren eine 2. Autlage nöthig ward, zur Beurtheilung zugesendet, gewann ihm sein umfassendes Werk über die medieinischen Anstalten Prags (1845, 2. verbesserte Auflage 1850), die Kranken- und Wohlthätigkeit-, wie die Bildung- und Unterrichts-Institute, umfassend, einen noch weiterreichenden Ruf; der damalige Landeschef von Böhmen, Erzherzog Stefan, nahm die Dedication desselben an und ge- stattete Weitenweber in eigenhändigem Schreiben die Benutzung aller 300 ’ Jahres-Bericht amtlichen medicinisch-statistischen Quellen für dasselbe. Neben und zwi: schen diesen Arbeiten gehen zahlreiche andere, darunter auch einige grössere biographische, wie „Aus dem Leben und Wirken Dr. )J. Th. Held’s“ (1847), „Hoser’s Rückblicke auf sein Leben und Wirken‘ (1848), und die Schrift zu Jeitteles’ Doctorjubiläum (1850). Bis 1850 war Weitenweber bereits geehrt durch die Mitgliedschaft resp. Ehren- _ mitgliedschaft von 22 gelehrten Gesellschaften Deutschlands und des Aus- landes, darunter auch von der Leop.-Carolina unter dem Beinamen „Mo- galla“ (die Zahl stieg fernerhin auf 43), und in diesem Jahre ward er zum ausserordentlichen, 1855 zum ordentlichen Mitgliede und zum be- ständigen Secretär der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften erwählt, etwa zu derselben Zeit auch zum Secretär des naturwissen- schaftlichen Vereins und 1853 zum Redacteur der naturwissenschaftlichen Zeitschrift „‚Lotos“, die er bis zu seinem Tode fortführte. Bereits 1836 hatte er selbst, unter eigener fleissiger Mitarbeiterschaft, seine „Beiträge zur gesammten Natur- und Heilwissenschaft‘‘ begonnen, die er (zuletzt als „Neue Beiträge etc.“) bis 1842 fortsetzte, und war Mitarbeiter an Bastler’s „Gesundheitszeitung‘, Medau’s „Erinnerungen“, Andres „Oekonomischen Neuigkeiten‘*), Glaser’s „Ost und West“, weiterhin auch an Raimann’s „Medieinischen Jahrbüchern“, Sehmiedl’s „Oester- reichischen Blättern für Literatur und Kunst‘, der „Prager medieinischen Vierteljahrschrift‘“, der „Oesterreichischen medieinisechen Wochenschrift“, Oppenheim’s Zeitschrift (Hamburg) und andern Blättern; zahlreiche Beiträge lieferte er auch für die böhmische naturwissenschaftliche Zeit- schrift „Ziva‘ und für die von Dr. Ladisl. Rieger herausgegebene böh- mische Encycelopädie (Conversationslexieon) Slovnik näueny (wie ja die Herren Czechomanen den deutschen Fleiss gern benutzen). Das letztere Werk brachte auch eine Biographie Weitenweber’s aus der Feder seines Sohnes. Dem „Neuen Lausitzischen Magazin‘ der Görlitzer „„Ober- Lausitzer Gesellschaft‘ deren Mitglied er seit 1836, lieferte er eine Ab- handlung über den böhm. Schriftsteller Hanka. Wir theilen unten ein ge- naues Verzeichniss seiner Schriften mit**), das wir dem Ebengenannten, Herrn Candidaten der Rechte Wilhelm Weitenweber verdanken. *) Vgl. unsern Nekrolog Elsner's im vorigen Jahre. **) Trifolium Brittingeri Weit; Ueber Iris bohemica Schmidt; Ueber Rubus carpinifolius Presl; Botanische Bemerkungen; Ueber Rosa Hillebrandti Weit. (sämmtlich in Opiz’s „Naturalientausch* 1824). Synopsis febrium et Phleg- masiarum juxta Swediauri ’Iargınnyv disposita. Pragae 1830, 149 $. 8 (Diss. inaug.). Merkwürdige Scarlatina septica (in Clarus und Radius Beitr. z. medic. Klinik, Leipzig 1835). Der arabische Caffee in naturhist., diätet. und medic. Hinsicht geschil- dert. Prag 1835, 2. Ausgabe 1837, Ueber den Caffee in diätetischer Beziehung auf Kinder (in Bastlers Gesundh.-Ztg., Wien 1835). Literarische Mittheilung (über den Caffee) (Ebendas.). Aus einem Schreiben des X an Y mitgetheilt von Z (Ebendas.). Einfälle und Lesefrüchte (Ebendas.),. Beiträge zur gesammten der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 301 Im Jahre 1851 hatte das Doctoren - Collegium der Prager mediei- nischen Faeultät ihn zum hHistoriographen derselben ernannt. Jede dieser Stellungen und Thätigkeiten vermannigfachte Weitenweber's Natur- und Heilwissenschaft. Prag 1836—1839. a. Praktische Bemerkungen über den Giesshübler Sauerbrunn. b. Die in Böhmen wildwachsenden Veroniken. e. Die Tinctura Rhois toxicodendri in ophthalmiatrischer Hinsicht. Physiologisch-päda- gogisches Fragment (Bastler’s Gesundh.-Ztg. 1836). d. Geschichte einer weissen Schenkelgeschwulst der Wöchnerinnen. e. Medicinisch-topographische Bruchstücke aus Elnbogen. f. Ueber die Bereitung einer Caffeeessenz mittelst der Real’schen Presse. Einige Worte über die Pflege der Zähne (Bastler’s Gesundh.-Ztg. 1836). Ueber die Schrift: Reuss’ Teplitz (Medau, Erinnerungen). - Eine Handvoll Gedan- kenspäne für Mädchen (Bastler’s Gesundh.-Ztg.). Ueber die Macht der Gewohn- heit (Ebendas.). Beitrag zur Diätetik der Schafe (Andre’s ökonomische Neuig- keiten, Prag 1837). g. Der hornartige Fischschuppenaussatz (Beitr. I, 3). h. Ueber Theosophie in Bezug auf Arzneikunde (Btr.). Ueber den Feigencaffee (Andres ökonomische Neuigkeiten 1836). i. Einige Worte über das erste Zahnen (Beitr. I, 1). k. Das Creosot in medieinisch-praktischer Beziehung (Ebendas.). 1. Ge- schichte einer Schwangerschaft in der falloppischen Röhre. Die heissen Mineral- quellen zu Pösteny in Ungarn (Medau’s Erinnerungen, Prag 1837). m. Mitthei- lungen aus dem ärztlichen Tagebuche (Beitr. II, 2). n. Schlesinger’s Analyse der Blätter von Lithospermum officmale L. o. Ueber die Wirkung des Blitzstrahles auf Menschen. Ueber den Feigencaffee (Bastler’'s Gesundh.-Ztg.),. p. Ueber das Fratt- werden der Kinder (Beitr. II, 3). q. Die Entdeckung des Jods im Karlsbader Wasser (Beitr. III, 1). r. Das Bad Sternberg in Böhmen (Beitr. III, 2). s. Der Tabak als Heilmittel (Beitr. II, 3). t. Das Libnitscher Bad bei Frauenberg (Beitr. IV, 1). Schlesinger's Analyse der Plantago lanceolata (Beitr. IV. 1). Zur medicinischen Statistik Böhmens (Btr. IV, 1). Fall eines durch die Hungerkur ge- heilten Flechtenausschlages (Btr. IV. 1). Ueber die Entzündung der Lymphgefässe und ihrer Drüsen (Beitr. IV, 2). Beobachtungen über die Heilkraft der Nelken- wurzel bei Wechselfiebern (Beitr. IV, 2). Zur Schilddrüsenentzündung (Beitr. IV, 3). Ueber die Frequenz der Curgäste in Carlsbad (Beitr. IV, 3). Ueber das Geranium Robertianum L. (Beitr. V, 1). Bemerkungen über die Brightische Krank- heit (Beitr. V, 1). Nentwich’s Bemerkung über Carlsbad (Beitr. V, 1). Johann Ritter v. Carro (in Glasers „Ost und West‘, 1841). Zur Entzündung der Bauch- aorta (Neue Beitr. 2). Einige Volksheilmittel der Slavonier (Neue Beitr. 3). Einiges über Liebwerda (Neue Beitr. 4), Beschreibung eines auf allen Vieren gehenden Mannes (Neue Beitr.5). Fall einer chronischen Eierstock- und Pankreas- Entzündung. Beobachtungen über den Seutinischen Verband (Neue Beitr. 