e\ | * “ u u > ” 5 , . ’ u os A; 2 \ « . In; 5 f ® Be w # . af . Ps * e & er or 6, * > ee. : ’ - > rz u > E* A * 1 +; " s 3 en “ 2 KTtim | re EEE RR. 579 Ba; 2: "ne PP, m. en PRL NE Dreissigster Jahres-Bericht der Schlefifchen Gefellichaft für naterländifche Kultur. Enthält; Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1852. '» Breslau, Druck von Grass, Barth und Comp. (W. Friedrich.) n a ak Ich ae Pi . _ “ ‘ _ Se, t 67 “sn x re Ak ' je. N us Be Ba ll BL | ..-;7 - « ? q A a 2 Ir ? h % »’ ie \ . . \ 1 J ' er Bu ir ’ r rm 2 ae % 5 “ , fl 5 . 5 » a mn Y Ds Pen ua De Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1852, > abgestattet in der allgemeinen Versammlung den 28. Januar 1855 vom Bürgermeifter Bartfch, z. Z. erstem General-Secretair der Gesellschaft. H. H, I. der am 19. December 1851 abgehaltenen allgemeinen deliberativen Versammlung wurden von der Gesellschaft für die Etatszeit 1852/53 zu Mitgliedern des Präsidiums und vollziehenden Ausschusses durch absolute Stimmenmehrheit gewählt die Herren: Director Gebauer, Consistorial- und Schulrath Menzel, Geh. Archivrath Prof. Dr. Sten- zel, Professor Dr. Göppert, Professor Dr. Kahlert, Graf Hoverden, Professor ' Dr. Röpell, Director Dr. Schönborn, Geh. Regierungsrath v. Görtz, Bürgermeister Bartsch, Geh. Medicinalrath Dr. Ebers, Geh. Hofrath Prof. Dr. Gravenhorst, Professor Dr. Henschel, Kaufmann C. Milde und Kaufmann Liebich. Auf Grund dieser Wahlen constituirte sich das Präsidium am 21. December 1851 unter dem Vor- sitze des Herrn Geh. Medicinalraths Dr. Ebers als Alters- Präsidenten, und wurden für die neue Etats- Periode wieder gewählt zum Präses: Herr Professor Dr. Göppert, zum Vice-Präses: Herr Geh. Medieinalrath Dr. Ebers, zum ersten General-Secretair: Herr Bürgermeister Bartsch, zum zweiten General-Secretair: Herr Professor Dr. Kahlert, und zum Kassirer: Herr Kaufmann Liebich. Die Präfeetur des Hauses mit Einschluss der Custodie über unser Museum und die Bibliotheken übertrug das Präsidium dem Herr Lehrer Letzner. : 1* Ernannt wurden im Laufe des Jahres 1851 zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft: Herr Professor Dr. Dove, und Director des statistischen Bureaus Herr Geh. Ober-Regierungsrath Dr. Dieterici; zu correspondirenden Mitgliedern: Herr RegisrungeMediciilkak Dr. Eitner zu Oppeln, Herr Regierungsrath Alexander v. Minutoli zu Liegnitz, Herr Dr. B. W. v. Müller zu Stuttgart, Herr Handelsgerichts-Präsident Vinnerz zu Crefeld, Herr Dr. Seiche zu Teplitz, Herr Dr. Berthold zu Teplitz, und Herr Hofrath Dr. Spengler zu Ems. Ein von dem Präsidium an das Königl. Ministerium der geistlichen, höheren Unterrichts-Angelegen- heiten etc. gerichtetes Gesuch: ‚‚unserer Gesellschaft mit Rücksicht auf deren gemeinnützige Bestrebungen, gleich mehreren anderen ähnlichen Societäten, aus Staatsfonds einen regelmässigen Zuschuss zu gewäh- ren,‘ ist leider ohne den gewünschten Erfolg geblieben. Es sind von dem Verwaltungs-Ausschusse des Schlesischen Kunst-Vereins darüber Unterhandlungen eröffnet worden: ‚‚der in dem hiesigen Ständehause zu bildenden vereinigten Gemälde - Gallerie auch die unserer Gesellschaft gehörenden Gemälde einzuverleiben. Diese, das allgemeine Interesse mit Recht in Anspruch nehmende Angelegenheit wird zur Beschlussnahme der General-Versammlung vorgelegt werden, sobald die Verhandlungen über die näheren Bedingungen der beabsichtigten Vereinigung beendigt sind. In Verfolgung der vaterländischen, gemeinnützigen Zwecke der Gesellschaft hat das Präsidium, zur Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntniss in grösseren Kreisen und zugleich zur Belebung der Theil- nahme an unserer Gesellschaft selbst, für dieses Winterhalbjahr wieder eine Reihe öffentlicher Vor- träge veranstaltet, von denen derjenige des Herrn Geh. Archivrath Dr. Stenzel die Geschichte der Jahre 1813/15 zum Gegenstande hatte, der des Herrn Privat-Docenten Dr. Cohn über verschiedene interes- sante Verhältnisse des Pflanzenreichs, und der des Herrn Privat-Docenten Dr. Scharenberg über Geo- logie und insbesondere über die Entstehung der Gebirge, die geologischen Schöpfungsepochen und über die fortdauernden Veränderungen der Erdoberfläche sich verbreitete. Zur Lösung der von dem Präsidium gestellten Preisaufgabe über die Schlesischen Mineralquellen ist zwar eine zweite Concurrenzschrift unter dem Motto: „Seid mir festlich begrüsst etc.“ eingegangen; aber auch diese hat nach d&m Urtheile der sachverständigen Commission zur Prämiirung nicht für geeig- net erachtet werden können. Ob übrigens dem Verfasser als fleissigem Sammler nach dem Vorschlage der Preisrichter nicht ein Accessit zu bewilligen sei, ist dem Beschlusse der Gesellschaft vorbehalten. Die von unserer Section für Obstbau und Gartenkultur im Frühjahre und Herbste wiederum veran- stalteten öffentlichen Ausstellungen von Garten-Erzeugnissen haben bei dem Publikum die verdiente Theil- nahme leider nicht gefunden. Das Präsidium überwies der Section einige silberne Medaillen der Gesell- schaft zur Prämiirung. 5 Bei der hierorts im Sommer stattgefundenen Schlesischen Industrie-Ausstellung hat unser Präses be- _ sonders. .in der geognostischen Abtheilung durch Beiträge und durch sachkundige Mitwirkung bei der Ausstellung mit gewohnter Hingebung sich betheiligk, " ) Im December 1853 wird unsere Gesellschaft das 50 jährige Jubiläum ihrer Stiftung und ihres Be- stehens feiern. Zu dieser Feier soll die Geschichte der Gesellschaft, deren Abfassung Herr Professor Dr. Kahlert übernommen hat, und eine Reihe allgemein interessanter, wissenschaftlicher Abhandlungen in einer Jubelschrift herausgegeben werden: — als wozu das Präsidium sämmitliche Sectionen zu ent- sprechenden Beiträgen aufgefordert hat. Am 11. Februar pr. verlor die Gesellschaft durch das Ableben ihres Kastellans Glänz einen mu- sterhaft treuen und mit Recht geschätzten Beamten, welcher durch 45 Jahre mit seltener Hingebung und besonderer Befähigung in seinem Bereiche zur Förderung der Gesellschaft mitgewirkt hat. An seine Stelle ist der ehemalige Buchhalter Behnes vom Präsidium gewählt worden. Im abgelaufenen Jahre fanden 8 allgemeine Versammlungen der Gesellschaft statt. In diesen wur- den folgende Vorträge gehalten: im Januar von Herrn Professor Dr. Guhrauer „über Leben und Verdienste Caspar Neumann’s, Öberpfarrers in Breslau‘‘; im Februar von Herrn Dr. Poleck aus Neisse ‚über das Verhalien von Flüssigkeiten gegen stark erhitzte Körper, durch Experimente erläutert‘; in demselben Monate von Herrn Professor Dr. Röpell „über die Anfänge der Reform in England seit 1815 und 1816“; im März von Demselben „Fortsetzung dieses Vortrages‘‘; im April theilte Herr Professor Dr. Guhrauer aus seinem grösseren Werke die Einleitung in Lessings Laokoon mit; im October Herr Consistorial- und Schulrathe Menzel las ‚über die Wiederherstellung des jü- dischen Staates nach der Rückkehr des Volks aus dem babylonischen Exile‘“; im November von Herrn Professor Dr. Guhrauer „über Lessings Emilia ;Galotti“; ausserdem wurde die von unserem auswärtigen Mitgliede, Herrn Professor Mosch zu Herisdorf „eingesandte Schrift: ‚‚Untersuchungen über die im Riesengebirge und seinen Al .bungen befindlichen alten heidnischen Opferstätten‘‘- mitgetheilt. im December endlich hielt Herr Professor Dr. Göppert einen demonstrativen Vortrag über eine kryptogamische Pflanze in der Weistritz bei Schweidnitz und über die Verbreitung der Kryptogamen überhaupt, und £ Herr Geh. Medicinalrath Dr. Ebers ‚,‚über das in Breslau zu errichtende Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm II.“ Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen wird von den betreffenden Herren Secretairen Folgendes mitgetheilt: ; Die naturwissenschaftliche Section (Secretaire: Herr Professor Dr. Göppert und Herr Dr. Cohn) ‘ versammelte sich in dem verflossenen Jahre zu 15 verschiedenen Malen. Folgende Vorträge aus verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaften wurden gehalten. Aus dem Gebiete der Physik: Herr Prorector Dr. Marbach, Herr Oberstlieutenant Freiherr Dr. v. Strantz, dessen inzwischen erfolgtes Ableben die Gesellschaft zu bedauern hat, Herr WERgeB« Dr. he und Herr Privat-Docent Dr. med. Middeldorpf. 6 Aus dem Gebiete der physikalischen Geographie und Astronomie: Herr Dr. Sadebeck und Herr Cand. Phil. v. Boguslawski. Aus der Chemie: Herr Professor Dr. Bunsen. Aus der Mineralogie, Geognosie und Petrefaktenkunde: Herr Dr. Hensel, Herr Inge- nieur Milch, Herr Berghauptmann und Geh. Ober-Bergrath von O/S. v. Oeynhausen, Herr Rector Rendschmidt, Herr Privat-Docent Dr. Scharenberg und der Secretair der Section, Herr Professor Dr. Göppert, so wie die auswärtigen correspondirenden Mitglieder: Herr Apotheker Dr. Beinert in Charlottenbrunn und Herr Apotheker Jäckel in Liegnitz. Aus der Zoologie und Physiologie der Thiere und Pflanzen: Herr Privat-Docent Dr. v. Frantzius, Herr Professor Dr. v. Siebold und der Secretair der Section, Herr Privat-Docent Dr. Cohn. 1 In der ersten Sitzung am 7. Januar c. erklärte der bisherige, seit 20 Jahren fungirende Secretair und zeitige Präses der Gesellschaft, Herr Professor Dr. Göppert, dass er die in der letzten Sitzung des verwichenen Jahres abermals auf ihn gefallene Wahl nicht annehmen könne, wenn man nicht einen zweiten zur Unterstützung adjungiren wolle. Man ging auf diese konditionelle Weigerung ein und wählte als zweiten oder Hülfs-Secretair den Privat-Docent Herrn Dr. Cohn, welcher sich auch bereit erklärte, dieses Amt zu übernehmen. Die äusseren Verhältnisse der Section, ihr Verkehr sieh innen und aussen haben sich auch in die- sem Jahre ansehnlich erweitert. Die botanische Section (Secretair: Herr Director Dr. Wimmer) hat im Jahre 1852 sechs Versammlungen DR und es sind darin folgende ae zum Vor- trag gekommen: . Herr Privat-Docent Dr. Cohn sprach über die Fortpflanzung der Algen und der nächst verwandten Pilz-Formen. Herr Dr. Milde berichtete über die Ergebnisse seiner Excursionen um Breslau und im Gebiete von Teschen und gab nachträgliche Bemerkungen über die Equiseten. _ Herr Privat-Docent Dr. Cohn erläuterte die Keimung einiger Algen. Herr Dr. Milde berichtete über eine Excursion in die Frankensteiner Gebirgsgegend. Der Secretair legte zwei neue Formen von Carex vor. Herr Dr. Milde erläuterte die Nymphaea semiaperta, so wie die Entwickelungsgeschichte von Achlya polifera. Herr Stadtrichter Wiehura trug verschiedene morphologische Bemerkungen, besonders über die Rechts- und Links-Drehung der Algen-Sporen vor. Herr Professor Dr. Göppert machte Mittheilungen über den Leptomitus lacteus in der Weistritz bei Schweidnitz. Der Secretair legte eine Anzahl neuer Weiden-Formen vor. Herr Krause berichtete über eine im Juni d. J. unternommene botanische Excursion auf die Rax- alpe bei Wien. Die entomologische Section (Secretair: Herr Geh. Rath Professor Dr. Gravenhorst) hat im Jahre 1852 neun Versammlungen gehalten, in welchen Vorträge über Gattungen und Arten aus der Ordnung der Coleopteren, Lepidopteren und Dipteren gehalten wurden, und zwar: 2) von Herrn Hauptlehrer Letzner: a) über Chrysomela fusco-aenea Schum., b) über die Entwickelungsgeschichte des Heterocerus laevigatus Panz., c) über Chlaenius tibialis Dej. und dessen Verwandtshhaft zu Chlaenius Schran- kit Duft., d) über Larve und Puppe der Chrysomela varians Fab., e) über die Stände der Chrys. (Plagiodera) armoraciae Lin., 2) von Herrn Kaufmann A. Neustädt: über die schlesischen Arten der Genera Leucania und Nonagria, so wie über Chilo phragmitellus und Haemylis sparganiella; 3) von Herrn Oberlehrer Rector Rendschmidt: a) über die schlesischen Arten der Gattung Melolontha Fab., b) über die in Schlesien einheimischen Arten der Gattung Lema Fab.; 4) von Herrn Dr. phil. Schneider: a) über Arten der Linne’schen Gattung Asilus, und zwar über die des Genus Le- tpogaster Meig. und Dioctria Meig., b) über die schlesischen Arten der Gattung Dasypogon Meig., 5) von Herrn Dr. med. Wocke: a) über die schlesischen Arten der Pterophoriden, und zwar der Gattungen AgdE stis, Pterophorus und Alueita, b) über die in Schlesien einheimischen Arten der Gattung Tortrix. Die Bibliothek der Section hat sich auch dieses Jahr durch Kauf, Tausch und Geschenke vermehrt. Das Stiftungsfest feiert die Section am 18. December. | Die meteorologische Section (Secretair: Herr Professor Dr. Galle) hat im verflossenen Jahre zwei Sitzungen gehalten, am 14. Januar und am 27. October. In der Sitzung vom 14. Januar legte der neu gewählte Secretair einen Plan für die Bearbeitung der schlesischen meteo- rologischen Beobachtungen vor, welcher gebilligi wurde und nach welchem die Ausführung der Berech- nungen von Herrn Günther, dem Gehülfen der Sternwarte, Ende Januar begonnen wurde. Zugleich wurde angemessen gefunden, statt der zeitherigen Benennung „geographische Section‘“ und „Section für allgemeine Sudetenkunde‘ wiederum die frühere Benennung „‚meteorologische Section“ anzunehmen. - Rücksichtlich der Beobachtungen in den verschiedenen Orten der Provinz wurde beschlossen, von der Fortsetzung derselben für jetzt abzusehen, um durch die Bearbeitung der bisherigen Beobachtungen zu- vörderst eine Ansicht über die Brauchbarkeit derselben und über die etwa wünschenswerthen Aenderun- gen des dabei zu Grunde gelegten Planes zu gewinnen. Ueberdem wurde geltend gemacht, dass viele S Instrumente, namentlich die Barometer, einer Revision bedürfen möchten, und der Secretair wurde beauf- tragt, unter diesen Umständen für jetzt alle auf auswärtigen Stationen befindlichen meteorologischen In- strumente einzuziehen. Auch wurde derselbe von dem Präsidium ermächtigt, die Instrumente bei sich darbietender Gelegenheit zu verkaufen. Hiernach ist im Laufe des Jahres verfahren worden, und es sind einige der Instrumente bereits verkauft oder eingeliefert, in Betreff anderer ist zur Zeit ein Abschluss noch nicht erfolgt. An den klimatologischen Rechnungen hat sich ausser rs Günther auch noch einer der Beob- achter aus der Provinz, Herr Apotheker Büttner aus Löwen, der sich gegenwärtig hier in Breslau aufhält, betheiligt, wodurch es möglich wurde, dass im Laufe dieses Jahres etwa 150 Jahrgänge der Beobachtungen bearbeitet werden konnten. Von diesen berechnete Herr Günther: die Beobachtungen in Kreuzburg . . . . . 27 Jahrgänge R r je auf der Schneekoppe. . . 11 u Fr er in Kupferberg. . : ...15 m ” ” inBatibar =... „wu ie ii ni in Leobschütz . . . . . 28 u r SIERTRBENNDEERGB N: :.; = 4 7.2 var " Herr Büttner berechnete: die Beobachtungen in Löwen . . . . .. 10 4 5; > I ÜDBAIBER Sun ne 2 w 2% ” in Kl. Kniegniz . . . . 16 > ko u in. Glaig, - ..;% 10 Jahrgänge. Von den genannten Stationen konnten der Section höre in der Sitzung vom 27. October die Re- sultate vorgelegt werden, so dass binnen Jahresfrist eine Beendigung der gesammten Zahlenrechnungen (etwa 300 Jahrgänge betreffend) erwartet werden kann. In derselben Sitzung vom 27. October hielt Herr Georg v. Boguslawski einen Vortrag über die am 28. September d. J. Vormittags an mehreren Orten in Schlesien und im Posenschen wahrgenom- mene Feuerkugel. . Die medicinische Section (Seecretair: Herr Dr. H. Krocker) versammelte sich im Jahre 1852 zwölfmal. In diesen Sitzungen wurden von den Herren: Medicinalrath Dr. Barkow, Regier.-Medicinalrath Dr. Brefeldt, Hofrath Dr. Burghard, Dr. Grätzer, Dr. Güns- burg, Hospital-Wundarzt Hodann, Dr. Krutige, Dr. Landsberg, Dr. Neumann, Sanitätsrath Dr. Preiss und Dr. Seidel Vorträge gehalten, deren Inhalt in dem speziellen Bericht ausführlicher mitgetheilt werden wird. HM Die ökonomische Section. (Secretair: Herr General-Landschafts-Repräsentant Graf v. Hoverden.) Die Sitzungen der ökonomischen Section sind in dem Jahre 1852 ausgesetzt worden, weil die Thä- tigkeit des Secretairs und der meisten Mitglieder durch den grössten Theil des Jahres von der schlesi- schen Industrie-Ausstellung in Anspruch genommen wurde. Wir glauben, dass dieselbe, in ihrem ökonomischen Theile, ein zufriedenstellendes Resultat gelie- fert hat. | Die Section für Obst- und Gartencultur (Secretair: Herr Universitäts-Secretair Nadbyl) hat in diesem Jahre einundzwanzig Versammlungen gehalten, deren Hauptgegenstand die Berathungen über die Ausstellungen gewesen sind, in denen aber auch Vorträge, gelegentliche Mittheilungen und Be- sprechungen, so wie Demonstrationen interessanter Gartenproducte stattgefunden haben. Unter den Vorträgen sind zu erwähnen: Herr Oberst-Lieutenant v. Fabian über verschiedene feinere Gemüsesorten und die Resultate seines Gemüsebaues im Jahre 1851 (ist dem Berichte einverleibt), so wie über Cultur der Melonen im Freien. Herr Frickinger über den Anbau einiger Gemüsesorten, insbesondere der Zierkürbisse. Herr Professor Dr. Göppert über die Rose von Jericho und einige technisch wichtige Pflan- zen der Sunda-Inseln, welche in getrockneten Exemplaren vorgezeigt wurden. Herr Kaufmann Hüser Excerpt über Melonenkultur am Spalier und. die Gurke von Liban. Der Secretair über Hebung des Gemüsebaues in Schlesien. Herr Graf Reichenbach-Brustawe über amerikanischen Mais. Herr Kunstgärtner Eduard Monhaupt über Cultur des Blumenkohls. Es sind zwei Ausstellungen von Gartenerzeugnissen, die erste vom 25. bis 29. April, die zweite vom 18. bis 22. September veranstaltet, und eine Anzahl von Preisen durch eine dazu erwählte Com- mission vertheilt worden. Ausgeschieden sind aus der Section sechs Mitglieder, hinzugetreten achtzehn. Die technische Section. (Secretair: Herr Direktor Gebauer.) Am 13. Januar. Vortrag von Herrn Kaufmann Cohn über die Mittel, mehrere den Menschen nachtheilige Einflüsse zu beseitigen. - Am 23. Februar. Vortrag von Herrn Dr. Schwarz über eine rothe Porzellanfarbe mittelst chrom- sauren Bleioxydes; ferner über die Bestimmung des Kupfers. x Am 8, März. Vortrag von Herrn Dr. Baumert über die Mittel, den Gehalt der Zuckerlösungen zu bestimmen. Am 22. März. Vortrag von Herrn Kaufmann Cohn über Fette und Oele, welche im Handel vorkommen. Am 19. April. Vortrag von Herrn Dr. Schwarz über Aufbewahrung des Getreides, über Ungar- ' weinöl. Am 18. October. Vortrag von Demselben über quantitative Maassbestimmungen. Am 1. November Vortrag von Herrn Kaufmann Cohn über die Industrie-Ausstellung zu Augsburg. Vortrag von Herrn Director Gebauer über die Industrie-Ausstellung in Düsseldorf. ‘Am 18. November Vortrag von Herrn Professor Dr. Duflos über chromsaure Salze. Vortrag von Herrn Apotheker Schulze über Imprägnirung der Eisenbahnschwellen mit Fäul- niss verhindernden Substanzen. Am 29. November. Vortrag von Herrn Oberlehrer Dr. Sadebeck über geodätische Messungen. Am 13. December. Vortrag von Herrn Kaufmann Cohn über die Fortschritte in der Papierfabrikation. 2 10 Die historische Section. (Secretair: Herr Professor Dr. Röpell.) 1) Herr Professor Röpell: Ueber die politische Entwicklnng Dänemarks seit dem Jahre 1815. — 2) Herr Dr. Grünhagen: Ueber die Bedeutung des Klosters Corvey für die Geschichte des neunten Jahrhunderts. — 3) Herr Consistorialrath Menzel: Ueber die Bedeuiung der Geschichte des Volkes Israel. — 4) Herr Professor Dr. Guhrauer: Mittheilungen aus einem ungedruckten Briefwechsel zwi- schen Felix Weisse und Garve. — 5) Herr Dr. Cauer: Ueber Hubert Lanquet und dessen politische Ideen. — 6) Herr Professor Röpell: Ueber die Geschichte Englands in den letzten dreissig Jahren von Miss Martineau. — 7) Herr Dr. Grünhagen: Ueber den Sagenkreis von dem Tannhäuser in dem Wartburgkriege. — 8) Herr Professor Dr. Guhrauer: Mittheilungen einiger ungedruckten Briefe Her- ders an Lessing. Die philologische Section (Secretair: Herr Director Dr. Schönborn) n hat sich im Jahre 1852 fünfmal versammelt. Am 18. Mai gab der Gymnasiallehrer Herr Dr. Tagmann eine übersichtliche Darstellung des ge- genwärtigen kritischen Zustandes und des Zusammenhangs der einzelnen Handschriften von Tacitus Germania. Am 22. Juni sprach der Herr Professor Dr. Friedlieb über die Sibyllen, die Handschriften der sibyllinischen Weissagungen und namentlich über die der erythräischen Sibylle beigelegten Verse. Am 135. Juli las der Oberlehrer Herr Dr. Winkler über griechische und lateinische Accentuatio- nen in ihrer Anwendung in der Prosa und Poesie. Herr Dr. Suckow theilte am 19. October und am 9. November einen Aufsatz -über Schleierma- chers Verdienste um Platon und die Einleitung in Platon’s Schriften mit, welcher aus einem grösseren Werke entnommen ist, das der Vortragende über Platon und seine Schriften verfasst und zum Drucke bestimmt hat. 2 Die pädagogische Section (Secretair: Herr Oberlehrer Scholtz) hat sich im Laufe des Jahres neunmal versammelt. 1) Herr Director Dr. Kletke sprach über die gegenwärtige Organisation der zu Entlassungs- prüfungen berechtigten höheren Bürger- und Realschulen, und gab bei dieser Gelegen- heit eine Uebersicht von der verschiedenartigen Einrichtung der im preussischen Staate existirenden 50 Anstalten dieser Art. Derselbe hielt 2) einen Vortrag ‚über das Bedürfniss zu errichtender Mittelschulen in Breslau“, wobei nach- gewiesen wurde, dass es für die Jugend des Mittelstandes unserer Stadt sowohl, wie auch für die Gymnasien und für die beiden Realschulen ein grosser Gewinn wäre, wenn mit der Errichtung von Mittelschulen ungesäumt vorgegangen würde. | 3) Ueber die zweckmäsigste Anordnung eines Erziehungssystems mit Rücksicht auf die „Päda- gogik“ vom Professor Dr. Rosenkranz in Königsberg, sprach der Privat-Dozent, 11 Herr Pastor Dr. Suckow; er wies das Unhaltbare in Dr. Rosenkranz’s Pädagogik nach und stellte ein wohlgegliedertes, natur- und culturgemässes Erziehungssystem Sk Derselbe hielt 4) einen zweiten Vortrag: ‚über Zweck und zweckmässige Einrichtungen von Mittelschulen auf dem Lande und in den Städten“, dehnte also den Kletke’schen Vorschlag mit speziel- len Andeutungen zur Einrichtung des Lehrplanes für diese Schulen auf die Schulen der Provinz aus. 5) „Ueber den erziehenden Einfluss der Schule“ gab der Herr Rector Kämp „Hindeutungen“, sprach sich namentlich über die Nothwendigkeit einer allgemeinen Betheiligung der Ju- gend am Turnen aus, und bekämpfte die noch herrschenden Vorurtheile überzärt- licher, allzuängstlicher Eltern. Auch die ‚‚Stenographie‘‘ wurde in das Bereich der Verhandlungen der pädagogischen Section ge- zogen, indem 6) Herr Hänsel, Lehrer in Schön-Ellguth bei Trebnitz, veranlasst wurde, einen längeren Vor- trag über die Stenographie überhaupt und über das Stolze’sche System insbesondere zu halten. Diesem folgte in einer späteren Sitzung Herr Auscultator Mehrländer, der 7) in einem nicht minder ausführlichen Vortrage das Gabelsberger’sche System der Steno- graphie, mit dem derselbe sehr vertraut ist, zur Anschauung und Kenntnissnahme brachte. 8) Ueber die Betheiligung der Lehrer an der „inneren Mission“, wie sie von Dr. Wi- chern in Hamburg angestrebt wird, gab der Secretair der Section „Mittheilungen‘‘, mit besonderer Beziehung auf die Ansichten zweier antipodischen Pädagogen der Gegen- wart, des Pfarrers Völter und des Seminar-Directors Diesterweg. Derselbe erstattete 9) Bericht über die ‚‚Gutachten‘“ der Herren Barthel, Dr. Gillet, Dr. Suckow, Rendschmidt, Kleinert und K. Seltzsam, welche dieselben über die beiden Bearbeitungen des von der Redaction der schlesischen Schullehrerzeitung gestellten Preisthema’s: „Die zweck- mässigste anwendbare Concentration des Unterrichts in der Volksschule“, schriftlich abgegeben hatten. Im Ganzen war der Besuch der Section ein recht zahlreicher; doch hatten sich die Mitglieder der Section, welche das gedruckte Verzeichniss enthält, äusserst spärlich eingefunden und, ausser dem Se- .eretair, nur zwei, Herr Director Dr. Kletke und Herr Rector Kämp, Vorträge gehalten. Die musikalische Section (Secretair: Herr Musikdirector Dr. Mosewius) der vaterländischen Gesellschaft versammelte sich am 2. März 1852. Zuvörderst wurde die Stiftung der Section durch Vorlegung des Stiftungs - Protokolls, in Erinnerung gebracht und des Mitstifters ihrer, des am 19. Februar a. c. verstorbenen Herrn Geheimen Ober-Tribu- nalraths von Winterfeld, dankbarlichst gedacht. Sodann wurde, da die Section sich in längerer Zeit nicht versammelt hatte, zur Wahl eines Secretairs geschritten und der bisherige Secretair wiederum er- wählt. Er nahm das Amt auch dankbarlichst an, doch mit der ame um geneigte Unterstützung, die Thätigkeit der Section nach Kräften anzuregen. | 2% 12 Sodann wurde das Oratorium ‚Judas Maccabaeus von Händel‘ in Beziehung auf seinen Inhalt, seine Instrumentation u. s. w. besprochen und in Betracht gezogen, in welcher Weise die Aufführungen sol- cher classischen Werke dem Publikum gegenüber ihrem Gehalte nach vertreten werden können. Am Dienstag den 20. April 1852 hatte der Secretair der Section die Mitglieder eingeladen, den Vortrag des von ihm verfassten Nekrologs, dem Mitstifter der Section, dem verstorbenen Herrn Carl von Winterfeld gewidmet, entgegenzunehmen. Es hatten sich auch dazu drei Mitglieder nebst einem eingeführten Gaste eingefunden und der Secretair liess dem Nekrologe noch eine Abhandlung des Ver- storbenen folgen: ‚Der Frohnleichnams-Umgang und Orlandus Lassus im Jahre 1554 zu München.“ — Obiger Nekrolog ist in Nr. 18 und 19 des Jahrganges 1852 der neuen Berliner Musik-Zeitung abgedruckt. Weiter zeigte sich im Laufe des Jahres keine Veranlassung zu einer ausgedehnteren Versammlung der Section, als sie fort- und unausgesetzt das ganze Jahr hindurch unter einzelnen Mitgliedern stattfindet. Bibliotheken und Museen. In dem abgelaufenen Jahre haben die Bibliotheken einen Zuwachs von 425 Nummern mit 685 Bän- den erhalten, von denen 271 Nummern der allgemeinen, 154 der schlesischen zugefallen sind. — An Gesellschafts-Schriften verdankt die Bibliothek dieses Jahr ihre Vermehrung 62 deutschen, 4 schweizeri- schen, 3 russischen, 2 englischen, 2 niederländischen, 2 schwedischen, 1 belgischen und 1 dänischen, in Summa 77 Gesellschaften, eine Zahl, welche bis jetzt noch von keinem Jahre erreicht worden ist und selbst die Zahl des Jahres 1851 noch um 3 übersteigt. Gekauft wurden 68 Nummern mit 157 Bänden, eingetauscht 48 Nummern. Die Sammlungen der Gesellschaft wurden vermehrt: 1) durch die verw. Frau Kastellan Glänz; 2) durch Herrn Professor Dr. Göppert; 3) durch Herrn Assessor Klingenberg; 4) durch Herrn Literaten Th. Oelsner; 5) durch den Herrn Landesprälaten und Abt Dr. Rotter in Braunau; wofür hiermit öffentlich gedankt wird. A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Der schlesische Verein zur Heilung und Unterstützung von Augenkranken zu Breslau I, die schlesische Blin- den-Unterrichts-Anstalt zu Breslau 1, die höhere Bürgerschule in Breslau 1, das Direetorium der Breslau-Schweid- nitz-Freiburger Eisenbahn in Breslau 1, der Vorstand des Gewerbe-Vereins in Breslau 1, der landwirthschaftliche Central-Verein für Schlesien zu Breslau 1, der schlesische Verein für Pferderennen und Pferdezucht 1, der Privat- Verein für den Unterricht und die Erziehung Taubstummer in Schlesien zu Breslau 1, die k. Universität zu Breslau 1, das Gymnasium zu Brieg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Görlitz 3, die oberlausitzische Gesellschaft der Wis- senschaften zu Görlitz 2, der Gewerbe- und Garten-Verein zu Grünberg l, das Gymnasium zu Hirschberg 1, die höhere Bürgerschule in Landeshut 1, die k. Ritter-Academie in Liegnitz 1, der landwirthschaftliche Verein zu Lieg- nitz 1, der allgemeine landwirthschaftliche Verein zu Oels 1, der ökonomisch-patriotische Verein zu Oels 1, der land- und forstwirthschaftliche Verein zu Oppeln 1, das Directorium der Wilhelms-Bahn zu Ratibor 1, die ökonomisch-pa- triotische Societät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer 1 Nummer. 13 b. Von einzelnen Geschenkgebern. Herr Rector, Prof. Anton in Görlitz 120 Stück Examen-Programme und Festschriften des Gymnasiums, Herr Lithograph Assmann 1, Herr Senior Berndt eine grosse Anzahl kleiner Nummern, Herr Zahnarzt Dr. Bruck 1, Herr Dr. med. J. Grätzer 1, Herr Professor Dr. Göppert 6, Herr Diaconus Herbstein 1, Herr Buchhändler F. Hirt 1 kleine Nummer, Herr Oberlehrer Kelch in Ratibor 1, Herr C. v. Kosehützki auf Gross-Wilkowitz bei Tarnowitz 1, Herr Hauptlehrer Dr. Letzner 6, Herr Pastor 6. Letzner 7, Herr Custos K. Letzner 2 und eine Anzahl kleiner Nummern, Herr Regierungsrath v. Minutoli ın Liegnitz 1, Herr Kaufmann Jul, Neugebauer 5, Herr Buchdruckerei-Besitzer Robert Nischkowski 1, Herr Literat Th. Oelsner 6, Herr Bürgermeister Radicke in Muskau 1, Herr Pianist K. Schnabel 4, Herr Simson, Seceretair der Handelskammer, 1, Herr Baurath Studt 1, und Herr Apotheker und Senator Weimann in Grün- berg 1 Nummer. x Eingetauscht wurden 45 Nummern, B. Bei der allgemeinen Bibliothek, a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Der Kunst- und Haudwerks-Verein, die naturforschende Gesellschaft und der landwirthschaftliche Verein zw Altenburg 1, die grossherzogl. Baden’sche Centralstelle für Landwirthschaft in Karlsruhe 2, die k. Baier’sche Academie der Wissenschaften zu München 3, der landwirthschaftliche Verein in Baiern 1, der historische Verein von und für Ober-Baiern 2, der naturforschende Verein in Bamberg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Basel 1, die k. Belgische Academie der Wissenschaften in Brüssel 5, die k. preussische Academie der Wissenschaften in Berlin 2, das k. Landes-Oekonomie-Collegium in Berlin 1, der Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preussen zu Berlin 1, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den k. preussischen Staaten zu Berlin 1, die Gesellschaft des vater- ländischen Museums in Böhmen zu Prag 1 in 12 Bänden, die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft im König- reiche Böhmen zu Prag 4, der landwirthschaftliche Provinzial-Verein für die Mark Brandenburg und Nieder-Lausitz 1, der Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der Mark Brandenburg 1, Direction of the British Governement 1, Philosophical-Society in Cambridge 1, die k. dänische Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen 1, die natur- forschende Gesellschaft in Danzig 1, die deutsche geologische Gesellschaft zu Berlin I, der Gesammt-Verein der deutschen Geschichts- und Alterthums-Vereine in Dresden 1, das statistische Bureau des k. sächs. Ministeriums des Innern zu Dresden 1, Flora, Gesellschaft für Botanik u. Gartenbau in Dresden 1, der physikalische Verein zu Frankfurt a, M. 1, Societe de Physique et d’histoire naturelle de Geneve 1, der naturwissenschaftl. Verein zu Halle 1, der naturwissenschaftl. Verein zu Hamburg 1, der landwirthschaftl. Provinzial-Verein zu Hannover 1, der historische Verein für das Grossherzogthum Hessen 2, die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem 2, die Centralstelle der landwirthschaftlichen Vereine der Regierungsbezirke Königsberg und Danzig zu Königsberg 1, der historische Verein für Krain zu Laibach 1, die kaiserlich Leopoldinisch-karolinische Academie der Naturforscher 1, der landwirthschaftliche Verein für Litthauen zu Gumbinnen 1, der Verein zur Darstellung und Erhaltung der Alterthümer und Kunstwerke der Stadt Lüneburg 3, die mährisch-schlesische Gesellschaft des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brüun 3, der Mannheimer Verein für Naturkunde I, der Verein westpreussischer Landwirthe zu Marienwerder 1, der mecklenburger patriotische Verein zu Rostock 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu Schwerin 1, der Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg zu Neu-Brandenburg 1, die kaiserlich russische Societät der Natur- wissenschaften in Moskau 1, der Verein für nassau’sche Alterthumskunde und Geschichtsforschung zu Wiesbaden 2, der Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau zu Wiesbaden 1, die Nathusius’sche Gewerbe-Anstalt zu Neuhal- densleben 1, das niederländische Institut der Wissenschaften etc. zu Amsterdam 2, die geschichts- und alterthums- forschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, die kaiserlich russische Academie der Wissenschaften zu St. Petersburg 1, die kaiserl. freie ökonomische Gesellschaft zu St. Peterburg 1, der naturwissenschaftliche Verein der baierschen Pfalz: Polichia 2, die Gesellschaft für pommer’sche Geschichte und Alterthumskunde zu Stettin 2 in 6 Bän- den, die pommer’sche ökonomische Gesellschaft zu Stettin 1, der historische Verein von Oberpfalz und Regensburg zu Regensburg 1, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 1, der landwirthschaftliche Verein für Rhein- preussen zu Bonn 1, der naturhistorische Verein der preussischen Rheinlande und Westphalens zu Bonn 1, die schleswig-holstein-lauenburg’sche Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer 1, die schles- wig-holstein-lauenburg’sche Gesellschaft für vaterländische Geschichte 2, der provinzial-landwirthschaftliche Verein für den Landdrostei-Bezirk Stade 1, der historische Verein für Steiermark 2, der entomologische Verein zu Stettin 1, die k. schwedische Academie der Wissenschaften zu Stockholm 1, das k. statistisch-topographische Bureau in Stutt- gart 1, die Gesellschaft für nützliche Forschungen in Trier 1, der landwirthschaftliche Provinzial-Verein zu Uelzen 2, die k. schwedische Societät der Wissenschaften zu Upsala 1, der landwirthschaftliche Hauptverein für Westphalen zu Münster 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens zu Münster 1, die kaiserl. Academie der Wissenschaften in Wien 8, die k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien 1, die k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien 1, die k. würtemberg’sche Centralstelle für die Landwirthschaft zu Stuttgart 1, die physikalisch-medizinische Gesellschaft zu Würzburg 1, der unterfränkische Gewerbe-Verein zu Würzburg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Zürich 1, die zürcherische Gesellschaft für vaterländische Alterthümer 2 Nummern. 14 b. Von einzelnen Geschenkgebern. - Herr Geh. Regierungsrath Dr. Back in Altenburg 10, Herr Medicinalrath Prof. Dr. Barkow 1, Herr Badearzt Dr. Berthold in Töplitz 1, aus dem Nachlasse des Herrn Prof. Dr. v. Boguslawski 12, Herr Dr. Fr. Boschan in Fran-. zensbad 1, Herr 6, D. in Berlin 1, Herr Professor Ens in Troppau 1, Herr Dr. Erlenmeyer zu Bendorf bei Koblenz 1, Herr Dr. Constantin v. Ettinghausen in Wien 8, Herr Professor Dr. Fleischer in Hohenheim im Königreiche Wür- temberg 1, Herr Prof. 6. Forchhammer in Kopenhagen 2, Herr Prof. Dr. Frankenheim 1, Herr Dr. med, et chir. J. Friedlieb in Sobernheim 1, Herr Prof. Dr. Göppert 6, k. Sectionsrath, Director der k. k. zoologischen Reichs-An- stalt, Herr Prof. Dr. Haidinger in Wien 2, Herr Bergrath Fr. v. Hauer in Wien 4, Herr Geh. Hofrath, Prof. Dr. Haus- mann in Göttingen 1, Herr Prof. Dr. Osw. Heer in Zürich 2, Herr General-Lieutenant a. D. Freiherr Hiller v, Gärtrin- gen zu Thiemendorf bei Lauban 3 in 10 Bänden, Herr Dr. Kenngott in Presburg 3, Herr Th. Kotschy in Wien 1, Herr Prof. Dr. Kützing in Nordhausen 1, Herr Dr. H. Laehr, zweiter Arzt der Provinzial-Irren-Anstalt bei Halle, 1, Herr Hauptlehrer D. Letzner 2, der zeitige Kustos K, Letzner 7 kleine Nummern, Herr Literat J. Tr. Löschke in Leip- zig 1, Herr Kaufmann E. F. Mooyer in Minden 1, Herr J. W. v. Müller in Stnttgart 2, Herr Kaufmann J. Neugebauer 2, Herr Kreisphysikus und Oberarzt Dr. A. C, Neumann in Graudenz #- Herr Dr. phil. Neumann, Secretair der oberlau- sitz’schen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 1, Herr Literat Th. Oelsner 3, Herr Dr. Posner, Director des Heil- und Pflege-Instituts für Gemüthskranke in Berlin 1, Herr Oberlehrer Dr. Prestel in Emden 2, Herr Dr. L. Rabenhorst in Dresden 1, Herr Prof. Dr. Sandberger, Kustos des naturhistorischen Museums in Wiesbaden 2, Herr Dr. phil. Schneider 1, Herr J. Seipel, gräfl. Sprinzenstein’scher Buchhalter in Horn 1, Herr Redacteur Alex. Skofitz in Wien 1, Herr Dr. med. et chir. Steetz in Hamburg 1, Herr Forstinspector I. C. Weber in Brünn 1, Herr Prof. Dr. Zeischner in Krakau 1, Herr Dr. med. et chir. Zimmermann in Hamburg 3 Nummern. Gakauft wurden für die allgemeine Bibliothek 68 Nummern mit 157 Bänden, worunter 43 medizinische Werke mit 117 Bänden. Au die Sammlungen der Gesellschaft gingen als Geschenke ein: von der verw. Frau Kastellan Glänz: die Por- traits Fr. II. und Garve’s, beide in Kupfer gestochen und eingerahmt. — Von Herrn Prof. Dr. Göppert: 1) Eine alte bömische Münze, gefunden in einem Topfe mit 8 Pfund dergleichen zu Elinbogen in Böhmen; 2) Ein Stück körniger Kalk aus Siebenhufen bei Strehlen; 3) Zwei Stücke Thoneisenstein, gefunden bei Löwenberg; 4) Eine grosse Anzahl von Mineralien aus der schlesischen Industrie-Ausstellung wurde der Gesellschaft ebenfalls durch die gütige Vermittelung des Herrn Prof. Dr. Göppert zugewandt. — Von Herrn Assessor Klingberg: Eine Anzahl Mi- neralien. — Von Herrn Literaten Th. Oelsner: 1) Vier Stück schlesische Mineralien; 2) Vier Stück geschliffene Achate aus der Katzbach; 3) Ein Ring und ein Branntwein-Fässchen aus Steinsalz von Wieliczka; 4) Eine stein- artige Masse aus einem Hammel; 5) 45 Stück deutsche und französische Münzen aus dem 17., 18. und 19. Jahr- hunderte; 6) Zwei Gypsmedaillons, Brustbilder von Klügel und Klein; 7) Tableau, gewidmet den im Jahre 1851 in Hamburg versammelten Abgeordneten des Gustav-Adolph-Vereines (Lithographie), — Von Herrn Landes-Prälat Dr. Rotter, Abt der Benedictiner-Abtei in Braunau: Ein 10'/, Loth schweres Stück Meteor-Eisen von Arvat in Ungarn, K. Letzner, Bericht über die Verwaltung der Kasse. Zu den gewöhnlichen Einnahmen der Allgemeinen Kasse in 1852, welche die etatirte Höhe von 1950 Thlr. — Sgr. erreichen werden, treten in jenem Jahre noch: der Erlös von verkauften meteorologischen Instrumenten mit. . - » 23 Thlr. 10 Sgr. und der Ertrag von zwei verloosten und ä 88 Thlr. pro Stück zur Auszahlung gekommenen Seehandlungs-Prämien-Scheinen mit 176 Thlr. — Sgr. so dass sich die Gesammt-Einnahmen in runder Summe auf . 2. 2.2.2... 2150 Thlr. stellen werden. ’ Dagegen werden auch die gewöhnlichen Ausgaben — nach dem desfallsigen Etat ebenfalls auf 1950 Thlr. geschätzt, obschon die dabei veranschlagte Prämie für eine Preisschrift, im Betrage von 100 Thlr. Gold, noch nicht zur Zahlung gekommen ist — nahezu die Summe von 2100 Thlr. errei- 15 chen, und sind diese Ueberschreitungen des Etats hauptsächlick veranlasst worden: durch die Vertretung des verstorbenen Kastellan Glänz während seiner Krankheit und bis zur Anstellung seines Nachfolgers ; ferner durch beträchtliche Anschaffungen für die Bibliothek und durch Zutheilung von silbernen Preis- Medaillen an die Section für Garten- und Obst-Cultur zu einem Kostenwerthe von 42 Thalern. Als Kassenbestand wird in’s neue Jahr ein Betrag von eirca 4950 Thlr. übergehen, von welcher Summe zinsbar angelegt bleiben 4450 Thlr. in Prioritäts-Obligationen der Freiburger und Niederschle- sisch-Märkischen Eisenbahn und in einem Seehandlungs-Prämienschein zu 50 Thlr. Nominal-Betrag. Der Verkauf der Eintrittskarten zu den in diesem Winter veranstalteten öffentlichen Vorlesungen hat bis zum Schlusse v. J. einen Beitrag von 287 Thlr. 20 Ser. geliefert, der wahrscheinlich die dabei entstehenden Kosten decken wird. Der Separat-Fond der technischen Section hat seither seine Ausgaben aus den Beiträgen zu bestreiten vermocht, welche die königl. Ministerien des Handels und des Unterrichts dieser Section von Zeit zu Zeit gewährten. Die nachgesuchte Fortsetzung dieser Beiträge ist aber in dem letzten Jahre verweigert worden, und ist sonach der Bestand dieses Separat-Fonds gegenwärtig auf 15 Thlr. 13 Sgr. 6 Pf. reducirt, nachdem die Ausgaben des verflossenen Jahres mit 65 Thlr. 10 Sgr. berichtigt worden sind. Einer günstigeren Lage hat sich der Separat-Fond der Section für Obst- und Garten- Cultur zu erfreuen. Die Jahres-Beiträge der Mitglieder dieser Section und des separaten Journal-Lese- Zirkels haben eine Einnahme gewährt von . . . ........18 Thlr. 10 Sgr. — Pf. der Rest einer früheren ng unter den Mitgliedern hat ge- liefert . une NW Inch — Ser Mr. die beiden Ausstellungen Me rigen iss ln einen Ue- berschuss von. . . ee. 3 TS Ehe, ‚AR Sn Norbe und von dem landwirthschaftlichen. ee der Provinz ist zur Prämiirung der Aussteller ein Beitrag gezahlt von 50 Thlr. — Sgr. — Pf. so dass die gesammten Einnahmen des vorigen Jahres betragen haben . . 260 Thlr. 14 Sgr. 6 Pf. während die Gesammt-Ausgaben mit . . . er runh „D0 Thlr. 18: Sen AM. bestritten werden konnten, wonach der vorjährige sone dieser Section jetzt auf 212 Thlr, 7 Sgr, 6 Pf. angewachsen ist. Breslau, den 28. Januar 1859. G. Liebich, z. Z. Kassirer. Bei der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur sind im Jahre 1852 folgende Verände- rungen vorgekommen. a) Hinzugetretene einheimische Mitglieder: Herr Dr. med. Davidsohn. ‚ - Privat-Docent Dr. phil. Cohn. - königl. Regierungsrath und Eisenbahn-Commissarius v. Nostiz. - Kaufmann Aug. Neustädt. 16 Herr Ober-Bergmeister von Schlesien und Ober-Bergrath Erbreich. - Professor Dr. Galle. - königl. Geheimer Regierungsrath und Director der General-Commission für Schlesien Schellwitz. - Privat-Docent Dr. phil. Scharenberg. - General-Major From. b) Hinzugetretene auswärtige Mitglieder: Herr Kammerherr Baron v. Seidlitz in Pilgramshain bei Striegau. c) Gestorbene einheimische Mitglieder: Herr Regierungs-Rath und Gutsbesitzer v. Heinen. - Oberst-Lieutenant a. D., Dr. phil. v. Strantz. - Greheimer Regierungsrath a. D. v. Kraker. - _Geheimer Regierungsrath Gossow. - Gymnasial-College Klopsch. d) Gestorbene wirkliche auswärtige Mitglieder: Herr Baron v. Lüttwitz auf Glockschütz. - Kaufmann Stange in Trebnitz. e) Hinzugetretene Ehrenmitglieder: Herr Geh. Ober-Regierungsrath, Prof. Dr. Dieterici in Berlin. - Professor Dr. Dove in Berlin. f) Hinzugetretene correspondirende Mitglieder: Herr Regierungs-Medicinalrath Dr. Eitner in Oppeln. - Regierungsrath v. Minutoli in Liegnitz. - Dr. Müller in Stuttgart. - Handelsgerichts-Präsident Winnerz in Krefeld. - General-Arzt Dr. med. Jungnickel in Stettin. - Dr. med. Seiche in Töplitz. - Dr. med. Berthold in Töplitz. - Hofrath Dr. med. Spengler in Ems. Hassen-Abschluss für das Jahr 1852. = oe — Soll einkommen. Baar. Nach Nach der dem Etat wirklichen Zahl für der 1852— 1853. Mitglieder. 199 | — | 19 | — 1122 | — | 1134 | — 272) — | 2744| — 27| — 36 150 | — | 150 150 | — | 180 1950 Allgemeine Kasse. Einnahmen. Zinsen von Effekten: von 800 Thlr. Breslau-Freiburger Priorit.-Obligat. a4Y, 32 Thlr. von 2600 Thlr. Niederschl.-Märk. Obligat. Ser.1.a4%, Y,. 117 2 von 1000 Thlr. = 5) 55 „IV.a0%,...,00 %, Halbjährige Beiträge von einheimischen Mitgliede'rn: für Dermin Johann 185 & 3 The... en... 555 Thlr. 5, Weihnachten 185 a 3 Thlr. ............ OD (24 Thlr. in Rückstand verblieben.) Halbjährige Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: für Termin Johanni 68 a 2 Thlr.................... ..... 186 Thlr. „Weihnachten 6D.a>230hle.e... een. 130 ,, (8 Thlr. in Rückstand verblieben.) Eintrittsgebühren: von 12 neuen“ Mitgliedern-arorThlu... ernennen. Beitrag zur Miethe von dem Schlesischen Kunsivereine Beitrag zur Miethe von dem Gewerbevereine rer. ee Aussergewöhnliche Einnahmen: Beitrag d. Redaktion d. Schlesischen Zeitung 10 Thlr. — Sgr. — Pf. Restituirte Beleuchtungskosten und Porto.. — Für verkaufte Barometer u. Thermometer. 23 = 10 “ —_ S Für zwei SeehandInngs - Prämien - Scheine a 50 Thlr. Nominal-Betrag, bei der Ver- loosung gezogen ä 88 Thlr............. 176 „ — „ —,„ Für verkaufte Eintrittskarten zu den öffent- lichen Vorlesungen im Winter 1852/53 287 ‚, Rest-Einnahmen: rückständige Beiträge ............uncnceo.. (21 Thlr. niedergeschlagen, 24 Thlr. vorgetragen.) Bestand aus dem vorigen Jahre: In oben aufgeführten Prioritäts-Obli- gationen der Breslau - Freiburger u. Niederschlesisch-Märkischen Ei- SENNENDENE Nee a 4400 Thlr. — Sgr. — Pf. In 3 Seehandlungs-Prämien-Scheinen 150 °„ — „ — , Baaı MOON IE IONOTNEIINTITOIND ON as VO ONOR OOo One SouDnNOODDHOOHODDG Ist eingekommen. Effekten. Baar. RUE 1110 266 497 | 20 12 Abo0Eeee 414 4550 | 2864 | 21 RM Ion PR. or) Ausgaben nach dem Etat für 1852-53. Ru: Io: Ist verausgabt, Effekten. Baar. Allgemeine Kasse. | Ausgaben. | Miethensa. .u..22.2. 30 a N are Se ee ee _ 600 | — | — Honorar dem; Bralekten- Ben... — I — | — Neufahrsgeschenk dem) Kastellan..............0....... ze... — 5 | — | — Gehaltdemselben pro I.Semester 150 Thlr., pro II. Semester 125 Thlr. — 2755| —-| — Demp Haushälten..... 2 er Apr me Mo —_ 3 — | — Heizunen a en ara a a SR Re: _ 50 | 11 5) Beleuchtung: 7. m etean ee — 57 | 21 h) Unterhaltungsder Mohlliener. en... er = 12 | 21 | — Heuerversichenunes-Pramien a... as er _ 16 | 2383| — Schreibmaterialien, für zwei Jahre ......................ccececnceene — 37 2 6 Zeit0NgS- AnnanGene. An. ar ee _ 50 | 6 Druekkostenm, re a ee Le _ 362 | 11 3 Buchbinder-Arbeiten. A um. .n. 0a a a Eee _ 64 ı 1a! — Bostekreeura und Porp en... ee — 281 -7 3 Kleine Ausgaben. .................... RE NE RE — 313] 6 Dem Sternwarten-Diener für meteorologische Beobachtungen ... == 2|—- | — Naturwissensehaflliche SECHon. rue nee —: 3232| 31 — Entomologische Section ................. I EBEN re N N): MER _ 20 | 2383| 6 Bibliottek tn 2... 2a res. Ten RE = 156 20 | — Prämie für Preisschriften, 100 Thlr. Gold und die silberne Medaille = re Unvorhergesehene Fälle ............... a ag ee ee — 13 | 5| — — 2061 | 20 | 8 Aussergewöhnliche Ausgaben. Bei der Verloosung im. vorigen Jahre gezogene 2 Stück See- handlungs-Prämienscheine a 50 Thlr. Nominal-Betrag...... 100 — — | — Lithographirte Eintrittskarten zu den öffentlichen Vorlesungen und Zeitungs-Inserate.........- ER REN. SHE — 0 | 23| 9 (Uebrige Kosten für diese Vorlesungen kommen im nächsten Jahre zur Ausgabe.) Bestand verblieben ......... 4550 | 2864 | 21 G. Liebich, :. Z. Kassirer der Gesellschaft. HKassen-Abschluss für das Jahr 1852. Separat-F'ond der technischen Section. Sans bar DRIN BAER I SE EEE Separat-F'oond der Section für Obst- und Gartenkultur. BOstanl auspoemeforigen! Jahre. „nur de dee a a ee en ar Rest einer Sammlung unter den Sectionsmitgliedern aus dem Nachlasse des verstorbenen g KaRelan az. nee ee re ee rar Beitrag von dem königl. Landes-Oekonomie-Collegium . N EEE EN Beilrar_Rest/aus. dem Jahre HO@L s.28.. un. u 3... rar oa ee nennt ash Beiträge von den Mitgliedern der Section pro a. c................... EEE EERERR Beiträge von den Theilnehmern des Journal-Lesezirkels pro a. e. ........................... DEBEE BES EB ee a nennen Ueberschüsse von den diesjährigen Ausstellungen ....... u IR Ist eingekommen. Effekten. Baar. _ 83 | 28 en 150, | = Il —_ 147 6 Für technische Zeitschriften Buchbinderarbeit Separat-F'ond der technischen Section. 2 An Rd oO RER ac e eo. 5. ı.i.:: 02:77 5 Slaere Separat-F'ond der Section für Obst- und Gartenkultur. Post-Procura für Einziehung der Beiträge von auswärtigen Mitgliedern............... arte Kur Jopenale ...003.....0:2222 200. SR... 0 a a A Satz, Druck nnd Papier zu dem Berichte der Section......... zerz.ceeeeecesceeeencneennenen Für Buchbinderarbeiten ...................... BERN. 2 a Dem Kolpprteur. .S........u.... 2.000 un ueannsnsneune penuuse nörcenssnsenaeraneezanengsnnnne Für zwei Tische zu dem Obst-Kabinet nebst Schlosser- und Glaser-Arbeit................. Für fünf Fuhren Steine zur Dekoration bei der Ausstellung .................................... Arbeitslohn bei der Industrie-Ausstellung................ BIN a NEN? SCENE. AR... Professor Dr. Wimmer, Zahlung zu Geld-Prämien ...............................2cceserccecceen- Porto = Auglagenv..... N. ... Bee DE ROM ED NUR. RE ee. nn Zeitungs-Inserate ........... - en. 1 ESS BEI. %, LEN, BB ER NER > 5... Bestand ’'verbleibt...............,.. REDE rc es. G. Liebich, z. 2. Kassirer der Gesellschaft. N En En eu WEITET Ser Bee SEE 1 ge nn Kanes le | Ist verausgabt. Effekten. Baar, ee een | le . Danlas = | alalol aan | es}! |S| | Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftlichen Section im Jahre 1852, abgestattet von den Secretairen der Section Göppert und Cohn. D:. Section versammelte sich in dem nun abgelaufenen Jahre zu 15 verschiedenen Malen. Folgende Vorträge und Mittheilungen machten die Gegenstände ihrer Beschäftigung aus: Astronomie und Geographie. Herr Georg v. Boguslawski am 28. Juli: Ueber die periodischen Sternschnuppenphänomene des Jahres. ‘ Periodische Sternschnuppenphänomene sind alle diejenigen Erscheinungen von Feuerme- teoren, welche mit bestimmten Charakteren und zu einer bestimmten Zeit im Jahre regelmässig wieder- kehren und so die Existenz eines besonderen Systems dieser kleinen Himmelskörper, der Infusorien un- seres Sonnensystems, beweisen. Sie zeichnen sich vorzüglich durch ihre grosse Anzahl und durch die Gleichmässigkeit oder den Parallelismus der Bahnen der einzelnen Sternschnuppen vor den an anderen Abenden sichtbaren aus. Um nun die grössere Anzahl von Sternschnuppen als ein Kriterium für einen aussergewöhnli- chen Sternschnuppenfall zu erkennen, muss man erst die mittlere Anzahl der in einer gewöhnlichen Nacht gefallenen bestimmen. Eine systematische Untersuchung und Beobachtung derselben ist erst durch das gross- artige Phänomen vom November 1833 angebahnt worden. Zwar hatte schon Benzenberg im Jahre 1798 ‚versucht, die Anzahl der in einer Stunde von einem Beobachter zu sehenden Sternschnuppen festzu- stellen, und fand sie gleich 6. Brandes schätzte sie später (1823) auf 8, ebenso Quetelet (1824). Olbers in Bremen und Herrick in Nordamerika haben sich ebenfalls mit diesen Fragen beschäftigt. Zu einer Vergleichung der Anzahl der Sternschnuppen bei gewöhnlichen und aussergewöhnlichen Erscheinungen waren aber längere Beobachtungsreihen nothwendig; Benzenberg stellte die ersten an im Jahre 1837 und fand 3 als die stündliche Anzahl der Sternschnuppen an gewöhnlichen Abenden und 16—20 als die bei aussergewöhnlichen Erscheinungen. Weit’umfassender und der Wahrheit näher kommend waren die Beobachtungsreihen, welche hier in Breslau auf Veranlassung des verstorbenen Prof. v. Bo- 3 18 guslawski 3 Jahre hindurch von 167 Beobachtern fortgeführt wurden, vom März 1839 bis März 1842 vorzüglich durch die rege und thätige Theilnahme der Herren Prof. Dr. Kenngott (jetzt zu Wien) und H. v. Rothkirch auf Gr.-Schottgau. Aus den nach diesen täglichen Beobachtungen gewonnenen tabellarischen Uebersichten ergiebt sich als durchschnittliche stündliche Anzahl für je eine Beobachtungs- nacht: im ersten Jahre: 4,40 Sternschnuppen; im zweiten Jahre: 8,28; im dritten Jahre: 6,76, im Mit- tel also aus 3 Jahren 6,48 Sternschnuppen in einer Stunde. — Nimmt man nun an, dass aussergewöhn- liche Sternschnuppenerscheinungen dann eintreten, wenn ihre stündliche Anzahl die in gewöhnlichen Nächten wenigstens um die Hälfte übertrifft, so würde nach den obigen Resultaten das Kriterium für einen aussergewöhnlichen Sternschnuppenfall die stündliche Anzahl von wenigstens 6,48 + 3,24 — 9,72 Sternschnuppen sein. Aehnliche Resultate erhielten Eugene Bouvard (vom October 1840 bis October 1841) und Coul- vier-Gravier (1849 und 1850). Noch entschiedener aber als blosse Zählung weist ein gemeinsamer Ausgangs- oder Radia- tionspunkt der wirklichen Bahnen oder ein Parallelismus der scheinbaren auf eine perio- dische oder aussergewöhnliche Sternschnuppenerscheinung hin. Die Idee nun eines solchen Radiationspunktes wurde wiederum zuerst durch das grossartige Novem- ber-Phänomen von 1833 angeregt, bei welchem sich ergab, dass in der Nähe von y Leonis der Punkt am Himmel sei, von dem beinahe alle damals sichtbaren Sternschnuppen ausgingen. Der diesem Punkte diametral gegenüberliegende Punkt in der nach vor- und rückwärts verlängerten Bahn der Sternschnup- pen ist der Convergenzpunkt, gegen welchen hin alle die einen gemeinsamen Radiationspunkt be- sitzenden Sternschnuppen zu konvergiren scheinen. In den Beziehungen dieser beiden Punkte zu den Punkten, gegen welche sich die Erde gerade zur Zeit der Erscheinung hinbewegt, liegt nun ein bedeutender Unterschied zwischen den Sternschnuppen in gewöhnlichen Nächten und denen der aussergewöhnlichen oder periodischen Erscheinungen. Bei den ersteren kompensiren sich alle Richtungen zu einer einzigen, und diese ist eine der Bewegungsrich- tung der Erde gerade entgegengesetzte. Die dieser Richtung folgenden Sternschnuppen heissen kon- vergirende, die anderen sporadische. Dagegen findet bei den Sternschnuppen der periodischen oder aussergewöhnlichen Erscheinungen keine solche Compensation der Richtungen nach dem gedachten Punkte zu statt, sondern vielmehr eine Tendenz nach einem mehr oder weniger von ihm abweichenden. So weicht der Convergenzpunkt des Systems der November-Sternschnuppen von dem der Bewegungsrichtung der Erde entgegengesetzten Punkte um 8° ab, der der August-Sternschnuppen um beinahe 40°. Erman und Walker vorzugs- weise haben sich mit der Berechnung dieser Convergenzpunkte für die einzelnen periodischen Phänomene beschäftigt und ihre Deflexion von den theoretischen, für jeden Tag berechnet. — Dagegen richtete Herr Professor Ed. Heis (jetzt zu Münster), der unermüdliche Beobachter aller mit unbewaffnetem Auge sichtbaren Gegenstände des Firmaments, seine Aufmerksamkeit und Untersuchungen auf die Radiations- oder Ausgangspunkte der Sternschnuppen. Er bediente sich zur Ermittelung derselben bei den ein- zelnen periodischen Erscheinungen, welche er beobachtete, einer höchst sinnreichen mechanischen Kon- struktion (welche der Vortragende näher erörterte), durch welche Heis zu ganz ähnlichen Resultaten gelangte, als durch die weitläufigeren Rechnungen. Heis fand nach dieser Methode, dass jedes perio- dische Phänomen nicht blos einen Radiationspunkt für die einzelnen Sternschnuppen hat, sondern meherere, so dass sich das Sternschnuppen-Phänomen einer Periode ähnlich einem getheilten Kometenschweife einem von der Erde entfernten Beobachter zeigen würde. So ergaben sich nach Heis für das August-Phä- nomen 3 Radiations-Punkte: in der Nähe von Algol im Perseus, bei dem Stern 64 Fl. im Drachen und 19 > nn in der Nähe des Nordpols, und für das November-Phänomen 4: bei n Persei, « Cassiopeae, im Kopfa des Drachen und bei y Leonis. Der Vortragende besprach zunächst die beiden bedeutendsten und berühmtesten Sternschnuppen- Phänomene des Jahres, die des August und November. — Was das Humboldtsche November- Phänomen betrifft, so ergiebt sich als Resultat vielfacher, beobachteter Thatsachen, dass die stünd- liche Anzahl der November-Sternschnuppen die der gewöhnlichen Abende 8— 10 Mal und darüber übertrifft, dass, wenn sich auch nicht das Phänomen stets so grossartig gezeigt hat, als in den Jahren 1799 und 1833, es doch bis zum Jahre 1850 kein Jahr ausgeblieben ist; dass ferner bis jetzt 4 Radiationspunkte der einzelnen Sternschnuppen sich herausgestellt haben, von denen einer bei y Leonis nur um 8° von dem Punkte des Himmels absteht, gegen welchen hin sich die Erde zur Zeit des Phänomens bewegt; dass endlich die Existenz von mehreren Radiationspunkten die Erscheinung er- klärt, dass man sowohl vor Mitternacht (wie hier in Europa vielmal beobachtet worden ist), als auch nach Mitternacht (wie man in Amerika gefunden haben will) einen aussergewöhnlich starken Sternschnup- penfall wahrnehmen kann. Das August-Phänomen ist, wenn auch schon früher öfters wahrgenommen, doch erst von Que- telet im Jahre 1836 als ein periodisches erkannt und bestätigt worden. — Die ‚„Thränen des heiligen Laurentius‘ waren schon in alten Zeiten in England und Schottland bekannt, eben so die Kavönlıa in Thessalien, und in einigen alten Kalendern ist der 10. August mit dem Beinamen Meteorodes verse- hen. Aber in der neueren Zeit ist die Periodieität des August-Phänomens durch zahlreiche Beobachtun- gen an den verschiedensten Orten der Erde auf das Glänzendste und Klarste erwiesen, so dass die August-Periode als die bis jetzt am sichersten konstatirte Sternschnuppen- Periode angesehen werden kann; man findet in ihr alle Eigenthümlichkeiten der periodischen Sternschnuppen-Erscheinungen vereint. Der Vortragende erläuterte dies durch Beispiele und gab eine kurze Charakteristik der August-Stern- schnuppen und ihrer Periode überhaupt, wobei er besonders darauf aufmerksam machte, dass der eine der Hauptradiationspunkte (im Perseus) beinahe 40° von dem Punkte absteht, welchem die Erde zueilt. Sodann verglich er zur näheren Kenntniss und Unterscheidung dieser beiden periodischen Haupt- phänomene des Jahres dieselben miteinander, und fand folgende Differenzen zwischen ihnen: 1) Die Extensität oder Dauer, während welcher das Phänomen unseren Blicken sich zeigt, scheint bei der August-Periode grösser zu sein oder länger anzuhalten, als bei der November-Periode. Die Dauer der glänzenden Erscheinung kann bei jener auf 3 Tage im Durchschnitte geschätzt werden, bei dieser dagegen nur auf 1, höchstens 2 Tage. 2) Die Intensität oder Stärke der Erscheinung ist ebenfalls bei dem August- Phänomen im Allgemeinen überwiegend über die des November-Phänomens; während andererseits einzelne Entfaltungen des letzteren einen Glanz und eine Pracht zeigen, welche das August-Phänomen noch nie dokumen- tirt hat. 3) Die Erscheinung der Schweife ist im Allgemeinen bei dem November-Phänomen häufiger, als bei dem des August. 4) Dasselbe scheint mit dem gleichzeitigen Vorkommen von Feuerkugeln und Aerolithenfällen der Fall zu sein. 5) Der grösste Hauptunterschied beider Phänomene liegt in der Position ihres Radiationspunktes. Die Sternschnuppen des November zeigen eine geringe Deflexion (8°) von dem Punkte, gegen welchen hin die Erde in derselben Zeit sich bewegt, während die des August um 40° von diesem Punkte abstehen. 53* 20 Der Vortragende zeigte sodann eine nach den Bahnelementen dieser beiden Sternschnuppensysteme entworfene Zeichnung der Bahnen derselben vor und ging zu der Besprechung der periodischen Stern- schnuppen-Phänomene zu anderen Zeiten des Jahres über. Je mehr man auf die häufigen Sternschnup- pen-Erscheinungen achtete, desto mehr Tage fanden sich im Jahre, an denen man wiederholt einen reichlichen Sternschnuppenfall beobachtet hat, sei es, dass die Perioden von kommensurabler oder von inkommensurabler Dauer sind. Der Vortragende hat nun in einem Verzeichnisse eine Zusammenstellung aller Beobachtungen hierüber gemacht (bisher noch nirgends versucht), diese nach den Monaten geordnet und aus ihr folgende Resultate gewonnen: 1) Die grosse Anzahl von Angaben aus den älteren Zeiten ohne Angabe des näheren Datum be- weisen wenigstens Das, dass zu allen historischen Zeiten häufige Sternschnuppen-Er- scheinungen sich ereignet haben. h | 2) Im Januar ergiebt sich für den 2. Januar eine noch nicht völlig konstatirte Periode; es wäre zu wünschen, dass gerade zu dieser Zeit in den tropischen Gegenden unserer Erde beobachtet würde, weil dort alsdann der Himmel günstiger dazu ist. . 3) Alle Angaben im Februar scheinen nur zu Anfang des Monats einen sich häufiger wiederho- lenden, reicheren Sternschnuppenfall anzudeuten. Der Vortragende erwähnt hierbei die Hypothese von Erman, wonach diese Sternschnuppen sich am Tage zeigen müssten, als dieselben wie die des August, nur dass sie diesmal in ihrem aufsteigenden Knoten zwischen uns und der Sonne vorübergehen. 4) Im März scheint ausser zwischen dem 21. und 27. kein häufigerer Sternschnuppenfall stattge- funden zu haben. 5) Dagegen ist April durch 2 Phänomene ausgezeichnet, die sich öfters, wenn auch weniger in der neueren Zeit, auf das Glänzendste gezeigt haben: so in den Jahren 1093 bis 1123 am 10. April (n. St.) ein Phänomen, welches sich seit 1123 nicht wiederholt hat, nach mehreren glänzenden Entfal- tungen, und welches an das Verschwinden des Messier’schen Kometen erinnert. Ein anderer gross- artiger Sternschnuppenfall fand am 20. April 1803 in Massachusets statt, und scheint einige Jahre hin- durch wiedergekehrt zu sein; seiner Fesstellung als periodisches Phänomen stehen aber noch zu viel negative Beobachtungen entgegen, als dass man sicher hierüber entscheiden könnte. Nach Arago gehört das April-Phänomen zu den inkommensurablen und dürfte erst in mehreren Jahren der Erde wie- der begegnen. 6) Im Monat Mai zeigt sich kein entschieden wiederkehrendes Sternschnuppen-Phänomen, weder des Abends noch am Tage. 7) Im Monat Juni stellen sich um die Mitte desselben von 1799 bis 1815 mehrere häufige Stern- schnuppenfälle heraus; auffallend ist, dass zu derselben Zeit auch jetzt noch eine ungewöhnliche Anzahl von Feuerkugeln sich zeigen. 8) Der Monat Juli ist einer der wichtigsten für die periodischen Sternschnuppen durch die im der neueren Zeit konstatirte Periode vom 28. bis 31. Juli. Als Resultat der vom Vortragenden hierüber angestellten Untersuchungen kann nun festgestellt werden, dass zu verschiedenen Zeiten der Geschichte zwischen 25. und 31. Juli wiederholt ein häufiger Sternschnuppenfall stattgefunden hat; — dass das Juli-Phänomen zwar eine grosse Aehnlichkeit mit dem bekannten August-Phänomen hat, beide aber nicht als zu einem und demselben Systeme gehörig zu betrachten sind, dass also die Ansicht Coulvier- Gravier’s, nach welcher zwischen der Zeit vom 26. Juli bis 11. August keine Unterbrechung der steigenden Progression der stündlichen Anzahl der Sternschnuppen stattfinde, und das Maximum derselben nicht plötzlich, sondern allmälig eintreffe, nicht anzunehmen sei; ferner, dass die Sternschnuppen vom 28. bi® 51. Juli sich auch noch bis 3. August zeigen, indem von diesem Tage an bis 9. August 21 eine Verminderung der Anzahl der Sternschnuppen eintritt; dass endlich die meisten der Sternschnuppen der Juliperiode aus dem Sternbilde des Schwan (5 Cygni) herzukommen scheinen. 9) Für den Monat September hat sich bis jetzt keine besondere periodische Sternschnuppen- Erscheinung erweisen lassen. 10) Um so wichtiger und interessanter ist die im October manifestirende Periode vom 17. bis 25. October. Wenn sie auch erst in der neuesten Zeit als solche erkannt worden ist, so finden sich doch schon von ihr in alten Chroniken vom 23. (26.) October 585 an Nachrichten über dies Stern- schnuppen-Phänomen, und es kann somit als eines der am frühesten bekannten angesehen werden. Es sind über dasselbe sehr verschiedene Ansichten laut geworden; die eine betrachtet es (gestützt auf ältere Nachrichten von 1306 und 1399) als identisch mit dem November-Phänomen, indem wegen der rück- jäufigen Bahn dieses Systemes von Sternschnuppen eine jährliche Verspätung der Zeit des Vorübergan- ges (um 34 Minuten) bei unserer Erde hervorgebracht würde (v. Boguslawski der Vater); die andere behauptet im Gegentheil, dass das November-Phänomen im Laufe der Zeiten auf das October- Phänomen zurückgewichen sei (Coulvier-Gravier); die dritte trennt beide Phänomene von einander -und stellt sie als selbstständige, von einander unabhängige und verschiedene auf (Alex. v. Humboldt). Der Vortragende schliesst sich völlig der letzteren Ansicht an, und führte unter Anderem zu Gunsten derselben folgende Parallel-Beobachiungen beider Phänomene aus den letzten Jahren an: 1838: 18. October und 12., 13. November, 1840: 21., 29. bis 31. October und 11. November, 1841: 17. bis 25. October und 11. bis 13. November, 1846: 16. October und 12., 13. November, 1848: 20. bis 26. October und 12. November, 1849: 15. bis 17. October und 12. November. Somit kann man wohl einigermassen berechtigt sein, die Selbstständigkeit des October - Phänomens als begründet aufrecht erhalten zu können. r 11) Die muthmassliche Periode vom 28. November wird noch durch zu wenig Beobachtungen gestützt, um sicher gestellt werden zu können. 12) Dagegen hat sich zwischen dem 6. und 14. December seit mehreren Jahren ein regelmässig wiederkehrender Sternschnuppenfall herausgestellt. Alle diese verschiedenen Thatsachen liefern uns also den Beweis, dass beinahe in jedem Monat irgend ein aussergewöhnlicher oder periodischer Sternschnuppenfall sich ereignet, dass die Erde in ihrer Bahn um die Sonne nicht nur 2 oder 4 Mal alljährlich diesen Sternschnuppensystemen, mögen sie nun ring- oder haufenförmig gebildet sein, begegne, sondern weit öfter. Wir werden aber erst dann ganz klar die Periodieität dieser Erscheinungen einsehen, wenn auch ihre Bahnverhältnisse werden näher bekannt sein. . Diese „Erdkometen“, wie sie von mehreren Naturforschern des vorigen Jahrhunderts so ah- nungsvoll genannt worden sind, begleiten in grosser Anzahl die Erde und zollen ihr ihren Tribut, indem einzelne Atome oder Elemente derselben durch die überwiegende Anziehungskraft der Erde aus ihrem früheren Verbande gerissen und in den Bereich des Erdkörpers gezogen werden, um theils als wirklicher Meteorstaub, theils als Meteoritmasse ein kontinuirliches Inerement unserer Erdrinde zu bilden und ihr das zu ersetzen, was ihr durch andere Prozesse entzogen wird. _ Zum Schluss legte der Vortragende der Section noch ein von ihm als Anhang zu seiner Abhand- lung verfasstes Verzeichniss von Feuerkugeln und Niederfällen meteorischer Massen vor, und theilte den Plan desselben, so wie die hauptsächlichsten dabei benutzten Quellen mit. Es soll der zehnte Nachtrag 22 zu den bereits von Chladni und von v. Hoff begonnenen und fortgesetzten Verzeichnissen sein; der letzte (neunte) Nachtrag erschien im Jahre 1835. Der Plan dieses Verzeichnisses ist nun der, dass in der ersten Abtheilung Ergänzungen und Ver- vollständigungen zu den früheren Verzeichnissen bis zum Jahre 18355 gegeben werden, während die zweite Abtheilung in selbstständiger Weise alle Nachrichten über Feuerkugeln und Niederfälle meteori- scher Massen von 1835 bis 1850 in systematischer Ordnung enthält. Es sind dabei sorgfältig die ver- schiedenen herniedergefallenen Substanzen, als Meteorsteine, Meteoreisenmassen und sogenannte Stern- schnuppen-Materie, von einander getrennt, und von jeder dieser drei Arten eine Monographie gegeben worden. «(Siehe Poggendorfs Annalen, Ergänzungsband IV., Heft I. u. II.) Herr College Dr. Sadebeck am 2. November: Ueber den von Dr. Rauch aufgestellten Beweis für die Achsendrehung der Erde, Dieser Beweis ist demjenigen analog, welcher zuerst durch Newton angeregt und durch Benzen- berg’s Fallversuche bethätigt worden ist. Die aus grossen Höhen herabfallenden Körper müssen näm- lich, wenn sich die Erde von West über Süd nach Ost um ihre Achse dreht, von der Lothlinie östlich abweichen, weil die Rotationsgeschwindigkeit, welche ihnen in der Höhe mitgetheilt worden ist, grösser ist, als die der senkrecht darunter liegenden Punkte der Erdoberfläche. Benzenberg hat dies bei den im Michaelisthurme von Hamburg und in einem Schacht angestellten Versuchen bestätigt gefunden und somit das thatsächliche Moment für den Newton’schen- Beweis geliefert. Wenn man den Versuch auf unserem Elisabeththurme anstellen wollte, so würde man beobachten, dass ein vom Kranze (200 Pariser Fuss über dem Fusse des Thurmes) herabfallender Körper bei absoluter Windstille 4%, Par. Linien öst- lich abweicht. Nach dieser Vorbemerkung ging der Vortragende zur Beleuchtung der Schrift von Dr. Rauch über. In derselben heisst es S. 8, $ 2: „‚‚Zunächst zufällige Wahrnehmung, dann sorgfältige Beobachtung und endlich wiederholte Versuche haben gezeigt, dass in den Gegenden zwischen Pol und Aequator richtig gezielte Kanonenkugeln stets rechts vom Centrum der Scheibe einschlagen. Diese durch die Erfahrung bestätigte Thatsache liefert einen neuen Beweis für die Rotation unserer Erde. Der Vortragende wies nun nach, dass allerdings die Rotation der Erde auf der nördlichen Halbkugel die erwähnte Ablenkung bewirken muss, dass dieselbe aber, wie die Rechnung zeigt, zu gering ist, als dass sie an Geschützku- geln wahrgenommen werden könnte. Wenn daher gleichwohl bei sorgfältigen Beobachtungen, von denen Rauch leider nichts Näheres mittheilt, eine bedeutende Ablenkung gefunden worden ist, so muss die- selbe hauptsächlich durch andere Ursachen als durch die Rotation der Erde bewirkt worden sein. Stellt man sich vor, dass in unserer Gegend eine Kugel von Süd nach Nord geschossen wird, so hat der Ort des Geschützes und folglich auch die geschossene Kugel eine grössere Rotationsgeschwindigkeit als der Zielpunkt, und da die Rotation von West nach Ost erfolgt, so bleibt das Ziel hinter der Kugel westlich zurück und die Kugel wird östlich, vom Zielenden gesehen rechts, abgelenkt. Wird dagegen die Kugel von Nord nach Süd geschossen, so hat das Ziel die grössere Rotationsgeschwindigkeit und eilt daher der Kugel östlich voraus, so dass die Kugel westlich zurückbleibt und mithin wieder eine Ablenkung nach rechts stattfindet. So ist es überall auf der nördlichen Halbkugel, auf der südlichen umgekehrt. Wenn die Schusslinie vom Meridiane abweicht, so ist die Ablenkung geringer, und in der Richtung von Ost nach West oder umgekehrt, so gut wie Null. Für die Sternwarte von Breslau ist ein Grad des Parallelkreises sehr nahe 35922 Toisen (1 Toise hat 6 Par. Fuss) oder 18590 Ruthen oder 9Y, Meile 23 und wird bei der Umdrehung der Erde in 4 Minuten durchlaufen, da der ganze Kreis von 360 Grad in 24 Stunden durchlaufen wird. Der in einer Zeitsekunde durchlaufene Bogen ist daher nahe 149,7 Toisen oder genauer 898 Par. Fuss. Eine Minute nördlicher ist der Grad des Parallelkreises 77,5 Par. Fuss und mithin der in einer Zeitsekunde durchlaufene Bogen 3,9 Zoll kleiner. Dies gilt z. B. von Rosenthal. Wenn es daher möglich wäre, dass von dort eine Kugel in einer Sekunde bis zur Stern- warte gelangen könnte, so würde sie 3,9 Zoll rechts vom Zielpunkte ankommen. Dies eine Beispiel zeigt, dass es unmöglich ist, mit Kanonenkugeln Resultate zu erhalten, welche zur Begründung des Be- weises für die Achsenumdrehung der Erde dienen könnten. Aber auch mit Büchsenkugeln dürfte es schwierig sein, indem 'erst dann, wenn das Ziel 1500 Pariser Fuss nördlich oder südlich entfernt ist und die Kugel dasselbe in einer Sekunde erreicht, die Ablenkung einen Zoll beträgt. Derselbe am 4. Februar: Ueber die Resultate einer Triangulation von Breslau, als Materialien zu einem neuen Plane der Stadt. Die Ansicht, dass für die Anfertigung des Planes einer Stadt von solchem Umfange, wie Breslau, eine trigonometrische Festlegung von Hauptpunkten nothwendig sei, ist die Veranlassung gewesen, dass bei der Odervermessung (ausgeführt in den Jahren 1820 — 1824) gelegentlich eine Triangulation von Breslau vorgenommen worden ist; allein die Resultate der letzteren genügen nicht den jetzigen strengen Anforderungen der praktischen Geometrie, weil die Winkel nicht nach der Methode der kleinsten Qua- drate ausgeglichen worden sind. Ueberdies ist das Dreieck: Hochkirch, Elisabetthurm, Mauritiusthurm, aus welchem die Basis für die Triangulation von Breslau, nämlich der Abstand des Elisabetthurms vom Mauritiusthurme, berechnet worden ist, allzu spitzwinklig, indem der Winkel in Hochkirch noch nicht ganz A Grad beträgt; auch überschreitet die Summe der Beobachtungsfehler in demselben die erlaubte Fehlergrenze. Der Abstand der genannten Thürme von Breslau ist 34444 Ruthen gefunden worden, während eine gehörige Winkelausgleichung 34496 Ruthen geliefert hätte. Aber auch davon abgesehen, sind die Angaben der Odervermessung geradezu unbrauchbar, weil die Orientirung unrichtig ist, indem der Fehler beinahe 3 Grad beträgt. Dies Alles hat den Vortragenden veranlasst, “eine neue Triangula- tion von Breslau vorzunehmen. Durch die grosse Güte des Herrn Oberst Beyer, Dirigenten der trigono- metrischen Abtheilung im Generalstabe, ist ihm die Benutzung der grossen Landes-Triangulation gestat- tet worden, und aus dieser hat er durch Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate den Abstand des Kirchthurmes von Thauer von dem Elisabetthurm — 3518°50 Ruthen ermittelt. Auf diese Linie hat er mit Zuziehung der Hilfspunkte Domslau, Oltaschin und Rothkretscham ein Dreiecksnetz gebaut und aus den eigenen Winkelbeobachtungen desselben den Abstand des Elisabetthurms vom Mauritiusthurme — 34515 Ruthen bestimmt. Auf diese Linie weiter bauend, hat er ein Dreiecksnetz über Breslau ausgebreitet, welches ausser den genannten Thürmen noch 14 andere enthält, nämlich die Sternwarte, den Mauritiusthurm, Ursulinerthurm, Vincenzthurm, Bernhardinerthurm, Dominikanerthurm, nördlichen Mag- dalenenthurm, Rathsthurm, Sandkirchthurm, Matthiasthurm, Kreuzkirchthurm, nördlichen Domthurm, Chri- stophorithurm und den nordöstlichen Thurm des neuen Inquisitoriats. Die Winkel sind auf der Stern- warte, dem Elisabetthurme und dem Mauritiusthurme an einem von Nösselt und Staritz gebauten Theodoliten beobachtet und auf die Mittelpunkte der Beobachtungsörter reducirt worden. Die vorgelegten Winkelbeobachtungen gaben ein gutes Zeugniss für die Genauigkeit des Instruments. Nachdem der Vor- tragende erklärt hatte, wie die Lage eines Punktes durch rechtwinklige Coordinaten bestimmt werde, 24 indem durch dieselben angegeben werde, um wieviel jener Punkt südlicher oder nördlicher und östlicher oder westlicher als der Hauptpunkt liege, legte er die Coordinatentafel vor, in welcher der Elisabetthurm zum Hauptpunkte gewählt worden ist, und gab eine Zeichnung des Netzes im Massstabe von "oo Zur _ Ansicht. Da die meisten Punkte auf allen drei Standorten beobachtet worden sind, so konnte die Zu- verlässigkeit der Beobachtungen geprüft werden, und da die Ausgleichungsrechnung gezeigt hat, dass der mittlere Fehler der beobachteten Richtungswinkel = —+ 683 ist, so dürfte daraus hervorgehen, dass die Triangulation volles Vertrauen verdient. Physi 35 Herr Oberstlieutenant Dr. v. Strantz den 7. Juli: Ueber die Wahrnehmung und Verbreitung des Schalles in freier Luft. Wenn gleich die Akustik, auf Architektur und Musik angewandt, sehon ihre Erledigung gefunden, so hat doch unsers Wissens der hier in Rede stehende Gegenstand noch zu keiner Discussion Anlass gegeben. Die Erfahrungssätze, welche sich hierauf beziehen, sind nicht vollständig bekannt, nämlich in- wiefern die Beschaffenheit der Luft und Richtung ihrer Strömung hindernd oder befördernd auf Meilen weite Distanz wirkt. Es handelt sich hier um Rundbeobachtungen und Längenerstreckung des Schalles. Was die Rundbeobachtungen betrifft, so lässt die Wahrnehmung des Schalles keine vollstän- dige Rundung der Ausbreitung erkennen, nämlich beim Aufsteigen der Raketen, was sich auf die Luft- strömung beziehen lässt. Von der Längenerstreckung des Schalles kennen wir nur die Extreme der Wahrnehmung aus den Beobachtungen, zu denen das Geschützfeuer an Schlachtagen oder im Frie- den bei grossen Revüen Veranlassung giebt. I. Wahrnehmung auf kurze Distanz. — Das Geschützfeuer der Schlacht bei Cassano an der Adda, 16. August 1705, ward südlich auf eine Meile weit nicht vernommen. Eben so 1760 im August das Feuer der Schlacht von Liegnitz in südwestlicher Richtung. Desgleichen in diesem Jahre, Anfang November in der Schlacht von Torgau, Y, Meile südlich. Einen vierten Fall bietet das Treffen bei Montexeau an der Seine, 18. Februar 1814, dar, dessen Geschützfeuer aufwärts des Flusses S. O. erst eine halbe Meile weit in der Richtung von Bray, von wo Referent in Angelegenheit des General- stabes dahin gesendet war,»vernommen ward. Hierbei müssen wir bemerken, dass das Treffen sich an einem heiteren Wintertage, bei trockener Luft, einer scheinbaren Windstille und geringem Froste ereig- nete, auch kein Sehnee die Erde deckte. ll. Hörbarkeit des Geschützfeuers auf viele Meilen Distanz, — Das Geschützfeuer im Treffen bei Saalfeld 1806 ward in westlicher Richtung zu Fulda auf 15 Meilen noch erkannt; jenes der Schlacht von Leipzig 1813 noch weiter, wahrscheinlich bis 20 Meilen. — Am weitesten erstreckt sich der Schall über See: das grosse Bombardement von Kopenhagen ist selbst zu Colberg auf 30 g. Mei- len vernommen worden. Vorgenannte Distanzen dürften aus dem Verhältnisse der Schallrichtung zu der vorherrschen- den Luftströmung hervorgehen. Je nachdem die Richtung der Luftströmung mit der Schalllinie zusam- menfällt, ihr entgegenwirkt oder in einem Winkel auf dieselbe trifft, so wird auch die Verbreitung und Richtung des Schalls eine verschiedene sein. 25 ® ‘ Andererseits hat auf die Modification des Schalles noch Einfluss eine durch Nebel verdichtete Luft. In Gebirgsthälern wird der Schall bei Wendung derselben reflektirt, mithin gebrochen, wo er sich wiederholt, an Kraft aber successive abnimmt. Der horizontal sich ausbreitende Schall scheint das Be- streben zu haben, mehr zu fallen ‚als zu steigen. In den Gebirgen nehmen ihn die Thäler auf. Auf hohen Plateaux oder Gebirgskämmen wird derselbe am Fusse in der Niederung nicht vernommen. So das Geschützfeuer der Bergfeste Montmedy in den Ardennen, das sich bald in den Thälern verlor; ebenso das Feuer in der Schlacht bei Culm 1813, das man auf dem Gebirgs-Plateau von Zinwald und Nol- lendorf nicht vernahm. Eine Analogie der Luft- und Wasserströmungen ist insofern nicht zu verkennen, als beide leicht in Oscillirung zu versetzen, durch den Stoss in Wellen gerathen, was bei der ersteren durch die Dampfkraft, bei der anderen durch das Gefälle bewirkt wird. Auf weite Verbreitung des Schalles über See scheint die Elastik des Wassers zu wirken, welche ein Ueberstürzen der Schallwellen befördert. — Auch auf die Distanz der Sprachweite äussert das Wasser seinen Einfluss, nämlich bei Strömen von der Breite wie der Rhein bei Mainz, wo man von beiden Ufern sich einigermassen noch verständigen kann. Um über die Schall-Differenzen in’s Klare zu kommen, bedürfte es vieler Vorkehrungen, nämlich: Correspondenz mit den Beobachtern im Umkreise, mit Vergleichung der Zeit, der Beschaffenheit der Luft, Wahrnehmung der Temperatur und Luftströmung, alles Gegenstände, die nur auf Anregung und unter der Leitung eines Alexander v. Humboldt und Arago zu einem Resultate führen würden. — Wir erlauben uns hier die grossen Revüe- und Feldmanöver-Tage, die keinem Geheimnisse unterliegen, in Vorschlag zu: bringen. Was die Geschwindigkeit des Schalles betrifft, so wissen wir, mit Bezug auf Kanonenschuss- Weite, dass derselbe 1072 pariser Fuss in 1 Sekunde zurücklegt; wie die mittlere Zahl auf Meilenweite, bedarf noch einer Prüfung. Herr Prorector Dr. Marbach am 2. November: Ueber einige vom Mechanikus Herrn Hilscher hierselbst gefertigte ADB für Ai Unter. ‚suchung der strahlenden Wärme. Der eine dieser Apparate, von dem kk. meteorologischen Institute in Wien bestellt, ist bestimmt, die Wärmestrahlung des Himmelsgewölbes, namentlich in tropischen Ländern, zu messen, und wurde in zwei Exemplaren vorgezeigt. Dieser Apparat besteht aus einem sauber g&arbeiteten Stative für die Thermosäule, welche, den zu prüfenden Strahlen ausgesetzt, einen thermoelektrischen Strom hervorbringt, und aus einem Galvanometer, welches die Stärke jenes Stromes messen lässt. Das Stativ bietet eine Drehung der Thermosäule um -eine vertikale, und eine zweite Drehung um eine horizontale Axe dar, wodurch die Säule gegen jeden beliebigen Theil des Himmelsgewölbes gerichtet werden kann; ein klei- ner Compass lässt das Azimuth, ein getheilter Kreis, an der erwähnten Horizontalaxe befestigt, lässt die Höhe der untersuchten Stelle des Himmelsgewölbes messen; durch Stellschrauben und mitt@lst einer Do- senlibelle am Stative wird dieses für die richtige Ablosung jener Winkel eingestellt. Zur Abhaltung störender Wärmestrahlen können an die Fassung der Thermosäule Röhren und Schirme gesteckt werden. Die Thermosäule und das Galvanometer sind im Wesentlichen so construirt, wie die schon früher in der naturwissenschaftlichen Section wiederholt gezeigten, vom verstorbenen Mechanikus, Herrn Ilgmann hierselbst gefertigten derartigen Instrumente. In der Construction von Thermosäulen übertraf Ilgmann alle 4 26 Mechaniker des In- und Auslandes; fremde Mechaniker verbreiteten seine Arbeit unter ihrem Namen. Herr Hilscher, der eine Reihe von Jahren in Ilgmann’s Werkstatt gearbeitet und nach dessen Tode sich hier etablirt hat, construirt Thermosäulen nicht nur von gleicher Qualität als die Igmann’schen wa- _ ren, sondern sogar mit erheblichen Verbesserungen. Die letzteren betreffen die Wahl des Materials und die Methode der Löthung. — Da der Preis einer derartigen Thermosäule sich auf 16 bis 19 Thaler beläuft, so hat Herr Hilscher kleinere Säulen gefertigt, welche 16 (statt 56) Paare von Wismuth- und Antimonstäbchen enthalten, für viele Versuche ganz ausreichend sind und nur 3 Thaler kosten. Der Vortragende zeigte durch einen Versuch mit zwei solchen kleinen Thermosäulen, welche sich nur durch die Löthung unterscheiden, den Vorzug der neueren Methode, und schloss mit dem Wunsche, dass die Leistungen des Herrn Hilscher eine vielseitige Anerkennung finden möchten. Derselbe hielt am 19. December einen Vortrag: Ueber Diamagnetismus, und demonstrirte einen vom Mechanikus Herrn Steinmetz hierselbst gearbeiteten, zweckmässigen und eleganten Apparat zur Anstellung diamagnetischer Versuche. Ein Magnet übt nach den Entdeckungen Fa- raday’s auf jeden Stoff eine Wirkung aus, entweder nämlich wie auf Eisen, eine Anziehung — oder eine Abstossung; hiernach sind die Körper als ferromagnetische oder als diamagnetische zu unterscheiden. Zu der letzteren Klasse gehört die grössere Mehrzahl von Stoffen; am stärksten dia- magnetisch sind Wismuth, Antimon und Phosphor. Der Diamagnetismus des Wismuths ist aber nach den von Weber angestellten Messungen fast 14, Millionen Mal schwächer als der Magnetismus des Ei- sens; darum sind für die Darstellung der diamagnetischen Wirkungen die stärksten Magnete, eine grosse Beweglichkeit des zu prüfenden Körpers und eine sorgfältige Abhaltung fremder Einflüsse erforderlich. Der Vortragende zeigte, dass ein an einem Seidenfaden aufgehängtes, horizontal schwingendes Wismuth- stäbchen durch einen starken Stahlmagneten deutlich abgestossen wird, indem es sich, wie Faraday sich ausdrückt, äquatorial, d. h. senkrecht auf die Verbindungslinie der beiden Magnetpole stellte. Der von Herrn Steinmetz gefertigte Apparat besteht im Wesentlichen aus einem sehr kräftigen Electro- magneten und einem Glaskasten. Der letztere dient zur Abhaltung des Luftzuges und trägt auf seiner Decke eine Glasröhre, in welcher ein Faden herabhängt; an diesem ist innerhalb des Glaskastens zwi- schen den Polen des Electromagneten der zu prüfende Körper befestigt. Der Strom einer starken gal- vanischen Batterie wird durch einen Gyrotropen und dann in die Kupferspiralen der Electromagneten geleitet. Mittelst dieses Apparates zeigte der Vortragende die diamagnetische Wirkung auf die Flamme, auf Holz, Antimon und Wismuth, sowie die magnokrystallinische Wirkung auf eh: Antimon, Glimmer und Holz. Herr Privat-Docent Dr. Middeldorpf am 15. December: Ueber die chirurgische Anwendung der electrischen Glühhitze. Zu therapeutischen Zwecken angewendet hat die Contactelectricität 3 Effecte: den electro- dynamischen: er erschüttert das Cerebrospinalsystem; den electrothermischen: er erhitzt seine Leiter, wenn sie dünn genug sind; den electrochemischen: er zersetzt, coagulirt etc. Wir bedienen uns zur grösstmöglichsten electrodynamischen Wirkung der Apparate von Lextorph, Ettinghausen, Neef; zur elec- trochemischen Wirkung 30-40 Voltaischer Platten von 16 Quadratzoll, oder einer kleinen, aber aus / 27 8 Elementen bestehenden Grove’schen constanten Batterie mit fingerdicken Thon-Cylindern. Zur electro- thermischen Wirkung verwenden wir grosse einfache Plattenpaare, die Calorimotoren, Wollastonschen Plattenpaare, oder besser grosse einfache Grove’sche Elemente von 48 Quadratzoll Plattenoberfläche. Will’man lange Drähte erglühen, so combinirt man sie zur Säule; zum Erhitzen kurzer dicker Stücke zur ein- fachen Kette. Die Gründe für die Wahl und Anwendung der einzelnen Maschinen, Elemente und ihre Combinationen beruhen auf dem Ohm’schen Gesetz und der Erfahrung durch das Experiment. Wir ge- brauchen den Galvanismus: 1) zu diagnostischen Endzwecken, Erkenntniss der Sensibilität, Lähmungen, Scheintod, Tod, der physiologischen Function einzelner Muskeln (Galvanisation localisee); 2) zu thera- peutischen Endzwecken, Galvanopunktur, zur Heilung von Lähmungen, Rheumatismus, Electrisirung bei Vergiftungen durch Opium, Chloroform ete.; 3) zu operativen Endzwecken. Hier wirken wir a) durch den electrochemischen Effekt, Auflösung von Blasensteinen, Strikturen, Geschwülsten, dem grauen Staar, heilen Geschwüre etc.; Alles noch sehr problematisch. Erprobt ist seine Wirkung zur Coagulation des Blutes in Aneurysmen, Varicen, Telangiectasieen; b) durch den electrothermischen Effekt. Ein so er- hitzter Platindraht tödtet die Zahnpulpe vor dem Anbohren, Perkutiren ete., bei heftigen Schmerzen, stillt Blutungen, brennt Fisteln aus, schneidet sie durch, schneidet, um die Basis von Geschwülsten gelegt und zugeschnürt, diese ab, oder bringt, durch Gefässgeschwülste gezogen, das Blut in denselben zur Ge- rinnung etc. Das electrische Glüheisen, nach der Idee des Zahnarztes Waite angegeben, besteht in einem zwei- mal seiner Länge nach durchbohrten Elfenbeincylinder, durch welchen zwei 1"/,'" dicke Kupferdrähte gehen. Ihre oberen Enden sind mittelst eines !,’’ starken, schenkelförmigen Platindrahtes verbunden, der %,‘ lang in die Höhe geht und dann zum anderen Kupferdraht zurückkehrt. Der eine derselben ist innerhalb des Elfenbeinstückes schief durchschnitten und federt etwa \,'' von seinem entsprechen- den Stück ab, an das er durch einen Hebel angedrückt und so die Verbindung hergestellt werden kann, Die Leitung bilden je acht 4‘ starke seidenübersponnene, vereinigte Kupferdrähte. Die Batterie be- steht.aus 2 Grove’schen Elementen von je 48” DI) Platinoberfläche. Drückt man durch den Hebel das abfedernde Stück an, so schliesst man die Kette, der Platinschnabel erglüht und fährt selbst in den blut- reichsten Theilen fort zu glühen. Da die Hitze erst an dem zu brennenden Orte, ohne Feuer etc., er- zeugt werden kann, so erkaltet das Glüheisen nicht auf dem Wege, der Schmerz ist der -grossen Hitze wegen geringer, der Kranke erschrickt sich nicht, und das weissglühende Metall erleuchtet, in Höhlen, z. B. in den Mund eingeführt, diesen vollständig. Will man in letzterem Polypen abbrennen, so muss der dünne Platindraht durch isolirende Röhren von Glas oder Elfenbein gezogen werden. Durch Ge- fässgeschwülste, in denen die Coagulation nicht gelingt oder nicht Stand hält, zieht man einen oder mehrere feine Platindrähte und lässt sie erglühen. Es entsteht Gerinnung und Entzündung; die feinen Oeffnungen bluten nicht. Die Drähte werden entfernt oder bleiben als Seton’s liegen. Der Vortragende erläuterte seine Mittheilungen durch Experimente. Herr. Dr. phil. Poleck aus Neisse hielt in der allgemeinen Versammlung vom 17. Februar einen durch Experimente erläuterten Vortrag: Ueber das Verhalten von Flüssigkeiten gegen stark erhitzte Körper, über den wir hier den Bericht einschalten. — In einer Einleitung besprach er zunächst die Bedeutung der Naturforschung für unsere gesammte geistige Kultur. Diese ist gegen früher eine völlig veränderte geworden, seitdem die Naturwissenschaften aufgehört haben, ein loses Aggregat einzelner Disciplinen zu 4* 28 sein, sie vielmehr ein organisches Ganzes geworden sind, dessen einzelne Theile in harmonischer Gliede- rung sich gegenseitig durchdringen und in einer vom Ganzen abgelösten Entwickelung nicht mehr gedacht werden können. Mit der so gewonnenen Einheit auf dem eigenen Gebiete. hat sich auch ihr Verhält- niss zu unserem Gesammtwissen klar gestaltet, und indem sie mit Sprachforschung, Geschichte, Philoso- phie in eine beständige und nothwendige Wechselwirkung getreten sind, ist es unabweisbar, dass erst durch ihren Aufschwung jene Universalität des Wissens angebahnt worden sei, welche als höchstes zu erreichendes Ziel jedem wissenschaftlichen Streben vorschwebt. Der Leidenfrost’sche Versuch gab die Veranlassung, eine einzelne Thatsache in den verschiedenen Gebieten des Wissens zu verfolgen. Zunächst wurden die Bedingungen erläutert, unter denen das Sieden einer Flüssigkeit eintritt, und der Siedepunkt derselben als abhängig von dem auf ihre Oberfläche ausgeübten Atmosphärendruck und der zugeführten Wärmemenge bezeichnet. Diesen Bedingungen völlig widersprechend verhält sich der in einer glühenden Schale rotirende Wassertropfen im Leidenfrost’schen Versuch, welcher ungeachtet der hohen Temperatur des Gefässes und des unveränderten Druckes der Atmosphäre nicht in’s Sieden ge- langt, sondern auffallend langsam verdampft und erst nach Abkühlung der Schale unter eine» gewisse Temperatur plötzlich zu sieden anfängt. Alle flüchtigen Flüssigkeiten, welches auch ihr Siedepunkt sein möge, verhalten sich auf gleiche Weise; sie bewahren im glühenden Tiegel eine Temperatur, welche mehrere Grade unter ihrem Siedpunkte liegt. Es tritt also hier die paradoxe Erscheinung ein, dass der Schwefeläther, welcher schon in der warmen Hand kocht, und die flüssige schweflige Säure, deren Siedepunkt bei —10° liegt, diese Temperaturen in der glühenden Schale nicht erreichen. Durch eine glückliche Combination dieser Versuche mit einigen anderen Erscheinungen ist es gelungen, im weiss- glühenden Tiegel Eis zu erzeugen, ja sogar Quecksilber gefrieren zu lassen. Nachdem der Leidenfrost- sche Versuch mit Wasser und Aether angestellt worden war, wurde die im glühenden Tiegel rotirende schweflige Säure gezeigt und durch Zugiessen von Wasser nach wenigen Sekunden eine Eismasse er- zeugt, welche als solche aus dem noch glühenden Tiegel herausgeschüttet wurde. Die Erklärung dieser so auffallenden Thatsachen wurde vorzugsweise in einem Wechsel der Adhä- sions- und Cohäsionsverhältnisse gesucht und begründet durch Anführung von Thatsachen, welche kaum eine andere Deutung zulassen. Der Uebergang der leitenden Wärme von der glühenden Schale in die rotirende Flüssigkeit ist, wenn auch nicht ganz aufgehoben, doch bedeutend verzögert, und die Quantität derselben auf ein geringes Maas redueirt, während die Wirkungen der strahlenden Wärme aus Gründen, welche den Untersuchungen von Melloni entnommen sind, nur eine verhältnissmässige, unbedeutende Er- wärmung der Flüssigkeit veranlassen. Hierauf wurde die Bedeutung des Leidenfrost’schen Phänomens für das Verständniss einer Anzahl von Erscheinungen erläutert, welche sowohl durch die Grossartigkeit ihres Auftretens, als, auch durch ihre Bedeutung für einige Entwicklungsstadien menschlicher Kultur das lebhafteste Interesse für sich in Anspruch nehmen. Zunächst wurde der Dampfkessel-Explosionen gedacht, welche in einzelnen Fällen unzweifelhaft durch das Eintreten des erwähnten Phänomens und der dadurch bedingten plötzlichen Dampf- entwicklung veranlasst worden sind. Die vulkanischen Erscheinungen der Gegenwart und der früheren geologischen Perioden zeigen Verhältnisse, in denen das Eintreten des Leidenfrost’schen Phänomens höchst wahrscheinlich das bedingende Moment war. In der Wechselwirkung zwischen den geschmolzenen Mas- sen des Erdinnern und hinzuströmenden Wassers sind die Bedingungen für eine plötzlich in ungeheurem Maasstabe stattfindende Dampfentwicklung gegeben, welche in diesen Fällen als das treibende Moment anzusehen ist, so wie nach den Untersuchungen von Bunsen die Erscheinung, dass sedimentäre Ge- steine in unmittelbarer Berührung mit Basaltgängen oder anderen plutonischen Gesteinen oft keine Spur - einer Feuer-Einwirkung zeigen, nur durch den Eintritt des gedachten Phänomens zu erklären ist, indem das die durchbrochenen Gesteine durchtränkende Wasser den Uebergang der Wärme aus den feurig flüs- sigen Massen in diese verhinderte.- Eine kurze Skizze des Wesens und der Bedeutung der Ordalien, in welcher die Thatsächlichkeit des häufigen Gelingens der Feuerprobe ausser Zweifel gesetzt wurde, gab die Gelegenheit, die Bedeutung des Leidenfrost’schen Versuchs für die Kulturgeschichte der Menschheit zu besprechen. Durch die Arbeiten von Boutigny, welcher die vorhandenen Thatsachen sammelte und durch Versuche ergänzte, wurde das Wunderbare von dem Gelingen der Feuerprobe abgestreift und die momentane Unverbrennlichkeit des menschlichen Körpers als eine allgemeine Thatsache nachge- wiesen. Man kann ungefährdet mit der Hand schmelzendes Eisen und Kupfer aus einem Gefässe in das andere schöpfen, die Hand in schmelzende Bronze und flüssiges Blei tauchen, mit blossen Füssen auf glühendes Eisen treten oder über frisch gegossene Eisenplatten hinweggehen. Wenn man die Hand vor dem Eintauchen mit Aether befeuchtet, so empfindet man nur eine sehr geringe Wärme; auch kann man sie so ohne Unbequemlichkeit in’s siedende Wasser eintauchen. Diese merkwürdigen, theilweise schon länger bekannten Versuche finden ihre hinreichende Erklärung durch den Leidenfrost’schen Versuch. Es findet keine Berührnng zwischen dem glühengen Metalle und der Hand statt, indem die Feuchtigkeit der- selben, welche beständig durch die Hautthätigkeit ersetzt wird, hier ganz dieselbe Rolle wie der in der glühenden Schale rotirende Wassertropfen spielt. Sie verhindert, indem sie in denselben Zustand übergeht, den Uehergang der leitenden Wärme und redueirt den Einfluss der strahlenden Wärme auf ein Minimum. Sehr flüchtige Substanzen, wie Aether, dienen nur dazu, den Versuch ganz gefahrlos zu machen. Der Versuch bestätigte die obigen Mittheilungen, indem sowohl der Vortragende, als auch eine Anzahl der Anwesenden ihre Hände ungefährdet in schmelzendes Blei und siedendes Wasser tauchten. Der Vortrag ist abgedruckt in „Prutz deutsches Museum 1852. II. Nr. 16 und 18. Chemie. Herr Professor Dr. Bunsen den 6. März: Ueber vulkanische Exhalationen. Bekanntlich werden in thätigen Vulkanen eine Menge von Stoffen in gasförmiger Gestalt frei, unter denen neben Wasserdämpfen der Wasserstoff, der Schwefelwasserstoff, die Kohlensäure, die schwefelige Säure und die Salzsäure die wichtigsten sind. Der Vortragende hatte Gelegenheit, die Entwickelung der Salzsäure in grösserem Maasstabe wie- derholt zu beobachten: das eine Mal während der Thätigkeit des Vesuvs im Jahre 1841. In dem Er- hebungskrater dieses Vulkans, dem Monte Somma, steigt der eigentliche, thätige Aschenkegel empor, in dessen Krater sich damals nur ein einziger, 14—20 Fuss hoher Eruptionskegel gebildet hatte. Aus die- sem strömte eine gewaltige, 30—40 Fuss im Umfange besitzende Dampfsäule, welche des Nachts in allen Nüancen des Roth erglühte;;- sie wurde in Intervallen von wenigen Minuten unter heftigen Explo- sionen durch das Herausschleudern glühender Schlackenmassen oft von Kinderkopfsgrösse unterbrochen oder besser verstärkt, welche das Annähern sehr gefährlich machten; der aufsteigende Dampf erwies sich reich an freier Salzsäure. Bei einer zweiten Gelegenheit erforschte der Vortragende die Einwirkungen der exhalirten Salzsäure am Hekla, den er im Jahre 1846 kurz nach seiner letzten Eruption besuchte. Hier war zwar keine freie Salzsäure mehr in Gasform wahrnehmbar, aber die Gegenwart derselben liess sich aus der Menge 30 der Chlorverbindungen erkennen, welche die chemische Analyse in dem mitgebrachten Lavengrus nachgewiesen hat. In einzelnen Fällen war auf der Oberfläche der Schlacken ein grosser Theil der Chlorverbindungen bereits durch die Einwirkung der gleichzeitig ausströmenden schwefeligen Säure in schwefelsaure Salze umgewandelt, In der Feuchtigkeit des vom höchsten Heklakrater entnommenen Bo- dens liess sich freie Salzsäure nachweisen. Einige Laven zeigten eine glasirte Oberfläche; die Bildung derselben erklärt sich aus der Einwir- kung der von den Vulkanen ausgeschiedenen Chlorverbindungen und des Wasserdampfes auf die Silicate der Schlacken und gestattet zugleich einen Schluss über den Ursprung der freien Salzsäure selbst. Der- selbe Vorgang, welcher bei unseren Töpfergeschirren durch Einwirkung des Chlornatrium (Kochsalz) auf die Silicate die Glasur entstehen lässt, während Salzsäure in Gasform entweicht, wiederholt sich im Grossen in den vulkanischen Heerden, und muss auch dort die Entbindung der Salzsäure-Dämpfe zur Folge haben. Dass auch in den Vulkanen das hierzu erforderliche Kochsalz nicht fehlt, beweist die massenhafte Bildung desselben, wie sie bei den Eruptionen des Vesuvs im Jahre 1791 und 1822, so wie mehrere Male am Hekla beobachtet worden ist. Glasirte Schlacken, die auf die erwähnte Weise entstanden waren, wurden von einem gegenwärtig erloschegen Feuerschlot vorgelegt, welcher zwischen Laugervaten und Thingvallavatn aus der Ebene in der Gestalt einer hohen Säule plötzlich aufsteigt. Den vulkanischen Chlorverbindungen verdanken auch die Eisenglanzkrystalle ihre Enistehung, welche auf manchen vulkanischen Schlacken beobachtet werden; sie bilden sich in ganz ähnlicher Weise auch in unseren Laboratorien durch die Einwirkung von Chlorverbindungen auf die eisenhaltige Thon- masse der Oefen, wie ein vorgelegtes Präparat anschaulich machte. Endlich steht auch der Salmiak (Chlorammonium), der in grossen Mengen bei den meisten vulka- nischen Eruptionen oft fast ganz rein gefunden wird, mit den Salzsäure-Exhalationen in Zusammenhang. Derselbe wird keineswegs, wie man gewöhnlich annimmt, als solcher fertig aus den Kratern ausgeschie- den; sondern er entsteht erst nachträglich durch die Einwirkung der freien Salzsäure und der in der Lava enthaltenen Chlorverbindungen auf organische Substanzen. Indem nämlich die glühende Lava über den pflanzenreichen Rasen hinwegströmt, so geht der Chlorgehalt der Lava, der 0,2—0,5 Procent be- trägt, mit dem Stickstoff und Wasserstoff der zerstörten Vegetation eine Verbindung ein, welche in sal- miakhaltigen Fumarolen aus den Spalten der Lava hervorbricht. Wie gross die so erzeugte Salmiak- menge ist, lässt sich aus der Thatsache ermessen, dass ein Quadratmeter Rasen bei der Destillation 23 Gramme Salmiak geben kann. Daher findet man am Hekla die Salmiakdämpfe nicht am Krater selbst und in der Mitte der Lavamassen, wo diese über ein vegetationsleeres Erdreich hinwegfliessen, sondern erst an der Grenze des Stromes, besonders reichlich an einer Stelle, wo derselbe ein durch üppige Ve- getation ausgezeichnetes Tün (das sorgfältig gehegte Wiesenland der Isländer) begraben hat. Solche Salmiakdämpfe können noch lange nach der Eruption sich entwickeln, da die Lava noch viele'Jahre lang im Innern glühend bleibt. Wenn endlich die vulkanische Thätigkeit an einem Punkte aufhört, so ist es nicht, weil sie über- haupt erloschen ist, sondern weil sie sich von der Oberfläche nach ihrem eigentlichen Heerde, dem glühenden Erdkern, zurückgezogen hat. Dass hier dieselben Vorgänge stattfinden, die wir nur von Zeit zu Zeit durch die Eruptionen in unsere Nähe gerückt finden, erleidet keinen Zweifel, und es werden daher auch dieselben Gase und dieselben Verbindungen im Inneren der Erde erzeugt werden, welche wir als vulkanische Produkte kennen gelernt haben. Hieraus wird es erklärlich, wenn aus der Tiefe aufstei- gende Quellen diese Dämpfe und die aus den Gasen erzeugten Salze aufnehmen und zu Tage fördern, und wir haben demnach in diesen Erscheinungen den Schlüssel zu suchen für die Bildung einer gewis- sen Klasse von Mineralwässern. sl Mineralogie, Geognosie und Palaeontologie. Der Ingenieur Herr Milch lieferte am 21. Januar eine Uebersicht von dem gegenwärtigen Stande der grossartigen Bohrungen in Warmbrunn, welche derselbe seit drei Jahren leitet. — Das Bohrloch ist im Granit angesetzt, was hier zum ersten Mal nach einem patentirten Verfahren des Herrn Milch ausgeführt wird, und hat bereits die Tiefe von 106 Fuss erreicht. Der Hauptzweck des ganzen Unternehmens, den in ihrer Art so ausgezeichneten Quellen Warmbrunns mehr Wasser zu verschaffen, geht seiner Vollendung mit starken Schritten entge- gen, indem schon jetzt aus dem Bohrloche eine doppelt so grosse Quantität Wasser von gleicher, ja noch etwas höherer Temperatur entströmt, als sämmtliche Heilquellen Warmbrunns überhaupt liefern. Diese nicht blos für Warmbrunn, sondern für die ganze Provinz hochwichtigen Arbeiten, welche wir der Aus- dauer Sr. Excellenz des Herrn Grafen von Schaffgotsch verdanken, werden ununterbrochen fortgesetzt. Herr Milch behält sich einen ausführlicheren Bericht vor und wird sich wohl auch veranlasst se- hen, für den nächsten Jahresbericht eine anschauliche Uebersicht des Unternehmens zu liefern, die im In- teresse des Publikums in hohem Maase erwünscht sein muss. Herr Geh. Ober-Bergrath, Berghauptmann von Oeynhausen am 17. März: Ueber die Production des schlesischen Bergbaues während des verwichenen Jahres. Production des schlesischen Haupt-Bergdistrikis im Jahre 1851. A. Auf königlichen Werken. D) Silber. . . 2. 2....2686 Mark 64 Gr. 2) Blei und bleiische Produkte 17,300 Ctr. 88 Pfd. 3) Zink und zinkische Produkte, incl. oA Ctr. Zinkweiss und 1753 Pfd. Cadmium . . . en „ IRAERT Ch Made... 2 „ 00 ee N &t 17,980 5 Er ARTEN TOR, gen 4) Eisen, und zwar: a. Roheisen, gefeint. Eisen u, Gussw. aller Art 190,487 Ctr. 55 Pfd. 139,178 Thlr. 24 Sgr. — Pf. b. Stabeisen und Zeugarbeiten . . . . . 181,487 Cır. 93 Pfd. er 5 4,041 Cir. 44 Pfd.\ 772,502 „ 13 „ 4, d. Schaufen. . . BL, 3,827 Stück e. Maschinenfabrikate 163 Stück, 36 Chr, 72 Prd,, 8 Ctr. 14 Pfd. Metall, einkohlen . ..ı.r su öeiiäne = o 5 - ,,006,4887, "Tonnen 214,99 „ 26 „ I, nköhlentheer. - © » » » » 0. 2... 41 Tomen 149”, u „oe sub A: 1,178,676 Thlr. 1 Sgr. 2 Pf. 32 B. Gewerkschaftliche Werke. DEold*) . . 2. .0.20 Mark Plot» 2 2 220220. 4,857 Thlr. 15 Sgr. — Pf. 2) Kupfer... SKATER ZIF DBar,rreauee.. „er 3) Arsenikalien .. .: nk 277 Chr: St) u u I mar he IT Chr, mi» Fi zen nee RER Fi 5) Emphät: en nu a EBBIO Car. ehe Me eh A 5 6) Schweiel: .. .: .euiitiun: ZU, ira eig u LTD 7): Vaziol eller, Art. cu 58,329 4, ORET re Pan re EL ACB nA 8), Braunkohle: -...5: sr. 247.899 Tonnen . 1 um ne er 9) Steinkohlen: Oberschlesien: 4,838,512 Ton. 1,065,632 Thlr. 9 Sgr. 9 Pf. Niederschlesien: 2,000,049'/, Ton. 737,974 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. 6,838,561'/, Tonnen LEOBEN N sub B: 2,554,882 Thlr. 28 Sgr. 7 Pf. sub A und B zusammen: 3,733,597 Thlr. 29 Sgr. 9 Pf. N 1 At rn 93,392 Thlr. 11 Sgr. 9 Pr. Der Werth der Production hat betragen: pro 1848: 3,189,956 Thlr. 3 Sgr. 11 Pf. - Mehr gegen die vorjährige: Bio IB: SABLTe . 7, ee me. 0 AS Thir 25 Ber pro’ 1850: ABA 19... Io, 5 a a, som — — un a A ea a pro 1851 gegen 1848 mehr. 543,601 Thlr. 25 Sgr. 10 Pf. Die arbeitende Mannschaft auf den landesherrlichen Berg- und Hüttenwerken und den gewerkschaft- lichen Gruben betrug im Jahre 1851: 15,651 Mann; einschliesslich der Frauen und Kinder eine Zahl von 44,602 Seelen. An Ueberschuss wurde im Jahre 1851 aufgebracht: Auf den landesherrlichen Werken -. . 2 2 2 .2.2.2.2.2.2.2.. 216,349 Thlr. 6 Ser. 5 Pf. in Nieder-Schlesien . . . . 104,236 Thlr. 13 Sgr. 3 Pf. in Ober-Schlesien. . . . . 343,984 Thlr. 25 Sgr. 6 Pf. 448,221 Thir. 8 Ser. 9 Pf. Summa 664,570 Thlr. 25 Sgr. 2 Pf. Schlesische Zinkproduction. pro 1850... . 495,98 Cr. . . . . 2,080,547 Thlr. *). Die Mark Gold galt 1851: 210 Tbir., 1850: 213 Thir. 33 Galmeiproduetion. pro 148 . . . 2,053,766 Ctr. . . . . 290,165 Thlr. 2 Sgr. 6 Pf. pro 1849 .. ...... 2,588,482 Ei... . u. 545,10 „ 16°, — ,„ ur 180, ne. ‚2,877 De | el nn 5 „5 a a... .. 2.926,71. Cell 5. 23. „A Steinkohlenproduction der ganzen Provinz. pro 1848 . . . 6,315,576 Tonnen . . 1,762,412 Thlr. 25 Sgr. 7 Pf. Br6 1849 . . » 6,504,556 Tonmien . . 1,9960. „ 6 „ 6, pro 1850 . . . 7,349,648 Tomen . . 1,873,785 „ 5 „10, 5m185 © .. 1. 2,748,050, Tomnent 7. 720 5, 13 „ 6, 7,745,050 Tonnen (& 7,1 Cubikfus) — 54,989,855 Cubikfuss — einem Würfel von 380%, Fuss Seitenkante. Wenn die Heizkraft der Steinkohlen dem Volumen nach zum siebenfachen von Kien- holz angenommen wird, so entsprechen jene 54,989,855 Cubikfuss Steinkohlen — 384,928,985 Cu- bikfuss Kienholz — 3,564,157 Klaftern Kienholz (die Klafter zu 108 Cubikfuss). Nimmt man die Quadratmeile zu 22,222 Morgen und rechnet man auf den Morgen Kienholz einen Zuwachs von einer Klafter, so ersetzt die 1851 in Schlesien gebrochene Steinkohle einen Wald von - 164 [D]Meilen: rechnet man !/, Klafter Zuwachs, von 328 DjMeilen. Schlesische Eisenproduction pro 1850. Roheisen. - » . 2 2... 1,048,095 Cir. . .:. 1,433,197 Thlr. Rohstahleien . . . . . Br a di 2,6359 , Gusswaaren aus Erzen . . PR tn rn RT Gusswaaren aus Roheisen . 36,436, zu: «1,21%. OB05AT „ 4 Stab- und Zaineisen . . - 798,190 „ . .:.. 2,946,926 „, Eisenblech u 1... =... Wlaln- DENE ee RZ 5, Eisendraht- . . 2 .ı... 171 De ee 4480 „, ing" 1 360 „, 5,286,855 Thlr. Stab- und Zaineisen und Eisenblech wurden fabricirt: 823,202 Ctr. Hierzu waren erforderlich, wenn 100 Ctr. Roheisen 80 Cir. Stabeisen geben 1,029,000 Cir. Roheisen Produeirt wurde Roheisen. . . . . . 1,048,095 Cır. Davon auf Gusswaaren verwendet . . . 86,456 Cir. Verblieben disponibel noch. . . . pie 961,559 Ctr. Roheisen. Mithin für die Stabeisenfabrikation noch ein Manko von . . » .» 2... 67,441 Cir. Roheisen, Unser Ausgangszoll auf Roheisen ist 7 Sgr. 6 Pf. pro Cir. Der österreichische Eingangszoll ist nach dem neuen Tarif 45 Kr. Conventions-Münze. Für gefrischtes Eisen 2 Fl. 24 Kr. Schwarzblech 4 Fl. 34 Die Mannschaft pro 1851 betrug: im Niederschlesischen Bezirke 3,310 Mann, ‚im Oberschlesischen Bezirke 19,447 „, 13,757. Mann, auf Hüttenwerken 1,901 „, 15,658 Mann, inclusive Frauen und Kinder 44,602 Seelen. Die Production hatte einen Werth von 3,733,557 Thlr. 29.,Sgr. 9 Pf., also producirte ein Mann 239 Thlr. Ueberschuss wurde gebaut 664,571 Thlr., also gewährte ein Mann Ueberschuss 42, Thlr. 4 Unglücksfälle pro 1851. Haupt-Bergdistrikt. Zahl der Mannschaft. Zahl der Verunglückten. Betrag pro mille. Schein: Meere A ee BarDercheen. . . SE cn ne AD ne Re i Mresiphulen. =, », ; I MREBEER. nu ein ee Sa wa nn u SEE Iiheinland 50, . .: MESEEDE „> ana: 0. amsa:, 0 1 ee ee Rüdersdorf. . . . EB: rn RE 5 ru Herr Privat-Docent Dr. Scharenberg am 12. Mai: Ueber Gibraltar und dessen geologische Verhältnisse, Gibraltar erregt in mehrfacher Beziehung die Aufmerksamkeit des Naturforschers. Schon seine Lage ist ausgezeichnet. Der öde, nackte Fels, an dessen Nordwestseite die Stadt liegt, erstreckt sich von Nord nach Süd in einer Ausdehnung von etwa A000 Schritten in das Meer, ist aber so schmal, dass er von der Meerenge aus gesehen wirklich einer ungeheuren Säule gleicht, die mitten in die Fluthen. des Oceans hineingestellt ist. An der Ostseite stürzt der Fels von fast 2000 Fuss Höhe senkrecht, ja an einzelnen Stellen überhängend, in’s Meer, so dass hier auch nicht der schmalste Fussteig gelegt werden konnte. Jede Befestigung war daher auf dieser Seite unnöthig. Im Norden verbindet ein schmaler Dü- nenstreifen den Felsen mit dem Festlande von Andalusien; er ist so niedrig, dass Gibraltar zur Insel würde, wenn das Meer 15 Fuss höher stände. Von dieser Düne, dem sogenannten Neutral-ground, zeigt sich am schärfsten der Contrast zwischen den nahen Gebirgen Andalusiens einerseits und der afri- kanischen Küste und Gibraltar andererseits. Selbst die landschaftliche Farbe bietet den entschiedensten Gegensatz. Afrika und Gibraltar erscheinen bläulich-grau, kalt in der Farbe, ohne jede Spur von Roth, während die Höhen von San Roque und Algesiras in warmen, röthlich-gelben Farbentönen den Charakter des übrigen Andalusiens an sich tragen. Deutlicher noch ist dieser Gegensatz in der geognostischen Beschaffenheit beider Lokalitäten ausgeprägt. Die Gebirgszüge westlich von Malaga bis Gibraltar sind alle dolomitisch; Gibraltar aber besteht, wie der Gottesberg, die afrikanische Säule des Hercules, aus einem grauen, dichten Kalkstein, der nach allen Seiten furchtbar zerklüftet und von einer Menge Höhlen durchzogen ist. Gänge von Hornstein durchsetzen den Felsen, desssn Alter noch nicht feststeht. Haus- mann hielt ihn dem grösseren Theile nach für jurassisch, in neuester Zeit hat man ihn für silurisch erklärt, aber gleichfalls ohne hinreichenden Grund. Die einzige aufgefundene Versteinerung ist ein nicht näher zu bestimmendes Exemplar einer Terebratula. Ueber die Unterlage des Felsens kann schwerlich Zweifel obwalten, da an der Westseite, unmittelbar am Meere, glimmerhaltiger Thonschiefer und Kiesel- schiefer zu Tage tritt. Interessant sind die jüngeren Conglomerate, die man, an mehreren Stellen des Felsens "auf kleineren Vorsprüngen und in Klüften findet. Das älteste derselben liegt an der Südostspitze und besteht aus abgerundeten Geschieben, die nicht von Gibraltar stammen und durch kalkiges- Binde- mittel zu fester Masse verbunden sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es der Subapenninen-For- mation gleichzeitig ist, die ich in derselben Meereshöhe in der Nähe von Malaga entdeckt habe und die durch Silvertop am Ostabhange der Sierra Nevada schon früher nachgewiesen ist, Dies älteste Con- glomerat von Gibraltar liegt nicht über 150 Fuss über dem Meere; aber in grösserer Höhe finden sich jüngere Gebilde, so die bekannte diluviale Knochenbreccie; und man kann die Entstehung solcher Mas- sen noch heut beobachten, wo an der steilen Ostseite des Felsens die Stürme den Dünensand mit Mee- res-Conchylien und Seewasser über 1000 Fuss hoch in die Klüfte heraufschleudern, und hier mit dem Kalkstaub des Felsens zur Bildung sandsteinartiger Massen Veranlassung geben. Räthselhaft sind die Terrainveränderungen in der Meerenge. Es ist aus griechischen und römischen Schriftstellern erwiesen, dass noch in historischer Zeit der Ausgang in den atlantischen Ocean zwischen Gibraltar und Ceuta einer von schmalen Kanälen durchfurchten Sanddüne glich, zu deren Ueberschiffung man besonders flache Fahrzeuge baute. Jetzt hat das Meer hier eine Tiefe von 1000 Faden, und die Sanddünen finden sich erst weiter westlich nach Tanger an der afrikanischen Küste. Vielleicht hängt diese Erscheinung mit dem Umstande zusammen, dass der bedeutenden Strömung aus dem atlantischen Ocean in das Mittelmeer ein unterer, entgegengesetzter Strom entspricht, der freilich bis jetzt noch nicht vollständig nachgewiesen ist. Dass ohne Unterbrechung durch die Dardanellenstrasse und durch die von Gibraltar ungeheure Wasermassen in das Mittelmeer, wie in einen nach beiden Seiten offenen Sack, strö- men, erklärt man gewöhnlich durch die starke Verdunstung, welche die von Afrika herüber wehenden trockenheissen Winde veranlassen; es dürfte aber noch zweifelhaft sein, ob der hierdurch bewirkte stär- kere Salzgehalt des Mittelmeeres bedeutend genug ist, das specifische Gewicht des Wassers so zu erhö- hen, dass es trotz seiner höheren Temperatur unter den kalten Fluthen des atlantischen Oceans zu fliessen im Stande sei. Wie die geognostische Beschaffenheit, so spricht auch die Fauna dafür, dass Gibraltar mehr zu Afrika als zu Europa gehört. Man darf sich nur erinnern, dass hier der einzige Punkt unseres Erdtheils ist, wo Affen vorkommen. Auch fand ich hier eine bisher noch nicht bekannte Species von Helix, die sich von der in ganz Andalusien gewöhnlichen Hel. lactea so unterscheidet, dass sie J. de Charpen- tier als besondere Art betrachte. So spricht sich auch hierdurch die eigenthümliche Stellung von Gibraltar aus. | Derselbe am 1. December: Ueber die allgemeineren geognostischen Verhältnisse des Trebnitzer Gebirges. Die Höhen des Trebnitzer Gebirges, von denen schon Herr v. Buch nachwies, dass sie ihrer Hauptrichtung nach dem Zuge der Sudeten parallel laufen, sind gehoben worden nach dem Niederschlage der Braunkohlenschichten und vor dem Absatze der nordischen Geschiebe- Formation, also wahrscheinlich zu der Zeit, als zu beiden Seiten des schlesisch-böhmischen Gebirges die Basalte hervortraten. Hebende Massen treten nirgends zu Tage; die ganze Gegend besteht vielmehr, so tief wir dieselbe kennen, nur aus den auch an anderen Orten beobachteten Tertiär- und Diluvialschichten. Als jüngstes Glied, als Niederschläge der Jetztzeit, deren Bildung noch fortdauert, sind ausser dem gewöhnlichen Torfe die Mer- 5* gel von Cavallen und Beckern zu erwähnen. An beiden Orten sind dies lokale Absätze von mehr oder weniger reinem kohlensauren Kalk in muldenförmigen Vertiefungen der Thalsohle, und zwar mitten oder oberhalb der Torfmoore, die sich durch Einschluss von Helix-, Planorbis- und Paludina-Arten, wie sie heut noch in der Gegend vorkommen, als jetzige Bildungen manifestiren. Organischen Prozessen schei- nen diese Mergel ihren Ursprung nicht zu verdanken; es sind vielmehr nur mechanische Niederschläge aus dem Wasser, welches, indem es die oberhalb dieser Thäler liegenden Thon- und Lehmschichten durchsickert, sich aus den Kalkadern dieser letzteren mit kohlensaurem Kalke schwängert, den es, im Thale selbst zum Stauen gekommen, wieder absetzt. Ausser diesen Mergeln findet sich am Ausgange aller Thäler eine oft über 30 Fuss mächtige Schicht feinen Quarzsandes, der durch atmosphärisches Wasser von den Höhen zur Tiefe geschwemmt wurde und deshalb gleichfalls als heutiger Niederschlag zu betrachten ist. Darunter lagern als oberstes Glied der Diluvialzeit die nordischen Geschiebe, deren genauere Betrachtung hier manche Eigenthümlichkeit darbietet. Zunächst kann man einzelne grössere Blöcke unterscheiden von 6 bis 12 Fuss Durchmesser; sie liegen auf den Höhen stets an der Ober- fläche, in den Thälern dagegen häufig von der oben erwähnten Alluvialschicht bedeckt. Die ausgezeich- teisten finden sich bei Riemberg, Striese und Klein-Wilkawe. Sie zeigen nie eine Spur von Schliff und sind sämmtlich grobkörnige Granite. Die zweiten, kleineren sind sehr häufig, aber doch nicht überall; sie sind zum Theil auch ohne Schliffflächen, zum Theil, besonders die kleineren, deutlich mit Wasser- schliffen, oder wahre Rollstücke der See, zum Theil endlich nach allen Seiten in etwas convexen Flä- chen so geschliffen, dass die einzelnen Flächen in überaus scharfen, gleichförmigen Linien einander schnei- den. Gletscherschrammen habe ich nirgends finden können. Für die Aufeinanderfolge der Diluvialschichten giebt es einzelne instruktive Punkte im Trebnitzer- Gebirge, z. B. in der Nähe des Strassenkretscham von Krumpach, die Höhe des Gross-Muritscher Ber- ges, die Thongruben der Ziegelei von Konradswalde und die Windmühlhöhe bei Stroppen. Aus der Beobachtung dieser und anderer Lokalitäten geht hervor, dass im Allgemeinen das Diluvium aus drei Gliedern in diesen Gegenden besteht, die immer scharf gesondert auftreten, nämlich von oben nach un- ten: 1) nordische Geschiebe (Blöcke und Sand); 2) eisenhaltiger Kies, dessen einzelne Partikeln oft durch thoniges Bindemittel mehr oder weniger fest verbunden sind; 3) Diluvialsand, meist gelblich, mit viel Feldspath und stets mit schwarzem Glimmer. In ihm liegen zuweilen bedeutende Lager von gelbem ' Lehm oder grauem Mergel, die durch die ganze norddeutsche Ebene als Fundorte diluvialer Säugethiere charasterisirt sind, während im Sande der nordischen Geschiebe-Formation die meist silurischen Verstei- nerungen gefunden werden. Alle drei Glieder zeichnen sich durch Vorwalten von Eisenoxydhydrat, und in Folge dessen durch gelbliche Färbung aus. Darunter liegen in weiter Erstreckung und abweichender Lagerung die Schichten der Tertiär-Formation, für welche besonders die Gegend von Striese und Wer- singawe instruktiv ist. Am letzteren Orte fördert man die Braunkohlenthone zu Tage; ihre oberste Lage bildet ein feingeschichteter, roth gebrannter Thon, mit unzähligen Spuren von Pflanzenresten. Diese Thonlage wird insofern wichtig, weil sie sich nach Striese zu unter jüngerem blauen Thone verbirgt und an der Braunkohlengrube von Striese selbst erst in einer Tiefe von 2 Lachtern wieder aufgefunden wird. Dieser jüngere blaugraue Tertiärthon über der gebrannten Schicht tritt an vielen Stellen des Trebnitzer Gebirges zu Tage, z. B. bei Grotike, Wilkawe, Karoschke etc. Er enthält stets Kalknüsse, die im In- nern mehr oder weniger zerklüftet sind und durch ihre ganze Erscheinung an die Septarien bei Herms- dorf unweit Berlin erinnern, die durch Beyrich’s Untersuchungen zu einem sehr wichtigen Horizonte in der norddeutschen Ebene geworden sind. So lange indessen kein Punkt mit bezeichnenden Versteine- rungen in diesen Schichten aufgefunden worden ist, erscheint jede Parallelisirung als verfrüht. In diesem 37 Thone zeigen sich zuweilen schmale Streifen bituminösen Thones, die im feuchten Zustande erdiger Braunkohle sehr ähnlich sind, trocken aber ein helleres braunes Aussehen haben. Höchst auffallend ist der Umstand, dass auf vielen Höhen des Trebnitzer Gebirges, besonders aber bei Striese und Wilkawe, die Diluvialmassen inselartig rings von den zu Tage tretenden Tertiärschich- ten umgeben werden. Einzelne, aber stets nur grosse Blöcke auf diesen Tertiärthonen deuten darauf hin, dass auch sie einst mit Diluvium bedeckt waren, dessen leichtere Bestandtheile jedoch weggeschwemmt wurden, wahrscheinlich zur Zeit, als sich kurz vor dem Eintritt der jetzigen Schöpfungs-Epoche die ganze norddeutsche Ebene dem Meere entwand. Solche blossgelegte Lokalitäten sind im Trebnitzer Gebirge nicht selten, und ihre Richtung ist ziemlich constant nach NNW. Herr Dr. Hensel am 12. Mai: Ueber die fossilen Säugethiere Schlesiens. Schlesien besitzt einen nicht unbedeutenden Reichthum an fossilen Säugethieren. Am wenigsten sind die Raubthiere vertreten; vom Höhlenlöwen (felis spelaea) ist ein Backenzahn, vom Höhlenbär (ursus spelaeus) sind Fragmente eines humerus und einer tibia gefunden worden. Ueberreste fossiler Rinder sind zahlreicher; sie scheinen alle dem fossilen Auerochsen anzugehören, wenigstens lässt sich dieses mit Sicherheit von den Schädelfragmenten und Hornkernen behaupten; weniger charakteristisch sind die Knochen der Extremitäten, welche zum Theil ganz wohl erhalten sind und die entsprechenden Theile des lebenden Auerochsen um Vieles an Grösse übertreffen. Die Ueberreste von Hirschen beste- hen meist in Geweihen, und zwar in denen des fossilen Elenthieres; vom Riesenhirsch scheint bis jetzt in Schlesien noch Nichts gefunden worden zu sein. Vom fossilen Pferde sind auch Fragmente bekannt geworden, namentlich Zähne. Am zahlreichsten aber sind unter den fossilen Säugethieren die Pachyder- men vertreten. Von diesen sind selbst ganze Skelette vom Mammuth entdeckt worden, so in Massel bei Trebnitz beim Graben eines Brunnens, wie Herrmann in seiner Masslographie berichtet; leider hat der Finder die Knochen, die er für Wurzeln hielt, gänzlich zerstört. Volkmann erzählt in seiner „‚Silesia subterranea‘“, dass in Liegnitz beim Graben des Grundes für die Peter-Paulskirche ein Riesenskelet (da man in damaliger Zeit die fossilen Elephantenknochen für Riesengebeine hielt) gefunden wurde, des- sen Knochen man an die berühmtesten Kirchen Europa’s schickte, den Kopf dem Dom zu Breslau. Zu Tschechen bei Kanth wurde der vollständige Unterkiefer eines Elephanten ausgegraben; er befindet sich noch in der Sammlung des Zootomischen Museums. Fast alle Theile des Skelets fossiler Elephanten sind in neuerer Zeit nach ‘und nach in Schlesien gefunden worden. Von einem fossilen Nashorn fand man Ueberreste am rothen Berge bei Glatz. Einer der reichhaltigsten Fundorte für fossile Knochen ist Wittgendorf bei Sprottau. Die dortigen Mergelgruben haben Ueberreste von felis, von bos, von cervus und von elephas geliefert. Bei Kamp- nig fand man die Knochen fossiler Rinder und Hirsche, bei Kanth in einer Mergelgrube die Ueberreste vom Höhlenbären (ursus spelaeus); bei Ottmachau, Tarnowitz, Franzdorf bei Neisse, in der Oder bei Ratibor und Brieg etc. Elephantenknochen. Tschechen hat ausser dem oben angeführten Unterkiefer schon im Jahre 1795 mehrere zum Theil sehr wohl erhaltene Elephantenknochen, acht an der Zahl, geliefert. Im Allgemeinen würde die Zahl fossiler Säugethierknochen aus Schlesien eine weit grössere sein, wenn die Finder den ausgegrabenen Ueberresten grössere Aufmerksamkeit schenkten; gewöhnlich werden 38 diese von den unwissenden Arbeitern zertrümmert und so der Wissenschaft entzogen. Es kann daher die Bitte, dergleichen fossile Knochen, und wenn sie noch so unbedeutend erscheinen möchten, aufbe- wahren und an das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft einsenden zu wollen, nicht dringend genug wiederholt werden. Namentlich werden Besitzer von Mergelgruben oder Torfstichen darauf aufmerksam gemacht, dass in solchen Lokalitäten fossile Knochen, zuweilen der seltensten Art, häufig angetrof- fen werden. Herr Oberlehrer Rendschmidt am 1. December: Ueber die Porphyre Schlesiens. Von dieser Gebirgsart wurden zuerst mehrere Arten charakterisirt, als Granit-Porphyr, Syenit-, Feldspath-, Klingstein-, Grünstein-, Hornstein- und Perlstein-Porphyr. Dann kamen die schlesischen Porphyre aus der Gegend von Waldenburg, Charlottenbrunn, Tannhausen, Langwaltersdorf, Gottesberg, Friedland, Schmidsdorf, Wiese, Schömberg und Liebau in ihren mannigfachen Abänderungen zur Betrach- tung. Viele waren ausgezeichnet durch Härte, Glanz, Farbe und Absonderung. (In einem sah man eine kugelförmige Einmengung.) Hierauf sprach der Vortragende über die Mandelsteinbildung und die in der- selben anzutreffenden Ausfüllungen, über das Verlaufen .des Feldspath-Porphyrs in Thonstein, über den Begleiter des Porphyrs, den Melaphyr, der in Schlesien ganze Bergreihen bildet. Da bekanntlich be- deutende Porphyrketten den Waldenburger und Landeshuter Kreis durchziehen, dort die Wacken- und Steinkohlen-Formation begrenzen und oft durchbrechen, so wurden mehrere Exemplare vorgelegt, die den Beweis lieferten, dass der Porphyr einst als glühende Masse aus der Erde hervorgetreten sein musste. Hieran schlossen sich Betrachtungen über das Verwittern und Zerfallen des Gesteins in eine eisenhaltige Thonerde. Den Beschluss machte der Uebergang des Melaphyrs in Wacke und Mandelstein auf dem Buchberge bei Landeshut. Wie wichtig für den Mineralogen der dasige Steinbruch ist, war an den herrlichen Amethyst-, Quarz- und Kalkspath-Krystallen, die in demselben gefunden werden, zu sehen. Der zweite Secretair, Privat-Docent Dr. F. Cohn, legte am 3. März einen Goldklumpen aus Cali- fornien vor, der die Gestalt eines unregelmässigen, dreiseitigen Prisma von 3° Länge hat und 10 Loth wiegt. Die bisher der Section vorgezeigten Proben californischen Goldes waren nur Blättchen und Kör- “ner, wie sie dort am häufigsten in den Flussbetten und dem aufgeschwemmten Lande gewonnen werden; das‘ vorliegende, bei San Francisco aufgefundene Stück dagegen ist ein grösseres Geschiebe, dessen Ecken stark abgerieben sind, und zwischen dessen metallischer Oberfläche man noch grössere Partieen eines weissen Gesteins eingesprengt findet, welches ohne erkennbare Structurflächen quarzähnlich ist, _ aber noch nieht Feldspathhärte besitzt. Der erste Secretair der Section, Professor Dr. Göppert, bemerkte, dass, wenn sich auch unsere Provinz in dem Reichthum ihrer Goldbergwerke nicht mit den Schätzen californischer oder australischer Minen messen könne, sie doch schon mehrfach in den Besitz jener seltenen und merkwürdigen Minera- lien gekommen sei, welche an Werth dem Golde gleichgestellt werden. Es sind dies die Aerolithe, nach der gegenwärtigen Ansicht kosmische, um die Sonne rotirende Massen, welche, von der Erde ange- zogen, aus dem Wneeltraume unter Entzündung und Explosion herabfallen, und von denen mehrere in Schlesien aufgefunden und das Eigenthum der Gesellschaft geworden sind. Der Vortragende legte diese theils zur Classe der Meteorsteine, theils zu der der meteorischen Eisenmassen gehörigen Körper vor, 39 unter denen das in Braunau im Jahre 1847 herabgefallene Meteoreisen nicht nur in einem grossen Bruchstücke, sondern auch durch einen Abguss der ganzen Masse repräsentirt war, welche ein Geschenk des Herrn Landesprälaten Dr. Rotter, Abt zu Braunau, sind. Dieser hat mit grosser Liberalität von neuem die Sammlung der Gesellschaft durch ein werthvolles, 14 Loth schweres Bruchstück eines zu Arva in Ungarn aufgefundenen Meteoreisens bereichert, welches dem Braunauer ganz ähnlich erscheint, und wofür ihm der Dank der Gesellschaft ausgesprochen wurde. Derselbe entwickelte am 4. Februar die Resultate seiner Untersuchungen über die Bildung der Steinkohle, indem er vorzugsweise auf die im Jahre 1850 von ihm erforschten westphälischen Flötze Be- zug nahm. Die Untersuchungen bestätigen den vorherrschend pflanzlichen Ursprung der Kohle, indem nur an wenigen Stellen Süsswasser- und Meeresmollusken in derselben aufgefunden worden sind. Es sind vor- zugsweise die Stämme der Stigmarien, Sigillarien, Lepidodendreen und Calamiten, welche die Masse der Steinkohlenflötze bilden und deren mehr oder minder vollständig erhaltene Rinde meist mik blossen Augen schon an den charakteristischen Blattnarben erkennbar ist. Wenn die zersetzten Stämme jener Pflanzen noch thonige Ausfüllungsmassen enthielten, so entstanden daraus die unreinen Kohlen, die Schieferschnüre und Brandschiefer. Die eigenthümlichen pyramidalen oder kreisförmigen Ab- sonderungen der Kohle, welche in ihrer Form an den krystallinischen Schwefelspiessglanz oder Zinnober erinnern, so wie die unregelmässig concentrischen Kreise der Augenkohle, sind durchaus nicht von organischem Ursprung. Dagegen zeigt der sogenannte fasrige Anthracit oder die mineralische Holzkohle, welche in Schichten von ,—, Zoll jede wahre Steinkohle älterer Formation begleitet und in dieser Art des Vorkommens eines der wichtigsten Unterscheidungszeichen derselben ist, unter dem Mikroscop die wohl erhaltene Structur der Araucarien, und erscheint nicht selten in mächtigen Stämmen, welche dem Araucarites carbonarius angehören. Ausserdem kommen noch Calamiten, sehr selten dagegen die übrigen Stämme in dem Zustande der Faserkohle vor, die stets von: Schwefelkies begleitet, übrigens leicht verbrennlich und durchaus nicht von anthracitischer Beschaffenheit ist. Es stellt sich gegenwärtig heraus, dass man mit Unrecht den Farrn einen so bedeutenden Antheil an der Steinkohlenbildung zuschreibt, da die Baumfarrn im Gegentheil hier bisher nur in sehr wenigen Exemplaren aufgefunden wurden; denn die Psarolithen gehören grösstentheils dem über der Kohle lie- genden rothen Sandstein an. Die Hauptmasse bilden ganz unzweifelhaft die Sigillarien mit den Stigma- rien, dann folgen die Araucarien und Calamiten, dann erst die Lepidodendreen, die Farrn und die übrigen Pflanzenfamilien der Steinkohle. j Diese Pflanzen wurden überschwemmt und zersetzten sich alsdann in ihrem Innern, so dass nur die Rinde sich mehr oder minder vollständig erhielt; diese wurde unter Einwirkung von Druck auf nassem Wege in Kohle verwandelt, während das innere Gewebe der Stämme ebenfalls zur Bildung der Flötze beitrug, wie gegenwärtig analytisch und synthetisch nachgewiesen ist. Die Erhaltung der Rinde. erklärt sich aus der Thatsache, dass auch bei noch jetzt lebenden Stämmen das Gewebe derselben am längsten der Fäulniss widersteht, wie unter andern Versuche an Arum arborescens bewiesen, welches, seit dem Jahre 1843 macerirt, seine Rinde vollständig behielt, während die Gefässbündel des Innern sich ganz aufgelöst hatten; in diesem Zustande fossilisirt, würde die Rinde die Form des Stammes vollständig wie- dergeben. Gegenwärtig ist die Rinde in einzelne Stücke zerfallen und würde in fossilem Zustande nur wenig oder gar keine Charaktere der Mutterpflanze an sich tragen. So erklärt sich aus dem verschie- denen Fäulnissgrade der Pflanzenstämme vor ihrer Umwandlung in Kohle die sehr verschiedene Erhaltung der- selben in den Flötzen. Nur einzelne Gruben bieten Kohlen, von denen jedes Stück als ein Herbarium der Vorwelt zu betrachten ist; dies gilt von mehreren in dem Saarbrücker und Westphälischen Revier und in Oberschlesien namentlich von dem ganzen Nikolaier Revier, während beispielsweise in der Kohle des Waldenburger Reviers sich die Pflanzen, aus denen sie entstanden ist, in diesem Grade weit seltener nachweisen lassen. Von dem grössten Einflusse bei der Fäulniss der Stämme war neben der Zeit und der Temperatur noch die Höhe der Wasserschicht, insofern durch dieselbe der Luftzutritt mehr. oder minder verhindert wurde, wie unmittelbare Macerationsversuche, die unter andern auch an Moosen angestellt wurden, an- schaulich machen. Aehnliche Versuche an Flechten ergaben, dass diese Pflanzen unter einer Wasser- schicht von 6—8 Zoll allerdings sich rasch zersetzen, dass dieselben dagegen unter einer Schicht von 12—56 Zoll sich seit dem November 1850 bis jetzt ziemlich gut erhalten haben, so dass es schwer erklärlich ist, wenn wirklich Flechten in der Flora der Steinkohlen-Formation existirten, warum diesel- ben sich nicht in fossilem Zustande nachweisen lassen. Für die Steinflechten ist die Ursache dieser Erscheinung wahrscheinlich in der starken Zertrimmerung und Zersetzung der Felsen zu suchen, auf de- nen dieselben vegetirten. Dass endlich die Pflanzen, welche gegenwärtig die Steinkohlenlager bilden, an derselben Stelle, wo sie wuchsen, sich in die Kohle umgewandelt haben, lässt sich auch nach den neuesten Untersuchungen mit der grössten Wahrscheinlichkeit behaupten. Zur Erläuterung wurden die charakteristischen, in der Steinkohle enthaltenen Pflanzenformen aus der Sammlung des Vortragenden vorgelegt. Derselbe am 31. März: Ueber die Tertiärflora der Umgegend von Breslau. Die Flora der Tertiärformation ist bis in die neueste Zeit verhältnissmässig weniger genau bekannt gewesen, als die weit ältere der Steinkohlenperiode. Die Schätze, welche der Monte Bolca in Italien und in Deutschland besonders das Lager von Oeningen bereits seit einem Jahrhundert geliefert ha- ben, dienten nur dazu, um den Satz zu bestätigen, dass die Flora der Vorwelt von der gegenwärtigen um so mehr abweiche, in je frühere Erdepochen wir zurückgehen, dass sie dagegen in den jüngeren Formationen der jetztweltlichen Vegetation unseres Klima’s am ähnlichsten, aber doch niemals mit ihr ganz übereinstimmend sei. Wesentlich gefördert wurde unsere Kenntniss der Pflanzenreste aus der Braun- kohlen-Formation durch die Arbeiten von Unger, welche derselbe seit dem Jahre 1841, namentlich über die Flora von Radoboi, veröffentlicht hat. Die erste Monographie einer Tertiärflora wurde durch die Bearbeitung der im Bernstein entdeckten Pflanzenreste dargeboten, welche der Vortragende mit dem verstorbenen Medicinalrath Berendt in dem von demselben herausgegebenen Werke: ‚Die im Bernstein befindlichen Ueberreste der Vorwelt“ bekannt machte. In dieser Schrift wurde zuerst nachgewiesen, dass der Bernstein auf ähnliche Weise in einer Conifere der Braunkohlen-Formation angetroffen wird, wie das Harz in unseren Nadelhölzern. Ausserdem wurden als im Bernstein eingeschlossen noch 44 Pflanzenarten beschrieben, welche auf 19 Familien mit 24 Gattungen vertheilt sind. Fast sämmtliche Arten gehören den Dikotyledonen an, mit Ausnahme eines Farrnkrauts und einiger Moose und Pilze, zu denen später noch drei Flechten hinzugetreten sind. Es stellt sich aus der Vergleichung der Bern- 41 Ss stein-Flora mit dem 1839 von A. Braun über das Tertiärlager von Oeningen zuerst veröffentlichten Ver- zeichniss heraus, dass die Mehrzahl der in der Tertiär-Formation überhaupt nachgewiesenen Pflanzen zu Gattungen zu rechnen ist, welche noch gegenwärtig in Europa wachsen; jedoch sind die Arten verschie- den und kommen mehr mit amerikanischen Formen, als mit den unserigen überein. Auch manche Gat- tungen aus der Tertiär-Formation, Ephedra, Taxodium, Cupressus, Thuja sind der heutigen Flora Deutsch- lands fremd und lassen auf ein um mehrere Grade wärmeres, im Ganzen dem südlichen Theile der ver- einigten Staaten von Nordamerika entsprechendes Klima schliessen. Die Untersuchungen, welche der Vortragende über die unsere Braunkohlenlager bildenden Hölzer unternahm, stellten heraus, dass dieselben vorzugsweise aus Cupressineen bestehen, deren Blüthen in beiden Geschlechtern sich auch im Bernstein nachweissen liessen. Eben so lieferten die in den Salz- werken von Wieliczka fast bis auf den Embryo erhaltenen Zapfen des Pinites Wieliczkensis G., welche den Fruchtzapfen des Pinites Thomasianus aus der Braunkohlenflora Ostpreussens entsprechen, den Be- weis dafür, dass auch jene berühmten Salzlager zu einer Zeit und unter einer Vegetation sich gebildet haben, welche mit jener der Braunkohlen-Formation übereinstimmt. Während in Oesterreich in den letzten Jahren an Pflanzenabdrücken sehr reiche Tertiärlager ent- deckt wurden, so war in Schlesien bis in die letzte Zeit trotz seiner vielen und mächtigen Braunkohlen- lager die Ausbeute an Blättern, Blüthen und Früchten äusserst gering, so dass sich die Zahl der Arten einschliesslich der Holzstämme bis Ende vorigen Jahres nur auf 43 feststellen liess. Erst vor zwei Monaten, Ende Januar 1852, ist es gelungen, in der nächsten Nähe von Breslau ein fossiles Pflanzenla- ger von tertiärem Thon zu entdecken, welches an Reichthum, Mannigfaltigkeit und vortrefllicher Erhal- tung seiner Pflanzenreste allen ähnlichen Vorkommnissen gleichkömmt, wenn nicht sie übertrifft. Die erste Nachricht von diesem wichtigen Lager, das sich zu Schossnitz bei Kanth an der Eisenbahn be- findet, verdankte der Vortragende dem Geh. Oberbergrath und Berghauptmann v. Oeynhausen; die Anzahl der daselbst von Ende Januar bis Anfang März in etwa 6 Cent. Thon ermittelten Arten beträgt nicht weniger als 130; und da jede neue Quantität Thonmasse noch immer neue Ausbeute liefert, so lässt sich dieser Fundort noch lange nicht als erschöpft betrachten, und verspricht für Tertiärpflanzen einer der reichsten auf der Erde zu werden. Es lässt sich nicht bezweifeln, dass dieser Ort binnen Kurzem eben solchen Ruf erlangen wird, wie ihn Oeningen besitzt, das seit einem Jahrhundert nicht mehr Ausbeute lieferte, als Schossnitz in einem Monate. ‘ Der Thon ist von’ weisslicher Farbe, die Pflanzen äusserst selten in Substanz, sondern nur in schwach bräunlich gefärbtem Abdrucke erhalten, welcher aber die grösste Schärfe besitzt, so dass man selbst die zarten Antheren der Weidenkätzchen unterscheiden kann; die Antheren, wie die männlichen Kätzchen der Platanen, lieferten noch zum Theil Blüthenstaub, den der Vortragende bereits 1836 in fossilen Erlen- kätzchen von Salzhausen aufgefunden hatte. x Hinsichtlich der Familien und Gattungen stimmt die Flora des neu entdeckten Lagers von Schossnitz mit den übrigen Localfloren der Braunkohlen-Formation im Allgemeinen überein, nicht aber in den Ar- ten; nur eine Art, Libocedrites salicornioides, kommt bei uns im Bernstein und in der Braunkohlenflora des übrigen Deutschlands vor; von den 130 bisher in Schossnitz aufgefandenen Arten sind 118 neu. ‚ Als vorläufige Eigenthümlichkeiten der Schossnitzer Tertiärflora möchten wir die bedeutende Zahl der Eichen betrachten, deren bisher 25 Arten aufgefunden wurden (Europa besitzt gegenwärtig etwa 13 Arten), und zwar grösstentheils aus der Gruppe der Eiehen mit buchtigen Blättern, daher ihre Be- stimmung mit grösserer Sicherheit geschehen konnte, als dies sonst bei den ganzblättrigen Formen mög- lich ist; ferner die mannigfaltigen Formen von Ulmen (17), das Vorkommen von unzweifelhaften Platanen und die von den bisher bekannten fossilen Ahornarten sehr abweichenden Formen. Auch die Gattungen 6 12 Daphnogene, Ceanothus, Dombeyopsis, Taxodium, die gewöhnlich als Leitpflanzen dienen, fehlen nicht; die beiden ersteren sind durch eigene Arten vertreten. Alle diese Verhältnisse erweisen jedoch eine Flora, die nicht der gegenwärtigen unserer Provinz, sondern der im Süden der vereinigten Staaten oder im nörd- lichen Mexico vorkommenden subtropischen Vegetation entsprechen möchte. Die Entstehung des Lagers überhaupt haben wir uns so zu denken, dass dasselbe einem ehemaligen Binnensee entspricht, in den die Blätter und Blüthen der am Rande des See’s wachsenden Bäume hineingeweht und im thonigen Schlamme begraben wurden. Uebrigens ist die bisherige Kenntniss der Flora des Lagers noch sehr unvollständig, und es fehlen unstreitig noch viele Zwischenglieder; Palmen, die 6 Meilen von hier bei Striese in Tertiärlagern vorkommen, wurden in Schossnitz noch nicht bemerkt. So fand man unter Anderem auch mit Ausnahme einiger Grasblätter noch keine Monocotyledonen; eben so wenig sind bisher Spuren von Thieren ausser Unionen entdeckt worden, obwohl diese ohne Zweifel zur Zeit der Bildung des Lagers existirten. Suchen wir uns aus den bisherigen Thatsachen ein Bild von der Flora des nordöstlichen Deutsch- lands und insbesondere von Schlesien zur Zeit der Braunkohlen-Formalion zu entwerfen, so finden wir in derselben 235 Arten, von denen 11 in den Braunkohlenlagern Preussens, 52 im Bernstein, 130 zu Schossnitz und 43 im übrigen Schlesien gefunden wurden. Darunter sind 10 Pilze (5 parasitisch auf Blättern), 3 Flechten, 5 Laub- und 3 Lebermoose, 1 Farrukraut, im Ganzen 22 Cryptogamen; von Mo- nocotyledonen: 1 Palme und 2 Najadeen bei Striese, so wie Grassblätter bei Schossnitz gefunden; 210 Dicotyledonen, und zwar: 22 Cupressineen, 15 Abietineen, 5 Taxineen, 1 Ephedrites, zusammen 42 Coniferen; 5 Myrica-Arten, 19 Betulaceen (8 Birken, 11 Erlen), 42 Cupuliferen (29 Eichen, 2 Bu- chen, 9 Hainbuchen, 1 Kastanie und 1 Haselstrauch), 17 Ulmen, 2 Celtisarten, 6 Platanen, 1 Liquidam- bar, 21 Salicineen (7 Pappeln, 14 Weiden), 1 Laurinee (Daphnogene), 1 Apocynee ( Neritinium), - 13 Ericineen, 2 Primulaceen, 1 Cornus, 1 Loranthacee, 1 Magnolia, 4 Dombeyopsis, 1 Linde, 12 Ahorn, 3 Rhamneen (1 Rhamnus und 2 Ceanothus), 4 Wallnussarten, 2 Arten Rhus, 2 Trapa (Wassernuss), 1 Philadelphus, 6 Pomaceen (5 Pyrus und 1 Crataegus) und 2 Arten von unbestimmbarer Stellung aus dem Bernstein. Von diesen 235 Arten kommen nur 28 auch an anderen Orten vor, 207 sind neu, die zum Theil von dem Vortragenden schon beschrieben wurden oder bald beschrieben und veröffentlicht werden sollen. Von dem neuen Lager zu Schossnitz wurden die’ charakteristischen Arten theils in ihrem natürlichen Vorkommen, theils in Abbildungen vorgelegt und ihre Beziehungen zur jetztweltlichen Flora auseinander- gesetzt. Von unserm correspondirenden Mitgliede, Herrn Apotheker F. W. Jäkel in Liegnitz, erhielt die Section am 20. September folgende Mittheilung: Ueber das Vorkommen interessanter Mineralien in der Umgegend von Liegnitz. Schon öfters sind in Lauterbach und Petersgrund bei Bolkenhayn Doppelspathe gefunden worden, welche den Lichtstrahl so schön spalten, wie die isländischen; nur sind leider bloss kleine Exemplare davon zu bekommen. Ich habe neuerdings die Steinbrüche von Liebenau bei Wahlstadt mehrere Male be- sucht, welche wohl mit zu den interessantesten gehören dürften, welche Schlesien aufzuweisen hat. Ob- gleich sehr verschieden von dem Dolerit des Kaiserstuhles, ist derselbe schon darum merkwürdig, weil man den Uebergang des dichten Basaltes, wodurch der Nicolstädter Basalt als Baustein so werthvoll wird, in den Dolerit in diesen Steinbrüchen sehr gut beobachten kann. Im nördlich gelegenen Bruche ist dichter Basalt neben Dolerit zu finden; im südlich gelegenen ist es blosser Dolerit, durch seine Ein- 3 schlüsse bemerkenswerth. Die Farbe des Dolerits ist hellgrau, demjenigen ähnlich, welcher bei Brem- ‚garten an der wüthenden Neisse und bei Dohnau zu Tage steht und kleine kuppenförmige Hügel bildet. In diesem Gesteine gehen in Liebenau kleine, 1 bis 11, Zoll mächtige Gänge von deutlich ausgeschie- denem Augit, Magneteisenstein und krystallisirtem Labrador hindurch, letztere Krystalle eigenthümlich gruppirt, so dass dadurch eine zellige Masse entsteht. Die Farbe derselben ist bald grau, weiss oder gelblich, mitunter aber auch schön himmelblau, doch sind diese Abänderungen selten. Auf die Magnet- nadel ist die Einwirkung des Dolerits schwächer als die des Basaltes. An Einschlüssen lieferte der Do- lerit mitunter sehr schönen Hyalith, jedoch nur als Seltenheit; desgleichen befinden sich mitunter Kugeln von schwarzem Manganocher darin, glänzend, sehr weich und von 1 Livie Durchmesser. Auch kleine traubige Bildungen von braunem Manganocher kommen vor. Kürzlich fand ich irisirende Höhlungen, der irisirenden Lava aus der Eifel ähnlich. Ein einziges Mal wurde Chabasit in kleinen Krystallen gefun- den, dagegen in grosser Menge Bolus zwischen den säulenförmigen Absonderungen des Dolerits. In seinem Vorkommen ist derselbe grösstentheils feinkörnig; kürzlich fand ich ihn ganz von der Structur wie der verschlackte Basalt des rheinischen Mühlsteins. Ein völlig verlassener Bruch, etwa 1000 von dem vorigen, zeigt den Dolerit in völlig verwittertem Zustande, so dass man Stücke, welche als fester Stein blossgelegt wurden, mit dem Finger zerdrücken kann. Diess ist auch die Ursache, dass der Nikol- städter Bruch allenthalben sowohl zum Grundbau als wie zum Chausseebeschlag vorgezogen wird. — im Dohnauer Dolerit kommen lange, ', Linie mächtige Schichten von schwarzem Mad vor mit spiegel- glanzreinen Flächen, die mir noch in keinem anderen Dolerit vorgekommen sind, Auch dieser ist, so weit er entblösst ist (denn der Bruch ist aufgegeben), in einem ganz mürben, wackenartigen Zustande. Der Basalt von Nikolstadt hat in seinem südlich am Berge befindlichen Bruche aufgegeben werden müs- sen und ist nur noch der nördliche im Betriebe. Ersterer ist durch seine gekrümmten Säulen interessant; leider löst sich aber das Gestein in lauter Kugeln von 1 bis 5 Zoll Durchmesser ab, so dass es als Baustein ganz unbrauchbar geworden ist. Ferner von unserem correspondirenden Mitgliede, Herrn Dr. Beinert in Charlottenbrunn, am 16. October: Ueber einen fossilen Saurierzahn im Sandstein. Vor ungefähr drei Wochen erhielt ich durch Vermittlung der Herren Schullehrer Pohl in Tannhau- sen und Heidrich in Schwarzwaldau ein Stück Sandstein, den ich für untersten Quader von Raspenau ansehe. Ein Maurergeselle, der diesen Sandstein als Material zu dem Baue eines Hauses zu verwenden hatte, fand darin einen Einschluss, den er für ein Hörnchen hielt und aufbewahrte, bis derselbe durch die angeführte Vermittlung in meine Hände gelangte. Der Gegenstand, genau in das Lager passend, zeigt einen ziemlich scharfen Abdruck in demselben und ist an sich trefflich erhalten. Obwohl ich nicht einen Augenblick in Zweifel war, dass es der Zahn einer riesenhaften, vorweltlichen Amphibie, also ei- nes Sauriers sei, der den Lacerten der Kreide-Formation beizuzählen sein dürfte, so bin ich doch weit entfernt, aus einem Fangzahn bestimmen zu wollen, welcher bereits beobachteten Gattung und Art der- selbe angehören könnte; nur so viel wage ich auszusprechen, dass er in die Familie der Crocodilinae gehört und wahrscheinlich identisch mit Polyptychodon Owen mit faltigen Zähnen von Hythe und Maid- stone im Neocomien ist. Der Zahn besitzt eine Länge von 2 Zoll und 5 Linien, wovon 9 Linien auf die mit Cement be- deekte Wurzel und 1 Zoll und 8 Linien auf die schmelzfaltige Krone kommen. Zwei entgegengesetzte Seiten des Zahns verflachen sich schief, so dass die Basis der Wurzel ein ovales Profil beschreibt, des- 6* 44 EI | sen breitester Durchmesser 1 Zoll 5 Linien, der schmälere einen Zoll beträgt. Die Krone ist ohne Schneide, in Mitte der Länge nach dem breitesten Durchmesser des Ovals sanft rückwärts gebogen, hat zwei, eine halbe Linie breite, klaffende, mit Schmelz überzogene Querrisse in einer Erstreckung von 7 Linien und ist ringsherum mit 98 Längsfalten, in Stärke eines schwachen Zwirnfadens verziert, wovon jedoch nur zehn in der abgestutzten Spitze auslaufen, die übrigen von verschiedener Länge sind, so dass man sie zusammen betrachtet, ähnlich der Aderstellung von Merulius, als mehrreihig bezeichnen könnte. Die einzelnen Falten sind undeutlich gekerbt und gleich der ganzen Krone dunkelbraun, glänzend, wie gelir- nisst oder mit Gummilack (Lacca in tabulis) überzogen. Der Zahn ist von der Wurzel bis zum ab- gestutzten Kronenende hohl und mit derselben Sandsteinmasse ausgefüllt, in der er aufgefunden wurde, was anzunehmen ‘berechtigen dürfte, dass er ursprünglich hohl gewesen. Die Wände an der Wurzelba- sis sind anderthalb Linien dick und zerbröckeln stänglich, haben eine hellere, minder glänzende, bräun- liche Färbung, als die faltige Aussenfläche der Krone. Die Wände am abgestutzten Ende der Krone sind nur ', Linie dick. Die mit Cement überzogene Wurzel ist äusserlich faltenlos, lehmfarbig, glanzlos. Zoologie. Der zweite Secretair der Section, Privat-Docent Dr. F. Cohn, am 7 Januar: Ueber die Entwicklung der Infusorien. Die Entwicklungsgeschichte- der Infusorien nimmt unser Interesse nicht nur im Allgemeinen, wie je- des wenig erforschte Gebiet der Naturwissenschaft, in Anspruch, sondern besonders auch darum, weil eine Reihe der wichtigsten Fragen nur durch sie ihre Lösung finden können. Die Entstehung durch Urzeugung hat man im ausgebreitetsten Maase noch in der letzten Zeit für die Infusorien in Anspruch genommen, da das Erscheinen gewisser Arten in gährenden Flüssigkeiten sich mit grosser Bestimmtheit und beinahe künstlich herbeiführen lässt. Nachdem man je- doch erkannt hat, dass nach Beseitigung aller Möglichkeiten, durch welche vorgebildete Keime in die Infusionen gelangen könnten, sich nie Infusorien in ihnen erzeugen, so erscheint auch im dieser Thier- klasse die generatio aequivoca gegenwärtig zurückzuweisen. Die einzige Thatsache, welche die Exi- stenz derselben in gewisser Beziehung zu erweisen scheint, ist das Auftreten beweglicher, mit Flimmer- fäden versehener Körperchen in krankhaften, aber völlig geschlossenen Pflanzen(Conferven)zellen, die nur aus und auf Kosten des Zellinhalts entstanden zu sein scheinen. Ich habe solche bewegliche Zellen, die zum Theil farblos, zum Theil durch das Chlorophyll des Zellinhalts grünlich gefärbt waren, in sehr vielen Algenfäden beobachtet, am häufigsten bei Spirogyren, bei denen sie auch Pringsheim beobachtet und neuerdings in der Flora 1852 abgebildet und beschrieben hat. Er erklärt dieselben für eine zweite Spo- renform, für Schwärmzellen, die zur Fortpflanzung der Art dienten und diesen Pflanzen typisch neben der gewöhnlichen, auf Copulation beruhenden zukommen, in ähnlicher Weise, wie ja-auch Oedogonium oder Vaucheria neben ruhenden noch bewegliche Sporen besitzen; Pringsheim weist die Entwick- lung derselben aus eigenthümlichen Sporenmutterzellen nach. Gegen diese Ansicht lassen sich gegrün- dete Einwendungen erheben. Zunächst scheint mir der Umstand bedenklich, dass diese beweglichen Kör- perchen im Innern der Spirogyren sich immer nur in Fäden zeigten, die offenbar in der Zersetzung be- griffen waren oder doch wenigstens in zersetzten Zellen sich vorfanden, auch wenn die benachbarten noch lebensfähig waren. Dazu kommt, dass ganz gleichartige, bewegliche Körperchen von mir bei den heterogensten Gattungen gefunden worden sind, bei Spirogyra, Oedogonium, Sirogonium, Cladophora, 45 ferner bei Closterium, Hydrodietyon, Vaucheria, und, wie auch Pringsheim fand, in zersetzten Charen. Nach kurzer Bewegung verwandeln sich diese Körperchen in ruhende, pilzähnliche Kugeln; bei Closterium sind die beweglichen Zustände von Ehrenberg als Bodo viridis, von Focke aüch die ruhenden Zustände abgebildet worden (Physiol. Studien, Tab. II.). Meiner Ansicht nach kann hier aur an Zersetzungserscheinungen, an Pilz- oder Infusorienbildung, keinesfalls an eine ächte, zur Fortpflanzung der Art dienende Sporenbildung gedacht werden. Die beweglichen Körperchen, deren Ana- logie mit den Sporen von Achlya Pringsheim selbst hervorhebt, sind entweder als Schwärmzellen eines im Innern der Algenfäden entstandenen Pilzes, oder als entoparasitische Monaden zu be- trachten; im letzteren Falle wird die spätere, ruhende Form dem encystirten Zustande der Monaden ent- sprechen. Für beide Annahmen finden wir Analogieen in ähnlichen Verhältnissen; welche von beiden den Vorzug verdient, lässt sich nach unserem heutigen Wissen nicht sicher entscheiden. In beiden Fäl- len bleibt jedoch die Frage, wie diese Parasiten in’s Innere der Fadenzellen gelangen, welche anschei- nend vollkommen geschlossen sind und nirgends eine Oeffnung darbieten. Es scheint demnach, als habe sich hier der Zellinhalt einer Alge durch krankhafte Umbildung unmittelbar in Pilze oder Monaden ver- wandelt, so dass die Entstehung derselben auf die generatio aequivoca zurückgeführt werden müsste. Diese Annahme könnte sich auf das Vorkommen von Pilzen in geschlossenen Phanerogamenzellen stützen, durch welches selbst Nägeli zu dem Ausspruche veranlasst wurde: die Pilze entstünden durch Urzeugung ohne vorherige Gegenwart von Sporen derselben Art. Da man jedoch alle Möglichkeiten erwägen muss, ehe man zu einer so ungewöhnlichen Theorie, wie die der yeneratio aequivoca, seine Zuflucht nimmt, so möchte ich es vorläufig für wahrscheinlicher halten, dass die Membran der Zellen, in denen sich die entoparasitischen Monaden oder Pilze vorfinden, doch an irgend einer Stelle durch- bohrt sein möge und den Eintritt der Keime gestattet habe, wenn auch das Mikroskop solche Löcher nachträglich nicht mehr wahrnehmen lässt. Die Entstehung der beweglichen Körperchen in sich zer- setzenden Algenfäden würde alsdann analog sein dem Vorkommen von Räderthieren (Notommata Wer- nekii Ehr.) in den bräunlichen Taschen der Vaucheriazellen, das ich im vergangenen Herbste häufig beobachtet habe; in diesen anscheinend ebenfalls geschlossenen, von der verlängerten eigentlichen Zell- wand der Alge gebildeten und mit ihrem Lumen communieirenden Auswüchsen lebten neben den Eiern und den ausgeschlüpften Räderthieren zahllose sogenannte Monaden, die ebenfalls später zur Ruhe kamen, aber ohne Zweifel gleichzeitig mit der Notommata von Aussen in die Zelle eingetreten sind. In der Regel vermehren sich die Infusorien durch Selbsttheilung, indem sie sich in ihre Mittellinie ein- und dann abschnüren, in verschiedener Modification: Längs-Quer-Theilung (bei den meisten Arten), Theilung durch Einschaltung (Coleps), Sprossung, Knospung (Vorticellinen). Der Pro- zess der Theilung entspricht ganz dem der Pflanzenzellen, namentlich dem der einzelligen Pflanzen, und unterstützt daher die Lehre derjenigen, welche in den Infusorien nicht höchst komplicirte Thiere, sondern nur einzellige Organismen anerkennen. Bei einzelnen Infusorien (detinophrys, Acineta) ist in neuester Zeit Conjugation beobachtet worden, die in der Classe der Rhizopoden ganz allgemein erscheint und der Copulation gewisser Algen (Conjugaten, Desmidieen) analog ist. (Siehe meine Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Infusorien, IH. Siebold und Kölliker, Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Band IV, Heft 3, p. 261.) Bei wenigen Infusorien kennen wir seit Kurzem eine ächte Fortpflanzung durch Embryonen oder bewegliche Keime, welche sich im Innern des Mutterthiers, vielleicht unter Mitwirkung des soge- nannten Kernes, erzeugen und in einer dem ersteren ganz unähnlichen Gestalt austreten (bei Vortix cella, Epistylis, Loxodes, Chilodon etc. Siehe meine Beiträge etc. I. Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, Bd. III, Heft 3, p. 257.) 46 Das Vorkommen der Metamorphose bei einzelnen Gattungen bewirkt, dass dieselben in verschie- denen Entwicklungszuständen ganz verschiedene Gestalten annehmen, die man sonst für besondere Gat- tungen erklärte (bei den Vorticellinen ). \ Endlich kommen bei vielen Infusorien Zustände vor, welche das Ziehen einer Grenze zwischen Pflanzen und Thieren äusserst erschweren. Dieselben contrahiren sich zur Kugel, umgeben sich mit einer starren, geschlossenen Membran, verlieren zum Theil ihre ganze innere Organisation und sind alsdann von Pflanzenzellen fast gar nicht zu unterscheiden. Dieser Eneystirungsprocess, der zum Theil für das Ueberwintern, zum Theil für die Fortpflanzung bestimmt scheint, ist bis jetzt bei Euglena, Mona- den, Vorticellinen, Trachelocerca, Trachelius Ovum, Holophrya, Prorodon, Chilodon und den Gre- garinen beobachtet. (Siehe meinen Aufsatz über den Encystirungsprozess der Infusorien. Zeitschr. für wissenschaftl. Zoologie, Bd. IV, Heft 3.) Auf der anderen Seite besitzen einzelne Algengattungen ein Entwicklungs-Stadium, in welchem sie in der äusseren Form, durch Mangel einer Cellulose-Membran, durch freie Bewegung, durch die Existenz _ von flimmernden Bewegungsorganen, rothen augenähnlichen Punkten, Vacuolen, nach einer neuesten Entdeckung auch von inneren, pulsirenden Räumen, sich den mundlosen Infusorien unzweifelhaft sehr ana- log verhalten (Schwärmzellenbildung). Dass in diesen Fällen aus Pflanzen infusorienähnliche Gebilde hervorgehen, kann namentlich bei dem gleichzeitigen Auftreten des Generationswechsels (wie bei Chla- midococcus pluvialis und den Volvocinen) um so weniger auffallen, als unter demselben Gesetze auch sonst merkwürdige Heterogonieen in der Natur vorkommen. Zur Demonstration wurde unter andern auch ein Mikroskop aus der Werkstatt des hiesigen Mecha- nikus Herrn Nösselt benutzt, welches sich durch ein schönes Bild bei sehr mässigem Preise auszeich- net und daher insbesondere als Produkt einheimischer Industrie allgemein empfohlen zu werden verdient. x Herr nen Dr. v. Franizius am 12. Februar: Ueber M&tamorphosen im Thierreiche, Generationswechsel und Heterogonie. Die Metamorphose ist nicht als eiwas dem Generationswechsel und der Heterogonie Coordinirtes zu betrachten, denn sie gehört der Entwicklungsgeschichte an, während Generationswechsel und Heterogo- nie besondere Arten der Zeugung oder Fortpflanzung sind. Die Zoologie betrachtet die Metamorphosen nur insoweit sie Gestaltsveränderungen der gesammten Form des Thieres betreffen; die vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte zeigt, welche einzelnen Organe sich verändern und wie sie sich verändern; die Gestaltveränderung besteht aber nicht bloss in der Vergrösserung der Organe, son- dern auch in der Verkleinerung und dem gänzlichen Verschwinden einzelner derselben. Man unterschei- det daher auch eine rückschreitende Metamorphose, mit welchem Namen man die letzteren Vorgänge be- zeichnet. Beispiele von ee finden sich in allen Thierklassen, am meisten verbreitet jedoch bei den niederen Thieren. Die allgemein bekannten Jungen des Frosches, die sogenannten Kaulquappen, die in diesem Stadium mehr einem Fische, als einem Amphibium gleichen, zeigen, dass auch unter den Wirbelthieren Metamor- phosen vorkommen. Am häufigsten und entschiedensten findet man indessen die Metamorphosen bei den Insekten. Einem Jeden ist die dreifache Gestalt bekannt, in der sich die meisten Insekten, vom Ausschlüpfen aus dem Ei bis zur völligen Entwicklung, zeigen. Indessen machen nicht alle Insekten diese drei Stadien durch; einige zeigen sogleich die Gestalt des Mutterthieres; andere gleichen zwar dem Mutterthiere, sind ‚aber flügellos und erhalten erst später die Flügel; der grösste Theil aber zeigt sich als Raupe oder Larve, dann als Puppe, und endlich als vollkommenes Insekt. Man hat hierauf eine Eintheilung der In- sekten in solche mit unvollkommener und in solche mit vollkommener Verwandlung gegründet. Eigen- thümliche Verwandlungen kommen bei den Krebsen, und zwar bei den Schmarotzerkrebsen, vor; die frei "umherschwimmenden Jungen gleichen den Jungen anderer Krebsarten, verlieren aber, sobald sich die Thiere als Schmarotzer an den Kiemen eines Fisches oder an andere Thiere festgesetzt haben, ihre Schwimmfüsse und Augen, und erhalten in der Folge eine äusserst unförmliche, unähnliche Gestalt, s dass wir hier ein Beispiel einer rückschreitenden Metamorphose haben. Sehr vielfach verbreitet sind ferner die Metamorphosen bei den übrigen wirbellosen Thieren, z. B. bei den Würmern und Strahlthieren. Hier ist die Metamorphose meistens zugleich eine wesentliche Be- gleiterin des Generationswechsels. Dieser besteht nämlich nicht blos darin, dass Thiere während ihrer Entwicklung ihre erste Gestalt verlieren, denn sonst könnte man auch die Metamorphosen der Insekten mit dem Namen des Genera- tionswechsels belegen. Das Wesentlichste dabei ist, dass Thiere, ehe sie sich vollkommen entwickelt haben, sich durch Sprossung und Keimbildung vermehren können, so dass also aus einem Ei schliesslich eine grosse Anzahl von Individuen erzeugt wird. Die bekanntesten Beispiele finden sich bei den Blatt- läusen, Saugwürmern und Medusen. Bei letzteren entsteht aus dem Ei zuerst ein infusorienartiges Thier, welches sich an einen Gegenstand festsetzt, Arme erhält und so in polypenartigen Zustand übergeht. In diesem Zustande vermehrt sich das Thier durch Quertheilung, indem sich von oben tellerartig ein Indi- viduum nach dem andern erhebt, welches allmälig zur Qualle oder Meduse heranwächst, bis es seine Generationsorgane erhält und wieder denselben Foripflanzungscyklus beginnen kann. Etwas ganz Eigenthümliches und durchaus von den bekannten Erfahrungssätzen "Abweichendes ist der Vorgang, welchen Joh. Müller im vorigen Herbst in Triest an der Synapta digitata, einem wurm- ähnlichen Echinoderm, beobachtete und mit dem Namen Heterogonie belegte. ’ Er fand nämlich, dass in diesem Thiere ausser seinen normalen Generations-Organen, welche eine sehlauchförmige Gestalt besitzen, frei in der Leibeshöhle herabhängen, Eier und enfäden zugleich enthalten, zuweilen noch andere Generationsorgane vorkommen, in welchen sich aus den Elementen, nämlich einerseits dem Dotter und den Keimbläschen, und andererseits den Saamenfäden, Schnecken er- zeugen, deren verschiedene Entwicklungsstadien er vom Anfange an bis zu einem gewissen Grade der Reife verfolgen konnte. Er fand diese Schnecken erzeugenden Schläuche 71 Mal; dieselben zeigten beständig denselben Bau und dieselbe Lagerung, und unterscheiden sich wesentlich von den anderen nor- malen Generationsorganen dadurch, dass sie nicht frei in der Bauchhöhle herabhängen, sondern dass sie mit dem unteren Ende an ein vom Darmkanal ausgehendes Blutgefäss in der Weise befestigt sind, dass das Blutgefäss den unteren in sich eingestülpteu Schlauch umfasst. Diese Befestigung, die immer auf dieselbe Weise und an derselben Stelle stattfindet, zeigt, dass wir es hier nicht mit etwas Zufälligem zu thun haben, dass der Schnecken erzeugende Schlauch mit der Synapta in > ee Verbindung steht. Alle bis jetzt möglichen Versuche, diese merkwürdige Thatsache auf bekannte Erfahrungen zurückzufüh- ren und zu erklären, lassen sich zurückweisen; denn weder kann der Schnecken erzeugende Schlauch mit einem Parasiten verglichen werden, noch lässt sich hier eine Analogie mit dem Generationswechsel nachweisen. Wir haben hier also einen Fall, wo ein Thier ausser seines Gleichen noch andere Thiere, und zwar Thiere einer höheren Thierklasse, zu erzeugen im Stande ist. Dass zu verschiedenen Zeiten der Schöpfungsgeschichte unserer Erde neue Thiere entstanden, lehrt die Paläontologie; dass heut zu Tage noch neue Thiere erstehen, ist bis jetzt von Niemandem, auch nicht von den Anhängern der gene- ratio aequivoca, beobachtet worden. Bisher war es für uns etwas Undenkbares, wie neue Thierarten 48 entstehen konnten. Durch Müller’s Entdeckung haben wir eine Andeutung und einen Fingerzeig. Es ‚ist jetzt die Aufgabe der Naturforscher, diese Spur mittelst sicherer Beobachtungen weiter zu verfolgen. Joh. Müller weist schliesslich darauf hin, dass diese Thatsache bis jetzt doch nicht mehr ganz isolirt dastehe; denn es giebt eine Anzahl Polypen, die sich durch Generationsorgane fortpflanzen; diese erzeugen zuweilen Medusen, und es scheint, als wenn diese Medusen sich von jenen oben erwähnten unterscheiden, die aus der polypenartigen Medusenlarve entstehen; denn nach einigen, bis jetzt freilich nur spärlichen Beobachtungen scheint es auch Medusen zu geben, deren Brut sogleich als kleine Meduse erscheint. Es würden also gewisse, mit Generationsorganen versehene Polypen, ausser ihres Gleichen, noch Medusen erzeugen, die sich als solche weiter fortpflanzen können, so dass in diesem Falle der Polyp der Synapta, die Meduse der Schnecke entsprechen würde. Was die Schnecke selbst betrifft, so ist es bis jetzt noch nicht gelungen, die vollständige Entwick- lung derselben zu verfolgen, so dass man noch nicht weiss, welcher der lebenden, bisher bekannten, im mittelländischen Meere vorkommenden Schnecken jene Jungen entsprechen, aus deren Schalen man vor- läufig nur schliessen kann, dass sie einer Natica angehören. So sehr unser Gesichtskreis, in Bezug auf die Entstehung der organischen Wesen, durch diese Beobachtungen erweitert worden ist, so viele uner- ledigte Fragen knüpfen sich noch an sie, deren weitere Erforschung jetzt die Aufgabe der Zoologen sein wird. i Herr Professor v. Siebold sprach am 7. Juli: Ueber die Umwandlung der Blasenwürmer in Bandwürmer, indem er einen Bericht über die Versuche abstattete, welche vor einigen Monaten in dem unter seine Leitung stehenden physiologischen Institute der hiesigen Universität angestellt wurden, um die Möglichkeit einer solchen Umwandlung nachzuweisen. Derselbe hat nämlich schon 1844 zuerst im Handwörterbuch für Physiologie, Bd. II., die Behauptung ausgesprochen, dass der in der Leber der Ratten und Mäuse schmarotzende Blasenwurm (Oysticereus. fasciolaris) nichts anders sei, als ein verirrter, wassersüchtig gewordener Bandwurm, und zwar der Katzen-Bandwurm, Tuenia crassicollis. Derselbe behauptete fer- ner, dass der Cysticercus fasciolaris, wie alle Blasenwürmer, stets geschlechtslos sei und sich nicht geschlechtlich fortpflanzen könne, wenn er nicht auf einen passenden Boden verpflanzt würde, wo er von seinem wassersüchtigen Zustande befreit werden und sich geschlechtlich entwickeln könne. Die Verän- derungen treten in»der That ein, so wie eine Maus oder Ratte, welche einen Cysticercus fasciolaris in ihrer Leber beherbergen, von einer Katze gefressen würden. Im Magen der Katze wird die Leber jener Nagethiere verdaut, nicht aber der darin verborgene Blasenwurm; dieser verliert nur seine mit Wasser gefüllte Schwanzblase und tritt schwanzlos mit dem Speisebrei aus dem Magen in den Dünn- darm der Katze über, wo er seinen passenden Boden finde, auf dem er seine Glieder gehörig entwik- kelt und als Bandwurm (Taenia erassicolis) geschlechtsreif wird. Die vollständige Uebereinstimmung des Kopfendes von Oysticercus fasciolaris mit dem Kopfende der Taenia erassicollis sowohl, als auch die verschiedenen Entwicklungsstufen von Taenia crassicollis, welche sich oft nebeneinander in dem Darme der Katzen vorfinden, hatten den Vortragenden auf den oben ausgesprochenen Gedanken gebracht, welcher bei vielen Naturforschern Anklang gefunden hat, dessen Richtigkeit aber auch wieder von ande- ren Naturforschern und von vielen Aerzien bezweifelt worden ist. Im vorigen Jahre benutzte Herr Dr. Küchenmeister in Zittau den Cysticereus pisiformis, welcher in Cysten des Bauchfells von Ha- sen und Kaninchen sehr häufig schmarotzt, zu Fülterungsversuchen, indem derselbe diesen Blasenwurm Hunden und Katzen zu verschlucken gab, in der Erwartung, dass derselbe sich nach einiger Zeit im 49 Darmkanale dieser Raubthiere zu einem Bandwurme entwickeln würde. Die Versuche gelangen bei Hun- den vollständig, und es wäre durch dieses Experiment Küchenmeisters dasjenige bestätigt worden, was Herr v. Siebold nur durch Vergleichung des Cysticereus faseiolaris der Ratten und Mäuse mit der Taenia crassicollis der Katzen erschlossen hatte; allein die Experimente Küchenmeisters, so wie die Folgerungen, welche derselbe daraus gezogen, befriedigten weder die Aerzte, noch die Naturforscher. Küchenmeiser hatte den Fehler begangen, zu sehr mit der Bekanntmachung seiner Versuche zu eilen, noch ehe sie eigentlich als geschlossen betrachtet werden konnten. Derselbe musste daher in den ver- schiedenen Mittheilungen, die er darüber in nord- und süddeutschen medizinischdn Zeitschriften schnell hintereinander abdrucken liess, Manches zurücknehmen und verwickelte sich dabei in Widersprüche, so dass befürchtet werden musste, dass der Ansicht über die enge Beziehung der Blasenwürmer zu den Bandwürmern durch den Eifer und die Emsigkeit Küchenmeisters eher geschadet als genützt würde, zu- mal da Küchenmeister selbst es mehrmals ausgesprochen, dass ihm die helminthologischen Kenntnisse abgingen, die bei diesen Experimenten nöthig seien, um die aus den Blasenwürmern erzogenen Band- würmer mit Sicherheit zu bestimmen. Ein solches Geständniss konnte gewiss nicht dazu beitragen, das’ Vertrauen der Naturforscher zu diesen von Küchenmeister angestellten Experimenten zu gewinnen. Kü- chenmeister bekundete auch in der That seine Unsicherheit im Bestimmen der Halminthen dadurch, dass er zuerst den aus Oysticercus pisiformis erzogenen Bandwurm für Taenia erassiceps des Fuchses, später für die Taenia serrata des Hundes, und zuletzt für einen ganz neuen Bandwurm erklärte, den er Taenia pisiformis nannte. Herr v. Siebold entschloss sich nun, selbst die Sache in die Hand zu neh- men. Die Futterungen wurden hauptsächlich an jungen Hunden vorgenommen. Es wurde nicht blos Cysticercus pisiformis, sondern auch Cysticereus cellulosae, tenuicollis, Coenurus ceerebralis und Echinococcus veterinorum zu Fülterungen benutzt, wobei derselbe von seinem Schüler, Herrn Studio- sus Lewald, mit lobenswerthem Eifer unterstützt wurde. “ Die Resultate, welche dürch die Fütterungen mit Cysticereus pisiformis erhalten wurden, sind fol- gende. Nachdem diese Blasenwürmer, welche meistens die Grösse einer Erbse besitzen, noch umgeben von der Cyste des Bauchfelles in der Zahl von 30 bis 60 Stücken jungen Hunden mit Milch zu ver- schlucken gegeben worden waren, wurde in verschiedenen Zeitzwischenräumen der Inhalt des Magens und Darmkanals der mittelst Chloroform getödteten Hunde genau untersucht, wobei sich die zur Fütte- rung verwendeten Blasenwürmer in verschiedenem Zustande der Entwicklung leicht wieder finden liessen, Zwei Stunden nach der Fütterung befanden sich die Blasenwürmer fast alle noch im Magen. An den meisten waren aber die Cysten, welche sie eingehüllt hatten, verschwunden und verdaut; eben so hatten die meisten Blasenwürmer, welche aus ihrer Cysie befreit waren, auch ihre Schwanzblase eingebüsst; dieselbe war entweder ganz verdaut oder hing in bald grösseren, bald kleineren Fetzen am Hinterleibs- Ende. Alle diese im Magen vorgefundenen Blasenwürmer, sie mochten ihre Schwanzblase verloren ha- ben oder nicht, zeigten stets ihren Kopf und Hals in den Körper eingezogen. Drei Stunden nach der Fütterung wurden keine Blasenwürmer mehr im Magen angetroffen, dieselben waren sämmtlich mit dem Magenbrei in den Dünndarm hinübergeschafft worden. Hier hatten sie, nachdem ihre Cyste und Schwanz- blase bei dem Aufenthalte im Magen dem Verdauungsprozesse desselben nicht widerstehen konnte und verloren war, alle ohne Ausnahme ihren Kopf und Hals als Zeichen des Wohlbehagens vorgeschoben und ihren vorher zusammengezogenen Körper in die Länge gestreckt; bei allen sah man am Hinterleibs- Ende, da, wo die Schwanzblase sich befunden hatte, deutlich eine verletzte Stelle. In denjenigen Hun- den, welche mehrere Tage nach der Fütterung mit diesen Cysticercen getödtet und untersucht worden waren, fand man die Blasenwürmer bedeutend gewachsen; die grössten hatten eine Länge von 3 Zoll, die kleinsten die Länge von 1 Zoll erreicht. Der frühere nur quergerunzelte Körper liess jetzt in der 7 50 Mitte schon deutliche Gliederung unterscheiden; die an dem noch quergerunzelten Hinterleibs-Ende be- findliche verletzte Stelle, welche von dem Verluste der Schwanzblase herrührte, gab sich jetzt als Narbe . zu erkennen. Nach 20 — 25 Tagen waren die Blasenwürmer bereits mehrere Zoll lang und vollständig bis zum Hinterleibs-Ende gegliedert; das letzte Glied trug die bereits erwähnte Narbe noch immer deut- lich an sich, auch liessen sich jetzt die Spuren der Geschlechtswerkzeuge an den hinteren Gliedern ent- decken. Nach 8 Wochen hatten die gefütterten Cysticercen im Darmkanale eines Hundes die Länge von vielen Zollen erreicht (die längsten waren 36 bis 39 Zoll lang geworden), ihre hinteren Glieder waren ganz vollständig geschlechtlich entwickelt, und enthielten viele reife Eier; einige ellenlange Individuen hatten bereits ihre hintersten, vollkommen geschlechtsreifen Glieder abgestossen. Herr v. Siebold erkannte jetzt in diesen aus Oysticercus pisiformis erzogenen Bandwürmern die Taenia serrata des Hundes: Kopf- Ende, Form der Glieder, Beschaffenheit der Fortpflanzungs-Organe und namentlich der reifen Eier dieser erzogenen Bandwürmer stimmten auf das Genaueste mit denselben Theilen der Taenia serrata überein. Es war kein Zweifel übrig, dass der Cysticereus pisiformis der Hasen und Kaninchen in derselben Be- ziehung zu dem Hunde-Bandwurme Taenia serrata steht, wie Cysticereus fasciolaris der Ratten und Mäuse zu dem Katzen-Bandwurme 7aenia crassicollis. Die Taenia serrata ist übrigens bei Stuben- und Haushunden selten anzutreffen, häufiger dagegen bei Jagdhunden, was sich dadurch erklären lässt, dass Jagdhunde nicht selten Gelegenheit haben, mit den Eingeweiden der auf der Jagd erlegten und ausgenommenen Hasen deren Blasenwürmer zu verschlucken und sich so eine Taenia serrata zu ver- schaffen, welcher Fall bei Stuben- und Haushunden sich gewiss seltener ereignen wird. Obgleich Herr v. Siebold die Experimente mit den übrigen oben genannten Biasenwürmern noch nicht bis zu Ende durchgeführt hat, so war derselbe in Bezug auf Coenurus cerebralis mit seinen Versuchen doch so weit vorgeschritten, dass er sich überzeugen konnte, auch dieser von den Schafzüchtern so sehr gefürch- tele Drehwurm lasse sich durch Fülterung in dem Verdauungskanale des Hundes zu einem Bandwurme erzie- hen. Noch hatten es aber. die durch den Vortragenden aus den Drehwürmern erzogenen Bandwürmer nicht bis zur Geschlechtsreife gebracht, daher derselbe es bis jetzt nicht wagen konnte, ihre Species si- cher zu bestimmen; es ist jedoch Hoffnung vorhanden, durch Fortsetzung dieser angefangenen Versuche geschlechtsreife Tänien aus Coenurus cerebralis zu erziehen, die Herrn v. Siebold in den Stand setzen werden, durch Feststellung ihrer Species auf dasjenige Thier hinzuweisen, welches die Bestim- mung hat, in seinem Darmkanale den aus dem geschlechtslosen Coenurus cerebralis sich entwickelnden Bandwurm gross zu ziehen und zur Geschlechtsreife zu bringen. Herr v. Siebold glaubt alsdann, den Herren Oekonomen und Schafzüchtern Winke geben zu können, wie die Gelegenheit zur Entwicklung der Drehwürmer in dem Gehirne der Schafe zu vermeiden wäre, denn derselbe ist überzeugt, dass nicht durch Urzeugung, sondern durch die mikroskopische Brut der Bandwürmer gewisser Raubthiere Blasen- würmer erzeugt werden, indem jene Brut durch irgend einen Zufall in den Körper von Nagethieren und Wiederkäuern einwandert, in welchen sie sich aber nicht zu Bandwürmern weiter entwickelt, sondern zu Blasenwürmern ausartet, die je nach der Wichtigkeit des Organs, in welchem sie ihren Wohnsitz aufge- schlagen haben und auf dessen Kosten sie heranwachsen, einen mehr oder weniger nachtheiligen Einfluss auf das Leben des von ihnen bewohnten Thieres ausüben. Ueber die mit Echinococcus veterinorum begonnenen Versuche konnte bereits so viel mitgetheilt werden, dass auch dieser Blasenwurm sich auf einen Bandwurm zurückführen lässt. Es wurde nämlich die Brut dieses verderblichen Blasenwurms, welche bekanntlich durch Knospenbildung zu Tausenden auf der inneren Fläche desselben hervorwächst, esslöffelweise jungen Hunden eingegeben, und schon nach einigen Tagen zeigten sich Tausende von äusserst kleinen Bandwürmern, welche auf der Schleimhaut des Dünndarms sich mit ihren vier Saugnapfen und ihrem Hackenkranze festgeheftet hatten. Alle diese Band- al 'würmchen besassen aber nur drei Körper-Abschnitte, nämlich einen Kopf und Hals als ersten Abschnitt, da- hinter ein erstes kleineres Glied, und dahinter ein letztes längeres Glied. In diesen beiden Gliedern hatten die Geschlechtstheile sich bereits zu entwickeln angefangen, jedoch war die Entwicklung derselben noch nicht so weit vorgeschritten, um diese kleinen Tänien als geschlechtsreif betrachten und sicher be- stimmen zu können. Herr v. Siebold wird diese Untersuchungen weiter fortsetzen und hofft in eini- ger Zeit die ferneren daraus erhaltenen Resultate der Versammlung mittheilen zu können. . un Derselbe am 17. November: Ueber die Auswüchse und äusseren Anhänge auf verschiedenen Insekten. Diese Auswüchse und Anhänge, welche häufig ihrer wahren Natur nach verkannt worden sind, las- sen sich eintheilen: 1) in solche, welche als ganz fremde Körper nur zufällig mit den Insekten in Be- rührung kommen und an ihnen festkleben, 2) in solche, welche als wahre Sekretionsstoffe an der Ober- fläche der Insekten hervorschwitzen, 3) in solche, welche als Keime von pilzartigen Pflanzen in das In- nere der Insekten ihren Weg gefunden, und von hier nach aussen hervorgewachsen sind. 1) In die erste Kategorie gehören die keulenförmigen, mit klebrigen Stielen versehenen Pollen- massen der Orchideen und Asclepiadeen, welche an den verschiedensten Theilen der die Blüthen der genannten Pflanzen besuchenden Insekten sehr leicht festkleben und von den letzteren lange Zeit mit herumgetragen werden. Bienen kehren im Sommer nicht selten mit dergleichen Kopfputz auf der Stirne in ihre Wohnungen zurück und sind in diesem Zustande der Aufmerksamkeit der Zeidler nicht entgan- gen. Es wurden solche Anhängsel schon mehrmals für pilzartige oder krankhafte Auswüchse der Insek- ten gehalten; die von Dzierzon in seiner vortrefllichen Bienenschrift (Theorie und Praxis des neuen Bienenfreundes. 2te Aufl. 1849. pag. 225.) beschriebene Hörnerkrankheit der Bienen besteht in nichts Anderem als in diesen vorhin erwähnten, am Kopfe der Bienen fest haftenden Pollenmassen. 