1842), Aehrenlese auf dem Felde medieinischer Praxis (Neue Beiträge 1842). Ueber die innerliche Anwendung des Sabadillsamens nebst einem Vergiftungsfalle (Neue Beitr. 1842). Drei Fälle von Aneurysmen (Neue Beitr. 1842). Analyse der $a- men der Korntrespe (Andre’s ökonomische Neuigkeiten, Prag 1842). Norwegische Journalistik (Raimann’s med, .Jahrb., Wien 1843). Nekrolog des Prof. Vine, Jul. v. Krombholz (Viertelj. 1844). Ueber die Heilkräfte der Nelkenwurzel (Med. Jahrb. 1843). Ueber die Metastasen und Nachkrankheiten der Krätze (Med. Jahrb. 1844). Zur Kaltwasserfrage (Schmiedl’s österr. Blätter für Literatur und Kunst, Wien 1844). Ueber Harnsteine bei Säuglingen (Dittrich’s med.-chir. Ztg., München 1844). Etwas über die neuesten literarischen Verhandlungen über die Pestqua- 302 Jahres-Bericht Beziehungen zur gelehrten und literarischen Welt. Der überwiegende Theil seiner Arbeiten, ‘die sich schliesslich auch der Paläontologie zu- wandten, gehörte in den letzten zwei Jahrzehnten dem „Lotos“ und der rantänen (Schmiedl Bl. 1344). Zur Anwendung des China gegen Physkonien (österr. med. Wochenschrift 1844,. Zwei Fälle von traumat. Leberentzündung (österr. med. Wochenschrift 1844). Noch etwas über die Metastasen und Nach- krankheiten der Krätze (österr. Wochenschrift 1844. Nekrolog des Prof. C. Kah- lert (Prager Viertelj. VD. Nekrolog des Dr. J. Pöschmann (Ebendas.). Ueber die Entzündung der Schilddrüse (Medic. Jahrb. 1845). Eine Stimme über das bal- driansaure Zink (Medic, Wochenschrift, Wien 1845). Ueber das Bartabnehmen in Krankheiten (Ebendas.). Die medieinischen Anstalten Prags, nach ihrem gegenwärtigen Zustande geschildert. Prag 1845. VIII und 3588. gr. 16 mit 12 Ansichten in Aquatinta., Diätet.-medie. Würdigung des Caffee (österr. medic, Wo- chenschrift 1845). Nekrolog des Prof. J. Engel, Dr. J. Müller und Kottnauer (Prag, Viertelj. 1845). Zur Lehre von der Krätze (Wochenschrift 1846). Thera- peutische Abhandlung über den Caffee (Medic. Jahrb. 1846). Ueber die Hyper- trophie der Brüste (Prag. Viertelj. 1846, XII). Ueber die angeborene Augen- losigkeit (Medic. Jahrb. 1847). Aus dem Leben und Wirken Dr. J. Th. Held’s, Prag 1847. Medieinal-polizeil. Bemerkungen über den Caffee (Medie. Jahrb. 1848). Ueber die Blätter des Lithospermum of. als Theesurrogat (österr. Wochenschrift 1847). Hoser’s Rückblicke auf sein Leben und Wirken. Prag 1848; VII u. 83 8. kl. 8. Balneologische Mittheilungen aus Böhmen (Oppenheim’s Zeitschrift 1850, Hamburg). Zur Feier des 50-jährigen Rectorjubiläums des Js. Jeitteles, Prag 1850. 27 8. Literärni zprävo o fantovych spisech (Lumir 1851). Uvaha o hmer- lingovych lucebnich zäkladech (Lumir 1851). Mittheilungen über die Pest zu Prag in den Jahren 1713—1714. Prag 1852 (für die Abhandl, der böhm, Gesellschaft der Wissensch.) Zur Erinnerung an das 50-jährige Doctor- jubiläum des Dr. Jos. Doubalir. Prag 1851, 19 8. 8 Ueber die königl. böhm. Gesellsch. der Wissenschaften (Kuhr’s Prager Zeitschrift 1851). Biogra- phische Skizzen böhmischer Naturforscher (Lotos 1852). Ueber des Marsilius Ficinus Werk de vita studiosorum (Abh. der königl. böhm, Gesellsch. der Wissensch,). Denkschrift über Corda’s Leben und literarisches Wirken (Ebendas. 1852). Ge- dächtnissrede auf das 200-jährige Bestehen der Academia Caes. Carolo-Leopoldina; geh. in der Gesellsch. d. Wissensch. 15. November 1852. Ignatz Friedrich Tausch, eine biographische Skizze (Regensburger Flora, bot. Ztg., 28. December 1852), Nästiny Zivotopisu ceskych peirodoskumni (Ziva). Correspondenz-Artikel in Sachs’s medic. Centralzeitung: Berlin 1841, 1842, 1843, 1844. Correspondenzartikel in Dittrich’s medie.-chirurg. Ztg.: 1844, 1845, 1846. Zivotopis K. B. Presla (Ziva 1853). Ka$para Wrab$ te Sternberka (dto.). Tadya$ Haenke (dto.). Aug. Jos. Corda (Ziva 1854). Denkschrift über die Gebrüder Joh. Sv. und Carl B. Presl (Abhdlg. d. k. böhm. Ges. d. Wiss. V, 8). Einige Bemerkungen über die Bastardformen im Pflanzenreiche und insbes. jene der Gattung Salix (Lotos 1854). Biographische Skizze des Dr. Fr. Ambr. Reuss (Lotos). Nekrolog des Dr. A. Jungmann (Vier- teljschft. 1854). Toxicologische Lesefrüchte (Altschul’s Monatschrift 1854), Be- merkungen über die Schädlichkeit des Schminkens (Ebendas.). Ueber des Mar- silius Fieinus Werk: De vita studiosorum, nebst einigen Bemerk. üb. den Helle. nismus (Abhdlgen. der Ges. d. Wiss. V, 9). Nästin Zivotopisni Fr. Ad, Petfiny (Ziva). Beiträge zur Literärgeschichte Böhmens: 1]. J, Marcus Marei, II, Joh. W. Dobiensky (In den Sitzungsberichten der kais. Akad. der Wiss. in Wien, XIX, 1. 1856 S. 120—156). O konseni opia na vychodi (Ziva), Ueber des berühmten der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 303 „Gesellschaft der Wissenschaften‘, deren fast jeder Aectenband seit 1852 Abhandlungen aus seiner Feder bringt, unter welchen hier nur die Studie über des Marsilius Fieinus Werk .„De vita studiosorum‘“, die Denk- schriften über Corda’s Leben und literarisches Wirken und über die Ge- brüder Johann Swatopluk und Carl Bocivoj Presl, Beiträge zur Literärgeschichte Böhmens, über des berühmten Prager Arztes Löw v. Erlsfeld Leben und gelehrtes Wirken, die Gedächtnissrede auf das 200-jährige Bestehen der Leop.-Carol. Akademie, das systematische Ver- zeichniss der böhmischen Trilobiten, die Mittheilungen über die Pest zu Prag in den Jahren 1715—1714, und das Repertorium über die sämmt- lichen Schriften der Gesellschaft von 1769 bis 1868 erwähnt seien. Auch unsere Jahresberichte werden in Weitenweber einen Mann vermissen, der stets mit regem Antheile dieser Gesellschaft gedachte. Eine gleichfalls vielseitig, doch in anderer Weise angelegte Natur war Franz Unger, unser correspondirendes Mitglied seit 1840, den am 13. Februar zu Gratz ein schnelles und nicht ganz aufgeklärtes Ende in hohem Alter zwar, aber bei uoch voller Lebenskraft getroffen hat. Geboren am 30. November 1800 auf dem väterlichen Gute Amthof bei Leutschach in Steiermark, unterrichtet erst durch Hauslehrer, dann bis zur Studienreife in einer geistlichen Erziehung-Anstalt zu Gratz, gewann er, ein geistvoller Jüngling, in den ‚‚philosophischen Curs‘ übergetreten, sich bald die Liebe der Professoren, wandte sich nach 2 Jahren auf Prager Arztes Löw von Erlsfeld Leben und gelehrtes Wirken (Medic. Vierteljschft. 