2) Der höchst merkwürdige Stoff, welcher als weiss gefärbtes Hautsekret die äussere Oberfläche sehr vieler Insekten theils vollständig, theils nur an bestimmten Stellen bedeckt und. bald in Gestalt von Fäden, Flocken, Federn, Wolle, bald in Form von Filz, Staub etc. den Trägern desselben meist ein ganz sonderbares Ansehen verleiht, ist in Bezug auf seine genauere Beschaffenheit noch sehr wenig untersucht und erkannt worden. Herr v. Siebold behauptet, dass alle diese weissen, von den Entomologen ge- wöhnlich als wollenartige‘ Auswüchse bezeichneten Haut-Sekrete der Insekten aus einer wachsartigen Substanz bestehen. Diese wachsartige Sekretion bildet an den Larven von Sceymnus (einem Käfer) und an den weiblichen Individuen von Dorthesia (einer Schildlaus) weisse höckerartige Auswüchse über dem ganzen Leibe; viele Coceus- und Aphis-artige Insekten tragen entweder an einzelnen Stellen ihres Kör- pers oder am ganzen Leibe dieses Sekret als Wolle oder Staub an sich. Gewisse Cicaden excerniren dieses Wachs in Form von Fäden, welche als ausgezeichnet lange Büschel das Hinterleibsende derselben schmücken. Werden diese feder- oder wolleartigen Auswüchse und staubförmigen Belege von der Ober- fläche der Insekten entfernt, so erzeugen sie sich in derselben Form nach kurzer Zeit wieder; es geht hieraus hervor, dass dergleichen Insekten ununterbrochen diesen wachsartigen Stoff ausschwitzen. Der Vortragende konnte mit Hülfe des Mikroskops an diesen äusserst leichten und lockeren Stoffen keine bestimmte Struktur unterscheiden; er fand dieselben meistens aus äusserst kleinen, rundlichen, mehr oder weniger dicht aneinander hängenden Molekülen zusammengesetzt, welche durch Druck und Quetschen zwischen Glasscheibchen sich zu einer zähen Masse vereinigen liessen; auf einem glühenden Platinblech 7% 2 verflüchtigte sich ein solcher flockiger Körper vollständig und ausserordentlich schnell; auf Papier, über einer brennenden Lampe erhitzt, schmolz und verflüchtigte sich- derselbe Körper ebenfalls sehr leicht, jedoch mit Hinterlassung eines Fettfleckes. Der letztere Versuch wurde mit einem vom Hinterleibe einer Lystra lanata (einer südamerikanischen Cicade) entnommenen weissen Wollfaden vor den Augen der Versammlung angestellt. Es beschränkt sich mithin die Wachsproduktion nicht ausschliesslich auf die bienenartigen Insekten, sondern kommt in der ganzen Insektenwelt sehr verbreitet vor. Nicht bloss die Bienen, sondern auch andere Wachs produeirende Insekten, welche in grossen Gesellschaften beisammen wohnen, können diesen Stoff so reichlich liefern, dass der Mensch denselben gleich dem Bienenwachse zu seinem Nutzen zu verwenden im Stande ist. Seit lange wissen die Chinesen von einem in ihrem mit so vielen ausgezeichneten Naturprodukten ausgestatteten Lande einheimischen Schnabelkerf eine schöne Wachsart zu ernten, welche unter dem Namen „‚Pela‘“ zu Lichten verwendet wird, und welche in Form grosser Brote aus China in die letzte grosse Industrie-Ausstellung zu London eingesendet worden war. In dem ‚Pharmaceutical Journal“ war kürzlich die Nachricht mitgetheilt worden, dass das Pela von Flata limbata Dovon. (einer Cicade) herrühre; der Vortragende konnte sich aber, nachdem er ver- schiedene über China berichtende Reisebeschreibungen nachgelesen, in welchen vom Pela-Wachs und dessen Gewinnung Meldung geschieht, nicht von der Richtigkeit jener Nachricht überzeugen, wenigstens will ihm die Beschreibung, welche der Missionär Du Halde (Description de l’empire de la Chine. Tom. III. & la Haye. pag. 613.) von dem das Pela-Wachs liefernden Insekte gegeben hat, durchaus nicht auf eine Cicade, sondern vielmehr auf einen Coccus (Schildlaus) passen, und in der That erwähnt Fabrieius in seinem Supplementum entomologiae systematicae (1798, pag. 546.) einen Coceus ceri- ferus aus Ostindien. Welche grosse Massen dieses wachsartigen Stoffes dergleichen Pflanzen-Parasiten ausschwitzen können, davon wird man sich einen ungefähren Begriff verschaffen, wenn man im Sommer in unseren Gärten an Lonicera Äylosteum die Kolonien des Pemphigus Aylostei Hart. (Wolllaus) beahtet, welche zuweilen fasi alle Zweige jenes Lonicera-Strauches über und über mit ihrer weissen Wolle bedecken. Wahrscheinlich mögen die Chinesen das wachsartige Sekret sehr verschiedener Insekten ihres Landes benutzen. Herr v. Siebold zeigte hierauf der Versammlung ein Stück des echten Pela-Wach- ses vor, welches er der Güte des Herrn Professor Martius in Erlangen verdankte. Dasselbe hatte auf dem Bruche ein krystallinisches Ansehen und erinnerte in seinem ganzen Aeusseren an Wallrath. In China wird das Pela (weisses Wachs) auch seiner Heilkräfte wegen sehr geschätzt; Du Halde (a.a. 0. pag. 625) zählt unter den Eigenschaften des Pela auf: dass es die Geister stärke, die Nerven zusam- menhalte, das Blut stille, die Schmerzen lirdere, die Kräfte erseize, das Fleisch zum Wachsthum bringe und Knochen heile. Von Grossier (über China I. pag. 439) wird ausserdem noch hervorgehoben, dass die Chinesen, wenn sie öffentlich sprechen sollen, vorher eine Unze Pela essen; Kirby und Spence (in ihrer Einleitung in die Entomologie I. 1823. pag. 360) machten hierzu die bedeutungsvolle Bemer- kung, dass dies. eine Anwendung sei, an welche glücklicher Weise unsere weniger Misstrauen in sich setzenden Redner noch nicht gedacht haben. 3) Zu der dritten Form von Insekten-Auswüchsen rechnete der Vortragende diejenigen parasiti- schen Pilze, welche den Botanikern als Formen von Isaria, Clavaria und Sphaeria bekannt geworden sind. Es wachsen diese Pilze meist in Keulenform aus Puppen, Larven, auch aus vollkommenen Insekten her- vor und tragen an ihren angeschwollenen Enden die Sporen bereitenden Organe. Man hat Grund, anzu- nehmen, dass die Sporen dieser Pilze während des Lebens der Insekten in das Innere derselben gera- ihren, und dass alsdann durch ihren Keimungs- und Wachsthumsprozess die von ihnen behafteten Insekten auf eine ähnliche Weise getödtet werden, wie die Seidenraupen durch den berüchtigten Schimmel 2o- trytis Bassiana (Muscardine) ihren Untergang finden. Einer dieser Keulenpilze hatte bald nach seiner BB) Entdeckung grosses Aufsehen erregt, indem das Verhältniss dieses Pilzes zu dem Insekte, aus dem er hervorgewachsen war, in einer Weise missverstanden wurde, dass man glaubte, es habe sich hier ein Insekt in eine Pflanze verwandelt, welche sich nach einiger Zeit wieder in ein Insekt umwandeln könne. Der spanische Naturforscher Torrubia, welcher von einem in Westindien auf Cicaden-Puppen vorkom- menden Keulenpilz, im Jahre 1754 eine höchst abenteuerliche Beschreibung und Abbildung lieferte (s. den Naturforscher, 4. Stück. 1774. pag. 67, Tab. IV.), hat die erste Nachricht von jenem fabelhaften Wesen gegeben, welches unter dem Namen Musea vegetans, vegetable Fly, Mouche vegetante im Munde der Leichtgläubigen circulirte, dessen wahre Beschaffenheit aber alsbald durch den englischen Arzt Hill zu Tage gebracht wurde (s. the philosophical transactions. Vol. 52. 1762. pag. 272). Sonderbarer Weise tauchte zu jener Zeit auch aus China die Nachricht von einem ähnlichen wunderbaren Geschöpfe auf, welches im Sommer eine Pflanze und im Winter eine Raupe sein sollte. Der bereits erwähnte Missionär Du Halde (a. a. 0. Tom. III. pag. 607) theilte uns hierüber mit, dass die Chinesen dieses Wesen Hiao tsao ton tschong (Sommerpflanze-Winterraupe) nennen und demselben sehr wirksame Heilmittel zuschreiben. Es wurde aber schon von Reaumur nachgewie- sen (in der Histoire de l’Academie roy. des seiences. Ann. 1726. pag. 302. Tab. 16. fig. 1. 2), dass diese Sommerpflanze-Winterraupe nichts anderes sei, als ein einer vertrockneten Raupe anhängender Pilz. Nachdem dieses merkwürdige chinesische Naturprodukt wieder in Vergessenheit gekommen war, lenkte im Jahre 1843 Pereira von Neuem die Aufmerksamkeit der pharmaceutischen Gesellschaft in London auf diesen Keulenpilz, welcher später den Namen Clavaria entomorrhiza erhalten hatte, worauf die wunderbare Erzählung von der Sommerpflanze-Winterraupe und die sonderbare ‘Art ihrer medizini- schen Anwendung noch einmal die Runde durch verschiedene Zeitschriften und Tageblätter machte. Der Vortragende legte der Gesellschaft ein Exemplar der Sphaeria Robertsii vor, welche derselbe von Herrn Dr. v. Carus in Leipzig erhalten hatte. Dieser parasitische Keulenpilz ist vor einiger Zeit aus Neuseeland nach Europa gekommen und besteht aus einem 5, Zoll langen Pilz, der aus dem Nacken einer 24, Zoll langen und fingerdicken vertrockneten Raupe hervorgewachsen ist (vergl. the transactions of the entomological society of London. Vol. III. 1841. pag. IV. Tab. VI. fig. IV. und Hocker: Icones Plantarum. Vol. 1.1837. Tab. XI.). Mit Abbildungen verglichen, übertrifft dieser neuseeländi- sche Keulenpilz mit der an ihm hängenden Raupe die chinesische Sommerpflanze-Winterraupe in Grösse um das Vierfache. - Botanik. Der zweite Secretair der Section, Privat-Docent Dr. Cohn, sprach am 16. Juni: Veber die Entwicklung der Vegetation in den Jahren 1851 und 1852, indem er auf die von der schlesischen Gesellschaft angeregten und über ganz Deutschland, insbesondere aber über Schlesien ausgedehnten Beobachtungen der periodischen Phänomene in der Pflanzenwelt Bezug nahm. Der Bericht über die Beobachtungen des Jahres 1851 ist bereits im vorigen Jahresberichte ab- gedruckt worden; der für 1852 wird am Schlusse dieses Bandes angefügt werden. Der erste Secretair der Section, Professor Dr. Göppert, am 4. Februar: Ueber einige Kartoffelsurrogate. Die jährlich wiederkehrende Kartoffelkrankheit gab in neuerer Zeit Veranlassung zu vielfachen Ver- suchen, dieses wichtige Nahrungsmittel durch ein ähnliches zu ersetzen. Man unterwarf zu diesem Zwecke 54 eine Anzahl Knollen erzeugender Gewächse dem Anbau, um ihre Kulturfähigkeit und ihre Brauchbarkeit' zur menschlichen Nahrung festzustellen. Namentlich lieferte Amerika mehrere solcher Pflanzen, die in ihrem unterirdischen Theile sich in stärkereiche Knollen ausbilden, und unter denen die mit unserem Gänsefuss (Chenopodium) sehr nahe verwandte Boussingaultia baselloides schon längst von_den Be- wohnern des peruanischen Hochlandes kultivirt wurde. Auch zwei Gewächse aus der Familie der Leguminosen, Apios tuberosa und Psoralea eseulenta, beide in Nord-Amerika einheimisch, sind auf Anregung des französischen Ministeriums versuchsweise angebaut worden, ohne dass jedoch befrie- digende Resultate erzielt worden wären. Grössere Erwartungen hegt man von einem zu den Portula- ceen, neuerdings zu den Chenopodieen gestellten und, wie Doussingaultia, in den höheren Regio- nen der tropischen Cordilleren einheimischen Gewächse, dem Ullucus tuberosus, dessen kartoffelähnliche Knollen den Eingeborenen einen überaus reichen Ertrag und ein wichtiges Nahrungsmittel liefern. Doch haben bei uns die bisherigen Anbauversuche ergeben, dass die Knollen dieser Pflanze erst im späten Herbst, und daher oft gar nicht zur Reife kommen und weder in der Grösse, noch im Wohlgeschmack, noch im Stärkegehalt die Kartoffeln ersetzen konnten. Doch wäre es wohl möglich, dass diese Uebel- stände mit der allmäligen Akklimatisation des Gewächses sich werden beseitigen lassen, wie das auch bei der Kartoffel der Fall gewesen ist. Sehr interessant sind die Versuche, unter den Knollen tragenden Solanum-Arten, welche mit unserer Kartoffel am nächsten verwandt sind, ein entsprechendes Surrogat aufzufinden. Zu diesen gehört das mexikanische Solanum utile, dessen Knollen jedoch den Frösten - unseres Klima’s nicht Widerstand zu leisten scheinen. Hierdurch sah sich der Custos des Berliner kö- niglichen Herbariums, Herr Dr. Klotzsch, veranlasst, durch Bestäubung der Narben von Solanum utile mit dem Blüthenstaub der Kartoffel (Sol. tuberosum) einen Bastard zu erzielen, der unser Klima zu er- tragen und in den Knollen einen befriedigenden Ertrag zu liefern scheint. So wichtig übrigens diese Bestrebungen, Surrogate der Kartoffel aufzufinden, auch für die Landwirth- schaft sind, so dürfen wir doch auf keinen Fall schon jetzt die Hoffnung aufgeben, dass die Kartoflel- krankheit, wehrhe jetzt den Ertrag dieses noch unersetzten Nahrungsmittels decimirt, über kurz oder lang von selbst wieder verschwinden werde, wie dies bei allen ähnlichen Epidemieen bisher noch immer der Fall gewesen ist. Die Knollen der Boussirgaultia baselloides, des Ullueus tuberosus und des Solanum utile wur- den vorgelegt. ; Derselbe hielt am 17. December in der allgemeinen Section einen demonstrativen Vortrag: Ueber eine kryptogamische Pflanze in der Weistritz bei Schweidnitz und über. die Verbreitung der Kryptogamen überhaupt. Wenig beachtet ist noch immer das grosse Reich der Kryptogamen, so dass man nicht einmal die bei näherer Betrachtung doch leicht zu unterscheidenden Gruppen von einander trennt, Flechten und Moose stets mit einander verwechselt, Algen kaum dem Namen nach kennt; noch heut steht die Bekannt- schaft der Kryptogamen im grossen Publikum etwa auf gleicher Höhe mit der Kenntniss, welche die älteren Botaniker im 16. Jahrhunderte davon hatten, als man die ersten Grundsteine zu dem heuligen Gebäude der Wissenschaft zu legen bemüht war. Es seien Pflanzen, sagt Caesalpinus 1583, der den ersten besseren Versuch einer systematischen Eintheilung der Gewächse machte, die keinen Saamen trügen, eben so wenig einen wahren Stengel, geschweige Blüthen besässen; einige, wie die Farrnkräu- 55 ter, hätten wohl ‚auf den Blättern etwas, was Saamen ähnlich sei; dagegen schienen einige, wie die Trüffeln, nur aus Wurzeln, andere nur aus Blättern, wie die Salvinia, oder, wie die Algen, auch wohl aus Wurzeln und Blättern zu bestehen. Saamen erkannte man am frühesten bei den Farrn (Morison beobachtete schon um 1685 das Keimen von Scolopendrium); am längsten versagte man sie den Pil- zen, die man zum Theil bis auf die neueste Zeit noch für Produkte der Fäulniss erklärte. Camerarius sagt gegen Ende des 17. Jahrhunderts: Alle Schwämme sind weder Kräuter, noch Wurzeln, sondern eitel überflüssige Feuchtigkeit der Erde. Tournefort schrieb ihnen endlich im Anfange des 18. Jahrhun- derts Saamen zu, die der unsterbliche Michelius, ein florentinischer Gärtner, endlich bereits im Jahre 1729 für die Wissenschaft unzweifelhaft darlegte. Die schon am Anfange des 17. Jahrhunderts geschehene Erfindung des Mikroskops (1620 erfan- den die Niederländer Drebbel und Jansen die Kunst, Glas zu schleifen; R. Hook, 1660, soll das erste Mikroskop construirt oder doch besessen haben, ohne welches Instrument kein Schritt in der Kenntniss der Kryptogamen möglich ist) wirkte insofern noch nicht fördernd ein, als es mehr zur Erkenntniss des inneren Baues der Pflanzen, zur Begründung der Pflanzen-Anatomie, als zur Untersuchung der Krypto- gamen verwendet wurde. Linne, der grosse Reformator der Naturwissenschaften, war dem Gebrauche desselben keinewegs hold, sondern hat es offenbar durch seine gewaltige Autorität sogar bei seinen Zeit- genossen verdächtigt. Es hätte mehr geschadet als genutzt, weil man sehe, was man wolle. Auch schlägt er diese Untersuchungen gar nicht hoch an: ‚BDotanophili sunt, qui vario de vegetabilibus tradiderunt, licet ea non proprie ad scientiam botanicem spectant, ut Anatomici, Hortulani, Me- diei et Miscellanei.“ Nichtsdestoweniger hat auch in diesem Felde dieser wahrhaft grosse Mann we- sentlich zur Begründung des heutigen Zustandes unserer Kenntniss der Kryptogamen beigetragen, einmal durch die unvergleichlich nützliche Einführung von bestimmten Namen für Gattungen und Arten, und andrerseits durch die scharfsinnige, in der Natur begründete Aufstellung vieler Gattungen und Arten, die heute noch, ungeachtet der unendlichen Vermehrung derselben, volle Anerkennung verdienen. Linne kannte 558 Kryptogamen, 213 Farrn, 137 Morse, 215 Algen (44 Musei hepatiei, 81 Lichenes, 4 Cha- rae und 86 Algae verae), 93 Pilze; überhaupt Pflanzen: in der 2ten Ausgabe (1764) 1260 Gen. und 7540 Spec., Persoon (1805) schon 2280 Gen. und 22000 Spec. Die Zahl der gegenwärtig in Europa kultivirten Arten betrug 1846 schon 35600 Arten, bis heut gewiss mehr als 40,000. Nach einer von mir vor zwei Jahren angestellten, am 1. Juli 1850 ab- geschlossenen Berechnung kultiviren wir allein in Deutschland im Freien ausdauernd an 10,000 Arten und Abarten von Bäumen und Sträuchern. Das Central-Herbarium in Neu-Schöneberg in Berlin enthält nach einer vor drei Jahren gemachten Schätzung seines Custos, Herrn Dr. Klotzsch, etwa 74,000 Ar- ten; die Zahl sämmtlicher bekannten und in Herbarien bereits befindlichen Arten dürfte sich etwa auf 160,0:)0 belaufen. Was nun die Zahl der Kryptogamen betrifft, so ist sie kaum zu schätzen, wenigstens bleibt jeden- falls auch die von uns anzugebende Zahl gewiss weit hinter ihrem wahren Bestande zurück. Wir schla- gen die gegenwärtig bekannten etwa auf 2,00) an. Es kämen 4000 hievon auf Farrn, etwa eben- soviel auf Moose, 3000 auf Algen, 1500 auf Flechten und 10,000 auf Pilze. Immerhin wäre ihre Zahl mehr als doppelt so gross, als die Zahl der Pflanzen überhaupt, welche man im Linne’schen Zeital- ter kannte. Wo irgend eine organische Substanz, ein organischer Körper nach Erlöschung des Lebens in Zersetzung begriffen ist, sei es über oder unter‘der Erde, erscheinen die Kryptogamen, welche wir mit dem Namen der Pilze bezeichnen, die, so unendlich mannigfaltig. der Wechsel ihrer Gestalt auch erscheint, doch im Mangel der grünen oder im Vorherrschen der bunten Farbe, im Fehlen. der Stengel 56 oder Blätter übereinkommen und dadurch von allen übrigen Gewächsen auffallend abweichen. Bald sind es kleine graue, endlich bunte, und dann schwarze, kaum wahrnehmbare Flecken oder Höckerchen auf der Oberhaut der Gewächse, insbesondere der Blätter, wie die Blattpilze; bald fadige Gebilde von mi- kroskopischer Kleinheit, wie die Schimmelarten, wetteifernd in der Eleganz der Bildung mit den schön- sten Pflanzenformen, manchmal auf dem Raume eines Quadratzolles einen gewaltigen Wald von Y, L. hohen Bäumen bildend, die, zierlich verzweigt, an dem Ende ihrer Zweige Kügelchen oder Köpfchen in Schirmen oder Rispen tragen. Bald gleichen sie der Gestalt nach den Korallenästen, oder gewölbten oder ausgehöhlten Schirmen, welche unten mit strahligen senkrechten Platten, mit Röhren, Poren oder Streifen bedeckt sind. Vergänglich, oft nur wenige Stunden dauernd, ist ihre Existenz, nur wenige le- ben mehrere Jahre hindurch. Unendlich rasch wachsen sie zu bedeutender Grösse, wie z. B. nach den Beobachtungen von Ber- kley, eines englischen ausgezeichneten Naturforschers und Pilzkenners, der Bovist (Bovistes gigantea), ein bekannter Pilz, über Nacht die Grösse eines wohl fusslangen Kürbis erreicht. Die Zellen dieses Pilzes haben etwa Y,oo Linie im Durchmesser; daher würde eine Pflanze von der erwähnten Grösse nicht weniger als 47,000,000,000,000 Zellen enthalten. Wenn sie in 12 Stunden gewachsen sind, so müssen sich in einer Stunde nicht weniger als 4,000,000,000, oder 66,000,000 Zellen in einer Minute entwickelt haben. Jedoch nicht blos das schnelle Wachsthum eines einzelnen Individuums, sondern noch viel mehr die zahl- lose Vermehrung der Individuen einer und derselben Art nimmt unsere Bewunderung bei den Pilzen in Anspruch, von denen wir nur hier einige derjenigen berühren wollen, die namentlich in neuerer Zeit nur zu oft materielle Interessen auf das Empfindlichste berührt haben. Wir erwähnen zunächst des Haus- schwammes, Merulius destruetor. In Häusern, die schnell und mit Hülfe nassen Holzes gebaut wurden, wo man nicht bloss alten pflanzensaamenleeren Bauschutt, sondern auch wohl feuchte Erde zu Ausfüllungen zwischen Decken und Dielen verwandte, erzeugt sich, namentlich unter begünstigenden Momenten, wozu vor Allem Feuchtig- keit (öfteres unvorsichtiges Stubenwaschen) gehört, in den holzigen Theilen ein weissliches, einen. üblen Geruch verbreitendes Gebilde, welches in seinem weiteren Verlaufe und Wachsthume die festesten und umfangsreichsten, scheinbar zu ewiger Dauer bestimmten Balken ihrer organischen und anorganischen Bestandtheile in dem Grade beraubt, dass sie in eine trockene, lockere, leicht zu ‘Pulver zerfallende Masse, jedoch mit Beibehaltung ihrer äusseren Form, verwandelt werden und somit dann den Zwecken, zu welchen diese Holzmassen den Gebäuden eingefügt wurden, natürlich nicht mehr zu entsprechen ver- mögen. Die Gebäude brechen daher zusammen, wenn man nicht bei Zeiten auf gründliche Reparatur derselben Bedacht nimmt. Nichts vermag dem einmal vorhandenen Uebel Grenzen zu setzen; denn die- ses Gebilde ist gar nicht zu vernichten, indem es keinen so festen Typus besitzt, wie wir bei anderen Pflanzen wahrzunehmen gewohnt sind. Die Gestalt des Hausschwammes hängt von äusseren Umständen, besonders von den nächstumgebenden Substanzen und Räumlickeiten ab. Bald breitet er sich papierartig über die inneren Flächen oder Dielen, bald quilli er schwammartig oder wulstig, besonders am frischen Holze, auf, bald schleicht er fort mit ellenlangen, dicken, holzartigen Stengeln zwischen Fugen und Mauerwerk, und erreicht so wieder oft in weiter Entfernung das Holzwerk. An allen Punkten trägt dieser Pilz kleine gelbe Haufen mit zahllosen Saamen und sichert so seine Existenz, so dass im wahren Sinne des Wortes Gebäude, die ihn in ihren Zimmern bergen, früher oder später sicherem Untergange geweiht erscheinen. Welchen grossen mate- riellen Schaden in neuerer Zeit selbst in unserer Stadt dieses unscheinbare Gebilde verursacht hat, ist nur zu gut bekannt, ad 57 Jedoch auf noch empfindlichere Weise bedrohen unser Interesse noch einfachere kleine Pilze, die in unseren Nutzpflanzen nisten, die Pilze, welche den uns Allen bekannten Brand und Rost des Ge- treides verursachen. Br je Der Brand des Getreides ist entweder Flugbrand, Staubbrand /Uredo segetum), be- sonders im Hafer, aber auch in Gerste und Weizen, oder Stein- oder Schmierbrand (Uredo sitophila Dittm.), der gefürchtetste im Weizen, welche beide die Getreidekörner in schwarzes, aus Millionen einzelner Pilzchen oder Saamen bestehendes Pulver verwandeln. Ebenso unterscheiden wir zweierlei Arten von Rost: den rothen Rost (Uredo Rubigo vera), der im Jahre 1846 insbesondere unsere Hoffnungen auf eine ergiebige Weizenernte vernichtete, und den schwarzen Rost (Puceinia Graminis), der im vorigen Jahre besonders häufig verbreitet gewesen zu sein scheint und die Ernte an vielen Punkten wohl auf das Drittheil ihres gewöhnlichen Ertrages reducirte. Die letzteren beiden er- scheinen als röthliche oder schwärzliche kleine, meist linienförmige Häufchen, die, wenn sie auf den unteren Theilen der Halme bleiben, nicht eben nachtheilig wirken und eigentlich überhaupt dort immer vorhanden sind, jedoch die Entwickelung des Saamens verhindern, wenn sie allmälig sich auch auf die Blüthe oder Fruchttheile verbreiten. Der Brand, wie der Rost sind parasilische Gewächse und zwar einzellige Pilze, wie schon gesagt, von mikroskopischer Kleinheit, von ",,, Linie Durchmesser, welche allein dadurch, dass sie sich von den Säften der Pflanzen nähren, auf denen sie in so ungeheurer Menge vorkommen, dieselben in kranken Zustand versetzen. Sie entstehen nicht von ungefähr, nicht von kranken Säften der Pflanzen, nicht in Folge der Einwirkung von kalter oder nasser Witterung oder Boden, sondern auf dem gewöhnlichen Wege wie andere Pflanzen aus Saamen, die auf den Pflanzen keimen, auf denen wir sie finden. Eine Art des Brandes hat man auch bereits in ihren ersten Entwicklungsstadien beobachtet, und gesehen, dass sich ein fädiges Gebilde in den Intercellulargängen entwickelt, aus dem dann die Saamen zum Vorscheine kommen. Es gehören aber ganz besonders günstige Umstände zu ihrer Entwicklung; daher denn auch die Natur in allen solchen Fällen, wie” auch hier, ihnen eine ganz ungeheure Menge Saamen schuf, um die Erhaltung der Art zu sichern. Ein einziges kleines Rostfleckchen von /, Linie Länge und 12 Linien Breite enthält nach meinen Untersuchungen an 1000 einzelne Individuen, wie viel also eine ganze Pflanze, die oft in ihrer ganzen Länge von 3 bis 4 Fuss fast ganz mit diesen Pilzen bedeckt ist? wie viel ein ganzes Getreidefeld? Millionen gehen verloren, ehe eines zur Entwicklung gelangt. Dafür hat aber auch die Natur diesen Saamen überdies noch eine ungewöhnliche Lebensfähigkeit verliehen. Sie machen im Stroh den ganzen Verdauungsprozess mit und gelangen nach einem Aufenthalte in der Dungstätte, ohne ihre Keimkraft verloren zu haben, wieder im nächsten Frühjahre auf das Feld, wo sich ihre zahllosen Brüder befinden, die zur Zeit des Lebens der Pflanzen ausgestreut wurden, oder, wie bei den genannten Arten des Rostes, auf dem unteren Theile der Pflanzen, den Stoppeln, zurückgeblieben waren. Seit vier Monaten habe ich Brand von Mais und Rost von Weizen im Wasser stehen, und immer noch zeigen sie sich unverändert. Wenn wir nun die Richtigkeit der vorliegenden Sätze anerkennen, für welche der gegenwärtige Zustand der Wissenschaft Gewähr zu leisten vermag, so ergiebt sich auch hieraus, dass wir bei solcher Produktionskraft der genannten vier Pflanzen gänzlich unfähig sind, die Entstehung der- selben in unseren Getreidefeldern durch irgend ein Mittel zu verhindern: es bestehe nun in besonderen Dungarten oder in irgend einer in Wasser aufgelösten Substanz, in der man die Saamen vor dem Säen einweicht. Obschon nun auch wirklich kein einziges Mittel dieser Art sich jemals wirksam erzeigt hat, so hört man doch nicht auf die Stimme der Wissenschaft, betrachtet jene Pilze als krankhafte Erzeug- nisse, oder glaubt, ihnen begegnen zu können. Es giebt gewisse Grenzen, die auch für die Wissenschaft 8 58° eine eherne Mauer bilden. Wie man aber auch in der hoffnungslosesten Krankheit immer noch sich nach der Hülfe eines Arztes umsieht, um das fliehende Leben zu erhalten, so wirft man sich auch hier der Empirie in die Arme und verschwendet sein Geld für wi die nur zu oft durch Spekulation zu Tage gefördert werden. Schon im Jahre 1845 (man entschuldige diese ie wo die Kartoffelkrankheit zuerst uns näher bekannt ward (nicht zuerst auftrat, denn sie hat schon früher oft hie und da die Ernte decimirt), habe ich es zuerst ausgesprochen, dass, wie ich aus der Natur der Verbreitung der Krankheit schloss, dieselbe als eine epidemische zu betrachten ‚sei, der durch kein Mittel zu begegnen wäre, die aber von selbst, wie alle epidemischen Krankheiten, verschwinden werde, wie es auch der Erfolg gezeigt hat und in der Zukunft noch mehr zeigen wird; hätte man schon damals diesem Ausspruche Glauben geschenkt, so hätte man sich viele Summen erspart, die man auf Vorbauungsmittel ausgab, ‘von denen mit wenigen Ausnah- men eines immer das andere an Unwissenschaftlichkeit und Unausführbarkeit übertraf. Ein gewaltiges Aufsehen macht in unserer Zeit die Trauben-Krankheit, an welcher der Wein- stock zu verschiedenen Zeiten gelitten hat und gegenwärtig in sehr vielen Gegenden leidet, die auch in einer Pilzart, einer Schimmelbildung, besteht, dem Oidium Tuckeri, welche auf der Oberhaut der Reben wuchert, nicht in das Gewebe eindringt, aber die darunter liegende Zellschicht zum Absterben bringt, wodurch natürlich auch die Früchte, insbesondere wenn sie im noch unreifen Zustande befallen werden, in ihrem Wachsthume zurückbleiben, nicht zu normaler Reife gelangen und für die Benutzung verloren gehen. Die Krankheit ist wahrscheinlich auch nicht neu, sondern früher schon hie und da, z.B. bei Berlin von G. H. Fin- telmann, Nietner und Meyen im J. 1840 beobachtet worden, erregte aber erst die allgemeine Aufmerksamkeit, als sie im Jahre 1848 zu Margate in England auftrat, sich in den nächsten Jahren Schritt für Schritt durch Frankreich verbreitete, wo sie schon im Jahre 1848 bis Versailles erschien, in den nächsten Jahren bis Paris die Weinernte vernichtete, endlich im Jahre 1851 das südliche Frankreich erreichte und zugleich in kurzer Zeit der ganzen Länge von Italien nach sich von der ligurischen Küste bis Neapel verbreitete, endlich gegen den Herbst hin in Tyrol bis Botzen vordrang, beinahe die ganze Schweiz bis Winterthur überzog und sich zuletzt noch an einzelnen isolirten Punkten von Deutschland, am Hardigebirge, in Baden bei Salem, in Würtemberg bei Suttgart und Canstatt zeigte. Auch nach Griechenland ist sie, wahrschein- lich von Italien aus, gedrungen, hat dort laut öffentlichen Blättern die ganze Ernte der kleinen Rosinen auf Morea vernichtet und dadurch den Bewohnern dieses Landes empfindlichen Schaden verursacht. Auch die Zierde der südlichen Gegenden, der schöne Orangenbaum, soll in diesem Jahre durch einen Pilz sehr gelitten haben, so dass durch ihn auf den Hyerischen Inseln, die allein 42,000 Orangen- stämme zählten, %, aller Orangenbäume gradezu zerstört wurden. Wir wollen wünschen, dass wir nicht auch in unseren Gegenden die nähere Bekanntschaft jener wunderlichen Pflanzengebilde machen, und eben so wenig erwarten, dass unsere Seidenwürmer, de- ren Zucht kaum aufblüht, von jenem Pilze befallen würden, -der schon seit geraumer Zeit der Seiden- zucht in der Lombardei beträchtlichen Schaden zufügt. Diese Krankheit, ealeino, Inkrustirung genannt, wurde zuerst von Bassi im Jahre 1835 beschrieben, besteht in einer sich ‚wirtelförmig verzweigenden, oft innerhalb 36 Minuten entwickelnden Schimmelart ( Botrytris Bassiana), welche durch von aussen zugekommenen Saamen sich im Innern der Raupe ausbildet, alle inneren Organe, das Rückengefäss, die beiden Seidenbehälter, den Nahrungskanal, so wie die Luftröhrenzweige durchzieht und so das Thier umbringt. Auch hier ist es die ungeheure Menge von Saamen, die dem Uebel seine grosse Verbreitung und schwer zu bewerkstelligende Vertilgung verleiht. | Wenn wir nun gesehen haben, in wie unendlicher Menge die Pilze auf der Erde verbreitet sind, wie sie sogar auf lebenden Pflanzen, ja auf lebenden Thieren und selbst bei Meuschen in einzelnen Aus- 59 schlagskrankheiten vorkommen, so sind doch die Extreme der Temperaturverhältnisse und wohl eigentlich auch das Wasser als die natürlichen Grenzen der Verbreitung der Pilze zu betrachten. Die Familie der Algen übersteigt aber :auf- eine uns unbegreifliche Weise auch diese Verhältnisse. Sie kennt im wahren Sinne des Wortes keine Grenzen. In den eisigen, das Viktorialand der südlichen Halbkugel umkreisenden Meeren lebt eine ungeheure Menge mikroskopischer Algen, ebenso auf dem ewi- gen Schnee der Alpen des Polarkreises nach den Entdeckungen der Kapitaine Ross, Parry und Scoresby; hier färben kleine merkwürdige Algen grosse Flächen roth und bewirken das Phänomen des rothen Schnee’s Nach Kapitain Ross betrug die Ausdehnung der hiernach benannten Scharlachklippen (erimson eliffs) über 8 Meilen; mehrere Zoll, ja selbst 10—12 Fuss tief in den Schnee war die färbende Materie ge- gedrungen. Auf dem ewigen Schnee der Schweizer Alpen fanden sie zuerst die berühmten Alpenfor- scher Saussure und Charpentier, und erkannten, ‚dass es dieselbe Art wie die der Polargegenden sei. Auch in dem anderen Extreme, durch die verschiedensten Temperaturgrade hindurch, bis zu der dem Kochpunkt nahen Temperatur heisser Quellen fehlten sie nicht, und wie Viele von uns haben nicht die schö- nen grünen Teppiche mit Vergnügen betrachtet, welche in Carlsbad den Abfluss des Sprudel umsäumen, der dort noch immer 56—58 Gr. warm ist. Sie bestehen aus lauter Algenfäden, die sich unter glei- chen Temperaturgraden in verschiedenen Arten am Ausflusse von Mineralquellen vorfinden. Ueberhaupt ist das Wasser das eigentliche Element, in welchem die Natur dieser, oft den brennendsten Farben- schmuck zeigenden Pflanzenklasse ihren Wohnsitz anwies, und zwar nicht bloss das Meer, in welchem sie an den Küsten 2—300 Fuss tief vorkommen, sondern auch die süssen Wasser, die sie in zahlloser Menge von Individuen grün, braun oder auch roth färben. Ihre Grösse variirt und schwankt zwischen Y/gooo L. Durchmesser (also mikroskopischer Kleinheit) bis zum fast balkendicken Stamme und 1500 F. Länge, wie sie von letzterer Grösse an der Südspitze von Amerika und der Magellanstrasse gefunden werden, wo man ‚beim Hinabblicken in die dort ungemein klare See einen Wald zu sehen vermeint. Und was soll ich von dem Umfange, der Verbreitung und Zahl der Individuen bei den Algen, und zwar von der kleinsten bis zur grössten mittheilen? An der portugiesischen Küste fand man das Meer in einef: Ausdehnung von über eine deutsche Meile blutroth gefärbt, welche Farbe nur durch eine einzige kugelförmige Alge (Protococeus atlanticus) hervorgebracht ward, die so klein war, dass etwa 40,000 bis 60,000 Individuen ein Viereck von Y, Linie Durchmesser bedecken würden. Eine Alge Tröchode- smium Ehrenbergüi bedeckt oft in meilenweiter Ausdehnung das Meer und färbt es ohne Unterbrechung vom Ziegelsteinrothen bis zum Blutrothen, und man vermuthet nicht ohne Grund, dass diese Erscheinung dem zwischen Arabien und Egypten gelegenen Meerbusen den Namen des en Meeres gegeben habe. Bei Gelegenheit der Benutzung der grösseren Seealgen zur Sodabereitung hat man berechnet, dass an einzelne Punkte der französischen Küste an 2 Millionen Cubikmeter derselben geworfen werden; ebenso zwischen Kronberg und Helsingör an der dänischen Küste Millionen von Pfunden. Und wer erinnert sich nicht, wenigstens in Campe’s Beschreibung der Reise nach Amerika von jenen grünen, auf dem hohen Meere befindlichen Wiesen gelesen zu haben, die sich zwischen den Azoren und Bermudasinseln, zwischen der alten und neuen Welt befinden. Sie bestehen fast nur aus einer oft so dicht gehäuften Fucus-Art, Sar- gassum vulgare (daher auch Sargasso-Meer), dass Schiffe in ihrem Laufe bedeutend gehemmt werden, und nehmen einen Raum von 60,000 Quadratmeilen, also sechsmal so gross als Deutschland, ein. Eben so wunderbar wie die Organisation der Algen im Allgemeinen, die allen Klimaten trotzt, ist bei vielen auch die,Art ihrer Fortpflanzung und Bewegung, welches Alles dazu beigetragen hat, dass ein grosser Theil der Algen, wenigstens für den Naturforscher, noch so zu sagen zwischen beiden organi- schen Reichen, zwischen Thier und Pflanze, schwebt. 5* 60 \ Ich übergehe für heute die übrigen Klassen oder Familien der Kryptogamen, so viel allgemein In- teressantes sich auch von ihnen sagen liesse, spreche nicht von den Flechten, die wie grüne, gelbe, graue Flecken die Rinden unserer Bäume und die ehrwürdigen Häupter unserer Berge bis weit in die Wolkenregion bedecken, nicht von den kleinen zierlichen, durch ihre grüne Farbe, Stamm und Blätter schon an die höheren Pflanzen erinnernden Moosen, denen wir die Bildung unserer Flüsse und Bäche, die Verwandlung der Sümpfe und Moore in vortreffliche Wiesen vorzugsweise verdanken, ich spreche nicht von den Farrnkräutern,, welche die Natur auf der Rückseite der Blätter mit Legionen von Saamen versah, sondern gehe zu dem Gegenstande über, welcher zunächst diesen Vortrag veranlasste, durch wel- chen ich überhaupt das grössere Publikum auf die Bedeutung der Kryptogamen aufmerksam machen wollte. Seit dem Anfange des August dieses Jahres ist eine Spiritusfabrik in Polnisch-Weistritz, eine halbe Meile oberhalb Schweidnitz, an der Weistritz im Gange, welche aus Runkelrübensyrup mit Zusatz von Malz und Hefen Spiritus brennt. Die sogenannte Schlempe oder der Rückstand von der Destillation wurde bis vor 4 bis 6 Wochen in ungeheurer Menge in den Mühlgraben, welcher in die Weistritz mün- det, abgelassen, Bald darauf entstand in der Weistritz ein schlammiges, weissliches, bald in Fäulniss übergehendes Wesen, und zwar in solcher Masse, dass Röhren der städtischen Wasserkunst, welche die Weistritz speist, verstopft und überhaupt allgemeine Beschwerden erhoben wurden, da diese Masse unter höchst ekelhaftem Geruch in Fäulniss ging und das zu ökonomischen Zwecken aller Art bestimmte Was- ser verdarb, ja selbst zum Waschen der Wäsche unbrauchbar machte. Da nun das in Rede stehende Gebilde allerdings sich nur unterhalb des Eintritts der Schlempe in den Mühlgraben und nicht oberhalb 'vor- fand, glaubte man nicht mit Unrecht in der Schlempe eine Hauptursache der Entstehung desselben zu finden und untersagte die Ablassung derselben in den Mühlgraben. Der Besitzer jener Fabrik liess sie nun in ein etwa 30 Schritt von dem Graben entfernt liegendes Bassin laufen, aus welchem aber, da es nicht gemauert ist, möglicherweise immer eine unterirdische Kommunikation mit dem Wasser der Wei- stritz stattfinden kann. Man beklagte sich endlich bei der königlichen Regierung und bat um Abhülfe. Vollständige Aufnahme sämmtlicher Verhältnisse erfolgte, da das unter diesen Umständen einzig mögliche Mittel, die Räumung der Weistritz und, wenn ich nicht irre, auch Schliessung jenes in der Nähe der Weistritz befindlichen Bassins, der Abzug der Schlempe nach entgegengesetzter Richtung von dem Laufe der Weistritz befohlen ward. Inzwischen wurde konstatirt, dass sich jenes Gebilde nicht bloss nach Schweidnitz erstreckte, sondern, wie Herr Regierungsrath Dr. Brefeld fand, auch schon bis /,, Meile unterhalb im Vorschreiten begriffen war. Herr Apotheker Sommerbrodt hat mir schon unter dem 22. November 1852 eine Quantität derselben überschickt, welche aber, da ihre Abgabe sich zufällig mehrere Tage verzögerte, in sehr zersetztem Zustande hier ankam. Besser erhaltene Exemplare erhielt ich von dem königlichen Kommissarius in dieser Angelegenheit, Herrn Regierungsrath Brefeld, die ins- gesammt mein Interesse in so hohem Grade erregten, dass ich beschloss, am 6. December selbst nach Schweidnitz zu reisen, um mich durch eigenen Augenschein von dieser für die Stadt Schweidnitz fast verhängnissvollen, ungewöhnlichen Vermehrung einer Kryptogame — denn dahin gehört jenes Gebilde — zu überzeugen. Die Herren Bürgermeister Glubrechi und Stadtverordneten-Vorsteher, Apotheker Sommerbrodt hatten die Güte, mich zu begleiten. Es verhielt sich in der That Alles so, wie ich oben schon geschil- dert habe. Nur von dem früheren, jetzt verschlossenen Graben an, der die Schlempezin die Weistritz leitete, begann die Bildung dieser Masse, nicht oberhalb, und sie erstreckte sich von hier bis Schweid- nitz, ganz besonders aber in dem etwa 1000 Fuss langen und 6, auch wohl 8 Fuss breiten Mühl- 61 graben in ungehenrer Menge. Jeder in das Wasser hereinragende Ast oder Wurzel, jeder in dem Bette befindliche Rollstein war damit bedeckt, ja die Basis des ganzen Bettes erschien wie Austapezirt damit. In einzelnen fast dachziegelförmig übereinander liegenden, rundlichen und länglichen Lappen flottirte die Masse, so dass es an den Stellen, wo sie auf allen Steinen festsass, grade so aussah, als ob mit Wölle noch versehene Schaffelle auf dem Boden befestigt wären. Wiewohl nach dem Eintritte des Mühlgra- bens in die Weistritz, namentlich bei tieferem Wasser, sie nicht mehr so häufig verkommen soll — ich selbst untersuchte nur bis zum Eintritt in die Weistritz — so kann man doch als durchaus nicht über- trieben annehmen, dass der Kryptogam in dem Bette der Weistritz wohl auf eine Fläche von 10,000 bis 12,000 Quadratfuss verbreitet ist. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass wir es mit einer äus- serst zarten, aus linienförmigen röhrigen, fädigen Zellen gebildeten Pflanze zu thun haben, welche unter dem Namen Conferva lactea im Jahre 1789 von Roth zuerst beschrieben wurde, gegenwärtig Lepto- mitus lacteus Kg. Syst. Alg. p. 50 heisst, von welcher angegeben wird, dass sie sich gegen den Ein- tritt des Winters in namentlich schnell fliessenden Bächen vorfinde. Die Fäden sind gegliedert, an den Gliedern zusammengezogen, nicht etwa durch Querwendungen abgezweigt, wie Alexander Braun sehr richtig, wenn ich nicht irre, zuerst bemerkt, hier häufig ästig, und in eine stumpfe, mit einer schwach bräunlichen, körnigen Masse erfüllte, etwas angeschwollene, fast keulenförmige Spitze sich endigend, in welcher sich die Saamen oder Sporen bilden, deren Entwicklung ich jedoch noch nicht zu beobachten vermochte, daher unsere Bestimmung noch nicht als absolut abgeschlossen anzusehen ist. Wenn man erwägt, dass jeder dieser Fäden, die nur Y,99— You Linie im Durchmesser haben, diese Pflanze fort- zupflanzen vermag, und zugleich bedenkt, welch eine, jede Schätzung übersteigende Quantität von Indi- viduen hier auf dem Raume von 10,000 Quadratfuss vorhanden ist, so wird man es begreiflich finden, wie in so kurzer Zeit (denn erst im August hat der sehr genau beobachtende Kunstmeister der Stadt Schweidnitz die erste Flockenbildung in der Kunst bemerkt) eine so enorme Ausbreitung derselben be- reits stattgefunden haben kann. Eine wichtige Frage nicht bloss in wissenschaftlicher, sondern auch in juridischer Beziehung bezieht sich nun auf die Bildung dieser Pflanze. Man rechnet sie in der Regel zu den Algen, aber weil sie doch in mehreren Punkten, im Mangel der grünen Farbe des Zellstoffs, von dieser Gruppe abweicht und sich den Pilzen nähert, von diesen wieder durch das Vorkommen im Was- ser sich unterscheidet, wird sie zu einer besonderen Gruppe gezählt, die Kützing nicht mit Unrecht als Mycophyceae (Pilzalgen) bezeichnet, und die gewissermassen zwischen beiden Familien der Algen und Pilze mitten inne steht.*) Viele von diesen entstehen häufig in künstlich bereiteten oder auch in anderen auf natürlichem Wege veränderten Flüssigkeiten und erscheinen als fadige, zellige Gebilde, bei denen es zur Saamenausbildung nicht kommt. Auch bei unserer Art wurden zwar bisher keine Saamen wahrgenommen, doch sind solche, wie die ganze oben beschriebene Beschaffenheit zeigt, gewiss hier vorhanden. An einer Fortpflanzung durch Saamen zweifle ich keinen Augenblick, glaube aber, ohne freilich angeben zu können, woher er stammt, dass die in einer Art von Gährung begriffene Flüssigkeit, als welche sich die Schlempe darstellt, die Entwicklung derselben begünstigt. In der Schlempe allein entsteht die Pflanze nicht; denn in dem grossen weiten, A— 6 Fuss tiefen Bassin, in welche man sie seit der Zeit leitet, seitdem der Abfluss in die Weistritz nicht mehr gestattet wird, ist auch nicht eine *) Da durch das Aufheben der Grenzen beider Reiche auch eigentlich nichts gewonnen wird, die doch in der bei weitem grösseren Zahl ihrer Glieder sich auffallend von einander unterscheiden, und im Allgemeinen im Wasser keine Pilze vorkommen, so halte ich dieselbe vorläufig wenigstens noch für eine Alge. 62 Spur davon zu entdecken, eben so wenig in der Fabrik selbst, wo sich nur die gewöhnlichen Schim- melarten, Diatomeen, finden, wie sie an feuchten Orten überall vorzukommen pflegen, dagengen alsbald beim Eintritt in das schnelllliessende Wasser des Mühlgrabens. Nur wo die beiden Bedingungen für das Gedeihen des Leptomitus lacteus, ein mit organischer Substanz getränktes Wasser und eine rasche Be- wegung desselben, sich zusammen vorfinden, da ist der günstigste Boden für die Entwicklung der Saa- men, die dort in ungeheurer Vermehrung eine wahre Kalamität für die Stadt herbeigeführt haben. Neueren Nachrichten zufolge wird die Verunreinigung des Wassers auch noch erhöht durch zahl- reiche kleinere mikroskopische Algen, die sich unter dem Schutze des Leptomitus, namentlich bei seinem Uebergange in Fäulniss, fortwährend ungemein vermehren sollen. 63 Bericht über die Verhandlungen der botanischen Section im Jahre 1852 Fr. Wimmer, zeitigem Secretair derselben. D. botanische Section hat im Jahre 1852 sechs Versammlungen gehalten: am 5. Februar, 30. Septem- ber, 14. October, 11. November, 9. und 16. December. Ausser mehreren kleineren Mittheilungen und Besprechungen sind folgende Vorträge gehalten worden, über welche die Vortragenden die nachfolgen- den Mittheilungen zur Veröffentlichung bestimmt haben. Vom Secretair der Section: Zwei neue Formen von Üarex. Unter den Carex-Formen aus der Gruppe der ©. caespitosa im weiteren Sinne, welche so lange einzeln unterschieden werden müssen, bis man die Arten und vielleicht die Bastardformen derselben ge- nau erkannt haben wird, habe ich zunächst zwei Formen, welche sich auszeichnen und festgehalten zu werden verdienen, anzuführen, beide in den an Carex-Formen sehr reichen Mooren über der Schlingel- baude und bei den Dreisteinen beobachtet. Nicht alle Jahre sind der Entwicklung dieser Pflanzen, na- mentlich der Blüthen, und Früchte gleich günstig; das vorige schien ein besonders zuträgliches, da diese Pflanzen dort in einer Fülle und Vollkommenheit blühten und fruktifizirten, wie ich dies selten gesehen zu haben mich erinnern kann. Die gegebenen Namen beider Formen, deren Art erst längere Be- obachtung feststellen kann, sind provisorisch. Sie sind nur mit ©. vulgaris zu vergleichen. C. cernua. Von 3‘ bis 1’ Höhe. Die Aehre übergeneigt; die Aehrchen nahe an einander, bei grösseren die unterste entfernt und kurz gestielt; die Blumen gedrängt; das unterste Deckblatt die Aehre überragend; die Schuppen halb so lang als die Frucht; die Frucht breit oval, fast sitzend, fein-nervig, mit einer vom Schnabel herabziehenden erhabenen Leiste, innen fast platt, aussen schwach erhaben. Das hervorragendste Merkmal dieser Form ist die erhabene Leiste, welche vom Schnabel bis ' der Frucht sich herabzieht und durch ihre helle Farbe in die Augen fällt. Häufig findet sich diese Form ohne männliche Aehre. Die Blätter sind schmal, kaum über 1 Linie breit, mehr gras- als seegrün. 64 €. Krockeri. Blätter ziemlich breit, seegrün; Halm in schwachem Bogen geneigt; Aehre gedrängt; Aehrchen länglich, dick mit sehr gedrängten Blumen; unterstes Deckblatt kaum so lang als die Aehre; Schuppen breit, fast so lang als die Frucht; Frucht eiförmig-rundlich, oben fast eingedrückt mit aufge- setztem Schnabel, innen flach, aussen schwach erhaben und schwachnervig. Die gedrängten und äusserst dichtblüthigen Äehrchen, so wie die breiten Früchte, welche oben zu- gerundet und schwach eingedrückt sind, so dass sie fast herzförmig erscheinen, nebst der starken Basis des Helms und den breiten seegrünen, etwas steifen Blättern machen diese Form leicht kenntlich. Irren wir nicht, so lag sie in Krocker’s Herbarium unter dem Namen C. compacta; deshalb haben wir. sie nach unserem alten Floristen benannt. Von Demselben: "Seltnere und neuere Formen von Salix, und eine neue Monographie dieser Sippe. S. aurita-livida. Weibchen. Von Patze bei Cummerau bei Königsberg gesammelt. Diese Form ist genau zwischen beiden Arten in der Mitte. Dies wäre ungefähr-S. aurita-sublivida Fries. S. austriaca Host. Männchen. Aus dem Host’schen Garten in Wien, durch Th. Kotschy mitge- theilt. — Die weibliche Pflanze, welche wir von dort schon seit Jahren sahen und hier kultiviren, stellte sich zwar als verwandt dar mit der S. Pontederana Koch. (S. einerea-purpurea), liess aber in der Form der Blätter wie im Wachsthum einen andern Ursprung erkennen. Die jetzt mitgetheilten Exem- plare von einem männlichen Strauche setzen es nun ausser Zweifel, dass diese Form ein Bastard von $. purpurea und $. grandifolia Seringe ist. S. arbuseula L. Weibchen. Folüs late-obovatis apiculatis. Vom Schlangenwege an der Rax- alpe, ein Strauch an einer Felswand, gesammelt von Th. Kotschy in Wien. Eine höchst ausgezeich- nete Form dieser seltenen Gebirgsweide von kräftigem Wuchse, mit breiten, kurzspitzigen, oberseits schwach glänzenden Blättern. Die Exemplare mit schmäleren langspitzigen Blättern haben oberseits we- niger Glanz oder sind matt, was ebenso auch von den Formen der S. hastata im Gesenke beobach- tet wurde. S. Wimmeri Kerner. Gefunden bei Lautern in Nieder-Oesterreich und von Kerner mitgetheilt. — Der Entdecker dieser Form, welcher sie nach meinem Namen benannt hat, hat auch ihren Ursprung richtig erkannt, dass sie nämlich ein Bastard von S. daphnoides und S. incana ist. Die Aehnlichkeit mit ersterer ist augenfällig; die Verwandtschaft mit der letzteren ergiebt sich aus den schlankeren und bogigen Kätzchen, den stumpfen oder abgestutzten Schuppen, der mehlartigen Bekleidung der jüngeren Blätter und durch den zurückgeschlagenen Rand derselben. Da ich von Herrn Kerner auf meine Bitte auch Stecklinge erhielt, so werden wir diese interessante Form bald auch lebend beobachten können. S. triandra var. microphylla. Kienthal in den Berner Alpen, 3—4000’; von Fischer-Ooster in Bern. Eine schöne Varietät dieser Art mit kleinen starksägezähnigen, derben Blättern. Diese Form scheint mehr dem Süden eigen zu sein; eine ganz ähnliche besitze ich aus Italien, nur mit etwas brei- teren Blättern. : S. aurita-silesiaca. Männchen. Steinbruch am Schmiedeberger Berge, zwischen Schmiedeberg und Hohwalde. — Das erste männliche Exemplar dieses Bastardes. Die Blüthen sind denen der S. si-_ lesiaca so ähnlich, dass man daraus den Bastard nur schwer erkennt; nur die Staubfäden sind am Grunde haarig. Die Blätter weisen in Gestalt, Farbe und Bekleidung auf das Deutlichste auf S. aurita hin. 65 ’ S. glauca-myrsinites. Weibchen. Alpen der Dauphine; Duby. Unter mehreren Gebirgsweiden aus den Alpen der Dauphine, welche mir Pastor Duby, der Verfasser des Botanicum Gallicum über- sandte, befand sich auch dieser interessante Bastard, welchen auch N. J. Andersson in Lappland beob- achtet hat. Die Blätter sehen so ziemlich denen von S. myrsinites ähnlich, haben aber auf der Ober- seite die charakteristische Bekleidung der $. glauca. Auch die Früchte haben die der letzteren eigene dicht- und kurzwollige Bekleidung. 8. stipularis Smith. Weibchen. Von Varel in Oldenburg, von einem Exemplare auf Norderney stammend; gesammelt von Böckeler. —. Bekanntlich giebt Koch in seinen Schriften nur die Insel Norderney als Fundort der $. stipularis Smith an; dieselbe Pflanze besitze ich lebend aus dem Göttin- ger botanischen Garten, Günther besass sie aus dem Garten zu Herrenhausen. — Von demjenigen, was ich mit dem Synonym S. stipularis in dem .,„Verzeichniss der Schles. Weiden“ in der Regensb. Bot. Zeit. 1849 beschrieben habe, ist diese Form wesentlich verschieden. Ihren Ursprung glaube ich nunmehr zu erkennen, indem ich sie für $. dasyelados-viminalis halte. Abgesehen von den Kennzei- chen, deren Nachweis ein andermal erfolgen soll, spricht dafür die Analogie mit der schlesischen, d. i. S. Capraea-viminalis angustifolia, so wie deren Herstammung aus England, wo $. dasyclados ohne Zweifel vorkommt. S. daphnoides-repens. Weibchen. ' Fischhausen bei Königsberg; mitgetheilt von Apotheker Patze in Königsberg. Juli ovato-oblongi subeoaetanei sessiles bracteati, squamae spathulatae seminigrae, villo modico brevi recto barbatae; ovaria conico-subulata, breviter pedicellata, viridia hine inde hirto-cana, stylo medioeri, stigmatis lanceolatis subintegris, patulis, nectario brevi; folia lanceolato- et lineari- elliptica , acuta, leviter serrata vel repanda, supra nitidula, subtus pilis adpressis rectis seri- ceo-cana. Diese Form scheint noch nirgends gesehen zu sein. Nur in einem verspäteten Frühjahre kann die- ser seltene Bastard entstanden sein, da sonst die Blühezeiten der beidem Stammarten ziemlich auseinander liegen. Die Verwandtschaft mit S. daphnoides ist nicht zu verkennen; aber die stellenweise behaarten Kapseln und die Bekleidung der kleineren und schmäleren Blätter, welche oberseits weniger geglättet und matter sind, verrathen deutlich die Abstammung von $. repens. S. arbuseula L. Auf den Berner Alpen bei Mürren, um 5,000°; von Fischer-Ooster in Bern. Die höhere Form mit längeren Aesten und schmächtigeren Kätzchen auf längeren beblätterten Stie- len; die Blätter sind schmal elliptisch, zugespitzt, oberseits kaum glänzend, die jüngeren unterseits um die Mittelrippe oft seidenhaarig: Diese Form wird gewöhnlich für die $. formosa Willd. gehalten. ‚8. speciosa Host. Männchen. Aus dem Host’schen Garten, von Th. Kotschy mitgetheilt. Diese Weide, welche im Breslauer botanischen Garten und in Bartholds Anlagen bei Posen ange- PER ist, von Herrä Th. Kotschy kürzlich wild in Ungarn gefunden und von Tausch als $. alope- euroides vom Moldauufer bei Prag ausgegeben worden ist, gehört wegen ihrer langen goldgelben Blü- thenkätzchen zu den ausgezeichnetsten Weidenarten; sie ist ein Bastard von $. triandra und S. fragi- lis. Die Diagnose lautet: Juli longissimi, erassiusculi, lawi, basi laxiflori, in peduneulis bracteatis, rachi tomentosa; squamae oblongo-ovatae concavae, flavae, extus hirtae apice pilosae; filumenta 3 libera longa in- fera parte dense villoso-barbata, nectario brevi, antherae parvae ovali-subrotundae, luteae; folia in petiolo longo subglanduloso, oblongo-lunceolata in acumen temie producta, subaequilatera, grosse et obtuse glanduloso-serrata, glaberrima, subtus pallide viridia. 9 m mm nn nn -— N Salix livida-purpurea. Weibchen. Um Sytkowo bei Posen von Ritschl entdeckt. Juli oblongo-cylindriei, sessiles, densiflori; squamae oblongae ferrugineae apice fuscae rotun- datae v. truncatae parce pilosae; ovaria brevissime pedicellata, nectario brevissimo, subulato-cy- lindrica, apice obtusa, subsericeo-candicantia, stylo brevissimo, stigmatis brevibus conniventibus, capitatis; folia elliptico-oblonga, apiculata, basi cuneata, margine leviter serrata, supra niti- dula, subtus glauca vel caesia, venis reticulatis prominulis, glaberrima; stipulae ovatae. Diese Form, so wie die folgende, ergänzt die Reihe derjenigen Bastardformen der S. purpurea, welche, wenn man die Pflanzenformen nach Charakteren begrenzen will, unter dem Namen Salix Ponte- derana Koch zusammengefasst werden müssten. Der Ursprung dieser Form ergab sich aus dem con- sortium von selbst, aber ausserdem zeigt die eigenthümliche Gestalt der Kapseln ganz deutlich auf die Abstammung von $. livida. Salix nigricans-purpurea. Weibchen. Aus dem Berliner bot. Garten, von Forbes aus England als $. tenuifolia Smith gesandt. Juli eylindriei, subsessiles, bracteati, densiflori; squamae ovatae seminigrae, villoso-barbatae; ovaria breviter pedicellata, conica, hirtocana, acuta, stylo mediocri, stigmatis conniventibus, .ca- pitatis; folia oblonga, cum acumine brevi, leviter repando-serrata, supra nitidula, subtus cano- glaucescentia aequaliter tenuissime pubescentia; stipulae ovalae. Zu dieser Form gehört ein männlicher Strauch von Lilienthal bei Breslau, mit halbverwachsenen Staubfäden, dessen Abstammung uns bisher unklar gewesen ist. Neuerdings haben wir aber in der Nähe, bei Polanowitz, mehrere Sträucher der S. nigricans gefunden, so dass daraus der Ursprung jenes Strauches, dessen Blätter mit denen dieses weiblichen Strauches genau übereinstimmen, erklärlich wird. Salix ambigua Ehrh. Aus Oberösterreich und Niederösterreich an drei verschiedenen Stellen von Kerner und bei Thun in der Schweiz von Fischer-Ooster gesammelt. Zum Beweise, dass diese Form auch anderwärts in derselben Gestalt wie bei uns vorkommt. Herr Hartig behauptet zwar, dass die S. ambigua Ehrh. gewiss nicht S. aurita-repens sei, ohne jedoch einen Beweis beizubringen. Dass unsere Pflanze die Ehrhart’sche ist, davon habe ich mich durch ein Original-Exemplar mit Ehrhart’s Handschrift in Buek’s Herbarium überzeugt; dass aber unsere Pflanze S. aurita-repens ist, hoffen wir in Kurzem auch durch das Experiment zu beweisen. Salix glabra Scop. Eine sehr schöne, noch nicht ganz genau bekannte Weide, deren Synonyma S. Wulfeniana Willd. und $. coruscans Willd. sind. Interessant ist deren Vorkommen bis in die Al- pen Oesterreichs und Tyrols; in der Schweiz fehlt sie, wahrscheinlich auch in den Karpaten. Unter den hier vorgelegten Formen stellen die mit grossen, dunkelgrünen, unterseits graugrünen, und die mit klei- nen, hellgrünen, unterseits hechtgrauen (fol. caesüs) Blättern zwei Extreme dar. Salix grandifolia Seringe. Erst neuerdings kenne ich diese Weide genauer, welche ähnlich wie S. silesiaca auf einen sehr schmalen Breitengürtel eingeschränkt zu sein scheint. . silesiaca erstreckt sich von England (denn ich vermuthe, dass S. sphacelata Smith die $. silesiaca bezeichnet) durch das mittlere Deutschland bis in die Karpatenkette, scheint aber der Alpenkette gänzlich zu fehlen. $. grandi- folia, welche mit ihr manches gemein hat und einen anderen Ausläufer der Caprea-Gruppe darstellt, folgt dem Zuge der Alpenkette von Oesterreich bis in die Schweiz, hauptsächlich, wie es heisst, auf Kalkboden wachsend. Die Blätter durchlaufen einen ganz ähnlichen Formenkreis wie die der S. sile- siaca, auch mit etwas variirender Bekleidung, doch so, dass der Typus der Gestalt, Randung, besonders aber der Farbe und Substanz sich stets herausfinden lässt. Zu bemerken ist, dass zwar die Hauptform in Seringe’s Sammlung die ächte Art darstellt, aber dass einige Exemplare nicht der ächten Art angehören. 67 Salix nigrieans folüs rotundis subcordatis. Aus Obersteiermark von Kerner gesammelt. — Aehnliche Formen kommen von $. silesiaca, Capraea und S. livida vor. In Gärten findet man diese Form öfter. Hierbei beehre ich mich auch, eine neue Bearbeitung der deutschen Weiden vorzulegen, welche ich der Güte ihres Verfassers, des Herrn Forstrath Hartig in Braunschweig, verdanke, von dessen ‚‚Lehr- buch der forstlich angewandten Pflanzenkunde‘‘ sie einen Theil ausmacht. Auf eine die morphologischen und biologischen Merkmale der Weiden genau auseinandersetzende Einleitung folgt das System. Darin werden die bisher schon durch Koch unterschiedenen und um einige vermehrten Gruppen so eingetheilt, dass glattstielige und stieldrüsige Weiden unterschieden werden. Zu letzteren gehören nur die beiden Gruppen 1) der Mandelweiden (Amygdalinae), und 2) der Baumweiden (Arboreae oder Fragiles Koch). Die ersteren, die glattstieligen (Gymniteae), zerfallen in solche, die gestielte gipfelständige Kätzchen haben, d.i. 3) die Gletscherweiden (Glaciales), und in solche, die seitenständige Kätzchen haben. Letztere in solche, die bereifte Triebe haben, 4) die Reifweiden (Pruinosae), und in solche, die nicht bereifte Triebe haben. Diese wieder in erstens solche mit verwachsenen Staubgefässen und purpurrothen Staubbeutel, d. i. 5) Purpurweiden (Purpureae), und solche mit nach dem Verblühen gelben Staubbeuteln. Diese wie- der in solche mit langgestielten Fruchtknoten, 6) Sohlweiden (Capreaceae), und in solche mit kurzgestie- ten oder sitzenden Fruchtknoten. Diese in solche mit elliptischen breiteren Blättern, wozu 7) die Alpenwei- den (Frigidae) und 8) die Lorbeerweiden (Laurinae), und in solche mit schmäleren, lanzettlich verlän- gerten Blättern, wozu 9) die Spitzweiden (Acuminatae) und 10) die Schlankweiden (Graciles) gehören. In dieser Nomenklatur, welche von den hervorstechenden Arten entlehnt ist, vermisst man ungern die Gruppe Viminales, und nimmt Anstoss an der Gruppe Graciles. — Ausserdem hat die ächte $. purpurea durchaus nicht immer purpurrothe, sondern nicht selten reingelbe Antheren. Bei $. Caprea ist der Fruchtknoten nicht immer langgestielt. Rostrothfilzige Blätter, wie sie den Laurinae zugeschrie- ben werden, sind nur als Abnormität anzusehen. Endlich sind die Spitzweiden (Acuminatae) von einer Bastardform entlehnt und enthalten grösstentheils dergleichen Formen. So viel im Allgemeinen über die Gruppen, deren weitere Beurtheilung auf die Sonderung der Arten gegründet werden muss. Was die Arten betrifft, so ist hier vorläufig zu erinnern, dass sich hier manche feine und scharfsinnige Bemer- kung und manche Erläuterung der Synonymie findet, auch manche bisher weniger beobachtete Form wohl hervorgehoben ist. In den beigegebenen Abbildungen sind die meisten naturgetreu und ckarakte- ristisch und unter den richtigen Namen dargestellt. Ueber die Arten ein andermal ausführlicher. Manche Verbesserung und Berichtigung findet sich in den Nachträgen. Vom Herrn Dr. Milde: Ueber die Kryptogamen-Flora der Umgegend von Breslau. Da die Phanerogamen-Flora von Breslau durch die eifrigen Bemühungen so vieler Kräfte gegen- “wärtig in ihrer ganzen Reichhaltigkeit fast erschöpfend untersucht sein mag, so dürfte es wohl nicht un- interessant sein, auch die Kryptogamen unserer Gegend einmal genauer in’s Auge zu fassen. Die fol- genden Zeilen haben den Zweck, Sie mit den Resultaten meiner seit vier Sommern mit Rücksicht auf diese Pflanzen angestellten Excursionen bekannt zu machen. Als zu Excursionen besonders geeignet hat sich mir die Lissaer Gegend, die Gegend vor und besonders hinter Trebnitz, und vor Allem der Zobten herausgestellt. Wenn Sie mich nun in Gedanken auf einer Excursion nach Deutschhammer begleiten wollen, so werden wir die lohnendsten Punkte der Umgegend Breslau’s kennen lernen. 9* ‘ 65 Schon vor dem Rosenthaler Wirthshause fallen unseren Augen mehrere ganz grün gefärbte Teiche auf, nur selten findet sich auch ein Theil von rother Färbung. , Zuweilen werden beide Färbungen durch Millionen des schönen Infusoriums Euglena viridis oder sanguinea, zuweilen durch das mit anderen Nostochineen (Anabaina) noch vermengte Polyeystis ichthyoblabe (Coelosphaerium), eine mikrosko- pische Alge, hervorgebracht, die von einer farblosen Gallertkugel gebildet wird, ‘in welche eine grosse Menge kegelförmiger, grüner Gonidien eingesenkt sind. Beiläufig bemerkt, färbt diese Alge in ungeheu- rer Menge jedes Jahr das Wasser des botanischen Gartens grün, so wie den Teich bei Grüneiche, wel- chen Lemna arrhiza bewohnt. Hier fand ich in Gesellschaft meines Freundes, des Herrn Dr. Cohn, den prächtigen Volvox: stellatus, eines der schönsten mikroskopischen Objekte, der auch dadurch interes- sant ist, dass Herr Dr. Cohn in demselben Amylum entdeckt und so dessen pflanzliche Natur, welche man schon vorher den Volvocinen zuschrieb, unbestreitbar festgestellt hat; ausserdem findet sich auch hier in Menge Limnochlide flos aquae. Wir kehren nach dieser kleinen Abschweifung nach Rosen- thal zurück und setzen unsern Weg bis kurz vor Weida fort, wo wir uns aber bei einem kleinem Teiche, in welchem sich mehrere Charen befinden, etwas aufhalten, um die bei Breslau fast nur hier vorkom- mende Aneura pinguis aufzunehmen. Sie liebt feuchte Stellen und lehmigen Boden; in ihrer Gesell- schaft findet sich Dryum pseudotriquetrum, B. carneum, Barbula fallax. Die Aneura pinguis, welche ich zuerst im August fand, suchte ich mir damals lange vergeblich mit Sicherheit zu bestimmen, da ihre sterile Frons bald mit Pellia, bald mit Anthoceros grosse Aehnlichkeit besass. Ich war daher nicht wenig erfreut, als ich am 12. April 1851 dieses Lebermoos mit Hunderten von völlig entwickelten Früchten vorfand und sie an der grossen, dicken Calyptra sogleich als eine Aneura erkannte. Auf- fallend ist es, dass ich, so oft die Schleuderer dieses Lebermooses von mir untersucht wurden, dieselben meist mannigfach verästelt fand. Am 29. Juni 1851 beobachtete ich in einem benachbarten Teiche die Lemna minor in sehr grosser Menge blühend. Wir wenden uns nun dem Goi zu; von demselben können wir an den Weiden in grosser Menge das sonst nicht gemeine, schon durch seine blaugrüne Färbung leicht kenntliche Orthotrichum obtusi- folium und an den Grabenrändern mehrere Gymnostoma, Funaria, so wie das schöne Dryum carneum finden, welche ich seit mehreren Jahren hier beobachte. -Auf der Wiese dicht vor dem Goi findet man, aber nur an wenigen Stellen, Ophioglossum, welches sich weit in den Wald hieinzieht, aber meistens steril ist. Von selteneren Farrn habe ich im Goi nur das As. Tihelypteris bemerkt, welches aber hier nie zu fructificiren scheint. Die Bäume sind mit Hypnum serpens, Radula, Frullania, Anomodon vilieu- losus, A. attenuatus bekleidet, welchen ich, so wie Leucodon, die beide nur sehr selten fructificirend vorkommen, an einzelnen Stellen mit sehr vielen Kapseln gefunden habe. An feuchteren Bäumen findet sich Hypnum denticulatum und die schöne Peziza setosa. An einem Steine bemerkte ich in grossen Flä- chen Madotheca platyphylla, und in dem trockneren Theile des Waldes die Normalform von Eg. hiemale. Wir wenden uns nun auf Mahlen zu, und besuchen noch vor diesem Dorfe dicht an der Strasse eine grosse Sandfläche, welche von Nostoc commune ganz überzogen ist, das jedes Jahr und zu jeder Jah- reszeit dort sicher zu finden ist, besonders aber auffällt, wenn es sich in Folge eines Regengusses auf- gebläht hat. Der Mahlener Wald selbst bietet uns eine Menge sehr interessanter Sachen dar. Den Boden überziehen an trockneren Stellen Dieranum scoparium, Polytrichum piliferum und juniperinum, zu denen an mehreren feuchten Lokalitäten noch commune kommt. An den Wegrändern findet sich häufig in Gesellschaft des niedlichen Collema lacerum der Sarcosceyphus Funkii in schwarzen, halbkuglichen Polstern; in ihrer Nähe ist gar nicht selten zu Hunderten die wunderliche Burbaumia aphylla; dazu kommen noch Herpetium reptans, Alicularia scalaris, Jungermannia lanceolata und eine auffallend grosse, dunkelbraun gefärbte, stets sterile Form von Ptilidium eiliare. Am Fusse der Kiefern findet 69 man häufig in halbkuglichen, grünen Polstern das Dieranum montanum als eine Schlesien eigenthüm- liche Seltenheit, und merkwürdig ‘genug das sonst feuchte Orte liebende Aulacomnium androgynum ; mur einmal habe ich ersteres bis jetzt hier fructifieirend gefunden, häufiger aber im Gesenke, eben so selten fructificirt das an sehr trockenen Stellen erscheinende Dieranum spurium. In dem feuchten Theile des Laubwaldes findet man auf faulem Holze Aypnum denticulatum und das sonst seltene Hypnum silesiacum. Auf den Bäumen ‚wohnen eine Menge Orthotrichen: das niedliche Orthotrichum erispulum, welches merkwürdig genug so lange Zeit mit Crispum als eine Species betrachtet worden ist, mit den Ver- wandten Zudwigii und erispum, Orth. obtusifolium speciosum, affine, striatum und Lyellü, welches letztere nur sehr selten fructifieirt, aber auch hier sein specifisches Kennzeichen in den confervenähnlichen, braunen, gegliederten Anhängseln der Blätter zur Schau trägt; ein Kennzeichen, welches um so erwünsch- ter ist, als ıes sonst leicht mit anderen, verwandten Orthotrichen verwechselt werden kann. Auch Cetraria pinastris und Lecanora varia findet man an den Kiefern nicht selten. In den Schluchten hinter Mahlen findet man mehrere der schon genannten Pflanzen wieder, und ausserdem noch Geoglos- sum hirsutum, Clavaria botrytis, Syntrichia subulata, Bartramia pomiformis und die schöne Pelti- .dea venosa, welche überhaupt der ganzen Trebnitzer Gegend eigenthümlich ist. Wir suchen nun wieder die Strasse nach Trebnitz auf und verweilen in den Trebnitzer Schluchten etwas, da wir hier mehrere an den erwähnten Lokalitäten noch nicht gesammelte Pflanzen mitzunehmen gedenken. An den Erdrändern der etwas feuchten, schattigen Schluchten sammelt man ausser vielen schon genannten Pflanzen auch Sphyridium carneum, Mnium stellare und rostratum, Encalypta vul- garis, Jungermannia erenulata, Plagioch. asplenioides, Jungerm. bieuspidata, Lophocolea biden- tata, alle mit Früchten, Polytr. nanum, Peziza aurantia, Fissidens bryoides, Hypnum triquetrum, - Herpetium reptans, Webera eruda; auch Eg. silvaticum ist hier häufig. An den Rändern der Bäche findet man Marchantia polym., Pellia epiphylla und Fegatella conica, letztere überwiegend häufig mit Antheridien. An den Bäumen finden sich die schon erwähnten Orthotrichen, Leptohymen. flliforme. Wir schlagen nun über Trebnitz die Strasse nach Sulau ein und suchen zunächst das Dorf Katho- lisch-Hammer zu gewinnen; hinter diesem Dorfe wächst an mehreren sumpfigen Stellen in Gesellschaft von Drosera, Vaccinum oxyeoceus, Calla palustris und Sphagnum das schöne Splachnum ampul- laceum, aber auch hier wie immer auf vermodertem Kuhdünger; an den feuchten Grabenrändern in der Nähe findet sich in Menge Pellia epiphylla. In dem trockenen Kieferwalde selbst findet sich nicht selten Lyeopodium chamaecyparissus, welches dieser ganzen Gegend eigenthümlich ist und mit com- planatum abwechselt. Ausgezeichnet ist ersteres ausser durch die schon längst bekannten Kennzei- chen auch noch durch einen bläulichen Reif, so wie durch die stets schopfige Aehre; seltener ist Z. ela- vatum und noch seltener annotinum. An trockenen Stellen der Kieferwälder um Deutschhammer findet sich nicht selten die braune, grossblättrige Form von Ptilidium eiliare, über Moose hinkriechend, an den Stämmen der Kiefern selbst eine kleinblättrige, grüne, und das Dieranum montanum ; an Grabenrändern der seltene Trematodon ambiguus. Am Eingange des Dorfes findet man auf Geschieben Grimmia apocarpa und Schistidium eiliatum. Die grösste Berücksichtigung aber verdient wohl ein "zwischen Katholisch-Hammer und Deutsch-Hammer gelegener Buchenwald, welcher sich da befindet, wo die zu- nächst nach Trebnitz führende Chaussee in die Strasse nach Militsch einmündet. Merkwürdig ist der Reichthum dieses Waldes an Moosen, die man sonst nur im Gebirge zu sehen gewöhnt ist. Auf feuch- tem Holze findet man Aneura palmata v. coneinna ce. fr., Collema lacerum, Jungermannia Sphagni zwischen Dieranum montanum herumkriechend; an den Geschieben im und am Wasser: Aypnum ru- seifolium , Trichocolea Tomentella, Lejeunia serpyllifolia, Pellia epiphylla, Fegatella; an Bäumen: Anomodon attenuatus, A. viliculosus, A. eurtipendulus, Neckera pennata und crispa, Orthetri- 70 chum erispum und erispulum in Menge, Leueodon mit Früchten; auf der Erde: Aypnım lomgirostre triquetrum, Dieranum heteromallum, Hypnum tamariseinum. In den Wäldern sind ausserdem nicht selten Aydnum imbrieatum, Polyporus perennis, Sistotrema confluens und Lycogala miniata. Einmal fand ich auch die seltene Sparassis brevipes und die PERS Stemonitis pumila. j Nicht weniger lohnend ist eine Excursion, welche man an der Oder über Masselwitz nach Lissa unternehmen kann. Die von dem Wasserdunst stets feucht gehaltenen, oft sehr steilen Oderufer begün- stigen ungemein die Entwicklung von frondescirenden Lebermoosen. So kann man hier Prachtexemplare von Rieccia glauca, erystallina, bifurca, Anthoceros laevis und punctatus sammeln; Blasia pusilla ist oft in ungeheurer Menge hier zu finden, mit allen ihren verschiedenen Fortpflanzungs- Organen in allen Formen vertreten. Hier war es, wo ich am 10. April 1851 dieses nur äusserst selten fructifiei- rende Lebermoos mit Tausenden von Kapseln vorfand.. Herr Apotheker Beilschmidt fand im März 1524 diese Pflanze, deren Fruktifikation man lange Zeit gar nicht kannte, zuerst für Schlesien mit Kap- seln und veröffentlichte seine Beobachtungen hierüber in Nr. 41 der Flora von 1824. Bemerkenswerth ist, dass Hoffmeister in seiner neuesten Schrift eine Beobachtung bekannt macht, ' welche darauf schliessen lässt, dass die der Frons eingesenkten dunklen Körnerhaufen, die ich aus rosenkranzförmig aneinandergereihten kuglichen Zellchen bestehend erkannt habe, zur Fortpflanzung des Gewächses dienen. Im August findet man hier Tausende von Vorkeimen des E. arvense, an denen man nicht selten noch die Antheridien mit ihren Spermatozenen beobachten kann; doch muss man sich hüten, dass man Antho- ceros oder Fossombronia mit diesen Vorkeimen verwechselt. Dicht an den Rändern des Oderufers begleitet uns fortwährend das im übrigen Deutschland nicht gemeine E. pratense in zahlloser Menge und stets truppenweise, seltener ist höemale, und zuweilen begegnet man wohl auch hier schon dem erst bei Sandberg häufiger sich zeigenden E. arvense v. campestre, so wie der Form irriguum. Bei Ran- sern fand ich auf einer kleinen sumpfigen Wiese ziemlich häufig das seltene Aspidium eristatum in Gesellschaft von A. Thelypteris und A. spinulosum. Schlagen wir nun den Weg nach Lissa ein und zwar zunächst nach dem Kirschberge! Auf dem Hügel selbst findet man Stereocaulon eondensatum in »sehr schönen Exemplaren, Cladonia Papillaria, Baeomyces robus und Lycopodium elavatum; in dem Bache an dem Fusse des Hügels Datracho- spermum moniliforme, im Walde selbst am Boden Dieranum scoparium, undulatum, Polytrichum juniperinum und piliferum, Cetraria islandica, Hypnum delicatulum, purum, Schreberi, splendens: an feuchten Stellen im Walde Tetraphis pellueida mit Aulacomnium androgynum, welche beiden auch mit Kapseln hier gefunden werden, Hypnum dentieulatum, Eg.silvaticum, Polytrichum commune, Aspid. Thelypteris, Dieranum heteromallum, Mnium hornum, Pellia epiphylla, Chiloseyphus pallescens mit zahlreichen Früchten, Aypnum cordifolium gleichfalls fruktifieirend; an freien feuchten Stellen Ax- lacomium palustre sowohl mit Kapseln als den sog. Pseudopodien, Webera nutans und Dieranum glaucum, auch fructifieirend, Polytrichum nanum, Bartrania fontana, Sphagnum acutifolium; an Bäumen Orthotrichum striatum, pumilum, diaphanum u. s. w., Parmelia conspersa und physodes; an trockenen Wegrändern: Collema lacerum, Buxbaumia aphylla, Jungermannia intermedia, Sareosey- phus Funkii. In Teichen findet sich wie noch an vielen anderen Stellen um Breslau die noch immer bald den Thieren, bald den Pflanzen zugerechnete Aydrocoryne spongiosa (Spongilla fluviatilis). Die Wiese vor Lissa, welche durch Orchis laxiflora ausgezeichnet ist, trägt auch Ophioglossum in grosser Menge, in dessen Gesellschaft sich in früheren Jahren sehr zahlreich die jetzt dort verschwundene Carex puli- caris vorfand.. An den Pappeln, welche die Allee bis Lissa bilden, kann man eine Menge von Ortho- trichen finden, wie O. affine, pumilum, diaphanum, striatum, erispulum, obtusifolium u. s. w. 7ı Aber auch schon die nächste Umgebung von Breslau birgt manches Interessante. Wenden wir z. B. unsern Weg nach Karlowitz, so überrascht uns schon dicht an der Chaussee, an dem Damme in der Nähe des Zollhauses, E. pratense, und über der Oder im Sande die für Schlesien neue Form von E. hiemale: trachyodon, Al. Brann. Karlowitz selbst endlich ist ausgezeichnet durch das nur hier sehr zahlreich fructifieirend vorkommende Eqguisetum inundatum. Näher am Dorfe findet man in den kleinen Teichen nicht selten Riceia fluitans, und auf festem, etwas feuchtem Boden Fossombronia pu- silla, Blasia pusilla und Anthoceros punetatus und laevis, alle oft in sehr grosser Menge; an An- thoceros fand ich ein Merkmal, welches allen Anthoceroteen zukommt, aber bisher noch nicht be- kannt war. Die Oberhaut der Kapsel ist nämlich, wie die der Farrn und Phanerogame, abziehbar, während das Laub von Anthoceros gar keine eigentliche Oberhaut besitz. Dazu kommt noch, dass diese Oberhaut von Anthoceros und auch von dem exotischen Genus Dendroceras ausserdem mit Spaltöffnungen versehen ist, wie wir sie bei den Kryptogamen nur noch bei den Farrn finden; der Gattung Notothylas allein fehlen diese Spaltöffnungen. "In der Weide vor Hundsfeld findet man mehrere Charen in Gesellschaft von Fontinalis, Salvinia, Riceia fluitans und natans, welche letztere in ungeheurer Menge vor Bischwitz in der Weide sich fin- det; noch häufiger ist in dieser Gegend Riceia fluitans, die auch nicht selten aufs Trockene geräth und hier freudig weiter wächst. Die Riceia natans, welche bisher in Schlesien nur an zwei Orten, bei Hirschberg und bei Ohlau, beobachtet wurde, findet sich um Breslau ausserdem noch bei Oswitz am heiligen Berge und in mehreren Teichen vor Hundsfeld; aus Pless erhielt ich sie in Begleitung der Aldrovanda und der Riccia fluitans. Auf den Aeckern ist hier überall Anthoceros laevis und Riccia glauca. Wenden wir uns von hier nach Fürstensgarten, so finden wir uns durch eine grosse Seltenheit _ überrascht, die wir freilich schon vor der Mitte des Februars aufsuchen müssen. Aus dem oft noch gefrornen Boden sprosst nämlich der prächtige Discomycet: Microstoma hiemale hervor, welcher, oft grösser als eine Erbse, nach seiner äusseren Erscheinung zu den Gasteromyceten zu gehören scheint, während er wegen der Beschaffenheit des Sporenlagers in die Nähe der Pezizen gebracht werden muss. Eine‘ Peziza selbst ist er jedoch nicht wegen seines dicken, knospentreibenden Rhizomes und seiner sehr dünnen, verästelten und mit rothem körnigen Farbstoffe gefüllten Paraphysen. Dieser neue, bisher über- haupt nur hier gefundene Pilz wurde von mir auch im Schwoitscher Walde im Februar und März 1850, 1851 und 1852 beobachtet *); in der Nähe findet sich im Wasser nicht selten Hydrodietyon utricula- tum, Charen und eine Nitella. In der Nähe des Fuchsberges wäre noch zu erwähnen Salvinia natans, die ich um Breslau ausser der schon erwähnten Lokalität auch noch bei Klein-Bresa in Menge gefunden habe. Der Schwoitscher Wald bietet sonst nichts Bemerkenswerthes dar; ebenso ist die Gegend an der Oder oberhalb Schwoitsch: die Strachate, Treschen u. s. w. sehr arm an Kryptogamen. Es wäre höch- stens zu erwähnen: das E. pratense, welches den Oderufern überhaupt eigenthümlich ist und bei Grün- eiche sich mit E. hiemale in Gesellschaft vorfindet, und das Polypodium vulgare an den Hügeln bei Kottwitz, auf denen Biseutella gesammelt zu werden pflegt. Am ergiebigsten jedoch von allen dürfte eine Excursion ausfallen, welche man auf den Zobten macht. Vorzüglich reich ist die Ausbeute an Laub- und Lebermoosen. Die erdigen Wände der Wegränder auf diesem Berge zeigen oft in engster Gemeinschaft Herpetium reptans, trilobatum, Jungermannia bicuspidata, trichophylla, Sareoseyphus Funkü, Jungermannia erenulata, lanceolata, J. exsecta, die sonst selten mit Früchten gefunden wird, findet sich sowohl mit *) Herr Cand. Bartsch hatte das Glück, diese Schlesien eigenthümliche Seltenheit auch um Ohlau aufzufinden. 72 ’ Kapseln, als auch mit Brutknospen in grosser Menge, ebenso Calypogeia Trichomanes, durch ihre peitschenförmigen Ausläufer leicht kenntlich, aber auch oft fructificirend, Chiloseyphus polyanthus ; ebenso beobachtet man in der Nähe der Wege bald auf der Erde, bald auf Felsen: Scapania umbrosa,. sehr reichlich fruktifieirend, Plagiochila asplenioides-ebenso, oft mehr als fusslange Polster bildend, Dicranum heteromallum, Burbaumia aphylla, Diphyscium foliosum, Tetraphis pellueida, Hypnum triquetrum und longirostre, Politrychum aloides und urnigerum; auch Pellia überzieht oft grössere Strecken, selbst wo der Boden nicht sehr feucht ist, und fructificirt häufig, Dryum capillare, Weber«a nutans. Die Felsen werden bekleidet von Frullania Tamarisei, Grimmia pulvinata, Gr. apocarpa, Anomodon curtipendulus, Racomitrium lanuginosum, Bartramia ithyphylla, Encalypta ciliata sel- ten, Madotheca platyphylla, Metzgeria pubescens und furcata, letztere oft sehr reichfruchtig, Trente- pohlia aurea, Lejeunia serpyllifolia, Hypnum silvatie., Racomitrium heterostichum, Dicrantim poly- carpon selten. Im Wasser selbst oder an den Rändern desselben findet man Climacium dendroides fructificirend, Plagiochila asplenioides, oft in Prachtexemplaren fruktificirend, Mnium punctatum, Fegatella, Pellia, Collema, Fissidens adianthoides, bryoides und den seltenen osmundioides, Trichocolia, Hypnum ruseifolium und alopecurum, Fontinalis antipyretica, Hypnum filicium, Mnium hornum; auf feuch- ten, faulen Baumstämmen: Aneura palmata, var. coneinna, oft lange Strecken überziehend. An den Bäumen findet man: Orthotrichum Lyellii, aber selten fructifieirend, und besonders häufig O. erispum, O. erispulum und O. striatum, Neckera pennata und erispa, Orthotrichum Ludwigü, Metzgeria furcata, Leptohymemium filiforme; von höheren Kryptogamen finden sich hier: Asplenium Triehomanes, septentrionale, germaniceum, Polypodium vulgare, dryopteris und phegopteris, Cysto- pteris fragilis, Equis. silvaticum , Lycopodium Selago, annotinum, celavatum. Die Ränder des Baches im Silsterwitzer Thale sind ausgezeichnet durch eine grosse Fülle von Trichocolea, Fegatella, Pellia und an einzelnen Stellen durch die seltene Preissia commutata *); an Steinen im Wasser daselbst die stets sterile Form rivularis von Chiloscyphus polyanthus; auf feuchter Erde findet sich auch in kreisrunden Rasen‘ die Jungermannia ineisa. Auf dem Geiersberge findet sich Asplenium Adiantum nigrum mit mehreren Formen (A. Serpentini) und Aspl. germanicum. Nimmt man seinen Weg über Jordansmühl und Koberwitz, so kann man in der Umgegend des letzteren noch sammeln: Pellia, Ba- trachospermum, Fontinalis antipyretica, und in mehreren grösseren Teichen eine Menge Charen, in deren Gesellschaft sich auch Utrieularia minor findet; an mehreren findet sich sowohl hier als bei Klein-Jeseritz auf Wiesen: Ophioglossum vulgatum, welches überhaupt um Breslau gar nicht so selten ist und nur oft übersehen worden zu sein scheint. | Eigentliche Torfmoore finden sich um Breslau wohl erst bei Nimkau. So ergiebig diese Gegend zu sein scheint, so bietet sie doch eigentlich gar nichts Besonderes dar. In ungeheurer Menge über- zieht den schwarzen Torfboden die Funaria hygrometrica, abwechselnd mit Dieranum cerviculatum und Webera nutans; in den Gräben finden sich mehrere Charae, Fontinalis, Bartramia fontana, Chaetephora endiviaefolia, welehe nicht selten auf lebendigen Schnecken ihren Wohnsitz aufschlägt, und in den benachbarten Gehölzen Aulacomnium androgynum mit Kapseln. Splachnum ampulla- ceum suchte ich vergeblich hier. Aber auch in Breslau selbst finden sich’ einige bemerkenswerthe Hiryptergnc ‚sosan d Sir Ursuliner- strasse, in der Nähe der Matthiaskunst und, besonders an. einem Gartenzaume sind die Wände mit Pal- x « A Bra . ä j *) Diese Marchantiee beobachtete ich ausserdem auch an den Festungswällen von Bi M an den Mauern einiger Städte nahe an der preussischen Grenze, in Mähren. SE i « 73 mella eruenta überzogen. An der Sandkirche findet sich in Gesellschaft des Asplenium ruta muraria und der Marchantia das Bryum pyriforme in Menge. Im Bürgerwerder beobachtete ich an einem Flosse in der Oder in Gesellschaft der Conferva glommerata den ersten schlesischen Aydrurus, näm- lich Aydrurus Vaucheri. Am Lehmdamme finden sich mehrere Charen und Nitellen. In Gesellschaft des E. limosum findet sich auch E. inundatum, aber stets steril, vor, in einem Teiche schwimmt auch Rieccia fluitans und nicht weit davon an der Oder steht häufig im Sande E. hiemale. ” Vog Herrn Stadtrichter Wichura: Ueber die Axendrehung der Schwärmsporen und Infusorien. Die Schwärmsporen der Algen und viele Infusorien zeigen in ihren wesentlichsten Eigenschaften eine so grosse Uebereinstimmung, dass der Unterschied zwischen Pflanze und Thier in seiner bisherigen Begrenzung hier nicht mehr auszureichen scheint. Denn nicht blos, dass beiden überhaupt eine durch die innere Lebenskraft hervorgerufene Bewegung eigen ist; nicht genug, dass die ausserordentlich zar- ten wimperartigen Bewegungsorgane hier wie dort dieselben sind: so erweisen sich auch die mechani- schen Bestandtheile ihrer Bewegung, insofern sie sich als Drehung um die eigene Längenaxe — roti- rende Bewegung — und gleichzeitiges Vorrücken in der Richtung der Längenaxe — locomotorische Bewegung — charakterisiren lassen, in vielen Fällen als durchaus identisch. Jede dieser beiden Bewe- gungen ist aber wiederum nach zwei verschiedenen Richtungen hin möglich: Die Axendrehung nach Rechts oder Links, die locomotorische Bewegung nach Vorn oder Hinten, und auch darin bewährt sich die behauptete Uebereinstimmung zwischen Schwärmsporen und Infusorien, dass der bei der locomotori- schen Bewegung voranschwimmende Theil ihres Körpers stets ein ein für allemal bestimmter ist, der sich bald durch grössere Breite, bald durch verschmälerte Gestalt, bald durch die Wimpern, mit denen er an seiner äussersten Spitze oder in deren Umgebung versehen ist, auszeichnet. Obwohl auf der untersten Stufe organischer Bildung stehend, haben also diese Geschöpfe bereits ein in sich selbst bestimmtes Oben und Unten, und sind somit auch einer von dem subjektiven Standpunkt des"Beschauers unabhängi- gen Bestimmung ihrer nach Rechts oder Links gerichteten Axendrehung zugänglich. Meine Beobachtungen hierüber, wenngleich kürzlich erst begonnen und mannigfacher Ausdehnung und Erweiterung eben so sehr fähig als bedürftig, haben doch schon zu dem unzweifelhaften Ergebnisse geführt, dass einige Arten nach einer einzigen ein für‘ allemal bestimmten Richtung rotiren, während bei anderen. beide Richtungen vorkommen und vielfältig wechselnd scheinbar ordnungslos auf einan- der folgen. . | Als Repräsentanten der ersteren dieser beiden Klassen kann ich für jetzt mit Sicherheit nur die zier- lichen Infusionsthierchen aus der Gattung Stentor und die Schwärmsporen von Vaucheria anführen. Beide rotiren links, ‚In der Gattung Stentor gilt dies nicht ganz allgemein, da hin und wieder, etwa im Ver- hältniss von 1: 20, rechts drehende Individuen vorkommen. Durchaus beständig aber habe ich das auf- gestellte Gesetz bei Vaucheria gefunden; auch wird dasselbe durch A. Braun bestätigt, wenn er, von einer entgegenges: zten Bestimmungsweise des Rechts und Links ausgehend, den Sporen der Vaucheria eine Drehung Bi ı Rechts beilegt [A. Braun, über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur ete. rt 10 PN 74 Freiburg i. B. 1849. 1850.]*). Die merkwürdige Thatsache, dass die scheinbar freie Bewegung eines organischen Körpers in Bezug auf die nach Rechts oder Links gerichtete Axendrehung gewissen unab- änderlichen Gesetzen folgt, ist also hierdurch ausser allen Zweifel gestellt. Die Bewegung der Vaucherien-Sporen bietet aber auch noch einige andere bemerkenswerthe Ei- genthümlichkeiten, die unser besonderes Interesse verdienen, weil sie zu unerwarteten Aufschlüssen über die bisher noch keineswegs gehörig aufgeklärte Natur der Wimperbewegung führen. Ich wurde zur Entdeckung dieser Bewegungserscheinungen durch die Vermuthung geleitet, dass vielleicht auch in der locomotorischen Bewegung der Sporen eine der Richtungsbeständigkelt ihrer Axendrehung entsprechende Gesetzlichkeit aufzufinden sein möchte. In grösseren Wassermengen, wo die Spore zu ihrer Bewegung den freiesten Spielraum hat, suchte ich danach freilich vergebens. In einer mit Wasser gefüllten Unter- tasse z. B. sah ich mittelst der Lupe die Spore bald am Rande der Tasse hinschwimmen, bald sich davon entfernen, bald der Oberfläche des Wassers sich nähern und dann wieder in die Tiefe tauchen. Diese Bewegung schien also eine völlig freie, von Innen heraus bestimmte zu sein, ein Hervortreten der Gegensätze von Rechts und Links war nirgends wahrzuneh- Fig. I. men. Ganz anders aber verhielt sich die Sache, wenn ich eine in der Bewegung begriffene Spore auf das Objectiv-Glas des Mikroskops in einen einzelnen Tropfen Wasser brachte. In diesem beschränkten Raume war die Bewegung der Spore, der kreisförmigen Begrenzung des Tropfens entsprechend, meist eine kreisförmige, und zwar fand ich die Richtung der Kreisbewegung für den ausserhalb des Kreises stehen- | den Beschauer in der Regel von der Rechten zur Linken gewendet, wie Fig. I. andeutet, in welcher der unregelmäs- sig gezogene äussere Kreis AB die Begrenzung des Tro- pfens, der innere Kreis CD die Bahn der Sporen E und F, die beigefügten Pfeile die Richtung dieser Bahn versinnlichen sollen. Die entgegengesetzte Richtung kam zwar auch vor, doch ungleich seltener. | Diese Wahrnehmung hatte für mich etwas sehr Ueberraschendes. Die kreisförmigen Bahnen der Spore hätten für sich allein genommen vielleicht aus der kreisförmigen Begrenzung des Tropfens erklärt werden können. Nicht so die in der Richtung derselben hervortretende Bestimmtheit. Der Grund der- selben konnte bei der nach allen Seiten hin gleichmässigen Begrenzung des Tropfens nur in der Spore selbst gesucht werden, und da die Richtung einer Kreisbewegung mit dieser Bewegung selbst untrenn- bar zusammenhängt, so folgte daraus, dass auch der Grund der Kreisbewegung nicht allein und aus- schliesslich in der kreisförmigen Begrenzung des Tropfens, sondern, zum Theil wenigstens, in der Spore selbst gegeben sein musste. Auf diese Weise gelangte ich zu dem unerwarteten Resultate, dass die *) Bei meiner Bestimmung von Rechts und Links ist der voranschwimmende Theil des Körpers als das Oben, der entgegengesetzte als das Unten angesehen, übrigens aber die Richtung der Bewegung so aufgefasst, wie sie sich für den ausserhalb des bewegten Körpers stehenden Beschauer darstellt. Es ist dies dieselbe Methode, welche Linne bei der Bestimmung der Richtung windender Stengel anwandte. Ueber den logischen Irrthum, welcher die umgekehrte, von de Candolle ausgegangene und von den meisten Neueren, auch von Braun, angenommene Bestimmungsweise hervorgerufen hat, habe ich mich bei anderer Gelegenheit ausgesprochen. 75 Bewegung der Spore in der dünnen Wasserschicht eines auf dem Objectiv-Glase ausgebreiteten Tro- pfens eine specifisch andere wird. als in grösseren Wassermengen. Denn während zur Erklärung der in letzteren gewöhnlich beobachteten gradlinigen locomotorischen Bewegung die Annahme einer einzigen in der Richtung der Längenaxe wirkenden Kraft ausreichte, hatte ich es hier mit einer krummlinigen Bewegung zu ihun, bei welcher, wie die Mechanik lehrt, zwei unter einem Winkel gekreuzte, in jedem Augenblicke sich neu erzeugende Kräfte zusammen wirken müssen. Zu der gewöhnlichen, der Richtung der Längenaxe folgenden locomotorischen Bewegung musste also hier noch eine zweite seitlich gerich- tete Bewegung hinzugetreten sein, und diese Annahme erhielt ihre vollständige Bestätigung durch Beob- achtungen, welche ich an Sporen machte, die, bereits in den Fig. 1. Zustand der Ruhe übergehend, am Rande des Tropfens sich E abgelagert halten, und, ohne sich vorwärts zu bewegen, nur PT noch um ihre Axe rotirten. Ich bemerkte daran zu wie- i Bl derholten Malen ein eigenthümliches langsames Fortrücken N zw in einer sich stets gleich bleibenden seitlichen Richtung. HH Wenn nämlich in Fig. II. A die links rotirende Spore. vor- stellt, 3 das stumpfe Ende, womit sie aus dem Faden zuerst B heraustritt und während der ganzen Dauer der Bewegung ’ voranschwimmt, so bewegte sich die Spore allemal in der Richtung nach D, niemals in der entgegengesetzten Rich- tung. Grade diese seitliche Richtung nach D ist es aber, die in Verbindung mit der nach E hin wirkenden gewöhn- ‚lichen locomotorischen Bewegung eine Curve F@ erzeugen muss, welche genau wie die vorhin beschriebene Kreisbewegung für den ausserhalb, d. h. auf der con- vexen Seite stehenden Besehauer nach Links verläuft. Man kann also nicht füglich zweifeln, dass die an der rotirenden Spore wahrgenommene Seitenbewegung in der That die postulirte zweite Bewegung ist, welche auf dem Objectiv-Glase zu der gewöhnlichen locomotorischen Bewegung hinzutritt, und in Verbindung mit dieser die Spore zu einer von Rechts nach Links gerichteten krummlinigen, in dem be-- grenzten Raume des Tropfens zum förmlichen Kreise sich zusammenschliessenden Bewegung nöthigt. Wie erklärt sich.nun dieses scheinbare Räthsel einer von der Spore selbst ausgehenden und doch nur in ganz bestimmten Localitäten zur Erscheinung kommenden Bewegung? Ich glaube die Lösung desselben in den Wimpern suchen zu müssen, welche die ganze Oberfläche der Spore bedecken und voraussetzlich durch ihre Bewegung die Bewegung der Spore verursachen. Unsere Aufgabe wird aber dadurch zu einer eigenthümlich schwierigen, dass die Wimpern erst an der durch Jod, Opium, Eiweiss oder andere Reagentien getödteten Spore hervortreten, während ihres Lebens aber bis zur vollständigen Unsichtbarkeit durchsichtig sind. Nur dass sie sich bewegen, können wir aus der Heftigkeit entnehmen, mit welcher leichte Körpertheilchen, die der umherschwimmenden Spore in die Nähe kommen, bei Seite geschleudert werden. Wie aber diese Bewegung beschaffen ist, wird für die unmittelbare Beobachtung selbst mit Hülfe der besten Instrumente wohl stets ein nicht zu lösendes Problem bleiben. In dieser Verlegenheit sehen wir uns genöthigt, zu Beobachtungen über die Wimperbewegung anderer Körper, und da auch diese nicht weit reichen, zu solchen Schlussfolgerungen unsere Zuflucht zu nehmen, die aus der allgemeinen Natur der Bewegung in flüssigen Mitteln überhaupt und insbesondere im Wasser sich mit Nothwendigkeit herleiten lassen. Jede Bewegung in einer Flüssigkeit, mag sie nun durch Ruder oder bei organischen Körpern durch sogenannte Bewegungsorgane vermittelt werden, beruht ihrem letzten Grunde nach auf dem Satze, dass 10 * b 76 das flüssige Mittel der Bewegung mit einem Widerstand oder Druck entgegenwirkt, dessen Richtung der Rich- tung der Bewegung entgegengesetzt ist. Der Schiffer, welcher seinen Kahn nach Vorn bewegen will, erreicht diese Absicht, indem er mit der breiten Fläche des Ruders nach Hinten zu auf das Wasser drückt, so dass der hierdurch hervorgerufene Gegendruck des Wassers den Kahn in der Richtung dieses Druckes, d. h. nach Vorn weiter treibt. Die Schwimmvögel schieben ihren Körper in ähnlicher Weise dadurch vor- wärts, dass sie die mit Schwimmhäuten versehenen Füsse ganz ausgebreitet nach Hinten stossen. In beiden Fällen wird die Kraft des Widerstandes durch die Grösse der Fläche noch vermehrt, die sich dem Wasser entgegenbewegt, und auf welche also das Wasser drückt. Dies ist indess nur wesentlich, wo es sich um ein gewisses gesteigertes Maass der Bewegung, nicht wo es sich um die Erzeugung einer Bewegung überhaupt handelt. Denn jeder, auch der schmalste Körper hat eine gewisse räumliche Ausdehnung, eine Fläche, durch deren Bewegung er in dem umgebenden flüssigen Medium einen Wider- stand erzeugt, der nothwendig einen ruhenden Körper, an welchem der sich bewegende als Hebel 'be- festigt ist, in der entgegengesetzten Richtung, sei es auch nur um ein ganz kleines Raumtheilchen, vor- wärts treiben muss. Wir können daher auch für gewiss annehmen, dass, wenn die Wimpern einer Spore sich alle gleichzeitig nach derselhen Richtung bewegen, die Folge hiervon eine Bewegung der Spore in der entgegengesetzten Richtung sein wird. Hiermit allein ist indess die Sache noch nicht abgethan. Denn eine solche nur einmalige Bewegung kann ihrer vorübergehennen Dauer entsprechend auch nur eine vorübergehende Bewegung des Körpers hervorbringen. Um sie zu einer fortdauernden zu machen, müssen sich die Ruderschläge wiederholen, die Ruder oder Bewegungsorgane müssen also nach Beendi- gung ihrer ersten Bewegung in ihre ursprüngliche Lage zurückkehren, und damit sie durch den ihnen auf dem Rückwege entgegentretenden Widerstand des Wassers den vorwärts zu bewegenden Körper nicht in der entgegengesetzten Richtung wieder zurücktreiben, muss irgend eine Einrichtung getroffen - sein, vermöge deren das Ruder oder Bewegungsorgan auf seinem Rückwege einen geringeren Wider-. stand findet als bei seiner ersten Bewegung. Die Ruder unserer Schilfe ‚werden zu diesem Zwecke be- kanntlich über das Wasser gehoben und auf dem Rückwege durch die Luft geführt, die als das dünnere Mittel ihnen einen viel geringeren, fast nicht in Betracht kommenden Widerstand entgegensetzt, als das Wasser. Die Schwimmhäute der Vögel und die Flossen der Fische haben die Eigenschaft, dass sie sich bei der rückkehrenden Bewegung zusammenfalten und so dem Wasser eine geringere Fläche entgegen- stellen, die darum auch einen geringeren Druck zu erleiden hat. Noch anders verhält es sich mit den Wimpern der Schwärmsporen und Infusorien. Ihre anscheinend haar- oder fadenförmige Gestalt giebt zunächst keinen Aufschluss darüber, wie es möglich ist, dass sie bei ihrem raschen Hin- und Herschwin- gen abwechselnd einen stärkeren und ‚einen schwächeren Druck des Wassers hervorbringen können. Aber auch nur ihre Gestalt, nicht die Bewegung selbst, ist eine nach allen Seiten hin gleichmässige. Bei mehreren Infusorien, wo es uns durch die Grösse und Deutlichkeit ihrer Wimpern gestattet ist, de- ren Bewegung selbst zu sehen, zeigt sich überall, dass die Wimperbewegung keineswegs ein pen artiges Hin- und Herschwingen der gradlinig ausgestreckt bleibenden Wimper ist, in welchem Falle allerdings nur eine 'oscillirende, nicht eine fortschreitende Bewegung des Körpers erzeugt werden könnte, sondern dass sich die Wimper nach der einen: Seite hin krümmt, 'nach der andern aber sich wieder auf- richtet. Und in dieser einfachen Einrichtung ist das ganze scheinbare Geheimniss der Wimperbewegung enthalten, da ein gekrümmter Körper, der sich mit seiner concaven Fläche voran durch das Wasser be- wegt, allemal einen stärkeren Gegendruck auszuhalten hat, als wenn er umgekehrt mit der convexen Fläche voran das Wasser durchschneidet. Ich will diesen Satz, der den Mittelpunkt meiner ganzen Dar- stellung bildet, durch eine mathematische Beweisführung vor allen möglicher Weise dagegen zu erheben- den Einwendungen zu schützen suchen. Es sei ABC (Fig. Ill.) ein gradlinig gebrochener Kör- Fig. 11, per von fadenförmiger Gestalt, der um den befestigten Punkt A nach allen Seiten hin frei beweglich ist, Da man sich v eine krumme Linie, wenn es sich um Erörterung ihrer mathematischen Eigenschaften handelt, als eine aus un- endlich vielen und unendlich kleinen graden Linien zu- sammengesetzte gebrochene Linie denken kann, 50 wird uns auch die Bewegung des gradlinig gebrochenen Kör- pers ABC die Wirkungen der Bewegung eines gekrümm- ten Körpers, z. B, einer in A ansitzenden Wimper, ver- anschaulichen, es wird die Seite, auf welcher sich der stumpfe Winkel © befindet, die eoncave, die entgegen- gesetzte die vonvexe Krümmungsfläche vorstellen können, Die Aufgabe ist die, zu zeigen, dass der Körper ABC, mit der concaven Flüche voran, d. h, nach Unten be- wegt, von dem ihn umgebenden Wasser einen grösseren Druck zu erleiden hat, als wenn er sich eben so weit mit der eonvexen Fläche voran nach Oben bewegt, Beweis. Aus unserer Voraussetzung, wonach der Körper ABC in A befestigt, übrigens aber frei beweglich ist, folgt, dass alle einzelnen Punkte desselben bei ihrer Bewegung Kreisbogen beschrei- ben müssen, die ihren Mittelpunkt in A haben. Die Richtung eines kreisförmig bewegten Punktes in jedem einzelnen Momente der Bewegung ist die Tangente, d, h, eine auf dem Radius senkrecht stehende Linie. Denken wir uns also den Körper ABC um einen unendlich kleinen Raumtheil nach Oben und ' dann um eben so viel nach Unten bewegt, so werden im ersten Falle die Tangenten ZD und CF, im zweiten die Tangenten 3G und CH die Richtung seiner Bewegung in den Punkten 3 und © ausdrük- . ken. Nun ist der Widerstand des Wassers der Richtung der Bewegung des Körpers grade entgegen- gesetzt, Er wird also bei der Bewegung nach Oben auf den Punkt 3 in der Richtung von D nach B, auf den Punkt © in der Richtung von F nach ©, und bei der Bewegung nach Unten auf den Punkt B in der Richtung von @ nach B, und auf den Punkt C in der Richtung von H nach C wirken, Da wir den durch die Bewegung nach Oben und Unten jedesmal zurückgelegten Raum gleich angenommen haben, und der Widerstand, den ein im Wasser bewegter Körper erfährt, proportional den zurückgeleg- ten Räumen ist, so muss die Krafi DB — GB, die Kraft FC = HC sein, Aber nicht blos um das relative Mass dieser Kräfte handelt es sich, sondern auch um ihre Rich- tung im Verhältniss zu den Linien AB und BC, da eine schief gerichtete Kraft nur theilweise wirkt, ‚ „während ein anderer "Theil für die schiefe Fläche verloren geht, Die Linie AB ist als das erste Element der gebrochenen Linie ABC selbst der Radius des Punk- tes B, auf welchem die in der Richtung der Tangenten wirkenden Kräfte DB und GP senkrecht ste- hen, so dass davon für die Fläche AB sowohl oben als unten nichts verloren geht. FC und HC ste- hen dagegen schief auf der Fläche BC, da dieselbe mit dem Radius, auf welchem die Tangenten FÜ und HC senkrecht, selbst einen schiefen Winkel bildet, Die Kräfte FC und HC müssen also in Bezug auf die Fläche BC einen Verlust erleiden, den wir durch Construction des Kfäften-Paralellogramms ver- anschaulichen können. Die Kraft FC lässt sich in die Kräfte IC und KC, die Kraft HC in die Kräfte LC und MC zerlegen. Die senkrechten Linien TC und LO drücken den Theil der Kräfte PC und HC aus, mit welchem sie auf die Linie BC in dem einen Falle von Oben, in dem andern von Unten wir- 78 ken, die Linien XC und MC den Theil der Kräfte, welcher für die Fläche BC verloren geht. Da FC = HC war, so müssen IC = LC und MC = KC sein. Bis hieher stellte sich also das Verhält- niss des von Oben nach Unten wirkenden Widerstandes als ein völlig gleiches dar. Während aber die auf der convexen Seite verloren gehende Kraft KC in ihrer Verlängerung nie wieder auf einen Theil des Körpers ABC trifft, mithin für den ganzen Körper verloren ist, trifft die auf der concaven Seite verloren gehende Kraft MC in ihrer Verlängerung schief auf die Fläche AB, und wirkt auf dieselbe zwar nicht mit ihrer ganzen, wohl aber mit einem Theile ihrer Kraft, der also den Ueberschuss des Druckes darstellt, welchen die concave Fläche des Körpers ABC bei ihrer Bewegung durch das Wasser mehr zu erleiden hat, als die convexe Fläche. Eine Wimper, die sich nach der einen Seite hin krümmt und nach der andern wieder grade streckt, wird daher ganz gewiss ebenfalls bei der ersten dieser beiden Bewegungen einen stärkern Gegendruck des Wassers erfahren als bei der letzteren; dieser stärkere Druck wird sodann den Körper, an welchem sie befestigt ist, nach der Seite hin forttreiben, welche der concaven Krümmungsfläche entgegengesetzt ist, und indem sich bei der ausserordentlich raschen Aufeinanderfolge der Wimperschläge das auf der concaven Seite liegende Plus von Kraftentwicklung rasch zu einer beträchtlichen Grösse summirt: erklärt sich hieraus und aus der Leichtigkeit des zu bewegenden Körpers selbst, wie die Wimpern, ihrer Klein- heit ungeachtet, eine rasche und kräftige Bewegung des Körpers, an welchem sie ansitzen, hervorbrin- gen können. Die Anwendung der gewonnenen Resultate auf die Bewegung der Vaucherien-Spore ist zunächst sehr einfach. Wir wissen, dass die Krümmung der Wimper eine Bewegung der Spore nach der ent- gegengesetzten Seite bedingt. Die nach links gerichtete Drehung der Spore setzt also eine Krümmung der Wimpern nach Rechts, die locomotorische Bewegung nach Vorn eine Krümmung der Wimper nach Hinten, d. h. nach dem zugespitzten Ende der Spore voraus. Damit beide Bewegungen, die rotirende und die locomotorische, sich zu einer gemeinschaftlichen Bewegung vereinigen, muss jede, einzelne Wim- per, statt ausschliesslich nach Rechts oder ausschliesslich nach Hinten sich zu krümmen, eine beide Richtungen vereinigende mittlere Bewegung annehmen, deren nähere Bestimmung jedoch hier auf sich beruhen kann, da für unsere Zwecke nur das in dieser Bewegung enthaltene seitliche Moment erheblich ist. Wie eine solche seitliche Krümmung der Wimper nach Rechts an und für sich geeignet ist, die Spore zu einer Axendrehung nach Links zu nöthigen, wird durch die obige mathematische Darstellung bewiesen. Dass sie aber auch in der Wirklichkeit die nr Ursache dieser Bewegung ist, ergiebt sich mit völliger eZ i 1. pe Evidenz aus der Seitenbewegung, welche die Spore in R dem beschränkten Raume dünner Wasserschichten an- nimmt, und die sich auf keine andere Weise erklären lässt, als durch die partielle Störung, welche die Bewe- gung der nach Rechts sich krimmenden Wimpern in so beschränkter Räumlichkeit nothwendig erleiden muss. Um uns hierüber völlig in’s Klare zu setzen, wollen wir die rotirende Spore einmal so betrachten, wie sie sich darstellt, wenn sie uns ihr zugespitztes Ende (€ Fig. II.) zuwendet. Wir haben alsdann einen Kegel vor uns, dessen von der Spitze aus beschautes Bild auf, eine Ebene projicirt, die kreisförmig begrenzte Fläche A (Fig. IV.) giebt. Die Drehung der Spore nach Links wird sich an dieser Kreisfläche in der durch die Pfeile angedeuteten Richtung manifestiren. Die vier Wimpern ab, ed, ef, gh aber, die uns hier als Repräsentanten der übrigen dienen sollen, müssen der Drehung der Scheibe entgegen sich umgekehrt so krümmen, dass sie am Ende der Krümmung in der Lage von ai, ck, el und gm sich befinden. Jede dieser Wimpern krümmt sich im Verhältniss zu der Kreisfläche A nach derselben Richtung, nach einer andern aber, wenn man sie im Verhältniss zu dem umgebenden Raume betrachtet, ck nach Rechts, gm nach Links, aö nach Unten, el nach: Oben. Nach unserer obigen Ausführung würde also jede einzelne Wimper für sich allein betrachtet eine locomotorische Bewegung nach einer besonderen Richtung hin zur Folge haben müssen. Dass dies nicht geschieht, dass aus allen diesen Bewegungen zuletzt nur ein Rotiren um die Axe ohne Ortsveränderung resultirt, hat seinen Grund nur darin, dass die locomotorische Wirkung jeder Wimper durch die entge- sengesetzte der diametral gegenüberstehenden Wimper compensirt wird. Fällt aber dieser Grund weg, wird an irgend einer einzelnen Stelle die Bewegung der Wimpern gehindert, so muss augenblicklich die locomotorische Kraft der diametral entgegengesetzten Wimpern frei werden und ihre Wirkung geltend machen. In grösseren Wassermengen, wo die Spore nirgends anstösst, ist zu einer solchen theilweisen Aufhebung der Wimperbewegung keine Veranlassung. Wenn dagegen die auf dem Objectiv-Glase des Mikroskops ruhende Wasserschicht so dünn ist, dass ihre Dimension von Oben nach Unten weniger beträgt als die Entfernung von d nach A, d.h. von der Spitze der obersten bis zur Spitze der untersten Wimper, so ist eine partielle Störung der Wimper- bewegung unausbleiblich, und zwar muss diese Störung oben und unten nothwendig eine ungleich starke sein. Denn da die Spore im Zustande der Ruhe auf der Oberfläche des Wassers schwimmt, so erweist sie sich als speeifisch leichter als Letzteres, und wie sie hiernach schon durch die Schwerkraft der Oberfläche des Glases zugeführt wird, so ist auch zweitens der Widerstand, welchen die Wimpern an dieser beweglichen Oberfläche finden, ein viel geringerer als der Widerstand des festen Bodens des Gla- ses. Zwei fortwährend wirkende Ursachen drängen also die Spore gegen die Oberfläche des Wassers, und indem hierdurch die obersten Wimpern ihre Bewegung ganz oder theilweise einzustellen genöthigt sind, wird die locomotorische Kraft der unteren sich links krümmenden Wimpern frei und bringt eine locomotorische Bewegung nach Rechts, d. h. in der Richtung von A nach D (Fig. II.) hervor. Diese Seitenbewegung der. Spore und das damit zusammenhängende Kreisen in vorherrschender, wenn auch nicht ausschliesslicher Richtung nach Links finden also darin eine einfache und völlig ausreichende Er- klärung, dass die Spore in dem engbegrenzten Raume eines auf dem Objectiv-Glase des Mikroskops ausgebreiteten Tropfens von der Schwerkraft und dem stärkeren Widerstande des Glases gleichzeitig ge- hoben, mit der Oberfläche des Wassers öfter und anhaltender in Berührung kommt, als in grösseren Wassermengen, wo sie die ihre Bewegung störende Berührung mit der Oberfläche durch das Aufsuchen tiefer gelegener Wasserschichten vermeiden kann. Die zweite Classe, welche die ordnungslos bald nach Rechts, bald nach Links rotirenden Körper in sich begreift, scheint bei weitem zahlreicher in der Natur vertreten zu sein als die erstere. Ausser Stentor erwiesen sich alle von mir untersuchten rotirenden Infusorien in Bezug auf das Rechts und Links ihrer Drehung völlig indifferent. Zweifelhaft ist mir das Vorkommen der ordnungslos gerichteten Drehungen für die Schwärmsporen der Algen. Ich habe sie nur an den beweglichen Formen des Chlamidococeus pluvialis A. Br. wahrgenommen. Ob aber dieses wunderbare Gebilde wirklich dem Pflanzenreiche an- gehört, oder vielmehr zu den Infusorien zu rechnen ist, scheint noch nicht völlig ausgemacht. Unrich- tig behauptet A. Braun (l. c.), dass Chlamidococeus pluvialis constant links drehe. So gross die Gefahr der Täuschung bei derartigen Untersuchungen ist, so habe ich doch durch fortgesetzte sehr sorgfältige Beobachtungen die gewisse Ueberzeugung gewonnen, dass bei Chlamidococcus beide 80 Richtungen vorkommen. Schwieriger ist es zu entscheiden, ob die Aufeinanderfolge beider Richtungen auch hier ordnungslos geschieht, oder ob sie durch ein bestimmtes Gesetz bedingt ist. Ich glaube in- dess jetzt die erstere Alternative für die richtigere halten zu müssen. Derselbe: Morphologische Bemerkungen über einige einheimische Phanerogamen. 1) Senecio. Diese Gattung ist durch die strenge Gesetzmässigkeit in der Zahl ihrer Hüllblätter und Strahlblüthen ausgezeichnet. Jede Species folgt hierin einer bestimmten Regel, und wenn wir die Zahlen der verschiedenen Species mit einander vergleichen, so findet sich, dass sie der in den Gesetzen der Blattstellung begründeten Zahlenreihe 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21 entnommen sind. Da in den gangbaren Beschreibungen der Senecio-Arten diese Zahlenverhältnisse nur ausnahmsweise und unvollständig erwähnt werden, so will ich hier eine kurze Zusammenstellung unserer einheimischen Senecio-Arten mit Beifü- gung der Zahlen ihrer Hüllblättichen und Strahlblüthen folgen lassen: I. Hüllblättchen und Strahlblüthen von gleicher Anzahl. Senecio paludosus, Zahl der Hüllblättchen und Strahlblüthen 21. Senecio aqualicus Senecio Jacobaea Senecio erueifolius Senecio sylvaticus ” „ ” „ ” { 13. I. Hüllblättchen und Strahlblüthen von ungleicher Anzahl. Senecio nemorensis ..........0.02 2... DEE 200 Hüllblättchen 8, Strahlblüthen 5. Beltenbr 6}. ea. an ae e Yihe:- n 8. Senecio saracenieus......uuncnnecneiieeeennnienaeenn Mn 13, 5 8. Seneeio weimalin... .doatıla. 20 Ki. ana. ar 4 21, P\ 13. Senecionesdeostie:..h.. oh. a ar Aus ; 21, % 13. sellener lat. era re 3 13, " sr Oder auch an kümmerlich genährten Exemplaren vs 8, 4 5. Senecio vulgaris, dem die Strahlblüthen fehlen, hat 21 Hüllblätter. 2) Valeriana sambueifolia, V. offieinalis, Scabiosa. Glieder aus derselben Zahlenreihe begeg- nen uns im Pappus der Gattung Valeriana und in der Kelch- und Fruchtbildung der Scabiosen. Vale- riana sambucifolia, officinalis und dioica, die ich bisher nur untersuchen konnte, haben sehr-regel- mässig einen 13strahligen Pappus. Bei Scabiosa ist der sogenannte innere Kelch allemal Östrahlig. Der äussere zeigt ein doppeltes Zahlenverhältniss. Die Röhre desselben ist von 8 Furchen durchzogen; der häutige Rand dagegen, der den oberen Theil des Kelches krönt, zeigt 21, bisweilen wohl auch nur 20 Nerven, die in ihrer morphologischen Deutung höchst wahrscheinlich den Pappus-Strahlen der Vale- rianen analog sind. Da man nicht annehmen kann, dass der Hautrand des Kelchs einem anderen Blatt- kreise als die Kelchröhre angehört, so lassen sich die Zahlen 8 und 21 hier nicht auf die Gesetze der Blatt- 8l stellung zurückführen. Denn wollte man aus der Zahl der Nerven des Hautrandes folgern, dass 21 Blät- ter zur Bildung des Kelches beigetragen haben, so würden die 8 Furchen der Kelchröhre unerklärt bleiben, und wollte man umgekehrt wegen der Zahl der Furchen annehmen, dass 8 Blätter den Kelch bilden, so würde sich die Zahl 21 hiermit nicht vereinigen lassen. Anscheinend liefern also diese Pflan- zen den thatsächlichen Beweis, dass die in der Stellung der Blätter hervortretenden Zahlenverhältnisse auch ausserhalb derselben noch von Bedeutung sind. Theoretisch musste dies schon längst anerkannt werden, da die Entstehung der Blätter zuletzt ein Phänomen der Zellbildung, die Blattstellung selbst Ks nur ein abgeleitetes Verhältniss ist. 3) Centaurea Scabiosa. Die seidenartig glänzenden, sehr schmalen und langen Spreublättchen dieser Pflanze drehen sich beim Trockenwerden schraubenförmig 4—6mal um sich selbst. Aehnliche Er- scheinungen .zeigen die Spreublättchen von EC. Jacea, phrygia und paniculata, doch sind die Umiaufs- zahlen der Schraubenwindung hier viel geringer. Alle winden ausnahmslos nach Rechts. In der PAiloso- phia botanica von Linne ist von den spiralförmig gewundenen Spreublättchen der Seriola aetnensis, einer mit Hypochaeris nahe verwandten Pflanze, die Rede. Ein getrocknetes Exemplar, welches zur Untersuchung vorlag, liess jedoch keine Schraubenwindung der Spreublättchen entdecken. Bei Centau- rea ist sie vielleicht ein der ganzen Gatliung zukommendes Merkmal. 4) An getrockneten Exemplaren junger Pflanzen von Chaerophyllum bulbosum und Corydalis fabacea wurde die bereits von Kirschleger (Flora 1845, S. 401, über Chaeroph. bulbosum) und Bischof (Tiedemann und Treviranus, Zeitschrift für Physiologie IV. 2. über Corydalis) beschriebene Knollenentwicklung dieser Pflanzen demonstrirt, und auf die analogen Bildungsvorgänge bei Dunium Bulbocastanum (Bernhardi, Linnaea Band VII, S. 375 sqq.) und bei mehreren Tropaeolum - Arten (Münter, botan. Zeit. 1845, S. 595.) hingewiesen. Die Knollen aller dieser Pflanzen entstehen aus einer Anschwellung des Parenchyms der Wurzel, welche sich bei Chaerophyllum, Corydalis und Bu- nium bald nach dem Keimen, bei Tropaeolum später bildet und an ihrer Spitze aus dem die Wurzel durchsetzenden centralen Gefässbündel eine Knospe entwickelt. Bei den erstgenannten drei Pflanzen- Gattungen und Arten geht mit diesen unterirdischen Entwicklungen ein Fehlschlagen der oberirdischen Theile parallel. Weder Bunium noch Chaerophyli. bulb. zeigen auch nur die Spur eines Federchens. Die Keimpflanze welkt, wenn die unterirdische Knospe ihre ersten Blätter entfaltet. Bei Bunium fehlt überdies,einer der beiden sonst gewöhnlichen Samenlappen. Auch Corydalis fabacea und die verwand- ten Arten keimen nur mit einem Blatt. Ob dies aber ein Keimblatt oder das erste und einzige Blatt einer akotyledonischen Plumula ist, kann ohne ein genaueres Studium der Entwicklungsgeschichte nicht entschieden werden. Die übrigen Pflanzen wurden nur des neuen Standorts wegen vorgelegt: Cerastium brachypetalum Striegelmühle bei Zobten. Alsine tenuifolia und Papaver dubium Freihan bei Militsch. Montia fontana, Botrychium matricarioides Gräfenberg. Carex pilosa daselbst in der Nähe der Bärensteine. Cystopteris montana und Spergula saxatilis Reiwiesen im Gesenke. Potentilla inclinata Freiwalde. Hieracium Pilosella — praealtum Trebnitz. 11 > Herr Privat-Doceni Dr. Ferdinand Cohn: v Ueber Keimung der Zygnemeen. So lange das Wesen der Kryptogamen in ihrer Fortpflanzung ohne vorhergehende Befruchtung ge- sucht wurde, so lange musste es auch unbegreiflich erscheinen, dass gerade unter den einfachsten Algen- formen, unter den Conferven, bei einer Reihe von Arten, welche anfänglich als Gattung Zygnema, später, in mehrere Gattungen vertheilt, als Familie der Zygnemeen abgesondert wurden, zur Sporenbil- dung eine Art Befruchtungsact erforderlich erschien. Das Merkwürdigste dieser Befruchtung war aber, dass zwar zwei Individuen oder vielmehr zwei Zellenfamilien (Fäden) in Berührung traten, und durch unmittelbare Vereinigung ihres Inhalts einen der Befruchtung anscheinend analogen Prozess eingin- gen, dass aber an diesen beiden Individuen durchaus keine Verschiedenheit irgend welcher Art sich nach- weisen liess, am wenigsten eine solche, die man als geschlechtliche anzusehen berechtigt wäre. Obwohl gegenwärtig die Möglichkeit einer Befruchtung im Reiche der Kryptogamen keinen Wi- derspruch mehr findet, so steht sie doch unter den Algen isolirt da, und es wird deshalb auch der Conjugationsact der Zygnemeen in der Regel auch nicht als Befruchtungsact angesehen; dennoch müssen wir zugeben, dass wir überhaupt weit davon entfernt sind, den Zweck und die Bedeutung dieses Vor- ganges, den wir als Conjugation oder Copulation bezeichnen, zu begreifen. Dass in der That der Inhalt je zweier Zellen sich vereinigt haben muss, um eine Spore zu bilden, wurde in neuerer Zeit namentlich von Schleiden bezweifelt, der die Corjugation der Fäden für etwas ganz Unwesentliches erklärte, in- dem auch die Fäden in jeder einzelnen Zelle eine Spore bilden könnten, ohne mit anderen ihren Inhalt vereinigi zu haben. Diesen Einwand haben jedoch die Beobachtungen von Hassal und Naegeli ent- kräftet, nach denen die Sporen in nicht copulirten, vereinzelten Fäden dadurch gebildet werden, dass der Inhalt je zweier benachbarter Zellen desselben Fadens in ganz ähnlicher Weise zusammenlliesst, wie es gewöhnlich zwischen 2 Zellen verschiedener Fäden stattfindet. Dass bei den Zygnemeen immer nur aus dem Inhalte zweier Zellen eine Spore entsteht, ist um so auflallender, als die Bildung dieser Spore im Uebrigen ganz so vor sich zu gehen scheint, wie bei Oedogonium, wo der Inhalt jeder einzelnen Zelle zur ruhenden Spore wird, und wie bei Vaucheria, wo der Theilinhalt einer Zelle schon zur Fortpflan- zung hinreicht, aus dem Inhalte einer Zelle also mehrere, ruhende oder auch bewegliche Sporen ent- stehen. In allen diesen Fällen organisirt sich der Inhalt einer Zelle zur Kugel, nachdem zuvor in ihm das Chlorophyll durch ein grünliches Oel ersetzt worden ist, und umgiebt sich mit einer grösseren An- zahl von Häuten, welche in verschiedener Consistenz und Beschaffenheit die Schale der Spore, das Episporium, darstellen. Während demnach bei Vaucheria die Entstehung der ruhenden Sporen ein wahrer Vermehrungsact ist, insofern aus derselben Zelle mehrere Sporen sich bilden, so ist bei Oe-» dogonium die Zahl der Zellen gleich der der später aus ihnen hervorgehenden Sporen; bei den Zygnemeen dagegen ist sie nur halb so gross. Man hat dies so ausgedrückt, als sei die Sporenbildung bei den Zygnemeen nicht, wie gewöhnlich, ein Vermehrungsact, sondern ein Verminderungsact; diese Ansicht liesse sich jedoch nur dann rechfertigen, wenn man jede einzelne Spirogyrenzelle für ein Indi- viduum, die Zygnemeen also für einzellige Algen erklärte, was jedoch von Naegeli in seiner Mono- graphie der einzelligen Algen nicht geschehen ist. Der Vorgang der Conjugation ist bei den verschie- denen Arten der Zygnemeen verschieden und hat eben zur Begründung mehrer Gattungen Veranlassung gegeben; bei der Gattung Sirogonium war er bis vor Kurzem unbekannt, und bei Mougeotia ist die Art der Sporenbildung noch immer nicht völlig in’s Reine gebracht. 83 Nachdem Vaucher und Meyen schon früher eine Schilderung des Copulationsprocesses von Spiro- gyra gegeben, so ist derselbe neuerdings durch A. Braun in seinem klassischen Buche ‚Ueber Verjün- gung in der Natur‘, namentlich vollständig aber von Pringsheim in seiner schönen Abhandlung ‚Ue- ber Keimung der Spirogyrensporen“ (Flora 1852) bis in’s Einzelne nachgewiesen worden. Schon vor der Vereinigung der durch eine Querbrücke ineinander fliessenden Inhalte je zweier co- pulirter Zellen deutet sich bei Spirogyra die Function der Spore durch das Zurücktreten des im vege- tirenden Faden sehr reich entwickelten Chlorophylis und durch die Vermehrung eines grünlichgelben Oels und des Amylums voraus; daher erkennt man die in Copulation begriffenen Spirogyrenmassen schon mit blossen Augen, indem sonst die prächtig grünen Filze nun eine schmutzig bräunliche Färbung annehmen. Wenn die beiden Inhalte zu einer Kugel zusammengeflossen sind, so bildet sich um die ganze Masse succes- siv eine Reihe von Häuten. Dieser Prozess ist der eclatanteste Beweis für die Bildung von Zellmem- branen um den ganzen Zellinhalt durch Ausscheiden von Cellulosesubstanz an seiner Oberfläche. Pringsheim hat nachgewiesen, dass die verschiedenen Häute der Spirogyrenspore von Aussen nach Innen, nach Art von Verdickungsschichten, entstehen. Daher entspricht die äusserste Haut der Spore, welche von farbloser, glasheller Beschaffenheit ist, der zuerst um den flüssigen Inhalt gebildeten Cellu- losehülle; später scheidet sich aus dem Inhalte auf der Innenseite der ersten eine zweite gelbbräunliche Membran aus, in welcher die Cellulose so stark mit einem eigenthümlichen Farbestoff imprägnirt ist, dass sie erst dann die charakteristische Reaction auf Cellulose zeigt, wenn jener Farbestoff durch längeres Digeriren mit Königswasser entfernt ist. Zuletzt bildet sich innerhalb dieser Membran eine dritte, welche farblos ist und gegen Jod und Schwefelsäure sich wie Cellulose verhält (blau wird), von dieser aber dadurch sich auszeichnet, dass sie durch kaustisches Kali sich stark zusammenzieht und zusammen- schrumpft. Die Beobachtung der weiteren Entwicklung bei den Sporen von Spirogyra ist darum von Interesse, weil man seltsamer Weise glaubte, wenn die Conjugation selbst ein Verminderungsact sei, so müsse dies dadurch ausgeglichen werden, dass in ihrem Product sich eine grössere Anzahl von Sporen. nachträglich bilden, dass also die sogenannte, aus der Copulation hervorgehende Spore vielmehr ein Sporangium sei. Obwohl schon Vaucher in dieser Beziehung wichtige Beobachtungen machte, so ist diese Hypo- these doch erst vollständig durch Meyen und namentlich entscheidend durch A. Braun widerlegt wor- den, die neueste und vollständigste Keimungsgeschichte aber liefert die oben citirte Abhandlung von Pringsheim. Meine eigenen Beobachtungen stimmen vollständig mit diesen Angaben überein. Das Wesentliche der Keimung bei Spirogyra ist, dass die innerste Membran zugleich mit dem In- halt zu wachsen beginnt, dass sie dann nacheinander die mittlere, dann die äusserste Haut sprengt, so dass diese in der Mitte in kreisförmigem Riss, ähnlich den Schalen einer Cypris, zerplatzen. Vaucher hat diese Bruchstücke als zwei Cotyledonen abgebildet. Dagegen wächst die Innenzelle im Laufe meh- rerer Tage zu einer längeren Zelle aus, deren beide Enden sich wesentlich differenziren; das eine, wel- ches in den Häuten der Spore stecken bleibt und erst spät, meist erst bei Erhebung der Pflanzen an die Oberfläche des Wassers, die Hüllen abstreift, bleibt ungefärbt, ist unfähig fortzuwachsen und sich zu theilen, und verhält sich als Wurzelende; das andere Ende entwickelt die Spiralbänder und wächst durch Auftreten von Scheidewänden zu einem vielzelligen Faden aus. Der charakteristische Cytoblast erscheint erst kurz vor Bildung der ersten Scheidewand und nimmt an allen späteren Theilungen Antheil, wenn auch keineswegs nach Art der ehemaligen Schleidenschen Theorie. Diesen Angaben können meine eigenen Beobachtungen an keimenden Spirogyren höchstens das his- zufügen, dass ich Mitte Februar des vorigen Jahres eben gekeimte Fäden fand, deren unteres Ende die 11% 84 Sporenhäute vollständig ausfüllte, also eine abgerundet cylindrische, nicht wie gewöhnlich eine fast coni- sche Gestalt zeigte. Dagegen habe ich Gelegenheit gehabt, bei einer zweiten Gattung der Zygnemaceeiı, ( die durch ähfe sternförmigen Chlorophylimassen charakterisirt ist, bei Zygnema, den Copulations- und: Keimungsprozess zu beobachten. Da diese Darstellung der Abbildungen zur Erläuterung BR: so beschränke ich mich hier auf das Wesentlichste. Be } ve; Zygnema stellinum besteht aus Zellen, die noch einmal bis dreimal so lang ai breit sind und in deren Innern das Chlorophyll zwei Kugeln bildet, von denen, wie die Saftströme von einem Cyto- blasten, zahlreiche Strahlen sternförmig nach den Wänden der Zelle auslaufen. Bei der Copulation bil- den die Zellen Querfortsätze, von denen, wie bei Spirogyra, je zwei, verschiedenen Fäden angehörige, zu einer, beide Zellen verbindenden Röhre verschmelzen. Ich beobachtete einzelne Fäden, bei denen der Inhalt der einen Zelle eben im Begriff gewesen war, sich mit der andern zu vereinigen; in Folge einer Drehung aber lagen die beiden copulirten Fäden nicht neben-, sondern übereinander, so dass der Verbindungsgang sich von der einen abwärts zur andern hinzog. Diese Verschiebung mochte wohl die Ursache sein, dass die beiden Zellinhalte nicht, wie gewöhnlich, ineinander flossen und in dem einen Gliede eine kuglige Spore zu Stande brachten; sondern ehe noch beide Inhalte völlig zur Kugel sich vereinigt hatten, war bereits eine Membran ausgeschieden worden, welche den Inhalt in seiner ganzen Unregelmässigkeit umgab. Diese abnormen Sporen hatten also die Gestalt zweier unregelmässiger Mas- sen, die durch einen Kanal in Verbindung getreten waren; eine ununterbrochene Membran bekleidete diese seltsame Form. Hier sehen wir wiederum, dass die Zellmembran ein reines Secret des Zellinhalts ist und den Contouren desselben überall folgen muss. Die Keimung normal gebildeter Sporen beobach- tete ich im August; sie ist mit geringer Abänderung der von Spirogyra ganz gleich. Die Zygnema- Sporen sind kurz walzenförmig mit abgerundeten Enden, "4, Linie lang und %,, Linie im Querdurch- messer. Sie bestehen, wie die von Spirogyra, aus drei Häuten; die äusserste dieser Häute ist farblos und glashell, die mittlere ist derb und bräunlich, und. merkwürdigerweise von zahlreichen Tüpfel- kanälen durchbrochen, ein Vorkommen, dessen Analogon ich nur in den, wie zuerst Pringsheim entdeckte, ebenfalls getüpfelten Sporangien der ruhenden Sporen von Achlya prolifera zu finden ver- mag. Die innerste Sporenhaut ist wieder farblos und schliesst sich dicht an den ölreichen Sporeninhalt an. Wie man bei Spirogyra schon vor der Keimung den Inhalt der Sporen spiralig geordnet sieht, so ist derselbe bei Zygnema bereits in zwei kuglige Gruppen gesondert. Indem sich die Innenzelle zu strecken beginnt, sprengt sie zuerst die äusserste, glashelle Membran, welche in der Regel an dem, dem sich verlängernden Ende entgegengesetzten Punkte zu zerreissen beginnt und daher von dem keimenden Faden an der Spitze wie eine Haube oder calyptra getragen wird. Bald nach der äussersten zerspringt auch die mittlere Sporenhülle, und zwar durch einen kreisförmigen Riss, wie die entsprechende Haut bei Spirogyra. Die Innenzelle tritt nun aus den beiden Schalen hervor, indem sie sich immer weiter streckt; einige Zeit verharrt sie als einfache, cylindrische Zelle, in welcher der Inhalt bereits die Anordnung in zwei Sternhaufen zeigt; später verlängert sich das eine Ende zur Wurzel mit verjüngter, ungefärbter Spitze, das andere Ende dagegen theilt sich ununterbrochen, bis es zu einem vielzelligen Faden ausge- wachsen ist. Eine dritte Gattung unter den Zygnemeen, Mougeotia, ist dadurch ausgezeichnet, dass das Chlorophyll hier ein breites, schmales, quer durch das Zellenlumen parallel der Achse ausgespanntes Band darstellt und, daher von der einen Seite gesehen als grüne Fläche (gleich einem homogenen Wandbeleg), von der andern Seite aus als grüne Linie in Mitte der sonst farblosen Zelle erscheint. Hier kennt man bisher nur die Einleitung zur Copulation, die durch knieförmiges Beugen je zweier Fäden sich ankündigt, welche 85 sodann in der Beugungsstelle in unmittelbare Verbindung treten. In dieser Gestalt sind die Mougeotia- Fäden überall gemein; dagegen ist es bisher noch nicht gelungen, in den conjugirten Fäden die Bil- dung der Sporen selbst zu beobachten; denn das, was Vaucher und auch Roemer (die Algen Deutsch- lands) bei Mougeotia gezeichnet haben, lässt sich schwer deuten. Ich selbst habe zwar Zygnemeen ‚gefunden, ‚die ich nach der Configuration des Inhalts für Mougeotia hätte erklären müssen, und wo sich zwischen den copulirten Gliedern kuglige, sonst wie bei Spirogyra gebildete Sporen erzeugt hatten; aber diese Formen gehören nach der Hassal’schen Diagnose zu seiner Gattung Mesocarpus. Wenn man daher nicht annehmen will, dass Hassal’s Mesocarpus eben nichts Anderes sei, als fructificirende Mougeotia, so ist die Sporenbildung der letzten Form noch ein Räthsel, welches um so wunderbarer erscheint, als man so überaus häufig den Anfang der Copulation, aber niemals das Resultat derselben antrifft. A. Braun hat deshalb vermuthet, dass Mougeotia sich gar nicht durch ruhende Sporen, wie Spirogyra und. Zygnema, sondern, wie die meisten übrigen Algen, durch Schwärmzellen fortpflanzt, welche sogleich nach ihrer Entstehung ihre Bildungsstätte verlassen. Dagegen spricht jedoch, dass ich im vorigen Mai am Grunde eines Glases kuglige, von drei Häuten gebildete Sporen, und neben ihnen junge Keimpflänzchen von Mougeotia beobachtete, welche ohne Zweifel aus jenen hervorgegangen waren. Sie erschienen zum Theil noch einzellig, als ein gleichförmiger, an beiden Enden verjüng- ter und durch das grüne, in gleichen Abständen mit Chlorophylikügelchen gezierte Band ausgezeichneter . Cylinder; daneben fand ich zweizellige Fäden, bei denen die Wurzelzelle sich durch eine verlängerte Spitze von dem andern Ende auszeichnete, welches ganz den Charakter einer Mougeotia-Zelle trug und eben im Begriffe stand, sich ein drittes Mal zu theilen; die übrigen waren völlig ausgewachsene Mou- geotia-Fäden. Eine vierte Gattung, Sirogonium, stimmt mit Mougeotia im knieförmigen Beugen der Zellen Behufs der Conjugation, mit Spirogyra dagegen durch die Anordnung der in sehr steilen, beinahe der Achse parallelen Spiralen auftretenden Chlorophylibänder überein. Bei dieser Gattung habe ich die auch von Hassal beobachtete Bildung der Sporen vollständig beobachtet, welche durch Zusammenfliessen beider Zellinhalte in einer der beiden copulirten Zellen entstehen und eine elliptische, der von Spirogyra ganz ähnliche Gestalt besitzen. Die Keimung, welche ich in diesem Frühjahre zu beobachten hoffte, ist mir’ leider durch vorzeitiges Austrocknen vereitelt worden. Ueber die übrigen Gattungen der Zygnemeen, welche insbesondere von Hassal aufgestellt werden, habe ich keine eigenen Beobachtungen. Pringsheim glaubt, dass die Zygnemeen, namentlich Spirogyra, sich ausser durch die ruhenden Sporen, deren Bildungs- und Keimungsgeschichte ich oben skizzirt habe, auch durch bewegliche oder Schwärm-Sporen fortpflanzen. Als letztere bezeichnet er die kugligen, meist farblosen oder grün- lich gefärbten Körperchen, welche in anscheinend geschlossenen, aber in Zersetzung begriffenen Spiro- gyrenzellen sich mit Hülfe von Flimmerfäden bewegen, und deren merkwürdige Entwicklungsgeschichte er in seiner oben erwähnten Abhandlung ausführlich schildert. Ich habe jedoch bereits in einem Vor- trage über Entwicklungsgeschichte der Infusorien vom 7. Januar 1852, dessen Inhalt der Bericht der naturwissenschaftlichen Section referirt, nachzuweisen gesucht, dass diese beweglichen For- men, die auch bei zahlreichen anderen Algen beobachtet sind, nicht in den normalen Entwicklungskreis der Algen gehören, in denen sie angetroffen werden, sondern dass sie als abnorme, wahrscheinlich pa- rasitische Gebilde (Pilze oder Monaden) zu betrachten sind. Wenn ich nicht irre, sind es dieselben Körperchen, welche Itzigsohn in seinem so eben erschei- nenden Aufsatze „Ueber den männlichen Geschlechtsapparat bei Spirogyra und einigen anderen Confer- ven‘ (Bot. Zeit. 25. März 1852. c. tab. V.) als Spermatosphaerien beschreibt und abbildet, und in denen er das Entstehen von Spermatozoen beobachtet haben will. Da der Aufsatz beim Schreiben 86 dieser Zeilen noch nicht vollständig erschienen ist, so enthalte ich mich vorläufig alles Urtheils über den- selben, obwohl ich nicht umhin kann, zu bemerken, dass die von ihm angeführten Phänomene und na- mentlich der Zusammenhang, in welchen er dieselben bringt, mit meinen eigenen Beobachtungen nicht in Einklang stehen. Ausserdem sind an Beiträgen eingegangen: 3 von Herrn Lehrer Gerhardt zu Liegnitz ein Nachtrag zur Flora von Liegnitz und Parchwitz; von Herrn Kantor Postel in Parchwitz ein bei Krummlinde bei Parchwitz verwilderter Echinops sphaero- cephalus ; von Herrn Gymnasiallehrer Kelch in Ratibor Exemplare des Xanthium spinosum und der Nymphaea neglecta Hausleutner aus der Gegend von Ratibor. 87 Bericht über die Verhandlungen der entomologischen Section im Jahre 1852 Gravenhorst, zeitigem Secretair derselben. D.. entomologische Section hat sich im abgelaufenen Jahre zu neun Sitzungen versammelt, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: I. Coleoptera. Herr Hauptlehrer Letzner hielt einen Vortrag über: Chrysomela fusco-aenea Schum. et Suff. und P Chrysomela speciosissima Scop. et Suff. Seit den vier Jahren, in denen es mir möglich war, im Sommer entomologische Exeursionen nach dem Riesengebirge zu machen (i. J. 1851 geschah es zu Pfingsten und in den Hundstagen), habe ich von der Chrysomela fusco-aenea Schum. nach und nach über 130 Exemplare gesammelt, und sehe mich gedrungen, nach genauerer Betrachtung derselben die Behauptung auszusprechen, dass dieselbe aus der Zahl der selbstständigen Arten zu streichen und ferner nur als Varietät von Chrysomela speciosissima Scop. und Suff. zu betrachten ist. Herr Schulrath Dr. Suffrian, der Chr. fusco-aenea ebenfalls als selbstständige Art betrachtet, führt in seiner Monographie dieser Gattung (Linnaea ent. V. 141.) als Unterschiede dieser Art auf: 1) Sie sei hinten stärker (buckelig) gewölbt als Chr. speciosissima. Dies ist bei manchen Exem- plaren allerdings der Fall, aber durchaus nicht als Art-Kennzeichen zu betrachten, da wenigstens eben so oft Thiere mit weniger buckeligen, ja fast gar nicht nach hinten ansteigenden Decken vorkommen. Eben so wenig ist der Umriss constant; während einige Exemplare lang gestreckte, fast gleichbreite oder nach hinten kaum erweiterte, am Ende eliptisch zugerundete Decken haben, sind andere nach hinten stark erweitert und mehr oder weniger plötzlich abgeschnitten (wodurch sie mehr buckelig erscheinen) und oft auffallend kürzer. Ganz dieselben Abweichungen zeigen sich bei Chr. speeiosissima. 2) Sie sei auf dem Mittelfelde des Halsschildes gröber punktirt. Bei vielen Exemplaren nimmt man allerdings auf dem Mittelfelde grobe, zuweilen durch Runzeln verbundene Punkte wahr, und diese Exemplare sind von der, ein in der Regel fein punktirtes oder fast glattes Mittelfeld zeigenden Chrysomela speciosissima schon durch den flüchtigsten Blick zu scheiden; aber es finden sich ebenso eine Menge der Färbung und dem Baue der Decken nach zu Chr. fusco-aenea gehörende Exemplare, welche eine nach und nach immer feiner werdende Punktirung des mittleren Theiles des Halsschildes zeigen, und umgekehrt Exemplare von Chr. speeiosissima, ‘welche daselbst eine starke Punktirung be- sitzen, so dass man solche Exemplare beider Arten nicht mehr zu trennen im Stande ist. 3) Sie zeige auf den Decken eine feinere und gleichmässigere Punktirung. Dies Kennzeichen ist noch viel weniger als ein solches zu betrachten, und danach beide Arten zu sondern eine Unmöglich- keit. Selbst Exemplare, welche ein gleich stark tief punktirtes Halsschild haben und danach entschieden zu fusco-aenea gehören, weichen in Stärke und Dichtigkeit der Punktirung der Decken bedeutend von einander ab, und zeigen, mit speciosissima verglichen, darin öfters gar keinen Unterschied. 4) Sie sei durch die dunkelgrüne, zuweilen tief bronzefarbene, wenig veränderliche Färbung aus- . gezeichnet. Die auf dem Riesengebirge gefangenen Exemplare, welche ich von Chr. fusco-aenea be- sitze, zeigen nicht nur fast alle auf S. 145 der Lin. ent. aufgeführten Farben-Varietäten der Chr. spe- ceiosissima, sondern noch einige mehr, wie sich weiter unten zeigen wird. 5) Ihr Halsschild sei vor der Mitte am breitesten, hinterwärts sich verengend, ohne hervortretende Hinterecken; bei der Chr. speciosissima dagegen hinterwärts weniger verschmälert, mit kurz heraustre- . tenden Hinterecken. Auch dies Merkmal kann als Unterscheidungs-Kennzeichen nicht gebraucht werden, da Jeder, der eine grössere Zahl von Exemplaren der Chr. speciosissima betrachtet, finden wird, dass die Seiten des Halsschildes auf der hinteren Hälfte bald mehr gerundet (wo alsdann die Hinterecken nicht vortreten), bald mehr gerade sind. Im letzten Falle laufen die Seiten ziemlich parallel bis ein we- nig vor die Mitte des Thorax, von wo sie dann plötzlich nach vorn einwärts gebogen sind. Bei solchen Exemplaren ist der Aussenrand kurz vor der Hintereoke zuweilen etwas nach aussen geschwungen, und die Ecke selbst tritt dann ein Wenig nach Aussen vor. Wenn dem Gesagten zufolge keines der von dem in Rede stehenden Thiere angegebenen Merkmale constant ist, demnach nichts übrig bleibt, als Chr. fusco-aenea Schum. und Suffr. fortan nur für eine Form der Chr. speciosissima Scop. zu betrachten, so würde zu der S. 142 der Lin. ent. gegebenen genauen Beschreibung der Chr. speciosissima nur etwa Folgendes als Ergänzung hinzuzufügen sein. Von dem das Kopfschild begrenzenden, winkeligen Eindrucke geht nicht immer eine kürzere oder längere vertiefte Linie nach der Stirn zu, sondern dieselbe fehlt öfters ganz; zuweilen ist sogar die Querlinie an der Stelle, wo sie den Winkel bilden sollte, fast unterbrochen. Manchmal zeigt sich die vertiefte Längs- linie nicht am Kopfschilde, sondern auf dem Scheitel, und ist alsdann meist vom Thorax bedeckt. — Halsschild, wie vorstehend erwähnt, vor der Mitte am breitesten, von da nach vorn stärker, nach hinten weniger oder gar nicht verschmälert, die Seitenränder mehr oder weniger gerundet (der Thorax daher auf der hinteren Hälfte bald breiter, bald etwas schmaler erscheinend), Hinterecken im letzteren Falle zuweilen als kleine Spitzen seitlich vortretend.. Seitenrand durch einen tieferen oder flacheren Längseindruck bald mehr, bald weniger emporgehoben, welcher letztere auf der vorderen Hälfte stellen- weise öfters ganz verschwindet und alsdann nur durch die tieferen und dichteren Punkte noch angedeu- tet wird. Mittelfeld bald sehr fein und abgerieben-, bald (nach und nach stärker werdend) grob und tief zerstreut-punktirt, zuweilen mit einer glatten und ebenen, zuweilen stellenweise kielartig erhabenen, sg zuweilen am Hinter- oder Vorder-Rande vertieften Längslinie. — Schildchen glatt, bald flach, bald der Länge nach eingedrück. — Deckschilde nach hinten bald mehr, bald weniger erweitert; bald mehr buckelig gewölbt, bald flacher; bald länger, bald kürzer; bald fein, bald ein wenig stärker dicht punktirt, die Punkte zuweilen durch Nadelrissen ähnliche Runzeln verbunden. Bei der Var. fusco-aenea ist die Punktirung der Decken stets dichter und feiner als die des Halsschildes. Bei manchen Exempla- ren ist die Naht bald hinter dem Schildchen stark emporgehoben, jedoch nur in geringer Ausdehnung. Der Farbe nach liessen sich nach den von mir. gesammelten Exemplaren der Chr. speciosissima folgende Varietäten markiren: a) ignita; goldroth, Naht und Längsbinden zuweilen golden, meist grün, öfters mit tiefblauem Kerne. Var. & Sufl. — b) pretiosa; goldgrün, Naht und Binden grün oder bläu- lichgrün, zuweilen mit blauem oder violettem Kerne. Chr. pretiosa St. Cat.; Var. e Suff. — c) viri- dis; metallischgrün, Naht und Binden tief blau, oft mit veilchenblauem Kerne, welche Färbung öfters auch den Hinter- und zuweilen selbst den Vorderrand des Halsschildes einnimmt. Auf dem Riesengebirge finden sich auch (zu Chr. fusco-aenea Schum., Suffr. gehörende) Exemplare, bei welchen die Binde bläulichgrün oder nur wenig dunkler grün als die Oberfläche, zuweilen kaum noch zu erkennen ist. Var. ö Suf. — d) viridescens; einfarbig dunkelgrün mit kaum wahrnehmbaren Spuren einer Binde. Chr. viridescens Kollar; Var. y Suff. — e) coerulescens; blau mit grünlichem Schimmer, Binden meist tief veilchenblau. Var. ß Suffr. — f) tristis; einfarbig hellblau, mit öfters kaum merklicher violetter oder schwärzlicher Binde. Chr. tristis Oliv.; Var. « Suff. — g) violacea; Ober- und Unterseite tief violett mit schwarzer Binde; Halsschild auf der Mitte öfters fast schwarz. Eine der schönsten Formen. ch) nigro-coerulea; schwarzblau, Binden kaum noch kenntlich. — i) nigro-aenea; schwarz, die Oberseite mit schwachem, zuweilen auf dem Thorax stärkerem, metallischem Schimmer, welcher öfters in’s Grünliche oder Messingfarbene hinüberspielt. — k) nigrescens; Halsschild und Decken schwarz, an den Seiten mehr oder weniger breit kupfer- oder grünlich-erzfarben glänzend; Kopf, Beine und Unter- seite kupferig oder grünlich. — 1) fusco-cuprea; Oberseite bronzebraun glänzend, zuweilen mit bräun- lichem Kupferschimmer; Unterseite schwärzlich, bräunlich oder grünlich, metallisch glänzend. Zuweilen ist Kopf, Halsschild und Unterseite schwarz. — m) fusco-aenea; Oberseite irübe dunkelbronzebraun, fast glanzlos; Unterseite ebenso gefärbt oder grünlich bronzefarben. Chr. fusco-aenea Schum. — Das 4 Linien lange Exemplar, nach welchem Schummel die Beschreibung entwarf, und in dessen Besitze ich bin, gehört der feinen Punktirung des Thorax nach nicht zu Chr. fusco-aenea Sufl. Das Halsschild ist bei demselben nicht vor der Mitte am breitesten, die Hinterecken nicht nach aussen vorspringend; Decken hinten steil abfallend. — Suffr. bezeichnet diese Form nicht als die Hauptform, sondern nur als Varietät seiner Chr. fusco-aenea. — n) viridi-aenea; dunkelgrün mit metallischem, oft in’s Messingfarbene hinüberspielenden Schimmer; Binden grünlich, mehr oder weniger deutlich, unbestimmt. Hauptform der Chr. fusco-aenea Suff. — 0) ceupreo-viridis; dunkelgrün, mit mehr oder weniger kupferröthlichem, zu- weilen fast goldrothem Glanze übergossen, jedoch so, dass die grüne Grundfarbe meist überall durch- leuchtet. Binden grün, meist undeutlich. Macht den Uebergang zu Var. a. Das Thier ist in den schlesischen Gebirgen (vom Iser- bis Altvater-Gebirge) sehr häufig, und be- wohnt die wasser- und kräuterreichen Stellen derselben von etwa 1300—5000 Fuss. . Seine Nahrungs- pflanze ist in den unteren, bewaldeten Regionen Senecio nemorensis; auf den höheren Bergen, wo diese Pflanze sich seltener oder gar nicht mehr findet, auch Cacalia (Adenostylium) albifrons oder ausnahms- weise Tussilago alba. Von den eben angeführten Varietäten, welche man stets untereinander (auf einer Pflanze) und oft in Begattung miteinander fängt, gehören Var. a, b, ce, e, f der untersten Region an. Sie zeichnen sich durch ein sehr fein punktirtes Mittelfeld des Halsschildes aus, und bilden also die ei- gentliche Chr. speciosissima Suffr. Unter 50 im Waldenburger und Charlottenbrunner Gebirge gefan- 12 90 ‘genen Exemplaren war nicht eines, welches eine stärkere Punktirung auf der Mitte des Halsschildes ge- zeigt hätte. — Je höher das Thier über das Meer emporsteigt, desto stärker scheint die Punktirung sei- nes Halsschildes zu werden, so dass z. B. um Karlsbrunn, am Glazer Schneeberge etc. häufig Exemplare vorkommen, welche hinsichtlich dieser Punktirung zwischen Chr. speeiosissima und fusco-aenea in der Mitte stehen, ja zu der letzteren selbst gezogen werden müssen. Zu dieser Form der regio montana gehören auch Exemplare, welche ich auf der Rigi noch unterhalb des „‚Klösterli‘‘ sammelte, und andere, welche ich aus den baierschen Alpen besitze. Ausser den vorstehend aufgeführten, der niederen Region angehörenden Formen, finden sich hier vorzüglich Var. g (welche auch am häufigsten mit einer so star- ken Punktirung des Halsschildes vorkommt, dass man die meisten Exemplare zu Chr. fusco-aenea zie- hen müsste) und einzelne Exemplare von d, m und 0. — Auf dem Riesengebirge allein tritt nun auch die eigentlich alpine Form hervor, welche sich durch ein meist stark und tief punktirtes Mittelfeld des Halsschildes und dunklere Färbung auszeichnet. Es gehören ihr die Var. ce (Form mit bläulichgrünen oder fast verloschenen Binden), d, h, i, k, I, m, n und o fast ausschliesslich an. Von der Var. b kom- men nur selten zur Hochgebirgsform gehörige Exemplare vor; Var. g ist im Riesengebirge bis jetzt von mir noch gar nicht beobachtet worden. Die Hauptform der Chr. speciosissima (mit fast glattem Mit- telfelde des Halsschildes) muss natürlich im höheren Riesengebirge höchst selten sein; wirklich fing ich bis jetzt auch nur 4 Exemplare, den Var. a, b und e angehörend, jedoch schon in bedeutender Tiefe, nämlich in den Schneegruben. Häufiger sind Exemplare, welche dem Thorax nach der Form der regio montana angehören, aber schon die Farben der alpinen Formen tragen; sie kommen am öftersten von der Schneegruben-Baude nach dem Elbfall hinab vor. Ich besitze solche Exemplare aus den Var. c, d, k, I, n und o. In den tiefer gelegenen Gegenden sieht ein Jahr 2 Generationen dieses Thieres, von denen die erste Anfang Juni, auf ungünstiger oder höher gelegenen Stellen Ende Juni oder Anfang Juli, die zweite Ende September erscheint. Von dieser sah ich im Waldenburger Gebirge in den ersten Tagen des October Hunderte dieser Thiere in Copula, von denen nothwendig die befruchteten Weibchen überwintern muss- ten, um im künftigen Frühjahre auf die jungen Pflanzen die Eier abzusetzen. Dass dies so sei, wird bestätigt: 1) dadurch, dass von einem Paare dieser Thiere, welches ich mit nach Breslau genommen hatte, das Männchen in etwa 10 Tagen starb, das Weibchen dagegen in der warm geheizten Stube, ohne Nahrung einzunehmen, nach 3 Monaten noch am Leben war, bis dahin auch noch keine Eier gelegt hatte; — 2) dadurch, dass man im Frühling, sobald der Schnee geschmolzen ist, alte Thiere zum Vor- schein kommen und an Steinen und Baumstämmen umherkriechen sieht, und kurze Zeit später auf klei- nen, jungen, noch nicht einmal Blüthenknospen zeigenden Exemplaren der Futterpflanze bereits Larven findet. — Auf dem Riesengebirge, wo die erste Generation erst Ende Juli oder Anfang August zum Vorschein kommt, kann in der Regel nur eine Generation zur Entwicklung kommen. Zum Schluss erlaube ich mir, noch einen die Synonymie dieses Thieres betreffenden Irrthum zu be- richtigen. Die Chrysomela decora Richter (Supplementa Fn. ins. Europae Fase. 1. Taf. 7.) ist nicht, wie Schummel irrthümlich angiebt (Uebers. der Arb. der schles. Ges. 1843, S. 196.), eine Va- rietät der Chr. speciosissima Scop., sondern, wie ich aus dem Munde des Autors selbst weiss und durch Betrachtung eines von diesem herrührenden Exemplars des in Rede stehenden Thieres mich überzeugt habe, eine Form der Chr. speciosa Panz., womit auch die Grösse der Abbildung übereinstimmt. 91 Herr Hauptlehrer Letzner hielt ferner folgenden Vortrag über Chlaenius tibialis Dej. Durch einen meiner hiesigen Freunde, den Herrn Hauptlehrer Rittermann, erhielt ich dieses Jahr eine Anzahl Exemplare der Gattung C'hlaenius, welche derselbe während seines mehrmonatlichen Aufent- haltes in Meran (in Tyrol), in der nächsten Umgebung dieses Städtchens gesammelt hatte. Es war dar- unter Chl. nigricornis Fab., Chl. Schrankii Duft. und Chl. tibialis Dej. — Ueber die letztere Art erlaube ich mir hier Folgendes zu bemerken. Da mir Dejean’s Werk: Species generales des Co- leopteres nicht zu Gebote steht, so fusse ich dabei auf die in Heer’s Fauna helvetica I. 46 enthal- tene Beschreibung derselben. Die Kennzeichen, welche nach dieser Chhlaenius tibialis von Chlaenius Schrankii trennen sollen, sind: 1) die etwas punktirten Streifen der Flügeldecken, und 2) die schwarzen Schenkel, wozu in der Schlussbemerkung noch 3) der ein Wenig längere, mit fast rechtwinkeligen Hin- terecken versehene Thorax tritt. Was den ersten Unterschied anbelangt, so liegt dessen Unzulänglich- keit auf der Hand, zumal man bei den meisten Exemplaren des Chl. Schrankiü oft sehr deutlich punk- tirt-gestreifte Deckschilde wahrnimmt. Eben so wenig kann der etwas länger erscheinende, mit fast rechtwinkeligen Hinterecken versehene Halsschild ein genügendes Kennzeichen für diese Art abgeben, da bekanntlich bei manchen Arten von Chlaenius, Anchomenus ete. der Halsschild bald stumpf-, bald mehr rechtwinkelig vorkommt, und, da er im letzteren Falle hinten mehr zusammengezogen ist, alsdann ein We- nig länger erscheint. Beide Formen kommen in Schlesien von Chlaenius Schrankii gleich häufig vor, wie in der Zeitschrift für Entomologie (herausgegeben vom Vereine für schles. Insekten-Kunde), Coleopt., p- 137 bereits erwähnt ist, und auch von Chl. tibialis besitze ich beide Formen. — Sonach blieben als Hauptunterscheidungszeichen zwischen diesen beiden Arten nur noch die schwarzen Schenkel übrig. Allein auch dieses kann leider als ein genügendes nicht betrachtet werden, da dasselbe nicht constant ist. Unter den vorstehend erwähnten, bei Meran gefangenen Exemplaren sind 10, welche in dieser Hin- sicht den Uebergang von Chl. Schrankii zu Chl. tibialis machen. Sie lassen sich unter folgende Gesichtspunkte ‘bringen: a) Schenkel der Vorderbeine röthlichgelb wie bei Chl. Schrankii, die der Mittel- füsse bräunlich, der Hinterfüsse schwärzlich braun. — b) Schenkel der Vorderbeine kaum oder doch nur sehr wenig dunkler als bei Chl. Schrankii, die mittleren hellbraun, die hintersten ein wenig dunkler. — c) Alle Schenkel braun; die vordersten gelblichbraun, die hintersten schwärzlichbraun. — d) Vorder- schenkel schwärzlichbraun, Mittel- und Hinterschenkel schwarz. — Daran schliesst sich von selbst: e) alle Schenkel schwarz: Chl. tibialis Dej. — Bei den beiden letzten Formen ist auch das dritte Fühlerglied ein wenig dunkler als bei Chl. Schrankii. — Bedenkt man ferner, dass alle diese Formen mit den Hauptformen der beiden in Rede stehenden Arten in Gesellschaft, und zwar häufiger als diese, vorkommen, so kann wohl kein Zweifel mehr darüber obwalten, dass beide Arten fortan nicht mehr zu trennen sind. Herr Lehrer Letzner hielt ferner einen Vortrag über die Stände der Chrysomela (Plagiodera) armoraciae Lin. In einem an der Oder gelegenen Garten Breslau’s bemerkte ich am 1. Juni d. J. auf der Unterseite eines Blattes der Salir viminalis (welche, wie hier gewöhnlich, mit Salöir amygdalina gemischt das ganze Ufer bedeckte) eine Gruppe von 8 weisslichen, länglichen, verhältnissmässig gestreckten Insekten- 12 * 92 eiern, welche unfern der Spitze des Blattes mit einem ihrer Enden so befestigt waren, dass sie auf der Blattfläche senkrecht standen und '/), — Y, Lin. von einander entfernt waren. Nach einem Zimmer ge- bracht, krochen am 5. Juni aus 6 derselben Larven hervor, welche, sich von den Blättern der Salix viminalis nährend, schnell heranwuchsen und am 13. bereits 1%, Lin. lang waren. Häutungen habe ich leider nur zwei beobachten können. Ihre grösste Länge hatten sie am 17. Juni mit 3 Linien erreicht, worauf sich die ersten am 19. dieses Monats verpuppten. Schon am 23. Juni, also nach 4 Tagen, kam der Käfer zum Vorschein. Es war Chrysomela armoraciae Lin. — Da die Verwandlungsgeschichte dieses Käfers noch nirgends beschrieben ist, er'aube ich mir Folgendes darüber mitzutheilen: Die Larve besteht aus Kopf, 3 Brust- und 8 Hinterleibs-Ringen, ist gestreckt, oben sehr wenig gewölbt, nach hinten von der Mitte ab allmälig verschmälert, und im Allgemeinen der Larve von Chrys. tremulae verwandt. Kopf und Prothorax sind tief schwarz, glatt, glänzend wie lackirt, der erste mit einzelnen Haaren besetzt, der übrige Körper matt, dunkelgrau; Unterseite weisslich. Fühler sehr kurz. Augen sind 4 vorhanden, welche ein regelmässiges Viereck bilden, dessen eine Ecke nach vorn gerich- tet ist. Am Aussenrande der beiden hintern Brust- und jedes Abdominal-Segmentes steht in der Mitte eine kleine, tiefschwarze Tuberkel, die ein Haar trägt. In geringer Entfernung davon nach Innen, jedoch ein Wenig mehr gegen den Vorderrand des Ringes zu, ein feiner schwarzer Punkt, welcher wahrscheinlich das Luftloch bezeichnet. Auf dem zweiten wie auf dem dritten Brustringe steht an der Stelle dieses Punk- tes jederseits eine hohe, kegelförmige Tuberkel, welche mit den eben erwähnten Punkten der Hinter- leibssegmente, von vorn nach hinten betrachtet, in einer Linie stehen, ganz ebenso, wie dies mit den vorher erwähnten Tuberkeln am äussersten Seitenrande der Fall ist. — Noch etwas weiter nach Innen, aber wieder in der Mitte des Segments (also mit der Tuberkel am Aussenrande in gleicher Richtung, wenn: ınan die Larve quer betrachtet), steht eine grosse schwarze Tuberkel, welche, von vorn nach hin- ten betrachtet, auf allen Segmenten wieder eine Reihe bildet und dem blossen Auge schon auffällt. Auf dem zweiten und dritten Brustringe ist diese Tuberkel kleiner als auf dem Abdomen und fällt mit der in der zweiten Längsreihe stehenden, grossen, kegelförmigen Erhöhung nahe zusammen. — Von der er- wähnten hohen Tuberkel jedes Hinterleibsringes etwas nach Innen, aber ein wenig mehr gegen den Hin- terrand desselben, steht ein warzenartiger, etwas in “die Quere gezogener, schwarzer Fleck. Auf dem Meso-, wie auf dem Metathorax stehen zwei solcher Flecken, der zweite mehr nach dem Vorderrande zu. — Sonach zeigt jede Hälfte der Oberseite der Larve vier Reihen schwarzer Erhabenheiten, von denen die erste am Aussenrande, die vierte unfern der auf der Mitte des Rückens sanft eingedrückten Längslinie steht. Die höchsten von allen sind die in der zweiten Reihe auf dem Meso- und Metathorax, welche wie kleine Hörner emporstehen, und, wenn das Thier gereizt wird, eine gelbliche Flüssigkeit von sich geben. — Auf der Unterseite bilden die schwarzen, die Luftlöcher bezeichnenden Punkte ebenfalls eine Reihe. — Das cylindrische Aftersegment kann herausgestossen werden und dient zum Anheften des Körpers. — Beine schwarz. — Die Larve frisst'bald auf der Ober-, bald auf der Unterseite der Blät- ter, und zwar nicht ein Stück des Blattes losschneidend, sondern so, dass sie (oft mitten auf der Blatt- fläche anfangend) einen Theil der Blattsubstanz wegnagt. Zuweilen lässt sie dabei die (von ihr aus ge- rechnet) unten liegende Epidermis stehen, zuweilen aber auch nur die Blattribben. — Will sich die Larve verpuppen, so setzt sie sich mit dem Aftersegmente an die Unterseite des Blattes fest, krümmt ihren Leib im Bogen, so dass er in der Mitte am weitesten von der Blattfläche absteht, der Kopf dagegen dieselbe wiederum berührt, und streift in dieser Lage die Larvenhaut ab, welche dann stets auf der Bauchseite der Puppe am Blatte hängen. bleibt und dieselbe bis zu der Spitze der Flügeldeckscheiden bedeckt. 93 Die Puppe ist ganz so, wie sie Ratzeburg in seinen Forstinsekten von Chrysomela tremulae Fig. 3G abbildet, ohne Behaarung, weiss, Kopf, Decken, Fühler und die Stellen der bei der Larve vor- handen gewesenen Tuberkeln und Flecken schwärzlich, aber erstere kaum noch erhöht. Sie ist an ihrer abgerundeten Spitze sehr fest am Blatte befestigt, steht an der Basis des nach aussen gewölbten Hinter- leibes am weitesten von demselben ab, und berührt es mit dem Kopfe wiederum. Kommt man ihr mit irgend einem Gegenstande zu nahe, so schnellt sie mit grosser Kraft den Vorderkörper weit empor (oft mehrere Male hintereinander) und lässt alsdann den Kopf bald wieder auf die Blattfläche zurückfallen. Die Neigung, in dieser Lage zu verbleiben, dauert übrigens auch nach dem Tode der Puppe noch fort, und nur durch längere Befestigung kann man sie endlich in eine andere Lage zwingen. Ein solches Exemplar der Puppe und drei Exemplare des aus den oben erwähnten Eiern gezogenen Käfers lege ich, wie einige angefressene Blätter, den verehrten Herren zur Ansicht vor. Derselbe zeigte ferner an in Schlesien sehr seltenen Käfern vor: 1) Dolichus flavicornis Fab. in 20 Exemplaren; 2) Brachinus explodens Duft. in 20 Ex.; 3) Lebia macularis Dej. in 8 Ex.; 4) Ochodaeus ehrysomelinus Fab. in 1 Ex.; sämmtlich im Laufe d. J. von Herrn Hauptmann Que- denfeld bei Gross-Glogau gefangen, das letzte Thier innerhalb der Festungswerke in einem Stadtgra- ben im Mai. — 5) Leptura (Strangalia) atra Fab. in 1 Ex., und 6) Lept. (Strangalia) pubescens Fab. in 2 Exemplaren. Die beiden letzten Arten von Herrn Letzner auf einer Reise zwischen Wartha und Silberberg am 27. Juli d. J. auf Dolden gefangen. Herr Hauptlehrer Letzner machte ferner folgende Mittheilungen über die Chrysomela varians Fab. Schon mehrfach habe ich (wie gewiss viele andere Entomologen) die Larve der Chrys. varians beobachtet und erzogen, und zwar sowohl in der Ebene als im Gebirge. Aus dem Aufsatze des Herrn Dr. Suffrian über die europäischen Chrysomelen (Linnaea entimol. V.) habe ich jedoch ersehen, dass Larve und Puppe dieses Thieres bisher weder von ihm selbst, noch von einem andern Entomologen be- schrieben worden sind, und deshalb ergriff ich die Gelegenheit, welche sich mir Anfang Juli d. J. nahe bei Breslau (am Lehmdamm) darbot, und nahm die etwa halb erwachsene Larve dieses Thieres mit in meine Wohnung, wo ich sie vollends gross zog. Von Larve, wie von Puppe, erlaube ich mir folgende kurze Beschreibung mitzutheilen: Die Larve ist durch ihre buckelige, hochgewölbte Gestalt von allen anderen mir bekannten Chry- somelen-Larven ausgezeichnet. Kopf tief schwarz; Augen und Fühler wie bei den bereits bekannten Arten. Prothorax schwarz oder schwärzlichbraun, mit einer hornartigen, glänzenden Schale bedeckt; der übrige Körper blass schmutzig-fleischroth, zuweilen in’s Grünliche spielend. Meso- und Metathorax sind auf der Oberseite von dem Hinterleibe weder durch Färbung und Bedeckung, noch durch Querein- drücke, geringere oder grössere Breite etc. unterschieden. An den Seiten des Abdomens stellen sich jederseits die 8 Luftlöcher als 8 kleine, schwarze Pünktchen dar. Die Beine sind schwärzlich. — Der hochgewölbte Körper des Thieres ist hinter seiner Mitte am breitesten und höchsten, und fällt nach hin- ten plötzlich ab. Derselbe erscheint dem Auge wie aufgeblasen, daher die bei anderen Arten sonst so deutlichen Querrunzeln, welche die Hinterleibsringe trennen, hier sehr fein, ja zuweilen fast undeutlich sind, Im Zustande der Ruhe zieht das Thier. den Anus stets bedeutend mehr nach vorn, als beim Lau- fen, daher ist sein Leib in diesem Zustande kürzer und auf dem Rücken gewölbter, so dass dieser ge- 94 gen die Spitze eine wieder nach vorn gekrümmte Linie darstellt. Das dünne Aftersegment dient wie bei anderen Arten dieser Gattung zum Anhalten, und kann um den Rand eines Blattes fast hakenförmig ge- krümmt werden. — Die Larve frisst, indem sie durch eine Bewegung des Kopfes und Vorderkörpers aus dem Blatte der Nahrungspflanze, jedesmal vom Rande nach der Mitte zu, einen Streif herausschnei- det, wobei die Taster genau auf dem Rande des auszuschneidenden Blattstückes fortlaufen. Die Puppe ist 2—2Y, Linien lang, ist überall blass hellroth und liegt frei in den Blattwinkeln der Futterpflanze. Die Augen sind ebenfalls röthlich, jedoch etwas dunkler als die Farbe des übrigen Kör- pers. Die Fühlerscheiden liegen auf der Bauchseite zwischen Halsschild, Flügeldecken und den Knien der vier vorderen Füsse. Kopf und Halsschild sind mit weitläuftig stehenden, sehr kleinen, schwärzlichen Tuberkeln besetzt, welche jedes ein Härchen tragen. Der Rücken des Hinterleibes ist hochgewölbt und daher stark gekrümmt; über seine Mitte zieht der Länge nach eine bräunliche, sanft eingedrückte Linie. Der Anus läuft in einen einzigen, ziemlich starken, schwärzlichen Dorn aus, in dessen Nähe mehrere kurze, schwärzliche Härchen auf ganz kleinen Tuberkeln stehen. Einige solcher Härchen finden sich auch an den Seiten des Abdomens, jedes Mal unfern der nur auf der Rückenseite sichtbaren, als 5 schwarze Pünktchen erscheinenden Luftlöcher. Hinterfüsse stark eingezogen, so dass nur das letzte Tar- senglied derselben über die Spitze der Deckschilde (nicht des Hinterleibes) hinausragt. Nachdem am 14. Juli die Larve sich verpuppt hatte, kroch schon am 19. Juli der Anfangs eben- falls ganz gleichmässig hell blassrothe Käfer hervor. Ein zweites, einige Tage später in den Puppen- zustand eingetretenes Exemplar verharrte auch nicht länger als 6 Tage in demselben. Wahrscheinlich war die grosse Hitze die Ursache dieser auffallenden Beschleunigung. Der Farbe nach gehörte das eine Exemplar der grünen, das andere der purpur-kupferrothen Varietät an. Weder Larve noch Puppe hatten eine solche Farbenverschiedenheit vermuthen lassen. In der Ebene pflegt das häufig vorkommende Thier auf Hypericum perforatum zu wohnen; . im Gebirge, wo Hyp. quadrangulare und Hyp. tetrapterum weit häufiger ist, auf diesen Pflanzen. Im Jahre 1849 erzog ich dasselbe aus kleinen Larven während meines vierwöchentlichen Aufenthaltes in Flinsberg im Monat Juli, wo es ebenfalls auf Aypericum quadranguwlare auf Wiesen, an Waldrändern etc. oberhalb des Bades (etwa 18002000 Fuss über dem Meere) in Menge vorkam. Herr Oberlehrer Rector Rendschmidt hielt einen Vortrag über die Arten der Gattung 'Melolontha Fab. Als in Schlesien einheimisch zeigte derselbe vor: a) von dem Genus Melolontha: 1) fullo Lin.; 2) vulgaris Fab.; 3) hippocastani Fab.; 4) solstitialis Lin.; 5) ruficornis Fab. — b) Von dem Genus Homaloplia: 1) brunnea Lin.; 2) holosericea Scop. — c) Von dem Genus Anomala Koep.: 1) Frischü Fab.; 2) horticola Lin. — d) Von dem Genus Anisoplia Lepellet.: 1) fruticola Fab.; 2) agricola Fab. — e) Von dem Genus Hoplia: 1) argentea Fab.; 2) praticola Duft.; 3) gra- minicola Fab. — Ausserdem zeigte derselbe noch sämmtliche in seiner Sammlung befindlichen exoti- schen Arten vor. i Derselbe hielt ferner einen Vortrag über folgende Arten der Gattung Lema Fab. 1) L. rugicollis Sufl.; 2) L. ceyanella Lin.; 3) L. melanopa Lin.; 4) Crioceris merdigera Lin.; 5) Crioceris brunnea Fab.; 6) Crioceris 12punectata Lin.; 7) Crioceris 5 punctata Fab., 95 und 8) Crioceris aspäragi Lin.; und knüpfte daran erläuternde Bemerkungen über Lebensweise der vollkommenen Insekten wie ihrer Larven. Derselbe zeigte ferner einen von ihm vor einer Reihe von Jahren auf der grossen Czantory bei Ustron gefangenen, bisher in. Schlesien jedoch nicht wieder aufgefundenen Käfer vor, welcher zu dem Genus Tentyria Latr. zu gehören schien, dessen Speciesnamen er bisher jedoch noch nicht hatte be- stimmen können. IE. Diptera. Heır Dr. phil. W. G. Schneider setzte die in Schlesien einheimischen Gattungen und Arten der Dipteren-Familie Asilica auseinander, und zeigte die folgenden Gattungen und Arten vor: A. Dasypogonartige Raubfliegen: 1) Leptogaster Meig. Von dieser Gattung sind bis jetzt nur folgende 2 Arten in Schlesien gefunden worden: 1) L. guttiventris Zetterst. (cylindricus Meig.), bei Lissa im Juli, von Schummel und Herrn Dr. Wocke. 2) L. eylindricus de Geer, überall häufig, im Mai und Juni, auch im Gebirge. 2) Dioetria Meig. mit folgenden 10 Arten: 1) D. oelandica Linne, um Breslau überall häufig, auch im Gebirge vorkommend, von Mitte Mai bis Ende Juni. 2) D. Reinhardi Meig., um Breslau selten; von Herın Dr. Wocke im Juli bei Oswitz ge- funden, von mir bei Salzbrunn und bei Reinerz, an letzterem Orte häufiger, gefangen. 3) D. atricapilla Fallen. Diese Art, welche in der Färbung der Beine etwas variirt, ist von Meigen und Macquart unter sieben Namen, als eben so viel Arten, beschrieben worden; sie ist bei Breslau weniger häufig als bei Glogau; Mai und Juni. 4) D. cothurnata Meig., um Breslau bei Oswitz von Herrn Dr. Wocke ein paarmal, und von mir bei Reinerz im Juli gefunden. 5) D. humeralis Zeller, bei Glogau von Herrn Prof. Zeller entdeckt und mir mitgetheilt. 6) D. rufipes de Geer, von mir in der Nähe des Zobten, Ende Mai, gefangen. , 7) D. flavipes Meig., um Breslau, Lissa, Kritschen, Zobten, überall häufig, ebenso bei Glo- \ gau, im Juni. 8) D. Baumhaueri Meig., in Schlesien selten. 9) D. linearis Fabr., um Breslau sehr häufig, in Scheitnig, Protsch a. W., Pilsnitz u. a. O., den Juni hindurch. 10) D. lateralis Meig. (haemorrhoidalis Meig., Zeller), bis jetzt nur bei Glogau von Herrn Prof. Zeller gefunden. 3) Dasypogon Meigen. Diese Gattung hat Herr Director Loew (v. Zinnaea entomol. Bd. II. p. 439.), um für die zahlreichen europäischen Arten eine leichtere Uebersicht zu gewähren, in zwei grosse Abtheilungen getheilt, und in diesen eine Menge sehr natürlicher Untergattungen errichtet, welche vielleicht einst Anspruch auf Gattungsrechte haben werden. Die beiden Abtheilungen sind folgender- massen charakterisirt: 96: A) Arten, deren Vorderschienen mit einem Enddorne besetzt sind. B) Arten, deren Vorderschienen keinen Enddorn haben. Aus den von Loew aufgestellten 17 Untergattungen mit 49 europäischen Arten sind nur 5 mit 10 Arten in Schlesien bis jetzt gefunden worden. Aus der Abitheilung A: Erste Untergattung: Dasypogon s. str., Knebelbart bis zur Mitte des Untergesichts reichend. 1) D. teutonus Linne, in der Ebene und im Gebirge häufig. 2) D. Diadema Fabr., um Breslau auf der Viehweide, im August; um Glogau (Zeller). Zweite Untergattung: Holopoyon, Körper lang und zart behaart, Kopf breit, Untergesicht ohne Höcker, Knebelbart bis zu den Fühlern reichend. 3) D. fumipennis Meig., von Herrn Prof. Zeller bei -Striegau gefunden und mir mitgetheilt. A) D. clavipes Loew (laniger Zeller), um Glogau in sandigen Gegenden nicht selten. Dritte Untergattung: Isopogon, erstes Tarsenglied verdickt, Thorax stark gewölbt. 5) D. drevirostris Meig., scheint nur im Gebirge vorzukommen, auf dem Hochwalde bei Salzbrunn, bei Reinerz u. s. w. 6) D. vitripennis Meig., von mir einmal im schlesisch-mährischen Gesenke gefangen. Vierte Untergattung: Lasiopogon, Körper lang gestreckt, wenig behaart, Hinterleibsringe weiss- lich gesäumt, Untergesicht mit grossem Höcker und Knebelbart. 7) D. einetus Fabr., der frühzeitigste Asilide, indem er schon Ende April oder Anfang Mai erscheint; um Breslau bei Lissa und auf der Viehweide bei Grüneiche, so wie bei Glogau an sandigen Orten nicht selten. Fünfte Untergattung: Cyrtopogon, Körper und Schenkel sehr behaart, Kopf und Untergesicht breit, Untergesichtshöcker sehr gross, das ganze Untergesicht einnehmend, Thorax mit hellen Zeichnungen. 8) D. ruficornis Fabr., nur im Gebirge, im Salzgrund, auf dem Zobten, Sattelwald, bei Reinerz, Schreiberhau. ; 9) D. maculipennis Macgq., Meig., (litura -Zell.), nur im höheren Gebirge; von Herrn Pro- fessor Zeller, Dr. Wocke und mir bei Reinerz, auf der hohen Mense und im Riesen- gebirge bei Brückenberg und Schreiberhau gefunden. 10) D. lateralis Fallen., ist, wie die vorigen, nur ein Gebirgsbewohner, z. B. bei Reinerz. Nach Herrn Prof. Zeller’s Angabe (Isis 1840, p. 45.) soll auch Das. fmbriatus Meig. in Schle- sien vorkommen; mir ist jedoch noch kein Exemplar dieser Art zu Gesicht gekommen, daher ich dar- _ über nicht urtheilen kann. \ B. Laphrienartige Raubfliegen. 4) Laphria Meig. Loew unterscheidet, je nachdem die erste Hinterrandzelle der Flügel offen oder geschlossen ist, zwei Gruppen. a) Erste Hinterrandzelle offen: 1) L. gibbosa Meig., die grösste einheimische Art, nicht häufig, im Gebirge, z. B. in Char- lottenbrunn und bei Ratibor; Juli, August. 2) L. ephippium Meig., bis jetzt nur als Gebirgsbewohner bekannt, nicht häufig, auf dem Sattel- und Hochwalde im Juli. 9 3) L. flava Meig., sehr gemein in den Vorbergen und dem höheren Gebirge, auf dem Sattel- und Hochwalde, bei Reinerz und im Riesengebirge; variirt sehr in der Grösse. 4) L. ignea Meig., nicht selten, um Breslau bei Paschkerwitz, Bruschewitz, bei Glogau, im Juli, August. 1 5) L. gilva Meig., mit der vorigen Art zusammen vorkommend, aber noch häufiger, selbst in Breslau’s Vorstädten; auch im Gebirge; bei Glogau. 6) L. marginata Meig., nur im Gebirge, am Hochwald und bei Reinerz, nicht häufig. 7) L. auribarbis Meig., sehr selten, bei Reinerz und auf dem Probsthainer Spitzberge. 8) L. rufipes Fallen, sehr selten, bis jetzt nur bei Reinerz gefunden. b) Erste Hinterrandzelle geschlossen. 9) L. atra Meig., sehr gemein, in der Ebene wie im Gebirge. (Der Schluss folgt im nächsten Jahresberichte.) IE. Lepidoptera Herr Dr. Wocke sprach am 20. März über die neueste Bearbeitung der Pterophoriden von Herrn Professor Zeller im 6ten Bande der Linnaen entomologica, und demonstrirte die bis jetzt in Schlesien gefundenen Arten der drei Genera: Agdistis Hüb. (1 Art), Pterophorus (31 Arten), und Alueita (2 Arten), Unter diesen wurden als selten oder noch wenig bekannt hervorgehoben: Pterophorus nemoralis Zell., der Ende Juli und Anfang August im höheren Vorgebirge an den Stengeln von Senecio nemorensis zu finden ist, in welchen die Raupe wohnt. So auf dem Gipfel des Zobten und im ganzen Riesengebirge in einer Höhe von etwa 2000 bis 2500 Fuss. Pter. distans Zell., von dem ein Exemplar auf dem Schwoitscher Fuchsberge bei Breslau gefan- gen wurde. il Pier. ericetorum Zell., um Breslau in mehreren Gegenden häufig, auf dürren, mit Hieracium pilo- sella und Thymus serpyllum bewachsenen Plätzen; bei Schwoitsch, Paschkerwitz, Lissa. Pter. trichodactylus Hüb., nur in Oderwäldern um Breslau und ziemlich selten, im Walde von Klarenkranst am häufigsten. ? Pter. graphodactylus Tr., den Zeller nur als Bewohner der Alpen kennt, fliegt auch in der schlesischen Ebene auf Torfmooren selten um Gentiana pneumonanthe, auf der hier wahrscheinlich die Raupe lebt. . Pter. Lieniganus Zell., von welchem Herr Dr. W. ein schönes Weibchen bei Schwoitsch zu Ende Juni am späten Abend zugleich mit mehreren Pter. tephradaetylus fing. Pter. Inulae Zell., dessen Raupe bei Pöpelwitz in den Blüthenköpfen von Inula britannica ge- funden wurde. Pter. carphodactylus Hüb., fliegt in Schlesien selten und vereinzelt im höheren Gebirge sowohl, als in den Oderwäldern bei Breslau; so bei Reinerz, im Salzgrunde bei Fürstenstein, aber auch in Kla- renkranst und bei Schwoitsch. Am 13. November hielt derselbe einen Vortrag über die systematische Bearbeitung der Schmetter- linge von Dr. Herrich-Schäffer, und insbesondere über dessen Eintheilung der Tortrieiden, theilte von dem bei HS. an die Spitze derselben gestellten Genus 7Teras seine Beobachtungen mit, und zeigte die in seiner Sammlung befindlichen Arten vor. Dieselben waren folgende: 1) Teras christana; 15 98 2) Abildgaardana mit den Variet. permutana und nyetemerana; 3) Logiana; 4) favillaceana ; 5) comparana; 6) Schalleriana; 7) ferrugana mit der Variet. rubigana HS.; 8) adspersana; 9) quereinana Mann; 10) miztana; 11) lipsiana; 12) scabrana W. V. mit der Variet. divisana Hübn.; 13) abietana; 14) Treueriana; 15) nebulana mit der Varietät roseidana; 16) asperana ‚ mit der Varietät suavana; 17) litterana; 18) Parisiana; 19) contaminana; 20) caudana; 21) effractana. - Herr Kaufmann A. Neustädt hielt folgenden Vortrag über die in Schlesien vorkommenden Arten ' der beiden Gattungen Leucania und Nonagria: Genus Leucania Ochs., Tr., Boisd. Die Raupen dieser Gattung sind spindelförmig, in der Mitte am stärksten, nach vorn und hinten schmächtiger zulaufend, gelblich oder hell fleischfarben mit dunkleren Rücken- und Seitenlinien; sie leben sämmtlich von Gräsern. Ich finde sie meist in den Monaten April und Mai erwachsen an grasigen Stel- len, zwischen abgefallenen, dürren Blättern. Besonders gaben mir zusammengerollie Blätter von Kasta- nienbäumen an Dämmen stets eine gute Ausbeute, da die Raupen dieser Familie, wie überhaupt auch sehr vieler anderer Noctuen, sich den Tag über zwischen denselben aufhalten, wahrscheinlich um vor Witterung, Regen und Sonne geschützt zu sein. An feuchten, sumpfigen Stellen, welche die Leucanien besonders lieben, an denen aber dürre Blätter fehlen, kriechen die Raupen oft in alte Rohrstengel, welche sie nur gegen Abend und Nachts verlassen, um ihrer Nahrung nachzugehen. In der ersten Zeit, als ich die Raupen nur mit abgeschnittenem Grase fütterte, gingen mir viele zu Grunde; nachdem ich aber spä- ter ganze Grasbüsche nebst ihrer Wurzel ausriss, solche auf den Sand in den Raupenbehälter that. und täglich ein Wenig anfeuchtete, erzielte ich die besten Resultate; das Gras blieb eine ganze Zeit lang frisch, die Raupen verpuppten sich zwischen den Wurzeln, und es missglückte mir von nun an nur selten die Zucht, wesshalb ich diese ganz einfache Methode Sammlern bestens empfehlen kann. Es dürften wohl noch mehrere Arten, als ich hier aufführen werde, in Schlesien einheimisch sein, da besonders sumpfige Stellen und das Nachsuchen in den vorerwähnten Rohrstoppeln von hiesigen Sammlern bis jetzt sehr vernachlässigt wurden. Bis jetzt sind als hier vorkommend bekannt: 1) Pallens L., F., H., Tr., D., B., ist die in Schlesien häufigste Art; sie kommt sowohl in der Ebene, wie auch im Gebirge vor. Hier bei Breslau findet man sie gegen Abend vom Juni bis in den September auf Wiesen, Aeckern, an Grabenrändern und Sümpfen in grosser Menge, an Blumen und Grä- sern schwärmend. Die Raupe fand ich oft an grasigen Stellen, auch einmal auf einem sandigen Brach- felde in ziemlicher Anzahl zwischen zusammengerollten und dürren Blättern von Verbascum Thapsus. Die Exemplare, welche ich aus diesen letzteren erzog, waren meist heller gefärbt, als die sonst erhaltenen Stücke. Hinsichtlich der Färbung, wie auch der auf den Vorderflügeln befindlichen schwarzen Punkte, variirt Pallens sehr, die hier am häufigsten vorkommende Form hat drei, viele Exemplare auch zwei, einzelne auch nur einen dieser Punkte. Die Abänderung mit einem Punkte gilt in vielen Samm- lungen für Pallida Borkh. Herr Otto v. Prittwitz hatte im Berichte des schlesischen Tauschverei- nes für Schmetterlinge Pallida Borkh. al$ bei Brieg vorkommend bezeichnet, mit der Bemerkung, dass er, obgleich Treitschke, wie auch Boisduval, dieselbe als Varietät zu Pallens gezogen, später ihre Artrechte zu erweisen gedenke, da die im Herbste von ihm erbeuteten Exemplare, wo Pallens nicht mehr flog, standhaft von dieser verschieden seien. Seit jener Zeit habe ich über Pallida nichts 99 mehr gehört, diese Exemplare auch nicht gesehen, wesshalb ich hierüber zwar nicht zu entscheiden wage, doch aber geneigt bin, der Ansicht des Herrn v. Prittwitz insofern beizutreten, dass Borkhau- sen eine andere Art als Pallens bei dem Entwerfen seiner Beschreibung vor sich gehabt haben musste, da ich unter der sehr variirenden grossen Masse von Exemplaren, welche ich zu vergleichen Gelegen- heit hatte, auch nicht ein einziges Stück habe herausfinden können, was mit Borkhausen’s Beschrei- bung genau übereinstimmte. 2) Bathyerga Boi., Fr., HS.; Nonagria Veetis Curt. Diese in den nördlicheren Gegenden Europa’s, in Dänemark und England vorkommende Art wurde mir vor einigen Jahren von meinem Bruder, welcher dieselbe in seinem damaligen, am Nicolai-Thore gelegenen Gewölbe am Lichte schwärmend ge- fangen hatte, noch lebend und gut in einem Exemplare überbracht. Wahrscheinlich mochte dies von dem in der Nähe gelegenen Stadtgraben, welcher durch seine grasreichen, zum Theil mit Rohr bewach- senen Ufer ganz geeignet für Leucanien und Nonagrien ist, dem Lichte nachgehend, herangeflogen sein. Curtis stellte diese Art in das Genus Nonagria, an welchem Platze, neben Cannae und Typhae, sie mir auch passender erscheinen würde. Ich hatte dies Thier kaum acht Tage auf dem Spannbrette, und der Leib war ganz ölig geworden, was mir stets bei Cannae, Typhae und ähnlichen Arten, nie aber bei Leucanien, wenn sie auch noch so lange Zeit in der Sammlung steckten, bis jetzt begegnete. Die Raupe ist, so viel mir bekannt, noch nicht entdeckt, und dürfte durch deren Auffinden wohl später ge- nauer Aufschluss gefunden werden, ob sie besser bei den Leucanien oder den Nonagrien untergebracht sein wird. 3) Impura H., Tr., B. ist in hiesiger Gegend des Abends an Blumen und Gräsern schwärmend, wenn auch nicht häufig, doch alljährlich in den Monaten Juni und Juli in mehreren Exemplaren gefangen worden. Die Raupe fand ich noch nicht; einem meiner Freunde gelang es, sie im Frühling in Sumpf- gegenden beim Durchsuchen alter Rohrstoppeln in Mehrzahl zu erlangen. Die Verpuppung erfolgte nicht in den Stoppeln, sondern an Halmen in erdigem Gespinnste. 4) Obsoleta H., Tr., D., B. wurde in früheren Jahren von dem verstorbenen Herrn Fehrle und dem Herrn Calculator Cretzius oft aus der Raupe erzogen und in ziemlicher Anzahl weiter ver- sandt. In neuerer Zeit wurde nur der Schmetterling einzeln bei Simmenau, Mittelwalde und in der Nähe von Breslau im Juni und Juli an Blumen schwärmend gefangen. Auch diese Art zieht sumpfige Gegen- den den trockneren vor. Wenn hiesige Sammler die Raupen nicht mehr auffanden, so liegt der Grund wohl lediglich darin, dass hier das Nachsuchen in den früher erwähnten Rohrstoppeln sehr vernachlässigt wurde, in welchen sowohl Raupe wie Puppe in anderen Gegenden in ziemlicher Anzahl angetroffen worden sind. / 8) L. album L., F. etc. ist in Schlesien selten, und fliegt im Juni und September auf sumpfigen Wiesen. Bis jetzt wurde sie stets einzeln bei Breslau, Brieg, Beneschau und Grünberg gefangen. 6) Comma L., Borkh., Tr., D., B.; Turbida H., Impura H., kommt fast allenthalben in Schle- sien vor. Hier bei Breslau finde ich sie alljährlich im Juni und Juli gegen Abend an Gräsern und Blu- men, besonders an Echium schwärmend. 7) Liüthargyria Esp., Borkh., H., Tr., D., B. ist besonders in der Ebene häufig; sie fliegt in hie- siger Gegend im Juni und Juli in Gesellschaft der vorigen an Blumen. Die Raupe finde ich jährlich in grosser Menge in dürrem Laube. Einer meiner Freunde erzog vor einigen Jahren eine recht schöne Abänderung dieses Falters in mehreren Exemplaren, bei welchem die ganzen Vorderflügel auf der oberen Seite wie mit schwarzen Punkten gleichsam überstreut waren. 15 * 100 8) Albipuncta F., H., Tr., D., B., Illig. scheint eine der in Schlesien seltneren Leucanien zu sein; den Schmetterling fing ich noch nie, dagegen erzog ich denselben wohl in 8 bis 10 Exemplaren aus an der Passbrücke bei Breslau in dürrem Laube gefundenen Raupen. 9) Conigera Fr., H., Tr., D., B. etc. allenthalben in Schlesien, im Gebirge wie in der Ebene, 'an- zutreffen. Ich fange den Falter jährlich Ende Juni und im Juli des Abends an Blumen schwärmend; auch klopfte ich denselben oft aus dürren Eichenbüschen. Die Raupe fand ich einzeln in Gesellschaft mit der von Lithargyria, Albipuneta und Pallens an grasigen Stellen zwischen dürren Blättern. Genus Nonagria Ochs., Tr., Boisd. Die Raupen dieser Familie, welche lang gestreckt und von bleichem, schmutzigem Ansehen sind, leben sämmtlich im Marke. von Rohr- und Schilfarten, in welchen sie sich auch verpuppen (auch andere, Chilonen und Haemylis findet man in denselben). Sie sind sehr leicht aufzusuchen, da fast eine jede Pflanze, in der sie gefressen haben, schon von Weitem leicht in die Augen fallen muss, indem die Herzblätter derselben stets verdorrt und gelb sind. Da es sehr schwer ist, die Pflanzen, in denen sich Raupen befinden, bis zur Verpuppung frisch zu erhalten, und demzufolge die meisten Thiere verderben würden, so ist es wohl bei Weitem rathsamer, die Puppen einzusammeln; doch auch diese vertrocknen gar leicht, da man nicht gut im Stande ist, ihnen stets die nöthige gleichmässige Feuchtigkeit zu geben, deren sie zu ihrer Entwicklung bedürfen. Es gingen mir von den eingesammelten in früherer Zeit im- mer über die Hälfte zu Grunde, weshalb ich verschiedene Versuche machte; es bewährte sich besonders Folgendes: ich schnitt die Pflanzen, in denen sich Puppen befanden, einige Zoll über und unter densel- ben ab, und steckte dann diese Pflanzenstücke, nachdem ich vorher dieselben gespalten, wodurch die Puppe sich freier bewegen konnte, aufrecht in ganz nassen Sand. Von der Zeit an, von welcher ich dies letztere Verfahren beobachtete, verdarben mir von Hunderten nur äusserst wenig Stücke. Bis jetzt wurden vom Genus Nonagria in Schlesien folgende Arten aufgefunden: 1) Fluıwa H., Tr., B. ist in Schlesien sehr selten; sie wurde erst zweimal aus dürren Eichen- büschen in der Nähe von Sumpfgegenden im Monat August geklopft. Die Raupe soll nach Herrn Mo- ritz zu gleicher Zeit im Juni mit der von Chilo Forficellus in Poa aquat. und Carer-Arten leben, und zwar innerhalb des unteren Theiles der Halme. Ich habe mir sie hier aufzufinden schon sehr viel Mühe gegeben, doch leider suchte ich bis jetzt vergeblich darnach. 