1862). Systematisches Verzeichniss der böhm. Trilobiten, 19 Seiten 8, 1857. Zur Trilobitenkunde (Lotos 1857). Die paläontologischen Wirbelthiere der Missouri- segend (Lotos 1858). Beitrag zur geographischen Vertheilung der Trilobiten (Lotos 1859). Die fossilen Wirbelthiere am Niobraraflusse (Lotos 1859). Die Rep- tilien in den venetianischen Provinzen, Zur Flora des böhm. Riesengebirges. Die fossilen Brachiopoden Spaniens (Lotos 1859). Beiträge in Rieger’s Slovnik näueny. Einiges zur Höhlenfauna Mährens, 1859. Filip Maximil. Opiz, Zivoto- pisny närtin (Ziva 1860). Uebersicht der fossilen Pflanzen des sog. Uebergangs- gebirges (Lotos 1860). Die Gattung Fumeria (Lotos 1860). Zum Andenken an Väceslav Hanka in Prag (Im Neuen Lausitz. Magazin. Görlitz 38, 2). Die Rep- tilienfauna von Amboina (Lotos 1861). Zur Fischfauna in Neu-Guinea (Desgl.). Zur silurischen Fauna Böhmens (Sitzgber. 1861). Die Vögelfauna von Murcia in Spanien (Lotos 1862). Die Schmetterlingsfauna des Elsterbades (Desgl.). Die Trilobiten des thüring. Schiefergebirges (Lotos 1864). Ueber einige russische Tri- lobiten (Desgl.). Die Petrefacten des devon. Terrains bei Cotentin (Lotos 1866). Lebensskizze des C. A. Neumann (Prag. Sitzgber. 1866). Notiz über die Meteo- riten-Sammlung des J. G. Neumann (Lotos, desgl.), Die Gattungen der Meeres- algen. Zahlreiche Recensionen verschiedener Werke naturwissenschaftlichen In- halts. Repertorium sämmtlicher Schriften der k. böhm. Gesellsch. der Wissen- schaften v. J. 1769—1868, Prag 1869, auf Kosten der Gesellsch. (VIII und 120 $.). Ueber Barrande’s „Silurische Pteropoden Böhmens“. 304 Jahres-Bericht Wunsch des Vaters der Jurisprudenz zu, besuchte aber nebenbei die naturwissenschaftlichen Vorlesungen am Gratzer Johanneum, und inson- ders der Einfluss des dort wirkenden Botanikers Veit führte ihn nach Beziehung der Universität Wien dem Studium der Mediein zu, sowie hier die Berührung mit dem Salzburger Landesmedieinalrath Sauter seine schon ausgesprochene naturwissenschaftliche Richtung auf das Feld der Botanik lenkte und ihn mit Endlicher, der damals Amanuensis der Wiener Hofbibliothek war, und mit andern wissenschaftlichen Grössen bekannt machte. In seine Studienzeit fällt eine Episode, zu kennzeich- nend für jene Zeit, die nun für uns so sehr zur Vergangenheit geworden, um nicht erwähnt zu werden, zumal wir ihre Mittheilung aus authenti- scher Quelle schöpfen. In den Herbstferien 1823 machte Unger, der polizeilichen Schwierigkeiten nicht achtend, welche einem Besuche „Deutschlands“ für den Oesterreicher in jener Zeit entgegenstanden, ohne Pass mit einem seiner Studienfreunde durch den grössten Theil von Deutschland bis auf die Insel Rügen eine Fussreise, die ihn sowol mit deutschen Studenten, die den burschenschaftlichen Kreisen und theilweise jener Riehtung, welcher Ludwig Sand’s That entspross, angehörten, als auch mit mehren Koryphäen deutscher Gelehrsamkeit, wie Oken, Ca- rus, Hornscehuch, Flörke, in Berührung brachte. Da hatte denn die Metternich’sche Polizei nichts Wichtigeres zu thun, als den Zurückge- kehrten ‚wie einen aus Pestlanden Kommenden scharf zu untersuchen“, wozu das berühmte „österreichische Uniständlichkeitsamt‘“ volle 7 Monate brauchte, während deren Unger natürlich eingesperrt ward; ausser dieser entwendeten Zeit hatte jedoch der „‚Polizeivorfall“ keine unange- nehmen Folgen, so dass Unger „ohne weiteren Anstand‘ seine Studien vollenden konnte. Im Jahre 1827 hatte Unger mit einer Abhandlung über die Teichmuschel zum Dr. med. promovirt, und das in dasselbe Jahr fallende Hinscheiden seines Vaters, der überdies durch die gewissen- lose österreichische Staatsbankerottwirthschaft sein ganzes Vermögen ver- loren hatte, nöthigte ihn, die ärztliche Praxis zu ergreifen, bis 1830 in Stockerau, dann zu Kitzbühel in Tyrol, wo er die Stelle als Landes- gerichtsarzt erhielt. Hier raubte ihm der Tod auch seine tiefbetrauerte Schwester Johanna, seine treue Gefährtin und Mitarbeiterin. Das Jahr 1835 führt ihn wieder in das Johanneum zu Gratz, auf den durch Heyne’s Tod erledisten Lehrstuhl, das Jahr. 1849 nach dem Ableben Endlichers in dessen Professur nach Wien, wo er dann, der Begrün- der und eifrigste Förderer der pflanzenphysiologischen Richtung in Oester- reich, durch 16 Jahre über Anatomie und Physiologie der Pflanzen und über Geschichte der Pflanzenwelt las und auf Excursionen demonstrirte, ohne die Gabe glänzender Rhetorik auf seine Zuhörer die Begeisterung übertragend, welche ihn selbst für seinen Gegenstand durchglühte. Zu allgemeiner Ueberraschung entsagte er 1866 diesem Wirkungkreise und der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 305 zog sich auf seine reizend gelegene Villa am Rosenberge bei Gratz zu- rück; das „Warum?“ pflegte der noch rüstige Greis mit dem kurzen Worte abzufertigen: ‚Ich bin ein alter Mann geworden und will jungen Kräften . Platz machen.‘ In die vorhergehende Zeit fallen noch seine Reisen: 1852 nach Schweden und Norwegen, 1853 und 1860 nach dem Orient, nach Griechenland und der jonischen Inselwelt, nach Syrien, dem Libanon und dem Nil, 1862 mit dem erfahrenen Reisenden Kotschy gen Cypern. Bereits das erste selbständige Auftreten Unger’s (1826) im Ge- biete seiner Wissenschaft: die exacte Beobachtung der bisher nur un- zureichend ceonstatirten Schwärmzellen-Bewegung der Vaucheria clavata, einer Schlauchalge von allgemeiner Verbreitung, war ein epochemachen- des auf der Bahn mikroskopischer Erforschung des kleinsten Lebens; noch in späten Jahren gerieth er selbst in lebhafte Erregung, so oft er seinen Schülern die Entbindung der Schwärmsporen unter dem Mikro- skope demonstrirte. Als Corelat schloss sich daran 1843 die Entdeckung der Wimpern oder Flimmerhaare, der Organe selbständiger Bewegung, an ebendieser Pflanzenzelle. Der ersteren Entdeckung folgten bald Un- tersuchungen über die durch Pilzwucherungen verursachten Krankheiten der Pflanzen, ein Gegenstand von der eingreifendsten wirthschaftlichen Bedeutung, zu dessen Beobachtung und Experimentirung Unger in seinem Garten eine Art Klinik für kranke Gewächse anlegte. Die Entdeckung ferner der Samenfäden beim Torfmoose (Sphagnum) trug seinen Namen in die ganze wissenschaftliche Welt. Neben diesen wichtigen pflanzen- physiologischen Arbeiten des Mikroskopikers aber gehen gleich- mässig die pflanzengeographischen, die Studien über Vertheilung der Pflanzen, deren umfassendes Ergebniss er in dem Werke ‚Ueber den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Gewächse‘‘ niederlegt, zeigend, dass der Charakter einer Flora wesentlich von der chemischen Zusammensetzung des Erdreichs abhängig ist; hiermit steht Unger au. gemeinsamem Boden mit