2) Paludicola Hübn., Tr., B. Die Raupe und Puppe dieser Art fand ich öfters Anfang Juli in Arundo phragmites, woraus sich Ende Juli der Falter entwickelte. Eine ziemlich bedeutende Anzahl von Exemplaren dieser Art, welche ich aus Mecklenburg und Pommern erhielt, sind bei Weitem kleiner, und keines von so düsterer Färbung als meine gezogenen Exemplare. Hinsichtlich der Zeichnung finde ich keinen Unterschied, und dürfte die Abweichung in Grösse wie Färbung wohl nur durch das südli- chere Klima bedingte Lokal-Varietät sein. 3) Cannae Tr., D., B. Algae Esp. Borkh. Arundinis H. Obgleich ich den Schmetterling noch niemals im Freien gefangen habe, so finde ich doch die Raupe und Puppe alljährlich im Juli und August allenthalben in grosser Menge, wo Typha latifolia und angustifolia steht, in welchen sie, wie auch einzeln: in Seirpus lacustris und anderen Sumpfpflanzen lebt, aus denen sich der Falter noch im August entwickelt. Cannae kommt in der Ebene und im Gebirge vor. 4) Typhae Esp., Borkh., H., Tr., B. Arundinis F. Den Schmetterling habe ich ebenfalls, wie den vorigen, noch nicht gefangen, die Raupe und Puppe aber, aus denen ich auch oft die Varietät 2 u, 101 Fraterna erzog, alle Jahre sehr häufig in Gesellschaft der Vorigen in Typha lati- und angustifolia angetroffen. Typhae ist in der Ebene und im Gebirge zu finden. 5) Sparganii Hübn., Esp., Borkh., Tr. ist bis jetzt nur bei Breslau im August aus in 7ypha lati- folia gefundenen Puppen erzogen worden, welche in der Färbung und der auf den Vorderflügeln befind- lichen Makel stark variiren. Jedenfalls mag Sparganii in Schlesien sehr selten sein, denn obgleich seit mehreren Jahren viele hundert Exemplare von Cannae, Typhae und der Var. Fraterna erzogen wor- den sind, so waren darunter im Ganzen doch nur 6 Stücke dieser Art. Allenthalben, wo ich 7ypha antraf, fanden sich auch die vorerwähnten Nonagrien, und dürfte es wohl mit ziemlicher Gewissheit anzunehmen sein, dass, da deren Weibchen ausserordentlich träge und schwerfällig sind und also wohl nicht weit fliegen, sie ihre Eier an den Kolben von Typha absetzen, dieselben dann später mit dem Saamen der Pflanze vom Winde nach allen Richtungen hin geweht und auf diese Weise verbreitet werden mögen. Einen noch weit gefährlicheren Feind als die eifrigsten Samm- ler haben diese Arten an Vögeln, welche den Raupen und Puppen nachstellen, die Pflanzen an solchen Stellen, wo sich diese befinden, spalten und sie herausholen. Man nennt gewöhnlich den Storch, die gemeine Rohrdommel und das punktirte und rothblässige Wasserhuhn als diejenigen, welche diese uns oft so unangenehmen Verwüstungen anstellen. IV. Neuroptera Herr Dr. phil. W. G. Shneider hielt folgenden Vortrag: Die Insekten aus der Tribus Trichoptera Leach, entsprechend der Gattung Phryganea Linng, waren ihrer eigenthümlichen Larven wegen, welche in einem aus verschiedenen Stoffen selbst verfertig- ten Gehäuse leben, schon den Alten, z. B. Aristoteles, später auch Gesner und Moufet bekannt; jedoch erst Aldrovand kannte das aus diesen Larven sich entwickelnde Insekt; Valisnieri, Reaumur, Roesel und De Geer trugen Einiges zur näheren Kenntniss dieser Insekten bei; Linne endlich begründete den sy- stematischen Namen Phryganea für dieselben und ordnete sie, jedoch noch mit anderen Gattungen, z. B. Perla, vermischt, in die NNeuroptera seines Natursystems ein. Fabricius und Olivier bereicherten die Kenntniss der Arten, bis endlich Latreille die Gattung zur Familie erhob und mehrere neue Gat- tungen in derselben bildete; die Engländer Leach, Kirby u. A. gingen noch weiter und erhoben diese Familie zu einer neuen Ordnung Trichoptera , und errichteten darin mehrere neue Familien und Gattun- gen. Pictet, keine der von den Engländern eingeführten Neuerungen berücksichtigend, erniedrigte die Phryganiden wieder zum Rang einer Familie und nahm darin nur 8 Gattungen an; seine Artbeschreibun- gen und Abbildungen lassen viel zu wünschen übrig. Burmeister theilte die Familie Phryganeoda übersichtlich in 2 Gruppen und vermehrte die Zahl der Gattungen. Endlich in neuester Zeit lieferte Kolenati eine umfassendere monographische Bearbeitung dieser Familie, die er nach Kirby’s und Leach’s Vorgange mit dem Namen Trichoptera bezeichnet, und auch darin den genannten Engländern folgend, sie sogar zu einer den übrigen Neuropteren gleichwerthigen Ordnung erhebt, was wohl nicht gerechtfertigt erscheint. Diese Ordnung theilt Kolenati, offenbar Burmeister’s Schema zu Grunde legend, in 2 grosse Familien: 1) Heteropalpoidea und 2) Isopalpoidea. Die erstere derselben, Ae- teropalpoidea, theilt derselbe ferner in 2 grosse Unterfamilien mit 3 Tribus; die erste Unterfamilie um- fasst die Tribus Limnophiloidea, entsprechend der Gattung Limnophilus Leach; die zweite Unterfamilie umfasst die beiden Tribus: Phryganeoidea und Sericostomoidea, von denen hier nur erstere Gegen- stand der Betrachtung sein soll. Kolenati hat nicht nur die zahlreichen von Stephens und Curtis errichteten Gattungen angenommen, sondern noch 19 neue dazu aufgestellt, wozu die Verschiedenheiten im Flügelgeäder die wichtigsten Merkmale boten. Die erste Unterfamilie, Limnophiloidea, charakterisirt Kolenati wie folgt: Maxillar-Palpen des Männchens dreigliedrig; Vorderschienen mit 1 Sporn. Die zweite Unterfamilie dagegen: Maxillar-Palpen des Männchens viergliedrig; Vorderschienen mit 2 Spornen. Die zwei zu dieser Unterfamilie gehörigen Tribus sind charakterisirt: A. Sporne der Schienen unbeweglich, spitzig; Palpen fast nackt: Phryganeoidea. B. Sporne der Schienen beweglich, stumpf; Palpen rauhhaarig: Sericostomoidea. A. Phryganeoidea Kolen. Diese entspricht der Gattung Phryganea sens. strict. der neueren Autoren, und charakterisirt sich ausser den schon angegebenen Merkmalen noch dadurch, ‚dass die Randader (costa) der Flügel mit der subcosta eine anastomosis bildet; der radius subcostalis ist unter dem Randmal gebogen; die anasto- mosis postica der Oberflügel ist mit dem Hinterrande parallel; die areolae subapicales sind an Länge gleich; die anastomosis basalis fehlt. Die in Schlesien einheimischen Gattungen und Arten dieser Tribus sind folgende: l) Agrypnia Curtis. l) A. pagetana Curtis. (Phryganea aegrota Burm.) Bei Breslau nicht selten im Mai und Jüni; nach Kolenati auch in den Sudeten. 2) A. picta Kolen. Körper dunkelbraun; Thorax roth, gelbbehaart; Fühler röthlich, pechbraun gerin- gelt; Füsse schaalgelb, schwarzdornig; Oberflügel blass bräunlichgelb; Adern, die subcosta und den radius subcostalis ausgenommen, schwarzbraun; 2 Flecke im Randmal, eine schräge, un- terbrochene, halbmondförmige Binde von der Flügelspitze durch die Spitzenzellen gehend, und ein kleiner Fleck im Grunde der Kubitalzelle pechbraun; Unterflügel wasserhell. Grösse der vorigen Art. Selten; bei Reinerz im Juni von Herrn Dr. med. Wocke entdeckt. 2) Anabolia Stephens. Diese Gattung theilt Kolenati in folgende zwei Untergattungen: 1) Oligostomis Kolen., Schienbeine reichlich bedornt, mit langen Spornen. 2) Holostomis Percheron, Schienbeine sehr sparsam und kurz bedornt, und mit sehr kurzen Spornen. Nur von der ersteren: Oligostomis, sind Arten, und zwar sämmtliche von Kolenati erwähnten, in Schlesien einheimisch. 1) 4A. (Olig.) analis Fabr. (P. striata Burm.), um Breslau bei Scheitnig, Lissa, nicht selten, im Juni; auch im Glatzer Gebirge. 2) A. reticulata Linne; durch ganz Schlesien verbreitet und häufig; erscheint schon Mitte April und dauert bis in den Mai. 3) 4A. elathrata Hoflmsgg., der vorigen sehr ähnlich, aber durch die Färbung der Beine, deren Schen- kel an der Spitze, Schienbeine und Tarsen ganz schaalgelb sind, und durch die reichlicher - schwarz geflecktem Unterflügel leicht zu unterscheiden. Selten; zuerst in Schlesien von mir bei Lissa im Juni gefunden. PIE... ER Von der in Schlesien durch keine Art vertretenen Untergattung Holostomis wurde ein Repräsen- tant, die schöne Phr. phalaenoides Linne, welche sich ausser in Scandinavien, Russland und Italien auch, wiewohl selten, in Westpreussen findet, vorgezeigt. 3) Phryganea Linne. Kolenati verwirft den von Linn& eingeführten Namen und nennt diese Gattung Trichostegia, worin ich ihm nicht beistimmen kann, da kein Grund vorliegt, den Linne&’schen Namen, der zugleich den Ty- pus der ganzen Familie bildet, zu beseitigen. l) P. grandis Linne, die grösste einheimische Art und sehr verbreitet; um Breslau im Mai und Juni sehr häufig. 2) P. striata Linne (P. fulvipes Burm.), der vorigen höchst ähnlich, aber schon durch die dunkel- pechbraune Körperfärbung, durch die einfach schwarzgrauen Unterflügel, insbesondere aber durch die abweichende Bildung der Hinterleibsanhänge, welche beim Männchen fast parallel und nach oben und aussen gebogen sind, unterschieden. Findet sich meist mit der vorigen Art zusam- men und eben so häufig. 3) P. varia Fabr., um Breslau, jedoch nicht häufig; auch im Gebirge. 4) P. minor Curtis, die kleinste Art dieser Gattung, um Breslau an mehreren Orten, jedoch mehr auf bestimmte Lokalitäten beschränkt; bei Marienau, Protsch und Ingramsdorf, im Juni. Da diese Art sich vor ihren Gattungsverwandten dadurch auszeichnet, dass der untere Ast des ra- mus thyrifer auf dem Oberflügel des Weibchens nur eine Gabel, bei den übrigen aber zwei bildet, so könnte diese interessante Art wohl eine eigene Gattung bilden, für welche ich den von Kolenati für die ganze Gattung gebrauchten Namen ‚‚Trichostegia‘“ vorschlage. Noch ist einer traurigen Pflicht zu genügen. Kurz vor Ablauf des Jahres verlor nämlich die Sec- tion ihren verdienstvollen Veteran, den Professor emer. Herrn Peter Samuel Schilling, durch den Tod. Derselbe war geboren in Juliusburg am 10. April 1773, fungirte seit 1798 als Lehrer am hiesi- gen Gymnasium zu St. Maria Magdalena (als dessen erster College er im Jahre 1843 pensionirt wurde) und starb an Alterschwäche und Brustwassersucht am 15. December d. J. An ihm verlor die Section, der er seit 1821 angehörte, eines der ältesten und thätigsten Mitglieder. Die Jahres-Berichte der Section geben (von 1824 bis 1850) zahlreiche Belege dafür, und würden es noch weit mehr thun, wenn die in früheren Zeiten von ihm gehaltenen, an neuen Beobachtungen so reichen Vorträge unverkürzt, oder doch ausführlicher, als dem blossen Titel nach, hätten in dieselben aufgenommen werden können. Eine grosse Zahl neuer, von ihm zuerst erkannter Spezies (welche nur zuweilen einen nicht genügend scharfen, kri- tischen Blick vermissen lassen) ist darum oft weit später von anderen Entomologen als neu beschrieben worden. Er theilte in dieser Ungunst der Verhältnisse das Loos anderer schlesischer, wenigstens eben so tüchtiger Entomologen, wie Köhler, Hartlieb, Schummel etc. — Selbst bis in sein hohes Alter hatte ihm der Himmel einen regen Sinn für die Natur und ein lebendiges, fast jugendliches Interesse für die Insektenwelt erhalten. Erst seit dem Jahre 1851 erlaubte ihm sein Gesundheitszustand und die zu- nehmende Alterschwäche die Beschäftigung mit seinen Lieblingen nicht mehr. Durch seine früheren, sehr zahlreichen Excursionen in die Umgebung von Breslau und das schlesisöhe Gebirge (namentlich die 104 Grafschaft Glaz) war es ihm möglich geworden, zahlreiche für Schlesien eben so reichhaltige als interes- sante Sammlungen aus der Ordnung der Coleopteren, Hymenopteren, Lepidopteren und Hemipteren zusam- menzubringen; leider sind dieselben schon bei seinen Lebzeiten grösstentheils zu Grunde gegangen. — Ausser den in den Jahres-Berichten der schlesischen Gesellschaft enthaltenen oder doch wenigstens an- gedeuteten Arbeiten erschienen von ihm noch: 1) Emil, oder belehrende Unterhaltung für die Jugend, 12 Bde., 1801—6. 2) Das Mikroskop zur Verbreitung menschlicher Kenntnisse, 18505. 3) Der schle- sische Kinderfreund, 2 Bdchn., 182]. 4) Ausführliche Beschreibung und Abbildung der zu Wien und Breslau im August 1821 angeblich aus der Luft gefallenen Insecten, 1821. 5) Lustreise in die Graf- schaft Glaz, ein Wegweiser für Schaulustige ete., 1830. 6) Museum der Natur, Jahrg. 1834 und 1835. 7) Grundriss der Naturgeschichte für Gymnasien, 1838 (erlebte A Auflagen). 8) Ausführliche Naturge- schichte des Thier-, Pflanzen- und Mineral-Reiches, Bd. 1—5, 1836 — 41. 9) Der Jugendfreund, Jahrg. 1840 und 1841. — Ausserdem beschäftigte er sich früher sehr angelegentlich mit Verbesserun- gen bei dem Baue der Mikroskope und ähnlicher Instramente, wie mit der Bereitung und dem Schleifen der dazu nöthigen Gläser, und selbst in den letzten Jahren seines Lebens hegte er dafür noch ein le- bendiges Interesse. Die von ihm in fast allen ihren Theilen gefertigten Instrumente waren zu ihrer Zeit, obwohl sehr einfach in ihrem Aeussern, in ihren Leistungen doch bedeutend besser, als die damals gewöhnlichen. — Die irdische Hülle des Verewigten wurde am 18. December zur Erde bestattet, an demselben Tage, an welchem die Section diesmal ihr Stiftungsfest feierte. 105 Bericht über die Verhandlungen der meteorologischen Section im Jahre 1852 Professor Dr. J. G. Galle, Director der hiesigen Sternwarte, zeitigem Secretair derselben. I. der Sitzung vom 14. Januar, in welcher die Wahl des Secretairs stattfand, legte dieser einen Plan vor, betreffend die Bearbeitung der in Schlesien angestellten meteorologischen Beobachtungen für Klimatologische Zwecke. ‘ Die Zahl der Orte, von denen mehr oder minder zahlreiche meteorologische Beobachtungen hand- schriftlich und theilweis gedruckt auf der hiesigen Sternwarte zur Zeit angesammelt sind, ist öl, wenn man zu den Orten in Schlesien einzelne Orte aus Mähren und Sachsen hinzurechnet, die zur Verglei- chung dienen können. Die meisten dieser Beobachtungen sind auf Veranlassung und mit Instrumenten der Schlesischen Gesellschaft ausgeführt. Die Beobachtungen beginnen am frühesten in Breslau, wo schon in den Jahren 1717—30 eine Reihe von Aufzeichnungen gemacht ist, deren Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit indess noch einer besonderen Untersuchung bedarf. Die besseren Beobachtungen gehen vom Jahre 1791 (um die Zeit des Amtsantrittes von Jungnitz) bis auf die jetzige Zeit, und umfassen demnach einen Zeitraum von 61 Jahren, theilweis mit doppelten Aufzeichnungen in verschiedenen Loca- len. — Zwischen 30 und 20 Jahrgänge meteorologischer Beobachtungen sind vorhanden aus: Leobschütz, Habelschwerdt, Neurode, Kreuzburg, Neisse, Zittau; zwischen 20 und 10 aus: Glatz, Carlsruh, Klein- Kniegnitz, Kupferberg, Polnisch-Wartenberg, Landeshut, Oppeln, Reinerz, Zapplau, Ratibor und der Schneekoppe; zwischen 10 und 5 aus: Görlitz, Liegnitz, Hirschberg, Reichenstein, Löwen, Carlsberg, Löwenberg. Von den übrigen Ortschaften: Lampersdorf, Lauban, Schweidnitz, Troppau, Flinsberg, Frei- walde, Liebenthal, Massel, Prausnitz, Bunzlau, Carolath, Glogau, Leipe, Strehlen, Beuthen, Ober-Glogau, Rybnik, Tarnowitz und den mährischen Orten sind weniger als 5 Jahrgänge vorhanden. 14 106 Die Ermittelung von Resultaten aus diesen Beobachtungen ist wünschenswerth theils in Beziehung auf manche practische Interessen, theils in wissenschaftlicher Hinsicht und in Beziehung auf die bei fer- nerer Fortsetzung der Beobachtungen etwa rathsamen Verbesserungen. Die Menge der Rechnungen, welche zu machen sind, um aus den mehr als 400 Jahrgängen der Beobachtungen klimatologische Uebersichten zu erhalten, ist indess nicht unerheblich, und es ist anzu- nehmen, dass mehrere Jahre zur Vollendung der Arbeit erforderlich sind. Damit daher dieselbe, na- mentlich für einen einzelnen Rechner, sich nicht in’s Unbestimmte verzögere, ist es nöthig, sich auf eine mässige Anzahl nützlicher und allgemein verständlicher Fragen zu beschränken, dem besonderen, mehr klimatologischen als meteorologischen, Zwecke entsprechend, ohne auf zu viele künstlich combinirte und die Uebersicht erschwerende specielle Untersuchungen einzugehen. — In Bezug auf die einzelnen Instrumente und Beobachtungsangaben wurde hiernach der Plan zur Bearbeitung in folgender Weise von der Section angenommen. . Das Thermometer. Aus den Angaben dieses für die Klimatologie vorzugsweis wichtigen und das Interesse in Anspruch nehmenden Instrumentes ist zu bestimmen: 1) Die mittlere Temperatur der einzelnen Monate und Jahre, und das allgemeine Mittel für den betreffenden Ort. Hierbei wird das Mittel aus den drei täglichen Beobachtungsstunden zu Grunde ge- legt. Sind dieses Stunden, welche das Tagesmittel um mehr als 0%] unrichtig bestimmen, so wird die an die Monats- und Jahresmittel dieserhalb angebrachte Correction in einem besonderen Zusatze angegeben. 2) Die grösste Wärme und die grösste Kälte in den einzelnen Monaten, Jahren, und überhaupt, mit jedesmaliger Angabe des Tages. 3) Die Zahl der Frosttage in den einzelnen Jahren. 4) Erster und letzter Frost in den einzelnen Jahren. 5) Die Zahl der Wechsel zwischen Wärme und Kälte (oder der Durchgänge durch 0°), nach der mittleren Temperatur der einzelnen Tage bestimmt: Es handelt sich hierbei um eine ungefähre Kennt- niss der Beständigkeit des Frostwetters im: Winter, daher unbedeutende Nachtfröste nicht [wie bei 3) und 4)] in Betracht kommen. 6) Für die genauere Prüfung des Klima’s und der Einwirkungen desselben auf das Pflanzenreich ist es nicht genügend, die Mittel und Extreme der Temperatur zu kennen, sondern es kommt dabei viel auf ‚das längere oder kürzere Verweilen auf gewissen Stufen der Temperatur an. Um in dieser Beziehung die einzelnen Orte genauer mit einander und mit ferner liegenden Gegenden vergleichbar zu machen, erscheint es zur Uebersicht dienlich, wenn grössere Stufen von 5° zu 5° gebildet und die Tage gezählt werden, wo die Tagestemperatur innerhalb dieser sich befand. Stufen von ungefähr dieser Grösse (eine gewisse Willkür ist dabei nicht zu vermeiden) sind bemerklich für das Gefühl, sowie für das Ge- deihen der Pflanzenwelt, und entsprechen überdem der gewöhnlichen täglichen Schwankung des Thermo- meters in unseren Gegenden, die dann dabei nicht erheblich in Betracht kommt. Es ist demgemäss an- zugeben die Zahl der Tage mit mittleren Temperaturen a) unter — 100, b) zwischen — 16% und — 5%, ce) zwischen — 5° und 0°, d) zwischen 0° und + 5°, e) zwischen + 5° und + 10°, f) zwischen + 100 und + 15°, g) zwischen + 15° und + 20°, und h) über + 20% — Auch zur Vergleichung der Sommerwärme und Winterkälte der einzelnen Jahrgänge eines und desselben’ Ortes kann eine der- artige Abstufung als vortheilhaft betrachtet werden. 107 I. Dis Denen Da Höhenbestimmungen bei der vorliegenden Arbeit keinen Hauptzweck bilden, so ist eine genaue Kenntniss des absoluten Standes der Barometer nicht erforderlich. Bei merklichen Abweichungen und Aenderungen sind indess diese besonders anzugeben. Im Uebrigen sind für das Barometer zu berechnen: 1) die monatlichen und jährlichen Mittel, wobei die Tagesmittel, ohne Correction wegen der an einigen Orten verschiedenen Beobachtungsstunden, zu Grunde gelegt werden; 2) der höchste und der niedrigste Stand in den einzelnen Monaten au Jahren, und überhaupt, mit Angabe des Tages; und hieraus 3) die Grösse der Schwankungen in den einzelnen Monaten und Jahren. Bei 2) und 3) sind reducirte Barometerstände für Ö0 anzuwenden. Die Reduction der Monatsmittel auf 0° wird hinreichend genau dadurch erlangt, dass die mittleren monatlichen Stände des Thermometers am Barometer angewandt werden. I. ,‚D23.H y:5romet em An den wenigen Orten, wo Hygrometer- oder Psychrometer-Beobachtungen gemacht sind, sind zu bestimmen: 1) die monatlichen und die jährlichen Mittel; 2) die monatlichen und jährlichen Extreme, mit Angabe des Tages. IV Die-Windesrichkung. Bei dem Einflusse der Windesrichtung auf die Temperatur, den Barometerstand, die Feuchtigkeit und das gesammte Klima eines Ortes sind die darauf bezüglichen Fragen mit einiger Vollständigkeit zu erörtern. Es ist zu bestimmen: E 1) Die mittlere Luftströmung in den einzelnen Monaten und Jahren, redueirt auf die Scale 0 bis 4 der Intensitäten und berechnet mit Rücksicht auf diese nach der Lambert’schen Formel. Wo keine Intensi- tät angegeben ist, wird die Intensität 1 zu Grunde gelegt, welches nahezu die mittlere ist. Es werden dabei acht Windesrichtungen unterschieden, da bei 16 Richtungen die Rechnung zu weitschweifig wird und mit der Genauigkeit der Resultate, die hierbei möglich ist, in keinem Verhältnisse steht. Die be- rechneten mittleren Resultate für die einzelnen Monate und Jahre werden in Graden angegeben. Auch sind die Componenten nach Süd und West besonders anzugeben. Als Einheit der ne dient die bei der gewöhnlichen Scale 0 bis 4 angewandte Intensität 1. 2) Die Anzahl der Winde nach den acht Hauptrichtungen in den einzelnen Monaten und Jahren. Wenn 16theilig beobachtet ist, so werden [wie auch bei 1)] die Zwischenrichtungen zur Hälfte den be- nachbarten Hauptrichtungen zugezählt, z. B. Westsüdwest theils zu West, theils zu Südwest. | 3) Die mittlere Intensität der acht Windesrichtungen in den einzelnen Monaten und Jahren (wenn überhaupt die Intensitäten beobachtet sind): um zu bestimmen, aus welcher Richtung die heftigeren Strö- mungen stattfanden. 4) Der Einfluss der Windesrichtung auf das Thermometer und einige sonstige Witterungsverhält- nisse, namentlich auch die Niederschläge. Diese Untersuchung wird, je nachdem die Beobachtungen sich dazu eignen, mehr oder minder ausführlich anzustellen sein, für mehrere Orte auch ganz übergangen werden können. 14* 108 V. Die Himmelsansicht, die Wolkenbildung und der Wolkenzug. Es ist für die einzelnen Monate und Jahre zu ermitteln: l) Die Zahl der heiteren, gemischten und trüben Tage. Die gewöhnlichen Scalen für die Bedek- kung des Himmels. von O bis 4 oder von O bis 10 sind der leichteren Uebersicht wegen auf diese rohere Eintheilung zu reduciren. 2) und 3) Die vorherrschenden Wolkenformen und der vorherrschende Wolkenzug. Diese beiden Angaben, wenn Beobachtungen darüber angestellt sind, sind ohne genauere Zählungen und Berechnungen blos nach einer ungefähren Ansicht des Tagebuchs beizufügen. VI. Die Niederschläge. Es ist zu ermitteln: 1) Das Quantum der wässerigen Niederschläge, wo dieses beobachtet ist. 2) Die Zahl der Tage, wo Regen, Schnee, Graupel, Schlossen und Hagel fiel. 3) Die Zahl der nebligen Tage. 4) Die Zahl der Tage mit Gewittern. Auch diese Angaben sind nach den Zeitabschnitten des Monats und des Jahres zu ordnen. — Die Eintheilung in Vierteljahre wird hier, wie auch im Vorhergehenden, zur Ersparniss an Zeit und Raum nicht anzuwenden sein, da überdem jeder Leser leicht aus den Monatsmitteln vierteljährige Mittel, wo diese erforderlich sein sollten, selbst herleiten kann. Neben diesen sechs Hauptabtheilungen der Arbeit, die für jeden Ort durchzuführen ist, sind dann sonstige Bemerkungen, welche ein wissenschaftliches oder allgemeines Interesse haben können, sorgfältig zu sammeln, und dem Abschnitte, welcher jedem Orte gewidmet ist, beizufügen. _Desgleichen ist für jeden Ort eine Angabe der geographischen Länge und Breite, der Höhe über der Meeresfläche und eine Beschreibung des Beobachtungsplatzes überhaupt, sowie der Instrumente vorauszuschicken, insoweit An- gaben der Beobachter über diese Gegenstände vorhanden sind. j Ih Obwohl demnach nicht alle Untersuchungen in die beabsichtigte klimatologische ‘Schrift etäiahe men werden können, zu denen die vorhandenen Beobachtungen das Material liefern (da der 'dargelegte Plan bereits einen beträchtlichen Umfang der Schrift zur Folge haben wird), so darf dach erwartet wer- den, dass dieselbe bei den meisten hierher gehörigen practischen und missenachahliekon, Untersuchungen die etwa gewünschte Auskunft nicht versagen werde. Zur vorzugsweisen Betheiligung an den betreffenden Rechnungen hat sich der Gehülfe PR Stern- warte, Herr Günther, erboten, was für die Förderung dieses umfangreichen Unternehmens einen um so bestimmteren Erfolg verspricht, als derselbe nicht nur in numerischen Rechnungen geübt ist, sondern auch selbst seit länger als 6 Jahren die zahlreichen meteorologischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte mit Fleiss und Sorgfalt ausgeführt hat. — Von den vorhandenen Beobachtungen wurden der Section zwei Verzeichnisse vorgelegt, das eine nach den Orten, das andere nach den Jahrgängen geordnet. Das nach den Ortschaften geordnete Ver- zeichniss der Jahre, von welchen Beobachtungen vorhanden sind, ist, mit Beifügung der Namen der Beob- achter,. das folgende: Beuthen. Beobachter Schulz. 1830. j Breslau. 1717 Juli bis 1730; noch näher zu untersuchen. Genauere Beobachtungen beginnen mit 1791 und scheinen während des 6l jährigen Zeitraums bis 1852 nur einmal im Jahre 1832 unter- brochen zu sein, wo dieselben aber durch gleichzeitige Beobachtungen in anderen Localen zu ergänzen d 109 sein werden. In einigen Jahren sind die Beobachtungen sehr zahlreich, theilweis von 2 zu 2 Stunden, angestellt. (Brünn. Beob. Dr. Schindler und Jurende. 1824.) (Bodenbach bei Tetschen. Beob. Forstmeister Seidl. 1841, und Uebersichten der Beobachtungen von 1828—1840.) Bunzlau. Beob. Oberlehrer Krüger. 1823 Januar bis August. 1824 Febr. — Juli. Sept. — Dec. Carlsberg an der Heuscheuer. Beob. Oberförster v. Rottenberg. 1835 Juni — Decemb. 1836. 1837 excl. Mai, Juni. 1838. 1859 Januar — April. Carlsruh bei Oppeln. Beob. Oswald. 1800—1802 März 6. 1804. 1805—1806 Juli. 1814 bis 1824 Juni. Carolath. Beob. Fürst Carolath und Cand. Kleemann. 1836 Aug. — 1837 August. (Cyanowitz. Beob. Oberamtmann Altmann. 1824 Januar — August.) Flinsberg. Beob. Bade-Inspector Langer. 1823—1825 März. Freiwalde. Beob. Weeber. 1836 Mai — 1838 Juni. Glatz. Beob. Prof. Schimmel und Oberlehrer Dr. Finger. 1822--1829 Febr. (mit vielen Unter- brechungen). 1836 August — 1840 April. 1842 April — 1844. 1846—1847 März. Glogau. Beob. Oberlehrer Spiller und Oberlehrer Röller. 1837 Mai — 1838 Juni. Görlitz. Beob. Oberlehrer Hertel. 1836—1844 excl. Juli 1835 und 1840. Uebersicht von 1846. Diese Beobachtungen werden noch fortgesetzt und seit einigen Jahren an das K. statistische Bü- reau in Berlin eingesandt. Habelschwerdt. Beob. Rector Marschner. 1825— 1836 (1836 unvollst.). 1837 excl. März, April. 1838 Jan. Febr. 1840. 1841. 1842 Juli — Sept. Dec. 1843 Jan. — Juni. 1844 Oct. — Dec. 1845 excl. 2tes Quartal. 1846. 1847. 1848 Juli — Dec. 1849 Jan. — Juni. — Ferner sind in Brandt bei Habelschwerdt von Hallmann und Bobisch in den Jahren 1823 und 1824 Beobachtungen angestellt. Hirschberg. Beob. Gymnasial-Director Ender. 1832 Sept. — 1838 Sept. (Iglau. Beob. Magistratsrath Sterly 1824.) ; Klein-Kniegnitz am Zobtenberge. Beob. Pastor Leupold. 1823—1838 August. s Kreuzburg. Beob. Apotheker Lehmann. 1823 — 1828 Nov. 10. 1829 Apr. — 1838. 1841 Jan. — April. ‚. Uebersichten 1540 und 1842. 1845—1847 Febr. 1847 Juni — 1849. Kupferberg. Beob. Apotheker Grossmann und Apotheker Chaussy. 1836 Aug. — 1841 Sept. 1842. 1844—1850. Uebersichten 1836—1841. Diese Beobachtungen werden auf Veranlassung des K. statistischen Büreau’s in Berlin von Herrn Chaussy noch fortgesetzt. Lampersdorf. Beob. Gottwald. 1836 Juli — 1837 Sept. 1839 Juli — Oct. 1840 Mai, Juli — Oct. Landeshut. Beob. Pfarrer Förster, Oberlehrer Herrmann, Wende und Höger. 1836 Sept. bis 1839. 1840 excl. Juni und Dec. 1842 excl. Jan. — März. 1843—1845. 1846 excl. Febr. — Apr. ' 1847 excl. Aug. 1851 Jan. — Juni. Lauban. Beob. Oberlehrer Wicher. 1836 Aug. — 1839 Jan. Leipe (Nieder-Leipe). Beob. Cand. Sternagel. 1836 Aug. — 1837. - Leobschütz. -Beob. Prof. Schramm und Oberlehrer Dr. Fiedler. 1823—1838 Novemb. 1839. 1840. 1841 März — 1849 Juni. 1849 Nov. 1850 Jan. Febr. Nov. Dec. 1851 Jan. — Aug. Liebenthal. Beob. Graf Schweinitz. 1836 Sept. — Dec. 1837 excl. Apr. 1838 Jan. — Juni. September. Liegnitz. Beob. Prof. Keil. 1836 Aug. — Dec. 1837 exel. Apr. — Aug. und Oct. 1838 excl. April. 1839. 1840 excl. Januar. 1841 excl. Dec. 1842 excl. Juli. 1843. 1844 excl: Sept. Oct. Dec. j Löwen. Beob. Apotheker Büttner. 1844 Juli — 1849. Löwenberg. Beob. Neumann. 1822— 1826 März. Massel bei Trebnitz. Beob. Gutsbesitzer von Kioch. 1836 Sept. — 1837. 1838 Jan. Juli Aug. Sept. Neisse. Beob. Director Petzeldi. 1824—1836. 1842—1851 Apr. Neurode. Beob. Schichtmeister Rhode und Apotheker Lauterbach. 1822—1825. 1826 unvoll- ständig. 1827—1843 Oct. 1844 Apr. — 1845. 1846 Febr. — 1847. j (Niemce bei Slawkow in Polen. Beob. Schneider. 1825 Febr. Mai — Dec. 1824.) Ober-Glogau. 1825 Jan. — März; eingesandt von Seminar-Director Müller. Oppeln. Beob. Apoth. Grabowski und Apoth. Koch. 1837 Mai. 1838. 1839 exel. Juli. 1840 excl. Jan. — März, Juni. , 1841 excel. Jan. — Apr. 1842—1847. 1848 excl. April — Juni. Prausnitz. Beob. Lehrer Raabe. 1845 April — 1847 Juni. Ratibor. Beob. Oberlehrer Fülle. 1842 Febr. Aug. — Dec. 1843 exel. Febr. — Juli. 1844. 1845 excl. Nov. 1846 excl. Juli — Sept. 1847 excl. Jan. 1848. 1849. 1850 excl. Apr. — Juni. 1851. 1852. Diese Beobachtungen werden von Herrn Oberlehrer Fülle auf Veranlassung des K. statist. Büreau’s fortgesetzt. i Reichenstein. Beob. Stadirichter Harazim. 1836 Aug. — 1838. 1839 excl. Nov. 1840 bis 1842 März. | Reinerz. Beob. Tautz: 1522 Oct. — 1833. Beob. Emphinger: 1828 Juli, Aug. Schneekoppe. 1824—1833 die Sommermonate. Beob. Siebenhaar aus Warmbrunn. Schweidnitz. Oberlehrer Türkheim. 1836 Aug. — 1839. (Spachendorf. Beob. Saliger. 1824. 1825 Jan.) Strehlen. Beob. Scholtz. 1846 Oct. — Dec. 1847 Jan. Febr. Juni — Sept. Tarnowitz. Beob. Kochler. 1823. (Troppau. Beob. Genik, Präfect des Gymnasiums. 1824. 1826—1828.) Waldenburg. 1821 Juli — Dec. E P.-Wartenberg. Beob. Hofrichter. Uebersichten 1818—1824. Beobachtungen 1825—1836. 1837 Jan. — Juni, Sept. — Dec. Zapplau bei Guhrau, auf dem Dominium. Beob. Hausmeister Lorenz. 1819—1830 März. (Zittau. Beob. Hauptmann Dreverhofl. 1!828—1850.) % In der Sitzung vom 27. October gab der Secretair einen Bericht über den Fortgang der die Provinz Schlesien betreffenden klimatologischen „Rechnungen. Nach dem in der Sitzung vom 14. Januar vorgelegten Plane wurde noch im Laufe eben dieses Monats mit der Ausführung der 'numerischen Rechnungen begonnen, und es schien um so mehr angemessen, dass Herr Günther einen Theil seiner’ Zeit auf diese Arbeit verwendete, als die bevorstehenden (nun- mehr grossentheils beendigten) Bau-Reparaturen auf der Sternwarte eine geregelte astronomische Thätig- keit nicht zuliessen, und als die Bearbeitung, wenigstens der Breslauer meteorologischen Beobachtungen, 1 für die Sternwarte ohnehin früher oder später als eine Obliegenheit erschien. Es kommt hinzu, dass die 61 jährige Reihe der Breslauer Beobachtungen zu allen anderen Beobachtungen- in der Provinz Schlesien (deren die meisten erst seit 30 Jahren datiren) gleichzeitige und vergleichbare Resultate liefert und dass die Beobachtungen hier angesammelt sich vorfinden, so dass die Bearbeitung von Seiten der Sternwarte als zweckgemäss sich darstellte. In erfreulicher Weise fügte es sich, dass auch einer der Beobachter in der Provinz, Herr Apotheker Büttner aus Löwen, gegenwärtig hier in Breslau, Zeit und Neigung gewann, sich an den umfangreichen unternommenen Rechnungen zu betheiligen. Hierdurch wurde es möglich, dass noch vor Ablauf eines Jahres nahe die Hälfte der gesammten Rechnungen beendigt wor- den ist und der Section zur Ansicht vorgelegt werden konnte. Dieselben sind nach einer gleichförmig tabellarischen Form geordnet, die eine leichte Uebersicht über die Vollständigkeit der einzelnen Jahr- gänge gestattet und überhaupt bei dem Umfange des Materials nicht entbehrt werden konnte. — Die bisher bearbeiteten Stationen, nebst einigen der Gesammt-Resultate, sind folgende: I. Kreuzburg, 600 Fuss über dem Meere liegend. Gegen Ende des Januar begann Herr Gün- ther seine Rechnungen mit dieser in der Ebene gelegenen Station, nachdem schon vorher in Bezug auf eine besonders interessante andere Station, nämlich die Schneekoppe, einige Vorarbeiten gemacht wor- den waren. In Kreuzburg beobachtete 27 Jahre hindurch bis zu seinem 1849 erfolgten Tode mit gros- ser Sorgfalt der Apotheker Lehmann. Die mittlere Temperatur von Kreuzburg ergiebt sich + 6%2, die Extreme der Temperatur waren + 27%5 und — 21%5. Durchschnittlich war jährlich an 36 Tagen die mittlere Tagestemperatur über + 15° an 5 Tagen unter — 10°. Mittlerer Barometerstand 330,28, Extreme 340,14 und 316,45. Mittlere Windesrichtung (von Süd nach West gezählt) 44°, also nahe SW., mit der Intensität 0,34. 107 heitere, 196 gemischte, 62 trübe Tage. Höhe der Niederschläge 25 Zoll. ‘ II. Die.Schneekoppe. Hier beobachtete in A960 Fuss Höhe in den 11 Sommern der Jahre 1824 bis 1834 der Wirth Siebenhaar. Die Resultate dieser Rechnungen sind, da sich Jahresmittel nicht zie- hen liessen, bis jetzt noch in keine vergleichende Uebersicht gebracht. Der Barometerstand auf der Koppe ist nahezu 23 Zoll. Was die Windesrichtung betrifft, so ist dieselbe zwar in den monatlichen Mitteln veränderlicher als in der Ebene, doch gestaltet sich das allgemeine Mittel ebenfalls zu einer süd- westlichen Richtung, wie an anderen Orten Schlesiens und Deutschlands. Von den Sonnen-Auf- und Untergängen ist auf der Schneekoppe, nach den darüber geführten Verzeichnissen, etwa der dritte Theil wahrzunehmen. IM. Kupferberg. Nach den 15jährigen daselbst angestellten Barometer-Beobaehtiugdn ergiebt sich durch Vergleichung mit Breslau die Seehöhe des dortigen Instruments zu 1609 Fuss. 183638 beobachtete Apotheker Grossmann, von da bis jetzt Herr Apotheker Chaussy. Mittlere Temperatur + 499, Extreme + 28°%0 und — 20%5. 18 Tage jährlich über + 15°, 5 Tage jährlich unter — 10°. Mittlerer Barometerstand 317,03, Extreme 325,10 und 303,62. Die Windesrichtung ist wegen der Lage des Thales fast lediglich auf Ost und West beschränkt und beträgt. im Mittel 96°, mit der Intensität 0,42. 70 heitere, 151 gemischte, 144 trübe Tage. IV. Ratibor, in 619 Fuss Höhe. Seit 1848 eine der Stutionen m K. statistischen Büreau’s in Berlin. 10 Jahrgänge, jedoch die vor 1848 minder vollständig. Beobachter Herr Oberlehrer Fülle. V. Leobschütz, in 891 Fuss Höhe. 28 Jahrgänge und die monatlichen Temperaturmittel von 19 Jahrgängen, zusammen 47 Jahrgänge. Die Beobachtungen von 1805 bis 1849 sind von dem nun- mehr verstorbenen Professor Schramm ausgeführt; seitdem beobachtet Herr Oberlehrer Dr. Fiedler. Der letztere hat selbst auch die Beobachtungen neuerdings bearbeitet und brieflicher Mittheilung zufolge die mittlere Temperatur + 6°%3 gefunden. 112 VI. Neurode, in 1234 Fuss Höhe. Hier beobachteten Schichtmeister Rhode und Apotheker Lauterbach. Von dieser Station hat Herr Günther bisher 8 Jahrgänge berechnet. DT . zs a7, Es folgen jetzt die von Herrn Büttner bearbeiteten Stationen: Nena I. Löwen, 491 Fuss Seehöhe, wo Herr Büttner selbst in den Jahren 1840—49 die Beobach- tungen ausgeführt hat, 10 Jahrgänge umfassend. I. Oppeln, 452 Fuss über dem Meere. In den Jahren 1837—-39 beobachtete Apotheker Gra- bowski, 1840—48 Apotheker Koch. Leider werden einzelne der aus diesen. 12 Jahrgängen gezoge- nen Resultate nicht benutzt werden können, da namentlich das Thermometer oft den Sonnenstrahlen aus- gesetzt gewesen ist. II. Klein-Kniegnitz am Zobtenberge. 16 Jahrgänge von dem verstorbenen Pastor Leupold beobachtet und durch Sorgfalt und Vollständigkeit sehr ausgezeichnet. Mittlere Temperatur + 69,4, Exireme + 269,2 und — 239,0. Tage über 15° Wärme 46 jährlich, Tage unter 10° Kälte 6 jährlich. Mittlerer Barometerstand 329,93, Extreme 340,75 und 317,10. Mittlere Windesrichtung 98°, im Som- mer mehr nordwestlich, im Winter mehr südwestlich. Heitere Tage 92, gemischte 115, trübe 158. Mittlere Regenmenge 20,7 Zoll. IV. Glatz, in 966 Fuss Höhe; 10 Jahrgänge; 183640 und 1842—44 beobachtete Professor Schimmel, 1846 und 1847 Oberlehrer Dr. Finger. Mittlere Temperatur + 50,7, Extreme + 26°%1 und — 25%0. Ueber 15° Wärme an 29 Tagen, unter 10° Kälte an 6 Tagen. Mittlerer Barometer- stand 325,33, Extreme 333,97 und 313,75. Mittlere Windesrichtung 74° 83 heitere, 63 gemischte, 220 trübe Tage. Im Ganzen sind von Herrn Günther die Rechnungen für 99 Jahrgänge, von Herrn Büttner für 48 Jahrgänge bisher ausgeführt worden. Da der vollständigeren und genaueren Jahrgänge nicht viel über 300 sein werden, so kann nahe die Hälfte der Rechnungsarbeiten als beendigt betrachtet werden. Den grösseren Theil der Arbeit bildete bei jedem Jahrgange neben den mittleren Tagestemperatu- ren die Berechnung der mittleren Windesrichtung nach der Lambert’schen Formel, die überdem noch dahin modificirt worden ist, dass auch die Intensitäten berücksichtigt sind. Durch die in den Tabellen enthaltenen Projectionen auf die Süd- und West-Richtung lässt sich nun leicht durch blosse Additionen von den Monatsmitteln auf Jahresmittel und noch allgemeinere Mittel übergehen, und es dürfte der die Windverhältnisse betreffende Theil der Arbeit eine Genauigkeit und Bestimmtheit erlangen, wie solche nur für wenige Gegenden bisher erreicht sein wird. — Bis zum Schlusse des Jahres hat sodann Herr Büttner noch die Station Polnisch- Warten- berg beendigt, von welcher eine 13jährige Beobachtungsreihe, angestellt 1825--37 vom Kreis-Physi- cus Dr. Hofrichter, vorhanden is. Es fand sich die mittlere Temperatur + 6%7, die Extreme der Temperatur + 27%5 und — 20%5. An 44 Tagen durchschnittlich in jedem Jahre war die mitt- lere Tagestemperatur über 150%, an 4 Tagen unter — 10°. Mittlerer Barometerstand 330,72. Sehr ab- _ weichend von anderen Orten ist die mittlere Windesrichtung 190°, also nahe Nord, was indess vorzugs- weise durch die Lage des Ortes verursacht sein dürfte. Die durchschnittliche Anzahl der heiteren Tage betrug 101, der gemischten 98, der trüben 166. Für die Höhe der jährlichen Niederschläge wurden nur 12 Zoll gefunden. 113 £ „ wur a A Herr G eorg Boguslawski hielt in derselben Sitzung vom 27. October einen Vortrag 05 über das Meteor vom 28. September 8/, Vormittags. Die Erscheinungen der Feuerkugeln bei Tage und bei hellem Sonnenschein sind verhältnissmässig selten beobachtet worden. Zu den von Chladni und v. Hoff gesammelten Nachrichten hierüber sind noch hinzuzufügen die Erscheinungen 73 v. Chr., 925 Apr. 27., 1547 im Mai, 1554 Juni’11. und 13., 1832 Mai 20., 1833 März 18., 1834 Mai 15., 1836 Aug. 20., 1837 Aug. 5., 1838 Mai 18., 1839 Nov. 9. und 29., 1846 März 22., 1848 Jan. 27., 1849 Juni 16., 1850 Juni 16., 1851 Jan. 8., 1851 Jan. 16., deren nähere Beschreibung einem anderweitig zu veröffentlichenden ‚Zehnten Nachtrage zu Chladni’s Verzeichniss von Feuermeteoren etc.‘ vorbehalten bleibt. Die erste Nachricht von der Erscheinung einer Feuerkugel am 28. Scptember 1852 erhielt der Vortragende durch Herrn Schauspiel-Director Görner hier in Breslau, der, durch einen plötzlichen Licht- schein aufmerksam gemacht, dieselbe von seinem nach Norden gelegenen Fenster aus beobachtet hatte. Die Feuerkugel senkte sich bei völlig klarem Himmel und hellem Sonnenschein von Nord nach Nord- nordost in geneigter Richtung zur Erde und verschwand hinter dem Dache einer Kirche. - Während der Zeit ihrer Sichtbarkeit (etwa 4 Secunden) nahm sie eine längliche birnförmige Gestalt an; es folgte ihr ein innig mit ihr verbundener langer Schweif, welcher sich allmählich in kleine Funken aufzulösen schien. Der Vortragende hatte in Folge dieser Benachrichtigung zu ferneren Mittheilungen über dieses Phä- nomen in den hiesigen Zeitungen eine Aufforderung ergehen lassen, welcher auf so bereitwillige und zalıl- reiche Weise entsprochen wurde, dass von 35 verschiedenen Orten Nachrichten über dieses Meteor angesammelt werden konnten, die indess eine Auffindung der etwa herabgefallenen meteorischen Masse bisher nicht herbeigeführt haben. Der südlichste Punkt Schlesiens, von welehem eine Nachricht einging, ist Pschow zwischen Los- lau und Ratibor. Zwei Beobachter sahen die Feuerkugel in nordnordwestlicher Richtung von länglichter birnförmiger Gestalt, ohne jedoch bemerkt zu haben, dass dieselbe zur Erde niedergefallen wäre; viel- mehr zerplatzte sie und schien sich in der Luft aufzulösen (Brief des Herrn Bürgermeister Rölle in Loslau). — Dagegen wollten Feldarbeiter an fünf verschiedenen Orten in der Gegend von Oppeln die Feuerkugel haben in die Erde schlagen sehen, so dass das Feuer aus der Erde noch emporbrannte, dann erlosch und ein Rauch vom Winde fortgetrieben wurde. Die Richtung war NNO. (Bresl. Zeit. 261.). — In Oberschlesien ist die Feuerkugel noch in Patschkau gesehen worden ebenfalls in NNO. (Breslauer Zeit. 259.); ebenso zwischen Lubschau und Lublinitz von NNW. nach NO.; sie zerplatzte in der Luft bei ihrem Erlöschen (Brief des Herrn Gutspächter Schwarz aus Lubschau). — Ferner beobachtete man in Stoberau bei Brieg das Meteor in nördlicher Richtung und zur Erde geneigt; die Kugel zer- sprang, als sie die Höhe der Bäume erreichte (Schles. Zeit. 261... — In Scalung und Wilmsdorf bei Constadt wurde dieselbe Feuerkugel ebenfalls in nördlicher Richtung erblickt; sie hatte nach unten zu eine dickere Gestalt, das obere Ende war fadenähnlich dünn. — Ausserdem wurde dort an eben demselben Tage eine zweite merkwürdige Feuerkugel zwischen 7 und 8 Uhr Morgens gesehen, welche sich vor ihrem Verschwinden im Kreise herumdrehte (Brief von Herrn Wirthschafts-Inspector Hansch- mann aus Scalung). In Krickau bei Namslau wurden Feldarbeiter zwischen 8 und 9 Uhr Morgens von einem blen- denden Lichte erschreckt, und sahen eine grosse und sehr helle Feuerkugel mit bedeutender Schnellig- keit in fast senkrechter Richtung nach Norden zur Erde fallen, nachdem sie eine länglichte Gestalt angenommen hatte; sie schien auf eine nahe gelegene Wiese aufzufallen und dort zu erlöschen. An 15 114 dieser nämlichen Stelle fand man etwas später eine zwei Hände breite Fläche mit einer weisslichen, dem Seifenschaume ähnlichen. Masse bedeckt, welche nach einigen Tagen bis auf einige unbedeutende Reste von Luft und Sonne aufgezehrt war. Es ist indessen mehr als zweifelhaft, ob diese Masse von der . Feuerkugel herrührte, da dieselbe in jener Gegend nicht wohl niedergefallen sein kann (Brief von Herrn Lehrer Seeliger aus Deutsch-Marchwitz bei Namslau). In Minken zwischen Ohlau und Bernstadt sah ein Beobachter die Feuerkugel fast senkrecht nach NNO. zu herabfallen und in der Höhe der Bäume ohne Knall verlöschen (Brief von Herrn Pastor Winkler aus Minken). — Bei Wartenberg wurde an zwei verschiedenen Orten die Feuerkugel von länglichter Gestalt um die angegebene Zeit gesehen; sie fiel in rascher Bewegung vom Zenit nach NO. zu. (Mündliche Mittheilung des fürstl. Domänen-Pächter Herrn Seeber in Sbitschin, und Brief von Herrn Lehrer Steinbach in Grunwitz.) Auch aus dem Grossherzogthum Posen sind mehrere Nachrichten eingegangen, in Folge leren das Niederfallen des Meteors in dieser Provinz als das wahrscheinlichere zu betrachten ist. In Kierzno bei Kempen ‚wurde dasselbe in der Richtung NNO. gesehen; das Zerplatzen erfolgte ohne eine ‘hörbare Explosion (Schles. Zeit. 261). — Bei Skalmierzyce an der polnischen Grenze, 1 Meile von Kalisch, 2 Meilen von Ostrowo, wurde die Feuerkugel sehr genau beobachtet; sie erglänzte mit einem lebhaften blauen Lichte in einer geringen Höhe über dem Horizonte (etwa 20°), und nahm während ihres Falles, welcher etwa 4 Secunden dauerte, eine birnförmige Gestalt an; ein langer Schweif folgte derselben; die Kugel verschwand ungefähr 4 Fuss über der Erde plötzlich ohne Geräusch oder sonstige Aenderung (Brief von Herrn Ober-Grenz-Controleur WoZeck). — Ebenso wurde in Zmislow bei Krotoschin und in Sosnida nicht weit davon die Feuerkugel nach N. gesehen; sie erschien bei etwa 45° Höhe und verschwand hinter Bäumen; ihr Durchmesser war halb so gross als der des Mondes (Brief von Herrn Majunke aus Zmislow und von Herrn Lehrer Pietsch aus Dobrzyca). — In Kawicz bei Bojano wo wurde die Feuerkugel aus SO. kommend gesehen; sie war von einem so grossen Glanze, dass die Ar- beiter auf dem Felde, die sie bemerkten, erschreckt das Feld verlassen wollten, wo diese feurige Masse herabzufallen schien. Trotz sorgfältiger Nachforschungen ist indess ein Meteorstein bis jetzt nicht daselbst aufzufinden gewesen (Brief von Herrn Wirthschafts-Inspector Gottschling aus Kawiez). — In Posen sah man die Feuerkugel von Sonnengrösse und mit bleudendem Sonnenglanze mit einem spitzen kegel- förmigen Schweife mit grosser Schnelligkeit in schräger Richtung niederfahren. Da hier die Himmels- gegend SSW. war, so lässt sich muthmassen, dass es die Gegend zwischen Winzig, Bojanowo und Kro- toschin war, wo das Meteor zur Erde niedergefallen ist. — Auch in der Gegend von Gnesen ist eine Feuerkugel wahrgenommen worden, jedoch zwischen 9 und 10 Uhr, auch fehlt die Angabe der Rich- tung (Cons. Zeit. 264.). | In den nördlicheren Theilen von Schlesien wurde ferner die Feuerkugel in Guhrau, beinahe von der Grösse des Vollmondes und 'mit einem röthlichen Glanze, erblickt. Dieselbe zog einen langen Schweif nach sich und schien ganz in der Nähe niederzufallen. Ebenso in Jöstersheim bei Guhrau (Brief von Herrn C. Günther aus Guhrau). — In Gross-Glogau wurde die Feuerkugel in südsüdwestlicher Richtung gesehen und schien gleichfalls ganz in der Nähe niederzufallen (Corresp. der Schles. Zeitung). — Ebenso in Schlaupp bei Winzig, wo sie ein Beobachter in der Richtung von NW. nach SO. - und von birnförmiger Gestalt niederfallen sah (Brief von Herrn Gutsbesitzer Heinke auf Schlaupp). — Auch zu Klein-Tschuder bei Winzig wurde die Feuerkugel gesehen und schien dort in einen Baum einzuschlagen (Brief von Herrn Schmidt). — Nach den in Glogau und bei Winzig beobachteten Rich- tungen wird man auf die Gegend von Lüben geführt, wo möglicherweise das Meteor niedergefallen 115 s ' sein könnte. Hierzu kam eine Mittheilung des Königl. Forstmeisters a. D. Herrn Major v. Winterfeld auf Klein-Rinnersdorf bei Lüben, dessen Amtmann Vorwerg nebst zwei Arbeitern auf dem Felde die Feuerkugel beinahe senkrecht vom Zenit nach NNO. hatte herabfallen und einen langen Schweif nach sich ziehen sehen. Es schien dem Beobachter, als wäre die Feuerkugel in eine einzelne auf dem Felde stehende Eiche eingeschlagen. Bei einer Untersuchung dieser war indess keinerlei Verletzung zu bemer- ken. Nur an einem jenseits befindlichen Eichenstamme fand sich ein Stück Rinde frisch abgeschlagen, ohne dass jedoch auch hier von einem Meteorsteine etwas gefunden werden konnte. Der Vortragende unternahm nachgehends selbst nach diesem Orte eine Reise, ohne dass jedoch die von Herın v. Win- terfeld auf das Bereitwilligste unterstützten Nachforschungen zu einem Resultate geführt hätten. Inzwi- schen stellte sich heraus, dass in der Umgegend von Lüben das Meteor noch von mehreren Personen in einer Richtung gesehen worden war, die mit der Magnetnadel zu N. 5° O. bestimmt wurde, dass somit das Verschwinden an jenem Baume nur scheinbar gewesen sein konnte. In Görlitz wurde die Feuerkugel ebenfalls beobachtet; sie zog sich während ihrer Sichtbarkeit ‚von 2 bis 3 Secunden Dauer in die Länge, der Schweif verlor sich nach und nach in langgezogenen Funken. Die Angaben dieses Beobachters lassen eine gute Bestimmung der Richtung zu, indem derselbe die Bahn des Meteors unter den Sternen beschrieb, wenn dasselbe des Abends um 7 Uhr erschienen wäre. Hiernach war die Richtung von N. nach NO Y, N. (Brief von Herrn Reibe aus Görlitz). — In Lauban kam aus einem halb durchsichtigen grauen Wölkchen eine Feuerkugel mit röthlichem Lichte hervor, die bei 450 Höhe von N. nach NO. sich mit grosser Schnelligkeit unter dem Horizont bewegte, so dass es aussah, als sei der Himmel offen. Der Schweif schimmerte in Regenbogenfarben und ver- schwand scheinbar in dem grauen Wölkchen, welches kurz darauf nicht mehr sichtbar war; ein Geräusch ward nicht wahrgenommen (Brief von Herrn Tzschaschel aus Lauban). — Zwischen Schönau und Herrmannswaldau bei Goldberg erschien die Feuerkugel mit langem Schweife und in nordöstlicher Richtung. In der Umgegend von Goldberg wurde die Feuerkugel von 10 verschiedenen Personen wahr- genommen; allen fiel sie in nordöstlicher Richtung nieder (Brief von Herrn Hauptmann Geduhn.) Von dem Hausberge bei Hirschberg wurde das Phänomen von Anfang bis zu Ende verfolgt, die Richtung war nordnordöstlich, die Dauer etwa 4 Secunden. Es verschwand über einer freien Wie- senfläche nach NO. zu, scheinbar in 100 Fuss Höhe. — In Straupitz bei Hirschberg hörte ein dortiger Beobachter (Herr Gutsbesitzer Matthaei) einen dumpfen Knall — die einzige Wahrnehmung eines Knalles bei diesem Phänomen — und sah, als er aufwärts blickte, in scheinbar nur 30 Fuss Höhe über dem Horizont eine in. den glänzendsten Farben strahlende sternschnuppenähnliche Erscheinung auf die Erde zuschiessen; die Richtung war für den nach N. blickenden Beobachter von West nach Ost; die Feuerkugel fiel unter einem Winkel von etwa 45° zur Erde (Brief von Herrn Matthaei aus Straupitz). Bei Fischbach wurde die Feuerkugel ebenfalls in ihrem ganzen Verlaufe beobachtet; sie erschien in nordnordöstlicher Richtung wie eine niedergehende Rakete (ein Vergleich, den viele Beobachter ge- macht haben). Der lange Schweif war mit der Kugel innig verbunden und lief ganz spitz aus. Das Meteor verschwand hinter der nördlich von Fischbach gelegenen Bergkette (Brief von Herrn v. Hugers- hoff aus Schmiedeberg). — In Striegau sah man die Feuerkugel von NW. nach NO. in schräger Richtung herabfallen (Mittheilung von Herrn Scholz aus Striegau). Bei Dyhrnfurth wurde die Feuerkugel als ein heller langer Feuerstreifen über Bäumen und Sträu- chern im Walde gesehen, in der Richtung von NW. nach O.; auch wollen die Beobachter einen schwe- 15* 116 felartigen Geruch wahrgenommen haben (Brief von Herrn v. Tippelskirch und Herrn v. Strantz). — In Neukirch bei Breslau ist das Meteor in Hinsicht der Zeit und Richtung sehr genau beobachtet worden. Die Zeit war 8° 28” mittl. Breslauer Zeit und die Richtung N. 7%5 O0. (Brief von Herrn Pfar- rer Oswald in Neukirch). — Es muss einer späteren Discussion dieser Wahrnehmungen vorbehalten bleiben, zu untersuchen, mit ‘welcher Annäherung sich die Höhe des Meteors daraus ermitteln lässt, die jedenfalls eine bedeutende gewesen sein muss, da der Raum der Sichtbarkeit sich über 3 Breitengrade und 1, Längengrade erstreckt. Schliesslich folgen hier noch die von Herrn Günther zusammengestellten Jahresübersichten der meteorologischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte von 1849 bis 1852, die in ähnlicher Form früher in den schlesischen Provinzialblättern erschienen und seit dem Aufhören dieser mit dem Jahre 1848 anderweitig nicht veröffentlicht worden sind. 117 Allgemeine Uebersicht der k meteorologifchen Beobachtungen auf der Königl. Univerfitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1849, (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) . I. Barometerstand, II. Temperatur Ill. Feuch- | IV, Wolkenbildung 1849 redueirt auf 0° R. in der Luft in Graden tigkeit und Pariser Linien nach R. der Luft *) Niederschläge :| 5 |:|&, | 8 Jel 8 |: sl 8 Iseslstle,.]3.| ®13:%5 AI © |3| 7 E Ie| = al & = |25&| 55 |S"|5” 3 Bas“ Janmr...... 21|338,53|14|323,33 1331,74 [19 + 65/10/1741 257] 117 |o®2 | ı | 7133 | 12,39 Februar..... 3/339,27)21|323,78 [333,26 [26|+ 8,2) #/—11,0|)+ 1,55] 1,91 | 0,83 1 4 | 23 9,05 Mars. 51338,25|28|326,27 [331,73 [31| +11,0|19/— 82/+ 1,02] 1,83 | 0,82 | o| 8 | 23 | 10,98 De 29\333,51115|321,14 [329,45 [2s| +15,7\20/ + 0,3|+ 5,97| 254 105 | s3lı lı6 | 632 in. 28|335,88| 15|328,02 |332,02 I30| 4223113) + 3,7/+11,69| 3,7 lorı [5 | ı 15 | 1962 ir... 4'335,26| 91327,96 [331,99 | 5! +22,7|10 + z,1l+13,39] 4,16 | 065 | 0 | 9 | ar | 21,6 Be: 1a0748 12|328,14 1332,11 | 9|+233,6| 3 |+ 9,0/ 413,81} 4,07 | 0,64 | 4 | 1413 | 14,8 August ..... 21/335,43| 41329,32 [332,03 |13| +24,3]31['+ 8,0/+12,93| 4,15 | 0,69 | ı | 10 | 20 | 20,0 September... [22!336,13|11|326,44 1332,46 112] +18,3129|+ 0,9|+ 9,78] 3,48 | 0,75 7 9,14 9,73 October... 19,338,60| 8|325,36 13323 | al +16,7115|— 10]+ 6321| 2394 | 083 | 1 | 5 || 3031 November ...| 9,337,30|25)325,63 [331,66 | 51 +10,7120|-10,7 + 234] 221 | osı | 2| 3|35| za December ... RT 28 321,73 1331,90 119 + alla 17,0 — 3,991 1,31 | 0,87 5 4| 22 | 13,27 Be... | 3927| [onuelssuss| |+243| |-1m4l+ 6.08| 282 | 0,77 | 30 | 95 |200 | 171,83 *) Der Dunstdruck ist die Einwirkung der absoluten, in der Luft vorhandenen Dunstmenge auf das Barometer in Pariser Linien. Die Dunstsättigung (oder relative Feuchtigkeit) ist ausgedrückt in Theilen der völligen Dunst- sättigung (oder grössten relativen Feuchtigkeit — 1,00), zu weicher letzteren bei hoher Temperatur eine grössere, bei niedriger Temperatur eine geringere Dunstmenge erforderlich ist. — Minimum der Dunstsättigung Spt. 8 0,24; Minimum des Dunstdruckes Jan. 10 0,30; Maximum Juni 5 6,53. V. Herrschende Winde Januar: W. SW. NW. Februar: W. NW. März: in den ersten zwei Drittheilen W. und NW., dann O. April: N. O0. NO. NW. Mai: N. NW. NO. NNW. NNO. Juni: NW. NNW. W. Juli: NW. N. W. August: NW. N. W. WNW. NNW. Septem- ber: Anfangs N. und O. vorherrschend, dann oft W. NW. October: N. W. NW. Novem- ber: erst mehr W., dann NW. December: im Anfange N., dann O. oder N., zuletzt W. VI. Witterungs-Charakter, Januar: Trübes Wetter, den ganzen Monat anhaltend. In der ersten Hälfte strenge Kälte, mit öfteren Schneefällen, dann milde Witterung mit häufigem Regen. Mehrere sehr bedeutende Barometer- schwankungen. “a | Februar: Sehr gelinder, immer trüber Wintermonat mit zahlreichen, aber unbedeutenden Regen- und _ Schneefällen. Einmal Nebel. März: Unfreundliche Witterung mit Ausnahme der ersten Woche des Monats. Sehr oft stürmisch mit Regen oder Schnee. Einmal Nebel. Eine bedeutende Schwankung im Barometerstande. April: Anfang und Ende angenehm, sonst rauher und unfreundlicher Monat mit öfteren Regenfällen. Einmal Schnee und einmal Nebel. Die Himmelsansicht sehr veränderlich. Mai: Im ersten Drittel trübe, regnicht, zuweilen rauh, dann angenehme Frühlingswitterung. Ein Ge- witter mit Hagel am 1. Juni: Im Anfange heiteres und warmes, dann meist trübes und kühleres Wetter mit öfterem Regen und mehreren Gewittern. | Juli: Veränderlicher Sommermonat mit ziemlich vielem Regen. Die Temperatur vielen Schwankungen unterworfen. August: Meist trüber Himmel, gegen das Ende schon unfreundlich und rauh. Sehr viel Regen und ein heftiges Gewitter am 13. September: Das erste Drittheil des Monats angenehm und heiter, dann aber unfreundliches, von hef- tigen Regengüssen begleitetes Wetter vorherrschend.. Am 27. ein schwaches Nordlicht. Zwei schwere Gewitter am 12. und 13. October: Meist trüber, regnerischer, nicht selten stürmischer Herbstmonat mit bedeutenden Barometer- schwankungen. Einmal Schnee und öftere Nebel. Der regenreichste Monat im ganzen Jahre. November: Trübe, meist trocken, häufige Nebel zu Anfange des Monats. Im Ganzen warm bis zum 25., an welchem Tage plötzlich so strenge Kälte eintrat, dass schon am Morgen des 26. die Oder fest zugefroren war. December: In den ersten Tagen anhaltender Schneesturm, dann gemässigt und meist heiter bis zum 1A., von da ab immer trübe und schneeicht. Die Temperatur den ganzen Monat hindurch sehr ver- änderlich. Eine erhebliche Barometerschwankung. 119 Allgemeine Uebersicht 2 der meteorologifchen Beobachtungen auf der Königl. Univerfitäts-Sternwarte zu Dreslau im Jahre 1850. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, Il. Temperatur III, Feuch- | IV, Wolkenbildung 1850 reducirt auf O° R. in der Luft in Graden tigkeit und Pariser Linien nach R. der Luft”) Niederschläge 5 ! Nu Bee © Su u Pa |5 , = Monat EM: E 5 E = a: 1 = N: 32” 25 sala & & Br am 28 © u ee ze: ZmBEefas Jsri5fis Eee = = =] = = = =) ar a I En j= mA S Janwar...... 22 312,11 20 320,19 [332,56 [26 + 3222| 21,8) — 650] 1,05 |os6 | a| 9 |ıs | 100 Februar..... 26 339,24, 61320,43 1330,86 [20 + 9,8] 11— 6,2]+ 2,25] 1,98 | 080 | 2 | 10 | 16 | 1205 März... 5337,29 241323,76 [332,23 | 3) +10,822)— 9,3|+ 009] 162 |o7 | 2/1 |ı5 | 14 April....... 11335,04 11)327,20 330,94 [16) +14,4 I — 451 + 6,69| 380 [0,7 | alı) 15 | 148 Mai..... ...129!334,98, 8132,09 1331,05 [28 +21,1| 3, + 0,41+11,50| 3,57 | 066 | 7 110 | 14 | 14,57 Be... 20|335,94 131327,91 1593,06 27 +24,27|18 + 7,21+14,55| 4,73 | 0,698 | s! 9 | 13 | 34,52 .... 4334,00) 8)328,46 1331,59 24) #23,1| + SA) +1461] 466 | 067 | 7 | 14 | 10 | 3415 August ..... 271335,65 19|329,15 332,20 |15 +24,01311+ 65|+14,58| 4,60 | 067 | 9 | 13 | 9 | 2014 September. ..|161335,99|30|328,39 333,29 [22)-+17,4130| + 4,61+ 9,77] 3,61 | 077 | al s[ıs | 131 October ..... 16|333,95|25|322,52 329,97 | 7/+153|21|l 00|+ 6,32] 3,01 | 0,83 | a | 5 | 22 | 32,06 November ....|29|338,02|21|323,60 330,88 | 3) +10,2|12|— 25/+ 3,59] 233 | 053 | ı [10 | 19 | 1397 December ...|23|339,42|16/320,81 333,00 J16|+ 9,41311— 5,6/+ 0,69] 1,51 | 084 | ı | 14 | 16 | 5,68 A | 3211| [320,13 1351,77 | [+247] 1218| + 6,0] 2,98 | 0,76 | 53 127 1185 203,70 *) Minimum der Dünstsättigung Mai 5 0,30; Minimum des Dunstdruckes Januar 21 0,15; Maximum Juli 24 7,02. V. Herrschende Winde. Januar: in der ersten Hälfte N. und O., dann W. Februar: im ersten Drittheil W., dann meist NW. März: in den ersten Tagen sehr veränderlich, dann meist N. oder NW. April: N. abwechselnd mit O. und NW. Mai: im Anfange und zu Ende NW. und N., in der Mitte ©. Juni: W. abwechselnd mit N. und NW. Juli: NW. W. N. August: N. wech- selnd mit NO., NW. September: in der ersten Hälfte NW., dann N., zuletzt wieder NW. Octo- ber: Anfangs N., dann vorherrschend W. November: NW., dann W., am Ende O0. Decem- ber: im ersten Drittheil NW., dann meist W. oder SW. 120 VI. Witterungs-Charakter. Januar: Meist trüber, schneereicher Wintermonat. Strenge Kälte und Stürme gegen das Ende des Monats. In der Temperatur, wie: beim Barometer, Schwankungen von selten erreichtem Umfange. Februar: Veränderliche, ungewöhnlich warme Witterung mit ziemlich vielem Regen. Oefters heftige Stürme, besonders vom 21. bis 23., und zwei Gewitter am 12. und 17. Das Barometer fortwäh- rend bedeutend schwankend. März: Im ersten Drittheil warm und heiter, dann aber rauh, kalt und vorherrschend trübe mit fast täglichen Schneeschauern. Zwei erheblichere Barometerschwankungen. April: Mit Ausnahme der 2 ersten Tage und der letzten Woche ziemlich heiterer und warmer Früh- lingsmonat. Häufige Nebel und einmal Wetterleuchten. Mai: In der ersten Hälfte trübes, in der zweiten anhaltend heiteres Wetter. Trocken und mit Ausnahme der ersten 4 Tage warm. Juni: Regenreicher Monat, welcher zwar hohe, aber mehreren Schwankungen unterworfene Temperatur brachte. Die Himmelsansicht sehr veränderlich. Zwei Gewitter. Juli: Vorherrschend heiter, meist warm, sehr viele Tage mit Regen, einmal Nebel und mehrere Ge- witter. August: Bis zum 20. anhaltend heiter und warm, dann unbeständige, zuweilen schon rauhe ud herbst- liche Witterung mit vielem Regen und einigen Stürmen. September: In der ersten Hälfte trübes, unfreundliches, regnerisches und rauhes Wetter, in der zweiten vorherrschend heiter, mit häufigen Nebeln, und warm. . October: Meist überwölkter Himmel, herbstliche, nicht selten rauhe Witterung mit sehr vielem Regen, einigen Nebeln und einmal Schnee. Das Barometer beginnt zu schwanken. November: Im ersten und letzten Drittel warme Tage, im zweiten rauher und kälter. Der Himmel zum grössten Theile mit Wolken bedeckt; häufige Regenfälle, zwei Nebel und ein orkanähnlicher Sturm am 15. Eine erhebliche Barometerschwankung. December: Vorherrschend trüber, trockener und sehr gelinder Wintermonat, mit unbedeutenden Regen- und Schneefällen. An drei Tagen Sturm. 121 Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Beobachtungen auf der Königl. Univerfitäts-Sternwarte zu Dreslan im Jahre 1851, “ I. Barometerstand, II. Temperatur II. Feuch- (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) IV, Wolkenbildung 1851 reducirt auf 0° R. in der Luft in Graden tigkeit und Pariser Linien nach R. der Luft”) Niederschläge 5/25, 1 8 [sl 8 Tel 8] 8 Jess 48 e 2 ja b| elle Ti a = ml 5 = a = le = Ss [= sa|ı a = = 5 = = zZ S Es Jamar...... 11/338,91| 71328,34 |333,46 | 3| + 5811 — 9,01 0,63] 1,698 | 087 | 5| 7|w| 72 Februar..... 10|338,11|21|328,74 |332,76 [19| + 5,9 10'— s,0/— 0201 1,69 \os5 | 7 | 6 |ı5 | 340 mil. 11|334,74| 6|323,22 [330,34 [24 +13,4| 3|— s5|+ 2,73] 2,10 | 080 | olm|1| -70 ...... 21334,52|26|323,56 |330,82 [a6 +19,6| 31 + 0,7/+ 8235| 300 |o3 | ı 15 | 14 | 16,36 Eu _. 311335,06| 5|328,02 1331,26 Jıo| +16,3'15|+ 3,11+ 8.a7| 23,75 | 007 | olıs |ıs | 102 2 1[335,06|10'327,29 332,74 Hı3 +2918 + 65/+413,91] 3,74 | 062 | 3 |ı7 | 10 | 17,07 en .. 20|335,29|24 327,36 1330,83 |31|+23,6. 12/+ 5,5! 41424] 4,52 ! o6s | 612! 13 | 31,2 August ..... 20 |336,28!28|325,59 1332,39 Jos] +22,6 31|+ 62 +14,.17| 4,46 | 0,68 | 10 | 11 | 10 | 22,00 September. .. |15|337,18|29|329,27 \333,02 |29| + 17,51 s|+ a0/+10.08] 3,77 | 0,79 I 5 | ı1 | 1a | 33,64 October... 12/336,611311325,13 1332,15 | 3] +18,6/31)+ 20 + 9100| 3,2 |osıı Is un || 1822 November ...|13| 336,00 |20/325,50 [330,11 5 9|+ 9,3122] — 5,6/+ 1,39] 2,02 | 0,87 1 6 | 23 | 19,92 December ...[14[338,79| 3329,30 1334,76 J1ı + 7,2] 5|— 82'+ os] 187 10,99 | 6| 3122| 8, |. | 1338,91] 1323.22 1332,09 | +23] - 9.0] + 6,79] 2,95 | 0,77 | ® [124 I192 | 185,63 *) Minimum der Dunstsättieung Juni 22 0,31. Juli 23 7,05. V. Herrschende Winde. In der ersten Hälfte NW. N. SO., in der zweiten W. und SW. auch SO. NW., dann N. oder ©. Hälfte NW., in der zweiten N. oder ©. November: W. und NW. Mai: Anfangs N., dann NW. und W. August: N. NO.; am Ende NW. und. SW. September: In der ersten Erste Hälfte W., dann sehr veränderlich. October: December: NW., W. und SW. Juni: NW. W. und N. 16 Minimum des Dunstdruckes Januar 14 0,75. Maximum Januar: Zuerst W., dann vorherrschend O. Februar: NW. W.O. März: April: W. und NW., häufig Juli: Bis zum 20. 122 VI. Witterungs-Charakter, Januar: Meist trübe, wenig Regen und Schnee, einige Nebel, fast den ganzen Monat hindurch hohe Temperatur. Februar: Ebenfalls vorherrschend trüber, sehr trockener und äusserst gelinder Wintermonat. Mehrere _ Nebel. Das Barometer ziemlich schwankend. 2% r März: Im ersten Drittheil rauh, sonst, wiewohl der Himmel oft bedeckt war, angenehm. Etwas mehr Regen als im Januar und Februar. Am 19. Gewitter, am 21. drei Nebensonnen. Ein paar Baro- meterschwankungen. April: Ziemlich heiterer Himmel; oft Regen und Nebel, im Ganzen: aber dennoch angenehme, der Ve- getation überaus günstige Witterung. Ein Gewitter am 19. und an zwei Abenden Wetterleuchten. Mai: Rauh, stürmisch und unfreundlich beinane den ganzen Monat hindurch. Viele Regentage und im Ganzen niedrige Temperatur. Juni: Veränderliche Witterung mit zahlreichen Regenfällen, einmaligem Nebel und fünf Gewittern. Die Wärme nur mässig. | Juli: Ebenfalls sehr unbeständig und noch regenreicher als der Juni. Das Barometer und Thermome- ter vielen Schwankungen unterworfen. August: Meistentheils angenehmer Sommermonat mit Ausnahme der letzten Woche, in welcher trübes, stürmisches und Regenwetter vorherrschend war. September: Bewölkter Himmel mit sehr vielen Regentagen und mehreren Nebeln. Die Temperatur war in der ersten Hälfte des Monats merklich niedriger als in der zweiten, überhaupt aber oft schwankend. October: Mehr trübes als heiteres Wetter mit häufigen Regenfällen und Nebeln. In der Mitte des Monats angenehme und warme Tage. November: Unausgesetzt bedeckter Himmel mit öfteren Regenfällen und zahlreichen, gegen das Ende des Monats den öffentlichen Verkehr hemmenden Schneestürmen. Die Temperatur allmählich abneh- mend und gegen das Ende wieder etwas steigend. i December: Zum Theil heiterer, zum Theil trüber, gelinder Wintermonat. In der Mitte desselben un- gewöhnlich warme Tage. Niederschläge in mässiger Anzahl. 123 Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Beobachtungen auf der Königl. Univerfitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1852. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, Il. Temperatur III. Feuch- | IV. Wolkenbildung 1852 redueirt auf 0° R. in der Luft in Graden tigkeit und Pariser Linien nach R. der Luft”) Niederschläge = 1 » g =.| , ®» = la, =. EI 5 lel2®°| = [Si 2 SI 3 | 3 lJaEs|ä: Jar il |Ss3ae en = E = = 5 - = &n = = = Januar...... 6 336,48 9[326,93 [332,24 Jı3 + 8,0] 2] — 331+ 20] 15 [oa | 5Iu/ | 98 Februar..... 24[339,31 18[319,01 [331,07 | 9) + 6,485 — 4,81+ 0,74| 182 |osı | 5| 6o/ıs| 1 März ....... 6 342,20 24 326,48 [333,47 [31/+14,4|14 — 821+ 0297| 1,62 | 0,77 | 8] 16 | 7 | 487 Aprile...... 4336,19, 301327,76 [332,89 | 1] +15,4116 — 5,6|+ 3,47| 191 | 0,70 | 7 | 14 | 9 | 1025 no... 161335,49, 1/325,43 1331,55 26 +22,6| 4 + 24|+11,73| 335 | 062 | 9] 13 | 9 | 12,16 Br... 21333,72 10,326,83 [330,86 | 9 +22,6| 1 + 9,41+14,90| 4,31 | 0,62 | 5 | 11 | 14 | 20,48 24.8. 31335,75,271329,21 332,23 [18 +24,2! 3,+12,11+16,38] 4,68 | 061 118 | 8 5 | 10,12 August ..... 281335,88| 4|327,15 1331,43 [30| +23,0|32|+ 9,61+15,53| 4,62 | 0,64 | 9 16 | 6| 1561 September... |24|338,31|19|327,11 33225 | 9|+18,6/25|+ 43]+11,75] 381 | 070 I 5Jlı7 | s| 748 October ..... 16\337,08| 5[324,88 331,80 | 2! +16,4117|— 3,01+ z,08| 248 | 007 | solo ls | 68 November...| 7/336,54|221324,30 330,65 | 4| +11,0113|— 4,0/+ 4,16] 260 | 0,88 | 3|13 | 14 | 13,02 December ...|19)337,80|161327,44 331,51 | 6\+ 7,9/241— 4,8[+ 3,19] 220 | osı | s | 9 | 14 | 3,09 Sn DE Pa u Ed a a a Da FE DE en ne. CoSeEng EEE o5 EB ...... | [312:%0| [319,01 1351,86 | |+242] I- 82] + 7,63] 2,95 | 0,72 |.ss j144 1134 | 125,22 *) Minimum der Dunstsättigung April 28 0,19. Minimum des Dunstdruckes April 28 068. Maximum Juni 23 7,52. V. Herrschende Winde. Januar: S. abwechselnd mit SO. SW. W. Februar: Anfangs SW. und NW., dann W. und O. März: W. NW. N. und $S. April: In der ersten Hälfte meist NW., in der zweiten N. Mai: Zuerst N. und NW., dann SO. S. W. Juni: S. W. SW. SO. abwechselnd mit einander. Juli: Im Anfange und zu Ende N., in der Mitte W. und NW. August: In der ersten Hälfte W. NW. SW., in der zweiten N. und ©. September: Im ersten Drittheil O., dann W. SW. NW. October: Zu Anfang und Ende S. W. SW., in der Mitte N. oder O©. November: S. SW. SO. December: Im ersten Drittheil W., dann 8 Tage S., dann S. und SW. wechselnd. 16 * 124 v1. Witterungs-Charakter, Januar: Bei halbheiterer und im Ganzen trockener Witterung gelinder Wintermonat. In der Mitte desselben ungewöhnlich warme Tage. Einige Barometerschwankungen. Februar: Ebenfalls halbheiter und ziemlich trocken. In der ersten Hälfte ungleich höhere Temperatur als in der zweiten. Zahlreiche Barometerschwankungen mit ziemlich seltenen Extremen. Ein schwa- ches Nordlicht am 18. i u März: Unbeständig, rauh und kalt mit öfteren Schneefällen und Graupel. Barometer fortwährend schwankend mit einem bisher noch äusserst selten erreichten Maximum. April: Im Ganzen rauh, nass, unfreundlich, kalt und sehr veränderlich, mit Ausnahme der ersten Tage des Monats, welche warm und angenehm waren. Mai: Im ersten Drittheil unbeständig und nasskalt, dann heiteres und warmes Wetter bis an’s Ende des Monats. Juni: Meist angenehme, heitere und warme, der Vegetation günstige Witterung. Einmal Sturm und vier Gewitter. Im letzten Drittel des Monats zahlreiche Regenfälle. Juli: Heiterer, heisser und trockener Sommermonat mit drei Gewittern und mehreren unbedeutenden Regenfällen. August: Gleichfalls unausgesetzt heiter, trocken und sehr warm. Etwas mehr Regen als im Juli und drei Gewitter. September: Meist heiter und trocken. Die in den ersten Tagen noch hohe Temperatur ging bald in gemässigte über. Die ziemlich häufigen Regenfälle alle nur unbedeuteud. Zwei Nebel und zwei Gewitter. October: ‘Vorherrschend heiter und trocken. Am Anfange und gegen Ende ziemlich warm, in der Mitte kühl mit mehreren Nachtfrösten. Eine erheblichere Barometerschwankung und noch ein Ge- witter am 29. y November: Halbheiterer Himmel, sehr viele Regenfälle und häufige Nebel; dabei fast durchgehends warmes Wetter. Ein schönes Nordlicht am 11. December: Im ersten Drittheil trübes, dann veränderliches Wetter. Sehr trockener und dabei äus- serst milder Wintermonat. Eine sehr bedeutende Barometerschwankung. Bericht über die Thätigkeit der medizinischen Section im Jahre 1852 Dr. Krocker jun., zeitigem Secretair derselben. Sitzung vom 6. Februar 1852: Her Hospital-Wundarzt Hodann theilte abermals einen Fall von aus Cystin bestehenden Blasensteinen mit. (Ueber den ersten derartigen Fall s. Jahresbericht von 1851, Sitzung vom 6. Juni.) Peschel, 73 Jahre, Briefträger, früher gesund, empfand vor 15 Jahren heftige Schmerzen in der linken Nirengegend, bald darauf auch längs des linken Urethers, endlich Schmerz beim Urinlassen, worauf nach 3 Tagen ein bohnengrosser harter Stein abging. Vor 6 Jahren traten ähnliche Zufälle ein, doch ging kein Stein ab, vielmehr dauerten die Urinbeschwerden, seit einem Jahre oft in Form der Inconti- nentia urinae, fort, die Kräfte sanken, und es gesellte sich abendliches Fieber hinzu. Im October 1851 sah ihn Herr Hodann. Der Katheter, mit Mühe durch die pars prostatica urethrae geführt, zeigte einen harten, rauhen, mehr als Taubenei grossen Stein. Trotz der mit Rücksicht auf das Allgemeinbe- finden des Kranken schlechten Prognose wurde auf Verlangen des Kranken am 31. October die Opera- tion mittelst des durch das Bistouri cache double ausgeführten Bilateral-Schnittes vorgenommen, und der Stein, in zwei. Stücke zerbrochen, ausgezogen. Nach zunehmendem Sinken der Kräfte starb der Kranke am dritten Tage nach der Operation. Die Section wurde nicht gestattet. Der Stein zeigte ganz dieselbe chemische Beschaffenheit, wie der am 6. Juni 1551 gezeigte, und wie bei jenem, so spricht auch in diesem Falle der Verlauf der Krankheit dafür, dass er in der Niere gebildet worden sei. — 2 Derselbe: =» Ueber einen Fall von Hygroma cysticum patellare. Ein wegen anderer Leiden in das Allerheiligen-Hospital aufgenommener und dort gestorbener Mau- rer, 46 Jahre alt, haite sich vor 6 Monaten durch einen Fall auf das linke Knie eine Geschwulst zuge- 126 zogen. Diese war 4Y, Zoll lang und durch eine Abschnürung in zwei eiförmige Theile getheilt, deren oberer, grösserer auf der patella aufsass, während der untere, kleinere die spina tibiae und das ligam. ‚patellae bedeckte. Die Geschwulst‘ war schlaff, schmerzlos, fluctuirte, und hinderte das Gehen nicht. Beim Drucke auf die eine Hälfte derselben füllte sich die andere, wobei man in dem erschlafften oberen Theile auf der patella rundliche, weiche Erhabenheiten wahrnahm, die zum Theil dem Finger entschlüpf- ten. Die eingestochene Explorativnadel wurde, tiefer eingeführt, an ihrer Spitze festgehalten, und nach ihrem Ausziehen sickerte klares gelbliches Serum aus. Section. Haut und Fett liessen sich leicht abpräpariren, und es zeigten sich nun zwei selbststän- dige, nur an einem Punkte zusammenstossende Geschwulste von 2Y, und 2 Zoll Durchmesser, die nicht verschiebbar waren. Die entleerte Flüssigkeit betrug 3ij, war blassröthlich, trübe, serös, alcalisch, von 1,018 spec. G., enthielt 39,273 Albumin, ausserdem Salze, Schwefelsäure, Chlor und Spuren löslicher Phosphate und phosphorsauren Kalkes.. Nach Einschneidung beider Bälge zeigte sich eine feine Com- municationsöffnung. Die Höhle war von vielen kreuzweise- verbundenen, dem Anscheine nach fleischigen, breiten Fäden durchzogen, die sich unter dem Mikroskop als aus Zellgewebe bestehend erwiesen. Die freie Fläche war sammetartig, röthlich gesprenkelt, mit kernhaltigem Epithel überzogen, und zeigte vor- springende Fältchen, Gruben, und in verschiedenen Graden der Abschnürung befindliche knorpelähnliche, unter dem Mikroskop aber als aus Zellgewebe bestehend erkannte Körperchen. Herr Dr. Grätzer sprach: Ueber einen Fall von Cholämie. Ein Mann von 50 Jahren, der schon früher mehrmals an Beklemmung, Uebelkeit und Erbrechen, worauf Ohnmachten zu folgen pflegten, gelitten hatte, wurde nach einer Verkältung am 22. Januar a. c. von zwei, nur durch einen zweistündigen Zwischenraum getrennten Anfällen der erwähnten Art heimge- sucht. G. fand beide Leberlappen sehr vergrössert, den linken bis zum Nabel, den rechten noch tiefer hinabreichend. Druck auf den linken Lappen verursachte Schmerz und Brechreiz. Die Haut war wenig gelblich gefärbt, mehr bleich, die Excremente gelb. "Das Herz war gesund, der Puls aber machte nur 20, am nächsten Tage sogar nur 18 Schläge in der Minute. Auf den Gebrauch von acid. muriat. folgte allmähliche Genesung. x Sitzung vom 5. März 1852. Herr Sanitätsrath Dr. Preiss trug Bemerkungen über das Verhalten der Leber und ihre Stellung zu den übrigen Organen im Fötus, als Bruchstücke einer grösseren, demnächst über diesen Gegenstand herauszugebenden Arbeit, vor. Herr Dr. Günsburg theilte bei Gelegenheit einer Demonstration von verschiedenen Muskel-Präpa- raten die Ergebnisse seiner Untersuchungen über die erste Entwickelung des Muskelgewebes mit. . Menschliche Früchte von dem mit Gewissheit ermittelten Alter von 6, 8 und 10 Wochen hatten zu diesen Forschungen die erwünschte Gelegenheit gegeben. Sechswöchentlicher Fötus der Hebamme X. An dem mit einfacher Höhle versehenen Herzen wurde der konische, massenhafte Theil in Quer- und Längsschnitten untersucht. Eine texturlose Grundmembran enthält eine Menge Fasern, welche so 127 ze zart sind, dass sie ohne Reagentien als Faltungen jener Grundmembran erscheinen. Nach Einwirkung der Essigsäure charakterisiren sie sich als deutliche Faserzellen. An anderen Punkten sind blos in der texturlosen Membran länglich-ovale Zellen mit 2 bis 3 randständigen Zellkernen, welche wiederum einige Körperchen umschliessen. Achtwöchentlicher Fötus der Madame R. Die kleinen Muskelmassen zu beiden Seiten der in Anlage vorhandenen Wirbelsäule bestehen aus dicht bei einander liegenden Röhren, Schläuchen, welche mit runden Zellen gefüllt sind, etwa in der Art und Dichtigkeit, wie die Harnkanälchen Enchym führen. Diese Muskelbänder-Röhren, Schläuche, stimmen mit den von Bischoff, Kölliker u. A. bei Thieren beobachteten Formen überein. Sie entsprechen der fibrösen Hülle des Muskelbündels, in welchem sich die rundlichen Zellen zu den primitiven Bündeln gestalten und anlegen. An dem zehnwöchentlichen Fötus der Madame S. konnte an dem dickeren, schon bauchigen Halsmuskel die fernere Entwickelung der Primitivbündel, Mus- kelbündel und des Perimysium studirt werden. Das mehrere Muskelbündel umschliessende Bindegewebe — Perimysium — entstand aus längsgezogenen Faserzellen mit grauem, feinkörnigem Inhalt. Die Zell- hüllen verlängern sich faserarlig. Diese Ausläufer sind, von der Mitte der Zellhülle an gerechnet, oft in zwei bis ö Theile gespalten. Wir haben mit anderen Worten hier in der Bildung des Perimysium die erste Anlage zu der dichotomischen Spaltung an den Anastomosen der Bindegewebefasern. Die Muskelbündel erscheinen wie Bänder, die sich zu einzelnen Fibrillen zerspalten lassen. Diese Fibrillen hinwiederum sind aus längsovalen Faserzellen verschmolzen. Die gedachten drei Beobachtungen sind durch andere unterstützt und bestätigt, in welchen jedoch das Alter der Embryonen unbestimmt war. Die angegebenen Zeitmomente sind ganz zuversichtlich, und zwar darum, weil diese Früchte von Frauen stammten, welche, vollkommen glaubwürdig, eine gewisse Zeit vor der Konception keinen Umgang gehabt hatten und gar nicht mehr nach derselben. In der sechsten Woche sehen wir also die Hülle des Muskelbündels, die Primitivröhre, in eine texturlose Grundmembran gebettet. Es ist also wahrscheinlich, dass sie auch aus der einfachen Formations- kugel durch Differenzirung zur Faserzelle entstehe. Vierzehn Tage später ist die Primitivröhre ge- bildet und enthält die sich späterhin zu Fibrillen entwickelnden kugligen Zellen. Noch 14 Tage später besteht in den Primitivröhren schon die Anlagerung der Faserzellen zu Fibrillen. Sitzung vom 2. April. Herr Dr. Landsberg sprach: Ueber einen Fall von Heilung des morbus Brightii durch acidum nitricum. Die gereinigte Salpetersäure, durch Nasse in Bonn gegen die Bright’sche Krankheit empfohlen, hat trotz scheinbarer, in der Chemie begründeter Ansprüche sich gleichwohl keine allgemeine Geltung zu verschaf- fen gewusst und vielmehr mannigfachen Widerspruch erfahren. Es dürfte daher der Mühe nicht unwerth sein, die Fälle genau zu vermerken und Symptome und Ausgang der Krankheit zu verzeichnen, um dann vielleicht die materia med. des morb. B., einer immerhin eben so langwierigen als bedenklichen Krank- heit, mit einem Mittel zu bereichern, das, wenn auch nicht immer, doch zuweilen nicht ohne bedeuten- den Werth wäre. Zu dem Ende trug Dr, Landsberg einen Fall der Krankheit vor, der einen 46 Jahre 128 alten, sehr schwächlich gebauten Mann betraf und auf die gewöhnliche Weise durch Erkältung bei nas- ser Witterung anhaltender und eingringlicher Art entstanden war. Die Entwickelung der Krankheit ge- schah langsam und unter den gewöhnlichen Erscheinungen allgemeinen Unwohlseins, leichten Fieberzufällen, die Exudation zeigte sich zuerst in der Bauchhöhle unter Empfindlichkeit der Leber- und Magengegend gegen Druck, stark sedimentösem, viele Phosporsalze enthaltendem Urin. — Die gewönlichen entzün- dungswidrigen Urinbeförderungsmittel bewirkten wohl Vermehrung der Urinausscheidung, in der Krankheit aber keine Veränderung, obgleich bedeutende Transpiration eintrat und einige Tage hindurch unterhalten wurde. Vielmehr breitete sich das Oedem immer mehr und mehr über den ganzen Körper, besonders stark das Scrotum, aus; es trat ein merkwürdiger spontaner, höchst bedeutender Ptyalismus, obgleich Pa- tient weder innerlich noch äusserlich Merkurialien gebraucht, und öfteres Erbrechen ein; der Speichel war zähe, alkalisch, Symptome, die mich, auf Grund früherer Erfahrung, eine bevorstehende Phthisis befürch- ten liessen, obgleich die physikalische Untersuchung der Brust bis jetzt keinen solehen Verdacht unter- stützte. Eine Untersuchung des Urins durch die bekannten Reagentien verrieth eine bedeutende Menge Eiweisses, sein spec. G. ist 1010, seine Farbe strohgelb. Der Puls schwankte zwischen 50—88 Schlä- gen. — Da alle gewöhnlichen Mittel fruchtlos waren, versuchte L. in Berücksichtigung der torpiden Natur der Krankheit ein Decoet. Chin. mit einem Zusatz von nur 2j Salpetersäure auf Col. Zvj. Allmälig steigerte L. die Gabe der Salpetersäure, bis auf 3j innerhalb 24 St., liess auch wohl statt der China dieselbe mit Eisensalmiak gemischt oder rein nehmen, und so verlor nach einem zweimonatlichen Gebrauch dieser Mittel der Urin seinen Eiweissgehalt mehr und mehr, behielt indessen immer noch ein geringeres spec. G. von 1015 — 1020, die Kräfte nahmen ebenfalls zu, und es erfolgte vollständige Genesung. -— Nach Verlauf von zwei Jahren zeigten sich auf's Neue Symptome von Bauchwassersucht, die Ursa- chen waren auch jetzt leichtere Erkältungen, die Krankheit hatte jedoch einen milderen, wenn auch etwas langwierigen Verlauf, der Urin zeigte niemals eine Spur von Eiweiss, hatte sein ziemlich norma- les Gewicht (1025), und die Krankheit wich der gewohnten Behandlung wittelst Diuretica. Sitzung vom 7. Mai 1852. Herr Hofrath Dr. Burchard theilte unter Bezugnahme auf die früher von ihm veröffentlichten, zum Theil in dem Jahresbericht für 1850 und 1851 mitgetheilten Ansichten und Erfahrungen über Operation der Blasen-Scheidenfistel, welche er im Ganzen 33mal mit günstigem Erfolge gemacht hat, mit, dass er in der letzten Zeit von der ihm veigenthümlichen Anwendung der Balkennath, ohne die Ursache davon ermitteln zu können, we- niger günstige Erfolge als früher gesehen habe. Er hält jedoch auch jetzt noch dieses für das allein richtige, wenn gleich nicht überall anwendbare Verfahren. Es folgte hierauf die Beschreibung eines glücklich operirten Falles. C. F., am 5. Juni 1848 nach vergeblicher Zangenapplikation sehr schwer ımittelst der Perforation entbunden, und seitdem an unwillkürlichem Abgange des Urins leidend, kam im August in das hiesige Hebammen-Institut. Die Scheide war durch Narbenstränge verengt, die Scheiden- portion nicht zu finden, statt des Muttermundes waren nur zwei kleine Grübchen wahrzunehmen, in welche die Sonde 3 und resp. 6 L. tief eindrang. Wahrscheinlich war die Vaginalportion in die Blasenwunde eingeheilt, und mündete in die Blase, da der bis zu der Zeit der Operation fehlende, nach derselben aber wiederhergestellte Menstrualabgang jetzt durch die urethra erfolg. In der Blasen-Scheidenwand fand sich eine Spalte von 2 Zoll’Länge und 6 Linien Breite mit callösen Rändern, zwischen denen die Schleimhaut der Blase wulstig hervortrat. Nachdem die Scheide mittelst wiederholter, durch 14 Tage 129 fortgesetzter Einführung metallner, conischer, allmälig verstärkter Scheidenspiegel erweitert worden war, wurde am 31. August die Operation in der Knie-Ellenbogenlage gemacht. Die angefrischten Wundrän- der wurden durch 6 Hefte, deren Enden durch die mit einer Walze versehenen Längsbalken geführt wurden, vereinigt, ein feiner Katheter in die Blase und ein Charpietampon in die Scheide geführt. Es ist von Wichtigkeit, dass der Katheter sehr fein sei, so wie auch, dass die Reinigung der Scheide nicht durch Einspritzungen, sondern durch Einlegung trockener, oder noch besser mit Oel getränkter Charpie- tampons erfolge. Nach der am 3. September erfolgten Entfernung der Hefte schien die Wunde ge- schlossen, doch schon am 6. zeigte sich nach einem vorübergehenden Blasentenesmus etwas Urin in der Charpie, der aus einer kleinen, am vorderen Wundwinkel befindlichen Oeffnung von der Grösse eines Nadelkopfes herausfloss. Aetzungen der Umgebung derselben mit Höllenstein und Verband mit geölter Charpie führten schon nach wenigen Tagen gänzliche Vernarbung herbei. Sitzung vom 9. Juli 1552. Herr Hofrath Dr. Burchard sprach: 1) über Behandlung der Hernien und ein neues Mittel zu deren Radicalkur. Als solches empfiehlt derselbe das Collodium zu weiterer Beobachtung, welches er bei Nabel- und Leistenbrüchen neugeborner oder sehr junger Kinder, doch auch bei Erwachsenen, mit Erfolg angewendet hat. Das Collodium wird zu diesem Zwecke auf die Gegend des Nabel- oder Lei- stenringes und dessen Umgebung, Anfangs im Umfange eines Thalerstückes, dann durch 2 bis 3 Wocheu täglich in grösserem Umfange, und ohne das alte Collodium zu entfernen, aufgestrichen. In hartnäcki- gen Fällen würde vielleicht das Kanthariden-Collodium zu empfehlen sein. Derselbe: 2) über Anwendung des Collodium in einem sehr ungünstigen Falle von Blasenscheiden- fiste. — Th. L., 38 J., seit 7 Jahren verheirathet, wurde am 25. October 1847 mittelst der Zange entbunden. Während der ersten drei Tage nach der Entbindung konnte sie den Urin nicht halten, be- kam aber dann eine heftige Entzündung der Geschlechtstheile mit Urinverhaltung, wobei grosse brandige Stücke durch die Scheide abgingen und wahrscheinlich die Perforation der Blasen-Scheidenwand entstand. Im September 1848, wo B. die Kranke zum ersten Male sah, fand er die Scheide durch eine ringför- mige, von Narbensubstanz gebildete Strietur in zwei Hälften getheilt, oberhalb welcher die vordere Scheiden- und hintere Blasenwand fehlte und sich statt derselben eine weite Communications-Oeffnung zeigte. Nachdem im Jahre 1849 ein anderer Operateur die Operation der Blasenscheidenfistel vergeb- lich unternommen hatte, unternahm B. i. J. 1850 die Behandlung, durch welche er, da die aus der Scheide in die Blase führende Oeffnung zu gross und deren Rand zu sehr entartet war, um die gewöhn- liche Operation zu gestatten, die Scheide an der Stelle der Strietur vollends zu verschliessen beabsichtigte. Zu dem Ende wurden die vorher angefrischten Ränder der Strietur durch zwei Goldfäden und die früher angegebenen Balken vereinigt. Das Instrument wurde am vierten Tage entfernt, doch schon am sechsten Tage zeigte sich eine Oeffnung von der Grösse eines halben Silbergroschens, welche sich trotz der An- wendung von Aetzmitteln und Glüheisen nicht schloss. Am 25. Mai 1852 wurde auf den Wunsch der Kranken ein neuer Versuch zur Heilung unternommen, die noch vorhandene Oeffnung der Strictur, welche die Grösse einer Bohne hatte, ringsum scarifieirt, nach gestillter Blutung die Scheide sorgfältig getrock- net, und der ganze Umfang der Wunde mit Collodium bestrichen. Durch eine halbe Stunde war heftiger Schmerz vorhanden. Am 26. Mai wurde das Collodium mittelst eines Bausches von Baumwolle appli- eirt. Am 27. Mai zeigte sich die Oeffnung verengt und die Scheide excoriirt, nach 10 Tagen die Oeff- nung auf die Hälfte verkleinert und die Excoriationen geheilt. Es wurde nun das Collodium canthari- 17 130 - dale mit darauf folgender heftiger;Entzündung, aber sichtlicher Wirkung, und vom 15. Juni ab wiederum das Collodium simplex mittelst Baumwollentampons angewendet,. und so nach 6 Wochen Heilung erzielt. 3) Der Secretair zeigte einen 10 Wochen alten Fötus, welcher ein Beispiel der Missgestaltun- gen darbot, denen der Fötus durch Bildung von Pseudomembranen unterliegen kann. Es war die ganze Oberfläche des Körpers mit einer derartigen Membran überzogen, welche sämmtliche natürliche Oeffnun- gen in der Weise verschloss, dass statt ihrer, wie auch der Augen-, Ohren und der Nasenlöcher, nur grübchenartige Vertiefungen zu sehen waren. Ausserdem war das obere Drittheil des rechten Oberarms mit dem Thorax durch eine dünne Membran verbunden. Die wichtigste Alteration betraf aber den Na- belstrang, welcher durch eine 2 Linien lange und eben so breite Membran mit der linken Kniebeuge, und zwar mit der äusseren, dieselbe begrenzenden Falte derselben, verbunden war. Da der Nabelstrang nun an der inneren Seite des Knie’s aufwärts gegen den Hals verlief, so war, wahrscheinlich in Folge des Wachsthums des Fötus und der dadurch entstehenden relativen Kürze der Nabelschnur, der Ober- schenkel so um seine Axe rotirt worden, dass die Kniekehle nach vorn und innen gerichtet war, wäh- rend sich der Unterschenkel nach oben längs der linken Seite des Thorax gelagert hatte. Die Nabel- belschnur stieg nun über das linke Schlüsselbein zu der linken Seite des Halses, umgab diesen 1", mal, war am Genick durch eine 4 Linien ‚breite Pseudomembran, welche vom Hinterhaupt zum Nacken hinab- stieg, brückenartig überdeckt und mit ihr innig verwachsen, und ging dann von der rechten Seite des Halses zu den leider nicht mit eingesandten Eihüllen fort. ‚Sitzung vom 6. August 1852. Herr Dr. Krutige: Ueber Anwendung des Opiums bei Krankheiten der Kinder. So vielfältig auch das Opium schon von den ältesten Zeiten her in Gebrauch gezogen wurde, bei den Krankheiten der Kinder wurde es wenig oder gar nicht angewendet, ja die meisten Schriftsteller der alten Zeit warnen vor der Anwendung desselben bei ‚Kindern. So Galenus in libro de theriaca und Aetius. Diese Ansicht bleibt herrschend bis zur Zeit Hoffmann’s und Boerhave’s, welche anfan- gen, das Opium auch Kindern zu reichen. Sydenham ist der erste, welcher klar und bestimmt die Indikationen hinstellt, nach denen es bei Kindern gebraucht werden könne und müsse. So deutlich diese nun auch ausgesprochen sind, und so einladend bei der praktischen Thätigkeit, ihnen zu folgen: so finden wir doch in den Schriften der folgenden Aerzte diesen Weg nicht eingeschlagen, sondern dieselbe Scheu wie früher vor der Anwendung des Opiums bei Kinderkrankheiten. Nur Tralles erwähnt in seinem grossen Werke über das Opium eines Falls, wo er die langwierige Diarrhöe eines Mädchens .durch Kly- stiere mit einigen Tropfen Laudanum liquid. Sydenh. heilte. Erst in der neuesten Zeit hat der Engländer Underwood in seinem vortrefillichen Handbuche der Kinderkraukheiten dies Mittel bei diesen empfohlen, und seither wurde dasselbe häufiger angewandt, so von Dr. Beck in New-York und Dr. Sobotka in Wien, von denen letzterer keine günstigen ‚Erfolge erzielte. — Auch der Vortragende hat in der ersten Zeit seiner praktischen Thätigkeit das Opium bei Krankheiten der Kinder nicht angewendet, bis er durch eigen schweren Krankheitsfall, bei welchem das Opium ausgezeichnete Dienste leistete, veranlasst wurde, seine Scheu zu überwinden. Dieser Fall ist folgender: Vor zehn Jahren wurde Dr. K. eines Abends spät zu dem Kinde eines Schlossermeisters gerufen, und fand bei seinem Eintreffen die Mutter, das 1 Jahr alte, unaufhörlich wiromernde Kind in Betten eingehüllt 131 auf den Armen herumtragend. Das Kind war am ganzen Körper bedeckt mit rhupia serofulosa simplex und prominens, an einzelnen Stellen in escharotica übergehend; es lag mit geschlossenen Augenlidern, bei jeder Bewegung des Körpers einen Wehlaut von sich gebend, da. Der Kopf war heiss anzufühlen, die Temperatur der Haut des übrigen Körpers mässig, die der Hände und Füsse kühl, der Puls war klein, frequent und härtlich. Der Knabe erbrach das ihm gereichte Getränk und hatte sehr häufige Entleerungen aus dem After einer geringen Menge gelblichen Schleimes. Dr. K. erfuhr, dass der Knabe schon vor dem vor 3 Wochen erfolgtem Absetzen von der Mutterbrust an einem Ausschlage gelitten habe, den die Mutter von der Schärfe ihrer Milch ableitete; dass ebenso Durchfälle vorhanden gewesen, welche auf das Zahnen ge- schoben wurden. Die Mutter hielt es daher für das Beste, das Kind abzusetzen, und glaubte, durch Bäder aus Wallnussblättern den Ausschlag zu mildern. Als dies jedoch nicht der Fall war, der Aus- schlag zunahm, der Durchfall heftiger wurde, als noch Erbrechen der Nahrungsmittel eintrat, viele Nächte ohne Schlaf vorübergegangen waren, die Kräfte sichtlich sanken, wurde der Arzt gerufen. — Bei diesem Zustande der Dinge erkannte Dr. K., dass hier allein das Opium das Mittel sei, welches Hülfe bringen konnte, und welches das Leben weit weniger bedrohte als die reizende, erschöpfende Krankheit. Er verschrieb einen halben Gran Opium, liess diesen mit kohlensaurer Magnesia und Zucker zu zwölf Pulvern verreiben, und verordnete, dass die ersten beiden Pulver stündlich gereicht, dann aber nur alle zwei Stunden ein Pulver gegeben werden sollte; als Getränk dünner Hafergrützenschleim. \ Bei seinem nächsten Besuche am anderen Morgen erfuhr er zu nicht geringem Erstaunen, dass be- reits sämmtliche Pulver verbraucht waren. Nach Aussage der Mutter hatten die beiden ersten Pulver Wunder gethan; das Kind habe nach dem zweiten Pulver nicht mehr so gestöhnt, sei ruhiger geworden, aber nachdem sie nun zwei Stunden pausirt, die Unruhe und das Wimmern sich wieder vermehrten, habe sie lieber stündlich die Pulver fortgegeben, und das Kind schlafe jetzt ruhig. Und so verhielt es sich auch in der That. Der Knabe war in einen sanften Schlaf verfallen, aus welchem er leicht erweckt werden konnte; das Getränk wurde nur mitunter weggebrochen, der Durchfall kam seltener und die Aus- leerungen waren föculenter; der Puls zeigte sich weniger frequent und weicher, die Haut am ganzen Körper gleichmässig warm und duftend. Unter diesen Umständen wurde mit dem Mittel fortgefahren, die Pulver in längeren Zwischenräumen, und je mehr der Zustand sich besserte, immer seltener gereicht, so dass am achten und neunten Tage nur täglich zweimal Pulver gegeben wurden. Ausserdem wurde keine andere Medizin angewendet, vom dritten Tage an die Milch als Nahrung vertragen, und vom zehn- ten Tage an gar kein Arzneimittel gegeben, da mit Ausnahme des Ausschlages alle Krankheitszeichen verschwunden waren. Bäder aus Kleie und Milch vollendeten die Kur, und das Kind wurde kräftig und blühend. . Dieser Fall, welchem, was die Grösse der Gabe des Opiums betrifft, nur noch einer an die Seite geselzt werden kann, den Underwood in dem angeführten Werke erzählt, bewog den Vortragenden, dies Mittel weiter in der Kinderpraxis anzuwenden, und ist derselbe dabei zu folgenden Resultaten ge- langt. Es ist gewiss wahr, das Opium verlangt eine sehr genaue Diagnose, aber welches Arzneimittel verlangt diese nicht? — Einem Kinde kann durch eine zu grosse Gabe Salmiak ein eben so unheilbarer Schaden gestiftet werden, als dureh einen Tropfen Opiumtinctur, der nach dem Berichte von Schriftstellern den Tod herbeigeführt haben soll. — Wegen seiner schnellen Wirkung muss das Opium mit grosser Vorsicht gegeben und mit der kleinsten Dosis begonnen werden. Kinder reagiren ungemein schnell ge- gen die erste Dosis Opium; tritt nach derselben bald Contractilität der Pupillen ein, so darf es nicht weiter fortgebraucht werden. Hat man dasselbe längere Zeit fortbrauchen lassen, so darf man es nicht mit einem Male ganz aussetzen. Kinder unter vier Jahren vertragen das Opium Jeichter,in Pulverform als in der 17* 132 Tinctur, und daher mag es wohl kommen, dass mehrere der in der neuesten Zeit bekannt gemachten Erfahrungen grade von dem Gebrauche der Opiumtinetur traurige Erfolge berichten. — Um eine krank- haft erhöhte Sensibilität zu beschwichtigen, Schmerzen zu lindern, Schlaf zu machen und erschöpfende Durchfälle zu stillen, giebt es kein besseres Mittel als das Opium. .Es darf wohl nicht erst hinzugefügt werden, dass man es bei Diarrhöen, die aus consensuellem Hirnreiz entstehen, nicht anwenden kann, eben so wenig, wo plethora vorhanden ist und heftiger Blutandrang zum Kopfe oder zu anderen vitalen Organen stattfindet. Nach vorausgegangenen Blutentziehungen wirkt es ausgezeichnet bei Entzündung se- röser Membranen und selbst bei meningitis cerebri, einer Krankheit, die bei Kindern häufiger vorkommt, als man glaubt. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei Kindern der Schlaf fast eben so nothwendig ist wie die Nah- rung, und dass die nervöse, Erregbarkeit der Kinder so beträchtlich ist, dass eine grosse Anzahl ihrer Krankeiten nur als Folgen der Irritation betrachtet werden müssen. Sitzung vom 3. September 1852. Herr Dr. Günsburg: Ueber die verschiedenen Standpunkte bei der Behandlung des Scharlach. Der Scharlach herrscht als verheerende Seuche seit nahebei 5 Jahren in unserer Stadt, und man wird zweifelhaft, ob demselben der Charakter einer Epidemie und nicht vielmehr einer stationär gewor- denen Krankheit beizumessen sei, die bei ihrer hierorts-gewonnenen Beständigkeit im Hochsommer und Winter an Kraft und Ausdehnung gewinne. Die Frage der Behandlung des Scharlachs ist eine alltäg- liche, aber eine um so wichtigere, je grösser die Sterblichkeitszahl. in den letztverflossenen Jahren war, _ und je öfter.die verschiedenartigen ärztlichen Behandlungsweisen scheiterten. Nichts ist der heilkünstle- rischen Wirksamkeit gefährlicher als die Vertrauenslosigkeit, welche das ohnmächtige Haschen nach spe- zifischen Heilmethoden während verheerender Epidemieen hinter sich lässt; dem Arzte selbst aber muss es Gewissenssache sein, einen Rückblick auf die Erfahrungen zu machen, die, so unbefriedigend sie sein mögen, im Austausche mit bewährteren und gründlicheren nicht nur zur Geschichtskenntniss der Krank- heit beitragen, sondern auch für die fernere Behandlungsweise von Einfluss sein können. Aus diesem Grunde habe ich die Behandlung des Scharlachs, nach einzelnen Thesen gefasst, einer hochansehnlichen Versammlung zur ferneren Besprechung vorbereitet. I. Welches Verfahren hat sich in denjenigen Gruppen von Scharlachfällen bewährt, in’ denen das Exanthem, in kurzer Zeit vollständig ausgebrochen, unter dem heftigsten Ergriffensein der Nervencentren (Fieber, Delirien) verlief, kurz in dem akuten nervösen Scharlach? Allgemeine Heilmethoden gegen den Scharlach zu charakterisiren und gegen einander abzuwägen, ist um so schwieriger, je weiter die patho- logischen Anschauungsweisen von einander differiren. Es giebt für Viele noch einen entzündlichen Schar- lach, während wir gewohnt sind, die Exsudationsvorgänge im Scharlach nicht anders anzusehen, als die innerhalb jedes Krankeitsvorgangs möglichen Ausscheidungen aus irgend einem bestimmten Abschnitt des Kapillarkreislaufs. In Bezug auf die letzte Epidemie verstehe ich unter akutem nervösen Scharlach die nur zw häufige Abart, in welcher die Krankheit mit Brechen und Angina, dem heftigsten Fieber, begann, der Ausbruch einer dunkeln Scharlachröthung der ganzen Haut schnell erfolgte, durch mehrere Tage un- ter heftigem Fieber und frequentem Athem meist mit Behinderung aller Exkretionen andauerte, mit a. CH den Erscheinungen von Cerebralreizung sich verband und innerhalb der ersten 3 bis 8 Tage entschied. Nach der gebräuchlichen Bezeichnung ist dies der erethische nervöse Scharlach. 1) Die Antiphlogose wurde noch von Vielen angewandt. In Fällen von heftiger Gehirnreizung, beträchtlicher Angina, dann Larynx-Affektion, besonders bei robusten Individuen, habe ich mich wieder- holt zur Anwendung örtlicher Blutentziehungen verstanden, aber mit überwiegend ungünstigem Erfolge. Die geschichtliche Kunde der Scharlachepidemie ist allerdings nicht sehr einladend zu Blutentziehungen; die schlechten Resultate anderer Methoden, die Würdigung des Einzelfalles, der individuellen körperli- chen Anlage führten mich wiederholt zum Versuch einer derivatorischen Anwendung der Blutentziehung. Nur Wenige überstanden dieselbe, und auch in diesen Fällen wird deren Nutzen fraglich, wenn man den bisweilen günstigen Ausgang solcher schweren Scharlachfälle auch ohne alle Kunsthilfe betrachtet. Mei- stens wuchs die Pulsfrequenz, der Athem wurde schneller, das Bewusstsein schwand, der Ausschlag er- blasste, ohne zu verschwinden, und der unglückliche Ausgang wurde dadurch beschleunigt. Die örtli- chen Blutentziehungen sind allerdings nicht beim ersten Ausbruch des Scharlachs vorgenommen worden. Wenn früherhin allgemeine Blutentziehungen gleich bei der Eruption empfohlen wurden, so ist es frag- lich, ob die günstige Chiffre der Sterblichkeit nicht davon herrührte, dass die gutartigen Fälle auch trotz der Blutentziehung ein glückliches Ende erreichten. Aber es ist nicht zu läugnen, dass die Methode, bei herrschendem akuten, nervösem Scharlach gleich bei der Eruption die gesammte Blutmasse zu vermin- dern, einen ebenso günstigen Einfluss üben könne, als dies unbestreitbar in einzelnen Typhus-Epidemien der Fall war, und bitte ich die g. V., sich hierüber auszusprechen. Hat die Blutentziehung nach den Versuchen von Nasse, Bequerel, Rodier und Traube we- sentlich den Erfolg, die Kraft des Blutdrucks, spezifische Wärme des Blutes zu vermindern, und trotz der gesteigerten Gerinnbarkeit des Blutes die Fähigkeit zur Transsudation der Intercellularflüssigkeit zu vermindern, so Rönnen wir die Antiphlogose durch Anwendung der Mittelsalze nur darin begründet finden, dass das Diifusionsverhältniss der Erdsalze und Proteinsubstanzen verändert, die Auf- nahme von Eiweisskörperchen in das Blut verringert wird. Prinzipiell müsste man schon deshalb gegen die Antiphlogostik durch Mittelsalze sein, weil das Blut im Scharlach ärmer an Blutzellen, ein dichteres, an anorganischen Bestandtheilen reicheres Serum besitzt. Der Versuch stimmt mit der prinzipiellen Ne- gation überein. Allerdings sind die Blutbefunde oft erst Ergebnisse des Krankheitsverlaufs; Armuth an Blutkörperchen tritt oft erst ein nach Absetzung irgend eines Exsudats; in den Exanthemen jedoch ist dieser Verlust wesentlich das Resultat gestörter Blut-Ernährung. Die Fälle, in welchen der akute ner- vöse Scharlach mit Mittelsalzen behandelt wurde, zeigten kein besseres Verhältniss der Erhaltung; sie üben ausserdem einen Nachtheil auf den Darmkanal aus, dessen bei der reyulsiven Methode fernerhin gedacht werden soll. 2) Die entgiftende, antiseptische Methode hat in frühester Zeit ihren Ursprung in der Annahme eines bestimmten Kontagiums gefunden, wurde von Anfang dieses Jahrhunderts an in England gegenüber der Lehre von den Krankheitsgiften (morbid poisons) festgehalten, und dürfte im Augenblicke selbst von den neuesten Pathologen, welche spezifische Blutfermente als Ursache der Seuchen postuliren, vertheidigt werden. Chlor und Säuren stehen unter dieser Kategorie auf der einen, die Ammpniakprä- parate auf der andern Seite. Die Wirkung des Chlors im Scharlach, Typhus und ähnlichen Krankheiten lässt sich viel schwerer auf die vielfach geltende, grob mechanische Ansicht zurückführen, "als ob der Chlor mit dem bösen Gase in der Blutmasse sich herumschlüge. Eine direkt blutreinigende Wirkung lässt sich höchstens durch Einathmung auf der Respirationsschleimhaut denken. Dagegen ist es wahr- scheinlich, dass in allen Ernährungs-Anomalien des Blutgewebes die Zufuhr der Nährstoffe als Chloride 134 den Umsatz erleichtere, die Aufnahme von Proteinsubstanzen in das Blut befördere, und hierin die Wir- kung des Chlors und der Salzsäure bestehe. Ergebnisse dieser Behandlung sind in dem noch anjetzt herrschenden Scharlach auch nicht in das beste Licht gesetzt worden, doch waren sie ungleich zufrie- denstellender als die Antiphlogose. Die Behandlung des Scharlachs mit Chlor und Säure, die nur zu oft uns verliess, mag vielleicht auch deshalb zu einem besseren Ziele gebracht haben, weil sie das wenigst schädliche Verfahren ausmacht, und ein paar Drachmen Chlor oder einige Tropfen Säuren im Angesicht gewaltiger Krankheitseinflüsse oft nichts Anderes heisst, als Abwarten, die vielgepriesene exspektative Methode. Auch in dieser Beziehung wird es von Wichtigkeit sein, das Urtheil der geehrten Versamm- lung zu hören. DieAmmoniakpräparate, besonders das kohlensaure Ammoniak, werden in der Absicht verordnel, um durch Reflexerregung der Nervencentren den Eindruck des postuludirten Krankheitsgifts oder Ferments auf die Gefässnerven in Schach zu halten resp. zu überwinden. Es wurde angewandt bei plötzlichem Verschwinden des Hautleidens und bei Hirnaffektionen. So willkommen im Typhus, in anderen Folgezuständen unzureichend ernährten Bluts auf das Hirn das Ammoniak-Karbonat genannt wer- den muss, so sehr hat es in dem Scharlach fehlgeschlagen, vor Allem bei Hirnaffektion. Dies ist viel- leicht daraus erklärlich, dass die den Scharlach stets begleitende akute Bright’sche Nierenkrankeit leicht von Uraemie gefolgt ist, d. h. von Umsatz des Harnstoffs in kohlensaures Ammoniak innerhalb der Blut- masse. Eine rationelle Therapie muss daher von vornherein die ammoniakalischen Mittel im Scharlach zurückweisen; die Erfahrung am Krankenbette scheint dasselbe zu lehren. 3) Die revulsive-Methode, Brech- und Abführkuren sind hierher zu rechnen, indem andere Revulsive unter den äusseren Behandlungsweisen aufgeführt werden sollen. Die Brechmittel wurden viel gerühmt, nie verdammt, und sind sicherlich nur in gewissen Epochen des Scharlach, wenn überhaupt Magen- und Darmkatarrhe herrschen, anwendbar, daher ‘weniger zur Winterszeit, als durch den gan- zen Sommer hindurch. Die geschilderte bedenkliche Scharlachform habe ich bei Anwendung des Brech- mittels und nachherigem ganz indifferenten Verfahren mehrfach. glücklich enden sehen; selbst bei darnach fortbestehender dunkler Scharlachröthe der Haut, Eingenommenheit des Gehirns und grosser Reizung der Gefässnerven habe ich mich in der letzten Zeit weder zur deprimirenden, noch antiseptischen Kur weiter verführen lassen, und wurde in der Mehrzahl durch den glücklichen Ausgang gerechtfertigt. Die Anzeige dürfte immerhin in dem vorherrschenden spontanen Eintritte des Erbrechens enthalten sein nach dem alien Grundsatze: guo natura vergit, eo ducenda. Die abnorme Erregung der Nervencentren erscheint an der Peripherie zuerst als Ueberreizung der Magennerven-Geflechte. Durch Begünstigung und Steige- rung ‚dieser Entladung wird vielleicht die Wirkung des spezifischen Ferments im Blute auf die Nerven- centren vermindert oder gebrochen. Die empirische Probe ergab die Nützlichkeit dieses Verfahrens. Viel weniger Theilnahme kann ich für die Revulsion auf die unteren Abschnitte des Darm- kanals hegen. Ich habe in meinen Studien zur speziellen Pathologie (Leipzig 1848. Vol. II. p. 249 sq.) nachgewiesen, dass die Darmschleimhaut im Scharlach ansehnlicher Hyperämie und einer excessiven Epithelialablösung unterworfen ist, dass bei unglücklichem Verlaufe die Entblössung der granulirten Schicht bis zur Geschwürsbildung und Darmphthise verläuf. Wenn es wahrscheinlich ist, dass diese Mitleiden- schaft des mukösen Epitelialblattes mit gesteigerter Hyperämie der subkutanen Bindegewebeschicht jeden Scharlach und gerade bei hartnäckiger Obstipation begleitet, so muss es ganz unthunlich erscheinen, den Krankheitsvorgang auf einen gefährlicheren Plan hinüberzuspieien. Ich habe von den Abführkuren, wie sie, immer heissen, ob Ricinusöl, Calomel oder Senna, die ja selbst ein Stieglitz einst anwandte, 135 dem akuten nervösen Scharlach nicht vorbeugen schen, die Kranken verfielen schneller, oder wurde das schleunige Ende abgewehrt, so geriethen sie in die Charybdis der Bright’schen Nachkrankheit. Kön- nen sie bessere Erfolge der Abführmethode nachrühmen, m. H. H.? 4) Die äussere epidermatische Behandlungsweise des Scharlachs, in ihrer älteren Anwendung an ‘ die rühmlichsten Epochen der Therapie erinnernd, in der neuesten Zeit nur zu sehr an die Methoden der satyrischen Kritik streifend, welcher die Medizin um des blinden Empirismus willen anheimgefallen ist. Die Gegenpole dieser Reminiscenz bezeichne ich am besten mit den Namen Currie — Priessnitz. Die Zwecke der äusseren Behandlung waren verschiedene, und darnach gliedern sich die abweichenden Verfahrungsweisen: a) Die hydrotherapeutische Methode. Indem ich hier das glatte, vor Jahren schon einmal von anderen Mitgliedern der geehrten Gesellschaft berührte Terrain betrete, werde ich mich auf Bespre- chung der kalten Begiessungen, kalten und lauen Waschungen, der Reibungen und Einwickelungen mit kaltem Wasser und des kalten Wassergenusses beschränken, ohne auf die universale Applikation durch Bäder etc. einzugehen, die ich nicht kenne und nach den wahrheitsgetreu geschilderten Erfolgen nicht kennen will. Die kalten Begiessungen von Currie mit der präcisen Absicht in’s Leben gerufen, die gemessene Steigerung der Hauttemperatur im Scharlach herabzusetzen, habe ich mannigfach und eigen- händig angewandt, und ich kann die grossen Varianten ihrer Wirkung nicht besser schildern, als indem ich zwei Extreme vergegenwärtige. In dem einen (einem achtjährigen Knaben Beck) war bei fortbe- stehender Glühhitze der Haut das Exanthem zwei Stunden vorher geschwunden; allgemeine Konvulsionen folgten diese zwei Stunden nach einander mit voller Bewusstlosigkeit, der Gefässsturm war enorm; ich wandte kalte Begiessungen auf den Kopf und dem Rücken entlang mit wachsender Stärke des Strahles an: die Krämpfe erschienen nicht wieder, wohl aber das Exanthem in aller Kraft, und verlief dann ganz gutarlig. In dem entgegengesetzten Falle war ein schon mit ausgebrochenem Scharlach behafteter, aber er- träglich wohl sich befindender Knabe an einem rauhen Junitage der Hausordnung wegen einige Strassen weit geführt worden, um seinen Grossvater zu beglückwünschen. Im Augenblicke, als er zurückkehrte, war der Ausschlag verschwunden, der Knabe aber dem furchtbarsten Tetanus und Opisthotonus verfallen. Alsobald hinzugerufen, fürchtete ich schnelle Bildung des Transsudats in den Rückenmarkshäuten und suchte das Heil in der antagonistischen Reizung der Hautnerven durch kalte Uebergiessungen: aber ver- gebens, der Knabe starb nach wenigen Stunden. Die kalten Begiessungen dürfen zur alleinigen Ver- minderung der Hauttemperatur ohne den Entzweck peripherischer Erregung gewiss nicht angewandt werden; abgesehen vom Scharlach habe ich bei anderen akuten Krankheiten, besonders bei Delirium potatorum und Meningitis infantum, traurige Erfahrungen genug hierüber gemacht. Abreibungen mit kaltem oder lauem Wasser, Einwickelungen in nasse ausgerungene Leintücher erfüllen diese Absicht gefahrloser. Sie werden gewiss viel zu selten angewandt und würden manches Leben erhalten. Es schadet hierin unse- rer Heilabsicht am meisten die von vielen Praktikern in das Publikum verpflanzte und unter diesem zu dem Irrwahn überwuchernde Lehre von den Verkühlungen im Scharlach. Mancher solcher unglücklicher Scharlachkranker giebt ein trauriges Genrebild. In einem Zimmer, dessen kleinste Luftlucke verschlos- sen ist, in dem eine Temperatur von durchschnittlich 25 Grad, schmachtet der kleine Kranke hinter Dek- ken und Bettvorhängen, dabei noch eingebunden in Betten, kaum ein dürftiges Luftloch zum Athmen un- ter schweren Bedeckungen übrig behaltend. War man erst einige Tage nach Andauer des Scharlachs zugezogen, so hat die Hydrophobie der Umgebungen eine Schattirung von Schmutz und Scharlachroth 136 komponirt, die gewiss jede Rückkehr der Haut zur normalen Perspiration unmöglich macht. Möchten sich doch alle Aerzte des Rathes des grossen Sydenham erinnern, der seine Scharlachkranken sogar stundenlang herumgehen liess, und wenn man sich auch nicht zu so viel verstehen sollte, mindestens darauf dringen, dass der Scharlach nicht durch die Einflüsse einer übertriebenen Temperatur, einer de- letären Luftart komplieirt werde. Ich habe im Allerheiligen-Hospitale die Scharlachkranken in einer entsprechend kühleren Temperatur gehalten, und wenn auch der Kranke nach Erforderniss der Translo- kation mit aller Vorsicht selbst über den Hofraum mitten durch die freie Luft getragen werden musste, zu keiner Zeit eine so verhängnissvolle Sterblichkeitszahl herausgerechnet, als unter diesen widerwärtigen Zuthaten in der Privatpraxis. Ich bin durch diese diätetische Exkursion weit von der äusserlichen Be- handlung des Scharlachs mit Wasser seitwärts gerathen, und beeile mich, Sie zur rzige: über dies Verfahren zu veranlassen. b) Die äussere Behandlung mit spezifischen Stoffen hat den Zweck gehabt, eine Anti- sepsis durch Resorption zu erreichen, die Empfindlickeit der in höchster Hyperämie verharrenden äusseren Haut durch entgegenzweckende Mittel oder Luftabschluss herabzusetzen. Zu ersteren sind die Waschun- gen mit Chlor, Essig, verdünntem kaustischen Ammoniak zu zählen. Sie werden wohl gegenwärtig für unfruchtbar und risquant gehalten werden. Zur Abstumpfung der gleichsam im ersten Grade allgemei- ner Verbrennung erhaltenen Scharlachhaut wurden die Waschungen mit kaustischem Kali vorgeschlagen. Ich habe zu demselben Ende eine sehr verdünnte Höllensteinlösung (1 Gr. auf 8 Unzen, mit erwärm- tem Schwamm eingerieben) nach Anwendung des Brechmittels applieiren lassen, habe drei schwere, so behandelte Fälle von akutem nervösen Scharlach glücklich ablaufen sehen, und halte diesen Versuch einer ferneren Prüfung nicht unwerth. Die Schneemann’schen, auch von Ebert u. A. empfohlenen Speckeinreibungen sollen mit Min- derung der Hautirritation den Luftabschluss hervorbringen. Indem ich zu bedenken gebe, inwieweit Er- reichung letzterer Absicht überhaupt in jedem beliebigen Körperzustande nachtheilig werden könne, be- merke ich, dass ich mich dieses Verfahrens enthalten hatte, weil es mir in leichteren Fällen übrig, in schweren zu bedenklich erschien. I: U. Schliesslich sei noch ein flüchtiger Ueberblick über verschiedene Ausgangsformen des Scharlachs gestattet. Affektionen des Schlund- und Kehlkopfs sind in der mehrjährigen Scharlachepoche von gerin- gerer Bedeutung gewesen als in früheren Epidemien; geringe Anschwellung der Halsdrüsen, mässige und begrenzte Röthe des Gaumens mit Schlingbeschwerde und Würgen waren beständig; die heftigen Anginen des Scharlachs fehlen dagegen beinahe völlig. Ebenso ist der sogenannte torpide nervöse Scharlach fast gar nicht vorgekommen. Die polymorphe Erscheinung, als Scharlachfriesel oft. eine kon- fluirende Bläschenfläche darstellend, war nicht ungewöhnlich. Entzündung und Eiterung im äusseren und mittleren Gehörgange, Parotiden-Geschwülste, die oft in Eiterung endeten, durch Abwärtssenkung ausser der direkten Verkleinerung der Mundhöhle noch durch Druck auf den Kehlkopf die Einathmung erschwerten, gehörten zu den häufigsten verderbenbringenden Nachzüglern. Noch bei grosser Spannung der Geschwulst und tief geborgenem Eiterheerd rettete die frühzeitig hervorgesuchte Lanzette vor Erstickungszufällen. Endlich ist die Bright’sche Krankheit häufig bis zu dem zweiten Stadium der Feiteniartung des Harnröhren-Epithels gereift; statt der mit Scharlach sonst nur gepaarten akuten Oedeme der Oberhaut fanden sich Hydropsien der Haut und serösen Höhlen. - 137 Sitzung vom 8. October 1852. 1) Herr Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1851. Wenn es wahr ist, dass nur auf dem Boden der Thatsachen der Grund für die allmälige Verwirklichung einer vernünftigen Theorie der Armen- und Krankenpflege sich erheben wird, so ist es Pflicht für Je- den, dem die Gelegenheit sich darbietet, wenn auch nur in einem kleineren Kreise, statistische Notizen dafür zu sammeln, diese der Oeffentlichkeit zu übergeben. Aus dieser Ansicht sind zum Theile meine letzten Schriftchen über diesen Gegenstand hervorgegangen. Da indess zur alljährlichen Fortsetzung derselben sich in den Protokollen und Berichten unserer Section die beste Stelle findet, so erlaube ich mir, Ihre Nachsicht für heute in Anspruch zu nehmen, um Ihnen die Resultate vom Jahre 1851 mitzutheilen. Dieselben dürften für Sie auch ausser ihrer allgemeinen Bedeutung deshalb von Interesse sein, weil sie die Thatsachen über unsere Stadt darstellen und diese, als die zweite des Staates, hierdurch vom medizinischen Standpunkte aus leicht zur Feststellung des wirklichen Bedürfnisses für die öffentliche Ar- men-Krankenpflege einen Beitrag liefern kann. I. Zahlen. Wir beginnen mit der Betrachtung der Leistungen A. Der Krankenhäuser, und zwar bildet hier den Anfang: 1) Das grosse städtische Hospital zu Allerheiligen. In diesem wurden während des Jahres 1851 verpflegt: Aeussere Kranke ........ 1450, Innere Kranke........... 3450, zusammen 4900. Hiervon starben .:....... 525, mithin Mortalitätsverhältniss 1:944. Ausserdem waren ambulante Kranke, die sich Rath holen gekommen, 511. Aus dem Verwaltungsberichte des Hospitals geht ferner hervor, dass täglich 370432 Kranke in Verpflegung kamen, und jeder Kranke hiernach durchschnittlich 272322 Tage im Hospital zugebracht. Es kostete ohne Anrechnung des Gebäudewerthes der im Krankenhause verpflegte Kranke 7 Thlr. 29 Sgr. 92223 Pf., also gegen S Thlr. +900 2) Das Barmherzigen Brüder-Hospital. Dieses verpflegte meist chirurgische Kranke ........... 1779. Hiervon starben ......... 95, mithin die Mortalität...... 1:1912 15 138 - Jeder Kranke wurde im Durchschnitt 39 Tage verpflegt. Ausserdem erhielten freie ärztliche Be- handlung und grösstentheils unentgeltlich Arzneien aus der Instituts-Apotheke 3086. Zu chirurgischen Verbändern kamen 3492 Personen, und Zahnoperationen wurden die Kleinigkeit von 11,295 ausgeführt. 3) Das Elisabethinerinnen-Hospital. Es verpflegte meist innere Kranke............cc2..0. 1263. Hiervon starben ......... 61, mithin Mortalität.......... 1:2033. Jede Kranke wurde im Durchschnitt 24 Tage gepflegt, woraus man leicht den Unterschied zwischen chirurgischen und inneren Kranken ersieht. 4) Das Diakonissen-Hospital Bethanien. Es verpflegte fast nur innere, meist akute Kranke ...... 203. Hiervon starben ......... 4, mithin Mortalität ........- 1:502. Die Kranke kostete gegen 6 Thlr. 5) Augusten-Hospital für Kinder. Es: verpflegte, kranke Kinder .....---.-oo-coeeornocn. 60. Hiervon starben ......... 13, mithin Mortalität ......... 1:555- Es ist hiebei zu bemerken, dass das Hospital wegen der Cholera, die dort 3 Opfer gefordert hatte, vom November bis gegen Neujahr geschlossen war. Der Kranke kostete 15 Thlr. 16 Sgr. 6) Das Israelitische Fränkel’sche Hospital. Hier wurden verpflegt Kranke ...........ocrru00nc.. 159. Hiervon starben ........- 8, mithin Mortalität........- 1: :192. Es kostete der Kranke 18 Thlr., und die durchschnittliche Verpflegungszeit betrug 32,5 Tage. 7) Im Hebammeninstitut, wo wegen der ganz anderen Basis eine speziellere statistische Fr. nicht überflüssig erscheint, wurden aufgenommen. ............ 362. Von diesen haben geboren..........- 324, und Kinder sind zur Welt gebracht....328, (incl. 3 abortus), 320 einfache und 4 Zwillings-Geburten. Von den Kindern waren todt zur Welt gekommen .....:.. 14, während der Geburt gestorben . 10, nach der Geburt gestorben... .16, a. Gesund entlassen .....».-- 288. 139 Von den Wöchnerinnen starben 6 Personen (am Wochentyphus incl. Friesel). Bei diesen war demnach die Mortalität 1:605, DETFTOHOIE WIR 00 oo een. 1:8}, ZUSBIDIDEHER N 2200. 0. ta. ul VR6: 8) Die Gefangenen-Kranken-Anstalt, welche dadurch ein eigenthümliches Verhältniss darbietet, dass sie grösstentheils jugendliche Verbrecher, die vielfach an Hautausschlägen leiden, verpflegt, und die, (wenigstens die Polizeigefangenen) öfter unge- heilt in’s Hospital zu Allerheiligen translocirt werden, hatte in Summa kranke Arrestanten .. 2.2.2202 sse20 0. 1463. Als genesen wurden entlassen. ......ooorarooceree.. 921, vor beendeter Kur dem Hosp. zu Allerh. überwiesen ... 408, BEOENOIEEEINEREER aueh teneutee Veen ade he nenne 28, That MIORGHEIN GE ana nanberauneneenmene 1:52, Verpflegungstage waren aus dem oben beregten Grunde der Translokation nicht geheilter Kranken nur 174243 für jeden Kranken. 9) Die medizinische Klinik NORRERIS Kranke... 148. Davon starben...... Sn sareikrehe he 12, mithin Mortalität .....-n-osse200... 1:122. 10) Die chirurgische Klinik halte Hranko,cı. AS. ET rannte 106. Davon .staWen.. Jasdwesh DS akt 5, mithin Mortalität. ....-ssreccre0e 0. 1:213. 41) Die geburtshilfliche Klinik. Diese hatte auch ihre erwähnenswerthe Eigenthümlichkeit, indem sie verpflegte: 1) nicht schwangere kranke Frauen... 12, 2) schwangere gebärende Wöchnerinnen 149, °),. Minler 225.200 9. RE 141, . 302. Hiervon starben ad 1) .............. 2, 20.2) 2777 mine 1, u 8 Hierunter unreif ...... 4, pre mı.n.....;, 12 faul todtgeboren ...... u NN 2, 13, mithin «Mortalität ua... ... 0.0000 1:2418. 18* 140 Wir gehen nun über B. Zu der Hausarmen-Krankenpflege, und erwähnen auch hier zuvörderst der grössten: 1) Die öffentliche Krankenpflege durch die 15 Kommunal-Bezirks-Armenärzte. Es sind durch diese behandelt worden 9413, Baskorben. sind. : «ii .lie «Britt Fetch 713, mithin Mortalität ... . ueseeocsee«en 1:13144. Der kommunale: Verwaltungsbericht ergiebt, dass der einzelne Kranke nicht mehr als 263424 Sgr. gekostet, indem Br Medikamenie .. - x. Arie 4a; a.ciigrieiige a 5989 Thlr. für ärztliche und wundärztliche Honorare ... 1869 „, BE Binchbünder.. u: Esamas 20.0 131 „ Die lyaliros a u ann SS at a 1.2 We für: Mineralbrannen W002. es... 0 ae gAle 21 ,„ für Dampfbäden 1.4 Sn on ann le ee 24 „ und für Mineralbadereisen ............:+. 119 „ also . 2% 2.1: SER SEE ERBE 8164 Thir. verausgabt wurden. Die sich ergebende Mehrzahl von 1533 Kranken gegen das Jahr 1850 hat in der grösseren Ver- armung ihren Grund und nicht in den drei vorhandenen Epidemieen: Scharlach*), Pocken**) und Cholera, die gegen sonstige Annahmen gleichzeitig bis Ende vorigen Jahres hier vorhanden waren. Denn die Zahl der durch die Armenärzte behandelten Cholerakranken in ihren Wohnungen war nicht grösser als 34 (im Ganzen erkrankten in Breslau 278, gest. 140; hiervon wurden in dem Cholera-Hospital zur Friedrichs-Kasematte 55 behandelt, wovon 29 gestorben), ein Beweis, dass die Cholera, auch wohl der Scharlach und die Pocken die wohlhabenden Klassen nicht weniger heimsuchten, als die Armen, unter denen die an Scharlach und Pocken Erkrankten ja überdies häufig in die betreffenden Hospitäler gebracht wurden und daher bei der Berechnung dort in Anschlag kommen müssen. 2) Tharould-Blacha’sche Fundation. Sie (verpflegip. Kranke: „ursirian m unnewi ' 2000, und verlor durch den Tod.....:.....:». 57, mile-BEOMaä = 2. one nee &ore 1:3555- 3) Das Haus-Armen-Medizinal-Institut behandelte Kranke. ......... 2... 2.2000. 492, davon starben, snansnesdm. DB... 32, mithin Mortalität. ;-.. Br 3: 1.4... VRR 1:1542. *) Im Jahre 1851 waren in Breslau polizeilich a wer Scharlachkranke 439. E95 » „ „ „ „ n 3 Pockenkranke...1181, und zwar Variola vera... 194 (gestorben 22), Variolois ...... 814 (gestorben 22), Varicellae ..... 173, Summa...1181. 141 4) Die jüdische Haus-Armen-Krankenpflege Kt KenoReal RE U 690, BavoRn are N 57, BT no BEER _ © RENTEN 1:125. 5) Das D, Kuh’sche Institut verpflegteYiranken. 155, Unvontstarbend Hk ARE DR. 6, mithin Mortalltälll . N. MR. 1:303. 6) Die medizinische Poliklinik verpflegte Kranke .........0.20.00200000 74, daR6nRarBen: DER VIER 9, nina Mora. NET UN PD 1:82 7) Die chirurgische Poliklinik meist Augenleidende. ...2.....-..r..... 1669. Hiervon sind die Todesfälle unbekannt. 8) Die geburtshilfliche Poliklinik bot die Gesammtzahl von 698 dar, indem Aufnahme fanden: kranke unschwangere Frauen..... 36, kranke schwangere ............ 32, Wöchderimen 2! ... suisses: 21, BETEN 2 A 5 r gebinande }. sindias dance anencs 277, im Wochenbett gestorben. .... 2. Neugeborne Kinder ............ 285, todt kamen zur Welt ..:..... 58. } (Abortirt, ünzeitig u. frühzeitig.) aa Binllersa eher 49, BEREOSHON ya en delle nnd ende 6. ; Summa der Gestorbenen 67. Mortalität ........... 1:1022. 9) Von den vielen Privat-Vereinen, welche mindestens 2000 Kranke verpflegen dürften, sind zwei ganz besonders durch ihren Umfang erwähnenswerth: Der Sterbe- und Krankheits-Kassen-Verein zur Eintracht und der Gesundheits-Pflegeverein. Von ersterem war nur die Zahl der von dem Vereins-Arzte Herrn Dr. Springer gepflegten Mit- glieder zu erfahren, welche 534 betrug. Es lassen sich jedoch viele Mitglieder auch von anderen Aerzten 142 behandeln, und hierdurch ist ohne Einsicht in die Buchführung keine Statistik zu erreichen. Der Verein zählt überdies nicht die ärmste Klasse von Bewohnern zu seinen Mitgliedern, ebensowenig als der Ge- sundheits-Pflegeverein. Dieser hat in mannigfacher Beziehung eine grosse Bedeutung, da ihn doch nur der Tadel treffen kann, dass er den Aerzten im Allgemeinen eine materielle Einbusse zufügt (die Mit- glieder können sich nur von den Vereins-Aerzten behandeln lassen), während er anderseits beweist, wel- chen Nutzen die Association zu gewähren vermag. Nach dem gedruckten Berichte von 1851, der mir vorgelegen, hat der Verein zugenommen um 70 Mitglieder und 255 Personen, und zählte zu Ende des Jahres 747 Mitglieder mit 2775 Personen. Er verpflegte von diesen 1294, und es starben hiervon 50, Mortalität 1:25$#. Dies kostete 1407 Thlr. 28 Sgr. 4 Pf., mithin.der Kranke 1 Thlr. 2 Sgr. 7225 Pf. Es ist dies also nicht blos in Beziehung auf Medikation schon eine sehr billige Verpflegung, sondern auch für die betheiligten Mittelklassen bei der Einlage von 1 Sgr. 3 Pf. pro Woche und Mitglied (die Familie mag so viel Personen zählen, als sie will) eine ausserordentlich wohlfeile und für unbemittelte Handwerker, so wie für verschämte Arme höchst zweckmässige, selbst wenn ihr die freie Wahl der Aerzte abgeht. Denn es muss ja im Interesse des Vereins liegen, sich tüchtige Aerzte zu wählen, und im Interesse dieser, die Kranken human zu behandeln. Der Verein für arme Augenkranke ist erst in diesem Jahre in’s Leben getreten und daher noch nichts über ihn zu berichten. General - Üeberficht der in den 20 Instituten verpflegten Kranken im Jahre 1851. a) In den nichtstädtischen 18 Kranken-Anstalten: can? Gerharhehr Im Barmherzigen Brüder-Hospital .................- 1779 95 Im Elisabethinerinnen-Hospital ..... ers... -2ene 2... 1263 61 Im Augusten-Kinder-Hospital ......... BR EN 10. 60 11 ‚Im Fränkel’schen Hospital. ........2..n2..22. 22.0... 159 8 Im Diakonissen-Hospital (Bethanien) ........-.....-- 203 4 Im: Hehbamnien-IBut. „u 225 2.20. au acne wie Een eo 69V 46 Im Hausarmen-Medieinal-Institut ..........-.uer.r 0: 492 32 In der Israelitischen H.-A.-Krankenpflege ...........- 690 56 In der Tharould-Blacha’schen Fundation ...........-. 2000 57 Im D. Kuh’schen H.-A.-Kranken-Institut.........».»- 185 6 In der Gefangenen-Kranken-Anstalt.........2.- 2...» 1465 28 In der medizinischen Klinik .................22 02. 148 12 In der medizinischen Poliklinik..........:.......... 74 9 Indermmsussschen Klinik... „..0. Aer.n.. une: unn 106 5 In der chirurgischen Poliklinik ......:....:.z.22.0.. 1669 —_ In der geburtshilflichen Klinik .......:.v.222 22220. 302 13 In der geburtshilflichen Poliklinik .......-.».:. 2...» 698 67 In Krankenkassen-Vereinen..............c2220e2. 00. 2000 —_ Summe | 13981 | 508 143 b) In den städtischen 2 Instituten: ER EUER Im Kranken-Hospital zu Allerheiligen ............... 4900 525 In der Kommunal-Haus-Armen-Kranken-Pflege durch die N BB orzie De ee ers : 9413 | 713 Summe] 14313 | 1238 Hiezu die Summe der in den nichtstädtischen 18 Kranken- , Anstälten Verpflegtemsilitgh „u... ei a | 13981 | 508 ergiebt als Total-Summe| 28294 | 1746 I. Resultate. Vorstehende Zahlen liefern schon ein hinlängliches Material für die Feststellung der Mortalität, des Alters der Individuen, der Kosten der Krankenpflege, der Zeitdauer der Heilung, der allgemeinen Armen- zustände, des Bedürfnisses für Armenkranke und der Sanitäts-Verhältnisse überhaupt; doch kann ich aus Mangel an Musse das gegebene Material nicht ausbeuten, zumal diese Arbeit auch ihre grossen Schwie- rigkeiten in Beziehung auf die Vergleichspunkte darbietet. Die Art der Kranken in den einzelnen Insti- stituten, die materiellen Mittel und die religiöse Anschauung bei der Verpflegung influiren hier auf die differenteste Weise, welche die genaueste Erwägung und Rücksicht in Anspruch nimmt. Wir wollen jedoch wenigstens einen Punkt: die Mortalität etwas näher in’s Auge fassen. Die Bevölkerung der Stadt beträgt jetzt mit Ausschluss des aktiven Militairs ungefähr 110,000 Einwohner. Eine genaue Angabe ist vor Beendigung der eben stattfindenden Zählung unmöglich. Die vor 3 Jahren (1849) stattgehabte er- gab 104,222 Einwohner, also der von 1843 ungefähr gleich, und die Verringerung (Breslau zählte 1846 bereits 112,708 Seelen) ist lediglich den Jahren 1848 und 1849 zuzuschreiben, wo die Revolution und die Cholera auf eine so nachhaltige Weise wirkten, dass wir erst jetzt zu der früher höchsten Zahl zu- rückkehren werden. Auch in Beziehung auf die Zahl der Geburten, gegenüber den Sterbefällen, kommen wir zu dem seit 1846 nicht mehr bestandenen günstigen Verhältnisse zurück; denn während in den frü- heren Jahren die Geburten die Sterbefälle überragten, so hatte dies in den Jahren 1847, 1848 und 1849 nicht mehr statt, und erst seit 1850 werden wiederum die Todesfälle von den Geburten übertroffen. Im Jahre 1851 kamen hier Geburten vor: 4632, Todesfälle 4236, also Geburten 396 mehr. Was nun die Mortalität anbelangt, so rangirt sie in den vorbenannten Hospitälern folgendermassen. Die geringste hatte die Gefangenen-Kranken-Anstalt, und stellt sich in runden Zahlen wie 1:52, das Diakonissen-Hospital Bethanien............... Re 1:50, US OIUWGIEREF TEE 3 ae css len ne ansehe nee 1:24, die’ Cure I ee ee a Irene 1:21, das Elisabethinerinnen-Hospitele. ... .-...--.---osoansanreocc. 1:20, das, israelitische Fränkel’sche Hospital ......--.»...222. 220000. 1:19, das. Barmherzigen Brüder-Hosgar .. . LIT N 1:39, das: Hebammen-Institut ns Be ws. Ne 1:15, die medizinische -Klinik lieh Ar le. 1:3 144 das Allerheiligen-Hospital .......-.....:.. BR RN. VON PER NUN. | das Augnsten=Höspital - 2u....%.- - - +. mmlmeten ser A - een 1:5, nach Abzug der an der Cholera Ges di: Z ) Mortalitätsmittel.....-... 1:22. Es ist überflüssig, zu erwähnen, wie diese Aufstellung hier gar keinen Maasstab für einen daraus zu ziehenden Schluss Betreffs der Behandlung abgeben kann, da, wie oben schon erwähnt, der Ver- gleichspunkt ein ganz verschiedener ist. Die Gefangenen-Kranken-Anstalt behandelt ihre Kranken nicht bis zu Ende; die chirurgische Klinik und gewissermassen das Barmherzigen Brüder-Hospital sind vor- zugsweise chirurgische Hospitäler, so wie anderseits das Hebammen-Institut und die geburtshilfliche Klinik eine besondere Krankengattung darbietet. Das Augusten-Hospital muss, wie jedes Kinder-Hospital, die grösste Mortalität darbieten. Diejenigen Krankenhäuser, die sich der mittleren Mortalität nähern, sind die normalsten, daher bei uns das Elisabethinerinnen-, das Fränkel’sche und das Barmherzigen Brüder-Hospital; ob die religiöse Seite dieser letztgenannten Anstalten oder die bei ihnen stattfindende bessere Kost und Wartung hieran Theil haben, wage ich nicht zu entscheiden. Die glänzendsten Resultate liefert hier Bethanien, und ich weiss in der That nicht, welchen Umständen diese geringe Mortalität zuzuschreiben ist. Denn angenom- men, dass die ärztliche Behandlung und die dem Arzte zuständige Auswahl der Kranken vor der Auf- nahme hieran participirten, so mussten doch auch noch andere Momente hierauf einwirken. — Vielleicht, dass die Frauen-Hospitäler im Allgemeinen, und besonders die mit freiwilliger und unentgeltlich gelei- steter Wartung versehenen, hierzu beitragen, eine Ansicht, die auch in unserem Elisabethinerinnen-Hospi- tal ihre Bestätigung findet. Dieses kommt unter Voraussetzungen, die am meisten Aehnlichkeit zwischen den hiesigen Krankenhäusern mit einander haben, in Beziehung auf die Mortalität auch unmittelbar nach Bethanien. Wenn indess nächst dem Augusten-Kinder-Hospitale unser Allerheiligen-Krankenhaus die bedeutendste Mortalität nachweist, und zwar eine an sich nicht geringe, jedenfalls hinter der mittleren sehr zurückbleibende, so theilt es hierin das Schicksal der meisten grossen städtischen Krankenhäuser, welche gezwungen sind zur Aufnahme aller Erkrankten, und zwar der ärmsten und elendesten, die nirgends mehr eine Stätte finden, oder die der betreffende Bezirks-Armenarzt aus Mangel an häuslicher Pflege in ihrer Wohnung nicht zu behandeln vermag. Dieser Umstand wirkt am hiesigen Orte, gegenüber Berlin, Hamburg und München, um so entschiedener ein, als diese Städte nicht in der Lage sind, so viele treflliche Kranken- und Versorgungshäuser im Verhältnisse zu ihrer Einwohnerzahl zu besitzen, wie Breslau, wo eben ein grosser Theil der noch nicht ganz Armen und Elenden ausserhalb des Allerheiligen-Hospitals Aufnahme findet, während die letzte Klasse derselben diesem zufällt. Ein ganz ähnliches Verhältniss waltet in Wien und Prag ob, und in der That fand auch in deren zwei grossen allgemeinen Krankenhäusern 1851 eine der unsrigen fast gleiche Mortalität statt, während sie in Berlin, Hamburg und namentlich in Mün- chen bedeutend geringer war. Ich glaube indess nicht, dass man in diesem Umstande allein die Ur- sache dieser Mortalitätsdifferenz suchen dürfe; vielmehr mögen auch hier andere Verhältnisse einwirken, deren Erklärung ich einer späteren Untersuchung, in welcher ich die Sterblichkeit der grössten Kranken- häuser Deutschlands mit einander vergleichen will, vorbehalte. } Wir gelangen nun zu der Mortalitätszusammenstellung der häuslichen Armen-Kranken- pflege, welche folgendermassen durch alle Institute rangirt: 1) die Tharould-Blacha’sche Fundation wie.......... 1:35, 2) das Kuh’sche Hausaraie n wie .... 1:30, R 145 3) der Gesundheits-Pflegeverein wie ............... 1:25, . 4) das Hausarmen-Medizinal-Institut wie............ 1:15, 5) die städtische Hausarmen-Bezirks-Krankenpflege wie 1:13, 6) die jüdische Hausarmen-Krankenpflege wie..... ser, 7) die geburtshilfliche Poliklinik wie ............... 1:10, 8) die medizinische Poliklinik wie.......+..2220... 1:8. Mortalitätsmittel .......- 1:18. In sämmtlichen Armen-Kranken-Anstalten wurden besorgt 28,294 Personen, und die Durchschnitts- Mortalität stellt sich, so weit sie bekannt war, also von 24,625 wie 1: 191451, Die Mortalität bei den nicht städtischen Instituten stellte sich heraus wie 1:27,27,; die von den beiden städtischen, dem Hospital zu Allerheiligen und der bezirksärztlichen Hausarmen - Krankenpflege, wie 1:11.55;- Vorstehende Zahlen beweisen, dass bei einer Bevölkerung von ungefähr 110,000 Einwohnern im Jahre 1851 in Breslau fast der vierte Mensch auf öffentliche Kosten behandelt worden ist. Reduziren wir aber dieses noch um etwas, indem wir annehmen, dass von den obigen 28,294 Personen diejenigen abgehen, welche nicht zu den Armen sensu strietiori gehören, also die 2000 Vereinsmitglieder des Gesundheits-Pflege-Vereins, der Eintracht u. s. w., ferner die etwa quartaliter übertragenen Reste in den Bezirksarmenärztlichen Listen oder die wiederholte Erkrankung eines und desselben Individuums und die nicht armen Gefangenen-Kranken, auch Fremde: so bleiben doch gewiss noch 25,000 bis 26,000 Men- schen, ohne diejenigen, welche in anderen Versorgungs-Anstalten unentgeltlich verpflegt werden. Und doch geben diese 25,000 Menschen nur die wirklich Erkrankten, also nur einen bestimmten Prozent- Antheil derjenigen an, deren soziale Lage der Art ist, dass sie im etwaigen Krankenfalle der öffentlichen Pflege anheimfallen würden. Wie gross diese sein dürfte, lässt sich auch noch aus den oben angeführten Mortalitätsverhältnissen darthun. Wir hatten vorstehend bemerkt, dass in Breslau im vorigen Jahre überhaupt gestorben sind: 4256 Personen. Nach den oben gemachten Mittheilungen sind gekommen auf die öffentlich verpflegten Armen, also ohne die aus den Vereinen (2000) und der chirurgischen Poliklinik (1669), 1746 Todes- fälle, mithin 41333% Prozent aller Gestorbenen. Dies ist noch mehr als in den früheren fünf Jahren, wo dieser Prozentsatz, wie wir vor Kurzem nachgewiesen haben*), durchschnittlich 37 Prozent betrug. Die Vermuthung, dass hier in Breslau ein Drittel der überhaupt Verstorbenen auf die Todesfälle fallen dürfte, welche sich in der stationären öffentlichen Krankenpflege ereignen, hat sich demnach mehr als bestätigt (41: 100). Es ist dies übrigens ein Resultat, welches von dem anderer grosser Städte nicht abweicht, und daraus zu ersehen, dass Breslau auch in-diesem Punkte keinen Vorzug vor Berlin und anderen grossen Städten geniesst. — Diese Zahlen ergeben ferner, dass die Zahl der Armen-Kranken wächst, und zwar von Jahr zu Jahr. Denn im Jahre 1846 betrug sie bei einer gleich grossen Einwohnerzahl 18,000, und jetzt ist sie zu 28,000 herangewachsen. Die Mortalität ist hingegen (ausser in dem Cholerajahre 1849) geringer geworden; denn während sie im Jahre 1846 wie 1:15 sich verhielt, so stellt sie sich im letz- ten Jahre wie 1:19%. r ‚ „u 2 *) Gedauken über die Zukunft der Armen-Krankenpflege Breslau’s. 1852. S. 4. (Bei Aderholz.). 19 146 Bedenkt man, was hier die öffentliche Krankenpflege leistet, so sollte man meinen, dass dem Be- dürfnisse Genüge geschehe. Ich theile diese Ansicht nicht, sondern habe aus einer ziemlich nahen An- schauung der Dinge die Ueberzeugung gewonnen, dass selbst die löblichsten und anerkennenswerthesten _ Bestrebungen hinter dem Bedürfnisse zurückbleiben. Gebe ich auch gern zu, dass Manches selbst bei der jetzigen Ausmessung der Mittel durch noch zweckmässigere Einrichtungen gebessert werden könnte, dass namentlich durch eine. Konzentration der gesammten Armen-Krankenpflege, wie sie z. B. Paris so treff- lich besitzt, und wie sie auch nur durch eine Spitze — staatlich oder städtisch, oder noch besser com- binirt,, — in die Alles wie in einem Mittelpunkte zusammenlaufen müsste, Vieles zu erreichen wäre, was jetzt fehlt, so würde immer noch hierzu mehr Geld nöthig sein, das eben Paris zu diesem Zwecke so reichlich besitzt. Aber die Kommune muss, so erdrückend für sie auch die Last der Krankenpflege wird, _ bei Feststellung der finanziellen Mittel weder von dem wirklichen Bedürfnisse, noch von den richtigen Prinzipien abgehen. Denn abgesehen davon, dass ihr die gesetzliche Pflicht für die Armen-Krankenpflege obliegt, so gilt hier vor Allem: „Res sacra miser.“ Wie Breslau in Beziehung auf seine finanziellen Mittel für öffentliche Krankenpflege im Allgemeinen bevorzugt ist, was diese hier kostet, wie sich die einzelnen Institute zu einander verhalten, was hinzu- gekommen ist und ‚welche Veränderungen in einzelnen Branchen, namentlich in der Hausarmen-Kranken- pflege, in letzterer Zeit stattgefunden, welche Bedeutung das Kranken-Vereinswesen auf die Verhütung vielen Unglücks, vielleicht selbst eines Theils des Proletariats haben könne, und wie der Staat, wenn er nicht selbst mit einigen Millionen jährlich durch Gründung von Kreis- oder Bezirks-Hospitälern, durch 'besoldete Distrikts-Armenärzte u. s. w. helfen kann, gerade diese Assoziations-Richtung für das leib- liche Wohl seiner Bewohner fördern müsste — davon vielleicht ein andermal. 2) Herr Hospital-Wundarzt Hodann: Ueber den zweifelhaften Ursprung mancher. Verletzungen und Todesarten in Bezug auf forensische Medizin. So lange die Gerichtspflege dauert, hat es Fälle gegeben, welche besonders durch ihre Unerklär- lichkeit, und indem sie den Fragen: ob der Zufall, ob Selbstmord oder die Schuld eines Dritten vor- liege? freien Spielraum lassen, unser Interesse fesseln. Zur Erläuterung derselben dienen am besten solche Fälle, deren Hergang durch Zeugen oder die Lage der Verhältnisse völlig klar ist, welche aber ohne diese Bedingungen das Einschreiten der Gerichte veranlassen müssten. Der Vortragende hat meh- rere dieser Art beobachtet. 1) Ein Böttcher wurde wegen zweier, 3 Linien langer, an der Beugeseite des linken Vorderarms, 1 Zoll oberhalb des Handgelenkes befindlicher Wunden in das Allerheiligen - Hospital aufgenom- men, deren eine in der Tiefe die gänzlich getrennte a. radialis, die andere die ebenfalls getrennte a. ulnaris erkennen liess. Beide bluteten stark, Patient war sehr ers®höpft, der Blick unsicher, und seine Angabe: die Verletzung sei durch Zufall entstanden, indem er, zwei Messer in der rechten Hand haltend, von einem schmalen Brette in das Wasser gefallen sei und sich hierbei mit beiden Messern verwundet habe, erschien so lange höchst zweifelhaft, bis sie durch mehrere Zeugen bestätigt worden war. Neh- 147 men wir an, dass die Verwundung ohne Zeugen entstanden und der Mann todt aus dem Wasser gezogen worden wäre, so würde wohl jeder an Selbstmord oder die Schuld eines Dritten gedacht haben. — 2) Vor mehreren Jahren machte der Vortragende die gerichtliche Sektion einer in der Oder aufgefun- denen, schon stark in Verwesung übergegangenen weiblichen Leiche von 40—50 Jahren. In den zwei Taschen des Kleides steckten einige fünf Pfund schwere Steine, um den Hals war eine Schnur, anscheinend eine Uhrschnur, 5—6mal fest umgewickelt, deren Enden, jedes Y, Elle lang, hinter den Ohren in die Höhe gingen und hier durch einen festen Knoten verbunden waren. Die Luftröhre war dadurch comprimirt, aber nicht unwegsam geworden, der Kehlkopfknorpel nicht zerbrochen. Am Halse und in den Lungen, soweit die Fäulniss dies zu erkennen gestattete, Spuren von Congestion. Weitere Verletzungen waren nicht zu bemerken. Hatte sich die Verstorbene durch Erhängen oder Erwürgen getödtet? Wie war sie in diesem Falle in das Wasser gekommen? Hatte sie ein Zweiter losgeschnitten und in das Wasser geworfen? oder war sie vorher von Anderen erwürgt worden? Erst später ergab es sich, dass dieselbe schon lange schwermüthig gewesen und plötzlich aus ihrem Wohnorte verschwunden sei, jedoch einen Brief hinterlassen habe, in welchem sie den Entschluss ausgesprochen hatte, ihr Leben zu enden. Es sind nun zwei Fälle möglich: entweder hatte sie sich erhängt und war losgeschnitten und in’s Wasser geworfen worden, vielleicht, wie es bisweilen mit aufgefundenen Leichen geschehen soll, zur Vermeidung der dem Besitzer des Grundes, wo eine Leiche gefunden wird, durch die gerichtliche Untersuchung (da- mals wenigstens) erwachsenden Kosten; oder, was wahrscheinlicher ist, sie halte vergeblich vessucht, sich zu erhängen, und hatte dann in dem Wasser den Tod gesucht. — 3) Bei einer anderen im Wasser gefundenen männlichen Leiche waren die Füsse in der Mitte der Unterschenkel über den Beinkleidern durch eine Schur zusammengebunden, deren Knoten sich vorn befand und durch zwei Schleifen fest ge- schürzt war. Um das rechte Handgelenke lag eine zweite Schnur, durch Durchziehen des freien Endes durch eine an dem anderen Ende befindliche Oese geschlungen, und deren freies Ende, welches über 2 Ellen lang war,,in der Mitte des Leibes von rechts nach links um denselben und über den Rücken wieder bis zur rechten Hand geführt, wo es an der Handschlinge mit einem sehr unvollkommenen Kno- ‚ten, mehr durch Umwickelung, befestigt war. Die Befestigung . der Schnur und die Abwesenheit jeder anderen Verletzung sprechen hier für Selbsttödtung, wobei der Selbstmörder durch Befestigung der Beine und der rechten Hand die Möglichkeit abschneiden wollte, sich bei etwa erwachendem Triebe zum Le- ben retten zu können. Daher war der mit beiden Händen geschürzte Knoten an den Füssen fest, die Befestigung des rechten Armes aber von der Art, dass sie leicht hatte mit der linken Hand allein voll- zogen werden können. Die bettelhafte Kleidung des Defunctus schloss die Vermuthung einer Beraubung, die Abwesenheit anderer Verletzungen die eines vorausgegangenen Kampfes mit anderen Personen aus. — 4) Ein junges Mädchen verfiel in Folge unglücklicher Liebe in eine trübe Gemüthsstimmung, und beschloss endlich, sich zu tödten. Zu dem Ende brachte sie sich mit der Schneide einer Holzaxt einige und dreissig Hiebe an dem Vorderkopfe bei, bis sie, vom Blutverluste erschöpft, bewusstlos hinsank. Die Weichtheile waren bis zum Scheitel hin in Brei verwandelt, der Knochen entblösst und bis in die Diplo@ hin vielfach eingekerbt; doch ward die Kranke geheilt, behielt aber eine trübe Gemüthsstimmung, mit zeitlweisen maniatischen Anfällen wechselnd, bis an ihren nach mehreren Jahren erfolgten Tod. Hätte man diese Person todt, mit der neben ihr liegenden Axt gefunden, so würde man sicher nicht an einen Selbstmord geglaubt haben. # s Es sei uns hier erlaubt, einen Blick auf die Situationen zu werfen, unter welchen Einzelne den heftigsten Schmerz, ohne zu klagen, ertragen haben. Bei Gesunden geschah dies aus Glaubensstärke, 19* , 148 Fanatismus, Heroismus, dem festen Willen, zu täuschen; bei Kranken war Wahnsinn oder ein annähern- der Gemüthszustand die Ursache. So in dem von J. Marshall mitgetheilten Falle, wo er bei einer an Jleus gestorbenen Frau am Pylorus 18 Loth und im Duodenum 1 Pfund Stecknadeln fand, und bei einer Frau, von welcher Pyl berichtet, dass sie sich wochenlang des Nachts Knochenstücke in die Scheide steckte, die der Arzt dann unter grossen Schmerzen für die Kranke entfernen musste. Merkwürdig ist die Gefühllosigkeit, mit welcher Geisteskranke oft die heftigsten Schmerzen ertragen. Mehrere sah der Vortragende, welche die Heftung tiefer Halswunden, die sie sich beigebracht hatten, ruhig aushielten; einen Mann, der sich mit einem stumpfen Messer den penis und einen Theil der Haut des scrotum ab- geschnitten hatte und bei der Heftung keine Miene verzog. In dem folgenden Falle bewirkte Kummer eine ähnliche Unempfindlichkeit. Ein junges Mädchen beschloss in Folge getäuschter Liebe, sich zu tödten, und brachte sich an Hand- und Fussgelenken mehrere seichte Schnitte, am Halse einige tiefere bei. In Folge dessen wurde sie in ein Krankenhaus gebracht, zeigte Reue über ihre That und befolgte alle Anordnungen genau. _ Vielleicht hatte sie gehört, dass eine der Halswunden tief sei und fast die a. carotis getroffen habe. In Folge dessen riss sie in der Nacht den Verband auf, zerriss mit dem Zeigefinger die a. carotis, und verblutete sich, ohne einen Laut von sich zu geben, so dass keine der ganz dicht bei ihr liegenden Kranken, und auch die Wärterin es erst dann bemerkte, als sie an das Bett der Kranken trat, um ihr die Umschläge zu wechseln. Zeitschriften haben von Fällen berichtet, wo in Gefängnisszellen, die nur zwei Personen enthielten, die eine mit schweren Verletzungen bedeckt todt ge- funden wurde, während die andere nicht erwacht sein wollte, und man hatte theils diesen Zweiten, theils den Schliesser im Verdacht des Mordes. Der letzterwähnte Fall beweist, dass Jemand sich den Tod geben könne, ohne Geräusch zu erregen. Eine Bettschraube, ein Stück Glas, ein Instrument, im Mast- darme verborgen gehalten (der Vortragende kennt einen solchen Fall), wird zum Werkzeuge des Selbstmordes. Sitzung vom 5. November 1852. Herr Dr. Seidel hielt einen Vorirag über die-Gerbsäure und deren Modifikationen. Sitzung vom 3. December 1852. I. Herr Medizinal-Rath Dr. Barkow legte folgende anatomische Präparate vor: 1) Die Gelenke der Extremitäten eines jungen Mannes mit enormem Fettreichthum der Knochen und bedeutenden Ablagerungen von harnsaurem Natrum, welches in einigen derselben, z.B. im Ellenbo- gengelenke und den Gelenken der Hände, Füsse, Finger und Zehen die ganze Knorpelfläche schichten- förmig überdeckte, wie es auch in den Harnkanälchen, dem Nierenbecken und der Harnblase reichlich abgelagert war. 2) Eine linke Niere eines 30jährigen Mädchens, welches an Kothbrechen gelitten hatte, mit Schwund der Nierensubstanz und grosser Ausdehnung des Nierenbeckens (hydronephrosis). Die durch das Letztere gebildete Geschwulst enthielt 3 Quart blutiger und flogkiger Flüssigkeit, hatte die Därme zur Seite gedrängt und wahrscheinlich so das Kotherbrechen veranlasst. 3) Einen sogleich nach einem gesunden Knaben gebornen Amorphus humanus, dessen genauere Untersuchung noch vorbehalten wurde. 149 4) Mehrere Durchschnitte der Nase mit doppelter Einmündung des sinus mazillaris in die Nasen- höhle, eine so häufig vorkommende Bildung, dass der Vortragende sie für die regelmässige, das Vor- kommen einer Oeffnung aber, wie das noch seltenere von drei Oelfnungen, für die Ausnahmen hält. I. Herr Dr. Neumann theilte einige Bemerkungen über die kürzlich von ihm errichtete Privat-Irrenheilanstalt in Pöpelwitz, einem Y, Meile von Breslau gelegenen Dorfe, mit. Während der kurzen Zeit ihres Bestehens waren 14 Kranke (6 weibliche und 8 männliche) aufgenommen worden, darunter 4 Männer, deren Leiden (all- gemeine Paresis der Geisteskranken) alles therapeutische Einschreiten ausschloss. Von diesen Kranken starb 1 am Tage der Aufnahme an Tuberkulose, 3 (2 männl. und 1 weibl.) wurden geheilt, 1 männlicher gebessert, 1 weibl. ungeheilt entlassen, 4 männliche und 4 weibliche befanden sich noch in der Anstalt. ee an wo 3 Auen P 777 Ra —ı ei PP PEN > a we; a r h 2772 Bn., | % ' m Bow or By Varel ieh DL wohn wei We; { LPNLRART PU een Pe her Ar we ne VA Et e we « ee # ir "re “ Er 4 ?ı w ” b : . rt Pa - a % 3 u DR dB b F ober AR 2. Da» =’. h f P} 5 a 77 2 e u ‚ / 6 Ben j BRA ar) j % ” ö e ul A u Die a ll ı BE Eee 2 2 AP weg ‘ ir. . f ‚Ak Fk \ Io, Mh. m 2% | a F vr Kusel Peering ah Bike 1 Er win Da abi, verein in range are ze ‚ : dafs; Be a ER ‚ Eenan Sah DIR. Ir ken - . 4 ı we‘ 2 ee ? 1.2 fi fe‘ * n i 7 De 2:3 Ton 2 + ae wie nr Spree Gehe a mi r k ’ Pa rn ’ ihr- t S \ 3 EN Dos Sr ze Era ü ni für ei Kir 7 1 - n [ ni ’ RA p: ‘ » 5 - 1 j Yen x % r ’ . ”" W ro ji ri Fand F “ A # / u j ö j EL } ES. i% 4.2 fü b u, R. I 4 N ee 0 151 Bericht über die Thätigkeit der Section für Obst- und Gartenkultur im Jahre 1852 Prof. Wimmer, zeitigem Secretair derselben. D. Section für Obst- und Gartenbau hat im Jahre 1852 zweiundzwanzig Versammlungen gehalten und zwei Ausstellungen von Gartenerzeugnissen vom 25. bis 29. April und vom 18. bis 22. Sep- tember in dem grossen Gartensaale von Kutzner, Gartenstrasse Nr. 19, veranstaltet. Die erste Versammlung am 14. Januar eröffnete der Secretair der Section, welcher als solcher im December d. v. J. erwählt worden war, mit einer Ansprache an die zahlreich versammelten Mitglieder, worin derselbe, für den Beweis des Vertrauens dankend, die Gründe auseinandersetzte, weshalb er dieses Amt übernehmen zu wollen sich erklärt habe, in welchem Umfange er dasselbe zu verwalten gedenke, und was von seiner Verwaltung erwartet werden dürfe und was nicht. Zur Ergänzung dessen sei hier noch bemerkt, dass die in diesem Bericht veröffentlichten Mittheilungen nur dasjenige von den Verhand- lungen der Section enthalten, was für die Oeffentlichkeit geeignet ist und von allgemeinem Interesse er- scheint, mit Ausschluss aller Personalien und den Gang der Verhandlungen betreffenden Details, worüber die ausführlichen Protokolle über die Versammlungen von jedem Betheiligten eingesehen werden können. Es sind nämlich von jetzt ab über sämmtliche Versammlungen vollständige Protokolle in einem eigenen Protokollbuche niedergeschrieben worden, aus welchen die Verhandlungen der Section vollständig zu er- sehen sind. Das Protokoll jeder Versammlung wird in der nächsten vorgelesen und nach geschehener Genehmigung unterschrieben. Ebenso sind alle Beläge und Schriftstücke der Section in besonderen .Acten-Heften vollständig gesammelt. Auf Veranlassung des Präsidiums der Gesellschaft wurde die Aufstellung des schon vor längerer Zeit angeschafften Obst-Kabinets in geeigneten Schränken eingeleitet. Nachdem mit zuvorkommen- der Güte Herr Oberforstmeister v. Pannewitz deren Besorgung übernommen hatte, wurden zwei Schränke in Pultform angeschafft, welche nunmehr in dem Versammlungs-Zimmer der Section aufgestellt sind, in denen der grösste Theil des vorhandenen Obst-Kabinets — einige grössere Stücke werden einstweilen noch besonders aufbewahrt —- untergebracht sind. 152 Die Erwerbung eines eigenen Lokals für die Ausstellungen hatte eine damit beauftragte Kommission aus der Mitte der Section vielfältig beschäftigt. Der Vorschlag: ein verkäufliches, durch seine Lage wohl geeignetes Grundstück zu erwerben, wurde zwar von der Section dahin acceptirt, dass derselbe dem Präsidium der Gesellschaft zur weiteren Erwägung zugefertigt werden sollte, doch verhehlten sich die Mitglieder nicht, dass dieses Projekt am Kostenpunkt scheitern müsste: und so geschah es denn auch. Die gleiche Bewandtniss hatte es mit einem zweiten Vorschlage derselben Kommission, mit den Eigenthümern der abgetragenen Industrie-Halle wegen Erbauung eines solchen Lokales aus den Materialien jener abzu- schliessen. Im Herbst des Jahres wurde ein drittes Projekt auf Veranlassung des Secretairs erwogen, ein transportables Ausstellungs-Haus, auf ähnliche Weise wie in Frankfurt am Main und anderwärts ge- schehen, durch Actien-Zeichnung zu beschaffen, und gedieh so weit, dass Bauanschlag und Zeichnungen vorgelegt werden konnten. Aber auch für diesen Plan konnte die Genehmigung des Präsidiums nicht erlangt werden, da dasselbe aus Mangel an Mitteln sich nicht in der Lage sah, für ein mehrere Tausend Thaler erforderndes und auch sonst mit manchem pekuniären Risiko verknüpftes Unternehmen die Garan- tie zu übernehmen. Somit musste diese Angelegenheit bis auf Weiteres und auf eine günstigere Zeit vertagt werden. Gegenwärtig ist der Section einige Hoffnung eröffnet, wenn der projectirte Saalbau im Schiesswerder zu Stande kommt, dass auch für ihre Ausstellungen dort eine günstige Räumlichkeit werde eröffnet werden. Auf Veranlassung des Herrn Obristlieutenant a. D. von Fabian erbat der Secretair von der Prä- sidial-Kassenverwaltung einen Extract über den Stand der Sections-Kasse und trug denselben vor. Glei- cher Weise wurde nach beendigter Frühjahrs- und Herbst-Ausstellung über dieselbe spezielle Rechnung gelegt und dem Rechnungsleger von der Section Decharge ertheilt. Der Vorschlag des Herrn Kaufmann Ludwig Hüser, dass die Section bei der bevorstehenden Industrie-Ausstellung sich auf irgend eine Weise betheiligen möge, wurde dahin aufgenommen, dass eine aus fünf Mitgliedern bestehende Kommission es übernahm, alle zum Gartenbau gehörigen Instrumente, Geräthe und Materialien durch Aufforderung der betreffenden Fabrikanten herbeizuschaffen, um dadurch einen Ueberblick einerseits über die Requisiten des Gartenbaues, andererseits über die Leistungen der Provinz in diesem Fache zu gewähren. Wiewohl mehrere der ernannten Mitglieder dem übernommenen Kommissorium nicht nachgekommen sind, so wurde doch eine kleine, nicht ganz uninteressante Samm- lung durch die, Bemühung der übrigen herbeigeschafft. Am dürftigsten waren hier Gartenmesser und ähnliche Instrumente vertreten, während ein von Herrn v. Fabian in einer Sectionsversammlung vorge- legtes Etuis von Gartengeräthen aus der Fabrik der Gebrüder Dittmar in Heilbronn am Neckar eben so wohl wegen der Solidität der Arbeit und Zweckmässigkeit der Form, als wegen des verhältnissmässig billigen Preises allgemeine Anerkennung gefunden hatte. Bei den der Frühjahrs-Ausstellung vorhergehenden Berathungen wurde mit Bezug auf früher vorge- kommene Missverständnisse eine feste Bestimmung über die Art getroffen, wie die behufs der Preiser- theilung zu ernennende Kommission zusammengesetzt und gewählt werden solle. Es wurde beschlossen: 1) dass die Kommission zur Preisertheilung aus sieben Mitgliedern bestehen solle; 2) dass der Präses der Gesellschaft und der Secretair der Section wie bisher stehende Mitglieder derselben sein sollen; 3) dass der Landwirthschaftliche Central-Verein ersucht werden soll, seinerseits ein Mitglied zu dieser Kommission zu deputiren (in dessen Ermangelung‘die beliebige Ernennung eines solchen . dem Herrn Präses vorbehalten bleiben soll); A) dass als Ates und Ötes zwei auswärtige Herren Kunstgäriner von der Section erwählt und zum Termin sich hier einzufinden aufgefordert werden sollen; 153 5) dass als 6tes und 7tes zwei hier einheimische Herren von der Section erwählt werden sollen, von denen wenigstens einer ein praktischer Gärtner sein muss. Nach diesen Normen ist bei den beiden Ausstellungen des Jahres 1852 verfahren worden. Der Vorschlag des Secretairs, dass die Prämiirung gleich nach beendeter Anordnung und vor Eröffnung der Ausstellung statthaben und bis dahin die Gruppen und Pflanzen ohne Namen nur durch Nummern be- zeichnet bleiben sollen, damit die Preis-Kommission von aller persönlichen Parteinahme befreit bleibe, fand zwar Beifall, konnte jedoch erst bei der Herbst-Ausstellung zur Ausführung kommen. Ueberhaupt wurden die Versammlungen von Januar bis April vorzugsweise mit den Vorbereitungen zur Ausstellung und allseitiger Erwägung der dieselbe betreffenden Punkte ausgefüllt, weil eine Fest- stellung derselben im Interesse des Secretairs sowohl als der Section erforderlich schien. Das von dem abgetretenen Herrn Secretair im December entworfene Programm für die Frühjahrs- Ausstellung wurde am 8. Januar nochmals zur Berathung vorgelegt und nach endgültiger Feststellung in folgender Fassung gedruckt und vertheilt: PROGRAMM für die Preisvertheilung bei der Srühjahrs- Ausftellung von Garten- und Obsterzengniffen, welche im Monat April 1852 von der Section für Obst- und Gartenbau der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur veranstaltet werden soll. Allgemeine Bestimmungen. 1) Für die nachbenannten Preisaufgaben findet freie Konkurrenz aus ganz Schlesien statt. 2) Bei der Prämiirung werden seltene oder durch Kultur ausgezeichnete Gartenerzeugnisse berücksichtigt, welche richtig benannt sein und während der Dauer der Ausstellung darin verbleiben müssen. Die Pflanzen müssen in ihren Gefässen angewachsen sein, und der Kultivateur hat die Versicherung abzu- geben, sie selbst gezogen oder doch wenigstens sechs Monate in seiner Behandlung gehabt zu haben. Früchte und Gemüse müssen vom Aussteller gezogen sein. 3) Für Transportkosten am Orte wird keine Entschädigung gewährt; hinsichtlich der Lieferungen von auswärts werden später Bestimmungen getroffen werden. Die Prämien bestehen, abgesehen von dem Damenpreise, in werihvollen Gegenständen oder in grös- seren und kleineren silbernen Medaillen. Es bleibt dem Ermessen der Preisrichter überlassen, wel- chen Gegenständen diese Prämien zuzuerkennen sind, und ob sie neben den Prämien noch ehrenvolle Erwähnungen aussprechen wollen. 4 De I. Prämien der Section für Obst- und Gartenbau. 1) Zwei Prämien und zwei Accessite für die gelungenste Zusammenstellung gut kultivirter blühender und nicht blühender Pflanzen. 2) Zwei Prämien und zwei Accessite für ein Sortiment Pflanzen einer Gattung, gleichviel, ob Arten oder Hybriden, bei welchen die Kultur, der Reichthum oder die Schönheit der Blüthen in Erwägung kommen. 3) Eine Prämie und ein Accessit für ein einzelnes Pflanzen-Exemplar von ausgezeichneter Kultur. 20 154 4) Eine Prämie und ein Accessit für neue, eigene Züchtung im guten Kultur-, resp. Blüthenzustande oder für neue Einführung. 5) Eine Prämie und ein Accessit für die schönste Dekoration von Ampeln, Vasen u. dgl. 6) Eine Prämie und ein Accessit für die in Gattungen und Arten zahlreichste Sammlung von im freien Boden ausdauernden, in Töpfen gezogenen blühenden Stauden, Sträuchern oder Bäumen. 7) Zwei Prämien und zwei Accessite für die besten Leistungen in der Gemüse- oder Frucht-Treiberei. 8) und 9) Zwei Prämien der schlesischen Gesellschaft zur freien Verfügung der Preisrichter. - ll. Breslauer Damen-Prämie, bestehend in einem silbernen Becher. Für die schönste Sammlung blühender Rosen im besten Kulturzustande von mindestens 26 Exem- plaren in 21 Sorten, nämlich 6 Exemplare Rosa centifolia, 6 Sorten R. bourbonica, 6 Sorten remon- tirende R. hybrida, 2 Sorten R. muscosa und 6 Sorten R. Thea. Breslau, am 8. Januar 1852. Die Section für Obst- und Gartenbau. Wimmer, z. Z. Secretair. Die Frühjahrs-Ausstellung fand, den Einräumungs- und Ausräumungstag mitgerechnet, vom 24. bis 30. April statt. Die Kommission zur Preisvertheilung versammelte sich am 26. April Nachmittags um 3 Uhr und bestand aus folgenden Mitgliedern: Geh. Medicinalrath Ebers als stellvertretender Präses, Director Wimmer als Secretair der Section, Landschafts-Direetor v. Rosenberg-Lipinski auf Gut- wohne als Deputirter des Landwirthschaftlichen Central-Vereins, Rechtsanwalt Krug, Hofgärtner Bern- kopf aus Camenz, Hofgärtner Spaniel aus P.-Wartenberg und Kunstgärtner Breiter. Dieselbe be- schloss folgende Preise zu ertheilen: 1) die Breslauer Damen-Prämie der Rosengruppe Ihro Durchlaucht der Frau Herzogin von Sagan-Curland; 2) die erste Prämie Nr. 1 der Sectionspreise der Azaleengruppe Derselben; 3) die zweite Prämie Nr. 1 der Sectionspreise der Gruppe des Herrn Kunstgärtner Schulze; 4) das erste Accessit Nr. 1 der Sectiouspreise der Gruppe des Herrn Partikulier Zeisig; Bi 5) das zweite Accessit Nr. 1 der Sectionspreise 2 der Gruppe der Städtischen Promenade (Inspector Schwager); * 6) das Accessit Nr. 3 der Sectionspreise der J. @. Pohl’schen Gärtnerei (Geschäftsführer Kunstgärtner Erkel); 7) die Prämie Nr. 4 der Sectionspreise dem Kunstgärtner Breiter ( Be lenaren Partoloton ); 8) die Prämie Nr. 5 der Sectionspreise dem Kunstgärtner Urban a = Sao 9) das Accessit Nr. 5 der Sectionspreise dem Kaufmann E. H. Müller (Tropaeolum ee trieolor) ; 10) die erste Prämie der Schlesischen Gesellschaft der Sammlung von llex-Arten und Spielarten des Geh. Medicinalrathes Betschler; 155 11) die zweite Prämie der Schlesischen Gesellschaft der Felspartie am Bassin, arrangirt durch Kunstgärtner Erkel. Was das Arrangement der Ausstellung anbetraf, so war diessmal eine hierorts neue Art der Auf- stellung versucht worden, welche einen günstigen Eindruck sowohl im Allgemeinen gemacht zu haben scheint, als auch den Beifall der Sachverständigen erhielt. Die Wände und Seiten des Saales waren theils mit einzelnen Gruppen zweckmässig dekorirt und ausserdem die Gewächse auf Tischen aufgestellt, der Hauptraum des Saales aber war von mehreren Parterre-Gruppen erfüllt, in welchen auf Moos die Näpfe theils gruppenweise, theils einzeln aufgestellt waren. In der Mitte befand sich ein Wasser-Bassin mit Goldfischen, von einer Felsgruppe mit verschiedenen Hängepflanzen umgeben. Unter der grossen Loge in der Mitte der östlichen Wand befand sich eine grössere Gruppe, aus hohen Dekorationspflan- zen zusammengestellt, deren Vordergrund die Stechpalmen-Sammlung bildete. Dieser gegenüber eine von Herrn Zeisig mit Cypressen, Rosenbäumen und einer Gipsstatue verzierte Gruppe. Dekorations- ‘pflanzen waren von der Direction des Königlichen Botanischen Gartens und der hiesigen Promenaden- Deputation für diese Ausstellung geneigtest bewilligt worden. Als besonders hervorstechende Gegenstände dieser Ausstellung mögen hier noch hervorgehoben werden: eine Rosen-Kollektion, eine Kollektion Aza- leen, ein Philodendrum pertusum, eine Littaea und einige Palmen von Ihro Durchlaucht der Frau Her- zogin von Sagan-Curland; eine Sammlung, von 65 Nummern von Ilex-Arten und Spielarten, und zwei 10 Fuss hohe Kamellien-Bäume des Geh. Medicinalrath Betschler; eine Araucaria excelsa, Rhododendron Partoloton und Dielytra speciosa des Kunstgärtner Breiter, so wie die oben näher angezeigten Gruppen. Auch fehlten nicht mehrere wohlerhaltene Gemüse und Aepfel (Königin-Luisen- Apfel der Frau Geh. Kommerzien-Räthin Treutler in Neu-Weissstein), so wie Frühkartoffeln. Das pekuniäre Ergebniss war nicht ermuthigend. Der Besuch dieser Ausstellung, aus deren Arran- gement mancher Gartenbesitzer hätte lernen können, wie man auch mit geringeren Mitteln gute Wirkun- gen hervorbringen kann, und wie die geschmackvolle Anordnung ein wesentliches Stück _der Gartenkunst ist, war nur ein mässiger zu nennen; ausserdem musste der hiesigen Theater-Kapelle für zwei Konzert- Nachmittage von der Section die Summe von 110 Thalern vergütigt werden. Das Zusammentreten der Section mit einem anderen Verein war auf den ausdrücklichen Wunsch des Präsidiums sowohl bei der diesmaligen Ausstellung unterblieben, als auch stellte es sich für die Zu- kunft als zweckmässig heraus, da frühere Versuche der Art zu unpassenden Reibungen geführt hatten und der Vortheil nicht auf Seiten der Section zu sein schien. Ungeachtet des ungenügenden Ergebnisses der Frühjahrs-Ausstellung hielt es die Section für ihre Pflicht, auch zum Herbst eine Ausstellung zu veranstalten. Das Programm derselben setzte folgende Preise aus: I. Breslauer Damen-Prämie, bestehend in einem silbernen Becher. Für die schönste Sammlung blühender Rosen im besten Kulturzustande von mindestens 26 Exemplaren in 21 Sorten, nämlich 6 Exemplare Rosa centifolia, 6 Sorten Rosa bourbonica, 6 Sorten remonti- rende Rosa hybrida, 2 Sorten Rosa muscosa und 6 Sorten Rosa Thea. 3 Il. Prämien der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, bestehend in zwei silbernen Medaillen der Schlesischen Gesellschaft, deren Vertheilung dem Ermessen der Commission überlassen bleibt. 20* 156 Il. Prämien der Section für Obst- und Gartenbau. 1) Für die gelungenste Zusammenstellung gut kultivirter, blühender und nicht blühender Pflanzen: eine Prämie und ein Accessit. Ver { 2) Für das grösste und schönste Sortiment blühender Pflanzen einer Gattung, wobei die neuen ‚den Vor- zug haben: eine Prämie und zwei Accessite. | A 3) Für drei, zu drei verschiedenen Gattungen (genera) gehörige, nieu eingeführte, Pflanzen in gutem Kulturzustande, wovon wenigstens zwei blühend sein müssen: eine Prämie und ein Accessit. > 4) Für blühende Orchideen: eine Prämie. » . Sm: “ i 5) Für eine Sammlung von wenigstens dreissig Sorten seltener und ‚schöner Pelargonien: eine Prämie und ein Accessit. 6) Für das reichhaltigste Sortiment reifen, richtig benannten Tafelobstes erster und zweiter Klasse: zwei, Prämien und zwei Accessite. N 7) Für das vollständigste Sortiment reifer und richtig benannter Weintrauben: „eine,. Prämie und ein Accessit. tg 8) Für die an Arten reichhaltigste Sammlung von Gemüsen, wobei die feineren und neueren den Vor- zug haben: zwei Prämien und zwei Accessite. i 9) Für neues, hier noch nicht gebautes, zur Kultur im Freien geeignetes Gemüse. Ueber die Ausstellung wurde der nachfolgende Bericht gedruckt und den Mitgliedern der Section und anderen Gartenfreunden zugesandt. Die Herbstausstellung hat stattgefunden vom 18. bis 21. September incl. in dem grossen Garten- saale des Restaurateur Kutzner, Gartenstrasse Nr. 19. Die Einräumung und Anordnung begann am 17. mit Tagesanbruch und war bis um 11 Uhr Vormittags am 18. vollendet; die Ausräumung geschah am Vormittag des 22. und war bis Mittag vollendet. Eingeliefert waren 72 Nummern von 46 Ausstellern, und zwar l. 4533 Gewächse in Töpfen von 32 Ausstellern, darunter 5 auswärtigen. 354 Fuchsia, dreimal als Sortiment. 97 Rosa. 352 Cactus, als Sortiment und als Dekoration. 88 Verbena, einmal als Sortiment. 194 Myrtus communis, als Sortiment und zugleich | 58 Glozxinia, einmal als Sortiment. in Dekorationsgruppen. 63 Petunia. 150 Koniferen, davon 130 als Sortiment. 56 Lobelia. 133 Achimenes, davon 56 als Sortiment. 50 Citrus, davon 40 als Sortiment. 126 Farn. 45 Erica. 119 Celosia. 60 Aster, einmal als Sortiment. Nächstdem sind noch namhaft zu machen 40 Nex- und Berberis-Arten, 7 Gesneria, 14 Yucca, darunter 3 blühende, 27 Acacia, 20 Orchideen, darunter eine blühende, 28 Dracaena, 13 Fieus ela- stica, und von Pflanzen in 1 oder 2 Exemplaren Lycopodium eaesium arboreum, Phytelephas ma- crocarpa, Phrynium pumilum, Asplenium Nidus, Nepenthes"destillatoria, Sarrachia viscosa, Stre- litzia regina, Zamia horrida, Bonapartea juncea, Philodendrum pertusum, Musa Cavendishi in Blüthe, Musa rosacea, Bartolonia aenea, Pentaraphia eubensis, Maranta alba-lineata, Tradescantia Warsewieziüi. 157 II. Abgeschnittene Blumen in 41 Sammlungen, und zwar 5 Sammlungen Georginen von Eyssenhardt, | 1 Sammlung Astern von E. Monhaupt. Hübner, Kattner, Mook, E. Monhaupt. | 1 Strauss Georginen von Müller. 1 Sammlung Rosen von Hoffmann. Blumensträusse von Marie Pohl. 1 Sammlung Pensee’s von Hoffmann. 1 Fieus stipulata von Göppert. x m. Obst und Gemüse von 19 Ausstellern in 30 Collectionen. ' Aepfel und Bimmen... 6 Sammlungen, 256 Sorten*) in 1469 Stücken. Pflaumen und Pfrsiche 3 a 6, NE; Quäten ... 0... 00 ae as TORmE,; Ba u. 2 A —_— ,„ 3 Ries . Weintrauben ..... 5’ ,„ a Br. 7 Melonen .»...:...:. ! * > Re 50% «+, i Barblase ara 7 R ı DE En (0, Gurken Er. m 2 y SE war ;; Be RER Bohlen 2 2.1. 2... 2 Y BR, Kraut (Kohl)....... 2 Y ı Yale 2e BBiBalı 7. N 1 x gr Harotten NV Tobaı”- Fe > Zwiebeln .......... 2 vy 104 ;; Schalotten .......-. 1 F: Aueh, Bindsdlai\An.n. Ah 1 R Bu Rene. 92H 1 re 6, Radieschen ......... 1 J Dr Rüben! „Mist. : 3 x 20. WE Kartoffeln .......... 1 e: A Sellerie.....:...... 2 % zung, Barbie? 92 A 1 1 IV. Sämereien und Blumenzwiebeln. Türkischer Weizen 2 Sammlungen, 17 Sorten. Hyazinthen 2 Sammlungen, 24 Stück. Sommerweizen 1 Tazetten 1 e WR, „ ” V. Gartenarbeiten. 1 Blumentisch von Immortellen. 2 Blumenkörbchen von Immortellen. 1 Armband von Melonenkernen. 1 Körbchen von Kürbiskernen. Die Zahl der Ausstellenden betrug 46; davon waren 35 aus Breslau, unter diesen 2 öffentliche Anstalten, der königl. botanische an und die städtische Promenade, 14 Kunst- und Handelsgärtner, und 11 auswärtige. Die Anordnung der Aussen „u he die Herren Kunst- und Handelsgärtner Erkel (Geschäfts- führer der J. G. Pohl’schen Gärtnerei) und Schulze übernommen hatten, war so getroffen, dass der *) Die Sorten sind so summirt, dass die verschiedenen Sorten aller Sammlungen zusammengezählt sind. 158 Saal selbst von sechs Parterregruppen (Shroops) von Topfgewächsen in Sand und Moos erfüllt wurde, alles Uebrige aber an den Wänden vertheilt war. Zwischen den Erdgruppen waren in der Mitte noch einige kleinere Tischchen angebracht. | Beim Eintritt in den Saal befand sich rechts eine Gruppe aus Gladiolus, Petunien u. a. des Kunst- gärtners Mook, links eine aus Fuchsien, Achimenes und vielen anderen des Kunstgärtners Krauspe; hinter der ersten eine Gruppe der verschiedensten Pflanzen des Kunstgärtners Schulze, hinter der zwei- ten eine aus Mahonien und Ilex des Kunstgärtners J. Monhaupt und aus blühenden Gewächsen des Kaufmanns Müller zusammengesetzte Gruppe. In der Mitte dieser vier befand sich eine runde Gruppe aus Dracaena-Arten und kleinen Palmen des Kunstgärtners Schulze und des Geh. Rathes Betschler, Die Mitte des Saales nahm eine ein Oblongum bildende Felspartie ein mit einer reichen Dekoration von mannigfaltigen Cactus-Arten von Kaufmann Ludwig Hüser und der J. G. Pohl’schen Gärtnerei; in der Mitte eine blühende Yucca gloriosa des königlichen botanischen Gartens. Den Hinterraum des Saales zierte ein grösseres Moosparterre, dessen vordere Seite zwei kleine Gruppen, eine von Glo- zinia in verschiedenen Farben und Grössen vom Kunstgärtner Rittner, und eine zweite dumkelro- iher grosser Celosien vom Kunstgärtner J. Monhaupt einnahmen, auf dessen rechter und hinterer Seite eine Sammlung von Koniferen des Kunstgärtners J. Monhaupt aufgestellt war, indem sich an die aus jüngeren Exemplaren bestehende Hauptsammlung nach Innen 4 grosse Original- Exemplare von Pinus longifolia, Pinus Llaveana, P. Sabiniana und Abies Douglasii von 10—12 Fuss Höhe anschlossen. Am Hinterrande befand sich eine Gruppe von Achimenes-Formen des Kaufmann Müller. Ausserdem waren auf diesem Moosparterre noch ein Arum Colocasia des Herrn Kunstgärtner Schulze, eine Sarrachia viscosa des Obristlieutenant v. Fabian, eine blühende Strelitzia Regina der Pohl’- schen Gärtnerei, Dracaena paniculata und Abutilon venosum des Kaufmann Müller, und eine in schönster Blüthe prangende Yucca aloifolia des Kaufmann Lothar Hüser aufgestellt. Zwischen die- sen Gruppen befand sich eine Sammlung seltenerer Cactus-Arten des Kaufmann Rüdiger auf zwei Tischen; auf dem zweiten auch die neu eingeführten Pflanzen des Kunstgärtner Schulz. Ein drittes Tischehen enthielt Seltenheiten des hiesigen botanischen Gartens, als Phrynium pumilum, eine hier aus Samen gezogene Pflanze von Phytelephas macrocarpa, Asplenium Nidus, Gesneria zebrina splen- dens u. a.; ein viertes Blumensträusse und Blumen-Ballschmuck im neuesten Geschmack von Marie Pohl. Vor diesem Tischchen stand eine Etagere von Metall, auf welcher einige 20 Orchideen des Rechtsanwalt Krug angebracht waren. Die Wände waren folgendermassen besetzt. Die eine Seite der nördlichen Wand links vom mitt- leren Eingange nahm neben einer Gruppe blauer Hortensia vom Hofgärtner Lichthorn in Carlsruhe und einigen Yucca ein Myrtenhain des Kunstgärtner Brachmann ein, 170 Stück von 1— 12 Fuss Höhe, nebst einer Drunia lanuginosa. An der östlichen Wand schlossen sich an ein Tisch mit Pflan- zen der hiesigen Promenade, dekorirt mit verschiedenen Kürbissen, vom Inspector Schwager arrangirt; ein mit allerlei Gemüsen vom Dominium Schottwitz (Bauinspector Mens) besetzter Tisch; zwei ver- bundene Tische mit verschiedenen blühenden Gewächsen von der G. R. Treutler zu Neu-Weiss- stein (Kunstgärtner Sabeck) und von der Fürstlich Pless’schen Gärtnerei zu Salzbrunn (Kunst- gärtner Hoffmann); unter denen der letzteren befand sich eine Anzahl seltener Rosen. Hierauf folgte eine grosse Pflanzengruppe unter der grossen Loge, deren Hintergrund aus verschiedenen Dekorations- pflanzen des botanischen Gartens gebildet, und welche aus den Beiträgen verschiedener Gärten- und Pflan- zenbesitzer zusammengestellt war. Den Mittelpunkt bildete eine mit einer Blüthentraube versehene Musa Cavendishii der Pohl’schen Gärtnerei, zu deren Seiten je eine schlanke Musa rosacea des Rechtsan- walt Krug sich erhob; die Seitenflügel bildeten je eine riesige Ficus elastica des Buchhändler Mar - 159 und des Reg.-Rath Gossow; die Mitte vor der Musa Cavendishii nahm ein Wasserbassin ein, dessen vorderer Steinrand mit Farn des Kaufmann Müller geziert war; auf den Seiten befand sich je ein Exemplar von Zamia horrida und Bonapartea juncea der J. G. Pohl’schen Gärtnerei. Auf der rechten Seite befand sich ein grosses Exemplar der Datura arborea des Regierungs - Conducteur Neu- mann. Auf diese grosse und imposante Gruppe folgte ein Tisch mit gefüllten Astern des Kunstgärtner J. Monhaupt, ein desgleichen mit Immortellenarbeit von Wittwe Vollbrecht, desgleichen mit Wein- trauben von Böttchermeister Winckler und Gurken von Schulze, mit Gemüsen von Hübner in Bunzlau, und in der Ecke einige Tische mit Kästen abgeschnittener Georginen, Rosen und Pensee’s von den Kunstgärtnern Eyssenhardt in Liegnitz, Kattner und Mook von hier, Hübner in Bunz- lau und Hoffmann in Salzbrunn. An der durch das Podium des Orchesters gebildeten südlichen Wand waren ebenfalls Tische aufgestellt, auf welchen sich der Reihe nach befanden: Obstsortiment des Dominiums Zeilau (Fürstl. Pless’scher Oekonomie-Beamter Diebitz); Momordica Elaterium des Kunstgärtner Göldner, Türkischer Weizen des Grafen Reichenbach-Brustawe; Liliputpflan- zen und eine Collection von vierzig aus dem Kern gezogener und veredelter, 15 Jahre alter Citrus- Sorten des Kunstgärtner Urban; eine Sammlung Fuchsien des Kaufmann Müller. An der von der Glaswand gebildeten Abendseite des Saales waren in bunter Reihe Früchte und Blumen auf Tischen und terrassenförmigen Bänken aufgestellt. Zuerst eine reiche Sammlung von 140 Aepfel- und Birnensorten nebst Weintrauben und Früchten von Solanum ovigerum des Kunstgärtner J. Monhaupt; hierauf eine reichhaltige Sammlung von Gemüsen und Früchten, nämlich 50 Melonen in 28 Sorten, darunter als zwei neue Chito und Camila, 210 Kürbisse in 145 Sorten, 9 Sorten Gurken, 52 Sorten Bohnen, 9 Sorten Kraut, 5 Sorten Spinat, 7 Sorten Karotten, 9 Sorten Zwiebeln, 6 Sorten Rettig, 6 Sorten Radieschen, 4 Sorten Chalotten, 5 Sorten Bindsalat des Obristlieutenants v. Fabian *); dazwischen war eine Pflan- zengrnppe desselben aufgestellt, worin ausser anderen zwei Exemplare des Riesenhanfs, zwei 5—6 Fuss hohe Heliotropium Wolterianum und Triomphe de Liege, Martynia fallax, Aristolochia picta, Solanum Aubergine frutic. violac. u. a. befindlich waren. Hierauf folgte ein Sortiment von Aepfeln und Birnen nebst zwei Weinstöcken im Napf des Kaufmann Ludwig Hüser; ein Sortiment Weintrau- ben des Kaufmann G. A. Held in 6l Sorten; verschiedenes Obst von Lehrer Arlt und Kalkbrennerei- besitzer Strauss, Ananas von Karlsruhe und Tillowitz; eine Collection Weintrauben des Kunst- gärtners Ed. Monhaupt. Den rechten Theil der nördlichen Wand, rechts vom Haupteingange, nahm eine Sammlung blühender Pflanzen des Kunstgärtners Eduard Monhaupt ein, in welcher sich ausser einer Collection von Verbenen und Fuchsien manche seltnere Farn und schöne Blattpflanzen befanden. Die Kommission für die Preisvertheilung versammelte sich Sonnabend den 18., Vormittags um 10 Uhr, nachdem die Anordnung und Ausstellung vollendet war und ehe die Aufstellung eröffnet wurde. Die Gruppen und Einzelpflanzen waren nur mit Nummern bezeichnet. Die Kommission bestand aus sie- ben Mitgliedern: dem Präses der Schlesischen Gesellschaft Professor Dr. Göppert, dem Secretair der Section Director Wimmer, Justizrath Krug, Inspector Nees v. Esenbeck, Hofgärtner Licht- horn, Hofgärtner Bernkopf und Hofgärtner Spaniel. Die Kommission vertheilte folgende Preise: 1) Eine silberne Medaille der Schlesischen, Gesellschaft für das Arrangement der grossen Gruppe unter der Hauptloge Herrn Kunstgärtner Erkel, Geschäftsführer der Pohl’schen Gärtnerei. “ *) Als seltnere sind namhaft zu machen: unter den Bohnen Winozos, Imperial-Zwerg, Helgoländer und Er- furter; unter den Salaten: Dasycephalus, Behegenda, Palatin, Türkischer und Westindischer. 160 2) Eine silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft: für eine Sammlung von 40 aus dem Kern ge- zogenen und veredelten Citrus-Arten Herrn Kunstgärtner Urban. 3) Für die gelungenste Zusammenstellung gut kultivirter blühender und nicht blühender Pflanzen: a) die Prämie ‚(ein Etuis mit Gartengeräthen von Dittmar in Heilbronn) Herrn Kunstgärtner Schulz; b) das Accessit (ein silberner Serviettenring) Herrn Kaufmann Müller. 4) Für das grösste und schönste Sortiment blühender Pflanzen einer Gattung: das Accessit (ein Thermograph auf Holz) Herrn Kunstgärtner Krauspe. 5) Für das reichhaltigste Sortiment reifen, richtig benannten Tafelobstes erster und zweiter Klasse: a) eine Prämie (ein Heberbarometer) Herrn Kunstgärtner J. Monhaupt; b) eine Prämie (Biedenfeld’s Gartenbuch) Herrn Obristlieutenant v. Fabian, für Melonen; ec) ein Accessit (eine kleine Medaille) Herrn Kaufmann Ludwig Hüser; d) ein Accessit (eine kleine Medaille) Herrn Kalkbrennereibesitzer Strauss. 