Justus v. Liebig, der eben diesem Satze das schwerste Gewicht für die Landescultur giebt, von wo her mit der Agri- eultur-Chemie die neue Aera unseres Ackerbaues datirt. Dass die Bo- denkunde nothwenig zur Geologie und Paläontologie hinführt, ward schon bei Wirtgen ausgesprochen, und so begegnen wir auch bei Unger umfangreichen und epochemachenden paläontologischen Arbeiten, sowohl an Einzelnem (z. B. die Geologie der Waldbäume, die fossilen Rohr- kolbengewächse, die fossile Flora von Kumi auf Euboea), wie dann zu- sammengefasst in jenen „Vegetationsbildern der Vorwelt‘“, durch welche er die Welt mit ganz und gar neuen Vorstellungen beschenkte, mit der sinnlichen Darstellung Dessen, was bis dahin nur durch theore- tische Beschreibung Eigenthum der Gelehrten war und nun — weiter- getragen mittels dioramatischer und optischer Darstellungen — zu un- mittelbarem Augenschein sogar der mindergebildeten Kreise gebracht 20 306 Jahres-Bericht ward. Aus den vorhandenen Resten stellt Unger das Bild der Pflanzen und Thiere früherer Erdperioden nach Analogien des Baues jetztweltlicher in ihrer Gesammtform wiederher und vereinigt mit künstlerischem Sinne und Urtheil diese oft seltsamen Gestalten zu landschaftlichen Composi- tionen. Hierbei bekundete Unger, indem er die ausführende Künstler- hand von Kuwasseg und Selleny leitete, jenes malerische Talent, das ihn von seinen Reisen reichliche, dann zumtheil sorgsam in Aquarell ausgeführte Skizzen mitbringen liess und dem er während seines Ruhe- standes in unermüdetem Schaffensdrange, ein bereits 66-jähriger Greis, noch die fleissigsten. Studien zur Ausbildung auch in der Oelmalerei wid- mete. Nicht minder aber, als durch den Zeichenstift, hat er durch die Schrift für die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse gewirkt in sei- nen „botanischen Briefen‘ (Wien 1850), „wahre Meisterwerke populärer Darstellung, in denen sich Natur und Poesie die Hand reichen‘ — wie. Prof. Leitgeb in einem seinerzeit durch die Gratzer „‚Tagespost‘ aus- züglich mitgetheilten Vortrage sie nennt; und ebenso durch das gespro- chene Wort in Vorträgen vor grösserem Publikum zu Wien, wie im na- turwissenschaftlichen und im Volksbildungvereine zu Gratz. Erklärlich, dass, wenn er, der Katholik, energisch die Freiheit wissenschaftlicher Forschung betonte, oder das wunderthätige Crucifix eines Wallfahrtortes bei Gratz als eine Mandragora- (Alraun-) Wurzel enthüllte, er auch der Gegnerschaft nicht entbehrt hat. Er selbst war stets bereit, jede wissen- schaftliche Ansicht oder Beobachtung zu prüfen und, wenn er sie be- gründet fand, unter Aufgebung eigener bisheriger Meinung sich anzueig- nen. Vielseitig war sein wissenschaftliches Streben, mannigfach darum auch die Frucht seiner Reisen, an Naturalien und Naturbeobachtungen ebenso wie an Sagen, Volksgebräuchen und anderen Alterthümern; Alles aber geeint unter dem Gesichtspunkte einer Entwickelungsgeschichte der organischen Welt, wobei ebensowenig der Entwickelungsgang der Mensch- heit, wie die Vorgeschichte der Natur, die Archäologie wie die Paläon- tologie ausgeschlossen bleiben konnte. Scharfe Beobachtung und glück- liche Intuition liessen ihn den Zusammenhang in diesem weiten Gebiete der Erscheinungen auch da noch finden, wo oft das verbindende Glied zu fehlen schien, und gerade hierin liegt der Hauptpunkt seiner wiäsen- sehaftlichen Bedeutung. ‚‚So erreicht die Pflanze ihre Weltbestimmung in melancholischer Verschlossenheit. Aber derselbe gefesselte Weltgeist, der hier kaum zu athmen wagt, ist es, der im Thiere die Bande auf immer sprengt und endlich im Menschen sein Halleluja singt‘ — dieses Schluss- wort seiner „botanischen Briefe‘ ist gleichsam das Programm seiner Naturanschauung. | Aeusserlich geehrt durch den Hofrathtitel und den mexikanischen Guadeloupe-Orden, war er Mitglied der Wiener Akademie seit deren Gründung und vieler anderer gelehrten Vereine. Noch rüstig, aber, wie der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 307 er in einem Briefe an Prof. Schroff in Wien beklagt, bereits 1863 von eigenthümlichen, heftigen, plötzlichen und erstickungdrohenden Brusikräm- pfen heimgesucht, die ihn alljährlich nach dem milderen Klima der Insel Lesina zu gehn bestimmten, ward Unger, von einem Uebelbefinden eben genesend, am Morgen des 13. Februar todt und mit Spuren äusserer Verletzungen im Bette gefunden. Die wegen dieses Falles beim k. k. Landes- und Strafgericht eingeleitete Criminal-Untersuchung wurde, nach Einholung sich widersprechender Sachverständigen-Gutachten, hauptsäch- lich auf Grund des von der medieinischen Facultät zu Wien abgegebenen Superarbitriums, das sich einstimmig für Ausschliessung jeder gewaltsamen Todesart aussprach, wegen Mangels eines criminellen Thatbestandes wie- der eingestellt. Mit den zwei heimgegangenen Ehrenmitgliedern schliessend, leitet uns der Weg vom naturwissenschaftlichen Reisenden und Staatsmann zum Nationalökonomen hinüber, dessen Wissenschaft die Bedingungen für das Wolsein der Menschheit erforscht, eine Physiologie des Völkerlebens. Karl Alexander Anselm Freiherr v. Hügel, geb. den 25. April 1796 zu Re- gensburg, wo sein Vater als Concommissar beim Reichstage amtirte, hat früh die juristischen Studien, denen er (1811) zu Heidelberg obgelegen, mit dem Degen vertauscht, zuerst am Ausgange der Freiheitkriege, dann im neapolitanischen Feldzuge, schon damals jedoch mit dem Heeresdienste den diplomatischen verbindend. Doch sagte er im Jahre 1824 als Major dieser Laufbahn, sowie der Rolle ‚eines der glänzendsten Mitglieder der glänzenden und lebensfrohen Wiener Gesellschaft‘ valet, begab sich, nachdem er sich sechs Jahre lang mit Eifer auf das Studium der Naturwissenschaften für seinen Zweck geworfen, im Jahre 1830 auf eine Reise gen Osten, während deren er den grössten Theil von Asien be- suchte, und lebte nach der Rückkunft zurückgezogen in Hietzing bei Wien der Ausarbeitung seines vierbändigen Werkes über Kaschmir und das Reich der Sikhs, welches in den Jahren 1840—1842 erschien, worauf 1850 die umfangreiche Abhandlung „über das Kabul-Becken und die Gebirge zwischen dem Hindu-Kosch und der Sudledsch“ in den Denk- schriften der k. k. österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1860 das Werk „der stille Ocean und die spanischen Besitzungen im ostindi- schen Archipel“ folgten, letzteres nur für kleineren Kreis als Manuscript gedruckt. Obwol keineswegs das Feld der, Syrien und die Länder am Rothen Meere, Ostindien und Tibet, sowie mehre Theile Australiens um- fassenden Wanderungen und Forschungen erschöpfend, schütten diese Werke doch einen reichen Schatz an Länder- und Völkerkunde aus, und zwar nicht nur in treffliehen und anschaulichen Darstellungen aetueller Zustände und natürlicher Beschaffenheit, sondern auch in kritischen Un- tersuchungen der historischen Nachrichten in ihrem Zusammenhange mit 20* 308 Jahres-Bericht jenen Localitäten, „wo die alten Civilisationen Indiens und des klassischen Alterthums den zahllosen Nomaden begesneten, welche wie die in ihren riesenhaften Steppen geborenen Heuschrecken über die blühende Saat der Wolfahrt, der Kunst und Bildung herfielen und nach kurzem Verweilen die öde Natur verliessen.“ Ausser diesen eigenen Bearbeitungen der Früchte seiner Reisen brachte er auch einen überreichen Stoff an Mate- rialien für das Studium mit nach Hause in jenen Sammlungen, welche, u. a. 32,000 Nummern aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, mehre hundert Handschriften und 12,000 Notizblätter umfassend, den kaiser- lichen Cabineten und der kaiserlichen Hofbibliothek zu Wien einverleibt wurden, denen sie zur immerwährenden Zierde gereichen, demnächst nach verschiedenen Richtungen hin von ihm selbst und von Anderen be- arbeitet. Sein eigenes Feld war namentlich das der Botanik. Die Absicht jedoch, ‚in der nach seiner Neigung geschaffenen Villa, umgeben von den grossen Erinnerungen seines vielbewegten Lebens und von den reizenden Zeugen seiner Wanderungen, den heimgebrachten Pflanzen, seine Tage in ruhiger Arbeit zu beschliessen‘‘ — so sind seine eigenen Worte —, sie sollte sich nicht erfüllen. Das Jahr 1848 rief ihn auf den Schauplatz des Staatsdienstes in diplomatischer Thätigkeit zurück; er erblickte in den nach langer Stagnation wild aufgährenden Volkselementen, deren momentane Gewalt wol überschätzend, eine „Auf- lösung der Gesellschaft, ein Zusammenbrechen alles Grossen und Edlen, durch Jahrhunderte Gebildeten und Geheiligten, und fand den Augenblick zu ernst, um zu erlauben, dass sich irgend eine geistige Befähigung oder körperliche Kraft dem öffentlichen Dienst entziehe.“ Nach Metternich’s Sturz folgte er diesem nach England. Als der zweite piemontesische Krieg ausbrach, wurde er vom Fürsten Felix Schwarzenberg dem Radetzky’schen Hauptquartiere beigegeben; er leitete die Verhand- lungen, welche der Restauration der mittelitalienischen Fürsten voran- gingen, übernahm nach der Besetzung Toscanas durch die Oesterreicher im Mai 1849 die dortige Vertretung Oesterreichs, und that während der zehnjährigen Dauer dieser Stellung seinerseits das Mögliche, um der Re- gierung ihre schwierige Aufgabe zu erleichtern, unter der Gegenwart fremder Bayonette ein aufgeregtes und von bestimmten Ideen bewegtes Land zu regieren; er suchte den Druck der Umstände minder fühlbar zu machen, die Gegensätze auszugleichen, die Antipathien zu besiegen. Seine Per- sönlichkeit kam ihm dabei zustatten: er war ein Mann von durchaus edler Gesinnung, herzlichem Wolwollen, grosser Weltkenntniss, reicher vielsei- tiger Bildung, geselligen Tugenden, einnehmendem Aeusseren, „ein voll- kommener Gentleman“, und so blieb er auch zu den Gegnern stets in persönlich harmonischer Beziehung. Dass er sich jedoch über das Ge- lingen seines danklosen Werkes bitter getäuscht, zeigte das Jahr 1859; die Persönlichkeit eines Mannes, auch die werthvollste, war nicht der der Schles. Gesellsch, f£. vaterl. Cultur. 309 genugsam starke Damm, eine nationale Strömung und die tief verstimmen- den Folgen verkehrter österreichischer Politik Metternich’scher Schule, welche niemals die Volksgeister als lebendige Factoren in Rechnung ge- zogen hat, aufzuhalten; sein sachkundiger Biograph in der „A. A. Z.“ be- zeugt, dass er die Gefahren für den Thron Leopolds I. unterschätzt habe, wie er einst die von 48 überschätzte. Abermals musste er, und diesmal unfreiwillig, einen nach seinem Geschmack eingerichteten Aufenthalt mei- den, wo er, in glücklicher Häuslichkeit, umgeben von zahllosen Merk- würdigkeiten und Kunstsachen aller Art, in herrlicher Natur, des Winters in der Stadt, des Sommers auf Demidoffs Landsitze, ein Jahrzehend voll Anregung und mannigfachen Genusses durchlebt hatte; bald nach der Grossherzoglichen Familie verliess er Florenz. Nach einem Jahre Auf- enthalts in der Heimat ging er als Gesandter nach Brüssel, dort ebenfalls in seiner conciliatorischen Weise wirkend. Seit er 1869 in Ruhestand getreten, hat er in England gelebt, dem Vaterlande seiner Gattin, stetes Interesse bewahrend für Wissenschaft, Literatur und Kunst, vor Allem für die Botanik und die Hortieultur. „Seine warme Liebe zur Natur hing mit der Harmonie seines ganzen Wesens zusammen‘‘, sagt sein schon erwähnter Biograph, Verstorben ist er bei einem Aufenthalte zu Brüsse am 2. Juni. Ehrenmitglied der Gesellschaft war er seit 1848, wirkliches Mitglied der kaiserl. östereichischen Akademie der Wissenschaften seit deren Gründung 1847; auch war er Präsident der k. k. Garten- und Ackerbau-Gesellschaft und hatte von der Universität Oxford das Doctor- diplom, von der königl. britischen geographischen Gesellschaft die grosse Medaille „ob terras reclusas‘ erhalten. Im gleichen Jahre mit v. Hügel ist in die Reihe unserer Ehrenmit- glieder aufgenommen worden Carl Heinrich Rau,, der „Nestor der deut- schen National-Oekonomen“, von welchem zu grossem Theile die frei- heitliche Richtung unserer Volkswirthschaft, das Studium und die Wür- digung der Lehren Adam Smith’s datiren. Rau’s Vater, der ihm früh starb, war evangelischer Pfarrer an der Altstädter Kirche zu Erlangen und zugleich Professor der Theologie an dortiger Universität. Geboren 1792, bezog Rau bereits mit 15 Jahren die Hochschule zum Studium der Staatswissenschaften, promovirte mit 19 Jahren und begann bereits wenige Wochen darauf als Privatdocent Vorlesungen zu halten, und zwar wegen damaliger Erledigung eines Lehrstuhls täglich dreistündig, woneben er auch am Gymnasium die Professur der Mathematik bekleidete. Nach 4 Jahren ward er ausserordentlicher, nach weiteren 2 Jahren ordentlicher Professor der Staats- und Cameralwissenschaften an der Universität, und ‘ überwand so allmählich die beengende Lage, welche ihm, dem ganz Un- bemittelten, die Sorge um seinen Lebensunterhalt aufgelegt hatte. Im Herbste 1822 nach Heidelberg berufen, hat er dort bis an’s Ende seiner 310 Jahres-Bericht Tage, also fast ein halb Jahrhundert, in Wort und Schrift gewirkt für die tiefere Durchdringung volks- und staatswirthschaftlicher Einsichten» und der breite Boden, welchen jetzt die