6) Für das vollständigste Sortiment reifer und richtig benannter Weintrauben: a) eine Prämie (eine grosse Medaille) Herrn Kaufmann Held; b) ein Accessit (ein Messer, eine Blumenscheere und eine Gartenspritze) Herrn Kunstgärtner Ed. Monhaupt; e) ein Accessit (ein Thermometer und eine Spritze) Herrn Böttchermeister Winckler. 7) Für die an Arten reichhaltigste Sammlung von Gemüsen: a) eine Prämie (ein Thermograph auf Metall) Herrn Obristlieutenant v. Fabian; b) ein Accessit (zwei Vasen) Herrn Kunstgärtner Schulz für Gurken. 8) Für neues, hier noch nicht gebautes, zur Kultur im Freien geeignetes Gemüse: eine Prämie (eine grosse Medaille) Herrn Obristlieutenant v. Fabian für Kohl-, Salat- und Spi- nat-Sorten. Ausser diesen Preisen glaubte die Kommission durch eine ehrenvolle Erwähnung auszeichnen zu müssen: 1) die Koniferen-Sammlung des Herrn Julius Monhaupt; 2) die Dracaena-Arten des Herrn Schulz; 3) die Cactus-Arten des Herrn Rüdiger; 4) die Yucca aloifolia des Herrn Lothar Hüser; 5) die Myrten des Herrn Brachmann; 6) die Steingruppe mit Cacteen der J. G. Pohl’schen Gärtnerei; 7) die Sammlung abgeschnittener Georginen des Herrn Eyssenhardt. Die Herbst-Ausstellung lieferte ein noch ungünstigeres Ergebniss als die des Frühjahrs, wiewohl sie des Interessanten und Lehrreichen so viel bot. Offenbar ist bei uns die Theilnahme an diesen um so geringen Preis gebotenen Schaustellungen noch nicht rege, der Sinn für diese Dinge noch nicht verbrei- tet genug. Wir begnügen uns, hier das Resultat anzuführen, dass die Einnahme die aufgelaufe- nen unvermeidlichen Kosten bei weitem nicht erreicht hat. i Trotzdem trat die Section am 29. September auch über die Frühjahrs-Ausstellung des nächsten Jah- res in Berathung und entwarf die Preisbestimmungen für dieselbe, welche im nächsten Jahresberichte mitgetheilt werden sollen. nz Der Secretair lenkte die Aufmerksamkeit der Section auf den Gemüsebau als einen Gegenstand hin, in welchem dieselbe vorzüglich ihre Wirksamkeit bethätigen könne, und trug derselben den hier folgen- den, für die öffentlichen Blätter bestimmten Artikel vor: 161 „Gemüsebau in Schlesien. Auch durch die letzte in vieler Hinsicht sehr interessante und lehr- reiche Herbst-Ausstellung von Garten-Erzeugnissen sind wir mit Bedauern daran erinnert worden, wie sehr in der Gemüsekultur Schlesien hinter anderen Ländern, namentlich auch dem westlichen Deutsch- land zurückstehe, ja wie dieser Zweig des Gartenbaues bei uns auf eine unglaubliche Weise vernach- lässigt sei. Fast unbegreiflich wird es den Bewohnern anderer deutscher Provinzen erscheinen, dass seit einer Reihe von Jahren auf den hiesigen Ausstellungen fast nur ein Mann, ein Dilettant, ein gewesener Militär, der Vertreter der Kultur feinerer Gemüse ist. Keinen einzigen derjenigen Leute, welche vom Gemüsebau Profession machen, hat ein Schamgefühl angewandelt, sich in dem Versuchsbau anderwärts gekannter und beliebter Gemüsesorten von einem Manne übertroffen zu sehen, der in dieser nützlichen Beschäftigung eine Erquickung für sein Alter findet. Was sage ich übertroffen? Nein, wer versucht wohl von unseren Gemüsebauern ein neues, nicht schon seit hundert Jahren hier gekanntes Gemüse an- zubauen ? Einige Beispiele statt vieler! Statt der wohlschmeckenden saftigen Bassanorübe findet man bei uns nur die gemeine rothe Rübe, bei deren holziger Textur es nicht zu verwundern ist, dass dieses Gemüse von unseren Tischen gänzlich verschwunden ist. Eben so wenig ist die Kerbelrübe und die vortreflliche holländische Mairübe hier bekannt. Von Spinat findet man auf unseren Märkten nur eine Sorte, da doch Tetragonia erpansa, Phytolacca esculenta und besonders die Sil- ber-Bete eine so angenehme Abwechselung gewähren und dem umsichtigen Anbauer eine reiche Ernte gewähren würden. Vergeblich wird eine Hausfrau aus dem westlichen und südlichen Deutschland hier nach Brokkoli oder nach bleichfelder Kraut fragen. Vergebens sucht der Liebhaber nach den feineren Rettigsorten, und selbst die gelben Radieschen werden nur ausnahmsweise in manchen Jahren auf unserem Markte angetroffen. Von Bindsalat, von den verschiedenen Sorten Endivien, von feineren Zwiebeln ist bei uns keine Rede. Nicht einmal von Gurken, deren Anbau so leicht und lohnend ist, findet sich auf unserem Markte eine Auswahl, welche die Ansprüche einer sorgfältige- ren Küche befriedigte.e Eben so kennt man hier von Bohnen nur ein paar Sorten; aber gerade die zartesten und schmackhaftesten sind hier völlig unbekannt. Und doch würden sicherlich die feineren Gemüse, wenn sie unser Markt darböte, einen guten Absatz finden, und die Nachfrage nach denselben sich in Kurzem so vermehren, dass der Anbau derselben die aufgewendete Mühe reichlich belohnen müsste. In Anerkennung dieser Mängel hat die Sektion für Obst- und Gartenbau der- schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Kultur vor längerer Zeit Samen feinerer und hier noch nicht angebauter Gemüse unter mehrere der hiesigen Gemüsebauer vertheilt mit der Aufgabe und Verpflichtung, über die Resultate der Kultur Bericht zu erstatten. Diese Bemühung ist aber fast ohne Erfolg geblieben. Es sind nicht nur gar keine Berichte eingegangen: nein, es ist mehr als wahrscheinlich, dass der grösste Theil der vertheilten Sämereien gar nicht benutzt worden ist. Nur ein einziges dieser Gemüse, der Rosenkohl, hat sich wie durch einen Zufall erhalten und ist, so zu sagen, einheimisch gemacht worden; er befindet sich jetzt auf dem Markte, wenn auch nur noch in geringer Menge und daher zu hohem Preise. Trotz der bisherigen ungünstigen Resultate wird aber die Section ihre Bemühungen nicht aufgeben. Man darf hoffen, dass unter den jüngeren Gemüsebauern — denn nur von diesen ist eine weitere Ver- breitung verschiedener Gemüsesorten zu erwarten — sich einer oder der andere finden werde, welcher mit der Einsicht in seinen Vortheil soviel Eifer und Liebe zur Sache verbindet, um sich diesen durch- aus nicht schwierigen Versuchen zu unterziehen. Die Section würde in diesem Falle nicht allein die Samen unentgeltlich liefern, sondern wird auch bereit sein, demjenigen, der über die Anbauversuche einen genügenden Bericht erstattet, und für diejenigen Gemüse, welche in grösserer Menge producirt werden, so dass sie zu Markt gebracht werden können, eine angemessene Prämie zu gewähren. 21 162 | Wenn dergleichen feinere Gemüsesorten im Grösseren angebaut werden — worüber von Seiten der Se- ction in den öffentlichen Blättern Mittheilung gemacht werden wird — steht zu erwarten, dass das Publi- kum denselben seine Aufmerksamkeit zuwenden und die Anbauer für die aufgewendete Mühe reichlich entschädigen wird.‘ In Folge dessen beschloss die Section nach dem Vorschlage des Secretairs, eine Anzahl Ge- müse-Sämereien solcher Sorten, welche hierorts wenig oder gar nicht bekannt sind, anzuschaffen, und dieselben unter einige hiesige Pflanzgärtner und Gemüse-Bauer in der Art unentgeltlich zu vertheilen, dass diese kontraktlich verpflichtet werden, mit diesem Samen kontraktlich zu verfahren und über die Resultate des Versuchs-Anbaues seiner Zeit Bericht zu erstatten, auch die Proben auf der Herbst-Aus- stellung des nächsten Jahres vorzulegen und, soweit der Versuch gelungen, den hiesigen Markt damit zu beschicken. Dagegen werde die Section über diese Versuche öffentlich berichten, die Verkaufsstätten anzeigen und die gelungensten Resultate durch Preise auszeichnen. Ueber den Erfolg wird im nächsten Jahresberichte Rechenschaft gegeben werden. Schliesslich folgen die Mittheilungen über die in der Section gehaltenen Vorträge, wie sie dem Se- kretair von der Hand der resp. Mitglieder zugegangen sind. Herr Professor Dr. Göppert hielt einen Vortrag: Ueber die sogenannte Rose von Jericho *). In mehreren Gegenden Deutschlands, so wie auch in einigen Städten Schlesiens, wird unter dem Namen „Rose von Jericho“ ein Vegetabil aufbewahrt, welches hie und da von gewinnsüchtigen Eigen- thümern zu allerhand Gaukeleien und abergläubischen Deutungen benutzt wird. Diese im gewöhnlichen Zustande blassbraunen, völlig vertrockneten und in einen etwa faustgrossen Ballen zusammengerollten sehr ästigen Pflanzenreste sollen sich, so heisst es, nur einmal des Jahres und zwar zur Weihnachtszeit öffnen. Das vorgebliche Wunder geschieht wirklich, die Pflanze öffnet sich, zeigt an den Aesten sonderbare Gestalten, die man wohl mit Türkenköpfen vergleicht,-und schliesst sich wieder vor den Augen der Zu- schauer. Obschon wohl heut Niemand mehr an ungewöhnliche Ursachen dieser Erscheinungen glauben dürfte, so möchte doch der wahre Zusammenhang derselben nicht allgemein bekannt, und es daher nicht unzweckmässig sein, hierüber einige Mittheilungen zu machen. Diese Pflanze ward von Linn& Anastatica hierochuntica, Rose von Jericho, genannt. Peter Belon, welcher von 1546—49 im Orient reiste und sie zwar nicht in der Gegend von Jericho, aber an den Ufern des rothen Meeres fand, erwähnt ihrer zuerst, obgleich sie schon früher in Italien bekannt gewesen zu sein scheint. Belon hält dafür, dass der Pflanze, welche gar keine Aehnlichkeit mit einer Rose *habe und nicht einmal in der Nähe von Jericho wachse, der Name von Mönchen gegeben worden sei, um etwas zu haben, das den bei Jesus Sirach erwähnten Rosen zu Jericho entspräche. Leon- hard Rauwolf aus Augsburg, der sich drei Jahre lang, 1573—76, im Morgenlande aufhielt, soll sie aus Syrien nach Deutschland gebracht haben. C. Bauhin kultivirte sie in seinem Garten. Camera- rius (Ejus Icones accurate nunc primum delineatae praecipuarum stirpium ete. Francof. ad Moen. 1588.) lieferte eine sehr kenntliche Abbildung, ebenso Lobel in den icon. stirp. et plant. P. II, *) Nicht zu verwechseln mit dem wohlriechenden Geisblatt Lonicera caprifolium, welches bei uns gewöhnlich fälschlich Rose von Jericho genannt wird. 163 Sectio III. p. 446. edit. 1590., Lonicer, Kräuterbuch, unter dem Namen Ammonum Rosa Sanctae Mariae, Morison’s hist. plant. II. p. 228. sectio V., t. 25. f. 22, 3., u. A. Am besten ward die in Rede stehende Pflanze in neuerer Zeit von Schkuhr in seinem vortrefflichen Handbuche der Botanik I. n. 1760. ı. 179. abgebildet. Ausser den oben genannten Standorten fand sie später auch noch De- lisle in Aegypten, namentlich bei Kahira, in der Berberei und auch in Palästina. Sie gehört in die 15. Klasse 1. Ordnung des Linne’schen und in die Familie der kreuzblüthigen Gewächse (Crueiferae) nach dem natürlichen Systeme und ist eine einjährige Pflanze mit eiförmigen Blättern. Der schon vom Grunde an ausserordentlich ästige und fast holzige Stengel wird 5—6 Zoll hoch und treibt aus den Blattwinkeln kleine weisse, in kurzen Trauben stehende Blüthen, denen später die eiförmigen zweifächri- gen Schötchen folgen, welche in der Mitte mit dem stehenbleibenden Griffel und an beiden Seiten mit einem ohrförmigen Fortsatze versehen sind, aus welcher Gestalt eine geschäftige Einbildungskraft Aehn- lichkeit mit einem Turban herleitet. Diese Schötchen sind zweifächerig und enthalten in jedem Fache zwei kleine elliptische Samen. Die Pflanze lässt sich leicht kultiviren, geht leicht auf, wenn man die Saamen im Frühjahr in ein Mistbeet säet, die Pflanze später in Töpfe setzt und sie hernach in ein an- deres Mistbeet eingräbt, um das Wachsthum zu befördern. Im Juni blüht sie, und der Samen reift im September. Während der Fruchtreife fallen die Blätter sämmtlich ab, die holzigen Aeste krümmen sich gegen einander, ziehen sich kuglig zusammen, so dass sie nach Innen eine Höhlung bilden, nach Aus- sen aber konvex erscheinen. Die nach Aussen gekehrte konvexe Fläche dieser Aeste ist völlig nackt, da sich sämmtliche Früchte auf der nach Innen gerichteten Seite befinden. In diesem Zustande ward sie früher häufig von den Pilgern aus Palästina und Syrien nach Europa gebracht. Sobald man nun dieses so völlig trockene Vegetabil mit Wasser in Berührung bringt, entrollen sich die Aeste, richten sich auf und treten von einander, so dass man den Bau der Schötchen deutlich sehen kann. Nach dem Austrocknen ziehen sie sich wieder zusammen, ein Versuch, den man zu jeder Zeit des Jahres anstellen kann, und der auf nichts Anderem beruht, als der Fähigkeit der Pflanzenfaser, sich unter dem Einflusse der Feuchtigkeit auszudehnen und dem der Trockenheit sich wieder zusammenzuziehen, eine Eigenschaft, die man bekanntlich selbst zu Feuchtigkeitsmessern oder Hygrometern benutzt, die aber, wie sich nicht leugnen lässt, die in Rede stehende Pflanze in höherem Grade als viele andere besitzt. Sie erhielt des- wegen auch von Linne, wie oben schon erwähnt, den Namen Anastatica von anastasis, oder resur- wectio (Wiederauferstehung). Einfach, ohne mystische Bedeutung und doch höchst passend, nennen sie die Franzosen /a Rose hygrometrique. Da die Quantität der Feuchtigkeit, welche diese Pflanze zu ih- rem scheinbaren Wiederaufleben braucht, immer sich gleich bleibt, so lässt sich durch Versuche sehr genau ausmitteln, wie lange sie wohl im Wasser zubringen muss, um eine hinreichende Menge in sich aufzunehmen, und auch wieder umgekehrt berechnen, wann die Feuchtigkeit verdunstet, oder wie lange Zeit die Pflanze nöthig hat, um sich wieder zusammenzuziehen. Diese Eigenschaft wird nun an mehre- ren Orten von Betrügern sehr geschickt benutzt. Man weicht die Pflanze zu der Zeit, wo sie sich an- geblich nur allein entfalten soll, also, wie schon erwähnt, um Weihnachten, vorher ein, nimmt sie aus dem Wasser, da es durchaus nicht nöthig ist, dass sie bis zu dem Augenblicke der Entfaltung in dem- selben verbleibt, und zeigt die stufenweise erfolgende Entfaltung der Aeste; allmälig verdwastet die Feuch- tigkeit und sie kontrahiren sich wieder, ein Versuch, den man, wie wir nochmals wiederholen, zu jeder Zeit des Jahres ‚nit gleichem glücklichen Erfolge wiederholen kann. Diese Bemerkungen wären noch nicht der Oeffentlichkeit übergeben worden, wenn ich nicht erst kürzlich erfahren hätte, um welchen hohen Preis (20 bis 25 Thaler) man dieses nun keineswegs mehr seltene Vegetabil ausbietet, und man an mehreren Orten immer noch fortfährt, damit die Menge zu täuschen. 21* 164 Herr Obristlieutenant v. Fabian hielt einen Vortrag: Ueber einige von ihm im Jahre 1852 zuerst angebaute Gemüsearten und Früchte. Bohnen, Phaseolus. Vaterland: Indien. Stangenbohne: 1) Fessolina mossuta (in diesem Jahre heisst sie Signora mossuta) wird nicht hoch; der Same kann ohne Nachtheil bis 40 Tage in der Erde liegen; ist nicht sehr empfindlich gegen Frost, hat aber auch keinen weiteren Werth. In diesem Jahre habe ich eine Bohne unter gleichem Namen als Busch- bohne erhalten, die Körner sind aber mit der Stangenbohne ganz gleich. 2) Neue weisse Riesenzuckerbrech; eine gute Bohne, aber nicht besser als die alte Blasenzucker- brech, auch nur wenig grösser. 3) Gelbe weissschalige Zuckerbrech; zu empfehlen. 4) Dickschotige Zucker; gut. Von der braunen Riesenspeckbrechbohne habe ich drei Hybriden erhalten, die ich in diesem Jahre aussäen werde. Es scheint, dass diese sehr gute Bohne nicht constant bleibt. 5) Buntschotige griechische; Körner und Schoten haben Aehnlichkeit mit Fess. mossuta; nicht zu empfehlen. 6) Weisse dicke Spargel; gut. Buschbohne: 7) Griechische Fleisch , eine der vorzüglichsten, dicke schmale Schoten; sehr reich tragend. 8) Ganz frühe gelbe Pariser; recht gut. 9) Neue frühe gelbe lange; keine Vorzüge. 10) Gelbe Zucker oder Genfer; zu empfehlen. 11) Weisse Schwert; ist nicht so gut als die frühe weissschalige. 12) Feine weisse Perlzucker; sehr gut. 13) Maren oder Dattel, reich tragend; zu empfehlen. Erbsen, Pisum. Vaterland: Europa. Zu reisern. . 1) Wadfords Unvergleichliche; gut. 2) Neue Zuckererbse mit wachsgelber Schote; nicht so gut als die alten Zuckererbsen. 3) Neue Zuckererbse mit weisser Schote; gut. 4) Rosafarbig blühende Kronzucker; hat keine Vorzüge. 5) Ungarsche Zuckererbse; hat keine Vorzüge. 6) von Auvergne; recht gut. 7) Fairhards Surprise; recht gut. 8) Thumiston Reliance; recht gut. 9) Gold oder Wachs; nicht von Bedeutung. Die Körner haben ein wächsernes Ansehen. 10) Honig, die süsseste, späteste; sehr zu empfehlen. 11) Russische Kaiser, wird nicht hoch, sehr reich tragend; sehr zu empfehlen. 12) Girlings Danecrost; gut. 13) Hohe Waterloo, grosse Schoten, grosse Körner; trägt nicht reich, aber sehr gut. 14) Zucker, neue lange Schwert, die Schoten nicht so gross als von der gewöhnlichen Riesen. 15) Bising sun; recht gut. ? 165 1 16) Englische Marcus Mammuth, sehr grosse Schoten und Körner; nicht reich tragend, aber sehr gut. Die 1851 zuerst in Handel gekommenen Erbsen: Champion of England und of Scotland, möchten wohl den Vorrang einnehmen, vorzüglich die letztere; seit zwei Jahren ist sie nicht mehr im Handel; sie ist niedriger als erstere, hat kleinere dunkelgrüne Schoten. Während immer mehr neue Buschbohnen zum Vorschein kommen, haben wir nur wenig niedrige Erbsen. 1851 erschienen: Waites Zuen of the Dwarfs und Bishop longpood; 1853: Daniel O’Rock. Kraut, Brassica oleracea. Vaterland: Europa. 1) Kleines Ochsenherz, früh, sehr zart und weiss. 2) Daubentons Baumkohl, im Freien ausdauernd; der Same, den ich erhielt, war gemischt, steht noch in der Erde. 3) Pommersches, hoch, sehr gross, zugespitzt; die oberen Blätter von einer Seite bilden eine kleine Kappe; das Blatt zart, die sehr starken Blattstengel etwas hart. 4) Grosser Zuckerhut, früh; zu empfehlen. 5) Cabbage, früh, nicht gross, weiss und zart. 6) Battersea; nicht sehr zu empfehlen. 7) Englisches Kaiser, niedrig, gross, sehr weiss und zart. 8) Allerfrühstes englisches Zucker-Maispitz; sehr zu empfehlen. Wirsing, Brassica oleracea capitata. Vaterland: Süd-Europa. 1) Waterloo, spitzer Kopf, wird hoch; recht gut. 2) Russischer, stark eingeschnittene Blätter, grosse Köpfe, sehr dauerhaft; sehr zu empfehlen. 3) Merkwürdig geschlitzter, ähnlich dem vorigen; erhielt den Samen von Herrn James Booth; niedriger wie der russische, kleine Köpfe; vielleicht der besste der Wirsing-Arten. Wenn der Wirsing bei der Zubereitung in der Küche so behandelt wird, dass die Blätter auseinan- der fallen, hat er seinen guten Geschmack verloren. Zwiebeln, Allium Cepa. Vaterland: Europa. 7) Die dunkelrothe, französische; sehr zu empfehlen, sehr haltbar. 2) Die blassgelbe, desgleichen. 3) Die ächte Riesenzwiebel. Obgleich ich solche in stark gedüngten Boden gesetzt und sorgsam gepflegt, missrieth mir solche, das Laub ward gross, die Zwiebel blieb klein, reifte nicht. Rosenkohl, 1) Krauser panachirter; mit Gewissheit anzunehmen, dass er ein Bastard von Brüssler Sprossen und Grünkohl ist. Die sich auf den ziemlich grossen Blättern, an langen Stielen entwickelnden Rosen haben den Geschmack eines sehr guten Grünkohls; er ist eine schöne Blattpflanze. Wegen des grossen Raumes, den er in Anspruch nimmt, und wegen seines geringen Ertrages ist er für den ökonomischen Gartenbau nicht anzurathen. 2) Vervollkommneter französischer, ist viel schlechter als der Brüssler, bleibt kleiner, setzt weni- ger Rosen an. Salat, Lactuca sativa. Vaterland: Asien. « 1) Früher französischer Gatte, gut, schiesst aber sehr bald. 2) Westindischer, von allen der beste, kam 1851 in Handel, bei Herrn Moschkowitz allein zu 166 haben, das Loth 3 Sgr.; er verträgt keine anhaltend nasse Witterung. In einer Sitzung des Berliner Gartenvereins ward dieser Salat auch für den besten anerkannt. In diesem Jahre sind für neue Salat- arten in Handel gekommen: Vriese Buer, aus der Schweiz, sehr gross, und Russischer. Bindsalat. Imperial Coss, hat viel Aehnlichkeit mit feuille d’Artichaut, ist aber zarter, früher, macht grössere und festere Köpfe. Unter den neuen Sorten ist zu empfehlen: romain roye doree, blonde marechair, rother Winter, Brigthon Coss, Brown Coss, White Coss, Cape Coss. Während in Frankreich und England der Bindsalat mit grosser Sorgfalt kultivirt wird, immer bessere Sorten durch die Kultur erschei- nen, wird er bei uns beinahe gar nicht angebaut, obgleich er es so sehr verdient. Der Bindsalat ist in Folge seiner Behandlung zarter als der gewöhnliche, hat auch mehr Eigenthümliches im Geschmacke. Wenn es nicht durchaus nothwendig, muss kein Salat gewaschen werden, viel weniger im Wasser liegen bleiben; dies ist Sünde gegen die Gastronomie; ungewaschener Salat hat einen ganz anderen Geschmack als gewaschener, denn Oel und Essig ziehen in die Blätter ein, welches bei den durch das Wasser nass gewordenen Blättern nicht stattfinden kann. So lange Speck und Fabrikessig zu dem Salat verwendet werden, ist es eigentlich gleich, was für Arten hierzu ‚genommen werden. Bei einem gut angemachten Salat muss keine Flüssigkeit auf dem Boden der Salatieren wahrzunehmen sein. Rüben, Brassica Napus. Vaterland: Europa. 1) Neue frühste Amerikaner, eine sehr gute süsse Rübe, der holländischen vorzuziehen. 2) Malteser Herbstrübe; gut. r 3) Sehr lange, von Otterseen; nicht zu empfehlen; verlangt einen tief umgegrabenen Boden; ist zwar sehr lang, aber auch sehr dünn; wenn solche abgeschrabt, bleibt nicht viel übrig. Herbstrübe. 4) Bastard von Woton, eine sehr gute Herbstrübe. 5) Lange gelbe von Finnland, Herbstrübe. Same wird noch portionsweise verkauft; ist nicht so gut wie die von Freneuse. 6) Schottische gelbe Telkelö ji eine gute Herbstrübe. Die beste von allen den Frühjahrs- und Herbstrüben ist die von Freneuse, die nicht genug zu em- pfehlen ist; auch die beiden schwarzen sind gut und zu empfehlen. Die Rüben geriethen in diesem Jahre nicht sonderlich, die Aussaat im April erfror, spätere Aus- saaten litten zu sehr durch Hitze und Dürre. Sämmtliche Rüben, welche man im April aussäet, können zum zweiten Male im Juli und August gesäet werden; in der Regel geräth die spätere Aussaat am be- sten. Die Rüben gedeihen nur gut, wenn die Pflanzen mindestens 2’ von einander abstehen. Mohrrüben, Daucus. 1) Aurorafarbige von Achecourt, eine vorzüglich gute. 2) Neue feine französische goldgelbe; sehr zu empfehlen. 3) Französische frühe längliche Carotte; nach meinem Dafürhalten die feinste. Ich erhielt den Samen von Herrn J. Booth; in diesem Jahre leider nicht zum Verkaufe gestellt. Mohrrüben blieben in diesem Jahre klein, manche Sorten wurden hart. Die Reihensaat ist bei Mohr- rüben der gewöhnlichen Aussaat vorzuziehen. Broikoli, Brassica botrytis eymosa. Carly White, Carly purple, französischer violetter, Granges, weisser Winter. Ich pflanzte solchen in der Art, wie Herr Eduard Monhaupt für den Blumenkohl angerathen, nahm aber statt des Com- 167 post halb verrotteten Dünger. Das Begiessen der Löcher vor der Einpflanzung bis zur Uebersättigung war mir nicht bekannt, ist aber gewiss von grossem Nutzen. Sämmtliche Sorten geriethen mir gut; mehrere, vorzüglich der weisse, wurden so hoch, dass sie angebunden werden mussten. Ich halte den Brokkoli für eines der feinsten Gemüse, vorzüglich die Herzblätter, den obern Theil des Stengels und die sich bildenden kleinen Stengel; daher der Name Spargelkohl. Zubereitung der Blätter und Stengel wie bei dem Wirsing. Endivien, Cichorium Endivia. Vaterland: Indien. Ich machte nur einen kleinen Versuch mit dem Anbau des Cichorie barbe de Capuein zu Winter- salat, der mich durchaus befriedigte. Dieser Salat ist sehr erfrischend, sehr wohlschmeckend, auch ge- wiss recht gesund. Im März oder April wird er dünn in Reihen 8—10‘’ von einander gesäet; er muss einigemal behackt, sehr rein von Unkraut gehalten werden; stehen die Pflanzen näher als 2”, müssen sie gezogen werden. Im October und November werden die Pflanzen sehr vorsichtig, ohne die Wurzel zu beschädigen, herausgenommen, sehr gesäubert, alle Blätter bis auf die Herzblätter abgeschnitten; meh- rere Pflanzen an den Wurzeln zusammengebunden, in den Keller auf 1%, bis 2° hohes Lager von fri- schem Pferdedünger eingesetzt. Vor dem Einsetzen muss das Düngerbeet stark begossen werden, damit es nicht brennt; in 3—4 Wochen sind die Blätter gebleicht. In Frankreich wird von diesem Salat den Winter hindurch enorm viel verbraucht. | Spinat, Spinacia oleracea. Vaterland der mehrsten Sorten: Nordasien. 1) Phytolacca esculenta, Vaterland: Ostindien, ein vorzüglicher Spinat, der gewiss in kurzer Zeit Anerkennung und Verbreitung finden wird. Der Same muss in’s warme Frühbeet so zeitig als möglich gesäet werden, die Pflanzen 1,’ von einander in einen nahrhaften, gut gedüngten Boden eingesetzt werden. Zum Gebrauche dürfen nur die Blätter genommen, solche nicht zu nahe am Stengel abgeschnit- ten werden. Die Knollen werden wie die der Gorgine aufbewahrt. Es ist wohl wahrscheinlich, dass, wenn die Knollen mehrere Jahre aushalten, sie grosse Stauden bilden raüssen; bei mir wurden die Pflan- zen im ersten Jahre 2'/,’ hoch. 2) Gombo Hibiscus eseulenta, Aussaat in ein warmes Beet, verlangt viel mehr Sorgfalt und Pflege als der vorige; er wollte mir nicht gerathen, daher ich über seine Qualität als Spinat nichts an- geben kann. In seinem Vaterlande Südamerika werden die unreifen Früchte, wie bei uns die Radieser, gegessen. 3) Hantschi Schomges (Amaranthus Chinensis) ist ein guter, sehr ergiebiger Spinat, bedarf keiner besonderen Pflege; der Same ist von dem des Amaranthus tricolor nicht zu unterscheiden. Ich erwähne bei dieser Gelegenheit der Silberbeete (Poree a cardes blanches), dessen Anbau. ich nur empfehlen kann. Er liefert den ganzen Sommer hindurch bis zum Froste seine immer wieder schnell wachsenden grossen Blätter. Stengel und Blätter zusammen gekocht geben einen sehr guten, kräftig schmeckenden Spinat. Der weisse Stengel allein, ohne das Blatt, giebt ein feines Gemüse; ist vorzüg- lich im südlichen Frankreich eine Lieblingsspeise. Es wird oft geklagt, dass die mehrsten Spinatsorten weichlich schmecken; dies liegt an der Zubereitung. Er wird erst weich gekocht — oft nur, statt in Fleischbrühe, in Wasser —, dann durch einen Haarsieb durchgetrieben. Wenn man die Blätter ganz kocht und nicht durchsiebt, hat er einen viel kräftigeren, seine Eigenthümlichkeit bewahrenden Geschmack. Chalotte, Allium ascalonieum. Vaterland: Palästina. Ich baute in diesem Jahre die Kartoffelzwiebel an; leicht zu kultiviren, vermehrt sich sehr stark; hat den grossen Vortheil, dass, wenn keine Zwiebel im Sommer mehr brauchbar, sie es noch vollstän- 168 dig ist. Gut aufbewahrt hält sie sich zwei Jahre, wird auch wohl bald viel Verbreitung finden, da sie anfängt, im Handel wohlfeiler zu werden; sie ist bedeutend grösser als die Chalotte von Jersey. Wir haben jetzt vier Sorten: die gewöhnliche, die selten bis zum Frühjahre gut bleibt, die dänische, die von Jersey (Schottland), beide haltbar, und die Kartoffelzwiebel. Letztere wird wie die obigen Arten be- handelt, aber weiter auseinander gesetzt, 6—8”. Melone, Cucumis Melo. Vaterland: Asien. Führe nur die neuen, neuesten und besten an: 1) Netz von Südkarolinn, im Freien gezogen, hat Aehnlichkeit im Fleische mit der Sarepta, schwarzgrün, sehr fein weiss genetzt, grünliches Fleisch, früh, sehr reich tragend; zu empfehlen. 2) Aechte Muscat, im Freien gezogen, nicht gross, rauhe Schaale wie eine Muscatnuss; sehr gut. 3) Lange gefurchte Amerikaner, im Freien gezogen, recht gut, ziemlich gross. 4) Glocke, im Freien und im Frühbeet gezogen, gross, vortrefflich. 5) Cuthils, drei Londoner Preis-Melonen, sämmtlich sehr gut, sehr verschieden in Form und Farbe. Die kleinste hat an ihrer Spitze einen Ansatz, setzt die Früchte büschelweis von 2—4 an, theils im Freien, theils im Frühbeete erzogen. 6) von Texas, vorzüglich, sehr reich tragend; ich hatte drei Pflanzen, die resp. jede 10 bis 16 Früchte lieferten; die Schale etwas rauh, beinahe weiss, an den Polen eingedrückt; in diesem Jahre bei Herrn Moschkowitz zu haben, im Frühbeete gezogen. 7) Jydanans, sehr gut, lang, schwarzgrün, im Freien. 8) Cantaloupe von Precottes, vortrefflich, wohl die specifisch schwerste Melone, klein, wenig Körner, im Frühbeet. 9) Chito (Havanna), trägt sehr reich, setzt mehremal an, Früchte gestreift, bald oval, bald birn- förmig, Geschmack säuerlich, sehr haltbar, im Freien. 10) Camila (Havanna), Farbe, Form gleich einer grossen gelben Eierpflaume, Geruch der einer feinen Pflaume, lederartige Schale, sehr reich tragend, mehre Monate dauernd. Der Behauptung, dass das Aroma dieser Melone das aller andern übertreffen soll, kann ich nicht beipflichten; diesen Vorrang nimmt unbestritten die gestreifte chinesische Apfelsinen-Melone ein (jetzt von Tiflis als neu bezeichnet, obgleich ich sie schon seit 1847 cultivire). In der Bezeichnung beider letzteren Melonen scheint noch einige Verwirrung bei den Handelsgärtnern vorzuwalten. j 11) Ananas von Athen, klein, rauhe Schale, vortrefflich, wirklich der Geschmack einer Ananas, reift etwas spät. 12) Winter-Melone von Athen, ziemlich gross; von drei Früchten, die ich im Keller aufbewahrte, hat sich die letzte bis Anfangs Februar gehalten. Das Fleisch ist weisslichgrün, sehr süss, . die Frucht mittelgross, dunkelgrün. Man muss sie in kleine Säcke legen und in solchen in freier Lage im Keller aufhängen. Gurken. 1) Gladiator, gross und gut, aber nicht reich tragend. 2) Dublir (Schlange), eine lange, nicht dicke Gurke; möchte sie nicht empfehlen. 3) Dudain, hat etwas Wohlgeruch, was aber auch ihre alleinige Auszeichnung ist. “A) Wiedens fine france, ziemlich gross, sehr gut. 5) Cuthils black spine, hat schwärzliche Stacheln, gross und gut, nicht reich tragend. 6) Ringleader Stewens, gross und gut. 7) Kleine russische, die frühste, dabei die längsttragende, bis zum 1 Spätherbst; sie setzt inre klei- 169 nen, nicht über 4 Zoll langen Früchte büschelweis von 3—5 Stück an; nach meinem Dafürhalten die feinste Gurke; wenn auch nicht für den Handel, doch für eigenen Gebrauch sehr zu empfehlen. 8) Neue Schlange, erhalten von Herrn Booth, abweichend in Form und Farbe von der gewöhn- lichen Schlangengurke, reich tragend, feiner als die gewöhnliche gleichen Namens; sehr zu empfehlen. 9) Neue Schlange von Athen, ziemlich gross, dunkelgrüne, ganz glatte Schale; die Körner sind bedeutend grösser als bei allen anderen Gurken, vortrefllich, vielleicht nur in dem verflossenen Jahre nicht sehr reich tragend. 10) Cucumis charantes Ziergurke, als solche aber ein schönes Schlinggewächs. Das Laub tief eingeschnilten, hellgrün; viele und feine Ranken, schön; gurkenähnliche, stachlichte Früchte, in ihrer Reife von einem prächtigen Orange. Ich glaube, dass diese Pflanze unter einem anderen Namen bekann- ter ist; mir gab Jemand unter vorstehender Bezeichnung den Samen, welchen er von London mitgebracht. Es ist eine Manie, die grössten Gurken zu erzielen, gleichviel, ob solche ausser ihrer Grösse einen Vorzug haben oder auch nur in ihrer Güte den kleineren Sorten gleich kommen. Man nehme eine Trau- ben-Gurke und eine von diesen grossen neuen Sorten, prüfe beide, und ich bin überzeugt, die Trauben- Gurke erhält den Vorzug. Eben so ist es mit den Melonen; nur grosse, und der Käufer und Züchter sind befriedigt; die schlechteste von allen Melonen ist aber die sogenannte Riesen-Neiz. Sämmtliche Gurken habe ich im Freien gezogen, die mehrsten Sorten aber in Töpfen angetrieben, Ich hatte dem Rathe einer Gartenschrift Folge geleistet: den Rand des Gurkenbeetes zu bepflanzen. Ich hatte hierzu Brokkoli genommen. Dieser und das daran liegende Maisbeet gab einigen Schatten vor der brennenden Sonne, daher ich eine mittelmässige Ernte machte. Das Beet, auf welches die Gurken kommen, lege ich in Eselsrücken-Form an; es gewährt den Vortheil eines grösseren Raumes für die Ranken, bei nasser Witterung das Ablaufen des Wassers, eine möglich grössere Erwärmung der Erde. Ich hatte den grössten Theil des Beetes mit einem Gitter von dünnen Stangen %, bis 1 Fuss hoch ver- sehen, woran sich die Ranken schlängelten; hierdurch wird Fäulniss der Früchte und Ranken einiger- massen verhindert. Mais. Ich hatte einige 40 Sorten, grösstentheils nur in 2 bis 3 Exemplaren, ausgesäet; die Ernte von den mehrsten war schlecht; die männlichen Blüthen vertrockneten, ehe sie die weiblichen befruchtet hatten, mancher Same war zu alt, ging nicht mehr auf; einige recht hübsche Sorten habe ich gewon- nen, als die gelbe runde, die spitze und die weisse Perl. Von den in grösserer Menge ausgesäeten geriethen am besten: der weisse und rothe amerikaner und der steiermärkische. Den sogenannten Sechs- wochen-Mais will ich nicht anrathen, er ist nicht ergiebig an Körnern und Mehl. Es scheint, als wenn der Mais doch endlich als Nahrungsmittel für den Menschen in Gebrauch kommen wird, denn schon wird Mais-Gries das Pfund für 2, Sgr. ausgeboten. Eine sehr einfache und gute Zubereitung, die der in Amerika gebräuchlichen nahe kommt, ist folgende: die Maiskörner, wo möglich vom weissen, werden 10 bis 15 Minuten in weiches Wasser eingeweicht, hierzu wird etwas Soda genommen, das Wasser alsdann abgegossen, der Mais einigemal gewaschen, bei gelinder Ofenwärme getrocknet, in einen Sack gethan, mit einem runden Holze so lange geschlagen, bis die Hülsen abgesprungen sind, und mit einem Stücke Rindfleisch gekocht; dies giebt eine eine sehr nahrhafte, gut schmeckende Speise. Einmal in das Feld der Küche gerathen, sei es mir erlaubt, ein Recept anzugeben, wodurch man ein herrliches Gericht Kraut erhält. Man schneide das Kraut in nicht zu kleine Stücke, brühe es leicht 22 170 ab, lasse das Wasser sorgfältig in einem Durchschlag ablaufen, thue auf den Boden “einer Kasserolf& klein geschnittene Brodwürfel, die in recht kräftiger Fleischbrühe eingeweicht waren,”daratf eine Schicht Kraut 1 Zoll hoch, auf solche Parmesankäse oder in Ermangelung desselben holländischen Käse, dann wieder eine Schicht Kraut, eine Schicht Parmesankäse, fahre damit fort, bis die Kasserolle gefüllt ist, giesse dann über das Ganze recht kräftige Fleischbrühe, schliesse das Gefäss recht gut und lasse das Kraut 1 bis 1%, Stunden schmoren. Im Allgemeinen kann man das verflossene Jahr als kein günstiges für den Gartenbau annehmen, wohl nur wenige Gemüse erreichten ihre normale Vollkommenheit. Die heisse, trockene Witterung hatte eine ungewöhnliche Menge Ungeziefer erzeugt; vor allem that mir der Mehlthau den grössten Schaden, weder Schwefelblüthe noch Asche gewährten den geringsten Erfolg. Von Bohnen und Erbsen erhielt ich nicht viel für die Küche, sie reiften viel zu schnell; spätere Aussaaten missglückten grösstentheils, vorzüglich die der Erbsen. Es war mir nicht möglich geworden, zur Herbstausstellung Erbsen einzulie- fern, obgleich ich 36 Sorten zu drei verschiedenen Zeiten ausgesäet hatte. Die Spinatsorten litten am wenigsten durch die Witterung, die Silberb&te hielt bis zum Froste aus, sie ward nie begossen. Die Melonen, vorzüglich die im Freien, litten sehr von der brennenden Sonnenhitze, die Ranken verbrann- ten, wodurch die zweite und dritte Tracht, welches bei der Kultur der Melonen im Freien die Haupt- sache ist, verloren gingen. Die Cucurbitaceen erzeugten im Allgemeinen nicht viel vollkommenen Samen, die Reife der Früchte trat zu schnell ein. In meinem Garten hatten alle Samen, die eine dunkle Farbe haben, als: einige Bohnensorten, Riesenzuckerbrech- und bluthrothe Erbse, weissblühende Kürbis, Kürbis von Valparaiso etc. im verflossenen Jahre eine lichtere Färbung. Herr Eduard Monhaupi sprach: Ueber die Behandlung des Blumenkohls. Der Blumenkohl, Brassica oleracee, Botrytis, Käsekohl oder Karviol ist eigentlich in Italien ein- heimisch. Es giebt verschiedene Varietäten: den frühen cyprischen, den grossen späten, den asiati- schen, den englischen und holländischen. Unter diesen haben den Vorzug: der frühe cyprische, der späte englische und der asiatische. Der späte englische hat den Vorzug, dass er dickere Köpfe bildet und für den Wintergebrauck am besten zu verwenden ist. Der Blumenkohl verlangt, so wie fast alle Kohlarten, einen guten, fetten und kräftigen Boden und eine warme, sonnige Lage. Um den Blumenkohl recht zeitig und das ganze Jahr zu haben, macht man verschiedene Aussaaten. Die erste macht man im Februar in ein Mistbeet — nicht zu warm — und giebt den Pflanzen öfters frische Luft. Eingeschlossene Mistbeeiwärme ist den Pflanzen höchst nachtheilig; -so wie die Pflanzen stärker werden, verlangen sie auch immer mehr Luft, um zum Auspflanzen in’s Freie vorbereitet zu sein. Zum Auspflanzen sind starke und stämmige Pflanzen erforderlich. Die zweite Aussaat geschieht in’s freie Land etwa Mitte April, und man schützt die jungen Pflanzen vor schädlichen Insekten, namentlich Erdflöhen, durch gesiebte Steinkohlenasche, reichliches Begiessen etc. Haben die jungen Pflanzen 6 bis 8 Blätter, so sind sie zum Auspflanzen tauglich. Der Acker oder das Land hierzu wird im Herbste vorbereitet d. h. etwa einen guten Fuss tief umgegraben. In Gärten, wo das Land nicht von vorzüglicher 171 —_ _ Güte ist, kommt man dadurch zu Hülfe, dass man an die Stellen, wo man pflanzen will, 10 bis 15 Zoll tiefe und eben so breite Löcher macht. Diese werden einige Tage nach einander mehrmals des Tages mit Wasser angefüllt, bis es fest stehen bleibt. Nach diesem Verfahren füllt man diese Löcher mit einer Kompost-Erde, welche aus Schaf-, Tauben- und Rindviehmist und etwas Hornspänen besteht, etwa %, voll, drückt diese fest und bringt in jedes Loch eine starke gesunde Pflanze, welche auch fest ange- drückt werden muss; hierauf werden sie stark angegossen. Die Pflanzen bringt man bis an die ersten Blätter in die Erde und hält den Raum stets offen, um reichlich Wasser geben zu können; später schützen die Blätter durch die Vertiefung vor dem Austrocknen. Zeigen sich später die Köpfe in ziemlicher Grösse und Ausbildung, so werden einige Blätter umgebogen, um den Kopf vor Sonne zu schützen. — Beim späten Blumenkohl werden die kleinen Köpfe bei Eintritt des Frostes behutsam mit Blättern und Wur- zeln ausgehoben und in Gruben oder luftigen Kellern für den Winter aufbewahrt, die gelben Blätter öf- ters entfernt. Hat man viel starke Köpfe, so werden solche in einem trockenen Zimmer mit den Blät- tern nach unten aufgehangen etc. Ausserdem wurden in verschiedenen Versammlungen Gemüse, namentlich Rüben- und Kohl-Arten, Kürbisse und Melonen durch Herrn Obristlieutenant v. Fabian, Blumenkohl und blühende Cyclamen durch Herrn Ed. Monhaupt, ausländische Baumfrüchte, Stämme und Hölzer durch Herrn Prof. Göp- pert vorgezeigt, und von den Herren Ludw. Hüser und E.H. Müller Auszüge über einzelne interes- sante Artikel aus gärtnerischen Zeitschriften mitgetheilt. 22 * Br X PET LIEPEN ZYI 0" rn £ -Zunailesb dam ae TEE N ER 7 Basler re ur er‘ ar a u "*) EmemEe Z Eu a Ei a0 PRENew DZ 022 3 re wei Bi y ige L Ber In t im Eee v - A Ih £ te Le. = Bessere ae u a Au Ten ee eh u He be BE 2 > 2. ü A ya Si "n Kener: Pag SE 7 BY" ra t Keen s er erh ep Pd wa re en © Eee Käye reiste - N “ KRur N hr r 2 hr vr tu a“ N IR 227 ki Bi « = a » ur - > Ye ne 4 EN j a 2 a > 1 # Br I ne u Pape . wu Fi Y F N .n a en AT, i a x Lie ! SUVEBIE ENE & PP DIR u! fi. „wei h | era Me ite ein. FR PETER Bekieui Aarensan "ns. a ar BEN VER eTE Der: zes Ns gun rchipiar Bird u a A, San, ee re I u, Fi Ss, N er | Re ee Naeh 4 Merken PT Br Brenkeien. u, en arte Kr Seh N Luce ER ZEN VER ZUR 2 2 0 d 17T ‚nun, wor : | 177 ba te ee ee ae ae f : ‚ urn > >; we j h er w Lars une. a TEE er va pe f . - . y g 173 Bericht über die Thätigkeit der technischen Section im Jahre 1852 von Gebauer, zeitigem Secretair derselben. Am 13. Januar hielt Herr Kaufmann Cohn einen Vortrag: Ueber die Mittel, mehrere den Menschen schädliche Einflüsse zu beseitigen. Er erwähnte der neuen Maschineneinrichtung der Garnspinnerei im Elster-Thale, bei welcher mit Sorgfalt auf Ventilation der Arbeitssäle Rücksicht genommen ist. Der feuchte Zustand der Kellerwoh- nungen, welcher auf die Gesundheit der Bewohner höchst nachtheilig wirkt, wird durch Anwendung des Portland-Cements beseitiget. Er legt der Erbauung der Arbeitshäuser aus hohlen Ziegeln ohne Holz, mit Luftheizung versehen, deren äussere Flächen mit glasirten Ziegeln bedeckt sind, grosse Wichtigkeit bei, da sie sich durch Trockenheit und Wohlfeilheit empfehlen. Zur Erleuchtung der Flurräume in den Häusern werden gläserne Ziegeln statt der üblichen Scheiben in Vorschlag gebracht. Bei Eisenarbeiten leiden die damit Beschäftigten häufig theils durch den Eisenstaub, theils durch feine Eisenspitzen. Als Schutzmittel dagegen werden magnetische Schirme empfohlen. Um Steinstaub unschädlich zu machen und zu beseitigen, sind künstliche Luftströmungen, welche ihren Abzug in einem Schornstein finden, von erheblichem Nutzen. Man hat hierzu auch Masken vorgeschlagen, welche mit Nasenröhrchen versehen sind, in welchen kleine Schwämme vorhanden sind. Sehr nachtheilig wirken auf die Gesundheit der Arbeiter die Quecksilber-Amalgame bei der Spiegelbelegung und der Feuer-Vergoldung. Der Vortra- gende glaubt, dass dieselben entbehrlich gemacht werden können, indem man die Spiegel mit Silber belegt, welches aus seinen Auflösungen durch Aldehid niedergeschlagen wird, und die Vergoldungen oder Versilberungen mittelst galvanischer Kräfte zu bewerkstelligen sucht. Zur Beseitigung der üblen Folgen eines feuchten Bodens empfiehlt der Vortragende die Anwendung der Drain-Röhren, welche in der Land- wirthschaft bereits vielfach mit gutem Erfolge zur Trockenlegung der Felder und Erhöhung deren Frucht- barkeit benutzt werden. Auch machte der Vortragende auf die ganz verschiedene Fabrikationsweise in England und Indien aufmerksam. Während dort die meisten Arbeiten nur durch Maschinen ausgeführt 174 werden und der dabei angestellte Arbeiter nur vorzugsweise seine geistigen Kräfte thätig sein lässt, muss hier der Mensch Alles verrichten. Am 23. Februar zeigte Herr Dr. Schwarz eine rothe Porzellanfarbe vor, welche nach den vor- gelegten Proben auf Porzellan sich zur Anwendung empfiehlt. Sie besteht aus chromsaurem Blei und giebt mit Kobalt gemengt eine schöne grüne Farbe, welche bei grösserem Zusatze dunkel schwarz wird. Der dazu angewandte Fluss bestand aus 4 Th. Mennige, 2 Th. Borax und 1 Th. Sand. Derselbe zeigte auch in einem vorgenommenen Versuche die Bestimmung des Kupfergehaltes ei- ner Flüssigkeit auf maassanalytischem Wege. Zu diesem Behufe wurde die angewendete Kupferlösung mit Weinsteinsäure und Kali versetzt und Traubenzucker oder Honig hinzugefügt, um das Kupferoxyd durch Kochen zu Oxydul zu reduciren. Nachdem dasselbe filtrirt worden, wird es mit Eisenchlorid und Salzsäure übergossen und die Flüssigkeit auf ihren Gehalt an Eisenoxydul mittelst einer titrirten Auflö- sung von übermangansaurem Kali geprüft. Ein Aegqg. Eisenoxydul entspricht einem Aeg. Kupferoxydul. Am 8. März sprach Herr Dr. Baumert: Ueber die Mittel, den Gehalt von Rohrzucker in den Lösungen desselben zu bestimmen. Es sind bisher vier verschiedene Methoden zu diesem Behufe mit mehr oder weniger Vortheil zur Anwendung gekommen: 1) Nach Bareswil und Fehling wird der in einer Flüssigkeit enthaltene Rohrzucker durch Kochen mit einer Säure in Traubenzucker umgewandelt. Hierauf wird diese Lösung mit einem Gemische, welches auf 40 Gramme Kupfervitriol 160 Gr. weinsaures Kali, 600 bis 700 Cub.- Centim. Natronlauge von 1,12 spec. G. und so viel Wasser enthält, dass die Flüssigkeit bei 15° C. 1154,4 Cub.-Centim. misst, versetzt und erwärmt, bis keine Reduction mehr eintritt. 1 Aegq. Rohrzuk- ker (171) reducirt 10 Aeq. Kupfervitriol (1247,5.) 2) Nach Payen wird der zu prüfende Zucker mit Alkohol von 85° dem man auf 1 Liter.50 Cub.-Centim. Essig von 7° bis 8° zusetzt und mit Kandis- zucker sättiget, entwässert und von auflöslichen Stoffen befreit. Der Rückstand, mit Alkohol von 960 gewaschen und getrocknet, giebt den Gehalt an Rohrzucker. 3) Nach Pelligot wird der zu prüfende Zucker mit einer gewogenen Menge Kalk in Zuckerkalk verwandelt. 2 Aeg. Zucker verbinden sich mit 3 Aeg. Kalk. Mittelst Schwefelsäure von bestimmtem Gehalte wird der Ueberschuss an Kalk und damit der Zuckergehalt ermittelt. 4) Die Lichtprobe nach Biot, Soleil, Mitscherlich u. a. Diese letz- tere war Gegenstand mit einem von Soleil angefertigten trefflichen Apparate angestellter Versuche. Der Rohrzucker besitzt die Eigenschaft, die Polarisationsebene eines Lichtstrahles, welcher durch eine Auflösung desselben von bestimmter Länge und bestimmter Dichtigkeit hindurchgeht, um einen 'dem Zuk- kergehalt proportionalen Winkel zu drehen. Der zu prüfende Zuckersaft muss ‘vor seiner Anwendung durch Kohle farblos gemacht und dann auf das erforderliche sp. Gew. gebracht werden. Die Proben zeigten eine Sicherheit bis über ", %. Am 13. März sprach Herr Kaufmann Cohn: Ueber mehrere im Handel vorkommende Fette und Oele, und deren Verwendung. Ihre Umwandlung in Seife ist ein Gegenstand von grosser Bedeutsamkeit für Handel und Gewerbe. Nach Liebig soll sich der Culturzustand eines Landes nach der Verbrauchsmenge von Seife ermessen 175 lassen. Man rechnet, dass in Irland jährlich 2, in England 7, in Deutschland 3 Pfund jährlich für eine Person zur Verwendung kommen. Das Palmöl, von dem jährlich 20,000 Tonnen ausgeführt werden, wird mit der Zeit weiss oder grau, schmilzt bei 25°C. oder, wenn es alt ist, bei 30° C., lässt sich durch Salpetersäure und Thran- säure, indem män es mittelst Dampf bis 80°C. erwärmt, bleichen. Das Stearin kann durch Pressen ab- gesondert werden. Das im Handel vorkommende Palmwachs wird in den Andes durch Kochen der Rinde von Palmen gewonnen. Früher wendete man zur Seifenbereitung Kali an, seit 1808 aber Natron. Zur Darstellung desselben aus Kochsalz werden allein in Marseille jährlich 500,000 Centner Schwefel in Schwe- felsäure verwandelt. Die Seifenproduetion beträgt jährlich eine Million Centner. Man verbraucht an 175,000 Centner Leinöl, an dessen Stelle auch häufig Sesamöl, aus Asien bezogen, verwendet wird. In Triest ist eine grosse Fabrik, welche Olivenöl verarbeitet. Es werden daselbst an 200 verschiedene Sorten Toilettenseife fabrieirt. Auch in Lille ist eine Fabrik von bedeutender Ausdehnung. Da die Salz- säure bei der Darstellung des schwefelsauren Natrons ausserordentlich beschwerlich wird und nicht ab- gesetzt werden kann, so ist in Barmen ihre Verwendung zur Chlorkalkbereitung mit Nutzen eingerich- tet worden. Auch in Baden sind bedeutende Fabrikanlagen. Liverpool liefert die Soda noch wohlfeiler. In England steht die Seifenproduktion unter grosser Steuerkontrole. Bei 3 Pence auf's Pfund beträgt die jährliche Steuer 2 Millionen Pfund Sterling. Hoher Dampfdruck befördert die Seifenbereitung. Man kocht in Kesseln mit doppelten Böden. Der Vortragende erwähnte näher die Einrichtungen der Buch- ner’schen Fabrik in Cassel. Seit einiger Zeit kommt aus Cincinnati Specköl im Handel vor, welches aus dem Speck der Schweine gewonnen wird. Japan liefert Kokusseife. Zu Kerzen verwendet man ausser dem Wachs, durch Bienen erzeugt, Pflanzenwachs, chinesisches Wachs, durch Insekten aus Blät- tern hervorgebracht, Wallrath, aus den Höhlen des Kopfes des Pottfisches, und Stearin, welches aus den mit Kalk verseiften Oelen durch Schwefelsäure abgeschieden, abgepresst und mit Kohle entfärbt wird. Die erste Fabrik dieser Art wurde von Mille in Paris, später in Wien eingerichtet. Eine neue Methode seiner Darstellung gründet sich auf Destillation mittelst gespannter Wasserdämpfe. Am 19. April hielt Herr Dr. Schwarz einen Vortrag: Ueber zweckmässige Aufbewahrung des Getreides. Die Lebensmittelfrage ist ohne Zweifel die allerdringendste. Durch das fast constante Missrathen der Kartoffeln in den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit wieder mehr auf das eigentlich normale Nah- rungsmittel der Menschen, das Getreide, hingelenkt worden. Man kann als feststehend annehmen, dass die Getreide bauenden Länder im Durchschnitt mehr Getreide produziren, als das Bedürfniss fordert. Ist in dem einen Jahre in Europa die Ernte schlecht ausgefallen, so ist sie dafür in Amerika um so bes- ser. Der Hungersnoth kann daher am besten durch mögliche Verkehrserleichterung gesteuert werden. Jedenfalls aber kann man annehmen, dass die Missernte eines Jahres durch die gute Ernte eines an- deren mehr als nöthig kompensirt wird. Es ist‘ daher nur nöthig, für eine Aufspeicherung zu sorgen, die mit den wenigsten Kosten, der geringsten Gefahr und den kleinsten Verlusten verbunden ist. Das gut ausgetrocknete Getreide hält sich eigentlich auf unbestimmte Zeit. Beweis sind die Weizenkörner, die man bei ägyptischen Mumien ange- troffen hat, und die nach mehr als 4000 Jahren noch ihre Keimkraft bewahrt haben. In unserem feuch- ten Klima dagegen ist durch den Klebergehalt die Gefahr des Verderbens gegeben; deshalb möchten auch bei uns die Anlagen von Silo’s nicht denselben Nutzen bringen, als in dem so äusserst trockenen 176 Klima von Nordafrika. In unseren gewöhnlichen Speichern ist aber das Getreide ausserdem noch den mannigfaltigsten Gefahren ausgesetzt. Abgesehen davon, dass man zur Lagerung von irgend wie beträchtli- chen Mengen sehr grosser Räumlichkeiten bedarf, die der Feuersgefahr ausgesetzt- sind, sind auch die mannigfaltigsten Verluste durch Diebstahl, Ratten- und’ Mäusefrass kaum zu vermeiden. Zu ‘den gefähr- lichsten Feinden des Getreides gehört aber ein scheinbar. unbedeutendes Insekt, der Kornwurm. Diese Thiere, die auf den Speichern nicht auszurotten sind, vermehren sich ungemein rasch, und die Verluste, welche dieselben verursachen, können in einem Sommer die Höhe von 12% erreichen. Ausserdem be- fördern ihre Excremente, sowie ihre absterbenden Körper und die angefressenen Körner sehr die Gäh- rung. Sie sind einzig und allein durch eine starke Bewegung des Getreides zu vertreiben, da sie’ die Ruhe lieben. Das bis jetzt gebräuchliche Umschaufeln durch Menschenkraft erfordert ‘sehr viel Arbeits- lohn und Raum, und ist doch niemals vollständig genügend. Allen diesen Uebelständen wird nunmehr auf das Beste durch die in Frankreich schon vielfältig angewendeten drehbaren eisernen Kornspeicher i abgeholfen. Dieselben bestehen aus einem 20 — 30 Fuss langen Cylinder mit einem Durchmesser von 15 Fuss, aus Eisenblech zusammengenietet. Er ruht mittelst einer starken eisernen Axe auf zwei fest- gezimmerten Axenlagen. Diese ist umschlossen von einer fein durchlöcherten Röhre. Ebenso befinden sich in der äusseren Wand solche durchlöcherte Eisenblechtafeln. Das Innere des Cylinders ist durch Längs- und Querwände in verschiedene Abtheilungen getheilt, damit verschiedene Getreidearten abge- sondert aufbewahrt werden können. Jede derselben ist durch eine Thüre in der äusseren Wand zugänglich. Durch diese Oeffnungen schüttet man das Getreide miltelst eines Tuches ein oder lässt es ebenso in untergesetzte Säcke ausfliessen. Der eine der Böden ist am Rande gezahnt, und indem in diese Zah- nung ein Kammrad eingreift, ist es möglich, den Cylinder in eine langsame Umdrehung zu versetzen. Hierdurch wird zugleich ein Ventilator bewegt, der die Luft aus dem inneren Cylinder ansaugt. Die Behälter dürfen nur zu 3, gefüllt werden, damit das Getreide übereinander fertrollen kann. Die Vortheile dieser Speicher sind nun folgende: 1) Sie sind absolut feuersicher. 2) Das unter Verschluss lagernde Getreide ist vor Dieben aller Art geschützt. 3) Die Kornwürmer werden sicher ausgetrieben. Die Kosten der Umdrehung belaufen sich gegen die des Umschaufelns, wenn Menschenkraft angewendet wird, wie 1:56, bei Dampfkraft wie 1: 560. 4) Das Getreide wird durch die Ventilation getrocknet. 5) Staub und andere Unreinigkeiten werden abgetrieben und entfernt. 6) Das Einfüllen und Entleeren ist sehr leicht. Die Anlagekosten sind um 25% niedriger als bei den gewöhnlichen Speichern. Ein solcher Speicher für 2000 Scheffel kostet in Frankreich ungefähr 1800 Thaler. Es wäre die Frage, ob die Anlage solcher Speicher auf Aktien z. B. hier in Breslau nicht zweck- mässig sein sollte. Derselbe: iX Ueber Ungarweinöl. Ein alter Handelsmann hatte hier in Breslau sogenanntes Ungarweinöl, aus Trestom destillirt, für 69 Thaler das Pfund, zum Versetzen des künstlichen Rums ausgeboten. Ich erhielt von Herrn Promnitz allhier eine Probe davon zur Untersuchung. Das Oel, das sich zu obigem Zwecke in sehr kleinen Do- sen gut bewähren soll, hat einen ziemlich unangenehmen Fettgeruch. Es wurde mit starkem Kali ver- sucht und der dabei entstehende Alkohol deutlich nachgewiesen. Es war also ein ‚Aether vorhanden. Das Oel hatte sich fast klar gelöst; es wurde mit Schwefelsäure versetzt und die sich abscheidende a ölartige Schicht mit Wasser destillirt; die übergehende, milchige Flüssigkeit reagirte, schwach sauer. In der Retorte blieb eine krystallinische Feitmasse zurück, dem Anscheine nach Margarinsäure. Das Destil- lat wurde mit kohlensaurem Natron neutralisirs und zur Trockne verdampft. Dabei entwickelte sich der deutliche Geruch nach Citronenöl, das auch in einzelnen Tröpfehen obenauf schwamm. Der trockne Rückstand: wurde mit. absolutem Alkohol ausgezogen, der das überschüssige kohlensaure Natron zurück- liess. Der. alkoholische Auszug, zur Trockne verdampft, gab eine schwach krystallinische Salzmasse. Diese wurde in heissem Wasser gelöst und mit salpetersaurem Silber gefällt. Es entstand ein käsiger Niederschlag, der in kochendem Wasser etwas löslich war. Aus dieser Lösung setzten sich beim Er- kalten:körnige, undeutliche Krystalle ab,-die über Schwefelsäure getrocknet und durch Erhitzen in einem Porzellantiegel analysirt wurden. -0,360 Gr. gaben 0,170 Gr. Silber — 47,22% ; das önanthylsaure Silberoxyd enthält 47,30% Silber. “+ Dieses Weinöl könnte demnach wohl von Wein herrühren, wenn nicht die Margarinsäure (?) und das Citronenöl (?) wären. Man hätte die vorliegende Substanz indessen wohl auch auf folgende Art bereiten können: Man nehme Fuselöl von Kornbranntwein, das bekanntlich neben Amylalkohol auch Oenanthsäure und Margarin- säure enthält, destillire es mit Kali, so lange bis aller Amylalkohol übergegangen, scheide dieselben. Säuren aus der rückständigen Seife durch Schwefelsäure aus und ätherisire sie durch Erhitzen mit Al- kohol und conc. Schwefelsäure. Man braucht dann nur Citronenöl zuzusetzen, um ein Produkt zu erhal- ten, wie es die Analyse hier nachgewiesen hat. Derselbe hielt am 18. October einen Vortrag: Ueber die quantitative Bestimmung des Bleies und der Schwefelsäure auf maassanalytischem Wege. Die Bleibestimmung. Zur quantitativen Bestimmung des Bleies sind bis jetzt zwei Wege vorgeschlagen worden. Der eine von Felix Domonte angegebene basirt sich auf die Unlöslichkeit der meisten Metalloxyde in Kali, mit Ausnahme des Bleioxydes, und auf die Fällung desselben durch eine titrirte Schwefelna- triumlösung. Hier ist das Aufhören einer Fällung der entscheidende Punkt der Analyse, und die darauf beruhenden Methoden sind als unbequem und ungenau zu verwerfen. Die zweite Methode ist von Mar- guerite angegeben. Er löst in Salpetersäure, versetzt mit viel überschüssigem Kali und erhitzt zum Ko- chen. Fast allein das Bleioxyd bleibt aufgelöst. Nun wird eine titrirte Lösung von übermangansaurem Kali zu der kochenden Flüssigkeit zugesetzt. _ Mu207 + 2 Pb0O = 2 MnO? + 3 PbO?. : Es fällt also Bleisuperoxyd und Mangansuperoxyd nieder (und bewirkt ein äusserst unangenehmes Stos- sen). Ist endlich kein Bleioxyd mehr vorhanden, so zerlegt sich das übermangansaure Kali in 2MnO® und O0. Die Flüssigkeit färbt sich grün. Diese Methode wäre vortreflich, wenn nicht die Zerlegung des übermangansauren Kali’s sehr ana sam vor sich ginge, man daher immer längere Zeit kochen müsste, ehe man neue Chameleonlösung zu- seizte, wenn ferner nicht die Flüssigkeit sich ziemlich langsam klärte und endlich das mangansaure Kali sich nicht selbst freiwillig zersetzte. Auch ist das Stossen sehr unangenehm. Meine Methode basirt sich auf der Unlöslichkeit des chromsauren Bleioxydes in Salpetersäure (während die meisten anderen chromsau- 23 178 ren Salze darin löslich sind). In dem auf einem Filter gesammelten chromsauren Bleioxyde bestimme ich die Chromsäure, indem ich eine abgewogene Eisenmenge in Salzsäure löse, oder auch geradezu eine gemessene Eisenoxydullösung von bekanntem Oxydulgehalt zufüge. 2 Cr0? + 6 FeO = Cr?0°? + 3 Fe?0%. Ist das Eisenoxydul in Ueberschuss vorhanden, so bleibt ein Theil desselben unoxydirt. Ich vollende die Operation durch die Bestimmung desselben nach Marguerite. Das praktische Verfahren ist nun folgendes: Man nehme die bleihaltige Legirung oder das Bleisalz, das in Wasser oder wenigstens in n Salpeter- säure auflöslich sein muss, wiege die Aequivalentzahl des Bleies 1,04, und löse in möglichst wenig Salpetersäure. Ist dies geschehen und von dem etwaigem Rückstande (z. B. von Zinnoxyd) abfiltrirt worden, so füge man eine Lösung von saurem chromsauren Kali im Ueberschusse zu. Nur durch einen Ueberschuss desselben wird das Blei aus einer stark sauren Lösung vollständig gefällt, indem es scheint, als ob sich dann die freie Säure mit dem Kali des chromsauren Kali’s verbände und Chromsäure oder ein mehrfach saures Salz derselben frei mache, welches nicht lösend auf das chromsaure Blei einwirkt. Die Fällung erfolgt am besten in einer Schale unter gelindem Erwärmen; es fällt ein hell orangegelbes, fast krystallinisches chromsaures Bleioxyd nieder, das sich leicht abfiltriren und auswaschen lässt und nach vielfältigen Analysen sich als reines neutrales, chromsaures Bleioxyd ergeben hat. Man bringt nun- mehr das noch nasse Filter in ein Becherglas und übergiesst es mit 50 C.-C. einer Auflösung von Ei- sendrath in Salzsäure, die genau 3 Aegq. Eisen, d. h. 0,840 Gr. enthält. Hätte man reines Blei abge- wogen, so hätte man auch genau 1 Aeq. chromsaures Blei bekommen, und dies genügte, um die 3 Aeg. Eisen aus Eisenchlorür in Eisenchlorid überzuführen. Man fügt nun Salzsäure hinzu und erwärmt gelinde.e Das chromsaure Blei löst sich auf, die Flüs- sigkeit färbt sich schön grün und setzt beim Erkalten Krystalle von Chlorblei ab. Will man dies ver- meiden, so braucht man nur nachträglich eiwas Schwefelsäure zuzufügen. Nachdem jede Spur von gelber Färbung verschwunden , filtrirt man, was sehr rasch geschieht, in einen geräumigen Kolben ab und wäscht gut aus. Zu der grünen Flüssigkeit wird nun aus einer” Burette eine titrirte Chameleonlösung hinzugefügt, von der Verdünnung, dass die 50 C.-C. Eisenlösung genau durch 100 C.-C. derselben in Eisenoxyd über- geführt werden. Man begreift leicht, dass bei den angewendeten Mengen, wenn man a C.-C. dieser Chameleon- lösung gebraucht, um die vollständige Oxydation herbeizuführen, in dem abgewogenen Bleisalz etc. 100 — a% Blei enthalten sein müssen. Ist a —= 0, so hat eben die Chromsäure des chromsauren Bleioxydes genügt, um alles Eisenoxydul zu oxydiren. Verschiedene angestellte Analysen haben die Genauigkeit dieser Methode ausser Zweifel gestellt. Was nun die störenden fremden Metalle anbelangt, so muss AgO durch sehr verdünnte Salzsäure ent- fernt werden. Ebenso Hg?O, wenn man nicht vorzieht, es in HgO überzuführen, wo es dann nicht mehr durch CrO? gefällt wird. Wismuth macht die meisten Schwierigkeiten. Es soll zwar in sauren Lösungen nicht durch chromsaures Kali gefällt werden. Dies ist indessen nur partiell richtig. Zwar wird es durch starke Salpetersäure gelöst, aber bei Ueberschuss von chromsaurem Kali, wie es doch nöthig ist, wieder gefällt, weil es eben nur in NO°, nicht in CrO® löslich ist. Die besten Resultate erhält man noch, wenn man die salpetersaure Lösung der beiden Metalle mit überschüssigem essigsauren Natron kocht; es fällt das Wismuthoxyd grösstentheils als basisches Salz nieder und kann abfiltrirt werden, während das Bleioxyd natürlich gelöst bleibt. Es liegt übrigens in 179 der Absicht des Vortragenden, die Verbindungen des Wismuths mit Chromsäure einem näherem Studium zu unterwerfen. Schwefelsäurebestimmung. Obwöhl die Schwefelsäurebestimmung auf dem gewichtsanalytischen Wege sehr genau und einfach ist, so nimmt sie immer doch längere Zeit in Anspruch. Der von Gay Lussac vorgeschlagene Weg, die Schwefelsäure mittelst einer titrirten Chlorbariumlösung zu bestimmen, die zugefügt wird, bis keine Fällung mehr erfolgt, ist wegen des schlechten Absetzens des schwefelsauren Barytes sehr zeitraubend und, wie alle solche Fällungsanalysen, leicht ungenau. Der Vortragende versuchte zuerst durch folgende Reaktion zum Ziele zu gelangen. Er wollte chromsauren Baryt mit dem schwefelsauren Salze digeriren und die durch die Schwefel- säure ausgetriebene 'Chromsäure, wie oben angegeben, bestimmen. Der chromsaure Baryt wird indessen in neutraler Lösung wenigstens nicht leicht das schwefelsaure Salz vollständig zerlegen. Wurde er in Salzsäure aufgelöst, so geschah das zwar vollständig, es stellte sich aber der Uebelstand ein, dass beim Zufügen von Ammoniak, um den überschüssigen chromsauren Baryt niederzuschlagen, ein Ammoniaksalz . sich bildete, welches lösend auf den chromsauren Baryt einwirkte. Er versuchte nun chromsaures Bleioxyd, fand aber die leichte Zerlegung des schwefelsauren Bleies durch Digestion mit chromsauren Salzen durch den Versuch in dem Maasse bestätigt, dass frisch gefäll- tes schwefelsaures Blei durch Digestion mit chromsaurem Kali zu % in chromsaures Blei überging. Es gelang indessen, eine Modifikation zu ersinnen, durch die es möglich wurde, die Chromsäure dessenungeachtet zu dieser Bestimmung zu verwenden. Er bereitete ausser der oben erwähnten Eisenlösung noch eine Lösung von chromsaurem Kali und eine gleiche von salpetersaurem Bleioxyd, die so titrirt waren, dass z. B. 50 C.-C. der Bleilösung ge- nau gefällt wurden durch 50 C.-C. der chromsauren Kalilösung, und dass wiederum 50 C.-C. hiervon gerade genügten, um 50 C.-C. der Eisenlösung zu oxydiren. Ausserdem hatte er eine wie oben titrirte Chameleonlösung. Von der Eisenlösung enthielten... ....... 50 C.-C., 3 Aeq. = 0,840 Gr. Fe. Von der Bleilösung enthielten... ........ 50 C.-C., 1 Aeg. 1,660 Gr. PbO + NO°. Von der Lösung des KaO + „CrO3 enthielten . 50 C.-C., Y, Aeq. = 0,736 Gr. KaO + 2 Cı0°. Von dem schwefelsauren Salze wurde nun 1 Aeq. Schwefelsäure 0,400 Gr. abgewogen, in Wasser ge- löst und mit 50 C.-C. der Bleilösung versetzt. Es fiel schwefelsaures Bleioxyd nieder, das sehr leicht abfiltrirt wurde. Zu dem Filtrat, das demnach etwas Blei verloren hatte, wurden nun 50 C.-C. der chromsauren Kalilösung zugefügt. Alles Bleioxyd wurde gefällt, es blieb aber pro Aeq. Schwefelsäure ein Aeg. Chromsäure in Lösung. Dieses chromsaure Blei wurde wiederum abfiltrirt, zu dem in einen Kolben abgeflossenen Filtrat nun 50 C.-C. der Eisenlösung gesetzt und mit Salzsäure gelinde erwärmt. Endlich wurde die Operation durch das Zufügen der Chameleonlösung beendet. Wurde a C.-C. der- selben gebraucht, so betrug die Menge der Schwefelsäure in 100 — a in Procenten. Wären 0,400 Gr. reine Schwefelsäure (wasserfrei) abgewogen worden, so hätten sie genügt, um die 50 C.-C. der Bleilösung vollständig zu fällen. Dann aber wäre auch kein chromsaures Blei gefällt worden, also alle Chromsäure zur Oxydation des Eisens verwandt worden, was dadurch vollständig ge- schen wäre. Alsdann wäre aber auch a—=0 geworden, und man hätte demnach 100% Schwefelsäure. Bei Gegenwart von kohlensauren oder phosphorsauren Salzen kann man statt einer neutralen Lösung auch eine saure anwenden, wodurch die Fällung des schwefelsauren und chromsauren Bleioxydes nicht beeinträchtigt wird. Auch Salzsäure schadet nichts, wenn man nur so weit verdünnt, dass das Chlorblei aufgelöst bleibt. I 25 + 180 Die Operation scheint etwas langweilig, ist es indessen nicht, da die Filtrationen sehr leicht von Statten gehen. Der Vortragende hat selbst an einem Tage sieben solche Schwefelsäure-Bestimmungen mit einer Genauigkeit von 0,3 — 0,5% ausgeführt. Am 1. November sprach Herr Kaufmann Cohn: - Ueber Beleuchtung der Fabriken mit Gas und mehrere Gegenstände der Industrie-Ausstellung R zu ‚Augsburg. Die erste Gasanlage in der Welt führten die Fabrikinhaber Philipps und Lee in Manchester im Jahre 1802 praktisch in ihrer zur Zeit grössten Spinnerei Englands ein, obwohl 138 Jahre vorher Clay- ton schon auf die Entwicklung eines brennbaren Gases aus der Steinkohle aufmerksam gemacht hatte. Nachdem jetzt wieder 50 Jahre verstrichen sind, ist es wieder eine Spinnfabrik, die der so gross ge- wordenen Industrie eine neue Laufbahn vorzuzeichnen scheint. Die grosse Kammgarn-Spinnerei in Augsburg beleuchtet ihre Lokalien nicht mehr, wie bisher, mit dem Gase aus Steinkohlen, sondern aus dem Sei- fenwasser ihrer Walk- und Wasch-Anstalt. In der grossen Industrie-Ausstellung zu Augsburg im vorigen September fügte erwähnte Spinnerei ihren kunstreichen Produkten einen neuen Brennstoff, „„Suinter“ ge- nannt, bei. Dieser wird aus dem beim Waschen und Walken der Wolle benutzten Seifenwasser, worin die Fettigkeit der Wolle und die, womit die Seife gebildet war, aufgelöst ist, gewonnen. Es wird in mit Cement ausgemauerten Gruben auf gebrannten Kalk geleitet. Während des Verdunstens eines Theils des Wassers verbindet sich das Fett mit dem Kalk. Die gebildete schwarzgraue Masse wird in Gas- retorten gefüllt und wie Steinkohle bei der Gasbereitung gehandhabt. Der ausgeglühte Kalk kann seine Dienste auf’s Neue verrichten. Das in grossem Massstabe erbaute Kammgarnspinnerei-Etablissement er- hält nicht nur schöne kostenfreie Beleuchtung, sondern noch einen bedeutenden Gewinn durch den Ver- kauf des überschüssigen Nebenproduktes. Nach einem älteren komplieirten und kostspieligen Verfahren, welches Shearman für England patentirt wurde, wird das Seifenwasser durch Schwefelsäure zersetzt, wobei die abgeschiedenen Fettsäuren sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit absondern, abgeschöpft und durch Behandlung mit Kalkpulver von Säuren befreit und zu weiterem Gebrauche geeignet gemacht werden. In dem goldnen Saale des Rathhauses waren die Spinn- und Webeprodukte der auf Actien gegründeten mechanischen Baumwollenspinnerei, die jährlich von ihrem durch Glätte und Klarheit be- rühmten Gespinnste Millionen umsetzt, neben dem zarten und gleichmässigen Garn der Kammgarnspinne- rei in schöner Stufenfolge nach den verschiedenen Stadien geordnet, durch welche der Stoff bis zu seiner Vollendung hindurch muss, aufgestellt. Interessant war ein Sortiment Papier, aus den Abfällen der Baumwollenspinnereien gefertiget. Solche Beispiele sind deshalb erfreulich und verdienen zum Nutzen für unsere ähnlichen Anstalten öffentlicher Erwähnung, weil sie den Beweis liefern, wie rührig und wach- sam die dortigen Actien-Vereine sind und auf jede Kleinigkeit achten. Das gute Gedeihen der Baum- wollenspinnerei, deren Actien 60 pCt. Aufgeld und eine Rente von 10 bis 12%, pCt. bringen, hat ein neues Etablissement von 1000 Webestühlen mit einem Kapital von 550,000 Fl. in’s Leben gerufen. Diese wurden unlängst, nachdem das Programm ausgegeben war, in Zeit von einer Stunde gezeichnet. Sehr beachtenswerth war ein mechanischer Webestuhl, woran ein fein fühlender Mechanismus an- gebracht ist, der die ganze Maschine augenblicklich zum Stehen bringt, sobald der Faden im Schiffehen zu Ende oder beim Wurfe zerrissen ist. Als eigenthümlich für Augsburg ist die Fabrikation von Uhr- federn, Laubsägen und der feinsten Feilen für Uhrmacher und Goldschmiede hervorzuheben. Als Virtuo- 1s1 sität in der Herstellung der letzteren Werkzeuge sei erwähnt, dass ein Sortiment von einem Dutzend Feilen in einem Federkiel Platz hatte. Auch feine Metallsiebe, Metalldrähte, Messingdraht, von dem 120,000 Fuss nur ein Pfund wogen. Gold- und Silberarbeiten werden daselbst in ausgezeichneter Art ge- fertiget. Der alte deutsche Geschmack für Schnitzwerk, Vergoldung und Quinquaillerien blieb dort bis auf den heutigen Tag vorherrschend.. So sah man im grösseren Verhältnisse Fabrikate der Goldschlä- ger, der Pergamentmacher für Goldschlägereien, für Bijouteriefabriken, elegante Diplome, Portefeuilles u. d., verschiedene Muster von ächtem Gold- und Silberpapier, glatt, gedruckt, gepresst. Im Reiche der klei- nen Industrie waren vorherrschend: Drechslerarbeiten, geschmackvolle Elfenbeinverzierungen, Stöcke aus “Fischbein, die weit und breit verführt werden, Kinderspielzeuge, Nippsachen, höchst elegante Messer- schmiedearbeiten, optische Instrumente, worin Baiern seit Frauenhofer excellirt. Ebenso zeichnet die dortige Gegend sich durch gute mechanische Werkstätten aus, worin vortreffliche Reisszeuge fabrizirt werden, deren Absatz sich über das westliche Deutschland und die Schweiz erstreckt. Diese hier auf- gezählten mechanischen Handarbeiten verdienen besonders hier erwähnt zu werden, als gerade unser Schlesien, wie die letzte Ausstellung bewies, in dieser Beziehung seine Schwäche zu haben scheint. Da diese Gewerbe weniger fabrikmässig betrieben werden können, so erfordern sie um so mehr Menschen- hände, und können deswegen unserer Stadt ganz besonders empfohlen werden. Eine besondere Be- rühmtheit hat Augsburgs Türkischgarn-Rothfärberei. Einige Webefabrikate, wie Milains, Jaconets, Bal- zorines und Möbel-Callicos zeichneten sich durch Schärfe und feinen Druck aus. Noch schöner waren einige geköperte Wollstoffe, mit prachtvollen Blumendessins bedeckt, deren Nuancen so viel Tiefe und Feuer hat- ten, als wären sie Sammetwirkerei. Die Industrie-Ausstellung zu Augsburg füllte den 52fenstrigen gol- denen Saal von 110 Fuss Länge, 58 Fuss Breite und 52 Fuss Höhe, mit fünf Nebensälen und dem Parterreraum, und war die grösste, welche Baiern gehabt hat. Hieran knüpfte der Secretair der Section einige Bemerkungen über die gleichzeitige Industrie-Aus- stellung zu Düsseldorf. Den Glanzpunkt derselben bildeten die mannigfachen schönen Fabrikate aus Stahl und Eisen, welche auch in ausgezeichneter Weise geordnet und übersichtlich gemacht worden wa- ren. Unter den grösseren Gegenständen befanden sich Kirchenglocken von Gussstahl bis zu 6000 Pfund Gewicht, zum Preise von 8 bis 6 Sgr. p. Pf., von kräftigem und schönem Klange. Mehrere der vielen Oefen von Gusseisen zeichneten sich durch eine netie Umkleidung von Kacheln aus. Prachtvoll war die Lackirung von Theebrettern und eines Reisewagens. Es sind hier nur solche Industriezweige hervorge- hoben worden, auf welche unsere Gewerbetreibenden ihre Aufmerksamkeit zu wenden haben dürften, da in denselben unsere Ausstellung meist wenig Befriedigung gewährte. Am 18. November hielt Herr Professor Dr. Duflos einen Vortrag: Ueber die in technischer Beziehung wichtigen Chrompräparate, ihre Gewinnung und ihre, die mannigfaltige technische Verwendung derselben bedingenden Eigenthümlichkeiten. Der Vortragende zeigte zunächst das Chromerz, eine Verbindung von Chromoxyd mit Eisenoxydul, vor, beschrieb dessen Verwandlung in gelbes chromsaures Kali durch Schmelzen mit Salpeter und Pott- asche und die Ueberführung des gelben (neutralen) chromsauren Kali’s in rothes oder saures chromsau- res Kali, welches die Form ist, unter welcher die Chromsäure in dem Handel vorkommt, um sowohl als farbeerzeugendes als auch als farbezerstörendes Mittel zu dienen. Die eine und die andere Wirksamkeit wurde durch Versuche erläutert. Sodann ging der Vortragende zum Chromoxyd über, zeigte dessen 182 Entstehung aus der Chromsäure, besprach dessen Verwendung in der Glasfärberei und Porzellanmalerei, dessen Ueberführung in Chromchlorür auf pyrochemischem und die Reduction des letzteren zu metalli- schem Chrom auf elektrochemischem Wege. Schliesslich wurde das Verhalten des rothen chromsauren Kali’s gegen concentrirte flüssige Salzsäure durch Experimente versinnlicht, und nachgewiesen, wie auf dieses Verhalten ein leichtes Verfahren zur Gewinnung von Chlor sowohl auf nassem, als auch auf trok- kenem Wege sich gründe. Das chromsaure Chlorkalium, welches zu letzterem Zwecke dient, so wie alle übrigen im Vorhergehenden genannten Chromverbindungen wurden in schönen Mustern vorgezeigt. Herr Apotheker Schulze sprach: Ueber die Imprägnirung der Eisenbahnschwellen mit Eisen- oder Kupfersalzen, um sie gegen das Verfaulen zu schützen. In den Zellen des Holzes beginnt die Fäulniss. Daher ist es zweckmässig, ein Auslaugen des Holzes vorzunehmen, oder dasselbe mehr oder weniger zu verkohlen, um es gegen das Beginnen der Fäulniss zu schützen. In England wird Kreosot und Eupion in dem Steinkohlentheer angewendet, um als fäulnisswidrige Stoffe zu wirken, nachdem vorher die Luft aus den- selben mittelst einer Luftpumpe fortgeschafft worden ist. Statt dieser Stoffe werden auch Sublimat und Salz angewendet. Nach Pene wird mit grossem Erfolge das Holz erst mit Eisenvitriol und dann mit Chlorcaleium imprägnirt, wo sich dann Gyps in den Zellen absetzt. 60 Theile Wasser werden zur Auf- lösung dieser Salze verwendet. Am 29. November sprach Herr Oberlehrer Dr. Sadebeck: Ueber geodätische Messungen. Nach einer allgemeinen Erklärung. des Nivellirens wurde das geodätische Nivellement besprochen und der Theodolit erklärt, so wie auch auf die Vorsichtsmassregeln. aufmerksam gemacht, welche die Beobachtungen mit diesem Instrumente verlangen, wenn die beobachteten Winkel den erforderlichen Grad von Genauigkeit besitzen sollen. Es wurde darauf hingewiesen, dass wegen der Veränderlichkeit der Strahlenbrechung, deren Gesetz noch unbestimmt sei, die beobachteten Zenithdistanzen immer mehr oder weniger fehlerhaft seien. Als Beispiel, wie gross die Unsicherheit werden könne, wurde eine Höhen- bestimmung des Zobtens mitgetheilt, welche gelegentlich bei dem rühmlichst bekannten und sonst durchaus zuverlässigen Oder-Nivellement auf der Station Warteberg den 25. und 28. September 1840 ausgeführt worden ist. (Trigonometrisches Nivellement der Oder u. s. w., auf Befehl des Königlichen Finanz-Ministerii ausgeführt in den Jahren 1839 und 1840 durch C. Hoffmann und G. Salzenberg. Ber- lin. Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 1841. Seite 217.) Die Rechnung ergab für die Seehöhe des alten Kapellengiebels aus der ersten Beobachtung 2250,4 Par. F. und aus der zweiten 2205,7 Par. F. Die bedeutende Differenz von 44,7 Par. F. ist eine Folge davon, dass man sich mit einer beiläufigen Bestimmung der Strahlenbrechung begnügen ‚musste, was bei der ganzen übrigen Arbeit nicht nöthig gewesen war, indem sonst durchweg gegenseitige und gleichzeitige Zenithdistanzen beobachtet worden waren. Diese Beobachtungsweise ist das einzige Mittel, um möglichst genaue Resultate zu erhalten, wird aber auch nicht absolut richtige Resultate liefern, weil sie sich auf die nicht ganz richtige Voraussetzung stützt, dass der Lichtstrahl auf dem Hinwege denselben Gang durch die Luft nimmt, wie auf dem Rückwege. Hierauf beschrieb Ref. das zwischen Breslau und Zob- _ 183 ten von ihm selbst angestellte geodätische Nivellement, welches er später ausführlich zu veröffentlichen . gedenkt. Das Ergebniss desselben ist, dass die unterste Stufe der Treppe zur Bergkirche 2191 P. F. Seehöhe hat, während Referent durch den Barometer für diesen Punkt 2199 Par. Fuss Seehöhe ge- funden hatte. Am 13. December sprach Herr Kaufmann Cohn: Ueber die neueren Fortschritte in der Papier-Fabrikation, welche zur Bewährung des schon bei früheren Vorträgen von ihm an die Spitze gestellten Satzes führte: dass mit der Erhebung des Gewerbes über das „‚Handwerk‘‘, welches Unternehmer und Arbeiter in einer Person vereinigt, zur „Fabrikation‘‘, welche, auf dem Princip der Arbeitstheilung ruhend, den Unternehmer als Ge- schäftsleiter und den Arbeiter (den letztern meist selbst als Leiter der Maschine) auseinanderhält, dem stets sich erneuerten Fortschritte in vollkommener Befriedigung der Lebensbedürfnisse das Thor geöffnet sei. Gleichsam eine Brücke zwischen Geist und Materie schlägt die Papierfabrikation. 1) Papier ist ein Kunstprodukt, dargestellt aus unregelmässig durcheinander liegenden, durch Adhä- sion zusammen gehaltenen, zu Blättern verschiedener Grösse, und diese gestalteten Fäserchen, welche durch Zerkleinerung eines passenden Materials gewonnen, durch Wasser zu breiartiger dünner Schicht ausgedehnt, durch Filtration, Druck oder Verdunstung getrocknet werden. Ursprünglich behalf man sich mit Palmen- oder anderen grossen Blättern, die an den Stielen zu einer Art Buch zusammengebunden wurden; daher die Benennung „Blatt“. Das älteste bekannte Papier, das egyptische, ward aus der am Nil wachsenden Papyrusstaude bereitet. Aehnlich fanden die Spanier in Mexico ein Papier, bereitet von den Eingebornen aus den durch Auswässern alles Fleischigen entkleideten, übereinander gelegten und durch Bestreichen mit einem erdigen Teige pergamentartig gemachten Blättern der Agave. Das Baum- wollen-Papier lernten 704 die Araber in der Bucharei kennen und brachten die Kunst, es aus roher Baumwolle zu fertigen, im 11. Jahrhundert nach Spanien, wo die ersten europäischen Papiermühlen ent- standen. Fast gleichzeitig erfuhr man, dass die Chinesen sich der bereits als Kleiderstoff benutzten Baumwolle, der Lumpen, zum Papierstoff bedienen. Von Spanien schritt die Papierbereitung nach Italien, Frankreich, Deutschland, und in letzterem ward zuerst aus leinenen Lumpen das weit dauerhaftere Lei- nenpapier erzeugt, die erste grosse Papiermühle 1347 in München, die zweite 1390 in Nürnberg errich- tet. Der Prozess ist dieser: die Lumpen werden sortirt, zerschnitten, gereinigt, durch die Zerkleinerungs- maschine zermalmt zu feinem milchartigen Brei, der in die Arbeitbütte geleitet, durch Feuerung oder Dampf warm erhalten, mit der aus Draht gewebten Form, unter leiser Erschütterung behufs Ablaufens“ des Wassers, geschöpft, die dünne Masse vom Formgitter abgeschlagen, getrocknet, gepresst und so zum Papierbogen gestaltet wird. Im Jahre 1799 ward in Frankreich Robert’s Erfindung, Papier mittelst Maschinen und in sehr langen Stücken zu fertigen, patentirt, in England 4 Jahre später vervollkommnet und zur Anwendung gebracht, und in neuerer Zeit von Dickson, einem der intelligentesten englischen Papierfabrikanten, durch Beihilfe der Luftipumpe der Consolidationsprozess der Papiermasse von 3 Wo- chen auf eben so viele Minuten abgekürzt. Auf eine noch weitere Verbesserung hat kürzlich das baie- rische Handelsministerium aufmerksam gemacht; die Maschinen von Bryon, Donkin und Comp. in London gestalten nämlich in 24 Stunden 35 Ctnr. feiner und feinster Gattung eines höchst reinen Papiers, in Bogen von beliebiger, durch Verstellen der Cireularmesser selbst während der Operation veränderlicher Grösse nach Länge und Quere mit eben so verstellbaren Wasserzeichen. In Preussen erhielt zuerst 1820 eine Aktiengesellschaft zu Berlin ein Patent auf eine Maschinenpapierfabrik, welche mittelst Dampf- 184 . -kraft in 14 Arbeitsstunden 100 Ries lieferte. Die Produktionsweise der neuesten Maschinen be- steht darin, dass die flüssige Papiermasse ohne Unterbrechung an der einen Seite des endlosen Draht- gewebes einläuft, sich auf diesem zu einem festen, zusammenhängenden breiten Gürtel einformt, der, durch Leitungswalzen über Filztrommeln gepresst und geglättet, am andern Ende der Maschine als ge- leimtes Papier zu 40— 80 Fuss in der Minute von einer Haspel aufgewickelt und in Bogen geschnitten wird. Europäische Fabriken verarbeiten z. Z. noch die Lumpen als Hauptstoff; die leinenen zu Schreib-, die von Battist und feinster Leinwand zu Post-, die baumwollenen zu Druck-, die wollenen zu Lösch- Papier. Die Vermehrung dieser Art Materials hat aber mit dem durch die fortgeschrittene Fabrikation gesteigerten Verbrauch nicht gleichen Schritt gehalten. Für das enorme Wachsen jener giebt England Beleg mittelst der Steuercontrole bei seiner Papier-Accise; 1803 versteuerte es für inländischen Ver- brauch 32, 1831 schon 62, 1849 132 Mill. Pfund Papier, ungerechnet die eirca 10 Mill. Pfund des in’s Ausland verführten; und zwar dieses trotz der dies Gewerbe drückenden Steuer von 3 Pence pro Pfund, 2‘, Sgr., 1711 durch die Königin Anna angeblich zur Deckung damaliger Kriegskosten aufgelegt, seit 1836 erst auf die Hälfte ermässigt. Einfuhr des Papiers nach England hemmte ein Zoll von 4Y, Pence pro Pfund; desto mehr werden Hadern von uns dort importirt und bis zehn Thaler der Centner be- zahlt. — Der Zollverein selbst aber fertigt mit seinen circa 160 Maschinenfabriken und 1000 Bütten schon jetzt jährlich eirca 1 Mill. Centner Papier, und die Lumpen-Ausfuhr dürfte durch bevorstehende Aufhebung obiger englischer Papiersteuer und in Folge deren gesteigerten dortigen Bedarfs noch zunehmen. Grund genug, nach neuem Material sich umzusehen. Wirklich soll jetzt das Holz, auf dessen Sparung man noch rechtzeitig durch vermehrte Kohlenfeue- rung bedacht gewesen ist, die Lumpen ersetzen. Nach Delapierre bestände das chinesische Papier aus Bambusrohr, das durch Kalklauge fein zerfasert, durch Klopfen mittelst Schlegel dem Flachse ähn- lich gemacht, durch Kalklauge in Breimasse zerkocht, in die Form geschöpft wird und durch unmittel- bares Trocknen auf erhitzter Marmorplatte eine Glattseite erhält”). Selbiger ahmte dies völlig nach aus unserem Schilfrohr und ähnlichen Pflanzen und erhielt dafür 1833 3000 Francs Staatsprämie. Nach Anderen, dass das chinesische Papier auch aus dem Baste des Maulbeerbaumes bereitet werde, hat Universitäts-Gärtner Metzger in Heidelberg die Nachbildung vollzogen, indem er Y, und Y, Zoll dieser einjährigen Maulbeerzweige in Aschenlauge bis zum Ablösen der Rinde kochte, von dieser reinigte, die nun blos mit dem feinen Bast bedeckten in reinem Wasser abwusch, den dann vorsichtig abgezogenen Bast in sehr klarer, nicht zu leichter Lauge bis zur Theilung der Fasern kochte, die im Mörser zerstos- sene Masse mit dem durchsichtigen Schleime der Eibischwurzel in der Bütte leimte und die Bogen zwi- schen Tüchern presste. Diese Versuche sind von doppeltem praktischen Interesse, sowohl wegen der Verwendung neuen Materials, als wegen der vorzüglichen Eigenschaften (besonders der grösseren Leich- tigkeit) des chinesischen Papiers. Aus Fichten- und Aspen-Holz Papier und Mappe zu bereiten, ist nach Ueberwindung grosser Schwierigkeiten dem Fabrikanten Herrn Gross in Giersdorf bei Warmbrunn geglückt, so zwar, dass sich schon jetzt die Preise gegen Lumpenfabrikat um 10—15 pCt. billiger stel- len, und das Erzeugniss bei grösserer specifischer Leichtigkeit (um circa 25 pCt. mehr, wichtig für Versendung und Ausfuhr wegen Verminderung der Transport- und Zollkosten) doch eben so dauerhaft sein soll. Auf alle Fälle, auch wenn diese Fabrikationsweise der Vervollkommnung noch bedarf, kann die ’Holzfaser als Zuthat zu den Hadern verwandt und damit deren und des Papiers weiterer Preissteige- *) Vorgezeigt wurden: ein in China auf Maulbeerholz gedrucktes 208octavseitiges Buch, nur 33 Loth wie- gend, mehrere chinesische Malereien auf Pflanzenmark-Papier, worauf sich die Farben sammtartig ausnehmen, sowie Fichtenholz- und Strohpapier-Gattungen. 185 rung vorgebeugt werden. Auch Stroh wird bereits seit einigen Jahren auf 20 kleinen Maschinen im Regierungsbezirk Arnsberg als Papierstoff verbraucht, bis zur Zeit jedoch nur zu Packpapier und Map- pen; in England aber, wo das Stroh nicht im Holländer zerschnitten, wodurch das Fäserchen gekürzt und das Papier brüchig, sondern in starken Laugen unter Dampfdruck von 6—8 Atmosphären ein oder mehrere Male gekocht und gleichsam aufgelöst wird, ist das Fabrikat besser, dem überdies Quetschwal- zen (ähnlich denen in der Rübölmühle) grössere Haltbarkeit mittelst filzartigen Zusammenpressens der Fäserchen verleihen. Auch Baumwoll-Abfälle im Kehricht der Spinnereien liefern den Engländern schöne weiche Papiere, und Gleiches sah der Vortragende kürzlich in Augsburg. Die Errichtung einer Stroh- Papierfabrik im schlesischen Riesengebirgesoll bevorstehen und ist derselben die Einführung der engli- schen Methode dringend anzurathen. 2) Papier als Geld. Wenn die Dauerbarkeit der Papiere aus Surrogaten noch der Bewährung bedarf, so werden solche für’s Erste nur zu Zeitungen und anderen vorübergehenden Drucksachen zu verwenden sein, am wenigsten aber zu Werthzeichen, die eine längere Lebensdauer ansprechen. Billigkeit des Materials ist hier Nebensache, leicht erkennbare und nicht nachzuahmende Zeichen der Echtheit sind zu erstrebendes Ziel. Das erste Papiergeld gab 1407 die Bank von Genua aus; das von den Londoner Goldschmieden, die zugleich das Wechselgeschäft betrieben, im 17. Jahrhundert in Umlauf gesetzte ward seit 1694 durch die Noten der neuorganisirten „‚Bank von England‘ verdrängt; die Ban- ken von Stockholm, Nürnberg, Paris und anderen grossen Handelsplätzen und die Staatskassen folgten in Ausgabe von Geldpapieren nach, deren jetzt in Deutschland allein über 300 Formate verschiedener Qua- litäten eirculiren. _ Anfänglich höchst einfach, mit Tusche leicht nachzuzeichnen, suchte man sie durch Wasserzeichen zu schützen, die durch Radiren, und auf den zur Vermeidung hiervon äusserst dünn ge- machten englischen Noten durch Pressung des befeuchteten Papiers zwischen einer Stahlplatte der. nach- gebildeten Drahtform nachgeahmt wurden. Man schritt zu anderen Schutzmitteln gegen Fälschung: zw transparenten Oelzeichnungen, wie bei den neuesten russischen Bank-Assignationen von 1851, beson- ders gefertigten farbigen Papiersorten, chemischen Papieren und Dinten, scharfen, durch Maschinen er- zeugten Zeichnungen, mikroskopischen Kennzeichen (Grimpe’sches Verfahren), grosser Haltbarkeit bei höch- ster Feinheit etc. Die englischen Noten tragen z. B. ', Cir., ohne zu zerreissen. All dies hat die Nachbildung nicht abgewehrt und ist theilweis unpraktisch: wer kann stets ein Mikroskop oder 50 Pfund Gewicht bei sich führen? Die Pariser Akademie setzte eine Commission zur Erfindung unnachahmbarer Sicherheitspapiere ein. Piil, Schöpfer der Chemitypie, schlug (in besonderem Schriftchen) ein derglei- chen marmorirtes vor, entstehend durch auf einer Wasserfläche sich bildende Fett-Augen, die (gleichwie gefrorene Fensterscheiben) nie dieselbe Zeichnung wiederholen. Die Londoner Ausstellung wies indische, auf einer Seite mit silber- und goldfarbigen, durch eine Art Sodaseife aufgedruckten und geglätteten Punkten versehene Papiere auf. Die österreichischen Schatzscheine vom 1. Januar 1851 werden mit ähnlichem Silbermuster ausgestattet. Das einzig austrägliche Mittel gegen die vom Gewinn zu jedem Aufwand von Geschick und Kosten angereizte Fälschung wird wohl nur das möglichst häufige Einziehen der Geldscheine und Ausgeben neuer sein, wodurch die echten gewisse Vortheile voraus haben werden. 