bezüglichen Studien, ihre Wür- digung und ihr Verständniss bis in die minder gebildeten Schichten hin- ein Schritt um Schritt mehr gewinnen, ist nicht zum kleinsten Theile von jenem Katheder aus urbar gemacht worden. Lange Jahre las er neben der Nationalökonomie auch über Technologie und Landwirthschaft, und erst die physische Unmöglichkeit zur Bewältigung soleh ausgedehnten Stoffes zwang ihn zur Einschränkung, ja in den letzten Jahren, bei einem den Tod vorbereitenden Herzleiden, zur Einstellung der Vorträge. Auch neben seinem Amte hat er vielseitig gewirkt: in den ersten Vierziger- jahren als Lehrer des vorigen und des jetzigen Grossherzogs von Baden; in den Dreissigerjahren als Vertreter der Hochschule in der I. badischen Kammer 9 Jahre hindurch, hier in richtiger Vorschau für den Bau der badischen Eisenbahn, wie für manch andern wirthschaftlichen Fortschritt arbeitend; als thätiges Mitglied der badischen Generalsynode, als: Kir- chenvorstand der Heidelberger evangelischen Gemeinde, als Leiter, Pfle- ger, Förderer von Stiftungen, Vereinen, Versammlungen, und neben dieser gemeinnützigen Thätigkeit als Mittelpunkt eines anregenden Kreises von Schülern, Freunden, Gelehrten und Fremden, der sich um den vielseitig gebildeten, in der Musik, der zeiehnenden Kunst, der klassischen und modernen Literatur des Vaterlandes, wie Englands und Frankreichs hei- mischen, vielgereisten Mann in edler Geselligkeit sammelte; ein Kreis, dem einst Gmelin, Umbreit, Ullmann, Rothe und andere Sterne Heidel- bergs angehörten. Und inmitten dieser mannigfachen Thätigkeit wie des lebhaften Verkehrs in seinem Hause vermochte Rau kraft ausserordent- lieher Ausnützung der Zeit als Schriftsteller zu schaffen, nicht allein in zahlreichen kleineren Arbeiten, unter denen sein vorbereitendes Werk „Ansichten der Volkswirthschaft“, die Frucht einer lehrreichen Fusswan- derung durch einen grossen Theil von Deutschland, und seine klassische Monographie, die „Geschichte des Pfluges‘“ (1844), in erster Linie stehen; ferner als Herausgeber (zuerst allein, dann mit Prof. Hansen) des „Ar- chivs für Nationalökonomie und Polizei“ und Mitarbeiter der Tübinger „Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft“; sondern er hat auch in dem grossen Werke seines Lebens, dem „Lehrbuche der politi- schen Oekonomie‘“, sich ein dauerndes Denkmal in der literarischen Re- publik gegründet, dem ersten derartigen Werke in Deutschland, welches des umfänglichen Stoffgebietes wissenschaftlich Herr ward, dasselbe nicht bloss in ein theoretisches Netz spannend, sondern als System auf eine Fülle realer Thatsachen gründend, gesammelt in den vielseitigsten Stu- dien und Beobachtungen, und bei jeder neuen Auflage vermehrt und neu geprüft. Der 1. Theil, die „theoretische Volkswirthschaftlehre“ (1826)» erschien 1869 bereits in 8. Auflage; an einer neuen Auflage des 3. und der Schles. Gesellschaft f, vaterl, Cultur, 311 4. Theils, die Finanz umfassend, von der Kritik am höchsten gestellt, arbeitete er noch kurz vor seinem Tode; den 2. Theil, die Volkswirth- schaftspflege oder volkwirthschaftliche Politik, erachtete er selbst für seine selungenste Arbeit, und er hat in der That darin den Gegenstand erst zur Wissenschaft erhoben. Rau hat in seinem Leben ein einziges, ein kurzes mündliches Exa- men abgelegt, das als Doctorandus; seine Leistungen sind gewiss ausrei- chender Ersatz für alle übrigen, und oft hat er, wie sein Biograph in der „A. A. Z.“ (auf den wir uns im Vorstehenden des wesentlichsten stützen) versichert, „‚das Uebermass der Prüfungen beklagt, die auf der Jugend unserer Zeit lasten.‘‘ Hohen Alters, äusserlich durch den Geheimraths- titel geehrt, als edler Charakter von Allen geschätzt, war ihm nicht allein die Feier des 50-jährigen Doctor- und Ehe-Jubiläums (1862 und 18638), sondern auch die seltnere einer 50-jährigen ordentlichen Professur (1868) beschieden, und fast 6 Jahrzehende im Ganzen hat er, als begabter Jüngling früh beginnend, im Amte des Jugendlehrers gestanden. Der 18. März, der letzte Abend seines 58. Docentenjahres, war sein Todestag, Mögen die nächsten Jahre unserer Gesellschaft minder bedeutende Verluste an Zahl und Gaben bringen, als die jüngsten leider es ge- than haben! Th. Oelsner. Inhalt des 48. Jahres-Berichts. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesell- schaft i. J. 1870, vom General-Secretair Bürgermeister Dr. Bartsch Kurze Uebersicht der im Jahre 1870 thätig gewesenen Sectionen: Die. naturwissenschaftliche»Seetion‘.. 2: „lunn® „all der. dan. ei... Dies entomelögische Sectiona.e di au sanilgerecktiL non auamlua!. Die, boianische Seciongnts Hs. ‚games Iban al ch aha Die, meteozelogischessectioni.!... aemlianı)k auueleitem?. sih: dal. Dieytechnische. Section. nereeHy ap Tre .ellail a. zunfeiuuit REaT. DiesfhistemachenSection : syiieiuien Bes. Ale id. ziamsliie Diespadagogische, Section... ...........usc0... 2.02. 2aillsameh ak... Die philologische Section ......:... ae use. al Bags. Die. juristische, Seetion.n. .......-.... =... 2... 20hERE Sulr538 RER... Die. musikalischeisectionsA. liausileinit aullriadteu aah. Yuan). Dieyarchäglegischessekion Yen... lanr. em! Ba dal. Bericht über die Kassen-Verwaltung pro 1870, vom Kassirer Geh. Commer- Bierrath, Bra nckenrg. ‚erst rien eh. sale art "Bericht über die Bibliotheken und Sammlungen der „Schlesischen Gesell- schaft“ im Jahre 1870, vom Bibliothekar Redacteur Th. Oelsner Bericht über die naturhistorischen Sammlungen der Gesellschaft vom Jahre 1870, vom, Conservator Prof. Dr. J. Milde ...........2.......... Bericht über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen. I. Naturwissenschaftliche Section. Prof. Dr, Cohn: Bericht über phosphorescirende, aus der Luft gefallene Masse, yon. Froscheallert; . Aulahassku sur dail- essen Prof. Dr. Galle: Vorlegung der Fils’schen Höhenschichtenkarte des nörd- lichen YRheilszdes Thieinser Waldes 7.2..2.2....... 222... — Ueber den Verlauf der Sonnenfinsterniss am 22. December......... ‘ Sieh: Rath Prof. Dr. Göppert: Bericht des Prof. Dr. Sadebeck in Berlin über ausgeführte Triangulationsarbeiten ............»..--.-...00 Dr. Meusel: Ueber krystallisirtes Kupferjodür und die Erscheinung von Doppelfarben........, ME ER SU TEN ENBRSR RA N EE: REIN EL NOSEN BRD Seite 22 26 314 Inhalts-Verzeichniss. Dr. Meusel: Ueber eine neue Zerlegung und quantitative Bestimmung der .unlöslichen Jodide...-. u... ....1.