3) Papiermasse. Nicht nur Börsenspielzeug, auch solches für Kinder hat indess die Papierfa- brikation geschaffen. Die Papiermache-Fabrik C. W. Fleischer in Nürnberg hat sämmtliche Räume eines ehemaligen fürstlichen Schlosses zu Magazinen und Arbeitssälen mit mehreren hundert Arbeitern verwandelt und versendet ihr Spielzeug in alle Welttheile. Makulatur und Buchbinderschnitzel sah der Vortragende dort mit Wasser zu Brei kochen, mit gemahlenem Gyps zu Teig kneten und mit Leimwas- 24 186 ser anfeuchten, diesen in sauber modellirte Gypsformen nach abgewogenen Mengen eindrücken und so Puppenköpfe und Figuren entstehen. Wichtig aber für die Wissenschaft ist dieser Betriebszweig nicht minder, und zwar durch Nachbildung anatomischer Präparate, Knochengerüste, missgestalteter Kör- pertheile, die, oft sehr seltene Abnormitäten, nun in naturtreuer Copie zu weitester Kenntniss kommen. Eine Papiermache-Fabrik würde für Breslau, wo Papier-Abschnitzel von 80 Buchbindern disponibel sind, gute Rechnung geben. Schlesien hat in der Papierfabrikation jeder Art noch ein weites Feld frei, auf welchem es hun- derte von selbst minder kräftigen Arbeitern nähren und Gewinn erzielen kann, da dem Handel bei hier noch bedeutend niedrigerem Arbeitslohn und theils billigerem, theils werthlosem Material das Auffinden fremder, möglichst überseeischer Märkte nicht schwer werden dürfte. Um die Mitglieder der Section stets mit den Fortschritten der Technik und der gewerblichen Ein- richtungen in Kenntniss zu erhalten, wurden die wichtigeren technischen Journale zu ihrer Benutzung angeschafft. Es ist zweifelhaft, ob diese Nutzen bringende Einrichtung wird beibehalten werden können, da die verwendbaren Mittel, welche in früheren Jahren der Section durch die gnädige Unterstützung des hohen Ministeriums zu Theil geworden, erschöpft sind. 187 Bericht über die Verhandlungen der philologischen Section im Jahre 1852 Dr. Schönborn, zeitigem Secretair derselben. D. Section für Philologie versammelte sich im Jahre 1852 fünf Mal. Am 18. Mai hielt der Gymnasiallehrer Herr Dr. Tagmann einen Vortrag: Ueber den gegenwärtigen kritischen Zustand und Zusammenhang der Handschriften in der Germania des Tacitus. Zur Erleichterung des Verständnisses gab derselbe eine gedrängte Geschichte der Kritik des Werk- . chens seit dem Erscheinen der Passowschen Ausgabe im Jahre 1817, wo zwar schon 10 Handschriften, aber sämmtlich nur aus wenigen Lesarten bekannt waren. Passow kannte nur 5, hat aber das Verdienst, durch möglichst genaue Sammlung aller Varianten aus Handschriften und alten Ausgaben u. s. w. die Grundlage für die sprachliche Kritik in der Germania gelegt zu haben. Seit ihm wuchs das Interesse: Gruber (1832) war der Erste, der es versuchte, einen Stammbaum der Codd. et Edd. aufzustellen. Gerlach (1835) verwirrte trotz der vielen Hülfsmittel, die ihm zu Gebote standen, durch grosse Flüch- tigkeit und Leichtfertigkeit das Verhältniss der Quellen, über welches man bisher nicht in’s Klare gekom- men war, nur noch mehr; die Zahl der Handschriften war allmählich bis auf 18 gestiegen. Da wurde dureh Auffindung einer neuen Handschrift, des Perizonianus, zu Leyden im Jahre 1841 mit dem Erschei- nen der Ausgabe von Tross ausser Zweifel gesetzt, dass alle unsere Quellen für die Kritik der @er- mania erst der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehören, indem das ganze Werkchen in einer einzigen Handschrift erst kurz nach 1457 wieder aufgefunden worden ist, wie eine Note des 1460 ab- ' geschriebenen Perizonianus beweist, den Massmann als aus der Urhandschrift selbst abgeschrieben betrachtete und in Ermangelung dieser für die eigentliche Quelle aller noch vorhandenen Handschriften erklärte. Im Jahre 1847, als der Vortragende selbst seine Schrift: de apparatu eritico Taeiti Ger- maniae herausgab, waren also '19 Handschriften, ausserdem 20 alte Ausgaben, die bisher stets als Zeu- 24% 158 gen herangezogen worden waren, bekannt; er versuchte nun damals, ihren wahren Zusammenhang nach- zuweisen. Die Beurtheilungen seiner Schrift stimmen darin mit ihm überein, dass alle alten Ausgaben (mit Ausnahme von eiwa 3: edd. Nor. Rom. Paris.), ebenso 10 Handschriften für die Kritik werthlos sind. Die Forschung hat es fortan also, da die eine (Waticanus e) nur bis c. 13 geht, nur noch mit 8 (seit Massmann’s Ausgabe mit 9) Handschriften zu thun, nämlich ausser Veticanus 4498 (bei Massmann AR.) noch mit Perizonianus, Stuttgardtiensis, Hummelianus, Neapolitanus, Longolianus, Vaticani a (1862), e (1518), d (2964), die nach Herrn Dr. Tagmann’s Ansicht in 4 Famillien ein- zutheilen sind, von denen je 2 aus einer Abschrift des Urcodex stammen. In letzterer Beziehung stellt Nipperdey (cf. Allg. Lit.- Zig.von 1848, Nr. 104—106) eine andere Ansicht auf, nach welcher 2 unserer jetzigen Handschriften, der Perizonianus und Vaticanus a, die nach Herrn Tagmann eine Fa- milie bilden, Abschriften des Urcodex selbst seien, für die übrigen aber eine dritte Abschrift angenom- men werden müsse. Der Vortragende legte nun die Gründe Nipperdey’s, wie die seinigen vor, die Entscheidung den Anwesenden überlassend. Das Genauere hierüber beabsichtigt derselbe in Mützell’s Zeitschr. für das Gymnasialwesen abdrucken zu lassen. Schliesslich theilte er noch eine von der Kritik allgemein gebilligte Conjeetur mit, durch die er eine verderbte Stelle der Germania zu heilen versucht hatte: c. 42: guatenus Danubio praeeingitur statt: quat. Dan. peragitur; die Begründung s. p. 40 seiner Schrift. Am 22. Juni sprach der Professor der Theologie Herr Dr. Friedlieb: Ueber die Sibyllen und die ihnen beigelegten Weissagungen und deren Handschriften, und erörterte namentlich die Weissagungen der Erythräischen Sibylle. Der Aufsatz bildet einen Theil der Einleitung, welche Herr Professor. Friedlieb seiner seitdem erschienenen Ausgabe der Sibyllinischen Weissagungen vorangeschickt hat. Am 13. Juli las der Oberlehrer Herr Winkler: Ueber griechische und lateinische Accentuation in ihrer Anwendung in der Prosa und Poesie. Er hat aus diesem Vortrage folgenden Auszug mitgetheilt: Durch die Betonung, deren geistiges Wesen W. v. Humboldt und Becker schildern, wird die rich- tig gesprochene Sprache, wie schon Cicero bemerkt, gewissermassen Musik, bestehend in der, innerhalb sieben Tönen wechselnden Hebung und Senkung der Stimme. Als Basis dieser auf alle Silben der Wör- ter sich beziehenden Betonung, deren materielles Wesen J. Grimm angiebt, ist der Wortaccent anzusehen, der Einer Silbe eines jeden Wortes zukömmt, wie nächst Cicero auch Quinctilian lehrt, und mit diesem durch Verstärkung und Erhöhung der Stimme vernehmbaren x@z’ 2&0x7v sogenannten Accent, accentus, tovoc, hat es die Grammatik zu thun. Welche Silbe eines Wortes den Ton habe, hierüber herrschen für verschiedene Sprachen verschie- dene Principien. Die überlieferte und ohngeachtet einiger unklaren Gegner allgemein gebrauchte Accen- tuation des Lateinischen, welche mit den von Quinclilian, Diomedes und andern Grammatikern gegebenen Regeln übereinstimmt, verbietet die Betonung der Endsilben, und es ist nach glauwürdigen Zeugnissen, I... z. B. des Athenaeus, diese Barytonirung der Endsilben äolischen Ursprungs, so wie wahrscheinlich der grösste Theil des lateinischen Sprachschatzes aus dem äolischen Dialect hervorgegangen ist. Ih der grie- chischen Sprache hat aber, wie Göttling meint, in Folge des Verhältnisses, in welches einige Volks- stämme der Griechen zu den oxytonirenden Orientalen kamen, die Betonung der Endsilben von Wörtern schon frühzeitig Platz gewonnen, wie die älteste uns bekannte hellenische Schriftsprache zeigt, obschon hier noch einzelne Wörter wie x@Aos, @vno, @veiwıos mit äolischer Betonung vorkommen. Obgleich bei dem nun erweiterten Gebiet des Accentes, zumal die Gesetze, denen gemäss bei mehr- silbigen Wörtern die drittletzte oder vorletzte oder letzte Silbe accentirt werde, cf. zroAsuoc, rag #Evog, @oı$uoc, noch unerforscht sind, die griechische Accentuation viel schwieriger ist als die lateinische, so mochte der Grieche dennoch richtig betonen, weil das Kind mit dem Worte in seiner Einzelstellung wie in der Satzverbindung zugleich die jedesmalige Betonung erlernt; aber für den Nichtgriechen war die Erlernung schwieriger, und diese Schwierigkeit um so bemerkbarer, seitdem die hellenische Sprache zur Weltsprache erhoben wurde. Da bezeichnete Aristophanes aus Byzantion, unter Ptolomäos Philadelphos Bibliothekar zu Alexandria, die in der Aussprache zu betonenden Silben mit einem Strich, zovos ö&Vc accentus acutus genannt, was in ausgedehnterer Weise auch sein Schüler Aristarch that. Diese Erfin- dung eines Lesezeichens bewährte sich für den Unterricht, ward anfangs in Schulbüchern sowohl für die hellenische Jugend wie für Nichtgriechen angewandt, und spätestens seit dem siebenten Jahrhundert findet sich der allgemeine Gebrauch der Accente in den Texten der griechischen Autoren. Die Neugriechen heben die in der Schrift mit dem acutus oder eircumflexus bezeichnete Silbe ei- nes Worts ohne Rücksicht auf deren Quantität in der Aussprache so stark hervor, dass nur die tonlose lange Endsilbe ihren vollen quantitativen Werth behält, dagegen alle übrigen barytonirten Silben, sie mögen lang oder kurz sein, ziemlich als Kürzen erscheinen. Diese von byzantinischen Gelehrten seit dem vierzehnten Jahrhundert in das europäische Abendland überkommene Accentuation fand seit Erasmus in ‚Deutschland, Frankreich und England, wo überall dieser Gelehrte in hohem Ansehen stand, viele Wi- dersacher, und obgleich die Zahl der Vertheidiger nicht geringer war, immer mehr verschwand die neu- griechische Betonungsweise aus den Schulen. Zwei verschiedene Ansichten sind es vorzüglich, welche sich Seitens der Gegner geltend zu machen suchten und mit theilweisen Modificationen bis auf die neueste Zeit vertheidigt werden. Einige Gelehrte verlangten, wie aus Haverkamp’s Sylloge zu ersehen, mit fast wörtlicher Uebereinstimmung, dass die Quantität gleiche Berechtigung mit dem Accent behaupten müsse, und sei dieses unmöglich, dann der Accent aufgegeben werde. Andere Gelehrte wollten von den Accenten am liebsten gar nichts wissen, wie J. Voss, Bentley und besonders Brunk unverholen aussprachen, wahrscheinlich weil sie Accent und Quantität zu vereinigen in der Praxis unmöglich fanden. Eine zweite ebenfalls ältere Ansicht legt den Accenten die Bedeutung einer schon frühzeitig verloren gegangenen Musik bei. Zuerst in neuerer Zeit sprachen für die neugriechische Betonungsweise Wolf und Hermann, nicht anders Wagner und Göttling in ihren Schriften über den griechischen Accent, so wie die Grammatiker Thiersch und Rost. Buttmann will die unmögliche Verbindung von Accent und Quantität. Jetzt tauchten auch die andern altgeg- nerischen Muthmassungen und Meinungen wieder auf. Matthiä meint, der Accent sei musikalischer Natur gewesen, und verfällt in Widersprüche, indem er cf. Jahn’s Jahrbücher XI. 4. p. 383 zugiebt, die Accentuation, der wandelbarste (?) und feinste Theil der Sprache, habe sich treu und vollkommen erhal- ten, weil die Alexandrinischen Grammatiker Zeichen dafür erfanden; gleichwohl behauptet er unmittelbar darauf, Demosthenes würde die heutige Accentuation der Griechen nicht als die seinige anerkannt haben. Bi... Rapp befürwortet quantitirende Aussprache, weil diese dem sonst trägen Stoff schwebende Lebendigkeit gebe. Der gelehrte Sprachen-Physiologe findet also in &»Iowrrog nach quantitirender Aussprache schwebende Lebendigkeit, neugriechisch gesprochen einen trägen Stoff. Henrichson’s Polemik gegen Bloch, den gründ- . lichsten Vertheidiger der neugriechischen Aussprache, ist hinsichtlich der Accentuation nichtssagend. Kreuser findet grade in den Accentzeichen, dass die Griechen das Gefühl der Wurzel verloren hätten, und in einem früheren Schriftichen behauptet er, die neugriechische Betonungsweise widerstrebe jeder Kehle. Diese eigenthümlichen Behauptungen bedürfen keiner Widerlegung. In einem Programm (Hal- berstadt 1824) sucht B. Thiersch naehzuweisen, dass die Accente eine geheimnissvolle Musik bezeich- neten, und gelangt zu dem Resultat, dass schon Aristophanes die attische Betonungs- resp. Gesangweise nicht mehr gekannt habe. Diese Abhandlung hat der Schwede Böklin behufs der Promotion wörtlich abgeschrieben. Die Sprache ist allerdings Gesang, zunächst auf dem Wortaccent beruhend, und dass nur dieser durch die Accentzeichen angedeutet sei, ergiebt sich aus ihrer Einfachheit. -Es erhielt nämlich die durch Stimmerhöhung hervorzuhebende Silbe eines Wortes zuerst den zovog ö&vg oder roogwdi« ö&ste. Aber die scharfe Betonung der Endsilbe eines Wortes inmitten des Satzes würde die Einheit des Gedankens stören, es musste also eine derartige Silbe schwächer betont werden ; hierzu ward der gravis gewählt, auch accentus consopitus, inversus oder finalis und von Anton acutus conjunctivus genannt im Gegensatz zum accentus distinetivus, worunter er den sogenannten acutus versteht. Da endlich ein längeres Ver- weilen der Stimme auf dem Vocal naturgemäss nur dadurch bewirkt wird, dass Höhe und Stärke der Stimme nachlässt, so gebrauchte man hiezu die Verbindung des acutus mit dem gravis, den sogenann- ten eircumflexus mit seiner später mehr abgerundeten Form. Die Nothwendigkeit dieses Zeichens ist beispielsweise in dem Worte u&AAov zu erkennen, welches jeder Grieche gleich ‚„‚mahllon‘“ spricht. Warum übrigens der eireumflexus nicht über die vorletzte, der acutus nicht über die drittletzte Silbe fallen kann, erklärt sich aus der Bedeutung des Accents, indem derselbe die Einheit des Wortes aus- drückt und leichter die ihm vorangehenden als die nachfolgenden an sich heranzieht, und besonders die Länge der Endsilbe so gewichtig ist, dass er wenigstens in ihrer Nähe sein muss. Der Streit der Erasmianer gegen die neugriechische Betonungsweise hat nichts Anderes hervorge- rufen, als die Nichtbeachtung der Quantität der vorletzten Silbe, als ob die lateinische Accentuation massgebend für die griechische sei, und in dieser nicht mit Rücksicht auf die letzte Silbe accentuirt wer- den dürfe, während übrigens in beiden Sprachen der gleiche Fall eintritt, dass die betonten Silben, auch wenn sie kurz sind, als Längen erscheinen, die nichtbetonten, selbst wenn sie Längen sind, als kurz er- scheinen, wie dies die traditionelle Aussprache von virginibus beweist. W. v. Humboldts Worte, dass die Quantität eine phonetische Eigenschaft sei, können nur dahin erklärt werden, dass in der Lautbeschaffenheit der Grund liege, warum sie mit grösseren oder geringeren Zeitaufwande gesprochen werden. Eine vollständige und deutliche Aussprache der vorletzten Silbe von sVAoyyos und &Aeyyog lässt es heraushören, dass hiezu mehr Zeit erfordert wird, als für die penultima von &dAoyos und &Aeyos; nichts desto weniger kann die betonte antepenultima über die positionslange, aber tonlose penultima so stark dominiren, dass diese als Kürze erscheint. Ebenso besteht der Unter- schied zwischen langen-und kurzen Vocalen in der Lautbeschaffenheit und ist durch die Natur gegeben. Es können aber die vocalischen Unterschiede mit noch geringerer Zeitdifferenz als die consonantischen hörbar gemacht werden, da die Vocale den liquiden, die Consonanten den mehr oder weniger starren Bestandtheil der Wörter bilden. Da nun in der Prosa der Accent das stärkere Element ist, oder wie 191 Grimm sagt, der Accent die prosaische Lebendigkeit der Sprache umfasst, so darf die neugriechische Aussprache hinsichtlich der Betonung als die richtige angesehen werden, indem die quantitativen Unter- schiede z. B. zwischen &, 7, 0 w, ı, &ı durch Verschiedenheit des Lautes hervortreten. Diese Vereini- gung von Accent und Quantität gilt naturgemäss auch für die Lesung der Verse, jedoch im umgekehrten Verhältniss. Der Dichter konnte die nicht erlernte, sondern durch die Lautbeschaffenheit gegebene Quan- tität zur präponderirenden phonetischen Eigenschaft erheben, die zugleich mit dem Worte gelernte und davon unzertrennliche Betonung konnte gleichwohl nicht verloren gehen, sie tritt hier als die schwächere phonetische Seite des Lauts auf, und thut als solche dem Metrum keinen Eintrag. Man versuche, der von Bentley für die Lesung lateinischer Verse gestellten Forderung auch im Griechischen nachzukommen, und es wird der Sinn also gelesener Verse viel leichter und schneller erfasst werden, als bei der Le- serei, wo meistens nur Versfüsse und unzusammen gehörende Silben, selten Wörter herausgehört werden. Am 19. October und am 9. November theilte der Prediger Herr Dr. Suckow aus einem grösse- ren von ihm verfassten Werke über Platon, dessen Druck nächstens zu hoffen ist, einen längeren Ab- schnitt über Schleiermacher’s Verdienste um Platon und seine Einleitung in Platon’s Schriften und deren Anordnung mit. j - | en re en er. } erahnen nl a PADEET 7 Peerewiihe arten nn EZ. u Yes we nr Ic Ietih 3 a 20 „2. 00 ul ar ned DT er ax. U DE En Wer el 3 EEE FE ORTE A Burä - 8 | aa ae Te; 7 DE RE a R Fa DR ha Bin en je Be OR RR 3 Pa d. RS. “ da 3 u. PER | VAR LEN a - 15 FR a0 RR TR} > de Kr. EMRK SE Be ao ; . 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Zwar ist einer der zu Entlas- sungsprüfungen früher berechtigten höheren Bürgerschulen dieses Recht wieder entzogen worden, nämlich der höheren Bürgerschule zu Pillau in Preussen; und eine, die höhere Lehranstalt zu Warendorf in Westphalen, hat dies Recht selbst aufgegeben und hat sich in ein Progymnasium mit Realklassen ver- wandelt; dagegen sind zwei Realschulen neu begründet worden, zu Münster, wiewohl erst mit zwei Klassen, und zu Bromberg mit vier Klassen; andere gehen ihrer Vollendung, d. h. der Begründung einer Prima entgegen, wie zu Breslau die höhere Bürgerschule zum heiligen Geist. Nicht wenige Stadtschulen haben sich den Namen ‚‚höhere Bürgerschulen‘‘ beigelegt, können jedoch als solche nicht eher anerkannt werden, als bis sie sich die Berechtigung zu Entlassungsprüfungen nach dem Reglement vom Jahre 1852 erworben haben. Sehen wir von diesen noch im Werden begriffenen höheren Bür- gerschulen ab und vergleichen nur den Zustand der vollständigen, im Jahre 1852 zu Entlas- sungsprüfungen berechtigten höheren Bürger- und Realschulen des preussischen Staats mit ihrem Zustande im Jahre 1850, so ist die Zahl der Realklassen (d. h. der Klassen, in denen fremde Spra- chen gelehrt werden) von 288 auf 300 gestiegen, so dass durchschnittlich 6 solcher Klassen auf eine der 50 berechtigten Schulen kommen. Sie wurden von eirca 11,500 Schülern besucht. Mit ihnen ver- bunden waren noch 65 Elementarklassen, in denen sich etwa 3500 Knaben befanden; also besuchten im Ganzen 15,000 Schüler die berechtigten Realschulen. Unter diesen befinden sich drei an Gymna- sien sich anschliessende, von denen nur die zu Potsdam 4A Klassenstufen hat und zu Ostern 1851 von 114 Schülern (23 in Prima) besucht ward, während die zu Minden am 1. Januar 1852 in 3 Klassen nur 36 Schüler (in Prima 4), die zu Duisburg in 2 Klassen im Sommer 1852 gar nur 25 194 25 Schüler (in Prima keinen) hatte. Dagegen ist in den übrigen 47 vollständigen und selbstständigen, berechtigten höheren Bürger- und Realschulen die Schülerzahl fast überall, an manchen Orten beträcht- lich gewachsen. Die früher A-klassenstufigen z. B. zu Perleberg in der Mark und Landeshut in Schlesien (wir glauben auch zu Neisse) haben sich durch Bildung einer Quinta zu Ö-klassenstufigen erweitert, so dass nur eine noch, zu Lübben, am Schlusse des Jahres 1851 blos auf 4 Klassenstufen fremde Sprachen lehrte. Andere, wie zu Aschersleben, Küstrin, haben sich durch Bildung einer Sexta aus 5- zu 6-klassigen Schulen erweitert; die Realschule im Waisenhause zu Halle durch Bil- dung einer Sexta zu einer zehnstufigen (von I. bis VI.). Die Realschulen zu Breslau (am Zwinger) und zu Berlin (die Königliche, die Dorotheenstädtische und die Königsstädtische) haben von I. bis VI. sieben Klassenstufen, die übrigen Anstalten meist sechs, ein Theil fünf Klassenstufen. Die meisten Realklassen und Realschüler hatten: die königliche Realschule zu Berlin mit 12 Klassen, die im ersten Quartal 1852 von 619 Schülern besucht wurden, und die Breslauer Real- schule mit ebenfalls 12 Klassen, in welchen sich nach Michaelis 1851 593 Schüler befanden. Ihnen zunächst stehen: die höhere Bürgerschule zu Frankfurt a. O. mit 493 Schülern in 11 Realklassen (Ende December 1851); die Realschule zu Halle mit 466 Schülern in 11 Klassen (im März 1852); die Friedrich-Wilhelmsschule zu Stettin mit 450 Schülern in 10 Klassen (zu Ostern 1852); die Kö- nigsstädtische Realschule zu Berlin mit 410 Schülern in 10 Klassen (im Sommer-Halbjahr 1852); die “ Dorotheenstädtische Realschule zu Berlin mit 393 Schülern in 10 Klassen (im Sommerhalbjahr 1852), die Löbenicht’sche höhere Bürgerschule zu Königsberg mit 344 Schülern in 8 Klassen (nach Michaeli 1851); die höhere Burgschule ebendaselbst mit 320 Schülern in 6 Klassen (im März 1852); die St. Petri- schule zu Danzig mit 331 Schülern in 6 Klassen (vor Ostern 1852); die höhere Handels- und Ge- werbeschule zu Magdeburg mit 277 Schülern in 7 Klassen (zu Ostern 1851); die höhere Bürger- gerschule zu Köln mit 264 Schülern in 7 Klassen (zu Ende des Sommerhalbjahrs 1852) u. s. f. Die kleinste Schülerzahl hatte die höhere Bürgerschule zu Kulm, nämlich 106 Schüler am Anfange, 85 Schüler am Schlusse des Schuljahres 1852 in 5 Klassen; mit ihr ist aber noch eine fünfklassige Stadtschule mit 365 Schülern verbunden. Die Prima enthielt fast in allen Anstalten eine verhältnissmässig geringe Schülerzahl, höchstens 20 und einige, so ‚in der königlichen Realschule zu Berlin, in Halle, Siegen, Potsdam. In Breslau allein war schon Michaelis 1851 die Schülerzahl der Prima auf 42 gestiegen und hat sich auf dieser Höhe erhalten. Die Realschule zu Neisse zählte zwar auch im August 1851 in ihrer ersten Klasse Al Schüler, sie hatte aber damals erst vier Klassenstufen. Die meisten Abitu- rienten während eines Schuljahres hatte Breslau, nämlich: 14 (Michaelis 1851 und Ostern 1852); nächstdem Köln: 11 (im August 1852); Halle: 10 (Ostern und Michaelis 1851); Siegen: 10 (Ostern 1852); Frankfurt a. O.: 7 (Ostern 1852); Düsseldorf 7 (April und Juli 1852) u. s. f. Sie befanden sich in dem Alter, von 17 bis 20 Jahren. Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass das preussische Realschulwesen, wiewohl noch in fortdauernder Entwickelung begriffen, doch ein lebenskräftiges und nothwendiges Glied in dem gesamm- ten Schulorganismus des Staates ist; dass es die Hauptstütze ist für die Bildung des Bürgerstandes in den Städten und darum von diesen auch ganz besonders gepflegt zu werden verdient, wie denn auch fast alle Anstalten der Art aus dem Schoosse der Communen hervorgegangen sind; nur zwei Realschu- len, die Königliche zu Berlin und die zu Meseritz, führen unseres Wissens noch das Prädikat ‚‚König- liche“, wenngleich auch andere eine Unterstützung aus Staatsfonds geniessen. Von den meisten Com- munen, welche Realschulen besitzen, sind zur Erhebung derselben rühmenswerthe Opfer gebracht, wor- den; Berlin und Breslau sind auch hier vorangegangen und erfreuen sich blühender Anstalten, welche 195 von dem geistigen Aufstreben derselben ein erfreuliches Zeugniss geben; eben so gedeiht das höhere Bürgerschulwesen in Mittelstädten, in denen Handel und Gewerbfleiss blühen oder in deren Umgegend Bergbau, Landwirthschaft fleissig getrieben wird; kleine Städte müssen verhältnissmässig mehr Opfer bringen und thun, im eigenen Interesse und dem der Schulen, besser daran für eine gute Stadtschule zu ‚sorgen, als eine unzureichende höhere Bürgerschule hinzustellen. Derselbe: Ueber das Bedürfniss zu errichtender Mittelschulen in Breslau. Auf die Wichtigkeit des Gegenstandes war nicht vergeblich in den hiesigen vier Zeitungen auf- merksam gemacht worden, leider aber vermisste die Versammlung die Anwesenheit gerade solcher Per- sönlichkeiten, denen mit daran liegen muss, die Ansichten sachkundiger Männer kennen zu lernen. Die kurzen Berichte in den Zeitungen vermögen immer nur ein schwaches Bild von den mündlichen Verhand- lungen in der Section zu geben. Es wird daher die Anregung, welche durch den Vortrag bewirkt wurde, zwar nur auf den engeren Kreis der Anwesenden sich beschränken, nichtsdestoweniger aber doch Früchte zu seiner Zeit tragen. — Der Vortrag zerfiel in 3 Theile. Zunächst gab Dr. K. eine kurze Geschichte der jetzigen Bürgerschulen, dann lieferte er eine Kritik der gegenwärtigen Schulanstalten, und endlich zeigte er auf Grund dieser Kritik die Nothwendigkeit der zu errichtenden mittleren Bürgerschulen. Das ‚‚Wie‘“ wurde für einen anderen, späteren Vortrag in Aussicht gestellt. — Die Idee, Mittelschulen in Breslau zu errichten, ist durch den verstorbenen Propst Rahn im Jahre 1816 zur Geltung gebracht worden, die am 2. Januar 1804 in Leipzig eröffnete eigentliche Bürgerschule regte dazu an und sollte als Muster dienen. Rahn hatte sich unterm 22. Januar 1816 dieserhalb an den Magistrat gewendet, und fand hier solchen Anklang, dass schon den 24. Januar von Menzel (Ober-Bürgermeister) der Be- scheid dahin erfolgte, man wolle ‚‚noch eine solche wie in der Neustadt“ errichten. Die Mittel dazu sollten durch freiwillige Beiträge beschafft werden. Wie emsig die Angelegenheit betrieben wurde, geht daraus hervor, dass der Magistrat unterm ‘26. October 1817 beschloss, zum Gedächtniss der dritten Sä- kularfeier der Reformation eine Anstalt, die mitten inne steht zwischen Gymnasium und Elementarschule, zu gründen, zu der auch am 1. November 1817 der Grundstein (auf der Stelle des Malzhauses auf der Hummerei) gelegt wurde. Herr Dr. Kletke theilte das interessante Dokument der Grundsteinlegung mit. Doch trat in der Ausführung ein mehrjähriger Stillstand (bis 1828) ein. Bekanntlich wurde aus dem Bau auf jener Stelle nichts. Der Grundstein wanderte auf den Zwingerplatz. In Leipzig ward inzwi- schen durch Gedicke die Idee einer Realschule angeregt und ausgeführt. Breslau wollte und konnte nicht länger mit seiner Idee im Unklaren bleiben. Reiche brachte die Angelegenheit in einer Entlas- sungsrede (den 4. April 1827) zur Sprache. Der Magistrat veranlasste die Einholung der Gutachten eines Reiche, Kluge, Etzler und Tscheggei. Reiche stimmte für die Errichtung einer VI., V. und IV., parallel gehend denen der Gymnasien; Kluge entschied sich für eine Trennung von unten auf, ebenso Tscheggei; Etzler hielt eine Bürgerschule für Breslau nicht als ein wesentliches Bedürfniss, liess aber zuletzt eine solche zu, und zwar sollte sie aus einer dreiklassigen Elementarschule und aus drei Klassen, die mit den unteren Gymnasialklassen VI., V. und IV. mit einigen Modifikationen harmo- nirten, bestehen. Es ist darüber viel hin und her gedacht, verhandelt und geschrieben worden, bis Reiche, Morgenbesser und Tscheggei unterm 14. Januar. 18530 einen Plan zu einer ‚höheren Bürgerschule‘“‘ für Breslau entwarfen und einreichten, der: später (19. und 26. Januar 1831) verbes- sert und nach den Bestimmungen der Schulen-Deputation von Morgenbesser neu abgefasst, der kö- 25* 196 nigl. Regierung vorgelegt und unterm 19. Januar 1833 von derselben bestätigt wurde. Nach diesem Plane sollte die neue Bürgerschule aus einer zweiklassigen Vorschule (VI. und V.) und die höhere Bür- gerschule nur aus 4 Klassen bestehen. Damit konnte sich- der neu erwählte Rektor Dr. Kletke nicht einverstanden erklären; er reichte unterm 9. April 1836 einen ganz neuen Plan für eine aus 6 Klassen bestehende höhere Bürgerschule ein, dem das Abiturienten-Reglement vom 8. März 1832 zu Grunde lag. Dieser Plan wurde von der königl. Regierung unterm 27. April 1836: bestätigt und die Schule nach diesem Plane am 15. October 1836 eröffnet. — Neben dieser neuen Schule erheischte das Bedürfniss auch eine Erweiterung der „Bürgerschule zum heiligen Geist‘“ um zwei Klassen, die im eigentlichen Sinne des Wortes als eine gute Mittelschule galt. Nachdem aber auch diese zu einer zweiten höheren Bürgerschule erhoben ist, die Organisation derselben aber dem Mangel einer Mittelschule, wie die zum heiligen Geiste war, nicht abhilft, so muss mit. Ernst daran. gedacht werden, diesem so fühlbaren Mangel an solchen Schulen abzuhelfen. Der Magistrat, der diese‘ Idee. wieder ‘im: Jahre 1848 aufnahm, wie aus dem denkwürdigen Anschreiben desselben an die ‚‚Provinzial-Konferenz‘‘ der Volksschullehrer (Septem- ber 1848) hervorgeht, sagt unter Anderem: „Es ist anzunehmen, dass die Provinz Schlesien für diesen Zweck an 50 solcher evangelischen Mittelschulen mit circa 200 bis 250 Lehrern bedarf-u. s. f.“ Was in dieser Beziehung in der Provinz zu thun sei, darüher hat in »der- Buaaee Sitzung Herr Dr. Suckow einen Vortrag gehalten. eig A alt Aus der Kritik, welche Herr Director Dr. Kletke über die. Schulen. Brnddie gab,. heben wirmur Folgendes hervor: Die Elementarschulen sind seit 1541 nach einem bestimmten Lehrplane organisirt; es herrscht hier in dieser Beziehung doch eine Einheit. Die beiden höheren Bürgerschulen aber, sowie die beiden städtischen Gymnasien stehen in keinerlei Beziehung zu einander. Die ältere höhere Bürger- gerschule hat z. B. in der untersten Klasse 6 Stunden Latein und kein Französisch, die höhere Bürger- schule zum heiligen Geist dagegen hat in den untersten Klassen 6 Stunden Französisch und kein Latein; das Maria Magdalenäum lehrt unten 10 Stunden Latein, das Elisabetan 12 Stunden; in einer dieser An- stalten beginnt das Griechische schon in IV., auch das Französisch — Aus den Elementar- schulen können 13- bis 14jährige Knaben, welche ihre Bildung noch fortsetzen wollen, sowohl auf den Gymnasien als in den höheren Bürgerschulen nur in die unterste Klasse aufgenommen werden, weil sie keine Vorkenntnisse im Latein oder im Französischen besitzen. Während sie in allen übrigen Kenntnis- sen und Fertigkeiten die Sextaner und Quintaner übertreffen, und selbst schon hübsche Kenntnisse aus der Physik, Geographie und Geschichte mitbringen, müssen sie des Latein und des Französischen wegen unter 10jährigen Knaben die Zeit zum Theil nutzlos für ihre Weiterbildung zubringen. Aber auch die Organisation der Elementarschulen ist mangelhaft. Die mittlere und unterste Klasse für Kinder von 6 bis 11 Jahren bilden die eigentliche Elementar-Vorschule. Das Pensum in der obern Klasse für Kinder von 11 bis 14 Jahren wird sehr gut bis zum 12. Jahre absolvirt. Es sumpfen nun die 13—14jährigen Knaben und nehmen weder an Kenntnissen noch an Geisteskraft zu, werden vielmehr geistesträge. Alle 12jährigen aber finden doch nicht Raum in der IV. einer höhern Bürgerschule. Die Ueberladung der untern Klassen in der höhern Bürgerschule zum heiligen Geist mit unfähigen älteren Schülern ist ein lä- stiger Hemmschuh für die Anstalt, der noch verstärkt wird durch die dreiklassige Elementarschule. Darum sind hier die obeten Klassen schwach besetzt. Die Bürgerschule am Zwinger hat diesen Ballast da- durch beseitigt, dass sie Schüler, die über 12 Jahre alt sind, in die unterste Klasse nicht aufnimmt. Auch die beiden Gymnasien befreien sich davon von Jahr zu Jahr mehr, indem ihnen durch die elemen- taren Vorklassen 10jährige gut geschulte Schüler für VI. zugeführt werden. Es wäre also Gewinn für jene Gattung von Schülern, wie für die höheren Lehranstalten, insbesondere für die höhere Bürgerschule zum heiligen Geist, und endlich auch für die Einheit des städtischen Schulwesens, wenn der Magistrat mit der Errichtung von Mittelschulen für solche Knaben, die keine der höheren Schulen frequentiren können und mit dem Ziel der jetzigen Elementarschulen ihr Bildungsbedürfniss nicht befriedigt finden, ungesäumt vorginge. Es dürfte gerade nicht so schwierig sein, solche Schulen zu schaffen, wenn man hier, wie dies in Leipzig. der Fall ist, einzelne Sklassige. Knaben-Elementarschulen zu A—öklassi- gen erweilerte. Zwei bis drei solcher Schulen genügen jedoch nicht, es würden deren wenigstens 6 bis 8 erforderlich sein. Es wurde auf Leipzig hingewiesen und auch Magdeburgs gedacht, wo man mit Energie mit der Errichtung‘'von Mittelschulen vorgegangen ist. Sollten dem grossen Breslau, der zwei- ten Residenzstadt des preussischen Staates, die Mittel dazu: fehlen, was Noth thut? Es wurde vom Vor- tragenden rühmend hervorgehoben, was Breslau in kürzester Zeit für "sein Schulwesen in’s Werk gerich- tet; dagegen machte aber auch einer der Anwesenden bemerklich, dass Breslau des Guten keineswegs zu viel gethan, sondern nur angefangen, habe, eine alte Schuld möglichst rasch zu tilgen und dem schreiendsten Bedürfniss abzuhelfen. Länger konnte es nicht bleiben, wie es gewesen; es liege noch viel, viel zu beseitigen vor. Ein grosser Theil der Schullokale z. B. sei einer Hauptstadt wie Breslau gänzlich unwürdig, sie stehen in grellstem Kontrast zu den freundlichen Schulräumen auf der Garten- Strasse, auf. der Tauenzienstrasse, an ‚der Goldbrücke, im Wäldchen und auf dem Ritterplatze. Dazu Kommt ‚die Veberfüllung der Klassen mit Schülern, namentlich in der untersten Klasse, der einem älten, ‚aber falschen Prinzipe nach die meisten Schüler überwiesen werden, wodurch die Möglichkeit ei- ner gehörigen Grundlegung ‚verhindert wird. Die Sitzung füllte zwei Stunden aus und war durch die - Diskussion eine'.der lebendigsten und anregendsten. Aus dem Vortrage des Herrn Privat-Docenten, Pastor Dr. Suckow, gehalten am 2. Juli: Ueber Zweck und zweckmässige Einrichtung von Mittelschulen in der Stadt und auf dem Lande. In dem freien Vortrage, welchen Herr Dr. Suckow über das bezeichnete Thema am 2. Juli hielt, führte er zunächst den Beweis, dass die klare und erschöpfende Feststellung des Zweckes, daher auch des Wesens oder Begriffs der Mittelschule weder aus dem Wortlaute, noch aus dem durch die gegen- wärtigen Uebelstände in der Einrichtung der Elementar- und der höheren Schulen fühlbar gewordenen Bedürfnisse sich entwickeln lässt. Denn im Allgemeinen lässt sich aus dem Wortlaute ‚Mittelschule‘ wohl herleiten, dass sie we- der Elementarschule noch höhere sein soll, sondern eine Mischung von beiden in der Art, dass dadurch ein von beiden specifisch (der Art nach) verschiedenes Gepräge hervortrit. Aber damit ist gerade die Hauptfrage nicht beantwortet, von welcher Art die Mischung sein soll. Die Bestimmung ist also nicht erschöpfend. Aber auch die Betrachtung des Bedürfnisses kann uns auf unserem gegenwärtigem Standpunkte nicht dazu führen. Denn 1) betrachten wir die Uebelstände. a) Gesetzt, die Elementarschule könnte leisten, dass viele Kinder schon mit 12 Jahren fähig für die höheren Schulen würden, so sind zwei Fälle denkbar: entweder findet für die älteren Kinder kein Fortschritt statt, oder er findet statt. Nehmen wir den ersten Fall an. Sollen nun die Eltern, die ihre Kinder nur für den mittleren Gewerbestand bestim- men, sie länger in der obersten Klasse bis zum vollendeten 15. Jahre ohne Fortschreiten lassen? Dies wäre schon an sich ein Uebelstand; aber noch grösser würde er, wenn Meinung,der Eltern und Nei- gung der Kinder sich änderten. Diese wären 14 Jahre alt geworden, und müssten dann ngch wenig- stens 8 Jahre auf der höheren Schule zubringen, also 22 Jahre alt werden. Nehmen wir nun an, sie 198 entschlössen sich, die Kinder schon mit 12 Jahren einer höheren Schule zu übergeben, weil sie theils jenen Uebelstand vermeiden wollen, theils den Fall einer etwaigen Aenderung ihres Entschlusses voraus . bedenken; gesetzt, es fände bei diesen der Missgriff nicht statt, dass zwei fremde Sprachen zugleich an- gefangen würden, mithin Lateinisch auf den Gymnasien, auch wohl in einigen Realschulen, Französisch in manchen andern, so würden die Eltern das Erlernen einer fremden Sprache für unnütze Verschwendung von Zeit und Kosten nicht ganz mit Unrecht halten; sie würden aber vielleicht das Erlernen des Fran- zösischen für das kleinere Uebel halten; es würden also diejenigen Realschulen überfüllt werden, wo dies gelehrt wird. — Dieser Uebelstand wird jetzt am häufigsten stattfinden. Nehmen wir an, diesem Uebelstande könnte abgeholfen werden, wenn alle Realschulen mit dem Französischen anfıngen. Gesetzt aber, Meinung und Neigung änderte sich, das Kind hätte vielmehr Lust, sich dem gelehrten Stande zu widmen, was soll nun geschehen? — Setzen wir b) jetzt den zweiten Fall, dass ein Fortschritt statt- fände, und die Eltern lassen die Kinder in der Elementarschule, so würde der Uebelstand hervortreten, dass, wenn die Meinung sich änderte, die Kinder in der untersten Klasse der höheren Schulen keinen Fortschritt machen würden, für die höhere aber noch nicht fähig wären. Zugleich träte der Uebelstand hervor, dass die Realschulen in der untersten Klasse sich einerseits von der Elementarschule nur durch die fremde Sprache, andererseits von den Gymnasien nur durch die Sprache der Neuzeit unterschieden, während man doch erwarten sollte, dass, der wesentliche Unterschied in den Realien bestände, dort in dem höheren Fortschritt derselben, hier in dem stärkeren Hervortreten vor den Sprachen. en Betrachten wir 2) jetzt, wie diesen Uebelständen durch Mittelschulen abgeholfen werden solle? Zuerst muss gefragt werden: soll der Uebergang in die höheren Schulen alsdann gesetzlich ver- boten, sein oder nicht? Das Erstere wäre hart. Nehmen wir das Zweite an. Dann sind zwei Fälle möglich: a) entweder die Mittelschule soll nur Realien in höherem Grade und grösserer Mannigfaltigkeit lehren, aber keine fremde Sprache — dann: aa) wäre sie nur eine höhere Klasse der Elementarschulen, bb) wenn Meinung und Neigung sich änderten, wären die Kinder für die höheren Schulen schon zu alt geworden. Oder sie lehrte auch noch eine fremde Sprache. Dann wäre sie nur die Unterklasse ent- weder der einen oder andern Art der höhern Schule. Die Eltern würden sich beklagen, dass die Kin- der entweder für das Gymnasium oder für die Realschule zu alt geworden wären. Zweitens muss gefragt werden:- Soll für die Fähigen der Eintritt frei oder gezwungen sein? Von unserm gegenwärtigen Standpunkt aus vermögen wir kaum eine Antwort zu finden. Was also soll geschehen? Der Vortragende erörterte zunächst die Begriffsbestimmung des Wortes „Mittelschule.“ Der Zweck oder der Begriff der Mittelschule muss von einem höheren wissenschaftlichen Principe aus genauer festgestellt werden. Ich setze daher voraus: Zweck der Erziehung im allgemeinsten Sinne ist Erhöhung der angeborenen Kräfte, um theils die allgemein-menschliche Bestimmung, theils die Befähigung für einen besondern Lebensberuf erreichen zu können; dass die allgemein-menschliche Bestimmung nur durch Religionsunterricht und religiöse Erziehung m engern Sinne (Gewöhnung, Beispiel) und am sichersten nur durch christliche Religion gemäss der Heiligen Schrift erreicht werden kann; dass im Staate allgemeine Unterrichts- wie Pressfreiheit gestattet sei; oder doch wenigstens die Selbstständigkeit der Kirche und ihr Recht 1) auf den Religionsunterricht anerkannt sei, 2) auf anderen Unterricht als Hülfsmittel und zur Erreichung ihrer höheren nöthigen Zwecke; es wird ferner voraus- gesetzt, dass sie diesen Unterricht zum Theil im Auftrage der Eltern zu eriheilen hat, d. h. die Kirche hat die Pflicht und das Recht, Anstalten sowohl für Kinder als Lehrer. zu entwerfen und zur Gründung 199 aufzufordern; die Eltern aber sind verpflichtet und berechtigt, die Mittel zu bewilligen und den von der Kirche unter Mitwirkung der Eltern angestellten Lehrern ihr Elternrecht zu übertragen in Unterricht und erziehlicher Behandlung der Kinder; | dass es zwei Hauptgattungen von Schulen giebt, Elementar- und höhere Schulen. Bei jenen Reli- gionsunterricht Hauptsache, Unterricht für den besonderen Lebensberuf Nebensache. — Bei diesen: Aus- schliessliche Bildung für den höheren besonderen Lebensberuf; zugleich aber auch Einwirkung auf die Sittlichkeit durch Geschichtsunterricht und Geschmacksbildung. Ausserdem, dort ein von allen Kindern seitens der Kirche zu forderndes Minimum von Bildung (nicht seitens des Staats; es ist ein Irrthum, dem Staate diese gehässige Pflicht aufzubürden); hier wird die höhere Bildung nicht von allen gefordert; daher wird dem freien Willen der Eltern überlassen, ob sie ihre Kinder an dieser höhern Bildung Theil nehmen lassen wollen. Der Vortragende bestimmte daher den Begriff der Mittelschule zwar im Allgemeinen so wie oben; die Art der Mischung aber ist folgende: 1) Mit der Elementarschule hat sie den kirchlichen Cha- rakter und eine bestimmte Grenze des Alters der Kinder gemeinschaftlich. Die Grenze ist nämlich, wie dort, das vollendete 15. Jahr, mit seltenen Ausnahmen das 16. Jahr. Der kirchliche Charakter spricht sich darin aus: die Lehrer sind sämmtlich kirchliche Beamte. Rücksichtlich des Unterrichts: Verpflich- tung zum Religionsunterrichte besteht für Alle. Beziehung der übrigen Unterrichtsgegenstände auf die Religion, so dass sie Hilfsmittel für diese ebensosehr wie Bildungsmittel für den besondern Beruf werden, wenn sie auch nur Hilfsmittel sein sollten, um formale Bildung zu erhöhen und Abwechselung hervor- zubringen. 2) Mit den höheren Schulen hat sie a) die Freiheit gemeinsam rücksichtlich des Eintritts in die Mittelschule; b) eine höhere Stufe der Bildung, die weder Staat noch Kirche als Minimum, sei’s im strengeren oder milderen Sinne, fordern darf. 3) Diese Mischung schliesst nicht aus die Theilung der Mittelschule in zwei besondere Arten, nämlich Stadt- und Landmittelschule, insofern eine unvoll- kommenere und eine vollkommenere Darstellung des Begriffs durch die vorhandenen menschlichen Ver- hältnisse, durch die nothwendige Scheidung von Stadt und Land geboten ist. Hierauf (und dies war der zweite Haupttheil der Abhandlung) legte der Vortragende drei in’s Ein- zelne gehende Unterrichtspläne vor, von denen der erste eine Land- und Mittelschule in ihrer engen Verknüpfung mit den Elementarschulen derselben Kirchengemeinde darstellte; der zweite zeigte die Ein- richtung einer mehrklassigen Elementarschule in grossen Städten, insofern sie zugleich für die Mittel- schule vorbereiten soll-. Darauf entwarf er das Bild einer zweiklassigen Mittelschule. Zuletzt hob er das Wichtigste aus diesen Darstellungen in folgenden allgemeinen Bemerkungen hervor: 1) Rücksichtlich der Kinder. a) Trennung der Geschlechter in den oberen Elementarklassen und in der Mittelschule, nicht aber in den unteren Elementarklassen, b) Theilung der Kinder der Mittelschule in zwei natürliche (d. h. den Zeitraum eines Jahres umfassende) Klassen. 2) Unterrichtsgegenstände. a) Zum Elementarunterrichte tritt neu hinzu in der Mittelschule: Fran- zösische Sprache, Geometrie, Statik, Mechanik und Zeichnen. Erstere aber, damit eine genauere Kenntniss und Fertigkeit in der Muttersprache angebildet, und damit vermöge der lateinischen Terminologie der Grammatik auf die alten Sprachen in den höheren Schulen vorbereitet werde; b) Religionsunterricht und Realien zwar weiter fortschreitend in der Mittelschule als in der Elementarschule, aber Grenze des Unterrichts in der letzteren da, wo die untersten Klassen der höheren Schulen beginnen. Der Realunterricht wie die Geschmacksbildung ist an ein Lesebuch angeschlossen, welches in einem besonderen Theile die Realien, in einem andern eine Blüthen- ‚lese deutscher Aufsätze und Gedichte enthält. 200 3) Lehrer: a) Die Prediger ertheilen allen erforderlichen Unterricht in Religion und Sprachen in der Mittelschule. b) Die übrigen Lehrer sind auf kirchlichen Seminarien gebildet, die aber nach den Geschlechtern geschieden sind, da auch weibliche Lehrerinnen gebildet werden müssen. — Einerlei Seminarbildung für Elementarlehrer und Lehrer an Mittelschulen; diese aber vorher geübt an Elementarschulen, und dann in die Mittelschule vorrückend, sofern sie sich in neuer Prüfung als wohl vorbereitet durch Erfahrung und Privatstudien bewähren. 4) Sind in kleinen Städten zwei Prediger und die übrigen Mittel vorhanden, so kann eine Mittel- schule ganz in obiger Weise eingerichtet werden; nur wird der Religionsunterricht der 12- und l3jährigen Kinder in der Elementarschule mit dem Religionsunterrichte der Mittelschule ver- einigt sein. — Sind jene Bedingungen nicht vorhanden, so fällt die fremde Sprache weg, und die beiden Klassen werden in eine combinirt. Die Einrichtung ist dann der der Land- Mittelschulen ähnlich. Der Vortragende schloss hierauf diese ganze Darstellung mit folgenden Worten: Es ist klar, dass das Bedürfniss derjenigen Eltern, welche ihre Kinder weder dem gelehrten, noch dem höheren Gewerbe- stande widmen wollen, durch diese Mittelschulen befriedigt werden kann, ohne dass, wenn ihre Meinung und die Neigung der Kinder sich ändert, ihnen die Möglichkeit benommen ist, ihre Kinder diesen höhe- ren Weg betreten zu lassen. Und wenn die fremde Sprache hauptsächlich um der Muttersprache willen und wegen der formalen Bildung getrieben wird, so werden die Eltern das Erlernen derselben für kein Uebel, auch nicht für das kleinste von zweien ansehen dürfen. Die höheren Schulen erlangen den Vortheil, sechs natürliche Klassen einrichten zu können, von denen die niedrigsten schon mit einer bedeutend höheren Stufe des Realunterrichts und mit den Elementen des Lateinischen beginnen können; deshalb sind auch die Kinder nicht zu alt zu nennen, wenn sie nach dem vollendeten 15. Jahre aufgenommen werden, sie haben vielmehr das rechte Alter für höhere Bil- dung. Auch kann jetzt die Trennung der höheren Schulen von der Kirche und die Verzichtleistung auf einen besonderen Religionsunterricht ohne Schwierigkeit ausgeführs werden, so dass sie Communal- oder auch Staatsanstalten werden, jedoch mit Bewahrung der confessionellen Scheidung, weil die Kirche theils die Bildung der zukünftigen Theologen und Lehrer ihnen anvertrauen soll, theils die übrigen Jünglinge wenigstens vor verführenden Einflüssen sicher gestellt sehen muss. Ferner sprach Derselbe: Ueber die zweckmässigste Anordnung eines Erziehungssystems mit Rücksicht an die „Pädagogik“ von Rosenkranz in Königsberg. Der Vortragende schickte der Mittheilung desjenigen Planes, nach welchem er seine Vorlesungen über Pädagogik auf der hiesigen Universität halte, eine Kritik der „Pädagogik“, welche der ebenso geist- reiche als gelehrte Rosenkranz in Königsberg vor vier Jahren herausgegeben, voraus. Bei aller An- erkennung der hohen wissenschaftlichen Bildung des berühmten Philosophen muss dennoch der Stab über das in Rede stehende Werk gebrochen werden. In dem Buche weht der Geist der Hegel’schen Philo- sophie mit allen seinen üblen Folgen; Rosenkranz ist durch und durch Hegelianer. Das Buch ist ein deutlicher Beweis von den Verirrungen, zu welchen eine falsche Richtung der Philosophie führen kann. Abgesehen von dem Pantheismus, dem Rosenkranz zugethan ist, leidet die Schrift auch noch an dem Hegel’schen Schematismus. Seine Eintheilungen sind durchgehends trichotomische oder dreigliederige. 201 Dazu kommt, dass die sprachliche Darstellung mit gelehrten Ausdrücken überladen ist, durch die ein an sich einfacher Gedanke von dem Heiligenschein des Gelehrtenthums umgeben, d. h. in schwer zu erhel- lendes Dunkel gehüllt wird. Trotz der beliebten Dreigliederung vermisst man sowohl logische Schärfe und Consequenz, als klare Begriffe. Herr Dr. S. gab eine ziemlich ausführliche Uebersicht des Rosen- kranz’schen Erziehungssystems, die jedem der Anwesenden die Ueberzeugung verschaffte, dass der wis- senschaftliche Werth des Buches, wenngleich ihm Gedankenreichthum nicht abgesprochen wird, nur unbe- deutend sei, und die Ausbeute für den praktischen Schulmann und Erzieher sich auf ein sehr Geringes redueire. Selbst jungen Akademikern könne sie nicht von Nutzen sein. — Der Vortragende entwickelte nun in gedrängter Auseinandersetzung seine eigenen Ideen und deren systematische Anordnung. Er beginnt die Darstellung der Pädagogik mit der Feststellung des Begriffs derselben. Unter Pädagogik versteht Hr. Dr. S. die wissenschaftliche Darstellung der Kunst, die angeborenen Kräfte und Fähigkeiten im jugendlichen Alter so zu erhöhen, dass die Jugend nicht nur eine allgemeine Menschenbildung errei- chen, sondern sich auch eine besondere Bildung für den Beruf aneignen kann. — Die Pädagogik hat 1) eine anthropologisch-psychologische, 2) eine theologisch- ethische Voraussetzung, und lehrt 3) die Ausübung der Kunst der Erziehung selbst. In Beziehung auf die erste jener Vor- aussetzungen kommen die Fragen zur Erwägung: 1) Inwiefern kann a) der Leib, b) die Seele Gegen- stand der Erziehung sein; 2) inwieweit ‚steht dem Menschen die Befugniss oder die Freiheit zu, mit Erfolg sich dem Geschäft der Erziehung zu unterziehen, und 3) welche Verschiedenheiten finden bei dem jungen Menschen in Betreff der Gaben statt? — Die zweite jener Voraussetzungen, die theologisch- ethische, fordert zunächst von der Erziehung eine allgemein menschliche Bildung, und dann auch eine besondere für das Berufsleben. Beide Forderungen stehen in der innigsten Verbindung. Es frägt sich aber, worin die allgemein menschliche Bestimmung bestehe? Dass sie auf der Ausbildung der Vernunft beruhen und somit aus der göttlichen Öffenbarung hervorgehen muss, liegt in der Natur unserer Lebensverhältnisse. Wer aber hat die Pflicht, das Recht und die Freiheit zu dieser Erziehung? Wie verhält sich 1) der Stand der Eltern, 2) wie die Kirche und 3) wie der Staat zu dieser Pflicht, zu diesem Recht und zu dieser Freihew? — Hierüber entspann sich in der Versammlung eine lebhafte Diskussion, an der sich mehrere der Anwesenden betheiligten, und die zu den interessan- testen Erörterungen führte. — Was die Ausübung der Erziehungskunst betrifft (3. Theil des Suckow- schen Systems), so ist die Erlernung derselben das allerwichtigste Geschäft. Es kommt hierbei auf die Feststellung der Unterrichiswege im Allgemeinen und im Besondern an. In Hinsicht der ersteren fragt es sich: 1) über welche Mittel der Erzieher zu gebieten habe, und 2) worin die Methodologie bestehen müsse. Für die Unterrichtswege im Besondern stellte der Redner folgende stufenweise Gliede- rung auf: Erziehung a) durch die Schule, b) durch den Hauslehrer, c) durch die Familie, und begrün- dete diese Aufeinanderfolge, während man in den Erziehungsschriften die Erziehung durch die Familie an die Spitze stellt. In Betreff der Schule unterschied Hr. Dr. S. a) die Elementarschule, b) die höhere Schule, ce) die Kleinkinderschule, und sprach seine Forderung an die Elementarschule dahin aus, dass die religiöse Bildung die Hauptsache sein und dass sie deswegen in der innigsten Verbindung mit der Kirche bleiben müsse; der Kirche muss daher ein Einfluss auf dieselbe gestattet sein; sie kann, sie darf von derselben nicht getrennt werden. — Herr Dr. S. unterscheidet Landschulen und Stadt- schulen so, dass jene zugleich Berufsschulen sein müssen, während diese eine allgemeine Bildung zu erzielen haben. Diese Ansicht wurde bekämpft. Die Stadtschule soll als Elementarschule ihre ‚Schüler weder für die höhern Anstalten vorbereiten, noch darf die Landschule die allgemeine Bildung ausser Acht lassen. Beide müssen Volks-Schulen sein, und als selbstständige geschlossene Ganze dastehen. Thorheit sei es, wenn Eltern ihre Söhne, die nur geringe Fähigkeiten besitzen, aus der Elementarschule 26 202 in höhere Schulen übergehen lassen, wo sie noch weniger. in der Bildung gefördert werden, als in der Elementarschule, weil der höhere Unterricht eine grössere Befähigung beansprucht. Zu den höheren Schulen zählt der Vortragende a) die Gymnasien, b) die Realschulen und c) Schullehrer-Seminare. Die ersteren sollten sich ausschliesslich darauf beschränken, die Gymnasiasten mit dem klassischen Alter- thum vertraut zu machen und sie für die Universität zu befähigen. Die Realschulen sollten ausser der Beschäftigung mit den Natur- und mathematischen Wissenschaften die Berechtigung erhalten, ihre Schü- ler für das Studium der Arzneiwissenschaft zu tüchtigen. Die Schullehrer-Seminare sind eigentliche Leh- rer-Berufsschulen, die ihre Zöglinge in dem Volksschul-Unterrichtswesen zu fördern haben. — Es wurde hierüber viel und lebhaft discutirt, namentlich bewegte sich die Debatte um die Frage : inwieweit dem Staat das Recht zustehe, in das Erziehungswesen einzugreifen, und ward dabei auf Mittheilungen über England und Frankreich in ‚dem Raudol’schen Werke ‚‚die mögliche Grösse Frankreichs‘ verwiesen, und wie viel Freiheit den Communen zu gestatten sei, die Cultur ihrer Jugend zu pflegen. Preussen sei bisher auch hierin in der Verwaltung ein Musterstaat gewesen. Es habe die Entwickelung des Schul- wesens mit Weisheit geleitet und den Communen in dieser Beziehung die möglichste Freiheit gewährt. Das hiesige Schulwesen habe sich durch die Commune wunderbar entwickelt. Die breslauer Gymnasien blühen, die neuen beiden sehr frequentirten Realschulen sind das unsterbliche Verdienst der Com- munal-Verwaltung, und die Erweiterung und Vermehrung der Elementarschulen, die Herstellung schöner Schulgebäude wird die besten Zeugen von dem regen Sinn der Bürgerschaft in der Sorge für die Geistesbildung ihrer Kinder. Doch wird die Hauptstadt hoffentlich dabei nicht stehen bleiben. Es ist noch eine Lücke auszufüllen: es fehlen nämlich noch vierklassige Mittelschulen. Ueber die Nothwendigkeit derselben sind in der pädagogischen Section im Laufe dieses Jahres zwei Vorträge gehal- ten worden. Magistrat legte die Angelegenheit schon im Jahre 1848, mitten in der Bewegung, der ‘Berathung der damaligen Provinzial-Schullehrer-Conferenz vor, die auch ihr Gutachten dem Magistrat zugehen liess. (S. den 2. und 3. Vortrag dieses Berichtes!) Herr Rektor Kämp gab in seinem Vortrage + P Hindeutungen auf den erziehenden Einfluss der Schule. Der Rückblick in die Vergangenheit der Jüngstzeit gewähre allerdings wenig Erfreuliches. So gewiss aber die Schule und das Elternhaus für den Charakter und die sittliche Haltung der aus beiden hervor- gegangenen Zöglinge nicht allein verantwortlich gemacht werden können, ebenso wenig darf der erzie- hende Einfluss, welchen die Schule üben kann, unterschätzt werden. Von der Gerechtigkeit und Billig- keit unserer Richter darf man erwarten und verlangen, dass sie ihre Augen nicht verschliessen gegen die unleugbaren Leistungen der Schule. Oder hat die Schule an der Bildung und höhern Gesittung, durch welche Preussens junge Krieger im Auslande die Herzen derer gewannen, die vorher von den gehässigsten Vorurtheilen gegen den preussischen Namen erfüllt. waren, keinen Theil? — Ist sie nicht wesentlich ein Werk unserer Schüler? — Schule und Haus haben eine Aufgabe. Die Schule kann der Beihülfe des Elternhauses, das Elternhaus nicht der Schule zur glücklichen Lösung ihrer gemeinsamen Aufgabe entbehren. Pflicht der Lehrer ist es, ihrerseits alle störenden Einflüsse fern zu halten und den Erfolg des Schullebens und Strebens sicher zu stellen. Man hat schon oft, aber irrthümlich, behauptet, das Geschäft und die Aufgabe der Schule sei in dem Unterrichte der Jugend vollkommen beschlos- sen, die Erziehung allein liege dem Elternhause ob. Muss die Schule nicht die häusliche Nachhülfe beanspruchen? Der Lehrer, welcher nicht mittelbar oder unmittelbar auf die Erziehung einzuwirken fähig und willig ist, sollte sich lieber ganz von diesem Berufe zurückziehen. Die Schule verlangt von 203 ihren Schülern Aufmerksamkeit, Ordnung, Pünktlichkeit, Fleiss, Bescheidenheit, Reinlichkeit, Anstand, Verträglichkeit; allein diese Eigenschaften sind nicht Unterrichtsgegenstände, sondern Aufgabe der Erzie- hung, und die Erziehung ist wesentlich Sache der Gewöhnung. Das Stillsitzen der Schüler ist freilich nothwendig, aber nur als Mittel zum Zweck, nicht als eigner Zweck. Die fast krankhafte Empfindlich- keit mancher Lehrer gegen jedes Geräusch, gegen jede Bewegung, jede Aeusserung lebendiger Theil- nahme artet in einen erdrückenden Despotismus aus, der weder der Erziehung noch dem Unterrichte förderlich sein kann. Von unberechenbarer Tragweite sind einzelne Gewöhnungen, auf welche durch die Schule hingewirkt werden muss, deren sich die Schule nicht entziehen kann, nämlich: 1) Ordnung und Reinlichkeit, welche der Schmuck jedes Standes sind. Die Schule muss in jeder Beziehung darauf hin- wirken. Sämmtliche Schulräume und Schulgeräthe müssen dem Schüler ein Bild der Ordnung und Rein- lichkeit sein, auf Sauberkeit und Nettigkeit in den Schularbeiten, in der Kleidung, an dem Körper der Schüler ist mit gewissenhafter Strenge zu halten. Der Lehrer selbst stehe in dieser Beziehung als Muster da. So wird der Schüler sich allmählich gewöhnen, sich mit diesem Vorbilde in Einklang zu setzen. Wie aber das Körperliche überall nur Träger und Ausdruck des Geistigen ist, so wird es grade auf diesem ‚Wege nur gelingen, erfolgreich für geistige Reinheit und Sittlichkeit zu wirken. 2) Die frühere Verweichlichung unserer Jugend ist ein Punkt, auf den die Schule ihre Aufmerksamkeit zu richten hat, um derselben nach Kräften entgegen zu wirken. Da im Mittelstande die Kraft des Volkes enthalten ist, so hängt auch von dem gesunden Kern desselben das Wohlbefinden, die Gesundheit des Staates vorzugsweise ab. Es ist nothwendig, dass dieser Kern der menschlichen Gesellschaft mehr und mehr gekräftigt werde. Die Staatsbehörden bieten dazu die Hand, indem sie das Turnen zu einer Schuldisciplin für Geist und Körper erhoben haben, eine Hand, die leider gerade von unserem Mittel- stande aus unverzeihlichem Vorurtheil, aus unbegreiflicher Verkennung der Absicht nicht mit der erwar- teten Willfährigkeit ergriffen wird. Es zeigt sich ein Widerwille gegen das Turnen im Mittelstande. -Die Verweichlichung unserer Jugend wird aber auch durch den übermässigen Genuss gewisser Nahrungs- mittel, die leider in eine Art Fresserei ausartet, gefördert. Man beobachte hierin die Jugend in den Respirien! — Der Verweichlichung zu steuern, theils durch allgemeine Theilnahme der Jugend am Tur- nen, theils durch Verminderung der den Körper zerstörenden Genusssucht: das ist eine Aufgabe der Schule, die einen erziehlichen Einfluss ausüben will. Der Vortragende setzte den grossen Nutzen des Turnens für Leib und Geist auseinander, äusserte sein Befremden über den Mangel am Sinn zum Wan- dern, den er an der breslauer Jugend wahrnehme, und hielt gemeinsame Spaziergänge mit den Schülern zur Erreichung der Schulerziehung für erforderlich. — Die sich nach dem Vortrage entsponnene Be- sprechung bot des Interessanten und Belehrenden viel dar, auf dessen Mittheilung dieser Bericht des Raumes wegen verzichten muss. — Der Vortrag ist in seiner ganzen Vollständigkeit in die „Schle- sische Schullehrerzeitung‘‘ aufgenommen worden. (S. Nr. 22. Jahrgang 1852, S. 324.) Herr Lehrer Hänsel in Schön-Ellguth bei Trebnitz sprach: Ueber Stenographie mit besonderer Bezugnahme auf das Stolze’sche System. Nach einem Ueberblick über den geschichtlichen Entwickelungsgang der stenographischen Kunst führte er in einer für seinen Gegenstand mit warmer Vorliebe begeisterten Weise deren Nothwendigkeit für's Leben, deren Zusammenhang mit dem heutigen Bildungsstande der civilisirten Menschheit, deren Beruf für die Zukunft vor Augen. Mit dem intensiv und extensiv gesteigerten Geistesleben der Menschen wächst die Bedeutsamkeit der Gedanken und mit dieser das Bedürfniss ihrer Fesselung, dem nur die 26 * 201 Schnell- und Kurzschrift ausreichende Genüge zu leisten vermag. Erst durch sie wird die „‚Oeffentlich- keit“ zur Wahrheit, wird der Gesammtinhalt parlamentarer ete. Verhandlungen über die Grenzen: des beschränkten Raumes hinaus zur Kenntniss Tausender gebracht; erst durch sie wird der Rechtspflege an Stelle der unvollkommenen Protokolle und des treulosen Gedächtnisses ein vollständig aufbewahrtes Ma- terial unterbreitet, und über die Thür der Gerichtssäle liesse sich dann zum Schreck der Verbrecher ‘der Spruch setzen: dass er da „Rechenschaft geben müsse von jedem Worte“. Nur durch die Stenographie werden die Verwaltungsbureau’s sich vor dem Ersticken in Arbeit, Aktenhäufung und Zeitverbrauch schützen können. Die Stenographie gewährt das Mittel, das ohne sie von der Rednerbühne verfliegende Wort und den entschlüpfenden Gedanken des Gelehrten festzuhalien — eine Hülfe, wonach Goethe sich vergebens sehnte, beklagend den Mangel, der geistigen Bewegung mit der Feder nicht folgen zu kön- nen. Ist der elektrische Telegraph die Zunge, die Lokomotive der Fuss des Gedankens zu nennen, so ist die Stenographie seine beschleunigte Hand. Gutenberg hat mehr erfunden, als die Lettern: die ge- förderte Möglichkeit der Fortentwickelung und Verbreitung des Gedankens. Wie seine Typen zur Buch- stabenmalerei des Mönches, so verhält sich in diesem Betracht die Kurzschrift zur gewöhnlichen. Des- halb macht sie sich Bahn, wie der Buchdruck sich Bahn gemacht hat. In Berlin wird sie bereits an der Universität gelehrt; seit Ostern v.J. liest Prof. Dr. Michaelis daselbst öffentlich über ihre Geschichte, privatim über die stenographische Kunst selbst nach Stolze’s System; ein Docent derselben Universisät hat sich mit zwei Stenographen zu Herausgabe eines theologischen Werkes mittels Nachschreibens seiner Vorträge verbunden; in Hamburg lässt ein Buchdrucker mehrere seiner Lehrlinge in der Stenographie unterrichten, damit sie befähigt werden, unmittelbar vom stenographirten Manuskript abzusetzen, ohne dass ein Umschreiben desselben in Currentschrift erforderlich. - Schon im Alterthum hat man das Bedürfniss einer Kurzschrift befriedigt. Die ‚‚tironischen Noten“, benannt nach einem Freigelassenen des Cicero, waren keine Wort-, sondern eine Buchstabenschrift, also eigentliche Stenographie, und bei den Römern allgemein verbreitet das Mittel, um Reden im Senat, die des Cicero etc. nachzuschreiben. Schon Xenophon zeichnete die Worte des Sokrates. mit eigens von ihm, erfundener Kurzschrift auf. Im Mittelalter ward diese Kunst vergessen. Erst im 16. Jahrhundert trat sie in England, im 17, in Frankreich wieder hervor. Das System des Engländers Taylor (1782) ward von Berlin 1792 auch für Frankreich zur Geltung gebracht. Nach beiden Genannten bearbeitete 1795 Mosengeil seine ‚Anleitung zur Stenographie“ für die deutsche Sprache, welcher noch in dem- selben Jahre, und in 2. Auflage, 1797 die ‚„‚Erleichterte deutsche Stenographie“ von Horstig folgteı Von Mosengeil’s neuer Bearbeitung seiner Methode („Lehrbuch der deutschen Stenographie‘ 1819) bis 1834 tritt eine Pause im Fortschritt ein; in diesem Jahre erschienen gleichzeitig Nowak’s ‚, Ausführ- liche Anleitung zur deutschen Geschwindschrift“ (Wien) und Gabelsberger’s ‚Anleitung der Rede- zeichenkunst“. Beide verlassen die Grundsätze der englisch-französischen Schule bei Auswahl der Schrift- zeichen. Gabelsberger’s Schrift ist zwar nicht so kurz, als die des Ersteren, doch geläufiger und aus- _ geprägter. Beide lassen die Vokale in der Mitte der Worte weg und ermöglichen dadurch eine Viel- deutigkeit der Wortbilder, die erst aus dem Zusammenhange ihre ergänzende Bestimmung findet, was für den Schüler erschwerend ist und die Zuverlässigkeit des Geschriebenen beeinträchtigt. Dreifacher Anforderung muss die Stenographie genügen: derjenigen der Kürze und Geläufigkeit, der Vollständigkeit und Zuverlässigkeit, der Leichtfasslichkeit und wissenschaftlichen Begründung. An Kürze muss sie die gewöhnliche Schrift um circa das Fünffache übertreffen; denn ein fertiger Schreiber braucht zur Aufzeichnung eines Satzes fünfmal so viele Zeit, als zu dessen Aussprache ge- hört (es ward hiervon sofort eine schlagende Probe gemacht). Die Geläufigkeit muss steigen mit der Vervoll- kommnung der konkreten Praktik des Lebens und Verkehrs. Die gewöhnliche Schrift hat eine demge mässe \ Umwandlung an sich aufzuzeigen. — Die Schreibmalerei und Buchsiabenschnörkelei ist für den gewöhnlichen Bedarf ausser Gebrauch gekommen — und auch die Stenographie hat ihre alten Formen, die steif waren wie die Zeit, in der sie erfunden, abgelegt. Die Lage und der Lauf stenographischer Schrift muss der Handbewe- gung entsprechen, ihre Formen und Züge müssen möglichst einfach sein, sowohl um des Schreibenden wie um des Lesenden willen, eine sichere Totalanschauung des Wortes gewährend. Jemehr ein System diese Bedingungen erfüllt, desto leichter und lieber wird es der Schüler erfassen, während dem Aneignen man- gelhafter Gebilde ein im menschlichen Geiste festgepflanztes Sträuben sich hemmend entgegenstellt. Jene Totalanschauung fördert die individuelle Fassungskraft, welcher die Gewohnheit der Anschaaung der alten Schriftformen hindernd entgegentritt. All diesen Forderungen entspricht am meisten von allen vorhandenen das Stolze’sche System. Hein- rich Aug. Wilh. Stolze eignete sich schon im Jahre 1820 die Stenographie in ihrer damals bestehen- den Bildung an, fühlte deren Mängel, arbeitete und forschte 18 Jahre um Verbesserung; im März 1838 entdeckte er die Bedingungen, unter welchen die Mittel zur Gedankenfixirung sich herstellen lassen, als wahre Grundlage der neuen Kurzschrift, vollendete 1840 sein System, liess es 1841 (,‚Lehrbuch der 'Stenographie‘‘ Berlin, Nicolai) im Druck ‚erscheinen, wovon ein Auszug, nur die Ergebnisse, nicht die Begründung enthaltend, bereits in 6., korrekter und sauberer Ausgabe (,‚Anleitung zur deutschen Steno- graphie“, Berlin, Mittler.) vom stenographischen Verein zu Berlin veröffentlicht worden. — In einem neuern „Lehrgang“ (Berlin, bei Mittler) erstreckt sich Stolze auch auf die wissenschaftliche Begründung der einzelnen Regeln, die Ergebnisse beim Unterricht und die Anwendung auf Fremdwörter. — Wie der wahre Erfinder nichts Neues hervorbringt, sondern nur das in der physischen Bedingung der Ent- wickelung und in dem Bedürfniss innerlich bereits Gegebene auffast, entdeckt und ihm zu einer äusser- ‚lichen Form verhilft, und, je genauer er diese der innern Wesenheit nachbildet, je einfacher er als sein Ziel die formale Ausbildung der Idee im Auge behält, desto Vollkommeneres leistet — so auch Stolze. Sein System ist ein aus der sprachlichen Nothwendigkeit organisch herausgebildetes. Es ist fähig, mit « Sprache und Bedürfniss sich fortzuentwickeln; es schliesst sich dem Bau des Wortes und dem Organis- mus der Sprache fest an, wirft nur die unorganischen Stücke: Dehnungzeichen und grosse Anfangbuch- staben fort, bildet die Zeichen aus einfachen Formen in naturgemässer rechts-schräger Lage, gewährt jedem Worttheile seinen bestimmten Ausdruck. Nächdem der Vortragende das Stolze’sche System, wie es sich erbaut auf der zwiefachen Basis von Vokalismus und .Consonantismus, Stoff und Form des Wortes, erzeugt durch Stimme und Hauch, im Wesentlichen zur Darstellung gebracht, wies der Vorsteher des hiesigen Stenographen-Vereins, Herr Kaufmann Anderson jun., auf die Geltung hin, welche sich das Gabelsbergersche System bereits erworben, dessen Anwendung Stenographenvereine zu Berlin, Leipzig, Chemnitz, Wien, München sich zur Aufgabe gestellt, das auch bereits auf die slavische und dänische Sprache übertragen worden. In Betracht seiner so anerkannten Brauchbarkeit habe sich der hiesige Stenographenverein ihm zugewandt. — Es entspann sich nun eine auf Einzelheiten eingehende Debatte über beide Systeme, im Laufe welcher der Taubstummen-Oberlehrer Herr Scholz die naturgemässe Anlage des Stolze’schen bestätigte. Um zur Möglichkeit einer fruchtbaren Vergleichung zu gelangen, ward auf Anregung des, Herrn Superinten- dent Nagel die Abhaltung eines Vortrags über das System Gabelsberger beschlossen, welche .der Leh- rer der Stenographie, Herr Mehrländer, übernehmen wird. Der Vorsitzende der Sektion, Herr. Se- minar-Oberlehrer Scholz, wies auf vorzugsweise Inbetrachtnahme der Bedeutung der Stenographie für den Unterricht hin und auf die Entwickelung, zu welcher sie in der Hand des praktischen Lehrers geför- dert werden könne. — Der umfang- und inhaltreiche Vortrag ist vollständig in der ‚‚Schlesischen Schul- lehrerzeitung‘‘ (Jahrgang 1852) abgedruckt. Späterhin. sprach Herr Mehrländer: Ueber Beschaffenheit und Werth des Gabelsberger'schen Systems der Stenographie. Wenn ein neues Moment geistiger Entwickelung unter die Menschen kommt, da sammelt es zu aller Zeit, sei der allgemeinen Erscheinung nach die Abspannung noch so gross, einen Kreis Interesse Fas- sender um sich. So hatten sich auch zu diesem Vortrage nicht allein Anhänger jener beiden Systeme, sondern auch Nicht - Stenographen zahlreichst eingefunden zur Verhandlung über den — erst an der Schwelle seiner Bedeutung wie seiner Ausbildung haltenden — Gegenstand, und obwohl die Sitzung von 6 bis 10 Uhr währte, gab sie doch nicht Raum, verheissener Massen auch das v. Günther’sche System zu besprechen oder des Rahm’schen zu erwähnen, dessen auch ein Vertreter sich anwesend befand. Herr Mehrländer ging von den Hieroglyphen aus als Bildern für ganze Begriffe und Begriffs- verbände. Sowie die Begriffe sich vervielfachten, zerlegten und bestimmten, ward auch die Sprache mannifaltiger an Formen, die einfachen Bilder genügten für deren Bezeichnung nicht mehr, man schuf Zeichen für Worte, für Silben, endlich für Buchstaben, wie sie unsere heutige Schrift aneinander reiht. Das Bedürfniss der Schnelligkeit beim Schreiben führte wieder zur Vereinfachung der zu verbindenden Zeichen. Die Form und Verbindung dieser Zeichen so, dass sie, ohne selbst darin zu verschwinden, das ganze Wort in einheitlichem Bilde vor’s Auge führen, ist Endziel der Stenographie. Grosses in diesem Charakter leistesen die ‚„, Tironischen Noten“. Ihr Ursprung ist geschichtlich nicht genau fest- gestellt. Cicero’s Reden, welche Tiro damit nachgeschrieben haben soll, sind in dieser Schrift nicht auf uns gekommen; wohl aber andere Werke, z. B. das Salische Gesetz, die Capitalarien der fränkischen Kaiser, Glossen zu dem von den spanischen Westgothen nach dem fränkischen Reiche gekommenen breviarium Alaricianum, einem Gesetzbuche von Alarich II. vom Jahre 506. Die Tironischen Noten sind so zusammengefügt, dass dem Nichtvertrauten die Auseinanderlegung in ihre einzelnen Theile (Buch- stabenzeichen) nicht gelingt. Aehnlich verhält es sich mit Gabelsberger’s System. Unter den selbst- ständigen deutschen Vorläufern desselben ist Horstig zu nennen, der seine Hauptschrift aus den ein- fachsten Etementen: Strich und Kreisbogen in verschiedenen Lagen, zusammensetzte und damit zu einem Alphabet wohl, aber zu einem sehr schwerfälligen gelangte. Hinsichtlich der Vokalbezeichnung behalf man sich lange ebenfalls durch verschieden an die Consonanz-Zeichen angesetzte Striche. Als Hülfs- mittel der Vocal-Bezeichnung (,‚Symbole“) wendet auch Gabelsberger die Länge und Kürze, Stellung auf, über, unter der Linie, Dicke und Dünne des Strichs an; Stolze hat Dies, was der Vortragende für das am wenigsten Vortreffliche an Gabelsberger befindet, von ihm entlehnt. Gabelsberger selbst (königl. bairischer Ministerialrath, + 4. Januar 1849) hat lange an seinem System gearbeitet und es praktisch geübt; 1818 und 1819 stenographirte er schon in der bairischen Kammer, erst 1834 gab er sein vollendetes Werk heraus. Darin theilt er sämmtliche Consonanten in Hauch-, Sause- und Zischlaute, deren Repräsentanten das H, W und S sind, aus welchen drei einfach- sten Zeichen sich alle die in diese drei Reihen gehörigen hervorbilden, und sich dann unter einander so verbinden lassen, dass sie in ihrer Verbindung ein neues Ganze sind, in welchem die Stücke zwar je einen Theil ihrer Form aufgeben, aber immer noch kennbar vorhanden sind, gleichwie in dem St un- serer deutschen Currentschrift das S und das t. So bilden sich Doppelbuchstaben und Consonanzverbin- dungen aller Art. Der Vokalismus wird auf ziemlich mannigfaltige Art zum Ausdruck gebracht, im Allgemeinen durch die Lage und Dehnung der Consonanzzeichen. Der Vortragende erblickt in dieser Bildungsfähigkeit den Vorzug der Methode Gabelsberger’s und wünscht, es gebe nicht nur für die be- stimmten Fälle, sondern für jede mögliche Lautverbindung ein neues einheitliches Zeichen. Gelesen werden müsste dies immer können, da ja die Elemente in ihm kenntlich geblieben. Es ist nicht möglich, hier weiter zu berichten, ohne zugleich auch die Controverse zu berühren, welche sich am Schlusse entspann. Gabelsberger, hob Herr M. hervor, habe mitunter Kürze und Länge, doch der Verwechselung des kurzen und langen Zeichens könne man durch sehr kurzes und sehr langes vorbeugen, während Stolze’s drei Längenunterschiede schwer zu fixiren. Das Symbol der Dicke und Dünne komme bei Gabelsberger äusserst selten in Anwendung. Dass der Vokalismus bei Stolze durch dreifache Höhe und Tiefe der Zeichenstellung ausgedrückt werde, mache oft Trennung zusammengesetz- ter Worte nöthig, z. B. des Zeichens für „Bibelspruch“, da Silben mit i über, mit U unter die Linie gestellt würden. Von anderer Seite ward dieses Wort mit einem Zuge geschrieben. Der Vortragende entgegnete, in solchen Verbindungen könnte dann an der Grenze der sich berührenden Worttheile ein Au, resp: Eu gelesen werden; übrigens sei, wenn der zweite Theil nur einstufige Höhe habe, die Verbindung absolut unmöglich. Die Gegner erwiderten, die Verbindung der Einzelzeichen zu Gesammtbildern habe Stolze auch, doch könne man aus letzteren die ersteren herauslesen, während Gabelsberger’sche Verbin- dungen zuletzt Sache der Willkür des Einzelnen werden. Diese Willkür bestritt Hr. M. und machte gegen Stolze geltend, dass er die End- und Vor-Silben, die Gabelsberger ausschreibt, durch Abbrevia- turen bezeichne, da sie doch in Zusammensetzungen oft begriffbestimmenden Werth haben. Dagegen möchten wir einwenden, dass uns die Silben-Abbreviaturen als Siegel erscheinen und dass so gut wie andere, auch diese Begriffsmomente, die Vorsilben, ihre Siegel haben können. Ueberhaupt aber drängt es uns mit Mephistopheles zu fragen: „, Wofür der Lärm? Was steht den Herr’n zu Diensten?“ Jedes der beiden Systeme ohne Zweifel zeigt seine starken, seine schwachen Seiten, Stolze die grössere Klarheit, Gabelsberger die grössere Mannigfaltigkeit. Zur Erlernung ohne praktische Leh- rerbeihülfe erscheint uns das Stolze’sche geeigneter, seiner grösseren Durchsichtigkeit, wie auch des- wegen, weil es sich der physiologischen Sprachbildung deutlicher anschliesst, wenn auch nicht ohne Ab- weichung, während Gabelsberger’s Versuch, den Sprechvorgang im Zeichen wiederzugeben, uns etwas sublim erscheint. Dass man Gabelsberger nicht aus den betreffenden Büchern, sondern nur praktisch durch den Lehrer sich aneignen könne, hob der Vortragende selbst wiederholt heraus, da jene sehr schlecht seien. Bei den schlesischen Lehrern werde, so sprach sich Hr. Taubstummen-Oberlehrer Scholz aus, das Stolze’sche System den Vorzug gewinnen, weil es sich an den von diesen bevorzugten Becker lehne, wogegen Gabelsberger dem Lautsystem von Graser, Olivier, Stephani folgt, welches bei ° denselben nicht Eingang gefunden; wogegen Seminar-Oberlehrer Scholz anführt, dass auch Stephani etc. und Becker nicht ausser Connex stehen. So erscheint uns denn der Wunsch, vom Sekretär der Sektion, S.-O.-L. Scholz, ausgesprochen, ganz gerechtfertigt, dass die beiden Systeme sich ferner verständigen, und dass womöglich Jemand mit gleichem Eifer beide sich aneigne, um zu einem ganz freien Vergleiche zu gelangen. Letzterer Ver- such ward Herrn Hänse] empfohlen. —— u u u u 7 en Zu Seite Allgemeiner Bericht über die Wirksamkeit und Verhältnisse der Gesellschaft im Jahre 1852 von Bürgermeister Bartsch „us. due BE 2 iss ha re ee re anheben Fe Zur ee 3 Allgemeine Versammlungen der Gesellschaft (Vorträge von Ebers, Göppert, Guhrauer, Menzel, Poleck und Röpell) 5 = Kurzer Bericht über die im Jahre 1852 thätigen Sectionen. Die naturwissenschaftliche Section .........:.s22sssenen0n0 SENAT HA er OA ae en b} Die botanische Section ..........0.. BER. ae ER EURTERTEL AT IABE. E27 EEE >. 6 Die entomologjäche. Section... . .urmiereruneouinusnenn en onen en. nee ni a ten ee een 7 Die mieteorologische Section... ...- nen one reines auce wein an anche na aaa Beinahe Amelie in un» San mann 7 Be Bainache BiSgHon nu 30.8.0 Tahale.n nie alefeinie afeina ne elola a gie Heer a ER RE rn el E een aaa eine a Alnleianc ARE 8 BER EEBHDWERCHE BECHON ».. «wine ein anime nenne Ama my s.emle nen site ni > aEDHD a 0 mie miele ee Wien an A ÜRHFE« a 8 BER BERN: T0r Dhst: und’ Giertenkalter. - 2... see ce se sans sidere Mech mono han Er se ee SUR SE Eee ee 9 N REEISchb Boclen TURN REIIE ETRERRLET RL EL ER ER UENERA AUERADE 9 Da Eisigrsscha Heulion: runs ea NEIN TR he held» 2 eat DA A 10 Bus Slalogischa Bockiamı. 0. „1 Tee waren ans aem ae 5 a mie ahfer rad mr. dern mit weh ai 10 Inoluhilagorische; Sechon !.;....40./ N Wu N en ee helae side 0 fehalklennen binlmrete. Di bie lEnn en ep RNE we RE Ai 10 EN» Innakalache Peckion... ».. ....% le eisen nreietae te ee ae RE Sr RE NN LT EEE 11 Bihhoßläken und Make. nn... Sr N N a a un Er En | Sue 12 Bericht über die Verwaltung der Kasse...... N re en ae oe Eee a LAG SP SEI EN BEE A 14 Musmöder Mitglieder der.'Gesellschaft 2... 8.23. A. a EL REIHE 15 Verhandlungen der einzelnen Sectionen. I) Naturwissenschaftliche Section. a) Astronomie und Geographie. G. v. Boguslawsky: Weber die periodischen Sternschnuppen-Phänomene des Jahres ......eesueeeennoneenen 17 Oberlehrer Dr. Sadebeck: 1) Ueber den von Dr. Rauch aufgestellten Beweis für die Achsendrehung der Erde 22 2) Ueber die Resultate einer Triangulation von Breslau.........:2rrescsnnennnnesnnetnnnennnnnn 23 b) Physik. R Oberstlieutenant v. Strantz: Ueber die Wahrnehmung und Verbreitung des Schalles in freier Luft ........-- 24 Prorector Dr. Marbach: 1) Ueber einige Apparate für die Untersuchung der strahlenden Wärme ..........» 25 2) Ueber Dismagnetisinns .....0.,. vs iss ven FE 26 Privat-Docent Dr. Middeldorpf: Ueber die chirurgische Anwendung der electrischen Glühhitze ......«»+++++- 26 Dr. phil. Poleck: Ueber das Verhalten von Flüssigkeiten gegen stark erhitzte Körper. .....-».r.srnsrrenrn: 27 ec) Chemie. Prof. Dr, Bunsen: Ueber vulkanische Exhalationen ..........:.. EC es oe © 0:2. 00 0.0. 29 209 < Seite d) Mineralogie, Geognosie, Paläontologie. Ingenieur Milch: Ueber den gegenwärtigen Stand der Bohrungen in Warmbrunn .....rsssssennennnnenennen Bl Geh. Ober-Bergrath, Berghauptmann v. Oeynhausen: Ueber die Production des schlesischen Bergbaues i. J. 1851 31 Privat-Docent Dr. Scharenberg: 1) Ueber Gibraltar und dessen geologische Verhältnisse ............ Sn. 2) Ueber die allgemeineren geognostischen Verhältnisse des Trebnitzer Gebirges ......... enrälßfe aa Dr. Hensel: Ueber die fossilen Säugethiere Schlesiens.......«eeesseeesnennnneeenenen Hatayale ee En. OR Oberlehrer Rector Rendschmidt: Ueber die Porphyre Schlesiens .....z«.-ssrr00r.- re .. 88 Privat-Docent Dr. Cohn: Ueber Gold aus Californien ........ Baba. age url ar ae ee AR.) Professor Dr. Göppert: 1) Ueber Aerolithe...... IERLı MERUR VLNRNGER. = |OWRRL 15 TUE RORRFERRER TER SL0 0 SB iEi Sn A ee 2) Die Resultate seiner Untersuchungen über die Bildung der Steinkohle ......2..zscrsnen0.. be 3) Ueber die Tertiär-Flora der Umgegend von Breslau........... Sale vönıeiieaE ER e 2 Apotheker Jäkel: Ueber das Vorkommen interessanter Mineralien in der Umgegend von Liegnitz ........... 42 Apotheker Dr. Beinert: Ueber einen fossilen Saurierzahn im Sandstein.......... tea ER Ko MEERE u e) Zoologie.: Privat-Docent Dr. Cohn: Ueber die Entwickelung der Infusorien........zeresnenaesene re Ar Privat-Docent Dr. v. Frantzius: Ueber Metamorphosen im Thierreiche, Generationswechsel und Heterogonie... 46 Professor Dr. v. Siebold: 1) Ueber die Umwandlung der Blasenwürmer in Bandwürmer......:.::.. ler . 48 2) Ueber die Auswüchse und äusseren Anhänge auf verschiedenen Insecten. .....s22H0rennne 00. 5l f) Botanik, Privat-Docent Dr. Cohn: Ueber die Entwickelung der Vegetation in den Jahren 1851 und 1852..... RA Professor Dr. Göppert: 1) Ueber einige Kartoffel-Surrogate .....z.2...- a Kilnesieine ER 53 2) Ueber eine kryptogamische Pflanze in der Weistritz bei Schweidnitz und über Verbreitung der Kryptogamen überhaupt 4. ..°. ..-ouocooonoesnnu FR Eee BEA dei‘ Pe 2) Botanische Section. Director, Professor Dr. Wimmer: 1) Zwei neue Formen von Carex zuzerscneoeonene nenn 2) Seltnere und neuere Formen von Salix ..... a a naar ee ee 0 Dr. Milde: Ueber die Kryptogamen-Flora der Umgegend von Breslau ......:..s22200.. AN OPFIBIRRE I E. - Stadtrichter Wichura: 1) Ueber die Achsendrehung der Schwärmsporen und Infusorien ...zccccsesercccc 78 2) Bemerkungen über schlesische Pflanzen ....zussoesnnne0.. N 2 MRS RR ELTER IOBR EHER N. Privat-Docent Dr. Cohn: Ueber Keimung der Zygnemeen .....ssers00 0: Le el N rer 3) Entomologische Section. - I. Coleoptera. Hauptlehrer K. Letzner: 1) Ueber Chrysomela fusco-aenea Schum. und Sufl............ BR N SEA 2): Weher-Ohlaenins tibtalis Dei. 2 HE ca BI DON A HR? ee 3) Ueber die Stände der Chrys. armoraciae Lin. ........ REN I Dt A A 9 ur eher die Stände’ der Chrys. varins' Pb. 22 ee re Aa .. 9 Oberlehrer Reetor Rendschmidt: Ueber Arten der Gattungen Melolontha F. und Lema F........ Rt 94 1. Diptera. Dr. Schneider: Ueber schlesische Asilica-Arten .........22suseneeserne Se A BIrTAEN 2 9 95 III. Lepidoptera. Dr. Wocke: 1) Ueber schlesische Pterophoriden :.....22222s20erenener 000 DA, era ale N et a A BI RERERr. 00a: DOnmn. VoRmae n 5.0 eine oje ne ee nee a een ne 97 Kaufmann A. Neustädt: Ueber schlesische Arten der Gattungen Leucania und Nonagria........... BR IV. Neuroptera. Dr. phil. Schneider: Ueber Phryganeoidea Kolen..........s0ssuuunens RER PRESSE AEPOEERREREN IE 101 Behrer Letzuer: Nolizeh über. P. S. Schlinge... :...nn Nies acancnanenne nenn nenn nennen ne 103 4) Meteorologische Section. Professor Dr. Galle: Bearbeitung der in Schlesien angestellten meteorologischen Beobachtungen für klimatolo- gische Zwecke G. v. Boguslawsky: Ueber das Meteor vom 28. September «....u2220cneweeesansnennee N er 113 Günther: Uebersicht der‘ meteorol. Beobachtungen auf der Sternwarte zu Breslau in den Jahren 1849—52.. 117 5) Medizinische Section. Hospital-Wundarzt Hodann: 1) Uebereinen aus Cystin bestehenden Blasenstein ............... a Dep 125 2) Ueber einen Fall von Hygroma cysticum patellare ........... RE wises, „ir nd). a 125 Dr. Grätzer: Ueber einen Fall von Cholämie..... RR Sr SER 07 NIE BELTSLe DI ee Ar ee Eee 126 Dr. Günsburg: Ueber die erste Entwickelung des Muskelgewebes...u....-222422 222000. USER OR EEE Dr. Landsberg: Ueber einen Fall von Heilung des morbus Brightii durch Aecidum nitricum...........r2..00. 127 Hofrath Dr. Burchard: 1) Ueber Operation der Blasen-Scheidenfistel .........22s@s2soenens ernennen u... 108 2) Ueber Behandlung der Hemien ...... ET EN AOTETENEEE Jo KRUSE 129 3) Ueber Anwendung des Collodium in einem Falle von Blasenscheidenfistel................n...- 129 Dr. Krocker jun.: Ueber Missgestaltungen eines Fötus durch Bildung von Pseudomembranen ..........,...- 130 Dr. Kruttge: Ueber Anwendung des Opiums bei Krankheiten der Kinder ................- near 130 Dr..Günsburg: _ Ueber die verschiedenen Standpunkte bei der Behandlung des Scharlach..........».:zssr0..- 132 Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1851.......-.....-.» de 137 Hospital-Wundarzt Hodann: Ueber den zweifelhaften Ursprung mancher Verletzungen und Todesarten in Bezug auf Ährensisehe BIaBirin u. str due nA era en - aarhpe ee De 146 Medizinalrath Dr. Barkow: Ueber einige anatomische Präparate ..........2::s2senenennneeneeneernenenenn 149 Dr. Neumann: Ueber die Privat-Irrenheilanstalt in Pöpelwitz ..... u. uocsc2as none senden enden nn nen nn 149 6) Section für Obst- und Gartenkultur. Director, Professor Dr. Wimmer: 1) Ueber die Frühjahrs-Ausstellung. .....-......2-2ereoeneeeeeeneennene 155 9). Leber Gemusehau in. Schlesien Sala, : 220% mna.ore 8 el pie wer Bene e ale ad ala ER leER EE aa ala ee 161 Professor Dr. Göppert: Ueber die sogenannte Rose von Jericho (Anastatica hierochuntica L.)......-.-rur0r- 162 Obristlieutenant v. Fabian: Ueber einige von ihm im J. 1852 zuerst angebaute Gemüsearten und Früchte. ... 164 E. Monhaupt: Ueber die Behandlung des Blumenkohls .......u2es2s2senseceeeeeenee ren seennnnnenn nn 170 7) Technische Section. | Kaufmann Cohn: Ueber die Mittel, mehrere den Menschen schädliche Einflüsse zu beseitigen ..............- 173 Dr. Schwarz:. . 1) . Ueber. eine .rothe. Porzellanfarbe........ mid 2. en de. rt). ih re 174 2) Ueber die Bestimmung des Kupfergehaltes einer Flüssigkeit ........-.or2cserseeenenennnnnnns 174 Dr. Baumert: Ueber die Mittel, den Gehalt von Rohrzucker in den Lösungen desselben zu ‘bestimmen ..-.... 174 Kaufmann Cohn: Ueber mehrere im Handel vorkommende Fette und Oele..........curccureeeer. MR 174 Dr. Schwarz: 1) Ueber zweekmässige Aufbewahrung des Getreides........:-.sscersneetseneeeneeehen en 175 2); ‚Veber. Ungarweinßl .- „2. Juan ach» ar eor airen aeeis> eh EEE na se 176 3) Ueber quantitative Bestimmung des Bleies und der Schwefelsäure auf massanalytischem Wege .. 177 Kaufmann Cohn: Ueber Beleuchtung der Fabriken mit Gas und über mehrere Gegenstände der Industrie-Aus- stellün ZUNADESEER:. EEE EN regen Bee kurse BR ARRRRE N 3 ar: 180 Professor Dr. Duflos: Ueber die in technischer Hinsicht wichtigen Chrompräparate. .. 2“... sncneeeeeeureene 151 Apotheker Schulze: Ueber die Imprägnirung der Eisenbahnschwellen mit Eisen- oder Kupfersalzen ......... 152 Öherlehrer Dr. Sadebeck: Ueber geodaälische Messungen. .........-anontanse ron worransame rechne eh sein. 182 ‚Kaufmann Cohn: Ueber die neueren Fortschritte in der Papier-Fabrikation .......... u... uns cmenseeeen 153 \ 8) Philologische Section. Dr. Tagmann: Ueber den gegenwärtig kritischen Zustand der Handschriften in der Germania des Taeitus.... 187 Oberlehrer Winkler: Ueber griechische und lateinische Accentuation .........r.crceusennorerneeneneenine 185 9) Pädagogische Section. Direetor Dr. Kletke: 1) Ueber das preussische Realschulwesen ........#-..::2000menenweeseeeeenneerenne 193 2) Ueber das Bedürfniss zu errichtender Mittelschulen in Breslau........ssrznrrererr 00. a Privat-Docent Dr. Suckow: 1) Ueber Zweck und zweckmässige Einrichtang von Mittelschulen... .......... 197 2) Ueber die zweckmässigste Anordnung eines Erziehungssystems....22222ess sn osneeneeeenen en 200 Rector Kämp: Hindeutungen auf den erziehenden Einfluss der Schule ......z2c2222e20onen onen u ne ennecne 202 Lehrer Hänsel: Ueber Stenographie mit Bezugnahme auf das Stolze’sche System ......zee.222ru0e0n nn 0en nn 203 Auskultator Mehrländer: Ueber Beschaffenheit und Werth des Gabelsberger’schen Systems der Stenographie.. 206 Alphabetisches Namenverzeichniss der Verfasser der im vorstehenden Jahresberichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Med.-Rath, Prof. Dr. Barkow, S. 8, 149. Bürgermeister Bartsch, S. 3. Dr. Baumert, S. 9, 174. Apotheker Dr. Beinert, S. 6, 43. G. v. Boguslawski, S. 8, 17, 113. Reg.-Med.-Rath Dr. Brefeld, S. 8. Professor Dr. Bunsen, S. 6, 29. Hofrath Dr. Burghard, S. 8, 128, 129. Dr. Cauer, S. 10. Privat-Docent Dr. F. Cohn, S. 6, 38, 44, 53, 82. Kaufmann Cohn, S. 9, 173, 174, 180, 183. Professor Dr. Duflos, S. 9, 181. Geh. Med.-Rath Dr. Ebers, S. 5. Obristlieutenant v. Fabian, S. 9, 164. Privat-Docent Dr. v. Frantzius, S. 6, 46. Frickinger, S. 9. Professor Dr. Friedlieb, S. 10, 188. Professor Dr. Galle, S. 105, 110. Director Gebauer, S. 9. Professor Dr. Göppert, S. 5, 6, 9, 38, 39, 40, 53, 54, 162. Dr. Grätzer, S. 8, 126, 137. Dr. Grünhagen, S. 10. Dr. Günsburg, S. 8, 126, 132. Günther, S. 117. Professor Dr. Guhrauer, S. 5, 10. Herr Lehrer Hänsel, S. 11, 203. Dr. Hensel, S. 6, 37. Hospital-Wundarzt Hodann, S. 8, 125, 146. Kaufmann Hüser, S. 9. Apotheker Jäkel, S. 6, 42, Director Kämp, S. 11, 202. Director Dr. Kletke, S. 10, 193, 195. Apotheker Krause, S. 6. Dr. Krocker jun., S. 130. Dr. Kruttge, S. 8, 130. Dr. Landsberg, S. 8, 127. Hauptlehrer K. Letzner, S. 7, 12, 87, 91, 93, 103 Kaufmann G, Liebich, S. 14. Prorector Dr. Marbach, S. 5, 25, 26. Auscultator Mehrländer, S. 11, 206. Consistorial- und Schulrath Menzel, S. 5, 10. Privat-Docent Dr. Middeldorpf, S. 5, .26. Ingenieur Milch, S. 31. Dr. Milde, S. 6, 67. Kunstgärtner E. Monhaupt, S. 9, 170. Dr. Neumann, S. 8, 149. Kaufmann A. Neustädt, S. 7, 9. Berghauptmann und Geh. Oberbergrath v. Oeyn- hausen, S. 6, 31. Dr. phil. Poleck, S. 5, 27. Sanitätsrath Dr. Preiss, S. 8, 126. Herr Graf Reichenbach-Brustawe, S. 9. ” rl Oberlehrer Rector Rendschmidt, S. 6, 7, 38, 94. Professor Dr. Röpell, S. 5, 10. Oberlehrer Dr. Sadebeck, S. 5, 6, 9, 22, 23, 182. Privat-Docent Dr. Scharenberg, S. 6, 34, 35. Dr. phil. Schneider, S. 7, 95, 101. Oberlehrer Scholz, S. 11. Apotheker Schulze, S. 9, 182. Dr. Schwarz, S. 9, 174, 175, 176, 177. - Dr. Seidel, S. 8, 148. 212 je Herr Professor Dr. v. Siebold, S. 6, 49,51. ” Oberstlieutenant Freiherr v. Strantz,'S. 5, 24. Privat-Docent, Pastor Dr. Suckow, S. 10, 191, 197, 200. LEITI Ee 008 Dr. Tagmann, S. 10, 187. Stadtrichter Wichura, S. 6, 73, 81. Director, Prof. Dr. Wimmer, S. 9, 63, 64, 153, 161. Lehrer Dr. Winkler, S. 10, 188. Dr. Wocke, S. 7, 97. — TE j v N . v H “u e 2) B; 2 2 . e _ . “ usa" N \ ka > . . zur ? i € . “ ws ü : Tu. ., Ri hF . . » ’ D EZ: * Fa; .. = 2 pe r v7 ve f x zi ‘ hu ’ 4 “ _. s. - u s. ww’ . 4 Pr * ” az} . “, r% x u 4 , [3 - * — = r a * - - x E - #: ’ Br j ‘ . ee h .s Mr, j . r 5 » ” u - — "us u . . ” 4 “ * N WE R br er zer in . “ Du 2 . i . = Pa : Pl De “#9 * 6: 5 Lu Y - r ex & er # Eu € f rd L Rue # B K “ R 2° « * j Ge R od n. 5 ä z sin = ? f . In 5 = z “ 3 De 1 z Pi \ . | 4 „ . Bi we a hi - lege x x " A * u - % a Pl - . PET Eh . nn . 1 ‘ u " ©% . . z = N u z : - “ ’ (e \ i \ v ‘ ri, . v B yi . z ® “, * * u ” . ‘ PL k