-z.... 2a re — DUeber das Auftreten von Isomorphismus oder Homöomorphismus bei der Substitution von zwei neuen Doppelsalzen .............. Ober-Bergrath Prof. Dr. Websky: Ueber die regelmässige Verwachsung von Krystallen verschiedener Art.................2000nneo.n0ne — Einige neue Vorkommen von Mineralien aus der Gegend von Striegau und. Görlitz u es ra NR Prof, Dr. Cohn: Vorlegung mehrerer Kalksteingeschiebe mit ausgezeich- neten Gletseberfrictionen..... .... u... 1... „ss 2. Er ee — Ueber Entdeckung einer Diatomeenerde durch Kreis-Physikus Sani- tätsrath,Dr! Bleisch nd... Er aa ara: Geh. Bergrath Prof, Dr. Römer: Vorlegung eines Kalkmergels aus Euböa mit Abdruck einer fossilen Schlange...... N... ...— Vorlegung der Ewald’schen geologischen Karte der Provinz Sachsen — Vorlage seiner Geologie von Oberschlesien. ...........2......2u200% — Ueber das Uebergangsgebirge des Thüringer Waldes .............. Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Mittheilungen aus einem Briefe des Geh, Rath Prof. Dr. Brandt in Petersburg..............2....... — Vorlegung von Lithographien und Photographien, darstellend innere Zustände der Bäume nach äusseren Verletzungen ............... — Ueber sicilianischen Bernstein und dessen Einschlüsse ............. '— Ueber die verschiedenen Coniferen, welche Bernstein lieferten...... — Ueber Einwirkung der Kälte auf die Pflanzen ............zer22..>- ‚Prof. Dr. Milde: Ueber Moose der Eiszeit.......:...2...zs2eas0srsase Prof. Dr. Ferdinand Cohn: Ueber Prof. Krocker’s Analyse des Kalkmer- gellagers bei Pentsch und merkwürdige schwarze Körperchen in ‚demselben... ..... Ares nern 2, Holen de I ‘— Vorlegung der ersten Centurie 2. Aufl. von Eulensteins Diatoma- cearum Species typicae......-..uronenononndeninencenseeneheren — Ueber den merkwürdigen Steinkohlenpilz Archagaricon ........... — Ueber das Vorkommen von Kieselschwammnadeln in einem dichten sranen Kalkstein :. 1uny. UNHL -ure „wunder ana ‘Prof. Dr. Grube: Vorlage der Strauch’schen Synopsis der gegenwärtig lebenden Krokodilen.. nun .sien. un wedaides ihl. alhı. rap — Ueber den Galeopithecus volans.........-.-2uenssesennenenneee nen — «Ueber;das Brachhuhn. .ul .auwaslauisr. erlsiizein nie MH — Ueber neue Arten der Gattung Sabella ......::....2ocr2c san neuen — Ueber die Amphicteneen und Amphareteen Mgn..........-.uur.r.: (Aus dem Jahre 1871.) — Ueber zwei neue Heteronereisformen und Pyenogoniden ..........- — Ueber schlesische Arachnidenfauna ..............-enon0nasonnunuse — Vorlegung eines Bandes von Sempers Reisen im Archipel der Phi- lippinen, Holothurien behandelnd...........2222.. seeresennerer I, Botanische Section. Wundarzt Knebel: Bericht über verschiedene in Schlesien seltene Pflanzen Apotheker Werner: Vorlegung eines Stückes Opium aus Württemberg... Prof. Dr. Ferd. Cohn: Vorschlag zu botanischen Wanderversammlungen in Schlesien 2... :saa05 040000 50002000 EUR EL Ur IS ITRIRBER RR Seite, Inhalts-Verzeichniss. Dr. Engler: Anregung vermehrten Verkehrs mit den Botanikern der BEOVDEZEISE EIER PIRÄEIFILNT ER. 2 DL TE RE ENTER — Ueber die Escalloniaceen und Cunoniaceen Südamerikas ........... Dr. Stenzel: Nachträge zur Flora der Umgegend von Wüste-Waltersdorf — WVorzeigung einer Probe Ziegelthee...............--u....secnen Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Vorlegung naturwissenschaftlicher An- schauungsbilder von Gotthold Elssner in Löbau ................. Prof. Dr. F. Cohn: Vorlegung dreier Steinheilscher Loupen ............ — Vorlegung grosser Glasphotographien botanischer Objecte von Dr. Benedcke in. Köniesbere ML ul ne. N SO IRR. Stabsarzt Dr. Schröter: Ueber die Brand- und Rostpilze in Schlesien... Lehrer Limpricht: Ueber die Flora des Isergebirges..................- Primärarzt Dr. Hodann: Berichtigungen über den Standort der Pilularia Slobulifera... . ur. -.-...220..20 02 MAI BL ALERT REE. SR. Prof. Körber: Nekrolog des Prof. Unger .........:...--..-z-0.r0s. 0... Ober-Bergamts-Assistent Langner: Statistik der Compositen von Neu- Holland... 2982: De) EERERRIER NIEI Herr E, Junger jun.: Ueber hypocotyle Knospenbildung krautiger Pflanzen — Ueber tricotyle Embryonen ...... ee ANUNIAENETIRAN... Prof. Dr. Milde: Ueber Todea und Leptopteris...............urceneeen: Prof. Dr. F. Cohn: Ueber die neuesten Mikroskope von Gundlach in Berlinale Im. DEREN ARE! Dr. phil. W. G. Schneider: Ueber neue Arten und Formen der Gat- tungen Peronospora und Cystopus ...........-.ceeceeeeneennnee Apotheker Werner: Vorlage von präparirten Hölzern aus der Gegend von Jutroschin ....... EN N RE EEE NE RL ee An? Dr. Engler: Ueber die im vorigen Jahre in Schlesien neu aufgefundenen Pflanzens iz. 35.08. 2eaBll yet ne B. Stein: Vorlegung eines Verzeichnisses neuer Arten, resp. Fundorte sehlesischer Rlechtens- .!..1-. 4.4.1... Aa an ee Prof. Dr. F. Cohn: Bericht über eine ausserordentliche Sitzung in Königszelt Forstmeister Tramnitz: Ueber Geschichte, Grösse und Zusammen- setzung des Zedlitzbusches ...........--e---erreeeeeeeenennenen Lehrer Zimmermann: Ueber die niedere Vegetation des Zedlitzbusches Dr. Hüttig: Ueber den Standort des Asplenium adulterinum Milde...... Director Peek: Ueber Gitterpressen und einige interessante Pflanzen- formen der Schweidnitzer Flora.................. ercceerconee Apotheker Pfeiffer: Vorlegung interessanter Monstrositäten von Geum EVA 0 EEE I ER RNTEL HONDI IE Prof, Dr. F, Cohn: Mittheilung eines Briefes des Privatdocenten Dr. Ascherson, betreffend Gründung einer deutschen botanischen Ge- Sellschaft MIR: U NEE ETRRIERE IR TDEHITERRD NAD: — Ueber Pilzkrankheiten der Insekten..............2ers-eeceeneeenen Dr. Stenzel: Ueber den Bau der Schuppenblätter von Lathraea Squamaria Dr. Engler: Ueber den gegenwärtigen Stand der Kenntniss der schlesi- schen Phanerogamen und Gefässkryptogamen.......-.rer..er er. Obergärtner Stein: Mittheilungen über den schlesischen Tauschverein ... Dr. Schröter: Ueber eine Pilzkrankheit, beobachtet an Pandanus odora- EISBRORN EN RER UNE NIE REDEN N DNERIRE TEE Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Vorlage einer echten Batate............ — Ueber Einwirkung der Kälte auf die Pflanzen .......c...c0rsec 20. 315 Seite. 92 316: Inhalts-Verzeichniss. Dr. Engler: . Ueber neue Pflanzenformen Schlesiens....:.......... ee — Ueber die botanischen Arbeiten des verstorbenen Thierarztes Schwarzer Prof. Br. Milde: Vorlegung eines Exemplars von Equisetum variegatum, eines Manuscripts der Flora von Friedland von R. v. Uechtritz, der neuesten Lieferung von Rabenhorst’s Gefässkryptogamen und einer Sammlung Moose von Langenbielau vom Weber Rothe.... — Ueber die Flora des Hirschberger Thals und sporadische Erschei- nungen im Pflanzenreiches !; 1.10. 19:02: anao ken. ir ee Lehrer Limpricht: Bericht über eine botanische Reise nach dem Schlawa- BER ES ER er nl ae ner. I A — Vorlegung seltener Pflanzen der Glogauer Flora, entdeckt durch Lehrer. Wätzolduusesödawseet no EA SER Geh. Rath Prof. Dr. Göppert: Vorlegung eines Manuscripts Flora Woh- laviensis von Apotheker Güntzel-Becker.............ur.cnncuee. — Vorlegung eines Exemplars von Carlina acaulis ...:............... — Vorlegung einer pflanzen-geographischen Karte Norwegens und einer Prof. Dr. Milde: Neue Standorte schleichen Moose und Farne......... — Veber kritische Moose ualil! A stkkur ol asdrih. Dr. Engler: Verzeichniss der im Jahre 1870 bekannt gewordenen Fund- orte neuerer und weniger häufiger Phanerogamen Schlesiens . III. Entomologische Section. Dr. Gust. Joseph: Ueber die Zeit der Geschlechtsdifferenzirung in den Kiermmreimiser Dıparidınen: ee... menn MM. 202 nm — Ueber Dimorphismus des Weibchens von Dytiscus dimidiatus EN: und der Artengruppe des Dytiscus marginalis .............:.... — Zur Morphologie und Biologie des blinden Grottenstaphylins Glypto- TIETUSCANIEOLA MU NLTE A en ER ENe RRE LTR TORE 1. = SEE — Giebt es augenlose Arthropoden in Schlesien?..................... Hauptlehrer Letzner: Beitrag zur Kenntniss der Trogosita Mauritanica L, Herr Eugen Schwartz: Diagnostik der Kryptocephalus-Arten........... IV. Medicinische Section. Privatdocent Dr. Hermann Cohn: Ueber Colobom der Aderhaut des Auges Dr. Carl Friedländer: Ueber die Innenfläche des Uterus post partum .. Privat-Docent Dr, Auerbach: Ueber Schreibkrampf und Schreiblähmung Med.-Rath Prof. Dr. Spiegelberg: Bericht über glückliche Exstirpation einer mannskopfgrossen Cyste des Ligamentum latum............ Dr. Freund: Ueber einige Fälle von complieirter procidentia uteri ..... Privatdocent. Dr. Ebstein: Ueber den Bau und die physiologischen Functionen der sogenannten Magenschleimdrüsen ..............» Geh, Sanitätsrath Dr. Grätzer: Statistik der Epidemie von Flecktyphus in ;Breslau, im Jahre; 1868/69.+1. +4 ur aa biucklsill. » ei Prof. Dr, Waldeyer:. Ueber die neueren Forschungen auf dem Gebiete der Entzündungslehre, speciell über parenehymatöse Entzündungen Privatdocent Dr. Köbner: . Abnorme Vorkommnisse nach der Vaceination Vorlegung von Chorzinkstäbehen zu Aetzungen: in oesssnerereenreen Inhalts-Verzeichniss. Apotheker Müller: Ueber Löslichkeit des Quecksilbers in Chlornatrium- TARUTE WESER SO SR RN SCH IR E RUN En ne e BERERLUN INDE.. ..- Dr. Emil Stern: Ueber therapeutische Anwendung des Quecksilberchlorid- Chlornatriums mit überschüssigem Chlornatrium ................ Prof. Dr. Voltolini: Ueber Perforation des Trommelfells .............. Privat-Docent Dr. Hermann Cohn: Ueber die in den Kriegslazarethen zu Forbach und Heinitz beobachteten Augenschusswunden ......... ! V. Historische Section. Privatgelehrter Aug. Mosbach: Ueber den Tod des russischen Kaisers Dr. Grossmann: Beiträge zur Charakteristik Friedrich Carl v. Mosers.. Prof. Dr. Reimann: Mittheilungen über das Coneil von Trient ......... Gymnasiallehrer Dr. Marggraf: Ueber den böhmischen Herrenbund gegen denYKönie. Geure"v* Böhrnene Ya mimumn. SBEM. a... Prof. Dr. Kutzen: Ueber die Gebirgsgruppe des Glatzer Schneebergs, insbesondere übewletzteren/selbsti!!.. ‚ul. 35) . Ya. .asasın.. . Dr. Alwin Schultz: . Ueber das. Verhältniss der .christlichen Archäologie zur classischen Alterthumskunde und zur Geschichtsforschung ... Prof.-Dr. Kutzen: Ueber den Schauplatz der Schlacht bei Liegnitz 1760. — Excursion auf das Schlachtfeld von Liegnitz am 15. Mai ............ Herr Aug. Mosbach: Ueber die Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus l. Prof. Dr. Kutzen: Ueber Elsass und Lothringen....................... VI. Section für Obst- und Gartenbau. Stadtrath Kaufmann E. H. Müller: Bericht über die Thätigkeit der Section imJahren 18107 re A a a Kunst- und Handelsgärtner W. Kühnau: Einiges über die Verwendung der staudenptlanzen in den Gärten... 2 0. m... ano aa. Wilhelm Bruckisch in Hortentown bei Neu-Braunfels, Comal County, Texas US.: Ueber den unschätzbaren Zaun (Bois d’arc), den Schwarz-Wallnussbaum und den Pfirsich zur Acclimatisirung für EULODaR Ne RR EI Deere Gärtner Frickinger in Laasan: Ueber sein Verfahren bei der Cultur der Ertalag chNensss an en a en ee an Ba a ne Kunst- und Handelsgärtner Riedel in Löwenberg: Ueber Vermehrung, Veredelung und Cultur von Epiphyllum truncatum Haw......... Lehrer und Organist Bragulla in Bischdorf: Ueber Resultate des Wein- schnitts bald nach Abnahme der Trauben..... ................ Garten-Direetor Bürgel in Schloss Wittgenstein (Rumänien): Ueber die Cultur der Melonen im Freien und den Gemüsebau der Bulgaren Lehrer C. C. W. Becker in Jüterbog: Ueber Schutzmittel gegen Insekten, für? Obstbaımbesizers ann nn mn AS EA Apotheker Scholtz in Jutroschin: Gegen den Sperling................. — Einiges über Cultur der Knollen-Sellerie .........................: Sectionsgärtner J. Jettinger: Ueber Etiquetten, mit besonderer Berück- sichtigung für den Gebrauch in Baumschulen................... Ober-Hofgärtner Schwedler in Shıwentzitze Ueber die Anlage eines Blumen-Parterres ...... DR eg h Rabe a elal al RS 187 ‚188 189 189 189 191 191 192 193 193 197 218 225 227 230 232 233 236 239 240 242 318 Inhalts-Verzeichniss. Apotheker Scholtz in Jutroschin: Ueber die Gemüse seiner Schildkröte, : und. Anderes... er Hofgärtner Götz in Slawentzitz: Einiges über französische Obstbaumsorten Apotheker Scholtz in Jutroschin: Ueber den Werth der Frucht von Cy- &lanthera pedata!..u rs Helga he Kunstgärtner C. Pfeiffer in Zölling: Ueber die runzlige Mark-Erbse, Mae Lean’s Little,» Gem. en Stadtrath Kaufmann Müller: Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen-Samen und Obst-Edelreisern im Frühjahr 1870...... Sectionsgärtner Jettinger: Ueber Cultur-Ergebnisse einiger an die Mit- glieder der Section vertheilten Gemüsesamen ................... Stadtrath Kaufmann Müller: Statistische Notizen über die Section und deren Institute ans cs a nee VII. Meteorologische Section, Prof. Dr. Galle: Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobach- tungen auf der königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1870... Ar 1 „lan Bel, SHIS re Nekrolog. Redacteur Th. VDelsner: Lebensumrisse der im Jahre 1870 verstorbenen Mitglieder der Gesellschaft. .......................... 0.20 Druck von Grass, Barth und Comp, (W. Friedrich) in Breslau, Seite. 248 249 251 252 254 256 258 . 262 267 NN